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LIBRARY OF THE
MEDICAL DEPARTMENT
OF THE
UNIVERSITY OF CALIFORNIA
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CHIRURGIE
von
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
in Berlin, in Berlin, in Breslau.
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
mg
Leipzig,
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel.
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Originalmittheilungen.
Angerer, Prof. (München). — Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels Rönt-
gendurchleuchtung. No. 18. p. 473.
Arendt, P., Dr. (Antwerpen). — Weitere Beiträge über regionäre Cocainanästhesie.
No. 15. p. 401.
Bähr, F. (Hannover). — Zur Kenntnis der Längsfrakturen der Röhrenknochen.
No. 25. p. 641.
Bayer, C., Prof. Dr. (Prag). — Operation von Sehnen- und Muskelkontrakturen.
No. 10. p. 276.
Retrograde Netzincarceration mit Stieltorsion über dem Bruchring. No. 17. p. 462.
Borst, Dr., Privatdocent (Würzburg). — Bemerkungen su Dr. Riedinger’s Aufsatz.
No. 26. p. 697.
Braatz, E., Dr., Privatdocent (Königsberg i/Pr.) — Beitrag zur Hirnchirurgie.
Kugelextraktion aus dem Gehirn mit Hilfe des Röntgenverfahrens. No. 1. p. 1.
Zur Schädeltrepanation. No. 3. p. 57.
Braun, H., Dr., Privatdocent (Leipzig). — Regionäre Anästhesie und Blutleere.
No. 43. p. 1065.
Brenner, A., Dr., Primärarzt (Linz a/D.) — Radikaloperation der Leistenhernien.
No. 41. p. 1017.
Breuer, Dr. (Köln). — Eine neue Operation der Hypospadie der Eichel nach
Bardenheuer. No. 44. p. 1089.
Christel, Dr. (Metz). — Ein Darmverschluss durch appendicitischen Abscess.
No. 24. p. 632.
Codivilla, A., Dr., Chirurg (Imola) — Explorative Kraniektomje. No. 16. p. 429.
—— Zur Radikaloperation der Schenkelhernien. No. 28. p. 729.
Elsberg, €. A., Dr. (New York). — Über Herzwunden und Herznaht. No. 43. p. 1071.
Franke, Fẹ Dr., Oberarzt (Braunschweig). — Zur Frage nach der Entstehung der
Epidermoide der Finger und Hohlhand. No. 14. p. 369.
—— Temporäre Heteroplastik zur Behandlung des Hirnprolapses. No. 47. p. 1161.
Friedrich, P. L., Prof. (Leipzig). — Kurze Bemerkungen zum Gebrauch dünner
nahtloser Gummihandschuhe für gelegentliche Operationszwecke. No. 17. p. 449.
Gigli, L., Dr. (Florenz). — Technik der temporären Schädelresektion mit meiner
Drahtsäge. No. 16. p. 425.
Goldberg, Be Dr. (Köln). — Querleiste der Harnröhre und Prostatitis acuta
gonorrhoica. No. 5. p. 136.
Grekoff, J., Dr. (Obuchow-Hospital, St. Petersburg). — Über die Deckung von
Schädeldefekten mit ausgeglühtem Knochen. No. 39. p. 969.
Grosse, U., Dr., Assistent a. d. chirurg. Klinik (Halle a/S.) — Ein Lagerungs-
apparat zum Anlegen von fixirenden Beckenverbänden. No. 27. p. 717.
Gückel, E., Dr. — Fliegenlarven im menschlichen Organismus. No. 7. p. 181.
Heinricius, G., Prof. (Helsingfors, Finnland). — a. Ein Fall eines von der Milz-
kapsel ausgehenden Fibrosarkoms. b. Primäres Sarkom im Netz. No. 23.
p. 607. 609.
at
zb
IV Originalmittheilungen.
Hellat, P., Dr. (St. Petersburg). — Über die Sterilisation des Marly im Ambulans-
zimmer des Arztes. No. 19. p. 497.
Henle, A., Dr., Privatdocent (Oberarst an der chirurg. Klinik Breslau). — Ein
Fall von Gastroduodenostomie. No. 29. p. 753.
Hirsch, H. H., Dr. (Köln). — Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion der
Wadenmuskulatur. No. 2. p. 33.
Hoffa, A., Prof. Dr. (Würsburg). — Ein Beitrag zu den Erkrankungen der Plan-
tarfascie. No. 6. p. 166.
Ingianni, Dr., Assistent (Genua). — Über die Anwendung eines neuen Instruments
für die externe Urethrotomie bei Perinealabscess nach chronischer Urethritis
und veralteter Striktur. No. 15. p. 411.
Karewski, Dr. (Berlin). — Über »Abzüge« für Sterilisation im Operationssaal.
No. 8. p. 224.
Kölliker, Th., Prof. (Leipsig). — Schutzhebel bei Operationen am Knochen. No. 28.
p. 746.
—— Über die Behandlung der kongenitalen Hüftluxation mit der unblutigen Re-
position. No. 42. p. 1041.
Kofmann, S., Dr. (Odessa). — Blutleere als Lokalanästhesie. No. 40. p. 993.
Kramer, W., Dr. (Glogau). — Beitrag zur Operation großer Knochengeschwülste
des Beckeninnern. No. 9. p. 233.
—— Beitrag zur Pathologie des Meckel’schen Divertikels. No. 20. p. 521.
Krämer, C., Dr. und Landerer, A., Prof. (Stuttgart). — Die Desinfektion des
Operationsfeldes. No. 8. p. 209.
Küster, Prof. Dr. (Marburg). — Appendicitis oder Epityphlitis. No. 50. p. 1245.
Lammers, Dr. (Herde). — Radikaloperation der Hydrocele unter Lokalanästhesie.
No. 20. p. 526.
Landerer, A., Prof., Oberarzt und Krämer, C., Dr., Volontärarzt (Stuttgart). —
Die Desinfektion des Operationsfeldes. No. 8. p. 209.
Lange, F., Dr., Privatdocent (München). — Behandlung der Spondylitis. No. 12.
p.321.
Lanz, 0., Dr. (Bern). — Traumatische Fettnekrose. No. 50. p. 1257.
Lauenstein, C., Dr., Oberarzt (Hamburg). — Zur Technik der Schädeltrepanation
mit Hilfe des Collin’schen Perforateurs und der Gigli’schen Säge. No. 8.
p. 211.
Lennander, K. 6., Prof. Dr. (Upsala). — Über den Bauchschnitt durch eine
Rectusscheide mit Verschiebung des medialen oder lateralen Randes des Mus-
culus rectus. No. 4. p. 90.
Lervy-Dorn, M., Dr. (Berlin). — Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels
Röntgendurchleuchtung. No. 24. p. 617.
Liermann, W., Dr. (Frankfurt a/M.). — Vaginale Methode bei Mastdarmoperationen.
No. 13. p. 359. 8
Longard, Dr. u. Wagner, Dr. (Aachen) — Eine neue Äthermaske. No. 48. p. 1193.
Lotheissen, &., Dr. (Innsbruck). — Radikaloperation der Schenkelhernien. No. 21.
p. 548.
Manz, 0., Dr., Assistenzarzt (Freiburg i/B.). — Über regionäre Cocainanästhesie.
No. 7. p. 177.
Marcuse, J., Dr. (Mannheim). — Zwei seltene traumatische Luxationen. No. 52. p. 1300.
Meyer, R., Dr., Assistenzarzt (Breslau). — Kasuistik der durch Gonokokken her-
vorgerufenen paraartikulären Phlegmonen. No. 1. p. 20.
Mintz, W. (Moskau). — Korsetttechnik. No. 25. p. 660.
Y. Mosetig-Moorhoff (Wien). — Plastischer Verschluss von Knochendefekten am
Warzenfortsatz durch einen falsartig unterponirten, umgelegten Hautlappen.
No. 46. p. 1137.
Müller, E., Dr. (Stuttgart). — Zur Technik der Wladimirow-Mikulicz’schen
Operation. No. 7. p. 193.
—— Das Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion der Wadenmuskulatur.
No. 11. p. 300.
Originalmittheilungen. vV
Müller, &., Dr. (Berlin). — Behandlung des federnden Unterschenkels. No. 22.
p. 569.
Payr, E., Dr., Assistent der chirurg. Klinik (Graz). — Beiträge zu Bier’s neuer
Amputationstechnik. No. 19. p. 499.
Podres, A., Prof. (Charkoff). — Uretero-cysto-neostomia. No. 23. p. 593.
de Quervain, F., Dr. (Chaux-de-Fonds). — Dünndarminvagination durch Ein-
stülpung eines Meckel’schen Divertikels. No. 32. p. 839.
Banneft, S. B., Dr., Privatdocent der Chirurgie (Groningen). — Multiples, spon-
tanes Keloid der Zehen. No. 30. p. 789.
- Reinbach, G., Dr. (Breslau). — Zur Chemie des Colloids der Kröpfe. No. 21. p. 545.
Biedinger, J., Dr. (Würzburg). — Bemerkungen zum Knochenbefund in der
Plantarfascie. No. 26. p. 693.
Ringel, Dr., Assistensarzt (Hamburg-Eppendorf). — Beitrag zur Diagnose der
Nephrolithiasis durch Röntgenbilder. No. 49. p. 1221.
Roelen, Dr., Assistenzarzt (Elberfeld). — Über traumatische Epitheleysten. No. 6.
p. 165.
Roser, K. (Wiesbaden). — Behandlung der Kiefergelenksankylose. No. 5. p. 122.
—— Der Darmschirm. No. 11. p. 297. 3
af Schultön, M. W., Prof. Dr. (Helsingfors). — Über die Blutstillung bei Opera-
tionen durch Angiotripsie. No. 29. p. 756.
Sokoloff, N. A. (Moskau). — Eine neue Modifikation der operativen Behandlung
syphilitischer Mastdarmstrikturen. No. 24. p.619.
Steinthal, Dr. (Stuttgart). — Die isolirte Fraktur der Eminentia capitata im Ell-
bogengelenk. No. 1. p. 17.
Steudel, H., Dr., Assistenzarzt (Hannover). — Luxation des Sesambeins des Zeige-
fingers. No. 10. p. 277.
Stich, C., Dr., Oberapotheker (Leipzig). — Apparat zur Bestimmung der Zug-
festigkeit von chirurgischem Nähmaterial. No. 22. p. 583.
Strehl, H., Dr., Assistent (Königsberg). — Eine Forderung für den aseptischen
Operationssaal. No. 5. p. 121.
Trnka, Dr., Stabsarzt (Prag). — Eine seltene Prädilektionsstelle von Atheromen.
No. 6. p. 164.
Videbech, P., Assistenzarzt (Kopenhagen). — Ein Fall von inoperativem Angio-
sarkom durch Elektrolyse geheilt. No. 31. p. 813.
Vulpius, O., Dr., Privatdocent (Heidelberg). — Kasuistik der traumatischen
Epitheleyste. No. 13. p. 361. d
Wagner, Dr. u. Longard, Dr. (Aachen). — Eine neue Athermaske. No. 48. p. 1193.
— Ba Dr. (Breslau). — Eine neue Methode zur operativen Behandlung
von ausgedehnten Harnröhrendefekten durch suprasymphysäre Implantation
der Harnröhre und des Penis in die Blase. No. 30. p. 777.
Winkelmann, Dr. (Barmen). — Radikaloperation der Hydrocele. No. 44. p. 1092.
Wolff, O., Dr., Assistenzarzt am Bürgerhospital (Köln). — Tuberkulose im Schulter-
gelenk und Caries des Processus coracoideus. No. 6. p. 146.
Wullstein, L., Dr., Assistent an der kgl. chir. Universitätsklinik (Halle a/S.). —
Die anatomischen Veränderungen nach Calot’schem Redressement; schonen-
dere Behandlung der Wirbeltuberkulose. No. 27. p. 705.
Zaalberg, P. J., Dr. (Amsterdam). — Technik der Mastoidoperationen. No. 13. p. 346.
Zoege v. Manteuffel, W. (Dorpat). — Technik der Resektion aus der Schild-
drüse. No. 18. p. 478.
Namenverzeichnis.
(Die mit * versehenen’Seitenzahlen bezeichnen Originalmittheilungen. Die kurrent-
gedruckten beziehen sich auf die Beilage zu No. 26, welche den Bericht über
den XXVII. deutschen Chirurgen-Kongress enthält.)
Abadie 563 (Basedow).
Abbe 844 (Doppelseitige Hasenscharte).
Abel 55 (Narbenfentigkeit der Bauch-
schnittwunde).
Abramertisch 1127 (Oesophagotomia
ext.).
Abrashanow 685 (Amp. fem. intercon-
dylica).
Adamkiewicz 877 (Hirndruck u. Druck
im Gehirn).
Adamson 515(Perforir. Magengeschwür).
Adenot 1189 (Epilepsie).
Adler 132 (Leberchirurgie).
—— 459 (Hirngeschwülste nach Kopf-
verletzungen).
kerman 1211 (Darmimplantation).
Alapy 446 (Harnorganoperationen).
Albarran 46 (Harnrückstauung..
—— 48 (Kastration bei Prostatahyper-
trophie).
—— 49 (Harnleiterkatheterismus).
—— 342 (Nephrektomien).
—- 447 (Blasengeschwülate).
—— 418 (Überzähliger Harnleiter).
—— 1011 (Hämaturie).
Albers-Schönberg 11
strahlen).
538, 1293 (Lupus).
Albert 673 (Chirurgie).
—— 1156 (Magenresektion).
Albertin 820 (Steinanurie).
—— 903 (Herniologie).
Alderson 292 (Halsrippen).
Aleksinski 938 (Zwirnfäden zur Naht).
Alessandri 44 (lixstirpation d. Tunica
vaginalis testis).
81 (Septhämie durch Bact. coli).
—— 241 (Einpflanzung lebender Gewebe).
1277 (Nierenbeobachtungen).
Alexander 263 (Pseudohermaphroditis-
mus).
847 (Kieferklemme).
Alexinski 785(Echinokokken d. Bauch-
höhle).
(Röntgen-
v. Alexinsky 905 (Echinokokken).
Alissow 1157 :Aktinomykose).
Alsberg 364 (Blasenverletzungen).
— 1145 (Coxa vara).
Alvarez 52$ (Lepra).
Amann 56 (Uretereinpflanzung).
Ames §7 (Gastritis .
de Amicis 245 (Hautsarkomatose).
Anders 850 (Spondylitis).
Anderson 917 {Magen- u. Darmeysten).
Andry 667 (Erythem).
Angerer 473* (Lagebestimmung von
Fremdkörpern mittels Röntgendurch-
leuchtung).
Anghel 1143 (Knochenbrüche).
d'Anna 198 (Peritonealtlüssigkeit).
Annequin 702 (Kniescheibenbruch).
d’Antona 1266 (Darmchirurgie).
1217 (Nierengeschwülste).
Anufrijew 920 iGekröseyste).
Anzillotti 1276 (Splenopexie).
Appunu 554 (Röntgendurchleuchtung).
Arcoles 266 (Experimentelle Gelenkent-
zündungen).
Ardenne 422 (Nasenabscess).
Ardouin 456 (Knochen- u. Gelenktuber-
kulose).
Arendt 401* (Cocainanästhesie).
Armstrong, 359 (Appendicitis).
Arnd 478 (Äthernarkose).
Arnolds 11652 (Fremdkörper in den
Luftwegen).
Arnozan 893 (Lungensafttherapie).
Arslan 91 (Ohrleiden).
v. Arx 1191 (Rückenmarksverletzung).
Ashmead 169 (Serotherapie).
Asmus 803 eroskop).
Asselbergs 6613 (Lupus).
Astié 1241 (Kyphose;.
Atherton 395 Abakmverachluse u. Darm-
enge).
Audet 201 (Herniologisches).
Audry 356 (Harnröhrenverengerung).
Aue 776 'Pott’scher Buckel).
Namenverseichnis.
Austerlitz 900 (Bakteriendichtigkeit
der Darmwand).
Auvray 1256 (Lebergeschwülste).
Avellis 964 (Thymustod).
Babeau 598 (Rachitis).
Babes 183 (Rotz).
Bähr 14 (Belastungsdeformitäten).
—— 160 (Genu valgum).
—— 482 (Exkursionsfähigkeit der Ge-
lenke).
—— 489 (Schulterverrenkungen).
—— 534 (Scoliosis ischiadica).
—— 641* (Längsfrakturen der Röhren-
knochen).
—— 946 (Schenkelbruch).
Baelz 329 (Lepra).
Baietta 296 (Muskelechinococcus).
Bail 183 (Stoffwechselprodukte).
Bailey 794 (Speiseröhrenschanker).
Bakradz& 689 (Paralytischer Plattfuß).
Ball 390 (Appendicitis).
Ballance 797 (Splenektomie).
Bandisch 1187 (Wundstarrkrampf).
Bang 293 (Kropf).
Bangs 567 (Nierentuberkulose).
Banti 975 (Pylorusenge und Magensaft-
fluss).
Bar 270 (Entzündung d. Zungentonsille).
v. Bargcz 377 (Darmverschluss).
Barbe 1268 (Syphiliden).
Barbiere 1039 (Thyreoiditis).
Bardeen 1291 (Verbrennungen).
Bardenheuer 1151 (Totale Hüftgelenks-
resektion).
Barjon 552 (Röntgendurchleuchtung).
Barkan 350 (Oxytuberkulin).
Barker 319 (Kniebandscheibenverren-
kung).
Barling 628 (Appendicitis).
Barlow 249 (Gonokokken u. Gonorrhoe).
Baroni 376 (Naht).
Barszcezewski 237 (Chinosol).
Bart 913 (Herniologie).
Barth 73 (Stirahöhlenempyem).
—— 115 (Rachenmandel).
—— 854 (Gelenkkörper).
—— 891 (Kehlkopfgeschwülste).
Barthélemy 243 (Röntgenstrahlen).
Bartoszewicz 818 (Typhusabscesse).
Basquet 487 (Osteoperiostitis ossificans
der Mittelfußknochen).
Baudet 772 (Kraniektomie).
Baudouin 379 (Gallenwegeoperationen).
—— 788 (Chirurgie der Leber u. Gallen-
wege).
Baumgarten 721 (Harnröhrenstriktur).
—— 958 (Kehlkopfpapillome).
v. Baumgarten 501 (Jahresbericht).
Baumm 54 (Retrodeviationen d. Uterus).
55 (Vaginale Operationen).
Bayer, C. 276* (Operation von Sehnen-
u. Muskelkontrakturen).
258 (Epispadie).
—— 318 (Coxa vara).
VII
Bayer, C., 353 (Spina bifida und Ence-
phalocele).
—— 462* (Retrograde Netsincarceration
mit Stieltorsion über dem Bruchring).
—— 494 (Achillorhaphie).
513 (Cbylöser Erguss in Brust- und
Bauchhöhle).
947 (Darmverschluss).
Bazy 721 (Harnröhrenstriktur).
—— 124 (Urethrocystoplastik).
Beaumont 32 (Aneurysma cirsoides).
Becher 1104 (Nierenlage).
Beck 195 (Aneurysma d. Art. poplitea).
—— 296 (Pleurotomie).
—— 1002 (Pyothorax).
—— 1116 (Appendicitie).
—— 1306 (Olekranonbruch).
v. Beck 140 (Milzchirurgie(.
—— 389 (Peritonitis).
Beckmann 101 (Rachenmandel).
Begoin 1198 (Darmbrand).
Begouin 50 (Nierensteine).
—— 810 (Pachyvaginalitis).
—— 1062 (Hüftverrenkung).
Behaegel 598 (Tripper).
Behrend 600 (Tripper).
—— 1026 (Hautveränderungen durch
Röntgenstrahlen).
Bélin 128 (Mastdarmgeschwäülste).
Benissowitsch 519 (Darmkrebs).
Benneke 23 (Hüftresektion).
—— 515 (Bruchsackruptur).
Berestnew 433 (Aktinomykose).
Berg 915 (Achsendrehung des Magens).
Berger 192 (Deus).
—— 340 (Halskrebs).
125 (Blasen-Scheidenfistel).
933 (Beckenmyxome).
950 (Melanom der Halsdrüsen),
1047 (Schulterblattexstirpation),
1084 (Zungentuberkulose).
1166 (Rankenangiom).
—— 1294 (Exstirpation der Oberextre-
mität).
Bergmann 866 (Schulterverrenkung).
—— 895 (Mediastinalcyste).
v. Bergmann 110 (Hirnabscess).
268 (Hirngeschwälste).
424 (Kehlkopfkrebs).
986 (Weiblicher Typus).
1028 (Hirnschuss).
Bergonie& 295 (Pleuraexsudate).
—— 343 (Anastomose der Sehnen).
Berkeley 136 (Gekrösceysten).
—— 1240 (Gaumengeschwulst).
Bernard 13 (Pneumothorax).
—— 51 (Hydronephrose).
—— 1239 (Nebenhöblenentzündung).
—— 1311(Umschriebene Lymphangiome).
Bernays 736 (Appendicitis).
Berndt 459 (Unterkieferresektion).
—— 646 (Wundbehandlung).
—— 1191 (Verschluss von Schädellücken).
—— 1212 (Mastdarmstriktur).
Bernhard 505 (kHernien).
VIU
Bertelsmann 116 (Diphtherie-Immu-
nität).
—— 1157 (Muskelschwiele).
Berthier 1129 (Appendicitis).
Bessler 169 (Chirurgische, mechano-
therapeutische Heilanstalt).
Betagh 1283 (Dermoidcysten des Ova-
riums).
Betcke 931 (Nierenverschiebung).
Bettmann 1122 (Magengestalt).
Bevan 795 (Syphilis).
Bidone 540 (Angiom der Parotis).
Bieck 611 (Tripper).
Biedl 850 Mikroorganismenausschei-
dung).
Bier 1045 (Chronischer Gelenkrheuma-
tismus).
Bilez ya ski 288 (Kieferankylose).
Binaghi 763 (Hautdesinfektion).
— 1281 (Fremdkörper im thierischen
Organismus).
Binaud 52 (Harnröhrenkrebs).
Bins 327 (Frostbeulen).
Biondi 114 (Endorale Plastik).
Birch-Hirschfeld 1062 (Osteomye-
litis).
Bircher 327 (Naevus pilosus).
Bischoff 466 (Gesichtsspalte).
Bittner 1108 (Arrosionsblutungen).
Blamenser 317 (Wachsthumsstörung).
Blecher 962 (Osteomyelitis).
Blocbaum 580 (Rhinitis hypertrophi-
cans).
Bloch 599 (Tripper).
—— 765 (Katgut).
—— 811 (Hydrocele).
—— 1008 (Abnorme Lage der Harnblase!.
—— 1273 (Nierenresektion).
Blumberg 184 (Desinfektion).
Blumenfeld 1103 (Harnleiterverletzun-
gen).
Boari 76 (Darmnaht).
Bobrow 798 (Chirurgie der Leber und
Gallengänge).
—— 906 (Echinokokken).
Bockhorn 289, 467 (Parotistuberkulose).
Boeck 651 (Exantheme d. Tuberkulose).
Boeckel 47 (Nierengeschwulst).
—— 140 (Mastdarmchirurgie).
—— 338 (Exstirpation, Resektionen bei
Mastdarmkrebs).
Böhm 965 (Prostatahypertrophie).
Bötticher 1311 (Zerreißung der Art.
poplitea).
Bogdanik 635 (Spitalbericht).
Bogdanow 259 (Harnverhaltung).
Boise 1157 (Gelenkentzündung durch
Pneumokokken).
Boisseau du Rocher 1016 (Cysto-
skopie).
Boisson 1241 (Geschoss in der Zungen-
beingegend).
Bojew 420 'Pyämie vom Ohr aus).
Boks 172 (Myositis ossificans).
Bolle 1169 (Hirnbrüche).
Namenverseichnis.
Bomnüter 296 (Thorakoplastik).
Bomstein 899 (Antitöoxische Eigen-
schaften des Centralnervensystems).
Bonain 774 (Ohrleiden).
—— 1243 (Intubation).
v. Bonsdorf 91V (Appendicitis).
— 918 (Ileus).
Booth 1284 (Thyroidektomie bei Base-
dow).
Borchardt 392 (Hernien).
—— 627 (Appendicitis).
Borelius 1126 (Murphyknopf‘.
Borrmann 1304 (Blutgefäßendotheliom).
Borst 697* (Knochenbefund in d. Plan-
tarfascie).
Bosio 377 (Nierenstörung bei Darmver-
schluss).
Bottini-Arkel 835 (Halschirurgie).
Bottomley 909 (Spitalbericht).
Boucht 908 (Narkosenlähmung).
Bouvart 704 (Lux. sub talo).
Bouvet 884 (Hirnerschütterung).
Bouyer 1032 (Lungentuberkulose und
Echinokokken).
Bovée 252 (Harnleiterchirurgie).
Bowen 667 (Keratosis follicularis).
Bozzi 1225 (Zungenkrebs).
Bozsolo 1015 (Pneumotomie).
Braats, E. 1* Hirnchirurgie; Röntgen-
verfahren bei Kugelextraktion).
57* (Schädeltrepanation).
—— 967 (Nierenexstirpation).
v. Brackel 199 (Herniologisches).
Bradford 318 (Angeborene Hüftver-
renkung!.
—— 414 (Sehnenplastik). f
v. Bramann 134 (Darmresektion bei
brandigen Brüchen!.
—— 139 (Darmresektion wegen Krebs).
Braquehaye 950 (Speicheldrüsenhyper-
trophie).
Brauer 1062 (Coxa vara).
Brault 1127 (Falsche Bauchgeschwülste).
1208 (Peritonitis).
Braun, H. 43 (Lokalanästhesie).
—— 1065* (Regiopäre Anästhesie und
Blutleere).
Braun 701 (Hüftexartikulation).
—— 847 (Kieferklemme).
—— 956 (Epilepsie).
Brauneck 542 (Hirngeschwälste).
Breitung 320 !Amputationen).
Bremig 82 (Myositis ossificans).
Brenner, A. 1017* (Leistenhernien-
radikaloperationen).
Brentano 279, 1230 (Perikarditis).
Breuer 1089* (Hypospadie der Eichel).
Brewer 761 (Chirurgische Technik)
Brian 274 (Innervation der Schilddrüse).
Brian 467 (Elephantiasis cartilaginosa
Nasi).
Briddon 1119 (Appendicitis).
Briegleb 551 {Schleich’s Infiltrations-
anästhesie).
Briese 893 (Lungenendotheliom).
Namenverseichnis.
Briese 1059 (Symmetrische Gangrän).
Brigel 491 (Handgelenktuberkulose).
Brin 612 (Leberwunde).
Brindel 269 (Ozaena).
—— 831 (Nasenhöhlencysten).
Briquet 564 (Myxödem).
Broca 95 (Ohrleiden).
—— 199 (Chirurgie der Leber u. Gallen-
gänge).
—— 1198 (Bruchsacktuberkulose).
Brocq 927 (Haut- u. Schleimhautleiden).
—— 1311 (Umschriebene Lymphangiome).
Broese 1044 (Gonorrhoe).
Brosch 239 (Kūnstliche Athmung).
Broussin 952 (Fremdkörper im Mast-
darm).
Brown 347 (Blut Tuberkulöser).
— 537 (Lepra).
Browne 363 (Aneurysma d. Art. max. int.).
—— 958 (Zungenmandeln).
Brühl 775 (Ohrleiden).
Brun 198 (Peritonitis).
—— 514, 626, 1118 (Appendieitis).
Brunner 320 (Amputationen).
—— 713 (Harnblasenbräche).
—— 759 (Wundinfektion).
—— 852 (Strychninvergiftung und Starr-
krampf).
—— 1074 (Keimgehalt und Heilungs-
verlauf aceidenteller Wunden).
v. Bruns 38 (Inhumane Kriegsgeschosse).
186 (Geschwülste des Nerven-
systems).
—— 221 (Selbstladepistole).
—— 530 (Hirngeschwülste).
—— 672 (Trachealresektion).
—— 1023 (Bleispitzengeschosse).
Bryant 127 (Mastdarmvorfall).
Bucalossi 119 (Empyem der Pleura u.
Leberechinococeus).
Büdinger 504 (Diastase d. Linea alba).
—— 513 (Bauchwunden).
Büttner 11 (Röntgenstrahlen).
Bufvoir 267 (Schädeltuberkulose).
Buguet 553 (Röntgendurchleuchtung).
Bulius 55 (Tuben- und Peritonealtuber-
kulose).
Bullin ger96(RetrobulbäreGeachwülste).
Bumm 1026 (Antiseptik und Technik).
Burci 1263 (Rückgratsdeformitäten).
—— 1276 (Splenopexie).
Burnett 286 (Ohrleiden).
Burrell 318 {Habituelle Schulterver-
renkung).
Burwell 909 (Spitalbericht).
Buschi 568 (Klinischer Bericht).
Buschke 1073 (Hefemykosen).
Busse 1302 (Neuroma ganglio-cellulare).
Bussenius 579 (Holocain).
Butlin 623 (Speiseröhrendivertikel).
—— 833 (Zungenkrebs).
Bychowski 539 (Ohrleiden).
Caillaud 347 (Tetanus).
Calliano 877 (Brandwunden).
IX
Calot 340 (Pott’sche Krankheit).
Calmann 765 (Hautnaht).
Calvert 70 (Peritonitis).
Caminiti 36 (Prostatahypertrophie.
Campana 537 (Lupus).
-Cange 733 (Bauchbrüche).
Cannarsa 664 (Hautparasiten).
Card 511 (Darmresektion).
Carette 539 (Ohrleiden).
Carle 205 (Ileus).
—— 506 (Magenleiden).
—— 1260 (Geschwülste d. Frontallappen).
—— 1266 (Chirurgie der Gallenwege).
Carlier 48 (Kastration bei Prostata-
hypertrophie).
—— 49 (Nephrektomie).
— 50 (Nierengeschwulst).
Carlston 1130 (Appendicitis).
Carnot 1024 (Organotherapie).
Carrier 1189 (Epilepsie).
Carrière 295 (Pleuraexsudate).
Carwardine 396 (Darmverschluss und
Darmenge).
Casati 639 (Pyloroplastik und Gastro-
plicatio).
Casper 40 (Harnleiterkatheterismus).
—— 177 (Ureteroeystoskop).
Cavicchia 886 (Eröfinung des Wirbel-
kanals).
Ceccherelli 1281 (Hautnähte).
Cerkez 563 (Basedow).
—— 887 (Kropf).
Cesaris-Demel 1014 (Bildung putrider
Gase).
Cestan 410, 883 (Empyem).
—— 1232 (Herzchirurgie).
Champlin 199 (Herniologisches).
Chaput 470 (Torticollis).
Charpentier 308 (Coxa vara).
Charvet 205 (Ileus).
Chassaignac 1250 (Gonorrhoe).
Chauffard 562 (Basedow).
Chavannaz 52 (Harnröhrenkrebs).
Chavasse 114 (Kiefersperre).
Chevalier 49 (Prostatahypertrophie).
—— 50 (Nephrotomie).
Chiari 964 (Kehlkopfkrebs).
Chipault 343, 1147 (Mal perforant).
—— 532 (Pott’scher Buckel).
—— 1175 (Spondylitis).
Chlumskij 376 (Gastroenterostomie).
Chlumský 1025(Tuberkulosebehandlung
nach Bier).
Cholewa 271 (Adenoide Wucherungen).
957 (Ozaena).
Cholmogorow 01{Symphysenlähmung).
Choux 1187 (Phlegmone).
Christel 632* (Darmverschluss durch
appendieitischen Abscess).
Chrobak 1216 (Lebercysten).
Ciechomski 797 (Chirurgie der Leber
und Gallengänge).
Claisse 259 (Zungenaktinomykose).
Clark 1252 (Bauchfelldrainage).
Clarke 119 (Lungenabscess).
VIU
Bertelsmann 116 (Diphtherie-Immu-
nität).
—— 1157 (Muskelschwiele).
Berthier 1129 (Appendicitis).
Bessler 169 (Chirurgische, mechano-
therapeutische Heilanstalt).
Betagh 1283 (Dermoideysten des Ova-
riums).
Betcke 931 (Nierenverschiebung).
Bettmann 1122 (Magengestalt).
Bevan 795 (Syphilis).
Bidone 540 (Angiom der Parotis).
Bieck 611 (Tripper).
Biedl 850 (Mikroorganismenausschei-
dung).
Bier 1045 (Chronischer Gelenkrheuma-
tismus).
Bilesynski 288 (Kieferankylose).
Binaghi 763 (Hautdesinfektion).
— 1281 (Fremdkörper im thierischen
Organismus).
Binaud 52 (Harnröhrenkrebs).
Bins 327 (Frostbeulen).
Biondi 114 (Endorale Plastik).
Birch-Hirschfeld 1062 (Osteomye-
litis).
Bircher 327 (Naevus pilosus).
Bischoff 466 (Gesichtsspalte).
Bittner 1108 (Arrosionsblutungen).
Blamenser 317 (Wachsthumsstörung).
Blecher 962 (Osteomyelitis).
Blocbaum 580 (Rhinitis hypertrophi-
cans).
Bloch 599 (Tripper).
—— 765 (Katgut).
—— 811 (Hydrocele).
—— 1008 (Abnorme Lage der Harnblase).
—— 1273 (Nierenresektion).
Blumberg 184 (Desinfektion).
Blumenfeld 1103 (Harnleiterverletzun-
gen).
Boari 76 (Darmnaht).
Bobrow 798 (Chirurgie der Leber und
Gallengänge).
—— 96 (Echinokokken).
Bockhorn 289, 467 (Parotistuberkulose).
Boeck 651 (Exantheme d. Tuberkulose).
Boeckel 47 (Nierengeschwulst,.
—— 140 (Mastdarmchirurgie).
—— 338 (Exstirpation, Resektionen bei
Mastdarmkrebs).
Böhm 965 (Prostatahypertrophie).
Bötticher 1311 (Zerreißung der Art.
poplitea).
Bogdanik 635 (Spitalbericht).
Bogdanow 259 (Harnverhaltung).
Boise 1157 (Gelenkentzündung durch
Pneumokokken),
Boisseau du Rocher 1016 (Cysto-
skopie).
Boisson 1241 (Geschoss in der Zungen-
beingegend).
Bojew 420 'Pyümie vom Ohr aus).
Boks 172 (Myositis ossificans).
Bolle 1169 (Hirnbrüche).
Namenverzeichnis.
Bomnüter 296 (Thorakoplastik).
Bomstein 89$ (Antitoxische Eigen-
schaften des Centralnervensystems).
Bonain 774 (Ohrleiden).
—— 1243 (Intubation).
v. Bonsdorf 910 (Appendicitis).
— 918 (Ileus).
Booth 1284 (Thyroidektomie bei Base-
dow).
Borchardt 392 (Hernien).
— 627 (Appendicitis).
Borelius 1126 (Murphyknopf).
Borrmann 1304 (BlutgefäßBendotheliom).
Borst 697* (Knochenbefund in d. Plan-
tarfascie).
Bosio 377 (Nierenstörung bei Darmver-
schluss).
Bottini-Arkel 835 (Halschirurgie).
Bottomley 909 (Spitalbericht).
Boucht 908 (Narkosenlähmung).
Bouvart 704 (Lux. sub talo).
Bouvet 884 (Hirnerschütterung).
Bouyer 1032 (Lungentuberkulose und
Echinokokken).
Bove&e 252 (Harnleiterchirurgie).
Bowen 667 !Keratosis follicularis).
Bozzi 1225 (Zungenkrebs).
Bozsolo 1015 (Pneumotomie).
Braats, E. 1* Hirnchirurgie; Röntgen-
verfahren bei Kugelextraktion).
—— 57* (Schädeltrepanation).
—— 967 {Nierenexstirpation).
v. Brackel 199 (Herniologisches).
Bradford 318 (Angeborene Hüftver-
renkung!.
—— 414 (Sehnenplastik).
v. Bramann 134 (Darmresektion bei
brandigen Brüchen'.
—— 139 (Darmresektion wegen Krebs).
Braquehaye 950 (Speicheldrüsenhyper-
trophie).
Brauer 1062 (Coxa vara).
Brault 1127 {Falsche Bauchgeschwülste).
1208 (Peritonitis).
Braun, H. 43 (I,okalanästhesie).
1065* ({Regiopäre Anästhesie und
Blutleere).
Braun 701 (Hüftexartikulation).
847 (Kieferklemme).
956 (Epilepsie).
Brauneck 542 (Hirngeschwälste).
Breitung 320 !Amputationen).
Bremig 82 (Myositis ossificans).
Brenner, A. 1017* (Leistenhernien-
radikaloperationen).
Brentano 279, 1230 (Perikarditis).
Breuer 1069* Hypospadie der Eichel).
Brewer 761 (Chirurgische Technik).
Brian 274 (Innervation der Schilddrüse).
Briau 467 (Elephantiasis cartilaginosa
Nasi).
Briddon 1119 (Appendieitis‘.
Briegleb 551 {(Schleich’s Infiltrations-
anästhesie).
Briese 893 (Lungenendotheliom).
Namenverseichnis.
Briese 1059 (Symmetrische Gangrän).
Brigel 491 (Hendgelenktuberkulsse).
Brin 612 (Leberwunde).
Brindel 269 (Ozaena).
—— 831 (Nasenhöhlencysten).
Briquet 564 (Myxödem).
Broca 95 (Ohrleiden).
—— 199 (Chirurgie der Leber u. Gallen-
gänge).
—— 1198 (Bruchsacktuberkulose).
Broeg 927 (Haut- u. Schleimhautleiden).
—— 1311 (Umschriebene Lymphangiome).
Broese 1044 (Gonorrhoe).
Brosch 239 (Künstliche Athmung).
Broussin 952 (Fremdkörper im Mast-
darm).
Brown 347 (Blut Tuberkulöser).
—— 537 (Lepra).
Browne 363 (Aneurysma d. Art. max. int.).
—— 958 (Zungenmandeln).
Brühl 775 (Ohrleiden).
Brun 198 (Peritonitis).
— 514, 626, 1118 (Appendicitis).
Brunner 320 (Amputationen).
—— 713 (Harnblasenbrüche).
—— 759 (Wundinfektion).
852 (Strychninvergiftung und Starr-
krampf).
—— 1074 (Keimgehalt und Heilungs-
verlauf aceidenteller Wunden).
v. Bruns 38 (Inhumane Kriegsgeschosse).
—— 186 (Geschwülste des Nerven-
systems).
—— 221 (Selbstladepistole).
—— 530 (Hirngeschwülste).
—— 672 (Trachealresektion).
—— 1023 (Bleispitzengeschosse).
Bryant 127 (Mastdarmvorfall).
Bucalossi 119 (Empyem der Pleura u.
Leberechinococeus).
Büdinger 504 (Diastase d. Linea alba).
—— 513 (Bauchwunden).
Büttner 11 (Röntgenstrahlen).
Bufvoir 267 (Schädeltuberkulose).
Buguet 553 (Röntgendurchleuchtung).
Bulius 55 (Tuben- und Peritonealtuber-
kulose).
Bullin ger96(RetrobulbäreGeachwülste).
Bumm 1026 (Antiseptik und Technik).
Burci 1263 (Rückgratsdeformitäten).
—— 1276 (Splenopexie).
Burnett 286 (Ohrleiden).
Burrell 318 !Habituelle Schulterver-
renkung).
Burwell 909 (Spitalbericht).
Buschi 568 (Klinischer Bericht).
Buschke 1073 (Hefemykosen).
Busse 1302 (Neuroma ganglio-cellulare).
Bussenius 579 (Holocain).
Butlin 623 (Speiseröhrendivertikel).
—— 833 (Zungenkrebs).
Bychowski 539 (Ohrleiden).
Caillaud 347 Tetanus).
Calliano 877 (Brandwunden).
IX
Calot 340 (Pott’sche Krankheit).
Calmann 765 (Hautnaht).
Calvert 70 (Peritonitis).
Caminiti 36 (Prostatahypertrophie.
Campana 537 (Lupus).
-Cange 733 (Bauchbrüche).
Cannarsa 664 (Hautparasiten).
Card 511 (Darmresektion).
Carette 539 (Ohrleiden).
Carle 205 (Ileus).
—— 506 (Magenleiden).
—— 1260 (Geschwülste d. Frontallappen).
1266 (Chirurgie der Gallenwege).
Carlier 48 (Kastration bei Prostata-
hypertrophie).
—— 49 (Nephrektomie).
—— 50 (Nierengeschwulst).
Carlston 1130 (Appendicitis).
Carnot 1024 (Organotherapie).
Carrier 1189 (Epilepsie).
Carrière 295 (Pleuraexsudate).
Carwardine 396 (Darmverschluss und
Darmenge).
Casati 639 (Pyloroplastik und Gastro-
plicatio).
Casper 40 (Harnleiterkatheterismus).
— 177 (Ureterocystoskop).
Cavicchia 886 (Eröffnung des Wirbel-
kanals).
Ceccherelli 1281 (Hautnähte;.
Cerkez 563 (Basedow).
—— 887 (Kropf).
Cesaris-Demel 1014 (Bildung putrider
Gase).
Cestan 410, 883 (Empyem).
—— 1232 (Herzchirurgie).
Champlin 199 (Herniologisches).
Chaput 470 (Torticollis).
Charpentier 309 (Coxa vara).
Charvet 205 (Ileus).
Chassaignac 1250 (Gonorrhoe).
Chauffard 562 (Basedow).
Chavannaz 52 (Harnröhrenkrebs).
Chavasse 114 (Kiefersperre).
Chevalier 49 (Prostatahypertrophie).
—— 50 (Nephrotomie).
Chiari 964 (Kehlkopfkrebs).
Chipault 343, 1147 (Mal perforant).
—— 532 (Pott’scher Buckel).
—— 1175 (Spondylitis).
Chlumskij 376 (Gastroenterostomie).
Chlumsk y1025(Tuberkulosebehandlung
nach Bier).
Cholewa 271 (Adenoide Wucherungen).
957 (Ozaena).
Cholmogorow 701(Symphysenlähmung).
Choux 1187 (Phlegmone).
Christel (Darmverschluss durch
appendicitischen Abscess).
Chrobak 1216 (Lebercysten).
Ciechomski 797 (Chirurgie der Leber
und Gallengänge).
Claisse 259 (Zungenaktinomykose'.
Clark 1252 (Bauchfelldrainage).
Clarke 119 (Lungenabscess).
*
x
Clemmer 445 (Airol).
Clubbe 424 (Diphtherie).
Clutton 776 (Chirurgie der Kreusbein-
gegend).
Codevilla1260(Trepanationsinstrument).
—— 1265 (Magenchirurgie).
Codivilla 429* (Exploratire Kraniek-
tomie).
—— A. 729* (Radikaloperation von
Schenkelhernien).
Coelho 365 (Nephrektomie).
Cohn 148 (Wundverschorfungen).
—— 284 (Stirnhirngeschwulst).
959 (Prostatitis).
—— 998 (Natr. sozojodolicum gegen Blu-
tung).
—— 1078 (Wundschutz).
Coley 544, (Carcinom und Sarkom).
—— 782 (Atiologie der Geschwülste).
—— 1290 (Sarkombehandlung m. Toxinen;.
Collan 610 (Tripper).
Collis 536 (Äthertod).
McCollom 889 (Diphtherie).
Colombini 611 (Tripper).
Comby 45 (Vulvovaginitis kleiner Mäd-
chen).
Coneilman 1014 (Doppeltes Teratom).
Conrath 744 (Blinddarmtuberkulose).
Coosemans 270 (Holokain).
Cordero 131 (Milzchirurgie).
Cordes 957 (Ozaena).
Cordier 200 {Herniologisches).
McCosh 70 (Peritonitis).
1028, 1159 (Epilepsie).
Costinin 1243 (Bösartige Kehlkopf-,
Zungen- und Nasengeschwülste).
Coudray 339 (Resultate d. Lannelongue-
schen Methode).
Courmont 126 (Erysipel- u. Marmorek-
scher Streptococcus).
Courtin 202 (Herniologisches).
Cousins 390 (Appendicitis).
Coustan 216 Militārchirurgie).
Cowl 555 (Röntgendurchleuchtung).
Cramer 674 (Unfallerkrankungen).
1234 (Osteoplastische Knochenspal-
tung).
Crede& 149 (Silber).
—— 805 (Lösliches Silber als Heilmittel).
Crespin 663 (Lepra)
Crosti 564 (Urethrotomie).
Crouzillac 885 (Phlegmone d. Zungen-
tonsille).
Cryer 313 (Osteotom).
Csesch 139 (Mastdarmchirurgie).
1213 (Mastdarmkrebs).
Cuhorst 700 (Ellbogenverrenkungen).
Cumston 253 (Nierensteine).
Curry 138 (Bakteriologische Untersu-
chungen bei chirurgischen Operationen).
Curschmann 173 (Schwielige Muskel-
entartung).
Curtis 364 (Blasenresektion).
Cushing 1228 (Wirbelschuss).
Custer jr. 1265 (Lokalanästhesie).
Namenverzeichnis.
Czaplewski 874 (Tuberkelbacillen).
Czerny 902 (Appendicitis.
Dahlgren 388 (Peritonitis).
Darier 243 (Röntgenstrahlen).
David 577, 1170 (Eingeheilte Schädel-
stücke).
Davidson 453 (Röntgenstrahlen).
Deaver 391, 736 (Appendicitis).
—— 748 (Typhusperforation).
Defontaine 510 \Gastrocnterostomie).
Dehler 1160 (Osteomyelitis des Kreus-
beins).
Delag&niere 750 (Magenprobeschnitt .
—— 799 (Chirurgie d. Leber u. Gallen-
Ränge).
—— 1114 (Bauchhöhlendrainage).
Delamare 867 (Handverletzung).
—— 1307 (Sehnennahte).
Delbet 125, 452 (Chirurgie).
—— 820 (Doppelter Harnleiter).
—— 952 (Fremdkörper im Mastdarm).
Delcourt 1032 (Osteomyelitis).
Delie 963 (Nekrose der Nasenmuschel).
Delitzin 41 (Wanderniere).
Delore 438 (Prostatahypertrophie).
—— 1269 (Hoher Blasenschnitt).
—— 1275 (Orchidotomie).
v. Dembowski 870 (Plattfuß).
Demons 337 (Kontusionen d. Abdomens).
—— 342 (Schulterverrenkung).
—— 810 (Pachvvaginalitis).
—— 1062 (Hüftverrenkung).
Dempel 640 (Dünndarmkrebs).
Denecke 932 (Nierenblutung nach Ne-
phrolithotomie).
Le Dentu 125, 452 (Chirurgie).
232 (Schädelschüsse).
—— 337 (Laparotomie).
—— 356 (Elephantiasis der männlichen
Geschlechtstheile).
900 (Formol u. Parachlorophenol).
Depage 287 (Irigeminusoperationen).
293 (Kropf.
363 (Temporäre Oberkieferresektion..
395 (Mastdarmresektion!.
399 (Lebergeschwülste).
424 (Laryngektomie).
1036 (Schädelgeschwülste).
1037 Resektion des Gangl. Gasseri).
Derinschinski 723 (Prostatahyper-
trophie).
Desnos 49 (Prostatahypertrophie).
53 (Blasengeschwulstoperation!.
—— 1000 (Gonorrhoe).
Dessy 966 (Cystitis und Epididymitis).
Destot 929 (Vorderarmbrüche, Bprung-
beinbruch).
Detzler 423 (Atheromcyste des Halses).
Devoto 1232 {Perikarditis).
Deycke 11 (Röntgenstrahlen).
—— 312 (Tertiäre Sklerose).
Dibbern 261 (Blasensarkom).
Diller 1247 (Traumatische
leiden).
(III
Nerven-
Namenverzeichnis.
Döbbelin 968 (Knochenechinokokken
des Beckens).
Döderlein 33 (Operationshandschuhe).
—— 55 (Vaginale Operationen).
Dohi 1027 (Prurigo).
Dolega 659 (Skoliose).
Donath 1190 (Epilepsie).
Dor 339 (Mykose).
Dowd 32, 896 (Brustkrebs).
—— 831 (Lippenepitheliome).
—— 975 (Brucheinklemmung).
Doyen 66 (Hirnchirurgie).
122 (Magenoperationen).
165 (Angeborene Hüftverrenkung).
340 (Basedow).
1105 (Gynäkologische Operationen).
Dreesmann 1204 (Darmresektion).
1238 (Orthopädische Apparate).
Drenkhahn 579 (Zahnkrankheiten).
Drobnik 393 (Magenchirurgie).
1199 (Radikaloperation von Brüchen).
Dubourg 77 (Darmnaht).
Dubujadoux 950 (Hirnkompression).
Ducrey 832 (Hyperkeratose der Mund-
schleimhaut).
Dührssen 54 (Retroflexio uteri-Opera-
tionen).
—— 159 (Gebärmutterblutungen).
Dujarier 809 (Blasenexstirpation).
Dumstrey 169 (Chirurgisch -mechano-
therapeutische Heilanstalt).
452 (Röntgenstrahlen).
Dupart 222 (Aseptische Verbandstoffe).
Duplay 13 E es
692 (Mal perforant).
—— 802 (Arterienvernarbung).
—— 1015 (Urethrocele).
Duprez 232 (Schädelschüsse).
Duran 637 (Bauchfelltuberkulose).
—— 887 (Kropf).
Durante 537 (Raynaud’sche Krankheit).
Duret 50 (Ektopie der Blase).
—— 341 (Retrocoecale Abscesse).
Dutertre 542 (Diphtherie).
Duval 1048 (Schulterverrenkung).
Dzierzawski 1225 (Zahnextraktionen).
Ebermann 1095 (Bromäthyl-Chloro-
formnarkose).
Eberson 1170 (Hirngeschwülste).
Eberth 590 (Fettembolie).
Ebstein 882 (Ösophagoskopie).
Edebohls 359 (Ventrofixation der Gebär-
mutter).
— 375 (Naht).
—— 904 {Herniologie).
Egger 421 (Nasengeschwulst).
Ehret 486 (Lähmung der Peroneal-
murkelr).
—— 743 (Sareine und Magengärung).
Ehrich 614 (Pankreasnekrose).
Eichel 866 (Extensionsapparate).
1115 (Unterleibsverletzungen).
Eichhoff 793 Heilanstalten für Haut-
krankheiten u. Syphilis).
XI
Eichler 844 (Adenom der Nasenscheide-
wand). S
Einhorn 386 (Ösophagoskopie).
v. Eiselsberg 632 (Darmausschaltung).
—— 732 (Sondirung ohne Ende).
—— 1060 (Dystrophia musculorum pro-
grediens).
Ekehorn 393 (Magenchirurgie).
—— 460 (Dermoideysten des Mediastinum
anticum).
Elliot 399 (Lebergeschwülste).
—— 1128 (Appendicitis).
Ellinwood 350 (Oxytuherkulin).
Elsberg. C. A. 1071* (Herzwunden und
Herznaht).
Elting 70 (Peritonitis).
van Emden 572 (Blutplättchen).
Enderlen 148 (Einheilung von Haut-
pfropfungen).
—— 1043 (Anheilung von Hautläppchen).
Endlich 859 (Hüftverrenkung).
Engel 14 (Veraltete Verrenkungen).
Engelbrecht 246 (Angioma art. race-
mosum).
Englisch 437 (Cowper’'sche Drüsen).
—— 606 (Prostatahypertrophie).
—— 1270 (Harnleitererweiterung).
Eraud 51 (Harnröhrenpathologie).
Erben 659 (Skoliose).
921 (Muskelrheumatismus).
Erdberg 260 (Prostatahypertrophie).
v. Erlach 389 (Peritonitis).
Escat 469 (Adenom des Gaumensegels).
Esprit 822 (Hodensackgeschwulst durch
Guineawurm).
Etienne 1268 (Syphiliden).
Ettinger 9 (Chloroform).
Eulenburg 212, 758, 1139 (Eneyklo-
pädische Jahrbücher. Real-Encyklopädie
der gesammten Heilkunde).
Ewald 80 (Magenchirurgie).
—— 363 (Cylindrom der Zunge.
—— 489 (Myelom des Schlüsselbeins).
Exner 1096 (Gallensteine).
Eymeri 1309 (Osteom des M. adductor
med.)
Fabricius 824 (Peritonitis).
Fabrikant 250 (Harnröhrenstrikturen u.
Harnröhrenfisteln).
Fabris 998 (Wunddesinfektion).
Faivre 591 (Verknöchertes Hämatom).
Fantino 506 (Magenleiden).
Farganel 602 (Leberabscess).
Fasano 941 (Sozojodol).
Fatichi 966 (Cystitis u. Epididymitis).
Fattie 231 (Schädelschūüsse).
Faure 143 (Leberchirurgie).
341 (Gastroenterostomie).
—— 468 (Unterkieferresektion).
—— 1172 (Nervenanastomosirung).
—— 1254 (Eventration).
v. Fedoroff 39 (Cystoskopie).
—— 64 (Kraniektomie).
—— 145 (Rectoskopie).
XII
Fein 844 (Nasenschere).
Feindel 998 (Neurofibrome).
Felcki 823 (Hydrocele communicans
funiculi spermatici).
Fenwick 567 (Nierensteine).
Féré 1306 (Intermittirender Hydarthros).
Ferguson 613 (Gallenblasenchirurgie).
—— 39% (Appendicitis).
Ferrio 377 (Nierenstörung bei Darm-
verschluss).
Fessler 647 (Wundbehandlung).
Fick 1133 (Endotheliom und Carcinom
des Magens).
Fiebiger 591 (Lymphorrhagie).
Filatow 565 (Blasensteine).
Finger 558 (Sterilität beim Mann).
Finey 69 (Peritonitis).
Firchau 911 (Tuberkulöse Bauchfellent-
zündung).
Firgan 479 (Muskelschwund).
Fischer 748 (Hernien).
Fiske 861 (Flüssigkeit im Knie).
Flatau 1059 (Traumatische Neurosen).
Floderus 712, 1007 (Prostatahyper-
trophie).
Flummer 350 (Oxytuberkulin).
Föderl 628 (Darmwandbrüche).
Footner 319 (Genu valgum).
Farbes 415 (Lithotriptor).
afForselles 967 (Tubenachsendrehung).
Fort 561 (Elektrolyse bei Stenosen).
du Fougeray 286 (Taubstumme).
—— 420 (Epitheliom der Paukenhöhle).
Fouquet 662 (Medieinische Tätowirung).
Fowler 520 (Harnleitereinpflanzung in
den Mastdarm!
Fraenkel 1031 (Tracheotomie).
—— 1227 (Mandelkrebs).
Francke 1144 (Habituelle Schulter-
verrenkung).
Frank 78 (Darmnaht).
—— 192 (Darmknopf).
—— 565 (Hämaturie).
—— 1136 (Geheiltes Careinom).
1156 (Spitzfußoperation, Pylorus-
resektion).
Franke 84 (Periperitonitis).
—— 132 (Angebor. Dünndarmverschluss).
143 (Leberchirurgiei.
—— 161, 1061 (Radialislähmung).
—— 796 (Wandermilz).
919 (Gallenblasenchirurgie).
—— F. 369* (Entstehung d. Epidermoide
der Finger und Hohlhand).
—— 1161* (Temporäre Heteroplastik zur
Behandlung des Hirnprolapses).
Frankenberger 116 (Jodlaryngitis).
Franz 1016 (Varicenoperation).
Franzke 640 (Blinddarmkrebs).
Fratkin 819 (Blasenruptur).
Fredet 934 (Geläßunterbindung bei
Uterusmyomen).
Freitag 604 (Nierenkrankheiten).
Freudenberg 260, 1101 iProstatahyper-
trophie).
Namenverseichnis.
Freudweiler 666 (Lymphangioma eir-
cumseriptum cutis).
Freund 910 ‚Schussverletzung'.
— 1288 (Cholecystektomie und Ovario-
tomie!.
Frey 127 (Aktinomykose).
Freymuth 1240 (Noma).
Friekenberg 329 (Dermatitis medica-
mentosa).
Friedländer 1035 ‘Hirnsyphilis).
v. Friedländer 415 (Hirngeschwulst-
operation).
1084 (Ektomie des II. Trigeminus-
astes).
—— 1240 (Kieferklemme!.
Friedrich 3 (Aseptische Versorgung
frischer Wunden..
65 (Tuberkelbacillus!.
—— 117 (Muskelveränderung bei Re-
kurrenslähmung'.
—— 1037 (Gesichtsneuralgie).
P. L. Aus (Gummihandschuhe für
gelegentliche Operationszwecke).
Fritsch 69(Bauchschnittwundenheilung'.
Froehlich 803 (Heilserum, Immunität
und Disposition).
Froelich 342
tionen).
—— 1111 (Harnröhrenbildung!).
Fronizak 525 (Plica polonica).
Fronz 348 (Gelenkentzündung).
Funke 818 (Gefäßvarietäten).
1311 (Klumpfuß).
Furet 1172 (Nervenanastomosirung).
(Hernienradikalopera-
Geabryszewski 559 (Lipome d. Samen-
strangs).
Gabszewics 396 (Gekröscyste).
de Gaetano 1261 (Gehirneiterungen).
Gaibissi 409 (Kropf).
Galeazzi 518 (Duct. omphalomeseraicus).
Gallant 749 (Leistenbruch).
Gallet 536 (Bericht).
Gally 1209 (Darmenge).
de Garmo 392 (Hernien).
Garrè 89 (Speiseröhrenresektion!.
747 (Kehlkopf- und Speiseröhren-
exstirpation).
Garski 918 (Ileus).
Garulanos 1087 {Muskelechinokokken).
Gascard 553 :Röntgendurchleuchtung).
Gassmann 667 (Psoriasis).
Gaston 568 (Tuberkulose des Penis).
Gasur 560 (Röntgenstrahlen).
Gaucher 1268 (Syphiliden).
Gaudier 1212 (Kehlkopfmyxom).
Gautier 191 (Hermien).
Gavello 1034 (Lupus:.
Gay 193 (Unterbindung d. A. anonyma).
Gayet 533 (Pott’scher Buckel).
Gedeon 700 (Sehnennaht).
Gerard-Marchant 494 (Genu recur-
vatum).
563 (Basedow).
Gerdeck 692 (Schweißfuß).
Namenverseichnis.
Geisthövel 1204 (Frank’s Darmknopf).
Gellhorn 615 (Gebärmutterexstirpation).
Gelpke 516 (Eingeklemmte Brüche).
Gerber 963 (Empyem der Stirnhöhle).
Gerhardt 714 (Hämaturie).
Germano 182 (Infektionsübertragung).
Geroulanus 560 (Röntgenstrahlen).
Gerson 357 (Pflastersuspensionsbinde).
Gerster 262 (Nieren- und Harmleiter-
chirurgie).
Gerulanos 483 (Radialislähmung).
Gesselewitsch 503, 514 (Peritonitis).
Ghedini 1266 (Laterale Rectopexie).
Ghillini 151 (Nerveneinfluss auf Kno-
chenwachsthum).
—— 158, 683, 1281 (Angeborene Hüftver-
renkung).
—— 1262 (Rückgratsverkrümmungen).
Gibsons 350 (Oxytuberkulin).
Gigli, L. 358 (Schambeindurchtrennung).
— 376 (Naht).
—— 425* (Temporäre Schädelresektion
mit meiner Drahtsäge).
Gilbert 1024 (Organotherapie).
aldezuisere 917 (Meckel’sches Diver-
tikel).
Gillette 1308 (Oberschenkelhalsbrüche).
Ginestons 666 (Hautkrebs).
Giordano 895 (Verrenkung d. Schwert-
fortsatses).
Giovannini 66 (Chinosol).
Glantenay 529 (Chirurgie des Central-
nervensystems). $
—— 1129 (Appendicitis).
Glover 406 (Skiaskopie).
—— 529 (Schädelhöhlenskiagramme).
Gnesda 176 (Spontanfraktur).
—— 1286 (Anurie).
Gocht 553 (Röntgendurchleuchtung).
Goebel 542 (Kropf).
Gold 362 (Jahresbericht).
Goldberg, B. 136* (Querleiste d. Harn-
röhre u. Prostatitis acuta gonorrhoica).
—— 252 (Nierentuberkulose).
—— 669 (Traumatische Lateralsklerose).
—— 1233 (Urogenitaltuberkulose).
Goldenhorn 1016 (Perinephritische Ab-
Seege),
Goldscheider 1160 (Kniehygrome).
Golebiewski 494 (Umknicken d. Fußes).
Goljachowski 590 (Knochenbruch).
Goodale 101 (Gaumenmandel u. infek-
tiöse Processe).
—— 900 (Lymphdrüsentuberkulose).
Gordon 390 (Appendicitis).
Goris 118 (Kropf).
Gorski 889 (Ösophagotomie).
Gossner 1158 (Traumahysterie).
Gostynski 118 (Wirbelbruch).
Gottschalk 934 (Gefäßunterbindung bei
Uterusmyomen).
Gouguenheim 423 (Rachenlupus).
542 (Diphtherie).
Gould 807 (Anomalien u. Absonderlich-
keiten in der Medicin).
Gradenigo 97, 352 (Ozaena).
— 531 (Mittelohrentzündung).
—— 540 (Choanenverschluss).
Graeve 1003 (Brustdrüsenplastik).
Graf 766 (Trepanation).
—— 1167 (Schädelschüsse).
Graff 174 (Oberschenkelbrüche).
—— 1063 (Verrenkung d. Fuß- u. Knie-
gelenks).
Grand 538 (Traumatische, horizontale
Hemianopsie).
Grant 1081 (Sklerose des Ohres).
Graser 140 (Dickdarmdivertikel).
—— 172 (Nadelhalter, Nahtträger, Darm-
klemme).
—— 1201 (Darmverengerung, Darm-
geschwülste).
McGraw 395 (Darmverschluss u. Darm-
enge).
Greene 1251 (Nierensyphilie).
Greeske 173 (Schlüsselbeinnekrose).
Grekoff, J. 969*(Schädeldefektsdeckung
mit ausgeglühtem Knochen).
Grekow 889 (Unterbindung der Vena
jugularis communis).
Grewe 986 (Darmruptur).
Grosglik 259 (Sequester in der Harn-
röhre).
—— 557 (Nierenblutung).
Gross 237, 596 (Allgemeine Chirurgie).
—— 515 (Appendicitis im Bruchsack).
—— 688 (Genu valgum u. Kniekontrak-
turen).
Grosse 73 (Gesichtscarcinom).
—— 160 (Perforirtes Eierstocksdermoid).
—— 717* (Lagerungsapparat für Becken-
verbände).
Grosz 610 (Tripper).
Grounauer 1242 (Halsrippe).
Grouven 785 (Syphilis).
Grube 328 (Psoriasis).
—— 434 (Chloroformnarkose).
Grunert 110, 285 (Obrleiden und ihre
Komplikationen).
Guder 1083 (Reizung der Nasenschleim-
haut).
Gückel 181* (Fliegenlarven im mensch-
lichen Organismus),
Guerrini 1307 (Fingermissbildungen).
Guiard 51 (Circumcision).
—— 52 (Gonokokkenfreie Urethritis).
Guigues 357 (Incontinentia urinae bei
der Frau).
Guillain 1048 (Schulterverrenkung).
Guillemain 944 (Halschirurgie).
—— 1029 (Chirurgie des Gesichts).
Guinard 71 (Appendicitis).
—— 423 (Rachenlupus).
—— 812 (Mutterbandgeschwulst).
—— 979 (Magenkrebs).
Gundrum 1241 (Blutegel im Rachen).
Güterbock 442 (Chirurg. Nierenkrank-
heiten).
Guyon 46 (Harnrückstauung).
XIV
H aasler 151 (Chirurgie der Leber und
Gallenwege).
Habermann 1034 (Maligne Neurome).
Habs 468 (Nasen-Rachengeschwulst).
—— 493 (Aneurysmen).
Hackenbruch 45 (l.okalanästhesie).
v. Hacker 374 (Ösophagoskopie).
—— 417 (Sehnenplastik; Magen- und
Quercolonsresektion).
—— 1099 (Hypospadie).
—— 1192 (Hypospadie der Eichel).
Hadra 104 (Eneumotomie).
Haeckel 144 (Achsendrehung des S
romanum).
—— 147 (Gekröscysten).
Hägler 791 (Klinischer Bericht).
Haegler-Passavant 458 (Metallnaht
aus Aluminiumbronze).
Haga 229 (Japanisch-chinesische Kriegs-
chirurgie).
—— 997 (Spontane Gangrän).
1273 (Hydronephrose und Wander-
niere).
Hahn 203 (Magenchirurgie).
305 (Untersuchung von Unfallver-
letzten).
313 (Bubonen).
—— 417 (Nervennaht und Nervenplastik).
—— 1063 (Osteomyelitis).
1310 (Unterschenkelamputation).
Hall 613 (Gallenblasenchirurgie).
Halliday 951 (Appendicitis).
Halsted 740 (Cirkuläre Darmnaht).
Hamant 452 (Plötzlicher Tod nach Ope-
rationen).
Han£ 1015 (Prostatahypertrophie).
Harmer 1242 (Epiglottiscarcinom).
Harrington 1044 (Katgut).
Harris 142 (Gekrösgeschwülste).
—— 845 (Xerostomie).
Harrison 41 (Eiterung im Harnapparat).
Hartleb 184 (Maul- und Klauenseuche).
Hartmann 48 (Hlarnröhren -Scheiden-
eiterung).
—— 101 (Rachenmandel).
—— 204 (Magenchirurgie).
—— 338 (Mastdarmkrebsoperationen!.
—— 342 (Totale Ureterektumie).
352 (Ohrkrankheiten).
885 (Adenoide Wucherungen).
—— 934 (Gefäßunterbindung bei Uterus-
myomen).
1107 (Eitrire Annexitis).
Hattemer 423 (Spondylitis).
Haushalter 5 (Harnleiteraffektionen).
Hausmann 8i Üxtensionsapparate).
Hausser 347 (Bakterienfund bei Leichen).
Heath 909 (Aneurysmen).
Heberlein 142 (Darm- und Leber-
resektion).
Heddaeus 645 (Tetanus).
—— 902 (Appendicitis).
Heidenhain 122 (Magenoperationen).
—— 153 (Chirurgie der Leber und Gallen-
wege).
Namenverseichnis.
Heidenhain 727 (Hydronephrose).
—— 752 (Diekdarmresektion).
947 (Darmverschluss).
Heile 539 (Ohrleiden).
Heim 849 (Bakteriologie).
Heimann 287 ‘Entzündung der High-
mors- und Stirnhöhle;.
Heiner 446 (Prostata).
Heinricius, G. 601° (Fibrosarkom von
der Milzkapsel ausgehend).
—— 609 (Primäres Sarkom im Netz).
Heintze 28 (Saphenaresektion bei Bein-
geschwür).
496 (Resektion der V. saphena und
Beingeschwüre).
Heinze 206 (Darmsarkom).
Helferich 96 (Verlust der Sternocleido-
mastoidei'.
— 6755
letzungen).
—— 1014 (Krankenwagen).
Hellat 497* (Marly-Sterilisation im Am-
bulanzzimmer des Arztes).
1030, 1226 (Adenoide Wucherungen).
Heller 996 (Arterielle Luftembolie).
Hemmeter 87 (Gastritis).
—— 916 (Magenoperationen).
Henggeler 651 (Beckenstellung).
Henle 555 (Tuberkulose).
A. 153* (Gastroduodenostomie).
Henschen 771 (Röntgenstrahlen bei
Hirnchirurgie).
—— 1036 (Skiaskopie bei Hirnschuss).
Henssen 893 (Chylothorax).
Herbet 491 (Ellbogenverrenkung!.
Herdtmann 400 (Amputationsstümpfe).
—— 935 (Absprengung des Processus
coronoides ulnae).
Hermes 159 (Hernien).
Herrmann 637 (Ösophagotomie).
Hertoghe 836, 1030 (Adenoide Wuche-
rungen und Myxödem).
Herzfeld 252 !Gastrostomie wegen
Fremdkörper in Ösophagusstenosen‘.
581 (Nasennebenhöhlen;.
Herzog 85 {Perityphlitia).
142 !Gekrö:geschwülste).
—— 264 (Bierstocksdermvide).
—— 698 (Osteomvelitis).
SCH 897, 1268 (Wiederbelebungsmetho-
en).
Heasler 112 /Ohrleiden und ihre Kom-
Knochenbrüche und Ver-
plikationen).
—— 552 (Mittelohrentzündungen und
Mandeln).
Heubach 163, 720 (Hallux valgus).
Heusler 791 (Klinischer Bericht,
Heusner 159 (Angeborene Hüftverren-
kung).
—— 1146 (Klumpfuß).
Hibbard 859 (Diphtherie).
Hijmans 332 (l'uberkulosen).
Hildebrand 156 {Pankreatitis u. Fett-
nekrose..
292 (Schiefhals).
Namenverzeichnis.
Hildebrand 372 (Jahresbericht).
—— 965 (Penisresektion).
—— 1273 (Hydronephrose und Wander-
niere).
Hildebrandt 29 (Tumor im Corpus
cavernosum).
Hill 893 (Herzwunden).
Hiller 1121 (Hernien).
Hinde 194 (Aneurysma der A. carot.
int.).
Hinsberg 698 (Struktur von geheilten
Knochenbrüchen).
—— 1160 (Angeborene Hüftverrenkung).
Hinterstoisser 465 (Jahresbericht).
v. Hippel 272 (Ranula).
Hirsch 308 (Angeborene Hüftverren-
kung).
—— 1224 (Thränen- und Mundspeichel-
drüsenerkrankung).
—— H.H. 33* (Achillessehne bei Kon-
traktion der Wadenmuskulatur).
Hirschberg 973 (Fremdkörper in der
Bauchhöhle).
Hitzig 1189 (Hirnchirurgie).
Hochenegg 510 (Kombinationsileus).
519 (Mastdarmkrebs).
Hölscher,365 (Harnleiterkatheterismus).
939 (Athernarkose).
Hofbauer 678 (Gelenkerkrankungen).
Hoffa 76 (Spondylitis).
—— 161 (Radio-Ulnargelenksverrenkung).
—— 155 (Massage).
—— 166* (Plantarfaseienerkrankungen).
—— 647 (Spastische Gliederstarre).
Hoffmann 260 (Prostatahypertrophie).
—— 273 (Skoliose).
Hofmann 750 (Magenexstirpation).
v.Hofmann 126 (Atlas der gerichtlichen
Medicin).
— 541 (Kropf).
Hofmeier 254 (Gynäkologische Ope-
rationen).
—— 928 (Myomotomie).
Hofmeister 159 (Hüftkontraktur).
—— 560 (Coxa vara).
—— 887 (Kropf).
—— 1049 (Skiaskopie des Hüftgelenks).
Hofmokl 448 (Harnblasendivertikel).
Holländer 39 (Harnleiterkatheteris-
mus).
154 (Chirurgie der Leber u. Gallen-
wege).
Holtzmann 862 (Varicen der Unter-
extremitäten).
Homans 141 (Kasuistik).
—— 413 (Hysterektomie).
Honsell 242 (Karbolgangrän).
561 (Strumitis).
Hopmann 167 (Schädelgrundgeschwulst).
— 1039 (Veliretraktor).
Hottinger 355 (Harnröhrenverenge-
rung).
Houzel 727 (Nierenechinokokken).
1215 (Exosplenopexie).
— 1274 (Ni
encysten).
XV
Howard 1029 (Eiterung der Nasenneben-
höhlen).
Hubert 818 (Antistreptokokkenserum).
Hübener 699 (Knochenmetastasen nach
phus).
Hübscher 494 (Arthrodese des Fußge-
lenks).
Hugot 1191 Gris bifida).
Hugues 271 (Mandelabscesse).
Huhn 886 (Pott'scher Buckel).
Hunter 698 (Knochenbrüchigkeit).
Hutchinson jun. 680 (Daumenverren-
kung).
Ikawitz 526 (Glasdrains).
Imbert 808 (Harnleiterkatheterismus).
Imbriaco 1140 (Kriegschirurgische Ope-
rationen).
Ingersoll 1029 (Eiterung der Nasen-
nebenhöhlen).
Ingianni 411* (Instrument für die ex-
terne Urethrotomie bei Perinealabscess).
—— 439 (Resektion des Vas deferens).
1277 (Haroröhrenneubildung).
Isnardi 1262 (Cranium bifidum u. Spina
bifida).
1263 (Paraplegie bei
Krankheit).
—— 1267 (Peritonitis tuberculosa).
Isra&l 23, 1286 (Nierentuberkulose).
—— 1058 (Multiple Gehirnabscesse).
Pott’scher
Jaboulay 562 (Basedow).
Jacobson 303 (Syphilis).
—— 1298 (Oberschenkelamputation).
Jacoby 936 (Gewohnheitslähmung).
Jacques 566 (Harnleiteraffektionen).
Jaeger 104 (Kropfmetastasen).
Jaffé 1119 (Bauchfelltuberkulose).
Jaia 1266 (Hernien des Wurmfortsatzes).
Jakowlew 301 (Syphilis).
—— 991 (Milzechinococeus).
Janet 51 (Gonokokkenfreie Urethritis).
—— 54 (Harnröhrenpolypen).
Jankau 554 (Röntgendurchleuchtung).
—— 635 (Nasenöffner).
Jankelevitch 269 (Hydrorrhoea na-
salis).
Janni 1282 (Venae varicosae).
Janz 109 (Hirngeschwülste).
176 (Angeborener Defekt des Vor-
fußes).
Jasiński 399 (Leberabscess).
Jastrebow 256 (Keratosis circumseripta
und Krebs).
Jaswitzki 564 (Harnröhrensteine).
Jayle 204 (Anastomosenbildung).
Jeanne 16 (Bau des Fußzewölbes).
Jeannel 982 (Ileus).
1114 (Darmchirurgie).
—— 1203 (Scheidenafter).
Jessen 1243 (Perikarditis).
Joachimsthal 1049 (Brachydaktylie u.
Hyperphalangie; Coxa vara.
Joffroy 837 (Akromegalie mit Demenz).
XVI
Johnston 331 (Hauttuberkulosen).
—— 415 (Leberabscess).
Jones 603 (Gallenblasenfistel).
Jonnesco 103, 886 (Pott’scher Buckel).
— 131 (Milschirurgie).
—— 255 (Retrodeviation der Gebärmutter;
abdominale Kastration).
—— 563 (Basedow).
—— 1786 (Splenektomie).
—— 842 (Schädeloperationen).
Jordan 98 (Thorakoplastik).
—— 344 (Hautatrophie).
—— 555 (Tuberkulose).
—— 767 (Schädelgrundgeschwulst).
Joseph 118 (Orthopädische Brust-
klemmen).
Jovanović 365 (Blasen-Scheidenfistel).
—— 1268 (Splenektomie).
Julié 1061 (Drucklähmung des N. uln.).
Juliusberg 344 (Eigenartiges Exan-
them).
Jung 264 (Chlorzinkätsun;
Jurka 108 (Traumatische
Juschsenkoff 891
schwälste).
Juvara 563 (Basedow).
—— 887 (Kropf).
—— 1144 (Knochenbrüche).
des Uterus).
‚pilepsie).
(Kehlkopfge-
Macsanowski 1292 (Lupus).
Kader 671 (Neuralgie bei Schiefhals).
—— 679 (Primäre Muskelentzündungen).
Kahleyss 306 (Radiusbrüche).
Kaijser 348 (Gelenkentzündung).
Kallenberger 502 (Orthoform).
Kanzel 613 (Gallenblasenchirurgie).
—— 1127 (Ösophagotomia ext.)
Kaposi 702 (Gelenkkörper).
Kapsammer 676 (Ischiadicusdurch-
schneidung).
—— 1023 (Callusbildung).
Karewski 25 (Kippentesekkion bei
Peripleuritis; Echinokokken d. Bauch-
höhle.)
103 (Lungen- u. Pleurachirurgie).
.— 224* (Abzüge für Sterilisatoren im
Operationssaal).
—— 892 (Lungenaktinomykose).
—— 1310 (Knochensarkom).
Karg 126 (Magenoperationen).
Karlinski 403 (Schusswundeninfektion).
Kasparki 845 (Fremdkörper i. d. Backe).
Kaufmann 200 (Herniologisches).
373 (Unfallverletzungen).
Kayser 387 (Zwerchfellverletzung).
—— 1080 (Trommelfelldurchlöcherung).
Kedrowski 565(Cystitisemphysematosa).
Keen 851 (Chirurgische Komplikationen
des Typhus).
—— 1171 {Resektion d. Ganglion Gasseri).
Kehr 1097 (Gallensteine).
Kehrer 465 (Angeborene Kopfbrüche).
Kelling 89 (Osophagoskopie).
Kellogg 527 (Resorein).
Kelly 566 (Cystoskop).
Namenverzeichnis.
Kelynack 377 (Meckel's Divertikel).
Kemp 1267 (Narkose).
Kern 869 (Pirogofl’sche Amputation).
Keyes 1269 (Blasensteine).
—— 1285 (Prostatahypertrophie).
Kiär 1068 (Meißelsonde).
Kingsbury 159 (Bauchnaht).
Kirchgässer 459 (Rückenmarkser-
schütterung).
Kirchner 669 (Pemphigus).
— 690 (Fußgeschwulst).
Kirmisson 303 (Syphilis).
—— 317 (Schulterblatthochstand).
—— 456 Knochen-u. Gelenktuberkulose).
—— 458 (Bericht).
—— 597 (Angeborene chirurgischeKrank-
heiten).
—— 703 (Wadenbeinmangel).
Kirsch 318 (Sehnentransplantation).
Kirstein 846 (Nageltrokar).
—— 1113 [Dsophaguskopiel.
Klapp 115 (Dermoide d. Mundbodens).
Kleinknecht 456 (Fußlipome).
Klemm 1095 (Nahtmaterial).
Klink 624 (Urin in der Bauchhöhle).
Klippel 906 (Pankreaskrankheiten).
—— 935 (Oberextremitätsentwicklung).
Knorr 644 (Tetanus).
Knüpfer 200 (Herniologisches).
Knust 320 (Fußgelenkverrenkung).
Koch 687 (Knieankylose).
—— 752 (Spiraldrehung des 8 romanum).
—— 1014 (Tetanus).
Kocher 213 (Operationslehre).
—— 408 (Wirbelsäulenverletsungen).
1120 (Herniendisposition).
Köhler 27 (Lappenüberpflanzung nach
Thiersch).
—— 21% (Allgemeine Kriegschirurgie).
- — 496 (Resektion der V. saphena und
Beingeschwüre).
—— 635 (Arbeitsklaue).
Kölliker 160 (Schulterblatthochstand).
Th., 746* (Schutzhebel bei Opera-
tionen am Knochen).
— —— 1041* (Kongenitale Hüftluxa-
tion, behandelt mit unblutiger Repo-
sition).
König 25 (Doppelseitige Luxation der
Peroneussehne).
26 (Darmresektionen; Naht).
455 {Röntgenbild bei Coxitis).
677 (Cystische Knochengeschwäülste).
759 (Specielle Chirurgie).
823 (Hedentuberkulosel.
Köppen 173 (Traumatische Gelenkmaus).
Koerner 102 Zahnleiden u. Halsdrüsen-
schwellung).
Körner 116 (Kehlkopfapiegel).
Körte 134, 350 (Pankreasentzündung).
281,751 (Ductus omphalomesenteri-
cus, Exstirpation; Magen- und Darm-
operationen).
625 (Eitrige Bauchfellentzündung).
Kövesi 1136 (Magenchirurgie).
a
`
Sa
)
=
|
b
NS
|
PE ANEO ES ENN
Namenverzeichnis.
Kofend 1241 (Spontanfraktur bei Sy-
ringomyelie).
Kofmann, 8. 993* (Blutleere als Lokal-
anästhesie).
Kolischer 250 (Urethritis der Frau).
Koller 454 (Schusswunden).
Kopfstein 461 (Pleuraempyem).
—— 990 (Retrograde Incarceration).
Korlowski 724 (Prostatahypertrophie).
Koschier 543 (Luftröhrengeschwulst).
Kosinski 772 (Hirngeschwulst).
Kossel 664 (Anthrax).
Kossobudzki 238 (Terebenglyeerin).
—— 819 (Chelidonium gegen Krebs).
Krabbel 1207 (Milzexstirpation).
Krämer 209* (Desinfektion des Opera-
tionsfeldes).
—— 1299 (Varicen).
Kramer 233* (Operation großer Kno-
chengeschwülste des Beckeninnern).
—— W. 521* (Meckel’sches Divertikel).
Krassnobajew 517 (Pylorusstenose).
Kraus 850 (Mikroorganismenausschei-
dung).
Krecke 482 (Schlüsselbeinverrenkung).
—— 541 (Kropf).
Kredel 844 (Nasenspalten).
Kreibisch 666 (Hautkrebs).
Kreis 118 (Brustbeinfraktur).
Krentwig 698 (Osteomyelitis).
Kretschmann 578 (Caries von Hammer
und Ambos).
Krogius 910 (Appendicitis).
— 1004 (Chirurgie der Harnwege).
Kromayer 502 (Jodoformogen).
Krönig 662 (Infusions- und Punktions-
therapie).
Krönlein 93 (Diphtherie mit Serum).
—— 113 (Magenoperationen).
—— 1167 (Cranio-cerebrale Topographie).
Krompecher1302(Hodenendotheliome).
Krone 1275 (Varicocele).
Krüger 73 (Appendicitis).
—— 1054 (Ureterenverletsungen).
Krukenberg 152 (Mechanische Heil-
methoden).
—— 1203 (Resektion der Cardia).
—— 1237 (Orthopädische Apparate).
Krumm 916 (Magenoperationen).
Kruse 172 (Muskelinterposition bei
Knochenbrüchen).
v. Kryger 49 (Knochen- und Knorpel-
geschwäülste).
Krylow 261 (Blasensteine).
Krzystalowicz 794 (Tripper).
Kudriaschow 953 (Osteomyelitis).
Kümmel 52 (Röntgenstrahlen gegen
Lupus).
—— 99 (Mundkrankbheiten).
—— 111 (Ohrleiden und ihre Kompli-
kationen).
— 406 (Thränen-u. Mundspeicheldrüsen-
erkrankung).
Kümmell 133 (Leberchirurgie).
—— 974 (Recidivirende Perityphlitis).
Centralbl. f. Chir,
XVI
Küster 1245* (Appendicitis oder Epi-
typhlitis?).
Küttner 86 (Struma syphilitica).
—— 435, 622 (Röntgenstrahlen).
—— 917 (Meckel’sches Divertikel).
—— 1251 (Syphilitischer Kropf).
Kuhn 206 SC
Kumberg 537 (Dermatomyasismigrans).
—— 775 (Örbitalangiome) ` >
Kummer 143 (Leberchirurgie).
—— 205 (Ileus).
—— 343 (Talusfrakturen).
—— 991 (Darmperforation).
—— 1297 (Spontanverrenkungen in der
Hüfte).
v. Kundrat 743 (Verwachsungen zwi-
schen Pylorusgeschwülsten u. Leber).
Kunert 98 (Erkrankungen der Nasen-
nebenhöhlen).
Kunkel 987 (Präparate).
Kusnetzo w 1039 (Halsphlegmone).
Kuss 471 (Torticollis).
Kuttner 86 (Gastroskopie).
—— 738 (Magenchirurgie).
—— 784 (Syphilis).
Kuzmik 75 (Darmnaht).
X accetti 612 (Splenektomie).
Laehr 657 (Rückenverletzungen).
Lafourcade 512 (Hämorrhoiden).
Lam bret470(Rückenmarksverletzungen).
—— 811 (Clitorisgeschwülste).
Lammers 526* (Hydrocelen-Radikal-
operation unter Lokalanästhesie).
Lamy 802 (Arterienvernarbung).
Landerer 31 (Asepsis).
—— 77 (Spondylitis).
—— A., 209* (Desinfektion des Opera-
tionsfeldes).
—— 758 (Allgemeine Chirurgie).
Landsteiner 900 (Bakteriendichtigkeit
der Darmwand).
Lane 350 (Oxytuberkulin).
Lang 355 (Harnröhrenverengerung).
—— 527, 1035 (Lupus).
Lange 118 (Skoliose).
—— 132 (Leberchirurgie).
—— 481 (Orthopädie Hessing's).
683 (Angeborene Hüftverrenkung).
690 (Tarsalgie).
—— F. 321* (Spondylitis).
Langenbuch 382 (Choledochus-Opera-
tionen).
—— 385 (Foramina emissaria).
Langer 909 (Traumatische Lympheysten).
Lannelongue 364 (Brustdrüsencyste).
Lannois 1028 (Periaurikulärer Abscess).
Lanz 445 (Streptococcus).
—— 886 (Strumitis).
—— 946 (Schilddrüsenpräparate).
—— 0.,1257*(Traumatische Fettnekrose).
de Lapersonne 538 (Traumatische
horizontale Hemianopsie).
—— 591 (Meningitisn.Orbitaloperation).
Larrabec 765 (Katgut).
b
XVIII
Lasarew 884 (Pulsirender Exophthal-
mus).
Laud el 379 (Mastdarmkrebs).
Lauenstein 133 (Nabelbruch).
—— 211* (Schädeltrepanation).
—— 867 (Fingerversteifung).
Lauffs 855 (Adenoide Wucherungen).
Lauin 887 (Kropf).
Lauwers 88 (Enterektomie).
Laverde 651 (Lepra).
Lavrand 957 (Intranasale Synechien).
Law 232 (Skiaskopie).
Lebensohn 1132 (Hernien).
Lebrun 343, 591 (Littlesche Krankheit).
—— 989 Eitrige Peritonitis).
Ledderhose 162 (Hand- und Fußapo-
neurose).
—— 674 (Unfallfolgen).
Leenen 366 (Dermoidcysted. Eierstocks).
Legrain 795 (Syphilis).
Legueu 48 (Prostatahypertrophie).
—— 50 (Varicocele bei Nierengeschwül-
sten).
—— 53 (Scheiden-Harnröbrenfistel-Ope-
ration).
935 (Synovitis tuberculosa).
Lehmann 315 (Muskelhernie).
Leibold 482 (Exkursionsfähigkeit der
Gelenke).
Leitzbach 828 (Mittelohreiterung!.
Lejars 175 (Kniescheibenbruch).
—— 293 (Kropf).
—— 703 (Kniescheibenbandosteom).
—— 800 (Chirurgie der Leber-
Gallenwege).
—— 951 (Subphrenischer Abscess).
1247 (Arterienzerreißungen).
Lemaitre 356 (Ösophagotomie).
Lennander 90* (Bauchschnitt).
374 (Gefäßkompression bei
operationen).
—— 396 (Darmverschluss und
enge).
—— 771 (Röntgenstrahlen bei Hirnchir-
urgie).
—— 976 (Magen- u. Duodenalgeschwür).
van Lennep 637 (Appendicitis).
Lennhoff 1104 (Nierenlage).
Leo 865 (Osteosarkom).
Lermoyez 1242 (Recurrenslähmung).
Lesn& 1035 (Staphylokokkhämie).
Lesser 301 (Geschlechtskrankheiten u.
Volksgesundheit).
Letulle 625, 626 (Appendicitis).
Leube 631 (Magengeschwür).
Levai 479 (Gefahren der Karbolanwen-
dung).
Levin 796 (Stomatitis mercurialis).
Levings 1269 (Nervenverletzungen).
v. Levschin 311 (Osteoplastische Unter-
schenkelverlängerung).
Levy 169 (Skiaakopie).
—— 1% (Gebiss in der Speiseröhre).
—— 851 (Resektion der Speiseröhre).
Levy-Durn 170 (Skiaskopie).
und
Bauch-
Darm-
Namenverzeichnis.
Levy-Dorn 617* ‚Lagebestimmung der
Fremdkörper mittels Röntgendurch-
leuchtung:.
Lewaschow 1255 (Bauchhöhlen-Neu-
bildungen:.
Lewerenz 356 (Laparotomie, Osophagus-
stenose).
Lewinsohn 174 ‚Dehnung des N. ischia-
dicus).
Lexer 959 (Urachusfistel).
Libow 1210 Darmenge).
Lichtwitz 539 ‚Ohrleiden).
—— 8416 (Osteomyelitis der Kiefer).
—— 847 ‚Zungensarkom!.
Lieblein 420 :Aneurvama racemosum).
Liermann 129, 359*, 1204 (Vaginale
Mastdarmoperationen).
Lilienthal 1265 (Lokalanästhesie).
Limacher 1303 ‚Blutgefäßendotheliome
der Struma).
Lindfors 1168 ‚Hirnbrüche).
Lindner 584, 738 (Magen -Darmchirur-
ie).
— 559, 908 iGefäßnaht!.
Lindt 829 iNebenhohleneiterung).
Link 932 ‚Nierenzerquetschung).
Litzenfrey 1287 ‘Samenstranglipome).
Ljungren 649 (Hauttransplantation).
Ljunggren 722 (Harnröhrenplastik).
—— 725 (Doppelharnblase).
Llobet 940 (Klinischer Bericht).
Lloyd 390 (Appendicitis).
Lochte 343 ‚Peripheres Gangrän).
Löhlein 385 'Nierenzerreißung|.
Löhnberg 1239 (Vibrationsmassage).
Loew 70 Plastik).
— 560 (Posttyphöse Eiterung).
Löwenbach 272 Geschwülste der Sub-
maxillarspeicheldrūse).
Löwenthal 169 (Beinbade- u. Dampf-
badewanne).
Lohse 385 ‘Prāparatdemonstrationen,
Osophagusruptur,.
Londe 560 iRoóntgenstrahlen).
Long 663 Lena,
Longard 1193* iAthermaske).
Longuet 105 {Lungenchirurgie).
—— 595 (Geschwülste des Brustkorbes).
—— 1202 'Mastdarmgeschwülste).
Lorenz 78 Spondylitis..
—— 155 (Spastische Gliederstarre).
—— 652 (Hüftkontrakturen).
—— A, 157, 1235 {Angeborene Hüftver-
renkung!.
Lossen 675 iKnochenbrüche und Ver-
letzungen).
—— 1150 (Rhinoplastik).
Lotheissen 115 iGeschwülste d. Gland.
submax.)
—— 197 (Bauchverletzungen).
— 416 iStimbeing-Depressionsfraktur).
—— G. 548* (Radikaloperation d. Schen-
kelbernien!.
—— 630 {Blasenbrüche).
—— 1015 (Brustdrüsentuberkulose).
Namenverseichnis.
Lotheissen 1308 (Tabische Hüfterkran-
kung).
Lovett 318 (Habituelle Schulterverren-
ung).
—— 1014 (Doppeltes Teratom).
Ludewig 68 (Mittelohreiterung).
Ludwig 185 (Athylenchlorid).
Lübbe 1111 (Harnröhrencyste).
Luedecke 177 (Galvanokaustisches Pro-
statotom).
Lüning 169 (Orthopädischer Instituts-
bericht).
Lüscher 886 (Strumitis).
Luria 205 (Anastomosenbildung).
Lusk 242 (Hautimplantation).
Lyssenkow 941 (Chirurgie des Nerven-
systems).
M aas 22, 291, 670 (Spina bifida occulta).
—— 150 (Celluloidverbände).
— 1174 Spondylitie)
Macewen-Rudloff 841 (Infektiös-
eitrige Erkrankungen des Gehirns u.
Rückenmarkes).
Macdonald 1298 (Kniescheibenbruch).
Mackenrodt 55 (Exstirpatio uteri).
Madelung 1216 (Leberinfektion).
Mader 1155 (Status thymicus u. Chloro-
formnarkose).
Maffei 792 (Jahresbericht).
Maffucci 81 (Atiologie d. Geschwülste).
—— 1281 (Serotherapie der Tuberkulose).
Maillefert 315 (Unfallheilkunde).
Majewski 1013 (Eiterbecken).
Malherbe 53 (Blasengeschwäülste).
664 (Hautparasiten).
944 (Halschirurgie).
1029 (Chirurgie des Gesichts).
—— 1080 (Warzenfortsatzzellen).
Manchot 312 (Syphilis hereditaria und
Pemphigus).
Manguli 466 (Noma).
Mannaberg 388 (Darmschuss).
Mans 177* (Regionäre Cocainanästhesie).
Marc 1009 (Blasensteine).
Marchant 472 (Basedow).
Marckwald 1103 (Harnleiter- u. Harn-
blasencysten).
Marcus 1241 (Geschoss in der Zungen-
beingegend).
Marcuse, J. 1300* (Luxationen).
Marcy 238 (Naht).
Marfan 1168 (Meningitis tuberculosa).
Marie 1241 (Kyphose).
Marks 107 (Cephalhämatom).
Marinesco 540 (Rückenmarksatrophie
wegen Fingermangel).
Martel 796 (Syphilis).
—— 1285 (Blasengeschwülste).
Martha 539 (Nasenpolypen).
Martin 883 (Diphtherie).
— 933 (Gefäßunterbindung bei Uterus-
myomen).
Martinelli 1307 (Fingermissbildungen).
Martini 1264 (Gastroenterostomie).
XIX
Martinotti 865 (Polymyositis).
Martuscelli 1030 (Sarkom der Zungen-
beintonsille).
—— 1083 (Nasengeschwülste).
Martynow 843 (Neuralgie des N. lacry-
malis)
Marx 1156 (Osteomyelitis).
Masse 1036 (Köpfveristsung):
Massei 1229 (Kebikopfpapi jome).
Massey 8 (Krebsbebandlung).
Matas 416 (Kolostomie).
Mathes 700 (Verrenkung des Radius-
köpfchens).
Mathews 918 (Mastdarmeysten).
Matwejew 1033 (Echinokokken).
Maximow 823 (Phlebolithen d. Samen-
stranges).
—— 1036 (Schädelgeschwülste).
Maydl 1201 (Jejunostomie).
Mayer 290 (Laminektomie).
—— 996 (Arterielle Luftembolie).
—— 1075 (Therapeutische Anwendung
chemischer Biterung)-
v. Mayer 983 (Künstlicher After).
Maylord 188 (Operationen am Nahrungs-
kanal).
Mays 30 (Mastitis).
de Megalbeies 867 (Wachsthums-
behinderung des Armes).
Meier 572 (Bakterienfunde bei Phthi-
sikern).
—— 592 (Otitische Hirnabscesse).
Meinert 1040 (Tetanie).
Meleschko 912 (Herniologie).
Melun 103 (Pott'scher Buckel).
Ménard 658, 770 (Pott’scher Buckel).
—— 701 (Hüftgelenkstuberkulose).
Mencidre 1256 (Gastroenterostomie).
Mendel 12 (Physiologie u. Pathologie
der Nasenathmung).
Mendelsona 590 (Krankenpflegesamm-
ung).
Menge 349 (Handasepsis).
Mercière 315 (Entwicklungsstörungen).
Merkel 690 (Tarsalgie).
Merkens 1058 (Gehirnabscesse; Struma
cystica mit Amöben).
Merlin 912 (Herniologie).
Mermod 535 (Kehlkopfendoskop).
Metzner 452 (Röntgenstrahlen).
Meuciöre 1046 (Knochenbrüche u. Ver-
renkungen).
—— 1307 (Fingermissbildungen).
—— 1309 (Angeborene Pseudarthrose).
Meusser 747 (Appendicitis).
Meyer 9 (Riesenzellenbildung bei Jodo-
form).
—— 20* (ParaartikulärePhlegmone, durch
Gonokokken erzeugt).
76 (Darmnaht).
668 (Lichen ruber).
711 (Prostatahypertrophie).
1110 (Fettgewebsnekrose).
1135 (Magenchirurgie).
Meyjes 581 (Nasennebenhöhlen).
b*
XX
Mibelli 668 (Tinea Gruby).
Michaelis 572 (Bakterienfunde b. Phthi-
sikern).
Michailow 821 (Paranephritis).
—— 1249 (Syphilisoperationen).
Michaux 338 (Laparotomie).
Michelis 1188 (Schädelwunde).
Mihailovski 797 (Splenektomie).
Mihajlović 316 (Entwicklungsstö-
rungen).
Mikule 567 (Harnleiteraffektionen).
Mikulicz 9 (Aseptische Wundbehand-
lung).
—— 118 (Magenoperationen).
—— 99 (Mundkrankheiten).
—— 631 (Magengeschwür).
Milchner 973 (Tetanusgiftbindung).
Milian 1129 (Appendicitis).
Milton 261 (Blasensteine).
Minard 267 (Schädeltuberkulose).
Minervini 261 (Nierengeschwülste).
Minor 923 (Lumbalschmerz u. Ischias).
Mints, W. 660* (Korsetttechnik).
—— 914 (Herniologie).
Miot 1080 (Trommelfelldurchlöcherung).
—— 1088 (Rhinolith).
Mirallie 470 (Torticollis).
Mjassnikow 1212 (Dünndarm-Gebär-
mnutterfistel).
Mlodzejewski 544 {Endotheliom von
Pleura und Perikard).
Möller 65 (Knochenerkrankung nach
Typhus).
—— 488 (Tetanus).
—— 963 (Hydrencephalocele).
Mohr 391 (Hernien).
Moingeard 672 (Brustwunde).
Molteni 931 (Singultus bei Cystitis).
Monin 1078 (Gerüche des menschlichen
Körpers).
Monks 1224 (Nasenplastik).
Monod 81 (Invagination).
—— 85 (Perforationsperitonitis).
—— 1107 (Eitrige Annexitis).
—— 1197 (Appendicitis).
Monprofit 1124 (Pylorusenge).
—— 1135 (Magenchirurgie).
Monsehr 175 (Oberschenkelbrüche).
Moore 476, 939 (Ligaturen u. Suturen).
Morelli 1227 (Carotisaneurysma).
Morer 615 (Varicocele).
Morestin 1159 (Schulterblattbruch).
Morgenroth 222 (Aseptische Verband-
stoffe).
Mori 827 (Perkussion bei Gehirnkrank-
heiten).
Morian 1148 (Myositis ossificans).
1208 (Pankreasnekrose).
Morisani 201 (Herniologisches).
Morison 743 (Pylorektomie).
Morrihy 149 (Bacterium coli-Toxine bei
Tuberkulose).
Morris 83 (Tuberkulin).
—— 927 (Nierenchirurgie).
Morton 119 (Lungenabscess).
Namenverzeichnis
Morton 833 (Kataphorese in der Zahn-
heilkunde).
—— 1050 (Genu valgum).
—— 1285 (Prostatahypertrophie).
v.Mosetig-Moorhof826,Chirurgische
Technik).
378 (Kolostomie).
—— 1137* (Knochendefektsverschluss
durch Hautlappen).
Most 871 (Echinokokken an den Ge-
fäßen).
—— 992 (Echinokokken der Bauchhöhle).
Moty 721 (Harnfistel).
—— 846 (Osteomyelitis der Kiefer).
—— 1268 (Prostatahypertrophie).
Mouchet 1307 {Fingerverrenkungen),
Moullin 842 (Schädeloperationen).
Moure 110, 112 (Ohrleiden und ihre
Komplikationen).
—— 285 (Ohrleiden).
—— 408 (Rachenmandell.
—— 551 (Nasennebenhöhlen).
827 (Mittelohreiterung).
Mouret 297 (Ozaena).
Muha 930 (Harnröhrenplastik).
Mühsam 383 (Itöntgenstrahlen bei ex-
perimenteller Tuberkulose).
—— 793 (Gonorrhoische Gelenkentzün-
dungen).
—— 1056 (Seltene Hodentumoren).
Müller 11 (Köntgenstrahlen).
— 66 (Anästhetica).
—— 138 (Knochenabscesse;.
—— 147 (Gekröseysten).
— 161 (Habituelle Schulterverrenkung).
—— E., Stuttgart, 193* (Wladimirow-
Mikuliez’sche Operation).
—— E. 300* (Achillessehne bei Kontrak-
tion der Wadenmuskulatur).
—— 454 (Schusswunden).
—— 569* (Federnder Unterschenkel).
—— 578 (Mittelohrfreilegung).
—— 674 (Nachbehandlung von Ver-
letzungen).
—— 773 (Hirnabscess).
—— R. 774 (Ohrleiden).
—— 1233 (Embryome).
Muchard 1131 (Hernien).
Mugnai 466 (Exstirpation des Ganglion
Gasseri).
1263 (T,aminektomie).
Mulder 397 (Bauchgeschwülste),
Mulert 1064 (Zerreißung der Art. po-
plitea).
Murawjeff 405 (Diphtherie).
Murphy 638 (Heus).
Murray 290 (Pott'scher Buckel).
Naegeli 664 (Hauttuberkulose).
Nagel 647 (Bubonen).
Nannotti 140 (Milzchirurgie).
Narath 196 (Chirurgie von Speiseröhre
u. Kehlkopf).
Nasi 202 (Herniologisches).
Nason 801 (Bösartige Geschwülste).
Namenverzeichnis.
Nassauer 734 (Bauchfelltuberkulose).
Nasse 307 (Krankheiten der unteren
Extremitäten!.
—— 383 (Präparatdemonstration).
—— 587 (Halsrippe; Aneurysma der Art.
femoralis).
—— 1272 (Nierenzerreißung).
Natoli 365 (Varicocele).
Naumann 494 (Bruch des Sprungbeins).
Neisser 302 (Syphilis).
—— 600 (Tripper).
Ne&laton 139 (Mastdarmehirurgie).
—— 913 (Herniologie).
Neugebauer 489 (Nekrotomien).
—— 516 (Eingeklemmte Brüche).
Neuhaus 794 (Tripper).
Neumann 39 (Getrennte Urinauffangung).
—— 68 (Skrofulose).
—— 655 (Keratom).
—— 149 (Retroperitonealbruch).
Newman 1229 (Vagusdruck).
Nicodemi 295 (Pleurotomie).
Nicoladoni 15 (Daumenplastik).
Nicolai 224 (Sanitätsdienst im Gefecht).
—— 697 (Trage für Verletzte).
Niebergall 924 (Gonorrhoe).
Nikolaysen 247 (Gonokokken u. Go-
norrhoe).
Nimier 480 (Frakturverbände).
—— 1274 (Varicocele).
Nobe&court 1166 (Antitoxische Wirkung
der Nervencentren).
Noetzel 5 (Bakterienresorption frischer
Wunden).
—— 105 (Peritonesle Resorption u. In-
fektion).
—— 571 (Granulationsinfektion).
Noguès 51 (GonokokkenfreieUrethritis).
—— 808 (Orthoform bei Blasenleiden).
—— 1000 (Gonorrhoe).
—— 1007 (Prostatahypertrophie).
Noirot 69 (Bauchwandfibrome).
Noquet 288 (Nasengeschwülste).
—— 1239 (Parosmie).
Nov&-Josserand 810 (Hypospadie).
Obermayer 445 (Sekundäre hyper-
lastische Ostitis).
Oberst 554 (Röntgendurchleuchtung).
Obrastzow 981 (Blinddarmkrebs und
Blinddarmtuberkulose).
Ochsner 505 (Hernien).
Ohbmann-Dumesnil 344 (Pemphigus).
—— 1252 (Schanker u. syphilitische Ge-
schwüre).
Okada 830 (Nasenpolypen).
Okladnych 1127 (Oesophagotomia ext).
Oliva 916 (Magenoperationen).
Ollier 1060 (Gelenkverbindung).
Ombrédanne 913 (Herniologie).
Oppel 1039 (Verletzungen der V. jug.
int.
Op enheim 998 (Neurofibrome).
Orlandi 350 (Antidiphtherisches Serum).
Ortuani 1225 (Zungenkrebs).
XXI
Osler 843 (Vergrößerung der Thränen-
und Speicheldrüsen).
—— 1283 (Schilddrüsensaft bei Sklero-
derma).
Otis 635 (Mastdarmspiegel).
Oudin 243 (Röntgenstrahlen).
—— 296 (Haut- und Schleimhautleiden).
de Pace 1254 (Chylöser Bauchfellerguss).
Paci 491 (Fingerverrenkung).
Page 906 (Pankreaskrankheiten).
Palleroni 1110 (Leberechinococcus).
Pantaloni 471 (Kehlkopfchirurgie).
—— 1211 (Darmtuberkulose).
Panton 199 (Perforirendes Typhus-
geschwür.)
de Paoli 827 (Perkussion bei Gehirn-
krankheiten).
Parascandolo 291 (Spina bifida).
—— 410 (Brust- u. Baucherschütterung).
Park 532 (Nasenbakterien).
—— 1042 (Krebs).
Parkhill 1294 (Knochenklammern).
Parlavecchio67(Chirurgische Semiotik).
—— 910 (Intraabdominelle Verletzungen).
Parona 263 (Samenstranggeschwulst bei
Kryptorchismus).
—— 919 (Malariamilz).
Parrozzani 894 (Herzwunden).
—— 1125 (Magenresektion).
Parta 1264 (Gastroenterostomie).
Partsch 75 (Tempor. Gaumenresektion),
Pascale 1278(Vaginalitis testiculi chron.).
—— 1279 (Decorticatio pulmonis).
Pasteau 436 (Harnröhrenverengerung b.
Weibe).
Patry 232 (Schädelschüsse).
Paul 542 (Kropf).
—— 1123 (Pylorusenge).
Payr 499* (Bier’sche Amputations-
technik).
—— 966 (Nierenschuss).
—— 1064 (Fettembolie nach Kontraktur-
streckung).
Péan 338 (Mastdarmkrebs).
Pearce 890 (Diphtherie).
Pedotti 107 (Brustdrüseneysten).
Peham 120 (Sarkom des Kreusbeines).
—— 1125 (Gastroenterostomie).
Pekoslawski 289 (Gesichtskrebs).
Pelliszari 795 (Syphilis).
Pendl 422 (Rhabdomyom der Zunge).
Perman 990(PeritonealeVerwachsungen).
Peroni 1268 (Gonorrhoe).
Perr&e 553 (Röntgendurchleuchtung).
Perthes 32 (Operationshandschuhe).
—— 97, 353 (Empyem).
Perutz 314 (Osteomyelitis).
Petersen 148 (Chirurgie der Leber und
Gallenwege).
Petrow 518 (Dünndarmgeschwulßt).
Petruschky 1024 (Serumtherapie).
—— 1240 (Noma).
Peyrissac 294 (Fremdkörper i. d. Luft-
wegen).
XXII
Pessoli 1250 (Gonorrhoe).
Pfannenstiel 264 (Chlorzinkātsung d.
Uterus).
Pfeiffer 272 (Rückgratsverkrümmung).
Pförringer 962 (Hirncoysticercus).
Phocas 120 (Steißgeschwulst).
— 1121 (Hernien).
—— 1175, 1192 (Spondylitis).
Picard 793 (Gonorrhoische Prostatitis).
Piccardi 302 (Syphilis).
Piechaud 343 (Anastomose d. Sehnen).
Pielioke 455 (Syphilitische Gelenker-
krankungen).
Pillon 265 (Traumatisch aseptisches
Fieber).
Pini 665 (Granuloma trichophyticum).
Pinkus 649 (Rudimentäre Talgdrüsen).
—— 1276 (Atmokausis).
Pinner 715 (Nierenchirurgie).
Pischinger317 (Schulterblatthochstand).
Pitot 226 (Verwundete vor Tananariva).
Pitsch 1159 (Scapulahochstand).
Plücker 1150 (Verletzungen).
—— 1151 (Extremitätenmissbildungen).
Piuder 582 (Mandelbedeutung).
Podasca 183 (Rots).
Podres, A. 593* (Uretero-oysto-neosto-
mia). y
—— 894 (Herzwunden).
—— 981 (Gastro- u. Enteroanastomosen).
Poncet 339 (Mykose).
Ponne 822 (Epitheliom d. Hodensacks).
Pont 936 (Knöchelbruch).
Popoff 10 (Ather).
Popow 1095 (Sublimatwirkung).
Poppert 110 (Bauchschuss).
—— 150 (Chirurgie der Leber u. Gallen-
wege).
—— 575 (Seidenfadeneiterung).
Porges 394 (Magenchirurgie).
—— 568 (Hodengeschwulst und Samen-
stranglipom).
—— 1157 (Muskelzugverletzungen).
Poroschin 819 (Verletzung der Harn-
wege).
Port 622 (Improvisationsarbeiten).
—— 1308 (Tuberkulöse Hüftentzündung).
Pott 354 (Beschneidung).
Pousson 47 (Lithotripsie).
—— 951 (Mastopexie).
Power 293 (Halsiymphangiom!.
Powers 414 (Operationsberichte).
Preindlsberger 1154 (Krankenhaus-
bericht).
—— 1155 (Tetanus; Fistula colli conge-
nita mediana).
Preyss 1242 (Halslipome).
Prochnow 398 (Hohlgänge in d. Steiß-
Aftergegend).
Prota 1030 (Sarkome der Zungentonsille).
Prutz 146 (Mastdarmkrebs).
—— 1063 (Lufteintritt in das Knie).
Pupovac 1305 (Endotheliom).
Pyle 807 (Medieinische Anomalien und
Absonderlichkeiten).
Namenverseichnis.
Q uénu 105 (Lungenchirurgie).
—— 338, 379, 948 (Mastdarmkrebsopers-
tionen).
—— 562 (Basedow).
—— 745 (Mastdarmoperationen).
—— 786 (Chirurgie der Leber u. Gallen-
wege).
—— 870 (Fußverrenkungen).
—— 895 (Geschwülste des Brustkorbs).
de Quervain, F. 839* (Dünndarminva-
gination).
—— 949 (Dermoide des Beckenbinde-
gewebes).
—— 1288 (Bauchgeschwülste).
WRachford 1028 (Migräne u. Epilepsie).
Radinger 168 (Serotherapie).
Radziszewski 294 (Fremdkörper i. d.
Luftwegen).
Railton 891 (K shlkopfgeschwülste).
Ra mmstädt 1160 (Oberarmbruch).
Ranneft 174 (Angeborene Oberschenkel-
knickung).
—— 8. B. 789* (Multiples, spontanes
Keloid der Zehen).
Ransohoff 415 (Subkutane Brüche).
Raoult-Delongehamps 432 (Staphy-
looocous pyogenes).
Raoult 964 (Tonsillitis).
Rasumowsky 1102 (Blasennaht).
Ratynski 1104 (Nephrektomie).
Reboul 846 (Osteomyelitis der Kiefer).
Rebuschini 66 (8erotherapie).
Reclus 139 (Mastdarmehirurgie).
—— 150 (Eukain).
Redard 1172 (Torticollis).
Reed 251 (Nephro) exie).
Rehn 90 (Speiseröhrenoperationen).
Reichard 87 (Magenresektion).
—— 587 (Nabelgeschwüre).
—— 558 (Sarcoma femoris, Gallenblasen-
Solitärstein).
Reichel 577 (Erwerbsfähigkeitabschät-
zung).
Reimers 206 (Ileus).
Reinbach, G. 545* (Chemie d. Colloids
der Kröpfe).
—— 668 (Elephantiasis congenita).
—— 835 (Retroviscerale Kröpfe).
—— 1031 (Organotherapie des Kropfes).
Reinhard 485 (Tetanus).
Reinhardt 469 (Rückenmarksverletzun-
en).
—— 660 (Knochensarkom).
—— 1299 (Distorsionen im Fußgelenk).
Reille 505 (Hernien).
Reiss 245 (Xeroderma pigmentosum).
Reitzenstein 731 (Speiseröhrendiver-
tikel).
Rendu 1129 (Appendieitis).
Renton 515 {Perforirtes Magengeschwür).
de Renzi 8%4 (Lungenbrustfellkrebs).
Respighi 832 (Hyperkeratose d. Mund-
schleimhaut).
Reverdin 339 (Aneurysma cirsoides).
Namenverseichnis. XXII
Reverdin 1044 (Wundnaht).
Rewidsoff 86 (Gastroskopie).
Reymond 48 (Hamröhren-Scheideneite-
rung). Gees
Reynier 406 Bkinskopie);
Rhoads 489 (Schlüsselbeinverrenkung).
Ribbert 999 (Angiome, Cystenbildung).
—— 649 (Epithel- und Dermoidoysten).
—— 1195 (Neubildung und Trauma).
Ricard 419 (Knocheneinpflanzung).
Richardson 416 (Hydronephrosis;
Darmdrehung und Resektion).
—— 1110 (Cholecystitis).
Richelot 961 (Hysterektomie).
Ricketts 195 (Unterbindung d. A. carot.
com.)
Ried 185 (Infiltrationsanästhesie).
Riedel 109 (Chronische Peritonitis).
—— 176 (Galvanokaustisches Rachen-
ringmesser).
—— 639 (Ileus).
—— 983 (Gallensteinkolikanfall).
Rieder 681 EE
—— 183 (Syphilis).
Riedinger 693* (Knochenbefund in der
Plantarfascie).
—— 1046 (Orthopädisch-ambulatorische
Behandlung).
Riegler 183 (Rotz).
Riese 584 (Luxation d. Peroneussehnen).
—— 585 (Cystenganglion; Osteomyelitis
der Wirbel).
Riether 395 (Darmverschluss u. Darm-
enge).
Riggenbach 453 (Wundenkeimgehalt).
Rindfleisch 249 (Gonokokken u. Go-
norrhoe).
Ringel 1221® (Diagnose der Nephro-
lithiasis durch Röntgenbilder).
Rissmann 304 (Osteomalakie).
Ri ni 296 (Muskelechinococcus).
Risso 1267 (Urineinspritsungen).
Robert 223 (Pikrinsäure).
Roberts 276, 414 (Perikarditis).
Robineau 855 (Phlebitis).!
Rochard 967 (Extra-uterin-Schwanger-
schaft).
Rochet 440 (Blasenabscesse).
—— 605 (Prostatahypertrophie).
—— 1191 (Spina bifida).
—— 1285 (Blasengeschwūlste).
Rockwell 925 (Haut- u. Schleimhaut-
leiden).
Rodman 1266 (Narkose).
Roelen 165* (Traumatische Epithel-
cysten).
Rogers 206 (Ileus).
Rohmer 237, 596 (Allgemeine Chirurgie).
Rolando 1105 (Exstirpation d. Scheiden-
haut).
—— 1230 (Thyroidektomie).
Romme 268 (Tuberkulöse Meningitis).
Rommerskirch 1134 (Magenchirurgie).
Roncali 1261 (Kleinhirnexstirpation).
Rosa 544 (Brustbeinsarkom).
Rose 29 (Diphtherieheilserum; Tetanus-
heilserum).
—— 88 (Kothverstopfung der Brüche).
—— 128 (Mastdarmgeschwäülste).
—— 171 (Eigenartige Berufskrankheit).
—— 718 (Römisches EN Ver-
stopfung des Ductus choledochus).
—— 720 (Freie Knochen in den Gelenken).
Rosenberger 168 (Kniescheibenbruch).
Rosenfeld 1271 (Cystitis und Pyelitis).
Roser, K. 122* (Kiefergelenksankylose).
—— 297* (Darmschirm).
Rosinski 56 (Krebsübertragung).
Rossier 56 (Ektopische Schwanger-
schaft).
Roth 216 (Jahresbericht).
—— 1052 (Resectio tibio-calcanea).
—— 1305 (Myositis ossificane).
Rothschild 1244 (Retrosternale Cyste).
Rotter 214 (Operationslehre).
—— 384 (Sarkom d. Oberarmknochens).
—— 987 (Mammacareinom).
—— 988 (Polyposis recti und Adenoma
malignum; Sigmoidea-Rectostomie).
Rouger 1127 (Falsche Bauchgeschwülste).
Roux 400 (Lebergeschwäülste).
—— 508 (Gastroenterostomie).
—— 776 (Rankenaneurysma).
Roux de Brignoles 484 (Ellbogen-
brüche).
—— 656 (Wirbelbruch).
Rovsing 603 (Infektiöse Krankheiten
der Harnorgane).
Rubez 859 (Tendovaginitie).
Rubinstein 46 (Lokalanästhesie).
—— 469 (Halsverletsung).
—— 1244 (Lungenkrebs).
Ruggi 812 (Vorfall der weiblichen Ge-
schlechtsorgane).
— 968, 1000 (Laparotomien).
—— 1280 (Gebärmutterlageveränderung).
—— 1287 (Vaginale Hysterektomie).
Ruini 872 (Beingeschwüre).
Ruprecht 1004 (Kathetersterilisation).
Russel 1114 (Speiseröhrenstriktur).
Rydygier 458 (Muskellappentransplan-
tation).
Sabrazès 940 (Speicheldrüsenhyper-
trophie).
Bacchi 722 (Prostatahypertrophie).
Sacharjan 1094 (Tetanusbacillen).
Sachs 313 (Gymnastischer Apparat).
Sack 326 (Ichthalbin).
—— 331 (Tuberkulosen!.
Sänger 558 (Sterilität beim Mann).
Sainton 488 (Bericht).
Sajous 825 (Encyklopädie der Medicin).
Salman 573 (Myositis ossificans).
Salog 879 (Lokalanästhesirung b. Zahn-
extraktionen).
Salomoni 36 (Prostatahypertrophie).
1279 (Tuberkulöse Lungenaffek-
tionen).
Salzwedel 42 (Spiritusverbände).
a ger
XXIV
v. Samson-Himmelstjerna 654
(Hautmaulwurf).
de Sanctis 263 (Variocele).
Sandelin 1005 (Harnröhrenkrebs).
8anesi 1112 (Prostatahypertrophie).
Sargnon 1228 (Kehlkopfenge).
Saut 764 (Alkoholdesinfektion).
Savariaud 741 (Magengeschwür).
Sawicki 316 (Riesenwuchs).
Sohäffer 248 (Gonokokken und Gonor-
rhoe).
Schansz 683 (Angeborene Hüftverren-
kung).
—— 885 (Pott’scher Buckel).
—— 1294 (Orthopädische Apparate).
Schapiro 207 (Sarkom der inneren
Organe).
Schaposchnikoff 106, 1231 (Perikar-
ditis).
Schech 1038 (Keilbeincaries).
Schede 1001 (Brustfell- und Mittelfell-
raumerkrankungen).
—— 1176 (Epilepsie).
Scheibe 286 (Felsenbeinbrüche!.
Schenke 1037 (Stirmhöhlenerkrankung).
Scheuber 661 (Tuberkulin R).
Scheuer 879 (Lokalanästhesirung bei
Zahbnextraktionen).
—— 987 (Pseudarthrosis humeri).
v.Schiemann 1310 (Talusverrenkung).
Schiff 663 (Röntgenstrahlen in der
Dermatotherapie).
Schiller 1044 (Gonorrhoe).
Schilling 200 (Herniologisches).
Schlatter 204, 1135 (Magenchirurgie).
Schleich 550 (Infiltrationsanästhesie).
Sohlesinger 330 (Syringomyelie).
—— 418 (Operirte Hırmgeschwulst).!
—— 743 (Pylorusgeschwülste u. Leber).
—— 768 (Rückenmarks- und Wirbel-
geschwulst).
—— 1035 (Hirnsyphilis).
Schloffer 6 (Heilung per primam).
—— 1189 (Traumatische Apoplexie).
8chmelts 46 (Gynäkologie).
Schmid 118 (Wirbelsäulenmissbildung).
Schmidt 556 (Harnröhrenstrikturen).
—— 1112 (Knochenfragmente in den
Harnwegen).
—— 1136 (Invagination des Colons nach
Pylorusresektion).
Sohmitt 1115 (Unterleibsverletzungen).
Schneider 1013 (Heiße Luft gegen
Nieren- und Leberblutungen).
Schnitzler 903, 912 (Herniologie).
—— 915 (Krampfgeschwulst d. Magens).
Scholtz 82 (Muskelechinococcus).
259 (Vorfall der weiblichen Harn-
röhre).
Scholz 1211 (Jejunostomie).
Schrank 174 (Schenkelbeugenoyste).
v. Schrötter 996 (Arterielle Luftem-
bolie).
Schtschegolew
ostomie).
1210 (Gastroenter-
Namenverszeichnis.
Schubert 488 (Tetanus).
Schuchard 115 (Magenoperationen).
Schüller 239 (Künstliche Athmung).
—— 490 (Gelenksteifigkeit).
Schütz 162 (Mittelhandknochenverren-
kung).
Schulte 310 (Fußgeschwulst).
—— 485 (Federnde Finger).
af Schultön 203 (Huargeschwulst im
Magen).
—— 756* (Blutstillung durch Angio-
tripsie).
—— 910, 1130 (Appendicitis).
—— 1006 (Prostatahypertrophie).
Schulthess 104 (Skoliose).
—— 169 (Orthopädischer Institutsbericht).
—— 1141 (Spastische Gliederstarre).
Schultze 1109 (Pneumonie nach Ather-
und Chloroformathmung).
—— 1181 (Gesichtslupus).
Schulz 108 (Hämatom).
—— 195 (Ruptur der A. poplitea).
—— 258 (Oberkieferresektion).
751 (Darmenge nach Brucheinklem-
mung).
Schulze 1237 ‚Orthopädische Apparate).
Schwalbach 1055 (Innere Einklem-
mungen).
Schwalbe 258 HLymphanpiosarkom):
—— 1079 (Anatomie des Ohres).
Schwartz 339 (Lähmung nach Narkose).
—— 821 (Hydronephrose).
Schwarz 142 (Gekrösgeschwülste).
—— 588 (Röntgenbilder).
—— 748 (Appendicitis).
—— 824 (Gebärmutterexstirpation).
—— 1133 (Magenchirurgie).
Schwyzer 933 (Morbus Addisonii).
Scudder 866 (Schulterverrenkung).
Seelhorst 832 \Unterkieferbrüche).
—— 865 (Schussverletzungen).
Seganti 1267 (Auswaschung "deg Peri-
toneums bei Peritonitis tuberculosa).
Seggel 231 (Schädelschüsse).
Segond 144 (Leberchirurgie).
Sehrwald 876 (Fremdkörperlagerung).
Selcke 1121 (Hernien).
Seldowitsch 1062 (Gelenke überzähliger
Finger).
Selenkoff 750 (Pylorusenge).
Selenkow 517 (Pylorusstenose).
Sell 862 (Unterschenkelbrüche).
Selmi 1199 (Radikaloperation von
Brüchen).
Semenow 257 (Hautsarkom).
Semon 117 (Kehlkopfgeschwülste).
Sendler 561 (Gelenktuberkulose,.
Senger 175 (Irrigatorständer).
Senn 228 'Kriegschirurgie bei d. Griechen
und Türken).
251 (Nephropexie).
— 335 (Peritonitis).
Serenin 1292 (Hautkrankheiten).
Sgambati 1282 (Krebsmetastasen).
Shaw 315 (Blutergelenke).
Namenverzeichnis.
Shaw 915 (Magenoperationen).
Shepherd 397 (Gekröscyste).
Sick 492 (Neurofibrom des Medianus).
—— 516 (Bruchsackruptur).
Siebenmann 1079 (Anatomie d. Ohres).
Siedentopf 560 (Röntgenstrahlen).
Siegel 901 (Bauchwunden).
Silvestri 351 (Calciumhypophosphat bei
Blutungen).
Simon 30 (Rippenresektion bei Pleura-
empyem).
—— 1112 (Prostatahypertrophie).
Simmonds 274 (Luftröhrenformverände-
rungen).
—— 614 (Pankreasnekrose).
de Simoni 1034 (Lupus).
Singer 314 (Osteomyelitis).
Sirleo 781 (Atiologie der Geschwälste).
Siron 503 (Peritonitis).
Siven 878 (Traumatische Epilepsie).
Sklifossowsky 793 (Dissemination der
Neubildungen).
Skultecki 168 (Serotherapie).
Skwoszow 1187 (Aktinomykose).
Slajmer 904 (Herniologie).
Smith 536 (Athertod).
—— 541 (Skoliose).
Snegirew 492 (Beckenbruch).
Snévé 1142 (Pseudarthrosenbildung).
Socht 171 (Skiaskopie von Knochen-
brüchen).
Socin 791 (Klinischer Bericht).
Sokoloff, N. A. 619* (Mastdarmstrik-
turenbehandlung).
Sokolow 1191 (Retrobulbäre Ge-
schwülste).
Solowiejezyk 362 (Chloroform).
Sommer 351 (Adhäsivum).
Sonnenburg 25 (Pyloroplastik).
74, 734 (Appendicitis).
384 (Krankenvorstellungen).
1052 (Ecetopia vesicae).
1053 (Urethrotomien).
1057 (Leberechinococeus, Appendi-
citisperforation, Ösophagotomie,Messer-
klinge in der Fossa poplitea).
Sottocasa 1013 (Nephropexie).
Souligoux 79 (Darmnaht).
—— 1132 (Hernien).
Soupart 152 (Amputationen).
—— 859 (Unterbindung d. Art. axillaris).
Bouques 540 (Rückenmarksatrophie
wegen Fingermangel).
Spaeth 1111 (Gekröscyste).
Spangaro 1285 (Blasengeschwūlste).
Spassokukotzki 176 (Osteoplastische
nterschenkelamputation).
Spassokukozky 856 (Osteoplastische
Amputationen).
Spiller 1171 (Resektion des Ganglion
Gasseri).
Spillmann 1268 (Sypbiliden).
Spiess 113 (Chirurgie des Sinus sphe-
noidalis).
—— 829 (Nasale Reflexneurosen).
XXV
Spietschka 665 (Hauthorn).
Sprecher 784 (Syphilis).
Sprengel 161 (Klumpfuß).
—— 164 (Oberschenkelkopfepiphyse).
—— 863 (Hüftresektion).
—— 1152 (Fremdkörper in den Luft-
wegen).
Ssawitzki 912 (Herniologie).
Sserapin 448 (Nierenechinococcus).
Ssergejew 931 (Steinschnitt).
Ssokolow 1209 (Darmenge).
Ssubotin 460 (Pott'scher Buckel).
Ssudakow 362 (Echinococcus).
Stadelmann 671 (Lumbalpunktion).
Staffel 175 (Genu recurvatum).
Stahr 1303 (Fingertumor).
Stankowski 1239 (Trommelfellrup-
turen).
Starck 1122 (Magendurchleuchtung).
Stark 249 (Gonokokken und Gonorrhoe).
Starzewski 1166 (Verhütung der Puer-
peral- und Wundinfektion).
Stechow 320 (Fußgeschwulst).
Steffen 870 (Fußverrenkungen).
v. Stein 117 ( gitis desquamativa).
—— 891 (Kehlkopfgeschwülste).
Steiner 23 (Lungen- mit Leberechino-
coccus).
—— 658 (Skoliose).
—— 1255 (Myome des Magen-Darm-
kanals).
Steinert 256 (Epitheleinfluss auf Binde-
gewebe).
Steinthal 17* (Eminentia capitata-
Fraktur im Ellbogengelenk).
—— 787 (Chirurgie der Leber u. Gallen-
wege).
Stempel 1141 (Myositis ossificans).
Stenbeck 771 (Röntgenstrahlen bei
Hirnchirurgie).
Sterling 795 (Syphilis).
Stern 122 (Magenoperationen).
Sternberg 699 (Schlüsselbeinverren-
kung).
—— 1131 (Hernien).
Sternthal 1033 (Extragenitale syphiliti-
sche Infektionen),
Stetter 540 (Glossitis).
Steudel 117 (Magenoperationen).
—— 277* (Luxation des Sesambeins des
Zeigefingers).
—— 689 (Statischer Plattfuß).
Stich, C. 583* (Apparat z. Bestimmung
der Zugfestigkeit von chirurgischem
Nähmaterial).
Stierlin 130 (Milzchirurgie).
Stintzing 1165 (Tetanus).
v. Stochum 914 (Intubation).
—— 1100 (Prostatahypertrophie).
Stokes 199 (Erstickung).
Stoops 1128 (Eitrige Peritonitis).
Storp 129 (Murphyknopf).
—— 1051 (Unterschenkelamputation).
Straeter 1238 (Künstliche Glieder).
Strauch 606 (Gebärmutterexstirpation).
XXVI
Strauss 457 (Rheumatische Muskel-
schwiele).
—— 662 (Aderlass und Infusion).
—— 794 (Tripper).
—— 1034 (Psoriasis und Gelenkleiden).
Strehl, H. 121* (Forderung für den
aseptischen Operationssaal).
Strube 1303 (Neurofibromatose).
Strubell 1188 (Periostitis nach Masern
und Scharlach).
Struthers 858 (Epiakromion).
v. Stubenrauch 137 (Meckel’sches Di-
vertikel).
Stutzer 184 (Maul- und Klauenseuche).
Subbotid 284 (Periosttransplantation).
—— 1214 {Splenektomie).
Sudek 535 (Brustkorbplastik).
—— 818 (Lokalanästhesie).
Süssmuth 114 (Uranoplastik).
Sultan 1085 (Halscysten u. -Fisteln).
Suter 791 (Klinischer Bericht).
Suttle 890 (Diphtherie).
Swentsitski 172 (Osteomyelitis).
Swoboda 314 (Osteomyelitis).
Sworykin 879 (Trepanationslūcken).
Sykow 631 (Gastroenterostomie).
8yms 310 (Hallux valgus).
Ssadek 1027 (Psoriasis).
Szenes 539 (Ohrleiden).
—— 1088 (Ohrverletzungen).
Szuman 294 (Fremdkörper in den Luft-
wegen).
T ailhefer 52 (Blasenschnitt).
—— 472 (Thyroiditis).
—— 836 (Schilddrüsenentzündung).
—— 895 (Osteomyelitis der Rippen),
Taillens 1200 (Radikaloperation von
Brüchen).
Takaki 267 (Tetanusantitoxinwirkung).
—— 864 (Posttyphöse Eiterungen).
Takayasu 984 (Pankreaschirurgie).
Talma 1098 (Blutlaufsstörungen).
Tallquist 930 (Beingeschwüre).
Tandler 257 (Hautsarkom).
Tangl 501 (Jahresbericht).
Taptas 421 (Suggestion bei Nasenleiden).
Tarnawski 898 (Actol und Itrol).
Tarnowsky 301 (Syphilis).
Tauber 775 (Stirnhöhlenosteom).
Tauffer 1305 (Lupus).
Tavel 901 (Pseudotetanusbacillus).
Teichmann 94, 113 (Ohrleiden und ihre
Komplikationen).
Teleky 305 (Osteoarthropathie hyper-
trophiante pneumique).
Tenner 419 (Gehirnbrüche).
Terrier 616 (Gebärmutterexstirpation).
—— 944 (Halschirurgie).
—— 1029 (Chirurgie des Gesichts).
—— 1256 (Tebergeschwälste).
Teske 113 (Lippenkrebs).
Theissing 113 (Perichondritis u. Cysten
der Nasenscheidewand).
Thiel 1186 (Empyeme).
Namenverszeichnis.
Thiele 975 (Radikalbehandlung von
Brüchen).
Thiem 674 (Unfallerkrankungen).
Thilo 456 (Gelenkneuralgien).
—— 1023 (Kraftbestimmungen).
Thiry 964 (Tonsillitis).
Thöle 447 (Cysten der Genitoperineal-
rhaphe).
Thoele 772 (Hyperthermie bei Hirn-
operationen’.
Thomalla 576 (Ligaturen und Suturen’.
Thoman 490 (Verletzung der Art. sub-
clavia).
Thomas 168 (Serotherapie'.
—— 421 (Unterbindung der Karotiden
und Jugularvenen).
—— 89% (Diphtherie).
—— 1305 (Orthopädische Apparate).
Thomson 144 (Leberchirurgie).
—— 1267 (Narkose).
Thorn 875 (Verkalktes Epitheliom!.
Thümmel931 (Tuberkulöse Wanderniere'.
Tichomiroff 703 (Ankylose der Fuß-
wurgelknochen).
Tiffany 414 (Schädeloperationen).
Tilmann 64 (Hirnschüsse).
—— 964 (Vagusverletsung).
—— 1306 (Verrenkung von Handwursel-
knochen).
Tissier 532!/Geschwülste d. Naseninnern).
—— 1083 (Nasengeschwülste).
Tissot 1307 (Fingermissbildungen).
Tixier 333 (Evisceration d. Bauchhöhle).
Toeplitz 991 (Gallenblasenchirurgie).
Török 1210 (Achsendrehung).
Tommasoli 538 (Hautsarkomatose).
Tonta 853 (Röntgenstrahlen‘.
Trachsler 655 'Mikrosporie).
Traeger 189 (Douglas’scher Raum).
Trapp 103 (Wirbelbrüche).
469 (Rückenmarksverletsungen).
Treuberg 565 'Harnröhrensteine).
Trieomi1264(Uleusrotundum ventriculi).
Trofimow 1123 (Gastrostomie).
Troller 1197 (Stichkanalinfektion).
Trnka 164* (Atherome).
—— 842 (Schädeloperationen).
Tachernow853(Polyarthritisdeformans).
Tschirikow 1196 (Desinfektion).
Tschmarke 592 (Kieferankylose).
Tubby 391 (Hernien).
Tuffier 12 (Lungenchirurgie).
—— 339 (Gefäßunterbindungen bei in-
fektiösen Krankheiten).
—— 727, 1012 {Nierentuberkulose).
—— 809 (Blasenexstirpation).
—— 1131 (Hernien).
Turazza 744 (Gastroenteroplegie).
Turetta 1279 (Blasenexstirpation).
—— 1279 (Gebärmutterretroversionen).
Turner 1096 (Orthopädische Apparate).
Twynom 821 {Nephrektomie).
Ucehermann 1081 ‘Taubstummheit in
Norwegen).
Namenverseichnis.
Ulmann 1039 (Thyreoiditis).
Ullmann 612 (Leberresektion).
—— 1038 (Caries des Zungenbeins).
Unna 326 (Ichthyol).
—— 327 (Harsstift).
—— 330, 650 (Lepra).
—— 635 (Mikrobrenner).
—— 782 (Weiches Geschwür).
—— 785 (Syphilis).
—— 899 (Cocain; Formalin u. Paraform).
—— 1025 (Essigsäure).
Walenig 663 e
Vanverts 601 (Splenektomie).
—— 1197 (Appendicitis).
Vaughan 700 (Schlässelbeinexstirpation).
Vautrin 237, 596 (Allgemeine Chirurgie).
Vegr ières 1290 (Ceyssatit).
Veit 253 (Handbuch der Gynäkologie).
vande Velde 873 (Baktericides Serum).
Venot 871 (Myelom der Sehnenscheiden).
Verchöre 115 (Halsoysten).
Verhoogen 446 (Prostata).
Versari 439 (Sphincter internus vesicae).
Veslin 202 (Herniologisches).
di Vestea 1281 (Berotherapie der Tu-
berkulose).
Videbech, P. 813* (Angiosarkom durch
Elektrolyse geheilt).
Villar 341 (Hernienradikaloperationen).
Villaret 212 (Handwörterbuch).
Villemin 951 (Enteropexie).
Vincent 1132 (Hernien).
—— 1173 (Spondylitis).
Vitrac 364 (Brustdrüsenoyste).
—— 1295 (Daumenverrenkungen).
Vogler 824 (Gebärmuttersarkom).
Völcker 886 (Halslipome).
Vogel 1145 (Angeborene Hüftver-
renkung).
Vogler 892 (Traumatische Lungen-
hernien).
Vollbrecht 686 (Kniegelenksverlet-
zungen).
de Voogt 392 (Hervien).
—— 1097 (Cholecystektomie).
Voss 1283 (Halsverletsungen).
Vulliet 495 (Fußresektion).
Vulpius, O. 361* (Traumatische Epithel-
cyste).
—— 51, 481 (Sehnenüberpflanzung).
—— 80, 1179 (Bpondylitiaj.
170 (Orthopādisch-chirurgischer
Bericht).
—— 660 (Asepsis).
Waelsch 648 (Bubonen).
Wegner 715 (Hydronephrose).
—— H. 777%, (Harnröhrendefekte).
—— 1193* (Athermaske).
Walther 951 (Kropf).
—— 1005 (Harnröhrengerreißungen).
Walzberg 135 (Persistirender Ductus
omphalo-entericus).
XXVII
Wanach 387 (Eröffnung des Subdia-
Phragmalraumes).
—— 503 (Peritonitis).
— 640, 1209 (Duodenalgeschwäür).
Wanitschek 1209 (Darmenge).
Werbasse 1309 (Unterextremität-Frak-
turen).
Ward 799 (Chirurgie der Leber und
Gallengänge).
Waaren 413 (Anästhesie).
Wassermann 247 (Gonokokken und
Gonorrhoe).
—— 266 (Immunität).
— 267 (Tetanusantitoxinwirkung).
— 478 (Seitenkettenimmunität).
—— 571 (Infektionskrankheiten).
Weber 132 (Leberchirurgie).
—— 802 (Wundheilung).
— 888 (Thyreoidinbehandlung).
—— 1208 (Ectopia ventriculi).
Wegele 800 (Chirurgie der Leber und
Gallengänge).
w E g x er 699 (Schleimbeutelam Schlüssel-
ein).
Weigand 552 (Cocainvergiftung).
Weill 173 (Schulterverrenkung, habi-
tuelle).
Weinberg 625 (Appendicitis).
Weinreich 986 (Coecumachsendreh-
ung).
Weinrich 999 (Gonorrhoe).
Weir 905 (Gastroenterostomie).
Weischer 168 (Serotherapie).
Wendel 688 (Fußverrenkung).
—— 1086 (Verletzung des Ductus thora-
cicus).
Wentscher 7, 1093 (Lebensfähigkeit d.
Epidermiszellen).
Wentworth 770 (Lumbalpunktion).
Werler 924 (Gonorrhoe).
Werner 311 (Primăraffekt am Zahn-
fleisch).
——, 864 (Posttyphöse Eiterungen).
White 413, 434 (Röntgenstrahlen).
Whitfield 83 (Tuberkulin).
Wickerhauser 616 (Gebärmutterexstir-
ation).
idal 1166 (Antitoxische Wirkung der
Nervencentren).
Wide 153 (Medicinische Gymnastik).
Wiemer 1183 (Lungengangrän).
Wiener 869 (Eet,
Wightman 543 (I,ungenhernie).
Willard 413 (Amerikanischer Chirurgen-
kongress).
Willems 339 (Exstirpation bei Mast-
darmkrebs).
Willgerodt 624 (Urin in der Bauch-
höhe).
Williams 434 (Röntgenstrahlen).
—— 1248 (Krebsbeeinflussung}.
Willis 493 (Aneurysmen)-
Wilmans 1109 Lymphome nach Trauma).
Wilms 50 (Lokale Wärmebehandlung).
—— 83 (Myiasis dermatosa oestrosa).
XXVIII
Wilmes 157 (Hodengeschwülste).
—— 670 (Echinococcus der Wirbelsäule).
Wilson 446 (Corpus cavernosum-Zer-
reißung).
v. Winokel 358 (Weibl. Genitalien und
Bauchfellentzündung).
Winckler 97 (Erkrankungen der Nasen-
nebenhöhlen).
—— 580 (Nasen-und Augenerkrankungen).
Winkelmann 1092* (Radikaloperation
der Hydrocele).
Winkler 94 (Ohrleiden).
—— 891 (Kehldeckelgeschwulst).
—— 942 (Epilepsie.
—— 1304 (Bösartige Geschwülste).
Winogradow 536 (Angeborene Ge-
schwulst).
Winslow 566 (Harnleiteraffektionen).
Witte 723 (Prostatahyperirophie)
Wodarz 965 (Prostatahypertrophie).
Wöhrlin 1038 (Verletsung der A.
max. int.).
Wölfler 349 (Wundbehandlung).
—— 839 (Kroploperetionen)
Wolff, 43 (Wanderniere).
407 (Hasenscharte).
533 (Pott’scher Buckel).
1040 (Basedow).
1148 (Knochenbrüche).
1152 (Beckenresektionen).
O. 146* (Tuberkulose im Schulter-
gelenk und Caries des Processus cora-
eoideus).
Wolfrom 1025 ‘Silber und Silbersalse).
Wolfstein 888 (Thyreoidinbehandlung).
Wolkow 41 (Wanderniere).
Wolkowicz 272 (Schiefhals).
Wolkowitsch 295 (Pleurotomie).
—— 1243 (Intubation).
Wollheim 517 (Hämatom des Dünn-
darms).
(III
Namenverzeichnis.
Wo lyi zew 799 (Chirurgie der Leber und
Gallengänge).
Wood-Ruggles 599 (Tripper).
Wormser 838 (Kropfoperationen).
Wright 96 (Nasenpolypen).
—— 522 (Nasenbakterien).
Wroblewski 830 (Khinitis caseosa).
Wrsesniowski 1287 (Gebärmutter-
schussverletzung).
Wullstein 81 (Spondylitis).
—— L. 705* (Anatomische Veränderungen
nach Calot’schem Redressement; Wirbel-
tuberkulose).
Wundel 1103 (Exstirpation und Resek-
tion der Harnblase).
Wwedensky 937 (Arteriitis obliterans).
Zaalberg 346* (Mastoidoperationen).
Zabludowaki 806 (Massagetherapie).
Zagato 1157 (Fibromyom im Muskel).
Zahn 493, 872 Aneurysmen).
Zamazal 200 (Herniologinches,.
Zeidler 518 (Darmverschluss).
Zeller 588 (Traumat. Hydronephrose).
1286 (Hydronephrose).
Zenker 1238 (Orthopädische Apparate).
Zes 905 (Blutuntersuchungen bei Vagen-
leiden).
Ziebert 959 (Kryptorchismus).
Ziegler 513 (Bauchwunden).
Ziem 269 (Nasenkrankheiten und Psy-
ehiatrie).
Ziemacki 84 (Antistreptokokkenserum).
Zoege von Manteuffel 142 Achsen-
drehung des Blinddarmes).
—— W. 476* (Technik der Resektion
aus der Schilddrüse).
—— 621 (Gefüßverschluss bei Gangrän).
Zuccaro 1260 (Trepanationsinstrument).
Zuckerkandl 215 (Operationslehre).
Zuschlag 84 (Permanentes Wasserbad).
Sachverzeichnis.
(Die mit * versehenen Seitenzahlen bezeichnen Originalmittheilungen.) Die kurrent-
gedruckten besiehen sich auf die Beilage su No. 26, welche den Bericht über den
XXVII. deutschen Chirurgen-Kongress enthält.
Abdomen Kontusionen 337 (Demons).
Abscess d. Lungen 119 (Clarke, Morton).
—— in der Nase 422 (Ardenne).
—— periaurikulärer 1028 (Zannois).
—— subphrenischer 951 (Zejars).
De perinephritische 1016 (Golden-
orn).
—— retrocoecale 341 (Duret).
Absprengung des Processus coronoides
ulnae 935 (Herdtmann).
Achillessehne b. Kontraktion d. Waden-
muskulatur 33* (H. H. Hirsch), 300*
(E. Müller).
Achillorhaphie 494 (Bayer).
Achsendre ung 1210 (Toren
—— des Blinddarmes 142 (Zoege v. Man-
teuffel).
—— des 8 romanum 144 (Haeckel).
—— des Magens 915 (Berg).
Actol und Itrol 898 (Tarnawski).
Adenom des Gaumensegels 469 (Escat).
-— d. Nasenscheidewand 844 (Eichler).
Adenoma E EE 988 (Rotter).
Aderlass und Infusion 662 (Strauss).
4Adhäsivum 351 (Sommer).
Ärztegesellschaft in Innsbruck 416.
—— in Wien 418, 1156.
Ather 10 (Po; N.
Äther- und D loroformathmung, Pneu-
„monie nach 1109 (Schultze).
Athermaske 1193* (Wagner, Longard).
Äthernarkose 478 (Arnd), 339 (Hölscher).
Äthertod 536 (Smith, Collis).
Äthylenchlorid 185 (Ludwig).
Affektionen d. Harnleiter 566 (Winslow,
Haushalter, Jacques), 567 (Mikule).
After, künstlicher 983 (v. Mayer).
Airol 445 (Clemmer).
Akromegalie mit Demenz 837 (Jofroy).
Aktinomykose 127 (Frey), 433 (Berestnew),
1187 (Alissow, Skwozzow).
—— der Lungen 892 (Karewski).
der Zunge 289 (Claisse).
Alkoholdesinfektion 764 (Saul).
Amputation des Mastdarmes 745 (Quenu).
—— des Unterschenkels 1051 (Storp).
Amp. fem. interoondylica 685 (Abrasha-
now).
Amputationen 152 (Soupart), 320 (Brei-
tung, Brunner).
—— osteoplastische 856 (Spassokukozky).
Amputationsstümpfe 400 (Herditmann).
Amputationstechnik Biere 499* (Payr).
Anastomose der Sehnen 343 (Pidchaud,
Bergonie).
Anastomosenbildung 204 (Jayle), 205
(Zuria).
Anatomie des Ohres 1079 (Schwalbe,
Siebenmann).
Anästhesie 413 ( Warren).
—— regionäre und Blutleere 1065* (H.
Braun).
Anästhetica 66 (Müller).
Aneurysma d. Arteria carot. int. 194
(Hinde).
— —— femoralis 587 (Nasse).
—— — max. int. 363 (Browne).
—— poplitea 195 (Beck).
der Carotis 1227 (Morelli).
eirsoides 32 (Beaumont), 339 (Re-
verdin).
—— racemosum 420 (Lieblein).
Aneurysmen 493 (Habs, Zahn, Willis),
872 (Zahn), 909 (Heath).
Angiom d. Parotis 540 (Bidone).
Angioma art. racemosum 246 (Engel-
brecht).
Angiome 999 (Ribbert).
Angiosarkom durch Elektrolyse geheilt
813* (P. Videbech).
Angiotripsie zur Blutstillung 756* (af
Schulten).
Ankylose
1 er Ap
—— d. Kiefergelenks 122* (K. Roser).
Annexitis, eitrige 1107 (Hartmann, Monod).
Anomalien und Absonderlichkeiten in
der Medicin 807 (Gould, Pyle).
der Fußwurzelknochen 703
XXX
Anthrax 664 (Kosse.
Antiseptik und Technik 1026 (Bumm).
Antistreptokokkenserum 84 (Ziemacki),
818 (Hubert).
Anurie 1286 (G’nesda).
Apparat s. Bestimmung der Zugfestig-
keit von chirurg. Nähmaterial 583*
(C. Stich).
—— gymonastischer 313 (Sachs).
Apparate, orthopädische, 1096 (Turner),
1237 (Krukenberg, Schulze), 1238 (Drees-
mann, Zenker), 1294 (Schanz), 1305
(Thomas). x
Appendicitis 71 (Guinard), 73 (Krüger),
14 (Sonnenburg), 389 (Armstrong), 390
(Cousins, Ball, d, Fergusson, Gor-
don), 391 (Deaver), 514 (Brun), 625
(Letulie, Weinberg), 626 (Brun, Letulie),
627 (Borchardt), 628 (Barling), 637 (van
Lennep), 134 |Sonnendurg), 7136 (Deaver,
Bernays), 147 (Meusser), 748 (Schwarz),
902 Kä Heddaeus), 910 (v. Bons-
dorff, af Schulten, Krogius), 951 (Hal-
liday), 1116 (Beck), 1118 (Brun), 1119
(Briddon), 1128 (Elliot), 1129 (Rendu,
Glantenay, Berthier, Milian), 1130 (af
Schulten, Carlston), 1197 (Monod, Van-
verts).
— i. Bruchsack 515 (Gross).
— oder Epitypblitis 1245* (Küster).
Appendicitisperforation 1057 (Sonnenburg).
Apoplexie, traumatische 1189 (Schlofer).
Arbeiteklaue 635 (Köhler).
Arrosionsblutungen 1108 (Bittner).
Art. anonyma-Unterbindung 193 (Gay).
—— azillaris-Unterbindung 859 (Soupart).)
—— carot. com., Unterbindung der 195
(Ricketts).
—— mar. int., Aneurysma d. 363 (Browne).
—— — Verletzung 1038 ( Wöhrlin).
—— poplitea, Aneurysma d. 195 (Beck).
Ruptur d. 195 (Schulz).
—— Zerreißung der 1064 (Mulert), 1311
(Bötticher).
—— subelavia,
(Thoman).
Arterienvernarbung 802 (Duplay, Lamy).
Arterienserreißungen 1247 (Lejars).
Arteriitis obliterans 937 (Wwedensky).
Arthrodese d. Fußgelenks 494 (Hübscher).
Asepsis 31 (Landerer), 660 (Vulpius).
Atheromcyste d. Halses 423 (Detzler).
Atherome 164* (Trnka).
Atmokausis 1276 (Pinkus).
Athmung,künstliche 239 (Brosch, Schüller).
Atlas der gerichtlichen Medicin 126 (v.
Hofmann).
Augenerkrankungen 580 (Winckler).
Verletzung der 490
Backe, Fremdkörper in der 845 (Kas-
parki).
Bacterium coli, Septhämie durch 81 (Ales-
sandri).
—— —— Toxine bei Tuberkulose 149
(Morrihy).
Sachverseichnis.
Bakterien der Nase 532 (Park, Wright).
Bakteriendichtigkeit der Darmwand 900
(Austerlitz, Landsteiner).
Bakterienfund b. Leichen 347 (Hausser).
Bakterienfunde b. Phthisikern 572 ( Micha-
elis, Meier).
Bakterienresorption frischer Wunden 5
(Nötzel).
Bakteriologie 849 (Heim).
Basedow 562 (Jaboulay, Chauffard,
Quénu), 563 (Jonnesco, Gerard- Mar-
chant, Abadie, Cerkez, Juvara), 1040
(Wolff, 1284 (Booth).
Basedow'sche Krankheit 340
472 (Marchant).
Bauchbrüche 733 (Cange).
Bauchfelldrainage 1252 (Clark).
Bauchfellerguss, chylöser 1254 (de Pace).
Bauchfellentzündung 358 (v. Winckel).
—— eitrige 625 (Körte).
tuberkulöse 911 (Firchau).
Bauchfelltuberkulose 637 (Duran), 734
(Nassauer), 1119 (Jaffé).
Bauchgeschwülste 397 (Mulder),
(de Quervain).
falache 1127 (Brault, Rouger).
Bauchhöhle, Evisceration d. 333 (Tizier).
—— Fremdkörper in der 973 ( Hirschberg).
Bauchhöhlendrainage 1114 (.Delagenisere).
Bauchhöhlenechinokokken 25 (Karewski),
788 (Alezinski), 992 (Most).
Bauchhöhlenneubildungen 1255 (Lewa-
schow).
Bauchnaht 189 (Kingsbury).
Bauchschnitt 90* (Lennander).
Bauchschnittwunde, Narbenfestigkeit d.
55 (Abel.
Bauchschnittwundenheilung 69 (Fritsch).
Bauchschuss 110 (Poppert).
Bauchverletzungen 197 (Lotheisen).
Bauchwandfibrome 69 (Noiret).
Bauchwunden 513 (Ziegler, Budinger),
901 (Siegel).
(Doyen),
1288
Beckenbindegewebsdermoide 949 (de
Quervain).
Beckenbruch 492 (Snegirew).
Beckenknochengeschwülste 233* (W.
Kramer).
Beckenmyome 933 (Berger).
Beckenresektionen 1152 (Wolf.
Beckenstellung 681 (Henggeler).
Becken erbane 717° (Grosse).
Behandlung, orthopädisch-ambulatori-
sche 1046 (.Riedinger).
Beinbade- und Dampfbadewanne 169
(Löwenthal).
Beingeschwür, Resektion der Saphena
28 (Heintze).
Beingeschwüre 496 (Köhler,
872 (Ruini), 930 (Tallqusst).
Belastungsdeformitäten 14 (.Bähr).
Bericht 468 (Kirmisson, Sainton),
(Gallet).
klinischer 568 (Buschi), 791 (Socin,
Heusler, Suter, Hügler), 940 {Slobet).
Heintze),
536
Sachverzeichnis.
Bericht, orthopädisch -chirurgischer 170
(Vulpius).
Berufskrankheit, eigenartige 171 (Rose).
Beschneidung 354 (Pott).
Bildung putrider Gase 1014 (Cesaris-
Demel).
Blasenabscesse 440 (Rochet).
Blasenbrüche 630 (Lotheissen).
Blasenektopie 50 (Duret).
Blasenexstirpation 809 (Tuffier, Dujarier),
1278 (Turetta).
Blasengeschwülste 53 (Malherbe, Desnos),
447 (Albarran), 1285 (Rochet, Martel,
Spangaro).
Blasenleiden 808 (Nogués).
Blasennaht 1102 (Rasumowsky).
Blasenresektion 364 (Curtis).
Blasenruptur 819 (Fratkin).
Blasensarkom 261 (Dibbern).
Blasen-Scheidenfistel 365 (Jovanović), 725
(Berger).
Blasenschnitt 52 ( Tailhefer).
hoher 1269 (.Delore\.
Blasensteine 261 (Krylow, Milton), 565
(Filatow), 1009 (Marc), 1269 (Keyes).
Blasenverletzungen 364 (Alsberg).
Bleispitsengeschosse 1023 (v. Bruns).
Blinddarmachsendrehung 142 (Zoege v.
Manteuffel).
Blinddarmkrebs 640 (Franzke).
—— u. Blinddarmtuberkulose 981 (Obrast-
zow).
Blinddarmsarkom 142 (Homans).
Blinddarmtuberkulose 744 (Conrath), 981
(Obrastzow).
Blutegel im Rachen 1241 (Gundrum).
Blutergelenke 315 (Shaw).
Blutgefäßendotheliome der Struma 1303
(Zimacher), 1304 (Borrmann).
Blutlaufstörungen 1098 (Talma).
Blutleere als Lokalanästhesie 993* (S.
Kofmann).
—— regionäre, Anästhesie und 1065*
(H. Braun).
Blutplättehen 572 (van Emden).
Blutstillung durch Angiotripsie 756* (af
Schulten).
Blut Tuberkulöser 347 (Brown).
Blutungen, Calciumhyperphosphat b. 351
(Silvestri).
Blutuntersuchungen bei Magenleiden 905
(Zez).
Brachydaktylie 1049 (Joachimsthal).
Brandwunden 877 (Caliano).
Bromäthyl-Chloroformnarkose 1095 (Eber-
mann).
Bruch des Beckens 492 (Snegirew).
—— d. Ellbogengelenkes 17* (Steinthal).
—— der Kniescheibe 168 (Rosenberger).
175 (Lejars), 702 (Annequin), 1298 (Mac-
donald).
—— der Knöchel 636 (Pont).
—— des Oberarms 1160 (Rammstädt).
—— des Schenkels 946 (Bühr).
—— des Schulterblatts 1159 (Morestin).
XXXI
Bruch d. Sprungbeins 494 (Naumann), 929
(Destot).
—— der Wirbel 103 (Trapp), 118 (Go-
stynski).
Brucheinklemmung (Schulz),
(Dowd).
Bruchring, retrograde Netzincarceration
mit Stieltorsion über d. 462* (C. Bayer).
Bruchsack, Appendicitis 515 (Gross).
Bruchsackruptur 515 (Bennecke), 516
(Sick).
Bruchsacktuberkulose 1198 (Broca).
Bruch, spontaner bei Syringomyelie 1241
(Kofend).
Brüche, brandige 134 (v. Bramann).
—— d. Blase 630 (Lotheissen).
—— d. Darmwand 628 Lider,
—— der Hamblase 713 (Brunner).
—— der Kniescheibe 384 (Sonnendurg).
—— der Knochen 698 (Hinsberg), 1143
(Anghel, 1144 (Juvara), 1148 (Wolf.
—— der Wirbelsäule 656 (Rouz de Bri-
gnoles).
—— d. Brustbeins 118 (Kreis).
—— des Ellbogens 484 (Rouz de Bri-
gnoles).
—— des Felsenbeins 286 (Scheibe).
—— des Hirns 1168 (Lindfors), 1169
(Bolle).
— des Oberschenkels 174 (Graf), 175
(Monsehr).
—— des Oberschenkelhalses 1308(Gidlette).
—— des Radius 306 (Kahleyss).
—— des Unterkiefers 832 (Seelhorst).
—— des Vorderarms 929 (Destot).
eingeklemmte 516 (Neugebauer,
Gelpke).
—— im Unterschenkel 862 (Sell).
—— Kothverstopfung d. 88 (Rose).
—— Radikalbehandlung von 975 (Thiele).
—— Radikaloperation von 1199 (Drobnik,
Selma), 1200 Taillens).
—— subkutane 415 (Ransohof).
Brustbeinfraktur 118 (Kreis).
Brustbeinsarkom 544 (Rosa).
Brustdrüsencysten107 (.Pedotti),364 (Lanne-
longue, Vitrac).
Brustdrüsenplastik 1003 (Graeve).
Brustdrüsentuberkulose 1015 (Lotheissen).
Brust- u. Baucherschütterung 410 (Para-
scandolo),
Brust- und Bauchhöhlenerguss, chylöser
513 (Bayer).
Brustfell- und Mittelfellraumeserkran-
kungen 1001 (Schede).
Brustklemmen, orthopädische 118 (Joseph).
Brustkorbgeschwülste895(Quenu, Longuet).
Brustkorbplastik 535 (Sudek).
Brustkrebs 32, 896 (Dod).
Brustwunde 672 (Moingeard).
Bubonen 313 (Hahn), 647 (Nagel, 648
(Waelsch).
751 975
Calciumhypophosphat bei Blutungen 351
(Silvestr)
XXXII
Callusbildung 1023 (Kapsammer).
Calot’sches Redressement 705* (L. Wull-
stein).
Careinom und Sarkom 544 (Coley).
Careinomfälle, geheilte 1136 (Frank).
Cardiaresektion 1203 (Krukenberg).
Caries v. Hammer u. Ambos 578 (Äretsch-
mann).
—— d. Process. coracoideus b. Tuber-
kulose i. Schultergelenk 146* (O.! Wolff).
—— des Zungenbeins 1038 ( UUmann).
Carotisaneurysma 1227 (Morelli).
Celluloidverbände 150 (Mauss).
Centralnervensystem, antitoxische Eigen-
schaften des 898 (Bomstein).
Centralnervensystemschirurgie 529 (Glan-
tenay).
Cephalhämatom 107 (Marks).
Ceyssatit 1290 (Vegrieres;.
Chelidonium gegen Krebs 819 (Kosso-
budckı)
d.
Chemie des Colloids der Kröpfe 545*
(G. Reinbach).
Chinosol 66 (Giovannini), 237 (Barsz-
csewski).
Chirurgenkongress, amerikanischer 413
(Willard).
Chirurgie 125, 452 (le Dentu, Delbet), 673
(Albert).
—— allgemeine 237, 596 (Gross, Roh-
mer, Vautrin), 758 (Landerer).
—— specielle 759 (König).
—— des Centralnervensystems 529 (Glan-
tnay):
—— der Gallenblase 613 (Kanzel, Hall,
Ferguson).
—— des Gehirns 1* LE Braat:).
—— des Gesichts 1029 (Terrier, Guille-
main, Malherbe).
—— der Harnwege 1004 (Krogius).
—— der Kreusbeingegend 776 (Clutton).
—— d. Leber 132 (Weber, Adler. Lange),
133 (Kümmell), 143 (Faure, Kummer,
Franke), 144 (Thomson, Segond).
und Gallenwege 148 (Petersen),
150 (Poppert), 151 (Haasler), 153 (Hei-
denhain), 154 (Holländer), 786 (Quenu),
187 (Steinthal), 788 (Baudouin), 797
Ciechomski), 198 (Bobrow), 199 (Wo-
Iynzew, Delagénière, Broca, Ward),
800 (Wegele, Learn).
—— der Lungen 12 (Tuffier), 105 (Quenu,
Longuet).
es Magens 80 (Ewald), 203 (Hahn),
204 (Hartmann, Schlatter).
des Mastdarmes 139 (Nélaton, Re-
clus, Csesch), 140 (Boeckel).
—— der Milz 130 (Stierlin), 131 (Cordero,
Jonnesco), 140 (v. Beck, Nannotti).
—— des Nervensystems 941 (Lyssenkow).
—— des Sinus sphenoidalis 113 (Spiess).
—— von Speiseröhre und Kehlkopf 196
(Narath).
Chloroform 9 (Ettinger), 362 (Sozowie-
jezyk).
Sachverzeichnis.
Chloroformnarkose 434
(Mader).
Chlorzinkätzung des Uterus 264 | Pfannen-
stiel, Jung‘.
Choanenverschluss 540 !Gradenigo).
Cholecystitis 1110 (Richardson).
Cholecystektomie 1097 (de Fongt).
—— und Ovariotomie 1288 (Freund).
Cholecystostomie 141 (Homans).
Choledochusoperationen 352 Langenbuch).
Chylothorax 893 (Henssen).
Circumcision 51 (Guinard).
Clitorisgeschwülste 811 Lambret..
Cocain 599 (Unna).
Cocainanästhesie 401* (P. Arendt.
—— regionäre 177* (Manz.
Cocainvergiftung 552 (Weigand).
Coeeumachsendrehung 986 (Weinreich).
Corpus cavernosum, Zerreißung 446
(Wilson).
Cowper'sche Drüsen 437 (Englisch).
Coxa vara 308 Charpentier", 318 (Bayer),
860 (Hofmeister, 1049 (Joachimsthal),
1062 (Brauer:, 1145 (Alsberg‘.
Cranio-cerebrale Topographie 1167 (Krön-
lein).
Cranium bifidum und Spina bifida 1262
(Isnardi).
Cylindrom der Zunge 363 (Ewald.
Cyste, retrosternale 1244 (Rothschild).
Cysten der Brustdrüse 107 (Pedotti).
—— d. Genitoperinealrhaphe 447 (Thöle).
—— der Nieren 1274 (Houzel..
Cystenbildung 999 (Ribbert).
Cystenganglion 585 (Riese).
Cystitis 931 (Moltenù.
und Epididymitis 966 (Dessy, Fa-
tichi).
—— emphysematosa 565 (Kedrowski).
und Pyelitis 1271 (Rosenfeld).
Cystoskop 566 (Kelly).
Cystoskopie 39 (v. Fedoroff) 1016 (Bois-
seau du Rocher).
(Grube, 1155
Marmausschaltung 632 (v. Eiselsberg).
Darmbrand 1198 (Begoin).
Darmchirurgie 1114 (Jeannel), 1266 (d An-
tona).
Darmeysten 917 (Anderson).
Darmdrehung und Resektion 416 (Ri-
chardson).
Darmenge 395 (Riether, Atherton,
McGraw), 396 (Lennander, Carwar-
dine), 1209 (Ssokolow, Gally, Wani-
tschek, Libow).
nach Brucheinklemmung 751 (Schulz).
Darmgeschwülste 1201 (Graser).
Darmimplantation 1211 (Akerman).
Darmklemme 175 (Graser).
Darmknopf 192 (Frank),
hüvel.
Darmkrebs 519 (Benissowitsch).
Darmnaht 75 (Kuzmik), 76 Meyer, Boari),
17 (Dubourg, 18 (Frank), 19 (Souligouz).
—— cirkuläre 740 (Halsted).
1204 (Geist-
Sachverseichnis.
Darmperforation 991 (Kummer).
Darmresektion 511 (Curd,, 1204 (Drees-
mann).
bei brandigen Brüchen 134 (v. Bra-
mann).
wegen Krebs 139 Te
— und Naht 26 (Kön
Darmrohr 206 (Kuhn).
Darmruptur 986 (Grewe,.
Darmsarkom 206 (Heinze).
Darmschirm 297* (K. Roser).
Darmschuss 358 (Mannabergi.
Darmtuberkulose 1211 (Pantaloni).
Darm- u. Leberresektion 142 (Heberlein).
Darmverschluss 377 (Bargez), 518 (Zeid-
ler, 947 (Heidenhain, Bayer).
durch appendicitischen Abscess 632*
(Christel).
—— Nierenstörung b. 377 (Ferrio, Bosio).
—— und Darmenge 395 (Riether, Ather-
ton, McGraw), 396 (Lennander, Car-
wardine).
Darmverengung 1201 (Graser).
Darmwand, Bakteriendichtigkeit der 900
(Austerlitz, Landsteiner).
Darmwandbrüche 628 (Füderl).
Daumenplastik 15 (Nieoladons).
Daumenverrenkung 680 (Hutchinson jun.).
Daumenverrenkungen 1295 (Vitrac).
Decorticatio pulmonis 1279 (Pascale).
Ee medicamentosa 325 (Fricken-
erg).
Dermatomyiasis migrans 537 (Kumberg).
Dermatotherapie, Röntgen in der 663
(Schiff).
Dermoideysten 649 (Ribbert).
des Eierstocks 366 (Leenen).
—— des Mediastinum anticum 460 (Eke-
horn).
—— des Ovarium 1283 (Betagh).
Dermoide des Beckenbindegewebes 949
(de Quervain).
des Mundbodens 115 (Klapp).
Desinfektion 184 (Blumberg), 1196 { Tschi-
rikow).
des Operationsfeldes 209* (Landerer,
Krümer).
Diastase der Linea alba 504 (Büdinger).
Dickdarmdivertikel 140 (Graser).
Dickdarmresektion 752 Heidenhain).
Diphtherie 405 (Murawjeffj, 424 (Clubbe),
542 (Gouguenheim, Dutertre), 883 (Mar-
tin), 889 (McCollom, Hibbard), 890
(Thomas, Pearce, Suitle).
—— mit Serum 93 (Arönlein).
Diphtherieheilserum 29 (Rose).
Diphtherieimmunität 116 (Bertelsmann).
Dissemination der Neubildungen 793
(Sklifossowsky).
Distorsionen im Fußgelenk 1299 (.Rein-
hardt).
Doppelharnblase 725 (Ijungaren).
Douglas’scher Raum 159 (Traeger!.
Drahtsäge bei temporärer Schädelresek-
tion 425* (L. Gigli..
Centralbl. f. Chir.
Bramann).
XXXIII
Druck im Gehirn 877 (Adamkiewicz).
Drucklähmung des N. uln. 1061 (Julid).
Dünndarm-Gebärmutterfistel 1212 Mjass-
nikow).
Dünndarmgeschwulst 518 (Petrow).
Dünndarmhämatom 517 (Wollheim).
Dünndarminvagination 839* (deQuervain).
Dünndarmkrebs 640 (Dempel).
Dünndarmverschluss, angeborener 132
(Franke).
Ductus choledochus - Verstopfung 718
(Rose).
—— omphalo-entericus 135 (Walzberg).
— —— -meseraicus 518 (Galeazzi).
—— —— -mesentericus 751 (Körte).
— —— Exstirpation 281 (Körte).
Durchlöcherung des Trommelfells 1080
(Kayser, Miot).
Duodenalgeschwür 640, 1209 (Wanach),
976 (Lennander).
Dystrophia musculorum progrediens 1060
(v. Eiselsberg).
Echinococcus 362 (Ssudukow).
—— der Leber 119 (Bucalosı), 1057 (Son-
nenburg), 1110 (Palleron:).
—— der Lungen und Leber 23 (Steiner).
—— der Milz 991 (Jakowlew).
—— d. Muskeln 82 (Scholtz), 296 (Baretta,
Rizzini).
— der Nieren 448 (Szerapin).
—— der Wirbelsäule 670 (Wilms).
Echinokokken 905 (v. Alezinsky), 906 ( Bo-
brow), 1032 (Bouyer), 1033 (Matwejew).
—— an den Gefäßen 871 (Most).
—— der Bauchhöhle 25 (Karewsk:), 788
(Alezinski), 992 (Most).
—— der Muskeln 1087 (Garulanos).
—— der Nieren 727 (Houzel).
—— des Beckenknochens 968 (.Döbbelin).
Eectopia ventriculi 1208 (Weber).
—— vesicae 1052 (Sonnendurg).
Eichel-Hypospadie, Operation 1192 (von
Hacker).
Eierstocke-Dermoideyste 366 (Leenen).
Eierstocksdermoid, perforirtes 160(Grosse).
Eierstocksdermoide 264 (Herzog).
Einklemmungen, innere 1055 (Schwalbach).
Eiterbecken 1013 (Majewski).
Eiterung, chemische 1075 (Meyer).
—— der Nasennebenhöhlen 1029
ward, Ingersoll).
im Harnapparat 41 (Harrison).
Eiterungen, posttyphöse 560 (Loew), 864
(Takaki, Werner).
Ektomie des II. Trigeminusastes 1084
(v. Friedländer).
Elektrolyse zur Heilung von Angiosarkom
813 (P. Videbech).
—— bei Stenosen 561 (Fort).
Elephantiasis cartilaginosa Nasi
(Briau).
—— congenita 668 (Reinbach).
—— der männlichen Geschlechtstheile
356 (Le Dentu).
(Ho-
467
XXXIV
Ellbogenbrüche 484 (Roux de Brignoles).
Ellbogengelenksfraktur 17* (Steinthal).
Ellbogenverrenkung 491 (Herbet), 700
(Cuhorst).
Embryome 1233 (Müller).
Eminentia capitata, Fraktur im Ellbogen-
gelenk 13* (Steinthal).
Empyem 97, 353 (Perthes), 410, 833 (Ce-
stan), 1186 (Thiel).
—— d. Pleura und Leberechinococcus
119 (Bucalossı).
— der Stirnhöhle 963 (Gerber).
Enoephalocele 353 (Bayer).
Eneyklopädie der Medicin 825 (Sajous).
Endotheliom 1305 (Pupovac).
—— u. Careinom des Magens 1133 (Fick).
—— v. Pleura u. Perikard 544 (Modze-
Jewski).
Endotheliome des Hodens 1302 (Arom-
pecher).
Enterektomie 88 (Lauwers).
Enteroanastomosen 981 í Podres).
Enteropexie 951 (Fillemin:.
Entwicklungsstörungen 315 (Merciere),
316 (Mihajlorid).
Entzündung der Highmors- und Stirn-
höhle 287 (Heimann:.
—— der Zungentonsille 270 (Bar).
Epi-Akromion 858 (Struthers).
Epidermiszellen, Lebensfühigkeit 7, 1093
(Wentscher).
Epidermoide der Finger und Hohlhand
369* (F. Franke).
Epididymitis 966 (Dessy, Fatichi).
Epiglottiscareinom 1242 (Harmer).
Epilepsie 942 (Winkler), 956 (Braun),
1028 (Rachford, MeCosh), 1116 (Schede),
1159 (Adenot, Carrier, MeCosh;, 1190
(Donath).
traumatische 108 (Jurka), 878 |Siren).
spadie 258 (Bayer).
Epitheleysten, traumatische 165*! Roelen),
361* (O. Vulpius).
Epithel- u. Dermoideysten 649 (Ribbert).
Epitheleinfluss auf Bindegewebe 256
(Steinert).
Epitheliom des Hodensacks 822 (Ponne).
—— verkalktes 875 (Thorn).
Epityphlitis 1245* (Küster).
Erguss, chylöser, in Brust- und Bauch-
höhle 513 (Bayer).
Erstickung 199 (Stokes).
Erwerbsfähigkeitabschätzung 577
chel).
Erysipel- und Marmorek'scher Strepto-
coccus 126 (Courmont;.
Erythem 667 (Andry).
Essigsäure 1025 (Unna).
Eucaine 150 (Rerlus).
Eventration 1254 (Fuure).
Evisceration der Bauchhöhle 333 ( Tixier).
Exanthem 344 (Juliusberg).
Exantheme der Tuberkulose 651 (Bosck).
Exkursionsfähigkeit der Gelenke 492
(Leibold, Bähr).
(Rei-
Sachverzeichnis.
Exophthalmus, pulsirender 854 (Zasarercı.
Exosplenupexie 1215 (Houzel. `
Exstirpation bei Mastdarmkrebs
(Boeckel), 339 (Willems.
der Gebärmutter 606 Strauch‘, 615
(Gelihorn), 616 Terrier, Wickerhauser:,
624 iSchwarz'.
der Nieren 967 {Braat:'.
der Oberextremität 1294 ' Berger).
der Scheidenhaut 1105 ` Rolande"
der Tunica vaginalis testis 44
(Alessandri).
des Ductus omphalo -mesentericus
281 (Körte).
—— des Gangl. Gasseri 466 (Mugnas).
—— des Magens 750 Hofmann),
des Schulterblattes 1047 (Berger).
—— und Resektion der Harnblase 1103
(Wunuel).
—— von Kehlkopf und Speiseröhre 747
(Garre).
Exstirpatio uteri 55 (.Mackenrolt).
Extensionsapparate $966 (Eichel, Haus-
mann).
Extra -uterin - Schwangerschaft 967 (Ro-
churd).
Extremitätenmissbildungen 1151 (.Plücker).
Extremitätsentwicklung, obere 935 (A'ıp-
pel.
338
Federnde Finger 485 Schulte).
Felsenbeinbrüche 286 (Schetbe).
Festschrift für Durante 1140.
Fettembolie 590 (Ebderth).
nachKontrakturstreckung 1064. Payr..
Fettgewebsnekrose 1110 (Meyer).
Fettnekrose 156 | Hildebrand‘.
traumatische 1257* (O. Lanz).
Fibrome d. Bauchwand 69 (Noirot).
Fibromyom im Muskel 1157 i Zagato).
Fibrosarkom, vond. Milzkapselausgehend
607* (td. Heinriecius).
Fieber, aseptisches, traumatisches
(Pillon.
Fingermangel, Ursache zur Rückenmarks-
atrophie 540 (Suuques, Marinesco).
Fingermissbildungen 1307 (Tissot, Guer-
rini, Martinelli, Meueiere..
Fingerverrenkung 491 (Paci.
Fingerverrenkungen 1307 | Mouchet).
Fingerversteifung 867 (Lauenstein).
Fingertumor 1303 (Stahr).
Fistula colli congenita mediana 1155
(Preindlsberger).
Fliegenlarven im menschlichen Organis-
mus 151* í Gürkel).
Flüssigkeit im Knie 861 (Fiske).
Foramina emissaria 385 (Langenbuch).
Formalin u. Paraform 899 : Unna).
Formol u. Parachlorphenol 900 Ze Dentu\.
Fossa poplitea, Messerklinge in d. 1055
(Sonnenburg).
Frakturverbände 480 (Nimier).
Fremdkörper in der Backe 645 Aasparkı'.
—— in der Bauchhöhle 973 (Hirschberg .
265
Sachverzeichnis.
Fremdkörper in den Luftwegen 294 ( Rad-
ziszewski, Szuman, Peyrissac) 1182
(Sprengel, Arnolds).
—— im Mastdarm 952 (Broussin, Delbet).
—— im thierischen Organismus 1281
(Binaghi).
Fremdkörperbestimmung mittels Röntgen-
durchleuchtung 473* (Angerer), 617*
(Levy-Dorn).
Fremdkörperlagerung 876 (Sehrwald).
Frontallappengesohwülste 1260 (Carle).
Frostbeulen 327 (Binz).
Fußgelenksdistorsionen 1299 (Reinhardt).
Fußgelenkverrenkung 320 (Knust).
Fußgeschwulst310(Schulte),320 (Stechow),
690 (Kirchner).
Fußgewölbebau 16 (Jeanne).
Fuß- u. Kniegelenksverrenkung 1063
(Graf).
Fußlipome 486 (Kleinknecht).
Fußresektion 495 (Vulliet).
Fußumknicken 494 (Golebiewski).
Fußverrenkung 688 (Wendel), 870 Quenu,
Steffen).
Fußwurzelknochenankylose 703 (Ticho-
mof),
Geallenblasenchirurgie 613 (Kanzel, Hall,
Ferguson), 919 (Franke), 991 (Toeplitz).
Gallenblasenfistel 603 (Jones).
Gallenblasensolitärstein 588 (Reichard).
Gallensteine 1096 (Exner), 1097 (Kehr).
Gallensteinkolikanfall 983 (Riedel).
Gallenwegechirurgie 148 (Petersen), 150,
(Poppert), 151 (Haasler), 153 (Heiden-
hain), 154 (Holländer), 786 (Quenu}, 787
(Steinthal), 788 (Baudouin), 197 (Cie-
chomskt), 199 (Bobrow), 798 (Wolynzew,
Delageniere, Broca, Ward), 800 (Wegele,
Lejars), 1266 (Carle).
Gallenwegeoperationen 379 (Baudouin).
Ganglion Gasseri, Exstirpation des 466
(Mugnai).
—— —— Resektion d. 1037 (Depaye),
1171 (Keen, Spiller).
Gangrän der Lungen 1183 (Wiemer).
—— Gefäßverschluss bei 621 (v. Zoege-
Manteuffel.
—— periphere 343 (Lochte).
— spontane 497 (Haga).
— symmetrische 1059 (Briese).
Gastritis 87 (Hemmeter, Ames).
Gastroduodenostomie 753 (4. Henle).
Gastroenteroplegie 744 (Turazza).
Gastroenterostomie 341 (Faure). 376
(Chlumsky), 508 (Rouz), 510 (Defontaine),
631 (Sykow), 905 (Weir), 1125 (Peham),
1210 (Schtschegolew) 1256 (Aencidre),
1264 (Parta, Martins).
Gastro- u. Enteroanastomosen 981 (Podres).
Gastroplicatio 639 ( Casati).
Gastroskopie 86 (Rewidznff, Kuttner).
Gastrostomie 1123 (Trojimon).,
—— weg. Fremdkörper in Ösophagus-
stenosen 282 (Herzfeld).
XXXV
Gaumengeschwulst 1240 (Berkeley).
Gaumenmandel u. infektiöse Processe 101
(Goodale).
Gaumenresektion, temporäre 75 (Partsch).
Gaumensegeladenom 469 (Escat).
Gebärmutterblutungen 159 (Dührssen).
Gebärmutterexstirpation 606 (Strauch),
615 (Gellhorn), 616 (Terrier, Wicker-
hauser), 824 (Schwarz).
Gebärmutterlageveränderung 1280( Ruggi).
Gebärmutterretrodeviation 255 (Jonnesco).
Gebärmuttersarkom 824 (Vögler).
Gebärmutterschussverletzung1287 ( Wrzes-
niowski).
Gebärmutterventrofixation 359 (Edebohls).
Gebiss i. d. Speiseröhre 196 (Levy).
Gefäßechinokokken 871 (Most).
Gefäßkompression b. Bauchoperationen
374 (Lennander).
Gefäßnaht 589, 908 (Lindner).
Gefäßunterbindung bei Uterusmyomen
993 (Martin), 934 (Gottschalk, Hart-
mann, Fredet).
Gefäßunterbindungen bei
Krankheiten 339 (Tuffier).
Gefäßvarietäten 818 (Funke).
Gefäßverschluss b. Gangrän 621 (v. Zoege-
Manteuffel).
Gehirnabscesse 1058 (Merkens).
—— multiple 1058 (Tsraëi).
Gehirnbrüche 419 (Tenner).
Gehirneiterungen 1261 (de Gaetano).
Gehirnerkrankungen, infektiöseitrige, so
wie des Rückenmarks 841 (Macewen-
Rudloff).
Gehirnkrankheiten 827 (de Paoli, Mori).
Gekröscyste 396 (Gabszewicz), 397 (She-
pherd), 820 (Anufrijew), 1111 (Spaeth).
Gekröscysten 136 (Berkeley), 147 (Müller,
Haeckel).
Gekrösegeschwülste 142 (Harris, Herzog,
Schwarz).
Gelenke überzähliger Finger 1062 (Sel-
dowitsch).
Gelenkentzündung 348 (Fronz, Kaijser).
—- durch Pneumokokken 1157 (Boise).
Gelenkentzündungen, experimentelle 266
(Arcoles).
—— gonorrhoische 793 (Mühsam).
Gelenkerkrankungen 678 (Hofbauer).
syphilitische 455 (Pielicke).
Gelenkexkursionsfähigkeit 482 (Leibold,
Bähr).
Gelenkkörper 702 (Kaposi), 854 (Barth).
Gelenkleiden 1034 (Strauss).
Gelenkmaus, traumatische 173 (Köppen).
Gelenkneuralgien 456 (Thilo).
Gelenkrheumatismus, chronischer 1045
(Bier).
Gelenksteifigkeit 490 (Schüller).
Gelenktuberkulose 561 (Sendler).
Gelenkverbindung 1060 (Ollier).
Genitalien, weibl., u.Bauchfellentzündung
358 (v. Winckel).
Genitoperinealrhaphecysten 447 (Thöle).
ef
infektiösen
XXXVI
Deng recurvatum 175 (Sta ffel, 494 ( Gérard-
Marchant).
—— valgum 160 (Bähr), 319 (Footner),
. 688 (Gross), 1050 (Morton).
Gerüche des menschlichen Körpers 1078
(Monin).
Geschlechtskrankheiten u. Volksgesund-
heit 301 (Lesser).
Geschlechtsorgane, weibl. 812 (Ruggi).
Geschoss in der Zungenbeingegend 1241
(Marcus, Boisson).
Geschwulstätiologie 781 (Maffucci, Strleo),
182 (Coley).
Geschwulstlehre 1302.
Kc angeborene 536 (Winngra-
ow).
Geschwülste, bösartige 801 (Nason), 1304
(Winkler).
des Kehlkopfs, Zunge, Nase
1243 (Costinin).
—— d. Gland. submax. 115 (Zofheissen).
—— àd. Leber 399 (Depage, Elliot), 400
(Rouz).
—— d. Mastdarmes 128 (Bose, Belin).
—— d. Naseninnern 532 (Tissier).
—— d. Nervensystems 166 (Bruns).
—— d. Submaxzillarspeicheldrüse 272
(Löwenbach).
—— retrobulbäre 96 (Bullinger), 1191
(Ssokolow).
Geschwür, weiches 782 (Unna).
Geschwüre, syphilitische 1252 (Ohmann-
Dumesnil).
Gesichtscareinom 73 (Grosse).
Gesichtschirurgie 1029 (Terrier, Guille-
main, Malherbe).
Gesichtskrebs 289 (Pekoslawski).
Gesichtslupus 1181 (Schultze).
Gesichtsneuralgie 1037 (Friedrich).
Gesichtsapalte 466 (Bischoff).
Gewebseinpflanzung, lebende 241 (Ales-
sandri).
Gewohnheitslähmung 936 (Jacoby).
Gland. submax.-Geschwülste 115 (Zot-
heissen).
Glasdrains 526 (Ikawitz).
Glieder, künstliche 1238 (Straeter).
Gliederstarre, spastische 155 (Lorenz),
647 (Hoffa), 1141 (Schulthess).
Glossitis 540 (Stetter).
Gonokokken als Phlegmonenerreger 20*
(Meyer).
und Gonorrhoe 247 (Wassermann,
Nikolaysen), 218 (Schäffer), 249 (Rind-
fleisch, Stark, Barlow).
Gonorrhoe 247 { Wassermann, Nikolaysen),
248 (Schäffer), 249 (Rindfleisch, Stark,
Barlow,, 924 (Niebergall, Werler), 999
(Weinrich), 1000 Noguès, Desnas), 1024
(Broese, Schiller), 1250 (Chassaignac,
Pezzoli), 1268 (Peroni).
Granulationsinfektion 571 (Noetzel).
Granuloma trichophyticum 665 (Pini).
Guineawurm, Hodensackgeschwulst durch
822 (Esprit).
Sachverzeichnis.
Gummihandschuhe für Operationszwecke
449* (P. L. Friedrich..
Gymnastik, medicinische 153 í Wide..
Gynäkologie 46 ‚Schmeltz), 253 ‘Feit.
Haargeschwulst (af
Schulten).
Hallux valgus 163 (Heubach , 310 (Syms ,
320 (Heubach.
Hals, Atherom e den 423 (Detzier..
Halschirurgie 835 (Buttini- Arkel), 944
(Terrier, Guillemain, Malherbe’.
Halscysten 115 (Verchere).
und -Fisteln 1085 (Sultan).
Halsdrüsenmelanom 950 | Berger’.
Halsdrüsenschwellung bei Zahnleiden 102
(Koerner)
Halskrebs 340 (Berger).
Halslipome 856 (Völcker), 1242 {Preyss).
Hals!ymphangiom 293 (Power).
Halsphlegmone 1039 (Kusnetzow)
Halsrippe 292 (Alderson), 5657 (Nasse,,
1212 | Grounauer).
Halsverletzung 469 (Rubinstein).
Halsverletzungen 1253 ( Hoss‘.
Hämatom des Dünndarms 517
heim).
— intradurales 109 (Schulz).
verknöchertes 591 (Fairre).
Hämaturie 565 (Frank), 714 Gerhardt ,
1011 (Albarran).
Hämorrhoiden 512 (Lafourcade).
Hand- und FuBaponeurose 162 (Ledder-
hose).
Handasepsis 349 (Menge).
Handgelenktuberkulose 491 (Brigel.
Handverletzung 567 (Delamare .
Handwörterbuch 212 (Fillaret).
Handwurzelknochen - Verrenkung
(Tilmann).
Harnapparat-Fiterung 41 (Harrison).
Harnblase, abnorme Lage der 1005 (Bloch).
Harnblasenbrüche 713 (Brunner).
Harnblasencysten 1103 (‚Marckıald).
Harnblasendivertikel 445 (Hofmokl).
Harnblasenexstirpation und Resektion
1103 (Wundel).
Harnfistel 721 (Moty).
Harnleiter, doppelter 820 (Delbet).
überzähliger 448 (Alharran).
Harnleiteraffektionen 566 ` Winslow, Haus-
halter, Jaequesi, 567 (Mikule .
Harnleiterchirurgie 252 (Boree), 262
(Gerster,.
Harnleitereinpflanzung in den Mastdarm
820 (Fowler).
Harnleiter- und Harnblasencysten 1103
(Marckwald).
Harnleitererweiterung 1270 (Englisch).
Harnleiterkatheteriamus 39 (J/ollünder),
40 (Casper), 49 (Albarran), 365 (Hölscher),
808 (Imbert).
Harnleiterverletzungen 1103 (Blumen feld).
Harnorgane-Krankheiten, infektiöse 603
(Rovsing).
im Magen 203
(Woll-
1306
Sachverzeichnis.
Harnorgan-Operationen 446 (Alapy).
Harnröhre, Sequester in der 259 (Grosglik).
Harnröhrenbildung 1111 (Froelich).
Harnröhrencyste 1111 (Lübbe).
Harnröhrendefekte 777* (H. Wagner).
Harnröhrenfisteln 250 (Fabrikant).
Harnröhrenkrebs 52 (Binaud, Chavannaz),
1005 (Sandelin).
Harnröhrenneubildung 1277 (Ingiunns).
Harnröhrenpathologie 51 (Eraud).
Harnröhrenplastik 722 (Ljunggren), 930
(Mrha).
Harnröhrenpolypen 54 (Janet).
Harnröhrenquerleiste u. Prostatitis acuta
gonorrhoica 136* (B. Goldberg).
Harnröhren-Scheiden-Eiterung 48 (Hart-
mann, nd).
Harnröhrensteine 564 (Jaswitzki), 565
(Treuberg).
Harnröhrenstriktur 721 (Bazy, Baum-
garten).
Harnröhrenstrikturen 250 (Fabrikant), 556
(Schmidt).
Harnröhren- und Penis-Implantation in
die Blase bei Harnröhrendefekten 777*
(H. Wagner).
Harnröhrenverengerung 355 (Hottinger,
Lang., 356 (Audry).
—— beim Weibe 436 (Pasteau).
Harnröhrenvorfall 259 (Scholtz).
Harpröhrenzerreißungen 1005 (Walther).
Harnrückstauung 46 (Guyon, Albarran).
Harnverhaltung 259 (Bogdanow).
Harnwegechirurgie 1004 (Krogius).
Harnwegeverletzung 819 (Poroschin).
Harzstift 327 (Unna).
Hasenscharten, doppelseitige 407 (Wolff),
844 (Abbe).
Hautatrophie 344 (Jordan).
Hautdesinfektion 763 (Binaghi).
Hauthorn 665 (Spietschka\.
Hautimplantation 242 (Lusk).
Hautkrankheiten 1292 (Serenin).
und Syphilis, Heilanstalten
(Eichhoff).
Hautkrebs 666 (Areibisch, Ginestons).
Hautläppchenanheilung 1043 (Enderlen).
Hautlappen zum Verschluss von Knochen-
defekten 1137* (v. Mosetig- Monrhof).
Hautmaulwurf 654 (v. Samson- Himmel-
stjerna).
Hautnaht 765 !Culmann).
Hautnähte 1251 iCeccherelli).
Hautparasiten 664 (Malherbe, Cannarsa).
Hautpfropfungen, Einheilung der 148
(Enderlen).
Hautsarkom 257 (Semenow, Tandler).
Hautsarkomatose 245 (de Amicis),
(Lommasalı).
Hauttransplantation 649 (Ljunggren).
Hauttuberkulose 664 (Naegeli,.
Haut- und Schleimhautleiden 925 (Kock-
well, 926 (Oudin), 927 (Brocy\.
Hautveränderungen durch Röntgen-
strahlen 1026 (Behrend).
793
538
XXXVII
Hefemykosen 1073 (Buschke).
Heilanstalten für Hautkrankheiten und
Syphilis 793 (Eichhofl.
Heilanstaltsbericht, chirurgisch-mechano-
therapeutischer 169 (Dumstrey, Bessler).
Heilmethoden, mechan. 152 ( Krukenberg).
Heilserum, Immunität und Disposition
803 (Froehlich).
Heilung per primam 6 (Schloffer).
Heißluft gegen Nieren- u. Leberblutungen
1013 (Schneider).
Hemianopsie, traumatische, horizontale
538 (de Lapersonne, Grand).
Hernien 189 (Hermes), 191 (Gautier), 391
(Mohr, Tubby), 392 (de Garmo, Borchardt,
de Voogt), 505 (Ochsner, Reille, Bernhard),
7148 (Fischer), 1121 (Selcke, Hiller, Phocas),
1131 (Sternberg, Tuffier, Muchard), 1132
(Vincent, Souligouz, Lebensohn).
—— des Wurmfortsatzes 1266 (Jaia).
Herniendisposition 1120 (Kocher).
Hernienradikaloperationen 341 (Villar,
Froelich).
Herniologie 903 (Albertin, Schnitzler, Ede-
bohls, Slajmer), 912 (Ssawitzki, Me-
leschko, Merlin, Schnitzler), 913 (Bart,
Nelaton, Ombredanne), 914 (Mintz).
Herniologisches 199 (v. Brackel, Champlin),
200 (Cordier, Schilling, Kaufmann, Za-
mazal, Knüpfer), 201 (Morisani, Audet),
202 (Veslin, Nasi, Courtin).
Herzchirurgie 1232 (Cestun).
Herznaht bei Herzwunden 1071* (C. A.
Eisberg).
Herzwunden 893 (Hill), 894 (Parrozzanı,
Podres).
und Herznaht 1071* (C. A. Elsberg).
Heteroplastik, temporäre, zur Behandlung
des Hirnprölapers 1161* (F. Franke).
Highmors- u. Stirnhöhlenentzändung 287
(Heimann).
Hirnabscess
(Müller).
Hirnabscesse, otitische 592 (Merer).
Hirnbrüche 1168 (Zindfors‘, 1169 (Bolle).
Hirnchirurgie 66 (Doyen), 171 (Henschen,
Lennander, Stenbeck), 1189 (Hitzig).
Röntgenverfahren b. Kugelextraktion
1* LE Brautz).
Hirneysticercus 962 (Pförringer).
Hirndruck und Druck im Gehirn 877
(Adamkiewicz).
Hirnerschütterung 884 (Bouvet).
Hirngeschwulst 772 (Kosin.
operirte 418 (v. Frie
Schlesinger).
Hirngeschwülste 109 (Janz), 268 (v. Berg-
mann), 530 (Bruns), 842 (Brauneck),
1170 (Eberson).
nach Kopfverletzungen 459 (Adler).
Hirnkompression 950 (Dubnjadour).
Hirnoperationen 712 (T’hoele.
Hirnprolapsbehandlung 1161* ( F. Franke).
Hirnschuss 1028 (v. Bergmann), 1036
(Henschen).
110 (v. Bergmann), 713
XXXVIII
Hirnschüsse 64 (Tilmann.
Hirnsyphilis 1035 (Friedländer, Schle-
singer).
Hodenendotheliome 1302 (Krompecher).
Hodengeschwulst 568 (Porges).
Hodengeschwülste 157 (Wilms).
Hodensackepitheliom 822 (Ponne).
Hodensackgeschwulst 822 (Esprit).
Hodentuberkulose 823 (Koenig.
Hodentumoren 1056 (.Mühsam).
Hoblgänge in der Steiß-Aftergegend 398
(Prochnow).
Holocain 270 (Coosemans), 579 (Bussenius).
Hüftenentzündung, tuberkulöse 1305
(Port).
Hüftenverrenkung 1297 (Kummer).
Hüfterkrankung, tabische 1348 (Lot-
heissen).
Hüftexartikulation, 701 (Braun).
Hüftgelenksresektion, totale1151 (Barden-
heuer).
Hüftgelenksskiaskopie 1049 (Hofmeister).
Hüftgelenkstuberkulose 701 (Ménard).
Hüftkontraktur 159 (Hofmeister;, 682
(Lorenz).
Hüftluxation, kongenitale mit der un-
blutigen Reposition 1041* (Th. Kölliker).
Hüftresektion 28 (Benneke), 868 (Sprengel).
Hüftverrenkung 859 (Endlich), 1062 \De-
mons, Begouin).
angeborene 157 (A. Lorenz), 158
(Ghillind), 159 (Heusner), 165 i Doyen),
308 (Hirsch, 318 (Bradford), 683
(Schanz, Ghillini, Lange), 1145 (Vogel),
1160 (Hinsberg), 1255 (Lorenz), 1251
(Ghillins).
Hydarthros, intermittirender 1306 (Fere).
Hydrocele 811 (Bloch).
—— communicans funieuli
823 (Feleki).
Hydrocelen, Radikaloperation der 1092*
(Winkelmann).
—— —— unter Lokalanästhesie 521*
(Lammers).
Hydrencephalocele 963 (Möller).
Hydronephrose 51 (Bernard), 115( Wagner‘,
127 (Heidenhain), 821 (Schwartz), 1256
(Zeller).
—— traumatische 585 (Zeller).
—— und Wanderniere 1273 í Hildebrand,
Haya).
Hydronephrosis 416 (Richardson).
Hydrorrhoea nasalis 269 (Jankeleritch).
Hyperkeratose der Mundschleimhaut 832
iDucrey, Respighi).
Hyperphalangie 1049 (Joachimsthal).
Hyperthermie bei Hirnoperationen
(Thoele).
Hypertrophie der Prostata 48 (Carlier,
Albarran, Leger, 49{ Chevalier, Desnos),
260 (Freudenberg, Hoffmann, Erdberg),
605 (Fachet), 606 (Englisch), 111 (Meyer),
712 (Floderus), 123 (Sacchi, Witte,
Derinschinskü, 124 (Korlowski), 965
(Wodarz, Böhm), 1006 (af Schulten,,
spermatiei
7112
Sachverzeichnis.
1007 (Floderus, Nogues’, 1015 (Hand,
1100 (v. Stockum), 1101 (Freudenberg ,
1112 (Sanesi, Simon), 1205 (Motz), 1255
(Keyrs, Morton).
Hypertrophie der Speicheldrüse
(Braguehuye, Sabrazis .
Hypospadie 810 (Nore-Josserand), 1099
(v. Hacker).
—— der Eichel 1059* (Breuer),
(v. Hacker‘.
Hysterektomie 413 Humans), 961 (Riche-
lot).
vaginale 1257 (Ruggi .
Hysterie nach Trauma 1155 (Gossner).
950
1192
Ichthalbin 326 (Sack.
Ichthyol 326 i Unna).
Ileus 192 (Berger‘, 205 (Carle, Charret,
Kummer), 206 (Rogers, Reimers), 63S
(Murphy), 639 ` Riedel, 952 Jeannel).
Immunität 256 (Wassermann).
und Disposition für Heilserum 803
(Froehlich).
Improvisationsarbeiten 622 (Port:.
Incarceration, retrograde 990 „Kopfstein .
Incontinentia urinae bei der Frau 357
(Guigues).
Infektion 105 (Noetzel).
Infektionen, extragenitale syphilitische
1033 (Sternthal..
Infektionsübertragung 152 (Germano'.
Infektionskrankheiten 571 ( Wassermann).
Intiltrationsanästhesie 155 (Ried), 550
(Schleich, Briegleb),
Infusions- und Punktionstherapie 662
(Krönig).
Innervation der Schilddrüse 274 (Brian).
Institutsbericht, orthopädischer 169 (Lü-
ning, Schulthess).
Instrument für die externe Urethrotomie
bei Perinealabscess 411* (Ingiannii.
Intubation 944 {v. Stockum), 1243 (Bonain,
Wolkowitsch;.
Invagination 81 (Monod).
des Colons nach Pylorusresektion
1136 (Schmidt).
Irrigatorständer 175 (Senger).
Ischiadieusdurchschneidung 676
sammer).
Ischias 923 (Minor).
(Kap-
Jahrbücher, encyklopädische 212 | Eulen-
burgi.
Jahresbericht 216 (Roth), 362 (Gold), 372
(Hildebrand), 465 (HMinterstoisser), 501
iv. Baumgarten, Tangl\, 192 Maffei..
englischer 451.
Jejunostomie 1201 (Maydl;, 1211 (Scholz.
Jodlaryngitis 116 (Frankenberger).
Jodoformeinfluss auf Riesenzellenbildung
9 (Meyer).
Jodoformogen 502 (Kromayer).
WKarbolanwendungsgefahren 479 (Zewai;.
Karbolgangrän 212 (Honsell).
Sachverzeichnis. XXXIX
Karotiden und Jugularvenenunterbindung
421 (Thomas).
Kastration, abdominale 255 (Jonnesco).
bei Prostatahypertrophie 48 (Carlier,
Albarran).
Kasuistik 141 (Homans).
Kataphorese in der Zahnheilkunde 833
(Morton).
Katgut 765 (Bloch, Larrabec), 1044
(Harrington).
Katheterismus des Harnleiters 39 (Hol-
länder), 40 (Casper).
Kathetersterilisation 1004 (Ruprecht).
Kehldeckelgeschwulst 891 (Winkler).
Kehlkopfchirurgie 471 i Pantaloni).
Kehlkopfendoskop 535 (Hermod).
Kehlkopfenge 1228 (Sargnon).
Kehlkopfgeschwülste 117 (Semon), 891
lw. Stein, Juschzenkoff, Railton, Barth).
Kehlkopfkrebs 424 (v. Bergmann), 964
(Chiari).
Kehlkopfmyxom 1242 (Gaudier).
Kehlkopfpapillome 958 (Baumgarten), 1229
(Massei).
Kehlkopfspiegel 116 (Körner).
Kehlkopf- und Speiseröhrenexstirpation
747 (Garre).
Keilbeincaries 1038 (Schech\.
Keimgehalt und Heilungsverlauf aceiden-
teller Wunden 1074 (Brunner).
Keloid, multiples, spontanes, der Zehen
789* (S. B. Ranneft).
Keratom 655 (Neumann).
Keratosis circumscripta und Krebs 256
(Jastrebow).
follicularis 667 (Bowen).
Kieferankylose 288 (Bilezyński), 592
(Tschmarke).
Kiefergelenksankylose 122* (K. Raser).
Kieferklemme 847 (Braun, Alexander),
1240 (v. Friedländer\.
Kieferosteomyelitis 846 (Moty, Lichtwitz,
Reboul).
Kiefersperre 114 (Chavasse).
Kleinhirnexstirpation 1261 (Ronrali).
Klumpfuß 161 (Sprendel\, 869 (Wiener),
1146 (Heusner), 1311 (Funke).
Knieankylose 687 (Koch).
Kniebandscheibenverrenkung 319 (Bar-
ker).
Kniegelenksverletzungen 686 ( Vollbrecht).
Kniehygromen 1160 (Goldscheider).
Kniekontrakturen 688 (Gross).
Kniescheibenbruch 168 (Rosenberger), 175
(Lejars), 702 (Annequin), 1295 (Mac-
donald).
Kniescheibenbrüche 394 (Sonnenburg).
Kniescheibenstarre 703 (Lejars).
Knochen, ausgeglühter, zur Deckung von
Schädeldefekten 969* (J. Grekaf).
freie, in den Gelenken 720 Rose).
Knochenabscesse 138 (Miiller).
Knochenbefund in der Plantarfascie 693*
(Riedinger', 697* (Borst.
Knochenbruchstruktur 693 (Hinsberg).
Knochenbrüche 171 (Socht), 590 (Golja-
chowski\, 1143 (Anghel), 1144 (Juvara),
1148 (Wolff).
—— und Verletzungen 675 (Helferich,
Lossen).
— und Verrenkungen 1046 (Menciöre).
Knochenbrüchigkeit 698 (Hunter).
Knochendefektsverschluss durch Haut-
Itten 1137* (v. Mosetig-Moorhof).
Knochenechinokokken des Beckens 968
(Döbbelin).
Knocheneinpflanzung 419 (Ricard).
Knochenerkrankung nach Typhus 65
(Möller).
Knochenfragmente in den Harnwegen
1112 (Schmidt).
Knochengeschwulst des Beckeninnern
233* (W. Kramer).
Knochengeschwülste, eystische677(König).
Knochenklammern 1294 (Parkhill).
Knochenoperationen, Schutzhebel b. 746*
(Th. Kölliker).
Knochensarkom 660 (Reinhardt), 1310
(Kareuski).
Knochenspaltung, osteoplastische 1234
(Cramer).
Knochen- u. Gelenktuberkulose 456 (Kir-
misson, Ardouin).
u. Knorpelgeschwülste 49 (v. Kryger).
Knöchelbruch 936 (Pont;.
Knorpelgeschwülste 49 iv. Kryger).
Kolostomie 378 (v. Mosetig-Moorhof), 416
(Matas).
Kombinationsileus 510 (Hochenegy).
Komplikationen, chirurgische, d. Typhus
851 (Keen).
Kongress französischer Chirurgen 337.
—— italienischer Chirurgen 1260.
—— der Italiäner 1276.
—— französischer Urologen 46.
Kontraktion der Wadenmuskulatur,
Achillessehne bei 33* (H. H. Hirsch).
Kontrakturstreckung, Fettembolie nach
1064 (Payr).
Kopfbrüche, angeborene 465 (Kehrer).
Kopfverletzung 1036 (Masse).
Kopfverletzungen 459 (Adler).
Korsetttechnik 660* (W. Mintz).
Kothverstopfung d. Brücke 88 (Rose).
Kraftbestimmungen 1023 (Thilo).
Krampfgeschwulst des Magens 915
(Schnitzler).
Kraniektomie64 (v. Fedoroff), 1712 (Baudet).
explorative 429* (Codivilla).
Krankenhausbericht 1154 ( Preindlsberger).
Krankheiten, angeborene chirurgische
597 (Kirmisson).
—— d. Unterextremitäten 307 (Nasse).
—infektiösed. Harnorgane603( Rovsing’.
Krankenptlegeversammlung 590 (Mendel-
sohn).
Krankenvorstellung 384 (Sonnenburg).
Krankenwagen 1014 (Helferich).
Krebs 256 Jastrebow), 1042 (Park), 1136
(Frank).
XL
Krebs am Halse 340 (Berger).
Chelidonium gegen 819 (Kossobutzki).
—— d. Brust 32, 896 (Dowd).
— d. Epiglottis 1242 (Harmer).
—— d. Harnröhre 52 (Binaud, Chavannaz),
1005 (Sandelin).
—— d. Haut 666 (Kreibisch, Ginestons).
—— d. Lippen 113 (Teske).
—— d. Lungen 1244 (Rubinstein).
—— d. Mamma 987 (Rotter).
—— d. Mandel 1227 (Fraenkel.
—— d. Zunge 833 (Butlin), 1225 (Bozzi,
Ortuanı).
—— d. Blinddarms 640 (Franske), 981
(Obratzow).
d. Darmes 139 (v. Bramann),
(Benissowitsch).
—— d. Dünndarms 640 (Dempen).
—— d. Gesichts 73 (Grosse), 289 (Pekos-
lawski).
—— d. Kehlkopfes 424 (v. Bergmann)
964 (Chiari).
—— d. Lungenbrustfells 884 (de Renzi).
—— d. Magens 979 (Guinard), 1133 (Fick).
—— d. Mastdarms 146 (Prutz), 338
(Quenu, Hartmann, Péan, Boeckel), 379
(Quenu, Laudel), 519 (Hochenegg), 948
(Quenu), 1113 (Csesch\.
Krebsbeeinflussung 1248 (Williams).
Krebsbehandlung 8 (Massey).
Krebsmetastasen 1252 (Sgambatı).
Krebsübertragung 56 (Rosinski).
Kreuzbeingegend 776 (Clutton).
Kreuzbeinosteomyelitis 1160 ` Dehler).
Kreuzbeinsarkom 120 (Peham).
Kriegschirurgie, allgemeine 215 (Köhler).
b. d. Griechen u. Türken 228 ` Senn).
japanisch-chinesische 229 (Haga).
Kriegsgeschosse, inhumane 38 (v. Bruns).
Kropf 118 (erte, 293 \Bang, Depage,
Lejars), 409 (@aibisse), 541 ‘Krecke,
v. Hofmann), 542 Goebel, Paul), 557
(Lauin, Hofmeister, Cerkez, Juvara,
Durand, 951 (Walther\.
Kropfmetastasen 104 (Jaeger).
Kropfoperationen 838 (JHormser:, 539
(Wölfler).
Kropf,Organotherapie des. 1031 Reinbach).
—— syphilitischer 1251 (Küttner).
Kröpfe, Chemie d. Colloids der 545*
(G. Reinbach).
retroviscerale 835 (Reinhach).
Kryptorchismus 263 (Parona), 959/ Ziebert).
Kugelextraktion a. d. Gehirn 1* (E. Braatz).
Kyphose 1241 (Marie, Astie.
519
Lage, abnorme, der Harnblase 1008
(Bloch).
Lagerungsapparat für
T17* (Grosse),
Lageveränderung der Gebärmutter 1280
(Ruggi).
Lähmung nach Narkose 339 (Schwartz).
der Peronealmuskeln 486 Ehret).
Laminektomie 290 ` Mayer), 1263 {Muynai).
Beckenverbände
Sachverzeichnis.
Längsfrakturen der Röhrenknochen 641*
(F. Bährı.
Lannelongue'sche Methode, Resultate d.
339 (Coudray).
Laparotomie 337 (Le Dentu’, 338; Michaux ,
368 (Lewerenzi, 965 (Ruggi).
Laryngektomie 424 (Depage .
Laryngitis desquamativa 117 "e. Stein).
Lateralsklerose, traumat. 669 ((raldberg .
Leberabscess 399 (Jusinsks,, 415 (Johnston ,
602 (Farganel'.
Leberchirurgie 132 (Weber, Adler. Lange),
133 (KümmelN, 143 (Faure, Kummer,
Franke), 144 Thomson, Segond), 148
(Petersen), 150 {Poppert‘, 151 (Haasler‘,
153 (Heidenhain), 154 (Holländer), 76
(Quenu), 787 (Steinthali, 758 i Baudouin),
797 (Ciechomski) (Bohrme), 719
{Wolynzew, Delagentere, Broca, Ward),
800 (HWegele, Lejars).
Lebercysten 1216 (Chrobak).
Leberechinococcus 119 (Bucalossi), 1057
(Sonnenburg), 1110 |Pulleronii.
Lebergeschwülste 399 (Depage, Elliot),
400 (Rouz), 1256 (Terrier, Auvray).
Leberinfektion 1216 (Madelung).
Leberresektion 612 ( Ulimann'.
Leberwunde 612 (Brin).
Leichen, Bakterienfund bei 347 ‚J/ausser‘.
Leistenbruch 749 (Gallant).
Leistenhernienradikaloperationen
(A. Brenner).
Lepra 329 (Baelz), 330 (Unna), 525 (Al-
rarez), 537 (Brown). 650 (Unna', 651
(Laverde), 663 (Crespin, Long, Valenig'.
Lichen ruber 668 Meyer).
Ligaturen u. Suturen 576 (Moore, Tho-
malla) 939 | Moore).
Linea alba, Diastase d. 504 (Büdinger).
Lipome des Samenstrangs 559 (tabu:
szewski).
Lippenepitheliome $31 !Dowd).
Lippenkrebs 113 (Teske.
Lithotripsie 47 (Pousson, Chevalier, Al-
barran).
Lithotriptor 415 ‘Forbes .
Littlesche Krankheit 343, 591 (Lebrun.
Lokalanästhesie 43/7. Braun .45 Hacken-
bruch), 46 (Ruhinstein), $18 (Sudecki,
1265 (Lilienthal, Custer jr.).
bei Hydrocelenradikaloperation 526*
(Lammers).
Lokalanästhesirung bei Zahnextraktionen
879 (Salog, Scheuer).
Lufteintritt in das Knie 1063 "Putz,
Luftembolie, arterielle 996 ‚Heller, Mayer,
v. Schrütter\.
Luftröhrenformveränderungen 274 (Sim-
monds).
Luftröhrengeschwulst 543 (Koschier).
Luftwege, Erkrankung nach Athernarkose
939 (Hölscher).
Fremdkörper i. d. 294 (Radzisz
Szuman, Peyrissac), 1152 :Sprenge
Solde,
1017*
ewski,
Sachverzeiohnis.
Lumbalpunktion 671 (Stadelmann), 770
(Wentiworth).
Lumbalschmerz und Ischias 923 (Minor).
Lungenabscess 119 (Clarke, Morton).
Lungenatfektionen, tuberkulöse 1279 (Sa-
lomoni).
Lungenaktinomykose 892 (Karewski).
Lungenbrustfellkrebs 884 ide Renzi).
Lungenchirurgie 12 (Tuffier), 105 (Quenu,
Longuet).
Lungen- und Pleurachirurgie 103 (Ka-
rewski).
Lungen mit Leberechinococeus 23 (Steiner).
Lungenendotheliom 893 (Briese).
Lungengangrän 1183 ( Wiemer).
Lungenhernie 543 (Wightman).
Lungenhernien, traumatische 892 ( Vogler).
Lungenkrebs 1244 (Rubinstein).
Lungensafttherapie 893 (Arnozan).
Lungentuberkulose und Echinokokken
1032 (Bouyer).
Lupus 527 (Lang), 537 (Campana), 538
(Albers-Schönberg), 664 Asselbergs), 1034
(Gavello, de Simoni), 1035 (Lang), 1292
(Kaczanowski), 1293 ( Albers-Schünberg),
1305 (Taufer).
—— des Gesichts 1181 (Schultze).
—— mit Röntgenstrablen 52 (Kümmel),
384 (Sonnenburg).
Luxation, doppelseitige, d. Peroneussehne
25 Kouer, 594 (Riese).
—— des Sesambeins d. Zeigefingers 277*
(H. Steudel),
Luxationen 1300* (Marcuse).
Lux. sub talo 704 (Bouvart).
Lymphangioma circumscriptum cuti 666
(Freudweiler).
Lymphangiome, umschriebene 1311(Brocg,
Bernurd).
Lymphangiosarkom 258 (Schwalbe).
Lympheysten, traumatische 909 (Langer).
Lymphdrüsen, tuberkulöse 900 (Goodale).
Lymphome nach Trauma 1109 (Wilmans).
Lymphorrhagie 591 (Fiebdiger).
M. adductor med., Osteom 1309 (Eymeri).
Magenachsendrehung 915 (Berg).
Magencarcinom 1133 (Fick).
Magenchirurgie 80 (Ewald), 203 (Hahn),
204 iHartmann, Schlatter), 393 Drob-
nik, Ekehorn), 394 ( Porges\, 738! Lindner,
Kuttner), 1133 (Schwarz), 1134 (Rom-
merskirch), 1135 (Meyer, Monprofit,
Schlatter), 1136 (Kövesi), 1265 (Code-
villa).
Magen-Darmchirurgie 554 (Lindner).
Magen- u. Darmeysten 917 (Anderson).
Magen-Darmkanalsmyome 1255 (Steiner).
Magen- u. Darmoperationen 281 (Körte).
und Duodenalgeschwür 976 (Len-
nander).
Magendurchleuchtung 1122 (Starck).
Magenexstirpation 750 (Hofmann).
Magengeschwür 631 (Leube, Mikulicz), 741
(Savariaud).
XLI
Magengeschwür, perforirtes 515 (Adam-
son, Renton).
Magengestalt 1122 (Bettmann).
Magen, Haargeschwulst i. 203 (af Schulten).
—— Krampfgeschwulst 915 (Schnitzler).
Magenkrebs 979 (Guinard).
Magenleiden 506 (Carle, Fantino).
—— Blutuntersuchungen 905 (Zez).
Magenoperationen 113 (Krönlein), 115
(Schuchard), 117 (Steudel), 118 (Miku-
licz), 122 (Heidenhain, Stern, Doyen),
126 (Karg), 915 (Shaw), 916 (Hemmeter,
Krumm, Oliva).
Magenprobeschnitt 750 (Delagénière).
Magenresektion 87 (Reichard), 1125 (Pa-
rozzoni), 1156 (Albert).
Magensaftfluss 975 (Banti).
Magen- und Quercolonsresektion
(v. Hacker).
Malariamilz 919 (Parona).
Mal perforant 343 (Chipault\, 692 (Du-
play), 1147 (Chipault).
Mammacarcinom 987 (Rotter).
Mandelabscesse 271 ( Hugues).
Mandelbedeutung 582 (Pluder).
Mandelkrebs 1227 (Fraenkel).
Mandeln 582 (Hessler).
Marlysterilisation 497* (Hellat).
Masern und Scharlach, Periostitis nach
1188 (Strubell.
Massage 155 (Hoffa).
Massagetherapie 806 (Zabludowski).
Mastdarmamputation 745 (Quenu).
Mastdarmchirurgie 139 (Nelaton, Reclus,
Csesch;, 140 (Boeckel).
Mastdarmeysten 918 (Mathews).
Mastdarm, Fremdkörper im 952 (Broussin,
Delbet).
Mastdarmgeschwülste 128 (Rose, Belin),
1202 (Longuet).
Mastdarm, Harnleitereinpflanzung in den
820 (Fowler).
Mastdarmkrebs 146 (Prutz), 379 (Quenu,
Laudel), 519 (Hochenegg), 948 (Quenu;,
1213 (Geescht,
Mastdarmkrebsoperationen 338 (Quenu,
Hartmann, Pian, Boeckel).
Mastdarmoperationen 129, 359*, 1204
(Liermann).
Mastdarmresektion 398 (Depage).
Mastdarmspiegel 635 (Otis).
Mastdarmstrikturenbehundlung 619* (N,
A. Sokoloff), 1212 (Berndt).
Mastdarmvorfall 127 (Bryant).
Mastitis 30 (Mays).
Mastoidoperationen 346* (Zaalberg).
Mastopexie 951 {Pousson).
Maul- und Klauenseuche 184 (Stutzer,
Hartleb).
Meckel’sches Divertikel 137 (v. Stuben-
rauch, 377 {Kelynack\, 521*( W. Kramer),
917 (Gildersleeve, Küttner).
zur Dünndarminvagination 839*
(F. de Quervain).
Mediastinalcyste 895 (Bergmann).
417
XLII
Mediastinum anticum, Dermoideysten d.
460 (Ekehorni.
Medicin, Anomalien und Absonderlich-
keiten in der 807 (Gould, Pyle,.
—— gerichtliche, Atlas d. 126 w. Hof-
mann).
Meißelsonde 1088 (Kiär).
Melanom der Halsdrüsen 950 (Berger.
Meningitis nach Orbitaloperation 591 de
Lapersonne).
—— tuberkulöse 268 (Romme), 1165
(Mar fan).
Metallnaht aus Aluminiumbronze 458
(Haegler- Passavant).
Metastasen nach Typhus 699 (Hübener.
Migräne und Epilepsie 1025 |Ruehford,.
Mikrobrenner 635 (Unna).
Mikroorganismenausscheidung 850 Biedl,
Kruus;.
Mikrosporie 655 (Trachster\.
Militärchirurgie 216 (Coustan).
Militärspital, römisches 718 (Rose.
Milzchirurgie 130 (Stierlin,, 131 i Cordero,
Jonnesco,, 140 (v. Beck, Nannotti .
Milchechinococcus 991 (Jakowlew,
Milzexstirpation 142 (Homans,,
(Krabbel).
Missbildung d. Wirbelsäule 118 (Schmid.
Mittelfußknochen, Osteoperiostitis ossif.
der 457 (Basquet).
Mittelhandknochen, Verrenkung der 162
(Schütz).
1207
Mittelohreiterung 68 (Ludewig), 827
(Moure), 828 (Leitzbach'.
Mittelohrentzündungen 531 ‘Gradenigo).
—— und Mandeln 552 Hessler).
Mittelohrfreilegung 578 (Müller
Morbus Addisonii 933
Mundbodendermoide 1 (on
Mundkrankheiten 99 Mikuiez, Kümmel).
Mundschleimhaut, liyperkeratose d. 832
(Duerey, Respighi).
Mundspeichel:rüsenerkrankung 406 Küm-
mel), 1224 (Hirsch).
Murphiyknopf 129 (Storp), 1126 !.Borelius).
Muskelechinoeoccua 52 (SrAnitz), 296
(Baietta, Rizzin!, 1057 (Garulanos).
Muskelentartung 173 (Curschmunn.
Muskelentzündungen, primäre679 Kader).
Muskelfibromyom 1157 (Zagato).
Muskelhernie 315 (Lehmann).
Muskelinterposition bei Knochenbrüchen
172 (Kruse).
Muskellappentransplantation 458 ‘Rydy-
ver).
Muskelrheumatismus 921 (Erben).
Muskelschwiele, rheumatische
(Strauss:, 1157 (Bertelsmann).
Muskelschwund 479 {Firgan).
Muskelveränderung b. Rekurrenslähmung
117 (Friedrich,.
Muskelzugverletzungen 1157 'Porges).
Mutterbandgeschwulst $12 (Guinard).
Myelom des Schlüsselbeins 459 Ewald.
Myiasis dermatosa oestrosa 83 {JV ilms).
457
Sachverzeichnis.
Mykose 339 (Poncet. Dar).
Myome des Magen-Darmkanals 1255
Steiner).
Myomotomie 92$ (AHnfmeier\.
Myositis ossificans 52 Bremig , 172 Baba,
573 (Salman;, 1141 ‚Stempel, 1145 Mo-
ron, 1305 (Roth
Myxödem 564 Briquet),
836 Hertoghe,.
Nabelbruch 133 !Larenatein).
Nabelgeschwüre 555 | Reichard’.
Nadelhalter 172 (raser .
Naevus pilosus 327 ‘Bircher).
Nagelitokar 816 (Kirstein).
Nähmaterial, chirurg., Zugfestigkeitsbe-
stimmung 553* |C. Stich.
Nahrungskunalsoperation., 188 Maylord .
Naht 235 „Murcy, 375 {Edebohls,, 376
(Giuli, Baroni).
Zwirnfäden zur 938 Aleksinsku.
Nahtmaterial 1095 {Klemm .
Nahtträger 174 ((rraser..
Narkose 1266 (Rodman), 1267 (Thomson,
Kemp).
Narkosenlähmung 908 ‘Boucht.
Nasenabsceas 422 Ardenne).
Nasenathmung 12 (Mendel .
Nasenbakterien 532 Park, Wright).
Nasengeschwüls 255 (Noquet,
(Egger, 1083 (Tissier, Martuscelli,.
Nasenhöhleneysten 831 (Brindel).
Nasenkrankheiten und Psychiatrie 269
(Ziem).
Nasenmuschel-Nekrose 963 'Delie).
Nasennebenhöhlen 551 (Moure, Meyjes,
Herzfeld‘.
Nasennebenhöhleneiterung 1029 Howard,
Ingersoll..
Nasennebenhöhlenerkrankungen 98
(Winckler, Kunert .
Nasenöffner 655 (Jankan).
Nasenplastik 1224 (Monks).
Nasenpolypen 46 ` Wright),
530 Okada).
Nasen-Rachengeschwulst 468 i Habe).
Nasenscheidewandadenom 844 \ Eichler).
Nasenscheidewandeysten und Perichon-
dritis 113 (7heissing).
Nasenschere $44 (Fein.
421
539 (Murtha),
Nasenschleimhaut, Reizung der 1083
( Guder).
Nasenspalten 844 (Kredel).
Nasen- und Augenerkrankungen 580
(Winckler).
Natr. sozojodolicum gegen Blutung 99%
(Cohn).
Nebenhöhleneiterung $29 ! Lindt.
Nebenhöhlenentzündung 1239 (Bernard).
Nekrose der Nasenmuschel 963 ` Heite.
Nekrotomien 459 (Neugebauer.
Nephrektomie 49 (Carl 365 ‘Coelho,
821 (Twynom , 1104 ı ` Ratynski).
—— en 312 Horra,
Nephrolit isdiagnose durch Röntgen-
bilder 1221* (Ztingel..
Sachverseichnis.
Nephrolithotomie 932 (Denecke).
Nephropexie 251 (Reed, Senn), 1013
(Sottocasa).
Nephrotomie 50 (Chevalier).
Nervenanastomosirung 1172 (Faure,
Furet).
Nervencentren, antitoxische Wirkung der
1166 (Widal, Nobecourt).
Nerveneinfluss auf Knochenwachsthum
151 (Ghillins).
Nervenleiden, traumatische 1247 (Diller).
Nervennaht und Nervenplastik 417 (Hahn).
Nervensystemschirurgie 941 (Lyssenkow).
Nervensystemsgeschwülste 186 (Bruns).
Nervenverletzungen 1289 (Zevings).
N. ischiadieus-Dehnung 174 (Lewinsohn).
N. lacrymalisneuralgie 843 (Martynato).
Netzincarceration, retrograde, mit Stiel-
torsion über den Bruchring 462* (C.
Bayer).
Netzsarkom, primäres 609* (G. Hein-
- ricius).
Neubildung und Trauma 1195 (Ribbert).
Neubildungen 793 [SI ee
Neuralgie des N. lacrymalis 843( Martynoto).
Neuralgie bei Schiefhals 671 (Kader).
Neurofibrom d. Medianus 492 (Sick).
Neurofibromatose 1303 (Strubei.
Neurotibrome 998 (Feindel, Oppenheim).
Neuroma ganglio-cellulare 1302 (Busse).
Neurome, maligne 1034 (Habermann).
Neurosen, traumatische 1059 (Flutau).
Nierenblutung 557 (Grosglik).
—— nach Nephrolithotomie 932 (.Denecke).
Nierenchirurgie 715 ( Pinner;, 927 (Morris).
Nierencysten 1274 (Houzel).
Nierenechinococcus 448 (Sserapin), 727
(Houzel).
Nierenexstirpation 967 (Braatz).
Nierengesch wulst 47 ( Boerkel), 50 (Carlier).
Varicocele b. 50 (Zegueu), 261
(Minervini).
Nierengeschwülste 1277 (d Antona).
Nieren- und Harnleiterchirurgie
(Gerster).
Nierenkrankheiten 604 (Freitag).
—— chirurgie 442 (Güterbock).
Nierenlage 1104 (Becher, Lennhoff).
Nieren- und Leberblutungen, heiße Luft
gegen 1013 (Schneider).
Nierenresektion 1273 (Bloch).
Nierenschuss 966 (Payr).
Nierensteine 50 (Beyouin), 253 (Cumston),
567 (Fenwick).
Nierenstörung bei Darmverschluss 377
(Ferio u. Bosio’.
Nierensyphilis 1251 (Greene).
Nierentuberkulose 23, 1286 (Israel) 252
(Goldberg),567\ Bangs),727,1012i Puffier).
—— bei Nephrektomie 342 (Albarran).
Nierenuntersuchungen 1277 (Alessandri).
Nierenverschiebung 931 iBetcke).
Nierenzerquetschung 932 (Linki.
Nierenzerreißung 385 (Zühlein),
(Nasse).
262
1272
XLII
Noma 466 (Manguli, 1240 (Freimuth,
Petruschky).
Oberarmbruch 1160 (Rammstädt).
Oberarmknochensarkom 384 (Rotter).
Oberextremitätsexstirpation 1294 (Berger).
‚Oberkieferresektion 288 (Schulz).
temporäre 363 (Depage).
Oberschenkelamputation 1298 (Jacobson).
Oberschenkelbrüche 174 (Graff), 175\Mon-
sehr).
Oberschenkelhalsbrüche 1308 (Gilette).
Oberschenkelknickung, angeborene 174
(Ranneft).
Oberschenkelkopfepiphyse 164 (Sprengel).
Ösophagoskopie 89 (Kelling), 374 v.Hacker),
386 (Einhorn), 852 (Ebstein), 1113 (Kir-
stein).
Oesophagotomia ext. 1127 (Abramowitsch,
„ Kanzel, Okladnych:.
Ösophagotomie 386 (Lemaitre), 637 (Herr-
„ mann), 889 (Gorski), 1058 (Sonnenburg).
Osophagusruptur 385 (Lohse).
Ösophagusstenose 356 (Lewerenz).
E Ee Fremdkörper in 282
(Herzfeld).
Obranatomie 1079 (Schwalbe, Siebenmann).
Ohrkrankheiten 352 (Hartmann).
Ohrleiden 94(Z'eichmann, Winkler, Arslan),
95 (Broca), 255 :Grunert, Moure), 286
(Burnett), 539 (Bychmoski, Lichtwitz,
Szenes, Carette, Heile), 174 (Bonain, R.
Müller), 7715 (Brühl).
und ihre Komplikationen 110, 112
(Moure), 110 (Grunert), 111 (Kümmel),
112 (Hessler), 113 (Teichmann).
Ohrsklerose 1081 (Grant).
Ohrverletzungen 1088 (Szenes).
Olekranonbruch 1306 (Beck).
Operation von Sehnen- u. Muskelkontrak-
turen 276* (C. Bayer).
Operationen an den Gallenwegen 379
(Baudouin).
—— chirurgische 138 (Curri).
—— gynäkologische 254 (Hofmeier), 1105
(Doyen).
—— Indikation und Grenzen ders. 55
(Baumm).
-——— kriegschirurgische 1140 (Imbriaco).
vaginale 55 (Döderlein).
Operationsberichte 414 (Powers).
Operationshandschuhe 32 (Perthes), 33
(Döderlein).
Operationslehre 213 (Kocher), 214 (Rotter),
215 (Zuckerkandl).
Operationssaal, Forderung f. d. asep-
tischen 121* (H. Strehl).
Orbitalangiome 775 (Kumberg).
Orbitaloperation 591 (de Lapersonne).
Orchidotomie 1275 (.Delore‘.
Organotherapie 1024 (Gilbert, Carnot).
des Kropfes 1031 (Reinbach).
Orthoform 502 (Kallenberger).
bei Blasenleiden 808 (Noguès).
Orthopädie, Hessing’s 451 (Lange).
XLIV
Osteoarthropatbie 305 (Teleky).
Osteom des M. adductor med. 1309 (Ey-
meri).
Osteomalakie 304 (Rissmann).
Osteomyelitis 172 (Swentzitzhs.,314(Perufz,
Singer, Swoboda), 695 (Herzog, Krent-
wig), 953 (Kudriaschnw), 962 (Blecher).
1062 (Birch- Hirschfeld), 1063 Hahn‘,
1156 (Marz).
—— chronische 1032 (Delcourt).
der Kiefer 846 (Moty, Lichtwitz,
Reboul).
— der Rippe 895 (Tailhefer).
—— der Wirbel 585 (Riese).
—— des Kreuzbeins 1160 (Dehler).
Osteoperiostitis ossificans der Mittelfuß-
knochen 457 (.Basquet).
Osteosarkom 865 (Leo).
Osteotom 313 (Cryer).
Ostitis, sekundäre, hyperplastische 445
(Obermayer).
Ovariotomie 1258 (Freund).
Oxytuberkulin 350 Lane, Ellinwood, Bar-
kan, ‚Flunmer, Gibsons’.
Ozaena 97, 352 (Gradenigo', 269 (Brindeh,
287 (Mouret), HEN (Cholewa, Cordes).
Pachyvaginalitis 810 (Demons, Begauin).
Pankreaschirurgie 964 (Takuyasu).
Pankreasentzündung 134 (Körte).
Pankreaskrankheiten 350 (Körte),
(Klippel, Page).
Pankreasnekrose 614 (Ehrich, Simmonds),
1208 (Marian).
Pankreastumor 383 (Nasse).
Pankreatitis und Fettnekruse 156 Hilde-
brand).
Papillome des Kehlkopfes 958 'Baum-
garten), 1229 ! Massei).
Paranephritis 821 !Michaibun .
Paraplegie b. Laminektomie 1263, Mugnas).
—— bei Pott'scher Krankheit 1263 (Is-
nardı).
Parosmie 1239 (Noquet:.
Parotisangiom 540 (Bidone.
Parotistuberkulose 259, 467 ` Bockhorn).
Paukenhöhlenepitheliom 420 (du Fou-
geray).
Pemphigus 312 (Manchot‘, 344 (Ohmann-
Dumesnti), 669 Kirchner’.
Penisresektion 965 (Hildebrand).
Penistuberkulose 568 (Guston,.
Perforation bei Typhus 748 (Dearer).
Perforationsperitonitis 85 (Monod!.
Perichondritis und Cysten der Nasen-
906
scheidewand 113 (Theissing\.
1231
Perikarditis 106, Srhuposchnikoff),
276, 414 (Rober: 9,1250 Brentano),
1232 (Devoto), 1243 (Jessen!.
Perinealabscess, Instrument f. d. externe
Urethrotomie bei 411* (Ingiannii.
Periostitis nach Masern und Scharlach
1189 (Strubell.
Periosttransplantation 284 (Suhlotic).
Periperitonitis 54 (Franke).
Sachverzeichnis.
Peritonealflüssigkeit 197 d Anne,
Peritoneumsauswaschung bei Peritonitis
tuberculosa 1267 (Seganti..
Peritonitis 69 ‘Finney, 10 (Me Cosh, El-
ting, Calvert;, 195° Brun, 335 (Senn,
365 Dah’grew, 389 e. Erlach, o. Beck‘,
503 Niron, Gesselewitsch, Wanach), 514
!@esselewitsch., 824 Fabricius , 1208
(Brault.
—— chronische 109 ‘Riedel.
—— eitrige 989 (Lebrun, 1128 (Stoops.
—— tuberculosa 1267 Isnardi, Neganti).
Perityphlitis 55 (Herzog.
recidivirende 974 Kümmeli.
Perkussion bei Gehirnkrankheiten $27
ide Paoli, Mori).
Peronealmuskellähmung 456 (Ehret).
Peroneussehne, doppelseitige Luxation der
25 (König), 554 ( Riese.
Pflastersuspensionsbinde 357 (Gerson).
Phlebitis $55 (Robineau.
Phlebolithen des Samenstranges823( Mari-
mow.
Phlegmone 1187 ‘Chour.
PEE 20* (Meyer).
er Zungentonsille 655 (Crouzillac‘.
Physiologie und Pathologie der Nasen-
athmung 12 (Mendel.
Pikrinsäure 223 |Robert).
Pirogotl’sche Amputation 869 Kern).
Plantarfaseie, Erkrankung der 166* WEE
Knochenbefund in der 693* Lite:
dinger), 697* !Borst!.
Plastik 70 (Znew.
endorale 114 (Biondi.
Plattfuß 870 ie. Dembowski.
paralytischer 659 (Bakradzé,.
statischer Gr Steudel
Pleurachirurgie 103 ` Karewski).
Pleuraempyem 30 ‘Simon, 461 :Kapfstein).
Pleuraexsudate 29 {Bergoniė, Carrière’.
Pleuraltisteln 13 (Dupluy .
Pleura und Perikard, Endotheliom 544
(Modzejewsko.
Pleurotomie 295 Nicodemi, Wolkowitsch,
296 (Beck .
Plica polonica 528 {Frunizak!.
Pneumokokken 1157 ‘Boise.
Pneumonie nach Äther- u. Chloroform-
athmung 1109 (Schulze).
Pneumothorax 13 'Bernurd).
Pneumotomie 104 Hadra), D
Polyarthritis deformans »5
Polymyositis 865 Martinotti)
Polyposis recti 959 {Kotter..
Pott’scher Buckel 103 (Jonneseu. Melun’,
310 Cırlot,, 230 Murray ‚400 Ssuhotin,
65
5 (Bozzolo).
"schernow).
5: (Chipaudt , 5 Wolf, Gayet, ;
770 Ménard, p (Aue, #85 Schanz,,
b86 mnesco. Kéi
Prüparatdemonstration 383 (Nasse, 355
(Lohse), 386 Leiwerenz,.
Präparate 957 (Kunkel.
Processus coronoides ulnae 935 Herdt-
mann).
Sachverzeichnis. XLV
Prostata 446 (Heimer, Verhoogen).
Prostatahypertrophie 36 (Caminiti, Salo-
moni), 48 (Carlier, Albarran, Legueu),
49 (Chevalier, Desnos), 260 (Freudenberg,
Hoffmann, Erdberg), 437, 606 (Englisch),
438 (Delore), 605 (Rochet), 111 (Meyer),
712, 1007 (Floderus), 723 (Sacchi, Witte,
Derinschinski), 124 (Korlowski), 965
(Wodacz, Böhm), 1006 (af Schultén),
1007 (Noguès), 1015 (Hanc), 1100
(v. Stockum), 1101 (Freudenberg), 1112
(Sanesi, Simon), 1268 (Motz), 1285
(Keyes, Morton).
Prostatitis 959 (Cohn).
acuta gonorrhoica 136* (B. Goldberg).
—— gonorrhoische 793 (Picard).
Prostatotom, galvanokaustisches 177 (Zue-
decke).
Prurigo 1027 (Dohs).
Pseudarthrose, angeborene 1309( Meuciere).
Pseudarthrosenbildung 1142 (Sneve..
Pseudarthrosis humeri 987 (Scheuer).
Pseudohermaphroditismus 263 (Alexander).
Pseudotetanusbacillus 901 (Tavel).
Psoriasis 328 (Grube), 667 (Gassmann),
1027 (Szadek).
—— u. Gelenkleiden 1034 (Strauss).
Psychiatrie 269 (Ziem).
Puerperal- u. Wundinfektion, Verhütung
ders. 1166 (Starzewski).
Punktionstherapie 662 (Krönig).
Pyämie vom Ohr aus 420 (Bojew).
Pyelitis 1271 (Rosenfeld).
Pylorektomie 743 (Morison).
Pyloroplastik 25 (Sonnenburg).
—— und Gastroplicatio 639 (Casati).
Pylorusenge 750 (Selenkofj, 1123 (Paul),
1124 (Monprofit).
—— und Magensaftfluss 975 (Banti).
Pylorusgeschwülste u. Leber 743 (v. Kun-
drat, Schlesinger).
Pylorusresektion 1136 (Schmidt), 1156
(Frank).
Pylorusstenose 517 (Selenkow, Krassno-
bajew).
Pyothorax 1002 (Beck).
Rachenlupus 423 (Gouguenheim,Guinard).
Rachenmandel 101 (Hartmann, Beckmann),
115 (Barth), 408 (Moure).
Rachenringmesser, galvanokaustisches 176
(Riedel).
Rachitis 598 (Babeau).
Radialislähmung 161, 1061 (Franke), 483
(Gerulanos).
Radikalbehandlung von Brüchen 975
(Thiele).
Radikaloperation von Brüchen 1199 (Dro-
bnik, Selmi), 1200 (Taillens).
—— der Hydrocele 1092* ( Winkelmann).
der Schenkelhernien 548* (G. Loth-
eissen), 759* (A. Codivilla).
Radio-Ulnargelenk, Verrenkung des 161
(Hoffa).
Radiusbrüche 306 (Kahleyss).
Rankenaneurysma 776 (Rouz).
Rankenangiom 1166 (Berger).
Ranula 272 (v. Hippel).
Raynaud’sche Krankheit 537 (Durante).
Real-Encyklopädie der gesammten Heil-
kunde 212, 758, 1139 (Eulenburg).
Rectopexie 1266 (Ghedini).
Rectoskopie 145 (v. Fedoroff).
Reflexneurosen, nasale 829 (Spiess).
Rekurrenslähmung 117 (Friedrich), 1242
(Lernoyez).
Reposition, unblutige, bei kongenitaler
Haftluxation 1041 (Th. Kölliker).
Resektion der Blase 364 (Curtis).
der Cardia 1203 (Krukenberg).
—— der Harnblase 1103 (Wundel).
— der Hüfte 28 (Benneke), 868 (Sprengel).
—— der Leber 612 (Ullmann).
—— der Nieren 1273 (Bloch).
— der Saphena bei Beingeschwür 28
(Heintze).
—— der Schilddrüse 476* (W. Zoege
v. Manteuffel.
—— der Speiseröhre 89 (Garrè), 881 (Levy).
—— der V. saphena und Beingeschwüre
496 (Köhler, Heintze).
des Darmes 511 (Card), 1204 Drees-
mann).
— wegen Krebs 134, 139
(v. Bramann).
lein).
—— des Dickdarmes 752 (Heidenhain).
—— des Fußes 495 (Pulliet).
des Ganglion Gasseri 1037 (Depage),
1171 (Keen, Spiller).
des Gaumens 75 (Partsch).
—— d. Hüftgelenks, totale 1151 (Barden-
heuer).
—— des Magens 87 (Reichard), 1125
(Parozzoni), 1156 (Albert).
— des Mastdarmes 398 (Depage).
—— d. Oberarmknochens weg. Sarkom
384 (Rotter).
—— des Oberkiefers 288 (Schulz), 363
(Depage).
des Penis 965 (Hildebrand).
—— des Pylorus 1136 (Schmidt), 1156
(Frank).
—— des Schädels 425* (L. Gigli).
—— des Unterkiefers 459 (Berndt), 468
(Faure).
— d. Vas deferens 439 (Ingiannı).
Resektionen des Beckens 1152 (Wolff.
Resectio tibio-calcanea 1052 (Roth).
Resorein 527 (Kellogg).
Resorption, peritoneale, und Infektion
105 (Noetzel).
Retrodeviution d. Gebärmutter 225 (Jon-
nesco).
Retroflexio uteri-Operationen 54 (Dührs-
sen).
Retroperitonealbruch 749 (Neumann).
Retroversion der Gebärmutter 1279
(Turretta).
und der Leber 142 (Heber-
XLIV
Osteoarthropathie 305 (Teleky).
Osteom des M. adductor med. 1309 (Ey-
meri).
Osteomalakie 304 (Rissmann).
Osteomyelitis 172 (Swentzitzkt),314(Perutz,
Singer, Swobodu), 698 (Herzog, Krent-
wig), 953 (Kudriaschow), 962 (Blecher).
1062 (Birch-Hirschfeld), 1063 Hahn),
1156 (Marz).
chronische 1032 (Delcourt).
—— der Kiefer 846 (Moty, Lichticitz,
Reboul).
— der Rippe 895 (Tailhefer).
—— der Wirbel 585 (Riese).
des Kreuzbeins 1160 (Dehler).
Osteoperiostitis ossificans der Mittelfuß-
knochen 487 (Basquet).
Osteosarkom 865 (Leo).
Osteotom 313 (Cryer).
Ostitis, sekundäre, hyperplastische 445
(Obermayer).
Ovariotomie 1258 (Freund).
Oxytuberkulin 350 (Lane, Ellinwood, Bar-
kan, Flummer, Gibsons).
Ozaena 97, 352 (Gradenigo), 269 (Brindel),
287 (Mouret, 957 (Cholewa, Cordes).
Pachyvaginalitis 810 (Demons, Bégouin).
Pankreaschirurgie 984 (Takuyasu).
Pankreasentzündung 134 (Körte).
Pankreaskrankheiten 350 (Körte), 906
(Klippel, Page).
Pankreasnekrose 614 (Ehrich, Simmonds),
1208 (Morian).
Pankreastumor 383 (Nasse).
Pankreatitis und Fettnekruse 156 /Hilde-
brand).
Papillome des Kehlkopfes 958 Baum-
garten), 1229 | Massei).
Paranephritis 821 (Michailow..
Paraplegie b. Laminektomie 1263| Mugnai).
bei Pott'scher Krankheit 1263 (Is-
nardı).
Parosmie 1239 (Noquet\.
Parotisangiom 540 (Bidone\.
Parotistuberkulose 259, 467 Bockhorn).
Paukenhöhlenepitheliom 420 (du Fou-
geray).
Pemphigus 312 (Manchot‘, 344 (Ohmann-
Dumesnit), 669 (Kirchner).
Penisresektion 965 ( Hildebrand).
Penistuberkulose 568 (Gaston).
Perforation bei Typhus 748 (Deaver).
Perforationsperitonitis 85 (Monod!.
Perichondritis und en der Nasen-
scheidewand 113 (T’heissing).
Perikarditis 106, 1231 (Srhaposehnikof),
276, 414 (Roberts), 279, 1230 ` Brentano),
1232 (Devoto), 1243 (Jessen'.
Perinealabscess, Instrument f. d. externe
Urethrotomie bei 411* (Ingianni).
Periostitis nach Masern und Scharlach
1188 (Strubell).
Periosttransplantation 2%4 (Sublotic).
Periperitonitis $4 (Franke).
Sachverzeichnis.
Peritonealflüssigkeit 197 (d Anna.
Peritoneumsauswaschung bei Peritonitis
tuberculosa 1267 (Seganti..
Peritonitis 69 !Finneyi, 10 (Me Cosh, El-
ting, Calvert), 195° (Brun), 335 (Senn:,
388 (Dahlgren), 399 iv. Erlach, v. Beck),
503 (Siron, Gesselewitsch, Wanach), 514
(Gesselewitsch), 824 (Fabricius), 1208
(Brault).
—— chronische 109 (Riedel).
—— eitrige 989 (Lebrun), 1128 (Stoops.
tuberculosa 1267 (Isnardi, Seganti).
Perityphlitis 85 (Herzogi.
recidivirende 974 (Kümmeli.
Perkussion bei Gehirnkrankheiten $27
(de Puoli, Mori).
Peronealmuskellähmung 486 (Ehret).
Peroneussehne, doppelseitige Luxation der
25 (König), 584 (Riese).
Pflastersuspensionsbinde 357 (Gerson).
Phlebitis 855 (Robineau).
Phlebolithen desSamenstranges823 (Mari-
mow’.
Phlegmone 1187 (Chour).
Lët 20* (Meyer).
er Zungentonsille 885 (Crouzillae\.
Physiologie und Pathologie der Nasen-
athmung 12 (Mendel).
Pikrinsäure 223 (Robert).
Pirogoft’sche Amputation 869 (Kern).
Plantarfasceie, Erkrankung der 166* Kr
—— Knochenbefund in der 693* (Rrie-
dinger), 697* (Borst).
Plastik 70 (Loew).
endorale 114 (Biondi.
Plattfuß 870 iv. Dembowski’.
paralytischer 659 (Bakradze,.
statischer 659 (Steudel'.
Pleurachirurgie 103 | Karewski).
Pleuraempyem 30 (‚Simon!,461 ` Kopfstein).
Pleuraexsudate 295 (Lier uondé, Carrière).
Pleuraltisteln 13 (Duplay).
Pleura und Perikard, Endotheliom 544
!Modzejewski).
Pleurotomie 295 (Nicodemi, Wolkowitsch),
296 (Beck.
Plica polonica 528 (Fronizak).
Pneumokokken 1157 (Boise).
Pneumonie nach Äther- u. Chloroform-
athmung 1109 (Schulze).
Pneumothorax 13 (Bernurd).
Pneumotomie 104 (Hadra), 1015 (Bozzolo).
Polyarthritis deformans 853 (7'schernow).
Polymyositis 865 (Martinotti).
Polyposis recti 988 (Kotter;.
Pott’scher Buckel 103 (Jonnescu, Melun‘,
340 (Culot), 290 Murray’, 460 (Ssubotin‘,
532 (Chipault, (Wolf, Gayet, 6
T70 (Menard:, T76 (Auej, B55 (Schanz,
686 (Jonnesco, Tuhn).
Präparatdemonstration 383 (Nasse), 385
(Lohse), 356 (Lewerenz).
Präparate 987 (Kunkel).
Processus coronoides ulnae 935 (Herdt-
mann).
Sachverzeichnis.
Prostata 446 (Heimer, Verhongen).
Prostatahypertrophie 36 (Caminiti, Salo-
moni), 48 (Carlier, Albarran, Legueu),
19 (Chevalier, Desnos), 260 (Freudenberg,
Hoffmann, Erdberg), 437, 606 (Englisch),
438 (Delore), 605 (Rochet), 111 (Meyer),
712, 1007 (Floderus), 723 (Sacchi, Witte,
Derinschinski), 724 (Korlowski), 965
(Wodacz, Böhm), 1006 (af Schulten),
1007 (Noguès), 1015 (Hanc), 1100
(v. Stockum), 1101 (Freudenberg), 1112
(Sanesi, Simon), 1268 (Motz), 1285
(Keyes, Morton).
Prostatitis 959 (Cohn).
acuta gonorrhoica 136* (B. Goldberg).
gonorrhoische 793 (Picard).
Prostatotom, galvanokaustisches 177 (Zue-
decke).
Prurigo 1027 (Dohs).
Pseudarthrose, angeborene 1309( Meuciöre).
Pseudarthrosenbildung 1142 (Snevei.
Pseudarthrosis humeri 987 (Scheuer).
Pseudohermaphroditismus 263 (Alexander).
Pseudotetanusbacillus 901 (Tavel).
Psoriasis 328 (Grube), 667 (Gassmann),
1027 (Szadek).
u. Gelenkleiden 1034 (Strauss).
Psychiatrie 269 (Ziem).
Puerperal- u. Wundinfektion, Verhütung
ders. 1166 (Starzewski).
Punktionstherapie 662 {Krönig).
Pyämie vom Ohr aus 420 (Bojew).
Pyelitis 1271 (Rosenfeld).
Pylorektomie 743 (Morison).
Pyloroplastik 25 (Sonnenburg).
—— und Gastroplicatio 639 (Casati).
Pylorusenge 750 (Selenkoff), 1123 (Paul),
1124 (Monprofit).
—— und Magensaftfluss 975 (Banti).
Pylorusgeschwülste u. Leber 743 (v. Kun-
drat, Schlesinger).
Pylorusresektion 1136 (Schmidt), 1156
(Frank).
Pylorusstenose 517 (Selenkow, Krassno-
bajew).
Pyothorax 1002 (Beck).
Rachenlupus 423 (Gouguenheim, Guinard).
Rachenmandel 101 (Hartmann, Beckmann),
115 (Barth), 408 (Moure).
Rachenringmesser, galvanokaustisches 176
(Riedel).
Rachitis 598 (Babeau).
Radialislähmung 167, 1061 (Franke), 483
(Gerulanos).
Radikalbehandlung von Brüchen 975
(Thiele).
Radikaloperation von Brüchen 1199 (Dro-
bnik, Selmi), 1200 (Taillens).
— der Hydrocele 1U92* ( Winkelmann).
— der Schenkelhernien 548* (G. Loth-
eissen), 759* (A. Codivilla).
Radio-Ulnargelenk, Verrenkung des 161
(Hoffa).
Radiusbrüche 306 (Kahleyss).
XLV
Rankenaneurysma 776 (Rouz).
Rankenangiom 1166 (Berger).
Ranula 272 (v. Hippel).
Raynaud’sche Krankheit 537 (Durante).
Real-Encyklopädie der gesammten Heil-
kunde 212, 758, 1139 (Eulenburg).
Rectopexie 1266 (Ghedini).
Rectoskopie 145 (v. Fedoroff).
Reflexneurosen, nasale 829 (Spiess).
Rekurrenslähmung 117 (Friedrich), 1242
(Lermoyez).
Repoaition, unblutige, bei kongenitaler
üftluxation 1041 (Th. Kölliker).
Resektion der Blase 364 (Curtis).
der Cardia 1203 (Krukenberg).
—— der Harnblase 1103 (Wundel).
—— der Hüfte 28 (Benneke), 868 (Sprengel).
—— der Leber 612 (Ullmann).
—— der Nieren 1273 (Bloch).
—— der Saphena bei Beingeschwür 28
(Heintze).
—— der Schilddrüse 476* (W. Zoege
CA Manteuffel.
—— der Speiseröhre 89 (Garrè), 881 (Levy).
—— der V. saphena und Beingeschwüre
496 (Köhler, Heintze).
des Darmes 511 (Card), 1204 Drees-
mann).
wegen Krebs 134, 139
(v. Bramann).
—— und der Leber 142 (Heber-
in).
des Dickdarmes 752 (Heidenhain).
— des Fußes 495 (VYulliet).
—— des Ganglion Gasseri 1037 (Depage),
1171 (Keen, Spiller).
—— des Gaumens 75 (Partsch).
—— d. Hüftgelenks, totale 1151 (Barden-
heuer).
—— des Magens 87 (Reichard), 1125
(Parozzons), 1156 (Albert).
—— des Mastdarmes 398 (Depage).
—— d. Oberarmknochens weg. Sarkom
384 (Rotter).
—— des Oberkiefers 288 (Schulz), 363
(Depage).
—— des Penis 965 (Hildebrand).
—— des Pylorus 1136 (Schmidt),
(Frank).
—— des Schädels 425* (L. Gigli).
—— des Unterkiefers 459 (Berndt), 468
(Faure).
—— d. Vas deferens 439 (Ingianns).
Resektionen des Beckens 1152 (Wolf.
Resectio tibio-calcanea 1052 (Roth).
Resorein 527 (Kellogg).
Resorption, peritoneale, und Infektion
105 (Noetzel).
Retrodeviution d. Gebärmutter 225 (Jon-
nesco).
Retroflexio uteri-Operationen 54 (Dührs-
sen).
Retroperitonealbruch 749 (Neumann).
Retroversion der Gebärmutter 1279
(Turretta).
1156
XLVI
Rhabdomyom der Zunge 422 (Pendl).
Rhinitis caseosa 830 (Wroblewski).
hypertrophicans, 550 (.Blocbaum).
Rhinolich 1088 (Miot).
Rhinoplastik 1180 (Lossen).
Riesenwuchs 316 (Sawicki).
Rippenimplantation bei Pseudarthrosis
humeri 987 (Scheuer).
Rippenosteomyelitis 895 (Tailhefer).
Rippenresektion bei Peripleuritis 25 (Kae
rewski).
bei Pleuraempyem 30 (Simon).
Röhrenknochenlängsfrakturen 641* (F.
Bähr).
Röntgenbild bei Coxitis 485 (König).
Röntgenbilder 588 (Schwarz).
zur Diagnose der Nephrolithiasis
1221* (Ringel).
Röntgendurchleuchtung 232 (Lauw), 473*
(Angerer), 552 (Barjon), 553 (Buguet),
@Gascard, Perree, Gocht\, 554 (Appunu,
Oberst, Jankau), 555 (Cowe), 617 í Levy-
Dorn).
Röntgenstrahlen 11 (Deyke, Alhers-Schön-
berg, Büttner, Müller), 243 (Oudin,
Barthelemy, Darier), 413 (White), 434
(White, Williams), 435 (Küttner), 452
(Dumstrey, Metzner), 453 (Davidson),
560 (Siedentopf, Geroulanus, Gasur,
Londe), 622 (Küttner), 853 (Tote, 1026
(Behrend).
—— b. experimenteller Tuberkulose 383
(Mühsam).
bei Hirnchirurgie 771
Lennander, Stenbeck).
gegen Lupus 52 (Kümmel), 384
(Sonnenburg).
in der Dermatotherapie 663 (Schiff).
KRöntgenverfahren zur Kugelextraktion 1*
(E. Braat:).
Rotz 153 (Babes, Riegler, Podasca).
Rückgratsverkrümmungen 272 (Pfeiffer),
1262 (Ghillini), 1263 (Burci).
Rückenmarksatrophie wegen Fingerman-
gel 540 (Souques, Marinesco).
Rückenmarkserkrankgn., infektiös-eitrige
841 (Macewen- Rudloff).
Rückenmarkserschütterung 459 (Kirch-
gaesser).
Rückenmarks- u. Wirbelgeschwulst 768
(Schlesinger).
Rückenmarksverletzungen 469 (Trapp,
‚Reinhardt, 410 (Lambret), 657 (Lachr),
1191 (v. Arz).
Ruptur d. A. poplitea 195 (Schulz!.
(Henschen,
Samenstranggeschwulst bei Kryptorchis-
mus 263 (Puronau).
Samenstranglipom 568 (Porges\.
Samenstranglipome 559 (Gubryszewskii,
1287 (Litzenfrey).
Samenstrang-Phlebolithen 823 (Marimoro).
Sanitätsdienst im Gefecht 224 (Nicolas).
Saphenaresektion bei Beingeschwür 28
(Heintze).
Sachverzeichnis.
Sarcine und Magenrärung 743 (Ehret).
Sarcoma femoris 583 (Reichard).
Sarkom 544 (Coley).
—— der Blase 261 (Dibbern).
der Gebärmutter 824 (Fögler).
der Haut 257 (Semenow, Tundler).
der inneren Organe 207 (Schapiro).
der Zunge 847 (Lichtieitz).
—— des Kreuzbeins 120 (‚Peham\.
Sarkome der Zungentonsille 1030 (Prota,
Martuscelli‘.
Sarkombehandlung mit Toxinen
(Coley).
Scapulahochstand 1159 (Pitsch).
Schädeldefektsdeckung mit ausgeglühtem
Knochen 969* iJ. Grekoff).
Schädelgeschwülste 1036 ‘Depage, Mazi-
mow;.
Schüdelgrundgeschwulst
Hopmann!.
Schädelhöhlenskiagramme 529 (Glnrer).
Schädellückenverschluss 1170 {Daxid‘,
1191 (Berndt‘.
Schädeloperationen 414 (Tiffany, 842
(Trnka, Jonnesco, Moulin).
Schädelresektion, temporäre, mit Draht-
säge, Technik der 425* (L. Gigli.
Schädelschüsse 231 (Seggel, Fattie‘, 232
(Duprez, Patry, Le Dentu‘, 1167 (Graf.
Schödelstücke, eingeheilte 577 (Darid).
Schädeltrepanation 57* (E. Braatz|, 211*
(C. Lauenstein).
Schädeltuberkulose 267 'Minard, Bufvorr'.
Schädelwunde 1188 (Michelis).
Schambeindurchtrennung 358 (Gigli).
Schanker und syphilitische Geschwüre
1252 (Ohmann- Dumesnil).
Scheidenafter 1203 (Jeanne).
Scheiden-Harnröhrenfistel-Operation
(Lequeu).
Scheidenhautexstirpation 1105 (Rolando).
Schenkelbeugencyste 174 (Schrank).
Schenkelbruch 946 !Bähr).
Schenkelhernien 548 (G. Lotheissen), 729*
(4. Codirilla).
Schiefhals 272 (Wolkowiez), 292 (Hilde-
brand).
Neuralgie bei 671 (Kader),
Schilddrüsenentzündung 536 (Tailhefer).
Schilddrüseninnervation 274 (Brian).
Schilddrüsenpräparate 946 (Lanz).
Schilddrüsenresektion 476 (W. Zoege von
Manteuffel).
Schilddrüsensaft bei Skleroderma 1283
(Oster).
1290
767 (Jordan,
53
Schleimbeutel am Schlüsselbein 699
(Wegner).
Schleimhautleiden 925 (Rockwell , 926
(Oudin), 927 ` Brocg'.
Schlüsselbeinexstirpation 700 ( Vaughan).
Schlüsselbeinnekrose 173 (Greeske.
Schlüsselbeinverrenkung 482 (Krecke),
489 (Rhoads), 699 (Sternberg).
Schulterblattbruch 1159 (Morestin).
Schulterblattexstirpation 1047 (Berger).
Sachverzeichnis.
Schulterblatthochstand 160 (Kölliker), 317
(Pischinger, Kirmisson).
Schulterverrenkung 342 (Demons), 489
{Bähr), 866 (Bergmann, Scudder), 1048
(Dural, Guillain), 1144 (Francke\.
habituelle 167 (Müller), 173 (Weil),
318 (Burrell, Lovett).
Schussverletsung der Gebärmutter 1287
(Wrzesniowskt).
Schussverletzungen 865 (Srelhorst), 910
(Freund).
Schusswunden 454 (Müller, Koller).
Schusswundeninfektion 403 (Karlinsk:i).
Schutzhebel bei Knochenoperationen 746*
(Th. Kölliker).
Schwangerschaft, ektopische 56 (Rossier).
Schweißfuß 692 !Gerdeck).
Schwertfortsatzverrenkung 895 (Giordano).
Semiotik, chirurgische 67 (Farlavecchio).
Sehnennaht 700 (Gedeon).
Sehnennähte 1307 (Delamare).
Sehnenplastik 414 (Bradford), 417 (v.
Hacker).
Sehnen- und Muskelkontrakturen, Ope-
ration von 276* (C. Bayer).
Sehnenscheidenmyelom 871 (Venot).
Sehnenüberpflanzung 51 Vulpius), 318
(Kirsch), 481 (Vulpius).
Seidenfadeneiterung 575 (Poppert).
Seitenkettenimmunität 478 (Wassermann).
Selbstladepistole 221 (v. Bruns).
Septhämie durch Bacterium
(Alessandri).
Sequester i. d. Harnröhre 259 (Grosglik).
Serotherapie 66 (Rebuschins), 168 (Tho-
mas, Skultecki, Hiesche, Radinger),
169 (Ashmead).
—— der Tuberkulose
Maffucci).
Serum, antidiphtherisches 350 (Orlandi).
—— baktericides 873 (van de Velde).
Serumtherapie 1024 (Petruschky).
Sideroskop 803 (Asmus).
Sigmoideo-Rectostomie 988 (Rotter).
Silber, 149 (Creded).
—— und Silbersalze 1025 (Wolfram).
lösliches, als Heilmittel 805 (Crede).
Singultus bei Cystitis 931 (Molteni).
Sinus sphenoidalis, Chirurgie des 113
(Spiess).
Skiagramme d. Schädelhöblen 529 ( Glover).
Skiaskopie 169 (Levy), 170 (Levy- Dorn),
232 (Law), 406 (Reynier, Glover).
—— bei Hirnschuss 1036 (Henschen).
—— des Hüftgelenks 1049 (Hofmeister).
—— von Knochenbrüchen 171 | Socht).
Skleroderma 1283 (Osler).
Sklerose des Ohres 1081 (Grant).
—— tertiäre 312 (Deycke,
Skoliose 104 (Schulthess), 118 !Lange),
273 (Hoffmann), 541 (Smith), 658
(Steiner), 659 (Erben, Dolega).
Scoliosis ischiadica 534 (Bähr).
Skrofulose 68 (Aeumann!.
Sondirung ohne Ende 732 (v. Eiselsberg).
coli 81
1281 (di Vestea,
XLVII
Sogojodol 941 (Fasano).
Speicheldrüsenhypertrophie 950 (Braque-
haye, Sabrazès).
Speiseröhren- und Kehlkopfschirurgie
196 (Narath).
Speiseröhrendivertikel 623 (Butlin), 731
(Reitzenstein).
Speiseröhrenexstirpation 747 (Garrè).
Speiseröhrenoperationen 90 (Rehn).
Speiseröhrenresektion 89 (Garre),
(Levy).
Speiseröhrenschanker 794 (Bailey).
Speiseröhrenstriktur 1114 (Russel).
Sphincter internus vesicae 439 (Versari).
Spina bifida 291 (Parascandolo, Maass),
670 (Maass), 1191 (Rochet, Hugot), 1262
(Isnardi).
occulta 22 (Maass).
u. Encephalocele 353 (Bayer).
Spiraldrehung d. S romanum 752 (Koch).
Spiritusverbände 42 (Salzwedel).
Spitalbericht 635 (Bogdanik), 909 (Bur-
well, Bottomley).
Spitzfußoperation 1156 (Frank).
Splenektomie 601 (Vanverts), 612 (Lac-
cetti), 786 (Jonnesco), 197 ( Mihailowski,
Ballune), 1214 (Subbotiej, 1265 (Jova-
novic).
Splenopexie 1276 (Burci, Anzillotti).
Spondylitis 76 (Hoffa), 77 (Landerer), 78
(Lorenz), 80 (Vulpius), 81 ( Wullstein),
321* (F. Lange), 423 (Hattemer), 880
(Anders), 1173 (Vincent), 1174 (Maass),
1175 (Chipault, Phocas), 1179 (Vulpius‘,
1192 (Phocas).
Spontanfraktur 176 (Gnesda).
—— bei Syringomyelie 1241 (Kofend).
Spontanverrenkungen in der Hüfte 1297
(Kummer).
Sprungbeinbruch 494 (Naumann),
(Destot\.
S romanum-Achsendrehung 144 (Haeckel).
Staphylococcus pyogenes 432 (Raoult-
eher
Staphylokokkhämie 1035 (Lesné).
Starrkrampf bei Strychninvergiftung 852
(Brunner\.
Statistik d. Knappschafts-Berufsgenossen-
schaft 170.
Status thymicus und Chloroformnarkose
1155 (Mader).
Steinanurie 820 (Albertin).
Steinschnitt 931 (Ssergejew).
Steißgeschwulst 120 (Phocas).
Sterilisatoren im Operationssaal 224*
(Karewsk:).
Sterilität beim Mann 558 (Finger, Sünger).
Sternocleidomastoidei-Verlust 96 (Hel-
ferich).
Stichkanalinfektion 1197 (Troller).
Stirnbeins-Depressionsfraktur 416 (Zoth-
eissen).
Stirnhirngeschwulst 284 (Cohn).
Stirmhöhlenempyem 73 (Barth),
(Gerber).
881
929
963
XLVIII
Stirnhöhlenerkrankung 1037 (Schenke).
Stirnhöhlenosteom 775 (Tauber).
Stoffwechselprodukte 183 (Bail).
Stomatitis mercurialis 796 (Levin).
Streptococcus 545 (Lanz).
—— Erysipel- und Marmorek’scher 126
(Courment).
Striktur der Harnröhre 721 (Bazy, Baum-
garten).
— der Speiseröhre 1114 (Russel).
—— des Mastdarms 1212 (Berndt).
Struktur von Knochenbrüchen 698 (Hins-
berg).
Strumaendotheliome 1303 (Zimacher).
Struma cystica mit Amöben 1058 (Mer-
kens).
syphilitica 86 (Küttner).
Strumitis 561 í Honselli, 856i Lanz, Lüscher).
Strychninvergiftung und Starrkrampf 852
(Brunner).
Subdiaphragmalraumes - Eröffnung
(Wanach).
Sublimatwirkung 1095 (Popow).
Submaxillarspeicheldrüsen - Geschwülste
272 (Löwenbach).
Suggestion bei Nasenleiden 421 (Taptas).
Suturen 576 (Moore, T’homalla), 939 ( Moore).
Syphiliden 1268 (Gaucher, Barbe, Spill-
mann, Etienne).
Syphilis 301 (Tarnowsky, Jakowlew), 302
(Neisser, Piccardi), 303 (Kirmisson, Ja-
cobson), 183 (Rieder), 784 (Kuttner,
Sprecher), i85 (Unna, Grouven), 195
(Beran, Sterling, Pellizzari, Legrain),
796 (Martel).
—— hereditaria und Pemphygus 312
(Manchot).
—— der Nieren 1251 (Greene).
Syphilisoperationen 1249 (Michailow).
Symphysenlähmung 701 (Cholmogorow).
Synchondrosenearies 681 (Rieder).
Synechien, intranasale, 957 (Zavrand).
Synovitis tuberculosa 935 (Leguen).
Syringomyelie 330 (Schlesinger),
(Kofend).
“T'algdrüsen, rudimentäre 649 (Pinkus).
Talusfrakturen 343 (Kummer).
Talusverrenkung 1310 (v. Schiemann).
Tarsalgie 690 (Merkel, Lange’.
Tätowirung, medicinische 662 (Foquet).
Taubstumme 286 (du Fougeray).
Taubstummheit in Norwegen 1081 (Ucher-
mann).
Technik, chirurgische 761 (Brewer), 826
(v. Mosetig- Moorhaf).
Tendovaginitis 859 (uber).
Teratom, doppeltes 1014 (Lowett, Council-
man).
Terebenglycerin 23$ (Kossobudzki).
Tetanie 1040 (Meinert).
Tetanus 347 (Caillaud), 468 (Moeller, Rein-
hard, Schubert), 644 (Knorr), 645 (Hed-
deeg, 1014 (Koch), 1155 (P’reindisberger),
1165 (Stintzing).
387
1241
Sachverzeichnis.
Tetanusantitoxinwirkung 267 (Masser-
mann, Takakt,.
Tetanusbaeillen 1094 (Sarharjan'.
Tetanusgiftbindung 973 (Müchner,.
Tetanusheilserum 29 |Rose).
Thorakoplastik 98 (Jordan, 296 (Bom-
nüter).
Thränen- und Mundspeicheldrüsenerkran-
kung 406 Kümmel), 1224 ‚Hirsch.
—— u. Speicheldrüsenvergrößerung 943
(Osler).
Thymustod 965 (Arellis.
Thyreoidinbehandlung 898
Weber:.
Thyreoiditis 1039 (Barbiere, Ulmann).
Thyroidektomie 1230 (‚Rolando..
—— bei Basedow 1254 | Booth).
Thyroidis 472 (Tailhefer\.
Tinea Gruby 665 (Mibellü,.
Tod. plötzlicher, nach Operationen 452
(Hammti.
Tonsillitis 964 (Raoult, Thyri'.
Torticollis 470 (Mirullie, Chaput;, 471
(Kuss), 1172 (Rrdard..
Toxinen bei Sarkomen 1290 (Coley).
Trachealresektion 672 (v. Bruns).
Tracheotomie 1031 (Fraenkel.
Trage für Verletzte 697 (Nicolas.
Transplantation nach Thiersch 27 Kohler
Trauma 1109 (Wilmans), 1195 Ribbert).
—— Hysterie 1158 (Gassner).
Trepanation 766 (Graf).
des Schädels 57* (FE. Braatz).
Trepanationsinstrument 1260 (Zuccaro,
Codevilla).
Trepanationslücken 879 (Sworykin).
(Wolfstein,
794 (Strauss, Krzystalowiez, Neuhaus..
Trommelfelldurchlöcherung 1080 (Kayser.
Mint).
Trommelfellrupturen 1239 (Stankowski.
Tubenachsendrehung 967 (af Forselles).
Tuben- und Peritonealtuberkulose 55
(Bulius).
Tuberkelbacillen 874 (Czaplewski),
Tuberkelbacillus 65 (Friedrich)
Tuberkulin 83 (Morris, Whitfie
—— R 661 (Scheuber).
Tuberkulose, Bacterium coli-Toxine bei
149 (Morrihy).
— der Brustdrüse 1015 (Lotheissen).
—— der Gelenke 561 (Sindler).
der Haut 664 (Nuegeli).
— der Hoden 823 (Koenig).
— der Knochen u. Gelenke 456 (Kir-
misson, Ardouin).
der Niere 567 (Bangs).
der Nieren 23, 1256 (Israël), 252
(Goldber. „ 342 (Albarran, 727, 1012
(auer)
—— der Parotis 289, 467 Bockhorn).
—— der Zunge 1054 (Berger).
Sachverzeichnis.
Tuberkulose des Bauchfells 637 (Duran),
734 (Nassauer), 1119 Leg.
—— des Blinddarms 744 (Conrath).
—— des Bruchsacks 1198 (Broca).
—— des Darmes 1211 (Pantaloni).
—— des Handgelenks 491 (Brigel).
—— des Hüftgelenks 701 (Menard).
—— des Penis 568 (Gaston).
—— deg Schädels 267 (Minard, Bufvorr).
—— im Schultergelenk 146* (O. Wolf).
—— Tuben- und Peritoneal- 55 (Bulius).
—— Versuche mit Röntgenstrahlen 333
(Mühsam).
Tuberkulosen 331 (Johnston, Sack), 332
(Hijmans), 555 (Jordan, Henle).
Tuberkulosenbehandlung nach Bier 1025
(Chlumsky).
Tuberkulosenexantheme 651 (Boeck).
Tuberkulosenserotherapie 1281 (di Vestea,
Maffuce:).
Tumor im Corpus cavernosum 29 (Hilde-
brandit).
Tunica vaginalis testis, Exstirpation 44
(Alessandri).
Typhus, Knochenerkrankung nach 65
(Möller).
Typhusabscesse 818 (Bartoszewicz).
Typhusgeschwür, perforirendes 199
(Panton).
Typhuskomplikationen 851 (Keen).
Typhusmetastasen 699 (Hübener).
Typhusperforation 748 (Deaver).
Uleusrotundum ventriculi 1264 (Tricoms).
Unfallerkrankungen 674 (Thiem, Cramer).
Unfallfolgen 674 (Zedderhose).
Unfallheilkunde 315 (Maillefert).
Unfallverletzte-Untersuchung 305 (Hahn).
Unfallverletzungen 373 (Kaufmann).
Unterbindung der Vena jugularis com-
munis 889 (Grekow).
von Karotiden u. Jugularvenen 421
(Thomas).
Unterextremitätenkrankheiten 307 (Nasse).
Varicen 862 (Holtzmann).
Unterextremitätsfrakturen 1309 (War-
basse).
Unterkieferbrüche 832 (Seelhorst).
Unterkieferresektion 459 (Berndt),
(Faure).
Unterleibsverletzungen (Eichel,
Schmitt).
Unterschenkel, federnder 569* (Müller).
Unterschenkelamputation 1310 (Hahn),
1051 (Storp).
osteoplastische 176 (Spassokukotzk:).
Unterschenkelbrüche 862 (Sell).
Unterschenkelverlängerung, osteoplasti-
sche 311 (v. Levschin).
Untersuchungen, bakteriologische, bei
chirurg. Operationen 138 (Curry).
Urachusfistel 959 (Lezer). `
Uranoplastik 114 (Süssmuth).
Uretereinpflanzung 56 (Amann).
Ureterektomie, totale 342 (Hartmann).
468
1115
XLIX
Ureterenverletzungen 1054 (Krüger).
Ureterocystoskop 177 (Caspar).
Uretero-cysto-neostomia 593* (A. Podres).
Urethritis, gonokokkenfreie 51 (Noguès,
Janet), 52 (Guiard).
—— der Frau 250 (Kolischer).
Urethrocele 1015 (Duplay).
Urethrocystoplastik 724 (Bazy).
er 564 (Crosti), 1053 (Sonnen-
rg).
Urin in der Bauchhöhle 624 (Willgerodt,
Klink).
Urinauffangung, getrennte 39 (Neumann).
Urineinspritzungen 1267 (Rizzo).
Urogenitaltuberkulose 1233 (Goldberg).
Uterus, Chlorzinkätzung d. 264 ( Pfannen-
stiel, Jung).
Uterusmyome 933 (Martin), 934 (Gott-
schalk, Hartmann, Fredet).
Uterusretrodeviationen 54 (Baumm).
Veaginalitie testiculi chronica 1278 ( Pas-
cale).
Vagusdruck 1229 (Newman).
Vagusverletzung 964 (Tilman).
Varicen 1299 (Krämer).
—— der Unterextremitäten 862 (Holtz-
mann).
Varicenoperation 1016 (Franz).
Varicocele 263 (de Sanctis), 365 (Natoli),
615 (Morer), 1274 (Niemier), 1275
(Krone).
Vas deferens-Resektion 439 (Ingiann:).
Veliretraktor 1039 (Hopmaun).
Vena jugularis communis, Unterbindung
889 (Grekow).
— interna, Verletzungen 1039
(Oppel).
Venae varicosae 1282 (Janni).
Ventrofixation d. Gebärmutter 359 (Ede-
bohls).
Verbandstoffe, aseptische 222 (Morgen-
roth, Dupard).
Verbrennungen 1291 (Bardeen).
Vereinigung der Berliner Chirurgen 22.
279. 382. 584. 718. 986. 1052.
Vergrößerung der Thränen- und Speichel-
drüsen 843 (Osler).
Verletzung der Art. max.
(Wöhrlin).
—— der Art. subclavia 490 (Thoman).
— der Harnwege 819 (.Poroschin).
d. Ductus thoracicus 1086 (Wendel).
Verletzungen 1150 (Prücker).
der V. jug. int. 1039 (Oppel).
—— intraabdominelle 910 (Parlavecchio).
—— Nachbehandlung von 674 (Müller).
Verrenkung der Schulter 866 (Bergmann,
Scudder).
des Fuß- und Kniegelenks 1063
(Graff).
—— des Radiusköpfchens 700 (Mathes).
—— d. Schlüsselbeins 482 (Krecke), 489
(Rhoads).
—— des Schwertfortsatzes 895 (Giordano).
d
int. 1038
L Sachverzeichnis.
Verrenkungen 1046 (Meuciere).
—— im Fuß 870 (Quenu, Steffen).
—— Reposition veralteter 14 (Engel).
70. Versammlung der Arzte und Natur-
forscher 1148. 1176. 1203. 1233.
Versammlung der Deutschen Gynäko-
logen 54.
Verschluss v. Schädellücken 1191 (Berndt).
Verwachsungen, peritoneale 990 (Perman).
—— zwischen Pylorusgeschwülsten und
Leber 743 (v. Kundrat, Schlesinger).
Verwundete vor Tananariva 226 (Pitot).
Vibrationsmassage 1239 (Löhnberg).
Vorderarmbrüche 929 (Destot).
Vorfall der weiblichen Geschlechtsorgane
812 (Ruggi).
—— der weibl. Harnröhre 259 (Scholtz).
Vorfußdefekt, angeborener 177 (Janz).
Vulvovaginitis klein. Mädchen 45 ( Comby).
Wachsthumsbehinderung des Armes 867
(de Megalheies).
Wachsthumsstörung 317 (Blamenser).
Wadenbeinmangel 703 (Kirmisson).
Wadenmuskulatur, Achillessehne b. Kon-
traktion d. 300* (E. Müller).
Wandermilz 796 (Franke).
Wanderniere 41 (Wolkow, Delitzin‘, 43
(Wolff), 1273 (Hildebrand, Haga).
—— tuberkulöse 931 (Thümmel).
Wärmebehandlung, lokale 50 ( Wilms).
Warzenfortsatzzellen 1080 (Malherbe).
Wasserbad, permanentes 84 (Zuschlag‘.
Wiederbelebungsmethoden 897, 1268
(Herzog).
Wirbelbruch 118 (Costynsk:).
Wirbelbrüche 103 (Trapp), 656 (Rouz de
Brignoles).
Wirbelgeschwulst 768 (Schlesinger).
Wirbelkanalseröffnung 886 (Cavicchia).
Wirbelsäulenechinococcus 670 (Wilms).
Wirbelsäulenmissbildung 118 (Schmid).
Wirbelsäulenverletzungen 408 (Kocher).
Wirbelschuss 1228 (Cushing).
Wirbeltuberkulose 705* (L. Wullstein).
Wladimirow-Mikulicz'sche Operation 193*
(E. Müller).
Wucherungen, adenoide 271 (Cholewa),
836 (Hertoghe), 885 iHurtmann, Lauffs),
1030 (Hellat, Hertoghe), 1226 (Helat).
Wundbehandlung 349 (Wölfler), 646
(Berndt\, 647 (Fessler).
—— aseptische 9 (Mikuliez).
Wunddesinfektion 995 (Fabris).
Wunden, accidentielle 1074 (Brunner).
Wundenkeimgehalt 453 (Riggenbach).
Wundheilung 802 (Weber).
Wundinfektion 759 (Brunner), 1166 (Star-
zewski).
Wundnaht 1044 (Reverdin).
Wundschutz 1078 (Cohn).
Wundstarrkrampf 1187 (Bandisch).
Wundenschorfungen 145 (Cohn).
Wundversorgung, aseptische 2( Friedrich).
Wundfortsatz-Hernien 1266 (Jaia'.
X eroderma pigmentosum 245 (Reiss).
Xerostomie 845 (Harris).
Zahnextraktionen 879 (Salag, Scheuer)
1225 (Dzierzawski).
Zahnfleisch, Primäraffekt am 311 { Werner).
Zahnheilkunde 833 (Morton).
Zahnkrankheiten 579 (Drenkhahn).
Zahnleiden und Halsdrüsenschwellung
102 (Koerner).
Zehenkeloid "pg (S. B. Ranneft).
Zeigefinger, Luxation des Sesambeins d.
277* (H. Steudel).
ZerreiBung der Art. poplitea 1064 (Afu-
lert), 1311 (Bötticher).
Zungenaktinomykose 289 (Claisse).
Zungenbeincaries 1039 (Ullmann).
Zungencylindrom 363 (Ewald).
Zungenkrebs 833 (Butlin), 1225 (Bozzi,
Ortuans).
Zungenmandeln 958 (Browne).
Zungenrhabdomyom 422 (Pend]).
Zungensarkom 8147 (Lichtwitz).
Zungentonsille 885 (Crouzillac).
Zungentonsillenentzündung 270 (Bar).
Zungentonsillensarkome 1030 (Prota, Mar-
tuscelli).
Zungentuberkulose 1084 (Berger).
Zwerchfellverletzung 387 (Kayser).
Zwirnfäden zur Naht 938 (Aleksinski).
Gentralblatt
für
CHIRURGIE
herausgegeben
E von Bergmann, F. König, E. Richter,
in Berlin. in Berlin. in Breslau.
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 1. Sonnabend, 8. Januar. 1898.
Inhalt: Braatz, Beitrag zur Hirnchirurgie. Kugelextraktion aus dem Gehirn mit
Hilfe des Rüntgenverfahrens. (Originalmittheilung.)
1) Wentscher, T.ebensfähigkeit der Epidermiszellen. — 2) Massey, Krebsbehandlung.
— 3) Meyer, Riesenzellenbildung unter Jodoformeinfluss. — 4) Ettinger, Chloroform. —
5) Popoff, Äther. — 6) Deyke und Albers-Schönberg, 7) Büttner und Müller, Röntgen-
strahlen. — 3) Mendel, Physiologie und Pathologie der Nasenathmung. — 9) Tuffier,
Lungenchirurgie. — 10) Bernard, Puenmothorax. — 11) Duplay, Pleuralfisteln. — 12) Bähr,
Belastungsdeformitäten. — 13) Engel, Iteposition veralteter Verrenkungen. — 14) Nico-
ladoni, Daumenplastik. — 15) Jeanne, Bau des Fußgewülber.
Steinthal, Die isolirte Fraktur der Eminentia capitata im Ellbogengelenk. — R. Meyer,
Zur Kasuistik der durch Gonokokken hervorgerufenen paraartikulären Phlegmonen. (Ori-
ginalmittheilungen.)
16) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 17) Rose, Heilserumtherapie. —
18) Mays, Mastitis. — 1Y, Simon, Rippenresektion beim Pleuraempyem. — 20) Dowd,
Brustkrebs. — 21) Beaumont, Ancurysma cirsoides,
I. Beitrag zur Hirnchirurgie', Kugelextraktion aus dem
Gehirn mit Hilfe des Röntgenverfahrens.
Von
Privatdocent Dr. Egbert Braatz.
M. H. Ich möchte Ihnen kurz über folgenden, von mir operirten
Fall berichten. Einem jungen Mann war vor 2 Jahren, den
5. November 1895, — er war damals erst 16!/, Jahre alt — eine
Revolverkugel vom Kaliber:7 mm in die rechte obere Schläfengegend
eingedrungen. (Fig. 1.) (Vor dem Photographiren wurden auf dem
Kopf mehrere Orientirungslinien mit den Dermatographen |rothem
Fettstift] gezogen, und eben so die Eintrittsstelle der Kugel [Narbe]
gekennzeichnet.) Es handelte sich um ein Conamen suieidii: Die
nächste Folge war Benommenheit, Störung der Sprache und Lähmung
des Facialis und Hypoglossus.
lich S Vortrag, gehalten den 6. December 1897 in dem Verein für wissenschaft-
iche Heilkunde zu Königsberg i/Pr. H
1
2 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
Diese Störungen besserten sich im Verlauf der nächsten 4 Wochen
und schwanden dann, die Wunde war ohne Störung verheilt. Er
hatte ein halbes Jahr hindurch keine weiteren Beschwerden. Da be-
kam er im April 1896 ganz plötzlich ohne nachweisbare Ursache
heftigen Kopfschmerz in der linken Seite, so dass er den Kopf
nicht gerade halten konnte. Ich sah ihn zum ersten Mal im De-
cember 1896. Seine Klagen waren die früher erwähnten. Es wurden
verschiedene Röntgenaufnahmen gemacht. Legte man die Platte
unter den Hinterkopf, so bekam man kein Bild von der Kugel.
Fig. 1.
Die erste gelungene Röntgenaufnahme (Platte unter der linken
Kopfseite) im hiesigen R.-Institut des Herrn Opticus Gscheidel zeigte
folgendes Bild: Man sah die Kugel etwa in der Höhe des Joch-
bogens, vor dem Ohre (Fig. 2). 8cm nach vorn und oben war eine
dunkle, scharf gezeichnete, mondsichelähnliche Figur zu sehen. Hier
hatte offenbar die Kugel zuerst angeschlagen und war von hier ab-
geprallt. Ich wartete nun zunächst ab, ob sich die Beschwerden
des Pat. nicht ohne Operation bessern würden.
So verging auch der Sommer, aber die Klagen des Pat. steigerten
sich nur noch mehr. Hielt er den Kopf ziemlich stark nach
vorn und links übergeneigt, so war der Schmerz noch zu ertragen,
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 3
wollte er aber den Kopf gerade nach oben halten, so steigerte sich
der Kopfschmerz bis ins Unerträgliche. Der Kranke wünschte immer
dringender die Operation, denn er war in seiner Arbeitsfähigkeit
als Droguist sehr erheblich gehindert. Vorher wurde noch zur
näheren Orientirung eine Aufnahme nach Röntgen gemacht, nach-
dem ihm ein Eisendraht dicht über dem Ohr um die Stirn gelegt
war und unter diesen Draht senkrecht zu ihm vor dem Ohr ein Cen-
timetermaß, dessen Eintheilung nicht durch Striche, sondern durch
quere Drähte gekennzeichnet war. Danach konnte man sich auf
dem Bilde die Lage der Kugel in einer Ebene konstruiren.
Bei der Operation bildete ich an der linken Schläfenseite einen
Lappen, trennte den Jochbogen doppelt mit der Gigli’'schen Draht-
säge durch und trug mit dem Meißel zur Osteoplastik eine dünne
Knochenschicht ab. Dann klappte ich den Lappen nach unten und
legte ein etwa 2 cm breites und 3 cm langes Trepanationsloch an.
Ich bohrte dazu Löcher in den Knochen und verband sie (nach Oba-
Fig. 2.
Stirn.
Vor der 1. Operation.
linski) mit derDrahtsäge. Dann vergrößerte ich noch die Öffnung mit
der beißenden Knochenzange. Die Dura mater lag nun in gewünschter
Ausdehnung frei vor, die Messungen stimmten ganz mit den
Richtungen und Maßen, wie es das Röntgenbild lieferte, überein,
aber — die Kugel war nicht da.
Die Dura wurde noch weit über die Trepanationsöffnung abgelöst,
der Finger konnte aber beim Betasten nichts von der Kugel wahr-
nehmen. War unter solchen Umständen überhaupt das Tasten nicht
lange fortzusetzen, so bestimmte mich dazu noch ein anderer Um-
stand: die schlechte Athmung des Pat. Schon von Anfang der Nar-
kose an athmete er trotz Vorziehen des Unterkiefers nur auf Zureden
oder meist auf künstliche Nachhilfe. Jetzt wurde die Athmung noch
schlechter, ich brach daher die Operation ab und nähte die Wunde
wieder zu. Dabei hatte ich noch die Hoffnung, dass die Trepanation
an sich vielleicht die Beschwerden des Kranken günstig beeinflussen
würde. Die Heilung ging glatt vor sich, und 14 Tage darauf wurde
1e
4 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
er nach Hause entlassen. Die nächsten 14 Tage blieben die Be-
schwerden allerdings fort, kehrten dann aber wieder, und wir standen
wieder vor der Operationsfrage. Vorher wurden wieder einige Auf-
nahmen gemacht. Ich legte dem Pat. diesmal einen Bleidraht um
den Kopf. Das hatte den Vortheil, dass dieser Draht sich ungemein
Fig. 3.
Vor der 2. Operation.
Fig. 4.
Vor der 2. Operation.
viel leichter den Kopfformen anschmiegte, und dann lässt Blei die
X-Strahlen noch weniger durch als Eisen. Auch die Operations-
narbe auf der linken Gesichtsseite belegte ich genau mit
einem entsprechend passenden Bleidraht und klebte diesen
mit gummirtem Papier fest auf die Haut (Fig. 3).
vozes oy Google
Centralblatt für Chirurgie. No, 1. 5
Die Aufnahme zeigte, dass sich die Kugel in der That innerhalb
meines ersten Operationsgebiets befand. Nur musste sie tiefer im
Gehirn stecken. Um mir darüber vielleicht einen näheren Anhalt zu
verschaffen, versuchte ich wieder ein Bild zu bekommen, während die
Platte unter dem Hinterhaupt lag. Das gab aber auch diesmal kein
Resultat, und ich legte eben daher die Platte so von der linken Seite
her an die Stirn, dass das Gesicht mehr der Platte zugewandt war.
Da ich den Bleidraht genau in der Mitte der Stirn dicht unter
der Nasenwurzel geknotet hatte, so war auf der Platte genau die
Mittellinie des Gesichts zu finden. Das Ergebnis dieser Aufnahme
war ein sehr interessantes (Fig. 4).
Die geringe Drehung hatte schon hingereicht, um die Schatten-
projektion der Kugel vollständig aus der durch den Bleidraht mar-
kirten Operationsnarbe heraustreten zu lassen; sie befand sich außer-
halb des mit Bleidraht umlegten Hautlappens nach vorn und oben
von der Bleidrahtfigur. Außerdem war jener mondsichelförmige
Bleischatten, von welchem ich zuerst angenommen, dass er sich
ebenfalls auf der linken Seite des Kopfes befand, weiter von dem
Schatten der Kugelabgerückt, von ca. 8 bis auf ca. 12 cm. (Auf
der Platte ganz deutlich sichtbar, auf der Originalkopie weniger gut,
was ja ganz gewöhnlich so ist.) Das konnte nur geschehen, wenn jene
Anschlagstelle der Kugel sich auf der rechten Kopfseite befand.
Denn dann hatte bei der ersten Aufnahme (Platte unter der linken
Kopfseite) die Verbindungslinie zwischen Kugel und Anschlagstelle
schräg zu Lichtstrahlen und Platte gestanden und stand jetzt bei
dieser letzten Aufnahme parallel zu ihr, erschien also verlängert, d. h.
in ihrer vollen Länge. Wäre die Anschlagstelle und die Kugel auf
derselben linken Seite gewesen, so hätte ihre scheinbare Entfernung
yon einander bei der Gesichtsdrehung verkürzt erscheinen müssen.
Die Kugel musste also ziemlich tief stecken, wenn auch nicht so
tief, als es auf den ersten Blick erschien. Denn der Anschlag der
Drehung wird dadurch größer, dass der Kopf seinen Drehpunkt
nicht wie eine Kugel in der Mitte, sondern als Oval und im Foramen
magnum hat. Die beiden Schenkel des Bleidrahts, welche die Narbe
bezeichneten, waren der schrägen Richtung entsprechend näher an
einander gerückt.
Nach dieser Vorbereitung schritt ich zur abermaligen Opera-
tion am 27. November, also vor 9 Tagen. Ich umschnitt in der
früheren Narbe auf der linken Seite des Kopfes denselben Haut-
Muskel-Periost-Knochenlappen, durchtrennte dann wieder das Jochbein
und klappte den Lappen zurück. Nur im hinteren Theil der Narbe
war ich noch näher ans Ohr herangelangt, um ihn noch etwas breiter
zu erhalten. Die Dura war an dem Knochen festgewachsen und
kam gleich mit.
Die Athmung war auch diesmal wieder schlecht und aussetzend,
doch gelang es, durch wiederholte Zungentraktionen die Athmung
so in Gang zu bringen, dass sie nichts zu wünschen übrig ließ.
6 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
Ich ging nun mit einer langen stumpfen Nadel als Sonde
in die bloßliegende Hirnsubstanz in der Richtung ein, wo die Kugel
liegen musste. In 5 cm Tiefe, voin Knochenrande der Trepanations-
öffnung gerechnet, stieß ich auf einen harten nicht rauhen Widerstand.
Doch war das nicht die Kugel, sondern die Schädelbasis. Erst nach
längerem Nachfühlen kam ich zu der Überzeugung, dass ein anderer
harter Widerstand, der etwas weiter nach rechts von dem ersten lag,
von der Kugel herrührte. `
Um nun möglichst schonend vorzugehen, schob ich in der
Richtung der Kugel ein stumpfes Messer vor, bis dasselbe auf den
Widerstand stieß. Ich hatte dazu ein Messer mit einer Bronzeklinge
(»Uchatiusbronze«) gewählt, wie die Obstmesser sie besitzen, und
hatte die ohnehin stumpfe Schneide noch besonders geglättet.
Diese Vorsicht gebrauchte ich, damit das Messer keine Gefüße
verletzen sollte. Die weiche Gehirnsubstanz zu durchdringen, war
es trotz seiner vollständigen Stumpfheit noch immer sehr geeignet.
Jetzt ging ich mit einer geschlossenen Kocher schen kleinen Arterien-
zange ein, die bis zum Schloss eindrang, und nach einigen vergeb-
lichen Versuchen gelang es mir, die Kugel zu fassen und glück-
lich zu Tage zu fördern. Die Kugel war stark deformirt, ihre Spitze
gestaucht und so verändert, dass sie vorn breiter war als das Kaliber-
maß. Auch schon das Röntgenbild ließ diese Form der Kugel
erwarten.
Hier sehen sie die Stelle, wo die Kugel lag, an einem alten
aufgesägten Schädel bezeichnet, es ist das dicht am Foramen rotundum.
Der Lappen wurde nun wieder zurückgeschlagen und in seinem
vorderen und einem Theil seines hinteren Umfanges angenäht. Der
hintere untere Wundwinkel wurde klaffend gelassen, und nur ein
Faden zur späteren Sekundärnaht durchgelegt. Am nächsten Tage
hatte Pat. bei leichten Hustenstößen etwas Schmerzen, war aber vom
2. Tage an wohl und schmerzfrei. Die Temperatur war nur am
2. Tage Abends bis auf 37,8 gestiegen, sonst bewegte sie sich
zwischen 36,8—37,2. Am 4. Tage zeigte sich beim Verbandwechsel
nur sehr geringe Wundsekretion, die Wunde hatte sich auch schon
ohne Zuziehen jener Sekundärnaht fast geschlossen; der Faden wurde
geknüpft, am 5. Tage die Nähte entfernt, und der Kranke stand
am 8. Tage auf. Er fühlt sich so außerordentlich wohl und frei
von irgend welchen Beschwerden, dass ich ihn hier Ihnen vorstellen
kann, trotzdem seit der Operation erst 9 Tage vergangen sind. Die
Operationswunde ist vollständig verheilt.
Die Wundbehandlung war, wie ich kaum zu erwähnen brauche,
eine durchaus aseptische, es ist weder in die Wunde, noch in den
Verband etwas von einem Antisepticum hineingekommen.
2 Von da bis zur äußeren Hautoberfläche kommen wegen der Dicke des
Temporalmuskels noch 2 weitere cm hinzu, so dass die Kugel im Ganzen 7cm
tief saß. Die Kugel hatte also in der untersten {3.} Windung des linken Schlä-
fenlappens gelegen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 7
Die extrahirte Kugel wiegt 2,7 g; eine gleich große Kugel, die
ich aus einer neuen Patrone herausgenommen hatte, wiegt 3,6, so
dass an jener mondsichelförmigen Anschlagstelle am Schädelknochen
nicht ganz 1 g (0,9) Blei haften geblieben ist. Diese Kugeln haben
in ihrer hinteren Hälfte eine Aushöhlung.
Der Fall ist ein weiterer Beweis, wie manchmal in komplicirten
Fällen die richtige Deutung der Röntgen-Schattenbilder nicht leicht
ist. Man kann sich da durch mehrfache Aufnahmen helfen und vor
Allem durch Aufkleben und Umbinden von Bleidraht. Hätte ich
zu der letzten Aufnahme (Fig. 4) nicht den Bleidraht vorn an der
Stirn geknüpft, so hätte man wohl kaum genau sagen können, wo
die Mittellinie des Kopfes zu suchen sei.
Zugleich dient unser Fall als ein guter Beweis für den hohen
Werth des Röntgenverfahrens. Die Kugel war in die rechte Kopf-
seite eingedrungen und konnte mit Hilfe dieses Verfahrens von der
linken Seite her aus der Tiefe herausgezogen werden. Ohne die
Röntgenbilder hätte man wohl nicht an diese Operation gehen dürfen.
Sie hatte auch trotzdem noch ihre Schwierigkeiten
1) J. Wentscher (Thorn). Wie lange und unter welchen
Umständen bleibt die Lebensfähigkeit der menschlichen
Epidermiszellen außerhalb des Organismus erhalten ?
(Bericht über die Naturforscherversammlung in Braunschweig.)
Seit der vor 3 Jahren erfolgten Veröffentlichung über die Ver-
wendbarkeit konservirter Hautlappen bei der zweizeitigen Ausführung
der Thiersch’schen Transplantation hat Ref. principiell, und zwar mit
sehr gutem Erfolge, nach dieser Modifikation operirt. Im Anschluss
daran entstand die mehr biologisch als praktisch wichtige Frage,
welche den Gegenstand des Vortrages auf der diesjährigen Natur-
forscherversammlung bildete. Um sie näher zu untersuchen, wurden
Thiersch’sche Hautläppchen verschieden lange entweder in steriler
physiologischer Kochsalzlösung oder trocken auf sterilem Gazepolster
aufgehoben und dann (die pergamentartig eingetrockneten Stücke
nach vorheriger Aufweichung in Kochsalzlösung) auf größere Defekte
verpflanzt, welche gewöhnlich einen Tag vorher durch tiefe Excision
gut granulirender Gesch würsflächen (meist alte Ulcera cruris) hergestellt
worden waren. Der Verlauf wurde in der überwiegenden Mehrzahl
der Fälle histologisch kontrollirt, und die dazu nöthigen Prohen stets
aus dem Centrum der Lappen entnommen.
Von 59 Versuchen fielen 30 positiv im biologischen Sinne aus;
darunter wurde !8mal auch der klinische Zweck erreicht. Das
älteste mit Erfolg transplantirte Läppchen war 22 Tage alt. In
diesem Falle fanden sich schon 4 Tage p. tr. in den wiederbelebten
Epithelstrecken Mitosen, nach weiteren 3 Tagen war das Läppchen
fest angeheilt und enthielt in den basalen Reteschichten zahlreiche,
oft dicht beisammen liegende Kerntheilungsfiguren.
8 Gentralblatt für Chirurgie No. 1.
In Läppchen, welche 25 und 34 Tage eingetrocknet waren, trat
eine Wiederbelebung von Epidermiselementen nicht ein. Dagegen
ist es Liunggren gelungen, Epithelstückchen in sterilem flüssigem
Serum 6 Monate lang lebensfähig zu erhalten und theilweise mit
Erfolg zu verpflanzen. Versuche mit der eingetrockneten Wand von
Vesikatorblasen (nach Lusk) und mit Haarwurzeln von verschiede-
nem Alter waren ergebnislos.
Sehr tolerant erwies sich die Haut gegen Kälte. Von einem
14 Stunden lang bei einer Mindesttemperatur von 5° C. hartgefrore-
nen und danach vorsichtig aufgethauten Läppchen heilte der weitaus
größte Theil in idealer Weise an. Schon 4 Tagen p. tr. fanden sich
Mitosen in stark wucherndem Epithel, und & Tage p. tr. wimmelten
einzelne Theile desselben geradezu davon.
Höhere Wärmegrade werden anscheinend nicht so gut vertragen,
doch war eine viertelstündige Erwärmung auf 50° C. in einem Falle
nicht im Stande, die vitalen Eigenschaften der Epidermiszellen
wesentlich zu beeinträchtigen.
Gegen chemische Schädigungen sind die Läppchen sehr empfind-
lich. Versuche mit antiseptischen Lösungen verschiedener Art fielen
bis auf einen negativ aus. ‘Selbstbericht.\
2) G. B. Massey. The treatement of cancers by a new
method, viz., the electrical diffusion of nascent oxychlorides
of mercury and zinc.
{New York med. record 1597. Juli 31.,
Bösartige Geschwülste werden nach folgenden 2 Methoden
behandelt:
1) Die breite negative Elektrode kommt auf irgend eine indiffe-
rente Stelle des Körpers, die positive Elektrode in die Geschwulst,
bis 500 Milliamperes Stromstärke. Allgemeine Anästhesie. 2—3mal
wöchentliche Anwendung. Die positive Elektrode besteht aus Zink,
welches mit Quecksilber amalgamirt ist. Der Hauptpunkt der
Methode soll in einer vollständigen und raschen Durchsättigung der
Knoten und ihrer Ausläufer mit Quecksilberoxychlorid bestehen.
Dasselbe geht von obiger Elektrode kataphoretisch durch und wird
am positiven Pol gebildet.
Die zweite Methode besteht darin, dass ein Dutzend oder mehr
lanzettförmige amalgamirte Zinkelektrodennadeln um den Knoten
herum eingestochen werden. Der negative Pol, eine Platte, umhüllt
von einem in einer Jodkalilösung oder irgend einem Salz mit elektro-
negativer Basis getränkten Wattebausch, wird auf das Centrum des
Knotens selbst gebracht. Es ist nöthig, in die Haut oder die
Schleimhaut für die Zinklanzetten kleine Einschnitte zu machen.
Mit einem Strom von 1000 Milliamperes wird bei 5—15 Minuten
langer Einwirkung der Knoten sogleich zerstört. 'Trockener Ver-
band. Von den 5 Fällen wurden 2 geheilt, 2 wahrscheinlich geheilt,
Centralblatt für Chirurgie. No, 1. 9
2 gebessert und 2 blieben ungeheilt. Leider fehlen genügende patho-
logisch-anatomische Beigaben. Merkwürdig war Fall 2, ein Sarkom-
recidiv des linken Gaumenbogens von Gänseeigröße: Zerstörung
durch Elektrolyse, Recidiv nach 1 Jahr. 6wöchentliche Behandlung
mit der »milden« Zinkamalgam-Methode. Seit 3 Jahren recidivfrei.
Loewenhardt (Breslau).
3) R. Moyer. Beiträge zur Frage der Riesenzellenbildung
um Fremdkörper unter dem Einfluss des Jodoforms.
(r. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 3.)
M. hat auf das genaueste an sehr umfangreichen Versuchen die
Entdeckung von E. Marchand geprüft, dass durch das Jodoform die
Bildung von Riesenzellen gehindert werde, eine Lehre, die v. Büngner
bestritt. Die an Meerschweinchen und Kaninchen vorgenommenen
Prüfungen ergaben, dass der Einheilungsprocess steriler Fremdkörper
sich im Bauchfell der ersteren schneller vollzieht als bei den letzteren
und schneller als im Unterhautgewebe beider Thierarten. Das Jodo-
form hindert nach seinen Ergebnissen bei der Einheilung von Fremd-
körpern eine bindegewebige Organisation derselben und damit zu-
gleich die Bildung von Fremdkörperriesenzellen, die mit Recht nach
Weigert von den tuberkulösen Riesenzellen zu unterscheiden sind.
Jodoformirte Schwämmchen wurden jedes Mal von dem aus der Um-
gebung sich entwickelnden Bindegewebe umwachsen, während der-
selbe in sterilisirte und karbolisirte Schwämme hineinwucherte. Die
von v. Büngner angenommene positive chemotaktische Wirkung
des Jodoforms konnte M. nicht bestätigen, so dass ihm eine besondere
entzüngungserregende Fähigkeit nicht zukommt; dagegen bringt das
Jodoform die in den Fremdkörper eingewanderten Exsudatzellen zu
raschem Zerfall. Verf. nimmt ebenfalls eine Jodwirkung als wesent-
lichen Erfolg des Jodoforms an. Als praktisches Resultat zieht er
den Schluss, dass die Tamponade mit Jodoformgaze auch bei asepti-
schen Operationen der mit steriler Gaze vorzuziehen sei, da die
Jodoformgaze nicht selbst mit der Umgebung verklebe, da sie nur eine
Verklebung der Serosablätter im Peritoneum herbeiführe und sich
daher leicht entfernen lasse. Die lesenswerthe Arbeit ist in dem
früheren Wirkungskreis von Jadassohn angefertigt worden.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
4) L. Ettinger. Some practical points on the administration
of chloroform.
iNew York med. record 1897. Oktober 16.)
Verf. ist fanatischer Anhänger der Chloroformnarkose. Allenfalls
lässt er noch die A.-C.-E.-Mischung (im Verhältnis von 1—2—3)
iu besonderen Fällen zu. Vor der Operation soll bei Erwachsenen
stets eine Spritze von 2 cg Morphium, ji mg Atropin und 1 cg Chloral
gegeben werden. Dadurch wird weniger Chloroform gebraucht, das
Morphium wirkt tonisch auf das Herz und das Atropin auf die Re-
1**
10 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
spiration. Während der Narkose liegt eine Spritze mit einer 0,4 % igen
Salpeterstrychninlösung bereit. In jeder Spritze ist etwa 1—1!/ mg
Digitalin aufgelöst (in Tabletten), außerdem ist Kampherspiritus vor-
räthig zu halten. Wenn eine allgemeine Narkose absolut nothwendig
ist, aber weder Chloroform noch Äther zulässig sein sollte, wird, falls
weder Nieren- noch Lungenaffektion eine Kontraindikation schaffen,
die A.-C.-E.-Mischung verwendet. Gleichzeitig soll ein beständiger
Strom entweder von Sauerstoffgas oder einer 25%igen Mischung von
Stickoxyd und Oxygen angewendet werden. Verf. konstruirt eine
Maske, welche im unteren Theile die Anwendung von Oxygen
erlaubt, während darüber die Chloroformaufträufelung statthaft ist.
Vorher soll Strychnin angewendet werden, während der Operation
Nitroglycerin (än), Eine andere Erfindung ist die abwechselnde
Verwendung von Chloroform und reinem Stickoxydgas.
Loewenhardt (Breslau).
5) W. Popoff. Contribution a l’etude de l’albuminurie
apres l’etherisation.
These Genève, F. Taponnier, 1596. 42 S.
Verf. wiederholte an 140 Pat. der Juillard’schen Klinik in
Genf die in letzter Zeit vielfach gemachten Untersuchungen über
den Einfluss der Äthernarkose auf die Nierenfunktion und kommt
zu folgenden Ergebnissen:
1) Bei keinem der 140 Pat., Nephritiker eingeschlossen, wurde
nach der Narkose eine Verschlimmerung des Allgemeinbefindens
beobachtet.
2) Eine schon bestehende Albuminurie wird durch den Äther
oft vermehrt.
3) Es kann durch die Äthernarkose Albuminurie hervorgerufen
werden, doch ist dieselbe nur vorübergehend.
4) Der Äther kann ebenfalls Cylindrurie hervorrufen.
5) Wenn solche schon besteht, so wird sie durch die Äther-
narkose vermehrt.
Die Befunde P.’s stehen demnach im Einklang mit den Resul-
taten der meisten Untersuchungen der letzten Zeit. Was die Er-
klärung der Albuminurie betrifft, so weicht P. in so fern von der
Ansicht mehrerer Autoren ab, als er nicht eine Reizung des Nieren-
parenchyms durch den Ather annimmt, sondern die Eiweißausschei-
dung als Folge des durch den Äther im Anfang der Narkose be-
dingten Gefäßkrampfes ansieht, der (nach Grützner) zu einer
Ischämie der Niere führen soll. Der Umstand, dass nur ein geringer
Procentsatz der narkotisirten Pat. Eiweiß zeigt, wird auf individuelle
Disposition zurückgeführt. Die Cylindrurie wird als physiologisch
aufgefasst — ohne weitere Erklärung.
de Quervain (Chaux de Fonds).
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 11
6) Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Heraus-
gegeben von Dr. Deyke und Dr. Albers-Schönberg.
Hamburg, Lukas Graefe Sillen, 1897.
Die erste Nummer der neuen, unter Mitwirkung zahlreicher
Autoritäten herausgegebenen Zeitschrift wurde in Braunschweig auf
der 69. Naturforscherversammlung vertheilt. Das stattliche Heft ist
vornehm ausgestattet, Format, Papier, Druck und namentlich die
dem Heft angefügten Reproduktionen von Röntgenbildern sind vor-
züglich. Die Reproduktionen sind photographische Abbildungen der
Originalkopien und wirken, abgesehen von dem nicht zu vermeiden-
den Glanz der Tafeln, besser als die sonst zu Veröffentlichungen
gern benutzten Autotypien; auch scheint es durch dieselben ziemlich
gelungen zu sein, die verschiedenen Feinheiten der Originalien gut
zur Anschauung zu bringen. Es war ja bisher bei der Veröffent-
lichung von Röntgenbildern die größte Schwierigkeit, dass man die
feinen und feinsten Feinheiten, auf die es oft genug ankam, nicht
so gut in der Reproduktion zur Anschauung bringen konnte. Die
Nummer enthält zahlreiche instruktive Beiträge, so von Hoffa »Über
den Stand des Schenkelkopfes bei der angeborenen Hüftluxation mit
2 Tafeln, von Hofmeister »Über Störungen des Knochenwachs-
thums bei Kretinismus« mit 1 Tafel, von Forster »Über die klein-
sten Massen metallischer Fremdkörper, welche durch Skiagraphie im
menschlichen Körper nachweisbar sind, und die hierzu nöthige Expo-
sitionsdauer«, von Gocht »Über therapeutische Verwendung von
Röntgenstrahlen, von Wolff »Über die Bedeutung der Röntgenbilder
für die Lehre von der angeborenen Hüftverrenkung« mit 2 Tafeln,
und außerdem noch zwei Beiträge physikalischen resp. technischen
Inhalts. Sehr werthvoll ist die am Schlusse des Heftes angefügte,
namentlich von den Herausgebern gemachte Zusammenstellung der
bisherigen Journallitteratur, die, so weit wir kontrolliren konnten,
und so weit sie fertig gestellt ist, vollständig zu sein scheint.
Dumstrey (Leipzig).
7) Büttner und Müller. Technik und Verwerthung der
Röntgen’schen Strahlen im Dienste der ärztlichen Praxis
und Wissenschaft.
Halle a/S., Wilhelm Knapp, 1897.
Während in dem ersten Theil über Gesetze und Technik sehr
dankenswerthe Aufschlüsse und Rathschläge gegeben werden, inter-
essirt ung hier mehr der zweite, klinische Theil. Es ist die bisherige
Litteratur in genügender Weise berücksichtigt, und so weit sich die
Ausführungen der Autoren auf die Verwendung. der X-Strahlen in
der Chirurgie erstrecken, dürften sie wohl kaum in einem Punkte
Widerspruch erfahren. Für sehr dankenswerth halten wir den Hin-
weis darauf, dass bei Fremdkörpern auch trotz des guten Bildes das
Auffinden derselben nicht immer leicht ist, und die daran geknüpfte
D
12 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
Warnung, zu oft und ohne Noth zu operiren. Anders erscheint es uns
mit den Ausführungen in Betreff der inneren Medicin. In diesem
Punkte scheinen uns die Verff. etwas zu sanguinisch zu sein, und wir
vermissen die gerade hier sehr nöthige strenge Kritik der bisherigen
Veröffentlichungen. Ob die von den Verf. gewählte Bezeichnung
Pyknoskopie, Pyknographie für die Untersuchung mit Röntgenstrahlen
eine glückliche ist und Bürgerrecht erwerben wird, möchten wir
bezweifeln; wir halten die von anderer Seite vorgeschlagene Dia-
skopie und Diagraphie für zweckmäßiger, da sie das Wesen der
Sache besser bezeichnen und schlagen auch an dieser Stelle vor, sie
allgemein zu acceptiren. Dumstrey (Leipzig).
8) Mendel. Physiologie et pathologie de la respiration nasale.
(Med. moderne 1897. No. 74.)
Zur Erklärung des Einflusses, welchen die verschiedenen die
Athmung beeinträchtigenden, von den Physiologen mit großer Sorg-
falt studirten Erkrankungen der Nase auf den Gesammtorganismus
ausüben, wird gewöhnlich die Reflextheorie von Hack (1852) heran-
gezogen. Verf. macht eine direkte Sauerstoffverarmung des Blutes
dafür verantwortlich. Mit Hilfe eines von ihm konstruirten elektri-
schen Apparates kann er genau das Verhältnis zwischen der durch
Mund- und Nasenathmung eingezogenen Luftmenge feststellen. Er
fand für die Norm 4:5. Ein Mehr in der Nasenathmung — wie bei
durch Atrophien in der Nase erzeugter größerer Kanalweite — erregt
Angstgefühl. Ein Mehr in der Mundathmung ist nur durch darauf
gerichtete Willensthätigkeit möglich. Im Schlafe und ohne besondere
Intention ist in Folge der anatomischen Verhältnisse stets eine un-
genügende Luftaufnahme und damit ungenügende Oxydation des
Blutes vorhanden. Die operative Freimachung der Nase ist dess-
halb von höchster Bedeutung, und nur wenn diese aus irgend welchen
Gründen unmöglich oder ungenügend durchführbar erscheint, ist
durch Sauerstoffeinathmung, Ernährung etc. nachzuhelfen. Die Wir-
kung des Cocains erklärt sich so weniger durch seine narkotisirende
Kraft als durch Einwirkung auf die Gefäße. Die dadurch bedingte
Volumenverminderung von Geschwülsten und der Schleimhaut macht
direkt den Luftkanal weiter und somit das aufgenommene Luft-
quantum größer. ar, Roesing (Hamburg).
9) Tuffier. Chirurgie du poumon.
(Med. moderne 1897. No. 66.)
Die Lungenchirurgie ist zu sehr vernachlässigt. Genaue Dia-
gnostik und frühzeitiger Eingriff würden ihr die Zukunft sichern.
Incision und Resektion der Lunge sind bei Anwendung der Anti-
sepsis und genauer Blutstillung in weiten Grenzen ausführbar.
Nach der Thorakotomie ist, wenn die Pleurablätter nicht, wie das bei
septischen Erkrankungen die Regel, schon mit einander verwachsen
sind, zunächst die Pleura visceralis an die costalis anzunähen. Auch
Fa
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 13
akuter Pneumothorax ist so zu beseitigen. Dann ist die Resektion
der erkrankten Partie, weite Eröffnung und gute Drainage der Eiter-
höhle oder die Exstirpation der Geschwulst vorzunehmen. Man
kann sich des Messers oder des Paquelins bedienen. Die Blutung
wird durch Tamponade gestillt. T. verfügt über 306 Operationen.
29 waren aseptische, 215 septische, darunter 36 tuberkulöse Kavernen;
zwischen beiden stehen 61 Echinokokkencysten. Geheilt wurden im
Ganzen 70,9%. Bei traumatischen Blutungen hält T. die temporäre
Abklemmung oder Unterbindung der Lungengefäße für zulässig.
Wegen Tuberkulose wurde zuerst von ihm, Lowson und Doyen
operirt. (Ref. weiß aus mündlicher Mittheilung, dass v. Herff schon
früher dies versuchte.) Hinsichtlich der einzelnen Krankheitsgruppen
muss auf das Original verwiesen werden. Im Ganzen erscheinen die
Resultate T.’s, wie schon die geringe Mortalität von noch nicht 30%
ergiebt, durchaus ermuthigend. Gewiss hat er Recht, dass noch
mancher Kranke durch frühzeitigeren Eingriff hätte gerettet werden
können. Roesing (Hamburg).
10) Bernard (Paris). Faut-il admettre un pneumothorax
favorable?
(Med. moderne 1897. No. 57.)
Während Potain das Auftreten eines Pneumothorax für ein oft
günstiges Ereignis für Phthisiker erklärte, sind neuere Autoren, wie
Robin, der Ansicht, dass er stets als ungünstig anzusehen sei. B.
fand durch die Beobachtungen Czernicki’s bestätigt, dass thatsäch-
lich unter dem Drucke eines Pneumothorax Kavernen zur Verödung
und Vernarbung kommen können. Trotz des klinisch gewöhnlich
ungünstigen Verlaufs ist nach anatomischer Überlegung die eventuelle
Vortheilhaftigkeit des Pneumothorax zuzugeben. Dieser Vortheil
wird nur dann eintreten, wenn die andere Lunge im Stande ist,
die Respiration genügend aufrecht zu erhalten. In diesen Fällen
räth Verf., auch einen Versuch mit der Potain’schen Stickstoff-
einblasung in den Pleuraraum zu machen. Dieselben Bedingungen
gelten natürlich auch für den Chirurgen bei allen Eröffnungen der
Pleurahöhle. Roesing (Hamburg).
11) Duplay (Paris). Des fistules pleurales.
(Méd. moderne 1897. No. 81.)
Im Verlauf einer klinischen Vorlesung bespricht Verf., zufolge
dem Bericht von Clado, die verschiedene Behandlung der nach
Thorakocentese wegen Empyems zurückbleibenden Fisteln. Er giebt
der unter dem Namen Estlander’s gebräuchlichen Operation, die
übrigens bereits früher von Letievant in Lyon geübt, aber all-
gemein in Deutschland erst seit 1879 eingeführt sei, den Vorzug. D.
bildet für seine Person keine eigentlichen Hautlappen, sondern be-
gnügt sich mit einem langen, nach vorn konkaven Schnitt in der
14 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
vorderen Axillarlinie, von dem aus er bequemer als von den viel-
fachen Incisionen des Erfinders, 6—8 Rippen in einer Ausdehnung
von 10—12 cm entfernen kann. Bei sehr starken Schwartenbildungen,
wo die Knochenresektion nicht genügt, kann man zwischen ver-
schiedenen Methoden schwanken. Die Totalresektion der Wandung
nach Schede giebt schlechte Resultate, mehrzeitige Operation nach
L.-Championnitre scheint günstiger. Quenu empfiehlt zwischen
2 parallelen Schnitten einen ganzen Wandtheil beweglich zu machen
und durch Narbenzug zum Einsinken zu bringen. Delorme end-
lich will von der äußeren Wunde aus die Lunge manuell aus ihren
Verwachsungen lösen. Letzteres Verfahren wäre theoretisch ideal,
hat aber praktisch schlechte Resultate ergeben. Beide letztere Ver-
fahren sind aber noch ungenügend erprobt, und ein definitives Ur-
theil desshalb nicht möglich. Bei der Estlander’schen Operation
ist ausgiebige Resektion nöthig. Ein Zuviel ist weniger zu fürchten,
als ein Zuwenig. Roesing (Hamburg.
12) F. Bähr (Hannover). Zur Entstehung der Belastungs-
deformitäten.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 194. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1597.)
Der Inhalt dieses Vortrages ist den Lesern des Centralblattes
aus den früheren, auch in vorliegender Abhandlung wiederholten
polemischen Auseinandersetzungen Bis mit J. Wolff, dem gegen-
über Verf. energisch für die Drucktheorie eintritt, zur Genüge bc-
kannt. Es sei nur ein Schlusssatz hier wiedergegeben. Die Ent-
stehung der Belastungsdeformation zeigt folgende Abschnitte:
1) Mangelhafte Funktion der Versteifungen (Wirbel, Bänder etec.),
geringere Widerstandsfähigkeit des Knochens.
2) Ungünstige Druckwirkung, Deformation der Epiphyse (Höhen-
reduktion, vielleicht auch primäre Atrophie mit sekundärer Hyper-
trophie/an der konkaven Seite), der Diaphyse (Verbiegung) oder beider
gleichzeitig in verschiedenen Verhältnissen.
3) Anpassung des deformirten Knochens an die neuen statischen
Beziehungen, Heilung, welche wesentlich im Sinne des Wolff schen
Transformationsvorganges vor sich geht. Kramer (Glogau).
13) H. Engel. Zur Frage der blutigen Reposition veralteter
Luxationen in großen Gelenken.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 3.)
Repositionshindernisse für frische Verrenkungen sind Brüche,
welche die Verrenkung kompliciren, oder die Interpositionen von
Weichtheilen, Kapselresten, Muskeln, Sehnen, ferner ein schr enger
Kapselriss. Hat die Verrenkung schon längeren Bestand, so kommen
Kapselschrumpfungen hinzu mit Verwachsungen und Verknöche-
rungen, dann sekundäre Muskelverkürzungen und Verödung der ver-
lassenen Gelenkpfanne durch Bindegewebswucherungen; des Weiteren
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 15
kann der ausgetretene Gelenktheil durch Bindegewebsneubildung
oder Osteophytenwucheruug festgehalten werden, ja es kann sich
nach Weinlechner und Volkmann gar eine neue Pfanne bilden.
Eine Reihe von Repositionen gelingt übrigens noch nach langer Zeit.
Bostock veröffentlicht einen Fall, bei dem die Einrenkung noch
nach 8 Jahren gelang. Ein Zeitpunkt, von dem an die Reposition
veralteter Verrenkungen missglückt, kann nicht angegeben werden.
Vor Anwendung roher Kraft beim Repositionsverfahren wird streng
gewarnt. Einzelne bei solchen vorgekommene Ereignisse, wie Aus-
reißen des Armes, Gefäß- und Nervenabreißungen, finden Erwähnung.
Auch Todesfälle sind vorgekommen. Aus der genau zusammen-
gestellten Litteratur zeigt E., wie man allmählich die Methoden der
blutigen Reposition modificirt hat, wie man anfänglich Muskeln,
Sehnen und Bänder durchschnitt, um schließlich nach besonderer
Bevorzugung der Resektion der idealen einfachen blutigen Resektion
nach genügender Freilegung des Gelenks den Vorzug zu geben, wo-
fern diese überhaupt noch technisch möglich ist. Von 6 Schulter-
verrenkungen konnten 3 noch blutig reponirt werden. Unterlassung
der Kapselnaht und Atrophie des Deltoides spielten bezüglich des
Endresultats keine Rolle. Von 7 Ellbogenverrenkungen wurde bei
4 aseptisch verlaufenden Fällen ein vorzügliches Resultat erzielt,
welches bei 3 Fällen mit schwerer Infektion ausblieb. Die Durch-
sägung des Olekranon nach Völker und Trendelenburg mit fol-
gender Wiedervereinigung durch Silberdrahtnaht bewährte sich vor-
züglich und garantirt auch eine kurze Heilungsdauer. 2 veraltete
Hüftgelenksverrenkungen ergaben in Folge von Infektion nach dem
operativen Eingriff ein wenig befriedigendes Resultat. Verf. giebt
noch die Indikationen und Kontraindikationen für die blutige Repo-
sition an und betont zum Schluss die äußerst günstigen Resultate
bei frühzeitiger blutiger Einrichtung irreponibler Verrenkungen. Die
Arbeit enthält die ausführlichen und interessanten Krankengeschichten
der oben citirten Fälle aus der v. Bergmann’schen Klinik und
liefert einen werthvollen Beitrag zur Erkenntnis der Grenzen unserer
Leistungen auf dem wichtigen behandelten Gebiet.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
14) Nicoladoni. Daumenplastik.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 28.)
Ein vor 6 Jahren mittels besonderer Plastik von N. erfolgreich
behandelter Fall von maschineller Abschälung der Haut des ganzen
Daumens der rechten Hand, von seiner Spitze bis über die ganze
Hand, bei völliger Erhaltung des mit den Sehnen verbundenen
Skeletts des betreffenden Gliedes, wobei der Pat. eine sehr befrie-
digende Arbeitsfähigkeit erlangt hatte, veranlasste N. in zwei neuer-
dings von ihm beobachteten analogen Fällen von ausgiebiger Zer-
störung (Karbolgangrän) der Weichtheile des Daumens, dieselbe Me-
thode wieder aufzunehmen und weiter auszubilden.
16 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
Nach Abtragen aller Granulationen, guter Desinfektion wird die
Haut von der Basis des Daumens bis in die Hälfte des Thenars hinein
abgetragen, parallel jener Linie, in welcher sich die Naht des
Daumentheils eines Lederhandschuhes bewegt. Aus der Brusthaut
wird ein breitbasiger Lappen von einer dem Lederstück des Hand-
schuhdaumens nachgeformten Gestalt genommen, in sich daumen-
förmig zusammengerollt, nach Art des Handschuhdaumens zusammen-
genäht (die Schlussnaht auf die Ulnarseite!;, über den wunden Finger
geschoben und an dem Hautrand der Thenar- und Metacarpuswunde
durch sauber schließende Nähte befestigt. Fixirender Verband, ev. Gips.
Wo, wie in den Karbolgangränfällen, die Endphalanx oder noch
ein Theil der Grundphalanx zerstört ist, schlägt N. vor, vom peri-
pheren Ende der »häutigen Daumenwalze« einen centralen Tunnel-
schnitt bis zu dem erhaltenen Knochen zu machen und in diesen
ein passendes, mit Periost überkleidetes Stück von der Tibia ein-
heilen zu lassen. Nach erfolgter Einheilung und solider Vereinigung
mit der Grundphalanx soll in der Gegend des Interphalangealgelenks
eine Fraktur gesetzt und eine für die Opposition geeignete Stellung
geschaffen werden. Das Endresultat sei ein im Interphalangealgelenk
steifer Daumen. Dieses osteoplastische Verfahren gelangte indess an
den erwähnten Fällen nicht zur Ausführung, da die Pat. mit dem
erreichten Resultat bereits ganz zufrieden waren.
Als »ideale Methode« der Daumenplastik (Daumen mit Finger-
nagel und beweglichem Gelenk aus der zweiten Zehe gleichseitigen
Fußes), die auch noch nicht zur praktischen Ausführung gelangt ist,
schlägt N. folgendes Verfahren vor: Bildung einer zweckmäßigen
Manschette am verletzten Daumen, die knapp vom Knochen los-
präparirt ist und Sehnen und Gefäße enthält. Am Fuß derselben
Seite Abtrennung der ersten Phalanx der zweiten Zche nahe der
Basis unter zweckentsprechender Durchschneidung der dorsalen Sehne
und Belassung eines gut ernährten plantaren Weichtheillappens.
Dies gehörig weit von Haut entblößte proximale Ende der Zehe
sammt Sehnen werde dann in die Daumenmanschette gut adaptirt
(Knochenflächen!),. Sehnennaht; Hautnaht; Gipsverband. Durch
eine klare anschauliche Zeichnung wird das Verständnis der etwas
komplicirten Operation sehr erleichtert. N. hält diesen »etwas nach
Zukunftschirurgie klingenden« Vorschlag für ausführbar und besonders
angebracht bei Personen, welchen ein funktionsfähiger Daumen den
Lebensunterhalt bedeutet, und die noch Beweglichkeit genug haben,
die gezwungene Haltung während der Heilung zu ertragen.
Hübener (Breslau).
15) A. Jeanne (Paris). De la voùte plantaire et du pied
creux congénital par malformations osseuses.
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1597.
Eine umfangreiche, sorgfältige, anatomische und experimentell-
pathologische Studie über den Bau des Fußgewölbes und die Funk-
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 17
tionen seiner Elemente, so wie über den aus knöchernen Missbildungen
hervorgegangenen angeborenen Hohlfuß (Pes excavatus).
Die Untersuchungen über die Fußwurzelknochen bestätigen in
Allem die derzeitigen Ansichten und bringen nichts Neues vor. Da-
gegen schreibt J. den Muskeln eine große Rolle bei der Bildung und
Veränderung der Fußwölbung zu. Eine Reihe sorgfältig aufgenom-
mener und trefflich reproducirter Fußspuren bei auf einander fol-
gender Durchschneidung der Mm. peroneus longus, tibialis posticus,
der Fascia plantaris und der tiefen Ligamente stellen dies gut dar.
Der zweite Theil der These bringt den genauen Bericht über
drei anatomisch untersuchte Fälle dieser noch wenig studirten Miss-
bildung. Der »Index der Fußwölbung«, das Verhältnis zwischen
Höhe und Länge des Bogens, betrug 0,40, 0,46 und 0,50 gegen
0,27—0,30 der Norm. Der äußere Fußrand berührte nirgends den
Boden. In diesen beiden Thatsachen liegt die klinische Charakteristik
der Erkrankung. Die anatomischen Details der Knochendeformitäten
können auszugsweise nicht wiedergegeben werden; sie betreffen be-
sonders das Os naviculare und cuboideum. Die intakte Funktion
der Muskeln, die Erscheinungen der Gelenkflächen etc. ließen am
intra-uterinen Entstehen der Missbildung keinen Zweifel zu. (Ref.
möchte im Anschluss einer von ihm beobachteten Familie erwähnen,
in welcher der Großvater, zwei Söhne und drei Kinder eines der
letzteren angeborene Pedes excavati, zum Theil beiderseits, aufweisen.)
J. Sternberg (Wien).
Kleinere Mittheilungen.
(Aus dem Evang. Diakonissenhaus in Stuttgart.)
Die isolirte Fraktur der Eminentia capitata im Ellbogengelenk.
Von
Dr. Steinthal.
Wenn am unteren Humerusende die Eminentia capitata abgebrochen wird,
so pflegt dies fast immer im Zusammenhang mit dem Epicondylus externus zu
geschehen. Der isolirte Bruch der Eminentia capitata dagegen scheint eine un-
geheuer seltene Verletzung zu sein. So weit mir die Litteratur zur Verfügung
steht, habe ich nur einen einzigen derartigen Fall auffinden können, der merk-
würdigerweise vor langen Jahren ebenfalls in Stuttgart zur Beobachtung kam. In
der Zeitschrift für Wundärzte und Geburtshelfer aus dem Jahre 1853 hat Hahn
diesen Fall mitgetheilt. Der Fall findet sich dann bei Gurlt und bei Barden-
heuer in ihren bekannten Monographien angeführt, bei Bardenheuer, dem die
seltene Originalarbeit kaum vorgelegen haben dürfte, als doppelter Fall aufge-
zählt. Ich gebe desshalb noch einmal die Hahn’sche Beobachtung etwas aus-
führlicher wieder.
Eine 63jährige Hospitalitin war in betrunkenem Zustande auf der Straße ge-
funden worden. Am anderen Morgen fand Hahn den Arm in der Ellbogengegend
beträchtlich geschwollen, heiß und in einem fast rechten Winkel gebogen. Die
aktiven Bewegungen des Armes waren unmöglich, die passiven verursachten heftige
Schmerzen. Nach Abnahme der Schwellung ließ sich bei einer zweiten Unter-
suchung Folgendes feststellen: der Vorderarm konnte weder ganz gestreckt noch
18 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
ganz gebeugt werden; das Olekranon aber war an seiner normalen Stelle und mit
dem Körper der Ulna fest vereinigt, von einer Lageveränderung des Kronenfort-
satzes nichts zu bemerken, und beide Kondylen waren an ihren normalen Stellen
ebenfalls fest vereinigt mit dem Körper des Oberarmbeins, vor dem Condylus
externus war eine abnorme, rundliche, harte Erhabenheit bemerkbar, welche Hahn
zuerst für das ausgerenkte Capitulum radii hielt; weil aber dieser Erhabenheit
während der passiven Pro- und Supination keine, dagegen einer anderen unter
der ersteren gelegenen Erhabenheit eine deutliche Bewegung mitgetheilt wurde,
und sich während der Pro- und Supination zwischen diesen beiden Erhabenheiten
Krepitation wahrnehmen ließ, so nahm Hahn eine Fraktur des Halses des Radius
an, indem er die vordere Erhabenheit für das obere und die hintere für das untere
Fragment hielt. Nach 5wöchentlicher Behandlung blieb als Endresultat: die
beiden Vorsprünge vor und unter dem Condylus externus unverändert; Beugung
und Streckung des Vorderarmes sehr beschränkt, die Pro- und Supination aber
völlig frei.
Als die Pat. nach 4 Jahren starb, kam Hahn in den Besitz des Präparates,
das ich mit abbilde und von dem er folgende Beschreibung giebt:
Die Eminentia capitata ist an
ihrer Basis vom Condylus externus
und vom äußeren Rande der Trochlea
abgebrochen, nach vorn und oben
gerückt und, mit dem Condylus ext.
fast einen rechten Winkel bildend,
mit seinem oberen Rand in der für
die Aufnahme des Scheibenrandes
des Capitul. radii bestimmter Grube
durch Callusmassen befestigt. Die
Flächen dieser Fraktur, d. h. die hin-
tere der Eminentia capitata und die
vordere des Condylus externus, bil-
den eine tiefe, elfenbeinartig geglät-
tete Höhle, in welcher das Capitulum
radii aufgenommen ist. Capitulum
radii in normaler Verbindung mit der Cavitas semilunaris, eben so die Ulna mit
der Trochlea.
Der von mir beobachtete Fall hat sich nun ähnlich verhalten:
Ein 20jähriger Tagelöhner fiel am 28. Mai v. J. beim Überspringen eines Zaunes
derart auf den gebeugten rechten Ellbogen, dass er zunächst mit dem Olekranon
aufschlug, dann aber auf den Condylus externus humeri zu liegen kam, Er ar-
beitete noch einige Stunden weiter, musste aber wegen Schmerzen bis zum 31. Mai
mit der Arbeit aussetzen, machte zu Hause kalte Umschläge, arbeitete wieder vom
1.—9. Juni, an welchem Tage beim Tragen einer Last ein plötzlicher Schmerz im
rechten Ellbogengelenk ihn zwang, einen Arzt aufzusuchen. Dieser glaubte einen
Bruch des Radiusköpfchens annehmen zu sollen, legte zunächst einen Gipsverband
an, um später zur Massage so wie passiven Bewegungen überzugehen. Es blieb
aber eine mangelhafte Beweglichkeit im rechten Ellbogengelenk zurück, derent-
wegen der Pat. im Diakonissenhaus Aufnahme fand.
Status am 11. September 1897. Großer, etwas graciler junger Mann. Ganz
unbedeutende Schwellung an der Radialseite des rechten Ellbogengelenks. Aktiv
kann das Gelenk nur bis zu einem Winkel von 135° gebeugt und zu einem solchen
von nur 150° gestreckt werden. Bei der Streckung kommt eine leichte Valgus-
stellung zum Ausdruck. Das Olekranon, der Proe. coronoides, die Kondylen und
Epikondylen in ihrer normalen Lage zu einander, dagegen fühlt man in der
Ellbogenbeuge vor dem Condylus externus eine deutliche haselnussgroße knöcherne
Erhabenheit, die dem Radius sicher nicht angehört; denn man fühlt bei der un-
behinderten Pro- und Supination das Radiusköpfchen deutlich an seiner normalen
Stelle. Dagegen fühlt man bei der Pro- und Supination deutliche Krepitation vor
E
SR
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 19
dem knöchernen Körper in der Ellbogenbeuge. Dieser Körper scheint das Hin-
dernis für die unvollkommene Flexion und Extension abzugeben.
Eine Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen zeigte, wie der Radius sich an
einem in die Ellbogenbeuge hineinragenden knöchernen Vorsprung des Condylus
externus anstemmte; die Photographie hat dann diese Verhältnisse fixirt.
Da der Radius mit dem Maßband eine Verkürzung nicht nachweisen ließ,
nahm ich statt einer Radiusfraktur eine Absprengung am Condylus externus an,
welche das Hindernis für die Flexion und Extension abgab, und beschloss das-
selbe auf operativem Wege zu entfernen.
Operation 22. September 1897. Chloroformnarkose, Blutleere. Eröffnung des
Radio-Humeralgelenks von einem äußeren 10 cm langen Längsschnitt zeigt, dass
das Capitulum radii unversehrt ist, aber nicht mit der Gelenkfläche der Eminentia
capitata in Berührung steht; diese ist vielmehr nach vorn und oben am Condylus
externus disloeirt und an ihrem neuen Standort durch Callusmassen festgehalten.
Auf der hinteren Gelenkkapsel liegen einige granulöse Wucherungen. Die Rei-
bung bei Pro- und Supination kommt dadurch zu Stande, dass der Radiuskopf
an dem Callus unterhalb der dislocirten Eminentia reibt.
Meißelresektion der dislocirten Eminentia so wie des Radiusköpfchens, so
dass ein Knochenzwischenraum von 2 cm entsteht und damit einer Ankylose vor-
gebeugt wird. Tamponade des Gelenks mit steriler Gaze, Schluss der Wunde mit
Seidennähten.
Der Wundverlauf war ein völlig ungestörter, am 30. September wurde schon
vorsichtig mit aktiven und passiven Bewegungen begonnen; nach einigen unbedeu-
tenden Zwischenfällen, wie leichte Schmershaftigkeit und Schwellung im Gelenk,
ist das derzeitige Resultat, dass der Arm über einen rechten Winkel hinaus flek-
tirt werden kann, während die Streckung bis zu 160° geht, also eine wesentliche
Verbesserung gegen früher.
Hahn giebt als Erkennungsmerkmale für diese isolirte Absprengung der
Eminentia capitata an:
1) Beide Kondylen, das Olekranon und der Processus coronoides befinden sich
an ihrer normalen Stelle und sind mit den Schäften der betreffenden Knochen fest
vereinigt.
2) Passive Beugung und Streckung des Vorderarms sind nicht ganz gehindert.
Die Pro- und Supination der Hand ist frei.
3) Vor dem Condylus externus ist eine abnorme rundliche, harte Erhabenheit,
welche, wie bei Pro- und Supination wahrzunehmen ist, dem Radius nicht an-
gehört.
4) Das Capitulum radii steht hinter dieser Erhabenheit.
5) Während der Pro- und Supination ist mittels der an die abnorme Erhaben-
heit und das Capitulum radii gelegten Finger eine Krepitation wahrzunehmen.
Alle diese Merkmale waren in dem von mir beobachteten Falle da, und ich
habe die ganz genaue Diagnose nur desswegen nicht gestellt, weil ich die Hahn-
sche Arbeit erst nachträglich gelesen habe. Ich bin allerdings der Diagnose etwas
näher gekommen wie Hahn und der Kollege, welcher den 2. Fall vor mir unter-
sucht hat. Beide hatten eine Fraktur des Radiusköpfchens angenommen, ich wurde
vor diesem Irrthum durch die genaue Palpation, die Messung des Radius und die
Durchleuchtung des Gelenkes bewahrt. Da beide Beobachter eine Radiusfraktur
anzunehmen sich berechtigt glaubten, so ist wohl damit ein Wink gegeben, dass
diese Verletzung in erster Linie differentialdiagnostisch in Betracht kommt. Die
Entscheidung kann bei frischer Verletzung, wenn ein Abtasten durch Schwellung
verhindert ist, zunächst unmöglich werden. Nach Ablauf der Schwellung würde
man neben genauer Messung und Palpation vielleicht folgende Anhaltspunkte
haben:
1) Bei Bruch des Capitulum radii liegt das abgesprengte Knochenstück mehr
oder weniger in der Achse des Radius.
20 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
2) Bei Bruch des Radiushalses kommt es auch vor, dass man in der Ellbogen-
beuge eine knöcherne Hervorragung findet, aber die Pro- und Supination ist be
hindert.
Da mein Fall gans dieselben Merkmale wie der Hahn sche Fall dargeboten
hat, so ist man gewiss berechtigt, die von Hahn angegebenen Merkmale als
pathognomonisch anzusehen und von einer typischen Fraktur der Eminentia capi-
tata zu sprechen.
Bei meinem Pat. ist die Verletsung dadurch zu Stande gekommen, dass er
bei gebeugtem Ellbogengelenk auf den Condylus externus Bel, Hahn vermuthet,
dass seine Kranke bei ganz gestrecktem Arm auf die Hand gefallen ist, dass der
Stoß auf das Capitulum radii übertragen wurde, und dieses mit dem hinteren Theil
seines Scheibenrandes gegen den hinteren Rand der }minentia capitata so stark
anstieß, dass diese durch die Gewalt des Stoßes vom Condylus getrennt und nach
vorn und oben getrieben wurde. Es scheint mir nicht gans wahrscheinlich, dass
eine total Betrunkene in dieser Weise hinfällt, so dass ich, nicht um die völlige
Analogie des Hahn’schen Falles mit dem meinigen herzustellen, sondern aus
Gründen größerer Wahrscheinlichkeit, behaupten möchte, auch die Hahn’sche
Pat. ist mit gebeugtem Arm hingefallen: wenn dann der Stoß von außen und
hinten kommt, wird das abgesprengte Knochenstück nach vorn und oben in die
Ellbogenbeuge getrieben.
Hahn hält es nicht für möglich, das so verschobene Knochenstück zurückzu-
bringen und an seiner richtigen Stelle durch einen passenden Verband festzuhalten.
Ich würde gegebenen Falles doch den Versuch in Narkose machen, natürlich bei
stark flektirtem Ellbogen, um das Gelenk an seiner Vorderfläche zu entspannen.
Bei fruchtlosen Versuchen ist die blutige Entfernung des abgesprengten Knochen-
stückes geboten, da sonst eine achwere Funktionsstörung entsteht.
Noch ein Punkt scheint mir an meinem Fall erwähnungswerih. Der Pat. hat
unmittelbar nach der Verletzung weiter gearbeitet, dann für einige Tage ausgesetzt,
um wieder für 9 Tage die Arbeit aufzunehmen; dann musste er sie plötzlich ein-
stellen wegen Bewegungsbehinderung des Armes. Die einzige Erklärung hierfür
ist, dass das losgesprengte Knochenstück zuerst noch Bewegungen durch seine
eigene Beweglichkeit gestattete und dann erst sich festgekeilt hat.
(Aus der chirurg. Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals zu Breslau. Primärarzt:
Sanitätsrath Dr. Riegner.)
Zur Kasuistik der durch Gonokokken hervorgerufenen para-
artikulären Phlegmonen.
Von
Dr. Rudolf Meyer, Assistenzarzt.
Durch vielfache Beobachtungen, erst in jüngster Zeit wieder von Rind-
fleisch und Nasse, ist der Gonococcus als der Erreger der die Gonorrhoe so
häufig komplieirenden Gelenk- und Sehnenscheidenentzündungen nachgewiesen
worden. Seltener, aber nicht minder theoretisch wichtig ist der Nachweis, dass
der Gonococcus auch im Stande ist, im Bindegewebe zur Abscessbildung zu führen.
Allein in vielen diesbezüglichen Fällen handelt es sich um Pseudoabscesse, um
Eiteransammlungen in präformirten epithelbekleideten Höhlen, wie Jadassohn
nachgewiesen hat. Als einen Fall, in welchem eine derartige Täuschung auszu-
schließen ist, und der Gonococeus allein im Bindegewebe zur phlegmonösen Ge-
webseinschmelzung geführt hat, erlaube ich mir folgende Beobachtung mitzu-
theilen :
Der 31jährige Arbeiter Carl M. wurde am 5. Mai 1897 in die chirurgische
Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals aufgenommen. Pat. war früher angeblich
stets gesund, hat nie Lues, nie Gonorrhoe gehabt. Die Eltern sind an unbe-
kannter Ursache gestorben; Pat. selbst ist verheirathet, hat 3 lebende gesunde
vw
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 21
Kinder. Die Frau habe nie abortirt. Die Kinder hatten bei der Geburt kein
Augenleiden.
Das jetzige Leiden des Pat. begann am 26. April damit, dass die schon seit
mehreren Tagen existirenden leichten Schmerzen im linken Arme so stark wurden,
dass er nicht weiter arbeiten konnte. Eine Behandlung in einer hiesigen Poli-
klinik war ohne Erfolg.
Status: Ziemlich erhebliche Schwellung der Gegend des linken Ellbogens.
Oberhalb des Gelenkes, an der Innenseite des Oberarmes, ist die Haut ödematös,
leicht geröthet. An dieser Stelle auf Druck lebhafter Schmerz. Fluktuation nicht
deutlich fühlbar. Die Knochenvorsprünge sind gut abtastbar, doch erscheint der
Condylus internus etwas verdickt und auf Druck empfindlich. Erguss im Gelenk
ist nicht nachweisbar, alle Bewegungen im Gelenk sind allerdings unter Schmerzen
ausführbar.
Temperatur subfebril.
Die Untersuchung der inneren Organe ergiebt völlig normalen Befund. Aus
der Urethra, auch auf Druck, kein Ausfluss.
Da unter feuchten Verbänden und Ruhigstellung keine Besserung erzielt wird,
vielmehr das Ödem zunimmt, und deutliche Fluktuation in der Tiefe fühlbar wird,
wird unter Schleich’scher Anästhesie eine 8 cm lange Incision an der Innenseite
des Oberarmes gemacht. Man kommt auf gelblich verfärbte, schmierige Granula-
tionen, die mit einzelnen Eitertröpfchen durchsetzt sind. Kein direkter Zusam-
menhang mit dem Gelenk nachweisbar. Ausschabung der Granulationen, Tam-
ponade, Schienenverband.
Im Ausstrichpräparat aus diesen Granulationen fanden sich nun zahlreiche,
gelapptkernige Leukocyten, welche dicht mit Diplokokken erfüllt waren. Diese
letzteren erwiesen sich nach Form und Färbbarkeit (Entfärbung nach Gram) als
typische Gonokokken. Es gelang ferner, aus diesen Granulationen auf Rindermilz-
Hydrocelenagar typische Reinkulturen von Gonokokken zu züchten, während
Ausstriche auf Agar und Glycerinagar steril blieben. Die Gonokokken ließen sich
mehrere Generationen hindurch in Reinkultur weiterzüchten.
Ein Theil der Granulationen wurde in Alkohol gehärtet und, in Celloidin ein-
gebettet, geschnitten. Färbung mit dünner Thiosinlösung, so wie mit Borax-
Methylenblau. Das mit zahlreichen Blutungen durchsetzte Granulationsgewebe
enthielt vielfache große epithelioide Zellen und Leukocyten mit gelappten Kernen,
aber keine Riesenzellen. Die Gonokokken fanden sich nie frei im Gewebe, son-
dern stets in den gelappte Kerne enthaltenden Leukocyten.
Die nun abermals vorgenommene Untersuchung der Urethra ergab auch hier
bei fehlendem Ausfluss doch vereinzelte gonokokkenhaltige Eiterkörperchen. Nach
einigen irritirenden Injektionen in die Urethra trat florider, massenhaft gonokokken-
haltender Ausfluss ein, der später mit Argonineinspritzungen zum Schwinden ge-
bracht wurde.
Der weitere klinische Verlauf war unkomplieirt. Der Abscess heilte langsam
aus, und es blieb bei der Entlassung des Pat. am 12. Juli 1897 nur eine geringe
Bewegungsstörung. Die Temperatur hatte nie 38,6 überschritten. Als ich den
Pat. mehrere Monate später nachuntersuchte, fand ich eine glatte, verschiebliche
Narbe; die Bewegung war kaum behindert. Die Röntgen-Durchleuchtung ergab
absolut normale Verhältnisse im Gelenk.
Der Fall lässt wohl nur die Deutung zu, dass es sich um eine Gonokokken-
ınetastase im Ellbogengelenk handelte; aus dem Gelenk sind dann die Gonokokken
in das paraartikuläre Gewebe hineingewachsen und haben hier im Bindegewebe zur
Einschmelzung und Granulationsbildung geführt. Auf die Häufigkeit der para-
artikulären Phlegmonen bei gonorrhoischer Arthritis hat König hingewiesen;
dass diese Phlegmonen nicht sekundäre sind, sondern selbst den Gonokokken, und
zwar den Gonokokken allein ihre Entstehung verdanken können, dafür bietet
unser Fall ein Paradigma.
22 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
16) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
89. Sitzung am Montag, 12. Juli, 1897 im kgl. Klinikum.
Vorsitzender: Herr J. Israel.
1) Herr Maass: Vorstellung einer operativ behandelten Spina
bifida occulta.
Ein 3 Jahre altes Mädchen zeigt eine seit der Geburt bestehende spastische
Parese beider Beine; dieselben stehen in den Hüftgelenken abdueirt und nach
außen rotirt; die Motilität links beeinträchtigt, Stehen und Gehen nur bei Unter-
stützung unter den Armen möglich, beide Füße stehen in starker Valgusstellung.
Am linken Bein bestehen trophische Störungen: der linke Fuß und Unter-
schenkel ist im Wachsthum zurückgeblieben, die Haut ist kühl und blauroth, Die
grobe Sensibilität ist nicht gestört, die elektrische Reaktion der Muskeln und
Nerven für beide Stromarten gut erhalten.
Als wahrscheinliche Ursache der Lähmung findet sich eine Spaltbildung der
Wirbelbögen, die äußerlich durch eine dem 12. Brustwirbel entsprechende Hyper-
trichosis gekennzeichnet ist. Hier fühlt man sehr deutlich den 1 cm breiten,
genau median gelegenen Spalt des Wirbelbogens. Die Lendenwirbelsäule ist von
hinten her durch eine flache, über thalergroße, solide Geschwulst bedeckt, von
der sich die Haut des Rückens leicht abheben lässt; die letztere zeigt keinerlei
narbige Veränderung.
Im Übrigen ist das Kind gesund und körperlich wie geistig gut entwickelt.
Die bisherige Behandlung der Lähmung (Massage und Elektrisiren! blieb erfolglos.
Naheliegend ist die Annahme einer Kompressionsmyelitis; es wird desshalb die
probatorische Freilegung des Wirbelspaltes beschlossen.
Operation am 5. Oktober 1896.
Lappenschnitt vom 12. Brust- bis 1. Kreuzbeinwirbel. Exstirpation der vorher
erwähnten Geschwulst; dieselbe liegt subkutan und erweist sich als reines Lipom;
sie ist durch eine breite fibrösmuskulöse Platte von dem eigentlichen Defekt der
Wirbelsäule getrennt; dieser Defekt erstreckt sich vom 12. Brustwirbel bis zum
5. Lendenwirbel und klafft in der Mitte fast 3 cm. Die in dieser Ausdehnung den
Rückgratkanal nach hinten abschließende fibrösmuskulöse Platte (Membrana reuniens
posterior?) zeigt mehrere querverlaufende tiefe Furchen, die tiefste in der Mitte
des Defekts, da wo sie am straffsten die klaffenden Wirbelbögen überbrückt.
Das Band wird der Länge nach am linken Rande des Defekts durchtrennt,
bis sich die Furchen vollkommen ausgleichen; die unsichtbaren Rückenmarkshöhlen
werden nicht eröffnet. — Hautnaht über Jodoformtampon. Glatter Wundverlauf.
Heilung in 14 Tagen.
Jetzt — Me Jahr nach der Operation — ist als Effekt derselben zu konstatiren:
die spastische Parese ist vollkommen gewichen, und das Kind kann ohne jede
Unterstützung stehen und gehen, ohne in den Kniegelenken einzuknicken; die
Stellung der Beine ist freilich noch keine ganz normale, hat sich aber auch ge-
bessert. `
Keine Besserung zeigen die trophischen Störungen am linken Bein; die
Weachsthunisdifferenz zwischen beiden Füßen ist sogar deutlicher als früher.
Wahrscheinlich bestand neben der Kompression des Rückenmarkes eine Läsion
der trophischen Centren in den Vorderhörnern, worauf die Operation keinen Ein-
fluss haben kann.
Ein analoger Eingriff wie im vorliegenden Falle ist bereits von Jones (Brit.
med. journ. 1891) bei einem 22jährigen Manne wegen spastischer Lähmung beider
Beine in Folge Spina bifida occulta — ebenfalls mit gutem Erfolge — ausgeführt
worden.
Es dürfte daher in den Fällen von Spina bifida occulta, wo die Symptome auf
eine Rückenmarkskompression deuten, ein operatives Vorgehen indicirt sein.
to
ne EAN
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 23
2) Herr Steiner: Vorstellung eines operativ geheilten Falles von
doppelseitigem Lungenechinococcus mit Leberechinocoocus.
Ein junges Mädchen, seit 3 Jahren magenleidend, fühlte seit etwa 1/2 Jahr
Druck in der Lebergegend, litt an Husten und Auswurf. Die Leber reichte bis
zur Nabelhorizontalen, war druckempfindlich; über der Lunge links hinten Däm-
pfung, das Athemgeräusch abgeschwächt, über der übrigen Lunge verschärft; das
Herz nach rechts verdrängt. Bei geöffnetem Munde war ein schwirrendes Geräusch
synchron mit der Hersthätigkeit hörbar.
Die Probepunktion links hinten ergab eine die charakteristischen Echino-
kokkenhäkchen enthaltende Flüssigkeit. Pat. war vom Lande und vielfach mit
Hunden in Berührung gekommen.
Bei der vor 1!/g Jahre vorgenommenen Operation (Prof. Israël) wurde nach
Spaltung der Bauchdecken der Leberechinococcus eingenäht, incidirt; dabei ge-
langte man in eine zweite Blase und nach deren Eröffnung in den subphrenischen
Raum.
Resektion der 7. und 8. Rippe links hinten, Annähen der kostalen an die
pulmonale Pleura in Kreisform und Incision der Lunge innerhalb der Nahtgrenze.
— Nunmehr wurde aus dem linken Lungenflügel eine Echinokokkenblase von
Harnblasengröße entfernt; die Höhle füllte sich bald mit Lunge. Das früher vor-
handen gewesene akustische Phänomen war sofort verschwunden. 6 Wochen später
bekam die Pat. Stiche und eine Dämpfung rechts hinten unten; eine Punktion
ergab Echinococeusflüssigkeit, hatte aber eine äußerst bedrohliche Athemnoth zur
Folge, in deren Anschluss die Pat. Echinococcusflüssigkeit aushustete. Schließlich
bekam die Pat. eine langdauernde Bronchopneumonie des rechten Unterlappens,
mit deren Heilung auch der Echinococcus verschwunden war. — Interessant war
an dem Fall das durch Verwachsung des Herzbeutels mit dem Echinococeussack
erzeugte akustische Geräusch.
Bei der sich anschließenden Vorstellung der Pat. macht Herr Israël darauf
aufmerksam, dass die rechte Thoraxhälfte, wo nicht operirt, sondern punktirt
wurde, etwas geschrumpft ist, während dies an der operirten Seite nicht zu be-
merken ist.
3) Herr J. Israöl: Pathologie und Therapie der primären Nieren-
tuberkulose.
In der Frage der Nierentuberkulose galt lange Zeit allgemein der Satz, dass
die Erkrankung der Niere von der Blase aufsteige (Guyon).
Neuerdings hat sich indess als zweifellos erwiesen: es giebt eine primäre
Nierentuberkulose. Unter 21 von I. operirten Nierentuberkulosen waren 16 sichere
primäre. Es kommt sogar neben Hodentuberkulose eine primäre Nierentuberkulose
vor — ohne Blasentuberkulose, wie I. an 3 Fällen nachweisen konnte.
Primäre Nierentuberkulose ist sogar häufig — 10% aller Nierenoperationen
wurden von I. vorgenommen wegen dieser Erkrankung. Beweis dafür: sofortige
Gesundheit nach Exstirpation der erkrankten Niere. 30% aller eitrigen Processe
der Niere sind tuberkulöser Natur, vielleicht ist ihre Zahl noch größer; auffallend
häufig sind Frauen davon befallen, unter 16 Pat. befanden sich 12 Frauen.
Am häufigsten findet sich die Erkrankung zwischen dem 3. und 4. Decennium.
Gegenstand der Operation sind nur die chronischen Fälle; wichtig ist die That-
sache des vorwiegend einseitigen Auftretens; nur selten (12%) ist die Erkrankung
doppelseitig.
I. unterscheidet mehrere Formen, zunächst eine käsig-kavernöse Form (81%).
Demonstration von Präparaten. Unterschied von einfachen Pyonephrosen. In
späten Stadien der Erkrankung allerdings verwischen sich leicht die Unterschiede,
und es ist dann schwer, die tuberkulösen Formen von der Pyelonephrose zu unter-
scheiden; denn auch bei nicht tuberkulösen Erkrankungen kommen ja eitrige Ein-
schmelzungen des Parenchyms vor (Steine etc.).
Der Ort der ersten Entstehung ist die Grenze zwischen Mark und Rinden-
sıbstanz, besonders an den Polenden, meist am unteren Pol, als Partialerkrankung
24 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
beginnend und da lange Zeit stationär bleibend; daher genügt in manchen Fällen
die Amputation einzelner Partien der Niere (von I. mit dauerndem Erfolge aus-
geführt). Die kavernöse Erkrankung giebt die besten Erfolge. Mit ihr kombinirt
sich häufig eine Sklerosirung der Hüllen; die dadurch entstehende Schwarte kann
so stark werden, dass sie als Tumor imponirt, sie führt zur Aufhebung der respi-
tatorischen Verschieblichkeit der Niere. Das Parenchym der Niere lässt sich aber
in allen Fällen von der Kapsel leicht trennen; daher ist selbst bei ausgedehntesten
Verwachsungen die subkapsuläre Enukleation möglich.
Perinephritische Abscesse können entweder durch Einbruch eines Nierenherdes
in das perinephritische Gewebe entstehen, oder bei intakter Capsula propria auf
dem Wege der Lymplıgefäße. Es ist somit nothwendig, bei allen »Perinephritiden«
die Niere frei zu legen und genau nach einem Herde im Parenchym zu suchen.
Eine zweite Form wird mitunter angetroffen als primäre tuberkulöse Ulcera-
tion der frei in die Kelche hineinreichenden Papillenspitzen, eine Form, die be-
sonders gern zu profusen Nierenblutungen führt.
Eine dritte sehr seltene Erkrankungsform zeigt zahlreiche Knoten von Sand-
korn- bis Erbsengröße, welche die ganze Niere durchsetzen, ohne Erweichung zu
verursachen, in ihrer reihenweisen Anordnung makroskopisch dem Bilde der als
surgical kidney bekannten Form sehr ähnelnd. Die Prognose dieser Art ist un-
günstig, die Pat. sterben in der Regel an Tuberkulose entfernter Organe. Ist die
Erkrankung sich selbst überlassen, so greift sie auf die harnableitenden Organe
weiter; die Ureterwandung zeigt dann sklerotische und Verdickungszustände. Bei der
sekundären Blasentuberkulose wird, wie cystoskopisch nachweisbar, zuerst in der
Regel das Ostium uretericum befallen. Unter 21 Operationen von Nierentuber-
kulose fand I. die Blase ilmal erkrankt. — Die Blasentuberkulose giebt keine
absolute Kontraindikation gegen die Nephrektomie, um so mehr, da durch die Eli-
mination des Nierenherdes die Blasenbeschwerden oft günstig beeinflusst werden.
Von großer Wichtigkeit ist die Beschaffenheit der anderen Niere (unter 16 Fällen
fand sich 2mal eine doppelseitige Erkrankung). — Amyloid und Nephritis stehen
dabei im Vordergrunde. Die Frage der Miterkrankung auch der anderen Niere ist
durch den Ureterkatheterismus nicht mit großer Sicherheit lösbar, denn s. B. wird
Eiweiß bei krankhaftem Zustand einer Niere (Eiterstauungen) auch von der an-
deren abgesondert. Da bei Nierentuberkulose nur wenig Eiweiß im Urin erscheint,
lässt sich aus dem Eiweißgehalt ein unanfechtbarer Schluss nicht ziehen —
höchstens kann der Befund von Tuberkelbaecillen Nierentuberkulose mit Wahr-
scheinlichkeit annehmen lassen; leider findet man aber bei primärer Nierentuber-
kulose ohne Blasentuberkulose sehr selten Bacillen. — Das Zusammenvorkommen
von Tuberkulose der Nieren und der Hoden bei intakter Blase und Ureter zeigt,
dass die Erkrankung auf hämatogenem Wege entstanden ist, nicht durch direkte
Propagation.
Die klinischen Symptome bestehen in mannigfachen Störungen der Urinent-
leerung (gewöhnlich als Blasenkatarrh gedeutet), und zwar in gesteigerter Häufig-
keit der Miktion und gebieterischem Drang zum Urinlassen, außerdem in leichtem
Brennen bis zur Schmerzhaftigkeit bei der Urinentleerung; seltener finden sich
Schmerzen in der Nierengegend selbst, oder fieberhafte Nierenkoliken, unter
16 Fällen fand sich Amal Hämaturie, meist nur von kurzer Dauer, imal aber
in dem Falle primärer Ulceration der Papillenspitzen 4 Wochen lang in profuser
Weise anhaltend.
Die Blasenstörungen haben ihren Grund nicht immer in der Erkrankung der
Blase, sondern sind als Irradiationserscheinungen seitens der Niere zu deuten;
eine etwaige Gesetzmäßigkeit zwischen den Blasenbeschwerden einerseits und der
Schwere der Erkrankung der Nieren andererseits besteht nicht.
I. verfügt über 21 operirte Fälle (Nephrektomien und Resektionen) mit 8 Todes-
fällen, unter denen die 3 unmittelbaren Todesfülle auf Rechnung von Shock,
Amyloid, chronische Nephritis der anderen Niere, die 5 entfernten Todesfälle auf
Tuberkulose anderer Organe zu setzen sind, welche nach Heilung der Operation
zum tödlichen Ausgange führte.
ES
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 25
Die Nephrotomie (nach Guyon) schafft nur temporäre Besserung, erfordert
meist doch sekundăre Nephrektomie, zeigt fast dieselbe Mortalitätsziffer wie die
primäre Nephrektomie und sollte nach I's Ansicht nur vorgenommen werden bei
doppelseitiger Erkrankung, ferner da, wo ein schnelles Operiren geboten ist.
Alle Fälle La, bei denen der Process noch auf die Niere beschränkt war, sind
dauernd geheilt geblieben (Beobachtung bis zu 9 Jahren).
Herr Karewski:
1) Ausgedehnte Rippenresektion bei Peripleuritis.
Die vorgestellte Pat. hatte seit Jahren über linksseitige Schmerzen im Thorax
geklagt, ohne dass objektiv eine Ursache auffindbar gewesen wäre. Vor (D Jahre
Pleuritis sinistra, die zwar zur Ausheilung kam, aber eine Dämpfung links hinten
unten surückließ. Dauernde Schmerzen. Wiederholte Probepunktionen negativ.
Vor 1 Jahre Bildung einer kleinen fluktuirenden Geschwulst vorn im 10. Inter-
kostalraum in der Mammillarlinie.
Die Operation zeigt ausgedehnte peripleurale käsige Wucherungen, die die
Resektion der 11., 10., 9. und 8. Rippe fast in ganzer Länge nöthig machen und
schließlich in eine kleine Lungenkaverne führen, von der aus der ganze Process
seinen Ausgang genommen hatte. Nirgends war flüssiger Eiter nachweisbar,
überall lagen die krankhaften Massen direkt den Muskeln, in welche sie auch
hinein sich erstreckten, so wie den Rippen auf.
Nach wiederholter Auskratzung dauernde Heilung.
2) Echinokokken der Bauchhöhle.
K. stellt 2 Fälle von geheilten Echinokokken der Bauchhöhle vor. Er hat in
den letzten Jahren 7 Fälle von Echinococcus der Leber und Bauchhöhle operirt,
über die er demnächst anderweit zu berichten gedenkt.
90. Sitzung am 8. November 1897 in der kgl. Charite.
Vorsitzender: Herr König.
1) Herr Sonnenburg: Vorstellung eines Knaben, an dem die Pyloro-
plastik vorgenommen wurde.
Der Knabe war bis sum 5. Jahre gesund gewesen, hatte dann Masern,
Scharlach und danach einen sehr schweren Magenkatarrh durchgemacht, der mit
häufigem, oft stundenlang anhaltendem Erbrechen und allmählich sich ausbildender
Magenerweiterung einherging. Er war mit Magenausspülungen behandelt, gastro-
skopisch (von Dr. Rosenheim) untersucht, und eine Pylorusstenose mit starker
Magenektasie — der aufgeblasene Magen füllte beinahe die ganze Bauchhöhle aus
— festgestellt worden, nur war es fraglich, welcher Natur dieselbe sei (Narbe,
Geschwür, Knickung oder dgl.).
Bei der Operation zeigte sich in der Gegend des Pylorus eine 6—8 cm breite,
dicke, tumorartige Schicht ohne Verwachsungen in der Umgebung, keine Narben-
bildung im Innern oder Geschwüre in der Schleimhaut, dagegen eine starke mus-
kuläre Hypertrophie, die Schleimhaut zu dicken Wülsten verändert. Der Pylorus
war nur für eine feine Sonde durchgängig. — Nach der Operation, Pyloroplastik,
bildete sich die Ektasie zurück, nur ist der Bauch immer noch sehr stark. (Vor-
gestellt 2 Monate nach der Operation.) In so jugendlichem Alter ist die Opera-
tion, wie es scheint, noch nicht ausgeführt worden. In diesem Falle muss es sich
um eine angeborene Pylorusstenose gehandelt haben, die allerdings erst spät Er-
scheinungen machte.
2) Herr König ist in der Lage, ein Unicum — einen Fall von doppel-
seitiger Luxation der Peroneussehne — vorzustellen.
Ein Officier erlitt durch eine Verdrehung des Fußes eine Luxation der Sehne
des Peroneus der einen Seite und, als sie geheilt war, auch — beim Reiten —
der anderen Seite.
Beide Male wurde von K. nach seiner Methode unter Anwendung einer
26 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
Knochenlappenbildung für die Sehnen eine neue Lage geschaffen, in der sie sich,
gut funktionirend, auch erhielten.
3) Danach stellt K. mehrere Pat. vor, bei denen Darmresektion und
Naht unter ungewöhnlichen Verhältnissen vorgenommen worden war.
An einer 50jährigen Frau, bei der das Vorhandensein von tuberkulösen Strik-
turen vermuthet wurde, nahm K. eine Laparotomie vor: ein vorliegendes, kolossal
gefülltes Darmstück schien mit Scherben gefüllt, die Striktur aber war keine harte
Geschwulst, nicht tumorartig. K.resecirte ein 20 cm langes Stück Darmrohr, das
mit Massen von allen nur möglichen Kernen: Pflaumen, Äpfeln, Kirschen, Birnen,
erfüllt war. An dem exstirpirten Stück konnten tuberkulöse Veränderungen nicht
nachgewiesen werden, die zahlreich vorhandenen polypösen Wucherungen — De-
monstration des Präparats — hält K. für entzündlicher Natur. K. hebt hervor,
dass er bei der Darmnaht Knöpfe irgend welcher Art nicht anwendet, sich der
Czerny’schen Methode der Vereinigung der Darmenden bedient und sein Haupt-
augenmerk auf Exaktheit der Naht des Mesenterialtheiles legt.
In einem anderen Falle (30jährige Frau, die vor 2 Jahren wegen Gallenstein-
kolik operirt war, wobei 70—80 Steine entfernt wurden) sah sich K. veranlasst,
erneut eine Laparotomie vorzunehmen, da die wieder auftretenden Beschwerden
eine Stenose des Darmes resp. einen Tumor vermuthen ließen.
Nach Lösung zahlreicher Adhäsionen zwischen Gallenblase (dieselbe war leer),
Leber, Colon, Netz, fand K., dem Colon aufsitzend, einen Tumor ‚Carcinom), der
entfernt wurde. Die Frau wird, geheilt, vorgestellt.
Interessant sind die 2 nachfolgenden Fälle wegen der Frage der Nachbehand-
lung, d. h. ob Schluss oder Tamponade der Bauchwunde angezeigt ist?
Eine an Gallensteinkoliken leidende Frau war von K. wegen eines gänseei-
großen, mit den Bauchdecken verwachsenen Tumors operirt worden: man war
dabei in eine mit Eiter und Gallensteinen gefüllte Höhle gelangt, aus der sich
beinahe Us Jahr lang fortdauernd Steine entleerten. Als die Fistel nahe daran
war, sich zu schließen, entleerte sich aus ihr Koth (Diekdarmkoth.. Die operative
Entfernung derselben war wegen der zahlreichen Verwachsungen und der Tiefe —
sie reichte bis nahe an die Wirbelsäule — äußerst mühsam; nach Umschneiden
der Fistel und Naht der Diekdarmwunde nahm K. nur eine Tamponade der Bauch-
wunde vor; die Gefahr eines eventuell entstehenden Bauchbruches erachtet er für
durchaus nicht bedeutend.
Ein 30jähriger Pferdeknecht erlitt einen Huftritt gegen einen seit Jahren be-
stehenden Leistenbruch. Bei der Operation — 2 Stunden nach der Einklemmung,
resp. nachdem die Verletzung stattgefunden — entleerte sich ein entsetzlicher
Geruch aus dem Bruchsack, der Darm war aber völlig intakt. Sollte nun die
Schlinge versenkt werden oder nicht? K. that das Erstere. 4 Wochen lang ganz
guter Verlauf.
Allmählich indess stellten sich Stenosenerscheinungen, Kolikanfälle, hart-
näckige Verstopfung ein, so wie Auftreten eines Tumors am Poupart’schen Bande.
Laparotomie über der Höhe der Geschwulst, von der Symphyse über den
Rectus nach dem Rippenrande.
Nach Durchtrennung einer derben Schwarte Entleerung eines Abscesses mit
kothigem Eiter; die Sonde dringt in ein Darmstück; Lösung der Schlinge, Um-
schneiden der stenotischen Stelle, Resektion eines 20 cm langen Stückes (Dick-
darm).
Auch in diesem Falle ließ K. die Bauchwunde offen und ist mit dem gün-
stigen Resultat äußerst zufrieden.
In der Diskussion erwähnt Herr v. Bergmann, dass der unlängst von
Dr. Frank aus Chicago in der Berliner medicinischen Gesellschaft demonstrirte
Knopf aus einem decaleinirten Knochenstück mit einem darüber gezogenen Drain-
rohr bestehe. — Thierversuche, die zur Zeit von seinen Assistenten angestellt
würden, würden den Werth oder Unwerth dieses Knopfes resp. dieser Methode
klarstellen.
TER
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 27
Er ist ebenfalls der Meinung, dass die Tamponade der Bauchwunde in zahl-
reichen Fällen sehr vortheilhaft sei und erwähnt, dass sie von ihm auch geübt
werde — wie das überzeugend Fälle bewiesen, in denen sich beim Verbandwechsel
mit Entfernung des Tampons Koth aus der Wunde, d. h. undichten Stellen des
regecirten Darmes entleerte.
Herr Israël hat die Tamponade ebenfalls häufig geübt und ersetzt das ver-
loren gegangene Peritoneum mit Prolaps der Därme durch Ausbreiten einer Jodo-
formschürse.
Herr Sonnenburg ist gleichfalls Anhänger der Bauchtamponade und wendet
ebenfalls bei drohendem Prolaps die Schürzentamponade an. Er benutzt dazu die
von Cred& angegebene Silbergaze mit gutem Erfolg.
Herr v. Bergmann meint, dass bei ausgedehnten Darmvorfällen die Schürze
nicht viel helfen könn e.
4) Herr A. Köhler: Überpflanzung granulirender Flächen mit
Lappen nach Thiersch.
K. berichtet über die auf der Nebenabtheilung für äußerlich Kranke in der
Charite gemachten Erfahrungen mit der Thiersch’schen Transplantation. Zuerst
mehr zufällig, seit 1 Jahr, nachdem Schnitzler, Ewald, Auerbach, Jott-
kowitz und Schultheis ihre Erfolge berichtet hatten, wurde planmäßig so
transplantirt, dass die abgeschälten Streifen direkt auf die nicht angefrischte Ge-
schwürsfläche gelegt wurden. Trotz der großen Zahl von Unterschenkelgeschwüren,
die auf der genannten Abtheilung zur B>handlung kamen (jährlich ca. 350) giebt
es doch nur wenige Fälle, die sich zur Transplantation eignen; es ist aber nöthig,
sich auf diese zu beschränken, weil man sonst Misserfolge erlebt. Die Läppchen
heilen entweder gar nicht an, oder die Narbe des so verheilten Geschwürs bricht
bald wieder auf. Geschwüre nach Verbrennungen sind oft der starken Sekretion
wegen nicht dazu geeignet, eben so die varikösen Ulcera mit dicken kallösen Rän-
dern; bei diesen muss erst ein Stück aus der Vena saphena resecirt, etwaige
Varizknoten exstirpirt und das Ulcus tüchtig eircumeidirt werden. Will man in
derselben Sitzung transplantiren, dann müssen die Granulationen und die Ge-
schwürsränder in großer Ausdehnung abgetragen werden.
K. hat gewöhnlich abgewartet; viele Ulcera heilten jetzt nach Beseitigung der
Stauung, der Unnachgiebigkeit und schlechten Ernährung der umgebenden Haut
von selbst. War es nicht der Fall, dann wurde transplantirt, die Streifen direkt
den gereinigten und abgetrockneten Granulationen aufgelegt und mit einem Mull-
bausch aufgedrückt. Darüber Salben, Pulver oder einfach steriler Mullverband.
In 14 Fällen (8 Männer, 6 Frauen) kein Misserfolg; einige Male brach die Narbe
bei zu frühem Aufstehen wieder auf, wie es bei jeder Behandlung vorkommt.
Beobachtungszeit zum Theil ’/,, £2 und 1 Jahr. — Da das Verfahren in den über-
haupt für die Transplantation geeigneten Fällen eben so sicher ist, wie die Trans-
plantation auf frische oder angefrischte Wundflächen und doch immerhin eine
Vereinfachung ursprünglicher Methoden darstellt, glaubt K. berechtigt zu sein,
es zu weiteren Versuchen zu empfehlen.
(Im Anschluss an den Vortrag Vorstellung von 3 früher operirten Kranken.
Mehr waren von den 14 nicht mehr aufzufinden gewesen.)
In der Diskussion erwähnt Herr Karewski, dass nach seinen Erfah-
rungen sich nach diesem Verfahren die Läppchen häufig verlören, es zweifelhaft
sei, ob die zurückbleibende feine Haut als Anheilung anzusehen sei, und dass
Recidive häufig seien. Er bezweifelt, dass das Anfrischen mit einem scharfen
Messer genügend schmerzlos sei, man solle also gleich bei Unterbindung der Vena
saphena die Geschwüre anfrischen und transplantiren. Die Narbenkontraktion sei
größer bei Transplantation auf granulirende Flächen als auf frische Wundflächen.
Herr Hildebrandt erwähnt, dass — in Jena — vor den Thiersch’schen
Veröffentlichungen die Aufpflanzung nach Reverdin geübt wurde, und mit gutem
Erfolg.
28 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
5) Herr Benneke: Ungewöhnliche Fälle von Hüftresektion.
Eine 39jährigeFrau litt seit 1 Jahr an Schmerzen in der Hüfte, hinkte stark
und schonte das rechte Bein auffällig. Dasselbe war nach auswärts rotirt und ver-
kürzt, das Gelenk kaum beweglich, der Trochanter aufgetrieben. Die Differential-
diagnose schwankte zwischen Sarkom und Arthritis deformans; bei der Resektion
zeigte sich die letztere Erkrankung. Der Schenkelkopf war subluxirt und stand
auf dem Pfannenrand.
Pat. geht mit einer Verkürzung von 4 cm ohne Stock und Schmerzen.
Bei einer 42jährigen Frau mit kongenitaler Hüftgelenksluxation, die bereits
an beiden Mammae wegen Carcinom operirt war, stellten sich seit 1 Jahr Schmerzen
in der Hüfte ein. Man vermuthete Metastasen im Femur, extendirte das Bein —
ohne Erfolg. Daher wurde die Resektion vorgenommen, wobei festgestellt wurde,
dass keine Metastase, sondern eine Arthritis deformans vorlag. Der Femurstumpf
wurde an das Becken angenagelt mit dem Erfolg, dass die Frau zur Zeit ohne,
wenn auch mit zeitweise auftretenden Schmerzen, gehen kann.
6) Herr Heintze: Resektion der Saphena bei Beingeschwür.
H. berichtet über 79 Resektionen der Vena saphena magna, welche bei
der Behandlung variköser Unterschenkelgeschwüre auf der chirurgischen Neben-
abtheilung der kgl. Charité seit December v. J. ausgeführt wurden.
Unter 35 Frauen und 28 Männern war die Operation 27mal am linken Ober-
schenkel, 20mal am rechten und 17mal beiderseits gemacht worden. Die meisten
Pat. standen im mittleren Lebensalter, die jüngste war 20, die älteste 55 Jahre
alt. In 4 Fällen war kein einheitlicher Stamm der Saphena vorhanden, sondern
dieser war durch zwei ziemlich parallel verlaufende, mittelstarke Venen ersetzt.
19mal wurden gleichzeitig größere Konvolute von Varicen an den Unterschenkeln
entfernt, und "mal wurde außer der Resektion der Saphena oberhalb der Mitte
noch ein variköser Knoten ihres Stammes dicht oberhalb oder unterhalb des Knies
exstirpirt.
Die Operation war nicht nur auf diejenigen Fälle beschränkt worden, in denen
die Saphena selbst äußerlich sichtbare, stark erweiterte variköse Knoten aufwies,
sondern die Resektion wurde vorgenommen, sobald neben dem Ulcus ausgedehnte
Varicenbildung vorhanden war. In der Regel war allerdings wenigstens im unteren
Drittel des Oberschenkels ein Varixknoten oder eine gleichmäßige Erweiterung
der Saphena zu bemerken, und in diesen Fällen gelang es auch stets, durch den
Trendelenburg'schen Kompressionsversuch die Insufticienz der Klappen nach-
zuweisen.
Der Einfluss der Operation war verschieden. Bei den einfachen varikösen
Geschwüren war der Erfolg häufig überraschend. Bei den kallösen Geschwüren,
bei denen der Grund und die Umgebung in weitem Bezirk in ein derbes, schwie-
liges, äußerst gefäßarmes Narbengewebe umgewandelt war, erwies sich die Opera-
tion, wie nach ihrer Wirkungsweise nicht anders zu erwarten war, als einflusslos
auf die Heilung. Sehr wesentlich schien die vorhergegangene Resektion der
Saphena den Erfolg und die Wirkung der verschiedenen kleinen Hilfsoperationen,
wie Circumeision der kallösen Ränder und Transplantation, zu fördern. Bei 6 Per-
sonen, welche sich zu einer Nachuntersuchung eingefunden hatten und welche im
Januar bez. Februar v. J. operirt worden waren, waren die Geschwüre nicht
wieder aufgebrochen. Unter diesen befanden sich 2, bei welchen Thiersch’sche
Transplantationen auf die granulirende Geschwürsfläche mit Erfolg ausgeführt
worden waren.
In der Diskussion erwähnt Herr Rotter, dass die Resultate seiner Kranken
bei der Nachprüfung sich doch nicht als so vorzüglich erwiesen hätten, etwa 60%
guten Resultaten stünden ca. 40% Recidive gegenüber. Die letzteren waren
häufiger da, wo zu tief und zu kleine Stücke excidirt worden waren, der Erfolg
ein guter in der Regel dn, wo das Trendelenburg’sche Phänomen vorhanden
gewesen.
Gë
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 29
7) Zum Schluss berichtet Herr Hildebrandt über einen 68 Jahre alten Pat.,
den er wegen eines harten, kirschkerngroßen Tumors im Corpuscaver-
nosum, am Schaft des Penis operirte. H. exstirpirte den Tumor, da eine
Amputation verweigert wurde, unter Blutleere durch einen Längsschnitt; dabei
wurde ein 11 em langes Stück der Harnröhre mit reseeirt; danach vernähte H.
den Längsschnitt quer. Heilung ohne Fistel, ein Katheter wurde nicht eingelegt.
Der Tumor war ein Sarkom; wenn auch die Prognose nicht günstig ist, war
es doch auffällig, dass das vordere Stück sich lebensfähig erhielt.
Sarfert (Berlin).
17) E. Rose. Die Erfolge der Heilserumtherapie in Bethanien. Eine
vergleichende Studie.
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 583.)
L Bericht über die Diphtheriebaracke in Bethanien für das
Jahr 1896.
R.’s höchst skeptischer Standpunkt dem Heilserum gegenüber ist bereits be-
kannt; er kommt in diesem Bericht wieder gründlich zur Aussprache. Zwar sind
die Heilungsergebnisse während der Serumgebrauchszeit nicht schlecht, doch zieht
R. zur Erklärung hierfür wesentlich andere Gründe heran. Wir reprodueiren nur
die wichtigsten Zahlen:
Zahl der 1896 aufgenommenen Kranken 182, davon 39 + = 21,4%
darunter operirt 65,» 27 4 = 45,16%
darunter nicht operirt ÉIS 2 12 4 = 10,68%.
Dagegen betrug die Zahl der in den vorletzten 12 Jahren insgesammt Behandelten:
4475, davon 2392 + = 53,4%. Indess ist nicht zu vergessen, dass auch in früheren
Jahren zeitweise die Genesungsziffer eben so gut war wie 1896, so dass »bei den
Nichtoperirten die Serumtherapie eigentlich kaum viel mehr geleistet hat, als auch
schon in den bösesten Jahren in der Baracke 1886 gelegentlich ohne Serumtherapie
erreichtiste. Auffälliger ist der Unterschied, wenn die Ausgänge der Tracheotomien
verglichen werden. Die Sterblichkeit derselben erreichte in der Serumanwendungszeit
noch nicht 50%, während das beste frühere Jahr (1896) noch 63,5% hatte. Der Durch-
schnittsprocentsatz der Heilung ist um 31% gestiegen, selbst bei Kindern unter
3 Jahren noch um 22%. Auch diese Zahlen sind aber noch nicht einwandsfrei
beweiskräftig für die Serumwirksamkeit. R. hält dafür, dass die Diphtherie sich
in Berlin quantitativ und an Bösartigkeit in Abnahme befände, während gleich-
zeitig in Folge der größeren Aufmerksamkeit ihr gegenüber jetzt ungleich mehr
leichte Fälle zur Behandlung und Spitalaufnahme kämen, und zwar auch früh-
zeitiger als vordem, wodurch die bessere Statistik resultire. Übrigens verhüte die
Injektion auch, frühzeitig angewandt, nicht die Verbreitung der Diphtherie auf
Kehlkopf und Bronchien, im Gegentheil berechnet R., dass die in der 2. Krank-
heitswoche Injieirten bessere Resultate hatten als die der ersten. Auch fand er,
dass im Jahre 1896 mehr Neben- und Nachkrankheiten bei Diphtherie stattfanden
als früher. Jedenfalls bedarf es noch weiterer Beobachtungen, um über die Wirk-
samkeit des Serums ins Reine zu kommen.
U. Die Erfolge des Tetanusheilserums in Bethanien.
1) Ein Fall von reinem Starrkrampf, geheilt beim Gebrauch von Tetanus-
antitoxin.
Die genau geführte Krankengeschichte wird von R. wie folgt rekapitulirt.
Ein I0Ojähriger Knabe erkrankt, ohne eine Verletzung gehabt zu haben und ohne
einer Erkältung ausgesetzt gewesen zu sein, an reinem Starrkrampf. Am 1. Tage
entsteht Kieferstarre {und danach leichte Nackenstarre. Am 2. Tage bildet sich
volle Rückenstarre mit Bauchstarre aus. Nach 60 Stunden beginnt das 3. Stadium
der freiwilligen Stöße. Am 5. Tage kommt er in die Spitalbehandlung und er-
30 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
hält 400 Antitoxinnormaleinheiten intravenös injieirt und, da keine sichtliche Bes-
serung eintrat, nach 2 Tagen noch 100 Einheiten. Am 6. Tage entwickelt sich
das 4. Stadium der Reflexstöße, welches 1 Woche lang anhält. Ein 5. Stadium
der Erschöpfung verräth sich schon am 11. Tage mit lungenödem und macht
sich am 13. mit Hersschwäche geltend. Je mehr die Starre nachlässt, desto mehr
treten die Folgekrankheiten entgegen. Eine allgemeine Bronchitis, die Anfangs
kaum zu bemerken, sich immer mehr am 6. Tage gesteigert hatte, führt am
15. Tage zu einer rechtsseitigen Bronchopneumonie, die sich aber hei fortschreitender
Heilung und Erholung schnell zertheilt. Dazwischen erfolgt am 17. Tage ein
masernähnlicher Ausschlag über den ganzen Körper, der jedoch in 24 Stunden ver-
schwindet, ohne Abschuppung oder Folgen zu hinterlassen. Nachdem sich am
25. Tage die Urinsekretion in gesunder Weise wieder hergestellt, hält dann noch
einige Zeit ein 6. Stadium anchyloticum mit starkem Hunger an; im Laufe eines
Monats sind alle Starrkrampferscheinungen vorbei. — Der Verlauf des Falles war
in keiner Weise anders, als auch sonst bei leichten in die Lunge ziehenden Fällen
beobachtet wird. Eine erkennenswerthe Wirkung des Serums fehlt durchaus. Da-
gegen ist R. geneigt, die wenig angenehmen Nebenerkrankungen an der Pneumonie
und dem masernähnlichen Exanthem dem Serum zur Last zu legen.
2) Ein Fall von Starrkrampf der Neugeborenen.
Pat. zeigte am 6. Lebenstage die ersten Tetanuserscheinungen. Am 7. Tage
Spitalaufnahme und subkutane Injektion von 500 Tetanusartitoxineinheiten an
verschiedenen Stellen. + 2 Stunden später.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
18) Mays (Chibrikit, Ägypten). Ein Fall von chrenischer Mastitis,
Gangrän der Warze und deren Umgel,ung, und Ausgang in Heilung.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 43.)
Nach der Krankengeschichte ist die sich an eine puerperale Mastitis an-
schließende Gangrän wahrscheinlich durch eine septische Infektion veranlarst
worden, su der die Verwendung unsauberer Mittel zu Umschlägen (Kamels-
mist etc.) seitens der Pat. geführt hatte. Kramer (Glcgan).
19) R. Simon. Die Erfolge der Rippenresektion beim Pleuraempyem
und ihre Abhängigkeit von den Komplikationen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 276.)
Ein Bericht über das einschlägige von Rose während der letzten 16 Jahre
in Bethanien (Berlin) operirte Material, im Ganzen 146 Fälle zählend. Dieser Be-
richt ist sehr weitläufig angelegt, auf ca. 200 Seiten ausgedehnt und durch die
Wiedergabe sämmtlicher Krankengeschichten belastet, die wohl schwerlich ge-
nügend ausdauernde Leser finden werden. Dabei wird das Gesammtmaterial in
nicht weniger als 20 verschiedene Gruppen von Empyemarten eingetheilt, die
gekünstelt und unnöthig erscheinen. Dessenungeachtet ist der Bericht an eich als
statistische Übersicht über ein so großes, nach denselben Grundsätzen gleich be-
handeltes Material sicher von Werth.
Wenn nicht besondere Kontraindikationen vorliegen, macht Rose die Ope-
ration unter Narkose; und zwar wird oft der Äther bevorzugt. Zur Resektion
wird eine tiefe Rippe gewählt (8. oder 9.), und von dieser stets 8—10 cm in all-
bekannter Weise subperiostal resecirt. Finden sich bei der Exsudatentleerung
fibrinöse Schwarten, so wird die Pleurahöhle mit einem großen, scharfen Löffel
(34 cm lang, Länge des Löffels selbst 21/3 cm) ausgeschabt. Dann werden stets
noch Ausspülungen mit reichlichen Mengen antiseptischer Lösungen {Chlorzink,
Salieyl ete.) hinzugefügt, und zwar in starkem, raschem Strahl, um die Fibrin-
massen ab- und aufzulösen. Nachbehandlung: Drainage, antiseptischer Verband,
bei dessen Wechsel ebenfalls wieder gespült wird.
NE,
Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 31
Fin Überblick über die Resultate wird am besten durch folgende am Ende
der Originalarbeit mitgetheilte Tabelle gegeben:
Art des Pleuraempyems | Gebeilt Gestorben Ungeheilt!t | Summa
1) Metapneumonisch ` 18 2 1 ! 21
2) Potatorenempyem ` i 6 i 1 Er
3) Metabronchitisch? 2 9 | 1 i 22
4) Typhus 4 3 | 0 H
5) Lungenabscess 3 5 0 | 8
6) Septische3 D 8 D v 2
7) Lungengangrän | 0 2 0 2
8) Puerperale l 2 0 | 1 3
9) Specifisch 4 ! H 0 i 2 2
10) Simplex mobile? ! 22 0 } 3 25
11) » circumscriptum f 5 0 | 0 5
12) » redux6 ` 2 0 | 0 2
13) H putridum i 10 0 f 1 11
14) Tuberculosum? i 0 H | 1 1
15) Tubereulosorum 8 N 5 1 v 6
16) Metapneumon. in phthisico > 2 H t v 2
17) Pulmonis tuberculosi l 0 | 10 N H 10
18) Pulmonis tubereulosi in pleu- | i `
ram perforans® 1 9 j 0 10
19) Senkung !0 t 2 à 1 | 0 3
20) Herniae diaphragmat. | 1 H 0 1
Summa | 79= 54,2% | 56=383%| 11= 7,5% | 146
59mal saß die Krankheit rechts, 87mal links, 105mal war das männliche,
41 mal das weibliche Geschlecht betroffen. Zu Rubrik 18 möchte Ref. bemerken,
dass die Subsummirung des phthisischen Pyopneumothorax unter den Begriff der
Empyeme ihm sehr ungebräuchlich und im Ganzen eben so wenig nachahmen»-
werth erscheint, wie auch die Rippenresektion bei dem Leiden, deren Aus-
sichten fast stets nur kläglich sein können. Die Krankengeschichte des einen
hier als geheilt verrechneten Falles zeigt, dass Phthise weder nachgewiesen noch
1 Größtentheils Pat., die schon fast geheilt, aber mit noch nicht völlig ge-
schlossener Wunde abgingen.
2 Nach Bronchitis und Katarrhalpneumonien.
3 Bei Pyämie etc.
4 Die betreffenden Pat. waren luetisch. wé
5 Als Empyema simplex sind diejenigen gezählt, deren Anamnese und Atio-
logie unklar war.
8 Sich wiederholende Pleuraergüsse.
7 Mit Bacillen im Pleuraeiter.
8 Die Pat. waren nur hereditär belastet.
® Pyopneumothorax.
10 Sekundär nach Peritonitis in Folge von Magengeschwür bezw. Pylorusresek-
tion und bei Wirbelcaries.
x
32 Centralblatt für Chirurgie. No. 1.
auch nur wahrscheinlich war. Bei dem unter Rubrik 20 (Zwerchfellbruch) ge-
zählten Falle heißt es im Bericht: »Bei der Empyemoperation fiel nach der
Rippenresektion bei Eröffnung der Pleura Netz und Magen vor«, wonach die
artificielle Entstehung dieser »Hernie« wohl nicht ausgeschlossen erscheint. (Ref.
bezweifelt auch, dass die erörterte Empyemoperation mit Narkose, Rippenresektion
Auslöffelung und Spülungen stets empfehlenswerth ist. Dass ohne alle diese Zu-
thaten, die, jede für sich eingreifend, Gefahr bringen können, eine einfache inter-
kostale Incision mit nachfolgender Drainage und gut deckenden Verbänden zum
Ziel führen kann, habe ich wiederholt gesehen, zuletzt noch bei dem großen
Empyema eines 80 Jahre alten Mannes.) Meinhard Schmidt Cuxhaven..
20) C. N. Dowd. Is pain a valuable sign in diagnosis of cancer of
the breast?
New York med. record 1697. August 7.)
Seit Januar 1859 hat D. 331 Fälle von Brustkrebs behandelt. »Vom prak-
tischen Standpunkt ist es sehr zu bedauern, dass die beginnende Erkrankung
meist ohne Schmerzen einhergeht«, wie sich auch aus genauer Anamnese obiger
Fälle ergiebt. Die Kranken kommen dadurch erst später auf den Gedanken, zum
Arst zu gehen. In 190 Fällen kamen die Schmerzen erst in dem späteren Stadium
zum Vorschein, in 20 Fällen dagegen schon frühzeitig. Nur in 6% aller Fälle
waren die Schmerzen stark genug, um die Pat. schon so zeitig zu beunruhigen,
dass die Diagnose gerade gemacht werden konnte, und der Erfolg der Operation
ein günstiger zu werden versprach. Von 37 fibrösen Geschwülsten waren 19 als
schmerzhaft im frühen Stadium vermerkt. Bei dieser Erkrankung scheint also
bemerkenswerth, dass, wenn ein kleiner Knoten schon schmerzhaft ist, die Wahr-
scheinlichkeit gegen ein echtes Carcinom spricht. Loewenhardt (Breslau).
21) W. M. Beaumont. Cirsoid aneurysm of the orbit, forehead and
scalp.
(Brit. med. journ. 1897. Juli 31.)
22jähriges Müdchen, angeborenes — in letzter Zeit wachsendes — Aneurysma
cirsoides, das, vom inneren oberen Theil der linken Augenhöhle entspringend, sich
über Lid, Augenbraue und linke Stirnhälfte nach hinten zieht bis in die Gegend
hinter der Coronarnaht in einer Ausdehnung von 7 zu 5 Zoll. In letzter Zeit
Vortreibung des Auges, Herabsetzung der Sehschärfe, Kopfschmerzen.
29. Juli 1894 Operation ; Unterbindung (ohne vorherige Isolirung, ohne nach-
folgende Durchschneidung) von 7 zuführenden, lebhaft pulsirenden Arterien, dar-
unter der Stamm der Art. temporalis, angularis, suporarbitalise und occipitalis. Auf
der gesunden Seite wurden nur die beiden Stammäste der 'Temporalis und die
Art. angularis unterbunden. Dann elektrolytische Behandlung der Geschwulat
selbst, nach der Reihe in 4 Absätzen, die 4 Quadranten. Subkutane Einführung
der Nadeln; 100 Milliamperes 10 Minuten lang.) In der folgenden Woche noch-
malige Unterbindung zweier stark pulsirender Arterien an der hinteren äußeren
Partie der Geschwulst und entsprechende elektrolytische Behandlung.
Das Endresultat war durchaus befriedigend: starke Verkleinerung der Ge-
schwulst, Glättung der Oberfläche, beim Anfühlen solide Konsistenz — kein Pul-
siren, Verschwinden der Kopfschmerzen, Zurücksinken des Auges in seine normale
Lage. Die Heilung hat bis Mai 1597 Stand gehalten.
Der Mittheilung sind Photographien der Pat. vor und nach der Behandlung
beigefügt, aus denen aber leider recht wenig zu ersehen ist.
F. Krumm (Karlsruhe;.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden.
ig
Gentralblatt
CHIR U RGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
m
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 2. Sonnabend, 15. Januar. 1898.
Inhalt: H. H. Hirsch, Das Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion der Waden-
muskulatur. (Original-Mittheilung.)
= 4) Caminiti und Salomoni, Prostatahypertrophie. — 2) v. Fedoroff, Cystoskopie. —
3) Neumann, Methode getrennter Urinauffangung. — 4) Holländer, 5) Casper, Harn-
leiterkatheterismus. — 6) Harrison, Eiterung im Harnapparat. — 7) Wolkow und De-
litzin, 8) Wolff, Wanderniere. — 9) Alessandri, Exstirpation der Tunica vaginalis testis.
— 10) Comby, Vulvovaginitis kleiner Mädchen. — 11) Schmeltz, Gynäkologie.
4% 12) Französischer Urologen-Kongress. — 13) Deutsche Gesellschaft für Gynäko-
logie.
Das Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion der
Wadenmuskulatur.
Von
Dr. Hugo Hieronymus Hirsch in Köln.
»Der Fersenhöcker steht in der ruhigen Mittellage des Fußes
am weitesten von der Längsachse des Unterschenkels entfernt; sowohl
bei der Plantar- als bei der Dorsalflexion nähert er sich derselben,
und es werden dadurch die an ihm befestigten Muskeln nur noch
mehr an die Unterschenkelknochen angedrückt.«
Gemäß diesen Ausführungen, welche E. Müller in diesem
Centralblatt! gemacht hat, müsste die Achillessehne bei Kontraktion
der Wadenmuskulatur das Bestreben haben, sich dem Schienbein zu
nähern; das Verhalten der Sehne wird durch das Verhalten ihres
Ansatzpunktes eben so bestimmt wie dasjenige der zugehörigen Mus-
kulatur. — Die betreffende Auffassung der Sachlage veranschau-
licht die Fig. 1: der Fuß befindet sich in ruhiger Mittellage. Die
Längsachse des Fußes (die aus der Großzehenspitze nach dem Fersen-
höcker bezw. nach der Gegend der Ansatzstelle der Achillessehne
gezogenen Linie (ab) und die Längsachse des Unterschenkels (cd)
1 1896. No. 30.
34 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
schneiden sich im Punkte s ziemlich unter rechtem Winkel. Wenn
bei Plantarflexion die Linie ab sich in die Richtung oi Ai einstellt,
so wird der Winkel zwischen dem hinteren Abschnitt der Längs-
achse des Fußes und der Längsachse des Unterschenkels (I Ae
ein spitzer; die Linie die ist somit kleiner als die Linie ds, und
der Punkt Ai liegt näher zur Unterschenkelachse als der Punkt A.
So scheint in der That der Fersenhöcker bezw. die Ansatzstelle der
Achillessehne (und weiterhin die Sehne selbst) bei Plantarflexion des
Fußes den Unterschenkelknochen näher zu rücken.
Wenn man aber die Gestaltung der Skeletttheile und den Mecha-
nismus des Fußgelenks berücksichtigt, so ergiebt sich eine Sachlage,
wie sie die zweite Figur veranschaulicht. Der im Talus gelegene
Fig. 1. Fig. 5.
£
ef * Ansatzstelle der Achilles-
y sehne.
ar“ ** Bursa mucosa,
Drehpunkt des Fußgelenks (Fig. 2,s) liegt beträchtlich höher als
der Schnittpunkt der Längsachse des Fußes mit der Längsachse des
Unterschenkels (Fig. 1,5). Der körperliche Hebelarm, an welchem
die Achillessehne angreift, wird durch das Corpus tali und durch
den hieran in der Richtung nach hinten unten sich anschließenden
Theil des Calcaneus (Corpus und Tuber calcanei) gebildet. So er-
hält die Verbindungslinie ds des Ansatzpunktes der Achillessehne
mit dem Drehpunkt des Fußgelenks — der sogenannte mathemati-
sche Hebelarm der Achillessehne — für die ruhige Mittellage des
Fußes eine ausgesprochen stumpfwinklige Lage. Bei Plantarflexion
des Fußes bewegt sich der Punkt A nach oben; dabei wird der
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 35
Winkel zwischen dem mathematischen Hebelarm der Achillessehne
und der Schienbeinachse (I bsc) stetig kleiner. Bei hochgradigster
Plantarflexion rückt der Hebelarm Ae in die zur Schienbeinachse
rechtwinklige Lage von Ais: — bis ist offenbar erheblich größer als
bd, d. h. der senkrechte Abstand des Ansatzpunktes der Achilles-
sehne von der Längsachse des Schienbeins ist bei starker Plantar-
flexion des Fußes erheblich größer als bei ruhiger Mittellage.
Es erhellt, dass bei genauerer Untersuchung die Sachlage sich
als die geradezu entgegengesetzte herausstellt, wie sie bei jener ober-
flächlichen Art der Untersuchung gegeben zu sein scheint: Bei Plan-
tarflexion des Fußes rückt der Fersenhöcker nicht näher an die
Unterschenkelachse heran, sondern, im Gegentheil, weiter weg; die
Achillessehne hat bei Kontraktion der Wadenmuskulatur
nicht das Bestreben, gegen das Schienbein anzudrängen,
sondern sich weiter davon zu entfernen. Hiervon kann
man sich übrigens auch leicht durch einen einfachen Versuch an
sich selber überzeugen. Man braucht nur ein Bein emporzuheben,
dasselbe in der Gegend des Fußgelenks mit einer Hand zu umspan-
nen und dann kräftig, ruckweise, den Fuß plantarwärts zu flektiren.
Man fühlt dann deutlich die Achillessehne bei jedem Ruck gegen
die Finger andrängen, — nicht fühlt man dieselbe zurückweichen.
Die richtige Erkenntnis des Verhaltens der Achillessehne bei
Kontraktion der Wadenmuskulatur muss gewiss sowohl ein theore-
tisches wie auch ein praktisches Interesse besitzen. Was das physio-
logische Interesse betrifft, so möchte ich nur kurz darauf hinweisen,
dass so auch für die Wadenmuskulatur — ähnlich, wie es in diesem
Centralblatt?2 für den Biceps brachii geschehen ist — die Möglich-
keit nachgewiesen ist, sich bei ihrer Kontraktion zu verdicken, ohne
dass durch eine stärkere Druckwirkung der Muskeln in seitlicher
Richtung gegen das Schienbein ein erheblicher Theil der erzeugten
Kraft für den bezweckten mechanischen Effekt verloren ginge; wenn
bei Kontraktion der Wadenmuskeln die Achillessehne vom Schien-
bein weiter abrückt, so gewinnt ja doch die Muskulatur gleichsam
von selber Raum für die bei ihrer Kontraktion stattfindende Quer-
schnittsvergrößerung. Wäre jene andere Auffassung von dem Ver-
halten der Achillessehne bezw. der Wadenmuskulatur zutreffend, so
würde letztere bei ihrer wichtigen Arbeit sehr behindert sein.
Ein klinisches Interesse besitzt die Feststellung der in Rede
stehenden Thatsache in so fern, als sich die Nothwendigkeit ergiebt,
dass bei festen Gehverbänden die Achillessehne einen gewissen Spiel-
raum erhalten muss. (Allerdings mag diese Forderung in praxi auch
früher meistens erfüllt worden sein, Dank der vorspringenden Lage
des Fersenhöckers und der klinischen Erfahrung, dass letzterer nicht
dauernd einem stärkeren Druck ausgesetzt sein darf). Dass sich
auch noch in anderer Weise therapeutische Maßnahmen ergeben
2 1896. No. 25.
H
36 .Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
können, mag der folgende, wenn auch an sich geringfügige Fall
darthun.
Ein sonst gesunder junger Mann, bei welchem Tags zuvor nach mehrstündigem
Radfahren starke Schmerzen in der Gegend der rechten Achillessehne aufgetreten
waren, klagte darüber, dass beim Umhergehen die Schmerzen immer, und allmäh-
lich sich steigernd wiederkehrten, während er beim Sitzen und auch beim Stehen
keine Sohmersen mehr empfinde. Pat. trug ein Paar ihm sonst bequeme, über
das Fußgelenk hinaufreichende Stiefel mit seitlichen Gummizügen, ein Paar so-
genannte Zugstiefel. Objektiv fand sich an der Rückseite des Beines in der
Gegend des Fußgelenks eine schwache diffuse Schwellung und Röthung und eine
große Druckschmerzhaftigkeit der Achillessehne. Ordination: niedrige Schuhe.
Nach 3 Tagen waren die krankhaften Erscheinungen völlig geschwunden, trotzdem
der Pat. den Fuß nicht weiter geschont hatte, sondern viel umhergegangen war.
Eine durch übermäßige Inanspruchnahme leicht entzündlich
gereizte Achillessehne, welche das beim Gehen stattfindende schwache
Andrängen gegen einen sonst bequemen Zugstiefel nicht mehr vertra-
gen konnte, erholte sich ohne besondere Schonung des Fußes wieder,
als durch Anordnung niedriger, nur den Fersenhöcker umfassender
Schuhe jene Druckwirkung unmöglich gemacht war. Der mitge-
theilte Fall liefert somit auch gewissermaßen den klinischen Beweis
für die Richtigkeit des Satzes, dass die Achillessehne bei der Thätig-
keit der Wadenmuskulatur sich von den Unterschenkelknochen zu
entfernen strebt.
1) Caminiti und Salomoni. Über Prostatahypertrophie.
Mailand, F. Vallardi, 1897.
Die Arbeit zerfällt in 2 Theile, in eine Doktordissertation von
C. und einen für die Examenskommission bestimmten Bericht des
Prof. S. hierüber, der die nöthigen Ergänzungen giebt.
In der ersten Hälfte des Werkes bespricht C. die Pathogenese
der Krankheit, indem er die verschiedenen Theorien und Ansichten
hierüber in historischer Reihenfolge aufzühlt. Verf. selbst sieht das
wesentlichste ätiologische Moment in dem mangelnden Gleichgewicht
zwischen der funktionellen Inanspruchnahme der Genitalien und der
Drüsenthätigkeit; insbesondere ist hier ein verspäteter, erst in höheren
Jahren stattfindender Gebrauch der Zeugungsorgane so wie ferner der
Coitus reservatus zu berücksichtigen. Bezüglich der pathologischen
Anatomie der Erkrankung theilt Verf. die Ansicht, dass es sich in
der That um eine wahre Hypertrophie der Gewebselemente der Pro-
stata handle, dass aber die Betheiligung der verschiedenen Gewebe
an dem Process sehr variabel sei; jedenfalls handelt es sich nicht
um eine wahre, geschwulstartige Neubildung. Nach den Symptomen
lässt sich die Krankheit, wenn auch etwas schematisch, in 3 Stadien
eintheilen, eine prämonitorische Periode, eine Periode der Harn-
retention, und eine Periode der Inkontinenz. — Der größte Theil
der Abhandlung ist der Therapie gewidmet. Nach Anführung der
verschiedensten, innerlichen und äußerlichen, Mittel aus alter und
neuer Zeit kommt Verf. auf die modernsten Methoden zu sprechen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 37
Ziemlich günstig lautet sein Urtheil über die galvanokaustische Me-
thode von Bottini; dieselbe ist besonders geeignet für mäßige
Vergrößerungen des mittleren Lappens, und wenn die Kontraktions-
fähigkeit der Blase noch erhalten ist. Das Hauptinteresse des Verf.
gipfelt jedoch in der Anwendung der Kastration so wie der Vasotomie
(Resektion des Vas deferens). Um die Wirkungsweise und Indikation
dieser Operationen zu erforschen, unternahm Verf. eine Reihe von
Thierversuchen. Dieselben ergaben folgende Resultate:
1) Die doppelseitige Orchektomie hat ausnahmslos bei allen
Thieren eine Volumabnahme der Prostata zur Folge, so wie eine
Abnahme des Wassergehaltes und der mineralischen Bestandtheile
derselben.
2) Die doppelseitige Resektion der Vasa deferentia ergab stets
Verkleinerung der Prostata, beträchtliche Verminderung der Zahl der
Drüsenschläuche, Zunahme des interstitiellen Bindegewebes.
3) Einseitige Kastration kann unter Umständen ebenfalls Atrophie
der Prostata zur Folge haben, namentlich nach längerer Zeit.
4) Einseitige Vasotomie erzeugt bisweilen auch Atrophie der
Prostata auf der entsprechenden Seite; doch ist dieser Befund nicht
konstant. Die beiden letzten Operationsmethoden sind demnach un-
sicher im Erfolg. Weiterhin folgen 5 Beobachtungen am Menschen:
mehrere Fälle von Hodenatrophie und -Degeneration, die von Atrophie
der Prostata gefolgt waren, so wie 1 Fall von Prostatahypertrophie,
in welchem die beiderseitige Resektion der Vasa deferentia eine be-
trächtliche Volumenabnahme des Organs zur Folge hatte.
Eine Erklärung für den Mechanismus dieser Wirkung ist sehr
schwer zu geben; wahrscheinlich handelt es sich um nervöse Ein-
flüsse. Die Mortalität der Operation an sich ist gering. Die Potentia
coeundi braucht, wenigstens bei der Vasotomie, nicht immer verloren
zu gehen. Zweifellos besitzen wir in der Kastration und der Resektion
des Vas deferens ein sehr wirksames Mittel zur Bekämpfung der
Prostatahypertrophie; doch sollen diese Operationen auch nach des
Verf. Meinung nur bei strenger Indikation, d. h. nur in den schwersten
Fällen, wo die Bottini’sche Operation und die Prostatektomie un-
möglich sind, vorgenommen werden. Den Beschluss macht eine
Statistik aus den letzten Jahren. Unter 140 Fällen von doppelseitiger
Kastration ergaben sich 93 Heilungen, 7 Besserungen, 7 mit nega-
tivem Erfolg, 20 Todesfälle. Dagegen waren unter 61 Fällen von
Vasotomie 41 Heilungen, 9 Besserungen, 5 ungebessert, 2 Todesfälle.
Die zweite Hälfte der Arbeit (S.) enthält eine Kritik, in der
Verf. gleich zu Beginn hervorhebt, dass er der Kastration bei Pro-
statahypertrophie keineswegs so sympathisch gegenüberstehe. Hin-
sichtlich der Atiologie bringt Verf. nicht viel Neues; insbesondere
weist er, wie auch C., auf Störungen im funktionellen Leben der
Prostata hin (sexuelle Unthätigkeit im kräftigsten Mannesalter, über-
mäßige Thätigkeit in reiferen Jahren). Bei der pathologischen Ana-
tomie hebt er den häufigen Befund von Venenerweiterungen hervor.
38 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
Die histologischen Verhältnisse werden vom Verf. so aufgefasst, dass
es sich vor Allem um ein Wachsthum der glatten Muskelelemente
handelt; das Drüsengewebe und das Bindegewebe sind erst in zweiter
Linie betheilig. Und zwar sind die Muskelfasern nicht nur ver-
größert, sondern wahrscheinlich auch vermehrt. Verf. hält die Be-
zeichnung Tumor (Prostatom) für besser als Hypertrophie.
In der Therapie vertritt Verf. folgenden Standpunkt: Bisweilen
genügt die palliative Behandlung. Unter den operativen Maßnahmen
kann die Cystotomie, wenn die Blase erschlafft ist und Urämie droht,
von Nutzen sein. Die eigentliche Radikaloperation (Prostatotomie,
Prostatektomie) kommt dann in Frage, wenn die Allgemeinkonstitu-
tion noch nicht zu sehr gelitten hat, die Nieren gesund sind, und
die Blase noch kontraktionsfähig ist. Die Prostatotomie kann be-
stehen in der galvanokaustischen Methode Bottini's oder in der
perinealen Operation. Die Bottini’sche Methode ist ziemlich leicht
auszuführen, aber schützt nicht vor Recidiven; bei starker Cystitis
ist sie nicht ungefährlich. Immerhin aber bringt sie oft Erleichte-
rung. Dagegen ist die perineale Prostatotomie von geringem Werth
und dient eigentlich nur zu palliativen Zwecken. Sehr warm em-
pfiehlt Verf. die Prostatektomie, die bei allen Formen der Vergröße-
rung anwendbar ist, sogar noch bei starker Cystitis und selbst be-
ginnender Pyelitis. Man kann dieselbe als perineale, als suprapubica
so wie als kombinirte Methode ausführen. Die perineale Methode ist
nicht besonders schwer; es empfiehlt sich hierbei, nicht die ganze
Prostata wegzunehmen; bisweilen können die Blutungen erheblich
sein. Die P. suprapubica ist weniger geführlich als die vorausgehende
und sehr zu empfehlen, besonders wenn die Prostatavergrößerung
sich in Form von Exkrescenzen zeigt. Als ideale Operations-
methode erscheint jedoch dem Verf. die sogenannte kombinirte Pro-
statektomie, d. h. eigentlich eine Verbindung von perinealer Operation
mit Cystotomie; die Blasenschleimhaut soll hierbei vom Damm aus
nicht verletzt werden. Nach des Verf. Meinung ist diese kombinirte
Methode in der Mehrzahl der Fälle vorzuziehen; je nach den Um-
ständen ist dann die eigentliche Exstirpation mehr von oben oder
von unten zu machen.
Dagegen können die Orchektomie und die Vasotomie nicht als
Radikaloperationen gelten, obwohl sie in Ausnahmefällen wohl zu-
lässig sind. Die theoretische Basis dieser Operationsmethoden ist zu
wenig gesichert; zumal die angenommene Analogie zwischen Prostata
und Uterus hat sich als falsch erwiesen. Auch die Thierversuche
sind nicht beweisend, da sie an gesunden Organen vorgenommen
wurden. Endlich sind auch die klinischen Resultate keineswegs ein-
wandsfrei, da die Sterblichkeit nach der Kastration eine relativ hohe
ist. Die Vasotomie ist allerdings weniger gefährlich, aber auch
weniger wirkungsvoll. Wenn auch der Procentsatz der Heilungen
durch die Kastrationsmethoden ein relativ guter ist, so handelt es
sich doch stets nur um klinische Heilung, während ein anatomischer
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 39
Nachweis der Heilung noch nicht erbracht ist. Verf. hält es für
sehr wohl möglich, dass ein Theil der nach der Operation auf-
getretenen Besserungen gar nicht auf die Kastration, sondern auf
die begleitenden therapeutischen Maßnahmen zurückzuführen sei.
H. Bartsch (Heidelberg).
2) 8. v. Fedoroff. Zur Cystoskopie bei blutigem Harn nebst
einigen Betrachtungen über den Katheterismus der Ureteren.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 33.)
In einer Reihe von selbst beobachteten Fällen hat v. F. die Über-
zeugung gewonnen, dass alle klinischen, chemischen und mikrosko-
pischen Methoden, die zur Diagnose der Stelle der Blutung aus dem
Urogenitaltrakt führen sollen, im Stiche lassen können, und dass
nur die Cystoskopie und der Ureterenkatheterismus in der Lage sind,
schnell und sicher die Quelle der Blutung zu bestimmen, und speciell
bei der Differentialdiagnose der Blasen- und Nierenblutungen die
größte klinische Bedeutung aufweisen. Auf diesem Wege, den er
bei Blutungen aus dem Urogenitaltractus immer und ehebaldigst zu
betreten empfiehlt, konnte er jahrelang schwankende Diagnosen rasch
und sicher stellen. Er erachtet das Nitze’sche Cystokop und das
zum Ureterenkatheterismus von Casper angegebene für die besten
und bequemsten Instrumente. Gold (Bielitz).
3) A. Neumann. Eine einfache Methode, den Urin beider
Nieren beim Weibe gesondert aufzufangen.
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 43.)
Von der Idee ausgehend; dass es gelingen müsse, mittels einer
künstlichen Scheidewand einen wasserdichten Abschluss im unteren
Theil der Blase beim Weibe herzustellen, der die Blase sagittal in
2 seitliche Abschnitte zerlegt und zu gleicher Zeit sich zwischen
vorderer und hinterer Blasenwand durch Druck festhalten lässt, hat
N. ein (bei Engmann in Berlin für 6 Æ käufliches) Instrument
konstruirt, das in zweckmäßiger Weise diesem Princip genügt, im
Sitzen der Pat. an der Tischkante eingeführt wird und in seinem
Falle die Diagnose einer einseitigen Niereneiterung aus dem geson-
dert ablaufenden Urin zu stellen erlaubte.
Die Methode ist bequem, gefahrlos und handlich.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
4) E. Holländer. Über den diagnostischen Werth des
Ureterenkatheterismus für die Nierenchirurgie.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 34.)
H. wendet sich in dieser Abhandlung gegen die von L. Casper
über die diagnostische Bedeutung des Katheterismus des Harnleiters
aufgestellten Thesen und warnt vor einer Überschätzung und Ver-
allgemeinerung dieser Methode, welche nach seiner Ansicht keinen
40 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
indifferenten Eingriff darstellt, vielmehr auch zu folgenschweren Irr-
thümern in der Diagnose und Therapie Veranlassung geben kann.
Bezüglich der Gefährlichkeit des Eingriffes hebt H. hervor, dass
ein Instrument, welches in 50% der Fälle schon bei seiner Einführung
in gesunde Harnleiter eine Blutung hervorruft, als nicht ungefährlich
bezeichnet werden kann, abgesehen davon, dass es wegen seines
Materials und wegen der engen Lichtung der Desinfektion schwer
zugänglich ist und selbst im sterilisirten Zustand vor seiner Ein-
führung in den Harnleiter in einer erkrankten Blase inficirt werden
kann. Wenn auch der Eingriff in einer Reihe von Fällen ohne
Schaden ertragen wird, so entzieht es sich andererseits der Beurthei-
lung, wie oft er schädigend wirkt. Der Intervall zwischen gesetzter
Verletzung mit nachfolgender Blutung und der deutlich gewordenen
Infektion kann ein großer sein. So führt H. beispielsweise an, dass
bei einseitiger Blasen- und Nierentuberkulose der bisher gesunde
Harnleiter der anderen Seite durch den Katheterismus inficirt werden
kann. Bei dem schleichenden Process der Tuberkulose wird derselbe
in dem Harnleiter vielleicht erst nach Monaten in Erscheinung treten.
Bezüglich der Differentialdiagnose, ob die Blase oder die Niere oder
ob beide Sitz der Erkrankung sind, und für die Frühdiagnose spe-
ceifischer Erkankungen, vor Allem der Geschwülste und der Tuber-
kulose, leistet der Harnleiterkatheterismus nach H.’s Ansicht eben so
wenig Wesentliches und Nützliches, wie für die sichere Diagnose
eines Hindernisses im Harnleiter. H. betont, dass er weit davon
entfernt sei, der Methode jeden Werth abzusprechen, er wolle nur
beweisen, dass die Bedeutung des Harnleiterkatheterismus auf dia-
gnostischem Gebiet weit überschätzt wird, und dass ihm nicht die
souveräne Rolle zukommt, die ihm von Specialistenseite zugemessen
wird. ` Gold (Bielits).
5) L. Casper. Über den diagnostischen Werth des Ure-
terenkatheterismus für die Nierenchirurgie.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 38.)
Entgegnung auf den vorstehenden Aufsatz. C. widerlegt die
Behauptungen Holländer’s auf Grund der Erfahrungen, welche er
durch die Ausführung des Harnleiterkatheterismus in über 200 Fällen
gewonnen hat und hält seine Behauptung aufrecht, dass die Methode,
von berufener Seite und kundiger Hand angewendet, dem Kranken
niemals Schaden zufügen wird, andererseits Dinge lehrt, welche auf
andere Weise bisher nicht erfahren werden konnten. C. betrachtet
den Harnleiterkatheterismus als eine Untersuchungsmethode, welche
die anderen nicht verdrängt, sondern dieselben ergänzt.
Gold (Bielitz).
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 41
6) R. Harrison. Clinical remarks on some suppurations
of the urinary apparatus.
(New York med. record 1897. Juli 3.)
Die interessanten Erörterungen, welche H. über gewisse Eite-
rungsprocesse in den Harnwegen anstellt, betreffen zunächst die Be-
hauptung, dass manche Ausflüsse aus der Harnröhre von einer
Reinfektion aus der Blase herzuleiten seien. Wenn letztere
infieirt ist, so sind besonders während der Nacht günstige Bedin-
gungen für Bakterienwachsthum vorhanden; ein Umstand,. welcher
die Häufigkeit des Morgentropfens erklären soll. Bei Verdacht einer
Blaseninfektion soll sofortige genaue Untersuchung stattfinden, und
zwar mit dem Katheter. Blaseninfektionen behandelt H. durch anti-
septische Ausspülungen nach bekannten Methoden von Janet und
Anderen. Er füllt etwa 120 g hinein, entfernt den Katheter und
lässt dann den Pat. die Flüssigkeit entleeren. In besonders sorg-
fältiger Weise werden durch kleine Hilfsgriffe Versuche gemacht, die
seitlichen Ausbuchtungen, Lakunen etc. mit zu behandeln. Nach
Sublimatausspülungen empfiehlt Verf. zur Beseitigung der
.Schmerzhaftigkeit die Applikation einer Eiweißlösung. Die-
selbe wird hergestellt, indem man ein Hühnereiweiß in 1, Liter
warmes Wasser durchseiht. Großer Werth wird auf die innerliche
Desinfektion gelegt, besonders wenn die Eiterung direkt von der
Infektion herrührt, und Santalöl, Kopaivabalsam und Kubeben em-
pfohlen. Die Eiterungen bei Prostatikern werden nicht mit obiger
Autoirrigation behandelt, weil der atonische Zustand der Blase selten
dieses Vorgehen gestattet. Gegen den Urethralfrost wird prophylak-
tisch Chinin und Salol empfohlen, ferner Borsäure innerlich; eine
Mischung von Natron salicylicum und Natron benzoatum je 0,9
mehrmals in Chloroformwasser. Loewenhardt (Breslau).
7) M. M. Wolkow und S. N. Delitzin. Die Pathogenese
der Wanderniere.
St. Petersburg, 1897. XXIV u. 621 8. nebst Atlas u. 36 Tafeln. (Russisch.)
Die werthvolle Arbeit bildet die Frucht 4/,jähriger Unter-
suchungen. Verf. mussten zunächst einen Apparat konstruiren, der
ihnen die Möglichkeit exakter Messungen an der Leiche bot. Die
Lösung dieser Aufgabe muss als sehr gelungen bezeichnet werden,
und der in der Arbeit beschriebene und abgebildete Kinematometer
(so nennen Verf. ihren Apparat) wird sicher bei allen ähnlichen
Forschungen sehr willkommen sein. Der Kinematometer besteht aus
einer Tafel, auf welcher die Leiche mittels Riemen an Armen und
Beinen und zweier Schrauben an den Beckenknochen unbeweglich
fixirt wird. Die Tafel ist um eine horizontale Achse drehbar, so
dass man die Leiche in stehender oder liegender Lage fixiren kann.
Ein System beweglicher Messstäbe giebt die Möglichkeit, jeden be-
liebigen Punkt an der Leiche in allen 3 Ebenen genau zu bestim-
zur
42 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
men. Um die Lage der Nieren bei verschiedenen Körperbewegungen
zu markiren, bedienen sich Verf. (unabhängig von Hertz) langer,
hohler Nadeln, die mit geriebener Olfarbe gefüllt wurden und so
deutlich sichtbare Stichkanäle in den Nieren zurückließen. — Um
die Form der paravertebralen Nischen, in denen die Nieren ruhen,
zu bestimmen, machten W. und D. nach Entfernung der Nieren
Gipsabgüsse bei verschiedenen Körperstellungen; ein eigener Appa-
rat (Messkamm) diente zur Zeichnung beliebiger Durchschnitts-
konturen dieser Abgüsse. Ferner wurden eine ganze Reihe Metho-
den ausgearbeitet, um die einzelnen Momente des intraabdominalen
Gleichgewichts zu modificiren: Verdünnung der Bauchwand, künst-
liche Zwerchfellsenkung, künstliche Athmung, Änderungen im Ge-
wicht des Magens, in der Füllung des Darmes; Bildung künstlicher
Prolapse, Vergrößerung des Nierengewichts mittels extraperitonealer
Injektionen von Hg in das Nierenbecken; extraperitoncale Abschnü-
rung des Duodenums etc. An 100 Leichen wurden die verschiedenen
Experimente vorgenommen, und die anatomische Lage der Nieren
bestimmt. Von den reichhaltigen Resultaten sollen hier nur die
wichtigsten, im Schlusskapitel zusammengestellten angeführt werden.
Die paravertebralen Nischen, in denen die Nieren befestigt sind,
bilden normal tiefe, nach unten trichterförmig verjüngte Räume. Bei
Wanderniere sind diese Räume mehr cylinderföürmig und seicht.
Diese Missbildung ist eine angeborene Abnormität des Körperbaues
und erblich übertragbar. Ein Hauptmoment in der Fixation der
Nieren bildet das intraabdominale Gleichgewicht. Die Bauchwand
bildete eine Bandage, die Baucheingeweide eine elastische Pelotte
für die Nieren. Dieser Vergleich macht die Bedeutung der ver-
schiedenen Veränderungen des genannten Gleichgewichts für die
Nieren verständlich: Nachgiebigkeit der Bauchwand begünstigt, Ver-
größerung des Bauchinhalts hemmt die Entstehung der Wanderniere.
So entsteht z. B. sehr häufig die Wanderniere nach dem Geburts-
akt. Ein sehr specielles Moment in der Nierenfixation ist der Band-
apparat der Nierenkapsel (einzelne Bindegewebsfasern). Dieser Band-
apparat wird gedehnt bei transitorischer Hyperämie der Nieren
(Menstruationen. Die Nierengefäße und Harnleiter spielen eine
untergeordnete Rolle in der Befestigung der Niere. — Die Niere ist
normal beweglich beim Athmen, bei Veränderungen der Körperlage.
Feste Schnürung in der Höhe der 9.—10. Rippe (Korsett) vermin-
dert die Tiefe der Nierennische und begünstigt so die Entstehung
der Wanderniere. Tiefe Schnürung (12. Rippe und tiefer) bewirkt
das Gegentheil. — Als beste Bezeichnung für die Wanderniere em-
pfehlen Verf. den Ausdruck: Nephroptosis. Die Nephroptose ist
nur das am leichtesten konstatirbare Symptom des gestörten intra-
abdominalen Gleichgewichts und stellt nicht nur klinisch, sondern
auch anatomisch einen pathologischen Typus vor. Die oben ge-
nannten Momente machen es verständlich, dass die Nephroptose
hauptsächlich bei Frauen vorkommt: normal schon ist bei ihnen die
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 43
Nierennische nicht so tief und mehr cylinderförmig; dazu kommen
nun Menstruation, Geburt und Kleidung. — Wichtig ist eine frühe
Diagnose. Genaue Untersuchung der Konfiguration der Lenden-
gegend, der Erblichkeit, der Bauchmuskulatur macht sie möglich.
Cylindrische Form der Lendengegend ist ungünstig. — Prophylak-
tisch muss man wo möglich Lendenlordose anstreben, den Gürtel
tief schnüren, orthopädische Apparate anwenden (um die Lenden-
gegend auszuhöhlen). Das Tragen des Korsets im Mädchenalter ist
zu bekämpfen, bei schlaffer Bauchmuskulatur eine Bauchbandage zu
empfehlen. Ruhe während der Menstruation und im Wochenbett
verhüten die Entstehung der Wanderniere. Bei Senkung des Zwerch-
fells (Husten, Exsudate im Pleurasack) ist die Ursache zu beseitigen.
— Bei der Behandlung schon ausgebildeter Wandernieren sind die-
selben Grundsätze zu befolgen: Bauchbandage, orthopädische Aus-
höhlung der Lendengegend, und nur in speciellen Fällen die Nephror-
rhaphie oder gar Nephrektomie. — Das sind die Hauptfolgerungen
der gediegenen Arbeit. Das Litteraturverzeichnis enthält 260 Num-
mern. Zu bedauern ist nur, dass die Arbeit in einer verhältnis-
mäßig wenig zugänglichen Sprache erscheint.
6ückel (B. Karabulak, Saratow).
8) R. Wolff. Über die Erfolge der Nephrorrhaphie auf
Grund der nach dem Verf. von Herrn Prof. Rose in
Bethanien operirten Fälle.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 533.)
Rose verfährt bei der Nephrorrhaphie so, dass er nach Trennung
der Fett- und der fibrösen Kapsel 2 oder 3 starke Katgutfäden durch
die Niere legt, eine etwa fingerbreite Schicht derselben fassend. Die
Nähte werden unterhalb der 12. Rippe am vertebralen Hautwund-
rand befestigt. Naht der äußeren Wunde mit Einlage von Drains.
Im Anfang häufiger Verbandwechsel, Aufstehen erst nach fester Ver-
narbung, etwa 5 Wochen post operat.
Die Zahl der von Rose nephrorrhaphirten Pat. beträgt 20, deren
Krankengeschichte in aller Breite mitgetheilt wird, und an welche
eine allgemeine Besprechung der auch in diesem Material ziemlich
buntscheckigen und durch sonstige Enteroptose, Hysterie, Magen-
leiden etc. komplieirten Symptomatologie angeknüpft wird. Die Er-
folge variirten je nach Reinheit oder Komplicirtheit des vorhandenen
Zustandes. Zusammenfassend äußert sich W. dahin: 1) Die Opera-
tion ist gefahrlos und führt zu einer festen dauernden Befestigung
der Niere an der hinteren Bauchwand. 2) Wo einfache Wander-
niere besteht, wird dauernde Beseitigung der Beschwerden erreicht;
bei hysterischen Personen bedarf es einer entsprechenden psychischen
Beeinflussung, um den Erfolg der Operation auch bezüglich der
hysterischen Klagen dauernd zu erhalten. 3) Alle komplicirten Fälle
von Wanderniere werden durch die Operation geheilt, so weit die
44 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
Schmerzen in der Niere in Betracht kommen. Für die kompliciren-
den Erkrankungen werden durch die Operation für die Heilung
günstige Verhältnisse geschaffen. Nach derselben bedarf es einer
ärztlich geleiteten weiteren Behandlung des komplieirenden Leidens.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
9) R. Alessandri. Über die Exstirpation der Tunica vaginalis
des Hodens und die Verödung des Cavums.
(Policlinico 1897. April 1.)
Verf. beobachtete einen Fall, wo nach Radikaloperation der Hy-
drocele durch Excision der Scheidenhaut der betreffende Hoden bis
auf die Hälfte verkleinert war. Dies veranlasste ihn, Umschau in
der Litteratur zu halten, um die Frage nach der Veränderung des
Hodens durch Verödung des Scheidenraums zu klären. Es ergab
sich, dass die Meinungen hierüber sehr getheilt waren. Was dagegen
die Veränderungen des — künstlich oder kongenital — verlagerten
Hodens anbetrifft, so scheint aus den bisherigen Versuchen mit Sicher-
heit hervorzugehen, dass der in früher Jugend verlagerte Hoden an
Wachsthum zurückbleibt, und dass der später verlagerte erheblich
atrophir. Um die Frage derartiger Hodenveränderungen weiter zu
erforschen, unternahm Verf. eine Reihe von Experimenten an Hunden.
1) Exstirpation der Scheidenhaut: Danach ist das Volumen des
Hodens der betreffenden Seite entschieden geringer als auf der ge-
sunden Seite; mikroskopisch findet man Degeneration der Epithelien
im Centrum der Samenkanälchen, trübe Schwellung etc, ` Verlust der
Samenfäden; Verdickung der Albuginea; in der Peripherie Vermeh-
rung des interstitiellen Bindegewebes; im Nebenhoden weniger er-
hebliche Veränderungen.
2) Exstirpation der Tunica vaginalis und oberflächliche Ab-
schabung der Albuginea: Derselbe Befund wie bei 1).
3) Exstirpation der Vaginalis und Verpflanzung des Hodens in
das Unterhautzellgewebe der entsprechenden Leistengegend: Hier
finden sich sehr erhebliche Veränderungen; dieselben sind zum Theil
auf die Verlagerung des Hodens, zum größeren Theil jedoch auf die
Exstirpation der Vaginalis zurückzuführen; denn im letzteren Falle
sind sie stets stärker ausgeprägt. Es lässt sich immer eine sehr be-
deutende Volumenverminderung des Organs so wie eine Zunahme der
Konsistenz nachweisen. Mikroskopisch findet man hochgradige De-
generation und Zerstörung der Epithelien der Samenkanälchen, be-
sonders im Centrum derselben, völligen Verlust der Samenfäden,
mäßige Verdickung und Vermehrung des interkanalikulären Binde-
gewebes, Verdickung der Albuginea.
4) Verlagerung des der Vaginalis beraubten Hodens in die Bauch-
höble: Hier sind die Veränderungen am Hoden geringer als in den
vorhergehenden Experimenten; es tritt ebenfalls, wenn auch langsam,
Hodenatrophie auf. Der Hoden liegt frei in der Bauchhöhle, die
ss
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 45
Konsistenz ist weicher als sonst. Mikroskopisch findet man auch
hier Untergang und Degeneration der Epithelien der Samenkanälchen,
vornehmlich im Centrum derselben, leichte Verdickung des Binde-
gewebes; keine Spermatozoen.
5) Exstirpation der Vaginalis und Verödung der Höhle durch
Eiterung: Hier kommt es zu festen Adhäsionen zwischen der Albuginea
und den äußeren Umhüllungen. Beträchtliche Volumenabnahme des
Organs. Mikroskopisch dieselben Veränderungen wie bei 3; dieselben
treten jedoch noch schneller ein.
Die Ursachen dieser anatomischen Veränderungen nach Exstir-
patio vaginalis sieht Verf. theils in Ernährungsstörungen des Hodens,
theils in einer Kompression und verminderten Beweglichkeit desselben.
H. Bartsch (Heidelberg).
10) Comby. Traitement de la vulvo-vaginite chez les
petites filles.
(Méd. moderne 1897. No. 76.)
C. betont zunächst, dass in der Ätiologie dieser überaus häufigen
Affektion neben den akuten Infektionskrankheiten des Kindesalters,
Ekzem, Varicellen und Impetigo contagiosa, die Hauptrolle die Gono-
kokkeninfektion spielt. Es kommt diese weit weniger durch Stu-
prum, als vielmehr durch unabsichtliche Übertragung zu Stande
mittels der Wäsche, der Schwämme, der gemeinsamen Bettbenutzung
der Kinder und ihrer älteren Geschwister und Mütter. Auf diese
letztere Ätiologie hat daher auch die Therapie besonders Rücksicht
zu nehmen. C. bewährte sich bei der Behandlung besonders das
Kaliumpermanganat 1: 1000, neben Silbernitrat 1:100. Einfache
Ausspülungen mit lauwarmer Lösung genügen vollkommen und
geben, mehrere Wochen hindurch 1—2mal täglich ausgeführt, bes-
sere Resultate, als die früher geübte Einführung von medikamen-
tösen Stiften. Die Spaltung des Hymens zum besseren Sekretabfluss,
wie Jacobi will, hält C. für überflüssig. Von den Komplikationen
erfordert die gewöhnlich gutartige Peritonitis absolute Bettruhe; der
Vorfall der Harnröhrenschleimhaut ist gewöhnlich durch Ätzung mit
Argentum nitricum zu beseitigen, erfordert aber gelegentlich chirur-
gisches Eingreifen. Die Cystitis wie der »Rheumatismus« weichen
auch gewöhnlich nur exspektativem Verfahren. In der Prophylaxe
ist die Vermeidung gemeinsamer Bäder, Thermometer etc. wichtig.
Die katarrhalische Vulvitis ist lokal mit Borwasser und dann durch
Leberthran, Seebäder etc. zu beheben. Die infektiösen Vulvitiden
durch Erysipel, Diphtherie etc. erfordern die gewöhnliche antisepti-
sche Behandlung. Wichtig ist vor Allem ihre Prophylaxe durch
sorgfältige Säuberung der an diesen Krankheiten schwer danieder-
liegenden Kleinen. Boesing (Hamburg).
46 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
11) Schmeltz. Gynécologie clinique et opératoire. Avec
84 figures intercalées dans le texte.
Paris, Société d'éditions scientifiques, 1897. II u. 150 8.
Das Büchlein ist ein „anspruchsloses Vademecum der Gynäko-
logie für Studirende und Ärzte, das in 4 Kapiteln die Topographie
der Beckenorgane, die gynäkologische Untersuchung, die hauptsäch-
lichsten Genitalerkrankungen des Weibes und die Missbildungen der
weiblichen Geschlechtstheile enthält. Eine Anzahl Figuren des ge-
bräuchlichsten Instrumentariums und der häufigsten Affektionen (letz-
tere in schematischer Form) erleichtern das Verständnis. Dem
deutschen Leser werden manche der in Frankreich üblichen Ope-
rationsmethoden neu sein. Auch die Reverdin’sche Hakenzange
zur Fixirung großer Myome mittels eines an der Decke des Ope-
Tationszimmers angebrachten Apparates, den Schultze auf dem
letzten Gynäkologen-Kongress empfahl, findet sich beschrieben. Die
Doyen’sche Hysterektomie ist mit seinen eigenen Worten citirt,
eben so seine vaginale Hysterektomie bei Beckeneiterungen. Als
kurzes Kompendium der zeitgenössischen französischen Gynäkologie
kann das Büchlein empfohlen werden. — Preis 5 fr.
Jafté (Hamburg).
Kleinere Mittheilungen.
12) Association française d’urologie.
Deuxième session, tenue à Paris du 21 au 23 octobre 1897.
(Separatabdruck, eingegangen ohne Angabe der Zeitschrift.)
Wir geben im Folgenden eine kurze Übersicht über die im II. französischen
Urologenkongress gemachten Mittheilungen.
F. Guyon et J. Albarran: Physiologie pathologique des rétentions
rénales.
In der für die konservative Nierenchirurgie bedeutungsvollen Mittheilung
berichten G. und A. über ihre bezüglich der Folgen der Harnrückstauung ge-
machten Untersuchungen und Erfahrungen.
Sie unterscheiden zwischen vollständiger und unvollständiger Rückstauung.
Bei der ersteren tritt anfänglich Nierenödem auf, mit Verminderung der Harn-
absonderung und besonders mit Abnahme der Harnstoffausscheidung. Bei längerer
Dauer stellt sich Atrophie der Nierenepithelien ein, mit beständiger Abnahme der
Harnstoffmenge. Wird der Harnabfluss wieder hergestellt, so nimmt die Niere
ihre Thätigkeit wieder auf, und zwar um so vollständiger, je kürzer die Dauer
der Rückstauung war. Endgültige Aufhebung der Nierenthätigkeit ist selten,
selbst bei Pyone»hrosen, wo die Schädigung des Parenchyms den höchsten Grad
erreicht.
Bei von vorn herein unvollständiger Rückstauung hängt der Grad der funktio-
nellen Schädigung ebenfalls von dem Grad des Drucks und damit von den anato-
mischen Veränderungen des Nierenparenchyms ab. Dieselben sind bei der Pyo-
nephrose am hochgradigsten. Es geht daraus hervor, dass die Dicke der Cystenwand,
welche bei Pyonephrose bekanntlich größer ist als bei reiner Hydronephrose, keine
suverlässigen Anhaltspunkte für die Leistungsfähigkeit des Organs abgeben kann.
Hervorzuheben ist bei allen Formen von Retention der in Rücksicht auf die
scheinbare Gewebszerstörung hohe physiologische Werth der Pyo- und Hydro-
nephrosensäcke.
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 47
Die vergleichenden Untersuchungen der Leistungen der beiden Nieren bei
2 Pat. ergaben, dass die gesammte tägliche Harnstoffmenge erheblich schwankt,
und dass diese Schwankungen hauptsächlich auf Rechnung der gesunden Niere
zu stellen sind. Die kranke Niere liefert meist 1/,—!/;, ja bisweilen fast die
Hälfte des gesammten Harnstofis.
Die Ausscheidung der Phosphate schwankt in ähnlicher Weise und ist in der
kranken Niere ebenfalls vermindert. Die Ausscheidung der Chloride in der
kranken Niere übertrifft dagegen diejenige der gesunden Niere erheblich, indem
sie im Mittel 2 der Gesammtmenge beträgt. Die Kalisalze werden von der
kranken Niere in erheblich geringerer Menge ausgeschieden als von der gesunden.
Die Untersuchung auf die Toxieität ergab, dass der Harn der kranken Niere
giftiger ist.
Bezüglich der Ausscheidung von Medikamenten erscheint Jodkalium beinahe
eben so rasch im Harn der kranken wie der gesunden Niere. Eisen passirt eben-
falls beide Nieren, wenn auch verschieden schnell. Nur für die Ausscheidung
des Methylenblaus blieb die kranke Niere erheblich hinter der gesunden zurück
und ließ in einem Falle den Farbstoff gar nicht durch.
Die Vortr. schließen aus diesen Untersuchungen in erster Linie, dass Harn-
rückstauung auszuschließen ist, so bald beide Nieren einen Harn von gleicher
Zusammensetzung liefern, und ferner, dass die genaue vergleichende Untersuchung
der beiden Harne es erlaubt, einen Schluss auf den physiologischen Werth der
kranken Niere zu ziehen und damit die Frage zu entscheiden, ob das erkrankte
Organ zu erhalten sei oder nicht.
J. Boeokel (Straßburg): N&phrectomie transp£ritoneale; guérison
opératoire.
B. berichtet über einen Fall von kindskopfgroßer Nierengeschwulst, eine
mehrkammerige, im Anschluss an eine Pyelitis aufgetretene Hydronephrose mit
völligem Verschluss des Harnleiters darstellend.. Die Kranke erholte sich von
der Operation, erlag aber 3 Monate später einer analogen Erkrankung der anderen
Niere. Atiologisch ließ sich nichts in Erfahrung bringen.
Pousson (Bordeaux): Récidive postop&ratoire des calculs de la
vessie.
P. vertheidigt die Lithotripsie gegenüber dem Steinschnitt, auch in Bezug auf
die Recidive. Er sah nämlich bei 5 Fällen der letzteren Operation 2mal Rückfälle,
während er auf 35 Lithotripsien nur 11 Recidive zählt. Die Ursache der Rückfälle
liegt nicht in erster Linie im Zurücklassen von Steinträmmern, sondern haupt-
sächlich im Fortbestehen der Stoffwechselanomalie bei den primären Harnsteinen
und der anatomischen Verhältnisse der Blase bei den Phosphatsteinen. Der
Steinschnitt ist nur da angezeigt, wo gleichzeitig ein Blasendivertikel oder ein
großer Mittellappen der Prostata beseitigt werden können, welche beide P. neben
der Cystitis als wichtige Ursachen der Recidive von Phosphatsteinen ansieht.
E. Chevalier (Paris): Taille et lithotritie.
C. vertheidigt ebenfalls die Lithotripsie und weist dem Steinschnitt nur die
Fälle von zu großen, zu harten oder zu zahlreichen Steinen zu, so wie diejenigen,
bei denen der Allgemeinzustand oder der Zustand der Blase sehr ungünstig ist.
Albarran ist derselben Ansicht; er empfiehlt eine Nachuntersuchung der
Blase mit dem Cystoskop 8 Tage nach der Lithotripsie.
Malherbe (Nantes) empfiehlt ebenfalls die Lithotripsie.
Tedenot (Montpellier) räth, gleich nach der Steinzerträmmerung, und in
gleicher Weise einige Tage später eine Nachuntersuchung mit einem kleinen
Lithotriptor vorsunehmen.
Guiard empfiehlt die Nachuntersuchung mit dem Lithotriptor und besonders
mit dem Aspirateur, während er von dem Cystoskop in dieser Beziehung nicht
viel hält. Er räth, zur Verhütung der Recidive regelmäßige Spülungen der Blase
mit Aspiration vorzunehmen.
48 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
Loumeau schließlich empfiehlt, die Nachuntersuchung mit Lithotriptor und
Cystoskop auszuführen.
Hartmann et Reymond (Paris): De la suppuration des canaux ac-
cessoires de l'urêtre chez la femme.
H. und R. theilen 2 Fälle mit, bei denen sich in der Scheidewand zwischen
Harnröhre und Scheide eine Eiterung entwickelte, die im einen Falle su mehr-
facher Abscessbildung führte. Bei genauerer Untersuchung zeigte es sich, dass
der Sits der Eiterung in zwei feinen Gängen gelegen war, welche in der genannten
Scheidewand verliefen und direkt nach außen mündeten. Die histologische Unter-
suchung ergab, dass die Struktur der Wand dieser Gänge derjenigen der Harn-
röhre gleicht.
Diskussionsthema: Die Kastration bei Prostatahypertrophie.
Carlier (Lille) giebt als Ref. eine Übersicht über den gegenwärtigen Stand
der Frage.
Albarran et Motz: Opérations expérimentales, pratiquées sur
l'appareil génital pour amener l’atrophie de la prostate.
Die Vortr. theilen ihre am Pferd, Ochsen und Hund gewonnenen Erfahrungen
über den Einfluss der Kastration auf die Prostata mit. Bei allen drei Thieren
bewirkte die Kastration eine mehr oder weniger ausgesprochene Atrophie des
Drüsengewebes. Die einseitige Entfernung eines Hodens, so wie die beiderseitige
Resektion des Vas deferens ergaben keine konstanten Resultate. Die einseitige
Resektion des Vas deferens blieb ohne Erfolg.
Die Vortr. empfehlen statt der unsicheren Resektion des Vas deferens die Re-
sektion des Gefäß-Nervenbündels des Samenstrangs mit Stehenlassen des Vas
deferens. (»Angioneurectomie du cordone.)
Desnos (Paris) hat in einem Falle mit gutem Erfolg die Venen des Samen-
strangs sammt einem Stück Hodensaok resecirt.
Albarran: La castration et l’angioneurecetomie du cordon dans
V’bypertrophie de la prostate.
A. hat bei seinen 6 Fällen von Kastration sehr befriedigende Resultate ge-
sehen (3 Heilungen, 3 Besserungen). Der Resektion des Vas deferens, die er
übrigens nie ausgeführt hat, schreibt A. bloß eine Einwirkung auf die Blutfülle,
eine Verminderung der Kongestion der Prostata, zu. Was die von ihm vorge-
schlagene Resektion des Gefäß-Nervenbündels betrifft, so ist der einzige in dieser
Weise operirte Pat. noch zu kurze Zeit beobachtet, um einen Schluss auf den
Werth der Operation zu gestatten.
Motz: Structure histologique des prostates hypertrophi&es, après
les opérations sur l'appareil testiculaire.
M. weist darauf hin, dass auch beim Fehlen jeglicher Verminderung des
Volumens der Prostata die Kastration zu völligem Verschwinden der Beschwerden
führen kann.
Legueu (Paris): Des indications des opérations sur les testicules
dans le traitement de l’hypertrophie prostatique.
L. stellt folgende Indikationen auf: Bei akuter Harnverhaltung, wo es sich
meist um Kongestion der Prostata handelt, kommt man in der Kegel mit dem
regelmäßigen Katheterismus aus. Ein operativer Eingriff ist in der Regel un-
nöthig und hätte nur prophylaktische Bedeutung.
Beim chronischen Prostatismus bildet eine derbe Konsistenz des Organs, als
Zeichen einer fibrösen Hypertrophie, eine völlige Kontraindikation gegen jede
Operation am Genitalapparat. Angezeigt sind diese Eingriffe dagegen bei der
weichen Form der Hypertrophie, welche zur Annahme einer Vermehrung der
drüsigen Theile der Prostata berechtigt.
Nicht zu unterschätzen ist ferner die Bedeutung der Blasenkontraktilität.
Ist diese seit langer Zeit verloren gegangen, so ist jeder operative Eingriff
nutzlos.
SS
k
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 49
Was die Wahl des Verfahrens betrifft, so schreibt L. der Resektion des Vas
deferens eine langsamere Wirkung zu als der Kastration, ohne sie desswegen je-
doch zu verwerfen.
Chevalier (Paris): A propos des opérations pour l’hypertrophie
prostatique.
C. theilt 3 Beobachtungen mit, von denen wir die letzte erwähnen, bei wel-
cher der Erfolg einer doppelseitigen Vasektomie, nämlich eine erhebliche Atrophie
der Prostata, erst nach Entfernung eines Blasensteins auftrat.
Loumeaux und Carlier berichten über weitere Fälle.
Desnos sah von doppelseitiger Vasektomie keinen Erfolg, jedoch einmal er-
hebliche Verschlimmerung: der Pat. konnte seit der Operation gar nicht mehr
uriniren.
Mots stellt an der Hand der im Hôpital Necker gemachten Beobachtungen
fest, dass Prostatiker nicht nur bei Genitaloperationen, sondern auch überhaupt
eine hohe Mortalität zeigen.
Desnos: Relation entre le volume de la prostate et le degr& de
la rétention d’urine.
D. stellt fest, dass die Hauptrolle bei der Harnverhaltung nicht der diffusen
Prostatahypertrophie, sondern den in die Blase vorspringenden, mehr oder weniger
gestielten Lappen zukommt, auf welche die Kastration so zu sagen ohne Ein-
fluss ist.
Loumeau sieht von der Vasektomie keinen anderen Nutzen als den einer
Prophylaxe gegen die bei Anlass des Katheterismus auftretenden Entzündungen
der Samenwege.
Nicolich (Triest) dagegen sah auf 27 Vasektomien 8 Heilungen.
Carlier: De l’intervention chirurgicale dans la tuberculose
durein.
C. hält die Nephrektomie für kontraindieirt bei ernstlichem Ergriffensein der
Blase, warnt aber davor, aus schweren subjektiven Blasenstörungen in jedem Falle
auf eine organische Schädigung dieses Organs zu schließen, da die subjektiven
Erscheinungen nach Nephrotomie oft auffallend nachlassen.
Duret und Pousson bestätigen die letztere Beobachtung.
Jullien et Sibut (Paris): La blennorrhagie, maladie générale.
J. und S. besprechen an der Hand von 2 eigenen Beobachtungen die Ver-
allgemeinerung der Gonorrhoe auf dem Blutweg. In dem einen der Fälle gelang
es, den Gonococeus im Blut nachzuweisen.
Loumeau: Pyon£&phrose ou congestion rénale.
L. berichtet über einen Fall von Blasenstein mit gleichzeitigen Erscheinungen
von beiderseitiger Pyelitis. Da die Entfernung des Steins (durch die Scheide)
nicht die erwartete Erleichterung brachte, so wurde rechts die Nephrotomie ge-
macht. Dieselbe ergab nichts als eine große, hyperämische Niere ohne Pyelitis,
Darauf Heilung der Operationswunde und Verschwinden der Nierenanschwellung
auf beiden Seiten.
Albarran: Nouvelles observationsde catheterismecystoscopique
des uretöres.
A. weist an der Hand von 3 neuen Beobachtungen auf die Bedeutung des
Harnleiterkatheterismus hin. Im 1. Falle war auf Grund der äußeren Unter-
suchung und der Anamnese eine rechtsseitige Hydronephrose angenommen worden.
Der Katheterismus des Harnleiters ergab aber normale Nierenfunktion, so dass
eine Hydronephrose auszuschließen war. Die Laparotomie erwies das Vorhanden-
sein eines großen, multilokulären Ovarialkystoms. Im 2. Falle konnte ein Stein
im Nierenbecken direkt gefühlt werden. Im 3. Falle gab der Harnleiterkathete-
rismus die Gewissheit normaler Funktion der einen, gesunden, Niere und damit
die Indikation zur Exstirpation der anderen, wie sich später herausstellte, gleich-
zeitig von Carcinom und Tuberkulose befallenen Niere.
48 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
Loumeau schließlich empfiehlt, die Nachuntersuchung mit Lithotriptor und
Cystoskop auszuführen.
Hartmann et Reymond (Paris): De la suppuration des canaux ac-
cessoires de l'ur&tre chez la femme.
H. und R. theilen 2 Fälle mit, bei denen sich in der Scheidewand zwischen
Harnröhre und Scheide eine Eiterung entwickelte, die im einen Falle zu mehr-
facher Abscessbildung führte. Bei genauerer Untersuchung zeigte es sich, dass
der Sits der Eiterung in zwei feinen Gängen gelegen war, welche in der genannten
Scheidewand verliefen und direkt nach außen mündeten. Die histologische Unter-
suchung ergab, dass die Struktur der Wand dieser Gänge derjenigen der Harn-
röhre gleicht.
Diskussionsthema: Die Kastration bei Prostatahypertrophie.
Carlier (Lille) giebt als Ref. eine Übersicht über den gegenwärtigen Stand
der Frage.
Albarran et Mots: Operations expérimentales, pratiquées sur
l'appareil génital pour amener l’atrophie de la prostate.
Die Vortr. theilen ihre am Pferd, Ochsen und Hund gewonnenen Erfahrungen
über den Einfluss der Kastration auf die Prostata mit. Bei allen drei Thieren
bewirkte die Kastration eine mehr oder weniger ausgesprochene Atrophie des
Drüsengewebes. Die einseitige Entfernung eines Hodens, so wie die beiderseitige
Resektion des Vas deferens ergaben keine konstanten Resultate. Die einseitige
Resektion des Vas deferens blieb ohne Erfolg.
Die Vortr. empfehlen statt der unsicheren Resektion des Vas deferens die Re-
sektion des Gefäß-Nervenbündels des Samenstrangs mit Stehenlassen des Vas
deferens. (»Angioneurectomie du cordone.)
Desnos (Paris) hat in einem Falle mit gutem Erfolg die Venen des Samen-
strangs sammt einem Stück Hodensack resecirt.
Albarran: La castration et l’angioneurectomie du cordon dans
V’hypertrophie de la prostate.
A. hat bei seinen 6 Fällen von Kastration sehr befriedigende Resultate ge-
sehen (3 Heilungen, 3 Besserungen). Der Resektion des Vas deferens, die er
übrigens nie ausgeführt hat, schreibt A. bloß eine Einwirkung auf die Blutfülle,
eine Verminderung der Kongestion der Prostata, zu. Was die von ihm vorge-
schlagene Resektion des Gefäß-Nervenbündels betrifft, so ist der einzige in dieser
Weise operirte Pat. noch zu kurse Zeit beobachtet, um einen Schluss auf den
Werth der Operation zu gestatten.
Motz: Structure histologique des prostates hypertrophi&es, après
les opérations sur l'appareil testiculaire.
M. weist darauf hin, dass auch beim Fehlen jeglicher Verminderung des
Volumens der Prostata die Kastration zu völligem Verschwinden der Beschwerden
führen kann.
Legueu (Paris): Des indications des opérations sur les testicules
dans le traitement de l’hypertrophie prostatique.
L. stellt folgende Indikationen auf: Bei akuter Harnverhaltung, wo es sich
meist um Kongestion der Prostata handelt, kommt man in der Regel mit dem
regelmäßigen Katheterismus aus. Ein operativer Eingriff ist in der Regel un-
nöthig und hätte nur prophylaktische Bedeutung.
Beim chronischen Prostatismus bildet eine derbe Konsistenz des Organs, als
Zeichen einer fibrösen Hypertrophie, eine völlige Kontraindikation gegen jede
Operation am Genitalapparat. Angezeigt sind diese Eingriffe dagegen bei der
weichen Form der Hypertrophie, welche zur Annahme einer Vermehrung der
drüsigen Theile der Prostata berechtigt.
Nicht zu unterschätzen ist ferner die Bedeutung der Blasenkontraktilität.
Ist diese seit langer Zeit verloren gegangen, so ist jeder operative Eingriff
nutzlos.
en
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 49
Was die Wahl des Verfahrens betrifft, so schreibt L. der Resektion des Vas
deferens eine langsamere Wirkung zu als der Kastration, ohne sie desswegen je-
doch zu verwerfen.
Chevalier (Paris): A propos des opérations pour l’hypertrophie
prostatique.
C. theilt 3 Beobachtungen mit, von denen wir die letzte erwähnen, bei wel-
cher der Erfolg einer doppelseitigen Vasektomie, nämlich eine erhebliche Atrophie
der Prostata, erst nach Entfernung eines Blasensteins auftrat.
Loumeaux und Carlier berichten über weitere Fälle.
Desnos sah von doppelseitiger Vasektomie keinen Erfolg, jedoch einmal er-
hebliche Verschlimmerung: der Pat. konnte seit der Operation gar nicht mehr
uriniren.
Mots stellt an der Hand der im Hôpital Necker gemachten Beobachtungen
fest, dass Prostatiker nicht nur bei Genitaloperationen, sondern auch überhaupt
eine hohe Mortalität zeigen.
Desnos: Relation entre le volume de la prostate et le degré de
la rétention d’urine.
D. stellt fest, dass die Hauptrolle bei der Harnverhaltung nicht der diffusen
Prostatahypertrophie, sondern den in die Blase vorspringenden, mehr oder weniger
gestielten Lappen zukommt, auf welche die Kastration so zu sagen ohne Ein-
fluss ist.
Loumeau sieht von der Vasektomie keinen anderen Nutzen als den einer
Prophylaxe gegen die bei Anlass des Katheterismus auftretenden Entzündungen
der Samenwege.
Nicolich (Triest) dagegen sah auf 27 Vasektomien 8 Heilungen.
Carlier: De l’intervention chirurgicale dans la tuberculose
du rein.
C. hält die Nephrektomie für kontraindicirt bei ernstlichem Ergriffensein der
Blase, warnt aber davor, aus schweren subjektiven Blasenstörungen in jedem Falle
auf eine organische Schädigung dieses Organs zu schließen, da die subjektiven
Erscheinungen nach Nephrotomie oft auffallend nachlassen.
Duret und Pousson bestätigen die letztere Beobachtung.
Jullien et Sibut (Paris): La blennorrhagie, maladie générale.
J. und S. besprechen an der Hand von 2 eigenen Beobachtungen die Ver-
allgemeinerung der Gonorrhoe auf dem Blutweg. In dem einen der Fälle gelang
es, den Gonococcus im Blut nachzuweisen.
Loumeau: Pyon£&phrose ou congestion rénale.
L. berichtet über einen Fall von Blasenstein mit gleichzeitigen Erscheinungen
von beiderseitiger Pyelitis. Da die Entfernung des Steins (durch die Scheide)
nicht die erwartete Erleichterung brachte, so wurde rechts die Nephrotomie ge-
macht. Dieselbe ergab nichts als eine große, hyperämische Niere ohne Pyelitis.
Darauf Heilung der Operationswunde und Verschwinden der Nierenanschwellung
auf beiden Seiten.
Albarran:Nouvelles observationsdecatheterisme cystoscopique
des uretères.
A. weist an der Hand von 3 neuen Beobachtungen auf die Bedeutung des
Harnleiterkatheterismus hin. Im 1. Falle war auf Grund der äußeren Unter-
suchung und der Anamnese eine rechtsseitige Hydronephrose angenommen worden.
Der Katheterismus des Harnleiters ergab aber normale Nierenfunktion, so dass
eine Hydronephrose auszuschließen war. Die Laparotomie erwies das Vorhanden-
sein eines großen, multilokulären Ovarialkystoms. Im 2. Falle konnte ein Stein
im Nierenbecken direkt gefühlt werden. Im 3. Falle gab der Harnleiterkathete-
rismus die Gewissheit normaler Funktion der einen, gesunden, Niere und damit
die Indikation zur Exstirpation der anderen, wie sich später herausstellte, gleich-
zeitig von Carcinom und Tuberkulose befallenen Niere.
50 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
Carlier: Des grosses tumeurs du rein.
C. theilt die Beobachtung eines Falles von mannskopfgroßer Nierengeschwulst
mit, die schon im Jahre 1887 von Guyon als inoperabel erklärt worden war, und
die noch jetzt als einziges Symptom eine alle 7—8 Monate auftretende mehrtägige
Hämaturie aufweist.
Malherbe berichtet über einen Fall von gleichzeitigem Vorhandensein einer
Ovarialeyste und einer Hydronephrose.
Legueu: Valeur pronostique du varicoctle dans les tumeurs
du rein.
L. ist der Ansicht, dass die bei Nierengeschwülsten beobachtete Varicocele
die Folge der Kompression der V. spermatica nicht durch die Geschwulst, sondern
durch geschwollene Lymphdrüsen ist, und dass ihr desshalb nicht nur in dia-
gmostischer, sondern auch in prognostischer Beziehung eine große Bedeutung zu-
kommt. In therapeutischer Hinsicht empfiehlt L., bei Vorhandensein von Varico-
cele entweder von einer Operation abzusehen, oder dann die Drüsen mit au
exstirpiren.
Chevalier et Mauclaire (Paris): Nephrotomie pour anurie chez une
femme ayant un rein unique.
Eine wegen rechtsseitiger Pyonephrose der Nephrektomie unterzogene Pat.
erkrankte 1 Jahr später an Pyonephrose der linken Niere, die zu totaler Anurie
führte. Die rasche Ausführung der Nephrotomie — wobei 1 Liter trüben Harns
entleert wurde, verhinderte den Ausbruch der Urämie. Seit der Operation ent-
leert sich aller Urin durch die Fistel.
Be&gouin (Bordeaux): Deux cas d’anurie caleuleuse. Nécessité de
l'opération précoce.
B. berichtet über 2 Fälle von Urämie in Folge von Nierensteinen. Die 1. Pat.
verweigerte jeden Eingriff und starb am 11. Tage nach Beginn der Anurie. Im
2. Falle wurde am 5. Tage nach Beginn der Anurie die Nephrotomie ausgeführt.
Trotz anfänglicher Besserung erlag Pat. nach 8 Tagen unter Delirien und nach-
folgendem Koma. B. glaubt, es handle sich um Urämie und erklärt dieselbe
durch die Annahme, dass die Operation zu spät kam, um die Harnintoxikation
des Organismus zu verhindern. Er empfiehlt desshalb, bei Anurie in Folge von
Nierenstein nicht 5 und mehr Tage zuzuwarten, wie dies bisher die Regel war,
sondern nach 48 Stunden, wenn die interne Behandlung nutzlos bleibt, sur Opera-
tion zu schreiten.
Legueu betont ebenfalls die Nothwendigkeit frühzeitiger Operation.
Loumeau berichtet über eine ähnliche Erfahrung wie Begouin.
Boursier ist der Ansicht, man müsse sich nicht nach der Dauer der Anurie,
sondern nach der Schwere der Allgemeinerscheinungen richten.
Duret (Lille): Sur la cure des extrophies v&sicales par la suture
marginale.
D. beschreibt sein Operationsverfahren bei Ektopie der Blase, das der Haupt-
sache nach in Folgendem besteht: 1) Ablösung und Anfrischung der Blase. 2) Ein-
stülpung derselben und Naht der Ränder. 3) Anfrischung und Naht der epi-
spadischen Harnröhre. 4) Autoplastischer Verschluss der Bauchwand (Haut und
Muskeln) als Halt für die reponirte Blase. D. empfiehlt, so früh wie möglich zu
operiren.
Pousson empfiehlt, das Segond’sche Verfahren in folgender Weise zu ver-
ändern: Der obere Blasenumfang wird nicht einfach von der Bauchwand abpräpa-
rirt, was einen zu dünnen Lappen giebt, sondern es wird ein die ganze Dicke der
Bauchwand enthaltender Blarenlappen gebildet, der nach unten geschlagen wird.
Die dadurch eröffnete Bauchhöhle wird durch Etagennaht geschlossen.
Sarel (Havre): Neurasth£nie urinaire; crises de rétention d’urine.
PAON of Cieni ptet über einen mit chronischem Tripper behafteten Pat., bei dem in
N ü\wechseloden_ Zieh räumen akute Harnverhaltung auftritt, ohne dass eine orga-
II
la N D
` met,
Bet
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 51
nische Veränderung des Harnapparats zu finden wäre. Der Katheterismus genügt
jedes Mal, um die Harnverhaltung zu heben.
Boursier empfiehlt für solohe Fälle die Anwendung von Bädern.
Guiard (Paris): Sur la technique de la circoncision.
G. stellt für ideales Gelingen der Circumcision folgende Regeln auf: 1) Ersatz
der Cocainanästhesie durch Chloroformnarkose. 2) Ersatz der Antisepsis durch
Asepsis. Als Desinficientien sind nur Borlösungen und sehr verdünnte Sublimat-
lösung zulässig. 3) Es ist möglichst viel Haut zu belassen. Der Schnitt ist schräg
von hinten oben nach vorn unten zu führen, um eine weite Öffnung zu erhalten.
4) Es ist nur wenig vom inneren Blatt des Präputiums, nur etwa ein Saum von
4—5 mm Breite, zu erhalten. 5) Die Naht soll mit Serre-fines nach dem Modell
des Vortr. angelegt werden. 6) Die Anlegung derselben ist durch 4 an den
4 Hauptpunkten der Naht anzubringenden Haltnähten zu erleichtern. 7) Jeder
Verband ist wegzulassen. Die Nahtlinie ist einfach dicht mit Salol zu bestreuen.
Carlier ersetzt die Chloroformnarkose durch eine Cocaininjektion an der
Wurzel des Penis. Zum Zweck der Desinfektion vor der Operation wird die Vor-
haut stark erweitert. Die Naht wird mit feinem Katgut angelegt.
Pousson operirt unter künstlicher Blutleere, vermittels eines um die Wurzel
des Penis geschnürten weichen Katheters. Die Naht wird mit Crin de Florence
ausgeführt und die Nahtlinie mit einer Salol-Jodoformpaste bedeckt.
L. Bernard (Paris): Sur l’hydron&phrose calculeuse de la première
enfance.
B. berichtet über 4 Fälle von mehr oder weniger ausgrsprochener Hydro-
nephrose, die er zufälligerweise bei der Autopsie von an Darmkatarrh gestorbenen
Säuglingen gefunden hat. In allen Fällen fand sich als einziger Grund für die
Entstehung der Erweiterung des Nierenbeckens feiner Uratsand. B. glaubt, diese
Befunde seien geeignet, die bisher dunkle Entstehung mancher Hydronephrosen
zu erklären.
Diskussionsthema: Die nicht auf @onokokken beruhende Urethritis.
J. Eraud (Lyon) giebt als Berichterstatter eine Übersicht über dieses noch
sehr dunkle Kapitel der Pathologie der Harnröhre.
Noguès (Paris) bespricht als zweiter Berichterstatter dieselbe Frage.
Er wendet sich zuerst gegen die Aufstellung eines sogenannten »Pseudo-
gonococcus« und theilt sodann die gonokokkenfreie Urethritis in 2 Kategorien,
je nachdem der Eiter Mikroorganismen enthält oder nicht. Jede Kategorie zerfällt
in 2 Gruppen, von denen die eine die primären, die andere die sekundären
Affektionen der Harnröhre darstellt. Von der interessantesten dieser 4 Formen,
der primären bakteriellen nicht gonorrhoischen Urethritis, hat der Vortr. 26 Fälle
gesammelt, bei denen die verschiedensten Mikroorganismen gefunden worden
waren. Eine nicht bakterielle primäre Urethritis hat der Vortr. nie gesehen und
hält sie für ein ganz ungewöhnliches Vorkommnis.
Janet (Paris): Quelques cas d’ur6trites aseptiques et infectieuses
primitives.
J. theilt je 4 Fälle von aseptischer und von nicht gonorrhoischer, infektiöser
Urethritis mit. Bei 2 Pat. der 1. Gruppe handelte es sich um Herpes urethralis,
bei den beiden anderen um nicht erklärliche Urethritiden mit völlig sterilem Eiter.
Von den 4 Fällen der 2. Gruppe stellte der erste ein Übergreifen einer infektiösen
Balanoposthitis auf die Harnröhre dar; der zweite war durch einen kleinen Diplo-
bacillus »le bacille fourmi« bedingt, während die beiden letzten einen identischen
Diplococeus-ähnlichen Bacillus aufwiesen.
Reymond hält die gonokokkentreien Urethritiden nicht für infektiös.
Hogge (Liège) verwundert sich darüber, dass Noguès die Heirathsbewilligung
auf bloße mikroskopische Untersuchung des Harnröhrensekrets,:. ohne Anlegung
von Kulturen, geben will. Im Übrigen weist er auf die Bedeutung der chronischen
52 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
Eiterung der Prostatadrüsen für die sogenannte aseptische Urethritis hin und
stützt sich dabei auf 12 eigene Beobachtungen.
Genouville berichtet über einen Fall von »primitiver, gonokokkenfreier Ure-
thritis« bei einem Pat., der 2 Monate vorher Gonorrhoe durchgemacht. (Das
»primitiv« dürfte wohl in Frage zu stellen sein. D. Ref.)
Noguès theilt mit, dass die von ihm mit Harnröhrensekret angelegten Kul-
turen stets resultatlos blieben, wenn die direkte mikroskopische Untersuchung
die Abwesenheit von Gonokokken ergeben hatte.
Bezüglich der Ansteckungsfähigkeit hält er daran fest, dass der geschlecht-
liche Verkehr zu untersagen sei, so lange der Ausfluss überhaupt Mikroorganismen
enthalte.
Eraud will den Ausdruck »aseptische Urethritis«e durch »mikrobenfreie Ure-
thritis« (vur&trite amicrobienne«) ersetzt wissen.
Guiard bemerkt im Gegensatz su Eraud, dass Komplikationen bei nicht
gonokokkischer Urethritis selten seien und sich in der Regel auf traumatische
Einflüsse, wie auf schwierigen Katheterismus oder ungeschickte Einspritzungen
zurückführen lassen.
Bezüglich der Ansteckungsfähigkeit ist G. weniger pessimistisch als Noguès,
in so fern er nicht jeden Mikroorganismen enthaltenden Ausfluss für gefährlich hält.
Den Ausdruck »aseptische Urethritisa will G. beibehalten wissen, voraus-
gesetst, dass zugestanden wird, dass sich bei derselben immerhin vereinzelte
Kokken oder Bacillen finden können.
Janet glaubt, die Heirath sei, abgesehen von den mit Gonokokken behafteten
Pat., auch da zu verbieten, wo eine sekundäre Urethritis mit reichlicher Entwick-
lung eines anderen Organismus als des Gonococcus besteht.
Kraus schlägt vor, die »ur&trite aseptique« lieber als »urétrite oligococeique«
su bezeichnen.
Guiard findet, dass die meist vorgeschlagenen Spülungen mit schwachen
Sublimatlösungen bei der gonokokkenfreien Urethritis nicht immer zum Ziel führen,
und dass das Argentum nitricum in manchen Fällen bessere Dienste leistet, wäh-
rend freilich umgekehrt durch Silbernitrat nicht gebesserte Pat. durch Sublimat-
epülungen geheilt werden.
Was die bei frisch verheiratheten Frauen beobachteten Entzündungen der
Genitalien betrifft, so bemerkt G., dass dieselben durchaus nicht immer auf In-
fektion von Seiten des Mannes zurückzuführen seien, sondern dass es sich oft
einfach um Pathogenwerden der Scheidensaprophyten in Folge der durch den
ersten geschlechtlichen Verkehr bedingten Kongestion handelt.
Tailhefer (Toulouse): Cystotomie suspubienne et r§ion des
canaux d&ferents chez un prostatique. Suites éloignées.
T. konstatirt bei einem mit Blasenschnitt und Vasektomie behandelten Pro-
statiker nach 14 Monaten eine merkliche Verkleinerung der Prostata, während die
Hoden ihre frühere Größe behalten haben. Der Erfolg der Behandlung war sehr
befriedigend.
Binaud et Chavannaz (Bordeaux): Sur une forme singulière de
cancer de l’ur£tre.
B. und C. berichten über einen Fall von Harnröhrenkrebs, der Anfangs zu
einer auffallenden Knickung des Penis geführt hatte. Das Hauptsymptom bestand
in einer erheblichen Verhärtung im Gebiet der beiden hinteren Drittel der Pars
pendula. Das Übel führte zu Harninfiltration und erforderte eine Urethrotomie.
Bei der Autopsie fand sich, dass das Careinom sich bis in die Prostata erstreckte.
Mariachess (Odessa): Sareome de l’ur&tre. Emasculation totale.
M. theilt einen Fall mit von Sarkom der äußeren Genitalien, vom Penis aus-
gehend, bei einem 22jährigen Pat., welches die völlige Emaskulation erforderte.
Pat. war nach 3 Monaten noch recidivfrei.
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 53
Hartmann et Reymond: Un cas de collection r&trov&sicale à point
de départ appendioulaire ayant déterminé le passage du baotörium
coli à travers les parois de la vessie.
Die Vortr. fanden im Urin eines vorher nie katheterisirten 16jährigen Pat.,
der einen retrovesikalen Abscess perityphlitischen Ursprungs hatte, während 6 Tagen
das Bacterium coli im Urin. Der Abscesseiter enthielt neben dem genannten
Mikroorganismus noch Streptokokken, so wie andere Kokken.
Reblaud denkt eher an Ausscheidung des Bacterium coli durch die Nieren.
Nicolich: Calcul enchatonn£ de la vessie.
N. fand bei der Autopsie eines 72jährigen Pat. einen großen, zu 2/3 in einem
Blasendivertikel sitzenden Stein. Das Divertikel war hinter der Prostata gelegen.
Loumeau: Traitement des fistules v&sico-vaginales par le pro-
cédé de »d&doublement«.
L. schloss in 3 Fällen mit Erfolg Blasen-Scheidenfisteln durch Ablösung der
Blasenschleimhaut von der Scheidenschleimhaut und getrennte Naht der beiden
Schichten. Er empfiehlt dieses Verfahren als einfach, leicht und sicher.
Malherbe: Sur quatre tumeurs de la vessie.
M. theilt seine an 4 Blasengeschwülsten gemachten Erfahrungen mit. In
3 Fällen handelte es sich um Papillome. Bemerkenswerth ist der 4. Fall, bei dem
es sich um eine gut abgegrenzte Geschwulst in der vorderen Blasenwand, ober-
halb der Harnröhrenmündung, zwischen Blasenschleimhaut und Symphyse gelegen,
handelte. Die histologische Untersuchung der operativ entfernten Neubildung
zeigte, dass ein Schleimdrüsenadenom vorlag, dessen Ausgangspunkt nicht sicher
zu entscheiden war. Die Hämaturie bei intakter Schleimhaut musste als Kon-
gestionserscheinung aufgefasst werden.
Desnos: Fragmentation et expulsion spontan&es des tumeurs de
la vessie.
D. konnte bei 4 Pat. mit Hilfe des Cystoskops die Zertheilung und successive
Ausstoßung von Blasengeschwülsten verfolgen, die bis zum völligen Verschwinden
der Neubildung ging. Er stellt die Frage auf, ob es sich vielleicht zum Theil
um eine Einwirkung des in allen 4 Fällen angewendeten Methylenblaus handeln
könnte.
Nicolich: Tumeur développée dans un énorme diverticule de la
vessie.
N. fand bei der Autopsie eines 66 Jahre alten Pat. ein Blasendivertikel, dessen
Ausdehnung diejenige der Blase selbst übertraf, und das eine große Zotten-
geschwulst enthielt.
Piqué (Paris): Corps étrangers de la vessie.
P. fand in der Blase einer Frau ein 10 cm langes Stück eines Elfenbein-
federhalters, an dessen einem Ende sich ein großer Stein gebildet hatte. — Bei
einem Manne fand er einen Stein, um den sich die Führungssonde eines Urethro-
toms aufgewickelt hatte.
Legueu: De la voie sous-symphysaire pour aborder l’uritre
féminin.
L. schlägt vor, zur Vermeidung von Scheiden-Harnröhrenfisteln die weibliche
Harnröhre von vorn her freizulegen. Er löst sie von einem vor dem Orifieium
externum gelegenen Schnitt aus von der Symphyse ab und drängt sie sammt der
Scheide nach hinten. Auf diese Weise ist sie bis zur Blase zugänglich. Nach
Beendigung der Operation wird die Harnröhre durch Naht geschlossen und so-
dann die Wunde durch Etagennähte vereinigt.
Forgue empfiehlt dieses Vorgehen auch für plastische Operationen. an der
Harmröhre.
54 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
Janet: Cinq cas des polypes ur&traux.
J. berichtet über 5 Fälle von Harnröhrenpolypen beim Manne. Dieselben
waren entweder solitär und zeigten in diesem Falle Wurmform und eine glatte
Oberfläche, oder sie waren papillomatös und in diesem Falle multipel in der vor-
deren Harnröhre zerstreut. Die ersteren wurden mit der Schlinge, die letzteren
mit scharfem Löffel und dem Galvanokauter entfernt.
Gloutenay (Paris): Syphilome diffus de la verge.
G. berichtet über einen der seltenen Fälle von diffuser tertiär-syphilitischer
Affektion der Harnröhre, deren Natur durch die Anamnese und den Erfolg der
Behandlung durchaus sichergestellt war.
Hogge: Anatomie et développement de l'urètre d’après des pro-
jections de préparations microscopiques.
H. betont auf Grund seiner Präparate, dass es nicht gerechtfertigt sei, von
dem Verhalten der Prostata der Thiere auf dasjenige der menschlichen Prostata
zu schließen.
Albarran bestätigt die Angaben Hogge’s und geht auf einige Einzel-
heiten in der Entwicklung der Prostata ein. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
13) Aus den Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynä-
kologie. 7. Versammlung.
Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897.
Im Anschluss an die Referate von Schultze und Olshausen über Retro-
flexio uteri entstand eine sehr lebhafte Diskussion, aus der wir nur die für
die Chirurgie wichtigen Ausführungen von Dührssen und Baumm hervorheben
wollen.
1) Dührssen (Berlin): Über vaginale Operationsmethoden der
Retroflexio uteri. D. ist noch Anhänger der Vaginofixation geblieben; aber
er verlangt für die Operation 4 Dinge: a. Hohe Fixation des Uterus, b. Eröffnung
der Peritonealhöhle, c. isolirte Nabt der peritonealen Öffnung und d. ausschließ-
lichen Gebrauch von Silkwormfäden, die später entfernt werden. Von seinen
Resultaten berichtet D., dass er unter 281 intraperitonealen Vaginofixationen nur
6 Recidive zu verzeichnen hatte. Die späteren Geburtsstörungen larsen sich ver-
meiden, wenn man die Öffnung im Bauchfell der Plica für sich wieder zusammen-
näht. Unter 164 so operirten Fällen kamen D. 4 Geburten zur Kenntnis, die
sämmtlich ohne Kunsthilfe verlaufen sind. Die schlechten Resultate der früheren
Zeit führt D. auf die ältere Methode zurück, wo der Uterusgrund direkt mit dem
Bindegewebe der Scheide verwuchs. Die Mortalität der 291 Vaginofixationen be-
trug nur 3, also etwas über 1%. — Vesicofixationen wegen Retroflexio hat
D. 6mal ausgeführt. Diese Operation gilt nur für jabsolut bewegliche, durch
einen Ring zu korrigirende Retroflexio. Neuerdings macht D. die Annähung
eines oder beider Ligamenta rotunda an die Scheide und bezeichnet
diese Operation als die beste Methode der Vaginofixation. In allen bisher aus-
geführten 29 Fällen war und blieb die Lage des Uterus ausgezeichnet.
2) Baumm (Breslau): Operative Behandlung der Retrodeviationen
des Uterus. B. ist ebenfalls Anhänger der Vaginifixur geblieben, betont aber
auch, wie wichtig die richtige Ausführung der Operation sei. Vor Allem kommt
es darauf an, den Uterus nicht zu hoch (wegen der Geburtsstörungen) und nicht
zu niedrig (wegen der Recidive) zu fixiren. Der beste Punkt liegt unterhalb der
Mitte des Corpus uteri, so tief wie möglich, aber doch so hoch, dass der obere
Hebelarm nicht das Übergewicht gewinnen kann. Unter weit über 100 Fällen
hatte D. keinen Todesfall Die Dauerresultate konnte er bei 81 Operirten er-
mitteln. Hiervon waren 11 wieder schwanger geworden. 7 davon haben regel-
mäßig ausgetragen, 2 waren z. Z. der Berichterstattung noch schwanger, 2 waren
Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 55
vorgeitig niedergekommen. Nachweislich mit der Vaginifixur zusammenhängende
Störungen von Schwangerschaft oder Geburt sah B. nicht. Von den sonstigen
Resultaten sei hervorgehoben, dass die wegen Vorfalls operirten Frauen in fast
1/3 der Fälle Recidive hatten, während die wegen Retroflexio Operirten in der
Mehrzahl geheilt blieben.
3) G. Abel (Leipzig): Welche Umstände beeinflussen die Narben-
festigkeit der Bauchschnittwunde. A. hat die in der Zweifel'schen
Klinik ausgeführten Laparotomien nachuntersucht und dabei für die Narbenfestig-
keit folgende Tlıatsachen gefunden. Die Festigkeit hängt in erster Linie von der
Wundnaht ab: bei einfacher Knopfnaht fanden sich 29% Brüche, bei Etagen-
und isolirter Fasciennaht 9%. In zweiter Linie kommt die Wundheilung in
Betracht. Die meisten Brüche wurden nach Wundeiterung beobachtet, aber auch
hier überwiegen die Fälle bei einfacher Knopfnaht um 37% die bei isolirter
Fasciennaht. Die Beschaffenheit der Bauchdecken und die Konstitution beein-
flussen die Narbenfestigkeit wenig oder gar nicht. Dagegen ist nicht nur die
Zahl, sondern auch die Größe der Brüche von Wundnaht und Wundheilung
abhängig.
4) Bulius (Freiburg i/B.): Zur Diagnose der Tuben- und Peritoneal-
Tuberkulose. B. weist auf ein von Hegar zuerst erwähntes differential-dia-
gnostisch wichtiges Zeichen von Neuem hin, das von Schauta als nicht verwerth-
bar erklärt worden war. Es ist dies bei der Bauchfelltuberkuluse der Nachweis
kleiner Knötchen im kleinen Becken, die besonders für die sogenannte
trockene Form der Peritonitis nahezu als typisch zu bezeichnen sind. Ähnliche
Knötchen kommen freilich auch bei Carcinose der Bauchorgane, papillären Eier-
stockskystomen und bei entzündlichen Zuständen der Geschlechtsorgane vor, doch
sollen Verwechslungen bei aufmerksamer Untersuchung nicht möglich sein. Für
die Tuberkulose der Tuben hat Hegar die Rosenkranzform der letzteren
(Salpingitis nodosa isthmica) für charakteristisch erklärt, und auch dieses Zeichen
hält B. für sehr beachtenswerth.
5) Döderlein (Groningen): Über die vaginalen Operationswege. D.
bespricht die Indikationen vorwiegend der Colpotomia anterior und posterior. Die
von Frankreich aus empfohlene »Radikaloperatione, d. h. präliminare Uterus-
exstirpation zur Entfernung der Adnexa, ist nur zulässig, wo der ganze Genital-
tractus, Uterus, Tuben und Ovarien erkrankt sind, dagegen auch bei bösartigen
Geschwälsten verfehlt, wenn der Uterus gesund ist. Hier gebührt der Laparotomie
der Vorzug. Von Colpotomia anterior und posterior zieht D. letztere vor: weniger
eingreifende Voroperation, leichtere Zugänglichkeit zu den Adnexen sind ihre
Hauptvortheile.
6) Baumm (Breslau): Über Indikation und Grensen der vaginalen
Operationen. B. schränkt neuerdings die Indikation für den vaginalen Weg
zu Gunsten der Laparotomie wieder mehr ein. Bei Uteruscarcinom bleibt in der
Regel die vaginale Totalexstirpation zu Recht bestehen; nur in Fällen, wo die
Parametrien ergriffen sind, und man noch operiren will, ist der Weg von oben
vorzuziehen. Sonst macht B. die vaginale Köliotomie: a. bei Uterusmyomen,
b. bei Geschwülsten der Adnexa und c. zur Vaginofixation. Bei Adnexgeschwülsten
ist der vaginale Weg nicht zu empfehlen, wenn es sich um große Geschwülste
oder um Verwachsungen handelt. Die Gefahren liegen dabei hauptsächlich in un-
beabsichtigten Verletzungen (der Gefäße, der Blase und des Darmes) und in
der Infektion. B. stellt daher den Satz auf, dass nur solche Geschwülste vaginal
entfernt werden sollen, die gut stielbar erscheinen, nicht zu stark verwachsen sind,
nicht su weit hinten seitlich sitsen und klein oder gut verkleinerungsfähig er-
scheinen.
7) Mackenrodt (Berlin): Über Exstirpatio uteri. Mis Vortrag be-
spricht die jetzt üblichen Methoden der Uterusexstirpation mit specieller Berück-
sichtigung seiner eigenen Vorschläge. Die von ihm modificirte Doyen’sche Ope-
56 Centralblatt für Chirurgie. No. 2.
ration, d. h. die Exstirpation des Uterus mit Schere und Messer ohne präventive
Blutstillung, erlaubt es, auch ganz unbewegliche Uteri ohne nennenswerthen Blut-
verlust zu entfernen. Die Methode ist jedoch bei bösartigen Erkrankungen nicht
anzuwenden und vorwiegend bei Beckenabscessen und Myomen su verwerthen.
Bei bösartigen Geschwülsten, speciell beim Uteruscareinom, kommt es neben radi-
kaler Entfernung alles Erkrankten vor Allem darauf an, die Wundfläche vor
Impfinfektion zu schützen. Dies geschieht am sichersten durch das Feuer, und
darum exstirpirt M. die carcinösen Uteri jetzt mit dem Glühplatin. Er bedient
sich hierzu entweder eines Galvanokauters, zu dessen Stromquelle jedoch eine
elektrische Centrale nöthig ist, oder, wo letztere fehlt, eines durch Stichflammen
erhitzten Glühmessers. Den Paquelin hat M. als unbrauchbar für seine Zwecke
wieder verlassen. Die gegen seine Methode erhobenen Bedenken, dass sie zu
unbeabsichtigten Nebenverletzungen führe und die Blutstillung erschwere, lässt
M. nicht gelten. Auf die Einzelheiten seiner Technik kann hierorts nicht näher
eingegangen werden. Seine Dauerresultate bei Carcinom hält M. für so verbessert,
dass er die Igni-Exstirpation hierbei für die Operation der Zukunft hält. Er hat
dieselbe neuerdings auch zur Entfernung des septischen Uterus empfohlen und Imal
mit Erfolg ausgeführt.
8) Rosinski (Königsberg): Zur Lehre von der Übertragbarkeit des
Careinoms. R. sah bei einer 38jährigen Frau, die wegen Retroflexio uteri ein
Pessar getragen, welches kleine Decubitalgeschwüre gemacht hatte, später ein
Adenocareinom des Corpus uteri auftreten und dieselbe Neubildung in den Ge-
schwüren entstehen. Er deutet dieselben als direkte Überimpfung des Careinoms
auf die Wunden. R.'s weitere Schlussfolgerungen aus seinem Falle können wir,
als rein theoretisch, übergehen.
9) Rossier (Lausanne): Behandlung der ektopischen Schwanger-
schaft. R. bespricht 18 Fälle ektopischer Schwangerschaft, die von Roux ope-
rirt wurden. Hiervon betrafen 17 die 1. Hälfte und 1 die 2. Hälfte der Schwanger-
schaft. Geheilt wurden 16; es starben 2 Operirte. R. bevorzugt die Laparotomie
und will den Scheidenschnitt nur in besonders günstigen Fällen ausführen. Ab-
warten bei Hämatocele hält er wegen der Gefahr einer plötzlichen tödlichen Blu-
tung stets für gefährlich; auch hier zieht er wegen der Möglichkeit einer gründ-
licheren Operation die Laparotomie vor. Bei bestehender Infektion und bei
Abscessbildung dagegen ist der vaginale Weg indicirt, jedoch mit Schonung des
Uterus (Martin).
10) J. A. Amann jr. (München): Über Uretereneinpfisnsung in die
Blase auf abdominalem Wege zur Heilung von Ureterenfisteln. In
solchen Fällen von Harnleiterfisteln, wo man durch Narbenverengerung der Scheide
nicht an die Fistel herankommen kann, oder wenn die Fistelgegend in zu starres
Gewebe eingebettet ist, hat man die Wahl, die Nierenexstirpation zu machen oder
die Harnleiter vom Bauch aus in die Blase einzupflanzen. Letztere Ope-
ration, welche von Novaro, Krause, Kelly u. A. mit Erfolg ausgeführt wurde,
ist auch von A. in 2 Fällen von Uretercervicalfisteln, die auf vaginalem Wege
nicht zu operiren waren, mit Glück gemacht worden. Die Einpflanzung des Harn-
leiters in die Blase geschah extraperitoneal. Dies erreichte A. dadurch, dass
er den unteren Harnleiterabschnitt durch den Bauchfellschlitz an der Kreuzungs-
stelle mit der Art. iliaca nach oben herauszog und in die bis zur Darmbeingrube
heraufgeschobene und hier an die Beckenwand mit Nähten fixirte Blase einpflanzte.
Die extraperitoneale Implantation hat den Vortheil, dass man bei etwa ausbleiben-
der Prima intentio leicht ankommen kann, während bei intraperitonealer Ein-
pflanzung die Pat. in solchen Fällen sicher verloren ist. Jaff6 (Hamburg).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
für
CHIRURGIE
herausgegeben
ven
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
in Berlin. in Berlin, ın Breslau.
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
= n
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 3. Sonnabend, 22. Januar. 189
Inhalt: E. Braatz, Zur Schädeltrepanation. (Original-Mittheilung.)
1) Friedrich, Tuberkelbaeillus. — 2) Möller, Knochenerkrankung nach Typhus. —
3) Giovannini, Chinosol. — 4) Rebuschini, Serotherapie. — DI Müller, Anästhetica. —
6) Parlavecchio, Chirurgische Semiotik. — 7) Neumann, Skrofulose. — 8) Noirot, Fi-
brome der Bauchwand. — 9) Fritsch, Heilung der Bauchschnittwunde. — 10) Finney,
41) McCosh, 12) Elting und Calvert, Peritonitis. — 13) Guinard, 14) Krüger, 15) Sonnen-
burg, Appendicitis. — 16) Kuzmik, 17) Meyer, 18) und 19) Boari, 20) Dubourg,
21) Frank, 22) Souligoux, Darnınaht. — 23) Ewald, Magenchirurgie. — 24) Monod,
Invagination.
Alessandri, Septhämie durch Bacterium coli. — 26) Bremig, Myositis ossiflcans.
27) Scholtz, Muskelechinoeoeeus. — 231 Wilms, Myiasis dermatosa oestrosa. —
29) Morris und Whitfield, Tuberkulin. — 30) Ziemackl, Antistreptokokkenserum. —
31) Zuschlag, Permanentes Wasserbad. — 32) Franke, Periperitonitis. — 33) Monod,
Perforationsperitonitis. — 34) Herzog, Perityphlitis. — 35) Rewidzoff, 36) Kuttner,
Gastroskopie. — 37) Hemmeter und Ames, Gastritis. — 38) Reichard, Magenresektion.
— 39) Lauwers, Euterektomie. — 40) Rose, Kuthverstopfung der Brüche.
Zur Schädeltrepanation.
Von
Privatdocent Dr. Egbert Braatz in Königsberg i, Pr.
Je mehr sich die moderne Hirnchirurgie entwickelt hat, desto
unmöglicher wurde die alte 'Trepankrone, welche die Trepanations-
technik seit undenklichen Zeiten beherrscht hat. Um große Stücke
aus dem Schädel zu entfernen, und namentlich zur Bildung der
osteoplastischen Lappen griff man zu Hammer und Meißel. Die
Vorwürfe gegen dieses Verfahren sind seit Galen immer wieder auf-
getaucht. Mit Recht wurde darauf hingewiesen, dass so starke Er-
schütterungen des Kopfes nicht gleichgültig sein können; von den
Splitterungen, die man beobachtet, ganz abgesehen. Jetzt, wo wir
die Chloroformnarkose haben, können wir uns beim 'Trepanirten
nicht erkundigen, was er bei der Operation empfunden, aber aus den
Schilderungen der Chirurgen, die noch ohne Chloroform operiren
mussten, wissen wir, wie äußerst eingreifend eine Trepanation
3
58 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
empfunden wurde, wenn auch nur die sägende Trepankrone am
Schädel arbeitete. Es kann nicht von der Hand gewiesen werden,
dass man beim Bilden großer Lappen mit Hammer und Meißel das
Gehirn am schwersten erschüttert. Es ist aber gewiss nicht richtig,
anzunehmen, dass die Anwendung der rotirenden Radsäge, die in
neuester Zeit mit Vorliebe an die Stelle der Meißeltrepanation ge-
treten ist, ein besonders zartes Verfahren ist. Jeder, der sich ein-
mal einen Zahn hat plombiren lassen, weiß, wie kräftig erschütternd
schon die winzige Krone des zahnärztlichen Instruments wirkt. Um
wie viel mehr muss eine Radsäge erschüttern, und zumal wenn sie
von einem dröhnenden elektrischen Motor getrieben wird. Und trotz
des Effektes, den die elektrische Säge macht, wird ihr auch von
ihren Fürsprechern nicht immer die ganze Durchtrennung der
Knochen anvertraut. Vorsichtige Chirurgen haben gerathen, den
letzten Rest der Knochenwand lieber mit dem Meißel zu durch-
trennen, wenn es auch an verschiedenen Vorrichtungen nicht fehlt,
die den Zweck haben, das Gehirn vor dem unerwünschten Hinein-
fahren der Säge zu schützen. -
Ganz wider Erwarten des eigenen Erfinders ist es der Gigli-
schen Drahtsige beschieden gewesen, ihre außerordentliche Vielseitig-
keit auch auf dem Gebiet der Gehirnchirurgie zu beweisen. Noch
am 24. Juli v. J. schreibt Gigli in diesem Blatte von der Draht-
säge: » .... wurde es bald das bevorzugte Instrument bei vielen
Knochenoperationen, abgesehen natürlich von denjenigen der Hirn-
schalee, und am 14. August veröffentlicht ebendaselbst Prof. Oba-
linski seinen für den Moskauer Kongress bestimmten Vortrag, in
welchem er nach seinen Erfahrungen bei aller Anerkennung der vor-
züglichen Dahlgren’schen Zange die Gigli’sche Drahtsäge auch
für die Schädeltrepanation empfiehlt. Diese Verwendung der Drahtsäge
erscheint mir als ein großer Fortschritt in der Technik der Tre-
panation. Ich habe das Verfahren theils am Lebenden angewandt,
theils an der Leiche geübt, und möchte durch diese Zeilen nicht
nur zu einer allgemeinen W ürdigung, sondern auch in mancher
Hinsicht zu seiner Erleichterung und Vervollkommnung beitragen.
Ganz einzig steht diese Methode da durch die Feinheit des
Schnittes, der Rinne, die sie im Knochen macht. Er sieht aus, als
ob ihn nur eine feine Fissur durchziehe. Der durch die ganze
Schädeldicke gehende Knochenlappen passt in die gemachte Öffnung
und schließt so dicht an, wie ein genau gearbeiteter Deckel.
Man kann ihn, was ebenfalls in dieser Vollkommenheit bei an-
deren Verfahren nicht möglich ist, an seinen Rändern zum Theil
schräg durchtrennen, so dass die äußere Fläche der Platte größer
ist, als die der Glastafel. Als weitere Vortheile möchte ich hier vor-
läufig noch nennen die Schnelligkeit der Operation und die Leich-
tigkeit, mit welcher man die ursprüngliche Öffnung im Schädel in
beliebiger Richtung vergrößern kann, wenn sich die Nothwendigkeit
dazu herausstellt, wie namentlich bei der Aufdeckung von Gehirn-
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 59
geschwülsten oder bei Unterbindung der blutenden Äste der Meningea
media.
Zum Bohren der Löcher, deren Zwischenräume mit der Draht-
säge durchtrennt werden sollen, empfiehlt Obalinski den Collin-
schen Perforateur mit seinen kleinen Trepankronen.
Das Collin’sche Instrument hat 4 Trepankronen (Schwabe’s
Katalog von 1890 u. A.) verschiedener Größe. Welche Größe Oba-
linski gebraucht, ist nicht angegeben.
Jedenfalls ist der Gebrauch so kleiner Trepankronen mit noch
größeren technischen Misslichkeiten verbunden, als die Arbeit mit
den gewöhnlichen größeren.
Was den Collin’schen Perforateur selbst betrifft, so ist er zwar
ein sehr hübsch konstruirter, zierlicher Apparat. Dabei besitzt er
aber doch auch solche Unvollkommenheiten, dass er nicht geeignet
ist, zur allgemeinen Anwendung bei Schädeltrepanationen empfohlen
zu werden.
Die Übertragung der Kraft durch 2 zu einander rechtwinklig
stehende konische Räder erfordert, dass die Kurbel sich parallel der
Längsachse des Instruments bewegt. Geht der Hebel nach unten,
so summirt sich die bewegende Kraft zu dem Druck der linken
Hand, die das Instrument hält, geht der Hebel von unten nach oben,
so verringert sich letzterer. Diese Druckschwankungen werden durch
die linke Hand nach Kräften ausgeglichen, immerhin ist diese An-
ordnung ein Mangel im Princip, hat außerdem zur Folge, dass das
Instrument schwächlich bleiben muss. Nicht der kleinste Mangel ist
an ihm, dass bei jener Konstruktion der Gedanke ganz fern gelegen
hat, dass es zu seiner leichteren Reinigung aus einander genommen
. werden könnte.
Was besitzen wir noch außerdem an chirurgischen Bohrinstru-
menten ?
Es ist auffallend, wie mangelhaft unser Arsenal hier ist, wenn
es gilt, etwas größeren Anforderungen zu genügen; denn wie wir
sehen werden, müssen wir zur Trepanation mit der Drahtsäge Bohr-
löcher von etwa 9 mm Durchmesser haben und im Stande sein, ohne
zu große Anstrengung deren 4, 5, 7 und in manchen Fällen noch
mehr derselben anzulegen. Von selbst fallen hier schon alle die ein-
fachen Handbohrer fort, die mit ihrem geringen Hin und Her der
Pro- und Supinationsbewegungen der Hand solcher Aufgabe nicht
gewachsen sind. Auch die Drillbohrer eignen sich nur für feinere
Bohrlöcher, wie z. B. zur Knochennaht. Außerdem haben sie u. A.
denselben gerügten Fehler, wie der Collin’sche Apparat, dass sich
die drehende Kraft nicht von derjenigen, die den Druck von oben
her ausübt, trennen lässt.
Dann bliebe noch der alte Trepanbogen oder der ihm nach-
gebildete v. Langenbeck esche Knochenbohrer, die beide den
Tischlerbohrer zum Vorbilde haben. Dieses Princip hat für die
Schädeltrepanation den großen Vortheil, dass sich seine Wirkung
EM
60 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
besonders gut beherrschen lässt, und zwar dadurch, dass
die drückende Kraft (linke Hand) und die drehende Kraft
{rechte Hand; ganz unabhängig von einander, jede für
sich, wirkt. Auf diese Weise kann man es bei hinreichender Vor-
sicht und Übung vermeiden, dass er vielleicht unverhoflt weiter
dringt, als er darf. Nur ist der Trepanbogen ein gewaltig großes
Instrument, das ganz seine ursprüngliche Größe als Tischlerwerk-
zeug beibehalten hat, als welches es übrigens auch solche feine
Rücksichten, wie der chirurgische Trepan, nicht zu nehmen hat.
liandlicher und besser zu beherrschen wäre es, wenn man es kürzer
herstellen könnte, so dass die drückende und die bewegende Kraft
näher ihrem Angriffspunkte läge Mir ist es nun gelungen, ein
solches Instrument zu konstruiren. Ich habe die drehende Hand
durch einen Hebel ersetzt. Dadurch ist die Handhabe, an welcher
die ganze Handbreite reichlich Platz haben musste, jetzt auf 2 cm
verringert worden, anstatt der ganzen Handbreite dreht ihn
ein Hebel, der an seiner Angriffsstelle nur 1 cm breit ist.
Fig. 1. Fig. 2.
Fig. 1 stellt das erste Exemplar, das die hiesige Firma Heldt
& Wien! nach einem ihr von mir gegebenen Drahtmodell angefer-
tigt hat, dar. Es ist ca. nur halb so lang (15 cm hoch), als der
v. Langenbeck’sche Trepanbogenbohrer. Die Länge des Kurbel-
armes ist 4,5 cm, der drehende Hebel 13 cm. Die Höhe des ganzen
Instruments mit dem 4 cm langen Bohrer beträgt 19 em. Dadurch,
dass seine beiden Endpunkte einander so erheblich näher
gerückt sind, ist seine Lenkbarkeit eine leichtere, als
beim alten Trepanbogen. Die Reibung, welche bei der Füh-
zung entsteht, ist hier, wo der schmale Hebel die Drehung ausführt,
viel geringer als dort, wo die ganze Hand unmittelbar angreift. Der
Seitenhebel sitzt nicht ganz eng, sondern etwas locker auf seiner
Achse, um unbeabsichtigten Seitenschwankungen doch noch in einem
1 Königsberg i/Pr., Steindamm 55.
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 61
gewissen Grade nachzugeben. Man lernt es aber bald, letztere zu ver-
meiden. Der Seitenhebel ist dabei zugleich eine gute Richtschnur
für die Gleichmäßigkeit, mit welcher man das Instrument beherrscht.
Trotz seiner geringen Dimensionen entwickelt das Instrument eine
große Kraft, eine viel größere, als z. B. der Collin’sche Perfora-
teur. Man hat es eigentlich ganz in seiner Gewalt, wie schnell man
vordringen will, man wird aber, namentlich je näher man der Lamina
interna kommt, die Schnelligkeit mäßigen. Auch erhitzt sich der
Bohrer bei sehr schnellen Umdrehungen, wie z. B. 200—250 in der
Minute. Fig. 2 veranschaulicht die Handhabung meines Bohrers.
Auf leichte Reinigungsfähigkeit ist bei der Konstruktion möglichst
Rücksicht genommen.
Alles in Allem vereinigt dieser neue Bohrer in sich eine Summe
von Vortheilen, wie sie keinem der bisherigen chirurgischen Bohr-
werkzeuge zukommen. Auf die Art der Ansätze, welche man am
besten anwendet, kommen wir gleich zu sprechen.
Über die Art, in welcher die Trepanation mit der Drahtsäge
vorgenommen werden soll, sagt Obalinski (dieses Blatt p. 858):
»Man umschneidet in den weichen Schädeldecken einen zungen-
förmigen Lappen, hebt die Beinhaut etwas ab und bohrt nun mittels
der feinen Krone des Collin’schen Perforateurs je nach der Größe
des Hautlappens 5—7 Öffnungen durch die ganze Dicke des Schädel-
knochens bis zur harten Hirnhaut hindurch, von denen 2 an der
Basis des Lappens, eine an dessen Scheitel, die übrigen Öffnungen
gleichmäßig vertheilt an dessen Seiten zu liegen kommen. Sodann
hebelt man in der Richtung von einer zur anderen Öffnung die harte
Hirnhaut mit einem feinen Elevator vom Schädelknochen ab, leitet
von einer Öffnung zur anderen eine dicke Öhrsonde oder eine ent-
sprechend gebogene Deschamp’sche Nadel oder endlich eine halb-
kreisförmig gebogene Kanüle durch und führt mittels dieser leicht
die feine biegsame Drahtsäge nach Gigli durch, mit der man nun
ohne jede Kraftanstrengung und Erschütterung den Schädelknochen
von innen nach außen durchsägt.«
So verdienstvoll der Hinweis Obalinski’s auf die Drahtsäge
als Trepanationsinstrument ist, so reichen diese allgemeinen Vor-
schriften doch nicht aus, um mit der Drahtsäge eine Trepanation
möglichst sicher, möglichst schonend und möglichst schnell auszu-
führen. Es kommt darauf an, dass das Instrument, welches man zu-
erst zwischen innerer Schädelwand und Dura hindurchführt, sich
möglichst nahe an den Knochen hält und sicher durch das nächste
Loch hindurchgeht. Hierbei ist es nicht gleichgültig, welche Krüm-
mung das Instrument besitzt, welche Größe die Bohrlöcher haben
und in welcher Entfernung se sich von einander befinden. Weiß
man nicht im Voraus, in welchem Verhältnis diese gegenseitigen
Beziehungen zu einander stehen, so giebt es in jedem neuen Falle
immer wieder ein neues Ausprobiren, welches unnütze Zeit kostet
und außerdem der Sicherheit des Verfahrens Eintrag thut. Fin halb-
62 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
kreisförmiges Instrument z. B., wie es Obalinski im Allgemeinen
erwähnt, lässt sich nur unter bestimmten Bedingungen hindurchführen.
Bei einem Abstand der Löcher von 2 cm geht es leicht durch und
hält sich nahe an dem Knochen, aber auch nur dann, wenn es
einen bestimmten Krümmungsradius hat. Ist der Durchmesser der
Löcher z. B. 3 mm und ihr Abstand 3 cm, so muss es schon sogar
mehr als einen Halbkreis betragen und weicht 1,5 cm von der in-
neren Knochenwand ins Innere des Schädels hinein ab.
Ich habe daher an der Leiche genau die Krümmungen der
Sonde bestimmt, wie sie zu dem jeweiligen Abstand der Bohrlöcher
nothwendig sind. Fig. 3 stellt sie dar:
II entspricht einem Abstand von 2 cm
III > > > » 3>» und
IV > > > » 4 »
Fig. 3.
Sue
SE
1/3 natürlicher Größe.
No. IV entfernt sich mit ihrer Krümmung von der inneren
Schädelfläche nur ca. 5 mm. No. III u. II noch weniger, 2—3 mm.
Die Spitze der Sonde liegt auf dem Wege der Knochenwand un-
mittelbar dicht an.
Zugleich sind die angegebenen Abstände die brauchbarsten?, und
ich habe daher solche 3 Sonden (wie Fig. 4) anfertigen lassen, welche
wohl für alle Fälle ausreichen dürften. Man nimmt, nachdem man
schon vor dem Bohren die Distanz der Bohrlöcher abgemessen hat,
gleich diejenige Sonde, welche von vorn herein die passende Krüm-
mung hat.
So braucht man sich nicht erst mit dem Ausprobiren aufzuhalten.
Ich habe zu der Sonde eine genügend feste Drahtschlinge genommen
und ihr eine Form gegeben, die mit meiner Zangensonde°, die ich
an Stelle der Kocher’schen Kropfsonde empfohlen, und meinem
Hohlsondengriff! Ähnlichkeit hat.
25cm Abstand ist nicht mehr günstig.
3 s, Illustrirte Monatsschrift für ärztl. Polytechnik. 1891. December.
4 Neues chirurgisches Taschenbesteck. Deutsche med. Wochenschrift 1897.
No. 19.
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 63
Und zwar mit gutem Grund. Denn die Gigli’sche Drahtsäge
schneidet nicht nur Knochen, sondern in ausgezeichneter Weise auch
Weichtheile. Liegt nun die Dura dem Knochen an, so liegt die
Gefahr vor, dass die Drahtsäge schon beim ersten Durchziehen un-
nütz die Dura anschneidet. Um das zu verhindern, muss die Dura
geschützt werden, und diesen Schutz findet sie dadurch, dass meine
Schädelsonde vorher durchgeführt wird, und die Säge beim
Durchführen zwischen die Drähte der Schlinge zu
liegen kommt. Zugleich dient meine Sonde zum Durchführen des
Fadens, mit welchem die Drahtsäge hindurchgezogen werden soll.
Die Krümmung der Sonde II entspricht einem Halbkreis von 2,5 cm
Durchmesser. Sonde IlI ist 140° eines Kreisbogens von 5,3 cm und
Sonde IV 93° eines Bogens von 8 cm Kreisdurchmesser.
Zum Bohren der Löcher nehme ich einen einfachen Knochen-
bohrer von 9 mm Breite (No. 28 der franz. Katheterskala). Es bohrt
Fig. 4. Fig. 5.
P
7
Be
sich mit ihm leicht und schnell, man kann dabei den Grund der
Öffnung frei übersehen, was bei einer eben so kleinen Trepankrone
nicht so leicht möglich ist. Sieht man, dass die Spitze des Instru-
ments eben beginnt, die Lamina interna zu durchdringen, so nimmt
man statt seiner eine ungefähr eben so dicke Sfächerige Fraise
(Fig. 5) und räumt die unteren Ränder des Bohrloches aus. Die
Fraise, welche wesentlich mit den Seitenrändern arbeitet, kann sehr
schwer unvermuthet Etwas verletzen. Bevor man mit der Fraise
in die Tiefe geht, ist es sehr vortheilhaft, dass man den
oberen Rand der Öffnung, welcher dem nächsten Bohr-
loch abgewandt ist, zuerst etwas abschrägt, weil sich dann
das spätere Durchführen der Sonde noch glatter gestaltet.
Was die Drahtsäge selbst betrifft, — ich habe die meinige von
Georg Haertel bezogen —, so giebt es deren eine dickere und
eine dünnere Nummer. Gerade für Schädeltrepanation wird sich die
dünnere Nummer wegen ihrer besonderen Geschmeidigkeit und Fein-
heit ganz besonders empfehlen. Sie schneidet ganz ausgezeichnet.
64 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
Die Zahl und die Anordnung der Bohrlöücher kann man ganz nach
dem vorliegenden Falle wählen. Braucht man größere Lappen, so
ist 4 cm Abstand am vortheilhaftesten; denn ein solches Quadrat ist
z. B. reichlich so groß, wie ein regelmäßiges Fünfeck von 3 em Seiten-
länge, und ist dabei schneller hergestellt als dieses. Man braucht
sich bei der Form der osteoplastischen Lappen nicht immer an eine
geometrische Figur zu halten und kann mit großer Leichtigkeit
solche Lappen durch Dazunahme seitlicher Partien vergrößern, wenn
sich der ursprüngliche als zu klein erweist. Die Bohrlöcher dienen
zugleich als gute Drainageöffnungen.
Will man nicht alle offen lassen, so kann man, bevor man zum
Bohrer greift, mit einem 1 cm breiten Meißel sich an jeder Bohr-
stelle einen kleinen Periost-Knochenlappen abheben, wozu man dicht
dabei die Weichtheile durch einen kleinen entsprechenden Schnitt
einkerben kann. Dieses wird man nach Umschneiden des großen
Lappens am besten gleich hinter einander an allen Stellen vor-
nehmen, an welchen man nachher bohren will.
Die Basis derselben liegen nach außen von dem großen Hanpt-
lappen, abgewandt von diesem in der angrenzenden Haut, so dass
sich die Enden der kleinen Deckläppchen dem Umriss des großen
Lappens zukehren. Dieses Abtragen der oberflächlichen Knochen-
schicht an der Bohrstelle wird zugleich das leichtere Fassen des
Bohrers in der Spongiosa befördern, das man sich sonst, wenn man
will, auch durch oberflächliches Vorbohren mit einem kleineren Bohrer
erleichtern kann.
Man bohrt am einfachsten gleich alle Löcher hinter einander,
bis der Bohrer eben durchzudringen anfängt, wechselt dann diesen
gegen die Fraise aus und räumt wieder hinter einander alle Bohr-
löcher aus. Erst nachdem Alles klar ist, geht man mit der Sonde
vor, zieht mit ihr einen einfachen oder doppelten Faden durch, führt
die Sonde wieder zurück, zieht dann die feine Säge durch und sägt
nun in schonenden Zügen den Knochen durch, Man kann dabei
gleich an einigen Stellen schräg nach außen sägen, damit man beim
Verschluss den Deckel nicht durchdrücken, sondern fest andrücken
kann.
Es liegt auf der Hand, dass wenn man erst einmal die Draht-
säge durchgezogen hat, das Sägen selbst in ein paar Augenblicken
spielend leicht erledigt ist.
Was also noch am meisten Zeit beansprucht, ist das Bohren der
Löcher und das Durchziehen der Säge. Durch die Konstruktion des
neuen Bohrers und durch den methodischen Gebrauch der oben be-
schriebenen Schädelsonde ist der schwierigere Theil der Operation
so weit erleichtert, dass man bei einiger Übung nicht nur sehr
schnell vorwärts kommt, sondern auch mit großer Sicherheit eine
unabsichtliche Verletzung der Dura mater oder gar des Gehirns zu
vermeiden im Stande ist.
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 65
Nach alledem ist wohl anzunehmen, dass die Drahtsägentrepana-
tion unter den Chirurgen im Frieden und im Kriege auch die ihr
gebührende Verbreitung finden wird.
1) Friedrich. Über strahlenpilzähnliche Wuchsformen des
Tuberkelbacillus im Thierkörper. (Aus dem chirurgisch-
poliklinischen Institut der Universität Leipzig.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 41.)
F. infieirte Kaninchen durch die Carotis mit geringen Mengen
in Kochsalzlösung aufgeschwemmter Tuberkelbacillen. Bei der Ob-
duktion, die Miliartuberkulose des Rindenparenchyms, tuberkulöse
Litis und disseminirte der Lungen ergab, fand er, wenn die Thiere
innerhalb 25 Tagen verschieden waren, an den Präparaten von Niere,
Lunge und Iris die Bacillen inmitten eines schönen Kranzes strahlig
angeordneter und so gestalteter Keulen, wie sie für den Aktinomyces
charakteristisch sind.
Der positive Versuchsausfall ist abhängig von der Zeit der Unter-
suchung und der Technik des Färbeverfahrens. Über 30 Tage nach
der Infektion gelingt der Nachweis der Keulen nicht mehr.
In seinem Falle gelang der Nachweis der strahligen Bildungen
auch bei der Infektion durch die Jugularis.
Weitergehende Schlussfolgerungen aus seinen interessanten Ver-
suchsresulaten unterlässt F. Übrigens ist auch von Babes bereits
Ähnliches beobachtet worden. B. Wagner (Mülheim a. d. R.).
2) G. Möller. Zur Kasuistik der Knochenerkrankungen
: nach Typhus abdominalis.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Ausgehend von 5 in der Greifswalder Klinik beobachteten Fällen
obiger Affektion und gestützt auf weitere Litteraturangaben in dieser
Frage, kommt Verf. zu folgenden Resultaten: Die meisten Knochen-
erkrankungen in Folge von Typhus treten in der Rekonvalescenz
auf; sie sind solitär oder multipel und sitzen meist in den Diaphysen
der langen Röhrenknochen; sie beginnen mit rheumatischen Be-
schwerden und gehen meist mit Fieber einher. Der Ausgang der
sich bildenden Abscesse ist entweder Resorption oder weitere Ein-
schmelzung, Durchbruch mit Neigung zur Fistelbildung. Über die
Häufigkeit der Sequesterbildung sind die Ansichten getheilt. Die
bakterielle Untersuchung des Abscessinhaltes war oft negativ, oft hat
man Eiterkokken oder virulente Typhusbacillen (selbst noch 7 Jahre
nach der Allgemeinerkrankung), oder beide gemeinsam gefunden.
Happel (Darmstadt).
66 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
3) Giovannini. Über das Desinfektionsvermögen des Chi-
nosols. (Aus der Universitätsklinik für Dermatologie und
Syphilis in Turin.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 37.)
Die Versuche, die an Menschen ausgeführt wurden, denen auf
kleine abgeschabte Hautstellen Schankergift gebracht wurde, ergaben,
dass das Desinfektionsvermögen des Chinosols dem Schankergift
gegenüber nicht nur weit gegen dasjenige des Sublimats zurücksteht,
sondern nicht einmal dem der Karbolsäure gleichkommt.
RB. Wagner (Mülheim a. d RI
4) E. Rebuschini. Sieroterapia.
Mailand, Ulrico Hoepli, 1898.
Das vorliegende Werk unterscheidet sich wesentlich von den
bisher vorliegenden »Manuali Hoeplic. Während die letzteren in
kurzen Rissen ein knappes Bild von dem allgemein Anerkannten
auf dem speciell behandelten Gebiete entwarfen, hat R. das noch von
den Kampfeswogen umspülte Kapitel der Serumtherapie mit einer
so umfassenden Ausführlichkeit behandelt, dass sein Buch als Nach-
schlagewerk dienen könnte, wenn die Litteraturangaben nicht fehlten.
Eine kurze Aufzählung des Inhalts möge das andeuten: Immunität
und Serumtherapie, Serumtherapie der Diphtherie, des Tetanus, der
Tuberkulose, der Streptokokkenkrankheiten, der Lungenentzündungen,
der Cholera, des Typhus abdominalis, der Hundswuth, der Syphilis, des
Carcinoms, der Pocken, der Lepra, der Beulenpest, des gelben Fiebers,
des Milzbrandes, des Rotzes, der Schlangenbisse, der Bacillus coli-
Erkrankungen, des akuten Gelenkrheumatismus, der Malaria, der
Masern, des Morbus Basedowi, des Alkoholismus und der Gonorrhoe.
Diese überraschende Reichhaltigkeit rechtfertigt, wenn wir an-
führen, dass bei der Serumtherapie der Lepra zwar ausführlich die
Versuche Carasquilla’s angeführt sind, dagegen von den Experi-
menten Dyer’s nichts erwähnt ist. Letzterer hat bei 5 Leprösen
das Antivenene Culmette’s angewandt mit dem Erfolge erheblicher
Besserung in 3 Fällen, nachdem Carreau die Beobachtung gemacht
hatte, dass 1 Lepröser nach einem Schlangenbiss sich rapid besserte.
Dreyer (Köln).
5) J. Müller. Anästhetic. Über die verschiedenen ge-
bräuchlichen Anästhetica, ihre Wirkungsweise und die Ge-
fahren bei ihrer Anwendung. Welches Anästheticum eignet
i sich am besten für den Gebrauch im Felde?
Berlin, Nitscher & Röstell, 1897.
Nach einem kurzen geschichtlichen Überblick, nach Besprechung
der Lokal- und Infiltrationsanästhesie geht Verf. die allgemeinen Be-
täubungsmittel: Chloroform, Ather, Bromäther, Pental, Lachgas, die
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 67
Narkose mit gemischten Dämpfen und die sog. gemischte Narkose
nach ihrer Wirkungsweise, dem Verhalten des Blutdrucks und der
Herzleistung, der Beeinflussung der Athmung, des Nahrungskanals
durch. Nach Erörterung der üblen Zufälle, der tödlichen Gefahren,
wird die Anwendungsweise des Chloroforms und Athers noch genauer
geschildert, und ein großer Theil der zum Gebrauch empfohlenen
Apparate und Masken durch Illustrationen erläutert.
Bei Gegenüberstellung der Vor- und Nachtheile des Äthers und
Chloroforms kommt Verf. zu dem Schluss, dass das Chloroform sich
am besten für den Gebrauch im Felde eigne. — Für die Zahnärzte
hält er Lachgas für das beste Narkoticum.
Aus den am Schluss der Arbeit zusammengestellten 15 Folge-
rungen ist zu bemerken: Kälte und Wärme bewirken bei chloro-
formirten Thieren eine stärkere Temperaturveränderung als bei nicht
chloroformirten. Für chirurgische Eingriffe giebt die Chloroformirung
in Form der Tropfmethode die beste Anästhesie. Wenn die Narkose
bei Fettherz, Endokarditis und nicht komplieirtem Klappenfehler
unvermeidlich ist, so ist es rathsam, dieselbe mit einer Mischung von
Äth. 9::Chlor. 1 einzuleiten. Bei längerer Dauer ist nach der Tropfen-
methode weiter zu chloroformiren. Die Gefahren des Äthers sind
mindestens so groß wie die des Chloroforms, für dessen Anwendung
sich am besten die Esmarch’sche Maske eignet.
Borchard (Posen).
6) Parlavecchio. Istituzioni di semiotica chirurgica fisica,
chimica, microscopica, parassitologica per studenti e chirurgi.
Roma, Societa editrice Dante Alighieri, 1897.'Ẹ y GEN
Der durch seine Studien über Geschwülste und eine Anzahl
von Publikationen über Operationsverfahren, besonders bei Operationen
an den Bauchorganen, bekannte Autor behandelt in dem vorliegenden
Werke sämmtliche in der Chirurgie in Frage kommenden physi-
kalischen, chemischen, mikroskopischen und parasitologischen Krank-
heitszeichen mit einem Fleiß und einer Ausführlichkeit, wie sie selbst
die entsprechenden Werke der inneren Medicin meist nicht darbieten.
Freilich zeigt gerade das Studium dieses Buches, dass die betreffen-
den Zeichen und Methoden sich nur unwesentlich in ihrer Gesammt-
heit von dem unterscheiden, was die Leitfäden der inneren Medicin
aufweisen. Trotzdem bleibt die Bearbeitung eine Neuheit, die sicher
im Original oder in Übersetzungen, welche nicht ausbleiben werden,
in die Bibliotheken der chirurgischen Laboratorien übergehen wird,
wie in denen der inneren Klinik das Werk eines anderen Italieners,
Bizzozero’s, eine große Verbreitung erlangt hat. 4 Tafeln mit Kry-
stall-, Zell- und Bakterienformen unterstützen den didaktischen Werth
des Buches. Dreyer (Köln).
68 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
7) H. Neumann. Die klinische Diagnose der Skrofulose.
(Veröffentlichungen aus der Poliklinik für Kinderkrankheiten des Privatdocenten
Dr. H. Neumann in Berlin.)
Stuttgart, Union, Deutsche Verlagsgesellschaft, 1897.
Auf Grund der Beobachtung von 624 skrofulösen Kindern ge-
langt Verf. zu einer in manchen Punkten neuen Auffassung dieses
Leidens.
Da in seiner Poliklinik sämmtliche Specialfächer vertreten sind,
so ist sein Material ein durchaus vielseitiges. Skrofulose definirt er
als Tuberkulose mit ihren Folgeerscheinungen, die man Paratuber-
kulose nennen könnte.
Zu letzteren rechnet er die größere Menge der adenoiden
Wucherungen, Tonsillarhypertrophien, den chronischen Schnupfen,
die granulirte Pharyngitis. Als Folgen dieser letzteren Affektionen
schließen sich die Mittelohrerkrankungen und die Ekzeme um Nase
und Mund an. Seborrhoische und andere Ekzeme, so wie die Rhinitis
atrophica und Ozaena rechnet er nicht hierzu.
Die Halsorgane sind beim Kinde überaus selten die Eintritts-
pforten der Tuberkulose. Sehr häufig gilt N. die primäre Invasion
in die Bronchialdrüsen durch die gesund bleibenden Lungen. Der
Vorgang wird durch die Häufigkeit der hauptsächlichen Erkrankung
der genannten Drüsen wahrscheinlich gemacht, wie N. auch im Leben
nachzuweisen sich bemüht.
Von den Bronchialdrüsen aus erkranken rückläufig die Hals-
drüsen. Das Wurzelgebiet des Lymphsystems, dessen Drüsen erkrankt
sind, steht — etwa durch Lymphstauung — unter ungünstigen Be-
dingungen, besonders bei Erkrankungen aus anderen Ursachen, z. B.
Schnupfen. Es kommt zu chronischem Katarrh, zur Hyperplasie des
Rachenringes. Letztere disponirt zu neuen Entzündungen, die zur
nicht tuberkulösen Schwellung der Halsdrüsen führen, aber dadurch
die ruhende Tuberkulose wieder anfachen können.
Nur in diesem Sinne betrachtet N. die gute Wirkung der Ent-
fernung der hypertrophischen Organe auf die Skrofulose.
Da er aber zugeben muss, dass Halslymphdrüsenschwellung und
Hyperplasie des Schlundringes nicht parallel gehen, zudem von
162 Kindern, die an letzterem Leiden litten, doch 33 gar keine
Lymphdrüsenschwellung boten, so ist zum mindesten seine Vorstellung
über den kausalen Zusammenhang der beiden Leiden nicht genügend
gestützt.
Über den Verlauf der Tuberkulose kommt N. zu folgender An-
schauung: Den ersten drei Lebensjahren gehören vor Allem die
eigentlich tuberkulösen Erkrankungen der Drüsen, Knochen, Haut
an. Dasselbe wies Hoffa (Orthopädische Chirurgie p. 243) für die
Pott’sche Kyphose und Wohlgemuth (Dissert., Berlin 1889) für die
chirurgischen Drüsenaffektionen nach. In der folgenden Zeit treten
die »paratuberkulösen« Erscheinungen in den Vordergrund, um vom
8. Lebensjahr an wieder mehr zurückzugehen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 69
Für die Diagnose der Skrofulose ist das Thermometer ein sehr
wichtiges Hilfsmittel.
Verf. fand in 62% von 394 Fällen von Hals- und veränderter
Bronchialdrüsenschwellung Temperatursteigerung — im After ge-
messen — über 37,7%, und zwar nicht gelegentlich, sondern er sagt
ausdrücklich: man kann sich, wenn das Körpergewicht zunimmt,
trotzdem »aus der Temperaturmessung leider Jahre hindurch die
Gewissheit verschaffen, dass der tuberkulöse Process selbst nicht aus-
geheilt ist«.
Es ist zu wünschen, dass Verf. über diesen Punkt ausführlichere
Angaben aus seinem großen Material veröffentlichen möge.
Göppert (Breslau).
8) Noirot. Traitement des fibromes de la paroi abdominale
antérieure.
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1897.
Eine sehr fleißige und ausführliche, mit 30 Krankengeschichten
illustrirte Arbeit, die dem Thema sowohl nach der pathologischen wie
therapeutischen Seite gerecht wird. Boesing (Hamburg).
9) Fritsch. Die primäre Heilung der Bauchschnittwunde.
(Aus der Universitäts-Frauenklinik in Bonn.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 43.)
F. hat unter seinen Bauchschnittwunden früher immer gelegent-
lich Eiterungen erlebt.
Er hält zur Vermeidung dieser folgende Maßregeln für geboten,
die er des Näheren ausführt.
1) Die Vorbereitung der Kranken muss eine intensivere sein,
als vielfach gebräuchlich: Sodabad, 12 Stunden lang nasse Um-
schläge vor der Operation etc.
2) Niemals darf eine Bauchwunde mit den Fingern aus einander
gezogen werden.
3) Ehe die Naht angelegt wird, schneidet man die gelockerten,
herabhängenden, aus der Verbindung theilweise ausgelösten Fett-
massen mit der Cooper’schen Schere ab.
4) Man nähe principiell von der Tiefe der Wunde aus mit dop-
pelt eingefädeltem Faden.
Auf glatte und spitze Nadeln ist gleichfalls Werth zu legen.
Zur Wundbedeckung empfiehlt F. Dermatol und einen Winter-
schen Kollodiumverband darüber. R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
10) Finney (Baltimore). Five successful cases of general
suppurative peritonitis treated by a new method.
(Johns Hupkin’s Hospital Bulletin 1897. Juli.)
Pis Methode der operativen Behandlung der allgemeinen eitrigen
Peritonitis ist folgende: Nach Anlegung eines ausreichend langen
70 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
Bauchschnitts werden die sämmtlichen Dünndärme ausgepackt und
in heiße Tücher gehüllt. Hierauf wird die ganze Bauchhöhle syste-
matisch mit sorgfältiger Berücksichtigung des Beckentheils mittels
in heißer Salzlösung ausgedrückter Gazestücke energisch ausgewischt.
Eben so werden die Dünndarmschlingen außerhalb der Bauchhöhle
unter beständiger Berieselung mit Kochsalzlösung energisch gereinigt.
Nach Reposition des Darmes wird die Bauchhöhle geschlossen bis
auf eine Stelle, durch welche ein Gazedrain zu der am schwersten
erkrankten Darmschlinge geleitet wird.
Mittels dieser Methode gelang es F., sämmtliche 5 behandelten
Fälle (es handelte sich um 1 Fall von Typhusperforation und 4
an Appendicitis anschließende Fälle) zur Heilung zu bringen. In
einem 6. Falle, der fast hoffnungslos operirt wurde, schien die Opera-
tion den Eintritt des Todes wesentlich zu verzögern.
Strauch (Braunschweig).
11) McCosh. The treatment of general septic peritonitis.
(Annals of surgery 1897. Juni.)
Verf. hat innerhalb von 7 Jahren 43 Pat. an allgemeiner sep-
tischer Peritonitis operirt. Von diesen sind 36 gestorben, 7 geheilt
worden. Leider giebt er keinen ausführlichen Bericht über sein
Material, sondern er beschränkt sich auf einige sehr kurz gehaltene
Bemerkungen. Er ist ein eifriger Anhänger der peritonealen Aus-
spülungen, die er sehr anhaltend und energisch ausführt (heißes ab-
gekochtes Wasser, Borsäure, Wasserstoffsuperoxyd etc... Wo es der
Kräftezustand des Pat. zulässt, packt er die Därme aus, um alle
Nischen des Bauchraumes gründlich zu säubern. Bei allzu stark ge-
blähten Darmschlingen werden dieselben durch Einschnitt entleert.
Von dieser Überfüllung der Därme mit septischem Material droht
den Pat. die Hauptgefahr, und da die Entleerung der Därme durch
einen Einschnitt an einer Stelle doch nur sehr unvollkommen erfolgt,
so spritzt Verf. jetzt bei der Operation in den Dünndarm mittels
einer großen Spritze eine Lösung von schwefelsaurer Magnesia, um
dadurch von vorn herein die Peristaltik anzuregen. Im Übrigen ver-
fährt er wie die meisten anderen Autoren, d. h. er näht die Bauch-
wunde nicht und drainirt nach verschiedenen Richtungen. Seine
Resultate haben sich in letzter Zeit — wie er glaubt in Folge seiner
Darmeinspritzungen — außerordentlich gebessert.
Tietze (Breslau).
12) Elting and Calvert (Baltimore). An experimental study
of the treatment of perforative peritonitis in dogs by a new
method of operation.
(Johns Hopkin’s Hospital Bulletin 1897. Juli.)
Angeregt durch die Erfolge der Finney’schen Operationsmethode
der eitrigen Allgemeinperitonitis, unternahmen die Verf. eine An-
zahl von Thierversuchen, indem sie an Hunden eine Perforations-
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 71
peritonitis durch Ätzen des Darmes mit Ätzkali hervorriefen. Ab-
gesehen von einer Versuchsreihe, in der sich die Verf. darauf
beschränkten, die Därme mit Gazetupfern energisch abzureiben, um
die durch diesen Reiz hervorgerufenen Verwachsungen zu studiren,
wurde in allen Fällen die Wand des Blinddarms durch die Einwir-
kung des Atzkalis zum Durchbruch gebracht. Wurde die Bauch-
höhle dann geschlossen, so trat nach 12—20 Stunden der Tod ein.
Bei der Obduktion fand sich eine stark hämorrhagische Allgemein-
` peritonitis. Anders war der Verlauf, wenn 5—7 Stunden nach Ein-
tritt des Durchbruchs der Leib wieder geöffnet und nach der
Finney’schen Operationsmethode mit energischem Ausreiben der
Bauchhöhle mittels in heiße Kochsalzlösung getauchter Gazetupfer
behandelt wurde. Von 12 auf diese Weise behandelten Hunden
starb nur 4, während 8 die Peritonitis überstanden. Allerdings
starben später ein großer Theil dieser Hunde an den Folgen der
inficirten Laparotomiewunde. Wurde endlich nicht nach der Finney-
schen Methode verfahren, sondern wurde nur die Durchbruchstelle
im Blinddarm ausgeschnitten und vernäht, so blieb der Erfolg aus.
Sämmtliche 6 Hunde, bei denen der Eingriff 6—6!/, Stunden nach
dem Durchbruch vorgenommen wurde, starben.
Die Ergebnisse werden in folgenden Schlusssätzen zusammen-
gefasst:
1) Mechanische Reizung des Bauchfells führt zu der Bildung
von Verwachsungen.
2) Bei Hunden hat die Peritonitis, welche sich an einen Durch-
bruch des Darmes anschließt, einen stark hämorrhagischen Charakter
und führt, sich selbst überlassen, rasch zum Tode.
3) Eine derartige Peritonitis bei Hunden kann bis zu Git: Stunden
nach Eintritt der Perforation durch die Finney’sche Methode zur
Heilung gebracht werden.
4) Das Verschließen der Durchbruchstelle allein wird selten,
wenn überhaupt, einen Fall von allgemeiner Peritonitis bei Hunden
zur Ausheilung bringen. Strauch (Braunschweig).
13) Guinard. Réflexions sur l’appendicite a propos d'une
hernie étranglée de l’appendice. Rapport par M. Routier.
— Discussion sur l’appendicite.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 744—843.)
Dieulafoy hat auf Grund von Experimenten und klinischer
Beobachtung die Theorie aufgestellt, die Appendicitis sei die Folge
der Stagnation von Darminhalt im Wurmfortsatz in Folge eines
Verschlusses desselben. Diese Stagnation schädige die Gewebe
einmal in analoger Weise, wie die Retention von Eiter, bedinge
andererseits eine Zunahme der Virulenz der im Wurmfortsatz vor-
handenen Bakterien; beides zusammen führe zum Einwandern der
Bakterien in die Wandung der Appendix, zu ihrer Entzündung und
schließlichen Gangrän und Perforation.
72 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
G. beobachtete nun folgenden Fall: Eine 45jährige Frau, seit
2 Jahren an einer reponiblen Schenkelhernie leidend, bemerkt eines
Tages, dass sie den Bruch nicht zurückbringen kann, hat zwar ge-
ringe Schmerzen, arbeitet aber weiter und sucht erst nach 6 Tagen
ärztliche Hilfe auf. Es bestanden weder Störungen des Allgemein-
befindens, noch des Pulses, noch Erbrechen, noch Auftreibung des
Leibes; auch hatte Pat. noch am Tage vor der Aufnahme ins Kranken-
haus Stuhlgang. G. diagnosticirte einen Netzbruch. Bei der Hernio-
tomie fand er als Bruchinhalt den Wurmfortsatz, 15 cm lang, 2 ring-
förmige Drucknarben an der Stelle der Einklemmung zeigend, nicht
brandig, ohne Spur einer Entzündung ringsum. Resektion. Heilung.
G. erblickt in diesem Falle einen Beweis gegen die Richtigkeit
der oben skizzirten Theorie Dieulafoy’s. Der Berichterstatter
Routier will diesen Gegenbeweis nicht gelten lassen, ist vielmehr
der Ansicht, dass in dem Falle Gs ein vollständiger Verschluss des
Wurmfortsatzes gar nicht vorgelegen habe, zumal ja klinisch alle
Einklemmungserscheinungen fehlten. Er stützt sich auf die Ver-
suche Klecki’s und Gervais de Rouville’s, welche zeigen, dass
ein unvollständiger Verschluss der Appendix keine Reaktion hervor-
ruft, ein vollständiger jedoch alle Zeichen der Appendicitis und
begleitenden Peritonitis herbeiführt.
Die sich im Anschluss hieran in der Pariser chirurgischen Ge-
sellschaft entspinnende Diskussion verdient bei dem lebhaften Inter-
esse, welches man auch in Deutschland dem Studium der Appendicitis
entgegenbringt, in ihren Hauptpunkten eine Erwähnung. Brun,
Walther, Jalaguier, Broca, Bazy, Reclus, Reynier halten
die Dieulafoy’sche Anschauung, wenigstens in ihrer Ausschließ-
lichkeit, auch für unrichtig. Als hauptsächliche Gegengründe machen
sie geltend: 1) das Vorkommen zahlreicher Fälle, in denen die Re-
sektion des Wurmfortsatzes nicht von vollkommener Heilung gefolgt
war, da der Blinddarm gleichfalls erkrankt war; 2) das gleichzeitige
Vorkommen von Ulcerationen im Blinddarm und im Anhang;
3) Heilungen nach einfacher Entleerung perityphlitischer Abscesse,
ohne dass man bei der Operation den Wurmfortsatz oder Kothsteine
finden konnte; 4) das häufige Fehlen eines Verschlusses oder einer
Verengerung bei der anatomischen Untersuchung des resecirten An-
hangs. Brun erklärt desshalb den Verschluss, wo man ihn findet,
für sekundär; das Primäre sei stets die Entzündung der Wand des
Wurmfortsatzes, die vermöge ihres Reichthums an Drüsen- und Lymph-
elementen, ähnlich wie die Mandeln, zu infektiös entzündlichen
Processen neige. Eine vorausgegangene Enteritis oder Kolitis gebe
oft die eigentliche Ursache der Appendicitis ab. Walther schließt
sich dieser Ansicht an. Auch er fand in keinem der Fälle akuter
Appendicitis, die er untersuchte, einen Verschluss, immer aber eine
mehr oder weniger ausgesprochene Folliculitis, die sich manchmal
bis zur Bildung eines Abscesses in die Wand des Wurmfortsatzes
steigerte. Jalaguier sieht in manchen Füllen von Appendicitis
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 73
nur den Ausdruck einer Allgemeininfektion;, das Vorhandensein
eines Kothsteines, einer Verengerung oder eines Verschlusses des
Wurmfortsatzes bilde nur ein prädisponirendes Moment. Bazy ver-
ficht energisch die alte Lehre der Typhlitis; es sei falsch, den Aus-
gangspunkt der Krankheit immer nur im Wurmfortsatz suchen zu
wollen; der Blinddarm erkranke oft genau in der gleichen Weise;
schon aus diesem Grunde müsse er die Dieulafoy’sche Theorie
zurückweisen. Tuffier hält die Stagnation im Wurmfortsatz nicht
für so gleichgültig, hebt hervor, dass er Gangrän desselben nament-
lich bei großen Kothsteinen in ihm gefunden habe, und macht
darauf aufmerksam, dass die nach einer Appendicitis auftretenden
Störungen nur zum Theil Recidive, zum Theil durch Darmverenge-
rung in Folge von Narbensträngen bedingt seien. Pozzy nimmt einen
vermittelnden Standpunkt ein, giebt zwar zu, dass Verschluss der
Appendix nicht die alleinige Veranlassung der Appendicitis sei, aber
doch eine häufige, und macht aufmerksam, dass ja die einfache
Schleimhautschwellung, eine dicke Schleimflocke genüge, ihre
Lichtung zu verlegen. Die Kothsteine, Knickungen und Narben-
verengerungen des Wurmfortsatzes betrachtet er als prädisponirende
Momente, die eigentliche Ursache der Appendicitis sieht er in der
Infektion, mag diese nun primär den Wurmfortsatz befallen oder
sich vom Dünn- oder Blinddarm auf ihn fortgepflanzt haben. Cham-
pionnière schuldigt als hauptsächliche Ursache der Appendicitis
eine chronische Verstopfung an in Folge unzweckmäßiger Diät,
insbesondere auch zu reicher Fleischkost, empfiehlt den Gebrauch
von Abführmitteln und wendet sich gegen eine zu weite Ausdehnung
der Indikation zur Operation. Auch er hält, wie Bazy, die alte
Lebre der Typhlitis zum Theil aufrecht. Hiergegen wendet sich
Brun scharf; die wurstförmige Geschwulst, die man ja so häufig
fühlt und früher stets für den Blinddarm gehalten habe, sei nicht
der durch Darminhalt gedehnte Blinddarm, sondern habe sich bei
allen seinen Operationen stets als eitriges Exsudat herausgestellt;
der Darm erkranke nur sekundär. Routier stimmt ihm hierin im
. Allgemeinen bei, hat jedoch manchmal die scheinbare Geschwulst
lediglich als Kontraktion der Bauchmuskeln nachweisen können; im
Übrigen hält er trotz aller Einwände an seiner oben angeführten
Anschauung und an der Behauptung fest, dass die Pat. durch Re-
sektion des Wurmfortsatzes auch wirklich geheilt würden.
Reichel (Breslau).
14) Krüger. Appendicitis und ihre Beziehungen zu den
weiblichen Genitalorganen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 401.)
K. bringt auf Anregung seines Chefs Prof. Sonnenburg eine
allgemeine Besprechung der diagnostischen Unterscheidungsmerkmale
zwischen Appendicitis und gynäkologischen Entzündungsaffektionen,
wonach er zur Erläuterung ein reichliches, 21 Fälle zählendes kasu-
74 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
istisches Material aus Sonnenburg’s Krankenhausabtheilung bei-
fügt. Auch Sonnenburg fand in seiner Praxis die Perityphlitis
im Allgemeinen beim weiblichen Geschlechte seltener als beim
Manne (im Verhältnis von 40,67% :59,33% des Gesammt-Beobach-
tungsmaterials).. K. schließt sich der Ansicht von Fowler, Wal-
deyer u. A. an, dass der weibliche Wurmfortsatz vor dem männ-
lichen noch eine peritoneale Befestigung mehr, nämlich durch das
Ligamentum appendiculo-ovaricum, voraus hat, aus welchem er auch
noch eine Arterie erhält, und dass diese anatomischen Eigenthüm-
lichkeiten zur Erklärung des Häufigkeitsunterschiedes in der Erkran-
kung an Appendicitis heranziehbar sind. Bei Besprechung der
Diagnose werden nach einander die einzelnen von Sonnenburg
unterschiedenen Appendicitisformen durchgegangen. Die Appen-
dicitis simplex könnte besonders mit Pelveoperitonitis verwechselt
werden, beide können eine allgemeine peritonitische Reizung veran-
lassen; kommt es aber zu einer abgekapselten Exsudatbildung, so
wird diejenige der Beckenperitonitis zumeist im Douglas sitzen.
Einer Appendicitis perforativa könnte besonders eine puerperale
Parametritis ähneln, während abgesackte und eingedickte
Herde nach einer Appendicitis suppurativa am meisten mit
alten para- oder perimetritischen Abscessen und Pyosalpinx ver-
wechselbar erscheinen. Im Allgemeinen aber werden bei genauer
Würdigung der Anamnese und präciser Lokaluntersuchung die
Krankheitszustände richtig erkennbar sein, falls es sich nur um die
Erkrankung eines Organs, entweder des Processus oder der Geni-
talien, handelt; sind dagegen beide Theile gleichzeitig erkrankt,
was auch gar nicht selten beobachtet wird, so kann die diagnostisch
richtige Deutung völlig unmöglich werden.
Von der interessanten Kasuistik seien nur 2 Fälle von geplatzter
Tubenschwangerschaft hervorgehoben, bei deren Operation eine Ver-
wachsung zwischen Wurmfortsatz und Fruchtsack gefunden wurde.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
15) Sonnenburg. Beiträge zur Differentialdiagnose der
Entzündungen und Tumoren der Ileocoecalgegend mit be-
sonderer Berücksichtigung rechtsseitiger Adnexerkrankungen.
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 40.)
S. weist auf die nicht seltene Schwierigkeit der Unterscheidung
von Perityphlitis und Tuberkulose des Blinddarms bezw. des Wurm-
fortsatzes hin. In einem seiner Fälle, wo perityphlitische Erschei-
nungen bestanden hatten, und nie Abscess vermuthet wurde, ward
bei der Operation ein in mächtige Schwarten eingebettetes, von Eiter
umgebenes Fibromyom, dessen Ausgangspunkt nicht festgestellt wer-
den konnte, vorgefunden. Ferner weist S. darauf hin, dass Invagi-
nationen des Darmes das Bild der Perityphlitis vortäuschen können,
dessgleichen Einklemmungen von Darmabschnitten in Bauchfell-
Centralblatt für Chirurgie. No. 3, 57
taschen. Anhaltendes Erbrechen ohne Abgang von Koth und Win-
den spricht jedoch gegen eine Appendicitis.
Eine von S. angeführte Krankengeschichte spricht dafür, dass
intramuskuläre oder Bauchdeckenabscesse sich von den partiellen
Peritonitiden durch Abwesenheit von Verstopfung und Erbrechen,
so wie durch Meteorismus auszeichnen.
Schwierig bleibt die Differentialdiagnose von Gallenblasen- und
Leberleiden. Lokalisation des Schmerzes und Art des Erbrechens
können hier bisweilen einen Fingerzeig geben, abgesehen von einer
großen Reihe sonstiger differentialdiagnostischer Momente. S. be-
schreibt einen eigenthümlichen Fall von Gallensteinileus, der eine
Appendicitis vortäuschte.
Veranlassung zur Verwechslung mit Appendicitis giebt ferner
bei Weibern die Pelveoperitonitis mit ihren Theilerscheinungen, der
akuten Perimetritis, Perisalpingitis und Perioophoritis. Doch gelingt
in der Regel eine präcise Abtastung der tubaren Geschwulst von der
Linea innominata aus. Auch das Fehlen der charakteristischen Stö-
rungen der Darmfunktionen kann diagnostisch wichtig sein, eben so
der mehr oder minder hohe Sitz des Exsudats. Auch kapselt sich
das pelveoperitonitische Exsudat am häufigsten im Douglas’schen
Raume ab.
Wenn die klinischen Erscheinungen bei den Adnexerkrankungen
auch gleichfalls mit Erbrechen und Singultus plötzlich auftreten
können, so werden die Schmerzen doch von vorn herein tiefer in
der Gegend des Poupart’schen Bandes lokalisirt.
In einer Reihe von Fällen, in denen S. operirte, war eine ver-
kehrte Diagnose gestellt worden. In einigen Fällen waren Appen-
dix und Adnexorgane gleichzeitig erkrankt.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
16) P. Kuzmik. Zur Kritik der Darmnaht.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 300.)
Verf., klinischer Adjunkt der E. R&czey’schen Universitäts-
klinik in Budapest, bringt zunächst eine Zusammenstellung der
wichtigsten Darmnahtmethoden, in der wir nichts Neues gefunden
haben, sodann einen Bericht über eigene Darmoperationsexperimente
an Hunden, bei welchen Darmresektionen, Darmausschaltungen und
Darmanastomosen gemacht wurden, deren Hauptinteresse indess in
der nach verschiedenen Methoden, Maunsell-Ullmann, Lembert,
Murphy, Landerer, Kummer, v. Baracz, und auch nach einer
eigenen Methode des Verf. ausgeführten Darmnaht liegt. K. hat seine
Methode 5mal mit befriedigendem Resultat probirt. Sie benutzt
nach dem Beispiel von Senn und v. Baracz zwei gelochte Scheiben,
die in die zu vereinigenden Darmstümpfe eingelegt werden, herge-
stellt aus gelben Rüben oder Horn. Die Form derselben ist aber
nicht platt, wie bei Senn, sondern eher knopfförmig, wie die Knopf-
hälften bei Murphy. Ähnlich wie beim Murphy’schen Verfahren
76 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
werden die Darmenden über die Ringe mit der Serosa nach außen
umgelegt und dann mit 6 Nähten, welche die beiden Ringe nebst
den zwischen ihnen sich mit der Serosa berührenden Darmenden
an einander drängen, vereinigt. Eine Abbildung erläutert diese
»Sutura intestini secundum Kuzmik« im Original. Auf letzteres
sei auch Betreff K.’s kritischer Beurtheilung der verschiedenen
Nahtmethoden hingewiesen. Erwähnt sei noch, dass der Arbeit ein
sorgfältiges und wie uns scheint recht vollständiges Litteraturverzeichnis
der Darmnaht angehängt ist. M. Schmidt (Cuxhaven).
17) W. Meyer. The place of the Murphy button in gastro-
enterostomy.
(Annals of surgery 1697. Juli.)
Verf. vertritt in seiner ausführlichen Arbeit ähnliche Anschau-
ungen, wie sie nun auch von einer ganzen Anzahl deutscher Autoren
bekannt gegeben worden sind; d. h. er spricht sich über die Ver-
wendung des Knopfes im Ganzen sehr günstig aus. Bei der auf
breitester Grundlage geführten Diskussion dürfte sich ein Referat
über diese neue Arbeit erübrigen, doch sei auf dieselbe wegen ihrer
Vollständigkeit besonders hingewiesen. Tietze (Breslau).
18) A. Boari (Ferrara). Modificazioni al metodo anasto-
motico di Murphy. (XI. Kongress der italienischen chir.
Gesellschaft.)
(Clinica chirurgica 1897. No. 4.)
Die vorliegende Arbeit ist die ausführliche Zusammenstellung
aus der Diskussion auf dem oben genannten Kongress (cf. Referat im
Centralblatt für Chirurgie 1896 p. 1174). Eine genaue Beschreibung
der bisher angegebenen Modifikationen des Murphy-Knopfes, unter-
stützt durch gute Abbildungen, leitet den Aufsatz ein. Es sind dies
die Instrumente von Ramauge, Garbarini, Chaput, Duplay-
Gazin, Hayes, Bonomo-Rho, Hagopoff, ferner die vegetabilisch-
organischen Röhren (zum Theil in den letzten Jahrgängen referirt).
Bis eigene Modifikation besteht erstens darin, dass er die Ein-
richtung des männlichen Theiles ändert. Er schlitzt ihn mehrfach
der Länge nach nach Art der Kluppenfedern und versieht ihn am
Ende an der Außenfläche mit 2 Schraubengängen, die in die des
weiblichen Stückes eingreifen. Dadurch wird das Anlegen erleichtert,
etwaige Fehler (Torsionen etc.) können durch rasches Öffnen noch
korrigirt werden, ohne die Festigkeit des Verschlusses für später zu
gefährden, und die Subtilität der kleinen Federn fällt weg. Ferner
lässt B. die breiten Ringe, welche die Darmenden bezw. Magen- und
Darmwände aufzunehmen haben, aus halbentkalktem Elfenbein her-
stellen. Dieses Modell, in den Dimensionen des Murphy-Knopfes,
wiegt bedeutend weniger, 11,5—16g gegen 15—29 g je nach der
Größe; der Abgang wird bedeutend erleichtert, da ja der breite Theil
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 77
des Knoptes arrodirt und selbst ganz verdaut werden kann. Dies
tritt aber auch nicht zu früh ein, wie ein geheilter Fall von Gastro-
enterostomie und zahlreiche Thierexperimente bewiesen.
B. ist nun noch weiter gegangen und hat den ganzen Knopf
aus Knochen (Elfenbein) herstellen lassen. Bei diesem Modell trägt
der männliche ungeschlitzte Theil auf der ganzen Oberfläche der
Röhre ein Schraubengewinde, welches schräg (sägezahnartig) ein-
geschnitten ist, die weibliche Röhre ist der Länge nach geschlitzt
und trägt innen 2 Schraubengänge von entgegengesetzter Zahnung.
Jeder Theil ist aus einem Stück angefertigt. Die Knöpfe wiegen
in den gleichen Größen nur 5,4—9 g. Auch dieses Modell wurde
bei einer Gastroenterostomie und zahlreichen Thierexperimenten mit
gutem Erfolg angewendet. Die Arrosion begann am 3. Tage, und
es war am 12. die Verdauung beendet. Freilich wirkt der Magen-
saft der Hunde bedeutend intensiver. J. Sternberg (Wien).
19) A. Boari(Acqua pendente). Tabloide anastomotico. Nuovo
processo di gastroenterostomia.
(Clinica chirurgica 1897. No. 7.)
B. hat, in weiterer Verfolgung der Versuche Postnikow’s, Ba-
stianelli’s, Souligoux’ und Chaput’s, bei Gastroenterostomien die
Vereinigung der Wände auf die Serosa und Muscularis zu beschrän-
ken und die Eröffnung der Schleimhaut beider Eingeweide durch
Abbinden, Quetschen, Kauterisiren derselben bloß einzuleiten, ähn-
liche Experimente an Hunden angestellt. Er nähte die Wände beider
Intestina unversehrt über einer Tablette aus entsprechend dosirter
kaustischer Substanz (welcher Zusammensetzung, ist nicht gesagt,
Ref.) zusammen. »Langsam ätzt das Mittel die Wandungen an, es
bildet sich ein Wall von Verwachsungen und nach einigen Tagen eine
Passage. <c Nach 3 und 4 Monaten konnte er an seinen Hunden, von
denen je zwei der Gastroenterostomie und der Enterostomie unter-
zogen worden waren, »die schönsten Mündungen, umsäumt von nar-
biger Schleimhaut: nachweisen. Weitere Versuche müssen die Brauch-
barkeit der Idee erhärten. J. Sternberg (Wien).
20) Dubourg. De l’emploi du tube de caoutchouc dans
les anastomoses intestinales.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 667.)
Zur Anlegung einer Anastomose zwischen 2 Därmen oder Darm
und Magen resp. Gallenblase bedient sich D. kurzer, dicker Gummi-
xöhren, deren eines, in den Darm zu liegen kommendes Ende ge-
wulstet ist, deren anderes in den Magen resp. die Gallenblase ge-
legt wird; 2 Katgutnähte Biren das kurze Rohr, rings um welches
die Serosen durch exakte Naht vereinigt werden. Den Vortheil dieses
Verfahrens glaubt D. in 4 Punkten zu sehen: 1) der Kothweg wird
durch das Rohr in den ersten Tagen sicher offen gehalten; 2) die
78 S Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
Naht soll leichter ausführbar sein; 3) die Weite der Öffnung lässt
sich genau bestimmen; 4) die Ausstoßung des Gummirohrs erzeugt
später keine Gefahr. Reichel (Breslau).
21) J. Frank. Pathological histology of intestinal end-to-
end approximation after the use of the Frank coupler.
(New York med. record 1897. September 18.)
Die Experimente an Hunden sind mit Rücksicht auf eine frühere
Publikation (Med. record Oktober 1896) ausgeführt worden und be-
treffen den von F. erfundenen entkalkten Knochenknopf. Die mikro-
skopischen Untersuchungen von Prof. Evants und Dr. Zapffe be-
treffen Präparate vom 10., 60., 90. Tage und von 11 Monaten, in
einem Falle auch nach Einlegung eines Murphyknopfes, und ergaben
Folgendes:
Die Schleimhaut zeigte in allen Fällen ein Entropium, welches
als passiver Vorgang aufgefasst werden musste und allein der Zu-
sammenziehung des unterliegenden Narbengewebes seine Entstehung
verdankte. Im Übrigen ist diese Schicht vollkommen regenerirt.
Die für Murphy früher von Hertoen angestellten Untersuchungen
ergaben übrigens dasselbe Resultat, während Garbarini keine Re-
generation fand.
Die Submucosa ist gefäßreicher und dichter am Vereinigungs-
punkt. Sonst ist kein Unterschied von der entsprechenden normalen
Partie festzustellen.
Die Muscularis zeigt in keinem Präparat Regeneration. An
den Schnittflächen des Muskels waren je einige proliferirende Muskel-
zellen und unvollständige Regenerationsversuche jedes Mal zu be-
obachten, aber nicht genügend zur Füllung des Zwischenraums.
Durch Abreißen bei Anlegung des Knopfes waren zweifellos einige
Muskelfasern mit abgerissen, und auf diese Weise in die Narbe
hineingekommen, Das ist aber nicht als ein Regenerationsversuch
aufzufassen.
Dr. Hertoen stellte dagegen bei Murphy bereits am 30. Tage
völlige Wiederherstellung der Längsmuskelschicht und komplete Ver-
einigung der transversalen Muskulatur durch Bindegewebe fest. Am
60. Tage sollten völlig normale Verhältnisse vorhanden sein, nur
hin und wieder waren einige Bindegewebsfasern und kleine, den
Blutgefäßen entsprechende Räume festzustellen.
Die Submucosa ist verdickt.
Mit bloßem Auge kann auf dem Querschnitt jede Schicht
erkannt werden; besonders sieht man ein weißes Band, die Muscu-
laris, scharf abgegrenzt, welches durch eine dunklere Linie, das
Narbengewebe, unterbrochen wird.
Die Serosa ist stets vollständig vereinigt und dicht an die Mus-
cularis geheftet, etwas verdickt und gefäßreicher, im Übrigen aber
unverändert. Die Fasern des Narbengewebes haben eine gekreuzte
Richtung von der Serosa der einen Seite zu der Vereinigungslinie
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 79
der Muskulatur der entgegengesetzten Partie und bilden ein Netz-
werk.
Verf. erklärt, dass das Bindegewebe von den gefäßreicheren
Schichten schnell den Raum zwischen den Muscularisenden ausfülle,
ehe noch diese die Möglichkeit zur Regeneration hätten.
Loewenhardt (Breslau).
22) Souligoux. Gastro-entero-anastomose, entero-anastomose,
cholecyst-entero-anastomose sans ouverture préalable de la
cavité des organes à anastomoser. — Rapport par Plicque.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 596.)
8. hat folgendes Verfahren zur Verminderung der Infektions-
gefahr bei Anlegung von Darmanastomosen ersonnen:
Eröffnung der Bauchhöhle. Vorziehen der beiden mit einander
zu vereinigenden Darmschlingen, resp. des Magens und einer Darm-
schlinge. Während ein Assistent die Schlinge abplattet, fasst der
Operateur den freien Rand derselben in entsprechender Ausdehnung
mit einer besonders konstruirten kräftigen Klemme und quetscht sie
durch starkes Zusammendrücken der Griffe bis zur Mortifikation des
Gewebes. Nur das Bauchfell widersteht, die Muskeln und Schleim-
haut werden durch die Quetschung zertrümmert; die gequetschte
Partie bildet nur noch eine dünne transparente Membran, die zwar
noch mechanisch den Ausfluss von Darminhalt verhindert, aber dem
Absterben geweiht ist. Nunmehr werden erst die hinteren Ränder
der beiden zerquetschten Zonen durch Naht vereinigt, die gequetschte
Partie selbst noch mit Atzkali geätzt — unter vorsichtigstem
Schutze der Umgebung —, dann auch die vordere Umrandung mit
sero-serösen Nähten versorgt. Die ganze Operation ist in ca.
20 Minuten beendet. S. hat das Verfahren, nachdem er esan Hunden
wiederholt probirt hatte, bereits 5mal beim Menschen angewendet,
4mal mit Erfolg. Ein Operirter mit einem Carcinom des Colon
ascendens, der bereits Zeichen eines subakuten Darmverschlusses
zeigte, starb. Derartige Fälle, bei denen die Herstellung eines freien
Kothweges eilig ist, eignen sich, wie Verf. selbst zugiebt, nicht für
die neue Methode, die sonst sehr der Nachprüfung werth erscheint.
Chaput hat die Methode Bin etwas modificirt: anstatt die Ge-
webe zu zerquetschen, mortifieirt er sie mit dem rothglühenden Eisen;
am Magen trägt er vorher die Tunica muscularis in entsprechender
Ausdehnung ab. Bisher hat er dies Verfahren erst am Thier ver-
sucht. In analoger Weise führt er auch die cirkuläre Darmnaht aus:
jedes der beiden zu vereinenden Darmenden wird mit einem Faden
fest umbunden, die vorquellende Schleimhaut mit der Schere ab-
getragen, dann jedes Ende mit dem Thermokauter in querer Richtung
mortificirt; darauf werden beide Enden durch sero-seröse Nähte jen-
seits der gebrannten Partie vereinigt. Reichel (Breslau).
80 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
23) C. A. Ewald. Erfahrungen über Magenchirurgie, vor-
nehmlich bei malignen Geschwäülsten.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 37 u. 38.)
In der Abhandlung, welche sich mit dem auf dem XII. inter-
nationalen Kongress in Moskau (Innere Sektion) gehaltenen Vortrag
des Verf. deckt, theilt E. die Erfahrungen mit, welche er im Laufe
der letzten 21/, Jahre auf dem Gebiet der Magenchirurgie gewonnen
hat. Dieselben interessiren um so mehr, als sie wohl die größte
Serie von Fällen betrifft, welche bisher von einem Internisten beob-
achtet und zur Operation übergeben worden ist. Die Beobachtungen
Ein erstrecken sich auf 29 Fälle von Gastroenterostomie, 17 Fälle
von Resektion (eventuell mit Gastroenterostomie) und 22 Fälle von
Gastrostomie. Zumeist handelte es sich um Carcinome, in 3 Fällen
um Pylorusstenosen, 2mal um floride Geschwüre. Bis auf 3 Fälle
war der operative Erfolg an sich ein tadelloser. Dennoch ergiebt
sich folgende Statistik: Gastroenterostomien mit 55,5%, Magen-
resektionen mit 69,2%, Gastrostomien mit 54,5% Sterblichkeit.
Dieses statistische Ergebnis stellt sich ungünstiger heraus, als
die von bedeutenden Chirurgen, namentlich von Mikulicz veröffent-
lichten Resultate. Es kommen hier eben verschiedene Momente in
Betracht, in erster Linie die Grenzen für die Indikation zur Ope-
ration und die Deutung der Rubrik »Geheilt«. (Verbesserung der
Statistik durch Ausschluss scheinbar ungünstiger Fälle) Die Haupt-
ursache der schlechten Erfolge muss aber in Umständen gesucht
werden, welche außerhalb des Könnens der Chirurgen liegen und
diesem durch die Natur der Dinge unüberwindliche Schranken setzen.
Für die Prognose bezw. den Ausfall der Operationen kommen folgende
Umstände in Betracht: 1) Sitz und Ausbreitung des Carcinoms am
Magen selbst. 2) Die Ausbreitung des Carcinoms auf die Nachbar-
organe. 3) Die allgemeine Kachexie und die dadurch bedingte
mangelnde Resorptions- und Ernährungsfähigkeit nach der Operation.
Was die beiden ersten Punkte anbelangt, so ist man vor Eröff-
nung der Bauchhöhle nicht in der Lage, sich ein genaues Bild von
den herrschenden Verhältnissen zu entwerfen. Andererseits reicht
die chemische Untersuchung des Magensaftes zur Stellung der so-
genannten Frühdiagnose für sich allein nicht aus, ja es tritt weitaus
in der Mehrzahl der Fälle die Milchsäurebildung später auf, als die
tastbare Geschwulst, sie ist überhaupt kein specifisches Symptom des
Magencareinoms, sondern hängt von verschiedenen Faktoren ab. E.
theilt daher die Ansicht, dass der Chirurg nicht sowohl auf Grund
einer Frühdiagnose, als vielmehr desshalb früh operirt, weil sich die
Pat. heute überhaupt schneller zu einem operativen Eingriff ent-
schließen. Andererseits hängt nach wie vor die Frühoperation von
der frühzeitigen Erkenntnis einer Geschwulst ab.
Die Gastrostomie ist nach Eis Ausspruch nichts mehr als eine
Art Euthanasie, nichtsdestoweniger muss sie aus humanen, wenn
nicht aus anderen Gründen unternommen werden.
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. si
E. betont schließlich: »Dass jeder Fall, mag er scheinbar auch
noch so günstig für die Operation liegen, zunächst eine zweifelhafte
Prognose giebt, und dass sich die Aussichten des chirurgischen Ein-
griffs im Vorhinein nicht bemessen lassen; nichtsdestoweniger wird
und muss man immer wieder in allen geeignet erscheinenden Fällen
den operativen Eingriff in Vorschlag bringen und Alles daran setzen,
denselben so früh als möglich erfolgen zu lassen<. ` Gold (Bielitz..
24) Monod (Paris). De l’invagination intestinale.
These de Paris, @. Steinheil, 1897.
Verf. kommt in seiner Arbeit zum Schluss, dass die Invagination
die Methode der Wahl bei allen Darmverbindungen sein solle, und
besonders für die Anlegung des neuen Afters nach Mastdarmexstir-
pation stets der Inguinalafter angewandt werden müsse.
Roesing (Hamburg).
Kleinere Mittheilungen.
25) R. Alessandri. Tödliche Septhämie durch Bacterium coli, mit
Lokalisation auf einer Operationswunde.
(Polielino 1897. Mai 1.)
Verf. berichtet folgenden Fall:
Eine 60jährige Frau litt seit 8 Monaten an einem Careinom der linken
Mamma; im Übrigen war nichts Wesentliches an der Pat. zu finden, insbe-
sondere war die Darmfunktion anscheinend normal. Es wurde desswegen die Am-
putatio mammae nebst Ausräumung der Achselhöhle vorgenommen, nachdem die
Kranke am Tage vorher ein Abführmittel (30 g Natr. sulf.) erhalten hatte. Am
2. Tage nach der Operation traten sehr heftige Leibschmerzen auf, mit reich-
lichen, bisweilen blutigen, übelriechenden Durchfällen. Da bei der Operation
Sublimat in mäßiger Stärke zur Anwendung gekommen war, so lag der Ver-
dacht einer Hg-Intoxikation nahe, zumal da auch eine leichte Stomatitis bestand,
Aber während die letztere sehr rasch verschwand, blieben die Durchfälle trotz
aller Therapie bestehen; die Temperatur war normal. Beim ersten Verband-
wechsel (nach 8 Tagen) fand sich die Wunde zwar oberflächlich verheilt, aber in
der Tiefe bestand ein großes Blutextravasat. Es wurden die Nähte entfernt und
ein neuer Verband angelegt. Am folgenden Tage plötzliche Unruhe, Blässe,
kleiner Puls von 160. Wegen Verdacht auf Blutung wurde der Verband entfernt
und das Coagulum ausgeräumt; jedoch fand sich keine frische Blutung. Tampo-
nade, Verband, Exeitantien. Hierauf besserte sich der Zustand wieder, aber die
Durchfälle bestanden fort, und es zeigte sich eine starke Darmblutung, die den
vorausgegangenen Collaps erklärte. In den folgenden Tagen bekam die Wunde
einen graugelben, »diphtherischen« Belag. Trotz antiseptischer Ausspülungen
besserte sich dieser Zustand nicht; es trat sogar ein Weiterschreiten der Infektion
nach hinten auf, sodass eine Gegenöffnung angelegt wurde. Allmählich ver-
schlechterte sich der Zustand; die Diarrhöen bestanden weiter, bisweilen mit
Blutspuren, es trat ein typhöser Zustand ein, weiterhin Decubitus, meningeale
Reizerscheinungen, Collapstemperatur und Tod.
Die Autopsie ergab reichliches, schmieriges Exsudat in der Wundhöhle, fibri-
nöse Auflagerungen in den Meningen, schwere hämorrhagische Enteritis des
Colons (mit zahlreichen Geschwäüren).
Mikroskopisch fand sich Nekrose der Wundränder; in denselben eine große
Menge kurzer, dicker Bacillen (3—4 u). Die Darmgeschwüre zeigten ebenfalls
82 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
Nekrose des Epithels, Infiltration der benachbarten Partien, mäßige Menge
kurzer Bacillen. Es wurden Kulturen angelegt sowohl vom Blut als vom »diph-
therischen« \Wundbelag; in beiden Fällen entwickelten sich reichliche Kolonien
auf Agar, Bouillon und Gelatine. Es fand sich stets ein kurzer Bacillus mit ab-
gerundeten Enden, nicht färbbar nach Gram, mäßig beweglich. Derselbe Bacillus
fand sich auch in den von Milz und Cerebrospinalflüssigkeit der Leiche angelegten
Kulturen. Nach Ansicht des Verf. handelt es sich um Bacterium coli (B. coli dis-
entericum). Die Thierversuche ergaben Folgendes: Bei Meerschweinchen erzeugte
die subkutane Einspritzung von Reinkulturen lokale Nekrose; bei großen Dosen
kam es zum Tod der Thiere. Die intraperitoneale Einspritzung ergab stets sero-
üübrinöse Peritonitis, die zum Tode führte. Bei Katzen bekam man ähnliche
Resultate, namentlich starke Hyperämie des Darmes. speciell des Colons, bisweilen
mit blutigem Koth. Auch mit den bakterienfreien Toxinen machte Verf. Thier-
versuche; er erzeugte durch fortgesetzte Einspritzung des Giftes bei Meer-
schweinchen und Kaninchen den tödlichen Ausgang, aber ohne charakteristischen
Befund. Bei Katzen jedoch gelang es auf diese Weise, Diarrhöen mit Hämor-
rhagien zu erzeugen, die ebenfalls zum Tode führten. Bei der Autopsie findet
sich dann starke Hyperämie des Colons, mit Erosionen und Geschwüren.
Zum Schluss bringt Verf. eine kritische Übersicht der einschlägigen, die Vi-
rulenz und die pathogenen Eigenschaften des Bacterium coli betreffenden Litte-
ratur. Es handelt sich dabei um eine stattliche Reihe von Krankheitszuständen,
von denen man mit mehr oder weniger Sicherheit annehmen kann, dass sie durch
das Bact. coli veranlasst werden; insbesondere kommen hier in Betracht: Peri-
tonitis, Perityphilitis, Dysenterie, Cholera nostras, Abscesse, Gangrän, Cystitis und
Sepsis. H. Bartsch Heidelberg).
26) 8. Bremig. Über Myositis ossificans, nebst Mittheilung von drei
Fällen solitärer Myositis ossificans. (Aus der Greifswalder chirurg.
Klinik.)
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Nach Aufzählung der in der Litteratur bekannt gegebenen Fälle von Myosi-
tis ossificans einzelner Muskeln führt Verf. 2 hierher gehörige Fälle an (Ver-
knöcherung im Triceps und Vastus med.), die beide nach Traumen entstanden und
durch operative Entfernung der Knochenneubildung geheilt wurden. Im Gegen-
satz zu Anderen pflichtet Verf. nach Untersuchung eines 3. Falles (Verknöcherung
des Quadriceps; der Grawitz’schen Ansicht bei. dass der Process in den Muskel-
‘zellen, nicht in dem Bindegewebe beginne, und dass es sich um einen entzünd-
lichen Vorgang, nicht aber um eine Neubildung handle. Ob die Knochenbildung
aus verlagerten embryonalen Keimen oder durch Metaplasie des normal vorhandenen
Gewebes entsteht, bleibt unentschieden. Happel (Darmstadt).
27) Scholtz. Ein Fall von multiplem Muskelechinococeus, kom-
binirt mit Eingeweideechinokokken.
‘Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hit. 2.)
Die Lokalisation des Echinococcus in den Muskeln gehört zu den Aus-
nahmen. Bisher überhaupt noch nicht beschrieben ist ein Fall wie der vorliegende,
mit multiplen Herden in der Muskulatur. Eine 38jährige Frau aus Mecklen-
burg war 1891 mit Anschwellung am rechten Ober- und Unterschenkel, Nieren-
vergrößerung und Milzschwellung erkrankt; damals wurde eine walnussgroße
Hydatide am Unterschenkel exstirpirt. Die Nierengeschwulst zeigte sich eben-
falls durchsetzt mit multiplen Echinococeusblasen; es wurde von Kümmell eine
partielle Resektion der Niere gemacht. (Der Fallist im Archiv für klinische Chi-
rurgie Bd. XXVI beschrieben.) Jetzt hat die Frau sich von der Geschwulst am
rechten Oberschenkel befreien lassen, welche bis Zweifaustgröße gewachsen war.
Bei der Exstirpation des derben, fibrösen Sackes musste mehrfach Muskelgewebe
mit fortgenommen werden, Heilung durch Granulation. Unter dem linken Rippen-
hogen fühlte man der Milz angehörend eine faustgroße Geschwulst, die nach der
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 83
Anamnese auch als Echinococcus angesprochen wird, und davon getrennt in der
Bauchhöhle eine walnussgroße; da dieselben aber keine Beschwerden machen,
wollte die Frau sich nicht daran operiren lassen. Die Geschwulst am Ober-
schenkel soll nach einem Stoß plötzlich stark gewachsen sein. Die Diagnose
war in diesem Falle gegeben. Beide Blasen saßen an der der großen Gefäßscheide
entgegengesetzten Seite, welcher Umstand der sonst als richtig angenommenen An-
sicht, dass sich die Embryonen durch eine selbständige Bewegung im perivasku-
lären Zellgewebe zum Rumpf und den Extremitäten begeben, entgegensteht. Im
Anschluss hieran beschreibt Verf. noch einen Fall von einfachem Muskelechino-
coceus, der vor mehreren Jahren von Kümmell im Marien-Krankenhause operirt
wurde. Hier hatte die hühnereigroße Geschwulst ihren Sitz im Pectoralis major;
auch hier war es schwer, den Sack, der vor der Operation seiner Natur nach er-
kannt war, aus dem Muskel auszulösen. Tschmarke (Magdeburg).
28) Wilms. Myiasis dermatosa oestrosa.. (Aus der chirurgischen
Universitätsklinik in Leipzig. Direktor: Geh. Med.-Rath. Prof. Dr.
Trendelenburg.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 33.)
W. erwähnt zunächst, dass die durch Dipterenlarven hervorgerufenen Er-
krankungen der Thiere und der Menschen durch Museiden und Oestriden hervor-
gerufen werden. Doch sind die durch letztere bedingten krankhaften Affektionen
weit seltener. Josef konnte bis 1887 nur 5 Fälle an Menschen sammeln. In
Europa sind nur Hypoderma bovis und Hypoderma Diana beobachtet worden. Am
meisten verbreitet ist die Myiasis in Amerika.
Eine interessante Beobachtung hat nun W. in der Leipziger Klinik gemacht.
Bei einem 1$jährigen Manne, der aus Brasilien kam, war eine geröthete
Stelle an der Vorderfläche des Unterschenkels entstanden, die alsbald ulcerirte,
Bei der Aufnahme war ein 5pfennigstückgroßer geschwüriger Defekt vorhanden,
daneben eine halbkirschgroße röthlichblaue Schwellung; in der Tiefe des Ge-
schwürs befand sich eine rundliche feine Öffnung, in der sich ein weißliches Ge-
bilde bewegte. Nach Spaltung des Kanals ließ sich eine Fliegenlarve von 2 cm
Länge und 6 mm Breite herausheben.
Es handelte sich, wie die Untersuchung ergab, um die Larve einer Derma-
tobia noxialis Gondot.
Interessant ist, dass die Larve mindestens 2 Monate im menschlichen Körper
ihr Leben gefristet haben muss. R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
29) M. Morris and A. Whitfield. Six cases of lupus vulgaris treated
by Koch’s new tuberculin.
(Brit. med. journ. 1897. Juli 24.)
Die Verff. berichten in vorläufiger Mittheilung über die Erfolge, die sie in
6 Fällen mit dem neuen Koch’schen Tuberkulin (TR} bei Lupus vulgaris gehabt
haben.
Sie sahen allmähliche Abnahme des die Lupusknötchen umgebenden rothen
Hofes, leichte Depression der Knötchen im Centrum, Runzelung und Abschilfe-
rung der Haut, stetiges Abheilen geschwüriger Partien, allmähliche Abnahme des
begleitenden Ödems an Lippen, Lidern etc.
In keinem Falle sahen sie einen Fortschritt des Leidens nach Beginn der Be-
handlung.
Manchmal zeigten sich nach den Injektionen flüchtige Erscheinungen von
Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, lokal Schwellung und Röthung, was Alles
rasch wieder vorüberging, ohne je bedenklich zu erscheinen. Verff. sprechen aus-
drücklich nicht von Heilungen, aber durchweg haben sie gute Erfolge, in ein-
zelnen Fällen sogar »ausgezeichnete» gesehen. F. Krumm (Karlsruhe).
84 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
30) Ziemacki. Über die Resultate der Behandlung von 20 Fällen
bösartiger Neubildungen mittels Injektionen von Antistreptokokken-
R serum.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 35.)
Diese Behandlung erwies sich als absolut erfolglos; im Gegentheil traten bei
geschwächten Personen schwerste Intuxikationssymptome auf; in einem Falle von
ILymphosarkom schien die Dissemination der Neubildung dadurch beschleunigt zu
werden. Die einzige gute Wirkung war öfters Stillung der Schmerzen dadurch,
dass die Kranken durch die Injektionen in eine psychische und körperliche De-
pression versetzt wurden, welche 2 bis 3 Tage währte. Haeckel Stettin‘.
31) Zuschlag. Die Anwendung des permanenten Wasserbades im
Neuen Allgemeinen Krankenhause zu Hamburg-Eppendorf.
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 2.)
Nach einem kurzen Überblick über die Einrichtungen des permanenten Bades,
die Wasserversorgung und Lagerung der Kranken geht Verf. auf die einzelnen
chirurgischen Leiden ein, welche mit demselben behandelt wurden. Es wurden
keine unangenehmen oder schädlichen Einflüsse auf die physiologischen Vor-
gänge, wie Schlaf, Appetit, Stuhlentleerung beobachtet; nur während der Menses
wurden ängstliche Pat. aus dem Wasserbett herausgenommen. Die an-
genehmste Temperatur war 28—29° R. Die Dauer betrug oft mehrere Monate;
ein Pat. lag 15 Monate Tag und Nacht im Wasser. Zu Anfang auftretende
Schmerzen an den Fußsohlen und Händen und ein mehrfach beobachtetes klein-
papulöses Ekzem gab keine Veranlassung zur Unterbrechung des Bades. — Fs
würde den Rahmen eines Referates überschreiten, auf die 7 vom Verf. zusammen-
gestellten Krankheitsgruppen einzeln näher einzugehen. Außer Decubitus bei
Krankheiten des Centralnervensystems und Marasmus senilis kamen Fülle ausge-
dehnter Knochen- und Gelenktuberkulose, Phlegmonen, Vereiterung von
Operationswunden, Gangrän und Sepsis, widernatürlicher After und Kothfisteln,
Urinfisteln und Infiltrationen, und Verbrennungen zur Behandlung. »Trotz der
hohen Mortalität — es starben von 186 Patienten 132! — sind die Segnungen des
permanenten Wasserbades fast unschätzbare.e
(Dass bei ausgedehnten Verbrennungen im Stadium der Eiterung das perma-
nente Wasserbad eine Wohlthat ist, giebt Ref. gern zu; in frischen Fällen aber
wird nach Sonenburg’s Theorie vom Tode nach ausgedehnten Verbrennungen
durch das warme Wasser der Gefäßtonus erst recht herabgesetzt und dadurch die
Herzlähmung beschleunigt, resp. herbeigeführt.) Tschmarke {Magdeburg .
32) Franke. Periperitonitis (purulenta).
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.)
Mit diesem Namen, der nach Analogie der Peripleuritis gebildet ist, bezeichnet
F. eine Eiterung, welche extraperitoneal liegt, d. h. zwischen Bauchfell und Faseia
transversa. Umschriebene derartige Eiterungen sind lange bekannt als Pericolitis,
Paranephritis, Eiterung im subumbilikalen Raum und im Cavum Retzii. Dagegen
sind diffuse derartige Eiterungen, d. h. also Ausbreitung der extraperitonealen
Eiterung um den gangen Bauchraum herum, bisher nicht beschrieben. F. glaubt
nun, das neue Krankheitsbild einer Periperitonitis diffusa auf Grund folgender zweier
Fälle aufstellen zu dürfen:
1) 13jähriges Mädchen. Unter Annahme einer allgemeinen Peritonitis, viel-
leicht tuberkulöser Natur, Schnitt von Symphyse bis etwas über den Nabel. F.
»gerieth unmittelbar nach Durchtrennung der Linea alba in die Eiterhöhle, ohne
das Bauchfell zu Gesicht zu bekommen, und gelangte beim Abtasten der Höhle mit
dem Finger weit nach oben scheinbar an das Zwerchfell beiderseits, rechts über
die obere Leberfläche hingleitend; an den Seiten drang er leicht nach hinten
herum bis nahe an die Wirbelsäule.« Drainage nach den Seiten, Naht bis auf
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 85
Lücke für einen Tampon. Später noch Gegenöffnung nach der Scheide hin und
zur Entleerung des subphrenisch gelegenen Eiters noch größerer Eingriff nöthig.
Tod. Sektion nicht gestattet. F. vermuthet, dass der ganze Process von einer
Appendicitis ausging.
2) 14jähriger Knabe. Vom Empyem der Brusthöhle aus senkte sich der Eiter
nach Durchbohrung des Zwerchfells weit nach unten, so dass Längsschnitt nach
oben und unten vom Nabel nothwendig. »Es entleert sich eine große Menge grünen
Eiters. Die genauere Untersuchung zeigt, dass die Eiterhöhle sich extraperitoneal
befindet und nach oben bis gegen das Zwerchfell, nach unten bis in das kleine
Becken und in beiden Seiten bis nach hinten herum sich erstreckt.« Drainage
nach allen Seiten hin. Heilung.
{Leider fehlen in beiden Fällen Sektionsbefunde, da in dem einen Falle Sek-
tion nicht gestattet wurde, im anderen Heilung eintrat. Und doch wäre das für die
Aufstellung eines so eigenartigen, neuen Krankheitsbildes dringend zu wünschen.
Ich habe vor Kurzem eine Eiterung von ganz ähnlichem Umfang wie im ersten
F.’schen Falle bei einer Puerpera operirt; dass es sich nur um eine abgekapselte
eitrige Peritonitis handelte, dass also der Eiter intraperitoneal lag, erkannte ich
erst, als ich in der Tiefe des Beckens die Fimbrien beider Tubenenden frei in
die Höhle hineinragen sah. Drainage beiderseits an der 12. Rippe und in der
Mittellinie. Heilung. Hat man bei der Autopsie in vivo eine große Höhle mit
pyogener Membran vor sich, so ist es außerordentlich schwer zu sagen, wie das
Bauchfell sich dazu verhält. Wenn F. sagt: »das Bauchfell lag, indem es die
hintere bezw. innere Wand der Eiterhöhle bildete, unmittelbar als etwas dicke
Haut den Därmen auf, mit denen es fest verklebt zu sein schien, und deren
Schlingen zum Theil sich deutlich abhoben«, so zeigt das die Schwierigkeit der
Beurtheilung bei der Operation; denn genau dasselbe Bild bot sich bei meinem
Falle von intraperitonealer Eiterung dar. Ref.) Haeckel (Stettin).
33) C. Monod. De l’intervention chirurgicale dans les pe£ritonites
par perforation au cours de la fièvre typhoide.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 719.)
10 Stunden nach Perforation eines typhösen Darmgeschwürs, in der 4. Woche
nach Beginn des Typhus, schritt M. bei dem 35jährigen Pat. zur Laparotomie.
Es entleerte sich serös-eitrige Flüssigkeit. Das Bauchfell war allenthalben in-
tensiv geröthet und mit Pseudomembranen bedeckt. Die Perforation wurde sofort
gefunden und durch Etagennaht geschlossen. Über eine zweite Stelle, die der
drohenden Perforation verdächtig schien, wurde eine Appendix epiploica aufgenäht.
Ausspülung des Bauches mit gekochtem Wasser. Drainage mittels Drain und
Jodoformgaze. Bauchnaht. Tod am 3. Tage in Folge Fortschreitens der Peri-
tonitig.
M. hält die Aussichten der Laparotomie nach Durchbruch eines typhösen Ge-
schwürs für sehr gering, aber gleichwohl die Operation alz einziges Aussicht ver-
eprechendes Heilmittel für durchaus gerechtfertigt. Von den bisher veröffentlichten
Heilungen nach Laparotomie glaubt er einige bei Aufstellung einer zuverlässigen
Statistik außer Acht lassen zu müssen, da bei ihnen die Diagnose »Typhus« nicht
sichergestellt sei. Er selbst zählt 32 Operationen mit 5 Heilungen. — In der
Diskussion berichten noch Routier, Brun über je I, Lejars über 2 von ihnen
ohne Erfolg operirte Fälle. Reichel (Breslau).
34) L. Herzog. Die Perityphlitis vom chirurgischen und internen
Standpunkte beurtheilt.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 114.)
Verf. hat das einschlägige Material von Bethanien-Rerlin aus den Jahren 1850
bis 1897, sowohl das der inneren als das der chirurgischen Station, im Ganzen
346 Fälle, bearbeitet. Ziemlich eingehende allgemeine Durchsprechungen des
Krankheitsbildes, der Ätiologie, der anatomischen Verhältnisse, der Diagnostik,
des Verhaltens von Puls, Temperatur, Atbmung etc. sind hier zu übergehen, zumal
84 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
30) Ziemacki. Über die Resultate der Behandlung von 20 Fällen
bösartiger Neubildungen mittels Injektionen von Antistreptokokken-
t serum.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 35.)
Diese Behandlung erwies sich als absolut erfolglos; im Gegentheil traten bei
geschwächten Personen schwerste Intoxikationssymptome auf; in einem Falle von
Lymphosarkom schien die Dissemination der Neubildung dadurch beschleunigt zu
werden. Die einzige gute Wirkung war öfters Stillung der Schmerzen dadurch,
dass die Kranken durch die Injektionen in eine psychische und körperliche De-
pression versetzt wurden, welche 2 bis 3 Tage währte. Haeckel ‘Stettin’.
31) Zuschlag. Die Anwendung des permanenten Wasserbades im
Neuen Allgemeinen Krankenhause zu Hamburg-Eppendorf.
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 2.)
Nach einem kurzen Überblick über die Einrichtungen des permanenten Bades,
die Wasserversorgung und Lagerung der Kranken geht Verf. auf die einzelnen
chirurgischen Leiden ein, welche mit demselben behandelt wurden. Es wurden
keine unangenehmen oder schädlichen Einflüsse auf die physiologischen Vor-
gänge, wie Schlaf, Appetit, Stuhlentleerung beobachtet; nur während der Menses
wurden ängstliche Pat. aus dem Wasserbett herausgenommen. Die an-
genehmste Temperatur war 28—29° R. Die Dauer betrug oft mehrere Monate;
ein Pat. lag 15 Monate Tag und Nacht im Wasser. Zu Anfang auftretende
Schmerzen an den Fußsohlen und Händen und ein mehrfach beobachtetes klein-
papulöses Ekzem gab keine Veranlassung zur Unterbrechung des Bades. — Es
würde den Rahmen eines Referates überschreiten, auf die 7 vom Verf. zusammen-
gestellten Krankheitsgruppen einzeln näher einzugehen. Außer Decubitus bei
Krankheiten des Centralnervensystems und Marasmus senilis kamen Fälle ausge-
dehnter Knochen- und Gelenktuberkulose, Phlegmonen, Vereiterung von
Operationswunden, Gangrän und Sepsis, widernatürlicher After und Kothfisteln,
Urinfisteln und Infiltrationen, und Verbrennungen zur Behandlung. »Trotz der
hohen Mortalität — es starben von 186 Patienten 132! — sind die Segnungen des
permanenten Wasserbades fast unschützbare.«
(Dass bei ausgedehnten Verbrennungen im Stadium der Eiterung das perma-
nente Wasserbad eine Wohlthat ist, giebt Ref. gern zu; in frischen Fällen aber
wird nach Sonenburg’s Theorie vom Tode nach ausgedehnten Verbrennungen
durch das warme Wasser der Gefäßtonus erst recht herabgesetzt und dadurch die
Herzlähmung beschleunigt, resp. herbeigeführt.) Tsehmarke {Magdeburg .
32) Franke. Periperitonitis (purulenta).
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.)
Mit diesem Namen, der nach Analogie der Peripleuritis gebildet ist, bezeichnet
F. eine Eiterung, welche extraperitoneal liegt, d. h. zwischen Bauchfell und Fascia
transversa. Umschriebene derartige Eiterungen sind lange bekannt als Pericolitis,
Paranephritis, Eiterung im subumbilikalen Raum und im Cavum Retzii. Dagegen
sind diffuse derartige Eiterungen, d. h. also Ausbreitung der extraperitonealen
Eiterung um den ganzen Bauchraum herum, bisher nicht beschrieben. F. glaubt
nun, das neue Krankheitsbild einer Periperitonitis diffusa auf Grund folgender zweier
Fälle aufstellen zu dürfen:
1) 13jähriges Mädchen. Unter Annahme einer allgemeinen Peritonitis, viel-
leicht tuberkulöser Natur, Schnitt von Symphyse bis etwas über den Nabel. F.
»gerieth unmittelbar nach Durchtrennung der Linea alba in die Fiterhöhle, ohne
das Bauchfell zu Gesicht zu bekommen, und gelangte beim Abtasten der Höhle mit
dem Finger weit nach oben scheinbar an das Zwerchfell beiderseits, rechts über
die obere Leberfläche hingleitend; an den Seiten drang er leicht nach hinten
herum bis nahe an die Wirbelsäule.« Drainage nach den Seiten, Naht bis auf
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 85
Lücke für einen Tampon. Später noch Gegenöffnung nach der Scheide hin und
zur Entleerung des subphrenisch gelegenen Eiters noch größerer Eingriff nöthig.
Tod. Sektion nicht gestattet. F. vermuthet, dass der ganze Process von einer
Appendicitis ausging.
2) 14jähriger Knabe. Vom Empyem der Brusthöhle aus senkte sich der Eiter
nach Durchbohrung des Zwerchfells weit nach unten, so dass Längsschnitt nach
oben und unten vom Nabel nothwendig. »Es entleert sich eine große Menge grünen
Eiters. Die genauere Untersuchung zeigt, dass die Eiterhöhle sich extraperitoneal
befindet und nach oben bis gegen das Zwerchfell, nach unten bis in das kleine
Becken und in beiden Seiten bis nach hinten herum sich erstreckt.« Drainage
nach allen Seiten hin. Heilung.
iLeider fehlen in beiden Fällen Sektionsbefunde, da in dem einen Falle Sek-
tion nicht gestattet wurde, im anderen Heilung eintrat. Und doch wäre das für die
Aufstellung eines so eigenartigen, neuen Krankheitsbildes dringend zu wünschen.
Ich habe vor Kurzem eine Eiterung von ganz ähnlichem Umfang wie im ersten
Eischen Falle bei einer Puerpera operirt; dass es sich nur um eine abgekapselte
eitrige Peritonitis handelte, dass also der Eiter intraperitoneal lag, erkannte ich
erst, als ich in der Tiefe des Beckens die Fimbrien beider Tubenenden frei in
die Höhle hineinragen sah. Drainage beiderseits an der 12. Rippe und in der
Mittellinie. Heilung. Hat man bei der Autopsie in vivo eine große Höhle mit
pyogener Membran vor sich, so ist es außerordentlich schwer zu sagen, wie das
Bauchfell sich dazu verhält. Wenn F. sagt: »das Bauchfell lag, indem es die
hintere bezw. innere Wand der Eiterhöhle bildete, unmittelbar als etwas dicke
Haut den Därmen auf, mit denen es fest verklebt zu sein schien, und deren
Schlingen zum Theil sich deutlich abhoben«, so zeigt das die Schwierigkeit der
Beurtheilung bei der Operation; denn genau dasselbe Bild bot sich bei meinem
Falle von intraperitonenler Eiterung dar. Bet) Haeckel (Stettin).
33) C. Monod. De l’intervention chirurgicale dans les p£ritonites
par perforation au cours de la fievre typhoide.
(Bull. et mem. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 719.)
10 Stunden nach Perforation eines typhösen Darmgeschwürs, in der 4. Woche
nach Beginn des Typhus, schritt M. bei dem 35jährigen Pat. zur Laparotomie.
Es entleerte sich serös-eitrige Flüssigkeit. Das Bauchfell war allenthalben in-
tensiv geröthet und mit Pseudomembranen bedeckt. Die Perforation wurde sofort
gefunden und durch Etagennaht geschlossen. Über eine zweite Stelle, die der
drohenden Perforation verdächtig schien, wurde eine Appendix epiploica aufgenäht.
Ausspülung des Bauches mit gekochtem Wasser. Drainage mittels Drain und
Jodoformgaze. Bauchnaht. Tod am 3. Tage in Folge Fortschreitens der Peri-
tonitis.
M. hält die Aussichten der Laparotomie nach Durchbruch eines typhösen Ge-
schwürs für sehr gering, aber gleichwohl die Operation alz einziges Aussicht ver-
sprechendes Heilmittel für durchaus gerechtfertigt. Von den bisher veröffentlichten
Heilungen nach Laparotomie glaubt er einige bei Aufstellung einer zuverlässigen
Statistik außer Acht lassen zu müssen, da bei ihnen die Diagnose »Typhus« nicht
sichergestellt sei. Er selbst zählt 32 Operationen mit 5 Heilungen. — In der
Diskussion berichten noch Routier, Brun über je 1, Lejars über 2 von ihnen
ohne Erfolg operirte Fälle. Reichel (Breslau).
34) L. Herzog. Die Perityphlitis vom chirurgischen und internen
Standpunkte beurtheilt.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 114.)
Verf. hat das einschlägige Material von Bethanien-Berlin aus den Jahren 1850
bis 1697, sowohl das der inneren als das der chirurgischen Station, im Ganzen
346 Fälle, bearbeitet. _Ziemlich eingehende allgemeine Durchsprechungen des
Krankheitsbildes, der Ätiologie, der anatomischen Verhältnisse, der Diagnostik.
des Verhaltens von Puls, Temperatur, Athmung etc. sind hier zu übergehen, zumal
86 Centralblatt für Chirurgie. No. 3.
neue Gesichtspunkte nicht aufgestellt werden. Einige statistiscbe Daten werden
indess interessiren. Die Fälle vertheilen sich auf 38 Kinder und 211 männliche
(68,5%) und 97 weibliche (31,5%) erwachsene Personen. Recidiverkrankungen
fanden sich in den Krankengeschichten 65; und swar war notirt:
37mal 1 Recidiv, ferner fanden statt:
10mal 2 » 39mal Recidive in 1 Jahre,
6mal 3 » 10mal » »2 »
imal 4 » 4mal H v A sw
imal 5 » 4mal » DEE WE
10malmehrereRecidive Imal » »5 m
ohne bestimmte Zahl, je 2mal » » 7 resp. 10 Jahren,
je imal » »8 » 9,11 Jahren.
5mal hatte das Recidiv zu allgemeiner Peritonitis oder, wie Verf. sagt, zu Peri-
typhlitis diffusa geführt. Über die Ausgänge der Krankheit giebt folgende Tabelle
Aufschluss:
I. Perityphlitis circumscripta.
Innere Station 249 Fälle, davon + 4 = 1,6% Mortalität
Chirurgische Station 44 e DEE EEN D
Summa 293 Fälle, davon + 8 = 2,1% Mortalität.
II. Perityphlitis diffusa (mit Peritonitis).
Innere Station 36 Fälle, davon + 36 = 100% Mortalität
Chirurgische Station 11 » » + 1t= 100% »
Summa 47 Fälle, davon + 47 = 100% Mortalität.
Ferner
III. »Retro- resp. Antetyphlitis«.
6 Fälle, davon + 5.
Im Ganzen also 60 Todesfälle = 17% Sterblichkeit. Die operirten Fülle (65; sind
größtentheils in ihren Krankengeschichten mitgetheilt. Meist handelte es sich um
Eröffnung größerer Abscesse in akuten Krankheitsstadien, wobei die Operations-
indikation zur Beseitigung momentaner Gefahr gestellt wurde. Der Regel nach
wurde nach dem Wurmfortsatz, falls er nicht frei lag, nicht gesucht. Bevorzugt
wurden große Schnitte. Nachbehandlung wie gewöhnlich. Kasuistisch interessant
sind verschiedene Fälle mit Komplikationen, so mit Eitersenkung nach dem Ober-
schenkel (p. 133), mit Perforation in Scheide und Mastdarm {p. 146 — beide nicht
operirt), mit Durchbruch in die Pleura (p. 148, nicht operirt +), 4mal mit subphre-
nischen Abscessen (p. 149—151, 3 davon operirt, sämmtlich +), 2mal mit Pyle-
phlebitis, Imal mit Leberabscess (p. 153—154, sämmtlich ohne Operation +, 1mal
mit Brucheinklemmung des Processus 'p. 159, nach Operation geheilt .
Meinhard Schmidt (Cuxhaven‘.
35) Rewidzoff. Zur Technik der Gastroskopie. Eine Modifikation
des Rosenheim’schen Gastroskops.
‘Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 41.
Um einerseits die Gefahr und andererseits die sehr unangenchme Empfindung
im Ösophagus, besonders in der Cardia, bei der unmittelbaren Einführung eines
geraden metallischen Rohres wie beim Rosenheim’schen Gastroskop zu besei-
tigen, hat R. die äußere starre Röhre durch eine biegsame ersetzt und hofft, dass
die Gastroskopie in der von ihm gegebenen Form in Bezug auf Umständlichkeit
und Gefahr einer einfachen Sondirung gleichkommen werde. Bezüglich der Details
der durch R. modifieirten Konstruktion des Rosenheim’schen Gastroskops
wird auf das Original hingewiesen. Gold ‘(Bielitz).
36) L. Kuttner. Über Gastroskopie. Ein gegliedertes Gastroskop,
das durch Rotation gestreckt werden kann.
{Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 42 u. 43.)
Die Besprechung des Instruments, welches aus einzelnen Gelenken besteht,
welche durch Scharniere mit einander verbunden sind und durch eine Drehvor-
Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 87
richtung gerade gestellt werden können, würde den Rahmen eines Referats weit
überschreiten. Es sei daher auf das Original hingewiesen, welches eine genaue
Beschreibung der Konstruktion und Anwendung des Apparats giebt und überdies
eine Zeichnung enthält, welche das Verständnis der Konstruktion wesentlich er-
leichtert. Gold (Bielitz).
37) J. C. Hemmeter and D. Ames. Phlegmonous gastritis following
ulcus carcinomatosum of the pylorus-dilatation, perforation and peri-
tonitis. — A clinical history of fourteen months with chemical, bac-
teriological an histopathological study.
(New York med. record 1897. September 11.)
Eine Krankheit, welche verhältnismäßig so selten vorkommt, dass Verf. nur
56 Fälle in sehr sorgfältiger Zusammenstellung der gesammten Litteratur finden
konnte, ist zweifellos von großem Interesse, besonders wenn der Pat. 14 Monate
lang in Behandlung war und die letzten swei Monate unter beständiger Beobach-
tung blieb, auch eine genaue Autopsie veranstaltet werden konnte. Die anato-
mische Diagnose lautete: Akute allgemeine Peritonitis in Folge von Perforation
des Magens und Austritt von Mageninhalt. Geheiltes Magengeschwür mit
Pylorusstenose. Perforation des Magens durch einen frischen geschwürigen
Process, der auf einem alten eingesetzt hatte. Krebsige Infiltra-
tion der Ränder und des alten Geschwürsgrundes. Gastrektasie. Aus-
geheilte beiderseitige Spitzentuberkulose. Residuen einer früheren Pleuritis am
rechten Unterlappen. Bemerkenswerth ist in diesem Falle, dass eine ausge-
sprochene, progressive Kachexie vorhanden war, und der Oppler-Boas'-
sche Bacillus konstant im Mageninhalt gefunden wurde, Milchsäure
dagegen nur 1 mal, Salzsäure aber beständig. Die Abwesenheit der
Milchsäure wird erklärt durch die Art der Ernährung (theils durch den Mast-
darm, theils — und zwar hauptsächlich — durch Ei und gewiegtes Fleisch »eine
Methode, welche die Salzsäure nicht verbraucht«; »die erste Bedingung für die
Produktion von Milchsäure bleibt aber die Unterdrückung der Salzsäuresekretion.«'.
Von Werth ist ferner die Entwicklung eines Magencarcinoms auf der Basis eines
gutartigen Geschwürs. Die diffuse, phlegmonöse Gastritis wurde erst bei der
Sektion diagnostieirt in Gestalt von zahlreichen miliaren Abscessen der Schleim-
haut, am Boden und an den Rändern der Neubildung. Die Temperatur war
während des Lebens normal. Mintz (Deutsches Archiv für klin. Medicin
Bd. XXXIX p. 459) berichtet über Fälle von phlegmonöser Gastritis im Zusammen-
hang mit Magencareinom. Zum Schluss wird eine ausgedehnte Litteraturübersicht
über phlegmonöse Gastritis und Uleus carcinomatosum gegeben.
Löwenhardt (Breslau).
38) E. Reichard. Erfahrungen an 16 Magenresektionen.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 45.)
R. theilt die Erfahrungen mit, die sich aus 16 Magenresektionen ergeben
haben, welche auf der chirurgischen Abtheilung des Augusta-Hospitals zu Berlin
von Lindner in den Jahren 1892—1S97 ausgeführt wurden. Während in den
Jahren 1892—1896 alle Operirten starben, erzielten die seit 1896 ausgeführten
10 Resektionen eine Heilungszitier von 50%. R. erörtert das Princip, welches
bei der Behandlung der Magengeschwülste in der genannten chirurgischen Abthei-
lung aufgestellt wurde und welches sich auf die Indikationen und Kontraindika-
tionen bezüglich des radikalen Eingriffs einerseits, auf die technischen Beobach-
tungen bei und nach der Operation andererseits bezieht.
Hinsichtlich der Operation selbst wird nach R. so aktiv verfahren, als esnur
möglich ist. Eine gewisse Widerstandsfähigkeit des Körpers ist für das Gelingen
der eingreifenden Operation nöthig, eben so wie eine längere vorhergehende Beob-
achtung des Pat. und die Einschränkung der Dauer der Operation, so wie des
Verbrauches des Anästhetieums. Kontraindikationen für den Eingriff bilden Meta-
stasen und reichliche Drüsenentwicklung, vorgeschrittene Verwachsung und, Über-
ss Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
wuchern der bösartigen Geschwulst auf die umgebenden Gewebe. Als Operations-
methode hat sich auf der Abtheilung Lindner’s die sogenannte zweite Bill-
roth’sche Art eingebürgert und bewährt: Resektion der erkrankten Magenpartie,
Verschluss der Lichtungen, Gastroenterostomie. Bezüglich der Nachbehandlung
legt R. ein Hauptgewicht auf die sofortige Ernährung durch den Mund, um
Kräfteverfall und Erschöpfung zu verhindern. Bei — auf Grund von zunächst
aufgehobener motorischer Kraft des Magens — erfolgter Flüssigkeitsansammlung
im Magenrest, welche sich durch Unruhe von Seiten des Kranken, durch Schmerz-
äußerung und erhöhte Pulsfrequenz kundgiebt, ist durch schleunige Ausheberung
des Mageninhalts Abhilfe zu schaffen. Anschließend an seine Ausführungen
giebt R. die Krankengeschichten der 16 Operirten im Auszuge wieder.
Gold (Bielitz).
39) E. Lauwers. Enterectomie et suture intestinale.
(Bull. de l'acad. royale de méd. de Belgique T. XI. No. 7.)
Verf. berichtet über 15 Operationen am Darm mit 3 Todesfällen, nämlich
3 Resektionen des Dickdarms (+2), 1 cirkuläre Naht desselben, eine ebensolche
des S romanum, 6 Enterektomien wegen widernatürlichen Afters "217. 2 Darm-
resektionen im Verlauf von Köliotomien, 1 Enteroanastomose, 1 Pylorusresektion
wegen Carcinom. Die 3 ersten Fülle betrafen Careinome; in einem derselben,
welcher tödlich verlief, war Murphy’s Knopf angewendet worden. Der 4. Fall,
eirkuläre Diekdarmnaht, betraf ein Fibrosarkom des rechten Ovariums mit Ver-
wachsungen, bei deren Lösung das Colon transversum verletzt wurde. Die
Kranke starb 8 Monate später. In dem 5. geheilten Falle von Naht des Sro-
manum lag eine Extra-uterin-Schwangerschaft im 5 Monat vor. Der 6. Fall, En-
terektomie, betraf einen widernatürlichen After, dessen Darmöffnung so hoch auf-
wärts saß, dass Mageninhalt herausfloss; auch bestand eine Kommunikation
zwischen 2 benachbarten Dünndarmschlingen, welche durch die Naht geschlossen
wurde. Der 12. Fall war ein tiefer Stercoralabscess in der Bauchhöhle, in
welcher 2 Dünndarmenden,, ein zuführendes und ein abführendes, einmündeten;
Resektion, eirkuläre Vereinigung der Enden; Heilung. — Der 13. Fall betraf 2
intraligamentäre Cysten mit Verwachsungen; 12 em Dünndarm wurden resecirt.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
40) E. Rose. Über Incarceratio stercoralis, die Kothverstopfung
der Brüche (der angeblich erste Grad der Einklemmung).
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 109.:
R. verwirft die Annahme einer »Kotheinklemmung« der Brüche neben der-
jenigen der gewöhnlichen (elastischen) Einklemmung. Das Wesen der Einklemmung
bestände in Strangulation, Cirkulationsstörung und deren weiteren Folgen,
während der Ileus bez. Darmverschluss durch ein allmählich wachsendes Hinder-
nis ohne die genannten Begleiterscheinungen zu Kothbrechen und zum Tode
durch Erschöpfung führe. Er berichtet 3 Fälle großer Hernien, deren Sektion
diese Ansicht belegt. Fall 1 und 2 betreffen große Nabel- "be, Bauch-) Brüche
bei Frauen, beiläufig noch dadurch interessant, dass im 1. im Bruchsack sich
außer zahlreichen anderen Eingeweiden auch das Pankreas {das ganze oder nur
Theile? Ref.) befand, und im 2. der Pylorustheil des Magens.
Full 3 betrifft einen neugeborenen Knaben, dessen Hodensack anscheinend
eine kindskopfgroße Hodengeschwulst enthielt. Indess lehrte die Operation so wie
die bald nachfolgende Sektion, dass es sich um einen Bruch des S romanum han-
delte, welches von einem Dutzend walnussgroßer, steinharter Kothknollen prall
gefüllt war. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
m E OEE ESA
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjāhriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. A Sonnabend, 29. Januar. 1898
Inhalt: K. G. Lennander, Über den Bauchschnitt durch eine Rectusscheide mit Ver-
schiebung des medialen oder lateralen Randes des Musculus rectus. (Original-Mittheilung.)
1) Teichmann, 2) Winkler, 3) Arslan, 4) Broca, Ohrleiden. — 5) Bullinger, Retro-
bulbäre Geschwülste. — 6) Wright, Nasenpolypen. — 7) Gradenigo, Ozaena. — 8) Winck-
ler, 9) Kunert, Erkrankungen der Nasennebenhöhlen. — 10) und 14) Mikulicz und
Kümmel, Mundkrankheiten. — 12) Hartmann, 13) Beckmann, Rachenmandel. — 14) Good-
ale, Gaumenmandel und infektiöse Processe. — 15) Koerner, Zahnleiden und Hals-
drüsenschwellung. — 16) Trapp, Wirbelbrüche. — 17) Jonnescu und Melun, Pott'scher
Buckel. — 18) Schulthess, Skoliose. — 19) Jaeger, Kropfmetastasen. — 20) Quéau und
Longuet, Zur Lungenchirurgie. — 21) Schaposchnikoft, Perikarditis. — 22) Pedotti,
Brustdrüsencysten.
23) Marks, Cephalhämatom. — 24) Schulz, Intradursles Hämatom. — 25) Jurka,
Traumatische Epilepsie. — 26) Janz, Hirngeschwülste. — 27) A. v. Bergmann, Hirn-
abscess. — 28) Moure, 29) Grunert, 30) Kümmel, 31) Moure, 32) Hessler, 33) Teich-
mann, Ohrleiden und ihre Komplikationen. — 34) Theissing, Perichondritis und Oysten
der Nasenscheidewand. — 35) Spiess, Zur Chirurgie des Sinus sphenoidalis. — 36) Teske,
Lippenkrebs. — 37) Biondi, Endorale Plastik. — 38) Chavasse, Kiefersperre. — 39) Sss-
muth, Uranoplastik, — 40) Klapp, Dermoide des Mundbodens. — 41) Lotheissen, Ge-
schwülste der Gland. submax. — 42) Barth, Rachenmandel. — 43) Verchöre, Halscysten.
— 44) Körner, Kehlkopfspiegel. — 45) Bertelsmann, Diphtherieimmunität. — 46) Fran-
kenberger, Jod-Laryngitis. — 47) v. Stein, Laryngitis desquamativa. — 48) Friedrich,
Muskelveränderungen bei Rekurrensläihmung. — 49) Semon, Kehlkopfgeschwülste. —
50) Goris, Kropf. — 51) Kreis, Brustbeinfraktur. — 52) Gostynski, Wirbelbruch. —
53) Schmid, Wirbelsäulenmissbildung. — 54) Lange, Skoliose. — DD) Joseph, Ortho-
pädische Brustklemmen. — 56) Clarke und Morton, Lungenabscess. — 57) Bucalossi,
Empyem der Pleura und Leberechinocoecus. — 53) Peham, Sarkom des Kreuzbeins. —
59) Phocas, Steißgeschwulst.
90 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
(Aus der chirurgischen Klinik zu Upsala.)
Über den Bauchschnitt durch eine Rectusscheide mit
Verschiebung des medialen oder lateralen Randes des
Musculus rectus,
Von
Prof. Dr. K. G. Lennander.
I. Laterale Köliotomien.
Bei Operationen wegen Appendicitis während des freien Inter-
valles begann ich 1893 oft einen Längsschnitt durch den rechten
M. rectus anzuwenden. Dadurch, dass dieser Schnitt in manchen
Fällen näher an den lateralen Rand des Muskels, in anderen näher
an dessen Mitte angelegt wurde, so wie manchmal höher nach oben
zu, manchmal tiefer nach unten in der Bauchwand, je nachdem man
die Lage der Appendix in den einzelnen Fällen gefunden zu haben
glaubte, wird diese Schnittführung in der Mehrzahl der Fälle an-
wendbar. Sie ist indessen stets ungeeignet, wenn die Appendix fest-
gewachsen in der Lumbalgegend liegt, und eben so, wenn sie im
lateralen Theil der Fossa iliaca angewachsen liegt, und wenn gleich-
zeitig die Veränderungen solche sind, dass man Drainage nöthig
haben kann.
Bei Operationen wegen Appendicitis im freien Intervall gilt es
nämlich, sich vor der Operation eine möglichst exakte Vorstellung
von der Lage und Beschaffenheit der Appendix und von den Ver-
hältnissen in deren Umgebung zu machen, so dass man in allen den
Fällen, in denen man stärkere Adhäsionen zu erwarten hat, und in
denen Drainage wünschenswerth werden kann, den Schnitt gerade
über der Appendix machen kann. Je mehr lateral nach der Spina
ilei und der Lendengegend man die Drainage anlegen kann, desto
besser ist es für die Vermeidung zukünftiger Adhärenzen und Her-
nien. Stets wird der Schnitt in der Richtung der Nerven in der
Bauchwand angelegt und mit Erhaltung derselben.
In allen Fällen mit beweglichem Coecum und beweglicher
Appendix, oder wenn die Appendix mit dem medialen Theile des
Coecum oder im kleinen Becken etc. festgewachsen ist, kann man
indessen den erwähnten Längsschnitt durch den M. rectus anwenden,
der auch den Vortheil mit sich bringt, dass man bei Frauen gleich-
zeitig die rechten Gebärmutteranhänge genau untersuchen kann und
möglicherweise auch die linken. Bei chronischer Appendicitis sind
die rechten Adnexe, wie jetzt allgemein bekannt ist, so oft verändert,
dass eine Untersuchung und eventuelle Behandlung derselben stets
vorgenommen werden muss. Durch Lösung von Adhärenzen, durch
Ignipunktur oder Excision von Cysten etc. können oft Menstruations-
EE ee EN - o
kat
Centralblait für Chirurgie. No. 4. 91
störungen gehoben werden. Wie großen Antheil die Exstirpation
der Appendix und des Mesenteriolum derselben an diesen Resultaten
hat, zu diskutiren, ist hier nicht der Ort.
Der Schnitt durch den M. rectus hat indessen einige Unge-
legenheiten :
1) wird es in manchen Fällen nothwendig, die Vasa epigastrica
inferiora doppelt zu unterbinden;
2) ist es schwer, sehr oft unmöglich, Durchschneidung der
Nerven im M. rectus zu vermeiden, wesshalb man fürchten muss,
dass ein Theil des Muskels median vom Schnitte zur Atrophie
kommt; und
3) liegen die Schnitte in den verschiedenen Lagen der Bauch-
wand gerade vor einander.
Näht man einen solchen Bauchschnitt mit 3 Reihen versenkter
Katgutsuturen (ich benutze in Wärme trocken sterilisirtes Katgut
und lege eine Reihe Suturen für das Peritoneum und die hintere
Rectusscheide, eine für den Muskel und eine für die vordere Rectus-
scheide an), so kann es sich ereignen, dass die Katgutknoten durch
gewaltsames Erbrechen gelöst werden. Die Naht am Peritoneum
und im Muskel kann dann aus einander springen, und eine Darm-
schlinge sich zwischen den Rändern des Muskelschnittes, so wie
zwischen dem Muskel und der Aponeurose hervordrängen und dort
festwachsen. Das geschah bei einer jungen Frau, die ich im De-
cember 1894 operirte, und die danach 3 Tage lang Tag und Nacht
Erbrechen bekam. Es entstand eine »Hernie« ohne Bruchsack und
mit zeitweise wiederkehrenden, recht beschwerlichen Incarcerations-
symptomen. Die Operation wegen des Bruches war ein viel ernsterer
Eingriff, als die erste Operation wegen Appendicitis und Oophoritis
gewesen war.
Mit Hinsicht auf die erwähnten Ungelegenheiten habe ich wäh-
rend der letzten 2'/, Jahre in wohl 40 Fällen eine Schnittführung
angewendet, die ich für empfehlenswerth halte. Sie besteht in
einem Schnitt durch die Rectusscheide mit Verschiebung des M.
rectus nach der Mittellinie.
Der Schnitt in der Haut und in der vorderen Rectusscheide
wird !1/2— Us (höchstens 2) cm medial vom Rande des M. rectus
dexter angelegt je nach der Auffassung, die man von der Lage des
Coecum, der Appendix und der rechten Adnexe hat. In der Wunde
wird so wenig wie möglich getrocknet und getastet, um das lockere,
Gefäße führende Bindegewebe an der Vorderseite der Rectusscheide
nicht unnöthig zu beschädigen. Danach wird der Rand des M. rec-
tus frei gemacht und nach der Mittellinie zu verschoben. Nun sieht
man 1 oder 2 Nerven, von Gefäßen begleitet, schräg über das Ope-
rationsfeld zum Muskel verlaufend. Die Gefäße werden zerschnitten
und mit feinem Katgut unterbunden. Die Nerven können bei allen
leichteren Operationen gelöst und leise gedehnt werden. Sie werden
dann nach oben oder unten an das Ende der Wunde geführt. Dann
Ar
92 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
wird die hintere Rectusscheide und das Peritoneum in sagittaler
Ebene, ziemlich dem Hautschnitt entsprechend, getheilt. Wird das
Peritoneum mit ein paar Suturen nach vorn in den Wundwinkeln
angeheftet, so liegen die gedehnten Nerven während der Operation
gut verwahrt. Bei der Bauchnaht wird das Peritoneum und die
hintere Rectusscheide fortlaufend mit Katgut No. 2 oder 3 genäht;
dabei werden die Nerven wieder in ihre Lage gebracht. Danach
wird der Muskelrand wieder nach außen gezogen und durch
dicht angelegte Knotensuturen aus Katgut No. 3 am Rande seiner
Scheide fixirt. Dann wird mit fortlaufender Naht aus Katgut No. 3
oder 4 die vordere Rectusscheide zusammengenäht, die sich stets in
2 Blätter spaltet, deren Ränder genau an einander gepasst werden
müssen. Die fortlaufende Naht wird oft mit einer Schlinge nach
hinten fixirt. Die Haut wird mit tiefen und oberflächlichen Nähten
aus Silkwormgut genäht, von denen die tiefen auch die Rectusscheide
fassen. Wenn das Fettlager besonders mächtig ist oder mehr als
gewöhnlich kontundirt worden ist, kann man die Hautwunde mit
steriler Gaze tamponiren und sekundär nähen oder an ein paar
Stellen mit steriler Gaze oder Drainröhren (»Schornsteinen«) drai-
niren. Bei leichter Operation dürfte man mit einem (5) 6, höchstens
7 (8) cm langen Bauchschnitt auskommen können, wenn er in der
richtigen Höhe an der Bauchwand angebracht wird. Sobald man so
hoch nach oben kommt, wie bis zur Inscriptio tendinea, die sich
ungefähr in gleicher Höhe mit der transversalen Nabelebene befindet,
wird die Verschiebung des Rectus und die Zusammennähung der
hinteren Scheide desselben ziemlich beschwerlich.
Die Vortheile, die dieser Bauchschnitt durch die Rectus-
scheide mit Verschiebung des Muskels gegen die Mittel-
linie mit sich bringt, sind:
1) eine sehr große Wundfläche;
2) die Möglichkeit, in allen leichten Operationen die zum M.
rectus gehenden Nerven zu schonen;
3) dass zwischen die zusammengenähten Schnitte in der vorde-
ren Aponeurose und im Peritoneum ein kräftiger Muskel zu liegen
kommt, mit fast ungestörter Bluteirkulation, indem die Vasa epi-
gastrica inferiora nicht durchschnitten zu werden brauchen;
4) dass der ganze Bauchschnitt durch reichlich mit Gefäßen
versehene Theile gemacht wird, was hingegen bei dem am häufigsten
angewendeten Schnitt, seitlich vom Rectus am lateralen Rande des-
selben, nicht der Fall ist, wesshalb es sich auch ereignet, dass nach
einem solchen Schnitt die hier befindlichen Aponeurosen absterben
und abgestoßen werden.
I. Mediane Köliotomien.
Während der letzten 3—4 Monate habe ich eine gleiche Schnitt-
führung bei medianen Köliotomien angewendet: Schnitt durch
die rechte oder linke Rectusscheide, 1/—2 cm (oder mehr)
7
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 93
von der Linea alba entfernt, je nachdem es am besten für
die Operation passt, und mit Ablösung und Verschiebung
des medialen Randes des Rectus nach außen. Unter den so
ausgeführten Operationen kann eine angeführt werden, die wegen
einer großen rechtsseitigen Parovarialcyste vorgenommen wurde, wo-
bei ein Gefäße führender isolirter Strang die distalen Theile des
Mesenteriolum der Appendix mit dem Hilus des Ovariums verband,
wesshalb ich auch die Appendix mitnahm (das Präparat ist Herrn
Prof. E. Clason zur Aufbewahrung im anatomischen Museum in
Upsala überlassen worden). Ferner habe ich diesen Schnitt ange-
wendet bei einer Ovariotomie wegen Stieltorsion und Peritonitis bei
einer 68 Jahre alten Virgo mit äußerst dünner Bauchwand; bei einer
Totalexstirpation des Uterus wegen Myomen; bei 2 chronischen Appen-
dieitiden, wo man Herabhängen der Appendix in das kleine Becken
mit weit ausgedehnten Verwachsungen diagnosticiren konnte; so wie
einmal bei Ablösung des Duodenum von der vorderen Bauchwand
wegen Ulcus duodeni mit chronischer Peritonitis, und in verschie-
denen anderen Fällen. Eine entsprechende Schnittführung habe ich
auch am seitlichen Rande des linken M. rectus angewendet in einem
Falle von eingeklemmter gangränöser Hernia praeperitonealis sinistra.
Bei medianen Köliotomien mit dieser Schnittführung näht man
erst das Peritoneum und die hintere Rectusscheide, dann wird der
Rand des M. rectus nach der Mittellinie zurückgezogen und durch
dicht gelegte Knotensuturen genau an der Linea alba fixirt; dann
wird die vordere Rectusscheide sehr genau genäht. Lauter versenkte
Nähte mit resorbirbarem Katgut. In der Haut Silkwormgut. Die
Vortheile dieser Schnittführung sind:
1) eine mehrfach größere Wundfläche, was bei atrophischer
Bauchwandung zu beachten ist;
2) dass der M. rectus vollständig unbeschädigt zwischen den zu-
sammengenähten Schnitten in der Aponeurose und im Peritoneum
liegt;
3) dass die Linea alba mit ihrer Kreuzung von Sehnenfäden un-
berührt ist.
Da keine Bauchnaht diese Kreuzung annähernd wieder her-
stellen kann, so dürften die natürlichen Verhältnisse in der Bauch-
wand und damit deren Stärke und Festigkeit nach dem hier vor-
geschlagenen Schnitt durch die Rectusscheide mit lateraler Ver-
schiebung des Muskels in weit höherem Grade wieder hergestellt
werden, als nach einem Schnitt in der Linea alba. Dieser erstere
Schnitt ist auch besser als der von Fr. Howitz und Anderen vor-
geschlagene Längsschnitt durch den M. rectus, weil er weniger blutig
ist, und vor Allem, weil bei diesem zuletzt genannten Schnitt der
mediale Theil des M. rectus von dem Zusammenhang seiner Nerven
und Gefäße mit dem übrigen Muskel getrennt wird und desshalb
wahrscheinlich atrophirt; ein Umstand, den ich beobachtet zu haben
glaube bei der Untersuchung einer Pat., die ich mehr als 3 Jahre
94 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
vorher mittels dieses Schnittes wegen Sarcoma uteri operirt hatte.
Sie hatte keinen Bauchbruch, aber die Bauchwand war an der
Stelle, die dem abgetrennten medialen Theil des M. rectus entsprach,
schwach. Findet sich eine größere Diastase zwischen den M. recti,
der man gleichzeitig durch die Operation abhelfen will, so ist es am
besten, in der Mittellinie zu schneiden und dann beide Rectusscheiden
zu öffnen und beide M. recti zusammenzunähen (3 oder 4 Reihen
versenkter Katgutnähte und Silkwormgut in der Haut), eine Methode,
die ich seit mehr als 3 Jahren anwende, und die, so weit ich ge-
sehen habe, gute Resultate giebt.
1) Teichmann. Die Prognose der Ohrenkrankheiten in ihrer
Bedeutung für die ärztliche Sachverständigenthätigkeit.
(Arstliche Sachverständigen-Zeitung 1897. No. 22.)
Verf. schildert in knappen, klaren Ausführungen die Prognose
von Erkrankungen und Verletzungen des Gehörorgans, wobei er in
anerkennenswerther Weise auf ein vorsichtiges Urtheil in der Schätzung
späterer Folgen hinweist. Bähr (Hannover).
2) E. Winkler (Bremen). Zur Nachbehandlung der Mittel-
ohrräume nach ihrer Eröffnung.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 48.)
W. empfiehlt bei der Nachbehandlung nach Freilegung der
Mittelohrräume und Herstellung einer glattwandigen Knochenhöhle,
sich nach der Art der Erkrankung selbst zu richten, bei Cholesteatom,
Tuberkulose und bösartigen Neubildungen die Höhle und retro-auriku-
läre Öffnung zunächst offen zu halten und erst später, wenn kein Re-
cidiv erfolgte, den Schluss durch Plastik vorzunehmen, bei chronischer
Mittelohreiterung dagegen diese letztere, sofern die Weichtheile am
Warzenfortsatz gesund sind, sofort nach der Ausräumung des Mittel-
ohrs und Antrums auszuführen. Hierzu hält W. die Körner’sche
Lappenbildung nicht immer für geeignet, während sich ihm die
Passow’sche Methode — Verwendung des hinteren und unteren
Abschnitts des Gehörgangsschlauches zur Deckung der oberen Wand
der Knochenhöhle; Deckung der unteren und hinteren Wand der
letzteren durch einen Hautlappen vom Halse — ev. unter Zuhilfe-
nahme Thiersch’scher Transplantationen etc. — in den meisten
Fällen bewährte. Kramer (Glogau).
3) Y. Arslan. Chirurgie des Warzenfortsatzes bei chroni-
scher Eiterung der Paukenhöhle und Caries des Felsenbeins
— endokranielle Komplikationen.
(Policlinico 1897. Juni 1.)
Nach einem Bericht über 10 einschlägige Fälle eigener Be-
obachtung und Besprechung der einzelnen Krankheitssymptome
kommt Verf. zu folgenden Schlüssen :
t
Centralblatt fär Chirurgie. No. 4. 95
1) In Fällen, wo reichliche andauernde Otorrhoe, Abflachung
deg Gehörgangs, Caries der Gehörknöchelchen oder des Atticus be-
steht, und wo der Eiter von grünlicher, übelriechender Beschaffen-
heit ist, kann man mit Sicherheit auf eine Betheiligung des Warzen-
theils schließen; in diesem Falle ist die Radikaloperation indieirt,
doch kann man vorher noch die anderweitigen, auch operativen
Mittel vom Gehörgang aus versuchsweise in Anwendung bringen.
2) Wenn zu den genannten Symptomen noch der Schmerz von
einer gewissen Dauer, Fieber, allgemeine Blässe etc. hinzukommen,
8o muss man an eine Eiterverhaltung in den Zellen des Warzentheils
oder auch an die Betheiligung der Sinus denken; letzteres besonders
dann, wenn Schüttelfröste oder Anschwellung entlang der Jugularis
auftreten.
3) Wenn außerdem noch psychische Veränderungen, sehr starkes
lokalisirtes Kopfweb, Neuritis optica u. dgl. hinzukommen, so ist die
Diagnose intrakranieller Komplikationen sicher. — In den beiden
letzten Kategorien von Fällen (2 und 3) ist ein operativer Eingriff
dringend indicirt.
Den Schluss der Arbeit bilden anatomische Untersuchungen.
Aus denselben geht hervor, dass die topographischen Verhältnisse
dieser Gegend sehr variabel sind, indem z. B. der Sinus mehr oder
weniger weit nach vorn gerückt sein kann; auch das Antrum zeigt
große Verschiedenheiten in Bezug auf seine Dimensionen. Zur
Aufsuchung des Antrums dient ein Vierseit, dessen hintere Be-
grenzungslinie jedoch nicht weiter als 8 mm von der hinteren Wand
des Gehörgangs entfernt sein darf. H. Bartsch (Heidelberg).
4) A. Broca. Les complications intracraniennes des otites.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 651.)
Unter Mittheilung einer Anzahl zum Theil recht interessanter
Fälle, die genauer hier nicht wiedergegeben werden können, bespricht
B. die chirurgische Behandlung intrakranieller Komplikationen eitriger
Otitis, des extraduralen Abscesses, der Sinusthrombose, der Hirn-
abscesse. Als obersten Satz stellt er auf: Das Auftreten von Hirn-
symptomen bei einem mit eitrigem Mittelohrkatarrh behafteten Indi-
viduum verlangt in erster Linie die Trepanation des Warzenfortsatzes
und der Paukenhöhle. Das weitere Vorgehen macht er erst von dem
Befunde bei dieser Operation abhängig. Er hält es für unrichtig, in
jedem Falle sogleich auch die Schädelhöhle zu eröffnen, sondern
thut dies nur, wenn die Knochenwand der weit eröffneten Höhle
noch krank erscheint oder gar von einer Fistel durchbrochen ist,
nicht aber wenn er auf harten, gesunden Knochen trifft. In allen
seinen Fällen, in denen extradurale Eiterung bestand, wurde er beim
Ausschaben des cariösen Knochens darauf hingeleitet; wo dies nicht
der Fall war, fand er auch bei ev. späterer Autopsie keinen extra-
duralen Abscess. — Eine als nothwendig erkannte Eröffnung der
94 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
vorher mittels dieses Schnittes wegen Sarcoma uteri operirt hatte.
Sie hatte keinen Bauchbruch, aber die Bauchwand war an der
Stelle, die dem abgetrennten medialen Theil des M. rectus entsprach,
schwach. Findet sich eine größere Diastase zwischen den M. recti,
der man gleichzeitig durch die Operation abhelfen will, so ist es am
besten, in der Mittellinie zu schneiden und dann beide Rectusscheiden
zu öffnen und beide M. recti zusammenzunähen (3 oder 4 Reihen
versenkter Katgutnähte und Silkwormgut in der Haut), eine Methode,
die ich seit mehr als 3 Jahren anwende, und die, so weit ich ge-
sehen habe, gute Resultate giebt.
1) Teichmann. Die Prognose der Ohrenkrankheiten in ihrer
Bedeutung für die ärztliche Sachverständigenthätigkeit.
(Arstliche Sachverständigen-Zeitung 1897. No. 22.)
Verf. schildert in knappen, klaren Ausführungen die Prognose
von Erkrankungen und Verletzungen des Gehörorgans, wobei er in
anerkennenswerther Weise auf ein vorsichtiges Urtheil in der Schätzung
späterer Folgen hinweist. Bähr (Hannover).
2) E. Winkler (Bremen). Zur Nachbehandlung der Mittel-
ohrräume nach ihrer Eröffnung.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 48.)
W. empfiehlt bei der Nachbehandlung nach Freilegung der
Mittelohrräume und Herstellung einer glattwandigen Knochenhöhle,
sich nach der Art der Erkrankung selbst zu richten, bei Cholesteatom,
Tuberkulose und bösartigen Neubildungen die Höhle und retro-auriku-
läre Öffnung zunächst offen zu halten und erst später, wenn kein Re-
cidiv erfolgte, den Schluss durch Plastik vorzunehmen, bei chronischer
Mittelohreiterung dagegen diese letztere, sofern die Weichtheile am
Warzenfortsatz gesund sind, sofort nach der Ausräumung des Mittel-
ohrs und Antrums auszuführen. Hierzu hält W. die Körner’sche
Lappenbildung nicht immer für geeignet, während sich ihm die
Passow’sche Methode — Verwendung des hinteren und unteren
Abschnitts des Gehörgangsschlauches zur Deckung der oberen Wand
der Knochenhöhle; Deckung der unteren und hinteren Wand der
letzteren durch einen Hautlappen vom Halse — ev. unter Zuhilfe-
nahme Thiersch’scher Transplantationen etc. — in den meisten
Fällen bewährte. Kramer (Glogau).
3) Y. Arslan. Chirurgie des Warzenfortsatzes bei chroni-
scher Eiterung der Paukenhöhle und Caries des Felsenbeins
— endokranielle Komplikationen.
‘Policlinico 1897. Juni 1.)
Nach einem Bericht über 10 einschlägige Fälle eigener Be-
obachtung und Besprechung der einzelnen Krankheitssymptome
kommt Verf. zu folgenden Schlüssen `
Centralblatt fär Chirurgie. No. 4. 95
1) In Fällen, wo reichliche andauernde Otorrhoe, Abflachung
‚des Gehörgangs, Caries der Gehörknöchelchen oder des Atticus be-
steht, und wo der Eiter von grünlicher, übelriechender Beschaffen-
heit ist, kann man mit Sicherheit auf eine Betheiligung des Warzen-
theils schließen; in diesem Falle ist die Radikaloperation indicirt,
doch kann man vorher noch die anderweitigen, auch operativen
Mittel vom Gehörgang aus versuchsweise in Anwendung bringen.
2) Wenn zu den genannten Symptomen noch der Schmerz von
einer gewissen Dauer, Fieber, allgemeine Blässe etc. hinzukommen,
so muss man an eine Eiterverhaltung in den Zellen des Warzentheils
oder auch an die Betheiligung der Sinus denken; letzteres besonders
dann, wenn Schüttelfröste oder Anschwellung entlang der Jugularis
auftreten.
3) Wenn außerdem noch psychische Veränderungen, sehr starkes
lokalisirtes Kopfweh, Neuritis optica u. dgl. hinzukommen, so ist die
Diagnose intrakranieller Komplikationen sicher. — In den beiden
letzten Kategorien von Fällen (2 und 3) ist ein operativer Eingriff
dringend indicirt.
Den Schluss der Arbeit bilden anatomische Untersuchungen.
Aus denselben geht hervor, dass die topographischen Verhältnisse
dieser Gegend sehr variabel sind, indem z. B. der Sinus mehr oder
weniger weit nach vorn gerückt sein kann; auch das Antrum zeigt
große Verschiedenheiten in Bezug auf seine Dimensionen. Zur
Aufsuchung des Antrums dient ein Vierseit, dessen hintere Be-
grenzungslinie jedoch nicht weiter als 8 mm von der hinteren Wand
des Gehörgangs entfernt sein darf. H. Bartsch (Heidelberg).
4) A. Broca. Les complications intracraniennes des otites.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 651.)
Unter Mittheilung einer Anzahl zum Theil recht interessanter
Fälle, die genauer hier nicht wiedergegeben werden können, bespricht
B. die chirurgische Behandlung intrakranieller Komplikationen eitriger
Otitis, des extraduralen Abscesses, der Sinusthrombose, der Hirn-
abscesse. Als obersten Satz stellt er auf: Das Auftreten von Hirn-
symptomen bei einem mit eitrigem Mittelohrkatarrh behafteten Indi-
viduum verlangt in erster Linie die Trepanation des Warzenfortsatzes
und der Paukenhöhle. Das weitere Vorgehen macht er erst von dem
Befunde bei dieser Operation abhängig. Er hält es für unrichtig, in
jedem Falle sogleich auch die Schädelhöhle zu eröffnen, sondern
thut dies nur, wenn die Knochenwand der weit eröffneten Höhle
noch krank erscheint oder gar von einer Fistel durchbrochen ist,
nicht aber wenn er auf harten, gesunden Knochen trifft. In allen
seinen Fällen, in denen extradurale Eiterung bestand, wurde er beim
Ausschaben des cariösen Knochens darauf hingeleitet; wo dies nicht
der Fall war, fand er auch bei ev. späterer Autopsie keinen extra-
duralen Abscess. — Eine als nothwendig erkannte Eröffnung der
96 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
Schädelhöhle nimmt B. nun stets von der ersten Trepanationswunde
aus vor, nicht nur bei extraduralen Abscessen und Sinusthrombose,
sondern auch bei Verdacht auf einen Abscess des Temporallappens
oder des Kleinhirns: einmal sitzen diese Abscesse gewöhnlich ober-
flächlich in der Hirnrinde, sodann ist die Diagnose des Abscesses
an sich, wie seines Sitzes oft recht unsicher; von der erwähnten
Trepanationswunde aus kann man aber relativ leicht an beide Stellen
herankommen. Bei Thrombose des Sinus lateralis hält B. die Ligatur
der Vena jugularis für vortheilhaft, wenn sie auch eine Pyämie in
Folge Verschleppung eitriger Thromben nicht immer verhindern kann;
ist die Diagnose sicher, so beginnt er die Operation mit dieser Unter-
bindung. Reichel (Breslau).
5) Bullinger. Über die Resultate der Exstirpation retro-
bulbärer Tumoren nach Krönlein’s Methode.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
Die Zusammenstellung von 13 meist der ophthalmologischen
Litteratur entnommenen Fällen, so wie eine eigene Beobachtung aus
der Straßburger Klinik führt B. zu einer warmen Empfehlung der von
Krönlein in Band IV der Beiträge zur klin. Chirurgie beschriebenen
temporären Resektion der äußeren Orbitalwand zum Zweck der Frei-
legung des retrobulbären Raumes. Insbesondere wurde in allen
Fällen, wo dies überhaupt möglich war, die Lebens- und Sehfähig-
keit des Auges gerettet. Außer für Geschwülste empfiehlt B. die
Krönlein’sche Operation im Anschluss an Braunschweig auch
für die Behandlung der Orbitalphlegmonen. Hofmeister (Tübingen).
6) J. Wright. Papilläre ödematöse Nasenpolypen und ihre
Beziehungen zu Adenomen und Adenocarcinomen.
(Archiv für Larymgologie Bd. VII. Hft. 1.)
Histologische Untersuchungen papillärer ödematöser Nasenpolypen
haben Verf. zu der Annahme geführt, dass durch Wucherung des
Oberflächen- und Drüsenepithels aus gewöhnlichen »Schleimpolypen«
das Ödem ausgepresst werden und eine solide Geschwulst vom Cha-
rakter des Adenoms oder Adenocarcinoms entstehen könne. Er fand
zwischen den gewucherten Epithelzellen zahlreiche Mastzellen mit
häufigen Mitosen und erinnert an die Ähnlichkeit der durch Epithel-
proliferation entstandenen echten Papillome (Virchow) mit gewissen
chronischen Entzündungen, z. B. der Pachydermia verrucosa des Kehl-
kopfs. Eben so sollen nach seiner Ansicht aus den Schleimpolypen
der Nase, die er für Produkte einer chronischen Entzündung hält,
unter gewissen Umständen Geschwülste entstehen, welche, zunächst
gutartig, doch den Keim einer bösartigen Entwicklung in sich
tragen. Teichmann (Berlin .
H
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 97
7) @. Gradenigo. Über die Behandlung der Ozaena.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 10.)
Nachdem Verf. sich hat überzeugen müssen, dass die Behandlung
der Ozaena mit Serum antidiphthericum keine Dauerresultate giebt,
empfiehlt er nunmehr intramuskuläre Jodinjektionen, wie sie sich
ihm schon vorher bei gewissen Mittelohraffektionen als wirksam er-
wiesen haben. Er spritzt alle 2—3 Tage 1—3 cg Jod ein, was ziemlich
schmerzhaft sein soll; danach beobachtet er Abnahme und Verflüssi-
gung der Sekretion, Verminderung und zuweilen völliges Verschwin-
den des Geruches. Es bleibt abzuwarten, ob nicht auch diese
Behandlungsmethode, wie alle bisher gegen Ozaena empfohlenen, nur
so lange wirksam ist, wie die Nasenschleimhaut sich durch die Be-
handlung selbst im akuten Reizzustande befindet.
Teichmann (Berlin).
8) E. Winckler. Zur Chirurgie der oberen Nasenneben-
höhlen.
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 1.)
Die Operationsmethode, welche Verf. bei einseitiger Erkrankung
des Siebbeins und der Stirnhöhle empfiehlt, stellt sich als Kombi-
nation der Killian’schen temporären Resektion des Nasenbeins mit
der alten Roser’schen Methode zur Entfernung hochsitzender Nasen-
polypen dar. Der Gang der Operation ist nach der Beschreibung
Wa folgender: Von der oberen Grenze der Stirnhöhle werden in
der Mittellinie mit einem Schnitt die Weichtheile bis zur Nasenspitze
gespalten. Das Periost wird dann nur so weit zurückgeschoben, dass
die Naht zwischen Stirn- und Nasenbein erkennbar ist. Diese wird
gelöst, und subperiostal die Verbindung des Proc. nasalis ossis maxil-
laris mit dem Stirnbein durchgemeißelt. Bei jungen Individuen ge-
lingt es jetzt, die laterale Nasenwand einzuknicken und so nach der
Seite umzulegen, dass der obere Nasenraum mit reflektirtem Licht
gut zu übersehen ist. Bei älteren Personen muss erst der Oberkiefer-
fortsatz intranasal mit einer Stichsäge eingekerbt werden. Man hat
nun die mittlere Muschel und, wenn man diese medianwärts luxirt,
das Siebbein vor sich. Hat man sich über die hier vorliegende Er-
krankung orientirt, so empfiehlt es sich zunächst, um nicht durch
Blutung gestört zu werden, eine Sonde in den Sinus frontalis ein-
zuführen und seine Größe, besonders seine Ausdehnung nach der
Mittellinie festzustellen. Bei kleineren Hohlräumen nimmt man dann
nahe der Mittellinie ein Stück der vorderen Wand subperiostal fort,
genügend groß zur Kontrolle des Sinus. Bei großem Sinus kann
man mit der Kreissäge von hier aus einen Knochenlappen mit der
Basis nach oben und außen bilden, wozu unter Umständen noch ein
Querschnitt im Augenbrauenbogen angelegt werden muss. Nach Er-
öffnung des Sinus in der einen oder anderen Weise hat man den
Theil des Stirnhöhlenbodens, in welchem das Ostium liegt, unmittel-
4t*
98 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
bar vor sich. Darauf wird der dicke Theil von der Spina nasalis
des Stirnbeins mit der Knochenzange abgekniffen oder abgemeißelt;
dann geht man nach außen und nimmt den ganzen nasalen Abschnitt
der unteren Wand fort. Man erzielt dadurch Gänge, welche min-
destens Kleinfingerumfang haben. Nun hat man das Siebbein über-
sichtlich vor sich: unter künstlicher Beleuchtung kann man es bis
an die laterale Wand und die Lamina cribrosa ausräumen und nach
Entfernung der mittleren Muschel auch an die hintersten Zellen,
so wie an die vordere Wand der Keilbeinhöhle gelangen. Die ziemlich
starke Blutung steht auf Tamponade Hat man Zweifel, ob alles
Erkrankte entfernt ist, so lässt man zunächst Alles offen, um erst
nach 3—4 Tagen sekundär die laterale Nasenwand zu reponiren und
zu nähen. Die Stirnhöhle wird aber offen gehalten, bis die Sekretion
annähernd normal geworden ist. Das kosmetische Resultat ist günstig,
man hat nur in der Mitte der Nase und Stirn eine lineare Narbe,
vorausgesetzt, dass die Öffnung in der vorderen Stirnhöhlenwand nicht
zu groß angelegt war.
Bei Erkrankung der beiderseitigen oberen Nebenhöhlen, die einen
extranasalen Eingriff erfordert, empfiehlt Verf. die Freilegung nach
Gussenbauer durch Heraufklappen der Nase. Sie giebt ein bes-
seres kosmetisches Resultat, als die alte Ollier’sche Methode durch
Herunterklappen des knöchernen Nasengerüstes.
Teichmann (Berlin).
9) A. Kunert. Über die Differentialdiagnose zwischen Cysten
und Antrumempyem.
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 1.)
In Bezug auf die Differentialdiagnose zwischen Zahncysten und
Empyem der Kieferhöhle hält Verf. den bloßen Nachweis, dass in
der Gegend der Kieferhöhle Eiter vorhanden sei, sei er durch Aus-
fluss aus der Nase oder durch Probeausspülung erbracht, nicht für
genügend zur Diagnose des Kieferhöhlenempyems, da bei einer nach
dem Antrum zu entwickelten Cyste mit eitrigem Inhalt und even-
tueller Spontanperforation nach dem Antrum oder der Nase zu die-
selben Erscheinungen auftreten können. Dagegen lässt das Austreiben
von Eiter durch eine Fistel mittels des Luftstromes vom Ostium
maxillare her, so wie das Eindringen einer Sonde durch eine Fistel
einige Centimeter nach der Gegend der Kieferhöhle zu mit ziemlicher
Sicherheit, Aufblähung der Knochenwände mit Erhaltung der Kon-
turen aber und dadurch bedingte scheinbare Weichtheilschwellung
mit voller Sicherheit auf eine Cyste schließen. In zweifelhaften
Fällen soll die mikroskopische Untersuchung, so wie das Verhalten
des eitrigen Sekrets, das bei Cysten mehr krümelig-eitrig durch 1-
oder 2malige Ausspülung bei breiter Eröffnung endgültig beseitigt
wird, bei Empyem mehr zähschleimig-eitrig ist und einer oft sehr
langwierigen Behandlung bedarf, endgültigen Aufschluss geben. Die
mikroskopische Untersuchung soll sich auf die excidirte Cystenwand
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 99
erstrecken; das setzt voraus, dass die Diagnose »Cyste« bereits ge-
stellt sei; bei Eröffnung von Antrumempyemen gewinnt man nur in
den Fällen von Polypenbildung überhaupt ein Objekt für die mikro-
skopische Untersuchung. Auch die wiederholt beschriebenen Fälle
von »Hydrops antri Highmori« mit Entleerung eines mehr oder
weniger wässrigen Inhalts hält Verf. für Cysten, und darin mag er
wohl Recht haben. Teichmann (Berlin).
10) J. Mikulioz and W. Kümmel (Breslau). Diseases of the
mouth.
(Twentieth century practice of med. Vol. VIII.)
11) Dieselben. Local diseases of the mouth.
(Ibid. Vol. IX.)
Für die ausgezeichnete amerikanische Sammlung medicinischer
Abhandlungen, welche schon manche treffliche Arbeit deutscher
Autoren gebracht hat — so v. Noorden’s Diabetes —, haben M. und
K. die Darstellung der Erkrankungen der Mundhöhle beigetragen.
Diese Schriften sind für die Bedürfnisse des praktischen Arztes be-
stimmt, und damit ist ihnen von vorn herein zwar die Beschränkung
auf wohlbegründete Thatsachen auferlegt, aber Übersichtlichkeit und
Freibleiben von kasuistischer Detaillirung gesichert.
Die vorliegende Abhandlung zerfällt (auch äußerlich) in zwei
Theile. Der erste umfasst die Krankheiten der Mundschleimhaut als
solcher und als Lokalisationen allgemeiner Erkrankungen, der zweite
die specielle Pathologie der Organe der Mundhöhle.
Eine kurze anatomische Übersicht eröffnet die Arbeit. In ge-
drängter Darstellung folgen die Störungen der Aussprache (Nasal-,
Gutturalsprache), der Nahrungseinfuhr, der Speichelsekretion als All-
gemeinsymptome dieser Krankheit überhaupt. Die Pathologie der
Mundschleimhaut beginnt mit den lokalen Erscheinungen bei Ver-
giftungen durch Alkaloide und metallische Gifte. Herpes, Petechien
bei den akuten Infektionskrankheiten, bei den verschiedenen Formen
der hämorrhagischen Diathese, die Erscheinungen der Maul- und
Klauenseuche werden geschildert. Ihnen schließen sich die Traumen,
die Verätzungen rein thermischen und chemischen Ursprungs an.
Ausführlicher folgen die entzündlichen Affektionen, die einfachen und
ulcerösen Stomatitiden, die Aphthen in ihren verschiedenen Formen
(chronisch recidivirende, Bednar’sche A.). Erysipel, Noma und go-
norrhoische Stomatitis, die letzteren besonders eingehend besprochen,
schließen dieses Kapitel. In Bezug auf die Ätiologie der Noma ist
bemerkenswerth, dass die Verf. die Schimmelbusch’schen Befunde
zwar erwähnen, ihnen aber eben so wie der >neuritischen« Theorie
Woronichin’s nicht absolute Gültigkeit zumessen.
Ein breiterer Raum ist den Manifestationen der Syphilis ge-
widmet. Es werden:dis; Pr ;märäffekte, ` direkt und-indirekt übertragen,
beschrieben. Die Exstirpation Tehnen M. und K. ab. Die sekun-
100 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
dären und besonders die tertiären Formen finden nach der Lokali-
sation genaue Besprechung, zumeist gemäß den Fournier’schen
Ansichten. Eben so eingehend sind die selteneren tuberkulösen Af-
fektionen geschildert: Lupus der Mundschleimhaut, Ulcera des weichen
Gaumens, der Zunge, multiple Destruktionen bei vorgeschrittener
Phthise, welch letztere freilich den Chirurgen seltener vor Augen
kommen, aber um so mehr dem Internisten, im Hospital wie in der
Praxis. M. empfiehlt die gründliche Entfernung alles Krankhaften
mit dem scharfen Löffel oder dem Thermokauter in allen Fällen,
welche durch den Allgemeinzustand noch Aussicht auf einigermaßen
dauernde Linderung der peinlichen Beschwerden beim Schlingen und
Sprechen bieten. Lepra, Rhinosklerom (die Verff. bezeichnen es als
»Sclerodermia«), Aktinomykosis, Soor, thierische Parasiten werden
sodann abgehandelt und die Lokalerscheinungen bei einigen subakuten
und chronischen Dermatosen (Erythema bullosum, multiforme, Pem-
phigus, Lichen ruber). Leukoplakia und die interessanten Lähmungen
und Neurosen (Neuralgien, Geschmacksstörungen, Glossodynie) be-
schließen diese Abtheilung.
Der zweite Theil beginnt mit den Entzündungsprocessen der
Zunge, den oberflächlichen Glossitiden (Gl. simplex, geographica,
papulosa, exfoliativa), der haarigen Zunge, den Zungenabscessen und
traumatischen Geschwüren der Zunge, erwähnt einige Erkrankungen
des Mundhöhlenbodens, die Eiterungen und Konkrementbildungen
in den sublingualen Speichelgängen, die Angina Ludovici, ferner die
Gingivitis ulcerosa, eben so die Entzündungen der Lippen, bezw. der
Schleimdrüsen derselben (Cheilitis) — und wendet sich dann zu den
Geschwülsten, welche den weitaus größten Abschnitt bilden.
Den selteneren gutartigen Geschwülsten der weichen Mund-
gebilde reihen sich die anatomisch gutartigen, die Gefäßgeschwülste,
an, von welchen das Angioma cavernosum, das Lymphangiom, die
Makroglossie und Makrochilie ausführlicher behandelt sind. Eben so
die wichtigen cystischen Geschwülste, deren anatomischer Bau und
Genese besonders betont ist.
Die Beschreibung der bösartigen Neubildungen der Weichtheile,
der Sarkome der Zunge und Lippen, der Carcinome dieser Organe
ist besonders eingehend. Die Verff. acceptiren hier im Allgemeinen
die bekannten Wölfler’schen Ansichten. Die Kiefergeschwülste bil-
den das letzte Kapitel.
Dieser reichhaltige Stoff ist übersichtlich gegliedert, die Dar-
stellung bei aller Kürze klar und vollständig.
Eine größere Anzahl scharfer Illustrationen, zum Theil aus dem
M.’schen Atlas, stellen die Typen gut dar.
Es ist zu erwarten, dass die wohl in Bälde erscheinende deutsche
Ausgabe des Werkchens nicht bloß beim Praktiker, sondern auch bei
: yersitk en und ‚Schülern in RN und Repetitionskursen in
N ielfge a Geh uch‘ steber wird. ' i 2 22. “Sternberg (Wien).
ES DT
BR S
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 101
12) Hartmann. Die Operation adenoider Wucherungen
unter direkter Besichtigung mit gerader Zange.
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 41.)
H. bedient sich zur Entfernung der adenoiden Wucherungen
einer geraden Zange bei direkter Besichtigung unter Anwendung des
Gaumenhakens. Die Zange wird erst rechts, dann links angelegt,
und H. rühmt ihr eine ausgiebigere Entfernung des Kranken so-
wohl, wie auch den Vortheil nach, dass die abgeschnittenen Stücke
nicht in den Hals hinunterfallen, sondern mit der Zange heraus-
genommen werden. Die Schmerzhaftigkeit ist nicht größer, die
Blutung im Allgemeinen etwas geringer als bei Anwendung des
Gottstein’schen Messers. BR. Wagner (Mülheim a. d. Bi
13) H. Beckmann. Zur Pathologie und Therapie der Rachen-
mandel.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 9.)
Mittheilung der Erfahrungen und Anschauungen, welche Verf.
an mehr als 5000 operirten Fällen gewonnen hat. Bezeichnend für
die erweiterte Indikationsstellung B.’s zur Operation ist der Umstand,
dass diese Zahl ca. 50% seiner gesammten poliklinischen Klientel
darstellt, während der Procentsatz der wegen Rachenmandel Operirten
bei anderen Operateuren zwischen 1% (Gruber) und 7,4% (Wilh.
Meyer) schwankt. Auf die theoretischen Ausführungen B.’s über
die Rolle der Rachenmandel im Organismus kann hier eben so wenig
eingegangen werden, wie auf die technischen Besonderheiten seiner
Operationsweise. Wenn man aber seine Bemerkungen liest über die
Beziehungen der Rachenmandel nicht bloß zum gewöhnlichen infek-
tiösen Schnupfen, sondern auch zur Koryza syphilitischer Neugeborener,
ferner zur Rachitis und zum Laryngospasmus der |Säuglinge, zur
Skrofulose der älteren Kinder, zur Ozaena und zu den chronischen
Rachen- und Kehlkopfkatarrhen der Erwachsenen, so kommt man
doch zu der Frage, ob nicht Verf. zu einer gewissen Überschätzung
der pathologischen und klinischen Bedeutung der Rachenmandel ge-
langt sei. Übertreibende Ansichten über die Nothwendigkeit und die
günstigen Folgen einer Operation können aber durch Herausforderung
des Widerspruchs der Verbreitung der Operation nur hinderlich sein,
und es wäre sehr bedauerlich, wenn B.’s auch an anderen Stellen
ausgesprochene Anschauungen diesen gewiss nicht beabsichtigten Er-
folg hätten. Teichmann (Berlin).
14) J. L. Goodale. Über die Absorption von Fremdkörpern
durch die Gaumentonsillen des Menschen mit Bezug auf die
Entstehung von infektiösen Processen.
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 1.)
Der Arbeit liegt folgender in 12 Fällen ausgeführter Versuch zu
Grunde: In die Krypten menschlicher Tonsillen, welche. wegen
102 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
Hypertrophie entfernt werden sollten, wurde eine wässrige Karmin-
aufschwemmung hineingebracht. Nach verschieden langer Zeit, 2mal
sofort, sonst zwischen 20 Minuten und 10 Tagen, wurden die Ton-
sillen excidirt und die Krypten an Serienschniiten mikroskopisch
untersucht, zunächst auf die Resorption von Karminkörnern, außer-
dem aber auf Bakterien. Außerdem wurden 4 Fälle von akuter
lakunärer Tonsillitis auf den Bakteriengehalt des Mandelgewebes
untersucht. Die Versuche ergaben, dass normalerweise eine Auf-
saugung von Fremdkörpern in den Tonsillen durch die Schleimhaut
der Lakunen stattfindet. Der Weg der aufgenommenen Körperchen
führt durch die interfollikulären Lymphräume in der Richtung der
größeren Bindegewebszügee Während des Aufsaugungsvorganges
unterliegen die Fremdkörper der phagocytischen Thätigkeit der viel-
kernigen Neutrophilen, die in und neben der Schleimhaut liegen.
Bakterien sind normalerweise in den Lakunen vorhanden, aber für
gewöhnlich im Tonsillargewebe nicht nachweisbar. Dem Verf. er-
scheint die Annahme möglich, dass die Bakterien ihren Weg beständig
in die Tonsillargewebe nehmen, aber im Augenblick des Eintritts
auf ungünstige Lebensbedingungen stoßen und bald zu Grunde gehen.
Er vermuthet, dass die Entzündung des Mandelgewebes auf der Auf-
saugung reizender Toxine aus den Bakterienkolonien der Lakunen
beruht, und sieht in seinen Versuchen den Beweis für die Möglich-
keit einer Infektion der Tonsillen unmittelbar durch die Mund-
flüssigkeit. Teichmann (Berlin).
15) H. Koerner (Halle). Über die Beziehungen der Er-
krankungen der Zähne zu den chronischen Schwellungen
der regionären Lymphdrüsen.
Berlin, Guttentag, 1897.
Verf. hat sich der dankenswerthen Aufgabe unterzogen, theils
auf dem Wege des Thierexperiments, theils an der Hand eines
großen klinischen Materials (ca. 4000 Fälle) Untersuchungen über
die Resorptionsfähigkeit der Zahnpulpa und über die Beziehungen
der Zahnkrankheiten zu den hyperplastischen Lymphomen am Halse
anzustellen. Auf Grund von Injektionsversuchen an den Pulpen
von Thierzähnen gelangt K. zu der Überzeugung, dass in der leben-
den Zahnpulpa präformirte Lymphräume, Lymphkapillaren oder
Lymphgefäße nicht vorhanden sind. Dennoch findet seitens der
Pulpa eine Resorption statt, die sich sogar auf feste Stoffe (Farb-
stoffe) erstreckt. Diese Resorption erfolgt nicht in vorgebildeten
Lymphbahnen, sondern wird durch den intercellulären Flüssigkeits-
strom vermittelt. So erklärt sich die Thatsache, dass Lymphdrüsen-
schwellungen nicht nur veranlasst werden durch todte Zähne mit
offener Pulpahöhle und Wurzelkanälen, sondern auch durch Zähne,
deren Pulpa noch lebt, aber freiliegt, so dass sie den Schädlichkeiten
der Mundhöhle ausgesetzt ist. Unter 3161 Kindern mit Schwellungen
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 103
der Submaxillardrüsen fanden sich 2334, also 73,8%, mit erkrankten
Zähnen. Boennecken (Prag).
16) Trapp. Zur Kenntnis der Wirbelbrüche. Eine Studie
über die klinische Diagnose des Sitzes einer Wirbelfraktur
aus den nervösen Ausfallserscheinungen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 434.)
Um die Diagnose des Ortes eines Wirbelbruches zu stellen, ge-
nügt, falls es sich um eine gleichzeitige schwere Verletzung des
Rückenmarkes handelt, eine genaue Würdigung der bestehenden Aus-
fallserscheinungen im Bereich der spinalen Nerven, da bekanntlich
jedem Wirbel ein bestimmtes Spinalnervenpaar bezw. ein bestimmter
Markabschnitt entspricht. Die Ermöglichung solcher Diagnosen ohne
direkte Untersuchung der verletzten Skelettstelle hat aber besonderen
Werth, da man bei ihr das Aufrichten, Drehen und sonstiges Be-
wegen des Pat., das weitere Dislokationen der Bruchstücke und ver-
mehrte Markschädigungen zur Folge haben kann, vermeidet. T. hat
auf Anregung seines Chefs Prof. Helferich und dem Beispiel einer
Arbeit von Dennis folgend nun zur Erleichterung der fraglichen
Diagnosen symptomatische Übersichtstafeln der Wirbelsäule zusammen-
gestellt, auf welchen auf einen Blick ersichtlich ist, welche Nerven-
wurzeln jedem einzelnen Wirbel entsprechen, und welche Ausfall-
erscheinungen an Motilität, Sensibilität, Reflexen etc. auf eine in
entsprechender Höhe erfolgte quere Markverletzung entfallen. Zur
Konstruktion der Tafel sind nur solche Fälle gewählt, die zur Sektion
gekommen sind, und deren klinischer Befund einige Tage nach der
Verletzung notirt ist, wo also die Erschütterungserscheinungen ge-
schwunden, sekundäre Degeneration aber noch nicht vorhanden waren.
Der gelieferten Tafel ist nachzurühmen, dass sie in der That sehr
kompendiös und gut übersichtlich ist und für die Praxis einen aus-
kömmlichen Anhalt zur wenigstens vorläufigen Diagnose jedenfalls
leicht gewähren kann. Einige nähere klinisch-symptomatologische,
so wie anatomisch-physiologische Bemerkungen im Text der Arbeit
dienen zur Vervollständigung der Daten in der Tabelle; außerdem
publieirt Verf. kurz 13 Krankengeschichten aus der Greifswalder
Klinik, über die hier hinweggegangen werden kann.
Der Werth der T.’schen Arbeit kann sich mit dem neuen meister-
haften Werke Kocher’s über Wirbel- und Markverletzungen freilich
nicht messen, doch hält Ref. die hier gelieferte Übersichtstafel für
so zweckmäßig, dass sie auch neben Kocher zum praktischen Ge-
brauch zu empfehlen ist. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
17) T. Jonnescu und N. Melun (Bukarest). Die Reduktion
des Pott’schen Buckels.
(Revista de chir. 1897. No. 5.)
Die Autoren führten bei dem Verfahren in der schnellen Re-
duktion des Pott’schen Buckels, so sehr gerühmt von Chipault und
104 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
verbreitet von Calot, folgende Veränderungen ein: Bei der Exten-
sion Ersatz der Hände durch Streckapparat, der oben am Kinn und
Hinterhaupt, unten am Becken angreift. Ein Kraftmesser ist da-
zwischen eingeschaltet. Nach J. wirkt dieser mechanische Zug lang-
samer, ohne Erschütterungen und kontinuirlich und befreit uns von
einer großen Zahl von Gehilfen. Er kann ohne Unterbrechung bis
zum Trockenwerden des Gipsverbandes erhalten werden, der sich
dazu sehr leicht anlegen lässt. Die Autoren legen diesen direkt auf
dem Körper an, ohne Zwischenlage von Watte.
Gerota (Bukarest).
18) Schulthess. Messung und Röntgen’sche Photographie
in der Diagnostik der Skoliose. (Aus dem orthopädischen
Institut von Dr. A. Lüning und Dr. W. Schulthess in
Zürich.)
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
S. wendet sich gegen verschiedene Bedenken, welche gegen sein
Messungsverfahren seitens Joachimsthal und Wolff auf dem letz-
ten Chirurgenkongress zu Gunsten der Röntgen’schen Photographie
geäußert wurden. Da das Röntgen’sche Verfahren werthvolle Auf-
schlüsse geben kann über einzelne Veränderungen an der Wirbel-
säule und an den Rippen, aber noch keine Übersicht gestattet, so
ist seine Bedeutung darin zu suchen, dass es neben den Messungen
als Ergänzung dienen kann. S. ist nicht geneigt, von der Berech-
tigung seiner Methode auch nur einen Schritt zurück zu weichen.
J. Biedinger (Würzburg).
19) Jaeger. Über Strumametastasen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
J. konnte aus der Litteratur 31 einschlägige Fälle zusammen-
stellen und fügt denselben eine weitere Beobachtung aus der Krön-
lein’schen Klinik hinzu. Bei einer 69jährigen Frau, welche mit
einem seit Jahren gleich gebliebenen, taubeneigroßen, derben Kropf
behaftet war, entwickelten sich 2 Geschwülste der Wirbelsäule, eine
in der Nackengegend, die andere in der Höhe des 3. und 4. Lenden-
wirbels. Letztere erwies sich bei der Operation als weiche, stark
blutende Masse, die mit dem scharfen Löffel entfernt wurde (Tam-
ponade wegen heftiger Blutung). Die histologische Untersuchung
(Prof. Ribbert) zeigte stellenweise das Bild der in embryonaler Ent-
wicklung begriffenen, stellenweise das der vollständig entwickelten
Schilddrüse resp. Struma, ohne Anhaltspunkt für Bösartigkeit.
Unter 31 am Menschen gemachten Beobachtungen zeigen in
9 Fällen die Metastasen bösartiger Kröpfe neben dem Krebsgewebe
auch Schilddrüsengewebe, in 6 Fällen scheinbar gutartiger Kröpfe
fanden sich in den Metastasen neben dem Schilddrüsengewebe auch
krebsige Partien.
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 105
In 12 Fällen (unter denen 11mal der primäre Kropf klinisch und
anatomisch als gutartig, imal als bösartig zu bezeichnen war) ließ
sich in den Metastasen nur Schilddrüsengewebe nachweisen. 3 Fälle
sind zweifelhaft.
Am häufigsten sind weitaus die Knochen- und dann die Lungen-
metastasen. AÄtiologisch ist von Interesse, dass in 6 Fällen die Stelle
der Metastasenbildung von einem Trauma betroffen worden war.
Hinsichtlich der Operation ist die Thatsache beachtenswerth, dass
von allen Operateuren über heftige Blutungen berichtet wird.
Hofmeister (Tübingen).
20) Quönu et Longuet. Recherches experimentales et &tude
critique sur la chirurgie du poumon. — Discussion.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 787.)
Die Verff. halten die von manchen Chirurgen unterschätzte Ge-
fahr des Entstehens eines akuten Pneumothorax bei intrapleuralen
Operationen auf Grund klinischer und experimenteller Beobachtungen
für recht erheblich. Durch zahlreiche Versuche an Hunden suchten
sie daher zu vermitteln, auf welchem Wege man, um dieser Gefahr
vorzubeugen, feste Verwachsungen der beiden Pleurablätter erzeugen
könne. Ein weiterer Vortheil einer derart bewirkten Befestigung
der Lunge an der Brustwand ist darin zu sehen, dass ein Rück-
weichen des durch Perkussion und Auskultation vorher genau fest-
gestellten Lungenherdes bei Eröffnung der Brusthöhle unmöglich
gemacht wird. Alle Versuche, durch Reizung der Pleura durch
Ignipunktur, Akupunktur, auf die Oberfläche des parietalen Blattes
gelegte Fremdkörper, chemische Irritantien oder durch subkutane
Durchstechung der Lunge mit feinen Nadeln solche Verwachsungen
hervorzurufen, schlugen fehl. Auch direkte Vernähung beider Brust-
fellblätter hatte keinen Erfolg, da die dünne Pleura stets einriss.
Etwas bessere Resultate ergaben Nähte, die nicht nur die Pleura-
blätter fassten, sondern um die Rippen herum und durch das
Lungengewebe selbst gestochen waren. Aber selbst diese Nähte
riefen, falls die Asepsis absolut gewahrt blieb, keine Adhäsionen
rings um sich hervor. — Die Verff. kommen daher zu dem Schluss,
dass pleurale Verwachsungen, ja überhaupt Verwachsungen seröser
Häute stets nur die Folge einer abgeschwächten Infektion seien. —
An der Möglichkeit, Adhäsionen sicher und ohne Gefahr zu schaffen,
verzweifelnd, sind sie gegenwärtig mit Versuchen beschäftigt, das
Zurückweichen der zu eröffnenden Lunge durch Erhöhung des intra-
bronchialen Druckes vermittels Athmung komprimirter Luft zu ver-
hindern.
Über gleiche Versuche berichtete in der sich anschließenden Dis-
kussion Tuffier. Es genügte ein intrabronchialer Druck von 6 mm
Quecksilber, um eine Retraktion der Lunge, ein Entfernen der Pleura
pulmonalis von der Pleura parietalis bei breiter Eröffnung derselben
106 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
zu verhüten. Während aber Q. für diese Einwirkung komprimirter
Luft den Luftröhrenschnitt für nöthig hielt, um eine Kanüle ein-
zuführen, bediente sich Tuffier der Intubation des Kelhlkopfes.
Zunächst verfügen beide Autoren nur über Experimente an Hunden;
die klinische Bestätigung steht noch aus. Beide geben übrigens zu,
dass sie nur die breite akute Eröffnung der freien Pleurahöhle für
gefährlich halten, das Eindringen kleiner Luftmengen bei sofortigem
Wiederverschluss einer kleinen Pleurawunde für bedeutungslos er-
achten.. Bazy bestreitet überhaupt eine wesentliche Gefahr der
Pleurotomie bei freier Pleurahöhle und hält den Werth der von L.
früher empfohlenen extrapleuralen Palpation der Lungen nach breiter
Ablösung der Pleura parietalis für recht mäßig. Für den geringen
Werth dieser Methode führt Lejars 2 eigene Beobachtungen an.
en Reichel (Breslau).
21) Schaposchnikoff. Zur Frage über Perikarditis.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.
Für operative Eingriffe bei flüssigen Exsudaten im Herzbeutel
ist es von großer Wichtigkeit zu wissen, wo in dem weiten Raume
das Herz liegt, damit man dasselbe bei Punktionen nicht verletze.
Die deutschen Autoren behaupten fast einstimmig, dass das Herz als
specifisch schwerer Körper im Exsudat nach unten und hinten sinke;
nach Anderen wird es nach oben außen und links verdrängt.
Um diese Frage zu entscheiden, führt S. zunächst zwei von ihm
selbst beobachtete Obduktionsbefunde an, in denen das Herz der
vorderen Perikardialwand unmittelbar anlag, obwohl es nicht ver-
wachsen war, und obwohl die Perikardialflüssigkeit !/ Liter betrug.
Weit verbreitet ist ferner die Ansicht, dass bei flüssigem Ex-
sudat das perikardiale Reibegeräusch fehle, da das Herz von der
vorderen Brustwand durch das Exsudat entfernt werde; es gilt also
vielfach Vorhandensein des Reibegeräusches als Zeichen fehlender
Flüssigkeit. Diese Ansicht weist S. als falsch nach durch 2 Fälle,
in denen er bei sehr deutlichem Reibegeräusch durch Punktion 300
resp. 500 g seröser Flüssigkeit entleerte. Besonders beweisend ist ein
3. Fall: bei vorhandenem Reibegeräusch ergab Punktion !/, Liter
Flüssigkeit. Als nach 3 Wochen sich der Zustand verschlimmerte,
Herzshock und Reibegeräusche fehlten, musste eine Wiederansamm-
lung der Flüssigkeit viel sicherer angenommen werden, als bei der
ersten Punktion. Allein bei der Punktion kam man direkt ins Herz.
Der Kranke überstand das gut; Obduktion nach 2 Wochen ergab nur
winzige Mengen einer Flüssigkeit im Perikard. Ähnliche Fälle aus
der Litteratur belegen das weiter.
Ganz besonders lehrreich sind die Leichenversuche, welche S.
anstellte. Er injicirte Wasser, Gelatine und Paraffin. Die Paraffin-
versuche sind nicht verwerthbar, da das Paraffin zu schnell gerinnt
und specifisch zu leicht ist. Mit Wasser und Gelatine dagegen
wurde ganz konstant gefunden, dass die Hauptmasse der Injektions-
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 107
flüssigkeit hinter, unter und neben dem Herzen sich ansammelte,
dass dagegen die vordere Herzfläche entweder ganz frei blieb oder
nur durch eine sehr dünne Flüssigkeitsschicht von der vorderen
Brustwand getrennt war. Dies geschah, trotzdem das Herz der spe-
cifisch schwerere Körper ist; denn warf man das völlig abgeschnittene
und isolirte Herz in ein Gefäß mit der Injektionsmasse, so sank es
unter. Der Grund dafür, dass das Herz in der Leiche oben auf der
Injektionsmasse schwimmt, ist in der Elasticität der großen Gefäße
zu suchen, welche die Tendenz haben, das Herz nach oben und
vorn zu ziehen.
Als Stelle der Punktion ist bei großen Exsudaten der linke
6. Interkostalraum zu empfehlen, falls hier absolute Dämpfung
herrscht. Außerdem ist aber der 3. oder 4. Interkostalraum rechts
vom Brustbein dafür geeignet, falls hier absolute Dämpfung herrscht,
und die Perkussion ergiebt, dass links das Zwerchfell nicht erheblich
nach unten gedrängt ist. S. hat mehrfach mit Erfolg bei seinen
Kranken hier punktirt. Haeckel (Stettin).
22) A. Pedotti. Über Mammacysten.
Inaug.-Diss., Zürich, Orell Füssli, 1897. 35 8.
Verf. kommt auf Grund der histologischen Untersuchung von
3 Mammacysten zu dem Resultat, dass die Cystenbildung in der
Brustdrüse nicht lediglich auf Sekretstauung beruht, sondern dass es
sich vielmehr um eine Wucherung des Bindegewebes handelt, durch
welche die Wandfläche der Drüsengänge vergrößert wird.
Er stützt sich dabei hauptsächlich auf das Vorhandensein einer
Bindegewebsvermehrung, so wie auf den Umstand, dass das Epithel
der Cystenwand meist hoch kubisch oder cylindrisch ist, und ver-
gleicht die Entstehung der Cysten mit derjenigen physiologischer
Hohlorgane, wie Gallenblase und Bronchien.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
Kleinere Mittheilungen.
23) P. Marks. Ein Fall von Cephalhaematoma regionis frontalis.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Bei einem sonst gesunden Manne stellte sich 7 Wochen nach einem Trauma
— Fall auf den Vorderkopf mit kleiner Wunde — dicht unterhalb der damals ver-
letzten Stelle spontan eine schnell wachsende, fluktuirende Geschwulst ein, die
kein Zeichen eines Zusammenhanges mit dem Schädelinnern aufwies. Eine zwei-
malige Punktion und nachfolgende Kompression hatten keinen Erfolg; desshalb
breite Incision der Geschwulst. Man fand ein Cephalhaemat. subapeunor., das dann
ur Heilung kam. Bei den hier vorliegenden zeitlichen Verhältnissen etc. sieht
Verf. nicht in dem Trauma die Ursache der Affektion, sondern nach Gosselin in
einer spontan auftretenden rarefieirenden Ostitis und führt zum Beweis hierfür
2 zähnliche Fälle von Gosselin an. Happel (Darmstadt).
108 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
24) O. Schulz. Ein Fall von intraduralem Hämatom.
Inaug.-Diss., Breslau, Breslauer Genossenschafts-Buchdruckerei, 1897. 23 8.
Verf. bespricht auf Grund eines von Henle in der chirurgischen Klinik in
Breslau operirten Falles das klinische Bild und die operative Behandlung der
intraduralen Blutergüsse.
Der 31jährige Pat. war in Folge eines Sturzes auf den Kopf während 12 Stun-
den bewusstlos. Darauf Herabsetzung der Sehkraft auf dem rechten Auge und
Parese des linken Beines. Die 2 Wochen nach dem Unfall vorgenommene Unter-
suchung ergab Parese des unteren linken Facialisastes, Freisein des linken Armes,
Parese mit leichter Reflexsteigerung der linken unteren Extremität, rechtsseitige
leichte Ptosis und Beschränkung der Blickbewegung nach links. Beide Augen
seigen Stauungspapille, die rechts stärker ist als links. Dabei besteht rechts
hochgradige Amblyopie. Rechtsseitige Anosmie.
Die Diagnose wurde auf ein wahrscheinlich intradurales Hämatom in der
rechten vorderen Schädelgrube und im Bereich der Centralwindungen gestellt.
Bei der Operation, die in temporärer Resektion des Stirnbeins bestand, fand
sich, in Bestätigung der Diagnose, ein ca. 200 g enthaltendes subdursles Häma-
tom. Tamponade, glatter Verlauf, völlige Wiederherstellung.
Verf. bespricht im Anschluss daran die Entstehung und den Verlauf dieser
Blutungen und hebt hervor, dass sie nicht selten ohne jede Schädelfraktur vor-
kommen. Bezüglich der Symptome ist, wie bei jeder traumatischen Blutung des
Schädelinneren, das »freie Intervall« von Bedeutung. Dasselbe kann länger sein,
als dies gewöhnlich bei den extraduralen Blutungen der Fall ist. Auch der weitere
Verlauf ist langsamer, als bei den letzteren, so dass der operative Eingriff weniger
rasch dringend wird. Die allgemeinen und Herdsymptome sind im Ganzen bei
intra- und extraduralen Ergüssen dieselben. Für intradurale Blutung spricht je-
doch das hauptsächliche Ergriffensein eines Beines, weil die anatomischen Ver-
hältnisse der Art. meningea media, die bei extraduralen Blutungen in Frage.
kommt, eine solche Lokalisation nicht erklären würden. Von diagnostischer Be-
deutung ist ferner das gleichzeitige Ergriffensein mehrerer von einander getrennter
Centren, das sich bei der diffuseren Ausbreitung der intraduralen Hämatome
leichter erklärt, als bei den mehr auf einen Herd koncentrirten Ergüssen zwischen
Dura und Schädel.
Die Behandlung muss operativ sein, sobald lebenbedrohende Erscheinungen
auftreten. Sobald dagegen nur lokale Symptome vorhanden sind, ist Verf. eher
für ein abwartendes Verhalten, in Anbetracht der Thatsache, dass durch Resorp-
tion Spontanheilung eintreten kann. Im vorliegenden Falle hatte die Stauungs-
papille mit Gefahr der Opticusatrophie zur Operation gedrängt.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
25) Jurka. Über einen durch Kopfverletzung hervorgerufenen Fall
von Reflexepilepsie, der durch Abmeißelung eines Knochenvorsprunges
zur Heilung gebracht worden ist.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1897. No. 11.)
Pat. hatte am 8. April 3 kleine Wunden auf der linken Seite des Hinter-
hauptbeines bei einer Schlägerei acquirirt. Die Wunden waren am 15.3April fast
völlig geheilt. An diesem Tage machte Pat. einen gestörten Eindruck und zeigte
dem Arzt seine wundgebissenen Lippen und eine Verletzung der Zunge. Am
gleichen Tage wurde ein epileptischer Anfall konstatirt. Die eine Narbe war auch
in der Benommenheit druckempfindlich. Bei der am nächsten Tage vorgenommenen
Operation fand sich eine ca. 1 cm lange Fissur; nach Abmeißelung eines 2mark-
stückgroßen Knochenstückes hörte der Sprung in 2 mm Tiefe auf. Es wurde dess-
halb von der Bloßlegung des Gehirns bei Offenlassen der Wunde Abstand ge-
nommen. Pat. war nach der Narkose sofort wieder bei klarem Bewusstsein. Epi-
leptische Anfälle sind nicht mehr beobachtet worden. Verf. bemerkt, dass er
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 109
einen Fall, in dem eine so geringfügige Fissur der Tabula externa epileptische
Krämpfe hervorgerufen hat und diese durch den kleinen Eingriff beseitigt wurden,
in der ihm zugängigen Litteratur nicht habe finden können.
Bähr (Hannover).
26) Janz. Zur chirurgischen Behandlung der Kleinhirntumoren.
(Mittheilungen aus den Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 2.)
Die beiden Fälle, welche Verf. ausführlich beschreibt, bieten trotz ihres un-
glücklichen Ausganges in diaguostischer und therapeutischer Beziehung manches
Interessante. Bei dem 1. Falle handelt es sich um einen 21jährigen Mann, dessen
Krankheit sich sehr schnell entwickelt hatte. Er erkrankte mit Schwindel, Kopf-
schmerzen, Doppeltsehen, Abnahme des Seh- und Hörvermögens, Ohrensausen und
zuletzt mit heftigem Erbrechen. Puls 52 in der Minute; fortwährender Schwindel
auch beim Liegen und Sitzen, taumelnder Gang; Reflexe herabgesetzt. Pupillen-
reaktion aufgehoben; Parese des M. externus oculi; bei extremen Bewegungen
nach außen Nystagmus. Papillen vergrößert, geschwollen, mit verwischten Rän-
dern, Gefäße stark gefüllt, vielfach aus dem Niveau verschwindend, zahlreiche
frische und alte Hämorrhagien. Beklopfen des Schädels am Hinterkopf, besonders
rechts, schmerzhaft. Zu diesem Krankheitsbild gesellten sich im weiteren Verlaufe
noch andere Augenmuskellähmungen, Ungleichheit der Pupillen, Vermehrung der
Ataxie, Singultus, zeitweise Unklarheit des Sensoriums. Schon um eine Druck-
entlastung des Gehirns herbeizuführen, wurde von Schede noch eine Operation
gemacht: Hautlappen mit der Basis nach unten in der rechten Hinterhauptsgegend,
Trepanation des Hinterhauptbeins, Eröffnung der Dura: keine Geschwulst zu finden.
Weichtheillappen mit einigen Nähten wieder zurückverlagert. Nach einer schein-
baren Besserung wurde der Kranke allmählich dement und apathisch, erbrach
häufig, bekam Incontinentia urinae und klonische Krämpfe. Bei einer zweiten
Operation an der linken Seite findet man im Kleinhirn eine härtere Masse, die
als Geschwulst erkannt wird, aber nicht exstirpirt werden kann. Am nächsten
Tage Tod. Obduktion ergab hämorrhagische Erweichung beider Kleinhirnhälften,
Geschwulst im Oberwurm, eine andere im Thalamus opticus links vom Septum
pellucidum. Ventrikel stark erweitert; Geschwulst 8 cm lang, 4 cm breit; über die
Art derselben findet sich keine Angabe.
Der 2. Fall betraf ein Kind, das ebenfalls mit Kopfschmerz und Schwindel er-
krankte und »das Gehen verlernt hatte«. Völlige Apathie, weinerliche Stimmung,
Ataxie, Taumeln, Pupillenreaktion verlangsamt, Stauungspapille beiderseits; keine
Augenmuskellähmungen; Puls zwischen 60 und 120 schwankend; Erbrechen, häu-
figes Aufseufzsen und Gähnen; Abnahme des Sehvermögens; Kniereflexe fehlen,
Beine werden in leichter Flexionsstellung gehalten. — Operation (Kümmell):
Bildung eines Haut-Knochenlappens mit unterer Basis auf der linken Hinterhaupts-
hälfte, mittels Dahlgren’scher Zange: keine Geschwulst zu finden. Darauf
Freilegung der rechten Kleinhirnhälfte, ohne dass eine Knochenbrücke gelassen
wird. Auch hier keine Geschwulst zu finden. Punktion der Ventrikel ergiebt
serös-blutige Flüssigkeit. Daher Zurückklappen beider Lappen und Naht. Noch
am selben Tage Tod unter Krämpfen in Gesicht und Extremitäten, zeitweisem
Aussetzen der Athmung. — Obduktion: Erweiterung sämmtlicher Ventrikel, be-
sonders des 4. durch hühnereigroße Geschwulst, die theils aus der Ventrikelwand,
theils aus der linken Kleinhirnhemisphäre entspringt, glatt ist, von derber Kon-
sistenz und grauweißer Farbe. Auch über die Art oder mikroskopischen Bau
dieser Geschwulst fehlt eine Angabe!
In beiden Fällen wurde die Diagnose auf Kleinhirngeschwulst vor der Opera-
tion gestellt und durch die Obduktion bestätigt; beide Male aber lag die Ge-
schwulst zu tief, um erreicht werden zu können. Die Operationsmethode Küm-
mell’s gestattet einen guten Überblick und hinreichende Freilegung des Opera-
tionsterraine. Tschmarke (Magdeburg).
110 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
27) A. v. Bergmann. Zur Diagnose und Therapie des Hirnabscesses.
(Sep.-Abdruck ohne Angabe der Zeitschrift.)
Verf. theilt in vorliegender Arbeit seine an 19 Fällen gemachten Erfahrungen
über die Diagnose und die chirurgische Behandlung des Hirnabscesses mit. In
Bezug auf die Indikationsstellung hielt er sich an die von E. v. Bergmann auf-
gestellten Regeln, deren Bedeutung er, trots einzelner Ausnahmen, betont. Her-
vorgehoben sei, dass Verf. im Gegensatz zu Oppenheim den entzündlichen Er-
weichungsherd auch in den Bereich der operativen Therapie zieht und seine An-
sicht durch die an mehreren Fällen gewonnenen Erfahrungen stützt. Erwähnt sei
hier nur ein Fall, wo die einige Tage nach einem Kopftrauma aufgetretenen
Hirnsymptome: Stauungspapille, Pulsverlangsamung, Kopfschmerz, lokale Tem-
peratursteigerung bis 39,7°, nach anscheinend resultatloser Trepanation schwanden,
nachdem sie 14 Tage angedauert hatten. Der Fall wird als entzündlicher Er-
weichungsherd gedeutet. Bemerkenswerth ist in einem anderen Falle, wo ein
traumatischer Erweichungsherd mit ausgesprochenen Drucksymptomen durch Tre-
panation freigelegt wurde, das Auftreten eines sich an die Operation anschließen-
den und nach einiger Zeit spontan wieder verschwindenden Diabetes insipidus.
Anhangweise werden 2 Fällen von Schussfrakturen mitgetheilt, bei denen die
Geschosse reaktionslos einheilten, ohne die Arbeitsfähigkeit der Verletzten zu be-
einträchtigen.
Verf. spricht sich bei der Besprechung dieser Fälle gegen das neuerdings
von Bayer vorgeschlagene aktive Vorgehen aus und hält an der von E. v. Berg-
mann begründeten abwartenden Behandlung fest. Für weitere Einzelheiten sei
auf das Original verwiesen. de Querrvain (Chaux-de-Fonds).
28) Moure. Sur 34 cas d’ouverture de l’antre mastoidien, dont 16
avec ouverture large de la caisse et de ses annexes. — Rapport par
M. Peyrot.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 737.)
Den Hauptinhalt seiner Arbeit fasst Verf. in folgenden Schlussfolgerungen
zusammen: Hat man es mit einer alten stinkenden Ohreiterung zu thun, die den
gewöhnlichen Behandlungsmethoden trotzt, und vermuthet man die Existenz einer
Knochenerkrankung oder gar cholesteatomatöser Massen, so darf man mit einer
Operation nicht bis zum Auftreten einer Komplikation warten. Man muss breit
die Warzenböhle, den Canalis tympano-mastoideus und die Paukenhöhle öffnen
und diese 3 Theile in freie direkte Verbindung bringen, indem man alle zwischen
ihnen gelegenen Massen fortnimmt, um auf diese Weise die Ursache der Eiterung
zu entfernen. Vorsichtig ausgeführt, darf diese Operation als gefahrlos gelten.
M. giebt für die Technik der Operation genaue Vorschriften und macht dar-
auf aufmerksam, dass man nur bei Kindern auf ein ziemlich konstantes anato-
misches Verhalten rechnen darf, bei Erwachsenen auf die größten Verschieden-
heiten gefasst sein muss. Bei 1/3 seiner 34 Operirten hatte die Warzenhöhle
nicht ihre normale Lage; 2mal war sie durch den bei Apophyseneiterungen so
häufigen sklerosirenden Process auf minimale Ausdehnung reducirt. M. zieht vor,
zuerst die Höhle des Warzenfortsatzes zu eröffnen und von hier nach der Pauken-
höhle vorzudringen, anstatt nach dem Vorschlage von Stacke, dem sich auch
Broca anschließt, in umgekehrter Richtung vorzugehen. 4mal trat nach der
Operation eine Facialisläihmung ein, die erst nach mehreren Monaten, aber doch
ausnahmslos heilte. Wird unglücklicherweise während der Operation der Sinus
transversus unabsichtlich eröffnet, so verstopft M. die Öffnung sogleich mit steri-
lisirttem Jodoformwachs; dies Verfahren stillt nicht nur die Blutung, sondern
erlaubt auch, die Operation fortszusetzen. Reichel Breslau).
29) C. Grunert. Über extradurale Abscesse und Eiterungen.
(Archiv für Ohrenheilkunde Bd. XLIII.)
Von den extraduralen Eiterungen, welche nach Einschmelzung des trennenden
Knochens in breitem Zusammenhang mit der ursächlichen Schläfenbeineiterung
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. ı 1
1
stehen, trennt G. sehr sweckmäßig die eigentlichen Abscesse, die durch em Ic
sunden Knochen abgeschlossen sind. Während die Eiterungen sich bei de” op e, go.
tiven Freilegung gans von selbst, oft als nebensächlicher Befund erge R> «=ù ua
weder vorher noch nachher besondere Erscheinungen machen, erfordern <Æ Ze 4 Dé
scesse specielle Aufmerksamkeit. In der Haller Ohrenklinik wurden 6 > freie
Eiterungen und 35 abgeschlossene Abscesse beobachtet, von denen > kein, e
weiteren intrakraniellen Komplikationen aufwiesen. Diese sind der Ar D eit e
Grunde gelegt, am Schluss kurz aufgeführt und durch 2 Fälle ergänzt, die als
eben beginnende Abscesse aufzufassen sind.
In Übereinstimmung mit Jansen fanden sich die Abscesse vorwiegend bei
akuten Knochenerkrankungen und auffallenderweise wieder gerade bei solchen,
wo die Obreiterung rasch geheilt war — in 2 Fällen war überhaupt nur ein ein-
facher Katarrh vorhanden gewesen — und wo im Warzenfortsatz nur minimale
Veränderungen getroffen wurden. Meist handelte es sich um Pneumokokken-
infektion. Den Weg, den die Eiterung genommen — von G. kurz Wegleitung genannt
— konnte man nur selten noch erkennen, dann in Gestalt feiner Fisteln oder
hinter einander liegender Zellen, deren Schleimhaut eitrig infiltrirt oder mit Granu-
lationen besetzt war. Umgekehrt wiesen die chronischen Fälle meist schwerere
Erkrankungen der Mittelohrräume auf und ließen deutliche Fistelgänge als Weg-
leitung erkennen.
Der Sits der Abscesse war unterschiedslos bei akuten und chronischen Fällen
meist (70%) die hintere Schädelgrube, und zwar das Gebiet der Fossa sigmoidea,
das nur in 1 Falle von etwa handtellergroßer jauchiger Eiteransammlung über-
schritten wurde. Sonst schwankte die Größe, so weit sich das schätzen lässt, bis zu
Walnussgröße.
Was nun die Diagnose der unkomplicirten Abscesse anbelangt, so erhebt sie
sich niemals über den Rang einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose: Fieber wurde nur
in 20% konstatirt, lokalisirbare Hirnsymptome, Stauungspapille fehlten stets —
2mal allerdings Pulsverlangsamung —; nur der immer vorhandene Kopfschmerz
zusammengenommen mit dem zuweilen kaum nennnenswerthen Ohrbefund, zu-
weilen wieder mit der sehr härtnäckigen und sachgemäßer Behandlung trotzenden
Ohreiterung, lässt an das Vorhandensein eines Abscesses denken. Die Diagnose
ist erst zu sichern äurch die durch das Grundleiden so wie so erforderte Opera-
tion. Prognose gut. G. Zimmermann (Dresden).
30) W. Kümmel. Weitere Beiträge zur Pathologie der intrakraniellen
Komplikationen von Ohrerkrankungen.
(Zeitschrift für Ohrenheilkunde Bd. XXXI.)
K. hat schon früher in der Zeitschrift für Ohrenheilkunde je 1 Fall von
otogenem extraduralem Abscess und von zweikammerigem Schläfenlappenabscess
publieirt. Diesen beiden Fällen fügt K. 3 weitere bei, die eben so exakt be-
obachtet sind und dadurch nicht an Interesse verlieren, dass sie tödlich endigten.
Im 1. Falle war bei einem 30jährigen Mann eine seit Kindheit bestehende
Miittelohreiterung durch das Tegmen gebrochen, hatte einen Schläfenlappenabscess
indueirt und trots dessen operativer Eröffnung durch eine Basalmeningitis den
Tod herbeigeführt.
Der 2. Fall, wo ein relativ geringer Trommelfellbefund mit schwersten Hirn-
symptomen einherging, zeigte eine Eiterung im Warzenfortsats, eine große extra-
durale Eiteransammlung und einen Abscess im Schläfenlappen, der in dem Strange
des fötalen Durafortsatzes aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Weg genommen
hatte. Pat. erlag einer septischen Pneumonie.
Im 3. Falle, bei einem 12jährigen Jungen mit Cholesteatom, hatten eine aus-
gedehnte Sinusphlebitis und ein faustgroßer Hirnabscess bis 3 Tage vor dem
durch sie bedingten Tode so geringe Erscheinungen gemacht, dass man von einem
operativen Eingriff Abstand genommen hatte.
Alle diese — hier nur kurz skizzirten— Fälle verdienen im Original nachgelesen
112 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
zu werden, nicbt nur wegen des Interesses, das sie an sich bieten, sondern auch
wegen der mancherlei Erwägungen, zu denen sie K. Veranlassung wurden.
6. Zimmermann (Dresden‘.
31) Moure. Sur trois cas de complications intracraniennes d’origine
otique.
Bordeaux, 1897.
M. ist der Ansicht, dass die Kenntnis von den otitischen Gehirnkomplikationen
in Frankreich noch recht gering sei; er selbst hat 3 Fälle behandelt, die —
allerdings ungewollt — diese Ansicht berechtigt erscheinen lassen.
Der 1. Fall betraf einen 4jährigen Jungen, bei dem recidivirende Otitis unter
schweren meningitischen Erscheinungen zu einer Schwellung des Warzenfortfatses
geführt hatte. Trotzdem M. beim Öffnen dieses periostalen Abscesses auf cariösen
Knochen stieß, begnügte er sich mit der einfachen Incision. 8 Tage später,
als man diese Incısion erweitern und die cariöse Stelle abtragen wollte, fand sich
der ganze Warszenfortsatz bis in den Sinus vereitert und voller Granulationen.
Chlorzinkätzung, Drainrohr, 4 Nähte in den Hautschnitt. Das Drainrohr wurde
nach 3 Wochen entfernt, das Kind nach 6 Wochen mit einer »trockenen Kruste« auf
der Drainfistel als geheilt entlassen. Neu — wenn auch nicht nachahmenswerth
(Ref.) — sind noch die Anwendung der Ignipunktur, um eine Periostitis zurück-
zubringen, und die Verwendung des Stacke’'schen Schützers, um eine Fistel im
Warsenfortsatz zu verfolgen.
Im 2. Falle bestanden Kopfschmerz, Delirium, Fieber und rechtsseitige Stauungs-
papille; eine Eiterung und sequestrirter Knochen im rechten Ohr, starker Druck-
schmerz über dem Proc. mast. und ein Abscess vor dem Ohr. Bei der Operation
fand sich im Verfolg eines Fistelgangs ein extraduraler Abscess und eine nicht
pulsirende Dura. M. machte desshalb eine Probepunktion in die Substanz des
Schläfenlappens; leider nur 11/2 cm tief und ohne Erfolg; 1 cm tiefer hätte man,
wie die Sektion dann ergab, einen großen Abscess eröffnet; daneben wies die
Sektion eine rechtsseitige Sinusphlebitis nach.
Der 3. Fall betraf einen 2!/yjährigen Knaben mit Mittelohrentzündung; die
Eiterung hatte nachgelassen, statt deren hohes Fieber und Schüttelfrost eingesetst.
Erst als eine Paracentese und eine einfache Aufmeißelung ohne jeden Einfluss auf
die Fieberkurve blieben, wurde die Diagnose auf eine Sinuserkrankung gestellt
und — vom 14. Tage nach dem ersten Schüttelfrost — durch die Operation in aus-
giebigster Weise bestätigt. Tod an Sepsis. 6. Zimmermann (Dresden).
32) Hessler. Über rareficirende Ostitis des Warzenfortsatzes nach
Otitis externa ex infectione.
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 29.)
Die in Betracht kommende Erkrankung war in den von H. mitgetheilten
Fällen Folge einer umschriebenen Entzündung des äußeren Gehörganges, die in
Folge Selbstverletsung mit Instrumenten entstanden war und einen von der ge-
wöhnlichen Gehörsgangsfurunkulose wesentlich abweichenden Verlauf hatte; die
Infektion hatte auf das Innere des Warzenfortsatzes übergegriffen, ohne dass es
zu einer eigentlichen Vereiterung des Warzenfortsatzes kam.
In 2 Fällen waren charakteristisch: eine rasche Verschlechterung des Aus-
sehens und des Allgemeinbefindens; Eisbeutel steigerten eher die Schmerzen. Der
Warzenfortsatz war äußerlich geschwollen und infiltrirt, aber nicht empfindlich
beim Perkutiren; nach der Operation trat ein auffallend langsamer Heilungsverlauf
bei den jugendlichen, sonst gesunden Individuen ein.
Therapeutisch besteht das rettende Mittel in der ausgiebigen operativen Ent-
fernung des ganzen kranken Knochens im Warzenfortsatz, um intrakraniellen
Komplikationen und dem tödlichen Ausgang vorzubeugen; in leichteren Fällen
genügt die Entfernung des kranken Warzenfortsatzstückes.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 113
33) Teichmann. Über akute Mittelohrerkrankung im Verlauf akuter
Entzündungen der kindlichen Respirationsorgane.
(Veröffentlichungen aus der Poliklinik für Kinderkrankheiten des Priv.-Doc. Dr.
H. Neumann in Berlin.)
Stuttgart, Union, Deutsche Verlagsgesellschaft, 1897.
Verf. hat während zweier Jahre sämmtliche an akuten Katarrhen oder Pneu-
monie behandelten Kinder der Neumann’schen Poliklinik in Bezug auf ihren
Ohrbefund beobachtet, im Ganzen 268.
Nur 30,2% zeigten dauernd normalen Ohrbefund. 134 = 50% hatten akute
Mittelohrkatarrhe. Davon kam es 44mal zur Perforation, 4mal nur musste para-
eentesirt werden.
Wohl nicht als Zufall darf angesehen werden, dass von 44 Perforationen 37
dem Katarrh der oberen Luftwege zur Last fallen.
In über der Hälfte der Fälle hatten die Mütter Zeichen bemerkt, die auf eine
Ohrerkrankung hinwiesen; aber dies setzt, wie Verf. hervorhebt, sehr viel Auf-
merksamkeit von Seiten der Mütter voraus.
Interessant ist, dass die an Katarrh leidenden Kinder meist am 5.—6. Krank-
heitstage ohrenkrank wurden, seltener am 8. Die an Pneumonie leidenden fast
stets erst am 8.
Die Häufigkeit und Gutartigkeit der meisten Ohrerkrankungen bei sonst
kräftigen Kindern bis über 4 Jahre lässt die viel diskutirten Ohrbefunde bei
elenden Säuglingen viel weniger seltsam erscheinen.
Die Therapie bestand in Einträuflung von 5—10 %igem Karbolglycerin und
hydropathischen Umschlägen. Bei Ohreneiterung wurde Ausspülung angewendet.
Größere Eingriffe waren nicht nöthig. F. Göppert (Breslau).
34) H. Theissing. Perichondritis und seröse Cysten der Nasen-
scheidewand.
Inaug.-Diss., Breslau, 1897.
Unter den mitgetheilten 5 Kraukengeschichten sind besonders bemerkenswerth
1 Fall von doppelseitiger seröser Septumcyste mit Perforation des Knorpels und
1 Fall von einseitigem traumatischem Septumabscess. ;Zur Eröffnung der Septum-
abscesse wird ein Kreusschnitt empfohlen, jedoch auch eine lineäre Incision an
der unteren Circumferenz der Geschwulst für ausreichend erachtet. Dagegen wird
bei beiderseitigem Abscess Eröffnung auf beiden Seiten für nothwendig erklärt,
Teichmann (Berlin).
35) Œ. Spiess. Zur Chirurgie des Sinus sphenoidalis.
(Archiv für Laryngologie Bd. VIL Hft. 1.)
Um die elektromotorisch getriebene Trephine auch zur Eröffnung der Keil-
beinhöhle zu benutzen ohne die Gefahr, dabei auch die Hinterwand der Höhle
su durchbohren, hat S. eine Vorrichtung konstruiren lassen, die er »Sonden-
trephine« nennt. Sie besteht in der gewöhnlichen Trephine und einem genau über
dieselbe passenden Rohr, an dessen vorderem Ende ein ca. 1 cm langes Stäbchen
von der Dicke einer Sonde angebracht ist. Die Trephine kann nur so weit aus
dem Rohr herausgeschoben werden, dass ihre Krone in gleiche Höhe mit dem
feinen Sondenende gelangt. Da dieses nur bis an die Hinterwaud der Höhle
reicht, kann die Krone in diese nicht mehr eindringen. 8. empfiehlt, mit diesem
Instrument stets mehrere Bohrlöcher unter oder neben einander anzulegen, auch
in Fällen, wo nur eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose vorhanden ist.
Teichmann (Berlin).
36) H. Teske. Zur Kasuistik der Unterlippencarcinome.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Verf. stellt 25 Fälle obiger Affektion zusammen unter Vergleichung mit an-
deren kasuistischen Aufstellungen. Principiell soll jeder Wegnahme des Carcinoms
114 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
eine gründliche Entfernung der Submaxillar- und Submentaldrüsen folgen, nach-
dem durch einen Medianschnitt, welcher von der Spina mentalis bis zum Kehlkopf
zieht, und auf welchen sich seitlich je ein Längsschnitt dem Kieferrande entlang
anschließt, die Gegend freigelegt ist. Dies gründliche Vorgehen wird belohnt durch
die seltenen Recidive. Happel (Darmstadt).
37) D. Biondi (Cagliari). Contributo alla plastica endorale.
(Clinica ohirurgica 1897. No. 9.)
B. hat in 1 Falle von Tonsillenepitheliom, welches auf einen Theil der
Rachenschleimhaut, auf das Zahnfleisch des Oberkiefers und die Wangenschleim-
haut übergegriffen hatte, die ganze Neubildung sammt dem Oberkiefer entfernt
und den entstandenen, überaus großen Defekt durch eine doppelte Plastik ge-
schlossen, außen mit einem Hautlappen vom Nacken, innen mit einem gestielten
Lappen aus der Zunge.
Dieser letztere Eingriff ist sehr bemerkenswerth und rechtfertigt die ausführ-
lichere Wiedergabe.
Die Zunge wurde kräftig (durch den nach Resektion des aufsteigenden Kiefer-
astes erweiterten seitlichen Zugang) herausgezogen, und das äußere Drittel des
Organs parallel der Längsachse von vorn nach hinten bis auf 1 cm von der Basis
abgelöst. Die Ablösung geschah schrittweise, und die Zungenränder wurden sofort
wieder vereinigt. (Die Art. lingualis war gleich bei der Ausräumung der Lymph-
drüsen unterbunden worden.) Der Lappen wurde nun so gedreht, dass die innere
blutende Fläche nach außen sah, und oben an die Rachen- und Gaumenwunde,
unten an den Rest der Wangenschleimhaut, vorn an die Lippe genäht. Auf die
Wundfläche wurde der Hautlappen fixirt. Der Stiel wurde erst viel später durch-
schnitten; Nekrose trat nirgends ein. Anfangs waren Mitbewegungen des trans-
plantirten Stückes beim Gebrauche der Zunge vorhanden, welche indessen bald
aufhörten, und es bestand eine gewisse Schwierigkeit, flüssige Nahrung im Munde
su behalten.
Nach 2 Jahren ungestörten Wohlbefindens sah B. den nun 50jährigen Mann
wieder; die Neubildung machte sich jetzt an den Choanen bemerkbar. Das trans-
plantirte Stück ist glatter, ohne deutliche Papillen, lichter und entbehrt vollständig
der Geschmacksempfindung.
Leichen- und Thierversuche waren der Operation vorangegangen.
dJ. Sternberg (Wien).
38) Chavasse. Constriction absolue des mächoires par double ankylose
temporo-maxillaire.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 815.)
Es handelte sich um einen 30jährigen Mann mit knöcherner rechts-, fibröser
linksseitiger Ankylose des Kiefergelenkes, entstanden nach einem 6 Jahre vorher
gemachten Selbstmordversuch, bei welchem sich Pat. in jedes Ohr geschossen
hatte. C. resecirte das rechte Kiefergelenk, so wie den Processus coronoideus
mit Meißel und Hammer, drängte jetzt gewaltsam die Kiefer aus einander, wobei
die fibröse linke Ankylose nachgab, und erzielte durch konsequente Nachbehand-
lung mittels Dilatatoren ein sehr befriedigendes Endresultat. Den Schnitt führte
er in Form eines E", indem er das Ende des horizontalen Schenkels ein wenig
nach aufwärts bog. Reichel (Breslau).
39) A. Süssmuth. Beitrag zur Kasuistik der Uranoplastik.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
13 Krankengeschichten aus der Greifswalder Klinik mit genauer Beschreibung
der Operationsmethode, die keine besonderen Abweichungen bietet. Der plastische
Schluss des Defekts gelang meist völlig, die Schluckstürungen wurden gehoben,
nicht aber die Sprachstörungen, für deren Beseitigung eine Prothese noch nöthig
erscheint. Happel (Darmstadt).
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 115
40) Klapp. Zur Kasuistik der Dermoide des Mundbodens.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
4 Beobachtungen aus Wölfler’s Klinik liegen der Arbeit zu Grunde; außer-
dem konnte Verf. 51 Fälle aus der Litteratur zusammenstellen. Je nachdem die
Geschwulst sich nach außen oder nach innen von der Mundbodenmuskulatur
entwickelt, unterscheidet K. extra- und intraorale Mundbodendermoide; beide
hängen mit dem Zungenbein in der Regel durch festere Adhäsionen zusammen.
Die Exstirpation vom Munde aus empfiehlt Verf. nur für solche Geschwülste,
welche mit ihrem größten Umfang in die Mundhöhle vorragen; eventuell sind
die Adhäsionen am Zungenbein durch einen besonderen äußeren Schnitt freizu-
legen, wenn, wie öfters beobachtet, der Zug an denselben Asphyxie auslöst.
Hofmeister (Tübingen).
41) Lotheissen. Über Geschwülste der Glandula submaxillaris.
{Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
L. vermehrt die Kasuistik um 2 Beobachtungen aus der Innsbrucker Klinik,
deren erste in so fern besonders interessant ist, als es sich um einen der seltenen
Fälle von echtem primärem Sarkom handelt (teleangiektatisches Rundzellensarkom).
Im 2. Falle lag eine Mischgeschwulst endothelislen Ursprungs vor, die als
Chondro-myxosarcoma endotheliale bezeichnet wird. Auf Grund des histologischen
Nachweises von Geschwulstelementen in der Geschwulstkapsel bei seinem 1. Pat.
tritt Verf. für die Totalexstirpation der Glandula submaxillaris ein auch in den
Fällen, wo eine Enukleation möglich erscheint. (1 Textabbildung, 1 Tafel.)
Hofmeister (Tübingen).
42) A. Barth. Rachenmandel und Ohr.
{Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 11.)
Unter der poliklinischen Klientel eines Jahres litten von 202 mit Rachen-
mandel Behafteten nur 29—30% an Erkrankungen des Mittelohres. Von den
202 Fällen sind 151 als operirt verzeichnet. Verf. empfiehlt zur Stellung der
Diagnose besonders die Rhinoscopia anterior, welche nicht nur über das Vor-
handensein, sondern auch über die Größe der Rachenmandel und, durch Beob-
achtung der unter dem Druck der Gaumensegelkontraktion eintretenden Form-
veränderung, auch über ihre Konsistenz Auskunft giebt, während die Rhinoscopia
posterior, wenn überhaupt ausführbar, nur ein perspektivisch verkürztes Bild
liefert, und die Digitaluntersuchung außer ihrer Peinlichkeit den Fehler hat, dass
weiche Wucherungen dem tastenden Finger ausweichen. Verf. ist zu diesen gün-
stigen Ergebnissen der Rhinoscopia anterior wahrscheinlich dadurch gelangt, dass
über 80% seiner an Rachenmandel leidenden Kranken im Alter von mehr als
5 Jahren standen. Bei Kindern unter 5 Jahren reicht nach den Erfahrungen des
Ref. die Rhinoscopia anterior nur ganz ausnahmsweise aus, um das Vorhandensein
einer pathologischen Rachenmandel dem Auge deutlich su machen, und da auch
die Rhinoscopia posterior hier meist unausführbar ist, bleibt nur die Digital-
untersuchung übrig, wenn man nicht, wie B. es zuweilen thut, auf das bloße
Symptomenbild hin operiren und erst im Augenblick der Operation mit dem
tastenden Instrument die Diagnose stellen will. Teichmann (Berlin).
43) F. Verchöre. Contribution à l’etude du traitement des kystes
du cou à propos d'un kyste sereux cong£nital chez un enfant de
1 an, occupant le cou et le mediastin antérieur. Ablation partielle.
Guerison. — Rapport par M. Walther.
(Bull. et mem. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 711.)
Von der beabsichtigten Totalexstirpation der serösen Halscyste musste V. in
seinem Falle Abstand nebmen wegen inniger Verwachsung der dünnen Sackwand
mit dem großen Gefäß-Nervenbündel und einer Fortsetzung der Cyste in das
116 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
Mediastinum hinein bis an den Herzbeutel. Er begnügte sich desshalb mit
partieller Resektion, Spaltung aller von dem in den Hauptsack eingeführten
Finger gefühlten Zwischenscheidewände, Einnähung der Umrandung des Cysten-
restes in die Wunde und Tamponade. Eine zunächst offen bleibende kleine Fistel
schloss sich definitiv nach 3 Monaten; es erfolgte völlige Heilung.
Auf Grund dieses Erfolges betrachtet V. das von ihm eingeschlagene Verfahren
als das der Wahl für alle serösen Halsceysten und widerräth die totale Exstirpa-
tion wegen zu großer Schwierigkeit und Gefahr. — Der Berichterstatter Walther
giebt zu, dass V.’s Vorgehen für seinen Fall das richtigste war, betont aber, dass
die Verwachsungen der Cystenwand mit den großen Gefäßen durchaus nicht immer
sehr feste sind, sondern sich oft über Erwarten leicht lösen lassen, und empfiehlt
desshalb für solche Fälle die völlige Exstirpation als das bessere Verfahren, zu-
mal recht häufig kleine Cysten dem Hauptsack an- oder aufsitzen, die Scheide-
wände sich dann aber von letzterem aus nicht sicher durchtrennen lassen.
Reichel (Breslau).
44) Körner. Das Auskochen der Kehlkopfspiegel.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 10.)
Durch einen Zufall ist K. darauf geführt worden, dass seine Kehlkopfspiegel
das Auskochen vertragen; er hat dann selbst von !/gstündigem Kochen in Soda-
lösung keine Beschädigung des Spiegels gesehen. Wichtig scheint es zu sein,
den Spiegel in das bereits kochende Wasser zu legen und nach dem Heraus-
nehmen sofort abzutrocknen. Die Spiegel K.’s haben nicht den früher üblichen
Zinn-Amalgam-, sondern Silberbelag, gedeckt durch eine Kupferschicht. Ref.
glaubt, dass diese Kupferschicht, welche das Eindringen von Wasser in den
Spiegel hindern soll, auch das Auskochen ermöglicht, welches er übrigens schon
seit 2 Jahren mit Erfolg anwendet. Teichmann (Berlin).
45) Bertelsmann. Ein kasuistischer Beitrag zur Frage der aktiven
und passiven Diphtherieimmunität.
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten 1897. Bd. I. Hft. 2.)
Nach einer sorgfältigen Zusammenstellung aller bisher veröffentlichten Diph-
therie-Reinfektionen theilt Verf. zwei weitere Fälle aus der chirurgischen Abthei-
lung des Neuen Allgemeinen Krankenhauses mit. Das eine Kind erlebte eine
schwere Reinfektion nach überstandener leichter Diphtherie und Einspritzung
von 600 Behring’schen Immunisirungseinheiten nach 60 Tagen; ein anderes
nach überstandener schwerer Diphtherie und Einspritzung von 3000 Immunisirungs-
einheiten eine leichte Wiedererkrankung an Diphtherie nach 62 Tagen. Beide
Kinder waren wegen nachträglicher interkurrenter Krankheiten — das eine bekam
Brochopneumonie und Panaritium, das andere eine hartnäckige Bronchitis; beide
mussten tracheotomirt werden — die ganze Zeit über im Diphtheriepavillon ge-
wesen, ein Beweis, dass die Annahme Kossel’s, welcher schnellere Ausschei-
dung der Antitoxine durch nachträgliche Erkrankungen annimmt, richtig ist.
Tschmarke (Magdeburg).
46) O. Frankenberger. Akute Laryngitis nach innerem Jodkali-
gebrauch.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 11.)
Während von den meisten Autoren die toxische Einwirkung des Jodkalium
auf den Kehlkopf als Ödem des Kehlkopfeinganges beschrieben wird, fand Verf.
bei seinem Pat., zu welchem er wegen starker Athemnoth gerufen wurde, hoch-
gradige Hyperämie der Schleimhaut und Infiltration derselben, welche nach dem
Aussetzen des Mittels zwar von selbst zurückging, aber bei einem neuen Versuch
sofort wiederkehrte. Kleinere Dosen wurden endlich ohne Reaktion vertragen.
Teichmann (Berlin).
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 117
47) 8. v. Stein. Ein bisher noch nicht beschriebener Fall einer
Kehlkopferkrankung mit Entwicklung und Abstoßung von Schuppen
aus verhornten Epithelialzellen (Laryngitis desquamativa).
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 9.)
Der Fall betraf einen 57jährigen Mann; er nahm einen chronischen Verlauf,
indem die kalkweiße Auflagerung 'auf dem rechten Stimmband nach der Ab-
stoßBung sich immer wieder erneuerte. Bei mikroskopischer Untersuchung erwies
sie sich als zusammengesetzt aus verhornten Epithelien. Wegen des abweichen-
den laryngoskopischen Bildes will Verf. den Fall nicht zur Pachydermia laryngis
rechnen, sondern schlägt den Namen Laryngitis desquamativa vor. Die Therapie
bestand in milder Lokalbehandlung mit Einblasungen und Pinselungen. Vor
schärferem Vorgehen scheute sich Verf. wegen des Charakters der Affektion und
des Alters des Kranken. Teichmann (Berlin).
48) E. P. Friedrich. Muskelveränderungen bei Rekurrenslähmung.
(Fortschritte der Medicin 1897. No. 20.)
Bei der mikroskopischen Untersuchung der Kehlkopfmuskeln eines an Aorten-
aneurysma verstorbenen Mannes, welcher 3 Jahre lang eine linksseitige Rekurrens-
läbmung gehabt hatte, fand Verf. die atrophische Degeneration der Muskeln auf
der gelähmten Seite in verschieden hohem Grade ausgebildet: am stärksten war
der M. cerico-arytaenoideus posticus degenerirt, stark auch der M. vocalis, weniger
der M. thyreo-arytaenoideus und M. crico-arytaenoideus lateralis, gar nicht der
M. interarytaenoideus und orico-thyreoideus. Verf. stellte fest, dass die Muskeln
in derselben Reihenfolge und in einer ihr entsprechenden zunehmenden Stärke
betroffen waren, wie es bei Anerkennung des Semon’schen Gesetzes zu erwarten
war, will aber vor Beendigung seiner hierauf gerichteten Thierversuche keine Er-
klärung des Semon’schen Gesetzes daraus herleiten. Es sei hier kurz bemerkt,
dass neuerdings Grabower die Nervenendigungen in den verschiedenen Kehl-
kopfmuskeln zu dem Zweck untersucht hat, um aus etwa vorhandenen Differenzen
eine Erklärung des Semon’schen Gesetzes betr. die zuerst auftretende Postieus-
lähmung herzuleiten. Er fand im M. posticus weit einfachere, primitivere Nerven-
endigungen, als in den Adduktoren, welche mit richtigen Nervenendplatten ver-
sehen sind. Teichmann (Berlin).
49) F. Semon. Zur Frage der Radikaloperation bei bösartigen Kehl-
kopfneubildungen mit besonderer Berücksichtigung der Thyreotomie.
(Archiv für Laryngologie Bd. VI. Hft. 3.)
Mit vorliegender Arbeit verfolgt 8. den Zweck, in der Radikalbehandlung der
bösartigen Kehlkopfneubildungen der Thyreotomie diejenige Stellung zu erobern,
welche sie nach seinen Ansichten und Erfahrungen verdient. Zu diesem Zweck
wendet er sich einerseits gegen die bisherigen Statistiken, in so fern sie die mit
der einfachen Thyreotomie behandelten Fälle unterschiedslos von den 50er Jahren
an bis in die Gegenwart hinein susammenfassen, und zeigt, dass zu einer richtigen
Würdigung dieser Methode nur diejenigen Fälle aus der neueren Zeit herangezogen
werden dürfen, welche auf Grund einer verbesserten frühzeitigen Diagnosenstellung
und nach den Erfahrungen und Errungenschaften der modernen Operationstechnik
operirt worden sind. Andererseits berichtet er über seine eigenen Ergebnisse an
13 Thyreotomirten. Von diesen starben 3 in Folge der Operation, in einem
10 Monate nach der Operation verstorbenen Falle blieb es zweifelhaft, ob der
Tod in Folge eines Recidivs eingetreten sei; von den übrigen 9 Fällen sind 5
länger als 3 Jahre geheilt, 1 länger als 2 Jahre und 3 länger als 1 Jahr recidiv-
frei. Die Stimme lässt nur in einem Falle zu wünschen übrig, sonst ist sie nach
der Operation besser geworden, als sie vorher war. Gegenüber der intralaryn-
gealen Behandlung verhält sich S. nach wie vor äußerst skeptisch und will sie
nur für ganz besonders günstige Verhältnisse zulassen, für die Totalexstirpation
kann er sich, ohne ihre Berechtigung zu bestreiten, wegen des qualvollen Folge-
sustandes, den sie schafft, nicht erwärmen, Teichmann (Berlin).
118 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
50) ©. Goris. Sur un cas de goitre r&tro-sternal profond, opéré.
(Bull. de l’acad. royale de med. de Belgique T. XI. No. 7.)
Der Fall betrifft eine 50 Jahre alte Frau. Es musste die Totalexstirpation
vorgenommen werden, weil die ganze Geschwulst cystisch und fettig degenerirt
war. Die Geschwulst ragte bis auf den Hersbeutel hinab, wo sich Verwachsungen
fanden, die vorsichtig gelöst wurden. Der Puls war vor der Operation stets
über 100, nach derselben ging er allmählich auf 84 herunter. Heilung ohne
Zwischenfall. Bis jetzt sind 9 Monate verflossen, ohne dass etwa Myxödem ent-
standen wäre. Pat. hat in der Rekonvalescenz kleine Dosen Thyreoidin bekommen.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
51) M. Kreis. Zur Kasuistik der Fractura sterni mit Beschreibung
eines seltenen Präparats aus der Sammlung der pathologisch-ana-
tomischen Anstalt zu Greifswald.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Die Brüche verlaufen meist quer, zwischen Manubrium und Corpus; sie sind
meist einfach. Von den seltenen mehrfachen Brüchen beschreibt Verf. einen Fall,
bei dem der obere und untere Theil des Brustbeins sich hinter das losgesprengte
Mittelstück geschoben hatten. Happel (Darmstadt).
62) F. Gostynski. Über die Kasuistik der Frakturen der Processus
transversi der Lendenwirbel.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Die gesicherte Lage etc. der Proc. transv. macht isolirte Frakturen derselben
zur Seltenheit, erschwert aber auch deren Diagnose. Verf. führt 2 Fälle dieser
isolirten Fraktur an, von denen der erste durch Operations-, der zweite durch
Sektionsbefund festgestellt wurde; beide waren durch Fall entstanden. Zahlreicher
sind die Frakturen der Proc. transv. in Verbindung mit Frakturen der Wirbel-
körper selbst; hierfür giebt Verf. mehrere Beispiele. Am Schluss folgt eine
3. Krankengeschichte, die von der Nekrose eines Proc. transv. und dessen Ent-
fernung handelt. Happel (Darmstadt).
53) H. Schmid. Ein Fall von Wirbelsäulenmissbildung (Cranio-
rachischisis). (Aus dem orthopäd. Institut von Dr. A. Lüning und
Dr. W. Schulthess in Zürich.)
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
8. berichtet sehr eingehend über die Untersuchung eines weiblichen Fötus
aus dem Ende der Schwangerschaft, der vielfache Missbildung zeigt, namentlich
1) Spaltung der Wirbelbogen und des Hinterhauptbeins: Craniorachischisis,
2) Verkrämmung der Wirbelsäule: Lordoskoliose im lumbodorsalen Theil, Rechts-
drehung oben, Linksdrehung in den unteren Partien, 3) Spaltung der Wirbelkörper
im cervicalen und oberen dorsalen Theil der Wirbelsäule, 4) Versprengung von
Wirbelbogen im lumbodorsalen Theil der Wirbelsäule.
Aus einer Zusammenstellung der in der Litteratur beschriebenen Fälle geht
hervor, dass keiner von diesen völlig mit dem von S. untersuchten übereinstimmt.
o J. Biedinger (Würzburg).
54) Lange. Zur Ätiologie der Skoliose.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
L. theilt kurz die Krankengeschichten von 4 Kindern mit, bei denen im Ge-
folge von Herzhypertrophie Skoliose auftrat. Nach seiner Anschauung ist die
Herzhypertrophie die mechanische Ursache der Skoliose gewesen.
J. Biedinger (Würzburg).
55) J. Joseph (Berlin). Eine neue orthopädische Brustklammer.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 41.)
f J. hat die Klammer des Hoffa-Schede’schen Skoliosenapparates, welche
sich schwer handhaben lässt, und mit welcher man in der Praxis nicht gut aus-
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 119
kommt, durch eine neue ersetzt. Die genau beschriebenen Einzelheiten der Kon-
struktion sind durch eine der Mittheilung beigegebene Zeichnung veranschaulicht,
auf welche der Leser verwiesen sei. Die Vortheile des Apparates bestehen in
erster Linie darin, dass durch wenige Kurbelumdrehungen die Fixation des Pat.
einerseits sicher herbeigeführt, andererseits eben so schnell wieder aufgehoben
werden kann. Durch die sichere Fixation kann die obere Brustpartie selbst bei
starkem Druck auf den Buckel keine ausweichenden Achsendrehungen mehr
machen, und es kann ein Redressement des Buckels durch Druck nicht mehr vor-
getäuscht werden. Die bisherigen Bemühungen und Versuche, die stark redressirte
Gestalt in dieser verbesserten Stellung durch Geradehalter und Korsetts dauernd
festzuhalten, hat J. dahin modifieirt, dass er den durch einfache Suspension ge-
wonnenen Gipsabguss so weit umformt, wie sich die Körpergestalt durch das lange
Zeit hindurch geübte Redressement im Hoffa-Sch ede’schen Apparat verbessern
ließ. Das Redressionskorsett wird erst auf die durch Abtragen der abnormen
Vorwölbungen und durch Ausfüllen der abnormen Vertiefungen mit Gips stark
korrigirte Form des Gipsabgusses gearbeitet. 2 Photogramme eines jungen
Mannes mit Skoliose III. Grades, ohne und mit Korsett dargestellt, illustriren
den Grad der auf diese Weise erreichten Gestaltverbesserung vortrefflich.
Gold (Bielitz).
56) J. M. Clarke and C. A. Morton. A case of operation for abscess
of the lung due to localised necrosis.
(Brit. med. journ. 1897. September 25.)
Ein 45jähriger Kanalarbeiter, seit Jahren an epileptischen Anfällen leidend,
erkrankte subakut unter Übelkeit, Erbrechen, an Husten, der sich anfallsweise
einstellte, Dyspno&, übelriechendem Auswurf.
Es bildete sich schließlich auf der rechten Lunge hinten von der Höhe des
4. Brustwirbels bis unterhalb des Schulterblattes eine Dämpfung heraus mit bron-
chialem Athmungsgeräusch, Rasselgeräuschen, erhöhtem Stimmfremitus, nach
außen vom 5. und 6. Brustwirbel amphorisches Athmen, Bronchophonie. Auf
Grund dieser Symptome, abendlicher Temperatursteigerungen, fötiden Auswurfes
wurde die Diagnose auf Lungengangrän und Abscess gestellt.
Chloroformnarkose. Lagerung auf die erkrankte Seite! Probepunktion in
dem Dämpfungsbesirk, mehrmals erfolglos, ergiebt schließlich an einer Stelle
stinkenden Eiter. Bildung eines Haut-Muskellappens, Resektion der beiden der
Punktionsstelle benachbarten Rippen, Pleura adhärent. Incision in die Dunge
unter Leitung der Punktionsnadel, geringe Blutung, kleine Abscesshöhle. — Tam-
ponade mit Jodoformgaze. — Besserung des Allgemeinbefindens, Nachlassen des
Hustens, vor Allem Auswurf nicht mehr übelriechend.
12 Tage nach der Operation 6 schwere epileptische Anfälle und Tod im
Koma.
Die Autopsie ergab außer dem schon bei der Operation konstatirten gangrä-
nösen Herd im rechten Unterlappen nichts Wesentliches. Nur ist erwähnenswerth,
dass die kleine Abscesshöhle mit einem erweiterten, verdickten, ulcerirten Bronchus
in direkter Kommunikation stand.
Die Ursache für die Erkrankung, deren Prognose nach der Operation eine
gute gewesen ist, sieht M. bei dem Fehlen von Bronchiektasien in den Lungen
in der Schädigung, der Pat. bei seiner Arbeit durch die Einathmung von Kanal-
gasen längere Zeit ausgesetzt gewesen ist. F. Krumm (Karlsruhe).
57) A. Bucalossi. Bakteriologische Untersuchungen bei einem Em-
pyem der Pleurahöhle und bei einer vereiterten Echinococcuscyste
der Leber.
(Policlinico 1897. Juni 1.)
Verf. berichtet über folgenden Fall: Ein 40jähriger Mann leidet seit seinem
25. Jahre an Magen-Darmstörungen, Aufstoßen, Schmerzen, Verstopfung und
Diarrhöe. In der letzten Zeit akut erkrankt mit Knochen- und Muskelschmerzen,
120 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
heftiger Diarrhöe, gastrischen Störungen, Fieber. Starke Schmerzen in der Leber-
gegend. Das Fieber nahm einen intermittirenden resp. remittirenden Typus an.
Auf der rechten Thoraxhälfte ließ sich eine von der 3.—4. Rippe abwärts reichende
Dämpfung (Exsudat) nachweisen; die sich hieran anschließende Leberdämpfung
geht beträchtlich über den Rippenbogen hinaus. Die Leber erweist sich druck-
schmerzhaft; keine Fluktuation. Es wurde die Diagnose gestellt auf: Angio-
cholitis, vermuthlich mit multiplen Leberabscessen, rechtsseitige eitrige Pleuritis.
Das Pleuraexsudat wurde operativ (durch Schnitt) entleert, wobei etwa 6 cm der
7. Rippe resecirt wurden. Das Exsudat erwies sich als vorwiegend serös; es
zeigte sich jedoch, dass die Pleurahöhle kommunicirte mit einem unter dem
Zwerchfell liegenden Sack, aus welchem sich alsbald etwa 1 Liter gelblichen
Eiters entleerte. Ausspülung, Drainage. Zunächst Nachlass des Fiebers, dann
Wiederanstieg; erneute Eiterentleerung. Weiterhin Austritt von Galle durch die
Fistel. Eines Tages Ausstoßung eines eystischen Sackes, der an den charakte-
ristischen Haken als Echinococcus erkannt wurde. Heilung mit Hinterlassung
einer Gallenfistel.
Sowohl von dem serösen als auch von dem eitrigen Exsudat und von der
Galle wurden Kulturen in der üblichen Weise angelegt. Dabei fand sich stets
ein Bacillus mit abgerundeten Enden, sehr gut zu färben mit Karbolfuchsin, nicht
färbbar nach Gram. Derselbe hatte in mancher Beziehung (keine Verflüssigung
der Gelatine, keine Milcheoagulirung, keine Indolreaktion ete.) Ähnlichkeit mit
dem Typhusbacillus; da er jedoch in Anderem wieder von dem Verhalten dieses
Bacillus abwich (Fehlen der Widal’schen Reaktion), so will ihn Verf. dem Bact.
coli zurechnen. Er zeigte sich pathogen für Meerschweinchen und Kaninchen.
H. Bartsch (Heidelberg).
58) H. Peham. Riesenzellensarkom des Kreuzbeins.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 241.)
Als Riesenzellensarkom bestimmt wurde eine etwa kindskopfgroße Geschwulst
des unteren Kreuzbeinendes, welches in der Albert’schen Wiener Klinik einem
17jährigen Manne exstirpirt wurde. Die Geschwulst war unter ziemlich starken
Schmerzen binnen etlichen Monaten entstanden und, da sie fluktuirte, für einen
kalten Abscess gehalten. Die Operation mittels J,ängsschnittes ergab das Vor-
handensein der Geschwulst, welche von der Beckenmuskulatur scharf abpräparirt
werden musste, vom Mastdarm aber leicht auf stumpfem Wege lösbar war und
nach* oben mittels Meißelschnitt etwa in der Höhe des 3. Kreuzwirbels abgenom-
men wurde. Provisorische Wundtamponade der gesetzten Höhle, später sekun-
däre Naht. Heilung ohne nervöse Ausfallserscheinungen. Der Mastdarm bildete
danach in der Stelle der Knochenlücke eine große Blase, und machte die ganze
Steißbeingegend hier die Athembewegungen mit (Vorwölbung bei der Inspiration).
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
59) Phocas (Lille. Deux cas de tumeurs sacro-coccygiennes.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 847.)
Der erste Fall betraf ein 5jühriges Kind mit einer Geschwulst von 12 cm
Breite, 11 cm Höhe, die zweite ein solches von 22 Monaten mit einer Geschwulst
von 43cm Umfang, deren Stiel 9 cm breit war, 25 cm im Umfang maß. Beide
Geschwülste waren mehrkammerig eystisch und zeigten die verschiedensten Ge-
websbestandtheile. Exstirpation in beiden Fällen von Erfolg begleitet. P. räth,
mit einer Operation zu warten, bis die Kinder ein Alter erreicht haben, in welchem
sie etwas widerstandsfähiger geworden sind, und bei großen Geschwülsten die
Exstirpation in mehreren Sitzungen stückweise vorzunehmen.
Reichel (Breslau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
E. von Borgman, $ Kinig, E. Bihter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
D
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 5. Sonnabend, 5. Februar. 1898.
Inhalt: I. H. Strehl, Eine Forderung für den aseptischen Operationssaal. — II. K
Roser, Zur Behandlung der Kiefergelenksankylose. (Original-Mittheilungen. )
1) le Dentu und Delbet, Chirurgie. — 2) v. Hofmann, Atlas der gerichtlichen Me-
diein. — 3) Courmont, Erysipel- und Marmorek’scher Streptococcus. — 4) Frey, Aktino-
mykose. — 5) Bryant, Mastdarmvorfall. — 6) Rose, 7) B6lln, Mastdarmgeschwülste. —
8) Liermann, Vaginale Mastdarmoperationen. — 9) Stierlin, 10) Cordero, 11) Jonnesco,
Zur Milzchirurgie. — 12) Weber, 13) Adler, 14) Lange, 15) Kümmeli, Zur Leberchirurgle.
— 16) Körte, Pankressentzündung. — 17) Berkeley, Gekröscysten.
B. Goldberg, Querleiste der Harnröhre und Prostatitis acuta gonorrholca. (Orig.-Mitth.)
18) Curry, Bakteriologische Untersuchungen bei chirurgischen Operationen. — 19) MUI-
ler, Knochenabscesse. — 20) Nölaton, 21).Reclus, 22) Csesch, 23) Boeckel, Zur Mast-
darmehirurgie. — 24) v. Beck, 25) Nannotti, Zur Milzchirurgi. — 26) Homans, Ka-
suistik. — 27) Harris und Herzog, 28) Schwarz, Gekrösgeschwülste. — 29) Heberlein,
Darm- und Leberresektion. — 30) Faure, 31) Kummer, 32) Franke, 33) Thomson,
34) Segond, Zur Leberchirurgie. $
(Aus der Königsberger chir. Universitäts-Klinik.)
I. Eine Forderung für den aseptischen Operationssaal,
Von
Dr. Hans Strehl,
Assistenzarzt der Klinik.
Schon v. Langenbeck macht in seiner Akiurgie auf die Ge-
fahren des Chloroformirens bei Gaslicht aufmerksam. Während der
Jahre 1889 und 1890 ist die Frage der Chloroformzersetzung vielfach
besprochen und experimentell nachgewiesen worden. Jedoch ist
immer nur die Gefahr des Gases als Leuchtquelle erwähnt worden,
was ganz natürlich ist, da man das Gas früher nur zur Beleuchtung
des Operationssaales brauchte.
Bei der heutigen aseptischen Operationsmethode ist es jedoch
nothwendig, entweder im Operationssaale selbst oder jedenfalls un-
mittelbar daneben Sterilisationsapparate für Instrumente, Seide und
eventuell auch Kochsalzlösung in Betrieb zu haben. Dass an den
meisten Orten dazu Gasheizung verwendet wird, ist wohl voraus-
5
122 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
zusetzen. Es stellt sich nun der Gasverbrauch dieser Apparate be-
deutend höher als der der eventuellen Gasbeleuchtung. Dadurch
werden eine Menge schädlicher Verbrennungsgase, obwohl es Bunsen-
brenner sind, in der Atmosphäre des Saales, die an und für sich
schon mindestens als nicht vortheilhaft für einen Pat. zu bezeichnen
sind, verbreitet. Da ferner auch die Gefahr der Chloroformzersetzung
(wenn auch nicht so groß wie bei Gasbeleuchtung, weil diese meist
in größerer Nähe des Operationstisches angebracht ist) vorhanden ist,
ist es wohl die Pflicht des Arztes, die Gefahr für den Pat. zu be-
seitigen. Es wird wohl jedem Operateur bisweilen schon die mangel-
hafte Atmosphäre in den feuchtwarmen Operationssälen aufgefallen sein.
Durch genügende Ventilation ließe sich Abhilfe schaffen, jedoch
lässt sich wohl technisch schwer eine genügende Ventilation und
genügendes Warmhalten des Operationssaales besonders in kalten
Gegenden vereinigen. Jede Verunreinigung der Atmosphäre ist da-
gegen bequem dadurch zu vermeiden, dass man die nothwendig
während der Operation arbeitenden Sterilisationsappsrate unter Ab-
zügen aufstellt, wie sie in chemischen Laboratorien schon längst ver-
wendet werden. Die Einrichtung dieser Abzüge dürfte wohl in
keinem Operationssaale auf bauliche Schwierigkeiten stoßen, auch
würde der Preis nicht hoch zu stehen kommen. Jedenfalls kann
man sich dann bewusst sein, eine Gefahr für den Pat., die doch
überall mehr oder minder sicher vorhanden ist, vollständig beseitigt
zu haben. In der Königsberger chirurgischen Universitätsklinik ist
man im Begriff, diese nothwendigen Änderungen zu treffen.
II. Zur Behandlung der Kiefergelenksankylose‘,
Von
Karl Roser in Wiesbaden.
Nach den Gelenkresektionen, die wegen narbiger Kieferklemme
oder wegen Ankylose ausgeführt werden, entstehen bekanntlich leicht
Recidive. Um dem vorzubeugen, habe ich in einem solchen Falle
mit gutem Erfolg eine Goldplatte in das resecirte Gelenk
eingelagert.
Ein 22jähriger Kaufmann E. H. aus Alsenz ist vor 16 Jahren von einem
Wagenrad an der linken Gesichshälfte schwer gequetscht worden. Das Jochbein
und der Schädel sei gebrochen und in der Wange sei eine tiefe Wunde gewesen.
Eine Hornhautverletzung führte zum Verlust des Auges. Der Unterkiefer und
das Gelenk scheinen unbetheiligt geblieben zu sein. Desshalb war Anfangs die
Beweglichkeit des Unterkiefers noch eine gang gute. Dann aber nahm die Kiefer-
klemme immer mehr zu, und seit 4 Jahren können die Schneidezähne nicht mehr
von einander entfernt werden. Seit der Zeit hat der Pat. nur noch breiige und
flüssige Nahrung zu sich genommen. Da außerdem auch die Sprache ziemlich
behindert war, wünschte der Pat. von seinem Leiden befreit zu werden.
1 Nach einem im ärztlichen Verein zu Wiesbaden gehaltenen Vortrage.
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 123
Ich fand in der Gegend des linken Masseters eine breite strahlige, mit der
Unterlage fest verwachsene Narbe und fühlte, dass im Gelenk links sowohl wie
rechts noch gans geringe Verschiebungen vor sich gingen. Es handelte sich dem-
nach nicht um eine knöcherne Ankylose. Trotsdem musste die Resektion des
Gelenkfortsatzes vorgenommen werden, weil ohne sie an eine Mobilisirung des
Unterkiefers nicht zu denken war.
Am 2. December 1897 machte ich diese Operation, indem ich die Gelenk-
gegend durch den von König angegebenen T-Schnitt freilegte, dabei aber, wie
es Kraske? empfohlen, den horizontalen Schnitt im Bogen über der Ohrmuschel
hin fortführte, so dass dieser Schnitt im Ganzen 8cm lang wurde. Die Tempo-
ralia musste durchschnitten und unterbunden werden. Der Facialis blieb intakt.
Nur mit großer Mühe ließen sich die narbigen Schwarten, die das Gelenk deckten,
nach unten hin zurückschieben. Der Gelenkfortsats wurde durch einen geraden
Meißel in 2 Portionen 1 cm weit unterhalb der Gelenklinie durchgeschlagen und
mit einem Löffel herausgehoben. Dabei wurde auch ein dünner Zwischenknorpel,
auf dessen Vorhandensein gar nicht mehr gerechnet werden durfte, entfernt. Der
Gelenkfortsatzs selbst trug nur noch an einer kleinen Stelle einen knorpeligen
Überzug, war aber nicht deformirt. S
Die Wunde wurde zunächst tamponirt und nun zur Öffnung des Mundes
geschritten. Es gelang, zwischen die Backenzähne der rechten Seite einen
W. Roser’schen Dilatator einsuschieben und, nachdem dieser etwas gewirkt hatte
auch auf der linken Seite einen ebensolchen, aber sehr stark gebauten Dilatator:
zur Anwendung zu bringen. Durch deren gleichzeitiges Öffnen wurden unter
großer Kraftentfaltung die Zahnreihen nach und nach so weit von einander ent-
fernt, dass ein Daumen zwischen die Schneidezähne geschoben werden konnte. Um
das so mühsam Erreichte gut auszunutzen, wurde ein Champagnerpfropfen zwischen
die rechten Backenzähne geklemmt.
Nun schritt ich zu der schon angedeuteten Einlagerung einer Goldplatte in
das resecirte Gelenk. Ich schnitt aus einer ungefähr 10markstückdicken Platte
von Feingold, wie sie von den Scheideanstalten an die Goldarbeiter verkauft wird,
mit einer starken Schere ein nierenförmiges, 2 om langes und 11/4 cm breites Stück
aus, rundete seine Ecken ab und bog es mit einer Zange leicht napfförmig zurecht,
so dass es in die Gelenkgrube passte. Diese Platte wurde dann in die Resektions-
lücke eingelagert, und zwar so, dass ihr Längsdurchmesser sagittal gestellt war.
Versenkte Naht der tieferen Weichtheile. Sehr genaue Hautnaht. Verband aus
feuchtem Sublimatmull.
Die Wunde war in 8 Tagen unterm Schorf geheilt. Kein Fieber. Das Ge-
sperrtsein des Mundes verursachte Anfangs großes Unbehagen, wurde dann aber
geduldig ertragen, weil eine um so schnellere Wiederkehr der Beweglichkeit des
Gelenks in Aussicht gestellt werden konnte.
Am 10. Tage wurde der zwischen die Zähne geschobene Kork weggelassen
und mit den aktiven und passiven Übungen angefangen. Die aktive Bewegung
betrug zunächst nur 1 cm. Durch die Dilatation mit einem knieförmig abgeboge-
nen Heister’schen Mundsperrer dagegen konnten die Schneidezähne 21/2 cm von
einander entfernt werden. Der Mundsperrer wurde während der nächsten 14 Tage
täglich 4mal eingelegt, Anfangs unter ziemlich beträchtlichen Schmerzen in der
Gelenkgegend, später ohne wesentliche Beschwerden.
Am 19. December, also am 17. Tage nach der Operation, wurde der Pat. aus
dem Krankenhaus entlassen.
Am 3. Januar 1898 stellte er sich mir wieder vor. Er kann jetzt die Zahn-
reihen spontan 13/, cm weit öffnen. Mit dem Mundsperrer bringt er es auf 21/3 cm.
Kauen und Sprechen sind ungehindert.
Wenn ich diese neue Behandlungsweise, gestützt auf den einen
erst vor einigen Wochen operirten Fall jetzt schon veröffentliche,
2 Baumgärtner, Über die wahre Ankylose des Kiefergelenks. Beiträge zur
klin. Chirurgie 1896. Bd. XVII. p. 185.
5*
124 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
wird mir vielleicht der Vorwurf gemacht, dass es zu früh sei, von
einem guten Resultat zu sprechen. Ich glaube aber erstens, dass
der energische und intelligente Pat. das, was erreicht ist, nicht ver-
loren gehen lassen, sondern sich gehörig üben wird, und zweitens liegt
mir daran, dass mein Vorschlag von anderen Operateuren nachgeprüft
wird. Ich bin nämlich der Ansicht, dass sich die Interposition einer
Goldplatte namentlich bei den arthrogenen Kiefergelenksankylosen
gut bewähren und da noch mehr leisten wird, als in meinem Falle,
bei dem es sich im Wesentlichen um eine narbige Kieferklemme
handelte, die der Nachbehandlung ganz besondere Schwierigkeiten
bieten musste.
Auf die Frage, wesshalb ich gerade eine Goldplatte und nicht
irgend eine anderes Material gewählt habe, antworte ich, dass es
mir darauf ankam, eine biegsame Scheibe zu verwenden, die sich der
Gelenkgrube genau anschmiegen und immer glatt bleiben sollte. Ich
rechne sogar damit, dass die Goldplatte leichte Verschiebungen, ähn-
lich dem Zwischenknorpel, der in das normale Gelenk eingefügt ist,
mitmachen und dem Nach-vorne-Gleiten des Kiefers Vorschub leisten
wird.
Es bleibt mir noch übrig, auf die jüngsten von anderen Chirurgen
empfohlenen Operationsmethoden hinzuweisen und sie mit meiner
Interpositionsmethode zu vergleichen.
Helferich hat auf dem 23. Chirurgenkongress® im Jahre 1894
ein Kind gezeigt, bei dem er vor 8 Monaten die Interposition eines aus
dem Temporalmuskel gebildeten Lappens zur Verhütung des Recidivs
ausgeführt hatte. Das Kind konnte die Schneidezähne »um reichlich
2'/, cm von einander entfernen«. Dieses für ein Kind ausgezeichnete
Resultat ist aber wohl nur zum kleineren Theil auf die Interposition,
zum größeren dagegen auf die recht ausgiebige Resektion zurück-
zuführen. Helferich hat nämlich außer 1!/, cm vom Unterkiefer
auch noch die Wurzel des Jochfortsatzes? fast in der ganzen Aus-
dehnung der Gelenkgrube reseciren müssen, weil sich der Temporal-
lappen sonst nicht hätte interponiren lassen. Auch Kraske ist
der Ansicht, dass in dem Helferich’schen Falle die ausgiebige
Resektion das Wesentliche gewesen sei. Er hat desshalb Helferich’s
Vorschlag der Interposition nicht adoptirt, sondern hat es »für das
Wichtigste erklärt, dass ein möglichst großes Stück vom Gelenkfort-
satz entfernt werde«. Diese ausgiebige Resektion kann ganz ge-
wiss zum Ziele führen, sie sollte aber, wenn irgend möglich,
vermieden werden; denn sie erzeugt eine Inkongruenz der Zahn-
stellung, die das Kauen sehr erschwert, indem die hintersten Backen-
zähne sich an einander stemmen, ohne dass die vorderen sich be-
rühren können. Auch wirkt die Asymmetrie des Gesichts, die auf
die weitgehende einseitige Resektion hin entsteht, sehr entstellend.
3 Verhandl. p. 504.
4 Vgl. 1. c. Taf. VIII, Fig. 1.
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 125
Außer Helferich und unabhängig von ihm hat auch Roche?
die Muskelinterposition bei der Behandlung der Kiefergelenksankylosen
empfohlen. Er verlangt aber die Resektion eines großen Keils aus dem
aufsteigenden Kieferast und interponirt einen Theil des Masseters.
Rochet behauptet, dieses Verfahren sei technisch weit leichter und
ungefährlicher, als die bisher gewöhnlich geübte Resektion des Ge-
lenkfortsatzes. Dem ist zu entgegnen, dass diese Operation aller-
dings bei narbiger Verdickung der Weichtheile oder starker Knochen-
deformation und Ankylose recht schwierig sein kann, dass aber die
Gefahr einer Facialisverletzung ganz sicher zu vermeiden ist, wenn
man den Kraske’sche Schnitt über der Ohrmuschel hin führt und
dadurch die Weichtheile über und hinter dem Gelenk so verschieb-
lich macht, dass man die unteren Weichtheile, ohne bis zum Facia-
lis hin schneiden zu müssen, nach unten ziehen kann. Gegen das
Rochet’sche Verfahren ist ferner einzuwenden, dass eine Pseud-
arthrose im aufsteigenden Kieferast ganz unmöglich funktionell das-
selbe leisten kann wie eine Nearthrose an der Stelle des alten Ge-
lenks.
Wenn man das Alles neben einander abwägt, wird man wohl
zu der Überzeugung kommen, dass der Weg, den ich hier empfohlen
habe, der einfachste, am wenigsten verstümmelnde ist und nament-
lich am sichersten einem Recidiv vorbeugt.
Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass ich beabsichtige,
auch bei Ankylosen anderer Gelenke die, eventuell nur temporäre,
Interposition von Metall- oder Gummiplatten zu versuchen.
1) A. le Dentu und P. Delbet. Traité de chirurgie cli-
nique et opératoire. Tome IV und V.
Paris, 1897.
Der IV. Band des an dieser Stelle schon mehrfach besprochenen
französischen Lehrbuches befindet sich schon seit längerer Zeit in
den Händen der dafür interessirten Leser. Dieselben haben sich
daher selbst überzeugen können, dass derselbe vollständig dem Rah-
men des Ganzen entspricht und eine höchst sorgfältige und ge-
diegene Arbeit darstellt, in welcher namentlich mit großer Sorgsam-
keit auch die auswärtige Litteratur benutzt worden ist. Einzelne
Kapitel in demselben sind vollständige kleine Monographien für sich,
die, klar und anziehend geschrieben, anregend und belehrend zu-
gleich auf uns wirken müssen. Den Inhalt des Bandes bilden:
Schwartz, Chirurgische Krankheiten der Nerven, Delbet,
Erkrankungen der Arterien, Schwartz, diejenige der Venen, Bra-
dier, Erkrankungen des Lymphgefäßapparats, Chipault, Erkran-
kungen des Schädels und des Gehirns, der Wirbelsäule und des
5 Arch. prov. de chir. T. V. p. 125.
126 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
Rückenmarks. Namentlich letzterer Verf. ist bereits weiteren Kreisen
durch seine Arbeiten auf dem gleichen Gebiet bekannt.
Der V. Band enthält die Darstellungen der Krankheiten des
Ohres, des Auges, der Nase, des Schädels und Gesichts aus der
Feder von Terson, Castex, Le Dentu, Nimier. So weit wir auf
diesen Gebieten zu einem Urtheil berufen sind, können wir auch
hier nur die früheren Worte der Anerkennung wiederholen.
Tietze (Breslau).
2) E. Ritter v. Hofmann. Atlas der gerichtlichen Medicin,
nach Originalen von Maler A. Schmitson.
Lehmann’s medicinische Handatlanten Bd. XVII. München, J. F. Lehmann, 1597.
Mit 56 farbigen Tafeln und 193 schwarzen Abbildungen.
Zweifellos ist wohl v. His Lehrbuch der gerichtlichen Medicin,
das in verhältnismäßig kurzer Zeit 8 Auflagen erlebt hat, das beste
Buch über das genannte Fach. Neben ihm und als Ergänzung zu
ihm hat der leider vor Kurzem gestorbene Autor nun noch obigen
Atlas herausgegeben, »um den Studenten und praktischen Arzt in
den Stand zu setzen, sich ohne große Auslagen — 15 #4 — über die
wichtigsten gerichtlich-medicinischen Vorkommnisse im Bilde zu in-
formiren«e. Er bringt aus dem reichen Schatz seiner Erfahrung eine
große Anzahl trefflicher, zum nicht geringen Theil farbiger Bilder,
deren jedes mit einem Begleitwort, nicht selten einem längeren Be-
richt versehen ist, der auf das Specifische des Einzelfalles hinweist,
hier und da auch einmal eine allgemeine Frage kurz berührt. Der
Chirurg findet in reicher Zahl interessante Verletzungen durch die
verschiedensten Instrumente, namentlich auch durch Schusswaffen
erzeugt, abgebildet. Aber auch die übrigen Theile des Buches müssen
jedem Arzt hohes Interesse abgewinnen. Dasselbe wird Manchem
in einem Gerichtsfall, dem er etwa zum ersten Mal in seiner Praxis
begegnet, ein gewissenhafter Rathgeber sein. Das Alles dürfte
danach bald eine weite Verbreitung sichern. Richter (Breslau).
3) J. Courmont. Le streptocoque de l’erysipele et celui
de Marmorek sont des espèces microbiennes différentes.
(Province méd. 1897. No. 34.)
Nach seinen bakteriologischen Prüfungen hält C. an der Schei-
dung des Erysipelcoccus von dem hochvirulenten Streptococcus Mar-
morek’s fest. Äußerlich unterscheiden sie sich etwas in der Be-
ständigkeit ihrer Form. In Bezug auf die Virulenz lässt sich der
Erysipelcoccus nicht über eine bestimmte Höhe hinaus züchten, welche
hinter der Virulenz des Marmorek’schen Coccus weit zurücksteht.
Der fundamentale Unterschied besteht aber darin, dass selbst der
abgeschwächte Marmorek’sche Coccus nie die Wirkung des Erysipel-
coccus hervorbringt, ein wirkliches Erysipel. Bringt man die Viru-
lenz beider Kokken ungefähr auf die gleiche Höhe, so ist ihre Wir-
kung doch stets verschieden. Der Marmorek’sche Coccus hat
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 127
blutiges Exsudat im Bauchfell oder Herzbeutel, große Milz, allgemeine
Kongestion bei rascher tödlicher Wirkung zur Folge. Der Erysipel-
coccus bringt es nie zum blutigen Exsudat in den serösen Höhlen,
sondern nur zu krupösen Membranen, dagegen zu lokalem Erysipel;
die Milz bleibt klein, etc. Herm. Frank (Berlin).
4) Frey. Klinische Beiträge zur Aktinomykose.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
An der Hand der Litteratur und des Materials der Czerny-
schen Klinik (25 Fälle) schildert F. das klinische Bild der Aktino-
mykose. Nach dem Verlauf unterscheidet er 3 Formen: 1) die akute,
unter dem Bilde einer Infektionskrankheit verlaufende (pyämische
Form), 2) die subakute, ähnlich dem Bilde einer chronischen Phleg-
mone, 3) die chronische Form, in ihrem Verlauf einer Kachexie,
die etwa einer echten Infektionsgeschwulst zu folgen pflegt, gleichend.
Zwischen den einzelnen Formen kommen Übergänge vor; die häufigste
(»typische«) Form ist die zweite. Sie bietet im Allgemeinen eine
günstige Prognose, während diese bei den anderen, namentlich der
3. Form, schlechter ist. Übrigens findet sich unter den Heidelberger
Beobachtungen kein Todesfall. Therapeutisch tritt F. für möglichst
radikale Operation ein, bei welcher dem scharfen Löffel die Haupt-
rolle zufällt. Derselbe wird unterstützt durch den Thermokauter und
chemische Desinficientien. Auch die interne Jodkalimedikation wird
empfohlen. Von anderen nicht operativen Behandlungsmethoden
weist F. noch besonders auf die parenchymatösen Alkoholinjektionen
hin, welche durch die energische Gewebsneubildung, die sie veran-
lassen, wirksam sein sollen. Hofmeister (Tübingen).
5) Bryant. Colopexy for the relief of prolapsus of the
rectum.
(Annals of surgery 1897. August.)
Zur Heilung hochgradiger und hartnäckiger Fälle von Mast-
darmvorfall ist im Jahre 1889 von Jaennel die Methode der Kolo-
pexie angegeben worden, die darin besteht, dass von einem Schräg-
schnitt über dem linken Poupart’schen Bande aus das Bauchfell
eröffnet und die Flexur ergriffen und so stark angezogen wird, dass
dadurch der Vorfall verschwindet. In dieser Lage wird der Darm
in der Bauchwunde durch Nähte befestigt. In den meisten Fällen
aber würde bei diesem Verfahren sehr bald zum mindesten ein
Schleimhautvorfall wieder eintreten, wenn nicht vorher die Konti-
nenz des Schließmuskels wieder hergestellt würde. Man erreicht
dies am besten durch elektrische Behandlung desselben, nachdem
man nach Anlegung eines künstlichen Afters für einige Zeit den
Mastdarm außer Funktion gesetzt hat. Die Anlegung eines Kunst-
afters ist also die Voroperation, welcher sich gewöhnlich nach Mo-
naten der operative Verschluss der Kothfistel und die eigentliche
Kolopexie anschließt. In dem Falle des Verf. blieb die Kothfistel
128 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
übrigens bestehen. Trotz dieses komplicirten und gewiss nicht un-
gefährlichen (Ref.) Vorgehens schildert Verf. die Resultate der Ope-
ration als sehr gute. Unter 29 ihm bekannt gewordenen Fällen war
kein Todesfall zu verzeichnen, in 22 Fällen erfolgte kein Recidiv, in
3 Fällen ein partielles, in 4 ein vollständiges. Auch die Gefahr
eines Bauchbruches scheine in solchen Fällen nicht groß zu sein.
Tietze (Breslau).
6) W. Rose (London). Early colotomy in the treatement
of malignant diesease of the rectum.
(Practitioner 1897. Juli.)
Auf Grund eigener Erfahrungen so wie der Statistiken räth R. von
einer Radikaloperation der Mastdarmcarcinome ab. Nur wenn sich
die Erkrankung auf einen geringen Theil der Darmwand beschränkt,
ist die Exstirpation angezeigt. Dagegen spricht sich Verf. sehr für
die möglichst frühzeitige Anlegung eines Leistenafters aus. Nicht
erst wenn Erscheinungen der erschwerten Kothbeförderung eingetreten
sind, und der Kranke von Kräften gekommen ist, sondern sobald die
Diagnose auf Mastdarmkrebs gestellt wurde, soll der künstliche
After angelegt werden. Die Unbequemlichkeiten, welche dadurch
herbeigeführt werden, kommen wenig in Betracht gegenüber der
Verzögerung, welche das Wachsthum der Geschwulst erfährt, gegen-
über der Verminderung der Schmerzen und der Möglichkeit einer
reichlicheren Nahrungszufuhr. Selbst wenn die Exstirpation beab-
sichtigt wird, räth R. vorher einen künstlichen After anzulegen, um
den Gefahren einer Sepsis, einer sekundären Blutung und der Er-
schöpfung durch länger dauernde Eiterung und Schmerzen vor-
zubeugen.
Die Operation führt R. in der Weise aus, dass er den Schnitt
senkrecht auf eine vom Nabel zur Spina anterior superior gezogene
Linie und etwas unterhalb der Mitte derselben, anlegt. Die Flexur
wird möglichst nahe dem Colon descendens hervorgezogen in einer
Länge von mindestens 6 Zoll. Die Befestigung des Darmes in dieser
Lage wird lediglich durch eine Seidennaht, welche durch alle
Schichten des Wundrandes, durch das Mesenterium so wie die
Schichten des anderen Wundrandes und auf umgekehrtem Wege
zurückgeführt und dann geknüpft wird, ausgeführt. Nach 4—5 Tagen
findet die Abtragung des vorstehenden Darmes statt. Verf. zieht
diese Methode der Spornbildung allen anderen vor.
Strauch (Braunschweig).
7) Belin. De l’anus iliaque dans la cure radicale du can-
cer du rectum (Procédé de A. Reverdin).
(Progres med. 1897. No. 40.)
Auf Grund einer eigenen Operation empfiehlt Verf. ein Ver-
fahren, das Reverdin zuerst in dieser Form vorgeschlagen hat.
Nach Durchtrennung der freigelegten Flexur wird nämlich das peri-
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 129
phere Ende mit Invagination und .sero-seröser Naht verschlossen
versenkt; das centrale Ende wird, nachdem in dasselbe ein Glasrohr
mit ceirkulärer Einschnürung fest eingebunden ist, sero-serös und mit
durchgreifenden Nähten im oberen Wundwinkel eingenäht. Dann
wird die Bauchwunde geschlossen. Durch einen übergezogenen
Gummischlauch — Verf. bediente sich eines abgeschnittenen Rea-
gensglases und eines Luftschlauches aus einem Bicycle! — wird der
Darminhalt abgeleitet, und nun sogleich oder besser einige Tage
später die Exstirpation des Mastdarms angeschlossen. B. hält den
vorderen After für angenehmer für den Pat., die damit verbundene
Laparotomie für besser für den Operateur, als die üblichen Sacralafter.
Boesing (Hamburg).
8) Liermann. Über die vaginale Methode bei Mastdarm-
operationen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
Vier weitere von Rehn nach seiner vaginalen Methode operirte
Fälle (Exstirpatio recti 1) wegen luetischer Striktur, 2) wegen Car-
cinom, 3) Amputation und Torsion des Mastdarmes wegen Vorfall
und Inkontinenz, 4) Exstirpation von Mastdarm und Gebärmutter
wegen Carcinom) geben L. Veranlassung zur ausführlichen Beschrei-
bung der Methode und zu einer Vergleichung derselben mit der
sacralen nach Kraske. Abgesehen davon, dass sie weniger ein-
greifend ist als die letztere, rühmt Verf. ganz besonders die Übersicht-
lichkeit und freie Zugänglichkeit des Operationsfeldes, welche es
ermöglicht, rings herum, in erster Linie aber an der vorderen Mast-
darmwand unter Leitung des Auges zu operiren. Er kommt zu dem
Schluss, »dass für eingreifendere Mastdarmoperationen beim Weibe
bei Abwägung der sacralen gegen die vaginale Methode die Ent-
scheidung stets zu Gunsten der letzteren ausfallen wird«.
Diese weitgehende Schlussfolgerung vermag Ref. nach seinen
Erfahrungen mit der vaginalen Methode nicht ohne Weiteres zu
unterschreiben. Gewiss wird in Fällen wie die mitgetheilten, wo es
sich um Amputatio recti handelt, durch die an den Scheidenschnitt
sich unmittelbar anschließende Umschneidung des Afters ein pracht-
voll freier Zugang geschaffen. Ganz anders liegen aber die Ver-
hältnisse, wenn ein hochsitzendes Carcinom eine Resectio recti in-
dieirt, bei der die Rücksicht auf die Ernährung des zurückbleibenden
Sphinktertheils paraanale Schnitte höchstens in beschränkter Aus-
dehnung gestattet. Dann bleibt der Zugang wenigstens für die höher
gelegenen Partien doch recht eng, und gerade die hintere Circum-
ferenz des oberen Mastdarmtheils, wo man zu scharfer Durchtrennung
der natürlichen Anheftungen, ev. sogar zur Incision des Mesoromanum
genöthigt ist, wo außerdem relativ häufig Drüsen gefunden werden,
kann unerreichbar bleiben, und bleibt es ziemlich sicher, wenn man
sich nicht von vorn herein zur queren Durchtrennung des Darmes
entschließt und damit auf eine Vollendung der Ausschälung am
Bes
118 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
50) ©. Goris. Sur un cas de goitre r&tro-sternal profond, opéré.
(Bull. de l’acad. royale de med. de Belgique T.XI. No. 7.)
Der Fall betrifft eine 50 Jahre alte Frau. Es musste die Totalexstirpation
vorgenommen werden, weil die ganze Geschwulst cystisch und fettig degenerirt
war. Die Geschwulst ragte bis auf den Hersbeutel hinab, wo sich Verwachsungen
fanden, die vorsichtig gelöst wurden. Der Puls war vor der Operation stets
über 100, nach derselben ging er allmählich auf 84 herunter. Heilung ohne
Zwischenfall. Bis jetzt sind 9 Monate verflossen, ohne dass etwa Myxödem ent-
standen wäre. Pat. hat in der Rekonvalescenz kleine Dosen Thyreoidin bekommen.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
51) M. Kreis. Zur Kasuistik der Fractura sterni mit Beschreibung
eines seltenen Präparats aus der Sammlung der pathologisch-ana-
tomischen Anstalt zu Greifswald.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1697.
Die Brüche verlaufen meist quer, zwischen Manubrium und Corpus; sie sind
meist einfach. Von den seltenen mehrfachen Brüchen beschreibt Verf. einen Fall,
bei dem der obere und untere Theil des Brustbeins sich hinter das losgesprengte
Mittelstück geschoben hatten. Happel (Darmstadt).
62) F. Gostyneki. Über die Kasuistik der Frakturen der Processus
transversi der Lendenwirbel.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Die gesicherte Lage etc. der Proc. transv. macht isolirte Frakturen derselben
zur Seltenheit, erschwert aber auch deren Diagnose. Verf. führt 2 Fälle dieser
isolirten Fraktur an, von denen der erste durch Operations-, der zweite durch
Sektionsbefund festgestellt wurde; beide waren durch Fall entstanden. Zahlreicher
sind die Frakturen der Proc. transv. in Verbindung mit Frakturen der Wirbel-
körper selbst; hierfür giebt Verf. mehrere Beispiele. Am Schluss folgt eine
3. Krankengeschichte, die von der Nekrose eines Proc. transv. und dessen Ent-
fernung handelt. Happel (Darmstadt).
53) H. Schmid. Ein Fall von Wirbelsäulenmissbildung (Cranio-
rachischisis). (Aus dem orthopäd. Institut von Dr. A. Lüning und
Dr. W. Schulthess in Zürich.)
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
8. berichtet sehr eingehend über die Untersuchung eines weiblichen Fötus
aus dem Ende der Schwangerschaft, der vielfache Missbildung zeigt, namentlich
1) Spaltung der Wirbelbogen und des Hinterhauptbeins: Craniorachischisis,
2) Verkrümmung der Wirbelsäule: Lordoskoliose im lumbodorsalen Theil, Rechts-
drehung oben, Linksdrehung in den unteren Partien, 3) Spaltung der Wirbelkörper
im cervicalen und oberen dorsalen Theil der Wirbelsäule, 4) Versprengung von
Wirbelbogen im lumbodorsalen Theil der Wirbelsäule.
Aus einer Zusammenstellung der in der Litteratur beschriebenen Fälle geht
hervor, dass keiner von diesen völlig mit dem von S. untersuchten übereinstimmt.
2 J. Biedinger (Würzburg).
54) Lange. Zur Ätiologie der Skoliose.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
L. theilt kurz die Krankengeschichten von 4 Kindern mit, bei denen im Ge-
folge von Herzhypertrophie Skoliose auftrat. Nach seiner Anschauung ist die
Herzhypertrophie die mechanische Ursache der Skoliose gewesen.
J. Riedinger (Würzburg).
55) J. Joseph (Berlin). Eine neue orthopädische Brustklammer.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 41.)
J. hat die Klammer des Hoffa-Schede’schen Skoliosenapparates, welche
sich schwer handhaben lässt, und mit welcher man in der Praxis nicht gut aus-
Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 119
kommt, durch eine neue ersetzt. Die genau beschriebenen Einzelheiten der Kon-
struktion sind durch eine der Mittheilung beigegebene Zeichnung veranschaulicht,
auf welche der Leser verwiesen sei. Die Vortheile des Apparates bestehen in
erster Linie darin, dass durch wenige Kurbelumdrehungen die Fixation des Pat.
einerseits sicher herbeigeführt, andererseits eben so schnell wieder aufgehoben
werden kann. Durch die sichere Fixation kann die obere Brustpartie selbst bei
starkem Druck auf den Buckel keine ausweichenden Achsendrehungen mehr
machen, und es kann ein Redressement des Buckels durch Druck nicht mehr vor-
getäuscht werden. Die bisherigen Bemühungen und Versuche, die stark redressirte
Gestalt in dieser verbesserten Stellung durch Geradehalter und Korsetts dauernd
festzuhalten, hat J. dahin modifieirt, dass er den durch einfache Suspension ge-
wonnenen Gipsabguss so weit umformt, wie sich die Körpergestalt durch das lange
Zeit hindurch geübte Redressement im Hoffa-Schede’schen Apparat verbessern
ließ. Das Redressionskorsett wird erst auf die durch Abtragen der abnormen
Vorwölbungen und durch Ausfüllen der abnormen Vertiefungen mit Gips stark
korrigirte Form des Gipsabgusses gearbeitet. 2 Photogramme eines jungen
Mannes mit Skoliose III. Grades, ohne und mit Korsett dargestellt, illustriren
den Grad der auf diese Weise erreichten Gestaltverbesserung vortrefflich.
Gold (Bielitz).
56) J. M. Clarke and C. A. Morton. A case of operation for abscess
of the lung due to localised necrosis.
(Brit. med. journ. 1897. September 25.)
Ein 45jähriger Kanalarbeiter, seit Jahren an epileptischen Anfällen leidend,
erkrankte subakut unter Übelkeit, Erbrechen, an Husten, der sich anfallsweise
einstellte, Dyspno&, übelriechendem Auswurf.
Es bildete sich schließlich auf der rechten Lunge hinten von der Höhe des
4. Brustwirbels bis unterhalb des Schulterblattes eine Dämpfung heraus mit bron-
chialem Athmungsgeräusch, Rasselgeräuschen, erhöhtem Stimmfremitus, nach
außen vom 5. und 6. Brustwirbel amphorisches Athmen, Bronchophonie. Auf
Grund dieser Symptome, abendlicher Temperatursteigerungen, fötiden Auswurfes
wurde die Diagnose auf Lungengangrän und Abscess gestellt.
Chloroformnarkose. Lagerung auf die erkrankte Seite! Probepunktion in
dem Dämpfungsbesirk, mehrmals erfolglos, ergiebt schließlich an einer Stelle
stinkenden Eiter. Bildung eines Haut-Muskellappens, Resektion der beiden der
Punktionsstelle benachbarten Rippen, Pleura adhärent. Incision in die Irunge
unter Leitung der Punktionsnadel, geringe Blutung, kleine Abscesshöhle. — Tam-
ponade mit Jodoformgage. — Besserung des Allgemeinbefindens, Nachlassen des
Hustens, vor Allem Auswurf nicht mehr übelriechend.
12 Tage nach der Operation 6 schwere epileptische Anfälle und Tod im
Koma.
Die Autopsie ergab außer dem schon bei der Operation konstatirten gangrä-
nösen Herd im rechten Unterlappen nichts Wesentliches. Nur ist erwähnenswerth,
dass die kleine Abscesshöhle mit einem erweiterten, verdickten, ulcerirten Bronchus
in direkter Kommunikation stand.
Die Ursache für die Erkrankung, deren Prognose nach der Operation eine
gute gewesen ist, sieht M. bei dem Fehlen von Bronchiektasien in den Lungen
in der Schädigung, der Pat. bei seiner Arbeit durch die Einathmung von Kanal-
gasen längere Zeit ausgesetzt gewesen ist. F. Krumm (Karlsruhe).
57) A. Bucalossi. Bakteriologische Untersuchungen bei einem Em-
pyem der Pleurahöhle und bei einer vereiterten Echinococcuscyste
der Leber.
(Policlinico 1897. Juni 1.)
Verf. berichtet über folgenden Fall: Ein 40jähriger Mann leidet seit seinem
25. Jahre an Magen-Darmstörungen, Aufstoßen, Schmerzen, Verstopfung und
Diarrhöe. In der letzten Zeit akut erkrankt mit Knochen- und Muskelschmerzen,
120 Centralblatt für Chirurgie. No. 4.
heftiger Diarrhöe, gastrischen Störungen, Fieber. Starke Schmerzen in der Leber-
gegend. Das Fieber nahm einen intermittirenden resp. remittirenden Typus an.
Auf der rechten Thoraxhälfte ließ sich eine von der 3.—4. Rippe abwärts reichende
Dämpfung (Exsudat) nachweisen; die sich hieran anschließende Leberdämpfung
geht beträchtlich über den Rippenbogen hinaus. Die Leber erweist sich druck-
schmerzhaft; keine Fluktuation. Es wurde die Diagnose gestellt auf: Angio-
cholitis, vermuthlich mit multiplen Leberabscessen, rechtsseitige eitrige Pleuritis.
Das Pleuraexsudat wurde operativ (durch Schnitt) entleert, wobei etwa 6 cm der
7. Rippe resecirt wurden. Das Exsudat erwies sich als vorwiegend serös; es
zeigte sich jedoch, dass die Pleurahöhle kommunicirte mit einem unter dem
Zwerchfell liegenden Sack, aus welchem sich alsbald etwa 1 Liter gelblichen
Eiters entleerte. Ausspülung, Drainage. Zunächst Nachlass des Fiebers, dann
Wiederanstieg; erneute Eiterentleerung. Weiterhin Austritt von Galle durch die
Fistel. Eines Tages Ausstoßung eines eystischen Sackes, der an den charakte-
ristischen Haken als Echinococcus erkannt wurde, Heilung mit Hinterlassung
einer Gallenfistel.
Sowohl von dem serösen als auch von dem eitrigen Exsudat und von der
Galle wurden Kulturen in der üblichen Weise angelegt. Dabei fand sich stets
ein Bacillus mit abgerundeten Enden, sehr gut zu färben mit Karbolfuchsin, nicht
färbbar nach Gram. Derselbe hatte in mancher Beziehung (keine Verflüssigung
der Gelatine, keine Milchcoagulirung, keine Indolreaktion ete.) Ähnlichkeit mit
dem Typhusbaeillus; da er jedoch in Anderem wieder von dem Verhalten dieses
Bacillus abwich (Fehlen der Widal’schen Reaktion), so will ihn Verf. dem Bact.
coli zurechnen. Er zeigte sich pathogen für Meerschweinchen und Kaninchen.
H. Bartsch (Heidelberg).
58) H. Peham. Riesenzellensarkom des Kreuzbeins.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 241.)
Als Riesenzellensarkom bestimmt wurde eine etwa kindskopfgroße Geschwulst
des unteren Kreuzbeinendes, welches in der Albert’schen Wiener Klinik einem
17jährigen Manne exstirpirt wurde. Die Geschwulst war unter ziemlich starken
Schmerzen binnen etlichen Monaten entstanden und, da sie fluktuirte, für einen
kalten Abscess gehalten. Die Operation mittels Jängsschnittes ergab das Vor-
handensein der Geschwulst, welche von der Beckenmuskulatur scharf abpräparirt
werden musste, vom Mastdarm aber leicht auf stumpfem Wege lösbar war und
nach’ oben mittels Meißelschnitt etwa in der Höhe des 3. Kreuzwirbels abgenom-
men wurde. Provisorische Wundtamponade der gesetzten Höhle, später sekun-
däre Naht. Heilung ohne nervöse Ausfallserscheinungen. Der Mastdarm bildete
danach in der Stelle der Knochenlücke eine große Blase, und machte die ganze
Steißbeingegend hier die Athembewegungen mit (Vorwölbung bei der Inspiration).
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
59) Phocas (Lille). Deux cas de tumeurs sacro-coceygiennes.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 847.)
Der erste Fall betraf ein 5jähriges Kind mit einer Geschwulst von 12 cm
Breite, 11 cm Höhe, die zweite ein solches von 22 Monaten mit einer Geschwulst
von 43 cm Umfang, deren Stiel 9 cm breit war, 25 cm im Umfang maß. Beide
Geschwülste waren mehrkammerig ceystisch und zeigten die verschiedensten Ge-
websbestandtheile. Exstirpation in beiden Fällen von Erfolg begleitet. P. räth,
mit einer Operation zu warten, bis die Kinder ein Alter erreicht haben, in welchem
sie etwas widerstandsfähiger geworden sind, und bei großen Geschwülsten die
Exstirpation in mehreren Sitzungen stückweise vorzunehmen.
Reichel (Breslau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
Lamm LES E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
und
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 5. Sonnabend, 5. Februar. 1898.
Inhalt: I. H. Strehl, Eine Forderung für den aseptischen Operationssaal. — II. K
Roser, Zur Behandlung der Kiefergelenksankylose. (Original-Mittheilungen. )
1) le Dentu und Deibet, Chirurgie. — 2) v. Hofmann, Atlas der gerichtlichen Me-
diein. — 3) Courmont, Erysipel- und Marmorek’scher Streptococcus. — 4) Frey, Aktino-
mykose. — 5) Bryant, Mastdarmvorfall. — 6) Rose, 7) Bélin, Mastdarmgeschwülste. —
8) Liermann, Vaginale Mastdarmoperationen. — 9) Stleriin, 10) Cordero, 11) Jonnesco,
Zur Milzchirurgie. — 12) Weber, 13) Adler, 14) Lange, 15) Kümmell, Zur Leberchirurgie.
— 16) Körte, Pankreasentzündung. — 17) Berkeley, Gekröscysten.
B. Goldberg, Querleiste der Harnröhre und Prostatitis acuta gonorrhoica. (Orig.-Mitth.)
18) Curry, Bakteriologische Untersuchungen bei chirurgischen Operationen. — 19) MUI-
ler, Knochenabscesse. — 20) Nölaton, 21).Reclus, 22) Csesch, 23) Boeckel, Zur Mast-
darmchirurgie. — 24) v. Beck, 25) Nannottl, Zur Milzchirurgie. — 26) Homans, Ka-
suistik. — 27) Harris und Herzog, 28) Schwarz, Gekrösgeschwülste. — 29) Heberlein,
Darm- und Leberresektion. — 30) Faure, 31) Kummer, 32) Franke, 33) Thomson,
34) Segond, Zur Leberchirurgie. 2
(Aus der Königsberger chir. Universitäts-Klinik.)
I. Eine Forderung für den aseptischen Operationssaal.
Von
Dr. Hans Strehl,
Assistenzarzt der Klinik.
Schon v. Langenbeck macht in seiner Akiurgie auf die Ge-
fahren des Chloroformirens bei Gaslicht aufmerksam. Während der
Jahre 1889 und 1890 ist die Frage der Chloroformzersetzung vielfach
besprochen und experimentell nachgewiesen worden. Jedoch ist
immer nur die Gefahr des Gases als Leuchtquelle erwähnt worden,
was ganz natürlich ist, da man das Gas früher nur zur Beleuchtung
des Operationssaales brauchte.
Bei der heutigen aseptischen Operationsmethode ist es jedoch
nothwendig, entweder im Operationssaale selbst oder jedenfalls un-
mittelbar daneben Sterilisationsapparate für Instrumente, Seide und
eventuell auch Kochsalzlösung in Betrieb zu haben. Dass an den
meisten Orten dazu Gasheizung verwendet wird, ist wohl voraus-
5
122 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
zugetzen. Es stellt sich nun der Gasverbrauch dieser Apparate be-
deutend höher als der der eventuellen Gasbeleuchtung. Dadurch
werden eine Menge schädlicher Verbrennungsgase, obwohl es Bunsen-
brenner sind, in der Atmosphäre des Saales, die an und für sich
schon mindestens als nicht vortheilhaft für einen Pat. zu bezeichnen
sind, verbreitet. Da ferner auch die Gefahr der Chloroformzersetzung
(wenn auch nicht so groß wie bei Gasbeleuchtung, weil diese meist
in größerer Nähe des Operationstisches angebracht ist) vorhanden ist,
ist es wohl die Pflicht des Arztes, die Gefahr für den Pat. zu be-
seitigen. Es wird wohl jedem Operateur bisweilen schon die mangel-
hafte Atmosphäre in den feuchtwarmen Operationssälen aufgefallen sein.
Durch genügende Ventilation ließe sich Abhilfe schaffen, jedoch
lässt sich wohl technisch schwer eine genügende Ventilation und
genügendes Warmhalten des Operationssaales besonders in kalten
Gegenden vereinigen. Jede Verunreinigung der Atmosphäre ist da-
gegen bequem dadurch zu vermeiden, dass man die nothwendig
während der Operation arbeitenden Sterilisationsappärate unter Ab-
zügen aufstellt, wie sie in chemischen Laboratorien schon längst ver-
wendet werden. Die Einrichtung dieser Abzüge dürfte wohl in
keinem Operationssaale auf bauliche Schwierigkeiten stoßen, auch
würde der Preis nicht hoch zu stehen kommen. Jedenfalls kann
man sich dann bewusst sein, eine Gefahr für den Pat., die doch
überall mehr oder minder sicher vorhanden ist, vollständig beseitigt
zu haben. In der Königsberger chirurgischen Universitätsklinik ist
man im Begriff, diese nothwendigen Änderungen zu treffen.
II. Zur Behandlung der Kiefergelenksankylose'.
Von
Karl Roser in Wiesbaden.
Nach den Gelenkresektionen, die wegen narbiger Kieferklemme
oder wegen Ankylose ausgeführt werden, entstehen bekanntlich leicht
Recidive. Um dem vorzubeugen, habe ich in einem solchen Falle
mit gutem Erfolg eine Goldplatte in das resecirte Gelenk
eingelagert.
Ein 22jähriger Kaufmann E. H. aus Alsens ist vor 16 Jahren von einem
Wagenrad an der linken Gesichshälfte schwer gequetscht worden. Das Jochbein
und der Schädel sei gebrochen und in der Wange sei eine tiefe Wunde gewesen.
Eine Hornhautverletzung führte zum Verlust des Auges. Der Unterkiefer und
das Gelenk scheinen unbetheiligt geblieben zu sein. Desshalb war Anfangs die
Beweglichkeit des Unterkiefers noch eine ganz gute. Dann aber nahm die Kiefer-
klemme immer mehr zu, und seit 4 Jahren können die Schneidezähne nicht mehr
von einander entfernt werden. Seit der Zeit hat der Pat. nur noch breiige und
flüssige Nahrung zu sich genommen. Da außerdem auch die Sprache ziemlich
behindert war, wünschte der Pat. von seinem Leiden befreit zu werden.
1 Nach einem im ärztlichen Verein zu Wiesbaden gehaltenen Vortrage.
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 123
Ich fand in der Gegend des linken Masseters eine breite strahlige, mit der
Unterlage fest verwachsene Narbe und fühlte, dass im Gelenk links sowohl wie
rechts noch gans geringe Verschiebungen vor sich gingen. Es handelte sich dem-
nach nicht um eine knöcherne Ankylose. Trotsdem musste die Resektion des
Gelenkfortsatzes vorgenommen werden, weil ohne sie an eine Mobilisirung des
Unterkiefers nicht zu denken war.
Am 2. December 1897 machte ich diese Operation, indem ich die Gelenk-
gegend durch den von König angegebenen T-Schnitt freilegte, dabei aber, wie
es Kraske? empfohlen, den horizontalen Schnitt im Bogen über der Ohrmuschel
hin fortführte, so dass dieser Schnitt im Ganzen 8 om lang wurde. Die Tempo-
ralis musste durchschnitten und unterbunden werden. Der Facialis blieb intakt.
Nur mit großer Mühe ließen sich die narbigen Schwarten, die das Gelenk deokten,
nach unten hin zurückschieben. Der Gelenkfortsatz wurde durch einen geraden
Meißel in 2 Portionen 1 cm weit unterhalb der Gelenklinie durchgeschlagen und
mit einem Löffel herausgehoben. Dabei wurde auch ein dünner Zwischenknorpel,
auf dessen Vorhandensein gar nicht mehr gerechnet werden durfte, entfernt. Der
Gelenkfortsats selbst trug nur noch an einer kleinen Stelle einen knorpeligen
Überzug, war aber nicht deformirt. 2
Die Wunde wurde zunächst tamponirt und nun zur Öffnung des Mundes
geschritten. Es gelang, zwischen die Backenzähne der rechten Seite einen
W. Roser’schen Dilatator einzuschieben und, nachdem dieser etwas gewirkt hatte
auch auf der linken Seite einen ebensolchen, aber sehr stark gebauten Dilatator:
zur Anwendung su bringen. Durch deren gleichzeitiges Öffnen wurden unter
großer Kraftentfaltung die Zahnreihen nach und nach so weit von einander ent-
fernt, dass ein Daumen zwischen die Schneidezähne geschoben werden konnte. Um
das so mühsam Erreichte gut auszunutzen, wurde ein Champagnerpfropfen zwischen
die rechten Backenzähne geklemmt.
Nun schritt ich zu der schon angedeuteten Einlagerung einer Goldplatte in
das resecirte Gelenk. Ich schnitt aus einer ungefähr 10markstückdicken Platte
von Feingold, wie sie von den Scheideanstalten an die Goldarbeiter verkauft wird,
mit einer starken Schere ein nierenförmiges, 2 om langes und 17 cm breites Stück
aus, rundete seine Ecken ab und bog es mit einer Zange leicht napfförmig surecht,
so dass es in die Gelenkgrube passte. Diese Platte wurde dann in die Resektions-
lücke eingelagert, und zwar so, dass ihr Längsdurchmesser sagittal gestellt war.
Versenkte Naht der tieferen Weichtheile. Sehr genaue Hautnaht. Verband aus
feuchtem Sublimatmull.
Die Wunde war in 8 Tagen unterm Schorf geheilt. Kein Fieber. Das Ge-
sperrtsein des Mundes verursachte Anfangs großes Unbehagen, wurde dann aber
geduldig ertragen, weil eine um so schnellere Wiederkehr der Beweglichkeit des
Gelenks in Aussicht gestellt werden konnte.
Am 0. Tage wurde der zwischen die Zähne geschobene Kork weggelassen
und mit den aktiven und passiven Übungen angefangen. Die aktive Bewegung
betrug zunächst nur 1 cm. Durch die Dilatation mit einem knieförmig abgeboge-
nen Heister’schen Mundsperrer dagegen konnten die Schneidezähne 21/3 cm von
einander entfernt werden. Der Mundsperrer wurde während der nächsten 14 Tage
täglich 4mal eingelegt, Anfangs unter ziemlich beträchtlichen Schmerzen in der
Gelenkgegend, später ohne wesentliche Beschwerden.
Am 19. December, also am 17. Tage nach der Operation, wurde der Pat. aus
dem Krankenhaus entlassen.
Am 3. Januar 1898 stellte er sich mir wieder vor. Er kann jetzt die Zahn-
reihen spontan 13/4 cm weit öffnen. Mit dem Mundsperrer bringt er es auf 21/3 cm.
Kauen und Sprechen sind ungehindert.
Wenn ich diese neue Behandlungsweise, gestützt auf den einen
erst vor einigen Wochen operirten Fall jetzt schon veröffentliche,
% Baumgärtner, Über die wahre Ankylose des Kiefergelenks. Beiträge zur
klin. Chirurgie 1896. Bd. XVII. p. 185.
5*
124 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
wird mir vielleicht der Vorwurf gemacht, dass es zu früh sei, von
einem guten Resultat zu sprechen. Ich glaube aber erstens, dass
der energische und intelligente Pat. das, was erreicht ist, nicht ver-
loren gehen lassen, sondern sich gehörig üben wird, und zweitens liegt
mir daran, dass mein Vorschlag von anderen Operateuren nachgeprüft
wird. Ich bin nämlich der Ansicht, dass sich die Interposition einer
Goldplatte namentlich bei den arthrogenen Kiefergelenksankylosen
gut bewähren und da noch mehr leisten wird, als in meinem Falle,
bei dem es sich im Wesentlichen um eine narbige Kieferklemme
handelte, die der Nachbehandlung ganz besondere Schwierigkeiten
bieten musste.
Auf die Frage, wesshalb ich gerade eine Goldplatte und nicht
irgend eine anderes Material gewählt habe, antworte ich, dass es
mir darauf ankam, eine biegsame Scheibe zu verwenden, die sich der
Gelenkgrube genau anschmiegen und immer glatt bleiben sollte. Ich
rechne sogar damit, dass die Goldplatte leichte Verschiebungen, ähn-
lich dem Zwischenknorpel, der in das normale Gelenk eingefügt ist,
mitmachen und dem Nach-vorne-Gleiten des Kiefers Vorschub leisten
wird.
Es bleibt mir noch übrig, auf die jüngsten von anderen Chirurgen
empfohlenen Operationsmethoden hinzuweisen und sie mit meiner
Interpositionsmethode zu vergleichen.
Helferich hat auf dem 23. Chirurgenkongress® im Jahre 1894
ein Kind gezeigt, bei dem er vor 8 Monaten die Interposition eines aus
dem Temporalmuskel gebildeten Lappens zur Verhütung des Recidivs
ausgeführt hatte. Das Kind konnte die Schneidezähne »um reichlich
2'/, cm von einander entfernen«. Dieses für ein Kind ausgezeichnete
Resultat ist aber wohl nur zum kleineren Theil auf die Interposition,
zum größeren dagegen auf die recht ausgiebige Resektion zurück-
zuführen. Helferich hat nämlich außer 1!/, cm vom Unterkiefer
auch noch die Wurzel des Jochfortsatzes* fast in der ganzen Aus-
dehnung der Gelenkgrube reseciren müssen, weil sich der Temporal-
lappen sonst nicht hätte interponiren lassen. Auch Kraske ist
der Ansicht, dass in dem Helferich’schen Falle die ausgiebige
Resektion das Wesentliche gewesen sei. Er hat desshalb Helferich’s
Vorschlag der Interposition nicht adoptirt, sondern hat es »für das
Wichtigste erklärt, dass ein möglichst großes Stück vom Gelenkfort-
satz entfernt werde, Diese ausgiebige Resektion kann ganz ge-
wiss zum Ziele führen, sie sollte aber, wenn irgend möglich,
vermieden werden; denn sie erzeugt eine Inkongruenz der Zahn-
stellung, die das Kauen sehr erschwert, indem die hintersten Backen-
zähne sich an einander stemmen, ohne dass die vorderen sich be-
rühren können. Auch wirkt die Asymmetrie des Gesichts, die auf
die weitgehende einseitige Resektion hin entsteht, sehr entstellend.
3 Verhandl. p. 504.
4 Vgl. 1. c. Taf. VIII, Fig. 1.
Ts Ts tee Un
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 125
Außer Helferich und unabhängig von ihm hat auch Roche?
die Muskelinterposition bei der Behandlung der Kiefergelenksankylosen
empfohlen. Er verlangt aber die Resektion eines großen Keils aus dem
aufsteigenden Kieferast und interponirt einen Theil des Masseters.
Rochet behauptet, dieses Verfahren sei technisch weit leichter und
ungefährlicher, als die bisher gewöhnlich geübte Resektion des Ge-
lenkfortsatzes. Dem ist zu entgegnen, dass diese Operation aller-
dings bei narbiger Verdickung der Weichtheile oder starker Knochen-
deformation und Ankylose recht schwierig sein kann, dass aber die
Gefahr einer Facialisverletzung ganz sicher zu vermeiden ist, wenn
man den Kraske’sche Schnitt über der Ohrmuschel hin führt und
dadurch die Weichtheile über und hinter dem Gelenk so verschieb-
lich macht, dass man die unteren Weichtheile, ohne bis zum Facia-
lis hin schneiden zu müssen, nach unten ziehen kann. Gegen das
Rochet’sche Verfahren ist ferner einzuwenden, dass eine Pseud-
arthrose im aufsteigenden Kieferast ganz unmöglich funktionell das-
selbe leisten kann wie eine Nearthrose an der Stelle des alten Ge-
lenks.
Wenn man das Alles neben einander abwägt, wird man wohl
zu der Überzeugung kommen, dass der Weg, den ich hier empfohlen
habe, der einfachste, am wenigsten verstümmelnde ist und nament-
lich am sichersten einem Recidiv vorbeugt.
Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass ich beabsichtige,
auch bei Ankylosen anderer Gelenke die, eventuell nur temporäre,
Interposition von Metall- oder Gummiplatten zu versuchen.
1) A. le Dentu und P. Delbet. Traité de chirurgie cli-
nique et opératoire. Tome IV und V.
Paris, 1897.
Der IV. Band des an dieser Stelle schon mehrfach besprochenen
französischen Lehrbuches befindet sich schon seit längerer Zeit in
den Händen der dafür interessirten Leser. Dieselben haben sich
daher selbst überzeugen können, dass derselbe vollständig dem Rah-
men des Ganzen entspricht und eine höchst sorgfältige und ge-
diegene Arbeit darstellt, in welcher namentlich mit großer Sorgsam-
keit auch die auswärtige Litteratur benutzt worden ist. Einzelne
Kapitel in demselben sind vollständige kleine Monographien für sich,
die, klar und anziehend geschrieben, anregend und belehrend zu-
gleich auf uns wirken müssen. Den Inhalt des Bandes bilden:
Schwartz, Chirurgische Krankheiten der Nerven, Delbet,
Erkrankungen der Arterien, Schwartz, diejenige der Venen, Bra-
dier, Erkrankungen des Lymphgefüßapparats, Chipault, Erkran-
kungen des Schädels und des Gehirns, der Wirbelsäule und des
5 Arch. prov. de chir. T. V. p. 125.
126 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
Rückenmarks. Namentlich letzterer Verf. ist bereits weiteren Kreisen
durch seine Arbeiten auf dem gleichen Gebiet bekannt.
Der V. Band enthält die Darstellungen der Krankheiten des
Ohres, des Auges, der Nase, des Schädels und Gesichts aus der
Feder von Terson, Castex, Le Dentu, Nimier. So weit wir auf
diesen Gebieten zu einem Urtheil berufen sind, können wir auch
hier nur die früheren Worte der Anerkennung wiederholen.
Tietze (Breslau).
2) E. Ritter v. Hofmann. Atlas der gerichtlichen Medicin,
nach Originalen von Maler A. Schmitson.
Lehmann's medicinische Handatlanten Bd.XVII. München, J. F. Lehmann, 1597.
Mit 56 farbigen Tafeln und 193 schwarzen Abbildungen.
Zweifellos ist wohl v. H.’s Lehrbuch der gerichtlichen Medicin,
das in verhältnismäßig kurzer Zeit 8 Auflagen erlebt hat, das beste
Buch über das genannte Fach. Neben ihm und als Ergänzung zu
ihm hat der leider vor Kurzem gestorbene Autor nun noch obigen
Atlas herausgegeben, »um den Studenten und praktischen Arzt in
den Stand zu setzen, sich ohne große Auslagen — 15.4 — über die
wichtigsten gerichtlich-medicinischen Vorkommnisse im Bilde zu in-
formirene. Er bringt aus dem reichen Schatz seiner Erfahrung eine
große Anzahl trefflicher, zum nicht geringen Theil farbiger Bilder,
deren jedes mit einem Begleitwort, nicht selten einem längeren Be-
richt versehen ist, der auf das Specifische des Einzelfalles hinweist,
hier und da auch einmal eine allgemeine Frage kurz berührt. Der
Chirurg findet in reicher Zahl interessante Verletzungen durch die
verschiedensten Instrumente, namentlich auch durch Schusswaffen
erzeugt, abgebildet. Aber auch die übrigen Theile des Buches müssen
jedem Arzt hohes Interesse abgewinnen. Dasselbe wird Manchem
in einem Gerichtsfall, dem er etwa zum ersten Mal in seiner Praxis
begegnet, ein gewissenhafter Rathgeber sein. Das Alles dürfte
danach bald eine weite Verbreitung sichern. Richter (Breslau).
3) J. Courmont. Le streptocoque de l’Erysipele et celui
de Marmorek sont des espèces microbiennes différentes.
(Province méd. 1897. No. 34.)
Nach seinen bakteriologischen Prüfungen hält C. an der Schei-
dung des Erysipelcoccus von dem hochvirulenten Streptococcus Mar-
morek’s fest. Äußerlich unterscheiden sie sich etwas in der Be-
ständigkeit ihrer Form. In Bezug auf die Virulenz lässt sich der
Erysipelcoccus nicht über eine bestimmte Höhe hinaus züchten, welche
hinter der Virulenz des Marmorek’schen Coccus weit zurücksteht.
Der fundamentale Unterschied besteht aber darin, dass selbst der
abgeschwächte Marmorek’sche Coccus nie die Wirkung des Erysipel-
coccus hervorbringt, ein wirkliches Erysipel. Bringt man die Viru-
lenz beider Kokken ungefähr auf die gleiche Höhe, so ist ihre Wir-
kung doch stets verschieden. Der Marmorek’sche Coccus hat
en en a
y
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 127
blutiges Exsudat im Bauchfell oder Herzbeutel, große Milz, allgemeine
Kongestion bei rascher tödlicher Wirkung zur Folge. Der Erysipel-
coceus bringt es nie zum blutigen Exsudat in den serösen Höhlen,
sondern nur zu krupösen Membranen, dagegen zu lokalem Erysipel;
die Milz bleibt klein, etc. Herm. Frank (Berlin).
4) Frey. Klinische Beiträge zur Aktinomykose.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
An der Hand der Litteratur und des Materials der Czerny-
schen Klinik (25 Fälle) schildert F. das klinische Bild der Aktino-
mykose. Nach dem Verlauf unterscheidet er 3 Formen: 1) die akute,
unter dem Bilde einer Infektionskrankheit verlaufende (pyämische
Form), 2) die subakute, ähnlich dem Bilde einer chronischen Phleg-
mone, 3) die chronische Form, in ihrem Verlauf einer Kachexie,
die etwa einer echten Infektionsgeschwulst zu folgen pflegt, gleichend.
Zwischen den einzelnen Formen kommen Übergänge vor; die häufigste
(»typische«) Form ist die zweite. Sie bietet im Allgemeinen eine
günstige Prognose, während diese bei den anderen, namentlich der
3. Form, schlechter ist. Übrigens findet sich unter den Heidelberger
Beobachtungen kein Todesfall. Therapeutisch tritt F. für möglichst
radikale Operation ein, bei welcher dem scharfen Löffel die Haupt-
rolle zufällt. Derselbe wird unterstützt durch den Thermokauter und
chemische Desinficientien. Auch die interne Jodkalimedikation wird
empfohlen. Von anderen nicht operativen Behandlungsmethoden
weist F. noch besonders auf die parenchymatösen Alkoholinjektionen
hin, welche durch die energische Gewebsneubildung, die sie veran-
lassen, wirksam sein sollen. Hofmeister (Tübingen).
5) Bryant. Colopexy for the relief of prolapsus of the
rectum.
(Annals of surgery 1897. August.)
Zur Heilung hochgradiger und hartnäckiger Fälle von Mast-
darmvorfall ist im Jahre 1889 von Jaennel die Methode der Kolo-
pexie angegeben worden, die darin besteht, dass von einem Schräg-
schnitt über dem linken Poupart’schen Bande aus das Bauchfell
eröffnet und die Flexur ergriffen und so stark angezogen wird, dass
dadurch der Vorfall verschwindet. In dieser Lage wird der Darm
in der Bauchwunde durch Nähte befestigt. In den meisten Fällen
aber würde bei diesem Verfahren sehr bald zum mindesten ein
Schleimhautvorfall wieder eintreten, wenn nicht vorher die Konti-
nenz des Schließmuskels wieder hergestellt würde. Man erreicht
dies am besten durch elektrische Behandlung desselben, nachdem
man nach Anlegung eines künstlichen Afters für einige Zeit den
Mastdarm außer Funktion gesetzt hat. Die Anlegung eines Kunst-
afters ist also die Voroperation, welcher sich gewöhnlich nach Mo-
naten der operative Verschluss der Kothfistel und die eigentliche
Kolopexie anschließt. In dem Falle des Verf. blieb die Kothfistel
128 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
übrigens bestehen. Trotz dieses komplieirten und gewiss nicht un-
gefährlichen (Ref.) Vorgehens schildert Verf. die Resultate der Ope-
ration als sehr gute. Unter 29 ihm bekannt gewordenen Fällen war
kein Todesfall zu verzeichnen, in 22 Fällen erfolgte kein Recidiv, in
3 Fällen ein partielles, in 4 ein vollständiges. Auch die Gefahr
eines Bauchbruches scheine in solchen Fällen nicht groß zu sein.
Tietze (Breslau).
6) W. Rose (London). Early colotomy in the treatement
of malignant diesease of the rectum.
(Practitioner 1897. Juli.)
Auf Grund eigener Erfahrungen so wie der Statistiken räth R. von
einer Radikaloperation der Mastdarmcarcinome ab. Nur wenn sich
die Erkrankung auf einen geringen Theil der Darmwand beschränkt,
ist die Exstirpation angezeigt. Dagegen spricht sich Verf. sehr für
die möglichst frühzeitige Anlegung eines Leistenafters aus. Nicht
erst wenn Erscheinungen der erschwerten Kothbeförderung eingetreten
sind, und der Kranke von Kräften gekommen ist, sondern sobald die
Diagnose auf Mastdarmkrebs gestellt wurde, soll der künstliche
After angelegt werden. Die Unbequemlichkeiten, welche dadurch
herbeigeführt werden, kommen wenig in Betracht gegenüber der
Verzögerung, welche das Wachsthum der Geschwulst erfährt, gegen-
über der Verminderung der Schmerzen und der Möglichkeit einer
reichlicheren Nahrungszufuhr. Selbst wenn die Exstirpation beab-
sichtigt wird, räth R. vorher einen künstlichen After anzulegen, um
den Gefahren einer Sepsis, einer sekundären Blutung und der Er-
schöpfung durch länger dauernde Eiterung und Schmerzen vor-
zubeugen.
Die Operation führt R. in der Weise aus, dass er den Schnitt
senkrecht auf eine vom Nabel zur Spina anterior superior gezogene
Linie und etwas unterhalb der Mitte derselben, anlegt. Die Flexur
wird möglichst nahe dem Colon descendens hervorgezogen in einer
Länge von mindestens 6 Zoll. Die Befestigung des Darmes in dieser
Lage wird lediglich durch eine Seidennaht, welche durch alle
Schichten des Wundrandes, durch das Mesenterium so wie die
Schichten des anderen Wundrandes und auf umgekehrtem Wege
zurückgeführt und dann geknüpft wird, ausgeführt. Nach 4—5 Tagen
findet die Abtragung des vorstehenden Darmes statt. Verf. zieht
diese Methode der Spornbildung allen anderen vor.
Strauch (Braunschweig).
7) Belin. De lanus iliaque dans la cure radicale du can-
cer du rectum (Procédé de A. Reverdin).
(Progrès méd. 1897. No, 40.)
Auf Grund einer eigenen Operation empfiehlt Verf. ein Ver-
fahren, das Reverdin zuerst in dieser Form vorgeschlagen hat.
Nach Durchtrennung der freigelegten Flexur wird nämlich das peri-
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 129
phere Ende mit Invagination und .sero-seröser Naht verschlossen
versenkt; das centrale Ende wird, nachdem in dasselbe ein Glasrohr
mit eirkulärer Einschnürung fest eingebunden ist, sero-serös und mit
durchgreifenden Nähten im oberen Wundwinkel eingenäht. Dann
wird die Bauchwunde geschlossen. Durch einen übergezogenen
Gummischlauch — Verf. bediente sich eines abgeschnittenen Rea-
gensglases und eines Luftschlauches aus einem Bicycle! — wird der
Darminhalt abgeleitet, und nun sogleich oder besser einige Tage
später die Exstirpation des Mastdarms angeschlossen. B. hält den
vorderen After für angenehmer für den Pat., die damit verbundene
Laparotomie für besser für den Operateur, als die üblichen Sacralafter.
Boesing (Hamburg).
8) Liermann. Über die vaginale Methode bei Mastdarm-
operationen.
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
Vier weitere von Rehn nach seiner vaginalen Methode operirte
Fälle (Exstirpatio recti 1) wegen luetischer Striktur, 2) wegen Car-
cinom, 3) Amputation und Torsion des Mastdarmes wegen Vorfall
und Inkontinenz, 4) Exstirpation von Mastdarm und Gebärmutter
wegen Carcinom) geben L. Veranlassung zur ausführlichen Beschrei-
bung der Methode und zu einer Vergleichung derselben mit der
sacralen nach Kraske. Abgesehen davon, dass sie weniger ein-
greifend ist als die letztere, rühmt Verf. ganz besonders die Übersicht-
lichkeit und freie Zugänglichkeit des Operationsfeldes, welche es
ermöglicht, rings herum, in erster Linie aber an der vorderen Mast-
darmwand unter Leitung des Auges zu operiren. Er kommt zu dem
Schluss, »dass für eingreifendere Mastdarmoperationen. beim Weibe
bei Abwägung der sacralen gegen die vaginale Methode die Ent-
scheidung stets zu Gunsten der letzteren ausfallen wird«.
Diese weitgehende Schlussfolgerung vermag Ref. nach seinen
Erfahrungen mit der vaginalen Methode nicht ohne Weiteres zu
unterschreiben. Gewiss wird in Fällen wie die mitgetheilten, wo es
sich um Amputatio recti handelt, durch die an den Scheidenschnitt
sich unmittelbar anschließende Umschneidung des Afters ein pracht-
voll freier Zugang geschaffen. Ganz anders liegen aber die Ver-
hältnisse, wenn ein hochsitzendes Carcinom eine Resectio recti in-
dieirt, bei der die Rücksicht auf die Ernährung des zurückbleibenden
Sphinktertheils paraanale Schnitte höchstens in beschränkter Aus-
dehnung gestattet. Dann bleibt der Zugang wenigstens für die höher
gelegenen Partien doch recht eng, und gerade die hintere Circum-
ferenz des oberen Mastdarmtheils, wo man zu scharfer Durchtrennung
der natürlichen Anheftungen, ev. sogar zur Incision des Mesoromanum
genöthigt ist, wo außerdem relativ häufig Drüsen gefunden werden,
kann unerreichbar bleiben, und bleibt es ziemlich sicher, wenn man
sich nicht von vorn herein zur queren Durchtrennung des Darmes
entschließt und damit auf eine Vollendung der Ausschälung am
BI
130 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
geschlossenen Darm verzichtet. Ref. sah sich unter solchen Um-
ständen 2mal genöthigt, bei Carcinomen, welche allerdings erst in
Höhe des hinteren Scheidengewölbes begannen, deren obere Grenze
jedoch erreichbar war, im Laufe der Operation zur sacralen Methode
überzugehen, wodurch die vorher unmögliche Herabholung der oberen
Darmpartien sofort leicht ausführbar wurde. In diesem Sinne bedarf
meines Erachtens der obige Schlusssatz des Verf. eine Einschränkung.
Hofmeister (Tübingen).
9) R. Stierlin. Über die chirurgische Behandlung der
Wandermilz.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 382.)
S. hat selbst eine hypertrophische Malariawandermilz mit Glück
exstirpirt, an welchen Fall er eine statistische Prüfung der chirur-
gischen Operationsprognose des Leidens knüpft, hierbei zu einem
recht günstigen Resultat für die Splenektomie gelangend.
Ss Pat., eine 30jährige Frau, hatte nach jahrelanger Tertiana Milshyper-
trophie erworben und zeigte bei starkem Hängebauch und allgemeiner Splanchno-
ptosis die vergrößerte Milz als harte, glatte, mit Randeinkerbungen versehene,
mannskopfgroße, äußerst bewegliche Geschwulst, die nicht druckempfindlich war,
aber beim Stehen und Gehen unaufhörliche dumpfe Leibschmerzen verursachte.
Allgemeinzustand: blass, schwach, leidend. Die Ausführung der Splenektomie
bot technisch keine Schwierigkeit, war aber von einem schweren Collaps, der
Kochsulzlösungklystiere erforderte, gefolgt, so wie weiterhin von einem vorüber-
gehenden paralytischen Ileus, der durch Ol. ricini beseitigt werden konnte.
Schließlich völlige Genesung.
S. führt aus, dass die Beweglichkeit der Milz fast nur stark
hypertrophische Milzen befällt, und dass aus diesem Grunde die
Brauchbarkeit der an sich sehr ingeniösen Splenopexis nach Rydy-
gier oder Bardenheuer wohl stets nur eine beschränkte sein wird,
da zur Milznaht nur nicht allzu scht vergrößerte Milzen geeignet
sein werden. Einer chirurgischen Behandlung bedarf aber der Zu-
stand schon wegen der nicht selten vorkommenden Achsendrehung
der Wandermilz mit Stieldrehung, die lebensgefährlich werden kann.
Die Prognose der Splenektomie beweglicher Milzhypertrophien ist
nun nach den von S. gesammelten Daten eine recht günstige. Wäh-
rend S. bei Splenektomie bei idiopathischer, nicht beweglicher, hyper-
trophischer Milz fast 48% Sterblichkeit unter; 23 Fällen fand,
und bei der gleichen Operation wegen Malariahypertrophie ohne Be-
weglichkeit — 43% unter 42 Fällen, zeigt die Sterblichkeit bei
beweglicher Milz unter 32 Fällen nur 6,25%. Seit 1879 sind
28 Fälle nach einander geheilt. Zu bemerken ist, dass fast sämmt-
liche Fälle (31) auf Frauen entfallen — im 32. ist das Geschlecht
nicht erwähnt —, dass ferner die Pat. meist im 3. und 4. Lebens-
jahrzehnt standen. Das Durchschnittsgewicht der entfernten Milz
betrug nach den Angaben in 20 Fällen 1535 g. Die Folgen der
Milzausrottung für den Gesammtorganismus waren gering und be-
schränkten sich auf eine vorübergehende Abnahme der rothen und
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 131
Zunahme der weißen Blutkörperchen, so wie auf erhöhte blutbildende
Thätigkeit der multipel anschwellenden Lymphdrüsen, der Schild-
drüse und des Knochenmarkes. Diese Folgeerscheinungen scheinen
um so geringer auszufallen, je weiter die Milzhypertrophie vorge-
schritten war. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
10) A. Cordero. Über Splenopexie.
(Policlinico 1897. Juli 1.)
Da die Exstirpation der Wandermilz eine nicht unbedeutende
Sterblichkeit besitzt, und da außerdem noch eine Reihe sekundärer
Störungen nach diesem Eingriff beobachtet worden sind, so hat man
in neuerer Zeit der Erhaltung und Festlegung des beweglichen Or-
gans den Vorzug gegeben. Hierbei ist die Frage, ob man ohne
wesentliche Gefahr (Blutung) Nähte durch das Milzparenchym legen
dürfe, noch nicht völlig geklärt. Verf. unternahm desswegen eine
Reihe von (8) Versuchen an Hunden. Es wurde dabei eine größere
Zahl von Seidenfäden (bis zu 20) quer durch das Milzparenchym ge-
legt; in den meisten Fällen trat gar keine Blutung auf, in anderen
war sie minimal. Sämmtliche Thiere überstanden die Operation gut.
Bei der Sektion der später getödteten Thiere fand man die Milz
mehr oder weniger in Bindegewebsmembranen eingebettet; auf dem
Durchschnitt erwies sich das Organ als völlig normal, nirgends hämor-
rhagische Herde. In der Bauchhöhle weder Blut noch Exsudat.
Auch mikroskopisch fanden sich keine anatomischen Veränderungen
der Milz; nur hier und da kleine Schollen von Blutpigment.
So fern diese Thierexperimente auch für den Menschen gültig
sind, kann man behaupten, dass die Naht der Milz gefahrlos ist und
die Funktion dieses Organs in keiner Weise behindert.
H. Bartsch (Heidelberg).
11) T. Jonnesco. Über Splenektomie.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 2.)
Seit Februar 1896 hat J. die stattliche. Zahl von 9 Splenekto-
mien ausgeführt, und zwar 7mal wegen Splenomegalia malarica und
imal wegen einer Echinokokkencyste der Milz. Verf. giebt die
Krankengeschichten und beschreibt genauer das von ihm befolgte
Operationsverfahren. Der Operateur steht zur besseren Übersicht
rechts, die Laparotomie wird in der Mittellinie ausgeführt. Die
nächste Aufgabe ist die Lösung der Verwachsungen, welche so stark
sein können, dass man auf die Fortführung des Eingriffes verzichten
muss. Die Zerreißung der Milz muss vermieden werden. Das un-
regelmäßige Lig. splenophrenicum ist zu unterbinden. Die Frei-
machung der Gefäße besorgt J. mit dem Finger, damit er beim Ein-
reißen derselben sofort komprimiren kann. Arterie, Vene und
Schwanz des Pankreas werden in einem Bündel zusammengeschnürt,
das Lig. gastro-splenicum wird ebenfalls in mehreren Partien abge-
bunden. Zum Schluss wird das Milzbett revidirt, die Blutung ge-
132 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
stillt, was bei starken Verwachsungen nicht ganz leicht ist, und nach
Einlegung einer Gazekompresse die Bauchhöhle verschlossen. Die
Kompresse wird allmählich ganz entfernt. Kompressivverband. Einige
Tage lang wird Opium gegeben. Lungenkomplikationen sind häufig.
2mal öffnete sich die Bauchwunde, und es trat der Darm heraus,
wodurch 1mal tödliche Peritonitis verursacht ward.
Asepsis und Wahl der geeigneten Fälle haben die Sterblichkeit
der Splenektomie stark herabgesetzt, von 50% auf 15%. Verf. ver-
lor von seinen 8 Operirten nur einen.
Die Indikation zur Operation ist bei Splenomegalie in der Er-
folglosigkeit lang andauernder innerer Behandlung zu sehen. Die
Kontraindikationen beschränkt Verf. sehr. Erleichtert ist der Ein-
griff und gebessert die Prognose bei mobiler Milz. Abnorme Ver-
wachsungen trüben dieselbe. Bei Cysten ist die Splenektomie aus-
schließlich indicirt.
Von Wirkungen der Operation auf den Gesammtorganismus ist
hervorzuheben, dass die Urintoxicität danach abnahm. Kontroll-
versuche an Hunden ergaben das gleiche Resultat. Verf. glaubt,
dass die Milz »ein Laboratorium für Toxine sei«, und dass die Hypo-
toxieität des Urins nach der Splenektomie sich durch die Ausrottung
des Organs erklärt. Rothe und weiße Blutkörperchen vermehren sich
rasch. Vorübergehend tritt Leukocytose ein, um aber bald wieder
zu schwinden. Drüsenhypertrophie oder Hypertrophie eines hämato-
poetischen Organs wurde nicht beobachtet. Fieberanfälle nach der
Splenektomie weisen auf Wiedererwachen der Malaria oder Lungen-
komplikationen hin. Verf. empfiehlt bei seinen guten Resultaten
auch gegen hypertrophische Milz ohne lokale wichtige Symptome als
vorbeugende Behandlung der malarischen Infektion mit Bedrohung
der Kachexie die Splenektomie, da nach Laveran die Hämato-
zoaren von der Milz aus in den Kreislauf gerathen.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
12) Weber. Klinische Betrachtung der Gallensteinkrank-
heiten vom Standpunkt der inneren Medicin.
(New Yorker med. Monatsschrift 1897. Januar.)
13) Adler. Gallensteinerkrankungen ohne Ikterus.
(Ibid.)
14) Lange. Die chirurgischen Gesichtspunkte der Gallen-
steinerkrankungen.
(Ibid.)
In der Novembersitzung der Deutschen Medicinischen Gesell-
schaft der Stadt New York stand die Frage der Gallensteinkrank-
heiten auf der Tagesordnung. Den einleitenden Vortrag hielt W.,
welcher 11 ziemlich schwere Fälle aus seiner Praxis mittheilte, bei
denen durch Diät, Karlsbader Kur, Öleingießungen, heiße Umschläge
Heilung von Gallensteinleiden beobachtet wurde. Er steht in Bezug
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 133
auf die Operation auf dem Standpunkt Langenbuch’s, dass das
Gallensteinleiden nur in Ausnahmefällen der chirurgischen Behand-
lung bedarf. — Bei Karlsbader Kuren muss wenigstens 30 Tage
lang 1 Liter pro Tag getrunken werden, neben strenger Diät. Von
Öleingießungen oder Öleinnehmen hat er keine großen Vortheile er-
lebt. Heiße Breiumschläge dagegen haben ihm oft die Morphium-
spritze entbehrlich gemacht. Nur häufige Wiederholungen der
Anfälle, Eiterbildung in der Gallenblase, Verschlechterung des All-
gemeinbefindens sind ihm Indikationen zur Operation.
A. berichtet über seine Erfahrungen an Gallensteinerkrankungen
ohne Ikterus. Er kann auf Grund einer Obduktion bestätigen, dass
trotz zahlreicher Steine im Choledochus und Hepaticus der Gallen-
abfluss nicht behindert zu sein braucht. Im Allgemeinen gehen alle
Fälle, wo Steine in der Blase oder im Cysticus allein sitzen, ohne
Ikterus einher, was die Diagnose zuweilen recht schwer macht;
manchmal enthält aber trotzdem der Urin geringe Spuren von
Gallenfarbstoffen. Auch A. sieht die Indikation zur Operation in
der Häufung der Kolikanfälle, den Druckschmerzen und in dem all-
mählich sich steigernden Fieber. Zum Glück sei die Peritonitis
nach Perforation, aber auch ohne solche, meist eine umschriebene,
da durch voraufgegangene Entzündungen Verwachsungen mit den
Nachbarorganen zu Stande gekommen sind. (Diese Ansicht erscheint
Ref. etwas zu optimistisch; jedenfalls soll man sich nicht zu sehr
auf diesen »glücklichen« Zufall verlassen!)
L. stellt als Chirurg seine Indikationen etwas strenger. Zunächst
sei sie gegeben durch die Gallenstauung. Er macht dabei besonders
auf die Gefahr der zuweilen tödlichen Blutungen bei Cholämie auf-
merksam. Eine gestaute Galle sei auch der Infektion mehr zugäng-
lich als eine fließende, was wieder ernste Komplikationen, Cholan-
gitis und Abscess, zur Folge haben könnte. Ferner verlange der
Stein an sich ein chirurgisches Eingreifen, wegen der Ulceration der
Gewebe des Gallengangssystems. Viele Eingriffe werden erst ge-
fährlich, wenn sich das Leiden lange hingezogen hat. L. hat Chol-
angitiden zurückgehen sehen, wenn das Grundübel, der Stein, ent-
fernt war. Zum Schluss seiner kurzen Ausführungen macht er auf
die Verwechslung mit Appendieitis aufmerksam.
Tschmarke (Magdeburg).
15) Kümmell. Chirurgische Erfahrungen über Gallenstein-
erkrankung und ihre Behandlung durch die ideale extra-
peritoneale Operationsmethode.
(Mittheilungen aus den Hamburgischen Staatskrankenanstalten 1897. Bd. I. Hft. 2.)
In vorliegender Arbeit giebt Verf. einen dankenswerthen Über-
blick über seine reichen Erfahrungen in der Gallensteinchirurgie
(60 Fälle). Die Diagnose ist ja häufig leicht, wenn nach plötzlichem,
heftigem Kolikanfall und vorübergehendem Ikterus Steine im Stuhl
134 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
gefunden werden. Aber gerade die schwereren Fälle, die oft ohne
Ikterus einhergehen, machen zuweilen Schwierigkeiten in der Er-
kennung. K. macht besonders auf die Fälle aufmerksam, in welchen
bei länger bestehendem Cysticusverschluss eine Schrumpfung der
Gallenblase stattgefunden hat; gute Dienste hat ihm dabei der
Riedel’sche zungenförmige Fortsatz des rechten Leberlappens ge-
leistet. Differentialdiagnostisch kommt vor Allem das Carcinom in
Betracht, das aber wohl immer in Folge des Reizes vorhandener
Steine entstanden ist. Auch der Krebs des Pankreaskopfes täuscht
ev. einen Choledochusverschluss durch Steine vor. Eben so kann
Lebersyphilis zu Verwechslung Anlass geben. Als Beleg für die
beiden letzten Vorkommnisse führt Verf. je eine interessante Kranken-
geschichte auf. — Was die Therapie anlangt, so steht K. nicht auf
dem radikalen Standpunkt, dass jede diagnosticirte Cholelithiasis ope-
rirt werden müsse. Wo aber alle internen Mittel und Karlsbader
Kur im Stich lassen, da soll man nicht allzu lange zögern, um ev.
die Steine erst in die Gänge zu treiben, aus denen sie schwieriger
zu entfernen sind, als aus der Gallenblase. K.’s Operationsverfahren
besitzt die Vortheile der idealen Cholecystotomie ohne ihre Gefahren;
die Operation ist eine einzeitige und besteht darin, dass die Gallen-
blase, sorgfältig mit Peritoneum umnäht, geöffnet wird, die Steine
und sonstiger Inhalt entleert, die Gallen\lasenwunde und darüber
die Bauchdecken durch die Naht geschlossen werden. Diese Ope-
rationsmethode, schon von Courvoisier und Langenbuch em-
pfohlen, hat bisher noch wenig Anklang gefunden. Verf. hat sie
24mal angewandt und nur einen Fall von septischer Peritonitis ver-
loren, wo die Naht sich während der Operation beim Herausholen
eines großen Steines gelöst hatte, und ein minimaler Theil des in-
fektiösen Inhalts der Gallenblase sich in die Bauchhöhle ergoss. Nur
in wenigen Fällen trat eine vorübergehende Fistelbildung ein. 10 Pat.
heilten per primam. Zur Vermeidung der Fisteln räth K. eine
gründliche Revision der Gallengüänge an. Eine Choledochotomie
rechnet er zu den technisch schwierigsten Operationen.
Tschmarke (Magdeburg).
16) W. Körte. Beitrag zur chirurgischen Behandlung der
Pankreasentzündungen, nebst Experimenten über Fettgewebs-
nekrose.
(Berliner Klinik 1896. Hft. 102.)
K., dessen eigene Beobachtungen über die Entzündungen des
Pankreas sich seit seinem bekannten Vortrag auf dem Chirurgen-
Kongress 1894 um 2 weitere Fälle vermehrt haben — es sind jetzt
im Ganzen 7 —, giebt unter gleichzeitiger Berücksichtigung der
übrigen Kasuistik zunächst eine kurzgefasste Schilderung der Krank-
heitsbilder der beiden für den Chirurgen wichtigsten Formen der
Pankreasentzündungen, der eitrigen und der nekrotisirenden
Pankreatitis, nebst Bemerkungen über deren eventuelle chirur-
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 135
gische Behandlung, ohne wesentlich Neues den Ausführungen seiner
früheren Arbeit hinzuzufügen. Er geht dann näher auf die Frage
von dem Zusammenhang der Pankreaserkrankungen mit
der abdominalen Fettgewebsnekrose ein. Die über die letz-
tere beim Menschen gewonnenen Beobachtungen werden verschieden
gedeutet. Nach Einigen ist die Fettgewebsnekrose die Ursache,
nach Anderen die Folge der Pankreaserkrankung. In einzelnen
Fällen ist die Fettnekrose beobachtet, ohne dass eine Erkrankung
der Bauchspeicheldrüse bestand. Auch Thierexperimente, die am
Pankreas angestellt wurden, brachten über diesen Punkt wenig Klar-
heit, da nirgends Fettgewebsnekroge in einer den Verhältnissen beim
Menschen analogen Form auftrat.
Der Verf. hat nun selbst eine Reihe von Versuchen an Katzen
und Hunden vorgenommen, von denen 29 verwerthbar sind. Die-
selben zerfallen in 3 Hauptreihen, in deren erster mechanische Ver-
letzungen des Pankreas (Quetschung, Zerreißung, Durchtrennung)
oder seiner Gefäße gesetzt, auch Stücke der Drüse ausgeschnitten
und in die Bauchhöhle überpflanzt wurden; in der 2. wurde eine
Entzündung des Pankreas durch Injektionen reizender (Terpentinöl)
oder infektiöser Substanzen (Darminhalt, Perityphlitiseiter, Staphylo-
kokkenkulturen, Bacterium coli-Bouillon) hervorzurufen gesucht; in
einer 3. wurde das Verhalten des künstlich (durch Terpentininjektion)
in Entzündung versetzten Pankreas gegenüber später — nach 4 bis
5 Wochen — vorgenommenen Verletzungen untersucht.
Die Resultate dieser Versuche waren in Kürze:
Das gesunde Thierpankreas verträgt starke Verletzungen ohne
nennenswerthe Reaktion. Die Resorption von Blutergüssen erfolgte
prompt ohne Zersetzung und ohne Cystenbildung. An der Stelle
der Verletzung entstand Bindegewebswucherung, die bei den Ver-
suchen der 3. Reihe besonders stark war.
Fettgewebsnekrose wurde in 10 Fällen erzeugt. Sie trat sowohl
bei Verletzungen und künstlich erregten Entzündungen des Pankreas,
als auch nach Einpflanzung ausgeschnittener Stücke der Drüse in
die Bauchhöhle ein. Jedoch waren auch hier die erzielten Ver-
änderungen immer nur schwache Anklänge an die beim Menschen
beobachteten.
Auf Grund seiner eigenen Experimente und der anderer Autoren
so wie nach den Erfahrungen beim Menschen hält K. es für höchst
wahrscheinlich, dass die zusammen mit Pankreaserkrankungen ge-
fundenen Fettnekrosen als Folge der ersteren anzusehen sind. Je-
doch kommen Fettnekrosen auch ohne gröbere Veränderungen am
Pankreas vor, und es ist anzunehmen, dass das Entstehen von Ent-
zündungen, Blutungen und Nekrose der Drüse dadurch begünstigt
werden kann.
Welche Rolle die mehrfach in nekrotischen Herden des Fett-
gewebes bei Pankreatitis gefundenen Bakterien spielen, ist zur Zeit
noch nicht mit annähernder Sicherheit zu entscheiden. Für Ope-
136 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
rationen am menschlichen Pankreas empfiehlt es sich jedenfalls, das
Drüsensekret von der Berührung mit der Bauchhöhle fern zu halten.
Braem (Chemnitz).
17) G. A. Berkeley (Moynihan). Mesenteric cysts.
(Annals of surgery 1897. Juli.)
Gekröscysten haben sich häufig als Nebenbefund sowohl bei
Operationen als auch bei der Sektion ergeben. Es existiren aber
auch eine ganze Reihe diagnosticirter und klinisch behandelter Fälle.
Verf. hat die zerstreuten Mittheilungen gesammelt und versucht, eine
geschlossene klinische Darstellung zu geben. Danach kann man rein
seröse, chylöse, Blutcysten und Dermoidcysten unterscheiden. Eine
besondere Stellung nehmen außerdem die Echinokokkenblasen ein.
Die Entstehung der Cysten ist keine einheitliche. Handelt es sich
in der einen Reihe der Fälle um wirkliche, meist bei der Geburt
angelegte Neubildungen, so spielen in den übrigen Fällen eine Reihe
von Zufälligkeiten, Traumen und entzündliche Zustände eine große
Rolle; namentlich handelt es sich in einem Theil der serösen und
chylösen Cysten um einfache Stauungserscheinungen. Es spricht für
diese Atiologie, dass die Gekröscysten häufiger bei Frauen als bei
Männern beobachtet werden. Dermoidcysten sind allerdings auch
nur bei Frauen beobachtet worden. Begreiflicherweise schwankt das
Alter der betroffenen Pat. innerhalb weiter Grenzen. Klinisch mar-
kiren sich die fraglichen Geschwülste meist als rundliche, im Meso-
gastrium gelegene Geschwülste, die das Gefühl mehr oder weniger
starker Spannung bezw. Fluktuation bieten, die betleiligte Bauch-
gegend stärker hervortreten lassen, nie aber den Nabel — etwa wie
ein intraperitonealer Abscess — hervortreiben.
Ganz besonders charakteristisch ist die starke Verschieblichkeit
dieser Geschwülste, die man nicht selten vollständig um ihre Achse
drehen kann. Sind sie auch noch so groß, so sinken sie bei Tren-
delenburg’scher Lage stark zurück und lassen sich so gegen die
Beckenorgane abgrenzen. Ihre intraperitoneale Lage wird durch
unsere gewöhnlichen Methoden der Untersuchung leicht festgestellt.
Ihr klinischer Verlauf ist in so fern noch bemerkenswerth, als sie
zuweilen Kompressionserscheinungen auf die benachbarten Organe
ausüben. Die Therapie richtet sich nach bekannten Grundsätzen.
Tietze (Breslau).
Kleinere Mittheilungen.
Querleiste der Harnröhre und Prostatitis acuta gonorrhoica.
Von
Dr. Berthold Goldberg, Specialarzt für Harnkrankheiten in Köln.
Umfangreiche Taschen, Falten und Leisten in der männlichen Harnröhre sind
nicht gerade häufig Gegenstand ärztlicher Beobachtung geworden. Es liegt
das einerseits daran, dass diese Bildungen selten sind und für gewöhnlich keine
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 137
Beschwerden verursachen, andererseits daran, dass die Endoskopie der Harnröhre,
welche die Erkennung ihrer Natur ermöglicht, selten ausgeübt wird.
Der Bericht einer derartigen Abnormität dürfte aber um so mehr von Inter-
esse sein, wenn sie als Anlass diagnostischer Irrthümer folgenschwere praktische
Bedeutung gewinnt.
Bo war es in folgendem Falle meiner Beobachtung.
N., 21 Jahre alt, leidet seit 1/2 Jahre an der ersten Gonorrhoe. Er hat Ein-
spritzungen gemacht und keine besonderen Beschwerden verspürt. In der 3. Mai-
woche empfand er Schmersen am Schluss des Urinirens und hatte Mühe, den
Urin zu entleeren. Diese Beschwerden erreichten schnell einen sehr hohen Grad;
am 17. Mai versuchte der Arzt, zu welchem sioh Pat. begab, einen sehr dünnen
Katheter einzuführen; aber schon 1—2 Zoll vom Eingang stookte derselbe und ließ
sich nicht weiterführen. Es trat eine leiohte Blutung aus der Harnröhre ein, aber
keine Erleichterung. Pat. fuhr nunmehr in seine Heimat; er wurde mir von dem
betreffenden Kollegen mit der Diagnose: Hochgradige Striktur im Anfangstheil
der Harnröhre, Prostatitis chronica, Behufs sofortiger Operation der Striktur
überwiesen.
18. Mai Abends ist Pat., ein kräftiger, im Übrigen gesunder Mensch, fieber-
frei. Per rectum fühlt der Finger unmittelbar über der Afteröffnung die Prostata
sehr groß, prall elastisch, die ganze Ampulle des Reotums ausfüllend. Eine
Gummibougie Charriere 8 passirt, nachdem sie zuerst vorn im Anfangstheil der
Harnröhre vor ein Hindernis gestoßen und gestockt hatte, und wird 1/2 Stunde
liegen gelassen. Darauf urinirt Pat. eine kleine Menge; unmittelbar danach führe
ich einen elastischen Katheter Charritre 7 ein und entleere 200 ccm klaren,
sauren, eiweißfreien, nur ein wenig muddligen Restharn. Ich verordne Bettruhe,
protrahirte sehr heiße Sitzbäder und mache 2mal täglich Rectalirrigationen mit
sehr heißen 2%igen Ichthyollösungen. Sofort lassen die Schmerzen nach; bereits
nach 24 Stunden kann Pat. in gutem Strahl uriniren, die Blase vollständig ent-
leeren und den Harn mehrere Stunden anhalten. Nach 5 Tagen hatte sich die
Prostata bis auf Citronengröße verkleinert und war nur noch an einigen Stellen
hart, im Übrigen weich und nicht druckschmerzhaft.
Schon dieser Verlauf wies darauf hin, dass das konstatirte Hindernis des
Katheterismus nicht das Hindernis der Harnentleerung und nicht die
Ursache der hoohgradigen Harnbeschwerden gewesen war. Eine akute Retentio
urinae in den ersten Monaten und Quartalen einer erstmalig erworbenen
Gonorrhoe hat ihren Grund so gut wie nie in einer ohronischen Veränderung, in
einer Striktur, sondern in einer akuten Entzündung, sei es der Harnröhre, sei es
der Prostata; die Prostataschwellung kann enorm sein und doch ohne Fieber
verlaufen.
Nicht gerade in dieser zwar ziemlich banalen, aber doch noch recht oft ver-
kannten Thatsache liegt das Interesse unseres Falles, sondern in der Art der
Harnröhrenabnormität. Da der Katheter zunächst bei der Einführung stockte,
nachdem man ihn sodann aber etwas zurückgezogen und anders gerichtet hatte,
leicht einging, auch gar nicht umklammert war, so kam ich gleich auf die Ver-
muthung, dass hier nicht eine Verengerung, sondern eine Art Klappe vorliege.
In der That konnte ich am 23. einen Dittelstift Charriere 21 ohne Schwierigkeit,
ohne Blutung einführen, indem ich die Spitze, als sie an dem Hindernis ange-
langt war, fest nach unten drückte; nach oben gerichtet war sie nicht weiterzu-
bringen. Beim Zurückziehen hatte man das Gefühl, als ob der Stift über einen
Vorsprung an der oberen Wand stolpere. Am 28. sah ich im Urethroskop (Pane-
lektroskop Reiniger, Gebbert und Schall, Tub. 22), nachdem die Harnröhre mit
10 eem 1%iger Cocainlösung 2 Minuten angefüllt gewesen war, 21 om von der
unteren, 3cm von der oberen Kommissur des Orificium externum urethrae entfernt,
einen transversal verlaufenden, glatten, harten, mattrothen, 3 mm hohen Wulst der
oberen Wand der Harnröhre. Bemerkenswerth ist, dass ein ganz leichter Grad
von Hypospadia glandis bestand.
138 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
Dieser Umstand, so wie die Möglichkeit, auf Grund des urethroskopischen
Befundes gonorrhoische infiltrative oder polypöse Wucherungen auszuschließen,
sprechen dafür, dass dieser Querwulst eine kongenitale Anomalie darstellte. Es
handelte sich nicht um die Schleimhauttasche am oberen Rand der Fossa navi-
cularis, diese ist höchstens 11: cm vom Eingang entfernt; auch haben wir ja keine
Tasche, sondern einen Querwulst vor uns.
Die Prostatitis und Urethritis — nach Rückgang der Prostataschwellung
sonderte die Harnröhre wieder gonokokkenhaltigen Eiter ab — wurde durch
Massage der Prostata und darauffolgende Harnröhrenspülung mittels Irrigator-
druck ohne Katheter in 14 Tagen beseitigt. Bei der Entlassung ragt die Prostata
nur (a cm ins Rectum vor; ihr Sekret ist glasigweiß, ohne Gonokokken. Am
rechten Seitenrande ist noch eine längliche, etwas härtere Verdickung durchzu-
fühlen. Eine Operation des Querwulstes war, da er keinerlei Beschwerden verur-
sachte, nicht indieirt. Hätte man sie, in der irrthümlichen Deutung der Er-
scheinungen, im Höhestadium der Prostatitis vorgenommen, so wären üble Folgen
sehr wahrscheinlich gewesen.
18) J. J. Curry. A report on the bacteriological investigations of sur-
gical infection.
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 8. Ser. Boston 1897. p. 111.)
Verf. hat in 312 Fällen chirurgischer Infektionskrankheiten bakteriologische
Untersuchungen über das Vorkommen der einzelnen Mikroorganismen an-
gestellt. Um einiges besonders Erwähnenswerthes aus dem Bericht heraus-
zugreifen, führe ich an, dass unter 115 gewöhnlichen Abscessen 78mal eine ein-
fache Infektion (39% Streptokokken, 41% Staphylococcus aureus, 10% Staphylo-
coccus alb.), 37mal eine Mischinfektion, dass in 3 Fällen von Karbunkel jedes
Mal das Vorhandensein von Staphylococcus aureus, in 35 Fällen von Phlegmonen
19mal Streptococcus, 10mal Staphylococc. aureus, 7mal albus, 3mal pyocyaneus
festgestellt werden konnte.
Die bakteriologische Untersuchung von 50 Appendicitisfällen ergab 28 Misch-
infektionen, 20 reine Infektionen, 2mal sterilen Eiter. — (15mal Streptokokken,
imal Staphylococc. aureus, 46mal Bact. coli.) Das Bact. coli erwies sich selten
allein als Erreger der Peritonitis. Verf. betont, dass die Gegenwart des Strepto-
coceus die Prognose jedes Mal wesentlich verschlechtert; auch in Bezug auf den
Heilungsverlauf ist der ungünstige Einfluss desselben unverkennbar. Vor Allem
wurden in keinem Falle von Appendicitis, in dem es zu einer 2. Operation kam,
Streptokokken vermisst.
Auch die Fälle von Pyosalpinx, Otitis media, Empyem werden ausführlicher
besprochen. Bei den Empyemen zeigen auch die Streptokokkenempyeme die
schlechteste Prognose (43% Todesfälle).
Unter den Mischinfektionen ist eine Phlegmone von Hand und Vorderarm,
bei der sich Staphylocoecc. alb. und B. megaterium vorfand, wegen ihrer Bösartig-
keit hervorzuheben. Verf. nimmt an, dass die Anwesenheit von Megaterium einen
erheblich fördernden Einfluss auf die Virulenz des sonst nicht sehr bösartigen
Staphylococcus albus hatte.
In einem Falle von Pustula maligna im Nacken fand sich außer Bac. anthracis
noch Staphylococe. citreus, der sich durch besondere Virulenz auszeichnete und,
wie Verf. durch Thierexperimente feststellen konnte, auf das Wachsthum und die
Virulenz des Bac. anthracis eine ähnlich hemmende Wirkung ausübte, wie gie
Emmerich für Streptokokken, andere Beobachter für Staphylococcus aureus
und den Friedländer’schen Kapselbacillus nachgewiesen haben.
A F. Krumm (Karlsruhe).
19) K. Müller. Über Knochenabscesse.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 4.)
M. beschreibt einen neuen Fall, welcher die Möglichkeit langjähriger Latenz
virulenter Staphylokokken beweist. Es handelt sich um einen 50 Jahre alten
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 139
Knochenabsoess, der als Rest einer im 13. Jahre von dem Pat. durchgemachten
-Osteomyelitis femoris vom Verf. angesehen wird. Es wurde vollkommen lebens-
fähiger Staphylococcus aureus bakteriologisch nachgewiesen. Besonders hinzu-
weisen ist auf die Größe der Abscessbildung, die sich bei dem 64jährigen Mann
vorfand. Die Eiterbildung erstreckte sich durch Oberschenkel, Knie und obere
Tibiehälfte. Es wird namentlich darauf hingewiesen, wie einschlägige Fälle lange
unter der Diagnose »Rheumatismus« laufen. Auch die Knochenneuralgie der
Franzosen ist nichts Anderes als ein osteomyelitischer Process, wenn man auch
oft nichts weiter findet als eigenartige Vakuolen, die mit gallertartiger Masse
erfüllt sind, aus denen ebenfalls Staphylokokken gezüchtet wurden.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
20) Nélaton. Sur le prolapsus du rectum. — Discussion.
(Bull et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 684.)
Weil ihn alle sonst üblichen Verfahren in ihrem Dauererfolge nicht befrie-
digten, entschloss sich N., einen großen Mastdarmvorfall bei einem 60jährigen
Manne in folgender Weise zu operiren: Laparotomie, Vorsiehen der Flexur und
Durchtrennung ihres Mesenterium zwischen Ligaturen auf eine größere Strecke,
Reposition, Bauehnaht. Sodann: eirkuläre Umschneidung des Vorfalls 1 om vom
After entfernt, Eröffnung des Bauchfells, Hervorziehen der Flexur und Resektion
eines 26 cm langen Stückes, Annähen des oberen Darmendes an die Haut des
Afters. — Durch diese Entfernung der Flexur, deren zu große Länge und Beweg-
lichkeit den Vorfall verschulden soll, hofft N. Recidive sicher zu verhüten. Sein
Pat. starb.
In der Diskussion fand der Vorschlag N.’s bei den Pariser Chirurgen wenig
Gegenliebe. Föliset betonte, dass bei Kindern ein Mastdarmvorfall überhaupt
nur in den seltensten Fällen eine Operation erfordere. Basy, Gérard-
Marchant, Schwartz sind mit den Erfolgen der Behandlung des Vorfalls beim
Erwachsenen durch Rectopexie und Sphinkterorrhaphie im Allgemeinen zufrieden
und theilen interessante Beobachtungen mit. Genaueres ist im Original nachzu-
lesen. Erwähnt sei nur, dass in einem Falle Bazy’s von enormem Mastdarm-
vorfall mit gleichzeitiger Enteroptosis und Wanderniere nach der Rectopexie und
Bildung eines neuen Dammes auch die abnorme Beweglichkeit der Niere bei Ent-
lassung der Kranken aus dem Hospital nicht mehr konstatirt werden konnte.
Beichel (Breslau).
21) P. Reclus. Traitement des retr&cissements non cancereux du
rectum par la dilatation progressive. — Discussion.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 626.)
R. berichtet über 2 Fälle luetischer Mastdarmstrikturen, in denen er durch
Dilatation mit Hegar’schen Sonden nach vorgängiger Cocainisirung der Mast-
darmschleimhaut und Ausspülungen mit Theerwasser eine auffallend rasche Bes-
serung aller Beschwerden und Erweiterung der Verengerung erzielt hatte, so rasch,
wie er es früher nie gesehen hatte. Wesentlich glaubt er den schnellen Erfolg
der Anwendung des Cocains zuschreiben zu müssen.
In der Diskussion tritt Berger auch sehr warm für die Behandlung mit
allmählicher Dilatation, ev. in Verbindung mit der lineären Rectotomie ein, während
er die Resektion der strikturirten Partien nur für Ausnahmefälle reservirt wissen
will; denn auch sie schütze, wie mehrfache Beobachtungen beweisen, durchaus
nicht gegen Recidive. Reichel (Breslau).
22) Csesch. Beitrag zur Statistik der Rectumcarcinome und ihrer
operativen Behandlung.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
C. hat das Material der Mikulicz’schen Klinik in sorgfältiger Weise zu-
sammen gestellt und statistisch bearbeitet. Hervorzuheben ist der relativ hohe
Procentsatz jugendlicher Careinomkranker (8,3% standen zwischen 20. und 30. Le-
140 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
bensjahr, einer zählte erst 18 Jahre). Von 109 Pat. wurden 66 radikal operirt,
5 kolostomirt, 10 mit Auskratzung behandelt, 28 ohne operativen Eingriff ent-
lassen. Die überwiegende Mehrzahl der Radikaloperationen wurde auf sacralem
Weg mit definitiver oder seit 1894 mit temporärer Resektion des Kreuzbeins (Ry-
dygier) ausgeführt.
Die Resultate der einzelnen Operationsmethoden sind in sehr genauer und
übersichtlicher Weise wiedergegeben, so dass sie wirklich ein objektiyes unge-
schminktes Bild dessen, was beim Mastdarmoarcinom im Allgemeinen zu erreichen
ist, geben. Ref. muss sich auf die Anführung des Gesammtresultats beschränken.
Von 66 radikal operirten Pat. leben 19 (28,78%), von diesen sind recidivfrei über
1/2 Jahr p. op. 14 (21,21%), über 1 Jahr 11 (16,6%), über 3 Jahre 4 (6,06%); es
sind also nur 6,06% aller radikal operirten Pat. als dauernd geheilt im konven-
tionellen Sinn zu betrachten. Was die palliativen Behandlungsmethoden anbelangt,
so ist Mikulicz von der Auskratzung der Neubildung gans zurückgekommen,
wegen der im Vergleich zu dem zu hoffenden Nutzen unverhältnismäßig großen
Gefahr des Eingriffs, wohingegen die Kolostomie erheblich bessere Resultate er-
gab. — Das Studium des Originals, welches in Text und Krankengeschichten eine
Fülle interessanter Details bietet und namentlich auch genaue Angaben über die
Einzelheiten der von M. geübten Technik (inkl. Vor- und Nachbehandlung) enthält,
ist sehr zu empfehlen. Hofmeister (Tübingen).
23) J. Boeckel. Procédé sacro-iliagque pour l’extirpation totale du
rectum et de DS iliaque dans les tumeurs canc£reuses.
(Bull. et m&m. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 646.)
Die in Frankreich zuerst von Gaudier angegebene, doch ohne Erfolg aus-
geführte Operation, die totale Exstirpation des Mastdarms durch Kombination der
Kraske’schen Operation mittels Laparotomie, wandte B. in etwas modifieirter
Form mit günstigem Ausgang zur Entfernung eines sehr hoch hinaufreichenden
Mastdarmcareinoms an. Die obere Grenze der Geschwulst vorher zu bestimmen
war unmöglich gewesen. B. begann daher mit der Kraske’schen Operation. Als
sich die radikale Entfernung auf diesem Wege als unausführbar zeigte, schritt er
sogleich zur Eröffnung des Bauches mittels eines dem linken Poupart’schen Bande
parallelen Schnittes, durchtrennte das Colon descendens zwischen 2 Ligaturen,
löste das untere Ende nun so weit als möglich aus, nähte das obere Ende als Anus
iliacus im oberen Wundwinkel ein, und vollendete die Operation nun vom sacralen
Wege aus. Es ließ sich der Rest des Mastdarms jetzt leicht von der Sacralwunde
aus im Ganzen entfernen. Dabei wurde eine Dünndarmschlinge vorgezogen, die
mit dem Careinom verwachsen und von ihm inficirt war; die erkrankte Schlinge
wurde in einer Länge von 9 cm resecirt, durch cirkuläre Naht geschlossen und
versenkt. — Der bis dahin durch Ligatur verschlossen gehaltene widernatürliche
After wurde am 3. Tage geöffnet, funktionirte dauernd gut. — Glatte Rekonvalescenz.
Beichel (Breslau).
24) B. v. Beck. Subkutane Milzruptur, Milzexstirpation, Heilung.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 47.)
Der einen 19jährigen Mann betreffende Fall von Milsruptur, die durch Über-
fahrenwerden des Pat. zu Stande gekommen war, bot bei der Aufnahme am Abend
des Unfallstages die Zeichen profuser abdomineller Blutung und wesentlich ver-
breiterter Milzdämpfung. Bei der Laparotomie, der eine intravenöse Kochsalz-
infusion vorausgeschickt worden war, fand sich nach Ausräumung massenhafter
Gerinnsel die Milz an mehreren Stellen stark zerrissen und wurde ohne Schwierig-
keit exstirpirt. Heilung ohne weitere Folgen. Kramer (Glogau).
25) A. Nannotti. Beitrag zum Studium der Indikationen der Milz-
exstirpation bei Malaria.
(Policlinico 1897. Juni 1.)
Um die Indikationen zur Entfernung der Malariamilz des Näheren festzustellen,
berichtet Verf. über 3 klinische Beobachtungen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 141
I. 22jährige Frau. Seit 4 Jahren Malaria. Milsschwellung, Kachexie, Bron-
chial- und Darmkatarrh; allgemeine Schwäche, Anämie (Hämoglobingehalt 55 x),
Schmerzen im Leib. — Splenektomie; Medianschnitt in der Linea alba, Vorwälsen
des Organs, Unterbindung des Stiels, sorgfältige Blutstillung, Hautnaht. Die Mils
wog 3,4 kg. — Am sechsten Tag nach der Operation trat eine Bronchopneumonie
auf, der die Kranke erlag. Die Sektion ergab völlig normale Verhältnisse der
Bauchhöhle.
II. 37jährige Frau. Vor 20 Jahren erster Anfall von Malaria; weiterhin
Wohlbefinden bis vor 5 Jahren. Seitdem öfters schwere Anfälle, Entwicklung
einer großen Milzgeschwulst; Schmerzen im Leib (Gastralgien, Koliken), große
Anämie (Hämoglobingehalt 60 %). — Splenektomie: Inoision in der Linea alba,
Trennung der zahlreichen Verwachsungen, Abbinden des Stiels, Entfernung des
Organs, Bauchdeckennaht. Die Milz wog 2,5 kg. Nach anfänglich schlechtem
Befinden war der weitere Verlauf sehr günstig; die Kranke genas vollständig von
der Operation und fühlte sich während einiger Monate ganz wohl; dann trat aber-
mals Fieber auf, und gleichzeitig damit erhebliche Hypertrophie der Leber. Auf
fortgesetzten Chiningebrauch verschwand beides, und die Kranke war von nun
an völlig gesund.
II. 22jährige Frau. Beginn der Malariainfektion in früher Jugend. Im
Alter von 20 Jahren bestand bereits eine enorme Milzgeschwulst. Große Be-
schwerden, Leibschmerzen, doch keine Kachexie. Operation wie oben. Die exstirpirte
Mils wog 1,5 kg. Die Rekonvalescenz war ungestört, das spätere Befinden aus-
gezeichnet.
Hieran reiht Verf. noch einen vierten Fall, in dem jedoch die völlige Ent-
fernung der Mils nicht möglich war. Es handelte sich um einen 34jährigen Mann,
der eine große Milsgeschwulst besaß und an sehr heftigen Kolikanfällen litt;
dabei abwechselnd Diarrhöe und Verstopfung. Bei der Operation fanden sich
sahlreiche Verwachsungen mit Magen und Colon, die leicht gelöst werden konnten.
Dagegen waren die Verwachsungen am Zwerchfell so fest, dass von einer Exstir-
pation der Milz abgehen werden musste. Trotzdem war der Erfolg ein ausgezeich-
neter, indem die Schmerzen völlig aufhörten.
Verf. sieht die Indikation zum operativen Eingreifen nicht sowohl in der
Hypertrophie der Milz an sich, als vielmehr in den Beschwerden und Gefahren,
die dieselbe im Gefolge hat. Aus diesem Grunde ist bei Ektopie der hypertro-
phischen Milz die Exstirpation angezeigt, dagegen bei fixirter Mils nur unter be-
sonderen Umständen gerechtfertigt. Bei sehr vorgeschrittener Kachexie, bei Leuk-
ämie und bei sehr ausgedehnten Adhäsionen ist jeder operative Eingriff verboten.
H. Bartsch (Heidelberg).
26) J. Homans (Boston). Recurrent gall-stones. Angioma of spleen.
Excision of coecum.
(Separatabdruck.)
3 kurze kasuistische Mittheilungen.
1) 38jährige Frau mit mannigfachen Magenbeschwerden.. Operation 6. April
1895. Es findet sich neben Verwachsungen im Becken und Retroversio uteri eine
mit Steinen gefüllte Gallenblase. Cholecystostomie. Heilung nach 5 Wochen, Be-
schwerden vollständig beseitigt. Im December 1896 wieder die alten Klagen.
Neue Operation 18. Januar 1897. Es finden sich 7 Steine in der Gallenblase.
3 davon, von Bohnengröße und -Form, hängen an einem Seidenfaden aufgereiht,
der in der Achse jedes der 3 Steine verläuft, 2 andere, die ebenfalls durch einen
Seidenfaden verbunden sind, sitzen demselben mehr seitlich auf, die beiden letzten
eind frei. Es handelte sich zweifellos um Fäden, mit denen die Gallenblase am
Bauchfell befestigt gewesen war. H. meint, dass nicht die Anwesenheit der Fäden
die Gallensteinbildung veranlasst habe (?!), wohl aber, bei vorhandener Neigung
su solcher, wie Fremdkörper als Kern gedient haben.
2) 22jähriges Mädchen. Seit über 2 Jahren Anschwellung des Leibes. Im
März 1895 werden 7 Quart einer blutigen Flüssigkeit entleert und eine solide
140 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
bensjahr, einer zählte erst 18 Jahre). Von 109 Pat. wurden 66 radikal operirt,
5 kolostomirt, 10 mit Auskratsung behandelt, 28 ohne operativen Eingriff ent-
lassen. Die überwiegende Mehrzahl der Radikaloperationen wurde auf sacralem
Weg mit definitiver oder seit 1894 mit temporärer Resektion des Kreuzbeins (Ry-
dygier) ausgeführt.
Die Resultate der einzelnen Operationsmethoden sind in sehr genauer und
übersichtlicher Weise wiedergegeben, so dass sie wirklich ein objektiyes unge-
schminktes Bild dessen, was beim Mastdarmcarcinom im Allgemeinen zu erreichen
ist, geben. Ref. muss sich auf die Anführung des Gesammtresultats beschränken.
Von 66 radikal operirten Pat. leben 19 (28,78%), von diesen sind recidivfrei über
1/2 Jahr p. op. 14 (21,21%), über 1 Jahr 11 (16,6%), über 3 Jahre 4 (6,06%); es
sind also nur 6,06% aller radikal operirten Pat. als dauernd geheilt im konven-
tionellen Sinn zu betrachten. Was die palliativen Behandlungsmethoden anbelangt,
so ist Mikulicz von der Auskratsung der Neubildung ganz zurückgekommen,
wegen der im Vergleich zu dem zu hoffenden Nutzen unverhältnismäßig großen
Gefahr des Eingriffs, wohingegen die Kolostomie erheblich bessere Resultate er-
gab. — Das Studium des Originals, welches in Text und Krankengeschichten eine
Fülle interessanter Details bietet und namentlich auch genaue Angaben über die
Eingelheiten der von M. geübten Technik (inkl. Vor- und Nachbehandlung) enthält,
ist sehr zu empfehlen. Hofmeister (Tübingen).
23) J. Boeckel. Procédé sacro-iliaque pour l’extirpation totale du
rectum et de DS iliaque dans les tumeurs cancereuses.
(Bull. et m&m. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 646.)
Die in Frankreich zuerst von Gaudier angegebene, doch ohne Erfolg aus-
geführte Operation, die totale Exstirpation des Mastdarms durch Kombination der
Kraske’schen Operation mittels Laparotomie, wandte B. in etwas modificirter
Form mit günstigem Ausgang zur Entfernung eines sehr hoch hinaufreichenden
Mastdarmcarcinoms an. Die obere Grenze der Geschwulst vorher zu bestimmen
war unmöglich gewesen. B. begann daher mit der Kraske’schen Operation. Als
sich die radikale Entfernung auf diesem Wege als unausführbar zeigte, schritt er
sogleich zur Eröffnung des Bauches mittels eines dem linken Poupart'schen Bande
parallelen Schnittes, durchtrennte das Colon descendens zwischen 2 Ligaturen,
löste das untere Ende nun so weit als möglich aus, nähte das obere Ende als Anus
iliacus im oberen Wundwinkel ein, und vollendete die Operation nun vom sacralen
Wege aus. Es ließ sich der Rest des Mastdarms jetzt leicht von der Sacralwunde
aus im Ganzen entfernen. Dabei wurde eine Dünndarmschlinge vorgezogen, die
mit dem Carcinom verwachsen und von ihm infieirt war; die erkrankte Schlinge
wurde in einer Länge von 9 cm reseeirt, durch cirkuläre Naht geschlossen und
versenkt. — Der bis dahin durch Ligatur verschlossen gehaltene widernatürliche
After wurde am 3. Tage geöffnet, funktionirte dauernd gut. — Glatte Rekonvalesceng.
Reichel (Breslau).
24) B. v. Beck. Subkutane Milzruptur, Milzexstirpation, Heilung.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 47.)
Der einen 19jährigen Mann betreffende Fall von Milsruptur, die durch Über-
fahrenwerden des Pat. zu Stande gekommen war, bot bei der Aufnahme am Abend
des Unfallstages die Zeichen profuser abdomineller Blutung und wesentlich ver-
breiterter Milzdämpfung. Bei der Laparotomie, der eine intravenöse Kochsalz-
infusion vorausgeschickt worden war, fand sich nach Ausräumung massenhafter
Gerinnsel die Milz an mehreren Stellen stark zerrissen und wurde ohne Schwierig-
keit exstirpirt. Heilung ohne weitere Folgen. Kramer (Glogau).
25) A. Nannotti. Beitrag zum Studium der Indikationen der Milz-
exstirpation bei Malaria.
(Policlinico 1897. Juni 1.)
Um die Indikationen zur Entfernung der Malariamilz des Näheren festzustellen,
berichtet Verf. über 3 klinische Beobachtungen.
H
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 141
I. 22jährige Frau. Seit 4 Jahren Malaria. Milzschwellung, Kachexie, Bron-
chial- und Darmkatarrh; allgemeine Schwäche, Anämie (Hämoglobingehalt 55 x),
Schmersen im Leib. — Splenektomie; Medianschnitt in der Linea alba, Vorwälsen
des Organs, Unterbindung des Stiels, sorgfältige Blutstillung, Hautnaht. Die Mils
wog 3,4 kg. — Am sechsten Tag nach der Operation trat eine Bronchopneumonie
auf, der die Kranke erlag. Die Sektion ergab völlig normale Verhältnisse der
Bauchhöhle.
II. 37jährige Frau. Vor 20 Jahren erster Anfall von Malaria; weiterhin
Wohlbefinden bis vor 5 Jahren. Seitdem öfters schwere Anfälle, Entwicklung
einer großen Milzgeschwulst; Schmerzen im Leib (Gastralgien, Koliken), große
Anämie (Hämoglobingehalt 60 %). — Splenektomie: Ineision in der Linea alba,
Trennung der zahlreichen Verwachsungen, Abbinden des Stiels, Entfernung des
Organs, Bauchdeckennaht. Die Milz wog 2,5 kg. Nach anfänglich schlechtem
Befinden war der weitere Verlauf sehr günstig; die Kranke genas vollständig von
der Operation und fühlte sich während einiger Monate gang wohl; dann trat aber-
mals Fieber auf, und gleichzeitig damit erhebliche Hypertrophie der Leber. Auf
fortgesetzten Chiningebrauch verschwand beides, und die Kranke war von nun
an völlig gesund.
IH. 22jährige Frau. Beginn der Malariainfektion in früher Jugend. Im
Alter von 20 Jahren bestand bereits eine enorme Milzgeschwulst. Große Be-
schwerden, Leibschmerzen, doch keine Kachexie. Operation wie oben. Die exstirpirte
Mils wog 1,5 kg. Die Rekonvalescenz war ungestört, das spätere Befinden aus-
gezeichnet.
Hieran reiht Verf. noch einen vierten Fall, in dem jedoch die völlige Ent-
fernung der Mils nicht möglich war. Es handelte sich um einen 34 jährigen Mann,
der eine große Milsgeschwulst besaß und an sehr heftigen Kolikanfällen litt;
dabei abwechselnd Diarrhöe und Verstopfung. Bei der Operation fanden sich
sahlreiche Verwachsungen mit Magen und Colon, die leicht gelöst werden konnten.
Dagegen waren die Verwachsungen am Zwerchfell so fest, dass von einer Exstir-
pation der Milz abgehen werden musste. Trotzdem war der Erfolg ein ausgezeich-
neter, indem die Schmerzen völlig aufhörten.
Verf. sieht die Indikation zum operativen Eingreifen nicht sowohl in der
Hypertrophie der Milz an sich, als vielmehr in den Beschwerden und Gefahren,
die dieselbe im Gefolge hat. Aus diesem Grunde ist bei Ektopie der hypertro-
phischen Milz die Exstirpation angezeigt, dagegen bei fixirter Mils nur unter be-
sonderen Umständen gerechtfertigt. Bei sehr vorgeschrittener Kachexie, bei Leuk-
ämie und bei sehr ausgedehnten Adhäsionen ist jeder operative Eingriff verboten.
H. Bartsch (Heidelberg).
26) J. Homans (Boston). Recurrent gall-stones. Angioma of spleen.
Excision of coecum.
(Separatabdruck.)
3 kurze kasuistische Mittheilungen.
1) 38jährige Frau mit mannigfachen Magenbeschwerden. Operation 6. April
1895. Es findet sich neben Verwachsungen im Becken und Retroversio uteri eine
mit Steinen gefüllte Gallenblase. Cholecystostomie. Heilung nach 5 Wochen, Be-
schwerden vollständig beseitigt. Im December 1896 wieder die alten Klagen.
Neue Operation 18. Januar 1897. Es finden sich 7 Steine in der Gallenblase.
3 davon, von Bohnengröße und -Form, hängen an einem Seidenfaden aufgereiht,
der in der Achse jedes der 3 Steine verläuft, 2 andere, die ebenfalls durch einen
Seidenfaden verbunden sind, sitzen demselben mehr seitlich auf, die beiden letzten
sind frei. Es handelte sich zweifellos um Fäden, mit denen die Gallenblase am
Bauchfell befestigt gewesen war. H. meint, dass nicht die Anwesenheit der Fäden
die Gallensteinbildung veranlasst habe (?!), wohl aber, bei vorhandener Neigung
zu solcher, wie Fremdkörper als Kern gedient haben.
2) 22jähriges Mädchen. Seit über 2 Jahren Anschwellung des Leibes. Im
März 1895 werden 7 Quart einer blutigen Flüssigkeit entleert und eine solide
142 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
Geschwulst der rechten Seite konstatirt. In der Folge noch 4mal Entleerung
größerer Mengen gleicher Flüssigkeit. 16. April 1896 Japarotomie: Es wird eine
zwischen Flexura hepatica und splenica coli liegende, von Netz bedeckte, vielfach
mit der Nachbarschaft verwachsene Geschwulst nebst einer überzähligen Mils mit
großer Mühe entfernt, sehr bedeutende Gefäße müssen unterbunden werden. Am
12. August 1896, also ca. 4 Monate nach der 1. Operation, 2. Operation: Ent-
fernung größerer Mengen blutiger Flüssigkeit und Exstirpation der vergrößerten
Mils nebst anhängenden, die Stelle der früheren Geschwulst einnehmenden Ge-
sohwulstmassen. Tod im Collaps 20 Stunden p. op. Die mikroskopische Diagnose
lautete auf kavernöses Angiom.
3) 5jähriges Mädchen. Seit einigen Monaten Schmerzen im Leibe und rapide
Abmagerung bei gutem Appetit. In der Regio appendicularis bewegliche Ge-
schwulst von der Größe einer Schafsniere, auf Druck wenig empfindlich. Opera-
tion am 20. März 1896 in Trendelenburg’scher Lagerung: Schnitt zwischen
Nabel und Symphyse in der Linea alba. Geschwulst wird als Sarkom erkannt,
das einen kleinen Theil der Vorderwand des Blinddarmes mit ergriffen hat. Ex-
stirpation und partielle Resektion der Darmwand. Heilung. Diagnose: Spindel-
sellensarkom, ausgehend von dem Bindegewebe in der Umgebung des Blinddarmes.
1_Jahr nach der Operation volles Wohlbefinden, kein Recidiv.
H. Lindner (Berlin).
27) Harris and Herzog. Solid mesenteric tumors with report of case,
(Annals of surgery 1897. Juli.)
Die Verff. berichten über einen glücklich verlaufenen Fall eines plexiformen
Gekrössarkoms, das durch Exstirpation unter gleichzeitiger Resektion einer Darm-
schlinge geheilt wurde. Pat. war ein 5jähriger Knabe. Des Weiteren be-
richten sie über 57 Fälle aus der Litteratur, welche die verschiedensten Formen
von Geschwülsten zeigten. In dieser Zusammenstellung beruht der Hauptwerth
der Arbeit: dieselbe entzieht sich somit einem eingehenden Referat.
Tietze (Breslau).
28) D. Schwarz (Agram). Sarcoma mesocoli; excissio sarcomatis et
resectio flexurae hepaticae coli et cystidis felleae ad sarcoma acretae.
(Lieenicki viestnik 1897. No. 12. [Kroatisch.])
Der 42jährigen Pat. wurde vor 6 Jahren eine incarcerirte Inguinalhernie operirt.
Am 15. April 1897 operirte ihr 8. eine adhärente Epiplocele, und am 3. Mai ex-
stirpirte er ihr ein Sarkom des Mesocolon, welches mit der Flexura hepatica coli
und der Gallenblase verwachsen war. Bei Gelegenheit der Geschwulstexstirpation
wurde der angewachsene Dickdarm resecirt und nach Kocher eirkulär vernäht.
Auch die Gallenblase wurde resecirt, der Stumpf an das Peritoneum parietale an-
genäht und dann vernäht (Kümmell’s ideale extraperitoneale Cholecystotomie).
Verlauf afebril. In der oberen Wundecke bildet sich eine Gallenfistel, welche
nachträglich erfolgreich vernäht wurde. Die Pat. wurde am 20. Juli geheilt ent-
lassen. Cačković (Agram).
29) J. Heberlein. Operation eines Coloncarcinoms mit partieller
Leberresektion, nebst epikritischen Bemerkungen und einer Zu-
sammenstellung analoger Fälle. (Aus der Greifswalder Klinik des
Geheimrath Helferich.)
Inaug.-Diss. 1897.
Das Carcinom (primäres) der Flexura coli d. war durch starke Adhäsionen so
innig mit der erkrankten Gallenblase und den angrenzenden Leberpartien ver-
wachsen, dass außer dem erkrankten Darmabschnitt sowohl die Gallenblase als
auch ein Theil der Leber mit entfernt werden mussten. Die Gallenblase, die,
kaum als solche erkennbar, in hartes und dickes Gewebe verwandelt war, machte
durchaus den Eindruck von Geschwulstmasse, während die Untersuchung nur
chronisch verdicktes fibröses Gewebe ergab. Die Resektion des Leberstückes ge-
Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 143
schah mit messerförmigem Thermokauter und Schere. Die heftige — auch ar-
terielle — Blutung stand erst durch andauernde Kompression und Tamponade mit
Penghavar Djambi, die liegen blieb und aus der Bauchwunde herausgeleitet wurde.
Keine Nachblutung. Tod 2 Tage nach der Operation. Sektion ergab u. A.
Emphysem der Leber, Milz, Nieren, welches durch Infektion mit gasbildenden
Bakterien verursacht sein soll und im Verein mit dem schlaffen, chronisch de-
generirten Herzen als Todesursache angegeben wird. Die Geschwulst war ein
Adenocarcinom. Keine Metastasen. 6. Mohr (Hamburg).
30) J.-L. Faure. Contusion de ’abdomen par coup de pied de che-
val. Decollement de la vésicule biliaire et hemorrhagie du foie. La-
parotomie. Guerison.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 620.)
Der von F. 3 Stunden nach der Verletzung durch einen Hufschlag laparoto-
mirte Pat. zeigte die seltene Verletzung einer fast totalen Abreißung der Gallen-
blase von der Leber, an welcher sie nur noch durch einen flottirenden Bauchfell-
lappen befestigt war. Die Gallenblase selbst, wie der Ductus oysticus, waren
unversehrt, dessgleichen der Darm, dessen Wand nur einige kleine Ekchymosen
zeigte. Das kleine Netz war durch Blut ausgedehnt; solches war auch hinter das
Duodenum und in das retroperitoneale Zellgewebe eingedrungen. Eine ziemlich
starke Blutung aus einer kleinen Leberarterie wurde durch eine liegenbleibende
Klemmpincette gestillt, die Leberwunde dort, wo die Gallenblase losgerissen war,
mit steriler Gaze tamponirt. Heilung. Beichel (Breslau).
31) E. Kummer. Un cas de cholecystotomie extrap£ritoneale avec
marsupialisation prealable du hile du foie.
(Revue med. de la Suisse rom. 1897. No. 5.)
Bei der 56 Jahre alten Pat. wird eine 15 cm lange, mit Konkrementen aus-
gefüllte Gallenblase konstatirt, die nach unten mit dem Quercolon verwachsen ist
und von einem abgeschnürten, mit dem parietalen Bauchfell fest verwachsenen
Leberlappen bedeckt wird. Nach Trennung dieser Verwachsungen wird wegen
der Unmöglichkeit, die brüchige Gallenblase zu fixiren, ein durch Adhäsivprocesse
gebildeter Kanal von außen nach innen und unten hergestellt. Nach 12 Tagen
wird die Gallenblase am Grunde des 7 cm langen Kanals stumpf eröffnet, von
ihrem Inhalt — 32 Konkrementen — befreit. An ihrer oberen Wand, gegen die
Leber zu, fand sich eine Perforation. 18 Tage nach dem 2. Eingriff wird die
Kranke entlassen. Kronacher (München).
32) F. Franke. Beiträge zur Chirurgie der Gallenwege (nebst Mit-
theilung eines Falles von Gallensteinileus). (Aus dem Diakonissen-
haus Marienstift zu Braunschweig.)
(8.-A. aus: Beiträge zur wissenschaftl. Mediein. Festschrift sur 69. Versammlung
Deutscher Naturf. und Arzte. Braunschweig 1897.)
Verf. hat an 20 Kranken (19 Frauen und 1 Manne) 23 Operationen vor-
genommen, nämlich: 14 Cholecystotomien, 1 mit Lithotripsie, 1 Cholecystendyse,
4 Choleoystektomien, 2 Choledochotomien, 1 Lösung von Verwachsungen, 1 Probe-
laparotomie. Es starben 3 Pat., doch konnten die betreffenden Todesfälle nicht
der Operation zugeschrieben werden, sondern waren durch unheilbare Leiden
veranlasst. Verf. konnte an seinem Material die Angaben der bisherigen wich-
tigeren Arbeiten nur ganz bestätigen. Er bevorzugt die Cholecystotomie, operirt
zweizeitig. Um die Einwirkung auf die erkrankte Innenfläche der Gallenblase
zu erhöhen, kann man, ähnlich wie bei Endometritis, die Schleimhaut abschaben.
Was die Ätiologie der Cholelithiasis betrifft, so wird besonders das Schnüren
beschuldigt.
Ein interessanterer Fall wird p. 179 berichtet: Bei einem 64jährigen Herrn
fanden sich lleuserscheinungen, ein linksseitiger, sonst leicht reponibler Leisten-
144 Centralblatt für Chirurgie. No. 5.
bruch war nicht ordentlich zurückzubringen, auch außen vom Leistenkanal Re-
sistens im Leibe und Dämpfung. Hohe Eingießungen. Am nächsten Mittag
Resistens und Dämpfung verschwunden, der Wärter sagt aus, dass er mit dem
Darmrohr im Mastdarm auf etwas Hartes gestoßen sei. F. entfernte aus dem
Mastdarm einen hochsitzenden, 6 cm langen, 5cm dicken, nach dem Trocknen
31,4 g wiegenden Kothstein, dessen Kern 3 Gallensteine bilden. Nachträglich
wurde festgestellt, dass Pat. 2 Monate vorher Leberschmersen und Gelbsucht ge-
habt hatte. H. Lindner (Berlin).
33) Thomson. Zur Frage der Gallenblasenoperation.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.)
T. eröffnete bei 14 Monate lang bestehenden, sehr heftigen Schmerzanfällen
mit Fieber und Ikterus unter der Diagnose Gallensteine eine Gallenblase; er fand
keine Steine; die Gallenblase war schlaff, sehr groß, ohne irgend welche Ver-
wachsungen. Eine große Menge dunkler, mit Schleim untermischter Galle fließt
aus; die Schleimhaut fühlt sich sehr weich an und blutet leicht bei Berührung.
Die Gallenblase wird 17 Tage lang drainirt. Die ersten Tage nach der Operation
treten noch starke Schmerzanfälle in der Lebergegend auf; dann schwinden sie
völlig, die Fistel schließt sich langsam. Nach 1/2 Jahre völliges Wohlbefinden.
T. glaubt hieraus die Indikation ableiten zu dürfen, dass auch die rein ent-
sündlichen Gallenerkrankungen unter Umständen, wenn auch selten, eine Opera-
tion gerechtfertigt erscheinen lassen. Haeckel (Stettin).
34) P. Segond. Sur un cas de cancer primitif du foie traité par
Tablation. — Discussion.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 764.)
Die 34jährige Pat. kam mit der Diagnose »Uterusmyome« zur Laparotomie.
Ihre Beschwerden deuteten ausschließlich auf eine Endometritis. Man fühlte im
Bauch 2 durch eine Einschnürung getrennte Geschwülste, von denen die untere
mit dem Uterus susammenhing, Pseudofluktuation zeigte und für ein cystisches
Fibrom angesprochen wurde, die obere harte Konsistenz besaß, sich nach der
rechten Seite erstreckte und um 4 Querfinger die Nabellinie überragte. Bei der
Laparotomie fand man, dass der untere Theil der Geschwulst der Gebärmutter
nur kappenartig aufsaß und an ihr durch leicht trennbare Verwachsungen be-
festigt war, der obere vom scharfen unteren Leberrand in einer Breite von gut
3 Querfingern ausging. Der übrige Theil der Leber und die Gallenblase waren
ganz frei. Excision der Geschwulst mit der Schere. Blutstillung mittels zweier
liegen bleibender Klemmen. Die untere Geschwulsthälfte war breiig erweicht,
die obere hart, abgekapselt, grenzte sich scharf gegen das Lebergewebe ab. Die
histologische Untersuchung stellte ein alveoläres Epitheliom mit polymorphen
Zellen fest. — Pat. starb am 3. Tage nach der Operation an Erschöpfung.
In der Diskussion berichten Routier, Qu&nu über Beobachtungen cystisch
zerfallener Lebercareinome, die sie zunächst für Echinokokken angesprochen hatten.
Ricard macht auf die Gefahr der Blutung aus solchen Geschwülsten nach ein-
facher Punktion aufmerksam und theilt, eben so wie Broca, je einen tödlich
verlaufenen Fall mit. Zur Sicherung der Diagnose hält Tuffier den Nachweis
geschwollener Lymphdrüsen am Hilus der Leber nach der Probelaparotomie für
wichtig; doch kann Michaux an der Hand einer Beobachtung den Werth dieses
Zeichens nicht anerkennen, indem er in einem Falle wegen der starken Drüsen-
schwellung von der Operation Abstand nahm, und die Kranke später völlig ge-
sund wurde, also sicher kein Carcinom hatte. Reichel (Breslau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F Dir E. Richter,
in Berlin. in Berlin. in Breslau,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
mm nn nn ana
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 6. Sonnabend, 12. Februar. 1898.
Inhalt: 0. Wolff, Tuberkulose im Schultergelenk und Caries des Processus coracoideus.
(Original-Mittheilung.)
1) Enderlen, Einheilung von Hautpfropfungen. — 2) Cohn, Wundverschorfungen. —
3) Cred6, Silber. — 4) Morrihy, Bacterium coli-Toxine bei Tuberkulose. — 5) Reclus,
Eucaine. — 6) Maass, Celluloidverbände. — 7) Ghillini, Nerreneinfluss auf Knochen-
wachsthum. — 8) und 9) Soupart, Amputationen. — 10) Krukenberg, Mechanische
Heilmethoden. — 41) Wide, Medicinische Gymnastik. — 12) Hoffa, Massage. — 13) Lo-
renz, Spastische Gliederstarre. — 14) Lorenz, 15) Ghillini, 16) Heusner, Angeborene
Hüftverrenkung. — 17) Hofmeister, Hüftkontraktur. — 18) Bähr, Erwiederung, —
19) Sprendei, Klumpfuß. — 20) Ledderhose, Zur Pathologie der Hand- und Fuß-
aponeurose. — 21) Heubach, Hallux valgus.
Trnka, Eine seltene Prädilektionsstelle von Atheromen. — Roelen, Über traumatische
Epithelcysten. — A. Hoffa, Ein Beitrag zu den Erkrankungen der Plantarfascie. (Original-
Mittheilungen.)
22) Thomas, 23) Skultecki, 24) Welscher, 25) Radinger, 26) Ashmead, Serotherapie.
— 27) Löwenthal, Beinbade- und Dampfbadewanne. — 28) Dumstrey und Bessler,
29) Lüning und Schulthess, 30) Vulplus, Berichte. — 31) Statistik der Knappschafts-
Berufsgenossenschaft. — 32) Rose, Eigenartige Berufskrankheit. — 33) Socht, Skia-
skopie von Knochenbrüchen. — 34) Kruse, Muskelinterpositon bei Knochenbrüchen. —
35) Swentzitzki, Osteomyelitis. — 36) Boks, Myositis ossiflcane. — 37) Curschmann,
Schwielige Muskelentartung. — 38) Greeske, Nekrose des Schlüsselbeins. — 39) Weill,
Habituelle Schulterverrenkung. — 40) Köppen, Traumatische Gelenkmaus. — 41) Lewin-
sohn, Dehnung des N. ischiadicus. — 42) Schrank, Schenkelbeugeneyste. — 43) Ranneft,
Angeborene Oberschenkelknickung. — 44) Graff, 45) Monsehr, Oberschenkelbrüche. —
46) Lejars, Kniescheibenbruch. — 47) Staffel, Genu recurvatum. — 48) Gnesda, Spontan-
fraktur. — 49) Spassokukotzki, Osteoplastische Unterschenkelamputation. — DO) Janz,
Angeborener Defekt des Vorfußes.
146 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
Tuberkulose im Schultergelenk und Caries des Pro-
cessus coracoideus,
Von
Dr. Oscar Wolff,
Assistenzarzt an der chir. Abtheilung des Kölner Bürgerhospitals
(Geheimrath Bardenheuer).
Im XLV. Band! der Deutschen Zeitschrift für Chirurgie habe
ich schon darauf hingewiesen, dass bei der Tuberkulose des Schulter-
gelenks nicht selten der Processus coracoideus scapulae mit afficirt
ist; der Fortsatz erkrankt zunächst immer an seiner Basis. Wie
häufig beide Theile, Gelenk und Fortsatz, gleichzeitig betheiligt sein
können, ergiebt sich aus folgenden Zahlen: Unter 9 Resektionen des
Schultergelenks, die von Bardenheuer in den beiden letzten Jahren
wegen Tuberkulose ausgeführt wurden, war die Basis des Processus
3mal cariös.
Solche Herde dürfen bei der Operation nicht übersehen und
zurückgelassen werden, weil sonst die Heilung ausbleibt resp. der
cariöse Process fortschreitet. Der Resektionsschnitt muss also nicht
nur das Schultergelenk, Kopf und Cavitas glenoidalis, sondern auch
den Rabenschnatelfortsatz übersichtlich frei Jegen, Der Barden-
heuer’sche Querschnitt entspricht beiden Anforderungen.
Leider ist die Beschreibung des Schnittes in meiner oben er-
wähnten Arbeit dem Referenten "nicht klar geworden?; ich würde
es aber bedauern, wenn Er und andere Fachgenossen aus demselben
Grund nicht in der Lage wären, die Bardenheuer’sche Methode
der Schulterresektion anzuwenden und nachzuprüfen; denn dieselbe
hat sich vorzüglich bewährt: Alle nach ihr operirten Fälle heilten
primär ohne Fistel und mit funktionell gutem Resultat; ein Re-
eidiv ist bisher in keinem Falle aufgetreten.
Der Schnitt beginnt — Herr Dr. Wildt vom hiesigen Bürger-
hospital hatte die Güte, nebenstehende Zeichnung anzufertigen —
am Processus coracoideus, dringt ins Akromio-claviculargelenk ein,
überschreitet die Schulterhöhe und läuft dann nach hinten und ab-
wärts; er endigt 2 cm unterhalb der Stelle, wo sich der Processus
acromialis von der Schulterblattschaufel erhebt. Die äußeren Partien
vom Musculus cucullaris werden vom Knochen losgelöst und nach
oben geschoben. Der Deltoides wird, so weit er in Betracht kommt,
nach außen und armwärts verlagert, so dass die Gelenkkapsel zu
Tage tritt. Dann wird der Processus acromialis entweder dauernd
oder nach Kocher's Vorgang? temporär resecirt und im letzten Falle
1 Wolff, »Beiträge zur Resektion der tuberkulösen Gelenke«. Deutsche Zeit-
schrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 172.
? Siehe Centralblatt für Chirurgie 1897. No. 50.
3 Kocher, »Mittheilungen aus der chirurgischen Klinik zu Berne. v. Langen-
beck’s Archiv Bd. XXXVII p. 781.
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 147
im Akromio-clavieulargelenk luxirt. Unter entsprechender Außen-
resp. Innenrotation des Armes werden der Subscapularis und Teres
major vom Tuberculum minus, der Supraspinatus, Infraspinatus und
Teres minor vom Tuberculum majus losgelöst. Jetzt erfolgt die Re-
sektion des Gelenks, wobei dem Zustand der Cavitas glenoidalis be-
sondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Pfanne ist erfahrungs-
gemäß sehr häufig mit afficirt und lässt sich bei der Anwendung
des obigen Verfahrens mit Leichtigkeit genau übersehen, ausmeißeln
oder total entfernen.
Ist die Resektion des Gelenks vollendet, so thut man stets gut,
die Basis des Processus coracoideus zu besichtigen und mit dem
Finger abzutasten. Nöthigenfalls wird sie bis ins Gesunde aus-
gemeißelt, oder besser noch werden Cavitas glenoidalis, Collum und
Processus coracoideus in toto mit dem Meißel von der Schaufel ab-
geschlagen und entfernt.
Der Processus coracoideus wird sekundär von dem tuberkulösen
Gelenkprocess ergriffen; die Tuberkulose dringt durch die Cavitas
glenoidalis in den Hals des Schulterblatts und gelangt so zur Basis
des Rabenschnabelfortsatzes.. Finden sich also bei der Operation
Cavitas und Processus erkrankt, so ist sehr wahrscheinlich auch das
Collum krank; eine gründliche Ausmeißelung oder totale Entfernung
ist in diesem Falle nothwendig.
Anfangs dieses Jahres wurde bei einer Schulterresektion ein
Präparat gewonnen, an dem sehr deutlich der Weg zu erkennen war,
den die Tuberkulose in 7 Jahren — so lange bestand der Process —
gegangen war. An der Rückseite des Oberarmkopfes fand sich eine
baumnussgroße, mit käsiger Masse angefüllte Höhle. Dieser offenbar
primäre Herd hatte die Gelenkkapsel infieirt und eine Synovial-
tuberkulose hervorgerufen, welche ihrerseits wieder den Knorpel des
Pfannenbodens an mehreren Stellen zerstört hatte. Durch die Lücken
im Knorpel waren Granulationen ins Collum scapulae gedrungen
und zur Basis des Processus coracoideus gelangt, wo ihrer Wande-
rung durch die Operation Einhalt gethan wurde.
6*
148 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
1) Enderlen. Histologische Untersuchungen über die Ein-
heilung von Pfropfungen nach Thiersch und Krause.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 453.)
Die außerordentlich fleißigen Untersuchungen wurden an mannig-
faltigem Material aus den Kliniken in Greifswald und Marburg vor-
genommen, und hat Verf. über die wesentlichsten Resultate derselben
bereits selber auf dem Chirurgenkongress 1897 kurzen Bericht er-
stattet, auf dessen Referat in Beilage zu No. 28 dies. Bl. v. J. vor
Allem zu verweisen ist. Vorliegende Abhandlung bringt die genauen
Protokolle über die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen, worauf
nicht eingegangen werden kann. Außerdem sind Tafeln mit 5 vor-
züglichen mikroskopischen Abbildungen beigegeben, welche die ver-
schiedenen Stadien der De- und Regeneration im gepfropften Läpp-
chen nach Thiersch und Krause darstellen und anschauliche und
gut verständliche Bilder der hier sich abspielenden biologischen Vor-
gänge liefern. Als in praktischer Hinsicht interessant sei noch her-
vorgehoben, dass die Thiersch’schen Läppchen erst nach 5/, bis
1!/, Jahr eine reichliche Versorgung mit elastischen Fasern zeigen.
Das Epithel bleibt bei dem Thiersch’schen Verfahren im Großen
und Ganzen besser erhalten; schon nach 7 Tagen kann ein voll-
kommener oder nahezu vollkommener Ersatz der Epitheldecke kon-
statirt werden. Die subepitheliale Schicht ist als Narbe zu betrachten,
hervorgegangen aus dem vom Mutterboden aufschießenden Granu-
lationsgewebe. Die völlige Heilung bei den Krause’schen Lappen
ist ungleich später vollendet als bei dem T'hiersch’schen Verfahren.
Der größere Theil der Krause’schen Lappen geht zu Grunde, wird
aber so allmählich und vollständig durch neugebildetes Gewebe er-
setzt, welches sich der alten Form sogar bis zur Wiederherstellung
der Hautpapillen anpasst, dass ein sehr vollkommener Ersatz dadurch
herbeigeführt wird, ein sehr wesentlicher Unterschied im Vergleich
mit einer gewöhnlichen Narbe. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
2) P. Cohn (Heringsdorf-Leipzig). In wie weit schützt der
Brand- und Ätzschorf aseptische Wunden gegen eine Infek-
tion (mit Hühnercholera und Milzbrand) ?
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 52.)
Die diesbezüglichen Studien und Versuche Ca welche er im
Hallenser hygienischen Institut an Kaninchen anstellte, ergaben,
dass der Höllensteinschorf die mit ihm in Berührung kommenden
Bakterien sofort vernichtet, somit die Thiere gegen jede Infektion
schützt, während sich der Brandschorf als weniger zuverlässiges Mittel
erwies. Immerhin bildet auch er, so lange er unverletzt bleibt, einen
Schutzwall, auf dem die empfindlichen Bakterien wegen mangelhafter
Nahrung absterben. Versuche mit dem schwefelsauren Kupferschorf
zeigten, dass er die gleiche Schutzwirkung wie der Höllensteinschorf
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 149
ausübte, wenngleich in bei Weitem geringerer Intensität. Der Alaun-
schorf endlich zeigte nur sehr schwache Wirkung und ist diesbezüg-
lich dem Brandschorfe an die Seite zu stellen. Gold (Bielitz).
3) Gredé, Silber als äußeres und inneres Antisepticum,
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 4.)
Die Arbeit enthält in ihrem 1. Theil eine Rekapitulation früherer
Erfahrungen des Verf. und eine Bestätigung seiner Erfolge durch
weitere Versuche. Verf. hält seine Methode für eben so leistungs-
fähig wie die komplicirtere Asepsis. Weiter erprobte C., »ob er durch
Silbersalze den ganzen Körper desinficiren könne«, erreichte aber
wenig durch die subkutane Injektion des Actols (Argentum lacticum),
da es örtlich festgehalten wurde und sogar zu Erweichungsherden
Veranlassung gab. Eine Wirkung im Sinne des Verf. wäre also nur
durch metallisches Silber möglich, wenn es gelänge, es im Blut und
` im Lymphstrom kreisen zu lassen. Die chemische Fabrik von
Heyden in Dresden-Radebeul stellte nun ein Silberpräparat her,
welches sich in destillirtem Wasser fast völlig auflöst und auch in
eiweißhaltigen, speciell in lebenden thierischen Flüssigkeiten sich ge-
löst hält. Salze und Säuren beeinflussen es in eiweißhaltigen Lösungen
weniger als in wässrigen, was natürlich für die Therapie wichtig ist.
Es löst sich in Wasser im Verhältnis von 1:20 und kann in 1 %iger
Lösung und stärker subkutan injieirt werden ohne jede Schmerz-
haftigkeit. Die Aufnahme des Präparats durch die Haut in Salben
hält C. durch Untersuchungen für erwiesen. Er empfiehlt es für
Lymphangitiden, Phlegmonen, Fälle von Septhämie und solche sep-
tische Processe, die bei anderen Infektionskrankheiten, wie Schar-
lach, Diphtherie etc. auftreten. Die erste Einreibung mit der Salbe,
die nur bei schweren Fällen erprobt wurde, fand stets Abends statt,
und zwar immer nur an gesunden Körpertheilen, um nachzuweisen,
dass die Wirkung durch die Bluteirkulation stattfand. Wenn sich
die Krankheit noch im akuten Stadium befand, genügte fast stets
eine einzige Einreibung, um innerhalb 24—36 Stunden die Infektion
vollständig oder größtentheils zu beseitigen. In chronischen Fällen
wurden 2 Einreibungen täglich verordnet.
Man wird zur weiteren Kritik der Erfolge mit dem Präparat
den in Aussicht gestellten Versuchen mit subkutanen und innerlich
gegebenen Lösungen an der Hand von Krankengeschichten gern
entgegensehen. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
4) C. B. Morrihy. Untersuchungen über die Heilkraft der
Bacterium coli-Toxine bei experimentefler Tuberkulose.
(Polielinieo 1897. Juli 1.)
Verf. geht von der Erwägung aus, dass die Darmtuberkulose
selten primär auftritt, dagegen meistens sekundär im Verlauf von
sehr langdauernder, chronischer Lungentuberkulose. Bei akut auf-
150 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
tretender Allgemeininfektion (Miliartuberkulose) pflegt die Darm-
affektion ebenfalls zu fehlen. Aus diesen 'Thatsachen schließt Verf.,
dass im Darm besondere Bedingungen vorliegen, die einer Ansiede-
lung des Tuberkelbacillus nicht günstig sind. Zu diesen Bedingungen
gehören die Schnelligkeit der Fortbewegung des Darminhalts, die
Unversehrtheit des Darmepithels, vielleicht auch die Anwesenheit
und Thätigkeit der im Darm vorhandenen Bakterien. Unter den
letzteren kommt besonders das Bacterium coli in Betracht. Verf.
benutzte zu seinen Versuchen die Toxine dieses Mikroorganismus,
die von hochvirulenten Bacterium coli-Kulturen gewonnen wurden.
Die Experimente wurden so angeordnet, dass je ein Paar möglichst
gleichartiger Versuchsthiere (fast stets Meerschweinchen) in genau
der gleichen Weise mit demselben tuberkulösen Material intraperi-
toneal inficirt wurde; das infektiöse Material hierzu stammte entweder
von hochvirulenten 'Tuberkelbacilleureinkulturen oder von tuberkulös
erkrankten Menschen (Bauchfelltuberkulose, Drüsenerkrankung). Das
eine der Thiere wurde weiterhin mit den Toxinen des Bacterium
coli behandelt (ebenfalls intraperitoneal), während das andere als
Kontrollthier diente. Das Resultat war, dass sämmtliche nur mit
tuberkulösem Material geimpften Thiere an typischer Tuberkulose
(des Bauchfells so wie der Brustorgane) erkrankten und starben,
während von den sowohl mit Tuberkulose- als mit Colitoxinen ge-
impften Thieren nicht ein einziges erkrankte; auch bei der Sektion
der nachher getödteten Thiere fand sich nichts von "Tuberkulose.
Dabei rief die Injektion der Toxine weder lokale noch allgemeine
Reaktionen hervor.
Eine Erklärung für diese merkwürdigen Resultate zu geben, fühlt
sich Verf. selbst nicht berufen; jedenfalls wäre es sehr zu wünschen,
dass die Versuche bald an einem größeren Material nachgeprüft würden.
H. Bartsch (Heidelbergi.
5) Reclas. Eucaïne.
(France méd. 1897. No. 8.)
Die Erfahrungen, welche R. mit dem}Eucain gemacht hat, lassen
dasselbe dem Cocain durchaus nicht gleichwerthig erscheinen. Er
fand, dass nicht nur die Injektionen schmerzhafter sind und das
Operationsfeld häufig durch blutige Färbung unklar, sondern vor-
nehmlich, dass die Schmerzlosigkeit weniger vollkommen und von
kürzerer Dauer ist. Überdies erwies es sich durchaus nicht weniger
giftig als das Cocain. König (Wiesbaden).
6) H. Maass. Über Celluloidverbände.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 45.)
Das von Landerer und Kirsch angegebene Verfahren (siehe
Centralblatt für Chirurgie 1896 No. 29), welches sich auf die Ver-
wendung des Celluloids zur Anfertigung von Kontentivverbänden
gründet, hat M. in ca. 100 Fällen unausgesetzt in Anwendung ge-
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 151
zogen und ein sehr günstiges Urtheil über diese Verbandmethode
gewonnen. Die Anlegung dieser Verbände geschieht in der Weise,
dass auf dem Gipsmodell straff umwickelte Mullbinden mit dem
Celluloidbrei (Lösung von Celluloid in Aceton im Verhältnis von 1:3)
eingerieben werden, so dass immer eine Lage Mull mit einer solchen
von Celluloidbrei abwechselt, bis der ganze Verband eine Stärke von
ca. 6—8 Lagen hat. Die äußerste Lage bildet reichlich aufgetragener
Celluloidbrei. Nach 12 Stunden sind die Verbände genügend starr
geworden, um vom Modell abgenommen werden zu können. Ab-
geschen von einem gefälligen Äußeren zeichnen sich die Celluloid-
Mullverbände durch ihre erstaunliche Leichtigkeit aus und zeigen
gegenüber anderem Material noch Vorzüge in Bezug auf Festigkeit,
Elastieität und Dauerhaftigkeit. Endlich kommt zu ihren Gunsten
noch die verhältnismäßig einfache Technik in Betracht. Bei der An-
fertigung von artikulirten Verbänden benutzt M. an Stelle von Stahl-
schienen aus Celluloid gefertigte Gelenke, deren Herstellung aus
Celluloidplatten mittels einer Laubsüge sehr einfach ist. Ein anderer
technisch bedeutsamer Punkt betrifft die Möglichkeit, die Form des
fertigen Verbandes jederzeit beliebig ändern zu können, indem durch
starkes Erhitzen die Verbände weich und biegsam werden. Als Nach-
theile dieser Art Verbände hebt M. hervor: die Feuergefährlichkeit
des Celluloids, die Undurchlässigkeit des Materials für Feuchtigkeit,
so dass die Verdunstung der Körperabsonderung gehindert ist, falls
man nicht durch reichliches Durchlochen des Verbandes dafür Sorge
trägt; endlich der Umstand, dass man den Verband wegen seines
langsamen Erstarrens nicht unmittelbar auf den Körper des Kranken,
sondern auf dem Gipsmodell herstellen muss. Gold (Bielitz'.
7) Ghillini. Untersuchungen über den Einfluss der Nerven-
verletzung auf das Knochenwachsthum.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
Bei Durchschneidung des Nervus ischiadicus junger Kaninchen
fanden Kassowitz und Nasse eine Verlängerung der gelühmten
Extremität.
G. wiederholte die Experimente und fand keinen bemerkens-
werthen Unterschied in der Länge der Hinterbeine, ja sogar eine
Verkürzung des gelähmten Beins, wenn die Thiere in Freiheit ge-
lassen waren. Die in Käfigen gehaltenen Kaninchen hingegen zeig-
ten alle eine Verlängerung des gelähmten Beins.
Gleiche Resultate erzielte G. bei 2 jungen Kaninchen mit Läh-
mung eines Hinterbeins in Folge von Verletzung des Rückenmarks.
2 Monate nach der Operation war das gelähmte Bein bei dem in
Freiheit gelassenen Kaninchen kürzer, hei dem im Käfig eingesperrten
länger als das gesunde.
Das vermehrte Längenwachsthum erklärt G. durch den ver-
minderten Druck. Einen Beleg hierfür findet er in der von Verneuil,
152 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
Reclus und Karewski festgestellten Verlängerung des Beins nach
paralytischer Luxation im Hüftgelenk. J. Riedinger (Würzburg).
8) G. Soupart. Nouveaux modes et procédés pour l’ampu-
tation des membres.
Brüssel, Tischer, 1847.
9) Derselbe. Coup d’oeil retrospectif et commentairs sur
son travail intitulé nouveaux modes et procédés pour lam-
putation des membres.
Brüssel, Engelke, 1897.
Die zweite Arbeit des Verf. verfolgt den Zweck, auf jene erst-
genannte, wenig bekannte Veröffentlichung hinzuweisen und zu be-
tonen, ` dass in dem langen Zwischenraum keine Ursache vorhanden
gewesen wäre, von dem zuerst aufgestellten Grundsatz abzuweichen.
Die beiden obersten Grundsätze der Amputationsmethode sind, mög-
lichst viel von dem Gliede zu erhalten und eine einfache, in Form
und Ausdehnung genau mathematisch präcisirte Wunde zu setzen.
Letzteren Anforderungen wird am meisten gerecht die schräge Me-
thode — im Gegensatz zur transversalen —, die wiederum in 5 Unter-
arten zerfällt, die je nach Art des Hautschnittes als T-förmige, ellip-
tische, ovalaire, V-förmige und rautenförmige bezeichnet sind.
Verf. weist besonders auf die Vorzüge des von ihm angegebenen
elliptischen Schnittes hin. Zur Bedeckung genügt die Haut mit der
Fascia superficialis, die, wie seine anatomischen Untersuchungen be-
weisen, eine ausreichende Gefäßversorgung habe.
In der ersten, trotz des Alters noch sehr lesenswerthen Arbeit
ist das Vorgehen an den einzelnen Gliedern genauer geschildert, und
die einzelnen Arten der schrägen Methode durch Illustrationen er-
läutert. Borchard (Posen).
10) H. Krukenberg. Lehrbuch der mechanischen Heil-
methoden. Mit 147 Abbildungen.
Stuttgart, Ferdinand Enke, 1596.
Verf. hätte sein Werk selber gern anders betitelt, nämlich:
»Lehrbuch der Behandlung der Bewegungsstörungene. Der aus
äußeren Gründen gewählte Titel deckt sich in der That nicht durch-
weg mit dem Inhalt.
Alle die Heilmethoden, welche in medico-mechanischen Insti-
tuten angewendet zu werden pflegen, sind hier zusammengefasst:
Zunächst wird die Massage hinsichtlich ihrer Technik wie
physiologischen Begründung kurz und klar geschildert. Eine Reihe
von neuen Abbildungen veranschaulichen die Handgriffe, welche
Verf. bei v. Mosengeil erlernt hat.
Umfangreicher ist das der Gymnastik gewidmete Kapitel, in
welchem neben allgemeinen Bemerkungen über Einfluss und Aus-
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 153
führung der Übungen aktive und passive Bewegungen eingehend be-
schrieben werden.
Der nächste große Abschnitt beschäftigt sich mit den redres-
sirenden Manipulationen, insbesondere mit der Behandlung der
Kontrakturen. Hier wird der Rahmen des Buches allerdings viel-
fach überschritten durch Besprechung chirurgischer Eingriffe, der
Tenotomie, der Osteotomie etc.
Mit größter Sorgfalt ist das Gebiet der maschinellen Heil-
gymnastik bearbeitet.
Ohne seine Meinung, seine Verdienste und Erfindungen in den
Vordergrund zu drängen, giebt hier Verf. in schlichter Bescheiden-
heit erstmals eine ausführliche Beschreibung seiner Pendel- und
Rollenapparate und seiner interessanten Studien über Gelenk-
bewegungen und Muskelmechanik, auf welche sich die Konstruktion
seines Systems gründet.
Die beiden letzten Kapitel geben in allerdings sehr komprimirter
Form einen Überblick über die Wirkung und Anwendung der
Elektrotherapie und Hydrotherapie.
Wer die mechanischen und physikalischen Heilmethoden erlernen
will, wird in dem Buch vielleicht nicht überall genügend Anleitung
finden. Wer aber mit der Behandlung von Bewegungsstörungen
sich zu beschäftigen hat, der wird manch wichtige Anregung dem
Werke entnehmen, das von dem wissenschaftlichen Arbeiten des
Verf. wie von seinem praktischen Sinn Zeugnis ablegt.
Vulpius (Heidelberg.
11) A. Wide (Stockholm). Handbuch der medicinischen
Gymnastik.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1897. Mit 1 Titelbild und 94 Abbildungen.
Seit der Begründung der schwedischen Heilgymnastik durch
Pehr Henrik Ling ist man in Schweden unablässig bestrebt ge-
wesen, die Methode praktischer und wissenschaftlicher zu gestalten.
Auf dieses Bestreben ist auch die Ausbildung der mechanischen
Gymnastik durch G. Zander zurückzuführen, welche in Deutschland
weitere Verbreitung gefunden hat als die ältere, seit Ling geübte,
sogenannte manuelle Gymnastik. Letztere wurde fast verdrängt
durch die Massage, welche auf deren Kosten einen allzu weiten
Umfang anzunehmen drohte.
Um der manuellen Gymnastik in Deutschland wieder größeres
Ansehen zu verschaffen, sind in letzter Zeit das Lehrbuch von
Hughes und das Handbuch von W. erschienen, zwei sehr ver-
schiedenartig angelegte Werke. Während Hughes in seinem Lehr-
buch die schwedische Heilgymnastik zu einem vollständigen wissen-
schaftlichen System verarbeitet hat und sich möglichst nahe an die
deutsche Nomenklatur hält, vertritt W. im besten Sinne des Wortes
den empirischen Standpunkt, wesshalb sein Lehrbuch hauptsächlich
Gaz
154 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
für Gymnasten geschrieben ist, und zwar für diejenigen, welche im
kgl. gymnastischen Centralinstitut in Stockholm ausgebildet werden.
In zweiter Linie soll das W.’sche Handbuch ein Lehrmittel abgeben
für Ärzte und Studirende, welche die manuelle Gymnastik als Heil-
mittel anzuwenden geneigt sind.
Wie die manuelle Gymnastik zur Zeit in Schweden ausgeübt
und gelehrt wird, wie sie zu erlernen ist, welche allgemeine und
lokale3Wirkung sie auf den menschlichen Organismus ausübt, welche
Erfolge nach den bisherigen Erfahrungen bei den einzelnen Krank-
heiten zu erwarten, so wie welche Krankheiten von der gymnasti-
schen Behandlung auszuschließen sind, das Alles ist in dem vor-
liegenden Handbuch übersichtlich, klar und verständlich und, wo es
nöthig erscheint, mit eindringlichen und kritischen Worten geschildert.
Die Ausgangsstellungen und Bewegungen werden durch gute Ab-
bildungen illustrirt. Überall spricht die Erfahrung und sind die
Grenzen, über die der Gymnast nicht hinausgehen darf, scharf ge-
zeichnet. Freilich ist darin auch Manches enthalten, was nicht all-
gemeinen Beifall finden wird. So sagt Verf., dass die Behandlung
der Finger sehr ermüdend und zeitraubend sei, wesshalb man kaum
verlangen kann, dass ein Arzt seine Zeit dafür opfern soll.
Die gymnastische Terminologie ist im Allgemeinen beibehalten,
wie sie sich eingebürgert hat. Da sie sowohl die Ausgangsstellungen
als die Bewegungen genau präcisirt, so ist ihr eine praktische Seite
und damit eine Berechtigung nicht abzuerkennen. Sie ist übrigens
viel einfacher und kürzer behandelt als in dem Hartelius’schen
Lehrbuch.
Wenn die Benennungen und die zahllosen Modifikationen der
schwedischen Schule Schuld daran waren, dass die manuelle Methode
der Gymnastik sich unter den Ärzten in Deutschland nicht viele
Freunde erwerben konnte, so darf sie jetzt auf eine größere Beach-
tung rechnen.
Die geeigneten Bewegungen sind im speciellen Theil bei den
einzelnen Krankheiten angegeben.| Dabei ist die Wiedergabe von
Bewegungsrecepten auf das äußerste MaB beschränkt, um alles
Schablonenhafte fernzuhalten. Die eingeflochtenen Krankengeschich-
ten sollen dem Gymnasten zeigen, wie in gegebenen Fällen ver-
fahren wurde.
Es ist selbstverständlich, dass die Manipulationen der Massage,
welche von jeher einen Theil der schwedischen Heilgymnastik aus-
gemacht haben, entsprechend hervorgehoben werden.
Aus der Litteratur hat das Wichtigste Berücksichtigung erfahren.
So hat z. B. die Behandlung der Skoliose am Wolm nach Lorenz
Aufnahme gefunden.
Ob die manuelle schwedische Gymnastikmethode im Stande ist,
den Vorsprung, den die mechanische Methode gewonnen hat, einzu-
holen, wird die Zukunft lehren. Jedenfalls verdient das vorliegende
Werk vom Gesichtspunkt der praktischen Therapie volle Beachtung.
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 155
Der Text ist noch an manchen Stellen der Korrektur bedürftig
(z. B. »die Radialfraktur beträgt ungefähr !/; aller Beinbrüche«).
J. Biedinger (Würzburg).
12) Hoffa. Technik der Massage. 2. Auflage.
Stuttgart, F. Enke, 1897.
Die streng wissenschaftliche Form, in welcher H. die Massage
schon in der 1. Auflage dieses Buches abgehandelt hatte, hat sich
bewährt. Schon nach kurzer Zeit ist die vorliegende 2. Auflage
nöthig geworden; diese zeigt wie die 1. die gleiche kurze und doch
in jeder Hinsicht klare Darstellung bei scharfer Trennung des
Wesentlichen vom Unwesentlichen. Als neue Kapitel sind Örtel’s
Herzmassage und die Massage bei Ohrenkrankheiten hinzugekommen,
das Kapitel »Massage bei Neuralgien« hat durch die Beschreibung
der Naegeli’schen Handgriffe eine Erweiterung erfahren. Während
die Muskelmassage schon in der 1. Auflage durch eine große Zahl
sehr instruktiver Abbildungen sehr wohl verständlich gemacht war,
hat H. jetzt auch bei der Gelenkmassage mehrere Abbildungen der
größeren Gelenke eingefügt, welche das anatomische Verhalten der
Gelenkkapseln aufs beste illustriren. Wullstein (Halle a/S..
13) Lorenz. Über die chirurgische Behandlung der ange-
borenen spastischen Gliederstarre.
(Wiener klin, Rundschau 1897. No. 21—27.)
Nach einem historischen Überblick über die frühere Behandlung
der spastischen Gliederstarre, der des Positiven und Erfreulichen
recht wenig bieten kann, giebt L. eine genaue Schilderung des viel-
gestaltigen Krankheitsbildes, wobei er sich an die Darstellung von
Freud anlehnt. Dasselbe wird in erster Linie durch die enorm
gesteigerten Muskel- und Sehnenreflexe beherrscht und beruht nach
der auch heute noch annähernd gültigen Erklärung von Little in
einer Störung des Gleichgewichts in dem Antagonismus der spinalen
und cerebralen Innervation der Muskeln.
Von den infantilen Cerebrallähmungen bieten für den Ortho-
päden das Hauptinteresse die allgemeine Starre und die paraplegi-
sche Starre oder spastische Spinalparalyse, bei denen die unteren
Extremitäten besonders befallen sind, und die Aufgabe besteht, den
Pat. auf die Beine zu bringen.
Die Neurologie ist dem Leiden gegenüber machtlos; desto mehr
Beachtung verdienen die Bemühungen Lo, die zwar keine radikale
Therapie ausheben können, wohl aber symptomatisch und funktionell
Bedeutendes leisten. Vorsicht ist geboten bei der Auswahl der zu
behandelnden Fälle; Komplikation mit Idiotie und mit spastischen
Lähmungen des Rumpfes, Kopfes oder der Arme machen die Auf-
gabe unlösbar. Dagegen ist bei alleiniger Erkrankung der Beine,
mag sie auch noch so schwer sein, viel zu erreichen.
*
156 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
Die Hindernisse liegen in der zu stürmischen, zügellosen Aktion
gewisser Muskeln und in der Kontraktion der Gelenke, die eine
Folge des Übergewichts dieser Muskeln ist. Das Übergewicht be-
stimmter Muskelgruppen — es handelt sich hauptsächlich um die
an der Hinterseite des Beins gelegenen so wie um die Adduktoren
— lässt sich durch die Tenotomie derselben ausgleichen; es wird
dadurch der schädliche, zu große Bewegungseffekt derselben ver-
ringert.
Es ist der Tenotomie der Vorwurf gemacht worden, dass sie
den Muskel schwäche und desshalb unrationell sei. Das ist aber
nach L. nicht der Fall; denn der spastisch kontrahirte Muskel lässt
an dem kontrakten Gelenk gar nichts; wenn er durch die Tenotomie
geschwächt wird, so wird ihm doch nur das schädliche Übermaß
seiner Leistungen entzogen, während durch die künstliche Ver-
längerung seiner Sehne das Gelenk und dadurch auch ein Theil der
Kraft des Muskels zu nützlicher Leistung frei gemacht wird. Das
Resultat ist also ein Gewinn.
L. vindicirt der operativen Orthopädie bei der spastischen Para-
lyse die absolute Überlegenheit gegenüber der Apparatbehandlung.
Zwar lässt sich der Spasmus leicht durch eine Maschine überwinden;
aber je stärker der Spasmus ist, desto stärker muss auch der Gegen-
zug sein, desto stärker wird aber auch die Pressung, unter der das
Gelenk steht. So resultirt günstigen Falles, so lange der Apparat
getragen wird, eine Ankylose des betreffenden Gelenks. Sobald der
Apparat fortgelassen wird, sind der Spasmus und die Kontraktur
wieder da.
Von größter Wichtigkeit ist die Nachbehandlung, die eine mög-
lichst bedeutende Verlängerung der Sehne erreichen soll durch Über-
korrigirung der Kontraktur. L. hat nie beobachtet, dass eine Ver-
einigung der Sehnenstümpfe ausblieb, selbst wenn er ein Stück aus
der Sehne ausschnitt. Im Allgemeinen reicht die subkutane Teno-
tomie aus.
Es wird dann im Einzelnen die Tenotomie der Achillessehne,
der Beuger des Kniegelenks, so wie der Adduktoren besprochen.
Bei letzteren hat L. gelegentlich die Myorrhexis, d. h. die unblutige
Dehnung der Muskeln bis zum Einreißen der Muskelbündel, in
schweren Fällen auch die Neurektomie des Nerv. obturatorius ge-
macht. Nach letzterer übernimmt dann der Musc. sartorius die
Adduktion des Oberschenkels.
In der Regel werden an mehreren Gelenken gleichzeitig Teno-
tomien nöthig sein; L. hat deren bis zu 16 in einer Sitzung aus-
geführt.
Nach der Operation folgt der fixirende Verband in überkorri-
girter Stellung, der 6—8 Wochen liegen bleibt. Während dieser
Zeit brauchen die Pat. nicht das Bett zu hüten.
Die schwerste Aufgabe bietet nach Abnahme des Verbandes die
Kräftiguug der Antagonisten der tenotomirten Muskeln durch
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 157
Elektrieität, Massage und besonders durch aktive Gymnastik. Das
Ziel dieser ganzen Behandlung ist, dem Pat. die Lokomotion ohne
orthopädischen Apparat zu ermöglichen.
Den Schluss bilden einige ausgewählte Krankengeschichten, die
den Erfolg der von L. eingeschlagenen Methode in das hellste Licht
rücken. Grisson (Hamburg).
14) A. Lorenz. Allgemeine Erfahrungen über die mecha-
nische Reposition der angeborenen Hüftverrenkung.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 44.)
L. hat über diesen Gegenstand auf dem XII. internationalen medi-
einischen Kongress in Moskau (1897) in gedrängter Form vorgetragen
und sein Verfahren demonstrirt. Seine 3jährigen Erfahrungen auf
diesem Gebiet basiren auf 160 Fällen, in welchen er die unblutige
Reposition der angeborenen Hüftverrenkung über den hinteren
Pfannenrand ausgeführt hat. Das jüngste Kind zählte 1!/,, das
älteste stand im 12. Lebensjahr. Der Versuch, Kinder jenseits des
10. Lebensjahres seinem Verfahren zu unterziehen, ist 5mal gescheitert,
und zwar, wie die nachträglich ausgeführte blutige Reposition zeigte,
in Folge der sehr verdickten und engen Kapsel. L. glaubt daher,
dass das 10. Lebensjahr der mechanischen Einrenkung eine gewisse
Grenze setzt. Nichtsdestoweniger soll der Versuch auch bei älteren
Kindern unternommen werden; die operative Reposition kann bei
Misslingen desselben bei einseitigen Verrenkungen folgen, niemals
jedoch bei doppelseitigen Luxationen in Frage kommen, da die
operirten Gelenke bei älteren Kindern keine ausreichende Beweg-
lichkeit erlangen. In solchen Fällen käme die Methode von Paci
in Betracht. Der oberste Grundsatz der Fixationsbehandlung ist
die Verhinderung einer Reluxation nach hinten. L. empfiehlt daher
als primäre Stellung eine Abduktion, welche um den rechten Winkel
schwankt, verbunden mit Auswärtsrollung und accentuirter Über-
streckung, durch welche der Schenkel etwas hinter die Frontalebene
zu liegen kommt. In solcher Stellung wird das Bein durch einen
Verband fixirt, welcher von oberhalb des Darmbeinkammes bis
zu den Oberschenkelkondylen reicht. Die Kinder erlernen es, un-
geachtet dieser Beinstellung, nach 1—2 Wochen sich frei zu bewegen,
ja zu laufen, wenn man die durch das gebeugt gehaltene Knie be-
dingte Verkürzung des kranken Beines durch eine entsprechend
hohe Sohle ausgleicht. Nach 4—5 Monaten erfolgt unter Beibehalt
leichter Überstreckung eine geringe Verminderung der Abduktion;
nach weiteren 3—4 Monaten kann die Abduktion so weit vermindert
werden, dass die Beine parallel eingestellt werden können. Diese
3. Fixationsperiode dauert 2—3 Monate. Nach Ablauf von 9 bis
12 Monaten also wird das Bein vollständig freigegeben, und nun
tritt eine mehrmonatliche energische Massage verbunden mit Gym-
nastik in ihre Rechte. Bei bestehender doppelseitiger Luxation
nimmt L. die gleichzeitige Einrenkung nur vor, wenn es sich um
158 Gentralblatt für Chirurgie. No. 6.
ganz junge Kinder handelt, im Übrigen verwandelt er die doppel-
seitige Verrenkung durch Reposition der einen Seite zunächst in
eine einseitige und nimmt erst nach Heilung des einen Gelenkes
das zweite in Angriff. Schließlich giebt L. einige Winke bezüglich
der Technik der Einrenkung nach seinem Verfahren.
Gold (Bielitz..
15) Ghillini (Bologna). Über die unblutige Behandlung der
angeborenen Hüftgelenksverrenkung.
Vortrag, gehalten auf dem XII. Kongress der italienischen chirurgischen Gesell-
schaft in Rom am 28.—30. Oktober 1897.
G. erklärt, in wie fern eine Übereinstimmung herrsche zwischen
Lorenz und Paci bei Anwendung der Repositionsmethode von
Fabbri bei Luxatio iliaca posterior traumatica, während dieselben
nicht einig sind über das Verfahren bei der Nachbehandlung, indem
Lorenz seine Kranken sofort gehen lässt, während Paci die seinigen
im Bett hält.
Auf dem I. Kongress bewies er, dass man nicht in allen Fällen
das Verfahren, das man bei Luxatio traumatica anwendet, auch
bei Luxatio congenita anwenden kann, da bei jener die Gelenks-
oberflächen normal, in dieser fehlerhaft sind.
Mit dem Verfahren von Paci erhalte man schwerlich eine
Nearthrose, aus Mangel an beständiger Reibung der Knochenober-
flächen, welche bei der Methode von Lorenz stattfindet.
G. hat 14 Repositionen mit unblutigem Verfahren ausgeführt,
3 nach dem Vorgang Paci’s ohne Erfolg, 11 nach der Methode von
Lorenz mit befriedigendem Erfolg. Die Art der Reposition hat er
jedoch je nach den verschiedenen Deformitäten des Schenkelkopfes
abgeändert. Ist der Schenkelkopf nach oben verschoben, so bringt er
den Oberschenkel in eine übertriebene Abduktionsstellung; wenn nach
unten, in Adduktionsstellung; wenn nach vorn, so führt er mit dem
Bein eine Innenrotation aus; wenn nach hinten: eine Außenrotation.
Ist die Verschiebung des Schenkelkopfes nach oben eine bedeutende,
so hält er die Kranken vor der Operation im Bett und legt denselben
einen Zugapparat an. Die Nachbehandlung dauert 6 Monate bis zu
1 Jahr.
Die Resultate waren jedoch nur zum Theil befriedigend; denn
wenn er auch in allen Fällen eine Fixirung des Schenkelkopfes, in
einem Falle sogar eine Ankylose aufweisen konnte, so bemerkte man
doch beim Gehen eine leichte seitliche Beugung des Rumpfes,
welche von der Schwäche der Musculi intertransversarii und Quadratus
lumborum herrührte.
G. gelangt zu der Schlussfolgerung, dass bei der angeborenen
Hüftgelenksverrenkung das Hinken nicht nur von der Verschiebung
des Oberschenkels nach oben abhängt, sondern auch von Ursachen,
die durchaus unabhängig vom Hüftgelenk sind, d. h. von den Theilen,
welche die Wirbelsäule stützen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 159
Bei der heutigen Behandlung wird man desshalb auch nur theil-
weise befriedigende Resultate erreichen, aber niemals eine perfekte
Heilung. (Selbstbericht.)
16) Heusner. Über Ursachen, Geschichte und Behandlung
der angeborenen Hüftluxation.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
Verf. schließt sich der Ansicht Paletta’s an, dass das Leiden
‘als Vitium primae formationis aufzufassen ist. Der Anfang fällt in
den Beginn des 3. Fötalmonats.
Bei der Untersuchung von 14 männlichen und 12 weiblichen
Föten verschiedenen Alters fand H., dass bei den weiblichen Föten
das Hüftgelenk schlaffer und verschieblicher war als bei den männ-
lichen, was für das häufigere Vorkommen der angeborenen Hüft-
verrenkung beim weiblichen Geschlecht eine Erklärung abgeben
kann und auch diejenigen Fälle erklärlich macht, .in denen das Bild
der Verrenkung sich erst nach der Geburt aus mannigfachen Stö-
rungen entwickelt.
Nach kurzer Besprechung der Diagnose, der Prognose der un-
blutigen Einrenkung und der Geschichte der Erkrankung beschreibt
H. den von ihm benutzten Einrenkungsapparat.
Wenn das Kind horizontal gelagert ist, wird das verrenkte Bein
elevirt, nach außen rotirt und abducirt. Ein Zug wird in der Rich-
tung des Beins ausgeübt, ein weiterer Zug greift rechtwinklig zu
diesem am Oberschenkel an. J. Biedinger (Würzburg).
17) F. Hofmeister. Über Wachsthumsstörungen des Beckens
bei frühzeitig erworbener Hüftgelenkskontraktur. Ein Bei-
trag zur Lehre vom coxalgischen Becken.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 2.)
Verf. giebt in vorliegender Arbeit den Beweis dafür, dass die
Beugekontraktur des Hüftgelenks nicht allein, wie bisher angenommen
wurde, durch Neigung des ganzen Beckens und dem entsprechend
vermehrte Lordosenstellung der Lendenwirbelsäule, sondern zum Theil
auch durch kompensatorische Formveränderung des Beckens selbst
ausgeglichen wird. Er fand nämlich durch die radiographische Unter-
suchung eines fast Sjährigen, mit fast völliger Ankylose der rechten
Hüfte in Adduktions-, Innenrotations- und Flexionsstellung behafteten
Knaben, dass sich die rechte Beckenschaufel steil gegen den Bauch
aufgerichtet hatte, und dass überhaupt die ganze rechte Beckenhälfte
im Vergleich zu der linken stark vornüber geneigt war. Diese
Drehung der rechten Beckenhälfte erklärte, wesshalb die Flexion des
Oberschenkels im Vergleich zur Adduktion verhältnismäßig wenig
ausgesprochen war. Diese geringe Flexion war bei der ersten Unter-
suchung des Pat. um so auffallender, als derselbe für seine osteo-
myelitische Coxitis nie mit Streckverbänden behandelt worden war.
Das Skiagramm ergab also, dass in Wirklichkeit eine stärkere Flexion
160 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
bestand, als die Messung ergeben hatte, dass dieselbe aber nicht
durch Neigung des ganzen Beckens, sondern durch Neigung der
kranken Beckenhälfte zum Theil ausgeglichen war. Diese Beobach-
tung wurde bestätigt durch die Vergleichung mit einem u. A. von
Litzmann beschriebenen coxalgisch schräg verengten Becken, das
völlig analoge Verhältnisse aufweist. Geringere Grade dieser Becken-
verbildung sind in der geburtshilflichen Litteratur mehrfach be-
schrieben. Was die mechanischen Bedingungen zu ihrer Entstehung
betrifft, so hält H. die von den Geburtshelfern meist als alleinige
Erklärung herbeigezogene Übertragung der Rumpflast auf die ge-
sunde Hüfte nicht für ausreichend. Nach den an seinen Pat. ge-
machten Beobachtungen handelt es sich vielmehr um den Einfluss
der Schwere der hängenden Extremität auf die entsprechende Becken-
hälfte.
Dieser Einfluss wird nicht durch die mehr oder weniger feste
Verbindung des erkrankten Oberschenkelkopfes mit dem Becken ver-
mittelt, sondern durch die gespannten Weichtheile: Kapseln, Bänder
und Muskeln der Vorderseite, denen auf der Rückseite des Gelenks
keine Kräfte entgegenwirken. Das Fehlen des Gegendruckes vom
Kopf auf die Pfanne und die einseitige Wirkung der Rumpflast auf
die gesunde Beckenhälfte kommen hierbei als unterstützende Momente
in Betracht.
Zwei weitere Fälle, die H. zu untersuchen Gelegenheit hatte,
bestätigten seine Auffassung.
Bei der einen Pat. kam, ebenfalls in Folge von Oberschenkel-
osteomyelitis, eine rechtwinklige Flexionskontraktur der linken Hüfte
zu Stande mit sekundärer Umformung der kranken Beckenhälfte im
Sinne einer vermehrten Neigung, wie im 1. Falle.
Bei der anderen Pat., deren Coxitis nach Streckung in Narkose
mit Gipsverbänden behandelt worden war, zeigte sich die Becken-
verbildung viel weniger deutlich als in den beiden anderen Fällen,
eben weil durch die Behandlung die Ausbildung einer stärkeren
Beugekontraktur verhindert worden war.
Zum Schluss macht H. auf den Umstand aufmerksam, dass in
Folge der beschriebenen Beckenveränderungen die Roser-Nelaton-
sche Linie verschoben wird, so dass die Messungsresultate bezüglich
der Stellung des großen Trochanters unrichtig ausfallen müssen.
Eben so fallen die in üblicher Weise nach der Stellung der Spinae
ilei ant. sup. berechneten Werthe für die Adduktionskontraktur zu
gering aus, weil die Spina der kranken Seite verschoben ist.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
18) F. Bähr. Erwiederung an Julius Wolff.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
Verf. wendet sich gegen die scharfen Ausfälle J. Wolff’s, zu
welchen eine frühere Veröffentlichung B.’s Veranlassung gegeben hat
(Cbl. f. Chir. 1897 No. 37).
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 161
B. vermisst den Beweis dafür, dass bei der Entstehung des Genu
valgum der Belastungsdruck in den Gelenken ein minimaler ist, dass
sich der Einfluss der Belastung vor Allem in der Mitte der Diaphyse
des Femur geltend macht, so wie dass das sich kreuzende Kurven-
system im oberen Abschnitt des Femur einen Kran im Sinne von
Wolff darstellt. Das Transformationsgesetz beschäftigt sich nur mit
den excentrischen, nicht mit den direkten Druckwirkungen.
J. Biedinger (Würzburg).
19) Sprendel. Zur Behandlung des angeborenen Klumpfußes.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
Verf. veröffentlicht einen Vortrag, den er bereits im Februar 1896
in der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden gehalten
hat, noch ehe ihm die Arbeit von Lorenz: »Heilung des Klump-
fußes durch das modellirende Redressement« (Wiener Klinik 1895
No. 11 u. 12) zugegangen war.
Die Klumpfußfrage war noch nicht »spruchreif«, als S. daran
ging, seine Erfahrungen zu sammeln und eine feste Methode auszu-
bilden. Er hatte sehr verschiedene Resultate, je nachdem er es mit
Kindern der gebildeten und besser situirten Klassen oder mit Kin-
dern aus der poliklinischen Praxis zu thun hatte. Auch aus der
Litteratur geht hervor, dass in der besseren Praxis im Allgemeinen
auch bessere Resultate zu erzielen waren. Von dieser Erfahrung
ausgehend, hielt es S. für zweckmäßig, verschiedene Wege bei der
Behandlung des angeborenen Klumpfußes einzuschlagen. Bei Kin-
dern, bei denen es nicht so sehr darauf ankommt, einen schnellen
Erfolg zu erzielen, besteht das Verfahren in frühzeitig begonnener,
zwar von den Müttern oder Pflegerinnen auszuübender, aber beständig
kontrollirter Massage und in allmählichem manuellem Redressement.
In hartnäckigen Fällen werden für zweckmäßig befundene Apparate
verwendet, oder es wird ein sogenannter »elastischer Verband« appli-
cirt, welcher in der Hauptsache darin besteht, dass mittels einer
elastischen Schlinge ein Zug auf die Außenseite eines genau zu
fixirenden Fußbrettes ausgeübt wird. Der Gipsverband kann in jedem
Stadium der Behandlung zur Anwendung kommen und dient dazu,
das Erreichte festzuhalten.
In der poliklinischen Praxis muss im Allgemeinen eine Besserung
möglichst bald erkennbar sein. Desshalb tritt hier das gewaltsame
Redressement (nach König) mit nachfolgendem Gips- oder elastischem
Verband in sein Recht. S. gesteht in schwierigen Fällen sogar dem
blutigen Verfahren eine Berechtigung zu. Es kommen, abgesehen
von der Achillotenotomie, 3 Operationen, ev. eine Kombination der-
selben, in Betracht, und zwar: 1) die sog. große Phelps’sche Ope-
ration, 2) die offene Durchschneidung der Plantarfascie, 3) die Ent-
fernung des Proc. anter. calcanei.
Die Behandlung soll möglichst frühzeitig beginnen. Es kann
aber in der poliklinischen Praxis unter Umständen geboten sein, die
162 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
Behandlung einige Monate hinauszuschieben. Für die Frage, ob ein
Klumpfuß definitiv geheilt ist, kann nur eine länger dauernde Kon-
trolle entscheidend sein. Wenn kleinere Kinder beim Reiz der Fuß-
sohle Adduktionsbewegungen machen, so besteht noch eine Neigung
zum Recidiv.
Am Schluss seiner Arbeit referirt S. über 30 behandelte Fälle
unter Hinweis auf die beigegebenen Abbildungen.
J. Biedinger (Würsburg).
20) Ledderhose. Zur Pathologie der Aponeurose des Fußes
und der Hand.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 3.)
Verf. sah nach Frakturen des Unterschenkels Entzündungs-
processe in der Plantarfascie, welchen Bildung von Knoten gefolgt
war. Er glaubt, dass während der Fixation durch Gipsverbände eine
Entzündung der Plantaraponeurose entsteht, welche auch mikrosko-
pisch von ihm nachgewiesen ist durch den Befund proliferirender
Zellen und Gefäße und seltener Rundzellenanhäufung. Durch Trau-
men beim Aufstehen kommt es dann zu Dehnungen und Einrissen
an der Fascie und zur Entwicklung von Callusmassen. Auch in der
gesunden Fascie kann sich übrigens der Process nach den Erfah-
rungen des Verf. etabliren, natürlich wohl auch nach vorhergegan-
genen Traumen. Wiederholt heilten die Beschwerden und ent-
standenen Kontrakturen durch Excision der Geschwulstknoten, doch
war einige Mal schließlich noch die Exartikulation von Zehen noth-
wendig, um die Gehfähigkeit zu bessern. Auch nach Osteomyelitis
und Masern sah L. die beschriebenen Knoten. Die von Noble,
Smith und Madelung angeführten Beobachtungen, dass bei Du-
puytren’scher Kontraktur an der Hand ähnliche Processe an der
Palmarfascie vorkommen, veranlassten L. zum Studium der Frage
nach der Identität der Dupuytren’schen Erkrankung und seiner
Beobachtung an der Plantaraponeurose. Er fand nun, dass von
Langhans mikroskopische Untersuchungen über die Dupuytren-
sche Kontraktur gemacht worden sind, deren Ergebnis mit seinen
Befunden übereinstimmt. Es ist desshalb zu vermuthen, dass auch
an der Hohlhandfascie die Entstehung knotiger Anschwellungen auf
traumatische Ursachen zurückzuführen ist. Überhaupt kommen jeden-
falls solche Knotenbildungen bei dem Dupuytren’schen Leiden wohl
regelmäßig vor, und auch bezüglich der consecutiven Schrumpfung
und Kontraktur der Zehen und Finger besteht zwischen der Fasciitis
palmaris und plantaris kein principieller Unterschied; und auch die
Atiologie ist für beide Erkrankungen keine verschiedene, wie L. aus
seinem Material nachweist. Die knötchenförmigen Gebilde an der
Hohlhand schaffen seiner Ansicht nach erst das Gewebe, welches die
Fingerkontrakturen bedingt. Aus anatomischen und physiologischen
Gründen tritt eine solche Kontraktur an den Zehen seltener auf. So
besteht also eine weitgehende Analogie zwischen den Erkrankungen
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 163
der Hohlhand- und Fußsohlenfascie ihrem Wesen, ihrem Verlauf
und ihren Folgezuständen nach. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
21) F. Heubach. Über Hallux valgus und seine operative
Behandlung nach Edm. Rose.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 210.)
Die Arbeit ist besonders wegen ihrer trefflichen anatomischen
Untersuchungen an zahlreichen Rose’schen Resektionspräparaten
von Hallux valgus mit großer Anerkennung hervorzuheben. Die
Resultate der Untersuchungen werden zu einer eigenen überzeugend
begründeten pathologischen Analyse der Krankheit verwendet, und
frühere Lehrsätze über sie, namentlich von v. Volkmann, wider-
legt. Bekanntlich stellte dieser das Leiden als eine primäre Arthritis
deformans dar, bei welcher durch intrakapsuläre Knochenwucherung
medialerseits eine Verschiebung der Arthrodiefläche der Metatarsi 1
nach außen erzeugt würde und hiernach die große Zehe sekundär
in Abduktion geriethee H. führt das Leiden dagegen auf Druck
schlechten Fußzeuges zurück und charakterisirt es als eine statische
Deformität im Sinne von J. Wolff. Von Arthritis deformans ist
keine Rede. Denn Knorpelschwund und Schliffflächen fehlen bei
den seitlich verschobenen Gelenktheilen des Hallux valgus durch-
aus. Nur auf dem medialen Theil des Gelenkköpfchens, der aber
nicht mehr artikulirt, ist der Knorpelbezug atrophisch oder fehlt so-
gar. Auch die verbreitete Beurtheilungsart über die sog. Exostose
an der Innenseite des Metatarsus ist nicht richtig. Der mediale
Theil des Gelenkköpfchens wird nicht vergrößert, sondern atrophirt,
dagegen wird das hinter demselben sitzende, dem Gelenkseitenband
zur Insertion dienende Tuberculum allerdings durch die stärkere
Bandspannung zu einer auffälligen Hervorragung vergrößert. Eben
so vergrößert sich der laterale Theil des Gelenkköpfchens durch den
hier stärker vorhandenen Belastungsdruck, was sich in einer kom-
pakteren Konstruktion der Rinde sowohl wie der Spongiosa hier be-
merkbar macht. An der Subluxation der Halluxphalanx nach außen
nehmen nun auch die Sesambeine Theil, und in sehr interessanter
Weise weist Verf. die Folgen dieser Dislokationen an den Gelenk-
flächen des Metatarsalköpfchens nach. Dasselbe hat bekanntlich
einen oberen kugeligen Theil (Arthrodie) für die Zehenphalanx und
einen unteren, welcher mit 3 sagittalen Firsten und 2 dazwischen-
liegenden tiefen Furchen für die Sesambeine versehen ist (Gingly-
mus). Bei den Präparaten sieht man nun, dass der mediale Arthro-
dietheil, von der Artikulation ausgeschaltet, sich von dem lateralen
durch eine tiefe Furche (»Sagittalfurche«) scheidet, welche nach
unten sich in die mediale Sesambeinfurche fortsetzt. Sehr auffällig
sind sodann die Veränderungen auf dem unteren (Ginglyums-) Ge-
lenktheil. Mit der Außenwanderung der Sesambeine füllen sich die
Gelenkfurchen für dieselben aus, dagegen wird der sie trennende
164 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
mittlere Knochenfirst breiter und flacher, und die knorpeltragenden
Partien, wo die Sesambeine artikuliren, rücken mit zunehmender
Dislokation dieser immer mehr nach außen, wodurch ein dreifacher
Entwicklungsgrad der Difformität unterschieden werden kann. Näm-
lich: a. Das mediale Sesambein artikulirt mit der medialen Seite der
Miitelleiste des Ginglyums. b. Unter Abflachung der Leiste artiku-
lirt es auf der Höhe derselben. c. Das mediale Sesambein liegt in
der Furche für das laterale und das letztere ist in das Spatium inter-
metatarsale gedrängt. Eine große Anzahl Photogramme der Resek-
tionspräparate, deren Studium nebst dem ihrer Beschreibung an-
gelegentliche Empfehlung verdient, beweist schlagend diese Vorgänge,
die mit solcher Genauigkeit bislang wohl noch nicht verfolgt sind.
Über die therapeutisch-klinische Seite der Arbeit können wir
uns kürzer fassen. Rose ist der totalen Gelenkresektion bei dem
Leiden treu geblieben und legt bei seinen höheren Graden Werth
auf die Exstirpation der verrenkten Sesambeine. Höhere und höchste
Grade der Difformität hält er nur auf diesem Wege für heilbar, und
bei leichteren steht die Wirksamkeit der Resektion den neueren
schonenderen Verfahren nach Riedel u. A. nicht nach. Plattfuß-
entstehung nach der Operation ist nicht beobachtet.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Kleinere Mittheilungen.
Eine seltene Prädilektionsstelle von Atheromen.
Von
Stabsarzt Dr. Trnka in Prag.
Im Jahre 1896 sind mir in nicht zu langen Zwischenräumen 5 Fälle von
knorpelharten, haselnussgroßen, zwischen der Haut und den Beugesehnen unbeweg-
lich situirten, kugligen Geschwülsten an der Beugeseite der II. Phalange des
Mittel- oder Goldfingers der Hände von Soldaten auf die chirurgische Abtheilung
zugewachsen. Bei den ersten Fällen musste die Diagnose aus dem Befund, ins-
besondere der großen Härte und des Sitzes wegen, auf Fibrom oder Enchondrom
gestellt werden, erst in den späteren nach den gemachten Erfahrungen stets mit
Sicherheit, trots der hohen Resistenz und dem Widerspruch der Ärzte meiner
Umgebung, die die ersten Fälle nicht gesehen, — auf Atherom.
Bei der Exstirpation sämmtlicher Geschwülste dieser Art wurden nämlich
jedes Mal typische Atherome mit dicken Wandungen vorgefunden. Diese saßen
der Sebnenscheide auf, waren mit ihrer äußeren Partie in festem, bindegewebigem
Zusammenhang, der sich jedoch glatt ohne Verletzung der Scheide lösen ließ.
Sonst bot der Befund nichts Ungewöhnliches.
Auch im Jahre 1897 kam mir ein gleicher Fall bei einem Soldaten — also
der 6. — zur Operation. Ich erinnere mich aus meiner langjährigen Spitalpraxis
keines ähnlichen Vorkommnisses, doch kann das nur Zufall sein. Die su Gebote
stehende Litteratur ergab nichts Einschlägiges — sie kann wegen Zeitmangel nicht
genügend ausgenutzt worden sein. Vielleicht haben beschäftigte Chirurgen Gleiches
eıfahren. Der Veröffentlichung scheint mir die Sache dennoch werth zu sein, da
man gerade auf diesem Wege von berufener Seite über die Ätiologie der be-
schriebenen Geschwülste Aufklärung erhoffen darf. Die Entwicklungsgeschichte
des Menschen, welche das Entstehen und häufige Vorkommen der Balggeschwülste
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 165
an anderen Körperstellen erklärt, kann jedenfalls auch hier zu Rathe gezogen
werden. Sie kann den nur durch das von mir beobachtete, gehäufte Vorkommen
und nicht auch die jedenfalls bis jetst nur geringe Zahl der Fälle — also nur be-
dingungsweise — gewählten Titel dieser Mittheilung rechtfertigen.
Es braucht wohl nicht hervorgehoben zu werden, dass Balggeschwülste an
dieser Stelle in hohem Grade funktionsbehindernd sind und nicht bloß entstellend,
wie an anderen Orten des Körpers. Auch war bei allen große Druckempfindlich-
keit zu beobachten, was sich von selbst erklärt, bei anderweitig vorkommenden
Geschwülsten dieser Art jedoch fehlt.
(Aus der chirurgischen Abtheilung des St. Josefs-Hospitals in Elberfeld. Ober-
arzt: Dr. Rincheval.!
Über traumatische Epithelcysten.
Von
Dr. Roelen, Assistenzarzt.
Unter Hinweis auf die in den Beiträgen zur klin. Chirurgie Bd. XVIII Hft. 3
von Dr. Woerz veröffentlichte Zusammenstellung von 55 aus der Litteratur ge-
sammelten Fällen von »traumatischen Epitheleysten« neben einer genaueren Be-
schreibung 3 neuer Fälle aus seiner eigenen Beobachtung möge hier die kurze
Mittheilung zweier solcher Fälle Platz finden, welche in genanntem Krankenhaus
kurz nach einander zur Behandlung kamen.
Fall 1: O. S., 18 Jahre, Schmied, giebt an, vor ca. 1 Jahre eine Entzündung
an der Innenseite des 4. rechten Fingers gehabt zu haben, die er selbst durch Auf-
stechen mit einer Nadel behandelt habe. Nachher sei an derselben Stelle ein
kleines Knötchen entstanden und allmählich gewachsen.
Status (12. Juli 1897): An der Volarseite der Innenseite des 4. rechten Fingers
besteht eine ca. doppelterbsengroße Geschwulst von praller Konsistenz, deutlich fluk-
tuirend, spontan und auf Druck empfindlich. Dieselbe ist auf der Unterlage be-
weglich; die bedeckende Haut ist schwielenartig verdiokt und zeigt auf der Höhe
der Geschwulst eine kleine narbige Einziehung.
In Narkose ellipsoide Circumcision der verhornten Partie der bedeckenden
Haut und mit derselben geschlossene Ausschälung der Cyste. Naht. Glatte
Heilung.
Die Geschwulst bestand aus einer derben, weißen, zwiebelschalenartig lamel-
lösen Kapsel und einer geringen Menge breiigen, weißlichen Inhalts. — Eine
mikroskopische Untersuchung wurde nicht vorgenommen.
Fall 2: E. S., 35 Jahre, Magd, hat, ohne dass sie sich einer früheren Ent-
sündung zu erinnern weiß, vor mehreren Monaten am linken 4. Finger ein Knöt-
chen bemerkt, welches sie damals, Eiterung annehmend, angestochen habe; es
soll jedoch keine Flüssigkeit ausgetreten, das Knötchen selbst allmählich etwas
gewachsen sein.
Status (13. August 1897): An der Volarseite der I. Phalanx des linken 4. Fingers
besteht eine wenig vorgewölbte, derbe, schwielenartige Verdickung. unter welcher
ein ca. erbsengroßes Knötchen zu fühlen ist. Fluktuation ist nicht nachweisbar.
Auf der Kuppe der Vorwölbung besteht eine kleine Einsenkung der bedeckenden
Haut.
Unter Schleich’scher Infiltrationsanästhesie Exstirpation nach ellipsoider
Circumcision der bedeckenden Schwiele. Das runde, von derber, weißer Kapsel
umgebene Knötchen erstreckte sich ca. As em in die Tiefe.
Die nähere, erst nach einigen Tagen vorgenommene und dadurch vielleicht
nicht mehr einwandsfreie Untersuchung des in feuchter Umhüllung aufbewahrten
Präparats ergab, dass auf dem senkrechten Durchschnitt keine Höhle zu kon-
statiren war. Es zeigten sich vielmehr, stabbündelartig neben einander gelagert,
166 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
Fasern von Zwirnsfadendicke, welche sich mit der Pincette einzeln ausziehen
ließen und, wie die mikroskopische Untersuchung der Zupfpräparate ergab, durch-
weg aus Plattenepithelien bestanden. Die in einigen derselben makroskopisch
sichtbaren feinen braunen Streifen stellten sich dabei als kleinste Blutgefäßchen
dar. Im Zupfpräparat der Kapsel sah man vereinzelte mehrkernige Zellen.
In wie weit den aus diesem Befund erkennbaren Abweichungen von sonstigen
Schilderungen der in Frage stehenden Geschwülste — Mangel einer nachweisbaren
Höhle, Fasern- statt Zwiebelschalenanordnung, Vorhandensein von Blutgefäßchen
— eine Bedeutung beigelegt werden kann, oder aber dieselben zum Theil der ver-
späteten Untersuchung zur Last fallen können, soll dahingestellt bleiben.
Das praktische Interesse dieser traumatischen Epitheleysten ist begründet vor
Allem in den Fragen der Ätiologie und der Häufigkeit. Beide Fragen sind durch
die Woerz’sche Zusammenstellung beleuchtet worden, und zwar mit dem Re-
sultat, dass solche Geschwülste erheblich häufiger sind, als man früher angenommen
hat, und dass die Ursache derselben in »den verschiedensten, meist geringfügigen
Verletgungen« gu suchen ist.
Unsere beiden neuen Fälle können Betrefis der Häufigkeit natürlich nur eine
Erweiterung jener Statistik und mithin eine Bekräftigung der aus derselben ge-
sogenen Schlussfolgerung bieten. Betreffs der Ätiologie und der hiermit in Zusam-
menhang stehenden Fragen über Sitz, histologiechen Bau u. dgl. schließen sie sich
ebenfalls, so weit diese Punkte ins Auge gefasst worden sind, im Wesentlichen
den früheren Ergebnissen an.
Ein Beitrag zu den Erkrankungen der Plantarfascie.
Von
Prof. Dr. Albert Hoffa in Würzburg.
In einer interessanten Arbeit hat Ledderhose in jüngster Zeit wieder unsere
Aufmerksamkeit auf die Erkrankungen der Plantarfascie gelenkt und die bezüg-
liche Litteratur zusammengestellt. Nach dieser Zusammenstellung wissen wir
eigentlich recht wenig von diesen Sachen. »Es kommt«, so sagt Ledderhose,
»eben so wie an der Hohlhand, so auch an der Fußsohle durch mannigfache all-
gemeine und lokale Ursachen häufig eine Erkrankung der Fascie zu Stande, welche
man als Fasciitis plantaris resp. palmaris bezeichnen kann. Es handelt sich dabei
im Wesentlichen um einen Proliferationsprocess der Zellen und Gefäße mit Nei-
gung zu Schrumpfung. Diese Erkrankung bildet sich meist, zumal wenn sie nach
lokalen Einwirkungen entstanden ist, zurück. Häufig kommt es in der erkrankten
Fascie, sowohl am Fuß als an der Hand, zur Entwicklung kleiner Knoten und
Schwielen, welche als hyperplastische Narbenmassen aufzufassen sind, an Stellen
entstanden, wo durch traumatische Einflüsse partielle Zerreißungen der erkrankten
Fascie erfolgt waren. Diese Bildungen scheinen besonders die Tendenz der Fascie
sur Retraktion und damit die Entstehung einer Beugekontraktur der Zehen und
der Finger zu bedingen. Aus anatomischen und physiologischen Gründen treten
derartige Kontrakturen an den Zehen nur sehr selten auf, an der Hand, bezw.
an den Fingern schon häufiger; hier ist dann die Bezeichnung Dupuytren’ sche
Kontraktur am Platze.«
Die von Ledderhose beobachteten Fälle waren sämmtlich traumatischen
Ursprungs. Es giebt nun aber auch, wie ich zu beobachten Gelegenheit hatte,
Erkrankungen der Plantarfascie, die mit einem Trauma sicher nichts zu thun
haben. Ich erlaube mir, in Folgendem kurz die Geschichte eines solchen Falles,
der auch in histologischer Hinsicht von großem Interesse ist, hier vorzuführen
und möchte darauf hinweisen, dass die ausführliche Publikation in der Dissertation
von Dr. Klein-Würzburg erfolgen wird.
Die Krankengeschichte des Falles ist folgende:
Frl. J. K., 20 Jahre alt, aus Frankfurt. Pat. machte mit 15 Jahren Lungen-
entzündung durch. Bis vor 5 Jahren will sie stets ohne jegliche Beschwerden
beim Gehen gewesen sein, auch will sie vorher nie irgend eine Erkrankung der
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 167
Füße durchgemacht haben. Seit dieser Zeit stellten sich stechende Schmerzen auf
der Fußsohle ein, die hauptsächlich nach längerer Anstrengung auftraten. All-
mählich verschlimmerten sich die Beschwerden; es traten auch Schmerzen in der
Achillessehne auf, und zwar hauptsächlich auf mechanische Reize hin, oder nach
längeren Bewegungen des Fußes. Die Schmerzen sind beiderseits jetzt so be-
deutend, dass Pat. kaum noch gehen kann. Seit etwa einem Jahre bemerkt Pat.
eine Anschwellung im Bereich der schmerzhaften Stelle. Behandlung mit Ein-
reibungen und verschiedenen Bädern blieb ohne Erfolg. Nach längeren Geh-
versuchen verspürt Pat. auch Schmerzen und starke Ermüdung in den Unter-
schenkeln, ja die Schmerzen strahlen nicht selten bis in die Oberschenkel aus.
Status praes.: Innere Organe ohne Abweichungen von der Norm. Die Füße
der Pat. sind beiderseits wohlgeformt und gestellt und zeigen keinerlei Abweichungen
im Bau; besonders sind die Fußwölbungen gut ausgebildet. Auf der Fußsohle
sieht man beiderseits einen in der Höhe der Tuberositas calcanei am inneren Fuß-
rand beginnenden, deutlich vorspringenden Strang, der schräg nach außen verläuft
und in der Mitte der Fußsohle in der Höhe des Lisfranc’schen Gelenks endigt.
Der Strang entspricht dem inneren Rand der Plantarfascie. Bei der Palpation
fühlt man deutlich, dass nicht nur dieser Rand der Fascie, sondern die Fascie in
toto beträchtlich verdickt ist. Die ganze verdickte Partie ist dabei auf die leiseste
Berührung hin äußerst schmerzhaft, so dass Pat. bei jedem stärkeren Druck laut
aufschreit. Weitere druckempfindliche Stellen sind die innerste Partie der Achilles-
sehne so wie die Gegend des Condylus internus tibiae.
Es wird zunächst durch Wochen hindurch versucht, durch Massage und durch
Einlagen in die Schuhe, welche die schmerzhaften Partien vom Druck entlasten
sollen, eine Besserung zu erzielen. Da diese jedoch nicht erfolgt, wird die Ex-
stirpation der Plantarfascie beschlossen.
Am 5. November 1897 Operation: Längsschnitt über der Höhe des Stranges.
Beiderseits wird die Plantarfascie bis auf die Muskeln in einer Länge von 3 bis
4cm exeidirt. Net der Wunde, Verband.
Die Heilung erfolgt per primam.
Der Erfolg der Operation war der, dass die Beschwerden der Pat. vollständig
gehoben wurden.
Die excidirte Plantarfascie erwies sich als sehr verdickt, so dass sie in der
Mitte nahezu ?/ cm an Ausdehnung besaß. Dabei fühlte sie sich sehr derb, hart
an, so zwar, dass es beim Durchschneiden mit dem Messer ordentlich knirschte.
Sehr interessant ist nun der histologische Befund, der von Herrn Privatdocent
Dr. Borst, I. Assistent am pathologisch-anatomischen Institut unserer Universität,
erhoben wurde. Die Hauptmasse des Gewebes besteht aus einem straffen parallel-
faserigen Gerüst, in welchem Blutgefäße mit verdickten Wandungen und umgeben
von reichlichen Spindelsellen von Strecke zu Strecke eingelagert sind und parallel
mit den Fasern ziehen. Die Kerne des strafffaserigen Gerüstes sind außerordent-
lich in die Länge gesogene schmale Spindeln. In das so beschaffene Gerüst ein-
gelagert sind massenhaft Knoten von knorpelartigen Gewebe, von welchen nach-
gewiesen werden kann, dass sie direkt aus dem strafffaserigen Gewebe hervorgehen,
indem die Kerne dieses letzteren sich reichlich vermehren und alle Übergänge
zeigen zu größeren rundlichen und ovalen Knorpelgebilden, die Protoplasma um
sich ansammeln und sehr häufig in kapselartigen Hohlräumen liegen; zugleich
tritt eine beträchtliche Vermehrung der Interoellularsubstanz auf, die ihrerseits
aber meist eine leicht faserige Beschaffenheit beibehält, so dass das Bild des
Faserknorpels entsteht. Diese massenhaft eingelagerten Faserknorpelknoten scheinen
einer weiteren Entwicklung fähig, denn es findet sich an einer Stelle ein rich-
tiges Knochenstückchen dem sehnigen Gewebe einverleibt.
Es handelt sich also um eine Entzündung der Plantarfascie, die zu
einer direkten Metaplasie des Bindegewebes in Knorpel- und
Knochengewebe geführt hat.
Über die Ätiologie kann ich leider gar nichts aussagen und will nur noche
mals hervorheben, dass es sich um eine symmetrische Erkrankung gehandelt hat.
168 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
22) C. P. Thomas (Spokane). Antistreptococcusserum.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 25.)
Verf. theilt kurz 8 sehr schwere Fälle der verschiedensten Infektionen (Phleg-
monen, Erysipel, Peritonitis, puerperaler Sepsis) mit, bei welchem er Marmo-
rek’sches Antistreptokokkenserum anwandte mit stets glücklichen Erfolg. Er
giebt zu, dass möglicherweise einige Fälle ohne Serum durchgekommen wären,
betont aber den großen Werth desselben namentlich bei allgemeiner Peritonitis.
Martens (Berlin).
23) E. Skultecki. La sieroterapia applicata alle tubercolosi chirur-
iche.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 121.)
Auf Grund einer Statistik von 7 Fällen chirurgischer Tuberkulose empfiehlt
Verf. lebhaft die Anwendung des Maragliano’schen Serums in Verbindung mit
der üblichen chirurgischen Behandlung. Die Einspritzungen wurden in der Menge
von 1 ccm einen Tag um den anderen in die Gegend zwischen den Schulter-
blättern verabfolgt. Fiebersteigerungen oder sonstige Nebenerscheinungen kamen
nicht sur Beobachtung. In allen Fällen glaubt Verf. eine günstige Einwirkung
auf das Allgemeinbefinden durch das Serum erreicht zu haben; bei den fiebernden
Pat. trat Nachlass des Fiebers schon nach der ersten Einspritzung ein.
Die angeführten Krankengeschichten dürften doch wohl Zweifel zulassen,
ob die Erfolge wirklich durch das Serum bedingt gewesen sind, oder ob sie nicht
vielmehr auf Rechnung der Hospitalverpflegung und der chirurgischen Eingriffe
zu setzen sind. W. Schultz (Eutin).
24) Th. Weischer. Über 2 mit Behring’schem Serum behandelte
Fälle von Trismus und Tetanus, nebst einer kurzen Übersicht über
die vom Jahre 1881 bis heute in der med. Abtheilung des Bürger-
hospitals zu Köln beobachteten Tetanusfälle.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 46.)
In dem 1. Falle von Tetanus traten die ersten Erscheinungen 4 Tage nach
einer Holzsplitterverletzung am Fingernagel ein, steigerten sich innerhalb der
nächsten 6 Tage bis zur Aufnahme zu mittelschweren Symptomen, gingen aber
erst nach der 2. Injektion des Serums No. 100 rasch zurück. Heilung 9 Tage
später.
Pat. II hatte 2 Jahre vorher bereits einen »Starrkrampf« durchgemacht, der
sich erst nach vielen Wochen vollständig verlor; die neue, gleichfalls auf eine
Erkältung zurückgeführte Erkrankung begann 2 Tage vor der Aufnahme ins
Hospital, bei welcher das Bild andauernden Trismus und Tetanus vollständig aus-
gesprochen war; von »universeller Tetaniea wich es in mehreren Zügen ab (Fehlen
des Trousseau’'schen Phänomens etc... Eine 2 Wochen später ausgeführte
Seruminjektion hatte keinen Erfolg. Allmähliches Schwinden der Erscheinungen
bis zur Heilung.
Die Zusammenstellung der übrigen im genannten Hospital ohne Heilserum
behandelten Tetanusfälle — 16 mit 10 tödlich verlaufenen (62,5% Sterblichkeit)
— bietet nichts Besonderes und eignet sich nicht, in ihren Resultaten mit den
aus der Litteratur gesammelten, mit Serum behandelten — 98 mit 41.8% Sterb-
lichkeit — verglichen zu werden. Kramer (Glogau).
25) J. Radinger. Versuche mit Cancroin.
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 40.)
1. Fall: Careinoma uteri. Im Lauf der Behandlung Nachlass der Schmerzen,
Ausfluss verliert den Geruch, Verkleinerung der Geschwulst. Nach 3/4 Jahr Tod.
— 2. Fall: Careinoma uteri. Nachlass der Schmerzen in den Unterextremitäten,
der Schlaflosigkeit, des Appetitmangels. Besserung des Allgemein- und subjek-
tiven Befindens. Fortdauerndes Abstoßen bis nussgroßer Geschwulsttheile. Zu-
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 169
nahme des Körpergewichts um 10 kg. — 3. Fall: Plattenepitheleareinom der Nase.
Behandlung periodenweis, während welcher jedes Mal der Process stationär blieb
oder sich besserte.e In der Zwischenzeit jedes Mal Weiterschreiten des Zerfall-
processes. Zuletzt ausgesprochene Besserung. Aber Heilung nie!
Herm. Frank (Berlin).
26) Ashmead (New York). Carrasquilla’s Serum sub judice.
(St. Louis med. and surg. journ. 1897. November.)
A. hat das ihm vom Erfinder übersendete Antilepraserum an mehrere Le-
prosenasyle gesendet. Die Berichte derselben sind wenig befriedigend; nur Ha-
velburg in Brasilien und Smith in Canada glauben einigen günstigen Einfluss
auf die Infiltration der Haut bemerkt zu haben, welche schwächer geworden zu
sein schien. Allein auch diese Ärzte sind noch nicht im Stande, ihr Votum zu
Gunsten des Serums abzugeben, sie wollen noch weitere Versuche abwarten.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
27) Löwenthal. Über eine horizontale Beinbade- und Dampfbade-
wanne.
(Olustrirte Monatsschrift für ärztl. Polytechnik 1897. August.)
Zur Heilung aller möglichen Krankheiten der Beine hat I. eine beinladen-
ähnliche Wanne aus Zinkblech verfertigt, welche in horizontaler Beinhaltung
Wasser- und Dampfbäder liefert. Die Wanne hat für den Oberschenkel einen
Ausschnitt. Die Abdichtung der Wanne an dieser Stelle findet durch eine Gummi-
manschette statt. Die Wanne kann im Bett und außerhalb desselben gebraucht
werden. Für letzteren Fall sind abnehmbare Füße vorgesehen.
E. Fischer (Straßbusg i/E.).
28) F. Dumstrey und @. Bessler. Bericht über die Thätigkeit der
chirurgischen, mechanotherapeutischen Heilanstalt zu Leipzig etc.
Leipzig, 1897. 268. 3 Tafeln.
Während des Zeitraums etwa eines Jahres wurden von den stationären Pat.
111 chirurgisch, 109 unter Benutzung Hönig’scher Apparate mechanisch behan-
delt. Verff. schildern vorwiegend ihre Erfahrungen bei der Behandlung und Unter-
suchung Unfallverletzter. Einzelne Krankengeschichten sind ausführlicher mit-
getheilt. J. Riedinger (Würzburg).
29) Mittheilungen aus dem orthopädischen Institut von Dr. A. Lü-
ning und Dr. W. Schulthess in Zürich. VII. Ärztlicher Bericht
über den Zeitraum vom 31. December 1890 bis zum 31. December
1894. Erster Theil. Rückgratsverkrümmungen.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
Der Bericht bringt im 1. Abschnitt einige Bemerkungen über die Unter-
suchungsmethode, welche von den Autoren seit längerer Zeit geübt und mehr und
mehr ausgebildet wurde. Das Verfahren selbst ist bereits früher beschrieben
worden.
In einem weiteren Abschnitt wird über die Behandlungsmethode eingehend
berichtet. Es findet sich hier die ausführliche Beschreibung und Abbildung zweier
sogenannter » Detorsionsapparate« nach W. Schulthess, welche in sich verschie-
dene Principien koncentriren: Detorsion, Redressement durch Pelottendruck und
regulirbare Hebel, Suspension und Fixation. Zur Ermöglichung redressirender
aktiver Bewegungen sind zwei Apparate konstruirt, welche ebenfalls genau be-
schrieben und abgebildet sind, nämlich ein mit einem Pendel versehener »Rumpf-
beugeapparat« und ein »Rotationsapparut«, in welchen ein federnder Widerstand
eingeschaltet ist. Wenn beim Vergleich dieser Apparate mit einzelnen Zander-
schen Apparaten behauptet wird, dass letztere den Grundsätzen der funktionellen
Orthopädie (worunter man ja auch die durch Muskelkraft zu bewirkende Korrektur
einer Stellung verstehen soll) nicht zu entsprechen vermögen, so muss man aller-
170 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
dings zugeben, dass Ermüdungsproceduren in den Heilplan der Zander’schen
Gymnastik nicht aufgenommen siad. Auch wirken nicht alle Zander’schen
Apparate symmetrisch, wie man aus der Kritik derselben entnehmen könnte.
Der letzte Abschnitt, die Statistik der einzelnen Formen der Rückgratsver-
krümmungen und der Behandlungsresultate, enthält eine schr sorgfältige und
streng objektive Bearbeitung des klinischen Materials. Im Ganzen kamen 452 Fälle
zur Behandlung. Zur Erläuterung des Textes dienen mehrere durch Messungen
gewonnene Bilder. J. Riedinger (Würzburg).
30) O. Vulpius. Aus der orthopädisch-chirurgischen Praxis.
Leipzig, 1598. 60 S. 16 Abbildungen.
In 11 Kapiteln werden die aktuellen Fragen der modernen Orthopädie abge-
handelt, nicht nach einem bestimmten Plan, sondern nach momentanen Eindrücken
und Erlebnissen in der Praxis. Dabei entwickelt Verf., indem er zeigt, was in seiner
Anstalt geleistet wird, gleichsam ein wissenschaftliches Programm in Form eines
Jahresberichts. Es liegt in der Tendenz des Geschriebenen, wenn es dabei nicht
abgehen kann, ohne des »Kurpfuscherss Hessing zu gedenken, der doch ein
neues Arbeitsgebiet erschlossen hat und etwas gnädiger behandelt werden sollte,
und ohne hervorzuheben, dass bei der Behandlung der Skoliose die Zander-
schen Apparate überflüssig sind. »Das System unserer Behandlung besteht einzig
und allein in der Intensität. Ein Tagesplan schreibt die Verwendung aller Tages-
stunden vor, und dauernde Überwachung von Arzt und Gehilfen sichert dieselbe.«
Interessant ist, dass V. Gipsverbände häufig, sogar in der Narkose, anlegt,
während die Kinder an den Füßen suspendirt sind. Das Verfahren soll ein be-
quemes sein.
Aus dem sonstigen Inhalt möge Folgendes angeführt werden. Beim para-
lytischen Klumpfuß hat V. 13mal, beim paralytischen Plat:fuß 4mal Sehnentrans-
plantation vorgenommen mit gutem Erfolg. Das modellirende Redressement
wurde auch beim statischen Plattfuß angewendet, und zwar in 9 Füllen. Beim
paralytischen Plattfuß wurde 2mal die Arthrodese im Sprunggelenk ausgeführt.
Mit Kecht betont Verf., dass bei der ambulanten Behandlung der Coxitis eine
gute Fixation im Verband der wichtigste Faktor ist, so wie dass bei der ambu-
lanten Behandlung der Unterschenkelbrüche häufig ein hypertrophischer Callus
entsteht.
Als unangenehme Ereignisse (in Folze des Systems der Intensität?) werden
beklagt 1 Todesfall bei der Behandlung des Gibbus nach Calot und die in
2 Fällen eingetretene Infraktion des Unterschenkels rachitischer Kinder bei dem
modellirenlen Redressenent des angeborenen Klumpfußes.
d, Riedinger (Würzburg).
31) Statistik der Knappschafts-Berufsgenossenschaft für das Deutsche
Reich. 1. Oktober 1885 bis 1. Januar 1895. Herausgegeben vom
Genossenschaftsvorstand.
Berlin, 1897. 160 S.
Dieser über 9 !/4 Jahre zusammengestellte Bericht gewährt uns einen vortreff-
lichen Einblick in den Umfang eines kleinen Theiles der Unfallversicherung. Von
3623175 versicherten Personen wurden 278371 durch Unfall betroffen, wovon
31679 in ihren Folgen die 13. Woche überdauerten. Die Belastung, welche die
Genossenschaft durch die Unfälle erfahr, beträgt rund 100 Millionen Mark, wovon
nicht ganz 3 für das Heilverfahren, einschließlich der Angehörigenrente für die
im Krankenhaus Untergebrachten aufgewendet wurden.
Das weibliche Geschlecht partieipirt nur mit 0,8% an den Unfällen. Bezüglich
des Alters vertheilen sie sich:
unter 16 Jahren (es waren überhaupt nur
2,8 % jugendlicher Arbeiter)
16—20
21—30
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 171
31-40 27,8%
41—50 19,8%
1—60 bis
über Gu 2,0%
Die Folgen der Verletzung vertheilen sich:
Tod HEH
dauernd völlig erwerbsunfähig 1427
» theilweise » 14367
vorübergehend » 8164
Die Arten der Verletzungen beziehen sich mit 8,4% auf die Arme, 1,9 auf die
Beine, 6,0 auf die Augen, 0,2 auf die Ohren, 21,9 Knochenbrüche ohne Verlust
von Gliedmaßen, 1,3 Leistenbrüche, 14,6 mehrfache Verletzungen, 45,7 sonstige
Verletzungen (wie erstickt, ertrunken ete.).
Außerdem enthält der Bericht noch Zusammenstellungen über Veranlassung,
Ort, Zeit der Unfälle ete., besondere Bedingungen, wie Schuld des Unternehmers
oder des Arbeiters.. Die Grundlagen, aus denen sich der Bericht aufbaut, würden
jedenfalls auch ein vorzügliches Material abgeben für die Herstellung einer engeren
medieinischen Bearbeitung. Dem Arzte aber, welcher sich einmal einen ungefähren
Begriff von der Ausdehnung der Unfallversicherung machen will, können wir die
Durchsicht dieser Statistik nur angelegentlich empfehlen.
Bähr (Hannover).
32) E. Rose. Eine förmliche Art von Berufskrankheit.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 76.)
R. eifert gegen den bei Nüäherinnen herrschenden Leichtsinn beim Umgehen
mit Nähnadeln. Zur Illustrirung der Gefahr, welche in den Körper gelangte
wandernde Nadeln bergen, erzählt er 2 tödlich geendete Fälle, wo die Nadel Imal,
ans Herz gedrungen, durch Blutung ins Perikard, das andere Mal durch Ver-
letzung des Duralsackes der Wirbelsäule und Meningitis verhängnisvoll geworden ist.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
33) Socht. Seltenere Frakturen in Röntgen’scher Durchleuchtung,
(Aus der chirurgischen Abtheilung des Neuen Allgemeinen Kranken-
hauses.)
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten 1897. Bd. I. Hft. 2.)
Die Arbeit führt 10 Bilder nach Röntgen von solchen Frakturen auf, die
zum Theil wohl früher häufig verkannt und als Distorsionen angesehen wurden.
Es handelte sich 2 mal um einen Bruch des Os naviculare des Handgelenks.
Ferner ein Bild eines Olekranonquerbruches, welcher wegen jeden Mangels
typischer Symptome vorher als Kontusion angesehen wurde. Ein als Metatarsal-
bruch diagnostieirter Fall wurde durch die Röntgenaufnahme als Fraktur
eines Sesambeines unter dem Köpfchen des I. Metatarsus erkannt.
Unter 243 Frakturen wurden durch Skiagraphie 7 Talus- und 8 Calcaneus-
brüche, also 6,8% festgestellt, wohl ein Beweis dafür, dass solche Brüche
früher häufig verkannt wurden. (Nach der Statistik von Bruns bilden die
Frakturen aller Fußknochen zusammen nur 2%!) Verf. bespricht dann noch die
Erfolge bei Hüftgelenkserkrankungen, wo die Durchleuchtung wiederholt vor
diagnostischen Irrthümern geschützt hatte. Die beigefügten Bilder leiden, wie
fast alle derartigen Vervielfältigungen, an ziemlicher Undeutlichkeit, so dass aus
ihnen allein kaum die betreffenden Diagnosen ohne den begleitenden Text ge-
stellt werden können. Als einen besonders wichtigen Vortheil der »Röntgographie «
führt Verf. die Kontrolle der Reposition, des Heilungsverlaufs im Verbande und
des gewonnenen Resultats an. Wiederholt wurde dadurch ein Verbandwechsel
zur Korrektion der Stellung nöthig, andererseits aber auch den Kranken bei
noch nicht geheilter Fraktur Bewegungsversuche und Erneuerung des Verbandes
erspart. Tschmarke (Magdeburg).
172 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
34) E. Kruse. Über die genetische Bedeutung der Muskelinter-
position bei Frakturen.
Diss., Greifswald, 1897.
Mittheilung von 4 Fällen von subkutanen Knochenbrüchen (2 Humerus, Ober-
schenkel und Unterschenkel), bei denen durch Muskelinterposition Pseudarthrosen-
bildung eingetreten war und durch Operation Heilung herbeigeführt wurde.
Sämmtliche Brüche waren durch direkte Gewalt entstanden. Ein praktisch wich-
tiges Symptom ist das Fehlen der Krepitation. Wenn dies der Fall ist, leitet
Helferich immer Narkose ein, um die Bruchenden auf diese Weise in direkte
Berührung zu bringen, da nach seiner Ansicht (im Gegensatz zu Gurlt) Muskel-
interposition ein absolutes Hindernis für die Heilung ist, stets zu Pseudarthrosen-
bildung führt, die nur durch Operation geheilt werden kann.
Sudeck ‘Hamburg’.
35) W. A. Swentzitzki. Über atypische Formen von Osteomyelitis.
(Aus der chirurgischen Fakultätsklinik Prof. Bobroff's.)
(Die Chirurgie 1697. No. 9. [Russisch.))
3 Krankengeschichten von jenen Fällen, wo die Diagnose eher auf Geschwulst
(Sarkom), Syphilis ete. als auf Osteomyelitis gestellt werden möchte, und es sich
doch nur um eigenthümlich verlaufene Osteomyelitis handelt. In den beiden
ersten Fällen brachte, nachdem eine antiluetische Kur erfolglos geblieben, die
Aufmeißlung des Knochen Heilung, der 3. Kranke konnte sich zu der vorgeschla-
genen Sequestrotomie noch nicht entschließen.
Egbert Braatz (Königsberg i/Pr.).
36) B. Boks. Beitrag zur Myositis ossificans progressiva.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 41—43.)
Es handelte sich um ein 21: Jahre altes, angeblich von gesunden Eltern
stammendes Kind, welches in der Utrechter Klinik v. Eiselsberg’s Aufnahme
fand. Aus der Anamnese ging hervor, dass im Anschluss an wiederholte Ver-
letzungen (Sturz des Kindes) unter Schmerzen und Fiebererscheinungen Geschwülste
an den verschiedensten geschädigten Körperstellen entstanden, welche wohl wieder
verschwanden, jedoch eine Funktionsstörung in den davon betroffenen Körper-
stellen zurückließen. Die genaue Untersuchung und Beobachtung des Kindes
konstatirte vor Allem eine vermehrte Resistenz in einzelnen Muskeln, in welchen
stellenweise harte, druckempfindliche Knoten verschiedener Grüße zu tasten waren;
andere Muskelgruppen fanden sich wieder in Knochenplatten oder knochen-
harte Massen umgewandelt. Um die besonders eingeschränkte Beweglichkeit im
linken Schultergelenk herzustellen wurde der M. pectoralis freigelegt. Nach Durch-
trennung seiner oberflächlichen Schicht kam man auf eine Knochenplatte, welche
nichts Anderes darstellte als die tieferen Theile dieses Muskels. Durch keil-
förmige Resektion. der Platte konnten im Schultergelenk !Bewegungen ausgeführt
werden. Die mikroskopische Untersuchung des resecirten Stückes zeigte gewöhn-
liches Knochengewebe; stellenweise waren mitten im Knochenbalken große Osteo-
blasten mit Howahip’schen Lakunen zu sehen. In einigen Präparaten war der
Übergang von Bindegewebe in Knochengewebe zu sehen. Nirgends war Muskel-
gewebe wahrzunehmen, eben so wenig zellige Infiltration oder Entzündungs-
erscheinungen. Während des Aufenthaltes des Kindes in der Klinik traten unter
Fieber und Schmerzen Anschwellungen in der Gegend der Kopfnicker auf, welche
sich im weiteren Verlauf in einen derben, strangartigen Wulst beziehungsweise harte
walnussgroße Geschwulst umwandelten. In diesem Zustande entlassen, starb das
Kind zu Haus an Scharlach. Leider wurde die Obduktion nicht gemacht.
Im Anschluss an seine Publikation bespricht B. unter eingehender Berück-
sichtigung der einschlägigen Litteratur die Ätiologie der Myositis ossificans
progressiva und vertritt die Ansicht, dass neben dem Trauma, als sicherste und
häufigste Ursache, der Krankheit eine angeborene Prädisposition zu Grunde liegt,
wofür die bald nach der Geburt auftretenden Geschwulstbildungen und die oft
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 173
als Begleiterscheinung der Krankheit konstatirte angeborene Mikrodaktylie be-
weisend sprechen. Die Umformung der Muskulatur in Knochengewebe fasst B.
anatomisch und klinisch als die Folge von Entzündungsprocessen auf.
Was die Therapie anbelangt, so giebt es bisher kein Mittel, das Fortschreiten
der Krankheit zu hemmen. Die Behandlung derselben kann nur eine prophy-
laktische und symptomatische sein, indem man einerseits Traumen vorzubeugen,
andererseits durch Anästhetica die Schmerzen zu lindern sucht.
Gold (Bielitz).
37) Curschmenn (Leipzig). Über eine besondere Form von schwie-
liger Muskelentartung.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 47.)
C. beschreibt einige interessante, mit einander in ihrem klinischen Bild fast
völlig übereinstimmende Fälle von essentieller Muskelentartung, die durch sym-
metrisches Auftreten, vorzugsweise an den Oberarmen, und durch Entwicklung
und Steigerung des Leidens im Laufe vieler — 12—40 — Jahre ausgezeichnet
waren. Die Untersuchung kleiner ausgeschnittener Muskeltheile brachte Klarheit
über die Entstehung, indem in allen 3 Fällen abgekapselte Trichinen in großer
Zahl gefunden wurden. Die Beobachtungen beweisen somit, dass die Invasion
dieser Parasiten noch nach langen Jahren zur Bildung einer chronischen Myositis
mit Muskelschwund und Schwielenbildung Anlass geben kann, und lassen ver-
muthen, dass ein Theil der sog. rheumatischen Muskelschwielen oder der ätio-
logisch unaufgeklärt gebliebenen Fälle von schwieliger Muskelentartung auf die
Folgen der Trichinose zurückzuführen sind. Kramer (Glogau).
38) W. Greeske. Ein Fall von Totalnekrose der Clavicula mit
Rücksicht auf die Ätiologie und das funktionelle Endresultat.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1896.
Mittheilung eines Falles von Totalnekrose des Schlüsselbeins im Anschluss
an einen Nackenfurunkel, der als Ursache für die Osteomyelitis beschuldigt wird.
Das Resultat der Heilung war vollkommene aktive Beweglichkeit des Armes im
Schultergelenk, trotzdem der knöcherne Ersatz des Schlüsselbeins kein vollständiger
war. Dass diese Thatsache das Gewöhnliche ist, wird des Weiteren durch Fälle
aus der Litteratur belegt. G. Mohr (Hamburg).
39) L. Weill (Straßburg i/E.). Apparat zum Zurückhalten frischer
und zur Vermeidung habitueller Luxation.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 48.)
Der Apparat besteht aus einem breiten Ledergurt, der quer über den Rücken,
unter den Achselhöhlen durch, über die Schultern hinwegläuft, um hinten von den
beiden Schultern aus mit seinen Endstücken wieder an das Querstück befestigt zu
werden; die kranke Schulter wird von oben her von dem zur Kappe verbreiterten
Gurt umfasst, der sich in der Achselhöhle zu einem eine Pelotte tragenden Riemen
verschmälert. Kleine, an den Querstücken angebrachte Riemen ersetzen die
Hosenträger. Kramer (Glogau).
40) Köppen. Traumatische Gelenkmaus?
(Arztliche Sachverständigen-Zeitung 1897. No. 22.)
Der 21jährige Schleifer war von einer Welle mehrmals herumgeschleudert
worden, hatte äußerlich aber nur einige Hautabschürfungen davongetragen. In
der Folge, nachdem Pat. wieder gearbeitet hatte, schwoll das rechte Ellbogengelenk
an, und nach 4 Monaten fand sich ein freier Gelenkkörper zwischen Olekranon
und Condylus internus. Nach nahezu 5 Monaten wurde der 13 mm lange, 10 mm
breite und 4 mm dicke Körper operativ entfernt. Er bestand aus hyalinem Knorpel
mit einer Hülle von bindegewebiger Struktur und einem Kern von osteoidem
Gewebe. Aus der Art desselben so wie seiner Form schließt K., dass es sich um
ein abgesprengtes Stück der Gelenkfläche handelt, welches anfänglich noch mit
174 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
einer bindegewebigen Ernährungshbrücke im Zusammenhang mit dem Knochen
blieb. Die Brücke ist später abgerissen, und es entstand ein freier Gelenkkörper.
Bähr (Hannover).
41) S. Lewinsohn. Die blutige Dehnung des Nervus ischiadicus
wegen Neuralgie.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897,
Verf. berichtet über 6 Fälle blutiger Dehnung, die intern erfolglos behandelt
waren. Der operative Eingriff hatte bei 4 Fällen sofort einen auffallend günstigen
Erfolg; beim 5. kam er später, beim 6. nach vorübergeherder starker Steigerung
der Beschwerden. Die Freilegung des Nerven soll möglichst central erfolgen.
Happel (Darmstadt).
42) W. Schrank. Über Cystenbildung in der Schenkelbeuge.
je, Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 2.)
Verf. beobachtete einen Fall von Cyste in der Schenkelbeuge bei einem 6-
jährigen Knaben. Sie wurde für einen komplieirten Netzbruch gehalten, lag aber,
wie durch die Operation ersichtlich ward, zwischen Bauchhaut und Fascie des
Musc. obliquus externus und erstreckte sich mit und in dem Samenstrang tief in
den Hodensack hinein. Eine Kommunikation mit der Umgebung bestand nicht.
Der Balg hatte an manchen Stellen Cylinderepithelbelag, an anderen war kein
Epithel zu konstatiren. Der Inhalt war blutig, der der kleineren Nebencysten serös.
S. hält die Geschwulst für eine Neubildung des Giraldös’schen Organs, der Para-
didymis. Die Arbeit enthält neben der Motivirung dieser Ansicht die Besprechung
der gesammten einschlägigen Litteratur seit Verneuil. Die in der Schenkel-
beuge vorkommenden Cysten sind mannigfaltiger Art, oft klärt erst die Operation
über den wirklichen Befund auf. E. Siegel (Frankfurt a A),
43) Ranneft. Angeborene Knickung des Femurs beiderseits.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
Die Missbildung, welche ein 6 Monate alter Knabe zeigt, besteht in einer
Verkürzung beider Oberschenkel und in einer Knickung derselben 3 em unterhalb
des Troch. major. Der Gipfel des Knickes ist nach hinten und außen gerichtet.
Über demselben ist die Haut mit dem Periost narbig verwachsen. Das Kind hat
außerdem eine partielle Spaltung im Gaumen und 2 Leistenbrüche.
R. fand kein zweites Beispiel in der Litteratur beschrieben und ist geneigt,
die Missbildung nicht auf ein lokal wirkendes Trauma, sondern auf eine Krank-
heit. des Amnion zurückzuführen. J. Riedinger (Würzburg).
44) Graff. Über die Behandlung der Oberschenkelbrüche mit
Gehverbänden.
(Mittheilungen aus den Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 2.)
Im Neuen Allgemeinen Krankenhause sind seit 1895 10 Oberachenkelbrüche
mit Gehverbänden erfolgreich behandelt worden. Die Technik entsprach im All-
gemeinen der von v. Bardeleben empfohlenen. Nur wurden die Gipsverbände
möglichst früh, innerhalb der ersten 5 Tage, über Trikotschlauch angelegt und
öfter gewechselt. Eine Beschleunigung der Konsolidation durch Gehverbände hat
Verf. nicht konstatiren können; die durchschnittliche Konsolidationszeit betrug
47 Tage, bei einem beginnenden Tabiker und einem Alkoholisten beträchtlich
länger. 6mal konnte eine Verkürzung des Beines nicht verhindert werden; die-
selbe betrug aber nur !/a—3 cm, ließ sich also durch Beckensenkung oder Er-
höhung der Sohle leicht ausgleichen. Auch G. hält es für besser, in den ersten
Tagen einen Extensionsverband anzulegen, um die Muskelspannung zu beseitigen
und die Dislokation besser ausrichten zu können. In letzter Zeit wurde der
Schede’sche Extensionstisch mit Vortheil angewendet. Der erste Theil des Ver-
bandes reicht gleich bis zur Frakturstelle, was den Vortheil hat, dass bei der
Distraktion die Knieseitenbänder nicht zu sehr gelockert werden. Das Gips-
Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 175
Kataplasma um das Tuber ischii wurde nur halb so breit genommen, als es Albers
angiebt. Die Extension soll mit Hilfe eines Flaschenzuges bewirkt werden. Die
Beobachtung v. Bardeleben’s, dass die Fortschritte im Gehen schnellere sind,
wenn ein Kranker im Saale ist, der mit demselben Verbande schon gehen kann,
wurde wiederholt bestätigt. Beim Wechseln des Verbandes sollen leichte passive
Bewegungen im Kniegelenk ausgeführt, und das Bein gründlich gewaschen werden,
»was die Kranken als große Wohlthat empfinden«. In letzter Zeit wurde der
Gehverband auch bei Schenkelhalsfrakturen und Osteotomien des Oberschenkels
mit gutem Erfolge angewendet. Wie aus den mitgetheilten Krankengeschichten
ersichtlich ist, sind die Resultate bei sämmtlichen Kranken ganz vorzügliche, so
dass Verf. mit gutem Recht die Methode angelegentlichst empfehlen kann.
Tschmarke (Magdeburg).
45) F. Monsehr. Zur Kasuistik der traumatischen Epiphysentrennung
am unteren Femurende.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Anschließend an einen Fall traumatischer Epiphysenlösung am unteren Femur-
ende, der durch Ankylosenoperation zu heilen versucht wurde, nachdem eine
längere Schienenbehandlung erfolglos war, zählt Verf. 22 Fälle derselben Ver-
letzung auf, deren Ausgänge (imal Tod und 14mal Amputation des Gliedes) die
Schwere der Verletzung vor Augen führen. Am Schluss theilt Verf. einen Fall
mit, wo nach nicht erkannter Epiphysenfraktur sich im Laufe der Jahre ein
Schlottergelenk von unglaublicher Beweglichkeit gebildet hatte.
j Happel (Darmstadt!.
46) Lejars. Le cerclage de la rotule.
(Presse méd. 1897. No. 23.)
Verf. beschreibt an der Hand verschiedener Fälle von Kniescheibenbruch ein
Verfahren der primären Vereinigung, das zuerst Prof. Berger 1892 angewendet
hatte. Dasselbe besteht in Eröffnung des Kniegelenks durch einen bogenförmigen
Schnitt unterhalb der Kniescheibe, Entleerung des Blutergusses und der Ge-
rinnsel, sorgfältige Reinigung des Gelenks. Ein starker Silberdraht wird sodann
durch die Sehne des »Triceps« von innen nach außen mit dem gelensterten Col-
lin’schen Perforateur oder einer starken Nadel unmittelbar oberhalb der Basis
der Kniescheibe hindurchgeführt. Das andere Ende des Drahtes wird in dem-
selben Sinne durch das untere Fragment, resp. durch das Ligamentum patellare
geleitet. Der Draht muss ganz genau zwischen der vorderen und hinteren Fläche
der Sehne dieselbe durchbohren. Ehe man den Draht an der Außenseite zusam-
mendreht, werden die Fragmente genau an einander gepasst und durch einen
Assistenten in ihrer Lage fixirt. Eine Katgutnaht vereinigt die fihrösen periostalen
Elemente vor der Kniescheibe und die Haut; Gipsverband. Am 12. Tage etwa
sind die Weichtheile geheilt, der Verband wird abgenommen; die Patella fühlt
sich dann schon sehr solid an. Bald darauf beginnen Mobilisationsübungen, sorg-
fältige Massage und Elektrisiren des Oberschenkels. Schon am 25. Tage konnten
die Kranken theilweise gehen. Auch bei einer Splitterfraktur der Kniescheibe
übte Verf. das Verfahren mit Glück aus, indem er durch einen starken Silberdraht
5 Fragmente der Kniescheibe mosaikartig an einander brachte: vollständige Hei-
lung in 6 Wochen.
Bei genauer Beobachtung aller Vorschriften, peinlichster Asepsis und sorg-
fältigster Ausführung erzielt 'man wohl auf diesem Wege vorzügliche Resultate.
Verf. hat bei seinen 6 Fällen keine Eiterung erlebt!
Tschmarke (Magdeburg).
47) Staffel. Ein fernerer Beitrag zur Kasuistik des Genu recur-
vatum.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.)
S. beschreibt unter Berufung auf einen früher mitgetheilten Fall von Genu
recurvatum einen schief geheilten Unterschenkelbruch, bei dem die Dislokation
176 Centralblatt für Chirurgie. No. 6.
derart ist, dass das Schienbein 13 cm unterhalb der Kniegelenklinie einen starken
Knick aufweist, wodurch ein nach vorn offener Winkel von etwa 160° gebildet
wird. In Folge Anpassung an die Unterschenkeldeformität wird das Kniegelenk
beim Gehen nicht durchgedrückt. Da man aber von einem Genu recurvatum nur
bei Überstreckung des Kniegelenks reden kann, so findet es S. für passender, die
Deformität als Crus recurvatum mit habitueller Beugung des Kniegelenks zu be-
zeichnen. J. Riedinger (Würzburg).
48) Gnesda. Über Spontanfraktur bei Syringomyelie.
(Mitheilungen a. d. Grenzgebieten der Medien und Chirurgie Bd. II. Hft. 3 u. 4.)
Ein 39jähriger Mann brach sich beim Gehen zu ebener Erde, ohne dass er
eine besondere Bewegung gemacht hätte, ausgeglitten wäre o. dgl., einen Unter-
schenkel 3 Querfinger über dem Fußgelenk. Die Fraktur war absolut schmerzlos.
Konsolidation erfolgte etwas langsam, aber vollständig. Die Diagnose auf Sy-
ringomyelie wurde gestellt aus der Analgesie der unteren Extremitäten und ge-
störter Wärmeempfindung, während die taktile Sensibilität erhalten war; ferner
bestand gesteigerter Patellarreflex und eine leichte trophische Störung. Von den
obligaten Symptomen fehlte also nur die Muskelatrophie.
In der Litteratur finden sich nur 5 Fülle von Spontanfraktur bei Syringo-
myelie. Wie im vorliegenden Falle handelte es sich meist um eine reine Quer-
fraktur. Wesshalb Spontanfrakturen bei dieser Krankheit vorkommen, ist dunkel;
in einem Falle von Schultze ergab die Sektion derben, kompakten Knochen,
ohne jede Spur von Porose oder Malakie. Haeckel (Stettin).
49) 8. J. Spassokukotzki. Osteoplastische Amputation des Unter-
schenkels mit Bildung eines Lappens aus dem Fußrücken und Er-
haltung der Zehen.
(Die Chirurgie 1897. No. 9. [Russisch.))
Die Operation, ähnlich der Wladimirow-Mikuliez'schen, nur dass hier
der Lappen aus dem Fußrücken genommen und noch mehr vom Fuß entfernt
werden musste, welche Prof. Lewschin S. überließ, hatte, wie die Kranken-
geschichte, photographische Abbildung und Röntgenbild zeigen, einen sehr guten
Erfolg. Egbert Braatz (Königsberg i/Pr.).
50) Janz. Fin Fall von kongenitalem Defekt des Fußes.
(Mittheilungen aus den Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd.I. Hft. 2.)
Die seltene Missbildung betrifft einen 47jührigen Mann, der statt des rechten
Fußes einen Stumpf zeigt, welcher auf den ersten Blick den Eindruck eines
Chopart’schen Amputationsstumpfes macht. Mittelfuß und Zehen fehlen voll-
ständig. Der nicht verkürzte, etwas atrophische Unterschenkel bildet einen gleich-
mäßig abgerundeten und abgeplatteten Stumpf mit einer seichten, sichelförmigen
Einziehung an der Vorderseite. Eine Aufnahme nach Röntgen bestätigte das
Vorhandensein zweier, nur wenig verschieblicher, aber verkümmerter Fußwurzel-
knochen, die ihrer Lage nach dem Calcaneus und Talus entsprechen. Beide
Knöchel entbehren ihrer Spitze. Bis jetzt ist nur ein ähnlicher Fall in der Lit-
teratur beschrieben von W. Schaefer, aus der Bruns’chen Klinik, Beiträge zur
klin. Chirurgie 1892 Bd. VIII, bei welchem aber nur ein formloser Knochen vor-
handen war. Nach des Verf. Ansicht handelt es sich um eine Hemmungsmiss-
bildung, nicht um eine Spontanamputation. Zwei Bilder, davon ein gutes
KRöntgenbild, veranschaulichen die interessante Missbildung.
Tschmarke (Magdeburg).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 116), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
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Fünfundzwanzigster Jahrgang.
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Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumerstion. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 7. Sonnabend, 19. Februar. 1898.
Inhalt: I. 0. Manz, Über regionäre Cocainanästhesie. — II. E. Gückel, Über Fliegen-
larven im menschlichen Organismus. (Original-Mittheilungen.)
4) Germano, Infektionsübertragung. — 2) Ball, Stoffwechselprodukte. — 3) Babes,
Riegier und Podasca, Rotz. — 4) Stutzer und Hartieb, Maul- und Klauenseuche. —
5) Blumberg, Desinfektion. — 6) Ried, Inflitrationsanästhesie. — 7) Ludwig, Äthylen-
chlorid. — 8) Bruns, Die Geschwülste des Nervensystems. — 9) Maylord, Operationen
am Nahrungskanal. — 10) Kingsbury, Bauchnaht. — 11) Traeger, Der Douglas’sche
Raum. — 12) Hermes, 13) Gautier, Hernien. — 14) Frank, Darmknopf. — 15) Berger,
Ileus.
E. Müller, Zur Technik der Wladimirow-Mikulicz'schen Operation. (Original-Mitthlg.)
18) Gay, Unterbindung der A. anonyma. — 17) Hinde, Aneurysma der A. carot. int.
— 18) Ricketts, Unterbindung der A. carot. com. — 19) Beck, Aneurysma der Art.
poplitea. — 20) Schulz, Ruptur der A. poplitea. — 21) Levy, Gebiss in der Speiseröhre.
— 22) Narath, Zur Chirurgie von Speiseröhre und Kehlkopf. — 23) Lotheisen, Bauch-
verletzungen. — 24) d’Anna, Peritonealflüssigkeit. — 25) Brun, Peritonitis. — 26) Pan-
ton, Perforirendes Typhusgeschwür. — 27) Stokes, Erstickung durch aspirirten Magen-
inhalt. — 28) v. Brackel, 29) Champlin, 30) Cordier, 31) Schilling, 32) Kaufmann,
33) Zamazal, 34) Knüpfer, 35) Morisanl, 36) Audet, 37) Vesitn, 33) Nasl, 39) Courtin,
Herniologisches. — 40) af Schult6n, Haargeschwulst im Magen. — 41) Hahn, 4?) Hart-
mann, 43) Schlatter, Zur Magenchirurgie. — 44) Jayle, 46) Lurla, Anastomosenbildung.
— 46) Carle und Charvet, 47) Kummer, 48) Rogers, 49) Reimers, Ileus. — 50) Heinze,
Darmsarkom. — 51) Kuhn, Darmrohr. — 52. Schapiro, Sarkom der inneren Organe.
XXVII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie.
XVI. Kongress für innere Medicin.
(Aus der Freiburger chirurgischen Klinik des Prof. Dr. Kraske.)
I, Über regionäre Cocainanästhesie,
Von
Dr. Otto Manz, Assistenzart.
Ein im vergangenen Jahre erschienener Aufsatz Braun’s (Leipzig)!
schildert eine bis dahin kaum gekannte, wohl aber kennenswerthe
1 Centralblatt für Chirurgie 1897. No. 17. Siehe dort die spärliche weitere
Litteratur. Vgl. auch Honigmann, Zur Lokalanästhesie. Centralblatt für Chi-
rurgie 1897. No. 51.
7
178 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
Form lokaler Narkose, welche er als »regionäre Cocainanästhesie«
den anderen, geläufigen Verwendungsweisen dieses Mittels, speciell
der lokalen Infiltrationsmethode gegenüberstellt. Nicht nur die
Nervenenden nämlich, auch der Nervenstamm ist der Cocainwirkung
zugänglich, nur braucht sie hier Zeit, und müssen wir, um sicher zu
gehen, ihr mit einem Kunstgriff zu Hilfe kommen, müssen dem
leicht diffusiblen Medikament durch eine Esmarch’sche Binde
den Weg verlegen. So ist es 1887 Corning gelungen, durch In-
jektion in die Nähe eines sensiblen Nerven dessen ganzes Quellgebiet
unempfindlich zu machen, und, auf dieser Beobachtung fußend, übt
Oberst (Halle) schon seit geraumer Zeit ein praktisches Verfahren,
welches nur in verhältnismäßig engen Grenzen anwendbar, inner-
halb derselben aber absolut zuverlässig sein soll und zweckmäßiger
als die Infiltration.
Eine größere Zahl von Finger- und Zehenoperationen der ver-
schiedensten Art, bei denen ich gemäß Braun’s Vorschriften ver-
fuhr, überzeugte mich von der Berechtigung seines Lobes. Wenn
wir einen Kranken bei den Injektionsstichen heftig zusammenzucken
sehen und hierauf nach einer kleinen, überaus einfachen Manipulation
beliebig lange mit Messer, Schere und Nadel, selbst Knochenschere
und Hohlmeißelzange arbeiten können, ohne die geringste Schmerz-
äußerung zu vernehmen, so hat das in der That etwas Verblüffendes,
und es regt sich der Wunsch, solche Vortheile möchten uns nicht
nur in verhältnismäßig spärlichen Fällen gegönnt sein, die Frage,
ob wir dieser Methode wirklich die engen Schranken setzen müssen,
welche die genannte Arbeit verlangt.
Sämmtliche Nervenanastomosen des Operationsgebietes zu be-
herrschen, d. h. sämmtliche sensiblen Nervenstämme, die auch nur
in entferntester Verbindung mit ihm stehen, mit unserer Spritze er-
reichen zu können, erkennt Braun als unerlässliche Bedingung eines
sicheren Erfolges. Diese Möglichkeit aber besteht nach seiner Über-
zeugung nur bei Fingern und Zehen. Legen wir ein elastisches
Band um deren Basis, machen volar wie dorsal je 2 subkutane Ein-
spritzungen (zu !/,—!/, cg Cocain) in ihre Seitenränder, so haben wir
den gesammten nervösen Apparat des kranken Gliedabschnitts der
Cocainwirkung unterworfen und können nach wenigen Minuten ope-
riren, was uns gefällt, ohne wehe zu thun. Auch die allernächste
Nachbarschaft der Finger und Zehen — die ja in Rücksicht ihrer
Nervenvertheilung eigentlich ihnen zugerechnet werden muss — auch
sie soll zur Noth noch in den Bereich des Verfahrens fallen — mehr
aber nicht.
Wir wollen uns ganz auf den Boden der Braun’schen Voraus-
setzung stellen, wollen die von ihm betonte Bedeutung der Anasto-
mosen in vollem Umfange anerkennen — immer noch werden wir
uns dann fragen müssen: warum soll es nur an Fingern und Zehen
möglich sein, diese Anastomosen auszuschalten, der ganzen Nerven-
versorgung Herr zu werden? In der Gegend des Handgelenks z. B.
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 179
liegen alle sensiblen, bezw. gemischten Nervenstämme recht ober-
flächlich; wir dürfen wohl voraussetzen, dass subkutan eingespritzte
Flüssigkeit leicht in ihre Nähe vordringen wird: wenn wir nur hier
— etwas oberhalb des Gelenks — abschnüren, den Medianus, den
Ulnaris nebst seinem dorsalen Zweige, den oberflächlichen Radialis
— der tiefe ist ja rein motorisch — peripher von der Ligatur cocai-
nisiren — warum soll nicht die ganze Hand derselben Narkose
anheimfallen, die uns bei den Fingern so leicht gelingt? Und wenn
nicht, muss die Ursache in der Methode als solcher und nicht viel-
mehr in Unzweckmäßigkeiten des technischen Details gesucht werden,
die sich möglicherweise ohne Schwierigkeit korrigiren lassen ?
Bei einem Verletzten, der sich die Sehne des langen Daumen-
streckers bereits im metakarpalen Gebiete durchschnitten hatte, ver-
suchte ich zum ersten Mal, in der angedeuteten Weise zu anästhe-
siren. Dass ich hier, wo es immerhin in etwas größere Tiefe vor-
zudringen galt, und gröbere Gebilde anzugreifen waren, dem Cocain
mehr Zeit lassen musste, erschien a priori wahrscheinlich; zufällige
Umstände schoben, wenn ich mich recht erinnere, den Anfang der
kleinen Operation noch weiter, als beabsichtigt war, hinaus: als ich
aber dann die Sehnenstümpfe durch Längsschnitte aufdeckte, mobili-
sirte, vereinigte und die Hautwunden durch eine Reihe von Knopf-
nähten schloss, versicherte der Verletzte, von all’ diesen Vorgängen
nichts zu empfinden. Nur der Druck der Gummibinde belästigte ihn
auf die Dauer.
Dieser Erfolg lud zu neuen Versuchen ein, bei denen ich zu-
nächst freilich nicht viel Glück hatte, keine oder nur unzureichende
Anästhesie erzielte. Als ich aber bei weiteren Operationen die bis
dahin auf etwa 10 Minuten bemessene Wartezeit noch mehr ver-
längerte, erst 20—30 Minuten nach erfolgter Einspritzung zum Messer
griff, war im Wesentlichen das Spiel gewonnen.
Die Reihe meiner seitherigen Beobachtungen ist noch verhältnis-
mäßig kurz, aber lang genug, um den Werth des Verfahrens außer
Frage zu stellen. In den 3 einzigen Fällen, bei welchen es ganz
oder theilweise versagte, ließ sich jeweils ein besonderer,- nicht der
Methode zur Last fallender Grund des Misslingens mit großer Wahr-
scheinlichkeit nachweisen. Unter den positiven Resultaten aber finden
sich Fälle von durchaus überzeugender Prägnanz. Wie vollkommen
z. B. gerade die tieferen Gewebsschichten anästhesirt werden, voran
das durch seine besondere Sensibilität berüchtigte Periost, das er-
kannte ich zum ersten Mal bei einer Frau, bei der ein Nadelfragment
erst nach langem Suchen unmittelbar dem Knochen aufliegend ge-
funden und entfernt wurde, ohne dass die Pat. die leiseste Empfin-
dung dieser Manipulationen hatte; andere Gelegenheiten (Finger-
exartikulation, Phalangenamputationen) bewiesen dasselbe.
Was an der Hand so wohl gelungen war, versprach auch für
den Fuß Erfolg. Wiederholt habe ich auch hier unter regionärer
Anästhesie gearbeitet und fand meine Erwartung nicht getäuscht.
7*
180 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
2 Fälle metatarsaler Caries, die in den letzten Tagen zur Operation
kamen, bedeuten sogar die Spitze dessen, was bisher mit dieser
Methode erreicht wurde. Es sei mir erlaubt, dem 2. derselben,
dem schwereren, einige Worte zu widmen. Die Gummibinde war
unmittelbar über den Knöcheln angelegt, in die Umgebung des
Peroneus profundus, des Superficialis und des Tibialis (bei letzterem
der Sicherheit halber an 3 verschiedenen Stellen seines Verlaufs)
1%iges Cocain eingespritzt. Nach etwa °/, Stunde begann die Ope-
ration. Die Zerstörung war so weit vorgeschritten, dass die ganze
große Zehe nebst ihrem Metatarsalknochen entfernt, auch die Keil-
beine ausgelöst werden mussten. Die Unterbindung der Arteria
tibialis antica, Auslöffelung verschiedener Weichtheilsherde, Ver-
nähung des großen inneren Hautlappens kamen hinzu. Während
der Stunde, welche vom ersten Hautschnitt bis zur letzten Naht ver-
strich, lag der Kranke, wie ein tief Chloroformirter, regungslos. Auf
eine während der Operation an ihn gerichtete Frage gab er klare
Antwort, und als ihm schließlich die Decke von den Augen ge-
nommen wurde, bestätigte er, von Allem, was mit seinem Fuß ge-
schehen war, keine Ahnung zu haben. 2—3 Minten, nachdem die
Ligatur gelöst war, empfand er die Berührung seiner Zehen wieder.
Wer auch nur diese eine Operation, die ja an ihre Narkose
größere Ansprüche stellte, als selbst ein Lisfranc oder Chopart,
mit angesehen hat, wird kaum mehr Bedenken tragen, der regio-
nären Cocainanästhesie einen beträchtlich größeren Wirkungskreis
zuzuerkennen, als man gemeint hat, ihr zuerkennen zu dürfen. Hand
und Fuß jedenfalls lassen sich ohne besondere Schwierigkeit durch
ihren ganzen Querschnitt anästhesiren; nur muss man zu warten wissen.
Wie lange? Ein absolutes Maß wird sich selbstredend nicht fest-
stellen lassen; von Fall zu Fall wird man durch Nadelstiche u. dgl.
den Zeitpunkt der erreichten Unempfindlichkeit ermitteln müssen.
Immerhin glaube ich, dass man unter 15—20 Minuten kaum jemals
auskommen wird.
Diese geringe Unbequemlichkeit fällt gegenüber den Vorzügen
des Verfahrens, die einer besonderen Beleuchtung wohl nicht be-
dürfen, selbstverständlich außer Betracht. Innerhalb eines klinischen
oder poliklinischen Betriebes, der eine vorherige Disposition seiner
Arbeit gestattet, wird sie sich überhaupt kaum fühlbar machen. Der
praktische Arzt aber, der so häufig nur sich selbst als Assistenten
hat, auch der Chirurg im Felde, er wird sie gern in Kauf nehmen,
wenn ihm eine Procedur, deren Aneignung keinerlei Studium, deren
Ausübung keine besondere Fertigkeit erheischt, den Gehilfen ent-
behrlich macht, ihm gestattet, an einem Narkotisirten zu arbeiten,
relativ bedeutende Eingriffe an ihm vorzunehmen, ohne sich um die
Narkose im geringsten mehr kümmern zu müssen.
Auch der Missstand, welcher sogleich bei dem erzählten ersten
Versuch hervorgetreten war, das lästige Druckgefühl der elastischen
Ligatur, habe ich späterhin ganz oder doch fast ganz zu verhüten
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 181
gelernt, indem ich bei ihrer Anlegung vorsichtig zu Werke gehe,
Knochenprominenzen vermeide, die ersten Touren möglichst glätte
und beim Anziehen der Binde durch Festhalten der bereits gelegten
Touren eine Zerrung der Haut im Sinne der Furchung ausschließe;
aber fest muss die Umschnürung natürlich sein, je fester, desto
besser.
Bisher habe ich die von Braun empfohlene 1%ige Lösung auch
für Hand und Fuß verwendet, dort im Ganzen 0,02—0,025 g, hier
0,05—0,06 g — ohne jemals Intoxikationserscheinungen oder irgend
welche nachträgliche Schädigung zu bemerken — in der oben präci-
sirten Vertheilung eingespritzt. Doch sind dies selbstredend nur
vorläufige Recepte. Erst durch reichere Erfahrung wird das Detail
der Anwendung einigermaßen festgestellt werden. Ob z. B. durch
Einspritzung stärkerer Koncentrationen oder, was ich für wahrschein-
licher halte, größerer Quantitäten Zeit gespart werden kann, dies und
vieles Andere müssen weitere Beobachtungen lehren.
Eins aber dürfte feststehen — und dies festzustellen ist der ein-
zige Zweck gegenwärtiger Zeilen —: die »regionäre Cocainanästhesie«<
verdient nicht nur bei Fingern und Zehen unser Vertrauen, ist nicht
nur hier eine erfolgreiche Konkurrentin der Infiltration. Für Hand
und Fuß scheint mir ihre Brauchbarkeit erwiesen, aber auch damit
werden wir kaum am Ende sein. Es wird sich nur darum handeln,
besondere, zweckmäßige Applikationsweisen für die einzelnen Glied-
abschnitte ausfindig zu machen — dann werden wir — nach meiner
Überzeugung wenigstens — die elastische Binde noch weiter central-
wärts schieben, noch weiteres Terrain diesem bequemen Verfahren
zugänglich machen können.
Einer späteren, eingehenderen Mittheilung möchte ich es vor-
behalten, von seinen theoretischen Grundlagen zu sprechen, die Fragen
zu beleuchten, wie viel des Endeffekts dem Medikament an sich, wie
viel der Abschnürung zugeschrieben werden muss, welche Rolle etwa
dabei die direkte Kompression der Nervenstämme spielt, welche
Stellung der »regionären Cocainanästhesie« ihren Verwandten gegen-
über zuzuweisen ist u. A. m. Ich zweifle nicht, dass gerade hier
der fortschreitenden Theorie hinwiederum praktische Früchte nicht
fehlen werden.
Für die gütige Erlaubnis, meine Versuche an den Kranken
` seiner Klinik anstellen zu dürfen, spreche ich meinem hochverehrten
Chef, Herrn Hofrath Kraske, den verbindlichsten Dank aus.
II. Über Fliegenlarven im menschlichen Organismus.
Von
Dr. E. Gückel, Landarzt in Russland.
In einer im Centralblatt für Chirurgie 1897 No. 51 referirten
Arbeit sagt L. Car, es seien in der Litteratur nur 3 Fälle von
182 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
Fliegenlarven im menschlichen Organismus sichergestellt: (ms) in
der Harnröhre, 2mal im eitrigen Ohr. Hier in Russland ist diese
Krankheit gar keine Seltenheit: ich habe z. B. jeden Sommer 3 bis
5mal Gelegenheit, Fliegenlarven im eitrigen Ohr zu finden; eben so
oft sehe ich Larven in alten Geschwüren und Wunden. Ein Kollege
von mir, Dr. Nikolajew, sah vor einiger Zeit einen Kranken mit
geschwüriger Gingivitis, wo zwischen Zahnfleisch und Oberlippe
mehrere Fliegenlarven saßen. Ein anderer Kollege behandelte einen
Pat. wegen seines Nasenleidens und fand in der Nase eine Menge
Würmer. Besonders im Ohr finden sich so häufig Fliegenlarven,
dass die Dorfbevölkerung schon selbst ein Mittel dagegen kennt,
nämlich Phenollösung, die speciell zu diesem Zweck in vielen Hand-
lungen zu haben ist. Dann behandeln auch viele Pat. ihre vernach-
lässigten Geschwüre vor Eintritt der Sommerhitze viel sorgfältiger:
sie wissen, dass in dieser Zeit sehr leicht Fliegenlarven hineinkommen.
— In der russischen Litteratur finden sich mehrere Arbeiten über
diese Krankheit. So bringt die russische Übersetzung von Eulen-
burg’s Realencyklopädie 2 Aufsätze: von Bianki und von Cholod-
kowski. Eine hervorragende Monographie über Sarcophila magnifica
Wohlfahrti lieferte Portschinski (Horae Societ. Entomolog. Russ.
1883—1884 Bd. XVII). Larven der Calliphora vomitoria in der
Nase sah Mankewitsch. — Über Sarcophaga carnaria berichtet
Cloquet: in seinem Falle fraßen die Larven den Pat. fast buch-
stäblich auf. Lallemand sah Würmer in der Scheide. Ein reich-
haltiges Litteraturverzeichnis in der Frage bringt endlich Blanchard
in seinem Traité de zoologie médicale 1890 Vol. II p. 496—525.
1) E. Germano. Die Übertragung von Infektionskrankheiten
durch die Luft.
(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten Bd. XXVI. Hit. 1.)
Von den im Bonner hygienischen Institut unter Kruse’s Lei-
tung angestellten Untersuchungen G’s seien hier nur die die Über-
tragung des Erysipels und anderer Streptokokkenerkrankungen be-
treffenden wiedergegeben. Dieselben beschränken sich ausschließ-
lich auf die Lebensdauer des Streptococcus bei Trocknung im
Staub, also, gerade unter Bedingungen, die nach G. für die in
Rede stehende Frage entscheidend sind.
Danach wechselt die Widerstandsfähigkeit des Streptococcus
gegen den Process der Eintrocknung mit der Art (Varietät) des-
selben, mit dem Material, in welchem er zur Eintrocknung gelangt,
so wie mit der Menge des letzteren, das ihn vor der direkten Einwir-
kung der Luft (und des Lichts, Ref.) schützt. (Auf Geweben scheint
er nicht lange zu leben, dagegen sehr lange z. B. in getrocknetem
Sputum.) Diese Widerstandsfähigkeit ist stets eine ziemlich hohe
und kann eine Reihe von Monaten währen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 183
In Anbetracht dieses Umstandes und der zahlreichen natürlichen
Fundorte, an denen der Streptococcus in ständiger Berührung mit
der Außenwelt steht, ist seine Übertragung durch die Luft nicht
allein möglich, sondern erscheint auch so leicht und natürlich, dass
man der Luft zweifelsohne einen wesentlichen Antheil an der Über-
tragung von Streptokokkeninfektionen zuweisen darf.
Hübener (Breslau).
2) O. Bail. Über leukocide Substanzen in den Stoffwechsel-
produkten des Staphylococcus pyogenes aureus.
(Archiv für Hygiene Bd. XXX. Hft. 4.)
B. hat die merkwürdigerweise ganz in Vergessenheit gerathenen
Untersuchungen v. d. Velde’s, der im Pleuraexsudat von intrapleural
mit Staph. aur. inficirten'Kaninchen ein von ihm Leukocidin genanntes
Gift nachgewiesen hatte, welches lebende Leukocyten unter eigenthüm-
lichen Absterbeerscheinungen i in kürzester Zeit vernichtet, unter Zuhilfe-
nahme einer hochvirulenten Kultur des Staphylococcus pyogenes aureus
(!/so Öse tödtete ein Kaninchen in 20 Stunden) einer Nachprüfung
und Erweiterung unterzogen. Er bestätigt die Ergebnisse v. d. V.’s.
Die Einwirkungen des Leukocidins, welches durch Erhitzen auf 60°
zu Grunde geht, auf die weißen;Blutkörperchen kann man direkt unter
dem Mikroskop studiren. Sie treten in blasiger Degeneration der-
selben zu Tage, es kommt zu einer Art Auflösung der Leukocyten,
von der die Granula und der Kern am sinnfälligsten betroffen wer-
den. Hierbei gehen aber die nach Buchner-Schattenfroh in den
Leukocyten enthaltenen baktericiden Stoffe nicht verloren, sondern
treten in die umgebende Flüssigkeit über. B. konnte die baktericide
Fähigkeit solcher Flüssigkeiten einer ganzen Reihe von Bakterien
gegenüber (Staphylococcus pyogenes aureus, Typhus, Cholera, Pyocya-
neus, Prodigiosus, Coli) wenn auch in quantitativ verschiedenem
Grade, nachweisen. Hübener (Breslau).
3) V. Babes, P. Riegler, C. Podasca. Sur les toxines de
la morve et leur rapport avec les bacilles morveux et le
serum anti-morveux.
(Arch. des sciences méd. 1897. No. 3.)
Verff. haben an Kaninchen, Meerschweinchen, Esel experimentirt.
Die abgestorbenen Rotzbacillen haben wie die der Tuberkulose die
Eigenschaft, einen gewissen Theil ihrer pathogenen Kraft zu behalten.
Ihre Wirkung bleibt jedoch zum Unterschied vom lebenden Bacillus
auf den Inokulationsort beschränkt. Das Mallein erzeugt bei rotz-
kranken Thieren selbst in geringen Dosen Fieber und unter Umständen
den Tod, während gesunde Thiere enorme Dosen vertragen. Dagegen
macht dasselbe widerstandsfähig gegen die Wirkungsweise der ab-
gestorbenen Bacillen. Thiere, besonders der Esel, die mit steigenden
Dosen von Mallein oder Morvin und darauf mit abgestorbenen Ba-
184 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
eillen behandelt sind, liefern ein Serum, das den Rotz beim Meer-
schweinchen verhüten und sogar ihn heilen kann.
Borchard (Posen).
4) Stutzer und Hartleb. Das Bacterium der Maul- und
Klauenseuche.
(Archiv für Hygiene Bd. XXX. Hft. 4.)
Die Verff. haben gelegentlich zweier Epidemien von Maul- und
Klauenseuche einen bestimmten für Mäuse und Meerschweinchen
exquisit pathogenen Mikroorganismus züchten können, welcher die
Eigenschaft hat, seine Gestalt zu ändern. Das Bacterium erscheint
theils als ovales Stäbchen, dessen Länge kaum das 1'/,fache der Breite
beträgt, theils sind die Stäbchen auch länger. Unter anderen Ver-
hältnissen (Wechsel der Ernährungsbedingungen, Erzeugung von auf
die Entwicklung einwirkenden Stoffen) finden sich Formen von Kok-
ken, Diplokokken, Streptokokken, welche stets in eine Schleimhülle
eingebettet liegen. Nicht selten treten hefeartige Gebilde auf mit
rundlichen Auswüchsen, die als Zoogloea zu betrachten sind. Unter
wieder anderen Bedingungen verwandelt der Organismus sich in
eine Streptothrix und letztere in einen Fadenpilz. Diese Umwand-
lungen lassen sich verfolgen, wenn man von einer einheitlichen
Bakterienkultur ausgeht und Nährmedien verschiedener Zusammen-
setzung gebraucht.
Auf den Pleomorphismus ihres Erregers führen die Verff. die
negativen Ergebnisse der anderen Forscher zurück, die wahrschein-
lich denselben Organismus beobachteten, doch zum Theil in anderer
Gestalt und unter verschiedenen Lebensbedingungen.
(Die höchst interessanten und überraschenden Ergebnisse von
S. und H. bedürfen jedenfalls noch der weiteren Bestätigung und
Nachprüfung, um so mehr als bekanntlich die Krankheit auf den
Menschen übertragbar ist, eine Thatsache, die in neuster Zeit von Bus-
senius und Siegel an der Hand eines überaus umfangreichen stati-
stischen Materials und von Stierlin als nicht gar so selten betont
wird, wenngleich man nicht so weit zu gehen braucht wie Ebstein,
dem alle Fälle von Stomatitis aphthosa auf Infektion mit Maul- und
Klauenseuche verdächtig sind.) Hübener (Breslau).
5) M. Blumberg. Experimentelle Untersuchungen über
Desinfektion im Gewebe thierischer Organe.
Inaug.- Diss., Breslau, 1897.
Da die mit den bislang allgemein geübten Desinfektionsmetho-
den erhaltenen Resultate sich auf die praktischen Verhältnisse nicht
direkt übertragen lassen, weil die chemische Umsetzung der Desin-
fektionsmittel im Organismus und ihre Tiefenwirkung dabei nicht
berücksichtigt werden, hat B. in der Neisser’schen Klinik Desin-
fektionsprüfungen an von Mikroorganismen reichlich durchsetzten
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 185
Organstückchen vorgenommen. Die von Schäffer angegebene Me-
thode besteht in der Verarbeitung von Milzen weißer, mit Milzbrand
oder Tetragenus inficirter Mäuse, die nach bestimmt langem Verwei-
len in der Desinfektionsflüssigkeit und Abspülen in Wasser total
zerkleinert, nochmals abgespült und sodann auf Nährböden verbracht
werden.
Bei dieser Versuchsanordnung entfalten viele Silbersalze im Ge-
webe eine außerordentliche Desinfektionskraft und sind dem Subli-
mat weit überlegen,' welches durch chemische Umsetzung im Gewebe
viel von seiner Desinfektionskraft verliert, während die Phenole im
organischen Gewebe eine sehr hohe Desinfektionskraft beibehalten.
Zusatz von Kochsalz zum Sublimat verhindert einen großen Theil
des Verlustes an Desinfektionswirkung. Unter den Silbersalzen er-
wies sich Argentamin, Actol und Itrol als dem Arg. nitric. und Ar-
gonin überlegen. Hübener (Breslau.)
6) Ried. Zur Infiltrationsanästhesie.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
R. berichtet über die Erfahrungen, welche v. Hacker, der
schon seit 1893 die Schleich’sche Methode acceptirt hat, mit dieser
erzielt hat. Die beigegebene Tabelle enthält 161 der verschiedensten
Operationen.
In der allgemeinen Empfehlung des Verfahrens einerseits, in der
Bestimmung der Grenzen seiner Anwendbarkeit andererseits befindet
sich Verf. in voller Übereinstimmung mit den vom Ref. (Beiträge
zur klin. Chirurgie Bd. XV) publicirten Anschauungen. Besonders
beachtenswerth erscheint der Vorschlag, bei Exartikulationen, so wie
zum Zweck der Lösung von Synechien die Gelenke durch direkte Injek-
tion der Schleich’schen Lösung in die Gelenkhöhle zu anästhesiren.
Hofmeister (Tübingen).
7) Ludwig. Über Narkose mit Athylchlorid.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
Auf Grund von 66 in v. Hacker’s Klinik ausgeführten Nar-
kosen empfiehlt L. in Anlehnung an Soulier das Äthylchlorid
»Kelen«) für kurzdauernde Narkosen. Besonders betont wird das
überraschend schnelle Eintreten der Anästhesie, die geringe Ent-
wicklung des Excitationsstadiums und das rasche Erwachen der Pat.,
so wie das Fehlen von Nachwirkungen. Nicht anwendbar ist die
Kelennarkose, wo es sich um Erreichung vollständiger Muskel-
erschlaffung handelt. In einzelnen Fällen hat die Kombination der
Kelennarkose mit der Schleich’schen Infiltrationsanästhesie (da wo
die letztere für einzelne Operationsakte nicht ausreichte) gute Dienste
geleistet. Zur Ausführung der Kelenisirung bedarf man einer dampf-
dicht schließenden Maske (Modifikation der Julliard’schen Maske).
Im Übrigen kann ein Eingehen auf die technischen Details der
er
186 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
Narkose um so weniger Aufgabe des Ref. sein, als derjenige, welcher
dieselbe praktisch auszuüben gedenkt, das Studium des Originals
nicht wird entbehren können. Hofmeister (Tübingen).
8) L. Bruns. Die Geschwülste des Nervensystems.
Berlin, 8. Karger, 1897.
Der Verf., dem wir schon so manche Förderung unserer Kennt-
nisse von den Geschwülsten des Nervensystems verdanken, bat hier
in monographischer Bearbeitung unter Verwerthung einer außer-
ordentlich reichen persönlichen Erfahrung ein wirklich ausgezeich-
netes Werk geliefert. Der bei Weitem größte Theil des Buches ist
naturgemäß von den Abschnitten über Symptome und Diagnose ein-
genommen, und das hier Gebotene gehört zweifellos zu dem Besten,
was unsere Litteratur über diesen Gegenstand aufweist. Ist das
Werk durch die Klarheit und Übersichtlichkeit dieser Auseinander-
setzungen auch für den Chirurgen sehr werthvoll, so wird es das
noch besonders durch den.Abschnitt über die Behandlung der Hirn-
geschwülste, in dem ohne Voreingenommenheit das Pro und Contra
eines chirurgischen Eingriffes sorgfältig abgewogen wird.
Die hauptsächliche Forderung für einen chirurgischen Eingriff
ist, dass die Allgemein- und Lokaldiagnose denjenigen Grad von
Sicherheit besitzt, der heute überhaupt zu erreichen ist. Weiter ist
zu fragen: ist die diagnosticirte Geschwulst für das Messer zu er-
reichen, und bedingt ihre Entfernung keine unmittelbare Lebens-
gefahr? In dieser Beziehung sind auszuscheiden die Geschwülste
des Pons, der Medulla oblongata, der Vierhügel, auch wohl die
meisten Geschwülste der Basis. Die Kleinhirngeschwülste dürften
sich auch kaum zu einer operativen Inangriffnahme eignen; von
13 Fällen Allen Starr’s gelang es nur in einem, das Leben zu er-
halten, während Pat. blind und taub blieb. Für die Geschwülste
des Centrum semiovale, der Centralganglien und des Balkens trifft
Unsicherheit der Diagnose und Unzugänglichkeit zusammen.
Es bleiben somit nur die oberen und seitlichen, der Schädel-
kapsel anliegenden Theile der Großhirnrinde und ihre subcorticalen
Markmassen übrig. In Bezug auf Zugänglichkeit und Frühdiagnose
stehen in erster Linie die Centralwindungen, dann folgen 2) Sprach-
gebiete, 3) Stirnlappen, 4) Occipitallappen, 5) Schläfenlappen.
Von 51 lokaldiagnostieirten Fällen des Verf. kommen auf unzu-
gängliche Theile, somit inoperable Fälle, 31. Von 24 Fällen, in
denen die Diagnose durch Autopsie bezw. Operation bestätigt wurde,
saßen 15 an operativ angreifbaren Stellen. Unter Verwerthung der
Zahlen Allen Starr’s kommt Verf. zu dem Schluss, dass von 100 Ge-
schwülsten im Ganzen nur etwa 32 genau zu diagnosticiren und
chirurgisch angreifbar sind.
Wenn eine exakte Diagnose gemacht ist, so können sich bei der
Operation immer noch viele Überraschungen ergeben, die von der
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 187
Art der Geschwulst, ihrer Größe, ihrem corticalen oder subcorticalen
Sitz, ihrer etwaigen Multiplicität abhängen. Außerdem bedingt die
Operation selbst erhebliche Gefahren, so namentlich die oft bedeu-
tenden Blutungen und die Shockwirkung.
So ist es zu verstehen, dass von 7 Fällen, die Verf. mit be-
stimmter Allgemein- und Lokaldiagnose zur Operation gebracht hat,
bei keinem eine Heilung erzielt ist.
Bei 4 lag klar in Art und Sitz die Geschwulst begründet; bei
3 war der Misserfolg chirurgischer Natur: 1 starb an eitriger Menin-
gitis, die beiden anderen an enormem Blutverlust und Shock der
Operation. Den Verhältnissen nach wäre in diesen 3 Fällen ein
dauernder Erfolg möglich gewesen, eben so in 2 der übrigen 8 nicht
operirten Fälle. Also bei 5 von 15 ausgesucht günstigen Fällen wäre
bei günstigsten äußeren Umständen ein dauernder Erfolg erreichbar.
Das würde für die Gesammtmasse der Hirngeschwülste etwa
10—11% machen, eine Zahl, die sicher aber noch zu hoch ist. 8%
dürfte richtiger sein. Wenn man dann noch 4% auf Kosten chirur-
gischer Unglücksfälle abzieht, so bleiben 4% (Oppenheim) übrig.
Wenn sich unter dieser Sachlage die Begeisterung für die Ope-
ration der Hirngeschwülste wesentlich abgekühlt hat, so beantwortet
B. doch die Frage, ob man überhaupt operiren soll, mit einem ent-
schiedenen »Ja«. Denn erstens ist das Leiden ein so furchtbares,
für jede andere Behandlung unerreichbares, dass immer wieder der
Versuch seiner Beseitigung gemacht werden muss. Zweitens ist zu
bedenken, dass auch in den Fällen, wo die radikale Entfernung der
Geschwulst nicht gelang, die Allgemeinsymptome meist rasch zurück-
gingen, während die Herdsymptome bestehen blieben.
Vor allen Dingen ließ sich durch die Trepanation der Übergang
der Stauungspapille in Sehnervenatrophie verhüten. Dadurch haben
wir das Recht, in geeigneten Fällen immer wieder zur Operation zu
rathen.
Dieser letztere Umstand führt weiter zu der Frage, ob man auch
eine Linderung.der Beschwerden durch die Trepanation in solchen
Fällen versuchen soll, wo eine Lokaldiagnose nicht zu stellen, wo
die lokaldiagnosticirte Geschwulst unerreichbar ist. Verf. glaubt,
dass auch diese Frage zu bejahen ist, dass sogar die Pflicht zur ein-
fachen Trepanation besteht, wenn bei vorhandener Stauungspapille
die Gefahr der Erblindung nahe rückt.
Der zweite Theil des Werkes behandelt die Rückenmarks-
geschwülste und gliedert sich naturgemäß in die Abschnitte über
Wirbelsäulengeschwülste und intervertebrale Geschwülste. Den letz-
teren als den bei Weitem wichtigeren ist naturgemäß der größere
Raum zugemessen; gehört doch die Diagnose einer intervertebralen
Geschwulst zu den schwierigsten Aufgaben, die die Medicin kennt.
Mit außerordentlicher Klarheit werden die diagnostischen Anhalts-
punkte für die allgemeine und die noch schwierigere Segment-
diagnose entwickelt, so dass auch der Ungeübte im gegebenen Falle
H
188 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
die B.’schen Auseinandersetzungen mit Erfolg zu Rathe ziehen wird.
Die chirurgische Behandlung von intervertebralen Rückenmarks-
geschwülsten ist bisher in 20 Fällen ausgeführt worden. Für eine
chirurgische Behandlung günstig liegen nur die Geschwülste der
Häute und speciell wieder die intraduralen. Die Exstirpation der-
selben wird durch eine Reihe von Umständen begünstigt, durch die
geringe Ausdehnung und leichte Überblickbarkeit des in Betracht
kommenden Raumes, durch die Thatsache, dass es sich fast immer
um primäre und isolirte Geschwülste handelt, und dass eine eigent-
liche Strukturveränderung des Markes auch bei langjähriger Kom-
pression nicht einzutreten pflegt.
In 18 von den 20 Fällen war die als richtig diagnostieirte Ge-
schwulst durch die Operation entfernt. In 6 von diesen Fällen wurde
eine erhebliche Besserung bis Heilung erreicht, in 2 eine gewisse
Besserung erzielt, in 12 Fällen trat der Tod ein, 9mal bald nach der
Operation an deren Folgen, 3mal später in Folge Recidivs, Marasmus.
Die Operation der Wirbelsäuleneröffnung wird immer eine sehr ein-
greifende, langdauernde und gefährliche Operation bleiben. Und
wenn wir auch unsere therapeutischen Hoffnungen nicht allzu hoch
spannen dürfen, so haben wir doch das Recht, den Kranken und
seinen Angehörigen in allen Fällen von sicherer Diagnose zur Ope-
ration zu rathen.
Zu bedenken giebt B., dass in 2 Fällen nach der Operation die
Kranken, die noch lange lebten, nicht im Stande waren, aufrecht zu
sitzen oder ihren Kopf aufrecht zu halten. Ferner ist darauf hinzu-
weisen, dass sich in einem tödlich verlaufenen Falle oberhalb der
Kompressionsstelle sehr ausgedehnte frische Blutungen fanden, jeden-
falls bedingt durch das Meißeln und Hämmern an der Wirbelsäule.
In dem dritten, die Geschwülste der peripheren Nerven
behandelnden Theil werden nicht nur die eigentlichen Nerven-
geschwülste, die Neurome, sondern auch die sogenannten paraneu-
ralen Geschwülste erörtert. Die entsprechenden klinischen Bilder
sind vom Verf. in außerordentlich klarer Weise gezeichnet.
Krecke (München).
9) Maylord. A plea for a revised nomenclature of opera-
tions upon the alimentary canal.
(Annals of surgery 1897. September.)
Verf. bedauert die Verschiedenheit der technischen Ausdrücke
zur Bezeichnung unserer Magen-Darmoperationen und empfiehlt eine
internationale Verständigung; gleichzeitig giebt er eine Anleitung zur
Benennung der verschiedenen Operationen. Das Schema enthält
im Wesentlichen die in Deutschland gebräuchlichen Namen.
Tietze (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 189
10) Kingsbury (St. Louis. Neue Nahtmethode für den
Bauchschnitt.
(St. Louis med. and surg. journ. 1897. November.)
Eine gekrümmte und mit irgend einem Nahtmaterial armırte
Nadel wird etwa 1 cm vom Wundrand entfernt durch alle Schichten
der Bauchwand durchgeführt, so dass sie das Bauchfell etwa in
4 cm Entfernung vom Rand durchbohrt. Darauf wird die Nadel
wieder an derselben Seite, aber nur durch das Peritoneum, etwa
nur 1 cm vom Rand entfernt, hindurch und auf der Wundfläche
zwischen Peritoneum und Muskelschicht herausgebracht, auf der
anderen Seite eben so ein- und an der Innenseite des Bauch-
fells ausgestoßen und schließlich in 4 cm Abstand vom Rand von
innen nach außen durch die ganze Dicke der Bauchwand schräg
durchgestochen, so dass der Faden außen wieder nur 1 cm vom
Rand entfernt austritt. Die doppelte Durchstechung des Bauchfells
an jeder Seite soll wohl die Hauptsache darstellen.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
11) Traeger. Über abnormen Tiefstand des Bauchfells im
Douglas’schen Raume beim Manne. (Aus der anatomi-
schen Anstalt zu Leipzig.)
{Sonder-Abdruck aus Archiv für Anatomie u. Physiologie 1897.)
An der Leiche eines 65jährigen, kräftig gebauten Individuums
fand sich hinter der Blase und Prostata zwischen diesen und dem
Mastdarm ein spaltformiger Raum, dessen blindsackförmiges Ende
bis zur Spitze der Prostata herunterreichte, und in den der Finger
nur nach Überwindung eines gewissen Widerstandes eindrang. Die
Untersuchung am gehärteten Präparat ergab ein taschenförmiges
Herabsteigen des Bauchfells von der hinteren Blasenfläche und Vor-
derfläche des Mastdarms, zwischen diesem und der Prostata, und ein
blindsackförmiges Umschlagen derselben in einer Höhe von 2!/, cm
über dem vorderen Umfange der Afteröffnung. Der Recessus war
leer. Zeichen von Entzündung fehlten. Verf. kommt nach Prüfung
der Stimmen in der Litteratur und dem Ergebnis seiner Unter-
suchung zu dem Resultat, dass es sich meistens um eine präexi-
stirende Abnormität handeln wird, veranlasst durch ein Stehenbleiben
auf dem Standpunkt eines gewissen embryonalen Stadiums. (Es ist
klar, dass die Möglichkeit eines häufigeren Vorkommens einer der-
artigen Abnormität von Wichtigkeit ist für die Erklärung des Zu-
standekommens von Perinealhernien. Ref.) H. Lindner (Berlin).
12) Hermes. Beitrag zur Kenntnis der Blasenhernien.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 245.)
H. vermehrt nicht nur die Kasuistik der Blasenhernien — oder
vielleicht besser gesagt die des Antreffens der Blase bei Herniotomien
— um 4 neue aus Sonnenburg’s Abtheilung im Krankenhause zu
190 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
Berlin-Moabit stammende Beobachtungen, sondern liefert hier auch
in sehr dankenswerther Weise eine Sammlung aller in neuerer Zeit
veröffentlichten Operationsfälle, deren Eigenthümlichkeiten nach ana-
tomischer so wie klinischer Richtung hin gründlich besprochen werden,
so dass seine Arbeit einen völligen Abriss unseres heutigen Wissens
über dieses Kapitel der Herniologie darbietet.
Die Begegnung der Blase bei Bruchoperationen ist gegen früher
ungleich häufiger geworden, seitdem die Radikaloperation der Brüche
zu den täglich vorkommenden Eingriffen geworden ist. H.’s kasuisti-
sche Sammlung, eine Fortsetzung derjenigen von Aue, die bis zum
Jahre 1890 reichte, enthält, von diesem Jahre beginnend, 58 Fälle,
von denen nur einer ein 5jähriges Kind, die übrigen erwachsene
Leute von 20 bis über 70 Jahren betreffen, und zwar 43 Männer
mit 42 Leisten- und 1 Schenkelbruch, gegenüber 15 Weibern mit
5 Leisten- und 10 Schenkelbrüchen. Nur 3mal konnte aus vor-
handenen Störungen der Urinentleerung die Gegenwart der Blase
im Bruche vor der Operation erkannt werden, 13mal wurde sie
während der Operation entdeckt, und demgemäß ihre Verletzung
vermieden; dagegen wurde die Blase bei der Operation nicht weniger
als 40mal theils durch Schnitt, theils durch Ligatur, theils durch
Einreißen beim stumpfen Präpariren verletzt, was allerdings 25mal
sofort erkannt wurde, während 15mal die Verletzung bei der Opera-
tion unerkannt blieb und sich theils im Wundheilungsverlauf, theils
gar erst bei der Sektion herausstellte. Nur ein einziges Mal handelte
es sich um eine, wie H. sagt, intraperitoneale Blasenhernie, d. h. um
Vorfall eines ganz von Serosa bekleideten Blasengipfels (»hernie par
bascule«, Duret); sonst lagen nur Blasentheile vor, die bald gar
nicht, bald nur partiell serös bedeckt, aber fast regelmäßig an der
medialen Seite des Bruchsackes mehr oder weniger fest adhärent
waren. Wie Kocher, Lardy und Lantz zuerst angegeben haben,
sind diese zum Schluss unserer heutigen Radikaloperation beim
Anziehen des Bruchsackes Behufs Ligatur erscheinenden Blasentheile
aber meist gar nicht als echte Brucheingeweide anzuerkennen, sondern
sind Kunstprodukte, entstanden durch Zerrung am Bruchsack.
Außerdem aber kommen auch alte peritonitische Verwachsungen
zwischen Blase einer- und Bruchsack oder Netz etc. andererseits als
Ursache für die ungewöhnliche Blasenlagerung in Betracht. Sowohl
in den 16 Fällen, wo die Blasenverletzung vermieden werden konnte,
als in noch 22 weiteren ist für den vorgefallenen Blasentheil als
charakteristisch dessen Bedeckung mit Fettgewebe beschrieben, das
dichte Schichten, manchmal förmliche Lipome bildete, und das da-
her für die Diagnose der Blase im Verein mit der Katheterunter-
suchung vor Allem zu berücksichtigen ist; des Weiteren kann an die-
sem Theil öfter der Balkenbau der Blasenmuskulatur nachgewiesen
werden. Der Zusammenhang mit dem Bruchsack ist meist recht
innig und bedarf scharfer Schnitte zur Ablösung. Ist letztere gut
gelungen, so kann die Radikaloperation in gewohnter Weise voll-
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 191
endet werden. War dagegen die vorgefallene Blasenpartie brandig
gewesen (Imal beobachtet), oder wurde die gesunde Blase verletzt,
so scheint unbeschadet einer Blasennaht offene Nachbehandlung mit
Tamponade angezeigt, obwohl 3mal nach Vornahme der Naht der
angeschnittenen Blase ihre Reposition und Versenkung mit Naht
des Bruchschnittes erfolgreich gewagt wurde. Todesfälle wurden im
Ganzen 11 gezählt, wovon 4 in direkter Folge der Blasenverletzung
an Peritonitis und Shock bez. Blutverlust. Kleine nach außen
mündende Urinfisteln haben die Heilung nie beeinträchtigt.
Es erübrigt noch, kurz H.'s neue Fälle zu erwähnen. 1) Radikaloperation
einer rechten Leistenhernie eines 40jährigen Mannes. Die Blase findet sich als
kirschgroße fettige Geschwulst an der medialen Bruchsackseite am inneren Bauchring.
Abpräpsrirung und Reposition nach richtig gestellter Diagnose. In Fall 2 und 3,
Schenkelbrüchen bei Frauen, wurde die Blase fälschlich für einen aocessorischen
Bruchsack gehalten und eröffnet, worauf Urinentleerung den Sachverhalt aufklärte.
Trots Blasennaht eine Zeit lang Urinabgang durch die Wunde, indess schließ-
liche Heilung. In Fall 4 trat nach Herniotomie eines eingeklemmten Schenkel-
bruches einer Frau, wobei ein brandiges Stück Netz resecirt wurde, der Tod ein.
Sektion: Peritonitis; in der hinteren Blasenwand ein bleistifidickes Loch, von der
Operation herrührend. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
13) Gautier. Hernie diaphragmatique congénitale.
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1897.
Die Zwerchfellhernien sind sehr seltene Missbildungen, aber
ihre Existenz ist gewöhnlich verhängnisvoll für die Träger. Der
Tod tritt entweder sofort nach der Geburt oder später je nach der
Größe des Bruches auf, aber stets unter klinischen Erscheinungen,
die gewöhnlich eine Diagnose während des Lebens ausschlossen. G.
hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Diagnostik zu fördern. Es
gelang ihm, im Ganzen 102 Berichte aufzufinden, die ausführlich mit-
getheilt werden. Aus diesen ergab sich, nicht in Übereinstimmung
mit früheren kleineren Statistiken, dass am häufigsten der Dünndarm,
dann der Magen oder beide, endlich Colon, Milz, Leber, Nieren in
absteigender Reihe der Häufigkeitsskala als Inhalte des Bruchsackes
sich fanden. Stets ist die Lunge im entprechenden Grade kompri-
mirt, und die dadurch bedingte Athmungsbehinderung ist die Ursache
des Todes. Am häufigsten sitzen die Hernien links. Entwicklungs-
geschichtliche Studien zeigen, dass primäre Missbildung des Zwerch-
fells für die angeborenen Hernien die typische Ursache ist. Gründe
für diese lassen sich weder in Schädigung der Mutter noch
des Fötus durch Traumen auffinden. Gewöhnlich fehlt der Bruch-
sack! Der Bruchsack sitzt meistens an der Hinterseite. Eine genaue
Diagnose während des Lebens ist nicht möglich. Für die Wahr-
scheinlichkeitsdiagnose kommen die Erscheinungen der Verdrängung
anderer Organe in erster Linie in Betracht. Das Herz wird z. B.
nach rechts verdrängt. Die Einführung einer Tube für die Luft-
einblasung wird durch Verlagerung der Bronchen erschwert oder
unmöglich. Der Lungenschall wird durch Dämpfung abnormer Art
192 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
ersetzt. Das Athemgeräusch fehlt etc. Zuweilen ist Missbildung
des Brustkorbes und Abplattung des Leibes durch die Hemie be-
dingt. Bei Bestehen dieser Veränderungen soll man desshalb an
Zwerchfellshernie denken. Die Prognose ist im Ganzen schlecht, die
Therapie machtlos. Roesing (Hamburg).
14) J. Frank (Chicago). Über den resorbirbaren Darmknopf.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 51.)
F. beschreibt einen Knopf, der aus den dekalcinirten Knochen
der Vorderfüße eines 4jährigen Ochsen hergestellt wird und zu den
Vorzügen des Murphyknopfes noch neue hinzubringt, andererseits die
Schattenseiten des letzteren vermissen lassen soll. Der Knopf besteht
aus 2 dekalcinirten Ringen, die an den beiden oberen Schnittflächen
mit 6 feinen Öffnungen in Nadelstichgröße versehen sind und durch
ein centrales Gummiröhrchen, an dessen beiden Enden sie aufgereiht
sind, fest an einander gehalten werden. Bezüglich der Art der Be-
festigung und Form des definitiven Knopfes sei auf das Original
verwiesen, die beigegebenen instruktiven Abbildungen veranschau-
lichen die Operationstechnik und ihre Details. Die Vortheile seines
Knopfes gegenüber dem Murphy’schen fasst F. dahin zusammen,
dass seine Anastomose die Schleimhaut und Muskelschicht nie
schädige, dass das Gummiröhrchen gegen Ende der 1. Woche regel-
mäßig mit dem Koth abgehe, dass man in der Lage ist, dem centralen
Gummirohr eine beliebig weite Lichtung zu geben, und dass bei seiner
Darmvereinigungsmethode eine spätere Stenosirung unmöglich ist, da
die Theile in Juxtaposition an einander heilen.
Die von F. an Thieren geprüfte Methode wurde bereits an
7 Menschen in Anwendung gezogen, und zwar mit gutem Heilungs-
erfolge, bei einer Gastroenterostomie, einer Jleocolostomie und
5 Enteroanastomosen. Gold (Bielits).
15) P. Berger. Sur le traitement des occlusions intestinales
a forme aiguë.
(France méd. 1897. No. 47.)
Die ungünstigen Resultate der Ileusoperationen in Frankreich
(60—70 % Todesfälle) führt B. auf die Schwierigkeit und Mangelhaf-
tigkeit der Diagnosenstellung zurück. Von einem weiteren Ausbau
derselben sind nach seiner Ansicht die künftigen Erfolge abhängig
in viel höherem Maße, als von neuen Operationsmethoden. Die
Laparotomie bevorzugt B. bei jungen Individuen, kräftigem Ernäh-
rungszustand, kurzer Dauer der Krankheit und besonders auch dann,
wenn ein Anhalt dafür vorliegt, dass das Hindernis sehr hoch sitzt;
anderenfalls soll ein Kunstafter angelegt werden, namentlich auch,
wenn das Colon aufgetrieben ist, da hier das Vorhandensein eines
Carcinoms wahrscheinlich ist. Ganz besonders betont Verf., dass sehr
häufig auch funktionelle Störungen (paralytische oder spastische)
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 193
akuten Ileus vortäuschen können, die eine operative Behandlung
nicht erfordern. König (Wiesbaden).
Kleinere Mittheilungen.
Zur Technik der Wladimirow-Mikulicz’schen Operation.
Von
Dr. Ernst Müller in Stuttgart.
Bei der osteoplastischen Fußresektion nach Mikulioz liegt die Befürchtung
sehr nahe, dass in Folge der Durchtrennung des Nervus tibialis posticus am Fuß-
ballen Ernährungsstörungen eintreten könnten, und es wurde desshalb von Roser
die Nervennaht, von Berger eine andere Schnittfübrung (T-Sohnitt am Außenrand
‚des Fußes) vorgeschlagen.
Für gewöhnlich scheint die Gefahr gering zu sein, indem Anastomosen vom
Tibialis anticus her eintreten. In einem Falle aber, den ich letzten Sommer zu
operiren hatte, konnte ich mich nicht auf diese Aushilfe sicher verlassen. Es
handelte sich um einen 6jährigen Knaben, der 4 Wochen ehe er in meine Be-
handlung kam eine schwere Zertrümmerung des Fußes erlitten hatte. Als ich ihn
zuerst sah, war die ganse Fersengegend in eine granulirende Masse verwandelt,
in der noch Reste des nekrotischen Calcaneus steckten, eben so war die Haut
fast des ganzen Fußrückens abgestoßen; erhalten war also nur die Haut der
Zehen und der Fußsohle in der Ausdehnung, wie sie bei der Mikulicz’schen
Operation erhalten bleibt. Unter diesen Umständen musste daran gedacht werden,
es könnte die Ausgleichung der Innervation durch die zu erwartende Narben-
bildung Noth leiden, und ich beschloss daher, den Tibialis posticus zu erhalten.
Zu diesem Zweck begann ich die Operation damit, dass ich den Nerven hinter
dem Malleol. int. aufsuchte und ihn mit den Gefäßen als susammenhängendes
Packet durch das ganze Operationsgebiet stumpf freipräparirte. Dann wurde er
als lange Schlinge während des weiteren Verlaufs der Operation, die in gewöhn-
licher Weise ausgeführt wurde, zur Seite gehalten. Dies gelang leichter als ich
vorher gedacht hatte; die Rücksicht auf den Nerven hinderte bei der Ausführung
der Operation so gut wie gar nicht.
Nachdem die Resektion beendet und die Knochenwundflächen an einander
gestoßen waren, war der Nerv natürlich viel zu lang; aber er konnte in Schleifen
gelegt zwischen Knochen und Haut so gebettet werden, dass er keinen Druck
erfuhr.
Nach der Heilung, die ungestört, aber durch die Wundfläche auf dem Fuß-
rücken verzögert erfolgte, war von dem Nerven nichts mehr zu fühlen, und nirgends
eine auf Berührung empfindliche Stelle.
16) & W. Gay. A case of ligature of the innominate artery for
aneurysm.
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 8. Ser. Boston 1897. p. 296.)
39jähr. Wittwe seit 2 Jahren erkrankt; allmähliche Entwicklung von Schluck-
beschwerden, Dyspno&, Schmerzen am Hals, ausgehend von einer pulsirenden Ge-
schwulst oberhalb des rechten Sterno-claviculargelenks, nach rechter Axilla und
~ dem Rücken ausstrahlende Schmerzen. Blasendes systolisches Geräusch über dem
ganzen Herzen, am lautesten an der Spitze, über Aorta und Geschwulst sich hin-
ziehend.
Diagnose: Fusiformes Aneurysma der Art. anonyma. Durch Anwendung der
Röntgenstrahlen konnte festgestellt werden, dass das Aneurysma den unteren
Rand des rechten Schlüsselbeins nach unten nicht überragte. Wegen der hoch-
gradigen Beschwerden der Pat. auf deren Verlangen: Operation. Hautschnitt
194 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
über dem rechten Musc. stern.-cleid.-mast., über das rechte Sterno-olaviculargelenk
abwärts bis aufs Brustbein und dann aufwärts zum linken Schlüsselbein. Bildung
eines dreieckigen Haut-Muskellappens mit Basis am Hals (Fascie, Platysma).
Durehtrennung des Ansatzes des rechten M. sterno-oleido-mastoid. am Knochen.
Entfernung des rechten Sterno-clavioulargelenkes sammt anliegenden Thelen von
Schlüssel- und Brustbein. Die Art. anonyma war nun sehr gut zugänglich. Nach
Trennung ihrer Scheide mit dem Zeigefinger — doppelte Unterbindung mit Beide,
suerst 3/4 Zoll oberhalb der Aorta, die 2. Ligatur und 3. Verstärkungsligatur
1/2 Zoll höher; Seidennaht, Drainage — aseptischer Verband. (Operationsdauer
11/3 Stunde, Äthernarkose) Puls nach der Operation 84 Schläge; Respiration
regelmäßig, Gesichtsfarbe gut. Unmittelbar nach Applikation der Ligatur Aufhören
der Pulsation in der Geschwulst, Carotis und rechter Axillaris. Nach 7 Stunden
leichte Pulsation in der Art. radialis.
Normaler Verlauf in den nächsten Tagen: Keine Schluckbeschwerden, kèine
Dyspno&, keine Kopfschmerzen mehr. Temperatur und Puls normal. Am 4. Tage
Verbandwechsel, Entfernung der Drainage. Am 6 Tage Fieber, Wunde infieirt.
Irrigation mit Wasserstoffsuperoxyd. Am 14. Tage Puls und Temperatur wieder
normal. Am 19. Tage Pulsation in der rechten Carotis comm. Am 32. Tage ge-
ringe Blutung aus einer an der Spitze des Lappens zurückgebliebenen Fistel.
Äthernarkose — da vermuthet wird, dass die Blutung von der distalen Seite
herrührt, wegen der Pulsation der Carotis — Unterbindung der rechten Carotis
comm. Nach mehrmaligen weiteren Blutungen unter Anstieg von Temperatur und
Puls Tod am 41. Tage nach der Operation.
Die Autopsie ergab Ruptur der Art. anonyma unterhalb der Ligaturstelle,
Verwandlung des ursprünglichen Aneurysmasackes in eine Abscesshöhle. Bei der
mikroskopischen Untersuchung zeigte die Arterienwand hochgradige arteriosklero-
tische Veränderungen, an der Ligaturstelle Aufrollung der Arterienwand, Ruptur,
blutige und eitrige Infiltration, mit Invasion zahlreicher Staphylokokken. Aus
Herz, Leber, Milz und Nieren wurde kulturell Staphylococous aureus gezüchtet.
Verf. sieht als Ursache des Misserfolges der Operation, die er für durchaus
berechtigt hält, und welche die Pat. von ihren Beschwerden völlig befreite, die
Infektion an. Die Infektionsquelle waren, wie sich herausstellte in Folge eines
schlecht funktionirenden neuen Sterilisationsapparates, die Seidenligaturen, in
deren Nähe sich auch die reichlichsten Kokkenanhäufungen bei der histologischen
Untersuchung fanden.
Neben der strengsten Asepsis legt Verf. für das Gelingen der Operation einen
Hauptwerth auf die doppelte Unterbindung. Eine Durchtrennung des unterbun-
denen Gefäßes hält Verf. für unnöthig. F. Krumm (Karlsruhe).
17) A. Hinde (Chicago). A rare case of circumscribed traumatic
aneurysm of the right internal carotid artery within the cranium,
with recovery after operation.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 23.)
Ein 36jähriger Chinese war aufs Hinterhaupt gefallen ohne sofortige schwerere
Erscheinungen. Erst nach 7 Monaten begannen sich beide Augen zu röthen, das
rechte in stärkerem Grade, und wenige Tage später trat rechts ein in den nächsten
Monaten mehr und mehr zunehmender Exophthalmus auf. Etwa 16 Monate nach
dem Fall bekam Verf. den Kranken zu sehen und fand erheblichen rechtsseitigen
Exophthalmus, keine Pulsationen, aber ein lautes blagendes, mit den Hersschlägen
synchrones Geräusch über dem rechten Auge, welches nach Kompression der Ca-
rotis verschwand. Das Geräusch wollte der Kranke seit 6—7 Tagen nach dem
Falle bemerkt haben und sehr darunter leiden. Außerdem bestand eine geringe
Anästhesie der Cornea, eine Parese des Externus und eine unbedeutende Herab-
setzung der Sehschärfe auf der rechten Seite. Nach vergeblicher Jodkalikur unter-
band N. Senn die rechte Carotis communis. Das erwähnte Geräusch verschwand
sofort, der Exophthalmus und die Parese des Externus nahmen zunächst erheb-
lich zu, gingen aber in den nächsten Monaten weg, bezw. zurück. 4 Monate nach
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 195
der Operation bestanden keinerlei pathologische Erscheinungen mehr außer ge-
ringer Externusparese (nun ohne Doppelbilder) und mäßiger Herabsetsung der
Sehschärfe auf der rechten Seite. Martens (Berlin).
18) B. M. Ricketts (Cincinnati). Ligation of the common carotid
artery for trifacial neuralgia with experiments and observations upon
dogs.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 16.)
Im Anschluss an einen eigenen durch Unterbindung der Carotis geheilten
Fall von Trigeminusneuralgie stellt Verf. 17 andere aus der Litteratur zusammen.
2mal erfolgte der Tod (in Folge von Verblutung am 3. Tage und von Erysipel),
9mal trat Heilung ein, in den übrigen Fällen kein oder zweifelhafter Erfolg. R.
experimentirte dann an (6) Hunden, welche fast dieselben anatomischen Verhält-
nisse wie der Mensch zeigen sollen. Er unterband die Carotis communis und
tödtete die Thiere nach 2—8 Wochen. Vor der Sektion wurden die Arterien in-
jieirt. Eine Verkleinerung der Gefäße auf der operirten Seite war nie zu kon-
statiren, 2mal eine Erweiterung derselben auf der anderen Seite. Das Ganglion
Gasseri zeigte auf beiden Seiten auch mikroskopisch denselben Befund.
R. erklärt sich den Erfolg der Operation durch Abnahme des Blutdrucks auf
der betreffenden Seite. Er hält die Unterbindung der Carotis communis für relativ
ungefährlich und bei Trigeminusneuralgie für schonender und sicherer, als die intra-
kraniellen Operationen. Martens (Berlin).
19) C. Beck. Ein Fall von partieller Gangrän nach Exstirpation
eines Aneurysma popliteum dissecans.
(New Yorker med. Monatsschrift 1897. Juni.)
Ein 61jähriger Weinküfer mit beginnender Arteriosklerose bekam nach einer
starken körperlichen Anstrengung plötzlich eine Geschwulst in der rechten Knie-
keble, welche im Laufe eines Jahres apfelgroß, hart und unbeweglich war. Ex-
stirpatiin des Aneurysma nach Antyllus, unter zeitweiliger Konstriktion.
Der Versuch, den Book von der Vene zu lösen, misslang, so dass auch diese
unterbunden werden musste. 4 Tage nach der Operation trat in der Gegend
der Art. tib. ant. und am nächsten Tage auch in der Gegend der Art. tib.
post. und peronea eine leichte Verfärbung auf, mit stellenweiser blasenförmiger
Abhebung der Epidermis. Im weiteren Verlaufe deutliche Demarkation, Fieber,
Verschlechterung des Allgemeinbefindens. Bei der Operation zeigte sich der
M. tib. ant. völlig anämisch, eben so stellenweise der Muskelbauch des Ext. digit.
comm., Tibia und Fibula von Periost entblößt. Ein Theil des Gastroonemius und
Soleus und die fleischigen Theile des Peroneus longus und brevis ebenfalls blut-
leer. Alle diese Theile wurden excidirt. Sehr langsame Heilung.
Interessant ist das Stationäre und die genaue Demarkation des gangränösen
Processes. Die ausgedehnten und dicken Verwachsungen lassen auf ein längeres
Bestehen des Leidens schließen; das angegebene Trauma hat vielleicht nur die
Zerreißung und partielle Loslösung der Intima und Media zur Folge gehabt. Die
äußere Wand des Aneurysma wurde nur durch Adventitia gebildet, was durch
mikroskopische Untersuchung der fetsigen Membran festgestellt werden konnte.
Tsohmarke (Magdeburg).
20) K. Schulz. Die totalen Rupturen der Arteria poplitea.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 476.)
Auf Rose’s Abtheilung in Bethanien-Berlin kam ein 32jähriger Kutscher,
starker Trinker, wegen Überfahrung durch seinen Lastwagen in Behandlung. Be-
fund außer sonstigen Nebenverletzungen und Bruch des rechten Unterschenkels
eine enorme Schwellung der blauschwarz verfärbten, brettharten rechten Kniekehle
nebst großen Schmerzen daselbst, bei auffallend blassem, ganz kaltem Unter-
schenkel, dessen Sensibilität stark herabgesetzt ist. Am nächsten Tage Zeichen
196 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
beginnender Gangrän; Oberschenkelamputation, da die zuerst beabsichtigte Knie-
exartikulation wegen zu starker Weichtheilserquetschung in der Kniekehle nicht
angängig war. Heilung nach partieller Lappenrandgangrän per Ila. Das Amputa-
tionspräparat zeigte eine totale quere Zerreißung der gesunden Art. poplitea, der
Vene und des Nerven ohne Knochenverletzung und ohne Knieverrenkung. Unter
der Haut und in den Muskelinterstitien befanden sioh massenhafte Blutgerinnsel.
S. bringt aus der Litteratur 37 Parallelfälle bei. In keinem einzigen gelang
die Erhaltung des Beines. 22 Pat. sind nach Amputation des gangränösen Gliedes
geheilt, 15 gestorben. Die Veranlassung der Verletzung bestand bald in direkter
Gewalt (7mal Überfahrung, imal Quetschung zwischen Baumstämmen etc.), bald in
indirekter Gewalt (11mal Knieverrenkung, 5mal Frakturen), bald in einer gewalt-
samen Streokung einer spitzwinkligen Knieankylose (3mal}. Die klinischen Er-
scheinungen sind charakteristisch und ziemlich typisch: Schwellung des gansen
Gliedes, besonders in der Kniekehle, wo sich das ergossene Blut am ersten an-
häuft, um von hier in die Muskelinterstitien sich einzuwühlen, so eine Kompres-
sion der Collateralen herbeiführend und die Möglichkeit einer Cirkulationsaus-
gleichung abschneidend. Weiterhin Kälte, Hautverfärbung und Anästhesie am
Unterschenkel, Pulslosigkeit seiner Arterien. Gefäßgeräusche in den vorhandenen
Hämatomen sind bei völliger Gefäßdurchtrennung nach v. Wahl’s Lehren nicht
zu erwarten. Ist solche vorhanden, so kann therapeutisch einstweilen nur von
einer Amputation die Rede sein. Bei theilweiser Poplitealarterienzerreißung kann
dagegen erfahrungsgemäß Heilung mit Erhaltung des Gliedes erreicht werden,
eben so bei Zerreißung einer der beiden Tibialarterien.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
21) A. Levy. Künstliche Gebisse im Digestions- und Respirations-
tractus.
Inaug.-Diss., Straßburg i/E., Müh E Cie., 1897. 688.
Verf. giebt in der vorliegenden Arbeit, angeregt durch einen an der Eich-
horst’schen Klinik in Zürich beobachteten Fall, eine Übersicht über die bisher
veröffentlichten Beobachtungen von Verschlucken künstlicher Gebisse.
Der vom Verf. mitgetheilte Fall ist besonders in diagnostischer Beziehung
von Interesse. Der 35jährige Pat. hatte vor ca. 5 Jahren Lues durchgemacht, mit
sehr frühen tertiären Erscheinungen. Einige Zeit vor seinem Eintritt in das
Spital trat Heiserkeit auf, verbunden mit Schluckbeschwerden und stinkendem
Auswurf. Die Untersuchung des Pat. wies außer einer ausgesprochenen Sattelnase
an verschiedenen Stellen des Körpers Narben und in Vernarbung begriffene Ge-
schwüre auf. Das rechte falsche Stimmband und der ganze obere Theil der Luft-
röhre zeigten einen gelblichgrauen, schmierigen Belag. Bei der Sondirung der
Speiseröhre stieß man auf einen unüberwindlichen Widerstand am Eingang des
Ösophagus. Bei wiederholter Sondirung passirte die Sonde das Hindernis leicht.
Die Diagnose wurde begreiflicherweise auf Lues des Kehlkopfes und der Speise-
röhre gestellt. Pat. starb 12 Tage nach dem Spitaleintritt. Die Autopsie ergab
außer den beschriebenen luetischen Erkrankungen das Vorhandensein eines Ge-
bisses mit 4 Zähnen in der Speiseröhre, deren Wand an der dem Kehlkopf an-
liegenden Seite einen Defekt zeigte.
Im Anschluss an diese Beobachtung giebt Verf. eine übersichtliche Darstel-
lung der wichtigsten diesbezüglichen Vorkommnisse und schließt seine Arbeit mit
einem 179 Nummern zählenden Litteraturverzeichnis ab, das Jedem von Werth
sein wird, der sich eingehender über diese Frage zu unterrichten wünscht.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
22) A. Narath. Beiträge zur Chirurgie des Ösophagus und des
Larynx.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 4.)
N. hatte Gelegenheit, 2mal die Resektion von Ösophaguspartien vorzunehmen.
Bei dem 1. Falle handelte es sich um ein Carcinom des Halstheiles der Speise-
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 197
röhre mit hochgradiger Verengerung, Übergreifen auf die Luftröhre und schon
bestehender Aspirationspneumonie. Pat., der auch schon Metastasen hatte, starb.
Glücklicher war N. bei einer 2. Kranken, bei welcher er nach der Resektion der
Speiseröhre noch eine Plastik vormahm, um ein Speiserohr wiederherzustellen.
Er benutzte dazu je 2 thürflügelförmige Lappen, die er seitlich von der offenen
Rinne bildete und über einander zusammennähte. 'Nach manoherlei Zwischenfällen
gab es ein sehr gutes Resultat. Ungefähr (iz Jahre nach der Plastik starb Pat.
durch ein Recidiv, welches die Carotis arrodirt hatte. Es war übrigens auch der
Kehlkopf total exstirpirt worden, wodurch, nach des Verf. Ansicht, die Plastik
erleichtert wurde. Die Einzelheiten der sehr interessanten Operation können im
Referat nicht wiedergegeben werden; man wird sie mit Belehrung im Original
lesen. N. bespricht die verschiedenen Arten bisher geübter Plastiken an der
Speiseröhre, ihre Erfolge, und giebt eine Beschreibung des von ihm modifioirten
künstlichen Kehlkopfes, den er unter Benutzung des Wolff’schen und anderer
konstruirt hat. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
23) Œ. Lotheisen. Zur Kasuistik der Verletzungen des Bauches.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 1.)
L. berichtet aus der v. Hacker’schen Klinik über 2 derartige Fälle.
Der 1. Fall betraf einen 25jährigen Pat., der mit voller Wucht auf dem Zwei-
rade in die Deichsel eines stehenden Wagens hineinfuhr, so dass die Deichsel
abbrach. Der Stoß traf die Gegend dicht über dem Nahel. Keine äußere Ver-
letzung, doch bestanden Schmerzen. Stuhl und Flatus gingen ab. Pat. lag die
ersten Tage im Bett, stand dann wieder auf. Am 7. Tage nach dem Unfall trat
galliges Erbrechen ein, Stuhlverhaltung, starker Verfall. Einlieferung in die
Klinik. Etwas nach rechts und oberhalb vom Nabel eine apfelgroße Vorwölbung,
Haut darüber geröthet. Da die Bauchmuskulatur brettartig gespannt war, konnte
man sich nicht genau über die Lage der Mm. recti orientiren. Es machte aber
den Eindruck, als wäre der rechte Rectus zerrissen und an dieser Stelle Darm
ausgetreten und eingeklemmt. Nach halbvollendeter Operation plötzlicher Tod.
Bei der Obduktion zeigten sich die Mm. recti auf etwa 4 em aus einander
gewichen. Zwischen beiden Muskeln an dieser Stelle war durch einen Riss der
Fascie das Bauchfell vorgestülp. Das große Netz darin zum Theil adhärent;
eben so die vordere Wand des Colon transversum als etwa walnussgroße Vor-
buckelung. Das umgebende Gewebe schwielig derb und in Folge der Hämor-
rhagien schwarz pigmentirt. Es bestand kein völliger Verschluss des Colon, son-
dern nur eine Striktur. Keine Kontinuitätstrennungen des Zwerchfells, jedoch
geringfügige Blutung in die Leber, das vordere Mediastinum und am unteren Pol
der rechten Niere.
Im 2. Falle handelte es sich um eine perforirende Bauchwunde bei einem
22jährigen Manne in Folge eines Messerstiches, die Zus em nach links von der
Mittellinie saß, 11/2 om lang war, und aus welcher ein 5 cm langes Stück Netz
heraushing. Etwa 1/2 Stunde nach der Verletzung Operation. Incision in der
Mittellinie. Der Stichkanal verlief schräg zwischen Haut und Fascie von links
nach rechts und hatte erst in der Medianlinie Fascie und Bauchfell durch einen
Querschlitz eröffnet. Nach Spaltung desselben und der Peritonealwunde wurde
das Netz etwa 5 em vom Quercolon abgebunden. Keine Darmverletzung etc.
Reaktionsloser Verlauf. Nach 3 Wochen Heilung.
L. weist im Anschluss an Madelung’s Ausführungen auf die Wichtigkeit
einer sofortigen Krankenhausbehandlung hin, da die dauernde aufmerksamste Be-
obachtung nothwendig ist, um den einigermaßen richtigen Moment zum Handeln
nicht su versäumen, und zieht als Beweis für diese Forderung den 1. Fall an, der
bei rechtzeitiger operativer Hilfe wahrscheinlich am Leben geblieben wäre.
Hübener (Breslau).
198 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
24) E. d’Anna. Bakteriologische Untersuchungen der Peritoneal-
flüssigkeit.
(Policlinico 1897. Juni 1.)
In 9 Fällen von Unterleibsgeschwülsten (Uterusmyome und Eierstocks-
geschwülste) wurde die Peritonealflüssigkeit untersucht; alle Fälle waren fieberlos.
Die untersuchte Flüssigkeit erwies sich 8mal als steril. Nur in 1 Falle erhielt
Verf. Kulturen von Bact. coli; dieser Mikroorganismus war jedoch (bei Thierver-
suchen) nicht pathogen und wenig lebensfähig. Es handelte sich in diesem Falle
um ein enormes Ovarialkystom, das die ganze Bauchhöhle ausfüllte. Verf. glaubt,
dass in derartigen Fällen eine Behinderung und Verlangsamung der Darmbewegung,
also eine Kothstauung, eintrete, und dass alsdann das Bact. coli durch die ge-
sunde Darmwand hindurchtrete. Durch einen ähnlichen Vorgang sucht sich Verf.
gewisse Fälle von Spätshock nach Laparotomie (Tod am 4. oder 5. Tage im Col-
laps) zu erklären; es kommt hier durch die fast stets eintretende Darmlähmung,
die auch schon vor der Operation bestehen kann, zu einem Durchtritt des Bact.
coli; das letztere ist an sich swar nicht virulent, kann es aber leicht werden durch
die nach der Operation oft vorhandenen Bedingungen (Gegenwart von Gerinnsel,
Gewebsdetritus, Blutverlust ete.). Es handelt sich also auch in diesen Fällen um
Infektion, um eine Art von Peritonitis. Verf. sieht ferner den praktischen Schluss
aus seinen Untersuchungen, dass es in gewissen Fällen nach gynäkologischen La-
parotomien gerathen ist, nach der Scheide hin zu drainiren.
Vielleicht ist auch in manchen Fällen von primärem, eigentlichem Shock das
Vorhandensein des Colibakterium in der Peritonealflüssigkeit von ätiologischer
Bedeutung neben den anderen Ursachen (Chloroform, Blutverlust, Kachexie).
H. Bartsch (Heidelberg).
25) Brun. P£ritonite à pneumocoques chez l’enfant.
(Presse méd. 1897. No. 17.)
Zur Bekräftigung der schon in einer füheren Arbeit niedergelegten Ansicht,
dass die Pneumokokkenperitonitis bei Kindern ein für sich abgeschlossenes Krank-
heitsbild darstellt, dessen Diagnose man auf Grund eigenartiger anatomischer und
klinischer Symptome stellen kann, und dass ein rechtzeitig vorgenommener chirur-
gischer Eingriff nothwendig sei, führt Verf. 3 neue Fälle auf. Bei allen dreien
bestanden mehr oder weniger lange Zeit Bronchitis und Husten, dann Erbrechen,
Fieber, Dierrhöe und heftige Schmerzen im Bauch. Allmählich entwickelte sich,
gewöhnlich unter Abnahme des Fiebers und Besserung des Allgemeinbefindens,
ein Abscess in der Bauchhöhle unterhalb des Nabels. Jedes Mal wurde derselbe
durch einen Schnitt in der Mittellinie zwischen Nabel und Brustbein eröffnet,
sehr viel geruchloser, mit Fetzen untermischter Eiter und zahlreiche Abscess-
membranen entleert. Nach Auswaschen mit abgekochtem Wasser und Tamponade
heilten die oft großen, meist bis zur Blase heranreichenden, aber abgekapselten
Abscesshöhlen aus. Jedes Mal wurden bakteriologisch Pneumokokken nachgewiesen.
Verf. hat nunmehr 14 ähnliche Fälle gesammelt; davon waren 11 bei kleinen
Mädchen. Das Überwiegen des weiblichen Geschlechts lässt den Verf. darauf
schließen, dass in der Mehrzahl der Fälle die Infektion der Bauchhöhle, wie auch
bei anderen Peritonitiden nachgewiesen ist, durch das Cavum uterinum entweder
auf dem Wege der Lymphbahnen oder der Tuben stattgefunden hat. Als be-
sonderes diagnostisches Hilfsmittel giebt B. noch an, dass bei diesen Abscessen
frühzeitig Neigung besteht, dass der Nabel »berstet« und sich Fisteln bilden.
Von den 14 Kranken sind 3 gestorben, eine nach Spontandurchbruch nach
außen und in die Scheide, die übrigen nach Laparotomie, welche sich häufig su
einer einfachen Abscessöffnung gestaltet, geheilt. (5 eigene Beobachtungen mit
1 Todesfall.) Tschmarke (Magdeburg).
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 199
26) Panton. A case of perforating typhoid ulcer, with recovery,
after operation.
(Annals of surgery 1897. August.)
Perforation eines Typhusgesohwürs am Ende der 3. Woche eines mittelschweren
Typhus. Starker Kollaps, rasch einsetsendes hohes Fieber mit ausgesprochenen
schweren peritonealen Erscheinungen. Operation etwa 22 Stunden später. Schnitt
über dem rechten Poupart’schen Bande wie zur Exstirpation des Processus ver-
miformis. Die Bauchhöhle enthält Gas und eine dünnflüssige kothige Masse; starke
Blähung der Darmsohlingen, nirgends Verklebungen. Perforation etwa 12—18 Zoll
über der Valvula Bauhini. Naht derselben. Ausspülung der Bauchhöhle mit
heißem Wasser. Drainage durch Jodoformgazestreifen. Heilung.
Tietze (Breslau).
27) Stokes. A report of two cases of anteoperative asphyxia, follow-
ing acute intestinal obstruction.
(Annals of surgery 1897. September.)
Verf. berichtet über 2 Fälle von Erstickung in der Narkose durch erbrochenen
Magen-Darminhalt bei 2 Fällen von Ileus. Er räth, in solchen Fällen eventuell
vorher den Magen auszuspülen. Es ist dies eine Vorsichtsmaßregel, welche in
solchen Fällen wohl die meisten Chirurgen anwenden; an der Klinik von Mi-
kulios ist dieselbe jedenfalls schon seit Jahren in Gebrauch.
Tietze (Breslau).
28) v. Brackel. Über Hernientuberkulose.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 42.)
1) Bei einem 38jährigen Manne, dem wegen eines irreponiblen Bruches die
Radikaloperation gemacht wurde, fand sich zufällig Tuberkulose des Bruchsackes
und des allein in ihm enthaltenen, angewachsenen Netzes. Da der Kranke sonst
keine Tuberkulose, insbesondere auch keinen Ascites hatte, ferner gleich oberhalb
des inneren Leistenringes die Knötchen auf dem Bauchfell abnahmen und sich nur
ganz vereinzelt auf 2 oder 3 Kuppen von Darmschlingen fanden, die unmittelbar
der Bruchpforte angelegen hatten, so dürfte dieser Fall eine der seltenen primären
Bruchsacktuberkulosen darstellen.
Im 2. Falle war die Bruchsacktuberkulose nur Theilerscheinung einer allge-
meinen Bauchfelltuberkulose. Bei einer 28jährigen Dame, die früher recidivirende
Pleuritis und langwierige Durchfälle gehabt, bildete sich allmählich ein Leisten-
bruch heraus, welcher siemlich empfindlich war, sich nicht reponiren ließ. Daneben
bestand etwas Ascites. Es ließ sich also vor der Operation mit siemlicher Wahr-
scheinlichkeit die Diagnose auf Bruchsacktuberkulose stellen. Bei der Operation
fand sie sich in der That. Der Bruchsack hängt nur mit einem federkieldicken
Gang mit der Bauchhöhle zusammen, enthält nur Serum und ist innen mit Tu-
berkeln besät. An seinem unteren Ende trägt er eine kleine selbständige Cyste
mit 2 linsengroßen Reiskörperchen und klarer, gelblicher, fadenziehender Gallerte,
wie man sie sonst nur in Sehnenscheidenhygromen findet. Peritoneum viscerale
und parietale fühlen sich glatt an, eine vorgezogene Düundarmschlinge erweist sich
als gesund. Radikaloperation. Danach Durchfälle, Ansteigen des Ascites. Dann
schwindet Beides, Heilung. Haeckel (Stettin).
29) 8. H. Champlin. Hernia in an infant ten weeks of age.
(New York med. record 1897. Oktober 16.)
Mit Bezug auf einen von Dowd publicirten Fall von eingeklemmter Hernie
bei einem 4 Monate alten Kinde (Med. record 1897 Juni 12) berichtet C. über
ein Kind von 10 Wochen, zu dem er wegen Urinverhaltung gerufen wurde. Es
handelte sich um einen rechtsseitigen Leistenbruch, den C. nach vielen vergeb-
lichen Versuchen endlich dadurch reponirte, dass er den kleinen Pat. über das
linke Knie streckte, während er seinen Kopf und Füße etwas herunterdrückte.
Löwenhardt (Breslau).
200 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
30) Cordier. A case of diaphragmatic hernia.
(Annals of surgery 1897. September.)
Kurser Bericht über eine Hernia diaphragmatica. Pat. war nach dem Rollen
eines schweren Fasses mit Schmerzen im Leibe und Erbrechen erkrankt, erholte
sich wieder etwas, ging aber nach 5 Tagen unter zeitweiligem Erbrechen und bei
zunehmender Erschöpfung zu Grunde. Eine Diagnose war nicht gestellt worden.
Bei der Sektion fand sich durch eine große, ihrer Entstehung nach nicht zu er-
klärende Lücke in der linken Zwerchfellhälfte der größte Theil des Magens und
des Netzes in den Brustraum getreten. Der Magen war siemlich fest strangulirt.
Tietze (Breslau).
31) F. Schilling (Nürnberg). Enorm großer Nabelbruch — abnorm
viel Bruchwasser — Decubitusgeschwür — Erysipel — Perforation —
rasche Heilung.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 44.)
Dem im Titel Gesagten ist hinzuzufügen, dass der Bruch vor der Perforation
in dem Decubitalgeschwür und der dabei erfolgten Entleerung von 8 Liter Bruch-
wasser bis zu den Knieen herabhing und nach Abheilung des Erysipels und Ge-
schwürs durch einen Stützapparat geschützt werden konnte, ohne dass es zu einer
neuen Wasseransammlung in dem irreponiblen Bruch im Lauf des folgenden Jahres
kam. Eine andere Herkunft des kolossalen Transsudats, etwa von einer Carcinose
des Bauchfells etc., erscheint bei dem weiteren guten Verlauf und Befinden der
ö1jährigen Pat. ausgeschlossen. Kramer (Glogau).
32) O. Kaufmann. Über abnorme Bauchfelltaschen und einen Fall
von Hernia interna paravesicalis incarcerata.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Nach Besprechung der verschiedenen bekannten abnormen Bauchfelltaschen,
in denen sich Därme einklemmen können, führt Verf. einen in der Greifswalder
Klinik operirten Fall an, wo der Bruchsack der rechten Harnblasenseite dicht an-
gelagert war. Happel (Darmstadt).
33) F. Zamazal. !Beitrag zur Ätiologie der Darmblutungen nach
Herniotomie.
(Wiener med, Wochenschrift 1897. No. 38.)
Die nach Herniotomien auftretenden Darmblutungen sind in verschiedener
Weise erklärt worden (Ullmann, Schnitzler). Für die von dem Autor bei
seinem Fall beobachteten Erscheinungen scheint ihm die Ullmann’sche Erklärung
(Thrombosenwirkung) die passendere zu sein. Allerdings ist dieser Fall ziemlich
sonderbar: Bei einer 58jährigen Frau mit hühnereigroßem eingeklemmtem Bruch
wird der Bauchschnitt nach 15 Stunden ausgeführt (also bei kleinem Bruch und
im Verhältnis zu den Schnitzler’schen Fällen späterer Lösung). Nach 11 Tagen
Abgang von Us Liter reinen Blutes durch den After, gleichzeitig Bildung eines
Konvolutes von Kindskopfgröße in der anderen Bauchseite, mit den Därmen ver-
schieblich, welches für eine mesenteriale Blutung gehalten werden musste, und
Abgang reinen Blutes aus der Drainöffnung. Die Blutung führt zu deutlicher
Anämie, Collapserscheinungen, der Ausgang war aber günstig. Der Autor führt
die Blutung auf Thrombosen zurück und die Wirkung plötzlicher Steigerung der
Herzthätigkeit und des Blutdrucks durch Alcoholica. H. Frank (Berlin).
34) F. Knüpfer. Über die Radikaloperation der Unterleibsbrüche.
` Diss., Greifswald, 1897.
K. bringt eine ausführliche statistische Behandlung von 168 Fällen von
Herniotomie aus der Greifswalder Klinik aus den Jahren 1892 bis 1896. Davon
waren 44 reponibel, 124 irreponibel, hiervon 87 eingeklemmt. — Es starben 20 Pat.
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 201
D mit nicht eingeklemmten, 18 mit eingeklemmten Brüchen). Die Radikalopera-
tion wurde nach der Methode von Kocher und Macewen ausgeführt. In
21 Fällen waren nach !/;—11/, Jahren Recidive zu verzeichnen.
Hier mögen nur noch einige interessante Daten Erwähnung finden.
Bei gangränösem Darm wurde 8mal Kunstafter angelegt mit sekundärer
Darmresektion ; hiervon endeten 7 tödlich an Marasmus; die primäre Darmresek-
tion wurde 12mal ausgeführt, daran starben 6 Pat. Der Erfolg war also weit
günstiger. — Als besonders gefährlich erwiesen sich die eingeklemmten Darm-
wandbrüche, da alle Pat. (4) starben. Sudeck (Hamburg).
35) D. Morisani. Sulle lesioni accidentali della vescica urinaria du-
rante la cura operativa della ernia inguinale.
(Clinica chirurgica 1897. No. 7.)
Bei der Operation beiderseitiger freier Leistenbrüche bei einem 42jährigen
Manne wurde — offenbar beim Abschnüren des rechten, derben Bruchsackes —
ein Blasenzipfel mitgefasst. Tod nach schweren Blasen- und Wundblutungen am
4, Tage. Bei der Sektion wurde ein 3 cm breites, kreisrundes Loch mit gangrä-
nösen Rändern in der Blase gefunden. Den tödlichen Ausgang erklärt M. durch
eine »Cachexie hemorrhagique« (Du play). J. Sternberg (Wien).
36) Audet (Bourges). Observations générales au sujet de 37 cures
radicales de hernie, 15 cures radicales de varicocèle et de 6 cas
d’appendicite.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. August u. September.)
In 37 Fällen hat A. die Radikaloperation des Leistenbruchs nach Lucas-
Championnière ausgeführt und die Mannschaften nach ihrer Genesung den
Dienst in vollem Umfang wieder aufnehmen lassen, ohne dass sich wieder ein
Bruch ausgebildet hätte. Nur Einzelne empfinden einen leichten Schmerz in der
Gegend des inneren Leistenrings nach ermüdender Arbeit, jedoch ohne sie aus-
setzen zu müssen. Dies ist jedenfalls ein sehr bemerkenswerther Erfolg.
Bei 7 der operirten Fälle fand sich der Canalis peritoneo-vaginalis noch
durchgängig. Ein direkter Bruch wurde bei den jungen Soldaten überhaupt nicht
beobachtet. Häufig fand sich im Bruchsack auch Netz, welches in mehreren
Portionen abgebunden und abgetragen wurde. Einer dieser letzteren Fälle
ist dadurch bemerkenswerth, dass das vorgefallene Netz so wie auch der noch
weiter hervorgezogene Theil desselben durch eine gelatinöse Masse verkittet und
mit miliaren Tuberkelknötchen besetzt war. Beim Hervorziehen des Netzes
lief auch Ascitesflüssigkeit aus. Auch hier wurde das Netz abgetragen und er-
folgte die Genesung anstandslos; nur einer der Fäden eiterte; auch dieser Mann
wurde dem Dienst erhalten. Erscheinungen von Seiten der Lunge wurden weder
vor noch nach der Operation beobachtet.
Für die Varicocele wird stets die ausgedehnte Resektion des Hodensacks nach
Forgues und R&clus geübt, welche sich bei den jungen Angehörigen des Heeres
stets als ausreichend erwiesen hat. A. unterscheidet 2 Kategorien, nämlich
Krampfaderbrüche mit und ohne erheblichere Atrophie der Scheidenhaut, und fand
bei letzteren nie, bei ersteren recht häufig Hämatom. Unter den sämmtlichen
Operirten trat nur einmal ein theilweises Reeidiv ein, indem sich die Haut auf
Kosten des Dammes wieder ausdehnte; hier war von vorn herein die Resektion
nicht ausgedehnt genug gewesen. Eine geringe Wiederausdehnung der Serotal-
haut trat nach einigen Monaten allerdings stets ein, so dass die Hoden-nicht-mehr `
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Venen dann ein deutlich erkennbares, aber nicht schmer: AN W péh- 0 72
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202 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
37) L. Veslin (Evreux). Sur un cas de hernie inguino-scrotale double
avec fistule cutanée appendiculaire droite chez un enfant de 28 mois.
— Rapport par Michaux.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 827.)
Die Vorgeschichte des Falles ist leider unbekannt. Das Kind war Träger
eines doppelseitigen faustgroßen Hodensackbruches. Die liuksseitige Hernie war
reponibel und wurde sunächst durch Radikaloperation erfolgreich behandelt. Die
rechte ließ sich nur zum Theil zurückbringen; an ihrem oberen Ende öffnete sich
eine Fistel, aus der eitrige Flüssigkeit floss. V. diagnostieirte einen irreponiblen
Coecalbruch, der durch eine Appendicitis adhärent geworden war. Die Operation
gab ihm Recht: Lösung der Verwachsungen, Resektion des Wurmfortsatzes, Re-
position des Darmes, Schluss der Bruchpforte führte zur radikalen Heilung.
Reichel (Breslau).
38) C. Nasi (Modena). Ernia inguinale dell’ ovaio, della salpinge e
di un corno d’utero rudimentale.
(Clinica chirurgica 1897. No. 7.)
Bei der Operation eines zum Theil reduktiblen, rechtsseitigen Leistenbruches
bei einer 36jährigen Jungfrau zeigte es sich, dass der getastete, unbewegliche,
derbe Antheil das fixirte rudimentäre Horn des Uterus war, während die bezüg-
liche Tube und der Eierstock frei im Bruchsack lagen. Die vorgefallenen Theile
wurden abgetragen; glatte Heilung. Der Eierstock war cystisch degenerirt, die
Tube war durchgängig und mit Cylinderepithel ohne Flimmerfäden ausgekleidet;
das Uterushorn hatte keine Lichtung. J. Sternberg (Wien).
39) Courtin (Bordeaux). Cure radicale de hernie inguinale gauche
du coecum avec résection de lanse il&ocolique et enterorrhaphie par
implantation laterale. — Rapport par P. Reynier.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 697.)
Während der Radikaloperation eines großen linksseitigen Hodensackbruches
eines 62jährigen Mannes, und zwar beim Versuch, den Bruchinhalt aus der Bruch-
hülle zu lösen, verletzte C. an 2 Stellen den Darm. Erst nach Ausschälung der
ganzen Bruchgeschwulst bis zum Leistenkanal hin gelang es ihm, in den Bruch-
sack einzudringen; er zog die im Kanal gelegene Darmschlinge vor, resecirte die
ganze Bruchmasge nach Kompression des Darmes durch 2 Klemmen, und nun erst
entdeckte er, dass die resecirte Bruchschlinge aus der untersten Dünndarmschlinge
und dem Blinddarm bestand. Er verschloss den Dickdarm durch Etagennaht und
pflanste den Dünndarm seitlich in ihn ein. Anschluss der Radikaloperation. Hei-
lung ohne Störung.
Man kennt bis jetzt 36 Beobachtungen linksseitiger Blinddarmbrüche; nach
Hedrich (Gazette medicale de Strasbourg 1889) entfallen von 100 Blinddarm-
brüchen 28 auf die linke Seite. Vorzugsweise beobachtete man diese Bruchart bei
Personen über 50 Jahren mit großen Brüchen, doch 4mal auch bei kleinen Kindern.
Bezüglich ihrer Entstehung schließt sich Reynier der Theorie Scarpa’s an,
dass der Blinddarm erst durch den Zug der zuerst in den Bruchsack gefallenen
Dünndarmschlingen in diesen nachgezogen werde. Da die Taxis auch nach Er-
öffnung des Bruchsacks fast nie gelingt, räth Reynier nach breiter Spaltung des
Bruchkanals, also einer Art Herniolaparotomie, das Peritoneum parietale sammt
Mesocolon möglichst hoch hinauf loszulösen und nun die Eingeweidemasse sammt
Bauchfell zu reponiren. Das Mesocolon zu durchschneiden und nun den Dickdarm
für sich zu reponiren, gefährdet zu sehr die Lebensfähigkeit des Darmes.
Reichel (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 203
40) af Schulten. Über Haarbalggeschwülste im Magen nebst Mit-
theilung eines glücklich operirten Falles.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. IL. Hft. 3 u. 4.)
Die Geschwulst war rechts vom Nabel zu fühlen und verschwand beim Liegen
unter dem rechten Rippenbogen. Da klinische Erscheinungen von Seiten des
Magens oder Darmes völlig fehlten, so erschien Ausgang der Geschwulst von der
Niere am wahrscheinlichsten. Die sehr heftigen Schmerzen indieirten die Opera-
tion. Lumbalschnitt. Die Geschwulst saß in einem schleimhautausgekleideten
Organ, das sich als Magen erwies; derselbe konnte ohne Eröffnung der Peritoneal-
höhle incidirt werden, da ausgedehnte Adhäsionen vorhanden waren. Ein Theil
der missfarbigen und verdünnten Magenwand wird resecirt, der Magen geschlossen,
die Wunde tamponirt. Heilung. Die Geschwulst, 7,66 cm im Durchmesser, 120 g
schwer, bestand aus Kuhhaaren; Pat. beschäftigte sich mit Spinnen von Bändern
aus Kuhhaaren, um daraus Schuhe zu fertigen. Wahrscheinlich befeuchtete sie
hierbei oft die Finger an den Lippen, wobei Haarfragmente im Munde blieben und
verschluckt wurden. Der Haarball hatte eine divertikelartige Ausbuchtung nahe
dem Pylorus gebildet; ohne Zweifel wäre die Magenwand bald perforirt worden.
Die adhäsive Peritonitis erklärt die Schmerzen. — Es werden im Anschluss die
in der Litteratur niedergelegten analogen Fälle beschrieben: 6 Fälle wurden ope-
rirt mit 1 Todesfall; nur in einem dieser Fälle war vorher die Diagnose gestellt
worden. 9 nicht operirte Fälle endeten sämmtlich mit dem Tode durch unstill-
bares Erbrechen oder Perforationsperitonitis. Haeckel (Stettin).
41) Hahn. Über einige Erfahrungen auf dem Gebiete der Magen-
chirurgie. (Aus der chirurgischen Abtheilung des städtischen allge-
meinen Krankenhauses am Friedrichshain in Berlin.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 41—43.)
H. hat nicht weniger als 66mal den Murphyknopf bei Operationen am Magen-
Darmkanal verwendet. Die Knöpfe hatten einen Durchmesser von 1,70 bis 3 em;
sie stammten meist aus der Fabrik zu Tuttlingen. Die Naht wurde ohne Nadel-
halter mit langer Nadel und seidenem Faden No. 3 angelegt.
Der hineinzuschiebende Cylinder muss so genau in den anderen Theil
passen, dass die Weichtheile zurückgeschoben werden und sich nicht dazwischen
klemmen können.
Einige Male wurden durch den scharfen Rand des Knopfes Verletzungen der
Schleimhaut und Blutungen hervorgerufen. Einmal hielt bei einer Gastroentero-
stomie die Verbindung durch den Knopf nicht völlig sicher. Andere Nachtheile
wurden nicht beobachtet. Meist wurde über den Knopf noch eine sorgfältige
Serosanaht angelegt. H. wendet gleichwohl den Knopf nur nothgedrungen bei der
Gastroenterostomoie an, bei anderen Operationen die Naht bevorzugend. Der
Knopf kann sowohl in den Darm wie in den Magen fallen, was gefährlich. Auch
wenn er in den zuführenden Darmschenkel fällt, können große Beschwerden die
Folge sein. Der Knopf kam nur im 4. Theil aller Gastroenterostomien, wenn die
Operation schnell beendigt werden musste, zur Verwendung.
Weit mehr als für die Gastroenterostomie empfiehlt H. den Knopf für die
Ausführung der Darmresektion nach der Operation brandiger Brüche. Die Vor-
theile liegen hier nach H. 1) in der schnellen und sicheren Ausführung, 2) in der
geringeren Gefahr der Infektion und 3) in der sofort nach der Operation ein-
tretenden Fortbewegung des stagnirenden Darminhalts.
Von der Gesammtzahl der 63 Operirten wurden 41 geheilt, resp. gebessert,
23 starben. Bei den Gastroenterostomien konnte selbstverständlich stets nur von
einer Besserung die Rede sein. Relativ selten ließ sich der Abgang des Knopfes
nachweisen. Von den 9 Todesfällen bei Gastroenterostomien war nur 2mal der
Knopf die direkte oder indirekte Ursache. Von 18 Pat. mit gangränösen Hernien
starben 5. Die Krankengeschichten werden ausführlich sämmtlich mitgetheilt.
204 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
Besondere Schwierigkeiten boten zum Theil die Fälle von Geschwülsten des
Dickdarme, bei denen der Knopf angewandt wurde. imal ließ sich der Knopf
nicht susammenschieben ; er musste herausgeschnitten und die Operation durch
die Naht beendet werden. imal, wo nach Resektion des Coecums und Ileums
nicht genäht wurde, stieß sich der Knopf. durch die Wunde ab und ließ einen
widernatürlichen After zurück. Am zweckmäßigten wird nach Resektion von Dick-
darmcareinomen eine Tamponade bis sum Knopf angelegt, damit für den Fall
einer Insufficienz sich eine nach außen mündende Kothfistel bildet.
Wo Inkongruenz der Darmenden vorlag, hat H. sie in der kleinen Lichtung be-
festigt, dann in das größere hineingelegt und in einem Winkel durch eine Knopf-
naht, welche durch Serosa und Schleimhaut auf beiden Seiten geht, befestigt.
Die übrig bleibende lange schlitzförmige Öffnung wird durch eine fortlaufende
Schleimhaut- und dann durch eine Serosanaht vereinigt; dann werden die Knopf-
theile susammengeschoben. Wagner (Mülheim a. d. R.).
42) M. Hartmann. Résections gastriques.
(France méd. 1897. No. 47.)
In beiden von H. mitgetheilten Fällen wurde die Operation wegen Caroi-
noms ausgeführt, in dem einen reichlich 3/, des gesammten Magens entfernt, so
dass der Pylorus fast direkt an die Cardia genäht wurde. Beide Male trat Heilung
und erhebliche Zunahme der Körperkräfte ein. König (Wiesbaden).
43) Schlatter. Über Ernährung und Verdauung nach vollständiger
Entfernung des Magens — Ösophagoenterostomie beim Menschen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
8. hat die genannte Operation am 6. September 1897 bei einer 56jährigen Frau
wegen eines den gangen Magen einnehmenden Carcinoms ausgeführt. Dass wirk-
lich die Resektion außerhalb der Grenzen des Magens stattgefunden, wurde durch
die histologische Untersuchung der beiden Enden des Präparats erhärtet; die-
selben wurden von Prof. Ribbert als Osophagus resp. Duodenum diagnostieirt.
Technisch ist von Bedeutung, dass durch kräftigen Zug am Magen die Speiseröhre
sich beträchtlich herabholen und dadurch der subdiaphragmatische Theil derselben
sich erheblich verlängern ließ. 2 Monate nach der Operation hat die Pat. um
4,400 kg zugenommen.
Die nach erfolgter Heilung an der Pat. vorgenommenen Stoffwechselunter-
suchungen ergaben eine normale Ausnutzung der Eiweißnahrung durchaus in
Übereinstimmung (mit analogen Thierversuchen. Demnach kommt S. zu dem
Schluss, dass der Magen hauptsächlich ein Schutzorgan für den Organismus ist,
welches eventuelle schädliche Eigenschaften der Nahrung mildert oder beseitigt,
während der Darm bei geeigneter Nahrung im Stande ist, für die chemische Ar-
beit des Magens völlig aufzukommen. Hofmeister (Tübingen).
44) Jayle. Un cas de gastroenterostomie avec enteroanostomose par
la methode de Souligoux.
(Presse med. 1897. No. 18.)
Verf. hat bei einer Frau das Verfahren Souligoux’ (cf. Centralblatt 1896
No. 51 p. 1219), welches die Gefahr der Peritonitis vollständig zu vermeiden
strebt, mit Erfolg angewendet: künstliche Nekrose an den zu vereinigenden Darm-
abschnitten, Vereinigung in der Umgebung der gequetschten und mit dem Paquelin
verschorften Partie durch sorgfältige Naht; die Anastomose öffnet sich auf diese
Weise erst, wenn die Darmschlingen im gesunden Gewebe verheilt sind, nach
2—3 Tagen. Das Verfahren ist bei der Gastroenterostomie nur anwendbar, wenn
es sich, wie im vorliegenden Falle, um verhältnismäßig gut genährte, kräftige
Personen handelt, welche noch ein 2- bis 3tägiges Fasten vertragen. Um ferner
den Rückfluss der Galle zu verhüten, hat J. der ersten Operation noch eine Entero-
anastomose nach demselben Operationsverfahren angeschlossen. Heilung ohne
jeden Zwischenfall. Tschmarke (Magdeburg).
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 205
45) A. Luria (Chicago). Neue Erfahrungen auf dem Gebiete der
Darmchirurgie.
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 35 u. 36.)
Der Aufsatz enthält eine warme Empfehlung der von J. Frank ersonnenen
Modifikation des Murphy-Knopfes; dieselbe besteht bekanntlich darin, dass zwei
resorbirbare Knochenringe durch ein Gummirohr nach Analogie des Knopfes ver-
bunden werden. Zur Sache kann auf die Referate in diesem Centralblatt 1897
No. 25 p. 661 (J. Frank), 1897 No. 40 p. 915 (Luria) und 1898 p. 192 verwiesen
werden. Die vorliegende Arbeit L.’s enthält genaue technische Details über die
Herstellung und Anwendung der Frank’schen Knöpfe und erleichtert das Ver-
ständnis des Verfahrens durch gute Abbildungen. @risson (Hamburg).
46) Carle et Charvet. Occlusion intestinale aiguë. Etranglement
dune anse de l'intestin grêle par le diverticule de Meckel adhérent.
(Province méd. 1897. No. 39.)
Der berichtete Fall von Darmabschnürung durch ein Meckel'sches Diver-
tikel bei einem 16jährigen Knaben, bei welchem sogar eine Laparotomie abge-
brochen wurde, weil der Anblick der Bauchhöhle das Vorhandensein einer, wie
angenommen wurde, tuberkulösen Peritonitis allein vortäuschte, seigt, wie schwierig
unter Umständen Differentialdiagnose zwischen akutem Darmverschluss und Peri-
tonitis sein kann. Allerdings fand sich eine ziemlich erhebliche Menge klaren
serösen Ergusses in der Bauchhöhle. Herm. Frank (Berlin).
47) E. Kummer. Occlusion intestinale aiguë par £tranglement
herniaire. Herniotomie. Occlusion intestinale chronique par brides
péritonéales. Anastomose iléocolique. Nouvelle occlusion intestinale
chronique. Mort.
(Revue méd. de la Suisse rom. 1897. No. 3.)
Die 58jährige Pat. zog sich vor 15 Jahren einen nicht mehr reponibeln Leisten-
bruch rechterseits zu. Ohne besondere Veranlassung plötzlich Incarceration. Bei
der Tags darauf vorgenommenen Herniotomie findet sich im Grunde des Sackes
eine bläulich verfärbte, aufgeblähte Dünndarmschlinge, die nach Loslösung in die
Bauchhöhle reponirt wird; — auf der Konvexität dieser Schlinge fand sich ein
kleiner, nicht perforirender Substanzverlust, der vor der Reposition mit 2 Seiden-
nähten geschlossen wurde. — Erbrechen und Schmerzen im Leibe bestehen fort,
desshalb 2 Tage später Wiedereröffnung der Wunde, der eingeklemmte Bruch
nicht mehr auffindbar; trübe, seröse Flüssigkeit entleert sich aus der Bauchhöhle;
Drainage mittels Jodoformdochtes durch den Schenkelkanal. 6 Wochen nach
der Operation Entlassung in die Heimat; von Zeit zu Zeit noch Erbrechen,
eben so häufige Schmerzen in der rechten Darmbeingrube mit Aufblähung des
Leibes; Wunde geheilt. Wegen Zunahme der Erscheinungen von Darmverschluss
31/3 Monate später medianer Bauchschnitt.
In der rechten Darmbeingrube, ungefähr der Stelle der früheren Bernie ent-
sprechend, findet sich ein Knäuel zusammengeballter Darmschlingen, deren Tren-
nung unmöglich ist. Es wird desshalb eine Enteroanostomose gemacht, indem
man die Partie des oberhalb des Hindernisses gelegenen Ileums mit dem Colon
transversum in Kommunikation bringt. Zwischen den durch Serosanaht fixirten Darm-
partien wird eine 4 om lange Incision gemacht. Sofortiges Aufhören des Er-
brechens, keinerlei Reaktion; die Kranke kehrt nach 10 Tagen allgemein gebessert
nach Hause zurück. Aber schon nach einigen Wochen Wiederbeginn der alten
Erscheinungen. Ein weiterer Eingriff verweigert. Tod unter den Symptomen
von chronischem Darmverschluss. Alterationen des Darmes haben hier offenbar
schon vor der Einklemmung bei der 15 Jahre alten, nicht reponibeln Hernie
bestanden. Das Centrum der zusammengeballten, nicht trennbaren Darmschlingen
war sehr wahrscheinlich die reponirte, incarcerirt gewesene Schlinge. So weit
206 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
erklärt Verf. die kausalen Momente für den Darmverschluss nach der Hernio-
tomie bis zur medianen Laparotomie. Das Recidiv nach der Enteroanastomose,
nach der die Kranke geheilt schien, glaubt er in der zu kurzen Incision der
fixirten Darmpartien — 4 cm — suchen zu müssen. {Nach dem Eingriff schwanden
die Symptome des Verschlusses, mit der sich einstellenden narbigen Retraktion
kehrten sie wieder; letztere führte zweifelsohne eine Insufficienz der ileoooecalen
Öffnung herbei. Selbst ohne von der Autopsie — sie konnte nicht gemacht
werden — Gewissheit erlangt su haben, würde Verf. in einem analogen Falle eine
breitere Öffnung anlegen. (Vielleicht wäre es in vorliegendem Falle auch besser
gewesen, die eingeklemmte Darmschlinge nicht sofort zu reponiren. Ref.)
Kronacher (München).
48) Rogers. A successful operation for intestinal obstruction in an
infant sixty-four hours old.
(Med. news 1897. Oktober 2.)
Ein übrigens gesundes Kind wurde, als nach 64 Stunden noch keine Darm-
entleerung erfolgt war, und Erbrechen auftrat, laparotomirt. Es fand sich ein von
der hinteren Bauchwand ausgehendes Band, welches den Dünndarm etwa in
seiner Mitte komprimirte. Durchtrennung des Bandes, Heilung.
Strauch (Braunschweig).
49) Reimers. Beitrag zur Lehre des Volvulus der Flexura sigmoidea.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Bei der Operation eines wegen Ileuserscheinungen intern erfolglos behandelten
Mannes findet man eine Drehung der Flexura sigm. um 360°. Trotz gelungener
Operation folgt bald der Tod. Bei der Sektion findet man die Fußpunkte der
Flexur durch einen Narbenstrang ihres Mesenteriums sehr genähert: offenbar ein
prädisponirendes Moment für das Auftreten von Volvulus, welches Verf. auf eine
chronische umschriebene Peritonitis s. B. in Folge eines Traumas oder auf das
Übergreifen entzündlicher Processe von der Darmwand her zurückführt. Sodann
führt Verf. 25 Fälle obiger Affektion aus der Litteratur an, bespricht deren Sym-
ptome, Diagnose, Prognose etc. und fordert zum Schluss ein frühzeitiges Überweisen
dieser Erkrankung an den Chirurgen. Happel (Darmstadt).
50) R. Heinze. Zur Kasuistik der primären Dünndarmsarkome.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Einer der immerhin seltenen Fälle von Dünndarmsarkom wird hier ausführlich
mitgetheilt. Bei dem 45jährigen Mann fand sich der Tumor im oberen Theil des
Jejunums; die Ausdehnung der Geschwulst machte die Resektion eines 45 cm langen
Stückes Dünndarm nothwendig, der sofort die Resektion eines weiteren Stückes
von 60 cm folgen musste, dessen Ernährung gefährdet schien. Operation und
Heilung verliefen günstig. Am Schluss zieht Verf. noch 15 von Baltzer zu-
sammengestellte Fälle derselben Erkrankung heran und bespricht Prognose, Sym-
ptome, Diagnose etc. speciell im Vergleich zum Careinom.
Happel (Darmstadt).
51) Kuhn(Gießen). Ein neues Darmrohr. Spiralgummi-Mastdarmsonde
und Mastdarmsondirung.
(Allg. med. Central-Zeitung 1897. No. 71 u. 72.)
K. giebt die Beschreibung einer von ihm konstruirten Mastdarmsonde, die
den Vortheil bietet, bei genügender Biegsamkeit doch sicher dirigirt werden zu
können, und erörtert den Modus ihrer Anwendung für die Untersuchung des Mast-
darmes und der über ihm gelegenen Theile des Darmes. Die sich für die Sache
Interessirenden verweisen wir auf die Lektüre des Originals und die Artikel ähn-
lichen Inbalts, die Verf. neuerdings in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht hat,
H. Lindner (Berlin).
Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 207
52) @. A. Schapiro. 2 Fälle von Sarkom der inneren Organe mit
eigenartiger Lokalisation und klinischem Verlauf.
(Wratsch 1897. No. 42—43. [Russisch.])
1) Primäres Spindelsellensarkom im Duodenum mit Lebermetastase. 23jähriger
Mann, etwas über 1 Jahr krank. Beständig zunehmende Schwäche, im Anfang
kolikartige Schmerzen in der Lebergegend, leichter Ikterus, später geringe Magen-
Darmstörungen. HCl fehlt, ziemlich viel Milchsäure. Die Geschwulst über dem
Nabel wuchs rasch und wurde faustgroß. In der letsten Zeit einige Mal Tempe-
ratursteigerungen bis 40°. Probelaparotomie (Prof. Tiling), wobei man scheinbar
ein Pankreascareinom oder -Sarkom fand, das inoperabel war; Tod an zunehmender
Schwäche. Sektion: Duodenum zwischen Magen und Gallengang erweitert, hintere
und obere Wand sarkomatös entartet. Im rechten Leberlappen eine kindskopf-
große, im Centrum szerfallene Metastase. Drüsen unbetheiligt. In einer Nach-
schrift berichtet 8. über einen bald darauf angetroffenen ähnlichen Fall: 36jährige
Frau, 2 Monate krank. Schwäche, Stuhlverhaltung; Ikterus, Erbrechen seit einer
Woche. Höchste Temperatur 38°. Tod nach 18 Tagen. Sektion: primäres exul-
cerirtes Lymphosarkom im Duodenum, unter dem Vater’schen Gang, thalergroß;
Metastasen in Pankreas, Lymphdrüsen, im Gallengang, in Nieren, Becken, Media-
stinum, Lungen, unter der Kopfhaut. In der russischen Litteratur fand Verf.
2 Fälle von Duodenumsarkom bei Eiger (Botkin’s Hospitalzeitung 1895
No. 42—43, russisch); doch ist der Ursprung vom Duodenum zweifelhaft, da in
beiden Fällen viele andere Organe befallen waren.
2) Multiple Sarkomatose mit beiderseitigem hochgradigem Exophthalmus,
Lidödem und Sehschwäche, verursacht durch symmetrische Geschwulstknoten in
beiden Augenhöhlen. 17jähriger Jüngling, 3 Monate krank. Vor 6 Jahren Schnitt-
wunde am Vorderarm mit starker Blutung, darauf Anämie; die letzten 2 Jahre
litt Pat. an einem Bandwurm, von dem er erst vor 1 Monat befreit wurde. Bei
der Sektion fand man viele Knoten unter der Haut, in der Dura, im Mediastinum,
unter dem visceralen Perikard (doch keine einzige Metastase unter dem parietalen
Perikard) und in einigen Drüsen. Das primäre Sarkom glaubt 8. in der Glan-
dula thymus gefunden zu haben. 6Gückel (B. Karabulak, Saratow).
XXVII. Kongress
Ges ;
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie.
Der XXVII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie findet vom
13. bis 16. April in Berlin statt.
Die Begrüßung der zum Kongresse sich versammelnden Mitglieder geschieht am
Dienstag den 12. April, Abends von 8 Uhr ab, im Hótel de Röme (Charbottenstr.
No. 44/45).
Die Eröffnung des Kongresses findet Mittwoch, den 13. April, Vormittags
10 Uhr, im Langenbeck- Hause statt. Während der Dauer des Kongresses
werden Morgensitzungen von 10—1 Uhr und Nachmittagssitzungen von 2—4 Uhr
daselbst gehalten.
Die Vormittagssitzung des Mittwoch (13. April) und die Nachmittagssitzung des
Freitag (15. April) sind zugleich Sitzungen der Generalversammlung.
Die Generalversammlung wird in ihrer ersten Sitzung über eine auf dem vor-
jährigen Kongress in Aussicht genommene Statutenänderung zu beschließen. haben
(vgl. Verhandlungen der deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 26. Kongress, I. p. 8).
Die vorgeschlagene Abänderung besteht darin, dass in $ 8 der Statuten hinter den
Worten »5. einen Kassenführer« die Worte eingeschoben werden sollen »6. den frühe-
ren Vorsitzenden .«.
208 Centralblatt für Chirurgie. No. 7.
In der zweiten Sitzung der Generalversammlung, am Freitag Nachmittag, fin-
det die Wahl des Vorsitzenden für das Jahr 1899 statt.
Von auswärts kommende Kranke können im Königl. Klinikum (Berlin N.,
Ziegelstraße No. 5—9) Aufnahme finden; auch können Präparate, Bandagen, In-
strumente etc. ebendahin gesandt werden. Wenn ausreichende Anmeldungen einlau-
fen, wird eine Ausstellung von Röntgen- Photogruphien stattfinden.
Ankündigungen von Vorträgen und Demonstrationen bitte ich so bald als mög-
lich dem ständigen 1. Schriftführer, Herrn Geh. Med.- Rath Prof. Dr. Gurit
(Berlin W., Keithstraße No.6) zugehen zu lassen. Beiträge zur Statistik der Nar-
kosen sind ebendahin zu richten.
Herr Anders ist beauftragt und ermächtigt, Beitrüge zum Besten des Langen-
beck- Hauses, Zuwendungen für die Bibliothek, so wie die regelmäßigen Zahlungen
der Mitglieder entgegenzunehmen.
F. Trendelenburg,
Vorsitzender für das Jahr 1898.
Der XVI. Kongress für innere Medicin
findet vom 13.—16. April 1898 in Wiesbaden statt. Das Präsidium übernimmt
Herr Geh. San.-Rath Prof. Dr. Moritz Schmidt (Frankfurt a/M.).
Folgende Themata sollen zur Verhandlung kommen:
Am ersten Sitzungstage, Mittwoch den 13. April: Über den medicinisch-
klinischen Unterricht. Referenten: Herr Geh.-Rath Prof. Dr. v. Ziemßen
(München) und Herr Prof. Dr. R. v. Jaksch (Prag).
Am dritten Sitzungstage, Freitag den 15. April: Über intestinale Auto-
intoxikationen und Darmantisepsis. Referenten: Herr Prof. Dr. Müller
(Marburg) und Herr Prof. Dr. Brieger (Berlin).
Auf besondere Aufforderung des Geschäftskumites hat sich Herr Prof. Dr. Leo
(Bonn) bereit erklärt, einen Vortrag über den gegenwärtigen Stand der
Behandlung des Diabetes mellitus zu halten.
Folgende Vortrüge und Demonstrationen sind bereits angemeldet.
Herr Schott (Nauheim): Über chronische Herzmu skelerkrankungen.
— Herr van Niessen (Wiesbaden: Der Syphilisbac illus (Demonstration). —
Herr B. Laguer (Wiesbaden): Über den Einfluss der Milchdiät auf die
Ausscheidung der gepaarten Schwefelsüuren. — Herr Determann
(St. Blasien): Klinische Untersuchungen über Blutplätichen. — Herr
Weintraud (Wiesbaden): Über experimentelle Magenektasien.
Weitere Anmeldungen von Vorträgen nimmt der stündige Sekretär des Kon-
gresses, Herr San.-Rath Dr. Emil Pfeiffer, Wiesbaden, Parkstraße 9b,
entgegen.
Mit dem Kongresse ist eine Ausstellung von neueren ärztlichen
Apparaten, Instrumenten, Präparaten etc., so weit sie für die innere
Medicin von Interesse sind, verbunden. Besondere Gebühren werden dafür den Aus-
stellern nicht berechnet. Hin- und Rückfracht, Aufstellen und Wiedereinpacken,
so wie etwa nöthige Beaufsichtigung sind üblicher Weise Sache der Herren Aus-
steller. Anmeldungen und Auskunft bei Herrn San.-Rath Dr. Emil Pfeiffer
(Wiesbaden), Parkstruße 9b.
Originslmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergman, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
EE
Wöchentlich eine Nummer. . Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 8. Sonnabend, 26. Februar. 1898.
Inhalt: A. Landerer und C. Krämer, Die Desinfektion des Operationsfeldes. — II. C.
Lauenstein, Zur Technik der Schädeltrepanation mit Hilfe des Collin’schen Perforateurs
und der Gigli'schen Säge. (Original- Mittheilungen.)
1) Villaret, Handwörterbuch. — 2) Eulenburg, Encyklopädische Jahrbücher. —
3) Eulenburg, Real-Encyklopädie der gesammten Heilkunde. — 4) Kocher, 5) Rotter,
6) Zuckerkandl, Operationslehre. — 7) Roth’s Jahresbericht. — 8) Coustan, Militär-
chirurgie. — 9) Köhler, Allgemeine Kriegschirurgie. — 10) v. Bruns, Selbstladepistole.
— 41) Morgenroth, 12) Dupard, Herstellung aseptischer Verbandstoffe. — 13) Robert,
Pikrinsäure. — 14) Nicolai, Sanitätsdienst im Gefecht.
Karewski, Über »Abzüge« für Sterilisatoren im Operationssaal. (Original-Mittheilung.)
15) Pitot, Die Verwundeten vor Tananariv.. — 16) Senn, Kriegschirurgie bei den
Griechen und Türken. — 17) Haga, Kriegschirurgisches aus dem japanisch-chinesischen
Kriege. — 18) Seggel, 19) Fattie, 20) Duprez und Patry, 21) Le Dentu, Schädelschüsse.
— 22) Law, Skiaskopie. — Berichtigung.
(Aus dem Karl-Olga-Krankenhause in Stuttgart.)
I. Die Desinfektion des Operationsfeldes.
Von
Prof. A. Landerer, und Dr. C. Krämer,
Oberarzt. Volontärarzt.
Die Aufgabe, das Operationsfeld steril zu gestalten, hat bis jetzt
eine befriedigende Lösung nicht gefunden. So hat z. B. Lauen-
stein (Chirurgenkongress 1896), trotz mühsamer und umständlicher
Maßregeln, von 124 Fällen nur 49mal die Haut steril gefunden, also
in etwa 40%.
Wir nehmen an, dass die Mikroorganismen der Haut, in den
Hautfetten suspendirt, auf der Haut festgehalten werden. Diese
Annahme findet ihre Bestätigung darin, dass die Fett lösenden Des-
infektionsmittel sich — trotz mancher theoretischer Bedenken — in
der Praxis allein auf die Dauer bewährt haben. So behauptet
zweifellos die mechanische Entfernung der Hautbakterien mit Hilfe
fettlösender Mittel — das Abscheuern mit Seifenwasser, das Rasiren,
8
210 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
das Abreiben mit in Äther getauchter Watte — den ersten Rang in
der Desinfektion des Operationsfeldes, und es bleibt fraglich, ob der
meist üblichen Abwaschung des Operationsfeldes mit antiseptischen
Flüssigkeiten, Sublimatlösung u. dgl, eine wesentliche Bedeutung
zukommt. Die Bedeutung der Haut für das Zustandekommen der
Wundinfektion wird bisher entschieden unterschätzt. Ich gedenke
an anderem Orte darauf zurückzukommen. Die bisherige Haut-
desinfektion ist nur eine Oberflächendesinfektion. Nun wissen wir
aber, dass die Mikroorganismen nicht nur auf der Oberfläche der
Haut sich finden, sondern zum Theil ziemlich tief in die Drüsen der
Haut hinein vordringen. (Garre u. A.) Die hierin enthaltenen
Mikroorganismen machen sich besonders bei reichlicher Wundabson-
derung geltend durch Infektion der Wunde. Auch hierüber gedenke
ich an anderem Orte mich ausführlicher zu äußern. Diese in der
Tiefe sitzenden Hautmikroorganismen können nur durch ein Des-
inficiens getroffen werden, das auch in Gasform wirkt. Es lag nahe,
sich hierzu des Formalins zu bedienen. So haben wir seit August
1897 die Desinfektion der Haut mit 1 %iger Formalinlösung geübt.
Nachdem einige praktische Versuche sofort die Brauchbarkeit
des Verfahrens gezeigt haben, gingen wir auch zur bakteriologischen
Prüfung über. Diese wurde von Dr. C. Krämer ausgeführt an bis
jetzt etwa 30 Fällen. Hiervon hat sich nur in 4 Fällen Wachsthum,
und zwar 3mal nur in einzelnen Kolonien gezeigt. Man kann sagen,
dass in etwa 80—90% die Haut ganz steril blieb. Über die Methode
der bakteriologischen Untersuchung etc. wird Dr. Krämer noch
ausführlich berichten. Dem entsprechend haben wir in über 60 so
vorbereiteten Fällen nur 3mal eine Störung der Prima intentio ge-
habt, alle 3 Male bei Radikaloperation alter großer Hernien, wo sich
zurückgelassene Stücke des dicken, schwieligen Bruchsacks später
fieberlos aus dem Drainkanal abstießen.
Die Technik ist eine sehr einfache. Nach dem üblichen Rei-
nigungsbad und Seifenabreibung des ganzen Körpers wird die be-
treffende Stelle mit einer in 1%ige Formalinlösung getauchten Kom-
presse bedeckt, darüber kommt ein wasserdichter Stoff. — Schon von
6 Stunden an lässt sich die keimtödtende Wirkung erkennen; im
Durchschnitt haben wir die Umschläge 12—36 Stunden (unter 1- bis
2maligem Wechseln) liegen lassen. Lässt man das Formalin über
2 Tage wirken, so bekommt man eine Härtung der Haut, die sich
beim Hautschnitt bemerkbar macht. Auch scheint dann die prima
reunio sich zu verzögern. — Vor der Operation wird die übliche
Seifenabscheuerung, Rasiren und Ätherabreibung mit folgendem Ab-
waschen mit Sublimatlösung gemacht. Diese letztere Desinfektious-
methode allein hat uns nur ausnahmsweise Keimfreiheit der Haut
ergeben.
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 211
II. Zur Technik der Schädeltrepanation mit Hilfe des
Collin’schen Perforateurs und der Gigli’schen Säge,
Von
Oberarzt Dr. Carl Lauenstein, Hamburg.
Die Braatz’schen Vorschläge zu der Schädeltrepanation nach
Obalinski mit dem Perforateur nach Collin und der Gigli’schen
Säge (No. 3 dieses Blattes) kann ich noch durch ein zweckmäßiges
Verfahren ergänzen. Es betrifft die Durchführung des Fadens resp.
der Säge von einem Trepanationsloch zum anderen. Da alle präfor-
mirten Drähte, Sonden oder Kanülen zu viel Raum beanspruchen
innerhalb des Schädels, d. b. die Dura zu weit abdrängen, nament-
lich wenn die Trepanationslöcher weiter aus einander liegen, so em-
pfehle ich zu diesem Zweck die »Uhrfeler«, deren peripheres Ende
abgerundet und mit einem Öhr versehen ist. Man schiebt die Uhr-
feder, mit dem Faden versehen, die Konkavität nach aufwärts ge-
richtet, von dem einen Trepanloch in der Richtung zum andern.
Die Eigenschaft der Uhrfeder, dass sie nach der Fläche zu äußerst
biegsam ist, aber seitliche Deviationen nicht zulässt, macht sie so
geeignet, sich zwischen Knochen und Dura in gerader Richtung vor-
schieben zu lassen. Um die Richtung von dem ersten Trepanloch
nach dem andern einzuschlagen, bedarf es eben so wie bei der Ver-
wendung anderer Instrumente des Augenmaßes. Das Fadenende
wird mit der Pincette in dem zweiten Trepanloch in Empfang ge-
nommen und dazu benutzt, das Uhrfederende mit dem Öhr der
Gigli’schen Säge zu verknüpfen und diese beim Zurückziehen der
Feder mitzunehmen. Wenn man die Gigli’sche Säge langsam
durchzieht, bedarf man keiner Schutzvorrichtung für die Dura. Übri-
gens kann man auch mit Hilfe der Uhrfeder die Säge ganz gedeckt
durchführen, indem man im Verlauf der Uhrfeder noch ein Loch
anbringen lässt, sie dann weit aus dem zweiten Trepanloche heraus-
schiebt und die Säge mit dem Faden an jenes Loch geknüpft und
auf der konkaven Seite der Feder gelagert durchzieht. Mit Hilfe
der Uhrfeder gelingt es leicht, die Verbindung zwischen weit ent-
fernten Trepanlöchern — bis zu 7 und mehr Centimeter — herzu-
stellen.
Die Einwände, die Braatz gegen den Collin’schen Perforateur
erhebt, habe ich ebenfalls als richtig empfunden. Ich habe mir
daher die an und für sich praktische Trepankrone des Collin’schen
Instruments mit dem Griff des alten Bogentrepans, der dem prakti-
schen Griff des Drillbohrers der Zimmerleute entspricht, in Verbin-
dung bringen lassen und habe mir dadurch das relativ theuere In-
strument nicht bloß praktischer, sondern noch um die Hälfte billiger
gestaltet.
Di
212 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
1) A. Villaret. Handwörterbuch der Medicin. 2. gänzlich
neubearbeitete Auflage. Lfg. 1— 4.
Stuttgart, F. Enke, 1897.
Schon in der 1. vor 10 Jahren erschienenen Auflage hatten die
Verff. und der Herausgeber es verstanden, eine Fülle thatsächlichen
Materials in knapper Kürze zu geben und so auf verhältnismäßig
geringer Bogenzahl einen Gesammtüberblick des ärztlichen Wissens
in encyklopädischer Form darzubieten. Die neue Auflage erscheint
in kleinerem, handlicherem Format, ohne aber an Bogenzahl wesent-
lichen Zuwachs zu gewinnen. Sonach mussten einzelne Artikel ganz
fortbleiben, die meisten anderen aber noch knapper zugeschnitten
werden, um so mehr, als doch eine große Menge neuen Materials
Aufnahme findet. Auch das ist den zum Theil neu hinzugetretenen
Mitarbeitern geglückt, und man darf sagen, dass, wer überhaupt an
so kurzen Darstellungen Genüge findet, hier gut berathen ist. Stößt
ihm in der Praxis, in der Litteratur ein unbekannter Name auf, be-
gegnet er einem neuen Mittel, wünscht er kurze Auskunft über irgend
eine Frage aus unserer Wissenschaft, so wird er in dem Handwörter-
buch eine präcise, natürlich relativ kurze Auskunft erhalten, die den
Standpunkt des Wissens unserer Tage repräsentirt. Innerhalb von
etwa 2 Jahren soll das Werk vollendet vorliegen, dessen Ausstattung
eine gute ist. Richter (Breslau).
2) A. Eulenburg. Encyklopädische Jahrbücher der gesamn-
ten Heilkunde. VI. Jahrg.
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1897.
3) Derselbe. Real-Encyklopädie der gesammten Heilkunde.
Dritte, gänzlich umgearbeitete Auflage. Bd. XV.
Ibid. 1897.
Es ist gewiss richtig, beide Werke gleichzeitig anzuzeigen, nicht
nur weil sie von demselben Herausgeber geleitet werden, und weil
die Jahrbücher eine Ergänzung der 2. Auflage der Real-Encyklopädie
sind, sondern namentlich auch, weil mancher Artikel — z. B. ein
sehr fleißiger über Mediastinalgeschwülste — gleichzeitig in beiden
Werken erscheint, wie ganz recht: er ist nothwendig in der neuen
Auflage der Encyklopädie und vervollständigt den Wissensschatz der
2. Auflage.
Die Jahrbücher sind wieder bemüht, neben kürzerer Registrirung
neuester Fortschritte in dem ganzen Gebiet der Medicin einige
größere zusammenfassende Artikel über brennende Fragen zu geben.
z. B. Autoskopie, Frakturverbände, Magenchirurgie, Naht, Organ-
therapie, Reichsversicherungswesen, Röntgenstrahlen (mit einer An-
zahl guter Abbildungen ausgestattet). Eben so aber sind die Be-
arbeiter der Encyklopädie bemüht gewesen, die ihnen anvertrauten
Abschnitte weiter bezw. neu zu bearbeiten und in ihnen unser
zeitiges Wissen zu deponiren. Nennen möchte ich nur die Artikel
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 213
Mechanotherapie, Mikrocephalie und Missbildungen, letztere beide aus
der Feder Marchand’s, Milzchirurgie, Minenkrankheiten, Mittelohr-
affektionen. Richter (Breslau).
4; Th. Kocher. Chirurgische Operationslehre. 3. vielfach
umgearbeitete Auflage.
Jena, Gustav Fischer, 1897. 412 S. Mit 213 theilweise farbigen Holzschnitten
im Text.
Die vorliegende 3. Auflage des K.'schen Lehrbuches stellt aber-
mals eine wesentliche Erweiterung und, so weit es möglich war, auch
Verbesserung der früheren Auflagen vor. Was wir Rühmliches von
der 2. Auflage (s. dieses Centralblatt 1895 No. 12) gesagt haben,
können wir von der 3. in vollem Umfang wiederholen. Das Buch
hat trotz der Erweiterungen seinen streng subjektiven Charakter be-
halten. K. selbst hebt hervor, dass es ihm fern liegt, über alle Ope-
rationsmethoden, welche Empfehlung verdienen, Auskunft zu geben,
sondern es sei vielmehr seine Absicht, bloß diejenigen zu schildern,
welche er durch eigene Erfahrung als völlig bewährt und empfehlens-
werth erfunden habe. So larf man dem Autor keinen Vorwurf
machen, wenn er auch in der neuen Auflage eine Reihe von Ope-
rationen, die von der Mehrzahl der Chirurgen anerkannt und geübt
werden, nicht berücksichtigt.
Von den Neuerungen auf technischem Gebiet findet der Murphy-
sche Knopf volle Anerkennung; im Ganzen und Großen zieht K.
eine gut angelegte, doppelte, cirkuläre Naht immer noch einem
Murphyknopf vor; er giebt aber zu, dass der Murphyknopf sich noch
da sicher anlegen lasse, wo die Darm- und Magennaht zu große
Schwierigkeiten bietet. Dies ist ein Standpunkt, den heute wohl
die meisten auf diesem Gebiet erfahrenen Chirurgen einnehmen.
Eine eingehendere Berücksichtigung hätte nach unserer Meinung
in dem Kapitel über Anästhesirung die Infiltrationsanästhesie
nach Schleich verdient. K. übt zwar, wie wir auch selbst gesehen
haben, die lokale Anästhesirung durch Injektion von 1%iger Cocain-
lösung in Haut und Unterhautzellgewebe der Schnittlinie. Es giebt
dies Verfahren aber lange nicht die Resultate, welche wir erreichen,
wenn wir genau nach den Schleich’schen Vorschriften vorgehen
und größere Gebiete mit einer ungleich schwächeren Lösung (0,1%)
infiltriren. Die Schleich’sche Infiltrationsanästhesie ist nach der
Erfahrung des Ref. die einzige Methode der lokalen Schmerzbetäu-
bung, welche in ausgedehntem Maße innerhalb bestimmter Grenzen
die Inhalationsanästhesie vollkommen zu ersetzen vermag. Während
K. räth, die Lokalanästhesie da anzuwenden, wo in Folge von hoch-
gradigen Störungen der Herz-, Lungen-, Leber- und Nierenthätigkeit
so wie anderer Momente die Inhalationsnarkose besonders gefährlich
wird, möchten wir derselben einen viel breiteren Wirkungskreis zu-
weisen und Schleich vollkommen beistimmen, wenn er verlangt,
dass die lokale Anästhesie als das absolut ungefährliche Verfahren
214 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
überall da angewendet werde, wo es überhaupt mit Erfolg anzu-
wenden ist. Nur wo die lokale Anästhesie undurchführbar ist, kommt
die Inhalationsnarkose als das gefährliche Verfahren in Betracht.
Ref. übt nun seit bald 2 Jahren das Schleich’sche Verfahren
und hat damit wohl mindestens in !/, der Fälle — es handelt sich
vorwiegend um größere Eingriffe — die Inhalationsnarkose erspart.
Leider ist die Zahl der Fälle, in welchen wir doch zum Chloroform
oder Äther greifen müssen, immer noch groß genug.
Wir können uns nicht versagen, zum Schluss einen Passus aus
der Vorrede des K.’schen Buches anzuführen, der den vornehmen
Standpunkt des Autors kennzeichnet und von manchem der allzu
schneidelustigen Kollegen beherzigt werden sollte: »Seit der Chirurg
durch die antiseptische Wundbehandlung und zumal durch den Fort-
schritt von dieser zur aseptischen in den Stand gesetzt ist, die meisten
Operationen ohne Gefahr für das Leben durchzuführen, ist demselben
die andere Aufgabe wieder näher gelegt, viel mehr als früher der
Indikation eine Genüge zu leisten, eine rasche Ausheilung und ein
funktionell vollkommeneres Resultat zu erzielen. Die Technik
der Operationen hat in dieser Richtung eine erhöhte Bedeutung be-
kommen. Gerade weil zur Stunde Operationen selbst bei falscher
Beurtheilung eines Falles ungestraft ausgeführt werden können, so
weit es sich um das Leben des Kranken handelt, wird man einen
strengeren Maßstab anlegen müssen in Beurtheilung der Indikation
für bestimmte Operationsmethoden und des funktionellen Erfolges
derselben. Wenn die Ärzte nicht daran festhalten, so läuft die
Chirurgie Gefahr, wieder auf den Standpunkt des Handwerks zur
Zeit der Bruchschneider und Staarstecher herabzusinken, wofür in
einzelnen Ländern schon recht bedenkliche Anzeichen vorhanden sind.«
Mikulicz (Breslau).
5) E. Rotter. Die typischen Operationen und ihre Übung
an der Leiche. 5. Aufl.
München, 1899. XI u. 380 S. Mit 115 Abbildungen.
Das anerkannt gute Buch erscheint in etwas größerem, immer
noch sehr handlichem Format und ist ein wenig gesperrter gedruckt
als bisher. Wo es erforderlich, sind Neuerungen aufgenommen wor-
den — z. B. betr. Arteriennaht, Blutstillung, Amputationen, Lokal-
anästhesie, Lumbalpunktion, Deckung von Kehlkopf- und Tracheal-
defekten, Brust- und Herzwunden, Kastration bei Prostatahyper-
trophien; fortgelassen ist das veraltete Ogston’sche Verfahren bei
Genu valgum. Bei den Hämorrhoiden wird allein die Behandlung
mit der Glühhitze berücksichtigt, bei der Hüftexartikulation das
Verfahren von Wyeth, das auch bei uns gute Erfolge erzielt, nicht
erwähnt, bei der Herniotomie vermisst man die Durchtrennung des
Schnürringes von der Bauchhöhle aus unter der Leitung des Auges.
Kleine Mängel, die in Auflage 6 ausgeglichen werden dürften.
Richter (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 215
6) O. Zuckerkandl. Atlas und Grundriss der chirurgischen
Operationslehre.
(Lehmann’s med. Handatlanten Bd. XVI. 400. S., 24 farbige Tafeln, 207 Abbil-
dungen im .Text. München 1897.)
Das Buch soll dem elementaren Unterricht der Operationslehre
dienen und daher diejenigen Operationsgruppen, deren Übung an
der Leiche das Fundament des praktischen Unterrichts bilden, aus-
führlich erörtern und in ihren markanten Phasen bildlich darstellen.
Bei den sonstigen Operationen, deren Ausführung lediglich dem
Chirurgen von Fach anheimfällt, und deren Übung am Kadaver
minder wichtig erscheint, hat sich. Verf. absichtlich mit einigen orien-
tirenden Bemerkungen beschieden.
Die Abbildungen, ein Haupttheil des Buches, lassen wenig zu
wünschen übrig. Immerhin ist es fraglich, ob die den Preis er-
höhenden bunten Tafeln der Gefäßunterbindungen mehr leisten,
als gute Holzschnitte; ich möchte das bezweifeln. v. Esmarch, der
in der 1. Auflage seiner kriegschirurgischen Technik bunte Tafeln
brachte, hat sie in den späteren Auflagen durch Holzschnitte ersetzt.
Verzeichnet erscheint in Fig. 97 (Gritti’sche Amputation) die Lage
der Oberschenkelsägefläche, und in Fig. 158, Rhinoplastik, ist die
Stirnwunde entschieden zu klein gerathen.
Eigenartig ist die Anordung des Stoffes. Die Unterbindungen
handelt Verf. nicht hintereinander ab, sondern gemeinsam nur die
an den Extremitäten, während er die übrigen erst bei der Behand-
lung der einzelnen Körperabschnitte bringt, was man immerhin gelten
lassen kann. Weniger folgende Reihenfolge bei den Operationen
an den Bauch- und Beckenorganen: 1) Operationen an Magen und
Darm; 2) am Gallensystem, 3) am Blinddarm und Wurmfortsatz,
4) an den Harnorganen, 5) an der Prostata, den Samenbläschen
und dem Vas deferens, 6) an den Hernien, 7) an den Nieren,
8) am Mastdarm.
Den Text im Ganzen betreffend, so erscheint derselbe da, wo
er nur in orientirenden Bemerkungen bestehen soll, nicht selten so
kurz, dass der Anfänger sich daraus kein klares Bild von der Opera-
tion machen kann; beispielsweise bei der temporären Oberkiefer-
resektion. Die Beschreibung der Pylorusresektion fehlt ganz, während
die Exstirpation der Samenblasen genauer beschrieben wird.
Auf einzelne Kleinigkeiten sei noch hingewiesen: die Ver-
wechslung der Plattennaht mit der Schrotkugelnaht; — dass nach
Eröffnung eines Hirnabscesses der austrepanirte Knochen wieder in
den Defekt eingefügt und die Wunde durch Naht verschlossen werden
soll; — dass es eine alte Regel sei, beim Bauchstich niemals die
gesammte im Bauchraum angesammelte Flüssigkeit ablaufen zu lassen;
— dass man als Urethrotomia externa die Eröffnung der Harnröhre
durch Schnitt von den Bauchdecken her bezeichne! — Letzteres sicher
ein Lapsus calami. Diese geringen Ausstellungen wollen nur als
Wünsche für Änderungen in einer 2. Auflage "angesehen werden.
216 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
Die Konkurrenz ist gerade auf diesem Felde schwer; denn wir be-
sitzen in Deutschland eine Anzahl trefflicher, auch mit Abbildungen
gut ausgestatteter Operationslehren angesehenster Chirurgen, neben
denen sich den Platz zu erobern und bewahren nicht leicht fällt.
Richter (Breslau).
7) W. Roth’s Jahresbericht über die Leistungen und Fort-
schritte auf dem Gebiet des Militär-Sanitätswesens. XXII. Jhrg.
Bericht über das Jahr 1896. Hrsg. von der Redaktion der
Deutschen militärärztl. Zeitschrift.
Berlin, Mittler & Sohn, 1897. 211 S.
Etwas später als sonst ist der genannte Jahresbericht erschienen,
welcher wieder eine große Zahl von Arbeiten bespricht, die in mehr
oder weniger engem Zusammenhang mit den an die Militärärzte im
Speciellen herantretenden Aufgaben stehen. Namentlich in dem
Kapitel »Chirurgie« findet sich auch Vieles von allgemeinerem Inter-
esse, wie auch in dem mehr statistischen Theile und dem mehr über
organisatorische Fragen handelnden Abschnitte.
WERE Lühe (Königsberg i/Pr.).
8) Coustan. Aide mémoire de chirurgie militaire,
{Manuel du med. militaire 1897. Vol. II.)
In 2 getrennten Abschnitten behandelt C. die äußerlichen Krank-
heiten des Soldaten und die Traumen seines Berufes. Er beginnt
die Darstellung der ersteren mit der der Ampoule, des »Wundlaufens«
des deutschen militärztlichen Rapportschemas, weiß aber natürlich
eben so wenig, wie andere Schriftsteller, zur Vermeidung dieses die
Heere im Kriege oft so furchtbar schädigenden Leidens durchschlagende
prophylaktische Maßregeln anzugeben. Gutsitzende, wechselbare Fuß-
bekleidung und peinliche Sauberkeit vermögen das »\Vundlaufen«
nicht völlig aus der Welt zu schaffen.
Hinsichtlich der übrigen durch das Marschieren erzeugten Krank-
heiten des Fußes und Unterschenkels unterscheidet C. 5 Arten: die
Talalgie, die Tarsalgie, die Syndesmitis metatarsea, entorse metatar-
sienne, die Tenositis oder Ai er@pitant und endlich noch eine Perio-
stitis am Schienbein durch Anstrengung. Während sich die erstere
aus einer Summe geringer Kontusionen der Ferse zusammensetzt, hat
die Tarsalgie eine doppelseitige Form, die bei jungen Leuten auf-
tretende Schwäche der plantaren Bänder und eine für den Militär-
arzt wichtigere einseitige Form, welche durch schlechte Haltung des
Fußes, meistentheils in Folge von Wundlaufen, hervorgebracht wer-
den und durch Schmerz und Sghwellung in der Mitte der Fußsohle
bezeichnet sein soll. Die Syndesmitis metatarsea sull eine entzünd-
liche Anschwellung der 3 mittelsten Metatarsalknochen, am häufig-
sten des zweiten unter Freibleiben des 1. und 5., darstellen. End-
lich wird die Tenositis und Synovitis tendinea oder Ai crcpitant als
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 217
eine Synovitis geschildert, welche ihren hauptsächlichen Sitz ober-
halb der Sehnenscheiden des Fußgelenks vom am Unterschenkel
haben soll. Diese Darstellung lässt das Verhältnis des Plattfußes zu
den Marschkrankheiten ganz unberücksichtigt, erscheint sehr sche-
matisch; das, was in Deutschland als »entzündlicher Plattfuß« be-
zeichnet wird, findet in ihr nur schwer eine Unterkunft. Der Platt-
fuß selbst erfährt keine Beschreibung.
Die Hernien scheinen in der französischen Armee erheblich
weniger häufig zu sein, als in der deutschen, und gilt dies in wohl
noch höherem Grade von den Varicen der unteren Gliedmaßen und
namentlich den Varicocelen,- welche letztere auch in Amerika und
England eine weit größere Zahl von Dienstunbrauchbarkeitserklärungen
veranlassen, als in Frankreich. C. ist geneigt, die Rasse dafür ver-
antwortlich zu machen.
Bei Erörterung der Furunkulose und des Ekthyma des Kavalle-
risten begegnen wir der durchaus richtigen Auffassung, dass eine
wichtige Schädlichkeit für den letzteren der Pferdestaub ist, und dass
Unreinlichkeit des Körpers und der militärischen Bekleidungsstücke,
zumal auch der Halsbinden, der Entstehung dieser Hautleiden wesent-
lich Vorschub leisten. Ausgehend von den gleichen Voraussetzungen,
ist das Streben der deutschen Militärärzte, abgesehen von den auch
von C. empfohlenen Bädern im Sommer und Winter, besonders auf
die Durchführung sorgfältigster Desinfektion der den neueingestellten
Soldaten übergebenen Kleider gerichtet.
Gegen den in Afrika häufigeren Biss der Viper wird neben dem
sofortigen Ausbrennen und der kreuzweisen Incision durch die Biss-
wunde die subkutane Anwendung einer Lösung 1:100 von hyper-
mangansaurem Kali als wirksam empfohlen. Für so gefährlich, wie
die Araber annehmen, hält C. den Biss der Viper nicht, doch muss
jegliche Behandlung spätestens 10—15 Minuten nach der Verletzung
beginnen. Verf. hofft, dass es gelingen werde, ein immunisirendes
Gegengift herzustellen oder durch allmählich steigende Einspritzung
des Giftes Gewöhnung zu erreichen. Auf beiden Wegen haben fran-
zösische Forscher in neuester Zeit Erfolge gehabt, indem sie theils
erwärmtes Schlangengift selbst, theils erwärmtes Blut der Thiere zu
Einspritzungen verwandten.
Zuweilen gerathen Soldaten besonders in wärmeren Gegenden
dadurch in Gefahr, dass sie in unreinem Wasser junge Individuen
der Pferdeigel verschlucken, diese sich im Schlund oder in den
oberen Luftwegen festsetzen, durch Aufnahme von Blut sich ver-
größern und Erstickungsanfälle veranlassen. Kann man die Thiere
nicht abreißen oder durch Einblasen von chlorsaurem Kali zum Los-
lassen zwingen, so kann gelegentlich auch Veranlassung zu einer ope-
rativen Eröffnung der Luftwege vorliegen.
Bei Besprechung der Traumen im militärischen Leben weist C. auf
die große Zahl der durch solche veranlassten Todesfälle und dauern-
den Schädigungen hin, welche jährlich den Ergebnissen einer kleinen
gtr
218 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
Schlacht gleichkommen. Es würde zu weit führen, auf die Statistik
dieser Verletzungen des Näheren einzugehen; nur auf die der Frak-
turen und Luxationen sei hingewiesen, welche sich über Jahre er-
streckt und daher über größere Zahlen — nämlich 3157 Frakturen,
564 Luxationen — verfügt. Sie werden nach ihrer Veranlassung,
nach ihrem Sitz, ihrer Vertheilung auf die verschiedenen Truppen-
gattungen betrachtet. Die Thatsache, dass sich aus anscheinend ge-
ringfügigen Verletzungen der Gelenke, Verstauchungen, oft schwere
Gelenkkrankheiten entwickeln, wird mehrfach hervorgehoben.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
9) R. Köhler. Die modernen Kriegswaffen. Ihre Entwick-
lung und ihr gegenwärtiger Stand, ihre Wirkung auf das
todte und lebende Ziel. Ein Lehrbuch der allgemeinen
Kriegschirurgie. I. Theil.
Berlin, 1697. VIII u. 207 8.
Wir haben es hier mit dem 1. Abschnitt eines breit angelegten
Werkes zu thun; denn es ist nicht nur eine allgemeine, sondern auch
eine specielle Kriegschirurgie in Aussicht gestellt. Entschieden ist
Verf. durch seine langjährige Wirksamkeit gerade auf diesem Felde —
als Professor der Kriegsheilkunde an der Wilhelms-Akademie für das
militärärztliche Bildungswesen in Berlin — wie durch seine reichen
chirurgischen Erfahrungen besonders geschickt für eine solche Ar-
beit und hat sich durch fleißige Litteraturstudien dazu in gelehrtester
Weise vorbereitet.
Verf. beginnt sein Werk mit einigen historischen Kapiteln über
die Entwicklung der treibenden Kräfte bei den Fernwaffen und über
die Entwicklung der Handfeuerwaffen, um dann über das neueste
Gewehr und sein Geschoss und im 4. Kapitel über die Entwicklung
der Artilleriewaffe bis in die Gegenwart zu sprechen. Ref. hält das
genaue Eingehen auf diese historische Seite für durchaus im Inter-
esse eines Jeden, der sich intensiver mit der Lehre von den Schuss-
verletzungen beschäftigen will, weil das verletztende Moment nament-
lich in unserem Jahrhundert die gewaltigsten Änderungen in der
Gestalt, dem Durchmesser, der Härte, Bewegungsform und -Größe
durchgemacht hat, die natürlich die durch dasselbe gesetzten Ver-
letzungen charakteristisch verändern mussten, so dass Schusswunden
aus dem Krimkriege solchen aus dem Kriege 1870/71 oder gar aus
der neuesten Zeit durchaus nicht gleichwerthig zu achten sind, pro-
gnostisch wie therapeutisch ganz anders beurtheilt werden wollen.
Namentlich die Verhältnisse der ersten Hilfe auf dem Schlachtfeld
haben sich durchaus verändert, wie Jedem verständlich, der sich nur
klar macht, dass noch in den Freiheitskriegen die wirksame Schuss-
weite der Gewehre nur bis 160 m gerechnet wurde, in der Mitte
des Jahrhunderts bis auf höchstens 250 m geschossen wurde, dass
die Kugel aus Weichblei von etwa 15 mm Kaliber der bestimmten
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 219
Führung entbehrte, dass auch das Geschoss des dann eingeführten
Zündnadelgewehrs, mit dem Preußen seine letzten Kriege geführt
hat, von 13,6 mm Kaliber und einer Anfangsgeschwindigkeit von
300 m! nur eine wirksame Schussweite von 600 m hatte. Und dem
gegenüber jetzt Gewehre, mit denen man in der Minute bis 25 Schüsse
zielend abgeben kann, deren cylindrisch ogivalen gepanzerten Hart-
bleigeschosse ein Kaliber von 8—6,5 mm, eine Anfangsgeschwindig-
keit von 600—700 m und mehr haben, die, indem sie sich in der
Sekunde mehr als 2500mal um ihre Längsachse drehen, eine großeStetig-
keit des Fluges, bedeutende Rasanz, eine Schussweite bis zu 4000 m
und noch auf über 2000 m eine gewaltige Zerstörungskraft besitzen.
Obwohl diese Anderungen in dem ätiologischen Moment der Schuss-
verletzungen klarer vor Augen liegen und genauer studirt sind, als
auf irgend einem anderen Gebiet der Chirurgie, werden die Ab-
schnitte der Bücher, die diese Verhältnisse behandeln, doch als histo-
rischer Ballast leider viel zu wenig beachtet und studirt; und nicht
viel anders steht es mit den Kapiteln über »die Lehre vom Geschoss-
fluge« (Kapitel V), so nothwendig auch deren Kenntnis namentlich
für den Militärarzt ist.
Die größte Beachtung dürfte dem 6., interessantesten Kapitel ent-
gegengebracht werden, das die Theorie der Geschosswirkung behandelt.
Auf die Bearbeitung dieser ist von den Kriegschirurgen der ver-
schiedensten Länder seit den Beobachtungen von sogenannten Explo-
sionsschüssen viel Mühe verwendet worden, wesentlich also seit der
Einführung des Chassepotgewehrs, von dem man bei Nahschüssen
gewaltige, zunächst schwer erklärliche Zerstörungen der getroffenen
Körpertheile hervorbringen sah. Nur vereinzelt hatte man solche
auch im Krimkrieg und dem Italienischen des Jahres 1859 beob-
achtet, gekannt waren nur schon seit viel längerer Zeit die umfang-
reichen Zerstörungen, die der Schädel bei Schüssen auf geringe
Entfernung erlitt. Es ist bekannt, wie namentlich die letzteren Er-
fahrungen zu Schießversuchen gegen flüssigkeitsgefüllte Gefäße Ver-
anlassung gaben, und als deren Folge die Theorie von der Wirkung
des Stoßes in Flüssigkeit Annahme fand, die man als eine modificirte
hydraulische Wirkung bezeichnete, in so fern der Stoß bezw. Druck der
Flüssigkeit in der Richtung des Geschossfluges heftiger sei als seit-
lich oder gar ihr entgegen. Da der Ausdruck hydraulischer Druck
der exakten Anschauung des Physikers nicht entspricht, ist es sicher
richtig, wenn er durch einen anderen, etwa hydrodynamische Druck-
wirkung oder auch feuchte Sprengung, hydrodynamische Sprengung
ersetzt wird. Es ist nur immer im Auge zu behalten, dass — wie
natürlich — sich die Erscheinungen dieser Wirkung mit den zu den
Experimenten verwendeten Gewehren und Geschossen auch geändert
haben, dass es unter Anderem nicht richtig ist, wenn man neuer-
dings behauptet, beim Schießen gegen solche füssigkeitsgefüllte Ziele
1 Auf p. 117 irrthümlich auf 430—460 m angegeben.
220 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
werde immer ein Ein- und ein Ausschuss gefunden, dass vielmehr
bei der Verwendung langsamer fliegender Geschosse das Ziel an der
dem Einschuss gegenüber liegenden Seite schon aus einander gerissen
war, ehe das Geschoss sie erreichte, offenbar in Folge des verhältnis-
mäßig langsamen Vordringens des relativ großen, durch Deformirung
sich wohl noch verbreiternden Geschosses.
Verf. analysirt genau die verschiedenen bei der Geschosswirkung
in Thätigkeit tretenden Kräfte, sowohl die des zerstörenden Geschosses
wie die des getroffenen Zieles, welch beide ja eine reciproke Wirkung
auf einander ausüben. Er kommt dabei zu der Ansicht, dass bei
schnellst einwirkender Gewalt die — in einer Kapsel eingeschlosse-
nen — Wassertheilchen nicht die nothwendige Zeit zum Ausweichen
finden, so dass sich die Labilität der kleinsten Theilchen nicht be-
thätigen kann, und somit die Stoßwelle durch das Wasser wie durch
einen festen inkompressibeln Körper hindurchgeht, nur ungleich
schneller und intensiver, da Wasser ein sehr homogener Körper sei.
Anders ausgedrückt: ein Geschoss, mit einer gewissen Geschwindig-
keit begabt, hebt beim Auftreffen auf Wasser dessen physikalische
Eigenschaft, d. h. die leichte Labilität seiner Theilchen, auf und
stempelt es gleichsam — ohne Änderung seines Aggregatzustandes
— zum festen Körper. In Ausführung dieses allgemeinen Satzes
schließt Verf. dann: »die Explosiverscheinungen bei Schädelschüssen
beruhen auf keilförmiger Zerstörung desselben durch ein mit sehr
hoher Geschwindigkeit begabtes Geschoss; ermöglicht wird dieser
Vorgang dadurch, dass gegenüber der Geschwindigkeit des Geschoss-
fluges die Wassertheilchen des Schädelinhalts ihre Labilität nicht be-
thätigen können«. Die Richtigkeit der hier wiedergegebenen Hypo-
these des Verf. wie ihrer Anwendung speciell zur Erklärung von eigen-
artigen Schädelschüssen kann durchaus zugegeben werden — Physiker
müssen erforschen, ob sie volle wissenschaftliche Gültigkeit hat —;
immerhin kann sie aber nur zur Erklärung der Wirkung allerschnellst
liegender Geschosse herangezogen werden, wie sie bis vor Kurzem
noch gar nicht zur Anwendung kamen, während die kolossalsten
Zersprengungen des Schädels durch Kleingewehrgeschosse doch recht
alten Datums sind, sicher erzeugt wurden durch Geschosse, deren
Geschwindigkeit geringer als die der Fortpflanzung des Schalles war.
So lange das Geschoss diese nicht erreicht, dürfte zur Erklärung
seiner mechanischen Wirkung auf den Schädelinhalt der hydro-
dynamische Druck seinen Werth behalten.
Jedenfalls müssen wir dem Autor dankbar dafür sein, dass er
auch diese theoretische Seite der Schusswirkungen weiter zu führen
gesucht, überhaupt seinem im Erscheinen begriffenen Werk das
hier vorliegende gediegene wissenschaftliche Fundament gegeben hat,
auf dem er das Gebäude der praktischen Kriegschirurgie sicher und
harmonisch in hoffentlich rascher Arbeit aufbauen wird.
Richter (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 221
10) v. Bruns. Über die Wirkung und kriegschirurgische
Bedeutung der Selbstladepistole System Mauser.
(Sonder-Abdruck aus Beiträge der klinischen Chirurgie red. von P. Bruns
Bd. XIX. Hft. 2. Tübingen 1897. 52 8. 6 Abb. im Text. 11 Tafeln.)
Der bis jetzt in der deutschen Armee eingeführte Revolver ent-
spricht nicht den Ansprüchen, die man an eine moderne kurze Hand-
feuerwaffe zu stellen berechtigt ist. Zwar ist nach Schießversuchen
des Verf. sein Geschoss im Stande, aus der Nähe sehr schwere
Verletzungen mit ausgedehnter Zersplitterung der stärksten Knochen
und Zerreißung der Weichtheile zu erzeugen, ja selbst auf 100 m
Entfernung noch starke Knochen des menschlichen Knochens zu
durchschlagen. Aber schon auf kurze Entfernung ist die Treffsicher-
heit der Waffe eine geringe, was allein sie wenig brauchbar macht,
ganz abgesehen von einer Anzahl anderer ihr anhaftender Nachtheile.
Sie zu ersetzen, hat Mauser eine sogenannte Selbstladepistole herge-
stellt, d. h. einen Mehrlader mit Kastenmagazin, bei dem die gesammte
Bedienung der Waffe selbstthätig geschieht, nur das Magazinfüllen,
das Zielen und Abziehen der willkürlichen Thätigkeit des Schützen
vorbehalten bleibt. Der Lauf der Pistole — von der die Arbeit eine
Anzahl sehr genauer Abbildungen giebt — ist 14 cm lang, hat ein
Kaliber von 7,61 mm und 4 Züge. Ein geübter Schütze kann aus
ihr in der Sekunde 6—7 Schuss verfeuern, einschließlich der wieder-
holt nothwendigen Füllung des Magazins mit je 10 Patronen, in der
Minute 80 gezielte Schüsse. Die zu ihrem Tragen bestimmte hölzerne
Anschlagetasche lässt sich mit der Pistole zu einer Art Karabiner
vereinen, wodurch die Trefffähigkeit der Waffe eine ungemeine
Steigerung gewinnt. Das Geschoss besteht aus Hartbleikern und
Stahlmantel, wiegt 5,5 g. Seine Anfangsgeschwindigkeit beträgt
425 m, seine Endgeschwindigkeit auf 1000 m noch 115 m. Im All-
gemeinen entspricht die Geschossarbeit der Pistole an der Mündung
etwa der unseres Gewehres Modell 88 auf 1000 m Entfernung;
die auf 200 m der des Gewehres auf 2000 m. Die Trefffähigkeit ist
eine verhältnismäßig sehr große, eben so die Durchschlagskraft
der Geschosse, wovon sich B. durch viele, stets mit voller Ladung
ausgeführte Schießversuche überzeugt hat. So wurden bei einem
eben getödteten Pferde noch auf 50—100 m Entfernung alle getrof-
fenen Knochen durchschlagen und zersplittert, und selbst auf 200 m
Entfernung drang das Geschoss durch einen Brustwirbel und die
starke Rückenmuskulatur hindurch. Die sich an diese erste Reihe
anschließende zweite Reihe von Versuchsschüssen — gegen die Ex-
tremitäten menschlicher Leichen — erhält dadurch ein ganz be-
sonderes Interesse, dass hier zum ersten Mal die Ergebnisse mittels
Durchleuchtung der gewonnenen Präparate durch Röntgenstrahlen
festgestellt wurden; treffliche Skiagramme solcher Untersuchungen
sind der Arbeit beigegeben, neben 6 weiteren Tafeln mit vorzüglichen
Abbildungen gewonnener Knochenpräparate. Auch bei diesen Ver-
suchen ergab sich wieder die Übereinstimmung mit den s. Z. von der
222 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
Medicinalabtheilung des Preussischen Kriegsministeriums mit voller
Ladung angestellten Schießversuchen dahin, dass die Wirkung der
Selbstladepistole gegenüber den Extremitätenknochen auf 10—200 m
der des Infanteriegewehrs auf 1000—2000 m entsprach. Zeichen
von hydraulischer Sprengwirkung — mit Rückwirkung auch in der
Richtung gegen den Schützen hin — hat das Skiagramm nie ergeben.
Bei den Schüssen bis auf 50 m Entfernung fand sich in der Mehr-
zahl der Fälle unmittelbar hinter den Knochen gegen den Ausschuss
hin ein Zertrümmerungsherd in den Muskeln, erzeugt durch Knochen-
splitter, doch höchstens walnussgroß; sie fehlte stets bei den Schüssen
auf 100—200 m; hier war die Ausschussstrecke glatt und eng oder
etwas erweitert und enthielt nur zuweilen feinsten Knochengruß,
wie bei den Gewehrschüssen auf 1600—2000 m Entfernung.
Epiphysenschüsse zeigten meist erhebliche Splitterung, nur
einige setzten Lochschüsse, die noch dazu fast immer am Ausschuss
durch Randsplitterung auf 20—40 mm Durchmesser erweitert waren.
Schüsse auf den nicht enthimten Schädel wiesen bis auf 100 m
Distanz Sprengwirkung auf; im Ganzen entsprach auch hier die
Wirkung der Pistole auf 10—100 m der des Gewehres auf etwa
1000—1600 m.
Endlich ist, zum Beweis der gewaltigen Durchschlagskraft der
Pistole, zu erwähnen, dass das Geschoss auf 10—50 m Entfernung
den Rumpf zweier hinter einander aufgestellter Leichen durchbohrte,
um erst im dritten stecken zu bleiben, wie dass es auf 400 m Ent-
fernung den Oberarm mit Zerschmetterung des Knochenschaftes durch-
schlug und in der zweiten Leiche noch die Lendenmuskeln durch
einen 1 cm langen Schusskanal durchbohrte, ohne stecken zu bleiben.
Nach alledem ist die Selbstladepistole vermöge ihrer Handlich-
keit, ihrer bequemen Verwendbarkeit, des kaum wahrnehmbaren Rück-
stoßes, der Möglichkeit für den Schützen, während 10 Schüssen das
gewonnene Ziel unverrückt im Auge zu behalten, vor Allem aber der
Trefffähigkeit, Treffsicherheit und Durchschlagskraft eine Handwaffe
ersten Ranges. Im Übrigen ist ceteris paribus die Übereinstimmung
der B.’schen Schießresultate mit denen der preußischen Medicinal-
abtheilung des Kriegsministeriums hervorzuheben.
Richter (Breslau).
11) Morgenroth (Tilsit). Über improvisirtes Sterilisiren von
Verbandstoffen.
{Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1897. November.)
12) Dupard. De l’asepsie et de l’antisepsie dans les in-
firmeries regimentaires.
(Arch. de med. et de pharm. militaires 1897. Oktober-November.)
Beide Arbeiten bemühen sich, einfache, womöglich improvisirbare
Apparate zur Zubereitung aseptischer Verbandstoffe herzustellen, wobei
allerdings die Ziele verschieden sind. Während nämlich der franzö-
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 223
sische Militärarzt hauptsächlich die Friedenseinrichtung der Truppen-
infirmerie zu aseptischer Behandlung der Verletzten in Stand setzen
und ihren Wirkungskreis erweitern will, hat der deutsche Sanitäts-
officier in erster Linie Feldverhältnisse im Auge. Jener erzeugt mit
einem Petroleumkocher Erhitzung der Verbandstoffe in trockener Luft
bis zu 150° C., dieser benutzt einen großen Kessel, wie er zu Wasch-
zwecken in jeder größeren Haushaltung zu finden ist, zur Erzeugung
von Dampf, durch welchen die Sterilisation der Stoffe leicht zu be-
wirken ist. Da es M. nach den Untersuchungen von Frosch und
Clarenbach besser erscheint, den Dampf von oben in die zu sterili-
sirenden Stoffe hinein zu leiten, so konstruirt er eine Blechtrommel
mit Löchern am oberen Rand und einem Rohr am Boden, welches
den durch jene einströmenden Dampf nach außen ableitet.
Nach Ansicht des Ref. ist es, wenn man die Asepsis in die
Kriegsthätigkeit einführen will, von der größten Wichtigkeit, eine
Art der Verpackung sterilisitten Verbandmaterials zu erfinden.
welche, ohne Gewicht und Raumbedürfnis allzusehr zu erhöhen, die
aseptische Beschaffenheit der verpackten Stoffe für längere Zeit sicher-
stellt, etwa nach Art der Dührssen’schen Verbände Denn ab-
gesehen von der schon längst bekannten Möglichkeit, jeden beliebigen
Topf oder Kessel zum Sterilisationsapparat umzugestalten, können
einfache Apparate ohne zu große Vermehrung des Gepäcks auf den
Sanitätswagen leicht mitgeführt werden, wie solche ja auch die oberste
deutsche Militär-Medicinalbehörde bereits eingeführt hat. Allein die
für die erste Behandlung Verwundeter bestimmten Anstalten müssen
eben sofort verwendbares Material mit sich führen, sie haben nicht
die Zeit, sich ihre Verbandstoffe vor der Anwendung erst zu sterili-
siren. Es wird demnach eine dankbare Aufgabe sein, zu unter-
suchen, ob, wie lange und welche einfache und leichte Verpackungen
im Stande sind, ihren Inhalt steril zu erhalten.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
13) Robert (Paris). Rapport sur l’emploi dans l'armée de
la solution saturée d’acide picrique dans le traitement des
brülures, de l’hyperidrose et des plaies superficielles.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. No. 3 u. 4.)
In Folge der lebhaften Empfehlung durch Thiery sah sich die
französische Militär-Sanitäts-Leitung veranlasst, Versuche mit gesättig-
ter Lösung (etwa 1:100) von Pikrinsäure bei Verbrennungen, Schweiß-
fuß und oberflächlichen Hautgeschwüren anzuordnen. Diese Ver-
suche sind nicht günstig ausgefallen. Bei den Verbrennungen wurde
die Behandlungsdauer wenigstens nicht abgekürzt, wenn auch mehr-
fach eine schmerzstillende Wirkung erreicht. Bei Schweißfuß wurde
nur eine zeitweilige Besserung erreicht. Die Hautgeschwüre endlich
wurden keineswegs rasch zur Heilung gebracht. Als üble Folge
langdauernder Umschläge mit der Lösung wurde das Auftreten von
Ekzemen, Abstoßung der Epidermis etc. wahrgenommen, besonders
224 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
da, wo durch Einschalten eines Stückes undurchlässigen Stoffes in
den Verband die Verdunstung der Flüssigkeit behindert, oder der
Verband auf andere Weise, z. B. durch häufiges Erneuern der Um-
schläge, dauernd feucht erhalten wurde. Vergiftungserscheinungen
sind niemals aufgetreten. Als recht lästige Zugabe wird auch noch
erwähnt, dass eine unangenehme Gelbfärbung der Epidermis und der
Nägel bei allen Denen eintritt, welche mit der Anlegung der Ver-
bände zu thun haben, also Wärtern, Ärzten etc.; nur durch an-
dauerndes Waschen ist diese Färbung zu beseitigen. Die antiseptische
und baktericide Kraft der Pikrinsäure ist gering.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
14) Nicolai (Frankfurt a/O.). Der Sanitätsdienst im Gefecht
und die kriegsmäßige Übung desselben im Frieden.
{Deutsche militärztl. Zeitschrift 1897. Hft. 8 u. 9.)
Eine immer weitere Verbreitung gewinnt in militärärztlichen
Kreisen die Ansicht, dass es zweckmäßig, ja nöthig sei, bei den
Friedensübungen der Truppen auch solche im Sanitätsdienst vor-
nehmen zu lassen, und zwar nicht allein zum Zweck der Ausbildung
der Militärärzte selbst, sondern auch, um die Truppenführer an die
Verwendung, Aufstellung etc. der Sanitätseinrichtungen zu gewöhnen.
N. hat sich um diese Übungen schon mehrfach verdient gemacht
und seine Ansichten auch publicistisch dargelegt. Auch diesmal
liegt eine Studie dieser Art vor, auf welche aufmerksam zu machen
wir nicht unterlassen wollen, wenn wir es uns auch versagen müssen,
des Näheren auf sie einzugehen. Mit besonderem Nachdruck wird
mit Recht betont, dass die Begleitung der Truppe durch einen Arzt
bis in die Feuerlinie eines wirklichen Werthes entbehrt. Bei der
Wahl des Verbandplatzes, und zwar sowohl des Truppen- als des
Hauptverbandplatzes, muss vor Allem die Sicherung vor dem feind-
lichen Feuer Ausschlag geben, und zeigt N., wie wichtig es ist, die
gebotenen Terrainverhältnisse zu benutzen für die Stelle des Ver-
bandplatzes selbst, so wie für Zu- und Abfahrtsstraßen zu ihnen hin.
Eben so wird mit Recht davor gewarnt, die Deckung in oder bei
Häusern zu suchen, welche sich schon im Kriege 1870/71 als gefähr-
lich erwiesen haben, bei der heutigen Entwicklung der Artillerie-
waffe in allen Armeen aber noch weit gefährlicher geworden sind.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
Kleinere Mittheilungen.
Über »Abzüge« für Sterilisatoren im Operationssaal.
Von
Dr. Karewski in Berlin.
Die von Herrn Dr. Strehl aufgestellte Forderung, im aseptischen Operations-
saal für die Sterilisatoren »Abzüge« herzustellen, veranlasst mich, mitzutheilen,
dass in dem Operationszimmer meiner Privatklinik seit 3 Jahren eine sehr ein
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 225
fache derartige Einrichtung zu meiner vollsten Zufriedenheit funktionirt. Da der
Wasser- und Verbandstoffdesinfektor luftdicht schließend hergestellt werden können,
außerdem aber bei mir in dem Vorbereitungszimmer neben dem aseptischen Raum
untergebracht sind, schließlich auch nur ausnahmsweise während der Operation in
Thätigkeit gehalten werden, erübrigte es nur für den Instrumentensterilisator,
welcher in dem relativ kleinen Raum (76 qm) geradezu unerträgliche Wasser-
dämpfe verbreitete, einen Abzug herzustellen. Dies geschah folgendermaßen: In
die eine Breitwand des Zimmers, welche von einem Korridor begrenzt ist, und in
der sich ein Kamin für den Ofen befindet, wurde 0,95 m über dem Fußboden ein
Loch von 1,00 m Breite, und 0,6 m Höhe geschlagen. Da die Wanddicke nur
0,38 m beträgt, als Tiefe der Grundfläche für den Sterilisator aber 0,6 m benöthigt
sind, so wurde eine eiserne Platte von 0,6 m >< 1,00 m in das Loch so eingefügt,
dass sie nach dem Korridor hin übersteht. Hier wurde alsdann mit Rabitzwand
der erforderliche Abschluss um das Loch herumgebaut, die Decke des neu ge-
schaffenen Raumes aber von einem Eisenblechhelm (ähnlich dem in alten Küchen
über dem Kachelherd befindlichen) gebildet. Dieser Helm trägt ein starkes Rohr
Fig. 1. Fig. 2.
Bunsen-
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Fußboden
(0,20 m Durchmesser, gewöhnliches Ofenrohr), das direkt in den Kamin gefügt ist.
Um den Luftzug zu verstärken, ist an der Deckenöffnung des Helmes eine Gas-
flamme angebracht (s. Abbild.).
Die Innenfläche des Abzuges ist eben so wie die Wände meines Operations-
saales mit Kacheln bekleidet. Seine gesammten Herstellungskosten betrugen 200 K.
Er funktionirt, wie gesagt, seit 3 Jahren vortrefflich. Ich hatte ursprünglich ge-
glaubt, dass es nöthig sein würde, ihn eben so wie die gleichen Einrichtungen in
chemischen Laboratorien nach dem Operationszimmer zu durch eine bewegliche
Glaswand abzuschließen. Aber dieser in verschiedener Hinsicht für die Zwecke
des Chirurgen unbequeme Abschluss hat sich als völlig unnöthig erwiesen. So
glaube ich eine Nachahmung des beschriebenen und eben so wie bei mir in jedem
Privathause leicht anzubringenden » Abzuges« empfehlen zu können.
224 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
da, wo durch Einschalten eines Stückes undurchlässigen Stoffes in
den Verband die Verdunstung der Flüssigkeit behindert, oder der
Verband auf andere Weise, z. B. durch häufiges Erneuern der Um-
schläge, dauernd feucht erhalten wurde. Vergiftungserscheinungen
sind niemals aufgetreten. Als recht lästige Zugabe wird auch noch
erwähnt, dass eine unangenehme Gelbfärbung der Epidermis und der
Nägel bei allen Denen eintritt, welche mit der Anlegung der Ver-
bände zu thun haben, also Wärtern, Arzten etc.; nur durch an-
dauerndes Waschen ist diese Färbung zu beseitigen. Die antiseptische
und baktericide Kraft der Pikrinsäure ist gering.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
14) Nicolai (Frankfurt a/O.). Der Sanitätsdienst im Gefecht
und die kriegsmäßige Übung desselben im Frieden.
(Deutsche militärztl. Zeitschrift 1897. Hft. 8 u. 9.)
Eine immer weitere Verbreitung gewinnt in militärärztlichen
Kreisen die Ansicht, dass es zweckmäßig, ja nöthig sei, bei den
Friedensübungen der Truppen auch solche im Sanitätsdienst vor-
nehmen zu lassen, und zwar nicht allein zum Zweck der Ausbildung
der Militärärzte selbst, sondern auch, um die Truppenführer an die
Verwendu ıg, Aufstellung etc. der Sanitätseinrichtungen zu gewöhnen.
N. hat sich um diese Übungen schon mehrfach verdient gemacht
und seine Ansichten auch publicistisch dargelegt. Auch diesmal
liegt eine Studie dieser Art vor, auf welche aufmerksam zu machen
wir nicht unterlassen wollen, wenn wir es uns auch versagen müssen,
des Näheren auf sie einzugehen. Mit besonderem Nachdruck wird
mit Recht betont, dass die Begleitung der Truppe durch einen Arzt
bis in die Feuerlinie eines wirklichen Werthes entbehrt. Bei der
Wahl des Verbandplatzes, und zwar sowohl des Truppen- als des
Hauptverbandplatzes, muss vor Allem die Sicherung vor dem feind-
lichen Feuer Ausschlag geben, und zeigt N., wie wichtig es ist, die
gebotenen Terrainverhältnisse zu benutzen für die Stelle des Ver-
bandplatzes selbst, so wie für Zu- und Abfahrtsstraßen zu ihnen hin.
Eben so wird mit Recht davor gewarnt, die Deckung in oder bei
Häusern zu suchen, welche sich schon im Kriege 1870/71 als gefähr-
lich erwiesen haben, bei der heutigen Entwicklung der Artillerie-
waffe in allen Armeen aber noch weit gefährlicher geworden sind.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
Kleinere Mittheilungen.
Über »Abzüge« für Sterilisatoren im Operationssaal.
Von
Dr. Karewski in Berlin.
Die von Herrn Dr. Strehl aufgestellte Forderung, im aseptischen Operations-
saal für die Sterilisatoren »Abzüge« herzustellen, veranlasst mich, mitzutheilen,
dass in dem Operationszimmer meiner Privatklinik seit 3 Jahren eine sehr ein
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 225
fache derartige Einrichtung zu meiner vollsten Zufriedenheit funktionirt. Da der
Wasser- und Verbandstoffdesinfektor luftdicht schließend hergestellt werden können,
außerdem aber bei mir in dem Vorbereitungszimmer neben dem aseptischen Raum
untergebracht sind, schließlich auch nur ausnahmsweise während der Operation in
Thätigkeit gehalten werden, erübrigte es nur für den Instrumentensterilisator,
welcher in dem relativ kleinen Raum (76 qm) geradezu unerträgliche Wasser-
dämpfe verbreitete, einen Abzug herzustellen. Dies geschah folgendermaßen: In
die eine Breitwand des Zimmers, welche von einem Korridor begrenzt ist, und in
der sich ein Kamin für den Ofen befindet, wurde 0,95 m über dem Fußboden ein
Loch von 1,00 m Breite, und 0,6 m Höhe geschlagen. Da die Wanddicke nur
0,38 m beträgt, als Tiefe der Grundfläche für den Sterilisator aber 0,6 m benöthigt
sind, so wurde eine eiserne Platte von 0,6 m >< 1,00 m in das Loch so eingefügt,
dass sie nach dem Korridor hin übersteht. Hier wurde alsdann mit Rabitzwand
der erforderliche Abschluss um das Loch herumgebaut, die Decke des neu ge-
schaffenen Raumes aber von einem Eisenblechhelm (ähnlich dem in alten Küchen
über dem Kachelherd befindlichen) gebildet. Dieser Helm trägt ein starkes Rohr
Fig. 1. Fig. 2.
ue Wassertwarm)
1 Blech-
helm
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Mauer
Fußboden
(0,20 m Durchmesser, gewöhnliches Ofenrohr), das direkt in den Kamin gefügt ist.
Um den Luftzug zu verstärken, ist an der Deckenöffnung des Helmes eine Gas-
flamme angebracht (s. Abbild.).
Die Innenfläche des Abzuges ist eben so wie die Wände meines Operations-
saales mit Kacheln bekleidet. Seine gesammten Herstellungskosten betrugen 200 8.
Er funktionirt, wie gesagt, seit 3 Jahren vortrefflich. Ich hatte ursprünglich ge-
glaubt, dass es nöthig sein würde, ihn eben so wie die gleichen Einrichtungen in
chemischen Laboratorien nach dem Operationszimmer zu durch eine bewegliche
Glaswand abzuschließen. Aber dieser in verschiedener Hinsicht für die Zwecke
des Chirurgen unbequeme Abschluss hat sich als völlig unnöthig erwiesen. So
glaube ich eine Nachahmung des beschriebenen und eben so wie bei mir in jedem
Privathause leicht anzubringenden » Abzuges« empfehlen zu können.
226 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch einen zweiten, allerdings nur für
Privatkliniken in Miethshäusern erwünschten, von mir benutzten und zu vollster
Zufriedenheit erprobten Apparat beschreiben, der zur Beseitigung der »Abfallstoffe«
‘gebrauchtes Verbandmaterial, abgesetzte Körpertheile etc.) dient, und welchen ich
mir nach fehlgeschlagenen anderen Versuchen habe konstruiren lassen. Es handelt
sich um einen Ofen, welcher nicht nur diese Abfallstoffe schnell, vollkommen und
ohne Belästigung verbrennt, sondern auch die dabei verbrauchte (Gas-) und erzeugte
Hitze nutzbringend verwerthet, indem er zur Erhitzung von Wasser dient.
Dieser Ofen ist ganz aus Kupfer getrieben, hat doppelte Wände und trägt in
seinem Innenraum eine kupferne Wasserschlange, die jedoch so angebracht ist,
dass sie den Raum innerhalb der Wände möglichst wenig beengt. Die Maße des
eylinderförmigen, oben mit einer Wölbung abschließenden Apparates betragen
0,75 m Hope, 0,45 m Durchmesser, 0,05 m Dicke der Doppelwand. In 0,45 m Höhe
befindet sich eine mit Asbest belegte Thür zur Einführung des zu verbrennenden
Materials (0,2 m Höhe, 0,35 m Breite). Die Kuppel ist von dem 0,15 m starken
Rauchrohr durchbrochen. Das Wasserzufuhrrohr ist eben so wie dasjenige zur
Abfuhr des Wassers mit einem Reservoir verbunden, welches in bekannter Weise
dauernd die Füllung des Ofens und die Aufnahme des erhitzten Wassers besorgt.
Die Heizung geschieht mit Gas. Damit die Asche nicht den Brenner verstopft.
hat derselbe seitliche Austrittsöffnung für das Gas, ist oben völlig geschlossen,
Er befindet sich in der Mitte eines runden Herdes, welcher oben auf einem
schmiedeeisernen, sehr weitmaschigen Rost den Ofen trägt, unten einen Asche-
kasten enthält. Auch dieser Apparat ist seit über 2 Jahren bei mir in Thätigkeit,
er hat bisher ohne jede Störung funktionirt und zeichnet sich durch seinen ge-
ringen Gasverbrauch aus. Er hat mir sogar zu erheblichen Ersparnissen verholfen,
weil seine enorme Heizkraft für die Warmwasserleitung verbraucht wird. Man
kann in ihm ganze amputirte oder exartikulirte Glieder verbrennen, er verzehrt
auch feuchte Verbandmaterialien. Dieselben werden zunächst durch den Gas-
brenner getrocknet und beginnen alsdann von selbst zu brennen, so dass der Gas-
brenner ausgelöscht werden kann.
Der nach meinen Angaben gefertigte Apparat ist von Herrn S. Moses in
Berlin zu beziehen.
15) Pitot. Les blessés de la prise de Tananarive.
(Arch. de med. et de pharm. milit. 1897. No. 3 u. 4.)
Die wenig zahlreichen Verwundungen, welche die französischen Streitkräfte
bei der Einnahme von Tananariva zu erleiden hatten, waren sümmtlich durch
Kleingewehr erzeugt. Das von den Hovas geführte Gewehr war gezogen, Hinter-
lader; das Bleigeschoss ist cylindro-ogival, hat einen Durchmesser von 14,5mm,
eine Länge von 25mm und ein Gewicht von 32 g. Die Durchschlagskraft ist
nicht erheblich, oft blieb das Geschoss in Weichtheilen oder vor einem nicht zer-
brochenen Knochen stecken, ohne dass die Entfernung erheblich gewesen wäre.
2mal handelte es sich um Verwundungen durch ein vorher aufgeschlagenes und
deformirtes Geschoss, und zwar hatte es einmal einen handtellergroßen Gewebs-
verlust in der Beugefalte des Ellbogens hervorgebracht, oflenbar, während derselbe
stark gebeugt gehalten worden war, so dass gleichzeitig die Oberfläche des Ober-
und Unterarms getroffen werden konnte. Im 2. Falle war ein Hautstück von der
Form eines gleichschenkeligen Dreiecks losgerissen, an dessen Spitze es noch
haftete, das Geschoss war vorher auf das unter dem Arm getragene Gewehr auf-
geschlagen. Beide Verwundungen hätten auch sehr wohl durch grobes Geschütz
entstanden sein können, doch wurden durch solches herbeigeführte nicht beob-
achtet. Dagegen war ein Theil der Hovas mit kleinkaliberigen Mehrladern be-
waffnet, und gelangten auch 2 dadurch bedingte Verwundungen zur Beobachtung.
Einen Einfluss des Sumpfmiasmas auf den Wundverlauf konnte Verf. nicht
feststellen, obgleich sich ein solcher wohl a priori erwarten ließ und sich auch
anderweit geltend machte, zumal durch Auftreten schwerer Lymphangitiden bei
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 227
kleinen Obertlächeneiterungen, wodurch 1 Mann in Folge weitverbreiteten Brandes
der Haut sein Bein, 1 anderer sein Leben einbüßte.
Die Hauptsumme der Verwundungen, 30, trat am 30. September 1895, dem
letzten Tage ein, und hatte nur einen kurzen Transport nach dem gut ausgestatteten
und als Lazarett benutzten englischen Hospital (2 km von der Stadt) zu überstehen.
während die übrigen 16 Verwundeten in früheren Gefechten am 26., 28. und 29.
verletzt und längeren Transporten mittels Tragen und Cacolets auf Maulthieren
ausgesetzt gewesen waren, ehe sie in demselben Krankenhaus untergebracht werden
konnten. Leider fehlt uns eine nähere Mittheilung über die Unterbringung der
letsteren Reihe in der Zwischenzeit zwischen ihrer Verwundung und ihrer end-
gültigen Lagerung; anscheinend wurden die Verwundeten vorläufig mit der Truppe
mitgeführt, eine Maßregel, welche etwas bedenklich erscheint.
Die Verwundungen werden eingetheilt in:
Einfache Weichtheilwunden 26, davon geheilt 25, todt 1
Weichtheilwunden mit Nervenverletzung 2 H » 2 » —
H » Arterienverletzung 1 H » d |
Knochenverletzungen 10 » ` gv)
Gelenkverletzungen 4 » D A ew —
Penetrirende Brustwunden 2 » » 2 e —
» Bauchwunden 1 H S a |
Verletzungen des dorsalen Rückenmarks 1 H CERN,
Summa 47, davon geheilt 42, todt 5
Unter den einfachen Weichtheilwunden befanden sich 10 Haarseilwunden und
16 blind endende Schussröhren, in deren Tiefe sich meist das Geschoss vorfand,
während dieses in ganz oberflächlichen Wunden auch zuweilen fehlte; 2mal war
der Knochen erreicht, aber nicht gebrochen, vom Periost entblößt. In 1 Falle war
das Geschoss in der etwas hinter dem großen Rollhügel gelegenen Schussröhre
nicht aufzufinden, nur ein Stück Seife, das der Verwundete in der Hosentasche
getragen, wurde herausgezogen; es entwickelte sich eine schwere Phlegmone, deren
Beseitigung trotz der gemachten großen Einschnitte nicht gelang; Tod am 20. Tage.
Dieser Kranke gehörte zu den ersten Verwundeten und war 5 Tage lang auf der
Trage transportirt worden, ehe er im Lazarett zur Ruhe kam. Abwaschung der
Wunde und ihrer Umgebung mit Sublimatlösung, Verband mit Jodoformgaze und
hydrophiler Watte, Nichtsondiren der Wunde waren die gewöhnlichen Maßregeln,
welche meist in 13—20 und oft zuweilen erst in ca. 30 und mehr Tagen die Hei-
lung bewirkten.
Bei einem Hausga-Sergeanten lag ein Weichtheilschuss durch beide Ober-
schenkel vor, und zwar befand sich die Einschussöffnung links in der Mitte der
Vorderfläche etwa 4 cm von der Stelle entfernt, an welcher man zur Ausführung
der Unterbindung einschneidet. Stärkere Blutung war anscheinend Anfangs nicht
vorhanden, am 12. Tage trat aber eine arterielle Blutung auf, welche zwar sofort
durch Digitalkompression gestillt wurde, dennoch aber in kürzester Frist den Tod
durch Lungenembolie, wie P. annimmt, herbeiführte. Die Arterie trug an ihrer
vorderen Fläche eine lineare Wunde von halbzirkelförmiger Gestalt, welche eine
Art Klappenventil umgrenzte, und war angeblich durch einen Thrombus fest ver-
schlossen.
Bei einer Wunde der Kniegegend traten erst am 10. Tage nach Verwundung
heftige neuralgische Schmerzen nebst Lähmungserscheinungen auf, welche, offenbar
auf eine traumatische Neuritis des Ischiadicus zu beziehen, nach etwa 21/monat-
licher Behandlung gänzlich beseitigt waren. Dagegen wurde bei einem Manne
mit Absprengung des Fpicondyl. intern. und ausgedehnter Weichtheilwunde der
Ellbogenbeuge, in deren Tiefe der N. ulnaris bloßgelegt, aber scheinbar unver»
letzt sichtbar war, schon am 1. Tage Lähmung der Motilität und Sensibilität fest-
gestellt, welche auch nach der Heilung, 3 Monate später, noch fortbestand.
Bei sämmtlichen 4 Gelenkwunden, 2 des Knie-, 2 des Fußgelenks, wurde die
erhaltende Behandlung verfolgt, musste aber bei einer der Kniegelenkwunden auf-
gegeben werden, da die Zertrümmerung der Knochenenden für eine Resektion sich
228 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
doch zu ausgedehnt erwies, und erschöpfende Eiterung eintrat; daher Sekundär-
amputation, Heilung. In den anderen Fällen wurde trotz der vorhandenen
Knochenverletzungen Heilung ersielt: der Zustand der Gelenke ist nicht be-
schrieben.
Unter den 10 Knochenbrüchen befinden sich 5 des Oberschenkelschaftes, wo-
von I nach 25 Tagen tödlich endete, die übrigen geheilt wurden. Auch hier wurde
konservativ verfahren, die Wunden nicht untersucht, mit Jodoformgazeverband ver-
sehen, dann Distraktion angewandt. Beide penetrirenden Brustwunden führten zu
Pleuritis, einmal verbunden mit Pneumonie, die aber schon am 5. und 6. Tage
zurückzugehen begannen; Heilung. Dagegen endete die einzige durchbohrende
Bauchwunde schon am 3. Tage tödlich, ohne dass ein Eingriff versucht worden,
obgleich der Verwundete bald nach der Verwundung eingebracht wurde: das anfäng-
liche Fehlen alarmirender Zeichen ließ annehmen, dass es sich um eine nicht
durchbohrende Wunde handele. Gleichfalls am 3. Tage starb der Mann mit Ver-
Nletzung des dorsalen Rückenmarkes, welcher tagelang auf der Trage hatte mit-
geführt werden müssen.
Die geringe Zahl der Verwundeten konnte dem Sanitätsdienst an sich gar
keine Schwierigkeiten bereiten, welche zudem noch dadurch herabgemindert wurden,
dass unmittelbar am Ort der verhältnismäßig blutigsten Aktion das völlig ein-
gerichtete, gut gebaute und gesund gelegene englische Hospital zu sofortiger Be-
nutzung bereit stand. Dass die Verwundeten der ersten kleineren Gefechte, statt
sogleich gesammelt und irgend wie untergebracht zu werden, tagelang zu ihrem
Unheil auf Tragen und Cacolets herumgeschleppt wurden, wie schon erwähnt, ist
eine unverständliche Maßregel. Warum wurden sie nicht alsbald nach dem Etappen-
hauptort an der Küste zurückgeschafft? Man sollte annehmen, dass ein solcher
Transport von Haus aus vorbereitet sein musste und sich leicht hätte bewerk-
stelligen lassen, trotz schlechter Straßen. Lühe (Königsberg i/Pr.).
16) N. Senn (Chicago). Military surgery in Greece and Turkey.
(Sonderabdruck aus Journ. of the Amer. med. assoc. 1597. August 28 u. Sept. 18.
In der 2. Hälfte, Juli und August, bereiste S. den griechisch-türkischen
Kriegsschauplatz, konnte jedoch nur diejenigen Verwundeten selbst sehen, welche
noch in den großen Lazaretten der zweiten Linie, hauptsächlich in Athen und
Konstantinopel, lagen, wogegen er im Übrigen auf die Mittheilungen Anderer an-
gewiesen war. Beide kriegführenden Parteien waren im Wesentlichen mit groß-
kalibrigen Gewehren ausgerüstet, die Griechen mit dem Gras-, die Türken mit
dem Henry-Martini-Gewehr; nur eine einzige Brigade der Türken soll nach
S. ein kleinkalibriges Mausergewehr geführt haben. Dem entspricht der Charakter
der Wunden, indem nur ein Theil der griechischen Verwundeten enge Schuss-
kanäle aufwies. Diese letzteren heilten, wenn Weichtheilwunden, rasch ohne
Eiterung. Selbst Knochen- und Gelenkwunden, von denen S. noch eine größere
Zahl gesehen hat, zeigten ein auffallend gutes Heilungsergebnis, viele derselben
heilten ohne jede oder mit nur minimaler Eiterung. Diese günstigen Erfolge der
Griechen schreibt S. neben dem Klima besonders der gesunden Körperbeschaffen-
heit und den mäßigen Lebensgewohnheiten der Griechen zu, glaubt aber doch
auch der durch den griechischen Generalstabsarzt Skonfas angeordneten frühen
Anwendung antiseptischer Maßregeln eine wichtige Rolle dabei zuerkennen zu
sollen. Die Haut sollte sogleich rasirt und mit Sublimatlösung gereinigt, die
Wunde mit Jodoform bestäubt und mit einem antiseptischen Verband bedeckt
werden, wobei Drahtschienen zur Immobilisirung verwendet wurden. Erst im
Feldlazarett wurden Gipsverbände angelegt. Eine größere Zahl steckengebliebener
Geschosse war stets stark deformirt, von dem größeren Kaliber der türkischen
Armee,
Bei den Türken war trotz der gleich günstigen körperlichen und örtlichen
Verhältnisse der Wundrerlauf weit weniger günstig; Eiterung trat gewöhnlich ein,
Pyämie und Septhämie waren weniger selten. S. glaubt hierfür vornehmlich das
durchweg größere Kaliber der griechischen Armee verantwortlich machen zu sollen,
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 229
außerdem aber auch die unzureichenden, ja ganz primitiven Einrichtungen für den
Transport der Verwundeten. Denn während bei den Griechen hierzu 3000 Kranken-
träger zur Verfügung standen, hatten die Türken nur 100 Tragbahren und mussten
die meisten ihrer Verwundeten durch weite Strecken auf Eseln, Maulthieren und
rohen Karren fortschaffen, sowohl zu den Feldlazaretten als auch von diesen zu
den Einschiffungsstellen nach Konstantinopel. Obgleich 8. von den türkischen
Ärzten behauptet, dass sie zu abwartenden Methoden geneigt seien, scheinen sie
dooh durch die Verhältnisse zu Eingriffen gezwungen worden zu sein. Auffallend
ist die größere Zahl von typischen und atypischen Resektionen, von denen 8. an-
giebt, dass sie schon in den Feldlazaretten ausgeführt worden seien, ja eine der-
selben ist sogar angeblich primär gemacht worden. Sehr günstige Erfolge wurden
durch den Prof. Behrdjet bei Verwundungen der Augen und Augenhöhle erzielt
und kam bei 22 gänzlichen Zerstörungen eines Auges keine einzige sympathische
Miterkrankung des anderen vor, obgleich vielfach die Enukleation verweigert
wurde. Perforirende Bauchwunden scheinen auf beiden Seiten meist tödlich ge-
wesen zu sein, doch sah 8. sowohl in Athen als in Konstantinopel einzelne ge-
heilte oder in Heilung begriffene derartige Verletzungen; bei einzelnen derselben
war offenbar der Darm unverletzt geblieben. Sehr gut heilten Lungenschüsse; die
Geschosse ließ man im Lungengewebe stecken; doch kamen auch Empyeme vor.
Blutstillungsmethoden scheinen auf beiden Seiten kaum in Anwendung ge-
kommen zu sein. Die Griechen scheinen primär bei Schussbrüchen der Diaphysen
ein ausgedehntes Debridement ausgeübt zu haben, Pseudarthrosenbildung in Folge
dessen wird erwähnt. Zum Auffinden von Geschossen wurden auch X-Strahlen
verwendet.
Ausgedehnter Gebrauch wurde auf beiden Seiten von der Transportirung Ver-
wundeter zu Schiff gemacht, doch erfahren wir leider nichts über die Einrichtung
der dazu benutzten Fahrzeuge. Die Einrichtung der weiter zurückgelegenen La-
sarette in den Hauptstädten wird als vorzüglich geschildert.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
17) Haga. Kriegschirurgische Erfahrungen aus dem japanisch-chine-
sischen Kriege 1894—95.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 2.)
H. hat als Stabsarzt der japanischen Armee den Krieg mitgemacht. Er stand
in einem Feldlazarett der 3. Division, welche größtentheils im Norden von Korea
und in Lyao-Tang, einem Theil der Mandschurei, kämpfte. Sein Feldlazarett be-
fand sich während des ganzen Feldzuges bei der Division. Nach beendetem Feld-
zuge war Verf. auch in der glücklichen Lage, die Behandlung der frisch Verwun-
deten wieder aufzunehmen und im Reservelazarett fortzusetzen. Der Bericht ist
sehr ausführlich, interessant geschrieben und giebt in jeder Zeile wissenswerthe
Daten, aus deren Fülle ein Referat nur Einiges hervorheben kann.
Die benutzten Geschosse waren nicht einheitlicher Art. Die Japaner ge-
brauchten Hinterlader von 11 und 8 mm Kaliber, während die Chinesen fast alle
bis jetzt bekannten Gewehre ältester und neuester Konstruktion anwendeten.
Außer diesen spielten bei den Verwundungen eine Rolle die Mitrailleusen und
Schnellfeuerkanonen von 57 mm Kaliber, von blanken Waffen breite Degen, spitze
Lanzen, Bajonette ete. Bezüglich der Erwärmung abgefeuerter Geschosse war oft
eine Einschmelzung an der Spitze derselben zu konstatiren. Geschosse, welche
gespannte Muskeln oder Sehnen trafen, hatten oft an der Spitze einen leichten
Eindruck oder bisweilen eine röhrenförmige Rinne. Die Einzelheiten sind an den
schönen Abbildungen deutlich zu erkennen.
Von 12859 kampffähigen Mannschaften der 3. Division wurden 210 auf dem
Schlachtfelde sofort getödtet, 1105 verwundet, was einen Verlust von 10,2% dar-
stellt. Die Verletzungen vertheilen sich wieder derart auf die einzelnen Körper-
theile, dass 13% auf Kopf und Hals, 24,4% auf den Rumpf, 26,7% auf die oberen
und 34,7% auf die unteren Extremitäten fallen. Wenn man die Zahl der direkt
Gefallenen und der in ärztlicher Behandlung gewesenen und verstorbenen Ver-
230 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
wundeten mit der Zahl der an Krankheiten Verstorbenen vergleicht, so verhalten
sich diese wie 100:180. Es starben nämlich an Verletzungen 318, an Krankheiten
592 Mann. Die Verhältnisse zu anderen Feldzügen der letzten 40 Jahre sind aus
beigegebenen Tabellen zu ersehen.
Die Ein- und Ausschussöffnungen des 8 mm-Geschosses waren meist sehr klein,
etwa 4—5 mm. Der Verlauf der damit gesetzten Weichtheilwunden war glatt,
Heilung per primam in kurzer Zeit. Die Knochensplitterung war dabei eine ge-
ringe, die Sekretion mäßig. Bei Schüssen, welche die Diaphyse des Oberschenkels
trafen, war die Zeısprengung des Knochens eine sehr hochgradige. In der Epi-
physe dagegen gab es Lochschüsse mit zahlreichen strahlenföürmigen Fissuren.
Der Anwendung der Aseptik schreibt es H. zu, dass die leichter Verwundeten nur
kurze Zeit kampfunfähig waren und bereits nach einigen Wochen zur Truppe
zurückkehren konnten.
Von 1105 behandelten Verletzten wurden während des Feldzuges wieder
kampffähig 359 Soldater. — Die Entfernungen, in welchen die Verletzungen ge-
setzt wurden, betrugen 2—1500 m, die Verletzungen durch grobe Geschütze er-
folgten durchschnittlich in 313 m Abstand, die Verletzungen durch die Wallbüchse
mit eingerechnet.
Der Krankentransport bot außerordentliche Schwierigkeiten. Der Verkehr zu
Lande konnte nur durch Menschen, Pferde und Wagen vermittelt werden. Die
Krankenträger waren nicht eigens dazu ausgebildet, sondern gemiethete Arbeiter.
Sie trugen die Bahre auf den Schultern. Außerdem förderten den Transport
chinesische Bauernwagen, die von 4—6 Pferden, Eseln oder Rindern gezogen
wurden.
Der Eisenbahntransport kam nur in Japan zur Anwendung. Eigens zum
Krankentransport eingerichtete Wagen besaß man nicht. Der Transport zur See
auf Lazarettdampfern wurde durch die große Kälte eingeschränkt, da die Häfen
von Korea und Lyao-Tang zugefroren waren. Die große Kälte übte natürlich auch
auf den Wundverlauf einen bedeutenden Einfluss ungünstiger Art.
Diesen Betrachtungen allgemeiner Natur schließt Verf. einen speciellen Theil
an, in dem die Verletzungen nach ihrer J.okalisation besprochen werden. Aus
diesem möchte ich hervorheben, dass der Verlauf der Schussverletzungen des Ge-
sichts ein außerordentlich glatter war, Eiterungen selbst bei Perforation in die
Highmorshöhle nicht beobachtet wurden. Dagegen führte die Kommunikation mit
der Mundhöhle zur Eiterung. Unter 5 Verletzungen der oberen Luftwege wurde
3mal die Tracheotomie nothwendig. Der Wundverlauf war trotz widriger äußerer
Umstände gut, doch traten bei den Tracheotomirten narbige Strikturen ein, so dass
die Kanüle dauernd getragen werden musste.
Kontusion der Brust führte Imal zu vorübergehender Lungenblutung. Von
89 Brusttraumen waren 46 penetrirend.. Die Lungenschüsse nahmen meist
günstigen Verlauf, namentlich wenn die Verletzung oberflächlich oder an der
Peripherie saß. Verletzungen am Hilus waren meist tödlich. Bei traumatischer
Pleuritis wurde punktirt, bei Empyem die Rippenresektion gemacht. Von allen
Brustschüssen zusammen endeten 50,3% tödlich, einschließlich der auf dem
Schlachtfelde Gestorbenen. Noch ungünstiger ist das Sterblichkeitsverhältnis bei
den penetrirenden Bauchschüssen. Es beträgt 70,2%, d. h. von 47 starben 33.
Verletzt gefunden wurden dabei Magen, Leber, Gekröse, Lendenwirbelsäule, Blase.
5—6mal war bloß das Bauchfell verletzt, ohne Schädigung der Bauchorgane. Die
Laparotomie wurde dabei Mangels strikter Asepsis nur 2mal vorgenommen, beide
Male ohne Erfolg. 14 heilten ohne Laparotomie. Übrigens starben noch Au Bauch-
verletzte auf dem Schlachtfelde.
Die Verletzungen der oberen Extremitäten nahmen einen günstigen Ausgang.
Die Sterblichkeit derselben ist eine sehr geringe. Ungünstiger sind die Ober-
schenkelschüsse mit und ohne Knochenverletzung. Pyämie, Ödem, Frostbrand
führten Ilmal den Tod herbei. Eine Amputation war bei den 190 Fällen nie
nöthig. Von 116 Unterschenkelverletzten starben 5.
Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 231
Von 47 Gelenkschusswunden führten 4 des Kniegelenks, 1 des Hüftgelenks
zum Tode, das sind 10,6% — gegenüber früheren Kriegen, welche eine viel
größere Sterblichkeit aufweisen, ein sehr günstiges Resultat.
Wundinfektion war nicht immer zu vermeiden; an sich erklärt durch die un-
genügende Zahl von Ärzten und durch die langen Transporte. Es kamen vor
8 Fälle von Septhämie und Pyämie, 4 von akutem purulentem Ödem und 1 Fall
von Trismus. Erysipel wurde nicht beobachtet. Die Aseptik war im Ganzen eine
sehr befriedigende. Die Wunden wurden möglichst unberührt gelassen. Die
Verwundeten waren selbst im Stande, auf dem Schlachtfeld durch mitgeführte
antiseptische Verbandpäckchen sich die Wunden zu verbinden oder verbinden zu
lassen. Verf. schätst diesen Umstand sehr hoch. Auf dem Hauptverbandplatz
wurde nur das Nothwendigste, Blutstillung, Tracheotomie, fixirende Verbände, ge-
macht. Im Lazarett wurde als Desinficiens das Sublimat 0,5—1%/yig angewendet,
für Instrumente 2%ige Karbollösung. Jodoform erschien dem Verf. bei infieirten
Wunden wenig nützlich. Als Verbandstoff dienten 1%/yige Sublimatgase, Watte
und die billige Reisstrohkohle. Absolute Aseptik, wie in gut eingerichteten
Kliniken, war im Feldlazarett natürlich nicht zu erzielen. Typische Operationen
wurden selten ausgeführt, die konservative Behandlung möglichst umfangreich
erstrebt.
Die äußerst interessanten Berichte geben ein Zeugnis von den theilweise
vorzüglichen Einrichtungen der Krankenpflege der Japaner im letzten Kriege. Sie
lehren, wie im Kriegsfall durch geeignete Schutzmaßregeln ungemessenes Gute
geschaffen werden kann, sie weisen auch darauf hin, wo zur Verbesserung der Er-
folge die Hebel noch anzusetzen sind. Da stoßen uns so manche Punkte auf,
deren Hervorhebung dem Lesen des Originals überlassen bleiben möge.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
18) Seggel. Zur Kasuistik der Schussverletzungen des Schädels.
(Sep.-Abdruck aus den »Annalen der städtischen allgemeinen Krankenhäuser zu
München« 1895.)
Verf. bespricht die 29 penetrirenden Schädelschussverletzungen der Münchener
chirurgischen Klinik aus den Jahren 1890—97, namentlich in Rücksicht auf deren
primäre Therapie und unter fleißiger Heranziehung der das Thema der Schädel-
und Hirnschussverletzungen behandelnden Arbeiten der letzten Jahre. Von jedem
der von ihm beobachteten Fälle, so weit es sich wenigstens um perforirende
Schüsse handelt, wird die Krankengeschichte kurz gegeben und kritisch besprochen;
ihr specielles Studium im Original ist interessant und lehrreich. Die aus ihnen
gezogenen Schlüsse stimmen im Allgemeinen mit den zeitigen Anschauungen der
Chirurgen überein, namentlich dahin, dass die Geschosse nicht als Infektiansträger
anzusehen sind; dass, wenn ein Schädelschuss zu voller Bewusstlosigkeit geführt
hat, ein größerer chirurgischer Eingriff als aussichtslos zu bezeichnen ist; dass
endlich den Schussverletzungen des Schädels — auch seiner Basaltheile — gegen-
über im Allgemeinen ein abwartendes Verhalten des Arztes zu Recht besteht.
Richter (Breslau).
19) Fattie. A case of gunshot wound of the brain, causing paralysis
of the arm; recovery.
(Med. news 1897. August 28.)
9jährıger Knabe erhielt einen Revolverschuss in die rechte Stirnseite, 1 Zoll
über der Augenbraue und eben so weit von der Medianlinie entfernt. Starker
Shock, Bewusstlosigkeit, allgemeine Krämpfe mit Ausnahme des linken Armes,
der gelähmt war. Eine Sonde wurde Aus Zoll weit in die Wunde geführt, ohne
das Geschoss zu erreichen. Am 5. Tage kehrte das Bewusstsein, am 7. Tage die
Bewegungsfähigkeit des linken Armes wieder. Völlige Wiederherstellung mit
Ausnahme einer bleibenden leichten Schwäche im linken Arm.
Strauch (Braunschweig).
232 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.
20) Duprez et Patry (Geneve). Plaie par balle de revolver interes-
sant l’orbite gauche, le plafond des fosses nasales et la lobe frontal
droit. Guerison.
(Revue de chir. 1897. No. 10.)
Bei dem aus einer Entfernung von 80 cm mit einem gewöhnlichen Revolver
(7,5 mm Kaliber) abgegebenen Schuss drang das Kupfermantelgeschoss durch die
linke Schläfe, den großen Keilbeinflügel in die Augenhöhle hinter dem Bulbus
ein, durchsetzte die Lamina cribrosa des Siebbeins, gelangte in die Schädelhöhle,
durchbohrte den Stirnlappen und kam, ohne wesentliche Deformation erfahren
zu haben, oberhalb der rechten Augenbraue wieder heraus. Die Verletzung war
von vollständiger Heilung gefolgt; nachdem nur kurze Zeit Diplopie und Anosmie
bestanden, blieben schließlich keinerlei Funktionsstörungen zurück.
Kramer (Glogau).
21) Le Dentu. Recherche des projectiles dans le cräne.
(France med. 1897. No. 48.)
Verf. hatte sich früher auf das entschiedenste gegen jeden chirurgischen Ein-
griff ausgesprochen, der das Aufsuchen eines Geschosses im Schädelinneren be-
zweckte. In der vorliegenden Arbeit vertritt er den entgegengesetzten Standpunkt,
und zwar auf Grund der Mittheilungen von Remy und Contremoulin, denen
es in einer Reihe von Fällen gelungen war, mittels Röntgenstrahlen die Lokali-
sation des Geschosses jedes Mal exakt zu bestimmen. König (Wiesbaden).
32) A. A. Law (Minneapolis) The application of the X-rays to
surgery.
(Northwestern Lancet 1897. Oktober 1.)
L. bespricht die Anwendung der X-Strahlen in der Chirurgie und theilt auch
einige Fälle im Auszug mit, von denen einzelne unser Interesse beanspruchen :
No. 16 (mit Abbildung), Eingeheiltes Geschoss von 0,22 Zoll Kaliber in dem
Kniegelenk; da die Erscheinungen nur gering sind, wird von operativer Ent-
fernung abgerathen. y
No. 18. Schrotschuss in den Fuß, Amputation der großen Zehe, Heilung mit
eiterndem Sinus. Das Skiaskop zeigte 5 Schrotkörner und Frakturen des II. und
III. Metatarsus. Entfernung von 2 Schrotkörnern, Heilung.
No. 19. Schussverletzung des rechten Ellbogens; es wurde mit der Sonde
kein Geschoss in der Wunde gefunden, eben so wenig mit dem Skiaskop.
No. 34. Alte Verrenkung der Vorderarmknochen nach hinten, Fraktur des
Olekranon und Verödung des Gelenks durch fibröse Massen. Operative Heilung.
No. 55. Durch die Untersuchung wird bewiesen, dass eine Gelenkaflektion
nicht auf Arthritis deformans beruhe, sondern auf einer anderen, anscheinend
centralen Erkrankung.
No. 62. Tuberkulöser Herd im Fersenbein (mit Abbildung) durch Auskratzen
nicht zur Verheilung gebracht, daher Resektion des Fußgelenks.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
Berichtigung: In dem Berichte über meine Arbeit » Beiträge zur Chirurgie
der Gallenwege« in No. 5d. Bl. wird angegeben, dass ich die Gallenblasenoperationen
zweizeitig vornehme. Das Gegentheil ist der Fall. Ich gehe sogar noch weiter. Ich
habe nicht nur stets einzeitig operirt, sondern habe nicht einmal die Gallenblase vor
ihrer Eröffnung mit Bauchfell umsäumt, weil der einzige mit vorheriger Umsäumung
behandelte Fall mich nicht recht befriedigte. Meine weiteren Erfahrungen an den
neu hinzugekommenen Operationen (im Ganzen jetzt 34) haben mein Vorgehen bisher
gerechtfertigt. Dr. Felix Franke.
Originalmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmam, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
pE
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 9. Sonnabend, 5. März. 1898.
Inhalt: W. Kramer, Beitrag zur Operation großer Knochengeschwülste des Becken-
innern. (Original-Mittheilung.)
1 Gross, Rohmer und Vautrin, Allgemeine Chirurgie. — 2) Barszczewski, Chinosol.
— $) Kossobudzki, Terebenglycerin. — 4) Marcy, Naht. — DI Brosch, 6) Schüller,
Künstliche Athmung. — 7) Alessandrl, Einpflanzung lebender Gewebe. — 8) Lusk,
Hautimplantation. — 9) Honsell, Karbolgangrän, — 10) Oudin, Barthélemy und Darier,
Röntgenstrahlen. — 11) Reiss, Xeroderma pigmentosum. — 12) de Amicis, Hautsarko-
matose. — 13) Engelbrecht, Angioma art. racemosum. — 14) Wassermann, 15) Niko-
laysen, 19 Schäffer, 17) Rindfleisch, 18) Stark, 19) Barlow, Gonokokken und Gonorrhoe.
— 20) Kolischer, Urethritis der Frau. — 21) Fabrikant, Harnröhrenstrikturen und Harn-
röhrenfisteln. — 22) Reed, 23) Senn, Nephropexie. — 24) Goldberg, Nierentuberkulose.
25) Bovée, Zur Hamleiterchirurgie. — — 26) Cumston, Nierensteine. — 27) Veit,
Handbuch der Gynäkologie. — 28) Hofmeler, Gynäkologische Operationen. — 29) Jon-
nesco, Retrodeviation der Gebärmutter. — 30) Jonnesco, Abdominale Kastration.
31) Steinert, Einfluss des Epithels auf das Bindegewebe. — 32) Jastrebow, Keratosis
circumscripta und Krebs. — 83) Semenow, 34) Tandier, Hautssrkom. — 35) Schwalbe,
Lymphangiosarkom. — 36) Bayer, Epispadie. — 37) Scholtz, Vorfall der weiblichen
Harnröhre. — 38) Grosglik, Sequester in der Harnröhre. — 39) Bogdanow, Harnverhal-
tung. — 40) Freudenberg, 41) Hoffmann, 42) Erdberg, Prostatahypertrophie. — 43) Kry-
low, 44) Milton, Blasensteine. — 45) Dibbern, Blasensarkom. — 46) Minervini, Nieren-
geschwülste. — 47) Gerster, Zur Nieren- und Harnleiterchirurgie- — 48) de Sanctis,
Variocele. — 49) Parona, Samenstranggeschwulst bei Kryptorchismus. — 50) Alexander,
Pseudohermaphroditimus. — 51) Pfannenstiel, 52) Jung, Chlorzinkätzung des Uterus.
— 53) Herzog, Eierstocksdermoide.
Berichtigung.
Beitrag zur Operation grolser Knochengeschwülste des
Beckeninnern.
Von
Dr. W. Kramer in Glogau.
Exstirpationen von Geschwülsten, die von den Knochen des
Beckenkanals ausgehen, gehören zu den seltenen Operationen. Ein
großer Theil dieser Neubildungen bleibt wegen ihres ungünstigen
Sitzes, ihrer Größe und Unbeweglichkeit für das Messer unzugäng-
lich. So stellen die bisher operirten, mit Ausnahme des Billroth-
H
234 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
schen Falles, in welchem sich der Tumor vom Scham- und Sitzbein
aus entwickelt hatte, auch fast nur solche dar, die verhältnismäßig
günstig — an der Darmbeinschaufel, am Kreuzbein und in der Nähe
der Symphysis sacro-iliaca — gelegen waren und keine größeren
Voroperationen am Knochen zu ihrer Freilegung bedurft hatten. Aber
auch die erreichten Resultate haben sich nicht besonders ermuthigend
erwiesen, indem fast alle sarkomatösen Geschwülste, so z. B. in den
Fällen von v. Volkmann, Gussenbauer etc., kurze Zeit nach der
Operation wiederkehrten. Nur die Exstirpationen von Enchondromen,
Exostosen und Fibromen scheinen, so weit die betreffenden Mitthei-
lungen darüber Aufschluss geben, durch Ausbleiben eines Recidivs
einen günstigen Erfolg gehabt zu haben; aber es sind ihrer nur
wenige — die Fälle von v. Bergmann, Gussenbauer, Hadra!,
v. Heineke? —, bei denen die Operation ausführbar war.
Angesichts dieser spärlichen Kasuistik dürfte die Veröffentlichung
eines von mir beobachteten Falles einer an der hinteren Fläche des
Schambeins entwickelten großen Exostose von Interesse sein, um so
mehr als derselbe durch seine eigenartigen Komplikationen eine be-
sondere Art operativen Vorgehens zur Entfernung der Geschwulst noth-
wendig machte.
Es handelte sich um eine bisher stets gesunde 21jährige Ipara, Frau W.
aus Neusalz, welche am 15. Oktober 1896 Abends kreißend in das Elisabeth-
krankenhaus zur Ausführung des Kaiserschnitts eingebracht wurde, nachdem
18 Stunden vorher die ersten Wehen aufgetreten waren. Die Geschwulst, von der
die Frau selbst vorher niemals etwas gemerkt hatte, war erst am Nachmittag des
Aufnahmetages entdeckt worden, als nach dem Blasensprung wegen Vorfalls der
Nabelschnur die hinzugerufenen Ärzte die innere Untersuchung und Reposition
der Schnur vorzunehmen versuchten. — Die knochenharte, mit kleinen Höckern
versehene, rundliche Neubildung saß, von außen nicht fühlbar, an der ganzen
hinteren Fläche des rechten horizontalen und oberen Theils des absteigenden
Schambeinastes breit und unbeweglich auf und ragte mannsfaustgroß in das
Beckeninnere nach hinten, unten und medianwärts so weit vor, dass nach links
hin nur eine enge Spalte frei blieb, durch die die Spitze des per vaginam einge-
führten Fingers kaum zu passiren, Muttermund und Kindestheile nicht zu er-
reichen vermochte. Frucht in II. Schädellage; Herztöne deutlich.
Da die Beendigung der Geburt auf natürlichem Wege unmöglich war, von
der Exstirpation der als Exostose erscheinenden Geschwulst schon in Rücksicht
auf die Möglichkeit des Vorhandenseins noch eines oder mehrerer, wenn auch
kleinerer, die Geburt hindernder gleichartiger Tumoren an der hinteren und seit-
lichen Beckenwand abgesehen werden musste, schritt ich Abends 10 Uhr zur
Sectio caesarea. Die Placenta saß an der vorderen Uteruswand, wurde von
dieser nach Eröffnung der Gebärmutter rasch unverletzt abgelöst; die Nabelschnur
lag zum Theil im oberen Abschnitt der Vagina. Der vor die Bauchwunde ge-
hobene Uterus zog sich nach Entwicklung eines 3,5 kg schweren, asphyktischen,
aber bald zum Leben gebrachten Knaben außerordentlich schnell zusammen, so
dass keine einzige Gefäßunterbindung nothwendig wurde. Außer der oben be-
schriebenen Geschwulst waren keine weiteren Knochenwucherungen an dem an
und für sich nicht verengten Becken erkennbar, wesshalb ich mich entschloss, den
1 Siehe Domke, Langenbeck’s Archiv Bd. L.
2 Pfeiffer, Inaug.-Diss., Erlangen, 1890.
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 235
Uterus zu erhalten. Tiefgehende und oberflächliche Katgutnähte des letzteren,
eben solche mit Seide des Bauchschnitts. Dauer der Operation 1 Stunde.
Der Verlauf war völlig fieberfrei, nur in den ersten Tagen p. op. durch die
Folgen einer schweren Koprostase (Erbrechen) etwas gestört. Pat. erholte sich
rasch und wurde am 18. November 1896 geheilt entlassen.
Obwohl ihr gerathen worden war, baldmöglichst zur Entfernung der Becken-
geschwulst wiederzukommen, stellte sie sich hierzu doch erst am 24. September
1897 ein — am Ende des 6. Monats einer zweiten Schwangerschaft
stehend. Aus später zu erörternden Gründen entschied ich mich, die Exstir-
pation der anscheinend noch etwas gewachsenen, die Pat. im Übrigen in keiner
Weise belästigenden Exostose vom Beckenausgang aus vorzunehmen.
Operation am 26. September 1897 in Steinschnittlage. Schnitt, etwas
oberhalb der Symphysis pubis beginnend, parallel und 2,5 cm nach außen vom
rechten Labium majus, 15 om lang nach abwärts verlaufend.. Nach Abmeißelung
der Muskelansätse des Gracilis und der Adduktoren vom rechten Schambein
stumpfes Vordringen in die Tiefe ‚des Beckens unter Schonung der stark ekta-
tischen Venen und Scheidenwand und Ablösung der letzteren von dem medianen
Theil des Tumors, die nur an den höckrigen Partien desselben erschwert war.
Nachdem die Geschwulst nach allen Seiten hin bis zu ihrer Basis freigelegt worden
war, allerdings so, dass nur ein kleiner Theil von ihr übersehen werden konnte,
nahm ich, während die Wundhöhle durch breite stumpfefHaken so weit als mög-
lich aus einander gehalten wurde, die wegen der fast elfenbeinernen Härte der
Geschwulst recht schwierige Abmeißelung der ‚Exostose vor, nach deren Entfer-
nung die 5—6 cm im Durchmesser messende spongiöse Knochenwundfläche an der
hinteren Schambeinfläche noch mit fdem scharfen Löffel geglättet wurde. Die
mäßige Blutung aus dem Knochen kam durch Tamponade bald zum Stillstand:
es” war auch sonst keine einzige Ligatur erforderlich. Ausstopfung der Wund-
höble mit Jodoformgasestreifen, deren Ende zum unteren Theile der im Übrigen
durch Nähte geschlossenen Wunde herausgeführt wurde. — Keine Nachblutung.
Ungestörter fieberloser Verlauf bei bestem Allgemeinbefinden der Pat. und glatter
Wundheilung. Geheilt entlassen am 31. Oktober 1897. Die vaginale Untersuchung
ergab normale Kontouren des Beckenkanals. — Am 8. Jjanuar 1898 wurde die
Frau ohne ärztliche Hilfe von einem kräftigen Kinde entbunden und hat
ein normales Wochenbett durchgemacht. Kein Recidiv.
Die entfernte, kuglige, stellenweise mit bis haselnussgroßen Höckern ver-
sehene Geschwulst, Zem im Umfang, an der Basis 5—6 cm im Durchmesser mes-
send und mannsfaustgroß, bestand aus mit gelbem Marke gefüllten, sehr hartem
spongiösem Knochen und war mit einer 2mm dicken Schicht hyalinen Knorpel-
gewebes überzogen. Sie stellte also eine isolirte, wahrscheinlich vom Symphysen-
knorpel aus einer Ekchondrose entstandene Exostose, (dar. Wann und durch
welchen Anlass (Trauma?) sich dieselbe entwickelt, ob sie unter dem Einfluss der
ersten Schwangerschaft und "der {dadurch bewirkten starken Blutzufuhr zu den
Genitalien besonders gewachsen, darüber war anamnestisch nicht das Geringste fest-
stellbar gewesen. Ahnliche Geschwülste waren an dem übrigen Knochensystem
der Pat. nicht vorhanden, buch bei den Eltern und Geschwistern der letzteren
niemals zur Beobachtung gekommen.
Dass Beckengeschwülste ein Geburtshindernis abgeben können,
ist seit Langem bekannt. Goder? hat aus der Litteratur allein
81 derartige Fälle gesammelt, welche eine operative Entbindung
nothwendig gemacht hatten, nachdem vorher v. Swiecickit im
Jahre 1890 eine Zusammenstellung von 12 Fällen von Becken-
3 Von dem Becken ausgehende Tumoren als Geburtshindernis. Inaug.-Diss.,
Halle, 1895.
$ Siehe » Der Frauenarzt« 1890. No. 12.
gr
234 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
schen Falles, in welchem sich der Tumor vom Scham- und Sitzbein
aus entwickelt hatte, auch fast nur solche dar, die verhältnismäßig
günstig — an der Darmbeinschaufel, am Kreuzbein und in der Nähe
der Symphysis sacro-iliaca — gelegen waren und keine größeren
Voroperationen am Knochen zu ihrer Freilegung bedurft hatten. Aber
auch die erreichten Resultate haben sich nicht besonders ermuthigend
erwiesen, indem fast alle sarkomatösen Geschwülste, so z. B. in den
Fällen von v. Volkmann, Gussenbauer etc., kurze Zeit nach der
Operation wiederkehrten. Nur die Exstirpationen von Enchondromen,
Exostosen und Fibromen scheinen, so weit die betreffenden Mitthei-
lungen darüber Aufschluss geben, durch Ausbleiben eines Recidivs
einen günstigen Erfolg gehabt zu haben; aber es sind ihrer nur
wenige — die Fälle von v. Bergmann, Gussenbauer, Hadra!,
v. Heineke? —, bei denen die Operation ausführbar war.
Angesichts dieser spärlichen Kasuistik dürfte die Veröffentlichung
eines von mir beobachteten Falles einer an der hinteren Fläche des
Schambeins entwickelten großen Exostose von Interesse sein, um so
mehr als derselbe durch seine eigenartigen Komplikationen eine be-
sondere Art operativen Vorgehens zur Entfernung der Geschwulst noth-
wendig machte.
Es handelte sich um eine bisher stets gesunde 2ljährige Ipara, Frau W.
aus Neusalz, welche am 15. Oktober 1896 Abends kreißend in das Elisabeth-
krankenhaus zur Ausführung des Kaiserschnitts eingebracht wurde, nachdem
18 Stunden vorher die ersten Wehen aufgetreten waren. Die Geschwulst, von der
die Frau selbst vorher niemals etwas gemerkt hatte, war erst am Nachmittag des
Aufnahmetages entdeckt worden, als nach dem Blasensprung wegen Vorfalls der
Nabelschnur die hinzugerufenen Arzte die innere Untersuchung und Reposition
der Schnur vorzunehmen versuchten. — Die knochenharte, mit kleinen Höckern
versehene, rundliche Neubildung saß, von außen nicht fühlbar, an der ganzen
hinteren Fläche des rechten horizontalen und oberen Theils des absteigenden
Schambeinastes breit und unbeweglich auf und ragte mannsfaustgroß in das
Beckeninnere nach hinten, unten und medianwärts so weit vor, dass nach links
hin nur eine enge Spalte frei blieb, durch die die Spitze des per vaginam einge-
führten Fingers kaum zu passiren, Muttermund und Kindestheile nicht zu er-
reichen vermochte. Frucht in II. Schädellage; Herztöne deutlich.
Da die Beendigung der Geburt auf natürlichem Wege unmöglich war, von
der Exstirpation der als Exostose erscheinenden Geschwulst schon in Rücksicht
auf die Möglichkeit des Vorhandenseins noch eines oder mehrerer, wenn auch
kleinerer, die Geburt hindernder gleichartiger Tumoren an der hinteren und seit-
lichen Beckenwand abgesehen werden musste, schritt ich Abends 10 Uhr zur
Sectio caesarea. Die Placenta saß an der vorderen Uteruswand, wurde von
dieser nach Eröffnung der Gebärmutter rasch unverletzt abgelöst; die Nabelschnur
lag zum Theil im oberen Abschnitt der Vagina. Der vor die Bauchwunde ge-
hobene Uterus zog sich nach Entwicklung eines 3,5 kg schweren, asphyktischen,
aber bald zum Leben gebrachten Knaben außerordentlich schnell zusammen, so
dass keine einzige Gefäßunterbindung nothwendig wurde. Außer der oben be-
schriebenen Geschwulst waren keine weiteren Knochenwucherungen an dem an
und für sich nicht verengten Becken erkennbar, wesshalb ich mich entschloss, den
1 Siehe Domke, Langenbeck’s Archiv Bd. L.
2 Pfeiffer, Inaug.-Diss., Erlangen, 1890.
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 235
Uterus zu erhalten. Tiefgehende und oberflächliche Katgutnähte des letzteren,
eben solche mit Seide des Bauchschnitts. Dauer der Operation 1 Stunde.
Der Verlauf war völlig fieberfrei, nur in den ersten Tagen p. op. durch die
Folgen einer schweren Koprostase (Erbrechen) etwas gestört. Pat. erholte sich
rasch und wurde am 18. November 1896 geheilt entlassen.
Obwohl ihr gerathen worden war, baldmöglichst sur Entfernung der Becken-
geschwulst wiederzukommen, stellte sie sich hierzu doch erst am 24. September
1897 ein — am Ende des 6. Monats einer sweiten Schwangerschaft
stehend. Aus später zu erörternden Gründen entschied ich mich, die Exstir-
pation der anscheinend noch etwas gewachsenen, die Pat. im Übrigen i in keiner
Weise belästigenden Exostose vom Beckenausgang aus vorzunehmen.
Operation am 26. September 1897 in Steinschnittlage. Schnitt, etwas
oberhalb der Symphysis pubis beginnend, parallel und 2,5 cm nach außen vom
rechten Labium majus, 15 om lang nach abwärts verlaufend. Nach Abmeißelung
der Muskelansätze des Gracilis und der Adduktoren vom rechten Schambein
stumpfes Vordringen in die Tiefe ‚des Beckens unter Schonung der stark ekta-
tischen Venen und Scheidenwand und Ablösung der letsteren von dem medianen
Theil des Tumors, die nur an den höckrigen Partien desselben erschwert war.
Nachdem die Geschwulst nach allen Seiten hin bis zu ihrer Basis freigelegt worden
war, allerdings so, dass nur ein kleiner Theil von ihr übersehen werden konnte,
nahm ich, während die Wundhöhle durch breite stumpfefHaken so weit als mög-
lich aus einander gehalten wurde, die wegen der fast elfenbeinernen Härte der
Geschwulst recht schwierige Abmeißelung der ‚Exostose vor, nach deren Entfer-
nung die 5—6 cm im Durchmesser messende spongiöse Knochenwundfläche an der
hinteren Schambeinfläche noch mit fdem scharfen Löffel geglättet wurde. Die
mäßige Blutung aus dem Knochen kam durch Tamponade bald zum Stillstand;
es” war auch sonst keine einzige Ligatur erforderlich. Ausstopfung der Wund-
höhle mit Jodoformgasestreifen, deren Ende zum unteren Theile der im Übrigen
durch Nähte geschlossenen Wunde herausgeführt wurde. — Keine Nachblutung.
Ungestörter fieberloser Verlauf bei bestem Allgemeinbefinden der Pat. und glatter
Wundheilung. Geheilt entlassen am 31. Oktober 1897. Die vaginale Untersuchung
ergab normale Kontouren des Beckenkanals. — Am 8. Januar 1898 wurde die
Frau ohne ärztliche Hilfe von einem kräftigen Kinide entbunden und hat
ein normales Wochenbett durchgemacht. Kein Recidiv.
Die entfernte, kuglige, stellenweise mit bis haselnussgroßen Höckern ver-
sehene Geschwulst, Zem im Umfang, an der Basis 5—6 cm im Durchmesser mes-
send und mannsfaustgroß, bestand aus mit gelbem Marke gefülltem, sehr hartem
spongiösem Knochen und war mit einer 2 mm dicken Schicht hyalinen Knorpel-
gewebes überzogen. Sie stellte also eine isolirte, wahrscheinlich vom Symphysen-
knorpel aus einer Ekchondrose entstandene Exostose, (dar. Wann und durch
welchen Anlass (Trauma?) sich dieselbe entwickelt, ob sie unter dem Einfluss der
ersten Schwangerschaft und "der {dadurch bewirkten starken Blutzufuhr zu den
Genitalien besonders gewachsen, darüber war anamnestisch nicht das Geringste fest-
stellbar gewesen. Ahnliche Geschwülste waren an dem übrigen Knochensystem
der Pat. nicht vorhanden, buch bei den Eltern und Geschwistern der letzteren
niemals zur Beobachtung gekommen.
Dass Beckengeschwülste ein Geburtshindernis abgeben können,
ist seit Langem bekannt. Goder? hat ‘aus der Litteratur allein
81 derartige Fälle gesammelt, welche eine operative Entbindung
nothwendig gemacht hatten, nachdem vorher v. Swiecicki? im
Jahre 1890 eine Zusammenstellung von 12 Fällen von Becken-
3 Von dem Becken ausgehende Tumoren als Geburtshindernis. Inaug.-Diss.,
Halle, 1895.
4 Siehe » Der Frauenarzt« 1890. No. 12.
DM
236 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
enchondrom, in denen die Sectio caesarea — 5mal mit glücklichem
Erfolge — ausgeführt worden, Rissmann® später noch einen
weiteren, tödlich verlaufenen mitgetheilt und Vaille® dieses Thema
unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten das Becken ver-
engender Tumoren eingehend erörtert hatten. In dieser Hinsicht
bietet somit der beschriebene Fall, in dem der konservative Kaiser-
schnitt vollzogen werden musste, nicht etwas Besonderes. Solches
kommt ihm erst dadurch zu, dass es gelang, im Laufe einer zwei-
ten, bis zum Ende des 6. Monats fortgeschrittenen Schwan-
gerschaft, ohne dieselbe zu unterbrechen, die den Becken-
kanalstark verengerndeGeschwulst vollständig zu entfernen.
Ein Analagon ist in der Litteratur nicht zu finden. Schauta?
schreibt hierüber zwar: »Man kann wohl wie bei anderen Ge-
schwülsten im Beckeninnern, so auch bei den von den Beckenknochen
ausgehenden, an deren radikale Entfernung während der Schwanger-
schaft oder Geburt denken. Meist stehen aber der Operation un-
überwindbare Hindernisse im Wege. Bei Tumoren mit flüssigem
Inhalt kann durch Punktion das bestehende Geburtshindernis beseitigt
werden. In allen übrigen Fällen ist die Behandlung eine rein ge-
burtshilfliche ...... < Aber der Versuch, die die in Aussicht
stehende Geburt behindernde Geschwulst schon während der Schwan-
gerschaft zu beseitigen, ist bisher noch in keinem Falle gemacht
worden. Freilich lagen die Verhältnisse in dem vorliegenden durch
den Sitz des Tumors hinter dem Schambein, durch seinen nicht
allzugroßen Umfang und seine Gutartigkeit relativ günstig für eine
Operation. Aber ich möchte doch annehmen, dass zu ihrer erfolg-
reichen Ausführung ohne Störung der bestehenden Gravidität die
besondere Art des operativen Vorgehens beigetragen habe. Für
letzteres wäre der Weg von oben her, ein längs der Symphysis pubis
über das rechte Schambein hinziehender Querschnitt sicherlich der
bequemere gewesen, da er direkt auf den Ausgangspunkt der Ex-
ostose geführt hätte. Dass ich ihn trotzdem nicht wählte, dazu veran-
lasste mich in erster Linie die Erwägung, dass zur Zurückhaltung
des graviden Uterus nach oben vom Beckeneingang vielleicht un-
günstig wirkende Manipulationen an jenem nicht zu umgehen sein
würden. Auch wollte ich die Schaffung einer Narbe im unteren
Theile der Bauchwand in Rücksicht auf die Schwangerschaft ver-
meiden und hätte auch noch einen zweiten Schnitt, eine Gegenöff-
nung am tiefsten Punkte der sich nach dem Beckenausgang hin
erstreckenden Wundhöhle anlegen müssen. Aus diesen Gründen
entschloss ich mich, die Exstirpation vom Beckenausgang her zu ver-
suchen, was allerdings mit nicht geringen Schwierigkeiten einherging,
da sich das Operationsfeld in der Tiefe nicht vollständig übersehen
5 Zeitschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie 1894.
6 Über Beckenenge in Folge von Tumoren der Beckenwände. Paris, J. B.
Bailliere et fils, 1891.
1 Lehrbuch der gesammten Gynäkologie 1896.
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 237
ließ, nicht das Auge, sondern nur die tastenden Finger die Stellung
des Meißels kontrolliren konnten. Trotzdem war es möglich, den
Tumor ohne jede Nebenverletzung vollständig zu exstirpiren und da-
durch einen normal weiten Beckenkanal wieder herzustellen,
durch den !/, Jahr später, nachdem die Wunde längst fest
vernarbt war, die Geburt eines ausgetragenen Kindes un-
behindert und ohne Kunsthilfe vor sich gehen konnte.
Wenn nun auch der im vorliegenden Falle zur Entfernung der
Schambeinexostose eingeschlagene, durch die Eigenart desselben ge-
botene Weg zum Ziel geführt hat, so kann er doch nicht zur Ex-
stirpation weniger gutartiger Neubildungen gleicher Lokalisation
empfohlen werden, da er der bei Geschwulstoperationen im Allge-
meinen unerlässlichen Forderung nicht genügt, das Operationsfeld
dem Auge nach allen Richtungen hin zugänglich zu machen.
1) F. Gross, S. Rohmer et A. Vautrin. Nouveaux élé-
ments de pathologie chirurgicale générale.
Paris, 1898.
Das 674 Seiten umfassende Buch bildet den 1. Band einer
allgemeinen chirurgischen Pathologie und erscheint als Vervoll-
ständigung der vor einigen Jahren von denselben Verff. erschienenen
Éléments de pathologie et de clinique chirurgicales. Der 1. Band
umfasst die traumatischen Verletzungen, seien sie durch mechanische
oder physische Ursache entstanden, und die Geschwülste. Der
2. Band soll die chirurgischen Erkrankungen der Haut, Gefäße,
Muskeln etc. umgreifen. Die einzelnen Abhandlungen sind außer-
ordentlich gründlich, die Litteratur, deren genaue Angabe jedem
kleineren Abschnitt folgt, besonders auch unsere deutsche, ist in
umfassender Weise berücksichtigt. Seinem Zweck, dem Studenten ein
gutes Handbuch, dem Specialisten eine schnelle Übersicht zu ver-
schaffen, wird dieser 1. Band in vorzüglicher Weise gerecht.
Borchard (Posen).
2) C. Barszczewski. Chinosol als Antisepticum.
(Gas. lekarska 1897. No. 41.)
Verf. hat das Chinosol auf seine chemischen (gemeinsam mit
Nencki) und bakteriologischen Eigenschaften, so wie auch am
Krankenbett geprüft. Dasselbe stellt ein fein krystallinisches, gelb-
liches, angenehm nach Safran riechendes Pulver dar. In warmem
Wasser ist es in jedem Verhältnis, in kaltem etwa zu 60% löslich.
In Bezug auf seine baktericide Wirkung steht es den Karbol- und
Sublimatlösungen nicht nach und übertrifft selbige sogar, da es
1) Eiweißlösungen nicht fällt, 2) keine toxischen Eigenschaften be-
sitzt und 3) auf Haut und Schleimhäute nicht reizend wirkt. Es wird
zu Irrigationen in Lösungen von 1—2:1000 verwendet, so wie bei
Eiterungen und atonischen Geschwüren als Salbe, Paste, Streupulver ete.
238 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
Außerdem kann es als ‚Gurgelwasser so wie zu Inhalationen ver-
wendet werden. Bei Darmleiden wird es innerlich verabreicht.
Zur primären Desinfektion der Hände eignet es sich sehr gut, ist
dagegen wegen seines hohen Säuregrades zur Desinfektion der In-
strumente nicht zweckmäßig. Trzebicky (Krakau).
3) S. Kossobudzki. Zur Behandlung inficirter, namentlich
gangränöser Wunden mit Terebenglycerin.
(Medycyna 1897. No. 34 u. 35.)
Verf. empfiehlt die von Radutowicz seiner Zeit empfohlenen
Terebenpräparate, und zwar Terebenwasser und Terebenglycerin sehr
warm als Verbandmittel bei inficirten Wunden. Die Zubereitung der
Präparate erfolgt auf folgende Weise. Will man Terebenwasser zu-
bereiten, so wird eine 3—6 Liter haltende, mit einem Glashahn am
Boden versehene Flasche zur Hälfte mit Wasser und Tereben (er-
halten aus Terpentin durch Hinzufügen von (ie Theil Schwefelsäure
und nachherige Destillation) gefüllt und zugekorkt. Der Stöpsel
wird durch 2 Glasrohre perforirt, deren eines fast bis zum Boden
reicht, das andere aber oberhalb des Flüssigkeitsspiegels endigt. Von
Zeit zu Zeit wird durch das erstere Luft mittels eines Gummiballons
in die Flüssigkeit getrieben, wodurch sich daselbst durch Oyxdation
des Terebens Wasserstoffsuperoxyd bildet. Die Zubereitung von
Terebenglycerin erfolgt auf ähnliche Weise, indem man 7 Theile
Glycerin, 4 Theile Tereben und 3 Theil destillitten Wassers mischt
und ebenfalls von Zeit zu Zeit Luft durch das Gemisch schickt.
Nach einigen Tagen nimmt die unterste Schicht (wasserhaltiges Gly-
cerin) in Folge Ansammlung von Wasserstoffsuperoxyd ein trübes
Aussehen an. In dem Augenblicke, wenn eine Probe dieser untersten
Schicht, gemengt mit Äther- und Chromsäure (bezw. doppelt chrom-
saurem Kali und Schwefelsäure), eine tiefblaue Reaktion giebt, ist
das Präparat fertig und wird in wohl verschlossenen Gefäßen auf-
bewahrt.
Die Anwendung des Mittels geschieht auf die Art, dass die
Wunden mit in Terebenglycerin getränkter Gaze bedeckt bezw. tam-
ponirt werden, worauf ein gewöhnlicher Deckverband kommt. Andere
Antiseptica werden nur ganz ausnahmsweise benutzt. Einige Kranken-
geschichten illustriren die Anwendungsweise des Mittels, für das
u. A. namentlich der absolute Mangel einer Intoxikationsgefahr spricht.
Trzebicky (Krakau).
4) H. Marcy. The animal suture; its preparation and
technique of application.
(Journ. of the Amer. med assoc. 1897. No. 14.)
Um die lästigen Stichkanaleiterungen zu vermeiden, hat Verf.
nach verschiedenen Versuchen, welche bewiesen, dass die Eiterung
stets von der Haut ausging, seit lange versenkte »subkutikulare«
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 239
Nähte angelegt, die Wunden nicht drainirt und mit Jodoformkollo-
dium bedeckt. Von 600 Wunden heilten 98% per primam. M. weist
besonders darauf hin, dass die Wundränder und Gewebe möglichst
wenig gequetscht und verletzt, dass möglichst wenig Nähte und
Knoten angelegt werden dürfen, und empfiehlt daher den aus-
gedehnten Gebrauch der fortlaufenden Naht. Dem Katgut, das na-
mentlich bei großen Wunden nicht genügend lange halte, zieht er
die Sehne vom Känguruhschwanz als Nahtmaterial vor, Die Sehnen
werden ‚getrocknet, in 1%/yoige Sublimat-, dann in 2 % ige Formalin-,
darauf in Chromsäurelösung gelegt und schließlich in sterilisirtem
Leinöl mit Karbol aufbewahrt. Je länger sie in Öl liegen, desto
besser werden sie. Martens (Berlin).
5) Brosch. Theoretische und experimentelle Untersuchungen
über die künstliche Athmung Erwachsener.
(Virchow's Archiv Bd. CXLIX. Hft. 2 u. 3.)
6) Schüller. Zur künstlichen Athmung.
(Ibid. Bd. CLI. Hft. 1.)
Es werden in der sehr eingehenden obigen Arbeit von B. zu-
nächst ausführliche, durch Litteraturbeläge gestützte Angaben darüber
gemacht, bei welchen verschiedenen Krankheiten die künstliche Ath-
mung als lebensrettende Operation empfohlen worden ist. Bisher
ist eine Messung der Werthgrößen der einzelnen Methoden nur an
Kinderleichen oder Föten vorgenommen worden, während über die
gleichen Verhältnisse bei Erwachsenen einschlägige Untersuchungen
ganz fehlten. Letztere unternahm nun Verf, und zwar wurden
speciell geprüft die Methoden von Marshall Hall, Silvester,
Pacini, Howard, Schüller, Flashar und Brosch.
Die künstliche Athmung bezweckt, einen Menschen, dessen
automobile (reflektetorische) Respiration durch irgend einen Einfluss
gestört oder aufgehoben ist, durch Erzeugung künstlichen Luftwechsels
so lange am Leben zu erhalten, bis die Störung behoben und der
Mensch wieder im Stande ist, selbständig zu athmen. Für eine
gute Methode ist nach Howard erforderlich: Freie Bahno für die
ein- und ausströmende Luft, größtmögliche Erweiterung und Ver-
engerung des Brustkorbs, letzteres in rhythmischem Wechsel. Auf
Grund geometrischer, aber sehr einleuchtender Überlegungen über
die Thoraxform und den Mechanismus der Rippenbewegungen ist
nun Verf. zu den Schlüssen gelangt, dass die größte Erweiterung
des Brustkorbs durch Verlängerung des sagittalen Durchmessers, die
größte Verengerung durch Verkürzung desselben erfolge. Um das
größte Maß der Inhaltsveränderungen zu erzielen, müssten die Ver-
längerungen und Verkürzungen sich gleichmäßig auf den ganzen
Brustkorb erstrecken, d. h. proportional den Größen des sagittalen
Durchmessers seiner einzelnen Abschnitte (die auch empfohlene künst-
liche Zwerchfellathmung hat nach den Untersuchungen des Verf.
240 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
weder eine theoretische Berechtigung noch einen praktischen Werth).
Verf. führt aus, dass der Brustquerschnitt eine Art Ellipse bilde,
deren Inhalt um so größer werde, je mehr sie sich der Kreisform
nähere. Dieses letztere werde durch Druck auf die seitlichen Partien
der Brust bewirkt, während ein Druck von vorn nach hinten eine
Entfernung der Brennpunkte der Ellipse, also eine Verkleinerung des
Flächeninhalts bedinge. Eine weitere Vergrößerung des sagittalen
Durchmessers komme dann noch durch die Schamierbewegung der
Rippen in den Kostovertebralgelenken in am Original näher geschilder-
ter Weise zu Stande. Verf. schildert nunmehr die einzelnen Methoden,
kritisirt sie auf Grund obiger Überlegungen und kommt zu dem
Schluss, dass seine Methode allen Anforderungen am ehesten gerecht
wird. Dieselbe möge daher mit den Worten des Verf. hier wieder-
gegeben werden: »Man lagere den Körper des Scheintodten rücklings
auf den Boden und setze dann unter den Brustkorb einen 25—30 cm
hohen und 40—50 cm breiten Schemel. Der Kopf hängt über den
Rand des Schemels frei herab. Die Arme werden in den Ellbogen-
gelenken stark flektirt und zu beiden Seiten des Brustkorbs auf den
Schemel gelegt. Zu Häupten des Scheintodten stehend, ergreift man
die beiden Ellbogen desselben von innen her und führt sie in einem
horizontalen Halbkreis nach rückwärts möglichst nahe an den Kopf
heran. Sobald man fühlt, dass sich die horizontale Bewegung der
Arme nicht mehr steigern lässt, drückt man die Arme nach abwärts
(Inspiration). Hierauf legt man die Ellbogen dem Scheintodten auf
die Brust, so dass sie sich berühren und übt nun, sich auf dieselben
stützend und das eigene Körpergewicht ausnützend, einen allmählich
stärker werdenden, intensiven, möglichst sagittalen Druck auf den
Brustkorb des Scheintodten (Exspiration) aus«e. Durch die Erhebung
der Arme wird eine ausgiebige Scharnierbewegung der Rippen und
damit eine Erweiterung des Brustkorbs in sagittaler Richtung, durch
das Abwärtsdrücken der erhobenen Arme eine noch stärkere Hebung
des Brustbeins bewirkt. Auch die Exspiration muss sehr ausgiebig
sein, da sie ähnlich wie bei Howard den ganzen Thorax betrifft.
Die Methode des Letzteren hält Verf. für eine schlechte Respirations-,
aber sehr gute Expektorationsmethode.
Diese seine Ansichten begründet B. nunmehr durch sehr aus-
gedehnte Experimentaluntersuchungen der Leiche, welche unter allen
Kautelen, um Fehlerquellen möglichst auszuschließen, vorgenommen
wurden. Auch hierbei ergab die Methode des Verf. stets die größten
Respirationswerthe. Eingehend besprochen wird dann noch der Ein-
fluss pathologischer Veränderungen auf die Größe des Luftwechsels
bei der künstlichem Athmung, die künstliche (passive) Respiration
im Verhältnis zur natürlichen (aktiven), die Grundzüge einer zweck-
entsprechenden therapeutischen ‚Verwerthung der passiven Athmung,
endlich das Verhältnis der passiven Athmung zu den Sauerstoff-
inhalationen bei Asphyxien. Der Inhalt der Arbeit ist ein so reich-
haltiger — sie umfasst über 100 Seiten — dass ein auch nur einigermaßen
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 241
den Gegenstand erschöpfendes Referat unmöglich ist. Es sei daher
nur auf die verschiedenen, in klarer Weise besprochenen Punkte
aufmerksam gemacht.
Dem gegenüber weist S. darauf hin, dass ähnliche ausführliche
Untersuchungen schon von Djelitzin in russischer Sprache, jedoch
ausführlich referirt in diesem Centralblatt 1893 p. 841—845 veröffent-
licht worden seien, und dass die Resultate dieses Autors mit denen
von Brosch in manchen Punkten nicht übereinstimmten. Die Ver-
suche von Brosch hält S. nicht für voll beweiskräftig, da Jener in
vielen Fällen an mit schweren Veränderungen der Athmungsorgane
behafteten Leichen experimentirt habe. Endlich warnt er davor, die
an Leichen gewonnenen Resultate unmittelbar auf die Praxis zu
übertragen. So z. B. lasse beim Scheintodten die Methode von Sil-
vester, von der doch die Brosch’sche nur eine Modifikation sei,
häufig in Stich. Pels Leusden (Göttingen).
7) R. Alessandri. Einpflanzung lebender Gewebe in ver-
schiedene Organe des Körpers.
(Polielinico 1897. Juli 1.)
Verf. berichtet über die Resultate seiner diesbezüglichen Thier-
versuche. Es handelt sich hier um die Folgen der Überpflanzung
von Nierengewebe in folgende Organe: Niere, Milz, Leber und Hoden.
Das Ergebnis war bei den drei letztgenannten Organen ein durchweg
negatives; der ganze überpflanzte Gewebspfropf ging durch Nekrose
zu Grunde. Nur bei der Übertragung von Nierengewebe in ein
homologes Gewebe (Niere) blieb ein geringer Rest von vitaler Funk-
tion bestehen. Allerdings kommt es auch hier zu einer fast völligen
Nekrose des eingeimpften Stückes; diese Nekrose beginnt im Centrum
und betrifft die Glomeruli in geringerem Grade als die Harnkanäl-
chen. Aber während die Nekrose im Centrum des Impflings immer
weiter fortschreitet und hier zu einem völligen Untergang sowohl
der Glomeruli als der Harnkanälchen führt, schreitet dieselbe in der
Peripherie langsamer vor; zwar kommt es auch hier zur Degenera-
tion, doch in geringerem Grade; man erkennt noch einigermaßen die
Epithelien der Harnkanälchen und besonders deutlich die Glomeruli.
Das Gewebe geht also in der Peripherie nicht völlig zu Grunde; die
degenerativen Vorgänge sistiren, und es kommt schließlich zu einer
Neubildung von Nierengewebe. Man kann eine aktive Proliferation
der Gefäßendothelien, so wie kleinzellige Infiltration wahrnehmen.
Aus den erhalten gebliebenen Resten des Kanälchenepithels bilden
sich neue Harnkanälchen, so dass es schließlich zu einer Regenera-
tion des Gewebes kommt. Weiterhin bildet sich eine fibröse Narbe
zwischen dem Impfling und der Niere.
Auch in den an den eingepflanzten Keil angrenzenden Theilen
der gesunden Niere kommt es in der ersten Zeit zu einem degenera-
. tiven Untergang von Harnkanälchen. Da nun die Gefüßbündel der
Glomeruli nicht der Zerstörung anheimfallen, so erscheint eine
gr
242 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
relative Vermehrung derselben. Späterhin kommt es hier ebenfalls
zur Proliferation der Gefäßendothelien, kleinzelligen Infiltration und
zur Neubildung von Harnkanälchen. An die Stelle des durch Nekrose
untergegangenen Theils des Impflings tritt narbiges Bindegewebe.
H. Bartsch (Heidelberg).
8) Z. J. Lusk (Warschau). Some additional facts relating
to skin grafting.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 16.)
L. glaubt die Thiersch’sche Methode der Hauttransplantation
dadurch zu verbessern, dass er die Läppchen nicht mit dem Messer
schneidet, sondern die Epidermis durch Anwendung von Vesikantien
abhebt. Die Läppchen sollen noch nach beliebig langer Zeit an-
wachsen, wenn man sie an der Luft trocknet und, in sterile Gaze
gepackt, vor jeder Feuchtigkeit bewahrt. Erst vor dem Auflegen auf
die Granulationsfläche werden sie angefeuchtet, nachher mit Gaze
bedeckt, die von Perubalsam und Ricinusöl durchtränkt ist. Der
Verband soll in der Regel 10—15 Tage liegen bleiben. Verf. bringt
die Krankengeschichten von 5 Fällen, bei denen die Haut nach 23,
40, 48, 164 und 418 Tagen noch anwuchs. Der letzte Fall ist zur
Empfehlung der Methode unglücklich gewählt, da von einer !/, Qua-
dratzoll großen, nicht angeheilten Stelle » die Granulationen sich aus-
dehnten und die neue Haut zerstörten «. Martens (Berlin.)
9) Honsell. Über Karbolgangrän.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 9.)
H. berechnet aus den Angaben von Levai und aus dem Material
des Ambulatoriums der Tübinger Klinik, dass auf etwa 1000 chirur-
gisch Kranke 1 Fall von Karbolgangrän kommt.
In der Litteratur konnte Verf. 43 genauer beschriebene Fälle
auffinden. In 30 der mitgetheilten Fälle betrug die Koncentration
der angewandten Karbollösung nur 1—5%. Eine besondere Prädis-
position von Weibern und Kindern lässt sich aus der Kasuistik nicht
herausrechnen. Die überwiegende Mehrzahl der Fälle betrafen Finger
und Zehen.
Um über das Wesen der Karbolwirkung Aufschluss zu gewinnen,
hat H. eine Reihe von Thierexperimenten angestellt, unter ver-
gleichender Benutzung von Schwefel- und Essigsäure, so wie Kali-
lauge. Im Gegensatz zu Frankenburger hält er die gefundenen
Thrombosen nicht für die Ursache, sondern nur für eine Begleit-
erscheinung der Nekrose. Der Vergleich mit den anderen Chemi-
kalien führt H. zu dem Schluss, dass die von der Karbolsäure in
dünneren Lösungen hervorgerufene Gangrän nichts Specifisches, der
Karbolsäure Eigenthümliches ist. Eine besondere Bedeutung für die
Entstehung der Gangrän legt H. der unter dem Einfluss der Karbol-
säure sich entwickelnden starken Transsudation ins Unterhautzell-
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 243
gewebe bei, welche zu Cirkulationsstörungen führen muss (vor Allem
in den straffen Weichtheilen der Finger). Für die Praxis fordert
Verf. in Übereinstimmung mit anderen Autoren das Verbot des
Handverkaufs der Karbolsäure als wirksamste Prophylaxe. Auf einen
Punkt, der meines Erachtens für die Häufigkeit tiefgreifender Karbol-
gangrän nicht ohne praktische Bedeutung ist, hat Verf. nicht hin-
gewiesen: das ist die anästhesirende Wirkung der Karbolsäure, welche
dem Pat. die Gefahr, die ihm droht, verhüllt. (Ref.)
Hofmeister (Tübingen).
10) Oudin, Barthölemy und Darier. Über Veränderungen
an der Haut und den Eingeweiden nach Durchleuchtung
mit X-Strahlen.
(Monatshefte für Dermatologie 1897. Bd. XXV. No. 9.)
Die Verff. haben unter 400 Aufnahmen mit X-Strahlen, bei
welchen sie die Röhren immer in 15—20 cm Entfernung aufstellten
und nie höhere Stromstärken als 6—8 Ampère anwendeten, nur
5mal Folgeerscheinungen unangenehmer Art beobachtet: 2mal ober-
flächliche Brandschorfe, 2mal erysipelatoides Erythem (davon imal
mit 2 Monate anhaltender Alopecie), imal bei einem Kinde eine
plötzlich auftretende Verdauungsstörung mit kleinen Kolikanfällen
noch 2 Monate hindurch. Sie stellen dann das in der Litteratur
veröffentlichte Material zusammen (im Ganzen 48 Fälle). Die Ver-
änderungen an der Haut sind außerordentlich mannigfaltig; sie treten
meist erst spät nach der Bestrahlung auf, oft erst nach mehreren
Sitzungen, und charakterisiren sich als Röthung, Entzündung, Pig-
mentirung, einfache Abschuppung, Blasen und Pusteln, Schwellung,
Brandschorfe, Ulcerationen; sie sind — besonders an den Händen —
schmerzhaft und heilen meist langsam; sie treten in akuter Form
bei den durchleuchteten Pat., in chronischer namentlich bei den die
Bestrahlung oft vornehmenden Personen ein. An sich kranke Stellen
werden schwerer betroffen; auch die individuelle Disposition spielt
zweifellos eine große Rolle. In einzelnen Fällen fielen nur die
Haare (und die Nägel) aus, ohne dass es zur Entzündung kam; die
Hoffnung, auf diese Weise Haare wenn auch nur zeitweilig immer
wieder entfernen zu können, hat sich wenigstens vorläufig als trüge-
risch herausgestellt; denn man konnte bei dahin zielenden Versuchen
Röthung, Verbrennung etc. nicht sicher vermeiden; auf der anderen
Seite blieben die Wollhaare an den entzündlichen Stellen meist
erhalten.
Neben den Störungen auf der Haut wurden in einzelnen Fällen
nach der Bestrahlung noch andere Erkrankungen beobachtet: Brechen,
Koliken, Herzklopfen, unregelmäßiger Puls, Sehstörungen; in einem
Falle wurde sogar eine akute Verschlimmerung einer Lungentuber-
kulose, in einem anderen multiple Abscessbildung auf Radiographie
zurückgeführt. Von einem aber keineswegs gleichmäßigen Einfluss
$
244 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
auf das Zustandekommen der Hautveränderungen sind zu starke
Ströme, zu geringe Entfernung der Haut von der Röhre, die Dauer
der Durchleuchtung, zu rasche Wiederholung der Sitzungen. Den
Hauptwerth legen die Verf. auf den Röhrenabstand; war er nur
5 cm groß, so trat selbst bei schwach bewaffneten Röhren Reizung
auf, während bei großen Röhren mit 50 cm Funkenlänge und 9 bis
10 Ampere bei mindestens 50 cm Röhrenabstand nie eine Schädigung
erfolgte; der Grad der Verletzung scheint im umgekehrten kubischen
Verhältnis zur Entfernung zu stehen.
Die kritische Besprechung der verschiedenen Hypothesen, welche
zur Erklärung der auf die Haut ausgeübten Wirkung der X-Strahlen
aufgestellt worden sind, können wir hier nicht wiedergeben. Die
Verff. sind geneigt, dieselben zurückzuführen 1) auf das »elektro-
statische beständig oscillirende Feld in der Umgebung der Röhre«,
welches »in sozusagen brutaler Weise das elektrostatische Potential
der Zellen verändern« kann, und 2) auf die die Röhre umgebende
»oscillirende magnetische Zone«, welche, wie d'Arsonval nach-
gewiesen hat, »tiefergreifende Störungen in den organischen Ge-
weben« hervorrufen können. Endlich wird noch die Hypothese auf-
gestellt, dass die Haut nicht direkt geschädigt wird, sondern dass,
wie in Versuchen von Brian und Morat, nach Durchschneidung
der hinteren Wurzeln des Lumbalnerven trophische Störungen
2 Monate später auftraten, so auch die verspäteten Schädigungen
nach Radiographie auf eine Beeinflussung trophischer Nerven zu-
rückzuführen sind. Dafür spräche nicht bloß das verspätete Auf-
treten, sondern auch die Langsamkeit der Heilung, die Neigung zu
Rückfällen, die Lokalisation von Ulcerationen an der direkten
Wirkung der Röntgenstrahlen nicht ausgesetzten Stellen, die aber
ins Gebiet des betreffenden Nerven fallen, die peripheren Cirkula-
tionsstörungen, die der Entzündung vorausgehen, das Zittern, die
Veränderungen des Tastgefühls, die Paraplegien, die bei mit
X-Strahlen behandelten Meerschweinchen auftraten.
Die Verff. vergleichen dann die »aktinographische Dermitis«
mit der elektrischen Verbrennung, von der sie 3 Fälle berichten.
Diese richten sich nach der Spannung des elektrischen Bogens, nach
der Dauer der Einwirkung und nach dem Widerstande der Haut. Die
Stärke des Stromes steht auch hierbei nicht immer im Verhältnis
zu seiner Wirkung; auch sie erscheint erst nach einiger Zeit; sie
können sehr tief sein, stellen kleine runde oder polygonale, graue,
scharf abgesetzte Flecke dar, sind nicht schmerzhaft und heilen sehr
langsam.
Zum Schluss der ausführlichen Arbeit wird noch über einige
Versuche bei Kaninchen, Meerschweinchen berichtet; die X-Strahlen
erzeugen bei Meerschweinchen eine 1—2 Monate nach der Bestrah-
lung ohne Verbrennung eintretende Alopexie, die von D. auch histo-
logisch untersucht worden ist. Jadassohn (Bern).
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 245
11) W. Reiss. Xeroderma pigmentosum (Kaposi).
(Przegląd lekarski 1897. No. 50—52.) 5
Verf. gelangt auf Grund seines eigenen sehr präcis beobachteten
und genau untersuchten, so wie der 74 in der Litteratur bekannten
Fälle von Xeroderma pigmentosum zu folgenden Schlüssen: 1) Das
Leiden beginnt zwar zumeist in der Kindheit, kann aber auch aus-
nahmsweise später den Pat. heimsuchen. — 2) Esgilt keinesfalls als
allgemeine Regel, dass die Krankheit immer als akute, diffuse Der-
matitis beginnt, welche durch häufige Recidive und Nachschübe zu
chronischen Veränderungen und zu Infiltraten, Pigmentablagerung,
Hyperplasie und späterer Atrophie führt; sondern oft setzen die
Atrophie und die anderen Symptome ohne irgend welche vorherige
Symptome ein. — 3) Die Pigmentansammlung gehört keineswegs zu
den Kardinalsymptomen der Krankheit, eben so wie dieselbe auch
durchaus nicht immer ihr Entstehen der übermäßigen Einwirkung
der Sonnenstrahlen verdankt. — 4) Das Hauptsymptom der Krank-
heit bildet die Atrophie der Haut, und zwar des Papillarkörpers und
der Epidermis, so wie das Eindringen des Malpighi’schen Netzes in
das eigentliche Hautgewebe, die Ektasie der Gefäße und Hypertrophie
der Talgdrüsen. — 5) Alle diese Veränderungen präpariren den
Boden für eine allgemeine Careinose. Trzebioky (Krakau).
12) P. T. de Amicis. Die Sarkomatose der Haut.
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. No. 7.)
Die vorliegende Arbeit wurde als Referat in der dermatologi-
schen Sektion des Moskauer internationalen Kongresses vorgetragen.
Verf. sieht von einer Besprechung der metastatischen Hautsarkome
ab; die primären theilen sich ein in 1) das nicht pigmentirte, 2) das
melanotische, 3) das multiple idiopathische hämorrhagische Hautsar-
kom. Zu der ersten und zweiten Gruppe bringt er je ein charakte-
ristisches Beispiel; im 1. Falle war der Arm, im 2. das Bein außer-
ordentlich stark befallen; beide Pat. starben ohne Operation. Den
Haupttheil der Abhandlung macht die Besprechung des Sarcoma
multiplex idiopathicum pigmentosum aus; hierzu giebt A. 4 Kranken-
geschichten; im 1. Falle waren Extremitäten und Nase, im 2. Extre-
mitäten, Scrotum, Mund, im 3. auch Mundhöhle und Gesicht, im
4. auch Kopfhaut, Gesicht, Ohren, Mund- und Rachenhöhle und
Kehlkopf befallen. 3 Phasen sind im Verlauf zu unterscheiden:
1) die Periode der Flächeninfiltration mit rothblauen Flecken, 2) die
der teleangiektatischen und angiomatösen Neubildung (mit roth-
braunen harten oder weichen Knötchen, mit Schwellung und schmerz-
hafter Spannung der befallenen Regionen); 3) die »nekrobiotische und
kachektische Periode mit Aussaat in die inneren Organe und töd-
lichem Ausgang«. Der Verlauf kann akut oder sehr chronisch
(selbst über 20 Jahre) sein. Die einzelnen Herde können spontan
oder durch die Therapie zurückgehen und hinterlassen dann harte
246 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
schwärzliche, oft abnorm stark verhornte Flecke. In Bezug auf die
Benennung und Klassificirung dieser Fälle steht A. auf dem Stand-
punkt Kaposi’s, dass der Ausdruck »Sarcoide« der passendste wäre,
weil diese Geschwulstform zwar in Vielem, aber keineswegs in Allem
den Sarkomen gleicht.
Unter den 50 Fällen A. a betraf keiner eine Frau; die meisten
waren Erwachsene, einer ein 5jähriges Kind, einer ein junger Mensch
von 15 Jahren. Die Erkrankung ist in den nördlichen Provinzen
Italiens sehr häufig; die Untersuchung auf Mikroorganismen, auch
auf Blastomyceten, so wie Thierimpfungen waren ganz resultatlos.
Die Erwägungen über die Pathogenese dieser Geschwülste bewegen
sich auf ganz hypothetischem Boden; auch A. ist geneigt, an einen
Nerveneinfluss zu denken. Differentialdiagnostisch kommt Lepra,
Syphilis, Mycosis fungoides in Frage; meist ist die Diagnose sehr
leicht. Die Prognose ist immer zweifelhaft; während der ersten
Periode kommt eine Rückbildung leichter zu Stande; durch die
Narbenbildung kann eine Elephantiasis entstehen. Auch völliges
Verschwinden kommt vor.
Nur beim einfachen, nicht pigmentirten Hautsarkom hat die
chirurgische Behandlung Aussicht auf Erfolg; »beim melanotischen
Sarkom sind die durch die Exstirpation gesetzten traumatischen
Reize von den traurigsten Folgen, Beim idiopathischen hämor-
rhagischen Sarkom dürfen nur isolirte Herde mit dem Messer ent-
fernt werden — oder auch solche, welche an sich Beschwerden machen;
JK und Hg sind erfolglos; A. hat schon früher berichten können,
dass von 11 Fällen, die er mit subkutanen Injektionen von Arsen
behandelte, 5 keine nennenswerthe Besserung zeigten, 2 wurden
wesentlich gebessert, 4 wurden geheilt. Jetzt kann der Verf. noch
2 Fälle hinzufügen, von denen einer durch 100 Einspritzungen von
Solutio arsenicalis Fowleri vollständig geheilt wurde; bei dem 2.,
bei welchem wegen der Kehlkopferkrankung und der durch sie be-
dingten Erstickungsanfälle bereits eine ‘Iracheotomie in Aussicht
genommen war, wurde ebenfalls durch im Ganzen 120 Injektionen
von Solutio Fowleri eine fast vollständige Heilung erzielt.
Jadassohn (Bern).
13) H. Engelbrecht. Angioma arteriale racemosum.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 2. Mit 1 Taf.)
Verf. giebt einen eingehenden Überblick über die Litteratur des
Rankenangioms. Aus demselben ist ersichtlich, dass alle Autoren
den Anfang des Leidens, wie schon zuerst Virchow, als einen Ge-
schwulstprocess ansehen. Einige, wie Heine und Schück, er-
klären ihn für identisch mit dem des einfachen Angioma plexiforme,
während Andere sich über den Charakter des Geschwulstprocesses
nicht äußern. Die Ansichten über die späteren Veränderungen des
Angioma racemosum sind sehr verschieden, zum Theil sich wider-
sprechend,
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 247
Die Grundlage der Untersuchungen bilden 3 auf der v. Berg-
mann’schen Klinik beobachtete Fälle, von denen 2 zur Vorderarm-
amputation führten. Die Krankengeschichten sind neben ausführ-
lichem mikroskopischen Befund ausführlich wiedergegeben. Aus
Hautschnitten an der Grenze der Teleangiektasie ist ersichtlich, dass
der Process nicht zuerst in Neubildung von Gefäßen besteht, sondern
in Umbildung von Gefäßen niederer Ordnung in solche einer höhe-
ren Stufe. Auch werden jedenfalls Gefäße neu angelegt, doch nach-
weisen lässt es sich nicht. Das Ursprüngliche bleibt eine Vermehrung
der Wandelemente bestehender Gefäße. Diese Neubildung findet in
allen Geweben statt von der Cutis bis auf den Knochen. Der Sitz
der ersten Querschnittvermehrung der Gefäße ist die Übergangsstelle
der kleinsten Arterien in die Kapillaren und deren Anfangsgebiet.
Die wechselnden Druckverhältnisse bedingen eine allerdings un-
genügende Muskelhypertrophie. Das Zwischengewebe atrophirt in
Folge des andauernden Reizes, welcher die Neubildung von Binde-
gewebe hervorruft. Das Fortschreiten der Erweiterung auf größere
Gefäße ist aus physiologischen Gesetzen zu erklären. Sie tritt nach
vorangegangener \Wandhypertrophie ein. Die Folge der Erweiterung
der größeren Gefäße ist nun schließlich auch eine Dilatation der
Venenkapillaren und Venen selbst. Verf. glaubt, dass das Angioma
simplex, aus welcher das Angioma racemosum hervorgehe, einen
anderen Charakter habe als die gewöhnliche angeborene Teleangi-
ektasie. In der Entwicklung der Geschwulst spielen fluxionäre Mo-
mente, wie Pubertät, Plethora, Schwangerschaft, örtliche Entzündung
eine Rolle. Der Sitz der Erkrankung ist auf Kopf und Extremitäten
beschränkt. Ein Trauma kann die Neubildung auslösen. E. sieht
in den Gefäßgeschwülsten eine Bestätigung der Cohnheim’schen
Theorie über die Entstehung der Neubildungen.
Die interessante Arbeit beschließen klinische Betrachtungen der
von E. beobachteten Fälle, aus deren Symptomatologie speciell die
durch Kompression der Art. brachialis bedingte Pulsverlangsamung
hervorzuheben ist. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
14) A. Wassermann. Über Gonokokkenkultur und Gono-
kokkengift.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 32.)
15) L. Nikolaysen. Zur Pathogenität und Giftigkeit des
Gonococcus.
(Centralblatt für Bakteriologie Bd. XXII. Hft. 12 u. 13.)
W. beschreibt einen neuen, bequem darzustellenden Nährboden
für Gonokokken. Man gebe in ein Erlenmeyer’sches Kölbchen
15 ccm Schweineserum, verdünne dies mit 30—35 ccm Wasser (Hämo-
globingehalt stört nicht), füge 2—3 eem Glycerin und endlich 0,8 g,
also 2% Nutrose hinzu. Nach Umschütteln auf der freien Flamme
zum Kochen erhitzen. Hierbei tritt völlige Klärung ein, da die
248 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
Nutrose die Eigenschaft besitzt, die Coagulation des Serums beim
Kochen zu verhindern. Nun noch 20—30 Minuten, am besten auf
2 Tage vertheilt, auch im strömenden Dampfe, sterilisiren. Zum
Gebrauch mische man verflüssigte (auf 50—60° abgekühlte !) 2% ige
Peptonagarröhrchen mit dem gleichen Volumen der Serumflüssigkeit
und gieße mit dem Gemisch Platten. Nach Erstarrung sind dieselben
zum Gebrauch fertig. Das Wachsthum ist das bekannte.
Eben so hergestellte Bouillonkulturen verschafften W. die Mög-
lichkeit, das in den Leibern der Gonokokken (nicht in der Nähr-
flüssigkeit) enthaltene Gift zu studiren. Kleinste Mengen erzeugen
Entzündung an der Applikationsstelle, Fieber, Schwellung der nächst-
gelegenen Lymphdrüsen, starke Muskel- und Gelenkschmerzen.
Immunisirungsversuche misslangen vollständig. W. verspricht über
diesen Theil seiner Experimente weitere und eingehendere Mit-
theilungen.
Aus der Debatte, die sich an den der obigen Mittheilung zu
Grunde liegenden Vortrag in der Berliner medicinischen Gesellschaft
am 14. Juli 1897 anschloss, sei noch erwähnt, dass Buschke über
Versuche von Schäffer-Breslau Bericht erstattete, nach denen es
Schäffer gelang, gleichfalls toxische Eigenschaften an Gonokokken-
kulturen nachzuweisen, in so fern die Injektion von Gonokokken-
toxinen in die männliche Harnröhre eine mehrere Tage anhaltende
akute eitrige bakterienfreie Sekretion verursachte.
N. konnte in Übereinstimmung mit Finger, Ghon und Schlagen-
haufer durch Injektion von in sterilem Wasser aufgeschwemmten
Gonokokken eine eitrige Gonitis bei Kaninchen hervorrufen ohne
jemals im Eiter Gonokokken durch Deckglaspräparate oder Kultur-
verfahren nachweisen zu können. Dasselbe Ergebnis erzielte er durch
Injektion von Kulturen, die durch Istündiges Erhitzen auf 70° oder
durch Kochen abgetödtet waren. Gonokokken in das Bauchfell von
Mäusen gebracht, wirkten tödlich, ohne Lokalaffektionen hervorzurufen
(wie dies auch Wassermann nachgewiesen). Auch hier war es
wieder gleichgültig, ob mit lebenden oder abgetödteten Kulturen
operirt wurde. Nach N. beruht diese Wirkung der Gonokokken
nicht auf einer Vermehrung der eingebrachten Kokken, sondern auf
einem in den Bakterienleibern enthaltenen Toxin. Lösliches Toxin
wird in den Kulturen nicht gebildet. Das in den Bakterienleibern
enthaltene Toxin wird durch Trocknen oder Erhitzen bis 120° nicht
zerstört. Hübener (Breslau).
16) Schäffer. Beitrag zur Frage der Gonokokkentoxine.
(Fortschritte der Mediein 1897. No. 21.)
Durch Einspritzung des Filtrates einer 4—5tügigen Gonokokken-
kultur in die Harnröhre dreier an Urethritis chronica leidenden Pat.
gelang es Verf., eine Urethritis acuta von nicht progredientem Ver-
lauf hervorzurufen. Er weist auf die Möglichkeit hin, solche Toxin-
injektionen in therapeutischem Sinne zu verwerthen.
Teichmann (Berlin).
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 249
17) W. Rindfleisch. Bakteriologische Untersuchungen über
Arthritis gonorrhoica.
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LV. Hft. 2.)
Die Untersuchungen, die Verf. an 10—15 Fällen von Gelenk-
erkrankungen vornahm, sollten feststellen, welche verschiedenartige
Mikroorganismen in gleichzeitig vorhandenem Trippersekret vorkom-
men. Er fand dabei 4—5 Arten Stäbchen, 4 Arten Kokken und
2 Arten Diplokokken, welche im Einzelnen nicht näher beschrieben
sind.
Bei der bakteriologischen Untersuchung von 30 (14 gonorrhoi-
schen) Gelenkerkrankungen akuter Natur wurden im Exsudat häufig
Gonokokken, einige Male auch Staphylococcus aureus und albus
gefunden. Verf. glaubt nach seinen mikroskopischen Untersuchungen
nicht, dass die Gonokokken sich im Exsudat vermehren. Bei Reci-
diven fand W. "mal Gonokokken in der Gelenkflüssigkeit, dagegen
konnte er diese bei chronischen Gelenkergüssen nicht nachweisen.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
18) Stark. Zur Behandlung der Blennorrhoe.
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. Hft. 12.)
Verf. berichtet, dass er bei der Blennorrhoea anterior acuta mit
Airol günstige Erfolge nicht erzielt habe — die Gonokokken ver-
schwanden nicht aus den Fäden, trotzdem der Ausfluss versiegte;
auch die gerühmte Reizlosigkeit kommt dem Präparat nicht zu; es
soll ziemlich heftige Schmerzen machen; interessant ist, dass ein
Pat. nach Airolinjektionen sehr aufgeregt wurde, Schnupfen und
starke Schwellung der Augenlider bekam — alle diese Symptome
seien nach Aussetzen der Injektionen zurückgegangen. Mit Ichthyol
ist S. zufrieden gewesen; eine Idiosynkrasie dagegen, wie sie der Ref.
beschrieben, hat er einmal gesehen. Für das beste Antigonorrhoicum
hält er — das Protargol hat er noch nicht genügend versucht — das
Argonin, das die Gonokokken sehr schnell beseitigte und nie reizte.
Die Janet’schen Irrigationen haben besondere Vortheile nicht er-
geben. Es giebt einzelne Fälle von Blennorrhoea anterior chronica,
welche allen Behandlungsversuchen zu trotzen scheinen. 6 solche
Pat. hat Verf. mit einer Kombination Faust’scher Spülungen (1:
2000—1000) täglich (mal und Injektionen von Argonin (2%) täglich
3mal in sehr kurzer Zeit geheilt. Er meint, dass die Janet’schen
Spülungen durch Auflockerung der Schleimhaut der Tiefenwirkung
des Argonins Vorschub leisten. Jadassohn (Bern).
19) R. Barlow (München). Zur Behandlung der akuten
Gonorrhoe mit Protargol, nebst einer Besprechung der Irri-
gationsbehandlung beim frischen Tripper.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 45 u. 46.)
B. bestätigt das günstige Urtheil Neisser’s über den Werth des
Protargols, sowohl in Bezug auf das rasche Schwinden der Gono-
250 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
kokken aus dem Sekret, als auch hinsichtlich des Fehlens stärkerer
Reizwirkung, und giebt weiterhin noch an, dass er bei der Protargol-
behandlung ein Beschränktbleiben des Trippers auf die vordere Harn-
röhre allein häufiger als nach Injektionen anderer Mittel beobachten
konnte. Eben so wie Neisser hält B. die Spülung mittels Irrigator-
drucks bei der akuten Gonorrhoe der vorderen Harnröhre für ent-
behrlich, dagegen bei Tripper auch des hinteren Theils der Harn-
röhre für die beste Behandlungsmethode, ohne jemals Nachtheile von
ihr gesehen zu haben; auch hierbei fand er Protargollösungen in
schwacher Koncentration (1: 1—2000) von guter Wirkung. Die
Spülungen lässt B. durch eine leicht desinfieirbare, in das Orificium
ext. urethrae gut passende Glasolive aus einer Druckhöhe von 1,50
bis 2 m täglich 1mal vornehmen, außerdem noch einige Male spritzen.
Kramer (Glogau).
20) @. Kolischer (Wien). Zur Behandlung der Urethritis
beim Weibe.
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 31.)
Bei der Behandlung der Urethritis beim Weibe erfreuen sich
mit Recht die Stäbchen aus Kakaobutter mit Jodoform oder Argent.
nitric. einer besonderen Beliebtheit. Um die Masse besser formbar
zu machen, fügen die Apotheker gern etwas weißes Wachs hinzu.
Dieser Zusatz hat den Nachtheil im Gefolge, dass das Wachs, wenn
es in die Blase gelangt, sich in Form von Klümpchen am Blasen-
scheitel festsetzt und dort so fest haftet, dass es durch die Blasen-
waschung nicht entfernt werden kann, sondern die Anwendung der
Curette erfordert. Die Ansammlung dieser Fremdkörper führt zu
Reizerscheinungen und kann Steinbildung veranlassen.
K. empfiehlt desshalb, wenn man lange Stäbchen verwenden
will, dieselben ohne Wachs anfertigen zu lassen, oder aber dieselben
höchstens 4 cm lang zu machen und nur bis eben hinter die Harn-
röhrenmündung einzuschieben. Auf alle Fälle ist bei Verwendung
wachshaltiger Stäbchen häufige Kontrolle der Blase mit dem Cysto-
skop erforderlich.
In ähnlichen Anhüufungen von Fremdkörpern kann die Ver-
wendung schlecht gehaltener Spritzen zu Blaseninfektionen führen;
aus solchen gelangen schwarze Flocken in die Blase (Ultzmann)
und verursachen Reizzustände und Steinbildung. Das Gleiche ist
beobachtet mit Partikeln von Katheterlack. Grisson (Hamburg).
21) M. B. Fabrikant. Die Sectio alta als Heilverfahren
bei impermeablen Strikturen des Harnkanals und bei Harn-
fisteln.
(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LV. Hft. 4.)
Verf. schildert zuerst die Methode des hohen Blasenschnittes,
die von Prof. Grube gehandhabt wird, und bespricht den Vortheil
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 251
und Nachtheil der Anfüllung von Blase und Mastdarm mit Wasser
oder Luft. Ferner schildert er die geschichtliche Entwicklung des
Katheterismus posterior von der Zeit an, in der man zufällige Fisteln
über der Schamfuge zu dem Zwecke benutzte, bis heute, wo als Vor-
operation die Sectio alta gemacht wird. Einige Chirurgen, wie Gold-
mann, empfehlen auch heute noch den Blasenstich speciell für den
praktischen Arzt, doch kann F. auf Grund von Belegen aus der
Litteratur den Blasenstich nicht für ungefährlich halten, zumal
die anatomischen Verhältnisse oft durch Entzündung und Narben-
gewebe wesentlich verändert seien. Indicirt ist der Katheterismus
posterior bei impermeablen Strikturen, ob sie nun durch Trauma
oder Blennorrhoe veranlasst sind. Eine sofortige Kombination mit
der Urethrotomia externa ist zweckmäßig. Auch bei frischen Ver-
letzungen, wo der letztgenannte Eingriff nicht zum Ziele führt, ist
nach F.’s Ansicht der Katheterismus von der Blase aus erforderlich.
Die beigefügte Kasuistik aller publicirten Fälle ist bezüglich des
Erfolges eine günstige. Weiter hält Verf. die Sectio alta für an-
gezeigt bei unheilbaren Fisteln, bei denen die ursprünglich die
Krankheit veranlassende Striktur mehr in den Hintergrund tritt.
Während sie meist nach der Urethrotomie nicht ausheilen, findet
dies nach dem hohen Blasenschnitt in kurzer Zeit statt, da der Reiz
des abfließenden Urins fortfällt. Eigene Erfahrungen bestätigen die
Erörterungen des Verf. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
22) H. Reed (Columbus). Anchoring the kidney.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 13.)
Verf. empfiehlt eine neue Methode der Nephrorrhaphie; er incidirt
auf beiden Seiten vorn die Bauchdecken, reponirt die Nieren und stößt
dann zwei 6 Zoll lange Nadeln an den Enden eines Fadens beliebigen
Nahtmaterials durch Nieren und hintere Bauchwand zwischen 11. und
12. Rippe, knotet dann die Fadenenden über einer Gazekompresse
auf der Rückenhaut. In den meisten Fällen hat R. nur eine, in
wenigen 2 derartige Nähte gelegt, die nach 10—14 Tagen entfernt
wurden. Über die Anzahl der so ausgeführten Operationen, so
wie über ihre Dauererfolge wird nichts berichtet.
Martens (Berlin).
23) N. Senn. Lumbar nephropexy without suturing.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 24.)
S. bespricht kurz die bisherigen Methoden der Nephrorrhaphie
und deren Nachtheile und empfiehlt dann eine von ihm in 4 Fällen
erprobte Art der Befestigung der beweglichen Niere. Die Niere wird
durch den Simon’schen Schnitt freigelegt, an die normale Stelle
gedrängt, ihre Fettkapsel in Ausdehnung der Wunde exstirpirt, ihre
fibröse Kapsel mit einer Nadel skarificirt. Dann legt S. das untere
Drittel der Niere stumpf ganz frei, zieht einen kräftigen Jodoform-
gazestreifen unter demselben hindurch, tamponirt die ganze Wunde
252 - Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
und besonders den unteren Wundwinkel, knotet schließlich die
beiden Enden des oben erwähnten Streifens über dem Tampon.
Genäht wird überhaupt nicht. Von der Bauchseite aus wird die
Niere durch einen komprimirenden Verband noch möglichst nach
oben und hinten gedrängt; Pat. muss mindestens 4 Wochen liegen
mit etwas erhöhtem Becken; die Tampons werden nach 5—6 Tagen
entfernt, die Wunde allmählich durch Heftpflaster zusammengezogen
und ist nach 3—4 Wochen geheilt. Martens (Berlin).
24) D. Goldberg. Über Nierentuberkulose.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. VIII. Hft. 9.)
Nach Mittheilung dreier Krankheitsfälle von Nierentuberkulose,
von denen 2 von Bardenheuer mit Erfolg mit Nephrektomie be-
handelt wurden, bespricht G. die Frühdiagnose der Nierentuberkulose.
Er betont besonders, dass im Frühstadium derselben auch eine reine
renale Hämaturie zur Beobachtung kommen kann. Meist allerdings
zeigt sich eine Kombination mit Pyurie, Nierenkoliken oder lokali-
sirten Nierenschmerzen. Die Anamnese, Cystoskopie und der Ka-
theterismus der Harnleiter sind für die Diagnose beizuziehen. Man
muss sich aber gegenwärtig halten, dass auch die durch Anwendung
letzterer Mittel konstatirte Absonderung klaren, eiweißfreien Urins
nicht immer ein untrüglicher Beweis für die Gesundheit der ab-
sondernden Niere ist. Dieselbe kann trotz Allem tuberkulös erkrankt
sein. Einen besonderen Werth legt G. auf das Zahlenverhältnis des
Zellengehalts des Urins mit dem ®/,,-Gehalt des Filtrats an Eiweiß
(Posner). In therapeutischer Beziehung hält G. bei frühen Fällen
auch eine interne Therapie für berechtigt (diätetische Behandlung,
Kreosot, Ichthyol sulf. ammon.). Für die operative Therapie kommen
Nephrotomie, sekundäre und zweizeitige, und primäre Nephrektomie
in Betracht.
Komplieirende Tuberkulose an einer anderen Stelle der Harn-
organe ist auch nach Ansicht G.’s nicht unter allen Umständen und
absolut als Kontraindikation für die Nephrektomie zu betrachten.
F. Krumm (Karlsruhe).
25) Boeée, A contribution to the experimental surgery of
the ureter.
(Annals of surgery 1897. September.)
Auf Grund von (2) Thierexperimenten empfiehlt Verf. bei dem
Verlust eines Theiles vom Harnleiter (Trauma, Operation), die Niere
aus ihrer Kapsel zu lösen und sie so weit herabzuschieben, dass die
Harnleiterstümpfe mit einander vereinigt oder der obere in die Blase
‚eingepflanzt werden können. Die Niere wird mit einigen Nähten
an ihrem neuen Standort festgeheftet. Tietze (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 253
26) Cumston. Incision of the kidney in cases of uncompli-:
cated nephrolithiasis.
(Annals of surgery 1897. September.)
Die kurze Mittheilung des Verf. enthält im Wesentlichen die
Empfehlung einer scherenförmigen gebogenen Klammer zur tempo-
rären Kompression der Stielgefüße bei der Nephrektomie.
Tietze (Breslau).
27) J. Veit (Leiden). Handbuch der Gynäkologie. Bd. II.
Wiesbaden, Je F. Bergmann, 1897. VI und 814 8.
Dem I. Band dieses vortrefflichen Werkes ist der II. rasch ge-
folgt. Derselbe enthält die Krankheiten der Blase und einen Theil
der Uteruskrankheiten, deren Bearbeitung wiederum den bewährtesten
Händen anvertraut worden ist. Es übernahmen in diesem Band
Fritsch (Bonn) die Krankheiten der weiblichen Blase, Viertel
(Breslau) die physikalischen Untersuchungsmethoden der Blase,
Döderlein (Leipzig) die Entzündungen und die Atrophie des Uterus,
Gebhard (Berlin), Veit (Leiden), R. Schaeffer (Berlin) und Ols-
hausen (Berlin) die Myome. Dieser Abschnitt war ursprünglich
einem einzigen Bearbeiter übertragen worden, der aber durch Er-
krankung hieran behindert wurde. In seine Arbeit haben sich die
genannten Autoren der Art getheilt, dass Gebhard die Anatomie
und Histologie der Myome, Veit ihre Atiologie, Symptomatologie,
Diagnostik und Prognose, Schaeffer ihre elektrische Behandlung,
Veit ihre palliative Behandlung und die vaginalen Operationen,
Olshausen die abdominalen Myomoperationen und das Verhältnis
zwischen Myom und Schwangerschaft übernommen haben.
Schon aus diesem kurzen Inhaltsverzeichnis ist ersichtlich, welch
großer Schatz von Wissen und Erfahrung in diesem Band aufge-
speichert ist Von besonders aktuellem Interesse ist in vorliegendem
Hand das Kapitel über Endometritis von Döderlein und die elek-
trische Myombehandlung von Schaeffer. Ersterer unterscheidet rein
ätiologisch 2 scharf von einander zu trennende Formen der Gebär-
mutterentzündung: 1) eine durch Bakterien erregte Metro-Endo-
metritis mit einer Anzahl von Unterabtheilungen, je nachdem es
sich um septische oder saprophytische Bakterien, um Gonokokken,
Tuberkelbacillen, Syphilis oder Diphtheriebacillen handelt, und 2) eine
nicht auf Infektion beruhende, hyperplastische, einfache, chro-
nische, fungöse Endometritis. Die alte Eintheilung von Metritis und
Endometritis lässt Döderlein fallen und handelt die »Gebärmutter-
entzündungen« als eine einheitliche Krankheit ab. Diese Schilde-
rung entspricht der Wirklichkeit weit mehr als die bisherige Ein-
theilung der Schule in akute und chronische Metritis, akute und
chronische Endometritis, und kann nur dringend zur Nachahmung
empfohlen werden. Aus dem eingehenden therapeutischen Theil sei
nur hervorgehoben, dass Döderlein die Injektion ätzender Mittel
nach der Ausschabung des Uterus verwirft, dagegen eine Tamponade
254 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
mit Jodoformgaze, die 12—24 Stunden im Uterus liegen bleibt, für
zweckmäßig erklärt. Die aus Frankreich stammenden Chlorzinkstifte
sollten wegen ihrer großen Gefahren ganz verlassen werden. Von
der Apostoli’schen Methode hält Döderlein bei Endometritis nicht
viel. Er erkennt die Wirkung konstanter Ströme nur als Heilfaktor
in der Nachbehandlung zur Besserung der Metritis an. Nach den
Erfahrungen des Ref. ist die Apostoli’sche Methode noch im Stande,
Endometritiden zu beseitigen, die allen anderen Eingriffen bisher
widerstanden hatten.
R. Schaeffer hat die Apostoli’sche Behandlung der Uterus-
myome einer eingehenden Besprechung unterzogen. Er lässt die
Freunde und Gegner der Methode zu Worte kommen und zieht als
nüchterner Beobachter das Facit. Damit die Methode Erfolg habe
und nicht schade, müssen eine Reihe von Vorbedingungen erfüllt
sein. Es giebt, wie für jede typische Operation, Indikationen und
Kontraindikationen, die man kennen muss, um sich vor Misserfolgen
möglichst zu schützen. Sind diese Bedingungen jedoch erfüllt, dann
kann man die Apostoli’sche Methode als ein für viele Fälle wirk-'
sames, bei richtiger Indikationsstellung völlig ungefährliches Ver-
fahren zur symptomatischen Heilung der Uterusmyome bezeichnen.
Es ist erfreulich, dass das V.’sche Handbuch der Apostoli’schen
Methode wieder den ihr gebührenden Platz anweist und sie nicht,
wie neuerdings beliebt wurde, zum alten Eisen wirft. Operative und
elektrische Behandlung, wie Schaeffer richtig sagt, schließen sich
nicht aus, sondern ergänzen einander.
Auf den III. Band, dessen 1. Hälfte bereits vorliegt, kommen
wir nach seinem vollständigem Erscheinen zurück.
Jaffé (Hamburg).
28) M.Hofmeier. Grundriss der gynäkologischen Operationen.
Dritte, vielfach vermehrte und umgearbeitete Auflage.
Wien, Franz Deuticke, 1898. Mit 153 Holzschnitten.
Der bekannte Grundriss von H. erscheint hier in neuer, gegen
die zweite um 37 Seiten und 5 Holzschnitte vermehrter Auflage.
Der schon in der letzten, vor 6 Jahren erschienenen Auflage be-
gonnene Umschwung von der Antisepsis zur Asepsis hat sich in dem
vorliegenden Werk endgültig vollzogen. Das frühere Kapitel von der
»Antisepsis bei gynäkologischen Operationen« heißt nunmehr die
Reinlichkeit bei gynäkologischen Operationene. Auch sonst hat
H. überall den großen Fortschritten Rechnung getragen, welche be-
sonders die Indikationen und Technik der gynäkologischen Eingriffe
in den letzten Jahren erfahren haben. So erscheinen die Kapitel
über die operative Behandlung der Lageveränderungen des Uterus,
der Geschwülste des Uterus und der sogenannten entzündlichen
Adnexerkrankungen durchweg neu bearbeitet. Neu hinzugekommen
ist ein Kapitel über die Eröffnung der Bauchhöhle, und unter den
bei Vorfall der Scheide in Betracht kommenden Operationen sind
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 255
die zum Ersatz der Bauchfellbefestigungen des Uterus bestimmten
Eingriffe, wie Vaginaefixation, Ventrifixation, Cystopexie, so wie die
Radikaloperationen mit aufgeführt.
H.’s Grundriss ist für Schüler, nicht für Lehrer geschrieben.
Ursprünglich hervorgegangen aus der Schroeder’schen Klinik und
bestimmt, dessen Methoden größeren Kreisen bekannt zu machen,
ist H. seinem ursprünglichen Plan in so fern treu geblieben, als er
nur ganz bestimmte und von ihm als zuverlässig erprobte Methoden
darstellt und auf eine Kritik anderer Operationsverfahren und über-
haupt specialistischer Litteratur verzichtet. Mit Recht verweist er den
Fachkollegen desswegen auf die bekannten größeren Werke dieser Art,
unter denen das seiner Vollendung entgegengehende große Handbuch
von Veit jetzt wohl die erste Stelle einnimmt. Dagegen wird der
Student und praktische Arzt aus H.’s Werk viel lernen können,
das durch seine klare, anschauliche und lichtvolle Darstellung sein
Studium zum Genuss macht, und dessen Führung sich beide un-
bedingt anvertrauen können.
Die Ausstattung ist gut; die Holzschnitte erfüllen durch Deut-
lichkeit und Schärfe ihren Zweck vollkommen. Wir wünschen dem
Werk unter Studirenden und Ärzten eine recht weite Verbreitung.
Jaff6 (Hamburg).
29) Jonnesco. Traitement opératoire des retro-deviations
uterines. Cunedo-hysterectomie antérieure, combinée avec le
raccourcissement des ligaments ronds et la plicature des
ligaments larges.
(Arch. des sciences méd. 1897. No. 4.)
Nach Eröffnung des Bauches, Lösung der Verwachsungen wird
aus dem vor die Bauchhöhle gezogenen Uterus auf der Höhe seiner
Knickung nach hinten ein 5 cm hoher, die ganze Breite des Uterus
umfassender Keil geschnitten, dessen Spitze an der unversehrten
Schleimhaut liegt und 1 cm hoch resp. lang ist. Die Uteruswunde
wird durch 3 tiefe Nähte geschlossen und darüber die Lappen des
Bauchfells vereinigt. Dann folgt Anfrischung und Verkürzung des
Lig. rotundum, Faltung des Lig. latum. Beide Bänder werden durch
die centralste der 5 anzulegenden Nähte einander genähert.
Borchard (Posen).
30) T. Jonnesco. Totale abdominale Kastration bei sep-
tischen Verwundungen der Uterusannexe.
(Revista de chirurgie 1897. No. 1 u 9.)
Auf Grund 35 beobachteter Fälle hält Verf. in allen Fällen von
septischer Verletzung der Adnexe und bei Fibromen die abdominale
Hysterektomie für vortheilhafter als die vaginale. Jene gewährt
sichere, erfolgreiche und gründliche Heilung, erlaubt die vollständige
Entfernung der kranken Organe und schützt mehr vor Blutungen
256 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
und Verletzungen der Harnleiter, der Blase und der Därme. Der
vaginale Weg sollte nur in Fällen chronischer diffuser Beckeneiterung
angewendet werden.
Die Grundsätze, die Verf. bei der Operation anwendet, sind
folgende:
1) Nichtanwendung der hämostatischen Klemmen, da Verf., um
jeden Blutverlust zu verhindern, A. utero-ovarica, Lig. rotundum
und A. uterina vor ihrer Bifurkation vor der Durchtrennung unter-
bindet.
2) Er öffnet zuerst die vesico-uterine Peritonealausbuchtung, um,
nachdem er auf der vorderen Fläche die Scheide geöffnet hat, erst
nachher die seitliche und die hintere Peritonealausbuchtung zu
durchtrennen.
. 3) Die durch das Durchschneiden der Uterin- und Ovarialarterien
entstandenen Stümpfe befestigt er unter dem Bauchfell und schließt
darauf die Scheide und alle blutenden Theile des Bauchfells durch
Nähte in der ganzen Ausdehnung der Durchtrennung.
Im Falle der Eitersack während der Operation zerreißt, lässt er
die innere Öffnung der Scheide offen und legt eine Drainage des
Beckens ein.
Hauptsache des Verfahrens ist, dass der Uterus mit seinen Ad-
nexen, ohne eines von den anderen zu theilen, gemeinsam entfernt
wird, wodurch eine mögliche Infektion leichter vermieden wird.
Falls die Adnexe beider Seiten entfernt werden müssen, entfernt
Verf. auch den Uterus, selbst wenn dieser gesund zu sein scheint,
da nach der Entfernung der beiden Adnexe der Uterus als ein
schlecht fixirtes, unnützes und gefährliches Organ zurückbleibt.
Gerota (Bukarest).
Kleinere Mittheilungen.
31) Steinert. Neue Beispiele für den formativen Einfluss des Epithels
auf das Bindegewebe; Entstehung papillärer Bildungen auf wunden
Flächen unter dem Einfluss darüber gewucherten, von normal pa-
pillenführender Oberfläche stammenden, oder papillomatösen Epithels.
(Virchow’s Archiv Bd. CXLIX. p. 307.)
An der Hand dreier interessanter Fälle werden die in der Überschrift näher
bezeichneten Punkte genau besprochen. Pels Leusden (Göttingen).
32) G. A. Jastrebow. Über Keratosis circumscripta s. cornu cuta-
neum und ihre Beziehung zu einigen Arten von Hautkrebs.
(Annalen der russischen Chirurgie 1897. Hft. 6.)
Im 1. Falle saß an der ulnaren Seite des rechten Handgelenks eines 57-
jährigen Landmannes ein 8—9 cm langes Horn, das vor 37 Jahren nach einem
Trauma dieser Gegend zu wachsen anfing. Operative Entfernung bis zum Periost.
Der 2. Fall betraf eine 65jährige Frau, die seit 5—6 Jahren krank ist. Car-
cinoma corneum planum seu ulcus rodens et Keratosis circumscripta secundaria
der linken Wange. Entfernung der erkrankten Theile. Langsame Bedeckung mit
Epidermis. Nach einem Jahre noch größeres Recidiv; Operation abgelehnt. Wei-
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 257
teres Schicksal unbekannt. Interessant war in diesem Falle, dass das Geschwür
unter dem Horn 2 Jahre nicht größer wurde; dann riss Pat. das Horn ab, und nun
begann der Krebs rasch zu wuchern.
Im 3. Falle saß das 6 cm lange Horn am Halse einer 79 Jahre alten Frau seit
7 Jahren. — In der Litteratur fand J. 175 Fälle.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
33) Th. V. Semenow. Zehn Fälle des Sarcoma idiopathicum pig-
mentosum multiplex cutis.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1897. No. 11.)
Die vor 25 Jahren beschriebene Krankheit ist so selten, dass die Zahl von
10 Fällen, die in den Jahren von 1891 bis 1896 auf der Klinik des verstorbenen
Prof. Stonkowenkoff beobachtet wurden, als sehr groß bezeichnet werden
muss. 8. giebt die Krankengeschichten kurz wieder und bemerkt auf Grund seiner
Beobachtungen, dass die Krankheit vorzugsweise Männer betrifft (alle 10 Fälle
waren Männer), dass sie nach dem 45. Lebensjahre am häufigsten ist (zwischen 12
und 64 Jahren), dass von Heredität, Lues oder anderen Infektionskrankheiten
nichts nachzuweisen ist. Das Leiden beginnt fast immer mit einem Ödem einer
Extremität, es folgen dann dunkelblaue Flecke oder Knoten, oder die gleiche Ver-
färbung tritt diffus auf, meist unter starkem Jucken, Brennen oder Schmerzen;
auch andere Körpertheile (Ohrmuscheln, Nase, Gesicht und Brust) wurden ergriffen.
Bei 2 an interkurrenten Krankheiten gestorbenen Pat. fanden sich Knoten auch
im Magen, Leber, Pankreas, Nieren und besonders im Dickdarm. Die histologi-
sche Untersuchung ergab Anhäufungen runder oder ovaler Zellen, Vermehrung,
Erweiterung und Wandverdickung der Gefäße, Hämorrhagien und Pigment. Ob
die Pigmentirung in den Spinalganglien, die Schwellung der Neurogliakerne und
die Wucherung des Bindegewebes in den peripheren Nerven, welche der Verf.
zugleich mit der symmetrischen Vertheilung, dem Ödem, dem Jucken, der neural-
gischen Schmerzen für einen Zusammenhang der Erkrankung mit dem Nerven-
system verwerthen möchte, eine solche Bedeutung haben, muss dahingestellt
bleiben. Ätiologisch hält S. eine starke andauernde Kältewirkung für wichtig.
Von Arsen hat er besondere Erfolge (im Gegensatz zu anderen Autoren) nicht ge-
sehen. Jadassohn (Bern).
34) @. Tandler. Beitrag zur Kenntnis der Sarcomatosis cutis.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLL Hft. 2.)
Bei einem 12jährigen, sonst gesunden Kinde fanden sich zuerst an den Händen,
und besonders an den Fingern unförmliche Verdiokungen, welche durch »zahlreiche
erbsen- bis kirschkerngroße, den tieferen Partien der Haut angehörige und mit
letzterer von ihrer Unterlage nur wenig verschiebliche Knoten« bedingt waren;
die Haut darüber cyanotisch und hier und da etwas verdünnt, sonst nur buoklig
vorgewölbt, auf der Kuppe der Höcker manchmal eine flache Einziehung. Wäh-
rend die Beugeseiten der Finger stark ergriffen sind, sind die Handteller wenig
betheiligt. Die Beweglichkeit der Finger ist auffallend frei. Die Knoten sind
derb-elastisch, nicht druckempfindlich. An den Handrücken ist die Haut dunkel-
braun, eben so ein Streifen an den Vorderarmen. An den Ellbogen mehrere
Knoten und im subkutanen Gewebe liegende Knötchen — wie »ein mit Schrot-
körnern gefülltes schlaffes Beutelchen«; über den Kniescheiben dunkelbraune
Pigmentirung. Lymphdrüsen normal; Hämoglobin 70 (von (Fleischl), Blut-
körperchen normal. Allgemeinbefinden gut.
Die an den Händen in der Cutis, an den Ellbogen subkutan gelegenen Ge-
schwülste zeigten an der letzteren Stelle das Bild eines reinen, sehr zellreichen
Spindelzellensarkoms, zum Theil mit Gefäßen mit gewucherter Intima; an den
Fingern waren neben den Spindelzellen zahlreiche Rundzellen und zum Theil
schleimige Degeneration vorhanden.
War also die klinisch nur schwer zu stellende Diagnose durch den histo-
logischen Befund von Sarkomgewebe unzweifelhaft gemacht, so fragte es sich
258 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
welcher Typus der verschiedenen Sarkome der Haut hier vorlag. Das melanotische
Sarkom konnte ohne Weiteres ausgeschlagsen werden. Von dem »idiopathischen
multiplen Pigmentsarkom« Kaposi's unterschied sich der Fall dadurch, dass die
Knoten selbst blass und nur die Haut violett war, dass die Knoten ganz un-
empfindlich und die Bewegungen frei waren, dass die Rückbildung ohne Narben
resp. narbige Gruben vor sich ging. Dagegen war die Art der Ausbreitung, der
Ausgang von den Fingern, das Freibleiben der Drüsen analog den beim Pigment-
sarkom beobachteten.
Arsen (in der Form subkutaner Injektionen von Solutio Fowleri, dann intern)
führte eine fast vollständige Heilung der beschriebenen Erkrankung herbei.
Jadassohn (Bern).
35) Schwalbe. Ein Fall von Lymphangiosarkom, hervorgegangen aus
einem Lymphangiom.
(Virchow’s Archiv Bd. CXLIX. p. 451.)
Seit 12 Jahren bestehende, in den letzten Monaten rascher gewachsene, ab-
gekapselte, derbe, hühnereigroße Geschwulst von der Scheitelgegend einer 50jährigen
Frau, die an der Peripherie den Bau eines Lymphangioms, mehr im Centrum den
eines Lymphangiosarkoms besaß. Wahrscheinlich hat sich das letztere auf der
Basis des ersteren entwickelt. Den Ausgangspunkt der sarkomatösen Wucherung
bildeten hauptsächlich die Endothelien der Saftkanälchen, in zweiter Linie auch
die der Lymphkapillaren; ob auch die der Blutkapillaren, konnte nicht mit
Sicherheit entschieden werden. Verf. vermuthet, dass die Lymphangiosarkome
häufiger das Vorstadium eines Lymphangioms haben.
Pels Leusden (Göttingen).
36) C. Bayer. Ein Beitrag zur Operationstechnik der Epispadie.
(Centralblatt für Kinderheilkunde 1898. No. 1.)
Alle bisherigen Operationsmethoden der Epispadie sind recht komplieirt und
langwierig, die Resultate lassen zudem meist viel zu wünschen übrig. Die Haupt-
schwierigkeit aber bietet stets der solide Verschluss des offenen Trichters an der
Wurzel des Gliedes bei Epispadia penis; derselbe gelingt selten, und es bleibt in
der Regel eine Fistel.
Diese aus eigener Praxis und aus der Litteratur gewonnene Erfahrung, so
wie die Erwägung, dass die nach welcher Methode immer hergestellte Harnröhre
doch eigentlich nur eine Röhre darstellt, die den Zweck hat, die störende Samen-
entleerung hinter der Wurzel weiter nach vorn an das Ende des Gliedes zu ver-
legen, bewogen B., auf eine Harnröhrenbildung von vorn herein ganz zu verzichten
und die Operation so auszuführen, dass jener Trichter zum Zweck der Deckung
gleichzeitig ausgenutzt wird. Das Erstere war erreicht, wenn es gelang, die Penis-
rinne, die weiter nicht berührt wird und Rinne bleibt, auf einmal bis nach vorn
zu überdachen; gelang es nun, gleichzeitig zu dieser Überdachung den Penis-
trichter selbst heranzuziehen, so war auch der 2. Theil des Planes erfüllt, und
die ganze Operation in einer Sitzung vollendet.
Nach diesem Entwurf operirte nun B. am 2. November 1896 einen 4jährigen
Knaben folgendermaßen.
1) Spitzbogenschnitt ca. 2 em über dem Trichter durch Haut und subkutanes
Fettgewebe; Unterminirung des Lappens so weit, wie er sich abschieben ließ.
Durch quere Naht der Ränder des Substanzverlustes unterhalb der Symphyse
wurde der heruntergeschobene Lappen noch mehr abwärts gedrängt, so dass er
sich schließlich gleich einem Brückenlappen über den Trichter legte, dessen Haut
zu seinem Abwärtsgleiten eben ausgenutzt worden war.
2) Breite Anfrischung der freien Lappenfalte, Fortsetzung des Anfrischungs-
schnittes längs der Eichel beiderseits rings um den freien Rand der Vorhaut,
Fensterung der letzteren nach Thiersch.
3) Die Eichel wurde durch den Schlitz in der Vorhaut hindurchgesteckt, die
Vorhaut aufwärts geschlagen und ihr angefrischter Rand an den angefrischten
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 259
Rand des Lappens genäht. Die untere Hälfte der Vorhaut deckte nun gleich
einem zweiten Brückenlappen den Rest der Penisrinne und die Glansumsäumung
des Schlitzes der Vorhaut.
Der so operirte Fall heilte glatt bis auf 2 kleine Lücken in der Nahtlinie
zwischen Vorhaut und Trichterlappen, welche durch Anfrischung und Naht im
Oktober v. J. geschlossen wurden. Offenbar war die Naht nicht überall gleich
dicht, was B. später zu vermeiden hofft. Das kosmetische und funktionelle Re-
sultat muss aber als sehr gutes bezeichnet werden, so dass B. die Methode als
ein nicht komplicirtes und rasch zum Ziel führendes Verfahren empfehlen zu
dürfen glaubt. @rätzer (Sprottau).
37) Scholtz. Über den Prolaps der weiblichen Urethra.
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Heft 2.)
Verf. hat von der immerhin seltenen Erkrankung 9 Fälle aus dem Neuen
Allgemeinen Krankenhause zusammenstellen können, von denen Kümmell
7 operirt hat. Die Krankheit befällt vorwiegend jugendliche Individuen und
ältere Frauen. Vorangehende Verstopfung und Blasenkatarrh mit starkem Urin-
drang scheinen ätiologisch wichtig zu sein. Vielleicht ist auch hereditäre abnorme
Weite der Harnröhre Schuld an dem Vorfall, wie Guilini angeben kann. Die
Vorfälle bei Kindern sind meist totale. Die Symptome bestehen in mehr oder
weniger starken Schmerzen, erschwertem Wasserlassen und theilweise in Blutungen.
Wiederholt war die vorgefallene Schleimhaut brandig geworden. Der Blasenkatarrh
ist wohl meist erst die Folge des Vorfalls. Die Therapie bestand in Abtragung
der vorgefallenen Schleimhaut mit dem Paquelin bei 2 cirkulären und 2 partiellen
Vorfällen, 3mal in Abtragung mit der Schere und nachfolgender Naht. Alle
Fälle wurden geheilt. Wichtig ist das Einlegen eines Dauerkatheters.
Tschmarke (Magdeburg).
38) S. Grosglik. Ein Sequester in der Harnröhre.
(Kronika lekarska 1897. No. 17.)
Ein 26jähriger Mann, welcher nie an einer venerischen Affektion gelitten hat,
verpürte plötzlich nach einem mit seiner Frau gepflogenen Beischlaf heftige
Schmerzen in der Harnröhre. Am nächsten Tage stellte sich eine mäßige Blutung
aus der Harnröhre ein, vom 3. Tage an eitriger Ausfluss. Als eine mehrmonat-
liche antigonorrhoische Kur ohne Einfluss blieb, suchte Pat. beim Verf. Rath.
Die Untersuchung der Genitalien ergab eine Verhärtung des Gliedes an der Über-
gangsstelle seiner Haut in den Hodensack. Aus der Harnröhre reichlicher eitriger
Ausfluss, jedoch ohne Gonokokken. Mit Metallsonde No. 18 traf man an der der
Verhärtung entsprechenden Stelle auf einen harten, fest eingekeilten Körper. Eine
dünne elastische Sonde gelangte an dem Fremdkörper vorbei mit Mühe in die
Blase. Extraktionsversuche mit Collin’scher Zange blieben erfolglos. Nach
einigen Tagen wurde in Narkose ein erneuerter Extraktionsversuch mittels einer
Curette gemacht und hierbei eine Le Zoll lange und 1/ Zoll breite Knochen-
lamelle entfernt. Die eine Seite derselben war spiegelglatt, die andere uneben,
rauh; die Kanten waren scharf und spitzig. Es erfolgte komplete Heilung.
Eine nunmehr vorgenommene genaue anamnestische Untersuchung ergab, dass
Pat. vor 12 Jahren aus mäßiger Höhe gestürzt war und im Anschluss hieran eine
Osteomyelitis zahlreicher Knochen überstanden hatte. Der nunmehr extrahirte Se-
quester dürfte einer solchen Osteomyelitis der Beckenknochen sein Entstehen
verdankt haben. Trzebicky (Krakau).
39) P. F. Bogdanow. Akute Harnverhaltung. (Aus der androlo-
gischen Klinik Prof. Ssinitzin.)
(Die Chirurgie 1897. No. 9. [Russisch.))
Ein besonders schwerer, sehr sorgfältig und eingehend beschriebener Fall von
Harnverhaltung giebt B. Veranlassung, genauer auf dieses Leiden einzugehen. Der
betreffende Kranke hatte sich früher mehrfach mit Gonorrhoe infieirt, bekam öfter
260 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
Harnverhaltunger, die Anfangs durch warme Bäder etc. gehoben wurden. Spätere
Versuche, die Verengerung zu beseitigen, führten su der traurigen Reihenfolge
von falschen Wegen, Urininfiltration, zur vollständigen Harnverhaltung, nachdem
der Urin schon lange übelriechend und bluthaltig geworden war. Bei dem elenden
Zustand des Kranken und der Unmöglichkeit, den Sitz der Striktur zu bestimmen,
wurde von dem äußeren Blasenschnitt Abstand genommen. Eben so wenig konnte
die Punctio vesicae hier viel versprechen. Ssinitzin entschloss sich daher sum
hohen Blasenschritt. Von der Blase aus wurde, da es unmöglich war, auch von
hier aus irgend ein Instrument durch die Enge zu bringen, eine gefurchte Stein-
sonde bis an das Hindernis in der Pars membranacea geführt und jetzt im infil-
trirten Gewebe von außen in der Raphe durchtrennt und nach Tamponade der
Wunde mit Jodoformmarli ein weiter Katheter eingelegt. Der Kranke lebte nach
der Operation förmlich auf und erholte sich bis zur vollständigen Gesundheit.
B. weist sum Schluss noch besonders eindringlich darauf hin, dass die Be-
handlung der Gonorrhoe und namentlich der beginnenden Striktur noch vielfach
viel zu leicht genommen wird. Das Resultat davon sind dann solche Harnverhal-
tungen und Urininfiltrationen, durch welche der Kranke in die höchste Lebens-
gefahr geräth. Von großem Werth ist in solchen Schwächezuständen die Opera-
tion unter Lokalanästhesie. Egbert Braatz (Königsberg i/Pr.).
40) A. Freudenberg. Zur Bottini’schen Operation bei Prostata-
hypertrophie.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 46.)
F. theilt die Krankengeschichte eines 63jährigen Mannes mit, der wegen
Prostatahypertrophie und Cystitis durch lange Zeit ärztlich behandelt wurde, nach-
dem er schon seit Jahren an quälendem Urindrang gelitten hatte. Die Behandlung
hatte keine Besserung zur Folge, Pat. konnte ohne Katheter keinen Tropfen Urin
mehr entleeren. Es wurde in der Folge von Casper ohne Erfolg die doppel-
seitige Kastration ausgeführt. 3 Jahre darauf machte F. die Operation mit dem
Bottini’schen, von ihm selbst modifieirten (Centralbl. f. Chir. 1897 p. 788) Incisor.
Bereits 51/2 Stunden nach dem Eingriff konnte Pat. spontan Urin entleeren, der
Residualharn wurde geringer, der Urin wurde goldklar, die bestehende hartnäckige
Verstopfung machte einem normalen Stuhlgang Plats. Das Allgemeinbefinden
besserte sich rasch. Gold (Bielitz).
41) Hoffmann. Beiträge zur operativen Behandlung der Prostata-
hypertrophie.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.)
Mikulicz hat in 24 Fällen von Prostatahypertrophie sexuelle Operationen
ausgeführt. Von 24 Operirten (18 Ductusresektionen, 2 Kastrationen, 4 Unterbin-
dungen resp. Durchschneidungen der Samenstränge) sind 4 innerhalb eines Monats
nach der Operation gestorben, 11 sind ungeheilt, 9 gebessert, keiner geheilt. Die
»Besserungen« sind zum Theil recht geringfügiger Art. Verf. hält sich nach diesen
wenig günstigen Erfahrungen zwar noch nicht für berechtigt, über die sexualen Ope-
rationen bei der Prostatahypertrophie ganz den Stab zu brechen; immerhin em-
pfiehlt er, unter starken Zweifeln an der Berechtigung der jenen Methoden zu
Grunde liegenden physiologischen Anschauungen, weitere Beobachtungen in Bezug
auf den Erfolg gedachter Operationen mit möglichst skeptischem Auge zu prüfen
und jedenfalls in der Praxis mit großer Reserve vorzugehen.
Hofmeister (Tübingen).
42) Erdberg. Ein Fall von Resektion des ganzen Samenstrang es be
Prostatahypertrophie.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 33.)
72jähriger Mann, leidet erst seit 3 Wochen an wachsenden Harnbeschwerden,
konnte sich schließlich nicht mehr katheterisiren, Cystitis. Da das Vas deferens
sich nicht isoliren ließ, so wurde beiderseits der Samenstrang in toto in 8cm
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 261
Länge reseoirt. Nach 15 Tagen etwas, 25 Tage nach der Operation aller Harn
spontan gelassen, was bei Schluss der Beobachtung — 45 Tage nach der Opera-
tion — anhält. Die Hoden wurden nicht gangränös, auch nicht kleiner.
Haeckel (Stettin).
43) N. Krylow. Lithiasis, Cystitis und Phlegmone scroti. (Aus dem
Kemetz’schen Semstwo-Krankenhause im Kreise Waldai.)
(Die Chirurgie 1897. No. 9. [Russisch.])
Der 17jährige Kranke, der entschieden in Abrede stellt, früher an Harn-
beschwerden gelitten zu haben, trat mit stark geröthetem und ödematösem Hoden-
sack, urininfiltrirtem Damm und mit Klagen über sehr behinderte und schmerz-
hafte Harnentleerung in die Behandlung. Es wurden durch 2 Querschnitte am
Damm sersetster Urin und nekrotische Fetzen entleert, ein in die Blase eingeführter
Metallkatheter stieß auf einen Stein, der dann durch den hohen Steinschnitt ent-
leert wurde. Der (Phosphat-) Stein war bohnengroß und hatte 3 spitze Fortsätze.
Diesen Stacheln schreibt K. auch die außergewöhnlichen Erscheinungen zu, die der
Stein mit einem Male hervorgerufen hat. Heilung nach vorübergehenden Tem-
peratursteigerungen. Egbert Braatz (Königsberg i/Pr.).
44) H. Milton. On lithotrity as the best method of treating large
vesical calculi.
(New York med. record 1897. September 18.)
Verf. berichtet in Moskau über eine neue Reihe von 100 großen Blasensteinen
(550 hat er in Ägypten seit 1892 behandelt). In der neuen Reihe sind 82 Litho-
tripsien mit 6, 13 hohe Blasenschnitte mit 4, 4 Laparotomien mit 3 Todesfällen,
so wie 1 Fall, in dem der Stein halb in der Harnröhre und halb in der Blase
saß, der eine besondere Operation erforderte. Bei Kindern und kleinen Steinen (?)
sieht Verf. die Sectio alta vor und hat 30mal mit unmittelbarer, vollständiger
Blasennaht so operirt, ohne einen Pat. zu verlieren. Die Erfahrungen mit der
Laparotomie sind dagegen traurig.
Die 82 Fälle von Lithotripsie sind einzutheilen in 47 klassische Bigelow-
sche Operationen mit 3 Todesfällen und in 35 Fälle mit 3 Todesfällen, in denen
der Lithotriptor durch den Dammschnitt eingeführt wurde. Letztere Maßnahme
wird jetst möglichst eingeschränkt wegen der langen Heilungsdauer und der nach-
folgenden Urinfisteln. M. ist jetzt so für die einfache Litholapaxie eingenommen,
dass er weder die Erkrankung der Blasenschleimhaut länger als Kontraindikation
gelten lassen will, noch die Größe und Härte der Steine bei Anwendung beson-
ders kräftiger Instrumente für ein unüberwindliches Hindernis hält.
Loewenhardt (Breslau).
45) W. Dibbern. Ein Fall von einem primären Blasensarkom aus
der Greifswalder chirurg. Klinik.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
Unter den bei obigem Leiden in Betracht kommenden Operationsmethoden sind
Sectio alta und mediana, beide getrennt oder in Verbindung, speciell bei Männern
vorzusiehen, während bei Frauen auch die Operation von einer künstlichen
Blasen-Scheidenfistel aus in Frage kommt. Verf. berichtet ausführlich über einen
Fall obiger Erkrankung, dessen sehr ausgedehnte Operation leider erfolglos war.
Den gleichen tödlichen Ausgang finden wir auch bei der Mehrzahl der 67 weiteren
Fälle, die Verf. in einer Tabelle am Schluss anführt. Happel (Darmstadt).
46) R. Minervini (Genua). Über die embryonalen Geschwülste der
Nieren bei Kindern.
(S.-A. aus der Clinica chirurgica 1897. No. 5.)
Diese Geschwülste sind meistens Mischgeschwülste, weder den einfachen
Sarkomen noch den Carcinomen zururechnen; sie sind außerordentlich bösartig.
262 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
Verf. beschreibt einen diesbezüglichen Fall, ein Kind von 3 Jahren betreffend.
Die Geschwulst war als Myoadenosarkom zu bezeichnen.
Im Übrigen bringt Verf. eine Zusammenstellung von weiteren 84 Fällen.
Unter diesen rechnet er 54% zu den »embryonalen Tumoren. Am häufigsten
sind diese Geschwülste in den 3 ersten Lebensjahren, bei Knaben etwas häufiger
als bei Mädchen. Die klinischen Symptome betreffen hauptsächlich die Vergröße-
rung des Unterleibes durch die Geschwulst, die Kachexie, bisweilen Schmerzen.
Die Prognose ist quoad reeidivum bei den Operirten so schlecht, dass Verf. sogar
die Berechtigung der Exstirpation in Zweifel zieht.
H. Bartsch (Heidelberg).
47) A. @. Gerster. Einige Beiträge zur Chirurgie der Niere und
des Harnleiters.
(New Yorker med. Monatsschrift. 1897. April.)
Verf. theilt 13 interessante Fälle, welche er in den letzten 2 Jahren im Mount
Sinai-Hospital zu operiren Gelegenheit hatte, mit.
Eine durch Striktur des Harnleiters nach einem Trauma entstandene Hydrone-
phrose wurde durch eine Plastik am Harnleiter geheilt. Dieselbe lässt sich nicht
kurz und ohne die beigefügten Abbildungen wiedergeben. Eine hydronephrotische
Wanderniere, die außerdem hochgradig erotesch entartet war, wurde exstirpirt. —
Bei einem 21jährigen Mann war 1893 wegen Pyonephrose die linke Niere exstir-
pirt worden; später bildete sich in dem zurückgelassenen Harnleiter ein Eiterungs-
process und ein Empyem, welches operirt wurde: Freilegung des Harnleiters in
seinem ganzen Verlauf, Herausschälen desselben aus dicken, narbigen Schwarten,
Entfernung dicht an seiner Einmündung in die Blase. Heilung., — Eine doppel-
seitige Pyelitis mit intensiver Cystitis erfuhr durch Nephrotomie und Drainage
der gespaltenen Nierenbecken vorübergehende Besserung. — Außerordentlich interes-
sant ist ein Fall von Echinococcus der rechten Niere, wo Tochterblasen unter großen
Schmerzen mit dem Harn abgegangen waren: die im sechsten Monat schwangere
Frau trug in der rechten Seite eine glatte, zum Theil harte, wenig bewegliche,
bis zum Nabel reichende, kokosnussgroße Geschwulst. Nach Freilegung derselben
gelang es nur mit dem Knochenmesser, durch die verknöcherte und verkalkte
Schale ein Loch zu schneiden, aus dem eine Unzahl Blasen mit dem scharfen Löffel
entfernt wurden; starke Blutung; Tamponade. Die Hoffnung, dass sich die Knochen-
schale, wie in einem ähnlichen Falle von Simon, nekrotisch abstoßen und der Sack
dann kollabiren würde, erfüllte sich nicht; letzterer musste schließlich stückweise
herausgetrennt und entfernt werden, wobei Pleura- und Peritonealhöhle eröffnet
wurden. Trotzdem und trotz eintretenden Abortes völlige Heilung. — Ein Fall
von embolischer multipler Eiterung beider Nieren heilte nach doppelseitiger
Nephrotomie, wobei eine Anzahl corticaler Abscesse mit breitem Nierenschnitt
eröffnet wurden. — Eine akute, parenchymatöse Nephritis mit Eiterung und sep-
tischen Erscheinungen heilte erst nach Exstirpation des Organs. — Ein 10jähriger
Knabe war an Gonorrhoe erkrankt und im Anschluss daran unter hohem Fieber
an akuter doppelseitiger Nephritis: Harn blutig, mit Eiter vermischt, sehr ver-
mindert, beide Nieren schmerzhaft. Es sollte auf beiden Seiten Nephrotomie
gemacht werden; die rechte Niere erwies sich aber als derart krank und mit un-
zähligen Abscessen durchsetzt, dass von weiteren Eingriffen Abstand genommen
wurde; Tod. Einen anderen Todesfall erlebte Verf. bei einer Pyonephrose, wo
erst die Niere freigelegt wurde und später zur Entfernung kam: Tod an Suppressio
urinae. Zwei Fälle von eitriger Steinniere heilten, der eine nach vergeblicher
Nephrotomie, durch Entfernung des Organs.
Verf. ‘bevorzugt den schrägen Lendenschnitt, der auch das Auffinden des
Harnleiters sehr erleichtert, Tamponade und Sekundärnaht; zur Massenligatur be-
währte sich ihm stets ein elastischer Gummischlauch. Zur Diagnosenstellung be-
diente er sich stets auch der Cystoskopie und des Katheterismus des Ureters.
Tschmarke (Magdeburg).
A.
Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 263
48) L. de Sanctis. Sul processo di resezione scrotale nella cura
del varicocele.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 142.)
De 8. berichtet aus dem Ospedale eivile di Cavarzere in Venedig über fünf
durch Serotalresektionen geheilte Fälle von Varicocele. Die Venen werden zu-
nächst durch Hochlagerung des Hodensackes oder durch Digitalkompression ent-
leert. Das Scrotum wird noch einmal gehoben, die Hoden so nach dem Leisten-
kanal gedrängt und unterhalb derselben lange, konkav gebogene Schieber angelegt,
mit der konkaren Seite nach oben. Zwischen Hoden und Schieber wird jetst eine
Naht durchgelegt, die ihrerseits die Hoden zurückhält. Dann wird allmählich,
olme die Naht su berühren, zwischen ihr und den Schiebern das Sorotum durch-
trennt. Naht ohne Drainage. Entfernung der Nähte am 6. Tage. Dauer der
Bettruhe 8—10 Tage. Doch kann man auch nach dem 2. oder 3. Tage die Kranken
aufstehen lassen. Ein geeigneter Verband oder ein Suspensorium müssen die junge
Narbe schützen. Dreyer (Köln).
49) F. Parona. Ektopie des Hodens (Kryptorchismus), cystische
Geschwulst des Samenstrangs und Torsion desselben.
(Polielinieo 1897. Juli 1.)
Eine 16jähriger Bursche hatte von Kindheit an eine etwa kastaniengroße Ge-
schwulst in der rechten Leistengegend. Dieselbe war in den letzten Tagen ange-
schwollen und etwas schmerzhaft; es bestand leichtes Fieber. Kein Erbrechen,
regelmäßiger Stuhlgang. Rechte Serotalhälfte leer. Bei der Operation fand man
die Geschwulst aus 2 Hälften bestehend, nämlich aus einer hühnereigroßen Cyste
und aus dem durch hämorrhagischen Infarkt schwärzlich gefärbten Hoden und
Nebenhoden; der Samenstrang zeigte dicht über dem Hoden eine spiralige Dre-
hung, und zwar 21: Windungen auf einer Strecke von 1 cm.
Die Geschwulst wurde entfernt, der straff gespannte Samenstrang unterbunden
und durchschnitten;, glatte Heilung. — Die Entstehung der Drehung ist in diesem
Falle wohl mit der allmählichen Entwicklung der Cyste in Zusammenhang zu
bringen. H. Bartsch (Heidelberg).
50) Alexander. Über einen Fall von Pseudohermaphroditismus. (Aus
der chirurgischen Abtheilung des städtischen allgemeinen Kranken-
hauses am Friedrichshain in Berlin.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 38.)
Bei einer 16jährigen »Pat.«, die wegen linksseitigen Leistenbruches
zur Operation kam, wurde anstatt eines Darmbruches ein 5 em langes sack-
artiges Gebilde, das sich mit relativ dünnem Stiel bis in den Leistenkanal fort-
setzte, gefunden. Ein ovoides etwa kirschgroßes und 2 kleinere rundliche Ge-
bilde von drüsenartiger Konsistenz fanden sich am hinteren oberen Theil des
Bruchsacks.
Die von Hansemann ausgeführte mikroskopische Untersuchung ergab zum
Theil Hodenkanälchen, zum Theil mit Cylinderepithel ausgekleidete Hohlräume,
auch Epididymiskanälchen.
Eine genauere weitere Untersuchung ergab äußere Genitalien weiblich.
Zwischen Clitoriswurzel und Harnröhre befand sich ein kleines, gleich einem feinen
Stecknadelstich großes Loch, das in einen 3 mm langen Kanal führte. Die
Scheide war nur 3 cm lang und endigte blind. Von Uterus, Tuben und Ovarien
war nichts festzustellen. Das Becken zeigte einen mehr männlichen Habitus.
Eins weitere Nachforschung ergab, dass bereits früher einmal bei demselben
Individuum von Erasmus in Crefeld eine rechtsseitige Herniotomie gemacht war,
bei welcher ganz derselbe Bruchinhalt sich fand.
Das Individuum erkrankte später nach dem Versuch eines Coitus an Tripper,
wobei die in den Operationsnarben fühlbaren, zum Theil als Vasa deferentia auf-
zufassenden Stränge stark anschwollen. Der Tripper heilte.
264 Centralblatt für Chirurgie. No. 9.
Nach Allem handelt es sich also um ein männliches Individuum, dessen
äußere Genitalien eine in hohem Grade weibliche Form zeigten, um sogenannten
Pseudohermaphroditismus masculinus externus.
E. Wagner (Mülheim a. d. R.).
51) Pfannenstiel (Breslau). Über die Chlorzinkstiftbehandlung des
Uterus bei klimakterischen Blutungen.
(Centralblatt für Gynäkologie 1896. No. 41.)}
P. berichtet über einen Misserfolg, den er mit der Chlorzinkätzpaste in einem
Falle von unstillbaren klimakterischen, nicht carcinomatösen Blutungen erlebte.
Trotzdem ein Sequester von der Größe und Gestalt eines senilen Uterus aus-
gestoßen wurde, hielt die Amenorrhoe nur 1/4 Jahr an; dann musste wegen er-
neuter heftiger Blutungen die Totalexstirpation gemacht werden. An dem ex-
stirpirten Uterus fand sich im Fundus eine Höhle mit neugebildeter Schleimhaut,
während die übrige Uterinhöhle bis auf einen fistulösen Gang verödet war. Der
Fall beweist die enorme Regenerationskraft der Uterusmucosa aus kleinsten zurück-
gebliebenen Schleimhautresten und lehrt die Unzuverlässigkeit der Chlorzinkpaste
in solchen Fällen. Jaff6 (Hamburg).
52) Jung (Breslau). Über die Regeneration der Uterusschleimhaut
nach Verätzung mit Chlorzinkpaste nach Dumontpellier.
(Centralblatt für Gynäkologie 1897. No. 18.)
J. hat vorstehenden Fall genau mikroskopisch untersucht. Als Ursache der
Blutungen ergab sich ein Myom der vorderen Wand. Das Resultat der histolo-
gischen Untersuchung war, dass, trotz scheinbar vollständiger Verödung des Uterus,
auf einem beschränkten Gebiet seiner Höhle bereits wieder eine Regeneration der
Schleimhaut stattgefunden hatte, und dass diese Schleimhaut dieselben patholo-
gischen Veränderungen aufwies, wie die früher vorhandene. J. schließt sich dess-
halb den Autoren an, welche, wie Sänger u. A., die Anwendung des Chlorzinks
sowohl als intra-uterine Injektionen wie als Pasten verwerfen. Nur bei gonorrhoi-
schen Affektionen kann es mit der Playfair’schen Sonde ohne Gefahren und
mit Nutzen intra-uterin applicirt werden. Jaffé (Hamburg).
53) L. Herzog. Beitrag zu den Eierstocksgeschwülsten im kind-
lichen Alter.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 51.)
Es handelte sich um ein 14jähriges Mädchen, welches an doppelseitiger Der-
moideyste des Eierstockes litt und in Folge Stieltorsion der rechtsseitigen Cyste
schwere Krankheitssymptome bot. Laparotomie, Ovariotomie. Heilung ohne jegliche
Beschwerden. Die rechtsseitige mannsfaustgroße Geschwulst war 3mal fest um
ihre Achse gedreht und bildete eine Kombination von Dermoideyste mit Haaren
und einem multilokulären Kystom. Die linksseitige war eine reine Dermoideyste
mit Haaren in Apfelgröße. H. konnte in der Litteratur keinen analogen Fall
von doppelseitiger Dermoidgeschwulst der Ovarien angeführt finden.
Gold (Bielitz).
Berichtigung: In No. 7 p. 179 Z.3 v. o. lies nun statt nur und p. 181 Z. 4
v. o Drehung statt Furchung.
en
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergman, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
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Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 12. Sonnabend, 12. März. 1898.
Inhalt: 1) Pillon, Aseptisches traumatisches Fieber. — 2) Arcoles, Experimentell:
Gelenkentzündungen. — 3) Wassermann, Immunität. — 4) Wassermann und Takaki,
Tetanusantitoxinwirkung. — 5) Minard und Bufvolr, Schädeltuberkulose. — 6) Romme,
Tuberkulöse Meningitis. — 7) v. Bergmann, Hirngeschwülste. — 8) Ziem, Nasenkrank-
heiten und Psychiatrie. — 9) Jankelevitch, Hydrorrhoea nasalis. — 10) Brindei, Ozaena.
— 11) Coosemans, Holokain. — 12) Bar, Entzündung der Zungentonsille. — 13) Hu-
gues, Mandelahscesse. — 14) Cholewa, Adenoide Wucherungen. — 15) v. Hippel, Ra-
nula. — 16) Löwenbach, Geschwülste der Submaxillarspeicheldrüse. — 17) Wolkowicz,
Schiefhale. — 18) Pfeiffer, Rückgratsverkrümmung. — 19) Hoffmann, Skoliose. —
20) Brian, Innervation der Schilddrüse. — 21) Simmonds, Formwveränderungen der Luft-
röhre. — 22) Roberts, Perikarditis.
C. Bayer, Zur Operation von Sehnen- und Muskelkontrakturren. — H. Steudei, Luxa-
tion des Sesambeins des Zeigefingers. (Original-Mittheilungen.)
23) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 24) Subbotic, Periosttransplantation.
_ 2 Cohn, Stirnhirngeschwulst. — 26) Grunert, 27) Moure, 28) Burnett, Intrakranielle
Komplikationen von Ohrleiden. — 29) Scheibe, Felsenbeinbrüche. — 30) du Fougeray,
Taubstumme. — 31) Depage, Operationen am Trigeminus. — 32) Heimann, Entzündung
der Highmors- und Stirnhöhle. — 33) Mouret, Ozaena. — 34) Noquet, Geschwülste der
Nase. — 35) Schulz, Oberkieferrescktionen. — 36) Bilczynski, Kielerankylose. — 37) Pe-
koslawski, Gesichtskrebs. — 33) Claisse, Zungenaktinomykose. — 39) Bockhorn, Pa-
rotistuberkulose, — 40) Mayer, Laminektomie. — 41) Murray, Streckung des Pott’schen
Buckels. — 42) Parascandolo, 43) Maass, Spina bifida. — 44) Hildebrand, Schiefhals.
— 45) Alderson, Halsrippen. — 46) Power, Lymphangiom des Halses.'— 47) Bang,
48) Depage, 49) Lejars, Kropf. — 50) Radziszewski, 51) Szuman, 52) Peyrissac, Fremd-
körper in den Luftwegen. — 53) Bergoni6 und Carrière, Pleuraexsudate. — 54) Nico-
demi, 55) Wolkowitsch, 55) Beck, Pleurotomie. — 57) Bomnüter, Thorakoplastik. —
58) Baletta und Rizzini, Muskelechinococcus. ;
1) Pillon. Fievre traumatique aseptique.
(Presse med. 1897. No. 25.)
Von den Theorien, die zur Erklärung des aseptischen Fiebers
aufgestellt sind, lässt Verf. nur zwei gelten, welche die Hyperthermie
als Reflexerscheinung und als Folge der Resorption pyrogener Sub-
stanzen hinstellen. Verf. hat an zahlreichen Thierexperimenten und
klinischen Beobachtungen die Richtigkeit derselben beobachten
können. Danach hängt der Grad der 'lemperaturerhöhung von der
Zersetzung des ausgetretenen Blutes, von seinem Gehalt an fieber-
erregenden Stoffen, von der Schnelligkeit der Resorption und von
10
266 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
dem Grad und der Art der Störung der peripheren Nervenendigungen
ab. Aber auch der Satz Volkmann’s, dass die fiebererregenden
Substanzen von der Elimination anatomischer Elemente herrühren,
deren Vitalität durch das Trauma gewaltsam gestört worden sei, be-
steht zu Recht; je heftiger die Kontusion, um so größer die Tem-
peratursteigerung. — Eine neuere Theorie von Gangolphe, der die
verletzten Zellen pyrogene Substanzen absondern lässt, deren Resorp-
tion das Fieber hervorruft, konnte ebenfalls experimentell bestätigt
werden. Verf. hat ferner experimentell konstatirt, dass die weißen
Blutkörperchen fiebererzeugende Stoffe absondern, indem er Pferde-
blut centrifugirte und die so gewonnenen Zellen mit Kochsalzlösung
Hunden einspritzte: je längere Zeit nach der Isolirung der weißen
Blutzellen eingespritzt wurde, um so höher stieg die Temperatur.
Ob die wirksame Substanz nun Fibrinferment oder Harnsäure oder
das Nuclein ist, bleibt unentschieden. Tschmarke (Magdeburg
2) Arcoles. Sulle artriti sperimentali da bacillo di Eberth
e bacterium coli.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 154.)
Verf. hat im Ospedale Civico in Palermo eine Reihe von Ex-
perimenten an jungen Kaninchen angestellt, indem er Typhusbacillen
oder Bacterium coli in Bouillonkultur in Gelenke oder Venen ein-
spritzte. Immer wenn durch ein Trauma ein Locus minoris resisten-
tiae in einem Gelenk geschaffen war, erhielt er eine eitrige Gelenk-
entzündung, eben so stets bei direkter Injektion der Bakterien in die
Gelenke auch ohne Trauma derselben. In der Gelenkflüssigkeit
fanden sich die betreffenden Bakterien wieder. Die Anzahl der Ex-
perimente betrug 10 (je 5). Dreyer (Köln.
3) Wassermann. Über eine neue Art von künstlicher
Immunität. (Aus dem Institut für Infektionskrankheiten zu
Berlin.)
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 1.)
Die Grundlage der diesbezüglichen Untersuchungen Wa war
die Ehrlich’sche Theorie der Antitoxinbildung. Ehrlich nimmt
nämlich an, dass zur Vergiftung eines Thieres, z. B. mit Tetanusgift,
die Zellen des Rückenmarkes mit dem Gifte eine Verbindung ein-
gehen, dasselbe an sich ziehen, das Tetanusantitoxin nichts Anderes
sei als in Lösung gegangene Bestandtheile der normalen Ricken-
markszellen. W. ging demnach von dem Gedankengang aus, dass
bereits im normalen Rückenmark derartige Stoffe präformirt vor-
handen sein müssen, man also mit dem Rückenmark normaler Thiere
gegen Tetanusgift zu immunisiren im Stande sei. W. hat Gehirn
und Rückenmark mit physiologischer Kochsalzlösung zerrieben, diese
JI:mulsion mit Tetanusgift gemischt weißen Mäusen injicirt. Das
e Kaz
Se Sé
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 267
Resultat der Experimente war, dass jedes Rückenmark, besonders
aber das Gehirn von einer ganzen Reihe untersuchter Thierspecies
nicht nur antitoxische Eigenschaften gegenüber dem Tetanusgift be-
sitzt, sondern auch, 24 Stunden vorher injicirt, den Organismus diesem
Gift gegenüber schützt. Ja selbst mehrere Stunden nach der Ein-
verleibung des Giftes ist die Injektion von normaler Gehirnmasse
im Stande, Thiere am Leben zu erhalten. Im Hinblick auf die Aus-
einandersetzungen Ehrlich’s schlägt W. für die neue Art der künst-
lichen Immunität die Bezeichnung der Seitenkettenimmunität vor.
Ehrlich nennt nämlich den Theil der Zelle, an den das Gift heran-
geht, die toxophore Seitenkette. Gold (Bielitz).
4) Wassermann uud Takaki. Über tetanusantitoxische
Eigenschaften des normalen Centralnervensystems. (Aus dem
Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin.)
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 1.)
Die Verf. haben im Anschluss an die vorstehende Mittheilung
W.s die Prüfung des Rückenmarkes und Gehirns normaler Thiere
auf ihre Wirkung gegenüber dem Tetanusgift untersucht und an
200 Mäusen diesbezügliche Versuche angestellt. Sie konnten in jedem
Falle nachweisen, dass das normale Gehirn und Rückenmark tetanus-
antitoxische Wirkung hat, während kein anderes untersuchtes Organ
des Thieres diese Eigenschaft zeigt. Die Wirkung des Gehirns von
normalen Meerschweinen ist so ausgesprochen, dass 1 ccm Gehir-
emulsion bis zur 10fach tödlichen Dose Tetanusgift beim Mischen
neutralisirt. Das Rückenmark erweist sich in dieser Beziehung
schwächer, indem 1 ccm Rückenmarkemulsion nur die 3fach tödliche
Dosis zu neutralisiren im Stande ist. — Verff. stellen die konstatirte
wichtige Thatsache als rein wissenschaftliche hin; praktische Erfolge
für die Therapie des Tetanus können daraus nicht abgeleitet werden,
auch sind die Experimentatoren der Ansicht Ehrlich’s, dass die
antitoxische Kraft des Centralnervensystems auf eine den Zellen
innewohnende Eigenschaft zurückzuführen ist. Gold (Bielitz,.
5) V. Minard et M. Bufvoir. Tuberculose des os du
cräne.
(Revue d’orthopedie 1897. No. 6.)
Die Autoren berichten über 12 klinische Beobachtungen von
Schädelknochentuberkulose aus dem Seehospiz zu Berck und fügen
die Beschreibung zweier Sektionspräparate hinzu. Nur in 2 Fällen
war das Stirnbein nicht betroffen; am Stirnbein selbst ist der Orbital-
rand am häufigsten Sitz der Tuberkulose. Nächst ihm kommt das
Os parietale und occipitale, sehr selten ist die Basis cranii primär
betheiligt. Meist sind die Herde vielfach, in dem einen Präparat
sind 29 Herde zu zählen. In der Regel sind die Herde nach außen
10*
268 Gentralblatt für Chirurgie. No. 10.
aufgebrochen, etwas seltener nach innen, aber auch volle Perfora-
tionen sind vertreten. Die Affektion kann sich ferner auf eine Tafel
beschränken, und auch in der Diplo& kommen primäre Herde vor.
Klinisch findet sich die Schädelknochentuberkulose in der Regel ver-
gesellschaftet mit anderweitigen visceralen oder ossalen Lokalisationen.
Das Leiden beginnt schleichend und wird meist erst beim Auftreten
des Abscesses diagnosticirt, überhaupt ist der Verlauf ein lokal mil-
der und kann vollkommen mit und ohne Sequesterbildung, auch
ohne größeren Eingriff ausheilen. Eine unmittelbar an die Schädel-
caries sich anschließende Meningitis haben die Autoren an ihrem
Material nicht beobachtet. Herm, Frank (Berlin).
6) R. Bomme Le traitement chirurgical de la méningite
tuberculeuse chez l’enfant.
{Revue mensuelle des maladies de l’enfance 1697. December.)
Verf. wendet sich gegen jegliche operative Behandlung der
kindlichen Meningealtuberkulose und sucht durch Kritik der bekannt
gewordenen Beobachtungen nachzuweisen, dass es sich mit der
größten Wahrscheinlichkeit bei diesen Fällen gar nicht um Tuber-
kulose gehandelt habe; namentlich verwirft er die Spinalpunktion.
Ges König (Wiesbaden).
7) E. v. Bergmann. Die chirurgische Behandlung der
Hirngeschwäülste.
‘Sammlung klin. Vorträge. N. F. No. 200. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897.)
Obwohl der Inhalt dieses von v. B. auf dem letzten internatio-
nalen Kongress zu Moskau gehaltenen Vortrags den Lesern des
Centralblattes aus dem auf p. 1044 Jahrg. 1897 gegebenen Referat
bekannt sein dürfte, sei nicht unterlassen, auf die vorliegende bedeu-
tungsvolle Abhandlung nochmals besonders hinzuweisen. Es ist von
großem Interesse, v. Be Ausführungen zu folgen, in denen er sich
mit eindringlichen Worten gegen die probatorischen Kraniotomien und
Encephalotomien wendet und, unter Hervorhebung der mancherlei
Gefahren der Infektion, des Blutverlustes, des Shocks, des frischen
Hirnvorfalls, der postoperativen Epilepsie und kontralateralen Hemi-
plegie, welche nach den temporären Schädelresektionen auftreten
können, nachweist, dass nur die relative Sicherheit der Diagnose,
welche allein an den Geschwülsten in und neben den Central-
windungen möglich ist, das Recht zu einem gefahrvollen Eingriff
giebt. In der That betrafen auch fast alle glücklich operirten Hirn-
geschwülste solche, die in der motorischen Region saßen, für deren
erfolgreiche chirurgische Behandlung die Möglichkeit, sie früh, so
lange sie noch klein sind, mit verhältnismäßiger Sicherheit zu er-
kennen, besonders ins Gewicht fällt.
Indem v. B. ‚das durch außerordentliche Regelmäßigkeit und
Gleichheit der Symptome ausgezeichnete klinische Bild der primären
Geschwülste der Centralwindungen schildert, zeigt er, wie sie auch
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 269
darin, dass sie mit geringeren differentielldiagnostischen Schwierig-
keiten als fast alle anderen Hirngeschwülste zu kämpfen haben, eine
Ausnahmsstellung einnehmen. — Wir begnügen uns mit diesem
kurzen Hinweis auf den Vortrag, dessen genaues Studium wohl kein
Chirurg versäumen wird; es wird ihm eine Fülle von Anregungen
und Belehrungen bieten. Kramer (Glogau).
Si C. Siem, Über Beziehungen der Nasenkrankheiten zur
Psychiatrie.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 11 u. 12.)
In einem interessant geschriebenen und an wichtigen Anregungen
reichen Aufsatze sucht Verf., von seiner eigenen Leidensgeschichte
ausgehend, die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges nachzu-
weisen zwischen Nasenerkrankungen, besonders Nebenhöhlenaffek-
tionen, einerseits und gewissen Geisteskrankheiten, besonders solchen, ,
für deren Entstehung Cirkulationsstörungen im Stirnhirn in Betracht
kommen, andererseits. Eine Wiedergabe seiner Ausführungen im
Referat erscheint unmöglich, ohne die logische Entwicklung seiner
Beweisführung zu beeinträchtigen. Es sei aber ausdrücklich die
Lektüre des Originals empfoblen, auch um der Selbstverleugnung
willen, mit welcher Verf. dem Leser tiefe Einblicke in sein privates
Leben gewährt, um ihm dafür weite Ausblicke auf eine zukünftige
aktivere Behandlung gewisser Geistesstörungen zu eröffnen.
Teichmann (Berlin).
9) Jankelevitch. De l’hydrorrhee nasale.
(Revue de laryngol. 1897. No. 51.)
Zur Behandlung dieser quälenden Affektion in Fällen, wo sich
keine lokale Erkrankung der Nase oder der Nebenhöhlen findet,
empfiehlt Verf. die Dekortikation der Nasenmuscheln oder die Ent-
fernung der ganzen Muscheln zur Verkleinerung der secernirenden
Fläche. Zu solchen eingreifenden Methoden, welche leicht andere,
nicht minder unangenehme und dauernde Folgezustände herbei-
führen, wird man sich jedenfalls nur in den schwersten Fällen ent-
schließen. Wo der Verdacht auf larvirte Malaria besteht, ist Chinin
zu versuchen, welches auch in anderen Fällen von Hypersekretion
der Nasenschleimhaut günstig wirkt. Teichmann (Berlin).
10) Brindel. Du traitement de l’ozene par l’Electrolyse
interstitielle.
(Revue de laryngol. 1897. No. 34 u. 35.)
Die von verschiedenen Autoren enthusiastisch empfohlene Be-
handlung der Ozaena mit interstitieller Elektrolyse hat dem Verf. in
einer größeren Anzahl sorgfältig beobachteter Fälle keine glänzenden
Resultate geliefert. Von 30 Fällen hat er nur 2 wirkliche, 8 schein-
bare Heilungen gesehen, 13mal bemerkenswerthe Besserungen und
7mal gar keinen Erfolg. In allen Fällen, wo gleichzeitig eine
268 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
aufgebrochen, etwas seltener nach innen, aber auch volle Perfora-
tionen sind vertreten. Die Affektion kann sich ferner auf eine Tafel
beschränken, und auch in der Diplo& kommen primäre Herde vor.
Klinisch findet sich die Schädelknochentuberkulose in der Regel ver-
gesellschaftet mit anderweitigen visceralen oder ossalen Lokalisationen.
Das Leiden beginnt schleichend und wird meist erst beim Auftreten
des Abscesses diagnostieirt, überhaupt ist der Verlauf ein lokal mil-
der und kann vollkommen mit und ohne Sequesterbildung, auch
ohne größeren Eingriff ausheilen. Eine unmittelbar an die Schädel-
caries sich anschließende Meningitis haben die Autoren an ihrem
Material nicht beobachtet. Herm. Frank (Berlin).
6) R. Bomme Le traitement chirurgical de la méningite
tuberculeuse chez l’enfant.
{Revue mensuelle des maladies de l’enfance 1697. December.)
Verf. wendet sich gegen jegliche operative Behandlung der
kindlichen Meningealtuberkulose und sucht durch Kritik der bekannt
gewordenen Beobachtungen nachzuweisen, dass es sich mit der
größten Wahrscheinlichkeit bei diesen Fällen gar nicht um Tuber-
kulose gehandelt habe; namentlich verwirft er die Spinalpunktion.
König (Wiesbaden).
1) E. v. Bergmann. Die chirurgische Behandlung der
Hirngeschwülste.
{Sammlung klin. Vorträge. N. F. No. 200. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897.)
Obwohl der Inhalt dieses von v. B. auf dem letzten internatio-
nalen Kongress zu Moskau gehaltenen Vortrags den Lesern des
Centralblattes aus dem auf p. 1044 Jahrg. 1897 gegebenen Referat
bekannt sein dürfte, sei nicht unterlassen, auf die vorliegende bedeu-
tungsvolle Abhandlung nochmals besonders hinzuweisen. Es ist von
großem Interesse, v. Bis Ausführungen zu folgen, in denen er sich
mit eindringlichen Worten gegen die probatorischen Kraniotomien und
Encephalotomien wendet und, unter Hervorhebung der mancherlei
Gefahren der Infektion, des Blutverlustes, des Shocks, des frischen
Hirnvorfalls, der postoperativen Epilepsie und kontralateralen Hemi-
plegie, welche nach den temporären Schädelresektionen auftreten
können, nachweist, dass nur die relative Sicherheit der Diagnose,
welche allein an den Geschwülsten in und neben den Central-
windungen möglich ist, das Recht zu einem gefahrvollen Eingriff
giebt. In der That betrafen auch fast alle glücklich operirten Hirn-
geschwülste solche, die in der motorischen Region saßen, für deren
erfolgreiche chirurgische Behandlung die Möglichkeit, sie früh, so
lange sie noch klein sind, mit verhältnismäßiger Sicherheit zu er-
kennen, besonders ins Gewicht fällt.
Indem v. B. das durch außerordentliche Regelmäßigkeit und
Gleichheit der Symptome ausgezeichnete klinische Bild der primären
Geschwülste der Centralwindungen schildert, zeigt er, wie sie auch
ns
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 269
darin, dass sie mit geringeren differentielldiagnostischen Schwierig-
keiten als fast alle anderen Hirngeschwülste zu kämpfen haben, eine
Ausnahmsstellung einnehmen. — Wir begnügen uns mit diesem
kurzen Hinweis auf den Vortrag, dessen genaues Studium wohl kein
Chirurg versäumen wird; es wird ihm eine Fülle von Anregungen
und Belehrungen bieten. Kramer (Glogau).
8) C. Ziem. Über Beziehungen der Nasenkrankheiten zur
Psychiatrie.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 11 u. 12.)
In einem interessant geschriebenen und an wichtigen Anregungen
reichen Aufsatze sucht Verf., von seiner eigenen Leidensgeschichte
ausgehend, die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges nachzu-
weisen zwischen Nasenerkrankungen, besonders Nebenhöhlenaffek-
tionen, einerseits und gewissen Geisteskrankheiten, besonders solchen, `
für deren Entstehung Cirkulationsstörungen im Stirnhirn in Betracht
kommen, andererseits, Eine Wiedergabe seiner Ausführungen im
Referat erscheint unmöglich, ohne die logische Entwicklung seiner
Beweisführung zu beeinträchtigen. Es sei aber ausdrücklich die
Lektüre des Originals empfoblen, auch um der Selbstverleugnung
willen, mit welcher Verf. dem Leser tiefe Einblicke in sein privates
Leben gewährt, um ihm dafür weite Ausblicke auf eine zukünftige
aktivere Behandlung gewisser Geistesstörungen zu eröffnen.
Teichmann (Berlin).
9) Jankelevitch. De l’'hydrorrhee nasale.
(Revue de laryngol. 1897. No. 51.)
Zur Behandlung dieser quälenden Affektion in Fällen, wo sich
keine lokale Erkrankung der Nase oder der Nebenhöhlen findet,
empfiehlt Verf. die Dekortikation der Nasenmuscheln oder die Ent-
fernung der ganzen Muscheln zur Verkleinerung der secernirenden
Fläche. Zu solchen eingreifenden Methoden, welche leicht andere,
nicht minder unangenehme und dauernde Folgezustände herbei-
führen, wird man sich jedenfalls nur in den schwersten Fällen ent-
schließen. Wo der Verdacht auf larvirte Malaria besteht, ist Chinin
zu versuchen, welches auch in anderen Fällen von Hypersekretion
der Nasenschleimhaut günstig wirkt. Teichmann (Berlin).
10) Brindel. Du traitement de l’ozene par l’electrolyse
interstitielle.
(Revue de laryngol. 1897. No. 34 u. 35.)
Die von verschiedenen Autoren enthusiastisch empfohlene Be-
handlung der Ozaena mit interstitieller Elektrolyse hat dem Verf. in
einer größeren Anzahl sorgfältig beobachteter Fälle keine glänzenden
Resultate geliefert. Von 30 Fällen hat er nur 2 wirkliche, 8 schein-
bare Heilungen gesehen, 13mal bemerkenswerthe Besserungen und
7mal gar keinen Erfolg. In allen Fällen, wo gleichzeitig eine
270 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
Pharyngo-Laryngitis vorhanden war, wurde diese Komplikation in
keiner Weise durch die Behandlung beeinflusst, eben so wenig wie
die Atrophie der Muscheln und Eiterungen der Nebenhöhlen. Verf.
ist der Überzeugung, dass die Elektrolyse bei der Behandlung der
Ozaena nicht mehr leistet, als andere anerkannte Methoden, beson-
ders die Vibrationsmassage der Schleimhaut mit nachfolgender Ein-
stäubung von Argent. nitric. Das erscheint auch ganz richtig; denn
die Elektrolyse stellt hier auch nichts Anderes dar, als einen scharfen
Reiz für die erkrankte Schleimhaut, ganz eben so wie die Schleim-
hautmassage, und die Dauer der » Heilung « resp. Besserung ist gleich
der Reaktionsdauer auf diesen Reiz. Das Endresultat ist aber in
jedem Falle ein Fortschritt der Atrophie, und entgegenstehende
Wahrnehmungen, dass aus der Atrophie eine Hypertrophie der
Schleimhaut sich entwickle, was auch B. in 1 Falle gesehen haben
will, beruhen gewiss auf einem Beobachtungsfehler; denn histopatho-
logisch sind sie undenkbar. S Teichmann (Berlin).
11) E. Coosemans. L’holocaine en oto-laryngologie.
(Revue de laryngol. 1897. No. 50.)
Wenn Verf. das Holocain ein vollkommenes, jeder schädlichen
Eigenschaft bares Anästheticum nennt, so ist es nicht überflüssig,
anzuführen, bei welchen Gelegenheiten er es angewendet hat: Da sind
Extraktionen von Ohrpolypen mit nachfolgender Auskratzung, Inci-
sionen von Gehörgangsfurunkeln, Erweiterung von akuten Trommel-
fellperforationen, Ätzungen und Galvanokauterisation der Nasen-
schleimhaut, Elektrolyse einer Verbiegung des Septums, Auskratzung
des Rachens wegen Pharyngumykosis, Zahnextraktionen, Beseitigung
der Schlingbeschwerden bei ulceröser Kehlkopftuberkulose auf Tage
hinaus D, Alles mit einer 1%igen Lösung. Zu dieser anästhesirenden
Wirkung, die allerdings, wenn sie sich bestätigt, eine ideale genannt
werden muss, kommen noch einige werthvolle melır negative Eigen-
schaften: das Holocain brennt nicht, ist nicht so bitter und nicht
so theuer wie Cocain; verursacht weder Übelkeit noch Fremdkörper-
gefühl im Halse, noch sonstige Intoxikationserscheinungen, und
wirkt auf die Gewebe nicht ischämisirend. Teichmann (Berlin).
12) L. Bar. Inflammations de l’amygdale linguale.
(Revue de laryngol. 1897. No. 36.)
An der Hand von 10 eigenen Beobachtungen bespricht Verf. die
Ätiologie und Pathologie der Entzündungen der Zungentonsille. Als
beste Behandlung empfiehlt er nach Ablauf des akuten Stadiums bei
hypertrophischem Gewebe die Zerstörung desselben mittels des Gal-
vanokauters oder Abtragung mit der Schlinge. Hierbei erwähnt er,
dass Kranke, welchen gewöhnliche Cocainlösungen schädlich sind,
eine gleich starke Lösung in Aqua laurocerasi ohne Gefahr der
Synkope vertragen. Teichmann (Berlin).
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 271
13) P. Hugues. Des abcès chroniques des amygdales.
(Revue de laryngol. 1897. No. 44.)
Der chronische Tonsillarabscess entwickelt sich nicht in einer
Mandelkrypte, sondern wahrscheinlich aus einem oder mehreren unter
der Schleimhaut liegenden Lymphfollikeln in Folge häufig recidiviren-
der Mandelentzündungen. Häufig kommt es dabei zu Fistelbildungen,
welche gewöhnlich im Niveau der Gaumenbögen sich öffnen. Zur
Behandlung ist es nothwendig, diese Fistelgänge in ihrer ganzen
Länge zu spalten. Das hervorstechendste Symptom sind wochenlang
dauernde leichte Schlingbeschwerden, welche plötzlich nach Ent-
leerung einer gewissen Eitermenge verschwinden, aber nach kürzerer
oder längerer Zeit immer wiederkehren. Gegen die Verwechslung
mit syphilitischen Mandelaffektionen, die ebenfalls durch länger dau-
ernde Schlingbeschwerden sich zu erkennen geben, schützt das Fehlen
von Drüsenschwellungen beim chronischen Mandelabscess. Findet
sich kein Fistelgang, durch welchen man sich zur Abscesshöhle Zu-
gang verschaffen kann, so ist die Abtragung der den Abscess ent-
haltenden Mandelpartie die geeignetste Behandlung.
Teichmann (Berlin).
14) R. Cholewa. Einiges über die Technik der Operation
der adenoiden Wucherungen.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 12.)
Die Ausführungen Beckmann’s zur Pathologie und operativen
Entfernung der Rachenmandel, gegen deren weitgehende Schlüsse
s:hon Ref. Verwahrung einlegen zu müssen glaubte, geben nun auch
C. Anlass zu einer Reihe kritischer Bemerkungen. Besonders wendet
er sich gegen Beckmann’s Hypothese von der primären Entzün-
dung der Rachentonsille und gegen die Operation derselben im
floriden Stadium der eitrigen Mittelohrentzündung. Gegenüber der
jetzt fast allgemeinen Anwendung des Ringmessers spricht er sich
für die Brauchbarkeit der Hartmann’schen Curette in manchen
Fällen, besonders bei ganz jungen Kindern mit niedrigem Cavum
nasopharyngeum aus. Wenn die Wucherungen nach vorn weit in
die Choanen eindringen, empfiehlt er, zuerst die vordersten Zapfen
mit der Schlinge durch die Nase zu entfernen und dann mit einem
Ringmesser, welches nun zwischen Septum und Hauptmasse der
Tonsille eingeführt werden kann, zu operiren. Eindringlich warnt
er vor dem Gebrauch des Cocains unmittelbar vor der Operation,
wegen der Gefahr der Nachblutung; wenn eine Anästhesie durchaus
gewünscht wird, soll die Schleich’sche Mischung (Aether. sulf. 60,
Chloroform 15, Aether petroli 5) in Anwendung kommen, bei welcher
die Reaktionsfähigkeit erhalten bleibt. Teichmann (Berlin).
2712 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
15) R. v. Hippel. Die Operation der Ranula.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 5.)
v. H. empfiehlt, die Ranula von außen her zu exstirpiren. Er
legt den Schnitt unterhalb des Unterkiefers an, lässt die Glandula
sublingualis und den vorderen Biventerbauch seitwärts abziehen und
dringt durch die Fasern des Musculus mylohyoideus auf die Ge-
schwulst los. Der Ductus Whartonianus wird unterbunden und
durchschnitten, was ohne Nachtheil geschiebt. Die Mundschleim-
haut ist in den meisten Fällen nicht zu schonen. Es folgt Drainage
und Naht. Die Narbe ist später kaum sichtbar.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
16) Löwenbach. Beitrag zur Kenntnis der Geschwülste
der Submaxillar-Speicheldrüse.
(Virchow’s Archiv Bd. CL. p. 73.)
Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung zweier Ge-
schwülste der Submaxillar-Speicheldrüse hält sich Verf. für berech-
tigt, außer von cylindromatösen Sarkomen resp. Endotheliomen noch
von cylindromatösen Carcinomen oder carcinomatösen Cylindromen
der betreffenden Drüse zu sprechen. Den Beweis, dass es sich in
dem ersten Falle um einen epithelialen Tumor gehandelt hat, halten
wir für nicht erbracht, und ob die kleinen, in Verbindung mit Aus-
führungsgängen stehenden epithelialen Wucherungen im Bereich
wohl erhaltenen normalen Speicheldrüsengewebes bei Fall II wirklich
als junge Stadien der cylindromatösen Neubildung aufzufassen sind,
erscheint uns mindestens zweifelhaft. Pels Leusden (Göttingen).
17) M. Wolkowicz. Ein neues Verfahren zur operativen
Behandlung des muskulären Schiefhalses.
(Nowiny lekarski 1897. No. 8 u. 9.)
Das vom Verf. empfohlene Verfahren besteht in einer Verlän-
gerung des verkürzten Muskels auf folgende Weise: Von einem
Hautschnitte aus wird der Muskel in schiefer Richtung von oben
und vorn nach unten und rückwärts durchschnitten, eben so auch
alle sich etwa anspannenden Bindegewebsstränge. Nach Freipräpa-
rirung der Muskelwundränder wird der laterale Rand des oberen
Stückes mit dem medialen des unteren zusammengenäht, während
der mediale Theil des oberen und der laterale des unteren unvereint
bleiben. Auf diese Art kann man eine beliebige Verlängerung des
Muskels erzielen. Trzebicky (Krakau).
18) L. Pfeiffer (Weimar). Die planimetrische Darstellung
der Rückgratsverkrümmungen.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 5.)
An der Hand einer Reihe von Planzeichnungen menschlicher
Wuchsformen und Wuchsfehler erörtert P. das obige Verfahren und
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 273
empfiehlt es für die frühe Diagnose beginnender Seitenkrümmungen
der Wirbelsäule als eine leicht erlernbare, auch als Unterrichts-
gegenstand werthvolle, zweckmäßige Methode. Interessenten mögen
darüber in der nichts weniger als leicht verständlichen Abhandlung
selbst nachlesen. Kramer (Glogau).
19) E. Hoffmann. Zur Behandlung der beweglichen Skoliose.
{Berliner Klinik 1897. Hft. 106.)
Verf. will, wie er selbst am Beginn der Arbeit hervorhebt, dem
praktischen Arzte eine kurzgefasste Anleitung geben, in welcher
Weise er mit einfachen Mitteln dem Anfangsstadium der Skoliose
begegnen kann. Nach kurzer Erwähnung der Ätiologie bespricht er
genauer die Diagnose und die für die einzelnen Grade der Skoliose
charakteristischen Symptome und Veränderungen am Skelett und
geht dann näher auf die Behandlung der beweglichen Skoliose ein.
Nur die letztere ist für die Behandlung des praktischen Arztes ge-
eignet, während die Skoliose 3. Grades und die schwereren Skoliosen
2. Grades orthopädischen Instituten zur Behandlung überwiesen
werden müssen.
Bei der Behandlung des 1. Grades der Skoliosen — der Neigung
zur falschen Haltung ohne anatomische Veränderungen — kommt
es besonders auf prophylaktische Maßnahmen an, d. h. Vermeidung
der die skoliotische Haltung begünstigenden Einflüsse und Kräftigung
der Körpermuskulatur durch Turnen, Zimmergymnastik, Rudern,
Schwimmen; sehr wichtig und wirksam ist die Massage. Die zweite
Aufgabe besteht darin, den Kindern die Störungen im Muskelgefühl
zu nehmen, d. h. sie zu lehren, sich wieder richtig zu halten. Sind
jedoch, wie leider bei den meisten der zur Behandlung kommenden
Fälle, schon anatomische Deformitäten vorhanden, so wird die Lösung
der Fixationen, die Mobilisirung und Korrektion der Wirbelsäule
und des Brustkorbes durch gymnastische Behandlung und manuelle
Redression nothwendig. Zu diesem Zwecke giebt Verf. Übungen an,
welche außer der Mobilisirung und Korrektion zugleich die hierzu
erforderlichen Muskeln kräftigen und den Pat. in Stand setzen sollen,
seine Stellung selbst zu korrigiren resp. die Korrektion zu erhalten.
Die durch eine Reihe von Abbildungen illustrirten Übungen, auf
deren Einzelheiten wir hier jedoch nicht näher eingehen können,
haben außer dem Vorzug der Einfachheit und leichten Erlernbarkeit
noch das für sich, dass bei ihnen durch die in vorgeschriebener und
für den speciellen Fall passender Weise einwirkende Hilfe des
Arztes Widerstände geschaffen werden, deren Überwindung gerade
diejenigen Muskeln kräftigt, die zur Korrektion der Skoliose die
wirksamsten sind. Wullstein (Halle a/S.).
10**
274 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
20) E. Brian. Liinnervation du corps thyroïde.
Paris, Bailliöre et fils, 1698. 65 S. Mit 11 Figuren.
Die noch verhältnismäßig wenig zahlreichen Arbeiten über die
Innervation der Schilddrüse erfahren durch die Untersuchungen von
B. eine werthvolle Bereicherung.
In Bezug auf die grob-anatomischen Verhältnisse kommt Verf.,
gestützt auf die bisherigen Angaben und seine eigenen Untersuchungen,
zu dem Resultat, dass die Schilddrüse hauptsächlich vom Hals-
sympathicus versorgt wird, und zwar besonders aus der Höhe des mitt-
leren Halsganglions. Auch die nach Henle vom N. laryngeus sup.
und nach Lindemann vom N. recurrens ausgehenden Schilddrüsen-
ästchen konnte Verf. regelmäßig nachweisen, während er die von
anderer Seite beschriebenen, vom Hypoglossus und Glossopharyngeus
abgehenden Schilddrüsennerven nie auffinden konnte. Im Innern
der Schilddrüse ist zwischen Gefäß- und Drüsennerven zu unter-
scheiden, von denen letztere an der Außenfläche der Epithelzellen
enden, ohne zwischen dieselben einzudringen. Ganglienzellen kommen
im Innern der Schilddrüse nicht vor.
Im 2. Theil seiner Arbeit untersucht Verf. den Einfluss der
Nervenreizung und Nervendurchtrennung auf das histologische Ver-
halten der Drüsen. Es gelingt ihm nicht, durch irgend einen Ein-
griff an den Schilddrüsennerven (wie elektrische Reizung etc.) eine
mikroskopisch nachweisbare Veränderung der Epithelzellen zu ver-
anlassen. Verf. erklärt diese Thatsache durch den Umstand, dass
die Schilddrüse eine Drüse mit langsamer Sekretion sei.
Im 3. Theil der Arbeit untersucht Verf. das plethysmographische
Verhalten der Schilddrüse bei Reizung der Halsnerven. Es zeigt
sich, dass von allen Halsnerven einzig der Sympathicus die Gefäß-
verhältnisse der Schilddrüse beeinflusst. Reizung oberhalb des unteren
Halsganglions hat Gefäßverengerung, Reizung unterhalb dieses Gan-
glions Gefäßerweiterung zur Folge. Wurde der Halssympathicus auf
einer Seite durchschnitten, so fand sich auf dieser Seite nach Pilo-
karpinvergiftung die Schilddrüse stets größer und dunkler gefärbt
als auf der entgegengesetzten Seite.
In klinischer Beziehung schließt Verf. aus diesen letzteren Ver-
suchsergebnissen die Berechtigung der von Jaboulay bei Basedow-
scher Krankheit vorgeschlagenen Sympatlhicusdurchtrennung.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
21) Simmonds. Die Formveränderungen der Luftröhre.
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.)
Die Formveränderungen der Luftröhre, so fern sie nicht durch
Geschwülste von außen her bedingt sind, waren bisher nur in sehr
spärlicher Weise Gegenstand der Untersuchung. Verf. führt die
wenigen oberflächlichen Angaben, welche sich in den anatomischen
Lehrbüchern finden, auf.
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 275
S., welcher Prosektor am alten allgemeinen Krankenhause ist,
hat sich an der Hand eines großen Materials mit der Frage beschäf-
tigt und ist zu sehr interessanten Resultaten gelangt. Er verfuhr
in der Weise, dass er die Luftröhre mit den Hauptbronchien mög-
lichst unversehrt der Leiche entnahm, die Bronchien mit Kork ver-
schloss, die Luftröhre am Kehldeckel aufhing und mittels eines
Trichters mit Gips ausgoss. Nach mehrstündigem Trocknen wurde
die Hinterwand aufgeschnitten. S. erhielt so sehr instruktive Aus-
güsse der Luftröhre, des Kehlkopfes und der Bronchien mit allen
kleinsten Abnormitäten. Die vorgefundenen Formveränderungen sind
Verbiegungen, Verengerungen und Erweiterungen, welche aber oft
untermischt vorkommen. — Die Skoliose der Trachea wird etwa bei
einem Viertel aller Erwachsenen angetroffen, häufiger bei Männern,
meist an der unteren Grenze des mittleren Drittels, fast ausschließ-
lich nach links. Gleichzeitig oder auch unabhängig davon hat Verf.
häufig bei Männern mit weiten, dickwandigen Gefäßen eine von
links vorn unten nach rechts oben hinten verlaufende seichte Furche
an der vorderen Luftröhrenwand konstatiren können, deren Ent-
stehung er auf den Druck durch die Arteria anonyma zurückführt,
welche die Luftröhre etwas unterhalb der Mitte kreuzt und ihr meist
eng anliegt. Dieselbe Ursache nimmt er für die Entstehung der
Skoliose nach links an, wohl nicht mit Unrecht. Einen weiteren
Druck erfährt die Luftröhre älterer Individuen mit sklerosirten Ge-
fäßen oft durch den Arcus aortae an der linken Seite.
Die Verengerungen der Luftröhre sind einmal bedingt durch
benachbart gelegene Gebilde, wie Aneurysmen, Geschwülste, Kröpfe;
ferner durch entzündliche Veränderungen und Geschwülste der
Schleimhaut. Eine dritte, bisher noch nicht hinreichend gewürdigte
Bedingung ist die Verknöcherung der knorpeligen Wandung, beson-
ders auch bei älteren Männern. Verf. hat bei diesen Untersuchungen
feststellen können, dass die Annahme, die Luftröhre älterer Per-
sonen sei erweitert, falsch ist; man trifft recht häufig enge, seitlich
abgeplattete und ausgesprochene Säbelscheidenformen an. In solchen
ausgesprochenen Fällen fand Verf. 8mal intensive chronische Bronchitis
und Emphysem der Lungen, welche Erkrankungen er in ursächlichen
Zusammenhang mit der Formveränderung der Luftröhre bringt. Stets
war diese Missbildung mit einer hochgradigen Verknöcherung der
Trachealknorpel verbunden; Verf. schlägt hierfür den Namen »senile
Säbelscheidentrachea« vor. Bedeutend seltener ist die Verengerung
in sagittaler Richtung, vorwiegend bei jugendlichen Individuen, mit
weichen, kalkfreien Trachealknorpeln. Ganz außerordentlich oft
wurden Verengerungen mäßigen Grades schon durch leichte Ver-
größerungen der Schilddrüse angetroffen, welche im Leben symptomlos
verlaufen waren.
Allgemeine Erweiterungen sind seltener; eine allgemeine hoch-
gradige Ektasie hat S. nur (mal gefunden, welche Mangels jeder
anderen erkennbaren Ursache wohl als angeborene Anomalie an-
*
276 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
zusehen ist. Partielle Ektasien sind dagegen recht häufig, fast
ausschließlich an der hinteren Wand und im mittleren Abschnitt,
selten im oberen, nie im unteren Drittel, vorwiegend auch bei älteren
Leuten, wo sich auch mikroskopisch eine Atrophie der hinteren
Trachealwand nachweisen ließ.
Der Arbeit sind zahlreiche Abbildungen von Luftröhrenausgüssen
und entsprechenden Querschnitten beigefügt. Gerade an letzteren
sieht man besonders schön die mannigfachen Abweichungen und die
zum Theil recht wunderlichen Formen der verschiedenen Luftröhren.
Die bei unserer bisherigen Sektionstechnik unmögliche Erkenntnis
dieser Abweichungen hat durch die einfache Methode des Verf. ent-
schieden in dankenswerther Weise und ungemein gewonnen.
Tschmarke (M:gdeburg).
22) J. B. Roberts. The surgical treatment of suppurative
pericarditis.
(Amer. journ. of med. sciences 1597. December.)
Verf. stellt eine interessante Kasuistik von 35 Fällen aus der
Litteratur zusammen, in denen die Perikardotomie gemacht wurde.
15mal trat Heilung ein. Er bespricht ferner den Modus der Opera-
tion und bildet seine eigene » chondroplastische Methode der Peri-
kardotomie « in einer Buntdrucktafel ab: Lappenbildung mit oberer
Basis; der hufeisenförmige Lappen enthält Theile der 4. und
5. Rippenknorpel und die daran hängenden Weichtheile; er wird
nach oben umgeklappt. Die Mammaria interna und der Vorderrand
der linken Lunge sammt der zugehörigen unverletzten Kostalpleura
werden nach außen gezogen.
Um die verschiedenen Vorschläge zur Punktion des Perikards
mit einander zu vergleichen, füllte R. einen Herzbeutel an der Leiche
mit Gipsbrei und führte an den entsprechenden Stellen Nadeln ein.
In einer Lichtdrucktafel bildet R. das Skiagramm eines mit 740 ccm
Gipsbrei gefüllten Herzbeutels und sein Lageverhältnis zur Brust-
wand ab. W. Sachs (Mülhausen i/E.!.
Kleinere Mittheilungen.
Zur Operation von Sehnen- und Muskelkontrakturen.
Von
Prof. Dr. Carl Bayer in Prag.
In einer kleinen Mittheilung: »Die plastische Tenotomie der Achillessehne bei
paralytischem Spitzfuß« (Prager med. Wochenschrift 1897 No. 45 u. 46) habe ich
auf Grund der günstigen Resultate dieser Operation, welche in ”j_förmiger Dis-
cision der Sehne besteht, zum Schluss die Bemerkung gemacht, dass wohl auch
Sehnenkontrakturen anderer Art und anderer Körperstellen einer ähnlichen Be-
handlung zugänglich sein dürften, und habe mir zugleich erlaubt, auf die Vortheile
dieses einfachen Verfahrens vor anderen komplieirteren Methoden aufmerksam zu
machen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 277
Seitdem hatte ich Gelegenheit, eben dieses Verfahren u. A. auch on einem Falle
von Dupuytren’scher Kontraktur und an einem Falle von muskulärem
Schiefhals zu erproben.
Der Fall Dupuytren’scher Kontraktur betraf den linken Ringfinger eines
Brauers, und zwar sowohl die Palmarfascie im Bereich der Beugesehne des ge-
nannten Fingers, als auch die Schne des Flexor sublimis selbst.
Längsschnitt, seitliche Ablösung der Haut bis zum Verschwinden der Falten;
quere Trennung der Fascie und Bloßlegung der Sehne; Bemessung der nöthigen
Länge der letzteren zur vollständigen Streckung; "j_förmige Discision, Streekung
des Fingers, Naht der mit ihren Querschnitten sich berührenden Sehnenhälften,
Hautnaht. Heilung mit Herstellung der Streckung und normalen Funktion des
Fingers.
In dem anderen Falle war der hochgradig kontrahirte rechte Kopfnicker eines
8 Wochen alten männlichen Kindes zu myotomiren. Der Beginn der Kontraktur
wurde von der Mutter gleich in den ersten Tagen nach der Geburt, die ohne
Schwierigkeiten verlaufen war, bemerkt. (Der Fall ist seiner interessanten
Schädelasymmetrie wegen von meinem Sekundärarzt, Herrn Dr. W. Bittner, in
der Sitzung des Vereins deutscher Ärzte in Prag am 22. Oktober v. J. vorgestellt
worden. Prager med. Wochenschrift 1897 No. 46.) Die Kontraktur war so hoch-
gradig, dass das rechte Ohr buchstäblich der gleichseitigen Clavicula auflag.
Ich beschloss die "_förmige Diseision, um einmal ausgiebig zu myotomiren
und zweitens die Kontinuität des Muskels dabei zu wahren. Sonst wäre in dem
Falle nichts übrig geblieben, als die von Mikulicz (dieses Centralblatt 1895 No. 1)
vorgeschlagene Exstirpation des ganzen Muskels vorzunehmen, wozu ich mich schon
mit Rücksicht auf die folgende Entstellung nicht entschließen konnte; auch war
das Kind wegen seiner Schwächlichkeit zu eingreifenden Operationen nicht ge-
eignet.
Längsschnitt auf die Mitte des Muskels; von der abwärts verschobenen Wunde
aus quere Durchtrennung der Clavieularportion, nachher Verschiebung aufwärts
und quere Durchschneidung der sternalen resp. vorderen Hälfte des Muskels auf
der Hohlsonde; longitudinale, zwischen beiden Portionen präparirend vertiefte In-
cision; Geraderichtung des Kopfes, welche überraschend leicht und vollständig
gelingt; Naht der Hautwunde.
(Als interessanter pathologisch-anatomischer Befund, den wir Gelegenheit
hatten während der Operation zu konstatiren, wäre die schon bekannte »fibröse«
Beschaffenheit des Kopfnickers, der auch in unserem Falle ganz das Aussehen
eines »ischämisch gelähmten Muskels« [Mikulicz] darbot, und eine auffällige
Enge der rechten Carotis communis und Vena jugularis zu erwähnen.)
Das Resultat war unvergleichlich besser, als wir es sonst nach den üblichen
Myotomien des Sternocleidomastoideus zu sehen gewohnt waren, und blieb es auch
nach Abnahme des Verbandes. Leider starb das schwächliche Kind später zu
Hause an Darmkatarrh; ein Dauerresultat liegt also nicht vor. Die Einfachheit
des Eingriffe jedoch, der rasche, orthopädisch vollständige und auch kosmetisch
befriedigende Erfolg ermuthigt mich, das Verfahren den Herren Kollegen zur Nach-
prüfung zu empfehlen.
Prag, 10. Februar 1898.
(Aus dem Rekonvalescentenhause in Hannover.)
Luxation des Sesambeins des Zeigefingers.
Von
Dr. H. Steudel, Assistenzarzt.
Der 23 Jahre alte Arbeiter W. R. fiel am 7. November 1897 Abends in einen
etwa 4 m tiefen Keller auf die vorgestreckte linke Hand. Die Finger will er
während des Falles geschlossen gehalten haben bis auf den Zeigefinger, der ge-
streckt gewesen sein soll. Am nächsten Tage wurde nach der Erzählung des Pat.
278 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
der volarwärts luxirte Zeigefinger eingerenkt, dann wurden einige Tage kühlende
Umschläge gemacht und darauf ein Gipsverband angelegt. Nachdem derselbe
während 6 Wochen verschiedene Male gewechselt worden war, wurde daran eine
5wöchentliche Massagekur angeschlossen, da die Beweglichkeit des Fingers sich
nicht wieder herstellen wollte. Am 5. Februar 1898 Aufnahme in hiesige Anstalt.
Aufnahmebefund: Der Pat. kann den linken Zeigefinger nur etwa 20—30° im
Metacarpophalangealgelenk beugen, auch passiv bekommt man den Finger nicht
weiter. Die übrigen Fingergelenke normal beweglich, eben so das Handgelenk.
Es findet sich eine Verdickung in der Gegend des Metacarpophalangealgelenks
des linken Zeigefingers auf der volaren Seite, der Daumenseite des Köpfchens des
II. Metacarpus entsprechend. Auf der dorsalen Seite fühlt man ein ziemlich
starkes Klaffen des Gelenks. In seitlicher Richtung ist der Zeigefinger in
größeren Exkursionen, wie man gewöhnlich bei Arbeitern findet, beweglich. Am
Metacarpus selbst und an den Phalangen etwas Abnormes nicht zu fühlen. Die
Diagnose wurde zunächst auf Bruch des Capitulum des II. Metacarpus gestellt.
Eine einige Tage später vorgenommene Röntgenaufnahme zeigte untenstehendes
Bild: Von der volaren Seite des Köpfchens des II. Metacarpus ist allerdings ein
Stück ab- oder eigentlich eingebrochen; in der Mitte des Metacarpophalangeal-
gelenks liegt aber das luxirte Sesambein des Zeigefingers, daneben noch ein kleines
Stückchen abgesprengten Knochens. Bis zu einem gewissen Grade wurde also die
palpatorische Diagnose bestätigt, so weit es sich um das gebrochene Köpfchen des
II. Metacarpus handelte. Das Klaffen des Gelenks lag aber nicht an einer Dis-
tion des gebrochenen Stücks, sondern an der Luxation des an und für sich
schon seltenen Sesambeins des Zeigefingers. Der Pat. hat auch auf der gesunden
rechten Seite ein solches Sesambein, das man im Röntgenbilde deutlich auf der
radialen Seite des Capitulum des rechten II. Metacarpus erkennt. Ohne Röntgen-
aufnahme wäre man wohl schwerlich auf die rechte Diagnose gekommen; selbst
der Gedanke an einen freien Fremdkörper im Gelenk würde nicht zu den nächst-
liegenden gehört haben. Den Mechanismus der Entstehung der Fraktur kann man
sich vielleicht so vorstellen, dass die dorsale Kante der volarwärts luxirten Grund-
phalange des Zeigefingers das Capitulum des Metacarpus wie ein Keil aus einander
getrieben hat. Prognostisch ist die Aussicht auf Wiederherstellung der vollen
Funktionsfähigkeit des Gelenks auch nach Entfernung des Sesambeins und des
anderen abgesprengten Knochenstückchens nicht besonders gut, da das gespaltene
Capitulum wohl nicht wieder eine ganz glatte Gelenkfläche bilden wird. Am ersten
Gliede des rechten Mittelingers ist übrigens in Folge einer Verletzung der Mittel-
phalange im Jahre 1896 mit nachfolgender Knochenhautentzündung eine Ankylose
im ersten Gelenk eingetreten, die das Bild auch sehr hübsch ad oculos demonstrirt.
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 279
23) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
91. Sitzung am Montag, 13. December 1897
im städtischen Krankenhaus am Urban.
Vorsitzender: Herr Körte.
Herr Brentano: Zur chirurgischen Behandlung der Perikarditis.
Chirurgische Behandlung erfordert in erster Linie die eitrige Form der
Perikarditis, nächstdem die Fälle mit serösem, serofibrinösem und san-
guinolentem Ergusse, bei denen das Exsudat durch seinen Umfang das Leben
bedroht. Die Diagnose der Krankheit ist an und für sich schwierig, die Be-
schaffenheit des Exsudats im einzelnen Falle kann oft nur durch eine Probe-
punktion festgestellt werden, die der Vortr. für berechtigt hält. Abgesehen von
der Schwierigkeit der Diagnose verzögert der Umstand eine frühzeitige chirur-
gische Behandlung, dass sich selbst große Ergüsse spontan resorbiren können.
Vortr. kommt dann auf die Vorzüge und Nachtheile der zur Entleerung des Ex-
sudats gebräuchlichen Operationsmethoden zu sprechen, und zwar
1) Der Punktion. Sie wird mit einem einfachen Trokar oder einem der
üblichen Aspirationsapparate vorgenommen.
Vortheile: einfache Technik, die keine besonderen chirurgischen Fertig-
keiten voraussetzt.
Nachtheile: Die Wahl der Stelle, wo der Trokar eingestoßen werden soll,
macht meist große Schwierigkeiten. Eine allgemein gültige Regel, wo man punk-
tiren soll, lässt sich nicht aufstellen, die Punktionsstelle ist daher nach den Be-
sonderheiten des vorliegenden Falles zu wählen.
2) Die Gefahr der Nebenverletzungen ist viel größer als gemeinhin an-
genommen wird. Besonders gefährdet ist das Herz und die Pleura.
Das Herz kann bei der Punktion verletzt werden in Folge einer falschen
Diagnose (Verwechslung mit Herzerweiterung) und seiner Lagerung im Exsudat.
Es bleibt nämlich auch im Exsudat der vorderen Brustwand anliegen, so fern es
nicht durch Verwachsungen anderswo fixirt ist. (Eigene Erfahrungen am Lebenden.)
Die Pleura reicht nach anatomischen Untersuchungen des Vortr. in mehr wie
2/3 aller Fälle mit ihrer Umschlagsfalte auch in der Höhe der 5. und 6. Rippe noch
hinter das Sternum und kann desshalb bei der Punktion gar nicht geschont werden.
Die Vorstellung, dass die Umschlagsfalte zur Seite rücke, in dem Maße als der
Perikardialsack gedehnt wird, ist falsch.
(Leichenversuche: Anfüllung des Herzbeutels von oben her nach Resektion
des Manubrium sterni.)
3) Eine vollständige Entleerung des Herzbeutels gelingt so gut wie nie
durch die Punktion. Unter 80 Fällen der West'schen Statistik musste dieselbe
23mal wiederholt werden.
4) Die Gefahr der Infektion des Herzbeutels.
Der Incision durch einen Interkostalraum haften nicht minder große
Nachtheile an; nämlich:
1) Die Gefahr der Pleuraverletzung.
2) Die Gefahr der Verletzung der Vasa mammaria, deren Größe nicht
unterschätzt werden darf.
3) Die Übersicht in der Tiefe ist ungemein erschwert, da sich die Rippen nicht
aus einander ziehen lassen, weil man in der Nähe ihres Ansatzes am Sternum
operiren muss. Außerdem sind die bei der Incision in Frage kommenden Inter-
kostalräume besonders eng.
Vortr. empfiehlt daher für alle Fälle, in denen die Entleerung eines Ergusses
aus dem Herzbeutel in Frage kommt, die Incision nach vorausgeschickter
Rippenresektion.
Operationsverfahren: Resektion des 5. linken Rippenknorpels ohne Schonung
des Perichondriums, dessen Lösung meist nur in stark zerfetztem Zustande mög-
lich ist. Unterbindung der Vasa mammaria, stumpfe Durchtrennung der Fasern
des Musculus triangularis sterni. Beiseiteschieben der in eine mehr oder weniger
280 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
ausgebildete Fettlage eingeschlossenen Pleurafalte. Eröffnung des Perikards ent-
weder stumpf mit der Hohlsonde oder scharf nach Aufhebung einer Falte. Aus-
spülungen nur bei eitrigem Exsudat. Dagegen in jedem Falle thunlichste Ent-
fernung aller Gerinnsel und Fibrinniederschläge.
Drainage mittels Jodoformgaze.
Vortr. hält die Radikaloperation nicht nur für weniger gefährlich wie die
beiden anderen Operationsverfahren, sondern er glaubt auch, dass die nach Hei-
lung der Wunde zu Stande kommenden Verwachsungen innerhalb des Herzbeutels
weniger intensiv sind, als wenn sich das Exsudat spontan resorbirt.
Er stellt einen von ihm so operirten Fall von sanguinolentem Exsudat vor,
das sich im Anschluss an eine Endocarditis rheumatica gebildet hatte. Es be-
trifft ein 9jähriges Mädchen, das sich nunmehr über 1 Jahr des besten Wohl-
befindens erfreut.
Weiter berichtet er über 2 mittels Rippenresektion (von Körte) operirte Fälle
von eitriger Perikarditis, Kinder im Alter von 7 Jahren betreffend, bei denen
sich die Herzbeutelentzündung im Anschluss an eine schwere Osteomyelitis
entwickelt hatte. Beide Fälle endeten letal. Sektion: Pyämie, multiple Abscesse
in der Herzmuskulatur.
Noch 2 andere Kranke mit sanguinolentem Exsudat, bei denen die beschrie-
bene Radikaloperation gemacht worden war (Körte), männliche Individuen im
Alter von 15 resp. 31 Jahren, starben gleichfalls, ohne dass aber der Operation an
dem unglücklichen Ausgang eine Schuld beizumessen war. Beide fielen einer
schon lange bestehenden Endokarditis zum Opfer, in deren Verlaufe es zu einer
serofibrinösen, sanguinolenten Perikarditis gekommen war. Da sich hier bei der
Operation schon starke Auflagerungen auf beiden Perikardialblättern und partielle
Verwachsungen feststellen ließen, so wäre das Herz ganz außerordentlich gefährdet
gewesen, wenn die Punktion gemacht worden wäre.
Die letzten beiden Fälle geben dem Vortr. Veranlassung, ausdrücklich zu
warnen vor der Operation solcher Kranken, bei denen schon wiederholte Anfälle
von Perikarditis vorausgegangen oder aus der Anamnese zu vermuthen sind. Viel-
mehr will Vortr. die Radikaloperation für die eitrige Perikarditis und solche Fälle
von serösem etc. Ergusse reservirt wissen, bei denen die Perikarditis akut auf-
getreten ist und rasch zur Bildung eines lebensbedrohenden Exsudats geführt hat.
In der Diskussion bemerkt
Herr Stadelmann, dass sich die Behandlung der Perikarditis anscheinend
zu einem »Grenzgebiet« auswachsen wolle. Als Bedingung zu operativen Eingriflen
hätte seither gegolten, dass die Perikarditis eine eitrige sei; dies zu diagnostieiren
sei aber unmöglich. Auch bei vorsichtigster Punktion gelange man ins Herz
hinein; die Annahme, dass das Herz bei Perikarditis (in Rückenlage) zurücksinke,
sei eine irrige. — Unmöglich sei es ferner, den genauen Zeitpunkt festzustellen,
bei dem ein operativer Eingriff vorzunehmen sei — die schwersten Perikarditiden
mit grossen Ergüssen werden resorbirt unter Genesung der Pat.
Dann lässt sich nicht feststellen, ob alte Verwachsungen vorhanden sind oder
nicht.
Herr Körte hat 2mal wegen eitriger Perikarditis (bei gleichzeitiger Osteo-
myelitis) das Pericardium geöffnet, nachdem er durch Punktion die Beschaffenheit
des Exsudats festgestellt, und wünscht die chirurgische Behandlung auch nur auf
diese Fälle beschränkt zu sehen. Wichtig erscheint ihm die Frage, ob das Herz
gesund ist oder nicht?, mit anderen Worten: Herzvergrößerung oder Er-
guss? Die Entscheidung darüber ist aber in sehr vielen Fällen unmöglich, die
Ergüsse häufig nicht so groß, als man angenommen.
Bei dieken Thoraxwandungen ist lokale Anästhesie nicht am Platze: es sind
viele Schichten zu durchtrennen; andererseits verwischt sich bei Durchtränkung
mit der Injektionsflüssigkeit das anatomische Bild. Die Operation muss unter
sorgfältigster schichtenweiser Trennung vorgenommen werden. Das Perikard ist
oft sehr verdickt, das Herz liegt demselben unmittelbar an.
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 281
Herr Körte: Ein Fall von Exstirpation des persistirenden Ductus
omphalo-mesentericus.
Der Dottergang obliterirt bekanntlich in den späteren Fötalmonaten, und bei
der Geburt finden sich nur noch Reste als solide Stränge in der Nabelschnur;
schließt er sich nicht, so entstehen Hemmungsbildungen von 3 Graden, die als
Diverticulum Meckelii, Nabelteratome oder als offene Kommunikationen zwischen
Ileum und Nabel nach Abfall des Nabels sich zeigen. Die Gefahren der letzteren
Erscheinung liegen in einem Darmprolaps, der sich beim Schreien und Pressen
des Kindes vergrößert und zu völligem Darmverschluss führt in Fällen, wo
der Darm völlig in die Öffnung hineingezogen ist.
Es ist rathsam, alle diese Fälle zu operiren, bevor Prolaps eingetreten ist.
Früher hat man die Fisteln geätzt oder gebrannt; man erzielte dadurch nur einen
oberflächlichen Verschluss. Auch Abbindungen sind zu verwerfen, weil dadurch
eine dauernde Fixation des Darmes an der Bauchwand erhalten wird. Das Ra-
tionellste bleibt die Excision (Barth).
Das von K. operirte 1ömonatliche Kind hatte an häufigen Darmkatarrhen ge-
litten und hatte einen fingerlangen Prolaps von der Gestalt eines Penis.
Operation: Umschneidung des Nabels auf der linken Seite, — der Ansatz des
Dotterganges war hart am Mesenterialrande des Darmes; Abbindung des Ductus,
Übernähung, Exeision des Tumors, Etagennaht der Bauchwunde. Demonstration
des Präparats.
Diskussion: Herr Karewski hat 3 Fälle dieser Art beobachtet. Der erste
imponirte als Nabelfistel, der zweite (Operation verweigert) ging mit Darmprolaps
und Ileus einher, der dritte, welcher als »Nabelfortsatz« von einem Arzte abge-
bunden worden war, zeigte Kothabgang und später einen kolossalen Darmprolaps
mit Intussusception. Tod trotz Darmresektion.
Herr Lindner operirte einen derartigen Fall (3jähriger Knabe), bei dem sich
starke Sekretion aus einer Nabelästel mit Verdauung der umgebenden Haut eta-
blirt hatte. Bei der Laparotomie fand sich hinter dem Nabel — ohne Kommuni-
kation mit irgend einem Darmstück, nur ein feiner Strang ging nach der Leber
— ein Tumor von Walnussgröße, den er exceidirte. Derselbe war mit Schleimhaut
ausgekleidet, die der Magenschleimhaut ganz ähnlich war und auch als solche
sich dokumentirte.
Auch Herr Tillmanns konnte an einem von ihm operirten Teratom Pylorus-
schleimhaut und Magensekret nachweisen — ohne dass der Tumor irgend wie mit
Darm oder Magen in Kommunikation stand.
Herr Körte: Vorstellung von Kranken mit Magen- und Darm-
operationen.
I. Bei einer 37jährigen Frau, die an Magenbeschwerden litt, eine Resistenz
in der Magengegend hatte, die von ihm als Ulcus der vorderen Magenwand ge-
deutet wurde, fand K. bei der Operation die vordere Magenwand verdickt. Er
nahm eine Querresektion des Magens vor — das herausgenommene Stück zeigte
ein Adenocareinom. Die Frau hat seither 20 Pfund zugenommen.
Diskussion: Herr Lindner plaidirt ebenfalls für ausgedehnte Resektion
— da es in sehr vielen Fällen, bei ausgedehnten Geschwürsflächen ohne mikro-
skopische Untersuchung sehr schwierig sei, zu entscheiden, ob man ein Ulcus oder
ein Carcinom vor sich habe.
II. Eine andere Pat. litt seit 3/4 Jahr an Verstopfung, Abmagerung, blutigem
Stuhl, dagu einer höckerigen Geschwulst am linken Leberlappen, die anscheinend
mit der Leber nicht zusammenhing und den Verdacht auf einen Tumor des Colons
nahe legte. Bei der Operation fanden sich nach Durchtrennung zahlreicher Ver-
wachsungen auf dem linken Leberlappen mehrere Tumoren, die man für Car-
einome halten musste. Schluss der Bauchwunde. Heilung.
Nach 5/4 Jahre hatte sich eine erhebliche Gastrektasie entwickelt; eine er-
neute Operation stellte seltsamerweise das Verschwundensein der Lebergeschwülste
— es waren also wohl Gummata — fest. Am Pylorus dagegen fand sich eine
282 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
deutliche Härte, die den Eindruck eines Carcinoms machte. Resektion des Pylorus
nach Billroth mit nachfolgender Gastroenterostomie — guter Erfolg. Die aus-
geschnittene Verdickung wies mikroskopisch nur Narbengewebe auf.
III. Bei einem 36jährigen Manne musste K. vor (is Jahre wegen starker
Verwachsungen eines am Pylorus ansitzenden Tumors auf die Resektion verzichten
und sich auf die Gastroenterostomie beschränken. Ebenfalls guter Erfolg. Ge-
wiehtszunahme: 14 Pfund.
Trotz der Vergrößerung des Magens hält derselbe doch Wasser und Luft
zurück, es hat sich also ein gut funktionirender Sphinkter herausgebildet. Ein
Tumor ist nicht mehr zu fühlen. Es hat sich also um ein Ulcus und Perigastritis
gehandelt.
In der Diskussion fügt
Herr Stadelmann diesen Ausführungen hinzu, dass der betreffende Pat. von
seiner Abtheilung stamme und wegen fortdauernden Erbrechens und kolossaler Ab-
magerung transferirt worden sei. Die Magenausspülung, bei welcher 3 Liter ent-
leert wurden, habe kaffeesatzähnliche Massen mit Häminkrystallen (also Blutbestand-
theilen) ergeben.
IV. Bei einem 4. Pat. (63 Jahr alt) mit Carcinom der Flexura coli hat
K. wegen chronischen Darmverschlusses zunächst die Kolostomie, danach auf
Drängen des Pat. die Entfernung der Geschwulst mit gutem Erfolg vorgenommen.
Das exstirpirte Stück zeigte geschwürigen Zerfall und eine Striktur von Bleistift-
dicke (Adenocareinom).
V. Ein anderer vorgestellter Pat. (20jähriger Mann) wurde von K. wegen
Achsendrehung der Flexura coli und Ileus operirt. Die Flexur war um
360° von rechts nach links torquirt, der Darm kolossal aufgebläht. Da er sich
nicht reponiren ließ, machte K. die Enterotomie, wonach die Darmschlinge kolla-
birte. Naht der Darmwunde. Um eine Wiederholung der Erkrankung zu ver-
hüten, nähte K. das Colon an die Bauchwand an.
Zum Schluss berichtet er über einen Fall von ulceröser Proktitis, bei
der er genöthigt war, einen Anus praeternaturalis anzulegen. Er wendet dabei
die Methode von Frank an (Zipfelbildung und Muskelsphinkter) und nimmt einen
völligen Verschluss des distalen Endes vor. Die Pat. hat einen gut verschließ-
baren Colonafter. Beschwerden geschwunden. Zunahme der Ernährung.
‚Herr Herzfeld: 2 Fälle von Gastrostomie wegen Fremdkörper
in Ösophagusstenosen.
Ein 19jähriger Arbeiter hatte als Kind von 3 oder 4 Jahren eine ätzende
Flüssigkeit getrunken, seitdem aber nur selten bei eiligem Essen Schluck-
beschwerden gehabt. Eines Tages konnte er plötzlich beim hastigeren Verzehren
von Hammelfleisch nicht weiter essen und hatte das Gefühl, als habe er einen
Knochen verschluckt. Mit dieser Angabe kam er ins Urban-Krankenhaus, am
8. Tage danach, nachdem er sich in der Zwischenzeit ausschließlich mit Flüssig-
keit hatte nähren können. Bei der Sondenuntersuchung wurde 32 em hinter der
Zahnreihe ein harter Fremdkörper — der verschluckte Knochen — gefühlt, ohne
dass es gelang, daneben mit dem Instrument vorbeizukommen. In Anbetracht des
tiefen Sitzes konnte an eine Entfernung des Fremdkörpers nur durch den Magen
hindurch gedacht werden. Es wurde daher von Körte die Gastrostomie ge-
macht, mit vieler Mühe die Cardia abgetastet und eine durch den Mund einge-
führte Haarbougie sum Magen herausgeleitet, mit einem mit 2 Seidenfäden ar-
mirten dünnen Stück Drainrohr versehen — Methode nach Hacker — und
wieder zum Munde heraus zurückgezogen, so dass der Drain in die verengte
Stelle zu liegen kam. Ursprünglich in ausgezogenem Zustande eingeführt, sollte
er durch seine eigene Elasticität sich verkürzen, dabei an Umfang zunehmen und
eine allmähliche Dilatation der Stenose bewirken. Beim Einlegen des Drains
wurde zum Munde heraus ein Fremdkörper geschleudert, der sich aber nicht als
ein Knochen, sondern als eine kleine Schraubenmutter erwies. An dem einen
zum Magen herausgeleiteten Faden wurden in Zwischenräumen von mehreren
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 283
Tagen immer dickere Drains angeknüpft, die einfach so weit nachgezogen wurden,
bis sie an die Stelle der Striktur zu liegen kamen (Sonde ohne Ende). Als die
Verengerung ganz beseitigt war, wurde die Magenfistel zum Verschluss gebracht,
was ohne Nachoperation gelang. Pat. ist seitdem, bald 2 Jahre, völlig frei von
Beschwerden und kann Alles schlucken.
Ein zweiter Pat. (22jähriger Schlosser) leidet seit etwa 14 Jahren an jährlich
wiederkehrenden Schluckbeschwerden, die einige Tage anhalten und dann jede
Nahrungsaufnahme unmöglich machen. Irgend eine ätzende Flüssigkeit hat er
früher nie getrunken. Ende März 1897 konnte er wieder plötslich beim Wurst-
essen nicht mehr weiter schlucken und ist seitdem nicht im Stande, auch nur
Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Nach 8 Tagen wurde er ins Krankenhaus aufge-
nommen, und hier wurde 39 cm hinter den Schneidezähnen ein Hindernis fest-
gestellt, das für alle eingeführten Sonden unpassirbar war; jeder Versuch der
Nahrungsaufnahme misslang; eine kleine Apomorphindose, die Brechreiz auslösen
und zur Herausbeförderung des Fremdkörpers dienen sollte, hatte nur den Erfolg,
dass Pat. schwer kollabirte. Als er sich dann erholt hatte, wurde, damals bei
einem sehr elenden Zustande des Kranken, von Körte die Gastrostomie ge-
macht und die Erweiterung der Stenose in derselben Weise unternommen wie in
dem anderen Falle. Am Abend des Operationstages erbrach Pat. plötzlich und
förderte dabei einen etwa 6 cm langen Zipfel einer sogenannten Knoblauchswurst
heraus, der in fauliger Zersetzung begriffen war.
Danach war die Passage sofort durchgängig, und es trat ohne Zwischenfälle
sowohl vollkommenes Schluckvermögen, wie Heilung der Magenfistel ein. Pat. ist
seitdem ohne alle Beschwerden.
Es muss sich hier um ein Divertikel gehandelt haben, in welches der Wurst-
zipfel hineingerathen war; dadurch hatte er es ausgedehnt, und auf diese Weise
war das Lumen des Ösophagus verlegt worden. E
Da keine Geschwulst nachweisbar ist, weder im Osophagus noch in seiner Um-
gebung, die Anamnese absolut nichts erbringt, was zur Annahme eines Traumas
berechtigte, erscheint die Annahme eines Divertikels gerechtfertigt.
Danach stellt H. einen 22jährigen Schlosser vor, der im August 1895 mit den
Erscheinungen von fötider Bronchitis, die seit 5 Wochen bestand und sich im An-
schluss an ein Trauma entwickelt hatte, in die innere Abtheilung des Urban-
krankenhauses aufgenommen wurde. Hier koncentrirten sich die Anfangs diffusen
bronchitischen Erscheinungen zu einer Infiltration in der rechten Spitze, und da
das Sputum unverändert fötid und dreischichtig blieb, niemals Tuberkelbacillen
enthielt, wurde hier eine bronchiektatische Kaverne vermuthet.
Es wurde demgemäß von Körte nach Resektion der 2. und Auskneifen eines
Stückes der 1. Rippe und Vernähung der beiden Pleurablätter mit dem Thermo-
kauter ohne nennenswerthe Blutung eine Incision in die Lunge gemacht (Januar
1896). Dabei wurde jedoch nur eine kleine Kaverne eröffnet. Der Zustand änderte
sich zunächst wenig, und in der Annahme, dass noch weitere Höhlen in der Um-
gebung wären, wurde die Ignipunktur nach 8 Tagen wiederholt. Zunächst ver-
schlechterte sich das Befinden des Pat., er bekam häufige dyspnoische Anfälle; die
Wunde kommunicirte mit einem größeren Bronchus, und das Sputum änderte sich
` nicht. Im März trat eine Besserung ein, die Wunde verschloss sich, und das
Sputum nahm ab.
Doch schon im April brach unter gleichzeitiger Verschlechterung des Allgemein-
befindens und Wiederkehr kopiösen, fötiden Auswurfs die Fistel wieder auf. Das
hielt einige Monate an, wurde im Mai und Juli durch das Auftreten bedrohlicher
Hämoptysen noch verschlechtert; doch allmählich, vom August an, trat Besserung
und schließlich Heilung ein, so dass Pat. Ende September 1896 entlassen werden
konnte.
Der Allgemeinzustand hat sich jetzt sehr gehoben, die Fistel ist verschlossen,
und Sputum besteht gar nicht. Über der rechten Lungenspitze ist eine Induration
durch Schrumpfung eingetreten; doch ist die früher vorhandene Dämpfung jetzt
nicht mehr nachweisbar, wahrscheinlich in Folge kompensatorischen Emphysems,
284 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
Pat. ist seit seiner Entlassung dauernd arbeitsfähig. Aller Wahrscheinlichkeit
nach hat es sich in dem Falle um multiple, bronchiektatische Kavernen gehandelt,
die durch reaktive Entzündung des umgebenden Gewebes, angeregt durch den
traumatischen Reiz des T'hermokauters, sum Schrumpfen gebracht sind.
In der Diskussion erwähnt
Herr Körte, dass die Hacker’sche Methode — in 4 Fällen von ihm an-
gewendet — nicht in allen Fällen günstige Erfolge ergeben habe: in 1 Falle
stellte sich die Striktur wieder ein (der Knabe starb), in einem anderen trat wäh-
rend der Behandlung der Tod ein, und es fanden sich Geschwüre im Ösophagus.
Herr Lindner erwähnt, dass er bei Gastrostomien der Frank’schen Methode
den Vorzug vor der Fenger’schen gäbe — wenn auch bei längerem Bestehen-
bleiben der Magenwunde in Folge des Ausfließens von Magensaft die günstige
Wirkung bald nachlasse.
Darauf erwiedert Herr Körte,dasser bei Gastrostomie wegen inoperabler Striktur
(Careinom) die Bildung eines Muskelsphinkters mittels stumpfer Durchtrennung
der Rectusfasern und Bildung einer Schrägfistel nach Witzel oder Marwedel
bevorzuge. Bei der Anlegung einer Magenöffnung zum Zwecke der Behandlung
von Narbenstrikturen des Ösophagus durchtrennt er den Rectus ebenfalls stumpf
in der Längsrichtung und näht den Magen möglichst nahe der Cardia ohne Falten-
bildung ein, bildet eine einfache Magenfistel, in die ein starker Drain eingelegt
wird. Sarfert (Berlin).
24) V. Subbotic. Deckung eines Knochendefektes durch entfernte
Periosttransplantation.
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1897. No. 9. [Serbisch.})
Vor 1 Jahre operirte S. einem 2?/jährigen Kinde eine nussgroße Encephalo-
cele an der Nasenwurzel. Die Knochenöffinung, so groß, dass der kleine Finger
leicht eindringen konnte, wurde in der Weise gedeckt, dass ein Periostlappen von
der Tibia des Kindes auf den Defekt aufgepflanzt wurde. Das Kind ist voll-
kommen geheilt, der Periostlappen hat Knochen produeirt und die Öffnung ver-
schlossen. v. Cačković (Agram).
25) Cohn. Symptomatisches und Forensisches über einen Fall von
Stirnhirntumor.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 1.)
Verf. bespricht eingehend die Krankengeschichte eines 49jährigen Mannes, bei
dem nach einem Falle aufs Gesicht sich rasch nach einander eine linksseitige
Hemiplegie mit starken Spasmen, doppelseitige Neuritis optica und Gehörsstörung,
Kopfschmerz, Schwindel, große Unsicherheit beim Gehen und Stehen entwickelten;
später Urininkontinenz, zunehmende Benommenheit, Singultus, Schluckstörungen,
gelegentliches Erbrechen; nach mehrtägiger Temperatursteigerung Tod. Bei der
Sektion fand sich ein hühnereigroßes Fibrom im vordersten Drittel zwischen
rechter und linker Großhirnhemisphäre. Die mediale Hälfte der rechten Großhirn-
hemisphäre war stark zusammengepresst, die Windungen abgeplattet. Den Aus-
gangspunkt der Geschwulst bildete der piale Überzug des rechten Gyrus frontalis
superior.
Verf. führt verschiedene differentialdiagnostische Merkmale zwischen Stirnhirn-
und Balkengeschwülsten auf und berührt zum Schluss die Frage, in welchem Zu-
sammenhang die Geschwulst mit dem vorhergegangenen Unfall steht. Da die
Symptome sich so rasch nach dem Unfall entwickelt haben, ist ein Einfluss des-
selben auf das Wachsthum der vorher vielleicht latenten Geschwulst wohl n ch
ganz von der Hand zu weisen. Steudel (Hannover).
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 285
26) Grunert. Anatomische und klinische Beiträge zur Lehre von den
intrakraniellen Komplikationen der Otitis. (Aus der kgl. Universitäts-
Ohrenklinik zu Halle.)
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 49 u. 50.)
G. bespricht zunächst kurz die Möglichkeiten des Zustandekommens tiefer
otogener Extraduralabscesse und erwähnt hierbei eines in der Schwartze’schen
Klinik beobachteten Falles, wo der Eiter auf dem Wege eines feinen Fistelkanals
zwischen Paukenhöhle und Canalis caroticus in den letzteren und von hier aus zur
Pyramidenspitze gelangt war. In einem anderen Falle, in dem die Entstehungs-
weise unsicher blieb, bestand eine sich bis in die Pyramide erstreckende Ostitis,
die sich latent von einer scheinbar harmlosen Otitis und Mastoiditis aus entwickelt
hatte, während in einem weiteren, nach der Operation günstig verlaufenen der
an der vorderen Fläche der Pyramidenspitze gelegene Abscess durch eine Fistel
mit einer Labyrintheiterung in Verbindung stand, ohne dass klinische Erschei-
nungen für die schwere intrakranielle Komplikation sprachen. Auch G.’s Beob-
achtungen erweisen von Neuem die Schwierigkeit der Diagnose tiefer Extradural-
abscesse. Im Weiteren erörtert Verf. an der Hand dreier günstig und 1 tödlich
verlaufenen Falles von otogener Sinusphlebitis die bei denselben angewandte Be-
handlung, um die Unterbindung der V. jugularis int. als Voroperation zur Ver-
hütung der Verschleppung von Thromben in die Blutbahn, ev. auch die Luft-
aspiration bei der nachfolgenden breiten Eröffnung und Tamponade des Sinus
sigmoideus nach unten bis in den Bulbus, nach oben bis über die Einmündungs-
stelle des Sinus petros. sup., zu empfehlen. Freilich kann diese Therapie nur
dann, wenn die tieferen Sinus, besonders die Sinus petrosi, noch frei von Thrombose
sind, und wenn frühzeitig operirt wurde, von Erfolg sein; die pyämischen Folgen
der Sinusthrombose können nur bei noch günstigem Kräftezustand des Pat. über-
wunden werden. — Für die Diagnose intrakranieller Komplikationen der Otitis
hat sich, wie schon Leutert hervorgehoben (s. ds. Blatt 1897 p. 675), in der
Schwartze’schen Klinik die Lumbalpunktion bewährt, theils dass der negative
Ausfall derselben das Vorhandensein einer diffusen eitrigen Leptomeningitis aus-
schloss, theils dass das positive Ergebnis das Bestehen einer solchen sicherte, im
ersteren Falle eine operative Behandlung gerechtfertigt, in letzterem zwecklos
wurde. Indess sind in der genannten Klinik 2 Todesfälle nach der Punktion
beobachtet worden, wenn auch nicht sicher festgestellt werden konnte, ob letztere
daran Schuld war.
Die Arbeit ist wegen ihrer ausgezeichneten epikritischen Besprechung des
ihr zu Grunde gelegten Materials besonderen Studiums werth.
Kramer (Glogau).
27) E. J. Moure. Sur trois cas de complications intracraniennes
d’origine otique.
(Revue de laryngol. 1897. No. 43.)
Der 1. Fall betraf einen 5jährigen Knaben, welcher an Mittelohreiterung litt.
Nach Entfernung adenoider Wucherungen hörte die Eiterung auf, trat aber drei
Monate später während einer Masernerkrankung wieder ein. 8 Monate nach den
Masern meningitische Erscheinungen und Periostitis mastoidea. Nach Eröffnung
des Warzenfortsatzes fand sich ein großer extraduraler Abscess, nach dessen Ent-
leerung Heilung eintrat. — Im 2. Falle wurde die Operation an einer Wöchnerin
vorgenommen; auch hier fand sich ein extraduraler Abscess, die krankhaft ver-
färbte Dura wurde punktirt, es entleerte sich aber kein Eiter. Die Kranke starb,
und bei der Sektion ergab sich ein großer Hirnabscess, welchen die Punktion
wegen starker Verdickung der Hirnhäute nicht erreicht hatte. — Auch der 3. Fall,
bei einem 2'/jährigen Kinde, endete tödlich trotz Operation, in Folge eitriger
Binusthrombose. Teichmann (Berlin).
286 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
28) C. H. Burnett. Otitic epidural abscess in the middle cranial
fossa associated with abscess of the temporal lobe of the brain.
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. November.)
Im Anschluss an chronische Otorrhoe traten ziemlich plötzlich Hirnerschei-
nungen auf, bestehend in Kopfschmerz, Bewusstseinstrūbungen, Paraphasie. Zuerst
wurde das Antrum mastoideum, der Aditus und das Mittelohr freigelegt; es fanden
sich nur spärliche Granulationen, keine Verbindung am Tegmen tympani mit der
Schädelhöhle. Die Trepanation, 1 Zoll hoch über dem Meatus audit. ext., zeigte
die Dura pulsirend, an dem vorderen Umfang der Trepanationsöffnung etwas ge-
röthet. Eine an dieser Stelle zwischen Dura und Knochen gegen das Tegmen
tympani eingeführte Hohlsonde ließ einige Kubikcentimeter Eiter hervorquellen.
Drainage. Verband. In den nächsten Tagen nahmen trotzdem die Hirnerschei-
nungen zu; eine weitere Aufmeißelung und Herstellung einer Kommunikation
zwischen Abscesshöhle und Mittelohr durch das Tegmen tympani brachten auch
keine Besserung. Nach weiterer Spaltung der Dura und Punktion des Schläfe-
lappens entdeckte man erst den Hirnabscess. Trotz ausgiebiger Drainage erfolgte
nach einigen Tagen der Tod.
Der Fall ist lehrreich genug, um seine Mittheilung zu rechtfertigen.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
29) Scheibe. Zwei Fälle von Felsenbeinfraktur.
(Verhandlungen der deutschen otologischen Gesellschaft 1897.)
Die beiden Fälle wurden in der Angerer’schen Klinik beobachtet und gingen
17 resp. 21 Tage nach dem Unfall durch Meningitis zu Grunde; beide Male waren
es Querbrüche gewesen, von denen der eine allerdings erst nach der Entkalkung
sichtbar wurde. Die Bruchlinien verliefen vom inneren Gehörgang entlang dem
Facialiskanal mit mehrfachen Nebensplitterungen. Die Schnecke selbst war nur
in dem Falle der stärkeren Gewalteinwirkung eröffnet, während im anderen Falle
die Bruchfläche der Schnecke ausgewichen und nach dem Vorhof zu gegangen
war. Das histologische Bild der reinen Fraktur war stark verwischt durch die
vorherrschenden entzündlichen Veränderungen; doch ließ sich gut — im Gegensatz
zu anderen Beobachtungen — eine auffallend rasche Heilungstendenz der Fraktur-
stellen feststellen ; nicht nur bindegewebige und solide Vereinigung, sondern auch
eine knöcherne Konsolidation war auf weiten Strecken nachzuweisen.
G. Zimmermann (Dresden).
30) H. du Fougeray. Note sur les diverses lésions de l’oreille, du
nez et du pharynx que lon trouve chez les enfants places dans les
institutions de sourds-muets; importance de leur traitement.
(Revue de laryngol. 1897. No. 37.)
Unter 45 vom Verf. untersuchten taubstummen Kindern hatten 22 noch Reste
von Gehör; von diesen zeigten 14 ausschließlich Veränderungen des Mittelohrs,
und zwar nur 2 die Reste einer geheilten Eiterung, die übrigen 12 chronisch-
katarrhalische Veränderungen, außerdem 6 von diesen 14 Kindern eine stärkere
oder geringere Tubenverstopfung. Von den Krankheiten des Halses und der Nase
seien erwähnt 6 Fälle adenoider Wucherungen und 3 Fälle starker Gaumen-
mandelhypertrophie bei diesen 14 Kindern. 6mal gelang es Verf., die Einwilligung
der Eltern zu operativen Eingriffen zu erlangen, und zwar entfernte er 3mal die
adenoiden Wucherungen, 3mal die Gaumenmandeln. Der Erfolg der Operation
war für die Respiration in allen Fällen ein vollkommener, für die Artikulation
2mal ein sehr bedeutender, 4mal geringer, aber noch allmählich sich steigernd.
Das Gehör wurde durch die Operation in 1 Falle sehr gebessert, in 4 Füllen we-
niger, in 1 gar nicht. Die übrigen Behandlungsmethoden (Luftdusche, Sondirung)
brachten aber für das Gehör noch in 8 Fällen erhebliche, in 5 weniger deutliche
Besserung. Die neuerdings von Urbantschitsch aufgenommene Behandlungs-
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 287
methode der Taubstummheit war noch nicht in Anwendung gekommen. Die
Arbeit liefert einen werthvollen Beitrag zu der noch lange nicht energisch genug
betriebenen lokalen Behandlung der Taubstummen. Teichmann (Berlin).
31) Depage. Un cas de resection du ganglion de Gasser. — Un cas
de résection de la troisième branche du trijumeau à la sortie du
trou ovale.
{Bull. de l’acad. royale de méd. de Belgique 1897. No. 9.)
D. resecirte bei einer 56 Jahre alten Dame das rechte Ganglion Gasseri nach
Krause. Der Erfolg war günstig Betreffs der neuralgischen Anfälle, aber vom
8. Tage an begann eine Ulceration der Cornea, welche nicht mehr heilen will, so
dass die Enukleation nöthig werden dürfte. Rose und Laguaite beobachteten
dasselbe, während Doyen, Krause und Richardson keine trophischen Stö-
rungen am Auge erhielten.
Der 2. Fall betrifft eine 67 Jahre alte Person, der D. den 3. Ast am Ausgang
des Foramen ovale nach Salzer — temporäre Resektion des Arcus zygomaticus —
resecirte. Guter Erfolg. D. hält diese Operation für schwieriger als die Krause-
sche endokranielle. E. Fischer (Straßburg i/E.).
32) T. Heimann. Ein Fall von eitriger Entzündung der Highmors-
und der Stirnhöhle.
(Medycyna 1897. No. 50.)
Verf. berichtet über folgenden äußerst seltenen Fall von Hirnabscess im An-
schluss an eine Eiterung der Nase bezw. deren Nebenhöhlen. Pat. wurde wegen
Kopfschmerzen und intermittirenden Fiebers in die interne Abtheilung auf-
genommen, von dort aber nach einigen Tagen wegen Ohrenschmerzen nach Verf.
Abtheilung verlegt. Daselbst in bester Laune angelangt, verlor er plötzlich das
Bewusstsein und starb bald darauf. Es konnte bloß mäßiger Exophthalmus,
Cyanose, fadenförmiger Puls bei normaler Temperatur konstatirt werden. Die
Sektion ergab folgenden Befund: Die harte Hirnhaut in der rechten Stirngrube
stark verdickt, zwischen derselben und dem Knochen daselbst dicker Eiter. Der
rechte Stirnlappen abgeflacht, schwarz verfärbt. In einer Tiefe von etwa je cm
von der Hirnfläche daselbst ein taubeneigroßer Abscess, welcher mittels einer
dünnen Fistel mit. der Hirnoberfläche kommunieirte. An der Hirnbasis ebenfalls
dieker Eiter. Beide Stirn- und Highmorshöhlen mit grünlichem, geruchlosem
Eiter erfüllt, eben so die Siebbeinzellen. Eine Kommunikation zwischen den
Knochenhöhlen und der Schädelhöhle nicht vorhanden. Die Knochen eben so wie
der Gehörgang ganz normal. Trzebioky (Krakau).
33) Mouret. Contribution a Pétude du traitement de l’ozene.
(Revue de laryngol. 1697. No. 38.)
Eine einzige Krankengeschichte, aber typisch für alle Ozaenafälle, in welchen
Arzt und Pat. die nöthige Ausdauer beweisen. Die Behandlung nahm folgenden
Verlauf: 2mal täglich Salzwasserspülungen mit nachfolgender Einblasung von
Aristol; daneben abwechselnd 2 Wochen lang innerlich glycerinphosphorsaurer
Kalk, 2 Wochen lang Solutio arsen. Fowleri. Außerdem 3mal wöchentlich Vi-
brationsmassage der Nasenschleimhaut mit Jodjodkaliumlösung. Nach 4 Wochen
statt der einfachen Massage »Elektromassage« mit nachfolgender Mentholöleinbla-
sung. Nach 1!/, Monat statt der Mentholbehandlung Atzungen der Schleimhaut
mit Chlorzinklösung. 4 Monate nach Beginn der Behandlung wurde mit der
Massage aufgehört und die Behandlung mit Antidiphtherieserum eingeleitet, weil
sich in den Krusten unter anderen Bakterien auch die Löffler’schen Bacillen
fanden. Jetzt folgten 28 Seruminjektionen, trotz einer ausgebreiteten Urticaria
nach der 5. Einspritzung und vorübergehender Glykosurie. Hierauf verlor Pat.
nicht bloß den Appetit, sondern auch den Muth und ging auf 4 Wochen nach
288 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
Viehy. Von hier kam er anscheinend geheilt zurück, aber nach kaum 3 Wochen
war ein Rückfall zu verzeichnen. Es dauerte nun 4 Monate, bis man sich zu
einer neuen Behandlung entschloss, nämlich zur Elektrolyse. Von dieser wurden
innerhalb von 11/3 Monat 3 Sitzungen applieirt ohne merkliches Resultat. —
Auffallend ist, dass die Affektion nur einseitig war; vielleicht lag eine Neben-
höhlenerkrankung vor; die Erfolglosigkeit der Behandlung allein spräche zwar
nicht gegen die Richtigkeit der Diagnose »Ozaena«. Teichmann (Berlin).
34) Noquet. Un cas de tumeur papillaire du cornet inferieur et de
la cloison.
(Revue de laryngol. 1897. No. 38.)
Die Geschwülste waren multipel, saßen breitbasig der Schleimhaut an der
unteren Muschel und der gegenüberliegenden Septumpartie auf und zeigten alle
ein papilläres Aussehen. Die Entfernung erfolgte mit der kalten Schlinge ohne
zu starke Blutung. Nach 10 Monaten Recidiv, jetzt ausgiebige Anwendung des
Galvanokauters auf die Implantationsstellen, worauf dauernde Heilung eintrat.
Mikroskopisch zeigte sich nur das Epithel zu Papillom gewuchert, das binde-
gewebige Stroma war nicht papillär angeordnet, enthielt zahlreiche weite Blut-
gefäße und interstitielle Blutergüsse, aber nur kleine eystische Hohlräume. Be-
züglich der papillären Anordnung des Epithels nimmt Verf. eine Hypothese von
Lapersonne an, dass sie vielleicht eine Folge der unaufhörlichen Luftstöße
sei, von welchen die im unteren Nasengang sitzenden Geschwülste getroffen werden,
ähnlich wie die meisten Blasengeschwälste im Niveau der Harnleitermündungen
wahrscheinlich in Folge der ihnen von dem vorbeifließenden Urin mitgetheilten
kleinen Bewegungen ein zottiges Aussehen erhalten. Teichmann (Berlin).
35) Schulz. Über Oberkieferresektionen.
Diss., Greifswald, 1897.
S. bespricht die Geschichte der Oberkieferresektionen und berichtet über die
seit 1587 in der Greifswalder Kliinik ausgeführten Resektionen.
Von 18, fast alle wegen bösartiger Neubildung ausgeführten Totalresektionen
endigten 4 mit Tod, 4 Fälle recidivirten noch vor der Entlassung, 10 wurden ge-
heilt entlassen. Von diesen 10 sind 8 an nicht genau anzugebenden Krankheiten
gestorben, 2 sind noch am Leben, wovon 1 ein Recidiv hat, 1 nach 1/,"Jahr sicher
recidivfrei ist. `
Die Resultate der partiellen, ebenfalls meist wegen bösartiger Neubildungen
ausgeführten Resektionen sind günstiger. Von 16 Pat. starb 1, die übrigen
wurden geheilt entlassen. Bei der Nachfrage waren 5 Pat. nicht zu ermitteln,
4 sind gestorben, die übrigen (6) sind gesund und recidivfrei.
2 temporäre Resektionen verliefen günstig. S. empfiehlt die von N&laton-
Fergusson modificirte Dieffenbach’sche Schnittführung.
Sudeck (Hamburg).
36) L. Bilezynski. Über die operative Behandlung der Kiefer-
ankylose.
(Przegląd chirurgiczny Bd. IIL Hft. 4.)
Ein 13jähriges Mädchen hat vor 7 Jahren eine schwere Variola überstanden.
Im Anschluss hieran stellte sich ein langwieriger linksseitiger Ohrenfluss ein,
welchem Ankylose des linken Kiefergelenks folgte. Die Untersuchung zeigte,
dass der Unterkiefer und das Kinn stark nach rückwärts verdrängt waren, so dass
die unteren Zähne direkt auf den harten Gaumen drückten. Das Öffnen des
Mundes war absolut unmöglich.
Krajewski führte die Operation der Ankylose nach Helferich aus. Senk-
rechter Hautschnitt vor der Ohrmuschel, wovon 4cm ober- und 2cm unterhalb
des Jochbogens zu liegen kamen. Von einem 2., hierzu senkrechten Schnitt aus
wurde der Jochbogen in einer Ausdehnung von 3 cm resceirt. Vorsichtig in die
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 289
Tiefe vordringend, stieß Krajewski schließlich auf die neugebildete Knochen-
masse, welche die Schädelbasis so wie den Gelenks- und Rabenfortsatz zu einem
Ganzen verband. Resektion der Knochenmasse in einer Ausdehnung von etwa
2cm. In den hierdurch entstandenen Spalt wurde ein dem M. temporalis ent-
nommener Lappen eingepflanst. Die Zähne konnten unmittelbar nach der Ope-
ration 3cm weit von einander entfernt werden. Glatte Heilung. Dauernder
Erfolg. Trzebicky (Krakau).
37) L. Pekoslawski. Ein durch Extractum chelidonii majoris ge-
heilter Fall von Gesichtskrebs.
(Medycyna 1897. No. 32.)
- Eine 53jährige Bäuerin litt seit mehreren Jahren an einem exulcerirten Epi-
thelialkrebs der linken Gesichtshälfte, welcher einen Theil des unteren Augenlides,
die Wange und den Nasenflügel einnahm, überall bis auf den Knochen bezw. die
Schleimhaut dringend. Zahlreiche operative Eingriffe erwiesen sich bei der Hart-
näckigkeit des Leidens erfolglos, und erst die vom Verf. 6mal binnen 20 Tagen
ausgeführte parenchymatöse Injektion sowohl in die Neubildung als auch deren
Umgebung von je 1 g einer Lösung von Extr. chelidonii majoris Ferreini, Aquae
dest., Glycerin & brachte völlige Heilung. Der Wundverband wurde mit in Lösung
von Extr. chelidonii und Glycerin oa getauchte Gage gemacht.
Trzebicky (Krakau).
38) Claisse. L’actinomycose linguale primitive.
(Presse méd. 1897. No. 26.)
Verf. theilt einen Fall von primärer Aktinomykose der Zunge mit, welche
ganz anders verläuft als die sonstigen, besonders sekundären Aktinomykosen in
der Mundhöhle oder am Unterkiefer. Er betont die außerordentliche Schwierigkeit
der Differentialdiagnose zwischen dieser Erkrankung, Geschwülsten und Syphilis.
Im vorliegenden Falle war zuerst nur eine Rhagade an der Zunge gegenüber einem
cariösen Zahn bemerkt. Einen Monat später wurde eine kleinnussgroße harte
Schwellung in der Zungenmuskulatur konstatirt, ohne Fluktuation, ohne Schmerzen,
nur das Sprechen und Essen behindernd. Die Schleimhaut darüber war völlig
intakt, die Schwellung nicht deutlich abgrenzbar. Damals wurde die Diagnose
auf Syphilis gestellt trotz Ableugnens von Seiten des Kranken und jeglichen
Mangels irgend welcher verdächtiger Erscheinungen. Eine Jodkalikur besserte
auch das Leiden. Jedoch 5 Monate darauf war die Schwellung wieder größer und
fluktuirte. Eine Probepunktion entleerte mit Körnern vermischten Eiter, der sich
mikroskopisch als von Strahlenpilzen herrührend erwies. Eine nunmehr energisch
eingeleitete innere Therapie mit Jodkali führte zur vollkommenen Heilung!
So lange eine solche Geschwulst keine Fluktuation zeigt, besteht keine andere
Möglichkeit, ihren wahren Charakter zu erkennen, als die Beobachtung und die
versuchsweise Anwendung des Jodkali, deren eventueller Erfolg aber immer noch
nicht die Unterscheidung zwischen Aktinomykose und Syphilis gestattet.
Tschmarke (Magdeburg).
39) M. Bockhorn. Ein Fall von Tuberkulose der Parotis.
Inaug.-Diss., Berlin 1897. 268.
Den Speicheldrüsen wurde bekanntlich von jeher eine gewisse Immunität gegen
Tuberkulose zugeschrieben, und es gehören in der That die Speicheldrüsentuber-
kulosen zu den größten Seltenheiten. Dass sie aber immerhin vorkommen, be-
weist, außer dem von Stubenrauch veröffentlichten Falle, die von B. mitgetheilte
Beobachtung.
Die 49jährige, sonst nicht tuberkulös afficirte Pat. bemerkte 1/4 Jahr vor ihrer
Aufnahme eine innerhalb 8 Tagen schmerzlos ihr Maximum erreichende Schwellung
der linken Wange. Im weiteren Verlauf traten starke Schmerzen und in letzter
Zeit auch Zunahme der Schwellung auf. Die Untersuchung ergab starke Schwel-
290 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
lung der linken Wange mit stärkster Vorwölbung, 2fingerbreit, vor dem Ohransatz.
Pralle Konsistenz ohne deutliche Fluktuation. Keine Anhaltspunkte für Speichel-
retention. Es besteht ausgesprochene Kiefersperre.
Bei der 1. Operation wurde der obere Theil der Parotis entfernt. Derselbe
enthielt einen kirschkerngroßen Käseherd und im Übrigen graues, körniges Ge-
webe. Die 2. Operation bestand in Entfernung des größten Theils der brüchigen
Parotis mit dem scharfen Löffel. Das Gewebe hatte einen gummaähnlichen Cha-
rakter, so dass Jodkali verabreicht wurde. Die mikroskopische Untersuchung
ergab jedoch, dass es sich um zweifellose Tuberkulose handelte. Dieselbe hatte
ihren ursprünglichen Sitz nicht in den Drüsenzellen, wie Stubenrauch für seinen
Fall annimmt, sondern im Bindegewebe der Drüse. Dass es sich aber nicht um
eine von den auf und in der Parotis sitzenden Lymphdrüsen ausgehende Tuber-
kulose handelte, schließt Verf. aus dem Umstand, dass die Parotis in ganzer Aus-
dehnung diffus erkrankt war.
Bezüglich der Atiologie stellt Verf. folgende 4 Möglichkeiten auf:
1) Reizung der Wangenschleimhaut durch einen cariösen Zahn und Fort-
pflanzung der Entzündung durch den Ductus Stenonianus.
2) Direkte Infektion durch einen cariösen Zahn. (Durch Vermittlung der
Blut- oder Lymphbahn, nicht auf dem Weg der Speichelausführungsgänge.)
3) Fortpflanzung der Infektion von dem entzündeten Zahnfleisch aus.
4) Verletzung der Mundschleimhaut durch einen cariösen Zahn und Fort-
pflanzung von da aus durch die Blut- oder Lymphbahn.
B. neigt su der Ansicht, dass die Infektion der Parotis von der Mundhöhle
aus auf dem Lymphweg in einer der unter 2-4 beschriebenen Modifikationen
stattgefunden habe. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
40) Mayer. Remarks on laminectomy with report of a case done
sixteen months after fracture.
(Annals of surgery 1897. August.)
Verf. berichtet über einen von ihm mit relativ günstigem Erfolge operirten Fall
von Fraktur der Bögen des ersten und zweiten Lendenwirbels, 16 Monate nach
der durch Verschütten erfolgten Verletzung. Es hatten ursprünglich vollkommene
Anästhesie der unteren Körperhälfte, Paraplegie der Unterextremitäten, Lähmung
der Blase und des Mastdarms bestanden. Allmählich waren die Erscheinungen
allerdings zurückgegangen, doch befand sich Pat. sur Zeit der Operation noch
in einem sehr elenden Zustand. Durch einen Längsschnitt wurden die Wirbel-
bogen bloß gelegt, als mit leichter Dislokation geheilt gefunden und abgekniffen.
Die Dura war mit dem Rückenmark verwachsen und nicht eröffnet. Eine Ein-
schnürung oder sonstige äußerlich sichtbare Veränderung war am Mark nicht vor-
handen. Nach der Operation kehrten allmählich die Funktionen von Blase und
Mastdarm zurück, eben so besserten sich die motorischen und sensiblen Ausfalls-
erscheinungen im Bereiche der Extremitäten. Eine vollkommene Heilung trat
aber nicht ein, offenbar weil nur der geringere Theil der Störungen durch die
mechanische Kompression des Markes durch die dislocirten Fragmente bedingt war.
Tietze (Breslau).
41) R. W. Murray. Forcible straightening of the spine in Pott’s
disease.
(Brit. med. journ. 1897. December 4.)
M. hatte Gelegenheif, in 2 Fällen von Pott’schem Buckel, bei denen er das
Redressement vorgenommen hatte, durch Autopsie 2—3 Monate nach der gewalt-
samen Reduktion des Buckels den Zustand der Wirbelsäule und den Einfluss der
Operation festzustellen.
Im 1. Falle handelte es sich um einen 4jährigen Knaben, der seit 3 Jahren
erkrankt war und eine winklige Krümmung im Bereich der unteren Brustwirbel-
säule aufwies. Ein Abscess, so wie paralytische Erscheinungen waren nicht vor-
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 291
handen. Die Reduktion wurde in Chloroformnarkose vorgenommen. Nach 2 Mo-
naten Tod in Folge einer rechtsseitigen Lungenentzündung: Bei der Sektion zeigten
sich 3 Brustwirbel von der Caries betroffen, 1 völlig zerstört, die durch die Re-
duktion entstandene Lücke ausgefüllt mit käsigen Massen und erkranktem Gewebe
— kein Abscess, keine allgemeine Tuberkulose, aber auch nicht das geringste
Anzeichen von reparativen Vorgängen; die Todesursache — ausgedehnte rechts-
seitige Lungenentzündung — konnte mit der Operation nicht in Zusammenhang
gebracht werden.
Im 2. Falle war ein 3!/,jähriges Mädchen ca. 2 Jahre an Spondylitis erkrankt;
es war ebenfalls eine winklige Krümmung der Brustwirbelsäule vorhanden. Re-
duktion des Buckels. 3 Monate später Tod unter meningitischen Erscheinungen.
Zustand der Wirbelsäule bei der Sektion — wie im 1. Falle; allgemeine Tuber-
kulose, tuberkulöse Meningitis.
Die Beobachtungen M.’s sind wichtig und interessant: ; 2—3 Monate nach der
Reduktion des Buckels konnten keinerlei Heilungsvorgänge an den erkrankten
Wirbeln wahrgenommen werden. Die durch die Streckung der Wirbelsäule ent-
standene Lücke war mit käsigen, fungösen Massen ausgefüllt, Anzeichen von
Knochenneubildung nicht vorhanden.
Der kleinen Mittheilung sind gute Photographien zur Illustration beigegeben.
F. Krumm (Karlsruhe).
42) Parascandolo. Contributo alla cura della spina bifida.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 139.)
Die Hydromeningocele der 16 Jahre alten Kranken wurde nach dem Berger-
schen Verfahren operirt, d. h. nach Öffnung des Sackes wurden die nervösen
Theile reponirt, ein Knochenstück aus dem Schulterblatt des Kaninchens im-
plantirt und genäht. 2 Jahre später war der Knochen zwar resorbirt, doch war
Pat. geheilt: man fühlte nur den derben Narbenstrang an der betreffenden Stelle
im Lendentheil der Wirbelsäule. Dreyer (Köln).
43) H. Maass. Kasuistische Mittheilungen aus der äußeren Ab-
theilung. I. Zur operativen Behandlung der Spina bifida occulta.
II. Kongenitale Cyste des Peritoneums.
(Veröffentlichungen aus der Poliklinik für Kinderkrankheiten des Privatdocenten
Dr. H. Neumann in Berlin.)
I. Verf. bespricht im Anschluss an einen eigenen Fall diejenige Form der
Missbildung, bei der das Rückenmark selbst im Wesentlichen normal sich verhält,
und nur eine Wirbelspalte besteht, durch deren Verschluss das Rückenmark eine
Kompression erfährt.
Diese Kompression erfolgte durch Geschwulstentwicklung in den Fällen von
v.Recklinghausen (Virchows Archiv Bd. CV p. 243), Bohnstedt (Virchow’'s
Archiv Bd. XLVII), Muskatello (Langenbeck's Archiv Bd. XLVII). In dem
bis dahin einzigen operirten Falle wurde die Cauda equina durch einen horizontalen
Strang in der verschließenden Membran eingeschnürt. (Jones Brit. med. journ.
1891). Verf. operirte ein 3jähriges Kind.
Dasselbe zeigte schon im 3. Lebensmonat starke Spreizung und Außenrotation
der Beine, die es wenig bewegte; linker Fuß marmorirt und kalt, häufiger Mast-
darmvorfall, Urinsekretion ungestört. Das Kind lernte nie allein stehen. Vor
der Operation fand sich außerdem: beiderseits starker Pes valgus, links leichte
Equinusstellung und Verkürzung um 1 cm. Spastische Widerstände bei passiver
Bewegung. Bei guter Unterstützung ein spastisch-paretischer Gang. Patellar-
reflexe links ganz erloschen, rechts noch erhalten. Die elektrische Erregbarkeit
und die Sensibilität beiderseits völlig normal. Ein großes Lipom markirte die
Stelle der Missbildung.
Die Operation zeigte einen Wirbelspalt vom untersten Brust- bis zum
1. Kreuzbeinwirbel, durch eine fibrinös-muskuläre Platte gedeckt. Letztere wurde
an ihrer linksseitigen Insertion durchtrennt, der Wirbelkanal nicht eröffnet. In
292 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
2 Wochen Heilung der Wunde. 10 Tage nach der Operation fangen die Spasmen
an zu verschwinden. Nach 4 Wochen erste selbständige Gehversuche. Nach
1/z Jahre konnte das Kind stundenlang gehen. Das rechte Bein verhält sich mit
Ausnahme eines Pes valgus fast völlig normal. Links sind die früheren Er-
scheinungen noch vorhanden, aber auch wesentlich geringer, dagegen hat die
Verkürzung zugenommen, und die linke Ober- und Unterschenkelmuskulatur
zeigt träge Zuckung auf faradische und galvanische Reizung, keine Entartungs-
reaktion. Die Patellarreflexe fehlen auf beiden Seiten.
II. Verf. fand bei einem 7 Monate alten Mädchen, das nach einer Probelaparo-
tomie seinem Grundleiden erlag, eine 680 g schwere cystische Geschwulst. Die-
selbe ging breit vom Bauchfell der rechten Lendengegend aus, hatte die Niere
nach unten, den gesammten Darm nach links gedrängt und zu einem abgesackten
Ascites geführt.
Sie besteht aus einer centralen Cyste, von zahllosen kleineren umgeben. In
der Wand, die aus welligen Bindegewebszügen gebildet ist, befinden sich zahl-
reiche zum Theil solide Sprossen, die Cysten waren von mehrschichtigem Flimmer-
epithel ausgekleidet. Die Geschlechtsorgane waren normal. Verf. glaubt die Ge-
schwulstbildung weder auf Epoophoron noch auf Paroophoron beziehen zu können.
Er erklärt nach Waldeyer (Eierstock und Ei p. 125 und 142) dieselbe als
Bildung des Keimepithele, das ja in früherer Zeit größere Strecken des Bauch-
fells noch einnimmt. Im Leben schwankte die Diagnose zwischen Nieren- und
Lebergeschwulst oder einem 3. Ursprung. F. @öppert (Breslau).
44) Hildebrand. Über doppelseitiges Caput obstipum.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 584.)
Den 1. Fall dieser Art beobachtete H. an einem in der Berliner Charite in
Steißlage geborenen Kind, dessen Kopf durch Expression herausbefördert war,
Etwa 4 Wochen nach der Geburt zeigte sich abnorme Kopfhaltung, nämlich
Beugung nach hinten und Fixirung in dieser Stellung. In der Mitte beider
Kopfnicker fanden sich zwetschengroße, harte, knollige Schwellungen, an deren
Exstirpation sich Eiterung und binnen 4 Wochen Tod an Atrophie und Broncho-
pneumonie anschloss. Die mikroskopische Untersuchung der Geschwülste ergab
eine Myositis interstitialis, wie sie bei analogen einseitigen Fällen von Köster
beschrieben ist. Die vorhandene Kopfhaltung ist durch die Insertionsstelle der
Kopfnicker hinter dem Atlanto-Oceipitalgelenk leicht erklärlich.
Verf. bespricht im Anschluss an den Fall die Ätiologie des Leidens, bei dem
bekanntlich Muskelzerreißungen des Kopfnickers in der Geburt eine Rolle spielen.
6 Fälle von doppelseitigem Kopfnickerriss bei der Geburt sind bekannt, eben so
4 doppelseitige sog. Kopfnickerhämatome ohne Kopfhaltungsanomalie, denen H.
einen 5. Fall aus eigener Beobachtung anreiht. Da übrigens bekanntlich nicht
alle Kopfnickerrisse bezw. »Hämatome« zu Schiefhals führen, kann der letztere
keine rein traumatische Affektion sein. Aus diesem Grund ist auch von früh-
zeitigen Operationen dieser Muskelgeschwülste abzustehen und zunächst Massage
und passive Bewegungen zu versuchen. Welches Agens aber, zu dem vorhandenen
Muskeltrauma hinzutretend, die gu Schiefhals führende Myositis veranlasst, ist
noch unklar. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
45) H. Alderson. A case of cervical ribs.
(Brit. med. journ. 1897. December 4.)
A. wurde von einem 2ljährigen Mädchen wegen einer sie kaum belästigenden
Geschwulst der rechten Halsseite konsultirt. Er konnte durch Aufnahme mit
Röntgenstrahlen nachweisen, dass die Geschwulst in einer ausgewachsenen, mit
dem 7. Halswirbel artikulirenden Halsrippe bestand, die unter dem Schlüsselbein
weg eine wahrscheinlich knorplige Vereinigung ihres Schaftes mit der 2. Rippe
einging. Auch auf der linken Seite war eine rudimentäre, nur aus Köpfchen,
Hals und Tubereulum bestehende Rippe nachzuweisen. Die Röntgenphotographie
ist beigegeben. F. Krumm (Karlsruhe).
Pe
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 293
46) D'Arcy Power. A case of spontaneous disappearance of a con-
genital cystic lymphangioma.
(Brit. med. joura. 1897. December.)
P. berichtet von einem Pat., bei dem es zu einem »spontanen Verschwinden
eines großen, cystischen Lymphangioms am Hals« kam. Die Geschwulst war an-
geboren, begann nach 6 Monaten zu wachsen, so dass sie 11 Monate nach der
Geburt des Kindes die ganze linke Halsseite — von der Gegend hinter dem Ohr
bis zur Mittellinie des Halses — einnahm. In den folgenden 7 Jahren wurde sie
ca. 150mal an den verschiedensten Stellen punktirt, ohne dass sie kleiner wurde
oder sich sonst veränderte. Im 8. Jahre hat P. einen Theil der aus zahlreichen
Cysten bestehenden Geschwulst (den im hinteren Halsdreieck gelegenen Theil)
entfernt. 14 Tage nach der Operation Lymphangitis, Heilung per prim. — Nach
2 Monaten wurde noch eine Ausdehnung der Geschwulst vom Ohr bis zur Gegend
des 2. oder 3. Trachealringes konstatirt. Im nächsten Halbjahr mehrfache At-
tacken von Lymphangitis in der Geschwulst, nach denen sie jedes Mal kleiner
wurde. Nach 9 Monaten war sie auch im vorderen Halsdreieck völlig verschwunden,
ohne eine Schwiele oder dergl. zurückzulassen. Die Untersuchung des exstirpirten
Geschwulststückes ergab tieferliegende große, mit Blut gefüllte und oberflächliche
kleinere, mit klarer Flüssigkeit gefüllte Cysten in den tiefen Lagen des Corium
und des Unterhautzellgewebes — die Auskleidung bestand aus einer einfachen
Endothelschicht. Die blutige Färbung der tieferen Cysten soll nach der Meinung
des Verf. von den Punktionen herrühren. (!) F. Krumm (Karlsruhe).
47) Bang. Uber die Ausscheidung des Jodothyrins durch die Milch.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 52.)
Bei der Behandlung einer mit Kropf behafteten säugenden Frau zog B. durch
3 Wochen Jodothyrin in Anwendung (21 Jodothyrinpulver à 0,3 mg) und erzielte
eine Verkleinerung des Halsumfanges um 3 cm. Gleichzeitig bemerkte er eine
auffallende Verkleinerung der angeborenen Struma des Säuglings um weniger als
A cm. Interessant ist es ferner, dass hier die Wirkung, gleich wie bei der Mutter,
im Anfang der Medikation am größten war, wo man doch hätte erwarten sollen,
dass zu diesem Zeitpunkt, in Folge der Inanspruchnahme des Jodes durch den
mütterliohen Kropf, die Wirkung des Thyrojodins beim Kinde sich hätte kleiner
oder nur gering offenbaren sollen. Die rapide und bedeutende Wirkung beim
Kinde, welche übrigens noch ein Jahr nachher zu konstatiren war, gerade im
Lauf der Behandlung der Mutter kann B. selbstverständlich nur aus einer Ab-
scheidung des Jodothyrins durch die Milch erklären. Gold (Bielits).
48) A. Depage. Du goitre en Belgique.
(Ann. de la soc. belgique de chir. 1897. No. 9.)
Auf Grund von 7 selbst operirten Fällen (der Kropf scheint in Belgien recht
selten zu sein) bespricht Verf. die Therapie des Kropfes im Allgemeinen und
macht besonders gegen die von Thiriar befürwortete Injektionstherapie Oppo-
sition. Dieselbe sollte nur bei operationsscheuen Pat., und auch da nur bei
hyperplastischen und Gefäßkröpfen angewendet werden. (Auch die letztere Kate-
gorie bietet wohl eine strikte Kontraindikation gegen die Injektionstherapie! Ref.)
Anhangsweise wird ein Fall von Basedow mitgetheilt, bei dem 10 Stunden
nach der völlig normal verlaufenden partiellen Exstirpation des Kropfes plötzlich
ohne nachweisbare Ursache der Tod eintrat. de Querrain (Chaux-de-Fonds).
49) Ch. Lejers. Intervention opératoire dans le goitre exophthal-
mique.
(France méd. 1897. No. 7.)
L. operirte eine 16jährige Pat. mit Basedow’scher Krankheit. Er entfernte
obne Schwierigkeit in Äthernarkose den rechten Lappen. Am Abend trat Dys-
pnoë und der Tod ein. Da durch die Sektion die Todesursache nicht festgestellt
294 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
werden konnte, nimmt Verf. an, dass eine Autointoxikation mit Schilddrüsensaft
stattgefunden habe, welcher in Folge des Reizes der Operation in stark vermehrter
Menge abgesondert worden sei. Koenig (Wiesbaden).
50) 8. Radziszewski. Zwei Fülle von langem Verweilen von Fremd-
körpern in den Luftwegen.
(Kronika lekarska 1897. No. 15.)
Verf. theilt 2 Fälle mit, in welchen aspirirte Fremdkörper 35 Tage bezw.
5 Monate in den Bronchien verblieben waren. Das eine Mal handelte es sich um
ein 10jähriges Mädchen, welches ein etwa kleinfingerdickes, 3—31/2 em langes
Spielseug in die Luftwege aspirirt hatte. Unmittelbar hierauf folgte ein Anfall
von heftiger Athemnoth, welcher sich jedoch bald legte. Im Anschluss hieran
entwickelte sich eine chronische Bronchopneumonie des rechten Unterlappens,
welche erst nach 35 Tagen, nach Expektoration des Fremdkörpers, schwand und
in vollständige Heilung überging. Das 2. Mal betraf der Unfall eine 37jährige
schwangere Frau, welcher ein Knochen in die Trachea gelangt war. Es entwickelten
sich Symptome einer beiderseitigen chronischen Pneumonie, welche sogar von ver-
schiedenen Ärzten als tuberkulöse Phthise gedeutet wurden. Erst nach 5 Monaten
expektorirte Pat., welche mittlerweile von einem gesunden Kinde entbunden worden
war, ein keilförmiges, scharfkantiges Knochenstück. Nunmehr erfolgte rasch
vollständige Genesung. Trzebicky Krakau
51) L. Szuman. Ein Beitrag zur Tracheotomie Behufs Entfernung
von Fremdkörpern aus den Bronchien.
(Nowiny lekarskie 1897. No. 47.)
Ein 9jähriger Knabe hat zufällig ein kleines Pfeifchen, welches er gerade im
Munde hielt, nach seiner Angabe »verschluckt«. Von da an verfiel er bedeutend
an Kräften, fieberte hoch und wurde von heftigen Athembeschwerden und Husten
gequält. Verf. bekam den Pat. 5 Wochen nach dem Unfall zu Gesicht. Die
Sondirung der Speiseröhre ergab ein negatives Resultat, war aber von einem hef-
tigen, krampfartigen Hustenanfall gefolgt. Die Auskultation des Brustkorbes
zeigte, dass die linke Lunge und namentlich deren oberer Theil an der Athmung
gar nicht theilnahm; der Perkussionsschall war über derselben gedämpft. Die
laryngoskopische Untersuchung ergab keinen Anhaltspunkt über das Verbleiben
des Fremdkörpers, und nur die physikalische Untersuchung des Brustkorbes ließ
eine Einkeilung desselben im linken Bronchus vermuthen. Da sowohl die Lage-
rung des Pat. mit herabhängendem Kopf als auch heftige Erschütterungen des
Rückens ohne Erfolg blieben, wurde die tiefe Tracheotomie ausgeführt. Von der
Wunde aus wurden die Bronchien sondirt, wobei im linken Bronchus, 11 cm von
der Ineisura sterni entfernt, ein harter Gegenstand angetroffen wurde. Mittels
eines entsprechend gebogenen Volkmann’schen Löftels wurde derselbe etwas ge-
lockert, worauf er, beim nächsten starken Hustenanfall zur Wunde expektorirt,
sich als eine 2,4 cm lange und I cm breite Signalpfeife entpuppte. Glatte Heilung.
An die Mittheilung dieses Falles schließt Verf. die sehr interessante Kranken-
geschichte einer Pat. eines befreundeten Kollegen an. Es handelte sich um eine
66jährige, bisher gesunde Person, welche einen kleinen Knochen »verschluckt«
hatte und von da an Symptome einer chronischen Entzündung des Mittellappens
der rechten Lunge darbot. Nach 2jährigem Bestand dieses Leidens wurde das
2 cm lange und 1 cm breite Knochenstückehen expektorirt, worauf alle Krankheits-
symptome schwanden. Trzebicky (Krakau).
52) E. Peyrissac. Corps étranger des voies aériennes; noyau de
prune dans la bronche gauche, expulsion sans trach&otomie à la suite
d’injections intratrach&ales d'eau froide.
(Revue de laryngol. 1898. No. 1.)
Der Titel sagt eigentlich schon Alles: Verf. war vorbereitet, falls seine Me-
thode zu bedrohlicher Asphyxie führen sollte, sofort die Tracheotomie vorzu-
A.
D
Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 295
nehmen. Er spritzte erst I ccm Wasser in die Luftröhre, und als dies noch nicht
genügte, noch 2—3 eem, bis der heftige Hustenanfall eintrat, bei welchem der
Pflaumenkern ausgeworfen wurde. Verf. betont wiederholt, dass er dem Kranken
eingeschärft hatte, bei diesem Hustenanfall möglichst flach einzuathmen, damit der
Fremdkörper nicht noch tiefer aspirirt werde, aber möglichst kräftig auszuhusten.
Es gehört wohl schon eine mehr als gewöhnliche Gelehrigkeit dazu, in einem
heftigen Hustenanfall seine Inspirationen derartig in der Gewalt zu behalten.
Auch erscheint es nicht gerade rationell, wegen eines bereits vorhandenen Fremd-
körpers noch andere fremde Massen in die tiefen Luftwege hineinzuschicken, von
denen man nicht weiß, in welcher Vollständigkeit sie der Kranke wieder los wird.
Aber der Erfolg hat ja dem Verf. Recht gegeben: der Kranke ist vor einer blu-
tigen Operation bewahrt geblieben, und die Kaltwasserbehandlung bat ein neues
Gebiet erobert. Teichmann (Berlin).
53) Bergoni6 et Carriöere. Sur quelques résultats comparatifs des
méthodes cliniques et de l’examen fluoroscopique dans les &panchements
pleur£tiques.
(Compt. rend. de l’acad. 1897. II. No. 23.)
Anschließend an die Arbeit von Bouchard über die Untersuchung von intra-
thoracischen Brustverletzungen mit Röntgenstrablen machten die Verff. ihre ver-
gleichenden Untersuchungen an pleuritischen Ergüssen nach den gewöhnlichen
klinischen Methoden (Perkussion, Auskultation) und Durchleuchtung der Brust
mit X-Strahlen.
Mit größter Sorgfalt, viel Mühe, in den verschiedensten Stellungen wurden
die Beobachtungen an 11 Kranken angestellt, von denen 5 den Erguss rechts,
5 links und 1 ibn doppelseitig hatte.
Die Resultate waren im Großen und Ganzen gering. Wesentlich Neues
wurde mit der neuen Methode nicht gefunden. A. Henry (Breslau).
54) C. Nicodemi. Sopra un caso di echinococco primitivo del pol-
mone. Pneumotomia. Guarigione.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 142.)
Die 23 Jahre alte Kranke leidet seit 2 Jahren an heftigen Hustenanfällen,
Schmerzen in der Brust, farb- und geruchlosem Auswurf, der einen salzigen Ge-
schmack im Munde hinterlässt, Dyspnoë, seltenem, blutig gefärbtem Auswurf,
großer Müdigkeit und Marasmus. Obwohl eine Urticaria und Hydatidenschwirren
fehlten, wurde die Diagnose Lungenechinococcus gestellt, nachdem die Punktion
zwar keine geformten Bestandtheile, aber eine wasserklare Flüssigkeit ergeben
hatte. Die mit Resektion der 7. Rippe begonnene Operation, die durch den
Übergang des Oysteninhalts in Eiterung erzwungen wurde, entleerte 2 Liter der
Flüssigkeit. Die Membran wurde durch Zug leicht entfernt. Heilung nach etwa
3 Monaten. Dreyer (Köln).
55) N. W. Wolkowitsch. Zwei Fälle von operativ behandelter
Lungengangrän.
(Annalen der russischen Chirurgie 1897. Hft. 6.)
1) 35jähriger Pat., seit 2 Wochen an Pneumonie oder Pleuritis erkrankt. Re-
sektion der 5. Rippe rechts vorn und der 9. hinten. Vorn gelangte W. in eine
Höhle in der diffus gangränösen Lunge, hinten in ein Pleuraempyem mit Gasen.
J,angsame Heilung, wobei sich die Lunge so gut ausdehnte, dass keine Deformität
zurückblieb.
2) 46jähriger Bauer, 16 Monate krank. Eitrige Pleuritis. Resektion der 6.
und 7. Rippe hinten rechts. Entfernung des Eiters und einiger Blutgerinnsel,
unter denen sich ein großes Stück abgestorbenen Lungengewebes — ein ganzer
Lappen — fand. Später stieß sich noch ein Stück ab. Tod an Erschöpfung. Bei
296 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
der Sektion fand man den oberen Lungenlappen ganz zusammengedrückt, vom
unteren einen kleinen Rest. Das Perikard total mit dem Herzen verwachsen.
Darin sieht W. die Ursache: Das Herz ließ die Ausdebnung der erkrankten Brust-
hälfte nicht zu, und so kam es in Folge des Druckes zur Gangrän eines großen
Theiles der Lunge. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
56) C. Beck (New York). On the technique of pneumotomie.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 14.)
B. hat 5 Fälle von Lungenabscess operativ behandelt und geheilt. Die Dia-
gnose war nur imal vor der Operation richtig, sonst auf Empyem oder subphre-
nischen Abscess gestellt. Unter strenger Asepsis resecirt Verf. 2—4 Rippen, er-
öffnet dann die Pleura. Wenn die Lunge ganz kollabirt, wartet er mit weiterem
Vorgehen. Das Annähen der Lunge an die Pleura costalis will er durch Tam-
ponade ersetzt wissen. Durch Punktion der Lunge mittels einer Hohlnadel oder
noch besser eines dünnen Paquelinbrenners, den er mit einer dünnen Hülse nach
Art eines Trokars versieht, sucht er den Abscess auf, erweitert vorsichtig die
Zugangsöffnung mit einer Kornzange und tamponirt die Höhle mit Jodoformgaze.
Chloroform wendet B. nur bei relativ kräftigen Pat. an, sonst Lokalanästhesie.
Zum Schluss werden von 2 Fällen die Krankengeschichten mitgetheilt.
d Martens (Berlin).
57) W. Bomnüter. Über Thorakoplastik.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
B. beschreibt 3 Fälle von Thoraxplastik, die von Helferich ausgeführt
wurden. Der Ausgang war in allen Fällen wegen Tuberkulose ungünstig.
Helferich hat 2 von der Schede’schen Methode abweichende Modifika-
tionen angewendet.
Er durchschneidet, um Zeit zu sparen, ohne vorherige subperiostale Resektion
der Rippen die ganze Thoraxwand (außer der Haut) mit einer von ihm an-
gegebenen Knochenschere auf einmal, wobei man die Blutung gut beherrschen
kann. Ferner bildet er nicht den großen nach oben gestielten Schede’schen
Lappen, sondern 2 laterale Lappen, die vorn und hinten gestielt sind, nachdem
die Haut in der Axillarlinie durchtrennt ist. Sudeck (Hamburg).
56) B. Baietta und A. Rizzini. Sopra un caso di echinococco mus-
colare.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 4.)
Die Verff. berichten aus der chirurgischen Abtheilung des Dr. Turazza im
Ospedale eivile in Verona über eine 59 Jahre alte Frau, die im 32. Lebensjahr mit
einer Anschwellung der linken Hüfte und Erschwerung der Bewegung der linken
unteren Extremität erkrankte. Als die Symptome sich verschlimmerten, wurde die
Geschwulst punktirt und eine klare, citronengelbe Flüssigkeit entleert. Dann
waren die Beschwerden verschwunden, sind jetzt aber seit 2 Jahren zurückgekehrt.
Eine Diagnose kann vor der Operation nicht gestellt werden. In der punktirten
Flüssigkeit sind weder Scolices noch Haken vorhanden, auch giebt die Geschwulst
kein Hydatidenschwirren. Trotzdem erweist sie sich nach der Struktur der Mem-
bran als eine Echinokokkencyste, die den M. glutaeus maximus zum großen Theil
usurirt hat und mit dem M. glutaeus medius und der Fascia lumbodorsalis stark
verwachsen ist. Nach dem Eingriff schnelle Heilung. Dreyer (Köln).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergman, P. Kinig, E. Richter
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
-c ee
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 11. Sonnabend, 19. März. 1898.
Inhalt: I. K. Roser, Der Darmschirm. — II. E. Müller, Das Verhalten der Achilles-
sehne bei Kontraktion der Wadenmuskulatur. (Original-Mittheilungen.)
1) Lesser, Geschlechtskrankheiten und Volksgesundheit. — 2) Tarnowsky und Ja-
kowlew, 3) Neisser, 4) Piccardi, 5) Kirmisson und Jacobson, Syphilis. — 6) Rissmann,
Osteomalakie. — 7) Teleky, Osteoarthropathie hypertrophiante pneumique. — 8) Hahn,
Zur Untersuchung von Unfallverletzten. — 9) Kahleyss, Radiusbrüche. — 10) Nasse,
Krankheiten der Unterextremitäten. — 14) Hirsch, Angeborene Hüftverrenkung. —
12) Charpentier, Coxa vara. — 13) Schulte, Die Fußgeschwulst. — 14) Syms, Hallux
valgus. — 15) v. Levschin, Osteoplastische Unterschenkelverlängerung.
16) Werner, Primäraffekt am Zahnfleisch. — 17) Deycke, Tertiäre Sklerose, —
18) Manchot, Syphilis hereditaria und Pemphygus. — 19) Hahn, Bubonen. — 20) Cryer,
Osteotom. — 21) Sachs, Gymnastischer Apparat. — 22) Perutz, 23) Singer, 24) Swo-
boda, Oxteomyelitis. — 25) Shaw, Blutergelenke. — 26) Lehmann, Muskelhernie. —
27) Malllefert, Zur Unfaliheilkunde. — 28) Merciöre, 23) Mihajlović, Entwicklungs-
störungen. — 30) Sawicki, Riesenwuchs. — 31) Blamenser, Wachsthumsstörung. —
32) Pischinger, 33) Kirmisson, Schulterblatthochstand. — 34) Burrell und Lovett, Habi-
tuelle Schulterverrenkung. — 35) Kirsch, Sehnentransplantation. — 36) Bradford, An-
geborene Hüftverrenkung. — 37) Bayer, Coxa vara. — 38) Barker, Verrenkung der
Kniebandscheiben. — 39) Footner, Genu valgum. — 40) Knust, Fußgelenkverrenkung.
— 41) Stechow, Die Fußgeschwulst. — 42) Breitung, 43) Brunner, Amputationen.
I. Der Darmschirm.
Von
Karl Roser in Wiesbaden.
Es wird wohl jedem Operateur willkommen sein, einen Apparat
zu besitzen, der ihm bei Operationen in der Bauchhöhle die Därme
zurückhält. Ich glaube, dass der elastisch federnde Darmschirm,
den ich nach vielem Überlegen ersonnen habe, diesem Zweck ent-
spricht.
Ich ließ aus einem 62 cm langen und 2 mm dicken Stahldraht
einen ovalen Ring von 25 cm Länge und 10 cm Breite löthen, zog
einen 8 cm breiten Trikotschlauch, der an beiden Enden des Ovals
abgebunden und abgeschnitten wurde, darüber und bog diesen Ring
11
298 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
über seine Fläche ungefähr halbkreisföormig zusammen, so dass er
untenstehende Form bekam.
Dieser federnde Ring soll nun bei
Operationen im Bauch so in die Bauch-
höhle eingelagert werden, dass er, wie
ein Diaphragma wirkend, das Opera-
tionsfeld isolirt und die Därme zurück-
drängt. Bei Operationen im kleinen
e Becken z. B. wird der eine Schenkel
Diese Fi ur stellt den E des Apparates durch die Bauchwunde
Yare giebt den gebrauchsfertigen in das kleine Becken hineingeführt.
Darmschirm wieder. Die Därme werden mit ihm nach oben
zurückgeschoben und dann der ganze
Ring in den Bauch versenkt, so dass er nach oben vom Rande des
kleinen Beckens aufsitzt und sich mit seinen Polen gegen die seitlichen
Bauchwandungen von innen her anstemmt. Etwa hinter dem Schirm
noch hervorquellende Därme werden mit der Hand hinter die Barriere
zurückgedrängt. Auf diese Art kann man ohne Assistenz und ohne
Beckenhochlagerung das kleine Becken eventriren, so dass man mit
2 Händen in ihm arbeiten kann, ohne im mindesten durch Därme
gestört zu werden.
Nach demselben Princip verfährt man bei Operationen in der
Gegend des Blinddarmes oder der Gallenwege. Durch den ein-
gelagerten Schirm kann man sich die Unterseite der Leber und das
Duodenum vollständig freilegen. Man bekommt gar keine Därme
mehr zu Gesicht und hat eine 2—3faustgroße Höhle vor sich, die sich
namentlich mit Hilfe eines Stirnreflektors bequem übersehen lässt.
Das war das Wesentlichste, was ich über die Konstruktion und
Verwendung des Darmschirmes zu sagen hatte. Ich habe nur noch
einige ergänzende Bemerkungen zu machen.
Der Apparat soll aus biegsamem, aber doch elastisch federndem
Draht gemacht werden, damit er sich selbstthätig einklemmt und
gar nicht gehalten zu werden braucht. Die Federkraft des Drahtes
darf nur eine leichte sein, weil sonst Decubitus entstehen könnte.
Dieser Gefahr kann man aber auch dadurch begegnen, dass man
den Draht mit Gummi überziehen lässt. An Stellen, wo trotzdem
ein zu starker Druck zu befürchten wäre, wird man eine Mullkom-
presse einlagern.
Der Schirm muss natürlich vor jedem Gebrauch sterilisirt werden.
Weil er sich in trockenem Zustande nicht gut in die Bauchhöhle
einführen lässt, muss man ihn zuvor in schwacher Sublimatlösung
oder in steriler Kochsalzlösung anfeuchten.
Die Form des Schirmes kann durch Biegen mit den Händen
beliebig verändert werden. Man kann ein längeres oder breiteres
Oval aus dem Ring formen. Man wird sich einen um 5 cm und einen
um 10 cm längeren Ring, als er vorhin beschrieben, vorräthig halten.
Wo ein Schirm nicht genügen sollte — der Fall ist nur bei sehr
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 299
stark aufgetriebenen Därmen denkbar —, kann man zwei Schirme
neben oder über einander lagern. Man wird die Krümmung über
die Fläche je nach Bedürfnis mehr wie ein stumpf- oder recht-
winkelig gebogenes Knie gestalten etc.
Der Darmschirm stemmt sich, wie gesagt, gegen die seitlichen
Bauchwandungen von innen her an. Dadurch bringt er auch die
Bauchwunde selbst zum Klaffen, so dass in manchen Fällen, also
namentlich bei ganz schlaffen Bauchwandungen, auch hier gar keine
Wundhaken oder Hände nöthig sein werden, um das Operationsfeld
zugänglich zu machen. Vielleicht lässt sich eine Modifikation des
Apparates konstruiren derart, dass er, direkt in der Wunde an-
greifend, auch diese breit aus einander hält. Darüber stelle ich noch
Versuche an.
Bei Darmverwachsungen wird der Schirm erst etwas leisten
können, nachdem diese Verwachsungen ganz oder doch zum größten
Theil gelöst worden sind. Aber auch wenn man ihn noch nicht in die
Bauchhöbhle versenken kann, wird man ihn doch als breiten Wund-
haken verwerthen, indem man den einen Schenkel als Griff benutzt.
Bei den meisten Operationen im kleinen Becken kann man be-
kanntlich durch extreme Beckenhochlagerung die Därme vollständig
aus der unteren Hälfte des Bauches eliminiren. Die Beckenhoch-
lagerung ist aber für den Operateur so unbequem und sie erschwert
die Narkose zuweilen in so hohem Grade, dass es wohl zu wünschen
wäre, wenn man sich mit Hilfe des Darmschirms von ihr emancipiren
könnte.
Bei Operationen, wo die Beckenhochlagerung nichts leistet und
demgemäß das ÖOperationsterrain durch 2 oder 3 Assistentenhände
freigehalten werden muss, macht der Darmschirm geradezu einen
Assistenten entbehrlich, und dazu noch nimmt er weniger Raum und
weniger Licht weg als die assistirenden Hände. Ein Assistent
weniger bedeutet eine Verringerung der Infektionsgefahr. Diese
Gefahr ist aber. bei Gebrauch des Darmschirmes auch desshalb herab-
gesetzt, weil der Schirm die nicht in Betracht kommenden Theile
der Bauchhöhle, indem er wie ein Diaphragma wirkt, vollständig
ausschaltet. Bei der Übersichtlichkeit des Operationsfeldes, die der
Darmschirm schafft, kann sich nicht so leicht ein Tupfer zwischen
den Därmen verlieren und in der Bauchhöhle vergessen werden;
das verdient wohl auch noch gewürdigt zu werden.
Ganz unentbehrlich dürfte der Darmschirm für die Operationen
an den Gallenwegen sein. Meine Bemühungen, dies durch eine
Photographie in überzeugender Weise zur Geltung zu bringen, sind
bisher nicht gelungen. Durch einen Versuch an der Leiche kann
sich aber Jeder davon überzeugen, dass der Darmschirm einen tech-
nischen Fortschritt bedeutet.
Damit der Apparat nicht durch minderwerthige Nachahmungen
in Misskredit komme, habe ich ihn der Medicinisch-Polytechnischen
Union, Berlin N, Ziegelstr. 3, zur alleinigen Fabrikation übertragen
11*
296 Centralblatt für Chirurgie. No. 10.
der Sektion fand man den oberen Lungenlappen ganz zusammengedrückt, vom
unteren einen kleinen Rest. Das Perikard total mit dem Herzen verwachsen.
Darin sieht W. die Ursache: Das Herz ließ die Ausdebnung der erkrankten Brust-
hälfte nicht gu, und so kam es in Folge des Druckes zur Gangrän eines großen
Theiles der Lunge. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
56) C. Beck (New York). On the technique of pneumotomie.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 14.)
B. hat 5 Fälle von Lungenabscess operativ behandelt und geheilt. Die Dia-
gnose war nur imal vor der Operation richtig, sonst auf Empyem oder subphre-
nischen Abscess gestellt. Unter strenger Asepsis resecirt Verf. 2—4 Rippen, er-
öffnet dann die Pleura. Wenn die Lunge ganz kollabirt, wartet er mit weiterem
Vorgehen. Das Annähen der Lunge an die Pleura costalis will er durch Tam-
ponade ersetzt wissen. Durch Punktion der Lunge mittels einer Hohlnadel oder
noch besser eines dünnen Paquelinbrenners, den er mit einer dünnen Hülse nach
Art eines Trokars versieht, sucht er den Abscess auf, erweitert vorsichtig die
Zugangsöffnung mit einer Kornzange und tamponirt die Höhle mit Jodoformgaze.
Chloroform wendet B. nur bei relativ kräftigen Pat. an, sonst Lokalanästhesie.
Zum Schluss werden von 2 Fällen die Krankengeschichten mitgetheilt.
Martens (Berlin).
57) W. Bomnüter. Über Thorakoplastik.
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897.
B. beschreibt 3 Fälle von Thoraxplastik, die von Helferich ausgeführt
wurden. Der Ausgang war in allen Fällen wegen Tuberkulose ungünstig.
Helferich hat 2 von der Schede’schen Methode abweichende Modifika-
tionen angewendet.
Er durchschneidet, um Zeit zu sparen, ohne vorherige subperiostale Resektion
der Rippen die ganze Thoraxwand (außer der Haut) mit einer von ihm an-
gegebenen Knochenschere auf einmal, wobei man die Blutung gut beherrschen
kann. Ferner bildet er nicht den großen nach oben gestielten Schede’schen
Lappen, sondern 2 laterale Lappen, die vorn und hinten gestielt sind, nachdem
die Haut in der Axillarlinie durchtrennt ist. Sudeck (Hamburg).
58) B. Baiette und A. Rizzini. Sopra un caso di echinococco mus-
colare.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 4.)
Die Verff. berichten aus der chirurgischen Abtheilung des Dr. Turazza im
Ospedale civile in Verona über eine 59 Jahre alte Frau, die im 32. Lebensjahr mit
einer Anschwellung der linken Hüfte und Erschwerung der Bewegung der linken
unteren Extremität erkrankte. Als die Symptome sich verschlimmerten, wurde die
Geschwulst punktirt und eine klare, citronengelbe Flüssigkeit entleert. Dann
waren die Beschwerden verschwunden, sind jetzt aber seit 2 Jahren zurückgekehrt.
Eine Diagnose kann vor der Operation nicht gestellt werden. In der punktirten
Flüssigkeit sind weder Scolices noch Haken vorhanden, auch giebt die Geschwulst
kein Hydatidenschwirren. Trotzdem erweist sie sich nach der Struktur der Mem-
bran als eine Echinokokkencyste, die den M. glutaeus maximus zum großen Theil
usurirt hat und mit dem M. glutaeus medius und der Fascia lumbodorsalis stark
verwachsen ist. Nach dem Eingriff schnelle Heilung. Dreyer (Köln).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. vo payman, F. Kit (Mis
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
——
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 11. Sonnabend, 19. März. 1898.
Inhalt: I. K. Roser, Der Darmschirm. — II. E. Müller, Das Verhalten der Achilles-
sehne bei Kontraktion der Wadenmuskulatur. (Original-Mittheilungen.)
1) Lesser, Geschlechtskrankheiten und Volksgesundheit. — 2) Tarnowsky und Ja-
kowiew, 3) Neisser, 4) Piccardi, 5) Kirmisson und Jacobson, Syphilis. — 6) Rissmann,
Osteomalakie. — 7) Teleky, Osteoarthropathie hypertrophiante pneumique. — 8) Hahn,
Zur Untersuchung von Unfallverletzten. — 9) Kahleyss, Radiusbrüche. — 10) Nasse,
Krankheiten der Unterextremitäten. — 11) Hirsch, Angeborene Hüftverrenkung. —
12) Charpentier, Coxa vara. — 13) Schulte, Die Fußgeschwulst. — 14) Syms, Hallux
valgus. — 15) v. Levschin, Osteoplastische Unterschenkelverlängerung.
16) Werner, Primäraffekt am Zahnfleisch. — 17) Deycke, Tertiäre Sklerose. —
18) Manchot, Syphilis hereditaria und Pemphygus. — 19) Hahn, Bubonen. — 20) Cryer,
Osteotom. — 21) Sachs, Gymnastischer Apparat. — 22) Perutz, 23) Singer, 24) Swo-
boda, Oxteomyelitis. — 25) Shaw, Blutergelenke. — 26) Lehmann, Muskelhernie. —
27) Maillefert, Zur Unfallheilkunde. — 25) Mercidre, 29) Mihajlović, Entwicklungs-
störungen. — 30) Sawicki, Riesenwuchs. — 31) Blamenser, Wachsthumsstörung. —
32) Pischinger, 33) Kirmisson, Schulterblatthochstand. — 34) Burrell und Lovett, Habi-
tuelle Schulterverrenkung. — 35) Kirsch, Sehnentransplantation. — 36) Bradford, An-
geborene Hüftverrenkung. — 37) Bayer, Coxa vara. — 38) Barker, Verrenkung der
Kniebandscheiben. — 39) Footner, Genu valgum. — 40) Knust, Fußgelenkverrenkung.
— 41) Stechow, Die Fußgeschwulst. — 42) Breitung, 43) Brunner, Amputationen.
I. Der Darmschirm.
Von
Karl Roser in Wiesbaden.
Es wird wohl jedem Operateur willkommen sein, einen Apparat
zu besitzen, der ihm bei Operationen in der Bauchhöhle die Därme
zurückhält. Ich glaube, dass der elastisch federnde Darmschirm,
den ich nach vielem Überlegen ersonnen habe, diesem Zweck ent-
spricht.
Ich ließ aus einem 62 cm langen und 2 mm dicken Stahldraht
einen ovalen Ring von 25 cm Länge und 10 cm Breite löthen, zog
einen 8 cm breiten Trikotschlauch, der an beiden Enden des Ovals
abgebunden und abgeschnitten wurde, darüber und bog diesen Ring
11
298 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
über seine Fläche ungefähr halbkreisföormig zusammen, so dass er
untenstehende Form bekam.
Dieser federnde Ring soll nun bei
Operationen im Bauch so in die Bauch-
höhle eingelagert werden, dass er, wie
ein Diaphragma wirkend, das Opera-
tionsfeld isolirt und die Därme zurück-
drängt. Bei Operationen im kleinen
Becken z. B. wird der eine Schenkel
Die, eine Fi ur stallt den gre des Apparates durch die Bauchwunde
Gere giebt oe in das kleine Becken hineingeführt.
Darmschirm wieder. Die Därme werden mit ihm nach oben
zurückgeschoben und dann der ganze
Ring in den Bauch versenkt, so dass er nach oben vom Rande des
kleinen Beckens aufsitzt und sich mit seinen Polen gegen die seitlichen
Bauchwandungen von innen her anstemmt. Etwa hinter dem Schirm
noch hervorquellende Därme werden mit der Hand hinter die Barriere
zurückgedrängt. Auf diese Art kann man ohne Assistenz und ohne
Beckenhochlagerung das kleine Becken eventriren, so dass man mit
2 Händen in ihm arbeiten kann, ohne im mindesten durch Därme
gestört zu werden.
Nach demselben Princip verfährt man bei Operationen in der
Gegend des Blinddarmes oder der Gallenwege. Durch den ein-
gelagerten Schirm kann man sich die Unterseite der Leber und das
Duodenum vollständig freilegen. Man bekommt gar keine Därme
mehr zu Gesicht und hat eine 2—3faustgroße Höhle vor sich, die sich
namentlich mit Hilfe eines Stirnreflektors bequem übersehen lässt.
Das war das Wesentlichste, was ich über die Konstruktion und
Verwendung des Darmschirmes zu sagen hatte. Ich habe nur noch
einige ergänzende Bemerkungen zu machen.
Der Apparat soll aus biegsamem, aber doch elastisch federndem
Draht gemacht werden, damit er sich selbstthätig einklemmt und
gar nicht gehalten zu werden braucht. Die Federkraft des Drahtes
darf nur eine leichte sein, weil sonst Decubitus entstehen könnte.
Dieser Gefahr kann man aber auch dadurch begegnen, dass man
den Draht mit Gummi überziehen lässt. An Stellen, wo trotzdem
ein zu starker Druck zu befürchten wäre, wird man eine Mullkom-
presse einlagern.
Der Schirm muss natürlich vor jedem Gebrauch sterilisirt werden.
Weil er sich in trockenem Zustande nicht gut in die Bauchhöhle
einführen lässt, muss man ihn zuvor in schwacher Sublimatlösung
oder in steriler Kochsalzlösung anfeuchten.
Die Form des Schirmes kann durch Biegen mit den Händen
beliebig verändert werden. Man kann ein längeres oder breiteres
Oval aus dem Ring formen. Man wird sich einen um 5 cm und einen
um 10 cm längeren Ring, als er vorhin beschrieben, vorräthig halten.
Wo ein Schirm nicht genügen sollte — der Fall ist nur bei sehr
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 299
stark aufgetriebenen Därmen denkbar —, kann man zwei Schirme
neben oder über einander lagern. Man wird die Krümmung über
die Fläche je nach Bedürfnis mehr wie ein stumpf- oder recht-
winkelig gebogenes Knie gestalten etc.
Der Darmschirm stemmt sich, wie gesagt, gegen die seitlichen
Bauchwandungen von innen her an. Dadurch bringt er auch die
Bauchwunde selbst zum Klaffen, so dass in manchen Fällen, also
namentlich bei ganz schlaffen Bauchwandungen, auch hier gar keine
Wundhaken oder Hände nöthig sein werden, um das Operationsfeld
zugänglich zu machen. Vielleicht lässt sich eine Modifikation des
Apparates konstruiren derart, dass er, direkt in der Wunde an-
greifend, auch diese breit aus einander hält. Darüber stelle ich noch
Versuche an.
Bei Darmverwachsungen wird der Schirm erst etwas leisten
können, nachdem diese Verwachsungen ganz oder doch zum größten
Theil gelöst worden sind. Aber auch wenn man ihn noch nicht in die
Bauchhöhle versenken kann, wird man ihn doch als breiten Wund-
haken verwerthen, indem man den einen Schenkel als Griff benutzt.
Bei den meisten Operationen im kleinen Becken kann man be-
kanntlich durch extreme Beckenhochlagerung die Därme vollständig
aus der unteren Hälfte des Bauches eliminiren. Die Beckenhoch-
lagerung ist aber für den Operateur so unbequem und sie erschwert
die Narkose zuweilen in so hohem Grade, dass es wohl zu wünschen
wäre, wenn man sich mit Hilfe des Darmschirms von ihr emancipiren
könnte.
Bei Operationen, wo die Beckenhochlagerung nichts leistet und
demgemäß das Operationsterrain durch 2 oder 3 Assistentenhände
freigehalten werden muss, macht der Darmschirm geradezu einen
Assistenten entbehrlich, und dazu noch nimmt er weniger Raum und
weniger Licht weg als die assistirenden Hände. Ein Assistent
weniger bedeutet eine Verringerung der Infektionsgefahr. Diese
Gefahr ist aber. bei Gebrauch des Darmschirmes auch desshalb herab-
gesetzt, weil der Schirm die nicht in Betracht kommenden Theile
der Bauchhöhle, indem er wie ein Diaphragma wirkt, vollständig
ausschaltet. Bei der Übersichtlichkeit des Operationsfeldes, die der
Darmschirm schafft, kann sich nicht so leicht ein Tupfer zwischen
den Därmen verlieren und in der Bauchhöhle vergessen werden;
das verdient wohl auch noch gewürdigt zu werden.
Ganz unentbehrlich dürfte der Darmschirm für die Operationen
an den Gallenwegen sein. Meine Bemühungen, dies durch eine
Photographie in überzeugender Weise zur Geltung zu bringen, sind
bisher nicht gelungen. Durch einen Versuch an der Leiche kann
sich aber Jeder davon überzeugen, dass der Darmschirm einen tech-
nischen Fortschritt bedeutet.
Damit der Apparat nicht durch minderwerthige Nachahmungen
in Misskredit komme, habe ich ihn der Medicinisch-Polytechnischen
Union, Berlin N, Ziegelstr. 3, zur alleinigen Fabrikation übertragen
11*
300 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
und beim Patentamt zum Musterschutz anmelden lassen.. Die ge-
nannte Firma liefert den unüberzogenen Ring für 0,60 Æ, mit Gummi
überzogen für 1 Æ.
II, Das Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion
der Wadenmuskulatur.
Von
Dr. Ernst Müller, Stuttgart.
Auf die in dem gleichlautenden Artikel von Dr. H. Hirsch in
diesem Centralblatt 1898 No. 2 gemachten Ausführungen möchte ich
Folgendes erwiedern:
Es ist richtig, dass der Fersenhöcker bei der Plantarflexion sich
weiter von der Längsachse des Unterschenkels entfernt als bei der
Mittellage des Fußes. Es ist aber nicht richtig, das Hervortreten
der Achillessehne bei Kontraktion der Wadenmuskulatur allein auf
diese größere Entfernung ihrer Insertionsstelle zurückzuführen. Denn
der Betrag, um den sich die letztere bei Plantarflexion von der
Längsachse des Unterschenkels entfernt, ist ein geringerer, als der,
um den sich die Achillessehne oberhalb der Insertion bei der Kon-
traktion entfernt. Der Unterschied beträgt, wie ich durch wiederholte
Messung an einigen Individuen gefunden habe, mehrere Millimeter.
Bei einem erwachsenen Manne z. B. betrug die Entfernung eines
Punktes im Bereich der Insertion der Achillessehne bei rechtwink-
liger Stellung des Fußes von einer durch die Mitte des inneren
Knöchels entlang der Längsachse des Unterschenkels gelegten Geraden
5,2 cm, bei Plantarflexion 5,7 em.
Dagegen betrug die Entfernung eines 8 cm über dem inneren
Knöchel am hinteren Umfang des Unterschenkels gelegenen Punktes
von einer durch die Längsachse des Unterschenkels gedachten
Frontalebene bei rechtwinkliger Stellung des Fußes und erschlaffter
Muskulatur 4,8 cm, bei plantarflektirtem Fuß und kontrahirter
Wadenmuskulatur 5,6—5,7 cm.
Die Differenz betrug also an der ersten Stelle 0,5 cm, an der
letzten 0,8—0,9 cm; d. h. die Achillessehne entfernte sich an
jener 8cm über dem inneren Knöchel gelegenen Stelle
0,3—0,4 cm weiter von der Längsachse des Unterschenkels
als der Fersenhöcker. Dies kann nur dadurch verur-
sacht sein, dass die Sehne durch die bei der Kontrak-
tion an Dicke zunehmende Wadenmuskulatur abgehoben
wird, und dass es dabei ohne Seitendruck des Muskels
auf die Unterschenkelknochen nicht abgeht, ist physika-
lisch selbstverständlich.
n Es hätte übrigens dieser Messungen nicht bedurft, um zu dem
gleichen Resultat zu kommen; schon die einfachste Beobachtung ge-
nügt dafür. Man darf nur den Fuß in rechtwinkliger Stellung bei
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 301
erschlaffter Muskulatur halten und dann die gesammte Unterschenkel-
muskulatur stark kontrahiren und zwar so, dass der Fuß seine vorige
Stellung genau beibehält, dann sieht und fühlt man deutlich, wie
die Achillessehne hervorspringt. — Hier bleiben also die End-
punkte des Muskels unverrückt, und doch springt die Sehne bei
Kontraktion des Muskels stark hervor; also wieder ein Beweis, dass
die Sehne nicht, oder nicht allein, durch die veränderte Lage ihrer
Insertionsstelle, sondern durch den an Umfang zunehmenden Muskel-
bauch’ abgehoben wird.
Dieselbe Beobachtung kann man an einer ganzen Reihe von
Muskeln machen, von denen ich nur den Biceps brachii anführen
will, weil sich Hirsch hauptsächlich auf ihn beruft, um den Seiten-
druck der Muskeln auf den Knochen zu leugnen. Auch seine Sehne
springt bei rechtwinklig gebeugtem Ellbogen stark hervor, wenn man
den Muskel mit sammt seinen Antagonisten plötzlich kontrahirt.
Hirsch hätte also nicht leicht eine Beobachtung anführen können,
die mehr zu Ungunsten seiner eigenen Theorie, dass die Muskeln
keinen Seitendruck auf den Knochen ausüben, sprechen würde, als
gerade die Beobachtung vom Hervorspringen der Sehnen.
1) E. Lesser. Geschlechtskrankheiten und Volksgesundheit.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 43 u. 44.)
L. hebt die große und allgemeine Bedeutung, welche die Ge-
schlechtskrankheiten für die Volksgesundheit haben, hervor, schildert
die erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit des Einzelnen durch
die Infektion mit Tripper oder Syphilis, die socialen Folgen einer
venerischen Infektion und die Syphilis als eine der verbreitetsten
und verderblichsten Volksseuchen Die erhebliche Schädigung der
Volksgesundheit durch diese Krankheiten fordert die dringende Noth-
wendigkeit, durch Vorbeugungsmaßregeln die Ausbreitung derselben
einzuschränken. Unter diesen nennt L. als die wichtigsten: Assa-
nirung der Prostitution, sorgfältige ärztliche Untersuchung, Behand-
lung der erkrankten Prostituirten in geeigneten Krankenabtheilungen
in sachgemäßer Weise, hinreichende Ausbildung der Ärzte in der
Lehre von den Geschlechtskrankheiten, welche als obligatorisches
Fach in den Studienplan aufgenommen werden sollte, endlich die
Informirung des Publikums über die Gefahren, welche von Seiten
dieser Krankheiten drohen. Gold (Bielitz).
2) B. Tarnowsky und S. Jakowlew. Die Behandlung der
Syphilis mit Serum merkurialisirter Thiere.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 2.)
Nachdem T. schon früher konstatirt hat, dass Pferdeserument-..
gegen den Publikationen anderer Autoren auf den Verget SON Bhia e e
lis einen günstigen Einfluss nicht ausübt, hat e jè un Kürstiche,, _ 27 A
III
H DD AN
"e
Wa non. EE
302 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
von Kalomel energisch merkurialisirt waren. 16 Fälle von primärer,
sekundärer und tertiärer Syphilis sind durch Injektionen von diesem
Serum in großen Dosen und in längerer Zeit nicht geheilt worden;
die syphilitischen Erscheinungen sind nur vorübergehend und nur
in so fern beeinflusst worden, als durch die Behandlung Fieber auf-
getreten war; die meisten Pat. sind unter den Einspritzungen in
ihrem Allgemeinbefinden herabgekommen; die Blutuntersuchung bat
ungünstige Resultate ergeben. Diese Behandlung also (deren theo-
retische Grundlage übrigens eine sehr schwache ist) ist absolut nicht
zu empfehlen. Jadassohn (Bern).
3) A. Neisser. Die Einreibungskur.
(Sammlung klin Vorträge. N. F. No. 199. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897.)
Indem N. nachweist, dass unsere moderne Schmierkur, aufgebaut
auf einer großen Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten und Erfah-
rungen, wenn auch in modificirter Form, nur die Wiederholung der
durch die Empirie schon in den vergangenen Jahrhunderten gelehrten
Methode ist, bespricht er die Bedingungen, welche, um auf eine ge-
nügend große, reichliche Resorption des Quecksilbers unter allen
Umständen rechnen zu können, erfüllt werden müssen, von der
zweifellosen Thatsache ausgehend, dass die Aufsaugung des von der
Körperoberfläche her verdunsteten Quecksilbers durch die Lungen-
athmung den wesentlichsten Modus der Quecksilberwirkung bei der
Schmierkur darstelle. Da diese vornehmlich eine Einathmungskur
ist, muss die ganze Lebensweise des Pat. darauf zugeschnitten, die
Einreibung oder Verstreichung auf eine genügend große Fläche ge-
macht, für genügende Erwärmung des Körpers gesorgt werden, der
Kranke sich möglichst lange in demselben Luftraum aufhalten. In
welcher Weise diesen Forderungen zu entsprechen ist, möge in der
Abhandlung selbst nachgelesen werden. Sie bringt Denen viel Neues,
welche sich damit zu begnügen pflegen, den Pat. eine gewisse Anzahl
von Salbenpäckchen zu verschreiben und ihre Verreibung in bestimm-
tem Turnus zu empfehlen, ohne auf die sorgfältige Durchführung
jener allein eine sichere Heilung der gesammten Krankheit garan-
tirenden wesentlichen Bedingungen zu achten. Kramer (Glogau).
4) G. Piccardi. Über die Resorption der Kalomelinjektionen.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 2.)
Die Frage, wie bei den Injektionen ungelöster Hg-Präparate
diese resorbirt werden, hat ein zweifelloses Interesse für das Ver-
ständnis der Wirkung dieser Behandlungsmethode. Der Verf. hat
sich wesentlich histologisch mit dieser Frage beschäftigt (auch vom
chemischen Standpunkt wäre hier noch viel zu thun!); er hat ge-
funden, dass das Kalomel eine positiv chemotaktische Wirkung auf die
Leukocyten ausübt, und dass diese die Kalomelkörnchen wie andere
eorpusculäre Elemente aufnehmen, so lange deren Umsetzung in Subli-
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 303
mat noch nicht begonnen hat; die Leukocyten, welche Kalomelkörn-
chen enthalten, verlieren ihre Bewegungsfähigkeit; weiterhin hört
ihre phagocytäre Wirkung unter der Einwirkung des Sublimats ganz
auf; diese Thatsachen aber lassen sich bloß dort beobachten, wo
die Cirkulationsverhältnisse sehr günstige sind, und die Leukocyten
sehr schnell an das Kalomeldepöt herantreten, d. h. im Bauchfell,
nicht aber im Unterhautzellgewebe und in der Muskulatur, wo die
Leukocyten das Kalomel einfach umgeben, aber nicht in sich auf-
nehmen, wo also Umwandlung des Kalomels und Weiterbeförderung
des Sublimats ausschließlich durch die Körperflüssigkeiten bedingt
wird. Daher findet aus dem Bauchfell auch ein Transport der
Kalomelkörnchen in die Lymphdrüsen statt, während nach intra-
muskulären und subkutanen Injektionen das Hg nur in gelöstem
Zustand in den Drüsen zu finden ist. Jadassohn (Bern).
5) E. Kirmisson et M. G. Jacobson. Contribution à l'étude
des arthropathies dans la syphilis héréditaire.
(Revue d’orthopedie 1897. No. 5 u. 6.)
Die Autoren vermehren die Kasuistik hereditär-syphilitischer
Gelenkaffektionen um 3 eigene Beobachtungen:
1) 4l/sjähriger Knabe. Vater syphilitisch seit 5—6 Jahren. Auch die Ge-
schwister tragen Anzeichen von Syphilis. Seit einem Jahr Anschwellung eines
Knies, nie Schmerzen, Auftreibung des Tibiakopfes, mäßiger Erguss ins Gelenk.
Vollkommene Schmerzlosigkeit bei passiven, unbeschränkt möglichen Bewegungen.
Heilung durch Hg und JK. Nach Abbruch der Behandlung kleines Recidiv.
Vollendete Heilung nach Wiederaufnahme der Behandlung.
2) 2!/jähriger Knabe. Vater hat einen Schanker gehabt. Kind hinkt etwas,
erregt‘ zwar Verdacht auf Coxitis wegen großer Anschwellung am Ansatz des
Beines, dabei aber weder fehlerhafte Stellung noch nennenswerthe Schmerzen noch
Einschränkung der Beweglichkeit. Auch in Chloroformnarkose fühlt man nur
neben dem Gelenk die starken Knochenauftreibungen. Einleitung einer anti-
syphilitischen Behandlung ohne Immobilisation. Volle Heilung, Verschwinden der
Knochenschwellung.
3) (?) 1itägiger Knabe. Starke Anschwellung oben und hinten um das Hüft-
gelenk, Bein halbrechtwinklig gebeugt, anscheinend reflektorisch mit Schmerzhaftig-
keit. Keine deutlichen Zeichen von Lues. Aber auf antisyphilitische Behandlung
vollkommene Wiederherstellung zur Norm.
Die Autoren gruppiren die bisher publicirten Fälle in 2 Kate-
gorien je nach akutem (subakutem) oder chronischem Verlauf. Den
akuten Verlauf kennen sie nur nach Schüller und glauben, dass
das Vorkommen einer primären akuten hereditär syphilitischen Ge-
lenkaffektion noch nicht bewiesen ist. Gewisse Fälle mit subakutem
Verlauf können anscheinend mit Syphilis in Zusammenhang gebracht
werden. Der chronische Verlauf ist die Regel und für hereditäre
Syphilis typisch in 3 Formen, als einfache Osteoarthropathie, als
doppelseitige Hydrarthrose und als deformirende Osteoarthropathie.
Der Sitz der ersteren Affektion ist nicht so regelmäßig das Knie,
wie man annimmt; das Alter der beobachteten Fälle schwankt von
304 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
11 Tagen bis 17 Jahren. In der Symptomatologie sind 2 Zeichen
von fundamentaler Bedeutung, die Volumenszunahme der knöchernen
Gelenkkörper und der eben so ausgesprochene Mangel irgend welcher
Funktionsbehinderung, das Fehlen eigentlicher »Gelenksymptome«.
Die Knochenauftreibung kann sich auf einen oder beide Knochen
erstrecken, sich von der Epiphyse auf die Diaphyse, häufig entlang
einer Knochenleiste, fortsetzen, sie kann sich dann auch scharf gegen
das normale Knochenniveau absetzen. Vom Tumor albus unter-
scheidet sie sich durch ihre Beschränkung auf den Knochen, während
der Gelenksack höchstens vorübergehend mit anschwellen kann. Am
auffälligsten ist die pathognostische funktionelle Indolenz, die selbst
bei gewisser örtlicher Druckempfindlichkeit und Schmerzen unberührt
bleibt. Zu diesen konstanten Symptomen kommt als inkonstantes,
aber häufiges Zeichen ein mäßiger und wechselnder Gelenkerguss,
der sich in der Regel bei größeren Auftreibungen des Knochens zu-
gesellt, so wie eine totale oder noch charakteristischer auf bestimmte
Punkte der Gelenkkapsel beschränkte Verdickung derselben, von
zuweilen knorpeliger Härte (so besonders an den Umschlagsfalten der
Kapsel). Freilich ist das Wichtigste zur Stellung der Diagnose, dass
man überhaupt daran denkt, dass das Leiden hereditär-syphilitischer
Natur sein kann. Die Wirkung der Therapie ist eine so evidente,
dass bei Fehlschlagen derselben es sich wahrscheinlich nicht darum
handelt. Die doppelseitige Hydrarthrose ist von Clutton beschrieben
als seltenere, in vorgerücktem Kindesalter auftretende Knieaffektion,
für welche charakteristisch ist die Symmetrie, wiederum die funktio-
nelle Indolenz, das Freibleiben der Knochenantheile am Gelenk und
die Wirksamkeit der specifischen Therapie. Von der deformirenden
Osteoarthropathie existiren nur 2 Beobachtungen; das Charakteristische
liegt in der zuweilen ganz sonderbar gestalteten multiplen, nicht
massiven Osteophytenwucherung an der Epiphyse. — Aus den bis-
her veröffentlichten und von den Autoren meist im Auszug wieder-
gegebenen Beobachtungen ist für sie der Schluss unabweislich, dass,
wenn es überhaupt eine primäre hereditär-syphilitische Gelenkentzün-
dung giebt, diese jedenfalls noch nicht klar gezeichnet worden ist.
Anatomische Beweise fehlen, nur der klinische Verlauf spricht un-
zweideutig dafür, dass die hereditäre Syphilis in den Epiphysen und
im Epiphysenknorpel ihre primären Veränderungen schafft, nicht im
Gelenk selbst. Herm, Frank (Berlin).
6) P. Rissmann. Die Initialsymptome der Osteomalakie.
(Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie.)
Verf. beobachtete 2 Fälle von Osteomalakie und stellt charakte-
ristische Symptome der beginnenden Erkrankung hin: 1) Druck-
empfindlichkeit von Knochen, meist der Wirbelsäule im Bereiche des
Lendentheils, 2) Lähmungserscheinung an verschiedenen Muskeln
des Beckens und des Oberschenkels, 3) eigenthümliche subjektive
Beschwerden ostalgischer oder neuritischer Natur.
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 305
Verf. hat mit gutem Erfolg Phosphor 0,01—0,03—0,05: 100
Leberthran 3mal täglich 1 Theelöffel nehmen lassen.
Borchard (Posen).
7) Teleky. Beiträge zur Lehre von der »Osteoarthropathie
hypertrophiante pneumigue«.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 6.)
T. bereichert die Litteratur über das von Pierre Marie unter
dem obigen Namen aufgestellte Krankheitsbild durch 2 interessante
Fälle. Im Gegensatz zu M., der die Ätiologie in dem Worte »pneu-
mique« zum Ausdruck bringen wollte (Entwicklung der Knochen-
veränderungen im Anschluss an Erkrankungen des Respirationstraktes),
kommen nach T. auch noch andere Ursachen in Frage, die auf Grund
des vorhandenen Materials und seiner Beobachtungen folgende Grup-
pirung der Fälle erlauben.
Das Bild der Osteoarthropathie hypertrophiante pneumique ent-
steht:
1) Nach solchen Erkrankungen, bei welchen es zu eitriger und
jauchiger Zersetzung im Organismus kommt: Tuberculosis pulmonum
(mit Kavernenbildung), Bronchiektasien, Empyem, Cystopyelonephritis,
Dysenterie.
2) Nach Infektionskrankheiten und chronischen Intoxikationen:
Pneumonie, Pleuritis, Lues, Alkoholismus (?).
3) Bei Herzfehlern, besonders angeborenen.
4) Bei bösartigen Geschwülsten: Lungensarkom, Lungencarcinom,
Parotissarkom.
5) Bei Erkrankungen des Nervensystems: Syringomyelie, Neu-
ritis (?).
In Übereinstimmung mit Arnold befürwortet T. die Abänderung
des von Marie gewählten Namens in »sekundäre hyperplastische
Ostitis«. Hübener (Breslau).
8) Hahn. Zur Untersuchung von Unfallverletzten.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 1.)
Verf. empfiehlt 2 äußerst einfache Vorrichtungen, um einiger-
maßen zuverlässige Werthe für die Kraft der Arme und Hände zu
bestimmen. Um die Kraft der Extensoren oder Flexoren des Armes
zahlenmäßig anzugeben, lässt H. die Pat. einen Zug an der bekannten
Salter’schen Federwage ausüben. Den Druck der Hand bestimmt
er, indem durch Druck auf eine Gummibirne eine mit letzterer ver-
bundene Quecksilbersäule zum Anschlag gebracht wird.
Steudel (Hannover).
11**
306 Centralblait für Chirurgie. No. 11.
9) M. Kahleyss. Beitrag zur Kenntnis der Frakturen am
unteren Ende des Radius.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 531.)
K. hat in Prof. Oberst’s Krankenhaus Bergmannstrost in Halle
60 größtentheils frische Fälle von sogenannter typischer Radiusfraktur
mittels Röntgenstrahlen untersucht, eben so einige durch Leichen-
versuche gewonnene Präparate, worüber hier Bericht erstattet wird.
Die K.’sche Untersuchung hat mittels des genannten Verfahrens in
mehrfacher Hinsicht unsere Kenntnis der Radiusbrüche erweitert und
kann als Hinweis darauf dienen, wie mannigfache Aufklärungen im
Gebiete der Knochenverletzungen wir von demselben noch erwarten
dürfen. K.’s wesentlichste Resultate sind folgende:
Reine Epiphysenlösungen (Chondro-Epiphysenlösungen) kommen
im vorgeschrittenen Kindesalter nicht mehr vor, sind dann fast immer
mit Diaphysenfraktur komplieirt.
Fissuren sind nicht so häufig, als bisher angenommen wurde;
sie treten bei Fall auf den Handrücken leichter ein, als bei Fall auf
die Hohlhand.
Die vollständigen Brüche durchsetzen entweder die ganze Breite
und Dicke des Knochens oder nicht. Im 1. Falle sind sie entweder
einfach oder mehrfach.
A. Die den ganzen Knochen durchsetzenden Brüche be-
tragen von allen Fällen ......... uns. BI:
I. Darunter einfache Brüche in. . . ...2....60»
und zwar war die radio-ulnare Bruchrichtung
BB EE EK
tee beten ek A Ce E en . 26>
c. winkelig in ... PE ed ae:
Il. Die mehrfachen Brüche machen aus... . . 29>».
Die radio-ulnare Begrenzung des unteren Fragments v war
BH EE Ee Wen nenn EE e CH
bh sëhge e 2 AER ER S
c. winkelig (Y-Fraktur) `, 23 ».
B. Die nicht die ganze Breite und Dicke durchsetzenden
Knochenbrüche betragen. . . ... . . 11»
Sie bestehen in Abbruch eines mehr oder weniger ER Theils
vom Proc. styl. radii; ein Theil zeigte gleichzeitig auch Abbruch des
dorsalen Gelenkflächenrandes.
Ins Handgelenk penetrirte der Bruch in 42% der Fälle. Die
meisten Splitterbrüche waren mit Einkeilung komplieirt. Das untere
Fragment wird gewöhnlich im Ganzen nach O. H. A. geschoben, so
dass es oft um seine frontale, nicht aber um seine sagittale Achse
gedreht wird. In 78% aller Fälle findet sich ein komplicirender
Bruch des Proc. styloideus ulnae. Den Entstehungsmechanismus
betreffend glaubt K., dass der Bruch am unteren Radiusende mit-
unter ausschließlich durch Abreißen, mitunter auch ausschließlich
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 307
durch direkten Stoß und Gegenstoß hervorgerufen wird, dass aber
der typische Schrägbruch durch kombinirte Wirkung beider genannter
Kräfte zu Stande kommt.
16 genau nach Röntgenaufnahmen gezeichnete Abbildungen
zeigen die Bruchspalten in besonders lehrreichen Fällen. Außerdem
sind die wichtigsten Typen derselben in 9 schematischen Figuren
skizzirt. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
10) Nasse. Chirurgische Krankheiten der unteren Extremi-
täten. Deutsche Chirurgie. Lfg. 66. I. Hälfte.
Stuttgart, F. Enke, 1897. Mit 136 Abbildungen.
Es ist dankbar anzuerkennen, dass das Erscheinen der noch
ausstehenden Lieferungen des großen Sammelwerks der Deutschen
Chirurgie in letzter Zeit in lebhafterem Tempo erfolgt, als in den
früheren Jahren, in denen nur ab und zu einmal ein neuer Band
dargeboten wurde. Kann auch damit nicht mehr gut gemacht wer-
den, dass ein großer Theil der zuerst erschienenen Monographien
bereits längst veraltet ist, so wollen wir uns dadurch doch nicht
die Freude an den frisch herauskommenden verkümmern lassen.
Und mit solcher darf auch die vorliegende Bearbeitung N.’s in ihrer
ersten, die Krankheiten des Fußes, Unterschenkels und Knies um-
fassenden Hälfte aufgenommen werden; denn sie stellt ein tüchtiges
Stück sorgfältiger, das betreffende Gebiet erschöpfend, knapp und
präcis behandelnder Arbeit eines pathologisch-anatomisch wie prak-
tisch-chirurgisch gleich ausgezeichnet geschulten und auf reichen, in
v. Bergmann’s Klinik gesammelten Erfahrungen fußenden Autors
dar, der uns die letzteren neben den durch gründliches Litteratur-
studium gewonnenen Lehren und Beobachtungen anderer Chirurgen
in leicht verständlicher Darstellung bietet. Es war gewiss keine
kleine Arbeit, die N. zu leisten hatte, Angesichts der Fülle von
Litteratur über die einzelnen angeborenen und erworbenen Leiden
der unteren Extremität überall in der Schilderung die richtige Mitte
zu halten, dass sie nicht mit zu vielen Details belastet wurde und
doch ein erschöpfendes Bild unseres gegenwärtigen Wissens und
Leistens auf jenem Gebiet der Chirurgie gab. Aber diese Arbeit ist
N. aufs beste gelungen. Wir verweisen in dieser Hinsicht z. B. auf
die Kapitel über den Klumpfuß, die Tuberkulose des Fuß- und Knie-
gelenks etc. — Zahlreiche gute Abbildungen erläutern in zweck-
mäßiger Weise pathologisch-anatomische Befunde, klinische Bilder
und Apparate. — Möge die 2. Hälfte der Monographie bald folgen!
Kramer (Glogau).
306 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
9) M. Kahleyss. Beitrag zur Kenntnis der Frakturen am
unteren Ende des Radius.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 531.)
K. hat in Prof. Oberst’s Krankenhaus Bergmannstrost in Halle
60 größtentheils frische Fälle von sogenannter typischer Radiusfraktur
mittels Röntgenstrahlen untersucht, eben so einige durch Leichen-
versuche gewonnene Präparate, worüber hier Bericht erstattet wird.
Die K.’sche Untersuchung hat mittels des genannten Verfahrens in
mehrfacher Hinsicht unsere Kenntnis der Radiusbrüche erweitert und
kann als Hinweis darauf dienen, wie mannigfache Aufklärungen im
Gebiete der Knochenverletzungen wir von demselben noch erwarten
dürfen. K.’s wesentlichste Resultate sind folgende:
Reine Epiphysenlösungen (Chondro-Epiphysenlösungen) kommen
im vorgeschrittenen Kindesalter nicht mehr vor, sind dann fast immer
mit Diaphysenfraktur komplicirt.
Fissuren sind nicht so häufig, als bisher angenommen wurde;
sie treten bei Fall auf den Handrücken leichter ein, als bei Fall auf
die Hohlhand.
Die vollständigen Brüche durchsetzen entweder die ganze Breite
und Dicke des Knochens oder nicht. Im 1. Falle sind sie entweder
einfach oder mehrfach.
A. Die den ganzen Knochen durchsetzenden Brüche be-
tragen von allen Fällen .... 2222.22... 89%.
I. Darunter einfache Brüche in... .......60>
und zwar war die radio-ulnare Bruchrichtung
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Sie bestehen in Abbruch eines mehr oder weniger großen Theils
vom Proc. styl. radii; ein Theil zeigte gleichzeitig auch Abbruch des
dorsalen Gelenkflächenrandes.
Ins Handgelenk penetrirte der Bruch in 42% der Fälle. Die
meisten Splitterbrüche waren mit Einkeilung komplicirt. Das untere
Fragment wird gewöhnlich im Ganzen nach O. H. A. geschoben, so
dass es oft um seine frontale, nicht aber um seine sagittale Achse
gedreht wird. In 78% aller Fälle findet sich ein komplicirender
Bruch des Proc. styloideus ulnae. Den Entstehungsmechanismus
betreffend glaubt K., dass der Bruch am unteren Radiusende mit-
unter ausschließlich durch Abreißen, mitunter auch ausschließlich
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 307
durch direkten Stoß und Gegenstoß hervorgerufen wird, dass aber
der typische Schrägbruch durch kombinirte Wirkung beider genannter
Kräfte zu Stande kommt.
16 genau nach Röntgenaufnahmen gezeichnete Abbildungen
zeigen die Bruchspalten in besonders lehrreichen Fällen. Außerdem
sind die wichtigsten Typen derselben in 9 schematischen Figuren
skizzirt. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
10) Nasse. Chirurgische Krankheiten der unteren Extremi-
täten. Deutsche Chirurgie. Lfg. 66. I. Hälfte.
Stuttgart, F. Enke, 1897. Mit 136 Abbildungen.
Es ist dankbar anzuerkennen, dass das Erscheinen der noch
ausstehenden Lieferungen des großen Sammelwerks der Deutschen
Chirurgie in letzter Zeit in lebhafterem Tempo erfolgt, als in den
früheren Jahren, in denen nur ab und zu einmal ein neuer Band
dargeboten wurde. Kann auch damit nicht mehr gut gemacht wer-
den, dass ein großer Theil der zuerst erschienenen Monographien
bereits längst veraltet ist, so wollen wir uns dadurch doch nicht
die Freude an den frisch herauskommenden verkümmern lassen.
Und mit solcher darf auch die vorliegende Bearbeitung N.’s in ihrer
ersten, die Krankheiten des Fußes, Unterschenkels und Knies um-
fassenden Hälfte aufgenommen werden; denn sie stellt ein tüchtiges
Stück sorgfältiger, das betreffende Gebiet erschöpfend, knapp und
präcis behandelnder Arbeit eines pathologisch-anatomisch wie prak-
tisch-chirurgisch gleich ausgezeichnet geschulten und auf reichen, in
v. Bergmann’s Klinik gesammelten Erfahrungen fußenden Autors
dar, der uns die letzteren neben den durch gründliches Litteratur-
studium gewonnenen Lehren und Beobachtungen anderer Chirurgen
in leicht verständlicher Darstellung bietet. Es war gewiss keine
kleine Arbeit, die N. zu leisten hatte, Angesichts der Fülle von
Litteratur über die einzelnen angeborenen und erworbenen Leiden
der unteren Extremität überall in der Schilderung die richtige Mitte
zu halten, dass sie nicht mit zu vielen Details belastet wurde und
doch ein erschöpfendes Bild unseres gegenwärtigen Wissens und
Leistens auf jenem Gebiet der Chirurgie gab. Aber diese Arbeit ist
N. aufs beste gelungen. Wir verweisen in dieser Hinsicht z. B. auf
die Kapitel über den Klumpfuß, die Tuberkulose des Fuß- und Knie-
gelenks etc. — Zahlreiche gute Abbildungen erläutern in zweck-
mäßiger Weise pathologisch-anatomische Befunde, klinische Bilder
und Apparate. — Möge die 2. Hälfte der Monographie bald folgen!
Kramer (Glogau).
308 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.‘
11) H. Hirsch (Köln). Zur Frage der Entstehung der an-
geborenen Hüftverrenkung.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 49.)
In vorliegender Mittheilung sucht Verf. die gegen seine Er-
klärung, dass die angeborene Hüftverrenkung auf mechanischem Wege
durch ein chronisch wirkendes intra-uterines Trauma entstehe, von
A. Alsberg (s. ds. Bl. 1897 p. 1130. Ref.) erhobenen Einwände zu
bekämpfen und darzuthun, dass in den Fällen, wo primär eine hin-
reichend tiefe Pfanne vorhanden sei, und die unblutige Reposition
zum Ziele führe, die Theorie einer originären Entwicklungsstörung
der Hüftpfanne nicht denkbar sei. Indem er dann weiter den Mecha-
nismus der traumatischen Entstehung des Leidens entwickelt, davon
ausgehend, dass beim Fötus noch keine Beckenneigung besteht, und
der Theil der Pfannenumrandung, welcher mit Ausbildung der ersteren
nach hinten zu liegen kommt, nach hinten unten gerichtet sei, glaubt
H., dass das öftere Vorkommen der angeborenen Hüftverrenkung
beim weiblichen Geschlecht durch die bereits Ende des 5. Fötal-
monats nachweisbare besondere Gestaltung des weiblichen Beckens
begünstigt werde. Was schließlich noch die »Erblichkeit« des Leidens
betrifft, so hält H. das sehr seltene Zusammentreffen desselben bei
Vater und Kind als ein zufälliges und bemerkt bezüglich der schein-
baren Vererbung durch den mütterlichen 'T'heil, dass man hier eben
so gut wie eine direkte Vererbung der Missbildung eine vererbte
Neigung zu mangelhafter Fruchtwasserabsonderung annehmen könnte.
Kramer (Glogau).
12) E. Charpentier. De l’incurvation du col f&moral attri-
buée au rachitisme (ou coxa vara).
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1897.
Es lag in der Natur der Sache, dass der Coxa vara, wie fast
jeder neu aufgestellten Krankheit, im ersten Eifer mehrfach Fälle
zugetheilt wurden, welche sich bei ruhiger Betrachtung als etwas
Anderes herausstellen mussten — wenn man wenigstens nicht jede
aus beliebiger Ursache entstandene Schenkelhalsverbildung als Coxa
vara bezeichnen wollte. Dieses Streben musste aber nothwendig eine
für die Erkenntnis der wirklichen Verhältnisse übrigens nur förder-
liche Reaktion hervorrufen, wie sie besonders in den Veröffent-
lichungen von Kirmisson und in der hier vorliegenden Arbeit
seines Schülers C. zum Ausdruck kam.
Kirmisson hatte bekanntlich schon 1894 vor Verwechslung von
Schenkelhalsverkrimmung und den Folgen gewisser Formen von
tuberkulöser Coxitis gewarnt und hat auch seither, bei der Be-
sprechung der Arbeit von Zehnder, so wie in einer neueren Mit-
theilung über angeborene Coxa vara an einzelnen mitgetheilten Fällen
eine strenge, aber nicht unberechtigte Kritik geübt. C. fasst nun
in seiner gründlich geschriebenen Dissertation die verschiedenen
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 309
Argumente zusammen, welche gegen die Auffassung der Coxa vara
als einer einheitlichen, spätrachitischen Affektion geltend gemacht
werden können und unterwirft bei dieser Gelegenheit noch einmal
eine Anzahl der bisher veröffentlichten Fälle einer kritischen Be-
sprechung.
Wir können dem Verf. nur beistimmen, wenn er einzelne dieser
Fälle auf Grund eingehender Besprechung aus dem Rahmen der
Schenkelhalsverkrümmungen im strengen Sinne ausscheidet. Unter
den Quellen irrthümlicher Diagnosen sei zuerst die Tuberkulose er-
wähnt. Dieselbe spielt — von dem vielerwähnten Fall von Roeser
weg — bis in die letzte Zeit eine Hauptrolle bei den Fehldiagnosen,
wie unter Anderem aus einem Falle von Zehnder hervorgeht. Auch
für einzelne der von Hofmeister mitgetheilten Fälle will Verf. (wie
übrigens vor ihm Kocher) die Möglichkeit einer tuberkulösen Affektion
nicht fallen lassen. Andere Fälle (z. B. von Müller und von Kocher)
will Verf. einer rheumatischen Arthritis und Ostitis und speciell
der Arthritis deformans zuweisen, was uns immerhin noch sehr des
Beweises zu entbehren scheint. Mit Recht macht er dagegen auf
die Gefahr aufmerksam, Schenkelhalsfrakturen des Kindesalters und
ihre Folgen für Coxa vara zu halten und beruft sich dabei auf die
neuesten Mittheilungen von Whitman!'.
Auch die Verwechslung mit angeborener Hüftgelenksverrenkung
kommt vor, und Verf. sieht z. B. eine solche in Übereinstimmung mit
Kirmisson in einem der Fälle von Zehnder. (Es ist zu bedauern,
dass Zehnder in diesem operirten Falle keine Angaben über das Ver-
halten des Schenkelhalses macht. D. Ref.)
Bis dahin hat die Arbeit von C. einen vorwiegend negativen
Charakter. Es besteht nun aber schon eine große Zahl genau unter-
suchter, unter keine der genannten Kategorien von Fehldiagnosen
fallender Beobachtungen von Schenkelhalsverkrümmungen. Mit diesen
hat Verf. mehr Mühe, sich abzufinden. Was die Rachitis betrifft, so
wird zugegeben, und selbst durch mehrere Präparate aus dem Musée
Dupuytren illustrirt, dass dieselbe Schenkelhalsverkrümmungen be-
dingen kann. Doch sind dieselben nach C. verhältnismäßig wenig
ausgesprochen und gehen selten bis zum rechten Winkel. Für die
höheren Grade — die typische Coxa vara adolescentium — stellt
Verf. die Rachitis als alleinige oder Hauptursache in Abrede und ist
geneigt, dieselben eher, zum Theil wenigstens, dem Rheumatismus
und der Arthritis deformans zuzuweisen. Für einzelne Fälle freilich
wird Spätrachitis zugestanden. Verf. kommt auf diese Weise zu dem
Schluss, dass der Schenkelhalsverkrümmung im Wachsthumsalter
trotz der sich immer mehr oder weniger gleichbleibenden Sympto-
matologie verschiedene Ursachen zu Grunde liegen.
1 Es sei auch auf eine in dieser Hinsicht sehr instruktive, von Kocher
(Beiträge zur Kenntnis einiger wichtiger Frakturformen Bd. III p. 48) mitgetheilte
Beobachtung hingewiesen. D. Ref.
310 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
Bezüglich der Behandlung wird mit Recht betont, dass ein
blutiger Eingriff erst in dem Stadium in Frage komme, wo die Ver-
biegung stationär geworden ist. Über das zu wählende Operations-
verfahren sich auszusprechen hält Verf. noch für verfrüht.
Es geht aus dem Gesagten hervor, das die Arbeit von C. zwar
nichts wesentlich Neues bringt — Verf. scheint selbst noch keinen
typischen Fall von Coxa vara gesehen zu haben —, dass sie aber
eine nützliche Reaktion darstellt gegen voreilige Aufstellung der
Diagnose: »Coxa vara« und damit die ganze Frage mehr fördert, als
durch die Beschreibung einiger neuer Fälle.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
13) Schulte. Die sogenannte Fußgeschwulst.
(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie.)
.. Verf. glaubt, dass die sogenannte Fußgeschwulst, als deren
Atiologie Entzündung der Sehnenscheiden und Bänder, oder Mittel-
fußgelenkentzündungen und Periostitis der Mittelfußknochen bisher
angesehen wurde, einen Einbruch oder eine vollkommene Fraktur
darstelle. Genauere Untersuchungen an 59 Fällen brachten ihn zu
dieser Ansicht. Es handelte sich immer um einen Bruch des 2., 3.
oder 4. Mittelfußknochens. Es war stets gut ein Callus zu fühlen.
An einem aufgenommenen Skiagramm war nichts zu sehen, aber der
Callus deutlich zu fühlen. Die Krankheitsdauer betrug im Mittel
40 Tage. Bei 6 Pat. war Krepitation und abnorme Beweglichkeit
zu konstatiren. Einige Röntgenphotographien dieser Fälle zeigen
deutlich die Frakturstelle. Mehrere Male waren die Geheilten dienst-
unfähig. Die verschiedenen früheren Erklärungen der Krankheit
werden einer Kritik unterzogen und der Mechanismus ihrer Ent-
stehung erklärt. Auch Mikulicz schließt sich in dem Falle, den
er gesehen hat, der Ansicht S.s an. Die Therapie besteht in Bett-
ruhe, Massage, feuchten Umschlägen, später Pinselung mit Jodtinktur.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
14) P. Syms. Bunion: its aetiology, anatomy and operative
treatment.
(New York med. journ. 1897. Oktober 2.)
Die Bezeichnung »Bunion« gebraucht man in Amerika für den
Symptomenkomplex des Hallux valgus; eigentlich bedeutet Bunion
nur die Entzündung des Schleimbeutels an der Innenseite des Meta-
carpophalangealgelenkes. Die Ursache des Hallux valgus sieht Verf.
ausschließlich in schlecht passendem Schuhwerk. Die anatomischen
Veränderungen bei der Affektion bestehen in einer Verdickung der
Knochen und aller das Gebiet umgebenden Weichtheile. Der Grad
der Valgusstellung ist ein sehr wechselnder.
Die Beschwerden, wie sie durch schlimme Formen des Leidens
bedingt werden, lassen sich nur durch einen operativen Eingriff be-
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 311
seitigen. Worin derselbe zu bestehen hat, hängt von dem Grad des
Leidens ab. Im Allgemeinen gilt Folgendes: Die Operation soll
nicht während eines akuten Anfalles vorgenommen werden. Dieselbe
soll sich immer gegen die Deformität und nicht gegen die Erkran-
kung des Schleimbeutels richten. Man soll sich hüten, die Narbe
auf die Seite der Zehe zu verlegen, wo der Schuh drückt. Von
Blutleere ist Abstand zu nehmen, die Wunde soll vollständig ohne
Naht geschlossen werden.
Der Hautschnitt liegt demnach auf dem Rücken der Zehe, etwa
3 cm lang. Bei leichteren Fällen werden alle Vorragungen an der
Innenseite des Metatarsus weggemeißelt. Bei schwereren Fällen
resecitt man das Metatarsusköpfchen. Ein gut liegender Verband
hält die Zehe in der richtigen Stellung; derselbe bleibt 14 Tage. In
der 3. Woche sollen die Pat. aufstehen. Krecke (München).
15) L. v. Levschin. Über eine neue Methode der osteo-
plastischen Verlängerung des Unterschenkels nach Exartiku-
lation des Fußes.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 5.)
In einem Falle, bei dem Verf. weder die Pirogoff’sche noch
Mikulicz-Wladimiroff’sche Operation ausführen konnte, operirte
er folgendermaßen:
1) Die Schnitte begannen am unteren Ende des Unterschenkels
und liefen längs des äußeren und inneren Randes des Fußes. Sie
wurden in der Mitte des Metatarsus durch einen Querschnitt ver-
einigt.
2) Quere Durchsägung der Metatarsalknochen.
3) Unter Beugung der Fußspitze nach unten wird das 1. Os
cuneiforme und die Basis metatarsi I abgetragen.
4) Durchsügung der kleinen Knochen parallel der Oberfläche der
für den Lappen bestimmten Knochen bis zum Chopart’schen Gelenk.
5) Operation nach Chopart und Bildung des Lappens bis zum
unteren Ende des Unterschenkels.
6) Die übrigen Weichtheile werden durch einen Querschnitt an
der hinteren Seite, d. h. am Ende des Unterschenkels abgeschnitten und
7) Die Unterschenkelknochen im Bereich der Epiphysen (wie bei
Pirogoff) durchsägt. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
Kleinere Mittheilungen.
16) Werner. Ein Fall von Primäraffekt am Zahnfleisch.
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hit. 3.)
Die Lokalisation eines Primäraffektes am Zahnfleisch ist sehr selten; unter
383 extragenital entstandenen Infektionen, die seit 1878 im alten Hamburger
Staatskrankenhaus beobachtet wurden, ist dies der einzige Fall. Sonst sind noch
1 Fälle aus der Litteratur bekannt, die ausführlich angegeben sind.
312 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
Es handelte sich um eine 38jährige Frau; unter dem Frenulum der Oberlippe
ist das Zahnfleisch exquisit schinkenfarben, hart und verdickt; daswischen mehrere
flache, grau belegte Ulcerationen, stellenweise konfluirend. Gegenüber an der
Schleimhaut der Oberlippe ein Abklatschgeschwür, kirschkerngroß, vorspringend.
Submentaldrüsen sind nicht vergrößert, dagegen Nacken- und Leistendrüsen. In
der linken Nasolabialfalte, am Mundwinkel und Kinn sieht man schuppende
Papeln; über den ganzen Körper verbreitet sich ein dichtes lentikuläres, makulöses
und papulöses Syphilid; Psoriasis palmaris beiderseits; Plaques Erosives an den
Schamlippen und am After. — Nach einer Schmierkur Heilung. — Eine Prä-
disposition war durch ein falsches Gebiss gegeben, das eine Gingivitis hervor-
gerufen hatte mit Auflockerung der Schleimhaut, Röthung und Entzündung der
Ränder. Über den Modus der Infektion konnte nichts eruirt werden. Die Dia-
gnose ist nicht immer leicht, so dass die Annahme vielleicht gerechtfertigt ist,
dass die Affektion doch öfters in dieser Lokalisation vorkommt, jedoch verkannt
wurde. Tschmarke (Magdeburg).
17) Deyoke. Ein Fall von tertiärer Sklerose.
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.)
Diese interessante, seltene Form einer syphilitischen Tertiärerkrankung wurde
bei einem 24jährigen Kommis beobachtet, der vor 3 Jahren zuerst erkrankt und
wiederholt mit Hg-Injektionen behandelt worden war. Es zeigte sich bei der
Aufnahme eine Infiltration der Nase und Oberlippe, welche auf die Wangen über-
griff, mit oberflächlichen Ulcerationen der Haut, von opaker Farbe; hinter dem
linken Ohr 2 gleiche runde Exkoriationen. Trotg der Anamnese wurde die Dia-
gnose auf Lupus vulgaris gestellt. Aber sowohl die erfolglose Behandlung, als
das Fehlen einer Reaktion selbst bei hohen Tuberkulingaben, und die Besserung
auf Jodkali ließen den wahren Charakter der Erkrankung bald erkennen. Es
zeigte sich im Laufe der Behandlung nun ein von Mauriac zuerst beschriebenes
Syphilome balano-pr&putial, eine harte, 2cm lange und 1 em breite, scharf be-
grenzte Induration am Präputium, mit oberflächlichen Exkoriationen, die einem
Primäraffekt zum Verwechseln ähnlich sah. Nach eingeleitetem Traitement mixte
heilte der syphilitische Lupus sehr schnell ab, während die Sklerose am Penis
Zeichen regressiver Einschmelzung bot und hartnäckig widerstand, so dass schließ-
lich die Geschwulst exstirpirt wurde; danach primäre Heilung. Die mikroskopische
Untersuchung des exstirpirten Stückes erwies bedeutende Unterschiede von dem
Bild einer Initialsklerose; die histologische Struktur hat frappante Ähnlichkeit
mit der Tuberkulose: Ausgedehnte Zellenneubildung, diffuse Bindegewebsentwick-
lung, die zahlreichen miliaren Gummata, zum Theil im Centrum verkäst, waren,
abgesehen von dem Fehlen der Bacillen, nicht von Miliartuberkeln zu unter-
scheiden. Nur die mikroskopische Untersuchung vermag den tertiären Charakter
der Geschwulst festzustellen. 'Tsohmarke (Magdeburg).
18) Manchot. Über einen Fall von Syphilis hereditaria kombinirt
mit einem durch den Staphylococcus pyogenes aureus hervorgerufenen
akuten Pemphigus gangraenosus.
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.)
Ein 4 Monate altes Kind mit deutlichen Zeichen hereditärer Syphilis — Coryza,
nässenden Papeln im Munde, an den Lippen und Hodensack, papulo-squamöse Sy-
philide an Stirn, Wange und Armen — zeigte linsengroße Pemphigusblasen, da-
neben größere, mit Eiter gefüllte Blasen und Geschwüre fast über den ganzen
Körper vertheilt. Der Pemphigus wurde bald als eine von der Syphilis un-
abhängige Komplikation erkannt. Die Blasen nahmen nämlich ein blau-schwarzes,
sanguinolentes Aussehen an; nach 24 Stunden bildeten sich auf dem Grund der
geplatzten Blasen derbe, schnell wachsende, scheibenförmige Infiltrate der Cutis,
die diphtherisch belegt waren, und nach Abstoßung dieser nekrotischen Massen
blieben runde, scharfrandige, die ganze Cutis durchsetzende Geschwüre zurück.
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 313
Im Eiter wurde Staphylococcus aureus gefunden; es gelang mit einer Reinkultur
genau dieselben Blasen mit ihren Metamorphosen an bisher intakten Hautstellen
hervorzurufen. Das Kind starb schließlich an Erschöpfung: die Syphilis, die stets
mit hohem Fieber einhergehenden Nachschübe des Pemphigus und eine allgemeine
akute Tuberkulose wirkten bei dem tödlichen Ausgang zusammen.
Das bisher noch nicht beobachtete Zusammentreffen des akuten infektiösen
Pemphigus mit floriden Erscheinungen hereditärer Syphilis machen den Fall
zu einem interessanten und der Mittheilung werthen.
Tschmarke (Magdeburg).
19) Hahn. Die Aspirationsbehandlung der Leistenbubonen.
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.)
Veranlasst durch 2 Beobachtungen von elephantiastischen Veränderungen an
Penis und Scrotum nach doppelseitiger Ausräumung der Leistendrüsen wurde die
Aspirationsbehandlung der Bubonen in 190 Fällen vorgenommen und hat zu sehr
ermuthigenden Resultaten geführt. Nach Aspiration des Eiters wurden die Drüsen-
abscesse Anfangs mit 0,6%iger Salicyllösung so lange ausgespült, bis die Flüssig-
keit klar abfloss; später wurden die Ausspülungen mit physiologischer Kochsalz-
lösung gemacht. Die Einstichöffnung wurde mit Jodoformgaze und Zinkpflaster
bedeckt, und mittels eines Mauersteins und eines Handtuches ein Druckverband
angelegt, letzteres, um den theueren Beckenverband zu sparen. Die Aspiration
wurde beliebig wiederholt, wenn nicht Komplikationen, die Lage und Konsistenz
der Drüsen, doch eine Operation nöthig machten.
Von 190 Fällen wurden über 70% geheilt mit 1—5 Aspirationen, von 75 Fällen
aus dem Jahre 1896 50 nach einer einzigen Aspiration. Aber auch bei Drüsen,
welche schließlich zur Operation kommen, soll die Methode von Nutzen sein,
indem nach Entfernung des Eiters die Ausschälung »auffallend leicht« von statten
gehen soll. 2mal verwandelte sich die Einstichöffnung in einen typischen harten
Schanker; 3mal blieb eine kleine, wenig secernirende oder störende Fistel zurück.
Der Drüseninhalt wurde stets steril befunden. Bei oberflächlichen Bubonen mit
deutlicher Fluktuation ist die Methode indieirt; nur wenig eingeschmolzene oder
tief gelegene Drüsen erfordern eine operative Entfernung.
Tschmarke (Magdeburg).
20) M. Cryer (Philadelphia). The surgical engine and its use in
bone surgery.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 14.)
C. empfiehlt ein neues »spiral« Osteotom namentlich für die Durchtrennung der
Schädelknochen. Es wird durch den üblichen Motor in Umdrehung versetzt und
ist im Ganzen sterilisirbar; es besteht aus einem kurzen, starken, rotirbaren Stift
mit 3 seitlichen, spiralig gewundenen, scharfen Kanten, und einem abnehmbaren
Tutor am unteren Ende, welcher z. B. zwischen Schädel und Dura zu liegen
kommt und letztere vor Verletzung schützt. Zur Resektion des Schädels muss
nach Durchtrennung der Weichtheile erst eine kleine Trepanöffnung angelegt
werden, in die das Osteotom eingesetzt wird. Die nöthigen Abbildungen mögen
im Original nachgesehen werden. Martens (Berlin).
21) S. Sachs. Ein Apparat für Zimmergymnastik.
(Ärztliche Polytechnik 1897. December.)
Der ganze Apparat besteht aus 4 Stäben, sog. Fußplatten, und beschwerenden
Gewichten. Letztere dienen zur Dosirung der bei den Übungen anzuwendenden
Kraft. Dadurch bietet der Apparat, ähnlich dem Dynamometer, ein genaues Maß
der Muskelkraft eines zu Untersuchenden; er gestattet fast alle in der Gymnastik
vorzunehmenden Übungen, kann sogar als Ruderapparat gebraucht werden. Eine
Menge Zander’sche Maschinen werden durch ihn in der einfachsten Weise ersetzt.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
314 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
22) Perutz. Zur Kasuistik der durch Pneumokokken bedingten akuten
eitrigen Osteomyelitis.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 3.)
Der in Kronacher’s Ambulatorium (München) von P. beobachtete Fall be-
traf einen 11 Monate alten Knaben, der im Anschluss an eine recidivirende Pneu-
monie eine akut eitrige, durch den Fränkel-Weichselbaum’schen Diplococcus
veranlasste, typische Knochenmarkentzündung an der Grenze zwischen Dia- und
Epiphyse des Humerus bekam.
Die Beobachtung bestätigt somit, dass Pneumokokken nicht bloß Ostitis, Peri-
ostitis und Gelenksentzündungen, sondern auch Osteomyelitis im engeren Sinne
hervorzubringen vermögen. Kramer (Glogau).
23) G. Singer. Rheumatismus und Osteomyelitis.
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 39.)
In dem berichteten Falle sieht der Autor den »zwingenden« Beweis für die
Richtigkeit der Auffassung, dass akuter Gelenkrheumatismus und Osteomyelitis
identische Processe mit durchaus einheitlichem Agens darstellen. Es handelt sich
um einen 17!/yjährigen Tischlergesellen, welcher im 7. Jahre eine anscheinend
primäre Osteomyelitis der rechten Tibia mit Sequesterbildung und Aufbruch durch-
gemacht hat. Jahrelange Eiterung mit centralem Knochenabscess. 5 Jahre nach
Beginn der Erkrankung Schwellung des linken Knies mit baldiger Wiederherstel-
lung. Ein Jahr später akuter Gelenkrheumatismus, beginnend im Sprunggelenk
und dann typisch auf alle Gelenke überspringend. Im nächsten Jahre Recidiv mit
Endo-Perikarditis und doppelseitiger Pleuritis. In dieser Zeit secernirte die Knochen-
wunde nicht, nur eine unbedeutende Hyperostose zeigt an der rechten Tibia die
Reste der überstandenen Osteomyelitis. Der Rheumatismus heilte nach 6 Wochen.
Dann in Folge eines Stoßes an der rechten Tibia wieder Aufbruch der alten
Eiterstelle, an deren Grund ein Sequester gefühlt wird. — Den Zusammenhang
der Affektionen will der Autor darin erkennen, dass in dem alten Tibiaherde der
latente Infektionsherd für die Gelenkentzündungen lag. » Während die Knochen-
wunde geschlossen ist, die Knocheneiterung scheinbar sistirt, kommt es zu einem
exquisiten polyartikulären Rheumatismus mit serösen Komplikationen; nach der
Heilung dieses Rheumatismus kommt neuerlich die Osteomyelitis zur Geltung.«
Die bakteriologische Begründung des Zusammenhanges beschränkt sich auf die
Angabe, dass während des Rheumatismus reichlich Staphylokokken im Harn nach-
weisbar waren. Die bakteriologische Prüfung des Sequesters war geplant, ist aber
unterblieben, da die Operation nicht ausgeführt wurde. So bestechend die Theorie
auch sein mag, es wird Manche geben, welche sich durch den obigen Beweis nicht
zwingen lassen. Herm. Frank (Berlin).
24) N. Swoboda. Über Osteomyelitis im Säuglingsalter.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 4.)
Nach einem Hinweis auf die größere Zahl der Eingangspforten für Infektions-
erreger beim Neugeborenen und Säugling gegenüber der späteren Lebensperiode
resumirt 8. aus der Betrachtung der bislang publicirten einschlägigen Fälle den
klinischen Verlauf der Osteomyelitis bei Säuglingen, der durch folgende Momente
ausgezeichnet ist: 1) Die Multiplicität der Knochenherde, 2) die Häufigkeit der
Epiphysenlösung, 3) die häufige Betheiligung der Gelenke, 4) der akute, meist
tödliche Verlauf.
Es folgt die Mittheilung eines selbst beobachteten Falles bei einem 3 Monate
alten Kinde, der unter hohem Fieber mit einem Abscess am Hals begann. Nach
Eröffnung desselben stieß man erst beim Vordringen bis an die Wirbelsäule auf
Eiter, in dem Staphylokokken (aureus? Ref.) nachgewiesen wurden. Im Anschluss
daran kam es zu multiplen Herden in der linken Tibia. Die Verkürzung des er-
krankten Unterschenkels, die 2 Monate nach Beginn 11 em betrug, hatte sich
4 Monate später bereits völlig ausgeglichen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 315
Bezüglich der Ätiologie erwähnt Verf., dass die Mutter, die das Kind bis
dahin gestillt hatte, am Tage nach dem Auftreten der ersten Temperatursteigerung
bei dem Kinde an einem schweren akuten Gelenkrheumatismus erkrankte. Er
hält die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen, dass die beiden Erkrankungen
durch Infektionskeime, die das Kind mit der Milch in sich aufnahm, in direktem
Zusammenhang stehen. Hübener (Breslau).
25) Shaw. A case of haemophilia with joint-lesions.
(Bristol med.-chir. journ. 1897. September.)
Bei einem 30jährigen Hämophilus zeigte sich eine Verdickung beider Ellbogen-
und Kniegelenke. Diese Verdickung war vom 2. Lebensjahre ab beobachtet
worden. Aus 2 Gelenken waren einmal Blutergüsse aspirirt worden. Die Ver-
dickung betraf im Wesentlichen die Knochen, die Beweglichkeit war in allen Ge-
lenken eine verminderte. Von Zeit zu Zeit traten akute Schwellungen in den
Gelenken ein, denen stechende Empfindungen in den betreffenden Fingern oder
Zehen und Hitzegefühl in dem Gelenk vorausgingen. Krecke (München).
26) Lehmann. Beitrag zur Kasuistik der Muskelhernien.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1897. No. 12.)
Beschreibung einer Muskelhernie am rechten Unterschenkel. Zwischen den
Bruchenden des durch einen Schrotschuss verletzten Wadenbeins liegt eine 10 cm
lange, 8 cm breite, eiförmige Muskelmasse, die aus der Unterschenkelfascie heraus-
tritt und nur von der äußeren Haut bedeckt ist. Pat. hat von der Hernie, die
vor 10 Jahren entstanden ist, nicht die geringsten Beschwerden.
Steudel (Hannover).
27) Maillefert. Einige kasuistische Beiträge zur Unfallheilkunde aus
Dr. Dumstrey’s Anstalt in Leipzig.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 1.)
I. Nach angeblichem komplieirtem Schädelbruch, durch einen Fall vom Dach
eines 4stöckigsn Hauses in den gepflasterten Hof, waren Kopfschmerzen, leichte
Reizbarkeit, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit surückgeblieben. Bei der Ope-
ration zeigte sich der Knochen an der Stella der größten Druckempfindlichkeit,
links oben auf dem Scheitel, an einer 5markstückgroßen Stelle bläulichroth ver-
färbt und sehr weich. Eine Fraktur des Schädeldaches lag nicht vor. Das Stück
wurde heraustrepanirt, die darunter liegende Hirnhaut zeigte sich intakt, doch lag
in der Mitte des Defektes, in der Dura eingebettet, ein 1 cm langes, 1/3 cm breites
Stück der Tabula vitrea. Herausnahme desselben. Reaktionsloser Wundverlauf.
Heilung. Die Kopfschmerzen sind verschwunden, Pat. hat in kurzer Zeit 8 Pfund
zugenommen; Pat. fühlt sich körperlich und geistig wohl.
U. Zur Beseitigung einer festen Verwachsung im Schultergelenk, die nach
einer Verstauchung des Oberarmes zurückgeblieben war, wurde in einem Kranken-
hause ein Brisement forc gemacht; darauf entstand eine habituelle Luxation des
Schlüsselbein-Brustbeingelenks nach vorn und oben. In der Anstalt Naht mit Silber-
draht. Heilung.
IL Das retrahirte periphere Sehnenende des durchschnittenen Flexor poll.
long. wurde an die verlängerte Sehne des Flex. carp. rad. genäht. Nachdem Pat.
nach Heilung der Wunde einige Wochen Fingerübungen gemacht hatte, wurde er
mit nahezu vollständig gebrauchsfähiger Hand entlassen. Steudel (Hannover).
28) L. Meroiöre. Serie d’arret de développement, tous situés du côté
droit (Malformation de l’oreille, de la main, du pied et kyste du
cordon).
(Revue d’orthopedie 1897. No. 5.)
Für die eigenthümliche Beschränkung der Anomalien auf die eine Seite bringt
der klinische Bericht keine Erklärung. Der 21/yjährige Knabe trägt ein Dar-
316 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
win’sches Spitzohr, ein Rückschlag, welcher in anatomischen Verhältnissen bei
gewissen Affen, auch am Langohr, seine Anomalie, beim Embryo sich aber kon-
stant findet. Am Rumpf ist der Proc. vaginalis zu mehrfachen Cysten missbildet.
Oberhalb der geschlossenen Tunica vaginalis findet sich eine größere, darüber eine
kleinere Cyste, welche an ihrer Wand eine langgestielte kleinste Cyste sitzen hat.
Der oberste Theil ist hernienförmig ausgeweitet, an seiner Wand sitzt ebenfalls
eine kleine Cyste.e An den Extremitäten besteht an der oberen eine Ektrodak-
tylie; es fehlt der ulnare Antheil an der Handwurzel, Mittelhand und Finger.
Die Ulna selbst ist stark verkümmert, 4—5 cm lang, nach unten sich bleistiftdick
verlierend. Der Radius ist herumgebogen, bei Supinationsbewegungen entsteht
zwischen den Knochenverbindungen Krepitiren. An der unteren Extremität ist
der Metatarsus III atrophisch, die 3. Zehe hat nur eine verkümmerte Phalanx. Die
große Zehe ist mit der zweiten bis auf die Endphalanx verwachsen, die Phalanx
der 3. Zehe hängt seitlich ihrem Nachbar an. Herm. Frank (Berlin).
29) Z. Mihajlovic. 2 Fälle anomaler Entwicklung der Extremitäten.
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1897. No. 11. [Serbisch.])
M. berichtet über 2 Fälle, ein Mädchen von 23 und einen jungen Mann von
25 Jahren, welche beide ohne untere Extremitäten geboren wurden. Gleich unter
der Hüfte sieht man Stümpfe, ähnlich denen nach einer Amputation; beim
Mädchen ist der rechte Stumpf etwas schwächer, als der linke. Die oberen Ex-
tremitäten sind beim Manne vollkommen normal, beim Mädchen in so fern ab-
norm, als an einer Hand der Mittelfinger, an der rechten Hand der 3. Meta-
carpalknochen fehlt. Die übrigen Organe in beiden Fällen normal. Die Eltern
beider normal, und hat vorher die Mutter des Mädchens 6, die des Mannes 4 nor-
male Kinder geboren. v. Cačković (Agram).
30) B. W. Sawicki. Ein Fall von Riesenwuchs der linken unteren
Extremität.
(Gaz. lekarska 1897. No. 52.)
Verf. beobachtete einen Riesenwuchs der linken unteren Extremität bei einem
10jährigen Knaben, dessen Mutter an Epilepsie litt. Das Kind kam anscheinend
normal entwickelt zur Welt. Im 2. Lebensjahre begann es zu gehen, ohne dass
man etwas Auffälliges bemerkt hätte. Erst seit einigen Jahren begann die linke
untere Extremität rapid an Länge und Dicke zuzunehmen. Die Untersuchung
des hochgradig nervösen Knaben zeigte, dass die Hypertrophie hauptsächlich den
Unterschenkel betraf. Die Differenz der Dimensionen erhellt aus folgenden
Zahlen:
Entfernung der Spina ant. sup. vom äußeren Knöchel 63,5 67,5 cm
» a a » » vom Capitul. fibulae 38 38 >»
H des Capit. fibul. von der Spitze des äußeren Knöchels 28 30 e
Fußlänge von der Ferse bis zur Spitze der großen Zehe 20 2»
Breite des Fußes in der Höhe der Metatarsalköpfchen 8 8»
Umfang über den Rist 20 21,5 »
H um die Knöchel 19,8 25,5 »
H im unteren Drittel des Unterschenkels 18 25,3 »
» um die Mitte des Unterschenkels 20,8 27 >»
» im oberen Drittel des Unterschenkels 24 28,5 »
H über die Kniescheibe 27 29,5 »
H im unteren Drittel des Oberschenkels 28 32 >»
H im oberen Drittel des Oberschenkels 33 34,5 »
Die Länge und Größe der Zehen so wie jene der oberen Extremitäten war
eine gleiche.
Die Hypertrophie der linken unteren Extremität betraf gleichmäßig Knochen
und Weichtheile. Im Unterhautzellgewebe an der inneren Seite des Unterschenkels
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 317
waren zahlreiche bohnen- bis taubeneigroße, auf Druck nicht empfindliche, harte
Knoten zu spüren.
Dieselben sollen nach Angabe der Eltern des Pat. seit einem Jahre bedeutend
an Größe zugenommen haben. Gefühl und elektrische Reizbarkeit so wie die
Funktion der Extremität waren normal. Trzebioky (Krakau).
31) Blamenser. Kasuistischer Beitrag zur Kenntnis von den nach
Nekrose an der Diaphyse auftretenden Störungen im Längen-
wachsthum.
Diss., Greifswald, Juli 1897.
B. berichtet über 2 Fälle, wo nach in der Jugend überstandener Osteomyelitis
Verlängerungen der betreffenden Diaphyse resultirten. Bei einem Falle von
Osteomyelitis der Tibia waren Tibia und Fibula um 3 om verlängert, in einem
zweiten Falle das Femur um 6 cm.
Aus den Versuchen von Helferich, Flourens, Humphry, Ollier,
Langenbeck und Haab geht hervor, dass eine Verlängerung der Diaphyse nur
bei noch wachsenden Individuen zu Stande kommen kann und durch das an den
Epiphysengrenzen durch die Nekrose gesetzte Irritament bewirkt wird.
Sudeck (Hamburg).
32) Pischinger. 3 Fälle von angeborenem Hochstand der Scapula
(Sprengel’sche Deformität).
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 51.)
P. hat in Krecke’s Privatklinik (München) 3 Fälle obiger Deformität linker-
seits beobachtet, die Kinder im Alter von 2—4 Jahren betrafen. Bei dem einen
bestand Hyperplasie des Schulterblattkörpers, bei diesem und dem 3. Falle auch
Schrägstellung des Schlüsselbeins mit Erhöhung des distalen Endes, in allen 3
Verdickung und Verkürzung des Halses durch wulstiges Vorspringen des oberen
Cucullarisrandes, Vertiefung der linken Achselhöhle, Abflachung der Supra- und
Infraclaviculargrube, im 1. Falle besonders ausgeprägte scheinbare Verkürzung des
linken Armes und eben so wie im 3. leichte Dextrokonvex-Skoliose der oberen
Brustwirbelsäule. Rotation und Hebung des Armes bis zur Horizontalen waren
unbehindert. — Zur Erklärung der Entstehung der Deformität erscheint P. die
von Sprengel gegebene am wahrscheinlichsten. — Anhangsweise berichtet er noch
über 1 Fall von erworbenem Tiefstand des Schulterblatts nach abgelaufenem Empyem.
Kramer (Glogau).
33) E. Kirmisson. Nouvel exemple de malformation congénitale
de l’omoplate (Ascension de l’omoplate avec exostose de son bord
supérieur).
(Revue d’orthopédie 1897. No. 5.)
31/2jähriger Knabe; das linke Schulterblatt steht 3 cm höher als das rechte,
zeigt einen Auswuchs am oberen inneren Randwinkel, welcher bis zum 7. Hals-
wirbeldornfortsatz reicht. Dorsalskoliose mit linksseitiger Konvexität mäßigen
Grades. Der Arm kann nur bis zum rechten Winkel erhoben werden. Der Fall
ist der 17. bis jetzt beschriebene. 10mal betraf die Affektion die linke Seite,
Imal die rechte, (mal war sie mit Skoliose vergesellschaftet, deren Konvexität
9mal nach der kranken Seite gerichtet war. Die Pathogenese ist durch den vor-
liegenden Fall auch nicht klarer gestellt worden als sie bisher war; K. hält die
Annahme einer primären Entwicklungsstörung für am meisten befriedigend. Der
Knochenauswuchs am inneren oberen Winkel des Schulterblattes macht den be.
schriebenen Fall am meisten dem Kölliker’schen ähnlich.
Herm. Frank (Berlin).
318 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
34) H. L. Burrell und R. W. Lovett (Boston). Habitual or recurrent
dislocation of the shoulder.
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. August.)
Nach einer Analyse von 6 Fällen habitueller Schulterluxation gelangen die
Verff. su folgendem Modus der Behandlung des Leidens:
1) Massage und methodische Übung abwechselnd mit Fixationsverbänden.
Wenn dies nach 3 Wochen nicht zum Ziele führt,
2) Operation, bestehend in Freilegung der vorderen Kapselwand, partieller
Excision derselben und Verschluss durch die Naht.
In einem Falle dauert die Beobachtungszeit,< während welcher keine neue
Luxation auftrat, bereits 1 Jahr 10 Monate. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
35) Kirsch. Zur Sehnentransplantation.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1897. No. 12.)
Im Anschluss an einen von Duplay in den Bull. et mém. de la soc. de chir.
de Paris berichteten Fall beschreibt K. das Resultat einer von ihm ausgeführten
Sehnentransplantation. Unter Infiltrationsanästhesie nähte er einem Dat, dem
durch eine Schnittverletzung die Sehnen der Daumenextensoren vor 6 Monaten
durchtrennt waren, das periphere Ende des Ext. poll. brev. 2 cm oberhalb der In-
sertion des Rad. ext. long. in dessen Sehne ein. Der Daumen wurde in einem
Pappverbande in Streckstellung fixirt; reaktionsloser Wundverlauf. Das End-
resultat war, dass Pat. sowohl bei dorsal- wie plantarflektirter Hand das Daumen-
grundglied gut strecken konnte. Beim Strecken der Hand wurde der Daumen
stark nach der Volarseite gezogen, zugleich fand beim Strecken des Daumens eine
starke Opposition seines Metacarpus statt. K. führt dies darauf zurück, dass
durch den Opponens poll. die zwischen Ext. poll. und Ext. carpi geschaffene
Behnenbrücke gespannt würde, und so erst die Streckung des Daumens ausgeführt
werden könnte. Abschätzung der Erwerbseinbuße vor der Operation 50%, 4 Mo-
nate nach derselben 20%. Steudel (Hannover).
36) E. H. Bradford (Boston). Congenital dislocation of the hip.
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. November.)
Verf. theilt seine Erfahrungen in der Behandlung der angeborenen Hüftver-
renkung in 3 Klassen:
1) Die mechanische Behandlung: 3 Jahre lang Fxtensionsbehandlung, später
Korsett, brachten in keinem Falle (von 8) ein befriedigendes Resultat.
2) Operative Behandlung nach Hoffa mit Schnittführung nach v. Langen-
beck. Die Endresultate waren nicht zufriedenstellend. Bei 3 Kindern, die längere
Zeit am Leben blieben (3 starben an interkurrenten Krankheiten), war der Kopf
anscheinend in der Pfanne nicht fixirt; ein gewisser Grad von Lordose blieb
zurück.
3) Operation mit Lorenz’ vorderem Schnitt. In 4 Fällen von 5 blieb der
Kopf reponirt; in einem 5. Falle trat Eiterung ein, das Endresultat war aber doch
ein brauchbares Bein.
Die Arbeit B.’s ist, trotz der wenigen Beobachtungen und geringen Resultate,
reich an belehrenden Einzelheiten, mit zahlreichen guten Abbildungen und um-
fassender Zusammenstellung der Litteratur versehen.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
37) J. Bayer. Zur Therapie der Coxa vara.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 562.)
B.'s Bemerkungen zu dem Gegenstand stützen sich, abgesehen von Benutzung
einschlägiger Litteratur, über welche zum Schluss der Arbeit ein Verzeichnis ge-
geben wird, auf 2 von Bardenheuer im Kölner Spital behandelte Fälle. Der
erste, ein mittelschwerer Fall, betrifft ein 19jähriges Dienstmädchen, das, sonst
gesund und nur unbedeutende Spuren von Rachitis tragend, seit 4 Jahren nach
Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 319
Anstrengungen über Schmersen und Schwäche in der linken Hüfte klagte. Linkes
Bein relativ um 11/2 cm verkürst, Trochanter 1 cm zu hoch und nach hinten ver-
lagert, das ganze Bein nach außen rotirt. Beugung, Abduktion, Adduktion be-
hindert. Bei Ruhelage Schmerzfreiheit. Im Röntgenbild ist der linke Schenkel-
hals mäßig verkürst. Behandlung: 4 Wochen lang permanente Beinextension mit
Quersug am oberen Oberschenkelende nach oben außen unter gleichzeitiger Ro-
tation nach innen, worauf Pat. beschwerdefrei entlassen werden konnte. Der
Erfolg ist jedenfalls der Entspannung der Muskeln und Bänder durch die Exten-
sion zu danken.
Fall 2, ungleich schwerer, betrifft einen 16jährigen Pat., der, mit 14 Jahren
in Fabrikarbeit eingetreten und hier gleich zu sehr schweren Anstrengungen ge-
nöthigt, erkrankte. Auch hier starke Auswärtsrotation beider Beine, beide Trochan-
teren 1!/x—2 cm zu hoch und nach hinten verschoben. Beweglichkeit der Hüften
beschränkt und nur mit Schmerzen. Gang sehr schlecht und watschelnd. Pat.
wurde beiderseits im Schenkelhalse osteotomirt, und zwar in der 1. Sitzung rechts
mittels Keilexcision (Kraske’sches Verfahren), in der 2. links mittels lineärer
Knochendurchmeißelung (Büdinger’s Verfahren). Die Wunden heilten aseptisch,
indess trat trotz sorgfältiger orthopädischer Nachbehandlung beiderseits völlige
Hüftankylose ein. Immerhin ist in so fern Besserung zu konstatiren, als die
Außenrotation der Beine gehoben, und der Gang auch gebessert wurde. Der
Grund für das Eintreten der Ankylose ist jedenfalls in einer Eröffnung des Hüft-
gelenks zu suchen, die bei einer Schenkelhalsosteotomie nur selten zu vermeiden
sein dürfte. Man wird desshalb bei schweren Fällen der Difformität häufig der
Osteotomie nach dem Vorgang von Kocher u. A. die Gelenkresektion vorziehen
müssen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
38) Barker. Partial and complete dislocation of the semilunar
cartilage of the knee. Operation on six cases.
(Lancet 1897. September 18.)
B. hat 6mal Gelegenheit gehabt, wegen Luxation des inneren Semilunar-
knorpels das Kniegelenk zu eröffnen. In allen Fällen handelte es sich um den
inneren Meniscus, alle Verletzungen betrafen Männer. Der erste Unfall ereignete
sich fast immer bei unbedeutenden Veranlassungen (Sprung aufs Pferd, aufs Fahr-
rad), in der Regel bei leicht gebeugtem Knie. Nach der ersten Verletzung trat
gewöhnlich Besserung ein, dann aber erfolgte ein neues Trauma und so fort bei
immer kürzer werdenden Zwischenräumen und zunehmenden Beschwerden. Palpa-
torisch war nie etwas Sicheres nachzuweisen.
Nach Eröffnung des Gelenks konnte bei 4 von den 6 Kranken der abgerissene
Meniscus zunächst nicht sichtbar gemacht werden. Er zeigte sich erst, als das
Knie bis zum rechten Winkel gebeugt war, in der Fossa intercondyloides. Mit
einem scharfen Haken wurde der Knorpel wieder in seine richtige Stellung ge-
sogen und dort durch Seidennaht befestigt. In allen Fällen ergab sich eine prima
reunio und ein gutes funktionelles Resultat.
Verf. folgert aus seinen Beobachtungen, dass ohne Operation eine Reduktion
des verschobenen Knorpels unmöglich ist. Wird der Knorpel nicht reponirt, so
erleidet derselbe solche Form- und Gewebsveränderungen, dass daraus dauernde
Störungen hervorgehen. Der operative Eingriff ist darum immer dringend angezeigt.
Krecke (München).
39) J. B. Footner. The pathology of genu valgum.
(Brit. med. journ. 1897. December 4.)
F. konnte durch Aufnahme mit Röntgenstrahlen die pathologisch-anatomischen
Veränderungen bei Geng valgum (3jähriges Kind) in vollendeter Weise zur Dar-
stellung bringen. Außer einer deutlichen Krümmung im oberen Schaftende der
Tibia und Fibula, auf die Morton (Brit. med. journ. 1897 Mai 29) schon hin-
gewiesen hat, ist die beträchtliche Verlängerung des unteren Schaftendes des Femurs
320 Centralblatt für Chirurgie. No. 11.
deutlich zu erkennen. 2 Skiagramme, die den Zustand vor und nach der Opera-
tion zeigen, illustriren die kurze Mittheilung. F. Krumm (Karlsruhe).
40) W. Knust. Über die Fußgelenksluxation durch Rotation nach
außen.
Diss., Greifswald, Juni 1897.
Ein 52jähriger Pat. fiel, während sein rechter Fuß in einer Krippe fixirt war,
nach hinten mit gleichzeitiger Rotation seines Körpers nach innen (»links uma).
Der Fuß war vollständig aus dem Tarsalgelenk nach außen herausgedreht, ohne
Bruch der Malleolen, ohne Dislokation nach vorn oder hinten, und ohne Weich-
theilschwellung.
K. fand in der deutschen Litteratur nur noch einen derartigen Fall (mit
Fibulabruch) und in der französischen Litteratur drei.
Bei Leichenversuchen konnte K. die Luxation ohne Fraktur nicht herstellen.
Er nimmt desswegen an, dass gur Entstehung der Verrenkung gewisse anatomische
Bedingungen gegeben sein müssen, wie ein abnormes Verhältnis zwischen Talus-
rolle und Gelenkgabel oder zu schwache Bandmassen zwischen Tibia und Fibula.
K. nennt die Verletzung Luxatio per eversionem. Sudeck (Hamburg).
41) Stechow (Berlin). Fußödem und Röntgenstrahlen.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1897. No. 11.)
Bei 3 Kranken mit chronischem »Fußödem« wies die Untersuchung durch
Röntgenstrahlen nach, dass ein Querbruch eines Mittelfußknochens vorlag, welcher
zwar in guter Stellung, aber mit einiger Calluswucherung verheilt war. Als Ver-
anlassung des Bruches wurden unbedeutende Traumen nachgewiesen, welche den
vorderen Theil des Mittelfußes getroffen hatten, und zwar vorwiegend im mittleren
Abschnitt desselben. Da nämlich die Köpfchen der IL, II. und IV. Mittelfuß-
knochen gegenüber den äußeren I. und V. weiter vortreten, so werden jene beim
Anstoßen des Fußes an eine Unebenheit oder beim steilen Aufsetzen desselben beim
Laufschritt stärker gefährdet. Daher waren die gebrochenen Knochen auch 2mal
der II., Imal der IV. Nicht unwesentlich erscheint es, dass der eine Kranke, im
Civilberuf Pferdeknecht, auch an dem anderen, jetzt ganz unempfindlichen Fuß
eine spindelförmige Auftreibung des Metacarpale III aufwies, für welche er keine
Veranlassung angeben konnte, welche aber bei der Abwesenheit einer Bruchlinie
als Resultat einer schleichend verlaufenen und durch Fortleitung von den Weich-
theilen aus entstandenen Periostitis angesehen werden musste.
Verf. lenkt die Aufmerksamkeit hierauf und giebt an, dass nunmehr auch
anderwärts ähnliche Befunde festgestellt worden sind, so dass es sich wohl um
ein häufigeres Vorkommnis handeln muss und also jedes hartnäckige Fußödem die
Untersuchung mit X-Strahlen erfordern dürfte. Lühe (Königsberg i/Pr.).
42) Breitung. Ein amputirter Radfahrer.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 1.)
43) F. Brunner (Zürich). Das Radfahren der Amputirten.
(Ibid. No. 5.)
Beide Autoren bringen eine kurze Notiz über je einen sich vorzüglich auf dem
Zweirad fortbewegenden, unterhalb des Knies, bezw. am Oberschenkel Amputirten.
Nach Brunner kommt es beim Radfahren auf die Konstruktion des künstlichen
Beines weniger an, — so fern es nur im Fuß- und Kniegelenk gut beweglich
ist —, als auf die Energie und Geschicklichkeit des Pat. Es unterliegt keinem
Zweifel, dass das Radfahren für Amputirte der unteren Extremitäten von hohem
Werth ist. Kramer (Glogau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
Las, LES LR
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
xmmm
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjāhriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 12. : Sonnabend, den 26. März. 1898.
Inhalt: Lange, Zur Behandlung der Spondylitis. (Original-Mittheilung.)
1) Unna, Ichthyol. — 2) Sack, Ichthalbin. — 3) Unna, Harzstift. — 4) Binz, Frost-
beulen. — 5) Bircher, Naevus pilosus. — 6) Frickenberg, Dermatitis medicamentosa.
— 7) Grube, Psoriasis. — 8) Baelz, 9) Unna, Lepra. — 10) Schlesinger, Syringomyelie,
— 11) Johnston, 12) Sack, 13) Hijmans, Tuberkulosen. — 14) Tixier, Evisceration der
Bauchhöhle. — 15) Senn, Peritonitis.
16) Französischer Chirurgenkongress. — 17) Lochte, Periphere Gangrän. — 18) Jordan
Hautatrophie. — 19) Juliusberg, Eigenartiges Exanthem. — 20) Ohmann-Dumesnil, Pem-
phygus.
Berichtigung.
(Aus dem orthopädischen Ambulatorium der kgl. chirurg. Klinik zu
München.)
Zur Behandlung der Spondylitis.
Von
Privatdocent Dr. Fritz Lange.
In No. 16 der Münchener med. Wochenschrift 1897 habe ich
das Calot’sche Redressement des Buckels auf Grund meiner Erfah-
rungen kritisch besprochen und die Principien und die Technik des
Kopf-Rumpfverbandes, welche Calot in seiner ersten Mittheilung
nicht veröffentlicht, die ich aber durch eigene Versuche gefunden
hatte, mitgetheilt. Meine Arbeit war die erste von deutscher Seite,
welche Stellung zu dem kühnen Vorgehen Calot’s nahm. Ich habe
die Freude gehabt, dass die Autoren, die später das gleiche Thema
behandelt haben, sich meinen Ausführungen fast vollständig — zum
Theil freilich ohne Quellenangabe — angeschlossen haben.
Zur Zeit der Veröffentlichung meiner Arbeit glaubte ich, dass
der große Kopf-Rumpfverband trotz seiner Schwere und Unannehm-
lichkeit gut vertragen würde und nicht zu entbehren sei.
Wenige Wochen später — im Mai v. J. — wurde ich eines
Anderen belehrt. -
12
322 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
Ich hatte auf Wunsch der Eltern bei einem sehr schweren Gibbus das Re-
dressement versucht, aber nur zum Theil erreicht. Die Wirbelsäule federte, sich
selbst überlassen, in die alte kyphotische Stellung surück; ich versuchte trotsdem
die durch Extension erreichte Stellungsverbesserung im Gipsverband su fixiren
und legte, weil ich Decubitus befürchtete, den Kopfverband besonders sorgsam
an. Die Soylla des Decubitus vermied ich, aber der Charybdis entging ich
trotzdem nicht. Die unter starkem gleichmäßigen Druck eng anschließenden
Stirn-Nackentouren des Verbandes hemmten die Bluteirkulation der behaarten
Kopfhaut. Ein starkes Ödem der gesammten Scheitelgegend nöthigte mich, den
Stirntheil aufsuschneiden und dadurch den Erfolg des Redressements sum großen
Theil su opfern.
Noch unangenehmer war die folgende Erfahrung, die den
kleinen Pat. betrifft, welchen ich in meiner ersten Arbeit abgebildet
habe.
Fig. 1. Er hatte etwa 8 Wochen den Ver-
band ohne Beschwerden getragen und
sich ausgezeichnet erholt. Da stellte
sich ein Eksem der einen Ohrmuschel
ein, die Drüsen hinter dem Ohr und
am Nacken schwollen an und eine der-
selben vereiterte. Dadurch wurde ich
geswungen, den Verband zu entfernen
und auf den Stützpunkt, den der Calot-
sche Verband am Nacken hat, zu ver-
sichten. Um wenigstens so viel als mög-
lich von der erzielten Stellungsverbes-
serung su erhalten, versuchte ich eine
neue Verbandtechnik.
Ich brachte die gesammte Wirbel-
säule in die stärkste lordotische Stellung,
die möglich war, und legte dann einen
Gipsverband an, welcher Kopf und Hals
frei ließ, den Rumpf aber vollständig
von der Clavicular- bis zur Leisten-
gegend umfasste. Um die Lordosen-
stellung der Wirbelsäule im Verband
zu erhalten, modellirte ich den Verband
besonders eng, vorn an der oberen
Hälfte des Sternums und dem vorderen
Ende der Darmbeinschaufel, hinten
an der Gegend der unteren Rippen an, weil er an diesen Stellen seinen Angriffs-
punkt hat (s. Fig. 1, Pfeil a, b und ei,
Auf diese Weise sind die vorderen Bänder der Brust- und
Lendenwirbelsäule in Spannung versetzt, die betreffenden Wirbel
fixirt und gleichzeitig die Wirbelkörper, welche fast stets der Sitz
der 'Tuberkulose sind und desshalb bei der orthopädischen Behand-
lung besonders berücksichtigt werden müssen, entlastet.
Der Calot’sche Kopf-Rumpfverband fixirt und entlastet — indem
er das obere Ende der Wirbelsäule möglichst von dem unteren zu
entfernen strebt — durch Anspannung der vorderen und hinteren
Bänder die ganze Wirbelsäule, während die Wirkung meines Ver-
bandes auf die Brust- und Lendenwirbelsäule beschränkt ist. —
Über die Technik meines Rumpfverbandes theile ich Folgendes mit:
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 323
Der Rumpf des Kranken wird mit Trikot bekleidet und dicker Polsterwatte
umwickelt, die im Allgemeinen in einfacher Lage, an dem Sternum, der Spin. il.
ant. sup. und in der Buckelgegend in dreifacher Schicht liegt. Die Wattepolsterung
wird durch Mullbindentouren gleichmäßig fest zusammengezogen, so dass sie, auch
wenn sie später vom Schweiß durchdrungen werden sollte, nicht weiter susammen-
sinken kann.
Als Tisch benutze ich das früher beschriebene Gasrohrgestell. Der Kranke
liegt in Bauchlage auf 2 quergespannten Gurten, der eine verläuft dicht unterhalb
des Jugulum, der andere unterhalb der Spina il. ant. sup. Die Wirbelsäule stellt
eich bei dieser Lagerung ohne Weiteres in Totallordose ein. Dann werden Gips-
binden unter starkem, gleichmäßigem Zug herumgeführt. Die Gegend des Darm-
beinkammes wird sorgfältig herausmodellirt, so dass der Verband Taille hat. —
Damit der Verband an dem oberen Theil des Sternums sich eng anschmiegt,
empfiehlt es sich, Touren, welche sich unterhalb des Jugulum kreuzen, über die
Schultern zu führen. Wenn der Verband hart ist, kann die Gipsbindenschicht,
die dem Schultergürtel aufliegt, entfernt werden, um die freie Bewegung der Arme
su gestatten. — In der Bauchgegend wird ein großes rundes Fenster in den er-
starrten Gipsverband geschnitten, damit die Athmung völlig unbehindert ist. Die
Ränder des Verbandes werden sorgsam mit einem Skalpell beschnitten; die Watte
und der vorstehende Trikot werden umgelegt, so dass jeder Druck durch den
Rand des Verbandes ausgeschlossen ist. Endlich wird über die ganze äußere
Schicht des Verbandes eine Stärkebinde gelegt, um das Bröckeln des Gipses zu
verhindern.
Der gute Erfolg, den ich bei dem erwähnten Kinde mit diesem
Verband erzielt habe, hat mich veranlasst, bei anderen Fällen von
vorn herein nur die Brust- und Lendenwirbelsäule zu fixiren. Ich
habe seit Mai v. J. — abgesehen von einem Falle — nur noch von
diesem Rumpfverband Gebrauch gemacht und habe mich überzeugt,
dass man sowohl bei frischen Spondylitiden, wie nach dem Re-
dressement des Gibbus — falls nicht gerade die obersten Brust- oder
die Halswirbel erkrankt sind — den Calot’schen Verband völlig
entbehren kann.
Dass man selbst bei schweren Fällen das Resultat des Redresse-
ments in meinem Rumpfverband erhalten kann, dürften die Ab-
bildungen 2 und 3 beweisen. Sie sind beide nach Gipsabgüssen
des Rückens einer stark rachitischen Kyphose bei einem 3jährigen
Kinde angefertigt und geben beiderseits die Strecke vom Steißbein
bis zum 7. Halswirbel wieder. Fig. 2 zeigt die Stellung und Lage
der Wirbelsäule vor dem Redressement — September 1897; — Fig. 3
nach der Abnahme des Verbandes — Februar 1898.
Ich hoffe, dass dieser einfach anzulegende und für die Kranken
nicht lästige Verband (er lässt sich auch aus Wasserglas sehr leicht
und gefällig herstellen) künftig schon im Anfangsstadium der Spon-
dylitis allgemeine Verwendung finden wird. Es darf nicht unsere
Aufgabe bleiben — wie ich schon in meiner ersten Arbeit betont
habe —, Buckel zu operiren, sondern die Buckelbildung zu verhüten.
Ich halte es für die Pflicht des Arztes, bei einem so ernsten Leiden,
wie die Spondylitis darstellt, auch die Behandlung ernst zu nehmen
und nicht durch Anfertigung eines Korsettchens oder einer Bandage
kostbare Zeit zu verlieren und es darauf ankommen zu lassen, ob
12*
324 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
der kranke Wirbelkörper völlig zusammensinkt, und das Kind da-
durch zum Krüppel wird. k
Unsere Heilmittel sind für die Knochentuberkulosen: Ruhe und Ent-
lastung des kranken Körpertheils und Hebung des Allgemeinbefindens
durch täglichen Genuss der frischen Luft und zweckentsprechende Er-
nährung. Wir erreichen damit um so schnellere und sicherere Resultate,
je weniger wir die Anwendung derselben unterbrechen. Desshalb sind
— genau wie beiCoxitisund anderen tuberkulösen Gelenkerkrankungen,
— auch bei der Spondylitis alle Verbände, die monatelang liegen bleiben
können und den kranken Knochen sicher fixiren und entlasten, dabei
aber gleichzeitig dem Kranken täglich das schmerzlose Umhergehen im
Freien gestatten, auch der bestgearbeiteten Bandage überlegen.
Fig. 3.
Die Haut- und Muskelpflege, die immer für Korsett und Lager-
stätte zu sprechen scheint, ist, so lange der Kranke in der Gefahr
schwebt, zum Krüppel zu werden, völlig nebensächlich. Ist der Pat.
3 Monate in seinem Verband völlig schmerzfrei gewesen, und hat
sich sein Allgemeinbefinden gekräftigt, dann kann man zu abnehm-
baren Korsetten aus Wasserglas, Cellulose oder Celluloid übergehen,
die ich in derselben Form und nach denselben Principien wie die
Verbände arbeiten lasse; dann ist der Zeitpunkt gekommen, um die
Haut- und Muskelpflege nachzuholen. Hält man endlich die Aus-
heilung des Knochenherdes für gesichert, so kann man die Hessing-
schen Korsette anwenden, welche die Wirbelsäule zwar nicht so
sicher fixiren als die flächenförmig angreifenden Wasserglaskorsette,
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 325
aber luftdurchlässiger und desshalb angenehmer für den Kranken
sind. Stellt man die Achselkrücken an denselben möglichst weit
nach hinten, so greift man indirekt durch Vermittlung der Clavicula
ebenfalls am oberen Theil des Sternums an und kann die Wirbel-
säule annähernd in Lordosenstellung erhalten.
Das Calot’sche Redressement des Gibbus wird hoffentlich künftig-
hin recht wenig Verwendung finden. Die Knochenneubildung ist
nicht so groß, wie man nach den Calot’schen Photographien Anfangs
annehmen musste und wie ich zur Zeit meiner ersten Veröffent-
lichung irrthümlicherweise angenommen habe.
Die Calot schen Pat., welche
sich unter den denkbar günstig-
sten hygienischen Verhältnissen
an der See befinden, wiesen —
nach der Mittheilung Calot’s in
Moskau — im Röntgen’schen
Skiagramm neugebildete Kno-
chenspangen von nur I—11/, cm
Länge auf. Bei unseren Kran-
ken, welchen meistens nicht die
Segnungen eines Aufenthalts im
Gebirge oder an der See zu Theil
werden können, dürfen wir nicht
einmal so viel Knochenneu-
bildung, wie Calot erzielt hat,
erwarten. Wir brauchen aber
nach einem Redressement neue
Knochenbalken von 3—6—8 cm
Länge, je nach der Ausdehnung
des tuberkulösen Processes. Dess-
halb stehe ich auf dem Stand-
punkt, dass der Gibbus selbst womöglich nicht anzutasten ist, und
nehme statt dessen die Stellungsverbesserung im gesunden Theil der
Wirbelsäule; wenn möglich ohne Narkose, vor. ' Dieses paragibbäre
Redressement, das ich schon in meiner ersten Veröffentlichung gegen-
über dem gibbären Redressement Calot’s beschrieben und empfohlen
habe, ist frei von.all den Gefahren, die dem Calot’schen Redresse-
ment anhaften, dem Aufflackern der Entzündungen, dem Durch-
bruch von Abscessen, der Ausbreitung der Tuberkulose u. A. Man
kann, wenn der Process nicht schon sehr lange besteht, und die
Wirbelsäule in der kyphotischen Stellung noch nicht völlig versteift ist,
außerordentlich viel mit diesem Redressement nützen und besonders,
wenn man später die Resektion der vorstehenden Dornfortsätze des
Gibbus anschließt, erreichen, dass der Gibbus am bekleideten Körper
nicht wahrzunehmen ist. Zum Beweis gebe ich die Abbildungen
einer Pat., — Fig. 4 in der gewöhnlichen und Fig. 1 in der redres-
sirten Haltung.
Fig. 4.
326 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
Nach den in den verschiedenen Publikationen mitgetheilten
Abbildungen ist es für mich zweifellos, dass in vielen Fällen, wo
das Calot’sche Redressement vorgenommen werden sollte, in Wirk-
lichkeit das paragibbäre Redressement ausgeführt ist.
Ob man die Operation als Calot’sches Redressement oder ob man
dieselbe als paragibbäres Redressement bezeichnet, ist an sich nicht
von Belang. Es ist aber nicht gleichgültig, ob man in der Absicht,
ein Calot’sches Redressement auszuführen, den Kranken unnöthiger-
weise den Gefahren der Narkose aussetzt, die bei derartigen Opera-
tionen sehr groß sind, oder ob man sich von vorn herein darüber
klar ist, dass man nur ein paragibbäres Redressement erreichen kann
und will, und dadurch dem Pat. die Narkose erspart! Das Calot’sche
Redressement des Gibbus halte ich nur für indieirt bei schweren,
aber noch nicht vollständig verknöcherten rachitischen Kyphosen und
bei allen Lähmungen in Folge von Spondylitis, die keine Neigung
zum Rückgang zeigen. In solchen Fällen kann es in der That da-
durch, dass es das Rückenmark vom Druck der Exsudatmassen ent-
lastet, sehr segensreich wirken und Lähmungen, die schon 1 Jahr
und länger bestanden haben, zum Rückgang bringen.
Aber auch diese Komplikation der Spondylitis wird künftighin
— nach meiner Überzeugung — keine Rolle spielen, wenn bei den
ersten Zeichen einer beginnenden Spondylitis der beschriebene Rumpf-
verband zur Entlastung und Fixirung des kranken Wirbelsäulentheils
angelegt wird.
1) P. G. Unna. Über Ichthyol.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1897. Bd. XXV. No. 11.)
Die chemische Untersuchung des Ichthyols, welche bisher noch
nicht ganz klare Resultate ergeben hatte, hat U. und Helmers
gezeigt, dass 3 Körper darin enthalten sind, von denen 2 in Wasser
unlöslich sind; der lösliche, die Ichthyolsulfonsäure, löst das Ichthyol-
sulfon und dieses wieder den 3. Körper. Die chemischen Details
müssen im Original nachgelesen werden. Die Ichthyolsulfonsäure
wirkt gelind schälend, sie und das Ichthyolsulfon entzündungswidrig.
Es ist jetzt ferner gelungen, auch die reducirende Wirkung des
Ichthyols und seiner beiden Hauptkomponenten in zweifelloser Weise
darzuthun. Therapeutisch also und chemisch kann man das Ichthyol
als ein schwächeres, aber analog wirkendes Mittel dem Chrysarobin
zur Seite stellen. Jadassohn (Bern).
2) A. Sack. Über weitere Erfahrungen mit Ichthalbin
(Ichthyoleiweiß).
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. Hft. 8.)
Ichthalbin ist eine Verbindung von Eiweiß mit Ichthyol, welche
ein geruch- und geschmackloses Pulver darstellt und sich erst im
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 327
alkalischen Darmsaft löst, den Magen daher gar nicht belästigt; im
Darm wird es allmählich in seine Bestandtheile zerlegt. Es soll das
Ichthyol, so weit dasselbe bisher innerlich gebraucht worden ist, voll-
ständig ersetzen und hat nach dem Verf. die Fähigkeit, »alle mit
Gefäßdilatation einhergehenden Entzündungs- und Exsudations-
zustände« auch der peripherischen Gefäßbezirke zu beeinflussen, die
Peristaltik zu regeln, den Appetit anzuregen, das Allgemeinbefinden
und das Körpergewicht zu heben. Neben den sich aus diesen aus-
gezeichneten Eigenschaften ergebenden Indikationen für den inneren
Mediciner hat das Ichthalbin, da bei ihm Schwefel in ausgezeichneter
Weise zur Resorption kommt, für den Dermatologen besonderen
Werth. Es leistet — zum Theil in Kombination mit externer Be-
handlung — gute Dienste bei Rosacea, bei >Stauungsdermatosen«
(Ekzemen fetter Kinder), bei Urticaria ex injectis, Pruritus, Strophulus,
hebt den schwächenden Einfluss antisyphilitischer Kuren auf etc.
Jadassohn (Bern).
3) P. G. Unna. Harzstifte (Stili resinosi) zum Enthaaren.
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXVI. Hft. 1.)
Zum Enthaaren — bei Favus, kokkogener Sycosis, Naevis —
empfiehlt Verf. aus Kolophonium und gelbem Wachs bestehende
Stifte (Schwanenapotheke, Hamburg), welche in der Flamme rasch
erwärmt und im Augenblick des Schmelzens sanft auf die Haut auf-
gesetzt werden; man zieht den Stift nach dem Erkalten rasch in der
Haarrichtung ab und hat dann alle Haare an dem Stiftende haften.
Die Methode ist wesentlich bequemer als die Epilation mit der
Cilienpincette. Jadassohn (Bern).
4) C. Binz (Bonn). Über Behandlung der Frostbeulen.
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1897. No. 19.)
Zur Behandlung der Frostbeulen wird empfohlen: Calcar. chlo-
rat. 1,0, Unguent. paraff. 9,0. M. f. unguent. subtiliss. D. in vitro
fusco S. Außerlich nach Bericht. Hiervon wird Abends erbsen- oder
bohnengroß die betreffende Stelle etwa 5 Minuten lang leicht ein-
gerieben und dann mit einem wenig durchlässigen Stoff bedeckt.
Da der wirksame Komponent des Chlorkalkes sehr schnell in Schweine-
fett und Lanolin verschwindet, so ist derselbe mit dem schwer an-
greifbaren Paraffin zu vermischen. Über das Vorhandensein des
Chlorkalkes in dem Präparat hat der Arzt zu wachen und kann sich
davon leicht durch den Geruch überzeugen. Borchard (Posen).
5) M. O. Bircher. Zur Ätiologie des Naevus pilosus pig-
mentosus congenitus extensus.
(Archiv für Dermatologie und Syphylis 1897. Bd. XLI.)
Verf. beschreibt genau einen Fall von thierfellähnlichem Naevus
am Nacken, der außer durch seine seltene Lokalisation interessant.
328 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
dadurch ist, dass zugleich eine mit größter Wahrscheinlichkeit als
Cephalocele zu deutende Geschwulst am Hinterhaupt vorhanden war.
Er stellt dann aus der Litteratur 34 thierfellähnliche Naevi zusam-
men; aus dieser Übersicht geht hervor, dass von diesen monströsen
Naevis die untere Gegend des Rückens, Bauch, Gesäß und die
oberen Drittel der Oberschenkel bevorzugt werden (»schwimmhosen-
artiger Naevus«); häufiger sind dann noch solche »in Westenform «.
Neben der Prädilektion für den Rumpf ist dann noch die Neigung
zur symmetrischen Anordnung hervorzuheben.
Bei der Diskussion der Ursache dieser Naevi im Allgemeinen
und in seinem Falle im Besonderen kommt Verf. zu der Anschauung,
dass die Annahme einer sogenannten »fötalen Transplantation« die
beste Erklärung abgebe; es würde hier zu weit führen, die ganze
Deduktion des Verf. wiederzugeben — sein Resumé lautet: »Ein
Mensch, welcher ein behaartes pigmentirtes Riesenmal mit auf die
Welt bringt, trägt ein Stück seines untergegangenen Zwillingsge-
schwisters auf seiner Oberfläche «. Jadassohn (Bern).
6) A. Frickenberg. Notiz zur Behandlung der Dermatitis
medicamentosa.
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. Hft. 10.)
F. behandelt das bei ihm selbst durch Karbol und Sublimat
entstehende Ekzem damit, dass er die frischen Bläschen mit Salmiak-
geist oder verdünnter Kalilauge (Liquor Kal. caustici und Aqua á)
betupft und nach dem Verdunsten Kollodium aufpinselt. Sobald
der zunächst sofort nachlassende Juckreiz wiederkehrt, wird das Ver-
fahren wiederholt; nach einigen Tagen tritt Abschuppung ein.
Jadassohn (Bern).
7) K. Grube (Neuenahr). Über Psoriasis (Schuppenflechte)
im Zusammenhang mit Gicht und Diabetes.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 52.)
Die Frage nach einem Zusammenhang zwischen Psoriasis und
Gicht bezw. Diabetes hat in der Litteratur bisher wenig Berück-
sichtigung gefunden. G. tritt derselben in der Veröffentlichung
selbst beobachteter einschlägiger Fälle näher, unter Hinweis auf
die Ansichten und Hypothesen verschiedener Autoren über die
Wechselbeziehungen dieser Affektionen. Die Krankengeschichten
der 9 von G. beobachteten Fälle unterstützen seine Anschauung,
dass die Psoriasis ohne Zwang auf die Gicht respektive auf den
Diabetes als Grundleiden zu beziehen ist. Gold (Bielitz).
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 329
8) E. Baelz (Tokyo). Zur Lehre von der Lepra und ihrer
Behandlung.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 46.)
B. theilt die Erfahrungen und Resultate seiner mehr als
20jährigen Beobachtung dieser Krankheit mit. Er vertritt heute
noch seine schon vor 12 Jahren ausgesprochene Ansicht, dass die
Lepra eine kontagiöse Affektion sei. Wenn die Kontagiosität der
Lepra so gering ist, so kommt, abgesehen von der geringen Dispo-
sition der meisten Menschen, der Umstand in Betracht, dass nach
Bis Erfahrungen — !/, der Leprösen frei von Geschwürsprocessen
sind, die Bacillen also unter einer schützenden Epitheldecke liegen.
Die Leprabacillen gelangen an die Oberfläche nur durch Geschwüre
und gewähren dann die Gefahr einer Infektion.
Die Diagnose der Lepra ist in den meisten Fällen leicht zu
stellen, und dem Geübten genügt in der Regel ein Blick zur richtigen
Beurtheilung. Unter den Symptomen der Erkrankung führt B. an
einen eigenthümlichen blassen wachsigen Glanz der Haut, das Aus-
fallen der Augenbrauen und Cilien, welches allerdings nur davon
abhängt, ob dieser Theil des Gesichtes befallen ist und in welcher
Ausdehnung. Eines der wichtigsten und nicht selten das geradezu
ausschlaggebende Symptom erblickt B. in der Verdickung der Nerven-
stimme, welches gegenüber der Beri-Berierkrankung und Syringo-
myelie von differentialdiagnostischer Bedeutung ist. Unter den
Nerven kommen natürlich nur die oberflächlich liegenden diagnostisch
in Betracht, so namentlich Ulnares und Peronei, welche in dieser
Beziehung vom Nervus auricularis magnus übertroffen werden, der
bei Lepra bis zur Bleistiftstärke anschwillt und sich wie ein ent-
zündeter Lymphstrang anfühlt. Die Sehnenreflexe sind bei Leprösen
ganz auffallend gesteigert, hingegen beobachtete B. äußerst selten
Schmerzempfindung bei Druck auf die Nerven. Im Gegensatz zu
anderen Autoren negirt B. die Ansicht, dass die Lepra vom Klima
unabhängig sei und unter allen Himmelsstrichen gleichmäßig verlaufe,
und behauptet andererseits, dass nicht nur keine besondere Vulnera-
bilität der leprösen Theile bestehe, dass vielmehr Wunden »geradezu
verblüffend« gut heilen, welche Thatsache er mit der verminderten
Sensibilität in Zusammenhang bringt.
Auch kann B. nicht zugeben, dass die Lepra als solche zur
Kachexie führt. Gegenüber der Morvan’schen Krankheit und der
Syringomyelie unterscheidet sich die Lepra in erster Linie durch
die Nervenverdickung, durch die Pigmentirung der Flecke, durch
die Knoten, durch die ganz irreguläre Vertheilung der hyperästheti-
schen Herde, durch die Betheiligung des Gefühls, durch den Gesammt-
eindruck und durch das Dasein oder Fehlen der Leprabacillen.
Bezüglich der Behandlung hat B. gute Resultate erreicht durch
lokale Applikation von 20 %igem Salicylsäure-Lanolin-Vaselin, welcher,
in dicker Schicht aufgetragen, täglich erneuert wird. Gleichzeitig wird
12**
330 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
Gynokardiaöl in großen Dosen (15 g und mehr pro die) verabreicht
und die Mineralthermen von Kusatzu (45—53° C.) benutzt, welche
eine beträchtliche Entzündung der Haut verursachen. (Das Nähere
bezüglich der Bäder sei im Original nachgesehen.) Bei leprösen
Geschwüren leichter Art ist Salicylsäurekalk oder Salicylsäureamylum
(1,0—5,0:20,0) sehr nützlich. Gold (Bielitz).
9) P. G, Unna. Die Zusammensetzung des Leprabacillen-
schleims.
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXVI. Hft. 1.)
Es ist dem Verf. gelungen, nachzuweisen, dass in dem sogenannten
Bacillenschleim der Lepraknoten neben den durch Karbolfuchsin sich
roth färbenden, säurefesten Bacillen sehr reichlich durch Methylen-
blau färbbare Bacillen vorhanden sind, die als abgestorben angesehen
werden. Die gleiche Beobachtung kann man an Tuberkelbacillen-
kulturen machen. Das Princip der Methode, deren Details eben so
wie die weiteren histologischen Bemerkungen hier nicht wieder-
gegeben werden können, beruht darauf, dass die Präparate zuerst in
1°/yoige Salpetersäure gebracht und erst dann in Alkohol gehärtet
werden. Jadassohn (Bern).
10) H. Schlesinger. Pathogenese und pathologische Ana-
tomie der Syringomyelie. Korreferat, erstattet auf dem inter-
nationalen Kongress zu Moskau, August 1897.
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 38 u. 39.)
Die Ähnlichkeit der klinischen Erscheinungen bei Lepra und
Syringomyelie berechtigt nicht zur Annahme desselben anatomischen
Grundprocesses. Nach den anatomischen Befunden ist es bisher
nicht bewiesen, dass der Lepra eine Rolle in der Atiologie der
Syringomyelie zukommt.
Der »Morvan’sche Symptomenkomplex« ist nicht eine Krank-
heit für sich, sondern kann bei centralen Erkrankungen (Syringo-
myelie), wie auch bei peripheren Nervenerkrankungen (lepröser Art)
sich einstellen. Halbseitige Bulbärerscheinungen, spastische Parese
der unteren Extremitäten, Rigidität und Krämpfe derselben, Steige-
rung der Patellarreflexe, Nystagmus, heftige Schwindelanfälle und
segmentale Anordnung der Sensibilitäts- und Motilitätsstörungen
kommen dem Symptomenbild der Syringomyelie zu, periphere Facialis-
lähmung, druckempfindliche, geschwellte Nerven, typische Augen-
und Kehlkopfstörungen, zerstreute charakteristische Pigmentflecke,
universelle Blaseneruptionen und bestimmte Handdeformationen sind
der Lepra eigenthümlich. Bei der mutilirenden Form der Lepra
sind einwandsfreie Beobachtungen von Höhlenbildungen im Rücken-
mark nicht gemacht worden. Die Ätiologie der bulbären Syringo-
myelie ist anscheinend keine einheitliche. Die median gelegenen
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 331
Hohlräume im Rückenmark zeigen zumeist wenigstens partielle Epen-
dymbekleidung und sind wahrscheinlich durch entwicklungsgeschicht-
liche Störungen bedingt. Dagegen hängen die seitlich gelegenen
Spalträume anscheinend nicht mit kongenitalen Anomalien des Bul-
bus zusammen, sondern beruhen auf im Extra-uterin-Leben er-
worbenen Schädigungen, wahrscheinlich vaskulärer Art, indem es
durch Läsion der zuführenden Arterie zu ischämischen Blutungen
und sekundärem Gewebszerfall kommt. Herm. Frank (Berlin).
11) J. C. Johnston. The cutaneous tuberculoses in child-
hood.
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. November.)
J. theilt die hierher gehörigen Affektionen ein in 1) Tuber-
kulosen, 2) Paratuberkulosen.
Bei den ersteren wird der Tuberkelbacillus stets in größerer oder
geringerer Anzahl in den Geweben gefunden: Lupus vulgaris, Scro-
phuloderma, Tuberculosis verrucosa, Tuberculosis vera, Miliartuber-
kulose.
Der Ausdruck >» Paratuberkulosen « ist den » parasyphilitischen
Affektionen« Fournier’s nachgebildet; sie umfassen diejenigen
Hauterkrankungen, bei denen der Bacillenbefund ein höchst seltener
ist, die aber doch auf tuberkulösem Boden entstehen, meist bei Per-
sonen, die auch an anderen tuberkulösen Affektionen leiden. Hierher
rechnet J.: 1) Das kleinpustulöse Skrofulid, das großpustulöse Skro-
fulid, gewisse eitrige Formen der Folliculitis. 2) Den Lichen scro-
phulosorum, die Acne cachecticorum, das Erythema induratum scrophu-
losorum, Lupus pernio. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
12) A. Sack. Zur Frage der Tuberculosis verrucosa.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1897. Bd. XXV. No. 10.)
Verf. diskutirt die Frage, ob die Abgrenzung der Tuberculosis
verrucosa cutis vom Lupus nothwendig und berechtigt ist. Trotzdem
sich S. ausdrücklich dagegen wehrt, können wir doch diese Erörte-
rung nur als eine akademische betrachten, für die Klinik brauchen
wir kurze Bezeichnungen für Krankheitsbilder, die so weit verschie-
den sind, dass die Diagnose jedes einzelnen speciell gelehrt und
gelernt werden muss, und das ist bei der Tuberculosis verrucosa
cutis dem Lupus gegenüber thatsächlich nothwendig. Wichtiger ist
die Besprechung der Gründe, warum die Infektion durch Tuberkel-
bacillen bald die eine, bald die andere Form annimmt. Über diese
Gründe haben wir thatsächlich bisher nur sehr allgemeine Vor-
stellungen. S. meint, dass die Tuberculosis verrucosa- cutis ihre
Eigenart verdankt 1) der Oberflächlichkeit der Infektion, und 2) den
Eigenthümlichkeiten der Stellen, an denen sie sich mit Vorliebe
lokalisirt, speciell der Streckseite der Hände. Beide Argumente sind
332 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
wohl nicht ganz zutreffend; es giebt typischen Lupus, bei dem die
Läsion nicht tiefer reicht, als bei manchen Fällen typischer Tuber-
culosis verrucosa, und es giebt Fälle der letzteren Erkrankung,
welche über Rumpf und Extremitäten disseminirt sind, wie auch
typische Lupusfälle an den Handrücken. Zum Zustandekommen
des eigenartigen Bildes der verrukösen Tuberkulose müssen noch
andere uns unbekannte Faktoren zusammenkommen. Verf. meint,
dass diese Form (im Gegensatz zum Lupus) meist exogen entstände,
berichtet aber einen der seltenen Fälle, in denen man eine Entstehung
der Herde von unter der Haut liegenden Organen (Knochen und
Lymphgefäße) annehmen muss. Im Anschluss an ein suspektes Pa-
naritium entstand ein erster Herd, dann traten entsprechend dem
Verlauf der oberen Lymphgefäße weitere Plaques auf; es folgte
Lymphdrüsentuberkulose und Phthise. Jadassohn (Bern).
13) H. M. Hijmans. Over de operatieve therapie der tuber-
culeuse Iymphomen.
Inaug.-Diss., Leiden, 1897.
Noch immer herrscht in der Frage der therapeutischen Maß-
nahmen zur Behandlung der tuberkulösen Lymphome keine Einigkeit
zwischen den Vertheidigern des operativen Verfahrens und den Ver-
tretern der konservativen Methode. Diese Uneinigkeit war im An-
fang die Folge der verschiedenen Vorstellungen, die man sich über
das Wesen dieser Krankheit machte. Je nachdem die Lehre eines
konstitutionellen Leidens oder die einer specifischen Infektion vor-
herrschte, feierte die konservative Richtung oder die blutige Methode
ihre Triumphe. Später, als der Tuberkelbacillus als der Erreger des
krankhaften Zustandes erkannt war, schien das Recht der operativen
Methode auf fester Grundlage gesichert, und hat wohl die Mehrzahl
der Chirurgen die blutige Entfernung des krankhaften Gewebes als
Normalverfahren geübt.
Auch haben die Vertheidiger der radikalen Methode mit Sta-
tistiken das gute Recht des Messers zu beweisen versucht. Verf.
hat solche in der Litteratur vorgefunden von Krisch, Garr& und
von Schnell. Da aber eine Parallelstatistik von nicht operativ be-
handelten Fällen nach Verf. nicht besteht, so hat er das Material
der Leidener chirurgischen Klinik aus den Jahren 1896—1897 zu
einer solchen benutzt.
In dieser Zeit sind dort 145 Fälle zur Behandlung gekommen,
die, ohne dass eine Auswahl stattgefunden haben soll, das eine Mal
exspektativ, das andere Mal operativ behandelt sind. Verf. hat sie
tabellarisch in 3 Gruppen geordnet, je nachdem das konservative
Verfahren befolgt, die Exstirpation oder die Exkochleation ausgeführt
worden ist, und bei jeder Gruppe die Procentzahl der nachher tuber-
kulös Erkrankten oder Verstorbenen berechnet. Um den Werth
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 333
jeder Behandlungsart nur mit Hinsicht auf die Gefahren einer spä-
teren tuberkulösen Erkrankung richtig beurtheilen zu können, sind
bei der Berechnung die Fälle, wo eine andere Todesursache als die
Tuberkulose — deren Diagnose übrigens nur auf klinischen Gründen
beruht — vorgefunden ist, nicht mit in Rechnung gebracht, obwohl
sie in der Gesammtzahl der Fälle figuriren bleiben. So ist wohl
nicht zum Vortheil der konservativen Methode gearbeitet.
Von den 55 nicht operativ behandelten Kranken sind 4 später
einem tuberkulösen Leiden der inneren Organe (Lungen) erlegen;
das macht eine Mortalität von 7,24%. Dagegen sind von den 58
mit Exstirpation behandelten 9 = 15,46%, und von den 32 mit Ex-
kochleation behandelten 6 — 18,75% der Lungentuberkulose zum
Opfer gefallen.
Hieraus folgert Verf., dass die operative Entfernung der erkrank-
ten Drüsen sowohl durch Exstirpation als besonders durch Exkochlea-
tion unverdient als die beste Behandlungsweise allgemein bevorzugt,
vielmehr das konservative Verfahren ihr weit überlegen sei.
Wenn hier bei der Behandlung der Fälle wirklich nicht eklektisch
vorgegangen ist, darf das Resultat dieser Statistik, so relativ klein sie
sein möge, doch weitere Kreise interessiren. Eine methodische Ver-
theilung der Fälle, so dass auch jede unwillkürliche Auswahl aus-
geschlossen ist, hat aber nicht stattgefunden.
6. Th. Walter (s Gravenhage).
14) L. Tixier. Pratique de l’evisceration en chirurgie abdo-
minale. Du shock abdominal.
Thèse de Lyon, Baillère et fils, Paris 1897. 351 S.
Die unter der Leitung von M. Pollosson geschriebene Disser-
tation geht nicht nur in Bezug auf den Umfang (351 Seiten), sondern
auch auf die Bedeutung des Inhalts weit über das Mittelmaß der
gewöhnlichen Doktorandenarbeiten hinaus und beweist, dass Verf.
als Assistent von Fochier, Ollier, Poncet, Jaboulay und Pol-
losson reichlich Gelegenheit gehabt hat, über den Gegenstand seiner
Arbeit eigene Beobachtungen zu sammeln. Die Aufgabe, die sich
T. stellte, war das Studium der Evisceration als Operationsmanöver,
ihre Indikationen und Kontraindikationen, so wie ihr Zusammenhang
. mit dem Shock. Im ersten Theil der Arbeit wird die Evisceration
als Hilfsmittel bei den verschiedenen Eingriffen in der Bauchhöhle
besprochen. Bei allen wegen Kontusionen und penetrirenden Bauch-
verletzungen ausgeführten Operationen zieht Verf. eine rasche Evis-
` ceration zu sicherer Orientirung jedem anderen Verfahren vor, vor-
ausgesetzt, dass die Operation frühzeitig vorgenommen wird, und also
weder Meteorismus noch Adhäsionen bestehen, und ferner, dass der
Pat. sich nicht schon mehr oder weniger im Collaps befindet.
Bei chronischem Ileus wird man selten einer ausgedehnten Evis-
ceration bedürfen, da man meist den Sitz des Hindernisses kennt.
334 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
Sollte dieses Hilfsmittel aber doch nöthig werden, so braucht man
vor demselben nicht zurückzuschrecken, da der Darm, außer während
akuten Schüben, nicht sehr empfindlich ist. Bei akutem Darmver-
schluss, wo oft der Sitz des Hindernisses nicht bekannt ist, stellt
das Auspacken des ganzen Darmkonvoluts die am raschesten und
sichersten zum Ziel führende Methode dar und wird vom Verf. dem
Absuchen des Darmes mit Vorziehen von je einer einzelnen Schlinge
bei Weitem vorgezogen. Freilich ist andererseits die Evisceration in
akuten Fällen wegen der erhöhten Reizbarkeit des Darmes viel ge-
fährlicher und kann aus diesem Grund nur in Anwendung kommen,
wenn möglichst frühzeitig operirt wird. Die diesem Operationsakt
folgenden kurativen Eingriffe müssen möglichst kurz und einfach
sein. Bei Operation im vorgerückten Stadium wird nach Poncet,
Pollosson und Vallas die Anlegung eines künstlichen Afters
empfohlen, abgesehen natürlich von den Fällen, wo eine innere Ein-
klemmung oder eine Invagination besteht. Bei akuter Peritonitis
ist die Evisceration zu vermeiden, außer wenn es sich um die Auf-
suchung einer frischen Magen- oder Darmperforation handelt. Bei
tuberkulöser Peritonitis ist das Auspacken der Därme angezeigt, um
die Heilwirkung der einfachen Laparotomie zu erhöhen. So weit
in kurzer Zusammenfassung die hauptsächlichen klinischen Indika-
tionen. Bezüglich der Technik sei hervorgehoben, dass Verf. auf
Grund von Beobachtungen am Menschen und Thier Anhänger der
feuchten Asepsis ist. Für die Narkose wird Äther bevorzugt. Bei
einem gewissen Grad von Meteorismus ist, wie sich aus Leichen-
versuchen des Verf. ergab, einzig der Schnitt in der Linea alba zu
empfehlen, während bei schlaffem Darm die Evisceration auch von
einem seitlichen Schnitt aus ausgeführt werden kann. Für die Re-
position des Darmes wird in erster Linie die von Kümmell zuerst
angegebene und allgemein benutzte Methode der Bedeckung mit einer
großen Kompresse empfohlen, für Ausnahmefälle auch die temporäre
Enterotomie nach Madelung und Boeckel.
Zum Schluss der Bauchwunde zieht Verf. der Raschheit wegen
die Anlegung von durchgreifenden Nähten der dreischichtigen
Etagennaht vor. (Wenn auch dieses Verfahren in Fällen von
drohendem Collaps angezeigt sein mag, so dürfte doch andererseits
in der Mehrzahl der Fälle, wenn Pat. einen guten Puls aufweist,
mit der Anlegung einer sorgfältigen Etagennaht kein Schaden ge-
stiftet werden. Dieselbe lässt sich ebenfalls rasch ausführen, erfordert,
nach Schluss des Bauchfells, meist keine Fortsetzung der Narkose
mehr und hat unter Anderem den großen Vortheil, dass man den
Pat. viel rascher auf die Beine bringen kann. D. Ref.)
Was endlich den Shock betrifft, so führt ihn Vert, entsprechend
der allgemein getheilten Ansicht, auf Bauchfellreflexe zurück, welche
auf die Cirkulation und Respiration einwirken. Die Wirkung dieser
Reflexe wurde im Einzelnen an Versuchen am Hunde studirt. Es
zeigte sich bei denselben erstlich, dass ein gesundes Bauchfell kaum
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 335
reagirt, wenn die Evisceration nicht länger als 10 oder 15 Minuten
dauert, während bei einem entzündeten oder sonst geschädigten
Bauchfell die Reflexwirkung sofort eintritt und sehr heftig ist. Die
Einwirkung auf die Athmung ist unabhängig von der auf das Herz.
Das Einhüllen des Darmes in trockene Gaze ruft heftigere Reflexe
hervor, als das Bedecken mit feuchter, warmer Gaze.
Auf die Einzelheiten der Versuche kann hier nicht eingegangen
werden. Dieselben sind im Original nachzulesen, das wir über-
haupt zum Studium der Evisceration empfehlen können.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
15) N. Senn (Chicago). Classification and surgical treat-
ment of acute peritonitis.
(Read by invitation in the General Session of the international Medical congress,
at Moscow 1897. 20. August.)
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 10 u.11.) _
Nachdem S. einen tabellarischen Überblick über die verschie-
denen Formen der akuten Peritonitis je nach ihrer Anatomie, Ätio-
logie, Pathologie, Bakteriologie und ihren klinischen Erscheinungen
gegeben hat, bespricht er sie nach dem letzten Eintheilungsprincip.
Zunächst behandelt er kurz die »Ektoperitonitis« und giebt den
Rath, die akuten Abscesse (z. B. die paranephritischen, prävesikalen)
frühzeitig zu eröffnen und zu drainiren, die tuberkulösen Senkungs-
abscesse zu punktiren und mit Jodoformglycerin zu behandeln. Wird
ein Abscess erst durch Eröffnung der Bauchhöhle zugängig, so soll
man die Bauchfellblätter zunächst vernähen oder auf einige Tage
tamponiren.
Die allgemeine septische Peritonitis hält S. für so gut als stets
tödlich; sie beruht wesentlich auf Streptokokkeninfektion. Seine
vielen Versuche, sie operativ zu behandeln, sind stets ohne Erfolg
gewesen, während andere Chirurgen glücklicher gewesen sein wollen.
Krecke stellt so 119 Fälle von allgemeiner Peritonitis zusammen,
von denen 51 durch Laparotomie geheilt wurden. McCosh operirte
43mal mit 6 Heilungen. S. bezweifelt, dass es sich wenigstens bei
allen geheilten Pat. um allgemeine Peritonitis gehandelt hat. — Die
medicinische Behandlung besteht in flüssiger Diät und, wenn nöthig,
in Darreichung von Stimulantien. Der quälende Durst kann durch
hohe Eingießungen und subkutane Infusionen gelindert werden. Die
Anwendung von salinischen Abführmitteln oder von Kalomel kann
eine drohende Peritonitis koupiren, ist aber bei Perforationsperitonitis
streng verboten, bei der Opium am Platze ist. — Die operative Be-
handlung ist gerechtfertigt, da ohne sie der Tod sicher eintritt, sie
kann im Beginn vielleicht die weitere Ausbreitung verhindern. Früh-
zeitige Diagnose und schnelles Eingreifen sind aber unbedingt er-
forderlich, eben so strenge Asepsis, Rücksicht auf die Herzschwäche
(S. bevorzugt daher den Ather für die Narkose) und Verhinderung
336 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
von Wärmeverlust während der Operation. Die Geschichte der ope-
rativen Behandlung knüpft sich an die Namen von Mears (1875),
Treves (1885), Péan (1885), Oberst (1885) und Lawson Tait
(1886). — S. bevorzugt, außer bei Ausgang der Peritonitis vom
Wurmfortsatz, in der Regel den Schnitt in der Mittellinie, und zwar
soll er so groß sein, dass man übersehen kann, von wo die Entzün-
dung ihren Ausgang genommen hat. Ausgedehnte Eventration der
Därme ist wegen der Gefahr ihrer Verletzung und von Shock ängst-
lich zu vermeiden. Der Werth von Irrigationen ist fraglich, jeden-
falls dürfen außer sterilem Wasser oder physiologischer Kochsalz-
lösung nur schwache Desinficientien, wie Lösungen von Borsäure
oder essigsaurer Thonerde, und zwar nur genügend erwärmt, ange-
wandt werden. Die kontinuirliche Irrigation der Bauchhöhle wird
wegen Bildung von Adhäsionen nicht lange möglich sein, verdient
aber weitere Versuche. Austupfen der Bauchhöhle mit Schwämmen
muss sehr vorsichtig ausgeführt, das Lösen von Verklebungen in der
Regel vermieden werden. Entleerung der übermäßig angefüllten
Därme durch Schnitt oder Punktion kann nöthig werden; bei An-
wendung mehrerer Schnitte mag man den Darm ausspülen. — Die
Drainage der Bauchhöhle durch Röhren, Tampons oder Kombination
beider hält S. für unvermeidlich. Die Gummi- und Glasdrains um-
wickelt S. mit Jodoformgaze Zwecks Vermeidung des Druckes auf
die Eingeweide. Bei Anwendung des Mikulicz’schen Tampons
muss man die Jodoformwirkung beachten; Verf. benutzt daher sterile
Gaze mit äußerer Lage von Jodoformgaze. So bald als möglich soll
man die Drainage entfernen, damit möglichst wenig Adhäsionen ent-
stehen, und die Wunde zur Verhütung von Bauchbrüchen sekundär
genäht werden kann. — Die Injektion koncentrirter salinischer Ab-
führmittel in den Darm verdient, außer bei Perforationsperitonitis,
weitere Versuche. Das Marmorek’sche Antistreptokokkenserum
macht zwar die Operation nicht überflüssig, ist aber sowohl vor wie
nach derselben ein werthvolles Mittel. Opium ist während der Nach-
behandlung nur mit großer Vorsicht anzuwenden.
Die Perforationsperitonitis erfordert in der Regel sofort chirur-
gische Behandlung. Kurz bespricht S. die Geschichte und die Er-
folge bei der Behandlung der Magen-, Duodenal- und Typhus-
geschwüre. Die Excision des Geschwürs ist nicht nöthig, es genügt
die Einstülpung und Naht nach Lembert quer zur Längsachse des
Darmes, eventuell mit Übernähung eines Netzstückes.
In den nächsten Abschnitten werden die eircumscripte, die hä-
matogene und die »viscerale« Peritonitis kurz abgehandelt, zum
Schluss die des Beckens, die puerperale und die subphrenische.
Bei hartnäckigen tuberkulösen Bauchfellentzündungen, welche
durch Laparotomie nicht geheilt worden sind, empfiehlt S. wieder-
holte Punktionen und Injektionen von Jodoformglycerin. Die akute
Appendicitis operirt er nur bei Perforation oder Gangrän des Wurm-
fortsatzes, foreirt aber nicht die Resektion desselben, sondern be-
Centralblatt. für Chirurgie. No. 12. 337
schränkt sich unter Umständen auf Incision und Drainage. Bei all-
gemeiner Peritonitis im Anschluss an Appendicitis empfiehlt er das
Verfahren von McBurney, welcher von 24 derartigen Fällen 14
heilte: Schnitt in der Gegend des Wurmfortsatzes, Entleerung des
Eiters, Irrigation und Drainage der Bauchhöhle.
Bei Durchbruch eines Abscesses in den Dünndarm soll nicht
operirt werden, da die Heilung meist spontan erfolgt. Von 4 ope-
rirten Pat. verlor S. 2. Martens "Berlin.
Kleinere Mittheilungen.
16) Congrès français de chirurgie. XI. session, tenue à Paris du
18 au 23 Octobre 1897.
{Revue de chir. 1897. No. 11. Supplément.)
Aus dem trotz der Kürze der einzelnen Referate 100 Seiten umfassenden Be-
richt seien nur die wichtigeren ‚Vorträge kurz hervorgehoben. Zur Diskussion
waren 2 Themata 1) über die Kontusionen des Abdomens, und 2) über die opera-
tiven Indikationen und die Behandlung des Mastdarmkrebses gestellt; an der
Debatte betheiligten sich zahlreiche namhafte Chirurgen.
I. Des contusions de l’abdomen.
Dem ons (Bordeaux), als Berichterstatter, unterscheidet 1) Fälle, bei denen
nur die Bauchwand betroffen ist, 2) solche, bei denen hinter dieser oder mit ihr
ein oder mehrere Organe verletzt sind und 3) solche, bei denen letztere allein
ohne erstere Schaden erlitten haben. Die Hauptfrage ist stets, ob eine Verletzung
der Eingeweide vorhanden oder ob sie nicht erfolgt ist. Von Wichtigkeit für das
Entstehen einer solchen ist der Grad der Widerstandsfähigkeit der Bauchwand,
die Richtung der Gewalteinwirkung, indem senkrechtes Auftreffen derselben leichter
zu Schädigung der tiefen Organe geführt haben wird, ferner der anatomische,
physiologische oder pathologische Zustand der Eingeweide, in so fern z. B. ein
hohles, ausgedehntes viel leichter verletzbar ist. Unter den Symptomen hält D.
die Spannung der Bauchwand unter Fingerdruck für Verletzung eines Eingeweides,
besonders für Ruptur eines Hohlorgans, charakteristisch; Fehlen des Shocks spricht
nicht gegen eine solche. D. erörtert genau die verschiedenen klinischen Erschei-
nungen bei Verletzung der einzelnen Organe. In einer ziemlichen Anzahl von
Fällen ist die Diagnose nicht nur möglich, sondern sogar leicht, z. B. bei Zer-
reißungen der Leber, Niere, Milz etc. Für Probelaparotomie ist D. in den Fällen,
wo die voraussichtlichen Vortheile derselben die durch den Eingriff bedingten Un-
annehmlichkeiten überwiegen. Zuwartende Behandlung empfiehlt sich bei sehr
leichten Symptomen oder sehr schwerem Shock. Der beste Moment zum Ein-
greifen ist nach D. der zwischen den primitiven und consecutiven Erscheinungen,
d.h. in den ersten 20 Stunden nach dem Unfall; Gegenanzeige gegen sofortige
Operation ist nur starker Shock.
Le Dentu (Paris) hält die Diagnose nur bei Ruptur der Niere oder Blase
für leicht, während sie bei den anderen Organen wegen der Komplieirtheit der
Symptome unsicher bleibe. Die Hyperästhesie der Bauchhaut ist von großer Be-
deutung und kann allein schon die Laparotomie rechtfertigen, der Kontraktur der
Bauchwand kommt nur bei Vorhandensein anderer Zeichen (eingefallenes Aussehen,
Alteration der Stimme, des Pulses), besonders bei Vermehrung der Athmungs-
frequenz, Kühle der Extremitäten, Verzögerung oder Fehlen der Urinausscheidung,
die aber nicht mit Harnretention zu verwechseln sind, ein diagnostischer Werth zu.
Le D ist für möglichst rasches Eingreifen bei Shock durch innere Blutung; im
Allgemeinen soll man eher die Operation wagen, als zu leicht auf sie verzichten.
Unter 33 Fällen hat Le D. in 16 konservativ verfahren (12 geheilt), in 12 wegen
innerer Verletzungen operirt und nur 3mal Heilung erreicht.
338 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
Michaux (Paris) hält die Laparotomie sowohl für die Feststellung der Dia-
gnose als auch für die Behandlung als das geeignetste Mittel, da weder die Art
der Gewalteinwirkung, noch die klinischen Erscheinungen einen sicheren Schluss
auf die Schwere der Verletzung zulassen. Er empfiehlt so früh als möglich nach
Aufhören des Shocks, und thunlichst schnell die Operation auszuführen und nach
derselben den Bauch, mit Jodoformgaze bedeckt, offen zu lassen, um ihn aus-
waschen zu können.
Auch Moty (Lille) ist für frühzeitige Operation mit lokaler Anästhesie.
Doyen (Paris) bespricht Einzelheiten der operativen Technik, empfiehlt den
Dampfstrahl (Sneguireff) sur Stillung parenchymatöser (Leber, Mils) Blutungen
und sur Desinfektion und zur Drainage eine neue Art von Glasdrains, die an
einem Ende eine leichte Auftreibung haben, um nicht durch Darmschlingen ver-
legt zu werden.
Nimier (Paris) tritt für die sekundäre Laparotomie ein, Février (Nancy)
Guinard (Paris), Rioblanc (Lyon), T&edenat (Montpellier) etc. berichten über
einzelne interessante Fälle.
IL. Indications opératoires et traitement du cancer du rectum.
Die Berichterstatter Qu&nu und Hartmann (Paris) sprechen sich zu Gunsten
der radikalen Operation des Mastdarmkrebses aus, halten die Höhe des Sitzes
nicht für eine Gegenanzeige, die nur durch Generalisation des Krebses und durch
Übergreifen des Leidens auf die Nachbarorgane gegeben ist. Um über die Aus-
dehnung desselben auf letztere und besonders auf das Bauchfell Klarheit zu be-
kommen, ist oft ein iliacaler Probebauchschnitt nothwendig, der auch die Mög-
lichkeit gewährt, einen künstlichen After, sei es wegen Unausführbarkeit der
Radikaloperation, sei es als 1. Akt dieser letzteren Behufs wirksamer Desinfektion
des Mastdarms und gründlicher Entleerung des Darmes, anzulegen. Für die
Operation halten Q. und H. die breite Freilegung und Exstirpation des Krebses
in der Weise, dass der kranke Mastdarm wie ein mit septischem Inhalt gefüllter
Sack entfernt werde, und die Fernhaltung des Stuhlgangs während der ersten Tage
für das Wesentliche. Voroperationen am Knochen suchen sie möglichst zu ver-
meiden und beim Manne auf dem perinealen prärectalen, beim Weibe auf dem
vaginalen Weg zum Ziel zu kommen. Wo die Herstellung eines Kunstafters
nach der Exstirpation nicht ausführbar ist, ziehen sie die eines iliacalen der eines
sacralen vor — mit Exstirpation oder Umstülpung des restirenden Mastdarmtheils
in den iliacalen After (sretournement, par invagination du bout rectal à travers
Porifice de l'anus iliaque«.
Juillard (Genf) tritt für die Kolostomie als präliminare oder palliative Ope-
ration ein; im ersteren Falle lässt er die Exstirpation nach 15 Tagen folgen, die
er bei Frauen für erfolgreicher hält.
Auch Pollosson (Lyon) empfiehlt ein derartiges Vorgehen der vorherigen An-
legung eines definitiven künstlichen Afters vor der Exstirpation.
Pean (Paris) bespricht die Arten des operativen Vorgehens, je nachdem es
sich um tief, in mittlerer Höhe (Ampulle) oder hochsitzende Mastdarmkrebse
handelt. Er hat die Entfernung des kranken Darmes stets auf dem perineulen
Weg oder par la voie pubo-perindo-ischiatique ou pubo-vagino-ischiatique vor-
nehmen können und zieht desshalb diese der sacralen Methode oder der Laparo-
tomie vor, die er nur bei Krebs des obersten Theils des Mastdarms und der an-
grenzenden Flexur zum Zweck der Exstirpation macht.
J. Boeckel (Straßburg) hat unter 43 Fällen von Exstirpation oder Resektion
nur 3 verloren, im 3. Theil derselben Freibleiben von Recidiv noch nach dem
3. Jahre (bis 6—12 Jahre p. op.) beobachtet. In 1 Falle handelte es sich um das
prognostisch sehr ungünstige Sarkom. B. tritt für die perinesle und sacrale Me-
thode ein, empfiehlt aber auch ein dem von Quénu vorgeschlagenen ähnliches
Vorgehen bei hochsitzenden Carcinomen.
Heydenreich (Nancy) bespricht die Vortheile der vaginalen Methode bei
Frauen,
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 339
Doyen (Paris) die palliative Kolotomie in nicht operablen Fällen und die
präliminare vor der Exstirpation des Krebses.
Willems (Gand) hat sich mit der Perin&otomie à lambeau guten Zugang zur
Exstirpation schaffen können; der /”"\-förmige Lappen enthält das untere ge-
sunde Mastdarmende, sein Querschnitt verläuft vor dem After. Bei hochsitzenden
Krebsen zieht W. den sacralen Weg vor. Erneut empfiehlt er die Herstellung
eines glutäalen Afters bei Fortfall des Sphincter ani.
An der Diskussion betheiligten sich außerdem noch M. Berger, Moulonguet,
Tailhefer, Depage ete.
Poncet et Dor (Lyon): De la botry mycose humaine.
Die in 4 Fällen beobachtete Affektion stellte sich als eine Art entzündlicher
Neubildung in der Form einer pilzähnlich gestielten, ulcerirten, schmerglosen
Masse, aus Granulationsgewebe bestehend, dar und saß an den Fingern, einmal
auch an der Schulter. Die bakteriologische Untersuchung ergab die bei dem sog.
»Champignon de castration« der Pferde vorkommenden identischen Mikroben, die
bei Impfung gleichartige Processe an der Impfstelle erzeugten.
M. Schwartz (Paris): Les paralysies post-anesthesiques.
Der mitgetheilte Fall betraf einen 46jährigen Neurastheniker, der beim Er-
wachen aus der Chloroformnarkose (Radikaloperation eines Bruches) über Ameisen-
kriechen in der rechten Hand, besonders im Daumen und Zeigefinger, die unbe-
weglich waren, klagte, am folgenden Tage eine Lähmung des langen Daumen-
beugers und des Flexor indicis und schließlich auch des M. triceps cruralis darbot.
Die Störungen verschwanden unter Massage und Elektricität. S. sieht den Fall
als funktionelle centrale Lähmung arteriosklerotischen Ursprungs an.
Chipault (Paris) beobachtete einen Fall von Hemiplegie nach der Narkose
als Folge einer Blutung in den Ventrikel,
Reboul (Nantes) eine Hemiplegie nach hohem Blasenschnitt.
J. Reverdin (Genève) Anevrisme cirsoide d'origine infectieuse.
Die im Bereich der Augenbrauengegend entstandene Neubildung hatte sich
bei dem 31jährigen Manne im Anschluss an eine schwere gastroenteritische In-
fektion, während welcher bereits an der Nasenwursel Ödem und Druckempfindlich-
keit aufgetreten war, gebildet. R. nimmt an, dass letztere Erscheinungen die
Folge einer infektiögen Arteriitis gewesen, und von dieser eine Thrombose zurück-
geblieben sei, welche als Ursache des Aneurysma aufgefasst werden müsse. Eine
gleiche Entstehungsweise will R. auch anderen Fällen von Aneurysma cirsoides
zu Grunde legen.
M. Tuffier (Paris): Essai sur les ligatures vasoulaires danslestumeurs
inoperables et dans certaines infections.
Die Gefäßunterbindungen bieten bei Organen, die nur von wenigen Haupt-
gefäßen versorgt werden, günstigere Aussichten als bei reich vaskularisirten. So
hat T., während er in einem Falle von Zungenkrebs durch doppelseitige Unter-
bindung der Art. lingualis, bezw. Carotis ext. nur temporäres Aufhören der
Schmerzen und Blutungen beobachtete, bei einem Uteruscarcinom eine ganz auf-
fallende und langandauernde Besserung nach Unterbindung der Gefäße der Ligg.
lata gesehen. Auch bei lokal infektiösen Krankheiten, z. B. bei einem Falle von
miliaren multiplen Abscessen der Niere, in dem er den Gefäßstiel unterband, war
der Erfolg ein günstiger.
Hartmann (Paris) hat von der Unterbindung bei Krebs keinerlei, bei Uterus-
fibroiden jedoch ausgezeichnete Resultate gehabt.
Coudray (Paris): Résultats éloignées de la méthode sclérogène de
Lannelongue.
C.’s Erfahrungen mit der Lannelongue’schen Methode beziehen sich auf
100 Fälle, unter denen 63 große Gelenke betrafen; für diese letzteren — am we-
nigsten für das Hüftgelenk (3 Heilungen unter 10 Fällen) — hat sich das Ver-
fahren besonders bewährt. Unter 18 nicht eitrigen Kniegelenkstuberkulosen z. B
340 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
trat 9mal Heilung ohne weitere operative Eingriffe, Smal bei gleichzeitiger Vor-
nahme von Ausschabungen oder partieller Arthrektomie ein; 7 Fälle von eitriger
Gonitis tuberculosa heilten unter 10 solcher nach Evidement etc. Ähnlich waren
die Erfolge bei anderen größeren Gelenken, freilich bei Kombination des Ver-
fahrens in einem Theil der Fälle mit verschiedenen operativen Eingritien! — Auch
bei Hernien sah C. Günstiges von den Injektionen; eben so in 1 Falle von Scirrhus
mammae.
Bauby (Toulouse): Nouvelle considération sur le traitement des tu-
bereuloses chirurgicales par l’eau bouillante.
B. hat in 12 Fällen von kalten Abscessen und Knochen- und Gelenktuber-
kulosen dauernde Heilung durch Applikation heißen Wassers auf den durch Schnitt
eröffneten Krankheitsherd erzielt. Gegenanzeige für das Verfahren bildet die
Nachbarschaft großer Gefäße, wichtiger Nerven, der Sehnen und der serösen
Häute.
M. Berger (Paris): Epithéliomes branchiogènes du cou et épithé-
liomes aberrants de la thyroïde.
B. berichtet über einen Fall von ulcerirtem Carcinom am Halse, das mit der
V. jugul. int. weithin verwachsen war, so dass letztere bei der Operation reseeirt,
die Carotis und der Vagus ausgedehnt freigelegt werden mussten. Die Unter-
suchung ergab den von Cornil bei Epitheliom der Schilddrüse beschriebenen
Befund. B. fasst die Geschwulst als von abgesprengten Schilddrüsenkeimen aus
entstanden auf; klinisch imponirte er als ein branchiogenes Epitheliom, von dem
er nur durch die histologische Untersuchung zu unterscheiden war.
Faure (Paris): Sur la résection totale du grand sympathique cervical
dans le goitre exophtalmique.
Jonnesco (Bucarest): Traitement chirurgical dugoitreexophtalmique.
Doyen (Paris): Traitement chirurgical du goitre exophtalmique.
F. hat in 2 Fällen von totaler Sympathicusresektion wegen Base do w’scher
Krankheit sehr günstige Resultate — Verbesserung des Allgemeinbefindens, Ver-
minderung des Exophthalmus und Rückbildung des Kropfes — beobachtet; ein
3. Kranker starb während der Operation an Chloroformsynkope, die auch bei dem
2. Falle vorübergehend aufgetreten war. Fast gar nicht wurde die Tachykardie
durch die Operation beeinflusst. F. will in Zukunft letztere in Äthernarkose und
nicht auf beiden Seiten zugleich — wie bei jenen 2 Pat. — ausführen.
J. bespricht die bei Morbus Basedowi bisher ausgeführten Operationen und
sucht an der Hand von Statistiken nachzuweisen, dass 1) die partiellen Strum-
ektomien und ähnliche Operationen schwere und unwirksame, häufig von Recidiv
gefolgte Eingriffe darstellen, 2) die Unterbindung der Artt. thyreoideae etwas
bessere Resultate ergebe, 3) aber die Resektion des Halssympathicus als leicht
ausführbare und ungefährliche Operation der ad 1) und 2) genannten vermöge
ihrer günstigen Erfolge weit überlegen sei, was noch besonders für die doppel-
seitige Totalresektion gelte.
D. hält die Thyreoidektomie für eine einfache und im Vergleich zur Exstir-
pation großer parenchymatöser Kröpfe ungefährliche Operation. Er räth, sie vor-
zunehmen, wenn die Durchtrennung oder Resektion des Sympathicus nicht zur
Heilung geführt hat, und empfiehlt letztere Eingriffe da, wo die Thyreoidektomie
nicht erfolgreich war. D. selbst hat mit der Strumektomie bei Morbus Basedowi
sehr gute — in 2 Fällen seit Jahren andauernde — Resultate gehabt.
Auch Sorel (Le Havre) bestätigt dies auf Grund von 5 Fällen von Thyreoid-
ektomie, während
Abadie (Paris) für die einfache Durchschneidung des Syınpathieus eintritt.
Calot (Berck-sur-Mer): Traitement du mal de Pott.
C. hält sein Verfahren für ungefährlich, verlangt aber, von demselben sehr
kachektische Kinder, ferner solche mit sehr großen Abscessen, mit Fisteln und
solche, wo ein Zug von 60—90 kg Stärke erfolglos bleibt, auszuschließen. In
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 341
letzterem Falle sei es besser, die Widerstand leistenden Knochenspangen offen zu
durchtrennen und erst nach der Wundheilung die Korrektion vorzunehmen.
Auch Redard (Paris) bestätigt auf Grund von 35 Beobachtungen den großen
Werth der Calot’schen Methode, die nur bei ankylotischen Gibbositäten, großen
Senkungsabscessen, Thoraxdeformität und allgemeiner Tuberkulose kontraindieirt
sei. Die Reduktion sei frei von Gefahren, wenn sie nicht brüsk geschehe. Auch
Phocas (Lille und Bilhaut (Paris; sprechen sich in gleichem Sinne aus,
während Chipault (Paris) für die ankylotischen Fälle entweder zur Verhütung
weiterer Verschlimmerung die operative Fixation der Dornfortsätze oder in ab-
gelaufenen die Resektion derselben empfieblt.
Calot (Berck-sur-Mer!: Sur la correction opératoire des scolioses graves.
C. empfiehlt ein dem bei Malum Potti ähnliches Redressementsverfahren auch
für schwere, auf andere Weise nicht zu bessernde Skoliosen.
Faure (Paris): Sur un nouveau procédé de gastroenterostomie. La
gastro-entérostomie par invagination.
Das Verfahren besteht in einer Invagination des Magens durch eine knopfloch-
artige Öffnung in dem Darme in der Weise, dass die in der eingestülpten und
eingenähten Magenfalte angelegte und umsäumte Öffnung nach dem abführenden
Darmende hin gerichtet ist, um die bei den sonst üblichen Methoden der Gastro-
enterostomie leicht eintretende Stauung der Speisen in dem oberen Theil zu ver-
hüten; Galle etc. vermögen dabei leicht die gebildete Klappe zu überwinden und
in das untere Darmende überzutreten. Vorbedingung für die Ausführbarkeit des
Verfahrens ist genügende Beweglichkeit und Weite des Magens, wie sie besonders
bei den nicht krebsigen Stenosen vorhanden ist. Auch nach der Pylorusresektion
ist die Invaginationsmethode leicht anwendbar, eben so bei der Cholecyst-
enterostomie empfehlenswerth.
Doyen (Paris): Gastro- et ent&ro-anastomose aseptique.
Das beschriebene Verfahren bezweckt, jede Spur von Darminhalt vom Ope-
rationsfeld fernzuhalten und besteht in einer besonderen Art der Enterorrhaphie,
deren Einzelheiten sich nicht ohne vollständige Wiedergabe des D.'schen Selbst
berichts verstehen lassen würden; es sei desshalb auf letzteren selbst verwiesen-
Duret (Lille: Sur le traitement chirurgical des abo&s r&tro-coecales
dans les appendieites.
Zur Verhütung der Infektion der Bauchhöhle bei Eröffnung retrocoecaler
Abscesse empfiehlt D. bei Fehlen von abschließenden Verwachsungen, mittels einer
Kürschnernaht das Peritoneum parietale an den Blinddarm anzunähen und die
beiden Enden der Bauchwunde mit Jodoformgaze zu verschließen, sodann den
Abscess mittels Sonde oder Finger an der äußeren Seite des Blinddarms zu er-
öffnen, zu drainiren und ev. eine lumbale Gegenöffnung anzulegen; danach folgt
Etagennaht der. Bauchwand.
Picqué et Guillemont: Des suppurations du diverticule de Meckel
$ simulant l’appendicite.
Der mitgetheilte Fall kam wegen Erscheinungen, die auf eine Appendicitis
hindeuteten, zur Operation; hierbei fand sich der Proc. vermiformis gesund, da-
gegen eine in einem Meck el'schen Divertikel entstandene und allgemeine Peri-
tonitis veranlassende Eiterung. Pat. starb.
Reboul (Nimes): Prolapsus du rectum chez un enfant de cinq ans.
Gangrene et perforation large de l'intestin hernié. Résection.
S Guerison. g
Das Wesentliche des interessanten Falles ist in dem Titel wiedergegeben.
Villar (Bordeaux): Les nouveaux procédés de cure radicale des
hernies inguinales.
V. empfiehlt bei der Radikaloperation nach Bassini’s Methode den Samen-
strang hinter die Bauchwand zu lagern und auf diese Weise den Leistenkanal
vollständig zu beseitigen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
Faure’s (Paris) Bestreben geht darauf aus, versenkte Nähte zu vermeiden;
er operirt nach Duplay’s und Cazin’s Verfahren. Nimier hat mit der sklero-
genen Methode Lannelongue's gute Resultate erzielt, hält dabei Bettlage einen
Monat hindurch für nothwendig.
Froelich (Nancy) bespricht die blutige Radikaloperation bei Hernien der
Säuglinge; er verzichtet darauf, den Bruchsack zu eröffnen und zu exstirpiren und
begnügt sich mit der Naht des Halses. Broca dagegen, sich auf eine umfang-
reiche Zusammenstellung eigener Fälle von 117 Hernienoperationen bei 998 Kindern
im Alter von 4—24 Monaten — 2 + — stützend, tritt für möglichst hohe Isolirung
und Entfernung des Bruchsackes ein. Er macht die Operation in weniger als
10 Minuten und erachtet die Gefahr der Peritonitis gleich Null; seine beiden
Todesfälle waren durch Darmkatarrh und Bronchopneumonie veranlasst.
Albarran (Paris): Indications opératoires dans la tuberculose rénale
A. hat nach 8 lumbaren Nephrektomien wegen Nierentuberkulose Tmal größten-
theils seit über 11/2 Jahre andauernde Heilung und 1 Todesfall an Meningitis
beobachtet, dagegen von 11 Nephrotomirten mit gleicher Krankheit, von denen 10
die Operation zunächst überstanden hatten, 7 nach 3—7 Monaten zu Grunde gehen
sehen. Er hält die Nephrotomie für einen einfachen palliativen Eingriff, der nur
bei sehr ausgedehnten Verwachsungen der kranken Niere oder bei vorgeschrit-
tener allgemeiner Tuberkulose angezeigt sei, während sonst die Nephrektomie in
Betracht kommen müsse, falls durch den Harnleiterkatheterismus das Vorhanden-
und Gesundsein der anderen Niere nachgewiesen werden konnte.
Schwartz (Paris); Sur l’ur&terocyston&ostomie immédiate pour re-
medier à une section de l’uretere, pendant une hysterectomie ab-
... dominale totale pour fibromes,
Dem in der Überschrift Gesagten ist nur hinzuzufügen, dass während der
Nachbehandlung ein Harnleiterkatheter 5 Tage lang liegen gelassen wurde, und
vollständige Heilung erfolgte.
Hartmann (Paris): Ur&t&rectomie totale.
Bei der betreffenden Pat. war zuerst eine Nephropexie, dann eine Nephrotomie
ohne Erfolg gemacht worden. H. fand den Harnleiter derselben Niere fingerdick
erweitert und entfernte nun zunächst die letztere, in einer weiteren Sitzung den
ganzen Harnleiter von einem Schnitt aus, wie er zur Unterbindung der Iliaca an-
gelegt wird. H. empfiehlt, bei Nephrektomien wegen Pyonephrose das Harnleiter-
ende in der Wunde zu befestigen, wie er es in obigem Falle gethan, um ev. später
ihn, wenn seine Exstirpation nothwendig, leicht auffinden zu können. Nach Nieren-
exstirpation zurückbleibende Fisteln erheischen oft die Entfernung des kranken
Harnleiters.
Regnier (Paris): De l’elytrotomie postérieure dans le traitement du
prolapsus utérin.
Seine Absicht, periuterine Verwachsungen zur Fixirung der Gebärmutter zu
schaffen, hat R. in einem Falle von vollständigem Vorfall nach Hysteropexie da-
durch erreicht, dass er den hinteren Douglas mit Jodoformgazestreifen drainirte.
Demons (Bordeaux): Procédé d’arthrotomie pour la cure des luxations
d'épaule.
D. empfiehlt bei veralteter Schulterverrenkung einen transversalen Schnitt, der
von der Höhe des Akromion, bezw. etwas nach hinten von ihm bis zum Processus
coracoideus verläuft. Das Gelenk wird auf diese Weise breit eröffnet, so dass die
Reposition nach Durchtrennung der an letzterem Knochen inserirenden Muskeln
oder nach temporärer Resektion desselben möglich wird.
Reboul (Nimes): Section complete du nerf sciatique poplite interne
par coup de fusil. Suture de ce nerf au sciatique poplité externe,
Guérison avec rétablissement des fonctions du membre.
Die Nervennaht konnte in dem Falle erst einige Monate nach der Schuss-
verletzung wegen Ausbruch von Tetanus ausgeführt werden und ergab im Verlauf
von 9 Monaten p. op. vollständigen funktionellen Erfolg.
Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 343
Kummer (Genève): Recherches expérimentales sur la production des
fractures astragaliennes.
Bei den Experimenten wurden zur Erzeugung von Talusfrakturen verschiedene
Gewalteinwirkungen angewandt, die verschiedene Bruchformen und Bruchlokali-
sationen ergaben.
Destos (Lyon) hat innerhalb 10 Monaten allein 22 Talusfrakturen gegenüber
4 Luxationen des Knochens beobachtet, erinnert an die häufige Verkennung dieser
Brüche und empfiehlt zur Diagnose die Skiaskopie.
Piechaud et Bergonie& (Bordeaux): De l’anastomose tendineuse dans les
deviations du pied, consécutives à la paralysie infantile.
Auf Grund von 4 erfolgreich durch Anastomose der Sehnen der gelähmten
Muskeln mit dem Großzehenstrecker operirter Fälle besprechen P. und B. die
Methode der Anastomosenbildung, zu welcher sie breite Anfrischung und seitliche
Fixation in der ganzen Dicke der Sehnen mit nachfolgender Einscheidung in das
umgebende Zellgewebe empfehlen.
Chipault (Paris): 14 cas de mal perforant traités par l’&longation
des nerfs.
C. hat 9mal an den N. plantaris int. und ext., je Imal an ersterem allein,
bezw. an dem Großzehenaste desselben und 3mal am Saphenus ext. die Dehnung
ausgeführt und außerdem die trophischen Geschwüre unter Entfernung neurotischer
Knochen ausgeschabt. 12 Heilungen, 2 Misserfolge.
Lebrun (Namur): Contribution à l’&tude de traitement chirurgical de
la maladie de Little.
L. durchtrennte in 3 Fällen der Krankheit die kontrakten Muskeln, resp. deren
Sehnen ete., legte in guter Stellung des Gliedes für 10—12 Tage einen Gipsverband
auf und wandte danach Massage und passive Bewegungen etc. an. Wesentliche
Besserung in Bezug auf den Gang und das Allgemeinbefinden.
Kramer (Glogau).
17) Lochte. Ein Fall von allgemeiner Gefäßneurose mit peripherer
Gangrän (sog. Raynaud’sche Krankheit).
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.)
Ein 53jähriger, bisher gesunder Mann erkrankte im Anschluss on eine heftige
Gemüthsbewegung unter Erscheinungen einer symmetrischen Asphyxie mit einem
Gefühl von Kriebeln, Frieren und Abgestorbensein in den Fingern, Abschälung
der Epidermis an den Endphalangen aller Finger, mit Ausnahme des Daumens,
‚peripherer Nekrose der beiden Mittel- und des 4. linken Fingers. An Vorderarm
und Beinen, besonders an der Streckseite, befanden sich zahlreiche livide, unregel-
mäßig umgrenzte, das Niveau der Haut nicht überragende Flecke. 6 Wochen
nach Abstoßung der Nekrosen Wiedererkrankung mit Cyanose und oberflächlicher
Nekrose der linken 2. Zehe; endlich 3 Wochen nach Heilung dieser Aflektion
erneuter Anfall unter Schmerzen und Cyanose des linken Zeige- und 4. Fingers,
dann auch der Zehen ohne Blasenbildung oder Nekrose. Sonst war nichts Ab-
normes im Nervensystem nachzuweisen, Harn stets frei von Eiweiß und Zucker.
Besonders bemerkenswerth war noch das mehrfache Auftreten von Ödemen der
Unterschenkel und der blassen , eyanotischen, feinfleckigen Marmorirungen der Haut.
Um festzustellen, in wie weit ein gehinderter venöser Abfluss dieser Erschei-
nung zu Grunde liege, wurde die elastische Umschnürung einer Extremität vor-
genommen: dieselbe wurde bald kühler, nahm eine matt graublaue Verfärbung an,
die umschriebenen eyanotischen Flecke verschwanden in dem gleichmäßigen Ko-
lorit der Haut. Wurde die Binde aber abgenommen, so trat nicht, wie bei einem
gesunden Menschen, schnell eine rosenrothe Färbung der Haut ein, sondern die
Haut bot ein buntes Aussehen: eyanotische Stellen wechselten mit ischämischen
ab. Verf. erklärt sich diese Erscheinung durch eine Störung des Tonus der Haut-
gefäße. Es handelt sich also um eine Angioneurose. Der Versuch mit der Ligatur
gelang nur zur Zeit der Anfälle, in der Zwischenzeit verhielt sich die Haut normal.
344 Centralblatt für Chirurgie. No. 12.
Da jede andere Ätiologie im vorliegenden Falle unzutreffend ist, hält Verf. es
für möglich, dass der psychische Affekt zu einer centralen Schädigung im Mecha-
nismus des Gefäß-Nervenapparates geführt habe. Der interessanten Abhandlung
sind 2 kolorirte Bilder von dem eigenthümlichen Aussehen des Unterschenkels
unmittelbar nach Abnahme der elastischen Binde angefügt.
Tschmarke (Magdeburg).
18) A. Jordan. Ein Fall von diffuser seniler Atrophie und Hyper-
pigmentose der Haut.
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. No. 8.)
Bei einer 75 Jahre alten Frau fand sich — als Nebenbefund — eine Atrophie
und Pigmentirung der Haut an den verschiedensten Körperstellen, die viel hoch-
gradiger war, als es der gewöhnlichen Altersatrophie entspricht; zum Theil war
die Haut geschrumpft, zum Theil hing sie in weiten Falten herab. Eine Ursache
für diese Veränderung fand sich auch bei der Sektion nicht; die Pat. hat an sehr
starkem Jucken gelitten. (Auffallend sind die »starren Wülste« der Haut an den
Extremitäten; dabei könnte man doch auch an Sklerodermie denken, die nicht
bloß zu Schrumpfung, sondern, wie der Ref. in einem Falle gesehen hat auch,
wie es scheint sehr selten, zu einer Art starker Faltenbildung der Haut führen
kann.) Jadassohn (Bern).
19) Fr. Juliusberg. Über einen Fall von psoriasiformem und liche-
noidem Exanthem.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 2.)
Verf. beschreibt ein sehr eigenartiges Exanthem, das sich aus Flecken von
fast orangerother Farbe und weichen schuppenden Papeln zusammensetzt, die
nicht jucken und beim Abheben der Schuppe nur wenig bluten. Der Verlauf ist
sehr chronisch, Beschwerden, Störung des Allgemeinbefindens nicht vorhanden.
J. glaubt Psoriasis, Ekzem, Lichen ruber ausschließen zu können und vergleicht
seinen Fal] mit einem von dem Ref. publieirten, mit dem er manches Gemeinsame
hat — in manchen Punkten aber weicht er auch erheblich von dem vom Ref.
gesehenen ab. Es handelt sich hier zweifellos um ganz eigenartige, noch nicht
rubrieirbare, gegen die Therapie sehr hartnäckige Hautkrankheiten, auf welche
die Aufmerksamkeit mehr gerichtet werden müsste, als es bis jetzt geschehen.
Jadassohn (Bern).
20) Ohmann-Dumesnil. Eine schleunige Heilungsmethode des Pem-
phygus.
(St. Louis med. and surg. journ. 1897. Juni.)
Die an 2 Fällen erprobte Behandlung das Pemphygus besteht in innerlicher
Darreichung von Arsenik in steigender Dosis, womit die Eröffnung der Blasen
und Bedeckung mit einer Salbe von Pulvis campho-phenicosus 1:16 verbunden
wird. Schon nach 1 Woche konnte die eine Kranke als geheilt angesehen werden.
Auch bei Herpes zoster und Herpes simplex ist dieselbe Behandlung von bestem
Erfolg. Ge Lühe (Königsberg i/Pr.).
Berichtigung. P. 250, der Anfang des letzten Absatzes im Referat über
Kolischer muss lauten: Zu ähnlichen Anhäufungen von Fremdkörpern kann die
Verwendung schlecht gehaltener Spritzen zu Blaseninjektionen führen.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 116), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
Laien LI. E ite,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
EE
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 13. Sonnabend, den 2. April. - 1898.
Inhalt: XXVII. Chirargenkongress.
P. J. Zaalberg, Zur Technik der Mastoidoperationen. (Original-Mittheilung.)
1) Hausser, Bakterienbefund bei Leichen. — 2) Caillaud, Tetanus. — 3) Brown,
Blut Tuberkulöser. — 4) Front, 6) Kaljser, Gelenkentzündung. — 6) Wëller, Wund-
behandlung. — T) Menge, Handasepsis. — 8) Orlandi, Antidiphtherisches Serum. —
9) Lane u. A., Oxytuberkulin. — 10) Slivestri, Calceiumbypophosphat bei Blutungen. —
11) Sommer, Adhäsivum. — 12) Hartmann, Obrkrankheiten. — 13) Gradenigo, Ozaena.
— 14) Bayer, Spina bitida und Encephalocele. — 15) Perthes, Empyem. — 16) Pott,
Beschneidung. — 17) Hottinger, 18) Lang, 19) Audry, Harnröhrenverengerung. —
20) Le Dentu, Elephantiasis der männliohen Geschlechtstheile. — 21) Gerson, Pfiaster-
suspensionsbinde. — 22) Guigues, Incontinentia urinae bei der Frau. — 23) Gigli,
Schambeindurchtrennung. — 24) v. Winckel, Weibliche Genitalien und Bauchfellentzün-
dung. — 25) Edebohls, Ventrofixation der Gebärmutter.
W. Liermann Zur vaginalen Methode bei Mastdarmoperstionen. — 0. Vulpius, Zur
Kasuistik der traumatischen Epithelcyste. (Original-Mittheilungen.)
26) Gold, Jahresbericht. — 27) Sotowiejczyk, Chloroform. — 28) Ssudakow, Echino-
coccus. — 29) Depage, Temporäre Oberkieferresektion. — 30) Browne, Aneurysma der
A. max. int. — 31) Ewald, Cylindrom der Zunge. — 32) Lannelongue und Vitrac,
Brustdrüsencyste. — 33) Aisberg, Blasenverletzungen. — 34) Curtis, Blasenresektion.
— 35) Hölscher, Harnleiterkatheterismus. — 36) Coelho, Nephrektomie. — 37) Natoli,
Varicocele. — 38) Jovanović, Blasen-Scheidenfistel. — 39) Leenen, Dermoidcyste des
Eierstocks.
Chirurgenkongress. — Kongress für innere Medicin. — Deutsche dermatologische
Gesellschaft.
XXVII. Chirurgenkongress.
Um möglichst rasch nach alter Weise im Centralblatt einen sach-
lich richtigen Bericht über die Ergebnisse des Kongresses bringen zu
können, bitte ich die Herren, welche auf demselben Vorträge halten
werden, mir recht bald nach der Sitzung einen Selbstbericht über solche
in Berlin zu übergeben oder nach Breslau, Kaiser Wilhelmstraße 115,
einzusenden. Richter.
13
346 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
Zur Technik der Mastoidoperationen.
Von
Dr. P. J. Zaalberg in Amsterdam.
Es ist bekannt, dass man bei den Mastoidoperationen, gleich-
viel ob es sich um akute oder chronische, einfache Antrumauf-
meißelungen oder Radikaloperationen handelt, nachdem die Weich-
theile durch einen retro-aurikulären Schnitt bis auf den Knochen
durchtrennt sind, um mit Bequemlichkeit den Knochentrichter bis
in die Paukenhöhle anzulegen, die Weichtheile stark aus einander
halten lassen muss.
Dies geschieht meistenstheils von einem oder zwei Assistenten, die
mit scharfen oder stumpfen, langen, gestielten Haken die Weich-
theile bei Seite ziehen. S
Ich habe mir, um diese Hilfe entbehren zu können, neulich
3 kurze Haken anfertigen lassen, einen mit gerade angebrachten
gebogenen Zähnen und 2 Haken, deren Zähne so angebracht sind,
dass sie in einer Ebene arbeiten, welche mit der Zuglinie einen
Winkel von 30° bilden, und zwar eine für rechtsseitige, eine für links-
seitige Operationen.
Fig. 1. i Fig. 2. Fig. 3.
Wenn die Haken angelegt sind, werden die stumpfen umgebo-
genen Enden durch einen Kautschukschlauch, welcher an seinen
Enden mit zwei Schifferknoten versehen ist und über Hinterhaupt
und Stirn läuft, mit einander verbunden. Es stellte sich heraus,
dass, wenn man an den vorderen Wundtheil einen geraden Haken an-
legt, dieser nunmehr dem Zug nachgiebt und nach dem oberen Theil
der Wunde hinaufrückt.
Das ist nun mit den Haken, deren Zähne unter einem Winkel
angefertigt sind, überwunden. Sie verharren in der einmal angegebe-
nen Stellung.
Was man bloß zu vermeiden hat, ist Druck des Schlauches auf
das dem Operationsfelde nahe liegende Auge. Das kann der Nar-
kotiseur durch leisen Druck verhüten. So kann man einen Assisten-
ten entbehren, dem es wohl nie gelingt, die Haken fortwährend rich-
tig zu halten, weil eine Ermüdung durch das Halten in derselben
Stellung unbedingt eintreten muss.
Die Operation wird dadurch vereinfacht, der Chirurg kann ruhig
fortfahren, braucht nicht immer die abgleitenden Haken neu einzu-
stellen, wird befreit von der dadurch immer eingeleiteten Blutung.
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 347
1) A. Hausser. Bakterienbefunde bei Leichen. Zur Frage
der Verwerthbarkeit postmortaler Bakterienbefunde.
(Zeitschrift für Heilkunde Bd. XVII. Hft. 5 u. 6.)
Das Ergebnis der ungemein sorgfältig angestellten diesbezüg-
lichen Untersuchungen an einem reichen Material der Prosektur des
Krankenhauses »Rudolfstiftung « in Wien (Prof. Paltauf) fasst
H. dahin zusammen, dass eine rein postmortale Wanderung von
Bakterien innerhalb solcher Zeiträume, wie sie zwischen eingetrete-
nem Tod und Obduktion gewöhnlich verfließen, in ausgiebigem
Maße stattfinden kann, und dass man desshalb bakteriologischen
Befunden, welche ausschließlich an der Leiche ohne vergleichende
bakteriologisch-histologische Befunde, ohne Rücksichtnahme auf die
Menge der Keime erhoben worden sind, bezüglich der Lokalisation
der nachgewiesenen Mikroorganismen mit einer gewissen Vorsicht
begegnen muss. Gold (Bielitz).
2) Caillaud. Vrai et faux tetanos.
(Méd. moderne 1897. No. 181.)
Nach genauer Besprechung der Symptome kommt C. zum
Schluss, dass nur das Fieber ernsteren differentielldiagnostischen
Werth habe. Tetanus ist nur echt, wenn erhöhte Temperatur besteht.
Roesing (Hamburg).
3) P. K. Brown (San Francisco). A study of the blood in
73 cases of bone tuberculosis in children with reference to
diagnosis and treatment.
(Occidental med. times 1897. August.)
Abnahme der rothen Blutkörperchen findet sich im Allgemeinen
nicht bei Gelenktuberkulose, außer in den späteren Stadien der
Krankheit bei sehr langem Bestehen, bei sehr jungen Kindern und
bei Sepsis. Dagegen ist die Menge des Hämoglobins im Blut
stets herabgesetzt, ganz besonders unter denselben Umständen, unter
denen die Zahl der rothen Blutkörperchen vermindert wird. Bei
Beginn der Genesung zeigt sich auch alsbald eine Neigung des
Blutes zur Rückkehr normaler Verhältnisse. Selbst die Bildung von
Abscessen ist nicht nothwendig von Leukocytose begleitet, langsame
Entwicklung derselben aber deutet auf ein Aufflackern des tuber-
kulösen Processes, während ihr rasches Auftreten auf sekundäre
Infektion mit Eitererregern hinweist. Ein Abscess kann aber selbst
ohne Auftreten der Leukocytose wieder resorbirt werden. Bei sep-
tischer Wundinfektion tritt zuerst Leukocytose auf und steigt oder
fällt je nach dem Zustand des Kindes. Falls die Abnahme der
Leukocytose mit Zunahme der Anämie verbunden ist, so ist dies
ein Zeichen von Herabsetzung der Vitalität. Lühe (Königsberg i/Pr.).
13*
348 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
4) E. Fronz. Über eitrige Gelenkentzündungen im Verlauf
der Meningitis cerebrospinalis epidemica.
(Wiener klin. Wochensohrift 1897. No. 15.)
Der von Jaeger gefundene Erreger der Meningitis cerebro-
spinalis epidemica, der Meningococcus intracellularis, kann sich als
Metastase auch in Gelenken ansiedeln und Exsudation bewirken.
Diese Gelenkerkrankung hat eben so die Neigung zur Ausheilung
wie die Erkrankung der Meningen, im Gegensatz zu den durch
Strepto- und Staphylokokken bedingten Gelenkeiterungen.
Hübener (Breslau).
5) F. Kaijser. Bidrag till kännedomen om serösa artriter
beroende pä staphylomycosis.
(Hygiea Bd. LIX. Hft. 1.)
Verf. behandelt die Frage von den nicht eitrigen Gelenkentzün-
dungen, welche auf Staphylomykosis (Kocher und Tavel) beruhen.
Diese Krankheitsformen sind bisher gewöhnlich als rheumatische
Gelenkerkrankungen beschrieben worden. Nach einer geschicht-
lichen Übersicht der Fälle, welche der in dieser Weise begrenzten
Krankheitsgruppe angehören und in der Litteratur veröffentlicht sind,
erwähnt Verf. zuerst die klinischen Symptome, theils bei der pri-
mären Kapselerkrankung unter Berücksichtigung sowohl akuter als
chronischer Formen, theils auch bei primären ostalen Herden. Da-
nach folgen die bakteriologischen Untersuchungen, welche Verf. so-
wohl in akuten als chronischen Fällen nebst kontrollirenden Thier-
versuchen ausgeführt hat. In einem folgenden Kapitel erörtert Verf.
die Ätiologie, die pathologische Anatomie und die Prognose. Ursache
für die Lokalisation der im Kreislauf befindlichen Bakterien in einem
Gelenk ist oft ein Trauma. Die Veränderungen in den Gelenken
scheinen vorzugsweise der Kapsel anzugehören: nämlich chronische
Entzündung mit vermehrtem Blutgehalt, perivaskuläre Rundzellen-
infiltration und gesteigerte Exsudation. Auch im Knorpel kommen
pannöse Verdickungen und Zerfransungen vor. Im Knochen werden
Blutüberfüllungen und Erweichungen beobachtet. Die Heilungs-
möglichkeit ist im Großen und Ganzen als gut zu betrachten, ob-
schon die Behandlung in einzelnen Fällen längere Zeit beansprucht.
Bei der Diagnose sind auszuscheiden die gonorrhoischen, rheuma-
tischen, tuberkulösen, luetischen und deformirenden Arthritiden, von
welchen Verf. die charakteristischen Merkmale aufzählt. Die Be-
handlung ist theils eine allgemein roborirende, theils Punktion mit
Injektion antiseptischer Flüssigkeiten, theils in geeigneten Fällen
Arthrotomie. Der Arbeit liegt eine Kasuistik von 17 detaillirten
Krankengeschichten zu Grunde. A. Hansson (Cimbrishamn).
x
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 349
6) A. Wölfler. Über die Methoden und Erfolge der Wund-
behandlung.
(Prager med. Wochenschrift 1897. No. 35 u. 37.)
In diesem sehr lesenswerthen Vortrag bespricht W. den heu-
tigen Stand der Wundbehandlung und schildert die von ihm bevor-
zugten Methoden derselben. Wir erfahren aus demselben, dass W.
schon seit einem Decennium sterile Handschuhe beim Operiren
gebraucht, dass er zur Desinfektion der Instrumente und Verband-
stücke kochendes Wasser und Dampf verwendet und für die Bauch-
höhle nasse Kompressen, die in Tavel’scher Kochsalz-Sodalösung abge-
kocht sind, bevorzugt. Zur Wunddrainage hat sich der Vorschlag
von Mac-See bewährt, welcher das Ausleiten der Drainröhren durch
die Verbände empfahl. Die genähte Wunde wird nach Bruns’
Vorschlag zweckmäßig mit Airolpaste bedeckt.
Von Resultaten erwähnt W. u. A., dass die heutige Sterblich-
keit der Amputationen an Extremitäten sich zu jener vor 2 Decennien
wie 1:3, die der Mammaamputationen sogar wie 1:4 verhält. Die
Gesammtsterblichkeit aller Operationen in der Prager Klinik schwankte
in den letzten 4 Jahren zwischen 6,2 und 8,8%.
Der Vortrag enthält noch mannigfache interessante Einzelheiten,
wegen deren auf das Original verwiesen sei. Jaffé (Hamburg).
7) C. Menge. Zur Vorbereitung der Hände vor aseptischen
Operationen. (Aus der Universitäts-Frauenklinik in Leipzig.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 4.)
Ausgehend von der Annahme, dass bei dem Gebrauch des
Alkohols zur Händedesinfektion die obersten Schichten der Haut
durch die Spirituseinwirkung schrumpfen, die einzelnen Bestandtheile
derselben enger an einander geschlossen und dadurch die in der Epi-
dermis zurückgebliebenen bakteriellen Dauerformen von ihr fest-
gehalten werden, dass es bisher also eine absolut sichere Desinfektions-
methode für die Hände noch nicht giebt, bespricht M. zunächst die
auf der Empfehlung von Operationshandschuhen beruhenden modernen
Verbesserungsvorschläge, sowohl hinsichtlich ihrer großen Vortheile,.
als auch in Bezug auf ihre Nachtheile durch Beeinträchtigung, des
Tastgefühls, der Schädigung des lebenden Gewebes durch die rauhe
Handschuhoberfläche etc. Er erwähnt dann weiter seiner eigenen
Versuche mit dünnen, engmaschigen, mit einer Paraffin-Xylol- oder
Paraffin-Atherlösung getränkten Handschuhe, die allerdings auch nicht
allen, von Wölfler an gute Operationshandschuhe gestellten Forde-
rungen entsprechen, indem sie für Wundflüssigkeit noch immer etwas
durchgängig sind, und empfiehlt schließlich, in folgender Weise die
Hände vor operativen Eingriffen vorzubereiten: Zunächst gründliche
mechanische Reinigung mit heißem Wasser, Kaliseife, Bürste etc.,
und möglichst lange Wassererweichung der Haut; hierauf sorgfältige
e
350 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
Desinfektion in einer wässrigen oder spirituösen Desinfektionslösung
von geringem Alkoholgehalt, welche im Stande ist, auch bakterielle
Dauerformen in kurzer Zeit abzutödten; dann Durchtränkung mit
70%igem Alkohol und Trocknung mit sterilem Tuche. Hierauf
Übergießung der Hände mit einer sterilisirten Paraffin-Xylollösung
und abermals Trocknung, ev. Anlegung von mit gleicher Flüssigkeit
imprägnirten aseptischen Handschuhen. Eigene Erfahrungen über die
praktische Bedeutung dieses Verfahrens hat M. noch nicht, empfiehlt
aber letzteres den Fachgenossen zur Prüfung. Kramer (Glogau).
8) Orlandi. Sull’ azione fisiopatologico del siero antidifterico.
(Gaz. med. di Torino 1897. No. 44.)
Zur Entscheidung der Frage, ob die von vielen Autoren be-
schriebenen, zum Theil auch experimentell studirten Nebenwirkungen
des antidiphtherischen Serums vorhanden und auf Besonderheiten die-
ses Serums zu beziehen seien, stellte O. 2 Reihen von Experimen-
ten an:
In der ersten wurden bei 3 Personen, von 8, 10, 15 Jahren, die
als gesund zu betrachten waren, normales Pferdeblutserum und später
antidiphtherisches in größeren Quantitäten von 18—35 ccm mehr-
fach injieirt. Bei allen traten allerlei unangenehme Erscheinungen auf,
Übelkeit, Kopfschmerz, masernähnliches Exanthem, Gelenkschwel-
lungen etc., Temperatursteigerung bis 38,5, welche bei dem Jungen
von 10 Jahren zum sofortigen Abbruch der Injektionen nöthigten.
Bei allen zeigten sich ferner Erscheinungen von Seiten des Herzens
(Irregularität). Die Zahl der Erythrocyten und des Hämoglobins sank
von 4,8 auf 4,1 Millionen. Da außerdem Steigerung der Stickstoff- und
Chlorausscheidung erfolgte, so erklärt O. sich für die Annahme einer
zu Anämie neigenden Blutveränderung (Hämolyse).
Dass das Heilserum toxische Eigenschaften auf das Herz besitzt,
zeigt eine 2. Experimentalreihe: Legt man Frosch- resp. Schildkrö-
tenherzen in Menschen- oder Pferdeserum, so schlagen sie darin
11/2 resp. 2'/, Stunden weiter, in Heilserum nicht länger als 20 resp.
15 Minuten. Im letzteren Falle kann man aber durch Auswaschen
mit Kochsalzlösung die Kontraktionen wieder beleben. — Das ver-
wandte Serum stammte aus dem Laboratorium des Hygieneamtes
zu Turin. E. Pagenstecher (Wiesbaden).
9) Lane, Ellinwood, Barkan, Flummer, Gibsons (San Fran-
cisco). Report of a committee of the faculty of Cooper
medical college, upon the oxytuberculine treatment of
tuberculosis of Dr. J. O. Hirschfelder.
(Occidental med. times 1897. November.)
Im Februar 1896 hatte J. O. Hirschfelder in San Francisco ein
neues Präparat vorgelegt und als Ersatz für das Tuberkulin K och’s
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 351
empfohlen. Er nannte es Oxytuberkulin und hatte es in einer Reihe
von Fällen als höchst nützlich befunden, besonders falls es sich um
Initialstadien der Tuberkulose handelte. Dasselbe wurde so herge-
stellt, dass zunächst ein Koch’sches Tuberkulin dargestellt und dann
mit Wasserstoffisuperoxyd erhitzt wurde. Es sollte so eine Art höhe-
rer Oxydationsstufe des Tuberkulins erzeugt werden, indem H. von der
Theorie ausging, dass im Körper die von den Keimen ausgeschiede-
nen Giftstoffe durch Oxydation unschädlich gemacht würden, und
‚dass die Keime selbst durch die so hervorgebrachten Oxytoxine ge-
tödtet würden. Es war dies also eine eigene neue Theorie H.’s über
die Immunisirung. Dass sein »Oxytuberkulin« die Tuberkelbacillen
tödte, hatte H. durch Versuche festgestellt.
Das obengenannte Komité hatte sich die Aufgabe gestellt, H.’s
Versuche nachzuprüfen. Es fand nun, dass in der That die Ent-
wicklung der Tuberkelbacillen in Bouillonreinkultur durch Oxy-
tuberkulin gehemmt wurde. Bei der therapeutischen Anwendung ist
zunächst hervorzuheben, dass irgend wie ungünstige oder giftige
Nebenwirkungen sich niemals geltend machten. In 15 Fällen wurde
das Präparat versucht, und es ergab sich bei allen Kranken eine erheb-
liche nachweisbare Besserung, obgleich sich bei einigen noch die
alten vorher bestandenen Kavernen fanden. Mit Ausnahme von 2,
die erst kürzlich in Behandlung getreten waren, erschienen alle völ-
lig gesund, ohne Auswurf, Husten oder Blutung; Appetit, Gewicht
und Lebenskraft waren wiederhergestellt. Einige hatten schon seit
Monaten jeder Behandlung entbehren können, und selbst in vorge-
rückten Stadien, wenn auch nicht iu den letzten, hat sich das Oxy-
tuberkulin bewährt und kann den Ärzten zu weiteren Versuchen
durchaus empfohlen werden. Lühe (Königsberg i/Pr.).
10) Silvestri. Nota preliminare sull’ azione emostatica dei
sali di calcio.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 1.)
Verf. knüpft an die Gerinnungstheorie von Freund an, um bei
Blutungen das Calciumhypophosphat zu empfehlen, das er in der
Dosis von 1,2 g 2stündlich bei Metrorrhagien, Nieren-, Nasen-,
Haut- und Darmblutungen mit Erfolg angewandt hat. 13 Kranken-
geschichten erläutern diesen Erfolg. Dreyer (Köln).
11) E. Sommer. Adhaesivum.
(Arstliche Polytechnik 1897. December 8.)
Adhaesivum ist eine dickflüssige, röthliche Substanz, welche an
der Luft rasch erstarrt und alsdann unlöslich ist. Es ist aseptisch.
Schüttet man es auf die zu vereinigende oder von der Luft abzu-
schließende Wunde, so trocknet es sofort zu einer zähen Kruste ein
und vereinigt die Wunde oder schließt sie nach Art des Schorfes zu.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
352 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
12) A. Hartmann. Die Krankheiten des Ohres und deren
Behandlung. Sechste Auflage.
Berlin, Fischer’s Buchhandlung, 1897.
Das wohlbekannte Lehrbuch H.’s hat in 11/, Decennien nunmehr die
sechste Auflage erlebt: ein Beweis, dass es immer noch das belieb-
teste der otiatrischen Lehrbücher ist. Das verdient es auch in seiner
neuen Form zu sein, die von der früheren in vielen Punkten ab-
weicht. Die Zahl der Abbildungen ist um 17, die der Seiten trotz
der zahlreichen Erweiterungen und Umarbeitungen einzelner Kapitel
nur um 26 vermehrt, was dem Talente des Verf., mit wenig Worten
viel zu sagen, nur zu danken ist. Ganz neu sind u. A. die Ab-
schnitte über Rhinoskopie, über Hörübungen und Absehunterricht,
über Mittelohrentzündungen der Säuglinge, über die Radikalopera-
tion bei chronischer Mittelobreiterung. Vollständig umgearbeitet bezw.
neu ist namentlich der Abschnitt über die intrakraniellen, Komplikationen
und die Septhämie und Pyämie nach Ohreiterung. In allen Ände-
rungen erkennt man beim Vergleich mit der fünften Auflage den
Wunsch des Vert, seinem Buche alle neu erworbenen Kenntnisse
und Erfahrungen zu Gute kommen zu lassen. Wenn dabei Verf.,
als einer der thätigsten und erfolgreichsten Arbeiter im Gebiete der
Otiatrie, vielfach sich in erster Linie auf eigene Erfahrung stützt, so-
giebt das dem Buche nur ein höchst erfreuliches individuelles Ge-
präge; doch hat er, so weit es mit der Knappheit der Darstellung
verträglich ist, die Litteratur der letzten Jahre vollständig verwerthet.
Wegen der sorgsamen Auswahl des praktisch Bedeutungsvollen und
wegen der Klarheit und Knappheit der Darstellung dürfte das Buch
namentlich denen ein guter Berather sein, die »im Nebenamt« mit
Ohrenkrankheiten zu thun haben: aber auch der Specialist kann,
wie aus den früheren Auflagen, so aus dieser eine ganze Menge
lernen. — Nicht recht einverstanden ist Ref. damit, dass H. die
Reihenfolge und Zahlenbezeichnung der von ihm aufgestellten Schwer-
hörigkeitstypen geändert hat: das dürfte nanchmal zu Unklarheiten in
späteren Arbeiten Anlass geben. Die von H. neu empfohlene Zange
zur Entfernung der hypertrophischen Rachentonsille möchte Ref. dem
Praktiker nicht empfehlen: es operirt sich damit nicht leicht, und
jedenfalls leicht mit ungenügendem Erfolge! — Sonstige Aussetzungen
wüsste Ref. nicht zu machen und möchte das Buch auch namentlich
den Chirurgen aufs wärmste empfehlen. Kümmel (Breslau).
13) G. Gradenigo. Sur le traitement de l’ozene.
(Ann. des malad. de Voreille T. XXIII. Fasc. I.)
Die bedeutenden Besserungen der Ozaena auf Diphtherieserunr
hin sind meist vorübergehend, und das Mittel selbst nicht frei von
Unannehmlichkeiten. Dauerndere Erfolge erzielte G. mit intramusku-
lären Injektionen von Jod (0,01—0,03 mit Jodkali und Wasser gelöst)
nach Durante; die Injektionen werden aber öfters wegen Schmerzen
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 353
nicht vertragen. Die Ozaena (wie die etwa begleitenden Ohrerkran-
kungen) besserte sich bedeutend, aber die vorhandenen Mikroorganis-
men behielten ihre Virulenz, woraus G. schließt, dass eine Heilung
damit noch nicht garantirt werden kann. Kümmel (Breslau).
14) C. Bayer. Über die Endresultate der in der chirurgi-
schen Abtheilung des Kaiser Franz Joseph-Kinderhospitals
in Prag seit dem Jahre 1888 operirten Fälle von Spina
bifida und Encephalocele.
(Zeitschrift für Heilkunde Bd. XVIIL Hft. 5 u. 6.)
Die Endresultate sind im Allgemeinen schlecht. 59% jener
Fälle von Spina bifida, welche die Operation überstanden, starben
kurz oder länger nachher. Noch ungünstiger stellt sich das Sterb-
lichkeitsprocent der operirten Encephalocelen heraus. Betrachtet
man andererseits jene Fälle, welche nicht operirt worden sind, so
ergiebt sich, dass fast alle rasch zu Grunde gingen. B. resumirt
dahin: ohne Operation Tod; durch Operation Erhaltung in 38% bei
Encephalocele und in 41% bei Spina bifida. Von den ersteren
2 Fälle, von den letzteren ebenfalls nur 2 Eälle ohne Schädigung,
mit Lähmungen 4, mit Hydrocephalus 1. Ein tadelloses Resultat
ist also nur in Fällen zu erzielen, welche weder Hydrocephalus noch
Lähmungen aufweisen, und in welchen keine wichtigen Theile des
Centralnervensystems in defektem Zustande vorhanden sind. B. operirt
nur Fälle, welche keines dieser Symptome nachweisen lassen.
In Bezug auf die Technik der Operation empfiehlt B. neuerdings
seine doppelte Wandbildung (Deckung des verkleinerten und für
sich genähten Meningensackes mit einem Fascien- oder Muskellappen,
am Schädel Periostlappen, mit folgender Hautlappennaht), welche sich
in Bezug auf Vermeidung eines Recidivs bewährt hat. Das Bestreben,
einen knöchernen Verschluss herzustellen, erachtet B. als zwecklos,
weil derselbe in der Mehrzahl der Fälle wegen Materialmangels un-
möglich oder zum mindesten unzureichend ist und — wie das Ver-
fahren von Bobrow und Postnikow (Centralblatt für Chirurgie
1897 No. 28) — die ohnehin eingreifende Operation nur komplicirt.
Gold (Bielitz).
15) Perthes. Über ein neues Verfahren zur Nachbehand-
lung der Operation des Empyems und zur Beseitigung des
Pneumothorax, so fern er auf einem Defekt der Thoraxwand
beruht.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.)
An der Hand statistischer Erhebungen über die Resultate der
Empyemoperation weist P. zunächst nach, dass eine frühzeitige Opera-
tion allein noch keine Sicherheit für die prompte Wiederentfaltung
der Lunge gewährt und hält es daher für zweckmäßig, die auf die-
13%
354 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
ses Ziel hinwirkenden natürlichen Kräfte durch eine dauernde und
beliebig regulirbare Kraft zu ersetzen. Zu dem gleichen Schluss
führen die Erörterungen des 2. Kapitels » Über die Ursache des
spontanen Verschwindens des Pneumothorax nach der Empyem-
operation «, während der 3. Abschnitt betreffend » die bisherigen Mittel,
um die Wiederentfaltung der Lunge nach der Empyemoperation zu
begünstigen oder zu veranlassen «, den Nachweis führt, dass es ein in
der gedachten Richtung sicher wirkendes Mittel bisher nicht giebt.
Des Verf. neue Vorrichtung bezweckt, durch dauernde Aspira-
tion einen dauernden negativen Druck in der Pleurahöhle zu unter-
halten. Sie besteht aus 3 Theilen: 1) Einer besonders eingerichteten,
die Wunde luftdicht deckenden Kappe, durch welche eine Magen-
soude in die Empyemhöhle hineinragt. 2) Einer mit der Wasser-
leitung in Verbindung stehenden Saugpumpe. 3) Einem mit Mano-
meter versehenen Sammelgefäß für den abgeleiteten Eiter, welches
zwischen Saugpumpe und Kappe eingeschaltet ist.
P. hat seinen Apparat bis jetzt in 6 Fällen (3 frischen Empy-
emen, 2 alten Empyenfisteln, 1 akuten Pneumothorax, durch trans-
pleurale Operation eines subphrenischen Abscesses bedingt) erprobt;
die Details der Anwendung eignen sich nicht fürs Referat. Die
physikalischen und physiologischen Darlegungen des Verf. sowohl
als seine klinischen Resultate sind sehr geeignet, zu Versuchen mit
der neuen Vorrichtung anzuregen. Hofmeister (Tübingen).
16) R. Pott (Halle a/S.). Über die Gefahren der rituellen
Beschneidung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 4.)
P. stellt zunächst fest, dass die rituelle Beschneidung durchaus
keine in sanitärer Beziehung nützliche Maßregel sei, und bespricht
dann die den jüdischen Kindern durch jene Sitte erwachsenden
Gefahren der, selbst tödlich verlaufenden, Blutungen, besonders bei
dazu disponirten Kindern, wodurch eine bis dahin latente Hämo-
philie geweckt, resp. die bereits manifeste hämorrhagische Diathese
gesteigert werde, ferner die Gefahren accidenteller Wundkrankheiten,
der Intoxikation mit Sublimat, Karbol, Jodoform etc., der Einimpfung
von syphilitischem Kontagium oder von Tuberkulose etc. Auf Grund
dieser, durch selbst gemachte Beobachtungen erläuterten Ausführungen
empfiehlt P., die rituelle Beschneidung nicht, wie üblich, am 7. bis
13. Tage, wo die Neigung zu Blutungen am größten ist, sondern
an einem späteren Termin vorzunehmen, und fordert vor Allem eine
durchgreifende Reform in dem Sinne, dass nur in ihrem Fache
ausgebildete und staatlich geprüfte, bei Fahrlässigkeit einer straf-
rechtlichen Verfolgung unterliegende Mohelim die Berechtigung zur
Beschneidung erhalten sollten. Kramer (Glogau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 355
17) R. Hottinger (Zürich). Über erworbene Verengerung
des Orif. ext. urethrae und des vorderen Theils der Harn-
röhre.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane Bd. VII. Hp. 10.)
Unter Bei-Seite-Lassen aller gewöhnlichen erworbenen Verenge-
rungen der Harnröhrenmündung, wie sie in Folge eines narbigen
Processes nach Ulcus, Gonorrhoe, Trauma der verschiedensten Art
häufiger vorkommen, bespricht H. eine Form der Verengerung, für
die eine gleichzeitige Erkrankung der Eichel und ihrer Bedeckung,
so wie eine Betheiligung des Anfangstheils der Harnröhre das Charak-
teristische ist.
Die Erkrankung entwickelt sich aus normalen oder annähernd
normalen Verhältnissen heraus. Phimose kommt dabei vor, spielt
aber keine ursächliche Rolle. Die verschiedensten Altersstufen sind
von der Erkrankung betroffen, die mit einer Verwachsung der Vor-
haut mit der Eichel oder einer Retraktion derselben einhergeht. Das
Wesentliche des Krankheitsbildes ist eine Verdickung der Haut der
Eichel, die in Folge eines sklerotischen Processes eine schwartige,
lederartige, rigide Beschaffenheit annimmt. Ferner ist wesentlich,
dass dieser Process kontinuirlich auch auf den Anfangstheil der Harn-
röhre übergreift, so dass diese als harter Strang durch die verdickte
Eichel hindurch zu fühlen ist. Es kommt dadurch zu unter Um-
ständen äußerst hochgradigen Verengerungen des Orif. ext.
H. nimmt als Ursache des Processes eine Balanoposthitis an, die
er in 2 von 3 beobachteten Fällen anamnestisch feststellen konnte.
Therapeutisch kommt bei dem hartnäckigen und in seinen Folge-
zuständen nicht unbedenklichen Leiden zunächst die Behandlung der
Balanitis und Phimose in Betracht, Reinlichkeitsvorschriften, Circum-
cision etc.
` In den schweren Fällen von hochgradiger Erkrankung der Harn-
röhre handelt es sich darum, die vorhandene Enge je nach ihrem
Grad durch unblutige Erweiterung, ev. durch eine Urethrotomie mit
ausgiebiger hypospadischer Spaltung des Orificiums zu beseitigen.
F. Krumm (Karlsruhe).
18) Lang. Die therapeutische Verwendung der Elektrolyse,
insbesondere bei Strikturen der Harnröhre.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 7.)
L. empfiehlt unter Anführung einiger auf diese Weise geheilter
Fälle die elektrolytische Behandlung von Harnröhrenstrikturen. Das
Instrumentarium besteht aus einer Leitbougie, der Strikturenelektrode
und der Leitbougieklemme und wird durch Abbildungen veranschau-
licht. Die Stromstärke braucht nach L.’s Erfahrungen meist nicht
über wenige Milliamperes gesteigert zu werden. Am meisten springt
der Werth des elektrolytischen Verfahrens in die Augen, wenn es
sich um hochgradige Strikturen handelt. Selbst solche, die für No. 5
356 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
oder 6 Charritre eben noch passirbar sind, lassen sich auf diese
Weise mitunter schon nach wenigen Minuten auf die respektable
Weite von No. 21 Charrière bringen. Der Eingriff, der sich unter
Cocainanästhesie zu einem vollkommen schmerzlosen gestaltet, ist
nach L. im Stande, unter allen Umständen der Urethrotomia interna
vorgezogen zu werden, schon im Hinblick auf die Gefahr der Infek-
tion nach dem inneren Harnröhrenschnitt. Bezüglich der Einzel-
heiten sei auf das Original verwiesen. Hübener (Breslau).
19) Audry (Toulouse). Urethrotomies et urethrectomies.
(Progrès med. 1898. No. 4 u. 5.)
A. will alle permeablen Strikturen zunächst mit der Urethro-
tomia interna behandeln. Ist die Striktur undurchgängig oder mit
Eiterung komplicirt, kann man das Verfahren von Otis versuchen,
sonst sofort zu der meist für solche Fälle indicirten U. externa über-
gehen. Bei dieser lässt A. den Verweilkatheter bis 10 Tage liegen.
Hatte man nur mit alten Narben zu thun, so kann man über dem
Katheter die Wunden primär durch Etagennaht schließen (! Ref.)
Mehrmonatliches Bougieren nach der Heilung ist nöthig. Sind
größere Partien der Harnröhre erkrankt, so werden dieselben resecirt.
lst der Defekt nicht größer als 25 mm, so können die Ränder trans-
versal vernäht werden, und der \undtrichter wird geschlossen. Diese
ideale Urethrektomie ist aber wohl nur nach Traumen möglich. Eben
so genäht wird bei aseptischen frischen Rupturen (! Ref.), während
bei Harninfiltration die Wunde breit offen bleibt. Für die Harn-
röhrenplastik werden die auch in Deutschland üblichen Verfahren
von Thiersch, Dieffenbach, Duplay etc. vorgeschlagen, andere,
wie das von Bruisson, weniger empfohlen, andere, wie die von
Rosenberg, nicht erwähnt. Fisteln bieten besondere Schwierig-
keiten bei Verbindung von Harnröhre und Mastdarm. Nach breiter
Anfrischung und Naht vom Damme her ist zur Erzielung einer
Heilung die Torsion des Mastdarms, wie Ziembicki vorgeschlagen,
wohl kaum nöthig. In seltenen Fällen ist die Anlage einer Urethro-
stomie nöthig, wie sie Poncet bei ausgedehnten Strikturen vorge-
schlagen. Roesing (Hamburg).
20) Le Dentu. Lymphangiome inguino-scrotal et intraabdo-
minal. Varicocele lymphatique avec hydrocele filarienne.
Des accidents testiculaires se rattachant à l’el&phantiasis.
(Revue de chir. 1898. No. 1.)
In der interessanten Studie, die vom Verf. auf dem internatio-
nalen Kongress zu Moskau zum Vortrag gebracht wurde (s. Ref.
1897 p. 1037 d. Bl.) giebt Le D. zunächst die ausführliche Kranken-
geschichte des durch obigen Titel bezeichneten und in seinen ver-
schiedenen klinischen und pathologisch-anatomischen Erscheinungen
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 357
durch die Filaria sanguinis hervorgerufenen Falles, unter sorgfältigem
Bericht über die histologischen Befunde in demselben. Im Weiteren
sucht er auf Grund dessen und vielfacher Erfahrungen über die
von ihm zuerst beschriebene, von Elephantiasis scroti unabhängige,
in anatomischer Hinsicht aber gleichartige, chronisch verlaufende
Elephantiasis des Hodens, Nebenhodens und Samenstrangs, welche
ihre Entstehung der Filaria verdankt, in die Frage Licht zu bringen,
ob auch die sog. Orchite paludienne (»Orchite spéciale aux pays
chauds«), welche akut oder subakut aufzutreten pflegt, die nämliche
Ätiologie habe oder miasmatischen Ursprungs sei. Verf. unterzieht
alle gegen oder für die erstere oder letztere Annahme von den ver-
schiedenen Autoren ins Feld geführten Gründe einer scharfen Kritik.
Angesichts der anatomischen Identität dieser Affektion mit der Or-
chite filarienne hält er es für wahrscheinlich, dass erstere durch die
gleiche Ursache veranlasst werde, aber auch für möglich, dass die
durch klimatische Einflüsse hervorgerufenen Veränderungen im
Lymphsystem den Boden für die Filaria sanguinis vorbereiten.
ES Kramer (Glogau).
21) K. Gerson, Die elastische Pflastersuspensionsbinde, ein
Suspensoriumersatz.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 3.)
Als Ersatz des Suspensoriums empfiehlt G. eine weiche, elastische
Binde, die mit einem reizlosen Zinkkautschukpflaster auf einer Seite
bestrichen ist und unter den Hoden in mäßiger Spannung um den
rasirten leeren Hodensack in Cirkeltouren herumgelegt wird (siehe
das beigegebene Photogramm). Als Vorzüge dieser Binde, welche in
der Poliklinik Joseph mit bestem Erfolg in Anwendung steht, hebt
G. hervor: 1) höhere Suspension der Testikel, 2) größere Ruhig-
stellung derselben, 3) natürliche Fixation, 4) gleichmäßigen Druck
auf den Testikel und seine Häute, 5) Verhinderung von Dermatitis
und Ekzem an Oberschenkeln und Inguinalfalten, 6) größere Billig-
keit (die von P. Beiersdorf hergestellte, für 4 Wochen ausreichende
Binde kostet 80.7). Gold (Bielitz).
22) Guigues. De l’incontinence d'urine vraie et essentielle
chez la femme.
Thèse de Paris, Baillidre fils, 1897.
Nach sorgfältiger Darstellung der Pathologie und Therapie des
Leidens kommt Verf. zum Schluss, dass unter den meist doch
nöthigen Operationen dem Verfahren von Pousson, Kombination
von Torsion mit Verlagerung der Harnröhre, der Vorzug zu geben sei.
Boesing (Hamburg).
358 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
23) Gigli. Taglio lateralizzato del pube. Suoi vantaggi.
Sua tecnica.
(Ann. di ost. e gin. 1897. Oktober.)
Die seitliche Durchtrennung des Schambeins hat vor dem
Symphysenschnitt den Vortheil, dass die starken Blutungen aus
Clitoris und den venösen prävesikalen Plexus, so wie die Gewebs-
verletzungen der Clitoris, Harnröhre und Blase, endlich auch Infek-
tionen leichter vermieden werden. Entzündungen des Parametriums
betrachtet Verf. als Kontraindikationen. Dreyer (Köln).
24) F. v. Winckel. Über die chirurgische Behandlung der
von den weiblichen Genitalien ausgehenden Bauchfellent-
zündung.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 201. Leipsig, Breitkopf & Härtel, 1897.)
v. W. empfiehlt in diesem auf dem internationalen Kongress zu
Moskau gehaltenen Vortrag die chirurgische Behandlung der von
den weiblichen Sexualorganen ausgehenden allgemeinen Bauchfell-
entzündung in größerer Ausdehnung, als bisher, und bespricht die
je nach den Ursachen der diffusen Peritonitis verschiedenen Arten
der in Betracht kommenden operativen Eingriffe.
1) Die tuberkulöse Peritonitis ist in allen ihren Formen durch
die Koeliotomia abdominalis heilbar; doch dürfe man erst dann von
Heilung sprechen, wenn ca. 5 Jahre p. op. von Sachverständigen
nirgend wo Recidive gefunden werden. Einschnitt am besten unter-
halb des Nabels in der Mittellinie oder parallel derselben durch den
Rectus sin. Resektion einzelner Organe nur bei umschrieben
erkrankten, leicht entfernbaren Theilen (Tuben, Ovarien) rathsam.
Keine Drainage.
2) Die gonorrhoische Peritonitis erfordert nur bei vorhandenen
größeren Pyosalpinxsäcken die Exstirpation derselben und bei Per-
foration solcher die Koeliotomia abdominalis; die vaginale ist bei
kleineren, im Becken befindlichen Exsudaten angezeigt. Schnitt wie
bei 1), Exstirpation der Tuben, eventuell Resektion der Ovarien.
Austupfung der Bauchhöhle. Drainage durch das hintere Scheiden-
gewölbe bei der in Folge Durchbruchs eines parametranen Abscesses
entstandenen Perforationsperitonitis.
3) Die postoperative Peritonitis diffusa indicirt die theilweise
Wiedereröffnung des ursprünglichen Wundweges, bezw. Schnitt an
der Stelle deutlicher Fluktuation. Drainage.
4) Die puerperale diffuse Peritonitis macht die Koeliotomia ab-
dominalis nothwendig, wenn das eitrige Exsudat beträchtlich ist,
Pleura und Pericardium noch frei sind; eventuell bei stark ins kleine
Becken herabgedrängtem Eiter Koeliotomia vaginalis posterior. Drai-
nage. Nur bei Salpinx- oder Ovarialabscessen Exstirpation der Ad-
nexa; Totalexstirpation der inneren Genitalien per vaginam bei
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 359
nachfolgenden ausgedehnten Beckeneiterungen. Ausspülungen zu-
lässig.
5) Die anderweitigen Perforationsperitonitiden in Folge von Ber-
stung sexueller Organe oder von Torsion und Gangrän oder durch
Verjauchung erfordern baldmöglichste Koeliotomia abdominalis. Drai-
nage nur bei Resten von Jaucheherden, die nicht vollständig entfernt
werden konnten. Kramer (Glogau).
25) Edebohls (New York). ` The indications for ventral
fixation of the uterus.
(Med. news 1896. März.)
E. verwirft bei noch schwängerungsfähigen Frauen im Princip
alle vaginalen Fixationen. Bei denselben will er auch die ventrale
nur bei schweren Komplikationen angewandt wissen; sonach giebt
er der Alexander-Operation den Vorzug. Die ventrale ist aber
anzuschließen an abdominale Kastration, ist nöthig bei bestimmten
Fällen von Uterus unicornis und ausnahmsweise zulässig bei fixirter
und mobiler Retroflexio, wo die Verkürzung der Bänder misslingt.
In praxi ist ihm aber kein Fall der letzteren Kategorie vorgekommen.
Boeing (Hamburg).
Kleinere Mittheilungen.
Zur vaginalen Methode bei Mastdarmoperationen.
Von
Dr. W. Liermann in Frankfurt a/M.
Das in diesem Blatte (1898 No. 5) von Hofmeister erstattete Referat über
meine Abhandlung, die vaginale Methode bei Mastdarmoperationen betreffend,
giebt mir Veranlassung‘, die Kasuistik der vaginalen Mastdarmoperationen durch
folgenden, vor Kurzem operirten Fall zu vervollständigen.
Freu Ph. K., 59 Jahre alt, wurde am 2. Januar 1898 auf die chirurgische
Abtheilung des Städt. Krankenhauses aufgenommen.
Anamnese: Seit 1/2 Jahre Mastdarmbeschwerden, Stuhlverhaltung, Blutungen
aus dem After.
Befund: Die Digitaluntersuchung des Mastdarms ergiebt einen Tumor, der
5om oherhalb der Analöffnung beginnt.
Die unteren gewulsteten Ränder des Tumors ragen portioartig in das Darm-
innere hinein. Der Tumor ist im Centrum zerfallen, stenosirt jedoch das Lumen
des Rectums fast vollständig. Die obere Grenze des Tumors lässt sich erst
duroh die Untersuchung per vaginam feststellen. Der Tumor erweist sich über
hühnereigroß und ist in Folge derber Verwachsungen, vor Allem nach
dem Promontorium hin, nicht beweglich.
Am 12. Januar 1898 wurde von Herrn Prof. Rehn die Resektion des Mast-
darms auf vaginalem Wege vorgenommen.
Der Operationsverlauf gestaltete sich wie folgt:
Steinschnittlage, Tamponade des Rectums. Maximale Spannung der seitlichen
Vaginalwände durch Haken. Schnitt in der Medianlinie der Scheide vom Fre-
nulum labiorum bis dicht an die Porto, Auseinanderziehen der Wundränder und
1 Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.
360 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
Vertiefung dieses Schnittes bis zur vorderen Mastdarmwand, vor Allem auch seit-
lich nach den Tubera ischii hin. Die erste ringförmige Umgehung des Rectums
dicht oberhalb des Sphinkters gelingt leicht. Eben so lässt sich der Mastdarm
weiterhin durch meist scharfes Vorgehen leicht bis zur Höhe des unteren
Pols des Tumors mobilisiren. Weiter nach oben, an der hinteren Peritonealfalte,
ergaben sich feste, derbe Verwachsungen nach dem Promontorium hin, die eine
Eröffnung des Peritoneums und eine Durchschneidung der strang-
artigen Verwachsungen mit der Schere nothwendig machen.
Die Lösung dieser Verwachsungen findet ohne nennenswerthe Blutung statt.
Das auf diese Weise mobilisirte Rectum lässt sich jetzt beliebig weit herunter-
ziehen, so dass auch der obere Pol der Geschwulst zu Tage tritt. Der von der
Geschwulstmasse eingenommene Mastdarmtheil wird nunmehr am oberen und
unteren Pol vermittels Gazestreifen abgebunden und excidirt. Beide Schnittflächen
des Darmes werden sofort mit Kompressen umhüllt. Die eingeschnittene Peri-
tonealfalte wird durch Nähte geschlossen, wobei der obere Rectalstumpf unter die
Symphyse gezogen wird. Da sich dieser ohne wesentliche Spannung bis vor die
Analöffnung herunterziehen lässt, wird in Anbetracht der Kürze des unteren
Rectalstumpfes von einer Cirkulärnaht des Darmes abgesehen. Der untere.Stumpf
wird vielmehr, unter sorgfältiger Schonung der Sphinkterenfasern exeidirt, worauf
der obere Rectalstumpf durch die Analöffnung durchgezogen und unter leichter
Torsion eirkulär eingenäht wird.
Naht der hinteren Vaginalwand, Tamponade der Vagina, Drainage des retro-
und prärectalen Raumes.
Der weitere Verlauf des Falles war ein völlig normaler.
Die Wundheilung erfolgte reaktionslos, ohne die geringste Temperatursteige-
rung. Bereits am 25. Januar sind Nähte und Drains entfernt.
Die Kranke vermag zur Zeit festen Stuhl zurücksuhalten.
»Dass für eingreifendere Mastdarmoperationen beim Weibe, bei Abwägung
der sacralen gegen die vaginale Methode, die Entscheidung stets eu Gunsten der
letzteren ausfallen dürfte« so lautete der Schlusssatz meiner oben erwähnten Ab-
handlung über die vaginale Methode.
Hofmeister vertritt in dem Referat der Arbeit die Ansicht, dass meine
Schlussfolgerungen zu weitgehende seien und einer Einschränkung bedürften.
Gestützt auf Erfahrungen bei Resektionen hochsitzender Mastdarmeareinome
glaubt Hofmeister, dass die Rücksicht auf die Ernährung des zurückbleibenden
Sphinkterentheils und die hierdurch bedingte Einschränkung der paraanalen
Schnitte eine Ausschälung des geschlossenen Darmes unmöglich mache und ein
Übergehen zur sacralen Methode gebiete. Vor Allem sei beim Operiren auf rein
vaginalem Weg der Zugang zu den höher gelegenen Partien des Rectums sehr
enge, und gerade die hintere Circumferenz des oberen Mastdarmtheiles, wo man
zur scharfen Durchtrennung des Mesorectums ev. zur Incision des Mesoromanums
genöthigt sei, könne unerreichbar bleiben.
Durch den oben geschilderten Fall glaube ich den Beweis erbracht zu haben,
dass mein Schlusssatz auch für die Operation hochsitzender Mastdarmcarcinome
auf vaginalem Weg eine Einschränkung nicht erleidet.
Das Carcinom begann in unserem Falle erst in der Höhe der Peritonealfalte.
Die Verwachsungen nach hinten hin waren derbe und feste. Wir hatten also mit
all den Schwierigkeiten zu kämpfen, die nach Hofmeister’s Ansicht der Durch-
führung der Operation auf rein vaginalem Weg entgegen stehen.
Unsere seitherigen Erfahrungen haben uns belehrt, dass es nicht nothwendig
ist, aus Rücksicht auf die Ernährung des restirenden Darmtheils bei der vaginalen
Methode die paraanalen Schnitte allzu sehr einzuschränken.
Eine mangelhafte Ernährung des Darmes ist besonders desshalb nicht zu
fürchten, weil uns ja die vaginale Methode erlaubt, wie ich das durch die in der
Abhandlung beschriebenen Fälle zur Genüge dargethan habe, unter steter Kon-
trolle der Augen und unter Beherrschung der Blutung den Darm bis zur beliebigen
Höhe vor Allem auch auf scharfem Weg auszuhülsen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 361
Ob die Nothwendigkeit vorliegt, den Darm in jedem Falle bis zur völligen
Aushülsung und Herebholung geschlossen zu halten, dürfte nach unseren Er-
fahrungen ebenfalls in Zweifel zu ziehen sein.
Warum sollen wir auf den Vortheil verzichten, bei starken Verwachsungen
nach dem Promontorium hin, nach Amputation oder Resektion des Rectums, durch
Hinaufsiehen des centralen Stumpfes unter die Symphyse, die hintere Peritoneal-
felte unseren Augen und unseren Händen besser zugänglich zu machen?
Der Verlauf aller unserer Fälle hat bewiesen, dass unter den nöthigen Kau-
telen (Schützen der Sohnittflächen des Darmes durch Kompressen, ausgiebige
Drainage des retro- und präreotalen Raumes) die Methode ein aseptisches Operiren
in vollem Maße zulässt.
Einer Cirkulärnaht des Darmes hätte in dem eben geschilderten Falle tech-
nisch durchaus nichts im Wege gestanden. Die Gründe, die uns zur Excision des
Sphinkterentheils unter Schonung des Sphinkters veranlassten, sind ja oben an-
gegeben. Sie sind sicher nicht in der Befürchtung einer mangelhaften Ernährung
des Sphinkterentheils zu suchen.
Weitere Erfahrungen werden für uns ausschlaggebend sein, ob nicht in den
meisten Fällen von Mastdarmresektionen eine derartige Excision des restirenden
Sphinkterentheils, als das sicherere, radikalere und einfachere Verfahren, der Cir-
kulärnaht des Darmes vorzuziehen ist.
(Aus der orthopädisch-chirurgischen Privatklinik von Dr. Vulpius zu Heidelberg.
Zur Kasuistik der traumatischen Epithelcyste.
Von
Privatdocent Dr. 0. Vulpius.
Die kleinen Mittheilungen über Vorkommen und Entstehung von Atheromen
von Trnka und Roelen in No. 6 d. Bl. bilden einen allerdings nur von dem
zweitgenannten Autor beabsichtigten kasuistischen Zusatz su der ausführlichen
Arbeit von Wörz in den Beiträgen zur klin. Chirurgie Bd. XVIII p. 753ff.
Diese Publikationen geben mir die Anregung, über ein ähnliches Vorkommnis
en der unteren Extremität zu berichten, das ich vor wenig Wochen zu beobachten
Gelegenheit hatte.
Ein jetst 31/2 Jahre alter Knabe wurde mir vor etwa Jahresfrist zugeführt. Er
war einige Tage vorher eine Treppe herunter auf das linke Schienbein gefallen.
Dieses war bei völlig unversehrter Haut zwischen mittlerem und unterem Drittel
mäßig verdickt und recht empfindlich, Gehen und Stehen wurde verweigert. Es
lag eine starke Quetschung und vielleicht eine leichte Infraktion der Tibia vor.
Unter fixirendem Verband verschwanden die subjektiven und objektiven Symptome
innerhalb einiger Wochen.
Jetst, 11 Monate nach dem Unfall, wurde der kleine Pat. wieder in die An-
stalt gebracht wegen einer seit einigen Wochen bemerkten Ansohwellung am
gleichen Schienbein. Genau an der Stelle der früheren Verletzung fand sich ein
prallelastischer Tumor von Form und Größe einer Haselnuss, ohne Beziehung zur
Haut, festsitzend an der Innenfläche der Tibia. Bei der operativen Entfernung
entpuppte sich die Geschwulst als unzweifelhaftes Atherom mit sehr derber Kapsel,
die an der Basis sehr innige Verbindung mit dem Periost aufwies. Die Tibia
besaß eine seichte Delle als Folge des Druckes.
Die mikroskopische Untersuchung von Sack und Inhalt wurde leider versäumt,
doch war die Diagnose durchaus sicher. Der zeitliche wie räumliche Zusammen-
hang zwischen Trauma und Geschwulstbildung machen den kausalen Konnex gc-
wiss höchst wahrscheinlich.
362 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
26) Gold. Jahresbericht des Kaiser Franz Josefs-Spitals in Bielitz
für die Jahre 1895 und 1896.
Bielitz, 1897. 222 8.
Verf., ein Schüler Wölfler’s, berichtet über seine vielseitige ärztliche
Thätigkeit.
Aus den zahlreichen chirurgischen Einzelmittheilungen seien folgende bervor-
gehoben:
Schlag auf den Kopf; keine nachweisbare Schädelverletzung; Aphasie; keine
Lähmungen oder Bewusstseinsstörung. Nach 4 Tagen Besserung der Sprache und
Auftreten von Krampfanfällen, die mit Bewusstlosigkeit einhergehen. 3 Wochen
später sistiren diese Krämpfe. Heilung. Beobachtungsdauer 2 Monate.
Offene Impressionsfraktur des Stirnbeins; leichte corticale Reizerscheinungen,
dann Bewusstlosigkeit, Pulsverlangsamung, weite reaktionslose Pupillen. Auf-
nahme am 6. Tage; sekundäre Trepanation. Heilung. 3 Monate nachher plöts-
lich Tod an Hirnabscess.
Offene Impressionsfraktur des Stirnbeins und der Schläfeschuppe. Trepana-
tion. Einlegen einer Celluloidplatte, die später wegen Eiterung und cerebraler
Erscheinungen entfernt werden musste. Nach 5 Wochen Erbrechen, Pulsverlang-
samung, Bewusstlosigkeit, Hemiparese. Annahme eines Hirnabscesses, der auch
gefunden und drainirt wird; gebessert entlassen.
Von 29 Unterleibsbrüchen (Nabel-, Schenkel- und Leistenbrüchen) theils frei,
theils eingeklemmt, wurden 25 operativ behandelt (2 Darmresektionen). Die Ra-
dikaloperation wurde meist nach Wölfler’s Methode ausgeführt.
Ileus in Folge innerer Incarceration durch einen Netzstrang, durch Laparo-
tomie geheilt (Cocainanästhesie).
Von 5 Empyemen der Pleura, die mit Bühlau’scher Drainage behandelt
wurden, konnten 4 nach mehreren (bis 12) Wochen geheilt entlassen werden.
In der Therapie der Tuberkulose lässt G. neben starren Verbänden bei Ge-
lenkerkrankungen, Extension bei Coxitis, und Jodoformbehandlung ein nach Thun-
lichkeit erhaltendes operatives Verfahren eintreten. Es handelt sich vielfach um
vorgeschrittene Fälle, und desshalb sind G.’s Heilerfolge verhältnismäßig günstige
zu nennen.
In Bezug auf eine Reihe anderer Fälle und Operationen muss auf das Original
verwiesen werden. Aber es soll hervorgehoben werden, wie anerkennenswerth
und verdienstvoll es ist, wenn auch in nicht klinischen Spitälern kleinerer Städte
unter einer oft wenig geschulten Assistenz große Operationen mit gutem Erfolg
ausgeführt werden, und zeitgemäße chirurgische Behandlungsmethoden so weit-
gehende Anwendung finden, wie dies in dem unter G.'s Leitung stehenden, nach
modernen Grundsätzen erbauten und eingerichteten Krankenhaus der Fall ist.
Schloffer (Prag).
27) A. Solowiejezyk. 1000 Chloroformnarkosen mit dem von Krohne
und Sesemann verbesserten Junker’schen Apparat.
(Medycyna 1897. No. 32 u. 33.)
Verf. berichtet über 1000 Narkosen aus der Tauber’schen Klinik mit dem
im Titel erwähnten Apparat. Das Quantum des während der ganzen Operation
verbrauchten Chloroforms betrug durchschnittlich bei Männern 18,73, bei Frauen
14,96 g, wovon 11,25 bezw. 10,4 g auf die Zeit der kompleten Toleranz entfielen,
welche bei Männern durchschnittlich nach 12,96 Minuten, bei Frauen nach 10 Mi-
nuten zu erfolgen pflegte. Bei Männern dauerte die ganze Operation 50,4 Minuten,
bei Frauen 44,3 Minuten im Durchschnitt. Trzebicky (Krakau).
28) J. W. Ssudakow. 11 Fälle von Echinococcus.
(Wratsch 1897. No. 44. [Russisch.])
Die Fälle wurden im Militärlazarett von Tschita (Ostsibirien) beobachtet und
hetrafen in der Mehrzahl Burjaten, einen Viehzucht treibenden Volksstamm. 9mal
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 363
waren es Frauen. Der Process lokalisirte sich 8mal in der Leber; 2mal waren
mehrere Organe zugleich befallen; imal saß eine Blase hinter dem Schlüsselbein,
eine andere am Oberarm. Interessant waren außer dem letztgenannten Falle
folgende: aus der Blase eines Lebereohinococcus wurden 48 Pfund Flüssigkeit auf
imal entleert; bei einer 2. Pat. täuschten die vielfachen stark gespannten Blasen
ein Uterusfibromyom vor; im dritten fanden sich freie Blasen in der Harnblase bei
normalen Nieren. Operirt wurde nach Volkmann. Von 11 Pat. starben 4, meist
nach gelungener, aber verspäteter Operation an Kräfteverfall.
Güickel (B. Karabulak, Saratow).
29) Depage. Resection temporaire du maxillaire par le procédé de
Kocher pour polypes naso-pharyngiens.
(Extrait du bull. publié par la soc. roy. des scienc. méd. et nat. de Bruxelles,
séance du 1. janvier 1897.)
Bei einem 20jährigen Kranken, welcher große polypöse Wucherungen im
Nasen-Rachenraum hatte, die ein erhebliches Respirationshindernis darstellten und
zu einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner Intelligenz geführt hatten, sah sich
Verf. veranlasst, da die Geschwulst weder von der Nase noch vom Mund aus zu-
gänglich war und durch wiederholte, sehr starke Blutungen eine radikale Ent-
fernung unbedingt indieirte, nach vorausgeschickter Tracheotomie die temporäre
Oberkieferresektion nach Kocher vorzunehmen. Darauf Exstirpation der Ge-
schwulst, die nun bequem zugänglich war, Tamponade, glatte Heilung.
Bei einem früher von ihm operirten Kranken hatte Verf. zu gleichem Zweck
die temporäre Oberkieferresektion nach Roux ausgeführt. Welche dieser beiden
Methoden zu bevorzugen sei, könne bei der großen Seltenheit der Operation, die
anscheinend erst 4mal gemacht worden ist, nicht entschieden werden.
Sultan (Göttingen).
30) H. L. Browne. Traumatic aneurysm of internal maxillary treated
by ligature of. common carotid.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.)
Der 32jährige Pat. hatte einen Hufschlag ins Gesicht bekommen und kam
wegen seiner Verletsungen: Schädelwunden, Oberkiefer- und doppeltem Unter-
kieferbruch, Blutung aus rechtem Ohr und Nase, Gehirnerschütterung in Hospital-
pflege. Vom 8. Tage nach der Verletzung ab traten abendliche Temperatursteige-
zungen auf, in der 3. Woche wurde durch eine Incision im Nacken ein Abscess
eröffnet. Eine Schwellung im Gesicht ging jedoch nicht zurück, sondern wuchs
sichtlich; es war deutliche Pulsation über der Schwellung der rechten Wange zu
fühlen, der weiche Gaumen war rechts stark heruntergedrückt, und auch hier
Pulsation zu fühlen; es traten Blutungen aus dem Mund und aus der Incisions-
wunde im Nacken auf. Es wurde desshalb die Carotis communis rechts unter-
bunden. Nach 4 Wochen wurde Pat. geheilt entlassen.
2 Photogramme illustriren das Aussehen des Pat. vor und nach der Operation.
F. Krumm (Karlsruhe).
31) K. Ewald. Cylindrom der Zunge.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 14.)
Den 3 in der Litteratur niedergelegten Fällen von Cylindrom der Zunge fügt
E. einen neuen aus der Albert’schen Klinik hinzu.
36jährige Frau aus Russisch-Polen. Vor 2 Jahren an der rechten Zungenhälfte
nahe dem Zungengrund erbsengroße Geschwulst, die allmählich wuchs. Die
Schwellung auf der rechten Hälfte des Zungengrundes war nicht scharf begrenzt
und reichte vom Zungengrund bis etwa in die Gegend der Backzähne nach vorn,
etwas über die Mittellinie. Oberfläche nirgends ulcerirt, Schleimhaut über der
Höhe der Geschwulst stark verdünnt und durchscheinend. In der Fossa carotiea
364 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
eine bohnengroße, harte Drüse. Nach vorausgegangener Probeezeision, die die
Diagnose Cylindrom ergab, Entfernung der Geschwulst mittels Langenbeck’schen
Schnittes und temporärer Durchtrennung des Unterkiefers mit Unterbindung der
Art. maxillaris und lingualis. Die geschwollene Drüse wurde mit entfernt. Glatte
Heilung. t/z Jahr später Recidiv am Boden der rechten Mundhöhlenseite von fast
Kirschengröße, am Zungengrund diffuse Verhärtung, so wie an der rechten Rachen-
wand eine haselnussgroße, harte, rundliche Geschwulst, schwer verschieblich, doch
nirgends exulcerirt. In der Regio carotica geschwollene Lymphdrüsen. 2. Opera-
tion nach Kocher’s Methode mit Entfernung alles Erkrankten. Der histologische
Befund war der gleiche wie bei der primären Geschwulst.
Die klinischen Eigenthümlichkeiten des Cylindroms der Zunge sind nach E.:
1) Sits am Zungengrunde. 2) Mangel des Durchbruchs und der Exulceration.
3) Schmerslosigkeit der Geschwulst, bei irradiirten Schmerzen. 4) Das langsame
Wachsthum. Hübener (Breslau).
32) Lannelongue et Vitrac. Kyste hydatique du sein.
(Gas. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 1.)
Zu den immerhin seltenen Fällen von reinen Echinokokkencysten der Brust
fügen die Verff. ausführlich einen von ihnen beobachteten und operirten hinzu.
Wie bei den meisten Beobachtungen handelt es sich auch hier wieder um eine
junge Frau. Die Geschwulst entstand bei ihr im Anschluss an ein Stillen, das
sie fast 2 Jahre fortgesetzt hatte. Anamnestisch war kein interessantes Accidenz
vorhanden. Ein Hund war nicht im Hause.
Die Affektion betraf die linke Brust. Die Diagnose lautete auf Fibrom oder
eystisches Adenomfibrom, wegen der Herkunft der Pat. (St. Julien) war aber vor
der Operation das Wort »Kyste hydatique« gefallen. Eine Punktion war vorher
nieht gemacht worden.
Die Operation war leicht, der Verlauf ein guter. A. Henry (Breslau).
33) A. Alsberg (Hamburg). Extra- und intraperitoneale Blasen-
verletzung durch Pfählung. Operation. Heilung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 3.)
Die Verletzung war bei dem 9jährigen Knaben durch Aufspießung desselben
auf einem eisernen Gitter zu Stande gekommen, von dem ein an der Spitse etwas
abgestumpfter Stab dem Jungen an der Innenseite des rechten Oberschenkels ein-
drang, 10 cm unterhalb der Inguinalfalte, nach oben bis weit über das Poupart-
sche Band, das Schambein durchbohrend und die Blase an der vorderen
und hinteren Wand, hier dicht neben dem Scheitel, verletzend. Die Operation
wurde 25 Stunden nach dem Unfall vorgenommen; die Bauchhöhle enthielt große
Mengen trüben Urins und Klumpen glasig gequollenen Fibrins; das Bauchfell war
vielfach mit letzterem bedeckt und geröthet. Naht der intraperitonealen Blasen-
wunde, Jodoformgaze- und Gummirohrdrainage der Bauchhöhle, Naht der Lapa-
rotomiewunde, Tamponade der über dem Lig. Pouparti angelegten; Drain in Blase
und Verweilkatheter. Guter Verlauf und Heilung. ` Kramer (Glogau).
34) B. F. Curtis. Partial resection of the bladder for ulcer caused
by the distoma haematobium.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.)
Bei einem 29jährigen Mann war nach lange bestehender Hämaturie, Tenes-
mus etc. durch Cystoskopie eine Geschwulst in der Nähe der rechten Harnleiter-
mündung diagnostieirt worden. Bei der Cystotomia suprapubica wurde die er-
krankte Schleimhautpartie der Blase sammt der anliegenden Muskelschicht exeidirt.
Die Untersuchung ergab, dass es sich um eine Ulceration der Blase handelte, die
durch ein Depöt von Distoma haematobium verursacht war. Der Pat. wurde durch
die Operation von seiner jahrelangen Hämaturie und seinen übrigen Beschwerden
befreit. F. Krumm (Karlsruhe).
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 365
35) R. Hölscher. Über Katheterisation der Ureteren. (Aus der
kgl. chirurg. Klinik zu Kiel.)
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 50.)
In der Kieler Klinik wird seit 1 Jahre der Harnleiterkatheterismus mit Er-
folg geübt und hierzu sowohl das Nitze’sche, als auch das Casper’ sche Instru-
ment benutst, durch welche beide die Einführung des Katheters zunächst in die
eine und nach erfolgter Uringewinnung aus dieser in die andere Harnleitermün-
dung möglich war. Nur in 2 Fällen unter im Ganzen 28 Katheterisationsversuchen
gelang es nicht, den zweiten Harnleiter zu finden, weil sich die sur Füllung der
Blase eingeführte Borlösung durch Blut, besw. Eiterflocken getrübt hatte. Meist
genügte es, den Katheter nur wenige Centimeter weit in den Harnleiter vorsu-
schieben; einige Male war es nothwendig, ihn bis ins Nierenbecken zu leiten.
Irgend welche nachtheilige Folgen von längerer Dauer — Infektionen, tiefere Ver-
letzungen — kamen nicht zur Beobachtung. Bemerkenswerth ist, dass in dem
durch den Harnleiterkatheterismus gewonnenen, sonst normalen Urin auffallend
sahlreiche Epithelien, theils einzeln, theils in Häuten, gefunden wurden, die durch
das Instrument von der Harnleiterwandung abgestreift worden waren; rothe Blut-
körperchen rührten von kleinen Verletzungen derselben her. — Mehrere inter-
essante Krankengeschichten illustriren den Werth des in Rede stehenden Unter-
suchungsverfahrens, theils zur Feststellung, welche Niere krank, bere, ob die
andere Niere gesund sei, theils durch den Nachweis der Art der Erkrankung; in-
dess ließ in 1 Falle auch die Harnleiterkatheterisation im Stich, und konnte erst
durch die Operation entschieden werden, dass es sich nicht um Komplikation
einer Wanderniere mit Steinkrankheit handelte. Bei einer Pat. wurde mittels
Nierenbeckenspülungen und -Jodoforminjektionen durch den Harnleiterkatheter
hindurch erhebliche Besserung der bestehenden Pyelitis erreicht.
Kramer (Glogau).
36) 8. Coelho. Trois cas de nöphrectomie dans les py&lo-nöphrites
suppur6es, suivis de guérison.
(Revue de chir. 1897. No. 11.)
In den durch die lumbare Nephrektomie erfolgreich operirten 3 Fällen war die
Niere durch Eiterung fast vollständig zerstört, so dass die Nephrotomie nicht in
Betracht kommen konnte, Kramer (Glogau).
37) Natoli. Varicocele del plesso pampiniforme di sinistra. — Ini-
ziale atrofia del testicolo. — Disturbi nervosi e psichici.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 154.)
Pat., ein 29jähriger Schneider, klagte seit etwa 1 Jahr über Schmerzen im
ganzen Körper, namentlich im Kopf, Müdigkeit, Trockenheit der Haut, Angst-
gefühl, Schlaflosigkeit und Schmerzen in der Gegend des Samenstranges, die in
die Leiste und in die Lenden ausstrahlten. Er wurde hypochondrisch und machte
Selbstmordversuche. Als Grund für diese Erscheinungen fand sich eine Hydro-
cele des linken Samenstranges und eine geringe Atrophie des Hodens derselben
Beite.
Die Operation bestand in der Massenligatur der erweiterten Venen. Nach
2 Monaten war der nervöse Zustand bereits gebessert. Später ist vollkommene
Heilung und Arbeitsfähigkeit eingetreten. Dreyer (Köln).
38) J. Jovanovi6. Blasen-Scheidenfistel mit Vorfall der Blase durch
dieselbe.
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1897. No. 10. [Serbisch.])
Der Fall ist in so fern interessant, als sich durch die Fistel die obere Hälfte
der Harnblase in die Vagina und Vulva vordrängte, wo sie eine apfelgroße Ge-
schwulst bildete. Dieselbe, intensiv geröthet, weich, bei Berührung sehr empfind-
lich, ließ sich durch die 4 cm lange, ovale, kallöse Fistel reponiren.
T. Cačković (Agram).
366 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
39) R. Leenen. Dermoidcyste des rechten Ovariums, Stieldrehung.
Exstirpation nach 14 Monaten. Rekonvalescenz, komplicirt durch
Empyem und Bauchdeckenphlegmone.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 52.)
In dem von Krecke operirten Falle waren die auf Stieldrehung hinweisenden
Erscheinungen 14 Monate vor der Operation aufgetreten, und 1/2 Jahr später ein
Durchbruch des Jaucheinhaltse der mit der Bauchwand breit verwachsenen Cyste
durch erstere nach außen erfolgt. Die Operation bot in Folge dessen große
Schwierigkeiten; die Stieldrehung erwies sich, 180° betragend, als eine unvoll-
ständige. Die p. op. entstandenen Komplikationen rührten von dem infektiösen
Cysteninhalt her und wurden durch Operation zur Heilung gebracht; zu einer Peri-
tonitis war es nicht gekommen. Kramer (Glogau).
XXVII. Kongress
der
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie.
Vorläufige Tagesordnung:
Nachdem eine Reihe von Vorträgen angemeldet worden ist, theile ich den Herren
Kollegen ergebenst mit, dass ich an die Spitze jeder Sitzung (zunächst der ersten
3 Kongresstage) ein Thema zu stellen beabsichtige, von dem sich annehmen lässt,
dass es von allgemeinerem Interesse und für eine Diskussion besonders geeignet sein
wird. Die auf das betreffende Thema bezüglichen Vorträge eröffnen die Sitzung.
Die übrigen Vorträge und Demonstrationen werden dann je nach Umständen in das
30 gebildete Gerüst der Tagesordnung eingefügt. Um auch dabei Zusammengehöriges
möglichst zusammenlegen zu künnen, bitte ich die noch ausstehenden Anmeldungen
bald an unseren 1. Schriftführer, Herrn Geheimrath Gurlt (Berlin W., Keith-
straße 6), gelangen zu lassen. — Folgende Themata werden zur Verhandlung
kommen:
Mittwoch, Vormittag: Asepsis, Wundinfektion, peritoneale Infektion, Behand-
lung der komplicirten Frakturen.
Nachmittag: Lokale Anästhesie.
Donnerstag, Vormittag: a) Magenresektionen und ihre Resultate.
b) Darmoperationen (Achsendrehung des Coecum, der
Flezura sigmoidea).
c) Operationen an der Leber und den Gallenwegen.
Nachmittag: Operationen bei Spondylitis.
Freitag, Vormittag: Operation des Empyems, Thorakoplastik, Lungen-
chirurgie.
Nachmittag: Serumtherapie bei Diphtherte.
Leipzig, den 15. März 1898.
Trendelenburg.
16. Kongress für innere Medicin
Wiesbaden 13.—16. April.
Über den medicinisch-klinischen Unterricht (Referenten die Herren
v. Ziemssen-München und v. Jaksch- Prag); über den gegenwärtigen Stand
der Behandlung des Diabetes mellitus (Vortrag des Herrn Leo- Bonn);
über intestinale Autointoxikationen und Darm-Antisepsis (Referenten
die Herren Müller- Marburg und Brieger- Berlin).
Außerdem haben folgende Herren Einzelvortrüge angemeldet: Kobert (Görbers-
dorf), Thema vorbehalten. van Niessen (Wiesbaden), Der Syphilisbacillus (Demon-
Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 367
stration). B. Laquer (Wiesbaden), Über den Einfluss der Milchdiät auf die Aus-
scheidung der gepaarten Schwefelsäuren. Determann (St. Blasien), Klinische
Untersuchungen über Blutplättchen. Weintraud (Wiesbaden), Über experimentell
erzeugte Magenektasien. Th. Schott (Nauheim), Über chronische Herzmuskeler-
krankungen. v. Mering (Halle a/S.), Zur Funktion des Magens. Ad. Schmidt
(Bonn), Über den Ablauf der Gärungsprocesse im Darme und über die diagnosti-
sche Bedeutung derselben für die Funktionsstörungen des Darmes. Schubert
(Wiesbaden), er den jetzigen Stand der Aderlassbehandlung und deren allgemeine
Indikationen. Maz Immelmann (Berlin), Die Frühdiagnose der Lungentuber-
kulose mittels Rüntgen-Durchleuchtung. K. Grube (Neuenahr), Über die verschie-
denen Formen der bei Diabetes mellitus vorkommenden Albuminurie. Paul Jacob
(Berlin), Duralinfusion. H. Püssler (Leipzig), Beiträge zur Therapie der Kreis-
laufstörungen bei akuten Infektionskrankheiten. C. S. Engel (Berlin), Die Zellen
des Blutes und der blutbildenden Organe bei der perniciösen Anämie verglichen mit
denen menschlicher Embryonen (mit Demonstration mikroskopischer Präparate).
Mazimilian Sternberg (Wien), Über die Lähmungen des äuferen Accessorius-
astes. Krehl (Jena), Beobachtungen über Würmeproduktion im Fieber. O. Wyss
(Zürich), Über akute hümorrhagische Myelitis. H.Quincke (Kiel), Zur Behandlung
der Bronchitis. J. Trumpp (München), Die Beziehungen der Agglutination zur
Immunität. M. Sünger (Magdeburg), Über die Schutzwirkung einer gesunden
Nase gegen Schüdlichkeiten, welche in der Inspirationsluft enthalten sein können,
Matthes (Jena), Über die Reaktion des Dünndarminhalts. J. Gad (Prag), Phy-
stologisches zur Neuronlehre. Aug. Hoffmann (Düsseldorf), Skiametrische
Untersuchungen. Gumprecht (Jena), Experimentelles zur subkutanen Zuckerer-
nührung. Wewer (Kohlgrub), Erfahrungen über Diabetes mellitus. Badt (Wies-
baden), Über die Ätiologie der Arthritis deformans. Mor. Mayer (Simmern),
Chemische Eiterung in der Bekümpfung infektiüser Eiterung und lokaler tuberku-
löser Processe. Kohlrausch (Hannover), Reihenphotographien vom Gange nerven-
kranker Personen. Feliz Hirschfeld (Berlin), Beiträge zur Lehre vom Diu-
betes mellitus. Bornstein (Landeck), Experimentelle Untersuchungen über die
Wirkung des Saccharins. Friedel Pick (Prag), Zur Kenntnis des Pneumonie-
harnes. H. Rosin (Berlin), Über Behandlung der Bleichsucht mit heißen Bädern.
Theilnehmer für einen einzelnen Kongress kannjeder Arztwerden.
Die Theilnehmerkarte kostet 15 M. Die Theilnehmer können sich an Vorträgen,
Demonstrationen und Diskussionen betheiligen und erhalten ein im Buchhandel ca.
11 Æ kostendes Exemplar der Verhandlungen gratis.
Mit dem Kongress ist in einem Nebenraume des Sitzunsgssaales eine Ausstel-
lung von neueren Ärztlichen Apparaten, Instrumenten, Präparaten
etc., so weit sie für die innere Medicin Interesse haben, verbunden. Anmeldungen
für dieselbe sind an San.-Rath Dr. Emil Pfeiffer (Wiesbaden, Parkstraße 9)
zu richten.
Deutsche dermatologische Gesellschaft.
Sechster Kongress am 31. Mai, 1. und 2. Juni 1898
in Strassburg WE.
Provisorisches Programm.
Hauptthema: Acne: Pathologie und Therapie. Referenten: Touton (Wies-
baden) und Veiel (Cannstatt). — Zur Diskussion haben sich gemeldet: Isaac (Ber-
lin), Petersen (St. Petersburg), Ullmann (Wien), W. A. Freund (Straßburg iJE.),
Wolff (Straßburg dE)
Angemeldete Vorträge und Demonstrationen.
Dermatologie: Buschke (Berlin), Über Erkrankungen, hervorgerufen durch
Hefe und andere Sprosspilze (Blastomykosis) mit Demonstrationen. Caspary
(Königsberg i/Pr.), Über Dermatitis exfoliativa universalis. Wolff (Straßburg ijE.)
368 Centralblatt für Chirurgie. No. 13.
‚Demonstration eines Falles von Acanthosis nigricans; zweier Fälle von Lepra; eines
Falles von Pemphigus; eines Falles von Porokeratosis; trophoneurotischen Ekzems;
eines Falles von Lichen planus im Verlauf des Radialis, u. A. Madelung (Straß-
burg dE), Behandlung der Karbunkel mit Demonstration. Isaac (Berlin), Thema
vorbehalten. Kromayer (Halle a/S.), Einige neue reducirende Heilmittel. Neu-
mann (Wien), Über idiopathische Atrophie der Haut. Joseph (Berlin), Über
Hautsarkomatose (mit Demonstrationen unter dem Mikroskop und mit dem Projek-
tionsapparat). Heller (Charlottenburg), 1. Zur pathologischen Anatomie einiger
Nagelerkrankungen; 2. Die Pathologie der Nägel (mit Projektionen). C. Herz-
heimer (Frankfurt a/M.), Über die Struktur des Protoplasmas der menschlichen
Epidermiszelle. v. Zeissi (Wien), Thema vorbehalten. Tauffer (Budapest),
1. Über Prurigo Hebrae: 2. Vergleichende histologische Untersuchungen über Lymph-
drüsenschwellungen bei einigen Dermatosen. Lassar (Berlin), Die Behandlung der
Acne (mit Projektionen). Brandt (Magdeburg), Demonstration eines dermatolo-
gischen Falles. Rona (Budapest), Thema vorbehalten. W. H. Freund (Straß-
burg dE Die Haut bei Schwangeren und genitalkranken Frauen. Eichhoff
(Elberfeld), Thema vorbehalten. Rille (Wien), Über Psoriasisbehandlung. Chotzen
(Breslau), Thema vorbehalten. Touton (Wiesbaden), Über Darier's Tuberkulide mit
Demonstrationen. Fabry (Dortmund), Demonstration eines Falles von Purpura
haemorrhagica nodulosa. Blaschko (Berlin), Über Jodacne. Arning (Hamburg),
Eine eigenthümliche Veründerung an den Nervenstämmen bei einzelnen Füllen von
Lepra. Jakobi (Freiburg), Krankendemonstration. Kulisch (Halle a/S.), Zur
Frage der medikamentösen Dermatiden. Krösing (Stettin), Thema vorbehalten.
Scharff (Stettin), Über die Behandlung der Psoriasis. Jadassohn (Bern), 1. De-
monstration zur Histologie der Lepra; 2. Krankendemonstration zur Behandlung der
Tuberkulide. Heuss (Zürich), 1. Über abnorme Formen von Ichthyosis (mit De-
monstrationen) ; 2. Demonstration von Xeroderma pigmentosum. Reichel (Straßburg
dE 1. Zur Therapie des Lupus erythematodes; 2. Demonstration von Ichthyosis-
Füllen mit abnormer Lokalisation. Adrian (Straßburg i/E.), Krankenvorstellungen:
Dermatolysis bullosa; Lichen ruber; Xanthelasma, Follieulitis nuchae scleroticans ;
Scleroderma unilateralis. Friedheim (Leipzig), Mikroskopische Demonstrationen.
v. Marschalko (Klausenburg), Zur Histologie der Hautnerven. Neuberger
(Nürnberg), Zur Symptomatologie und Diagnose des Lichen ruber. Wolff (Straß-
burg dE), Demonstration einer neuen Vaccinationslanzette.
Syphilidologie: Kromayer (Halle a/S.), Vorschläge zu einem Syphilisgesetz.
Neumann (Wien), Über syphilitische Primäraffekte der Vaginalportion (mit mikro-
skopischen Demonstrationen). Blaschko (Berlin), Verbreitung der Syphilis in
Deutschland.
Venereologie: Neisser (Breslau), Weitere Mittheilungen über die Protargol-
verwendung. Schuster (Aachen), Zur Behandlung des gonorrhoischen Rheuma-
tismus. Millitzer (Erfurt), Demonstration einer Einrichtung, die leicht an jedem
Casper'schen Endoskop angebracht werden kann, wodurch eine wesentlich erhöhte
Leuchtkraft erzielt wird. Sedlmayr (Straßburg dE), Fortschritte der Gonorrhoe-
behandlung seit dem Prager Kongress. Kuznitzky (Köln), Plattenmodell der Urethral-
schleimhaut eines 6 Monate alten männlichen Fötus. Blaschko (Berlin), Sollen die
Prostituirten auf Gonorrhoe untersucht und behandelt werden? Harttung (Breslau),
Gonorrhoische Epididymitis. Arning (Hamburg), Zur Therapie des Ulcus molle.
Lesser (Berlin), Ischias gonorrhoica. Kulisch (Halle a/S.), Protargolbehandlung
der Gonorrhoe. Saalfeld (Berlin, Über die Tyson’'schen Drüsen. Westberg
(Hamburg), Über Behandlung der Prostatahypertrophie. Neuberger (Nürnberg),
Über Filamentenuntersuchungen bei chronischer Gonorrhoe. Wolff (Straßburg dE),
Demonstration eines neuen Irrigators zu Blasenspülungen.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf $ Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Centralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
Laien P, Kutiy, A,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
ed
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 14. Sonnabend, den 9. April. 1898.
Zur Frage nach der Entstehung der Epidermoide
der Finger und Hohlhand,
Von
Dr. Felix Franke,
Oberarzt des Diakonissenhauses Marienstift zu Braunschweig.
Die jüngsten Veröffentlichungen, welche den durch obige Über-
schrift gekennzeichneten Gegenstand betreffen, insbesondere die in
No. 6 d. Bl. enthaltenen von Roelen und Trnka nöthigen mich,
nochmals kurz auf jene Frage einzugehen, da ich gesehen habe, dass
mein Versuch nicht geglückt ist, durch meine Arbeit im XL. Band
der Deutschen Zeitschrift für Chirurgie »Über die Epidermoide (so-
genannte Epitheleysten)« die Untersuchung der Entstehung der Epi-
14
370 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
dermoide der Finger, die in Folge der verdienstlichen Arbeit Garr&’s!
einseitig zu werden drohte, wieder in rein objektiv wissenschaftliche
Bahnen zu lenken. Der von Garre so glücklich gewählte Ausdruck
»traumatische« Epithelcysten, den auch ich für eine Gruppe der
Epidermoide (fälschlich Epithelcysten genannt, da die Geschwülste
in manchen Fällen durchweg fest sind, keinen breiigen oder flüssigen
Inhalt besitzen) gelten lasse, hat bei den folgenden Bearbeitern des
Gegenstandes eine gewisse Befangenheit erzeugt. Sie suchen auf
jede mögliche Weise das Trauma als alleinige Ursache der Entstehung
der Epidermoide der Finger nachzuweisen, übersehen aber dabei die
in manchen Fällen jener Annahme entgegenstehenden Gründe, oder
übergehen sie stillschweigend, selbst wenn sie ihnen bekannt sein
müssten. So hat sich z. B. Wörz?, der in dem seiner Arbeit an-
hängenden Litteraturverzeichnis meine den Gegenstand betreffenden
Arbeiten außer einer (Wiener klin. Wochenschrift 1890 No. 36)
anführt, sich nicht für bemüßigt gefunden, überhaupt meine Gegen-
gründe zu erwähnen, geschweige denn zu erörtern. Und doch bin
ich nicht der Einzige, der für gewisse Fälle das Trauma als Ent-
stehungsursache zurückweist. Ich erinnere an Labougle, auf den
ich schon in meiner oben erwähnten Arbeit mich berufen konnte.
Er hat die Frage in unbefangener Weise untersucht und giebt ein
dem entsprechendes Urtheil: nur in 16 von 42 Fällen giebt er die
Möglichkeit bezw. Wahrscheinlichkeit einer traumatischen Entstehung
zu, für die übrigen 26 Fälle muss er sich nach einer anderen Ent-
stehungsweise umsehen. Ich selbst habe nur ein paar Fälle unter-
sucht. Aber in einem (s. Virchow’s Archiv Bd. CXXI 1890: Bei-
träge zur Geschwulstlehre) ist eine Verletzung mit voller Sicherheit
auszuschließen. Um solche Thatsachen und um Gründe, wie ich sie
in der oben erwähnten Arbeit verwerthet habe, darf man nicht herum
gehen und kommt man schließlich auch nicht herum.
Die Ironie des Schicksals hat es nun gefügt, dass in derselben
Nummer d. Bl. (6), in der Roelen für 2 von ihm beobachtete Fälle
von Fingerepidermoiden deren traumatische Entstehung meiner Ansicht
nach etwas gewaltsam zu beweisen sucht, ein Artikel steht, der sich
für eine andere Entstehungsweise verwerthen lässt. Die betreffenden
Epidermoide, welche Trnka bei 6 Soldaten von der 2. Phalanx des
Mittel- oder Ringfingers entfernte, saßen zwischen Haut und Sehnen-
scheide der Volarseite und waren mit der Sehnenscheide verwachsen.
Ihre Entstehungsweise war unklar. Ein Trauma derart, dass Epi-
dermisstückchen hätten in die Tiefe verpflanzt werden können, scheint
nicht vorgelegen zu haben. An und für sich wäre es aber auch
unwahrscheinlich; denn es müsste doch ganz merkwürdig zugehen,
1 Garr2, Über traumatische Epitheleysten der Finger. Beiträge zur klin.
Chirurgie 1894. Bd. XI. p. 524.
2 Wor, Über traumatische Epitheleysten. Beiträge zur klin. Chirurgie
1897. Bd. XVIII. p. 753.
3 Trnka, Eine seltene Prädilektionsstelle von Atheromen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 371
dass durch die Verletzung das Epidermisstückchen jedes Mal gerade
bis auf die Sehnenscheide verlagert würde. Diese Tieflagerung wäre
aber nöthig zur Erklärung des jedesmaligen Verwachsenseins der
Geschwülste mit der Sehnenscheide. Schafft alle Schwierigkeiten der
Erklärung nicht mit einem Schlage die von mir für die subkutanen
Epidermoide in meiner ersten Arbeit und für die Epidermoide der
Finger in den späteren Aufsätzen aufgestellte und mit gewichtigen
Gründen gestützte, übrigens von einer ganzen Anzahl Autoren als
richtig angenommene Behauptung hinweg, dass diese Epidermoide
kongenital bei der Bildung der Epithelgebilde der Haut angelegt
sind? Es ist mir der Einwurf gemacht worden, dass die Epidermis-
zapfen bei der Bildung der Schweißdrüsen an der Hohlhand und
den Fingern gar nicht so tief in das subkutane Gewebe eindringen,
außerdem, dass noch gar nicht eine Entstehung einer »atherom«artigen
Geschwulst aus Schweißdrüsen beobachtet sei. Der betreffende Gegner
hat meine Ausführungen nicht richtig gelesen oder nicht richtig ver-
standen, obwohl ich mich sehr klar ausgedrückt zu haben glaube.
Ich habe gesagt, dass schon nach Thiersch’s Beobachtungen gerade
bei der Bildung der Schweißdrüsen die Epidermiskeime sehr tief
dringen und abgeschnürt werden können, und weiter ausgeführt, dass
zu jenem Zeitpunkt die Zellen noch gar nicht differenzirt sein mögen,
so dass sehr wohl aus einem solchen versprengten Epidermiskeim
ein Epidermoid, keine Schweißdrüsengeschwulst entsteht. Als Ana-
logon dazu habe ich erwähnt, dass im Zahnfleisch und Kiefer Epi-
thelgeschwülste (Cysten) beobachtet sind, die ohne Zweifel aus kon-
genital versprengten und abgeschnürten Epithelzapfen entstanden sind,
die noch nicht als Zahnkeime differenzirt waren.
Dass bei der Entstehung der Epidermoide in den Fällen Trnka’s
ein Trauma oder wiederholte Traumata mitgewirkt haben mögen,
erscheint mir nicht unwahrscheinlich, doch betrachte ich hier das
Trauma nur als Gelegenheitsursache.
Ich stehe da auf dem Standpunkt, den ich seit jeher in der Frage
nach der traumatischen Entstehung der Geschwülste, die ja jetzt für
die Unfallpraxis eine gewisse Bedeutung erlangt hat, eingenommen
habe. Für die Trnka’schen Fälle huldige ich der Ansicht, dass das
Gewehrgreifen, bei dem die 2. Phalanx des 3. und 4. Fingers beson-
ders gedrückt wird, durch den damit verbundenen wiederholten Druck
die schlummernden Epithelkeime zur Vermehrung, zum Weiter-
wachsen gebracht hat.
Es ist unmöglich, an dieser Stelle auf die ganze Frage näher
einzugehen, ich müsste das in meiner früheren Arbeit Gesagte wieder-
holen und erlaube mir daher, die sich für die Sache Interessirenden
auf meine Arbeiten zu verweisen.
Was die 2 Fälle Roelen’s betrifft, so finde ich es etwas kühn,
vom zweiten ohne Weiteres zu behaupten, er sei auf ein Trauma
zurückzuführen; nicht kühner wäre meine Behauptung, es handle
sich um ein kongenital angelegtes Epidermoid. Hier war nur ein
14*
372 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
non liquet am Platze. Auch für den 1. Fall wäre eine strengere
Kritik vielleicht nützlich gewesen. Könnte nicht die von dem
Kranken durch Stechen mit einer Nadel behandelte Entzündung schon
ein Epidermoid gewesen sein? Was bezeichnet das Volk nicht Alles
als Entzündung!
Eine wissenschaftliche Kritik vermisse ich auch in der Arbeit
von Wörz. Von 55 Fällen wurde nur in 24 ein Trauma als vorher-
gegangen erwähnt. Dieses wird aber sogleich zur Ursache der Ge-
schwulst gestempelt, sogar ein einfacher Hammerschlag. Wie dieser
ein Epidermisstückchen in die Tiefe treiben soll, nota bene ohne Ver-
wundung, ist mir trotz lebhaften Nachdenkens unklar geblieben. Aber
selbst wenn ich mich entschließen könnte, in jenen 24 Fällen das
Trauma als die Ursache der Geschwulstbildung ungeprüft hinzu-
nehmen, würde es mir doch schwer werden, zu glauben, dass auch
in den übrigen 31 Fällen eine Verletzung die Geschwulstbildung
verursacht hätte, obgleich in den Krankengeschichten von einer vor-
hergehenden Verletzung nicht die Rede ist. Und das ist doch etwas
auffallend bei einem so großen Procentsatz.
Mein kritischer Muth fand heute wieder Unterstützung durch die
Exstirpation eines wahren, nicht traumatischen Epidermoids von der
Mitte einer Gesäßbacke einer jungen Frau. Die kleinapfelgroße Ge-
. schwulst saß subkutan, überzogen von der normal dicken Cutis und
Epidermis des Gesäßes, ohne Zusammenhang mit der Cutis: kein
Atherom, kein Dermoid, das dort, nebenbei gesagt, nicht vorkommen
kann.
Das Gesäß hat keine Haare bezw. Haarfollikel, eben so wenig
wie die Hohlhandseite der Hand und Finger. Was aber dem Einen
recht ist, ist dem Anderen billig. Kommen am Gesäß wahre Epi-
dermoide vor, warum soll die Hohlhand darauf verzichten?
Meine Ausführungen gipfeln, um das noch einmal zu betonen,
darin, dass man bei der Beurtheilung der Natur der Epidermoide der
Finger und Hohlhand in Zukunft etwas mehr Kritik und weniger
Glauben anwende; dann wird man, dessen bin ich gewiss, von der
jetzigen Gewohnheit abkommen, sie ohne Weiteres auf eine Ver-
letzung zurückzuführen.
1) Hildebrand. Jahresbericht über die Fortschritte auf dem
Gebiete der Chirurgie. II. Jahrg. Bericht über das Jahr 1896.
Wiesbaden, 1897, 1241 S.
In gleicher Anordnung, auch etwa demselben Umfang wie der
erste, ist der 2. Band des H.’schen Jahresberichts gegen Ende des
vor. Jahres erschienen. Eine Neuerung finden wir darin, dass in den
alphabetisch geordneten Litteraturverzeichnissen der einzelnen Ab-
schnitte eine größere Anzahl von Arbeiten mit einem * versehen sind,
als Zeichen, dass sie nicht referirt worden. Die Referate selbst sind,
wie einzig richtig, fast immer inhaltlich geordnet; in einigen wenigen
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 373
Abschnitten haben die Bearbeiter sich leider der Mühe einer solchen
Anordnung überhoben und die Arbeiten nach der alphabetischen
Namensfolge der Autoren gebracht, was die Orientirung recht er-
schwert und künftig unterbleiben müsste. Eben so wäre es wünschens-
werth, wenn alle Referate so rechtzeitig eingingen, dass bei der
speciellen Chirurgie die altbeliebte Reihenfolge der Einzelkapitel inne-
gehalten werden und die Lieferung von Nachträgen unterbleiben
könnte, die den Leser zu sehr auf das Register verweist. Gerade
durch das geschickte Zusammenordnen des zusammengehörigen Stoffes,
wie es einzelne Referenten des vorliegenden Werkes sehr gut zu
leisten verstanden haben, müssen sich diese Jahresberichte über
Einzelabschnitte der Medicin auszeichnen. Richter (Breslau).
2) C. Kaufmann. Handbuch der Unfallverletzungen. 2., neu
bearbeitete und vermehrte Auflage.
Stuttgart, 1897. XX u. 468 8.
Das Buch gehörte schon in seiner 1. Auflage zu den besten
seiner Art. Seit seinem Erscheinen ist Verf. ununterbrochen bestrebt
gewesen, die entsprechende Litteratur zu verfolgen, dazu eine reiche
Zahl von Unfallverletzten eigener Behandlung genau zu prüfen, und
hat dadurch in dieser 2. Auflage ein Buch geliefert, das in der
That einem jeden Arzt, der sich mit Unfallsachen beschäftigen muss,
als treffllicher Rathgeber dienen kann. Er hat es verstanden, ein
ungemein reiches Material in knappster Form wiederzugeben, und zwar
derartig, dass man jeden in kurzem Auszug angeführten Fall der
umfangreichen Kasuistik leicht im Original aufzufinden und sich so
ohne Schwierigkeit aus der großen Fülle der Rechtssprüche Deutsch-
lands, Österreichs und der Schweiz maßgebende Urtheile heraus-
zusuchen vermag. Ref. hat vielfach die Probe darauf gemacht und
das Buch fast nie unbefriedigt aus der Hand gelegt.
Die gleiche Anerkennung wie die specielle Lehre der Unfall-
verletzungen und ihrer Folgen beansprucht aber mit vollem Recht
auch der 1. Theil des Werkes, der die allgemeinen Gesichtspunkte
für Untersuchung und Begutachtung der Unfallverletzungen auf Grund-
lage der Unfallversicherungsgesetzgebung Deutschlands, Österreichs,
Norwegens und der Schweiz behandelt. Denn auch hier wird mit großem
Geschick der reiche Inhalt des weiten Gebietes in klarer, knapper
Form wiedergegeben, so dass man in der That das Buch einem jeden
Kollegen um so mehr zur Anschaffung empfehlen kann, als es nicht
einseitig nur die Verhältnisse des Deutschen Reiches behandelt, sondern
auch die derjenigen anderen Staaten, welche die sociale Gesetzgebung
in der bezeichneten Richtung pflegen, auf der allmählich die meisten
civilisirten Völker nachfolgen dürften. Richter (Breslau).
374 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
3) v. Hacker. Die Ösophagoskopie und ihre klinische Be-
deutung.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.)
4) Derselbe. Die Ösophagoskopie beim Krebs der Speise-
röhre und des Mageneingangs.
(Ibid. Hft. 2.)
v. H. benutzte ausschließlich das von Mikulicz angegebene
Ösophagoskop, das er für reflektirtes Licht eingerichtet hat. (Als
Lichtquelle dient ein Leiter’sches Panelektroskop). Die Anästhesie
wird mit 20%iger Cocainpinselung erreicht, der Kranke in Rücken-
lage untersucht; für Untersuchung und operative Eingriffe gebraucht
v. H. das gleiche Instrument und erblickt darin wohl mit Recht
einen Vortheil seiner Methode gegenüber anderen. Die Voraus-
setzung für eine diagnostische Verwerthung der Ösophagoskopie ist
die Kenntnis der Bilder, welche die gesunde Speiseröhre in ihren
verschiedenen Abschnitten bietet. Dieses normale Bild und seine
durch physiologische Vorgänge bedingten Veränderungen werden in
der ersten Abhandlung eingehend beschrieben und im Anschluss
daran eine Reihe von Krankheitsprocessen, für welche die Ösophago-
skopie von Bedeutung ist, erörtert unter Anführung von praktischen
Fällen, welche diese Bedeutung zu illustriren vermögen (entzünd-
liche Processe und deren Folgen, Verengerungen, Erweiterung, Diver-
tikelbildung, Neubildungen und Fremdkörper). Die zweite Publi-
kation ist ausschließlich dem Carcinom gewidmet. Einen ganz
besonderen Werth erhalten die beiden Publikationen dadurch, dass
v. H. es verstanden hat, das, was er gesehen, auch den Blicken der
Fachgenossen zu zeigen durch eine große Zahl bunter Abbildungen
von wunderbarer Schönheit. (Taf. I u. XIIL)
Hofmeister (Tübingen).
5) K. G. Lennander. Om intra-abdominel temporär kom-
pression af aorta eller nägon af dess största grenar vid vissa
bäcken- eller bukoperationer.
(Upsala Läkarefören. Förhandl. N. F. Bd. II. p. 433.)
Veranlasst durch die Operation eines mit den benachbarten
Beckeneingeweiden (Blase, Flexura sigmoidea u. A. m.) verwachsenen
papillären Kystoms erörtert Verf. die Frage, ob es nicht möglich
wäre, bei solchen Becken- resp. Bauchoperationen, wo aller Wahr-
scheinlichkeit nach profuse Blutung den operativen Eingriff erschweren
werde, eine temporäre, intraabdominelle Kompression systematisch
auszuführen. Zwar werde eine solche Kompression wohl nicht oft
in Anwendung kommen, bei dafür geeigneten intraabdominellen
Operationen aber stelle sie eine wahre Bereicherung unserer Technik
dar. So bald sie sich im Laufe einer Operation also als nöthig
zeigt, soll der Assistent sie ausführen, so besonders bei der Exstirpa-
tion von Myomen, die in das Mesosigmoideum hineingewachsen sind.
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 375
Unter Hinweis auf die temporäre Kompression der Art. renalis bei
Nephrolithotomien bespricht Verf. die Möglichkeit, auch die Art.
hepatica und Art. lienalis zu komprimiren. Da gewöhnlich bei allen
diesen Operationen de Beckenhochlagerung angewendet wird, fließt
das venöse Blut ziemlich schnell weg.
L. schließt folgendermaßen:
1) Legt man eine breite Kompression über die Aorta oberhalb
der Theilung, so wird das ganze kleine Becken fast blutleer.
2) Wird die Art. iliaca communis gegen die Wirbelsäule oder
das Kreuzbein oberhalb der Artic. sacro-iliaca angepresst, so kann
man in der einen Beckenhälfte fast blutleer operiren.
3) Die Kompression der Aorta wurde in Verf.s Fall fast 3/, Stunde
fortgesetzt, ohne dass Unannehmlichkeiten folgten. Ein solcher fort-
gesetzter Druck ist in ähnlichen leichteren Fällen völlig unnöthig.
4) Wenn die Kompression aufhört, ist wegen der vasomotorischen
Parese in ausgedehnten Gefäßgebieten eine schnelle Verschlechterung
der Herzthätigkeit zu erwarten. Desshalb muss Alles für eine intra-
venöse Kochsalzinfusion vorbereitet sein.
5) Bei Resektion der Milz oder Exstirpation einer nicht beweg-
lichen Milz kann man an eine Kompression der Art. lienalis am
oberen Rande des Pankreas gegen die linke Seite der Wirbelsäule
denken.
6) Bei besonders schweren Nierenexstirpationen, wo man wohl
immer die Peritonealhöhle öffnet, darf man gute Dienste von einer
Kompression der Nierengefäße gegen die Wirbelsäule erwarten.
Verf.s Arbeit war schon zum Druck geliefert, als Madelung’s
Vortrag über einige Grundsätze der Behandlung von Verletzungen
des Bauches ihm in die Hände kam. Der in diesem Vortrag er-
wähnte Vorschlag Senn’s, die Aorta dicht unterhalb des Diaphragmas
zu komprimiren, bezieht sich hauptsächlich auf die digitale Kom-
pression der Aorta bei profusen intraabdominellen Blutungen, deren
Quellen schwer zu finden sind. Ein Druck auf die Aorta in dieser
Gegend hemmt die Blutzufuhr nach fast allen Organen des Bauches.
Da aber besonders wichtige Nervenplexus und Ganglien an dieser
Stelle liegen, darf ein solcher Druck nur von sehr kurzer Dauer sein.
A. Hansson (Cimbrishamn).
6) Edebohls (New York). What is the best method of
making and of closing the coeliotomy incision ?
(Amer. gynecol. and obstetr. journ. 1896. Mai.)
Eis Antwort gipfelt in der Empfehlung eines besonders be-
handelten Chromkatguts. Mit diesem legt er in 3 Etagen fort-
laufende Naht an. Ist die Rectusscheide »zufällig« beim Schnitt nicht
eröffnet, so wird dieselbe besonders gespalten, um Muskel an Muskel
zu nähen. Mit Recht verwirft Verf. Känguruhsehnen und Fil de
Florence. Er hat in den letzten 2 Jahren stets gute Erfolge von
seiner Methode gehabt. Boesing (Hamburg).
376 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
7) Gigli e G. Baroni. Suture profonde amovibili. Cura
delle ernie inguinali (Metodo Bassini) senza fili perduti.
Firenze, Stabilimento tipografico fiorentino, 1897.
Die Verff. haben folgende Naht angewandt, um die versenkten
Nähte zu vermeiden. Die auf der einen Seite der Haut bis fast zur
Tiefe der Wunde geführte Nadel wird
auf der anderen Seite in den Wund-
rand eingestochen und verdeckt am
anderen Wundrand herausgeführt, um
schließlich durch den zweiten Wund-
rand an der Haut dieser Seite zu
endigen. 8 nach Bassini operirte
Hernien wurden so genäht. Veranlassung zur Veröffentlichung wurde
durch den Bericht der Professoren Duplay, Cazin und Jonnesco
auf dem internationalen Kongress in Moskau gegeben.
Dreyer (Köln).
8) Chlumskij. Über die Gastroenterostomie.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1 u. 2.)
Trotz der großen Zahl von Gastroenterostomien, welche seit
ihrem Bekanntwerden ausgeführt sind, lassen die Resultate noch
immer zu wünschen übrig. Verf. hat sich die Aufgabe gestellt,
durch Sammlung und kritische Sichtung des bisher publicirten und
unter Verwerthung des reichen Materials der Mikulicz’schen Klinik
über die Ursachen der Misserfolge der fraglichen Operation möglichste
Klarheit zu schaffen. Eine werthvolle Ergänzung erfährt dieser
klinisch-statistische Theil, der mit außerordentlicher Gründlichkeit
und Umsicht bearbeitet ist, durch die experimentellen Unter-
suchungen des Vert, welche im zweiten Theil niedergelegt sind.
Den Details der umfangreichen Arbeit (über 100 Seiten) gerecht zu
werden, kann nicht. Aufgabe des Referates sein; nur einige der
wichtigsten Resultate seien erwähnt. Auf Grund seiner Erfahrungen
tritt C. entschieden für die Wölfler’sche G. anterior antecolica ein,
welche neuerdings aus Mikulicz’s Klinik die jahrelang allein-
herrschende v. Hacker’sche Methode wieder verdrängt hat. Letz-
terer wirft Verf. vor, dass ihre theoretische Begründung von falschen
Voraussetzungen ausgeht, und dass sie praktisch verschiedene Nach-
theile besitzt, ohne im Allgemeinen ersichtliche Vortheile zu bieten.
Als bedeutungsvoll für das funktionelle Resultat wird besonders betont
die Nothwendigkeit, den zuführenden Dünndarmschenkel genügend
lang (60—75 cm) zu wählen. Um das Einfließen von Mageninhalt
in das zuführende Ende möglichst zu verhüten. fixirt C. dieses etwas
höher oben und nach links von der Anastomose unter gleichzeitiger
Torsion. Ganz besondere Aufmerksamkeit schenkte Verf. dem Ein-
fließen von Galle und Pankreassaft in den Magen. Durch eine
Reihe von Versuchen an Hunden, bei denen Ausschaltungen und
Anastomosen in der Art vorgenommen wurden, dass entweder nur
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 377
die Galle oder nur der Pankreassaft oder beide sicher in den Magen
gelangen mussten, wurde festgestellt, dass (beim Hunde) das Ein-
fließen von Galle und Pankreassaft kein Erbrechen hervorruft, ferner
dass das Einfließen von Galle allein keinen dauernden Schaden
bringt, während der Pankreassaft im Magen eine Verdauungsstörung
verursacht, welche für die Versuchsthiere bald tödlich wird.
Um die häufigste Todesursache nach Gastroenterostomie, den
Collaps, mehr und mehr einzuschränken, empfiehlt C., da es sich ja
allermeist um herabgekommene Pat. handelt, mit der Narkose mög-
lichst sparsam zu sein. Die meisten Gastroenterostomien lassen sich,
wie er mit Recht betont, ohne Bedenken unter Infiltrationsanästhesie
ausführen. Den Schluss bildet die Zusammenstellung aller bis 1896
publicirten Gastroenterostomien. Hofmeister (Tübingen).
9) Ferrio und Bosio. Alterazioni renali nell’ occlusione
intestinale.
(Sperimentale 1898. No. 2.)
Bei künstlichem Verschluss der untersten Portion des Meer-
schweinchendarmkanals stellen sich im secernirenden Epithel der
Niere Degenerationen ein. Die Glomeruli blieben intakt. Diese
Veränderungen müssen als toxische betrachtet werden. Eine Bak-
terieninvasion findet erst später statt, wenn eine Peritonitis etc. in
Gang gekommen ist, und die Darmwand Bakterien durchgelassen
hat. E. Pagenstecher (Wiesbaden).
10) R. Barącz. Zur Ätiologie der Darmocelusion nach Re-
sektion und totaler Ausschaltung des Dickdarms und des
Ileocoecums.
(Przegląd chirurgiesny Bd. III. Hft. 4.)
Verf. berichtet über 5 Experimente an Hunden, welchen er ent-
weder 30—45 cm des Ileocoecums resecirte, oder das Quercolon aus-
schaltete, ohne den Gekrösspalt zu vernähen. In allen diesen Fällen
schlüpfte, ähnlich wie in den Fällen Heidenhain’s, eine Darm-
schlinge durch diesen Spalt und erlitt daselbst eine Incarceration,
welche stets tödlich verlief. In den weiteren Experimenten hat B.
stets den Spalt durch Naht geschlossen. Trzebicky (Krakau).
11) T. N. Kelynack. On Meckel’s Diverticulum.
(Brit. med. journ. 1897. Aug. 21.)
Nach Untersuchungen an dem Material des pathol. Instituts der
Manchester Royal Infirmary fand sich ein Meckel’sches Divertikel
bei 1446 Leichen 18mal, Limal bei männlichen, 7mal bei weib-
lichen Individuen. Ernste Störungen scheinen durch das Divertikel
in der Regel nicht verursacht zu werden; denn das Durchschnitts-
alter der 18 Betroffenen war 38 Jahre, und die Ursache des Todes
e 14+*
378 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
war in keinem Falle mit der Anwesenheit des Divertikels in Verbin-
dung zu bringen. Seine Entfernung von der lleocoecalklappe betrug
15—50!/, Zoll (341/, im Durchschnitt), seine Länge 61/,—!/; Zoll
Di im Durchschnitt), sein Durchmesser im Durchschnitt 11/3 Zoll.
Stets war die Kommunikation mit dem Darm eine freie, eine
Klappenbildung war nie zu konstatiren; der Abgang vom Darm
war stets an der dem Gekrösansatz entgegengesetzten Seite, gewöhn-
lich rechtwinklig. Der Inhalt bestand meist aus Luft, einige Male
aus etwas Koth; ein Fremdkörper fand sich nie. In keinem Falle
setzte sich die Lichtung bis Nabel oder Bauchwand fort. Einige Male
fanden sich Besonderheiten: Seilartige Struktur, Fixirung an der
Bauchwand in Form einer Schlinge, Spaltungen am Ende und bul-
böse, sackartige Erweiterung der Enden. F. Krumm (Karlsruhe).
12) v. Mosetig-Moorhof. Kolostomie mit querem Doppel-
wandverschluss.
(Wiener med. Presse 1898. No. 3.)
Wenn es sich nur um den temporären Bestand eines künstlichen
Afters handelt, so ist die inguinale Kolostomie an der Flexura iliaca
nach der Methode von Littre das beste und einfachste Verfahren.
Soll aber ein bleibender Anus inguinalis angelegt und der Mastdarm
ausgeschaltet werden, so macht man die Kolostomie nach Madelung
oder besser noch nach König-Sonnenburg, oder man operirt mit
Spornbildung nach Verneuil. Zu jeder Spornbildung muss als
Vorbedingung die Möglichkeit vorhanden sein, eine genügend lange
Darmschlinge aus der Bauchhöhle ohne Gefahr einer Schädigung
hervorziehen zu können. Für solche Ausnahmefälle, wo Kolotomie
nicht räthlich und Schlingenvorziehung nicht möglich ist, hat v. M.-M.
eine neue Verschlussmethode oder, richtiger gesagt, Verengerungs-
methode des Zugangs zum distalen Darmsegment in Anwendung
gebracht, die eine relative Ausschaltung der kranken Darmpartie be-
wirkt, bezw. die Kothabfuhr dem Kunstafter allein zuweist und dabei
auch die Reinhaltung des ausgeschalteten Antheils erleichtert.
Das Operationsverfahren nimmt folgenden Gang: Nach beendeter
Laparotomie wird zunächst die Flexur abgetastet, um sich über die
Ausdehnung des Leidens Klarheit zu verschaffen. Unweit der
Grenze, bezw. an der tiefst erreichbaren und vorziehbaren Stelle
wird der Darm mittels eines festen Seidenfadens, den man an einer
gefäßlosen Stelle des Mesocolonansatzes durchzieht, abgebunden, die
Fadenenden kurz abgeschnitten. Der eingeschnürte Darmtheil wölbt
seine Nachbarwandungen auf, so dass sie sich über der Schnürfurche
wechselseitig berühren. Nun vernäht man die gegenständigen, senk-
recht gewölbten Wandungen mit einer Doppelreihe seromuskulärer
Kranznähte und formt damit in der Darmlichtung eine widerstands-
fähige kreisförmige Doppelwand, einem Schirm vergleichbar, der nur
an jener Stelle, wo der Schnürfaden die Schleimhaut in Gestalt von
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 379
radiären Falten zusammendrängt, eine winzige Lücke trägt. Der also
sicher verschlossene Darm wird in die Bauchhöhle versenkt und zu-
nächst der Verschlussstelle am proximalen Theile im Littre’schen
Sinne kolostomirt.
Der Verlauf der bisher mit querer Doppelwandbildung kolosto-
mirten Fälle war ein durchaus befriedigender.
P. Wagner (Leipzig).
13) Quönu et Laudel. Histologie pathologique des cancers
du rectum.
(Revue de chir. 1897. No. 11 u. 1898. No. 1.)
Die Verff. stellen 3 Arten von Mastdarmkrebs auf: 1) das Cylinder-
epitheliom, 2) das Plattenepitheliom, und 3) das Epitheliom mit schlei-
miger Degeneration der Zellen, und unterscheiden bei 1) typische
(à forme glandulaire) und atypische, und bei 2) lobulöse (à globes épi-
dermiques) und tubulöse Formen, deren Histologie sie auch mit Hilfe
zahlreicher Abbildungen im Text beschreiben. Bei der Fülle von
Details, welche diese Schilderungen bieten, müssen wir uns ver-
sagen, Einzelnes daraus hervorzuheben. Sie ergänzen in willkom-
mener Weise Q.’s frühere, über die pathologische Anatomie und
klinischen Bilder des Mastdarmcarcinoms veröffentlichte Studien, die
mit dem von diesem Autor auf dem letzten französischen Chirurgen-
kongress gehaltenen Vortrag über die Indikationen zur Operation
und Behandlung des Leidens ihren Abschluss finden.
j Kramer (Glogau).
14) M. Baudouin. Les opérations nouvelles sur les voies
biliaires.
Paris, Institut international de bibliographie scientifique, 1897. 204 S.
Die von Terrier eingeleitete Monographie Bis ist nicht nur
eine von genauester Litteraturkenntnis zeugende Zusammenstellung
der bisher an den Gallenwegen ausgeführten Eingriffe, sondern —
und dies ist der Hauptvorzug der vorliegenden Arbeit — eine ein-
gehende kritische Besprechung und eine logische Klassificirung der-
selben. Wie die einzelnen Operationen nach einem einheitlichen
Princip geordnet werden, so wird auch die bisher oft etwas will-
kürliche Nomenklatur in systematischer Weise modificirt.
Verf. zieht in den Bereich seiner Zusammenstellung sämmtliche,
an dem Ductus hepaticus und seinen Verzweigungen, am Ductus
cysticus und am Ductus choledochus ausgeführten Eingriffe, mit
Ausnahme der einfachen Choledochotomie und Choledochostomie,
welche von Terrier selbst an anderer Stelle ausführlich besprochen
wurden. Wie aus dem Gesagten ersichtlich ist, wird auch die
Chirurgie der Gallenblase selbst nicht berührt.
Es ist hier nicht der Ort, auf Einzelheiten einzugehen; wir
können nur so viel sagen, dass es dem Verf. vorzüglich gelungen
ist, in das Chaos der vielfachen an den Gallenwegen vorgenommenen
*
380 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
Operationen Ordnung zu bringen. Wir bezweifeln denn auch nicht,
dass er seinen Hauptpunkt, die französischen Ärzte mit diesem großen-
theils der deutschen Chirurgie entstammenden Gebiet bekannt zu
machen, erreicht hat, und glauben, dass seine Monographie überdies
Jedem von Nutzen sein wird, der sich eingehender mit dem genannten
Gebiet zu beschäftigen wünscht.
Der am Schluss der Arbeit gemachte Versuch, ein auf einem
internationalen Ziffersystem (Dewey-Baudouin) beruhendes In-
haltsverzeichnis aufzustellen, hätte, um verständlich zu sein, eine
Erklärung von Seiten des Verf. erfordert.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
15) W. Körte. Die chirurgischen Krankheiten und die Ver-
letzungen des Pankreas.
(Deutsche Chirurgie Lfg. 45d. Stuttgart, F. Enke, 1898.)
Obwohl die Chirurgie erst seit wenigen Jahren auch das Pan-
kreas in Angriff genommen hat, ist die Litteratur über seine Krank-
heiten und Verletzungen doch schon eine recht umfangreiche geworden,
so dass sich K.’s Bearbeitung derselben bereits zu einem stattlichen
Bande von über 230 Seiten ausgestaltet hat, der ohne Weitschweifig-
keiten in sorgfältiger Darstellung und Kritik alles bisher auf diesem
Gebiete der Bauchchirurgie Geleistete, freilich noch weiterer Aus-
dehnung und Vertiefung Bedürfende zusammenfasst. K. |giebt zu-
nächst einen kurzen Abriss der Anatomie und chirurgischen Topo-
graphie der Bauchspeicheldrüse, um an der Hand derselben auf die
Wege, welche von ihr ausgehende Geschwülste und entzündliche
Exsudate einschlagen, und welche der Chirurg zur Inangriffnahme
der letzteren zu nehmen hat, hinzuweisen. Daran schließt Verf.,
nachdem er das Wesentliche aus der Physiologie der Drüse hervor-
gehoben, .. eine allgemeine Besprechung der Symptomatologie und
Ätiologie ihrer Erkrankungen, freilich ohne nach beiden Beziehungen
Bestimmtes angeben zu können. Denn wenn auch in ersterer Hin-
sicht das Bestehen von Fettausscheidung mit dem Koth — bei nicht
abnorm fettreicher Nahrung — und von Diabetes auf sehr schwere
Erkrankung des gesammten Pankreas hindeuten, so lässt doch das
Fehlen dieser Symptome noch keinen Schluss gegen eine Affektion
der Drüse zu. Es folgt nun eine sehr eingehende Abhandlung über
die verschiedenen- Erkrankungen des Pankreas, der gleichsam als
Grundlage eine tabellarische Übersicht über die bei 3018 Sektionen
im Krankenhause am Urban innerhalb dreier Jahre 79mal gefundenen
Bauchspeicheldrüsenaffektionen dient. Dass hierbei die Schilderung
der Pankreascysten den größten Umfang einnimmt, liegt in dem
besonderen Interesse begründet, welches dieselben durch die Mög-
lichkeit ihrer erfolgreichen operativen Behandlung bei den Chirurgen
gefunden haben, so dass V. bereits 121 operirte Fälle, darunter
2 eigener Erfahrung, verwerthen konnte. Von Wichtigkeit ist hier
der Nachweis, dass die Probepunktion auch bei den Pankreascysten
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 381
schwere Nachtheile bringen kann, und dass ihr Nutzen für die Dia-
gnose durchaus nicht absolut feststeht, so wie ferner das Ergebnis,
dass gegenüber der Einnähung der Cyste an die Bauchwand und
nachfolgenden ein- (84 Fülle, 4 +) oder zweizeitigen (17 Fälle, 0 +)
Eröffnung die Exstirpation als schwierigerer, übrigens auch nur in
selteneren Fällen ausführbarer Eingriff erheblich gefahrvoller ist
(21 Fälle, 6 +) K. gruppirt die Pankreascysten — mit Ausschluss
der peripankreatischen — als 1) Retentionscysten des Ausführungs-
gangs, 2) Proliferationscysten des Pankreasgewebes, 3) Retentions-
cysten der Drüsenbläschen und kleinen Ausführungsgänge, und
4) als Pseudocysten, die, von entzündlichen oder traumatischen Affek-
tionen des Pankreas ihren Ausgang nehmend, Ergüsse hämorrhagi-
scher oder entzündlicher Natur in die Bursa omentalis direkt oder
unter das die Drüse bedeckende Bauchfellblatt darstellen. Beweisen die
bei der Behandlung der Cysten gemachten Erfahrungen, dass es mög-
lich ist, Geschwülste aus der Drüsensubstanz herauszuschälen und
Theile derselben abzutragen, so sind doch der Exstirpation der festen
Geschwülste des Organs — Carcinome, Sarkom, Adenom, Lymphom,
Tuberkulose, Gummiknoten — schon desshalb, weil die Totalexstir-
pation der Drüse mit dem Fortbestehen des Lebens unverträglich ist,
sehr enge Grenzen gezogen; es sind nur partielle Ausschneidungen
des Pankreaskopfes, bezw. Auslösungen von abgekapselten Geschwül-
sten aus der Substanz desselben, unter Schonung mindestens eines
der Ausführungsgänge, so wie des Gallengangs, zulässig und bisher
auch nur 9mal mit 3maligem tödlichen Ausgang vorgenommen
worden. Die Methode des Vorgehens und der Versorgung der Wunde
im Pankreas wird von K. auf Grund des gesammelten kasuistischen
Materials geschildert, wobei Verf. die versenkte Naht der Wundhöhle
empfiehlt, bei wahrscheinlicher Verletzung des Drüsenhauptganges
aber die Tamponade anräth. Für die nicht exstirpirbaren Geschwülste
können bei quälenden Symptomen event. eine Cholecystenterostomie
oder eine Gastroenterostomie etc. als symptomatische Mittel in Be-
tracht kommen.
Unter den übrigen Affektionen des Pankreas sind nur die
Eiterungen in diesem und in seiner Umgebung, ferner gewisse
Folgezustände der Blutung und hämorrhagische Entzündung —
die Nekrose — und die chronische indurative Entzündung des Kopfes,
in so fern durch dieselbe Kompression des Ductus choledochus und
sekundäre Gallenstauung erzeugt wird, von chirurgischer Bedeutung.
Ihnen gelten denn auch die folgenden Ausführungen K.’s, die bei
dem Interesse, welches die heutige Chirurgie an diesen Affektionen
nimmt, zu besonders eingehendem Studium veranlassen werden. Da
Ris Standpunkt in den sich hier aufdrängenden Fragen aus seinen
früheren Arbeiten bekannt ist, begnügen wir uns mit diesem Hin-
weis auf die auch die einschlägige Litteratur sorgfältigst berück-
sichtigenden Kapitel. Zukünftigen Forschungen und Erfahrungen
bleibt es vorbehalten, die frühzeitige richtige Diagnose der genannten
382 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
Krankheitszustände zu fördern, um ein chirurgisches Eingreifen er-
folgreicher als bisher zu gestalten und dadurch auch den schweren
Folgen dieser Affektionen vorzubeugen. Dasselbe gilt von der Er-
kenntnis der im Weiteren besprochenen Konkremente im Pankreas
und den Verletzungen der Drüse, welchen noch 2 Schlusskapitel
über Lageveränderungen der letzteren und über Diabetes bei Er-
krankungen derselben angeschlossen sind.
Die ausgezeichnete Monographie, deren Studium durch gesperrten
Druck der sich K. aus seinen Studien der Litteratur und seinen
eigenen Erfahrungen ergebenden Schlussfolgerungen, wie überhaupt
durch übersichtliche Anordnung des Inhalts erleichtert ist, wird ge-
wiss allseitigen Beifall finden. Kramer (Glogau).
Kleinere Mittheilungen.
16) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
92. Sitzung am Montag den 10 Januar 1898 im kgl. Klinikum.
Vorsitzender: Herr Lange nbuch.
1) Herr Langenbuch: Über Operationen am Choledochus mit
Krankenvorstellung.
Der zuerst vorgestellte Pat. — 56jähriger Destillateur — war mit typischen
Schmerzen im Leib und in der Schulter, Erbrechen, Ikterus etc. erkrankt. Dia-
gnose: Verschluss des Ductus choledochus durch Steine.
Bei der Operation fand sich die Gallenblase klein, geschrumpft, adhärent, riss
ein und entleerte eitrigen Inhalt; im Duodenum ein haselnussgroßer Stein. Drai-
nage resp. Tamponade; Bauchwunde offen gelassen. Am 7. Tage wird Drain und
Tampon entfernt.
Die 2. Pat., eine 39jährige Frau, ist seit ca. 8 Jahren »gallenleidend«. Bei
der Aufnahme findet sich der rechte Leberlappen geschwollen, hinter ihm die prall
gefüllte Gallenblase fühlbar. Bei der Operation musste sich L. wegen der zahl-
reichen Netzadhäsionen einen Trichter resp. einen künstlichen Leberkanal aus-
schneiden. Steine nicht auffindbar. Die Bauchwunde heilte, brach aber wieder
auf und entleerte fortdauernd Galle. — In der Annahme, dass jetst ein Stein im
Ductus choledochus eingeklemmt sei, machte L. einen Querschnitt zwischen Pro-
cessus xiphoideus und Nabel; er fand die Gallenblase geschrumpft, verdickt, in
ihr ein kirschkerngroßes Konkrement. Entfernung unter Zerbröckelung, Tampo-
nade, am 6. Tage Entfernung des Tampons. Die Frau hat bis jetzt 60 Pfund
zugenommen.
Der 3. Pat., ein 58jähriger Ingenieur, schon vor 15 Jahren einmal ikterisch
gewesen, hatte Hunderte von Steinen verloren. Auch hier fand L. bei der Operation
die Gallenblase geschrumpft und die Wand verdickt — nach Vorsiehen des Duo-
denums seigte es sich, dass der Stein schon in der Darmwand saß. Incision in
den Darm, Entfernen des Steines. Darmnaht.
Nach L.’s Beobachtungen ergeben sich, wenn man sich vor die Aufgabe ge-
stellt sieht, eine Operation am Ductus choledochus vorzunehmen, naturgemäß
2 Möglichkeiten, ihm beizukommen; einmal während seines Verlaufs entlang der
Leber (der »hepatische« Weg), ferner kurz vor der Einmündung in den Darm
der »pylorische« Weg). Der letztere Weg ist der günstigere, und für ihn am
geeignetsten der Querschnitt zwischen Schwertfortsatz und Nabel etwas nach links
von der Mitte. Es ist, nach Anlegen dieses Schnittes, empfehlenswerth, den
Ductus choledochus mit 2 Fingern zu fassen und vorsichtig stumpf heraus zu
präpariren; er kann danach sehr leicht bis vor die Bauchwunde gezogen werden.
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 383
Es ist nicht vortheilhaft, zu nähen, sondern einen Drain einzuführen, den man
mit Jodoformgase umpaekt. Derselbe resp. der Tampon wird nach 5 Tagen ent-
fernt. Nach L.’s Ansicht ist es eine Komplikation, die ganz gut vermieden werden
kann, die Gallenblase zu ineidiren und su entleeren; denn in den meisten Fällen
ist die Gallenblase ohnehin geschrumpft. Mit dem erwähnten Querschnitt kann
die Operation geradezu extraabdominell vorgenommen werden.
2) Herr Nasse: Demonstration eines Präparates (Leber etc.) von einer
ö3jährigen Frau, die er vor Kurzem operirt. Dieselbe war an Appetitlosigkeit,
Magenkatarrh, Schmerzen im Kreuz, Fieber, Ikterus erkrankt. Der Stuhl war re-
tardirt, abwechselnd dunkel und thonfarbig gefärbt gewesen.
Bei der Operation wölbte sich die Gallenblase vor, der Inhalt war trüb-serös,
an der Papille ein kirschkerngroßer, harter Knoten; der Ductus choledochus, aus-
gedehnt, entleerte bei der Incision auch nur seröse Flüssigkeit. An der Leber
fanden sich nunmehr kleine gelbe Flecken — Abscesse.
N. beschränkte sich auf die Cystotomie, in der Hoffnung, die Sekretion wieder
herzustellen; in der Nacht stellte sich auch wieder Gallenausfluss ein; Pat. starb
aber doch am nächsten Tage unter Erbrechen und Kräfteverfall.
N. nimmt an, dass es sich gehandelt habe um einen partiellen Verschluss des
Ductus choledochus durch einen Tumor, ausgehend vom Pankreas, mit Erweiterung
des ganzen Gallengangsystems.
Herr Langenbuch fügt noch kurz seinem Vortrag hinzu, dass man, um bei
der von ihm geübten Methode zum Ductus choledochus zu gelangen, das kleine
Nets mit dem Finger stumpf durchbohren müsse.
Diskussion: Herr Körte hat beobachtet, dass der Ductus choledochus
durch das Pankreas hindurchging, und dass man in Fällen, wo die Rippen starr,
unbeweglich sind, und die Leber nur schwer sich aufklappen lässt, geneigt sein kann,
einen Tumor des Pankreas anzunehmen, — einmal fand er im Pankreas einen
kirschkerngroßen Stein. Er hat stets einen Drain in die Gallenblase eingelegt, aus-
genommen in Fällen, wo sie verödet war — nur muss der Drain »gallendicht«
angelegt werden. K. macht gewöhnlich einen schrägen Längsschnitt, keinen Quer-
schnitt, giebt indess zu, dass ein Querschnitt unter Umständen vortheilhafter sei.
— Fragt, ob bei der Langenbuch’schen Schnittführung nicht auch das Liga-
mentum teres durchtrennt werde Herr Langenbuch bejaht dies.
Herr Israël ist gegen den Vorschlag Langenbuch’s, immer ein Drainrohr
in den Ductus choledochus einzulegen, wegen der Neigung Cholämischer zu Blu-
tungen. Ein von ihm operirter Fall zeigte bei der Sektion, dass der Druck bei
der Expression eines im Übergang vom Ductus choledochus in den Darm gelegenen
Steines genügt hatte, eine tödliche Schleimhautblutung zu machen.
Herr Langenbuch erwiedert, dass dann jeder Schnitt in die Gallenblase
oder eine Blutung aus einer Nahtstelle tödlich werden könne.
Herr Lindner zieht den Längsschnitt (durch den M. rectus) vor, schon um
desswillen, weil es in vielen Fällen vor der Operation zweifelhaft sei, ob der
Ductus choledochus erkrankt sei. Er trägt kein Bedenken, den Ductus chole-
dochus zu nähen.
Herr Langenbuch fügt zum Schluss hinzu, dass er nicht in allen Fällen
drainire; es sei indess in den meisten Fällen wünschenswerth, den Ductus chole-
dochus offen zu halten.
3) Herr Mühsam: Versuche mit Röntgenstrahlen bei experimen-
teller Tuberkulose.
M. hat, ausgehend von der Beobachtung, dass Bakterien durch Lichtstrahlen,
besonders durch unmittelbare Bestrahlung durch die Sonne, in ihrer Entwicklung
beeinträchtigt werden, analoge Versuche mit Röntgenstrahlen an Meerschweinchen
gemacht. Er hat 28 Thieren eine Tuberkelbaecillenaufschwemmung in die Bauch-
höhle, Leistenbeuge, Kniegelenk, Haut injieirt. — 16 Thiere wurden durchleuchtet,
12 dienten als Kontrollthiere, 1 starb vor der Beobachtung an Peritonitis (die
Kanüle hatte Netz und Pankreas verletzt).
384 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
Bei intraperitonealer Impfung starb das Kontrollthier nach 19 Tagen, während
die durchleuchteten Thiere bis zu 64 Tagen, also bis 45 Tage länger, lebten. Ihre
durchschnittliche Lebensdauer betrug 35?/; Tage, also 162/3 Tage mehr als die des
Kontrollthieres.
In die Inguinalbeuge wurden 12 Thiere injieirt, davon 6 durchleuchtet. Bei
zweien von ihnen wurde nach 39 Tagen die Durchleuchtung unterbrochen, da lokal
jede Schwellung der Lymphdrüsen geschwunden war, während die Kontrollthiere
ausgedehnte Eiterungen in der Inguinalgegend aufwiesen.
Die beleuchteten Thiere starben indess bald darauf, fast gleichzeitig mit
den Kontrollthieren. — Die lokale Infektion war bei den durchleuchteten Thieren
auf ganz unbedeutende abgekapselte Herde beschränkt, während bei den nicht
durchleuchteten Thieren große Zerstörungen der Drüsen und Weichtheile vorlagen.
Von den übrigen in die Inguinalbeuge geimpften Thieren lebte eines 37 Tage
länger als das Kontrollthier, bei 2 noch in Behandlung befindlichen übertrifft die
Lebensdauer im Durchschnitt die der Kontrollthiere bis jetzt um 13 Tage.
Bei der Impfung ins Kniegelenk hat sich ein Unterschied nicht herausgestellt;
die Thiere starben mit 4 Tagen Differenz.
Das günstigste Resultat wurde erzielt mit den in die Haut geimpften Thieren:
ein beleuchtetes Thier hat das nicht beleuchtete bis jetst um über einen Monat
überlebt. Die Impfstelle scheint seit einem Monat abgeheilt zu sein. Das ge-
storbene Kontrollthier zeigte eine 3markstückgroße, dem Lupus ähnliche Zerstörung
der Haut, welche sich mikroskopisch als tuberkulös erwies. Außerdem hatte es
ausgedehnte Tuberkulose der Lungen, Milz, Leber.
Von den 26 in Betracht kommenden Thieren haben demnach in allen Fällen,
wo größere Zeitunterschiede sich herausstellten, die durchleuchteten Thiere eine
von 7—45 Tage längere Lebensdauer gehabt als die Kontrollthiere.
M. zieht aus alledem den Schluss: dass die Röntgenstrahlen die allgemeine
Tuberkulose beim Meerschweinchen nicht aufhalten, dagegen bis zu einem gewissen
Grade eine lokale Tuberkulose abhalten. Ob sie eine Heilung derselben herbei-
führen, ist nicht erwiesen.
(Erscheint ausführlich in der Deutschen Zeitschrift für Chirurgie.)
4) Herr Sonnenburg: Krankenvorstellungen.
8. steht einer Heilung mittels Röntgenstrahlen skeptisch gegenüber — um sich
aber ein eigenes Urtheil bilden zu können, hat er 2 Pat. mit Gesichtslupus
mittels Röntgenstrahlen behandelt. Es entstand auf der Haut eine weißliche
Marmorirung, die allerdings wie Besserung aussieht. Ob durch die Behandlung
nun eine Entzündung der Haut, Abtödtung oder Abschwächung der Virulenz der
Tuberkelbacillen hervorgerufen werde, lässt er dahingestellt.
Darauf stellt er 2 Pat. mit veralteten Kniescheibenbrüchen vor, die
beweisen, dass trotz einer ganz bedeutenden (beinahe handbreiten) Diastase der
Frakturenden und Atrophie des Quadriceps die Gebrauchsfähigkeit — Treppen-
steigen, Beugung und Streckung bis zum rechten Winkel — eine recht gute sein
kann. Das Röntgenbild des 2. Pat., der eine 2malige Fraktur erlitt, zeigt
3 Knochenstücke.
5) Herr Rotter: Ein Fall von Resektion des ganzen Oberarm-
knochens wegen Sarkom.
Die vorgestellte 47jährige Pat. erlitt vor 16 Jahren eine Fraktur des rechten
Oberarmes, 10 Jahre später fiel sie auf die gebrochene Stelle, eine Er-
höhung blieb zurück; nach einem Jahre brach sie den Arm nochmals. Seither
allmähliche Vergrößerung des Callus bis zu einer vom Collum chirurgicum bis zur
Ellbogenbeuge reichenden Geschwulstbildung.
Die mikroskopische Diagnose eines ausgeschnittenen Stückes ergab : Knochen-
geschwulst mit Überwiegen des fibrösen Gewebes. R. machte einen Längsschnitt
entlang den großen Gefäßen, präparirte diese und den Nervus radialis, den er zu
2 Drittel resecirte, heraus und legte die Haut in Falten; der Vorderarm hing jetzt
nur noch mit der Haut und dem Gefäßnervenbündel mit der Schulter zusammen.
ES
Centralblatt-für Chirurgie. No. 14. 385
Die Frau ist sur Zeit im Stande, leichte Gegenstände mit der Hand zu halten.
R. fügt hinzu, dass er die Amputation gemacht haben würde, wenn nicht die
mikroskopische Untersuchung eine relative Benignität der Geschwulst ergeben
hätte.
6) Herr Löhlein stellt einen Pat. vor, der in Folge eines Sturzes aus ge-
ringer Höhe auf einen eisernen Träger eine Zerreißung der Niere sich zugezogen
hatte.
Erst am Tage nach der Verletzung zeigte sich Brechneigung, aufgetriebener
Leib, Anurie, Empfindlichkeit der Nierengegend.
Bauchschnitt, Eröffnung der Nierenkapsel, Entleerung von Blutmassen aus
derselben, so wie eines gänzlich abgerissenen Nierenstückes. Stillung der Blutung
aus dem centralen Stück durch ein Schürzenband.
Derselbe demonstrirt eine exstirpirte Gallenblase, in der sich 3845 Steine
befanden.
7) Herr Langenbuch zeigt einen seltsam geformten Schädel, der den Ein-
druck macht, als hätte der einstige Besitzer desselben 4 Augen gehabt, 2 vorn,
2 hinten.
Es handelt sich um Foramina emissaria, einen Bildungsfehler, dessen Ursache
— nach Virchow — entzündliche Veränderungen der Dura mater sind.
8) Herr Lohse: Demonstration von Präparaten.
Das Präparat stammt von einem 17jährigen Schmiedelehrling, der angeblich
ohne Ursache plötzlich mit heftiger Brustbeklemmung, Athemnoth und mehrmaligem
Erbrechen erkrankt war. Hohes Fieber, über 120 Pulse. Pat. bot das Bild einer
schweren Pneumonie. Die Untersuchung ergab in beiden Pleurasäcken ein nicht
sehr hoch stehendes Exsudat. Auf der rechten Seite wurden 200 ccm serös-
blutiger, auf der linken eben so viel eitriger, höchst übelriechender Flüssigkeit
entnommen. Rippenresektion links.
Die Diagnose einer Ösophagusruptur wurde sicher, als sich in der geöffneten
Pleurahöhle Speisereste, wie Weintraubenschslen und Semmelbrocken, vorfanden
und in reichlicher Menge ans Tageslicht gefördert wurden. Pat. gab dann auch
an, dass er schon längere Zeit sich geübt hatte, einen selbstverfertigten Degen
tief in die Speiseröhre einzuschieben. Pat. wurde einige Tage künstlich ernährt.
Dann stellte sich heraus, dass bei seitlich einfallendem Licht in der Tiefe der
Resektionswunde in der Nähe der Wirbelkörper ein ca. 2 cm langer Schlitz zu
sehen war. Der Gedanke, durch Fortnahme mehrerer Rippen das Operationsfeld
bloß su legen und eine Sekundärnaht am Ösophagus zu versuchen, lag nahe.
Allein es zeigte sich nach Resektion der nächstbeiden unteren Rippen, dass der
sondirende Finger durch den Schlitz in einen Hohlraum gelangte, der sich als das
hintere Mediastinum erwies und der mit dem durchbohrten Ösophagus kommuni-
ciren "musste, Man konnte die eingeführte Magensonde deutlich den Ösophagus
passiren fühlen, die eigentliche Perforation der Speiseröhre war dagegen mit dem
Finger nicht zu erreichen, sondern musste weiter oben vermuthet werden. Ein
direkter Verschluss der Wunde war unter diesen Umständen nicht zu erzielen.
Die Pleurahöhle wurde tamponirt und Pat. weiter künstlich ernährt.
Am Morgen einer 'geplanten Gastrostomie verfiel Pat., dessen Kräftesustand
bisher immer leidlich geblieben war, schließlich in äußerste Schwäche und verstarb
in wenig Stunden.
` Bei der Obduktion stellte sich heraus, dass sich das vermuthete Loch im
Ösophagus ca. 13 om unter den Stimmbändern und etwa 2 cm unter der Bifurka-
tion der Trachea befand. Von dort gelangte man nach links in das verjauchte
Mediastinum posticum, dessen Öffnung nach der linken Pleura hin durch die
Thoraxwunde sichtbar gewesen war. Das Instrument war offenbar diesem Befund
gemäß durch den Ösophagus und diesen durchschreitend in die Pleurahöhle ein-
gedrungen. Nach rechts bestand gleichfalls eine Kommunikation, die nur halb so
groß war als links und zum Theil als sekundär auf dem Wege der Mediastinal-
ulceration zu deuten ist.
386 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
9) Herr Lewerenz: Vorzeigung von Präparaten.
Das zuerst demonstrirte Präparat (Fötus) gewann L. durch eine Operation,
welche an einer mit peritonitischen Erscheinungen erkrankten Pat. vorgenommen
worden war. Aufgetriebensein des Leibes, Schmerzempfindlichkeit (die Menses waren
angeblich immer ganz regelmäßig gewesen) hatten auf einen perforativen Vorgang
hingedeutet. Bei der Laparotomie fand sich, der linken Seite des kleinen Beckens
anhaftend, ein kleinapfelgroßer, membranös eingehüllter Tumor, darin eingekapselt
ein hühnereigroßer sulsiger Klumpen, der sich von hinten den linken Adnexen
anlegte. Die Geschwulst konnte ohne größere Blutung stumpf herausgelöst werden.
Die Kranke ist völlig geheilt.
Es wurde auf diese Weise ein menschlicher Fötus in einem selten frühen
Entwicklungsstadium gewonnen. Derselbe misst vom Nacken- bis zum Schwans-
höcker 2,4 em. Die Hirnblasen sind deutlich ausgebildet. Man erkennt, wenn
auch undeutlich, das Augenbläschen und die Anlage des Ohres. Die oberen Ex-
tremitäten sind angedeutet, während sich die hinteren Gliedmaßen noch kaum be-
merkbar machen. An der Bauchseite tritt die Allantois deutlich hervor.
DL Ein 57jähriger Kansleidiener, seit vielen Wochen an Schlingbeschwerden
leidend, konnte ohne Beschwerden nur flüssige Nahrung zu sich nehmen, war
außerhalb des Krankenhauses mehrfach schon mit der Schlundsonde untersucht
worden; nur eine ganz feine Sonde gelangte in den Magen. Bei erstmaligem
Sondiren — im Lazaruskrankenhause — gelangte selbst die feinste Sonde nicht
weiter hinab, als oa. 27cm; dort stieß sie auf ein unüberwindliches Hindernis.
Bei weiteren Sondirungen gelangte sie nur wenig weiter, es wurde daher eine
Gastrostomie mit Gastroenterostomie vorgenommen. Schon vor der Operation be-
stehende bronchitische Beschwerden verschlimmerten sich, Pat. ging an putrider
Bronchitis und Pneumonie zu Grunde.
Bei der Sektion fand sich im Ösophagus 12,5 cm unterhalb des unteren Randes
des Schildknorpels ein ca. 5markstückgroßes, ringförmiges Geschwür, entsprechend
der Bifurkationsstelle der Trachea. Am oberen Rande zeigt das Geschwür einen
ziemlich dicken Wall. Unterhalb dieses besteht eine ca. 50pfennigstückgroße
Kommunikation mit dem Anfangstheil des linken Bronchus.
L. fügt zum Schluss die Bemerkung hinzu, dass er der Gastrostomie die
Gastroenterostomie hinzugefügt, um eine schnellere Magenentleerung zu erzielen
Sarfert (Berlin).
17) Einhorn. Die Besichtigung der Speiseröhre und der Cardia.
(New Yorker med. Monatsschrift 1897. December.)
Verf. hat mit Hilfe eines New Yorker Instrumentenmachers mehrfach Öso-
phagoskope konstruirt, welche gekrümmt eingeführt und dann mittels eines Ob-
turators gerade gerichtet werden können: so ein spiraliges Instrument, ein anderes,
das durch Drähte und Schraubenvorrichtungen beliebig biegsam und gerade ge-
macht werden kann. Er ist aber von allen diesen Versuchen wieder abgekommen,
da die Geraderichtung oft nicht ganz genau war, und wendet wieder das ursprüng-
liche Instrument von Mikulicz und v. Hacker an. Die Modifikation Rosen-
heim’s hält er für unwesentlich. Er hat an dem Obturator einen Wattehalter
angebracht; die Watte schließt die untere Tubenöffnung schön rund ab und ist
sauberer. Verf. führt das Ösophagoskop im Sitzen ein, ohne jede allgemeine oder
lokale Anästhesirung.
Das neuerdings von Kelling angegebene biegsame Instrument hat er noch
nicht angewendet. Tschmarke (Magdeburg).
18) Lemaitre. Oesophagotomie externe chez un enfant de 6 mois.
(France med. 1896. No. 49.)
Die Operation wurde ausgeführt 14 Tage nachdem das Kind eine Brosche ver-
schluckt hatte, und die Speiseröhre sofort wieder genäht. 3 Jahre später konnte
eine Schluckbehinderung nicht konstatirt werden. Das Interessante dieser Beob-
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 387
achtung liegt, abgesehen von dem glücklichen Ausgang der Operation in so
jugendlichem Alter, auch noch in der nachgewiesenen ganz außerordentlichen
Dehnbarkeit und Elastieität der kindlichen Speiseröhre.
Koenig (Wiesbaden).
19) Kayser. Ein Fall von Stichverletzung des Zwerchfells.
(Mittheilungen a.d. Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd. I. Hit. 3.)
Ein Arbeiter wurde mit mehreren frischen Stichwunden in Hals und Rücken
und einer 3cm langen horizontalen Wunde im 6. Interkostalraum in der Mam-
millarlinie eingeliefert, aus welcher ein Stück des großen Netzes 4 cm weit heraus-
hing. Dasselbe wurde noch weiter vorgesogen und am Zurückschlüpfen durch
eine Naht verhindert, später mit dem Thermokauter abgetragen. Der Kranke
wurde nach 2 Monaten als geheilt, völlig frei von Beschwerden entlassen. Es lag
also eine Verletzung des Zwerchfells vor, eine Kommunikation der Brust- und
Bauchhöhle. Der spätere Vorschlag, das Loch im Zwerchfell aufzusuchen und zu
nähen, wurde vom Pat. zurückgewiesen. — 2 Monate darauf wurde derselbe Mann
schwer krank mit den Erscheinungen des Ileus wieder aufgenommen: Schmerzen,
Durst, Erbrechen, Collaps, Cyanose und Kälte der Extremitäten; Bauch nicht auf-
getrieben, nirgend schmerzhaft, keine Peristaltik. Bei der Operation zeigte sich,
dass ein Netzstrang nach dem Zwerchfell hinzog und dort durch einen 2 cm langen
Schlitz in der Brusthöhle verschwand, und außerdem noch ein Strang, der sich
als ein Theil des Magens erwies. Naht des Zwerchfellloches, Schluss der Bauch-
höhle. Trotz der gut gelungenen Operation und anfänglich guten Allgemein-
befindens Tod 3 Tage später. Die Sektion ergab keine Peritonitis, aber eine
doppelseitige fibrinöse Pneumonie. Der Tod ist durch die Weigerung des Pat.,
sich nachträglich operiren zu lassen, herbeigeführt. Verf. zieht für sich die Lehre
daraus, in ähnlichen Fällen sofort auf einer Operation zu bestehen; unter dem
Eindruck ihrer Verletzung würden sich die Kranken leichter dasu verstehen, als
später, wenn sie sehen, dass die Heilung auch ohne Operation scheinbar ganz gut
vor sich geht.
(Es würde sich aber auch wohl empfehlen, schon aus rein technischen und
wissenschaftlichen Gründen, bei Vorfall von Bauchinhalt stets sofort operativ vor-
zugehen, als die Heilung einem höchst unsicheren Zufall zu überlassen. Ref.)
Tschmarke (Magdeburg).
20) R. C. Wanach. Die operativen Methoden der Eröffnung des
Subdiaphragmalraums und ihre Indikationen.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. No. 1. [Russisch.))
9 Fälle aus dem Petri-Pauli’schen Hospital in Petersburg. 1) Peritonitis dif-
fusa ex appendicite. Eröffnung der Bauchhöhle rechts und links in der Leisten-
gegend, Fortsetzung des Schnittes rechts bis zur Leber, Tamponade. Processus
vermiformis nicht aufgefunden. Bei einem Verbandwechsel fand man 2 Kothsteine.
Heilung. 2) Leberabscess. Resektion der 10. Rippe, Pleurablätter, Zwerchfell und
Leber verwachsen. Tod nach 19 Tagen. Sektion: Außer der eröffneten Eiterhöhle
noch einige kleinere in der Leber. 3) Appendieitis gangraenosa, Eröffnung der
Eiterhöhle, Tamponade. Nach 3 Tagen Eröffnung eines subphrenischen Absoesses,
wobei die Pleurablätter verwachsen gefunden wurden. Nach 6 Wochen Operation
eines Bruches in der Narbe des Leistenschnittes. Heilung. 4) Darmtyphus, Milz-
abscess, Abscessus subphrenicus. Pleurablätter verwachsen. Eröffnung des Abscesses
mit Rippenresektion. Tod nach (ils Monat an vereitertem, in die Bronchien ein-
gebrochenem Lungeninfarkt. 5) Stichwunde in der hinteren Axillarlinie rechts, an
der 10. Rippe. Transpleurale Leberwunde, Pneumothorax, subphrenischer Abscess.
Resektion der 9. und 10. Rippe, Entleerung des Eiters. Im weiteren Verlauf
seröses Exsudat und später abgesackte Eiterhöhle im Pleuraraum. Heilung.
6) Leberabscesse (2), von denen einer in die Pleura perforirte. Pleurotomie, Er-
weiterung der Öffnung im Zwerchfell. Tod nach 14 Tagen. Sektion: Noch eine
große Höhle in der Leber, vereiterte Infarkte in der Mils. 7) Subphrenischer
388 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
Abscess, Pleuritis serosa. Zweizeitige Eröffnung, Heilung. 8) Subphrenischer
Echinococcus; Schnitt durch die Pleura, Vernähung mit dem Zwerchfell. Ent-
leerung des Eiters und der Blasen. Die Wunde sonderte viel Galle ab; das seröse
Pleuraexsudat wurde eitrig. Drainage, Heilung. 9) Appendicitis gangraenosa,
Entfernung des Processus; keine Besserung. Nach 2 Monaten Leberabscess konstatirt.
Schnitt durch die nicht verwachsene Pleura; Leber nicht verwachsen. Tampons
zwischen Leber und Zwerchfell, Hervorsiehen des letsteren durch die Wunde; Er-
öffnung des Absoesses, der 2 om tief in der Leber saß. Tamponade, Heilung. In
solchen Fällen muss äußerst sorgfältig tamponirt werden.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
21) Mannaberg. Zur Kasuistik der vielfachen Schussverletzungen
des Dünndarms.
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.)
Wölfler hat durch operatives Eingreifen 6 Stunden nach der Verletzung ein
günstiges Resultat erzielt in einem Falle von Bauchschuss, der besonders durch
die große Zahl der Darmverletzungen interessant ist. Das 6 mm-Revolvergeschoss,
aus 3/4m Entfernung abgefeuert, hatte 17 Verletzungen des unteren Ileums
(16 Perforationen, 1 Streifschuss) erzeugt, welche sämmtlich in querer Richtung
genäht wurden. Zur Freilegung der am Gekrösansatz gelegenen Ausschüsse war
mehrfach Spaltung des Mesenteriums nöthig. Außerdem musste ein starker Ast
der A. mesent. superior, welcher durchschossen war, unterbunden werden. — Die
Bearbeitung des Falles giebt dem Verf. Gelegenheit zu kritischen Bemerkungen
über die Verwerthung der Statistik der Heilresultate für die Indikationsstellung
und sur Präcision seiner Anforderungen an eine brauchbare Statistik. Mit der
Empfehlung der sofortigen Laparotomie für alle Fälle, in denen eine Perforation
des Darmes sicher oder wahrscheinlich ist, vorausgesetzt, dass der Zustand des
Verletzten eine solche noch erlaubt, dürfte wohl jeder Chirurg einverstanden sein.
Bei zweifelhaften Fällen wird zu diagnostischen Zwecken die präparatorische Er-
weiterung des Einschusses unter Schleich’scher Infiltrationsanästhesie empfohlen.
Hofmeister (Tübingen).
22) K. Dahlgren. Fall af diffus purulent peritonit efter gangränös
appendicit. — Ovarialkystom. — Helsa.
(Upsala Läkareforen, Förhandl. N. F. Bd. II. p. 274.)
Verf. theilt die detaillirte Krankengeschichte eines Falles mit, wo eine reci-
divirende Appendicitis zu Gangrän des Proc. vermiformis mit diffuser, eitriger
Peritonitis führte, und Pat. außerdem eine Ovarialeyste hatte. Unmittelbar nach
dem Auftreten der allgemeinen Bauchfellentzürdung wurde zuerst mittels Incision
in dem hinteren Scheidengewölbe ein von der Bauchhöhle abgekapselter Eitersack
entleert. Die obere Wand des Sackes wurde von einer Ovarialeyste gebildet; diese
wurde in derselben Sitzung punktirt. Wasserklarer Inhalt. Am folgenden Tage
wurde die Laparotomie gemacht, wobei ausgedehnte Verlöthungen zwischen den
Därmen getrennt und große Mengen von Exsudat, theilweise von eitrigem Charakter,
durch Ausspülung mit physiologischer Kochsalzlösung entfernt wurden. Die im
kleinen Becken festgelöthete Appendix wurde mit der Schere abgetrennt. Das
abgetrennte Stück war perforirt und völlig gangränös. — 2 Wochen nachher musste
wegen erneuter Temperatursteigerung noch einmal operirt werden. Verf. entfernte
dann von der Vagina aus die obengenannte Ovarialeyste sammt der rechten Tube.
Nach einer temporären Kothfistel wurde Pat. zuletzt völlig gesund entlassen.
In der Epikrise des Falles weist Verf. auf den Gedanken der Kontagiosität
der Appendicitiden hin. Pat. hatte eine Zeit lang mit einem anderen vom Verf.
kurz zuvor wegen akuter gangränöser Appendicitis mit diffuser Peritonitis ope-
rirten Mädchen zusammengewohnt. A. Hansson (Cimbrishamn).
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 389
23) v. Erlach. Zur Behandlung der operativen Peritonitis.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 3.)
Der diesen Betrachtungen zu Grunde liegende Fall ist folgender :
Ovariotomie bei einem 20jährigen Mädohen wegen rechtsseitiger Eierstocks-
geschwulst mit Stieldrehung, nach Punktion der Cyste bei eröffnetem Bauchfell.
Bauchhöhle in gewöhnlicher Weise durch Seidennaht in 3 Etagen geschlossen.
Verlauf in den ersten Tagen scheinbar reaktionslos. Am 3. Tage Abgang von
Winden. Am 4. Tage auf Klysma 3 ausgiebige Stuhlentleerungen. In der Nacht
vom 4. zum 5. Tage mehrmaliges Erbrechen, keine Winde mehr. Leib aufgetrieben,
links druckempfindlich, 140 kleine Pulse. Im Lauf der Nacht (5.—6. Tag) wird der
Puls unregelmäßig, aussetzend, endlich Radialpuls kaum mehr fühlbar. Sensorium
stets frei. Am 6. Tage p.o. 4 Uhr Morgens Relaparotomie. Nach Eröffnung der
p- p. geheilten Bauchwunde quoll 1/4 Liter Flüssigkeit aus der Bauchhöhle, zuerst
von trüber, seröser Beschaffenheit, dann nach leichtem Druck auf die linke Seite
ungefähr ein Esslöffel voll Eiter. Jodoformgazetamponade. Kognakklysmen mit
Milch. Im Verlauf des Tages mehrmals spontan Stuhl. Nach 3 Tagen sistirte das
Erbrechen. Glatte Heilung. Hübener (Breslau).
24) v. Beck, Zur operativen Behandlung der diffusen eitrigen Per-
forationsperitonitis.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.)
v. B. berichtet über 12 Fälle von eitrig jauchigen, durch Organperforationen
bedingten Peritonitiden, welche er im Laufe von 6 Monaten behandelt hat. 11 Fälle
kamen zur operativen Behandlung, und von diesen genasen 4. Die Ursache der
Perforation war in den geheilten Fällen Imal Appendicitis, 1 subkutane Zerreißung
des Ileums, 1 vereitertes Ovarialkystom, 1 purulente Parametritis. Von entschei-
dendem Einfluss erwies sich die Zeit, welohe zwischen Perforation und Operation
verstriohen war. Bei den geheilten Fällen setzte die Peritonitis sehr stürmisch
ein, so dass sie frühzeitig in Behandlung kamen; 2mal wurde mit glücklichem
Erfolg operirt 6 Stunden, Imal 1 Tag und imal 2 Tage nach der Perforation; alle
später Operirten starben. Die Behandlung bestand in ausgiebigem Bauchschnitt
und Ausräumung des Exsudats meist mittels reichlicher Kochsalzspülung. Dazu
kamen die nach Lage der Einzelfälle indicirten Eingriffe an der Perforationsstelle.
Auf Grund seiner Erfahrungen räth Verf. zu möglichst frühzeitiger ohirurgischer
Therapie. Hofmeister (Tübingen).
25) Annual meeting of the Brit. med. association, held in Montreal
august 1897.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.;
A discussion on appendicitis.
In dem die Diskussion über Appendicitis einleitenden Vortrag berichtet
G.E. Armstrong zunächst über eine Sammelstatistik von Appendicitisfällen aus
3 Hospitälern; von 517 seit 1889 zur Behandlung gekommenen Pat. betrafen
340 männliche, 174 weibliche, also nahezu ein Verhältnis von 2:1. Bemerkens-
werth ist ferner das Anwachsen der Erkrankung in den 3 ersten Lebensdecennien
und dann der allmähliche Abfall.
389 Pat. wurden operirt, 128 wurden ohne Operation behandelt; von diesen
letzteren starben nur 4 (3,12%) in Folge von septischer Peritonitis; zumeist waren
es so milde Erkrankungsformen, dass eine Operation gar nicht in Frage kam.
Von den 389 Operirten wurden 84 im Intervall operirt (ohne einen Todesfall),
von 305 im akuten Stadium Operirten starben 63 (20,65%) — es waren dies su-
meist ganz schwere Erkrankungen; 36mal handelte es sich dabei um allgemeine
septische Peritonitis, 2mal um tuberkulöse Appendicitis und Peritonitis, 18mal um
einfache Abscesse, 5mal um septische Infektion der Mesenterialvenen und Leber-
abscess. 2mal waren pneumonische Affektionen die Todesursache. Hauptsächlich
390 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
die Fälle von allgemeiner Peritonitis und Abscessbildung erhöhen die Mortalitäts-
ziffer. Intervalloperationen gaben die allerbesten Aussichten.
Abführmittel werden von A. vermieden, Opium nur gegeben, wenn das Bild
ganz klar ist, und der Behandlungsplan feststeht, oder wenn Erbrechen oder Peri-
staltik eine Verschleppung der Infektionskeime befürchten lassen — vor der
Operation.
Ausgebildete Fälle, wo Schmerzen, Empfindlichkeit, Erbrechen, Muskel-
spannung, Fieber, Pulsbeschleunigung und ängstlicher Gesichtsausdruck bestehen,
werden von A. der Operation unterzogen. In milderen Fällen wird, wenn nach
24—36 Stunden keine deutliche Besserung eingetreten, die Operation angerathen,
wenn am 3. Tage kein entschiedener Nachlass da ist, aufs energischste darauf ge-
drängt.
Bei der operativen Technik hebt A. den Vortheil von Spülungen mit physio-
logischer Kochsalzlösung bei allgemeiner Peritonitis und ausgiebiger Drainage
besonders hervor. Im Aufsuchen des Processus vermiformis nach Eröffnung von
Abscessen empfiehlt er keine zu große Zurückhaltung. Bei der Suche nach der
Appendix werden oft Abscesse eröffnet, die sonst vergessen worden wären. Die
Gefahr der allgemeinen Peritonitis nach der Operation ist gering, es bilden sich
rasch wieder schützende Verklebungen (9mal unter den referirten Fällen beobachtet)
Seit 1 Jahr beobachtet A. diese Grundsätze: In dieser Zeit wurden von 29 Pat.
(7 genasen so und lehnten Intervalloperation ab) 22 operirt, 8 im Intervall, 14 im
akuten Stadium; die Appendix wurde stets entfernt; 4mal war allgemeine Peri-
tonitis vorhanden, 10mal Abscesse — sämmtliche Pat. genasen —, 15mal kam es
zur Kothfistel, welche 8mal spontan, Imal nach Operation heilte, in 2 Fällen ist
das Resultat noch nicht fest, 4 Pat. starben.
W. Cousins hebt das wechselvolle Bild der Appendicitis hervor, so dass bei
der Entscheidung zur Operation Klassifikation und Statistik allzu oft im Stich
lassen. Er ist für Frühoperation bei allen schweren Fällen. In Bezug auf die
Technik warnt er vor einer zu ausgedehnten Durohwühlung der Abscesswand beim
Aufsuchen der Appendix.
Ball (Dublin) hält bei allgemeiner Peritonitis, bei Abscedirung, bei häufigen
quälenden Anfällen die Indikation für die Operation unbedingt gegeben — die
Fälle von erstmaligem Anfall und Fälle im Frübstadium bieten allein die Schwie-
rigkeiten. Einen bestimmten Zeitraum des Zuwartens festzulegen, geht nicht an.
Jeder Fall muss für sich beurtheilt werden.
J. Lloyd unterscheidet die Fälle, wo die Entzündung auf das Innere des
Wurmfortsatzes beschränkt ist — sie heilen bei interner Behandlung aus — von
den Fällen, in denen das Bauchfell betheiligt ist. Die letzteren führen gumeist
zu einer Schwellung, die operativ eröffnet werden soll. Bei allgemeiner Peritonitis
ist sofortige Operation etc. angezeigt. Recidivfälle sollten stets operirt werden,
und zwar im Intervall.
W. Hingston war nur in 10% der Fälle, zu denen er zugezogen wurde,
genöthigt, sum Messer zu greifen. Er ist für Einschränkung der Operations-
indikation.
Van der Veer weist besonders auf die Fälle hin, wo der 1. Anfall schwer
ist; sie sollten operirt werden im Intervall; denn der 2. Anfall sei gefährlich und
könne schlecht ausgehen.
A. H. Fergusson (Chicago) operirt nicht bei einfacher Kolik des Proc.
vermiformis, nicht während der Höhe der Entzündung bei unklarer Diagnose oder
sonstigen schweren Komplikationen. Bei ausgesprochener Erkrankung zieht er
Operation in den ersten 3 Tagen vor; bei deutlicher Schwellung, Perforation und
Recidiv wird gleichfalls operirt.
Gordon (Portland) sieht keinen Unterschied bei Peritonitis, die von der Ap-
pendix oder anderwärts ausgeht. Er behandelt die Appendicitis wie eine andere
Peritonitis. Er giebt zunächst salinische Abführmittel oder ev. Klystiere und
kommt damit in 90% der Fälle über den 1. Anfall hinweg. Dann räth er zur
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 391
Intervalloperation. Wenn nach Stuhlentleerung, Absinken der Temperatur und
Nachlass der Schmersen bei seiner Behandlung das Fieber wieder ansteigt, räth
er ebenfalls sofortige Operation an. F. Krumm (Karlsruhe).
26) J. B. Deaver. Some mooted points in the pathology of appendicitis.
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. August.)
D. bespricht die Ätiologie der Appendicitis an der Hand von 40 gut studirten
Fällen. 20mal enthielt der erkrankte Wurmfortsatz ein Kothkonkrement ; 25mal
bestand an einer oder mehreren Stellen ein partieller Verschluss der Lichtung;
nur imal bestand »Appendiecitis obliterans«, in 7 Fällen lag Ruptur vor, 3mal
Abscesse in der Wand der Appendix, imal ein Fremdkörper.
In 3 Fällen von akuter Appendicitis mit Abscessbildung wurde Blut entnommen
und die Probe nach Durham (sOn special action of serum on immunized animals«,
Rede in der Royal Medical Society London 1896 Januar) mit dem Bacterium coli
gemacht. Die Bacillen verloren ihre Beweglichkeit und zeigten Klumpenbildung;
Kontrollversuche mit normalem Blut fielen negativ aus. Nach Eröffnung der
Abscesse zeigte sich in denselben der Colonbacillus nahezu in Reinkultur.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
27) Mohr. Akuter Darmwandbruch der Linea alba.
(Mittheilungen a. d. Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.)
Ein solcher, bisher noch nicht in der Litteratur beschriebener Fall betraf ein
5/4 Jahr altes Kind, das in Folge starken Pressens einen Darmwandbruch durch
einen Schlitz der Fascia transversa etwas unterhalb des Nabels bekam: nur einmal
Erbrechen zu Anfang, Schmerzen, Unbehagen, Fieber. Nach 3 Wochen entleerte
sich in der Gegend des Nabels eine reichliche Menge geruchlosen Eiters; darauf
Abfall der Temperatur. Nach Aufhören der Eiterung wieder Fieber. 6 Wochen
nach der plötzlichen Erkrankung wurde das Kind ins Krankenhaus gebracht, wo
sich 3 Tage später an derselben Stelle wieder geruchloser Eiter entleerte. Nach
Spaltung der Fistel und des weit nach abwärts reichenden Abscesses kommt die
Darmfistel im oberen Wundwinkel zum Vorschein, ohne dass Koth austritt.
10 Tage später Vorfall von 10 cm Darm und von nun an Entleerung sämmtlichen
Kothes durch die Fistel, welche offenbar dem Jejunum angehörte. Einen Tag
nach der Darmresektion Tod an Collaps. Die Sektion zeigte ein 5pfennigstück-
großes rundes Loch gegenüber dem Gekrösansatz ohne jede Andeutung einer
Divertikelbildung. — Es drängt sich die Frage auf, ob es nicht sweckmäßiger
gewesen wäre, gleich die Darmschlinge zu lösen und die Fistel zu schließen?
Leider fehlt die Angabe, wie viel Tage nach dem Vorfall das Kind operirt wurde;
durch die Kothentleerung aus der sehr hoch sitzenden Schlinge kam das Kind
nach den Angaben der Krankengeschichte »rapid herunter«! Ref.
Tschmarke (Magdeburg).
28) A. H. Tubby. Some unusual forms of hernia.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.)
Die berichteten Fälle zeigen Besonderheiten nach Form und Inhalt der ope-
rirten Hernien und auch wegen des jugendlichen Alters der Pat.
Im 1. Falle handelte es sich um ein 3jähriges Kind mit eingeklemmtem an-
geborenem linksseitigen Leistenbruch; in der linksseitigen Hernie fand sich bei
der Operation der Blinddarm sammt Proc. vermiformis, wie benachbarter Dick-
und Dünndarm. Radikaloperation. Heilung.
Auch im 2. Falle bei einem 12 Monate alten Kind fanden sich die gleichen
Darmabschnitte in einem rechtsseitigen eingeklemmten Hodensackbruch.
Der 4. Fall zeichnete sich dadurch aus, dass eine interstitielle Hernie (zwischen
Muse. obliq. int. und Transversus abdominis) bei einem 4 Monate alten Kind
vorlag; dieselbe war irreponibel und entzündet; T. hat desshalb die Operation
ausgeführt, bei der sich beide Ovarien und Tuben vorfanden — nur zum Theil
392 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
war eine peritoneale Bedeckung vorhanden. Ein cystisch entartetes Ovarium wurde
entfernt, das Übrige reponirt. Das Kind ging 4 Wochen später an einer Phleg-
mone zu Grunde. F. Krumm (Karlsruhe).
29) de Garmo (New Zock), Two hundred and fifty Bassini opera-
tions for the cure of inguinal hernia; without mortality.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 14.)
Verf. operirte bei 216 Pat. (34mal doppelseitig), und zwar 52 weiblichen,
164 männlichen Geschlechts des verschiedensten Lebensalters. 93mal bestand ein
Hodensaokbruch, 17mal Einklemmung, in 55 Fällen war der Bruch irreponibel.
Bei einem 53jährigen Mann maß der Umfang der Hernie 2 Fuß, dieselbe reichte
fast bis zum Knie und enthielt außer Netz und Darm die ausgedehnte Blase.
Uriniren konnte der Mann vor der Operation nur, wenn er den Bruch mit beiden
Händen komprimirte. Nach der Operation trat Urinverhaltung ein, und da es
nicht gelang, den Katheter einzuführen, wurde die sehr ausgedehnte Blase durch
Laparotomie geöffnet und drainirt. Nach schneller Heilung ist innerhalb von
2 Jahren kein Recidiv eingetreten. — Im Bruchkanal wurde 3mal ein Ovarium,
9mal ein Hode gefunden, häufig erweiterte Venen, 4mal Cysten. 207mal heilten
die Wunden per primam, die Pat. standen nach 10 Tagen auf und wurden meist
nach 14 entlassen. Die längste Heilungsdauer erforderte 28 Tage. — Als Naht-
material benutzte Verf. meist Silkwormgut mit wenig befriedigendem Erfolg (Imal
stieß sich ein Faden noch 1 Jahr nach der Operation aus), später ausschließlich
Känguruhsehne. — Ein Bruchband ließ Verf. nie nach der Operation anlegen.
6mal trat ein Recidiv ein, bei 3 Pat. steht ein solches zu erwarten; bei 3 von den
6 wurde die Operation — anscheinend mit Erfolg — wiederholt. Die Beobach-
tungsdauer betrug längstens 3 Jahre. Martens (Berlin).
30) Borohardt. Osteoplastischer Verschluss großer Bruchpforten.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.)
Körte hat 4mal Gelegenheit gehabt, den Verschluss großer Bruchpforten nach
dem Vorgang von Trendelenburg und Kraske durch einen nach oben ge-
klappten Periost-Knochenlappen aus dem horizontalen Schambeinast zu bewerk-
stelligen. Von den 4 Pat. ist die erste 31/,, die zweite 2!/,, die dritte 13/4 Jahre
und die letzte 4 Monate recidivfrei. Im 1. Falle ist nur ein Theil der Knochen-
platte erhalten geblieben und bewirkt eine Erhöhung des Beckenrandes auf der
operirten Seite (cf. die beigegebene Röntgentafel); in den übrigen Fällen sind die
Knochenplatten noch zu fühlen. Verf. empfiehlt demnach den osteoplastischen
Verschluss für alle die Fälle, wo die Naht der Bruchpforte unmöglich oder nur
unter großer Spannung ausführbar ist; im Allgemeinen eignet sich das Verfahren
besonders für Schenkelbrüche. Hofmeister (Tübingen).
31) G. N. de Voogt. Over de radicale behandeling van Navelbreuken
volgens Dauriac.
(Geneesk. Bladen 1897. No. 9.)
Auf radikale Beseitigung von !Nabelbrüchen können nur die Methoden An-
spruch erheben, bei denen gleichzeitig mit dem Bruchsack auch der Nabel ex-
stirpirt wird. Dieser Bedingung haben die in den letsten Jahren publieirten
Verfahren Rechnung getragen, u. A. die Omphalektomie und die Operation nach
Dauriac (L’entrecroisement partiel des droits). Bei beiden Methoden wird die
ganze Bruchwand mittels 2 bogenförmigen Schnitten, die gleichzeitig die Scheiden
der Recti eröffnen, entfernt. Während aber bei der Omphalektomie die verschie-
denen Schichten mit Etagennaht einfach an einander genäht werden (die Schichten-
eintheilung ist vielfach modifieirt), ist die Methode Dauriac’s komplicirter. Bei
dieser wird durch Kreuzung der zugeschittenen innersten Drittel der Mm. recti
abdom. versucht, dem Locus minoris resistentiae, der Pforte eines Bruches des
Nabels oder der Linea alba, eine ganz besondere Verstärkung zu verleihen. Verf.
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 393
giebt an der Hand einiger Abbildungen eine getreue Beschreibung des Operations-
verfahrens mit der eigenthümlichen Muskelnaht (eine Art durchlaufender Matratzen-
naht) und die Krankengeschichten von 7 Fällen aus der Leidener Klinik, durch
Prof. v. Itterson operirt. Von diesen 7 — mit Ausnahme eines Falles, wo es sich
um eine Hernia epigastrica handelte — alle Nabelbrüche betreffend, sind 5 nach
Dauriao behandelt und 2 mit einfacher Omphalektomie. Obwohl regelmäßig
Heilung eintrat, war der Wundverlauf in den 5 erstgenannten nur imal ungestört,
in 1 anderen komplieirt durch multiple Abscesse und Aufgehen der ganzen Wunde,
in den 3 übrigen nur von geringeren Störungen begleitet. Von den 2 Fällen mit
Omphalektomie verlief Imal die Wundheilung reaktionslos, das andere Mal mit
nur geringfügigen Komplikationen.
Mit den Dauerresultaten ist Verf. sehr zufrieden: »die Pat. sind alle frei von
Recidiv und frei von Beschwerden geblieben«. Sieht man sich näher die Kranken-
geschichten an, so fällt auf, dass nur in 2 Fällen, beide nach Dauriac und
größtentheils p. p. i. geheilt, die Beobachtung über längere Zeit läuft, 2 Jahre
resp. 9!/2 Monate. Im 1. Falle, wo inzwischen noch eine Entbindung durch-
gemacht ist, ohne Spur von Recidiv zu zeigen, ist das Resultat wohl endgültig
glänzend. In den 5 übrigen Fällen dagegen scheint die Publikation in Bezug auf
einen derartigen Anspruch etwas verfrüht, da nur 3 Monate — in einem Falle 41/2
— seit der Entlassung verstrichen waren.
Verf. beschließt seine Arbeit mit einer warmen Empfehlung der Dauriac-
schen Methode, die wohl besser als jede andere im Stande sei, die Bauchwand zu
verstärken. Nur in den Fällen, wo eine möglichst kurzdauernde Operation indi-
eirt ist oder wo die graden Bauchmuskeln atrophisch sind, würde man besser da-
von Abstand nehmen und sich auf einfache Omphalektomie beschränken.
Andere werden wohl der Meinung bleiben, dass im Allgemeinen die Omphal-
ektomie ihrer Einfachheit, Bequemlichkeit und guten Dauerresultate wegen den
Vorzug verdient. 6. Th. Walter Ce Gravenhage).
32) T. Drobnik. Zur operativen Behandlung des Magengeschwürs
und dessen Folgen.
(Nowiny lekarskie 1897. No. 6.)
An eine kurze, aber übersichtliche Darstellung des gegenwärtigen Standes der
Chirurgie des Magengeschwürs schließt Verf. die Mittheilung des folgenden inter-
essanten eigenen Falles. Ein 22jähriges Mädchen leidet seit 5 Jahren an Magen-
geschwür. Seit einem Jahre fühlt sie im linken Hypochondrium eine faustgroße,
namentlich nach dem Essen schmerzhafte Geschwulst. Die Untersuchung ergab
unter dem Rippenbogen zwischen der Parasternal- und Mammillarlinie eine faust-
große, mäßig harte, bei Druck von außen unter dem Rippenbogen verschwindende
Geschwulst. In den Bauchdecken kein Infiltrat. Da die Geschwulst mit dem
sicher diagnostieirten Geschwür in kausalen Zusammenhang gebracht werden
musste, machte Verf. den Bauchschnitt. Nach Eröffnung der Bauchhöhle kon-
statirte er eine breite feste Verwachsung zwischen der Vorderwand des Magens
und den Rippen. Dieselbe wurde zum Theil mit der Hand, zum Theil mit Schere
und Zange gelöst, worauf sich im hervorgezogenen Magen eine handgroße Lücke
zeigte, die mittels Naht verschlossen wurde. Zwischen Magen und vordere Wand
des Brustkorbes wurde ein Jodoformgazestreifen eingeführt. Glatte Heilung.
Trzebicky (Krakau).
33) @. Ekehorn. Ytterligare några fall af magkräfta, med särskildt
afseende på mjölksyrereaktion.
(Upsala Läkareforen. Förhandl. N. F. Bd. IL p. 332.)
Verf. ergänzt seine früher veröffentlichten Beobachtungen über die Milchsäure-
probe beim Magenkrebs (cfr. Referat im Centralblatt für Chirurgie 1897 No. 3)
durch einige neue Fälle, bei welchen die Milchsäureprobe positiv ausfiel, und die
Diagnose sowohl palpatorisch als durch Probelaparotomie resp. Pylorusresektion
394 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
bestätigt wurde. Auf die Einzelheiten näher einzugehen verbietet der enge Rahmen
eines Referats. Dem Verf. scheint die Milchsäurereaktion immer eine sehr werth-
volle, wenn auch keine pathognomonische Stütze der Diagnose des Carcinoms zu
bieten. In welcher Ausdehnung diese Probe Indikationen zu frühzeitigen Opera-
tionen geben wird, kann nur eine gesammelte chirurgische Erfahrung entscheiden.
A. Hansson (Cimbrishamn).
34) Porges. Chirurgisch-kasuistische Mittheilungen aus der Praxis
und dem Spital.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 13.)
Bericht über 13 von Hochenegg operirte Magenfälle, worunter 3 Probe-
laparotomien, 4 Pylorusresektionen ohne Todesfall und 6 Gastroenterostomien mit
1 Todesfalle (Blutung aus einem Duodenalgeschwür). Die Resektionen des Pylorus
wurden 3mal wegen Carcinoms vorgenommen, imal wegen einer am Pylorus auf-
sitzenden Narbenmasse, welche während der Operation als Carcinom imponirte, und
deren Natur erst die mikroskopische Untersuchung feststellte. Im letzteren Falle
erfolgte Dauerheilung, während in 2 anderen Fällen nach 1 resp. 2 Jahren Recidiv
und Tod eintrat, und im 4. Falle die weiteren Schicksale des Pat. unbekannt sind.
In allen 4 Fällen wurde nach Kocher das Duodenum in die hintere Magenwand
eingepflanzt. Anlegung von Klemmen zur Kompression wurde wegen der Gefahr
von Gangrän und Nachblutung aus dem komprimirten Gewebsstück nach Wieder-
herstellung der Cirkulation möglichst vermieden. Das Komprimiren von Magen
und Darm wird durch Assistentenhand besorgt. Jedes Mal primärer Verschluss
der Bauchdecken durch 3fache Etagennaht. Als Nahrung wurde in den ersten
3Tagen Milch, Kognak und etwas Suppe, daneben täglich 2mal 15 Tropfen Opium
verabreicht, Nährklystiere nur bei sehr herabgekommenen Kranken. Vom 4. Tage
ab konsistentere Nahrung, nach 8—10 Tagen die übliche leichte Spitalskost. Verf.
ist geneigt, das vabsolut günstige Resultat der 4 Pylorektomien zum größten Theil
auf die gewählte (Kocher’sche) Methode zu schieben«.
Die Gastroenterostomien wurden 3mal wegen Carcinom vorgenommen und 3mal
wegen narbiger Stenose, wo wegen ausgedehnter Verwachsungen die Resektion
unmöglich oder zu eingreifend erschien. In allen Fällen wurde die Methode von
v. Hacker in Anwendung gezogen, Imal mit Murphyknopf. Von den wegen
Careinom gastroenterostomirten Pat. erlag 1 einer profusen Blutung aus einem Duo-
denalgeschwür; ein Operirter zeigte Gewichtszunahme um 8 Pfund. Bei den Pat.
mit narbiger Stenose wurden »vorzügliche Dauerresultate« erzielt.
Bezüglich der Technik der Gastroenterostomien empfiehlt es sich nach P., ein
möglichst hochgelegenes Stück des Dünndarms zu wählen. »Wenn das Darmstück,
welches zwischen Pylorus und der Magen-Dünndarmfistel liegt, möglichst kurz ist,
wenn dasselbe also in der Ruhelage des Pat. nicht hogenförmig nach abwärts
hängt, sondern sich in seiner Richtung der geradlinigen Verbindung dieser Punkte
nähert, dann liegt gewiss nicht das zuführende Stück in der Richtung der Peri-
staltik des Magens, sondern das abführende, und ein Rückfluss des Mageninhalts
wird vermieden werden.
Was die Wahl zwischen Resektion und Gastroenterostomie anlangt, so em-
pfiehlt P. die erstere überall da, wo die Geschwulst nicht allzu sehr mit der Um-
gebung verwachsen ist, im Netz keine ausgesprochen carcinomatösen Drüsen sind,
keine Carcinomatose des Bauchfells besteht, und der Kräftezustand des Pat. es
erlaubt.
Die Gastroenterostomie ist nicht nur als Palliativoperation von Bedeutung,
sondern soll (nach Lauenstein) auch als Voroperation bei der Radikaloperation
des Carcinoms in Anwendung gezogen werden, in so fern stark herabgekommene
Pat., die dem größeren Eingriff der Pylorektomie nicht gewachsen sind, nach An-
legung der Gastroenteroanastomose sich erst kräftigen und zur Radikaloperation
eeigneter werden sollen. P. weist auf den analogen Vorgang bei Mastdarm-
eareinomen hin und möchte die Begründung dieses Vorganges bei letzterer Er-
krankung als Empfehlung der Methode auch für das Magencareinom hervorheben.
Hübener (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 395
35) @. Riether. Darmverschluss durch einen Kothtumor bei einem
3 Tage alten Kinde.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 4.)
Das Wesentliche des seltenen Falles ist in der Überschrift enthalten. Während
des Lebens fehlte für die Art des Verschlusses jeder Anhaltspunkt. Beobachtungs-
dauer 6 Tage. Erst die Obduktion ergab, dass der Dickdarm durch im Coecum,
Colon ascendens und transversum dickbreiige, im Colon descendens und in der
Flexura sigmoidea harte Kothmassen auf 2- bis 3-Fingerdicke erweitert war.
Mastdarm leer, kontrahirt, Schleimhaut etwas geröthet. Dünndarm durch Gase
auf Daumendicke gebläht. Nirgends sonst abnorme Verhältnisse.
$ Hübener (Breslau).
36) A. B. Atherton. Case of strangulation of a loop of ileum through
a hole in the mesentery with a Meckel’s diverticulum attached.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.)
A. hat bei einem 14jährigen Knaben wegen Ileus operirt und bei der Laparo-
tomie ein Meckel’sches Divertikel, das an seinem distalen Ende breit und aus-
gedehnt, am Darmende fingerdick und etwas gedreht war, als Ursache der Stran-
gulation des Darmes exzstirpirt. Tod nach 2 Tagen. Bei der Sektion zeigte sich,
dass außer der Knickung durch das Divertikel auch noch eine Einschnürung einer
Dünndarmschlinge durch ein Loch im Gekröse stattgefunden hatte, die bei der
Operation übersehen worden war. F. Kramm (Karlsruhe).
37) T. A. McGraw. On intussusception of the vermiform appendix
and coecum.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.)
Ein 7jähriger Knabe erkrankte nach überstandener Cholera an intermittirenden,
oft mehrere Tage aussetzenden heftigen Kolikantällen; die Stuhlentleerungen waren
dabei stets normal, höchstens nach dem Anfall hier und da eine geringe Bei-
mischung von Schleim und etwas Blut; die Anfälle dauerten mehrere Stunden,
Fieber bestand dabei nie, auch kein Erbrechen etc. Da die Koliken im Verlauf
von 4 Monaten immer häufiger und schwerer wurden, und der Pat. in seinem
Kräftezustand herunterkam, entschloss sich McG., obwohl weder in der Fossa
iliaca, noch im Mastdarm, noch in der Linea alba eine Geschwulst nachzuweisen
war, und eine Diagnose nicht gestellt werden konnte, zur Laparotomie. Er fand
neben einer entzündlichen Injektion des Colons eine Invagination des ungewönlich
langen Blinddarms und seines Anhangs in das Colon asc. bezw. Coecum. Die
Einmündestelle des Ileums war völlig frei. Die invaginirten Stücke bildeten eine
walnussgroße Geschwulst im Darm. McG. entschloss sich zur Resektion des in-
vaginirten Darmes; seitlich von der Einmündungsstelle des Dünndarms konnte
dabei ein zollbreites Stück des Blinddarms erhalten werden. Die Vereinigung
durch die Naht war leicht, da die Darmwand stark verdickt war. Der Heilungs-
verlauf ungestört.
McG. hält diese Form der Invagination — des äußersten Endes des Coecums
und des Proc. vermiformis in das Coecum — ohne Betheiligung des lleums für
äußerst selten. Beim Zustandekommen derselben müssen unregelmäßige heftige
Muskelkontraktionen der longitudinalen und cirkulären Muskelfasern des Colons
und Coecums eine Rolle spielen, ev. unter Hinzutreten eines Traumas.
Für das Symptomenbild charakteristisch ist das Fehlen aller Erscheinungen
von Darmverschluss, das Fehlen von Fieber, die Heftigkeit der Kolikanfälle, bei
völligem Wohlbefinden — mehrere Tage lang — in dem freien Intervall.
Differentialdiagnostisch kommen Hernien, insbesondere die kleinen der Linea
alba, dann chronische partielle Darmobstruktion in Folge von Enge und chronische
Appendicitis in Betracht. Bei Stenosen sind aber gewöhnlich die Schmerzen nicht
so stark, das freie Intervall nicht so lang; die Anfälle treten da meist nach der
Mahlzeit ein. Bei Appendieitis ist gewöhnlich Fieber und Schwellung vorhanden,
so wie Empfindlichkeit bei der Tastung. Gegenüber den Hernien der Linea alba,
396 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
wenn dieselben so klein sind, dass sie durch die Abtastung nicht nachgewiesen
werden können, ist die Differentialdiagnose schwierig. Untersuchung in Narkose
kann bei der Diagnose sehr viel helfen. Meist wird man erst bei der Probe-
laparotomie Sicherheit bekommen. Jedenfalls verdient die Thatsache einer Invagi-
nation des Coecums ohne Betheiligung des Dünndarms und ohne Erscheinungen
von Darmverschluss Aufmerksamkeit. F. Krumm (Karlsruhe).
38) K. oO Lennander. Ett fall af multipla stenoser i ileum — tarm-
resektion — läkning.
(Upsala Läkareforen. Förhandl. N. F. Bd. II. p. 442.)
Veranlasst durch die Mittheilung Hofmeister’s in Beiträgen zur klin. Chi-
rurgie Bd. XVII über multiple Darmstenosen tuberkulösen Ursprungs theilt Verf.
einen seltenen Fall von vielfachen Stenosen tuberkulösen Ursprungs des Dünn-
darms mit. Der Fall wurde durch Resektion und Enteroanastomose geheilt. In
keinen anderen Organen als dem Dünndarm und den entsprechenden Gekrösdrüsen
schien bei der 37jährigen Pat. Tuberkulose vorhanden zu sein. Die bei der Ope-
ration entfernten Stenosen waren entstanden aus in Heilung begriffenen eirkulären
tuberkulösen Geschwüren. Eine katarrhalische Appendicitis hatte während längerer
Zeit die Krankheitssymptome beherrscht und veranlasste !/, Jahr vorher die Exstir-
pation des Proc. vermiformis. Die Symptome nach dieser Operation waren Schmerzen
im Magen, Erbrechen und Verstopfung, endlich bedeutende Minderung der Kräfte
der Pat. Nach Durchtrennung der Bauchwand traf man auf eine bedeutend er-
weiterte, dickwandige und injieirte Dünndarmschlinge, welche, etwa 1 m oberhalb
der Valvula Bauhinj, distal in eine sehr verengte Stelle überging. Noch weiter
unten fanden sich 3 weniger enge Stenosen mit entsprechenden Veränderungen in
der Darmwand. Blind- und Dickdarm schienen gesund. In entsprechender Aus-
dehnung war das Mesenterium mit vergrößerten, käsig degenerirten Lymphdrüsen
übersät. — Etwa 50 cm Darm mit zugehörigem Mesenterium, dessen Lymphdrüsen
sämmtlich verändert waren, wurden resecirt. Murphyknopf und Ausspülung der
Bauchhöhle mit Kochsalzlösung. Bauchnaht. In den ersten Tagen etwas Fieber.
Heilung p. p. — Der Knopf ging nicht ab; man kann ihn von der rechten Fornix
vaginae aus in einer Dünndarmschlinge freiliegend fühlen.
Verf. erörtert die Nothwendigzeit, bei den recidivirenden Appendieitiden nach
Erkrankung der benachbarten Theile des Darmkanals zu forschen. Abnorme Ver-
wachsungen zwischen den Därmen, Lageveränderungen des Uterus, Krankheiten
in den rechten Adnexen, Wanderniere, Nierensteine, Gallensteine, Verlöthungen
der Gallenblase sind Veränderungen, welche Verf. nach einer Appendicitisopera-
tion zu einer 2. Operation veranlasst haben. A. Hansson (Cimbrishamn).
39) T. Carwardine. Volvulus of Meckel’s diverticulum.
(Brit. med. journ. 1897. December.)
Bei einem Neugeborenen wurde am 2. Tage wegen völliger Darmobstruktion,
Erbrechen ete. Laparotomie gemacht und ein künstlicher After angelegt, da das
Hindernis nicht gefunden werden konnte. — Bei der Sektion ergab sich Perito-
nitis, die, wie ziemlich feste Adhäsionen zeigten, schon vor der Geburt eingesetzt
haben musste. Eine Meconium haltende Cyste, entstanden durch einen Volvulus
(3malige Umdrehung) eines Meckel’schen Divertikels, war bei der Operation er-
öffnet worden; oberhalb der Abdrehungsstelle war das Ileum mit Meconium an-
gefüllt — unterhalb der Darm leer.
Der Volvulus muss demnach erst im späteren fötalen Leben (Meconium im
eystischen Theil des Divertikels und im oberen Ileum!) entstanden sein.
F. Krumm (Karlsruhe).
40) A. Gabszewioz. Seröse Cyste des Mesenteriums, Nekrose des
Dünndarms.
(Gaz. lekarska 1897. No. 33.)
Ein 24jähriger Mann wurde ins Spital wegen seit 8 Tagen bestehenden Darm-
verschlusses aufgenommen. Ähnliche Anfälle sollen in letzter Zeit wiederholt auf-
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 397
getreten sein und jedes Mal 5—6 Tage gedauert haben. Nach Eröffnung der
Bauchhöhle ergoss sich aus derselben ziemlich viel seröses Transsudat. Nach-
dem das Netz und der ganze Dünndarm in die Höhe geschlagen worden, gewahrte
man in der Mittellinie eine kindskopfgroße, stark gespannte, dünnwandige Cyste.
Dieselbe reichte längs der Wirbelsäule bis ins kleine Becken und war sehr wenig
beweglich. Da eine Entwicklung der Cyste unmöglich war, wurden vorerst mittels
Punktion etwa 500 com einer blassgelben, serösen Flüssigkeit aus derselben ent-
leert. Danach konstatirte Verf., dass längs der oberen Wand eine winkelig ge-
knickte Darmschlinge verlief. An der kopfwärts gekehrten Mesenterialseite befand
sich eine 2. orangengroße, mit der bereits beschriebenen kommunicirende Cyste.
Der Darm war zwischen beiden Geschwülsten eingeswängt. Da derselbe bereits
an einer Stelle brandig war, musste die ganze Schlinge mit dem cystenhaltigen
Mesenterium resecirt werden. Anlegung eines Kunstaftere. Tod im Collaps nach
einigen Stunden. — Die Untersuchung beider mittels eines für den Finger passir-
baren Ganges kommunicirenden Cysten ergab, dass die Wände derselben äußerst
dünn waren. Die mit Endothel ausgekleidete Innenwand zeigte zahlreiche, in
verschiedenen Richtungen verlaufende Leisten und Vorsprünge, als Beweis, dass
es sich ursprünglich um multilokuläre Cysten gehandelt haben mochte.
Trzebicky (Krakau).
41) F. J. Shepherd. Successful removal of an enormous mesenteric
tumour and nearly eight feet of intestine.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.)
Verf. hat bei einem 28jährigen Mann eine große, die ganze Bauchhöhle aus-
füllende Gekrösgeschwulst exstirpirt. Dabei mussten 8 Fuß Dünndarm (234 cm)
— Ileum — entfernt werden, theils wegen Verwachsung mit der Geschwulst, theils
wegen fehlender Ernährung. Die mikroskopische Untersuchung der auf der Schnitt-
fläche grauen, etwas durchscheinenden, glänzenden Geschwulst ergab ein Fibro-
myxom. Erwähnenswerth ist noch, dass der Pat. seit der Operation meist dünnen
Stuhl hat, und dass er ca. 40 Pfund an Körpergewicht zugenommen hat.
F. Krumm (Karlsruhe).
42) @. H. Mulder. Kasuistische Bijdrage tot de diagnose der boven-
buikstumoren.
Inaug.-Diss., Amsterdam, 1897.
Wie schon der Titel angiebt, und Verf. es in der Einleitung selbst nochmals
hervorhebt, enthält die Schrift »keine Diagnostik, sondern nur einen kasuistischen
Beitrag zur Diagnose der Geschwülste der Oberbauchgegend«. Er hat dazu 10
ausgewählte Krankengeschichten zusammengetragen, die verschiedensten Krank-
heiten und die verschiedensten Organe dieser Gegend betreffend, wie aus folgender
kurzer Aufzählung sich ergiebt.
Sie betreffen gutartige und carcinomatöse Magenaffektionen, Sarkome des Colon
transversum und ascendens, Carcinome des Dickdarms, des Pankreas und des
Duct. cysticus, Echinokokken der Milz, der Niere und einen vereiterten der Leber,
schließlich eine Wandermilz. Nur die Pankreascysten fehlen, indem diese schon
vorher publieirt waren.
Besondere Erwähnung verdienen 2 Fälle ihrer großen Seltsamkeit wegen: ein
Fibroma lymphangiectaticum retroperitoneale wahrscheinlich von der Fascie des
Diaphragma, und zwar des Crus vertebrale sin. ausgegangen, und eine, Bluteyste
in der Leber, die ihre Entstehung der Berstung einer aneurysmatischen Erweite-
rung der Art. hepatica verdankt. So selten als in der Litteratur Aneurysmen der
Art. hep. verzeichnet sind (Drasche konnte deren nur 9 sammeln), so ist dieses
noch besonders dadurch ausgezeichnet, dass das erkrankte Gefäß intraparenchy-
matös, der konvexen Leberseite zugekehrt, gelegen war und demgemäß bei der
Berstung eine Lebercyste veranlasste, während in den sämmtlichen übrigen Fällen
der Gefäßsack in der Gegend der Porta hepatis vorgefunden wurde, und demgemäß
die intraperitonesle Verblutung regelmäßig die Todesursache wurde.
398 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
In allen 10 Fällen ist die Diagnose durch die Autopsie (bei der Operation
oder im Kadaver) kontrollirt und jedes Mal kritisch beleuchtet.
nyat, bat Vieles gebracht; er wird wohl auch Manchem etwas bringen.
G. Th. Walter (s Gravenhage).
43) Depage. Résultats éloignés de la résection du rectum pour can-
cer. Quelques considérations sur la technique opératoire.
(Journ. méd. de Bruxelles 1898. No. 1.)
Verf. theilt in vorliegender Arbeit das Endresultat — so weit man bei der
zum Theil verhältnismäßig kurzen Beobachtungszeit von einem solchen sprechen
kann — mit, das er bei 10 von 1891 ab operirten Fällen von Mastdarmkrebs er-
sielt hat.
Von 2 im Anfangsstadium operirten Fällen recidivirte 1 nach 4 Jahren. Das
kleine Recidiv konnte leicht entfernt werden. Ein 2., vaginal operirt, ist seit
2 Jahren noch recidivfrei. Von 4 mittelschweren Fällen, mit Drüseninfitration,
aber noch beweglicher Geschwulst, starben 2 an Recidiven, 1 nach einigen Mo-
naten an Hirnblutung, und ein weiterer endlich ist, vor 1 Jahre operirt, noch
recidivfrei. 2 noch vorgerücktere Fälle starben an Recidiv, einer nach 6, der
andere nach 14 Monaten. Von 2 seit einem Jahre operirten Fällen endlich ist
der eine noch recidivfrei, trotzdem die ausgedehnte Geschwulst eine Resektion
von Blase und Prostata erfordert hatte. In dem letzten der 10 Fälle, wo gleich-
zeitig von einem parasacralen Schnitt aus der fibromyomatöse Uterus und ein
hochsitsendes Mastdarmcarcinom entfernt worden war, erlag Pat. nach 2 Monaten,
wahrscheinlich an Lebermetastasen.
Was die Technik betrifft, so hat Verf. verschiedene Methoden benutzt. Das
centrale Darmende wird, wo möglich, in die Afteröffnung heruntergezogen. Von
der Anlegung eines künstlichen Afters als vorbereitender Operation wurde nur im
Nothfall Gebrauch gemacht. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
44) Prochnow. Zur Ätiologie der Hohlgänge in der Steiß-Aftergegend.
(Pester med.-chir. Presse 1897. No. 52.)
Es handelte sich bei einem Manne um Fistelbildung in der Analgegend, wie
auch in der Mitte der Steißgegend, welche mäßig secernirten. Die Fisteln kom-
munieirten unter einander und ließen die Sonde nur wenig in die Tiefe eindringen.
Über die Entstehung dieser Öffnungen konnte der Kranke keine Angaben machen.
Nach Spaltung der Hohlgänge entfernte P. ein Knäuel von schwarzen Haaren.
Es handelte sich nach P.’s Ansicht um Dermoide in Form von Schläuchen, welche
sich mit der Zeit in Folge durch mechanische Reize (Druck, Reibung) bedingter
entzündlicher Procesge vereinigten und zur Fistelbildung in der Analgegend führten.
Gold (Bielitz).
45) R. Jasinski. Abscess der Leber wahrscheinlich tuberkulösen
Ursprungs. — Operation. Heilung.
(Gaz. lekarska 1897. No. 47.)
Ein 17jähriges, hereditär belastetes Mädchen hat im Laufe von 5 Jahren eine
Kniegelenksresektion und mehrfache Exkochleationen durchgemacht. In der letzten
Zeit stellten sich hektisches Fieber, Schüttelfröste, heftige, zum Theil lienterische
Diarrhöe und Erbrechen ein. Gleichzeitig klagte Pat. über heftige Bauchschmerzen.
Bei der Untersuchung der Bauchhöhle konstatirte Verf. rechts von der Mittellinie
eine bis zur Wirbelsäule, so wie vom Rippenbogen bis zum Nabel reichende ver-
mehrte Resistenz. Der leiseste Druck verursachte daselbst empfindlichen Schmerz.
Der Perkussionsschall über der empfindlichen Stelle überall gedämpft, von der
Leberdämpfung nicht zu unterscheiden. Im Harn Spuren von Eiweiß und sehr
viel Indikan. Da eine Eiterung angenommen werden musste, schritt Verf. zur
Operation. Die Bauchhöhle wurde entsprechend der größten Hervorwölbung in
einer die rechte Mammilla mit dem vorderen Darmbeinstachel verbindenden Linie
Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 399
eröffnet, worauf Verf. eine halbkugelförmige fluktuirende Hervorwölbung des
rechten Leberlappens konstatirte. Die untere Leberfläche war mit den Därmen
fest verwachsen. Durch Vernähung des parietalen Bauchfellblattes mit dem die
Leber bedeckenden wurde der hervorragendste Theil der Geschwulst extraperitoneal
gelagert.
Eine daselbst ausgeführte Probepunktion förderte zwar keinen Eiter zu Tage,
nach Extraktion der Nadel erwies sich aber deren Spitze mit käsigen Massen ver-
stopft. Nach 4 Tagen wurde der vorliegende Lebertbeil ineidirt, und in einer
Tiefe von 11/;—2 cm eine walnusegroße, käsigen Eiter und nekrotisches Gewebe
enthaltende Höhle eröffnet. Exkochlestion mit scharfem Löffel, Tamponade mit
Jodoformgaze.
Der weitere Verlauf war ein idesler und nur noch durch die Eröffnung eines
2. kleineren, mit dem vorigen durch eine dünne Fistel kommunicirenden Abscesses
gestört. Vollständige Heilung. Trzebicky (Krakau).
46) A. Depage. Note sur un cas de résection du foie pour kyste
hydatique.
(Journ. med. de Bruxelles 1897. No. 50.)
Verf. theilt in vorliegender Arbeit einen Fall von Leberresektion mit, welcher
durch die Ausdehnung des Eingriffes bemerkenawerth ist.
Es handelt sich um eine 22jährige Pat., bei der 2 Jahre früher durch Probe-
punktion das Vorhandensein eines Lebereohinococcus festgestellt worden war.
Schmersen, Abmagerung und Erbrechen waren die Symptome, welche zu einem
operativen Eingriff veranlassten. Bei der Operation zeigte sich nach medianem
Bauchschnitt eine faustgroße Echinococcuseyste im Lobus quadratus. Die weitere
Untersuchung ergab das Vorhandensein von 3 eben so großen Blasen im linken
Leberlappen. Verf. entschloss sich unter diesen Umständen zu einer Leberresek-
tion. Dem medianen Bauchschnitte wurde ein querer nach links hin angefügt und
sodann das Lig. suspensorium und coronarium hepatis durchtrennt. Damit wurde
es möglich, den linken Leberlappen vor die Bauchwunde zu bringen. Der die
Cysten enthaltende Theil wurde nun mit dem Thermokauter ohne nennenswerthe
Blutung entfernt. Für die im Lobus quadratus sitzende Geschwulst schien die
Resektion zu gefährlich, so dass Verf. sich für die Ausschälung entschied. Da
die an sich mäßige Blutung durch die gewöhnlichen Mittel: Thermokauter, Liga-
turen etc. nicht gestillt werden konnte, so tamponirte Verf. die Fläche und legte
ein Drainrohr ein.
Der Heilungsverlauf war günstig, abgesehen von einem mehrere Tage anhalten-
den kollapsähnlichen Zustand mit sehr frequentem Puls, aber ohne deutlich peri-
tonitische Erscheinungen. Verf. glaubt, einen infektiösen Process mit Sicherheit
ausschließen zu können und nimmt eine lang anhaltende »Shock«-Wirkung an.
Er spricht sich bei diesem Anlass für diejenige Theorie aus, nach der der Shock
eine reflektorische Lähmung der Darmvasomotoren mit daraus entstehender Über-
füllung der Unterleibsvenen und entsprechender Anämie des peripheren Gefäß-
systems ist.
Es sei noch bemerkt, dass im vorliegenden Falle die Gallenabsonderung wäh-
rend einiger Tage beinahe aufgehoben war, was Verf. auf nervöse Einflüsse zurück-
führt. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
47) Elliot. Surgical treatment of tumor of the liver, with the report
of a case.
(Annals of surgery 1897. Juli.)
Verf. bringt eine sehr sorgfältige Zusammenstellung der bisher operirten Fälle
von Lebergeschwülsten und bespricht vor Allem die Art der Behandlung, der
Blutstillung, der Versorgung der Wunde. In seinem Falle handelte es sich um
eine 40 Jahre alte Frau, welche vor 6 Monaten mit Schmerzen in der Leber-
gegend und Unbehagen erkrankt war. Sie war niemals gelb gewesen und hatte
400 Centralblatt für Chirurgie. No. 14.
nie Koliken, magerte aber ab. Bei der Aufnahme der Pat. fand man eine mit der
Leber susammenhängende Geschwulst, die, sich hart anfühlend, bis nahe an den
Darmbeinkamm heranreichte und die Mittellinie überschritt. Bei der Operation
zeigte sich eine vom Leberrande ausgehende, nicht sehr scharf abgegrenste,
immerhin aber in ihren Randpartien durch die verschiedenartige Färbung vom
Lebergewebe unterscheidbare Geschwulst, welche mit den benachbarten Darm-
schlingen und der Gallenblase vielfache Verwachsungen eingegaugen war. Die
Geschwulst wurde mit dem Thermokauter abgetragen, eben so die Gallenblase
entfernt. Die Blutung war trotzdem ziemlich erheblich, ließ sich aber durch
Gazetamponade stillen. Die Bauchwunde wurde dem entsprechend nur theilweise
genäht, die Tamponade liegen gelassen. Heilung. Die Geschwulst erwies sich als
ein alveoläres Sarkom. ; Tietze (Breslau).
48) Roux. Un cas de cancer primitif du foie avec péricholécystite
calculeuse. Perforation intestinale. H&mostase hepatique.
(Revue méd. de la Suisse rom. 1897. No. 2.)
54 Jahre alte Pat. Symptomenkomplex und der bei der physikalischen Unter-
suchung gewonnene Zustand weichen von dem bei der Operation erhaltenen
Bilde erheblich ab. Status: Im Bauch rechterseits eine 2 cm lange Hervorragung,
welche mit einer fast vertikal stehenden, 4 Finger breiten Geschwulst korrespon-
dirt. Untere Grenze 3 cm über dem Darmbeinstachel, oberer Pol 1 Finger breit
vom Rippenrand entfernt; darüber dumpfer Schall, zwischen Geschwulst und
Rippenrand eine schmale Luftzone; in den oberen Partien ist die Geschwulst
höckerig, sonst ist ihre Oberfläche regelmäßig. Tiefstand des Magens.
Diagnose: Vermuthlich carcinomatöse Geschwulst des Quercolons.
Bei der Operation zeigt sich, dass die gut abgegrenzte Geschwulst vom Leber-
gewebe gebildet wird und sich in einem Lobus pendulus entwickelt haben dürfte.
An ihrer hinteren und unteren Fläche ist sie mit dem Colon transversum innig
verwachsen; in diesen Verwachsungen finden sich swei erweichte Stellen, von
denen die eine bis zur Darmmuskulatur reicht, die andere penetrirend mit dem
Dickdarm und der Geschwulst durch eine franestückgroße Öffnung kommunieirt.
Die erweichten Darmpartien werden durch Naht bezw. Anfrischung und Naht
geschlossen. Die Geschwulst wird emporgehoben, hängt an der Leber durch ein
flaches Band, geht unter der Gallenblase durch, in einen geschlossenen Kanal
endigend. In der Blase, nahe dieser Mündung, ein Stein, ein zweiter und zwei
kleinere in der Geschwulst. Der untere Pol der losgelösten Blase wird resecirt und
letztere durch Nähte normal geformt. Der Stiel wird so weit als möglich von der
Leber entfernt. Die sehr starke Blutung wird durch doppelte Katgutnaht gestillt,
eine Methode, die sich dem Verf. des öftern bewährt hat. Die doppelt armirte
gebogene oder gerade Nadel wird quer durch das Leberparenchym geführt. Die
Untersuchung der exstirpirten Geschwulst zeigt, dass es sich um eine am Lobus
pendulus glücklich abgegrenzte und gut gestielte carcinomatöse Lebergeschwulst
handelt; die komplete Excision war hierdurch gesichert.
Kronacher (München).
(49) Herdtmann. Über tragfähige Amputationsstümpfe nebst 3 Fällen
von Amputationen nach Bier.
Diss., Greifswald, Juli 1896.
Die Leistungsfähigkeit der Bier’schen Amputationstechnik wird an 3 Fällen
2mal Oberschenkel, (mal Unterschenkel) demonstrirt, mit deren Verlauf und End-
resultat Helferich sehr zufrieden war. Sudeck (Hamburg).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
— Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
Lama, Lm. ës
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
E
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 15. Sonnabend, den 16. April. 1898.
Inhalt: P. Arendt, Weitere Beiträge über regionäre Cocainanästhesie. (Orig.-Mitth.)
1) Karlinskl, Infektion von Schusswunden. — 2) Murawjeff, Diphtherie. — 3) Rey-
nier und Glover, Skiaskopie. — 4) Kümmel, Symmetrische Erkrankung der Thränen-
und Mundspeicheldrüsen. — 5) Wolff, Hasenscharte. — 6) Moure, Rachenmandel. —
7) Kocher, Wirbelsäulenverletzungen. — 8) Galbissi, Kropf. — 9) Cestan, Empyem. —
10) Parascandolo, Brust- und Baucherschütterung.
Ingiannl, Über die Anwendung eines neuen Instruments für die externe Urethrotomie
bei Perinealabscess nach ohronischer Urethritis und veralteter Striktur. (Orig.-Mittheilg.)
14) Willard, Amerikanischer Obirurgenkongress. — 12) Wissenschaftliche Ärzte-
gesellschaft in Innsbruck. — 13) Hahn, Nervennaht und Nervenplastik. — 14) Aus der
Gesellschaft der Ärzte in Wien. — 15) Tenner, Gehirnbrüche. — 16) Ricard, Knochen-
einpflanzung. — 17) du Feugeray, Epitheliom der Paukenhöhle. — 18) Bojew, Pyämie
vom Ohr aus. — 19) Lieblein, Aneurysma racemosum. — 20) Thomas, Unterbindung
der Karotiden und Jugularvenen. — 21) Taptas, Suggestion bei Nasenleiden. —
22) Egger, Nasengeschwulst. — 23) Ardenne, Abscess in der Nase. — 24) Pendil, Rhabdo-
myom der Zunge. — 25) Hattemer, Spondylitis. — 26) Detzler, Atheromcyste des Halses.
— 27) Gouguenheim und Guinard, Rachenlupus. — 28) Clubbe, Diphtherie. — 29) De-
page, Laryngektomie. — 30) v. Bergmann, Kehlkopfkrebs.
Weitere Beiträge über regionäre Cocainanästhesie.
Von
Dr. Paul Arendt,
Chirurg am Dispensaire maritime in Antwerpen.
Angeregt durch die Veröffentlichungen von Honigmann im
Centralblatt für Chirurgie 1897 No. 51, die Lokalanästhesie nach
Oberst betreffend, habe auch ich diese vortreffliche Methode im
hiesigen chirurgischen Marineinstitut, das täglich von vielen ver-
wundeten Seeleuten und Hafenarbeitern aufgesucht wird, angewandt,
und sind meine Versuche zu meiner völligen Befriedigung i
auf die Zuverlässigkeit des Verfahrens ausgefallen.
jucunde tritt bei dieser Methode in toto hervor;
berechnet, dass man bei der Chloroformnarkose,
geschickter Morphium-Atropininjektion, doch durc schäittlich! 50 BB, AI Y
SE
EIS
Ju,
402 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
nuten bis zur vollständigen Narkose nöthig hat (bei der Tropfmethode
habe ich, hauptsächlich bei Männern, öfters schon noch längere Zeit
bis zum Erlöschen des Cornealreflexes gebraucht), so bilden die 5 bis
10 Minuten Wartezeit, welche bei der regionären Cocainanästhesie
erforderlich sind, um vollständig schmerzlos operiren zu können,
keine erschwerenden Umstände des Verfahrens.
Die ersten persönlichen Versuche mit Lokalanästhesie nach
Oberst habe ich im Journ. med. de Bruxelles 1898 No. 8 ausführ-
lich beschrieben. Auch ich sehe dieselbe als eine Erweiterung der
Schleich’schen Infiltrationsanästhesie an, und haben meine bisherigen
weiteren Versuche auf diesem Gebiete mir gezeigt, dass die regionäre
Cocainanästhesie eben so vortheilhaft auf andere Körpertheile aus-
gedehnt werden kann. Oberst, Braun, Honigmann bedienten
sich derselben bei chirurgischen Eingriffen an Fingern und Zehen;
Manz (Centralblatt für Chirurgie 1898 No. 7) beschreibt 2 Fälle
metatarsaler Caries, welche er unter Zuhilfenahme dieser Methode
mit schönem Erfolg operirte. Manz betont aber, dass er 15—20 bis
30 Minuten bis 3/, Stunde nach der Cocaininjektion verstreichen ließ,
ehe er zur Operation schritt; ich werde später auf diesen Punkt
zurückkommen.
Zweck dieser Zeilen ist, mehrere neue Fälle zu beschreiben, auf
die ich die Oberst’sche Lokalanästhesie ausgedehnt habe: Das sind
einige Operationen am Penis, unter Anderem die Verödung einer para-
urethralen Fistel gonorrhoischen Ursprungs, so wie 2 Phimosen-
eircumeisionen; diese Eingriffe nahm ich unter Mitwirkung meines
hiesigen verehrten Kollegen, Dr. P. Dietz, vor.
In dem einen Falle, para-urethrale Fistel, verlief der fistulöse Gang, direkt
am unteren seitlichen Theil der Harnröhrenmündung beginnend, geschlängelt
nach hinten, wo er einige Millimeter über den Suleus coronarius hinweg, in einer
ebenfalls am unteren Theil der Urethra gelegenen vereiterten Drüse blind endete.
Nach den Vorschriften Janet’s versuchten wir nun diese Fistel mittels galvano-
kaustischen Drahts unter Zuhilfenahme der Lokalanästhesie nach
Oberst zu zerstören, was uns auch vollkommen gelang: Ich applicirte den
dünnen Gummischlauch (entsprechend der No. 14 der Charriere’schen Skala)
2 cm centralwärts der Corona glandis, das Princip von Honigmann im Auge be-
haltend, dass man die Konstriktion so peripher als möglich machen muss, um ein
desto kleineres, der Anästhesie unterbreitetes Gebiet zu erhalten, da die letztere
um so früher eintritt, ein je kleinerer Theil anästhesirt wird. (So lässt sich auch
die Behauptung von Manz erklären, dass er bei seinen Fällen metatarsaler Caries,
wo dieGummibinde unmittelbar über den Knöcheln angelegt wurde,
15—2V Minuten bis zur erreichten Unempfindlichkeit warten musste. Bei meinen
Versuchen, wo es sich um viel kleinere Abschnitte handelte, konnte ich stets nach
5 Minuten operiren.) — Um die Schmerzhaftigkeit beim Einstich der Pravaz-
nadel zu vermeiden, ließ ich den Athylchloridstrahl vorher einwirken; sodann
injieirte ich 1/4 Pravaz einer 1%igen frisch bereiteten (ist absolut erforderlich)
Coeainlösung, indem ich die Nadel, mit nach der Peripherie gerichteter
Spitze, tief ins Gewebe der Glans penis einsenkte und bei langsamem Zu-
rückziehen die Flüssigkeit herausbeförderte. Es wurden im Ganzen 4 solcher
Einstiche längs der Fistel gemacht. Die sodann nach Ablauf von 5 Minuten
erfolgte Einführung des Glühdrahts wurde vom Kranken, der ruhig seine Cigarre
weiter rauchte, nicht empfunden.
Centralblatt für Chirurgie. No, 15. 403
Bei dem Phimosefall, wo ich zum ersten Male die regionäre Cocain-
anästhesie in Anwendung brachte, vollzog ich die Umschnürung ebenfalls einige
Centimeter centralwärts von der Corona glandis; dann machte ich 4 1/4-Pravaz-
einspritzungen einer 1%igen Cocainlösung (also 1 cg auf 4mal vertheilt); 1 volar
und dorsal, und 2 auf den Kanten; diese Einstiche wurden, mit ebenfalls peripher
gerichteter Spitze, durch das äußere und innere Blatt des Präputiums dirigirt.
Nach 10 Minuten Abwarten nahmen wir dann den Längsschnitt, gefolgt von der
Circumcision des hypertrophirten Lappens vor, ohne die geringste Schmerzempfin-
dung von Seiten unseres sehr furchtsamen Pat. Da die Anästhesie ganz
genau auf die beiden Präputialblätter begrenzt war, und wir beim
Vernähen die Nadel dicht an der Ansatzstelle des Folium internum mit der Co-
Tona glandis einstachen, so klagte der Pat. hierbei über ein dumpfes Schmers-
gefühl; der Einstich in das äußere Blatt war absolut schmerslos.
Ich suchte nun bei einer anderen Phimosenoperation, die ich einige Tage
später bei einem Seemann im Sprechzimmer ganz allein vornahm, auch die Co-
rona glandis unempfindlich zu machen, indem ich ebenfalls je 2 Theilstriche Pravaz
einer 1%igen Cocainlösung tief in die Corona glandis injieirte; und dies Mal ver-
lief die ganze Operation absolut schmerslos.
Die Anwendung der regionären Cocainanästhesie bei Phimose-
operationen bietet außerdem den großen Vortheil, dass man Dank
der Konstriktion absolut reinlich operiren kann, da das Glied voll-
ständig ischämisch ist; sodann wird die rasche Resorption des in-
jieirten Cocains in das säftereiche Gewebe durch die Umschnürung
vereitelt, so dass hier üble, etwa das Leben bedrohende Folgen, wie
ich solche nach Injektion eines cg Cocains während meiner
Hospitalstage schon erlebt (es lag hier wahrscheinlich Idiosynkrasie
vor) nicht zu befürchten sind. Übrigens bin ich bis jetzt bei einer
großen Zahl Exartikulationen und Resektionen an Fingern und Zehen
immer mit 1—1'/, cm Cocain ausgekommen. — Der Schmerz, den
die Gummibinde verursacht, ist sehr gering, auch wenn man, worauf
Manz ebenfalls aufmerksam macht, durch Festhaltung der bereits
gelegten Touren eine Furchung der Haut vermeidet. — Die Injek-
tionen selbst habe ich, wie oben schon bemerkt, durch Äthylchlorid,
vollständig schmerzfrei machen können.
Somit setzt das Oberst’sche Verfahren uns in den Stand, auch
die verschiedenen blutigen Interventionen am Penis ohne Anwen-
dung des Chloroforms, und sehr leicht ohne Assistenz, schmerz-
los auszuführen.
Hoffentlich wird es uns durch weiter angestellte Versuche ge-
lingen, diese Methode auch anderwärts, zum Nutzen und Frommen
der leidenden Menschheit, anwenden zu können.
Antwerpen, im April 1898.
1) Karlinski. Zur Frage der Infektion von Schusswunden
durch mitgerissene Kleiderfetzen.
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXII. No. 12—15.)
Zur Entscheidung dieser noch immer nicht vollkommen ge-
klärten Frage stellte Verf. eine größere Reihe von Versuchen an
15*
404 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
Kaninchen an. Als die passendste Stelle zur Anbringung von Schuss-
wunden ohne Verletzung wichtigerer Organe wurde die Muskulatur
der Oberschenkel gewählt, woselbst sich namentlich bei stärkeren
Thieren unter zweckentsprechender Lagerung ein Schusskanal bis
zu 4 cm Länge anbringen ließ. Thiere, bei welchen nur die Haut
und das Zellgewebe verletzt wurde, oder bei welchen der Oberschen-
kelknochen bei unverletzter Schenkelarterie getroffen waren, wur-
den aus den Versuchen eliminirt. K. benutzte das 8 mm-Mann-
lichergewehr. Geschossen wurde stets mit der vorschriftsmäßigen
Patrone, ohne Herabminderung der Pulverladung (rauchschwaches
Pulver). Das Geschoss wurde unmittelbar vor dem Hineinlegen in
den Laderaum mit sublimatgetränkter Watte abgerieben, während
die Züge des Rohres vor jedem Schuss mittels eines in Formalin
getränkten Wischers gereinigt wurden. Die Entfernung betrug meist
100, seltener 200 m. In den meisten Fällen wurden die Oberschenkel
vorher auf beiden Seiten rasirt und desinficirt. Die Wunden wur-
den theils direkt oder nach vorangegangener Desinfektion mit Subli-
mat durch Jodoformkollodium fest verklebt.
I. Versuche mit künstlich inficirtem Tuch.
Tuch von 0,8 mm Dicke, das nach vorheriger Sterilisation mit
einer für Kaninchen stark virulenten Kultur von Staphylococcus
aureus durchtränkt war, wurde über den Schenkel gebunden, und die
Stelle, in die das Geschoss fallen sollte, mit sterilem weißem Läpp-
chen markirt.
Diese an 14 Thieren vorgenommenen Versuche ergaben, dass
das sonst sterile Stahlmantelgeschoss (Kaliber 8 mm) beim Passiren
des künstlich infieirten Tuches in das darunterliegende lebende Ge-
webe infektionsfähige Keime hineinzubefördern vermag, welche so-
wohl eine Allgemeininfektion, wie auch lokale Abscessbildung
veranlassen, wie endlich zu Abscessen in der Peripherie des
Schusskanals führen können. Die Anzahl der mitgerissenen Keime
(verschiedene Verdünnung der Aufschwemmung) ist jedenfalls für
den Ausfall des Effektes maßgebend. Die Ausspülung des Schuss-
kanals unmittelbar nach der Verletzung mit 1°/,‚iger Sublimatlösung,
die Ausfüllung desselben mit Sublimatgaze und Abschliessen der
Öffnung mit Jodoformkollodium ist weder im Stande, die Bil-
dung der Abscesse in der Peripherie des Schusskanals, noch die
Allgemeininfektion zu verhüten.
II. Versuche mit altem getragenen Uniformhosentuch.
Dasselbe wurde in gleicher Weise über die Schenkel gebreitet,
nachdem vorher ein !/, dem großes Stückchen zur bakteriologischen
Untersuchung herausgeschnitten war. 5 Versuche mit Ausspülen
durch Sublimat im Strahle. Eben so lokale Abscesse (Staph. aur.,
Streptococcus, Bact. coli) und Allgemeininfektion (Staph. aur.). 3 Ver-
suche, in denen Sublimat nur tropfenweiße eingeträufelt wurde, er-
gaben dieselben Resultate.
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 405
III. 5 Versuche mit getragenem Uniformunterhosenstoff eben-
falls mit Sublimatausspülung führten ebenfalls zu lokaler Infektion
mit Staph. aur., Streptococcus, Pyocyaneus, Bact. coli. Nur in einem
Falle (dem einzigen der gesammten Versuche) verlief die Schussver-
letzung steril. (Aus dem betreffenden Leinwandstreifen wurden außer
einigen Schimmelpilzen nur sehr vereinzelte Staph. aur. gezüchtet.)
IV. Versuche, mit einem cylinderförmigen Paquelin den ganzen
Schusskanal auszubrennen, erzielten ein negatives Resultat.
V. Versuche mit einem 9 mm-Flobert-Warnant- (Weichblei-)
Geschoss in 4 Fällen mit Sublimatspülung ergaben zum Theil sterile
Wundflüssigkeit oder serös-eitrige Exsudate ohne Abscesse, im Ganzen
sehr günstige Heilungsverhältnisse gegenüber den Stahlmantelge-
schossen.
Verf. hat in 41 Untersuchungen niemals Stofffasern in der un-
verletzten Umgebung des Schusskanals vermisst; bei den durch Ver-
blutung aus der verletzten Arteria femoralis verendeten Thieren
wurden dieselben durch Gefrierschnitte nachgewiesen. Er sieht sich
daher genöthigt, den mitgerissenen feinen, manchmal weit von dem
Schusskanal in die Gewebe hineingejagten Stofffasern, an denen
Eitererreger haften, die Entstehung der disseminirten Abscesse in
der Umgebung des Schusskanals zuzuschreiben. Gegen diese kann
selbst die sorgfältigste Desinfektion des Schusskanals nicht aufkom-
men. Das Vorhandensein von Eitererregern an Kleidungsstücken
gehört im Gegensatz zu Pfuhl nach Kies Untersuchungen keines-
falls zu den Seltenheiten.
Eine Übertragung dieser Verhältnisse vom Thier auf den Men-
schen erscheint K. sehr wohl möglich, da er mit im Allgemeinen
nur wenig gegen Eitererreger empfindlichen Thieren experimentirt hat.
Hübener (Breslau).
2) Murawjeff. Die diphtherischen Toxine und Antitoxine
in ihrer Wechselwirkung auf das Nervensystem der Meer-
schweinchen.
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 3.)
Die Nervenzelle erwies sich als ein sehr feines Reagens auf die
Wirkung der Diphtherietoxine und Antitoxine. In vergleichenden
Versuchen ließ sich an den charakteristischen Veränderungen des
centralen und peripheren Nervensystems eine unzweifelhaft wohl-
thätige Wirkung des Antitoxins darthun, aber auch die Nothwendig-
keit, die Antitoxininjektion so früh wie möglich vorzunehmen. Ein-
spritzungen eine Woche nach der Toxininjektion ließen den Nutzen
sehr zweifelhaft erscheinen. Aber auch das Antitoxin an sich zeigte
sich durchaus nicht indifferent für den thierischen Organismus; es
ist ebenfalls im Stande, die Nervenzellen und Nervenfasern zu ver-
ändern. Desshalb hält es Verf. für rathsam, das Antitoxin mehr-
mals in kleineren Mengen einzuspritzen, damit kein zu großer Über-
406 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
schuss an Antitoxin eingeführt und jedes Mal das neu sich bildende
Toxin gebunden werde. Teichmann (Berlin).
3) P. Reynier et J. Glover. Recherches anatomo-chirurgi-
cales au moyen de la radiographie; topographie cranio-enc&-
phalique, topographie des cavités osseuses de la face et du
eräne; sinus veineux de la dure-mere dans leurs rapports
avec la paroi cranienne.
(Revue de laryngol. 1898. No. 3.)
Aus dem langen Titel geht zur Genüge hervor, auf welche
Punkte alle sich die skiagraphischen Untersuchungen der Verff. er-
streckt haben. ` Ihre Resultate müssen, wenn sie sich bestätigen, als
hervorragend bezeichnet werden; sie wollen z. B. am Kinderschädel
in vivo den Seitenventrikel des Großhirns mit seinen 3 Hörnern zur
Darstellung gebracht haben, besonders schön in Fällen von patho-
logischer Ausdehnung desselben durch meningitische oder hydro-
cephalische Flüssigkeitsansammlung. Zur Herstellung der topogra-
phisch-anatomischen Bilder wurde der uneröffnete Schädel von den
Arterien aus mit Formol injieirt, nach vollkommener Härtung des
Gehirns ein Medianschnitt durch den Schädel angelegt, die Gehirn-
hälfte zur Entfernung der Piahülle herausgenommen und dann wie-
der in ihre Lage zurückgebracht. Die venösen Sinus der Hirnhaut
wurden mit einer Aufschwemmung von Bronzepulver in gelöstem
Wachs injicirt. Teichmann (Berlin).
4) Kümmel. Weitere Beiträge zur Lehre von der symme-
trischen Erkrankung der Thränen- und Mundspeicheldrüsen
(Mikulicz).
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.)
K. bringt 6 neue Fälle, welche in mehr oder minder vollständiger
Weise die Symptome der merkwürdigen Krankheit darbieten. Be-
sonders werthvoll sind die mikroskopischen Untersuchungen von
excidirten Theilen; es wird das drüsige Gewebe vom lymphatischen
substituirt. In Bezug auf die Ätiologie ist man auf Vermuthungen
angewiegen. Am wahrscheinlichsten scheint, dass ein infektiöses
Agens von außen her in die Drüsen eindringt; dieses Agens müsste
eine Verwandtschaft haben mit demjenigen, welches zum malignen
Lymphom, Lymphosarkom und leukümischen Lymphomen führt, nur
dass die Infektion nicht wie bei letzteren hämatogen ist, sondern
von den Ausführungsgängen aus in die Drüsen gelangt.
In Bezug auf die Symptomatologie bestätigen die neuen Fälle
die früher gemachten Beobachtungen: langsam erfolgende, schmerz-
lose Anschwellung der Speichel- und Thränendrüsen; die Schwellung
kann im Laufe der Jahre sehr beträchtlich werden, bleibt aber dann
stillstehen; nie überschreitet die Erkrankung die Grenzen der Drüsen-
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 407
kapsel und verursacht nie ernstere allgemeine Gesundheitsstörung.
Arsen scheint in manchen Fällen zu helfen.
Da das Wesen des Processes im Ersatz des Drüsengewebes durch
leukocytäres Gewebe besteht, und da der Name Leukocytose schon
vergeben ist, so schlägt K. den Namen »Achroocytose« für die Krank-
heit vor. Haeckel (Stettin).
5) J. Wolff. Über die Operation der doppelten Hasen-
scharte mit rüsselartig prominirendem Zwischenkiefer und
Wolfsrachen.
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 47—49.)
Auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt W. für die operative
Behandlung der oben im Titel genannten Spaltbildungen das von
ihm geübte Verfahren, nämlich die Vereinigung der Lippe über dem
unverletzten Mittelstück durch die in 2 Zeiten auszuführende Lippen-
saumverziehung und Zickzacknaht, und zweitens die frühzeitige, mög-
lichst vor Ablauf des ersten Lebensjahres des Kranken auszuführende
Urano-Staphyloplastik. Die bisher eingeschlagenen Operationswege
in Fällen von doppelter Hasenscharte mit rüsselartig bis zur Höhe
der Nasenspitze vorragendem Zwischenkiefer, nämlich die Resektion
bezw. Reposition desselben, verwirft er. Abgesehen von der Ent-
stellung, welche die Resektion des Zwischenkiefers durch Einsinken
der Oberlippe nach mehr oder weniger großen Zeiträumen bedingt
(Langenbeck’s »Vogelgesicht«), erschwert sie auch späterhin das
gehörige Zerbeißen fester Speisen, wie die gehörige Aussprache der
Lippenlaute. Die operative oder unblutige Reposition andererseits
bringt es mit sich, dass der Zwischenkiefer Zeit Lebens wacklig bleibt,
und selbst die verschmälernde Wundmachung und fixirende Knochen-
naht keine knöcherne Einheilung ergiebt. Aus einer Reihe von Be-
richten geht hervor, dass der rückgelagerte Zwischenkiefer schrumpft,
wacklig bleibt und somit beim Essen eher hinderlich als förderlich
ist. Auch in kosmetischer Hinsicht konnte die Gestaltung des Ge-
sichtsprofils nicht befriedigen. Die Annahme, dass dem Zwischen-
kiefer eine nur geringe Bedeutung in funktioneller und kosmetischer
Beziehung für den Pat. eigen ist, stellt W. als irrthümliche hin,
misst vielmehr dem unberührt gelassenen für den Kranken einen
hohen Werth bei und vernäht daher die Lippe über ihm, um diese
selbst die allmähliche Zurücklagerung des Rüssels bewirken zu lassen.
Mehrere dem Text beigegebene schematische Zeichnungen veran-
schaulichen das Verfahren, ein Photogramm zeigt den sehr schönen
bleibenden Erfolg bei einem vor 6 Jahren so operirten Knaben.
Den günstigen Verlauf und das Wohlbefinden des operirten Kleinen
schreibt W. der bei der Operation ausgeübten Digitalkonstriktion
und temporären Wundkompression zu, bei deren Verwendung man
nahezu blutlos operirt. Die Sterblichkeit nach Hasenschartenopera-
tionen, welche in der Tübinger Klinik 34%, in der Göttinger 39,2%
408 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
betrug, sinkt bei Anwendung des Verfahrens auf Null herab, und der
Rath, die Operation in den 3 ersten Lebensmonaten zu unterlassen,
wird damit ein hinfälliger. Dasselbe gilt von der Uranoplastik und
Staphylorrhaphie, deren frühzeitige Ausführung die Störungen von Seiten
der Athmung und Verdauung, denen in vielen analogen Fällen die
Kinder erliegen, verhütet, andererseits die frühe vortheilhafte Ent-
wicklung der für die Sprache in Betracht kommenden Gaumen-
muskeln ermöglicht. Gold (Bielitz).
6) E. J. Moure. Des adenoidites chez les adultes.
{Revue de laryngol. 1898. No. 5.)
M. weist auf die relative Häufigkeit akuter Entzündung von
Rachenmandelresten bei Erwachsenen hin, beschreibt ihre Sympto-
matologie und erörtert ihre Diagnose. Zur Behandlung empfiehlt er
während des akuten Stadiums Einathmung von Dämpfen und Ein-
führung von Cocain-Borsäurestäbchen in die Nase, Vermeidung von
Nasenspülungen und von Lufteinblasungen in die Paukenhöhle; zur
Verhütung von Recidiven und späteren Erkrankungen operative Ent-
fernung der Rachenmandelreste. Teichmann (Berlin).
7) Kocher. Die Verletzungen der Wirbelsäule, zugleich als
Beitrag zur Physiologie des menschlichen Rückenmarks. —
Die Läsionen des Rückenmarks bei Verletzungen der Wirbel-
säule.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. I. Hft. 4.
K. giebt seine reichen, seit dem Jahre 1872 gesammelten Erfah-
rungen über obenbezeichnetes Thema in ausführlicher Darstellung
unter Mittheilung von 70 Krankengeschichten von Wirbelsäulen-
verletzungen. Anhangsweise sind beigefügt die Beobachtungen, welche
über Funktionsstörungen des Rückenmarks bei einigen Füllen von
Sarkom und Entzündung der Wirbelsäule von ihm gemacht worden
sind. Zahlreiche, zum Theil vorzügliche Abbildungen der verletzten
Wirbelsäulen, so wie reichliche schematische Figuren über die Stö-
rungen von Motilität und Sensibilität sind der sich über 245 Seiten
erstreckenden Abhandlung beigefügt. Der überreiche Inhalt, welcher
zu einem kurzen Referat sich nicht eignet, gliedert sich in folgende
Abtheilungen: Unter den Wirbelverletzungen werden zuerst die par-
tiellen geschildert, als Kontusionen und Distorsionen (dabei Mitthei-
lung eines der seltenen Fälle von isolirter Bandscheibenzertrümmerung
mit Sektionsbefund), isolirte Brüche der Wirbelbogen und -dornen,
isolirte Verrenkungen der Seitengelenke und isolirte Brüche der
Wirbelkörper. Sodann folgen die Totalverrenkungsbrüche der Wirbel,
bei denen unterschieden werden Luxationskompressionsfrakturen mit
Verschiebung .bloß in beiden oder einem der Seitengelenke bei reiner
Kompressionsfraktur des Wirbelkörpers, die Totalluxationen der
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 409
Wirbel mit Luxation in den Seitengelenken und Verschiebung im
Bereich der Zwischenwirbelscheibe und Totalluxationsfrakturen mit
Verschiebung sowohl in den Seitengelenken als an der Frakturstelle
des Wirbelkörpers.
Von besonderem physiologischen Interesse ist der zweite Theil
der Abhandlung, welcher die Läsionen des Rückenmarks bei Ver-
letzungen der Wirbelsäule behandelt. K. scheidet streng die par-
tiellen Markläsionen von der traumatischen Querläsion des Rücken-
marks. Die ersteren kommen ausnahmsweise ohne Verletzung der
Wirbelsäule, häufiger als Begleiterscheinung von Kontusionen, Dis-
torsionen, isolirten Frakturen und Luxationen der Wirbelsäule vor.
K. verhält sich ablehnend gegen die Aufstellung einer bloßen Com-
motio medullae spinalis beim Menschen; der sogenannten Commotio
lägen stets Blutergüsse zu Grunde. Die Halbseitenläsion wird be-
sonders ausführlich besprochen. — Die traumatische Querläsion des
Rückenmarks als häufige Theilerscheinung partieller Schädigungen
der Wirbelsäule und als konstante Begleiterin der Totalluxationen
und Totalluxationsfrakturen wird Schritt für Schritt in ihren Sym-
ptomen in den verschiedenen Höhen des Rückenmarks geschildert;
stets werden die Erfahrungen anderer Beobachter und die Resultate
der Thierexperimente zur Beurtheilung herangezogen.
Besonders werthvoll ist die Beigabe von spinalen Sensibilitäts-
und Motilitätstafeln. Haeckel (Stettin).
8) Gaibissi. Le moderne cure del gozzo.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 22.)
G. hält das frische Parenchym der Schilddrüse für wirksamer
als andere Präparate. Hier müssen die englischen Präparate in der
Praxis verwandt werden. Man thut gut, nach einer Periode von
6—7 Tagen in der Behandlung einen Zwischenraum zu lassen, dessen
Größe sich nach der individuellen Empfänglichkeit richtet. Man
beginnt mit einer Tablette und steigt bis auf 4 pro Tag. Jede Herz-
störung . gebietet Unterbrechung der Kur. Resultate wurden stets
erreicht, einmal bei einem sehr schweren Kropf eine vollständige
Heilung, die noch besteht. Die Thymustherapie des Kropfes nach
Mikulicz brachte keine Veränderung der Kröpfe. Am besten ist
die gleichzeitige Anwendung der Schilddrüsen- und Thymuspräparate.
Man kann auf solche Weise die Behandlungsperiode verlängern, ohne
Nebenwirkungen fürchten zu müssen. Denn dass die beiden Präpa-
rate antagonistisch wirken, geht auch aus physiologischen Versuchen
‚hervor, in denen die ersteren zu einer Vermehrung, die letzteren zu
einer Verminderung der Stickstoffausscheidung führten. Die Dosen
der Schilddrüse müssen doppelt so groß sein wie die der Thymus.
Dreyer (Köln).
15**
410 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
9) E. Cestan. Les accidents nerveux au cours de l’empyeme.
(Gaz. des hôpitaux 1898. No. 12.)
In dieser äußerst fleißigen und sorgfältig bearbeiteten Studie
bespricht C. auf Grond von 87, meist der französischen Litteratur
entnommenen Fällen? die! nervösen Zufälle, welche im Gefolge
des Empyems, gewöhnlich nach der Operation, auftreten können.
Das Verdienst, auf diese im Allgemeinen wenig bekannten Zufälle
zuerst aufmerksam gemacht zu haben, gebührt Bouveret und Jean-
selme. C. unterscheidet 3 Hauptgruppen solcher Zufälle: 1) Die
synkopale "2)”die'konvulsive, 3) die reine hemiplegische Form.
Jede; Gruppe zerfällt wieder in mehrere Unterabtheilungen, die wir
kurz berühren wollen.
Die“synkopale Form tritt entweder als reine Synkope auf
(20`Fälle mit’16 Todesfällen) oder als Synkope mit leichten Kon-
vulsionen (9 Fälle mit 3 Todesfällen).
Die konvulsive Form erscheint a. ohne Komplikationen: reine
Form. Es handelt sich hierbei um richtige epileptische Anfälle mit
Aura, tonischen und klonischen Krämpfen, zuletzt Koma. Später
werden auch cerebrale Störungen verschiedenster Art beobachtet.
Von 29 derartigen Kranken starben 13, während 16 geheilt wurden.
b. mit Hemiplegie, wofür C. 13 Fälle mit 3 Todesfällen auffin-
den? konnte.
Die reine hemiplegische Form (ohne vorausgegangene Epilepsie)
erscheint entweder mit Synkope (5 Fälle) oder ohne Synkope mit
vorübergehenden Störungen der Motilität (6 Fälle), oder ohne Syn-
kope mit langsam sich entwickelnden Motilitätsstörungen (4 Fälle).
Endlich hat C. noch 3 Beobachtungen gefunden, wo sich Geistes-
störungen nach Empyem der Pleura entwickelt hatten.
Zur Erklärung dieser Zufälle sind die verschiedenartigsten Theo-
rien aufgestellt worden, die aber meist nur den Werth einer mehr oder
weniger wahrscheinlichen Hypothese haben. Wir erwähnen hiervon die
Annahme einer Urämie, einer septischen Intoxikation, einer Verän-
derung am Herzen, einer Embolie, und die Reflextheorie. Keine
dieser Hypothesen reicht aus, um alle Arten der beschriebenen Zu-
fälle zu erklären, und wird es weiteren Beobachtungen überlassen
bleiben müssen, hier das gemeinsame ätiologische Band aufzufinden.
Jaffé (Hamburg).
10) Parascandolo. Ricerche sulla commozione toracica e
addominale.
(Arch. intern. di med. e chir. 1898. No. 1. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin.
1898. No. 22.)
Aus den Untersuchungen Dis an Thieren, die ein heftiges Trauma
der Brust oder des Bauches erlitten hatten, geht hervor, dass das
Blutserum dieser Thiere starke toxische Eigenschaften besitzt. Wenn
es in großer Dosis Thieren derselben Art injieirt wird, so sterben
dieselben unmittelbar. In geringerer Dosis führt es den Tod erst
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 411
nach längerer Zeit herbei. Die Untersuchung des Blutes selbst ergiebt
eine vermehrte Gerinnungsfähigkeit, verminderte Oxydationsfähigkeit,
geringe Verminderung der Anzahl der rothen Blutkörperchen und
der Alkalescenz des Blutes. Der Urin der an Commotio thoracis et
abdominis leidenden Thiere hat einen vergrößerten urotoxischen
Koefficienten.
Die bakteriologischen ‚Untersuchungen an diesen Thieren haben
zu keinen definitiven Resultaten geführt. Dreyer (Köln).
Kleinere Mittheilungen.
(Aus der chirurgischen Klinik der kgl. Universität in Genua, geleitet von Prof.
A. Casselli.)
Über die Anwendung eines{ neuen Instruments
für die externe Urethrotomie bei Perinealabscess nach
chronischer Urethritis und veralteter Striktur.
Von
Dr. Ingianni, Assistent.
Der Zweck des Instruments ist, die nach der äußeren Urethrotomie oft sehr
schwierige Auffindung der Hamröhrenöffnung zu erleichtern und in die Harnröhre
eine aus einzelnen Stücken bestehende Leitung einzuführen, über welche man
leicht einen amerikanischen, biegsamen, an beiden Enden offenen Katheter hinüber-
schieben und somit sicher in die Blase einführen kann.
Das Instrument besteht aus 3 Theilen:
L Einer kurzen, dünnen, am Ende etwas gebogenen Stahlsonde, ungefähr
11 cm lang, entsprechend der Charridre’schen Filière No. 8 (s. Fig. S). Längs
der konvexen Seite der Sonde befindet sich eine kleine Rinne. Ein kleines Metall-
stück (s. Abbildung z) dient als Griff zur leichteren Handhabung der Sonde und
ist mit einer Schraube abnehmbar befestigt. Das eine Ende der Sonde ist ab-
gerundet, das andere ausgebohrt. In dieses Schraubengewinde schraubt man den
2. Theil des Instruments:
II. einen dünnen, ungefähr 18 cm langen Metallstift (s. Fig. A).
Um die Harnröhrenwände beim Einführen des Metallstäbchens A nicht zu
verletzen, schraubt man auf den Zapfen des Stäbchens A eine kleine, am Ende
abgerundete Metallhülse (s. Abbildung g) von gleichem Durchmesser, das man ab-
nimmt, sobald das Stäbchen A bis zur Dammwunde eingeführt ist.
Das Metallstäbchen A ist am anderen Ende ebenfalls ausgebohrt, um den
hineinpassenden Zapfen des 3. Theils des Instruments,
lII. einen dünnen Metallstift von gleichem Durchmesser wie A (s. Abbil-
dung B) von der Länge eines gewöhnlichen amerikanischen Katheters (ca, 30 cm)
aufzunehmen.
Ein bereits erwähnter amerikanischer Katheter, der über den ganzen Kon-
duktor (S+ A + B) hinweggezogen wird, vervollständigt das Instrument.
Man bedient sich des Instruments, indem man die Sonde durch die Damm-
wunde in die centrale Harnröhrenmündung einführt. Das Instrument ersetzt somit
die gewöhnliche Sonde, welche zur Auffindung des Kanals in den Perinealgeweben
gebraucht wird. Außerdem erhält man eine größere Sicherheit, die Blase gefunden
zu haben, da der Urin in die kleine Rinne des ersteren gebogenen Metallstäb-
chens resp. Sonde eintritt, abfließt und somit dem Arzt zeigt, dass das Instrument
wirklich in die Blase eingedrungen ist.
412 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
Der Vortheil besteht darin, dass man den gebogenen Theil des Instruments S
von der Dammwunde aus nach der Blase einführen kann, während man Theil A
durch die Harnröhre einführt. Sind beide Theile Sund A an einander geschraubt,
so entfernt man die kleine Schraube z, worauf man Theil B auf Theil A auf-
E
R
schraubt. Man zieht alsdann über alle 3 Theile
den schon beschriebenen Katheter und gelangt
so in die Harnblase, ohne den Harnkanal verletzt
zu haben.
Dann sieht man die Metallstäbchen heraus.
In der hiesigen Klinik wurden die besten
Resultate mit dem Instrument ersielt. Davon
ein Beispiel:
Am 30. Februar wurde der Kranke H. H.
aufgenommen. Derselbe, 30 Jahre alt, erwarb
vor 15 Jahren eine Urethritis, von der eine chro-
nische Entzündung zurückblieb. Seit 3 Jahren
verspürte er Schwierigkeiten und Schmerzen beim
Uriniren. Einige Tage vor Eintritt in die Kli-
nik hatte Pat. ein großes Gewicht gehoben und
empfand seit dieser Zeit große Schmerzen in der
Dammgegend, fühlte sich unwohl und fieberte.
Während das Perineum anschwoll, wurden die
Sohmerzen heftiger.
Status praesens: Der Kranke fühlte sich
matt und sehr leidend, hatte 39° Temperatur;
Perinealschwellung hinter dem Hodensack; bei
Druck auf dieselbe fließt Eiter aus der Harn-
röhre.
Operation: Lokalanästhesie mit Cocain,
Lage des Kranken wie beim Perinealschnitt,
Einführung einer Rinnensonde bis zur Striktur.
Schnitt in der Mittellinie 7 cm lang. Man öffnet
die Beule, in der sich Eiter und Urin befinden
und nekrotisirte Gewebe. Nach sorgfältiger Des-
infektion sucht man die Centralmündung der
Harnröhre, ohne sie zu finden. Daher Anwen-
dung des oben beschriebenen Instruments. Mit
der feinen Rinnensonde gelang es, die centrale
Öffnung der Harnröhre zu finden, indem der aus-
fließende Urin den Beweis lieferte, dass die Sonde
wirklich in die Blase vorgedrungen sei. Man
führte darauf durch den Penis das 1. Metall-
stäbchen ein, schraubte es an die Sonde, und
sodann das 2. Stäbchen auf ersteres auf. Man
zog endlich einen Katheter über den so gewon-
nenen Kondukteur und entfernte dann diesen.
Der Kranke konnte nach 4 Wochen die
Klinik geheilt verlassen.
Das sorgfältigst ausgeführte Instrument ist
aus der chirurgischen Instrumenten-Fabrik von
Baldinelli in Mailand zu beziehen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 413
11) Willard (Philadelphia). Transactions of the American surgical
association.
Philadelphia, Dornau, 1897.
Der stattliche, vorzüglich ausgestattete und mit zahlreichen, leider nicht immer
vorzüglichen Stichen und Holzschnitten versehene Band enthält eine lange Reihe
von Einzelarbeiten aus allen Gebieten der Chirurgie.
Als erster und gewissermaßen als Einleitung steht die Ansprache des der-
seitigen Präsidenten:
C. Warren: The influence of anaesthesia on the surgery of the
nineteenth century.
Nach einem kurzen historischen Überblick über die Entwicklung der Chirurgie
als Zweig der medicinischen Wissenschaft giebt er eine lebendige Schilderung der
Qualen der Pat. und mitfühlenden Chirurgen vor Entdeckung der Anästhesie.
Eine Reihe von Versuchen war vorausgegangen und fehlgeschlagen, ehe es
Morton gelang, den Äther in die chirurgische Praxis einzuführen. Eine Reihe
von Jahren musste gekämpft werden, ehe seine Einführung allgemeiner wurde.
Die in Folge der Überfüllung der Spitäler eintretende große Zahl von septischen
Erkrankungen wurde theilweise dem Äther zugeschoben. Thatsächlich stieg die
Zahl der Operationen überall auf mehr als das Doppelte, die für die chirurgische
Abtheilung des Londoner Hospitals stieg auf das Achtfache; denn auch sog. Luxus-
operationen wurden unter dem Schutz der Anästhesie unternommen. Aber die
Sterblichkeit stieg mancherorts von 20 auf 30%; trotz der größeren Gründlichkeit
wurde eben das Operiren gefährlicher, weil man sich mehr Zeit dabei lassen konnte
und damit die Infektionsgefahr steigerte. Erst Lister’s Entdeckung beseitigte
diese neue Gefahr. X
Des Chloroforms wird in dem Aufsatz gar nicht gedacht und der Äther überall
selbstverständlich als Anästhesirungsmittel angenommen.
Homans (Boston): The indications for and the technique of hyster-
ectomy.
Die Indikationen sind die auch in Deutschland üblichen, doch soll die Ent-
fernung des Uterus wegen entzündlicher Beckenorganerkrankung erst dann vor-
genommen werden, wenn die Salpingektomie ohne Erfolg ausgeführt war. H.
bevorzugt im Allgemeinen die vaginale Operation und will zur abdominalen nur
schreiten, `'wenn die Verhältnisse es aus technischen Gründen indieiren. Für die
erstere Methode verwendet er Klemmen und Ligaturen: bei der letzteren zieht er
neuerdings die radikale Entfernung des Uterus nach Doyen vor, hat aber am
meisten nach Schröder’s Methode operirt. Mehrere interessante Kranken-
geschichten sind mitgetheilt im Text. In der folgenden Diskussion sprechen sich
die Redner, theils für theils gegen die Ligaturmethode aus. Lange (New York)
nimmt die Priorität des nach Schuchardt (Stettin) benannten Hilfsschnittes für
sich in Anspruch.
W. White (Philadelphia): The Roentgen rays in surgery.
Verf. berichtet in dem sehr citatenreichen und auf zahlreiche eigene in Ge-
meinschaft mit Leonard ausgeführte Untersuchungen gestütsten Vortrag ein-
gehend über den heutigen Stand unserer Kenntnisse und die Bedeutung der
Röntgenstrahlen für Diagnose und Therapie. Er sucht die Ursache für die Ver-
änderung der Cutis nach Farbe und Beschaffenheit des Gewebes in den Strahlen
selber und nicht in elektrischen Einflüssen. Genauer lässt sich der interessante
Vortrag wegen der vielen Details nicht referiren. In der Diskussion ergeben sich
Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Frage, ob die direkte Beobachtung mit
dem Fluorescenzschirm, wie W. will, oder das Skiagramm vorzuziehen sei. Zwei
Redner betonen die Unsicherheit, Frakturen mit Röntgenstrahlen zu diagnosticiren.
Endlich wird angeregt, eine Kommission zu wählen zur Prüfung der ganzen An-
gelegenheit, nachdem eine Reihe von Skiagrammen und ein Apparat zur Röntgen-
aufnahme der Blasensteine im Mastdarm von Williams in Boston demonstrirt ist.
414 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
Bradford (Boston): Tenoplastice surgery.
Auf Grund seiner eigenen 27 Operationserfahrungen empfiehlt B. die Sehnen-
plastik besonders bei Kinderlähmung. Er sah im Ganzen nur gute Erfolge, warnt
aber vor der Ausführung bei Kindern unter 4 Jahren. Eine Reihe von Plastiken
sind mit genauerem akiurgischen Detail geschildert.
Roberts (Philadelphia): The surgical treatment of suppurative peri-
carditis.
Auf Grund der mit 35 kurzen Krankengeschichten versehenen Kasuistik em-
pfiehlt R. die Behandlung der eitrigen Perikarditis mit breiter Eröffnung und
Drainage. Er schildert ein von ihm an der Leiche ausgeführtes Verfahren, mit
Bildung eines Weichtheil-Knorpellappens das Perikard freizulegen, genau. 2 Tafeln
sind in klarer Ausführung beigegeben. Er hält sein Verfahren für sicherer und
weniger gefährlich als die einfache Punktion. Im Anschluss berichten
Shattuck und Porter (Boston) über einen Fall von Purulent pericarditis
following pneumonia. Derselbe, nach ähnlicher Methode drainirt, verlief günstig
trotz schwerer Komplikationen.
In der nachfolgenden Diskussion sprechen auch Gaston und Allen sich für
die breite Incision und Drainage aus. Die Kasuistik wird dabei noch erweitert.
Tiffany (Baltimore): The technique of intracranial surgery.
T. legt den größten Werth auf strenge Antisepsis. Wunden will er mit Seife,
Bürste, Alkohol-Ather und Sublimat reinigen, die Haare in weitem Umkreis ra-
siren. Bei beabsichtigter Eröffnung nimmt er all dieses am Tage vor der Opera-
tion vor. Er öffnet am liebsten mit dem Meißel. Blutung beherrscht er mit Tam-
ponade oder Klemmen. Er zieht Chloroform dem Äther vor. Die Hirnregion
wird durch elektrische Reizung bestimmt.
In der Diskussion empfiehlt Keen die Bohrmaschine bedingt und zur Füllung
des Defektes nach größerer Knochenzerstörung die einfache Auflagerung von
Knochenstückchen auf die Dura, welche gut anheilten. Wie Tiffany empfiehlt er
ev. zweizeitiges Operiren. Auch Parmenter empfiehlt den Hohlmeißel. Eben
so Miater. Die elektrische Säge ist wenig benutzt. Tamponade wird als Hämo-
staticum bevorzugt. Alle sind für Einschränkung der Indikationen, außer bei
Traumen.
Weeks (Portland-Maine): Removal of the Gasserian ganglion.
Giebt eine genaue Krankengeschichte des nach Hartley-Krause erfolgreich
operirten Falles.
Gaston (Atlanta): Successful treatment of sarcoma by electrolysis
and cataphoresis combined with the internal use of Donovan's so-
lution.
Vortr. empfiehlt unter genauer Anführung eines glücklich behandelten Falles
die gleichzeitige Behandlung inoperabler Geschwülste mit Elektrolyse und einer
Kombination von Jod und Arsenik mit Pflanzensyrupen.
Powers (Denver): A preliminary comparison of methods and results in
operative surgery at the sea-level and in places of high altitude.
P. führt auf Grund seiner Erfahrung in Denver (1800 m) aus, dass im Hoch-
lande Operationen von neu zugereisten Personen, namentlich Lungen- und Herz-
kranken, schlechter vertragen werden. Sind die Pat. aber acclimatisirt, so ertragen
sie die Eingriffe besser als in der Ebene, besonders die Lungenkranken. Die
Blutung scheint geringer, Shock ist weniger zu fürchten, die Erholung ist rascher.
Bei der Narkose ist Äther mehr zu fürchten als Chloroform. Etwaige Infektion
verläuft milder. Bei Tuberkulösen ist die Heilung von längerer Dauer. Die Er-
fahrungen beziehen sich auf 248 in ca. 2 Jahren operirte Fälle.
Thompson (Washington): A case of exstirpation of popliteal aneurism,
with remarks upon the subject.
Bericht über den trotz — durch Verletzung bedingter — Mitunterbindung der
Vene günstig verlaufenen Fall. Es wurde nach Fehlschlagen der Hunter-Behand-
lung operirt, und empfiehlt Vortr. stets sofortige Operation.
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 415
Ransohoff (Cincinnati): The operative treatment of irreducible sub-
cutaneous fractures.
Anschließend an den Bericht mehrerer glücklich behandelter Fälle formulirt
R. das Resultat seiner Erfahrungen dahin: Die Freilegung einer subkutanen
Fraktur ist zulässig, wenn andere Mittel, eine gute Heilung zu erzielen, fehl-
schlagen; bei Diaphysenbrüchen mit unkorrigirbarer Dislocatio ad longitudinem ist
sofortige oder sekundäre Operation indicirt, bei Epiphysenbrüchen soll frühzeitig
eingegriffen werden. Atrophie des Gliedes ist an sich keine Gegenanzeige, wohl
aber ausgedehnte Zerquetschung. Überhaupt ist peinlichste Asepsis nöthig, und
kritikloses Eingreifen streng zu verwerfen, da nirgends in der Chirurgie größere
Verantwortlichkeit für den blutigen Eingriff besteht. Auch ist die Sekundärnaht
und primäre Tamponade der sofortigen Naht oft vorguziehen wegen der Infektions-
gefahr.
Harte (Philadelphia): Epiphyseal separation of the head of the femur
with report of a case.
„, Der Vortrag enthält eine sorgfältige Schilderung der anatomischen Verhält-
nisse, der Symptome, der konservativen Therapie und Prognose, aber bringt nichts
wesentlich Neues.
B. Johnston (Richmond): Symptoma and treatment of hepatic abscess.
J. bespricht eingehend Symptome und Indikationsstellung dieser schwierig zu
behandelnden Erkrankung. Er kommt auf Grund seiner langjährigen Erfahrung
zum Schlusse, dass die Diagnose sich stützt auf eine Anamnese von Darmerkran-
kung, schweres Gesammtleiden, Schmerz und Empfindlichkeit in der Lebergegend,
Vergrößerung der Leber, hektisches Fieber mit Schweißen, Lagerung auf der
rechten Seite, unregelmäßige Temperatur mit subnormalen Graden, Abmagerung,
Verdauungsstörungen. Er verlangt baldiges, kühnes und gründliches Eingreifen,
breite Eröffnung mit dem Messer, großen Hautschnitt, ergiebige Rippenresektion.
Blutstillung durch Naht und Tamponade. Seine angeführten, ausführlich mit-
getheilten 18 Fälle sprechen für die Vorzüge dieses Verfahrens gegenüber Punktion
und längerem Abwarten, wie früher üblich.
Parkhill (Denver): A new apparatus for the fixation of bones after
resection and in fractures with a tendency to displacement.
Abbildung und genaue Beschreibung der Konstruktion und Anwendung einer
versilberten, originell und anscheinend recht brauchbar konstruirten Fixations-
klammer nebst Bericht über 9 glücklich verlaufene Fälle.
Elliot (Boston): Surgical treatment of tumor of the liver.
E. berichtet über einen eigenen geheilten Fall, giebt dann unter fleißiger Be-
nutzung namentlich der deutschen Litteratur eine Kasuistik von 46 Operationen
und schließt daraus, dass die Diagnose meist vor der Operation unmöglich, die
Operation öfters, als früher geglaubt, gewagt und die Blutung am sichersten durch
` Tamponade beherrscht werden kann. Das Operationsgebiet soll durch »Umwallung«
mit Gaz® Begen die Bauchhöhle abgeschlossen, aber intraperitoneal bleiben.
Forbes (Philadelphia): Removal of stones in the bladder.
Beschreibung seines verbesserten Lithotriptore. F. hat 28 Fälle damit glück-
lich operirt und verfügt im Ganzen über 300 Fälle. Die Sterblichkeit von nur
4,92% spricht zu Gunsten der in Deutschland noch wenig beliebten Litholapaxie,
besonders mit Berücksichtigung der raschen Wiederherstellung der Pat.
Shattuck, Porter, Wright (Boston): Atonie dilatation of stomach.
Gastrorrhaphy.
Die Vortr. berichten über einen gemeinsam beobachteten Fall. P. machte die
Faltung des Magens, welche glatt heilte und die Beschwerden des Pat. rasch be-
seitigte. Derselbe acquirirte aber eine septische D Pneumonie, der er 15 Tage
p. op. erlag. Die Autopsie zeigte den guten Erfolg der Operation. Die Atonie
war Folge der Narbenbildung eines Ulcus ventriculi,
416 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
Burrell und Lovett (Boston): Habitual or recurrent dislocation of the
shoulder.
Auf Grund eingehenden Studiums der Litteratur und ihrer Erfahrung an
7 Beobachtungen empfehlen die Autoren in Fällen habitueller Schulterluxation,
bei denen Massage, Elektrieität und lange Ruhigstellung erfolglos blieben, die
Verkürzung der Kapselfalten durch Excision und Naht in einer Klammer.
Souchon (New Orleans): Operative treatment of irreducible disloca-
tions of the shoulder-joint, recent or old, simple or complioated.
Dem Inhalt nach bereits anderorts veröffentlicht (ofr. Ref. im Centralblatt für
Chirurgie 1897 p. 107.)
Matas (New Orleans): The surgical treatment of congenital ano-rectal
imperforation considered in the light of modern operative proce-
dures. (2 Tafeln.)
Die ausführliche Arbeit giebt eine erschöpfende Darstellung unserer Kenntnis
über das wichtige Kapitel. Anatomie, besonders die historische Entwicklung der
Operationsmethoden und Akiurgie sind eingehend dargestellt. Mehrere Tabellen
geben die schon im Text sorgsam berücksichtigte Kasuistik in übersichtlicher Zur
sammenstellung. Ein sorgfältiges Litteraturverzeichnis vervollständigt am Schluss
die bereits im Text reichlich verstreuten Nachweise. Der Vortr. kommt zum
Schluss, dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Darmblindsack unter
Resektion von Steißbein und ev. Theilen des Kreuzbeins von unten aufzufinden
ist. Auch wenn die Kolostomie durch die Schwäche des kleinen Pat. bedingt war,
ist gewöhnlich durch kombinirtes Verfahren noch nachträglich der Sacralafter zu
erreichen. Intendirte sofortige Kolostomie verwirft er.
Richardson (Boston): A successful case of ureteroplasty for inter-
mittent hydronephrosis.
Durch transversale Vernähung eines frontalen Schnittes wurde die Harnleiter-
mündung des Nierenbeokens verlagert und dadurch ein bestehender Klappen-
verschluss aufgehoben. Die Diagnose war nur durch Probelaparotomie möglich
gewesen. Die Heilung erfolgte prompt und dauert bereits über ein Jahr.
D. P. Allen (Cleveland): Origin of appendioitis.
Auf Grund zahlreicher Operationen und ausführlich mitgetheilter histologischer
Untersuchungen kommt Vortr. zur Annahme, dass die primäre Ursache der Appen-
dieitis meist in einer Knickung des Processus zu suchen ist. Dieselbe wird durch
die angeborene ungenügende Weiterentwicklung seines Mesenteriolums bewirkt.
Richardson (Boston): A case of chronic intestinal obstruction from
incomplete volvulus of the sigmoid flexure.
Der 47jährige taubstumme Pat. wurde 2mal wegen Achsendrehung operirt.
Zuerst wurde der Darm zurückgedreht und fixirt. 5 Monate später erneute Dre-
hung. Jetzt Resektion der ganzen Flexur. Dieselbe hatte 44 cm größten Umfang.
Glatte Heilung.
Walker (Cincinnati): A floating kidney containing three dermoidoysts-
and several serous cysts. Laparotomy. Recovery.
W. ist der Meinung, dass streng geschieden werden solle zwischen beweg-
licher und wandernder Niere. Letztere sei stets angeboren, liege intraperitoneal
und müsse durch Laparotomie entfernt werden, wenn ihr Verhalten den Eingriff
indieire, da dieselbe vom Lumbarschnitt nicht zugängig sei. So verfuhr auch er
in seinem interessanten Falle. Roesing (Hamburg).
12) Wissenschaftliche Ärztegesellschaft in Innsbruck.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 1.)
Aus der Sitzung vom 6. November 1897.
Dr. Lotheissen stellt einen Pat. vor mit einer vor 2 Tagen durch einen
Hammerschlag erlitttenen komplicirten Depressionsfraktur am rechten
Stirnbein. Dieselbe betrug 3:4cm und war 1 em tief. Primäre Trepanation.
v. Hacker operirte in der Weise, dass er die Depression umschnitt, so dass ein
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 417
zungenförmiger Haut-Periostlappen entstand, dessen Basis nach hinten lag. Die
später beabsichtigte Müller-König’sche Osteoplastik sollte dann mit einem an
diesen Lappen ohne zwischenliegende Hautbrücke sich direkt anschließenden, nach
vorn gestielten Haut-Periost-Knochenlappen ausgeführt werden, um beim Meißeln
von dem Defektrand aus die Dicke des Knochenlappens leichter bestimmen zu
können. Bei der ohne Meißel, nur mit Elevatorium und Kneipgange ausgeführten
Operation fand sich ein 1 cm langer, querer Schlitz in der Dura. Gehirn in der
Nähe etwas gequetscht. Feiner Jodoformgasestreifen eingelegt. Nach einigen Tagen
klagte Pat. über Kopfschmerzen, wurde stuporös, ließ Fäces und Urin unter sich
und musste genährt werden. Druckempfindlichkeit der Halswirbelsäule und der
Muskulatur der unteren Extremität; keine Störung im Bereich der motorischen
Hirnnerven. Kein Hirnabscess. Keine Meningitis. Da die Wunde sehr üppig
granulirte, wurde eine in Jodoformgaze eingewickelte Celluloidplatte aufgelegt und
ein leicht komprimirender Verband angelegt. Erfolg war ausgezeichnet. Senso-
rium des Pat. wurde freier, und nach wenigen Wochen war er wieder ganz normal,
L. nimmt als Ursache Cirkulationsstörungen im Gehirn an. Die 2. Operation
wurde von L. in der obengenannten Weise nach 21/, Monaten mit befriedigendem
Erfolg ausgeführt.
Aus der Sitzung vom 27. November 1897.
v. Hacker berichtet über ein von ihm ausgeführtes neues Verfahren der
Sehnenplastik, durch welches die nach einer Verletzung verloren gegangene
Streckfähigkeit des Zeigefingers wieder hergestellt wurde, und demonstrirt die be-
treffende Pat. in geheiltem Zustand. Durch den Unfall war 8 Wochen vorher über
dem 1. Interphalangealgelenk des Zeigefingers dieses eröffnet und die darüber
liegende Streckaponeurose sammt der sie bedeckenden Haut verloren gegangen,
und ein Defekt von 5cm Länge und 2 cm Breite entstanden.
Zur Sehnenplastik, an welche sich sofort eine Hautplastik mit einem Brücken-
lappen aus der Brusthaut anschloss, wurde die Indikatorsehne verwendet. Die-
selbe wurde nach aufwärts auf dem Handrücken freigelegt, quer durchtrennt, über
die klappenartig den Knöchel bedeckende Streckaponeurose in einer Länge von
71/g cm nach vorn über das eröffnete Gelenk geschlagen und an der Nagelphalanx
des Fingers unter das Periost eingepflanst. Nach der Heilung beherrscht die
Sehne ähnlich wie die normale Streckaponeurose dadurch, dass sie auch an allen
Phalangen angriff, alle 3 Fingergelenke. Das Verfahren ist in gleicher Weise bei
Zerstörung des Streckapparates am Daumen oder Kleinfingerrückens, die beide zwei
wie die Zeigefingersehnen {über dem Metacarpophalangealgelenk verschmelzende
Sehnen haben, durch Umschlagen einer derselben nach vorn ausführbar. Beim
Mittel- und Ringfinger könnte ein solches Umschlagen nach vorn mit der einen
Hälfte der der Länge nach gespaltenen Extensorsehne ausgeführt werden.
v. Hacker stellt hierauf eine Frau vor, bei welcher er wegen eines mit dem
Quercolon verwachsenen Magencarecinoms die Resektion des Magens und
Queroolons mit Erfolg ausgeführt hat. Es ist dies der 7. in einer ununterbrochenen
Reihe glücklich verlaufene Fall von Magenresektion, über den der Vortr. berichten
kann, Hübener (Breslau).
13) R. Hahn. Über Nervennaht und Nervenplastik.
Diss., Leipzig, 1897.
In ‚übersichtlicher Weise stellt H. Alles susammen, was bisher über dieses
Thema publieirt worden ist. Danach ist die Nervennaht im Ganzen jetzt in
196 Fällen ausgeführt worden, 94mal primär und 102mal sekundär. So weit genaue
Nachbeobachtungen existiren, ist »bei der reichlichen Hälfte der mit Anwendung
der Naht geheilten Fälle eine vollkommene Wiederherstellung der Funktion, wenn
auch mitunter erst nach längerer Zeit« konstatirt worden. Er selbst berichtet über
einen interessanten, von Braun-Leipzig operirten Fall. Es handelte sich um ein
walnussgroßes, im N. ulnaris gelegenes Fibrom, bei dessen Exstirpation der ge-
nannte Nerv resecirt wurde, so dass zwischen centralem und peripherem Ende eine
Distanz von 4 cm bestand. Trotz starker Dehnung der Nervenenden blieb immer
418 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
noch ein Raum von 1!/, cm zwischen ihnen übrig. Die Ausfüllung dieses Raumes
wurde nach Assaky durch zahlreiche Katgutfäden bewerkstelligt, welche rings
am Neurilemm der beiden Nervenstümpfe befestigt wurden. Gleich nach der Ope-
ration bestand vollständige sensible und motorische Lähmung im Gebiet des N.
ulnaris, aber schon nach wenigen Tagen war in geringem Grade wieder Sensibi-
lität vorhanden, und nach 3 Wochen hatte sich Sensibilität und Motilität schon
vollkommen wieder hergestellt. Mit Recht nimmt Verf. an, dass eine Heilung des
Nerven per prim. int., wie sie bei so schneller Wiederherstellung der Funktion
nach direkter Nervennaht für möglich gehalten wurde, hier auszuschließen sei,
dass vielmehr in allen diesen Fällen in dem Vorhandensein von Anastomosen die
Ursache der schnellen Heilung gelegen sein müsse. Sultan (Göttingen).
14) Aus der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien.
(Officielles Protokoll in Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 4.)
Aus der Sitzung vom 21. Januar 1898.
v. Friedländer und H. Schlesinger demonstriren einen Fall von ope-
rirter Hirngeschwulst (Gumma der Dura mater).
43jähriger Mann. Beginn der Affektion vor 2 Jahren mit heftigen, oft anfalls-
weisen Kopfschmerzen. Allmählich zunehmende Apathie, Mattigkeit, Gedächtnis-
schwäche, Sprachstörungen. 3 Monate vor der Spitalsaufnahme Anfälle typischer
Rindenepilepsie, die sich späterhin mehrmals wiederholten. Nach einem brennen-
den Gefühl in der Zungenspitze traten Parästhesien in der rechten Zungenhälfte,
dann in der rechten Wange, rechten Hand und ganzen oberen Extremität auf,
nach welchen sich klonische Krämpfe in derselben Reihenfolge einstellten. Dauer
der Anfälle höchstens 2 Minuten. Bewusstsein bei ihrem Ablauf erhalten; öfters
im Anschluss daran kurz währende motorische Aphasie. Lues negirt, doch bestand
schwerer Verdacht. Schmierkur und dann Jodnatriumbehandlung.
Untersuchung ergab doppelseitige Stauungspapille, rechtsseitige Hypoglossus-
parese, Ataxie und Muskelsinnstörungen an der rechten oberen Extremität. Deut-
liches Silbenstolpern. Scheitelbein links sehr druckempfindlich, besonders auf
Klopfen, an einer Stelle anscheinend etwas prominirend.
In den nächsten Wochen rapides Fortschreiten der Erscheinungen, Parese des
rechten Mundfacialis, der rechten oberen Extremität, ein Anfall von Rinden-
epilepsie. Völlige Apathie, wüthende Kopfschmerzen, Verweigerung der Nahrungs-
aufnahme, Erbrechen.
Die Geschwulst wurde an das untere Ende der vorderen Centralwindung, viel-
leicht noch ein wenig mehr nach vorn hin reichend, lokalisirt; die Knochenauf-
treibung und exquisite perkutorische Empfindlichkeit machten eine Duralgeschwulst
wahrscheinlich.
Operation in der Albert’schen Klinik. Die als erkrankt angenommenen
Hirnpartien (linken Centralwindungen) durch Bildung eines Wagner’schen
Lappens freigelegt. Sofort trat die erkrankte, guldenstückgroße Stelle zu Tage.
Die nicht pulsirende und gelb verfärbte Dura, der gegenüber der Knochen usurirt
war, hing mit einer eben so großen, fest mit dem Gehirn verwachsenen Geschwulst
zusammen, die nach Umschneidung des erkrankten Duraabschnittes theils stumpf,
theils scharf aus der Hirnsubstanz ausgelöst wurde. Dabei traten rechts Facialis-
zuckungen auf, und die rechte Thoraxhälfte blieb beim Athmen zurück. Puls
regelmäßig, kräftig, 80 pro Minute. Nach dem Erwachen aus der Narkose rechts-
seitige Hemiplegie mit Aphasie. Drainage. Wundverlauf reaktionslos. Exstir-
pirte Geschwulst erwies sich, wie vermuthet, als Gumma.
Die p. o. aufgetretene Hemiplegie ging bald zurück; zuerst verschwand die
Facialislähmung, dann die des Beines, zuletzt die des Armes. Zur Zeit besteht
nur noch eine rechtsseitige Hypoglossuslähmung (sehr seltenes Symptom, da cor-
ticaler Natur). Auf der ganzen rechtsseitigen Körperhälfte ist Berührungsempfin-
dung erhalten, Schmerzempfindung wenig, Temperatursinn hochgradig geschädigt,
besonders der rechten oberen Extremität; hochgradige Ataxie des rechten Armes,
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 419
vasomotorische Störungen. Anfangs komplete Aphasie, später lernte der Kranke
sehr rasch und gut sprechen.
Die Vortr. stellen folgende Indikationen zum chirurgischen Eingriff bei Hirn-
syphilis auf:
1) Bei Geschwülsten mit stationären Erscheinungen, die einer antiluetischen
Behandlung nicht weichen, chirurgisch leicht zugänglich sind und vermuthlich
geringen Umfang haben.
2) Bei ausgesprochenem Fortschreiten der Geschwulstsymptome trotz energi-
scher antiluetischer Behandlung.
3) Bei vorhandener Jackson’scher Epilepsie auch nach sonstigem Rückgang
der Erscheinungen.
Als Kontraindikationen gelten Zeichen einer basalen oder ausgedehnten spi-
nalen Lues, schwerer Kräfteverfall, Amyloidosis.
8. berichtet im Anschluss daran über einen vor 8 Jahren auf der Schrötter-
schen Klinik beobachteten, von Albert und Hochenegg operirten Fall, den er
demonstrirt:
Jackson’sche Epilepsie im 17. Lebensjahre. Auf Brom 6 Jahre Pause. Dann
neuerliches Auftreten derselben mit zunehmender Zahl der Anfälle. Allmähliche
Parese der linken Körperhälftee Bei der Operation wurde eine walnussgroße,
schwielige Duralgeschwulst entfernt. Es bestand gleichfalls bedeutende Knochen-
verdiekung. Die nach einem Monat wieder auftretenden Krampfanfälle schwanden
völlig nach Abtragung des Prolapses. Gegenwärtig besteht Parese des linken
Beines, des rechten Armes, besonders der Finger. Sensibilität linkerseits mit
Ausnahme der Berührungsempfindlichkeit herabgesetzt. Cerebrale Ataxie, be-
sonders an den distalen Theilen der linken oberen Extremität, Schmerz- und Tem-
peratursinn, wie Muskelsinn geschädigt. Lokalisationsvermögen links hochgradig
gestört. Sehnenreflexe sehr gesteigert.
In einem 3. Falle von Hirngeschwulst aus der Schrötter’schen Klinik war
ebenfalls wegen Rindenepilepsie Geschwulst der Centralwindungen angenommen
worden. Bis 200 Anfälle an einem Tage. Parese der linken Körperhälfte (auch
des Facialis) und doppelseitige Stauungspapille, starker Kopfschmerz.
Die Operation (Ewald) zeigte keine sichtbare Geschwulst der Dura oder des
Gehirns. Sehr starker Hirnvorfall. Die Knochenlücke wurde nicht geschlossen,
sunehmender Vorfall. Danach Besserung; Pat. kehrte indess nach 5 Monaten
unter fast denselben Erscheinungen (ohne Krämpfe und Kopfschmerz) wieder. Tod.
Die Sektion ergab, dass die ganze rechte Hemisphäre von Gliosarkom durchsetzt
war, welches bis zur Rinde der Centralwindungen reichte. Hiübener (Breslau).
15) K. Tenner. Ein Fall von Gehirnbruch bei einem 4 Stunden
alten Kind mit Erfolg operirt.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 21.)
Das Wesentlichste des in der Chrobak’schen Klinik von Ludwig operirten
Falles ist in der Überschrift enthalten. Die Geschwulst hatte Apfelgröße, ihr
größter Umfang betrug 10 cm, der des Stieles 8 cm. Ein etwa kastaniengroßer
Vorfall von Gehirnmasse, die später als dem Kleinhirn angehörig erkannt wurde,
musste abgeschnürt und abgetragen werden, da wegen der Enge der Knochenlücke
eine Reposition unmöglich war. 4 Wochen nach der Operation Gewichtszunahme
um 500 g neben unbedeutender Vergrößerung des Hydrocephalus. Normaler Augen-
spiegelbefund. Eine umfassende Litteraturzusammenstellung bildet den 2. Ab-
schnitt der Arbeit. Hübener (Breslau).
16) A. Ricard. Des greffes d’os vivants.
(Gaz. des höpitaux 1898. No. 14.)
Im Jahre 1891 hatte R. eine Knochenlücke im Stirnbein, die nach Exstirpa-
tion eines Osteosarkoms bei einer 40jährigen Frau entstanden war, durch einen
frisch exstirpirten Hüftknochen eines Hundes gedeckt und Heilung erzielt. 5 Jahre
422 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
jungen Gefäßen seien wieder Blutungen erfolgt, u. s. f., so dass sich schließlich
die Geschwulst entwickelt habe. E. verlangt, dass solche Affektionen von den
wahren Angiomen, von Sarkomen und anderen gefäßreichen Geschwülsten scharf
unterschieden werden. Kümmel (Breslau).
23) Ardenne. Sur un cas d’abces chronique de la voute du naso-
pharynx.
(Revue de laryngol. 1898. No. 7.)
Ein 59jähriger Mann litt seit einem Jahre an Verstopfung der Nase; das Leiden
hatte sich allmählich und schmerzlos entwickelt. Im Nasen-Rachenraum fand sich
eine walnussgroße, unbewegliche, schmerzlose und fluktuirende Geschwulst von
glatter Oberfläche, welche den weichen Gaumen nach vorn und unten verdrängte.
Bei der Digitaluntersuchung entleerte sich durch Nase und Mund etwas Eiter.
Die breite Eröffnung des Abscesses erfolgte dann mit dem galvanokaustischen
Messer. Die Abscesshöhle war von Granulationen ausgekleidet, ließ aber nirgends
bloßliegende Knochen fühlen. Innerhalb von 14 Tagen trat völlige Heilung ein.
Die mikroskopische Untersuchung eines Stückes der Abscesswandung ließ erkennen,
dass es sich nicht um eine Cyste handelte. Teichmann (Berlin).
24) F. Pendl. Über ein kongenitales Rhabdomyom der Zunge. Mit
1 Tafel.
(Zeitschrift für Heilkunde Bd. XVIII. Hft. 5 u. 6.)
Es handelte sich um einen 8 Wochen alten Knaben, bei welchem bald nach
der Geburt eine taubeneigroße Geschwulst an der Zunge bemerkt wurde. Dieselbe
ist seit der Geburt nur um ein Geringes gewachsen.
Bei der Aufnahme des Kindes (Klinik Hofrath Albert) beobachtete man eine
Geschwulst von Taubeneigröße, welche die linke Zungenhälfte einnahm und knapp
bis an den linken Zungenrand reichte. Die Geschwulst war von einer sarten,
blassrothen Schleimhaut überzogen, fühlte sich ziemlich hart an und zeigte elasti-
sche Konsistenz. Auf der Höhe der Geschwulst war ein unregelmäßiger Substans-
verlust mit graurothem Grund wahrzunehmen. Exstirpation der Geschwulst mit
Scherenschlägen, Naht, Heilung und Entlassung nach 14 Tagen.
Interessant ist das Ergebnis der ungemein sorgfältig angestellten histologi-
schen Untersuchung des Gebildes, dessen Verhalten in dieser Richtung sich von
allen bisher beschriebenen Geschwülsten der Zunge wesentlich unterscheidet. Um
den Rahmen des Referates nicht ungebührlich zu überschreiten, sei aus dem histo-
logischen Befund Pia hervorgehoben, dass die Geschwulst zusammengesetzt war aus
in allen möglichen'Richtungen unter einander verschlungenen und sich kreuzenden
Bündeln von Muskelfasern verschiedenster Beschaffenheit. Neben solchen Fasern,
welche auf der Höhe der Entwicklung standen und von reinem dichten Binde-
gewebsnetz getragen wurden, fanden sich unter einander verkittete Spindelzellen
und zarte junge Fasern. An einzelnen Stellen sah man die Spindelzellen in die
Spalten zwischen den Fasern hineinwachsen und Gesichtsfelder, in denen alle
Entwicklungsstadien der quergestreiften Muskelfaser vertreten waren, und welche in
der beigegebenen Tafel festgehalten wurden.
P. vergleicht die in seinen Schnittpräparaten gemachten Befunde mit den
Untersuchungen Kölliker’s, Scheffer's, Ribbert’s u. A., welche sich zum
großen Theil decken. P. fasst die Geschwulst als Rhabdomyom auf, da seine
Hauptmasse von quergestreifter Muskelsubstanz in allen Entwicklungsstadien ge-
bildet war; das Bindegewebe deutet er als Stützgewebe. Bezüglich der Differential-
diagnose der Geschwulst (eine ähnliche Geschwulst der Zunge wurde bisher nicht
beschrieben) berücksichtigt P. Makroglossie, halbseitige Hypertrophie, Myosarkom,
welche schon durch den histologischen Aufbau im konkreten Falle auszu-
schließen sind.
Die Herkunft der Geschwulst leitet P. als aus einer irregulären Anlage der
Zungensubstanz entstanden ab, in der Weise, dass ein Theil der Anlage abgetrennt
wurde und nicht der gemeinsamen Entwicklung folgte, wobei seiner Entwicklung
kein Wachsthumsgesetz entgegenstand. Gold (Bielitz).
Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 423
25) Hattemer. Über traumatische Spondylitis und sekundäre trau-
matische Kyphose.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.)
Unter eingehender Berücksichtigung der Litteratur giebt H. eine Schilderung
des zuerst von Kümmell als typisch beschriebenen Krankheitsbildes. Die Ver-
anlassung dazu boten 2 in Garr£'s Klinik zu gleicher Zeit beobachtete Fälle.
1) 19jähriger Knecht fiel mit einem (bh Centner schweren Sack auf den
Schultern 2 m hoch herab, so dass er mit der Mitte der Wirbelsäule auf die Ecke
einer Kiste aufschlug. Er konnte noch allein nach Hause gehen; nach 6wöchent-
licher Behandlung mit Bettruhe und Einreibungen wieder für ein Jahr arbeits-
fähig. Dann 2. Trauma bestehend in einem heftigen Druck im Rücken, welcher
dadurch hervorgerufen wurde, dass Pat. eine Kuhkrippe, die er mit einem Anderen
zusammen trug, und die dieser fallen ließ, festhalten wollte. Danach allmähliche
Entwicklung eines Gibbus mit starken Beschwerden. Besserung der letzteren
durch Korsettbehandlung.
2) 25jähriger Knecht; Fall aus 5—6 m Höhe führt zu Bewusstlosigkeit und
Lähmung des linken Beins. Aus dem starken Vorspringen des 1. Lendenwirbels
diagnostieirt der Arzt eine Fraktur des letzteren. Nach 2monatlicher Bettbehand-
lung noch Schmerzen im Rücken und Sensibilitätsstörungen in den Beinen;
1/2 Monat später war Pat. beschwerdefrei bei mäßiger Ausbiegung der Lenden-
wirbelsäule. 14 Tage später, durch den Versuch zu graben, bedeutende Schmerzen,
welche sich zunehmend steigern; bei der damals vorgenommenen Untersuchung
wurde nur eine Kyphose der untersten Brustwirbel gefunden, 2 Monate später
aber eine starke Kyphose der ganzen Brustwirbelsäule mit deutlicher Knickung
auf der Höhe des 12. Brustwirbels. Behandlung fand nicht statt.
Hofmeister (Tübingen).
26) Detzler. Beitrag zur Kenntnis der sog. tiefen Atheromcysten am
Halse.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 9.)
Die genaue histologische Beschreibung einer großen, von Schönborn ex-
stirpirten Kiemengangseyste ist der Hauptzweck der Mittheilung. Die Cystenwand
setzt sich aus 3 Schichten zusammen: 1) der rein bindegewebigen, 2) der adenoiden,
gefäßhaltigen und 3) der Plattenepithelschicht. In der adenoiden Schicht finden
sich ausgebildete Lymphfollikel mit typischen Keimcentren. Von diesen aus kann
man ein massenhaftes Durchwandern von Leukocyten durch das Epithel in das
Innere der Cyste erkennen. Als Ausgangspunkt der Cyste nimmt D. Reste des
2. Kiemengangs, und zwar des endodermalen Theils, an; letzteres wegen der Über-
einstimmung des histologischen Baues der Wand mit der Schleimhaut und be-
sonders im Hinblick auf die dem physiologischen Process in den Tonsillen ent-
sprechende Leukocytenauswanderung. Den schlecht passenden Namen »tiefe
Atheromeystea möchte D. durch »Dermoid (Entodermoid) des Vorderdarms« ersetzen.
Hofmeister (Tübingen).
27) A. Gouguenheim et A. Guinard. Traitement chirurgical du lupus
du larynx.
(Ann. des malad. de l’oreille 1897. No. 2.)
Während die Verff. bei Behandlung der eigentlichen Kehlkopfphthise mittels
Laryngofissur recht schlechte Erfolge hatten, glauben sie bei einem Lupus des
Kehlkopfeinganges (von einem itjährigen Knaben) eine volle Heilung erzielt zu
haben. Nach sehr ausgedehnter Laryngofissur sah man die Hauptveränderungen
am Kehlkopfeingang bis zu den Stimmbändern hinab. Abtragung der Epiglottis,
Ausschabung der erkrankten Partien, auch der Morgagni’schen Ventrikel, dann
Thermokauterisation, Blutstillung mit Wasserstoffsuperoxyd, Pinselung mit Naph-
tholkampher, Naht des Kehlkopfs. Eine kleine Drüse zwischen Schild- und Ring-
knorpel mit exstirpirt; Kauterisation der außerdem vorhandenen kleinen lupösen
424 Centralblatt für Chirurgie. No. 15.
Stelle an einem Nasenflügel. Kanüle am folgenden Tage entfernt. Nur 8 Tage
lang leichte Schluckbeschwerden, Stimme wird fast normal. Nach 6 Monaten (der
Fall anscheinend nicht länger beobachtet) kein Recidiv.
Die histologische Untersuchung ergab eine leukocytäre Degeneration der
Schleimdrüsen; typische tuberkulöse Veränderungen werden in der mikroskopi-
schen Beschreibung nicht geschildert. Kümmel (Breslau).
28) C. P. B. Clubbe. Diphtheria treated with serum.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 23.)
C. berichtet über die Erfahrungen, welche er selbst im Sydney-Kinderhospital
mit dem Diphtherieheilserum gemacht hat. Die Fälle wurden sämmtlich bakterio-
logisch untersucht, solche, in denen sich der Klebs-Löffler’sche Bacillus nicht
fand, wurden ausgeschlossen; im Übrigen war die Behandlung eine gans gleich-
mäßige, nur mit dem Unterschied, dass in der einen Reihe Serum nicht gegeben
wurde.
Von 300 nicht mit Serum behandelten Fällen betrug die Sterblichkeit
bei Tracheotomie 199 Fälle 67,8%
bei einfacher gew. Diphtherie 101 » 22,1%
ohne Serum 300 Fälle Sterblichkeit 52,7%
Von 300 mit Serum behandelten Fällen ergab sich
bei Tracheotomie 129 Fälle 37,9%
bei einfacher Diphtherie 171 e 6,4%
mit Serum 300 Fälle Sterblichkeit 20%
Eine weitere Tabelle zeigt, dass, je früher das Antitoxin gegeben wurde, um
so besser die Resultate waren. Die Nothwendigkeit der Tracheotomie wird we-
sentlich verringert.
Üble Zufälle wurden nicht beobachtet. F. Krumm (Karlsruhe).
29) A. Depage. De la laryngectomie totale et partielle. Deux ob-
servations.
(Ann. de la soc. Belge de chir. 1897. Extrait.)
Beide Operationen wurden wegen Carcinom des Kehlkopfs ausgeführt, und
bei der totalen Exstirpation wurde nach Bardenheuer-Rotter durch Naht
der vorderen Rachenwand mit der Basis der zurückgelassenen Epiglottis der Ab-
schluss der Wunde von der Mundhöhle erzielt. Sultan (Göttingen).
30) A. v. Bergmann. Über den Kehlkopfkrebs und seine Behandlung.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 46.)
v. B. berichtet über seine I5jährige Erfahrung auf diesem Gebiet. Von
5 totalen Kehlkopfexstirpationen wegen Carcinom endete 1 Fall tödlich. Einer
seit 12 Jahren heil! Von 3 partiellen Resektionen starb einer nach 6 Tagen an
Pneumonie, ein zweiter nach 2 Monaten an Lungenabscess, ein dritter nach einigen
Monaten an Recidiv, nachdem er Totalexstirpation abgelehnt hatte. Ein Pat. mit
Laryngotomie ist noch nach 49‘, Jahren recidivfrei. — v. B. wendet keine Tampon-
kanülen an, sondern tamponirt um eine gewöhnliche Kanüle durch kleine, mit
langen Seidenfäden versehene Tampons. Vollständiges Vernähen des Rachens hält
er für sehr wichtig, doch gelingt es selten ganz.
Der Wolff’sche künstliche Kehlkopf wurde von sämmtlichen Kranken wegen
der Respirationsbehinderung zurückgewiesen; sie sogen Flüsterstimme bei völlig
unbehindertem Respirationsstrom vor. Haeckel (Stettin).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlage-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
| Gentralblatt
C HIRUR GIE
E. vo een T, Kinig, E. Mit,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
m ser ge en
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 16. Sonnabend, den 23. April. 1898.
Inhalt: I. L. Gigli, Zur Technik der temporären Schädelresektion mit meiner Drahtsäge.
— 1. Codivilla, Zur Technik der explorativen Kraniektomie. (Original-Mittheilungen.)
1) Raoult-Delongchamps, Staphylococcus pyogenes. — 2) Berestnew, Aktinomykose.
— 3) Grube, Chloroformnarkose. — 4) White, 5) Williams, 6) Küttner, Köntgenstrahlen.
— 7) Pasteau, Harnröhrenverengerung beim Weibe. — 8) Englisch, Cowper'sche Drüsen.
_ D Englisch, 10) Deiore, Prostatahypertrophie. — 11) Inglanni, Resektion des Vas
deferens. — 12) Versarl, Sphincter internus vesicae. — 13) Rochet, Blasenabscesse. —
14) Güterbock, Die chirurgischen Krankheiten der Nieren.
15) Lanz, Streptococcus. — 16) Obermayer, Sekundäre hyperplastische Ostitis, —
47) Clemmer, Airol. — 18) Map, Operationen an den Harnorgauen. — 19) Wilson,
Zerreißung eines Corpus cavernosum. — 20) Heiner, 21) Verhoogen, Prostata. —
22) Thöle, Cysten der Genitoperinealrhaphe. — 23) Albarran, Blasengeschwülste. —
24) Hofmokl, Harnblasendivertikel. — 25) Albarran, Überzähliger Harnleiter. — 26) $se-
rapin, Nierenechinoroccus.
I, Zur Technik der temporären Schädelresektion
mit meiner Drahtsäge,
Von
Dr. Leonardo Gigli in Florenz.
Durch Professor Obalinski’s Aufsatz in No. 32 (1897) ds. Bl.
auf die Leistungsfähigkeit meiner Säge für die Schädeltrepanation
hingewiesen, habe ich selbst mir auch die Ausbildung des Verfahrens
angelegen sein lassen in der Überzeugung, dass man mit keinem
anderen Instrument so sicher einen osteoplastischen Lappen von be-
liebiger Größe auszuschneiden und so auf breitem Felde jeden Punkt
des Gehirns anzugreifen im Stande ist.
Die größte Schwierigkeit der Technik der Kraniektomie mit
meiner Säge besteht darin, letztere unter den Knochen des Schädels
durchzuführen, und zwar ohne Ausübung von Druck und ohne Ver-
letzung der Hirnhäute.
Ich habe zu dem Zweck eine Art rinnenförmiger Sonde aus-
führen lassen, die an ihrem Ende fast rechtwinklig gekrümmt ist (s.
Fe (o b).
16
426 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
In der Rinne dieser Sonde kann man ein Fischbein von 8 bis
9 mm breit gleiten lassen und in der Richtung weiterdrängen, die
ihm das Ende der Sonde gegeben hat, parallel der Oberfläche des
Hirns. S
Ich habe Fischbein, obwohl es den modernen Forderungen nicht
ganz entspricht, vorgezogen, weil es das Sicherste ist. Stahlfedern,
wenn zu dick, sind zu wenig biegsam und nachgiebig; wenn zu
dünn, schneiden sie leicht. Uhrfedern, wie sie neuerdings Lauen-
stein und Trnka empfohlen haben, die scharf sind, werden, wenn
sie mit ihrem Ende die Dura nicht parallel berühren, oder gegen
Fig. 1.
Die Sonde, ?/3 natdrlicher Größe.
a. Vorderseite. b. Im Profil. c. Das Fischbein mit Faden.
die hintere Fläche des Knochens anstoßen, im Vorwärtsgleiten Hem-
mung finden. Mit dem Fischbein sind wir dagegen sicher, keine
Verletzung hervorzubringen, selbst wenn wir das Instrument foreiren,
um irgend einen Widerstand zu überwinden oder eventuell Verwach-
sungen zu zerreißen; dazu kann man es weithin vorschieben.
Zur Schädeldurchbohrung verwende ich, wie Obalinski, den
Collin’schen Perforateur mit einer Trepankrone von 1 cm Durch-
messer und einer Fraise von 5 mm, wie sie von Doyen und Braatz
empfohlen wurde.
Die Operation verläuft folgendermaßen: Nach Feststellung des
Ortes und der Größe des zu bildenden Lappens schneidet man an
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 427
dessen oberer und hinterer Ecke bis auf den Knochen und legt
diesen so weit frei, dass man die Krone ansetzen kann.
Nach Entfernung der Knochenscheibe lockert man die Dura und
führt den Schnabel der Sonde zwischen sie und den Schädel in der
Richtung des zu bildenden — dreiseitigen — Lappens. Die Sonde
selbst wird mit der auf den Schädel sich stützenden Linken unent-
wegt festgehalten und in ihre Rinne das Fischbein eingeschoben, in
das man einen dünnen starken und langen Faden eingefädelt hat.
In den seltensten Fällen begegnet man Schwierigkeiten bei dem
weiteren Vorschieben desselben; manchmal konnte ich das Fischbein
auf der Oberfläche der Hirnhemisphären vom Hinterhauptsbein bis
zum oberen Augenhöhlenrande vorgleiten lassen.
Fig. 2. Fig. 3.
Div Lage der Fäden und der Schleife,
welche die Verwachsungen eventuell
losmachen kann.
Begegnet man irgend pathologischen Verhältnissen, die Schwierig-
keiten gewähren, so kann man solche durch geeignete forcirte Be-
wegungen der Sonde zu überwinden sicher sein, da es ganz unmög-
lich ist, dadurch irgend eine Verletzung zu erzeugen. Am inneren
Ende des eingeschobenen Fischbeins, dessen Lage durch Messung leicht
sicherzustellen ist, legt man eine zweite Trepanöffnung an, ergreift
mit Pincette oder Haken den am Fischbein befestigten Faden und
zieht ihn und mit ihm das Fischbein vor. Von dem vorgezogenen
schleifenartigen Doppelfaden schneidet man einen Theil doppelt so
lang, als die Knochenstrecke, die zwischen den 2 Trepankronen
liegt, fasst die beiden Enden dieses Fadens in eine Quetschpincette
und lässt den anderen Theil des viel längeren Fadens in situ frei.
Jetzt führt man die Sonde noch einmal in das erste Bohrloch ein,
ihre Krümmung nach unten in der Richtung des anzulegenden
Lappenrandes, lässt in das Fischbein das entsprechende Ende des
16*
428 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
längeren Theils des oben erwähnten Fadens einfädeln und schiebt
dann das Fischbein wieder in die Sondenrinne und weiter nach unten
hin vor. Wo sich sein Ende befindet, bohrt man in den freigelegten
Knochen mit der kleinen Fraise ein kleines Loch, zieht durch dieses
den Faden heraus, schneidet auch hier einen Theil ab im Verhältnis
zur Länge des entsprechenden Randes, macht die Fäden frei und
zieht Sonde und Fischbein zurück.
Dasselbe Manöver wiederholt man an der anderen Trepanöffnung
zur. Bildung des dritten Knochenrandes. So haben wir mit 4 ein-
fachen Bohrungen, von denen 2 ganz klein sind, einen seidenen
Faden unter die zu schneidenden 3 Lappenränder geführt und haben
einen kontinuirenden anderen Faden unter allen diesen Rändern mit
den beiden Enden durch die kleinen letzten Bohrungen heraus-
kommen lassen. Jetzt zieht man, während man aufpasst, dass die bei-
den Fäden sich nicht kreuzen, die Fadenenden unter den Knochen-
abschnitt zwischen den 2 letzten Bohrungen, wo die Basis des Lappens
zu liegen kommt. Man trennt so die möglichen Verwachsungen der
Dura mit der Innenfläche des osteoplastischen Lappens, um zu ver-
` meiden, dass bei der späteren Bildung des Lappens ausgedehnte Zer-
reißungen der Hirnhäute zu Stande kommen.
Nun werden von Bohrloch zu Bohrloch die Weichtheilschnitte
geführt, natürlich ohne Durchtrennung der Basis des Lappens, die
Seidenfäden durch die Drahtsäge und das schützende Fischbein er-
setzt und die entsprechende Knochenstrecke der Ränder vollständig,
die Basis theilweise durchsägt, um zuletzt durchbrochen zu werden.
Damit erhält man einen osteoplastischen Lappen von beliebiger
Größe, der leicht wieder vollständig anwachsen kann.
Man kann übrigens auch allein mit der einfachen Fraise von
5 mm Durchmesser operiren, muss dann nur statt der Krone 2 oder
3 Bohrungen der Fraise — eine neben der anderen — ausführen, um
durch die so hergestellte größere Öffnung die Sonde einführen zu
können.
Dieses in Hauptzügen die von mir vorgeschlagene rapide, einfache
und vollkommene Technik. Ich hätte gern mit dieser Publikation bis
nach Operationen an Lebenden gewartet, aber die schnell auf ein-
ander folgenden Arbeiten ähnlichen Inhalts und die große Wichtig-
keit der Sache nöthigen mich schon jetzt zu dieser Veröffentlichung,
bei der ich von meinen Lehrern Ermuthigung und Förderung gefun-
den, für die ich ihnen meinen besten Dank ausspreche.
Centralblatt für Chirurgie. No, 16. 439
II. Zur Technik der explorativen Kraniektomie,
Von
Dr. A. Codivilla,
Chirurg des Hospitals in Imola.
Die weiten Eröffnungen des Schädels zu explorativem Zweck
werden gegenwärtig im Allgemeinen mittels osteoplastischer Lappen-
bildung vorgenommen.
Der Knochen wird getrennt mit Meißel und Hammer, oder mit
Knochenzangen, oder mit gewöhnlichen Sägen, oder mit. Kreissägen
und Fraisen, die mit der Hand oder durch elektrische Triebkraft in
Bewegung gesetzt werden.
In Italien hat man zirkelartige Instrumente konstruirt, die es
möglich machen, eine Knochenscheibe aus dem Schädel zu entfernen,
ohne die äußeren Weichtheile von ihnen auszulösen, und somit zur
temporären Resektion dienen.
Solcher Art sind die Kraniotome von Zuccaro, Padula und
Secchi, welche, auf demselben Princip wie der Zirkel von Paré
begründet, den Knochen trennen, indem sie in denselben eine
Furche eingraben.
Aber diese noch unvollkommenen Instrumente haben keinen aus-
gedehnten Eingang in die Praxis gefunden, wurden nur in sehr
wenig Fällen am Lebenden angewandt.
Vor Kurzem habe ich Gelegenheit gehabt, 3 explorative Krani-
ektomien auszuführen, deren 2 von solcher Ausdehnung, dass, nach
der von Doyen vorgeschlagenen Benennung, sie als Hemikraniektomien
zu bezeichnen wären: bei der dritten hatte die Schädelöffnung einen
Durchmesser von etwa 12cm. Zur Ausführung dieser Operationen
verwandte ich mit bestem Erfolg das in Fig. 1 abgebildete Instrument.
Dieses Kraniotom! besteht aus 2 Stücken: das eine dient zum
Festhalten des Apparats auf dem Schädel, das andere, um das erste
sich drehende, schabt die Furche in den Knochen.
Das erste Stück besteht aus einer starken, in den Knochen ein-
zusteckenden Schraube und aus einer Art Dreifuß, dessen 3spitzige
Enden, die Weichtheile durchstechend, am Schädel ihren Halt finden
und so die Schraube mehr fixiren, indem sie jede Bewegung der-
selben verhindern.
Um diesen festen Theil dreht sich in horizontaler Richtung ein
Cylinder, der durch 2 Spindeln mit einem 17 cm langen Stiel ver-
bunden ist, der in einen Griff endet.
Auf diesem horizontalen Stiel kann, bis auf 6 cm von seinem
centralen Ende, eine Metallzunge verschoben und festgestellt werden,
die die Furche in den Knochen zieht.
1 Von Lollini zu Bologna konstruirt.
430 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
Eine an demselben Theil befestigte Schraube schränkt das Ein-
dringen der Zunge in den Knochen auf die vom Chirurgen er-
wünschte. Tiefe ein. Endlich lässt sich in das Fenster des Stiels
ein kleines Messer einspannen zur Durchtrennung der Schädelweich-
theile, 1 cm außerhalb des Umkreises, an welchem das Osteotom
arbeiten soll. É
Die zur Feststellung des ganzen Apparats dienende Schraube
soll die volle Dicke des Knochens durchdringen, ohne aber die Dura
mater zu verletzen. Das lässt sich erreichen durch Einfügung einiger
Metallringe zwischen Schraubenkopf und Dreifuß. Bei Anwendung
Fig. 1. Fig. 2.
dieses Apparats kann der Operateur sich mehrerer Osteotomzungen
von verschiedener Schrägheit bedienen, jede zum Schneiden für einen
Kreis von bestimmtem Durchmesser konstruirt.
Das beschriebene Instrument ist leicht zu handhaben und trennt
den Knochen mit Schnelligkeit, ohne Stöße und ohne Gefahr. Binnen
weniger Minuten stellt man mit ihm eine Öffnung von beliebigem
Umfang her: innerhalb !/, Stunde wird eine Hemikraniektomie voll-
endet.
Zur Eröffnung solcher weiten Schädelöffnung verfuhr ich in folgen-
der Weise: Vor der Operation werden auf die Schädelhaut Linien
gezogen, welche dem Sinus longitudinalis, dem Sinus transversus und
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 431
der Arteria temporalis superficialis entsprechen. Letztere muss an
der Basis des Lappens erhalten bleiben. Dann bestimmt man die
Durchmesser der 3 Umkreise, welche zusammentreffen sollen, um die
ovale Figur der zu gewinnenden Scheibe zu bilden, und bezeichnet
danach die Punkte, wo die Schraube aufzusetzen ist.
Nach sorgsamer Antisepsis und Anlegung eines Gummischlauches
zur Esmarch’schen Blutleere durchtrennt man zunächst an einem
dieser Punkte in etwa 1 cm Länge die Schädelweichtheile, durch-
bohrt mit einem Bohrer den Knochen in seiner ganzen Dicke senk-
recht zur Schädeloberfläiche und senkt dann in dieses Bohrloch die
Schraube des Kraniotoms fest ein.
Mit diesem durchtrennt man dann zunächst die Weichtheile,
darauf den Knochen in einem Halbkreise, der das vordere Ende des
ovalären Lappens der Hemikraniektomie bilder soll. Nach völliger
Durchtrennung des Knochens wird das Instrument weggenommen,
und in derselben Weise ein halbkreisförmiger Lappen am hinteren
Ende des Ovals umschnitten. Endlich vereint man die einander
gegenüber stehenden Enden der Weichtheilschnitte durch einen
Messerschnitt mit einander und durchtrennt darauf nach Fixirung
des Instruments an richtiger Stelle noch die obere Knochenbrücke,
wie es Fig. 2 zeigt. Nun wird die Knochenbrücke an der Basis des
Lappens durch einen feinen, zwischen Knochen und Periost ein-
geführten Meißel verdünnt, und der ganze osteoplastische Lappen
unter Bruch der noch stehengebliebenen Knochentheile mittels
Hebeln emporgehoben. Nach Vollendung des endokraniellen Ein-
griffe reponirt man den resecirten Lappen an seine Stelle und ver-
einigt die Weichtheile mit wenigen Nähten. Abnahme des Esmarch-
schen Schlauches und leicht komprimirender Deckverband.
In den 3 Fällen, in welchen das Instrument gebraucht wurde,
war die Operation leicht und rasch auszuführen, und der Verlauf
wurde von keiner Komplikation gestört. Das Instrument erzeugte
keine Verletzung der Dura mater oder der Äste der Art. meningea;
der Blutverlust war minimal; die Pat. (darunter 2 schwächliche Mäd-
chen im Alter von etwa 10 Jahren) erwachten ohne subjektive Be-
schwerden; 7 Tage nach der Operation waren die Wunden gut verheilt.
Das beschriebene Operationsverfahren besitzt außer den Vor-
zügen der Leichtigkeit und Schnelligkeit der Ausführung noch die
des geringen Substanzverlustes am Knochen. Die Trennung des
Knochens kann als eine durchaus lineäre bezeichnet werden, und die
Vereinigung wird fast die normalen anatomischen Verhältnisse der
das Gehirn schützenden Hüllen wieder herstellen: das Ideal der
explorativen Kraniektomie.
432 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
1) L. R. Raoult-Delongchamps. Le staphylocoque pyogene.
Etude expérimentale et clinique.
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1897. 268 S.
Die unter dem Einfluss von Arloing und Courmont ausgeführte
Monographie bringt im ersten Theil eine eingehende Darstellung der
Lebenseigenschaften der verschiedenen Staphylokokken, wobei Verf.
im Kapitel der Nährböden, der Zerstörung des Staphylococcus durch
Austrocknung, der Einwirkung des Staphylococcus auf den thieri-
schen Organismus auch eigene Versuche verwerthet. In dem Streit
über die Identität oder Nichtidentität des Staphylococcus aureus
und albus verhält sich Verf. neutral. Bezüglich der Färbetechnik
sei erwähnt, dass Verf. statt des ursprünglichen Gram’schen Ver-
fahrens die Modifikation von Nicolle empfiehlt, welche hauptsäch-
lich auf Abkürzung der Färbung abzielt und weniger als 5 Minuten
in Anspruch nimmt. (Ref. verwendet bei orientirenden Untersuchun-
gen zu chirurgischen Zwecken seit 5 Jahren stets eine Abkürzung
des Gram’schen Verfahrens, die erlaubt, in Zeit von höchstens
2 Minuten gute Doppelfärbungen zu erhalten. Für Dauerpräparate da-
gegen dürfte das ursprüngliche Gram’sche oder Gram-Weigert sche
Verfahren den Schnellfärbungen doch vorzuziehen sein.) Mehr als
mangelhaft sind die beigefügten Abbildungen von Eiter- und Kultur-
präparaten. Bei der Besprechung der Einwirkung der Körperflüssig-
keiten auf den Staphylococcus (Speichel, Galle, Magensaft etc.) ist
der Vaginalschleim übergangen worden. Die Einwirkung der Silber-
präparate und der Formoldämpfe ist noch nicht in den Rahmen der
Untersuchungen einbezogen worden, und über die Art der Jodoform-
wirkung wird sehr kurz hinweggegangen. Der Widerstandsfähigkeit
gegen Austrocknung hat Verf. besondere Versuche gewidmet, aus
denen hervorgeht, dass, wie übrigens bekannt, der Staphylococcus
Trockenheit lange aushält. Bei Zimmertemperatur waren die Kokken
in 110 Tagen getödtet, bei Brutschranktemperatur in 90 Tagen.
Eingehend behandelt Verf. die Immunisirungsfrage, welche frei-
lich noch keine für die menschliche Pathologie verwerthbaren Resul-
tate gezeitigt hat. Bei Anlass der Injektionsversuche von Staphylo-
kokkenkulturen an Thieren wird ein Fall mitgetheilt, in dem 1896
von Rochet der Versuch gemacht wurde, durch Injektion von sehr
abgeschwächten Staphylokokken ein großes Halsdrüsenpacket (der Be-
schreibung nach ein Fall von Leukämie?) zur Vereiterung zu bringen.
Es erfolgte nach jeder Einimpfung eine Temperatursteigerung auf
40,3° mit nachfolgender Abscessbildung. Dass in Anbetracht der zu-
nehmenden Kachexie der Kranke weiteren Injektionen von seinen
Angehörigen entzogen wurde, ist nicht unbegreiflich. Der Staphylo-
coccus ist, auch abgeschwächt, ein zu gefährlicher Gast, als dass uns
eine Wiederholung dieses Experiments angezeigt schiene.
Im zweiten Theil seiner Arbeit giebt Verf. eine schr fleißige
Zusammenstellung und Besprechung aller Affektionen, bei denen bis
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 433
jetzt Staphylokokken gefunden wurden. Dabei scheint ihm aber die
klassische Darstellung der Staphylomykosis von Kocher und Tavel
nicht bekannt gewesen zu sein, so gut sonst im Ganzen die nicht-
französische Litteratur benutzt ist. Es liegt in der Natur der Sache,
dass R. nicht ein abgerundetes klinisches Bild der Staphylokokken-
infektion geben konnte und wollte, wie es Kocher und Tavel ge-
than, sondern mehr eine Zusammenstellung der bisher gemachten
Beobachtungen, wobei chirurgische und nichtchirurgische Staphylo-
mykosen in gleicher Weise berücksichtigt werden. Immerhin be-
müht er sich, den klinischen Unterschied zwischen Staphylokokken-
erkrankungen und anderweitigen, besonders Streptokokkeninfektionen
möglichst hervorzuheben. Die bei diesem Anlass geäußerte Annahme,
dass der Streptococcus nicht wie der Staphylococcus im Stande sei,
eine gewisse Zeit sich im Organismus latent aufzuhalten, dürfte wohl
in dieser Form nicht so leicht zu begründen ‚sein; es sei nur auf
das häufige Vorhandensein von Streptokokken im Darmkanal und
den weiblichen Geschlechtsorganen hingewiesen. Bei der Besprechung
der Staphylokokkenosteomyelitis wird merkwürdigerweise die von
Garre, Kocher und Tavel, Jordan etc. beschriebene chronische,
oft sarkomähnlich aussehende Form gar nicht erwähnt. Die Frage
der Ätiologie des akuten Gelenkrheumatismus wird noch offen ge-
lassen.
Es würde zu weit führen, auf jedes Kapitel des klinischen
Theiles einzugehen, und es sei nur noch so viel gesagt, dass die
Arbeit trotz der gemachten Ausstellungen eine sehr tüchtige Be-
arbeitung des in Frage stehenden Gegenstandes darstellt und unsere
gegenwärtigen Kenntnisse von den Staphylokokkenerkrankungen in
übersichtlicher und verhältnismäßig vollständiger Weise wiedergiebt.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
2) N. M. Berestnew. Die Aktinomykose und ihre Erreger.
Diss., Moskau, 1897. 206 8. (Russisch.)
Auf Grund der Litteratur und eigener Forschungen kommt B.
zu folgenden Schlussfolgerungen: 1) Nicht alle Arten des Aktinomy-
kosepilzes bilden Kolben im Organismus; es giebt zweierlei Kolben:
nach Gram färbbare und solche, die sich nicht färben. 2) Einige
Arten bilden typische Körner im Eiter, andere nicht, daher 2 Formen
der Aktinomykose: typische und atypische. Der pathologische Process
ist bei beiden Formen der gleiche. 4) Die Anäerobiose hilft nicht immer
Aktinomykosekulturen von Kranken zu erhalten. — 5) Die häufigste
Infektionsursache ist die Berührung mit Futtergräsern. 6) Es giebt
Eiterungen, die ganz wie Aktinomykose verlaufen und Körner geben,
doch von anderen Mikroben hervorgerufen werden — Pseudo-
aktinomykose. — Am Schluss der Arbeit finden sich 5 photographische
Tafeln, die den Aktinomyces und seine Kulturen abbilden.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
++
434 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
3) W. Grube. Zur Lehre von der Chloroformnarkose.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.)
G. verfügt über eine 45jährige chirurgische Erfahrung. Er ist nach
vorübergehendem Äthergebrauch immer wieder auf die Chloroform-
narkose zurückgekommen, und zwar wegen der nach Beendigung der
Betäubung auftretenden Komplikationen beim Äther. Unter 40 000 Chlo-
roformnarkosen sah G. nur 3 Todesfälle, darunter einen 2 Tage nach
der Betäubung. Die Narkose wird stets von einem Assistenten über-
nommen. Es wurden 5—6% Asphyxien beobachtet; Erbrechen kam
in 20% der Fälle vor. Als Reizmittel für das Herz wird im Noth-
fall die subkutane Injektion von physiologischer Kochsalzlösung em-
pfohlen, ferner Koffein, Strychnin, Digitalis, dagegen nicht Alkohol-
präparate. Bei Narkosen von 40—50 Minuten wurden 15—40 g
Chloroform gebraucht. Die Kombination mit Morphininjektionen
verwirft Verf. als unzweckmäßig und meist nutzlos. Ausscheidung
von Eiweiß, Glykosurie und Hämoglobinurie sind nach Chloroform-
einwirkung sehr selten. Den späten Chloroformtod sieht G. als Er-
scheinung einer vermehrten endogenen Autointoxikation an.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
4) J. W. White. Surgical application ofthe Röntgen rays.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Januar.)
In einer sehr anziehend geschriebenen kleinen Arbeit, die über
den viel besprochenen Gegenstand nichts wesentlich Neues bringt,
bespricht Verf. zuerst seine Erfahrungen über die Skiaskopie der
Knochenbrüche und Verrenkungen, dann die Erkrankungen von
Knochen und Gelenken, Fremdkörper und die Durchleuchtung der
Körperhöhlen. Mit einigen Worten streift er schließlich auch die
chemische Einwirkung der Röntgenstrahlen auf das normale Gewebe,
so wie auf Krankheitsherde. Er bespricht die hierauf bezügliche
deutsche, englische und französische Litteratur und erwähnt seine
eigenen, allerdings gänzlich negativen Versuche, eine Heilwirkung
auf den Krebs mittels Röntgenstrahlen zu erzielen. Um so mehr
wundert sich Verf., und mit Recht, über eine französische Mittheilung,
welche von einer beträchtlichen Besserung eines Falles von Magen-
krebs nach Durchleuchtung berichtet. W. will trotzdem die Ver-
suche bei sonst inoperablen Leiden, besonders der Haut (Naevus
pilosus, Keloid u. A.), fortsetzen. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
5) F. H. Williams (Boston). The Röntgen rays in thoracic
diseases.
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. December.)
Die Arbeit Wis enthält eine interessante Zusammenstellung der
Ergebnisse der Skiaskopie von mehr als 500 Pat.
Um einen Begriff zu bekommen von der Durchlässigkeit der
verschiedenen Körperkonstitutionen für X-Strahlen, stellte W. Skia-
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 435
gramme gleicher Mengen verschiedener Substanzen her, welche sich
im großen Ganzen an der Zusammensetzung des Körpers betheiligen.
In der Einleitung bildet er eine solche Skala von 20 Schattenbildern
ab, welche durch Skiagraphie gewonnen sind und herrühren von
Magnesiumkarbonat, Stearinsäure, Oleinsäure, Gelatine, Natrium-
karbonat u. A. als Repräsentanten sehr durchlässiger Körper, von
Kaliumchlorid, Kalciumkarbonat, Fluorkaleium als Repräsentanten
sehr undurchlässiger Körper.
Im Einzelnen führt dann W. an Beispielen (zum Theil mit Illu-
strationen) aus, wie sich mittels der Skiaskopie Verdichtungen des
Lungengewebes (Tuberkulose, Pneumonie, Infarkte, Ödem, Aneurys-
men, Neubildungen) oder Flüssigkeiten im Pleural- und Perikardial-
sack nachweisen lassen. Auch will W. eine Verminderung der Dich-
tigkeit des Lungengewebes resp. vermehrten Luftgehalt (Emphysem,
Pneumothorax) skiaskopisch erkannt haben.
Ausführliche Beobachtungen theilt W. mit über den Stand und
die Exkursion des Zwerchfells bei Lungentuberkulose, Pneumonie etc.
Einen besonderen Werth der Skiaskopie der Brustorgane erblickt
W. hinsichtlich der Prognose darin, dass sich die Ausdehnung eines
Krankheitsprocesses besser beurtheilen lässt als durch irgend eine
andere Methode.
Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir die Skiaskopie der Brust-
organe als eine werthvolle Unterstützung der Stethoskopie ansehen,
dagegen der Meinung sind, dass die erstere allein nur sehr zwei-
deutige Ergebnisse liefern würde. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
6) Küttner. Über die Bedeutung der Röntgenstrahlen für
die Kriegschirurgie.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.)
K., welcher der unter Führung Prof. Nasse’s nach der Türkei
gesandien Expedition des Rothen Kreuzes als zweiter Arzt beigege-
ben war, giebt in der vorliegenden Abhandlung einen Überblick über
die reichen Erfahrungen, zu denen ihm seine Thätigkeit im Yildiz-
Hospital Gelegenheit bot. Zunächst schildert er die technische Seite
desVerfahrens, die nach Lage der Verhältnisse begreitlicherweise manche
Schwierigkeiten und Besonderheiten darbot, welche der Röntgenphoto-
graph im Friedensspital nicht zu kosten bekommt. Was die erzielten
Resultate anlangt, so bedauert er (und wir mit ihm), dass Aufschlüsse
über die Wirkungsweise moderner Geschosse nicht zu gewinnen waren,
da die Griechen durchweg mit Weichbleigeschossen großen Kalibers
(11 mm) ausgerüstet waren. Immerhin hat auch dieses unmoderne Mate-
rial hochinteressante Beobachtungen ermöglicht, die wohl ein Urtheil
über den Werth des Röntgenverfahrens für die Kriegschirurgie ge-
statten. Im Einzelnen ist dieses Urtheil motivirt durch zahlreiche,
kritisch verarbeitete Krankengeschichten, welche die wissenschaft-
liche und praktische Bedeutung der Methode nach den verschieden-
436 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
sten Richtungen beleuchten. Große Dienste leistete das Röntgen-
verfahren für die Feststellung des Sitzes steckengebliebener Geschosse,
deren Extraktion zum mindesten technisch sehr erleichtert wird.
Vor Allem gilt das für die Fälle, wo das Geschoss vom Einschuss
weit ab liegt und (wie das an einigen Beispielen gezeigt ist) sich in
ganz ungeahnter Richtung verirrt hat, dessgleichen da, wo bei ver-
narbtem Schusskanal durch das eingeheilte Geschoss hochgradige
Beschwerden verursacht wurden. Bei Verletzungen des Nerven-
systems können die Röntgenstrahlen sehr schätzenswerthe Aufschlüsse
geben über die Natur dieser Verletzungen, speciell über die Frage,
ob die klinisch nachgewiesenen Funktionsstörungen auf Kompres-
sion der nervösen Organe (sei es centraler oder peripherer) durch
Knochensplitter oder ein liegen gebliebenes Geschoss verursacht sind;
daraus ergeben sich für den Einzelfall eventuell wichtige Anhalts-
punkte für Prognose und Therapie. Bei den Schussfrakturen steht
der wissenschaftliche Werth des Verfahrens im Vordergrund, doch
lieferte dasselbe in manchen Fällen auch praktisch wichtige Resul-
tate. Was schließlich die Verwendbarkeit der Methode im Kriege
anlangt, so ist Verf. zu dem Ergebnis gekommen, dass schon aus
rein technischen Gründen hier nur die Reserve- und Festungslaza-
rette in Betracht kommen können, nicht aber die Feld- und Kriegs-
lazarette. Sein Schlussurtheil lautet dahin, dass wir in den Röntgen-
strahlen ein neues Hilfsmittel besitzen, welches für gewisse Fälle im
Kriege so werthvolle Dienste zu leisten vermag, dass die Verwunde-
ten ein unbedingtes Recht auf seine Verwendung’ haben. In diesem
Sinne ist das Verfahren für die Reservelazarette als unentbehrlich
zu bezeichnen. Hofmeister (Tübingen).
7) O. Pasteau. Étude sur le retrecissement de l’urethre
chez la femme.
(Ann. des malad. des org. g&nito-urin. 1897. No. 8—10.)
Die vorliegende ausführliche Arbeit über Harnröhrenstrikturen
beim Weibe stützt sich auf im Ganzen 112 Beobachtungen, darunter
12 eigene und 5 noch nicht veröffentlichte von Albarran (2), Michon,
Legueu und ‚Janet. Ausgeschlossen von der Betrachtung sind
spastische Strikturen, Strikturen durch Polypen und andersartige Neu-
bildungen, so wie Kompressionen der Harnröhre durch äußere Ge-
schwülste.
Die Harnröhrenstrikturen beim Weibe sind bisher wenig beachtet
worden; sie sind aber jedenfalls häufiger, als man bisher geglaubt hat.
Sie sind sowohl angeboren als erworben. Die erworbenen Strikturen
sind entweder traumatischer Natur, namentlich in Folge Verletzungen
und Zerreißungen bei schweren Geburten; sie sitzen dann meist im
hinteren Theil der Harnröhre. Oder sie sind entzündlicher, meist
gonorrhoischer Natur und sitzen dann meist im vorderen Theile der
Harnröhre, gleich hinter der Öffnung. Die narbige Striktur hat patho-
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 437
logisch-anatomisch nichts Besonderes, die entzündliche ist das Er-
gebnis einer »urethrite sclereuse totale «.
Die Symptome der Harnröhrenstriktur bestehen in vermehrter
Häufigkeit des Urinirens, in erschwertem und verlangsamtem Harn-
strahl, in Schmerzen, die nach den Schenkeln etc. ausstrahlen.
Wegen der größeren Schwäche der Blasenmuskulatur kommt es beim
Weibe rascher zu einer Blasendilatation, als beim Manne. Die häufig
vorhandene Infektion kann, eben so wie beim Manne, zu schweren
Komplikationen führen. Die Diagnose wird mittels Knopfsonde und
Endoskop gesichert. Die gewöhnliche Behandlung besteht in lang-
samer progressiver Dehnung; selten ist die Urethrotomia interna an-
gezeigt. Bei sehr engen Strikturen kann man auch Verweilsonden
einlegen. P. Wagner (Leipzig).
8) J. Englisch. Zur Exstirpation der Cowper’schen Drüsen.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. VIII. Hft. 7.)
Erkrankungen der Cowper’schen Drüsen sind nach E. viel
häufiger als gemeinhin angenommen wird; die Mehrzahl derselben tritt
akut auf, doch kommen auch nicht selten chronische, verhältnis-
mäßig häufig tuberkulöser Natur vor, alle vielfach in Fistelbildung
ausgehend. Der Durchbruch kann nach außen, aber auch nach der
Harnröhre oder dem Mastdarm hin stattfinden, nicht selten auch
nach 2 Seiten, wodurch sich die mannigfachsten Kombinationen er-
geben können. Die Fisteln heilen gewöhnlich sehr schwer, weil
Reste der Drüsen die Eiterung unterhalten; man muss sie daher
meistens breit spalten und die Drüsenreste entfernen oder zerstören;
bei Fisteln, die in die Harnröhre oder den Mastdarm führen, darf
man sich vor ausgedehnten Spaltungen nicht scheuen, wenn man
etwas erreichen will. Besteht noch keine Fistelbildung, so thut man
gut, die Drüse im Ganzen auszuschälen, was unter Vordrängung
derselben durch den in den Mastdarm eingeführten Finger von
einem Schnitt, der mehr oder weniger parallel der Rhaphe perinei
läuft, oder von einem Lappenschnitt, dessen Basis dem aufsteigenden
Schambeinast entspricht, geschieht. Man mache nicht zu kleine
Schnitte und vermeide Verletzungen der Harnröhre, was bei einiger
Vorsicht unschwer gelingt. 4 Krankengeschichten sind der sehr
lehrreichen Arbeit beigegeben. H. Lindner (Berlin).
9) J. Englisch. Über die neueren Behandlungsmethoden
der Prostatahypertrophie (Kastration, Ligatur des Samen-
strangs, Organotherapie).
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 42—52.)
Die Stellung Ris zu den neueren — sexuellen — Behandlungs-
methoden der Prostatahypertrophie kennzeichnet sich aus folgenden
Schlusssätzen. In allen leichten Fällen palliative Behandlung mit
Unterstützung durch die Organotherapie, welche auch bei allen
438 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
übrigen Methoden mit zur Verwendung kommen kann. Seinen
eigenen Erfahrungen nach an 8 Fällen, welche ein Urtheil erlauben,
und bei welchen Tabletten aus der Prostata junger Stiere angewendet
wurden, scheinen die subjektiven Erleichterungen im Vordergrund
zu stehen. Von den Operationen am Samenstrang verdient die Re-
sektion eines 3—4 cm langen Stückes neben Erhaltung des Hodens
den Vorzug. Die doppelseitige Kastration hat allerdings einen rasche-
ren Erfolg, sie wirkt aber meist deprimirend auf das Gemüth, wenn
auch die von Einzelnen hervorgehobenen schweren psychischen Er-
scheinungen nicht der Operation zur Last gelegt werden können.
Andererseits erweist eine vom Autor mit möglichst großen Zahlen
aus der Litteratur aufgenommene Statistik, dass die Resektion des
Samenleiters bei gleichem Erfolg weniger gefährlich als die Doppel-
kastration ist, wobei allerdings zu bedenken wäre, dass sich auch
nicht so verzweifelte Fälle zu dieser milderen Operation viel eher
entschließen, als zur Kastration. Hinwiederum liegt in diesem psy-
chologischen Umstand ein für jene Operation sprechendes Moment,
da dem Kranken damit eben auch die schweren Zufälle späterer Zeit
erspart bleiben. Bleibt der Erfolg der genannten Operationen aus,
so hat die Anlegung einer Blasenfistel (Cystostomie) den Vorzug vor
den eingreifenderen Prostatomien und Prostatektomien mit ihrer viel
schlechteren Prognose. Mit der Operation ist die Behandlung aber
noch nicht abgeschlossen, sie muss palliativ noch lange fortgesetzt
werden, um die Aufsaugung der Drüsensubstanz zu fördern.
Herm. Frank (Berlin).
10) X. Delore. De la fonction de l’urethre hypogastrique
chez les prostatiques cystostomises.
Paris, Bailliere et fils, 1598. 164 8.
Eine recht interessante und zeitgemäße Arbeit! Verf. hat an
einem großen eigenen und aus der Litteratur gewonnenen Material
die Frage studirt, wie sich der Zustand der wegen Prostatahyper-
trophie mittels Anlegung einer Harnröhre oberhalb der Symphyse
Operirten gestaltet. Bei 18 Pat., die nur temporär den künstlichen
Weg trugen, obliterirte derselbe, sobald die Entleerung auf dem
normalen Wege wieder von statten ging. Bei 34 Pat. blieb die
neue Harnröhre dauernd erhalten; von ihnen hatten 13 überhaupt
keine, 7 partielle und 14 volle Kontinenz. Diejenigen, welche par-
tielle Kontinenz zeigten, waren bald in aufrechter, bald in horizon-
taler Haltung, bald am Tage, bald bei Nacht kontinent, konnten je
nach ihrem Verhalten bald länger, bald kürzer den Urin zurück-
halten. Von denen, die volle Kontinenz besaßen, urinirte ein Theil
auf normalem Wege, hielt sich aber den künstlichen als Sicher-
heitsventil offen, ein anderer benutzte beide Wege, der Rest urinirte
ausschließlich durch den suprapubischen Kanal, und zwar theils ohne,
theils mit Einführung eines Katheters. Die Funktion wird mehr
oder weniger vollkommen sein je nach der Länge der künstlichen
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 439
Harnröhre, ihrer verschiedenen Weite, dem Zustand ihrer Umgebung,
dem Vorhandensein oder Fehlen von Klappen in ihrem Inneren, der
Widerstandsfähigkeit der Musculi recti. Bei 30 vom Verf. unter-
suchten Pat. fanden sich 3mal Steine in der Blase, die kürzere oder
längere Zeit nach der Operation entstanden waren. Es ist aus dieser
Beobachtung nicht auf eine Begünstigung der Steinbildung durch die
Operation zu schließen, im Gegentheil muss man annehmen, dass
die Neigung zu derselben durch die prompte Entleerung der Blase,
die bessere Desinfektion etc. herabgesetzt wird. Die Technik "der
Operation soll so einfach als möglich gestaltet werden: die Pat. sind
alt, durch ihre Krankheit erschöpft, die Blase ist mit infektiösem
Material gefüllt (s. ul. Gegen die Beschwerden der Inkontinenz
wird ein von Poncet angegebener Apparat empfohlen, der Be-
schreibung nach ein sinnreich konstruirtes Urinal.
[Im Ganzen wird die Anlegung einer Urethra arteficialis supra-
pubica immer ein etwas zweifelhafter Nothbehelf bleiben, aber es
lässt sich nicht leugnen, dass man recht gute Resultate damit erzielen
und den Leidenden wesentliche Dienste leisten kann, besonders, wo
neben der Prostatahypertrophie hartnäckige Steinbildung vorliegt.
Wir haben es für das Beste gehalten, den Kanal in schräger Rich-
tung nach außen verlaufen und ihn ebenfalls schräg durch die Fasern
eines Rectus hindurchtreten zu lassen; man kann ihn auf diese Weise
genügend lang anlegen, ohne die Blase zu tief nach dem Halse hin
anschneiden zu müssen, was doch im Interesse der geringeren Gefähr-
lichkeit und schnelleren Vollendung der Operation nicht ohne Be-
deutung ist. Auch die Bildung eines Sphinkters wird durch diese
Operationsmethode befördert. Ref.) H. Lindner (Berlin).
11) Ingianni. Esiti della sutura dell dotto deferente.
(Polielinico 1898. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 16.)
I. hat an 26 Hunden experimentirt, um die Durchgängigkeit
des Vas deferens nach Resektion und Naht desselben festzustellen.
Er fand, dass durch jede Naht eine vollständige Vereinigung, aber
stets mit Obliteration der Lichtung erzielt wurde. Das Erhalten-
bleiben des Volumens des entsprechenden Hodens ist kein genügen-
des Kriterium, um die Durchgängigkeit des Vas deferens daraus ab-
zuleiten, zumal wenn das Gefühl durch andere Gewebe hindurch die
Größe des Organs bestimmen musste. Denn der Hoden funktionirt
fort, und die Canaliculi täuschen, indem sie sich cystisch erweitern,
ein normales Volumen des Hodens auch bei Atrophie desselben vor.
Dreyer (Köln).
12) R. Versari. Recherches sur la tunique musculaire de la
vessie et specialement sur le muscle sphincter interne.
(Ann. des malad. des org. genito-urin. 1897. No. 10 u. 11.)
Die Schlussfolgerungen der im anatomischen Institut zu Rom
ausgeführten Untersuchungen sind folgende: Der M. sphincter int.
438 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
übrigen Methoden mit zur Verwendung kommen kann. Seinen
eigenen Erfahrungen nach an 8 Fällen, welche ein Urtheil erlauben,
und bei welchen Tabletten aus der Prostata junger Stiere angewendet
wurden, scheinen die subjektiven Erleichterungen im Vordergrund
zu stehen. Von den Operationen am Samenstrang verdient die Re-
sektion eines 3—4 cm langen Stückes neben Erhaltung des Hodens
den Vorzug. Die doppelseitige Kastration hat allerdings einen rasche-
ren Erfolg, sie wirkt aber meist deprimirend auf das Gemüth, wenn
auch die von Einzelnen hervorgehobenen schweren psychischen Er-
scheinungen nicht der Operation zur Last gelegt werden können.
Andererseits erweist eine vom Autor mit möglichst großen Zahlen
aus der Litteratur aufgenommene Statistik, dass die Resektion des
Samenleiters bei gleichem Erfolg weniger gefährlich als die Doppel-
kastration ist, wobei allerdings zu bedenken wäre, dass sich auch
nicht so verzweifelte Fälle zu dieser milderen Operation viel eher
entschließen, als zur Kastration. Hinwiederum liegt in diesem psy-
chologischen Umstand ein für jene Operation sprechendes Moment,
da dem Kranken damit eben auch die schweren Zufälle späterer Zeit
erspart bleiben. Bleibt der Erfolg der genannten Operationen aus,
so hat die Anlegung einer Blasenfistel (Cystostomie) den Vorzug vor
den eingreifenderen Prostatomien und Prostatektomien mit ihrer viel
schlechteren Prognose. Mit der Operation ist die Behandlung aber
noch nicht abgeschlossen, sie muss palliativ noch lange fortgesetzt
werden, um die Aufsaugung der Drüsensubstanz zu fördern.
Herm. Frank (Berlin).
10) X. Delore. De la fonction de l’urethre hypogastrique
chez les prostatiques cystostomises.
Paris, Baillidre et fils, 1598. 164 S.
Eine recht interessante und zeitgemäße Arbeit! Verf. hat an
einem großen eigenen und aus der Litteratur gewonnenen Material
die Frage studirt, wie sich der Zustand der wegen Prostatahyper-
trophie mittels Anlegung einer Harnröhre oberhalb der Symphyse
Operirten gestaltet. Bei 18 Pat., die nur temporär den künstlichen
Weg trugen, obliterirte derselbe, sobald die Entleerung auf dem
normalen Wege wieder von statten ging. Bei 34 Pat. blieb die
neue Harnröhre dauernd erhalten; von ihnen hatten 13 überhaupt
keine, 7 partielle und 14 volle Kontinenz. Diejenigen, welche par-
tielle Kontinenz zeigten, waren bald in aufrechter, bald in horizon-
taler Haltung, bald am Tage, bald bei Nacht kontinent, konnten je
nach ihrem Verhalten bald länger, bald kürzer den Urin zurück-
halten. Von denen, die volle Kontinenz besaßen, urinirte ein Theil
auf normalem Wege, hielt sich aber den künstlichen als Sicher-
heitsventil offen, ein anderer benutzte beide Wege, der Rest urinirte
ausschließlich durch den suprapubischen Kanal, und zwar theils ohne,
theils mit Einführung eines Katheters. Die Funktion wird mehr
oder weniger vollkommen sein je nach der Länge der künstlichen
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 439
Harnröhre, ihrer verschiedenen Weite, dem Zustand ihrer Umgebung,
dem Vorhandensein oder Fehlen von Klappen in ihrem Inneren, der
Widerstandsfähigkeit der Musculi recti. Bei 30 vom Verf. unter-
suchten Pat. fanden sich 3mal Steine in der Blase, die kürzere oder
längere Zeit nach der Operation entstanden waren. Es ist aus dieser
Beobachtung nicht auf eine Begünstigung der Steinbildung durch die
Operation zu schließen, im Gegentheil muss man annehmen, dass
die Neigung zu derselben durch die prompte Entleerung der Blase,
die bessere Desinfektion etc. herabgesetzt wird. Die Technik "der
Operation soll so einfach als möglich gestaltet werden: die Pat. sind
alt, durch ihre Krankheit erschöpft, die Blase ist mit infektiösem
Material gefüllt (s. ul Gegen die Beschwerden der Inkontinenz
wird ein von Poncet angegebener Apparat empfohlen, der Be-
schreibung nach ein sinnreich konstruirtes Urinal.
[Im Ganzen wird die Anlegung einer Urethra arteficialis supra-
pubica immer ein etwas zweifelhafter Nothbehelf bleiben, aber es
lässt sich nicht leugnen, dass man recht gute Resultate damit erzielen
und den Leidenden wesentliche Dienste leisten kann, besonders, wo
neben der Prostatahypertrophie hartnäckige Steinbildung vorliegt.
Wir haben es für das Beste gehalten, den Kanal in schräger Rich-
tung nach außen verlaufen und ihn ebenfalls schräg durch die Fasern
eines Rectus hindurchtreten zu lassen; man kann ihn auf diese Weise
genügend lang anlegen, ohne die Blase zu tief nach dem Halse hin
anschneiden zu müssen, was doch im Interesse der geringeren Gefähr-
lichkeit und schnelleren Vollendung der Operation nicht ohne Be-
deutung ist. Auch die Bildung eines Sphinkters wird durch diese
Operationsmethode befördert. Ref.) H. Lindner (Berlin).
11) Ingianni. Esiti della sutura dell dotto deferente.
(Policlinico 1898. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 16.)
I. hat an 26 Hunden experimentirt, um die Durchgängigkeit
des Vas deferens nach Resektion und Naht desselben festzustellen.
Er fand, dass durch jede Naht eine vollständige Vereinigung, aber
stets mit Obliteration der Lichtung erzielt wurde. Das Erhalten-
bleiben des Volumens des entsprechenden Hodens ist kein genügen-
des Kriterium, um die Durchgängigkeit des Vas deferens daraus ab-
zuleiten, zumal wenn das Gefühl durch andere Gewebe hindurch die
Größe des Organs bestimmen musste. Denn der Hoden funktionirt
fort, und die Canaliculi täuschen, indem sie sich cystisch erweitern,
ein normales Volumen des Hodens auch bei Atrophie desselben vor.
Dreyer (Köln).
12) R. Versari. Recherches sur la tunique musculaire de la
vessie et spécialement sur le muscle sphincter interne.
(Ann. des malad. des org. g£nito-urin. 1897. No. 10 u. 11.)
Die Schlussfolgerungen der im anatomischen Institut zu Rom
ausgeführten Untersuchungen sind folgende: Der M. sphincter int.
440 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
(Henle) ist nicht nur bei den Erwachsenen wohl ausgebildet vor-
handen, sondern auch bei Kindern und Neugeborenen. Er findet
sich überhaupt bei den Säugethieren. Von der Tunica muscular. der
Blase unterscheidet sich der Sphincter int. durch die eigenthümliche
Anordnung seiner Fasern, die Dicke und geringe Größe der einzelnen
Bündel so wie durch das spärliche, dazwischen gelagerte Binde-
gewebe. Der Muskel ist in seiner ganzen Ausdehnung nicht gleich-
mäßig entwickelt. Beim Menschen — eben so auch bei den Säuge-
thieren überhaupt — kann man einen Blasenhals unterscheiden, der
sich vom oberen bis zum unteren Rande des M. sphincter internus
erstreckt. Der Blasenhals wird aber nicht allein durch cirkuläre glatte
Muskelfasern gebildet, die dem Sphincter int. angehören, sondern
auch durch radiäre und schiefe glatte Fasern, die zwischen die Faser-
bündel des Sphinkters eindringen, und denen V. den Namen M. dila-
tator colli vesicae gegeben hat. P. Wagner (Leipzig).
13) Rochet (Lyon). Les abces de la vessie chez les vieux
urinaires.
(Arch. prov. de chir, 1897. No. 9 u. 10.)
R. unterscheidet parietale Abscesse (Cystitis interstitialis suppur.)
und perivesikale (Pericystitis suppur.). Die ersteren sind multiple
kleine Herde, selten bis Haselnuss große Eiteransammlungen in
allen Theilen der Blasenwand und sitzen entweder submukös oder
intramuskulär. Die submukösen Abscesse erreichen keine erhebliche
Größe, da sie beim Wachsen sehr bald in die Blase einbrechen. Sie
heilen so mit einer Narbe aus. Die intramuskulären brechen selte-
ner in die Umgebung der Harnblase durch und führen so zu einer
Pericystitis suppurativa, die sich abkapseln oder aber in das Bauchfell
bezw. in den Darm einbrechen kann.
Die perivesikalen Abscesse sind meist sekundär nach einem Pa-
rietalabscess, seltener primär bei alten Prostatikern. Sie sind oft
von erheblicher Größe, bis 1 Liter Eiter enthaltend. Sie sitzen ent-
weder an der vorderen oder hinteren Fläche, nie am Grunde, und
an den Seiten der Blase nur, wenn die Eiteransammlung so groß
ist, dass sie von hinten her seitlich heraufreicht. Sitzen sie in der
Nähe des Blasenhalses, so können sie mit Prostataabscessen ver-
wechselt werden. Auch eitererfüllte Ausstülpungen der Blasenwand
können noch auf dem Secirtisch zu Verwechselungen Veranlassung
geben. Doch findet sich in solchen immer die Kommunikation mit
der Blase, und im schlimmsten Falle giebt die mikroskopische
Untersuchung der Wand darüber Aufschluss. Die als Phlegmone bezw.
Abscess des Cavum Retzii in der Litteratur beschriebenen Fälle sind
zum Theil perivesikale Abscesse an der vorderen Blasenwand.
Die Abscesse an der hinteren Blasenwand sind weniger leicht
erkennbar. Sie machen oft lokale Peritonitis im Cavum Douglasii
(Synechien). Gelegentlich steigt die Entzündung an den Harnleitern
‚Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 441
aufwärts zu den Nieren, seltener am Urachus entlang bis zum Nabel-
ring hin.
Die gefährlichsten Abscesse sind diejenigen, welche mit dem
Inneren der Blase kommuniciren; sie sind meist besonders groß
und ziehen oft die Nachbarorgane in Mitleidenschaft. Durch die
so entstehenden Verwachsungen wird die Kontraktionsfähigkeit der
Blase eingeschränkt, es bilden sich Divertikel und schließlich alle
Folgen der Urinstagnation.
Man kann 3 Grade der eitrigen Pericystitis unterscheiden.
Beim ersten ist das Exsudat gering, es liegt in dem der Blase eng
anliegenden chronisch entzündlichen Bindegewebe. Beim zweiten ist es
schon größer und ruft eine entzündliche Reaktion der Nachbarschaft
hervor; es bleibt aber noch latent. Der 3. Grad ist gekennzeichnet
durch eine Eiterung mit Neigung zum Durchbruch, sei es in den
Dünn- oder Dickdarm, sei es nach außen durch die vordere Bauch-
wand an der Leistenbeuge hervor. Ein Durchbruch am Damm
spricht meist für Prostataabscess. Die Diagnose ist verhältnismäßig
leicht bei den prävesikalen Abscessen. Je nach dem Grade der Ein-
schmelzung ist die suprasymphysäre Gegend bretthart oder fluktuirend.
Im letzteren Falle kann eine gefüllte Blase vorgetäuscht werden. Dann
entscheidet der Befund nach Entleerung derBlase. Über den Ausgangs-
punkt einer solchen Phlegmone im Cavum Retzii giebt freilich nur
die Anamnese, und auch noch nicht immer ganz sichere Auskunft.
Die Eiterungen hinter der Blase fühlt man als schmerzhafte An-
schwellung bei der Tastung durch den Mastdarm hinter der Pro-
stata, ausgenommen sie sitzt allzu hoch oder sie ist in ganz dünner
Schicht ausgebreitet. Jedenfalls sollte man bei allen Pat. mit alter
chronischer Cystitis diese ‚Untersuchung vornehmen. Ulcerationen
der Blase sind oft die Ursache von Abscessen, aber keineswegs Vor-
aussetzung für dieselben; eine einfache Cystitis reicht hin.
Was die Behandlung betrifft, so kommen in der Blasenwand
selbst gelegene Eiterungen gar nicht in Frage, da man sie klinisch
nicht diagnosticiren kann und während des Lebens nur zufällig bei
Operationen aus einer anderen Indikation auf sie stößt. Die peri-
vesikalen Abscesse sind einer operativen Behandlung nur zugänglich,
wenn sie nicht gar zu klein sind (III. Grad) und sich entweder nach
dem Mastdarm oder den Bauchdecken hin entwickeln. Wenn sie
hier bereits zum Durchbruch gekommen sind, dann hat man zur
Erzielung eines genügenden Abflusses nur zu erweitern oder eine
Gegenincision anzulegen. Hat man einen Abscess geöffnet, so ist es
nicht immer leicht festzustellen, ob er von der Blase ausgeht oder
gar mit deren Höhle kommunicirt. Harngeruch kann auch in letzerem
Falle dem Eiter fehlen. Auch die kombinirte Untersuchung mit dem
in die Abscesshöhle eingeführten Finger und dem in der Blase liegenden
Katheter führt oft nicht zum Ziel. Dann wirkt wohl noch eine
Injektion in die Blase unter starkem Druck aufklärend über die
Situation. Findet man eine Kommunikation zwischen Blase und
440 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
(Henle) ist nicht nur bei den Erwachsenen wohl ausgebildet vor-
handen, sondern auch bei Kindern und Neugeborenen. Er findet
sich überhaupt bei den Säugethieren. Von der Tunica muscular. der
Blase unterscheidet sich der Sphincter int. durch die eigenthümliche
Anordnung seiner Fasern, die Dicke und geringe Größe der einzelnen
Bündel so wie durch das spärliche, dazwischen gelagerte Binde-
gewebe. Der Muskel ist in seiner ganzen Ausdehnung nicht gleich-
mäßig entwickelt. Beim Menschen — eben so auch bei den Säuge-
thieren überhaupt — kann man einen Blasenhals unterscheiden, der
sich vom oberen bis zum unteren Rande des M. sphincter internus
erstreckt. Der Blasenhals wird aber nicht allein durch cirkuläre glatte
Muskelfasern gebildet, die dem Sphincter int. angehören, sondern
auch durch radiäre und schiefe glatte Fasern, die zwischen die Faser-
bündel des Sphinkters eindringen, und denen V. den Namen M. dila-
tator colli vesicae gegeben hat. P. Wagner (Leipzig).
13) Rochet (Lyon). Les abces de la vessie chez les vieux
urinaires.
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 9 u. 10.)
R. unterscheidet parietale Abscesse (Cystitis interstitialis suppur.)
und perivesikale (Pericystitis suppur.). Die ersteren sind multiple
kleine Herde, selten bis Haselnuss große Eiteransammlungen in
allen Theilen der Blasenwand und sitzen entweder submukös oder
intramuskulär. Die submukösen Abscesse erreichen keine erhebliche
Größe, da sie beim Wachsen sehr bald in die Blase einbrechen. Sie
heilen so mit einer Narbe aus. Die intramuskulären brechen selte-
ner in die Umgebung der Harnblase durch und führen so zu einer
Pericystitis suppurativa, die sich abkapseln oder aber in das Bauchfell
bezw. in den Darm einbrechen kann.
Die perivesikalen Abscesse sind meist sekundär nach einem Pa-
rietalabscess, seltener primär bei alten Prostatikern. Sie sind oft
von erheblicher Größe, bis 1 Liter Eiter enthaltend. Sie sitzen ent-
weder an der vorderen oder hinteren Fläche, nie am Grunde, und
an den Seiten der Blase nur, wenn die Eiteransammlung so groß
ist, dass sie von hinten her seitlich heraufreicht. Sitzen sie in der
Nähe des Blasenhalses, so können sie mit Prostataabscessen ver-
wechselt werden. Auch eitererfüllte Ausstülpungen der Blasenwand
können noch auf dem Secirtisch zu Verwechselungen Veranlassung
geben. Doch findet sich in solchen immer die Kommunikation mit
der Blase, und im schlimmsten Falle giebt die mikroskopische
Untersuchung der Wand darüber Aufschluss. Die als Phlegmone bezw.
Abscess des Cavum Retzii in der Litteratur beschriebenen Fälle sind
zum Theil perivesikale Abscesse an der vorderen Blasenwand.
Die Abscesse an der hinteren Blasenwand sind weniger leicht
erkennbar. Sie machen oft lokale Peritonitis im Cavum Douglasii
(Synechien). Gelegentlich steigt die Entzündung an den Harnleitern
‚Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 441
aufwärts zu den Nieren, seltener am Urachus entlang bis zum Nabel-
ring hin.
Die gefährlichsten Abscesse sind diejenigen, welche mit dem
Inneren der Blase kommuniciren; sie sind meist besonders groß
und ziehen oft die Nachbarorgane in Mitleidenschaft. Durch die
so entstehenden Verwachsungen wird die Kontraktionsfähigkeit der
Blase eingeschränkt, es bilden sich Divertikel und schließlich alle
Folgen der Urinstagnation.
Man kann 3 Grade der eitrigen Pericystitis unterscheiden.
Beim ersten ist das Exsudat gering, es liegt in dem der Blase eng
anliegenden chronisch entzündlichen Bindegewebe. Beim zweiten ist es
schon größer und ruft eine entzündliche Reaktion der Nachbarschaft
hervor; es bleibt aber noch latent. Der 3. Grad ist gekennzeichnet
durch eine Eiterung mit Neigung zum Durchbruch, sei es in den
Dünn- oder Dickdarm, sei es nach außen durch die vordere Bauch-
wand an der Leistenbeuge hervor. Ein Durchbruch am Damm
spricht meist für Prostataabscess. Die Diagnose ist verhältnismäßig
leicht bei den prävesikalen Abscessen. Je nach dem Grade der Ein-
schmelzung ist die suprasymphysäre Gegend bretthart oder fluktuirend.
Im letzteren Falle kann eine gefüllte Blase vorgetäuscht werden. Dann
entscheidet der Befund nach Entleerung derBlase. Über den Ausgangs-
punkt einer solchen Phlegmone im Cavum Retzii giebt freilich nur
die Anamnese, und auch noch nicht immer ganz sichere Auskunft.
Die Eiterungen hinter der Blase fühlt man als schmerzhafte An-
schwellung bei der 'Tastung durch den Mastdarm hinter der Pro-
stata, ausgenommen sie sitzt allzu hoch oder sie ist in ganz dünner
Schicht ausgebreitet. Jedenfalls sollte man bei allen Pat. mit alter
chronischer Cystitis diese Untersuchung vornehmen. Ulcerationen
der Blase sind oft die Ursache von Abscessen, aber keineswegs Vor-
aussetzung für dieselben; eine einfache Cystitis reicht hin.
Was die Behandlung betrifft, so kommen in der Blasenwand
selbst gelegene Eiterungen gar nicht in Frage, da man sie klinisch
nicht diagnosticiren kann und während des Lebens nur zufällig bei
Operationen aus einer anderen Indikation auf sie stößt. Die peri-
vesikalen Abscesse sind einer operativen Behandlung nur zugänglich,
wenn sie nicht gar zu klein sind (III. Grad) und sich entweder nach
dem Mastdarm oder den Bauchdecken hin entwickeln. Wenn sie
hier bereits zum Durchbruch gekommen sind, dann hat man zur
Erzielung eines genügenden Abflusses nur zu erweitern oder eine
Gegenincision anzulegen. Hat man einen Abscess geöffnet, so ist es
nicht immer leicht festzustellen, ob er von der Blase ausgeht oder
gar mit deren Höhle kommunicirt. Harngeruch kann auch in letzerem
Falle dem Eiter fehlen. Auch die kombinirte Untersuchung mit dem
in die Abscesshöhle eingeführten Finger und dem in der Blase liegenden
Katheter führt oft nicht zum Ziel. Dann wirkt wohl noch eine
Injektion in die Blase unter starkem Druck aufklärend über die
Situation. Findet man eine Kommunikation zwischen Blase und
442 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
Abscess, und ist sie sehr weit, so hat man sie spontaner Vernarbung
zu überlassen. Eine enge Fistel muss man erweitern, um eine Re-
infektion und eine Dauerfistel zu vermeiden. Abscesse, welche sich
nach dem Mastdarm hin entwickeln, öffnet man mittels Trokars
oder durch Incision. Hochsitzende Abscesse kann man auch vom
Damm her angreifen. Stolper (Breslau).
14) P. Güterbock. Die chirurgischen Krankheiten der Harn-
organe. IV. Theil: Die chirurgischen Krankheiten der
Nieren.
Wien, F. Deutike, 1898. 308 S. Mit 50 Holzschnitten
Mit diesem vor wenigen Wochen erschienenen Bande, der die
chirurgischen Krankheiten der Nieren enthält, ist das vom
Verf. begonnene Werk einer vollständigen Darstellung der chirur-
gischen Krankheiten der Harnorgane vollendet. Den ursprünglichen
Plan, diesem Werke einen Band über die Krankheiten der männ-
lichen Geschlechtsorgane folgen zu lassen, hatte der Verf. aufgege-
ben, weil die Chirurgie dieser Organe zu einem großen Theile be-
reits in den bisher erschienenen Abschnitten dieses Buches berück-
sichtigt worden ist, dagegen die Bearbeitung der funktionellen Stö-
rungen in der Geschlechtssphäre im Wesentlichen der inneren Medi-
ein und der Neurologie zufällt.
Der 1. Theil des Buches: Die Krankheiten der Harnröhre
und der Prostata erschien 1889 (s. ds. Centralbl. 1889 No. 46.);
der 2. Theil: Die Krankheiten der Harnblase 1890 (s. ds. Cen-
tralblatt 1890 No. 50.); der 3. Theil Ende 1893; in diesem wurden
die Steine und Fremdkörper der Harnblase und der Harnröhre so
wie die chirurgischen Krankheiten der Harnleiter besprochen (s. ds.
Centralbl. 1894 No. 5.)
G. ist kurz vor dem Erscheinen dieses vorliegenden letzten
Theiles gestorben. »Eine tückische Krankheit setzte seinem uner-
müdlichen wissenschaftlichen Streben ein jähes Ende — mit dem
letzten Federstrich an diesem Buche war seine Schaffenskraft ge-
brochen.«
Über die früher erschienenen Theile dieses Werkes haben wir
uns nach jeder Seite hin lobend aussprechen können; Verf. hat
es in ausgezeichneter \Veise verstanden, die einzelnen Krankheits-
processe klar und übersichtlich zu schildern und den Beobachtungen
anderer Autoren seine eigenen reichen praktischen Erfahrungen an-
zufügen. Auch die Bearbeitung der chirurgischen Nierenerkran-
kungen zeigt alle die gerühmten Vorzüge. I. Israel hat sich der
durch Freundespflicht gebotenen Aufgabe unterzogen, die hinterlas-
senen Manuskripte zu ordnen und die Drucklegung zu überwachen.
Wäre Verf. nicht so plötzlich von seiner Arbeit abberufen worden,
so hätte er wohl noch Manches überarbeitet und gefeilt; I. Israel
hat sich nicht für befugt erachtet, Änderungen vorzunehmen, selbst
da, wo er glaubte, dass sie im Sinne des Verf. gewesen wären.
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 443
Die Einleitnng enthält allgemeine anatomische und physio-
logische Bemerkungen; die Befestigungsmittel und die Topo-
graphie der Nieren, so wie ganz besonders auch die Untersuchung
dieser Organe wird eingehend besprochen. Das 2. Kapitel enthält
die angeborenen! Krankheiten der Niere (Missbildungen und
Lageveränderungen); das 3. Kapitel die abnorme Lage und Beweg-
lichkeit der Niere. In einem Anhang wird das Vorkommen
der Nieren in Hernien erwähnt. Der therapeutische Standpunkt,
den G. bei der Wanderniere einnimmt, ist folgender: Die nicht ope-
rative Behandlung ist angezeigt in allen Fällen mit sehr geringen
oder mit ganz vagen Beschwerden; in den Fällen mit vorwiegend
nervösen bezw. psychischen Störungen; bei den meisten Kranken mit
Störungen des Darmkanals, speciell mit Enteroptose, wofern die Niere
nicht selbst direkte Ursache von krankhaften Erscheinungen bildet,
in Fällen von allgemeiner Erschlaffung des Unterleibes. Anzeigen zur
operativen Befetigung sind sehr erhebliche Störungen, die von der
nicht operativen Behandlung nicht beseitigt werden konnten; wieder-
holte Einklemmungserscheinungen; das Auftreten von intermittirender
Hydronephrose, so wie endlich Fälle, in denen die aus ihrem nor-
malen Lager versetzte bewegliche Niere in Folge anderweitiger Ver-
wachsungen nicht mehr zurückzubringen war und Ursache von Stö-
rungen namentlich seitens des Darmkanals wurde.
Die Verletzungen der Niere bilden den Inhalt des 4. Kapi-
tels. G. hat sich in früheren Arbeiten gerade mit diesem Theile der
Nierenchirurgie besonders eingehend beschäftigt, namentlich hat er
uns wichtige Aufschlüsse über die Entstehungsweise der subkutanen
Nierenverletzungen gegeben.
In dem nächsten Abschnitt werden die eitrigen Entzündun-
gen der Nieren und ihrer Umgebung abgehandelt: die Pyo-
nephrosen, die Abscesse des Nierenparenchyms, die Eiterun-
gen in der Umgebung der Nieren, die meist mehr paranephriti-
scher, als perinephritischer Natur sind. Bei der Pyonephrose wirft
G. die eigentliche oder primäre Pyonephrose, d. h. die Ansammlung von
Eiter oder mit Urin gemischtem Eiter im vereiterten Nierenbecken,
mit der sekundären Pyonephrose zusammen. Unter letzterer versteht
man das Endstadium der eitrigen Pyelonephritis, in dem das Nieren-
parenchym durch eitrige Schmelzung mehr oder weniger vollkommen
zerstört worden und durch das Zusammenfließen der Eiterherde schließ-
lich auch ein einziger großer Eitersack entstehen kann. Die sekun-
däre Pyonephrose indicirt für gewöhnlich die primäre Nephrektomie,
die primäre Pyonephrose zunächst die Nephrotomie. Trotz des abfäl-
ligen Urtheils von G. erscheint es uns vom praktischen Standpunkt
aus richtiger, die primäre Pyonephrose zusammen mit der Hydro-
nephrose als Sackniere (Oystonephrosis Küster) abzuhandeln.
Einen Anhang zum 5. Kapitel bilden die Fisteln der Niere
und ihrer Umgebung.
444 Centralblat: für Chirurgie. No. 16.
Das 6. Kapitel handelt von der Hydronephrose, die bei ihrer
außerordentlichen praktischen Wichtigkeit eine besonders eingehende
Besprechung erfahren hat. Bezüglich der Therapie nimmt G. einen
vermittelnden Standpunkt zwischen den Anhängern der Nephrotomie
und primären Nephrektomie ein. Cystengeschwülste der Niere
lautet die Überschrift des 7. Kapitels, das eine Beschreibung der
polycystischen Nierenentartung, der solitären Nierencysten,
der perirenalen Cysten so wie des Nierenechinococcus enthält.
Bei der Tuberkulose der Niere vermissen wir unter den dia-
gnostischen Zeichen das von W. Meyer beschriebene Frühsymptom
der primären Nierentuberkulose: scharf umschriebene, entzündliche
Höfe, die die Blasenmündung des entsprechenden Harnleiters umgeben,
während die übrige Blasenschleimhaut, besonders auch die Partien
zwischen den Entzündungsringen, vollkommen normal erscheint. Im
Anschluss an die Nierentuberkulose werden kurz die chirurgischen
Erfahrungen über Nierensyphilis angeführt.
Der Abschnitt über die Neubildungen der Niere enthält alles
Wissenswerthe in übersichtlicher Form; ganz besonders ist G. auch
bemüht gewesen, die etwas verwickelte pathologische Anatomie der
bösartigen Nierengeschwülste klar zu legen. Die anhangsweise be-
schriebenen perirenalen und pararenalen Neubildungen sind etwas
kurz weggekommen.
Die im 10. Kapitel besprochenen nervösen Erkrankungen der
Niere, die sogen. Nierenneuralgie u. A., stellen noch ziemlich
seltene Vorkommnisse dar, über die wir zum Theil noch recht we-
nig unterrichtet sind. Alles Wissenswerthe hat G. mit großem Fleiß
zusammengetragen.
In dem 11. Kapitel sind die Erkrankungen der Blutgefäße
der Nieren enthalten: das Aneurysma der Nierenarterie, die
spontanen Nierenblutungen, so wie ein Anhang über die) Er-
scheinungsweise der Nierenblutungen. Entschieden viel zu kurz
weggekommen sind hier die sog. spontanen Nierenblutungen, d. h.
die Nierenblutungen bei gesunden Nieren, die G. auf nicht ganz
einer Druckseite abhandelt. So ist z. B. die wichtige Arbeit von
Klemperer und die an diese sich anschließenden Bemerkungen
von Nitze u. A. gar nicht erwähnt, Jedenfalls hätte die diagno-
stische Seite dieser essentiellen Nierenblutungen eine besondere Wür-
digung verdient. Hier ist entschieden oft gefehlt worden und wird
auch noch viel gefehlt.
Ganz ausgezeichnet wiederum ist die im 12. Kapitel abgehandelte
Steinkrankheit der Niere; nur in dem Abschnitt über Diagnose
der Nierenkonkremente vermissen wir einen Hinweis auf die Unter-
suchung mittels Röntgenstrahlen.
Den Schluss des Buches bildet ein besonderes Kapitel über die
an den Nieren auszuführenden Operationen. G. hat sich hier-
bei auf die Nephrotomie und Nephrektomie beschränkt. Prak-
tischer wäre es wohl gewesen, dieses Kapitel an den Anfang des
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 445
Buches zu stellen und auch die anderen Nierenoperationen: Punk-
tion, Nephropexie, Nephrolithotomie, in die allgemeinen Besprechun-
gen einzubeziehen; es hätten dann bei den einzelnen Kapiteln Wieder-
holungen vermieden werden können. Auch ein einleitendes Kapitel
über die allgemeinen diagnostischen Verhältnisse bei den Nieren-
geschwülsten wäre von Vortheil gewesen.
Abgesehen von diesen verhältnismäßig geringen Ausstellungen
bietet die G.’sche Nierenchirurgie des Vortrefflichen so viel, dass wir
ihr Studium nur aufs wärmste empfehlen können. Gleich den
übrigen Abtheilungen des Werkes ist auch die vorliegende von der
Verlagsbuchhandlung sehr gut ausgestattet worden.
P. Wagner (Leipzig).
Kleinere Mittheilungen.
15) O. Lanz (Bern). Erysipel im Anschluss an Osteomyelitis strepto-
mycotica femoris.
(Korrespondensblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 13.)
Verf. meißelt einem Kinde einen alten, niemals zur Perforation gelangten
osteomyelitischen Herd im Femur auf. Im Anschluss daran typisches Erysipel,
das in klassischer Weise über die ganze Extremität wanderte. In Kulturen aus
dem Knochenabscess entwickelten sich Streptokokken in Reinkultur. 6 Tage nach
dem Abblassen des Erysipels entwickelte sich ein vielleicht schon latent gewesener
tiefer Streptokokkenabscess am Fuß. In schönerer Weise kann die Beweiskette
von der nicht specifischen Natur des Erysipelerregers, der im Knochenabscess be-
ginnt, dann durch Infektion der Hautlymphspalten bei der Operation ein Erysipel
zum Ausbruch bringt und schließlich sich wiederum in einen Abscess koncentrirt,
wohl kaum auf natürlichem, nur auf experimentellem Weg gemacht werden.
Hinterstoisser (Teschen).
16) Obermayer. Knochenveränderungen bei chronischem Ikterus.
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 38 u. 39.)
In der Nothnagel’schen Klinik wurden 5 Fälle von chronischem Ikterus
beobachtet, welche Auftreibung der Endphalangen der Finger und Zehen, so wie
schmerzhafte Verdiekung der Vorderarm- und Unterschenkelknochen-Epiphysen
darboten, veranlasst durch Periostitis mit Osteophytwucherung. Es handelt sich
um die Erkrankung, die zuerst von E. Bamberger und P. Marie bei chroni-
schen Lungen- und Herzerkrankungen beschrieben und von Letzterem als Osteo-
arthropathie hypertrophiante pneumonique benannt ist. Zutreffender bezeichnet
man das Leiden nach Arnold als sekundäre hyperplastische Ostitis, da es auch
bei anderen Erkrankungen (jauchigen und eitrigen Processen, Infektionskrank-
heiten, Herzfehlern, malignen Tumoren, Nervenleiden) beobachtet ist.
In den vorliegenden Beobachtungen muss die chronische Cholämie als Ursache
betrachtet werden. Grisson (Hamburg).
17) E. Clemmer (Basel. Ein Fall von Wismuthintoxikation durch
Airol.
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 16.)
Unter den zahlreichen Ersatzmitteln für das Jodoform hat sich keins so rasch
Eingang verschafft wie das Airol (Wismuthoxyjodidgallat). Bezüglich der dem
Airol nachgerühmten Ungiftigkeit weiß Verf. das Gegentheilige zu berichten. Bei
einem Falle von Psoasabscess hatte er etwa 35g einer 10%igen Airolemulsion
(mit Glycerin und Ol. olivar. e injieirt. Nach 3 Tagen kam es zu eklatanten
446 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
Wismuthintoxikationserscheinungen (Nausea, Stomatitis mit Schwarzfärbung der
Mundschleimhaut etc.), welche erst nach Spaltung des Abscesses und Abfluss der
Airolemulsion wichen. Die im Anschluss an diesen Fall vom Verf. ausgeführten
Untersuchungen ergaben, dass Airol nur eine relativ ungiftige Substanz sei; es
löst sich in Glycerin. Diese Airol-Glycerinlösung war im vorliegenden Falle
direkt resorbirt worden. Vor der Verwendungsform von Airol-Glycerinemulsionen
ist daher in Anbetracht ihrer Resorptionsfähigkeit und der darauf basirten toxi-
schen Eigenschaften zu warnen. Hinterstoisser (Teschen).
18) H. Alepy (Budapest). Fünf Operationen an Blase und Hamröhre
` von Knaben.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 2.)
A. hat bei einem 10jährigen und bei einem 12jährigen Knaben die Lithola-
paxie mit Erfolg ausgeführt; er war überrascht über das große Kaliber der kind-
lichen Harnröhre, das übereinstimmend mit der Harnröhre des Erwachsenen in
einem ganz bestimmten Verhältnis zum Umfang des Gliedes steht.
In 3 weiteren Fällen bei Knaben von 10—12 Jahren hat er wegen Harnröhren-
strikturen, die 2mal gonorrhoischen Ursprungs waren, operirt. imal genügte die
Urethrotomia interna, 2mal wurde diese mit der Urethrotomia externa kombinirt.
In allen Fällen wurde radikale Heilung erzielt. F. Krumm (Karlsruhe).
19) N. O. Wilson. External rupture of one corpus cavernosum.
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 30.)
Der 15jährige Pat. W.'s fühlte beim Radfahren plötzlich einen stechenden
Schmerz im Penis, der aber bald wieder vorüberging. 1!/, Stunden später, beim
Uriniren, das nicht behindert war, bemerkte Pat. eine starke Schwellung des Penis,
die‘während des Urinirens anwuchs; gleichzeitig schoss im Strahl Blut hervor. W.
fand den Pat. leicht kollabirt, rechts auf dem Rücken des Penis eine 11/2 Zoll
lange, scharfrandige Wunde, aus deren Tiefe Blut hervorquoll. Die Urinentleerung
war schmerzlos, durch die Wunde entleerte sich kein Urin, ein Zusammenhang der
Wunde mit der Harnröhre konnte ausgeschlossen werden.
In Chloroformnarkose wurde nach Umschnürung der Peniswurzel die Wunde
erweitert, eine etwa 1 cm lange Wunde des Corpus cavernosum mit fortlaufender
Naht, darüber die Hautwunde vernäht. Heilung ungestört.
F. Krumm (Karlsruhe).
20) V. Heiner. Über die Operationen an den Sexualorganen bei
Prostatahypertrophie.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 1 u. 2.)
H. giebt die ausführlichen Krankengeschichten von 8 Pat., bei denen 7mal
die doppelseitige Kastration, imal die doppelseitige Resektion des Vas deferens
wegen Prostatahypertrophie und ihrer Folgen gemacht worden war. Es handelte
sich stets um Pat., bei welchen die üblichen Behandlungsmethoden erschöpft waren.
Außer in einem einzigen Falle, in dem eine Rückbildung des Mittellappens der
Prostata und eine bedeutende Besserung der Funktion erzielt wurde, waren die
Resultate durchaus unbefriedigende. F. Krumm (Karlsruhe).
21) J. Verhoogen. Über einen Fall von Totalexstirpation der Pro-
stata wegen maligner Neubildung.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 1.)
53jähriger Mann, seit einem Jahr an einer Schwellung um den After erkrankt.
Bei der Untersuchung fand V. eine halbkugelförmige Geschwulst, ca. 12 cm im
Durchmesser; an ihrem linken Rand, wo sich der After befindet, eingedrückt,
schmerzlos, beinahe knochenhart, Haut unbetheiligt. Durch den Mastdarm wurde
die Fortsetzung der Geschwulst in die Ischiorectalhöhle festgestellt. Ein inniger
Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 447
Zusammenhang mit der Prostata bestand unzweifelhaft, die Mastdarmwand war
frei. — Stuhlgang, Urinentleerung normal.
Operation: Bogenförmiger Schnitt um den After. Lösung der Geschwulst von
der Mastdarmwand und der äußeren Wand der Ischiorectalhöhle leicht. Da sie
direkt in die Prostata übergeht, Exstirpation der Prostata — Durchtrennung der
sich anheftenden Muskeln, Lösung vom Blasenhals mit der Schere, Durchschnei-
dung der Pars membranacea urethrae. Blutung gering. Zwischen Blasenöffnung
und Pars membranacea Naht, durch Herunterziehen der nun leicht beweglichen
Blase ermöglicht. Verweilkatheter in die Harnröhre bis zur Blase, Tamponade
und Drainage der Wunde. Operationsdauer 11/4 Stunde.
Nach 3 Tagen Naht durchgeschnitten — Entleerung der ganzen Urinmenge
durch die Wunde. Kein Fieber. Entfernung des Verweilkatheters, tägliche Ein-
führung eines Nelatonkatheters zur Bildung eines Kanals in der gut granulirenden
Wunde. Mit dem weiteren Verschluss der Wunde, Kontinens für 2—3 Stunden,
Urinentleerung theils durch Harnröhre, theils durch eine Fistel am After. Ent-
lassung des Pat. nach 2 Monaten (p. op.). Die mikroskopische Untersuchung der
Geschwulst ergab ein Myxosarkom der Prostata, in dessen unteren Abschnitten
sich reichliche Kalkablagerungen vorfanden.
Erfolg auch in diesem Falle nicht andauernd. Nach 9 Monaten starb Pat.,
wahrscheinlich unter den Erscheinungen eines Recidivs in der Narbe. Autopsie
fand nicht statt. F. Krumm (Karlsruhe).
22) Thöle. Angeborene Cysten der Genitoperinealrhaphe.
S (Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.)
Bei einem 5ljährigen Manne exstirpirte Garr& eine in der Rhaphe penis ge-
legene, 5 cm lange, 3/s cm dicke Cyste. An der oberen (urethralwärts gelegenen)
Wand bestand die Auskleidung aus Cylinderepithel, an der unteren aus geschich-
tetem Plattenepithel, welches an einer Stelle direkt in die Epidermiszellen über-
ging. Die ausführlichen entwicklungsgeschichtlichen Darlegungen, welche die
Entstehung solcher Cysten und ihre Auskleidung mit zweierlei Epithel erklären,
können nicht Gegenstand des Referats sein. Hofmeister (Tübingen).
23) Albarran. Résultats de l’intervention chirurgicale dans les
tumeurs.
(Ann. des malad. des org. gEnito-urin. 1897. No. 8.)
Statistische Untersuchungen ergeben, dass die Sterblichkeit nach der Exstir-
pation gutartiger Blasengeschwülste 6—-7%, nach der bösartiger 45% beträgt
Diese Zahlen sind sich in den letzten Jahren ungefähr gleich geblieben, dagegen
haben sich die Verhältnisse der Recidive in den letzten Jahren immer günstiger
gestaltet; sie betrugen 1892 bei den bösartigen Geschwülsten noch 60%, sind dann
in einigen Jahren aber bereits auf 31% gefallen. Diese entschiedene Besserung
ist zum großen Theil auf eine ausgedehntere Exstirpation des Geschwulstbodens
begründet.
‚ A. hat im Ganzen 29 Blasengeschwülste operirt: 6 Papillome, 22 Epitheliome,
1 Sarkom; von diesen Operirten starben 6 (20%). Sämmtliche Papillomoperirte
genasen; bei keinem trat ein Recidiv ein. A. führt diesen Umstand mit vollstem
Recht wohl darauf zurück, dass er die Blasenschleimhaut in größerer Ausdehnung
rings um den Ausgangspunkt der Geschwulst mit entfernte.
Von den wegen bösartiger Geschwülste Operirten starben 6, theils an Infektion
und Blutung, theils an der Schwere des Eingriffs (Symphyseotomie mit aus-
gedehnter Blasenresektion).
Von den 17 Kranken, die den Eingriff überstanden, konnte A. 7 noch 3 bis
7 Jahre nach der Operation beobachten. 4 Kranke sind ohne Recidiv geblieben,
darunter der Sarkomkranke.
Einzelne Krankengeschichten werden von A. ausführlich mitgetheilt.
P. Wagner (Leipzig).
448 Centralblatt für Chirurgie. No. 16.
24) Hofmokl. Ein Fall eines selten großen Divertikels der Harn-
blase beim Weibe. Mit 1 Tafel.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.)
` Nach Besprechung der verschiedenen Arten von Blasendivertikeln, wahrer
und falscher, erworbener und angeborener, beschreibt H. einen Fall, bei dem es
sich um ein kindskopfgroßes Blasendivertikel handelt. Auffällig ist es durch seine
Größe, durch die mächtigen papillären, kolbenförmigen Auswüchse im Innern des
Divertikels, durch sein höchst seltenes Vorkommen beim Weibe, wo, wie in diesem
Falle, die gewöhnlichen prädisponirenden Momente fehlen, nämlich Striktur der
Harnröhre, Steinbildung, Neubildung, Zug an der Blase durch seitliche Anhef-
tungen derselben im Becken. Nach dem pathologisch-anatomischen Befund und
den histologischen Untersuchungen ist das Divertikel als angeboren zu betrachten.
Erst eine Cystitis führte auch zur Infektion des Divertikels. Die Therapie be-
steht bei kräftigen Individuen in der Exstirpation desselben. Hier musste diese
wegen Marasmus aufgegeben werden. Wichtig ist die oystoskopische Unter-
suchung. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
25) Albarran. Überzähliger Ureter.
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 43.)
Ein 20jähriges Mädchen litt seit Geburt an Harnträufeln, hatte nebenher aber
Entleerungen von normalen Harnmengen in regelmäßigen Intervallen. In der
Vulva unterhalb der Harnröhre und an der vorderen Scheidenwand fand sich je
eine kleine Urin entleerende Fistel. Wurde in die Blase gefärbte Flüssigkeit in-
jieirt, so floss aus den Fisteln ungefärbter Urin ab; eystoskopisch wurden 2 nor-
male Harnleiter konstatirt; in die Fisteln ließ sich eine Sonde 20cm weit ein-
schieben, ohne dass sie cystoskopisch in der Blase sichtbar wurde: es musste also
ein überzähliger Harnleiter durch die Fisteln ausmünden.
Die entwieklungsgeschichtliche Erklärung dieser Abnormität muss im Original
gelesen werden.
In der Litteratur hat Verf. nur 4 derartige Beobachtungen gefunden.
A. heilte das Mädchen, indem er per laparotomiam den überzähligen Harnleiter
mit einem Stück Scheidenschleimhaut loslöste und letzteres in eine Blasenineision
einnähte; es bildete sich eine Vesico-Vaginalfistel, die durch eine 2. Operation ge-
schlossen wurde. Grisson (Hamburg).
26) K. P. Sserapin. Der Nierenechinococcus und seine chirurgische
Behandlung.
(Annalen der russ. Chirurgie 1598. No. 1. [Russisch.))
42jährige Frau, 1 Jahr krank; die Geschwulst fing schnell an zu wachsen,
nachdem Pat. aus dem Wagen gefallen war. Diagnose: Cyste der rechten Niere,
Hydronephrose oder Echinococcus. Bei der Operation (Prof. Weljaminow) —
Lendenschnitt — fand sich eine einzelne Echinococcusblase, die leicht ausgeschält
wurde. Da die Nierenfunktion aufgehoben schien, beschloss man die Nephrek-
tomie, doch musste ein kleiner Theil des Sackes, der mit der unteren Hohlvene
verwachsen war, zurückgelassen werden. Tamponade. Nach 8 Wochen völlig ge-
heilt. Die Blase saß im hinteren Theil der Niere am Hilus. — Bei der mikro-
skopischen Untersuchung erwies sich die Vorderfläche der Niere und deren äußerer
Theil, eben so das Becken und die Kelche als intakt. — In der Litteratur fand
S. 13 Nephrektomien (5 +) und 31 Cystotomien, alle genesen, davon 16 transperi-
toneale und 15 extraperitonenle Operationen. Daher spricht sich S. für extra-
peritoneale Cystotomie als für das Normalverfahren aus, und reservirt die Nephrek-
tomie nur für besondere Fälle und sekundäre Operationen.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf $ Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel_in Leipzig
Gentralblatt
für
CHIRURGIE
E. vo Bay, F, Kiti, (ms
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 17. Sonnabend, den 30. April. 1898.
Inhalt: P. L. Friedrich, Kurze Bemerkungen zum Gebrauch dünner nahtloser Gummi-
handschuhe für gelegentliche Operationszwecke. (Original-Mittheilung.)
1) Jahresbericht. — 2) Le Dentu und Delbet, Chirurgie. — 3) Hamant, Plötzlicher
Tod nach Operationen. — 4) Dumstrey und Metzner, 5) Davidson, Rüntgenstrahlen. —
6) Riggenbach, Keimgehalt acoidenteller Wunden. — 7) Miller, 8) Koller, Schusswunden.
— 9) Piellcke, Syphilitische Gelenkerkrankungen. — 10) Thilo, Geleukneuralgien. —
11) Kirmisson und Ardouin, Knochen- und Gelenktuberkulose. — 12) Strauss, Rheu-
matische Muskelschwiele. — 13) Rydygier, Transplantation von Muskellappen. —
14) Haegler-Passavant, Metallnaht aus Aluminiumbronze. — 15) Adler, Hirngeschwülste
nach Kopfverletzungen. — 16) Berndt, Unterkieferresektion. — 17) Kirchgaesser,
Rückenmarkserschütterung. — 18) $subotin, Pott'scher Buckel. — 19) Ekehorn, Der-
moideysten des Mediastinum anticum. — 201 Kopfstein, Pleuraempyem.
C. Bayer, Retrograde Netzincarceration mit Stieltorsion über dem Bruchring. (Orig.-
Mittheilung.)
21) Hinterstoisser, Jahresbericht. — 22) Kehrer, Angeborene Kopfbrüche. —
23) Mugnal, Exstirpation des Gangl. Gasseri. — 24) Bischoff, Gesichtsspalte. — 25) Man-
guii, Noma. — 26) Briau, Elephantiasis cartilaginosa Nasi. — 27) Bockhorn, Parotis-
tuberkulose. — 28) Faure, Unterkieterresektion. — 29) Habs, Nasen-Rachengeschwulst.
— 30) Escat, Adenom des (jaumensegels. — 31) Rubinstein, Halsverletzung. — 32) Trapp,
33) Reinhardt, 34) Lambret, Rürkenmarksverletzungen. — 35) Miralli& und Chaput,
36) Kuss, Torticollis. — 37) Pantaloni, Zur Kehlkopfchirurgie. — 33) Tailhefer, Thy-
roidis. — 39) Marchant, Basedow.
Kurze Bemerkungen zum Gebrauch dünner nahtloser
Gummihandschuhe für gelegentliche Operationszwecke,
Von
Prof. P. L. Friedrich in Leipzig.
Um auf die während des Chirurgenkongresses mehrfach an mich
ergangenen Anfragen wegen der Gebrauchs- und Sterilisationstechnik
der von mir vorgelegten Gummihandschuhe eine Antwort zu geben,
erlaube ich mir ganz kurz die betreffenden Einzelheiten, wie sie sich
mir als praktisch erwiesen haben, hier zu schildern.
Die Firma, welche den betreffenden lIlandschuh liefert, heißt
Zieger & Wiegand, Leipzig-Neuschleußig, Seumestraße 10.
17
450 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
Die Handschuhe werden jetzt nahtlos, mit einem Ausdehnungs-
koefficienten des Gummis von etwa 1:7, von ziemlicher Feinheit,
bei noch leidlicher Haltbarkeit hergestellt. Die Angaben, so weit sie
die chirurgisch-technische Seite betreffen, stammen zwar von mir,
die eigentliche Herstellungstechnik ist Fabrikgeheimnis.
Der Gebrauch der Handschuhe erscheint mir nur empfehlens-
werth innerhalb der Grenzen, wie sie von v. Zöge-Manteuffel
schon gezogen und gelegentlich der Diskussion am 1. Sitzungstage
des Kongresses neuerlich erörtert worden sind; innerhalb dieser
Grenzen wird man aber geradezu verpflichtet sein, den Handschuh-
schutz zu verwenden. Ich möchte ganz besonders ihren Gebrauch für
den Fall empfehlen, wo der Operateur oder Assistent durch eine ge-
ringe, nicht mehr infektionsfreie Läsion ihrer eigenen Hand ein
aseptisches Wundgebiet gefährden könnten, während sie andererseits
zum Operiren durch die Umstände gezwungen sind. Ein bloßer Finger-
schutz dürfte da selten als ausreichend zu betrachten sein.
Will man den Gebrauch der Handschuhe verallgemeinern, wozu mir
eine Berechtigung nicht vorzuliegen scheint, so ist zu bemerken, dass er
der Raschheit des Operirens auf alle Fälle schadet, den aseptischen
Apparat unnöthig komplicirt, die allgemein menschliche Seite des
eventuellen Vertrauens auf seinen Schutz die Strenge der sonstigen
Händesterilisationsmaßnahmen gefährdet.
Die Handschuhe werden in der Form, wie sie von der Fabrik
geliefert werden, in eine 6fache Lage von Verbandmull eingeschlagen
und so dem Verbandmaterial des zu sterilisirenden Verband- (oder
Tupfer-) Kessels beigelegt bezw. nach Belieben für sich im Dampf-
sterilisator durch 1 Stunde sterilisirt, wobei naturgemäß vorausgesetzt
wird, dass der Kessel bei Einbringung sich bereits auf der Höhe der
Dampfentwicklung befindet. (Wer es vorzieht, die Sterilisirung in
chemischen Lösungen vorzunehmen, ersetze den Dampf durch ent-
sprechende Einwirkung dieser.) Sie werden sodann unmittelbar vor
dem Gebrauch der Schimmelbusch’schen Trommel entnommen;
mit sterilisirter Pincette werden die Mulltheile zurückgeschlagen und
an die nach den sonstigen Regeln exakt operationsbereit gemachte
sterilisirte Hand des Operateurs angezogen, nachdem sie mit sterili-
sirtem Wasser zur Hälfte gefüllt worden sind. Durch diese Füllung
entfalten sich die einzelnen Theile des Handschuhs leicht, und gleitet
derselbe nunmehr ohne Mühe über die Hand, wobei die andere Hand,
nur mit sterilisirtem Mullstück bekleidet, dem Anziehen nachhilft,
nicht mit den unbedeckten Fingern, um auch noch jegliche Gefähr-
dung der Operationsfliche des anzuziehenden Handschuhs durch
Reiben der, wenn auch sterilisirten, anderen Hand des Operateurs
gegen dieselbe auszuschalten. Zum Anziehen nehme man sich etwas
Zeit. Es empfiehlt sich, für das Instrumentenauskochen vorher aus-
gekochtes und nunmehr nur noch eines geringen Sodazusatzes be-
nöthigendes Wasser zu verwenden, da gerade der Sodahauch der
Instrumente eine unbequeme Glätte der Handschuhflächen zur Folge
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 451
haben kann, und Soda, wie es scheint, auch die Haltbarkeit des
Stoffes ungünstig beeinflusst. Werden die Handschuhe während des
Operirens an der Operationsseite feucht — und das macht sich
technisch viel unangenehmer und empfindlicher, als bei der ent-
blößten Hand, bemerkbar —, so genügt natürlich kurzes Trocknen
mit sterilem Tuch. Gleitet Serosa aus, so schalte man eine einfache
Mulllage zwischen Handschuh und Darm (bezw. Magen) oder (halten-
der Assistent) ziehe über Daumen und Zeigefinger noch einen feinen
baumwollenen sterilisirten Fingerling. Versehentliche Berührung mit
der Zacke eines scharfen Hakens, Schwierigkeit beim Unterbinden,
Hingleiten an scharfen Knochenkanten bieten die häufigste Möglich-
keit zur Lädirung des Gummis. Bei Nothwendigwerden feinsten
Gefühls in den Fingerspitzen genügt einfaches nochmaliges energi-
sches Streichen des Handschuhs an dem betreffenden Finger von
der Spitze gegen das Grundglied, wodurch sich der Gummi an der
Fingerspitze noch beträchtlich verdünnen lässt. Nach Operationen
auf aseptischem Wundgebiet und von nicht zu langer Dauer wurde
die nachmalige Sterilisation nur 30—40 Minuten lang zur Schonung
des Handschuhs ausgeführt. Das Ausziehen erfolgt am besten unter
Flüssigkeit im Waschbecken: es genügt, den Handschuh am oberen
Ende zu fassen; er streift sich da im Nu über die ganze Hand ab.
Ich benutze hierbei Sublimatlösung (wässrig 1:500), die dem Stoff
nicht zu schaden scheint, womit ich aber gleichzeitig den Vortheil
verbinde, dass die durch das Umstülpen nunmehr nach außen ge-
kehrte, bisher der Hand des Operateurs angeschmiegt gewesene
Innenfläche des Handschuhs gleich im Anschluss an die Operation
20—30 Minuten in der Berührung mit der Sublimatlösung bleibt,
wobei es doch noch einmal mit erwähnt sei, dass der infektiöse
Charakter einer gut sterilisirtten Hand im Verlauf einer Operation
jetzt von mancher Seite weit überschätzt wird. Beim Operiren eitriger
Processe empfiehlt es sich, dem Ausziehen des Handschuhs ein sofor-
tiges Abspülen und Abscheuern mit Seife und Bürste folgen zu lassen.
1) The medical annual and practitioners index.
Bristol und London, 1898.
Der 16. Band der an dieser Stelle bereits mehrfach lobend be-
sprochenen Jahrbücher verdient gleichfalls volle Anerkennung; die
Verff. werden ihren Aufgaben innerhalb der von ihnen selbst ge-
steckten Grenzen vollkommen gerecht. Die kurzen zusammenfassen-
den Referate berücksichtigen doch in genügender Weise die Litte-
ratur, und speciell der deutsche Leser findet manche interessante
Notiz aus englischen und amerikanischen Journalen, die ihm bisher
vielleicht entgangen war. Besonders ausführlich werden diesmal die
unblutige Einrenkung der angeborenen Hüftverrenkung besprochen,
so wie die Streckung des Pott’schen Buckels nach Calot. Letzteres
Verfahren ist durch eine große Menge von Abbildungen illustrirt.
Tietze (Breslau).
17*
452 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
2) Le Dentu et Delbet. Traité de chirurgie clinique et
opératoire. Tome VI.
Paris, J. B. Bailliere et fils, 1597.
Der 6. Band der Chirurgie von Le D. und D. enthält in be-
kannter Ausführung die Krankheiten des Mundes, des Pharynx, der
Speiseröhre, des Kehlkopfes, der Luftröhre, der Schilddrüse, des
Halses und der Brust aus der Feder von H. Morestin, M. Gan-
golphe, F. Lubet-Barton, C. Lyot, J. Arrou und Ch. Souligoux.
4 Tietze (Breslau).
3) H. Hamant. La mort subite post-opératoire.
Paris, 1897.
Nach kurzer Besprechung der hauptsächlichen Ursachen, welche
überhaupt einen plötzlichen Tod veranlassen können, geht Verf.
speciell auf solche Todesfälle ein, welche nach operativen Eingriffen,
unabhängig von der Schwere der Operation und ohne alle Kompli-
kationen, wie Blutungen, Septhämie etc. eintreten können. Auf
Grund eigener Beobachtungen und solcher aus der Litteratur —
Verf. hat im Ganzen 16 Fälle zusammengestellt — kommt er zu dem
Schluss, dass der Tod entweder ganz plötzlich in Folge einer Herz-
synkope oder innerhalb einiger Minuten durch Gehirn- oder Lungen-
alteration bedingt sei. Meist handle es sich um alte Personen, auf-
fallenderweise hauptsächlich um Männer, und besonders um solche,
deren Gesundheit schon aus irgend einer Ursache geschwächt ist, sei
es durch eine Herzkrankheit, durch Alkoholismus, Diabetes, Albu-
minurie, Arteriosklerose oder Obliteration der Pleurablätter. Nach
Möglichkeit soll man desshalb Operationen an solchen Individuen
überhaupt vermeiden; bei plötzlich eintretendem Shock aber seien
Stimulantien in großen Dosen zu verabreichen; auch sah Verf. sehr
günstige Resultate durch Injektionen »künstlichen Serumse.
Sultan (Göttingen).
4) Dumstrey u. Metzner. Die Untersuchung mit Röntgen-
strahlen. Eine kritische Studie.
(Separatabdruck der Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen Bd. I.)
Die Arbeit kann fast als eine Instruktion für Denjenigen be-
trachtet werden, welcher die gröbste Technik des Verfahrens hinter
sich hat. Es werden am Schluss bestimmte Anforderungen für die
Wiedergabe von Bildern aufgestellt, um für eine Prüfung derselben,
etwaiges Kontrolliren behaupteter Resultate, möglichst genaue Grund-
lagen zu haben, Forderungen, welche man Angesichts gewisser Kunst-
produkte nur energisch befürworten kann. Auch zu den Anschau-
ungen über den Werth des Verfahrens in der inneren Medicin kann
Ref. nur seine rückhaltlose Zustimmung betonen.
Bähr (Hannover).
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 453
5) J. M. Davidson. Roentgen rays and localisation.
(Brit. med. journ. 1898. Januar 1.)
D. hat zur genauen Lage- und Größebestimmung von Fremd-
körpern durch Röntgenstrahlen einen Apparat konstruirt, der es ihm
ermöglicht, durch einfache Abstandsmessungen und Umrechnung die
genauesten Zahlen über Größe und Entfernung des Fremdkörpers
von der Haut zu erhalten. Das Princip der Methode besteht in der
Entwerfung zweier Schatten des Fremdkörpers auf einem Negativ
durch horizontale Verschiebung der in bestimmtem vertikalen Ab-
stand von der Platte fixirten Lichtquelle (Anode der Vacuumröhre!.
Die Einzelheiten der ausführlich beschriebenen Methode, die sich
in der Praxis hoffentlich einfacher giebt, wie in der Beschreibung,
mögen von Interessenten im Original nachgesehen werden. Die
Methode hat sich schon in einigen Fällen praktisch bewährt.
F. Krumm (Karlsruhe).
6) H. Riggenbach. Über den Keimgehalt accidenteller
Wunden.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 32.)
R. hat in der chirurgischen Poliklinik von Basel 24 Fälle kleinerer
Verletzungen, die ambulant behandelt wurden, in kunstgerechter,
fleißiger Weise bakteriologisch untersucht. Die frische Wunde wurde
mit kleinen sterilen Wattebäuschchen ausgewischt, deren Keimgehalt
dann durch Einbringung in Nährgelatineplatten festgestellt wurde.
Dessgleichen weiterhin bei dem Verbandwechseln Entnahme und Ver-
arbeitung des Wundsekrets. Prüfung, Isolirung und Weiterzüchtung
der gefundenen Keimarten, deren Pathogenität, so weit sie deren
verdächtig waren, durch subkutane Injektion bei Kaninchen geprüft
wurde.
Mit nur einer Ausnahme ergab schon die erste Untersuchung
der Wunde zahlreiche Keime, und zwar meistentheils auch pathogene.
Am häufigsten fand sich der Staphylococcus pyogenes albus (in 62,5%
der Fälle), den R. für einen zweifellosen, wenn auch nicht so viru-
lenten Eitererreger wie den aureus hält. Der Mikrococcus tetragenus
fand sich 4mal, also in 16%; auch ihm vindieirt R. pyogene Viru-
lenz. In 11 Fällen, also nahezu der Hälfte, fanden sich Strepto-
kokken, deren Pathogenität indess, in 6 Fällen durch das Thier-
experiment geprüft, ungleich, und zwar meistens gering war. 2mal
fand sich — und dies ist besonders interessant — der Nikolaier’sche
Tetanusbacillus, dessen Kulturen Versuchsthiere in typischer Weise
tödteten, dessen Gegenwart in der Wunde der Pat. aber die Heilung
nicht beeinträchtigte. Außerdem wurden zahlreiche andere Keim-
formen: Kokken, Spirillen, Sarcinen etc. von nebensächlichem Inter-
esse konstatirt.
R. führt aus, dass sämmtliche Keime in erster Linie der Körper-
hautoberfläche entstammen, von wo sie durch den Mechanismus der
454 Centralb:att für Chirurgie. No. 17.
Verletzung in die Wunde gelangen. Der Keimreichthum der Wunde
wächst mit der Zeit, die verstreicht, bevor Pat. in ärztliche Behand-
lung kommt. Da bei antiseptisch behandelten Wunden sich eine
geringere Keimzahl fand, als bei bloß aseptisch behandelten, ist Verf.
geneigt, die Antisepsis der Asepsis vorzuziehen.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
7) A. Müller. Experimentelle Untersuchungen über die
Infektion von Kaninchen durch Geschosse. Mitgetheilt von
Prof. Dr. Tavel.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 199.)
Die im bakteriologischen Institut in Bern vorgenommenen Ex-
perimente studiren die Fragen, unter welchen Bedingungen Geschosse
Infektionen vermitteln können, und ob pathogene Keime, welche ein
Geschoss trägt, durch die Hitze, der das Geschoss im Gewehrlauf
ausgesetzt ist, unschädlich gemacht werden können. Als Infektions-
material dienten Marmorek’sche Streptokokken, die schon in mini-
malen Dosen Kaninchen tödlich inficiren. Die Kokken wurden auf-
getragen bald auf die Stahlspitze, bald auf den Bleitheil des Geschosses,
bald in den Gewehrlauf, bald auch auf Soldatentuch, womit das zu
verletzende Thier bedeckt war. In allen Fällen wurden die Thiere
tödlich infieirt, auch wenn eine größere Anfangsgeschwindigkeit des
Schusses (600 m) benutzt wurde, oder der Schuss nach Abgabe eines
Magazinfeuers von 12 Patronen vorgenommen wurde, also in beiden
Fällen eine erhöhte Erhitzung des Geschosses beim Passiren des
Laufs vorangegangen war. Auch durch Bedecken des Schussziels
mit sterilem Tuch ließ sich die Infektion nicht vermeiden. Eben so
wenig verhinderte die sofort nach der Verletzung vorgenommene
Behandlung mit Jodtinktur, noch Drainage oder Kauterisation ‚des
Schusskanals die Infektion. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
8) H. F. Koller. Experimentelle Versuche über die Therapie
inficirter Schusswunden.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII p. 211.)
Die Versuche K.’s schließen sich an diejenigen von Müller an
und sind wie diese im Berner bakteriologischen Institut vorgenommen.
Infieirt wurden die Geschossspitzen, und zwar mit Bakterienkulturen,
die für Kaninchen virulent sind, doch aber nicht so hochgradig, dass
eine nothwendig tödliche Infektion resultirt. Als hierzu geeignet
wurden benutzt schwache Kulturen von Staphylococcus aureus, ferner
von Pyocyaneus und ein Streptococcus capsulatus. Die Versuchs-
schüsse wurden den Kaninchen mittels exakt eingestelltem Gewehr
in den Oberschenkel ohne Verletzung von Knochen, Nerven und
Gefäßen beigebracht. Die Nachbehandlung der Wunden bestand
nun in den jedesmaligen Versuchsserien bei den verschiedenen Thieren
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 455
der Reihe nach: 1) bei dem Kontrollthiere in einem einfachen Ver-
bande mit oder ohne Naht, 2) in energischer Thermokauterisation,
3) in Wundauspinselung mit starker Jodtinktur, 4) in Wunddrainage
mit Jodoformgaze, 5) in Glasdrainage, 6) in Wunddesinfektion mit
5%igem Karbolwasser. Die sehr interessanten und praktisch be-
achtenswerthen Resultate ergaben, dass nur die einfach behandelten
Kontrollthiere, ferner die mit Glasdrain oder Jodoformgazedrainage
behandelten Thiere und eins, mit Pyocyaneus inficirt, welches mit
5%iger Karbolsäure behandelt war, geheilt wurden. Dagegen starben
an der Infektion alle übrigen mit Karbolsäure und alle mit Glüh-
eisen und Jodtinktur behandelten Thiere. Die voraufgegangenen
starken Wunddesinfektionen haben also trotz der jedenfalls voraus-
zusetzenden Vernichtung von Keimen in der Wunde durch Gewebs-
schädigungen nachtheilig gewirkt. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
9) Pielicke. Die syphilitischen Gelenkerkrankungen.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 4. u. 5.)
Die Eintheilung der syphilitischen Gelenkerkrankungen nach
Virchow in einfach entzündliche Affektionen ohne specifische
Neubildungen und in solche, die mit der Bildung der für Syphilis
charakteristischen Veränderungen einhergehen, stellt P. als die
natürlichste und ungezwungenste, als einheitlich und ohne Wider-
spruch hin.
Die ersteren Affektionen kommen fast nur in den großen
Körpergelenken vor, am häufigsten in den Kniegelenken. Sie treten
sowohl mono- als auch polyartikulär auf und zeichnen sich durch
einen deutlichen Gelenkerguss und durch große Schmerzhaftigkeit
aus. Sie pflegen in dem sogenannten sekundären Stadium der
Syphilis aufzutreten in Verbindung mit anderen Symptomen dieser
Krankheit. Sie wurden aber auch bei Kindern in Fällen angeborener
Lues beobachtet. Die Erscheinungen sind hier, entsprechend dem
ganzen Verlaufe der kongenitalen Syphilis, viel stürmischer, so dass
häufig eine Eiterung des Gelenks vorzuliegen scheint. In Folge
dessen sind schon mehrfach eingreifende Operationen vorgenommen
worden, wo die antiluetische Behandlung am Platze gewesen wäre.
P. führt einen selbst beobachteten Fall mit einer recidivirenden
syphilitischen Schultergelenksentzündung bei einem 30jährigen Manne
an, in welchem nach verschiedenen vergeblichen therapeutischen
Versuchen eine Sublimatspritzkur in 3 Wochen vollständige Heilung
herbeiführte. Eine eitrige syphilitische Gelenkentzündung ohne
primäre Betheiligung der Nachbarorgane kommt sehr selten vor, am
häufigsten noch bei hereditär luetischen Kindern. In Folge von
Vernachlässigung und mangelhafter Behandlung gehen die akuten
und namentlich die subakuten Formen dieser Gelenkaffektionen in
die des chronischen Gelenkrheumatismus über mit chronischen
Gelenksergüssen und Kapselschwellungen, welche die Beweglichkeit
456 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
im Gelenk beeinträchtigen, Krepitation erzeugen und in schweren
Fällen zu Pseudoankylose führen können.
Die specifischen syphilitischen Gelenkentzündungen treten sekun-
där auf in Folge und unter Bildung gunmöser Entzündungen und
Neubildungen der Gelenkkapseln und der Knochen. Sie kommen
natürlich meist nur im tertiären Stadium der Syphilis vor und
pflegen häufiger chronisch zu verlaufen als die idiopathischen Ent-
zündungen:
Die Therapie bei syphilitischen Gelenkentzündungen hat zweierlei
zu berücksichtigen: einmal ist das Allgemeinbefinden zu behandeln,
und zweitens muss man sich der Behandlung der lokalen Affektionen
widmen. Das Hauptmittel ist und bleibt das Quecksilber, in zweiter
Linie das Jodkalium. Bei schweren chronischen Gelenkentzündungen
sind die bei solchen Affektionen üblichen therapeutischen Hilfsmittel
in Anwendung zu ziehen. In den selteneren Fällen von Eiter- und
Fistelbildung tritt die Chirurgie in ihre Rechte. Gold iBielitz).
10) Thilo. Zur Behandlung der Gelenkneuralgien.
tSt. Petersburger med. Wochenschrift 1898. No. 6.)
„T. tritt warm für die Bewegungstherapie dabei ein, besonders
Übungen an Apparaten, erst passive, dann aktive. Aber die Behand-
lung muss sehr lange fortgesetzt werden, auch geraume Zeit, wenn
Heilung schon eingetreten zu sein scheint, da sonst Rückfälle kaum
ausbleiben. Haeckel Stettin),
11) E. Kirmisson und P. Ardouin, Traitement conservateur
des tuberculoses osseuses et articulaires de l'enfant.
(Revue d’orthopédie 1697. No. 4—6; 1598. No. 1.)
In ausführlicher Darstellung entwickeln die Autoren die kon-
servativen Behandlungsmethoden, welchen die K.’sche Schule beim
Kinde unterschiedslos den Vorzug giebt, nach Gesichtspunkten, wie
sie wohl allgemein anerkannt werden. Es ist auch die übliche All-
gemein- und örtliche Behandlung mit Ruhigstellung im Gipsverband,
Kompression, Ignipunktur und Punktion mit Injektion der Abscesse,
in der Regel mit Jodoformäther. In gewissen Fällen haben die
Autoren auch von der Durchbohrung der Gelenkknochen (Tunneli-
rung), am Knie durch Femur- und 'Tibiakondylen, am Fuß durch den
Talus, mittels »Ignipunktur« und Auslöffelung gute Erfolge gesehen;
die »Stollen« werden durch immer dünnere Drains, zuletzt durch
Seidenfäden durchgängig gehalten, und es treten aus ihnen einige
kleine Sequester heraus. , Zur Bekräftigung der Behandlungsgrund-
sätze ist eine Kasuistik angehängt von 90 Beobachtungen mit ab-
gekürzten Krankengeschichten, welche noch überzeugender gewirkt
hätten, wenn der Enderfolg statt der gewöhnlichen summarischen
Schlussbemerkung »geheilt« etwas auch in Einzelheiten ausführlicher
wiedergegeben wäre. Herm. Frank ‘Berlin.
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 457
12) H. Strauss. Über die sogenannte »rheumatische Muskel-
schwiele«.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 5 u. 6.)
Den Begriff »Muskelschwiele« dahin definirend, dass man darunter
eine mehr oder weniger umschriebene Bindegewebsentwicklung in
den Skelettmuskeln versteht, theilt S. die bisher unter dem Namen
»rheumatische Muskelschwielen« mitgetheilten Fälle in 3 Gruppen
ein. 1) Fälle, in welchen ohne erkennbaren. Grund eine breite
Schwellung von Muskelgruppen entstand, deren anatomische Grund-
lage eine Bindegewebswucherung in den Muskeln und in den diese
unmittelbar umgebenden Geweben bildete, die zur »Verbackung«
mehrerer benachbarter Muskeln unter einander und mit der Um-
gebung geführt hat. 2) Fälle, bei denen die Erkrankung sich nur
auf einen Muskel, jedoch in seiner ganzen Ausdehnung beschränkt
hat, ohne das paramuskuläre Gewebe zu berühren. 3) Fälle, bei
welchen sich stets umschriebene Knoten im Verlauf eines einzelnen
Muskels gefunden haben, ohne dass seine Nachbarschaft in Mitleiden-
schaft gezogen worden wäre. Im Anschluss an die bisher beschrie-
benen Fälle dieses Leidens theilt S. 8 Fälle der eigenen Beobachtung
mit. Ein Fall erscheint besonders dadurch interessant, als bei dem-
selben die nur auf dem Wege der Tastung gestellte Diagnose auf
»Muskelschwiele« durch Excision und mikroskopische Untersuchung
derselben zweifellos sichergestellt wurde. Die Operation hatte über-
dies einen überraschenden Erfolg, indem Pat. von seinen Beschwerden
völlig geheilt entlassen werden konnte.
Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigte sich, dass der
Knoten aus wellig verlaufenden, unregelmäßig angeordneten Binde-
gewebszügen bestand, zwischen denen stellenweise nur wenig degene-
rirte Muskelfasern, so wie einige gut erhaltene Gefäße verliefen. An
einzelnen Stellen fand sich zerstreut junges Granulationsgewebe.
In den übrigen 7 Fällen wurde die Diagnose nur auf dem Weg
der Tastung gestellt, und tritt auf Grund dessen S. der Frage näher,
ob und in wie weit die palpatorische Diagnose auch stets als ein-
wandsfrei betrachtet werden kann. Sämmtliche Pat. gehörten den
mittleren Altersklassen an, sie klagten durchweg über reißende
Schmerzen und Schwäche in den befallenen Körpertheilen (Extremi-
täten), welche eine bedeutende Beeinträchtigung der aktiven Be-
weglichkeit aufwiesen. Trauma, syphilitische Infektion, Trunksucht
konnten für die Ätiologie nicht festgestellt werden. Die Tastung der
erkrankten Muskeln ergab in allen Fällen- eine umschriebene, holz-
harte, nicht elastische, gegen die Umgebung verschiebliche, auf
Druck empfindliche knotige Verdickung mit glatter oder leicht
höckeriger Oberfläche. Therapeutisch empfiehlt S. lokale Muskel-
massage, nach vorausgegangenen warmen Lokalbädern. In ganz ver-
zweifelten Fällen, in welchen die genannten Behandlungsmethoden
im Stiche lassen, könnte die Ausschneidung der Schwiele in Betracht
7er
458 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
kommen. S. ist mit lokalen Beeinflussungen unter Erzielung von
Heilung oder bedeutender Besserung bisher gut ausgekommen.
Gold (Bielitz).
13) Rydygier. Über Transplantation von gestielten Muskel-
lappen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 314.)
R. hat an 2 Versuchshunden mit Erfolg einen gestielten Muskel-
lappen transplantir. Das erste Mal wurde die untere Hälfte des
Sternocleidomastoideus durch die Clavicularportion des Pectoralis major
ersetzt, das zweite Mal der Musculus tibialis anticus und Extensor
digitorum durch einen Muskellappen aus dem Rectus femoris. Nament-
lich das erste Mal wurde ein sehr gutes funktionelles Resultat erzielt.
Die Operation könnte praktisch in Frage kommen nach Exstirpation
des Kopfnickers bei Torticollis nach Mikulicz und an Stelle der
Sehnentransplantation bei Muskellähmungen. Um gute Einheilung
der Muskellappen zu erreichen, ist auf die Herstellung genügender
Ernährungsbedingungen für dieselben zu achten, also auf tadellose
Asepsis, Anlegen des Hautschnitts neben den Lappen, nicht über ihm,
möglichst geringe Misshandlung des Muskels, Benutzung vorhandener
Bindegewebssepta zur Abtrennung, — möglichst geringe Drehung des
Stiel, — Legung des Stiels nach der Seite, woher die Nerven und
Gefäße kommen, — Schnittführung parallel dem Verlauf von diesen,
— Konservirung der Bindegewebshüllen des Muskellappens.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
14) C. Haegler-Passavant (Basel). Über die Metallnaht mit
Aluminiumbronze und über eine leicht zu sterilisirende Naht-
büchse.
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 7.)
Socin hat eine Legirung für einen chirurgischen Draht zu-
sammengestellt, welche die Nachtheile der Metallnaht — Sprödig-
keit und Brüchigkeit — völlig beseitigt und sich bei mehrjährigem
Gebrauche in der Baseler Klinik und Poliklinik vorzüglich bewährt
hat. Die Legirung besteht aus 95 Theilen Kupfer und 5 Theilen
‚Aluminium. Die Dicke des dort gebräuchlichen Aluminiumbronze-
drahtes beträgt 0,22 mm; der kupferfarbige Draht besitzt eine außer-
ordentliche Geschmeidigkeit, lässt sich leicht knoten und ist sehr
fest. Die Metallnaht mit diesem Material hat mannigfache Vortheile;
seine Feinheit ermöglicht die Verwendung auch feinster Nadeln, das
Einfädeln ist rasch und mühelos, auch die übliche Nahttechnik ge-
lingt leicht. Die Metallnähte reizen die Stichkanäle nur schr wenig
und können daher ohne Schaden auch längere Zeit belassen werden.
Das Gebiet der Metallnaht ist hauptsächlich die Oberflächennaht;
dies, so wie die leichte Sterilisirbarkeit empfehlen die Aluminium-
bronzenaht besonders für den praktischen Arzt. Verf. illustrirt
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 459
durch eine ganze Reihe von Kontrollversuchen die Vorzüge der
Metallnaht in Bezug auf Sterilisation. Dabei zeigte sich auch, dass
dem Aluminiumbronzedraht selber keimvernichtende oder wenigstens
entwicklungshemmende Eigenschaften innewohnen. Schließlich
empfiehlt Verf. noch eine handliche, einfache, kompendiöse Nadel-
büchse von der Form einer Taschenuhr, welche Raum für Nadeln
und eine Faden- resp. Drahtspule bietet. Hinterstoisser (Teschen).
15) Adler. Über das Auftreten von ed nach
Kopfverletzungen.
(Archiv für Unfallheilkunde ete. Bd. II. p. 189.)
Verf. bringt eine Zusammenstellung über das Verhältnis von
traumatischen zu nichttraumatischen Hirngeschwülsten und berech-
net für erstere 8,8% aus 1086 Fällen. Auch nach Geschlecht,
Lebensalter, Art der Geschwulst, Sitz sind Nachforschungen ange-
stell. A. hat hierin keinen erheblichen Unterschied zwischen trau-
matisch und nichttraumatisch finden können. Für die Entscheidung
als Gutachter werden einige, leider noch sehr unsichere Schlüsse
gezogen, was ja nicht zu vermeiden ist. Angeschlossen ist eine
ausführliche tabellarische Übersicht über 118 Fälle »traumatischer«
Hirngeschwulst. Bähr (Hannover.)
16) F.Berndt. Improvisirter Ersatz des Knochendefekts nach
halbseitiger Unterkieferresektion (Exartikulation).
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.)
Verf. verwendete zum Ersatz für Unterkieferhälften den bekannten
Celluloidring, der gewöhnlich zu Pessaren gebraucht wird. Er wird
in Wasser gekocht, sterilisirt und entsprechend der Form des Unter-
kiefers gebogen. Die leichte Sterilisirbarkeit, das geringe spec. Ge-
wicht werden als Vortheile erwähnt. Die Heilung erfolgt ohne
Fistelbildung. Hauptsache ist Abschluss der Wunde gegen die Mund-
höhle. Trotz der günstigen Erfolge sieht Verf. als richtigen Ersatz
für resecirte Unterkiefer indess nur Knochenstücke, eventuell aus
der Tibia an. Dagegen ist der Celluloidring eventuell eine gute,
leicht zu Beschaffende provisorische Prothese.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
17) G. Kirchgässer. Zur pathologischen Anatomie der
Rückenmarkserschütterung. (Aus dem Laboratorium der
, medieinischen Klinik in Bonn.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 6.)
K. hat die Versuche von Schmaus einer Nachprüfung unter-
zogen, wobei er dieselben in fast der nämlichen Weise anordnete. Die
Ergebnisse stimmten in jeder Hinsicht mit den von letzterem Autor
460 - Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
erzielten überein, so dass also ken Zweifel mehr bestehen kann,
das reine, unkomplicirte Erschütterungen des Rückenmarks weit-
gehende Zerstörungen der Achsencylinder und Markscheiden zu
Stande bringen können, somit der Erschütterung ein hervorragender
Platz in der Ätiologie der Rückenmarkserkrankungen zukommt.
Es darf hiernach auch die Möglichkeit, dass irgend welche nervöse
Störungen die unmittelbaren Folgen eines mit einer lokalen oder
allgemeinen Erschütterung einhergehenden Unfalls seien, nicht mehr
bestritten werden. Kramer (Glogau).
18) M. 8. Ssubotin. Über die Einrichtung des Buckels bei
Spondylitis tuberculosa nach Calot’s Methode.
(Wratsch 1898. No. 1. [Russisch.))
S. hat 8 Fälle behandelt und schließt daraus Folgendes: 1) Schon
Hippokrates richtete den Buckel ganz wie Calot ein (natürlich
ohne Narkose und ohne darauffolgenden Verband); in Narkose machte
Chipault die Einrenkung noch vor Calot. 2) Die gewaltsame Ein-
richtung giebt gute Resultate in frischen Gibbusfällen: sie beseitigt
die Entstellung und den gegenseitigen Druck der erkrankten Wirbel.
In alten Fällen mit vollendetem Process führt sie nicht zum Ziele.
3) Die Methode heilt die Tuberkulose nicht; sie ist nur eins von den
Mitteln, die die Heilung begünstigen. 4) Der Gipsverband darf bloß
6—8 Wochen ohne Schaden liegen bleiben, dann muss er durch ab-
nehmbare Korsetts ersetzt werden, sonst entstehen Lähmungen und
andere irreparable Veränderungen. @ückel (B. Karabulak, Saratow).
19) G. Ekehorn. Die Dermoidcysten des Mediastinum anticum.
.(v- Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1. Mit 1 Taf.)
Verf. veröffentlicht die ausführlichen Krankenberichte und Sek-
tionsprotokolle zweier Fälle von Dermoidcysten im vorderen Media-
stinum und fügt die Krankenjournale sämmtlicher in der Litteratur
auffindbaren gleichen Erkrankungsformen bei. Bezüglich der Ent-
stehung dieser seltenen Geschwülste nimmt Virchow an, dass sie
durch Versprengung fötaler Keimanlagen entständen, und zwar durch
Verlagerung von Hauttheilen nach innen und von Theilen der
Respirationswege aus ihrem Zusammenhang nach außen. E. hält
diese Ansicht für zu komplieirt und unwahrscheinlich. Collenberg
ist der Ansicht, dass diese mediastinalen Dermoidceysten von einer
Hautausstülpung aus der Zeit der Kiemenspalten herrühren, indem
sich hier bei der Verödung der Spalten epitheliale Reste in der
Tiefe des Halsgewebes erhalten und zu Primordialdermoiden weiter
entwickelt hätten, anstatt wie gewöhnlich zu veröden. Marchand
und Pinders nehmen nach Lage und mikroskopischem Befund einen
Zusammenhang mit der Thymusdrüse an. Verf. theilt die Anschau-
ung, dass die komplicirteren Dermoide hier wie anderwärts dadurch
entstehen, dass eine Doppelmissbildung vorliege nach Analogie der
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 461
Thoracopagen. Es sei desshalb anzunehmen, dass ein Fötus.unter-
drückt und als ein Acardiacus amorphus umwachsen und eingeschlossen
werden könne.
Die Krankheitserscheinungen einer Dermoideyste im Mediastinum
anticum treten am häufigsten in den jugendlichen Perioden des
Lebens, zumeist in der Pubertät auf. Der Verlauf des Leidens er-
streckt sich im Gegensatz zu anderen Geschwülsten am häufigsten
durch mehrere Jahre hindurch und ist viel langsamer als bei den
anderen Geschwülsten. Am meisten charakteristisch und geradezu
pathognomonisch ist für das Leiden das Aushusten von Haaren, was
natürlich einen Durchbruch der Cyste in einen Bronchus voraussetzt.
Wichtig ist ferner für die Diagnose eine stärkere Hervorwölbung der
Brustwand und eventuell Auftreten einer Geschwulst durch die obere
Brustöffnung. Aufschlüsse kann natürlich auch die Durchleuchtung
mit Röntgenstrahlen geben. Weitere Hilfsmittel sind Untersuchung
der punktirten Flüssigkeit, abnorme Schalldämpfung und über dem
Dämpfungsgebiet Verschwinden des Athemgeräusches. Subjektiv treten
hervor Athembeschwerden und Schmerzen in der Schulter, im Hinter-
kopf und in den Armen. Die Prognose ist ohne Eingriff schlecht;
desshalb ist jederzeit die 'Totalexstirpation angezeigt, sofern eine
Möglichkeit für dieselbe vorliegt; sonst muss man sich mit Incision,
Entleerung des Inhalts und Kauterisation der Wände begnügen.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
20) Kopfstein (Jungbunzlau). Über Senkungsabscesse bei
Perforation von Pleuraempyemen nebst einem Bericht über
zwei 'Thoraxresektionen.
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 37 u. 38.)
Außer dem bekannten Durchbruch eines Empyems in benach-
barte Organe kommen in seltenen Fällen weitgehende Senkungen
und Durchbrüche an entfernten Stellen zu Stande, die leicht zu
diagnostischen Irrthümern Veranlassung geben. Der Hergang ist
der, dass der Eiter entweder zwischen den hinteren Schenkeln des
Zwerchfells, oder durch dessen Centrum tendineum, oder an dessen
- Ansatz am Processus ensiformis sterni sich einen Ausweg bahnt.
Der Eiter tritt dann am häufigsten am Ligamentum Pouparti zu
Tage oder er perforirt in ein Bauchorgan, Darm, Blase, Niere, wo-
für Vert Beläge aus der Litteratur beibringt.
Außerdem kommt es aber auch vor, dass durch das Gewicht
des Eiters das Zwerchfell konvex in die Bauchhöhle vorgewölbt
wird und mit der Bauchwand verwächst. Erfolgt dann an dieser
Stelle ein Durchbruch, so entsteht eine Fistel scheinbar unterhalb
des Zwerchfells, die direkt in das Innere des Thorax führt.
Endlich kann der Eiter nach Perforation eines Interkostalraumes
subkutan sich weithin senken und multiple subkutane Abcesse bil-
den. Auch dieser Vorgang giebt leicht zu falschen Diagnosen Ver-
anlassung.
462 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
K. beschreibt je einen interessanten Fall der ersten und dritten
Kategorie.
In der zweiten Hälfte der Arbeit wird für möglichst frühzeitige
operative Behandlung der Empyeme eingetreten.
Grisson (Hamburg).
Kleinere Mittheilungen.
Retrograde Netzincarceration mit Stieltorsion über dem
Bruchring.
Von
Prof. Dr. Carl Bayer,
Die retrograde Incarceration ist eine Beobachtung recenten Datums. In den
herniologischen Werken bis zum Jahre 1895, wo Maydli als Erster auf diese
eigenthümliche Form der Einklemmung aufmerksam gemacht hat, findet man
keinen Fall verzeichnet 2.
Unter retrograder Incarceration versteht Maydl jenen Modus der Ein-
klemmung, bei welchem der incarcerirte Theil des Bruchinhalts nicht peripher vom
incarcerirenden Ring — also nicht im Bruchsack selbst —, sondern centralwärts
hinter dem Ring, in der freien Bauchhöhle sich befindet. Das Vorkommen dieser
Einklemmungsart ist nur an Gebilden möglich, welche eine gewisse Länge und
freie Beweglichkeit haben, zugleich röhrenförmig, anhang- oder zapfenartig ge-
staltet sind, und am Netz.
Bald nach Maydl’s Veröffentlichung seiner Beobachtungen haben auch andere
Operateure ähnliche Befunde mitgetheilt.
So konnte noch im selben Jahre Kukula® über einen Fall berichten, wo
außen im Bruchsack eine Dünndarmschlinge lag, und hinter dem Bruchring in
der Bauchhöhle eine der Darmwand kurz gestielt aufsitzende Geschwulst (Leio-
myom), welche deutliche Incarcerationserscheinungen darbot. Y
Bald darauf (1896) hatte J. Schnitzler* in der k. k. Gesellschaft der Ärzte
in Wien einen Fall vorgestellt, in welchem bei der Operation einer irreponiblen
Netzhernie im Bruchsack nicht ein Zipfel des Netzes, sondern eine Netzschlinge
vorlag, deren Ende in die Bauchhöhle wieder zurückführte und im Zustand be-
ginnender Gangrän begriffen war, während der im Bruchsack selbst befindliche
1 Maydl: Ȇber retrograde Incarceration der Tuba und des Processus vermi-
formis ete.«e (Wiener klin. Rundschau 1895 No. 2 u. 3); ferner: Mardi: »Die
Lehre von den Unterleibsbrüchen« 1898 p. 319.
2 Es ist dies um so auffälliger, als sich jetzt, seit die Aufmerksamkeit auf
dieses Vorkommnis gelenkt worden ist, die Beobachtungen mehren. Entweder hat
man diesen Befunden keine Aufmerksamkeit geschenkt, oder man hat sie als un-
wesentliche Zufälligkeiten ignorirt. Leise Anklänge, welche an diese Incarcerations-
form entfernt erinnern, finden sich bloß in Streubel’s »Scheinreduktionen« p. 165
bis 166, wo der Autor vom »Umschlagen, Auf-sich-Zurückschlagen des Darmes«
spricht (Fall Cooper p. 166); doch beziehen sich alle diese Angaben bloß auf
diese Zustände noch innerhalb des Bruchsackhalses. Bezeichnend ist auch
die von Benno Schmidt »Unterleibsbrüche« 1896 p. 268 gemachte Bemerkung:
»Das waren die Fälle, wo der Verschluss, die Achsendrehung, im Bauch lag
und durch die Operation nicht erreicht wurde«; doch hat Schmidt bloß die
Achsendrehung vor Augen.
3 Dr. O. Kukula: Ȇber einen Fall von retrograder Incarceration, welche
durch einen gestielten Tumor des Dünndarmes bedingt war« (Sep.-Abdr. aus Wiener
klin. Rundschau 1895 No. 20).
* Wiener klin. Rundschau 1896. No. 6.
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 463
Theil normales Aussehen hatte. Einen ähnlichen Fall erwähnt auch Maydl in
seinem Buch über Hernien.
Einen weiteren Beitrag zu dieser interessanten Einklemmungsart lieferte so-
dann Kopfstein®,.
Hier war es ein bandförmiger Strang, von einer cirkulären. »Narbe« der
inneren Bruchsackwand ausgehend, welcher als Schlinge bauchwärts umgeschlagen,
von demselben Narbenring, von dem er entsprang, und der gleichzeitig eine
Dünndarmschlinge in gewöhnlicher Weise einklemmte, abgeschnürt war. Dieser
Fall ist desswegen besonders bemerkenswerth, weil es sich also um Incarceration
im Bruchsack selbst durch eine narbige Leiste desselben gehandelt hat, und zwar
um Darmincarceration im gewöhnlichen Sinne und Strangincarceration retrograd,
und weil der Fall ein Kind von 5 Jahren betraf.
Zu dieser noch jungen Litteratur kann ich einen neuen Fall hinzufügen.
Frau F., 54 Jahre alt, hatte nach ihrer letzten Entbindung vor 15 Jahren eine
linksseitige labiale Hernie zurückbehalten. Ein Bruchband, welches sie nachher
eine Zeit lang trug, wurde bald insufficient, wohl hauptsächlich durch den un-
gewöhnlich fettreichen Hängebauch der Frau. Es wurden andere Bänder ange-
schafft, die zur Noth hielten. Nach und nach machte aber die Frau die Wahr-
nehmung, dass ihr die Sicherheit darüber, ob der Bruch draußen oder reponirt sei,
abgehe; da sie jedoch keine namhaften Beschwerden dabei hatte, ließ sie die
Sache gehen.
Am 5. März l. J. ließ sie mich rufen und erzählte mir Folgendes. Tags zuvor
hätte sie in Folge eines heftigen Hustens plötzlich große Schmerzen in ihrem
Bruch verspürt und dabei die Empfindung gehabt, als drehe sich ihr irgend
ein kugeliger Gegenstand darin herum. Nachdem sie die Nacht schlecht
geschlafen, auch im Liegen Schmerzen gehabt habe, sei sie besorgt geworden, um
so mehr, als im Vorjahre ihre Schwester an einem eingeklemmten Bruch rasch zu
Grunde gegangen sei.
Ich fand keine Erscheinungen, welche auf eine Incarceration hingedeutet
hätten; auch hatte die Frau am selben Tage Stuhl gehabt. Auch bei der Unter-
suchung des Bruches selbst konnte ich nicht den Eindruck gewinnen, dass eine
Bruchgeschwulst vorliege; die Bruchgegend fühlte sich genau so fettreich-lappig
an wie die schlaffe Bauchhaut der Umgebung. Nur bei der Untersuchung des
Leistenkanals selbst gab die Frau Schmerzen an; es war mir aber wegen der
großen Dicke der Fettschicht nicht möglich, etwas Positives nachzuweisen. Ich
rieth Bettruhe an und Umschläge.
Gleich am nächsten Tage zeitig früh verständigte man mich, dass die Nacht
noch schlechter gewesen sei als die vergangene, ich möge bald kommen.
Jetzt brauchte es keiner langen Untersuchung, um eine Bruchgeschwulst zu
finden; man sah sie deutlich. Auch hatte die Frau einige Male Brechneigung
gebabt.
Nachdem ein leichter Taxisversuch misslungen war, rieth ich zur sofortigen
Vornahme der Operation.
Dieselbe wurde um 11 Uhr Vormittags in der Heilanstalt des Herrn Dr. Bloch
in Chloroformnarkose vorgenommen.
Der äußere Schnitt musste wegen der Fettleibigkeit recht lang angelegt
werden, um die Verhältnisse genau übersehen zu können. Er reichte vom Labium
sinistrum bis nahe an die Spina a. s. ilei.
Nach Spaltung des verdiekten, derbwandigen Bruchsackes und des ganzen
Leistenkanals, dessen vordere Wand stark vorgewölbt war, fanden wir als Bruch-
inhalt ein großes Stück Netz vorgelagert, welches, von angestauten Venen durch-
zogen, ein hochgradig cyanotisches Aussehen darbot. Die Untersuchung der
Bruchpforte ergab, dass neben dem Netzrand der Zeigefinger in die Bauchhöhle
vordringen konnte und dort wieder auf Netz stieß; es ließ sich jedoch die vor-
5 »Über einen Fall von retrograder Incarceration eines bindegewebigen Stranges«
(Wiener klin. Rundschau 1898 No. 14).
464 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
gelagerte Partie trotzdem nicht vorziehen; auch sah man keinen freien Zipfel des
Netzes im Bruchsack, sondern es lag einer wulstförmigen Schleife oder Schlinge
ähnlich da, von deren innerem Rande ein schnurförmiger, wie ein Strickstück ge-
drehter, bindegewebig-narbig aussehender Strang abging, zum unteren Pol der
oval gestalteten Apertura’ interna canalis inguinalis hinzog und hier fest ange-
wachsen war.
Um Klarheit zu verschaffen, spaltete ich den inneren Leistenkanal durch Ver-
längerung des Leistenkanalschnittes auf die äußere Bauchwand. Jetzt lag Alles
übersichtlich da, Man fand den centralen — hier äußeren — Schenkel der Netz-
schlinge über dem inneren Leistenring, — also noch in der Bauchhöhle, einige
Male (ich zählte 4—5 Umdrehungen) um seine Achse gedreht, und den peripheren
Schenkel, den eigentlichen Netzzipfel, durch die innere (mediale) Hälfte der Apertur
in die Bauchhöhle hineingeschoben, woselbst sein freies, kolbig angeschwollenes
Ende braunschwarz verfärbt, nahe der Gangrän war. Auch über die Torsionsstelle
hinaus waren auf ca. 5cm Länge am zuführenden Netzschenkel schwere Cirkula-
‚tionsstörungen zu sehen; es waren deutlich thrombosirte Venen zu sehen
und zu fühlen. Der Stiel der Torsion war auf Fingerdicke zusammengedreht.
Die beigegebene Zeichnung veranschaulicht
die vorgefundenen Verhältnisse.
Das Netz wurde nach Lösung des ange-
wachsenen Stranges detorquirt und im gesun-
den Gewebe abgetragen, nachdem eine Anzahl
Umstechungsligaturen centralwärts angelegt
worden waren.
Um die ohnehin schon recht tiefe und
große Wunde nicht noch mehr zu kompliciren,
wurde der mit seiner Umgebung durch chroni-
sche Bindegewebsverdichtung fest zusammen-
hängende derbwandige Bruchsack nicht exstir-
pirt, sondern von seinem Halse aus der innere
Leistenring und der Bauchwandschnitt zuge-
näht, hierauf über einem eingelegten Drain
der Leistenkanal sammt Bruchsack mit tiefen,
das Lig. Pouparti mitfassenden Nähten ver-
schlossen, und endlich über zwei zu beiden
Wundwinkeln herausgeleiteten Jodoformdoch-
ten die Hautwunde vereinigt. Bei dem enor-
men Fettreichthum schien diese ausgiebige
Drainage vorsichtshalber geboten.
Es folgte auch tadellose Heilung.
Die Frau verließ am 28. April gesund das
Sanatorium.
Fragen wir uns nun, wie in unserem Falle die retrograde Einklemmung des
Netzzipfels zu Stande gekommen war, so ist die Antwort nicht schwer. Ein Blick
auf die Zeichnung giebt sie: »durch die Hustenstöße drehte sich das in den Bruch-
sack herabgestoßene Netz, welches mittels des stielrunden Stranges am Bruchsack-
halse fixirt war, um diesen dünnen Strang einerseits und den eigenen intra-abdo-
minalen Stiel andererseits, gleich einem um beide spitzen Enden gedrehten drei-
eckigen Tüchelehen, einige Male herum und schwoll in Folge der Strangulation
und Anstauung stetig an. Der, sei es bei der letzten Umdrehung gleich schon
in die Bauchhöhle zurückgeschlüpfte, sei es erst durch die beginnende Anschwel-
lung dorthin zurückgepresste freie Netzzipfel schwoll hinter dem inneren Leisten-
ring in Folge der stetig zunehmenden Anstauung immer mehr an, bis er den
ganzen noch freien Raum der Bruchpforte ausfüllte und darüber hinaus in der
freien Bauchhöhle noch mehr anschwoll, so dass er nicht mehr in den Bruchsack
zurück konnte«,
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 465
Der wiederholten Drehung des Netzes im Bruchsack entsprach auch voll-
kommen die Empfindung der sich drehenden Kugel, welche die Kranke
während des Hustens hatte.
Die Kombination von Netztorsion mit retrograder Incarceration ist eine große
Seltenheit, und eben desswegen ist der Fall besonders bemerkenswerth, — um so
mehr, als auch die Torsion nicht im Bruchsack selbst, sondern über dem Bruch-
ring in der freien Bauchhöhle vor sich gegangen war.
21) Hinterstoisser. Jahresberichte der chirurgischen Abtheilung im
allgemeinen Krankenhause zu Teschen 1894—1896.
Teschen 1897. 123 S.
Das unter der Leitung His stehende Krankenhaus verfügt über einen Normal-
belagraum von 110 Betten, wovon 50 der chirurgischen Station zukommen.
In den 3 Berichtsjahren wurden 1600 stationäre Pat. auf der chirurgischen
Abtheilung behandelt und einschließlich der Ambulanten 1586 Operationen in
1095 Narkosen ausgeführt, und zwar in 692 Chloroform-, 363 Ather- und 40 ge-
mischten Narkosen (Beginn mit Chloroform und Fortsetzung mit Äther), was sicher-
lich, im Verhältnis zur Größe des Spitals, große, ein schönes chirurgisches Ma-
terial repräsentirende Zahlen sind, welche, besonders wenn man die guten Resultate
berücksichtigt, zur Genüge beweisen, was sich auch unter kleineren und nicht
durchweg idealen Verhältnissen leisten lässt. Hervorgehoben sei die genaue,
objektive und streng wissenschaftliche Abfassung der Berichte, welche sich an die
klassischen Vorbilder der klinischen Berichte Billroth’s anlehnen. Über alle
wichtigeren Fälle wird in kurzen Krankengeschichten referirt. Um den Rahmen
des Referates nicht zu überschreiten, seien nur einige Fälle aus der vielseitigen
Thätigkeit H.’s besonders erwähnt.
Carcinoma pylori bei einer 48jährigen Frau. Pylorektomie mit Gastro-
duodenostomie nach Kocher. Heilung mit einer Gewichtszunahme von 17 kg
in 3 Monaten und frei von Recidiv und jeglichen Beschwerden bis 1897. —
Eingeklemmter Nabelbruch. Resektion eines 185 em langen Dünndarm-
stückes. Heilung. — Retroflexio uteri libera, walnussgroßer Nabel-
bruch. Ventrofixatio, Excision des Nabels, Radikaloperation. Heilung p. pr.
1 Jahr nach der Operation normale Drillingsgeburt ohne Beschwerden und ohne
Störung der Ventralixation. — Ösophagusstriktur ohne nachweisbare Ursache.
37jähriger Mann, mit mühsamer, flüssiger Nahrungsaufnahme und hochgradiger
Abmagerung. Ösophagotomie. Da die Verengerung weit hinunter reicht, wird
dieselbe durch systematische Sondirung erweitert, bis es gelang, ein Schlundrohr
No. 23 einzuführen. Pat. erholt sich rasch, nimmt in 12 Wochen 14 kg an Ge-
wicht zu. Heilung nach 4 Monaten, nachdem Pat. gelernt hat, mit Sonde No. 23
sich zu sondiren. — Trigeminusneuralgie. Wegen reeidivirender Schmerzen
trotz vorausgegangener Operationen, temporäre Resektion der Schläfenschuppe,
intrakranielle Exstirpation des Ganglion Gasseri nach Krause. Heilung. — Im
Übrigen seien die Berichte, welche noch viel des Interessanten bieten und in wel-
chen H. auch mehrfach Veranlassung nimmt, seine Prineipien in gewissen Fragen
darzulegen, dem Leserkreis empfohlen. £
Von der in früheren Jahren in großem Maßstabe angewandten Athernarkose
ist H. seit 1894 abgekommen, nachdem er übereinstimmend mit anderen Beob-
achtern im Gefolge dieses Narkosemittels relativ häufig katarrhalische Lungen-
erkrankungen auftreten sah. Gold (Bielitz).
22) F. A. Kehrer. Die operative Behandlung angeborener Kopf-
brüche, insbesondere der Ilirnwasserbrüche.
{v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hft. 1.)
Die Arbeit enthält eine Zusammenstellung der einschlägigen Litteratur und
eine Aufzeichnung der verhältnismäßig nicht allzu erfreulichen Erfolge, die ein-
466 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
zelne Operateure erzielt haben. K. operirte selbst einen Fall, indem er den Stiel
der vorgefallenen Hirnmasse abtrug und die Haut mit Silberdraht vernähte. Der
Hirnvorfall gehörte dem Occipitallappen an, der Verlauf war, abgesehen von einigen
vorübergehenden Zwischenfällen, gut. Eine später vorgenommene Untersuchung
ergab neben blödem Gesichtsausdruck vor Allem, dass vorgehaltene Gegenstände
nicht gesehen wurden. Die Sehnervenpapillen waren atrophisch verfärbt. Gefühl
und Gehör waren normal Funktionell befriedigende Resultate sind nur zu er-
sielen bei reiner Meningocele und bei frontaler Hydrencephalocele ohne Kompli-
kation durch angeborenen Hydrocephalus internus.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
23) A. Mugnai. Exstirpation des Ganglion Gasseri wegen Trigeminus-
neuralgie.
(Polielinico 1897. September 1.)
Frau von 52 Jahren, leidet seit mehreren Monaten an schwerer rechtsgeitiger
Trigeminusneuralgie. Zunächst die totale Resektion des N. maxillaris sup. aus-
geführt vom Foramen infraorbitale bis zum For. rotundum. Danach blieben die
Schmerzanfälle etwa 1 Jahr lang fort, um sodann von Neuem aufzutreten. Daher
Exstirpation des Ganglion Gasseri nach Krause-Hartley. Guter Erfolg; nach
5 Monaten Pat. wohl und schmerzfrei. — Die Sterblichkeit nach der Operation
beträgt nur noch 10%. H. Bartsch (Heidelberg).
24) C. W. Bischoff. Ein Fall von angeborener medianer Spaltung
der oberen Gesichtshälfte.
Diss., Bonn, 1898.
Die bemerkenswerthesten Anomalien des beschriebenen Falles bestanden in
einer starken Depression der unteren Stirnpartie, so dass die Gegend der Stirn-
höhlen muldenförmig vertieft war. Die Distanz der inneren Augenwinkel betrug
bei dem 6 Jahre alten Kinde 4'/; cm, und die Breite der Nasenwurzel entsprach
fast einem Drittel der ganzen Gesichtsbreite, während die untere Nasenhälfte `
scharf abgeknickt erschien und gegen die obere 1/2 cm weit vorsprang. Das rechte,
normal weite Nasenrohr war plattgedrückt, das linke, mit rundem Nasenloch ver-
sehene endete in einer Tiefe von 1 cm vollständig blind. Es hatte bei der Geburt
eine oberhalb des linken oberen Orbitalrandes herabhängende, trichterförmige Ge-
schwulst sich befunden, die bereits 4 Wochen später durch eine Operation zur
Wiederherstellung des linken Nasenrohrs benutzt worden war. Der linke innere
Augenwinkel war nach unten und lateral verzogen, es bestand Dakryocystitis.
Die von Witzel ausgeführte Operation bezweckte zunächst, die obere Nasen-
hälfte besser zu gestalten, und dann, die Verzerrung des Augenwinkels zu be-
seitigen. Ersteres wurde durch die Implantation eines gestielten I,appens von der
Stirn her erreicht, letzteres durch bogenföürmige Umschneidung des inneren Augen-
winkels und Fixation desselben durch die Naht. Einige später vorgenommene
Korrekturen vervollständigten das Resultat.
Die genaueren Einzelheiten des interessanten Falles lassen sich im Referat
schlecht wiedergeben und müssen im Original eingesehen werden.
Sultan (Göttingen).
25) S. M. Manguli. Noma bei einem Erwachsenen.
(Wratschebnyja Sapisski 1898. No. 1—2. [Russisch.])
1Sjähriger Pat., seit 4 Tagen an Abdominaltyphus erkrankt. Nach 15 Tagen
Otitis media dext., nach 17 Tagen auch links; am 28. Tage — starker Foetor ex
ore, linke Wange wachsartig infiltrirt. Es entwickelte sich typische Noma, die
am 39. Tage zum Tode führte. 5 Tage vor dem Tod Ruptur eines metastatischen
Abscesses der rechten Lunge in die Pleura und daher Pneumothorax. — In der
Litteratur fand M. nur 54 Fälle von Noma bei Erwachsenen.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 467
26) E. Briau (Lyon). Elephantiasis cartilagineuse du nez.
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1897. No. 49.)
Der von Poncet operirte Fall betrifft einen 5öjährigen Mann, der seit
15 Jahren eine allmähliche Zunahme der ganzen knorpligen Nase bemerkte. Die-
selbe bekam zuletzt eine fast kuglige Gestalt von durchschnittlich 6 cm Durch-
messer. Da die Geschwulst am linken Nasenloch exkoriirt war und zu häufigen
profusen Blutungen Veranlassung gab, bestand Pat. selbst, der sonst durch die
Geschwulst nicht erheblich belästigt war, auf der Operation. Diese bestand im
Wesentlichen in Incision und Entfernung gelatinöser Massen mit Finger und
Curette, so wie Abtragung eines Theils des Nasenknorpels und der überschüssigen
Haut. Die Geschwulstmassen waren chondro-myxomatöser Natur. Der kosmetische
Effekt war zufriedenstellend.
Im Anschluss an diesen Fall theilt B. 2 interessante Beobachtungen aus alter
Zeit mit. Die eine stammt aus dem Jahre 1732 von Theulot (Chalons-sur-Saone)
und ist mitgetheilt von Civadier in den Mém. de l’acad. de chir. T. V p. 57:
Die Geschwulst reichte bis zum Kinn, wurde in mehreren Sitzungen entfernt und
wog 5 (!) Pfund. Die andere Beobachtung rührt von Delonnes her und wird
Fig. 1. Fig. 2.
Le Cit. PerierGurat ancien maire d'angouleme agé Leit. Perier Gurat, tel qu'il est depuis le 1. Nivoso
de 55 ans peint par le Cit. Boze, tel qu'il etait le an 7 guéri do sa cruelle maladie par l'opération
15 Brum. an 7 opéré sans aucune espece d'accident du Cit. Imbert Delonnes officier de santé superieur
le 16 du meme mois, des armées,
am besten durch Wiedergabe der beiden vom Verf. beigebrachten Abbildungen
illustrirt. Die Geschwulst in diesem Falle wog etwa 1kg.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
27) M. Bockhorn. Ein Fall von Tuberkulose der Parotis. (Beitrag
zur chirurgischen Pathologie der Parotis.)
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.)
Die chronischen Entzündungen der Parotis sind noch wenig bekannt, am
ehesten noch die auf luetischer Basis beruhenden. Ein Fall von Tuberkulose des
Organs ist bisher nur von Stubenrauch beschrieben. Verf. giebt die Kranken-
468 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
geschichte und den mikroskopischen Befund von einer 2, derartigen Erkrankung,
die in der Klinik des Herrn v. Bergmann beobachtet wurde. Es fanden sich
in den Schnitten Riesenzellen, epitheloide Zellen und Tuberkelbacillen. Gegen
Syphilis sprach der mangelnde Befund von Hypertrophien der Gefäße, während
Verf. an einigen Stellen typische Tuberkel vorfand. Nach seiner Ansicht ist die
Entzündung im Bindegewebe entstanden, da dasselbe im Gegensatz zum Epithel
überall krankhaft verändert war. Es ist anzunehmen, dass sich die Tuberkulose
nicht auf dem Weg der Ausführungsgänge, sondern auf dem intraacinösen Weg,
vermuthlich durch Vermittlung der Lymphbahnen entwickelt hat. Die Lymph-
drüsen in der Parotis waren nicht erkrankt. B. erörtert genauer noch die Diffe-
rentialdiagnose zwischen Aktinomykose und Lues gegenüber der Tuberkulose.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
28) J. L. Faure. Sur le dédoublement du maxillaire inférieur dans
Vextirpation des tumeurs malignes adhérentes à cet os.
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1897. No. 53.)
F. empfiehlt, wenn es sich ohne Gefahr eines zu befürchtenden Recidivs aus-
führen lässt, in den entsprechenden Fällen eine Spange des Unterkiefers stehen zu
Fig. 1. Fig. 2.
a
LE:
Portion de maxillaire enlevé dans l'obs. I. Arc osseux résultant du deduublement du maxıl-
laire dans l'obs, II.
lassen. Die beiden Abbildungen demonstriren ohne weitere Erläuterung, wie F.
in 2 Fällen, die er in extenso veröffentlicht, vorgegangen ist. (Altes Verfahren
von v.Langenbeck. Red.) W. Sachs (Mülhausen i;E.\.
29) Habs. Exstirpation eines von der Schädelbasis ausgehenden
Angiomyxofibroms des Nasen-Rachenraumes mittels temporärer Re-
sektion des harten Gaumens (Chalot).
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 100.)
Die Trägerin der operirten Geschwulst, welche, pflaumengroß, seit 2 Jahren
die Nasenathmung sehr erschwerte, war eine 32jährige Pat., die sich erst nach
langem Zögern zur Operation verstand und auch nur unter der Bedingung, dass
keine Narben im Gesicht hinterlassende Schnitte ausgeführt würden. H. ging
desshalb mittels temporärer Resektion des harten Gaumens vor, wie sie vor ihm
schon Chalot erdacht hat. In sitzender Stellung wird die Oberlippe bis in die
Nasenöffnung blutig vom Knochen gelöst, durch die Nasengünge wird eine Draht-
säge eingeführt und um die Hinterkante des Septums geschlungen, dieses dann
von hinten bis vorn durchtrennt. Ferner Extraktion beider Oberkiefereckzähne.
Bei hängendem Kopf wird dann mittels Meißels beiderseits von der Mundseite
her der harte Gaumen von der Zahnlücke an bis zum Ansatz des weichen Gaumens
durchtrennt unter enormer Blutung. Dann noch schnell Durchmeißelung der
Alveolarfortsätze zwischen Zahnlücke und Nasenhöhle, wonach der ganze harte
Gaumen wie eine Fallthür auf die Zunge niederklappbar war, und das Operations-
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 469
feld, ähnlich wie bei einem Wolfsrachen, freilag. Exstirpation der Geschwulst
mit Schere, Messer, Löffel und Galvanokauter. Reposition und Befestigung des
Gaumens mit 2 rechts und links angebrachten Silberdrahtknochennähten. Außer-
dem Schleimhaut- und Periostnaht mit Katgut. Glatte Heilung. Der harte
Gaumen ist fest eingeheilt, nur bei starkem Druck federt der Alveolartheil der
Schneidezähne etwas. Recidivfreiheit bislang, d. h. 4 Monate p. op.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
30) Escat (Toulouse). Adenome du voile du palais.
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 5.)
Eine 6 jährige Frau bemerkte seit einigen Jahren ein Hindernis beim Schlingen
und schließlich auch bei der Athmung. Es erwies sich als eine hühnereigroße,
breitgestielte, derbe Geschwulst, die der rechten Seite des Gaumensegels aufsaß
und von gesunder Schleimhaut überzogen war. E. suchte dieselbe ohne Narkose
mit der galvanokaustischen Schlinge abzutragen, schnitt sie aber dabei mitten
durch. Die Folge davon war eine überaus bedrohliche Blutung, die sich durch
nichts stillen ließ, bis der Operateur mit dem Finger stumpf den stehen gebliebenen
Rest herausschälte. Nun erst ließen sich durch Klemmen die Hauptgefäße fassen.
Nach Verschorfung der Wundfläche heilte dieselbe mit mäßiger Narbenbildung.
Die Geschwulst erwies sich als das, als was man sie schon nach dem klini-
schen Bild eingedenk der Arbeit von Larabric (Arch. gener. de med. 1890) und
von Defontaine (Arch. prov. de chir. 1893) angesprochen hatte: als ein von den
Schleimhautdrüsen ausgehendes Adenom mit colloider Entartung der Epithelien
und einem deutlich bindegewebigen Gerüst der Drüsenschläuche.
Stolper (Breslau).
31) Rubinstein. Eine seltene Verletzung mit ungewöhnlichen Kom-
plikationen.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 50.)
Am rechten Unterkieferrand dringt ein Holzstab tief ein, wird mit Mühe
herausgezogen. Alsbald tritt subkutanes Emphysem links auf dem Rücken ein,
schwere pneumonische Erscheinungen; trotz Abscessineisionen nach 4 Wochen Tod.
Autopsie zeigt, dass der Stab vom rechten Kieferrand nach unten gedrungen war,
die Speiseröhre perforirt und links von ihr im Mediastinum posterius dicht ober-
halb der Aorta descendens ein Holzstück zurückgelassen hatte. Septische Gangrän
der linken Lunge, die wahrscheinlich primär angestochen worden war, obwohl bei
der Autopsie eine Durchtrennung der Pleura sich nicht mehr nachweisen ließ.
Haeckel (Stettin).
32) Trapp. Zur Kasuistik der Rückenmarksverletzung bei Wirbel-
frakturen. !
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 302.)
T. berichtet 2 von ihm in der Greifswalder Klinik beobachtete Fälle von
Wirbelbruch am 6. und 7. Halswirbel, in denen sich seine in der Deutschen Zeit-
schrift für Chirurgie Bd. XLV veröffentlichte und auch im Centralblatt besprochene
Tafel zur Diagnose des Wirbelfraktursitzes aus den medullären Ausfallserschei-
nungen bestens bewährt hat. Beide Fälle zeigten übrigens die bemerkenswerthe
Komplikation mit Fraktur des Brustbeins. Der 2. Fall wurde, da eine Depression
des hinteren Wirbelbogens vorlag, einer nutzlosen Laminektomie unterzogen. Über
den nicht uninteressanten Operationsverlauf und alle sonstigen Details s. Original.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
33) Reinhardt. Ein Fall von halbseitiger Verletzung des Halsmarkes.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 89.)
Der Fall betrifft einen in der Berliner Charité behandelten Mann, welcher im
trunkenen Zustand auf unaufgeklärt gebliebene Weise einen Stich in den Nacken
470 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
bekommen hatte. Die einen auffallend günstigen Verlauf nehmenden medullären
Störungen waren folgende: 1) Rasch sich bessernde Lähmung der linken Körper-
hälfte von der Schulter an abwärts, einschließlich linker Zwerchfellhälfte. 2; Schwere
Lähmung der Mm. rhomboidei und des mittleren und unteren Theiles des Cucul-
laris. 3) Verengerung der linken Pupille und der linken Lidspalte. 4) Sehr
schnell vorübergehende Urinverhaltung und Stuhlträgheit. 5) Störungen der
Schmerz- und Temperaturempfindung auf der gekreuzten Seite von der Schulter
und der 2. Rippe an abwärts, mit wenig ausgesprochener hyperalgischer Zone
oberhalb der betroffenen Partien. 6) Nach einigen Wochen Erhöhung der Sehnen-
reflexe auf der gelähmten Seite. 7) Herabsetzung der Schweißsekretion auf der
ganzen linken, der Temperatur auf der gekreuzten (meist feuchten) Körperhälfte.
Pat. gewann im Verlauf eines Vierteljahres seine Erwerbsfähigkeit wieder; zurück
blieb der Hauptsache nach nur die Lähmung der genannten Schultermuskeln,
leichte Verengerung der linken Pupille und Lidspalte und aufgehobener Tem-
peratursinn der rechten Körperhälfte. Nach alle dem ist anzunehmen: eine durch
Stich erzeugte, der Hauptsache nach auf einen komprimirenden Bluterguss zurück-
zuführende Schädigung der linken Hälfte des Halsmarkes in der Höhe des 3. bis
5. Cervicalsegments. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
34) Lambret (Lille). Des réflexes dans les traumatismes de la moëlle
epiniere.
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 9.)
Die Arbeit wendet sich gegen die jetzt fast allgemein angenommene Lehre
von Bastian, dass bei Wirbelsäulenbrüchen mit totaler Querschnittszerstörung
des Rückenmarks, entgegen den von der Physiologie bis dahin aufgestellten Ge-
setzen, eine totale schlaffe Lähmung der unteren Extremitäten die Regel ist. Ins-
besondere hatte Bowlby an 32 Fällen von Brüchen im cervicodorsalen Abschnitt
der Wirbelsäule bestätigen können, dass bei totaler Querschnittsverletzung die
Patellarreflexe dauernd erloschen bleiben. Das ist eine für die Frage der opera-
tiven Behandlung der Wirbelbrüche überaus wichtige Thatsache. Denn man
hat für das Rückenmark bei derart Verletzten nichts zu erwarten, da es erwiesen
ist, dass ein völlig zerstörtes Mark eine Regeneration auch im funktionellen Sinn
sicher nicht mehr erfährt.
L. sucht nun zu erweisen — an der Hand eines einzelnen Falles —, dass
auch bei partiellen Schädigungen die Patellarreflexe vollständig fehlen können.
Ein Kärrner war kopfüber von seinem Wagen gestürzt und bot am folgenden
Tage eine schlafe Lähmung der Beine, ohne dass man an der Wirbelsäule außer
einer geringen Schmerzhaftigkeit zwischen den Schultern etwas nachweisen konnte.
Trotzdem beschloss man die Trepanation der Wirbelsäule! Doch der Pat. starb
unter Temperatursteigerung, noch bevor man dazu schritt, in der Nacht unter
Dyspno@ und Krämpfen. Bei der Obduktion fand man einen extraduralen Blut-
erguss in der Höhe des 3.—5. Brustwirbels, unterhalb dessen die meningealen
Venen prall gefüllt waren. Verf. nimmt eine Kompression des Marks an und er-
klärt den unerwarteten Tod für eine Folge der Rückenmarkserschütterung.
(Weder über eine mikroskopische Untersuchung des Marks, noch über den
groben Befund von Querschnitten verlautet etwas. Auch ist es schwer denkbar,
dass eine erhebliche Markschädigung und extradurale Blutung in der Höhe des
3. Brustwirbels ohne eine Wirbelfraktur oder Dislokation zu Stande kommen
sollte. Der Fall ist offenbar nicht sorgfältig genug obdueirt und daher nicht ge-
eignet, die Bastian'sche Lehre zu erschüttern. Ref.) Stolper (Breslau).
35) C. Miralli6 et Chaput. Scoliose et torticolis hystöriques.
(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.)
Zu den äußerst seltenen Fällen einwandsfreier hysterischer Wirbelsäulever-
biegung fügen die Vertf. eine sehr bezeichnende Beobachtung hinzu bei einem
4öjährigen Fräulein mit ausgesprochenen hysterischen Vorerlebnissen: Schwäche
der Beine, Paraplegien, nervösen Krisen (geheilt durch eine Fahrt nach Lourdes),
Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 471
Lidkrampf, Speiseröhrenkrämpfen mit Erbrechen, Stimmlosigkeiten, verschieden-
fachen Kontrakturen. Als hysterische Kennzeichen konnten festgestellt werden:
Störungen des Empfindungsvermögens für Gefühl, Schmerz, Wärme, hysterogene
Zonen, Gesichtsfeldverengerung. Die hysterische Skoliose (nach der Beschreibung
aufzufassen als einseitige Rückenmuskelkontraktur, welche die Wirbelsäule zu einem
einzigen Bogen von starker Krümmung herumzieht) trat in 3 Perioden auf. Her-
vorgerufen wurde sie auf suggestivem Weg, als der Arzt, wegen eines heftigen
Anfalls von Lidkrampf konsultirt, scheinbar nur zu klinischer Belehrung für den
Assistenten die allgemeine Bemerkung hinwarf, dass auf solche Augenleiden häufig
eine Skoliose folge mit Demonstration durch Drehung an der Kranken selbst.
8 Tage hatte sie sich prompt eingestellt. Nach voller Wiederherstellung ein 2. An-
fall, wiederum vorbereitet durch den Blepharospasmus, dies Mal aber durch Auto-
suggestion, ohne dass der Arzt dazu verhalf; beim 3. Mal bedurfte es nicht einmal
der Einleitung durch den Blepharospasmus. Heilung jedes Mal in kurzer Zeit.
Herm. Frank (Berlin).
36) M. Kuss. Autopsie d'un cas de torticolis musculaire congenital
du sterno-cleido-mastoidien (Etude des lésions musculaires).
(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.)
Der Autor hatte Gelegenheit, von einem 6jährigen Knaben mit linksseitigem
angeborenem Schiefhals, welchem 5/4 Jahr zuvor der Sternalantheil des Muskels
durchschnitten, und welcher an Diphtherie gestorben war, die Präparate beider
Sterno-cleido-mastoidei zu untersuchen. Der linksseitige Muskel war um !/3 kürzer
und schmäler als der rechte, und zwar in beiden, im clavicularen wie im sternalen
Ansatztheil; dagegen bestand in der Dicke beider Muskeln kein Unterschied.
Mikroskopisch zeigte sich auch am äußerlich gesunden rechten Muskel in der
Mitte eine leichte Myositis interstitialis. Am linken Muskel ist der Nevenapparat
intakt, keine Spur eines Hämatoms, kein Anhalt für die Annahme eines intra-
uterinen Muskelrisses. Die Gewebaveränderungen, welche sich kurz als diffuse,
sklerosirende Myositis interstitialis charakterisiren, nehmen nicht den ganzen
Muskel in Anspruch, wohl aber einen großen Theil; und zwar sind sie besonders
in den beiden unteren Dritteln und mehr im Centrum als in den äußeren Theilen
ausgeprägt. In den am stärksten betroffenen Partien sind auch das fibröse Ge-
webe, die Muskelfasern ganz zum Schwinden gebracht, an manchen Stellen nur das
Sarkolemm und die Kerne sichtbar, an den noch erhaltenen Fasern ist aber keine
Degeneration des Muskelgewebes zu erkennen, noch Verfettung.
Herm. Frank (Berlin).
37) Pantaloni (Marseille). Trois cas’ de chirurgie du larynx.
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 9.)
Gestützt auf 3 Fälle von geheilten Kehlkopfgeschwülsten redet P. der Thy-
reotomie (Laryngofissur) das Wort. 1) Ein 5öjähriger Mann hatte eine langsam
wachsende, wohlbegrenzte Geschwulst ohne periphere Infiltration auf dem rechten
Stimmband. Nach der Untersuchung eines durch Probeexcision gewonnenen Stück-
chens stellte man die Diagnose auf Plattenepithelkrebs (Epithelioma pavimenteux
vegetant!. Nach voraufgegangener Tracheotomie wurde der Schild- und Ring-
knorpel in der Mittellinie gespalten, die Geschwulst exstirpirt, der Grund ver-
schorft und der Kehlkopf durch Nähte, welche nur die perichondralen Weichtheile
fassten, zusammengehalten. 11/2 Jahr später war der Pat. noch recidivfrei. Die
Stimme war zwar heiser, aber deutlich. P. glaubt, dass durch eine Operation auf
natürlichem Weg eine gründliche Entfernung der Geschwulst nicht möglich ge-
wesen wäre.
Bei einer 38jährigen Frau, die seit 4 Jahren heiser war, ließ sich wegen hoch-
gradiger Dyspno& die Ursache derselben, eine haselnussgroße, gestielte, polypöse
Geschwulst, auf natürlichem Wege nicht entfernen. Nach Laryngofissur fand man
eine gestielte polypöse Geschwulst, die der vorderen Insertion der Stimmbänder
aufsaß. Diese waren durch die wiederholten Insulte seitens der flottirenden Ge-
472 Centralblatt für Chirurgie. No. 17.
schwulst leicht uleerirt. Nach der sehr leichten Entfernung kauterisirte man die
Stimmbänder vorsichtig. Die Kanüle konnte schon am 3. Tage entfernt werden.
Die Heilung war eine vollständige, die Stimme nicht verändert. Die Geschwulst
erwies sich als ein gestieltes Angiom, also ein endolaryngeales (im Gegensatz zu
den extralaryngealen im Sinus pyriformis), von denen überhaupt nur 11 beschrieben
sind. Für diese Geschwülste, die sich in ihrer histologischen Eigenart nicht sicher
diagnostieiren lassen, bleibt in erster Linie die Ablösung auf natürlichem Weg.
Nur wenn diese unmöglich, ist es erlaubt, zur Eröffnung des Kehlkopfes von außen
zu schreiten.
Ein 3. Mal gab ohne Weiteres zu einer solchen die Indikation eine Laryngo-
cele, eine Schleimhauthernie dicht über der Glottis. Ein 25jähriger Bäcker hatte
beim Heben einer schweren Last plötzlich Schmerzen am Kehlkopf gefühlt. Bald
darauf fühlte er, wie beim Pistonblasen eine Geschwulst an der Seite des Kehl-
kopfs erschien, die sich zwar leicht wegdrücken ließ, aber immer wieder bildete.
Auch hier hinterließ der Eingriff, zum Zweck der Abbindung des ausgestülpten
Sackes, keinerlei Beeinträchtigung der Stimme. Stolper (Breslau).
38) Tailhefer (Toulouse). Variété très rare de thyroidite chronique.
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 4.)
Ein 30jähriger Fleischer hatte eine harte Geschwulst an der linken Seite des
Halses, die der Schilddrüse angehörte, und zwar langsam, aber stetig wuchs. Eine
durch Rekurrenslähmung bedingte mehrmonatliche Stimmlosigkeit führte ihn end-
lich zum Arzt. Man diagnostieirte eine bösartige Geschwulst und exstirpirte sie.
Die histologische Untersuchung indess lehrte, dass es sich um eine Affektion der
Schilddrüse handelte, wie sie bisher nur Wölfler und Riedel beschrieben haben.
Die eigenartige Verwachsung der Geschwulst mit der Umgebung und das Aussehen
der Schnittfläche sprachen schon makroskopisch für die entzündliche Natur der-
selben. Im mikroskopischen Bild aber fehlten die für irgend eine Geschwulstart
specifischen Zellen, und das zum großen Theil degenerirte Parenchym war von
fibrösem Bindegewebe ersetzt. Für ein Fibrom war die Geschwulst nicht isolirt
genug.
Die Verwachsung mit der großen Gefäßscheide hatte eine erst am 2. Tage
eintretende Blutung aus der linken Carotis zur Folge. Trotzdem kam der Pat. mit
dem Leben davon, aber nicht ohne schwere cerebrale J,ähmungserscheinungen.
Erörterungen über die Natur derselben und über die Folgen der Carotisunter-
bindung überhaupt bilden den 2. Theil dieser Arbeit. Stolper (Breslau).
39) G. Marchant. De la résection bilaterale du grand sympathique
cervical dans le goitre exophthalmique.
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1897. No. 53.)
M. berichtet über einen Fall von Struma exophthalmica, der nach doppel-
seitiger Resektion des Halssympathicus einigermaßen gebessert wurde. Nach der
Durchschneidung des linken Halssympathieus, welche zuerst erfolgte, trat während
der Operation ein subconjunetivaler Bluterguss am rechten Auge auf. M. erwähnt
die Übereinstimmung dieses Phänomens mit der Beobachtung, die von Dastre
und Morat bei Reizung des centralen Stumpfes des durchschnittenen Halssym-
pathicus am Hunde gemacht wurde. Diese Forscher konstutirten eine Varodilata-
tion der Lippe und Wange der einen Seite, wenn das centrale Ende des Sympa-
thicusstumpfes der entgegengesetzten Seite gereizt wurde. In Mie Falle hatte sich
dieser physiologische Reiz zu der schon bestehenden pathologischen Vasodilatation
der gegenüberliegenden Seite addirt und die Extravasation im subeonjunctivalen
Gewebe hervorgebracht. W. Sachs (Mülhausen UE
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
Lakes, Lm. Me,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
ug]
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 18. Sonnabend, den 7. Mai. 1898.
Inhalt: I. Angerer, Die Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels Röntgen-Durch-
leuchtang. — IL. W. Zoege v. Manteuffel, Zur Technik der Resektion aus der Schilddrüse.
(Original-Mittheilungen.) S
1) Wassermann, Seitenketten-Immunität. — 2) Arnd, Äthernarkose. — 3) Firgan,
Muskelschwund. — 4) Levai, Gefahren der Karbolanwendung. — 5) Nimler, Fraktur-
verbände. — 6) Lange, Hessing und Orthopädie. — 7) Vulpius, Sehnenüberpflanzung.
— 8) Leibold und Bähr, Exkursionsfähigkeit der Gelenke. — 9) Krecke, Schlüsselbein-
verrenkung. — 10) Gerulanos, Radialislähmung. — 11) Roux de Brignoies, Ellbogen-
brüche. — 12) Schulte, Federnde Finger. — 13) König, Röntgenbild bei Coxitis. —
44) Ehret, Lähmung der Peronealmuskeln. — 15) Kleinknecht, Fußlipome. — 16) Basquet,
Osteoperiostitis ossiflcans der Mittelfußknochen.
17) Moeller, 18) Reinhard, 19) Schubert, Tetanus. — 20) Kirmisson und Sainton,
Bericht. — 21) Neugebauer, Nekrotomien. — 22) Rhoads, Schlüsselbeinverrenkung. —
23) Bähr, Schulterverrenkungen. — 24) Ewald, Myclom des Schlüsselbeins. — 25) Tho-
man, Verletzung der Art. subclavia. — 26) Schiller, Gelenksteifigkeit. — 27) Herbet,
Ellbogenverrenkung. — 28) Brigel, Handgelenktuberkulose. — 29) Paci, Fingerverrenkung.
— 30) Sick, Neurofibrom des Medianus. — 31) $negirew, Beckenbruch. — 32) Habs,
33) Zahn, 34) Willis, Aneurysmen. — 35) Görard-Marchant, Genu recurvatum. —
30) Bayer, Achillorhaphie. — 37) Hübscher, Arthrodese des Fußgelenks. — 38) Gole-
biewski, Umknicken des Fußes. — 39) Naumann, Bruch des Sprungbeins. — 40) Vulllet,
Resektion im Fuß. — 41) Köhler, 42) Heintze, Resektion der V. saphena und Bein-
geschwüre.
I, Die Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels
Röntgen-Durchleuchtung.
Von
Prof. Angerer in München.
Die Anwesenheit eines Fremdkörpers mittels Durchleuchtung
zu konstatiren, ist leicht; schwierig aber ist es, dessen genaue Lage
im Körper zu bestimmen. Mancher Kollege wird dies bei Extraktions-
versuchen erfahren haben, wo der Fremdkörper trotz des guten
Röntgenbildes nicht da gefunden wurde, wo er dem Bilde nach liegen
musste, ja wo das Röntgenbild geradezu zu falschen Einschnitten
Veranlassung gab. Der Grund für solche Irrthümer liegt darin, dass
18
474 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
sowohl bei der Röntgenphotographie als auch bei Anwendung des
Durchleuchtungsschirmes sich der Fremdkörper je nach der gegen-
seitigen Lage von Röhre, Objekt und Platte, bezw. Schirm an ganz
verschiedenen Stellen projicirt. Ein einfaches Beispiel macht dies
leicht verständlich.
Stellen die Punkte 2, 3, 4 und 5 (Fig. 1) die Querschnitte von
4 Rippen dar, und liegt beispielsweise ein Fremdkörper K zwischen
und hinter der 3. und 4. Rippe, so erscheint das Bild X auf dem
Schirm zwischen 2. und 3. Rippe bei 2’ und 3’, wenn der Ausgangs-
punkt der Röntgenstrahlen, also die Vacuumröhre, in A steht. Da-
gegen projieirt sich das Bild zwischen 4. und 5. Rippe bei A und 5’,
Fig. 1.
A,
wenn die Röhre bei B ist. In Wirklichkeit aber befindet sich der
Fremdkörper zwischen 3. und 4. Rippe.
Diese Fehler in der Lagebestimmung von Fremdkörpern werden
nun durch ein Verfahren vollständig vermieden, welches Herr
Dr. phil. Rosenthal von der Elektricitätsgesellschaft »Voltohm« hier
ersonnen hat. Die Methode wurde in meiner Klinik geprüft, modi-
ficirt und ist nun in der That so einfach und sicher, dass ich das
Verfahren allen Kollegen auf das wärmste empfehlen kann.
Die Methode besteht darin, dass wie bisher der Fremdkörper auf
dem Durchleuchtungsschirm projieirt wird. Nehmen wir an, es handle
sich um eine in der Hand sitzende Kugel, so werden 2 an langen
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 475
schmalen Stäbchen ! aufsitzende Metallringe so auf der Haut des Hand-
rückens und der Hohlhand angelegt, dass das Bild der Kugel genau
in die Bilder der Ringe zu liegen kommt. Der eine Ring liegt also
beispielsweise auf Seite der Vacuumröhre auf dem Handrücken auf,
der andere auf Seiten des Schirmes auf der Hohlhand, also an den
Endpunkten eines Diameters, in welchem die Kugel zweifellos liegt.
Ein Druck auf einen an den Handgriff des Stäbchens angebrachten
Knopf lässt in das Centrum des Ringes einen Farbstift hervorspringen,
der die gefundenen Punkte anzeichnet.
Jetzt macht man eine zweite Durchleuchtung unter einem ande-
ren Beleuchtungswinkel, indem man die Vacuumröhre oder den be-
treffenden Körpertheil verschiebt. Befand sich (s. Fig. 2) z. B. bei
der ersten Aufnahme die Vacuumröhre bei A, so steht sie jetzt bei
der zweiten Aufnahme bei B. Die Kugel projieirt sich an anderer
Fig. 2.
Stelle; ihr Bild wird wieder in Metallringe gefasst und in gleicher
Weise, wie oben angegeben, auf der Haut markirt. Man erhält einen
zweiten Diameter, und im Schnittpunkt dieser beiden Diameter muss
die Kugel liegen. Auf der Haut selbst aber sind am Handrücken
und in der Hohlhand je 2 Punkte angezeichnet; die korrespondiren-
den sind durch die gleiche Farbe leicht kenntlich gemacht.
Nehmen wir an, die beiden Punkte am Handrücken liegen viel
näher bei einander, als die Punkte in der Hohlhand, so weiß man
von vorn herein, dass die Kugel viel näher der Oberfläche des
1 Die hierzu konstruirten Stäbchen wurden »Punktographen« genannt und
sind von der Elektricitätsgesellschaft »Voltohm« in München zum Preis von
40 Æ das Paar zu beziehen.
18%
476 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
Handrückens liegen muss, und da man auch die Richtungslinien
kennt, so genügt diese einfache Überlegung, um richtig auf den
Fremdkörper zu kommen, weil die Fehler in der Projektion fort-
gefallen sind. Doch lässt sich die Tiefenlage des Fremdkörpers in
einfachster Weise auch ganz exakt bestimmen, indem man die Ent-
fernung der beiden Punkte auf der Innen- bezw. Außenseite mittels
eines Maßstabes misst. Ist beispielsweise die Entfernung a (s. Fig. 2)
gleich 20 mm und d gleich 20 mm, so liegt die Kugel von der einen
Handfläche eben so weit entfernt wie von der anderen, d. h. die
Kugel liegt genau in der Mitte zwischen beiden. Ist dagegen z. B.
a = 10 mm und 5 = 20 mm, so liegt die Kugel von a halb so weit
entfernt als von A, d. h. mit anderen Worten u der Dicke des
Körpers von a und = von 5 entfernt; ganz allgemein liegt sie von
a 10
a+b fo +20
entfernt.
Dieses Rechenexempel ist gewiss einfach und erleichtert uns die
Auffindung von Fremdkörpern ganz außerordentlich.
a um
= L) und von A aM mini)
=z)" ar um i opan
II. Zur Technik der Resektion aus der Schilddrüse,
Von
W. Zoege von Manteuffel in Dorpat.
Wir verdanken Rocher, Reverdin, Socin, Wölfler, Miku-
licz eine Reihe von Methoden, die verschiedenen Formen der
Kröpfe operativ anzufassen, die im Allgemeinen genügen. Cysten-
kröpfe, Kropfknoten schälen wir aus. Aus den parenchymatösen
reseciren wir Stücke nach Wölfler oder Mikulicz, oder exstirpiren
die eine Hälfte. Ich habe mir eine Methode der Resektion aus-
gebildet für parenchymatöse Strumen, die ich der Mittheilung werth
halte, weil sie mit sehr geringem Blutverlust beliebig große Stücke
aus dem Kropf auszuschneiden gestattet und keine Massenligatur
hinterlässt. Bogenschnitt nach Kocher oder, bei einseitiger Struma,
Längsschnitt am inneren Rande des Kopfnickers. Sollte dieser
Muskel nicht hinten absinken: Durchschneidung desselben und des
Sternohyoideus und Sternothyreoideus. Spaltung der tiefen Hals-
fascie. Jetzt lässt man den Kropf vortreten und streicht bei intakter
Kapsel namentlich lateral von der Drüse das lockere Gewebe siumpf
zurück, unter Vermeidung der Kapselgefäße, so dass man gut an
die Basis der Struma ankommen kann. Ist der Isthmus sehr breit
und enthält augenscheinlich größere Gefäße, oder komprimirt er die
Trachea, so habe ich ihn doppelt unterbunden und durchschnitten.
Sofort fasst der Assistent das Gefäßbündel der Thyreoidea superior
mit Daumen und Zeigefinger der rechten, das der Inferior mit den-
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 477
selben Fingern der linken und komprimirt dreist. Man kann nun
beliebig große Stücke wie Melonenscheiben aus der Drüse heraus-
schneiden ohne nennenswerthe Blutung, muss sich aber hüten, durch
das Parenchym der Drüse hindurch bis auf die hintere Kapselwand
oder gar durch dieselbe zu schneiden, weil dann sehr unangenehme
Blutungen nach hinten, hinter die theilweise zu erhaltende Drüse
stattfinden, wohl auch der Recurrens verletzt werden könnte. Da-
gegen kann man den zu excidirenden Keil nach beiden Seiten be-
liebig breit anlegen. Blutet es jetzt, so hat der Assistent nicht die
Gefäße, sondern die Basis der Geschwulst gefasst. Nach der Exeision
entgleitet ihm dann natürlich der Stiel. Manchmal ist es bequemer,
wenn der Assistent die Gefäße zwischen 2. und 3. Finger nimmt,
weil dann seine Hände flacher liegen.
Nach der Excision folgt sogleich fortlaufende Parenchymnaht
der zurückgebliebenen Drüse. Die Nadel fasst bis fast an den
Boden der keilförmigen Wunde. Ich nähe zumeist mit Seide, doch
habe ich auch Katgut dazu verwandt. Die Naht muss fortlaufend
sein, da sonst eine Blutstillung nicht zu Stande kommt. Ligaturen
an der Struma selbst habe ich gar nicht nöthig gehabt, oder nur,
wenn zwischen den Suturen ein größeres Kapselgefäß nicht durch
den Faden der Naht komprimirt wurde. Der Stumpf wird versenkt,
die Muskeln darüber genäht, eben so die Haut. Meist habe ich den
unteren Wundwinkel offen gelassen.
Diese Operation lässt sich sehr rasch ausführen; bei kindsfaust-
großen Strumen habe ich nicht mehr als 12—15 Minuten dazu gebraucht,
bei größeren etwas mehr. Sehr große Strumen — über manns-
faustgroße oder kindskopfgroße — habe ich noch nicht Gelegenheit
gehabt, nach dieser Methode zu operiren. Struma parenchymatosa
vasculosa lässt sich ebenfalls in der oben geschilderten Weise rese-
ciren. Klammern statt der Assistentenfinger zur Kompression der
Gefäße zu verwenden, halte ich für bedenklich, da man, wenn man
die Gefäße nicht völlig frei legt, dabei den Recurrens beschädigen
kann, wie Rocher’schen bemerkt. Die Digitalkompression ist schon
von Greene und später von Mikulicz angewandt worden, aber in
anderer Weise an der Thyreoidea inferior. Eben so ist wohl auch
schon die Naht namentlich nach Enukleationen angewandt worden.
Ich habe aber nicht gefunden, dass Naht und Kompression in der
von mir geschilderten Weise für die Resektion verwandt worden sind.
Man muss bei der Operation noch bedenken, dass das von der
Naht gefasste Gewebe später schrumpft, vielleicht zum Theil zu
Grunde geht; daher soll außerhalb der Naht noch genügend Gewebe
nachbleiben, um die Funktion zu erhalten. Das ist natürlich von
wesentlicher Bedeutung bei doppelseitiger Operation.
Ich habe in der geschilderten Art mehrere Resektionen aus-
geführt und habe allemal glatten Verlauf verzeichnen können;
namentlich bildeten sich keine Hämatome.
Berlin, 17. April 1898.
478 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
1) Wassermann. Weitere Mittheilungen über »Seitenketten-
Immunität«.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 10.)
Im Anschluss an seine früheren Versuche über diesen Gegen-
stand (referirt in diesem Blatte 1898 No. 10) hat W. wieder gemein-
sam mit Takaki die Beziehung zwischen bestimmten Zellsystemen
und dem Auftreten der künstlichen Immunität an Typhus, Schweine-
rothlauf und Diphtherie studirt. Von vorn herein schien ihm der
Typhusbacillus zu seinen Versuchen besonders geeignet, nachdem W.
mit Brieger und Kitasato schon das Zustandekommen der künst-
lichen Immunitätsgrade bei dieser Infektion studirt hatte. W. richtete
sein Hauptaugenmerk auf das regenerationsfähige Knochenmark,
welches er von verschiedenen normalen Thieren prüfte, ohne jedoch
zu einem klaren Resultat zu gelangen. Wurden jedoch diese Expe-
rimente bei Thieren gemacht, denen vorher Typhusbacillen injicirt
worden waren, so zeigte sich nun das Knochenmark, die Milz, das
Lymphdrüsensystem bezw. die Thymusdrüse als in hohem Grade
specifisch schutzverleihend gegen Typhus, während die anderen Organe
zu gleicher Zeit keine specifische Immunisirungswirkung darboten.
W. zieht aus dieser Thatsache das Resultat, dass auch beim Zustande-
kommen der Typhusimmunität zwischen bestimmten Organen und
dem Typhusbacillus konstante biologische Reaktionsgesetze vorhanden
sind, Bindungsbeziehungen bestehen, welche zur Anhäufung speci-
fischer schützender Stoffe in den betreffenden Organen führen, sobald
diese von Produkten des Typhusbacillus oder diesem selbst getroffen
werden. Diese Stoffe gelangen von hier aus in das Blut, womit die
vollständige Immunisirung des Körpers vollendet ist. Der die weißen
Blutkörperchen regenerirende Apparat stellt somit dem Körper die
antityphösen Schutzstoffe zur Verfügung, welche den Ablauf der
typhösen Infektion besorgen, wodurch auch die seinerzeitige Behaup-
tung Brieger’s Bestätigung findet. Gold (Bielitz).
2) Arnd (Bern). Ein Beitrag zur Technik der Äthernarkose.
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 19.)
Verf. ist Anhänger der Äthernarkose; in seinen Ausführungen
wendet er sich hauptsächlich gegen die Kontraindikation für den
Gebrauch des Äthers bei Operationen im Gesicht, am Kopf und am
Halse. Die Anwesenheit der Maske stört den Operateur bei Gesichts-
operationen; störend ist ferner die flüchtige Wirkung des Äthers,
die den Pat. nach Entfernung der Maske wieder erwachen lässt, so
dass die Operation häufig unterbrochen werden muss. Will man
diesen Übelstand beseitigen, so muss man dem Pat. Äther ohne
Maske zuführen. Zunächst soll Pat. mittels Maske bis zum völligen
Eintritt der Narkose ätherisirt werden. Erst nach Eintritt voller
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 479
Narkose wird auf den Gebrauch der Maske ganz verzichtet und der
in Kocher’s Operationslehre abgebildete Apparat zur Ätherzufuhr
angewendet. Er besteht aus einer Glasflasche mit doppelt durch-
bohrtem Gummizapfen, die den Äther enthält. Ein Tretgebläse
(Gummidoppelgebläse) treibt Luft durch ein in den Äther tauchen-
des Metallrohr. Die mit Ätherdampf gesättigte Luft entweicht durch
ein anderes kurzes Rohr aus der Flasche und wird durch einen
Gummischlauch, der ein drittes hakenförmig umgebogenes Rohr trägt,
das sich in den Mundwinkel des Pat. einfach einhängen lässt, dem
letzteren beständig zugeführt, ohne Verwendung irgend einer Maske.
Es lässt sich mit diesem Apparat die Narkose beliebig lange unter-
halten, ohne dass der Operateur im geringsten gestört würde. Es
ist anzurathen, besonders wenn der Pat. viel Äther braucht, die
Flasche in ein Becken mit Wasser von ca. 35° zu stellen. Um den
Ätherverbrauch zu verringern, soll der Narkotiseur den zuführenden
Schlauch bei der Exspiration zusammendrücken.
Hinterstoisser (Teschen).
3) Firgan. Über »Muskelschwund« Unfallverletzter mit
besonderer Berücksichtigung der oberen Extremität.
(Archiv für Unfallheilkunde ete. Bd. II. p. 167.)
Die F.’sche Arbeit stellt eine Fortsetzung der Caspari’schen
(dieses Centralblatt 1896 p. 1090) dar, mit dem Unterschied, dass F.
mehr Gewicht auf die Entstehung der Atrophie (»Atonie«) durch
Inaktivität legt, Aufhebung nicht allein der grobsinnlicheu Kontrak-
tion des Muskels, sondern auch Abschwächung und Aufhebung jeg-
licher motorischen Impulse (ein Moment, welches übrigens meines
Wissens zuerst vom Ref. 1895 geltend gemacht wurde). Die Atrophie
führt Verf. im Allgemeinen zurück auf direkte Schädigung des Mus-
kels oder der motorischen Terminalfasern, Läsion in’ den nervösen
Centren, direkt oder durch Fortleitung im Sinne der von Thiem
besprochenen Poliomyelitis, oder funktionell durch Autosuggestion be-
dingte Ausschaltung motorischer Impulse; hier habe ich den Namen
Sachs vermisst. Es werden zuletzt noch die charakteristischen Er-
scheinungen der Volumen-, Konsistenzminderung, Formveränderung
etc. besprochen. Bähr (Hannover).
4) Levai. Karbol in der Unfallheilkunde und die erste
Hilfeleistung bei Verletzungen der Arbeiter.
(Archiv für Unfallheilkunde ete. Bd. II. p. 245.)
Die Arbeit giebt auf Grund mancher unangenehmen Erfahrun-
gen ein Bild von den Gefahren der Karbolanwendung, die Verf.
beseitigt wissen möchte. Weiterhin macht L. manche beachtens-
werthe Vorschläge für die erste Behandlung von Verletzungen.
Bähr (Hannover.
480 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
5) Nimier (Paris). Des appareils les plus pratiques pour le
premier traitement des fractures par coup de feu.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. November.)
Auf dem Kongress zu Moskau hat N. die Schussbrüche der
ersten Linien im Kriege besprochen; dieser Vortrag liegt hier nun-
mehr gedruckt vor. Vor Allem wird mit Recht betont, dass den
Krankenträgern nur die einfachsten Fixationsmethoden überlassen
und zugemuthet werden können: Schussbrüche der oberen Glied-
maßen müssen in Tuchverbänden nach Art einer Mitelle befestigt
werden, wozu allerlei Bekleidungsgegenstände Verwendung finden
können; Schussbrüche der unteren Gliedmaßen finden ihre haupt-
sächliche Fixation durch ihre eigene Schwere auf der Trage, auf
welcher sie durch Zuhilfenahme des gesunden Gliedes durch Riemen,
Binden und dgl. festgehalten werden können. Nur im Gebirgskrieg
bietet sich eher die Möglichkeit für die Träger, geschützte Stellen
zu finden und dort bessere Verbände anzulegen, was auch wegen
der oft weiteren Entfernungen bis zum Arzt wünschenswerth er-
scheint. Hierfür empfiehlt N. am meisten die Trage Malgat’s,
welche aus einem stellbaren Theil für Kopf und Rumpf und einem
festen horizontalen Theil besteht, der eine Längstheilung besitzt, so
dass sich 2 getrennte Rinnen für jedes Bein bilden. Die Verwun-
deten müssen dabei stets mit dem Gesicht nach der Höhe getragen
werden, was entschieden richtig ist, da ihr Eigengewicht auf diese
Weise eine Art von Kontraextension ausübt, während es im ent-
gegengesetzten Falle die Bruchenden gegen einander schiebt.
Für den Transportverband, d. h. denjenigen, welcher auf dem
Hauptverbandplatz anzulegen ist, will N. dem Chirurgen den größ-
ten Spielraum lassen; er muss das benutzen, was er erlangen kann
und damit das thunlichst Beste zu erreichen suchen. Im Allge-
meinen stehen nur 2 Grundformen zur Verfügung: die der cirkulären
und die der rinnenförmigen Verbände. Wegen der durch erstere
nahegelegten Gefahr der Einschnürung zieht N. die rinnenartigen
(gouttiere) Verbände im Allgemeinen vor. Alle möglichen Materialien
können hierbei Verwendung finden, doch müssen einige Prineipien
stets im Auge behalten werden. Solche Verbände müssen nämlich:
1) entweder im Augenblick leicht herzustellen oder, falls fertig
mitgeführt, leicht transportabel sein;
2) ohne große Polsterung angelegt werden können;
3) einmal angelegt, haltbar sein, aber nicht viel Platz und Ge-
wicht beanspruchen;
4) amovo-inamovibel sein.
Diesen Forderungen können wir unbedingt zustimmen. Die
Anwendung des Gipses in Form der Einwicklung oder der Schiene fin-
det weder im Allgemeinen in Frankreich noch bei Verf. besonderen
Anklang; er giebt Schienen aus allen Arten von Drahtgeflechten den
Vorzug. Lühe (Königsberg i/Pr.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 481
6) Lange. Friedrich Hessing und die wissenschaftliche
Orthopädie. (Aus dem orthop. Ambulat. der kgl. chir. Klinik
zu München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 10. [Illustr.))
L. zeigt in dem Vortrag, dass die wissenschaftliche Orthopädie
die Verbesserungen in der Bandagentechnik — Lederhülsenapparate
und Beckenring —, welche Hessing geschaffen hat, und welche
einen unverrückbar festen Sitz der orthopädischen Bandage und da-
durch eine sichere Wirkung derselben ermöglichen, rückhaltlos an-
erkennt und sich nutzbar macht, wenn das Leiden die Anwendung
von Apparaten erfordert. »Wir sind aber nicht dabei stehen ge-
blieben, sondern wir haben gelernt, die kostspieligen und komplicirten
Hessing’schen Apparate durch einfache Gehverbände zu ersetzen
und dadurch die Gelenkentzündungen in schneller und billiger Weise
zur Heilung zu bringen. Aber ein noch größerer Fortschritt, den
die moderne Orthopädie in den letzten Jahren gemacht hat, besteht
darin, dass wir gelernt haben, Leiden, die bisher jeder Apparat-
behandlung spotteten, wie die schweren Platt- und Klumpfüße, die
Schiefhälse und Hüftgelenksverrenkungen, die starren Kontraktu-
ren u. A. — auf schnelle und ungefährliche Weise zu heilen.«e In
welcher Art wir hierbei verfahren, wir die früher üblichen Knochen-
operationen bei Deformitäten, bei tuberkulösen Gelenkentzündun-
gen etc. mehr und mehr eingeschränkt haben, bei Lähmungen durch
Sehnenverpflanzung Erfolge erzielen etc., wird von L. durch Vor-
führung zahlreicher Krankheitsfälle dargethan. Kramer (Glogau).
7) O. Vulpius. Über die Heilung von Lähmungen und
Lähmungsdeformitäten mittels Sehnenüberpflanzung.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 197, Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897.)
Während in der Litteratur nur 33 Fälle von Sehnenüberpflanzun-
gen zur Heilung von Lähmungen und Lähmungsdeformitäten mit-
getheilt sind, hat V. allein 21 derartige Operationen ausgeführt, so
dass er wohl in der Lage ist, über ihre Technik und Indikations-
stellung sich zu äußern und ein Urtheil über den Werth des Ver-
fahrens abzugeben, nachdem mit wachsender Erfahrung seine Ein-
griffe ausgedehntere, in ihrer Berechnung und Technik vollkommenere
geworden sind. Wie aus früheren diesbezüglichen Arbeiten des Verf.
bekannt (s. besonders das Referat über den von V. auf der letzten
Naturforscherversammlung gehaltenen Vortrag in ds. Bl. 1897 p. 1140),
unterscheidet V. zwischen auf- und absteigenden und beiderseitigen
Überpflanzungsmethoden, für welche eine Reihe von schematischen
Zeichnungen zur Erläuterung gegeben werden, hält aber die absteigende
Modifikation für die empfehlenswertheste, weil dadurch eine gewisse
Selbständigkeit für den Kraftempfänger geschaffen wird, und sich die
gesunde dicke Sehne leichter und sicherer auf die dünne paretische
18**
482 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
befestigen lässt. — Von V.’s Operationen wurden 20 am Unter-
schenkel und 1 am Oberschenkel (Transplantation des Sartorius auf
den gelähmten Quadriceps) ausgeführt; von den ersteren beschäftigten
sich 15 mit der Beseitigung des paralytischen Klump- bezw. Spitz-
fußes, die übrigen 5 mit der des paralytischen Plattfußes. In den
meisten Fällen waren mehrfache Sehnenüberpflanzungen nothwendig.
Im Ganzen hatte V. nur 3 Misserfolge, während bei den anderen
Fällen das Resultat ein durchaus gutes, oft mit der Zeit immer
besseres wurde. Die Pat. standen im Alter von 2—18 Jahren, die
Dauer der Lähmung betrug 1—17 Jahre. Beim Überblicken seiner
Fälle hat V. den Eindruck erhalten, »dass die Disposition und Ver-
theilung der Sehnen und Muskeln allmählich unter seinen Händen
komplicirter geworden sei, dass er gelernt habe, die Kraftsumme der
vorhandenen Muskelreste als ein Ganzes zu betrachten, das sehr ver-
schiedener Theilung fähig ist, und dass dem entsprechend auch die
Aussicht auf Erfolg sich gesteigert habe«. — Bezüglich der Technik
sei hier nur hervorgehoben, dass nach Beseitigung einer bestehenden
Deformität mit Hilfe des modellirenden Redressements die Freilegung
der Sehnen bis zum Muskelbauch durch ausgedehnte Längsschnitte
in Blutleere vorgenommen wird. Alsdann werden die Sehnenscheiden
geöffnet, die zu überpflanzenden, subfascial vorgezogenen durch 1
oder 2 Knopflöcher in der paralytischen hindurchgeführt und mit
Katgut oder Seide festgenäht. Der über der verschlossenen Wunde
in leicht überkorrigirter Stellung angelegte Gipsverband bleibt 4 bis
7 Wochen liegen; Pat. darf indess schon nach 8 Tagen aufstehen.
Von Wichtigkeit für den Erfolg ist die spätere Anwendung von
Massage, Gymnastik, Elektrieität etc, ` ev. kommen noch orthopädische
Apparate in Anwendung. — Wer Sehnenüberpflanzungen zur Heilung
von Lähmungen vornehmen will, wird in V.’s Abhandlung einen ge-
eigneten Rathgeber finden. Kramer (Glogau).
S) Leibold und Bähr. Über die Exkursionsfähigkeit der
Gelenke, besonders des Hand- und Fußgelenks.
(Archiv für Unfallheilkunde ete. Bd. II. p. 267.)
Im Gegensatz zu den üblichen Angaben, welche sich auf Unter-
suchungen an Leichen beziehen, geben die Verff. für das Handgelenk
die Dorsalflexion auf 55—75°, die Volarflexion auf 60—80° an, am
Fußgelenk auf 10—15° resp. Plantarflexion auf 30—35°.
Bühr (Hannover).
9) Krecke (München). Zur Naht bei der Luxatio claviculae
supraacromialis.
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 50.)
K. nimmt an, dass die Heilung der in Rede stehenden Ver-
renkung mit oder ohne Funktionsstörung bei zurückgebliebener
Deformität davon abhänge, wie viel von den Bändern zwischen
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 483
Schlüsselbein und Schulterblatt noch erhalten war, um bei ent-
sprechender Muskelbewegung eine Fixirung des Schulterblatts an
den Stamm gewährleisten zu können. Da hierüber durch die Unter-
suchung keine Gewissheit zu erlangen ist, also auch die Wiederherstel-
lung der Funktion von vorn herein nicht garantirt werden könne, müsse
die Behandlung darauf ausgehen, die Heilung mit völliger Beseitigung
der Difformität und Wiederherstellung der Funktion anzustreben,
was in durchaus sicherer und gefahrloser Weise allein die blutige
Naht der von einander gerissenen Knochenenden verbürge. K. hat
desshalb in 2 Fällen, eben so wie früher schon Cooper, Paci u. A.
dieses Verfahren angewandt und damit vollständigen Erfolg erzielt.
Er empfiehlt es auf Grund dessen zu öfterer Ausführung.
Kramer (Glogau).
10) Gerulanos. Über das Vorkommen von Radialislähmung
nach einer heftigen Kontraktion des Musculus triceps brachii.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 1.)
Radialislähmungen in unmittelbarer Folge einer kräftigen Kon-
traktion des Triceps sind bereits durch Gowers und Oppenheim
veröffentlicht. G. berichtet aus der Greifswalder chirurgischen Klinik
einen neuen derartigen Fall, betreffend einen 42jährigen Arbeiter,
welcher, mit einer Erdschaufel grabend, plötzlich mit dieser auf einen
harten Gegenstand stieß und sofort von der Lähmung befallen wor-
den war; hieran anschließend liefert G. eine anatomische Erörterung,
wie in solchen Fällen die Beschädigung des Nerven durch den
Muskeldruck zu Stande kommen mag. In der spiraligen Furche, in
welcher der Radialnerv sich um die Außenfläche in der Mitte des
Humerus herumwindet, ist er überbrückt von einem Sehnenbogen des
Ligamentum intermusculare ext. und bedeckt vom äußeren Triceps-
kopfe, dessen Muskelfasern von oben außen schräg nach unten innen
gehen und im Kontraktionszustand einen dem Nervenverlauf paral-
lelen Wulst bilden. Querschnitte durch den Oberarm ganz frischer
noch schlaffer Leichen zeigen, dass bei schlaffen Muskeln der Triceps
einige Millimeter vom Oberarmknochen entfernt ist. Der Nerv liegt
dann zwischen Knochen und Muskel. Ein gleicher Querschnitt, bei
Todtenstarre gemacht, zeigt dagegen den jetzt fest kontrahirten
Triceps dicht an den Knochen geschmiegt. Der Nerv ist nun seit-
lich nach außen geschlüpft und hat unter dem Lig. intermusculare
im Raum zwischen Triceps und Brachialis int. Platz gefunden.
(Vgl. 2 Abbildungen.) Ganz gleiche Platzänderungen sah man den
Nerven an der bloßgelegten Umschlagsstelle ausführen, wenn man
bei Leichen bald nach dem Tode vor Eintritt der Starre den Triceps
elektrisch zur Kontraktion reizte. Durch diese Verschiebung bei
Aktion des Triceps wird offenbar normalerweise der Nerv vor Kom-
pression geschützt, der er ohne sie jedes Mal ausgesetzt sein würde.
Die Exkursion, die er zu machen im Stande ist, beträgt 1 cm und
mehr. Dass zwischen Muskel und Knochen ein dazwischen liegen-
484 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
der Gegenstand überall eine Kompression erfährt, beweist G. auch
durch ein Leichenexperiment, indem er ein Wachsstäbchen in den
Radialsulcus einlegte, an welchem dann nach elektrischer Reizung
und Kontraktion des Triceps eine deutliche Druckdelle hinterblieb.
Dass gelegentlich nun eine Radialisdrucklähmung durch Triceps-
kontraktion zu Stande kommt, dazu sind besondere Umstände, etwa
Fixation des Nerven durch die Vorderarmmuskulatur, plötzlich ein-
setzende Tricepskontraktion etc. als erforderlich vorauszusetzen, in
Folge deren der Nerv am Entschlüpfen behindert ist. Möglich dass
die Bleilähmung des Nerven auch manchmal Drucklähmung ist, und
dass chronische Infektionen und Intoxikationen das Zustandekommen
derselben erleichtern, dass ferner die sogenannten rheumatischen
Lähmungen und die nach Überanstrengung und Ermüdung auftreten-
den auf Muskeldruck zurückzuführen sind. Eine Lähmung durch
Radialiszerrung hält G. anatomisch für unmöglich, da bei der Be-
wegungsmechanik der Oberextremität eine Dehnung des Radialis
nicht zu Stande kommen kann. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
11) Roux de Brignoles (Marseille). Traitement des fractures
de l’olecräne par la suture sous-periostee. Avantages de
cette methode.
(Arch. prov. de chir. Bd. VI. Hft. 7 u. 8.)
An der Hand von 4 Fällen wird die Behandlung der Olekranon-
brüche durch subperiostale Naht empfohlen. Im 1. Falle handelt es
sich um Fraktur des linken Olekranons bei einem 35jährigen Arbeiter.
Das distale Fragment war in 3 Stücke gespalten. Operirt wurde am
7. Tage nach dem Unfall (Verschüttung). 3 Wochen nach dem Ein-
griff war knöcherne Heilung eingetreten. Innerhalb von 7 Wochen
wurde auch komplette funktionelle Heilung erzielt. Im 2. und
3. Falle wurde bei einer 40jährigen Frau am 5. Tage, bei einem
16jährigen Matrosen am 11. Tage operirt, mit demselben günstigen
Erfolg. Im 4. Falle handelte es sich um eine Rissfraktur bei einem
38jährigen Packträger. Hier wurde am 7. Tage operirt und inner-
halb 25 Tagen schon eine völlige funktionelle Heilung erzielt.
Wesentlich ist die Erhaltung des Periosts, dessen regenerative Eigen-
schaft zur Callusbildung man ausnutzen muss. Asepsis ist um so
mehr oberste Bedingung, weil alle Bedingungen zur Vereiterung ge-
geben sind. Wann soll man nun operiren? Jedenfalls nicht sofort,
da die Blutung erst zum Stillstand gekommen sein muss; auch sind
die Blutgerinnsel nach Ablauf einiger Tage leichter entfernbar, und
die Gewebe haben bereits ihre Lebensfähigkeit wieder gewonnen.
Bei zu langem Zuwarten kann es zur Atrophie des Triceps kommen.
Machen sich entzündliche Erscheinungen im Gelenk bemerkbar, so
muss natürlich sofort operirt werden. R. empfiehlt einen geraden
Längsschnitt und bei verschiedener Stellung des Gelenks eine sehr
ausgiebige Auswaschung, die schmerzstillend wirkt und alle üblen
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 485
Zufälle verhindert. Interponirte Kapseltheile sind zu entfernen.
Zurückgelassene Gerinnsel führen leicht zu Arthritis und Ankylose.
Zur Spülung benutzt R. starke Karbollösung, die antiseptisch und
durch ihre kaustische Wirkung auf die gequetschten Weichtheile
wieder anregend wirke. Um sie aber nicht zu lange einwirken zu
lassen, nimmt er die grobe Reinigung mit warmer sterilisirter Koch-
salzlösung vor. Zur Vermeidung von Mortifikation kleiner Knochen-
trümmer sind die Bruchstücke mit dem scharfen Löffel zu glätten.
Misserfolge seien manchmal auf diese Unterlassung zu schieben. R.
näht den Knochen mit Silberfäden, die aber keinesfalls bis ins Ge-
lenk dringen dürfen. Drainage wird nur erforderlich, wenn eine
starke Weichtheilquetschung vorliegt. Der Arm wird zunächst in
Extensionsstellung fixirt. Aber schon am 7.—12. Tage darf man mit
leichten Bewegungen beginnen und zur halben Beugestellung über-
gehen. Stolper (Breslau).
12) Schulte (Breslau). Federnde Finger in der deutschen
Armee.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1897. Hft. 12.)
Nachdem schon in den letzten Jahren mehrfach in den Sani-
tätsberichten der deutschen Armee Fälle von federnden Fingern auf-
geführt waren, hat S. in verhältnismäßig kurzer Frist 5 weitere
Fälle derselben beobachtet, und zwar stets bei Einjährig-Freiwilligen,
also bei Leuten, welche eine zarte, weiche Haut an der Innenfläche
der Hand, keine rauhe schwielige Arbeiterhand hatten. Seine Unter-
suchungen führten ihn zu der Überzeugung, dass in seinen Fällen
hauptsächlich das Erfassen des Gewehrkolbens so wie das Festhalten
desselben bei übergenommenem Gewehr die Veranlassung zur Ent-
wicklung der Abnormität abgegeben habe; die äußerst scharfe Kante
des Gewehrkolbens trifft in der Gegend der Fingerlinie die Beuge-
sehnen und begünstigt das Auftreten von Ausschwitzungen in den
Synovialsack oder knotigen Verdickungen der Sehnen selbst. Diese
Veränderungen der Sehnen oder ihrer Scheide mit dem Sitze in der
Nähe der Sublimisgabel genügen bei der physiologischen Enge
des Scheidenrings, die übrigens pathologisch gleichfalls gesteigert
sein kann, vollständig zum Entstehen des Federns. Prophylaktisch
schlägt S. vor, die scharfe Kolbenkante abzurunden.
Therapeutisch ist meist mit warmen Bädern, hydropathischen
Umschlägen u. dgl. nebst Massage und methodischen Bewegungen
wenig auszurichten, und es muss zur blutigen Spaltung der Sehnen-
scheide geschritten werden. Lühe (Königsberg i/Pr.).
13) König. Die Bedeutung des Röntgenbildes für die ope-
rative Behandlung der tuberkulösen Coxitis.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 281.)
Bei aller Berechtigung der heute beliebten konservativ-ortho-
pädischen Therapie der Gelenktuberkulosen bleiben operative Ein-
486 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
griffe unumgänglich nothwendig bei chronischen Eiterungen und
schweren Knochenherden. Zur Erkennung der letzteren können
Röntgenaufnahmen die nöthige diagnostische Aufklärung unter Um-
ständen leisten. Beläge sind hierfür 2 kurz beschriebene Fälle, der
eine ein 5jähriges Kind betreffend, wo die Röntgenplatte eine Herd-
erkrankung im Schenkelkopf zeigte, der zweite einen Erwachsenen
betreffend, wo eine kranke Stelle am Darmbein bei der Pfanne zu
sehen war. Der zweite Pat. wurde operirt und dabei die Richtig-
keit des Befundes bestätigt. Eine dritte Röntgenaufnahme zeigt das
Becken eines 10jährigen Knaben, dessen Hüfte mit gründlicher Aus-
meißelung der Pfanne mit schönem Resultat resecirt worden war.
Bei der Gelegenheit spricht K. wiederum seine Abneigung gegen die
von Bardenheuer und H. Schmid empfohlene radikale Resektion
der Pfannengegend aus, empfiehlt dagegen die Meißelbehandlung in
einer Ausdehnung, entsprechend den jedesmalig vorhandenen Grenzen
der Erkrankung. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
14) Ehret. Über eine funktionelle Lähmungsform der
Peronealmuskeln traumatischen Ursprungs.
(Archiv für Unfallheilkunde ete. Bd. II. Hft. 1.)
Verf. giebt in einer gründlichen Arbeit das Bild einer besonderen
Art von Lähmungen, die er als funktionelle Gewöhnungslähmungen
bezeichnet. Er fasst seine Beobachtungen in folgenden Sätzen zu-
sammen:
1) Es giebt funktionelle Lähmungen, die am häufigsten die
Peronealmuskeln befallen, nicht von hysterischen Symptomen be-
gleitet sind und von den gewöhnlichen hysterischen Lähmungen sich
wesentlich durch Entwicklung und Verlauf unterscheiden.
2) Ihre Ursache ist in schmerzhaften Zuständen zu suchen, die
zunächst Gewöhnung an eine pathologische Fußstellung bedingen.
3) Das Einsetzen der Lähmung ist schleichend, ihre Entwicklung
auffallend langsam, aber stetig fortschreitend. Dadurch ist die Dia-
gnose oft sehr erschwert.
4) Die Prognose ist eher ungünstig. Je früher die Therapie ein-
greift, um so größer ist die Aussicht auf einen gewissen Erfolg.
Die Arbeit enthält zahlreiche interessante Einzelheiten, die sich
jedoch nicht zum Referat eignen und im Original nachgelesen wer-
den müssen. Steudel (Hannover).
15) Kleinknecht. Über die Lipome des Fußes, im Besonderen
der Fußsohle.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.)
Entgegen den bisherigen Anschauungen hält K. die Lipome des
Fußes nicht für so extrem selten. Aus der Litteratur konnte er
27 Fälle umschriebener Lipombildung am Fuß zusammenstellen,
denen sich 3 weitere Beobachtungen aus der Straßburger bezw.
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 487
Rostocker Klinik anreihen. Ein verhältnismäßig großer Theil der
Geschwülste war angeboren. An 3 verschiedenen Stellen treten die
Fußlipome auf: 1) Unterhalb des Knöchels neben dem Calcaneus
(5mal), 2) am Fußrücken (5mal) und 3) am häufigsten an der Sohle
(17mal]. Die überwiegende Mehrzahl hat subfascialen Ursprung;
speciell gilt das für die plantaren, die aus dem Fettgewebe zwischen
Plantarfascie und Muskeln resp. Sehnen der Sohle hervorgehen.
Beim weiteren Wachsthum quellen sie nach vorn, nach innen und
selbst zwischen den Metatarsi hindurch nach dem Fußrücken vor.
Besonders innig ist der Zusammenhang mit den Sehnenscheiden;
zuweilen entwickelten sich die Geschwülste sogar innerhalb derselben.
Von klinischen Erscheinungen ist die Thatsache hervorzuheben, dass,
nachdem die Geschwülste einmal das Spatium intermetatarsale durch-
drungen haben, oft ein rapides Vorquellen am Fußrücken erfolgt,
so dass eine rasch wachsende bösartige Neubildung vorgetäuscht
werden kann. Die Exstirpation gelingt in der Regel leicht. Diffuse
Lipome des Fußes sind bisher nur in den ersten Lebensmonaten
als angeborene Leiden beobachtet worden. Hofmeister (Tübingen).
16) P. Basquet. De l’ost&o-periostite ossifiante des méta-
tarsiens.
(Revue de chir. 1897. No. 12.)
Die vornehmlich bei Fußsoldaten beobachtete, von den einzelnen
Autoren mit den verschiedensten Namen belegte Affektion, welche
Weisbach zuerst als Syndesmitis tarsea aufgefasst hatte, ist von B.
in 20 Fällen beobachtet worden. Sie tritt fast immer einseitig,
häufiger rechts als links auf, beginnt mit einem Ödem an der Dorsal-
seite des Fußes im Bereich der mittleren Metatarsalknochen, meist
des 3., welches nur selten auch auf die Plantarfläche übergreift;
die Haut hat gewöhnlich normale Färbung und Temperatur. Die
Schmerzen sind heftig, besonders beim Gehen, zuweilen aber auch
in der Ruhe, so dass sie selbst den Schlaf stören können und vor
Allem das Auftreten erschweren. Bei Druck auf den befallenen
Metatarsalknochen werden sie gesteigert; letzterer erscheint durch
zunehmende Knochenneubildung verdickt. Zuweilen sind auch die
angrenzenden Gelenke in Mitleidenschaft gezogen. Bei Schonung
bildet sich die das Periost und die oberste Knochenschicht betreffende
Entzündung innerhalb einiger Wochen vollständig zurück, so dass
die Pat. wieder dienstfühig werden; Recidive sind selten. Eine be-
sondere Behandlung ist kaum nöthig; neben absoluter Ruhe kommen
Bäder, Massage und Jod in Betracht. B. führt das Leiden auf direkte
oder indirekte Verletzungen, unter Mitwirkung nicht passenden Schuh-
werks, von Exkoriationen am Fuß, Überanstrengungen, so wie außer-
dem auf Allgemeinkrankheiten (Rheuma, Tuberkulose etc.) zurück
und unterscheidet somit zwischen »P£riostoses traumatiques directes
(dues à un choc léger et répété), indirectes (dues à une déchirure ou
488 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
à une hyperextension fibro-periostiques, resultant d'un choc ou d'un
surmenage locomoteur), und diathesiquese. Der Beziehungen der
Affektion zum Plattfuß, wie sie von Düms (s. d. Centralblatt 1896
p- 874) mit Recht angenommen wurden, thut B. keine Erwähnung.
Kramer (Glogau).
Kleinere Mittheilungen.
17) J. Moeller. Zur Serumtherapie des Tetanus.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 9.)
Die Inkubationsdauer betrug in dem mitgetheilten Falle von traumatischem
Tetanus 13 Tage; die Symptome entwickelten sich schrittweise innerhalb 6 Tagen
bis zum vollen Bild. 8 Stunden nach der 1. Injektion von Tiszoni’schem Anti-
toxin (6 Tage nach Beginn des Tetanus) auffällige Milderung aller Symptome, die
nach 2 weiteren Einspritzungen und vorübergehender Verschlimmerung allmählich
zurückgingen. Langsame Heilung unter gleichseitiger Morphinbehandlung.
Kramer (Glogau).
18) M. Reinhard (Pretoria). Kurze Mittheilung über 2 Fälle von
Tetanus traumaticus, wovon der eine behandelt mit Heilserum.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 9.)
Nur der 2. Fall ist von Interesse, in so fern bei demselben 5—6 Stunden
nach jeder Injektion von Serum antitetanique aus dem Institut Pasteur, deren
erste ca. 24 Stunden nach dem — 10 Tage nach einer Amputation und 23 Tage
nach der ursächlichen Verletzung erfolgten — Auftreten des ersten Symptoms des
Tetanus stattgefunden, eine merkliche Besserung in allen Symptomen etc. zu kon-
statiren war. Indess hielt diese Besserung nie lange Zeit an; allmählich aber,
nachdem im Ganzen 120 ccm des Serums eingespritzt worden, gingen die Erschei-
nungen zurück und trat Heilung ein. Kramer (Glogau).
19) M. Schubert. Zwei mit Behring’s Antitoxin No. 100 behandelte,
letal verlaufene Tetanusfälle. (Aus der chirurg. Abtheilung des all-
gemeinen Krankenhauses in Mannheim.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 8.)
Im 1. Falle war die intravenöse Antitoxineinspritzung 2 Tage nach Auftreten
der ersten deutlichen Tetanussymptome gemacht worden; der Tod erfolgte 5 Stunden
später. Im 2. Falle fand die subkutane Einspritzung bereits 10 Stunden nach
Beginn des ebenfalls traumatischen Tetanus statt, war jedoch ohne Wirkung. Tod
nach 60 Stunden. Kramer (Glogau).
20) E. Kirmisson et R. Sainton. Compte rendu du service chirur-
gical et orthopedique des enfants assistes du 1. décembre 1896 au
1. decembre 1897.
(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.)
Von wissenschaftlicher und praktischer Bedeutung ist die Vervollkommnung
der Einrichtungen der Anstalt durch die Anlage eines Röntgenkabinetts, welches
sich besonders für die Extremitäten und angeborenen Missbildungen zur Auf-
hellung manches pathologisch-anatomischen Dunkels von Werth erwies. In der
Poliklinik meldeten sich im Ganzen 1061 neue Fälle, 555 weibliche, 506 männliche,
davon 18 über 20, 75 15—20 Jahre alte. Von den wichtigsen Krankheitsgruppen
seien erwähnt 152 Skoliosen (121 Mädchen, 31 Knaben), davon 80 im Alter von
10—15 Jahren. Atiologisch sind 13 hereditäre bemerkt, 31 bei Schiefstellung des
Beckens, 3 nach Pleuritis, 1 bei respiratorischen Störungen, 1 bei Herzanomalie;
3mal fand sich Ungleichheit der Beine, 2mal neurogene Entstehung als Ätiologie.
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 489
— Von 33 angeborenen Hüftverrenkungen betrafen 30 Mädchen, 3 Knaben; 16
waren doppelseitig, 17 (8 rechts, 9 links) einseitig, 3mal auf hereditärer Basis. —
Klumpfüße kamen 49mal vor, 29mal angeboren, 20mal erworben. — Spondylitis wurde
64mal bemerkt, eine ziemlich große Anzahl davon auch bei älteren Kindern bezw.
Individuen, mit Abscessen 14mal verbunden, imal mit doppeltem Herd. — (Be-
züglich der beschriebenen interessanteren Einzelfälle muss auf das Original ver-
wiesen werden.) Die Operationsstatistik begreift 325 Operationen mit 7 Todesfällen.
Herm. Frank (Berlin).
21) F. Neugebauer. Zur Kasuistik der Nekrotomie.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 11.)
Verf. bespricht die verschiedenen Methoden, die zur Ausfüllung der nach
Nekrotomien entstandenen Knochenhöhlen bisher angewendet worden sind, und
kommt zu dem Schluss, dass die günstigsten Resultate durch die osteoplastische
Operation nach Lücke-Bier oder nach af Schult&n zu erreichen sind. Die
große Zugänglichkeit des Operationsfeldes erlaubt, sicher alles Kranke zu ent-
fernen, und die Heilungsdauer wird wesentlich abgekürzt. Von 7 so behandelten
Fällen aus der Grazer Klinik Nicoladoni’s wurde 6mal nach Bier die im Zu-
sammenhang mit der bedeckenden Haut belassene Vorderwand der Knochenlade
— es handelte sich meist um Nekrose der Tibia, Imal um eine solche des Cal-
caneus — abgeklappt, und dann wurden nach Entfernung der Sequester und Gra-
nulationsmassen die Seitenränder der Lade mit Hammer und Meißel möglichst
abgeflacht, um so weit als angängig die Entstehung einer Knochenhöhle zu ver-
meiden. In einem Falle ist der osteoplastische Verschluss mit gutem Erfolg nach
af Schulten durch Mobilisirung und Verschiebung der seitlichen Wandungen
der Knochenlade erzielt worden. Sultan (Göttingen).
22) Rhoads. Treatment of acromial-clavicular dislocation.
(Annals of surgery 1898. Januar.)
Verf. beschreibt eine Bandage zur Heilung des fraglichen Leidens, hauptsäch-
lich bestehend aus einem elastischen Gurt, welcher um Schlüsselbein und den im
Ellbogen gebeugten Arm parallel mit der Achse des Oberarms geschnallt wird.
Ein weiches Polster schützt die Haut an beiden Stellen vor Druck, das Abgleiten
wird durch einen Seitenzug verhindert, der von der gesunden Achselhöhle aus
wirkt. Tietze (Breslau).
23) F. Bähr. Irreponirte Luxatio axillaris, Fraktur des Tuberculum
majus mit vollkommener Funktion.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 270.)
Der Fall betrifft eine 23jährige Turnlehrerin, die ihre Luxatio axillaris !/4 Jahr
bevor sie zu B. kam, erwarb. Schon jetzt bestand eine recht gute Beweglichkeit,
wesshalb von Reposition abgesehen wurde. Bei unermüdlicher Übung erreichte
Pat. in weiterem 3/4 Jahre wieder vollkommene Funktion bis auf eine geringe
Erschwerung des Zurückbringens des Unterarmes auf den Rücken. In dem auf-
genommenen Röntgenbild, dessen Knochenumriss abgebildet ist, findet sich am
oberen Humerusende eine »Auskratzung nach außen«, wohl das abgesprengte Tu-
bereulum majus. In der Nearthrose bildet der Gelenkfortsatz der Scapula den
Kopf, der Humerus die Pfanne. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
24) K. Ewald. Ein chirurgisch interessanter Fall von Myelom.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 7.)
Zahn stellte im Jahre 1885 zuerst das Krankheitsbild des Myeloms auf. Seit-
dem sind nur spärliche Beiträge zu demselben geliefert worden.
E. berichtet aus der Albert’schen Klinik über einen von ihm beobachteten
und operirten Fall.
Ein 62jähriger Pat. wies eine angeblich in direktem Zusammenhang mit einem
Fall aufgetretene Geschwulst von Faustgröße auf, die auf der äußeren Hälfte des
490 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
rechten Schlüsselbeins saß, die ganze Regio supraclavicularis ausfüllte, bis auf
den Hals hinauf und zum Cucullaris nach rückwärts reichte. Ziemlich scharfe
Grenzen, elastische Konsistenz. Druckschmerzhaftigkeit; das Schlüsselbein zeigte
abnorme Beweglichkeit. Auf Grund dieses Befundes wurde zunächst die Diagnose
auf Hämatom mit einem Bruch oder einer Verrenkung des akromialen Endes des
Schlüsselbeins gestellt. Eine Probepunktion förderte frisches Blut zu Tage, welches
sich aus der Einstichöffnung synchron mit dem Puls entleerte. Daher Annahme
eines Aneurysmas oder einer gefäßreichen Knochengeschwulst. Im Anschluss an
die Punktion wurde sofort die Exstirpation der Geschwulst angeschlossen, die mit
den Muskeln des Brustkorbs fest verwachsen war. Die Geschwulst selbst war von
einer vielfach durchlöcherten, überall leicht einbrechenden Knochenschale begrenzt.
An den Bruchstellen außerordentlich blutreiches körniges Gewebe, das im aus-
gebluteten Zustand grauroth aussah. Wegen der großen Brüchigkeit und der
ziemlich innigen Verlöthung mit der Umgebung konnte die Geschwulst nur stück-
weise exstirpirt werden. Das akromiale Ende des Schlüsselbeins war völlig in sie
aufgegangen, das mittlere Drittel mit dem zackigen Ende tief in weiche Ge-
schwulstmassen eingedrungen. Die Diagnose auf centrales Knochensarkom fand
sich durch die mikroskopische Untersuchung nicht bestätigt, vielmehr ergab die-
selbe das Vorhandensein eines Myeloms, welches histologisch dem Gewebe des
Konochenmarks ausnehmend gleich sieht. Tod 5 Wochen später, nach fast völliger
Verheilung der Operationswunde.
Der Mittheilung dieses Falles schließt E. eine eingehende Besprechung des
Krankheitsbildes dieser seltenen Erkrankung nebst der gesammten, sehr spärlichen
Litteratur über diesen Gegenstand an. Hübener (Breslau).
25) Thoman. Ligatur der Arteria subclavia dextra unterhalb des
Schlüsselbeins nach Stichverletzung. — Heilung.
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 1—3.)
Säbelduellverletzung, durch das unmittelbare Eingreifen des anwesenden
Arztes vor dem verhängnisvollen Ausgang bewahrt. Der Kämpfer rennt in die
Säbelspitze des Gegners, welche 1 cm oberhalb der rechten vorderen Achselfalte
unter Durchbohrung des vorderen unteren Randes des M. pectoralis schräg von
unten außen nach innen oben dringt. Heftige Blutstrahlen. Der heranstürzende
Arst schiebt dem Sinkenden einen Stuhl unter, umgreift seinen Hals von hinten
und verhält das Blut durch Kompression in der Wunde mit der einen Hand und
Zudrückung der Subelavia außen vom Tubercul. Lisfranci mit dem Daumen der
anderen Hand. Aus der Kaserne, wo das Duell stattfand, ist ein Bett sofort zur
Stelle. Unter Fortdauer der Kompression, während das Bewusstsein des Verletzten
nicht verloren 'geht, und nur vorübergehend Zeichen der Hirnanämie auftreten,
Unterbindung der Subelavia in der Kontinuität unterhalb der Clavicula mit dop-
pelten Fäden. S
Blutung steht vollkommen, Puls fehlt an der Operationsseite. Mäßige aktive
Bewegungen des Armes sind möglich. Naht beider Wunden.
Heilung nicht vollkommen glatt. Enderfolg: Vollkommene Diensttauglichkeit.
Sensibilität und Mobilität der Extremität bis auf eine unwesentliche Einschrän-
kung der letzteren beim Erheben des Armes über den Kopf vollkommen normal.
— Zu den 15 Rotter'schen Fällen von Subelaviaverletzungen kommen noch 2
hinzu. Von sämmtlichen operirten Verletzten sind 4 (33,3%) geheilt ohne nach-
folgende Störungen, 2 mit solchen geheilt (16,6%), 6 (50%) gestorben. Gegen diese
50% dürfen natürlich die 20% nicht operirt Gestorbenen nicht verblüffen!
Herm. Frank (Berlin).
26) M. Schüller. Operative Wiederherstellung der Beweglichkeit bei
ungünstig geheilter Gelenkfraktur.
(Ärztlicher Praktiker 1897. No. 20.)
Die Ellbogengelenkverletzung, über die S. berichtet, bestand in dem Abbruch
des inneren Theils der Trochlea und in einem Schrägbrucn durch das untere Hu-
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 491
merusende, durch welchen die Eminentia capitata zusammen mit dem Rest der
Trochlea nach außen und oben verschoben war. Das Verhältnis des Radius zur
Eminentia capitata war nicht gestört, der Proc. coron. ulnae an normaler Stelle.
Das Hindernis für die Beweglichkeit lag in dem etwas nach vorn umgedrehten,
nach innen hinten dislocirten und dort mit dem Humerusende fest verwachsenen
Trochleafragment. Entfernung dieses Knochenstücks, Glättung der Humerusfläche.
Dauernde Heilung mit guter Beweglichkeit. 8. legt besonderen Werth darauf,
solche Operationen ohne Blutleere auszuführen, um nachträgliche Blutungen in
das Gelenk zu vermeiden. Sultan (Göttingen).
27) H. Herbet. Luxation en arrière de la tête radiale consécutive
à une fracture double de cubitus. — Impossibilite du mouvement de
flexion. — Résection de la tete radiale. — Récupération des mou-
vements de flexion et d’extension.
(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.)
Sturz aus einem Wagen bei durchgehendem Pferd. 7 Wochen später zeigt
sich eine Auftreibung an der Ulna, welche als gebrochen erkannt wird, die Ver-
renkung des Radiusköpfchens nach hinten, eine feine Fistel, welche auf den Kopf
führt. Wegen der auffällig beschränkten Beweglichkeit im Cubitalgelenk und der
Verkürzung der Ulna um 2 cm wird ein Röntgenbild aufgenommen, welches die
Knochenverhältnisse klarstellt. Das Cubitalgelenk unversehrt, die Ulna 2mal ge-
brochen mit einem 3—4 cm langen Mittelstück, durch die Gewalt, welche die
Fraktur bewirkt hatte, im gleichen Sinne das Köpfchen des Radius nach hinten
hinausgestoßen. Gleichzeitig zeigt das Röntgenbild den einzigen Weg zur Besse-
rung der Beweglichkeit — Resektion des Radiusköpfchens —, da bei der Verkürzung
der Ulna der Versuch einer Reposition natürlich keinen Sinn hatte.
Herm. Frank (Berlin).
28) Brigel. Die Jodoformbehandlung der Handgelenkstuberkulose
und ihre Dauerresultate.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.)
Verf. berichtet über die in der Bruns’schen Klinik von 1890—95 mit Jodo-
formölinjektionen behandelten Fälle von Handgelenktuberkulose, 39 an der Zahl.
Die Mehrzahl der Erkrankungen (48,64%) gehören den ersten 2 Decennien an.
Meist handelte es sich um diffuse Ausbreitung des Processes, Abscesse waren in
11, Fisteln in 4 Fällen vorhanden; 13mal fanden sich noch anderweitige Lokali-
sationen der Tuberkulose. Dauernd geheilt wurden 24 = 61,44%, ungeheilt blieben
4, nachträglich amputirt wurde 1, resecirt 2; gestorben sind 7. In den ersten
2 Decennien betrug das Heilungsprocent sogar 78,9%, nach dem 20. Lebensjahre
nur 45%. Die funktionellen Resultate sind überraschend gut, ja in mehr als der
Hälfte der geheilten Fälle geradezu ideale. Die Vergleichung der bisher vor-
liegenden Statistiken über die Resultate der Handgelenksresektion mit denen der
Jodoformbehandlung ergiebt für jene 63,7%, für diese 64,86% Heilungen. (Immer-
hin muss dabei berücksichtigt werden, dass unter den Resecirten sich vermuthlich
eine größere Zahl schwerer Erkrankungen befanden, welche zum Theil ohne Er-
folg konservativ behandelt waren. Ref.)
B. empfiehlt auf Grund seiner statistischen Erhebungen die Jodoformbehand-
lung der Handgelenkstuberkulose als beste und erfolgreichste Behandlungsart unter
besonderem Hinweis auf die Einfachheit des Verfahrens, welche seine Anwendung
auch dem praktischen Arzt ermöglicht. Hofmeister (Tübingen).
29) Paci. Sulla lussazione metacarpo-falangea posteriore completa
del dito mignolo della mano destra.
(Arch. di ortoped. 1897. No. 6.)
Nach Fabbri bildet bei der typischen Luxatio pollicis das Haupthindernis
der Reposition die interponirte volare Kapsel, welche von den beiden Köpfen des
492 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
Flexor pollicis brevis, zwischen denen der Kopf des Metacarpus hindurchtritt, ge-
spannt erhalten wird. Die Reposition gelingt erst, wenn der Metacarpus stark
gegen die Hand gebeugt, so die Muskeln entspannt, die Grundphalanx hyper-
flektirt und angezogen und dadurch die Kapsel über den Kopf herübergehoben
wird. Das gleiche anatomische Verhältnis liegt nach Fabbri und Galvagni bei
den sehr seltenen Luxationen des Kleinfingers nach dem Dorsum vor. Da aber
hier einerseits der Metacarpus kaum beweglich ist, andererseits der Flexor brevis
dem Metacarpus parallel verläuft, so ist hier das geschilderte Manöver unwirksam
resp. unmöglich, eine Entspannung der Muskeln nicht zu erreichen, und die Luxa-
tion daher stets irreponibel. In P.’s Fall bestand sie außerdem seit 24 Tagen.
Bei dem blutigen Repositionsversuch fand sich die volare Kapsel in der That
interponirt, die Reposition gelang erst, nachdem der gespannte Kapsellappen
medial gespalten und die Basis der Phalanx so zum Herüberheben über das Caput
metatarsi freigemacht war. Die Luxation stellte sich aber bei Freilassen des
Fingers stets wieder her, nach P. wegen der inzwischen eingetretenen Verkürsung
und Verlagerung der Muskulatur. Resektion des Köpfchens führte zum Ziel. Das
funktionelle Resultat war ein gutes. — Die Luxation entsteht wohl meist durch
Stoß gegen die Vola des Kleinfingers bei festgehaltenem Metacarpus. Auch in
seinem Falle nimmt er diesen Vorgang an, obwohl der Pat. angab, einen Schlag
mit einem Gewehrkolben gegen das Dorsum der Hand erhalten zu haben.
E. Pagenstecher (Wiesbaden).
30) P. Sick. Zur Lehre von den Gewebshypertrophien mit Bethei-
ligung des Nervensystems.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 16.)
Die litterarischen Hinweise auf einschlägige Publikationen, die Verf. bringt,
mögen im Original eingesehen werden; hier genüge der Bericht über die aus der
Greifswalder Klinik stammende neue Beobachtung. Ein 22jähriger, sonst gesunder
Mediciner, dem als 5jährigem Knaben der kongenital vergrößerte und späterhin
unverhältnismäßig weiter gewachsene linke Zeigefinger amputirt war, zeigte auf
der Hohlhand zwischen Daumen- und Kleinfingerballen unter der Haut eine derbe
kolbig-wulstige Geschwulst, so groß etwa wie ein Daumenballen, ziemlich gleich-
mäßig elastisch, etwas pseudofluktuirend. Keine Schmershaftigkeit auf Druck,
Nervenfunktionen ungestört. Die Geschwulst war in ihrem ersten Anfang wenige
Jahre nach der Fingeramputation aufgetreten und seitdem allmählich gewachsen.
Diagnose unklar; am ersten wurde an Lipom gedacht. Bei der Operation wird
ein unregelmäßiges derbes Gebilde aus derben Bindegewebsbefestigungen heraus-
präparirt, mit Zotten und Lappen besetzt, welches sich etwa in der Mitte des
Metacarpus in eine Art glattwandigen, cylindrischen Stiel, bleifederdick und nerven-
ähnlich fortsetzt. Die Verfolgung des letzteren führt unter das Lig. carpi volare,
das getrennt wird, weiter zwischen die Beugesehnen, wo er sich unzweideutig ale
N. medianus herausstellt. Dieser wird nun thunlichst hervorgezogen und 2—3 cm
im Gesunderscheinenden amputirt. Die Heilung, per pr. misslingend (trophische
Störungen?), erfolgte durch Granulation. Das interessante, gewonnene Präparat
ist abgebildet. Nach 3 Monaten hatte Pat. eine gute, schmerzfreie Narbe, bot
aber die zu erwartenden Ausfallserscheinungen im Medianusgebiet. Die histo-
logische Untersuchung ergab »Neurofibrom«, in allen Einzelheiten entsprechend
den Befunden, die von Herczel beschrieben sind.
Als theilweises Analogon des Falles wird noch kurz die Makrodaktylie am
Zeigefinger eines öjährigen Knaben beschrieben unter Beigabe von Photographie
und Röntgenbild. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
31) K. W. Snegirew. Ein Fall von unkomplicirtem Beckenbruch.
(Medieinskoje Obosrenje 1898. No. 2.)
Ein 59jähriger Arbeiter fiel 3m von einem Dache auf die linke Seite. Bis
zum Abend Harnverhaltung, dann normale Entleerung, ohne Blutbeimengung. Aus
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 493
dem Os ilei ist ein dreieckiges Stück abgebrochen, mit der Spitze an der Sp. ant:
sup., hinten an der Crista ilei 9cm lang, vorm unten bis Lis cm unter der Sp.
ant. sup.; größte Höhe Su: em, Das Stück wurde reponirt. Ruhelage, später
Massage. Nach 12 Tagen ist das Stück gut fixirt; nach weiteren 9 Tagen geheilt
entlassen. Gtickel (B. Karabulak, Saratow).
32) Habs. Aneurysma spurium der Femoralis, kombinirt mit Varix
aneurysmaticus.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIV. p. 97.)
Träger der seltenen Gefäßerkfankung war ein 19jähriger Kaufmann, der sich
5 Monate vor seiner Spitalaufnshme versehentlich in den linken Oberschenkel
gestochen hatte. Nach Stillung der fast tödlichen Blutung durch Kompressiv-
verband heilte die Wunde p. p., doch begann sich 4 Wochen später das Aneurysma
zu bilden, welches zur Zeit der Spitalaufnahme apfelgroß war. Deutliches Schwirren
fühlbar, brausendes Geräusch über ihm, das aber auch unterhalb der Geschwulst
weithin verfolgbar war. Aus diesem Grund, und weil die Venen des linken Unter-
schenkels erweitert waren, wurde außer dem arteriellen Aneurysma ein Varix
aneurysmaticus mit Wahrscheinlichkeit angenommen.
Die Operation wurde ohne Blutleere, aber mit Anlegung einer provisorischen,
nicht geknüpften Ligatur des Femoralisstammes oberhalb der Geschwulst ausgeführt
und bestand in einer völligen Herauspräparirung des Gefäßsackes, die mühsam war
und zur Mitnahme von Muskel- und Fascienstümpfen nöthigte. Die sehr stark
ausgedehnte Vene pulsirte fast so stark wie die Arterie, womit die vermuthete
Kommunikation zwischen beiden bewiesen war. Zur Bestimmung der Lage der
Kommunikationsöffnung wird unter Femoraliskompression das Aneurysma gespalten
und seine Gerinnselmassen ausgeräumt; ein Nachlass der Kompression erlaubt ein
kurzes Spritzen aus dem Arterienloch, wonach dicht über und unter diesem Arterie
und Vene doppelt unterbunden und resecirt werden. Naht, Heilung p. p. Eine
schematische Zeichnung erläutert die anatomischen Verhältnisse des gewonnenen
Präparats. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
33) @. Zahn. Zwei Fälle von operativ geheilten Aneurysmen der
unteren Extremität.
Diss., Erlangen, 1897.
Der Überschrift wäre nur hinzuzufügen, dass Verf. zur Vermeidung der nach
der Operation möglichen Cirkulationsstörungen und Behufs allmählicher Ausbildung
genügender kollateraler Blutzufuhr die zuerst von Ferrari angegebene, präpara-
torisch angewandte Kompression des zuführenden Arterienrohres eindringlich em-
pfiehlt. Sultan (Göttingen).
34) W. M. Willis. Case in which the sac of a popliteal aneurysm
refilled five years after ligature of the femoral artery.
(Brit. med. journ. 1897. December 25.)
In einer kurzen Mittheilung berichtet W. über einen 49jährigen Mann, bei
dem vor 5 Jahren wegen eines Aneurysmas der Art. poplitea die Unterbindung der
Art. femoralis im Scarpa’schen Dreieck gemacht worden war. Es war Heilung
eingetreten. Pat. kam nun nach 5 Jahren wieder zur Aufnahme wegen einer
kokosnussgroßen Geschwulst im unteren Drittel des Oberschenkels, hinten in der
Kniekehle; die Geschwulst war prall, elastisch, an verschiedenen Stellen ver-
schieden hart, die Haut normal, nicht verwachsen; Pulsation fehlt. Es wurde ein
Sarkom angenommen. Bei der Operation aber kam man in den alten, mit kon-
centrisch geschichteten alten Blutgerinnseln ausgefüllten Aneurysmasack, der auch
frisches Blut und frische Gerinnsel enthielt und sich, wie festgestellt wurde, von
dem distalen Ende der Art. poplitea aus wieder gefüllt hatte, während das proxi-
male Ende verlegt war. : Es wurde die Exstirpation ausgeführt. Heilung.
F. Krumm (Karlsruhe).
494 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
35) G6rard-Marchant. Un cas rare de genu recurvatum acquis.
(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.)
Eine Überstreckkontraktur des Unterschenkels mit leichter Varumstellung und
Verkürsung um 6cm durch Narbenzug bei einem 17jährigen Menschen, welcher
im Alter von 5 Jahren wegen eines fistulösen Leidens am Oberschenkel operirt
worden war. Der narbige Strang, welcher der unteren Hälfte der Oberschenkel-
muskulatur entsprach, hatte die Kniescheibe nach oben gezogen, damit den Unter-
schenkel in die schiefe Lage gebracht, aber auch den Oberschenkelknochen ver-
bogen. Heilung durch subkutane Durchtrennung. Im Knie wurde dadurch eine
gewisse Beweglichkeit erzeugt, die Verkürzung auf 2 em zurückgeführt.
Herm, Frank (Berlin).
36) C. Bayer. Die plastische Tenotomie der Achillessehne bei para-
lytischem Spitzfuß.
(Prager med. Wochenschrift 1897. No. 45 u. 46.)
B. lenkt die Aufmerksamkeit der Chirurgen nochmals auf die von ihm im
Jahre 1891 zuerst angegebene Achillorhaphie bei paralytischem Spitsfuß, für die
er seither schon wiederholt eingetreten ist (s. die Reff. in diesem Bl. 1891 No. 50
p. 983; 1895 No. 52 p. 1206; 1896 No. 3 p. 72). Neu ist in der vorliegenden Ar-
beit nur eine kurze Tabelle über die ferneren Resultate der von B. operirten
17 Fälle, so weit dies zu ermitteln war. Danach sind 6 Fälle von reinem Spitz-
fuß als tadellos zu bezeichnen, 4 Nachfragen blieben unbeantwortet. In 3 Fällen
trat Misserfolg ein, weil die Apparate nicht rechtzeitig erneuert wurden; nur in
1 Falle trat Pat. später doch wieder mit der Fußspitze auf. Die unmittelbaren
Erfolge nach der Operation waren fast immer gut. Jaff6 (Hamburg).
37) C. Hübscher. Über Arthrodese des Fußgelenks.
(Korrespondensblatt für schweizer Ärste 1897. No. 2.)
Nach eingehender Besprechung der orthopädischen Behandlung der paraly-
tischen Kontrakturen des Fußgelenks geht Verf. zur Methodik der Arthrodesen
über. Die Arthrodese des Fußgelenks soll erst nach vollständiger Korrektion der
Kontrakturstellung vorgenommen werden. Diese letztere erreicht man durch lang-
sames modellirendes Redressement, Tenotomie der Achillessehne und subkutane
Durehtrennung der Plantarfascie. Der 2. Akt, die Arthrodese, soll so einfach als
möglich vorgenommen werden, alle komplieirten Schnitte, Nebenverletzungen von
Knochen, Gefäßen und Nerven sollen vermieden werden. Der idealste Schnitt
zur Eröffnnng des Fußgelenks ist der äußere seitliche Querschnitt von Reverdin-
Kocher. Nach Eröffnung des Gelenks erfolgt die Entknorpelung der Gelenk-
flächen mit dem scharfen Löffel. Nahtverschluss der Hautwunde, Gipsverband.
Verf. hat die ganze Operation poliklinisch ausgeführt.
Hinterstoisser (Teschen).
38) Golebiewski. Ein kasuistischer Beitrag zur Pathogenese der
Unfälle nach » Umknicken «.
(Archiv für Unfallheilkunde Bd. IL p. 274.)
Unter 87 Fällen kommen allein 42 Fälle von Knöchelbruch vor, nur 27 Dis-
torsionen. 74mal war der Fuß, 12mal das Knie, darunter in 1 Fall Fuß und Knie,
imal Knie und Hüftgelenk verletzt. Einige Fälle haben specielleres Interesse, wie
eine Subluxation der Kniescheibe mit Einriss der Kniescheibensehne, wenn die
beigefügte Skizze nach einer Röntgenphotographie einwandsfrei ist.
Bähr (Hannover).
39) @. Naumann. Ett sällsynt fall af fraktur å astragalus.
(Hygiea Bd. LIX. Hft. 1.)
Verf. theilt die ausführliche Krankengeschichte eines in der II. Versammlung
nordischer Chirurgen iin Christiania im Jahre 1895) zuerst veröffentlichten Falles
Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 495
einer seltenen Fraktur des Sprungbeins mit. Der Fall ist um so interessanter, als
die klinische Diagnose 11/ Jahr später durch Röntgenaufnahmen von Prof. Blix
völlig bestätigt worden ist. Aus der Beschreibung des Falles verdient Folgendes
hervorgehoben zu werden: F
Pat., 17 Jahre alt, stūrzte Ende Mai 1895 mit dem Pferde, so dass er mit dem
rechten Bein unter das liuks überstürzende Thier zu liegen kam. — Bei der Unter-
suchung zeigte sich neben allgemeiner Anschwellung des Unterschenkels, besonders
am Fußgelenk, nur eine rechtwinklige Plantarflexion der großen Zehe. Weder
Tibia 'noch Fibula noch die Knöchel zeigten eine Fraktur. Im Fußgelenk war
ein bedeutender Erguss, und hinter und unter dem inneren Knöchel fühlte man
einen harten, eckigen Körper etwa von der Größe einer Pflaume. Die Beweglich-
keit des Gelenks war nicht beschränkt und bei Flexion und Extension wenig
schmerzhaft; Adduktions- und Abduktionsbewegungen rufen aber lebhafte Schmerzen
hervor. — Bei Versuchen, die große Zehe zu strecken, steigerten sich diese be-
sonders; dieselben wurden in die Gegend des inneren Knöchels verlegt. Auch der
obengenannte, hier gelegene Körper war sehr schmerzhaft. Bei besonderen Be-
wegungen des Fußgelenks fühlte man an dieser Stelle Krepitation. Endlich
wurde auch eine etwas schärfere Bıegung des Fußgewölbes der erkrankten Seite
konstatirt. Keine Verkürzung der Extremität.
Durch diesen Symptomenkomplex veranlasst und besonders mit Rücksicht auf
die rechtwinklige Biegung der großen Zehe — die Verf. nirgends in der Litteratur
erwähnt gefunden hat — stellte Verf. die Diagnose auf eine Fraktur des Sprung-
being mit Verschiebung nach hinten, so dass die über die hintere Furche des Talus
verlaufende Sehne des Flexor hallucis longus gedehnt, und dadurch die große
Zehe rechtwinklig gebeugt wurde.
Alle Repositionsversuche blieben erfolglos. — Konservative Behandlung. —
Im weiteren Verlauf wurde noch ein Symptom beobachtet, das die obengenannte
Diagnose sicherte: eine bedeutende Herabsetzung der Sensibilität des Hohlfußes,
offenbar durch die gewaltsame Dehnung des N. tibialis posticus bedingt, der ja
auch über dem nach hinten verschobenen Knochenstück verlief.
An den Skiagrammen sieht man sehr deutlich ein großes Knochenstück hinter
dem äußeren Fußknöchel am unteren Ende des Schienbeins. Letzteres ist etwas
nach vorn verschoben. Die von verschiedenen Seiten aufgenommenen Röntgen-
bilder zeigen, dass der hintere Theil des Astragalus bis unten zum Sinus tarsi
und zum vorderen Rand des Sustentaculum tali losgesprengt und nach hinten aus
dem Gelenk verschoben ist. Wahrscheinlich ist das frakturirte Stück an einem
Theil des Lig. deltoideum hängen geblieben. Da somit eine Verschiebung des
Schienbeins nach vorn aufs Collum astragali stattgefunden haben muss (sonst wäre
die relativ freie Beweglichkeit des Gelenks unmöglich), musste der Abstand vom
inneren Fußknöchel bis zur Fußspitze an der kranken Seite verkürst sein. Dies
bestätigte sich auch bei der 1!/, Jahr später vorgenommenen Messung: der Unter-
schied betrug mehr als 1 cm.
Im Laufe der Zeit ist beinahe völlige Restitutio ad integrum eingetreten.
Das abgebrochene Knochenstück scheint zu atrophiren.
A. Hansson (Cimbrishamn).
40) Vulliet (Lausanne). De l’incision dorsale transverse dans les ré-
sections étendues tarso-me&tatarsiennes.
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 11.)
Verf. hält die Heilung der Gelenktuberkulose durch die konservativen Me-
thoden überhaupt, besonders aber bezüglich der komplicirten Gelenke am Fuß für
sehr problematisch. Desshalb empfiehlt er die möglichst frühzeitige Resektion,
die überdies in ästhetischer wie in funktioneller Hinsicht gerade an den Füßen
überraschend gute Resultate ergebe. Bei den Resektionen im Talo-Metatarsal-
gebiet hat er ein eigenes Verfahren angewandt, welches darin besteht, dass er mit
einem transversalen Schnitt über den Fußrücken sogleich sämmtliche Weichtheile,
496 Centralblatt für Chirurgie. No. 18.
also auch die Sehnen, bis auf den Knochen durchtrennt und nach Entfernung der
cariösen Massen die in Frage kommenden Theile resecirt. Er erläutert seine be-
züglich des ästhetischen Effekts den Bildern nach vorzüglichen Erfolge an 7 Be-
obachtungen. Auch das funktionelle Resultat ist anscheinend ein gutes, doch
sind die Fälle durchweg noch allzu kurze Zeit beobachtet. Stolper (Breslau).
41) A. Köhler. Über die Transplantation der Ulcera nach Thiersch
ohne Entfernung der Granulationen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 102.)
42) Heintze. Über den Einfluss der Resektion der Vena saphena
auf die Heilung der Unterschenkelgeschwüre.
(Ibid. p. 107.)
Beide Arbeiten sind aus der Berliner Charité hervorgegangen, in welcher an
Geschwürskranken stets überreichliches Material vorliegt. Die Saphenaresektion
diente oft als Voroperation für die Transplantationen, um den Geschwüren gute
Granulationsflächen zu verschaffen. Sind solche erst vorhanden, so bedarf es nach
K.’s Erfahrungen einer Anfrischung der Wunde mittels scharfen Löffels oder
Messers nicht, die Hautläppchen heilen, wie eine 14malige Beobachtung lehrte,
auch bei Auflagerung direkt auf die Granulation sicher an. Es macht auch nichts
aus, wenn das Granulationsfeld hoch über die Umgebung hervorragt; denn schon
beim 1. Verbandwechsel kann man eine Niederdrückung der Stelle, ein Ver-
schwinden der Vorragung vorfinden. Die schließlich resultirenden Narben pflegen
sich ganz bedeutend zusammenzuziehen, bis auf den 4. Theil des ehemaligen Ge-
schwüre. Die Operation wird ohne allgemeine oder örtliche Anästhesie vor-
genommen, nur empfindliche Personen äußerten bei dem Abschälen der Haut-
läppchen Schmerz.
Was die Operationen an der Saphena betrifft, so wurde statt der ursprünglich
von Trendelenburg empfohlenen einfachen Unterbindung der Vene in der Nähe
des Knies, da hiernach bekanntlich in Folge von Ausbildung venöser Kollateral-
bahnen zwischen den varikösen Unterschenkelvenen und dem Stamm der Femoralis
Recidive und Misserfolge beobachtet sind, ein 5—10 cm langes Stück des Gefäßes
resecirt, und zwar in oder über der Mitte des Oberschenkels. Geschwulstähnliche
Massen dicker Venenstränge wurden am Unterschenkel gleichzeitig exstirpirt.
Heilung und Erfolge waren — in 79 Fällen — meist so gut, dass H. den Eingriff
für unbedeutend und unter aseptischer Wundbehandlung für ganz gefahrlos erklärt.
Doch darf Folgendes nicht verschwiegen werden. 4mal war eine stärkere An-
sammlung von Lymphflüssigkeit unter der p. p. verheilten Wunde beobachtet, und
in 2 Fällen hielt die Lymphorrhoe einige Tage an. War neben der Resektion
der Saphena in der Mitte des Oberschenkels noch ein variköser Knoten ihres
Stammes am Knie entfernt worden, so wurde mehrmals beobachtet, dass der da-
zwischenliegende Abschnitt thrombosirte. Ferner entwickelte sich bei einem
Manne, bei welchem wegen gleichzeitiger Drüsenexstirpation die Saphena in der
Fossa ovalis resecirt und außerdem 2 Varicen am Unterschenkel exstirpirt worden
waren, und bei dem sich eine mehrere Tage anhaltende Lymphorrhoe eingestellt
hatte, eine ausgedehnte Thrombose und chronische Schwellung des Beines, welche
durch Einwieklungen nicht behoben wurde. Ein Gummistrumpf beseitigte die
subjektiven Beschwerden.
Die Nachbehandlung betreffend, wäre zu erwähnen, dass sämmtliche Pat.
3 Wochen lang nach der Operation das Bett hüten mussten.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIR U RGIE
BE
Lora F. Kite E Ries
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
e
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger.
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 19. ` Sonnabend, den 14. Mai. 1898.
Inhalt: I. P. Hellat, Über die Sterilisation der Marly im Ambulanzzimmer des Arztes.
— II. E Payr, Beiträge zu Bier’s neuer Amputationstechnik.
1) v. Baumgarten und Tangi, Jahresbericht. — 2) Kromayer, Jodoformogen. —
3) Kallenberger, Orthoform. — 4) Siron, 5) Gesselewitsch und Wanach, Peritonitis. —
6) Bidinger, Diastase der Linea alba. — 7) Ochsner, a Reille, 9) Bernhard, Hernien. —
40) Carie und Fantino, Magenleiden. — 11) Roux, 12) Defontalne, Gastroenterostomie.
— 13) Hochenegg, Kombinationsileus. — 14) Card, Darmresektion. — 15) Lafourcade,
Hämorrhoiden.
16) Bayer, Chylöser Erguss in Brust- und Bauchhöhle. — 17) Ziegler, 18) Büdinger,
Bauchwunden. — 19) Brun, Appendicitis. — 20) Gesselewitsch, Peritonitis. — 21) Adam-
son und Renton, Perforirtes Magengeschwür. — 22) Gross, Appendicitis im Bruchsack.
— 23) Bönnecke, 24) Sick, Bruchsackraptur. — 25) Neugebauer, 26) Gelpke, Ein-
geklemmte Brüche. — 27) Selenkow, 23) Krassnobajew, Pylorusstenose. — 29) Woll-
heim, Hämatom des Dünndarms. — 30) Petrow, Dünndarmgeschwulst. — 31) Galeazzi,
Duct. omphalomeseraicus. — 32) Zeidier, Darmverschluss. — 33) Benissowitsch, Darm-
krebs. — 34) Hochenegg, Mastdarmkrebs. `
I. Über die Sterilisation der Marly im Ambulanzzimmer
des Arztes,
Von
Dr. P. Hellat in St. Petersburg.
Seit der Einführung der Sterilisation vermittels überhitzten
Dampfes kann die Frage der Aseptik in Bezug auf Verbandmate-
rialien für Kliniken und Krankenhäuser als gelöst betrachtet werden.
Anders steht es um den praktischen Arzt auf dem Lande und wohl
auch um viele freipraktieirende Chirurgen in den Städten. Um
keimfreies Verbandmaterial bei der Hand zu haben, stellen sich
ihm nicht selten unüberwindliche Hindernisse in den Weg. Sterili-
satoren sind nicht überall zu haben, Transport und Aufbewahrung
von aseptischen Materialien kostspielig; Verunreinigung bei längerer
Aufbewahrung und theilweiser Entnahme schwer vermeidbar; un-
glückliche Zufälle erfordern Eingriffe in Abwesenheit von nicht nur
sterilisirtem, sondern jeglichem gangbaren Verbandmaterial. Für
19
498 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
solche Fälle möchte ich eine Methode, Marly zu desinficiren, in Vor-
schlag bringen, die sich in meiner Praxis seit mehreren Jahren
bewährt hat und gestattet, das vorhandene Material gerade im
Augenblick des Verbindens genügend zu reinigen. Man braucht
dazu nur ein Lampen- oder anderes Feuer bei der Hand zu haben.
Das Verfahren ist folgendes: Man schneidet Marly, eventuell auch
einen anderen Stoff, in Streifen, benetzt sie mit Wasser, ergreift mit
zwei Pincetten und führt jeden Streifen über der Flamme hin und her,
jede Seite und jede Stelle genügend lange der Hitze aussetzend. Die
Dauer der Hitzeeinwirkung variirt nach der Höhe der Temperatur
des Feuers, und kann der Streifen in kürzerer oder längerer Zeit
bis zur Verkohlung geführt werden. Dass auf diese Weise die
meisten Mikroorganismen in dem Stoffe vernichtet werden, kann
man a priori annehmen. Auf die genannte Art habe ich, wie gesagt, seit
mehreren Jahren bei kleineren chirurgischen Verbänden während der
Empfangsstunden, namentlich aber in der rhinologischen und otologi-
schen Praxis die Marly hergerichtet und bin stets mit dem Wund-
verlauf zufrieden geblieben. In der Ophthalmologie dürfte diese
Methode wohl auch zu empfehlen sein. Der einzige Übelstand ist
der, dass größere Verbände etwas zu viel Zeit in Anspruch nehmen,
namentlich wenn man keinen Gehilfen hat.
Trotzdem dass die theoretische Überlegung und praktische
Erfahrung dieser Methode eine gewisse Berechtigung auf größere
Verbreitung zuerkennt, schien es mir doch zweckentsprechend, die
Resultate einer Kontrolle zu unterwerfen. Auf meine Bitte war
Dr. Ucke so freundlich, die bakteriologische Untersuchung in dem
von ihm und Mag. Thal eingerichteten bakteriologisch-chemischen
Laboratorium auszuführen. Der Gang der Untersuchung war folgender:
Es wurden von ganz gewöhnlichem im Hausbedarf vorräthigen Leinen-
zeug, von unpräparirter und endlich von ausgekochter Marly, nach-
dem dieselbe auf Lampenfeuer sterilisirt waren, etwa 1 cm große Stücke
abgeschnitten und in Bouillon und auf Gelatine gethan. Jeder
Versuch wurde doppelt angelegt, und zur Kontrolle ein gleiches
Stückchen von denselben Verbandstoffen auf die genannten Nähr-
böden gebracht. Das Resultat der Untersuchung war: Die Bouillon
blieb in den ersten Tagen klar, nur gegen den 3. und 4. Tag trat
eine Trübung ein; 2mal blieb sie bis zum 5. Tage klar.
Die Gelatine blieb entweder steril, oder es schossen Schimmel-
pilze neben einigen wenigen Kolonien auf. Einmal Kartoffelbacillus.
In den Kontrollversuchen war dagegen jedes Mal sofortige Trübung
und Wucherung von mehreren Hunderten Kolonien zu konstatiren.
Diese Untersuchung hat nun erwiesen, dass bei der beschriebenen
Art zu sterilisiren die Schimmelpilze und mehrere andere Sporen in
der Marly nicht vollständig vernichtet werden. Trotzdem wird man
mir zugeben, dass die Methode desshalb ihren praktischen Werth
nicht verliert, da für obengenannte Zwecke die relative Reinheit der
Marly bereits ausreichend oder mindestens ein bedeutender Gewinn ist.
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 499
(Aus der chirurgischen Universitätsklinik Hofrath Prof. Dr. C. Nico-
ladoni’s in Graz.)
II. Beiträge zu Diere neuer Amputationstechnik.
Von
Dr. Erwin Payr, Assistent der Klinik.
Seit einer Reihe von Jahren hat sich Bier mit der Erzielung
tragfähiger Amputationsstüämpfe des Unterschenkels beschäftigt. Zu-
erst versuchte er dies durch Ausschneidung eines aus Weichtheilen
und Knochen bestehenden Keiles aus dem fertigen Stumpfe und
Umknickung des unteren Endes nach Art eines Fußes zu erzielen,
‘führte jedoch später eine Modifikation des Verfahrens ein, welche
einer von Gleich! mitgetheilten Modifikation ` der osteoplastischen
Diaphysenoperation ähnelt und von ihm in diesem Blatte 1897
No. 31 publicirt wurde.
Seit dieser Zeit wurden an der hiesigen Klinik nach der neuen
von Bier angegebenen Methode 3 Unterschenkelamputationen aus-
geführt, zwei davon von Herrn Hofrath Prof. Nicoladoni und eine
von mir, und möchte ich mir erlauben, einige Erfahrungen, welche
bei dieser Operation gewonnen wurden, mitzutheilen.
Die Hautlappenbildung wurde zweimal von der vorderen äußeren
oder vorderen inneren Seite des Unterschenkels, einmal bloß von
der Vorderseite vorgenommen. Nach Bloßlegung der Innenfläche
des vorstehenden Schienbeinstückes wird ein Querschnitt durch das
Periost der Tibia gemacht, und an denselben zwei Längsschnitte an
der vorderen und inneren Kante angefügt, so dass dadurch ein recht-
eckiger Periostlappen von genügender Länge zur Umklappung der
Tibia und Fibula deckenden Knochenplatte gewonnen wird. Um
nun die Sägefläche vollkommen parallel der inneren Tibiafläche zu
erhalten, wurde folgendermaßen vorgegangen:
An der Stelle des Querschnittes durch das Periost wird eine
schmale Blattsäge senkrecht zur Achse des Knochens aufgesetzt und
eine 2!/,—3 mm tiefe Rinne in die Tibia gesägt. Nachher wird das
Periost der Tibia mit dem Raspatorium von der Sägefurche peri-
pheriewärts auf etwa 1!/—2 cm weit zurückgeschoben, eine
schmale Bogensäge nach Helferich flach auf die Tibiaoberfläche
angelegt und in einem nach vorn zu konkaven leichten Bogen bis
zum Grund der oben genannten Sägefurche gesägt, so dass ein an-
nähernd keilförmiges Knochenstückchen ausfällt (s. Fig. 1 a b c).
Nach Entfernung dieses Knochenstückchens kann man mit einer
schmalen Blattsäge bequem in paralleler Richtung (a z) zur Innen-
fläche der Tibia eine Knochenplatte aussägen. Es wird so weit ge-
sägt, bis man an der gewünschten Durchtrennungsebene der beiden
Knochen angelangt ist.
1 Beitrag zur Bildung tragfähiger Amputationsstümpfe nach A. Bier, Wiener
klin. Wochenschrift 1894. No. 30.
19*
500 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
Nun muss centralwärts, wo die Knochenplatte der Tibia recht-
winklig umgelegt wird, um dies zu ermöglichen, ein Stück der
Platte entfernt werden, welches groß genug ist, um bei der Umlegung
auch die geringste Spannung der die Ernährung des Plättchens be-
sorgenden Periostbrücke (z y) zu verhüten. Hierbei wurde folgender-
maßen vorgegangen.
Es wird etwas peripheriewärts von z (s. Fig. 2) das Periost
mittels eines dünnen Kautschukröhrchens an den Knochen angebun-
den und nun unter der Periostbrücke (z y) vorsichtig eine flache
Hohlsonde zwischen Periost und Tibia durchgeführt, und mit der-
selben das Periost auf oben genannter Strecke sanft vom Knochen
Fig. 1. Fig. 3.
abgelöst. In der Rinne der Hohlsonde wird nun eine Gigli’sche
Drahtsäge zwischen Periost und Knochen durchgezogen und mit ihr
bei z die Knochenplatte bis ins Niveau des Horizontalschnittes
durchsägt. Nun wird die übrige Amputation vollendet und die
Tibia von hinten her in der Ebene y z bis zur Periostbrücke durchsägt,
bei welchem Akt man vortheilhaft den Kranken auf den Bauch legt,
so dass nun die Knochenplatte mit genügendem Spielraum an der
Periostbrücke z y hängt. Es ist nun vortheilhaft, um auch während
der nun folgenden Blutstillung eine Ablösung der Beinhaut vom
Knochenplättchen zu vermeiden, sowohl peripher- (b) als central-
wärts (z), dieselbe mit ganz wenig angespannten Gummischläuchen
anzubinden. Nun folgt das Hinüberschlagen des Periostknochen-
lappens über die neue Sägefläche von Schien- und Wadenbein und
"die atit desselben nach der Angabe von Bier. Ich möchte mir
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 501
nun erlauben, zu diesem an der Klinik geübten Verfahren noch einen
Vorschlag betreffend die Bedeckung der Knochenplatte und des
Stumpfes mit Weichtheilen zu machen, welcher dahin geht, einen
größeren Haut-Muskellappen an der Hinterseite der Wade abzu-
präpariren und zur Deckung der Wundfläche zu verwenden. Es ist
dabei ebenfalls vermieden, dass die Hautnarbe in die Unterstützungs-
fläche des Stumpfes fällt, obwohl dies nach Bier’s Erfahrungen
keinen großen Nachtheil bieten soll, und es für die Tragfähigkeit
des Stumpfes, viel mehr aber noch für die Anheilungszeit des Periost-
Knochenlappens wünschenswerth ist, dass derselbe nach außen hin
vor Lageveränderungen . möglichst geschützt bleibe. Wenngleich
zwei von den von uns nach Bier’s neuer Methode operirten Fällen
von vorn herein nicht sehr günstig waren (sehr abgemagerte tuberkulöse
Individuen), so sah man doch, dass das Erhaltenbleiben des ganzen
Periost-Knochenlappens nicht immer leicht, und vor Allem ein
tadellos aseptischer Verlauf Grundbedingung für die Anheilung des
Knochenlappens ist. Ein derartiges am 16. December vergangenen
Jahres operirtes Mädchen zeigte uns bei aseptischem Wundverlauf
das Verbleiben des Knochenlappens, und kam ich auf den Gedanken,
mich über sein Verhalten durch Aufnahme eines Röntgenbildes zu
überzeugen, und bietet das wohlgelungene, von meinem Kollegen
Herrn Dr. Luksch hergestellte Bild folgenden aus der nebenstehen-
den Reproduktion ersichtlichen Befund: s. Fig. 3 (9 Wochen nach
der Amputation). Der Stumpf zeigt eine schön abgerundete Gestalt.
Tibia und Fibula konvergiren ein wenig, und ist der periphere Theil
der Fibula beträchtlich verdickt. Die distalen Enden sowohl der
Tibia, als auch der Fibula sind mit einander durch ein rechteckiges,
ihnen enge anliegendes Plättchen verbunden, und ist die seitliche
Ansicht eine derartige, dass man den Eindruck gewinnt, dass Tibia
und Fibula auf demselben stehen. Aus der Intensität der betreffen-
den Stellen lässt sich entnehmen, dass das Plättchen überall von
nahezu gleicher Dicke ist. Leider gestattet die Röntgenaufnahme
keinen sicheren Schluss darüber, wie dick das Plättchen geblieben
ist. Eine solide Anheilung dieser Platte an Tibia und Fibula ist
nach diesem Befunde wohl sicher eingetreten.
Auch funktionell ist das Resultat ein sehr gutes, und geht Pat.
mit ihrer Prothese ohne jedwede Beschwerden.
1) v. Baumgarten und Tangl. Jahresbericht über die
Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikroorga-
nismen. XI. Jahrgang 1895.
(Braunschweig, Harald Bruhn, 1897. 794 S. u. mehrere Abbild. im Text.)
Wieder liegt ein Jahrgang (1895)! der B.’schen EE
in altbewährter Reichhaltigkeit und Mustergültigkeis-
"me:
1 Anmerkung des Ref. Durch ein Versehen der V;
mir der Jahresbericht für 1894 nicht zugänglich geword
Blättern nicht referirt.
500 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
Nun muss centralwärts, wo die Knochenplatte der Tibia recht-
winklig umgelegt wird, um dies zu ermöglichen, ein Stück der
Platte entfernt werden, welches groß genug ist, um bei der Umlegung
auch die geringste Spannung der die Ernährung des Plättchens be-
sorgenden Periostbrücke (z y) zu verhüten. Hierbei wurde folgender-
maßen vorgegangen.
Es wird etwas peripheriewärts von z (s. Fig. 2) das Periost
mittels eines dünnen Kautschukröhrchens an den Knochen angebun-
den und nun unter der Periostbrücke (z y) vorsichtig eine flache
Hohlsonde zwischen Periost und Tibia durchgeführt, und mit der-
selben das Periost auf oben genannter Strecke sanft vom Knochen
Fig. 2.
abgelöst. In der Rinne der Hohlsonde wird nun eine Gigli’sche
Drahtsäge zwischen Periost und Knochen durchgezogen und mit ihr
bei x die Knochenplatte bis ins Niveau des Horizontalschnittes
durchsägt. Nun wird die übrige Amputation vollendet und die
Tibia von hinten her in der Ebene y z bis zur Periostbrücke durchsägt,
bei welchem Akt man vortheilhaft den Kranken auf den Bauch legt,
so dass nun die Knochenplatte mit genügendem Spielraum an der
Periostbrücke z y hängt. Es ist nun vortheilhaft, um auch während
der nun folgenden Blutstillung eine Ablösung der Beinhaut vom
Knochenplättchen zu vermeiden, sowohl peripher- (b) als central-
wärts (z), dieselbe mit ganz wenig angespannten Gummischläuchen
anzubinden. Nun folgt das Hinüberschlagen des Periostknochen-
‚lappens ü über die neue Sägefläche von Schien- und Wadenbein und
3 alit desselben nach der Angabe von Bier. Ich möchte mir
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 501
nun erlauben, zu diesem an der Klinik geübten Verfahren noch einen
Vorschlag betreffend die Bedeckung der Knochenplatte und des
Stumpfes mit Weichtheilen zu machen, welcher dahin geht, einen
größeren Haut-Muskellappen an der Hinterseite der Wade abzu-
präpariren und zur Deckung der Wundfläche zu verwenden. Es ist
dabei ebenfalls vermieden, dass die Hautnarbe in die Unterstützungs-
fläche des Stumpfes fällt, obwohl dies nach Bier's Erfahrungen
keinen großen Nachtheil bieten soll, und es für die Tragfähigkeit
des Stumpfes, viel mehr aber noch für die Anheilungszeit des Periost-
Knochenlappens wünschenswerth ist, dass derselbe nach außen hin
vor Lageveränderungen möglichst geschützt bleibe. Wenngleich
zwei von den von uns nach Bier’s neuer Methode operirten Fällen
von vorn herein nicht sehr günstig waren (sehr abgemagerte tuberkulöse
Individuen), so sah man doch, dass das Erhaltenbleiben des ganzen
Periost-Knochenlappens nicht immer leicht, und vor Allem ein
tadellos aseptischer Verlauf Grundbedingung für die Anheilung des
Knochenlappens ist. Ein derartiges am 16. December vergangenen
Jahres operirtes Mädchen zeigte uns bei aseptischem Wundverlauf
das Verbleiben des Knochenlappens, und kam ich auf den Gedanken,
mich über sein Verhalten durch Aufnahme eines Röntgenbildes zu
überzeugen, und bietet das wohlgelungene, von meinem Kollegen
Herrn Dr. Luksch hergestellte Bild folgenden aus der nebenstehen-
den Reproduktion ersichtlichen Befund: s. Fig. 3 (9 Wochen nach
der Amputation). Der Stumpf zeigt eine schön abgerundete Gestalt.
Tibia und Fibula konvergiren ein wenig, und ist der periphere Theil
der Fibula beträchtlich verdickt. Die distalen Enden sowohl der
Tibia, als auch der Fibula sind mit einander durch ein rechteckiges,
ihnen enge anliegendes Plättchen verbunden, und ist die seitliche
Ansicht eine derartige, dass man den Eindruck gewinnt, dass Tibia
und Fibula auf demselben stehen. Aus der Intensität der betreffen-
den Stellen lässt sich entnehmen, dass das Plättchen überall von
nahezu gleicher Dicke ist. Leider gestattet die Röntgenaufnahme
keinen sicheren Schluss darüber, wie dick das Plättchen geblieben
ist. Eine solide Anheilung dieser Platte an Tibia und Fibula ist
nach diesem Befunde wohl sicher eingetreten.
Auch funktionell ist das Resultat ein schr gutes, und geht Pat.
mit ihrer Prothese ohne jedwede Beschwerden.
1) v. Baumgarten und Tangl. Jahresbericht über die
Fortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikroorga-
nismen. XI. Jahrgang 1895.
(Braunschweig, Harald Bruhn, 1597. 794 S. u. mehrere Abbild. im Text.)
Wieder liegt ein Jahrgang (1895)! der B.’schen Jahresberichte
in altbewährter Reichhaltigkeit und Mustergültigkei
1 Anmerkung des Ref. Durch ein Versehen der V; e
mir der Jahresbericht für 1594 nicht zugänglich geword
Blättern nicht referirt.
502 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
unentbehrlich für jeden auf diesem Gebiete Arbeitenden geworden
ist. Wenngleich der Zeitraum von 2 Jahren, der zwischen dem Er-
scheinen der einzelnen Arbeiten und den Referaten liegt, ein ver-
hältnismäßig großer ist, so entschädigt dafür wieder die ungemein
übersichtliche und vollständige Anordnung des Stoffes und die Zu-
sammenstellung der einzelnen Specialgebiete und dahin gehörigen
Arbeiten.
An der Form der Berichterstattung ist gegen früher nichts ge-
ändert. Noch immer erfreuen uns die überaus werthvollen Bemer-
kungen B.'s in Fußnoten zu den einzelnen Referaten, die entweder
eine Zustimmung zum betr. Referat oder eine genau begründete
Abweichung in der Auffassung zum Inhalt haben.
Von früheren Mitarbeitern schieden aus: Lüpke (Stuttgart) und
Th. Weyl (Berlin). An ihre Stelle traten: Eber (Dresden) und
Eppinger, so wie als neue Mitarbeiter: Preisz (Budapest), von Rätz
(Budapest) und Sentiñon (Barcelona).
Außer Jahrbüchern, Kompendien und gesammelten Abhandlungen
sind die Originalabhandlungen in 3 Abschnitten (Parasitische Orga-
nismen, allgemeine Mikrobiologie, so wie allgemeine Methodik, Des-
infectionspraxis und Technisches) insgesammt in 1685 Referaten
wiedergegeben. Hübener (Breslau).
2) Kromayer. Jodoformogen, ein geruchloses Jodoform-
präparat.
(Berliner klin. Wochenschrift. 1898. No. 10.)
Jodoformogen stellt ein Jodoformeiweißpräparat dar, welches das
in ihm vorhandene Jodoform derart festgebunden hält, dass dieses
durch die üblichen Jodoformlösungsmittel nur allmählich ausziehbar
ist. Es stellt ein hellgelbes, staubfeines, trockenes, nicht zusammen-
ballendes, in Wasser unlösliches Pulver dar, dessen Hauptvortheil
darin gelegen ist, dass sein schwacher, nicht wahrnehmbarer Geruch
Niemandem lästig wird. Die Erfahrungen Ria erstrecken sich auf über
100 mit Jodoformogen behandelte Kranke. Er hat die Überzeugung
gewonnen, dass das Präparat entschieden eine ausgesprochene Jodo-
formwirkung besitzt, die sich in der Anregung zur gesunden Granu-
lationsbildung und in der raschen epithetialen Überhäutung doku-
mentirte. K. stellt das Jodoformogen vorläufig als das beste jetzt
existirende Wundstreupulver hin, das in Folge seiner Geruchlosig-
keit die zweckmäßigste Gebrauchsform des Jodoforms in seiner äußeren
Anwendung darstellt. Gold (Bielitz).
3) Kallenberger. Über Orthoform.
$ (Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 12.)
K. berichtet über die Erfahrungen, welche er bei der Anwen-
dung des Orthoforms an der chirurgischen Poliklinik Klaussner's
(München) gewonnen hat. Die an einer Reihe von angeführten
Fällen angestellten Untersuchungen über Wirkungsweise und An-
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 503
wendungsgebiet des Orthoforms ergeben, dass dasselbe anästhesirend
einwirkt, d. h. dass es, mit bloßliegenden sensiblen Nervenendigungen
zusammengekommen, dieselben unempfindlich macht, dass es weiter
antiseptisch wirkt, indem es Gärung und Fäulnis vollkommen ver-
hindert. Niemals trat bei Orthoformbehandlung Eiterung auf; war
eine solche bereits vorhanden, sistirte sie unter Orthoformanwendung.
Zu diesen Vorzügen rechnet K. noch die sekretionsbeschränkende
Eigenschaft des Mittels, welche sich bei Transplantationswunden,
carcinomatösen Geschwüren etc. besonders gezeigt hat. Was dem
Orthoform seine ausgedehnte Anwendung namentlich sichert, ist
eine absolute Ungiftigkeit, welche K. durch seine Versuche außer
jeden Zweifel gestellt haben will.
K. stellt Orthoform nicht als Ersatzmittel für irgend einen alt-
bekannten Körper, sondern als ein neues Mittel sui generis hin und
empfiehlt dasselbe auf das Wärmste. Gold (Bielitz).
4) Siron. ‘De l’intervention précoce dans les peritonites
aigues diffuses d’origine appendiculaire.
These de? Paie, @. Steinheil, 1898.
Die Arbeit stützt sich auf 39 Beobachtungen, die zum kleineren
- Theil schon an anderen Stellen publicirt sind. Nur der baldmög-
lichste operative Eingriff ist im Stande, Heilung der diffusen, akuten
Peritonitis, die vom Wurmfortsatz ausgeht, herbeizuführen. Je früher
man eingreift, desto mehr Aussicht hat man, einen vollständigen Er-
folg zu erhalten. Welcher Art auch der Eingriff sei, ob die Appen-
dix resecirt wird oder nicht, die Operation muss schnell gehen; man
muss alle septische Flüssigkeit entfernen, das Bauchfell säubern und
sorgfältig drainiren. Borchard (Posen).
5) Gesselewitsch und Wanach. Die Perforationsperitonitis
beim Abdominaltyphus und ihre operative Behandlung.
{Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.)
Mittheilung von 5 eigenen operirten Fällen, darunter 3 mit
Resektion eines Darmstücks bis zu 30 cm Länge. Alle endeten
tödlich. Die sehr genaue, wohl erschöpfende Zusammenstellung der
bisher gemachtem Operationen aus gleichem Anlass ergiebt das über-
raschende Resultat, dass unter 63 Operationen schon 11 Heilungen
erzielt worden sind. Wovon in den einzelnen Fällen die Heilung
abhing, lässt sich nicht erkennen: ob die Operation Stunden oder
Tage nach der Perforation gemacht wurde; ob man spülte oder nicht;
ob man die Perforationsstelle fand oder nicht; ob man die Bauch-
höhle vernähte oder offen ließ; ob man in der Bauchhöhle Gas und
‘Koth fand, oder nicht — keins dieser Momente hatte einen sicht-
baren Einfluss auf den weiteren Verlauf. Es muss also die Heilung
als ein nicht seltener glücklicher Zufall beim Zusammentreffen glück-
licher Umstände angesehen werden.
504 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
Allgemeine Narkose für die ganze Dauer der Operation ist zu
verwerfen.. Lokalanästhesie und kurze Chloroformnarkose ist am
besten. Man soll möglichst nicht eventriren. Die Statistik spricht
eher zu Gunsten von Spülungen. Die Perforationsöffnung soll man
suchen und nähen. Sind die Geschwüre sehr zahlreich, aber nur
auf eine kleine Strecke des Darms.beschränkt, und sind mehrere
davon so tief, dass sie baldige Perforation befürchten lassen, oder
sind schon mehrere Perforationen vorhanden, so ist die Resektion
der erkrankten Darmpartie zu. erwägen. Ein Fall von Trojanow,
mit Resektion eines 4 cm langen Darmstücks, ist geheilt. Tampo-
nade und Öffenlassen der Bauchhöhle ist zu empfehlen.
Haeckel (Stettin).
6) Büdinger. Über Diastasen der Linea alba der Kinder
mit Incarcerationserscheinungen.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 21.)
Bei Kindern beiderlei Geschlechts findet man die beiden ge-
raden Bauchmuskeln sehr häufig mehr oder weniger von einander
abstehend, doch verschwindet dies Phänomen in der Regel lange vor
der Pubertätszeit. . Diese kindlichen Diastasen betreffen den oberen
Theil der Bauchwand vom Proc. xiphoideus bis zum Nabel oder noch
etwas weiter abwärts, wobei durchaus nicht gleichzeitig ein Nabel-
bruch zu bestehen braucht. Diese Art der Diastase ist angeboren
und beruht auf mangelhaftem oder vielmehr verspätetem Verschluss
der tiefen Schichten der Bauchwand. Es können dieselben zu ernsten
Beschwerden für ihren Träger führen, welche zunächst in anfalls-
weise auftretenden Einklemmungssymptomen bestehen, im weiteren
Verlaufe aber zu tiefgreifenden Störungen im Gesammtzustande des
Pat. Veranlassung geben können. In diesen Fällen entsteht ein un-
gemein charakteristisches, fast typisches Krankheitsbild, welches nach
B. bisher völlig unbeachtet geblieben sei, im ‚Gegensatz zu den
eigentlichen Brüchen der Linea alba, und das durch 4 mitgetheilte
Krankengeschichten illustrirt wird, die eine überraschende Ähnlich-
keit unter einander aufweisen.
Es möge als Beispiel die erste angeführte Krankengeschichte
dienen.
6t/2jähriger Knabe, bis vor 11/3 Jahre von blühender Gesundheit, begann zu
dieser Zeit in den Speisen wählerisch zu werden und Brot, Semmeln, Kartoffeln,
Gemüse zurückzuweisen. Er magert zusehends ab, wird stiller und nimmt selten
an den lebhaften Spielen anderer Kinder Theil. Am meisten fällt es der Mutter
auf, dass er häufig nach einer starken Bewegung mitten im Laufen oder Spielen
stehen bleibt, den Oberkörper vorbiegt und die Hände gegen die Magengrube
drückt, wobei er plötzlich ganz blass wird. Schon nach einigen Sekunden erholt
er sich, klagt aber noch eine Zeit lang über Magenschmerzen. In den letzten
Monaten Häufung der Anfälle. Pat. nimmt fast nur noch flüssige Speisen zu sich,
da nach Genuss von festen Nahrungsmitteln sofort Schmerzen im Magen auftreten.
Der Befund weist die oben beschriebene Diastase der Mm. recti auf. Bei
starker Anspannung derselben tritt der Bauchinhalt zwischen denselben außer-
ordentlich stark hervor, aber ohne dass hierdurch Schmerzen ausgelöst werden.
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 505
Die Therapie bestand in Applikation von fingerbreiten Streifen amerikanischen
Heftpflasters, welche, sich dachsiegelförmig deckend, die ganze vordere Bauchseite
umfassen, so weit der Spalt reicht.
Bereits nach 2—3 Tagen waren sämmtliche Beschwerden gewichen und blieben
dauernd aus. Das gleiche Resultat wird in den 3 anderen Fällen erzielt.
B. verwirft in solchen Fällen ein operatives Eingreifen, da der
Heftpflasterverband die Muskeln regelmäßig zusammenhält, bis der
organische Verschluss von selbst erfolgt. Hübener (Breslau).
7) Ochsner (Chicago). The treatement of hernie in old men.
(Internat. journ. of surgery 1897. December.)
Da bei alten Männern die Vergrößerung der Prostata die Harn-
und Stuhlentleerung erschwert und so größere Anforderungen an die
Bauchpresse stellt, das Entstehen und Wachsen der Hernien also
begünstigt, so soll bei der Radikaloperation gleich die Resektion bei-
der Vasa deferentia bei alten Männern vorgenommen werden.
Borchard (Posen).
8) Beie, Cure radicale de la hernie inguinale par le pro-
cédé de l’abaissement.
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1898.
Zur Behandlung kleiner und mittelgroßer Leistenbrüche wird
die oben bezeichnete Methode empfohlen und deren Einfachheit und
Zuverlässigkeit auf Grund von 72 Beobachtungen bewiesen. Das
Verfahren besteht darin, dass nach Abtragung des Bruchsackes in
der Höhe des äußeren Leistenringes der Obliquus externus ein wenig
gespalten wird, um den Rand der Obliquus internus und transversus
frei zu legen. Der Samenstrang wird nach abwärts gezogen, und die
Pfeiler des Obliquus externus und transversus durch Seidennähte, die
nur Platz für den durchtretenden Samenstrang lassen, an die untere
Wand des Leistenkanals, den zum Schenkel ziehenden Faserbogen,
genäht. Dann folgt die Naht des durchschnittenen Obliquus externus.
Die Dauerresultate sind gut. Bei größeren Hernien, und wenn Pat.
vielen körperlichen Anstrengungen ausgesetzt ist, ist es zweckmäßig,
eine Bandage tragen zu lassen. Bei großen Brüchen empfiehlt sich
die Methode nach Bassini. Borchard (Posen).
9) O. Bernhard (Samaden). Eine neue Methode der Ra-
dikaloperation der Leistenhernie.
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 21.)
Um die Vortheile der Kastration bei der Herniotomie zu er-
reichen, ohne kastriren zu müssen, will Verf. mit dem Bruchsack-
stumpf den Hoden sammt Samenstrang durch die Bruchpforte in
die Bauchhöhle transplantiren und letztere wie bei einer Laparotomie
definitiv schließen.
Lët
506 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
Schnitt auf der Höhe der Bruchgeschwulst etwas oberhalb des
Lig. Pouparti und parallel demselben; schichtweise Durchtrennung
der für Bruchsack und Samenstrang gemeinschaftlichen Hüllen.
Hierauf wird der Hode aufwärts in die Schnittwunde hinein ge-
schoben und der Bruchsackstumpf von den Samenstranggebilden
abgetrennt, nach oben durch Spaltung des Leistenkanals bis in den
inneren Leistenring verfolgt und daselbst mit einer Klammer fixirt.
Am Hoden wird die Tunica vaginalis excidirt. Dann wird am inneren
Leistenringe der Bruchsack weit eröffnet, und nun der Hode mit
dem Vas deferens und den Gefäßen durch diese Öffnung in die Bauch-
höhle transplantirt. Bei weiter Bruchpforte fallen die Organe von
selbst leicht in den Bauch hinein. Bei enger Pforte ist dieselbe
durch einen lateralen Schnitt zu erweitern. Nun wird der Bruch-
sack fest heruutergezogen, mit Seidenfäden durchstochen und nach
2 Seiten hin kräftig abgeschnürt. Den Stumpf lässt man in die
Bauchhöhle zurückgleiten. Darauf wird der innere Leistenring mit
einigen festen tiefgreifenden Nähten geschlossen. Eben so verschließt
man den Leistenkanal durch tiefgreifende Nähte der ganzen Länge
nach. Hautnaht ohne Drainage. Verf. hat bei 2 Fällen diese Me-
thode prakticirt. Es mag sein, dass diese Methode in einzelnen
Fällen ihre Anzeige finden dürfte. Einer Verallgemeinerung dieser
Art Radikaloperation stehen wohl verschiedene ersichtliche Gründe
entgegen. Hinterstoisser (Teschen).
10) A. Carle und G. Fantino. Beitrag zur Pathologie und
Therapie des Magens.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1 u. 2. Mit 2 Taf.)
Verff. besprechen zuerst die gutartigen Verengerungen des Pylorus.
Diese sind bedingt durch echte fibröse Narbenbildungen am Pylorus
selbst oder in seiner Umgebung in Folge von Peripyloritis, die ein sehr
häufiges Vorkommnis auch auf Basis latent verlaufender Geschwüre
darstellt. Eine weitere große Rolle spielt der Krampf des Pförtners.
Die Vert theilen hier im Allgemeinen die bekannten und ziemlich
weit gehenden Anschauungen Doyen’s und sehen mit ihm gerade
in dem Krampfzustande der Pylorusmuskulatur auch ohne gleich-
zeitige anatomische Veränderungen eine sehr oft wiederkehrende
Ursache für die Magenstauungen. Bald ist es gewissermaßen eine
idiopathische Hyperästhesie, bald ein Reiz, der durch Spalten und
Fissuren hervorgerufen wird nach Analogie gleicher Erkrankungen
am Anus und an der Blase. Die reine Atonie des Magens, hervor-
gerufen durch Muskelschwäche, ist ihrer Ansicht nach selten, und
operative Eingriffe frommten hier wenig. Bezüglich der Hyperchlor-
hydrie lässt sich oft nicht sagen, ob sie die Ursache der Stauung
oder ob umgekehrt die Stauung der Anlass der vermehrten Salzsäure-
produktion ist. Jedenfalls ist hier ein Circulus vitiosus anzunehmen.
Was die vordere Gastroenteroanastomose anlangt, so sehen die
Verff. in einem bei ihr zwischen beiden Schlingen auftretenden Vor-
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 507
sprung in der Länge der oberen Schlinge, dem Abfluss und der
Stauung der Speisen in ihr und in der Häufigkeit der Verwachsung
der Schlingen mit dem Netze Missstände, welche sie die v. Hacker-
sche Methode in Verbindung mit dem Murphyknopf als das ideale
Verfahren anwenden ließen.
Die Roux’sche Methode verwirft C. schon wegen ihrer langen
Dauer. Auch bei der Anastomose nach v. Hacker fand man in
allen Fällen Rückfluss von Galle in den Magen bei Sondenausheberung.
Die funktionellen Resultate waren gut. Im Allgemeinen trat
in späterer Zeit rasche Entleerung ein, der auch nun Verminderung
der Magengröße entsprach. Konstant ward ferner ein Aufhören der
Hyperchlorhydrie nachgewiesen, ja es trat sogar einmal Anachlor-
hydrie ein. Bestand letzterer Zustand dagegen vor der Operation,
so kam es nicht zu Rückkehr zur Norm. Bringen auch diese Ver-
suche im Ganzen nichts Neues, so bestätigen sie doch in willkomme-
ner Weise die bekannten Resultate citirter und nichteitirter Autoren.
Die Resultate nach Pyloroplastik sind im Allgemeinen sehr gute,
doch empfiehlt es sich bei Hyperchlorhydrie mit Atonie des Magens
die hintere Anastomose anzulegen, welche zu prompter Magenentleerung
führt. Nach der Pyloroplastik geht die freie Salzsäure quantitativ
niemals bedeutend unter die Norm herab im Gegensatz zur Ana-
stomose. Die Verf. sehen dies durch die schnelle Entleerung und
den fehlenden Gallenrückfluss bedingt an. Die Kapacität des Magens
nimmt immer ab, kehrt aber selten ganz zur Norm zurück, der
Pylorus wird wieder völlig schlussfähig.
Auf Grund der zahlreichen aufgenommenen Befunde erklären
sich die Verf. zu der Ansicht, dass mit Ausnahme der Formen von
nervöser Hyperchlorhydrie (z. B. bei Tabikern) die ‘primäre Hyper-
chlorhydrie sehr selten, und der Zustand durch die Stauung bedingt
ist und mit gegebener Entleerungsmöglichkeit des Magens zur nor-
malen Sekretion zurückkehrt.
Verff. beurtheilen die Fälle vom Magensaftfluss sehr skeptisch
und nehmen gewöhnlich eine spasmodische Pylorusverengerung an.
Jedenfalls rathen sie, und zwar wohl mit Recht, bei langwierigen
rebellischen Fällen zum operativen Eingriff. Gegenüber Mikulicz
empfehlen sie nicht die Pyloroplastik, sondern die Anastomose und
stellen die Indikation für dieselbe weiter als Jener.
Des Weiteren wird die operative Technik und Wahl der Methode
abgehandelt, besonders der Murphyknopf empfohlen. Verf. sahen
ihn im Gegensatz zu Marwedel oft in den Magen fallen, aber ohne
dass Beschwerden daraus gefolgt wären. Eine Perforation ist bei gut
gearbeiteten Knöpfen nicht leicht möglich. Eine Verstärkungsnaht
wird von C. immer angelegt.
Im zweiten Theil der Arbeit werden die Krebsstenosen des
Magens abgehandelt. Bezüglich der Diagnose wird auf eine früh-
zeitige Stauung Gewicht gelegt, die eintritt, auch wenn der Pylorus
noch unversehrt ist. Von 15 Resektionen genasen 12 Pat. Einer
508 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
davon lebte noch 5 Jahre lang. Die Resultate bezüglich der Funk-
tion und des allgemeinen Wohlbefindens waren gut; doch sahen
Verf. noch nach 5 Jahren Recidiv auftreten. Nach bei Carcinom
angelegter Gastroenteroanastomose betrug die längste Lebensdauer
bis jetzt 15 Monate. Die funktionellen Resultate sind bei den Fällen
der Autoren ebenfalls besser nach Resektion des Pylorus als nach
der Anastomose. Die Indikationen, die für beide Operationsarten
gestellt werden, sind von den im Allgemeinen üblichen nicht ver-
schieden.
82 Krankengeschichten vervollständigen die interessante Arbeit
der Verff. Im Großen und Ganzen sind die geschilderten Operations-
weisen und die recht guten Statistiken der erzielten Resultate über-
einstimmend mit den jüngeren Berichten der deutschen Chirurgie.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
11) C. Roux. De la gastroenterostomie. Etude, basée sur les
opérations pratiquées du 21. Juin 1888 au 1. September 1896.
(Revue de gyn£col. et de chir. abdom. 1897. No. 1.)
R. bringt in der vorliegenden Arbeit eine Zusammenstellung der
50 von ihm seit 1888 ausgeführten Gastroenterostomien. Giebt schon
dieses reiche Material der R.’schen Mittheilung eine besondere Be-
deutung, so wird diese noch erhöht durch die originelle Art, mit
der der Gegenstand behandelt ist. — Verf. hat in 8 Fällen die
Wölfler’sche Methode, 7mal die v. Hacker’sche Gastroenterostomia
retrocolica, 2mal die Gastroenterostomia retrocolica mit Kocher’scher
Klappenbildung, 29mal die Gastroenterostomia retrocolica posterior
in Y-Form, 2mal dieselbe Form als Gastroenterostomia antecolica
anterior, Imal dieselbe als Gastroenterostomia retrocolica anterior und
imal endlich die Courvoisier’sche Gastroenterostomia retrocolica
anterior ausgeführt. Die Gesammtsterblichkeit betrug 30%, die Sterb-
lichkeit bei den 29 Fällen der von R. bevorzugten Gastroenterostomia
retrocolica posterior in Y-Form 20,7%. R. bemerkt zu dieser Mor-
talitätsstatistik — und die mitgetheilten Krankengeschichten beweisen
es —, dass sich ein geringerer Procentsatz hätte erreichen lassen
durch eine strengere Auswahl der Fälle, d. h. durch Abweisen von
weit fortgeschrittenen Carcinomen, bei denen aber immerhin die Gastro-
enterostomie noch Erleichterung in Aussicht stellte.
Das von R. allen anderen vorgezogene und von ihm als
»Gastroenterostomie r&trocolique postérieure en Y« bezeichnete Ver-
fahren, das von ihm ursprünglich irrthümlicherweise Courvoisier
zugeschrieben wurde, scheint schließlich auf Wölfler zurückzureichen.
Dasselbe hat bis jetzt nirgends Anklang gefunden, trotz seiner un-
bestreitbaren Vorzüge, die R. folgendermaßen charakterisirt: »Eine
genügende Öffnung an der tiefsten Stelle des Magens, gerade am
rechten Ort für später, durch welche der Mageninhalt seinen Weg
ohne Wegweiser findet, um 20—40 cm weiter unten durch eine ge-
nügend weite Vater’sche Ampulle den Gallenzufluss zu erhalten.
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 509
Keine Zögerung in der Stromrichtung, kein Rückfluss, weder Sporn
noch Knickung, noch Klappe, weder Kompression des Colon noch
Gangrän, noch Koprostase, und schließlich keine technische Schwie-
rigkeit.«
Da die Methode, obwohl theoretisch bekannt, doch so zu sagen
nirgends geübt wird, so sei der Gang der Operation kurz angedeutet:
Nach Eröffnung der Bauchhöhle und rascher Orientirung wird das
Colon transversum vorgezogen, sein Mesenterium angespannt und
mit Schonung der Gefäße stumpf durchtrennt, und nun durch diese
Öffnung die ausgedehnte Regio praepylorica des Magens vorgezogen,
deren Hinterfläche mit Leichtigkeit vor die Bauchwunde zu bringen
ist. Sodann wird mit dem Socin’schen Griff das Jejunum vor-
gezogen und 20—40 cm unter seiner Kreuzungsstelle mit dem Dick-
darm quer durchtrennt. Das obere Ende wird mit einer Klammer
verschlossen und vom Assistenten nach links gehalten, und das untere
Ende in den tiefsten Theil des Magens, so nahe der großen Cur-
vatur als möglich, durch eine dreischichtige Naht eingepflanzt. So-
dann wird das obere Ende des Jejunum von links her, also in seiner
natürlichen Lage, seitlich in das untere eingepflanzt, ebenfalls mit
dreischichtiger Naht, oder, wenn Eile nöthig ist, mit dem Murphy-
knopf, für den jedoch R. keine besondere Vorliebe hat.
Der einzige Vorwurf, den man dieser Methode gemacht hat, ist
der der zu langen Dauer. R. hebt dem gegenüber hervor, dass die
Dauer einer mit Enterostomose kombinirten Wölfler’schen Gastro-
enterostomie zum mindesten nicht kürzer ist, und dass die Y-Methode
von ihm in 40—60 Minuten zu Ende gebracht wird, d. h. in der Zeit,
welche vielerorts gebraucht wird, um die einfache Wölfler’sche
Methode auszuführen.
Bezüglich der Indikationsstellung sei hervorgehoben, dass R.,
gestützt auf seine reichen Erfahrungen, der Gastroenterostomie eine
bedeutende Stelle in der Behandlung der nicht carcinomatösen Pylorus-
stenosen anweist und dieselbe den Operationen am Pylorus selbst
bei Weitem vorzieht.
Bemerkenswerth ist die bei diesem Anlass mitgetheilte Beobach-
tung, dass R. bei den wegen angeblich reiner Magenatonie und Dila-
tation und in Folge dessen vorhandener Unterernährung stets palpable
Veränderungen des Pylorus fand. Er schlägt denn auch, gestützt
auf die von Yersin an den für gutartige Stenose Operirten nach
der Gastroenterostomie vorgenommenen Untersuchungen über die
Funktionen des Magens vor, alle mit Gastroptose, Dilatation und
Pylorusstenose behafteten Pat. der Gastroenterostomie zu unterwerfen,
sobald ihr Ernährungszustand trotz Diät, Bettruhe und Leibbinde
nach Gl&nard sich immer verschlimmert — aber nur unter dieser
Bedingung.
Es würde uns zu weit führen, wenn wir auf die zahlreichen
aus der Praxis geschöpften Bemerkungen eingehen wollten, welche
R. in dieser Arbeit über Vorbereitung der Pat., Narkose, Nach-
510 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
behandlung etc. niedergelegt hat, und wir beschränken uns darauf,
das Studium des Originals zu empfehlen, das wohl den wichtigsten
Beitrag zur Gastroenterostomiefrage darstellt, den das letzte Jahr
gebracht hat. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
12) Defontaine (Le Creusot). De la gastro-enterostomie pour
dyspepsies ou gastrites rebelles.
(Arch. prov. de chir. Bd. VI. Hft. 3.)
D. empfiehlt die Gastroenterostomie auch bei chronischem Magen-
katarrh, wenn dieser trotz interner Behandlung hartnäckig fortbesteht
und das Leben bedroht, und bei hartnäckigem Erbrechen in Folge
von nichtkrebsiger Pylorusstenose. Den an 4 Fällen mit bestem Er-
folg erreichten Zweck der Operation sieht er nicht bloß in der Be-
seitigung der funktionellen Störungen; er glaubt auch dem nach
seiner Erfahrung auf alten Magengeschwüren besonders häufig sich
entwickelnden Carcinom vorbeugen zu können. An hochgradig Er-
schöpften soll nicht mehr operirt werden. Bezüglich der Technik
bringt er nichts Neues; nur ist zu bemerken, dass er die Anwendung
des Murphyknopfes vollständig verwirft. Stolper (Breslau).
13) Hochenegg. Über eine neue Form des Ileus. (Kom-
binationsileus.)
(K. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien.)
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 51.}
Verf. hat 4 Fälle von Ileus beobachtet, die sich in die übliche
Eintheilung nicht einfügen ließen und ihn desshalb veranlassten,
obige neue Kategorie aufzustellen. Man unterscheidet bekanntlich
dynamischen und mechanischen Ileus; letzterer zerfällt in die Unter-
abtheilungen: Obturations- und Strangulationsileus.
Dis Fälle haben das Gemeinsame, dass sich zunächst sehr lang-
sam die Erscheinungen einer Stenose des Dickdarms entwickelten.
Dann setzte akut der Ileus ein unter Blähung des Dünndarms und
unter allen Erscheinungen, die auf eine Strangulation des Dünn-
darms hinwiesen. Das Hindernis wurde am Dünndarm bei der
Operation gesucht, gefunden und zunächst mit Erfolg beseitigt.
Dann trat nach längerer oder kürzerer Frist wieder lleus auf, und
als Ursache fand man ein langsam gewachsenes Carcinom des Dick-
darms.
H. erklärt den Zusammenhang folgendermaßen: Die Dickdarm-
stenose bedingt Blähung und Wandhypertrophie des Colon. Durch
die Stauung wird bei bestehender Disposition (Hernie, peritoneale
Stränge, Verwachsungen) die Entstehung einer Dünndarmobstruktion
begünstigt. So lange nun Dünn- und Dickdarm gebläht und gefüllt
sind, kann man das Vorhandensein von 2 Hindernissen entdecken.
In einem weiteren Stadium entleert der hypertrophische Dickdarm
retroperistaltisch seinen Inhalt in den Dünndarm; ersterer erscheint
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 511
dann leer und kontrahirt, und das tiefer sitzende und wichtigere
Hindemis wird leicht übersehen.
Die Diagnose ist möglich aus folgenden Momenten: Lokalisation
der Schmerzen zunächst links oben, dann rechts unten; anfänglich
Dickdarm-, dann plötzlich alleiniger Dünndafmmeteorismus; bei der
Operation würde die Hypertrophie des Colons auf ein zweites, tiefer
sitzendes Hindernis deuten.
Die Operation ist zweizeitig zu machen. Zuerst Hebung des
Hindernisses am Dünndarm und Kolostomie} später Resektion des
Dickdarme.
Beherzigung verdient die Vorsichtsmaßregel H.’s, bei Dünndarm-
ileus nach Hebung des Hindernisses die oberhalb gelegene Schlinge
in die Bauchwunde einzunähen. Man kann dann im Nothfalle dort
punktiren und giebt durch Entleerung der aufgestauten Massen dem
kollabirten Darm Zeit zur Erholung und verhütet den Übertritt des
zersetzten Darminhalts in das gut resorbirende Colon. (Diskussion
über den Vortrag: Wiener klin. Rundschau 1898 No. 1.)
@risson (Hamburg).
14) A. Card. Contribution à l'étude de la résection de
lanse il&o-coecale.
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1897. 112 8.
Die Resektion der ileo-coecalen Schlinge ist in neuerer Zeit
immer häufiger gemacht worden. Indikation dazu geben: Neu-
bildungen, Tuberkulose, widernatürlicher After, Gangrän, Narben-
strikturen. Carcinome an dieser Stelle gehören, mit Ausnahme derer
des Mastdarms und der Flexura sigmoidea, zu den häufigsten am
ganzen Darmkanal, Resektionen wegen derselben dürfen nur da ge-
macht werden, wo Aussicht auf volle Heilung besteht; daher ist ge-
naueste Diagnose anzustreben. Die Tuberkulose des Blinddarms
wird oft mit Krebs verwechselt werden können, wenn sie in der
Form einer mehr oder weniger begrenzten Geschwulst auftritt, wie
es häufig der Fall ist; nicht selten erscheint sie unter der Form einer
»Typhlite à r&petition«, eventuell mit Fistelbildung vergesellschaftet.
Hier wird von der Resektion weniger die Ausdehnung der Ver-
wachsungen als der Gesammtzustand und das Vorhandensein anderer
tuberkulöser Affektionen im Körper zurückhalten können. Bei den
sonstigen Erkrankungen des Blinddarms, die etwa hier und da zur
Frage der Resektion Anlass geben könnten, wird ebenfalls besonders
auf den Allgemeinzustand des Kranken wie aut die Beziehungen der
kranken Partien zur Nachbarschaft Rücksicht zu nehmen sein. —
(Bei allen Affektionen, welche die Resektion indiciren können, wird
die totale Darmausschaltung in Konkurrenz mit dieser treten, wo es
sich um Verhältnisse handelt, welche die radikale Operation über-
haupt oder temporär als unausführbar erscheinen lassen; man wird
manchen sonst verloren gegebenen Kranken dodurch noch eine große
Wohlthat erweisen können. Ref.)
510 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
behandlung etc. niedergelegt hat, und wir beschränken uns darauf,
das Studium des Originals zu empfehlen, das wohl den wichtigsten
Beitrag zur Gastroenterostomiefrage darstellt, den das letzte Jahr
gebracht hat. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
12) Defontaine (Le Creusot). De la gastro-enterostomie pour
dyspepsies ou gastrites rebelles.
(Arch. prov. de chir. Bd. VI. Hft. 3.)
D. empfiehlt die Gastroenterostomie auch bei chronischem Magen-
katarrh, wenn dieser trotz interner Behandlung hartnäckig fortbesteht
und das Leben bedroht, und bei hartnäckigem Erbrechen in Folge
von nichtkrebsiger Pylorusstenose. Den an 4 Fällen mit bestem Er-
folg erreichten Zweck der Operation sieht er nicht bloß in der Be-
seitigung der funktionellen Störungen; er glaubt auch dem nach
seiner Erfahrung auf alten Magengeschwüren besonders häufig sich
entwickelnden Carcinom vorbeugen zu können. An hochgradig Er-
schöpften soll nicht mehr operirt werden. Bezüglich der Technik
bringt er nichts Neues; nur ist zu bemerken, dass er die Anwendung
des Murphyknopfes vollständig verwirft. Stolper (Breslau).
13) Hochenegg. Über eine neue Form des Ileus. (Kom-
binationsileus.)
(K. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien.)
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 51.}
Verf. hat 4 Fälle von Ileus beobachtet, die sich in die übliche
Eintheilung nicht einfügen ließen und ihn desshalb veranlassten,
obige neue Kategorie aufzustellen. Man unterscheidet bekanntlich
dynamischen und mechanischen Ileus; letzterer zerfällt in die Unter-
abtheilungen: Obturations- und Strangulationsileus.
Dis Fälle haben das Gemeinsame, dass sich zunächst sehr lang-
sam die Erscheinungen einer Stenose des Dickdarms entwickelten.
Dann setzte akut der Ileus ein unter Blähung des Dünndarms und
unter allen Erscheinungen, die auf eine Strangulation des Dünn-
darms hinwiesen. Das Hindernis wurde am Dünndarm bei der
Operation gesucht, gefunden und zunächst mit Erfolg beseitigt.
Dann trat nach längerer oder kürzerer Frist wieder lleus auf, und
als Ursache fand man ein langsam gewachsenes Carcinom des Dick-
darms.
H. erklärt den Zusammenhang folgendermaßen: Die Dickdarm-
stenose bedingt Blähung und Wandhypertrophie des Colon. Durch
die Stauung wird bei bestehender Disposition (Hernie, peritoneale
Stränge, Verwachsungen) die Entstehung einer Dünndarmobstruktion
begünstigt. So lange nun Dünn- und Dickdarm gebläht und gefüllt
sind, kann man das Vorhandensein von 2 Hindernissen entdecken.
In einem weiteren Stadium entleert der hypertrophische Dickdarm
retroperistaltisch seinen Inhalt in den Dünndarm; ersterer erscheint
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 511
dann leer und kontrahirt, und das tiefer sitzende und wichtigere
Hindernis wird leicht übersehen.
Die Diagnose ist möglich aus folgenden Momenten: Lokalisation
der Schmerzen zunächst links oben, dann rechts unten; anfänglich
Dickdarm-, dann plötzlich alleiniger Dünndatmmeteorismus; bei der
Operation würde die Hypertrophie des Colons auf ein zweites, tiefer
sitzendes Hindernis deuten.
Die Operation ist zweizeitig zu machen, Zuerst Hebung des
Hindernisses am Dünndarm und Kolostomie} später Resektion des
Dickdarms.
Beherzigung verdient die Vorsichtsmaßregel H.’s, bei Dünndarm-
ileus nach Hebung des Hindernisses die oberhalb gelegene Schlinge
in die Bauchwunde einzunähen. Man kann dann im Nothfalle dort
punktiren und giebt durch Entleerung der aufgestauten Massen dem
kollabirten Darm Zeit zur Erholung und verhütet den Übertritt des
zersetzten Darminhalts in das gut resorbirende Colon. (Diskussion
über den Vortrag: Wiener klin. Rundschau 1898 No. 1.)
Grisson (Hamburg).
14) A. Card. Contribution à l'étude de la résection de
lanse il&o-coecale.
These de Paris, 6. Steinheil, 1897. 112 8.
Die Resektion der ileo-coecalen Schlinge ist in neuerer Zeit
immer häufiger gemacht worden. Indikation dazu geben: Neu-
bildungen, Tuberkulose, widernatürlicher After, Gangrän, Narben-
strikturen. Carcinome an dieser Stelle gehören, mit Ausnahme derer
des Mastdarms und der Flexura sigmoidea, zu den häufigsten am
ganzen Darmkanal, Resektionen wegen derselben dürfen nur da ge-
macht werden, wo Aussicht auf volle Heilung besteht; daher ist ge-
naueste Diagnose anzustreben. Die Tuberkulose des Blinddarms
wird oft mit Krebs verwechselt werden können, wenn sie in der
Form einer mehr oder weniger begrenzten Geschwalst auftritt, wie
es häufig der Fall ist; nicht selten erscheint sie unter der Form einer
»Typhlite à repetition«, eventuell mit Fistelbildung vergesellschaftet.
Hier wird von der Resektion weniger die Ausdehnung der Ver-
wachsungen als der Gesammtzustand und das Vorhandensein anderer
tuberkulöser Affektionen im Körper zurückhalten können. Bei den
sonstigen Erkrankungen des Blinddarms, die etwa hier und da zur
Frage der Resektion Anlass geben könnten, wird ebenfalls besonders
auf den Allgemeinzustand des Kranken wie aut die Beziehungen der
kranken Partien zur Nachbarschaft Rücksicht zu nehmen sein. —
(Bei allen Affektionen, welche die Resektion indieiren können, wird
die totale Darmausschaltung in Konkurrenz mit dieser treten, wo es
sich um Verhältnisse handelt, welche die radikale Operation über-
haupt oder temporär als unausführbar erscheinen lassen; man wird
manchen sonst verloren gegebenen Kranken dadurch noch eine große
Wohlthat erweisen können. Ref.)
512 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
Für die Freilegung des Operationsgebiets dürfte bei feststehen-
der Diagnose wohl ausschließlich die seitliche Laparotomie in Frage
kommen. Nach Entfernung der Geschwulst wird entweder die Kon-
tinuität des Darms sofort hergestellt (end to end-Vereinigung [Knopf
oder Naht] oder die verschiedenen Methoden der Enteroanastomose),
oder aber man legt zunächst einen Kunstafter an, den man sekundär
schließt, oder drittens man resecirt in 2 Zeiten. Die Erfolge der
Operation haben sich entschieden gehoben. Die verschiedenen Me-
thoden der Vereinigung der Darmenden geben nicht sehr ver-
schiedene Resultate. Die Knopfoperation wird wegen lokaler Schwierig-
keiten häufig nicht gut anwendbar sein und öfters Misserfolge ergeben,
die Operation mittels resobirbarer Platten ist fast ganz verlassen. Die
Anwendung der Operation in 2 Zeiten, die bei akutem Darmverschluss
segensreich wirken kann, darf durchaus nicht kritiklos verallgemeinert
werden. Eine Zusammenstellung von 42 Fällen bildet den Schluss
des Werks. H. Lindner (Berlin).
15) Lafourcade (Bayonne). Sur un procédé d’excision des
hemorrhoides.
(Arch. prov. de ohir. 1897. No. 5.)
Seit 1892 hat L. 17 Fälle von Hämorrhoiden nach einem eige-
nen Verfahren exceidirt, das sich von demjenigen von Whitehead
oder von Qu&nu wesentlich unterscheidet. Er schickt der Opera-
tion, zu der er Äther- oder Chloroformnarkose vor der Lokalanästhesie
bevorzugt, eine gründliche Erweiterung des Afters mittels des
Trelat’schen Speculums oder der Finger voraus. Die Dehnung
macht er von vorn nach hinten. Ist dies genügend geschehen, so
treten die Knoten gut hervor. Diese werden nun mit Klemmen so
weit herabgezogen, dass man mit einer großen gekrümmten Klemme,
über sie hinweggreifend, außen die Haut und innen die gesunde
Schleimhaut fasst. In der Regel reichen 2 solche Klemmen aus.
Oberhalb derselben wird nun mit starken Katgutfäden in genügen-
der Zahl von der Schleimhaut zur äußeren Haut durchgestochen.
Die zusammengehörigen Fäden werden mit P&ans vorläufig gefasst,
die Knoten abgetragen, dann — nach Entfernung der großen Klemme
— rasch geknüpft. So geht ohne erhebliche Blutung die Vereinigung
der Schleimhaut mit der Haut vor sich. Zwischen den so erhaltenen
beiden Wundnähten bleibt vorn und hinten eine schmale Brücke von
Afterhaut stehen, auf der etwaige Reste von Hämorrhoiden von selbst
atrophiren. Unter dem allgemein gebräuchlichen Verband (Mastdarm-
sonde — Jodoformgaze) heilten die Wunden bei angehaltenem Stuhl
so, dass die Pat. am 12. Tage aufstehen konnten. Die Dauer-
erfolge waren gute. Recidive wurden bei den über 3 Jahre lang
beobachteten Pat. nicht bemerkt. Die in der Praxis so beachtens-
werthe Retentio urinae, die man so oft nach Mastdarmoperationen
beobachtet, kam auch bei den Pat. des Verf. öfter vor.
Stolper (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 513
Kleinere Mittheilungen.
16) Bayer. Über chylösen Erguss in Brust- und Bauchhöhle.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.)
Bei einem 19jährigen Kranken wurde in der Zeit von 4 Monaten der Bauch
3mal, die rechte Brusthöhle 2mal punktirt; aus ersterem 4050, 8300, 10700 ccm
aus letzterer 870 und 1660 cm Flüssigkeit entleert; die Untersuchung ergab, dass
es sich um chylösen Hydrops, nicht etwa bloß um Hydrops adiposus handelte.
Es trat Heilung ein; der Bericht schließt 21/5 Monate nach der letzten Punktion.
Als Ursache wird angenommen Druck tuberkulöser Lymphdrüsen auf den Ductus
thoracicus. In der Litteratur sind 20 Fälle von kombinirtem Aseites und Hydro-
thorax chylosus niedergelegt; nur 1 davon heilte. Haeckel (Stettin).
17) P. Ziegler. Zur Behandlung perforirender Stich- und Schuss-
bauchwunden. (Aus der chirurg. Universitätsklinik zu München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 10.)
Z. erörtert die in der Münchener Klinik, wie wohl überhaupt bei den deutschen
Chirurgen jetzt übliche Art operativen Vorgehens bei den im Titel angegebenen
Verletzungen ‘und giebt im Weiteren einen Bericht über 7 Bauchschuss- und
22 Bauchstichverletzungen, die von 1891—1897 in jener Klinik operativ behandelt
worden sind. Während von 30 Bauchstichverletzungen der letzteren aus den
Jahren 1876—1890 unter konservativer Therapie 14 (46,6%) zu Grunde gegangen
waren, hatten von den 22 Fällen operativer Behandlung nur 4 (18,1%) dieses
Schicksal, das in 3 derselben vielleicht auch noch vermeidbar gewesen wäre;
unter den geheilten finden sich andererseits zahlreiche von mehrfacher Darm-
verletzung ete. — Ungünstiger waren die Resultate bei den Fällen von Schuss-
verwundung, von denen die Gestorbenen sehr schwere Komplikationen, aber auch
die glücklich Davongekommenen 3 — darunter 1 Fall mit 9 Darm- und 5 Gekrös-
perforationen — sehr ernste Verletzungen dargeboten hatten. — Des genaueren
werden dann noch unter Anderem die Zwerchfellwunden besprochen, deren Naht
Z. von einem Bauchschnitt aus vorzunehmen empfiehlt, um auch die Organe der
Bauchhöhle auf etwaige Verletzungen untersuchen zu können. — Bei Erörterung
der Frage, was man thun solle, wenn eine Stich- oder Schussverletzung erst am
2. oder 3. Tage oder noch spüter bei vollkommen normalem Befinden in unsere
Behandlung gelangt, weist Verf. darauf hin, dass der Kranke bei konservativer
Therapie selbst am 20. Tage noch nicht außer jeder Gefahr der Darmperforation
sei, und hält den Zeitpunkt von 24 Stunden für die Fortsetzung der exspektativen
Behandlung für zu kurz bemessen. Kramer (Glogau).
18) K. Büdinger. Über Stichverletzungen des Bauches.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hit. 1.)
B. veröffentlicht einen für die Beurtheilung von Eingeweideverletzungen sehr
bemerkenswerthen Fall. Ein Mann erhält einen Stich in den Leib. Eine be-
stimmte Diagnose auf Penetriren in die Bauchhöhle konnte allerdings zur Zeit der
Aufnahme nicht gestellt werden. 7 Tage besteht Wohlbefinden, dann tritt plötz-
lich eine ganz akute Verschlechterung ein unter den Symptomen einer Darm-
perforation. Sofortige Operation. Am Magen zeigt sich eine 11/2 em lange Wunde.
Der Bauch ist mit Gasen gefüllt. Ganz umschriebene Peritonitis. Naht. Glatte
Heilung.
Es hatten sich also hier keine genügenden Verwachsungen gebildet, die einen
Verschluss der Magenwunde herbeiführen konnten. Merkwürdig ist der späte
Durchbruch, der wahrscheinlich durch eine Zerreißung der dünnen Verwachsungen
bedingt ist. Verf. betont die Schwierigkeit der Bestimmung, wie lange man in
solchen Fällen exspektativ behandeln darf. Bei Schussverletzungen des Bauches
hält er sofortige Laparotomie indieirt, bei den Stichverletzungen glaubt er unter
514 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
Umständen warten zu dürfen, bis irgend welche Anhaltspunkte für das Vorhanden-
sein einer Komplikation greifbar werden, und dass die Aussichten einer sekun-
dären Laparotomie nicht schlechter wären als die der primären. Wichtig ist die
genaue’ Beobachtung solcher Pat. unter dauernder ärstlicher Kontrolle.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
19) Brun. Appendicite chronique. Resection à froid de l’appendice.
(Presse méd. 1897. No. 38.)
Verf., ein entschiedener Anhänger der prophylaktischen Resektion des Wurm-
fortsatzes im anfallsfreien Stadium, hat diese Operation jetzt 21mal ausgeführt.
Er theilt seine Erfahrungen kurz mit unter Beifügung von Abbildungen der re-
secirten Appendices, welche sehr lehrreich sind und wiederum beweisen, dass
eben Jeder, der einen Anfall durchgemacht hat, fortwährend in Gefahr schwebt,
von Neuem einen solchen zu erleben, dessen Ausgang nicht abzusehen ist.
Unter die 1. Gruppe seiner Fälle fasst B. diejenigen zusammen, bei welchen
pathologische Veränderungen am Processus vermiformis (Verödung, Verdickung,
Empyem) allein vorgefunden wurden, und welche allgemein als Appendicitis
simplex (5 Fälle) bezeichnet werden können. — Schwerere Veränderungen fand er
in solchen Fällen, wo die Anfälle auch unter stürmischeren und länger dauernden
Erscheinungen aufgetreten waren, also bei Appendicitis mit circumscripter Peri-
tonitis; hier war das Auffinden und die Befreiung des Wurmfortsatzes schwerer
wegen zurückgebliebener Verwachsungen (7 Fälle).
Die letzte Gruppe umfasst 9 Fälle von Appendicitis, welche von vorn herein
einen chronischen Verlauf genommen hatten und oft verkannt waren. Es handelte
sich hierbei stets um Kinder, die von Zeit zu Zeit mit Schmerzen in der rechten
Bauchseite, mit oder ohne Erbrechen, mit nur leichten Temperatursteigerungen
erkrankten, wo die Krankheit oft schon in wenigen Stunden verschwand und kaum
ein Niederlegen nothwendig machte. Die scheinbare Geringfügigkeit der Erkran-
kung steht nach B.’s Erfahrungen im Widerspruch mit den pathologischen Ver-
änderungen, die man in solchen Fällen an den Wurmfortsätzen fand. Dieselben
waren zwar immer frei beweglich und ohne Verwachsungen, aber stets vergrößert,
mit verdickten, vaskularisirten Wandungen, mit Ekehymosen, Ulcerationen und
sehr veränderter histologischer Struktur. Auch solche, scheinbar leichte Fälle
können durch Perforation und Gangrän zur Peritonitis und zum Tode führen, wie
Verf. 2mal erlebt hat. Er hält daher, besonders bei der Gefahrlosigkeit des Ein-
griffs, gerade hier die prophylaktische Resektion für unbedingt indieirt. — Verf.
hat bei diesen 21 Fällen keinen tödlichen Ausgang erlebt.
Tschmarke (Magdeburg).
20) Gesselewitsch. Zwei Fälle von Peritonitis bei Abdominaltyphus.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1898. No. 3.)
Nach Veröffentlichung der oben (p. 503) referirten Abhandlung beobachtete
G. noch 2mal Peritonitis bei Typhus.
In dem 1. Falle traten plötzlich die Symptome der diffusen Peritonitis auf.
Der Kranke lehnte die vorgeschlagene Laparotomie ab; das Befinden besserte sich,
duch blieb in der rechten Regio iliaca Dämpfung und Druckempfindlichkeit zurück.
Eine Ineision 4 Wochen nach Beginn der Krankheit ergab hier Eiter. Heilung.
Es handelte sich also um eine umschriebene Peritonitis nach Typhus; ob eine
Perforation des Darmes bestanden hatte, ist nicht sicher zu sagen, aber unwahr-
scheinlich. 3 ähnliche Fälle finden sich in der Litteratur.
Im 2. Falle wird bald nach Eintreten der Symptome allgemeiner Peritonitis
laparotomirt; Schnitt in der Medianlinie vom Nabel bis zur Symphyse. Man
findet eine geringe Menge serös-eitriger Flüssigkeit mit Flocken vermischt, ohne
Geruch. Ein Geschwür ist perforirt, ein zweites in Perforation begriffen. Beide
Geschwüre werden übernäht; nach allen Richtungen der Bauchhöhle werden zahl-
reiche Tampons geführt, die Wunde bleibt offen. Tod 43 Stunden nach der Ope-
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 515
ration. Die Sektion zeigte, dass die Peritonitis umschrieben war; die Operation
hatte das Ihrige gethan, sie hatte die Peritonitis auf die Umgegend der Perforation
beschränkt, überall sonst war die Bauchhöhle geng trocken und das Bauchfell
glänzend. Der Tod erfolgte durch Vergiftung mit dem Typhusgift. Dass ähnliche
Fälle durch Operation heilen können, zeigen noch 2 nach der oben! erwähnten
Arbeit publieirte Fälle. Haeckel (Stettin).
21) R. O. Adamson and J. C. Renton. The signs and symptoms of
perforated gastric ulcus, with notes of two cases, in one of which
operation was successful.
(Brit. med. journ. 1897. August 21.)
Die Hauptsymptome, welche auf eine Perforation eines Magengeschwürs hin-
weisen, sind nach den Erfahrungen der Verff. folgende: Plötzlicher Schmerz (nach
vorhergehenden Magenbeschwerden) im Epigastrium verbunden mit Collaps, rascher
Puls, frigide Spannung der Bauchmuskeln, Empfindlichkeit auf Druck, ev. noch
Verschwinden der Leberdämpfung und Schmerzen in den Supraelavicular- und
Scapulargegenden, welche auf die Beziehungen des N. splanchnicus zu den Inter-
kostalnerven und sympathischen Spinalganglien, so wie des N. phrenicus zum
Plexus cervicalis zurückgeführt werden können. Außerdem fand sich noch in den
beiden referirten Fällen ein deutliches klingendes Geräusch bei der Auskultation
des Epigastriums.
Von den 2 laparotomirten Pat. genas die erste, bei der 2—3 Stunden nach
Eintreten der Perforationssymptome operirt und die Perforationsstelle durch Naht
geschlossen werden konnte. Bei der 2. Pat. konnte eine Perforation nicht ge-
funden werden; die Pat. starb. Bei der Sektion zeigte sich eine Verklebung der
Cardia mit dem Zwerchfell, wodurch eine kleine umschriebene Höhle zu Stande
gekommen war, in die ein Geschwür der hinteren Magenwand durchgebrochen
war. Die Verff. treten für möglichst frühzeitige Operation ein.
K F. Krumm (Karlsruhe).
22) H. Gross. Ein Fall von Appendicitis perforativa im inguinalen
Bruchsack. Operation. Heilung.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 260.)
Der Fall wurde im Altonaer Spital beobachtet und betrifft einen schwächlichen
41jährigen Mann, seit 26 Jahren mit einem rechtsseitigen reponiblen Leistenbruch
behaftet. Eine Gonorrhoe führt zu heftiger rechtsseitiger Epididymitis und Funi-
eulitis, welche rückgängig werden unter Verödung der Bruchpforte am Leistenring,
aber eine Verdickung am Samenstrang hinterlassen. Als Pat. unter Wieder-
anlegung seines Bruchbandes die Arbeit wieder aufnimmt, tritt schmerzhafte, ent-
zündliche Anschwellung ein, die für Tuberkulose angesprochen und operirt wird.
Nach Spaltung des Leistenkanals zeigt sich der Samenstrang in dicke Schwielen
gehüllt; am inneren Bruchring wird das Bauchfell geöffnet. Hier wird der Blind-
darm angetroffen, von dem aus der Wurmfortsatz sich durch den Bruchring in die
Samenstrangschwiele begiebt. Abtrennung des Wurmfortsatzes vom Blinddarm;
seine Auslösung vom Samenstrang war der starken Schwielenbildung wegen un-
möglich, desshalb Kastration. Der Wurmfortsatz hatte unveränderte Schleimhaut,
eine starke Verdickung sämmtlicher Schichten, keinen Inhalt, aber 2 Perforationen,
welche Verf. als Druckgeschwüre in Folge der Applikation des Bruchbandes
angjeht. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
23) E. Bennecke. Zur Frage der forcirten Taxis.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 12.)
B. liefert in der vorliegenden Mittheilung aus der Universitätsklinik der Charite
in Berlin ein Beispiel von der Gefährlichkeit übertriebener Taxis bei eingeklemmten
Hernien.
516 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
Es handelte sich um einen 4ljährigen, seit vielen Jahren an einem rechts-
seitigen Leistenbruch leidenden Mann. Nach einer leichten Anstrengung, 2 Tage
vor der Krankenhausaufnahme, trat der Bruch heraus und war nicht mehr zu re-
poniren gewesen. 3 Stunden nach der Einklemmung wurden von 2 Ärzten Taxis-
versuche an dem narkotisirten Kranken gemacht, über deren Art, Dauer und Stärke
nichts su erheben war, die aber anscheinend von Erfolg begleitet waren, indem
der Bruch zurückging. Winde und Stuhl stellten sich jedoch nicht ein, überdies
litt der Kranke an unerträglichen Schmerzen, welche Umstände die Ärzte erst
2 Tage später bewogen, ihn an die Klinik abzugeben.
Die sofort vorgenommene Operation zeigte, dass bei den foreirten Repositions-
versuchen in der Narkose der Bruchinhalt stark in den Leistenkanal gedrückt,
der Bruchsack gesprengt wurde, worauf Darm und Netz sich eine Höhle zwischen
Peritoneum parietale und Fascia transversa bezw. Beckenfascie wühlten. Die Ein-
klemmung blieb natürlich bestehen. Der Mann starb 12 Stunden nach der Ope-
ration unter den Erscheinungen der Herzschwäche. B. entwickelt schließlich die
Grundsätze für die Anwendung der Taxis, wie sie in der Klinik König’s geübt
wird, welche sich mit den allgemein gültigen Regeln für dieses Verfahren im
Großen und Ganzen decken. Gold (Bielitz).
24) P. Sick. Ein Fall von Bruchsackruptur durch Trauma.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 265.)
Eine Beobachtung aus der Greifswalder Klinik. 49jähriger Pat., seit langen
Jahren Träger eines faustgroßen, reponiblen, nie belästigenden Bruches, stößt sich
diesen, als er sich bei der Arbeit gegen eine Kiste stemmt. Sofort starker Schmerz,
Broch ums Doppelte vergrößert, irreponibel geworden. Da der Zustand unver-
ändert blieb, ohne dass eigentliche Einklemmungserscheinungen eintraten, Zugang
in die Klinik Zwecks Operation. Bei dieser zeigt sich der herniöse Darm theils
in einem eigentlichen peritonealen Bruchsack liegend, theils in einem Pseudo-
bruchsack ohne Bauchfell, nur von bindegewebigen Hüllen gebildet. Beide Säcke
kommunieiren durch ein ca. thalergroßes Fenster. Jedenfalls bekam der alte
Bruchsack bei dem Trauma einen Riss, durch den der von ihm beherbergte Darm
austrat und sich zwischen den Blättern der Scheidenhaut ein neues Lager bildete-
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
25) Neugebauer. Vorübergehende Glykosurie bei incarcerirter Hernie.
(Wiener klin. Wochenschrift 1896. No. 37.)
Verf. beobachtete 2 einschlägige Fälle. Durch weitere Thierexperimente und
eingehendes Studium der Litteratur kommt er zu dem Schluss, dass die Incarcera-
tionen oder Abschnürungen des Duodenums, Jejunums allein oder die Incarcera-
tionen von Brüchen, bei denen ein großer Theil des Dünndarms ausgeschaltet
wurde, beim Menschen vorübergehende Glykosurie zur Folge haben können. Nach
Aufhebung des Darmverschlusses verschwindet die Zuckerausscheidung in wenigen
Stunden. Sie hat keinen schädigenden Einfluss auf den Wundverlauf, und macht
sich auch die Narkose und deren Folgen nicht in schädlicher Weise geltend. (Die
interessante Mittheilung dürfte für die Diagnose des Sitzes der Einklemmung
nicht ohne Werth sein. D. Ref.) Borchard (Posen).
26) L. Gelpke (Liestal). Gangränöse Hernien, Behandlung derselben
durch Resektion mittels Murphyknopf — oder Einstülpung und
Darmnaht.
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 9.)
Verf. berichtet über 6 Fälle von Darmbrand wegen Einklemmung, welche er
im Krankenhaus zu Liestal im Lauf der letzten 9 Monate operirt hatte. 2mal
wurde der Murphyknopf verwendet (1 Fall, einen 77jährigen kollabirten Mann mit
Darmperforation betreffend, endete tödlich), bei den übrigen 4 Pat. (umschriebene
Gangrän von 1-Franc- bis etwa Thalergröße oder streifenförmige Gangrän am
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 517
Einklemmungsring) wurde einfache Einstülpung der brandigen Partien und Über-
nähung durch 1 oder 2 Etagen einer fortlaufenden Naht gemacht. Bei der In-
vagination ist jeder Kontakt mit der Innenwand des Darmes und seinem Inhalt
absolut ausgeschlossen. Die Gefahr der Darmstenose oder Darmknickung scheint
bei Innehaltung einer streng abgegrenzten Indikation nicht zu bestehen. Von den
4 Fällen sind 3 genesen, ohne seit der Operation irgend welche Störung zu zeigen;
eine 82jährige Greisin verstarb 10 Tage nach der Operation an einer zufälligen
Komplikation (Pneumonie). Bei der Sektion war in der Bauchhöhle Alles in
Ordnung, die eingestülpte, 1-Francgroße Darmwand abgestoßen, die betreffende
Stelle der Darmwand geglättet, die Darmlichtung nicht verändert. Gestützt auf
seine Erfahrungen, möchte Verf. bei wenig ausgedehnter Gangrän, wie z. B. bei
Littre’scher Hernie, in Zukunft die brandige Partie, zumal wenn noch keine Per-
foration vorhanden ist, nicht mehr ausschneiden, sondern einfach einstülpen und
übernähen. Hinterstoisser (Teschen).
27) A. P. Selenkow. Uber operative Behandlung der Pylorusstenose.
(Wratsch 1898. No. 8—9.)
12 Operationen an 11 Kranken. 4 Gastroenterostomien, 2 bei Krebs, 1 bei
Sarkom, 1 bei motorischer Insufficienz des Magens (+). Tmal Pyloroplastik nach
Heineke-Mikulicz, 5mal wegen Verätzung (1 +), imal wegen Geschwürs (+),
imal wegen eines chronischen Magenleidens ohne bedeutende Stenose. Im letzten
Fall wurde zuerst erfolglos nach Loreta operirt. Die Operation nach Loreta
verwirft S. jetzt vollständig, eben so hält er die partielle Resektion nach Czerny-
Maurer für überflüssig. Bei Narbenstenose muss die Pyloroplastik gemacht
werden, in allen übrigen Fällen bei Unmöglichkeit radikaler Entfernung die Gastro-
enterostomie (nach Hacker). Leichte Nahrung kann (und muss — bei großer
Schwäche) schon am 2. Tage verabreicht werden. — (2 Fälle von diesen 12 sind
schon früher ausführlich veröffentlicht worden — von 8. und von Westphalen.)
Giickel (B. Karabulak, Saratow).
28) T. P. Krassnobajew. Ein Fall von Gastroenterostomie in Folge
Narbenstriktur des Pylorus bei einem 7jährigen Mädchen.
(Medieinskoje Obosrenje 1898. No. 1.)
Anamnese unbekannt, — wahrscheinlich Uleus rotundum. Eine 6 Monate
lange interne Behandlung (Magenausspülungen! brachte bedeutende Besserung,
doch nur während der Behandlung. Daher schritt K. zur Operation. Der Pylorus
fand sich weit nach unten verlagert und an der hinteren Bauchwand fixirt. In
der Pylorusgegend eine ringförmige, kleinfingerdicke Narbengeschwulst. Gastro-
enterostomie nach Kocher. Der weitere Verlauf ungestört, Heilung nach 2 Wochen.
Das Körpergewicht war beim Eintritt ins Krankenhaus 15,2 kg, vor der Operation
18,2 kg, 2 Monate später 20,3 kg. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
29) P. Wollheim (Cairo). Ein seltener Fall von Darmerkrankung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 6.)
Der in ätiologischer Hinsicht unklar gebliebene Fall betraf einen 42jährigen
Mann, der, früher stets gesund, plötzlich heftige Schmerzen in der Magengegend
und Erbrechen theilweise blutig gefärbter Massen bekommen, nach mehreren Mo-
naten wieder gesund geworden, dann nach längerer Zeit gleiche Erscheinungen mit
nachfolgender Besserung dargeboten und schließlich abermals erkrankt war, indem
Schmerzen im Rücken, Gefühl von Vollsein im Leibe, hartnäckige Verstopfung,
Erbrechen und Aufstoßen auftraten. Jetzt ließ sich bei dem stark abgemagerten
und geschwächten Pat. in der epigastrischen Gegend eine tystische Geschwulst
nachweisen, die nach der bräunliche Flüssigkeit ergebenden Punktion und auch
nach spontanem Verschwinden immer rasch wiederkehrte, ohne dass peritonitische
Erscheinungen kinzukamen, und bei der schließlich ausgeführten Lnparotomie des
immer elender gewordenen Mannes sich als ein hämorrhagischer Erguss heraus-
518 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
stellte, der aus einem 5 cm langen Serosariss einer hinten verwachsenen Dünn-
darmschlinge am Gekrösansatz stammte. Die Serosa war »enorm erweitert und
verdünnt, glashell durchsichtig, im Übrigen weder auf der Innen- noch Außenfläche
pathologisch veränderte, von der Darmmusoularis fast vollständig cirkulär ab-
gehoben, welch letztere tiefroth, sammetartig und verdickt erschien und an einer
Stelle nach Wegnahme eines frischen Gerinnsels stark blutete. Umstechung und
Naht derselben, ohne Naht der sehr rissigen Serosa. Jodoformgazetamponade der
Bauchhöhle, Naht der Bauchwunde. Rasche Besserung im Befinden des Pat. in
der ersten Zeit nach der Operation, dann langsame Erholung nach einem durch
Koprostase gestörten Verlauf. Heilung.
Es handelte sich also um einen ätiologisch unklaren Fall von subserösem
Hämatom des Dünndarms. Kramer (Glogau).
30) N. W. Potrow. Zur Kasuistik der Dünndarmgeschwülste (Lym-
phosarkome und Myome).
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 1. [Russisch.))
1) Lymphosarkom des Duodenums und Jejunums. 34jähriger Mann, Krank-
heitsdauer 4 Monate, Probelaparotomie. Sektion: Geschwulst 17—13 cm groß, be-
weglich, zwischen die Blätter des Dünndarmgekröses hineingewachsen. Ausgangs-
punkt: retroperitoneale Lymphdrüsen; dann griff die Geschwulst auf den unteren
horisontalen Duodenumschenkel über und durchwucherte die Darmwand, so dass
zuletzt Magen und Jejunum durch einen Hohlraum in der Geschwulst mit einander
verbunden waren.
2) Myoma ilei. 37jähriger Mann, 4 Wochen krank. Vielfache Schüttelfröste,
Tod nach 21 Wochen. 227 cm von der Valvula Bauhini sitzt ein gänseeigroßes
Myom an der Darmwand und ist mit der Wand des kleinen Beckens verwachsen.
In der Geschwulst findet sich ein Hohlraum, der mit der Darmlichtung durch
einen fingerdieken Kanal verbunden ist. Metastatische Abscesse in Leber und
Lungen. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
31) Galeazzi. Ileo acuto da persistenza del dotto onfalo-mesenterico.
(Gazs. med. di Torino 1898. No. 9.)
Innere Einklemmung in einem vom Meckel’schen Divertikel und dem Ileum
gebildeten Ring führte zu Gangrän und tödlicher Peritonitis. Das Divertikel war
21 cm lang, am Ansatz am Darm verengt, weiter ampullenförmig erweitert und
enthielt hier in eiterähnlicher Flüssigkeit einen Kothstein. Die Wand zeigte
mikroskopisch die Reste abgelaufener Entzündungen: bereits 3mal vorher waren
Anfälle von Schmerzen, Erbrechen etc. aufgetreten. G. weist auf die Parallele
dieser »Diverticulitis« mit einer Appendicitis hin — begründet in der gleichen
Situation, in welcher Divertikel und die Appendix sich befinden.
E. Pagenstecher (Wiesbaden).
32) @. F. Zeidler. Beiträge zur Pathologie und Therapie des akuten
Darmverschlusses.
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 1. [Russisch.])
17 Fälle aus der Frauenabtheilung des Petersburger Obuchowhospitals aus
den letzten 2 Jahren. 8 Strangulationen mit 3 Todesfällen, 7 Obturationen, 4 ge-
storben; 2 Invaginationen, beide gestorben. Verf. kommt zu folgenden Schlüssen :
Strangulationen müssen sofort operirt, Obturationen können konservativ behandelt
werden, doch nicht über 2 Tage. Shock kontraindieirt die Operation nicht, Col-
laps in späterer Periode nicht immer. Peritonitis ist auch keine Kontraindikation.
In einigen Fällen von Obturation kann man sich im Anfang mit Anlegen eines
Kunstafters begnügen. Punktion des geblähten Darmes mit nicht zu dünnem
Trokar und Entleerung des Darminhaltes durch ein langes Drainrohr erleichtert
die Operation oft ungemein. Im Gegensatz zu Schlange, der die Peristaltik in
fixirter Schlinge als Zeicben der Strangulation ansieht, weist Z. auf Peristaltik
Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 519
in der am meisten geblähten, auch fixirten Schlinge als auf ein Zeichen des Ortes
der Obturation hin. So war es in mehreren seiner Fälle. Das Symptom von
Schlange sah Z. bei Strangulation nie. Gitckel (B. Karabulak, Saratow).
33) N. M. Benissowitsch. Ein Fall von Krebs des S romanum;
Entfernung der Geschwulst, Bildung einer seitlichen Darmanastomose
mit Kartoffelplatten, Heilung.
(Wratsch 1898. No. 4.)
Der Überschrift ist nur hinzuzufügen, dass bei dem 36jährigen Pat. die Ge-
schwulst anfänglich für eine solche der Niere gehalten, und daher die Operation
mit einem Lendenschnitt begonnen wurde. Nach Aufklärung des Sachverhalts
beschloss man die Darmausschaltung zu machen; da aber der Zustand des Pat.
nach der Anastomose ein befriedigender war, wurde die Geschwulst mit einem
20 cm langen Stück Darm resecirt. Anatomische Diagnose: Adenocareinom.
6ückel (B. Karabulak, Saratow).
34) Hochenegg. Zur Therapie des Rectumcarcinoms.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 32.)
In der ursprünglich als Vortrag für den Moskauer Kongress bestimmten Arbeit
legt H. seine reichen Erfahrungen auf dem Gebiet des Mastdarmcareinoms nieder.
Wir entnehmen daraus, dass er im Ganzen 129 Fälle operativ behandelt hat, 34mal
kolostomirte, in 89 Fällen die sacrale Exstirpation und 6mal die perineale Ampu-
tation ausführte. Die Thatsache, dass die meisten seiner Pat. aus der Provinz
resp. dem Auslande stammten, giebt dem Verf. Gelegenheit, seiner Genugthuung
darüber Ausdruck zu verleihen, dass von Seiten der Ärzte etwas mehr für die
Diagnose der Mastdarmcareinome gethan wird als früher, wenngleich immer noch
von besagter Seite grobe Fehler und Versäumnisse zu verzeichnen sind. Die Scheu
der meisten praktischen Arzte vor der Digitaluntersuchung des Mastdarmes ist
meist Schuld daran, wenn bei der vorgeschrittenen Technik gerade dieses Gebietes
noch so wenig Dauerheilungen seitens der Chirurgen erzielt werden.
Bezüglich der Diagnostik verweist H. bei den hochsitzenden, oft nur schwer
abzutastenden Carcinomen auf ein Symptom, welches er noch nirgends angeführt,
aber dennoch ungemein charakteristisch fand.
Dasselbe beruht darin, dass man in derartigen Fällen die Ampulle des Mast-
darmes leer, aber nicht kontrahirt findet, im Gegentheil meist ad maximum bis
zum Verstreichen der Schleimhautfalten ausgedehnt. Es sei desshalb charak-
teristisch, weil er es bisher nur bei hohen Mastdarm- und tiefen Flexurcareinomen
bei bereits beträchtlicher Verengerung gefunden habe. Nach Maßnahmen, die den
Gasen Abgang verschaffen oder die Muskulatur des Mastdarmes zur Kontraktion
bringen, kann es auf kurze Zeit verschwinden.
Bezüglich der Indikationsstellung ist zu erwähnen, dass H. nicht mehr operirt,
wenn das Carcinom im Becken fixirt ist, und wenn bei Drüseninfektion deren
obere Grenze mit dem Finger nicht mehr abgetastet werden kann. Verwachsungen
mit Prostata und Blase, so wie mit Scheide und Uterus geben für ihn keine
Kontraindikation, da diese Organe im Bedarfsfalle mit exstirpirt werden können.
Starker Kräfteverfall und Symptome innerer Metastasen schließen den Fall selbst-
verständlich von der Operation aus.
Für die Fälle, in denen eine Fixation des Carcinoms besteht, diese aber als
entzündlich imponirt, schlägt H. erst die Kolostomie vor. In 2 solchen Fällen,
in denen die Fixation gewichen, machte er in zweiter Sitzung die Exstirpation.
Symptome des akuten Darmverschlusses geben für ihn auch bei sonst operablem
Carcinom immer eine Kontraindikation zur Exstirpation und Indikation für Kolo-
stomie ab. Erst nach vollständigem Verschwinden der Ileussymptome wird das
Carcinom in zweiter Sitzung entfernt, da H. eine Exstirpation bei sehr stark gc-
fülltem, geblähtem oder paralytischen Darm für sehr gefährlich hält.
520 Centralblatt für Chirurgie. No. 19.
Was die Technik der Operation anlangt, so wurde unter 95 Fällen von ope-
rablem Mastdarmcarcinom 6mal nach Lisfranc operirt; alle Fälle heilten aus,
imal Heilung von über 3 Jahren, 2 Operirte starben nach 1 resp. 11/,Jahren an inter-
kurrenten Krankheiten, von 1 Fall lief keine Antwort ein, 2 Pat. wurden recidiv
und wurden nach sacraler Methode wieder operirt. Dieselben sind unter den nach
letzterer Methode behandelten Fällen wieder mit aufgenommen.
Sonst wurde stets die sacrale Methode bevorzugt, wie sie H. in einer früheren
Veröffentlichung (Wiener klin. Wochenschrift 1888 No. 11—16 und 1889 No. 26—30)
empfohlen hatte, d. h. Verzichtleistung auf die osteoplastische Resektion. Bei
linker Seitenlage nach rechts konvexer Bogenschnitt, der von der Mitte der linken
Symphysis sacro-iliaca zum rechten lateralen Rand des Steißbeins zieht. Im Be-
reich dieses Schnittes wird nach Durchtrennung der Haut bis auf den Knochen
das Steißbein entfernt und der linke Flügel des Kreuzbeins abgemeißelt, gezwickt
oder gesägt. Bei tiefsitzenden kleinen und sehr ausgedehnten hohen Careinomen
Schnitt in der Mittellinie von der Mitte des Kreusbeins bis unter das Steißbein,
Entfernung desselben und bei hoher Lokalisation quere Resektion des Kreuzbeins.
130 in solcher Weise ausgeführte Sacraloperationen ließen keinerlei Naohtheile
der Methode erkennen. Bezüglich der sacralen Hernien konnte H. in 2 kon-
statirten Fällen andere, nicht der Operation zur Last zu legende Momente auf-
finden. Das centrale Ende wird entweder an Stelle des umschnittenen Afters oder
knapp unter der Abbeugungsstelle des Kreugbeins (sacraler After) eingenäht. Der
Verschluss wird durch eine Pelotte bewerkstelligt, die indess bei sehr fetten
Leuten im Stich lässt. Unter seinen 89 Fällen sind 46 mit Anus praeternaturalis
sacralis, davon 42 geheilt, 4 gestorben = 8,7% Mortalität.
- Bei 2 Fällen, in denen der centrale Darmabschnitt nach Witzel resp. Ger-
suny versorgt wurde, erlebte H. Misserfolgee Wenn angängig, implantirt er den
centralen Theil in die künstlich von Schleimhaut entblößt stehen- gebliebene
Analportion, und befestigte denselben durch 2 Nahtreihen, eine von dem After und
eine zweite von der Wunde aus, oder er evertirt die stehen gebliebene Anal-
portion, zieht den centralen Theil hindurch und nüht außerhalb des Afters.
Bezüglich der Resultate ist zu erwähnen, dass von 89 innerhalb 10 Jahren
operirten sacralen Mastdarmexstirpationen 8 Pat. starben = 8,9% Gesammtmorta-
lität. 3 Fälle davon können nach Ha Ansicht ausscheiden, da die Todesursache
in keinem direkten Zusammenhang mit Operation und Wundheilung stand (Bron-
chitis, Blutung aus Duodenalgeschwür, Embolie am 18. Tage). 3 Fälle von den
restirenden 5 gingen an Sepsis, 1 an Incarceration, so wie 1 an innerer Ver-
blutung zu Grunde. Es bleibt dann eine Mortalität von 5 auf 86 Fälle = 5,8%.
32 Fälle waren recidivfrei, darunter 11 4—10 Jahre, je 3 2 und 3 Jahre, 9
1 Jahr. Bei 38 recidiv gewordenen Fällen wurden ömal heftigere Kompressions-
erscheinungen von Seiten des Darmes beobachtet, die zur Kolostomie zwangen.
Die Recidive zeigten die Careinombilder immer im periproktalen Zellgewebe, im
Darm selbst nur imal eine Wiederholung der Krebsbildung, doch weit oberhalb
der Nahtstelle. Ein Mann starb an Zungencareinom, nachdem Wu Jahr früher
das Mastdarmcareinom exstirpirt worden war.
Die Dauer von der Operation bis zum Tode durch Recidive betrug 6 Monate
bis 31/2 Jahre. In einem Falle musste 4 Jahre nach der Resektion wegen Recidivs
kolostomirt werden.
H. glaubt nicht, dass in der nächsten Zukunft operativ viel mehr geleistet
werden kann. »Der Fortschritt muss in der Diagnosenstellung gemacht werden;
nur die Frühdiagnose des Mastdarmcareinoms wird uns in den Stand setzen, mehr
Dauerheilungen zu verzeichnen.« Hübener (Breslau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
nie, F Kii, Lis
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
gd
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 20. Sonnabend, den 21. Mai. 1898.
Inhalt: I. W. Kramer, Beitrag zur Pathologie des Meckel schen Divertikels. —
IL Lammers, Radikaloperation der Hydrocele unter Lokalanästhesie. (Original-Mittheil.)
1) Ikawitz, Glasdrains. — 2) Kellogg, Resorcin. — 3) Lang, Lupus. — 4) Alvarez,
Lepra. — DI Fronizak, Plica polonica. — 6) Glover, Skiagramme der Schädelhöhlen.
— 7) Glantenay, Chirurgie des Centralnervensystems. — 8) Bruns, Hirngeschwülste. —
9) Gradenigo, Mittelohrentzündung. — 10) Tissier, Geschwülste des Naseninnern. —
11) Park und Wright, Bakterien der Nase. — 12) Chipault, 13) Wolff, 14) Gayet, Pott-
scher Buckel. — 15) Bähr, Scoliosis ischiadica. — 16) Mermod, Kehlkopfendoskop. —
17) Sudek, Brustkorbplastik.
18) Gallet, Bericht. — 19) Winogradow, Angeborene Geschwulst. — 20) Smith und
Collis, Äthertod. — 21) Durante, Raynaud’sche Krankheit. — 22) Kumberg, Dermato-
myiasis migrans. — 23) Brown, Lepra. — 24) Campana, 25) Albers-Schönberg, Lupus.
— 26) Tommasoll, Hautsarkomatose. — 27) de Lapersonne und Grand, Traumatische
horizontale Hemianopsie. — 28) Bychowskl, 29) Lichtwitz, 30) Szenes, 31) Carette,
3%) Helle, Obrleiden und ihre Folgen. — 33) Martha, Nasenpolypen. — 34) Gradenigo,
Choanenverschluss. — 35) Stetter, Glossitis. — 36) Bidone, Angiom der Parotis. —
37) Souques und Marinesco, Rückenmarksatrophie wegen Fingermangel. — 38) Smith,
Skoliose. — 39) Krecke, 40) v. Hofmann, 41) Goebel, 42) Paul, Kropf. — 43) Gouguen-
heim und Dutertre, Diphtherie. — 44) Koschier, Luftröhrengeschwulst. — 45) Wightman,
Lungenhernie. — 46) Mlodzejewski, Endotheliom von Pleura und Perikard. — 47) Rosa,
Brustbeinsarkom. — 48) Coley, Carcinom und Sarkom bei demselben Individuum,
I. Beitrag zur Pathologie des Meckel’schen Divertikels.
Von
Dr. W. Kramer in Glogau.
Unter den durch ein Meckel’sches Divertikel veranlassten patho-
logischen Zuständen sind, abgesehen von den Fällen von eingeklemm-
ten Divertikelbrüchen, besonders diejenigen bekannter geworden, bei
welchen es durch Incarceration einer Darmschlinge in einem von
dem Divertikel durch Verwachsung seines freien Endes mit dem
Mesenterium, Darm, der Bauchwand etc. gebildeten Ring, durch
Umschlingung oder Achsendrehung einer Darmschlinge um ein der-
artig adhärentes Divertikel, durch Abknickung des Darmes durch den
20
522 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
Zug eines solchen oder durch Inversion des Divertikels in das Darm-
lumen zu dem klinischen Bild des Darmverschlusses zu kommen
pflegt. Wie aus einer kürzlich erschienenen Dissertation von L. Hof-
mann! ersichtlich, der allein aus der neueren Litteratur ca. 36 der-
artige Beobachtungen zusammenstellen konnte, sind dies auch in
der That nicht ganz seltene Vorkommnisse. Auffallenderweise sind
dagegen in bezw. von einem Divertikel aus entstehende, nach
Art der Appendicitis des Wurmfortsatzes in ihren verschiedenen
Formen und Folgezuständen verlaufende entzündliche Processe
bisher so gut wie unbekannt geblieben. Denn die von Körte? vor
einiger Zeit berichteten 2 Fälle, in deren einem durch Abklemmung
eines Meckel’schen Divertikels und nachfolgende Nekroge desselben
in einem Knäuel von Darmschlingen ein abgekapselter Abscess ge-
bildet worden, während in dem zweiten durch das Platzen eines mit
Kirschkernen angefüllten Divertikels allgemeine Peritonitis aufgetreten
war, sind nicht hierher zu rechnen. — So musste mir ein vor ca.
2'/, Jahren von mir behandelter Fall in seinem einer eitrigen Peri-
typhlitis ähnelnden Krankheitsbild geradezu als ein Unicum erschei-
nen. Ich wurde an denselben wieder erinnert, als ich im Januar
d. J. einen weiteren Fall zu Gesicht bekam, in welchem das Be-
stehen einer Eiterung in einem Meckel’schen Divertikel durch die
Symptome des Ileus vollständig verdeckt war, der durch Hindurch-
treten einer Darmschlinge durch einen von dem Divertikel gebildeten
Ring und durch Abknickung an selbigem hervorgerufen war. Zu dieser
Zeit ersah ich auch aus dem Bericht über den letzten französischen
Chirurgenkongress, dass Picqué und Guillemot? einen meinem
ersten in klinischer Hinsicht ähnlichen, in pathologisch-anatomischer
indess mehr dem eben erwähnten entsprechenden, durch allgemeine
Peritonitis zum Tode gekommenen Fall beobachtet hatten, ohne
gleichfalls in der Litteratur weiteres einschlägiges Material gefunden
zu haben. — Es erscheint mir desshalb angezeigt, meine beiden
Fälle bekannt zu geben, die in verschiedener Beziehung das Inter-
esse in Anspruch nehmen dürften.
Der den ersteren betreffende Pat., ein 40jähriger Arbeiter, war einige
Tage nach einem (18. August 1895) gegen die rechte Unterbauchgegend erhaltenen
Pferdehufschlag, nach welchem er zunächst noch weiter gearbeitet hatte, unter
Erbrechen, zunehmenden Leibschmerzen und Fieber bis 39,5° erkrankt und dess-
halb dem Krankenhause überwiesen worden (31. August). Allmählich wurde an
jener Stelle unter den normal erscheinenden Bauchdecken eine ziemlich harte,
stark druckempfindliche und gedämpften Perkussionsschall darbietende Geschwulst
fühlbar, welche, einwärts von der Ileocoecalgegend gelegen, nach oben bis
2querfingerbreit unter eine durch den Nabel gezogen gedachte Horizontale, median
bis fast an die Mittellinie und nach unten bis zum Poupart'schen Bande unver-
schieblich reichte; im Übrigen erwies sich der nur leicht meteoristisch aufgetriebene
Leib schmerzfrei. Während das Erbrechen nachließ, dauerten das Fieber und die
1 Beiträge zur Pathologie des Diverticulum Meckelii. Inaug.-Diss., Kiel, 1897.
2 Berliner klin. Wochenschrift 1894. No. 40—42.
3 Revue de chir. 1897. No. 11. Supplément.
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 523
Schmerzen, durch Eisblase und Opium nur wenig gemildert, fort, obwohl die
Geschwulst kleiner und weicher wurde und bald deutliche, auchfvom Rectum aus
nachweisbare Fluktuation erkennen ließ; der Stuhlgang war allmählich durch
Kiystiere mit geregelt worden.
Die dem Pat. nunmehr vorgeschlagene Operation wurde von ihm abgelehnt,
und der Kranke auf seinen dringenden Wunsch am 25. September 1895 nach Hause
entlassen. Erst als die Geschwulst in die bis dahin über ihm verschieblich ge-
wesenen Bauchdecken durchgebrochen war und die Haut vorwölbte, gestattete Pat.
dem ihn weiter behandelnden Arzt einen kleinen Einschnitt in dieselbe, durch den
sofort in großer Menge schwach fäkulent riechender Eiter abfloss und während
der folgenden Monate, nachdem das Fieber geschwunden war, sich weiter entleerte.
Zu dieser Zeit — März 1896 — erst kehrte der Mann von Neuem ins Kranken-
haus surück, wo von mir eine ausgiebige Spaltung der Bauchdecken zur breiten
Freilegung der Absoesshöhle ausgeführt wurde, ohne dass es dabei gelang, eine
Kommunikation derselben mit einem Darmtheil nachzuweisen. Der Eiter war in-
zwischen vollständig frei von fäkulentem Geruch und -Beimischung gewesen. Die
mit Gaze ausgestopften Wunden heilten bei ziemlich reichlicher Sekretion per
granulationem bis auf einen kurzen fistulösen Gang, der allen Versuchen, ihn sur
Vernarbung zu bringen, trotzte; er verlief 2querfingerbreit oberhalb der Mitte des
Poupart’'schen Bandes nach oben ca. 6 cm lang.
Es blieb schließlich nichts Anderes übrig, als zur Beseitigung der eiternden
Fistelnochmals eine Operation vorzunehmen. Bei dieser (2. Mai 1896) wurde zu-
nächst Wie Bauchwand längs des sie durchsetzenden Ganges gespalten, der auf
das stark verdickte Bauchfell führte; nach längerem Suchen gelang es, in lets-
terem eine kleine fistulöse Öffnung zu entdecken, durch welche die Sonde einige
Centimeter weit Dn der Richtung nach oben medianwärts eindrang, um endlich
auf einen harten Widerstand zu stoßen. Nachdem das Peritoneum im Bereich der
Fistel vorsichtig eröffnet worden, konnte der eingeführte Finger nachweisen, dass
die Sonde in einem ca. bleistiftdicken Strang steckte, der mit seinem Ende in
einer Ausdehnung von 4 cm an der Serosa fixirt war und in der Richtung nach
oben medianwärts verlief; ihn weiter zu verfolgen, war zunächst unmöglich, da
in seiner Umgebung auch Darmschlingen an dem Bauchfell angewachsen waren.
Nach Erweiterung der in letzterem angelegten Öffnung und vorsichtiger Ablösung
der in der Nähe anhaftenden Dünndärme ließ sich ermitteln, dass der erwähnte
Strang, 10 cm lang, nach der Konvexität einer Dünndarmschlinge hinzog und an
ihr in letztere überging, ein echtes Meckel’sches Divertikel darstellend;
dass es sich nicht um den Processus vermiformis handelte, war mit Sicherheit
zu erkennen, indem dieser am Coecum nach außen oben umgeschlagen und fixirt
vorgefunden wurde. Ablösung des Divertikels von der parietalen Serosa, doppelte
Ligatur an seinem Halstheil, Resektion; Übernähung des Stumpfes mit Bauch-
fell, Einstülpung in die Konvexität der Darmwand mit nachfolgender Anlegung
einer 2reihigen Lembert’schen Serosanaht über ihm. Naht des Bauchfells und
der Bauchdeckenwunde bis auf eine kleine Stelle an ihrem unteren Theil. Un-
gestörte Heilung innerhalb 3 Wochen. Andauernd gutes Befinden des Mannes.
Die Untersuchung des resecirten Divertikels ergab starke Schwellung und
Röäthung der ihn auskleidenden, alle Charaktere der Darmschleimhaut aufweisenden
S:hleimhaut, auf welcher stellenweise etwas Eiter lag, und in sie fest eingebettet,
das enge Lumen des Divertikels vollständig verschließend, einen glatten Apfel-
oder !Birnenkern; die enge Fistelöffnung, welche mit der äußeren Wunde
kommunieirt hatte, lag 2 cm von der Spitze des Divertikels entfernt, die etwas
kolbig aufgetrieben war.
Dass in dem vorliegenden Falle das Krankheitsbild mit dem
einer PerityphlitisgroßeÄhnlichkeiten hatte, bedarf wohl keines
weiteren Nachweises. Durch Gegenüberstellung der einzelnen Symptome
desersteren und der letzteren. Allerdings musste Angesichtsdessen, dass
20*
524 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
ein dierechte Unterbauchgegend treffendes Trauma vorausgegangen, nach
welchem sich die ersten Erscheinungen lokaler exsudativer Peritonitis
allmählich entwickelten, auch an die Möglichkeit gedacht werden,
dass dieselbe von einer kleinen Kontusionsstelle irgend einer anderen
Darmpartie aus ihren Ursprung genommen habe. Aber der weitere
Verlauf bis zur Entleerung nur schwach fäkulent riechenden Eiters
aus dem nach außen durchgebrochenen Abscess sprach zu Gunsten
der Annahme, dass der letztere von dem kontundirten Wurmfortsatz
aus entstanden sei. Dass auch diese Vermuthung nicht richtig
war, sondern ein Meckel’sches Divertikel den Ausgangspunkt dar-
stellte, erwies erst der zweite operative Eingriff, der zugleich auch
erkennen ließ, dass die Heilung der nach dem ersten zurückgebliebe-
nen Fistel durch einen in dem Divertikel eingebetteten, aus dem
Dünndarm in ihn hineingelangten kleinen Fremdkörper verhindert
wurde. Ohne diesen wäre wahrscheinlich der Verschluss der durch
Nekrose der Quetschungsstelle in der Divertikelwand gebildeten, mit
den Bauchdecken verwachsenen Öffnung in jener von selbst erfolgt
und es zu der aufklärenden letzten Operation nicht gekommen.
Konnte bei dem Pat. der vorstehenden Krankheitsgeschichte die
Entwicklung der intraperitonealen Eiterung, freilich ohne die rich-
tige Diagnose ihrer Herkunft von einem Meckel’schen Divertikel,
fast von Anfang an verfolgt werden, so wies in meinem 2. Falle
nichts auf das gleichzeitige Vorhandensein einer solchen neben den
das Krankheitsbild beherrschenden Ileuserscheinungen hin.
Der 18jährige Pat., ein Handlungsgehilfe, war zu Ende v. J., früher stets
gesund, wenn auch von jeher an Obstipation leidend, plötzlich ohne Fieber mit
kolikartigen Schmerzen im Leibe erkrankt, zu denen nach einigen Tagen Erbrechen
hinzutrat; auf hohe Eingießungen war weder Stuhlgang, noch Abgang von
Blähungen zu erzielen gewesen. Als der junge Mann ins Krankenhaus aufgenom-
men wurde, erwies sich das Erbrechen bereits als fäkulent, der Schmerz auf die
rechte Unterbauchgegend beschränkt, die Temperatur, wie vorher, normal, der
Puls kräftig, mäßig beschleunigt. An der genannten Stelle, einwärts von der
Ileocoecalgegend, war eine vermehrte, schmerzhafte, leicht gedämpften Schall
zeigende Resistenz zu tasten; die Peristaltik war in den umgebenden Därmen
deutlich nachweisbar, der etwas aufgetriebene Leib, abgesehen von jener Partie,
nicht druckempfindlich, Rectum und Bruchpforten frei.
Bei der Erfolglosigkeit der angewandten Magenausspülungen und hohen
Klystiere eto. wurde, in der Annahme, dass der Sitz des bestehenden Darm-
verschlusses in der reohten Unterbauchgegend zu suchen sei, bei dem in gutem
Kräftezustand gebliebenen Pat. am 5. Januar d. J. zur Laparotomie, rechts von
der Linea alba, geschritten und sofort an jener Stelle das Hindernis entdeckt. Es
war durch einen in der Tiefe unbeweglich fixirten, weiten Ring eine lange, mäßig
aufgetriebene Dünndarmschlinge hindurchgetreten, nicht eingeklemmt, um einen
den ersteren bildenden Strang herumgeschlagen und dadurch abgeknickt. Die Ab-
knickung ließ sich leicht beseitigen, die sonst gesund aussehende, nur mäßige
Injektion der Serosa zeigende Schlinge aus dem Ring hervorziehen und nun fest-
stellen, dass der letztere von einem 12 cm langen Meckel’schen Divertikel
gebildet wurde, das von der Konvexität einer Dünndarmschlinge ausging und mit
seinem ampullenförmigen, prall gefüllten Ende durch frische fibrinöse und
durch alte derbe Verlöthungen an der Radix mesenterii adbärirte. Eine Schnür-
furche war am Darm nicht erkennbar; es bestand keine allgemeine Peritonitis.
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 525
Nach Trennung jener frischen Adhäsionen wurde das Divertikelende am Mesen-
terium umschnitten und vorsichtig ausgelöst, die an letsterem gesetste Wunde
durch Nähte vereinigt, sodann, nach doppelter Unterbindung am Darm und Durch-
schneidung, das ganze Divertikel entfernt, sein Stumpf in die Darmwand ein-
gestülpt und durch mehrere Serosasuturen ühernäht. Schluss der Bauchwunde. —
Pat. erholte sich von der kaum istündigen Operation rasch, war frei von allen
Beschwerden, hatte am 3. Tage spontan Stuhlgang, niemals mehr Erbrechen und
konnte nach pr. int.-Heilung der Wunde und fieberlosem Verlauf am 9. Februar
d. J. entlassen werden.
Das exstirpirte Divertikel bot nun folgenden auffallenden Befund: Aus seinem
peripheren Ende, welches den Umfang einer großen Pflaume hatte, und dessen
Berosa stark injioirt und mit einer zarten Fibrinschicht bedeckt war, entleerte sich
beim Einsohnitt dicker gelber Eiter von etwas fäkulentem Geruch, reichlich
Bacterium coli enthaltend. Die Schleimhaut war stark geröthet und geschwollen,
nicht ulcerirt, an der Stelle, wo die ampullenförmige Auftreibung begann, narbig
verändert, das Lumen hier völlig verschlossen; der übrige, ca. 7 cm lange Ab-
schnitt des Divertikels war bleistiftdick, seine Schleimhaut von fast normalem
Aussehen und Beschaffenheit der Darmschleimhaut, ein Fremdkörper nicht vor-
handen.
Der geschilderte Fall ist in zweifacher Hinsicht interessant: ein-
mal dadurch, dass es in ihm durch Hindurchtreten einer Dünn-
darmschlinge durch einen von einem Meckel’schen Diver-
tikel gebildeten Ring und durch Abknickung an selbigem zu
einem sich langsam entwickelnden Ileus gekommen war, und weiterhin
durch den Befund eines partiellen Empyems des Divertikels,
ohne dass dadurch besondere klinische Erscheinungen gesetzt waren.
Wie lange diese Eiteransammlung bestanden haben mochte, darüber
ist somit auch nichts Sicheres anzugeben; es kann nur vermuthet
werden, dass die vorgefundene Verlöthung des Divertikellumens, als
Folge früherer Geschwürsbildung an der Stelle, zu Sekretstauung n
dem seit Längerem schon adhärenten Ende des Divertikels, un.
wahrscheinlich wenig virulente Keime (Colibacillen) zu einer eitrigen
Umwandlung des Sekrets geführt haben. Es handelte sich also um
einen dem Empyem des Wurmfortsatzes ähnlichen pathologisch-ana-
tomischen Befund, wie er auch in dem von Picqu& und Guillemot
beschriebenen Falle gemacht worden ist. Während in diesem aber
das ganze Krankheitsbild, eine Appendicitis processus vermiformis
vortäuschend, sich als abhängig von der Eiterung im Divertikel und
der sich daran anschließenden allgemeinen Peritonitis er-
wies, lag für die Annahme einer solchen in meinem Falle Angesichts
seines völlig fieberlosen Verlaufs nicht der geringste Anhaltspunkt
vor, und bestanden nur die Symptome des sich allmählich entwickeln-
den Darmverschlusses. Andererseits ist nicht zu bezweifeln, dass die
durch letztere veranlasste rechtzeitige Operation den Pat. von der
weiteren Gefahr des Platzens der Eitercyste des Divertikels be-
wahrt hat.
Fassen wir das sich aus den von mir mitgetheilten Beobachtungen
und der der französischen Autoren Ergebende zusammen, so beweisen
sie, dass auch das Meckel’sche Divertikel der Ausgangspunkt von
eitrigen Processen zu sein vermag, die unter dem Bild einer akuten
526 Centralblatt Für Chirurgie. No. 20.
Entzündung des Wurmfortsatzes, aber auch latent, wie manche sich
chronisch entwickelnde Entzündung des letzteren, verlaufen und zu
den nämlichen Zuständen, wie die Appendicitis, führen können.
Auch mit diesen neuen Erfahrungen stellt sich mithin das
Meckel’sche Divertikel als eine des öftern nichts weniger als un-
schuldige Abnormität dar, als welche es nach den Befunden von
Kelynack“, in denen ein solches Divertikel in zahlreichen Fällen
keinerlei Störungen verursacht hatte, erscheinen könnte.
II. Radikaloperation der Hydrocele unter Lokal-
anästhesie.
Von
Dr. Lammers in Herde.
Die Operation der Hydrocele mit Ausschälung der Tunica vagi-
nalis bis an den Hoden lässt sich wohl schmerzlos nach dem Ver-
fahren Schleich’s ausführen. Die ziemlich zeitraubende Infiltration
um den Scheidenhautsack herum kann man jedoch entbehren, wenn
man die Innenfläche des Sacks mit einer stärkeren Cocainlösung
einfach überspült. Irgend wie bedeutende Mengen Cocain werden
dabei nicht aufgenommen, und Vergiftungserscheinungen treten
nicht auf.
Bei einer Reihe von Kranken führte ich die Operation in fol-
gender Weise ganz schmerzlos aus: Nach Infiltration der Scrotalhaut
mit Schleich’scher Lösung II wird die Haut in genügender Aus-
dehnung bis auf die Tunica vaginalis gespalten; die Tunica etwa
3 cm lang durchtrennt, das Wasser abgelassen; in den leeren Sack
10 ccm einer 4%igen (2% event. auch stark genug) Cocainlösung ein-
gegossen und unter Zuklemmen der Eingussöffnung 2 Minuten die
Innenfläche gleichmäßig bespült, indem man den Sack bewegt, aber
keinen Druck ausübt. Dann wird die Flüssigkeit ausgegossen, und
nach gänzlicher Spaltung der Tunica der Rest abgewischt. Die Aus-
schälung der Scheidenhaut lässt sich danach schmerzlos machen.
Es fließt kaum weniger Cocainlösung ab, als man eingegossen
hatte und sicherlich dringt bei dieser Operation viel weniger ins
Blut als bei jeder Anästhesirung der Blase vor einem galvanokau-
stischen Eingriffe.
1) Ikawitz. Über abgeschlossene Glasdrainröhren.
(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LVI. Hft 2.)
Verf. rügt an den Chassaignac’schen Gummidrains und auch
an den von Kocher empfohlenen Glasabflussröhren mancherlei
Nachtheile und empfiehlt die von ihm erfundenen Sekretauffänger
4 Brit. med. journ. 1897. August 21.
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 527
aus Glas, welche geraden oder gebogenen Reagensröhrchen ähnlich
sehen und event. mit seitlichen Öffnungen versehen sind.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
2) Kellogg (New Orleans). Resorcin in dermotherapy, histo-
logical researches upon its action on the healthy skin.
(St. Louis med. and surg. journ. 1897. September.)
K. hat an Thieren und Menschen histologische Untersuchungen
über die Einwirkung von Resorcin auf die Haut gemacht, indem er
es in alkoholischer Lösung mehrmals täglich einrieb. Es zeigt sich
zunächst, dass selbst bei energischer Anwendung das Resorcin nur
eine mäßig tiefe Wirkung hat, nur eine oberflächliche Nekrose er-
zeugt. Diese erstreckt sich stets über die Hornschicht und durch
sie hindurch, ändert die Körnerschicht und selbst noch die ober-
sten Theile der Riffzellenschicht in eine hornartige gleichmäßige
Masse, welche aber doch von der wirklichen Hornschicht verschieden
ist. Dieser nekrotische Vorgang begrenzt sich von selbst, indem
sich an der Oberfläche unter jenen nekrotisch gewordenen Abschnitten
eine normale Horn- und Körnerschicht bildet. Dabei wird auf die
Cutis nur ein mäßig entzündlicher Reiz ausgeübt, im Gegensatz zu
anderen Mitteln, z. B. der Pyrogallussäure. Alle diese Eigenschaften
bewirken, dass das Resorcin das ideale Desquamationsmittel ist,
welches Sicherheit mit Milde der Wirkung vereint. Daher ist es in
starken Dosen angezeigt bei trocknen Ekzemen, besonders des Ge-
sichts, bei Psoriasis, Epitheliom u. dgl., und zwar allein oder mit
Salicylsäure zusammen in Form einer 10—50%igen Zinkpaste. In
schwacher Dosis aber, als 1—2,5 iger Zusatz zu Mitteln gegen Ekzem
erzeugt es nur Abstoßung der oberflächlichen Hornlamellen und wird
daher zweckmäßig angewendet bei Seborrhoe und nässendem Ekzem
zumal im Gesicht bei Alopecia pityrodes und rosacea u. dgl., wobei
es auch ganz geruch- und farblos ist. Lühe (Königsberg i/Pr.).
3) Lang. Der Lupus und dessen operative Behandlung.
Wien, Josef Šafář, 1898.
Wie wenig die Nothwendigkeit der Exstirpation des Lupus bis
vor einiger Zeit in das allgemeine chirurgische Bewusstsein über-
gegangen war, erhellt deutlich aus der an den Vortrag Volkmann’s
auf dem Chirurgenkongress 1885 angeschlossenen Diskussion. Verf.
hat jetzt 6 Jahre fleißiger Arbeit der Ausarbeitung der Exstirpations-
methoden des Lupus gewidmet. Nachdem er bereits in vielfachen
Publikationen über seine Erfolge berichtet, bietet das vorliegende
Buch eine Zusammenfassung und Erweiterung dieser Berichte. Aber
es beschränkt sich nicht auf das, was der bescheidene Titel verspricht.
Eine neue Klassificirung der Tuberkulose (Scrophuloderma, Lupus,
Tuberculosis cutis verrucosa, Tuberculosis cutis miliaris, tuberkulöse
Geschwülste der Haut, von welch letzteren einige klassische Bei-
spiele mit aufgeführt werden) bietet das 5. Kapitel. Geschichte,
528 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
Pathogenese und Histologie des Lupus, von dem Vert "die infiltrirende
und die Herdform unterscheidet, werden ausführlich besprochen. L.
hat bisher 52 Fälle operirt, von denen 35 als lange genug beobachtet
verwerthet werden können. 24 Pat. blieben recidivfrei; 4 bekamen
neuerlich zwar Lupus, aber kein lokales Recidiv. Frühere Behand-
lungsmethoden erzielten auch nicht annähernd gleich günstige Resultate.
Die Arbeit enthält in Kasuistik und Schilderung viel werth-
volles Detail.
Obwohl die nicht operativen Behandlungsweisen des Lupus kurz
aufgeführt werden, geschieht der von dem belgischen Arzte Assel-
berghs inaugurirten Behandlung mit Kalomelinjektionen, deren Er-
folge auch von französischer und italienischer Seite bestätigt sind,
keine Ewähnung. Dreyer (Köln).
4) Alvarez. A new method of bacteriological diagnosis of
leprosy.
(Pacific med. journ. 1898. Januar.)
Ein kleines Stückchen Haut wird in physiologischer Kochsalz-
lösung abgespült und dann in einem Mörser verrieben, wobei zur
Verhinderung des Austrocknens die Kochsalzlösung tropfenweise zu-
gesetzt wird. Die erhaltene feine Vertheilung thut man gut, zum
Absetzen der festen Theile entweder zu centrifugiren oder etwa
24 Stunden stehen zu lassen, zumal wenn spärlicher Bacillengehalt
vorauszusetzen ist. Von dem Bodensatz macht man Ausstrichpräparate,
trocknet sie an der Luft, fixirt noch über einer Flamme und färbt
mit Karbolfuchsin, indem man es 2—3 Minuten lang erwärmt,
wäscht mit Wasser aus, entfärbt und bewirkt Grundfärbung mittels
der Gabbet’schen Lösung von Methylenblau mit Schwefelsäure für
30 Sekunden, wäscht wieder aus, trocknet mit Filtrirpapier und
bettet nun in Kanadabalsam ein. Die Bacillen erscheinen dann
roth in blauem Grunde. Ist ein in Spiritus aufbewahrtes Präparat zu
untersuchen, so muss man es in Wasser vorher auswaschen. In zweifel-
haften Fällen kann man die Bacillen auch besser finden, wenn man
das Präparat vor dem Verreiben kocht oder ihm Verdauungsfermente
zusetzt. Diese Methoden ermöglichen oft noch Bacillen aufzufinden,
wo man sie in einfachen Schnittpräparaten nicht mehr findet. Da-
bei sind sie oft kürzer und dicker, etwas unregelmäßig geformt und
gefärbt, zeigen nicht selten Hohlräume; sie sind wohl als abgestorben
anzusehen. Lühe (Königsberg i/Pr.).
5) Fronizak (Buffalo). Plica polonica; a review of the
literature on plica polonica.
(St. Louis med. surgery journ. 1897. December u. 1898. Januar.)
Der vorliegende Artikel giebt eine sehr ausführliche Darstellung
der Anschauungen über die sogenannte Plica polonica, welche sehr
lesenswerth und mit Abbildungen ausgestattet ist. Schließlich stellt
Verf. in Aussicht, später eigene Untersuchungen zu veröffentlichen,
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 529
da er über ein nicht unerhebliches, von ihm selbst angesammeltes
Material verfüge, wohl geeignet, der Plica polonica den ihr zu-
kommenden Platz unter den Krankheiten anzuweisen.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
6) J. Glover. Radiographie des cavités craniennes.
(Arch. intern. de laryngologie 1898.) KH
Verf. geht von der bekannten Thatsache aus, dass es zwar leicht
ist, einen Fremdkörper, z. B. ein Geschoss, im Schädelinnern nach-
zuweisen, dagegen außerordentlich schwierig, ihn nachher darin so
genau zu lokalisiren, dass er von der Hand des Chirurgen ohne Um-
stände gefunden werden kann. Er hat sich, um dies in Zukunft
durch ein genaues Studium zu erleichtern, der Mühe unterzogen,
11 verschiedene Aufnahmen von einem prüparirten Schädel zu
machen und vier davon zu veröffentlichen. Diese wohlgerathenen,
sehr instruktiven Bilder zeigen sehr gut das anatomische Verhalten
der verschiedenen Schädelhöhlen zu einander und zu den einzelnen
Schädelknochen, z. B. des Sinus frontalis, Antrum Highmori etc.
E wé Dumstrey (Leipzig).
7) Glantenay. Chirurgie des centres nerveux.
Paris, Baillière et fils, 1897. 300 p.
Das Buch ist ein Theil des von oben genannter Buchhandlung
herausgegebenen Sammelwerkes »Therapeutique chirurgicale« und
soll in erster Linie für den Praktiker sein, der in ihm alles Wissens-
werthe und den jetzigen Stand unserer Kenntnisse auf diesem Ge-
biete kurz zusammengefasst finden soll. Verf. ist daher auch auf
die Erörterung von Streitfragen, Hypothesen oder Theorien nicht
eingegangen. Das Buch zerfällt in 2 Theile, deren 1. das Gehirn
behandelt; der andere ist dem Rückenmark gewidmet. Die aus-
ländische, speciell die deutsche neuere Litteratur ist nur in sehr be-
schränkter Weise berücksichtigt worden. Eigenartig berührt es,
dass jeder Theil mit einer ausführlichen Beschreibung der Operations-
technik eingeleitet wird, und dass dann erst die einzelnen Krank-
heiten durchgesprochen werden, bei denen jene zur Anwendung
kommen soll. ‘Bei der Trepanationstechnik finden die von Doyen
angegebene temporäre Ilemikraniektomie und die Instrumente von
Farabeuf-Collin zur Vergrößerung der Trepanationsöffnung ein-
gehende Besprechung. Das akute Gehirnödem nach Trepanation
wird vom Verf. nur als ein in Ausnahmefällen vorkommendes Er-
eignis bezeichnet.
Den breitesten Raum des 1. 'Theils nehmen die traumatischen
Veränderungen ein, während die intrakraniellen entzündlichen Er-
krankungen und die Epilepsie sehr kurz behandelt werden. Besonders
stiefmütterlich wird stets die pathologische Anatomie bedacht. Über
Schussverletzungen ist auch nur wenig gesagt. Ein etwas breiterer
Raum ist wieder den Hirngeschwülsten gegönnt, bei ihnen sind auch
208
530 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
werthvolle statistische Angaben gemacht. Sehr übersichtlich und
klar ist das Kapitel über die Symptome, welche Verf. in psychische
und funktionelle eintheilt, über die Lokalisation und Differentialdiagnose.
Der palliativen Trepanation bei inoperablen oder unauffindbaren Ge-
schwülsten redet Verf. das Wort.
Im 1. Kapitel über die Chirurgie des Rückenmarks wird die
Technik der Punktion des Wirbelkanals nach Quincke sehr aus-
führlich und klar dargestellt, ferner die hintere Tepanation nach
Ollier und die seitliche nach Chipault. Den breitesten Raum
nehmen auch hier die Brüche und Verrenkungen ein; für die Loka-
lisation der Rückenmarkverletzungen ist eine gute Tabelle beigefügt.
Von den nicht traumatischen Erkrankungen ist am besten und ein-
gehendsten die Spina bifida behandelt.
Es kann nicht in der Aufgabe des Referates liegen, noch mehr
Einzelheiten anzuführen. Im Allgemeinen giebt die Darstellung der
Erkrankungen des Gehirns und ihrer operativen Therapie ein Bild
des jetzigen Standes der Wissenschaft, so dass das Buch in der That
zur schnellen Orientirung wohl geeignet erscheint. Denjenigen aber,
welche sich mit Gehirnchirurgie, besonders in Bezug auf die Ope-
ration der Geschwülste, Epilepsie, Mikrocephalie, Hydrocephalus etc.
befassen, müssen ausführlichere und bessere Specialwerke, an denen
es nicht fehlt, zu Gebote stehen.
Im Übrigen ist das Buch gut ausgestattet, die Abbildungen sind
einfach, aber klar und schematisch gehalten.
Tschmarke (Magdeburg).
8) L. Bruns (Hannover). Über einige besonders schwierige
und praktisch wichtige differentielldiagnostische Fragen in
Bezug auf die Lokalisation der Hirntumoren.
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 45 u. 46.)
Im 1. Theil wird die Differentialdiagnose zwischen Stirnhirn-
und Kleinhirngeschwülsten besprochen, die bekanntlich zu den häufig-
sten gehören. Eine möglichst sichere Differentialdiagnose gerade
dieser Geschwülste ist praktisch wichtig, da erstere eine relativ gute
Prognose für die Operation geben, letztere vorläufig als inoperabel
zu gelten haben, einmal aus rein technischen Gründen, dann aber
auch, weil die Entscheidung unmöglich ist, ob die Geschwulst den
Hirnstamm nur komprimirt oder in denselben hineingewachsen ist.
Die Schwierigkeit der Differentialdiagnose liegt darin, dass nicht
nur die Kleinhirngeschwülste Gleichgewichtsstörungen bedingen, wie
man vielfach annahm, sondern, dass die gleichen Symptome (Ataxie,
Schwindel) auch den Stirnhirngeschwülsten zukommen. Die Diagnose
muss desshalb auf die Nachbarschafts- und Allgemeinsymptome ge-
gründet werden; das ist aber bei genügender Sorgfalt sehr wohl
möglich. Diese Symptome im Einzelnen wiederzugeben, würde den
Rahmen eines Referats weit überschreiten, und ein Auszug ohne die
nöthige Begründung würde unverständlich bleiben. Die Symptome
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 531
sind vom Verf. in außerordentlich klarer, übersichtlicher Weise
tabellarisch neben einander gestellt. Es kann nur empfohlen werden,
vorkommenden Falles diese Tabelle zu Rathe zu ziehen.
Im 2. Theil bespricht B. die lokaldiagnostische Bedeutung der
homonymen Hemianopsie. An sich ist dieselbe gering, da jede Stö-
rung auf der ganzen Länge der optischen Leitungsbahn vom Chiasma
bis zur Oceipitalhirnrinde Hemianopsie bedingen kann. Eine ganz
unkomplicirte Hemianopsie, ev. auch eine mit optischen Reizerschei-
nungen, Hallucinationen, Seelenblindheit komplieirte, ist charakte-
ristisch für den Occipitallappen selbst. Ist sie rechtsseitig und von
vorn herein mit Alexie und optischer Aphasie komplicirt, so sitzt
die Geschwulst im Mark des linken Occipitallappens, ist also absolut
inoperabel.
Im 3. Theil bespricht Verf. die Bedeutung der Schädelperkussion,
Empfindlichkeit, Tympanie, Bruit de pot Télé. Sind diese Symptome
ausgeprägt und ausgedehnt, so sind sie für die Allgemeindiagnose
»Geschwulst«, sind sie circumscript, für dessen Lokaldiagnose von
großer Bedeutung. Grisson (Hamburg).
9) G. Gradenigo. Sur les complications endocraniennes des
otites moyennes purulentes.
(Ann. des malad. de l'oreille. 1898. p. 129.)
Zusammenfassung der Ansichten, die G. über Diagnostik und
Behandlung dieser Erkankungen sich gebildet hat. Die Details
lassen sich im Referat kaum wiedergeben, nur einige Bemerkungen
seien hier referirt. Bei der Sinusthrombose findet G. als die häu-
figsten Symptome, von denen jedes einzelne aber gelegentlich fehlt,
das pyämische Fieber, Nackenstarre, bisweilen Steifigkeit der Mus-
keln auf der betreffenden Seite, Schwindel und Erbrechen, Schling-
störungen: letztere sind bei Fehlen entzündlicher Veränderungen am
Rachen sehr wichtige Zeichen, von denen G. annimmt, dass sie von
sekundären tiefen Halsabscessen herrühren (? Ref., wohl eher kolla-
terale entzündliche Processe am Glossopharyngeus!\. Leptomeningitis
ist häufig durch Labyrintherkrankung bedingt. G. ist in Fällen von
Labyrinthitis gegen eine Operation, die nach seinen Erfahrungen eher
die Infektion der Meningen fördert. — Was die operative Technik
angeht, betont G., dass gelegentlich eine wandständige oder auf den
Bulbus jugularis beschränkte Thrombose auch bei der Probepunktion
oder Probeincision des Sinus unentdeckt bleiben kann: man müsse
dann, wenn pyämisches Fieber den Verdacht auf Thrombose nahe
legt, die Jugularis unterbinden, auch wenn kein Thrombus im frei-
gelegten Sinus gefunden wurde. — Beim Hirnabscess sei, wenn ein
sehr komplicirter Eingriff dem Pat. nicht zugemuthet werden könnte,
die sofortige Schädeleröffnung zunächst zu machen, das Schläfenbein
eventuell erst später operativ zu behandeln. Kümmel (Breslau).
532 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
10) P, Tissier. Tumeurs du nez et des sinus.
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. p. 1.)
T. giebt eine sehr sorgfältige und wegen ihrer reichen Littera-
turangaben werthvolle Übersicht dessen, was über Geschwülste des
Naseninneren bekannt ist. Zum Referat eignet sich die interessante
Arbeit wegen der vielen Details nicht. Kümmel (Breslau).
11) W. H. Park et J. Wright. Les microbes du nez.
(Ann. des malad. de l'oreille 1898. p. 113.)
Verff. konstatiren, dass über den Bakteriengehalt der gesunden
Nasenhöhle die widersprechendsten Mittheilungen vorliegen. Da
früheren Experimenten von W. der Vorwurf gemacht werden konnte,
dass der bakterienreiche Naseneingang die damals in jedem Falle
vorgefundenen Organismen geliefert hätte, haben die Verff. unter
sorgsamsten Vorsichtsmaßregeln Schleim aus dem Naseninneren von
36 gesunden Individuen entnommen; es ergaben sich nur in 6 Fällen
keine Kulturen, in den übrigen eine verschieden große Menge lebens-
fähiger Organismen. Streptokokken dabei nicht gefunden; dagegen
bei 60% einer Reihe von Kindern in einem Asyl, deren Nasen-
schleim untersucht wurde. Gegen die baktericide Kraft des Nasen-
schleims spricht nach den Verff. die Thatsache, dass Diphtherie- und
Pseudodiphtheriebacillen in der Nase von Rekonvalescenten lange
nach der Krankheit noch vorgefunden werden können; auch 3 der
erwähnten 36 Individuen (und zwar Studenten der Medicin, die mit
Diphtheriekranken zu thun gehabt hatten) hatten Diphtheriebaeillen.
Eine für Kaninchen hochvirulente Streptokokkenkultur, in die Nase
von Kaninchen gebracht, tödtete diese in 2 bis 3 Tagen durch Sept-
hämie. Auf Streptokokken, Staphylokokken, Diphtherie- und Pseudo-
diphtheriebacillen wirken steril aufgefangener, bezw. bei 55° C. fraktio-
nirt sterilisirtter Nasenschleim nicht ein, während er Milzbrandkul-
turen stark schädigte. Kümmel (Breslau).
12) Chipault (Paris). La reduction des gibbosites Pottiques.
(Presse méd. 1897. No. 43.)
C. nimmt im vorliegenden Artikel die Priorität des Verfahrens
für sich in Anspruch. In den weiteren Ausführungen zeigt er seine
von Calot abweichenden Ansichten. Er hält durchaus nicht alle
Fälle von Gibbus für geeignet zur Reduktion, z. B. die ankylosirten
und schr ausgedehnten Fälle; eine entstehende Höhle von 15—20 cm
wird sich nicht wieder knöchern ausfüllen. Ferner weicht seine
Methode darin ab, dass er die Dornfortsätze nicht resecirt, wie Calot
will, sondern mit Silberdrähten näht und so in ihrer Festigkeit zu
unterstützen sucht. — Den ersten von ihm so behandelten Fall
hat C. im März 1895 in der Medecine moderne veröffentlicht.
Tschmarke (Magdeburg).
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 533
13) J. Wolff. Über das Redressement des Buckels bei
Spondylitis.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 7 u. 8.)
Nach einer ausführlichen Beschreibung des Calot’schen Ver-
fahrens und der damit von Diesem und Anderen erzielten Resultate
erfährt dasselbe durch W. eine ungünstige Kritik. Die vielen üblen
Zufälle und Misserfolge, eine Reihe von konstatirten 'Todesfällen,
welche mit der Calot’schen Methode in Zusammenhang stehen,
sprechen gegen dieselbe, und warnt W. vor Nachahmung, welche
gleichbedeutend mit der weiteren Gefährdung vieler Menschenleben
wäre. Andererseits haben die Orthopäden aus dem kühnen Vor-
gehen Calot’s so viel gelernt, dass der spondylitische Buckel er-
heblich schärfer angefasst werden darf und muss, als es bisher für
erlaubt und zulässig gegolten hatte.
W. schildert nun sein Redressementsverfahren beim Buckel der
an Spodylitis Leidenden. Er redressirt nicht mit einem Schlage,
sondern in mehreren Etappen und fixirt die jedes Mal erzielte Kor-
rektion durch einen Gipsverband. Er erzielt damit nicht nur eine
sehr wesentliche Besserung der Rückenkurven, sondern auch eine
außerordentlich günstige Einwirkung auf den Allgemeinzustand des
Kranken, so wie auf bestehende Kontrakturen. Zum Beweis dessen
legt W. seiner Abhandlung eine Reihe von Photogrammen bei,
welche die nach und nach erzielten Erfolge am Gipsabgusse wieder-
geben und zeigen sollen, dass es möglich ist, die Krankheit günstiger
als bisher zu beeinflussen, wenn man die statischen Verhältnisse,
unter welchen sich die erkrankten Wirbel befinden, verbessert, ohne
dabei zugleich die kranken Wirbel selbst zu zerreißen und zu zer-
brechen.
Bezüglich der Technik des W.'schen Verfahrens sei auf das
Original hingewiesen. Gold (Bielitz).
14) Gayet. La gibbosite dans le mal de Pott.
Paris, B. Baillidre et fils, 1897. 160 S.
Die Ursache des Pott’schen Buckels beruht in der Zerstörung
eines oder mehrerer Wirbelkörper. Dieselbe bedingt gewöhnlich eine
Kyphose, zuweilen eine Skoliose. Die Betheiligung der Knorpel ist
sekundär. Dieselbe führt an und für sich niemals zu einer Defor-
mität. Die Störungen seitens des Rückenmarks sind nicht bedingt
durch eine Kompression in Folge etwaiger Verengerung des Kanals,
sondern durch die Krümmung des Rückenmarks, welches sich auf
der scharfen Kante, auf der es aufliegt, erweicht. Die Krümmung
der Wirbelsäule nach vorn ist bedingt durch die Schwere, durch die
größere Kraft der Beuger und durch den Kontraktionszustand der
Muskeln. Die kompensatorischen Krümmungen sind häufiger bei
Kindern als bei Erwachsenen.
Die Affektion der Wirbelkörper heilt, und der Buckel wird fest
1) durch intermediären Callus der Wirbelkörper an den Berührungs-
534 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
stellen, 2) durch seitliche Periostitis und Verknöcherung, 3) durch
Verlöthung der hinteren Bogen in Folge Verknöcherung der Bänder.
In der Behandlung ist die Methode von Chipault (einzeitiges
Redressement unter Chloroform und Ligatur der Dornfortsätze) logisch,
da sie die Ankylose der hinteren Bogen begünstigt. Bei frischen,
mobilen, kleinen Verkrümmungen mit gutem Allgemeinzustand kann
sie angezeigt sein. Ihr Nachtheil ist das Belassen eines Fremdkörpers
in der Wunde. Außerdem aber wird in diesen Fällen sehr häufig
die einfache Immobilisation mit Extension zur Heilung genügen.
2) Die Methode Calot ist nach ihrem Erfinder in allen Fällen
anwendbar. Nach den Erfahrungen des Verf. und Ollier’s, unter
dessen Leitung die sehr fleißige und lesenswerthe Arbeit entstanden
ist, ist das Redressement möglich in allen nicht ankylotischen Fällen,
in den Fällen mit Ankylose nur in Verbindung mit einem blutigen
Eingriff oder recht gefährlicher Gewaltanwendung. Das Redresse-
ment lässt sich nur ermöglichen durch Verstärkung der kompensato-
rischen Krümmungen (Paragibbäres Redressement Lange’s, d. Ref.).
In einem großen Theil der ersterwähnten Fälle hält sich das
Redressement nicht. Das Verfahren ist gefährlich wegen der Kom-
plikationen von Seiten der Abscesse, der großen Gefäße, des Rücken-
marks und der Verallgemeinerung der Tuberkulose (Broncho-
pneumonien sind oft beobachtet). Der große Verband hat Nachtheile
für die lokale Affektion (Decubitus, subkutane Abscesse) und für das
Allgemeinbefinden. Die rationelle Behandlung ist die der Immobili-
sation in dorsaler oder abdominaler Lage in der Bonnet-Ollier-
schen Lagerungsvorrichtung. Man kann mit derselben durch Schief-
stellung eine Extension verbinden und außerdem auf den Buckel
einen direkten Druck ausüben. Der ankylotische Buckel ohne Kom-
plikation seitens des Rückenmarks ist kein Objekt für therapeutische
Maßnahmen. Borchard (Posen).
15) F. Bähr. Kritische Bemerkungen zur Scoliosis ischiadica.
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hit. 2.)
Die Arbeit enthält eine Kritik der Vulpius’schen Ansichten
über die Scoliosis ischiadica, gegen welche Verf. mancherlei Wider-
spruch erhebt. B. schließt sich den Anschauungen Erben’s mit
einer gewissen Erweiterung an. Die sich vorfindenden Variationen
der Rückgratsverkrümmungen bei dem besagten Nervenleiden und
ihre Begleitsymptome stehen mit der verschiedenen Lokalisation der
Nervenerkrankung in Verbindung, welche es speciell durch die
Schmerzhaftigkeit mit sich bringt, dass in dem einen Falle dieser, in
dem anderen Falle jener Körpertheil vor Druck geschützt werden muss.
Es kommt also wesentlich darauf an, wie sich der Kranke mit den
schmerzhaften Stellen in seiner Statik zurechtfindet. Zugleich spielen
Muskel- und Gelenkprocesse eine Rolle. B. konstatirt, dass es noch
eine Reihe Skoliosen giebt, welche aus dem Streben entstehen,
schmerzhafte Stellen zu entlasten. Zum Schlusse empfiehlt er nach
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 535
Albert’s Vorgang zweckmäßig die Begriffe wie linkskonvexe
und rechtskonvexe Lumbalskoliose fallen zu lassen, da diese Be-
zeichnung Irrthümer veranlasst, wie aus Beispielen ersichtlich ge-
macht wird. E. Siegel (Frankfurt a/M).
16) Mermod. Un miroir laryngendoscopique.
(Ann. des malad. de l’oreille 1897. p. 137.)
M. will (wie Andere vor ihm) die mit dem Spiegel nicht sicht-
baren Kehlkopftheile (Reg. interaryt. und hypoglott.) durch einen
zweiten Spiegel sichtbar machen. Er verwendet einen Spiegel mit
dünnerem biegsamen, an einem gleich einer Kehlkopfsonde gebogenen
Draht drehbar befestigten Stiel, den er nach Cocainisirung in den
Kehlkopf, ev. bis unter die Rima glottidis einführt, und mit dem er
in einzelnen Fällen wichtige Aufschlüsse erhielt. Kümmel (Breslau.)
17) Sudek. Eine Modifikation der Schede’schen Thorax-
plastik bei Totalempyemen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 255.)
Der Schede’sche Schnitt zur Thoraxplastik besteht bekanntlich
in Bildung eines großen vertikalen, oben gestielten Haut-Muskel-
lappens aus der Seitenfläche des Brustkorbes, mit dem nach Resek-
tion der ganzen Brustwand bis zur 2. Rippe inkl. die kollabirte Lunge
gedeckt wird.
S. wandte bei einem Pat. im alten allgemeinen Krankenhaus zu
Hamburg folgende Schnittführung an: 2 'Iransversalschnitte, der
erste vom 4. Rippenknorpel beginnend nach hinten über den unteren
Scapulawinkel bis dicht an die Wirbelsäule, der zweite parallel in
der Höhe der untersten Stelle der Empyemhöhle. Ein 3. Vertikal-
schnitt in der mittleren Axillarlinie verbindet die horizontalen
Schnitte, wonach die beiden resultirenden, seitlich gestielten, thür-
flügelförmigen Lappen abgelöst und die Rippen X—III inkl. resecirt
wurden. Es ergab sich eine gute Deckbarkeit der Lunge, doch starb
der heruntergekommene Pat. bald an Herzschwäche. S. rühmt seinem
Verfahren nach, dass die 2. Rippe konservirt werden könne, und
glaubt, dass zunächst ungedeckt bleibende Thoraxwinkel am Zwerch-
fell und an der Lungenspitze durch Nachoperationen würden ge-
deckt werden können. In Helferich’s Klinik hat eine analoge
Schnittführung sich schon seit Jahren bewährt.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
536 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
Kleinere Mittheilungen.
18) Gallet. Service chirurgical. Höpital Saint Jean. Bruxelles.
Année 1896.
In der Poliklinik wurden 2215, in der stationären Klinik 647 Kranke, an
denen 307 Operationen vorgenommen wurden, behandelt. An den tabellarischen
Bericht schließen sich verschiedene größtentheils kasuistische Mittheilungen. An-
schließend an einen Todesfall in Narkose hebt Verf. als wichtig hervor, allmählich
mit der Darreichung des Chloroforms zu beginnen und die Operation nicht eher
anzufangen als nach völligem Eintritt der Narkose. Es folgen in den nächsten
Aufsätzen Bemerkungen über den Shock, über temporäre Rhinotomie (Methode
Ollier), über Zungenkrebs (Verf. empfiehlt hierbei eine Kompressionszange, in
der gleich zur Blutstillung die Naht angelegt werden kann), über 2 Fälle von Tre-
panation bei Epilepsie. In der Besprechung der Indikationen zur Rippenresektion
wird auch die zur Beseitigung des skoliotischen Rippenbuckels erwähnt. Verf.
hat mehrere derartige Fälle operirt, ist aber mit dem Erfolg nicht sehr zufrieden.
Sehr interessant ist ein Aufsatz über Appendicitis. Verf. unterscheidet nur zwischen
einer Appendicitis mit allgemeiner und lokalisirter Peritonitis. Bei recidivirender
Perityphlitis ist mit einer Operation nicht zu zögern; doch soll man sich die Ge-
fahr des Eingriffes vor Augen halten. Es folgt dann die Beschreibung der Hyster-
ektomie bei Vorfall, Mittheilung eines Falles von Beckengeschwulst, einzelner
Nierengeschwülste, sekundärer Laparotomien, Harnleiternaht, Besprechung der
Behandlung der großen Verletzungen der Extremitäten. In letzterer Beziehung
wird ein sehr konservativer Standpunkt beobachtet. Den Schluss des Jahres-
berichte bildet eine Untersuchung über den Krebs in Belgien hinsichtlich seiner
Ätiologie und Behandlung. Im Allgemeinen sind die zahlreichen kasuistischen
Mittheilungen nicht geeignet für ein ausführlicheres Referat.
Borchard (Posen).
19) N. F. Winogradow. Ein Fall von angeborener bösartiger Ge-
schwulst im frühen Kindesalter.
(Medieinskoje Obosrenje 1898. Hft. 3. [Russisch.))
Bei der Geburt war die Geschwulst am Rücken walnussgroß, beim Tode —
nach 6 Wochen — kindskopfgroß. Sie erwies sich als Angiosarcoma globoparvi-
cellulare telangiectodes haemorrhagicum. Innerhalb dreier Jahre fand W. unter
3000 Sektionen im Petersburger Findelhause nur noch 4 weitere Geschwülste bei
Neugeborenen: Thymusmyxom, 182,0 schwer; kindskopfgroßes, komplieirtes Te-
ratom in der Steißbeingegend; Angiosarcoma globoparvicellulare haemorrhagieum
am Halse, 81,0 schwer; Gummata cerebri, cerebelli et pulmonis.
Gilckel (B. Karabulak, Saratow).
20) H. H. Smith and E. L. Collis. A death following ether an-
aesthesia.
(Brit. med. journ. 1898. Januar 8.)
Bei einem 39jährigen Mann war wegen Versteifung des Kniegelenks nach
Oberschenkelbruch in Äthernarkose die Mobilisirung des Gelenks ausgeführt
worden. Die Narkose selbst, die mit Clover’s Inhalator ausgeführt wurde, war
nach kurzem Exeitationsstadium gut verlaufen; insbesondere war keinerlei Störung
von Seiten der Athmung aufgetreten. Pat. war noch nicht völlig erwacht ins
Bett zurück verbracht worden; Hornhautreflexprüfung löste aber Flucht- und Ab-
wehrbewegungen aus. 20 Minuten später fand der ab- und zugehende Wärter
den Pat. schwer athmend, das Gesicht war eyanotisch. Erbrechen war nicht voran-
gegangen. Die herbeigerufenen Ärzte fanden den Pat. todt. — Der Äther zeigte
sich bei chemischer Analyse rein. Die Nekropsie ergab außer einer hochgradigen
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 537
venösen Hyperämie besonders der Lungen und des Gehirns keinerlei Anhalts-
punkte. Insbesondere waren keine pathologischen Veränderungen am Herzen,
keine Verstopfung der Pulmonargefäße, keine Veränderungen in den Luftwegen
vorhanden. Der Magen wurde leer befunden. F. Krumm (Karlsruhe).
21) Durante. Due osservazioni di malattia del Raynaud.
(Pediatria 1898. No. 1. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 22.)
D. berichtet über lokale Asphyxie bei 2 Neugeborenen, deren Eltern syphili-
tisch waren. Die Affektion war beide Male symmetrisch: in dem einen Falle waren
die Oberschenkel und die unteren Bauchpartien befallen, und es war nur ein
Grad der Cyanose vorhanden, während in dem anderen Falle beide Füße brandig
wurden. Veränderungen an den Blutgefäßen waren nicht vorhanden.
Dreyer (Köln).
22) N.J. Kumberg. Ein Fall von Dermatomyiasis linearis migrans
oestrosa.
(Wratsch 1898. No. 2.)
So nennt K, die zuerst von Samson beschriebene Krankheit (s. Centralblatt
für Chirurgie 1896 No. 21). K. sah den Gang des Parasiten an der Wange; nach
Entfernung der Larve verschwand sofort das Jucken. Die Form des Ganges und der
Larve wird in 3 Figuren zur Anschauung gebracht. — Außer Samson und Sso-
kolow sahen diese Krankheit noch Olissow (1 Fall), Kuschew (2 Fälle) und
Petrow (1 Fall). (Ref. sah einen Fall 1895, vor Erscheinen der Beschreibung
Samson’s; der Gang befand sich am Handrücken eines erwachsenen Land-
mannes; der Parasit wurde nicht bemerkt.) @lckel (B. Karabulak, Saratow).
23) Brown (San Francisco). Eine Studie über das Blut bei Lepra.
(Oceidental med. times 1897. September.)
B. untersuchte das Blut von 16 Leprösen zu verschiedenen Malen. Nicht ein
einziges Mal war ausgesprochene Leukocytose, nur in vorgeschrittenen Fällen
Anämie vorhanden. Nur 2mal aber zeigte sich eine deutliche Abnahme der rothen
Blutkörperchen, und nur imal konnte man von hochgradiger sekundärer Anämie
sprechen. In 5 Fällen waren jahrelang keine Zeichen von Krankheit bemerkbar
gewesen, und 3 Kranke, die anscheinend hergestellt waren, zeigten normales Blut;
bei diesen 5 männlichen Kranken betrug das Hämoglobin im Durchschnitt mehr
als 90%, die Erythrocyten waren nicht vermindert, die Leukocyten weder in Zahl
noch in Beschaffenheit verändert und zeigten keinerlei degenerative Veränderungen.
j Lühe (Königsberg i/Pr.).
24) R. Campana (Rom). Das Tuberkulin R bei Lupus und einigen
anderen tuberkulösen Affektionen.
(Policlinico 1897. Oktober 1.)
Bericht über 3 Kranke. 1) Knötchenförmiger Lupus des Gesichts. Beginn
mit jem mg. Sehr günstiger Erfolg; Abnahme der Schwellung und Infiltration;
keine Weiterverbreitung des Processes. 2) Verruköse Hauttuberkulose und Knochen-
tuberkulose; hier wurde das TR nur kurz angewendet; Heilung mit Unterstützung
durch ohirurgische Verfahren. 3) Knotig-ulceratives Scrophuloderma an der Nase;
hier war keine günstige Wirkung zu konstatiren, da gleichzeitig eine chronische
Rhinitis bestand.
Verf. bestätigt die Unschädlichkeit des Mittels so wie das Fehlen einer spe-
eifischen Reaktion (in mäßiger Dosirung). Das TR soll hiernach die Rückbildung
des lupösen Infiltrats befördern und sein Fortschreiten verhindern (ähnlich dem
Quecksilber bei der Syphilis). H. Bartsch (Heidelberg).
538 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
25) Albers-Schönberg. Beitrag zur therapeutischen Verwendung der
Röntgenstrahlen in der Behandlung des Lupus.
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 72.)
A.-8. veröffentlicht 2 Krankengeschichten mit 4 guten Photographien, in denen
er im Verlauf von mehreren Monaten recht ermuthigende Resultate bei Lupus er-
zielt hatte. Er warnt auf Grund seiner Beobachtungen vor der Anwendung zu
hoch gespannter Ströme, da diese leicht Dermatitis und Eiterung ‚erzeugen und
damit die Heilung des Lupus aufhalten können. Dumstrey (Leipzig).
26) Tommasoli. Sulla sarcomatosi cutanea.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 19.)
28jähriger Mann leidet an schweren Nasenblutungen. In der Intrascapular-
gegend befindet sich ein Naevus vasculosus, der seit einem Jahre wächst und zu
Blutungen Veranlassung giebt. Die nach Abbinden recidivirende Geschwulst wurde
exstirpirt. In der Zwischenzeit verschwanden die Nasenblutungen. Seit 3 Monaten
trat ein Knoten in der Nähe des Nabels auf und seitdem täglich neue Geschwülste,
mit denen jetzt der ganze Rumpf übersät ist. Seit einem Monat besteht Husten
mit schleimig-blutigem Auswurf und Dämpfung über der linken Lunge so wie
Parese des rechten Being, seit 8 Tagen Blasenlähmung und seit 4 Tagen Decu-
bitus. Die Geschwülste liegen im subkutanen Gewebe, sind hart, schmerzlos und
beweglich. Ihre Größe schwankt zwischen einem Hirsekorn und einem Hühnerei.
Ihre Struktur ist die der alveolaren Rundzellensarkome.
Bei einem 74jährigen Manne begann die Krankheit mit Röthung und Schwel-
lung ohne Schmerzen am rechten Handrücken vor 3 Jahren. Dann traten tief-
greifende blutig-seröse Blasen auf. Allmählich griff das Ödem auf die Vola, die
andere Hand und schließlich auf die Füße über. Der Gesundheitszustand blieb
gut, nur Abends trat gelegentlich ein Frost auf. Die Schwierigkeit der Diagnose
von Sarkomatose erhellt hieraus. Dann aber traten oberflächliche, weinrothe,
teigige, theils flache, theils runde und tiefergreifende Knoten auf, die im Laufe
der Zeit Neigung zu regressiver Involution zeigten, wobei aber der Kranke stark
abmagerte. Augenblicklich sind nur Kinn und Extremitäten befallen. An den
Händen sieht man noch die harten Odeme, kleine zerstreute Narben, breite
Streifen atrophischen Narbengewebes, kleine Blasen, einige Granulationen und
Knoten von verschiedener Größe. Spindelzellen setzen die Knoten zusammen. T.
weist auf die Verschiedenheit der Hautsarkomatosen hin. Der 1. Fall betrifft eine
primäre, multiple Sarkomatose nach dem Typus Perrin, der zweite stellt eine
primäre sarkoide hämorrhagische Geschwulst nach dem Typus Kaposi vor. Arsen
war in dem 2. Falle ohne Nutzen, vielleicht nützt es nur bei jugendlichen Indi-
viduen. Dreyer (Köln).
27) de Lapersonne et Grand. Sur un cas d’hemianopsie horizontale
inférieure d'origine traumatique.
(Presse méd. 1897. No. 29.)
Bei einem 42jährigen Zugführer, der vom Wagen geschleudert war und einen
komplieirten Schädelbruch in der Gegend des Scheitels mit ausgedehntem Blut-
erguss unter der Dura erlitten hatte, entwickelte sich im unmittelbaren Anschluss
an die Verletzung eine symmetrische horizontale untere Hemianopsie. Verff. er-
klären sich das Entstehen derselben durch Zerstörung der corticalen Herde im
Oceipitallappen. Nach der Hypothese von Munck werden die Projektionsfasern
des oberen Theiles der Netzhaut im vorderen Theil des Hinterhauptlappens, die
des unteren Theiles der Netzhaut in der hinteren Sphäre vereinigt; im vorliegen-
den Falle, wo eine untere Hemianopsie, also eine Aufhebung des Sehvermögens
im oberen Theil der Retina eintrat, wären durch den intraduralen Bluterguss die
vorderen Theile des Oceipitallappens zerstört. — Der Fall stellt einen inter-
essanten Beitrag zur Gehirnchirurgie dar, der auch eventuell zur Lokalisation
anderer Erkrankungen des Gehirns dienen kann. Tschmarke (Magdeburg).
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 539
28) o B. Bychowski. Über extra- oder epidurale, die Mittelohr-
erkrankungen komplicirende Abscesse.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.)
6 Fälle (unter 25 Trepanationen des Warzenfortsatzes) alle nach akuten Ohr-
affektionen. Außerdem entfernte B. bei einem 12jährigen Mädchen nach Scharlach
einen Sequester, der den ganzen Warzenfortsatz durchsetzte und so die Dura be-
rührte. 5 Pat. waren 29—45 Jahre alt, 2 10—12. 4mal war das linke Ohr be-
fallen, 3mal das rechte. Alle wurden geheilt (nach breiter Eröffnung).
Gückel (B. Karabulak, Saratow.)
29) Lichtwitzs. Cholestéatome volumineux du temporal.
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 6.)
Trots der relativen Häufigkeit der Cholesteatome des Schläfenbeins findet
man nur selten Fälle, wo die cholesteatomatösen Massen durch den knöchernen
Gehörgang zu Tage treten.
Von dieser Art ist der vorliegende, ausführlicher mitgetheilte Fall, der auch
sonst gewisses Interesse bietet. A. Henry (Breslau).
30) 8. Szenes, Sur les lésions traumatiques de l’organe auditif.
(Ann. des malad. de l'oreille T. XXIV. p. 34.)
Interessant ist von den 7 berichteten Fällen meist indirekter Verletzungen
namentlich Fall IV: 32jähriger Mann, nach Sturz unter einen Tramwaywagen und
Verletsung durch Hufschlag rechts Ruptur des Trommelfells und Fraktur des
Hammergriffs oberhalb seiner Mitte. Heilung des Hammers in stumpfwinkliger
Stellung, trots mehrwöchentlicher Eiterung aus dem Ohr. Allmähliche Rück-
bildung der Anfangs erheblichen Hörstörung. Keine wesentliche Labyrinthaffektion.
Kümmel (Breslau).
31) Carette. Contribution à l'étude des corps étrangers du conduit
auditif.
(Ann. des malad. de l'oreille T. XXIV. p. 123.)
Einem 33jährigen Mann war ein alter Revolver versehentlich losgegangen, sein
9 mm-Geschoss ohne Schmerz in das rechte Ohr gedrungen. Am Anfang des
Gehörganges vorn oben ein unvollkommen cirkulärer Einriss, im knöchernen
Gehörgang das Geschoss luftdicht eingekeilt, Gehör für Luft- und Knochenleitung
auf dem rechten Ohr vollständig aufgehoben; keine Störungen anderer Art. 2 Tage
später wieder Spuren von Gehörwahrnehmung. Am 3. Tage Ablösung der Ohr-
muschel und des häutigen Gehörganges und stückweise Entfernung des fest ein-
gekeilten Geschosse. Nach Abstoßung einiger gangränöser Flecken des Gehör-
gangs prompte Heilung: das Trommelfell war unverletzt geblieben. Hörschärfe
bald nach Entfernung des Geschosses erheblich herabgesetzt, stellt sich aber rasch
wieder her. Kümmel (Breslau).
32) B. Heile. Über maligne Geschwülste der Ohrmuschel.
Diss., Göttingen, 1897.
Während Carcinome der Ohrmuschel relativ häufig beobachtet worden sind,
konnte Verf. in der Litteratur im Ganzen nur 8 Fälle von Sarkom des äußeren
Ohres auffinden. Desshalb mag der neu hinzugefügte, in der Göttinger Klinik
operirte Fall kurze Erwähnung finden: Das linke Ohrläppchen des 9 Jahre alten
Knaben war in eine taubeneigroße, 'blauroth gefärbte Geschwulst verwandelt,
welche, wie die mikroskopische Untersuchung ergab, alle Charaktere eines Lympho-
sarkoms besaß. Exstirpation im Gesunden. Glatte Heilung. Sultan (Göttingen).
33) Martha. Recherches statistiques sur les polypes muqueuses des
fosses nasales dans l’enfance et chez l’adulte.
(Ann. des malad. de l'oreille 1898. No. 3.)
Auf 133 Fälle von Nasenpolypen aus den Jahren 1892—1895 nur 2 bei Kindern
von 13—15 Jahren, 9 bei solchen von 15—19; Maximum der Häufigkeit im 30. bis
540 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
50. Jahre. Auf 90 Männer kommen 43 weibliche Pat.: ein Verhältnis, das auch
für jedes einzelne Jahr der Statistik zutrifft, also wohl konstant ist. Die 2 Fälle
von Polypen bei Kindern werden kurz berichtet. Kümmel (Breslau).
34) G. Gradenigo. Sur un nouveau cas d’imperforation osseuse con-
genitales de la choane droite.
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. No. 3.)
Die relative Seltenheit der Affektion (einige 40 Fälle bisher beobachtet) ver-
anlasst Verf., über einen 18jährigen Mann zu berichten, der die Verstopfung seiner
rechten Nase erst seit 5 Jahren bemerkt hat. Vollständiger Abschluss dieser
Choane, bedingt durch eine trichterförmige Verengerung des hinteren Nasen-
abschnittes, während gegen den Nasopharynx hin eine glatte rothe Fläche an Stelle
der Choane lag. Perforation des ziemlich dünnen Septums mit einem starken
Trokar; durch dessen Hülse eine Drahtschlinge durchgeführt, mit der ein koni-
scher Tampon fest in die Öffnung hineingezogen wird. Nach 24 Stunden die Off-
nung mit Zwickzange und Messer erweitert; die Passage jetzt frei, soll aber durch
längere Zeit noch mittels der Tampons frei erhalten werden.
` Kümmel {Breslau).
35) Stetter. Beitrag zur Glossitis papillaris und tuberculosa.
(v. Langenbeok’s Archiv Bd. LVL’Hft. 2.)
S. sah in der Gegend der Papillae circumvallatae in der Zunge einige Papil-
lome der Zungenschleimhaut, einen immerhin [seltenen Befund. Eben so wenig
häufig ist die Beobachtung einer Zungentuberkulose, von der sich nicht recht ent-
scheiden lässt, ob 'sie primär oder sekundär auftrat. Zur Zeit der ersten Beob-
achtung bestanden wenigstens noch keine deutlichen Zeichen von Lungentuber-
kulose, welche später sicher nachgewiesen wurde, und an der der Pat. starb.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
36) Bidone. Angioma della glandola parotide.
(Arch. di ortoped. 1897. No. 6.)
Als Angiome der Parotis sind in der Litteratur einige Fälle beschrieben, von
denen jedoch nach B. nur einer von Hartmann (Revue de chir. 1889) diesen
Namen mit Recht verdient. Während H. eine Dilatation vorhandener Kapillaren
annimmt, verlangt B. mit Recht eine Neubildung. In seinem Falle handelte es
sich um ein Kind von 15 Monaten mit einer nussgroßen, blaurothen, leicht kom-
pressiblen Geschwulst der linken Wange. Unter starker Blutung wurde sie aus
der Substanz der Parotis losgeschält. Histologisch bot sie das typische Bild eines
subkutanen Angioms, zeigte aber hier und da noch Reste von Drüsensubstang,
E. Pagenstecher (Wiesbaden).
37) A. Souques et 8. Marinesco. Lesions de la moëlle épinière
dans un cas d’amputation congénitale des doigts.
(Presse med. 1897. No. 45.)
Verf. fanden bei einer 60jährigen Frau, welche einen angeborenen Mangel
der 3 Mittelfinger der rechten Hand aufwies, im 1. rechten Dorsal- und 8. Cer-
vicalsegment des Rückenmarks eine hochgradige Atrophie der grauen Substanz.
Speciell war die hintere Wurzel atropbisch mit interstitieller Bindegewebsproli-
feration. Die Kollateralbahnen zu den motorischen Zellen des Vorderhorns waren
weniger zahlreich auf der Seite der Amputation. Die vorderen Wurzeln waren
ebenfalls atrophisch, aber ohne interstitielle Proliferation. Im Vorderhorn der
grauen Substanz waren die Veränderungen mit unbewaffnetem Auge zu erkennen,
weniger scharf abgegrenzt und blass. Die mittlere Gruppe der motorischen Zellen
war vollständig geschwunden, die äußere seitliche schwächer ausgebildet. Die
sensitiv-motorische Innervation der Finger hat also ihr Centrum in der Höhe des
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 541
1. dorsalen und 8. cervicalen Segments der grauen Substanz des Rückenmarks.
Eine gute Abbildung veranschaulicht die histologischen Verhältnisse des Quer-
schnitts. 5 Tschmarke (Magdeburg).
38) N. Smith. Forced reduction of lateral curvature of the spine.
(Brit. med. journ. 1898. Januar 8.)
S. hat in einem Falle von hochgradiger seitlicher Verkrümmung der Wirbel-
säule bei einem 17jährigen jungen Manne durch gewaltsame Reduktion in meh-
reren Sitsungen (ohne Narkose) in kurzer Zeit eine beachtenswerthe Besserung
erzielt. Der jeweils erreichte Erfolg wurde in den Intervallen durch einen Stütz-
apparat festgehalten. Durch 2 beigefügte Photographien wird der Erfolg recht
gut illustrirt. F. Krumm (Karlsruhe).
39) Krecke (München). Über Struma intrathoracica.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 8.)
In dem mitgetheilten Falle fanden sich von den Zeichen des intrathoracischen
Kropfes Athembeschwerden, geringe Kropfgeschwulst am Halse, Pulsation der-
selben, Druckgefühl in der oberen Brustpartie, Vorwölbung des entsprechenden
Brustabschnittes, Dämpfung an dieser Stelle, Rekurrenslähmung, seitliche Ver-
drängung und Abplattung des tiefstehenden Kehlkopfes und der Luftröhre, Er-
weiterung der Venen an der vorderen Brustwand; nicht vorhanden waren Symptome
von Seiten des Sympathicus, Veränderungen des Pulses an den entsprechenden
Arterien. — Erfolgreiche Enukleation der cystischen Geschwulst aus der Kropf-
kapsel nach Ligatur der Thyreoidea sup. unter Infiltrationsanästhesie; Tamponade
der Wundhöhle; Sekundärnaht. Glatte Heilung. Kramer (Glogau).
40) v. Hofmann. Vier Fälle von Strumametastasen im Knochen.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 46.)
Der 1. Fall betraf eine 69jährige Frau mit Fractura colli fem. et humeri sin.
Tod an Bronchopneumonie. Die Sektion wies ein bis dahin nicht bemerktes
Adenocarcinom der Schilddrüse mit Metastasen in der Lunge und dem linken
Humerus nach. Im Bereich dieser faustgroßen, schon makroskopisch als Schild-
drüsengewebe imponirenden Geschwulst war der Knochen gebrochen. Im Bereich
der Schenkelhalsfraktur keine Geschwulst.
Im 2. Falle handelte es sich um das seltene Vorkommen einer solchen Kom-
plikation bei einer Frau im Alter von 26 Jahren. Die Metastasen waren hier im
Jochbein lokalisirt. Exstirpation der Metastasen, 4 Wochen später des Kropfes.
Mikroskopische Untersuchung ergab auch hier Adenocarcinom für beide Ge-
schwülste.
Im 3. Falle war bei der 43jährigen Pat. die Metastase im Schulterblatt loka-
lisirt. Erst eine 2malige Operation (zuletzt totale Exstirpation des Schulterblattes
unter Zurücklassung des Proc. coracoideus und des Akromion) führte zur dauernden
lokalen Heilung. Vor dem Auftreten der Knochengeschwulst war von Albert ein
Kropfknoten intrakapsulär enukleirt worden mit partieller Entfernung der Kapsel
wegen Verdacht auf Bösartigkeit. Die mikroskopische Untersuchung des Kropf-
knotens ergab keine Anzeichen von Bösartigkeit, die der Knochengeschwulst
Adenom der Schilddrüse. Pat. ging außerhalb des Krankenhauses 4 Jahre später
unter Erscheinungen von Anschwellung des Kropfes zu Grunde, so dass v. H.
den Tod auf Rechnung der Struma maligna setzen zu müssen glaubt.
Der 4. Fall (56jähriger Pat.) bietet dadurch ein besonderes Interesse, dass das
Foramen ovale offen geblieben war. Nach Ansicht von Hinterstoisser können
die Kropfmetastasen auf diese Weise in den großen Kreislauf gelangen. Hier-
durch erklärt v. H. auch die rasche und massenhafte Entwicklung der Metastasen,
die in der Lunge, Myokard, Nieren und im rechten Os ilei in großer Anzahl auf-
getreten waren. Die primäre Geschwulst betraf den rechten Lappen der Schild-
drüse und reichte bis unmittelbar an die Wirbelsäule. In diesem Falle handelte
es sich um ein Sarcoma fibrocellulare.
542 „Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
Im 1.und 4. Falle wurde nicht operirt, in den beiden anderen nur die Knoten
enukleirt. Hübener (Breslau).
41) C. Goebel. Über eine Geschwulst von schilddrüsenartigem Bau
im Femur.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 348.)
Der Fall, aus der Greifswalder Klinik stammend, betrifft eine 54jährige Frau,
die vor 21/3 Jahren den rechten Oberschenkel im unteren Theile gebrochen hatte.
Der Bruch heilte, doch brach der Schenkel "bh Jahr später nochmals an derselben
Stelle, um jetzt nicht wieder zu konsolidiren. Die mit Schmersen verbundene
nun eingetretene Pseudarthrose führte Pat. in die Klinik, wo ein Probeschnitt in
die kranke Stelle weiche, sarkomähnliche Geschwulstmassen hervorquellen ließ,
und desshalb die Oberschenkelezartikulation ausgeführt wurde. G. liefert die
genaue histologische Beschreibung der Geschwulst. Hinsichtlich der Details der-
selben ist auf das Original zu verweisen. Hier genügt der Bericht, dass die Ge-
schwulst als kropfartig gebaut gefunden wurde. Wahrscheinlich handelte es sich
um eine weiche Kropfmetastase, die, möglicherweise schon in ihren ersten An-
fängen vor der 1. Fraktur vorhanden, diese vermittelte. (Pat. hatte einen mäßig
großen, beiderseits entwickelten Kropf von ziemlich fester Konsistenz, seit cirka
30 Jahren.) A
An den eigenen Fall fügt Verf. die Zusammenstellung der bislang publicirten
Parallelfällee Es sind im Ganzen 11 operirte und 4 palliativ behandelte.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
42) F. T. Paul. A fatal case of thyroidectomy.
(Brit. med. journ, 1898. Januar 1.)
Bei einem 15jährigen Mädchen fmit doppelseitigem parenchymatösem Kropf
wurde der linke Lappen und der Isthmus exstirpirt. Die Operation verlief rasch
und normal. Schon in der folgenden Nacht bildete sich aber ein Zustand von
Ruhelosigkeit und Hustenanfällen unter Anstieg von Temperatur und Puls aus,
der trotz Zufuhr von Reizmitteln etc. bedenklich wurde. — Der Puls wurde un-
zählbar, Temperatur und Athmungsfrequenz stiegen immer mehr an; dabei zeigte
sich die Wunde von gutem und normalem Aussehen. — 21 Tage "nach der Ope-
ration starb Pat. unter Zunahme der Erscheinungen.
In einem 2. Falle, in dem wegen Basedow’scher Krankheit ein Kropf der
rechten Seite exstirpirt wurde, entwickelte sich ganz dasselbe Bild. Auch hier
war die Wunde in völlig reaktionslosem Zustand, zeigte nur etwas wässriges Se-
kret; durch offene Wundbehandlung und häufigen Verbandwechsel wurde hier die
Gefahr beseitigt.
P. ist der Ansicht, dass die Krankheitserscheinungen durch Resorption von
Thyreoideasekret hervorgerufen werden und eine Art von Thyroidismus darstellen,
der begünstigt wird durch Drücken des Drüsenlappens bei der Operation und nicht
Abbinden des Isthmus. P. empfiehlt zur Vermeidung sarte, sorgfältige Behand-
lung der zu exstirpirenden Drüse, frühzeitiges Abbinden des Isthmus. Bei den
geringsten Anzeichen der ;Vergiftung — Eröffnung der Operationswunde, Aus-
spülung und offene Wundbehandlung. F. Krumm (Karlsruhe).
43) A. Gouguenheim et J. Dutertre. La diphthérie en 1897 au pa-
villon Davaine.
(Ann, des malad. de l'oreille 1898. No. 3.)
Von 151 im Isolirpavillon aufgenommenen Pat. (nur erwachsene weibliche!)
fanden sich bei 98 »Löffler’sche Bacillens, immer in Verbindung mit anderen
Organismen. Ein Fall, der sich nachher als Scharlach herausstellte, hatte Lö ff-
ler’sche Bacillen und Streptokokken. — Hauptsächlich spricht der Aufsatz über
die »langen« und »kurzen oder mittleren Löffler’schen Bacillen«; die Autoren
halten auch die letzteren, in Deutschland wohl zumeist als Pseudodiphtheriebacillen
Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 543
angesehenen Organismen für echte, wenn auch sehr wenig virulente Diphtherie-
bacillen. Die höchst geringfügige Viruleng wird durch einige 'Thierexperimente
bestätigt; die Lieferanten der kurzen Bacillen haben aber zum Theil sehr schwere
klinische Erscheinungen gehabt. Verf. denken desswegen an eine besondere Dis-
position dieser Individuen. Kümmel (Breslau).
44) Koschier. Beitrag zur Kenntnis der Trachealtumoren.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 46.)
41jährige Pat. leidet seit 3/4 Jahr an Husten, Auswurf und Athembeschwerden,
die ständig sunahmen. Expektoration schließlich sehr erschwert. Zunehmende
Athemnoth und Abmagerung führten die Pat. in die Stoerk’sche Klinik. Der
Allgemeinbefund ergab nichts Pathologisches, der laryngoskopische folgendes Bild:
Nase, Rachen, Kehlkopf völlig normal. In der Luftröhre unmittelbar unter
dem 4. Trachealring eine breitbasig auf dem rechten hinteren Segment der Tra-
chealwand aufsitsende Geschwulst von glatter Oberfläche und blassröthlicher Farbe,
die die Lichtung bis auf eine schmale Spalte vollständig verschließt. Sie wurde
mit der galvanokaustischen Schlinge entfernt, ihr Durchmesser betrug 9 mm, Kon-
sistenz war hart. Eine starke Blutung stand auf protrahirte kalte Alauninhala-
tionen. Nun konnte man eine 2., noch etwas größere Geschwulst von derselben
Beschaffenheit in der Höhe des 6. Trachealringes erblicken, die am folgenden
Tage in derselben Weise entfernt wurde, und deren Durchmesser 11 mm betrug.
Die Insertionsstelle beider Geschwülste wurde mit Galvanokauter verschorft. An-
standslose Heilung. Die mikroskopische Untersuchung ergab ein Endotheliom,
welches wahrscheinlich von den Lymphgefäßen ausgegangen war.
Hübener (Breslau).
45) C. F. Wightman. Report of a case of hernia of the lung, with
remarks.
(Brit. med. journ. 1899. Februar 5.)
W. berichtet über folgenden räthselhaften Fall von »Lungenhernies: Ein 41-
jähriger Mann, Posaunenbläser, fühlte, ohne dass ein Trauma vorhergegangen,
plötzlich einen stechenden Schmerz im Rücken, der ihn zwang, das Bett aufzu-
suchen. Kein Husten, kein Blutspeien, kein Erbrechen, aber Fortbestehen des
ursprünglichen Schmerzes. Bei der Untersuchung fand sich eine ungefähr 31/3 Zoll
lange, 2 Zoll breite Schwellung in der Höhe des 7.—8. Processus spinosus der
Brustwirbelsäule, ca. 11/, cm nach links vom Dornfortsats. Die Geschwulst war
beweglich, schmerzhaft, gelappt, zeigte einen deutlichen Rand, der unter den
Fingern hin und. her schlüpfte.
In Chloroformnarkose wurde die Geschwulst, die unter dem M. trapezius und
Ereetor spinae ihren Sitz hatte, freigelegt. Dieselbe sah aus wie der freie Lungen-
rand, hatte eine schmutzig-braune Farbe und war gelappt. Die Geschwulst wurde
ringsherum freigemacht, ohne dass eine Kommunikation mit der Brusthöhle oder
eine Öffnung in der Thoraxwand gefunden werden konnte (!). Sie war völlig ab-
gegrenzt und mit einer dünnen glänzenden Membran bedeckt; bei Druck kein
Konistern. Die Heilung war eine ungestörte, die Schmerzen verschwanden jedoch
nicht.
Die mikroskopische Untersuchung der Geschwulst ergab kollabirtes normales
Lungengewebe.
Der Verf. unterscheidet traumatische, angeborene und spontane Lungenbrüche,
für welch letztere er als Ursache der Entstehuug starkes oder lange fortgesetztes
Pressen und Drücken, z. B. beim Husten, bei der Geburt, beim Spielen eines
Blasinstruments anführt.
Bei dem referirten ‘Falle 'glaubt Verf. das Posaunenblasen als Ursache der
I ungenhernie anschuldigen zu dürfen. Eine weitere Erklärung, insbesondere über
die merkwürdige Thatsache, dass sich das eingeklemmte Lungenstück völlig von
der Lunge losgetrennt haben soll, giebt W. nicht. F. Krumm (Karlsruhe).
544 Centralblatt für Chirurgie. No. 20.
46) W. K. Mlodzejewski. Ein Fall von Endotheliom der Pleura und
des Perikards.
(Medieinskoje Obosrenje 1898. No. 2.)
Eine 32jährige Bäuerin überstand vor 3 Wochen eine fibrindse Pneumonie,
wonach Schwäche und Husten nicht vergingen. Auf der ganzen linken Seite der
Brust Dämpfung, die oben tiefer ist alsim Traube’schen Raum. Herz und Mils
wenig verdrängt. Athemgeräusche abgeschwächt, eben so Fremitus pectoralis.
Probepunktion: seröse Flüssigkeit. Man nahm eine Geschwulst und unbedeuten-
des seröses Exsudat an. Nach 3 Tagen werden 850 cem Exsudat entleert; 10 Tage
darauf rasche Vergrößerung des Exsudats, Athemnoth. Entleerung von 1650 cem
reiner Flüssigkeit. 3 Tage später etwas Blut im Auswurf, nach weiteren 3 Tagen
wieder plötzliche Verschlimmerung, neues Ansammeln von Flüssigkeit. Es werden
2100 ccm entleert, dies Mal stark mit Blut vermischt. Nach einigen Tagen neue
Verschlimmerung und Tod 6 Wochen nach Aufnahme ins Krankenhaus. Sektion:
Linke Pleura verdickt, Lunge susammengedrückt; der parietale Theil des Peri-
kards verdickt. Keine Geschwulstknoten an der Pleura oder dem Perikard. Vor-
dere und hintere Mediastinaldrüsen hart, weiß. Mikroskopische Diagnose: von
den inneren Pleuraschichten ausgehendes Endotheliom, das sich am Perikard mehr
herdweise ausbreitet.
In der Litteratur der letzten 10 Jahre fand M. nur einen ähnlichen Fall von
Krupetzki (Medicina 1896 No. 40 [russ.]): der 28jährige Pat. ist seit 4 Mo-
naten krank, erst Husten, dann vor einem Monat plötzliches Ansammeln von
blutigem Exsudat. Sektion: Riesenzellensarkom der linken Pleura costalis und
diaphragmatica, theils diffus, theils in Form von Knoten. In der Pleura pulmo-
nalis ähnliche Knoten, doch in geringerer Anzahl. Linke Bronchialdrüsen sarko-
matös entartet, scheinen der Ausgangspunkt gewesen zu sein. — Als primäre
Pleurageschwulst gehört M.’s Fall zu den Seltenheiten. Interessant waren das
lange Fehlen (bis 3 Wochen vor dem Tod) von Blut im Transsudat und das
Fehlen von Reiben in Pleura und Perikard. @liokel (B. Karabulak, Saratow).
47) U. Bose. Sarkom des Sternum.
(Policlinico 1897. Oktober 1.)
Das Leiden ist [relativ selten, die Diagnose nicht immer ganz leicht. Verf.
stellt die bisher veröffentlichten Fälle zusammen, um sodann einen eigenen zu
beschreiben: Ein 16jähriges Mädchen leidet seit 9 Monaten an Schmerzen in der
Brustbeingegend und einer allmählich wachsenden Geschwulst daselbst. Die
letztere hatte bei der Aufnahme in die Klinik einen Durchmesser von 10 om, die
Konsistens war im Centrum weich, in der Peripherie knochenhart. Pat. war sehr
schwach und anämisch; es bestanden harte Anschwellungen der Supraclavicular-
drüsen; Athemnoth. Eine palliative Behandlung mit Leberthran, Eisen und Jod-
kali brachte vorübergehende Besserung des Allgemeinbefindens; 3 Monate nach
dem Verlassen der Klinik starb die Kranke. In der Ätiologie dieser Sarkome
scheint das Trauma eine erhebliche Rolle zu spielen.
H. Bartsch (Heidelberg).
48) Coley. Carcinoma of the breast with a round celled sarcoma in
the submaxillary region in the same individual.
(Annals of surgery 1898. Januar.)
Das Interesse an dem mitgetheilten Falle beruht in dem gleichzeitigen Vor-
kommen der genannten Geschwulstarten an demselben Individuum. Die klinische
Diagnose wurde durch mikroskopische Untersuchung erhärtet.
Tietze (Breslau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separstsbdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
===
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
d
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
E
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 21. Sonnabend, den 28. Mai. 1898.
Inhalt; I. 6. Reinbach, Zur Chemie des Colloids der Kröpfe. — II. G. Lotheissen,
Zur Radikaloperation der Schenkelhernien. (Original-Mittheilungen.)
1) Schleich, 2) and 3) Briegleb, Infiltrationsanästhesie. — 2 Welgand, Cocainvergiftung.
— 5) Barjon, 6) Buguet und Gascard, 7) Perrée, 8) Gocht, A Appunu, 10) Oberst,
11) Jankau, 12) Cowl, Röntgendurchleuchtung. — 13) Jordan, 14) Henie, Tuberkulose.
— 15) Schmidt, Harnröhrenstrikturen. — 16) @rosglik, Nierenblatung. — 17) Finger
und Sänger, Sterilität beim Mann. — 18) Gabryszewskl, Lipome des Samenstranges.
19) Siedentopf und Geroulanus, 20) Gasur und Londe, Röntgenstrahlen. — 21) Loew,
Posttyphöse Eiterung. — 22) Sendler, Gelenktuberkulose. — 23) Fort, Elektrolyse bei
Stenosen. — 24) Honsell, Strumitis. — 25) Jaboulay, 26) Chauffard und Qu6nu, 27) Jon-
nosco, 28) Görard-Marchant und Abadie, 29) Cerkez und Juvara, Basedow. — 30) Briquet,
Myxödem. — 31) Crostl, Urethrotomie. — 32) Jaswitzki, 33) Treuberg, Harnröhrensteine.
— 34) Filatow, Blasensteine. — 35) Frank, Hämatarie. — 36) Kedrowski, Cystitis
emphysematosa. — 37) Kelly, Cystoskop. — 38) Winslow, 39) Haushalter und Jacques,
40) Mikule, Harnleiteraffektionen. — 41) Bangs, Nierentuberkulose. — 42) Fenwick,
Nierensteine. — 43) Gaston, Tuberkulose des Penis. — 44) Porges, Hodengeschwulst
und Lipom des Samenstranges. — 45) Buschl, Klinischer Bericht.
(Aus dem chemischen Laboratorium des physiologischen Instituts und
der chirurgischen Klinik zu Breslau.)
I, Zur Chemie des Colloids der Kröpfe,
Von
Dr. Georg Reinbach,
Assistenzarzt der kgl. chirurgischen Klinik.
Die Frage, in welcher Beziehung das Colloid der Kröpfe zu
demjenigen der normalen Schilddrüsen jugendlicher Individuen steht,
wird immer noch von verschiedenen Autoren verschieden beantwortet.
In einer vor mehreren Jahren aus Ziegler’s Institut hervorgegange-
nen Arbeit suchte ich den histologischen Nachweis zu führen, dass
es sich im Gegensatz zu dem Colloid normaler Drüsen, welches ein
Sekret darstellt, bei dem Kropfcolloid im Wesentlichen um ein
Degenerationsprodukt handelt. Diese Anschauung, von deren
Richtigkeit ich auch nach späteren Untersuchungen noch überzeugt
21
546 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
bin, wird von einer Reihe von Forschern nicht getheilt; dieselben
sehen in dem Kropfcolloid nichts weiter als ein in besonders reichem
Maß gebildetes Sekret.
In der Hoffnung, dass es vielleicht gelingen werde, durch che-
mische Untersuchungen eine Entscheidung des strittigen Punktes
herbeizuführen und in der Meinung, dass der Versuch berechtigt sei,
auf diesem Weg ein näheres Verständnis für den noch wenig präcisen
Begriff »Colloid« überhaupt zu gewinnen, habe ich mich mit der
Chemie des Kropfcolloids beschäftigt.
Seit über Jahresfrist bin ich Dank der Güte meines hochverehrten
Chefs, des Herrn Geheimraths v. Mikulicz, in der Lage, das Kropf-
material sowohl der königlichen wie der Privatklinik für diese
Arbeiten benutzen zu dürfen. Dieselben sind sämmtlich in dem
chemischen Laboratorium des physiologischen Instituts zu Breslau
unter der Leitung des Herrn Prof. Röhmann ausgeführt worden,
welchem ich für die beständige gütige Unterstützung und Beleh-
rung zu aufrichtigttem Dank verpflichtet bin. Zu der vorliegen-
den Mittheilung, welche nur kurz die Resultate meiner bisherigen
Untersuchungen anführen soll, sehe ich mich veranlasst, weil ich
glaube, dass die Kenntnis der angewandten Methode und die Ergeb-
nisse auch für andere Autoren fruchtbringend sein können.
Ein frisch exstirpirter Colloidkropf, durch die Fleischmaschine
zerkleinert, liefert in einer Flüssigkeit einen Gewebsbrei, welcher
unter anderen die colloiden Massen enthält; die Flüssigkeit reagirt
schwach alkalisch. Extrahirt man diesen Brei in der Kälte mit
Wasser, so erhält man eine durch Blutfarbstoff röthlich gefärbte
Flüssigkeit, welche, mit 10%iger Salzsäure 2 Stunden gekocht, ent-
eiweißt, Kupferoxyd in alkalischer Lösung reducirt. Es ist
also im menschlichen Colloidkropf eine in Wasser lösliche Substanz
enthalten, aus welcher sich beim Kochen mit starken Säuren eine
reducirende Substanz abspaltet.
Neutralisirt man das ursprüngliche, alkalisch reagirende Wasser-
extrakt des Kropfes mit (un Normalsalzsäure, so tritt eine Trübung
ein, welche sich bei weiterem Zusatz der Säure in einen fein-
flockigen Niederschlag verwandelt. Derselbe wird centrifugirt,
durch 2mal wiederholte Lösung in !/,, Normalammoniak mit darauf
folgender Fällung durch (in Normalessigsäure gereinigt und liefert,
mit Alkohol und Äther behandelt, ein fleischfarbenes Pulver.
Es lässt sich nachweisen, dass die in den Kröpfen vorhandene,
durch Säuren abspaltbare, reducirende Substanz lediglich in den
Niederschlag übergeht; im Filtrat ist sie nicht mehr zu finden. Da
aun allen colloiden Substanzen die Eigenschaft zukommt, eine redu-
cirende Substanz zu liefern, so wollen wir jenes Pulver als Kropf-
colloid (im chemischen Sinne) bezeichnen, ohne damit behaupten
zu wollen, dass es ein einheitlicher Körper ist.
Eine Probe des Colloidpulvers, mit wenigen Tropfen dünner
Ammoniaklösung versetzt, quillt zu einer gelblichen, gallertigen, zähen
Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 547
Masse auf, welche lebhaft an die colloiden Massen erinnert, die auf
der Schnittfläche einer frischen Struma colloides sichtbar sind. Ge-
legentlich zahlreicher Jodbestimmungen menschlicher Kröpfe, die ich
ausführte, wurde auch das Colloidpulver als stark jodhaltig ge-
funden. Das Resultat ist durch wiederholte Kontrolluntersuchungen
anderer jodfreier Substanzen als einwandsfrei zu betrachten. Im
Übrigen besteht nach meinen Erfahrungen kein Parallelismus
zwischen dem Colloidreichthum eines Kropfes und seinem Jod-
gehalt.
Von ganz besonderem Interesse war es, die reducirende Sub-
stanz näher zu untersuchen. Kocht man eine Probe des Colloid-
pulvers mit 10 %iger Salzsäure 2 Stunden lang, neutralisirt vorsichtig
mit Natronlauge, dampft dann die wieder schwach angesäuerte Lösung
ein und extrahirt mit Alkohol, in welchen die reducirende Substanz
übergeht, so erhält man schließlich einen Alkoholrückstand, welcher,
in Wasser gelöst, die reducirende Substanz birgt. Aus dieser
Lösung lassen sich mit essigsaurem Phenylhydrazin Kry-
stalle darstellen, welche aus feinen, zu Büscheln oder zu
Rosetten angeordneten, gelben Nadeln bestehen.
Die Reinigung dieser Krystalle von den sich mit ihnen bilden-
den Schmieren machte große Schwierigkeiten. Schließlich gelang
es, im Wesentlichen durch Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol,
die Krystalle chemisch rein darzustellen, so dass der Schmelzpunkt
nach mehrmaligem Umkrystallisiren konstant blieb. Das chemisch
reine Osazon schmilzt bei 193° unter Zersetzung. Dieser aus
Kröpfen zum ersten Mal dargestellte Körper stimmt auch sonst mit
keinem der bekannten Osazone überein, speciell ist er sicherlich von
dem Notkin’schen Osazon, welches aus normalen Schilddrüsen ge-
wonnen wurde (Schmelzpunkt 160°, so wie demjenigen, welches
Blumenthal aus den Nucleoalbuminen auch der Glandula thyreoidea
darstellen konnte (Pentosazon vom Schmelzpunkt 153—158°) different;
seinem Schmelzpunkt nach am nächsten steht das Müller’sche
Mucosazon (Schmelzpunkt 198°. Ich möchte die Substanz zunächst
als Strumosazon bezeichnen, vorbehaltlich einer nach erfolgter
Analyse möglichen, mehr die Konstitution berücksichtigenden Ände-
rung dieses Namens.
Die Darstellung des Strumosazons aus Colloidkröpfen kann auch
ohne Vermittlung des Colloidpulvers direkt durch Kochen der zer-
kleinerten Drüsenmasse mit Salzsäure erfolgen.
In allen Fällen von Colloidkropf wurde die reducirende Substanz
gefunden, jedoch gelang es nicht stets, genügend große Mengen des
Osazons, dessen Ausbeute noch sehr gering ist, darzustellen, um die
Identität der Osazone in allen Fällen sicher festzustellen.
Über die Beziehungen zwischen dem Bau des Kropfes und dem
Vorkommen der reducirenden Substanz müssen weitere Untersuchun-
gen Aufklärung schaffen; ich habe über einen interessanten Befund
in dieser Richtung zu referiren. Bei einem frisch exstirpirten Kropf-
21*
548 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
knoten trennte ich mechanisch sorgfältig das eigentliche centrale
Adenom vom Umhüllungsgewebe; das erstere enthielt keine
reducirende Substanz, das letztere ergab starke Reduktion.
Die sehr nahe liegende Frage, ob der in menschlichen Kröpfen
gefundene Stoff auch in normalen Schilddrüsen zu finden sei, oder
ob eine Differenz zwischen dem Kropf- und Schilddrüsencolloid auch
in chemischer Hinsicht bestände, suchte ich zunächst durch die Unter-
suchung frischer thierischer Schilddrüsen (Kalb) zu lösen. Wieder-
holt wurde in Mengen von je 125—150 g sorgfältig rein präparirter
Drüse keine Spur einer reducirenden Substanz gefunden, 2mal
Spuren einer Reduktion; jedoch will ich hieraus noch nicht den
Schluss ziehen, dass die oben beschriebene, aus Kröpfen dargestellte
Substanz in normalen Schilddrüsen nicht enthalten sei.
Die Untersuchungen werden fortgesetzt.
II. Zur Radikaloperation der Schenkelhernien.
Von
Dr. Georg Lotheissen,
Assistent an Prof. v. Hacker’s Klinik in Innsbruck.
Die Radikaloperation der Schenkelhernien ist beim Publikum
noch lange nicht so beliebt, wie die der Leistenhernien. Und doch
wäre sie gerade hier am Platz, weil die anatomischen Verhältnisse,
der enge Kanal, durch den die Hernie hervortritt, es mit sich bringen,
dass es hier besonders leicht zu Incarceration kommt. Man hat daher,
seitdem überhaupt die Radikaloperationen der Hernien häufiger aus-
geführt werden, auch für die Schenkelbrüche verschiedene Methoden
zum dauernden Verschluss angegeben, die alle mit größeren oder
geringeren Modifikationen (Bassini, Fabricius, Kocher u. A. m.)
eine Vernähung des Schenkelkanals darstellen. Da hier aber stets
nur ein fibröser Abschluss erzielt wird, der eher nachgeben kann,
als ein muskulärer, und man in der That nicht selten danach Reci-
dive auftreten sieht, möchte ich an dieser Stelle eine Methode be-
schreiben, mit der wir jetzt schon in einer Reihe von Fällen recht
schöne Resultate hatten.
Im Mai 1897 wollte ich bei einer 45jährigen Frau wegen einer
recidiven Inguinalhernie, die außerhalb der Klinik bereits 2mal operirt
worden war, die Radikaloperation nach Bassini ausführen. Bei der
Excision der Narbe musste ein Theil des Poupart’schen Bandes ge-
opfert werden, der typische Verschluss nach Bassini war daher nicht
mehr möglich. Ich nähte desshalb die Muskulatur an das Periost
des horizontalen Schambeinastes, das sogenannte Ligamentum Cooperi,
an; dies gelang überraschend leicht. Da der Effekt sehr gut war,
verwendete ich diesen Verschluss in der Folge auch zur Radikal-
operation der Cruralhernien. Wie mir mein Freund, Prof. Narath
Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 549
in Utrecht, mittheilt, wurde auch er durch die Verhältnisse zum
gleichen Verfahren geführt und hat damit ebenfalls guten Erfolg
gehabt.
Der Hautschnitt wird direkt über dem Poupart’schen Bande
gemacht, dann die Fascie des Musc. obliq. ext. etwa 1—2 mm ober-
halb dieses Ligaments gespalten, wobei man selbstverständlich in den
äußeren Leistenring kommt. Hat man gleichzeitig eine Inguinal-
hernie derselben Seite, so isolirt man den Bruchsack und trägt ihn
ab wie beim Bassini’schen Verfahren. Das Isoliren des cruralen
Bruchsacks kann man von oben her vornehmen, man kann aber
auch, zumal wenn festere Verwachsungen bestehen, unterhalb des
Poupart’schen Bandes den Bruchsack isoliren, abbinden und nun
den Stumpf nach oben schieben. Man drängt ihn so weit nach oben,
bis man das Periost des horizontalen Schambeinastes (Lig. Cooperi)
deutlich sieht.
Nun legt man die Muskelnähte, etwa 4—5, an. Wir nehmen
dazu halbkreisföormige Trokarnadeln und starke Seide. Die Nadeln
werden medial eingestochen und unter Leitung eines unter der
Muskelschicht liegenden Fingers innerhalb des Muskelfleisches vor-
geschoben bis an den freien lateralen Rand, wo sie ausgefädelt
werden. Die beiden Fadenenden werden einstweilen mit Schieber-
pincetten gefasst.
Liegen diese Muskelnähte, so kommt der schwierigste Akt, das
Durchziehen durch das Lig. Cooperi.
Um mehr Raum zu gewinnen, wird, wie bei dem Verfahren von
Fabricius, die Vena femoralis etwas frei gemacht und mit einem
stumpfen Haken lateralwärts gezogen. Nun werden mit einer ge-
stielten Nadel, die stark gekrümmt ist, Fadenschlingen am Ligam.
Cooperi angelegt, die dazu bestimmt sind, die Fäden der Muskel-
naht hier durchzuziehen, wie es bei der Fergusson’schen
Gaumennaht gemacht wird. Erst wenn alle Nähte liegen, soll ge-
knüpft werden. Am besten ist es, medial anzufangen, wo die Span-
nung am geringsten ist, und nach außen vorzuschreiten. Ist die
letzte Naht geschlossen, so wird der die Vene haltende Haken ent-
fernt. Zur Sicherheit kann man nun noch oberhalb eine Naht
zwischen Muskel und Poupart’schem Band anlegen. Dies empfiehlt
sich besonders bei Männern, wo der Samenstrang nunmehr gerade
über der Vene austritt und durch diese Naht wie in einen Sphinkter
gefasst wird.
Nun wird die Fascia obliqua wieder vernäht, dann folgt die
Hautnaht. Im Anfang hefteten wir auch das Poupart’sche Band
mit einigen Stichen an das Schambeinperiost, doch haben wir dies
aufgegeben, da es nicht nöthig ist, und da durch die zahlreichen
Nähte leicht Nekrose an dem Lig. Cooperi entstehen könnte.
Nothwendig ist ein guter Kompressivverband, am besten mit
einem dicken Gaze- oder Wattebausch, der an die Stelle der ehemals
bestandenen Hernie angedrückt wird. So wird Sekretansammlung
550 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
verhindert und eine völlige Heilung per primam ermöglicht. Übrigens
haben wir in einem Falle (eine alte Frau, die ihren Verband stets
mit Urin durchtränkte und an Acnepusteln litt) starke Eiterung ge-
habt, so dass die Haut- und Fasciennaht ganz geöffnet werden musste;
der muskuläre Verschluss blieb aber intakt, wie wir auch bei den
wenigen Fällen von nach Bassini operirten Inguinalhernien, welche
vereiterten, niemals bemerken konnten, dass die Muskelnaht selbst
dadurch ergriffen wurde.
Der Erfolg nach der Heilung ist sehr schön; man sieht, wenn
die Pat. husten, keine Vorwölbung, sondern, weil sich der am
Knochen fixirte Muskel kontrahirt, eine leichte Einziehung. Nach
7—8 Tagen werden die Hautnähte entfernt zugleich mit dem primären
Verband; am 9. oder 10. Tage lassen wir die Kranken aufstehen,
und nach 14 Tagen gehen sie nach Hause mit der \Veisung, sich
noch durch etwa 3 Wochen schwerer Arbeit zu enthalten.
Wir haben dieses Verfahren bisher in 12 Fällen angewendet;
davon betrafen 7 Männer; (mal war die Hernie bilateral. Die Ver-
lagerung des Samenstrangs machten wir immer analog der Bassini-
schen Methode für Inguinalhernien nach oben; man könnte aber ev.
den Funiculus auch unten herausleiten, wie bei der Methode Ferrari’s.
In einem weiteren Falle handelte es sich um tuberkulöse Lymph-
drüsenpackete bei einer Frau, die von außen durch den Schenkelring
hindurch bis ans Peritoneum reichten. Da nach deren Exstirpation
eine Disposition für einen Schenkelbruch zurückgeblieben wäre,
machte Herr Prof. v. Hacker prophylaktisch den Verschluss durch
eine Muskelnaht in der angegebenen Weise. (Das wäre der 13. Fall.)
Recidive haben wir nicht gesehen {speciell nicht bei einem Pat.,
der vorher schon einmal nach Fabricius operirt wurde und schon
nach 4 Wochen an der gleichen Stelle einen Schenkelbruch aufwies).
Allerdings ist seit den ersten Operationen erst ein Jahr verflossen.
1) Schleich. Schmerzlose Operationen. Örtliche Betäubung
mit indifferenten Flüssigkeiten. Psychophysik des natür-
lichen und künstlichen Schlafes. III. verbesserte und ver-
mehrte Auflage.
Berlin, @. Springer, 1898. 216 8.
Die Thatsache, dass das Buch des Verf. schon die 3. Auflage
erlebt hat, ist ein Beweis, dass seine Methode der Infiltrations-
anästhesie mehr und mehr Anklang, Nachahmer und Anhänger ge-
funden hat. Verf. hat dieselbe Eintheilung beibehalten, wie in der
ersten Auflage, so dass auch jetzt noch dasselbe gilt, was der Ref.
im Centralblatt 1894 No. 43 über den ersten Theil gesagt hat. Was
die scharfe Polemik des Verf. anbetrifft, so hat das Buch leider keine
Verbesserung erfahren. Auf die sehr zweifelhaften theoretischen
Auseinandersetzungen S.’s über den physiologischen Schlaf und den
Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 551
Schlaf in Narkose, welche wohl als geistreiche Hypothesen bezeich-
net werden können, ist keine Veranlassung, hier näher einzugehen.
Über die lokale Anästhesirung sind aber allmählich, auch von
sehr berufener Stelle aus, so viel anerkennende und ermuthigende
Stimmen laut geworden, dass man den Verf. zu diesem Erfolg nur
beglückwünschen kann, zumal Anfangs die Stimmung nicht ganz
ohne seine Schuld gegen ihn zu sein schien. Jetzt wird bald kein
Arzt oder Chirurg mehr umhin können, sich mit der Methode ver-
traut zu machen. Die Technik im Einzelnen muss sich freilich Jeder
erst aneignen. Es ist daher Jedem, der noch keine Versuche mit
der Infiltrationsanästhesie gemacht hat, solche aber anstellen will,
zu rathen, ja die vom Verf. klar und anschaulich geschilderte Technik
zu studiren.
In einer weiteren Auflage wird wobl auch der Besprechung der
sogenannten regionären Anästhesie, wie sie von Oberst und neuer-
dings von Manz mit gutem Erfolg ausgeführt worden ist, etwas
Raum gegönnt werden!
Auffallend erscheint es dem Ref., dass noch von keiner anderen
Seite Versuche mit dem Narkosengemisch, dessen Siedepunkt sich
nach der jeweiligen Körpertemperatur richten soll, veröffentlicht sind.
Man darf gespannt sein, ob unsere allgemeinen Narkotica durch die
von S. angegebene Mischung wirklich an Gefahr verlieren.
Im Interesse der Vermeidung vieler unnöthiger Allgemeinnarkosen
können wir dem Buche Bis und der Amwendung seiner Anästhe-
sirungsmethode nur recht weite Verbreitung wünschen.
Tschmarke (Magdeburg).
2) Briegleb (Worms). Für Schleich.
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1897. No. 9.)
3) Derselbe. Über Schleich’s Infiltrationsanästhesie.
(Kinderarzt 1897. No. 11 u. 12.)
Verf. ist ein begeisterter Anhänger der Schleich’schen Methode,
geht aber in seiner Begeisterung wohl zu weit. So vergleicht er
das Schicksal seines Freundes mit dem Gallilei’s und reiht die
Infiltrationsanästhesie den drei von Baas sogenannten Großthaten
der Humanität, der Einführung der Inhalationsanästhesie, der Blut-
sparung und der Antisepsis als vierte an.
Ohne die Verdienste Schleich’s auch nur im mindesten an-
tasten zu wollen, so glaube ich doch, dass eine derartige Anpreisung
von Seiten seiner Freunde eher geeignet ist, der guten Sache zu
schaden als zu nützen. In dem ersten Artikel droht Verf. sogar mit
dem Staatsanwalt, indem er ausruft, derselbe werde bei einem
künftigen Narkosentodesfall nicht mehr fragen, ob alle Vorsichts-
maßregeln in Anwendung gezogen worden sind, sondern: » war hier
überhaupt Narkose nöthig? resp. konnte sie nicht durch ein wissen-
schaftlich festgestelltes, praktisch bewährtes Verfahren umgangen
552 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
werden, das bei derselben Schmerzlosigkeit in diesem Falle die
Operation ohne Gefahr für das Leben ermöglicht hätte? «!
Dass bei Kindern die Anwendung der Infiltrationsanästhesie be-
sonderen Schwierigkeiten begegnet wegen der Unruhe und des Sträu-
bens derselben, giebt Verf. selbst zu. Interessant ist noch die Mit-
theilung, dass er nach Unterbindung der Arteria lingualis einmal
schmerzlos eine halbseitige Zungenexstirpation wegen Krebs nach
Schleich mit Erfolg ausgeführt hat. Sonst ist nichts Bemerkens-
werthes in den beiden feuilletonistisch gehaltenen Artikeln enthalten.
Tschmarke (Magdeburg).
4) Weigand. Über akute Cocainvergiftungen.
Inaug.-Diss., Leipzig, 1897.
Die Arbeit stellt eine sehr lehrreiche und interessante Zusammen-
stellung von allen bisher veröffentlichten Fällen akuter Cocainver-
giftung dar. Verf. hat 250 einzelne Fälle in einer Tabelle gesammelt,
von denen 21 einen tödlichen Ausgang genommen hatten. Es ist
nicht möglich, eine Maximaldosis für Cocain aufzustellen, da das-
selbe höchst verschieden zu wirken scheint. Rufen bei einzelnen
Personen schon geringe Dosen von wenigen Milligramm Intoxikations-
erscheinungen hervor, so vertragen Andere große Gaben. Am ge-
fährlichsten scheint es zu sein, größere Dosen auf die Schleimhäute
zu bringen. Dahingegen hält Verf. die Infiltrationsmethode nach
Reclus und Schleich mit ihren verhältnismäßig kleinen Gaben
für gänzlich ungefährlich. Von den Todesfällen traten 7 nach inner-
lichem Gebrauch, 2 nach Applikation im Mastdarm ein.
Tschmarke (Magdeburg).
5) F. Barjon. La radiographie appliquée a l’etude des
arthropathies deformantes.
Paris, Bailliere et fils, 1897.
B. macht auf Grund seiner klinischen und anatomischen Unter-
suchungen einen Unterschied zwischen den verschiedenen rheuma-
tischen und pseudorheumatischen Gelenkentzündungen, zu welch
letzteren er auch die auf gonorrhoischer, diphtherischer etc. Basis
rechnet. Außer diesen durch eine von außen in den Körper ge-
langte Noxe bewirkten Entzündungen bestimmt er noch eine beson-
dere Form von Gelenkentzündungen, die auf nervöser Basis beruhen
und stets ganz besondere anatomische Befunde in den Gelenken
machen lassen, und glaubt, dass die Anwendung der Untersuchung
mit Röntgenstrahlen die Diagnose erleichtern und für die Differential-
diagnose von besonderer Wichtigkeit sein werden. Die zahlreichen,
der Arbeit beigegebenen, gut gerathenen Bilder werden zum Beweis
dieser Theorie verwendet. Dumstrey (Leipzig).
Centralblatt für Chirurgie. No, 21. 553
6) A. Buguet et A. Gascard. Application des rayons de
Röntgen à l’analyse des calculs.
(Presse med. 1897. No. 41.)
Um die chemische Zusammensetzung oder einen eventuell vor-
handenen Kern in Steinen erkennen zu können, ohne dieselben zer-
stören zu müssen, haben Verf. von den verschiedensten Steinen
Röntgenbilder angefertigt, wobei sich zeigte, dass die einzelnen che-
mischen Substanzen thatsächlich Unterschiede in der Transparenz
für X-Strahlen besitzen, ganz abgesehen davon, dass auch wiederholt
festgestellt werden konnte, wenn ein Knochen- oder Metallstück den
eigentlichen Kern des Steines ausmachte. Im Allgemeinen besitzen
Gallensteine ein größere Transparenz, wenn sie aus reinem Chole-
stearin bestehen, eine weniger große, ja mehr Kalksalze und Gallen-
pigment enthalten sind. Bei gemischten Steinen heben sich die
Unterschiede auf den Bildern deutlich ab. Harnsaure Steine sind
weniger opak als Kalk oder Magnesiasalze. Phosphorsaure Ammoniak-
Magnesia steht zwischen Kalksalzen und Harnsäure. Man kann also
durch die X-Strahlen die Homogenität und Struktur der Steine, in
gewissen Fällen ihre chemische Zusammensetzung und den genauen
Sitz und die Natur des Kernes, der ihre Bildung hervorgerufen hat,
erkennen. 12 Skiagramme sind der interessanten Mittheilung bei-
"gegeben. Tschmarke (Magdeburg).
7) A, Bertrée, Étude des rayons de Roentgen appliqués
aux expertises medico-legales.
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1898.
P. bespricht in ausführlicher Weise die Verwendbarkeit der
Untersuchung mit Röntgenstrahlen. Die Darstellung von der Tech-
nik, die er angewendet hat, ist die übliche. Er weist hauptsächlich
auf die Benutzung der neuen Methode bei -Fremdkörpern und bei
Knochenverletzungen hin und lässt hier unseres Erachtens sehr zu
Unrecht eine größere Anzahl chirurgischer Erkrankungen, in denen
die X-Strahlen mit Nutzen angewendet werden können und oft auch
schon angewendet worden sind, außer Acht, betont aber dann mit
Recht ihre Wichtigkeit in vielen kriminellen Fällen, für Versiche-
rungsgesellschaften, für militärische Untersuchungen u. dgl.
Dumstrey (Leipzig).
8) Gocht. Die Herstellung von Knochenstrukturbildern
mittels Röntgenstrahlen.
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 57.)
G. beschreibt die Herstellung von Knochenstrukturbildern mit
Diagraphie und weist nach, dass die Methode eben so sicher, aber
viel bequemer, leichter und einfacher ist, als die mühsame Her-
stellung der Schliffe. Dunstrey (Leipzig).
21**
"554 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
9) F. Appunu. Über die Methodik der Photographie mit
X-Strablen zu medicinisch-diagnostischen Zwecken.
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 41.)
A. giebt in ausführlicher Weise an, wie in der Halleschen
chirurgischen Klinik die Methode technisch angewendet wird. Seine
Mittheilungen über Induktor, Röhren, Leuchtschirm, Photographie,
Tisch, Platten, Entwicklung sind präcis und korrekt. Die von A.
ertheilten Winke dürften für Manchen, der sich über das Verfahren
genauer informiren will, von Nutzen sein und sind am besten im
Original nachzulesen. k Dumstrey (Leipzig).
10) M. Oberst. Die Grenzen der Leistungsfähigkeit des
Röntgenverfahrens in der Chirurgie.
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 65.)
O. ist bekanntlich einer der Ersten gewesen, der mit Über-
zeugung für die neue Methode eingetreten ist. Auch in dieser
Publikation erklärt er mit warmen Worten, dass er die Diagraphie
als ein nicht mehr entbehrliches diagnostisches Hilfsmittel betrachte;
und wenn er dennoch die Grenzen seiner Anwendbarkeit klar darlegt,
so ist ihm das nicht genug zu danken. Gerade im Hinblick auf die
allzu enthusiastischen Publikationen muss die Warnung Oe mit
Freuden begrüßt werden: Hoffentlich trägt sie dazu bei, die allzu
hoch gespannten Hoffnungen auf ein vernünftiges und richtiges
Maß zurückzuführen. O. hatte vielfach Gelegenheit zu beobachten,
dass ihn die Methode völlig im Stich ließ; so z. B. bei verschiedenen
tuberkulösen Gelenkentzündungen, bei Fremdkörpern, die sich in
großen Körperhöhlen befanden, bei Osteomyelitiden in den ersten
8 Tagen, bei Knochengeschwülsten, Gallensteinen, auch bei gewissen
Blasensteinen etc. Dagegen hatte er ihr wichtige Aufschlüsse in
Bezug auf die Diagnose und die einzuschlagende Therapie zu ver-
danken bei Knochenbrüchen, Verrenkungen, Deformitäten, Fremd-
körpern, bei verschiedenen tuberkulösen Knochenentzündungen, bei
osteomyelitischer Nekrose, Arthritis urica, deformirenden Gelenkent-
zündungen, zuweilen bei Gelenkkörpern, einmal bei metastatischen
Sarkomknoten in der Lunge etc. Er leugnet auch nicht die Mög-
lichkeit, größere Abscesse in Brust- oder Bauchhöhle diagraphisch zu
finden. Er weist aber auch auf die Möglichkeit hin, dass man ge-
wisse Befunde falsch deute und auffasse und empfiehlt zur Sicher-
heit stets Kontrollplatten zu machen. Das Nähere ist im Original
nachzulesen. Dumstrey (Leipzig).
11) Jankau. Die schädlichen Nebenwirkungen der Rönt-
genstrahlen bei Durchleuchtung und Photographie.
(Internationale photographische Monatsschrift für Mediein. Separatabdruck.)
J. bespricht in einfacher und klarer Weise die Gefahren, die in
Folge von zu lange und zu oft fortgesetzten Bestrahlungen entstehen
Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 555
können und stellt aus der Litteratur die bekannten Fälle zusammen,
in denen Herzklopfen, Hautentzündung, heftige Schmerzen, Beein-
flussung der Körpertemperatur, Übelkeit, Erbrechen, Erythem, Haar-
ausfall beobachtet worden sind. Nach seiner Meinung sind die Ur-
sache zu lang wirkende hochgespannte elektrische Ströme, und die
Wirkung der Beleuchtungen ist ungefähr die gleiche wie bei der
Elektrolyse. Dumstrey (Leipzig).
12) Cowl. Ein Sagittal- nebst Frontalbild eines anormalen
coxalen Femurendes.
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 136.)
C. weist darauf hin, dass es nicht immer gelingt, aus einem
Bilde von angeborener Hüftverrenkung über die Beschaffenheit des
Kopfes ins Reine zu gelangen und empfiehlt zur genaueren Er-
kennung der Deformität 2 Aufnahmen, ähnlich wie es seiner Zeit
König schon gethan hat. Nur glaubt C. einfacher zum Ziele zu
kommen, wenn er ein Sagittal- und ein Frontalbild anfertigt. Die
2 der Arbeit beigefügten Bilder illustriren den Werth dieser Methode.
Damstrey (Leipzig).
13) Jordan. Weitere Beiträge zur Tuberkulose der Lymph-
gefäße.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.)
J. vervollständigt in der vorliegenden Publikation seine frühere
Mittheilung über denselben Gegenstand durch die genaue Beschrei-
bung des mikroskopischen Befundes, den er an den damals ver-
wertheten Fällen erhoben, und der ihm den direkten Beweis gestattet,
dass die Erkrankung in der That an den Lymphgefäßen sich ab-
spielte. Daran schließen sich 2 neue Fälle an, eine Lymphangitis
luposa des Vorderarms, welche von einem lupösen Fingergeschwür
aus entstanden war, und eine gleichfalls am Vorderarm lokalisirte
Lymphgefäßtuberkulose, die noch dadurch interessant ist, dass der
primäre Herd am Finger auf direkte Infektion einer Stichwunde sich
zurückführt. Tafel XVI—XVII zeigen die klinischen Bilder, XVII bis
XX den mikroskopischen Befund eines Theils der Fälle.
Hofmeister (Tübingen).
14) Henle. Die Behandlung der tuberkulösen Gelenkerkran-
kungen und der kalten Abscesse an der chirurgischen Klinik
zu Breslau in den Jahren 1890—1896.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft 3.)
Ausgehend von dem Satz, dass eine länger dauernde Behand-
lungsmethode nur dann gewählt werden darf, wenn wir überzeugt
sind, durch dieselbe bessere Resultate zu erzielen, hat H. das große
Material der Mikulicz’schen Klinik statistisch bearbeitet, um da-
mit einen Beitrag zu liefern zur Beantwortung der Frage nach der
556 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
Zweckmäßigkeit der verschiedenen Behandlungsmethoden der Gelenk-
tuberkulose. Zunächst werden die konservativen Behandlungsmetho-
den, vor Allem die Jodoforminjektionsbehandlung (Entwicklung der-
selben, Gefahren, Folgen, Wirkung auf Bakterien und Gewebe,
Wirkung der suspendirenden Flüssigkeiten, endlich die Anwendung
des Jodoforms bei Gelenktuberkulosen an der Breslauer Klinik), so-
dann die venöse Stauung eingehend besprochen. Es folgt die Ab-
handlung der operativen Eingriffe, von denen nur die Knieresektion
ausführlicher erörtert wird, sodann die orthopädische Therapie, die
Allgemeinbehandlung, kurze Bemerkungen über die Indikations-
stellung und endlich als das Wichtigste die Berechnung der Resul-
tate der verschiedenen Behandlungsmethoden. Da es selbstverständ-
lich nicht möglich ist, den Einzelheiten der umfangreichen Arbeit
im Referat gerecht zu werden, beschränke ich mich auf die Wieder-
gabe der vom Verf. aus seinen Ergebnissen gezogenen Schluss-
folgerungen:
1) Die konsequent durchgeführte konservative Behandlung der
Gelenktuberkulosen (Stauung, Jodoformglycerin, orthopädische Maß-
nahmen etc., eventuell auch atypische Operationen) steht bezüg-
lich der Anzahl der erreichten Heilungen der operativen Therapie
nicht nach.
2) Die funktionellen Resultate der konservativen Therapie sind
erheblich besser als die der operativen.
3) Die Mortalität ist im Ganzen bei konservativem Vorgehen
geringer als bei operativem.
4) Nur für das Kniegelenk Erwachsener ist bei fixirter Patella
die Resektion der konservativen Therapie vorzuziehen.
Das verwerthete Material (333 Fälle) ist in Tabellenform der
Arbeit angehängt. Hofmeister (Tübingen).
15) Meinhard Schmidt. Zwei technische Bemerkungen zur
Harnröhrenstrikturbehandlung.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 113.)
a. »Zur Aufsuchung des vesikalen Harnröhrenendes nach
der Extra-Urethrotomie« wird empfohlen, wenn der Ort dieses
Endes zwar durch den herausgepressten feinen Urinstrahl kenntlich
gemacht, die Lichtung der Harnröhre aber nicht deutlich sichtbar
und desshalb auch nicht für eine feine Sonde zugänglich ist, an der
Stelle, wo der Harnstrahl heraussprudelt, mit der Hakenpincette
kleine Gewebsstückchen, die den engsten Strikturtheil enthalten,
emporzuheben und quer abzutragen. Hiernach wird die Harnröhren-
lichtung als feines Loch sichtbar, und hat die Beendigung der Ope-
ration keine Schwierigkeit mehr. Das Verfahren hat sich in 3 Fällen
impermeabeler gonorrhoischer Striktur bewährt. Um Harn auspressen
zu können, muss die Blase voll sein. Man schreitet desshalb bei
solchen Fällen am besten sofort zur Boutonniöre und vermeidet
Centralblatt für Chirurgie. No. 21 557
eine vorgängige Blasenpunktion, da bei leerer Blase die Bestimmung
der Strikturstelle unmöglich werden kann.
b. Benutzung von Uterindilatatoren als Harnröhren-
bougies.
Die langen blanken Metallsonden mit Uterussondenkrümmung
zur Uterindilatation sind sehr schön zum Bougiren zu benutzen und
leichter einführbar als Roser’sche Sonden. Namentlich die Meister-
tour lässt sich gut mit ihnen machen, wobei der Sondenspitze eine
schraubenförmige Bewegung mitgetheilt wird, sehr geeignet, in seit-
lich verlagerte Striktureingänge einzudringen. Ist eine Extra-Urethro-
tomiewunde vorhanden, so erleichtert sich das Passiren des centralen
Endes, wenn von der Wunde eine gefurchte Sonde in die Blase ge-
steckt wird, auf deren Rinne man das durch die Pars pendula ein-
geführte Stahlbougie treffen und weiter gleiten lässt.
(Selbstbericht.)
16) S. Grosglik. Über Blutungen aus anatomisch unver-
änderten Nieren.
(Sammlung klin. Vorträge. N. F. No. 203. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
Dem Aufsatz liegen 17 aus der Litteratur gesammelte Fälle, bei
denen die Integrität der Niere entweder durch die Operation oder
auf dem Wege klinischer Beobachtung festgestellt werden konnte, so
wie ein von G. beobachteter Fall zu Grunde, bei welchem Symptome
von Hämophilie lange Zeit vor Auftritt der Hämaturie bestanden
hatten. Es ergiebt sich aus diesem Material die zweifellose That-
sache, dass neben symptomatischen die verschiedensten Nieren-
veränderungen, wie Geschwülste, Steine, Tuberkulose etc. begleiten-
den Blutungen, auch essentielle, in einer anatomisch unveränderten
Niere entstehende Blutungen vorkommen können. Die Ursachen
der letzteren können mannigfaltig sein; die Niere kann bluten bei
vererbter hämophiler Konstitution, bei vasomotorischen Störungen
oder nach körperlicher Überanstrengung, vielleicht auch aus anderen,
bisher unerforschten Ursachen. Für die Diagnose ist, wenn weder
eine Vergrößerung der Niere, noch die Harnbeschaffenheit und die
begleitenden Symptome für ein organisches Leiden sprechen, von
Wichtigkeit der Nachweis einer hereditären Disposition zu Hämo-
philie, einer vorausgegangenen Anstrengung oder das Bestehen von
Störungen im Gebiet des Nervensytems (Hysterie, Neurasthenie etc.),
durch welche das Vasomotorencentrum für die Niere in Mitleiden-
schaft gezogen sein kann. Ergiebt die Anamnese etwas Positives,
so wird die Diagnose einer essentiellen Hämaturie wahrscheinlich.
Sicher wird sie aber erst nach langer Beobachtungszeit, wofern in-
zwischen keine deutlichen Symptome einer anatomischen Veränderung
aufgetreten sein werden. Die voreilige Diagnose einer vasomotorischen
oder hämophilen Blutung könnte den Kranken der Wohlthat eines
frühzeitigen chirurgischen Eingriffs berauben. Einen solchen hält Verf.
indess auch bei schwerem, lebensgefährlichem Verlauf der Blutungen
558 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
für zulässig; selbst die Exstirpation des Organs wird bei hämophilen
zur Rettung des Kranken in Betracht kommen dürfen, während bei
vasomotorischen zunächst der Sektionsschnitt mit nachfolgender Naht
und Reposition der Niere zu versuchen sein wird —, Operationen,
die in der That in einigen Fällen dauernden Erfolg gebracht haben.
Kramer (Glogau).
17) E. Finger und M. Sänger. Die Pathologie und Therapie
der Sterilität beider Geschlechter. I. Thl. E. Finger: Die
Pathologie und Therapie der Sterilität beim Mann.
Leipzig, 1898. 96 S.
In Bezug auf die Ursachen der Unfruchtbarkeit der Ehe herr-
schen heute Anschauungen, die den früheren zum Theil gerade ent-
gegengesetzt sind. Während nämlich früher die Ursache ausnahmslos
in der Frau gesucht wurde, wissen wir jetzt, dass in der Mehrzahl
der Fälle der Mann der schuldige Theil ist. Auf dieser Grund-
anschauung basirt die Darstellung F.’s, oder vielmehr seine Schilde-
rung ist ein fortwährender Beweis für die ausgesprochene Ansicht.
Nach einer alles Wissenswerthe in klarer, knapper Darstellung ent-
haltenden physiologischen Einführung theilt der Autor den Stoff in
die 2 Hauptabschnitte: Impotentia coeundi und Impotentia generandi.
Die Ursachen der ersteren sind entweder in pathologisch-anato-
misch nachweisbaren Veränderungen (Missbildungen, Anomalien der
Hoden, Erkrankungen der die Erektion vermittelnden Leitungsbahnen,
Katarrhe) oder in funktionellen Störungen (Gehirn-, Rückenmarks-
erkrankungen, psychische Impotenz) zu suchen.
Die Symptome dieser ersten Form lassen sich gruppiren vie nach
der Art, in der das Erektionscentrum afficirt ist, und je nach dem
Gesichtspunkt, ob und in welcher Weise das Ejakulationscentrum an
dem Processe mitbetheiligt iste. Auf diese Weise stellt F. 3 wohl-
charakterisirte Krankheitsbilder neben einander: A. Ungenügende
oder fehlende Erektion. B. Reizbare Schwäche. C. Paralytische
Impotenz.
Die pathologische Anatomie anlangend, so liegen für die erstere
Form der Impotenz Untersuchungen in so weit vor, als sie von peri-
pheren Ursachen (Reizung und Entzündung des Colliculus seminalis)
abhängt. In diesem Abschnitt berichtet F. über seine eigenen werth-
vollen Untersuchungen der Urethritis posterior chronica in allen
Stadien der Erkrankung (12 Fälle).
Den Schluss des ersten Theils bildet diè für den Praktiker
wichtige Besprechung der Prognose und Therapie der Impotentia
coeundi. Für Einleitung einer Lokaltherapie verlangt F. den siche-
ren Nachweis lokaler Veränderungen mittels mikroskopischer Unter-
suchung der verschiedenen Sekrete, Endoskopie und Sondirung.
Die Impotentia generandi ist diejenige Form, bei welcher der
Samen eines sonst kopulationsfähigen Mannes entweder seine Be-
Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 559
fruchtungsfähigkeit verloren hat oder bei sonst normaler Beschaffen-
heit beim Coitus nicht zur Deposition in die Scheide gelangt. Hier-
aus ergiebt sich als erste Hauptform die männliche Sterilität aus
pathologischen Veränderungen des Sperma:
1) Azoospermie: In dem ejakulirten Samen fehlen die Sperma-
tozoen oder sind in so geringer Menge vorhanden, dass die Befruch-
tung erschwert ist (Oligospermie).
2) Nekrospermie: Die entleerten Spermatozoen sind entweder
todt, bewegungslos oder im Absterben begriffen. Sie ist bedingt
durch eine Herabsetzung der Funktionstüchtigkeit der Hoden oder
häufiger dadurch, dass die dem Hodensekret beigemischten anderen
Komponenten, das Samenblasen- und Prostatasekret, krankhaft ver-
ändert sind (Vesiculitis seminalis acuta und chronica, Prostatitis glan-
dularis chronica).
Die zweite Hauptform, männliche Sterilität aus Störung der
Samenentleerung, sogenannter Aspermatismus, lässt sich in den mecha-
nischen oder organischen Aspermatismus und den nervösen oder
psychischen Aspermatismus eintheilen.
Den Schluss der lesenswerthen Abhandlung bildet ein kurzer
Hinweis auf das noch dunkle Gebiet der relativen Sterilität und
ein reiches Litteraturverzeichnis. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
18) A. Gabryszewski. Über Lipome des Samenstranges.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 317.)
G. theilt einen einschlägigen Fall der Krakauer Klinik mit, an
den er mit Benutzung einer Pariser These von Sarazin eine Zu-
sammenstellung der bisher publicirten, im Ganzen nur 30 Beobach-
tungen zählenden Kasuistik knüpft und dann eine monographieartige
klinische Besprechung des Samenstranglipoms nach allen Richtungen
hin, Anatomie, Pathogenese, Symptomatologie, Diagnose, Prognose,
Therapie liefert.
G.'s Pat. war 57 Jahre alt, hatte den Beginn seiner ohne jede Veranlassung
entstandenen rechtsseitigen Hodensackgeschwulst vor 2 Jahren bemerkt. Schnelles
Wachsthum bis zur jetzigen Größe von der eines Kindskopfes. Die Geschwulst
fluktuirte deutlich, war von dem vorbehandelnden Arzt als Hydrocele angesehen
und mehrfach vergeblich punktirt. Auch in der Klinik resultatlose Probepunktion.
Daher Diagnose auf Geschwulst — welcher Art, blieb fraglich — und Operation.
Bei letzterer zeigte sich die Geschwulst als Lipom, welches vom Hoden und den
Samenstrangbestandtheilen sauber trennbar war. Die Heilung wurde durch einen
Bluterguss im Scrotum gestört, welcher eine 1 Jahr lang fühlbar bleibende Ver-
härtung hinterließ. Die Geschwulst wog fast 5 Pfund, war lappig gebaut und in
ihrem Centrum in Folge von Durchwachsung mit Bindegewebssügen härter als in
den Randpartien.
G. rekapitulirt die topographische Anatomie vom Hodensack
nebst Inhalt und hebt hervor, dass zwischen dem perivaskulären
losen Bindegewebe um den Processus vaginalis peritonei makro-
skopisch stets sichtbare Fettlappen vorhanden seien, welche im ununter-
brochenen Zusammenhang mit dem subperitonealen Fett (der Bauch-
560 Centralblatt für Chirurgie. No, 21.
höhle) stehen, und welche als Ursprungsstätte der primär am Samen-
strang wachsenden Lipome figuriren können. Das Verhalten dieser
primären Samenstranglipome kann verschieden sein, je nachdem sie
sich auf den Samenstrang beschränken oder die Tunica vaginalis
communis durchbrechen und Hoden und Nebenhoden umgeben, oder
in den Leistenkanal hineinwachsen und selbst bis zum Bauchfell
dringen. Als sekundäre Samenstranglipome sind solche zu bezeichnen,
die ihren Anfangsstandort in der Nachbarschaft des Samenstrangs
haben, im Unterhautzellgewebe des Bauches und Hodensacks, an der
Außenseite der Scheidenhaut und des Kremasters, im subperitonealen
Fett des Bauches. Hierher gehören fettreiche Netzbrüche, lipomatöse
Bruchsäcke u. dgl. Die Größe der Samenstranglipome schwankt von
haselnussgroßen bis zu monströsen Geschwülsten von 20 Pfund. Bis-
weilen waren die Geschwülste nicht reine Lipome, sondern vermischt
mit Myxom- oder Sarkomelementen. Ihre Ätiologie ist dunkel, ihre
Frequenz sehr gering, obwohl sie verhältnismäßig noch die häufigsten
der am Samenstrang vorkommenden Geschwülste sind. Beschwer-
lich fallen sie fast nur durch ihre gelegentlich vorkommende starke
Größenentwicklung. Die Geschwulst kann wie eine Hydrocele fluk-
tuiren und durchscheinend sein. Die Diagnose ist nicht leicht, Ver-
wechslungen mit Brüchen sind häufig vorgekommen. Prognose gut,
falls nicht bösartige Umwandlung vorhanden. Therapie operativ,
wobei Hoden und Samenstrang meist zu konserviren möglich sein
wird. (6 Figuren, auf welche im Text der Arbeit hingewiesen wird,
fehlen!) Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Kleinere Mittheilungen.
19) Siedentopf und Geroulanus. Bewegung von Fremdtheilen im
Körper während der Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen.
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 141.)
Die Verff. sahen im Durchleuchtungsbild, dass sich im Inneren der Hand eines
Pat. ein Fremdkörper bei Lageveränderungen der Hand bewegte, und es fand sich
in der That bei der Operation, dass der Fremdkörper, ein Stein, sich in einer
Eiteransammlung befand, in der er nach seiner Schwerkraft ungefähr von der
Handmitte bis zum Handrand an der Daumenseite sich bewegte.
Dumstrey (Leipzig).
20) G. Gasur et A. Londe. Application de la radiographie à l'étude
d’un cas de myxoedem.
(Compt. rend. de l’acad. 1898. I. No. 12.)
Die Verff. haben das Röntgenverfahren bei einem Falle von Myxödem benutzt,
bei dem 'Chyreoidealbehandlung angewandt wurde. Die Strahlen erlaubten, dem
Gang der Ossifikation und dem Einfluss der Behandlung bei dieser Krankheit zu
folgen. A. Henry (Breslau).
21) L. Loew. Über posttyphöse Eiterung.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 51.)
18jährige Pat., die vor einem Jahre Typhus überstanden hatte, kam mit einem
umfangreichen Abscess am Oberschenkel ins Spital. Bei Spaltung des Abscesses
Centralblatt für Chirurgie. No, 21. 561
entleerten sich 350 eem gelben, nicht übelriechenden Eiters. Knochen unversehrt.
Aus dem Eiter wurden Typhusbaeillen in Reinkultur gewonnen, die sowohl auf
dem Weg der üblichen Methoden, als auch der serodiagnostischen Prüfung als
echter Typhus identifieirt wurden. Das Serum der Pat. gab noch in der Verdün-
nung 1:150 das Phänomen der Agglutination. Aus Koth, Blut und Harn konnten
— wie zu erwarten (Bet) — Typhusbacillen nicht gezüchtet werden. Die Virulens
der gewonnenen Kultur war schwach (3 Ösen frischer Agarkultur tödteten nach
24 Stunden ein Meerschweinchen). Hübener (Breslau).
22) Sendler. Therapeutische Bestrebungen auf dem Gebiete der
Gelenktuberkulose.
(Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens d. med. Gesellschaft zu Magdeburg.)
Magdeburg 1898.
Verf. berichtet über 337 klinisch behandelte Fälle von Gelenktuberkulose.
Von 57 rein konservativ behandelten Kranken wurden 16 geheilt, 18 wesentlich
gebessert, 9 blieben ungeheilt, 1 starb, der Rest ist unsicher. Die besten Resul-
tate ergab die Methode an der Hüfte. Von 25 Koxitiden heilten 12, 9 wurden
gebessert und 4 blieben ungeheilt. Der Tuberkulinbehandlung wurden in 5/4 Jahr
18 Kranke unterworfen, von denen keiner geheilt und nur einige vorübergehend
gebessert wurden. Verschlimmerungen des Allgemeinbefindens und des lokalen
Zustandes waren häufig. Wenige Fälle wurden ohne ermuthigende Erfolge —
1mal vereiterte ein Handgelenk — mit Stauungshyperämie nach Bier behandelt.
Intraartikuläre Injektionen von Karbol und Jodoform wurden in Kombination
mit Ruhigstellung, methodischem Druck und Gewichtsbehandlung bei 42 Kranken
ausgeführt, von denen 14 seit 1—5 Jahren geheilt, 13 gebessert, 14 nachträglich
operirt sind, während 1 gestorben ist. Unter den Heilungen beansprucht eine seit
1892 abgeschlossene Behandlung einer Caries sicca des Schultergelenks, die mit
nahezu normaler Funktion ausgeheilt ist, besonderes Interesse. Besonders brauch-
bar erwies sich die Methode bei Spondylitis und Senkungsabscessen bei Spon-
dylitis.
194 Operationen wurden an den größeren Körpergelenken ausgeführt, die
159 Heilungen, 11 Besserungen erzielten, während 16 ungeheilt blieben und
8 starben. An der oberen Extremität trat in 14% der Fälle, an der unteren in
22,2% Recidiv auf. Unter 49 dauernd geheilten Kniegelenksarthrektomien sind
14 mit guter, 6 mit beschränkter Beweglichkeit ausgeheilt.
Verf. befürwortet die Operation für schwerere Fälle, namentlich Eiterungen,
und auch für leichtere dann, wenn nach 2—3 Monaten eine augenfällige Besserung
nicht erreicht ist. Auch bei alten Leuten will er zuweilen schonend operiren, um
nicht nur die Erhaltung des Gliedes, sondern auch die mögliche Wiederherstel-
lung der Funktion des Gelenks als Endziel zu erstreben. Dreyer (Köln).
23) Fort. De la destruction du tissu des stenoses par les courants
continus.
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 5.)
F. theilt seine reichen Erfahrungen über Zerstörung von Harnröhrenstrikturen
durch Elektrolyse mit und bringt gleichzeitig 5 komplete Heilungen von Speise-
röhrenengen nach Atzung durch dieselbe Methode bei. Die Beseitigung des pa-
thologischen Gewebes gelingt mit schwachen Strömen rasch. Unter 100 Fällen
operirte F. in 25 nur 20 Sekunden, bei 16 nur 25 und bei 15 nur 30 Sekunden.
Ein Strom von 10 Milliamperes genügte. Die Ursache der guten Resultate liege
in der Form des Instruments. Ringsherum isolirt wirkt der von ihm konstruirte
Elektrolysor nur an einer schmalen Platte, die gleichsam eine »lineäre Furche«
mache. A. Henry (Breslau).
24) Honsell. Metapneumonische Strumitis.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.)
H. fügt den 7 in der Litteratur enthaltenen Beobachtungen eine achte aus der
Bruns’schen Klinik hinzu. Bei einer 29jährigen Frau trat kurze Zeit nach Ab-
PT nisse
562 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
lauf einer typischen Pneumonie schmerzhafte Anschwellung eines schon 10 Jahre
lang bestehenden Kropfes auf. Nach ca. 10 Wochen Aufnahme in die Klinik und
Spaltung des nachgewiesenen Abscesses. Die bakteriologische Untersuchung des
Eiters ergab Pneumokokken in Reinkultur. Der klinische Verlauf gestaltete sich
wie in sämmtlichen Fällen der Litteratur relativ günstig; stets erfolgte nach
imaliger Incision Heilung. Hofmeister (Tübingen).
25) Jaboulay (Lyon). Le traitement du goitre exophthalmique par
la section du sympathique cervical.
(Presse méd. 1898. No. 14.)
Verf. hat jetzt 11mal die »Sympathikotomie« ausgeführt, von denen die meisten
im Lyon med. und Bulletin med. der Jahre 1896—97 veröffentlicht sind. Er fügt
jetzt den 11. Fall an, bei dem es sich um eine 37jährige kachektische Frau handelte
mit Tachykardie (160 Pulsschläge in der Minute), hochgradigem Exophthalmus,
Ödem und großem Kropf. Nach doppelseitiger Resektion des oberen Halsganglions
des Sympathicus verschwanden alle Symptome. Ein in den ersten Tagen nach der
Operation eintretendes hohes Fieber erklärt Verf. als Resorptionsfieber von Schild-
drüsensekret. 10 Tage nachher starb Pat. an einseitiger Pneumonie, die also wohl
nicht auf Rechnung einer eventuellen vasomotorischen Störung zu setzen ist. Verf.
giebt dann einen Überblick über seine Resultate, welche ihn durchaus befriedigen.
Die Sympathikotomie ist bei allen Fällen Basedow’scher Krankheit mit oder
ohne Struma indieirt; bei vorhandener Struma hält er die Operation für eine gute
Vorbereitung zur Strumektomie. Die Resektion des oberen Ganglions ist hin-
reichend; die größeren Gefahren der totalen Resektion werden nicht durch größere
Vortheile aufgewogen; dieselbe schützt auch nicht vor Recidiven, die eintreten
können durch Verschmelzung des Sympathicus mit dem Trigeminus und Vagus.
J. kann bei einigen seiner Operirten auf eine Zeit von 3—3!,, Jahren zurück-
blieken, während welcher jene kein Recidiv bekommen haben.
Tschmarke (Magdeburg).
26) Chauffard et Quönu. Résection bilaterale du sympathique cer-
vical dans un cas de goitre exophthalmique.
(Presse med. 1897. No. 54.)
Der Fall betrifft einen 24jährigen Mann mit typischem Morbus Basedowi, der
den Beginn seines Leidens auf das Jahr 1894 zurückdatirt, wo er nach körper-
licher Anstrengung und seelischer Erschütterung Herzpalpitationen und Dyspno&
bekam, ferner Ödem im Gesicht und ein Heraustreten der Augen bemerkte. Bald
nahm auch sein Hals an Volumen zu. Bei der Aufnahme hochgradiger Exoph-
thalmus, Tachykardie (110), Tremor der Hände und Arme, allgemeine Unruhe,
leicht erregbarer und heftiger Charakter; zuerst erfolglose Behandlung mit täg-
lichen kalten Duschen und Natr. salieyl. Nach einer heftigen Gemüthsbewegung
auffallende Verschlimmerung aller Symptome, so dass sich der Kranke zu jedem
Eingriff bereit erklärte. Qu&nu resecirte beiderseits das obere Halsganglion und
etwa 4 cm des Sympatbicus. Die erste Folge der Operation war Beschleunigung
und Unregelmäßigwerden des Pulses, welche sich jedoch bald verloren. 14 Tage
nach der Operation ist der Allgemeinzustand des Kranken etwa derselbe wie vor
derselben; der Kropf und Exophthalmus »scheinen« sich zu verringern, wovon man
auf den beigedruckten Bildern nichts sieht. Der Kranke kam bald mit einem
hysterischen Anfall ins Krankenhaus zurück. Aber alle Erscheinungen sind un-
verändert; Pat. hat 3 kg von seinem früheren Gewicht verloren und bekam zu-
weilen paroxysmusartige Steigerungen seiner Herzthätigkeit. Während eines
solchen Anfalls erhielt er von einem Arzt Digitalisgranules, aß eine große Anzahl
davon auf und starb an akuter Digitalisintoxikation. Verff. haben also von der
gepriesenen Operation Jaboulay’s so gut wie keinen Erfolg gesehen; sie sind
eher geneigt, anzunehmen, dass der Zustand des Kranken durch dieselbe ver-
schlechtert sei. Wenn sie auch nicht aus diesem einen Falle Schlüsse ziehen
Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 563
wollen, so können sie doch nicht umhin, vor allsu großen Erwartungen der neuen
Behandlungsweise des Morbus Basedowi zu warnen.
Tschmarke, (Magdeburg).
27) Jonnesco (Bukarest). Traitement chirurgical du goitre exoph-
thalmique.
(Presse méd. 1597. No. 88.)
Verf. ist, wie bekannt, ein großer Anhänger der Resektion des Sympathicus.
Nach kurzer Kritik der übrigen chirurgischen Maßnahmen gegen Morbus Basedowi
kommt er zu der Durchschneidung des Sympathicus nach Jaboulay und zu der
totalen Resektion des Nerven, für welche er die Priorität für sich in Anspruch
nimmt. Er resecirt jetzt alle 3 Ganglien des Halstheils. Die unmittelbaren
Folgen der Operation sind vorübergehende Kongestion im Gesicht, geringer
Thränenfluss und reichliche Sekretion der Nase, was Alles bald verschwindet. Die
Resultate aber sind nach seinen Erfahrungen glänzende: in allen Fällen hat er
eine schnelle Besserung aller Symptome gesehen; der Exophthalmus verschwand
stets sehr schnell; noch an demselben Tag des Eingriffs sah er die Augen in die
Orbitae zurücktreten und das obere Lid sich senken. Die Tachykardie verminderte
sich ebenfalls, die Pulszahl sank zuweilen unter die Norm. Der Kropf ver-
kleinerte sich, und der Allgemeinzustand besserte sich zusehends. Die Herz-
thätigkeit wurde regelmäßig.
Die erste seiner Kranken ist nach 14 Monaten recidivfrei, die zweite auch
über 1 Jahr, die dritte, welche die schlimmsten Erscheinungen darbot, ist erst geit
12 Jahre operirt.
Den Misserfolg Qu&nu’s (Presse med. 1897 No. 54) erklärt J. damit, dass
Jener nur das obere Halsganglion resecirt hatte. — Die Bilder seiner 3 Operirten
vor und nach der Operation lassen in der That in Bezug auf den Exophthalmus
vorzügliche Resultate erkennen. Tschmarke (Magdeburg).
28) Görard-Marchant et Abadie. Goitre exophthalmique traité par
la résection des deux sympathiques cervicaux.
(Presse med. 1897. No. 54.)
In No. 18 derselben Zeitschrift d. J. hat A. seine Theorie von der Base-
dow'’schen Krankheit veröffentlicht (cf. Centralblatt No. 205), wonach er alle Er-
scheinungen auf Reizung des Sympathicus, speciell seiner vaso-dilatatorischen
Fasern zurückführt. Er erklärte damit auch die Erfolge, welche Andere bereits
mit der Resektion des Sympathicus gehabt hatten. Jetzt fügen die Verf. folgen-
den neuen, geheilten Fall von Morbus Basedow hinzu: 29jährige Frau, bis vor
2 Jahren im Allgemeinen gesund, nur an »Nervosität« leidend, bekam zunächst
Exophthalmus, was sie auf eine gleichzeitig bestehende Gravidität bezog. Bald
darauf wurde ein Kropf, Tachykardie und Tremor konstatirt, im weiteren Verlauf
fortschreitende Abmagerung; das hervorstechendste Symptom aber war der Ex-
ophthalmus. Es wurden beiderseits etwa 4cm des Sympathicus resecirt. Schon
am nächsten Tage machte sich eine bedeutende Abnahme des Exophthalmus be-
merkbar; diese Besserung schritt fort, so dass die Kranke nach 9 Tagen »voll-
ständig geheilt« entlassen wurde. — Die Technik ist bekannt. Die Auffindung
des feinen Nerven ist nicht leicht; um ihn wirklich als den gesuchten zu erkennen,
soll man stets sein oberes Halsganglion aufsuchen. 2 Abbildungen lassen den
Zustand der Kranken vor und nach der Operation erkennen.
Tschmarke (Magdeburg).
29) Cerkez und Juvara (Bukarest). Exstirpation double du sym-
pathique cervical pour un cas de forme fruste de maladie de Ba-
sedow.
(Presse med. 1897. No. 108.)
Bei dem 21jährigen Mädchen fehlten 2 Kardinalsymptome, der Exophthalmus
und die Tachykardie. Dagegen waren eine sehr große hypertrophirte Schilddrüse
564 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
und ausgesprochene nervöse Symptome vorhanden, Oppressionsgefühl auf der Brust
und Dyspnoe. Es wurde durch die doppelseitige Resektion des Sympathicus eine
bedeutende Besserung erzielt; alle nervösen Symptome schwanden, der Kropf ver-
kleinerte sich um ein Drittel seines Volumens, die Augen traten noch etwas in
die Orbitae zurück. (Es scheint also doch, wenn auch ein geringer Grad von Ex-
ophthalmus bestanden zu haben. Ref.) Beide resecirten Nervenstücke mit dem
oberen Ganglion, besonders das rechtsseitige, waren stark vergrößert. Die Er-
kennung des Nerven selbst war nicht leicht. Verf. empfehlen daher, den Stamm
bis sum oberen Ganglion zu verfolgen, da wo seine innige Verbindung mit der
Carotis interna besteht. 2 beigegebene Bilder geben einen sehr guten topographi-
schen Überblick über die Anatomie des in Frage kommenden Operationsfeldes.
Tschmarke (Magdeburg).
30) Briquet. Myxoedeme de l'adulte.
(Presse méd. 1897. No. 83.)
Das spontane Myxödem bei Erwachsenen ist außerordentlich selten. Verf.
theilt einen sehr interessanten Fall mit, der eine 47jährige Frau betraf, die 19 Jahre
lang an der Krankheit gelitten hat. Sie führt den Beginn des Leidens auf eine
Zeit zurück, wo sie übermäßig lange ihr Kind selbst genährt, viele Nachtwachen
bei einer kranken Schwester außer ihrer Fabrikarbeit gehabt und ihre Periode
definitiv verloren hatte. Die sehr ausführliche Beschreibung und eine beigefügte
Photographie giebt ein typisches Bild des Myxödems. Besonders auffallend ist
dabei ein unlöschbarer Durst, starke und anhaltende Diarrhöen, zu Anfang der
Krankheit vikariirende Blutungen aus Nase und Mastdarm, herabgesetzte Tem-
peratur von 34,6 und Pulsverlangsamung bis 48. Der Appetit war fast ge-
sohwunden, Fleischkost konnte Pat. überhaupt nicht mehr essen. Eine Schilddrüse
war nicht zu fühlen.
Durch eine systematisch eingeleitete Kur mit verschiedenen Thyreoidin-
präparaten, von denen erst das Thyrojodin-Baumann gut vertragen wurde, ist die
Kranke von ihrem langwierigen Leiden befreit. Auf einer 3 Monate später auf-
genommenen Photographie ist sie kaum wiederzuerkennen. An Gewicht hat sie
während der Behandlung 35 Pfund abgenommen. Tschmarke (Magdeburg).
31) Crosti. Uretrotomia con uretrotomi nuovi.
Milano, Coglioti, 1897.
(Ref. nach Morgagni 1898. P. II. No. 15.)
Der Autor beschäftigt sich mit 2 neuen Urethrotomen, über welche er eine
große Erfahrung besitzt, und die ihm wesentliche Dienste geleistet haben, eins
von Albarran und das andere von Bulhoes. Beide werden genau beschrieben.
Das erste eignet sioh namentlich für weitere Strikturen mit beträchtlicher Infil-
tration des Bindegewebes. Das zweite bietet folgende Vortheile:
1) Der Kranke sieht die im Instrument verborgene Schneide nicht und wird
nicht beunruhigt.
2) Die Schneide kann die gesunde Harnröhre nicht verletzen, ohne das kranke
Gewebe zu durchschneiden.
3) Die Schneide liegt fester als bei dem Maisonneuve’schen Instrument in
der Leitbougie und kann keine seitlichen Exkursionen machen.
4) Die metallische Leitbougie dient gleichzeitig auch zur Dilatation und zur
Entleerung des Urins.
5) Assistenz ist beim Gebrauch des Instruments nicht nöthig.
Dreyer (Köln).
32) J. J. Jaswitzki. Zur Kasuistik der Harnröhrensteine.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.)
Der 48jährige Bauer trägt seit seinem 10.—13. Jahre im Serotum am Über-
gang ins Glied einen Stein. In Folge Phlegmone des Serotums suchte er das
Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 565
KrankenhaV8 auf; hier enfernte J. einen 42 g schweren weichen Stein, der mit
einem schnabelförmigen Fortsatz in die Harnröhre hineinragte.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
33) J. J. Trouberg. Uber Steine der männlichen Harnröhre.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.)
Der 55jährige Pat. trug seine Steine über 20 Jahre. 2 Schnitte in der Rhaphe:
vor und hinter dem Scrotum, Es werden 6 Steine entfernt, die su einander passen,
zusammen 7 cm lang und 2 cm dick sind und 27 g wiegen. — Außer den von
Lieblein (Brun’s Beiträge Bd. XVII) beschriebenen Divertikelsteinen fand T. in
der russischen Literatur noch folgende Fälle: Kostylew (der Stein war 31/3 zu
3 zu äis Zoll groß und wog 13 Unzen 3 Drachmen); ein anderer Stein fiel aus
einem gangränösen Scrotum spontan heraus; er wog 14 Unzen. Woskressenski
entfernte einen Stein von 9 Ungen. Tesjakow: bei einem 18jährigen Baschkiren
entleert eine Fistel seit 15 Jahren bis nussgroße Steine; T. fand 20 Steine, bis
hühnereigroß, im Ganzen 5 Unzen. Bereskin: Stein von Bäi Unzen, 7,5 cm im
Durchmesser (von Prof. Bobrow entfernt bei einem 24jährigen Mann).
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
34) P. F. Filatow. Beitrag zum Studium der Steinkrankheit im
Gouvernement Simbirsk.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.)
Von 1851—1897 wurden im Simbirsker Hospital 668 Steinkranke behandelt.
Die verschiedenen Volksstämme wurden nicht gleich häufig befallen: unter
1682 Russen fand sich je 1 Kranker, eben so je 1 unter 13785 Mordwinen,
25500 Tschuwaschen und 71000 Tataren. Dieser Unterschied hängt zum Theil
von der Ernährung der Kinder ab, — bei den Tataren schon früh Fleischnahrung,
bei den Russen saures Brot und ungegorener, schlechter Kwas —, zum Theil vom
geologischen Bau des Wohnorts: auf Kreideformation sind Steine am häufigsten,
auf Jura am seltensten. Von 500 Pat. waren 224 unter 10 Jahre alt, 168 10 bis
20 Jahre, 108 über 20 Jahre. Davon starben 31 — 27 — 36. Unter 668 waren
nur 6 Frauen. Von 668 wurden 532 operirt: Steinschnitt 500 (geheilt 373, unvoll-
ständig — mit Fistel, Inkontinenz etc. — 33, gestorben 94), Lithotripsie 6, Ure-
throtomie 26. Sterblichkeit vor der Antiseptik 22,3%, nachher 12,8%.
Gtickel (B. Karabulak, Saratow).
35) J. Frank (Chicago). Ein Fall von Hämaturie und eine merk-
würdige Ursache derselben.
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 48.)
In einem Falle von ungemein hartnäckiger und reichlicher vesikaler Hämaturie
stellte F. als Ursache derselben cystoskopisch eine Inkrustation der Blase mit sehr
scharfkantigen Harnsäurekrystallen fest. Mit gewöhnlichen Auswaschungen ließen
sich die festhaftenden Fremdkörper nicht entfernen; es wurde desshalb in Narkose
der Bigelow’sche Evakuator angewandt, und die Pat. vollständig und dauernd
geheilt. Grisson (Hamburg).
36) W. J. Kedrowski. Pathologisch-anatomische und bakteriologische
Untersuchung eines Falles von Cystitis emphysematosa.
(Medicinskoje Obosrenje 1898. Hft. 3. [Russisch.])
Es handelt sich um eine 28jährige Frau, die an Eklampsie im 8. Monat der
Schwangerschaft erkrankte und, künstlich entbunden, nach 5 Tagen starb. Bei
der Sektion fand K. in der Blase Veränderungen, die vollständig den von Fränkel
im Magen beobachteten (s. Virchow’s Archiv Bd. CXVIII: Über einen Fall von
Gastritis acuta emphysematosa) glichen. Der einzige Unterschied bestand darin,
dass die Entzündung sich in der Schleimhaut lokalisirte (bei Fränkel in der
566 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
Submucosa). Als Krankheitserreger erwies sich ein stäbchenförmiger Mikroorga-
nismus, der dem Fränkel’schen sehr ähnelte, sich aber von Anfang an viel
resistenter gegen Sauerstoff erwies. Im Thierversuch rief er hämorrhagische Ent-
zündung hervor. K. glaubt, die Cystitis sei die primäre Erkrankung; aufsteigend
und die Nieren in Mitleidenschaft ziehend, rief sie Urämie und daher die eklam-
ptischen Anfälle hervor. @ückel (B. Karabulak, Saratow).
37) Kelly. A preliminary report upon the examination of the bladder
and the catheterization of ureters in men.
(Annals of surgery 1898. Januar.)
Verf. hat zur Untersuchung der männlichen Blase neuerdings ein von ihm
ursprünglich für die weibliche Blase konstruirtes gerades Rohr benutzt, welches,
mit einem Obturator versehen, eingeführt, und durch welches dann Luft in die
Blase eingelassen wird. Die Beleuchtung des Blaseninneren geschieht vermittels
eines Stirnreflektors duroh eine elektrische Lampe. In dem einen Falle, in dem
das Instrument bisher angewandt wurde, gelang es, den linken Harnleiter zu Ge-
sicht zu bekommen und das Austreten von blutigem Urin aus demselben zu kon-
statiren. Tietze (Breslau).
38) Winslow. Note on the repair of wounds of the ureter.
(Annals of surgery 1898. Januar.)
In einem Falle hat W. den bei einer Myomoperation theilweise durchschnit-
tenen Harnleiter einfach genäht (mit Seide?) und anscheinend primäre Heilung
erzielt. In einem 2. Falle wurde bei gleichem Anlass der rechte Harnleiter quer
durchtrennt. Verf. schlitzte darauf das untere Ende seitlich und invaginirte dann
das obere. Nunmehr wurde der Längsschnitt geschlossen und die Invagination
durch einige, beide Theile fassende Knopfnähte gesichert. Wie es scheint, wurde
auch hier Seide benutzt. Es kam auch hier anstandslose Heilung zu Stande.
Tietze (Breslau).
39) Haushalter et Jacques. Des accidents consécutifs à l’imperfora-
tion de l’extremite vesicale de l’ur&tere et spécialement des ureteres
surnumeraires.
(Presse méd. 1897. No. 42.)
Von der in der Überschrift angegebenen angeborenen Missbildung, Verdoppe-
lung und blindes Ende eines Harnleiters, sind bis jetzt nur wenig Fälle bekannt
geworden (cf. Schwarz, Beiträge zur klin. Chirurgie 1895 Bd. XV Hft. 1). Verf.
fügen einen neuen Fall an, der sich in seinen Einzelheiten mit den bisher be-
kannten deckt, und schildern die Folgen dieser Affektion, wie sie sie bei einem
21/3 Jahre alten Mädchen beobachtet haben, das unter den Zeichen heftigster
Cystitis, Blasensteins und Pyelonephritis in das Hospital eingeliefert wurde und
dort wenige Tage darauf an Urämie starb. — Die Autopsie ergab Hypertrophie
der Blase, die stinkenden Urin und einen großen Phosphatstein enthielt. Beide
Nieren waren vergrößert, die linke hydronephrotisch, mehrere kleine Steine ent-
haltend. Von der linken Niere gingen 2 Harnleiter ab, welche wie auch der
rechte erweitert und verdickt waren. Der eine Harnleiter, von den unteren zwei
Dritteln der Niere ausgehend, mündete an normaler Stelle, der andere, vom oberen,
eystisch entarteten Theil der Niere entspringend, endete unterhalb des Lieutaud-
schen Dreiecks in einer ampullenartigen Vorwölbung blind, die Harnröhre und die
normalen Harnleitermündungen verlegend. Die Clitoris war 8 mm lang und trug
eine rudimentäre Glans. — Durch die Verlegung der Harnleitermündungen traten
Stauung, Dehnung, Hydronephrose ein, in Folge der Stauung durch Infektion mit
Bact. coli Cystitis und aufsteigende Pyelonephritis mit Steinbildung.
Tschmarke (Magdeburg).
Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 567
40) ©. Mikule. Ein Beitrag zur Chirurgie der Ureterverletzungen.
(Aus der Breslauer chirurgischen Klinik.)
Inaug.-Diss., Breslau, 1897. 45 S.
Nach einer Besprechung der Topographie der Harnleiter, wie der Ätiologie
ihrer Fisteln, wird die Diagnose dieser Fisteln erörtert. Für die frische Harn-
leiterverletzung ist, entgegen dem Urtheil von Cabot und Thomson, das sicherste
Mittel die Naht. Es folgt Besprechung der verschiedenen Methoden der Naht-
vereinigung. Bei Harnleiterdefekten, deren Vereinigung nicht gelingt, soll man
so lange als möglich versuchen, die Nephrektomie zu umgehen; das Mittel dazu
ist in vielen Fällen die Uretrocystostomie. Die verschiedenen Fälle werden auf-
gezählt, die von anderer Seite ausgeführte Einpflanzung in den gesunden Harn-
leiter, den Mastdarm, den Dickdarm abfällig beurtheilt. Mikulicz operirte eine
46jährige Frau, bei der bei Exstirpation einer Harnleitergeschwulst das untere
Drittel des linken Harnleiters mit entfernt worden, die sofortige Einpflanzung des
centralen Endes in die Blase nicht gelungen war. Uretero-Vaginalfistel. Miku-
licz machte den Israel’schen Schnitt zur Freilegung des Harnleiters; in der Höhe
der Spina ossis ilei ant. sup. wird der verdickte Harnleiter gefunden und in einer
Länge von 5—6 cm freigelegt; der unterste Theil entsprach der Kreuzungsstelle
des Harnleiters mit der Art. iliaca comm. Die Sondirung nach der Scheide ge-
lingt nicht, der durch die künstlich erweiterte Harnröhre in die Blase geführte
Finger fühlt das Ende der Sonde. Durchstoßung eines Trokars nach der Blase,
Einlegung eines Drains, welcher nach oben bis in die Nähe des Nierenbeckens
hinaufgeschoben wird; der Harnleiter wird darüber vernäht. Zuerst heftige Er-
scheinungen von Seiten der Niere. Rechte Niere erweist sich als nicht ganz
gesund. Der Urin der linken Niere läuft vom 4. Tage an durch die Wunde ab.
Es werden immer wieder Drains von der Wunde aus durch den Harnleiter nach
der Blase hin geführt. Ca. 5 Monate p. op. ist Pat. geheilt und bis jetzt (3 Jahre)
geheilt geblieben.
Im Anschluss an den beschriebenen Fall bespricht Verf. die in der Litteratur
niedergelegten Fälle von Operationen bei Harnleiter-Scheiden- resp. Gebärmutter-
fisteln. Schließlich referirt er einen 2. Fall von Mikulicz, in welchem dieser
bei einer Harnleiter-Scheidenfistel dicht neben dieser eine Blasen-Scheidenfistel
anlegfe, durch ein der Dupuytren’schen Darmklemme ähnliches Instrument,
dessen eine, hohle Branche in den Harnleiter, dessen andere, solide Branche in
die Blase eingeführt wurde, die Gewebsbrücke zwischen Harnleiterfistel und Blase
zur Nekrotisirung brachte und schließlich die Blasen-Scheidenfistel schloss. Rasche
Heilung. Eine Abbildung des betreffenden Instruments ist der Arbeit beigegeben.
H. Lindner (Berlin).
41) Bangs. The remote results after operations for renal tuberculosis.
(Annals of surgery 1898. Januar.)
Verf. kommt zu folgenden statistischen Ergebnissen: Von 135 ihm bekannt
gewordenen Pat. sind gestorben 27, und zwar 2 an Erschöpfung, 2 an allgemeiner
Tuberkulose, 11 an Urämie, 12 an verschiedenen Zufällen im Anschluss an die
Operation. Innerhalb der ersten 9 Monate nach der Operation starben 40. Über
1°Jahr (bis zu 8 Jahren) blieben gesund 45, bei 31 anderen, die zur Zeit der Ver-
öffentlichung noch kürzere Zeit als 1 Jahr operirt waren, schien die Prognose
günstig. Die Operationen bestanden theils in Nephrotomien, theils in Exstir-
pationen; nach diesem Gesichtspunkt sind die Resultate aber nicht gesondert.
Tietze (Breslau).
42) E. H. Fenwick. The Roentgen rays and the fluoroscope as a
means of detecting small, deeply placed stones in the exposed kidney.
(Brit. med. journ. 1697. Oktober 16.)
F. hat die Röntgenstrahlen mit Erfolg zum Nachweis kleiner, in den Nierın-
kelchen versteckter Steine während der Operation, an der freigelegten und her-
568 Centralblatt für Chirurgie. No. 21.
vorgesogenen, aber uneröffneten Niere verwendet. Er benutzte dazu einen be-
sonders geformten Fluorescensschirm, der aseptisch gemacht werden kann und
nahe an die Niere herangebracht werden muss. Natürlich ist das Verfahren nur
anwendbar, wenn die Niere so beweglich gemacht werden kann, dass sie sich vor
die Wunde herausbringen lässt. 2 Radiogramme eines Oxalatsteines und eines
Phosphat-Uratsteines, die im Nierengewebe eingebettet sind, illustriren die Brauch-
barkeit des Verfahrens. F. Krumm (Karlsruhe).
43) Gaston. Tuberculose ulcereuse chancriforme de la verge.
(Presse méd. 1897. No. 108.)
Bericht über einen Fall von Geschwür am Penis, das alle Charaktere eines
harten Schankers darbot. Die Anamnese ergab jedoch, dass das Leiden, ohne
dass irgend welche Allgemeinerscheinungen luetischer Natur aufgetreten wären,
bereits 7 Jahre bestand, und dass der Kranke noch andere tuberkulöse Affektionen
gehabt hatte. Die mikroskopische Untersuchung eines ausgeschnittenen Stückes
ließ die wahre Natur des Ulcus erkennen trotz des Fehlens von Tuberkelbacillen.
Heilung durch Ablatio penis. Ein später auftretender Lupus an der Hand machte
die Diagnose » Tuberkulose« noch sicherer. 3 gute farbige Abbildungen illustriren
die kurze Mittheilung. Tschmarke (Magdeburg).
44) Porges. Ein teratoider Tumor am Hoden (Lipom des Samen-
stranges).
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 27.)
Eingehende mikroskopische Untersuchungen an der einem 73 Jahre alten Pat.
von Hochenegg entfernten, in der Überschrift bezeichneten Geschwulst bilden
den Hauptwerth der vorliegenden Mittheilung außer der großen Seltenheit des
Vorkommens derartiger Missbildungen des Hodens. Aus der mitgetheilten Kranken-
geschichte sei Folgendes entnommen.
In der linken Scrotalhälfte mehr als 2faustgroße Geschwulst. Haut darüber
leicht verschieblich, nur über der vorderen Partie stark gespannt. Diese ist zu
einem knochenharten, orangegroßen, auf der Hauptmasse der Geschwulst fest auf-
sitsenden Knoten vorgewölbt. Hode hinter und unter demselben undeutlich tast-
bar. Die übrige Masse der Geschwulst, von »flaumig-weicher« Konsistenz, verjüngt
sich gegen den Leistenkanal und lässt sich in denselben hinein als fingetdicker
Strang verfolgen. Beim Husten kaum Veränderungen. Leerer Perkussionsschall.
Diagnose: Chondrom oder Osteom des Hodens; die weiche obere Partie wurde
für eine fixirte Netshernie gehalten. Durch die Operation (Kastration wegen Ver-
wachsung der harten Geschwulst mit dem Hoden) wurde das Irrthümliche der Dia-
gnose Hernie dahin aufgeklärt, dass es sich um ein Lipom des Samenstranges
handelte. Die harte Geschwulst erwies sich als ein zum großen Theil verkalktes
Teratom (Prof. Kolisko) mit großen Mengen von glatten Muskelfasern, welches
in der mittleren Partie in sarkomatöser Umwandlung begriffen war.
Hübener (Breslau).
45) Buschi. Bericht aus der chirurgischen Klinik zu Bologna für
das Studienjahr 1896/97.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hit. 3.)
Vom 1. November 1896 bis 15. Juni 1897 wurden 650 Kranke aufgenommen
und davon bei 580 operativ eingegriffen. Die Zahl der Todesfälle betrug 13. Von
letzteren Fällen sind kurze Journalauszüge mitgetheilt; im Übrigen beschränkt
sich der Berichterstatter in der Hauptsache auf die Aufzählung der vorgenommenen
Operationen, nebst kurzen Bemerkungen über Indikationsstellung, Technik und
Resultate. Hofmeister (Tübingen).
Originalmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Centralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
E
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 22, Sonnabend, den 4. Juni. 1898.
Inhalt: 6. Müller, Zur Behandlung des federnden Unterschenkels. (Orig.-Mitth.)
1) Wassermann, Infektionskrankheiten. — 2) Noetzel, Granulationsinfektion. —
3) van Emden, Blutplättchen. — 4) Michaells und Meier, Bakterienbefunde bei Phthi-
sikern. — 5) Salman, Myositis ossiflcans. — 6) Poppert, Seidenfadeneiterung. — 7) Moore,
8) Thomalla, Ligaturen und Snturen. — 9) Reichel, Abschätzung der Erwerbstähigkeit.
— 10) David, Eingeheilte Schädelstücke. — 11) Kretschmann, Caries von Hammer und
Ambos. — 12) Müller, Freilegung des Mittelolrs. — 13) Drenkhahn, Zähnkrankheiten.
— 414) Bussenius, Holocain. — 15) Winckler, Nasen- und Augenerkraukungen, —
16) Blocbaum, Rhinitis hypertrophicans. — 17) Moure, 18) Meyjes, 19) Herzfeld, Nasen-
nebenhöhlen. — 20) Hessler, Mittelohrentzündungen und Mandeln. — 21) Piuder, Be-
deutung der Mandeln.
C. Stich, Apparat zur Bestimmung der Zugfestigkeit von chirurgischem Nähmaterial.
(Original-Mittheilung.)
22) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 23) Mendelsohn, Krankenpflege-
sammlung. — 24) Eberth, Fettembolie. — 25) Goljachowskl, Kuochenbruch. — 26) Faivre,
Verknöchertes Hämatom. — 27) Fiebiger, Subkutane traumatische Lymphorrhagie. —
28) Lebrun, Littlo’sche Krankheit. — 29) de Lapersonne, Meningitis nach Orbitalope-
ration. — 30) Meier, Otitische Hirnabscesse. — 31) Tschmarke, Kieferankylose.
Zur Behandlung des federnden Unterschenkels.
Von
Dr. Georg Müller in Berlin.
Im Laufe der letzten Jahre hatte ich wiederholt Gelegenheit,
nach geheilten Unterschenkelfrakturen einen eigenthümlichen Zu-
stand des Unterschenkels zu beobachten. Die Fraktur war zumeist
fest verheilt, der Callus mäßig entwickelt und wenig oder auch gar
nicht schmerzhaft. Das Bein war nicht verkürzt, und die Deformität
hielt sich stets in sehr mäßigen Grenzen; und doch wurde von den
Pat. übereinstimmend geklagt, sie könnten das Bein fast gar nicht
gebrauchen, sie könnten nur mit Krücke und Stock gehen, »das Bein
trüge sie nicht«. Im Anfang schienen mir die starken subjektiven
Beschwerden mit den geringen objektiven Erscheinungen in einem
22
570 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
gewissen Widerspruch zu stehen. Die nunmehr regelmäßig vor-
genommene Durchleuchtung mittels Röntgenstrahlen ergab nun in
diesen Fällen fast übereinstimmend eine Dislocatio der Tibiafragmente
ad latus derart, dass dieselben nur mit einem Theil, etwa einem
Drittel ihrer Bruchflächen sich berührten, während die übrigen zwei
Drittel frei endigten. Der Callus hatte denn allerdings die so ent-
standenen Winkel etwas abgerundet, aber noch nicht ausgefüllt. Auf
diese Weise war an der Bruchstelle die Dicke des Tibiaschaftes auf
ein Drittel verschmächtigt, während die ad latus verschobenen Frag-
mente der Fibula gewöhnlich durch eine 1—1,5 cm breite Callus-
brücke mit einander vereinigt waren.
Fasste man nun das proximale Fragment dicht über der Bruch-
stelle mit der einen Hand fest an und versuchte, den Fuß mit der
anderen erfassend, mit diesem resp. dem distalen Fragment seitliche
` Bewegungen auszuführen, so gelang es immer, eine
bei einem gesunden Unterschenkel niemals zu fin-
dende Elasticität zu konstatiren: das Fragment federte.
Dieses Federn musste natürlich auch dann eintreten,
wenn der Pat. beim Gehen, während das gesunde
Bein am kranken Bein vorbeipendelte, die ganze
Körperlast auf das kranke Bein verlegte. Dem Pat.
musste dieses Federn ein Gefühl hervorrufen, als
wollte das 'Bein an der Bruchstelle wieder ein-
knicken, so dass er zu dem Schluss kam, das Bein
trüge ihn nicht.
De facto ist wohl kaum anzunehmen, dass, wenn
der Pat. nicht außerordentlich schwere Lasten trägt
oder auf sehr unebenem Boden geht, das Bein an
der Bruchstelle wieder einknickt, so dass die Un-
fähigkeit zu gehen und das Bein nach Möglichkeit
zu benutzen, nur als eine psychische, von dem Gefühl
des Federns diktirte Unfähigkeit aufzufassen ist.
Ich habe desshalb in einer Anzahl von Fällen
neben der üblichen Nachbehandlung der Unterschenkelfrakturen dem
Pat. eine Lederhülse mit Stahlschienen verordnet. Diese wurde
genau wie die Hessing’schen Schienenhülsenapparate nach Gips-
modell aus plastischem Leder hergestellt. 2 seitliche Stahlschienen,
welche oben und unten durch einen rückwärts liegenden Stahlbogen
vereinigt sind, geben der Hülse noch größere Festigkeit. Vorn wird,
wie aus der Abbildung ersichtlich ist, eine doppelte Verschnürung
angebracht, welche es ermöglicht, bei Zu- oder Abnahme der Waden-
muskulatur sich diesen veränderten Volumensverhältnissen zu acco-
modiren; denn wenn beim Tragen einer solchen Hülse nicht regel-
mäßige Massage angewandt wird, so ist bald eine Volumensabnahme
der Wadenmuskulatur zu konstatiren.
Dieser kleine Apparat, welcher von der Medicinisch-Polytech-
nischen Union sehr leicht und elegant hergestellt wurde, gab den
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 571
Pat. ein solches Gefühl der Sicherheit, dass sie zumeist sofort gut
gehen konnten.
Nach meiner Meinung ist die Wirkung des Apparats vorwiegend
eine psychische, indem das lästige Gefühl des Federns wegfällt, in
zweiter Reihe unterstützt er aber zweifellos die Konsolidirung des
Bruches, welche dann vollendet ist, wenn die oben erwähnten Winkel
durch feste Callusmassen ausgefüllt sind.
1) Wassermann (Berlin). Experimentelle Untersuchungen
über die individuelle Disposition zu Infektionskrankheiten.
(Aus dem Institut für Infektionskrankheiten.)
(Charite-Annalen Jahrg. XXII. p. 798.)
Durch eine Reihe mühsamer Untersuchungen, die eingehend zu
beschreiben hier nicht der Ort ist, weist W. nach, dass der Organis-
mus folgende Schutzmittel gegen Infektionen besitzt: 1) Kreisen von
Antitoxin im Blut; 2) mangelnde Reaktionsfähigkeit zwischen Zelle
und specifischer Schädlichkeit. Diese beiden Arten sind bis jetzt
nicht herabzusetzen. Dagegen ist dies wohl der Fall bei der sehr
labilen Widerstandsfähigkeit aus 3) bisher noch nicht festgestellten
anderen Ursachen. Es ist dies ein Versuch, dem dunklen Gebiet
der individuellen Disposition näher zu treten.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
2) W. Noetzel. Über die Infektion granulirender Wunden.
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 5 u. 6.)
Das Verhalten granulirender Wundflächen gegen Invasion von
Bakterien hat Verf. an Milzbrandbacillen, ihr Verhalten gegen Ab-
sorption von Bakterientoxinen an Tetanusbacillen geprüft. Seine
Resultate fasst er in folgenden Sätzen zusammen: Von intakten
Granulationsflächen aus können Bakterien nicht in die Lymph- und
Blutbahn gelangen. Vollvirulenter Milzbrand erregt von denselben
aus keine Erkrankung der Versuchsthiere. Es scheint, dass auch die
Stoffwechselprodukte der Bakterien von intakten Granulationsflächen
nicht resorbirt werden. Für vollvirulente Tetanusbouillonkulturen
lässt sich dieser Satz beweisen. Die Ursachen dieses Impfschutzes
sind mechanischer Natur: Die oberflächliche, die Blut- und Lymph-
bahnen bedeckende Zellenschicht wirkt analog der intakten Epi-
dermis und hält die Infektionserreger zurück. Auch die Entfernung
derselben von der Wunde erfolgt im Wesentlichen mechanisch durch
die Exsudation, welche die Bakterien wegschwemmt, durch die
»Reinigung der Wunde«. Dieselbe ist in der Regel innerhalb 2 bis
4 Tagen vollendet. Die innerhalb dieser Zeit auf den granuliren-
den Wunden noch vorhandenen Milzbrandbacillen haben von ihrer
Virulenz nichts eingebüßt. Bakterientödtende Eigenschaften des
Granulationssaftes lassen sich nicht sicher nachweisen und haben
22*
572 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
jedenfalls nur eine untergeordnete Bedeutung für die Eliminirung
der Infektionserreger sowohl, wie für den Impfschutz der Granu-
lationen im Allgemeinen. Die Phagocytose ist auf infieirten Granu-
lationen regelmäßig zu beobachten; für den Impfschutz kommt ihr
ebenfalls nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Eine lokale Re-
aktion der Granulationsfläche auf die Milzbrandinfektion lässt sich
bei empfänglichen Thieren nicht nachweisen. Durch die erfolglose
Impfung granulirender Wunden wird weder eine allgemeine, noch
eine lokale Immunität der Versuchsthiere gegen die betreffenden
Bakterien erzielt. Teichmann (Berlin).
3) J. E. G. van Emden. Klinische Untersuchungen über
die Blutplättchen.
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 7 u. 8.)
Verf. hat eine eigene Methode zur Zählung der Blutplättchen
im menschlichen Blute erfunden und damit die von Hayem u. A.
angegebene Durchschnittszahl von 245000 pro Kubikmillimeter be-
stätigen können. Seine auf die wechselnde Menge bei verschiedenen
Krankheitszuständen gerichteten Untersuchungen haben ergeben,
dass die »Crise h&matoblastique« (Hayem) nach vielen Infektions-
krankheiten auftritt. Das Fieber als solches hat keinen Einfluss auf
die Plättchenzahl; bei den akuten Exanthemen und der Malaria ist
sie herabgesetzt, bei Pneumonie, Erysipelas und septischer Infektion
öfters erhöht, nur ausnahmsweise in schweren Fällen vermindert. Ver-
minderung der Plättchen findet sich auch, außer bei sehr schweren
Infektionen, bei der perniciösen Anämie und gegen das Ende des
Lebens; eine Vermehrung wurde bei verschiedenen Anämien und
kachektischen Zuständen, so wie am Ende der Schwangerschaft ge-
funden. Bei Zuständen, welche mit allgemeiner und portaler Blut-
stauung einhergehen, ist die Plättchenzahl verringert, eine eventuelle
Vermehrung wird durch Komplikationen bedingt.
d Teichmann (Berlin).
4) M. Michaelis und F. Meier (Berlin). Bakterienbefunde
im Blut von Phthisikern.
(Charit&-Annalen Jahrg. XXII. p. 150—158.)
Die Verff. haben bakteriologische Untersuchungen des Blutes von
10 Phthisikern gemacht, welche sich in vorgeschrittenen Stadien der
Krankheit befanden und an schweren fieberhaften Zuständen litten.
Zur Gewinnung des Blutes wurde die Venaepunctio intra vitam ge-
wählt, und durch sofortige und reichliche Beschickung der einzelnen
Nährböden dafür gesorgt, dass durch das Kulturverfahren das Vor-
handensein: von Bakterien noch nachgewiesen werden konnte, wo es
durch die direkten mikroskopischen Untersuchungen nicht mehr mög-
lich gewesen wäre.
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 573
Mittels dieses Verfahrens wiesen nun die Verff. nach, dass bei
8 von. 10 untersuchten Kranken Bakterien im Blute kreisten, und
zwar waren es bei 6 Staphylokokken, die in einem Falle mit Strepto-
kokken, in einem anderen mit Diplobacillen verbunden auftraten.
In je einem. Falle wurde nur eine Reinkultur von Streptokokken
bezw. Diplokokken gefunden, auf Tuberkelbacillen wurde niemals
gefahndet. Es konnte nun ferner nachgewiesen werden, dass das
Vorhandensein der Bakterien überall da festgestellt wurde, wo zu-
gleich im Harn die Diazoreaktion stark ausgesprochen war. Bezüg-
lich dieser Diazoreaktion glauben Verff. behaupten zu können, dass
sie auch bei anderen Krankheiten stets nur gleichzeitig mit Über-
schwemmung des Blutes mit Infektionsträgern auftritt, also wohl an
einen gewissen, Zusammenhang beider- Erscheinungen gedacht werden
müsse. Sie stellen daher bezüglich der. Phthise den Satz auf, dass
>weitaus die größte Anzahl von Phthisen, welche Diazoreaktion im
Harn zeigen, kulturell den Nachweis von Bakterien im Blute ge-
stattene. Daher seien diese Fälle »den durch Mischinfektion be-
dingten Krankheiten zuzurechnen«.
Es erscheint nicht überflüssig zu bemerken, dass zur Prüfung der
Sicherheit des Verfahrens nicht nur an Gesunden, sondern auch an
anderen Kranken (Masern, Scharlach, Gelenkrheumatismus, W eil ’sche
Krankheit, Miljartuberkulose, Endocarditis gonorrhoica (! Ref.), Me-
ningitis tuberculosa) Kontrollversuche angestellt wurden, welche stets
ein völliges Sterilbleiben der Nährböden. ergaben.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
5) Salman (Straßburg, inzwischen +). Klinische und ana-
tomische Beiträge zur Myositis ossificans.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. Hft. 2.)
Gleich den bisherigen, Schriftstellern über dieses Thema theilt
S. das Gebiet der Myositis, ossificans, und zwar sowohl der progres-
siven als der solitären Form, in 2 Gruppen ein, nämlich 1) in die
Gruppe. der, vom Periost ausgehenden oder von ihm aus in den
Muskel hineinwuchernden und 2) in die Gruppe der primär im
Muskel entstandenen Knochenneubildungen, welche entweder dauernd
unabhängig vom Periost verbleiben oder erst sekundär mit ihm in
Verbindung treten. Auf die erstere Gruppe passt Alles, was durch
die bekannten, Versuche Berthier’s schon lange als feststehend gilt:
durch ein Trauma wird ein Periostlappen abgesprengt, geräth zwischen
die Muskelbündel, und dort bildet sich, ausgehend vom Periost, eine
Knochenneubildung. Nach Berthier’s Ansicht ist dies die einzige
Entstehungsweise für die Myositis ossificans; er leugnet auch die
früher allgemein angenommene Möglichkeit, dass nach einer Muskel-
zerreißung sich aus dem entstandenen Bluterguss durch einfache
Organisation und Verknöcherung eine solche Geschwulst bilden könne.
Allein S. hat Fälle gesehen, welche in Berthier’s Schema nicht
hineinpassen, und bei welchen namentlich schon der traumatische
574 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
Ursprung fehlte. Plötzlich tritt bei einem Knaben Schmerz in der
Leiste auf, in dem unbeweglich gewordenen Oberschenkel entwickelt
sich eine Geschwulst, von 2 Querfingern unterhalb des Ligament.
Poupart. bis etwa handbreit oberhalb desselben.
Die Operation zeigt, dass es sich um den erweichten Ileopsoas
handelt, in welchem Knochenmassen, von Linsen- bis Markstückgröße
eingelagert sind; diese ganze Masse wird stumpf ausgeschält, es tritt
Heilung p. p. ein, und 2'/, Jahre später ist der Knabe noch völlig
gesund. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass zunächst eine
Trübung und Verdickung der Muskelfasern wahrzunehmen ist, dann
die Querstreifung verloren geht und Zerfall eintritt, und zwar in
verschiedenen Formen, nämlich als fibrilläre Längszerklüftung, ähn-
lich dem Knorpel bei der Arthritis deformans, ferner als »schollige
Zerklüftung«, als feinkörniger Zerfall, und endlich als wachsartige
Entartung, welche letztere am seltensten wahrzunehmen ist. Alles
dies sieht man neben einander, die zerfallenden Fasern werden dabei
korkzieherartig gewunden und erhalten hierdurch ein schlangenartiges
Aussehen. Die Kerne der Muskelfasern gerathen dabei theilweise in
starke Wucherung; nach Untergang der Fasern werden sie frei und
ordnen sich zu Riesenzellen ähnlichen Gebilden, die aus einer mit
Eosin schwach röthlich gefärbten Masse und mehreren Kernen mit
Kernkörperchen bestehen. Im interstitiellen Bindegewebe findet eine
mehr oder weniger ausgesprochene Wucherung statt, welche die
sulzige, dem embryonalen Gewebe ähnliche Beschaffenheit des Ganzen
bedingt. Zwischen den wuchernden Bindegewebszellen eingestreut
finden sich Knorpelzellen, welche sich dann häufen und zu einem
Knorpel formen; und in diesem bildet sich dann nach endochondralem
neoplastischem Typus Knochensubstanz durch Eindringen von Osteo-
blasten, die ihrerseits wieder aus Spindelzellen des Bindegewebes in
der Umgebung hervorgehen. Andererseits vollzieht sich aber die
Knochenbildung auch nach einem anderen, metaplastischen Typus,
indem die Knorpelzellen selbst allmählich eine zackige Gestalt an-
nehmen und unmittelbar zu Knochenzellen werden. Die Knorpel-,
wie auch die Knochenbildung geschieht in Form von Balken, zwischen
denen ein weiches, der Gruppe der Bindesubstanzen angehöriges
Gebilde entsteht, welches wenigstens in dem weiteren Sinne Virchow’s
als Mark aufgefasst werden kann. Man bemerkt hier alle Formen
neben einander und allmählich in einander übergehend. Die Ver-
änderungen am Bindegewebe sieht S. als primär, diejenige an den
Muskelfibrillen als sekundär an.
Ähnlich gestaltete sich das mikroskopische Bild in einem ande-
ren Falle von Exercierknochen im M. brachialis int., der nach einem
akuten Anfangsstadium in 4 Wochen entstanden war und bei der
Operation in fibröser Verbindung mit dem Periost gefunden wurde.
Nur fehlte hier der Knorpel, was S. durch die Annahme erklärt,
dass es sich um einen älteren Vorgang gehandelt habe.
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 575
Die mit dem Periost verbundenen Osteome neigen nach der
Operation zu Recidiven, die selbständigen nicht. Die Operation er-
scheint als die einzig rationelle Behandlung, da die Behandlung mit
Massage zwar Timann zur annähernden Heilung geführt hat, aber
doch zu unsicher und zeitraubend ist.
Im Ganzen genommen erscheint durch die Untersuchungen Bis
die Kenntnis der in Rede stehenden Krankheit erheblich gefördert,
ohne dass sie jedoch schon ein völlig abschließendes Urtheil gestatten.
Auch für die Lehre von der Knochenbildung sind sie von Wichtigkeit.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
6) P.Poppert. Über Seidenfadeneiterung nebst Bemerkungen
zur aseptischen Wundbehandlung. (Aus der chirurgischen
Universitätsklinik in Gießen.)
(Deutsche med. "Wochenschrift 1897. No. 49.)
P. steht auf dem von Manchem nicht völlig getheilten Stand-
punkt, für welchen er aber den Beweis erbracht zu haben glaubt,
dass die hier und da beobachtete Eiterung des sterilisirten Katguts
nicht auf der Anwesenheit von Bakterien beruhe, sondern ein che-
mischer Vorgang sei, für den der Chirurg nicht verantwortlich ge-
macht werden könne; wirklich infektiösen, schweren Wundeiterungen
hingegen müssten andere Fehlerquellen zu Grunde liegen.
Für ganz unabhängig von Bakterien hält P. auch die Eiterung,
welche bei der Ausstoßung von versenkten Seidennähten bei der
Radikaloperation des Leistenbruchs eine Rolle spielt.
Diese Art nichtinfektiöser Eiterung beobachtete P. durchschnitt-
lich auf 3—4 Fälle (mal. einen besonders typischen Fall derselben,
der trotz peinlichster Asepsis auftrat, theilt er ausführlich mit.
Die Eiterung hatte in den meisten Fällen einen ungefährlichen
Charakter, wie solches auch vielfach von anderen Autoren erwähnt
wird; bei tadelloser prima intentio kann sich nachträglich ein Abscess
bilden, durch welchen die Fäden ausgestoßen werden. In typischen
Fällen beobachtete P., dass das Sekret Anfangs nicht eitrig, sondern
serös war. In der Annahme, dass möglicherweise das allzu feste Zu-
schnüren der zahlreichen versenkten Seidennähte eine Ernährungs-
störung der Gewebe mit nachfolgender Nekrose bedinge, und diese
Nekrose alsdann Anlass zur Sekretbildung und Aufbruch der Wunde
gebe, war nun P. darauf bedacht, die den Bruchkanal verengenden
Nähte nur mäßig dicht zuzuschnüren und nicht allzu dicht anzulegen;
in 30 so operirten Fällen trat kein einziges Mal eine Störung der
Heilung ein.
P. gründet darauf die Ansicht, dass in Folge der ungünstigen
Resorptionsverhältnisse das abgestorbene fibroseröse Gewebe nicht
aufgesaugt würde, sondern eine stärkere demarkirende Entzündung
in der Tiefe mit Sekretbildung zur Folge habe; das gestaute Sekret
bräche durch die zarte Narbe nach außen durch und würde dann
576 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
sekundär: mit Bakterien inficirt. Aus der einmal inficirten Wunde
werden dann die versenkten Seidennähte als septische Fremdkörper
durch die Eiterung nach außen befördert. Auch anderen Annahmen
bleibt Thür und Thor geöffnet.
Bei der Radikaloperation des Schenkelbruchs und des Leisten-
bruchs bei Kindern hat P. niemals Eiterung beobachtet.
P. schließt des weiteren aus seinen interessanten Beobachtungen,
dass alle Operationsmethoden des Leistenbruchs zu verwerfen sind,
bei denen der aus seiner Umgebung losgelöste Bruchsack zurück-
gelassen wird (MacEwen), da derselbe zu leicht nekrotisch wird.
P. vindieirt also einer rein mechanischen Schädlichkeit die Mög-
lichkeit, unter dem Bild der Eiterung zu verlaufen.
Von der Beschaffenheit der Wunde, ihrer Ausdehnung und ihrem
Sitz ist die Disposition zur Eiterung entschieden in nicht geringem
Grade abhängig.
Bezüglich der Keimfreiheit der Wunden kommt Verf. zu dem
Schluss, dass bei den nach landläufigen Begriffen als rein aseptisch
aufzufassenden Wunden nur eine relative, nicht eine absolute Keim-
freiheit garantirt werden kann, wir somit darauf angewiesen bleiben,
uns auf die Waffen, die der Organismus im. Kampfe gegen die Bak-
terien besitzt, mehr oder weniger zu verlassen; eine Hauptwaffe liegt
aber in einer derartigen Gestaltung der Wundverhältnisse, dass die
Mikroben keine geeigneten Bedingungen für ihre Entwicklung vor-
finden. R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
7) Moore (Minneapolis, Minn.). Ligaturen und Suturen.
(Philadelphia med. journ. 1898. Januar 22.)
M. wendet mit stets gleich gutem Erfolg ein nur durch Hitze
sterilisirtes Katgut an. Nicht jedes Katgut aber verträgt hohe Wärme-
grade, und muss man sich erst davon überzeugen, dass es nicht da-
durch brüchig wird. Das Rohkatgut wird in Stücke zerschnitten, in
Pergamentpapier eingewickelt und dann in einem Sterilisator inner-
halb von 3 Stunden auf 100° C. gebracht und noch weitere 4 Stun-
den: auf 100—110° erhalten. Man kann es dann in Papierhüllen
im Besteck bei sich führen. Lühe (Königsberg i/Pr.).
8) Thomalla. Über eine vollkommen antiseptische Näh-
seide und antiseptisches Katgut.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15.)
T. legt sterile Seide und Katgut in eine Gelatin-Formalinlösung,
trocknet das Nahtmaterial, welches die Lösung aufgesaugt hat, im
sterilen Raum und wickelt es auf. Bei der Naht mit solchen im-
prägnirten Fäden beginnt im Stichkanal die sofortige Auflösung der
Formalingelatin durch die lebenden Zellen, so dass das Formalin
frei wird und etwaige vor der Operation auf die Seide gekommene
Bakterien im Stichkanal vernichtet. T. hat derartiges Nahtmaterial
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 577
aigen und an mehr als 100 Pat. in Anwendung gebracht und
nic eIP einziges Mal in den Stichkanälen Eiter gefunden, obgleich
er die Fäden nie mit antiseptischer Flüssigkeit reinigte, sondern die
trockene Gelatin-Formalinseide und -Katgut zum Nähen verwandte.
T. hat zur Aufbewahrung solchen Nathmaterials einen kleinen,
leicht transportablen Apparat konstruirt, dessen Beschreibung im
Original nachzusehen ist, und der bei Warmbrunn, Quilitz & Co.
in Berlin C. bezogen werden kann, während das Nahtmaterial Paul
Hartmann in Heidenheim i. W. liefert. Gold (Bielitz).
9) P. Reichel. Die Abschätzung der Erwerbsfähigkeit.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 37 S.
Verf. hat eine Reihe von Fragen aufgeworfen, deren Wichtig-
keit zum Theil schon von Anderen gelegentlich betont ist, die aber
in ihrer speciellen Behandlung zum Theil neu sind. Obwohl die-
selben uns Medicinern als mehr akademischer Art erscheinen mögen,
so handelt es sich dabei doch um Dinge, mit denen sich der Gut-
achter in der Praxis täglich beschäftigen muss; es sind von diesem
Gesichtspunkt aus praktische Erörterungen über die Faktoren, welche
sich bei der Beurtheilung der Erwerbsfähigkeit geltend machen.
Der Schwerpunkt der Abhandlung liegt jedenfalls in ihrer social-
politischen, vielleicht nationalökonomischen Seite, worin wir aber
unsere Kenntnis vertiefen müssen, wenn wir diesen modernen An-
forderungen gewachsen sein wollen. So wird der Fachmann manche
Anregung, der weniger Erfahrene eine treffliche Anleitung gewinnen
aus der Lektüre. Der Titel wäre vielleicht besser anders gewählt,
da die Abhandlung nur mehr allgemeine Betrachtungen über die
Abschätzung der Erwerbsfähigkeit enthält. Bähr (Hannover).
10) David. Zur Frage des Verhaltens austrepanirter und
wieder eingeheilter Schädelstücke. (Aus der Universitäts-
poliklinik für orthopädische Chirurgie in Berlin.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 47.)
D. greift die von Barth vertretene und auf sehr sorgfältige
Untersuchungen gestützte Ansicht an, dass Knochenpartien, die aus
ihrer Verbindung mit der Umgebung losgelöst, aber in ihre normale
Lage zurückgebracht werden, ausnahmslos dem ‘Jode verfallen. Er
hat bei Versuchen, welche er im physiologischen Institut der thier-
ärztlichen Hochschule anstellte, das allmähliche Schwächer- und
dann Wieder-stärker-\Werden der Färbung des Fragments und seiner
Zellen gefunden, ein völliges Schwinden und Zugrundegehen, wie
dies Barth beobachtete, aber niemals feststellen können. Er ver-
neint desshalb die Barth’sche Substitutionstheorie und hält dafür,
dass der replantirte Knochen als solcher erhalten bleiben könne.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
22w
578 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
11) Kretschmann. Klinische und pathologische Beiträge
zur Caries von Hammer und Amboß.
(Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens der med. Gesellschaft zu Magdeburg.)
Magdeburg, 1898.
Von den beiden äußeren Gehörknöchelchen ist der Amboß weit-
aus am häufigsten Sitz cariöser Processe. Die Caries lokalisirt sich
zuerst an Stellen, welche durch ihre Lage oder durch den Mangel
schützender Bandmassen etc. einen günstigen Angriffspunkt für de-
struirende Processe bilden. Bei Caries der im oberen Paukenhöhlen-
raum befindlichen Theile der Gehörknöchelchen spielt die Hammer-
Amboßbucht eine wesentliche Rolle. Die Diagnose der Erkrankung
der beiden äußeren Knöchelchen an Caries ist ziemlich sicher. Die
Annahme einer isolirten Erkrankung derselben ist nur bis zu einem
gewissen Grade wahrscheinlich. Caries der Ossicula kann ohne Ope-
ration heilen. Ist ein operativer Eingriff erforderlich, so kommt die
Hammer-Amboßextraktion vom Gehörgang aus, als das am wenigsten
eingreifende Verfahren, zur Anwendung, wenn die Walırscheinlichkeit
für Caries, die auf die Ossicula sich beschränkt, spricht, die Stack e’sche
Methode der Extraktion, wenn mit Wahrscheinlichkeit der Process
sich weiter ausgedehnt hat. Dreyer (Köln).
12) R. Müller (Berlin). Die chirurgische Freilegung des
Mittelohrs und ihre Bedeutung für den Militärarzt.
(Charite-Annalen 1897. Jahrg. XXII. p. 417—453.)
Indem wir von der hier ausführlich besprochenen Technik der
beiden in Frage kommenden Operationen absehen und auch auf
Indikationen etc. nicht eingehen, beschränken wir uns auf Das, was
in dem Aufsatz über die militärarztliche Bedeutung hinsichtlich der
militärischen Dienstfähigkeit gesagt ist. Leute, die schon länger als
6 Monate nach Antrumaufmeißelung mit guter Funktion geheilt sind,
können in den Militärdienst anstandslos eingestellt werden; bei kür-
zerer Dauer der Heilung oder vor ihrer Vollendung muss Zurück-
stellung erfolgen. Eben so können Leute, denen während ihrer
Dienstzeit die Aufmeißelung gemacht worden ist, im Dienst bleiben.
Nicht dagegen trifft dies zu bei der Radikaloperation, nach welcher
jeder Mann als unfähig zum Dienst mit der Waffe anzusehen ist,
selbst wenn er völlig geheilt ist und eine gute Hörfähigkeit behalten
hat. Als Grund für diese Ansicht führt M. an, dass die zurück-
gebliebene Wundhöhle — sei es mit, sei es ohne retroaurikuläre
Öffnung — eine fortdauernde ärztliche Überwachung und zeitweiliges
ärztliches Eingreifen erfordert, dass der Operirte stets einer gewissen
Schonung bedarf und den Schädlichkeiten des Dienstes nicht aus-
gesetzt werden kann. Höchstens könne bei sonst günstigen Verhält-
nissen der Dienst ohne Waffe als Handwerker, Krankenwärter etc.
in Frage kommen, was wir jedoch auch bezweifeln müssen. So lange
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 579
die Wunde nicht geheilt ist, müssen die Operirten als verstümmelt
gelten. Da selbst eine Spätheilung noch möglich ist, muss aber jeder
Grad der Erwerbsunfähigkeit, welcher sich im Übrigen nach der
Funktion zu richten hat, als zeitig angesehen werden, 2 Jahre lang
wenigstens. Ähnlich wird es sich auch bei Beurtheilung von Unfall-
verletzungen und Arbeitsunfähigkeit in civilen Verhältnissen verhalten.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
13) Drenkhahn (Hamburg). Schwere Folgen von Zahn-
krankheiten in der Armee und ihr Zusammenhang mit Zahn-
extraktionen.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. No. 2.)
An der Hand des großen Materials, welches in den Sanitäts-
berichten über die Armee niedergelegt ist, sucht Verf. die Frage zu
lösen, in wie weit es nöthig sei, möglichst antiseptische Maßregeln
bei und nach der Zahnextraktion zu befolgen, so wie ob es zweck-
mäßig sei, während des Bestehens einer Parulis die Operation vor-
zunehmen. D. kommt zu dem Schluss, dass das letztere im All-
gemeinen vorzuziehen und dass das erstere unnöthig sei. Nament-
lich erscheint die Ansicht H. Fischer’s, die er in seinem Aufsatz
über Osteomyelitis purulenta der Kiefer niedergelegt hat, dass durch
unsaubere Zahnextraktion und das Ziehen von Zähnen bei Parulis
häufig Veranlassung zu jener schweren Krankheit gegeben werde,
nicht hinreichend bewiesen. Vielmehr dürfte der Zahnschmerz, wel-
cher die Kranken zur Extraktion treibt, oft nur der Anfang der
Osteomyelitis sein. Dagegen kann ja gewiss nicht in Abrede gestellt
werden, dass cariöse Zähne die Eingangspforte für allerlei Krank-
heitserreger sein können; Ref. erinnert z. B. an die Aktinomykose.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
14) Bussenius (Berlin). Über den Werth des Holocains für
rhino-laryngologische Operationen.
(Charite-Annalen 1897. Jahrg. XXII. p. 458—468.)
Da das Holocainum muriaticum sich in der Augenheilkunde
bewährt und einige Vorzüge vor dem Cocain gezeigt hat, wurde es
auch bei rhino-laryngologischen Operationen versucht und erzeugte
in Dosis bis 10 Tropfen einer 2!/,%igen Lösung eine sichere lokale
Anästhesie ohne sonstige unangenehme Nebenwirkungen, wie sie dem
Cocain eigen sind. Dagegen ist es ein starkes Gift, 5mal stärker
als Cocain, muss also noch vorsichtiger angewendet werden, was aber
wegen der energischer anästhesirenden Wirkung eben auch möglich
ist. Auch zur Schleich’schen Infiltrationsanästhesie scheint das
Präparat in 1%iger Lösung anwendbar; bei einer solchen wurde
0,0045 .Holoc. mur. verbraucht und wurden auch noch 4 Tropfen
der 2'/a%igen Lösung = 0,005, also im Ganzen etwa 0,010 zum Be-
580 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
tupfen einer Wundhöhle vertragen, als das Auskratzen derselben zu
schmerzhaft war. Lühe (Königsberg i/Pr.).
15) E. Winckler. Über den Zusammenhang von Nasen- und
Augenerkrankungen.
Halle, K. Marhold, 1898.
In das Wesen des lange bekannten Zusammenhangs zwischen
Nasen- und Augenerkrankungen hat Ziem einige Klarheit zu bringen
gesucht, indem er vor Allem der Reflextheorie, die auch hier Alles
erklären sollte, ihre Schranken wies und sich mehr auf den Boden
der anatomischen Thatsachen stellte. Hierin folgt ihm W. und
macht für die Kombination der Nasen- und Augenerkrankungen
folgende 3 Momente verantwortlich: die Anastomosen im Blut- und
Iymphgefäßsystem beider Organe, die Verbindung des Augenhöhlen-
zellgewebes mit demjenigen der Flügelgaumengrube und die Innerva-
tion beider Organe durch den Trigeminus und Sympathicus. Dazu
kommt noch rein topographisch die Nachbarschaft der Nasenneben-
höhlen, deren eitrige Erkrankungen in ihrer gefährlichen Bedeutung
für den Inhalt der Augenhöhle vom Verf. nach Gebühr gewürdigt
werden. Hinsichtlich der Therapie bei gleichzeitig bestehendem
Augen- und Nasenleiden ist in den Fällen, wo die Augenerkrankung
sofortiges Eingreifen verlangt, z. B. Ulcus corneae, Hypopyon, oder
wo jede intraokulare Drucksteigerung Schaden bringen könnte, von
allen energischen intranasalen Eingriffen zunächst abzusehen. Sonst
ist, besondgrs bei alten Nasenstenosen, vor Beginn einer energischen
Augenbehandlung erst die Nasenbehandlung zu erledigen.
Teichmann (Berlin).
16) F. Blocbaum. Die submuköse Kauterisation mittels der
galvanokaustischen Glühnadel zur Behandlung der Rhinitis
hypertrophicans nebst Beschreibung und Abbildung des neu
aseptisch konstruirten allgemeinen Platinbrenners.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 4.)
Die auch von anderer Seite schon geübte submuköse Galvano-
kauterisation der Nasenmuscheln wird vom Verf. in der Weise aus-
geführt, dass er in das nach Schleich infiltrirte Gewebe eine be-
sonders fein konstruirte Nadel glühend einsticht und parallel der
Muscheloberfläche vorschiebt. Durch die narbige Schrumpfung des
Gewebes wird die Schleimhaut, die selbst intakt bleibt, dann dicht
an den Knochen herangezogen. Auf diese Weise wird auch die In-
fektionsgefahr auf ein Minimum reducirt. Den gewöhnlichen Brenner
hat Verf. in der Weise modificirt, dass er statt des isolirenden Seiden-
überzuges die beiden Zuleitungsschenkel des Brenners durch Elfen-
bein, Horn oder Porcellan isolirt. Dadurch wird eine bessere Reini-
gung und Asepsis erzielt. Teichmann (Berlin).
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 581
17) E. J. Mouro. Sur le traitement des sinusites (maxillaire
excepte).
(Revue de l’aryngol. 1898. No. 10—12.)
Veröffentlichung eines auf dem Moskauer Kongress gegebenen
Berichtes über den jetzigen Stand der chirurgischen Behandlung bei
den Erkrankungen der Nasennebenhöhlen; für den Fernerstehenden
zur Orientirung über das Nothwendige und Erreichbare auf diesem
schwierigen Gebiet sehr geeignet. Teichmann (Berlin).
18) Meyjes, W. Posthumus. Die Behandlung des Empyems
des Oberkiefers.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 1.)
19) J. Herzfeld. Über eine einfache Methode des Ab-
schlusses und gleichzeitigen Offenhaltens der künstlich an-
gelegten Kieferhöhlenöffnungen.
(Ibid.)
Um den durch die Alveole in die Kieferhöhle geführten
Bohrkanal offen zu halten und doch einen Abschluss gegen die
Mundhöhle zu erzielen, hat der holländische Autor Röhrchen aus
Gold oder vergoldetem Silber mit einer federnden Verschlussklappe
konstruiren lassen. Die Klappe trägt an ihrer Innenfläche einen
kurzen Zapfen, welcher genau die Lichtung der Röhre ‚abschließt.
Zur Vornahme der Ausspülung kann die Klappe vom Pat. selbst mit
leichtem Druck des Fingernagels aufgeschlagen werden, sie schlägt
dabei nach der Mittellinie zu. Das Röhrchen wird am benachbarten
Zahn durch einen Kautschukring befestigt. —
Den gleichen Zweck erreicht H., jedenfalls einfacher, durch
Kautschukstöpsel, welche in den Bohrkanal hineingesteckt werden,
so dass sie weit in die Kieferhöhle noch frei hineinragen. Ein
Hineinschlüpfen in die Kieferhöhle wird durch eine Fußplatte ver-
hindert, welche sich dem Alveolarrande und den benachbarten Zähnen
anschmiegt. Platte und Stöpsel sind aus einem Stück gearbeitet.
Zur Ausspülung wird der Stöpsel einfach herausgezogen, nach der-
selben wieder eingeführt. Man kann solche Stöpsel in verschiedenen
Stärken und auch in verschiedenen Formen, wie z. B. als Doppel-
stöpsel für die Kanäle zweier benachbarter Alveolen, vorräthig halten.
Ähnliche Stöpsel benutzt II. auch für die Trepanationsöffnung in
der Vorderwand der Kieferhöhle. Reizerscheinungen hat er auch
bei längerem Gebrauch nie gesehen. Teichmann (Berlin).
582 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
20) Hessler. Über den Zeitpunkt und die verschiedenen
Methoden der Operation der Rachenmandel und der Gaumen-
mandeln bei akuten Mittelohrentzündungen.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 2.)
Während die meisten älteren Ohrenärzte gegen eine Mandel-
hyperplasie bei gleichzeitiger akuter Mittelohrentzündung erst nach
Ablauf der letzteren operativ einzuschreiten rathen, schließt sich Verf.
Denjenigen an, welche unter gleichen Umständen in der schleunigen
Abtragung der vergrößerten Mandeln ein wirksames Mittel für die
rasche Heilung der Ohraffektion erblicken. Er operirt sofort nach
dem Verschwinden der stürmischen Initialerscheinungen seitens des
Ohres, eventuell nachdem er durch Paracentese des Trommelfells
dem Eiter in der Paukenhöhle Abfluss nach außen geschaffen hat.
Die Operation der akut-entzündlich geschwollenen Mandeln hat nach
ihm außerdem den Vortheil, dass man mehr von dem Gewebe in
den Ring des Tonsillotoms bekommt. Zur Entfernung der Rachen-
mandel empfiehlt er von Neuem das durch ihn modificirte Pharynx-
tonsillotom von Schütz. Er operirt stets ohne Narkose.
Teichmann (Berlin).
21) F. Pluder. Über die Bedeutung der Mandeln im Or-
ganismus.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 4.)
Der Artikel wendet sich gegen die Auffassung des Iymphatischen
Rachenrings als Schutzorgan für den Körper und erblickt die Rolle
desselben mehr in einem theilweisen Ersatz der zurückgebildeten
Thymus innerhalb des hämatopoetischen Systems. Andererseits kann
sich Verf. der Hopmann’schen Ansicht von der Bedeutung der
Mandelhyperplasie als Degenerationszeichen nicht anschließen, da er
gerade bei schwach befähigten und sonst minderwerthigen Kindern
häufig kleine Tonsillen gefunden hat. Darin kann Ref. nach seinen
Untersuchungen an Schulkindern ihm nur beistimmen, ohne damit
die Versuche, den jetzt auffallend häufigen Symptomenkomplex der
Mandelhyperplasie in evolutionistischem Sinne zu deuten, für aus-
sichtslos zu halten. Dagegen kann Ref. nicht zugeben, dass, wie
Verf. behauptet, die Meinung Virchow’s, die Tuberkelbacillen fän-
den im tonsillären Gewebe keinen günstigen Entwicklungsboden,
sich als haltlos erwiesen habe. Ganz im Gegentheil scheinen die
neueren Befunde von Tuberkulose in den Tonsillen, so weit sie
überhaupt der Kritik Stand halten, mit ihrer mangelnden Tendenz
zur Verkäsung und zum Zerfall die Virchow’sche Lehre zu be-
stätigen. Von einem Organ, das, wie die Tonsillen, zur Entwicklung
sowohl der Schleimhaut- wie der Drüsentuberkulose besonders be-
fähigt erscheint, müsste man ganz andere tuberkulüse Degenerationen
erwarten, als spärliche Riesenzellen mit noch spärlicheren Bacillen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 583
Die klinische Bedeutung der Mandelhyperplasie ist übrigens heute so
unbestritten, dass ihre chirurgische Bekämpfung keiner theoretischen
Entschuldigung mehr bedarf. Teichmann (Berlin).
Kleinere Mittheilungen.
Apparat zur Bestimmung der Zugfestigkeit von chirurgischem
Nähmaterial.
Von
Dr. Conrad Stich,
Oberapotheker am städtischen Krankenhaus St. Jakob zu Leipzig.
Die Prüfung des chirurgischen Nähmaterials auf Zugfestigkeit lässt sich leicht
mit dem in der obigen Abbildung wiedergegebenen Festigkeitsprüfer, wie er in
einfacherer Form bereits in der Textilindustrie verwandt wird, erreichen.
Der zu prüfende Faden wird am Angriffspunkt a des belasteten Hebels be-
festigt, 2mal über eine kleine seitlich angebrachte Stahlrolle b gewunden und mit
dem anderen Ende an einer
Stahlwalze am Fuß des Prü-
fersangebracht. Durch Drehen
der Walze wird der Faden auf-
gewickelt und der belastete
Hebel an der Skala gehoben,
welche mit 2 Eintheilungen
versehen ist. Die obere Ein-
theilung ist für weniger festes
Material bestimmt und ent-
spricht einer Belastung bis 3 kg,
die Fortsetzung ist auf dem
anderen Skalentheil gegeben
und auf Belastung bis 10 kg
bezogen. Den beiden Skalen-
theilen entsprechen 2 Ge-
wichte p, die auf einen Metall-
stift aufgesteckt sind. Die Be-
nutzung des Apparats erfor-
dert ein gleichmäßig schnelles
Aufwickeln des Fadens auf
die Walze. Bei Seidenprü-
fungen kann das oben be-
festigte Ende noch gewachst
werden, um die Erhaltung des
Fadens am Befestigungspunkt
zu sichern.
Die Bestimmungen geben il N
bei gleichmäßig gearbeitetem ? "Auf I
Material Werthe mit einer Be- Gi Wo
lastungsdifferenz von 100 bis
200g. Von 4 Prüfungen erhält
man im Mittel einen brauchbaren Werth.
Der Apparat erweist sich zweckmäßig bei der Prüfung von Rohmaterial und
giebt einen "guten Aufschluss über die Einwirkung der Präparation auf die Zug-
festigkeit. Die Bestimmung der Torsionsfestigkeit kann leicht durch Anbringung
ii
D
ii
584 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
einer Schraubenvorrichtung am Angriffspunkt des Hebels erreicht werden, doch
hat diese Prüfung keine allgemeine Bedeutung.
Der Apparat ist in dem mechanischen Institut von F. R. Poller (Inhaber
E. Kindt) Leipzig, Plagwitzer Str., ausgeführt.
22) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
93. Sitzung am Montag den 14. Februar 1898 im kgl. Klinikum.
Vorsitzender: Herr Lindner.
Tagesordnung:
1) Herr Lindner: Demonstrationen zur Magen-Darmchirurgie.
Bei der ersten vorgestellten Pat. hat L., nach dem Vorgang Langenbuch’s,
der Gastrostomie eine Gastroenterostomie hinzugefügt, um ein Ausfließen des
Mageninhaltse zu verhüten.
An der nächsten Pat. war eine segmentäre Resektion des Magens vorgenommen
worden. Bei dieser Pat. fand sich ein Tumor in der Magengegend, der mit der
Bauchwand anscheinend verwachsen war. Bei der Incision wurde entzündliches
Gewebe freigelegt und mit großer Schwierigkeit der Magen von der Leber frei
präparirt; erst von einer freigelegten Höhle aus gelangte man in den Magen (also
Ulcus ventriculi perforatum). Resektion eines Stückes, so dass vom Magen nur eine
ganz enge Höhle zurückblieb. Naht.
Bei den demnächst vorgestellten 4 Pat. war nur eine Wahrscheinlichkeits-
diagnose (auf Carcinom resp. Tumor am Pylorus) gestellt. Bei diesen Pat. wurden
ZA des Magens resecirt.
In einem Falle gelang es nur nach vielem Suchen, das Careinom zu finden;
im 4. Falle, der vor der Operation den Anschein einer leichten Erkrankung machte,
fand sich ein schweres Carcinom. L. hält es demnach für empfehlenswerth, in
unsicheren Fällen immer die Probelaparotomie zu machen.
Die neuerdings (besonders von Mikulicz) empfohlene Pyloroplastik hält er
nicht für rationell, da man gutartig aussehende Tumoren übersehen könne, ferner
es ja bald Recidive gäbe, außerdem der größte Theil der Magencareinome von
alten Geschwüren seinen Ausgang nähme. Das Bestreben soll dahin gehen, von
dem Geschwür alle Reize fern zu halten, da sie eben sehr leicht die Entwicklung
des Careinoms begünstigen, und durch Resektion möglichst jeden Tumor zu ent-
fernen. Bei ganz elenden Personen ist die Gastroenterostomie am Platse, der
dann später die Resektion zu folgen hat.
In der Diskussion hebt Herr Sonnenburg die Schwierigkeiten einer
exakten Diagnosenstellung bei Magenkrankheiten hervor — auch die Röntgen-
strahlen lassen im Stich, ja verleiten vielleicht gar zu falschen Auffassungen. Er
hatte Gelegenheit, eine Frau zu operiren, bei welcher das Röntgenbild in der
Gegend des Magens einen großen dunklen Schatten gab, der von anderer Seite als in-
operables Careinom des Magens gedeutet worden war. Einen Tumor konnte S.
selber nicht palpiren, entschloss sich aber auf Drängen der Angehörigen sur
Probelaparotomie. Magen und Darm erwiesen sich als völlig gesund.
2) Herr Riese: Vorstellung eines Falles von Luxation der Pero-
neussehnen, nach der König-Kraske'schen Methode operirt.
Bildung einer neuer Sehnenscheide durch Ablösung eines Periost-Knochen-
lappens von dem unteren Ende der Fibula und Anheftung des Lappens an das
Periost des Calcaneus durch Seidennaht. Die Heilung erfolgte p. p.i. Die Funk-
tion ist gut. Ein Skiagramm zeigt die Verhältnisse nach der Operation sehr
deutlich. Die Verletzung entstand bei dem 34jährigen Stubenmaler nach mehr-
fachem Umkippen des Fußes beim Absteigen von der Leiter; eine heftige Ver-
stauchung hat Pat. nicht erlitten. Sehr erwähnenswerth im Hinblick auf die An-
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 585
nahme, dass die Luxation der Peroneussehnen durch Muskelaktion entstehe, und
nicht durch Bänderzerreißung (in Folge einer heftigen Distorsion), wie Volkmann
annahm, scheint dem Vortr. die Angabe des Pat., dass er gleichzeitig mit den
Schmerzen und dem Sehnenknacken am äußeren Knöchel eine kleine Geschwulst
an der Außenfläche der Wade bemerkt und bis an den äußeren Kniegelenksspalt
ausstrahlende Schmerzen bekommen habe, als deren Ursache eine Hernie der
Museuli peronei etwas unterhalb der Mitte der Wade angesprochen werden musste.
Das Loch in der Fascie wurde gleichzeitig bei der Operation der Luxation genäht.
Was die Verhältnisse an der Peroneussehnenscheide betrifft, so war als Rest von
dem zerrissenen Retinaculum superius — wie in dem K rask e’schen Falle — nur noch
ein fimbrienartig ausgefranstes Läppchen am Calcaneus zu entdecken. Eine Be-
festigung des Knochenlappens mit Stiften am Calcaneus, wie Cousmine vor-
schlägt, hält der Vortr. für überflüssig.
3) Derselbe: Fall von ausgedehntem Cystenganglion, ausge-
gangen vom Kniegelenk.
Der 64jährige Pat. will vor 4 Jahren zuerst an der Außenfläche des Knie-
gelenks eine kleine Geschwulst entdeckt haben, die ohne vorhergegangene Ver-
setzung entstanden sein soll, sich allmählich nach unten vergrößert und den Pat.
schließlich wegen der Schmerzen zu einer Operation gedrängt habe. Vor der
Operation fand sich an der Außenseite der Wade unter der Haut eine weiche
Geschwulst, die aus einzelnen ausammenhängenden fluktuirenden Knoten bestand.
Die Exstirpation war wegen fester Verwachsung mit der Fascia cruris sehr müh-
sam. Der Stiel ging zwischen der Sehne des Biceps und dem äußeren Kopf des
Gastrocnemius bis an die Kapsel. Der Sack, über günseeigroß (Demonstration),
besteht aus einer großen Zahl großer und kleiner Cysten, die alle klare Gallerte
enthalten. Die Höhlung im Stiel hört vor der Anheftung an die Kapsel auf.
Nach Ansicht des Vortr. entwickeln sich die Ganglien als heterotope Bildungen
namentlich in der Umgebung bestimmter Gelenke durch Einschmelzung des de-
generirenden Bindegewebes. Es sind also wahre Cystengeschwülste, keine aus den
Kryptes synovipares hervorgehende Retentionsgeschwülste.
Die Gallerte entsteht aus den Bindegewebszellen durch gallertige Degeneration
derselben. Die bei den diesbezüglichen mikroskopischen Untersuchungen stets
gefundene Endarteriitis obliterans der Gefäße dürfte in ursächlicher Beziehung
zur Degeneration des Bindegewebes stehen.
Die klinischen Erfahrungen des Vortr. über Kniegelenksganglien erstrecken
sich auf 8 Fälle. Der eine wurde von Schönborn, 3 andere von dem Vortr.
radikal operirt, ein 5. von ihm punktirt, 3 andere Pat. mit zweifellosem Knie-
ganglion wollten sich einer Operation nicht unterziehen.
Was die Häufigkeit der Kniegelenksganglien betrifft, so wurden in der Würz-
burger Klinik und Poliklinik (Oelze) in 5 Jahren 58 Ganglien beobachtet, von
denen 50 der Hand, 4 dem Fuß und 4 dem Knie angehören. In dem auf diesen
Zeitraum folgenden 1/2 Jahr wurden in Würzburg dann noch 3 Ganglien am Knie
beobachtet, so dass sich die Procentzahl noch zu Gunsten der Kniegelenksganglien
verschiebt. Diese 8 Ganglien fanden sich zum größten Theil an Pat. von 20 bis
40 Jahren, 1 bei einem 10jährigen Knaben, 1 bei einem 64jährigen Mann. 2 von
den 8 Ganglien kamen bei Frauen vor. Von den 8 Pat. wollte nur einer die Er-
krankung auf ein Trauma zurückführen.
Die einzig sichere Behandlung besteht in der Exstirpation.
Diskussion: Herr Gluck erwähnt, dass er bei einem Kinde, das er wegen
eines Ganglion operirte, ebenfalls das Kniegelenk eröffnen musste, dass das Re-
sultat aber ein gutes war.
4) Derselbe: Fall von durch Radikaloperation geheilter primärer,
akuter infektiöser Osteomyelitis der Wirbel.
Der 17jährige Arbeiter fühlte sich bis zum 14. Juli 1897 völlig gesund, nur
hatte sich in den letzten Tagen vor diesem Termin eine eitrige Nagelbettentzün-
dung am 3. Finger entwickelt. Am 14. Juli, nach dem Tragen eines schweren
586 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
eisernen Trägers, heftige Schmerzen im Kreuz. Am 16. suchte er das Bett auf
wegen heftigen Fieber. Am 19. Juli Urinretention. Am 20. Juli aufgenommen,
ist Pat. somnolent, kann sich nicht selbst aufrichten.
In der Gegend der unteren Lendenwirbel ödematöse Schwellung, excessive
direkte Druckschmerzhaftigkeit der unteren Wirbel, keine Schmerzen bei Druck
auf die Wirbelsäule durch Schlag auf den Kopf. Undeutliche Fluktuation in der
Tiefe links neben den unteren Lendenwirbeln. Blase gefüllt, muss mit Katheter
entleert werden. Temperatur 38,4. Keine Lähmungen außer der Blasenlähmung.
21. Juli, 7 Tage nach dem muthmaßlichen Beginn der Erkrankung, Operation.
Schnitt von der Articulatio sacroiliaca links 1 cm neben der Darmfortsatzlinie
19 cm nach aufwärts. Rückenstrecker nach außen abgeschoben. Am Bogen des
4. Lendenwirbels entleert sich unter dem Periost ein Esslöffel grüngelblichen, nicht
riechenden, dicken Eiters, der steril aufgefangen wurde. Mit der Knochenzange
wurde die ganze linke und die Hälfte der rechten Hälfte des Bogens mit dem
Dornfortsatz entfernt. Punktion des Duralsacks ergiebt Eiter, daher 2 cm langer
Schnitt in die Dura, worauf sich ein Esslöffel Eiter entleert. Darauf noch Ent-
fernung des ebenfalls arrodirten Querfortsatzes.
Am 27. Juli erschien auch der Bogen des 3. Lendenwirbels von Periost ent-
blößt. Blasenlähmung war sehr bald nach der Operation verschwunden. 16. August
Entfernung von 3 kleinen Knochensplittern vom Bogen des 3. Lendenwirbels.. Am
13. November, nachdem Pat. bisher Korsett getragen, Entlassung in poliklinische
Behandlung mit kaum secernirender Haarfistel. Aus dem Eiter wurde eine Rein-
kultur von Staphylococcus pyogenes aureus gewonnen. Diagnose: Primäre akute
Osteomyelitis des 3. und 4. Lendenwirbelbogens mit Eiterung im Duralsack. Die
Eintrittspforte für die Eitererreger bildete wohl die Nagelbetteiterung. Von 21
bisher veröffentlichten Fällen von akuter Wirbelosteomyelitis starben 15, gesund
wurden nur 3. Diesen 21 Fällen kann der Vortr. außer dem eben erwähnten
3 andere von ihm beobachtete hinzufügen.
Den ersten sah er bei Schönborn: 21jähriger Mann, am 14. Tage nach dem
Beginn der Erkrankung von Schönborn operirt: Incision, 5. Lendenwirbelbogen
rauh. Am 16. Tage Exstirpation der 4 oberen Sacralwirbelbogen und des Bogens
vom 5. Lendenwirbel; Dura freigelegt, Abscesse vor dem Kreuzbein gespalten...
Nachmittags 3. Sektion ergiebt Rückenmarkshöhle bis zum 5. Brustwirbel mit
Eiter gefüllt. Den 2. Fall operirte der Vortr. am 8. Tage nach Beginn der Er-
krankung ebenfalls in der Würzburger Klinik. Es handelte sich um Osteomyelitis
des 5. und 6. Halswirbelbogens bei einem 12jährigen Mädchen. Die Bogen und
ein Querfortsatz wurden entfernt. Eiter enthielt Staphylococcus pyogenes aureus
in Reiokultur. Im Verlauf der Krankheit noch Herde an den Extremitätenknochen
operirt. Pat. erholte sich nach langer Zeit und kam wieder auf die Beine. Sie
wurde schließlich mit Paresen entlassen. Einen 3. Fall operirte der Vortr. in
einem kleineren Kreiskrankenhaus. Es handelte sich um einen I6jährigen Schorn-
steinfeger. Auch hier starke lokale Druckempfindlichkeit, ohne Schmerzen bei
Kompression der Wirbelsäule von oben. Es wurde am 14. Krankheitstage ein
Abscess eröffnet und ein Knochenherd an der rechten Seitenfläche des 1. Lenden-
wirbelkörpers mit dem Löffel ausgeschabt. Pat. wurde geheilt.
Die Diagnose der akuten Wirbelsäulenosteomyelitis ist schwierig, weil die
Kranken bald somnolent werden, und die Allgemeinerscheinungen gegenüber den
lokalen in den Vordergrund treten, außerdem die verschiedensten inneren Organe
in Mitleidenschaft gezogen werden. Daher wurde die Diagnose bisher zuerst
häufig auf Meningotyphus, auf Pneumonie, Pleuritis, Peritonitis, ja auf Landry-
sche Paralyse gestellt. Trotzdem gelingt es, die Diagnose aus den Lokalsymptomen
zu stellen, wenn auch je nach dem Sitz der Erkrankung verschieden schnell, am
ersten bei Erkrankung der Bogen, Dornfortsätze und Querfortsätze. Besonders
wichtig ist die excessive Schmerzhaftigkeit der betreffenden Wirbel auf direkten
Druck gegenüber der Schmerzlosigkeit bei vertikaler Kompression der ganzen
Wirbelsäule. Der Abscess erscheint am 7.—14. Tage.
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 587
Der Eingriff soll nach Ansicht des Vortr. möglichst radikal sein und mög-
lichst bald vorgenommen werden; vor Allem ist auf Eiterung in der Rückenmarks-
höhle zu achten.
Diskussion: Herr Israël berichtet über einen von ihm operirten Fall,
dessen Krankengeschichte wesentlich von dem Riese’schen abweicht.
Eine 27jährige Frau erkrankte mit unbestimmten Erscheinungen, Schmerzen
in der rechten Lumbalgegend — die als Nierenkolik mit Lumbalneuralgie gedeutet
wurden —, später Fieber, Ikterus, pleuritisches Reiben, Schwellung in der rechten
Sacrolumbalgegend.
Bei der Incision fand sich eine phlegmonöse Erkrankung zwischen 9. und
10. Rippe und eine peripleurale Höhle; ein Gang zur Wirbelsäule konnte noch
nicht festgestellt werden. Fieber und Schmerzen blieben bestehen, dazu hämor-
rhagische Sputa, und trotz Auffinden eines prävertebralen Abscesses änderte sich
in dem Bild der chronischen Pyämie nichts. Nach 21/2 Monaten noch konnte man
auf usurirte Wirbelkörper kommen, schließlich war die Pat. im Stande, mit Kor-
sett zu gehen. Außerdem entwickelte sich ein Morbus Basedowi.
Herr Körte ist der Meinung, dass das Anbohren der Wirbelkörper nicht recht
durchführbar sei, und man mit Eröffnung des Abscesses sich begnügen könne.
5) Herr Nasse: Demonstrationen.
a. Fall von Halsrippe.
Eine 37jährige Hebamme bemerkte seit 2 Jahren in der rechten Supraclavicular-
grube eine kleine Geschwulst, Schmerzen im Arm, besonders im Gebiet des N.
ulnaris, Taubsein in den Fingern.
Die fühlbare Geschwulst, die nur eine Exostose oder eine Halsrippe sein
konnte, ergab sich — im Röntgenbild — als das letztere.
N. präparirte die Halsrippe frei und exstirpirte sie unter Schonung der stumpf
bei Seite gehaltenen Nerven, ohne die Pleura zu eröffnen. N. verzichtete aller-
dings darauf, das Periost mit wegzunehmen, die Befürchtung eines Recidivs liegt
wohl auch kaum vor, wegen der geringen knochenbildenden Kraft des Periosts.
Schmerz und Taubsein in den Fingern sind geschwunden.
b. Bericht über ein Aneurysma der Arteria femoralis.
N. hat die betreffende Pat. in einer früheren Sitzung dieser Vereinigung bereits
vorgestellt und späterhin — obwohl er die Operation für aussichtslos hielt —
doch in Anbetracht der enormen Schmerzen der Pat. operirt (doppelte Unter-
bindung).
Der Erfolg war nicht günstig, die Schmerzen blieben bestehen, es entwickelte
sich eine Gangrän, und aphasische Störungen traten ein.
Bei der Obduktion bestätigte sich die Diagnose eines mykotischen Aneurysmas;
an der Art. iliaca dextra fand sich ein adhärenter Thrombus, der bis zur Unter-
bindungsstelle reichte, das Aneurysma war zum Theil mit Coagulis gefüllt, in der
linken Art. iliaca ein Embolus, in der Art. hypogastrica dextra ebenfalls ein
Aneurysma. Außerdem Infarkte in Milz und Niere, Embolie der Art. fossae
Sylvii, Bakterien in allen Thromben.
Auffällig ist, wie wenig Symptome die Verstopfung der beiden Art. iliacae
communes gemacht hat. ®
6) Herr Reichard: Demonstrationen.
Bei einem jährigen Kranken, der im Augusta-Hospital vor einem Jahre
operirt wurde, hatte seit der Geburt die Nabelgegend ständig genässt; die recht
reichliche Sekretion war unter heftigem Pressen und kolikartigen Schmerzen er-
folgt, dazwischen völliges Wohlbefinden an manchen Stunden des Tages.
4 Monate vor der Aufnahme ins Hospital Entwicklung eines geschlängelten
Geschwürs von der Nabelgegend abwärts, das keine Heilungstendenz zeigte.
Untersuchung ergiebt: Ziemlich elendes, blasses Kind, in der Nabelgegend
ein gut haselnussgroßer Tumor in der Bauchwand zu fühlen, außen sichtbar feine
Fistelöffnung, aus der sich klares Sekret entleert. Von der Fistelöffnung nach
unten verlaufend 6 cm langes, typisch durch » Verdauung« entstandenes Geschwür,
588 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
tief, mit kallösen Rändern. Operation: Herausschneiden der befallenen Stelle,
Eröffnung des Peritoneums, wobei sich zeigt, dass die gefühlte Verhärtung sich
als ein cystischer, bläulich durchschimmernder, scharf abgegrenzter Tumor erweist,
von dem ein ganz dünner Stiel nach oben in den Bauchraum führt. Unterbindung
und Durchschneidung dieses Stieles, der wegen seiner Zartheit nicht erat verfolgt
wird, dann Herausnahme der ganzen Stelle, Schluss des Peritoneums ete., reaktions-
lose Heilung.
Der Tumor erweist sich aufgeschnitten als ein mit Schleimhaut ausgekleideter
Hohlraum; mikroskopische Untersuchung (im anatomischen Institut) ergiebt mit
großer Wahrscheinlichkeit Magenschleimhaut.
Der Fall erinnert an den Tillmanns’schen, nur mit dem Unterschied, dass
es nicht zu Inversion und Prolaps des Tumors gekommen war.
b. Fall von Sarcoma femoris bei einem 19jährigen Mädchen, bemerkens-
werth durch 2 sehr schöne Röntgenbilder, die, in einem Zwischenraum von 6 Wochen
aufgenommen, mit großer Deutlichkeit das Wachsthum der Geschwulst und das
Fortschreiten des auch im oberen Theil des Femurs bereits vorhandenen Krank-
heitsprocesses demonstriren.
c. Einen mächtigen Solitärstein der Gallenblase von sehr eigenthüm-
licher Gestalt, durch Choleeystotomie entfernt.
7) Herr Schwarz zeigt einige — von Prof. Grunmach angefertigte —
Röntgenbilder interessanter Krankheitsfälle.
1) Bild eines älteren Mannes, der vor 12 Jahren den Abgang gallertiger Häute
mit dem Stuhl, neuerdings beim Uriniren bemerkte. Es gingen Hunderte soloher
Häute ab, besonders nachdem er gelegen hatte. Bei der cystoskopischen Unter-
suchung konnte einmal das Abgehen einer Echinococeusblase aus dem erweiterten
rechten Ureter beobachtet werden.
Von 2 anderen demonstrirten Bildern zeigt das eine den Befund vor der
Operation (Tumor der Leber, resp. verjauchter Echinococcusssck), das andere das
Verschwundensein desselben nach dem operativen Eingriff.
Ein ferneres Röntgenbild lässt ein minimales Gelenkkörperchen im Ellbogen-
gelenk erkennen. Der betreffende Pat. litt seit 1/2 Jahre an Schmersen und Un-
fähigkeit, das Ellbogengelenk zu bewegen. — Resektion des Radiusköpfchens und
des Gelenkkörperchens.
8) Herr Zeller zeigt das Präparat einer traumatischen Hydronephrose,
welches er durch Nierenexstirpation gewonnen hat.
Die Trägerin, ein 6jähriges Mädchen, war im Oktober 1897 von einem schweren
Wagen überfahren worden, und zwar auf dem Rücken liegend, quer über den
Bauch. Sie war wieder aufgesprungen, nach ein paar Schritten aber zusammen-
gebrochen.
Etwa 10 Stunden fast völlige Bewusstlosigkeit; kurze Zeit nach der Verletzung
blutiger Urin, Imal Erbrechen, Stuhlgang angehalten, keine äußere Verletzung.
Behandlung: Bettruhe und Kühlung mit Eis.
Urin nach 2 Tagen wieder blutfrei; Urinmengen normal, kein Fieber.
Bald entwickelte sich in ger rechten Seite ein praller Tumor, der sich nicht
veränderte; das Kind lief nach 8 Tagen wieder umher.
25. Januar: Unterhalb der Leber ein kindskopfgroßer, prall-elastischer Tumor,
der sich bis zur Mittellinie erstreckt und sich deutlich mit der Athmung bewegte,
der aber nach Aufblähen des Dickdarms von diesem überlagert wurde und sich von
der Leber abzugrenzen schien. Bei Druck von vorn und von der Nierengegend
hatte man das Gefühl der Fluktuation.
26. Januar: Nierenexstirpation vom extraperitonealen Schrägschnitt aus. Um
die Muskeldurehtrennung nicht zu weit nach vorn auszudehnen, Punktion des
Backes, der 800 ccm einer klaren, gelben Urinflüssigkeit mit ganz spärlichen weiß-
grauen Geriunseln enthielt; dadurch wurde aber die Auslösung der außerordent-
lich fest mit der Umgebung, besonders dem Peritonealüberzug verwachsenen Ge-
schwulst erschwert.
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 589
An der medialen, unteren Seite wurde ein streichholzdicker Strang mit Lich-
tung (Ureter?) doppelt unterbunden und durchtrennt. Die Nierenarterie und -Vene
traten von der medialen Seite an das oberste Ende der Geschwulst heran. Hier
fand sich in der Wand des Sackes ein gut daumenballengroßes Stück anscheinend
normaler Nierensubstanz. Die Wunde wurde theilweise tamponirt; das Kind ist
sur Zeit geheilt.
Die nach der Operation aufgetretene leichte Albuminurie dauerte 3 Tage.
An dem Präparat sieht man den von hinten aufgeschnittenen Sack, an seinem
oberen Ende in der hinteren und lateralen Wand das stark gelappte Stück er-
haltener Nierensubstanz, dessen Kelche in offener Verbindung mit dem Sack stehen,
und in welches von der medialen Seite her die Gefäße eintreten.
Am unteren Ende findet sich in der medialen vorderen Wand des Sackes ein
kleineres gelbes Stück Nierensubstanz, dessen Konvexität nach dem Innern des
Sackes schaut. Nach Durchschneidung dieses Stückes zeigte sich zwischen ihm
und der Wand des Sackes ein mit blasser, glänzender Haut ausgekleideter, leerer
Hohlraum, der, wie die Sonde erwies, vom!Innern des Sackes völlig abgeschlossen
war. Seine einzige Öffnung bildete der bei der Operation durchtrennte Strang,
der in der Wand des Sackes ein Stück nach oben lief, sich dann im Bogen nach
unten wandte.
Das untere, gelbe Stück ist somit offenbar das völlig abgerissene, aus jeder
Verbindung mit den Blutgefäßen gelöste, daher der Fettmetamorphose verfallene
untere Nierenende, das aber mit dem Nierenbecken und Harnleiter in Zusammen-
hang geblieben ist.
Das obere Nierenende hingegen hat seine Gefäßversorgung behalten und aus
den abgerissenen Kelchen seinen Harn in einen Sack entleert, der sich zum Theil
aus der allmählich verdichteten und reaktiv verdickten Fettkapsel gebildet hat.
Andererseits ist der Übergang dieses Sackes aus den Kelchen und seine Be-
ziehungen zu der erhaltenen Nierensubstang so innig, dass man den Fall als wahre
traumatische Hydronephrose auffassen muss, im Gegensatz zu jenen Fällen trau-
matischer Pseudohydronephrose, in denen sich ohne Zusammenhang mit der Niere
eine Urinansammlung in deren Umgebung in der Fettkapsel gebildet hat.
9) Herr Lindner: Über Gefäßnaht.
Bei der Entfernung eines Anus praeternaturalis, der wegen eines inoperablen
Mastdarmcareinoms angelegt war, passirte das Unglück, dass die Vena femoralis
angerissen, und bei dem Bestreben, sie doppelt zu unterbinden, auch die Arterie
verletzt wurde. X
L. vernähte die Öffnung mit feiner Seide und legte darüber noch eine 2. Nahtreihe
an. Nach Aufheben der Kompression der Arterie stand die Blutung. L. vollendete
die Operation; der Mann wird geheilt vorgestellt.
L. knüpft daran folgende Bemerkungen: Die Sorge vor der nach Unterbindung
großer Gefäße eintretenden Gangrän ist zwar nicht immer berechtigt, wenn auch
bei alten Leuten mitunter Erweichungsherde im Gehirn auftreten; aber trotzdem
ist doch, wenn möglich, eine Gefäßnaht vorzuziehen. Nach Versuchen von
Küster, Schede u. A. ist dieselbe ja möglich, wenn auch die seitliche Ligatur
der Vene oder Blutstillung durch Liegenlassen von Péans die meist geübte Me-
thode ist.
Auch die Arteriennaht ist nicht allzu schwierig, wie der demonstrirte Fall
und andere schon früher mit Erfolg ausgeführte Operationen (so u. A. von Israël,
welcher bei einer Durchtrennung von 2/3 des Lumens der Arteria femoralis nähte)
beweisen. Neuerdings ist außerdem über interessante Thierversuche Murphy’s
mit einer Invaginationsmethode berichtet worden. Es wäre zu wünschen, dass
noch weitere möglichst zahlreiche Versuche in dieser Richtung gemacht würden.
Diskussion: Herr Gluck berichtet über solche von ihm vorgenommene
Versuche. Er hat bei Thieren die Carotis durchschnitten, danach decaleinirte
Elfenbeinröhrchen so wie Gummidrains eingefügt und darüber die beiden Enden
quer vernäht. Diese Fremdkörper heilten bei Thieren ohne Schaden ein.
590 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
Ferner hat er aus der Carotis Stücke resecirt und dafür solche aus der Vena
jugularis implantirt, auch mit gutem Erfolg.
Diese Versuche werden von ihm weiter fortgesetzt. Sarfert (Berlin).
23) M. Mendelsohn. Die Krankenpflegesammlung im kgl. Charite-
krankenhaus.
(Charite-Annalen 1897. p. 811—830.)
Geleitet von dem Wunsch, eine Ausstellung von Gegenständen zur Kranken-
pflege zu Lehrzwecken zu bilden, hat die Direktion des Charitekrankenhauses mit
der Einrichtung einer Krankenpflegesammlung begonnen und sie dem Verf. unter-
stellt. Als Grundstock dieser Sammlung diente ein Theil der bei der Berliner
Gewerbeausstellung 1896 vorgeführten einschlägigen Apparate etc. Die Sammlung
umfasst bereits über 1000 einzelne Stücke, einschließlich der doppelt oder in ver-
schiedenen Formen vorhandenen, und enthält der Katalog 429 Nummern. Es ist
hiermit ein sehr nützliches Institut begründet. Lühe (Königsberg i/Pr.).
24) J. C. Eberth. Zur Kenntnis der Fettembolie.
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 7.)
Bei einem kräftigen und gesunden Arbeiter, welcher 24 Stunden nach einer
komplieirten Oberschenkelfraktur gestorben war, fand Verf. ausgedehnte Fett-
embolien in Gehirn, Lunge, Herz und Nieren. Die Embolien und Blutungen der
Lunge waren nicht so zahlreich, wie nach der Schwere der Verletzung zu erwarten
gewesen wäre, dagegen war das Gehirn von einer ungeheuren Zahl meist punkt-
förmiger bis stecknadelkopfgroßer frischer Extravasate durchsetzt; in den Kapil-
laren und feinen Arterien des Gehirns waren überall reichliche Fettmassen zu
konstatiren. Den Grund für die relativ geringe Betheiligung der Lunge an den
embolischen Processen sieht Verf. in ihrem sonst normalen Verhalten, welches bei
dem Fehlen anderweitiger, die Stauung begünstigender Störungen eine gewisse
Ausgleichung der Cirkulationsstörung ermöglichte. Das Fett passirte zum größten
Theil die Lungen und wurde bei der horizontalen Körperlage des Verletzten vor-
zugsweise dem Gehirn zugeführt. — In einem anderen Falle, bei einem 19jährigen
Mädchen, trat 20 Stunden nach einem Brisement forcé unter starkem Bluthusten
der Tod ein. Hier zeigten sich die Lungen sehr blutreich und von konfluirenden
Blutungen ganz durchsetzt; die mikroskopische Untersuchung ergab außerordent-
lich zahlreiche Fettemboli, deren Material aus einer Impression der Femurkondylen
und theilweisen Absprengungen der Tibiaepiphyse stammte. Die Veränderungen
der anderen Organe traten gegen den Lungenbefund sehr zurück. Verf. meint,
dass durch die lange Zeit vor der Operation innegehaltene Bettlage sich eine
Stauung in den Lungen ausgebildet hatte, welche dem angeschwemmten Fett den
Durchtritt erschwerte. Das Mikroskop ergab auch Verdickung der interlobulären
Septa durch kleinzellige Infiltration und Anhäufungen von Blutpigment als Zeichen
für eine ältere Cirkulationsstörung. Die Verhaltungsmaßregeln, welche Verf. aus
den bisherigen Erfahrungen über tödliche Fettembolie in Bezug auf die Operationen
an Knochen zieht, werden sich in der Praxis schwerlich innehalten lassen.
Teichmann (Berlin).
25) S. J. Goljachowski. Vergleichende Beurtheilung der verschie-
denen Behandlungsweisen der Knochenbrüche.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hit. 2.)
G. vergleicht aus der chirurgischen Klinik in Charkow 88 Fälle von Frakturen
der unteren Extremität, mit Gipsverband behandelt, 9 Fälle mit Massage und
31 Fälle mit Gehverband. Die mittlere Behandlungsdauer war für Unterschenkel-
brüche 58,3—30,6—32,4 Tage, für Tibia 48—?—?, für Fibula 39—34,5—24, für
Metatarsus 32,5—21—24,5, endlich für Femurbrüche 86,3—61—50,7 Tage. G. giebt
der Behandlung mit Gehverband den Vorzug: sie ist die leichteste, schützt vor
Komplikationen (Pneumonie) und bringt am raschesten sur Heilung.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 591
26) Faivre. H&matome ossifi& de la region antérieure de l’avant-bras.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. November.)
Bei einer Turnübung entstand plötzlich eine Geschwulst im Supinator longus,
welche innerhalb einiger Monate gans hart wurde und die Größe einer Walnuss
hatte. Da erhebliche Behinderung dadurch veranlasst, wurde die Exstirpation ge-
macht, welche aber nicht ohne Zerstücklung der sehr zerbrechlichen Geschwulst
gelang. Zusammenhang mit dem Periost bestand nicht, wohl aber hing die Ge-
schwulst fest mit dem Muskelgewebe zusammen. Die mikroskopische Untersuchung
zeigte eine große Zahl von Osteoblasten und von Zellen mit großen Kernen
(Riesenzellen? Ref.), dagegen kein Knorpelgewebe. Lühe (Königsberg i/Pr.).
27) Fiebiger. Ein Fall von subkutaner traumatischer Lymphor-
rhagie.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 17.)
52jähriger Pat. wurde von einem schweren Wagen zu Boden geworfen, das
eine Hinterrad rollte zwischen seine Beine hinein, derart, dass die Schamtheile
maximal in die Höhe geschoben und der gause Körper zum Theil durch die Ge-
walt des breiten Rades, zum Theil durch die impulsive Rückbewegung des Körpers
auf der Unterlage weiter geschleift wurde. Nach 5 Tagen bestand eine schwap-
pende Geschwulst vom linken Rippenbogen bis zur Mitte des linken Oberschenkels
nach vorn bis zur Symphyse, nach hinten bis zum Kreuzbein (45 cm lang, 32 cm
breit, also über 1000 gem groß). Durch Aspiration wurden 1150 eem dünner, rother
Flüssigkeit entleert, die sich beim Stehen in minimalen rothen Bodensatz (rothe
Blutkörperchen) und eine gelbe Flüssigkeit scheidet. Kompressivverband. Noch
2malige Entleerung geringerer Mengen (280 und 100 cem). Nach der letzten Aspi-
ration Injektion von 80 eem 5%iger Jodlösung nach Gussenbauer, die nach
einiger Zeit wieder abgelassen wurde. Danach kehrte der Erguss nicht wieder.
Völlige Heilung. Hübener (Breslau).
28) P. Lebrun (Namur). Contribution a l'étude du traitement chi-
rurgical de la maladie de Little.
(Revue mensuelle des maladies de l’enfance 1898. Februar.)
Verf. hat 3 typische Fälle der Little’schen Krankheit mit Tenotomie theils
der Achillessehne allein, theils auch noch der Adduktoren und der Patte d’oie
behandelt.
Es gelang, sämmtliche Kinder, die 4—6 Jahre alt waren, sum Laufen zu
bringen.
Im Gegensatz zu Vincent — Revue d’orthopedie 1896 November — empfiehlt
er selbstverständlich, die Glieder nach der Operation nicht länger als 14 Tage zu
Biren,
Interessant ist, dass sich nach Hebung der Hauptbewegungshindernisse der
Beine auch die Krämpfe der oberen Extremitäten erheblich besserten.
Dieselben charakterisiren sich wohl dadurch als Miterregungen, die ja auch
beim normalen Kinde bei jeder forcirten Bewegung in anderen Muskelgruppen
auftreten.
Erwähnenswerth ist auch, dass der 2. und 3. Pat. Erscheinungen aufweisen,
die auf Betheiligung des Gehirns schließen lassen. @öppert (Breslau).
29) de Lapersonne. M£ningites à pneumocoques après V’enucleation
et les opérations orbitaires.
(Presse med. 1897. No. 56.)
Verf. hatte einem 12jährigen Knaben wegen einer Panophthalmie das Auge
enukleirt. Der Knabe starb 10 Tage darauf an akuter, eitriger Meningitis, welche
besonders die Gehirnbasis und die Gegend des Chiasmas eingenommen hatte, und
deren Eiter Pneumococcus Talamon-Fraenkel enthielt; derselbe Coccus wurde in
der Scheide des Sehnerven gefunden. Dieser Fall hat den Verf. sowohl zu Ex-
592 Centralblatt für Chirurgie. No. 22.
perimenten an Hunden veranlasst, denen er in die Sehnervenscheide oder in die
vordere Kammer Reinkulturen von Pneumokokken einimpfte, als auch zur syste-
matischen Untersuchung aller eitrigen Erkrankungen an den Augen. Die Experi-
mente zeigten, dass die Bacillen sich auf dem Weg der Lymphbahnen des Opticus
verbreiten, die Untersuchungen an Menschen, dass in zahlreichen Fällen Pneumo-
kokken im Eiter, aber auch zuweilen im normalen Conjunctivalsekret gefunden
werden. — Trotz des oben angeführten, unglücklich verlaufenen Falles ist Verf.
ein Anhänger der Enukleation bei Panophthalmie. Tschmarke (Magdeburg).
30) E. Meier. Kasuistische Mittheilungen zur Kenntnis der Patho-
logie und Therapie otitischer Hirnabscesse.
(Festschrift zur Feier des ö0jährigen Bestehens d. med. Gesellschaft zu Magdeburg.)
Magdeburg, 1898.
Im ersten der aufgeführten Fälle machten sich am 17. Tage der nach Kopf-
erysipel aufgetretenen Otitis media die ersten Gehirnsymptome bemerkbar. My-
driasis trat anfallsweise auf. Der Schläfenlappenabscess wurde in Folge dieser
kurzen Zeit nicht diagnostieirt und führte zu Meningitis und Tod.
Im 2. Falle handelte es sich um rechtsseitige chronische Mittelohreiterung mit
Cholesteatombildung, die zu jauchiger Thrombose des Sinus transversus und der
Jugularis, zu extraduralem Abscess und Pachymeningitis der hinteren Schädel-
grube so wie jauchiger Encephalitis des Kleinhirns mit centraler Erweichung ge-
führt hatte. Die Lumbalpunktion ergab eine von Mikroorganismen mikroskopisch
freie Flüssigkeit. Kulturell wurden nach der Operation Streptokokken in der-
selben nachgewiesen. Wichtig ist vielleicht die Gerinnselbildung im Reagensglas.
Getäuscht durch den mikroskopischen Befund, wurde aufgemeißelt, der Sinus
transversus und die Jugularis eröffnet, letztere resecirt und das Kleinhirn eröffnet.
Der Tod erfolgte an eitriger Meningitis, ausgehend von Schneckennekrose.
Der 3. Fall war eine alte Mittelohreiterung. Bei der Radikaloperation wurden
Nekrose und Durchbruch des Tegmen antri neben Osteosklerose und Caries des
Warzenfortsatzes gefunden. Eröffnung von der Schädelbasis. 2. Schläfenlappen-
abscess wird von der Basis eröffnet. Gegenöffnung von der Schuppe. Tod unter
Hirndruckerscheinungen ohne nachweisbare Ursache.
Im letzten Falle, der jetzt seit 11/3 Jahre kontrollirt und geheilt ist, handelte
es sich um eine alte Mittelohreiterung mit Caries und Cholesteatom. Radikal-
operation, wobei eine Fistel im horizontalen Bogengang entdeckt wird, die zu einer
Pachymeningitis über dem Tegmen tympani und einem bisher gans symptomlos
verlaufenen Schläfenlappenabscess führt. Derselbe wird von der Schädelbasis aus
eröffnet. Dreyer (Köln).
31) Tschmarke. Ein Fall von knöcherner Kieferankylose.
(Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens d. med. Gesellschaft zu Magdeburg.)
Magdeburg, 1898.
Pat. hat als Kind von 2 Jahren einen schweren Unfall (Überfahren) erlitten.
Damals bestand wahrscheinlich eine Fraktur oder Luxation des Unterkiefers. Jetzt
besteht bei dem 11jährigen Mädchen eine knöcherne Kieferankylose. Ein vertikaler
Schnitt vor dem äußeren Gehörgang legt den Gelenkkopf frei, der mit der vor-
deren und unteren Fläche des Jochbeins verwachsen ist. Die Verbindung wird
durchgesägt und der Gelenkkopf mit Luer’scher Zange abgetragen sammt dem
Proc. eondyloideus. Die Gelenkpfanne war mit Bindegewebe ausgefüllt und ver-
strichen. Prima intentio der Naht. Nach 4 Tagen besteht noch leichte Facialis-
parese mit Lagophthalmus und Verstrichensein der Naso-Labialfalte. Nach 7 Mo-
naten kein Recidiv. Dreyer (Köln).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle %
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
min (Lu EM,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
ml
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumerstion. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 23. Sonnabend, den 11. Juni. 1898.
Inhalt: A. Podres, Uretero-cysto-neostomia. (Original-Mittheilung.)
1) Gross, Rohmer, Vautrin, Allgemeine Chirurgie. — 2) Kirmisson, Angeborene
chirurgische Krankheiten. — 3) Babeau, Rachitis. — 4) Behaegel, 5) Wood-Ruggles,
6)—8) Bloch, 9) Behrend, 10) Neisser, Tripper. — 11) Vanverts, Splenektomie. —
12) Farganel, Leberabscess. — 13) Jones, Gallenblasenfistel. — 14) Rovsing, Infektiöse
Krankheiten der Harnorgane. — 15) Freitag, Nierenkrankheiten. — 16) Rochet, 17) Eng-
lisch, Prostatahypertrophie. — 18) Strauch, Gebärmutterexstirpation.
G. Heinricius, Ein Fall eines von der Milzkapsel ausgehenden Fibrosarkoms. —
G. Heinricius, Primäres Sarkom im Netz. (Original-Mittheilungen.)
19) Collan, 20) Grosz, 21) Colombini, 22) Bieck, Tripper. — 23) Laccettl, Splen-
ektomie. — 24) Brin, Leberwunde. — 25) Ullmann, Leberresektion. — 26) Kanzel,
27) Hall, 28) Ferguson, Zur Chirurgie der Gallenblase. — 29) Ehrich, 30) Simmonds,
Pankreasnekrose. — 31) Morer, Varicocele. — 32) Gellhorn, 33) Terrier, 34) Wicker-
hauser, Gebärmutterexstirpationen.
Uretero-cysto-neostomia.
Von
Prof. A. Podres in Charkoff.
Die Verletzungen und Rupturen des Harnleiters mit nachfolgen-
der Bildung von Harnleiterfistel kommen ‚heute nicht selten vor,
besonders seitdem die Vaginaloperationen in Folge von verschiedenen
Uterus- und deren Nebenorganerkrankungen von den Gynäkologen
larga manu geübt werden. Die meisten Kranken gehen nach einer
solchen Verletzung bald zu Grunde, was entweder durch die Peri-
tonitis in Folge von Trauma oder durch den Einfluss des Harns auf das
Peritoneum bedingt wird. Die Kranken aber, welche diese Verletzung
überleben, gelangen zu spät in die Hände der Chirurgen, weil die
Bildung von einer Harnleiterfistel nicht sofort nach der Verletzung
konstatirt wird; weil außerdem, bevor eine solche Kranke einem
Chirurgen übergeben wird, eine Reihe von Eingriffen gemacht werden,
die Fistel zu schließen. Alle diese »indirekten Operationen «
endigten gewöhnlich bis heut zu Tage mit Exstirpation der betreffen-
den Niere.
23
594 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
Der Zustand der Kranken mit einer Scheiden-Harnleiterfistel war
bis zu der letzten Zeit ein wahrhaft hoffnungsloser; alle die sogenannten
indirekten Operationen, wie 1) die direkte Schließung der Fistel
seitens der Vagina (Simon, Dührssen, Landau, Schede), 2) die
Schließung derselben nach vorläufiger Spaltung der Harnblasen-
wandung (Pozzi), 3) Transplantation des Harnleiterorificiums in
die Harnblasenwand von der Seite der Vagina (Segond und Pozzi)
so wie alle anderen Operationen, die eher eine kosmetische als kura-
tive Bedeutung hatten, heilten die Kranken nicht; denn es blieb
immer nach einer solchen, wenn auch gut gelungenen Operation
eine Harnkloake in der Beckenhöhle, die eine allgemeine Afficirung
der Harnorgane hervorrief, wobei die Kranken nach einer gewissen
Zeit untergingen. Auf solche Weise kamen die meisten Chirurgen
zu der traurigen Überzeugung, dass es nur eine radikale Operation für
die Heilung der Scheiden-Harnleiterfistel gebe: die Exstirpation der
betreffenden Niere. Wir wollen hier nicht die Indikation zu dieser
unnatürlichen Operation beurtheilen, welche der modernen Idee der
Chirurgie nicht entspricht und nur die Hilflosigkeit und Unvoll-
kommenheit derselben zeigt; wir wollen aber darauf hinweisen, dass
die Entfernung dieses lebenswichtigen Organs manchmal den Tod
herbeiführt; denn es ist nicht immer möglich, die Lebensfähigkeit
des Organismus bei Anwesenheit nur einer Niere zu beweisen, selbst
mit Hilfe der Harnleiterkatheterisation, wie der vor Kurzem mit-
getheilte Fall von Gersuny zeigt. Desshalb muss die Chirurgie
ein Heilmittel finden, durch das die Niere nicht berührt wird. Die
Ehre der Erfindung eines solchen Mittels gehört Bazy, der zu-
sammen mit Novaro eine neue Idee für das Operiren dieses schweren
Leidens gab und als Erster mit Erfolg diese Operation ausführte.
Sie ist von dem Autor (Bazy) »Uretero-cysto-neostomia« genannt
und von ihm in Paris im Jahre 1893 ausgeführt worden. Die ver-
hältnismäßig wenigen Kranken, welche den schweren Zustand der
Harnleiterruptur überleben und dann chirurgisch behandelt werden,
bieten, vom Gesichtspunkt der neuen Operation, sehr ungünstige
Umstände für die Ausführung dieser technisch schweren Operation;
denn diese Kranken erscheinen gewöhnlich erschöpft, mit Pyelitis,
manchmal auch Nierenerkraunkung und dazu mit einer solchen
narbigen und eitrigen Zerstörung im Beckenbereich versehen, dass
die Topographie der letztgenannten Theile ganz umgeändert wird.
Das Operiren unter solchen Umständen verspricht scheinbar um so
weniger Erfolg, als das Aufsuchen und die Zusammenfügung der
atrophischen Harnleiterenden unmöglich erscheint. Man muss also,
wie es Bazy gemacht hat, das Nierenende des Harnleiters in der
Bauchhöhle aufsuchen und dasselbe an einer neuen Stelle in die
Harnblase einfügen.
Diese einfache Idee ist bis in die letzte Zeit nicht realisirt
worden, nicht nur wegen der technischen Schwierigkeiten, sondern
weil man (Thompson) bis in die neueste Zeit glaubte, eine solche
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 595
Einfügung des Harnleiters in die Harnblase könne nicht per primam
heilen, was allerdings für den Erfolg der Operation erforderlich.
Diese Anschauung wurde aber durch eine ganze Reihe von Experi-
menten von Paoli und Bursachi widerlegt. Danach haben am
lebenden Menschen zuerst fast gleichzeitig Bazy und Novaro die
Operation mit Erfolg im Jahre 1893 ausgeführt. Meines Wissens
sind bis heute nur 6 Fälle von Uretero-cysto-neostomia mit einem
gewissen Erfolg operirt worden, und zwar 2 Fälle von Bazy, 2 von
Novaro, 1 von Bouffard, 1 von Pozzi. Dazu kommt mein Fall,
den ich im vorigen Jahre (1897) unter folgenden Umständen operirt
habe:
Am 8. December 1897 wurde in die von mir geleitete chirurgische Klinik
der Charkoff’schen Universität die Kranke E. E. mit einer Scheiden-Harnleiter-
fistel aufgenommen, der Folge einer Scheidenoperation, der sich die Kranke in
der gynäkologischen Abtheilung des Stadtkrankenhauses im September desselben
Jahres unterworfen hatte.
Pat. stammt von gesunden Eltern, war immer gesund und entschloss sich zu
der erwähnten Operation in Folge großen Blut- und Eiterverlustes aus den Genitalien,
welche ein ganzes Jahr erfolglos behandelt worden. Die Fistel erschien bald nach
der Operation, begleitet von schweren Erscheinungen, von welchen sich Pat. kaum
erholt hat. Die äußere Untersuchung ergiebt: krankhafte Schwellung des Bauches,
und Dämpfung im Bereich des Beckens. Die Untersuchung per vaginam ent-
deckt auf der rechten Seite des hinteren Scheidengewölbes eine eingezogene
Fistelöffnung, in welche die Sonde 5—7 em weit eindringt. Die Öffnung entleert
ungefähr einen Esslöffel über Flüssigkeit, die Harncharakter hat. Methylenblau-
lösung, in die Harnblase eingeführt, färbt die aus der Fistel fließende Flüssigkeit
nicht. Dasselbe Präparat per os eingeführt färbt den Harn so wie die erwähnte
Flüssigkeit. Am 7. December wurde in Narkose die Harnröhre nach Simon
erweitert und beide Harnleiter katheterisirt. Die Katheterisation zeigte, dass der
linke Harnleiter vollständig durchgängig war und normalen Harn lieferte, während
der rechte die Sonde nur auf 2 cm weit einließ und nichts lieferte; die letzte Sonde
begegnete derjenigen nicht, welche durch die Scheidenöffnung der Fistel ein-
eingeführt wurde. Diagnose: Scheiden-Harnleiterfistel, Bildung einer umfang-
reichen Kloake in der Beckenhöhle, Obliteration der Harnblasenenden des Harn-
leiters, Erweiterung des rechten Nierenbeckens. hr
Am 12. December wurde die Uretero-cysto-neostomie unter Äthernarkose
unternommen, wobei viele Abweichungen von Bazy’s Methode stattfanden. Die
letzteren bestanden im Folgenden: a. die vorläufige Cystotomia supra-
pubica ist aufgegeben, da sie in unserem Falle ganz überflüssig ist, den Fall
komplieirter macht und nichts Neues der Diagnose hinzufügt; anstatt dieser vor-
läufigen Operation wurde, wie schon erwähnt, die Harnröhre nach Simon er-
weitert; b. anstatt des lineären Schnitts längs der Linea alba (Bazy),
welcher für die Betrachtung der beiden lateralen Partien des Beckens zu wenig
Raum schafft, ist ein halbkreisförmiger Schnitt von einer Crista ilei
anterior inferior durch das Schambein zu demselben Punkt auf
der anderen Seite geführt worden; dabei wurde ein schürzenförmiger Lappen
gebildet, bei dessen Abtrennung nach oben die beiden Beckenhöhlen und der prä-
vesikale Raum bloßgelegt werden; man ist dabei im Stande, die beiden Harnleiter weit
nach oben zu verfolgen und an denselben zu manipuliren. Nachdem wir die Bauch-
und Prävesikalhöhle eröffnet hatten, waren wir im Stande, uns leichter über den
Charakter der Störung und den Umfang der vorzunehmenden Operation zu orientiren:
nach längerem Durchforschen der Kloake unter Kontrolle der Sonde, die in das Ori-
ficium des zerrissenen Harnleiters eingeführt worden war, gelang es endlich, das vesi-
kale Ende des letzteren zu finden, welches ganz entartet und obliterirt erschien.
23*
596 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
Dann wurde nach Trennung des Bauchfells in der Höhle des großen Beckens das
Nierenende des Harnleiters aufgesucht und in Gestalt eines fast kleinfingerdicken
Kanals gefunden, der gegen die Kloake allmählich dünner wurde und im unteren
Ende dieser Höhle in der Tiefe eines Grübchens, von der Narbe gedeckt, endigte.
Als die beiden Enden freilagen, erschien der untere Theil nicht verwendbar, von
dem oberen aber musste man noch ein 21 cm langes atrophisches Stück abtragen.
Der ganze Defekt betrug also beinahe 6—7 om: der abgetragene atrophirte Theil
21/2 cm und das Harnblasenende 3!/; cm. Die dritte Abweichung von Bazy’s
Methode bestand in dem Verfahren der Beseitigung dieses Defekts. Ich entschloss
mich, die Harnblase gar nicht aus ihrer Lage zu bringen, um jede Anomalie der
letzteren bei ihrer Kontraktion zu vermeiden. Desshalb wurde der ganse Defekt
durch Dehnung des Harnleiters gedeckt. Derselbe wurde aus dem Peritoneum
nach oben ungefähr 7—8 cm ausgetrennt, wonach seine Dehnung fast ohne jede
Mühe gelang; denn er ließ sich nun ganz leicht bis zur Harnblasenwandung herab-
ziehen. Die Stelle, wo die Verbindung mit dieser hergestellt wurde, befand sich
ungefähr 4 cm höher als die normale; hier wurde in die Blase ein Schnitt ge-
macht unter Kontrolle der durch die Harnröhre eingeführten Sonde, die später durch
einen Nölatonkatheter No. 21 mit Endöffnung vertauscht wurde. Der Katheter
wurde in den Harnleiter geschoben und dann über ihm Verbindungsnähte angelegt,
um ein Orificium zu bilden. Die 4. Abweichung betraf das Verfahren, wie
zwischen Harnblasen- und Harnleiterwandungen die Verbindung hergestellt wurde.
Bazy und die meisten anderen Chirurgen, die diese Operation ausgeführt haben,
empfehlen eine zweistöckige Naht, wobei die erste die Schleimhäute der beiden
Organe verbindet, während die zweite nach Lembert nur die seröse und Muskel-
haut fasst. Ich halte die Schleimhautnähte für überflüssig, sogar gefährlich, weil
dieselben einen Weg für Harnimbibirung bilden, und weil ihr langer Aufenthalt
in den Harnorganen überhaupt gefährlich ist. Desshalb habe ich anstatt einer
2- eine 3stöckige Naht nach Lembert angelegt.
Der weitere Gang der Operation bestand in der Resecirung der Harnkloaken-
wände, in der Naht des Peritoneums, um die isolirten Stellen des Harnleiters zu
decken und die Kloake zu schließen, in dem Ausschaben des Fistelgangs und
Schließung der Bauchhöhle mit Nähten. Die letzteren wurden längs des ganzen
Schnittes angelegt, nur in die Seitenwinkel Tampons eingelegt, welche zu dem
neuen Orificium emporgingen. Die Harnblase wurde mit einem Verweilkatheter
zur Ableitung des Harns nach außen versehen.
Im weiteren Verlauf trat komplieirend eine Lungenaffektion auf, die aber
ohne wesentlichen Einfluss auf die Nachoperationsperiode vorüberging; nach
3 Wochen war Pat. geheilt. Die Tampons wurden am 6. Tage, der Katheter aus
dem Harnleiter am 8. Tage, der aus der Harnblase am 14. Tage entfernt.
Da aus dem kranken Harnleiter stark eitriger Harn abgesondert wurde, wurden
während der ersten Woche tägliche Auswaschungen des Nierenbeckens und des
Harnleiters durch den einliegenden Ne&latonkatheter vorgenommen; der Harn
wurde dabei allmählich reiner, und das Becken begann, wie es schien, sich zu
verkleinern: das Flüssigkeitsquantum, das im Anfang der Auswaschungen bis
2 Unzen betrug, erreichte in den letzten Tagen kaum 1 Unze.
Die Kranke ist gegenwärtig vollkommen gesund, die Harnabsonderung ist
regelmäßig, die Harnqualität ist beinahe normal, der Fistelgang hat sich ge-
schlossen, die Pat. ist zu ihrer täglichen Beschäftigung zurückgekehrt.
1) Gross, Rohmer, Vautrin. Nouveaux éléments de patho-
logie chirurgicale générale.
Paris, Baillière & fils, 1898.
In kurzer Aufeinanderfolge ist der II. Band der allgemeinen
chirurgischen Pathologie erschienen. Er umfasst im 4.—10. Kapitel
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 597
die Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes, der
Lymphgefäße und Lymphdrüsen, der Nerven, der Blutgefäße, der
Muskeln, Sehnen, Schleimbeutel, Sehnenscheiden, der Knochen und
der Gelenke. Die einzelnen Besprechungen geben, wenn auch in
kurzer Weise, ein klares Bild über den einschlägigen französischen
Stand der Pathologie und Therapie. Zuweilen erscheint ein genaueres,
tieferes Eingehen auf den Gegenstand, so wie weitere Berück-
sichtigung besonders der Ätiologie und der neuesten Ergebnisse der
pathologisch-anatomischen Untersuchungen (Phlegmone, Gelenkkörper)
nicht unerwünscht, und auch in der Therapie sind einzelne An-
sichten, z. B. über die Behandlung des Lupus mit Excision, die nur
für ganz wenig ausgedehnte Formen verwandt werden soll, die nicht
alle gut geheißen werden können. Es ist jedoch auch dieser Band
als eine gute allgemeine Chirurgie zu bezeichnen und seinen Vor-
gänger nicht unebenbürtig. Borchard (Posen).
2) Kirmisson. Traité des maladies chirurgicales d’origine
congénitale.
Paris, Masson & Cie., 1898.
Das 767 Seiten umfassende, mit zahlreichen guten, theils farbigen
Abbildungen illustrirte Werk giebt den Inhalt der Vorlesungen
wieder, welche Verf. in den Jahren 1890—1898 über diesen Gegen-
stand gehalten hat. Wie K. betont, sind vor allen Dingen seine
eigenen reichen Erfahrungen darin niedergelegt und verleihen dem
Ganzen ein subjektives Gepräge. Zahlreiche Krankengeschichten
und Beobachtungen erläutern die Anatomie und Therapie. Daneben
ist die in- und ausländische Litteratur in der umfassendsten Weise
berücksichtigt.
Der Titel des Werkes soll besagen, dass nicht allein Defor-
mationen, welche gleich bei der Geburt, sondern auch solche, welche
erst im extra-uterinen Leben später in Erscheinung treten, aber auf
eine fehlerhafte kongenitale Anlage zurückzu führen sind (Hernien,
berücksichtigt werden.
K. hat vor, gewissermaßen als II. Band eine Besprechung der
erworbenen Deformitäten erscheinen zu lassen. Der Stoff ist in
4 groBe Abschnitte getheilt, deren 1. die Erkrankung der Wirbel-
säule, des Kopfes und der Haut, deren 2. die des Rumpfes, deren
3. die der Extremitäten und deren 4. die kongenitalen Neubildungen
umfasst. Jedem einzelnen Kapitel dieser Abschnitte geht eine aus-
führliche, alle wesentlichen Punkte besonders berücksichtigende Be-
schreibung der Entwicklungsgeschichte voraus.
Auf die Einzelheiten des ausgezeichneten Werkes kann an dieser
Stelle nicht weiter eingegangen werden. Jedenfalls verdient dasselbe
unser Interesse im höchsten Maße und wäre werth, durch eine gute
Übersetzung auch weiteren deutschen Kreisen zugänglich gemacht zu
werden. Borchard (Posen).
598 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
3) J. Babeau. Des differents modes d’elimination de la
chaux chez les rachitiques et des diverses périodes du
rachitisme.
(Compt. rend. de l’acad. 1898. I. No. 11.)
2 Jahre lang beschäftigte sich B. im großen Hospital von Mont-
pellier, wo jährlich 3—4000 Kinder zur Beobachtung kommen, mit
dem Studium der Art der Ausscheidung des Kalkes bei Rachitischen.
Die Unähnlichkeit der erhaltenen Resultate bei dem gewaltigen
Material fesselte namentlich Anfangs die Aufmerksamkeit.
Bei gewissen Fällen — es waren dies meist ältere Kinder, die
zum normalen Zustand zurückgekommen waren — zeigte keine Ex-
kretion, weder Urin noch Koth, anormalen Kalkverlust, bei anderen
enthielt der Urin eine gleiche Menge Kalk, wie im Urin eines ge-
sunden, gleichaltrigen, unter identischen Verhältnissen lebenden
Kindes existirt, aber der Koth hatte eine viel größere Menge als
normal; endlich bei dritten Fällen war der Urin sehr reich an Kalk,
der Koth normal.
Die Vergleichung der numerischen Resultate bei den zahlreichen
Analysen führte zu folgenden Schlussfolgerungen:
1) Die rachitischen Deformationen können in der Mehrzahl der
Fälle auf 2 verschiedene Arten der Kalkelimination zurückgeführt
werden. Entweder der Kalk wird im Übermaß durch den Urin aus-
geschieden, — dies entspricht einer Desassimilation des Kalkes, die sich
in der Konstitution des Knochengerüstes ausspricht, — oder durch
den Koth, — dies entspricht einem Mangel der Absorption des Kalkes.
2) Man kann beim Rachitismus 3 Perioden unterscheiden:
Erstens eine Periode (die »rachitisirende«), in der das Kind im
Übermaß Kalk eliminirt; dieser Verlust führt zum Stadium der De-
formationen und spontanen Frakturen der Knochen — der zweiten
Periode, der Periode der »konstituirten Rachitise —; und schließlich
eine dritte, wo kein anormaler Kalkverlust mehr stattfindet, wo nur
die Deformationen noch bestehen als Zeichen einer früheren Rachitis
bei einem Individuum, dessen Ernährung zur Norm zurückgekehrt ist.
3) Gewisse rachitische Deformationen lassen ohne Zweifel einen
besonderen pathologischen Process erkennen, denjenigen, der zum
Ansetzen und Missbildung durch Mehrung des Knochenvolumens
führt. Natur und Ursache dieser werden gesucht.
A. Henry (Breslau).
4) Behaegel. Über die Ausspülungen in der Behandlung
der Urethritis.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1895. No. 8.)
Statt des Irrigators, bei welchem der Widerstand des Schließ-
muskels schwer zu kontrolliren ist, benutzt B. für die Janet’schen
Ausspülungen eine 125 g fassende Spritze »mit sanfter Reibung«
und mit dicker Olive aus Metall (die ausgeglüht wird); man muss
zuerst mit leichtem Druck die Urethra anterior ausspülen; bei der
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 599
Einspritzung in die Urethra posterior muss man die Relaxationen
des Sphinkters sorgfältig beobachten und zur Einspülung benutzen.
Die Spülungen sind bei dieser Methode schmerz- und gefahrloser. In
manchen Fällen muss man sich eines weichen Katheters bedienen.
Jadassohn (Bern).
5) E. Wood-Ruggles. Protargol, ein neues Anigonorrhoicum.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane Bd. VIII. Ergänzungs-
heft p. 708.)
Das Protargol, das vor dem Argonin den Vorzug leichterer Lös-
lichkeit und größerer Haltbarkeit in der Lösung hat, wurde in der
Poliklinik von Frank und Lewin bei Gonorrhoe mehrfach angewandt
Das Mittel wurde nach der Neisser’schen Vorschrift gegeben, erwies
sich reizlos und brachte die Gonokokken rasch und, mit Ausnahme
von 2 Fällen von Prostatagonorrhoe, auch definitiv zam Verschwinden.
F. Krumm (Karlsruhe).
6) J. Bloch. Zur Behandlung der blennorrhoischen Harn-
röhrenentzündung.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 3.)
7) Derselbe. Nachtrag zu diesem Aufsatz.
(Ibid. No. 4.)
8) Derselbe. Über die Wirkung des ostindischen Sandel-
holzöls beim Tripper, nebst einigen allgemeinen Bemer-
kungen.
(Ibid. No. 6.)
Die Gonorrhoebehandlung ist neuestens wieder außerordentlich
energisch diskutirt, die Gegensätze sind scharf betont worden. Es
kann hier nicht in meiner Absicht liegen, in eine Kritik der 3 vor-
liegenden Mittheilungen des Verf. einzutreten; nur eins sei betont:
nicht mit Philosophie wird die Frage der Gonorrhoetherapie gelöst
werden, sondern mit statistischen Zusammenstellungen großer Reihen
nach den verschiedenen Methoden behandelter Fälle. In eine Dis-
kussion mit dem Verf. einzutreten wird dann Zeit sein, wenn er
solche Versuchsreihen publicirt haben wird.
In den 3 oben genannten Mittheilungen tritt B. für die Janet-
sche Behandlung, für die bekannten diätetischen Vorschriften und
für die Anwendung des ostindischen Sandelholzöls in großen (2—4 g
pro die), lange Zeit fortzugebenden Dosen ein. Von Protargol hat er
günstige Wirkungen nicht gesehen (in 7 Fällen). Der eine von B.
für die Wirkung des Sandelholzöls speciell angeführte Fall wäre, das
glaube ich versichern zu dürfen, von jedem vernünftigen Anhänger
der aktiven Gonorrhoetherapie ebenfalls nur intern oder nur diätetisch
behandelt worden; denn bei gonokokkenfreien Ausflüssen lange
maltraitirter Harnröhren ist Ruhe die allererste Indikation.
Jadassohn (Bern).
600 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
9) Behrend. Über die Gonorrhoebehandlung Prostistuirter.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 6.)
B. hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Frage zu beantworten,
in wie weit es zweckmäßig erscheint und in wie weit man berechtigt
ist, den mikroskopischen Befund bei eitrigen Genitalausflüssen Pro-
stituirter zum Ausgangspunkte und zur Grundlage der Behandlung
zu machen. Handelt es sich doch hier um Individuen, welche ge-
setzlich der Zwangsbehandlung im Krankenhause unterliegen, bei
welchen also zur wissenschaftlichen Frage der Behandlung noch die
Rechtsfrage hinzutritt. Alle diese Umstände riefen aber die weitere
Frage hervor, wann eine Gonorrhoe bei dem Weibe überhaupt als
geheilt betrachtet werden kann. Während Neisser eine Gonorrhoe
schon dann für erloschen hält, wenn trotz des Vorhandenseins
klinischer Krankheitssymptome Gonokokken nicht mehr nachgewiesen
werden können, hält B. mit den Gynäkologen den Gonokokken-
befund für einen schwankenden, daher unzuverlässigen Faktor
bei der Beurtheilung der Heilung einer Gonorrhoe und vertritt bei
der Behandlung chronischer Formen den rein klinischen, nicht den
bakteriologischen Standpunkt. Die bakteriologische Untersuchung
bei solchen Formen ergab keineswegs bei allen, im Gegentheile ver-
hältnismäßig nur bei wenigen Personen Gonokokken im Sekret; in
anderen Fällen war der Befund wieder ein schwankender. Nach
seinen Erfahrungen vertritt B. bei dem so häufig intermittirenden
Auftreten der Gonokokken im Verlauf des gonorrhoischen Processes
die Ansicht, dass eine große Anzahl von Prostituirten von der Be-
handlung im Spital ausgeschlossen werden muss, die, nach den
klinischen Erscheinungen als gonorrhoisch erkrankt, der Kranken-
hausbehandlung unterworfen worden wären, ferner, dass viele Pro-
stituirte, die an unzweifelhafter Gonorrhoe im Hospital behandelt
werden, frühzeitig aus demselben entlassen werden müssen, weil ein
nur vorübergehendes Schwinden der Gonokokken eingetreten ist, und
eine gesetzliche Grundlage für die weitere Zurückhaltung im Kranken-
haus fehlt. B. glaubt, dass die Behandlung der Gonorrhoe bei
Prostituirten viel ausgiebiger gestaltet werden könnte, wenn die
klinischen Erscheinungen zur Grundlage derselben gemacht werden
würden.
Bezüglich der Therapie beschränkt sich B. im Allgemeinen auf
Adstringentien, zumeist auf Alaun und Chlorzink, nachdem sich die
neueren Mittel bisher nicht sein Vertrauen erwerben konnten.
Gold (Bielitz).
10) Neisser. Über die Gonorrhoebehandlung Prostituirter.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 10.)
In entschieden gehaltener Entgegnung nimmt N. gegen die An-
sichten Behrend’s in dessen gleichlautendem Aufsatze, welcher in
der Berliner klin. Wochenschrift (1898 No. 6) erschien, Stellung.
Die Gonokokkenuntersuchung ist nach Verf.s Behauptung weder der
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 601
Gegensatz, noch ein Ersatz der klinischen Untersuchungsmethoden
und der klinischen Befunde, sie ist vielmehr der wesentliche und
unentbehrliche Bestandtheil derselben und in zweifelhaften Fällen
der einzige und beste diagnostische Wegweiser. Da die klinischen
Erscheinungen der Gonorrhoe einen sicheren Anhaltspunkt für die
Beurtheilung etwa bestehender Infektiosität nicht geben, so ist die
Gonokokkenuntersuchung des Genitalsekrets Prostituirter von ganz
eminenter Wichtigkeit. Diesbezügliche positive Befunde sind ohne
Weiteres entscheidend und machen die Internirung im Krankenhaus
nothwendig; eine große Anzahl sonst unbekannter Fälle werden so
entdeckt. Bei negativen Befunden muss mehrfach untersucht werden
mit Berücksichtigung der klinischen Erscheinungen, um ein Urtheil
gewinnen zu können, ob eine solche Prostituirte als gemeingefährlich
hingestellt werden muss oder nicht. Wenn für die Therapie der
weiblichen Gonorrhoe die Gonokokkenuntersuchung bisher auch
keinen wesentlichen Fortschritt gebracht hat, so besteht doch bei
Prostituirten, wenn bei solchen regelmäßig wöchentliche Gonokokken-
untersuchungen vorgenommen werden, die Möglichkeit, die Gonorrhoe
rechtzeitig zu entdecken und in erfolgreiche Behandlung zu nehmen.
Gold (Bielitz).
11) Vanverts. De la splenectomie.
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1897. 440 8.
Sehr fleißige, auf 279 Fälle (davon 13 bis jetzt noch nicht ver-
öffentlicht) gestützte Arbeit. Verf. untersucht zunächst eine Anzahl
von Vorbedingungen für die Exstirpation der Milz und kommt zu
folgenden Resultaten: Die Fortnahme der Milz an sich wirkt niemals
tödlich. Ein wesentlicher Einfluss auf die Cirkulation ist beim
Menschen nicht nachgewiesen, wenn gesunde Milzen entfernt werden;
wurden stark vergrößerte fortgenommen, die oft bis zu 2 Liter Blut
enthielten, so blieb der Ausfall einer so großen Blutmasse natürlich
nicht ohne Einfluss, wie auch der plötzliche Verschluss eines so
großen Reservoirs gewisse Veränderungen hervorrufen musste. Verf.
registrirt die Beobachtung, dass nach Unterbindung der Milzgefäße
bei Hypertrophie plötzlich eine starke Blutung aus den Gefäßen der
Wunde entstand. Nachweisbar ist bekanntlich nach Fortnahme der
Milz eine Abnahme der rothen und Zunahme der weißen Blut-
körperchen im Blute, daneben Abnahme des Hämoglobingehalts. In
den Fällen beim Menschen traten diese Erscheinungen in sehr
wechselnder Stärke und mit sehr wechselnder Dauer — von wenigen
Tagen zu mehreren Monaten — auf. Fine Vergrößerung der Lymph-
drüsen, die von vielen Beobachtern notirt worden ist und in den-
jenigen Fällen gefehlt haben soll, wo starke pseudoleukämische
Zustände nach der Operation auftraten, scheint n ;
Wichtigkeit zu haben, die ihr von Vielen beigele G
Organotherapie nach Milzausfall steht Verf. kepi mis k
602 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
ist aber nicht konstant. Ein Einfluss der Entmilzung auf die Ent-
wicklung des Individuums, analog der Cachexia strumipriva, ist nie-
mals nachweisbar gewesen. Die Versuche, ob Fortnahme der Milz
eine Veränderung des Verhaltens des betreffenden Körpers gegenüber
Infektionsstoffen erzeugt, führten zu keinen sicheren Resultaten. Ob
eine Regeneration der Milz nach der Exstirpation stattfindet, ist nicht
nachzuweisen, aber sehr stark in Zweifel zu ziehen. — Verf. geht
hierauf die verschiedenen Indikationen durch, aus denen die Splen-
ektomie gemacht worden ist: Verletzungen der Milz, einschließlich
Hernien, Abscesse des Organs und seiner Umgebung, Cysten, Hyper-
trophien (Leukämie, Malaria, Verwachsungen, Wandermilz, Torsion
des Stiels), Entartungen (Syphilis, Tuberkulose) und bespricht kritisch
die berichteten Fälle. Daneben werden die anderweitigen Eingriffe,
welche vorkommenden Falls mit der Exstirpation konkurriren könnten
(Punktion resp. Incision von Cysten, Unterbindung der Milzgefäße
u. A. m.), eingehend gewürdigt. Die Resultate der Milzexstirpation
sind recht ermuthigende. Es ergab sich folgende Statistik:
Splenektomie wegen
1) Verletzungen: 18, +10. 2) Abscess: 4, +1. 3) Cysten: 18, +3.
4) Hypertrophien: a. Leukämie 29, + 26. b. Malaria: 79, + 23.
c. Andersartige Vergrößerungen: 94, + 38, unbekannt 1.
Es wird also berichtet über im Ganzen 242 Exstirpationen mit
101 Todesfällen, 1 unbekanntem Erfolg; das bedeutet eine Gesammt-
sterblichkeit von ca. 41,7%.
Bei allen Affektionen, welche noch andere Operationsverfahren
zulassen neben der Exstirpation, ist diese entschieden allen über-
legen, bei der Leukämie wird sie nur ausnahmsweise, ganz im Be-
ginn der Erkrankung versucht werden dürfen. — Ein ausführliches
Verzeichnis der bisher bekannten Fälle und ein außerordentlich reich-
haltiges Litteraturverzeichnis bilden den Schluss der Abhandlung,
die, mit bewundernswürdigem Fleiß und größter Sorgfalt gearbeitet,
dankbar begrüßt werden muss als sehr werthvoller Beitrag zur Auf-
klärung auf dem wichtigen Gebiet der Milzchirurgie.
H. Lindner (Berlin).
12) Farganel. Note sur le traitement des abces du foie par
la suture pleuro-diaphragmatique et le curettage de la poche,
d’apres la methode de Fontan.
(Arch. de med. et de pharm. militaire 1898. Hft. 1.)
Jeder Leberabscess sollte mit Incision und Drainage behandelt
werden. Um aber dabei das Einlaufen von Eiter in die Brust- und
Bauchhöhle zu vermeiden, ist es zweckmäßig, Pleura und Zwerchfell
mit der Oberfläche der Leber einer- und der Haut andererseits zu
vernähen, ehe man den Einschnitt in die Eiterhöhle selbst macht.
Fraglicher erscheint dem Verf. das von Fontan gleichfalls vor-
geschlagene Ausschaben der Höhle; vielleicht könnte durch dasselbe
doch einmal ein größeres Gefäß eröffnet und eine Blutung erzeugt
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 603
werden, deren Stillung durch Gefäßunterbindung in dem weichen
Gewebe oft schwer fallen möchte. F. erzielte gute Erfolge in Algerien.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
13) Jones. An improved technique for the avoidance of
fistula after cholecystostomy.
(Annals of surgery 1898. Januar.)
Verf. schlägt vor, in den Fällen, wo wir auf einen primären
Verschluss der Gallenblase verzichten, die Wundränder des Organs
durch passend angelegte Nähte so einzustülpen, dass ein schmaler
Randsaum nach innen geschlagen wird, und Serosaflächen an einander
bezw. sich gegenüber liegen. Wird dann das eventuell zuerst ein-
geführte Drainrohr entfernt, so verkleben — wie bei der Entfernung
des Drains aus der Witzel’schen Fistel — die Serosaflächen mit
einander und garantiren die solide Heilung der Gallenblasenwunde.
Tietze (Breslau).
14) Rovsing. Klinische und experimentelle Untersuchungen
über die infektiösen Krankheiten der Harnorgane. Autori-
sirte Übersetzung aus dem Dänischen.
Berlin, ©. Coblentz, 1898. 330 S.
Während nach der Guyon’schen Schule das Bacterium coli die
Ursache fast aller infektiösen Harnwegeleiden, sei es nun Pyelitis,
Pyelonephritis oder Cystitis, ist, hat R. auf Grund genauer klinischer,
bakterieller und experimenteller Untersuchungen wesentlich andere
Schlussfolgerungen aufgestellt. Die hauptsächlichsten sind folgende:
Das Bacterium coli trifft man sehr häufig bei den infektiösen Harn-
wegeleiden an, aber es veranlasst in der Regel nur leichtere Erkran-
kungen, nämlich in den meisten Fällen nur einfache Bakteriurie,
dann auch in einer recht ansehnlichen Zahl von Fällen Pyelitis, na-
mentlich wenn Nierensteine oder eine Hemmung im Ablauf des
Harns die Entwicklung einer solchen begünstigen, und endlich in
einzelnen seltenen Fällen Cystitis.
Auch der Niere scheint das Bacterium coli in der Regel un-
schädlich zu sein.
Diese Gutartigkeit der Coliinfektion scheint mit der Thatsache
zusammen zu hängen, dass der normal im Darm vorhandene Colon-
bacillus in keinem nachweisbaren Grade pathogen ist, und gerade
vom Darm gehen die meisten Infektionen in den Harnorganen mit
dem Bacterium coli aus. In der weit überwiegenden Anzahl von
Cystitisfällen und in einer bedeutenden Anzahl von Pyelonephritis-
fällen wird die Entzündung durch harnstoffzersetzende Mikroben ver-
ursacht. Die pyogenen Formen dieser sind in ihren Wirkungen
durchgehends weit heftiger und für den Körper gefährlicher, als das
Bact. coli, und namentlich sind ihre Einwirkungen auf das Nieren-
gewebe sehr schädlich und oft verhängnisvoll.
604 . Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
Gleich wie das Bact. coli in großen Mengen allein im Harn vor-
handen sein kann, ohne die Harnorgane anzugreifen, eben so kann es
sich auch als eine zufällige und unschädliche Beimischung bei einer
von anderen Mikroben verursachten Entzündung zeigen. Wenn es
in solchen Fällen also mit einem anderen pathogenen Mikroben zu-
sammen auftritt, so darf man nicht schließen, dass es die Ursache
der Krankheit sei; ja selbst, wenn man bei den gangbaren Unter-
suchungsmethoden nur das Bact. coli antrifft, hat man keineswegs
Sicherheit dafür, dass es die Krankheit ursprünglich und wirklich.
veranlasst hat; denn es kann entweder die vorhandenen spärlichen
pathogenen Mikroben verdecken oder es kann sie getödtet haben.
P. Wagner (Leipzig).
15) G. Freitag. Vorträge über die Nierenkrankheiten.
Leipzig, J. A. Barth, 1898. 524 S.
Verf. hat als praktischer Arzt das gewiss nur sehr lobenswerthe
Bedürfnis empfunden, sich mit den Krankheiten der Harnorgane und
speciell der harnbereitenden Organe näher zu beschäftigen. Er hat
zu diesem Zweck die neuere Litteratur durchstudirt und sich schrift-
liche Bemerkungen und Auszüge gemacht. »Diese wurden schließ-
lich so umfangreich, dass aus ihnen vorliegende Vorträge über die
Nierenerkrankungen entstanden sind. In ungezwungener und hoffent-
lich auch nicht zu ermüdender Form soll in diesen Vorträgen aus
der Litteratur besonders der letzten Jahre ein dem heutigen Stand-
punkt der Wissenschaft entsprechendes, möglichst klares Bild der
Nierenerkrankungen entrollt werden.«
Ob ein Bedürfnis für die Veröffentlichung dieser kompilatori-
schen Arbeit vorgelegen hat, erscheint uns mehr als fraglich; das
entscheidende Wort hierüber wird schließlich der Verleger zu spre-
chen haben.
In wie weit die Darstellung der >inneren« Nierenerkrankungen
dem jetzigen Standpunkt der Wissenschaft entspricht, können wir
nicht beurtheilen; wir haben uns hier nur mit dem chirurgischen
Theil zu beschäftigen. Alles in Allem genommen hat uns die Dar-
stellung nicht besonders gefallen; ganz besonders ist sie für eine
solche zusammenfassende Bearbeitung viel zu weitläufig, nebensäch-
liche Dinge werden oft zu ausführlich behandelt, wichtige Thatsachen
nicht genügend hervorgehoben. Auch die Eintheilung des Stoffes
ist keine sehr glückliche. Alle Anerkennung für den großen Fleiß
und die große Belesenheit des Verf.! Aber sie genügen doch nicht
allein, um ein so schwieriges und noch immer nicht abgeschlossenes
Gebiet der Chirurgie allgemein verständlich und übersichtlich dar-
zustellen.
Die äußere Ausstattung des Buches ist nach jeder Richtung hin
vortrefflich. P. Wagner (Leipzig).
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 605
16) V. Rochet. Traitement chirurgical des prostatiques
retentionnistes.
(Ann. des malad. des org. génito-urin. 1898. No. 1.)
Die operativen Eingriffe, die bei der Harnretention der Prosta-
tiker in Frage kommen, lassen sich in 2 große Hauptgruppen ein-
theilen, nämlich in solche, die das Hindernis selbst in Angriff
nehmen und solche, die dem Urin einen neuen Abflussweg zu ver-
schaffen suchen, ohne dabei das Hindernis selbst zu beseitigen.
Zu der ersteren Gruppe gehören die galvanokaustische Behand-
lung der Prostata nach Bottini, die Prostatectomia suprapubica,
die perineale Drainage, die doppelseitige Kastration und Vasektomie.
Von diesen Verfahren empfiehlt Verf. ganz besonders die perineale
Drainage nach Harrison, die ev. mit der perinealen Prostatektomie
verbunden werden kann. Die Boutonniere muss so groß angelegt
werden, dass man bequem mit einem Finger eindringen kann. Der
tiefe Theil der Harnröhre muss möglichst weit dilatirt werden, wozu
sich Verf. des Par&’schen Afterspeculums bedient. Durch die peri-
neale Drainage wird die erkrankte Blase ruhig gestellt, der Urin
findet ausgiebigen, raschen Abfluss, die Blasenbeschwerden und
namentlich die schmerzhaften Krampfzustände am Blasenhals ver-
schwinden.
Zu den Methoden der 2. Hauptgruppe gehören die hypogastrische
Blasendrainage nach Méry und Lejars so wie die Poncet’sche
Cystostomia suprapubica. Das erstgenannte Verfahren ist sehr ein-
fach und jederzeit leicht ausführbar, namentlich wenn man sich
des vom Verf. konstruirten »Trocart porte-drain« bedient, eines In-
struments, das in sehr bequemer Weise mit der Punktion sofort
die Drainage verbindet. Dieser Blasendrainage haften aber auch
gewisse Nachtheile an, sie kann durch Lockerung des Drains zu
Urininfiltration führen; bei sehr dickem, stark eiterhaltigem Harn
kann trotz weitem Drainrohr der Abfluss ungenügend sein; bei so-
genannter membranöser Cystitis wird die Punktion vollkommen er-
folglos sein. In allen diesen Fällen und namentlich auch dann,
wenn es sich um schwere infektiöse Cystitiden handelt, ist die
Blasenpunktion durch die Cystostomia suprapubica zu ersetzen.
Zum Schluss formulirt Verf. die Behandlung der Urinretention
der Prostatiker in fulgenden Sätzen:
Die Basis der Behandlung bildet der wiederholte Katheterismus,
vorausgesetzt dass er leicht ist und nicht zu oft wiederholt zu werden
braucht; anderenfalls muss zeitweise ein Verweilkatheter eingelegt
werden. Wird der Katheterismus zu schwierig, bleibt der Harnabfluss
ungenügend, treten Fieber, Schmerzen, Blutungen etc. ein, so werden
wiederholte Blasenpunktionen oder die temporäre Blasendrainage
vorgenommen. Die Kongestivzustände können hierdurch verschwinden,
der normale Harnabfluss kann sich wieder einstellen, oder es kann
wenigstens der Katheterismus wieder leicht ausgeführt werden. Bei
vorgeschrittenem Leiden und bei Kranken, die schon lange an das
606 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
»Katheterleben« gewöhnt sind, ist die perineale Drainage und Dila-
tation, event. in Verbindung mit perinealer Prostatektomie, am Platze.
Für die ganz schweren Fälle mit infektiöser eitriger Cystitis bleibt
die Cystostomia suprapubica das einzige Hilfsmittel.
P. Wagner (Leipzig).
17) Englisch. Zur Behandlung der Harnverhaltung bei Pro-
statahypertrophie.
(Wiener Klinik 1897. Hft. 4.)
Obwohl in den letzten Jahren die Neigung, die Prostatahyper-
trophie operativ anzugreifen, erheblich gewachsen ist, darf die nicht-
operative Therapie der Harnverhaltung doch nicht gering geachtet
werden. Verf. giebt aus seiner reichen Erfahrung heraus eine Reihe
von Winken für die Behandlung der genannten so einschneidenden
Erscheinung. Von großer Wichtigkeit ist die rechtzeitige Beachtung
der prämonitorischen Beschwerden; bei jeder Störung der Blasen-
funktion bei alten Leuten muss eine ganz genaue Untersuchung, und
zwar immer bimanuell vom Mastdarm und Bauchdecken aus statt-
finden. — Es folgen lehrreiche Anweisungen über die Wahl eines
Katheters. Die Entleerung der Blase mittels desselben darf niemals
sehr rasch hinter einander vorgenommen werden, sondern muss ab-
satzweise erfolgen, damit die Blase sich anpassen kann. »Je länger
die Harnverhaltung bestand, um so langsamer muss die Entleerung
vorgenommen werden.« Unter schwierigen Verhältnissen, bei stär-
kerem Fieber, falschen Wegen etc. Verweilkatheter. Ein Apparat
zur regelmäßigen Ausspülung der Blase wird beschrieben. Der Ver-
weilkatheter bleibt nach Bedürfnis liegen, gewöhnlich bis reichlich
Harn neben ihm vorbeifließt. Später muss der Pat. oder Jemand
aus seiner Umgebung den Katheterismus lernen. Auch wenn spon-
tane Harnentleerung wieder erreicht wird, muss auf die Weiter-
behandlung große Sorgfalt verwendet werden. — Wir empfehlen das
lehrreiche Schriftchen dem Studium der Praktiker.
H. Lindner (Berlin).
18) M. A. Strauch. Eine einfache Methode der Exstirpatio
uteri per vaginam.
(Medicinskoje Obosrenje 1898. II. [Russisch.])
Für gutartige Uterusgeschwülste und Adnexerkrankungen em-
pfiehlt S. auf Grund 23 eigener Fälle statt der Seidenfiden oder
Klemmpincetten die elastische Ligatur: dieselbe wird um das zu ent-
fernende angespannte breite Mutterband geschlungen, fest angezogen;
dann legt man einen starken Seidenfaden um die Ligatur und knotet
ihn fest. Jodoformgazetamponade der Scheide. Die Kranken können
selbst uriniren, bekommen am nächsten Tage ein Abführmittel und
stehen nach 9—10 Tagen auf. Am 15. Tage werden der Gazestreifen
und die Ligaturen durch leichtes Anziehen mit sammt den Stümpfen
des Mutterbandes entfernt. — Beim Krebs bedient sich S. der Klemm-
pincetten und des Paquelins. Glickel (B. Karabulak, Saratow).
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 607
Kleinere Mittheilungen.
Ein Fall eines von der Milzkapsel ausgehenden Fibrosarkoms.
Von
Prof. 6. Heinricius in Helsingfors (Finland).
In meiner Praxis als operativer Gynäkolog habe ich einige Male Gelegenheit
gehabt, Laparotomien bei Bauchgeschwülsten auszuführen, deren wahre Natur nicht
mit Sicherheit diagnostieirt werden konnte, und die nach dem Bauchschnitt sich
als nicht von den Genitalorganen ausgehend erwiesen. Ein solcher Fall ist fol-
gender:
W. 8., Dienstmädchen, 19 Jahre alt, wurde am 3. Mai 1890 in die gynäko-
logische Klinik in Helsingfors aufgenommen. Anamnese: Erste Menses mit
15 Jahren, ziemlich unregelmäßig, Zwischenzeit gewöhnlich über 1 Monat. Ohne
Menses von Anfang Mai 1889 bis Oktober desselben Jahres, wo eine unbedeutende
Blutung stattfand. Von Ende December 1889 regelmäßig jeden Monat wieder-
kommende Menses von einer Dauer von 3—4 Tagen. Letzte Menses vor 2 Wochen.
Da im Mai 1889 die Menses wegblieben, vermuthete die Pat., dass sie schwanger
sei, glaubte Bewegungen des Kindes von Ende August 1889 bis zum 23. April 1890
gefühlt zu haben. Weihnachten 1889 Milch in den Brüsten. Ende December 1889
und Anfang Januar 1890 wehenähnliche Schmerzen. Im Januar Schmerzen im
Kreuz und Unterleib während einer kürzeren Zeit, im Februar ähnliche Schmerzen.
Im April 1890 Erbrechen.
Status praesens: Die Pat. von normalem Körperbau und gesundem Aus-
sehen. Bei Palpation des Bauches lässt sich eine Geschwulst fühlen, deren Grenze
sich von 3 Finger breit über der Symphyse nach rechts bis 3 Finger breit von
der Spina ilei ant. sup. in beinahe gerader Richtung aufwärts bis 3 Finger breit
unter den rechten Rippenrand erstreckt, sich von dort etwas gegen die Mittel-
linie senkt, wieder aufwärts bis zum linken Rippenrand steigt, weiter nach links
gegen Regio lumbalis streckt, bis zu einer geraden, aufwärts von Spina ilei ant.
sup. gezogenen Linie und schließlich bis (us Finger breit von der erwähnten
Spina. Der untere Theil der Geschwulst scheint beweglicher und verschiebbarer
zu sein als der obere. Die Geschwulst erscheint gleichförmig fest. Theile eines
Fötus können nicht apart palpirt werden, auch kann man keine Kindsbewegungen
hören. Die Bauchdecken, welche sich aufheben lassen, sind mehr nach rechts
aufwärts und links nach unten vom Nabel ungleichmäßig erhöht. Die Nabelgrube
ist verwischt. Bei jedem Herzschlag deutliche Rückwirkung auf die Geschwulst.
Die Messung des Bauches ergab: Umfang über dem Nabel 80 cm, eine Hand-
breite unter dem Nabel 78, eben so viel über demselben 81, die Entfernung von
der Symphyse bis zum Nabel 18, vom Nabel bis Proc. xiph. 20, vom Nabel bis
Spina ant. sup. d. 15,5, bis zur entsprechenden Stelle nach links 17. Portio vag.
virginal; Uterus klein, Corpus palpabel durch die vordere Scheidenwand. Das
rechte Scheidengewölbe bedeutend freier als das linke. Die Länge des Uterus
7,5 cm. Per rectum nichts Bemerkenswerthes. Der Urin normal.
Diagnose: Tumor abdominis. Behandlung: Laparotomie wurde ausgeführt
am 1. November 1890. Bauchschnitt in Linea alba von ca. 10 cm über dem Nabel
bis 4cm unter demselben. In der Wunde zeigte sich die grau-weiß-rothe glatte
Wand einer Geschwulst von ziemlich weicher Konsistens. Bei der Untersuchung
durch die Schnittöffnung zeigte sich, dass die Geschwulst sich nach unten bis zum
Promontorium und Fossa iliaca sin. erstreckte und aufwärts gegen und unter den
linken Rippenrand reichte, an einigen Stellen adhärent an dem Netz. Der Schnitt
wurde nach unten und auch etwas nach oben verlängert; theils durch Ziehen mit
einem scharfen Haken, theils durch Emporheben des unteren Theils der Geschwulst
mit Hilfe der in die Bauchhöhle eingeführten Hände, theils durch äußeren Druck
608 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
auf die Bauchdecken glückte es, die große, weiche Geschwulst herauszubekommen.
Viele Adhärenzen an dem Netz wurden theils mit den Fingern gelöst, theils
unterbunden und abgeschnitten. Links unten wie oben war der Dünndarm an
3 Stellen durch feste Adhärenzen mit der Geschwulst vereinigt; theils mit den
Fingern, theils mit Messer und Schere wurden diese gelöst, wobei starke Blutung
aus der Geschwulst entstand, die aber durch Massenunterbindung und Kauteri-
sation mit Paquelin gestillt wurde. Die Geschwulst war nun nach allen Seiten
frei, nur aufwärts links war sie durch einen armdicken, harten Stiel mit der Mils
fest verbunden; die Milz zeigte normale Größe und Farbe. Die Geschwulst von
der Milz zu lösen war nicht möglich; bei Versuchen, dies zu thun, wurde die Milz
lädirt, wesswegen die Geschwulst mit dem Messer so abgeschnitten wurde, dass
eine flache, dünne Schicht von ihr auf der unteren Fläche der Milz zurückblieb.
Die Wundfläche, von sehr fester, fibröser Beschaffenheit, blutete stark aus einigen
Gefäßen, die mittels Ligaturen en masse unterbunden wurden; mit 5 Suturen aus
dieker Seide, die unter die Wundfläche geführt und zugebunden wurden, wurde
die übrige Blutung gehemmt. Umschriebene starke Blutung aus der Milz, ent-
standen durch die Versuche, die Geschwulst von ihr zu trennen, hörte auf nach
Umstechung mit Katgut. Die Milz mit an ihr haftendem Theil der Geschwulst
wurde versenkt. Reinigung der Bauchhöhle. Die Bauchwunde wurde durch 7 tiefe
Metallsuturen und fortlaufende äußere Seidensutur vereinigt. Gegen Ende der
Operation waren Injektionen von Ather und 1 Kampherlösung nöthig geworden.
Die Geschwulst wog 3500 g. Bei mikroskopischer Untersuchung erwies sie sich
als ein Fibrosarkom mit myxomatöser Umwandlung im peripheren Theil. In dem
gegen die Milz gewendeten Theil der Geschwulst fibrilläres Bindegewebe in reich-
licher Menge, so dass dieser Theil der Geschwulst knorpelhart ist. Der Verlauf
nach der Operation: 1. November Menses, at. 38,5 p. 102, Kognak 1 Esslöffel
jede 3. Stunde. 2. November Schlaf ruhig bis 3 Uhr Morgens, dann unruhig,
Husten, Übelkeiten, 3mal Erbrechen nach der Operation, mt. 39,5 p. 160, at. 39,4,
unbedeutende Empfindlichkeit im Epigastrium. 3. November mt. 39,2 p. 116,
Schlaf ruhig, Gesichtsausdruck ruhiger, Flatus abgegangen, at. 39,8 p. 104,0, Er-
brechen während des Tages. 4. November mt. 38,5, at. 38,4 p. 88. 5. November
mt. 38,2, at. 37,5. 6. November Laxans, Ricinusöl. 9. November. Die äußere
Sutur wurde entfernt, am 11. November und 13. November die tiefen Metallsuturen;
die Bauchwunde gut geheilt. 28. November Menses. 30. November die Pat. darf
aufstehen. Reiste nach ein paar Wochen heim.
Im December 1892 kam sie wieder in die gynäkologische Klinik. Sie fühlte
sich gesund bis vor 2 Monaten, wo sie eine äußere Geschwulst an der rechten
Seite des Bauches merkte. Am 10. December wurde sie untersucht, und es erwies
sich eine faustgroße, runde, harte Geschwulst in den Bauchdecken rechts unter
dem Nabel. Bei Palpation des oberen Theils des Bauches lässt sich nichts Ab-
normes in der Gegend der Milz merken. Die Pat. ist von gesundem Aussehen,
gut genährt. Am 14. December wurde die 170 g schwere Geschwulst, welche von
der Scheide des M. obliquus externus ausging, enukleirt. Am 15. Januar 1893 ist
die Wunde geheilt. Am 13. Februar verließ die Pat. die Klinik.
Wieder aufgenommen am 14. Februar 1895. Im September 1894 hatte die
Pat. auf der rechten Seite der Bauchdecken eine Geschwulst von der Größe einer
halben Faust gemerkt, welche seitdem gewachsen ist. Im December fühlte sie
eine kleinere Geschwulst in der linken Seite der Bauchdecken. Status praesens:
In den Bauchdecken werden 4 mit einander verbundene harte Geschwülste palpirt.
Die Pat. erhielt Sol. Fowleri in wachsender Dosis von 2—7 Tropfen 4mal
täglich bis zum 8. April, später Jodkali 0,5 3mal täglich. Verließ die Klinik am
7. Mai als unheilbar.
Wieder aufgenommen am 9. April 1896. Der Nahrungszustand ziemlich gut,
nicht merklich verändert seit 1891. Die Geschwülste in der Bauchwand sind ge-
wachsen, die Haut unverändert. Die Pat. erhielt Injektionen von Emmerich’s
Serum, doch ohne Erfolg.
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 609
Sie lebte dann im Armenhaus noch bis zum Juli 1897, wann sie starb. Leider
konnte die Obduktion nicht gemacht werden.
Dieser Fall eines von der Milzkapsel ausgehenden, den größten Theil der
Bauchhöhle ausfüllenden Fibrosarkoms steht einzig da. Beim Durchsehen der
Litteratur der pathol. Anatomie und Chirurgie habe ich keinen ähnlichen Fall an-
getroffen. Aus den von B. Cred£&!, Adelmann?, Asch3, Ledderhoset, Fi-
lippow und Kusnezow5, Lindfors®, Dandolo”, Lennander®, Vulpius®,
Jonnesco!, Schalita!! publicirten Zusammenstellungen über Milzexstirpation
geht nicht hervor, dass die Milz jemals wegen einer von der Milskapsel ausgehen-
den Geschwulst exstirpirt worden sei.
Hätte ich während der Operation meines Falles gewusst, dass diese von der
Milzkapsel ausgehende Geschwulst sarkomatöser Art war, wäre es richtiger ge-
wesen, auch die Milz zu exstirpiren, obgleich das Organ selbst gesund erschien
und es wahrscheinlich auch war. Die Ähnlichkeit der Geschwulst mit einem
Fibrom und insbesondere ihre knorpelharte Beschaffenheit nach der Milz hin ver-
ursachten, dass ich die Operation bloß auf die Exstirpation der Geschwulst be-
schränkte.
Primäres Sarkom im Netz.
Von
Prof. &. Heinricius in Helsingfors (Finland).
5jähriges Mädchen wurde am 14. März 1897 in die gynäkologische Klinik
aufgenommen. Nach der Aussage der Mutter ist das Kind, außer dass es seit
einigen Jahren über gelinde Schmerzen bei Bewegung geklagt hat, bis zum Februar
1897 gesund gewesen, wo der Bauch an Umfang zu wachsen begann. Kein Er-
brechen. Stuhl und Urin normal. Keine hereditären Anlagen zur Geschwulst-
bildung. Der Vater seit einiger Zeit leidend an universellem Ekzem. Status
praesens: Die Pat. von gesundem Aussehen, blühend; normaler Körperbau und
Nahrungszustand. Im Bauch eine harte, bewegliche Geschwulst von der Größe
eines kleinen Menschenkopfes; die Geschwulst erstreckt sich von ein Paar Finger-
breiten über dem Schambein bis in die Nähe des Proc. xiph.; nach den Seiten
hin reicht sie bis an die Spina ilei a. s. Matter Perkussionston über der Ge-
schwulst. Die Hautvenen in den Bauchdecken etwas erweitert. Bei Untersuchung
per rectum kann ein Zusammenhang zwischen der Geschwulst und dem Uterus
nicht konstatirt werden. Der Urin normal. Stuhl von normalem Aussehen. Lungen
und Herz gesund. Diagnose: Tumor abdominis, unsicher welcher Art. La-
parotomie am 17. März 1897. Der Bauchschnitt in der Mittellinie je 7cm
1 Über Exstirpation der kranken Milz am Menschen. Archiv für klin. Chirurgie
1883. Bd. XXVIII.
2 Die Wandlungen der Splenektomie seit 30 Jahren. Archiv für klin. Chirurgie
1887. Bd. XXXVI.
3 Zwei Fälle von Milzexstirpation. Archiv für Gynäkologie 1888. Bd. XXXIIL
Heft. 1.
4 Die chirurgischen Krankheiten der Milz. Deutsche Chirurgie 1889. Bd. XLVb.
5 Chirurgitscheski Westnik 1890. Juli—September.
© Fall af splenektomie etc. Nord. med. Arkiv 1892. No. 29.
7 Lo stato presente della chirurgia della milza. Gazz. med. Lombardo 1893.
No. 1—9.
8 En fall af mjeltexstirpation. Upsala Läkarefören. Förhandl. N. F. Bd. XXVIIL
Hit. 6. p. 397.
9 Beiträge zur Chirurgie etc. der Milz. Beiträge zur klin. Chirurgie 1894.
Bd. XI. p. 633.
10 Über Splenektomie. Archiv für klin. Chirurgie 1897. Bd. LV. p. 330.
1! Über Milzexstirpation. Archiv für klin. Chirurgie 1895. Bd. XLIX. p. 629.
610 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
über und unter dem Nabel. Die Geschwulst, unmittelbar unter dem Peritoneum
parietale liegend, ging vom Omentum majus aus, das nur ein kleines Stück oben
frei war. Die Geschwulst, von weicher Beschaffenheit, grau-rother Farbe, konnte
nicht in toto herausgehoben werden, sondern wurde in Stücken ohne Schwierigkeit
herausgenommen. Die unter der Geschwulst liegenden Gedärme schienen gesund,
ihre Serosa glatt. Der wie es schien gesunde obere Theil des Netzes wurde mit
Katgut in einigen Portionen unterbunden. Sorgfältige Reinigung der Bauchhöhle
von kleinen Resten der Geschwulst, die beim Herausnehmen derselben abgerissen
wurden. Die Blutgefäße des Netzes auffallend erweitert. Die mikroskopische
Untersuchung von Theilen der Geschwulst zeigte ein ziemlich zellenreiches Sarkom,
sum überwiegenden Theil bestehend aus spindelförmigen und runden Zellen. Einige
Zeit nach der Operation guter Appetit und gesundes Aussehen. Die Pat. entlassen
Mitte April. Anfang Mai fing die Pat. über Schmerzen im Bauch zu klagen an.
Anfang Juni Diarrhöe, bedeutende Verschlimmerung, schlechter Appetit, unruhiger
Schlaf, Schmerzen im Bauch, schwer sich zu bewegen. Im Bauch wurden Knoten
getastet. Am 17. Juni wurde Pat. von einem Arzt untersucht, der die Bauchnarbe
gut geheilt fand; der Bauch war bedeutend geschwollen (Ascites), empfindlich
gegen Druck links etwas unter dem Rippenrand. Viele knollige Unebenheiten auf
der linken Seite des Bauches. Am 17. Juli hatte ich Gelegenheit, die Pat. zu
untersuchen. Sie war bedeutend abgemagert und von kachektischem Aussehen.
Kann weder gehen noch stehen. Der Bauch stark geschwollen, sein Umfang beim
Nabel 53 em. In ihm können unegale, größere und kleinere Knollen und Ascites-
flüssigkeit palpirt werden. Das Kind starb am 3. August. Bei der Obduktion
erschien das Peritoneum gang glatt und unbeschädigt. Die kolossale Geschwulst
war nur von Resten des Netzes ausgegangen. Eine kleinere Menge von Ascites-
flüssigkeit (Angabe des Arztes). Die mikroskopische Untersuchung von mir su-
gesandten Theilen der Geschwulst zeigte ein äußerst zellenreiches Sarkom, be-
stehend aus dicht neben einander liegenden kleinen runden Zellen.
Dieser Fall scheint sehr seltener Art zu sein.
19) Collen. Zur Frage der Pathogenese der gonorrhoischen Epidi-
dymitis.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 48.)
C. gelang es, wie schon vor ihm Routier und Grosz, in der Punktions-
flüssigkeit einer gonorrhoischen Epididymitis eine Reinkultur von Gonokokken
auf Kiefer’schem Nährboden zu gewinnen.
Hübener (Breslau).
20) 8. Gross. Zur Ätiologie der Epididymitis bei Gonorrhoe.
(Wiener klin. Wochenschrift 1598. No. 4.)
Für die Entzündungen der Prostata und der Samenbläschen als Komplika-
tionen der Gonorrhoe ist der Nachweis ihrer Entstehung durch den Gonocoocus
Neisser erbracht worden. Bezüglich der Erkrankungen des Hodens, Nebenhodens
und deren Hüllen stand bislang ein solcher Beweis noch aus.
G. konnte nun in einem Falle von Epididymitis gonorrhoica (Ausfluss seit
4 Jahren) aus dem durch Punktion gewonnenen dünnflüssigen, schmutzig-gelblichen
eitrigen Inhalt der akut entstandenen Hydrocele nicht nur mikroskopisch den
Nachweis von Neisser’schen Gonokokken erbringen, sondern durch ihr charak-
teristisches Wachsthum auf dem Wassermann’schen Nährboden bei Sterilbleiben
des gewöhnlichen Agars des Weiteren erhärten. (Leider fehlen Angaben, ob eine
Weiterzüchtung auf dem Wassermann’schen Nährboden durch einige Genera-
tionen hindurch gelungen ist, doch scheint auch ohne diesen Nachweis die Iden-
tität der gefundenen Kokken mit den echten Neisser’'schen Gonokokken ge-
nügend sichergestellt. Ref.) Hübener (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 611
21) P. Colombini. Il diplococco di Neisser nelle adeniti blenor-
ragiche.
(Riforma med. 1898. No. 21. Refer. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898
No. 19.)
C. untersuchte den eitrigen Inhalt von 4 nach Gonorrhoe entstandenen Bu-
bonen bakteriologisch. 2mal fand er Reinkulturen von Gonokokken, je imal waren
Gonokokken plus Staphylococcus pyogenes albus und Sterilität vorhanden. C.
vermuthet, dass in letzterem Falle die Gonokkoken bereits abgestorben waren.
Dreyer (Köln).
22) Bieck (Berlin). Beiträge zur Behandlung des weiblichen Trippers
und seiner Komplikationen.
(Charite-Annalen 1897. p. 777.)
Den »Beiträgen« liegt das Material des letzten Jahres zu Grunde, welches
408 Fälle umfasst. Der Scheidentripper kommt zwar stets bei dem frischen
(106 Fälle), selten dagegen bei dem chronischen Tripper vor, bei letsterem nur in
8,6%. Und zwar ist dann stets die Cervix und vorwiegend der obere Theil der
Scheide erkrankt, woraus wohl mit Recht geschlossen werden kann, dass es sich
hier um Infektion der Scheide vom Cervicalkanal aus handle. In der akuten
Periode werden alle Ausspülungen vermieden, um die Krankheitskeime nicht gegen
den Muttermund hin zu spülen, sum Zweck des Austrocknens der Scheide und
des Schaffens ungünstiger Lebensbedingungen für die Gonokokken wird nur nach
4—5 Tagen ein Ichthyolglyoerintampon von 10% eingeführt. Dagegen werden im
subakuten und chronischen Stadium unter Einführung des Speculums antiseptische
Ausspülungen vorgenommen, jedoch so, dass der Strahl nicht gegen den Mutter-
mund gerichtet ist. Erosionen an letzterem werden durch Einlegen von Tampons
mit Ichthyolglycerin und Nosophen behandelt, welch letzteres als mild wirkendes
Antisepticum empfohlen wird.
Auch die Harnröhre wird bei frischen Fällen stets, bei chronischen seltener,
in 39,3%, ergriffen gefunden. Hier werden in frischen Fällen Einspritzungen von
1—2%iger Argonin- oder 1—3%iger Ichthyollösung unter schwachem Druck ge-
macht. In den älteren Fällen wird das Auswischen der Harnröhre mit Höllen-
steinlösungen, in letzter Zeit wegen der geringeren Reizwirkung mit Argonin-
lösungen, unter Benutzung des Endoskops vorgezogen.
Akuminaten fand B. in 24,5% seiner Tripperkranken, während er sie ohne
Tripper überhaupt nur 6mal gesehen hat. Dieselben werden entweder unter An-
wendung der Schleich’schen Infiltrationsmethode abgebrannt oder abgeschnitten,
oder die Warzen werden mit Athylchlorid zum Gefrieren gebracht. Dies hat
desshalb Vortheile, weil die weichen Massen der Akuminaten rascher frieren, als
die härteren Schleimhautfalten der Karunkeln und daher leicht von ihnen zu unter-
scheiden sind.
Bartholinitis wurde in 13,2% beobachtet, gleich häufig bei alten und
frischen Fällen. Bei letzteren wird der Abscess einfach vom Ausführungsgang
aus gespalten und tamponirt, wodurch in etwa 14 Tagen Heilung erzielt wird; in
chronischen Fällen empfiehlt sich das Ausschaben der ganzen Drüse, was zuweilen
nicht leicht ist.
Mastdarmtripper war in 9,5% vorhanden, und zwar war in 7,3% die
Gegend des Afters bis zum Schließmuskel, in 2,2% die Schleimhaut oberhalb
dieses erkrankt. Nur in letzteren Fällen dürfte man Coitus posterior annehmen
können, während die Aftergegend durch Herablaufen der Tripperabsonderung aus
der Scheide erkrankt. Ekzem der Aftergegend ist sehr häufig, Strikturen selten,
eben so Mastdarmfisteln und periproktitische Abscesse. Bei den tieferen Formen
sind den sonst meist ausreichenden Bädern und Waschungen noch Mastdarm-
ausspülungen hinzuzufügen, wosu Borsäure-, Chlorzink- oder Argoninlösungen
verwendet wurden, danach Suppositorien mit Jodoform, Argent. nitric. oder Airol.
Gegen das Ekzem bewährte sich neben Puderung eine Ösypussalbe mit Zinc. oxyd.
612 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
Bei Fehlen einer Erkrankung an Schanker ist Lymphdrüsenentzündung
sehr selten, unter 200 derartigen Fällen nur in 4% zur Beobachtung gekommen.
Zuweilen wurden die Drüsenanschwellungen durch Einspritzungen von Hydrarg.
benzoic. (1%) sum Schwinden gebracht. Meist aber musste unter örtlicher Be-
täubung eingeschnitten werden.
Tripperrheumatismus kam in 3,9% vor, 2mal waren auch die benach-
barten Sehnenscheiden betroffen. Innerlich wurde Ol. Santali 3mal täglich 15 Tropfen
gegeben, außerdem wurden die Gelenke fixirt und heiße Sandbäder gegeben, welch
letztere sich sehr bewährten.
Blasenerkrankungen kamen nicht vor. Lühe (Königsberg i/Pr.).
23) F. Laccetti. Splenectomia per milza malarica.
(Giorn. internaz. delle science med. 1898. Fasc. 1. Ref. nach Gazz. degli ospedali
e delle clin. 1898. No. 13.)
L. beobachtete nach einer Exstirpation einer Malariamilz 2 auffallende Er-
scheinungen. Am 6. Tage nach der Operation stieg die Temperatur plötzlich auf
39,6°. Man vermuthete einen Malariaanfall und machte eine Chinininjektion, die
das Fieber vollkommen beseitigte.e Außerdem wurden in sämmtlichen Knochen,
namentlich in den langen Diaphysenknochen, lebhafte Schmerzen empfunden, die
auf die vikariirende Funktion des Knochenmarks nach der Splenektomie zurück-
geführt wurden. Gewöhnlich übernehmen die Drüsen diese Funktion und
schwellen an, was in diesem Falle nicht geschah. Dreyer (Köln).
24) Brin. Plaie du foie par instrument tranchant.
(Presse méd. 1898. No. 14.)
Verf. hat Gelegenheit gehabt, bei einer frischen Stichverletzung der Leber
operativ und mit Erfolg einzugreifen. Es handelte sich um einen jungen Mann,
der bei einem Streit in den Bauch gestochen war und mit Zeichen zunehmender
Anämie ins Spital gebracht wurde; eine 2 cm lange Wunde rechts von der Mittel-
linie, 2 Querfinger vom Rippenbogen entfernt, führte in die Bauchhöhle, wie
mittels einer Sonde konstatirt wurde. (!) Bei der Inspiration floss regelmäßig etwas
Blut aus. In dem Erbrochenen war kein Blut; Collapse. Die Laparotomie zeigte
einen frischen Bluterguss unter der Leber, der sich immer wieder von Neuem er-
setste. Man entdeckte sodann auf der konvexen Seite des linken Leberlappens
eine 5—6 cm lange und 2 cm tiefe Wunde, die durch Seidennähte leicht geschlossen
werden konnte. Nach sorgfältiger Entfernung der Blutgerinnsel vollständiger
Schluss der Bauchhöhle; in den ersten Tagen Resorptionsfieber bis 33,7 Abend-
temperatur. Heilung per primam.
Verf. glaubt, dass man eine Verletzung der großen Gefäßstämme nur an-
nehmen kann, wenn die Zeichen der Verblutung sehr schnell eintreten, während
Verletzungen des Leberparenchyms nur zu einer sich langsamer entwickelnden
Anämie führen, und dass man in ähnlichen Fällen stets operiren soll. Die Blutung
aus glatten Leberwunden sei meist durch die Naht zu stillen, sonst durch Kau-
terisation oder Tamponade, in neuerer Zeit auch mit Erfolg durch hochgespannten
Wasserdampf (v. Sneguireff) oder durch Übergießen der Wunde mit geschmol-
zener Gelatine. Tschmarke (Magdeburg).
25) E. Ullmann. Über Leberresektion.
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 47—52.)
Aus der referirenden Besprechung der in der Litteratur bisher bekannt ge-
wordenen Fälle von Leberresektion nach ihrer diagnostischen, operativ-technischen
und pathologisch-anatomischen Seite hin heben wir hier nur die eigene Beobach-
tung des Autors heraus. 54jährige Frau mit harter, höckeriger, sehr beweglicher
Geschwulst im rechten Hypochondrium, die erst seit 14 Tagen Erscheinungen und
Beschwerden macht. Die Diagnose lautete auf Careinom der Leber. Bei der Ope-
ration zeigt sich, dass die Geschwulst die vergrößerte, verhärtete Gallenblase dar-
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 613
stellt, mit eingeschlossenen Steinen. Die Verhärtung greift auch auf die benach-
barte Leberpartie über und schließt den Ductus hepaticus mit ein. Keine sekun-
däre Geschwulst, keine Drüseninfiltration zu fühlen. Unterbindung des Ductus
cysticus, eben so des Ductus hepaticus mit Resektion beider und Exstirpation der
Leber-Gallenblasengeschwulst. Die starke Blutung lässt sich weder mit Paquelin
noch mit ausreichenden Umstechungsnähten noch durch Kompression stillen, steht
aber auf Faltung der Leber in der Richtung senkrecht auf den Verlauf der Ge-
ffe und Kompression mittels steriler Gaze, welche um durchgestoßene große
»Myomnadeln« geschlungen wird. Ausstopfung mit extraperitonealer Versorgung
der Leberwunde und Heranziehung des Duodenums Behufs später vorzunehmender
Hepatoduodenostomie. Die abgetragene Lebergeschwulst ist 111/2 cm lang, 9 em
breit, 4 cm dick, die Gallenblase 17 cm lang, 9 cm breit, mit 51 erbsen- bis hasel-
nussgroßen Steinen; im Ductus cysticus, welcher geknickt ist, noch 3 fest ein-
gekeilte Steine. Während der Nachbehandlung steter Abfluss der Galle nach
außen, 400—900,0 täglich, gallenloser Stuhl, dabei aber Zunahme an Kraft und
Körpergewicht in den ersten 3—4 Wochen. Erst nach 2—3 Monaten Auftreten
von Ikterus, Verfall, Recidiv und Tod. — Die Nothwendigkeit, den Ductus hepa-
tieus fortzunehmen, gilt sonst leicht als Kontraindikation gegen die Operation. Die
üblen Folgen des Gallenverlustes lassen sich aber durch eine sofortige oder später
auszuführende (wenn die Gallengänge sich ausgedehnt haben) Hepatoduodenostomie
wieder ausgleichen. Eine Schrumpfung und Nekrose des Lebergewebes, analog
den Ergebnissen Nasse’s nach Hepaticusunterbindungen, war hier nicht zu be-
merken, da ja eine Gallenstauung in der Leber nicht stattfinden konnte.
Herm. Frank (Berlin).
26) E. S. Kanzel. Zur Kasuistik der typhösen Cholecystitis. Chole-
cystostomie.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.)
Die russische Litteratur enthält bloß 30 Fälle aus der Chirurgie der Gallen-
wege. K. bringt einen neuen, recht seltenen Fall; er fand nur 4 ähnliche. Die
33jährige Pat. litt seit 2 Jahren an leichter Gallensteinkolik. Nach Überstehen
eines leichten Abdominaltyphus verschlimmern sich die Schmerzen, und 2 Monate
darauf findet man serös-eitrige Cholecystitis und Peritonitis. Laparotomie, Lösung
der Darmverwachsungen, Eröffnung der Gallenblase, in der 2 kirschengroße Steine
sich finden, ein 3. im Ductus cysticus. Im Bauchfell Staphylococcus pyogenes
aureus, in der Gallenblase Typhusbacillen. Heilung.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
27) A. Hall. Primärer Krebs der Gallenblase.
(Northwestern lancet 1897. December 1.)
Eine hochgradig neurasthenische Frau litt an gänzlicher Appetitlosigkeit und
Unfähigkeit, Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, ohne dass irgend eine krankhafte
Veränderung nachgewiesen werden konnte. Plötzlich traten Darmblutungen ein,
welche nach etwa 3 Wochen den Tod der schon lange Zeit hindurch bettlägerigen
und sehr schwachen Frau herbeiführten. Bei der Obduktion fanden sich ganz
gesunde Organe, nur die Gallenblase war bis zur Größe eines Gänseeies vergrößert
und mit Colon und hinterer Magenwand fest, mit der Leber leicht verwachsen. In
ihr befand sich ein Stein von etwa 2,5 cm Durchmesser, ihre Wandung war erheb-
lich verdickt und carcinomatös erkrankt. Die Kranke hatte häufig über Schmerzen
in der Lebergegend geklagt, allein es war niemals eine Geschwulst fühlbar ge-
wesen. Lühe (Königsberg i/Pr.).
28) A. H. Ferguson. Personal observations on the surgery of the
gall bladder and bile ducts.
(Brit. med. journ. 1897. November 6.)
F. giebt in diesem Bericht seine Erfahrungen über die chirurgische Behand-
lung der Gallenblasen- und Gallengangkrankheiten. Er hat in 46 Fällen operirt
614 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
u. A. 2mal wegen eines Krankheitszustandes, den er in der Litteratur nicht er-
wähnt gefunden hat, einer Abknickung der Gallenblase, die zu häufigen Kolik-
anfällen, Vergrößerung und Tastempfindlichkeit der Gallenblase geführt hatte. Bei
der Lapsrotomie konnte F. in beiden Fällen den Abfluss der Galle feststellen,
sobald die Gallenblase etwas gehoben und gedrückt wurde, Gallensteine waren
nicht vorhanden. Durch eine einfache Aufrichtung und Streckung der Gallenblase
bei der Operation wurde Heilung erzielt. In einem Falle sieht F. den Grund für
die Knickung in einer Verdrängung der Gallenblase durch einen sungenförmigen
Fortsatz der Leber, in anderen Fällen soll das Vorkommen eines peritonealen
Aufhängebandes zwischen Leber und Gallenblase die Knickung verursachen. —
Es ist leider nicht möglich, im Referat auf alle Einzelheiten des interessanten Be-
richts einzugehen.
Erwähnen möchte ich nur noch, dass F. die Cholecystotomie 38mal (2 Todes-
fälle) ausgeführt hat, und zwar stets einseitig. In einfach erscheinenden Fällen
bevorzugt er einen vertikalen Schnitt vom 11. Rippenknorpel abwärts parallel den
Rectusfasern; bei Vorhandensein von Ikterus und Fehlen einer tastbaren Gallen-
blase scheint ihm die Schnittführung parallel dem Rippenbogen mehr Platz zu
schaffen.
Die Durchgängigkeit der Gallengänge wurde durch Sondirung oder Injektion
sterilen Wassers festzustellen gesucht. Steine in den Gängen versuchte F. von
der Gallenblase aus zu exstirpiren;; gelingt dies nicht, wird die Extraktion nach
Längsineision des Ganges vorgenommen.
Die Choleeystoduodenostomie wurde von F. 4mal mittels Murphyknopfes mit
gutem Erfolg ausgeführt. Die Indikationen zur Operation waren aber in diesen
Fällen nicht strikte gezogen. Nach seinem heutigen Standpunkt würde F. die
Choledochotomie ausführen. 5 Fälle von Choledochotomie, welche sämmtlich ge-
heilt wurden, werden ausführlich referirt. Die nachträgliche Naht der Chole-
dochotomiewunde hält F. für den Erfolg für unwesentlich, wohl aber für schädlich,
in so fern sie die Operation verlängert und pathologisch veränderte Gänge be-
schädigt. Er zieht Drainage mit Glas- oder Gummirohr und Gazetampons vor.
F. Krumm (Karlsruhe).
29) Ehrich, Beitrag zur Kenntnis der Pankreasnekrose.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.)
E. theilt 2 einschlägige Fälle aus der Rostocker chirurgischen Klinik aus-
führlich mit. Im ersten derselben wurde auf die Operation verzichtet wegen des
schlechten Allgemeinzustandes, im zweiten unter der Diagnose Ileus laparotomirt.
Die Operation wurde nicht vollendet, da die gefundene Geschwulst sich nicht an
die Bauchdecken heranbringen ließ, und die Prognose ohnehin absolut schlecht
war. — In beiden Fällen ergab die Sektion als Hauptbefund Nekrose des Pan-
kreas und ausgedehnte abdominale Fettnekrose. Bezüglich der interessanten kli-
nischen und anatomischen Einzelheiten muss auf das Original verwiesen werden.
Die Fettnekrose führt E. nicht auf eine Einwirkung des Pankreassekrets zurück,
sondern fasst sie als primäre Veränderung auf. Hofmeister (Tübingen).
30) M. Simmonds. Zur Ätiologie der Fettgewebsnekrose.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 6.)
Dem kurzen Aufsatz liegen 2 interessante Fälle zu Grunde, von denen der
eine die Anschauung zu bestätigen geeignet ist, dass eine Erkrankung des Pan-
kreas häufig den Ausgangspunkt für die Fettgewebanekrose bildet. Der betreffende
Pat., ein äußerst fetter 33jähriger Mann, war 36 Stunden nach einem Schuss in
die Bauchhöhle, trotz frühzeitiger Laparotomie, bei der die Quelle der inzwischen
versiegten starken Blutung nicht zu finden war, im Collaps zu Grunde gegangen ;
die Sektion ergab eine schwere Verletzung des Pankreas und ausgedehnte Fett-
gewebsnekrosen des Bauchfells, das in der Nähe der quer durchschossenen Bauch-
speicheldrüse vielfach wie macerirt aussah. — Auch in dem anderen Falle, der
Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 615
eine 28jährige fette Frau betraf, welche plötzlich mit heftigen Schmerzen im Leibe,
Meteorismus und Druckempfindlichkeit desselben, ohne Erbrechen, Singultus und
Temperatursteigerung erkrankt und am 3. Tage gestorben war, vermuthet 8. die
hämorrhagische Nekrose des Pankreas als Ursache der gleichfalls bei der Sektion
nachgewiesenen ausgedehnten Fettgewebsnekrose in der Bauchhöhle. Für die Ent-
stehung der Bauchspeicheldrüsenerkrankung nimmt 8., wie Ponfick, einen ba-
eillären Ursprung an, da das Bestehen parenchymatöser Degeneration in Leber,
Nieren, Herz und von Milsschwellung’ auf eine Infektion hinwies.
Kramer (Glogau).
31) Morer. Note sur treize observations de cure du varicocèle par
resection du scrotum.
(Arch. de méd. et pharm. militaire 1898. Märzheft.)
Die 13 Operirten sind vollkommen gesund geworden. Nur 7 aber ließen sich
später auffinden und zeigen eine tadelloses Ergebnis, sowohl was die ästhetische
Seite als auch die Ausübung der Geschlechtsfunktionen angeht; Recidive sind nicht
eingetreten, eben so waren die Schmerzen, welche’ den Wunsch nach der Operation
wachgerufen hatten, nicht wieder aufgetreten. Unter sorgfältigem Einhalten der
aseptischen Grundsätze ist eine Lebensgefahr überhaupt so gut wie ausgeschlossen.
Höchstens ist die Möglichkeit gegeben, dass sich unter der Haut ein Hämatom
entwickelt, indem bei der Blutstillung sich ein Gefäß hinter die straff gespannte
Tunica zurückzieht und der Unterbindung entgeht. Durch sorgfältige Gefäß-
unterbindung wird sich diese an und für sich nur geringe Gefahr noch vermeiden
lassen. Lühe (Königsberg i/Pr.).
32) G. Gellhorn. Über die Resultate der Radikalbehandlung des
Gebärmutter-Scheidenkrebses mit dem Glüheisen.
(Arbeiten aus der Privat-Frauenklinik von Dr. A. Mackenrodt in Berlin Hft. 2.)
Berlin, 8. Karger, 1898.
G.’s Arbeit umfasst die Resultate der letzten 3 Jahre, in denen Macken-
rodt 39 Igniexstirpationen von Uteruscarcinomen vorgenommen hat. Macken-
rodt geht bei seiner Methode von der Voraussetzung aus, dass die häufigsten
aller Carcinomrecidive Impfrecidive sind, und nimmt für sein Verfahren als Haupt-
ziel in Anspruch: 1) das Auftreten von Recidiven durch sorgfältige Vermeidung
von Impfinfektion zu verhüten, und 2) so radikal zu sein, dass surückgelassene
Krebskeime nicht die Ursache für einen Rückfall bilden können. Wir können die
Technik der Operation für die Leser des Centralblattes wohl als bekannt voraus-
setzen; erwähnt sei nur, dass Mackenrodt den Paquelin ganz verlassen hat und
statt dessen sich eines Galvanokauters, bezw. eines Glüheisens bedient, das durch
eine Gasstichflamme erhitzt wird.
Sehen wir uns Mackenrodt’s Resultate etwas näher an. Was zunächst die
Operabilität betrifft, so hat M. unter 42 Frauen nur 3 als inoperabel abgewiesen,
was einer Operabilität von fast 93% gleichkommt, während die meisten Opera-
teure nur 10—25%, höchstens 40% erreichen. G. erklärt dies günstige Verhältnis
aus der Thatsache, dass die Igniexstirpation die Operation noch erlaubt, wo andere
Methoden versagen. Mackenrodt's Mortalität betrug 17,9%, während der
Durchschnitt bei den anderen Methoden jetzt 8% beträgt. Von Nebenverletzungen
sind 7 Harnleiterfisteln (2 doppelseitige), 4 Blasenfisteln und 3 Darmverletzungen
zu verzeichnen. Eine der letztgenannten führte durch Peritonitis zum Tode. Die
Dauerresultate sind im Vergleich mit anderen Operateuren als günstig zu be-
zeichnen. Lokale Recidive im Bereich der Narbe wurden niemals beobachtet. Im
Übrigen erkrankten von den 32 geheilt Entlassenen nur 3 wieder an Carcinom,
1 starb an einer anderen internen Krankheit. Von den noch restirenden 27 =
87,1% Geheilten sind 7 mehr als 2 Jahre und 7 mehr als 1 Jahr bis jetzt recidiv-
frei geblieben. Diese Resultate sind allerdings bei Weitem günstiger, als die in
616 Centralblatt für Chirurgie. No. 23.
der Litteratur verzeichneten, nach anderen Methoden operirten Fälle, aus denen
Mackenrodt und Kümmell etwa gleichzeitig und unabhängig von einander
nur ca. 7% radikale Heilungen herausrechnen konnten.
G. glaubt daher zu dem Ausspruch berechtigt zu sein, dass die Igniexstirpa-
tion die Dauerresultate, sowohl was die Operationsmöglichkeit, als auch was die
radikale Heilung betrifft, wesentlich verbessert habe.
Ref. will es scheinen, als wenn für eine endgültige Entscheidung die Zahl der
bisherigen Erfahrungen doch noch zu gering sei, dass die Methode jedoch verdient,
in größerem Maßstabe nachgeprüft und weniger, als es bisher den Anschein hat,
ignorirt zu werden. Jaffé (Hamburg).
33) F. Terrier. De l’hsyterectomie abdominale totale et partielle
(supra-vaginale).
(Revue de chir. 1897. No. 11 u. 12.)
T. hat die totale abdominale Hysterektomie, bei welcher er die Scheidenwunde
vollständig und einen ante-uterinen Bauchfelllappen darüber näht, in 19 Fällen
ausgeführt; von den Operirten starben 3 — je 1 an Pneumonie, intraperitonealer
Blutung und septischer Peritonitis. Die Fälle betrafen 14mal einfache oder kom-
plieirte (Ovarialeyste, Pyo-, Hämosalpinx ete.) Fibrome (3 +), 4mal Epitheliome
des Uterus und imal eine Extra-uterin-Gravidität. Die supravaginale abdominale
Hysterektomie, bei welcher T. gleichfalls einen vorderen Bauchfelllappen bildet,
kam in 26 Fällen, 4mal mit tödlichem Ausgang (chronische Nephritis, peritoneale
Sepsis, Pneumonie), zur Ausführung; in 22 gaben Fibrome (2 +) die Indikation.
— Nach T. ist die letztere Operation, wo möglich, als die einfachere und schneller
zu vollendende der totalen Hysterektomie vorzuziehen.
Die Krankengeschichten sind am Schluss der vom Verf. auf dem letzten
französischen Chirurgenkongress vorgetragenen Abhandlung mitgetheilt.
Kramer (Glogau).
34) T. Wickerhauser. Fibromyoma uteri. Exstirpatio uteri vagi-
nalis et abdominalis.
(Lieönicki viestnik 1698. No. 2. [Kroatisch.))
Der Fall gewinnt besonders dadurch an Bedeutung, dass sich der Fortsetzung
der vuginalen Exstirpation des Uterus nach Unterbindung der Parametrien unüber-
windliche Widerstände entgegensetzten. Der Uterus lässt sich absolut nicht herab-
ziehen, auch nicht nach Eröffnung des Dougias mit Kletterzangen retroflektiren.
Die Ligg. lata fühlen sich stark gespannt, lassen sich weder mit Péans fassen, noch
mit Deschamps umgehen. Nach I1/gstündigem resultatlosem Bemühen machte W.
die abdominale Köliotomie und fand, dass der Uterus wie mit einer Kappe dicken
perimetranen organisirten Exsudats überzogen war, welches Adhäsionen mit dem
Netz und Darm bildete. Die Exsudatschicht ließ sich sehr schwer von der Blase
und von den Verwachsungen loslösen. Schließlich gelang dies, die Ligg. lata
wurden unterbunden und der Uterus leicht entfernt. Naht der Bauchdecken, Drai-
nage durch die Scheide. Dauer der Operation 21/2 Stunden. Der.exstirpirte Uterus
ist kleinkindskopfgroß, ganz von perimetranem bis 0,5 em diekem Exsudat über-
zogen. Die Geschwulst ist ein interstitielles Myom, die Ligg. lata sind stark ver-
kürzt.
Die schon vor der Operation durch große und langwierige Blutverluste sehr
geschwächte, fast pulslose Pat. war danach sehr kollabirt, begann aber nach
2 Tagen sich zu erholen. Weiter glatter Verlauf. Y. Cackovi6 (Agram).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
d
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 24, Sonnabend, den 18. Juni. 1898
Inhalt: 1. M. Levy-Dorn, Die L.agebestimmung von Fremdkörpern mittels Röntgen-
durchleuchtnng. — II. N. A. Sokoloff, Eine neue Modifikation der operativen Behandlung
syphilitischer Mastdarmstrikturen. (Original-Mittheilungen.)
1) v. Zoege-Manteuffel, Gefäßverschluss bei Gangrän. — 2) Küttner, Röntgenstrahlen
in der Kriegschirurgie. — 3) Port, Improvisationsarbeiten. — 4) Butlin, Speiseröhren-
divertikel. — DI Willgerodt, 6) Klink, Urin in der Bauchhöhle. — 7) Körte, Eitrige
Bauchfellentzündung. — 8) Letulle und Weinberg, 9) Brun und Letulle, 10) Borchardt,
11) Barling, Appendicitis. — 12) Föderl, Darmwandbrüche. — 13) Lotheissen, Blasen-
brüche. — 14) Leube, 15) Mikulicz, Magengeschwür. — 16) Sykow, Gastroenterostomie.
— 17) v. Eiselsborg, Darmausschaltung.
Christel, Ein Darmverschluss durch appendicitischen Abscess. (Original-Mittheilung.)
18) Unna, Mikrobrenner. — 19) Jankau, Nasenöffner. — 20) Otis, Mastdarmapiegel.
— 21) Köhler, Arbeitsklaue. — 22) Bogdanik, Spitalbericht. — 23) Herrmann, Öso-
phagotomie. — 24) Duran, Bauchfelltuberkulose. — 25) van Lennep, Appendicitis.
— 26) Murphy, 27) Riedel, Ileus. — 28) Casati, Pyloroplastik und Gastroplicatio. —
29) Wanach, Duodenalgeschwür. — 30) Dempei, Dünndarmkrebs. — 31) Franzke,
Blinddarmkrebs.
L Die Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels
Röntgendurchleuchtung.
Von
Dr. M. Levy-Dorn in Berlin.
Die von Herrn Angerer in d. Bl. 1898 No. 18 mitgetheilte
Methode, die Lage von Fremdkörpern mittels Röntgenstrahlen zu
bestimmen, stammt, was dem Herrn Verf. entgangen zu sein scheint,
in allen wesentlichen Punkten von mir! und ist bereits am
26. März 1897 in der physiologischen Gesellschaft zu Berlin?, so wie
auf dem vorletzten Chirurgenkongress? beschrieben und demonstrirt
worden.
t Das Gleiche gilt von der etwas später erschienenen Mittheilung des Herrn
Sehrwald in No. 19 der Deutschen med. Wochenschrift.
2 Vgl. die diesbezüglichen Verhandlungen im Archiv für Physiologie.
3 Vgl. den Kongressbericht und mein Autoreferat in diesem Centralblatt.
24
618 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
Es freut mich, dass Herr Angerer auf dem von mir gezeigten
Wege gute Resultate erzielt hat. Doch möchte ich davon abrathen,
die dabei nöthigen Markirungen stets auf dieselbe Weise ausführen
zu wollen. Die Schablone bewährt sich eben hier so wenig, wie in
anderen Dingen.
Es ist vor Allem nöthig, die Marken, mit welchen man den
Fremdkörper auf dem Fluorescenzschirm zur Deckung bringt, der
Größe des Körpertheils anzupassen. Während die dem Schirm nahen
Marken immer sehr klein sein können, müssen die entfernteren bei
umfangreicheren und schwer durchgängigen Körpertheilen eine be-
trächtlichere Größe erreichen, um überhaupt noch auf dem Schirm
zu erscheinen. Das Resultat, welches man schließlich erreicht, fällt
natürlich um so genauer aus, je kleiner die Marke ist.
In der Wahl der Marken und der Art ihrer Befestigung bin ich
seit meiner Publikation (l. c.) sehr verschieden vorgegangen. Durch-
lochte Stückchen Blei, Haltringe aus demselben Metall, wie ich sie
früher beschrieben habe, wechselten mit kugelförmigen und würfel-
oder kreuzähnlichen Metallstücken und dergleichen ab, wie sie gerade
zur Hand waren und den Zwecken zu genügen schienen. Oft wurde
die Metallmarke nicht mit Heftpflaster oder Wachs befestigt, sondern
nur an Ort und Stelle gehalten, bis ein Punkt mit Farbstift oder
chinesischer Tusche gemacht war. Öfter begnügte ich mich damit,
einen Messingstift mit der schmalen Seite gegen die zu fixirende
Hautstelle zu pressen; der Abdruck auf der Haut wurde dann später
mit Farbe benetzt.
Der von Herrn Angerer empfohlene Punktograph von Dr.
Rosenthal scheint für eine Anzahl von Fällen nicht schlecht zu
sein. Doch können wir mit einfacheren Mitteln unser Ziel er-
reichen.
Aus dem Abstand der Marken von einander auf den Sitz des
Fremdkörpers schließen zu wollen, wie es Herr Angerer empfiehlt,
kann leicht zu Irrthümern führen. Denn wir erfahren auf diesem
Wege nichts von der Ebene, in welcher die Marken liegen. Diese
Ebene steht ja durchaus nicht immer lothrecht zur Körperoberfläche,
nimmt vielmehr leicht eine schräge Richtung an. Die Konstruktion,
wie ich sie l. c. empfohlen, beseitigt diesen Mangel. Doch hat sich
mir dabei der biegsame Draht oft nicht bewährt, weil er sich leicht
aus der zu bestimmenden Ebene herausbiegt. Ich habe dafür wieder-
holt mit gutem Erfolg die sogenannte Schubleere* gebraucht, d. h.
ein Rechtwinkel, an dessen einer Seite sich ein der anderen Seite
paralleler Arm verschieben lässt. Man bringt den zu untersuchenden
Körpertheil in Höhe der Marken zwischen die gegen einander ver-
schiebbaren Arme, bezeichnet auf ihnen die Berührungspunkte mit
den Marken und hat nun Alles, was zur Konstruktion gebraucht wird.
S In allen größeren Eisenwarenhandlungen käuflich. Man muss mindestens
2 Größen besitzen, einen für kleinere, einen fûr größere Körpertheile.
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 619
Es sind noch eine Reihe anderer Wege denkbar, auf welchen
man aus der Lage der Marken auf den Sitz des Fremdkörpers
schließen kann’. Eine wesentliche Bedeutung kommt aber weder
dieser, noch jener Modifikation für mein Lokalisationsverfahren zu.
(Aus der chirurgischen Abtheilung des Alt-Katharinenspitals in
Moskau.)
II. Eine neue Modifikation der operativen Behandlung
syphilitischer Mastdarmstrikturen.
Von
N. A. Sokoloff.
Auf dem 26. deutschen Chirurgenkongress ist von Sonnenburg
{Langenbeck’s Archiv Bd. LV) ein neuer Behandlungsmodus hoch-
sitzender Mastdarmstrikturen vorgeschlagen worden, welcher in einem
Einschneiden derselben von außen nach innen unter gleichzeitiger
Wegnahme von Theilen des Steiß- und Kreuzbeins, ähnlich wie bei
der Exstirpation von Mastdarmgeschwülsten, besteht, wobei aber der
Sphinkter erhalten bleibt. Durch meine an Exstirpationen von
Strikturen gewonnenen Resultate wenig befriedigt, beschloss ich,
dieses von vorn herein anziehende Verfahren an dem ersten sich
mir bietenden Falle zu versuchen. Eine Analyse der allgemein
üblichen Behandlungsweisen der Mastdarmstrikturen lässt eigentlich
nur 2 derselben mit einander konkurriren: die Exstirpation und die
Rectotomie nach Sonnenburg; die übrigen geben nicht das ge-
wünschte Resultat. Die Exstirpation hat jetzt eine gewisse Ancien-
nität für sich, aber Jeder, der eine solche auszuführen Gelegenheit
gehabt hat, wird zugeben, dass die Operation bei den entzündlichen
Processen in der Umgebung der Striktur zum mindesten äußerst
schwer, manchmal unmöglich ist. Ohne die Erfolge anderer Chirurgen
nach derartigen Exstirpationen streifen zu wollen, muss ich für
meinen Theil gestehen, dass ich mit den meinigen keinen Staat
machen kann, und berührte mich die von Sonnenburg vor-
geschlagene einfache Operation darum um so angenehmer. Das
Verfahren. ist jetzt allerdings noch jung und hat noch wenig zahl-
reiche Erfolge aufzuweisen, immerhin beschloss ich, es in meinem
Falle anzuwenden. Unangenehm erschien mir nur das weite Klaffen
der durchschnittenen Striktur und die dadurch bedingte Kommuni-
kation zwischen Wund- und Darmhöhle. Wesshalb sollte man da
nicht nach Längsincision an der Hinterwand des Darmes die Wund-
ränder in querer Richtung nach dem von Heineke-Mikulicz für
die Pylorusstrikturen vorgeschlagenen Schema vereinigen? Die Idee
einer solchen queren Vereinigung war mir vor Kurzem gelegentlich
5 Vgl. z. B. die Mittheilung des Herrn Sehrwald Le
21*
620 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
der Operation eines retrorectalen tuberkulösen Abscesses, der in den
Mastdarm durchgebrochen war, gekommen. Ich hatte mir das Opera-
tionsfeld nach Kraske zugänglich gemacht und fand eine breite
Perforationsöffnung im Darm, welche ich vernähte, und ich erzielte
trotz der augenscheinlich ungünstigen Bedingungen eine prima in-
tentio. Der Vergleich ist gewiss nicht ganz passend gewählt, da in dem
genannten Falle die Rectalwand nicht sehr infiltrirt war, wodurch das
Nähen in vollkommener Weise möglich war. Anders musste es bei den
luetischen Strikturen sein, bei denen die Rectalwand primär befallen,
infiltrirt und brüchig ist. Immerhin riskirte ich bei der Naht nichts
— im schlimmsten Falle würden die Nähte durchschneiden, die Wund-
ränder würden aus einander gehen, und als Resultat ein Heilungs-
verlauf, wie ihn die Sonnenburg’sche Operation nach sich zieht,
die Folge sein. Hielt die Naht, dann waren die Pat. der Kommuni-
kation zwischen Wunde und Darm überhoben. Die Unmöglichkeit
einer exakten Naht und genauer Adaptirung der Wundränder konnte
keine besondere Bedeutung haben; früher oder später würden die
Granulationen die hier und da bestehenden Öffnungen in der Darm-
wand verlegen und etwaige Einstülpungen der Wundränder nivelliren.
Die nach den oben dargelegten Principien ausgeführte Operation
hat mich in meinen Erwartungen durchaus nicht getäuscht, und
wenn ich den erst kürzlich operirten Fall schon jetzt mittheile, so
geschieht es nur, um anderen Chirurgen die Möglichkeit zu bieten,
dieses Verfahren auszuprobiren und ihrer Ansicht nach dieser oder
jener Richtung hin Ausdruck zu geben. Natürlich liegt mir nichts
ferner, als die angegebenen Modifikationen für alle Fälle von Mast-
darmstrikturen anzupreisen, da man ja nicht immer in der Lage
sein wird, die beiden Enden des Längsschnitts, namentlich bei langen
Strikturen und sehr verdickter Darmwand, an einander zu bringen.
Für solche Fälle wäre ein Abwarten der narbigen Zusammenziehung
der Striktur in Anschluss an eine intensive antiluetische Kur am
Platze. Ich gehe zur Beschreibung meines Falles über.
M. M., 31 Jahre alte Sängerin, tritt am 31. December 1897 ein. Gesund bis
1892, su welcher Zeit zuerst in der Nähe des Afters ein Abscess auftritt, der in
einem Provinzialspital incidirt wird. Ein Jahr später stellen sich Defäkations-
beschwerden ein, welche sich dazwischen bis zur vollkommenen Stuhlverhaltung
steigern. Die dadurch nothwendig gewordenen Drastica hatten zuletzt, trotz fort-
schreitender Steigerung der Dosis, eine nur ungenügende Wirkung. In letzter
Zeit entleert sich nur flüssiger Darminhalt, und Pat. kommt immer mehr herunter.
Der Zustand, in welchem sie sich präsentirt, ist der folgende: mager, blass, grün-
liche Gesichtsfarbe; Meteorismus, Stuhlverhaltung wegen eines schmerzhaften
Hindernisses im Mastdarm. Eine Untersuchung per rectum ist nur in Narkose
möglich und ergiebt das Vorhandensein einer stark ausgesprochenen Striktur,
welche bereits 4cm über dem Sphincter externus beginnt. Die Mastdarmwand
zwischen Sphinkter und Strikturstelle ist infiltrirt. Der Finger dringt nur um
ein Weniges in die strikturirte Stelle ein und wird im Vordringen durch ein festes
Gewebe gehindert. Eine dünne Bougie passirt die Striktur mit Leichtigkeit, und
durch ein hierauf eingeführtes weiches Mastdarmrohr lässt sich eine große Menge
mit Blut und Fäkalmassen untermischten Eiters herausspülen. Die Abendtempe-
ratur erreicht 38°. Systematisches Bougieren und interne Applikation von Jodkali
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 621
brachten eine rasche Veränderung hervor, indem eine rasche Kräftigung und ein
ziemlich guter Ernährungszustand eintrat. Darüber verging eine geraume Zeit,
die Pat. befand sich bei dieser Behandlungsweise sehr gut. Wurde mit dem Bou-
gieren aufgehört, so verengte sich die Striktur und erforderte eine Rückkehr zu
dünneren Bougienummern. Die Striktur als solche wurde fester, und das Infiltrat
in ihrer Umgebung verschwand. Es war mithin klar, dass es sich um einen
großen Substanzverlust in der Darmwand handelte, und dass mit Bougierungen
ein Dauerresultat nicht zu erreichen war. Die Indikation für ein operatives Vor-
gehen war vorhanden, und ich entschloss mich für die oben aus einander gesetzte
Modifikation der Rectotomie mit Naht, um so mehr, da die Pat. selbst die Opera-
tion dringend forderte. Am 18. April 1896 unter Morphium-Chloroformnarkose
Schnittführung nach Kraske; Entfernung des Steißbeins und des linken Seiten-
theils des Kreuzbeins bis zum 3. Sacralloch, Vordringen gegen die Striktur. Ein
Auslösen der Darmwand erwies sich als unmöglich wegen fester Verbackung der-
selben mit dem umgebenden Gewebe. Nach Einführung eines Dilatators per anum
wurde die Rectalwand in die Wunde vorgestülpt und von außen nach innen — also
von hinten nach vorn — durchschnitten. Die sehr starke Blutung gestattete ein nur
äußerst umsichtiges Vordringen. Die Striktur war 2,5 cm dick, das Gewebe der-
selben nach oben hin fester; es knirschte unter dem Messer. Der Schnitt durch
die Striktur wurde 5cm lang, der obere Rand der Striktur entsprach dem Rand
des Kreuzbeins. Nach Durchschneidung der Striktur passirte sowohl der Finger
als auch eine dicke Bougie per anum und durch die Wunde anstandslos in den
Mastdarm. Trotz der sehr starken Verdickung war die ganze Masse der incidirten
Gewebe beweglich, und nach Durchlegung eines dicken Seidenfadens durch die
ganze Dicke derselben konnte ich mich überzeugen, dass die Enden des Schnittes
sich durch starken Zug an einander bringen ließen. Nach einigen missglückten
Versuchen — die Fäden schnitten fortwährend durch und mussten tiefer durch-
gelegt werden — brachte ich zuletzt die Ränder der Längsineision in querer
Richtung an einander. Nachdem ich mich noch einmal von der mehr als genügen-
den Durchgängigkeit des Rectallumens für die dicke Bougie überzeugt hatte,
tamponirte ich die ganze Höhle. Der weitere Verlauf war ein regelmäßiger.
9 Tage später granulirte die ganze Wundhöhle. Nach 14 Tagen trat zum ersten
Mal Stuhl ein, und nur bei Einspülen einer gefärbten Flüssigkeit ins Rectum
bemerkte man ein langsames Durchsickern derselben durch eine unsichtbare
Öffnung in der Darmwand. Am 9. Mai, also 3 Wochen post operationem, mäßiger
Stuhlgang; Einspülung von Flüssigkeit ins Rectum zeigt, dass sich auch die
minimale Kommunikationsöffnung geschlossen hat. Die Pat. fühlt sich sehr wohl,
Diät und Bettruhe werden beibehalten. Am f1. Mai 1898 passirt eine 2 cm dicke
Bougie anstandslos per rectum die Strikturstellee Dickere Nummern werden vor-
sichtshalber noch nicht eingeführt.
1) W. v. Zoege-Manteuffel. Über die Ursachen des Gefäß-
verschlusses bei Gangrän.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 461.)
Verf. tritt von Neuem für seine Lehre ein, dass die Obliteration
von Gefäßen bei angiosklerotischer Gangrän wesentlich auf Thromben-
bildung und Thrombenorganisation beruhe, eine Lehre, die bekannt-
lich von Weiss an von v. Z.-M. gewonnenen Amputationspräparaten
durch histologische Untersuchungen begründet wurde (cf. d. Central-
blatt 1595 p. 550), die aber von Borchard angegriffen ist (cf. d.
Centralblatt 1897 p. 190).
v. Z.-M. sucht in vorliegender Arbeit nun besonders Borchard’s
Angriffe zu widerlegen. Dieser hatte das Vorkommen und die Or-
622 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
ganisiruug der Thrombenbildungen zwar zugegeben, aber behauptet,
sie fänden nur dort statt, wo Endothelwucherungen der Intima zu
Taschenbildung in der Gefäßlichtung geführt hätten. Dem entgegen
beschreibt v. Z.-M. Präparate, die Thromben deutlich ohne solche
Taschenbildung zeigen. Auch Bilder, wo eine knopfförmige Endothel-
wucherung vorhanden sei, schlössen die Entstehung aus Thromben-
bildung nicht aus. v. Z.-M. verfügt über Präparate, die auch der-
gleichen zeigen, glaubt aber, dass hier Stellen getroffen sind, wo das
Gefäß sich verästelt. Übrigens sind solche Zapfenbildungen sehr
selten.
Details der histologischen Erörterungen mögen im Original er-
sehen werden, das mit 9 tadellosen kolorirten Präparatabbildungen
ausgestattet ist. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
2) H. Küttner. Über die Bedeutung der Röntgenstrahlen
für die Kriegschirurgie nach Erfahrungen im griechisch-tür-
kischen Kriege 1897.
Tübingen, Laupp’sche Buchhandlung, 1897.
K. ist der Erste, der über die Verwendung und Verwerthbarkeit
der Röntgenstrahlen im Kriege Erfahrungen sammeln konnte. Er
giebt genauen Aufschluss über die Art, wie die Verwendung erfolgte,
kommt aber schließlich zu dem Schluss, dass nur die Reserve- und
Festungslazarette, nicht aber die Feld- und Kriegslazarette mit einem
Röntgenapparat ausgerüstet werden können, dass in den meisten
Fällen eine Durchleuchtung genügt, dass zum Photographiren nicht
Zeit und Platz vorhanden sein werden. Unter diesen Voraussetzungen
hat sich ihm die Methode durchaus bewährt, .so dass die Verwundeten
ein unbedingtes Recht auf ihre Verwendung haben, und in diesem
Sinne das Verfahren für die Reservelazarette als unentbehrlich zu
bezeichnen ist. Die der Arbeit beigegebenen Diagramme beweisen,
dass auch trotz der vielen Arbeit, die der Krieg dem Chirurgen
bringt, und trotz fehlenden Raumes es gelingt, anschauliche und
beweiskräftige Bilder zu machen. Dumstrey (Leipzig.
3) J. Port (München). Anleitung zu ärztlichen Improvisa-
tionsarbeiten. Im Auftrag des kgl. Bayr. Kriegsministeriuns.
Zweite vermehrte Auflage.
Stuttgart, F. Enke, 1898. 83 S. Mit 70 Abbildungen.
Von der 1. Auflage, welche im Jahre 1892 erschienen und auf
p. 371 desselben Jahrgangs dieses Centralblattes besprochen worden
ist, unterscheidet sich die | hier vorliegende 2. Auflage erheblich, schon
durch ihren Umfang, indem sie fast die doppelte Seitenzahl und statt
41 Figuren deren 70 im Text enthält. Allein diese 2. Auflage ist nicht
nur eine »vermehrte«, sondern auch wesentlich verbesserte und ver-
änderte. Verändert ist z. B. die Einrichtung eines gewöhnlichen
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 623
Stallkarrens als Krankenfahrbahre. Ganz neu sind die Abschnitte
über die Einrichtung eines fußlosen 2räderigen Handkarrens und
des Radgestells eines Pfluges als Krankenfahrbahre, eines bespannten
2räderigen Karrens für den Verwundetentransport nach Harritsch,
eines Leiterwagens nach Ellbogen, so wie von Fischerkähnen zu
demselben Zweck. Der Transport von Schwerverwundeten zwischen
zwei hinter einander gespannten Kavalleriepferden wird beschrieben,
doch könnte hinzugefügt werden, dass auch eben so gut Zugthiere
dazu verwendbar sind, an deren Geschirr sich die Stangen zum Auf-
hängen der Tragen eben so gut anbringen lassen. Neu ist auch
der Vorschlag zum Transport in Hängematten, zu deren Herstellung
auch die Zeltbahnen der Mannschaften verwendet werden können.
Zumal für den Gebirgskrieg ist die vorgeschlagene Herrichtung von
Tragstühlen gewiss vortheilhaft. Sehr beherzigenswerth ist das bei
der freiwilligen Sanitätskolonne Straubing eingeführte Verfahren,
2 Fahrräder zum Krankentransport zu verbinden. Nicht erwähnt ist
die sehr zweckmäßige Umänderung eines einzelnen Fahrrades zur
Krankentrage durch einige mitgeführte Vorrichtungen, wie sie von
Wenniger in Allmannshausen vorgeschlagen worden ist. Eben so
muss die gänzliche Nichtberücksichtigung der Feldeisenbahnen als
eines der wichtigsten Hilfsmittel der Neuzeit für den Verwundeten-
transport hervorgehoben werden, wogegen der Herrichtung von Eisen-
bahngüterwagen zum Transport Verwundeter und Kranker wenigstens
flüchtig gedacht ist.
Ganz besonders ausführlich und mit der dem Verf. eigenen
Anschaulichkeit und Umsicht werden die »Bandeisenverbände« be-
handelt. Freilich ist das Mitführen von Flachkopfnieten, welche zur
Herstellung von Verbänden aus dem überall erhältlichen Bandeisen
nöthig sind, ein Übelstand, wie ihn auch unleugbar das Verlöthen
der einzelnen Theile selbst darstellt. Jedenfalls wäre ein Kapitel
über alle möglichen Arten von Verbandimprovisationen sehr aus-
gedehnt gewesen, und muss eben dem Scharfsinn und dem Erfindungs-
geist des einzelnen Feldchirurgen überlassen sein, jedes erreichbare
Material für seine Zwecke dienstbar zu machen. Unleugbar aber ist
es ein großes Verdienst des Schriftchens, dass die Feldärzte auf
mancherlei hingewiesen und aufmerksam gemacht werden und dass
sie, geübt in P.’schen Improvisationsarbeiten, befähigter sein werden,
im Drang des Augenblicks sich jeweilig selbst das Nöthige zu »im-
provisiren«. Lühe (Königsberg i/Pr.).
4) H. T. Butlin. On a second case of removal of a »pres
sure pouch« of the oesophagus. `
(Brit. med. journ. 1898. Januar 1.)
Einem schon im Jahr 1893 (Transact. of the R. med. and chir.
society) veröffentlichten Fall von Radikaloperation eines Pulsions-
divertikels der Speiseröhre fügt B. seine weiteren Erfahrungen an.
624 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
Er hat nun im Ganzen bei 6 Pat. die Erkrankung gesehen
und diagnosticirt, in 2 Fällen hat er selbst das Divertikel durch
Operation entfernt, in einem dritten Falle, bei dem er auch die
Diagnose gestellt hatte, wurde die Operation von einem anderen Lon-
doner Chirurgen vorgenommen. In diesem Falle war der Verlauf in
Folge Suppressio urinae ein ungünstiger, während sonst in allen
Fällen Heilung eintrat.
B. hält nach seinen Erfahrungen die Erkrankung, die am
häufigsten zu Verwechslung mit Strikturen des Ösophagus Ver-
anlassung giebt, nicht für so sehr selten, wie bisher angenommen.
Der Sitz des Divertikels ist nach B. stets an der Hinterwand der
Speiseröhre, die Kommunikation mit dem Schlund findet gewöhnlich
in der Mittellinie an der Übergangsstelle vom Schlund in die Speise-
röhre durch eine längliche zolllange Öffnung statt. Das männliche Ge-
schlecht ist häufiger betroffen, meist handelt es sich, bei dem außer-
ordentlich langsamen Verlauf der Erkrankung, um vorgerücktere
Lebensalter (über 45 J.). Die Hauptsymptome des Pulsionsdivertikels
sind: Wiederkehr von Speiseresten durch Würgen oder Husten
stundenlang nach der Mahlzeit (oft tagelang); Flüssigkeiten werden
im Allgemeinen besser genommen. Durch Druck im hinteren Hals-
dreieck, gewöhnlich auf der linken Seite, wo das Divertikel eine
Vorwölbung verursachen kann, werden oft Flüssigkeitsreste oder
Gase zur Rückkehr in den Mund veranlasst. Die Hervorwölbung
fehlte meistens. Bei der Sondirung gelangte die Sonde gewöhnlich
9 Zoll von der Zahnreihe entfernt im Divertikel auf einen Wider-
stand und kann hier, wie in dem 2. Falle Bis am Hals gefühlt
werden. Das Körpergewicht leidet erst in den letzten Stadien der
Erkrankung Noth. Für die Behandlung empfiehlt B. die Radikal-
operation von der seitlichen Halsgegend aus. (Schnitt am vorderen
Rand des Kopfnickers mit seinem Centrum in der Höhe des Ring-
knorpels, Excision des Divertikels, Seidennaht der Speiseröhrenwund-
ränder.) Vor der Operation in der Narkose empfiehlt sich eine
gekrümmte Metallsonde in das Divertikel einzuführen und event.
durch Vorbeiführen einer Ösophagussonde in den Magen eine Striktur
auszuschließen. F. Krumm (Karlsruhe).
5) Willgerodt. Über das Verhalten des Peritoneums gegen
den künstlich in die Bauchhöhle geleiteten Urin und über
die experimentelle Erzeugung der Urämie.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Chirurgie u. Medicin Bd. II. Hft. 3 u. 4.)
6) Klink. Experimente betreffend die Folgen des Ein-
dringens von Urin in die Peritoncalhöhle.
(Ibid.)
Unabhängig von einander bearbeiteten W. und K. das von der
Straßburger Fakultät als Preisarbeit gestellte Thema und kamen dabei
zu theilweise sich widersprechenden Resultaten.
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 625
W. geht davon aus, dass das Einfließen von Urin in die Bauch-
höhle nach klinischen und experimentellen Erfahrungen bedeutungs-
los ist, wenn diesem Einfließen innerhalb der ersten 40 Stunden ein
Ziel gesetzt wird. Er will nun die Frage beantworten, wie sich die
Verhältnisse gestalten, wenn der Urin längere Zeit hindurch in die
Bauchhöhle gelangt. Er laparotomirte Hunde, durchschnitt einen
Harnleiter dicht an der Blase, band sein peripheres Ende zu und
ließ das centrale frei in den Bauch münden. Stets erbrachen die
Thiere in den ersten Tagen, blieben dann aber gesund. Eine inten-
sive lokale, adhäsive Peritonitis verschloss alsbald den Harnleiter.
In einem Falle bildete sich in ihm ein abgekapselter Abscess bei
sonst normalem Bauchfell.
Um diese rasche Verlöthung des Harnleiters zu verhindern, ließ
W. in demselben entweder ein Stück Blasenwand oder legte eine
Kanüle in den Harnleiter, die den Urin in die Bauchhöhle laufen
ließ. Ein Theil dieser Thiere bekam echte Urämie; zugleich ent-
standen ausgedehnte retroperitoneale Abscesse.
K. bestätigt zunächst die von anderen Experimentatoren gefundene
Thatsache, dass auch wiederholtes Einspritzen frischen menschlichen
Urins in die Bauchhöhle von Kaninchen und Hunden, abgesehen
von vorübergehenden Schädigungen, ohne Gefahr ertragen wird.
Ließ er dauernd Urin in die Bauchhöhle fließen durch Spaltung
und breite Einnähung des Harnleiters, so blieben die Hunde am
Leben, wenn es gelungen war, die Asepsis zu erhalten. Tödtete man
die Thiere, so fand sich, dass bis zu 21 Tagen der Harnleiter offen
geblieben war. Kaninchen, eben so behandelt, starben meist an
peritonealen Abscessen.
K. schließt aus seinen Untersuchungen, dass weder vorüber-
gehendes noch dauerndes Vorhandensein von Harn in der Peritoneal-
höhle dauernde schwere Schädigungen des Organismus bewirke,
vorausgesetzt, dass die Möglichkeit der Ausfuhr des Urins aus dem
Körper nicht aufgehoben ist, und dass jede Infektion sorgfältig fern
gehalten wird. Haeckel (Stettin).
7) Körte. Weitere Beiträge über die chirurgische Behand-
lung der diffusen eitrigen Bauchfellentzündung.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft.1 u 2.)
Ausführlichere Wiedergabe des auf dem Chirurgenkongress 1897
gehaltenen und in diesem Centralblatt 1897, Bericht über den Chi-
rurgenkongress p. 60, referirten Vortrags. Haeckel (Stettin).
8) Letulle und Weinberg. Appendicitis: recherches histo-
pathologiques.
(Arch. des sciences méd. 1897. No. 5. u. 6.)
In der sehr umfangreichen und fleißigen Arbeit bringen die
Verff. ihre mikroskopischen wie makroskopischen Untersuchungen über
HL
626 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
die verschiedenen Formen der Appendicitis. Die specifischen Formen
(Aktinomykose und Tuberkulose) sind nur sehr kurz behandelt. Die
Arbeit bringt nach einem guten Überblick über die normale Histo-
logie des Processus vermiformis und eine kurze Besprechung der
allgemeinen Pathologie die Schilderung der Gewebsveränderungen
bei den akuten Entzündungen, der Appendicitis follicularis chronica
und acuta, welch erstere sehr häufig zur Hypertrophie der Wandung
führt, welch letztere als einfache hämorrhagische oder ulceröse Form
auftritt. Es folgt die Beschreibung der auf einer follikulären Ent-
zündung und auf einer Nekrose beruhenden Perforationen der durch
chronische Processe bedingten Obliteration des Processus mit ihren
Folgezuständen, der entzündlichen Stenosen, der chronischen Appen-
dieitis, die als entzündliche Atrophie, Ektasie, Ulceration, Obliteration,
Hypertrophie verlaufen kann. Der Umfang der Arbeit, so wie die
eingehende anatomische Beschreibung der einzelnen Formen und
Beobachtungen gestatten leider eine genauere Wiedergabe für ein
Referat nicht; die Arbeit verdient jedoch gelesen zu werden.
Borchard (Posen).
9) Brun et Letulle. Lesions histologiques de l’appendice.
(Presse med. 1897. No. 63.)
Die histologische Untersuchung bei Appendicitis ist bisher sehr
vernachlässigt worden. Die vorliegende Arbeit bietet interessante
Aufschlüsse über die pathologischen Veränderungen in den Wan-
dungen des Processus vermiformis bei akuter und chronischer Form
der Entzündung. Danach ist die schwere Infektion, wie sie zur
Operation führt, niemals primär, sondern stets nur eine Komplikation
der chronischen Appendicitis. Die Veränderungen bei der akuten
Form sind mehr umschrieben und können, von Anfang bis zu Ende
auf einen mehr oder weniger großen Abschnitt des Wurmfortsatzes
beschränkt bleiben; diejenigen der chronischen Form der Infektion,
von Pilliet, Costes u. A. als follikuläre bezeichnet, sind diffus und
über den ganzen lymphoiden Apparat des Organs zerstreut.
Verff. haben 4 Fälle von prügnanten Formen der Appendicitis
genau histologisch untersucht und beschrieben, welche gewissermaßen
als Schema für alle akuten und chronischen Entzündungen gelten
können. Die Befunde, deren Verständnis durch sehr gute farbige
Abbildungen wesentlich erleichtert wird, im Einzelnen hier wieder-
zugeben, würde zu weit führen; wer sich dafür interessirt, mag die
Arbeit im Original lesen.
In sämmtlichen 4 Fällen fanden sich hochgradige Zeichen chro-
nischer Entzündung in allen Schichten der Wand: kleinzellige In-
filtration, Hypertrophie und Hyperplasie der Follikel und tubulösen
Drüsen, erweiterte Blut- und Lymphgefäße, Sklerose des interstitiellen
Gewebes. An denjenigen Stellen des Wurmfortsatzes, wo destruktive
Processe vor sich gegangen waren, wie Ulceration, Gangrän, Per-
foration, ließen sich Veränderungen nachweisen, welche auf eine
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 627
akute Infektion und Entzündung zurückzuführen sind, wie Epithel-
verlust, Leukocyteninvasion in die drüsigen Elemente, ausgedehnte
Lymphangitis, eitrige Einschmelzung der geschwollenen Follikel. Am
Bauchfell Bildung von Pseudomembranen; eine gangränöse Partie ist
in eine dichte fibrinöse Substanz verwandelt, fast wie eine diphthe-
rische Membran, mit wellenförmig angeordneten, durch Karmin gut
färbbaren Lamellen.
Der 4. Fall ist auch klinisch dadurch interessant, dass bei einer
ersten Operation des Kindes der Wurmfortsatz nicht gefunden wurde;
es blieb eine Fistel, so dass ein zweiter Eingriff nöthig wurde, be-
sonders da man mit einer Sonde in der Tiefe einen harten Gegen-
stand fühlte; die Appendix wurde mit großer Mühe ausgelöst, war
in der Mitte geknickt und enthielt in dem ampullenartig erweiterten
Ende einen großen harten Stein. An der Knickungsstelle war eine
Perforation. Tschmarke (Magdeburg).
10) Borchardt. Die Behandlung der Appendicitis.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 3 u. 4.)
B. giebt die Erfahrungen, welche in den letzten 7 Jahren auf
der inneren und äußeren Station des Krankenhauses am Urban zu
Berlin gemacht worden sind und sich auf die gewaltige Zahl von
398 Fällen erstrecken. In einem Vorwort dazu setzt Körte selbst
kurz seine Principien aus einander: Die Mehrzahl der Fälle wird der
inneren Therapie verbleiben, so weit sie mit geringer Eiterung oder
mit vorwiegend entzündlicher Infiltration der Gewebe verlaufen. Die
schwereren Fälle mit ausgedehnterer Eiterung gehören dem Chirurgen.
Eine besondere Appendicitis simplex aufzustellen sei unrichtig, da
man sie nicht diagnosticiren könne.
B. bespricht zuerst die akute Appendicitis: Erörterung der ana-
tomischen Verhältnisse, der Ätiologie; in Bezug auf letztere wird
der Koprostase für eine Minderzahl von Fällen eine Bedeutung ein-
geräumt. Eben so werden die Kothsteine für das Zustandekommen
der Appendicitis als wichtiger betrachtet, als von Vielen geschieht;
echte Fremdkörper dagegen spielten nur eine geringe Rolle. Von
Abscessen werden nur 2 große Gruppen unterschieden, die intra-
peritonealen perityphlitischen und die extraperitonealen paratyphliti-
schen; eine genauere Einfügung in ein komplicirteres Schema war
nicht möglich. Hinsichtlich der Entstehung der perityphlitischen
Geschwulst schließt sich B. Sahli an. Für die Diagnose auf Abscess
wird in schwierigen Fällen die Probepunktion empfohlen; Verletzung
des Darms dabei sei ungefährlich. Fehlendes Fieber spricht durch-
aus nicht gegen Abscess. Kleine perityphlitische Abscesse können
resorbirt werden.
Hinsichtlich der Therapie wird die sogenannte Frühoperation
nicht empfohlen, vielmehr zunächst exspektatives Verfahren mit Opium
und Eis. Operation ist indicirt, wenn trotzdem hohes Fieber länger
als 3—5 Tage besteht, oder das Allgemeinbefinden während dieser
628 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
Zeit sich verschlechtert, oder ein vorhandenes Exsudat sich vergrößert,
und die Symptome des Abscesses vorhanden sind. — Die Operation
besteht in der Regel nur in Eröffnung des Abscessee. 100mal wurde
nach diesen Grundsätzen ein Abscess eröffnet; nur 1 Kranker starb
an schwerem phlegmonösem Erysipel. Die Mehrzahl der Fälle blieb
nach der Abscessbildung definitiv heil. 8 Kranke bekamen ein Re-
cidiv der Perityphlitis; 3 behielten chronische Beschwerden, die zur
sekundären Exstirpation der Appendix nöthigten, und 12 behielten
Fisteln, zu deren Heilung gleichfalls der Wurmfortsatz entfernt wurde.
Trotzdem wird als Grundsatz festgehalten: Bei der Abscesseröffnung
wird die Appendix primär nur entfernt, wenn es ohne Gefahr mög-
lich ist, d. h. Verwachsungen nicht gelöst werden dürfen.
Die Gesammtmortalität aller intern und chirurgisch behandelten
398 Fälle betrug 14,3% (inkl. aller Peritonitiden).
Bei der chronischen Appendicitis, über deren Behandlung
ja nicht mehr so große Meinungsverschiedenheiten bestehen, wurde
52mal der Wurmfortsatz exstirpirt ohne Todesfall. Diese Operation
ist eine der segensreichsten Errungenschaften der modernen Chirurgie.
Zum Schluss werden 3 Fälle von Appendicitis tuberculosa an-
gefügt. Haeckel (Stettin).
11) G. Barling. [Interval operations in appendicitis for re-
lapse, with a table of cases.
(Brit. med. journ. 1898. Januar 29.)
B. hat 23 Intervalloperationen wegen recidivirender Appendicitis
ausgeführt. Sämmtliche Pat. genasen und blieben von ihren frühe-
ren Beschwerden befreit.
B. empfiehlt die Operation bei Pat., die schwer arbeiten
müssen oder, obgleich fieberfrei, doch sich nicht völlig wohl fühlen,
schon nach dem ersten Anfall. Sonst räth er bei Erwachsenen erst
nach dem zweiten Anfall zur Operation, während er bei Kindern
wegen der größeren Gefahr der Gangrän und Perforation ebenfalls
nach dem ersten Anfall operiren will.
Der günstige Zeitpunkt für die Operation ist ungefähr 3 Wochen
nach Beginn der Erkrankung, wenn Temperatur und Puls zur Norm
zurückgekehrt sind. Die Verwachsungen sind dann noch nicht zu
fest. Zur Vermeidung von Hernien sucht B. die Drainage mög-
lichst einzuschränken und lässt die Pat. mindestens 4 Wochen zu Bett
liegen. F. Krumm (Karlsruhe).
12) O. Föderl. Über Darmwandbrüche. Eine experimentelle
Studie.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.)
Zu den experimentellen Versuchen wurde Verf. veranlasst durch
den sehr seltenen Befund eines Darmwandbruches in der sekundären
Bruchsackausstülpung eiuer Nabelhernie, welche wegen Einklemmung
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 629
zur Operation kam. Zu den Versuchen wurden vornehmlich lebende
Meerschweinchen in Narkose verwendet, und zur Herstellung eines
Bruchringes Stücke einer 1 mm dicken Kautschukbinde genommen,
in welche Löcher von 3—4!/, mm Durchmesser geschlagen wurden.
Außerdem wurden noch papierdünne Celluloidplatten verwendet,
welche durch ihre Rigidität und Durchsichtigkeit besonders brauch-
bar erschienen. F. kommt auf Grund seiner sehr schönen und
interessanten genauen Versuche zu folgenden Schlussfolgerungen:
1) Es giebt freie Partialbrüche, welche an sich ganz temporärer
Natur sind und wieder vergehen können, sobald ihrem Entstehungs-
mechanismus entgegenwirkende Momente einsetzen (direkt reponirende
Kraft, Innervationsvorgänge, Dehnung der Lateralbruchschlinge).
Bei dem Ausfall derartiger Vorgänge können sie mit ihrer Ver-
größerung stationär werden und zu Einklemmungserscheinungen
führen.
2) Es giebt akute Einklemmungen von Partialhernien, welche
in den selteneren Fällen eine elastische Einklemmung darstellen,
meist aber nach dem Typus der Kotheinklemmung entstehen. Durch
die Füllung, Stagnation, Dehnung der Wand des Partialbruchs ist
die Einleitung von Veränderungen gegeben, welche im weiteren
Verlaufe eine sekundäre elastische Einklemmung zur Folge haben.
Für ihre Entstehung scheint ein präexistirender Bruchsack nothwendig
zu sein.
3) Es giebt auch chronische Partialhernien. Bei diesen findet
sich immer eine Verwachsung mit jenem Peritonealtheil, welcher
der Bruchpforte resp. dem -Sack entspricht. Entzündliche Ver-
änderungen bilden zwar eine konkurrirende Ursache, scheinen aber
nicht das primäre Moment für ihre Entstehung abzugeben.
Sie können von akuten Brüchen hervorgehen, indem diese unter
entzündlichen Vorgängen zur Verwachsung mit ihrer Peritonealtasche
führen. Für die Erklärung der weiteren Konsequenzen müssen die
dauernd oder wiederholt wirkenden Schädlichkeiten, Mangel der
Peristaltik, Stagnation, Dehnung der Wand herangezogen werden.
4) Für die Entstehung von Lateralhernien überhaupt kommt
a. bei entsprechender Bruchpforte und entsprechendem Bruch-
sack neben dem Widerlager insbesondere die Wirkung der Bauch-
presse in Betracht.
b. Eine maximale, plötzliche Füllung der vorliegenden Darm-
schlinge ist der Bildung der Partialbrüche direkt hinderlich und kann
bei bereits bestehender Darmwandhernie dieselbe zur Reduktion
bringen. i
c. Für die Entstehung einer elastischen Einklemmung scheint ein
leerer Darm einer kleinen, sehr nachgiebigen Bruchpforte gegenüber
liegen zu müssen.
5) In der Mehrzahl der Brüche besteht Anfangs eine Kommuni-
kation zwischen Parietalhernie und Lateralbruchschlinge, welche
630 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
später durch eine sekundäre elastische Umschnürung aufgehoben
werden kann.
6) In der Lateralbruchschlinge selbst ist durch die Partial-
hernie eine Stenose gesetzt, welche bei sonst gleichen Verhältnissen
von der Größe der Darmwandblase abhängig ist und bis zur Imper-
meabilität der Schlinge gesteigert werden kann.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
13) Lotheissen. Die inguinalen Blasenbrüche.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.)
Gestützt auf 7 Beobachtungen der Innsbrucker Klinik unterzieht
L. die in den letzten Jahren aktuell gewordene Frage nach dem
Vorkommen der Harnblase in Leistenhernien einer eingehenden Be-
sprechung. Während früher auf 455 Radikaloperationen nach Bassini
und 60 nach Kocher keine Cystocele kam, entfallen, seit auf diese
Komplikation extra geachtet wird, auf 187 Bassinioperationen 6 Cysto-
celen. Verf. erklärt diese Zunahme der Häufigkeit mit Recht aus
der Art, wie der Bruchsack freipräparirt wird. Je sorgfältiger man
das Lipom, welches so häufig an der medialen Seite erscheint, unter-
sucht, desto häufiger findet man Blasenbrüche. Von besonderem
Interesse ist das Kapitel über die Anatomie der Cystocele. L. unter-
scheidet 3 Formen: a. C. intraperitonealis, b. C. extraperitonealis,
c. C. mixta, von denen a. und c. stets lateral, b. medial von den
Vasa epigastrica durch die Bauchwand tritt. Durch schematische
Abbildungen sind die fraglichen anatomischen Beziehungen in in-
struktiver Weise erläutert. Die gemischte Cystocele hält L. wohl
mit Recht für die häufigste Form. Wichtig ist das auch von anderen
Autoren hervorgehobene prävesikale Lipom, das übrigens sehr ver-
schiedene Mächtigkeit zeigt. Die Blasenwand ist in dem vorgefalle-
nen Theil entweder normal oder (namentlich bei der gemischten
Form) verdünnt, selten hypertrophisch.
Die Ätiologie der Cystocele bietet der Erklärung am wenigsten
Schwierigkeiten bei der gemischten Form. Sie entsteht durch direkten
Zug des nach außen tretenden Bruchsacks. Diejenigen Fälle, bei
denen es während der Operation gelingt, durch starken Zug am
Bruchsack einen Zipfel der leeren Blase vorzuziehen (worauf Cardy
und Kocher aufmerksam gemacht haben), schließt L. ausdrücklich
vom Begriff der Cystocele aus. Weniger einfach ist die Erklärung
der extra- und intraperitonealen Form (cf. Original). — Die Diagnose
anlangend, so ist man meistens erst bei der Operation im Stande,
die Cystocele zu erkennen. Den sichersten Aufschluss bietet in
zweifelhaften Fällen die Untersuchung mit dem Katheter während
der Operation, welche L. daher principiell empfiehlt. In praktischer
Beziehung ist die rechtzeitige Erkennung der Blase von größter Be-
deutung; früher wurde sie meist erst nach geschehener Verletzung
erkannt. Bei den 6 Füllen von L. und eben so bei 2 weiteren in
einem Nachtrag erwähnten Beobachtungen der Innsbrucker Klinik
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 631
ist es jedes Mal gelungen, die Blase während der Operation zu er-
kennen und eine Verletzung zu vermeiden. Die interessanten Aus-
führungen des Verf. finden ihre volle Bestätigung in den Erfahrungen,
welche Ref. an 8 in den letzten 16 Monaten beobachteten Fällen
von Cystocele zu machen Gelegenheit hatte, wo es gleichfalls immer
gelang, die Diagnose während der Operation zu stellen und eine
Blasenverletzung zu vermeiden. Hofmeister (Tübingen).
14) Leube. Über die Erfolge der internen Behandlung des
peptischen Magengeschwürs und die Indikationen zum chi-
rurgischen Eingreifen in dieselbe.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.)
15) Mikulicz. Die chirurgische Behandlung des chronischen
Magengesch würs.
ad)
Der L.’sche Vortrag, auf dem Chirurgenkongress 1897 gehalten,
ist in diesem Centralblatt 1897, Bericht des Chirurgenkongresses p. 66
referirt, eben so p. 69 der Vortrag von M., der hier in ausführlicherer
Bearbeitung unter Anfügung von zahlreichen Krankengeschichten,
Tabellen und vollständigem Litteraturnachweis erscheint.
Haeckel (Stettin).
16) Sykow. Über ein neues und weniger gefährliches Ver-
fahren von Gastroenterostomie. (Aus der chirurgischen Ho-
spitalklinik der Moskauer Universitätsklinik).
(Chirurgie 1897. p. 406. [Russisch.))
Es ist S. besonders darum zu thun gewesen, den Rückfluss der
Galle in den Magen durch eine besondere künstliche Klappenbildung
zu verhindern, als es den bisherigen, darauf gerichteten Bemühungen
gelungen ist.
Er näht, so viel aus der Beschreibung hervorgeht, Darm und
Magen zunächst uneröffnet zusammen und schneidet dann den Darm
von außen ein, um die Verbindung zwischen Magen und Darm mit
Scherenschnitten herzustellen. Beim Zunähen der äußeren (queren)
Schnitte legt S. die Naht so an, dass dabei eine nach der Darm-
lichtung sehende Klappe gebildet wird, welche den Rückfluss der
Galle verhindern soll.
Ein Kranker, den S. nach seinem Verfahren operirt hat, genas
ohne weitere Störungen. Sehr erwünscht wäre experimentelle Prü-
fung des Verfahrens auf seine Leistungsfähigkeit.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
632 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
17) v. Eiselsberg. Über die Behandlung von Kothfisteln
und Strikturen des Darmkanals mittels der totalen Darm-
ausschaltung.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hit. 2.)
Verf. verfügt neben den schon früher veröffentlichten und hier
referirten Fällen jetzt im Ganzen über 12 Fälle von totaler Darm-
ausschaltung. Indikation für diese Operation, Technik und Verlauf
bieten je nach dem Grundleiden gegen die ersten Fälle keine nennens-
werthen Besonderheiten.
Eine Unannehmlichkeit der totalen Darmausschaltung ist die oft
starke Sekretion aus der angelegten Darmfistel. Allein sie nimmt
gewöhnlich doch rasch ab, belästigt den Pat. wenig mehr und kann
auch ganz versiegen. Jedenfalls verlor sie immer ihren kothigen
Charakter. Über einzelne Komplikationen ist im Original nach-
zulesen.
Hört die Sekretion nicht auf, so kann man sekundär die Ge-
schwulst und das ausgeschaltete Darmstück reseciren oder die Schleim-
haut verätzen resp. exstirpiren. Es genügt oft auch einfache Ver-
nähung der Fistel nach Wiesinger.
v. E. widerräth dringend den vollständigen Verschluss der aus-
geschalteten Partie. Die Fistel stellt ein nothwendiges Sicherheits-
ventil dar.
Wenn die zuführende Schlinge und die abführende nicht von
einander unterschieden werden können, zieht Verf. die partielle
Darmausschaltung vor. Vor Eröffnung latenter Abscesse soll man
sich bei der Operation sehr hüten. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
Kleinere Mittheilungen.
Ein Darmverschluss durch appendicitischen Abscess.
Von
Dr. Christel in Metz.
Die Kasuistik der Appendicitis, und eben so des Darmverschlusses hat sich
im letzten Jahrzehnt ins Unübersichtliche vermehrt; trotzdem möchte ich die nach-
folgende Beobachtung bringen, da sie mehrfach Interessantes bietet.
Herr N., Schankwirth, 40 Jahre alt, hat vor etwa 9 Jahren an Gonorrhoe und
rechtsseitiger Epididymitis gelitten, war sonst gesund. Im September 1597 er-
krankte er in gleicher Weise. Noch mit der betreffenden Kur beschäftigt, spürte
er am 3. Oktober heftige Schmerzen in der rechten Seite des Leibes. Unter
mäßigem Fieber entwickelte sich hier schmerzhafte Spannung der Bauchdecken;
der Urin zeigte dabei Gehalt an morphologischen Bestandtheilen und Eiweiß.
Wiederholtes Erbrechen, anhaltende Verstopfung, Fehlen der Flatus, zunehmende
Spannung des Leibes, deutliche, nach innen vom rechten Darmbein auftretende
Resistenz von doppelter Faustgröße mussten die Anfangs gestellte Diagnose Pyelo-
nephritis und Perinephritis hinfällig machen, und dafür wurde appendicitischer
Abscess und Darmverschluss angenommen. Schon willigte Pat. in die vorgeschlagene
Operation, da trat in der Nacht, nach palliativ unternommener Magenspülung,
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 633
Stuhlgang ein. In den grauen, krümeligen Massen fand sich ein Kothstein von
2,2 cm Länge, 1,0—1,2 cm Durchmesser, eylindrisch mit abgerundeten Enden. Er
enthielt im Wesentlichen pflanzliche Partikel, Spiralgefäße, prosenchymatische
Gewebstheile ete.
Pat. erholte sich gut; im Laufe von etwa 4 Wochen bildete sich der Tumor
fast völlig zurück, und die wiederholte Aufforderung zur Operation wurde natürlich
abgewiesen,
Am 12. März 1898 Morgens erkrankte Pat. wiederum, unvermittelt, beim Auf-
stehen mit plötslichen durchdringenden Schmerzen rechts vom Nabel, die nach
dem Hypochondrium ausstrablten. Der Leib war gespannt, es bestand Brech-
neigung (Pat. war nüchtern), Puls 90, Temperatur normal, Leberdämpfung erhalten.
Eis, Opium, Nahrungsenthaltung wurden vorläufig auferlegt. Am Abend war der
Leib noch empfindlicher, Puls 120, Temperatur 38,5. Die nächsten Tage zeitigten
wieder den intraabdominalen Tumor, dies Mal näher der Mittellinie, der sich unter
steigendem Puls (132) und mäßigem Fieber, mehrfachem Erbrechen ausbildete.
Die Behandlung blieb die gleiche, Pat. schluckte einige Eisstückchen und erhielt
Nähreinläufe; Temperatur und Puls gingen herunter auf 37,1—37,5 bezw. 96—110,
doch blieb das Erbrechen bestehen; Stuhlgang erfolgte weder auf hohe Einläufe
noch auf Extr. Belladonnae (auf Vorschlag des konsultirten Kollegen). Der Tumor
blieb sich gleich, und es zeichnete sich eine stark geblähte Darmschlinge, quer
Fig. 1.
Geblähte Dünn-
darmschlinge
Geblähte Dünn-
darmschlinge
Incision,
Colon ascendes
(Coecum) * Stelle der Einschürung
am unteren Ende der
Dünndarmkonvolut War Ae ` Kollabirter Dünn- EE
appendicitischen Abscess arm
Darmverschluss durch Strangbildung bei appendicitischem Abscess.
oberhalb des Nabels nach links herunterziehend, deutlich ab. Peristaltik konnte
an derselben nicht beobachtet werden; Koliken waren selten. In der Nacht vom
16./17. März setzten diese heftiger ein, das Erbrechen wiederholte sich trotz Magen-
ausspülungen und nahm unter steigenden Sohmerzen zuletzt fäkaloiden Geruch an.
Nun widerstand Pat. der dringenden Aufforderung zur Operation nicht mehr.
Entsprechend den 3 Stadien der Erkrankung musste die Diagnose lauten:
Perforation eines kleinen Darmtheils (Proc. vermif. oder Divertikel) mit nach-
folgendem intraabdominalem Abscess und anschließendem Darmverschluss. Welcher
Darmtheil abgeschnürt war, konnte nicht entschieden werden; dem Verlauf nach
konnte die geblähte Darmschlinge sowohl Colon als Dünndarm sein; vom Rectum
aus war nichts festzustellen; vielleicht hätte man aus der verhältnismäßig geringen
Auftreibung des Leibes eher auf hohen Sitz der Stenose schließen können.
Am 18. März kam Pat. mit 37,2 Temperatur und 100 Pulsen, noch wenig
verfallen, zur Operation. Bauchschnitt am äußeren Rand des rechten Rectum,
vom Rippenbogen bis zum Schambein. Nach Eröffnung der Bauchhöhle quere
Resektion des brüchigen, schwartig verdickten, mit den bedeckten Darmtheilen fest
verklebten Netzes, so weit es nicht zurückgeschlagen werden konnte. Es liegt
ein doppeltfaustgroßes Konvolut kaum kenntlicher Darmschlingen vor, die extrem
kontrahirt und derb in ca. 5 mm dicke Schwarten eingebettet sind. In der An-
nahme, dass in dieser Verbackung und Verlöthung der Därme das Hindernis zu
suchen sei, werden die Schlingen, so gut es geht, gelöst (dabei reichlich flächen-
634 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
hafte Blutung und plötzliche Eröffnung des Abscesses; stinkender Eiter quillt vor
und wird durch warme Borwasserspülung entfernt. Sterile wasserdichte Kom-
pressen isoliren Bauchhöhle und Darm von der besudelten Umgebung. Es gelingt
auch jetzt noch nicht, Anfang und Ende des Darmschlingenpacks zu finden, und
die Eventration und Absuchung des übrigen Darmes wird nöthig. Die besonders
stark geblähte Darmschlinge tritt völlig heraus und erweist sich als Dünndarm.
Zwischen ihr scheinbares Ende und den Abscess ist eine große Strecke völlig
kollabirten, gut aussehenden Darmes eingeschaltet, und es zeigt sich jetzt, dass
die Schlinge unter dem Ende der Radix mesenterii verschwindet. Hier ist sie
durch eirkuläre Verwachsung (keine Inkarceration!) festgehalten und abgeknickt.
Die Loslösung gelingt ohne Verletzung und lässt den umschnürten Darmtheil als
lebensfähig erkennen; die ca. 1—11/2 cm lange bis zum Verschwinden des Lumens
verengte Stelle erweitert sich unter den Augen, und es lässt sich Darminhalt aus
dem geblähten Darm in den kollabirten übertreiben.
Nach Hebung des Darmverschlusses galt der 2. Theil des Eingriffe der Auf-
findung der Perforationsöffnung, die nach Lage des Abscesses eben so wohl im
Duodenum wie im Proc. vermiformis liegen konnte. Letzterer wird in der Tiefe der
faustgroßen Abscesshöhle im Winkel zwischen Colon und Ileum aufwärts siebend
entdeckt, so gut es geht abgebunden und entfernt (Manschettenbildung unmöglich)
Fig. 2. Fig. 3.
Aufgeschnittener Processus vermiformis mit Kothsteine (mit Querschnitt).
Perforationsöffnung und knotig verdicktem
Mesenteriolum.
(Narbe der ersten Perforationsöffnung nicht
aufzufinden [vgl. Sonnenburg).)
Beuteltampon in die Abscesshöhle; das Colon ascendens war beim Lösen der Ver-
wachsungen tief quer eingerissen — es schien, bis auf die Muscularis — ; die etwa
1 em lange Strecke wurde in Jodoformgaze gehüllt; Schließung der Wunde bis
auf 7 em, nachdem die geblähte Dünndarmschlinge durch Einschnitt so weit ent-
leert war, dass ihre Versenkung möglich wurde.
Die Heilung erfolgte ohne größere Temperatursteigerungen (am 1. Abend 37,8,
110 Pulse). Stuhlgang zeigte sich wenig am folgenden Tag, 2mal diarrhoisch am
20. März. Seither fortschreitende Besserung, so dass N. seit dem 5. Mai seinem
Beruf nachgeht.
Was der Beachtung werth ist, braucht nur noch kurz angedeutet zu werden.
Es ist 1) der Wiedereintritt der Perforation (welche deutlich am Präparat zu sehen
ist), trotzdem 5 Monate vorher ein Kothstein (durch Perforation) abgegangen war.
Durch diesen Akt der Naturheilung war doch das Gleiche geschaffen, wie durch
die einfache Abscessentleerung im Anfall: ein erneuter Beweis, dass die Entfernung
der Appendix nöthig ist zur Dauerheilung, dass dieser an sich die Causa irritans
für die Anfälle abgiebt.
2) ist die Beobachtung ein Beitrag zur Behandlung des Darmverschlusses im
Allgemeinen ohne Laxantien durch frühzeitige Laparotomie.
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 635
18) P. @. Unna.. Der Mikrobrenner.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 8.)
Verf. hat den von ihm konstruirten Mikrobrenner — von anderen Kleinig-
keiten abgesehen — durch Ersatz der Kupferspitze durch eine Platin-Iridium-
spitze, welche genügend hart, biegsam und haltbar ist, ersetzt; sie ist 6—8 mm
lang, sehr fein und durch einen Kupferbolzen mit dem Platinbrenner verbunden;
dadurch wird eine zu große Erhitzung verhindert. U. benutzt das Instrument vo
Allem zur Behandlung der isolirten Venen bei der »Rosacea seborrhoica« und
anderen Rosaceaformen, beim Lupus erythematodes, bei den Kapillarvaricen, bei
den weichen Naevis, bei gestielten Schleimhautpolypen (einschließlich der Hämor-
rhoiden), bei Xanthom der Augenlider, bei kleinsten Lupusknötchen, Lichenflecken,
bei hartnäckigen Follikulitiden (auch Furunkeln) und bei Pigmentirungen, speciell
für einzelne dunklere Flecke solcher. Jadassohn (Bern).
19) L. Jankau. Ein neuer Nasenöffner und Inspirator.
(Ärztliche Polytechnik 1898. März.)
Obiges Instrument ist 1,25 cm lang, 3/—1 cm breit, aus ausgehöhltem Hart-
gummi fabrieirt, wiegt etwa 1 g. Es wird so in das Nasenloch eingeschoben, dass
man außen nichts mehr davon sieht. Es dient sowohl zum Offenhalten des Nasen-
lochs, als zur Inhalation flüchtiger Stoffe, Menthol, Guajakol ete., welche, auf
hygroskopisches Papier geträufelt, ins Innere des Instruments gebracht werden.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
20) W. J. Otis (Boston). Instrumente zur Inspektion des Rectums.
(Ärztliche Polytechnik 1897. November.)
Nach anatomischen Erörterungen über die Längs- und Quermuskeln des Mast-
darms, die Sphinkteren, die Plicae und Haustra desselben beschreibt O. seine Specula
für die einzelnen Mastdarmabschnitte. Für den Sphinkterenabschnitt, für Fissuren,
Geschwüre ete. am After hat O. % gefensterte Spiegel aus Metall, vernickelt, mit
Obturator. Für den mittleren Theil des Mastdarms dienen 2flügelige Dilatatorien,
ferner eine dicke stumpfe Bougie. Für den oberen Abschnitt kommt das Kelly’sche
»Longproctoscope« in Anwendung. Eine kleine elektrische Lampe beleuchtet das
Innere. Die Instrumente sind im Original abgebildet.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
21) Köhler. Arbeitsklaue als Ersatz der oberen Gliedmaßen. (Aus
der orthopädischen Heilanstalt von Dr. Jilling und Dr. Köhler in
Aue.)
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 4.)
Es handelt sich um 2 ringförmig geschlossene, sich etwas überkreuzende
Klauen,.von denen die eine feststeht, die andere um ein am hinteren Ende be-
findliches Scharnier beweglich ist und durch Federkraft dem gegenüberliegenden
Ende genähert wird. Das Ganze dreht sich im Sinne der Pronation und Supi-
nation. Es können Arbeitsklauen verschiedener Größe in die Prothese eingesetzt
werden. J. Riedinger (Würzburg).
22) J. Bogdanik. Zehnjähriger Spitalbericht (1887—1896) aus dem
allgemeinen öffentlichen Krankenhause in Biala.
Selbstverlag des Verf., 1897.
In den 10 Jahren wurden 32 eingeklemmte und 86 freie Brüche operirt. Von
ersteren sind 30 genesen, 2 gestorben. Jeder eingeklemmte Bruch sollte sofort
operirt werden, Taxisversuche sind zu unterbleiben. Bei den freien Brüchen hat
eich die Methode von Bassini besonders bewährt. Verf. macht darauf aufmerk-
sam, dass Gefäße, Nerven und Samenstrang nicht immer gemeinschaftlich ver-
laufen, sondern dass letzterer zuweilen abgesondert von den Gefäßen und Nerven
verläuft. Jeder Herniotomie wird die Radikaloperation (Bassini) angeschlossen.
636 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
Bei brandigen Brüchen wird der Darm stets primär resecirt. Der Infektion bei
brandigen Brüchen, besonders bei denen von kürzerer Einklemmungszeit, sucht
Verf. dadurch vorzubeugen, dass er noch vor Eröffnung des Bruchsackes den
Bruch in eine reine Wunde verwandelt. Dabei verfährt er folgendermaßen: »Es
wird beim Eindringen in die Tiefe das brandig infiltrirte Gewebe entfernt, bis das
eingeklemmte Darmstück resp. Netz zu sehen ist. Die Bruchpforte wird sodann
nur so weit behutsam eingekerbt, dass man das vorgefallene Stück nur ein wenig
vorziehen kann, um es reseciren zu können. Wenn nun nach vorgenommener
Resektion und Naht das Operationsfeld gut desinfieirt wird, können wir weiter so
verfahren, als wenn wir eine reine Wunde vor uns hätten, was auch in der That
der Fall ist. Die Infektion des Bauchfells kann somit vermieden werden. Bei
der Darmnaht werden nie Senn’s Platten oder Murphyknopf verwendet. Bei der
Operation nach Bassini schützt Verf. den Samenstrang durch eine von ihm er-
dachte Metallplatte, wodurch eine Verletzung desselben bei der Naht unmöglich
ist. — 6 Fälle von Mastdarmvorfall wurden operativ behandelt. Bei einem 1jäh-
rigen Knaben war ein 8cm langes Darmstück resecirt worden; die nachfolgende
Striktur wurde später mit Laparotomie und Incision des Darmes und, da erfolg-
los, noch mit Kolostomie behandelt. Das Kind starb.
Von Careinomen sind bemerkenswerth:
Ein 68 Jahre alter Pat., mit exulcerirtem Careinom der rechten Nasenseite,
verschied kurz nach seiner Aufnahme ohne Operation. Es fanden sich u. A. bei
der Sektion Metastasen im Myokardium. Einem 2jährigen Knaben wurde der
linke Augapfel wegen Careinom enukleirt. — Unter anderen Neubildungen ist ein
Myom der Zunge bemerkenswerth, das die Amputation bedungen hatte. Ein Jahr
später Recidiv auf der rechten Halsseite, bis in die Wirbelsäule und Umgebung rei-
chend. Pat. erlag dem operativen Eingriff. — Unter 26 beobachteten Uteruscareinomen
fanden sich 20 inoperable. 5mal wurde von der Scheide aus total operirt, Imal die
Cervix amputirt. Eine 32jährige Pat. wurde wegen doppelseitigen Ovarialsarkoms
in einer Sitzung mit Erfolg operirt. Unter den operirten Uterusmyomen trat in
2 Fällen von totaler Exzstirpation der Tod ein, darunter (mal wegen Anämie. imal
wurde ein Myom durch Torsion entfernt; ein Fall von totaler Exstirpation von der
Scheide aus genas; in einem Falle von Hypertrophie mit starken Blutungen bei
einer 44jährigen Pat. wurde die Totalexstirpation gemacht. — Bei einem 53 Jahre
alten Pat. mit sehr ausgedehntem Sarkom des rechten Unterkiefers und Drüsen-
metastasen musste die Jugul. ext. so wie die Ven. subelavia unterbunden werden.
Der Kranke genas.
36 Kröpfe mit einem Todesfall wurden operirt. Die Mehrzahl der operirten
Fälle kommt auf die letzten 3 Jahre. Meist wurde enukleirt. — 12 Fälle von Phosphor-
nekrose wurden beobachtet. Es waren meist Arbeiter, welche mit dem Eintauchen
der Hölzer in die warme Masse beschäftigt waren; oder solche, welche die Phospor-
zündhölschen einzupacken hatten.
Bei den tuberkulösen Erkrankungen der Metatarsalknochen und des Tarsus
wurde theilweise konservativ nach der Methode von Obalinski operirt. Bei
Erkrankung des Talus, Caleaneus bezw. Talo-Cruralgelenkes wurde theils der
vordere Längsschnitt nach Hüter, theils die schräge Durchsägung des Calcaneus
mittels eines hinteren, unteren Schrägschnittes in Anwendung gebracht. Bei
keinem der Osteomyelitisfälle ist ein Bakterienbefund mitgetheilt.
5mal wurde die Ventrofixation, angeblich mit Heilung (allerdings direkt nach
der Entlassung), vorgenommen. In einem Falle wurde der im 3. Monat schwangere
Uterus an die vordere Bauchwand fixirt; die Pat. hat später ein ausgetragenes
gesundes Kind zur Welt gebracht.
Ein durch Trauma entstandener Fall von Hemiplegia dextr., Aphasie, Para-
lysis nerv. facial. dextr. et hypogloss. wurde durch temporäre Resektion eines
Knochenlappens aus dem linken Seitenwandbein mit folgender Eröffnung des Ge-
hirns behandelt. Außer einem spritzenden Gefäß an der Dura kein Befund.
Dennoch trat Besserung, nahezu Heilung ein. — Ein Fall von Trauma der Jugul.
extern. endete 12 Tage später durch eine tödliche Blutung aus der Vena sublingual.
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 637
Unter den Schussverletzungen sind die mit Mannlicher-Gewehren (Stahlmantel-
geschosse) von Interesse; ihre Wirkung ist entgegen anderen Anschauungen eine
sehr verheerende. Verf. verfügt hierin über große Erfahrungen.
Kronacher (München).
23) Herrmann (Beuthen). Osophagotomie wegen eines Fremdkörpers.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15.)
Es handelte sich um einen 29jährigen Idioten, welcher einen Pfeifenabguss
verschluckte. Versuche, den Fremdkörper zu extrahiren oder in den Magen herab-
zustoßen, misslangen, daher Vornahme der Ösophagotomie, Extraktion des im
Brusttheil steckenden 6,5 cm langen, 4cm breiten, 1,8cm dicken Pfeifenabgusses
aus schwarzem Horn, an dessen unterem Ende sich vorn und hinten je eine nach
oben gekrümmte, hakenförmige und spitzige Verzierung befand. (Vgl. die bei-
gegebene Abbildung.) Naht des Ösophagus und der äußeren Wunde.
Die Ernährung erfolgte während der ersten beiden Tage vom Mastdarm aus,
während der nächsten 5 Tage mit der Schlundsonde; später war der Pat. in der
Lage, selbständig Nahrung zu sich zu nehmen. Baldige Entlassung nach Heilung
ohne Verengerung der Speiseröhre. Gold (Bielitz).
24) J. Duran! (Barcelona). Die Behandlung der tuberkulösen Bauch-
fellentzündung durch Bauchschnitt mit nachfolgender Lufteinblasung.
(Chirurgie 1897. p. 284. [Russisch.j)
D. hatte 1893 2 Fälle von Heilungen bei Bauchfelltuberkulose durch Schnitt
mitgetheilt. Jetzt hat er weitere 3 gleiche Fälle nur punktirt und mit der Luft-
einblasung ebenfalls gute Heilungen beobachtet. Unter Hinweis auf einschlägige
gleichzeitige Veröffentlichungen von v. Mosetig-Moorhof und Nollen hebt D.
die Vortheile hervor, welche in der weniger eingreifenden Punktion gegenüber
dem Schnitt liegen, wenn, wie er überzeugt ist, die Resultate beider Verfahren
gleich gute sind. D. lässt die einzublasende Luft zuerst in einem einfachen Ap-
parat durch Kalilauge und Watte hindurchtreten, um sie zu trocknen und keim-
frei zu machen. E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
25) W. B. van Lennep. Appendicitis.
(Reprint from the Hahnemannian Monthly 1897. September. 33 S.)
Interessant sind die Ergebnisse, die L. erhielt, als er die Instruktion einer
der bedeutendsten Lebensversicherungsgesellschaften Amerikas für ihre Vertrauens-
ärzte studirte: Bei Fällen, in denen ein primärer Anfall ohne periappendikuläre
Eiterung und ohne operative Entfernung der Appendix konstatirt wird, tritt in
90% innerhalb zweier Jahre ein Rückfall auf; nach Verlauf dieser Zeit ohne Rück-
fall werden noch 10% Risiko berechnet; bei Fällen von chronischer wiederkehren-
der Appendicitis müssen 3 Jahre nach einem Anfall verflossen sein, ehe man an-
nehmen kann, dass die Appendix obliterirt (? Verf.) ist. In Fällen von unregel-
mäßig sich wiederholender Appendicitis sind 5 Jahre ohne Anfall im Minimum nöthig
vor voller Aufnahme. Dagegen wird bei Aufnahmeheischenden, die operirt worden
sind, 1 Jahr, bei einigen 6 Monate gefordert, wenn eine vollständige Operation
ausgeführt wurde, während man bei unvollständiger Operation und etwa vorhanden
gewesenen Komplikationen peinlicher ist. — Verf. berichtet über 119 Fälle, die
er vom 1. Januar 1895 bis 1. Juli 1897 operirt hat; seine Gesammterfahrung über
Appendieitisoperationen umfasst 261 Fälle.
Von den 119 Operirten, über die hier berichtet wird, starben 14, davon 1 ohne
extraappendikuläre Eiterung, 1 mit umschriebener Peritonitis, 12 mit mehr oder
weniger diffuser Peritonitis, alle im Anfall operirt; die im Intervall Operirten
wurden sämmtlich geheilt. H. Lindner (Berlin).
1 D. war verhindert, diesen Vortrag in Moskau auf dem Kongress zu halten.
638 Centralblatt für Chirurgie. No. 24.
26) J. B. Murphy. Tleus.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 507.)
Der berühmte Chirurg von Chicago liefert eine kurze, aber den erfahrenen
Meister verrathende Besprechung der verschiedenen Ileusformen, die er nach fol-
gendem allgemeiner Kenntnisnahme werthen Schema gruppirt.
1) Operationen am Mesenterium 1,
2) Lang anhaltende Strangulation?,
3) Pathologische Veränderungen im Rūckenmark 3.
4) Läsion der zuführenden Nervenbahnen 4.
a. Abgeklemmtes Netz.
| b. Gallensteine.
5) Reflex c. Nierensteine.
d. Kompression des Ovariums.
e. Diaphragmale Pleuritis.
a. Lokale Peritonitis.
b. Allgemeine Peritonitis.
c. Embolie.
d. Thrombophlebitis.
Adynamischer
6) Septischer
7) Urämischer
Chronische Bleivergiftung.
Dynamischer { Tiyrotozinvergittung.
Teus a. Leisten.
Externer b. Schenkel.
(Hernien) } e Nabel.
d. Bauch.
a. Peritonealtaschen.
b. Zwerchfellhernien.
c. Leistenhernien.
d. Nabelhernien.
Mechanischer e. Durch Adhäsionen entstandene
Pseudoligamente.
Interner f. Divertikel.
g. Volvulus.
h. Intussusception.
i. Neubildungen.
k. Narbenkontrakturen.
l. Verhärtete Kothmassen.
m. Fremdkörper (Enterolith).
In die Besprechung sind kurze Berichte einiger Thierexperimente und interes-
santer klinischer Beobachtungen eingestreut. Von letzteren heben wir hervor:
Darmlähmung verursacht durch Blutung in den dorsalen Duralsack nach Schuss-
verletzung (p. 509). Starke Brechanfälle bei Cholelithiasis (p. 516). 'Tetanische
Darmkontraktur mit Brechen und Obstipation bei Bleivergiftung (p. 517). 2 Fälle
eitriger allgemeiner postperityphlitischer Peritonitis, geheilt durch Laparotomie
(p. 519, 520). Glückliche Operation einer Hernia inguino-properitonealis (p. 522).
1 Mit die Darmeirkulation gefährdenden Gefäßläsionen.
2 Nach Reposition eingeklemmter Hernien.
3 Mit Lähmung des Darmes.
4 Darmlähmungen nach Kontusion des Bauches.
Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 639
Eine eingeklemmte Zwerchfellhernie ohne Erfolg operirt (p. 522). Volvulus, mit
Erfolg operirt (p. 523). Glückliche Resektion einer cirkulären Darmnarbenstenose
(p. 524). Erfolgreiche Darmdesinvagination nach Laparotomie (p. 524). Entfernung
eines Enterolithen (p. 525) etc.
Zum Schluss beschreibt M. seine »Handtuchmethode« zur Reduktion auf-
gequollener Därme nach Laparotomie, wie sie auch bei uns seit Jahren angewandt
wird. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
27) Riedel. Ileus in Folge von etwas außergewöhnlichen Strang-
bildungen, Verwachsungen und Achsendrehungen, so wie von Darm-
syphilis. Ileus bedingt durch Schrumpfung der Mesenterien vom
Coecum sammt unterem Ileumende, dessgleichen vom Mesenterium
S romani.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft.3 u. 4.)
R. giebt 22 instruktive Krarkengeschichten mit epikritischen Erörterungen:
Innere Einklemmung durch den langgezogenen Stiel einer Appendix epiploica; die
Appendix selbst hatte sich vollständig abgeschnürt und lag frei im Bauch. —
Ileus durch Verwachsung des Mesenteriums des S romanum mit einer tuberkulösen
Drüse des Dünndarmgekröses. — Mehrere Fälle von Achsendrehung des Dünn-
darms, davon einer kombinirt mit theilweiser Einlagerung des gedrehten Darms
in einem Nabelbruchsack, ein anderer mit Knickung um einen gedrehten Ovarial-
stiel. — Besonders bemerkenswerth, weil ein chirurgisch kaum bearbeitetes Gebiet
betreffend, sind einige Fälle von Syphilis des Dünn- und Dickdarms: 3 Beobach-
tungen von Perforationsperitonitis durch ein syphilitisches Dünndarmgeschwür;
sehr komplieirt war ein Fall von mehrfachen luetischen Strikturen am Pylorus,
unterem Ileumende, Quercolon und an der Flexura coli sinistra; da daneben
Lungentuberkulose und Gallensteine mit Verwachsungen der Gallenblase bestanden,
so war die Diagnose außergewöhnlich schwierig. Sehr auffallend waren dabei um-
schriebene, enorme Auftreibungen des Darms zwischen 2 Strikturen. — Akute
Peritonitis, ausgehend von Diekdarmgeschwüren, welche durch subkutane Queck-
silberinjektionen entstanden waren — Peritonitis durch 3 stecknadelkopfgroße
Eiterherde im Jejunum bei akuter Enteritis.
Ein besonderer Abschnitt ist den Schrumpfungsprovessen des Mesenteriums
am Übergang des Ileums in das Coecum so wie des Mesenteriums des S romanum
gewidmet; diese Schrumpfungsprocesse sind als Produkte einer ganz chronisch
verlaufenden Mesenteriitis aufzufassen und führen meist im Laufe der Zeit zu
ileusartigen Erscheinungen, ferner zu hartnäckigen Perioden chronischer Obstipation,
durch Übergreifen auf die Blasenserosa zu Blasenbeschwerden und schließlich
manchmal zu vollständigem Ileus, der zur Laparotomie nöthigt. Der Ileus kann
auch akut, ohne vorhergegangene Beschwerden einsetzen, wie durch einen Fall
illustrirt wird, während 2 andere Fälle die Leidensgeschichte zweier mit chroni-
schen Beschwerden Behafteter und wiederholt Operirter wiedergeben. — Häufiger als
die Mesenteriitis coeci ist diejenige des Gekröses des Sromanum, von welcher
4 Fälle mitgetheilt werden; 3 davon machten mehr chronische Erscheinungen,
während der 4. zur Achsendrehung des S romanum führte; Resektion der Schlinge,
partielle Darmnaht, Tod durch Gangrän an der Nahtstelle. Ganz besonders wird
betont, dass diese Fälle von Mesenteriitis am S romanum zu derjenigen Form von
Ileus führt, welche durch wiederholte Wassereinläufe ohne Operation zur Heilung
gebracht werden kann. Haeckel (Stettin).
28) Casati. Piloroplasticae gastroplicatio combinate.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1998.)
C. schlägt, gestūtzt auf einen glücklichen Erfolg, vor, bei starker Magen-
erweiterung in Folge von gutartiger Pylorusstenose die Pyloroplastik nach Mi-
kulicz und in derselben Sitzung die Gastroplicatio oder Gastrostenoplastik nach
640 Centralblat: für Chirurgie. No. 24.
Tricomi auszuführen. Der Nutzen der Kombination liegt darin, dass auch bei
gestörter Motilität des Magens der Inhalt desselben sich leicht entleert, indem
die große Curvatur fast, auf gleiche Höhe mit dem Pylorus zu liegen kommt.
Dreyer (Köln).
29) R. Wanach. Ein Beitrag zur chirurgischen Behandlung des Duo-
denalgeschwürs.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hit. 2.)
W. bekam einen 22jährigen Fabrikarbeiter in Behandlung unter den Erschei-
nungen einer akuten Peritonitis, welche er auf Perforation des Wurmfortsatzes
zurückführte. Bei der sofort vorgenommenen Laparotomie zeigte sich dieser aber
unversehrt. Die in den oberen Theilen der Bauchhöhle stärkere Injektion des
Darmes wies auf eine höher oben gelegene Perforationsstelle hin. Nach einem
zweiten in der Mittellinie angelegten Schnitt fand sich an der Vorderwand des
Duodenums dicht am Ansatz des I,igamentum hepato-duodenale eine 2—3 mm große
Perforationsöffnung inmitten eines harten flachen Infiltrates. Die Exeision des-
selben war unmöglich, desshalb wurde das Loch vernäht. Der Pat. wurde geheilt.
Verf. stellt die in den letzten Jahren in der Litteratur veröffentlichten Fälle
zusammen. Die Prognose des Leidens ist bisher auch nach geglückter Operation
noch keine sehr günstige, da man meistens nur die Perforationsperitonitis geheilt
hat, das Geschwür dagegen nicht angreifen konnte, so dass einige Pat. an sekun-
dären weiteren Durchbrüchen zu Grunde gingen. Bei Peritonitiden unbekannten
Ursprungs ist nächst dem Processus vermiformis der Dünndarm abzusuchen und
auf einen Durchbruch daselbst zu fahnden. Wichtig ist nach des Verf. Ansicht
die Reaktion des Eiters, der beim Duodenalgeschwür sauer reagirt. Die diagnosti-
schen Mittel, die W. vor der Operation anführt, sind leider ziemlich wenig cha-
rakteristisch, so dass man sich nach ihnen kaum der Hoffnung hingeben kann,
dass einstweilen die Diagnose häufiger präciser gestellt werden wird, was zu
glauben Verf. sehr geneigt scheint. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
30) Dempel. Fall von Krebs des Dünndarms.
(Chirurgie 1897. p. 460. (Russisch. H
Wegen der verhältnismäßig seltenen Dünndarmkrebse giebt D. wesentlich die
Beschreibung eines durch Sektion von einem 3ljährigen Kosaken gewonnenen Car-
ceinompräparates. Die Geschwulst saß ca. 2m vom Magen entfernt, hatte nicht
die gewöhnliche Ringform, sondern Kugelform mit breit aufsitzender Basis.
Bemerkenswerth ist auch das jugendliche Alter des Kranken.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
31) E. P. Franzke. Resektion des carcinomatösen Blinddarms.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.)
41 Fälle aus der Litteratur und 3 aus Prof. Wassiljew’s Klinik in War-
schau. 1) 58jähriger Mann, 3 Jahre krank. Geschwulst stark mit Dünndarm-
schlingen verwachsen, kindskopfgroß. Resektion, Kunstafter. Tod nach 5 Tagen
an Erschöpfung. 2) 50jähriger Mann, 1 Jahr krank. Geschwulst apfelgroß, stark
mit Darmschlingen verwachsen, Resektion, Enterorrhaphie. Tod nach 4 Tagen.
3) 4$jähriger Mann, 1 Jahr krank. Geschwulst faustgroß, frei. Resektion, Enteror-
thaphie (eine Reihe Lembert-Czerny’scher Nähte). Heilung.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
D
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 25. Sonnabend, den 25. Juni. 1898.
Inhalt: F. Bähr, Zur Kenntnis der Längsfrakturen der Röhrenknochen. (Orig.-Mitth.)
1) Knorr, 2) Heddaeus, Tetanus. — 3) Berndt, 4) Fessler, Wundbehandlung. —
5) Hoffa, Spastische Gliederstarre. — 6) Nagel, 7) Waelsch, Bubonen. — 8) Pinkus,
Rudimentäre Talgdrüsen. — Y) Ljungren, Hauttransplantation. — 10) Ribbert, Epithel-
und Dermoideysten. — 11) Unna, 12) Laverde, Lepra. — 13) Boeck, Exantheme der
Tuberkulose. — 14) v. Samson-Himmelstjerna, Hautmaulwurf. — 15) Trachster, Mikro-
sporie. — 16) Neumann, Keratom. — 17) Roux de Brignoles, Wirbelbruch. — 18) Laehr,
Folgen von Rückenverletzungen. — 19) Ménard, Pott’scher Buckel. — 20) Steiner,
21) Erben, 22) Dolega, Skoliose. š
W. Mintz, Zur Korsetttechnik. (Original-Mittheilung.)
23) Vulpius, Asepsis. — 24) Reinhardt, Knochensarkom. — 25) Scheuber, Tuber-
kulin R. — 26) Krönig, Infusions- und Punktionstherapie. — 27) Strauss, Aderlass und
Infusion. — 23) Fouquet, Medicinische Tätowirung. — 29) Schifl, Röntgenstrahlen in
der Dermatotherapie. — 30) Crespin, 31) Long und Valenig, Lepra, — 32) Naogell,
Hauttuberkulose. — 33) Asselbergs, Lupus. — 34) Malherbe, 35) Cannarsa, Hautpara-
siten. — 36) Kassel, Anthrax. — 37) Pini, Granuloma trichophyticum. — 38) $pietschka,
Hauthorn. — 39) Kreibisch, 40) Ginestons, Hautkrebs. — 41) Freudweiler, Lymph-
angioma ceircumseriptum cutis. — 42) Gassmann, Psoriasis. — 43) Bowen, Keratosis
follicularis. — 44) Andry, Erythem. — 45) Meyer, Lichen ruber. — 46) Mibelli, Tinea
Gruby. — 47) Reinbach, Elephantiasis congenita. — 48) Kirchner, Pemphigus. —
49) Goldberg, Traumatische Lateralsklerose. — 50) Wilms, Echinococcus der Wirbelsäule.
— 51) Maass, Spina bifida. — 52) Stadelmann, Lumbalpunktion. — 53) Kader, Neu-
ralgie bei Schiefhals. — 54) v. Bruns, Trachealresektion. — 55) Moingeard, Brustwunde.
Zur Kenntnis der Längsfrakturen der Röhrenknochen.
Von
Ferdinand Bähr in Hannover.
Die Existenz der Längsfrakturen der Röhrenknochen, derjenigen,
bei welchen die Bruchspalte sich durch die ganze Länge des Knochens
bis durch die Gelenkenden erstreckt, ist auch heute für Manchen
vielleicht noch nicht über alle Zweifel erhaben. Die eigentliche
Klarstellung der Frage verdanken wir Krönlein!, der zu dem un-
1 Über die Längsfrakturen der Röhrenknochen. Deutsche Zeitschrift für
Chirurgie. Bd. III.
25
642 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
sicheren, mühevoll zusammengetragenen Material der Litteratur einen
Fall von Längsfraktur des Humerus beibrachte, der jedenfalls be-
weisender war als die früheren Mittheilungen. Krönlein hat später-
hin in dem Bericht über die v. Langenbeck’sche Klinik etc. in
Bd. XXI des Archivs für klin. Chirurgie 3 weitere Fälle von Längs-
frakturen (2mal der Grundphalanx des vierten, Imal des Kleinfingers)
zur Kenntnis gebracht. Es wären also diese 4 Fälle mit einiger
Sicherheit hierher zu rechnen; weitere sind mir nicht bekannt ge-
worden. Der exakte anatomische Beweis für die Existenz ist noch
nicht geliefert. Ich persönlich würde mich allerdings mit der Krön-
lein’schen Diagnose zufrieden geben, aber es giebt Leute, für welche
unter solchen Umständen auch dann noch Zweifel vorhanden sind.
So habe ich unlängst eine Bennett’sche Fraktur (Monatsschrift für
Unfallheilkunde 1897) mitgetheilt, war aber damals nicht in der
Lage, die Diagnose durch ein Röntgenbild zu bestätigen. Schon
wollte man die Sicherstellung durch ein solches verlangen. Ab-
gesehen davon, dass ich die Diagnose später durch ein Röntgenbild
erhärten konnte, wäre es um unsere Diagnostik schlecht bestellt,
wenn wir immer auf das Röntgenverfahren angewiesen wären.
Verstehe ich Krönlein recht, so hat es sich in seinen Fällen
um Frakturen in der sagittalen Ebene gehandelt, also um sagittale
Längsfrakturen, wobei ich den Begriff sagittal etwas allgemeiner
fassen möchte als Längsfrakturen, bei denen die Bruchspalte jeweils
in der zur Flexionsachse der Gelenke senkrechten Ebene gelegen ist.
Das scheint mir auch bei Knochen von durchschnittlich größerem
Breiten- als Tiefendurchmesser, wie z. B. die Phalangen, das Näher-
liegende. Dass es in der so von der Beuge- zur Streckseite ziehen-
den Bruchspalte Abweichungen geben mag, liegt auf der Hand, also
derart, dass die Bruchspalte aus der Sagittalebene heraus um die
Längsachse des Knochens mehr oder weniger, oder aber in sich selbst
gedreht ist (Torsionsbruch). In diesen Varianten liegen Übergangs-
formen zu frontalen Längsfrakturen, Frakturen, deren Lage bei
zwei benachbarten Scharniergelenken durch die Achsen dieser Gelenke
annähernd bestimmt ist. Solche Frontalfrakturen sind als unvoll-
ständige Längsfrakturen beispielsweise die Bennett’schen Knochen-
brüche, bei welchen die Bruchspalte sehr verschieden weit distal
reichen kann, vielleicht gelegentlich auch durch das Capitulum hin-
durch geht. Gerade der Metarcarpus I eignet sich seiner Form nach
mit den central und distal volaren Ausladungen zu einer solchen
Längsfraktur.
Der nachfolgende Fall dürfte als »anatomischer Beleg« für eine
Längsfraktur, so wie aus anderen Gründen seine Mittheilung recht-
fertigen.
Der 62jährige Arbeiter D. hat sich im Alter von 15—16 Jahren mit der
Futterschneidemaschine geschnitten. Der Schnitt, dessen Narbe am linken Zeige--
finger noch deutlich kenntlich ist, begann etwas über der Mitte der Grundphalanx
ulnar, mehr nach dem Dorsum hin, zog nach vorn über die Höhe des 1. Inter-
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 643
phalangealgelenks und endete radial in der Mitte der Phalanx. Die Stellung der
einzelnen Phalangen ist aus der Photographie ersichtlich. (Negativ einer Auf-
nahme von der ulnaren Seite.) Das Metacarpophalangealgelenk ist bis 70° aktiv
beugbar, das 1. Interphalangealgelenk ist steif, das 2. passiv wenig beweglich.
Der Finger hat einen dorsovolaren Durchmesser von 3,5 cm in der vorderen
Hälfte. Das volare Bruchstück zeigt im vorderen Abschnitt eine Abweichung
ulnarwärts, so dass es hier unter der Haut sichtbar hervortritt (Dislocatio ad
latus). Die Photographie lässt eine knöcherne Ankylose zwischen dem vorderen
Ende des volaren Bruchstücks und der 2. Phalanx erkennen: auf der Platte lässt
eich die Fortsetzung der Frakturlinie durch die Basis der Phalange deutlich sehen.
Es handelt sich hier um eine typische frontale Längsfraktur.
Wenn auch die Totalität der Bruchspalte auf der Kopie nicht ganz
deutlich ist, so wird die Trennung des Knochens in ganzer Länge
anderweitig erwiesen. Die vorhandene Dislocatio ad latus des vorderen
volaren Bruchendes ist nur dann möglich, wenn das volare Bruchstück
sich um eine dorso-volare Achse drehen kann, d. h. wenn eine völlige
Kontinutitätsrennung vorliegt. Das Messer hat bei seiner als bekannt
vorausgesetzten Form nach der Narbenanordnung die Phalanx am
vorderen Ende angeschnitten, ist nur zum Theil in den Knochen
eingedrungen und hat den Rest mit der Keilwirkung aus einander
gesprengt, also thatsächlich »Os ut lignum finditur in longitudinem«
(Celsus nach Krönlein). Bei dem geringen dorso-volaren Durch-
messer des Knochens ist es erstaunlich, dass das volare Bruchstück
nicht einfach abgebrochen ist. Dass der Modus der Entstehung ein
anderer war, ist nach anderen Röntgenaufnahmen ausgeschlossen.
Die Prognose dieser frontalen Längsfrakturen dürfte weit ungünstiger
sein als die der sagittalen, wie uns der vorliegende Heilungstypus
zeigt, und Erfahrungen bei der Bennett’schen Fraktur.
Therapeutisch dürften sich einige praktische Nutzanwendungen
aus meinem Fall von selbst ergeben.
25*
644 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
1) Knorr. Das Tetanusgift und seine Beziehungen zum
thierischen Organismus.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 11 u. 12.)
In der Abhandlung beantwortet K., zum Theil auf der Grund-
lage neuer, von ihm im hygienischen Institut zu München angestellter
Versuche, zahlreiche, für das Verständnis des inneren \Vesens von
Krankheit und Heilung des Tetanus wichtige Fragen in folgender
Weise. Die Tetanusbacillen produciren einen chemischen Stoff, der
im Stande ist, höher organisirtes Eiweiß, Zelleiweiß, dadurch zu zer-
legen, dass der eine Theil der Eiweißverbindung durch starke Af-
finität zum Bakterienprodukt, zum »Gift«, dem Gesammteiweiß-
komplex entzogen und an das Gift gebunden wird. Der ührig
bleibende Theil wird dadurch in der Ausübung der dem ganzen
Komplex eigenthümlichen Funktion im Körper verändert oder ganz
behindert, der Körper erkrankt. Diese Erkrankung kommt um so
leichter zu Stande, je leichter der betreffende Eiweißkomplex zu
spalten ist, also je zugänglicher der specifisch empfindliche Stoff dem
neu zutretenden ist, was abhängt einerseits von der chemischen
Energie des eindringenden Stoffes, andererseits von der chemischen
Festigkeit der vorhandenen Verbindung. Ist jener zu schwach, die
letztere zu sprengen, so übt er doch eine gewisse Anziehung, einen
Reiz aus, der die organische Verbindung zu einer Neuproduktion
des angelockten Stoffes veranlassen kann. Derselbe wird von der
Zelle abgegeben und tritt in Blut gelöst als Antitoxin auf. Zunächst
wird er da noch von dem Bakterienstoff in Beschlag genommen. Ist
die Neuproduktion aber eine reichliche und andererseits die Menge
des vorhandenen oder neu zufließenden Giftes eine verhältnismäßig
geringe, so ist ein Antitoxinüberschuss im Blut nachzuweisen. Die
Fähigkeit, das Antitoxin hervorzubringen, kann durch systematisch
fortgesetzte Reizung der Zellen, gewissermaßen durch Übung, erhöht
werden.
Der Verlauf der Krankheit hängt demnach von zweierlei Fak-
toren ab: einmal kann die Menge des Giftes zu klein sein, um das
Thier zu tödten; das Thier wird nur lokal krank und erholt sich
ohne wesentliche Antitoxinbildung allmählich wieder. Dieser Fall
kommt nur bei sehr empfindlichen Thieren vor und ist, wie die
Sterblichkeitsstatistik zeigt, sehr selten. Meistens tritt der zweite
Faktor in Geltung. Die der Gifteinführungsstelle näher oder ent-
fernter liegenden Theile` des Körpers werden durch das eindringende
Gift zur Antitoxinproduktion angeregt. Von der grüßeren oder ge-
tingeren Möglichkeit einer starken und schnellen Neuproduktion des
Antitoxins hängt dann der Verlauf und Ausgang der Krankheit ab.
Kann genügend Antitoxin gebildet werden, so wird das Fortschreiten
der tetanischen Symptome zunächst gehindert, der Tetanus wird
chronisch. Dann lösen sich allmählich die Kontrakturen, zunächst
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 645
in den zuletzt, also am leichtesten erkrankten Theilen. Es ist wohl
anzunehmen, dass auch die schwer geschädigten sich aus eigener
Kraft wieder herstellen, da nach Überstehen der Krankheit keinerlei
Defekte zurückbleiben. Jedenfalls bedarf es dazu aber sehr langer
Zeit. Diese Zeit erfährt eine erhebliche Verkürzung, wenn man den
verloren gegangenen specifischen Stoff in Form großer Mengen Anti-
toxin dem Körper zuführt. — Die Anwendung von Antitoxin, die
Heilserumtherapie Behring’s stellt somit die denkbar vollkommenste
Heilmethode dar. Vor Eintritt der Krankheit dem Körper einver-
leibt, schützt das Antitoxin die dem Körper nothwendige specifische
Substanz vor dem Gift und vermag letzteres in seiner Wirkung völlig
zu hindern oder in eine auch für empfindliche Thiere immunisirende
Modifikation zu verwandeln. Nach Ausbruch des Tetanus vermag
es, in genügender Koncentration angewandt, das Fortschreiten der
Krankheit zu hemmen und die bereits vom Gift gesetzten Schädi-
gungen günstig zu beeinflussen. Kramer (Glogau).
M
2) A. Heddaeus. Über den heutigen Stand der "Therapie
des Tetanus traumaticus. (Aus der chirurgischen Klinik zu
Heidelberg.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 11—13.)
Die Arbeit, die einen guten Überblick über die beim trauma-
tischen Tetanus inAnwendung kommenden therapeutischen Maßnahmen
gewährt, beschäftigt sich naturgemäß besonders mit den Erfolgen der
Heilserumbehandlung dieser Krankheit und ergänzt die früher von
Engelmann et d. Centralblatt 1897 p. 1090) gebrachten Zusammen-
stellungen über die mit dem Tizzoni’schen und dem Behring-
schen Präparat behandelten Fälle aus den seitdem erschienenen be-
züglichen Publikationen und aus dem Material der Heidelberger
Klinik. ln letzterer ist bisher in 3 Tetanusfällen Serum, in 2 das
Behring’sche Trockenpräparat und in 1 Falle das neue flüssige der
Höchster Farbwerke injieirt worden, worüber in ausführlichen
Krankengeschichten berichtet wird. 2 derselben werden von H. zu
den schwersten Fällen gerechnet, der dritte als mittelschwerer be-
trachtet; von den ersteren war einer ein Fall von Kopftetanus.
Während dieser und der mittelschwere zur Heilung gelangten, nach
H.'s Ansicht durch die günstige Einwirkung des Antitoxins, ging
der andere, wie Verf. glaubt, in Folge unvollkommener Anwendung
des Mittels, und zwar im Höhestadium der Erkrankung, sehr rasch
zu Grunde. Diesen mit Serum behandelten Fällen steht ein weiterer,
den schwersten einzureihender Fall gegenüber, in welchem nach sub-
kutanen Einspritzungen von Tinct. opii simpl. (mehrmals 3 Tropfen)
auffallende Besserung erfolgt war.
H. stellt schließlich folgende Sätze auf:
1) Das Behring’sche Tetanusantitoxin ist nach den bisherigen
Erfahrungen ein zweifellos wirksames Mittel von specifischem Cha-
646 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
rakter bei der Behandlung des Tetanus traumaticus und verdient in
allen Fällen von Tetanus angewandt zu werden. Von Bedeutung ist
möglichst frühzeitige Anwendung.
2) Die Lokalbehandlung, die in möglichster Zerstörung des pri-
mären Herdes bestehen soll, darf nicht außer Acht gelassen werden,
weil ihre Vernachlässigung eine permanente Zufuhr von Toxinen
und damit eine Beeinträchtigung der Antitoxinwirkung bedingt.
3) Die symptomatische Behandlung mit sedativen Mitteln (Nar-
koticis etc.) muss mit der Serumtherapie Hand in Hand gehen, da
sie noch wirksam ist, wo die letztere versagt. (Sahli.)
4) Die bisherigen Methoden zur Elimination des Tetanusgiftes
aus dem Körper sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen.
5) Die Präventivbehandlung verdient weitere Berücksichtigung.
Kramer (Glogau).
3) F. Berndt (Stralsund). Über Auswüchse der modernen
Wundbehandlung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 19.)
B. fühlt sich durch die »Beunruhigung, die das fortwährende
Hasten nach Neuerungen und Verbesserungen bei den praktischen
Ärzten hervorrufen muss« (!? Ref.), veranlasst, gegen die modernen
»Auswüchse« der aseptischen Wundbehandlung (Kopfkappe, Mund-
und Nasenbinde, Handschuhe etc.) aufzutreten und hält es für an-
gemessen, all diese Bestrebungen ins Lächerliche zu ziehen. Wenn
er — und es ist wohl bei vielen Chirurgen der Fall — diese Neue-
rungen für entbehrlich erachtet und ohne sie »gute Resultate« er-
reicht, so war er gewiss im Recht, seine abweichende Meinung zu
begründen und zu sagen, mit welchen einfacheren Mitteln er zum
Ziel kommt; aber er durfte dies nicht in einer dem Ernst des Gegen-
standes so gänzlich zuwiderlaufenden Art thun. Sollen doch alle
jene von ihm bespöttelten Bestrebungen nur dem Interesse des zu
Operirenden dienen, um für ihn jegliche Gefahr, so weit sie aus
einer auch noch so geringfügigen, in ihren Folgen aber eventuell
verhängnisvollen Wundinfektion erwachsen könnte, auszuschließen!
Die Diskussion auf dem letzten Deutschen Chirurgenkongress konnte
dem Verf. zeigen, wie man diese Versuche, die aseptische Wund-
behandlung zu verbessern, in sachlicher, wissenschaftlicher Kritik
abweisen, bezw. ihren Werth bezweifeln kann. — Was B. im Übrigen
bietet, ist für den Fachchirurgen nicht neu, für den praktischen Art
zum Theil wohl beachtenswerth. Wenn Verf. es aber als ausreichend
bezeichnet, sich vor septischen Operationen die Hände »einfach nur
in warmem Wasser zu wäschen, (und zu ihrem Schutze mit gelber
Vaseline einzureiben), so könnte die Befolgung dieses praktischen
Ärzten gegebenen Rathes doch leicht dazu führen, manche Phleg-
mone noch mehr zu inficiren. Kramer (Glogau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 647
4) J. Fessler (München). Über sterile Verbände für den
` praktischen Arzt.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 14.)
F. empfiehlt für die Sterilisation von Verbandstoffen Umhüllung
derselben mit gewöhnlicher Baumwolle, da bei Verwendung von
Blechbüchsen oder Pergamentpapier leicht Luft und dadurch Keime
zurückbleiben können. Die Verllandstoffe werden zunächst in Filtrir-
papier eingewickelt, um Kondenswasser aufzusaugen; hierauf in eine
reichlich große Lage von Baumwolle eingepackt und mit Bindfaden
kreuzweise verschnürt, nach beendeter Sterilisation und Austrocknung
— während 2 Stunden mittels heißen Luftstromes — in Pergament-
papier und Pappschachteln: verpackt; Jodoformgaze wird bei gewöhn-
licher Temperatur getrocknet, um die Abspaltung von Jod zu verhüten.
Kramer (Glogau).
5) A. Hoffa. Über die angeborene spastische Gliederstarre
und ihre Behandlung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 15.)
H. entwirft auf Grund einer größeren Reihe von Beobach-
tungen ein sehr anschauliches Bild der Little’schen Krankheit, um
aus den klinischen Erscheinungen derselben die Aufgaben der frei-
lich nur symptomatischen Behandlung herzuleiten. Da die willkür-
liche Erregung der Muskeln nur abgeschwächt ist, die Flexoren und
Adduktoren über die Extensoren und Abduktoren überwiegen, muss
versucht werden: 1) die willkürliche Erregung der Muskeln durch
Übung und Schulung zu stärken, und 2) die Flexoren und Adduk-
toren zu schwächen, die Extensoren und Abduktoren zu kräftigen.
Letzteres kann durch Massage und gymnastische Bewegungen er-
reicht werden, während zur Schwächung der erstgenannten Muskel-
gruppen das krampflösend wirkende 'Tapotement der betreffenden
Sehnenenden oder die 'Tenotomie resp. 'Tendektomie in Betracht
kommt. Nach letzterer sind dann Gipsverbände in überkorrigirter
Stellung der Gelenke anzulegen, später — nach 4—6 Wochen — ge-
eignete Gymnastik und Massage, Lagerung der Pat. in einem von
H. zweckmäßig befundenen Apparat — zur Erhaltung der Über-
korrektur der Gelenke — und Gehübungen in Anwendung zu ziehen.
Mit Hilfe dieser Behandlungsmethode, die H. näher beschreibt, ist
es ihm gelungen, recht gute Resultate in all seinen Fällen zu er-
zielen, z. B. in dem einen in dem Grade, dass Pat. stundenlang ohne
Stock zu gehen, selbst zu tanzen vermochte. Einige Kranken-
geschichten erläutern die erzielten Erfolge. Kramer (Glogau).
6) O. Nagel. Klimatische Bubonen.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 9.)
N. hat in verschiedenen Gegenden von Deutsch-Ostafrika Fälle
von Leistendrüsenentzündungen zu beobachten Gelegenheit gehabt,
648 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
in denen alle sonstigen bekannten Entstehungsursachen — venerische
Erkrankungen, Verletzungen an den unteren Extremitäten, Tuber-
kulose etc. — auszuschließen waren. Die Fälle betrafen Beamte
oder Pflanzer, welche bereits längere Zeit in Ostafrika sich aufhielten
und zum kleineren Theil an Malaria gelitten hatten, resp. noch litten.
Die Drüsenschwellungen entwickelten sich meist rasch unter mäßigem
Fieber bis 39° und waren mehr oder weniger schmerzhaft; nur in
2 Fällen trat Eiterung ein, während die übrigen, durch Chinin un-
beeinflusst, in Bettruhe, unter Umschlägen, Einreibung von Ungt.
mercur. cin. und Druckverband zur Heilung kamen. N. weist dess-
halb, eben so wie Ruge, die Malaria als Entstehungsursache zurück
und sieht die Bubonen als zuweilen rein zufällig neben der Malaria
einhergehende Erkrankungen an, die vielleicht durch das Klima,
d. h. durch einen ihm eigenthümlichen, noch unbekannten Ent-
zündungserreger hervorgerufen werden. Kramer (Glogau).
7) L. Waelsch. Beiträge zur Abortivbehandlung der Bu-
bonen.
(Archiv für Dermatologie u. Syphilig Bd. XLII. Hft. 3.)
Die Urtheile über die verschiedenen in den letzten Jahren em-
pfohlenen Behandlungsmethoden der Bubonen sind noch sehr getheilt.
Die zur Injektion empfohlenen Mittel theilt der Verf. in 3 Gruppen:
die antiseptischen (Karbol, Sublimat), die antiseptisch und sekretions-
behindernd wirkenden (Argentum nitricum und Jodoform), die stark
reizenden (Terpentinöl. Das Hydrargyrum benzoicum (Welander)
ist er geneigt zu den letzterwähnten zu rechnen. Da W. auf Grund
theoretischer Erwägungen zu der Anschauung gelangt, dass von einer
antiseptischen Wirkung der empfohlenen Mittel nicht wohl die Rede
sein könne, und da die Reizwirkung etwas bedenklich sei, da aber
Erfolge der verschiedenen Methoden nicht wohl bezweifelt werden
können, kam er auf die Idee, ob nicht »bei der Abortivbehandlung
der Bubonen die Injektion der Flüssigkeiten als solche die Haupt-
sache, ob es nicht ganz gleichgültig sei, was wir injieiren«e. In Ver-
folgung dieses Gedankens behandelte er an der Pick’schen Klinik
in Prag 25 Fälle mit 27 Bubonen (ohne Auswahl) mit Injektionen
von physiologischer Kochsalzlösung in die Abscesshöhlen und in die
Drüsensubstanz.
Die Einspritzungen wurden gut vertragen, machten keine oder
nur geringe und kurzdauernde Schmerzen und sehr unbedeutende
Temperaturerhöhung. Von den erwähnten Fällen wurden 20 = 74%
in durchschnittlich 15,4 Tagen geheilt (außer den Injektionen wurden
nur Umschläge mit essigsaurer Thonerde gemacht); bei 2 strumösen
Bubonen wurde die Behandlung aus äußeren Gründen nicht zu
Ende geführt, doch trat eine wesentliche Besserung ein. 5 Fällg
= 14,8% mussten nachträglich noch operirt werden, doch waren
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 649
2 davon zu spät in die Spitalbehandlung eingetreten. Die Opera-
tionen waren sehr leicht.
Die Resultate dieser Methode waren also so günstig wie bei den
gebräuchlichsten Abortivmethoden nach Lang und Welander. Diese
sehr interessanten Resultate W.’s beweisen wohl wieder, wie viel auf
dem Gebiet der Bubonenbehandlung durch exspektative Therapie
erreicht werden kann, und dass zu frühzeitige Eingriffe jeder Art
nicht berechtigt sind. Jadassohn (Bern).
8) F. Pinkus. Über eine Form rudimentärer Talgdrüsen.
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLI. Hft. 3.)
In einer sehr sorgfältigen anatomischen Arbeit beschreibt Verf.
eine eigenthümliche Art von Haaren, welche »an Stelle des gewöhn-
lichen Talgdrüsenkranzes von einem mehr oder minder ausgebildeten
eylindrischen Epithelrohr umgeben sind« und welche sich vorzugs-
weise an Stellen der Haut finden, an denen durch pathologische
(Naevi etc.) oder durch normale Gebilde (behaarte Kopfhaut) eine
hochgradige Raumbeschränkung vorhanden ist. Die genauere Be-
schreibung dieser interessanten Bildungen muss im Original nach-
gelesen werden. F: Jadassohn (Bern).
9) C. A. Ljungren. Von der Fähigkeit des Hautepithels,
außerhalb des Organismus sein Leben zu behalten, mit Be-
rücksichtigung der Transplantation.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 608.)
L. berichtet über recht interessante Versuche mit Hautstückchen,
die in steriler Ascitesflüssigkeit aufgehoben wurden. 1) wurden
solche Hautläppchen nach einer Aufhebung von 2 Tagen bis zu mehr
als 3 Monaten mikroskopisch untersucht. Es ergab sich der be-
merkenswerthe Befund, dass die Epithelzellen ihre Kernfärbbarkeit
bewahrt hatten. 2) wurden 22 konservirte Läppchen verschiedenen
Alters zu Transplantation auf Granulationsflächen benutzt. Davon
heilten 16 Stücke zunächst an, doch gingen deren noch 5 nachträg-
lich zu Grunde. Bei den restirenden 11 Läppchen >kommt es L.
vor«, dass sie bleibende Haut bildeten, welche Fälle etwas eingehen-
der berichtet werden. 3) wurde von 2 Hautläppchen, 6 Tage und
1 Woche alt, welche transplantirt und angeheilt waren, Stückchen
zur mikroskopischen Untersuchung entnommen. Die letztere bewies,
dass das Epithel in der That lebendige Proliferation entwickelt hatte.
(Kerntheilungsfiguren). 5 Präparate sind abgebildet.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
10) H. Ribbert. Experimentelle Erzeugung von Epithel-
und Dermoidcysten.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 575.)
R. hat, wie er schon früher mitgetheilt, experimentell Epithel-
cysten dadurch erzeugen können, dass er bei demselben Thier völlig
25%%
650 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
abgetrennte Hautstückchen in einen Stichkanal einer Lymphdrüse,
in die vordere Augenkammer, unter die Haut und in die Bauchhöhle
brachte. Hier berichtet er kurz über einige Resultate seiner zahlreich
angestellten Experimente hinsichtlich der Entstehungsbedingungen
der Cysten und über histologische Veränderungen des fortwuchernden
Epithels derselben. Es hat sich gezeigt, dass eine Entwicklung der
fraglichen Geschwülste nur dann eintritt, falls außer Epithel auch
Bindegewebe mit transplantirt wird. Ist das der Fall, so ist der Er-
folg gleich gut, gleichviel, ob äußere Haut, Mundschleimhaut, Con-
junctiva oder Epithel der Hornhaut und Luftröhre (letzteres wenig-
stens bei Einbringung in Lymphdrüsen) verwendet wird. Während
das transplantirte Epithel selbst an seinem neuen Standort seine ur-
sprüngliche Beschaffenheit beibehält, erfährt das von -ihm auf die
Nachbarwundfläche fortwuchernde eine »Rückbildung in dem Sinne,
dass es auf eine frühere Entwicklungsstufe, auf einen weniger diffe-
renzirten Zustand zurückkehrt, also eine einfachere Form annimmt«.
Details mögen in dem selbst schon kurz gehaltenen Original ersehen
werden; nur das sei erwähnt, dass in den durch Hornhautepithel
erzeugten Cysten sich desquamirte Zellen zeigten, welche Verände-
rungen darboten, wie sie in Carcinomen ‘vorkommen. Aus allen
diesen Befunden ergiebt sich, dass man dem Epithel der fertigen
Cyste in Folge sekundärer Veränderungen nicht immer mehr mit
Sicherheit seine Abkunft ansehen kann.
Einige Dermoidcysten erhielt R. auf folgende Weise. Die Haut
des Kaninchenschwanzes wurde von der Spitze auf eine Strecke von
1—2 cm entfernt, dann dieser wunde Abschnitt in eine durch Ein-
stich hergestellte Hauttasche auf dem Rücken des Thieres nahe der
Basis des Schwanzes gebracht und durch Nähte befestigt. Bei Nach-
untersuchung nach Monaten fanden sich gewöhnlich einzelne oder
mehrere stecknadelkopf- bis erbsengroße Dermoide.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
11) P. G. Unna. Die Zusammensetzung des Leprabacillen-
schleims.
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXVI. No. 1.)
Unter Leprabacillenschleim versteht U. die Masse, in welcher
die Bacillen bei tuberöser Lepra vielfach liegen. Durch Vorbehand-
lung mit Salpetersäure (Details siehe im Original) hat Verf. den
Nachweis geliefert, dass dieser Schleim sich in Bacillen auflösen
lässt, die bei dieser Behandlung eine Affinität zu Methylenblau haben,
während der Rest der Bacillen das Fuchsin festhält. Die letzteren
hält U. für die lebenden, die ersteren für die abgestorbenen Indi-
viduen. Dieser Schleim ist es, der nach U. die Irrlehre von der
intracellulären Lagerung der Bacillenhaufen bedingt hat.
Jadassohn (Bern).
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 651
12) O. Laverde. La lèpre et son traitement par la séro-
therapie. (Bucaramanga, Columbia.)
(Gaz. med. de Paris T.I. Nr. 6, 7, 13.)
Obgleich es nicht möglich ist, die Lepra auf Thiere zu über-
impfen, wurde der Versuch gemacht, von Eseln, Ziegen und Schafen
antilepröses Serum zu erlangen. In 2 Versuchsreihen wurden diesen
Thieren 1) 80—100 g Serum Lepröser, 2) durch Zerreiben von Le-*
promen gewonnener Gewebssaft (ca. 20 ccm) injicirt; nach bereits
8 Tagen wurde den so vorbereiteten Thieren Blut entzogen, dessen
Serum auf seine Wirksamkeit an Leprösen geprüft. Injicirt wurden
alle 2—8 Tage etwa 5—20 ccm Serum nach sorgfältigster allgemein
hygienischer Vorbereitung, Untersuchung und Desinfektion der
Kranken, gewöhnlich am Schulterblattwinkel. Das Serum der
2. Versuchsreihe erwies sich sehr wirksam. Stets trat nach der ersten
Einspritzung Reaktion auf mit Fieber, Frösteln, Übelbefinden,
Schmerzen in Lenden und Bauch; eben so regelmäßig fehlte sie
nach den weiteren Injektionen. Die Heilerfolge »depassent toute
predision«e und erstreckten sich gleichmäßig auf alle Erscheinungen;
die Bacillen selbst schwinden nachweisbar.
Von den 60 Beobachtungen werden 3 mitgetheilt, in welchen
die Kranken bis auf einige rothe Fleckchen völlig geheilt wurden,
und nach 19—33 Injektionen ihrer gewohnten Thätigkeit wieder
nachgehen konnten. In noch schwereren Fällen, »dont le tögument
ext. n’était qu'un vaste leprome« wurden vorzügliche Erfolge mit
gleichzeitiger Anwendung der Kauterisation erzielt.
Die Einfachheit der Methode und die Zuversicht des Autors
lassen nichts zu wünschen übrig. Christel (Metz).
13) C. Boeck. Die Exantheme der Tuberkulose.
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLII. Hft. 1 ff.)
Die vorliegende sehr ausführliche Arbeit ist einer Gruppe von
Krankheiten gewidmet, welche zum Theil schon seit langer Zeit
bekannt sind, zum Theil erst in den letzten Jahren die Aufmerksam-
keit auf sich gelenkt haben. Das Moment, das diese Krankheitsgruppe
nach der Ansicht des Verf. zusammenhält, ist der Umstand, dass alle
diese Infektionen bei tuberkulösen Individuen vorkommen, ohne dass
es aber bisher auch nur bei einer von ihnen gelungen wäre, den Nach-
weis zu erbringen, dass sie wirklich im eigentlichen Sinne tuberkulös
sei. Desswegen ist Verf. der in neuester Zeit auch in Frankreich
mehrfach vertretenen Anschauung, dass diese Infektionen nicht durch
den Tuberkelbacillus als solchen, sondern nur durch seine Toxine
hervorgerufen werden. In diesem Sinne nennt er sie »die Exantheme
der Tuberkulose«, während in Frankreich der Ausdruck »Tuberkulide«
für die so definirten Krankheiten vorgeschlagen worden ist.
Von gut bekannten Dermatosen zählt hierher der Lichen scro-
phulosorum, bei welchem bisher der Nachweis von Bacillen trotz des
*
652 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
tuberkelähnlichen Baues noch nicht mit Sicherheit geglückt ist, und
der Lupus erythematosus discoides, welcher von den meisten deutschen
Dermatologen von den tuberkulösen Erkrankungen scharf gesondert
wird, von dem aber auch wieder speciell viele französische Autoren
auf Grund ihrer klinischen Beobachtungen mit mehr oder weniger
großer Bestimmtheit annehmen, dass auch er ganz wesentlich nur bei
Tuberkulösen vorkommt.
Dieser Ansicht ist auch B. seit sehr langer Zeit, und er giebt
in der vorliegenden Arbeit zum 1. Mal eine Statistik über 36 Fälle
von Lupus erythematosus discoides, unter denen nur bei 16—17%
nichts von Tuberkulose bei den Kranken selbst oder bei ihren
nächsten Angehörigen gefunden werden konnte. Sehr viel weniger‘
bekannt ist eine andere Hautkrankheit, welche B. schon im Jahre
1880 unter dem Namen Lupus erythematosus disseminatus beschrieben
und in nähere Beziehungen zu der von Kaposi abgesonderten Form
des Lupus erythematosus gebracht hat. Sehr ähnliche oder auch
gleiche Erkrankungen sind in den letzten Jahren unter sehr verschie-
denen Namen beschrieben worden (Folliculis, Hydradenitis, Folliculitis
exulcerans, Granulome innominé).
B. giebt nun auf Grund einer größeren Anzahl einzelner Beob-
achtungen ein sehr detaillirtes Bild dieser Erkrankungen, aus dem
hervorzuheben ist, dass bei Personen mit ausgesprochenen skrofu-
lösen Symptomen, speciell mit Drüsentumoren mit oder ohne Fieber-
bewegungen, meist in einzelnen Schüben und oft mit einem außer-
ordentlich chronischen Gesammtverlauf bald in der Tiefe der Haut,
bald mehr oberflächlich schmerzlose Knötchen auftreten, die sich
entweder ohne Eröffnung zurückbilden oder zu einer centralen Ne-
krose eventuell mit Eiterpustel führen. Sie heilen mit recht charak-
teristischen, scharf geschnittenen, flachen Narben nach längerer Zeit
spontan ab. In anderen Fällen können sie zur Bildung tieferer,
scharf geschnittener und sehr lange Zeit bestehender Geschwüre
führen. Sie lokalisiren sich mit Vorliebe am Ulnarrand der Unter-
arme, an den Handgelenken, den Händen und Ohren, welche letz-
tere durch die vielen Narben eine starke Verbildung erleiden können.
Nur selten sind sie gruppirt, meist ganz unregelmäßig verbreitet.
Dieses Krankheitsbild kann sich, wie Verf. an einzelnen Beispielen
nachweist, kombiniren mit jener eigenthümlichen, scharf begrenzten,
akut auftretenden, aber durch lange Zeit hindurch bestehenden
Röthung, welche Kaposi bei seiner Form des akuten Lupus ery-
thematosus als Erysipelas perstans bezeichnet hatte, während wir sie
jetzt, da wir wissen, dass es sich hier nicht um eine Streptokokken-
infektion handelt, besser als Erythema perstans bezeichnen. Sie kom-
biniren sich aber ferner auch mit der chronischen Form des Lupus
erythematosus und mit Lichen scrophulosorum.
Die histologischen Untersuchungen des Verf. haben bei dieser
Erkrankung Veränderungen ergeben, die nicht irgend wie specifischer
Natur sind, von den Gefäßen ausgehen und zu entzündlicher Infil-
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 653
tration und Nekrose führen. Riesenzellen und Bacillen hat B. nie
gefunden (im Gegensatz zu Befunden bei der Folliculitis exulcerans
und anderen hierher gehörigen Krankheiten, im Gegensatz auch zu
einem Befund des Ref.).
Weiterhin beschreibt B. noch eine Form von Eczema scrophulo-
sorum, welche wesentlich bei jugendlichen Individuen vorkommt, in
ihrer Lokalisation am Rumpf und an den unteren Partien der Ex-
tremitäten mit dem Lichen scrophulosorum sehr viel Analogien auf-
weist, durch hellröthliche, schuppende und vielfach gyrirte Flecke
charakterisirt ist, sich am behaarten Kopf in Form einer Pityriasis
findet, aber durch eine große Neigung zu nässen ausgezeichnet ist.
Auch diese Erkrankung findet sich, oft allerdings nur in lokalisirten
Herden, bei skrofulösen Individuen und gelegentlich kombinirt mit
dem Lichen scrophulosorum.
Zur Behandlung der verschiedenen Affektionen empfiehlt B.
außer der allgemeinen Therapie, besonders mit Chinin, Eisen und
Leberthran, örtlich die Anwendung von Bleisalbe, Bleiwasserumschlägen
und Bleiwasserliniment.
Wie aus dem Gesagten hervorgeht, ist B. geneigt, alle die hier
genannten Krankheiten nur als Varianten einer Grundkrankheit auf-
zufassen, und er glaubt, dass die verschiedenen Formen auf indivi-
duellen Verschiedenheiten, Alter, Geschlecht etc. beruhen. Wegen
der hervorragenden Symmetrie aller dieser Erkrankungen nimmt er
eine centrale vasomotorische Störung (durch das Tuberkulotoxin) als
die Ursache dieser Affektionen an. Er ist überzeugt, dass auch ge-
wisse andere Erkrankungen, wie Lupus pernio., Erythema induratum
etc. in dieselbe Gruppe gehören, ohne das aber bislang beweisen zu
können. Die verschiedenen Erkrankungen haben speciell eine Be-
deutung als »prämonitorische« Zustände, da sie immer auf eine
manifeste oder latente Tuberkulose hinweisen.
Ref. möchte sich zu dieser interessanten und verdienstvollen
Arbeit Bis nur in aller Kürze die folgenden Bemerkungen er-
lauben.
Von den erwähnten Krankheiten gehört der Lichen scrophulo-
sorum zweifellos zur Tuberkulose, wenn auch seine Entstehung
durch die bacilläre Infektion bisher nicht mit Sicherheit bewiesen
ist. Das von B. als Eczema scrophulosorum bezeichnete Krankheits-
bild ist mir sehr wohl bekannt, und ich habe es immer nur als eine
morphologische Abart des Lichen scrophulosorum aufgefasst, auch auf
dem Londoner Kongress auf diese Form hingewiesen, und kann nach
älteren und neueren Beobachtungen behaupten, dass diese Form, wie
der Lichen scrophulosorum, auf Tuberkulin lokal reagirt, und dass man
auch bei ihr Riesenzellen findet. Dagegen habe ich ein Nässen
dieser Form im Allgemeinen nur selten und speciell an der schon
von Hebra hervorgehobenen Prädilektionsstelle, der Inguinalgegend,
gesehen. Was den Lupus erythematosus discoides angeht, so stehen
sich hier die Erfahrungen in auffallender Weise gegenüber, und ich
654 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
hoffe bald Gelegenheit zu haben, zu beweisen, dass die statistischen
Angaben Bi jedenfalls eine Verallgemeinerung nicht vertragen. Der
wichtigste Theil der Arbeit ist zweifellos derjenige, welcher sich mit
dem Lupus erythematosus acutus beschäftigt. Das Krankheitsbild,
das B. hier entwirft, und das sich mit den neueren, speciell franzö-
sischen Erfahrungen in auffallender Weise deckt, scheint in der That
mit der Tuberkulose in einem kaum zu bestreitenden Zusammenhang zu
stehen. Ich habe das selbstan einem dem B.’schen Bilde im Ganzen sehr
gut entsprechenden Falle beobachten können, doch glaube ich, dass es
zunächst vortheilhafter sein wird, die doch noch keineswegs bewie-
senen Beziehungen dieser Erkrankungen zu dem gewöhnlichen Lupus
erythematosus nicht so sehr in den Vordergrund zu stellen.
In jedem Falle wird die zusammenfassende Darstellung Bi den
Ausgangspunkt einer die ganze Frage hoffentlich fördernden Bearbei-
tung aller einschlägigen Fälle bilden, und damit wird nicht bloß die
Dermatologie, sondern auch die allgemeine Pathologie und die prak-
tische Medicin wesentlich gewinnen. Jadassohn (Bern).
14) C. v. Samson-Himmelstjerna. Ein »Hautmaulwurfe«.
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLI. Hft. 3.)
In dankenswerther Weise giebt Verf. Bericht über eine sehr
merkwürdige, speciell in Ost-Russland schon seit längerer Zeit be-
kannte, von der wissenschaftlichen Dermatologie bisher aber nur
wenig berücksichtigte Affektion, welche Crocker vor einigen Jahren
als »Creeping disease« bezeichnet hat. Das Krankheitsbild ist das
folgende: In der heißen Jahreszeit tritt plötzlich, meist an den un-
bedeckt getragenen Körpertheilen, Jucken und Brennen auf — man
bemerkt eine rothe, wenig erhabene, unregelmäßig geschlängelte, nie
verzweigte Linie (bisher wurde immer nur eine solche beobachtet); diese
verlängert sich (1—15 em in 24 Stunden) und heilt an ihrem Anfangs-
theil — bei Brünetten mit einer weißen Verfärbung — in einigen
Tagen ab; sie ist also in sehr verschiedener Länge sichtbar. Manch-
mal entstehen viele Windungen auf einer beschränkten Hautpartie,
in anderen Fällen werden große Strecken der Haut durch-
wandert. Das Jucken findet sich immer nur in den frischen Partien
des Ganges. Die Krankheit wird bedingt durch eine der Gattung
Gastrophilus angehörige Larve; die {Species ist noch nicht genau
bestimmt; auch die Infektionsart ist noch unbekannt. v. S. nimmt
an, dass die Larve von Thieren aus in die Haut des Menschen ein-
dringt. Oft ist es schwer, die Larve zu finden; sie kann 1: cm vom
Ende des sichtbaren Ganges in der noch normalen Haut sitzen und
dort als ein schwarzes Pünktchen mit der Lupe entdeckt werden (am
besten nach Druck mit dem Objektträger). Sie wird dann natürlich
einfach herausgeschnitten, und die Krankheit geheilt.
Jadassohn (Bern).
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 655
15) Trachsler. Das Vorkommen der Mikrosporie in Hamburg.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 6.)
Die Verfasserin veröffentlicht aus Unna’s Klinik die ersten
Fälle der Gruby-Sabouraud’schen Krankheit »Mikrosporie«, die
in Hamburg zur Beobachtung gekommen sind. Die (11) Fälle waren
klinisch charakteristisch: scharfe Begrenzung, gleichmäßige Bedeckung
mit grauweißen Schuppen, Erhaltenbleiben von 2—3 mm langen
dicken weißlichen Haarstümpfen, kleinere » Tochterherde « und größere
Mutterherde, bedeutende Kontagiosität, Indolenz, auffallende Chroni-
cität, Schwierigkeit der Behandlung, Beschränkung auf das Kindes-
alter; dabei aber hatten die Hamburger Erkrankungen eine große
Neigung, nicht bloß bei den Kindern selbst, sondern auch bei den
Erwachsenen, welche mit den Kindern in enge Berührung kamen,
an der unbehaarten Haut des Körpers trichophytieähnliche, aber
immer bläschenfreie, mit flachem Rand versehene Herde zu bilden.
Die Haarbefunde waren charakteristisch: eine aus kleinen Sporen
zusammengesetzte Scheide um die Haare (diese Sporenscheide war
umgeben von einer »Haarscheide«, die Sabouraud nicht beschrieben
hat). Die genauere bakteriologische Untersuchung soll später ver-
öffentlicht werden; es zeigte sich, dass die Pilze von den verschiedenen
Fällen unter sich und von den beschriebenen Mikrosporonarten noch
verschieden waren, 'dass »also die Mikrosporie eine klinisch-histo-
logisch-mykologisch wohl charakterisirte Erkrankung des Kinderkopfs
ist, deren Varietäten durch verschiedene, sich sehr nahe stehende und
vermuthlich zu einer Gattung gehörende Pilzarten erzeugt werden +.
Jadassohn (Bern).
16) J. Neumann. Über Keratoma hereditarium.
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLII. Hit. 2.)
Verf. hat die von Hovorka auf der Insel Meleda beobachtete,
fälschlich als Lepra aufgefasste Krankheit (deren nichtlepröse Natur
schon Ehlers erkannt hatte) an Ort und Stelle untersucht und be-
schreibt 3 Fälle, deren Photographien und Stammbäume er publieirt.
Was schon a priori klar war, das geht aus der Arbeit Mis mit Be-
stimmtheit hervor, nämlich dass es sich hier um eine Analogie des
Keratoma palmare et plantare hereditarium handelte. Die Thatsache,
dass diese exquisite Familienkrankheit, welche durch starke Hyper-
keratose in unregelmäßig höckeriger Form charakterisirt ist, nicht
auf die Palmae und Plantae beschränkt zu sein braucht, sondern
sich auch speciell an den Streckseiten einzelner Gelenke findet, war
auch schon bei einzelnen in der Litteratur beschriebenen Fällen kon-
statirt worden (cf. z. B. eine Beobachtung, die aus dem Breslauer
Material des Ref. im Stereoskopisch-medicinischen Atlas 1896 von
Raff publieirt worden ist. Auf Grund dieser Abweichung schlägt
N. vor, das »plantare et palmare« aus dem Namen der Krankheit
fortzulassen; doch bleibt diese Lokalisation die hervorstechendste
Eigenschaft der Erkrankung. Verf. hält diese Keratose auf Grund
656 "Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
einer Beschreibung der Haut der Buschmänner und der Bewohner
des Feuerlandes (von G. Fritsch) für »eine im Laufe einer unbe-
stimmt langen Zeit allmählich auf einzelne Hautstellen eingeschränkte,
in einzelnen Familien mit großer Konstanz sich vererbende ata-
vistische Hautbildung«. Jadassohn (Bern).
17) Roux de Brignoles (Marseille). Fractures de la colonne
vertebrale.
Paris, 1898.
R. behandelt die Wirbelsäulenbrüche ausschließlich auf Grund
von Litteraturstudien. Dabei finden aber die englischen und deut-
schen Arbeiten so gut wie gar keine Berücksichtigung; insbesondere
ist Kocher’s hochbedeutende Arbeit mit ihren auf reicher Eigen-
erfahrung beruhenden neuen Gesichtspunkten dem Verf. nicht be-
kannt. Er hält sich bezüglich der pathologisch-anatomischen Ver-
hältnisse im Wesentlichen an die Experimentalstudien von Ménard,
bezüglich der Therapie an die Lehren von Chipault.
Ursache und Sitz der Fraktur stehen nach den Erfahrungen
der Franzosen, die bezüglich dieses Gegenstandes am meisten experi-
mentirt haben, in einem Wechselverhältnis. Sie unterscheiden
1) Frakturen der unteren Halswirbelsäule — durch Beugung des
Kopfes (Bonnet); 2) Frakturen des Dorsalabschnittes — bei Sturz
auf den Nacken, den geneigten Kopf (M&nard), seltener bei Sturz
auf das Gesäß (Chipault); 3) der Dorsolumbalgrenze (12. Brust-,
1. Lendenwirbel) bei totaler Zusammenknickung (Chedevergne,
Molliere); 4) der Dorsolumbalgegend und Lumbalgegend — bei
Sturz auf das Gesäß mit gegen den Thorax gebeugten Beinen.
Der Form nach unterscheidet R. am Wirbelkörper Abriss-
frakturen (par l’arrachement), welche theils Horizontal-, theils
Schrägfrakturen seien, und Kompressionsfrakturen (dans l’&crase-
ment). Beide seien oft von Brüchen der Bogen und der Dornfort-
sätze, so wie von Verrenkungen und Brüchen der Gelenkfortsätze
begleitet. Diese seien für die Art der Deformation von ausschlag-
gebender Bedeutung. Reine Verrenkungen des Dorsal- und Lumbal-
abschnitts der Wirbelsäule halten alle neueren Autoren für un-
möglich. Man habe jede Luxation nur als Komplikation einer
Fraktur aufzufassen.
Was die Schädigung des Rückenmarks betrifft, so lässt R.
auch den Begriff der Commotio medullae gelten. Die Kontusions-
folgen theilt er dem Grade nach in totale Durchtrennung, in totale
direkte Zertrümmerungsnekrose und in partielle Verletzungen. Be-
züglich des Zustandekommens der Markschädigung stehen sich 2 An-
sichten gegenüber. Chedevergne stellt sich vor, dass das Mark in
der Regel, wie eine Violinsaite über den Steg, so über die hintere
obere Kante des gebrochenen Wirbelkörpers gespannt und dem
gemäß gequetscht werde. Felizet, Ménard und Chipault nehmen
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 657
an, dass das Rückenmark wie in einen Schraubstock gefasst und
gepresst wird zwischen dem gebrochenen Wirbelkörper und dem
sich vorwärts schiebenden Bogen des nächsthöheren Wirbels.
Für die Art der Behandlung, die historisch und ausführlich
besprochen wird, ist diese Streitfrage von principieller Bedeutung.
Als Anhänger von Chipault ist R. folgerichtig ein warmer Für-
sprecher der blutigen Behandlung, der Laminektomie. Er lässt die
Reduktion nur gelten für Wirbelsäulenbrüche mit geringer Defor-
mation ohne Kompressionserscheinungen seitens des Rückenmarks.
Er empfiehlt dann als Methode die manuelle Extension und Kontra-
extension mit vorsichtigem Druck der flachen Hand auf den Buckel.
Die Gefährlichkeit des Verfahrens sei durch nichts erwiesen. Für
die Immobilisirung wird ein neues, vollkommenes Verfahren nicht
angegeben.
Der Reduktion weit überlegen aber ist nach Bis Ansicht
die Laminektomie, die er für alle Fälle von Wirbelbruch mit be-
deutender Deformität und vollkommener Paralyse, so wie auch mit
geringer Deformität und partieller Markschädigung angezeigt hält.
Jene tappe im Dunklen, diese lasse das Rückenmark bloßlegen,
Splitter entfernen, gefährliche Vorsprünge abtragen, und sei nicht
eingreifender als die Reduktion. Bei perimedullären Blutergüssen
überdies leiste letztere nichts. Die bisherigen Misserfolge erklärt
R. damit, dass nicht früh genug operirt wurde, und dass man
all zu verzagt vorging, indem man meist den Zugang zum Rücken-
mark nicht hinreichend groß angelegt habe. Er empfiehlt die sub-
periostale Methode der Laminektomie in Anlehnung an Chipault.
Sie liefere, wie ihn ein 1895 operirter Fall von Bogenbruch gelehrt
habe, eine osteofibröse Bedeckung, die das Mark vollständig schütze.
Auch die Spättrepanation sei nicht zu verwerfen, doch dürfe man
nicht allzu viel von ihr erwarten. [Es ist zu bedauern, dass auch
diese Arbeit eben so wie diejenige von Chipault und Anderen die
experimentell gewonnenen Erfahrungen über die Grenzen der Rücken-
marksregeneration so gar nicht in Betracht zieht. Bet!
P. Stolper (Breslau).
18) Laehr (Berlin). Über Nervenkrankheiten nach Rücken-
verletzungen unter besonderer Berücksichtigung der orga-
nischen Rückenmarksaffektionen.
(Charit&-Annalen Jahrg. XXII. p. 689—776.)
L. hat sich der verdienstvollen Arbeit unterzogen, aus dem
Material der Nervenklinik in der Charité diejenigen Fälle von Nerven-
krankheiten aller Art herauszusuchen, bei welchen ein schweres
direktes oder indirektes Rückentrauma der Erkrankung voraus-
gegangen war. Unter den 800 in den Jahren 1893—97 behandelten
Kranken befanden sich 127 oder fast 16%, bei denen dies zutraf;
und zwar litten 55 an einer organischen, 72 an einer funktionellen
658 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
Nervenkrankheit. Auf die theilweise sehr eingehend besprochenen
Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Doch mag nicht
unerwähnt gelassen werden, dass es sich oft um ein sehr weit, meist
jahrelang zurückliegendes Trauma handelt, dessen ursächlicher Zu-
sammenhang mit dem später auftretenden Nervenleiden durchaus
nicht immer fraglos erscheint. Für Beurtheilung von Unfällen ist
der Aufsatz höchst bedeutsam. Lühe (Königsberg i/Pr.).
19) Menard (Berck-sur-Mer). Du redressement brusque de
la gibbosit6 dans le mal de Pott. Étude anatomique et
experimentale.
(Presse méd. 1897. No. 57.)
Dieselben Bedenken, welche sich wohl Allen, die mit der patho-
logischen Anatomie der tuberkulösen Wirbelsäulenerkrankung ver-
traut sind, gleich nach der Veröffentlichung Calot's aufdrängten,
fasst Verf. in dankenswerth rücksichtsloser Weise zusammen, indem
er auf die großen Lücken, die nach dem Redressement entstehen,
auf das Fehlen jeglicher Knochenneubildung bei tuberkulösen Knochen-
processen und auf das Entstehen von Abscessen hinweist. Er hat
an mit Gibbus behafteten Leichen Versuche angestellt, welche seine
theoretischen Bedenken vollauf bestätigten; die Diastasen in der ge-
streckten Wirbelsäule sind ganz kolossal, die übrig bleibenden Bögen
und Dornfortsätze nicht im Stande, der Wirbelsäule den nöthigen
Halt zu gewähren; die Lücken waren ausgefüllt mit käsigen, fungösen
Massen und Knochensplittern. Mehrere Abbildungen solcher Präpa-
rate illustriren seine Ausführungen. — Für beginnende Fälle hält
M. ein so brüskes Vorgehen für ganz unnöthig; man kommt dann
mit Sayre’schem Stützapparat oder mit horizontaler Lagerung und
Fixirung, wie er sie ebenfalls abbildet, aus. Verf. äußert sich zum
Schluss seiner interessanten Ausführungen sehr zurückhaltend über
die Zukunft des Verfahrens und warnt dringend davor, dasselbe für
einen leichten Eingriff zu halten, wie es Calot darzustellen schien.
Es verdient besonderer Erwähnung, dass schon früh auch in Frank-
reich Stimmen laut geworden sind, welche vor zu großem Enthusias-
mus warnten. Tschmarke (Magdeburg).
20) J. Steiner. Klinische Studien über die Totalskoliose
und die dabei beobachtete konkavseitige Torsion. (Aus dem
orthopädischen Institut von Dr. A. Lüning und Dr. W.
Schulthess in Zürich.)
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.)
Bei der Durchsicht des ihm von Schulthess zur Verfügung ge-
stellten klinischen Untersuchungsmaterials fand Verf. 34 Totalskoliosen
(3%). Als reine (von den atypischen und scheinbaren Formen zu
trennende) Totalskoliosen haben nur solche Skoliosen zu gelten, bei
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 659
denen die Torsion nach der konkaven Seite der Krümmung gerichtet ist.
Die Torsionserscheinungen sind bei der Totalskoliose nie erheblich,
verringern sich aber auch nicht mit der Zunahme der physiologischen
Krümmungen. Der konkavseitigen Torsion ist am Schluss der
Arbeit eine kurze historische Betrachtung gewidmet.
J. Biedinger (Würzburg).
21) S. Erben. [Ischias scoliotica (Scoliosis neuralgica).
(Beiträge zur klin. Medicin u. Chirurgie Hi. 16. Wien, W. Braumüller, 1897.)
E. zählt aus der Litteratur neun verschiedene Gesichtspunkte
auf, nach denen die Deviation der Wirbelsäule bei Ischiaskranken
bisher beurtheilt wurde, und knüpft daran verschiedene kritische
Bemerkungen.
Auf Grund seiner eigenen Studien über die Muskelfunktionen
stellt Verf. den Satz auf, dass bei der Anteflexion des Rumpfes
hauptsächlich die Strecker, bei der Dextroflexion die linksseitig ge-
legenen, bei der Sinistroflexion die rechtsseitig gelegenen Muskeln
in Aktion treten. Die flektirte Haltung wird demnach von den
Antagonisten besorgt. Damit wendet sich E. gegen die Auffassung,
nach welcher bei Ischiaskranken die Vorwärtsneigung des Rumpfes
auf Schwäche, Lähmung oder Kontraktur des Erector trunci auf der
kranken Seite zurückzuführen ist. Auch die Ansicht lässt er nicht
gelten, dass die Skoliose einzig die Kompensation der schiefen Becken-
stellung oder der unveränderten Längenverhältnisse der Beine darstellt.
Das Moment der Entlastung (Albert,' Charcot) erkennt E. an
mit der Einschränkung, dass auch andere Momente die eigenthümliche
Haltung hervorrufen können, wie das Bestreben, die Bauchdecken
zu erschlaffen (Fischer und Schönwald) und durch Seitwärts-
biegung der Lendenwirbel den gequollenen Nervenstämmen der
kranken Seite mehr Platz zu gewähren (Nicoladoni). Die An-
sicht Remak’s, dass die Kranken die mechanischen Bedingungen
ausfindig machen, unter welchen das schmerzhafte Glied von dem
Körpergewicht einigermaßen entlastet wird, findet Verf. ebenfalls
nicht für ausreichend genug. Die Verschiedenheit der Skoliose hängt
vielmehr mit der verschiedenen Lokalisation der Nervenerkrankung
(der Schmerzhaftigkeit) zusammen.
Als Paradigma führt E. 5 Fälle an, und zwar 2 Fälle von ge-
kreuzter, 2 von homologer und 1 Fall von alternirender Skoliose.
J. Biedinger (Würzburg).
22) M. Dolega. Über die grundlegenden Gesichtspunkte
und Methoden der modernen Skoliosentherapie.
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.)
Die Skoliosen sind Belastungsdifformitäten, hervorgerufen durch
Abänderung der Wachsthumsbedingungen der Wirbelsäule. Die Form
entsteht durch Anpassung. Anfangs ist jede Skoliose eine Ermüdungs-
660 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
haltung. Die Methoden der Behandlung theilen sich in 4 Gruppen:
Gymnastik, Suspension, Redressement, Stützapparate. 10 Abbildungen
erläutern die D.’schen Modifikationen verschiedener Apparate.
J. Biedinger (Würsburg).
Kleinere Mittheilungen.
Zur Korsetttechnik.
Von
W. Mintz in Moskau.
Der Versuch, an den sehr haltbaren Walltuch’schen Holzleimkorsetts die
Holzspäne durch solche aus Kork zu ersetzen, ergiebt Korsetts von sehr ge-
ringem Gewicht und großer Festigkeit. Auf dem mit Rohleinwand überzogenen
Gipsmodell folgen sich 3 Schichten von Korkspänen, deren jede durch eine
Marlybinde den Formen des Modells adaptirt wird. Über das Ganse wird ein
Rohleinwandmantel gezogen. Die Korkspäne (z. B. !/, mm stark, 5 cm breit und
25 cm lang) liefert in jeder Dimension die Firma Haag in Karlsruhe. Als Binde-
mittel wird in bekannter Weise mit Kali bichromicum und Glycerin präparirter
Leim benutzt. Zwischen den einzelnen Schichten lassen sich Schienen bequem
einfügen.
23) O. Vulpius (Heidelberg). Zur Sicherung der Asepsis bei Ope-
rationen.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 19.)
V. hält die Benutzung permeabler Handschuhe bei orthopädischen Operationen,
die größtentheils auf die Extremitäten beschränkt und unter Blutleere ausgeführt
werden können, für vortheilbaft, weil dabei die Wirksamkeit der Handschuhe
durch Durchtränkung mit Blut nicht beeinträchtigt werde. 60 derartige, im
letzten halben Jahre von ihm gemachte Operationen waren von durchaus reaktions-
loser Heilung gefolgt. Er verwendet außerdem leinene Kopfkapusen und empfiehlt,
um eine Infektion der das Operationsgebiet abgrenzenden Kompressen von der
Haut aus zu verhüten, eine sterilisirte Unterlage aus impermeablem Stoff.
Kramer (Glogau).
24) Reinhardt. Mittheilungen über die in den Jahren 1880—1895
in der Göttinger chirurgischen Klinik beobachteten Sarkome der
langen Röhrenknochen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 523.)
R. hat über seine Bearbeitung des genannten Materials auf dem 1897er
Chirurgenkongress bereits Bericht erstattet, doch bedarf das diesbezügliche Referat
in diesem Blatt (1897, Kongressbericht p. 13), da es äußerst kurs gehalten, der
Vervollständigung. Unter den gesammelten 54 Fällen war am häufigsten die Tibia
ergriffen, nämlich 19mal=35%. Es folgt das Femur mit 18, der Humerus mit
13, Fibula und Radius mit je 2 Fällen. An der Tibia ist das obere, am Femur
das untere Ende die Sarkomlieblingsstelle, was wohl damit zusammenhängen wird,
dass hier die knorpeligen Epiphysenlinien sich am längsten erhalten und die be-
treffenden Knochenenden zu einem Locus minoris resistentiae machen. R. theilt
das Material nicht nach histologischem Prineip, sondern topographisch ein: in rein
periostale Geschwülste, in solche, bei denen sowohl Periost als Knochen ergriffen,
und endlich in rein centrale Sarkome. Die rein periostalen Geschwülste sind die
seltensten, nur durch 5 Fälle vertreten, am häufigsten die mit gleichzeitiger
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 661
Knochen- und Periosterkrankung, unter denen wieder die Fälle prävaliren, die
ihren Ursprung im Knochen selbst haben. In annährend 75% der Fälle saß die
Geschwulst in den Epiphysengegenden, doch nicht in den Epiphysen selbst, son-
dern im Schaft hart unter der Knorpelepiphysenlinie, die dem Wachsthum der
Geschwulst lange Zeit kräftigen Widerstand zu leisten fähig ist. Die Knochen-
rinde wird früher von der wachsenden Geschwulst durchbrochen. Betroffen war
das Kindesalter nur selten, am häufigsten die mittleren Jahre bis in die hohen
Alter hinein, Männer ungleich häufiger (40mal) als Weiber (14mal). Ein Trauma
wurde als mögliche Entstehungsursache 9mal angegeben, ohne dass Wahrschein-
lichkeit vorlag, dass es diese wirklich war; in einem Falle scheint erbliche Be-
lastung vorzuliegen. Etwa 1/2 Jahr lang nach Bemerkung der Krankheit gingen
durchschnittlich die Pat. der Klinik zu. Schwierigkeiten in der Diagnose waren
häufig, namentlich die Entscheidung, ob Tuberkulose’oder Geschwulst, oft schwan-
kend. In 6 Fällen wurde fälschlich zunächst ein Knochenabscess angenommen,
9malwar der sarkomatös entartete Knochen gebrochen. Zur Sicherung der Dia-
gnose ist häufig ein explorativer Eingriff erforderlich, und fanden 34mal darum
auch Probeineisionen statt. Was die Resultate der stets radikal mit Amputationen
oder Exartikulationen vorgenommenen operativen Therapie betrifft, so starben
4 Kranke im unmittelbaren Anschluss an die Operation (2 Hüftexartikulationen,
1 Schulterexartikulation, 1 Ausräumung eines verjauchten Femursarkoms). Als
radikal geheilt werden die wenigstens 4 Jahre gesund gebliebenen Operirten ge-
zählt; es sind deren 7 oder 18% (von den vor dem Herbst 1891 operirten 39 Fällen).
Recidive spielen beim Sarkom eine viel unwichtigere Rolle als die Metastasen.
Letztere sind 19mal (= 33%) verzeichnet, darunter 12mal Lungenmetastasen. Viel-
leicht sind einige Kranke, die angeblich an Lungenschwindsucht starben, that-
sächlich auch hieran zu Grunde gegangen. Recidive sind bei Fällen, die in der
Beziehung aufgeklärt sind, nur 6mal sicher konstatirt. Ein Unterschied in der
Bösartigkeit der Sarkome entsprechend ihrer histologischen Bauart aus Spindel-,
Rund-, etc. Zellen konnte nicht gefunden werden.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
25) A. Scheuber. Über die therapeutische Verwendung des Tuber-
kulin R.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLIL Hft. 2 u. 3.)
Auf Grund von 31 in der Pick’schen Klinik in Prag behandelten Fällen von
Hauttuberkulose verschiedener Form, deren Krankengeschichten eingehend wieder-
gegeben werden, berichtet Verf. über die Erfolge dieser Methode. Aus den
Schlussfolgerungen hebe ich hier das Folgende hervor: Die Injektionen haben
meist Reaktion an den Injektionsstellen und an den Erkrankungsherden im Ge-
folge; eventuell recht beträchtliche Temperatursteigerungen sind auch bei vor-
sichtigster Dosirung nicht mit Sicherheit zu vermeiden. — Im Beginn der Therapie
kommt es zu Besserung, nie zu Heilung der lokalen Herde — dazu genügte auch
die volle Dosis von 20 mg nicht; doch erscheint auch eine weitere Steigerung der Dosen
nicht aussichtsvoll, da der Process gegen Ende der Behandlung meist stationär
blieb. Auch nach den Injektionen folgenden Operationen stellten sich in einzelnen
Fällen Recidive ein, von einer Immunisirung war also keine Rede. Das neue
Tuberkulin hat mit dem alten bei gleichen Dosen alle Nachtheile gemein. Nur
die genaueste klinische Beobachtung kann vor unangenehmen Überraschungen be-
wahren. Unter den Fällen des Verf. traten 2mal bedrohliche Erscheinungen von
Seiten der Lungen auf; häufig wurden Herpeseruptionen und allgemeine Exan-
theme beobachtet; manchmal nach jeder neuen Injektion Röthung der früheren
Injektionsstellen, was Ref. gelegentlich auch beim alten Tuberkulin gesehen hat.
Die lokalen Reaktionen betrafen in der Regel nur die erkrankten Herde selbst,
selten waren erythematöse Höfe vorhanden.
(Auch Ref. hat Heilung durch Tuberkulin R bisher noch nicht beobachtet;
die unregelmäßigen Reaktionen sind auch in seinen Fällen zu konstatiren ge-
wesen. Ref.) Jadassohn (Bern).
662 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
26) o Krönig. Ein Beitrag zur Infusions- und Punktionstherapie.
(Ärztliche Polytechnik 1898. April.)
K. hat einen Hohlnadeltrokar, bestehend aus einer Hohlnadel, einem genau
hineinpassenden vorn stumpfen Trokar mit 2 Seitenfensterchen und einem Mandrin
konstruirt, der das Eindringen von Luft bei der Infusion ins subkutane Gewebe
verhütet. Die Hohlnadel macht den Einstich durch die Haut, der Trokar ist mit
Hahn und Ansatz für Gummischlauch versehen, er führt die Flüssigkeit ins sub-
kutane Gewebe ein und ist um ein weniges länger als die Hohlnadel. Etwaige
verstopfende Pfröpfe im Innern der letzteren werden beim Vorstoßen des Trokars
herausbefördert, so dass die Infusion kein Hemmopis erfährt. Abbildung im Ori-
ginal. Das Instrument dient auch zur einfachen Punktion.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
27) H. Strauss. Zur Technik des Aderlasses, der intravenösen und
subkutanen Infusion.
(Ärztliche Polytechnik 1898. April.)
Statt des Aderlasses im gewöhnlichen Sinn führt S. eine Venraepunktion aus
mit einem kleinen Trokar von 2mm Lichtung. Es fließt genügend Blut ab, selbst
wenn der Einstich in centripetaler Richtung gemacht ist. Den Trokar kann man
ohne Weiteres mit dem Gummischlauch des Infusionsinstruments verbinden.
Letsteres stellt 8. so her, dass er auch der Flasche, in welcher sich die zu in-
fundirende Flüssigkeit befindet, einen doppelt durchbohrten Pfropfen aufsetst. Eine
Glasröhre taucht in die Flüssigkeit ein und ist mit dem Gummischlauch verbunden.
Durch ein gewöhnliches Gebläse wird nun Luft eingepumpt, welche die Flüssigkeit
in die Vene hineinpresst. Die Luft kann durch Watte filtrirt werden. 2 Abbil-
dungen im Original. E. Fischer (Straßburg i/E.).
28) Fouquet (Kairo). Le tatouage medical en Égypte.
(Arch. d’anthropol. criminelle Bd. XIII. p. 270.)
An dem Körper einer zu Theben in Egypten in einem Grabe der 11. Dynastie
(ea. 3000 v. Chr.) aufgefundenen Mumie (Hathor-Priesterin) entdeckte Verf. ober-
halb und unterhalb des Nabels lineare Zeichnungen (erhabene weiße und blaue
Striche, in der unteren Bauchgegend annähernd horizontal in parallelen Reihen
verlaufend, in der Magengegend vertikal stehend), die er für Narben, herrührend
von einer ziemlich lange vor dem Tode vorgenommenen Skarifikation, ansprach ;
die blauen Striche wären dadurch entstanden, dass in die frischen Stichelungen
eine farbige Masse eingerieben und diese bei dem Vernarbungsprocess mit ein-
geheilt wäre. Es lag für ihn der Gedanke nahe, dass es sich hier nicht etwa um
Dekorationszwecke handeln könne, sondern um die Überreste eines chirurgischen
Eingriffs, der wegen einer Erkrankung des kleinen Beckens, vielleicht wegen chro-
nischer Pelveoperitonitis, an der betreffenden Dame vorgenommen worden sei. — Be-
stärkt wurde er in dieser Vermuthung durch die Thatsache, dass noch heutigen Tags
in Egypten Tätowirung zu medicinischen Zwecken geübt wird. Die daraufhin von
ihm angestellten Nachforschungen ermöglichten ihm, 97 derartige Fälle zusammen-
zustellen. Dieselben vertheilen sich wie folgt: 60mal waren die Schläfen, 24mal
die Hände, 4mal die Füße, Imal das Knie, imal die Schulter, 5mal der Rumpf,
imal der Nacken und (mal die Gegend unterhalb des Schwertfortsatzes in diesem
Sinn tätowirt; 60mal war das Verfahren bei Migräne und Neuralgien, 29mal bei
Läsionen der Knochen und Gelenke, 4mal bei Erkrankungen des Magens (Gastral-
gie), 2mal bei Affektionen der Haut und 2mal bei Tumoren in Anwendung ge-
kommen. Verf. theilt eine Reihe interessanter Fälle mit und erläutert sie an
Abbildungen. Aus denselben ist gleichzeitig zu ersehen, dass heutigen Tags noch
ganz dieselben Stellen, wie bei der obengedachten Mumie, therapeutisch in An-
griff genommen werden. — Auch mit dem Verfahren im Eingelnen macht uns der
Verf. bekannt. Es wird von eigens diesem Berufe nachgehenden herumziehenden
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 663
Frauen, die Ghagariät oder Halab heißen, mittels 3—7, nach Art einer Panflöte
mit einander verbundenen Nadeln geübt. Diese werden schräg in die Haut ge-
stoßen; wenn das Blut zu fließen beginnt, wird zunächst eine aus Milch und Ruß
bestehende Masse, sodann ein aus grünen Pflanzen gewonnener Saft (das letztere
angeblich, um einer Entsündung vorzubeugen) in die Stichwunden verrieben.
6. Buschan (Stettin).
29) E. Schiff. Über die Einführung und Verwendung der Röntgen-
strahlen in der Dermatotherapie.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 1.)
Verf. fügt den bisher in der Litteratur vorhandenen Mittheilungen über die
Behandlung von Lupus mittels Röntgen’scher Strahlen 2 Fälle eigener Beob-
achtung hinzu. In dem ersten wurde noch sehr energisch vorgegangen; sehr kräf-
tige Strahlen, 15—20 cm Distans, 2 Stunden tägliche Expositionsdauer; im zweiten
Falle Distans 20—25 cm, tägliche Expositionsdauer 1/;—1 Stunde (im Gansen
10 Stunden in 10 Tagen). Verf. ist mit den Resultaten sehr zufrieden. Er kon-
statirt, dass die allgemeine entzündliche Reaktion nach ca. 10tägiger Exposition
auftrat und auffallend lange anhielt; die specifische Reaktion lupösen Gewebes
auf Röntgenstrahlen zeigt sich darin, »dass nicht manifeste Lupusknoten durch
längere Beleuchtung sichtbar werden«; dass Lupusknötchen »gelockert werden und
ausfallen«, dass die Drüsen im Gebiet des Lupusherdes abschwellen; »durch die
längere Einwirkung von X-Strablen scheint die Umwandlung von torpiden Ge-
schwüren in lebhafte Granulationswunden veranlasst worden zu sein« (das letztere
stimmt mit den Erfabrungen des Ref. nicht überein). Jadassohn (Bern).
30) Crespin. Deux cas de lèpre incomplète.
(Ann. de dermat. et de syph. 1897. No. 7.)
An der Hand der beiden mitgetheilten Beobachtungen, deren Details im Ori-
ginal einzusehen sind (der Fall I wurde in einem frūheren Stadium der Beobach-
tung bereits frūher von Gémy publicirt) sucht Verf. zu beweisen, dass es eine
Form der Lepra giebt, welche sich klinisch durch das Auftreten schmerzhafter
mutilirender Panaritien, so wie durch Malum perforans der unteren Extremitäten
äußert, während wenigstens längere Zeit hindurch andere als charakteristisch an-
gesehene Symptome wenig ausgeprägt sind. Im Falle II war allerdings der sichere
Nachweis der Lepranatur der Erkrankung nicht erbracht, doch deckte sich das
klinische Bild so sehr mit demjenigen des Falles I (sweifellos Lepra), dass Autor
es für richtig hält, auf das Vorkommen derartiger entstellter unvollkommener
Lepraformen hinzuweisen, um so mehr, als man su Unrecht die Lepra in gewissen
Ländern als vollkommen erloschen erklärt, und durch diese Überzeugung nicht
selten Fehlliagnosen geschaffen werden. Kopp (München).
31) Long et Valenig. Un cas de lepre.
(Ann. de dermat. et de syph. 1897. No. 6.)
Der von den Verfl. mitgetheilte Fall bietet manches Interessante. Die durch
den bakteriologischen Befund als Lepra sichergestellte Erkrankung begann 1892
und nahm einen sehr raschen und schweren Verlauf; es sind jetzt die Haut, die
Schleimhäute und die peripheren Nerven befallen. Die Ursache der Infektion
konnte nicht festgestellt werden. Pat. hat niemals Frankreich verlassen, und
konnte auch nicht eruirt werden, dass er jemals mit Leprakranken in Berührung
gekommen sei. Er wurde wahrscheinlich in seiner Heimat (Bretagne) inficirt.
Die Autoren sind der Meinung, den Fall als eine Stütze für jene Theorie ver-
werthen zu können, welche annimmt, dass die Lepra endemisch in einigen Gegen-
den Frankreichs fortbesteht; in dieser Hinsicht ist es wohl von Interesse, fest-
zustellen, dass im vorliegenden Falle durchaus keine abgeschwächte Infektionsform
vorliegt. Kopp (München).
664 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
32) O. Naegeli. Über hämatogene Hauttuberkulose. (Aus dem path.-
anatomischen Institut in Zürich.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 15.)
Der mitgetheilte Fall, in welchem bei einer mit einer Lungenspitzenaffektion
behafteten 35jährigen Frau im Verlauf von fast einem Jahre in verschiedenen
Körpergegenden schubweises und symmetrisches Auftreten von tuberkulösen Knöt-
chen in der Tiefe der Cutis bei völlig unversehrtem Epithel beobachtet wurde,
beweist, dass sich auch außer bei akuter Miliartuberkulose bei chronischen tuber-
kulösen Leiden innerer Organe tuberkulöse Neubildungen hämatogenen Ursprungs
in der Haut entwickeln können. Kramer (Glogau).
33) Asselbergs. De l’action des injections de calomel dans le lupus
et les affections non syphilitiques.
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 1.)
Verf. hat in 14 Fällen von echtem tuberkulösem Lupus vulgaris durch die
Behandlung mit subkutanen Kalomelinjektionen theils wesentliche Besserung,
theils Heilung erreicht. Er glaubt sum mindesten dieses Verfahren als ein treff-
liches Unterstützungsmittel anderer Methoden empfehlen zu dürfen. Auch andere
nichtsyphilitische Erkrankungen wurden gelegentlich günstig beeinflusst (Gelenk-
und Konochentuberkulose, Epitheliome, Elephanthiasis). Auf Grund dieser Beob-
achtungen dürfte in Zukunft in Fällen schwieriger Diagnose zwischen Lepra vulg.
und Syphilis ulcerosa der Erfolg einer Kalomelinjektionstherapie nicht mehr im
Sinne der Syphilisdiagnose zu verwerthen sein. Kopp (München).
34) Malherbe (Nantes). Cas curieux de parasitisme chez l’homme.
(Progrès méd. 1898. No. 4.)
Bericht über einen höchst interessanten Befund von Distoma hepaticum in
der Haut. Die Ansiedlung des Parasiten hatte bei 23jährigem Mädchen zur Bildung
eines Infiltrats an der Schulter geführt. Bei der mit Verdacht auf Tuberkulose
vorgenommenen Ineision fand sich der Parasit auf dem Skalpell. Es gelang M.,
nur 4 ähnliche Fälle in der Litteratur zu finden. Die Heilung erfolgte nach der
Eröffnung stets rasch. Boesing (Hamburg).
35) 8. Cannarsa. Über eine seltene, wahrscheinlich parasitäre Der-
matose.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 5.)
Eine Anzahl von Personen, die alle mit dem Transport einer gewissen Rohr-
sorte (Arundo donax, Schalmeienrohr) beschäftigt gewesen waren, erkrankte 12 bis
24 Stunden danach mit Schwere in den Augenlidern, Schwellungen, Schmerzen,
Papeln, Blasen und Pusteln an Lippen, Genitalien, Händen, Conjunctivitis, Nasen-
bluten, Fieber bis 40,4 und wiederholten Schüttelfrösten, hartnäckiger Verstopfung,
Schlaflosigkeit, größerem Kräfteverfall, Schmerzen beim Uriniren; leichtere Fälle
dauerten 6, schwerere 18 Tage.
An dem Rohr fand sich ein schmutzigweißes Pulver, auf das der Verf. die
Krankheit zurückführt, über dessen Natur aber die Akten noch nicht geschlossen
sind. Jadassohn (Bern).
36) Kossel (Berlin). Über einen Fall von Anthrax. (Aus dem In-
stitut für Infektionskrankheiten.)
(Charite-Annalen 1897. p. 793.)
Der hier mitgetheilte Fall von Anthrax hat eine chirurgische Bedeutung da-
durch, dass er zeigt, wie ein solcher trotz schwerster örtlicher,und allgemeiner
Störungen doch ohne jeden Eingriff mit dem Messer zu heilen vermag. Ein Ein-
griff erscheint auch desswegen nicht ganz gefahrlos, da ja dadurch eine Anzahl
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 665
von Gefäßen eröffnet und somit unmittelbarer Eintritt der Krankheitserreger in
die Blutbahnen ermöglicht wird. In dem Inhalt der Pustel und einer Epidermis-
blase ließen sich theils frei, theils in Leukocyten eingeschlossen, spärliche Milz-
brandbacillen nachweisen, deren schlechte Färbbarkeit und zögerndes Wachsthum
auf eine geringe Lebenskraft schließen ließ. Während nun Mäuse, mit dem In-
halt der Pustel geimpft, an Milzbrand zu Grunde gingen, blieben die mit dem
Blut des Kranken geimpften Thiere gesund. Dies zeigte, dass Allgemeininfektion
des Körpers mit Milzbrandbacillen trotz des bestehenden hohen Fiebers nicht
vorlag, und bestätigt dieser Umstand die schon hinlänglich bekannte Thatsache,
dass der Mensch für Milzbrand nicht hoch empfindlich ist.
Eine weitere bedeutungsvolle Thatsache war es, dass das Blutserum des Mils-
brandkranken, welches 2 Wochen nach Entfieberung durch Schröpfköpfe gewonnen
war, eine immunisirende Wirkung auf mit Milzbrandkulturen geimpfte Mäuse
nicht ausübte, dass vielmehr dieselben gleichzeitig mit Kontrollthieren erlagen.
Eben so wurde auch baktericide Wirkung des Serums im Reagensglase vermisst.
Es zeigt sich somit, dass im vorliegenden Falle der menschliche Körper nicht wie
bei anderen Infektionen auf die Milzbrandinfektion mit der Erzeugung specifischer
Schutzstoffe geantwortet hat, wenigstens nicht solcher Schutzstoffe, welche mit dem
Blutserum auf andere Thiere übertragbar sind oder im Reagensglas baktericide
Kräfte entfalten. Lühe (Königsberg i/Pr.).
37) @. Pini. Granuloma trichophyticum Majocchi.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 1).
Unter dem Namen Granuloma trichophyticum hat Majocchi schon im Jahre
1683 eine Abart ‚der Trichophytie beschrieben, welche sowohl von der Sykosis
parasitaria als von dem Kerion Celsi verschieden ist. »])ieselbe charakterisirt
sich durch runde flache Anschwellungen der Haut« — spontan nicht, auf Druck
etwas empfindlich, von normaler oder leicht gerötheter, nicht schuppender Haut
bedeckt, von einem farblosen Hof umgeben, haselnuss- bis bohnengroß, Anfangs
elastisch, später weich, fast fluktuirend, mit Neigung eu symmetrischer Lokalisation,
mit einem Vorstadium von »Herpes tonsuranss, histologisch ein subkutanes Gra-
nulom, gefäßreich, mit Riesenzellen und jungen Granulationszellen.
Von dieser seltenen, bisher seit Majocchi kaum gewürdigten, morphologisch
ziemlich scharf charakterisirten Affektion hat der Verf. (an der Klinik Majocchi’s
in Bologna) 3 Fälle beobachtet (2 am Kopf, einen am Arm), auf Grund deren er
das Krankheitsbild näher ausarbeitet. Er betont die Differenzen gegenüber der
Sykosis und dem Kerion {kurze Zeit bestehende follikuläre Papel im Gegensatz zu
der sehr chronischen derben flachen Erhebung des Granuloms, im ersten Falle schnelle
Vereiterung, im letzteren langsame Erweichung und Entleerung nicht von Eiter,
sondern von Blut und weichem graurothem Detritus). Das Granulom lokalisirt
sich meist am Kopf. Die histologische Untersuchung ergab die Anwesenheit des
Trichophyton in einem typischen Granulationsgewebe mit Übergang in eitrige
Schmelzung. Mit den aus dem Granulom erhaltenen Kulturen hat P. sicher ober-
flächliche Trichophytie, nicht sicher aber tiefe Knoten erzeugen können.
Jadassohn (Bern).
35) T. Spietschka. Beitrag zur Histologie des Cornu cutaneum.
Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 1.)
Verf. hat die Gelegenheit, 7 Fälle von Cornu eutaneum und 2 von verhornten
Papillomen am Penis zu untersuchen, dazu benutzt, zu der wiederholt erörterten
Frage, ob Hauthörner stets papillären Ursprungs seien und auch papillären Bau
besitzen, einen Beitrag zu liefern. Es handelte sich um typische Hauthörner am
Olekranon, an der Nasenspitze, am oberen Augenlid, am Augenwinkel, am Helix
des Ohres, am Zeigefinger, an den Augenlidern. Die Untersuchung, auf deren
Details wir hier nicht eingehen können, ergab, dass alle Cornua cutanea einen
666 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
papillären Bau haben, und auch ein von Baas untersuchtes Horn auf der Cornea
eines Kuhauges sieht S., im Gegensatz zu Baas selbst, als papillär an.
Jadassohn (Bern).
39) Kreibisch. Zur Histologie des Ulcus rodens.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 3.)
Über die als Ulcera rodentia zu bezeichnenden Hautcareinome ist weder
klinisch noch histologisch bisher vollständige Einigung erzielt. Verf. hat 4 Fälle
aus dem Material Kaposi’s untersucht. 3 davon waren oberflächlich ulcerirt,
theils mit Krusten bedeckt, theils von braunrother, glatter Oberfläche. In einem
Falle war eine centrale Abheilung eingetreten; in der Narbe fanden sich »hanf-
korngroße, gelblich glänzende eingesprengte Knötchen« — die lange Dauer, die
konstante Oberflächlichkeit, das Fehlen der Drüsenschwellung sprachen für die
Diagnose des »flachen Hautkrebses«, i. e. Ulcus rodens im weitesten Sinne Dem
klinisch einheitlichen Bild entsprach auch ein einheitlicher histologischer Befund.
Die Wucherung beginnt am Oberflächen- resp. Follikelepithel mit einer scharfen
Grenze, an der die Epithelien spindelig ausgezogen werden; das Protoplasma tritt
zurück, der Kern wird stark färbbar. Die Zellen lagern sich »zu streifigen oder
wirbelartig koncentrischen Zügen, zum Theil mit Cylinderzellen an der Peripherie.
Die ‚Veränderungen im Bindegewebe sind verschieden ausgesprochen, immer aber
ist eine scharfe Sonderung vom Epithel vorhanden. Innerhalb der Epithelnester
fand sich in 3 Fällen ein nekrotischer Zerfall, dagegen keine Hornperlen, keine
hyaline Degeneration (die letztere hat der Verf. in einem anderen Falle gefunden).
Das beschriebene Bild hält K. für charakteristisch für eine bestimmte Art des
Ulcus rodens. Er polemisirt in Bezug auf Abgrenzung und Bezeichnung mit
Unna und glaubt, dass dessen »grobwalzige« Carcinome, die Unna vom Ulcus
rodens abgrenzt, dem von K. gesehenen Typus entsprechen.
Jadassohn (Bern).
40) E. Ginestons. Acide arsenieus et orthoforme dans le traitement
du cancer epithelial.
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 15.)
Nach dem Vorgange von Czerny und Trunecek hat G. in der Klinik von
Badal ein Epitheliom des oberen Augenlides mit Arsenikkauterisation behandelt.
Den Lösungen wurde Orthoform zugefügt und damit erzielt, dass fast jeder
Schmerz, der sonst ziemlich beträchtlich ist, unterdrückt wurde.
Verf. meint, dass diese Behandlung namentlich auch bei inoperablen Epithe-
lialeareinomen Beachtung verdienen dürfte. A. Henry (Breslau).
41) M. Freudweiler. Lymphangioma eircumscriptum s. cystoides cutis.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 5.)
Unter vollständiger Anerkennung der von Wegner gegebenen Eintheilung
der Lymphangiome in L. simplex, cavernosum und cystoides berichtet Verf. über
einen zu der 3. Gruppe gehörenden Fall von gruppirten bläschenähnlichen Ge-
bilden an der Haut der Schulter eines 16jährigen Knaben. Es waren Andeutungen
augenscheinlich schon bei der Geburt vorhanden gewesen. Später bildeten sich
wasserhelle Bläschen, die dann weiterhin eine gelbliche und röthliche Fürbung
annahmen; beim Aufstechen entleerte sich eine geringe Menge einer serögen
Flüssigkeit; eine Lymphorrhoe trat nie ein. Es konnte beobachtet werden, wie
unter den Bläschen eine Teleangiektasie auftrat, die durch das Bläschen durch-
schien und sich gelegentlich — durch Atrophie der Scheidewand oder durch ein
Trauma — in die Lympheyste entleerte, so dass deren Inhalt sich blutig tingirte.
Erysipele oder hochgradigere Entzündungen waren nie vorhanden. Die Cysten
wurden höchstens bis erbsengroß; die kleineren waren einer vollständigen Rück-
bildung fähig. Beschwerden wurden nur durch die Reibung bedingt. Die mikro-
skopische Untersuchung führte F. zu der Anschauung, dass es sich bei diesen
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 667
Lymphangiomen um eine chronische, sich durch Sprossung aus der Gefüßwand der
Lymphgefäße entwickelnde Neubildung handelte; die Kommunikation der Cysten,
welche unter der Epidermis auftreten, mit den Lymphgefäßen kann durch Oblite-
ration aufgehoben werden oder sie ist so fein, dass ein Zurückpressen des Cysten-
inhalts in die Lymphgetläße fast unmöglich ist. Die Entwicklungsgeschichte dieser
Gebilde weist darauf hin, dass sie den Blutgefäßmälern analoge Neubildungen aus
embryonaler Anlage heraus darstellen. Bei einer Übersicht über die Litteratur
kommt F. zu dem Schluss, dass eine geringe Anzahl analoger Beobachtungen
publieirt ist, dass aber Vieles, was mit dem Namen »Lymphangiom« bezeichnet ist,
nicht hierher gehört, speciell nicht das sogenannte »Lymphangioma tuberosum
multiplexe. Jadassohn (Bern).
42) A. Gassmann. Kasuistische Beiträge zur Psoriasis.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 3.)
An erster Stelle berichtet;Verf. über eine sehr seltene Form der Psoriasis vul-
garis, welche als Psoriasis rupioides bezeichnet worden ist, weil sie sich durch die
Auflagerung sehr dicker, oft kegelartiger, geschichteter Borkenmassen auszeichnet.
Der beschriebene Fall stellt in so fern ein Unicum dar, als es neben diesen dicken
Borkenhügeln auf der Körperhaut am Kopf zu förmlichen »Hauthörnern« ge-
kommen war, 18 mm hohen, 11/3—21/g cm breiten Gebilden, durch welche die Haare
als dichtes Büschel hindurchgingen und welche sich im Niveau der Haut ohne
jeden Schmerz abschneiden ließen. Auch die histologische Untersuchung erwies,
dass es sich hier um excessive Ausbildungen psoriatischer Schuppen handelte.
Im 2. Falle Oe hatte sich Pat., wie das gegen die alte Lehrbuchregel öfter
zu geschehen pflegt, seine hochgradig ausgebreitete Psoriasis sehr stark auf-
gekratzt. Es traten dann, nachdem die Psoriasis durch Chrysarobin geheilt war,
recht plötzlich in kolossaler Disseminirung typische Verrucae vulgares an den
psoriatisch gewesenen Hautstellen auf, die sich, nachdem sie eine recht hoch-
gradige Entwicklung genommen hatten, spontan wieder involvirten. In Analogie
mit den vom Ref. berichteten Fällen von Aussäung von Warzen durch Auto-
inokulation vermittels des kratzenden Fingers bei juckenden Dermatosen nimmt
auch der Verf. an, dass diese Warzeneruption direkt mit der Psoriasis nichts zu
thun gehabt habe, sondern nur eine Folge des Kratzens gewesen sei.
Jadassohn (Bern).
43) J. T. Bowen. Un cas de köratose folliculaire.
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 1.)
Der Fall ist dadurch interessant, dass die durch Darier, White u. A. ge-
nauer erforschte seltene Dermatose sich ausschließlich an den Händen und im
Gesicht lokalisirte. Durch keratolytische Medikationen (Salieylsäure, Resorein,
Schwefel) wurde wesentliche Besserung erzielt. Verf. erklärt, die Conidiennatur
der sogenannten Zelleinschlüsse auf Grund seiner histologischen Untersuchungen
nicht acceptiren zu können; er erblickt das Wesen des Processes in einer Störung
der Verhornung der Retezellen im Sinne einer Hyper- und Parakeratose.
Kopp (München).
44) Andry. De la lésion de l’erytheme indure (de Bazin).
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 3.)
Verf. war in der Lage, in einem Falle von sogenanntem indirektem Erythem
(Bazin), einer Erkrankung, welche nach Ansicht vieler Autoren durchaus nicht
mit Erythema nodosum zu verwechseln sein soll, histologische und bakteriologische
Untersuchungen vorzunehmen. Er bestreitet jeden Zusammenhang mit Tuberkulose
oder Skrofulose. Das Resultat der histologischen Prüfung waren heftige Ent-
artungsvorgänge auf der Basis eines chronischen, beträchtlichen, anscheinend spon-
tanen Ödems. Periphere Cirkulationsstörungen in Blut- und Lymphbahnen auf
ererbter Basis scheinen zur Erkrankung zu disponiren. Von diesem Gesichts-
punkt aus wäre vielleicht die Meinung Hardy’s, dass das Erythema induratum
668 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
serophulosorum (Bazin) nur eine chronische und zuweilen ulceröse Variation des
Erythema nodosum sei, doch nicht ganz von der Hand zu weisen.
Kopp (München).
45) H. Meyer. Ein Fall von Lichen ruber in der inneren Voigt-
schen Grenzlinie der unteren Extremität.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 1.)
Die Linien, welche die Gebiete der einzelnen Hautnerven von einander trennen
und welche von Voigt entdeckt worden sind, haben jetzt angefangen, in der Der-
matologie eine sehr interessante Rolle zu spielen. Zuerst hat man gefunden, dass
sich Naevi in ihnen lokalisiren; und da von diesen Naevi, die vielfach auch als
Ichthyosis linearis bezeichnet worden sind, bekannt war, dass sie sich auch ent-
zünden, dass sie »ekzematisirt« werden können, so lag es nahe, juckende Erkran-
kungen, die in diesen Linien lokalisirt waren, auf Naevi zurückzuführen, zumal
da auf der anderen Seite das Vorkommen von »Naevi tardifs« d. h. später im Leben
auftretenden, sonst aber ganz naevusartigen Neubildungen nicht mehr geleugnet
werden konnte. So hat der Ref. einen von Touton als Neurodermia chronica linearis
in einer Voigt’schen Grenzlinie bezeichneten Fall in dem eben angedeuteten Sinn
erklären gu dürfen geglaubt. Dass diese Auffassung möglich ist, meint Ref. auch
jetzt noch behaupten zu können. Sie trifft aber sicher nicht zu für einige andere
Fälle, in denen verschiedene und zwar typische Hautkrankheiten gerade in sol-
chen Linien auftreten. Zu diesen gehört der von M. berichtete Lichen ruber planus.
Die Erkrankung begann unter lebhaftem Jucken mit der Ausbildung disseminirter
Lichen-planus-Knötchen am Rumpf, zu denen sich ein schmaler Streifen aus den
gleichen Efflorescenzen gesellte, der sich von der Glutäalgegend bis zur Achilles-
sehne erstreckte. Heilung unter Arsen. Ich verzichte hier darauf, in eine theo-
retische Erörterung über die interessante Frage der Begründung dieser Lokali-
sation einzutreten. Ich habe aber selbst in diesem Jahre 2 Fälle beobachtet, welche
mich zu der vom Verf. ausgesprochenen Anschauung bekehrt haben, dass »auch
rein entzündliche Affektionen sich in den Voigt’schen Grenzlinien lokalisiren
können, und dass daher die alte Anschauung von der Naevusnatur aller da- selbst
lokalisirten Hautgebilde fallen mussa. Jadassohn (Bern).
46) V. Mibelli. Über einen in Parma beobachteten Fall von Tinea
Gruby (Sabouraud).
{Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 5.)
Die von Sabouraud als eine eigenartige Erkrankung erkannte, bisher der
Trichophytie zugerechnete »Tinea Gruby«, welche durch klinische, histologische
und bakteriologische Momente charakterisirt ist, ist bisher in Italien nicht beob-
achtet worden; der erste Fall ist der von M. publicirte, der ein aus Brasilien zu-
gereistes Kind betraf. Das Krankheitsbild war charakteristisch; histologisch aber
waren Unterschiede gegenüber den Pariser Fällen vorhanden und der rein ge-
züchtete Pilz entsprach bakteriologisch nicht dem von Sabouraud beim Menschen
&efundenen, ‚sondern dem von Bodin und Almy entdeckten Mikrosporon canis.
Jadassohn (Bern).
47) Reinbach. Zur Pathologie und Therapie der durch amniotische
Schnürfurchen hervorgerufenen Elephantiasis congenita.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.)
Verf. giebt zunächst auf Grund sorgfältiger Litteraturstudien eine Übersicht
über die heutige Lehre von der Ätiologie der kongenitalen Schnürfurchen, um
sodann über einen in der Mikulicz’schen Klinik beobachteten Fall zu berichten,
welcher dadurch interessant ist, dass er eine außerordentliche Multiplieität typi-
scher amniotischer Schnürfurchen aufweist, so wie die verschiedensten Folgen
solcher intra-uteriner Umschnürungen zu verfolgen gestattet. Unter den letzteren
Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 669
steht im Vordergrund eine hochgradige Elephantiasis des einen Fußes, welche
Gegenstand chirurgischer Behandlung wurde, da sie die Gehfähigkeit in hohem
Grad beeinträchtigte. Die Therapie bestand in Excision der eirkulären Schnür-
furche am Unterschenkel und eines länglichen Ovals aus dem elephantiastischen
Fußrücken, mit exakter Vernähung der Defekte. Das mikroskopische Verhalten
des exeidirten Stücks entsprach durchaus dem Bild der Elephantiasis acquisita.
Das Resultat der Behandlung war zufriedenstellend. 6 photographische Test:
abbildungen illustriren den interessanten Fall so wie den Erfolg der Therapie.
Hofmeister (Tübingen).
48) A. Kirchner. Kälteeinwirkung als Ursache des Pemphigus der
Neugeborenen.
(Centralblatt für Kinderheilkunde 1898. No. 5.)
Bei einem sonst gesunden, keine Zeichen von Lues darbietenden Kinde ge-
sunder Eltern entwickelte sich am 9. Tage Pemphigus, der nach und nach ver-
schiedene Theile des Körpers befiel und erst nach etwa 3 Wochen verschwand.
Als K. das Kind zum 1. Male sah, waren dessen Hände und Füße kühl und blau,
die Füße sogar tiefcyanotisch verfärbt; es lag in einem kühlen, nicht geheizten
Zimmer, viel zu leicht bekleidet. Diese Kälteeinwirkung sieht K. als Ursache des
Pemphigus an, zumal eine andere nicht vorlag (die Hebamme hatte keinen anderen
Fall!). Die Blasen traten symmetrisch an begrenzten Bezirken der Körperober-
fläche im Verbreitungsgebiet bestimmter Nerven unter vollständiger Freilassung
angrenzender Nervengebiete auf, so dass es sehr nahe lag, an eine neuritische
Hautentzündung, eine Trophoneurose, zu denken, die unter dem Einfluss der
Kälteeinwirkung sich entwickelt hatte. Schon 1892 hat K. einen ähnlichen, aber
einen Erwachsenen betreffenden Fall publieirt, wo sich in Folge einer längere
Zeit hindurch wiederkehrenden, ziemlich starken Kälteeinwirkung auf die sehr
warme, stark schwitzende Haut Pemphigus entwickelt hatte, der ebenfalls sym-
metrisch in Schüben in bestimmten Nervengebieten auftrat. Außer der Symmetrie
zeigte sich aber auch darin eine gewisse Ordnung in der Eruption, dass in beiden
Fällen die am stärksten abgekühlten Gliedmaßen zuerst befallen wurden, zu-
vörderst die Beine bei dem gerade hier sehr eyanotischen Kind, bei dem Erwach-
senen zuerst die Arme, an denen er zuerst und am stärksten das Kältegefühl
hatte; in beiden Fällen zeigten sich die Eruptionen eret später am Kopf und zu-
letzt am Rumpf (beim Kinde waren auch die Fußsohlen betheiligt, beim nicht
syphilitischen Pemphigus ein seltenes Ereignis!). Welche Schädlichkeit sich im
Körper unter dem Einfluss der Abkühlung bildete und, im Blut kreisend, auf das
centrale oder periphere Nervensystem in bestimmten Bezirken einwirkte, lässt K.
unentschieden. Der Umstand, dass, wie hier, bei einigen sporadischen Fällen
Henoch’s der Ausschlag gerade am 9. Lebenstage einsetzte, könnte an eine in-
fektiöse Ursache immerhin denken lassen, die, mit der Geburt ihre Einwirkung
auf den Körper beginnend, nach 9 Tagen sich in dem Auftreten von Blasen
äußert; die Entwicklung dieser infektiösen Ursache würde dann eben durch äußere
Einflüsse, hier die starke Abkühlung, begünstigt werden.
Graetzer (Sprottau).
49) Goldberg. Ein Fall von traumatischer amyotropher Lateral-
sklerose am untersten Theil des Rückenmarkes.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 12.)
Es handelte sich um einen 43jährigen Maurer, welcher von einem Gerüst 3 m
tief herabstürzte und hierbei mit dem Gesäß in sitzender Stellung auffiel. Er
klagte über Schmerzen im rechten Fuß beim Gehen, welche bis zum Knie aus-
strahlten, und über Schwächegefühl in der Kniegelenksgegend. Objektiv war
nichts wahrzunehmen. Eine elektro-mechanische Behandlung erzielte nicht nur
keinen Erfolg, sondern der Kranke klagte eher noch über Zunahme seiner Be-
schwerden, so dass der Verdacht auftauchte, dass es sich um Simulation handle.
670 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
Nach 5 Monaten hatte sich das Symptomenbild geändert. Der Gang des Pat. war
spastisch-paralytisch, die Patellarreflexe waren enorm gesteigert, dessgleichen das
Fußphänomen, während die Gefühlssphäre durch das Leiden gar nicht alterirt er-
schien. Zu diesen Beschwerden gesellte sich noch Atrophie der Wadenmuskulatur.
Der Symptomenkomplex zeigte somit das Bild einer amyotrophen Lateralsklerose,
welche sich an ein Trauma angeschlossen hat, dessen Angriffspunkt der unterste
Theil der Wirbelsäule war.
Nach einem Rückblick auf die einschlägige Litteratur mahnt G. zur Vorsicht
in der Beurtheilung von Unfällen, selbst wenn der objektive Befund nicht gleich
im Anfang die Klagen des Verunglückten erklärt, sobald auch nur der leiseste
Verdacht besteht, dass das Rückenmark in Mitleidenschaft gezogen sein kann.
Gold (Bielitz).
50) M. Wilms. Echinococcus multilocularis der Wirbelsäule und
das Verhältnis des multilokulären Echinococcus zum Echinococcus
hydatidosus.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.)
W. schildert einen Fall von Echinococcus der Wirbelsäule mit sekundärem
Übergreifen auf die Lendenmuskulatur, das linke Darmbein, das Schambein, die
Blase und das prävesikale Gewebe. Das Eigenthümliche des Falles bestand darin,
dass der Blasenwurm innerhalb der Knochen den Wachsthumstypus des Multi-
locularis, in den Weichtheilen den des Hydatidosus erkennen ließ. Ausgehend
von diesem Befund verwirft Verf. die vielfach aufgestellte, aber nicht bewiesene
Behauptung, dass die beiden Echinococcusformen von verschiedenen Tänien her-
rühren.
Nach Verf. giebt es nur eine Taenia echinococeus, welche in ihrem Blasen-
stadium bald den einen, bald den anderen Wachsthumstypus zeigt, je nachdem
das umgebende Gewebe ihr größeren oder geringeren Widerstand entgegensetzt.
Hieraus erklärt sich ohne Weiteres das relativ häufige Vorkommen der multi-
lokulären Form in den Knochen. Dass in gewissen Gegenden auch der Leber-
echinococcus vorzugsweise multilokulär ist, bezieht Verf. darauf, dass der Blasen-
wurm unter gewissen, vielleicht vom Klima abhängigen Verhältnissen die Eigen-
schaft besitzt, das Gewebe zu produktiverer Gegenwehr anzureizen.
Die exogene Sprossung des Blasenwurms innerhalb des Knochengewebes wird
an mikroskopischen Präparaten sehr anschaulich demonstrirt,
Honsell (Tübingen).
51) H. Maass. Zur operativen Behandlung der Spina bifida occulta.
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 47.)
Es handelte sich um ein 3jähriges Mädchen, bei welchem am Rücken eine
die Lendenwirbelsäule überdeckende flache rundliche Geschwulst von 8 cem Durch-
messer bestand, oberhalb welcher eine umschriebene Hypertrichosis vorhanden war.
Vom 1. Brustwirbel abwärts bis zur Geschwulst war eine Spalte in der Wirbel-
säule zu fühlen. Die Motilität der unteren Extremitäten war beträchtlich gestört.
M. stellte die Wahrscheinlichkeitsdiagnose auf Bestehen einer Kompressions-
myelitis und legte operativ die Lücke in der Wirbelsäule frei. Die Geschwulst,
ein subkutanes Lipom, konnte leicht exstirpirt werden. Der Wirbelspalt ließ sich
alsdann vollkommen abtasten. Durch eine fibrös-muskulöse Platte war er nach
hinten zu vollkommen geschlossen; diese Platte wurde nun an ihrer linksseitigen
Insertion an der Wirbelsäule abgetrennt, so weit, dass jede Möglichkeit eines
Druckes auf das Rückenmark ausgeschlossen erschien. Die nach der Spaltung
des Bandes sichtbaren Meningen blieben unverletzt. Es trat vollständige primäre
Heilung ein. Die spastischen Erscheinungen der unteren Extremitäten schwanden
allmählich, und 4 Wochen nach der Operation machte das Kind die ersten selb-
ständigen 'Gehversuche. Die spastischen Widerstände schwanden schließlich voll-
mn m
Centralblatt für Chirurgie. No, 25. 671
kommen. Die trophischen Störungen wurden im Gegensatz zu denen der Motili-
tät durch den Eingriff nicht günstig beeinflusst.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
52) Stadelmann. Klinische Erfahrungen mit der Lumbalpunktion.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft.3 u 4.
Ein innerer Kliniker giebt seine auf ca. 70 Fällen beruhenden Erfahrungen
bei den verschiedensten Krankheitsfällen, die fast alle auch für die Diagnostik
des Chirurgen von großer Wichtigkeit sind.
Bei der tuberkulösen Meningitis gelang ihm der Nachweis von Tuberkel-
bacillen nur in 22% der Fälle; andere Autoren hatten einen positiven Befund bis
zu 100% der Fälle. Dieser auffallende Unterschied ist darauf zurückzuführen,
dass in einem Theil der Fälle die Tuberkel noch nicht zerfallen, also keine Ba-
cillen frei geworden sind, in einem anderen Theil dringt man bei der Punktion
in den Subduralraum, während in den Maschen der Arachnoidea zwar Tuberkel
und eine sulsige Masse, aber keine freie Flüssigkeit sich befindet. Therapeutisch
hat bei tuberkulöser Meningitis die Lumbalpunktion gar keinen Werth.
Bei eitriger Meningitis kann die Lumbalpunktion sehr aufklärend wirken; so
in einem mitgetheilten Falle von kryptogenetischer Sepsis. Chirurgisch besonders
interessant ist ein Fall von Basisfraktur. Der Kranke hatte im 9. Lebensjahr die
Basis gebrochen, ein Theil des Risses war nicht knöchern, sondern bindegewebig
verheilt. Durch ein leichtes Trauma war dieser bindegewebige Schluss zerrissen
und eine tödliche Infektion der Gehirnhäute mit Diplokokken von der Nase her
erfolgt.
Da man bei bestehender Meningitis schwerlich einen Hirnabscess operiren
wird, so hat hier die Differentialdiagnose eine bedeutende praktische Wichtigkeit.
Allein eine sichere Diagnose ist nur bei positivem Bacillenbefund in der Punk-
tionsflüssigkeit möglich. Es kann nun aber sehr gut bei Hirnmeningitis Spinal-
meningitis fehlen, wenn die Kommunikation zwischen cerebralem und spinalem Theil
des Subarachnoidealraums verlegt ist.
Bei Hirngeschwülsten sind die diagnostischen Aufschlüsse der Lumbalpunktion
sehr unsicher, die Erfahrungen in Bezug auf ihre therapeutischen Leistungen
direkt ungünstig. S Š
In einem Falle von chronischem Hydrocephalus war die Lumbalpunktion ohne
therapeutisches Resultat.
Es folgen noch eine Reihe von Lumbalpunktionen bei Urämie, Hirnblutungen,
bei denen sich so auf diese Weise der Durchbruch des Blutes in die Ventrikel
diagnosticiren lässt, bei Epilepsie u. A. Haeckel (Stettin).
53) Kader. Langjährige Neuralgie des rechten Plexus cervicalis
und brachialis in Folge von narbiger Verkürzung des linken Kopf-
nickers. Vollständige Heilung nach Tenotomie dieses Muskels.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 5.)
K. berichtet einen von Mikulicz beobachteten Fall, in welchem bei einer
42jährigen Kranken mit angeborenem linksseitigem Schiefhals in den letzten
6—7 Jahren heftigste Neuralgien an der rechten Halsseite, rechten Hinterhaupts-
gegend und im rechten Arm bestanden. Arm geschwollen, Sensibilität herab-
gesetzt. Die Muskeln der rechten Halsseite stark hypertrophisch. Nach Teno-
tomie des linken Sternocleidomastoideus sofortiges Schwinden der Neuralgie und
bleibende jHeilung. Die Neuralgie erklärt sich aus einer Kompression der aus
den Intervertebrallöchern austretenden Nerven durch die mächtig entwickelten
Muskeln; letztere sind durch die fortwährende aktive Anspannung, welche Pat.
Zwecks Verbesserung der Kopfstellung seit Jahren mit großer Energie herbei-
führte, funktionell hypertrophirt.
672 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
In einer Nachschrift setzt Mikulicz aus einander, warum hysterische Natur
der Neuralgie auszuschließen sei; auch die kompensirende Halsskoliose könne
nicht Schuld daran haben, da bei Skoliosen die Neuralgien auf der konkaven Seite
sitzen. Haeckel (Stettin).
54) P. v. Bruns. Resektion der Trachea bei primärem Tracheal-
krebs.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.)
Der vom Verf. mitgetheilte Fall bietet in 2facher Hinsicht ein besonderes
Interesse, einmal in so fern, als er die 1. Beobachtung über eine intratracheale
Struma carcinomatosa darstellt, dann, weil hier zum 1. Male die Resektion der
Luftröhre wegen primärem Trachealkrebs vorgenommen worden ist.
Bei einem 31jährigen, an Athemnoth und Erstickungsanfällen leidenden Manne
fand sich im Innern der Luftröhre eine höckerige Geschwulst, welche mit breiter
Basis in der hinteren und linksseitigen Wand vom 1.—10. Trachealring festsaß.
Nachdem durch ausgiebige Tracheofissur die Grenzen der Geschwulst zugänglich
gemacht waren, gelang es, dieselbe unter. Mitentfernung eines entsprechenden
Stückes der Trachea zu exstirpiren. Der Wundverlauf war ungestört; erst 6 Jahre
später erlag Pat. den allmählich wieder aufgetretenen Stenoseerscheinungen.
Mikroskopisch bot die Geschwulst die Charakteristica eines von der Schild-
drüse ausgegangenen Careinoms; da die Neubildung völlig auf die Luftröhre be-
schränkt war, kann es sich demnach kaum um etwas Anderes als die krebsige
Umwandlung eines intratrachealen Kropfes gehandelt haben.
Trotz des prekären Sitzes der primären Trachealcareinome hält Verf. ihre Be-
seitigung durch rechtzeitige Exstirpation für nicht aussichtslos, da diese Neubil-
dungen meist von den oberen Trachealringen ihren Ausgang nehmen, erst spät auf
die Nachbarorgane übergreifen und wenig Neigung zu Metastasirung zeigen.
Honsell (Tübingen).
55) Moingeard. Contribution à l'étude des plaies par &p&e-bayonette
Lebel.
(Arch. de med. et de pharm. militaire 1897. No. 12.)
Unter den bisher aufgeführten, durch das Haubajonett des jetzigen Gewehrs
bewirkten Wunden findet sich eine Stichwunde der Brust im 4. rechten Zwischen-
rippenraum mitten zwischen Brustbeinrand und Papillarlinie. Es entwickelt sich
rasch hochgradiges Hautemphysem und Pneumothorax, Extravasat nicht nach-
zuweisen, Dyspnoe, Pulsbeschleunigung, anfänglich keine Temperaturerhöhung,
welche aber am Ende des 2. Tages eintritt. Durch eine Punktion mit Ansaugen
der Luft im Pleurasack mittels des Potain wird vorübergehend eine geringe Besse-
rung erzielt, bei einer Wiederholung aber nicht mehr. Die Perkussion weist über
dem Brustbein in der Gegend des Herzens lauten sonoren Schall nach, so dass
man an das Vorhandensein eines Emphysema mediastini denken muss, und weist
nach dem am 3. Tage eingetretenen Tod auch in der That die Obduktion ein sol-
ches in hohem Grad nach. Dagegen ist die Lunge keineswegs ganz kollabirt, und
wird angenommen, dass der Tod durch das Emphysem des Mediastinums herbei-
geführt worden sei, welches die Bewegungen des Herzens behindert habe. Eine
andere Todesursache konnte wenigstens nicht aufgefunden werden. Ein Mittel,
dieses Emphysem zu bekämpfen, dürften wir nicht besitzen.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig
Gentralblatt
CHIRURGIE
dE
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
r aS asĖĂÁŘĚŘŘ
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumerstion. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 26. Sonnabend, den 2. Juli. 1898.
Inhalt: 1) Albert, Chirurgie. — 2) Müller, Nachbehandlung von Verletzungen. —
3) Ledderhose, Unfallfolgen. — 4) Thiem und Cramer, Unfallerkrankungen. — 5) Helfe-
rich, 6) Lossen, Knochenbrüche und Verrenkungen. — 7) und 8) Kapsammer, Verhalten
der Knochen nach Ischiadicusdurchschneidung. — 9) König, Oystische Knochengeschwülste.
— 10) Hofbauer, Zur Pathogenese der Gelenkerkrankungen. — 11) Kader, Primäre
Muskelentzündangen. — 12) Hutchinson jun., Daumenverrenkung. — 13) Henggeler,
Beckenstellung. — an Rieder, Synchondrosencariee. — 15) Lorenz, Hüftkontrakturen.
— 16) Schanz, 17) Ghillinl, 18) Lange, Angeborene Hüftverrenkung. — 19) Abrashanow,
Amp. fem. intercondylica. — 20) Vollbrecht, Binnenverletzungen des Kniegelenks. —
21) Koch, Knieankylose. — 22) Gross, Genu valgum und Kniekontrakturen. — 23) Wen-
del, Fußverrenkung. — 24) Bakradz6, Paralytischer Plattfuß. — 25) Steudel, Statischer
Plattfuß. — 26) Merkel, 27) Lange, Tarsalgie. — 28) Kirchner, Fußgeschwnlst. —
29) Duplay, Mal perforant. — 30) Gerdeck Schweißfuß.
J. Riedinger, Bemerkungen zum Knochenbefund in der Plantarfascie. — Borst, Be-
merkung zu dem vorstehenden Aufsatz des Herrn Dr. J. Riedinger. (Orig.-Mitthg.)
31) Nicolai, Trage für Verletzte. — 82) Hunter, Knochenbrüchigkeit. — 33) Hins-
berg, Struktur von geheilten Knochenbrüchen. — 34) Herzog und Krentwig, Osteomye-
litis. — 35) Hübener, Knochenmetastasen nach Typhus. — 36) Sternberg, Schlüssel-
beinverrenkung. — 37) Wegner, Schleimbeutel am Schlüsselbein. — 38) Vaughan,
Schlüsselbeinexstirpation. — 39) Mathes, Verrenkung des Radiusköpfchens. — 40) Cu-
horst, Elibogenverrenkungen. — 41) Gedeon, Sehnennaht. — 42) Cholmogorow, Sym-
physenlähmung. — 43) Braun, Hüftexartikulation. — 44) Ménard, Hüftgelenkstuber-
kulose. — 45) Kaposl, Gelenkkörper. — 46) Annequin, Kniescheibenbruch. — 47) Lejars,
Kniescheibenstarre. — 48) Kirmisson, Wadenbeinmangel. — 49) Tichomlroff, Ankylose
der Fußwurzelknochen. — 50) Bouvart, Lux. sub talo.
Friedrich, Notiz.
1) E. Albert. Lehrbuch der speciellen Chirurgie. Fünfte
umgearbeitete Auflage des Lehrbuchs der Chirurgie und
Operationslehre.e. I. Band.
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1898. 704 S. mit 389 Holzschnitten.
Was Ref. von dem 1. Band der neuen Auflage gesagt, hat er
bei dem 2. zu wiederholen: das Buch hat durch die Ausmerzung
des halben Textes nicht gewonnen, die historischen wie die anato-
misch-physiologischen Einleitungen in die einzelnen Kapitel, die
26
670 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
Nach 5 Monaten hatte sich das Symptomenbild geändert. Der Gang des Pat. war
spastisch-paralytisch, die Patellarreflexe waren enorm gesteigert, dessgleichen das
Fußphänomen, während die Gefühlssphäre durch das Leiden gar nicht alterirt er-
schien. Zu diesen Beschwerden gesellte sich noch Atrophie der Wadenmuskulatur.
Der Symptomenkomplex zeigte somit das Bild einer amyotrophen Lateralsklerose,
welche sich an ein Trauma angeschlossen hat, dessen Angrifispunkt der unterste
Theil der Wirbelsäule war.
Nach einem Rückblick auf die einschlägige Litteratur mahnt G. zur Vorsicht
in der Beurtheilung von Unfällen, selbst wenn der objektive Befund nicht gleich
im Anfang die Klagen des Verunglückten erklärt, sobald auch nur der leiseste
Verdacht besteht, dass das Rückenmark in Mitleidenschaft gezogen sein kann.
Gold (Bielitz).
50) M. Wilms. Echinococcus multilocularis der Wirbelsäule und
das Verhältnis des multilokulären Echinococcus zum Echinococcus
hydatidosus.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.)
` W. schildert einen Fall von Echinococcus der Wirbelsäule mit sekundärem
Übergreifen auf die Lendenmuskulatur, das linke Darmbein, das Schambein, die
Blase und das prävesikale Gewebe. Das Eigenthümliche des Falles bestand darin,
dass der Blasenwurm innerhalb der Knochen den Wachsthumstypus des Multi-
locularis, in den Weichtheilen den des Hydatidosus erkennen ließ. Ausgehend
von diesem Befund verwirft Verf. die vielfach aufgestellte, aber nicht bewiesene
Behauptung, dass die beiden Echinococcusformen von verschiedenen Tänien her-
rühren.
Nach Verf. giebt es nur eine Taenia echinococeus, welche in ihrem Blasen-
stadium bald den einen, bald den anderen Wachsthumstypus zeigt, je nachdem
das umgebende Gewebe ihr größeren oder geringeren Widerstand entgegensetzt.
Hieraus erklärt sich ohne Weiteres das relativ häufige Vorkommen der multi-
lokulären Form in den Knochen. Dass in gewissen Gegenden auch der Leber-
echinococcus vorzugsweise multilokulär ist, bezieht Verf. darauf, dass der Blasen-
wurm unter gewissen, vielleicht vom Klima abhängigen Verhältnissen die Eigen-
schaft besitzt, das Gewebe zu produktiverer Gegenwehr anzureizen.
Die exogene Sprossung des Blasenwurms innerhalb des Knochengewebes wird
an mikroskopischen Präparaten sehr anschaulich demonstrirt,
Honsell (Tübingen).
51) H. Maass. Zur operativen Behandlung der Spina bifida occulta,
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 47.)
Es handelte sich um ein 3jähriges Mädchen, bei welchem am Rücken eine
die Lendenwirbelsäule überdeckende flache rundliche Geschwulst von 8 ccm Durch-
messer bestand, oberhalb welcher eine umschriebene Hypertrichosis vorhanden war.
Vom 1. Brustwirbel abwärts bis zur Geschwulst war eine Spalte in der Wirbel-
säule zu fühlen. Die Motilität der unteren Extremitäten war beträchtlich gestört.
M. stellte die Wahrscheinlichkeitsdiagnose auf Bestehen einer Kompressions-
myelitis und legte operativ die Lücke in der Wirbelsäule frei. Die Geschwulst,
ein subkutanes Lipom, konnte leicht exstirpirt werden. Der Wirbelspalt ließ sich
alsdann vollkommen abtasten. Durch eine fibrös-muskulöse Platte war er nach
hinten zu vollkommen geschlossen; diese Platte wurde nun an ihrer linksseitigen
Insertion an der Wirbelsäule abgetrennt, so weit, dass jede Möglichkeit eines
Druckes auf das Rückenmark ausgeschlossen erschien. Die nach der Spaltung
des Bandes sichtbaren Meningen blieben unverletzt. Es trat vollständige primäre
Heilung ein. Die spastischen Erscheinungen der unteren Extremitäten schwanden
ellmählich, und 4 Wochen nach der Operation machte das Kind die ersten selb-
ständigen Gehversuche. Die spastischen Widerstände schwanden schließlich voll-
Re). 27.
Centralblatt für Chirurgie. No, 25. 671
kommen. Die trophischen Störungen wurden im Gegensatz zu denen der Motili-
tät durch den Eingriff nicht günstig beeinflusst. `
R. Wagner (Mülheim a. d. Ri
52) Stadelmann. Klinische Erfahrungen mit der Lumbalpunktion.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft.3 u 4.
Ein innerer Kliniker giebt seine auf ca. 70 Fällen beruhenden Erfahrungen
bei den verschiedensten Krankheitsfällen, die fast alle auch für die Diagnostik
des Chirurgen von großer Wichtigkeit sind.
Bei der tuberkulösen Meningitis gelang ihm der Nachweis von Tuberkel-
bacillen nur in 22% der Fälle; andere Autoren hatten einen positiven Befund bis
zu 100% der Fälle. Dieser auffallende Unterschied ist darauf zurückzuführen,
dass in einem Theil der Fälle die Tuberkel noch nicht zerfallen, also keine Ba-
eillen frei geworden sind, in einem anderen Theil dringt man bei der Punktion
in den Subduralraum, während in den Maschen der Arachnoidea zwar Tuberkel
und eine sulsige Masse, aber keine freie Flüssigkeit sich befindet. Therapeutisch
hat bei tuberkulöser Meningitis die Lumbalpunktion gar keinen Werth.
Bei eitriger Meningitis kann die Lumbalpunktion sehr aufklärend wirken; so
in einem mitgetheilten Falle von kryptogenetischer Sepsis. Chirurgisch besonders
interessant ist ein Fall von Basisfraktur. Der Kranke hatte im 9. Lebensjahr die
Basis gebrochen, ein Theil des Risses war nicht knöchern, sondern bindegewebig
verheilt. Durch ein leichtes Trauma war dieser bindegewebige Schluss zerrissen
und eine tödliche Infektion der Gehirnhäute mit Diplokokken von der Nase her
erfolgt.
Da man bei bestehender Meningitis schwerlich einen Hirnabscess operiren
wird, so hat hier die Differentialdiagnose eine bedeutende praktische Wichtigkeit.
Allein eine sichere Diagnose ist nur bei positivem Bacillenbefund in der Punk-
tionsflüssigkeit möglich. Es kann nun aber sehr gut bei Hirnmeningitis Spinal-
meningitis fehlen, wenn die Kommunikation zwischen cerebralem und spinalem Theil
des Subarachnoidealraums verlegt ist.
Bei Hirngeschwülsten sind die diagnostischen Aufschlüsse der Lumbalpunktion
sehr unsicher, die Erfahrungen in Bezug auf ihre therapeutischen Leistungen
direkt ungünstig. i
In einem Falle von chronischem Hydrocephalus war die Lumbalpunktion ohne
therapeutisches Resultat.
Es folgen noch eine Reihe von Lumbalpunktionen bei Urämie, Hirnblutungen,
bei denen sich so auf diese Weise der Durchbruch des Blutes in die Ventrikel
diagnosticiren lässt, bei Epilepsie u. A. Haeckel (Stettin).
53) Kader. Langjährige Neuralgie des rechten Plexus cervicalis
und brachialis in Folge von narbiger Verkürzung des linken Kopf-
nickers. Vollständige Heilung nach Tenotomie dieses Muskels.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 5.)
K. berichtet einen von Mikulicz beobachteten Fall, in welchem bei einer
42jährigen Kranken mit angeborenem linksseitigem Schiefhals in den letzten
6—7 Jahren heftigste Neuralgien an der rechten Halsseite, rechten Hinterhaupts-
gegend und im rechten Arm bestanden. Arm geschwollen, Sensibilität herab-
gesetzt. Die Muskeln der rechten Halsseite stark hypertrophisch. Nach Teno-
tomie des linken Sternocleidomastoideus sofortiges Schwinden der Neuralgie und
bleibende jHeilung. Die Neuralgie erklärt sich aus einer Kompression der aus
den Intervertebrallöchern austretenden Nerven durch die mächtig entwickelten
Muskeln; letztere sind durch die fortwährende aktive Anspannung, welche Pat.
Zwecks Verbesserung der Kopfstellung seit Jahren mit großer Energie herbei-
führte, funktionell hypertrophirt.
672 Centralblatt für Chirurgie. No. 25.
In einer Nachschrift setzt Mikulicz aus einander, warum hysterische Natur
der Neuralgie auszuschließen sei; auch die kompensirende Halsskoliose könne
nicht Schuld daran haben, da bei Skoliosen die Neuralgien auf der konkaven Seite
sitzen. Haeckel (Stettin).
54) P. v. Bruns. Resektion der Trachea bei primärem Tracheal-
krebs.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.)
Der vom Verf. mitgetheilte Fall bietet in 2facher Hinsicht ein besonderes
Interesse, einmal in so fern, als er die 1. Beobachtung über eine intratracheale
Struma carcinomatosa darstellt, dann, weil hier zum 1. Male die Resektion der
Luftröhre wegen primärem Trachealkrebs vorgenommen worden ist.
Bei einem 31jährigen, an Athemnoth und Erstickungsanfällen leidenden Manne
fand sich im Innern der Luftröhre eine höckerige Geschwulst, welche mit breiter
Basis in der hinteren und linksseitigen Wand vom 1.—10. Trachealring festsaß.
Nachdem durch ausgiebige Tracheofissur die Grenzen der Geschwulst zugänglich
gemacht waren, gelang es, dieselbe unter. Mitentfernung eines entsprechenden
Stückes der Trachea zu exstirpiren. Der Wundverlauf war ungestört; erst 6 Jahre
später erlag Pat. den allmählich wieder aufgetretenen Stenoseerscheinungen.
Mikroskopisch bot die Geschwulst die Charakteristica eines von der Schild-
drüse ausgegangenen Carcinoms; da die Neubildung völlig auf die Luftröhre be-
schränkt war, kann es sich demnach kaum um etwas Anderes als die krebsige
Umwandlung eines intratrachealen Kropfes gehandelt haben.
Trotz des prekären Sitzes der primären 'Trachealcareinome hält Verf. ihre Be-
seitigung durch rechtzeitige Exstirpation für nicht aussichtslos, da diese Neubil-
dungen meist von den oberen Trachealringen ihren Ausgang nehmen, erst spät auf
die Nachbarorgane übergreifen und wenig Neigung zu Metastasirung zeigen.
Honsell (Tübingen).
55) Moingeard. Contribution à l'étude des plaies par 6pee-bayonette
Lebel.
(Arch. de med. et de pharm. militaire 1897. No. 12.)
Unter den bisher aufgeführten, durch das Haubajonett des jetzigen Gewehrs
bewirkten Wunden findet sich eine Stichwunde der Brust im 4. rechten Zwischen-
rippenraum mitten zwischen Brustbeinrand und Papillarlinie. Es entwickelt sich
rasch hochgradiges Hautemphysem und Pneumothorax, Extravasat nicht nach-
zuweisen, Dyspno&e, Pulsbeschleunigung, anfänglich keine Temperaturerhöhunz,
welche aber am Ende des 2. Tages eintritt. Durch eine Punktion mit Ansaugen
der Luft im Pleurasack mittels des Potain wird vorübergehend eine geringe Besse-
rung erzielt, bei einer Wiederholung aber nicht mehr. Die Perkussion weist über
dem Brustbein in der Gegend des Herzens lauten sonoren Schall nach, so dass
man an das Vorhandensein eines Emphysema mediastini denken muss, und weist
nach dem am 3. Tage eingetretenen Tod auch in der That die Obduktion ein sol-
ches in hohem Grad nach. Dagegen ist die Lunge keineswegs ganz kollabirt, und
wird angenommen, dass der Tod durch das Emphysem des Mediastinums herbei-
geführt worden sei, welches die Bewegungen des Herzens behindert habe. Eine
andere Todesursache konnte wenigstens nicht aufgefunden werden. Ein Mittel,
dieses Emphysem zu bekämpfen, dürften wir nicht besitzen.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
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Fünfundzwanzigster Jahrgang.
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Wöchentlich eine Nummer. Preis des J angs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 26. Sonnabend, den 2. Juli. 1898.
Inhalt: 1) Albert, Chirurgie. — 2) Müller, Nachbehandlung von Verletzungen. —
3) Ledderhose, Unfallfolgen. — 4) Thiem und Cramer, Unfallerkrankungen. — 5) Helfe-
rich, 6) Lossen, Knochenbrüche und Verrenkungen. — 7) und 8) Kapsammer, Verhalten
der Knochen nach Ischiadicusdurchschneidung. — 9) König, Cystische Knochengeschwülste.
— 10) Hofbauer, Zur Pathogenese der Gelenkerkrankungen. — 11) Kader, Primäre
Muskelentzündungen. — 12) Hutchinson jun., Daumenverrenkung. — 13) Henggeler,
Beckenstellung. — A Rieder, Synchondrosencaries. — 15) Lorenz, Hüftkontrakturen.
— 16) Schanz, 17) Ghillinl, 18) Lange, Angeborene Hüftverrenkung. — 19) Abrashanow,
Amp. fem. intercondylica. — 20) Vollbrecht, Binnenverletzungen des Kniegelenks, —
21) Koch, Knieankylose. — 22) Gross, Genu valgum und Kniekontrakturen. — 23) Wen-
dei, Fußverrenkung. — 24) Bakradz6, Paralytischer Plattfuß. — 25) Steudel, Statischer
Plattfuaß. — 26) Merkel, 27) Lange, Tarsalgie. — 28) Kirchner, Fußgeschwulst. —
29) Duplay, Mal perforant, — 30) Gerdeck Schweißfuß.
J. Riedinger, Bemerkungen zum Knochenbefand in der Plantarfascie. — Borst, Be-
merkung zu dem vorstehenden Aufsatz des Herrn Dr. J. Riedinger. (Orig.-Mitthg.)
31) Nicolal, Trage für Verletzte. — 32) Hunter, Knochenbrüchigkeit. — 33) Hins-
berg, Struktur von geheilten Knochenbrüchen. — 34) Herzog und Krentwig, Osteomye-
litis. — 35) Hübener, Knochenmetastasen nach Typhus. — 36) Sternberg, Schlüssel-
beinverrenkung. — 37) Wegner, Schleimbeutel am Schlüsselbein. — 38) Vaughan,
Schlüsselbeinexstirpation. — 39) Mathes, Verrenkung des Radiusköpfchens. — 40) Cu-
horst, Ellbogenverrenkungen. — 44) Gedeon, Sehnennaht. — 42) Choimogorow, Sym-
physenläihmung. — 43) Braun, Hüftexartikulation. — 44) Ménard, Hüftgelenkstuber-
kulose. — 45) Kaposl, Gelenkkörper. — 46) Annequin, Kniescheibenbruch. — 47) Lejars,
Kniescheibenstarre. — 48) Kirmisson, Wadenbeinmangel. — 49) Tichomiroft, Ankylose
der Fußwurzelknochen. — 50) Bouvart, Lux. sub talo.
Friedrich, Notiz.
1) E. Albert. Lehrbuch der speciellen Chirurgie. Fünfte
umgearbeitete Auflage des Lehrbuchs der Chirurgie und
Operationslehre. II. Band.
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1893. 704 S. mit 389 Holzschnitten.
Was Ref. von dem 1. Band der neuen Auflage gesagt, hat er
bei dem 2. zu wiederholen: das Buch hat durch die Ausmerzung
des halben Textes nicht gewonnen, die historischen wie die anato-
misch-physiologischen Einleitungen in die einzelnen Kapitel, die
26
674 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
nebst so manchem Anderen fortgefallen sind, waren eine Zierde des
originalen Werks. Die Zusätze, die A. vielfach eingefügt hat, ent-
stammen mit Bevorzugung den Arbeiten seiner Schüler. Was ge-
geben ist, ist gut, aber so Manches fehlt, was man auch in einer
Chirurgie von dem vorliegendem Umfang ungern vermisst.
Bichter (Breslau).
2) G. Müller. Kurzgefasstes Lehrbuch der Nachbehandlung
von Verletzungen nebst einer Anleitung zur Begutachtung
von Unfallfolgen.
Berlin, ©. Enslin, 1898. 264 S.
Der größte Theil des Buches stellt eine knappe Repetition der
Verletzungschirurgie dar unter Ausschluss von Kopf- und Brust-
verletzungen, der knappere Theil bringt jeweils anschließend Be-
merkungen über die Nachbehandlung. Besonders hervorgehoben
werden die vom Verf. hergestellten heilgymnastischen Apparate,
deren Nachahmung sich allenthalben improvisiren lässt. Ein Anhang
beschäftigt sich mit dem Unfallversicherungsgesetz, dem Gutachten
und der Schätzung der Erwerbseinbuße.
Ich lasse es dahingestellt, ob das Buch in der vorliegenden Form
gerade ein Bedürfnis war. Bähr (Hannover).
3) G. Ledderhose. Die ärztliche Untersuchung und Be-
urtheilung der Unfallfolgen.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 46 8.
L. giebt aus seiner reichen Erfahrung eine Anleitung zu metho-
dischen Untersuchung Unfallverletzter. Die Schrift sei besonders
dem Praktiker empfohlen. Bähr (Hannover).
4) C. Thiem und E. Cramer. Handbuch der Unfall-
erkrankungen etc.
(Deutsche Chirurgie Lfg. 67. Stuttgart, F. Enke, 1898.)
Von dem umfangreichen Buche (924 Seiten) hat C. in 46 Seiten
die Augenerkrankungen abgehandelt, wovon ich nur sagen kann,
dass die sachliche Darstellung auf der Höhe des Ganzen steht. T.
hat uns eine zusammenfassende Abhandlung der Unfallerkrankungen
aus sämmtlichen sonstigen Disciplinen, welche in Betracht kommen,
geliefert, aus der Chirurgie, inneren Medicin, Gynäkologie, Ohren-
heilkunde, eine Arbeit, weit angelegt, wesentlich aufbauend auf den
Grundlagen ärztlicher Wissenschaft, aber doch unter der erforder-
lichen Berücksichtigung der Entscheidungen des Reichsversicherungs-
amtes, eine Arbeit, welche in großem Stile das gesammte Material
der Litteratur aus früheren und jüngsten Zeiten eingehend verwerthet
und vielfach durch eigene Beobachtung in fruchtbringender Weise
vermehrt hat. Hervorzuheben ist die selbständige, geradedenkende
kritische Verarbeitung des Materials, die große Gewandtheit in der
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 675
Beherrschung des Stoffes, die allseitig hervortretende einschlägige
Erfahrung. Einzelne Kapitel, wie die Unfallsfolgen in der Gynä-
kologie, sind in ihrer Bearbeitung dem Verf. völlig eigen und
werden wohl vorläufig den Ausgangspunkt für weitere Arbeiten
abgeben müssen, zumal die Gynäkologen hierin vor T. eine be-
wundernswerthe Abstinenz beobachtet haben. Ich würde es für
kleinlich halten, wenn ich Angesichts der großen Vorzüge des Buches
Ausstellungen machen wollte, wie etwa die einer gewissen Ungleich-
heit einzelner Kapitel gemäß ihrer praktischen Bedeutung. Das
Werk ist durchaus modern, steht weit über ähnlichen Erscheinungen
auf diesem Gebiete, zeigt ursprünglichste Originalität verbunden mit
lebendiger Anschauung in glatter Sprache und stellt im Rahmen
der deutschen Chirurgie eine hervorragende Leistung dar. Es legt
beredtes Zeugnis ab von der einschneidenden Bedeutung der > Un-
fallheilkunde« und wird die Lust zur Mitarbeit in weiteren Kreisen
fördern. Bähr (Hannover).
5) H. Helferich. Atlas und Grundriss der traumatischen
Frakturen und Luxationen. Mit 68 Tafeln und 137 Figuren
im Text von Maler B. Keilitz. 4. verbesserte und ver-
mehrte Auflage.
München, Lehmann, 1898. 293 8.
Wenn ein Buch in 4 Jahren 4mal aufgelegt, dazu in der
3. Auflage gründlich umgearbeitet wird, kann man in der 4. kaum
viel Neues erwarten. Und doch begegnet man in ihr nicht nur aller
Orten kleinen Änderungen, die eine schärfere Fassung und genauere
Präcisirung des Textes darstellen oder neueste Erfahrungen aus der
Kasuistik wiedergeben, sondern sieht einzelne Kapitel — wie die
über die Frakturen des unteren Radiusendes oder die Behandlung
von Ober- und Unterschenkelbrüchen mit Gehverbänden — in
größerem Umfang neu bearbeitet. So bleibt das beliebte Werk auf
der Höhe der Zeit und kann nur, wie bisher, auf das beste empfohlen
werden. Richter (Breslau).
6) H. Lossen. Grundriss der Frakturen und Luxationen.
Für Studirende und Ärzte.
Stuttgart, F. Enke, 1897. 318 S. 70 Abbildungen.
Ob das Buch bei der Verbreitung sehr beliebter Werke über
dasselbe Thema in Deutschland ein Bedürfnis war, wird die Zukunft
erweisen. Jedenfalls ist die Konkurrenz keine leichte. Die Knochen-
brüche nehmen die erste, größere, die Verrenkungen die kleinere
Schlusshälfte des Buches ein. Beide werden mit Kapiteln über die
allgemeine Lehre — der Frakturen bezw. Luxationen — eingeleitet,
denen dann, abweichend von der gewöhnlichen Regel, zuerst die
Specialerkrankungen des Schultergürtels und der oberen Extremität,
dann die des Beckens und der unteren Extremität, zuletzt die am
Kopf und Stamm folgen.
26*
676 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Die Darstellung ist klar, die — selten originalen, verhältnismäßig
reichlich dem Anger’schen Werke entnommenen — Abbildungen
sind deutlich, so dass in dieser Beziehung mit Lob nicht zurück-
gehalten werden soll. Aber im Einzelnen wäre in einer 2. Auflage
doch wohl manches Veraltete auszumerzen, Modernes einzufügen, vor
Allem auch die Untersuchung mit X-Strahlen, von der wir gar
nichts zu hören bekommen, zu berücksichtigen.
Dass bei Diaphysenschüssen die weitgehenden Splitterungen auf
der hydraulischen Pressung des Knochenmarks beruhen, ist doch
nicht mehr die allgemeine Ansicht, und dass die Ausschusswunden
bei Knochenschüssen meist 3—15 cm große trichterförmige Riss-
wunden darstellen, aus welchen Muskel- und Sehnenfetzen heraus-
hängen, das entspricht auch nicht dem Bild der Verletzungen durch
die modernen Panzergeschosse. Eben so wird die typische Radius-
fraktur ätiologisch nicht mehr allein als Rissfraktur angesehen. Die
Kompressionsfrakturen des oberen Tibiaendes finden gar keine Er-
wähnung, von den Frakturen des Capit. fib. kennt Verf. nur eine
Beobachtung und erwähnt nicht die begleitenden Störungen von
Seiten des N. peron. Der Entstehung von Schädelbasisbrüchen durch
hydrostatischen Druck — bei Schussverletzungen — wird eben so
wenig Erwähnung gethan wie der Lehren der Dorpater Schule über
das ätiologische Moment bei dem Zustandekommen der bestimmten
Bruchrichtungen bei Schädelbrüchen. Auch in der Behandlung der
Hirnschüsse ist Verf. anderer Meinung als die meisten Chirurgen
unserer Tage.
Füge ich hinzu, dass Verf. auch auf die Frage von den dauernden
Folgen von Knochenbrüchen und Verrenkungen, wie sie dem Arzt
bei Unfallsachen so sehr häufig zur Beurtheilung entgegentreten, nur
selten eingeht, so bleibt für eine weitere Bearbeitung des Themas
in einer 2. Auflage noch so Manches zu thun.
Die Ausstattung entspricht der bekannten der Stuttgarter Firma.
Richter (Breslau).
7) @. Kapsammer. Das Verhalten der Knochen nach
Ischiadicusdurchschneidung.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.)
Nach Durchschneidung der Nn. ischiadici bei Thieren wurden
einige sehr auffallende Befunde erhoben. So fanden Nasse und
Kassowitz danach Verlängerung der Knochen, M. Schiff und Nasse
Verdickung und Gewichtszunahme. Für diese Erscheinung wurden
die Vasomotoren verantwortlich gemacht. Nach Ischiadicusdurch-
schneidung entsteht eine fluxionäre Hyperämie, und durch diese
wird Zellenproliferation angeregt, so dass nach Kassowitz hier
analoge Befunde zu der Rachitis vorliegen, wo ebenfalls vom Periost
und der Knorpelfuge aus gesteigertes Wachsthum auftritt. Gleich-
zeitig werde durch die stärkere Durchströmung die Kalkablagerung
verzögert und Rarefikation durch raschere Einschmelzung bedingt.
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 677
So würden Verlängerung, Verdickung, größere Biegsamkeit und Ver-
ringerung des specifischen Gewichtes zu erklären sein. Verf. machte
nun selbst an 12 im Wachsthum befindlichen Thieren analoge Ver-
suche und fand Folgendes: Periost und Markgewebe waren unver-
ändert. Bezüglich der sonstigen Veränderungen an der Knorpelfuge
und den Knochen kommt K. zu dem Schlusse, dass die spärlichen
und zum Theil recht verschiedenen Befunde theils in das Gebiet der
normalen physiologischen Breite fallen, theils aber nur indirekt durch
die Ischiadicusdurchschneidung bedingt sind, in so fern der Ausfall
der motorischen und sensiblen Innervation dabei im Spiel ist, z. B.
bei traumatischen Anlässen. Veränderungen auf rein angioneurotischer
Grundlage sind demgemäß nach des Verf. Ansicht nach Ischiadicus-
resektion auszuschließen. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
8) G. Kapsamer. Das Verhalten verletzter Knochen nach
Ischiadicusdurchschneidung. Mit 2 Figuren.
(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LVI. Hft. 3.)
Es lag Verf. daran, die spärlichen, bisher bekannten analogen
Versuche zu kontrolliren, welche zum Theil unter einander sehr
widersprechend waren. Er ging nun in der Weise vor, dass er den
Versuchsthieren den Nervus ischiadicus und cruralis einseitig durch-
schnitt oder resecirte, dann den Knochen — in diesem Falle die
Tibien — mit Eiterkulturen inficirte oder frakturirte. Die Resultate
waren im Ganzen negativ, d. h. sie zeigten, dass die Ischiadicus-
durchschneidung auf die Callusbildung keinen Einfluss hat, der auf
direkter angioneurotischer Basis fußen würde. Bei mangelhafter
Feststellung der Bruchenden können natürlich Unterschiede auftreten.
Diese sind aber die selbstverständlichen Folgen des Ausfalls der
motorischen und sensiblen Innervation. Aus solchen Gründen er-
klärt sich die Verschiedenheit der Befunde, die Verf. in seiner
früheren Mittheilung publicirte. Das damals angenommene größere
Volumen der Callusbildung und die größere Beweglichkeit der
neurotomischen Seite waren also nur scheinbar.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
9) Fritz König. Über das cystische Enchondrofibrom und die
solitären Cysten der langen Röhrenknochen. Mit 6 Figuren.
(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LVI. Hft. 3.)
Von 41 Pat. der kgl. Universitätsklinik in Berlin (v. Berg-
mann), welche an Knochensarkomen litten, erlagen trotz aus-
gedehntster und rücksichtslosester Operation 30. Die Prognose dieser
Geschwülste ist also eine sehr ungünstige. Darum ist es wesentlich,
von ihnen eine Reihe von Geschwülsten zu unterscheiden, die gut-
artiger sind und lokal exstirpirt werden können, aber manche
klinische Ähnlichkeit mit den Sarkomen haben, nämlich die cysti-
schen Enchondrofibrome und reinen Cystengeschwülste der langen
678 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Schaftknochen. Verf. schildert in sehr anschaulicher Weise das
verschiedenartige Krankheitsbild des Leidens. Meist spukt die Krank-
heit 1—2 Jahre unerkannt in dem Pat., bis ein auf leichte Ver-
anlassung hin entstehender Knochenbruch auf dasselbe aufmerksam
macht. Der Befund ist dann meist verschieden, je nachdem es sich
um reine Cysten oder um Überwiegen der Geschwulstmassen handelt.
Nach Virchow entstehen diese Cysten immer aus produktiven Ge-
schwülsten durch degenerative Metamorphose.
Ein derartiger Fall wurde von v. Bergmann operirt. Die
Krankengeschichte des 15jährigen Mädchens entsprach im Ganzen
dem oben theilweise geschilderten Verlauf. Der operative Eingriff
bestand in Aufmeißelung des Oberschenkelschaftes, Resektion eines
kleinen cirkulären Stücks und Auskratzung der Geschwulst-
massen nach oben und unten. Die große Wundhöhle wurde
tamponirt und die natürlich sehr bewegliche Extremität in einen
Gipsverband gelegt. Das Resultat war ein gutes: die Extremität
wurde, natürlich verkürzt, bis heute erhalten. Es handelte sich bei
dem Präparat um eine Cyste mit mehrfachen Kammern, die theil-
weise noch von der Knochenschale umgeben ist, welche jedoch auch
stellenweise fehlt. Die glattwandigen Höhlen enthielten eine bräun-
liche, durch Hämorrhagien und schleimige Degeneration entstandene
Flüssigkeit. Weiter fand K. Inseln von Knorpelgewebe von der
durchscheinend blaugrauen Farbe des hyalinen Knorpels der Epi-
physen isolirt im Geschwulstgewebe liegen. An einzelnen Stellen
der Geschwulst könnte man übrigens leicht die Diagnose auf Sarkom
stellen, welche jedoch nicht zutreffend wäre. Die Knorpelinseln
sieht K. mit Virchow als die Grundlage für die Geschwulstbildung
an. Sie sind jedenfalls im Innern des Knochens durch irgend
welche Verhältnisse liegen gebliebene Keime von Knorpelsubstanz,
welche später zur Geschwulstbildung führen. Warum solche Knorpel-
partien das eine Mal unschuldig liegen bleiben, ein anderes Mal zu
Geschwülsten und Cystenbildung führen, lässt sich nicht bestimmen.
Als Mutterboden der Geschwulst sieht Verf. die centralen Partien
an, an deren Entfernung ihm darum am meisten gelegen ist.
Das operative Verfahren, Exstirpation und Auskratzung, führt
zur Heilung, allerdings mit Verkürzung der Extremität. Die Kon-
solidation ist nicht verlangsamt. E. Siegel (Frankfurt a/M...
10) Hofbauer. Zur Pathogenese der Gelenkerkrankungen.
(Mittheilungen a. d. Grensgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 1.)
Seit der bekannten Hueter’schen Arbeit beschränkt sich die
Histologie der Gelenke wesentlich auf die Frage, ob die obere,
zellige Schicht der Gelenkmembran aus Endothelien oder aus Binde-
gewebszellen besteht. H. unterzieht die ganze Morphologie der
Synovialis einer neueren Untersuchung; das Material entnahm er
Knie-, Schulter- und Sprunggelenken jugendlicher Individuen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 679
Die Synovialis besteht aus einer zellarmen tiefen und einer
zellreichen oberflächlichen Schicht. Die Zellen der letzteren sind in
einer keineswegs konstanten Zahl von Lagen vorhanden; die Lage
ist bald einfach, bald mehrfach; ohne merkliche Grenzen gehen oft
dicht neben einander diese verschiedenen Höhen der Lagen in ein-
ander über. Die Achsen der Zellen laufen bald der Oberfläche
parallel, bald stehen sie im Winkel dazu. Eine Basalmembran
fehlt. Der Übergang in die zellarme, tiefe Schicht ist ein ganz all-
mählicher.
Die Gefäßverhältnisse wurden an injieirten Präparaten unter-
sucht. Die Gefäßentwicklung ist im Allgemeinen sehr reichlich; am
stärksten ist sie da, wo die Synovialis über lockeres Gewebe hinzieht.
Aus dem parasynovialen Gewebe steigen die Gefäße senkrecht zur
Oberfläche, biegen rechtwinklig um und verlaufen stark geschlängelt
eine Strecke parallel derselben. Den Angaben Buday’s entgegen
fand H. das Endothel der Kapillaren nicht höher und stärker in die
Lichtung hineinragend als sonst. Die sehr reichliche Vaskularisation
erklärt es, wesshalb chemische und bakterielle Noxen gerade so häufig
in die Gelenke ausgeschieden werden; der Übergang von Mikro-
organismen, welche in die Blutbahn eingespritzt wurden, geschieht
nach Chvostek durch die unverletzten Blutgefäße schon in 16 Stun-
den. Die Schlängelung der Gefäße bedingt, dass Bakterien in den
Schlingen wie in todten Buchten leicht liegen bleiben.
Haeckel (Stettin).
11) Kader. Klinische Beiträge zur Ätiologie und Patho-
logie der sogenannten primären Muskelentzündungen.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 5.)
K. weist nach, dass die mannigfachen Formen der sogenannten
primären Muskelentzündung, welche als Dermatomyositis, Polymyo-
sitis primaria, Myositis idiopathica suppurativa, Myositis chronica,
Myositis interstitialis beschrieben worden sind, nichts Specifisches
haben, keine Erkrankungen sui generis, sondern verschiedenartige
Formen bakteriell bedingter Sepsis sind.
Am meisten Schwierigkeiten macht diejenige Form von Myositis,
bei der es nur zu ödematöser Durchtränkung der Muskeln ohne
Eiterung kommt. Eine dahin gehörende Beobachtung wird mit-
getheilt. In den entzündeten Muskeln ließen sich keine Mikroorga-
nismen nachweisen, wohl aber in anderen Organen. Es hat der
Muskel, wie eingehend nachgewiesen wird, eine hohe baktericide
Kraft. Es wird ferner nachgewiesen, dass zwischen den Myositiden
ohne Eiterung und solchen mit Eiterung kein principieller Unter-
schied besteht. Es ist die Myositis auch nur eine Theilerscheinung,
eine allerdings seltene Lokalisation allgemeiner Sepsis. Übrigens sind
von anderen Beobachtern auch bei der nicht eitrigen Myositis Strepto-
kokken in den Muskeln gefunden worden.
680 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Durchsichtiger ist in ihrer Natur als bakterielle septiko-pyämische
Infektion die sogenannte idiopathische, eitrige Myositis, für welche
gleichfalls ein Beispiel beigebracht wird.
Auch die chronische interstitielle Myositis, die rheumatische
Schwiele, welche am besten als Myositis fibrosa bezeichnet wird und
am Sternocleidomastoideus am häufigsten vorkommt, wird als gleichen,
bakteriellen, infektiösen Ursprungs aufgefasst, wenngleich es bisher
noch nie gelungen ist, in diesen Muskeln Mikroorganismen nachzu-
weisen. Es ist eine abgeschwächte Form derselben Infektion, genau
so wie die akute Osteomyelitis ja auch in verschiedenster Intensität
am Knochen auftreten kann. Zwischen allen Formen der Osteo-
myelitis und Myositis lassen sich Parallelen ziehen. Eben so bietet
zur Myositis fibrosa die »fibrinöse Phlegmone« Stromeyer’s, welche
nicht zu Eiterung führt, eine Analogie dar. 3 Krankengeschichten
(Myositis fibrosa am Oberarm; am Semitendinosus und Semimembra-
nosus; am Rectus abdominis) werden als Beispiele dieser Form aus-
führlich mitgetheilt.
Wie es bei der akuten Osteomyelitis nur zur Bildung eines
centralen Abscesses kommen kann, so können sich auch bei der
Myositis fibrosa Abscesse im Centrum des Muskels finden: 2 Fälle
dieser Form am Masseter belegen das.
Einige Beispiele erläutern, dass auch Quetschungen von Muskeln
zu fibröser Myositis führen können; einer der angeführten Fälle
dieser Art ist desshalb besonders bemerkenswerth, weil sich dabei
im Muskel Staphylokokken nachweisen ließen, ohne dass die Haut
verletzt war. Haeckel (Stettin).
12) Hutchinson jun. Remarks on the treatement of back-
ward dislocation of the thumb (first phalanx).
(Brit. med. journ. 1898. Januar 15.)
Auf Grund anatomischer Betrachtung und klinischer Erfahrung
verwirft H. bei dorsaler Verrenkung der 1. Phalanx des Daumens
alle Einschnitte auf der Palmarseite des Gelenks. Wenn der Ver-
such, die Verrenkung auf unblutigem Wege nach den gewöhnlichen
Methoden in Narkose zu beseitigen, fehlgeschlagen, empfiehlt er mit
einem Tenotom dorsal hinter der vorspringenden Basis der 1. Phalanx
einzugehen und das Ligamentum glenoidale zu durchtrennen und
dadurch ein seitliches Vorbeigleiten der dislocirten Sesambeine am
Metacarpusköpfchen zu ermöglichen. Die Methode ist ungefährlich
bei aseptischem Vorgehen, Nebenverletzungen sind nicht möglich.
Die Beweglichkeit des Gelenks wird nicht beeinträchtigt. In 3 Fällen,
in denen die Einrichtung der Verrenkung auf keine andere Weise
gelang, hat H. das schon von anderer Seite empfohlene Verfahren
angewandt und glänzende Resultate erhalten. :
F. Krumm (Karlsruhe).
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 681
13) A. Henggeler. Beiträge zur Kenntnis der Beckenstellung.
(Aus dem orthopädischen Institut von Dr. A. Lüning und
Dr. W. Schulthess in Zürich.)
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.)
H. berichtet über die Resultate von Beckenmessungen, welche
mit Hilfe des Schulthess’schen Nivellirzirkels an 710 meist jugend-
lichen Individuen, Pat. des Lüning-Schulthess’schen Instituts,
vorgenommen wurden. Es wurden bestimmt die Neigungsgrade
der Verbindungslinien der Spinae posteriores superiores mit den
Spinae anteriores superiores ossis ilei, so wie der Neigungsgrad der
beiden Spinae anteriores superiores zu einander. Durch Vergleichung
mit einer an Leichen von Erwachsenen gefundenen » Konstanten «,
welche die Verhältnisziffer zwischen Cristaneigung und Neigung der
Conjugata vera ausdrückt, wurde sodann die Neigung der Conjugata
vera berechnet. Die Rechnung ergiebt bei der Verschiedenheit des
Materials 41,1° für das männliche, 44° für das weibliche Becken.
J. Biedinger (Würzburg).
14) Rieder. Über operative Behandlung der Synchondrosen-
caries. (Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn
(Direktor: Prof. Dr. Schede).)
(Deutsche med. Wochenschriftt 1898. No. 6.)
R. weist auf die Wichtigkeit des Traumas für die Entstehung
der Synchondrosencaries hin und betont, dass häufig eine nach einer
Kontusion entstehende derartige Erkrankung am Anfang verkannt
werde oder zu dem Verdacht der Simulation Veranlassung gebe.
Er theilt die Krankengeschichte eines jungen Menschen mit,
bei dem in wiederholten Operationen schließlich alle Weichtheile
der untersten Glutäalgegend parasacral resp. rectal durchschnitten,
also der Beckenboden nach unten zu durchtrennt wurde, so dass die
Sekrete der vorderen Darmbeingegend durch die weggemeißelte
Beckenschaufel hindurch nach hinten abfließen konnten. Es trat
Heilung schließlich ein, nachdem vorher kaum mehr auf eine solche
gerechnet werden konnte.
R. ist daher Anhänger eines energischen operativen Vorgehens.
In dem meisten Fällen hält er einen hinteren bogenförmigen Schnitt
vom hinteren Umfang der Crista ilei abwärts schräg zum Kreuzbein
herab von 8—10 cm Länge für ausreichend, um nach der Weg-
meißelung der bedeckenden Knochenplatte des Darmbeins die Arti-
kulation genügend frei zu machen.
In vorgeschrittenen Fällen umkreise der Schnitt die ganze
Beckenschaufel auf der Höhe der Crista, von dem Ligamentum
Pouparti aufwärts bis hinten herunter zur Steißbeinspitze und lege
alle Räume genügend frei, in die Senkungen statthaben können.
Bei Abscessen an der Innenseite des Beckens ist die Beckenschaufel
mit dem Meißel breit zu durchschlagen.
26**
682 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Schwierig ist in allen schweren Fällen die Nachbehandlung, für
welche R. die Lagerung der Kranken im permanenten Wasserbett
empfiehlt.
Das Endresultat ist, wenn Heilung eintritt, stets ein vorzügliches.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
15) A. Lorenz. Das instrumentelle, kombinirte Redressement
der Hüftgelenkskontrakturen.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 206. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
In einer von Kirmisson inspirirten Arbeit Sainton’s war kürz-
lich eine Statistik von 27 Hüftredressements mit 5 Todesfällen an
Meningitis tuberculosa mitgetheilt worden. Dies hat L. veranlasst,
sein eigenes Beobachtungsmaterial von 450 Coxitiden mit 18 durch
tuberkulöse Hirnhautentzündung bedingten tödlichen Ausgängen auf
die Frage zu prüfen, ob dem Redressement der Hüftkontrakturen die
Meningitis tuberculosa thatsächlich in auffallender Häufigkeit folge.
Das Ergebnis war, dass unter 144 Fällen von Redressements nur ein
einziger, 6 Wochen nach der Operation an Meningitis tödlich ver-
laufener möglicherweise in seinem Ausgang mit dem vorgenommenen
Eingriff in Zusammenhang gestanden hatte. Als Grund für diesen
auffallenden Gegensatz der Statistik L.’s und der Sainton’s sieht
Verf. die von Kirmisson geübte, in Mobilisirung des tuberkulösen
Gelenks bestehende Operationsmethode an, die naturgemäß verderb-
lich wirken kann, während das von L. ausgeführte Redressement
lediglich ein modellirendes, langsames und schonendes, deformitäts-
konträres ist, durch welches das Auftreten von Eiterung und von
Meningitis möglichst verhütet werden kann. Der von L. hierzu be-
nutzte sehr sinnreiche Apparat, dessen Wirkungsweise und Kon-
struktion sorgfältig beschrieben wird, gestattet, indem das kurze Bein
heruntergezogen, das lange gleichzeitig hinaufgeschoben wird, die
gleichzeitige und gleichmäßige Vornahme des Becken- und des
Schenkelredressements, also ein kombinirtes Hüftredressement, wie
es manuell nicht ausführbar ist, und ermöglicht dadurch nicht bloß
die Korrektur der Adduktions- oder Abduktionskontrakturen, sondern
auch die der Beugekontraktur in sicherer, gefahrloser und bequemer
Weise. Wo nöthig, kommen noch subkutane Teno- und Myotomien
ausgiebig zur Anwendung. Einige Abbildungen veranschaulichen die
Handhabung des »Hüftredresseurs« an dem zu narkotisirenden Pat.;
die Drehung der Zug- und Triebspindeln beansprucht keinerlei
physische Anstrengung, die Wirkung erfolgt mit leicht dosirbarer
und regulirbarer Gewalt. Um die erreichte Korrekturstellung genau
festzuhalten, wird schließlich noch an dem eingespannt liegenden
Pat. ein fester Verband angelegt. — Der Apparat eignet sich aber
außerdem noch zum Etappenredressement ohne Narkose, ohne dass
der Kranke dabei wesentlich leidet; L. verwendet es zuweilen bei
Kontrakturen mit noch secernirenden Fisteln, bei welchen das Re-
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 683
dressement in einer Sitzung leicht zur Verlegung der letzteren und
zu Retention des Eiters führen würde, besonders aber zur gymnasti-
schen Nachbehandlung operativ reponirter Verrenkungen, um vor-
handene Adduktionen zu korrigiren oder dieselben zu verhüten. Eine
kleine Modifikation des Apparats ermöglicht weiterhin seine Ver-
wendung als beiderseits wirkende Extensionsvorrichtung zur Ein-
richtung von Schenkelhalsbrüchen, zur Streckung stumpfwinkliger
Kniegelenkskontrakturen und Reposition von Beinbrüchen.
Kramer (Glogau).
16) A. Schanz. Die Ätiologie der angeborenen Hüftver-
renkung.
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.)
Als Anhänger der mechanischen Theorie führt Verf. das Zu-
standekommen der Verrenkung zurück auf Fruchtwassermangel,
intra-uterine Raumbeschränkung und Druck der Uteruswand. Maß-
gebend für die Richtung der Verrenkung ist die Lage des Fötus.
Durch den rückwärts von der Kapsel her auf den Schenkelkopf
ausgeübten Druck kommt die typische Schenkelhalsverbiegung zu
Stande (Coxa vara), welche bei der angeborenen Hüftverrenkung
angetroffen wird und nur mit Hilfe der mechanischen Theorie zu
erklären ist. J. Riedinger (Würzburg).
17) C. Ghillini. Unblutige Behandlung der angeborenen Hüft-
gelenksverrenkung.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.)
G. spricht sich dahin aus, dass er die Methode von Lorenz
gegenüber der von Paci darum vorziehe, weil Ersterer die Kinder
herum gehen lasse und dadurch leichter eine Nearthrose erziele,
während Paci die Pat. liegen lasse. Das Hinken bei der ange-
borenen Hüftgelenksverrenkung rührt seiner Ansicht nach nicht nur
von der Verschiebung des Oberschenkels nach oben her, sondern auch
von Ursachen, die unabhängig vom Hüftgelenk sind, d. h. von den
Theilen, welche die Wirbelsäule stützen. Er ist der Ansicht, dass
man darum bei der heutigen Therapie nur befriedigende Resultate,
keine Heilungen erziele. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
18) F. Lange (München). Die Behandlung der angeborenen
Hüftverrenkung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 15 u. 16.)
In der Abhandlung, welche die wichtigsten Ergebnisse seiner in
einer späteren größeren Arbeit zu veröffentlichenden Untersuchungen
zusammenfasst, weist L. nach, dass die Voraussetzung Lorenz’,
dass die angeborene Hüftverrenkung fast ausnahmslos in der Form
der Luxatio iliaca auftrete, nicht zutreffe, und dass dem entsprechend
auch die Methoden der Reposition und Retention je nach der Form
*
680 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Durchsichtiger ist in ihrer Natur als bakterielle septiko-pyämische
Infektion die sogenannte idiopathische, eitrige Myositis, für welche
gleichfalls ein Beispiel beigebracht wird.
Auch die chronische interstitielle Myositis, die rheumatische
Schwiele, welche am besten als Myositis fibrosa bezeichnet wird und
am Sternocleidomastoideus am häufigsten vorkommt, wird als gleichen,
bakteriellen, infektiösen Ursprungs aufgefasst, wenngleich es bisher
noch nie gelungen ist, in diesen Muskeln Mikroorganismen nachzu-
weisen. Es ist eine abgeschwächte Form derselben Infektion, genau
so wie die akute Osteomyelitis ja auch in verschiedenster Intensität
am Knochen auftreten kann. Zwischen allen Formen der Osteo-
myelitis und Myositis lassen sich Parallelen ziehen. Eben so bietet
zur Myositis fibrosa die »fibrinöse Phlegmone« Stromeyer’s, welche
nicht zu Eiterung führt, eine Analogie dar. 3 Krankengeschichten
(Myositis fibrosa am Oberarm; am Semitendinosus und Semimembra-
nosus; am Rectus abdominis) werden als Beispiele dieser Form aus-
führlich mitgetheilt.
Wie es bei der akuten Osteomyelitis nur zur Bildung eines
centralen Abscesses kommen kann, so können sich auch bei der
Myositis fibrosa Abscesse im Centrum des Muskels finden: 2 Fälle
dieser Form am Masseter belegen das.
Einige Beispiele erläutern, dass auch Quetschungen von Muskeln
zu fibröser Myositis führen können; einer der angeführten Fälle
dieser Art ist desshalb besonders bemerkenswerth, weil sich dabei
im Muskel Staphylokokken nachweisen ließen, ohne dass die Haut
verletzt war. Haeckel (Stettin).
12) Hutchinson jun. Remarks on the treatement of back-
ward dislocation of the thumb (first phalanx).
(Brit. med. journ. 1898. Januar 15.)
Auf Grund anatomischer Betrachtung und klinischer Erfahrung
verwirft H. bei dorsaler Verrenkung der 1. Phalanx des Daumens
alle Einschnitte auf der Palmarseite des Gelenks. Wenn der Ver-
such, die Verrenkung auf unblutigem Wege nach den gewöhnlichen
Methoden in Narkose zu beseitigen, fehlgeschlagen, empfiehlt er mit
einem Tenotom dorsal hinter der vorspringenden Basis der 1. Phalanx
einzugehen und das Ligamentum glenoidale zu durchtrennen und
dadurch ein seitliches Vorbeigleiten der dislocirten Sesambeine am
Metacarpusköpfchen zu ermöglichen. Die Methode ist ungefährlich
bei aseptischem Vorgehen, Nebenverletzungen sind nicht möglich.
Die Beweglichkeit des Gelenks wird nicht beeinträchtigt. In 3 Fällen,
in denen die Einrichtung der Verrenkung auf keine andere Weise
gelang, hat H. das schon von anderer Seite empfohlene Verfahren
angewandt und glänzende Resultate erhalten. '
F. Krumm (Karlsruhe).
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 681
13) A. Henggeler. Beiträge zur Kenntnis der Beckenstellung.
(Aus dem orthopädischen Institut von Dr. A. Lüning und
Dr. W. Schulthess in Zürich.)
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.)
H. berichtet über die Resultate von Beckenmessungen, welche
mit Hilfe des Schulthess’schen Nivellirzirkels an 710 meist jugend-
lichen Individuen, Pat. des Lüning-Schulthess’schen Instituts,
vorgenommen wurden. Es wurden bestimmt die Neigungsgrade
der Verbindungslinien der Spinae posteriores superiores mit den
Spinae anteriores superiores ossis ilei, so wie der Neigungsgrad der
beiden Spinae anteriores superiores zu einander. Durch Vergleichung
mit einer an Leichen von Erwachsenen gefundenen » Konstanten <,
welche die Verhältnisziffer zwischen Cristaneigung und Neigung der
Conjugata vera ausdrückt, wurde sodann die Neigung der Conjugata
vera berechnet. Die Rechnung ergiebt bei der Verschiedenheit des
Materials 41,1° für das männliche, 44° für das weibliche Becken.
J. Biedinger (Würzburg).
14) Rieder. Über operative Behandlung der Synchondrosen-
caries. (Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn
[Direktor: Prof. Dr. Schede).)
(Deutsche med. Wochenschriftt 1898. No. 6.)
R. weist auf die Wichtigkeit des Traumas für die Entstehung
der Synchondrosencaries hin und betont, dass häufig eine nach einer
Kontusion entstehende derartige Erkrankung am Anfang verkannt
werde oder zu dem Verdacht der Simulation Veranlassung gebe.
Er theilt die Krankengeschichte eines jungen Menschen mit,
bei dem in wiederholten Operationen schließlich alle Weichtheile
der untersten Glutäalgegend parasacral resp. rectal durchschnitten,
also der Beckenboden nach unten zu durchtrennt wurde, so dass die
Sekrete der vorderen Darmbeingegend durch die weggemeißelte
Beckenschaufel hindurch nach hinten abfließen konnten. Es trat
Heilung schließlich ein, nachdem vorher kaum mehr auf eine solche
gerechnet werden konnte.
R. ist daher Anhänger eines energischen operativen Vorgehens.
In dem meisten Fällen hält er einen hinteren bogenförmigen Schnitt
vom hinteren Umfang der Crista ilei abwärts schräg zum Kreuzbein
herab von 8—10 cm Länge für ausreichend, um nach der Weg-
meißelung der bedeckenden Knochenplatte des Darmbeins die Arti-
kulation genügend frei zu machen.
In vorgeschrittenen Füllen umkreise der Schnitt die ganze
Beckenschaufel auf der Höhe der Crista, von dem Ligamentum
Pouparti aufwärts bis hinten herunter zur Steißbeinspitze und lege
alle Räume genügend frei, in die Senkungen statthaben können.
Bei Abscessen an der Innenseite des Beckens ist die Beckenschaufel
mit dem Meißel breit zu durchschlagen.
26**
682 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Schwierig ist in allen schweren Fällen die Nachbehandlung, für
welche R. die Lagerung der Kranken im permanenten Wasserbett
empfiehlt.
Das Endresultat ist, wenn Heilung eintritt, stets ein vorzügliches.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
15) A. Lorenz. Das instrumentelle, kombinirte Redressement
der Hüftgelenkskontrakturen.
{Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 206. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
In einer von Kirmisson inspirirten Arbeit Sainton’s war kürz-
lich eine Statistik von 27 Hüftredressements mit 5 Todesfällen an
Meningitis tuberculosa mitgetheilt worden. Dies hat L. veranlasst,
sein eigenes Beobachtungsmaterial von 450 Coxitiden mit 18 durch
tuberkulöse Hirnhautentzündung bedingten tödlichen Ausgängen auf
die Frage zu prüfen, ob dem Redressement der Hüftkontrakturen die
Meningitis tuberculosa thatsächlich in auffallender Häufigkeit folge.
Das Ergebnis war, dass unter 144 Fällen von Redressements nur ein
einziger, 6 Wochen nach der Operation an Meningitis tödlich ver-
laufener möglicherweise in seinem Ausgang mit dem vorgenommenen
Eingriff in Zusammenhang gestanden hatte. Als Grund für diesen
auffallenden Gegensatz der Statistik Lia und der Sainton’s sieht
Verf. die von Kirmisson geübte, in Mobilisirung des tuberkulösen
Gelenks bestehende Operationsmethode an, die naturgemäß verderb-
lich wirken kann, während das von L. ausgeführte Redressement
lediglich ein modellirendes, langsames und schonendes, deformitäts-
konträres ist, durch welches das Auftreten von Eiterung und von
Meningitis möglichst verhütet werden kann. Der von L. hierzu be-
nutzte sehr sinnreiche Apparat, dessen Wirkungsweise und Kon-
struktion sorgfältig beschrieben wird, gestattet, indem das kurze Bein
heruntergezogen, das lange gleichzeitig hinaufgeschoben wird, die
gleichzeitige und gleichmäßige Vornahme des Becken- und des
Schenkelredressements, also ein kombinirtes Hüftredressement, wie
es manuell nicht ausführbar ist, und ermöglicht dadurch nicht bloß
die Korrektur der Adduktions- oder Abduktionskontrakturen, sondern
auch die der Beugekontraktur in sicherer, gefahrloser und bequemer
Weise. Wo nöthig, kommen noch subkutane Teno- und Myotomien
ausgiebig zur Anwendung. Einige Abbildungen veranschaulichen die
Handhabung des »Hüftredresseurs« an dem zu narkotisirenden Pat.;
die Drehung der Zug- und Triebspindeln beansprucht keinerlei
physische Anstrengung, die Wirkung erfolgt mit leicht dosirbarer
und regulirbarer Gewalt. Um die erreichte Korrekturstellung genau
festzuhalten, wird schließlich noch an dem eingespannt liegenden
Pat. ein fester Verband angelegt. — Der Apparat eignet sich aber
außerdem noch zum Etappenredressement ohne Narkose, ohne dass
der Kranke dabei wesentlich leidet; L. verwendet es zuweilen bei
Kontrakturen mit noch secernirenden Fisteln, bei welchen das Re-
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 683
dressement in einer Sitzung leicht zur Verlegung der letzteren und
zu Retention des Eiters führen würde, besonders aber zur gymnasti-
schen Nachbehandlung operativ reponirter Verrenkungen, um vor-
handene Adduktionen zu korrigiren oder dieselben zu verhüten. Eine
kleine Modifikation des Apparats ermöglicht weiterhin seine Ver-
wendung als beiderseits wirkende Extensionsvorrichtung zur Ein-
richtung von Schenkelhalsbrüchen, zur Streckung stumpfwinkliger
Kniegelenkskontrakturen und Reposition von Beinbrüchen.
RN Kramer (Glogau).
16) A. Schanz. Die Ätiologie der angeborenen Hüftver-
renkung.
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.)
Als Anhänger der mechanischen Theorie führt Verf. das Zu-
standekommen der Verrenkung zurück auf Fruchtwassermangel,
intra-uterine Raumbeschränkung und Druck der Uteruswand. Maß-
gebend für die Richtung der Verrenkung ist die Lage des Fötus.
Durch den rückwärts von der Kapsel her auf den Schenkelkopf
ausgeübten Druck kommt die typische Schenkelhalsverbiegung zu
Stande (Coxa vara), welche bei der angeborenen Hüftverrenkung
angetroffen wird und nur mit Hilfe der mechanischen Theorie zu
erklären ist. J. Riedinger (Würzburg).
17) C. Ghillini. Unblutige Behandlung der angeborenen Hüft-
gelenksverrenkung.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.)
G. spricht sich dahin aus, dass er die Methode von Lorenz
gegenüber der von Paci darum vorziehe, weil Ersterer die Kinder
herum gehen lasse und dadurch leichter eine Nearthrose erziele,
während Paci die Pat. liegen lasse. Das Hinken bei der ange-
borenen Hüftgelenksverrenkung rührt seiner Ansicht nach nicht nur
von der Verschiebung des Oberschenkels nach oben her, sondern auch
von Ursachen, die unabhängig vom Hüftgelenk sind, d. h. von den
Theilen, welche die Wirbelsäule stützen. Er ist der Ansicht, dass
man darum bei der heutigen Therapie nur befriedigende Resultate,
keine Heilungen erziele. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
18) F. Lange (München). Die Behandlung der angeborenen
Hüftverrenkung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 15 u. 16.)
In der Abhandlung, welche die wichtigsten Ergebnisse seiner in
einer späteren größeren Arbeit zu veröffentlichenden Untersuchungen
zusammenfasst, weist L. nach, dass die Voraussetzung Lorenz’,
dass die angeborene Hüftverrenkung fast ausnahmslos in der Form
der Luxatio iliaca auftrete, nicht zutreffe, und dass dem entsprechend
auch die Methoden der Reposition und Retention je nach der Form
*
684 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
der Verrenkung verschieden sein müssen, um eine Wiederausrenkung
des reponirten Kopfes zu verhüten. Bei der ersten, bei Kindern
bis zum 3. Lebensjahre zu beobachtenden Form steht der Kopf fast
stets vorn in der Subinguinalgegend, unmittelbar oberhalb der Pfanne
(Luxatio supracotyloidea Kölliker’s), bei der zweiten, besonders
Kinder im Alter von 3—6 Jahren betreffenden, in Streckstellung an
derselben Stelle, bei Beugestellung aber hinten auf der Darmbein-
schaufel (Luxatio supracotyloidea et iliaca), und erst bei der dritten
dauernd auf letzterer (Luxatio iliaca), vornehmlich in Folge des
Übergewichts des Glutaeus maximus, der hinteren Hälfte des Glutaeus
medius und maximus, des Pyriformis, des Obturator internus und
externus und der Mehrzahl der Adduktorenbündel über die Antago-
nisten. Der Stellung des Kopfes passen sich die Muskeln und be-
sonders die einzelnen Theile der Gelenkkapsel mit der Zeit an, so
dass bei den Verfahren der Reposition und Retention der Zustand
der letzteren zu berücksichtigen ist. Da bei der Luxatio supra-
cotyloidea das untere und hintere Kapselband von normaler Länge,
oder im Vergleich zum oberen und vorderen nur wenig gedehnt ist,
muss es vor Allem bei der Reposition und Retention ausgenutzt
werden; erstere hat desshalb bei leichter Beugung des Beins in einer
Mittelstellung zwischen Innen- und Außenrotation und bei einer Adduk-
tion von 150° in Streckung, Abduktion und Innenrotation, die Re-
tention in abducirter Stellung des gestreckten und innenrotirten
Beins zu erfolgen. Bei der 2. Form ist die vordere und obere
Kapsel noch stärker gedehnt, als bei der ersten, aber auch die untere
und hintere verlängert; das Repositionsmanöver lehnt sich an das
von Paci und Lorenz empfohlene an (Streckung lin stärkster Ab-
duktion und Innenrotation), während die Retention durch Innen-
rotation, verbunden mit Abduktion des gestreckten Beins zu erreichen
ist. Bei der vielleicht auch primär auftretenden, meist aber aus der
2. Form enstandenen Luxatio iliaca ist es fraglich, ob sie sich über-
haupt noch zur Reposition eignet; letztere ist am ehesten noch bei
der primären möglich und dann nach Paci’s oder Lorenz’ Me-
thode vorzunehmen; in leichten Fällen kann auch Mikulicz’s
Lagerungsapparat zweckmäßig sein. Bei der sekundären ist die Ver-
engerung der Kapsel dagegen gewöhnlich zu starr, als dass sie auf
unblutigem Wege erweitert werden könnte; es kann sich höchstens
um die Erreichung einer Stellungsverbesserung handeln, sonst nur
bei einseitigem Bestehen die blutige Operation, bei doppelseitigem
die Behandlung mit Bandagen, Gymnastik und Massage in Frage
kommen.
Für die Bildung eines festen Gelenks nach gelungener Reposition
und zweckmäßiger Retention hält L. den Zeitraum von is Jahr
für viel zu kurz bemessen. Um aber die Fixirung im Gipsverband
nicht länger als höchstens "iz Jahr auszudehnen, sucht er durch
»Weichtheilhemmung« den Kopf am Pfannenort festzuhalten, d. h.
dadurch, dass er die verlängerten Weichtheile (obere Kapsel, Mus-
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 685
culus pyriformis, obturator etc.) durch Chlorzinkinjektionen, welche,
abgesehen von bald wieder schwindenden mäßigen Schmerzen,
reaktionslos ertragen werden, zur Schrumpfung bringt. Gelingt dies
durch Jahre hindurch, so ist auch zu erwarten, dass sich allmählich
eine knöcherne Pfanne, sei es durch Vertiefung des Pfannenbodens,
sei es durch Herumwachsen eines Knochenwalls um den Kopf, bildet.
Bis dies erfolgt ist, muss das Kind vor jeder Überanstrengung be-
wahrt werden; L. lässt während dessen eine abnehmbare Bandage
unter gleichzeitiger gymnastischer Behandlung tragen.
Über die Endresultate kann erst nach Jahren ein Urtheil ab-
gegeben werden. Die über die Stellung des Kopfes und die Dehn-
barkeit der Gelenkkapsel unterrichtenden Röntgenbilder müssen dann
aber bei Belastung des Hüftgelenks aufgenommen werden. Demon-
strationen der Kinder auf Kongressen etc. sind nicht beweisend, da
auch bei nicht geheilten Fällen der Gang der Pat., so lange sie nicht
ermüdet sind, ein guter, andererseits bei denen, wo bereits ein festes
Gelenk erzielt worden, in Folge von Insufficienz der Glutalmus-
kulatur ein watschelnder sein kann. Kramer (Glogau).
19) A. A. Abrashanow. Osteoplastische Methode der Am-
putatio femoris intercondylica.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.)
Für ‚Fälle, wo aus der Vorderfläche des Unterschenkels ein
Lappen nicht zu bilden ist, empfiehlt A. einen hinteren Lappen,
der den oberen Theil der Hinterfläche der Tibia enthält. Das
A
Tibiastück wird nach vorn oben geklappt, mit der vorderen Säge-
fläche an das Femurende angenäht und am unteren Ende von der
durchsägten Patella bedeckt (Erhaltung der Sehne der Streckmuskeln!).
Obige Figuren erläutern den Hautschnitt, die Knochentrennung und
das Schlussresultat. Die hintere Tibiafläche hat keinen Schleimbeutel
und das ist es eben, was ihr einen Vorzug vor der Vorderfläche des
Knochens als Stützfläche giebt. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
686 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
20) Vollbrecht. Über umschriebene Binnenverletzungen des
Kniegelenks. Ein Beitrag zur Lehre von den Gelenkmäusen
und den Verletzungen der Zwischenknorpel.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft.1.)
Gestützt auf ein großes kasuistisches Material kommt Verf. be-
züglich der Entstehungsursache der Gelenkmäuse gegenüber König,
Kragelund u. A. zu folgenden Schlüssen:
1) Eine durch Verletzung herbeigeführte sofortige Ablösung von
Theilen der Gelenkoberfläche, welche als freie Körper in der Folge
auftreten, ist nicht selten und kommt in vorher gesunden Gelenken
auch als Folge geringfügiger Gewalteinwirkung vor.
2) Es können in Folge schwerer und geringfügiger Gewaltein-
wirkungen flache Stücke aus der Oberfläche der Gelenkenden heraus-
gebrochen werden, ohne dass das Gelenk im Übrigen schwer ge-
schädigt wird.
3) Die Gewalteinwirkungen lösen derartige Stücke meist sofort
aus allen Verbindungen, so dass es sich um wirklich freie Körper
handelt, welche aber weiterhin fast regelmäßig an irgend einer Stelle
Verwachsungen eingehen. Eine nachträgliche dissecirende Ent-
zündung, welche die Ablösung eines nur heftig kontundirten Stückes
bewirkt, braucht zur Erklärung nicht herbeigeholt zu werden.
4) Die Existenz einer Osteochondritis dissecans (König) ist zur
Zeit durch nichts bewiesen.
Verf. theilt die Gewalteinwirkungen ein in direkte, äußere ‘Schlag,
Stoß, Fall, Quetschung) und indirekte, innere (Verstauchung, Stauchung,
heftige Torsion und plötzliche Anspannung des Muskel- und Band-
apparates). Hinsichtlich der Symptome werden die primären All-
gemeinerscheinungen, als Schwellung, Erguss und Beweglichkeitsbe-
hinderung, unterschieden von den Einklemmungserscheinungen, den
Maussymptomen im engeren Sinne. Die Intensität der ersteren steht
in geradem Verhältnis zur Heftigkeit des Traumas, die letzteren sind
vor Allem von Größe, Form und Beweglichkeit der Gelenkmaus, der
Dauer ihres Verweilens im Gelenk und von Ort und Ausdehnung
der Verletzung an den artikulirenden Flächen abhängig. Ort und
Umfang der Verletzung bestimmen zugleich in der Hauptsache den
Ausgang des Leidens.
Die 11 vom Verf. zusammengestellten Fälle von Verrenkung des
äußeren oder inneren Meniscus waren sämmtlich traumatischen Ur-
sprungs und bald nach größeren, bald nach geringfügigen Gewalt-
einwirkungen entstanden. Bezüglich der Auffassung ihres Ent-
stehungsmechanismus wie des klinischen Bildes befindet sich Verf.
in voller Übereinstimmung mit von Bruns (vgl. diese Beiträge
Bd. IX p. 435), dessen Arbeit ausführlich eitirt wird. Dessgleichen
gelten für die Behandlung der Meniscusverrenkungen in der Miku-
liez’schen Klinik im Wesentlichen dieselben Grundsätze, wie sie
v. Bruns aufgestellt hat; neben dem von Letzterem empfohlenen
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 687
Längsschnitt wird als Operationsmethode auch der Querschnitt (vom
Rand der Kniescheibe 7—8 cm in der Gelenkspalte nach hinten)
mit gleich gutem Erfolg geübt. Honsell (Tübingen).
21) W. Koch. Verfahren gegen winklige Ankylosen und
Kontrakturen des Kniegelenks.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 380.)
K. hat in seiner Klinik zu Dorpat die blutige Korrektur winklig
ankylosirter Kniegelenke nach Anlage der Arthrotomiewunde weniger
durch Knochenresektionen als durch geeignete Resektion der schwie-
ligen und geschrumpften Band- und Kapselgewebe ausgebildet. Auf
diese soll das Hauptgewicht gelegt werden. Mit vorderem Bogen-
schnitt unter der Kniescheibe wird das Gelenk eröffnet, von den
Femurepikondylen, an denen der Schnitt endigt, werden flache
Scheiben sammt den Seitenbändern a la Tiling abgemeißelt. Be-
steht stärkere Verschiebung der Tibia gegen das Femur, insbesondere
schwerere Valgusstellung, so »gehe man an der äußeren Seite nur
bis zum Gelenkspalt hinauf und durchtrenne das äußere Seitenband
in seiner Mitte, Denn man soll von hier aus zwischen den Kopf
der Tibia und dem Capitulum fibulae nach vorn unten bis auf den
Knochen schneiden, einen hinteren kleinen Lappen bilden, von
welchem aus die Hinteraußenseite des Caput tibiae bequem sich cr-
reichen lässt«. Dann Zustutzung bezw. Exstirpation der Kniescheibe,
Excision der Kreuzbänder nebst den intragenualen Pannusmassen und
starke Beugung des Gelenks, wie gewöhnlich. An der nun bloß-
gelegten hinteren und seitlichen Partie der Gelenkkapsel schält
nun K., spritzende Gefäße unterbindend, so lange, bis eine dünne,
theilweise gelochte Platte übrig bleibt. Es folgt bei starker Dis-
traktion von Femur und Tibia die Abhobelung bezw. Abschneidung
der Kapselreste und des Periosts sammt Muskulatur oberhalb und
unterhalb des Kapselansatzes von den Knochen hinten und seitlich
bis über die Ligg. lateralia hinaus. An der Hinterseite von Tibia
und Fibula wird dieser Akt durch die oben erwähnte Schnittführung
erleichtert. Die jetzt weit von den Knochen abgeschälte Weichtheil-
brücke zwischen Ober- und Unterschenkel setzt nach Zufügung nur
kleiner Knochenscheibenabtragungen der Kniestreckung keinen
wesentlichen Widerstand mehr entgegen, da die Ilaupthemmnisse,
die Narbe, die geschrumpften Bänder und die Kapsel, entfernt sind.
Nöthigenfalls sind noch Tenotomien vorzunehmen. Die völlige
Korrektion braucht dabei nicht auf einmal erzwungen zu werden;
man kann sie vielmehr während der Nachbehandlung allmählich
durchsetzen.
Zwei ältere derart geheilte Fälle sind bereits an anderem Orte
publicirt. In vorliegender Arbeit werden die Berichte über 7 neue
Fälle gegeben, zum Theil unter Beifügung von l’hotogrammen.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
688 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
22) Gross. Beitrag zum instrumentellen Redressement des
Genu valgum und der schweren Flexionskontrakturen des
Kniegelenks.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.)
Zu dem genannten Zweck bedient Krause sich eines Apparates,
der äußerlich dem bekannten Rizzoli’schen Osteoklasten gleicht,
dessen Schraube aber nicht durch Druck, sondern durch Zug mittels
zweier Bindenzügel auf ihren Angriffspunkt (den Scheitel des Kon-
trakturwinkels) wirkt. Das Redressement wird in einer (bei schwe-
reren Fällen von Genu valgum in 2—3) Sitzung bis zur leichten
Überkorrektion getrieben und, während der Apparat das erreichte
Resultat festhält, der Gipsverband angelegt. Die Resultate, welche
im Altonaer Krankenhaus an 11 Fällen von Genu valgum, 3 Flexions-
kontrakturen des Kniegelenks, 1 Kontraktur des Ellbogengelenks
und 1 Knieankylose erzielt wurden, sind sehr zufriedenstellend. Nach
den gemachten Erfahrungen empfiehlt G. die Anwendung des Ap-
parates für alle Fälle von statischem Genu valgum, vorausgesetzt,
dass es sich um jugendliche Individuen handelt, für Flexionskon-
trakturen nur dann, wenn man sicher ist, keinen Schaden stiften zu
können; zu verwerfen ist demnach das instrumentelle Redressement
für diejenigen Kontrakturen, welche sich an Entzündung der Ge-
lenke angeschlossen haben, und bei denen der ursächliche Process
noch nicht ganz abgelaufen ist. Anhangsweise wird noch über einen
Pat. berichtet, der mit schweren Kontrakturen beider Kniegelenke
in Folge spinaler Kinderlähmung behaftet war und durch 1jährige
Behandlung (allerdings ohne Benutzung des beschriebenen Apparats)
Gehfühigkeit erlangte. Hofmeister (Tübingen).
23) O. Wendel. Die traumatischen Luxationen des Fußes
im Talocruralgelenk.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.)
W. unterscheidet am Talocruralgelenk folgende Verrenkungs-
formen: 1) in sagittaler Richtung Verrenkung nach vorn und nach
hinten. 2) in seitlicher Richtung Pro- und Supinations-, so wie
Eversions- und Inversionsverrenkungen, endlich Verrenkungen nach
oben. Entgegen der bisher herrschenden Auffassung sind nicht die
Pronations-, sondern die Supinationsverrenkungen als die häufigsten
zu betrachten; am seltensten werden die in Lehrbüchern bisher noch
nicht erwähnten Inversionsverrenkungen getroffen. An Hand eines kasu-
istischen Materials von 108 Fällen, darunter 3 noch nicht publicirten,
giebt Verf. eine eingehende Schilderung sämmtlicher Formen und
kommt zu dem Schlussergebnis, dass die Fußgelenksverrenkungen
nicht so sehr selten, als bisher angenommen wurde, sind, so wie
dass dieselben als gesondertes Krankheitsbild von den mit Dislo-
kation einhergehenden Knöchel- und Talusbrüchen abgetrennt werden
müssen. Honsell (Tübingen).
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 689
24) M. Bakradzd. Contribution à létude du traitement
chirurgical du pied-bot paralytique.
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1898.
Verfasserin ist für ein schonendes operatives Vorgehen bei dem im
Gefolge der Kinderlähmung auftretenden Spitz- und Klumpfuß. Die
Aufgabe besteht darin, dem Fuß, der eine dieser Deformitäten zeigt,
eine korrekte Stellung zu geben und ihn in dieser Stellung zu er-
halten. Demnach erfolgt die »Reduktion« durch Beseitigung der
Kontrakturen, die »Kontention« durch die Arthrodese. Die Operą-
tionen, die in Betracht gezogen werden, sind einerseits die offene
Durchschneidung der Achillessehne und die Tarsektomie, anderer-
seits die Abtragung der Gelenkflächen entweder nur im Tibia-tarsal-
Gelenk, wie beim Pes equinus, oder gleichzeitig auch in der Cho-
part’schen Gelenklinie, wie beim Pes varus. Die Tarsektomie, die
beim angeborenen Klumpfuß der gewaltsamen Gradrichtung vor-
gezogen wird, soll beim paralytischen Klumpfuß möglichst ein-
geschränkt werden, da die Entfernung der Gelenkknorpel in den
meisten Fällen genügt, um dem Fuß eine gute Stellung zu geben,
selbst wenn die Knochen schon einen gewissen Grad von Hemmung
darbieten. Wenn aber die Tarsektomie ausgeführt wird, so soll ihr
stets die Arthrodese folgen. Alle Operationen, die nicht den Zweck
haben, das Fußgelenk zu versteifen, führen zu einem Recidiv.
Durch die Ankylose des Fußgelenks soll die noch besserungsfähige
Muskulatur in ihrem Ernährungszustand nicht beeinträchtigt werden.
Die Arbeit bezieht sich auf 12 Fälle, Kinder im Alter von
2—13 Jahren, welche Broca seit dem Jahre 1894 operirt hat.
J. Riedinger (Würzburg).
25) H. Steudel. Zur Entstehung des statischen Plattfußes.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 443.)
In den theoretisirenden Betrachtungen, die Verf. anstellt, be-
spricht er zunächst die Frage der Fußgewölbe und entscheidet sich
für die Annahme von 2 Längsgewölbebogen, einem inneren — Cal-
caneus, Talus, Naviculare, die 3 Keilbeine und Metatarsus I—III —
so wie einem äußeren — Calcaneus, Cuboideum und Metatarsus IV—V,
— und einem Quergewölbebogen, einer queren Vereinigung beider
Längsbogen: der Knochenzug Cuneiforme I, II, III und Cuboid.
Die Entstehung des statischen Plattfußes möchte S. auf folgende
3 Möglichkeiten zurückführen: 1) Die Belastung des Fußes wirkt
senkrecht auf denselben bei Stellung auf eine horizontale Unter-
stützungsfläche. 2) Die Last wirkt schräg von außen kommend auf
den Fuß. 3) Die Last kommt schräg von innen. In Fall 1 ent-
spricht der Mechanismus ziemlich dem von Lorenz angegebenen:
primäres Flachlegen des äußeren Bogens, sekundäres des inneren.
In Fall 2 wird eine Art Überpronationsstellung eintreten. Durch
primäre Veränderungen am Unterschenkel, Knöchelbruch, Rachitis,
690 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
mit Dislokation geheilte Unterschenkelbrüche, entsteht eine Valgität
im Talocruralgelenk, »die Stromeyer als schwache Enkel bezeichnet,
für die S. aber den Ausdruck Malleolaris valga (? Ref.) wählen
möchte«. Fall 3 sieht S. in der »Attitude of reste verwirklicht, in
welcher der innere Fußrand stark belastet wird.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
26) Merkel. Über Tarsalgie.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 9. [Ilustr.))
27) Lange (München). Zur Behandlung der Tarsalgie.
(Ibid. No. 11.)
Den Namen »Tarsalgie« wählt M. zur Bezeichnung des bei sich
entwickelndem und permanentem Plattfuß jugendlicher Individuen
auftretenden Bildes schmerzhafter Symptome im Tarsus. Er giebt
an, dass »in den höchsten Graden Supinationseinlagen in die Fuß-
bekleidung, Massage, Bäder oder Redressement — was nie genau zu
dosiren ist — mit Gipsverband ganz und gar nichts nützen«, und
empfiehlt gegen das Leiden die Trendelenburg’sche Osteotomie
oberhalb der Malleolen mit nachfolgender Eingipsung des über-
korrigirt gestellten Fußes. In 10 nach dieser Methode operirten
Fällen wurde die betr. Pat. von ihren Beschwerden befreit und wie-
der arbeitsfähig.
L. wendet sich gegen den Namen »Tarsalgie«, da die Schmerz-
haftigkeit des Tarsus für den Plattfuß nicht charakteristisch sei, und
tritt gegenüber Ms Empfehlung der Osteotomie für die von ihm in
ca. 200 Füllen bewährt gefundene, auch bei den schwersten Platt-
füßen erfolgreiche Behandlung mit Bettlage, Massage, Prießnitz’schen
Umschlägen und nachfolgender Anwendung des Redressements, ev.
mit subkutaner Tenotomie des Extensor digitor. ein. — Das Re-
dressement übt L. mit dem Lorenz’schen Redresseur; der danach
angelegte Gipsverband wird nach 3 Wochen durch einen Schuh mit
einer Nickelineinlage ersetzt. Kramer (Glogau).
28) A. Kirchner (Düsseldorf). Über das Wesen der sogen.
Fußgeschwulst.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 73 S. Mit einem Röntgenbild.
Nachdem schon früher von französischen Ärzten (Pauzet, Poulet,
Martin) und jüngst noch unter Zuhilfenahme der Röntgenstrahlen
von Stechow nachgewiesen worden ist, dass zuweilen der Symptomen-
komplex der bisher sogenannten Syndesmitis metatarsea durch Bruch
eines Metatarsalknochens erzeugt werde, geht K. noch weiter, indem
er für die in Rede stehende Krankheit, die Fußgeschwulst, eine
andersartige Entstehungsweise überhaupt in Abrede stellt. Jedenfalls
hat er aus seiner eigenen Erfahrung die stattliche Zahl von 55 Fällen
zusammenstellen können, in welchen der Bruch von ihm entdeckt
wurde. In der Hälfte der Fälle wurde eine bestimmte Gewalt-
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 691
einwirkung als Ausgangspunkt des Leidens angegeben, meist Fall
des Körpers aus einer gewissen Höhe auf den Fuß, oder plötzliches
Einwirken des Körpergewichts auf einen Fuß, z. B. Hineintreten in
eine Bodenvertiefung. Die zweite Hälfte der Erkrankten hatte zu-
meist plötzlich auf einem Marsch, beim Exercieren o. dgl. einen
heftigen Schmerz in einem Fuß verspürt, ohne einen bestimmten An-
lass nennen zu können. Meist melden sich die erkrankten Soldaten
— denn die Krankheit ist in hervorragender Weise eine Soldaten-
krankheit — erst einige Tage nach der Verletzung krank, je nach-
dem sie durch die zeitweiligen Dienstverhältnisse dazu gezwuugen
werden. Anfänglich pflegt Bluterguss und örtlicher Druckschmerz
nie zu fehlen, dagegen sind Krepitation und widernatürliche Beweg-
lichkeit nur selten vorhanden. Später tritt dann eine ringförmige
Knochenverdickung, der Callus, auf, welche das frühere Vorhanden-
sein eines Bruches, oft wohl auch nur einer Infraktion, außer Zweifel
stellt. Meist ist es der 2. oder 3., selten der 4., kaum je der 1. und
5. Mittelfußknochen, welcher gebrochen ist. Die beiden Körperseiten
sind etwa gleichmäßig betroffen. Die Bruchlinie ist meist mehr nach
vorn gelegen, seltener jenseits der Mitte nach hinten. Ausnahmslos
sollen nur gut gewölbte Füße befallen werden. Meist erkranken an
Anstrengungen der Beine nicht gewöhnte Mannschaften des ersten
Dienstjahrs, und zwar nicht gerade in den allerersten Monaten ihrer
Dienstzeit, sondern im zweiten Halbjahr, wenn sie an Märschen,
Felddienstübungen u. dgl. theilzunehmen beginnen. Ungeschicklich-
keit und Ermüdung mit ihren Folgen, Muskelerschlaffung und nach-
lässiger Gang wirken als begünstigende Momente, indem das Ab-
wickeln des Fußes über eine Bodenerhöhung, namentlich einen Stein,
Hineingleiten in eine Furche oder ein Loch eine plötzliche un-
gewöhnliche Belastung eines Mittelfußes zur Folge hat, welcher der
Knochen nicht gewachsen ist. Die häufige Geringfügigkeit der Ver-
anlassung bewirkt es, dass die Verletzten sie oft nicht detailliren
können, sondern nur von einem »Vertreten« sprechen.
Die Behandlung hat grundsätzlich im Lazarett stattzufinden und
in völliger Bettruhe zu bestehen, bis der Callus auf Druck unempfind-
lich geworden ist, was meist 3—4 Wochen beansprucht. Die Wieder-
aufnahme des Dienstes darf aber nicht eintreten, ehe der Kranke
nicht mehrere Tage lang ohne Schmerz und Reizung in Stiefeln
umhergegangen ist. Heilung tritt wohl stets ein.
K. befürwortet Belehrung der militärischen Vorgesetzten, um
die betroffenen Leute möglichst bald der ärztlichen Behandlung zu-
zuführen, so wie als Prophylakticum allmähliches Training der Re-
kruten.
Da nun die Aufmerksamkeit der Militärärzte auf diese Sachlage
gelenkt ist, wird es bald gelingen, eine genaue Begrenzung der Ver-
letzung gegenüber andersartigen Fußkrankheiten festzusetzen. Eine
Klärung dieser Verhältnisse und der verschiedenartigen Anschauungen
über ihre anatomische Grundlage ist damit eingeleitet. Dass aber
692 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
wirklich, wie K. will, jede »Fußgeschwulste auf Bruch eines Mittel-
fußknochens beruhen sollte, dürfte wohl über das Ziel hinausschießen,
wenn auch freilich die von ihm beobachtete Häufigkeit zu denken
giebt. In dem beigegebenen Röntgenbild ist übrigens der Metatar-
sus III der befallene. ER Lühe (Königsberg i/Pr.).
29) Duplay (Paris. Mal perforant plantaire.
(Med. moderne 1898, No. 25.)
D. will entgegen der in Deutschland jetzt gewöhnlich geltenden
Erklärung wieder den nervösen Ursprung des Mal perforant betonen.
Er findet das Leiden charakterisirt durch die Trias: Ulceration, Sen-
sibilitäts- und trophische Störungen. Alle sind zurückzuführen auf
eine Neuritis; dieselbe kann Ausdruck einer System- oder Allgemein-
eıkrankung oder eine lokale sein. Die Therapie muss also auch die
Nerven betreffen, um eine kausale zu sein. Nach dem Vorgang von
Chipault will er die Plantarnerven mit Dehnung des bloßgelegten
Nerven, oder mit gleichzeitiger Quetschung (broiement) oder nach Dela-
génière mit Dissolution (hersage) behandeln. Er sucht den Tibialis
posticus neben der Arterie auf und isolirt ihn zur Vornahme des
Eingriffs auf einer Hohlsonde. Mittheilung über Resultate oder
eigene Erfahrungen wird nicht gemacht. Roesing (Hamburg).
30) Gerdeck (Saarbrücken). Über die Anwendung des For-
malin bei der Fußpflege der Truppen.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. p. 165.)
Pinselungen mit koncentrirtem Formalin je 1—1,5 g für den
Fuß, Morgens, Mittags, Abends und am Morgen des folgenden Tages
bewirken sofort, meist schon nach der 3. Pinselung, Aufhören der
Absonderung eines Schweißfußes.. Nach 3 Wochen beginnt wieder
etwas Absonderung, nach 3 Monaten tritt wieder der alte Zustand,
wenn auch weniger hochgradig, ein. Wässrige Lösungen haben eine
entsprechend schwächere Wirkung, die Beschränkung der Sekretion
tritt bei geringeren Koncentrationsgraden immer mehr zurück, wäh-
rend die desodorisirende Wirkung selbst bei 3%iger Lösung noch
vollkommen ist. Die von den Leuten benutzten Stiefel können ohne
Schaden für ihre Haltbarkeit durch Eintropfen von 4—6 Tropfen
Formalin desinficirt werden.
Theoretisch begründet Verf. seine Empfehlung durch die von
George Thin und namentlich von Bordoni-Uffreduzzi (Turin
1596) im stinkenden Fußschweiß gefundenen und gezüchteten Bacillen,
von Letzterem Bacterium graveolens genannt, deren Wachsthum und
Wirkungskreis er in die Ausführungsgünge der Schweißdrüsen verlegt.
Lühe {Königsberg i/Pr.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 693
Kleinere Mittheilungen.
Bemerkungen zum Knochenbefund in der Plantarfascie.
Von
Dr. J. Riedinger in Würzburg.
Im Centralblatt für Chirurgie 1898 No. 6 berichtet Hoffa über einen Fall
von Erkrankung der Plantarfascie, welcher sich dadurch auszeichnet, dass bei der
von Borst vorgenommenen mikroskopischen Untersuchung in der den Charakter
der Entzündung tragenden Fascie sich massenhaft Knorpelinseln und an einzelnen
Stellen auch mikroskopisch kleine Verknöcherungsherde vorfanden. Der histo-
logische Befund, der mit allen Details in der Dissertation von Klein beschrieben
ist, konnte dahin erhoben werden, dass eine direkte Metaplasie des Sehnen-
gewebes in Faserknorpel- und Knochengewebe anzunehmen war. — Wegen der
hochgradigen Schmerzhaftigkeit musste die erkrankte Fascie bei der 20 Jahre
alten Pat. operativ entfernt werden. Die Erkrankung war eine symmetrische. Ein
Trauma war nicht vorausgegangen.
Ich zweifle nun nicht daran, dass im vorliegenden Falle die Verhältnisse, wie
sie in dem mikroskopischen Bild anzutreffen sindt, als pathologisch angesprochen
werden müssen. Den Beweis für die pathologische Natur derselben möchte ich
nicht allein in dem unvermittelten Übergang des Knorpelgewebes in das um-
gebende Bindegewebe suchen. Denn die Grenze zwischen dem Knorpelgewebe
und dem umgebenden Bindegewebe ist auch dort nicht mehr zu erkennen, wo es
sich nicht gewissermaßen um einen fortschreitenden pathologischen Vorgang han-
delt, sondern um die Elimination eines knorpeligen oder knöchernen Elements in
ontogenetischer und phylogenetischer Beziehung, um eine Einschmelzung von der
Peripherie her, wie sie Thilenius für die accessorischen Elemente am mensch-
lichen Carpus und Tarsus angenommen hat. Für den pathologischen Vorgang
spricht vor Allem die Entzündung, dann aber die Multiplieität der Knorpelinseln,
welche nämlich in solcher Häufigkeit auftreten, dass das ganse Gewebe der Plan-
tarfascie in Mitleidenschaft gezogen ist. Schon äußerlich macht sich eine Ver-
dickung der Fascie geltend. Für die Pathogenese könnte auch der Umstand an-
geführt werden, dass die Metaplasie in fibrillärer Form vor sich gegangen ist,
und dass die Struktur der Sehne gewahrt bleibt.
Mit Einschluss dieser pathologischen Vorgänge fand also zuerst eine Ver-
knorpelung, dann eine Verknöcherung der Plantarfascie statt. Wie kommt aber
die Plantarfascie dazu, in so ausgedehnter Weise Knorpel und Knochen zu pro-
duciren? Sind die pathologischen Vorgänge die einzigen, die zur Schaffung des
Krankheitsbildes beigetragen haben? Dieser Frage können wir nahe treten, auch
wenn wir die metaplastischen Einlagerungen als solche gelten lassen, und sie ist
gerechtfertigt, wenn sich Anhaltspunkte dafür gewinnen lassen, dass eine besondere
örtliche Disposition in der Plantarfascie vorliegt, die ihre chondro- und osteo-
plastischen Fähigkeiten erklärlich machen. Damit wäre der Fall nicht ausschließ-
lich in das pathologische Gebiet verwiesen.
Wenn wir von der Thatsache ausgehen, dass in der Plantarfascie Knochen-
gewebe gefunden wurde, welches sich aus Knorpelgewebe differenzirt hat, und
wir eine Erklärung hierfür suchen, so kommt uns auch die Embryologie und ver-
gleichende Anatomie mit einigen wichtigen Resultaten, welche die Forschung
gerade in den letzten Jahren gezeitigt hat, zu Hilfe. Es ergiebt sich aus diesen
Resultaten die Nothwendigkeit, jedes an scheinbar abnormer Stelle des Fußes ge-
fundene Knochenstückchen auf seine Zugehörigkeit zum Skelett zu prüfen.
j 1 Herrn Privatdocent Dr. Borst spreche ich für die private Demonstration
der Präparate meinen verbindlichsten Dank aus.
692 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
wirklich, wie K. will, jede »Fußgeschwulst« auf Bruch eines Mittel-
fußknochens beruhen sollte, dürfte wohl über das Ziel hinausschießen,
wenn auch freilich die von ihm beobachtete Häufigkeit zu denken
giebt. In dem beigegebenen Röntgenbild ist übrigens der Metatar-
sus III der befallene. RER Lühe (Königsberg i/Pr.).
29) Duplay (Paris. Mal perforant plantaire.
(Med. moderne 1898. No. 25.)
D. will entgegen der in Deutschland jetzt gewöhnlich geltenden
Erklärung wieder den nervösen Ursprung des Mal perforant betonen.
Er findet das Leiden charakterisirt durch die Trias: Ulceration, Sen-
sibilitäts- und trophische Störungen. Alle sind zurückzuführen auf
eine Neuritis; dieselbe kann Ausdruck einer System- oder Allgemein-
erkrankung oder eine lokale sein. Die Therapie muss also auch die
Nerven betreffen, um eine kausale zu sein. Nach dem Vorgang von
Chipault will er die Plantarnerven mit Dehnung des bloßgelegten
Nerven, oder mit gleichzeitiger Quetschung (broiement) oder nach Dela-
geniere mit Dissolution (hersage) behandeln. Er sucht den Tibialis
posticus neben der Arterie auf und isolirt ihn zur Vornahme des
Eingriffs auf einer Hohlsonde. Mittheilung über Resultate oder
eigene Erfahrungen wird nicht gemacht. Roesing (Hamburg).
30) Gerdeck (Saarbrücken). Über die Anwendung des For-
malin bei der Fußpflege der Truppen.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. p. 165.)
Pinselungen mit koncentrirtem Formalin je 1—1,5 g für den
Fuß, Morgens, Mittags, Abends und am Morgen des folgenden Tages
bewirken sofort, meist schon nach der 3. Pinselung, Aufhören der
Absonderung eines Schweißfußes. Nach 3 Wochen beginnt wieder
etwas Absonderung, nach 3 Monaten tritt wieder der alte Zustand,
wenn auch weniger hochgradig, ein. Wässrige Lösungen haben eine
entsprechend schwächere Wirkung, die Beschränkung der Sekretion
tritt bei geringeren Koncentrationsgraden immer mehr zurück, wäh-
rend die desodorisirende Wirkung selbst bei 3%iger Lösung noch
vollkommen ist. Die von den Leuten benutzten Stiefel können ohne
Schaden für ihre Haltbarkeit durch Eintropfen von 4—6 Tropfen
Formalin desinfieirt werden.
Theoretisch begründet Verf. seine Empfehlung durch die von
George Thin und namentlich von Bordoni-Uffreduzzi (Turin
1596) im stinkenden Fußschweiß gefundenen und gezüchteten Bacillen,
von Letzterem Bacterium graveolens genannt, deren Wachsthum und
Wirkungskreis er in die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen verlegt.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 693
Kleinere Mittheilungen.
Bemerkungen zum Knochenbefund in der Plantarfascie.
Von
Dr. J. Riedinger in Würzburg.
Im Centralblatt für Chirurgie 1898 No. 6 berichtet Hoffa über einen Fall
von Erkrankung der Plantarfascie, welcher sich dadurch auszeichnet, dass bei der
von Borst vorgenommenen mikroskopischen Untersuchung in der den Charakter
der Entzündung tragenden Fascie sich massenhaft Knorpelinseln und an einzelnen
Stellen auch mikroskopisch kleine Verknöcherungsherde vorfanden. Der histo-
logische Befund, der mit allen Details in der Dissertation von Klein beschrieben
ist, konnte dahin erhoben werden, dass eine direkte Metaplasie des Sehnen-
gewebes in Faserknorpel- und Knochengewebe anzunehmen war. — Wegen der
hochgradigen Schmerzhaftigkeit musste die erkrankte Fascie bei der 20 Jahre
alten Pat. operativ entfernt werden. Die Erkrankung war eine symmetrische. Ein
Trauma war nicht vorausgegangen.
Ich zweifle nun nicht daran, dass im vorliegenden Falle die Verhältnisse, wie
sie in dem mikroskopischen Bild anzutreffen sind!, als pathologisch angesprochen
werden müssen. Den Beweis für die pathologische Natur derselben möchte ich
nicht allein in dem unvermittelten Übergang des Knorpelgewebes in das um-
gebende Bindegewebe suchen. Denn die Grenze zwischen dem Knorpelgewebe
und dem umgebenden Bindegewebe ist auch dort nicht mehr zu erkennen, wo es
sich nicht gewissermaßen um einen fortschreitenden pathologischen Vorgang han-
delt, sondern um die Elimination eines knorpeligen oder knöchernen Elements in
ontogenetischer und phylogenetischer Beziehung, um eine Einschmelzung von der
Peripherie her, wie sie Thilenius für die accessorischen Elemente am mensch-
lichen Carpus und Tarsus angenommen hat. Für den pathologischen Vorgang
spricht vor Allem die Entzündung, dann aber die Multiplieität der Knorpelinseln,
welche nämlich in solcher Häufigkeit auftreten, dass das ganze Gewebe der Plan-
tarfascie in Mitleidenschaft gezogen ist. Schon äußerlich macht sich eine Ver-
diekung der Fascie geltend. Für die Pathogenese könnte auch der Umstand an-
geführt werden, dass die Metaplasie in fibrillärer Form vor sich gegangen ist,
und dass die Struktur der Sehne gewahrt bleibt.
Mit Einschluss dieser pathologischen Vorgänge fand also zuerst eine Ver-
knorpelung, dann eine Verknöcherung der Plantarfascie statt. Wie kommt aber
die Plantarfascie dazu, in so ausgedehnter Weise Knorpel und Knochen zu pro-
dueiren? Sind die pathologischen Vorgänge die einzigen, die zur Schaffung des
Krankheitsbildes beigetragen haben? Dieser Frage können wir nahe treten, auch
wenn wir die metaplastischen Einlagerungen als solche gelten lassen, und sie ist
gerechtfertigt, wenn sich Anhaltspunkte dafür gewinnen lassen, dass eine besondere
örtliche Disposition in der Plantarfascie vorliegt, die ihre chondro- und osteo-
plastischen Fähigkeiten erklärlich machen. Damit wäre der Fall nicht ausschließ-
lich in das pathologische Gebiet verwiesen.
Wenn wir von der Thatsache ausgehen, dass in der Plantarfascie Knochen-
gewebe gefunden wurde, welches sich aus Knorpelgewebe differenzirt hat, und
wir eine Erklärung hierfür suchen, so kommt uns auch die Embryologie und ver-
gleichende Anatomie mit einigen wichtigen Resultaten, welche die Forschung
gerade in den letzten Jahren gezeitigt hat, zu Hilfe. Es ergiebt sich aus diesen
Resultaten die Nothwendigkeit, jedes an scheinbar abnormer Stelle des Fußes ge-
fundene Knochenstückchen auf seine Zugehörigkeit zum Skelett zu prüfen.
1 Herrn Privatdocent Dr. Borst spreche ich für die private Demonstration
der Präparate meinen verbindlichsten Dank aus.
694 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Als Kriterium eines echten Skelettstückes müssen gefordert werden: hyalin-
knorpelige Anlage, typische Lagebeziehungen und die Verfolgung des Elements
durch die Thierreihe. Alle accessorischen Elemente am Carpus und Tarsus, welche
bisher gefunden wurden, genügen diesen Forderungen (Thilenius). Die acces-
sorischen Elemente des Metacarpus und des Metatarsus machen keine Ausnahme.
Selbst die Sesambeine, von denen man bisher geglaubt hatte, dass sie in-
dividuell erworbene Knochen sind, gehören zu den phylogenetisch vererbten, knor-
pelig präformirten Knochen. Ein Zweifel daran ist nur möglich, wenn man die
überzeugenden Untersuchungen von Thilenius außer Acht lässt, welcher nach-
gewiesen hat, dass die Sesambeine als hyaline Knorpelkerne im embryonalen
Leben bereits auftreten, ehe sie Beziehungen zu Muskeln, Sehnen und Bändern
überhaupt einzugehen in der Lage sind. Es hätte also gar keinen Werth, von
einem zufällig in der Plantarfascie entstandenen Sesambein zu sprechen, da auch
die Sesambeine als selbständige, hyalin-knorpelig vorgebildete, vererbbare und nicht
durch irgend eine Funktion hervorgezauberte Elemente aufzufassen sind, und
diese Bezeichnung nur noch eine topographische Bedeutung hat für die peri-
artikulären Knochen der Finger- und Zehengelenke, so wie des Kniegelenks.
Wenn wir berechtigt sind, das in der Plantarfascie gefundene Knochengewebe
von einem der accessorischen Elemente des Tarsus (oder des Metatarsus) abzu-
leiten, dann muss auch die gleiche hyalin-knorpelige Anlage angenommen werden.
Für die Zugehörigkeit zu diesen Elementen sprechen verschiedene Erschei-
nungen aug der Entwicklungsgeschichte derselben. Wenn sie auch echte Skelett-
stücke sind, so sind die überzähligen Knochen an den Extremitäten doch nur
variable und inkonstante Gebilde und tragen den Typus des Rudimentären. Ihre
erste Anlage ist später sichtbar als die der konstanten 'Tarsalien und Carpalien
(Metatarsalien und Metacarpalien), wodurch sie bereits ein Zurückbleiben in der
Entwicklung dokumentiren. Sie halten auch im weiteren Verlauf der Entwicklung
nicht gleichen Schritt mit den übrigen Skelettstücken und kommen weder quanti-
tativ noch qualitativ zur vollen Ausbildung. Die Ossifikation tritt sehr spät ein,
gewöhnlich wenn sie im übrigen Skelettsystem schon fast oder ganz beendet ist.
Die typischen Begrenzungsflächen gehen verloren, indem zuerst das Perichondrium
schwindet, und das Element eine neutrale Kugelform annimmt, wenn es nicht von
einem benachbarten Knochen assimilirt wird. Wenn eine » Abwanderung« (Pfitzner),
ein Fortrücken vom Platz stattfindet, so zeigen sich weitere Entartungserschei-
nungen. Es tritt eine erhebliche Reduktion des Volumens ein. Das rudimentäre
Gebilde wird formlos, konkrementartig und zerfällt in mehrere vollständig gestalt-
lose Einzelstücke. Hierbei muss bemerkt werden, dass anscheinend nach der
Ossifikation keine Rückbildung mehr stattfindet. Daraus kann man schließen,
dass beim Eintritt der Ossifikation in diesen letzten Stadien des Abortivwerdens
.schon eine Zertheilung des Knorpels eingetreten ist. Aus den verschiedenen
Abortivformen des Knorpels ist also die Variabilität des Knochens abzuleiten,
oder anders ausgedrückt, die Hauptveränderungen des Zerfalls müssen im knorpe-
ligen Zustand erfolgen. Der Knorpel kann sogar, ehe er zur Verknöcherung ge-
langt, vollständig zu Grunde gehen, da mehr accessorische Elemente angelegt als
ausgebildet werden.
So stellen die überzähligen Knochen am Tarsus (und Carpus) palingenetisch
auftretende, nicht mehr gleichwerthige, inkonstante und variable Gebilde dar, die
vor ihrer Verknöcherung auf jeder Stufe rückläufig werden können. Sie deuten
pur noch den Rest eines knorpelig präformirten Knochens an, und ihrem voll-
ständigen Untergang gehen Erscheinungen voraus, wie sie jedenfalls nicht allein
auf dem Wege der Maceration gefunden werden können. Es ist leicht möglich,
dass sie später wieder durch pathologische Veränderungen der Beobachtung zu-
gängig werden.
N Es fragt sich nun, mit welchen Knochenresten wir es eventuell zu thun
aben.
Nach Pfitzner und Thilenius ist die Lage der accessorischen Elemente
eine feststehende, da sie sich nur an ganz bestimmten Stellen finden. Die acces-
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 695
sorischen Carpalien und Tarsalien sind, wie die »kanonischen« Carpalien und
Tarsalien, in Querreihen geordnet und gehören Längsstrablen an. Sie sind dem-
nach als rudimentäre Radien anzusehen. Es ist einleuchtend, dass es nur durch
Zusammenstellung der verschiedenen beobachteten Kombinationen möglich war,
die typischen Lagebeziehungen der Accessorien su erkennen. An einem einzelnen
abgewanderten Rudiment kann freilich a priori eine solche Beziehung zum Skelett
ohne Vergleich mit der Lage der übrigen Accessorien nicht konstruirt werden.
Seiner Lage nach gehört das Knochengewebe der Plantarfascie in phylogene-
tischer Hinsicht dem tibialen Randstrahl an. Es ist, wie alle randständigen
Elemente, plantarwärts gewandert. Im Bereich des tibialen Randstrahls liegen
nun nach Pfitzner folgende accessorische Elemente: das eventuelle Ossiculum
trochleae, das Tibiale externum, das Cuneiforme I plantare, die Pars peronea meta-
tarsalis L Das Ossiculum trochleae der älteren Autoren muss wahrscheinlich als
ein abgewandertes Tibiale externum gedeutet werden. Wir können dasselbe hier
ausschließen, eben so wie die sehr charakteristische Zweitheilung des Cuneiforme I.
Das bei Säugethieren gefundene Praecuneiforme liegt nach Pfitzner entweder
rein tibial neben dem Keilbein oder ausgesprochen plantarwärts, enthält aber
immerhin noch Beziehungen zum Cuneiforme. Über dessen Bedeutung ist nichts
Sicheres bekannt. Beim Menschen wurde es noch nicht gefunden. Für uns
kommt nur das Tibiale externum in Betracht. Dieses Gebilde stammt nach
Pfitzner aus der centralen, intercarpalen Querreihe, in welche auch das Navi-
eulare zu liegen kommt, wesshalb es als ein Accessorium des Naviculare auf-
gefasst wird. Bei der äußerst sorgfältigen Untersuchung von 752 Füßen fand
Pfitzner 8imal ein selbständiges Tibiale externum, also eine Häufigkeit von
10%. Der größte Durchmesser des kleinsten Elements betrug 2,5 mm, der des
größten Elements 19 mm. Bei der Abwanderung weicht es nach hinten und nach
außen zurück, abgesehen von seiner plantarwärts gerichteten Tendenz, und nimmt
Entartungsformen an. 5mal wurde eine Zweitheilung angetroffen. Beim mensch-
lichen Embryo wurde das Element zum 1. Mal von v. Bardeleben gefunden
(1885), und swar in Form eines 3eckigen Knorpels am inneren Rand des Navicu-
lare tarsi.
Eine Abwanderung des Tibiale externum über das Ligamentum calcaneo-
naviculare und über die Sehne des M. tibialis posticus hinaus ist beim Menschen
noch nicht beobachtet worden. Aber wir wissen aus dem Verhalten der übrigen
Accessorien, dass, je weiter die Abwanderung stattgefunden hat, desto größer der
Verfall ist. Viele accessorische Elemente gehen auf die gleiche Weise zu Grunde,
indem sie Abwanderungserscheinungen zeigen und im benachbarten Bindegewebe
aufgezehrt werden.
Die accessorischen Elemente kehren in der Thierreihe wieder, allerdings nicht
in der gleichen Häufigkeit. Aber manche Skelettstücke, die beim Menschen nur
gelegentlich vorkommen und in Formen, welche den Untergang andeuten, finden
eich bei Thieren als konstante und invariable Bestandtheile der Extremitäten. Das
Tibiale externum ist gerade ein passendes Beispiel hierfür. Dasselbe kommt als
konstantes Element bei Raubthieren vor und bewahrt bei allen Vertretern der
gleichen Art die gleichen Formen.
Aber es giebt auch Beziehungen zu den Weichtheilen, denen wir unsere
Aufmerksamkeit zuwenden müssen, wenn sie auch sekundär entstehen.
K. v. Bardeleben deutete 1885 die vorher wenig beachteten Skelettelemente
an dem radialen Rand der Handwurzel und an dem tibialen Rand der Fußwurzel
als Rudimente eines 6. Fingers reap. einer 6. Zehe und nannte sie Präpollex und
Prähallux. Später stellte er auch deren Beziehungen zu den Weichtheilen fest.
Er fand, dass sich bei einigen Thieren der Palmaris longus am Präpollex, der
Plantaris am Prähallux inserirt. v. Bardeleben sagt: »Der Palmaris longus und
der Plantaris sind die Reste eines bei niederen Säugethieren mächtiger entwickelten
dritten, oberflächlichen Fingerbeugers, des Flexor digitorum superficialis. Die An-
heftung des Plantaris am Calcaneus kommt erst sekundär zu Stande«, ferner an
einer anderen Stelle: »Bei höheren Säugern verschmelzen die Sehnen des Pal-
696 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
maris und Plantaris su der bekannten Aponeurose«. Weiterhin kommt v. Barde-
leben auf Grund seiner umfangreichen, besonders bei Säugethieren angestellten
Untersuchungen zu dem Schluss, dass weder das Pisiforme noch der Calcaneus,
noch auch Präpollex und Prähallux »echte« Carpalia und Tarsalia darstellen, son-
dern dass sie als Metacarpalia und Metatarsalia zu deuten sind.
Wir haben also hinsichtlich der Deutung des Knochenrestes in der Plantar-
fascie folgende 2 Möglichkeiten vor uns: entweder handelt es sich um das Tibiale
externum, das Accessorium des Naviculare (Pfitzner), oder um den Prähallux
(v. Bardeleben). Ich möchte mich für den letzteren entscheiden. Denn, welche
Deutung wir auch den Knochenbefunden geben wollen, so viel darf als sicher
angenommen werden, dass es sich principiell um den gleichen Knochen handelt,
der in der Thierreihe noch Beziehungen sum Plantaris unterhält.
Es darf nicht vergessen werden, dass Accessorien stets symmetrisch vor-
kommen, was Pfitsner ausdrücklich betont. Ferner giebt Pfitzner an, dass
bestimmte osteologische Varietäten geradezu zu pathologischen Processen dis-
poniren. Diese seien desshalb durchaus noch kein Beweis, dass die Abweichung
selbst pathologischen und nicht palingenetischen Ursprungs ist. — Sowohl die
Sesambeine, welche als Hemmungsvorrichtungen aufgefasst werden können, als
die accessorischen Elemente zeigen unter Umständen eine für die Funktion höchst
unzweckmäßige Anordnung.
Aus dieser Betrachtung ergeben sich also folgende 2 Punkte:
1) Es kommen in entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht graduell die verschie-
densten Stadien der Rückbildung von accessorischen Skelettstücken des Fußes
vor. Sie kann, da ja knorpelige Anlagen selbst gänzlich verschwinden können,
so weit gehen, dass nur noch minimale Reste von Knorpelgewebe übrig bleiben.
2) Das Vorkommen von Knorpel- und Knochengewebe in der Plantarfascie
findet in gleicher Hinsicht prineipiell seine Erklärung.
Auch der pathologische Befund lässt sich erklären, und zwar so, dass die
Knorpelreste zu Knorpelkeimen für die pathologisch-anatomisch aufzufassende
Propaganda der Verknorpelung der Plantarfascie geworden sind. Bei dieser Auf-
fassung brauchen wir nicht an »zufällig« in der Plantarfascie auftretende Knorpel-
keime zu denken. Pathogenetisch sind diese Keime eben so wichtig wie jene,
aus denen Enchondrome und Dermoidcysten hervorgehen.
Es finden sich nun an den Extremitäten auch Gebilde, welche nur eine An-
häufung von straflfaserigem Bindegewebe, dessen Fasern koncentrisch angeordnet
sind, darstellen, sogenannte Sesamoide.e Retterer und Thilenius sind zwar
der Meinung, dass dieselben bindegewebig angelegt sind, niemals verknorpeln und
auch nicht aus Knorpel hervorgehen. Die Mittheilungen Pfitzner’s sprechen
aber dafür, dass die Sesamoide ursprünglich auch einmal knorpelig gewesen sein
können, indem der Knorpel zu Grunde gegangen ist und das Zwischengewebe
sich zu Bindegewebe entwickelt hat. Es liegt hier der Gedanke nahe, dass die
Knotenbildung bei der Dupuytren’schen Fingerkontraktur vielleicht mit ähn-
lichen entwicklungsgeschichtlichen Vorgängen zusammenhängt.
K.v. Bardeleben, Hand und Fuß. Verhandlungen der Anatomischen Ge-
sellschaft VIII. 1894.
W. Pfitzner, Beiträge zur Kenntnis des menschlichen Extremitätenskeletts.
Morphologische Arbeiten (G. Schwalbe). Jena, G. Fischer. Bd. IV.
Hft. 3. 1895. Bd. VI. Hft. 3. 1896.
G. Thilenius, Zur Entwicklungsgeschichte der Sesambeine der menschlichen
Hand. Morphologische Arbeiten Bd. V. Hft. 2. 1895.
Derselbe, Untersuchungen über die morphologische Bedeutung acces-
sorischer Elemente am menschlichen Carpus (und Tarsus). Morpholo-
gische Arbeiten Bd. V. Hft. 3. 1895.
%,
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 697
Bemerkung zu dem vorstehenden Aufsatz des Herrn Dr.
J. Riedinger.
Von
Privatdocent Dr. Borst in Würzburg.
Das kurze Referat im Centralblatt für Chirurgie über die von mir vorgenommene
mikroskopische Untersuchung des Hoffa’schen Falles von Kontraktur der Plantar- `
fascie hat vielleicht die durchaus nicht zutreffende Vorstellung hervorgerufen, als
ob in der Fascie ein richtiges, central gelegenes Skelettstückchen aufgefunden
worden wäre. Das war nun nicht der Fall, sondern in den Verlauf der stark ver-
diekten und verkürzten Sehne waren unzählige Herde, die aus knorpeligem Ge-
webe bestanden, eingelagert, und da und dort fanden sich zwischen den massen-
haften Knorpelinseln auch mikroskopisch kleine Herde vom Bau des Knochen-
gewebes. Es ließ sich zur Evidenz erweisen, dass unter Vermehrung der Zellen
und unter charakteristischer Veränderung der Zwischensubstanz sowohl das
Knorpel- wie das Knochengewebe aus dem Bindegewebe der Fascie hervorging.
Von der Anwesenheit eines isolirten, fertig gebildeten Skelettstückchens, wel-
ches etwa als Ganzes einem Prähallux oder einem Tibiale externum entsprochen
hätte, war also keineswegs die Rede, eben so wenig wie von einem Befund, der
als eine Einschmelzung, ein Rückgängigwerden eines solchen accessorischen
Knochens hätte gedeutet werden dürfen.
Nichtsdestoweniger erschienen mir die vorstehenden Ausführungen Rie-
dinger’s von großem Interesse und geeignet, auch für den in Rede stehenden
Fall klärend zu wirken. Was nämlich vor Allem auffällt, ist bei dem Mangel
eines vorausgegangenen Traumas die Doppelseitigkeit der Störung und dann das
Auftreten des Leidens zu einer Zeit, zu welcher das physiologische Knochenwachs-
thum seinem Ende entgegen geht.
Man könnte sich, anschließend an die Bemerkungen Riedinger's, vorstellen,
dass im Hoffa’schen Falle zwar nicht ein ganzes accessorisches Knochenstück
zur Ausbildung kam, sondern dass die Keime zu einem solchen im Bereich der
Plantarfascie in großer Menge versprengt waren. Ein leichter Entzündungsreis,
dessen Spuren ja nachweisbar waren, hätte dann genügt, zumal zu einer Zeit,
während welcher die Verknöcherung des Skeletts erfolgte, diese Keime zur
Wucherung zu bringen. Auf diese Weise könnte man durch eine nicht allzu
schwach begründete Hypothese die in diesem Falle so merkwürdige Fähigkeit der
Plantarfascie zur Produktion von Knochen und Knorpel wenigstens in etwas dem
Verständnis näher bringen. Allgemeiner ausgedrückt, hätten wir in dieser Fähig-
keit den Ausdruck einer örtlichen Disposition zu erblicken, für deren Erklärung
hinwiederum phylogenetische Thatsachen zur Verfügung stehen.
31) Nicolai (Fürstenwalde). Über die Konstruktion einer Trage,
welche das Anlegen von Nothschienenverbänden erspart.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. No. 4.)
Von statischen Betrachtungen ausgehend ist N. zur Aufstellung des Satzes
gelangt: »Nicht in der Streckung und nicht in der vollen Beugung, sondern in der
Mitte zwischen beiden liegt das passive Gleichgewicht der antagonistischen Muskeln
und der Gelenkbänder«e. Indem er nun diesen Satz als Grundlage für die Kon-
struktion einer Krankentrage betrachtete, kam N. zu seinem »Lagerstuhl«, auf
welchem der Körper des Kranken in möglichst vollständiger Ruhestellung ge-
lagert werden sollte. Er veröffentlichte eine Beschreibung desselben in der
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift 1878 und 1881.
698 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Jetzt hat N. das Modell in einer vereinfachten und wesentlich leichteren Form
wiederholt, so dass es leicht zu handhaben und für den Feldgebrauch tauglich
geworden ist. Die neue Trage besteht nun aus 2 selbständigen Theilen, deren
jeder aus einem in Form einer Haarnadel gebogenen Mannesmannrohr hergestellt
ist. Der eine Theil ist so gebogen, dass der geschlossene Bogen des Rohrs, schräg
nach aufwärts gerichtet, das Lager für den Rumpf bildet, während die beiden
freien Enden, $-förmig gebogen, die auf dem Boden aufstehenden Tragstiele bilden.
Am 2. Theil ist der geschlossene Bogen zu einem Fußtheil senkrecht geknickt,
während der Rest eine doppelt geneigte schiefe Ebene bildet für Unter- und
Oberschenkel. Hier stoßen die beiden Theile verstellbar zusammen, das freie Ende
des 2. Theils aber ist eben so wie das des ersten für die Handgriffe besw. Fuß-
stücke bestimmt. In den Zahnlagern beim Zusammenstoßen der beiden Theile
können ihnen 4 verschiedene Stellungen für eben so viele Größen gegeben werden,
durch Höherstellen der hinteren Traggriffe kann der Rumpf eine steilere, mehr
sitzende Stellung erhalten, durch Höherstellen der vorderen umgekehrt. Für den
Transport auf den Wagen werden die beiden Theile aus einander genommen und
dann von den Krankenträgern bei Empfang der Trage in einander gesteckt. Das
Ganze wiegt nur etwa 15 kg; leider aber wird der hohe Preis (100 € ohne, 125 A
mit einem Verdeck) immerhin der allgemeinen Einführung Hindernisse bereiten.
Gewiss ist, dass die Lagerung auf dieser Trage recht vortheilhaft ist und Trans-
portverbände erspart. Bie hat eine gewisse principielle Ähnlichkeit mit Mundy’s
Trielinium mobile. Lühe (Königsberg i/Pr.).
32) J. Hunter. Fragilitas ossium.
(Brit. med. journ. 1898. Februar 19.)
Dass eine gewisse Knochenbrüchigkeit erbliche Anlage sein kann, beweist die
interessante Familiengeschichte, welche H. veröffentlicht. Bei der sonst gesunden
Familie rechnet H. auf 5 Familienglieder 16 Oberschenkelbrüche zusammen, von
denen 5 auf den 17jährigen Pat. Hin, 7 auf dessen Vater entfallen; die übrigen
betrafen 2 Schwestern und 1 er.
Die Knochenbrüche traten gewöhnlich auf ein geringfügiges Trauma hin ein.
Der Sitz des Bruches schien stets un der Vereinigungsstelle von mittlerem und
oberem Drittel zu sein. F. Krumm (Karlsruhe).
33) V. Hinsberg. Zur Kenntnis der Knochenstruktur in geheilten
Frakturen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 616.)
H. beschreibt und bildet ab 2 mit Dislokation geheilte Oberschenkelfrakturen.
Die Anordnung der Knochenbälkchen in den Callusmassen, so wie die Struktur-
veränderungen in den alten Theilen entsprechen den Beschreibungen von Julius
Wolff in seinem »Gesetz von der Transformation der Knochen«.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
34) W. Herzog und P. Krentwig. Über Osteomyelitis im frühesten
Kindesalter. (Aus der chirurgischen Univ.-Kinderklinik in München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 14.)
In dem mitgetheilten, ein 17 Monate altes Kind betreffenden Falle war eine
wahrscheinlich scarlatinöse Diphtherie als Ursache der osteomyelitischen Knochen-
und Gelenkeiterungen anzusehen, in dem Eiter fand sich Staphylococcus aureus,
keine Pneumokokken, obwohl das Kind zuerst an Pneumonie erkrankt war. Die
Knochenaffektion anlangend, bestanden multiple Abscesse an der Epiphysengrenze
des rechten Humerus mit Eiterdurchbruch ins Schultergelenk, der 4. Rippe beider-
seits, des rechten Femur an seinem unteren Ende ete., zum Theil erst bei der
Sektion des unter Fortbestand der erwähnten Krankheiten und an akuter Nephritis
zu Grunde gegangenen, hochgradig rachitischen Kindes nachgewiesen.
Kramer (Glogau).
a
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 699
35) Hübener. Beitrag zur Lehre von den Knochenmetastasen nach
Typhus.
(Mittheilungen a. d. Grensgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 5.)
2 Monate nach Heilung eines Typhus entstand Schwellung im Hüftgelenk,
welche zu Spontanluxation und Epiphysenlösung führte. Als nach Entfernung der
Epiphyse und Heilung der Wunde die Stellung des Beins zu wünschen übrig ließ,
suchte man eine gewaltsame Korrektur vorzunehmen; dabei kam os zu einer
starken Blutung, die in 3 Tagen zum Tod führte. Keine Sektion.
Das Wichtige des Falles liegt in dem absolut sicheren Naohweis von Typhus-
bacillen in Reinkultur im Gelenk.
Ein 2. Fall wird mitgetheilt, in dem ein subperiostaler Typhusherd der Ulna
innerhalb 4 Jahren nach Ablauf des Typhus 4mal zu heftigen Beschwerden führte.
Der Herd wurde nun eröffnet, aber erst nach der 3. Operation trat Heilung ein,
ein Beweis für die Zähigkeit der Typhusbaeillen. Haeckel (Stettin).
36) J. Sternberg. Habituelle beiderseitige Luxation der Clavicula.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 47.)
Die traumatischen Schlüsselbeinverrenkungen sind nicht sehr häufig. Krön-
lein nimmt für das Sternoclaviculargelenk 1,5% und für das Akromioclavicular-
gelenk 2,7% sämmtlicher Verrenkungen in Anspruch. Hamilton kennt unter
50 Schlüsselbeinverrenkungen nur 9 des sternalen gegenüber 41 des akromialen
Endes. Von den sehr seltenen Doppelverrenkungen konnte Kaufmann nur
8 Fälle anführen. Noch weit seltener scheinen die Fälle zu sein, in denen in
Folge von Traumen gleichzeitig oder nach einander beide Schlüsselbeine die Ver-
bindungen mit dem Brustbein und der 1. Rippe gelöst haben.
Einen solchen Fall theilt S. mit.
Ein gesundes Mädchen von 16 Jahren erwirbt durch einen Fall eine inkomplete
prästernale Schlüsselbeinverrenkung auf der rechten bei unversehrter linker Seite
Nach der operativen Fixation (Gersuny, Kapselverengerung, Meniscusexcision, Naht)
entsteht kurze Zeit darauf dieselbe Verrenkung durch gewaltsames Zerren am Arm
linkerseits; operative Fixation (gleichartiger Eingriff) dieses Gelenks 5 Monate nach
der des rechten, inzwischen geheilten. 1/2 Jahr später ist die gleiche Verrenkung
links allmählich wieder eingetreten. 2. Operation links: Verkleinerung des Schlüssel-
beinkopfes, Kapselnaht, Transplantation des Schlüsselbeinperiostes sammt dem
Ansatz der Clavicularportion des Kopfnickers vor dem Schlüsselbein vorüber an
das Periost der 1. Rippe. Heilung. 1 Jahr später ist wieder das rechte Schlüssel-
bein allmählich in leicht verrenkbare Verbindung mit dem Brustbein gekommen.
Das linke Gelenk funktionirt tadellos und ist vollständig beweglich geblieben im
Gegensatz su den von König und Wolff vorgeschlagenen Methoden, die auf
eine feste Fixirung resp. Ankylosirung des Sternoclaviculargelenks hinzielen.
Als prädisponirende Momente nennt 8. in Übereinstimmung mit Monteggia
Rachitis und wahrscheinlich auch Hydrarthrose im Sternoclaviculargelenk. Für
das frühere Vorhandensein einer solchen letzteren sprach die abnorme Weite beider
Kapseln in dem vorliegenden Falle; Zeichen von Rachitis waren gleichfalls wahr-
zunehmen. Hübener (Breslau).
37) Wegner (Düsseldorf). Ein Fall von neugebildetem Schleimbeutel
am Schlüsselbein durch Gewehrgriff.
(Deutsche militärärstliche Zeitschrift 1898. Hft. 4.)
Innerhalb dreier Monate bildete sich bei einem kräftigen Rekruten gerade auf
der Mitte des linken Schlüsselbeins eine kleinwalnussgroße, rundliche, glatte,
leicht druckempfindliche, nicht deutlich fluktuirende Geschwulst aus, welche sich
bei der Exstirpation als eine Cyste mit synoviaähnlichem Inhalt erwies. Sie war
in geringer Ausdehnung mit dem sehnigen Ansatz des Pector. maj. fest ver-
wachsen, nicht dagegen mit dem Schlüsselbein. Der oft wiederholte Reig des auf
die linke Schulter geschobenen Gewehrs beim Griff »das Gewehr über« wird als
700 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Veranlassung für die Geschwulstbildung angesehen, und fällt deren Beginn jeden-
falls in den Anfang der Gewehrübungen; innerhalb des letsten Monats vor Krank-
meldung bemerkte der Kranke sehr rasches Wachsthum.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
38) Vaughan. Excision of the right clavicle for osteosarcoma.
(Med. news 1898. Januar 8.)
28jähriger Mann bekam vor 7 Monaten Schmerzen in der Gegend des rechten
Schlüsselbeins.. Bald darauf wurde eine Anschwellung der inneren Hälfte des-
selben bemerkt. Die rechte Jugularvene war ausgedehnt. Völlige Excision der
Clavicula, am Akromialende beginnend. Sorgfältige Vernähung des Trapezius und
Sternocleidomastoideus mit entsprechenden Partien des Deltoideus und Pectoralis.
Pat. hat seit einem Jahr schwere Arbeit verrichtet, ohne eine Schädigung in der
Leistungsfähigkeit des Armes durch den Verlust der Clavicula zu empfinden. Die
Schulter steht nur 1 cm tiefer. Strauch (Braunschweig).
39) P. Mathes. Ein Fall von Luxation des Radiusköpfchens nach
hinten durch Narbenzug, mit fast völliger Erhaltung der Funktion.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 393.)
Die Beobachtung aus der Königsberger Klinik betrifft einen 11jährigen Knaben,
geboren mit einem ausgedehnten Angiom (» Blutmal«), am linken Arm, das zu den
ausgedehntesten Eiterungen Anlass gegeben hatte, Processe, die, mehrfach recidi-
virend und zahlreiche Incisionen und Kauterisationen benöthigend, erst mit dem
3. Lebensjahre abliefen. Nach der Vernarbung war die Gelenkigkeit des Gliedes
kaum beeinträchtigt, doch führte die Mutter den Knaben der Klinik zu, weil sie
einen knöchernen Vorsprung an der Außenseite des Ellbogens bemerkte. Hier
wird konstatirt, dass dieser das verrenkte Radiusköpfchen ist; außerdem wird ein
Alughautartiger Narbenstrang gefunden, welcher vom oberen Drittel des Oberarmes
bis zur Radialseite des Handgelenkes geht, das Ellbogengelenk überbrückt und
die Ellbogenstreckung etwas hindert. Dieser Strang wird durch Incisionen am
Ellbogen- und Handgelenk, gefolgt von Hauttransplantation, plastisch korrigirt.
Gegen die Verrenkung wurde, da keine wesentlichen Funktionsstörungen vorhanden
waren, nichts unternommen. Im Röntgenbild zeigt sich, dass das Radiusende
lediglich nach hinten ohne seitliche Verschiebung verrenkt ist, dass die Gelenk-
fläche frei nach hinten heraussteht, während die vordere Fläche des Radiuskopfes
dem Condylus ext. anliegt. Die Veranlassung zu dieser Verschiebung kann nur
im Narbenzug gelegen haben. Nachdem sie eingetreten, kam es zu der nachweis-
baren Knochenwachsthumsverlängerung um fast 1 cm, deren Entstehung, da der
normale Gegendruck vom Humerus auf das Radiusköpfchen fehlte, leicht erklär-
lich ist. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
40) Cuhorst. Zur operativen Behandlung irreponibler Luxationen im
Ellbogengelenk.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.)
C. hat die Beobachtungen der Bruns’schen Klinik (2 blutige Repositionen,
7 Resektionen) bearbeitet und aus der Litteratur 21 Fälle von Arthrotomie und
53 Fälle von Resektion wegen Luxat. cubiti post. zusammengestellt. Auf Grund
der an der Tübinger Klinik erzielten Resultate ergiebt sich für diejenigen Fälle,
in welchen die blutige Reposition nicht gelingt, als Normalverfahren die Resek-
tion des unteren Humerusendes mittels des Bilateralschnittes.
Hofmeister (Tübingen).
41) J. Gedeon. Ein Fall von schwerer Verletzung durch eine Kreis-
säge; Sehnennaht.
(Ungarische med. Presse 1898. No. 14.)
Es handelte sich um einen I6jährigen Arbeiter, welcher die Verletzung (quere
Durchschneidung sämmtlicher Weichtheile des Unterarmes, 6 cm oberhalb des
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 701
rechten Handgelenkes bis auf den Knochen) vor 7 Monaten erlitt. Nach Ver-
narbung der Wunde enorme Schmerzen im Arm bei den leisesten Bewegungs-
versuchen, Arbeitsunfähigkeit. Die hakenartige Haltung der Finger, welche der
Einwirkung der Strecker unterstehen, fällt neben Kälte und livider Verfärbung
der Hand auf. Durchtrennung der Narbe, Aufsuchung der einzelnen Sehnen-
stümpfe, Naht derselben. Die Schmerzen sind vollkommen geschwunden, die
Finger kräftig, ihre Kontraktur behoben, Arbeitsfähigkeit. G. sah den Pat. nach
5 Jahren wieder und erfuhr von ihm, dass er, frei von Schmerzen und sonstigen
Beschwerden, zur schwersten Arbeitsleistung fähig ist. Die Schmerzen des Kranken
vor der Operation führt G. darauf zurück, dass die Sehnenstümpfe im Verlauf
der Heilung der Verletzung mit der Narbe verwachsen waren, und so schmerz-
hafte Zerrungen bei Armbewegung im Bereich der Verwachsung entstanden.
Gold (Bielitz).
42) 8. S. Cholmogorow. Eitrige Entzündung der Symphysis ossium
pubis.
(Wratsch 1898. No. 5.)
Bei einer 23jährigen IIpara war ein Stück angewachsener Placenta mit der
Hand entfernt worden, worauf Pat. bald eine leichte puerperale Endometritis über-
stand. Darauf entwickelte sich eine eitrige Entzündung der Symphyse, deren
Anfang wohl in die ersten Tage nach der Geburt zu verlegen ist, die aber symptom-
los verlief und lange Zeit das Gehen nicht hinderte. Erst kurs vor dem Tode —
über 5 Wochen nach der Geburt — fand sich Diastase der Schambeinfuge, Schwel-
lung und Schmershaftigkeit, doch keine Fluktustion. Der Eiter hatte sich einen
Weg zum rechten Oberschenkel gebahnt, wo er zwischen den Muskeln gefunden
wurde, eben so wie unter der Aponeurose am Unterschenkel.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
43) H. Braun. Zur Exartikulation im Hüftgelenk.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIL p. 421.)
Zur Verhütung stärkerer Blutung bei der Hüftexartikulation sind bleibende
Ligaturen der Art. iliaca comm. mit oder ohne die der Vene bereits von Tren-
delenburg, Bose, v. Esmarch empfohlen, eine temporäre Unterbindung aber
von Schönborn ausgeführt. Dagegen lässt sich die Schwierigkeit der Operation
und die Möglichkeit einer partiellen Lappengangrän anführen. In 2 Fällen hat
B. statt der Vasa iliaca comm. die Vasa iliaca ext. unterbunden, von der Wunde
aus aber während der Exartikulation die Vasa iliaca int. durch einen Assistenten
digital komprimiren lassen. In beiden Fällen (das eine Mal bei einem Sarkom,
das 2. Mal bei schwerer Femurnekrose) gelang die Exartikulation schnell und mit
ganz minimalem Blutverlust. B. empfiehlt das Verfahren bei Pat., die, bereits
sehr geschwächt, wenig Blut mehr verlieren dürfen, und dort, wo wegen Erkran-
kung der Weichtheile vorderseits vom Hüftgelenk die Durchstechung Zwecks Um-
schnürung mit Gummischlauch nach Trendelenburg nicht möglich ist. Sollte
die isolirte Unterbindung der Vena iliaca ext. wegen Verwachsung oder dgl.
erschwert sein, so könnte sie zusammen mit der Arterie umstochen und unter-
bunden werden. Infiltrirte Drüsen an den Gefäßstämmen kann man bei der Unter-
bindung mit exstirpiren.
Im Anschluss an seinen Vorschlag bringt B. sehr interessante litterarische
Angaben zur Geschichte der Hüftexartikulation, bezüglich deren auf das Original
zu verweisen ist. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
44) Ménard (Berck-sur-Mer). Arthrotomie de la hanche et curettage
integral dans la coxalgie compliquée d'un abcès rebelle à la methode
des injections.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 274 Aty.of
M. berichtet über seine geradezu erstaunlich guten Resultatein Aweh -
lung der tuberkulösen Coxitis, die er zum wesentlichen wohl dén REIN n
Ca
702 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
hygienischen Verhältnissen verdankt, unter denen er zu arbeiten in der glücklichen
Lage ist. Für gewöhnlich bedient er sich auch beim Vorhandensein von Abscessen
der Injektionsbehandlung, und zwar sieht er Kamphernaphthol allen anderen In-
jektionsflüssigkeiten vor. In 103 Fällen von Abscessen bei Coxitis beobachtete
er nur 7mal eine Fistelbildung; von diesen heilten 4 spontan aus, in den letzten
3 schritt er zur Operation. Er operirt nur, wenn die Abscesse dauernd der In-
jektionsbehandlung trotsen oder immer nur vorübergehend heilen. Im Ganzen
operirte er nur 8 Fälle; und zwar eröffnet er den oder die Absoesse, reseoirt
den Gelenkkopf, schabt die Gelenkhöhle energisch aus, wäscht sie mit heißem
Sublimat aus und vernäht dann die ganze Wunde vollständig. Ein von der Achsel
bis zum Fuß reichender Verband immobilisirt das Gelenk. Nur imal kam es
danach zur Fistelbildung. Alle 8 Fälle wurden definitiv geheilt.
Reichel (Chemnitz).
45) Kaposi. Kasuistischer Beitrag zu der Lehre von den freien
Gelenkkörpern.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.)
Bei einem 22jährigen Studenten entwickelte sich im Anschluss an ein leichtes
Trauma (Anstoßen des Knies an einen Koffer) in einem vorher völlig gesunden
Gelenk im Verlauf von 6 Wochen ein großer Gelenkkörper, welcher mit der
Kapsel durch einen Stiel zusammenhing, und dessen mikroskopische Untersuchung
nur glattes derbes Bindegewebe mit centraler Nekrose und einselnen Hämorrhagien
ergab, während von Knorpel oder Knochen nichts nachzuweisen war. Entstanden
denkt sich Verf. die Gelenkmaus durch eine traumatisch bedingte entzündliche
Wucherung einer Gelenkzotte. In der Litteratur fand K. nur 2 ähnliche Beob-
achtungen. Hofmeister (Tübingen).
46) Annequin (Grenoble). Des résultats éloignés de quatre cas de
fracture récente de la rotule traités par la suture métallique. —
Radiographie des cals.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. Hft. 12 u. 1898. Hft. 1.)
A. sucht zu beweisen, dass die primäre Naht der Fragmente mit Arthrotomie
beim Querbruch der Kniescheibe stets indicirt sei, da ein gutes funktionelles Er-
gebnis der nicht operativen Behandlung in Streckverbänden mindestens sehr un-
wahrscheinlich, eine knöcherne Vereinigung so gut wie unmöglich sei. Bei Quer-
brüchen ohne jedes Klaffen der Bruchstücke und daher auch ohne Einschieben
fibröser Gelenktheile, welche die knöcherne Vereinigung verhindern, könne man
allenfalls darauf verzichten.
Die 4 als Beispiele des operativen Verfahrens aufgeführten Fälle zeigen, dass
damit gute funktionelle Erfolge erzielt worden sind: alle 4 blieben dem Dienst
erhalten. Nichtsdestoweniger hat die Untersuchung mittels X-Strahlen in einem
Falle gezeigt, dass die Verknöcherung des Callus nur im hinteren Theil ein-
getreten war, während sich im vorderen Theil ein heller Zwischenraum zwischen
den Bruchstücken befand. Einer der Silberfäden war gerissen, oder es hatte sich
der Knoten gelöst, der andere hatte das Knochengewebe des unteren Bruchstücks
zum Theil durchschnitten. Unter solchen Umständen kann freilich auf einen
schönen Erfolg wohl nicht gerechnet werden! Vielmehr zeigt dieser Misserfolg,
dass die Naht auf das sorgfältigste angelegt werden muss.
Was die Nachbehandlung betrifft, so wird die Wichtigkeit der Massage und
vorsichtiger passiver so wie aktiver Bewegungen hervorgehoben und auf die Noth-
wendigkeit einer hinlänglich langen Schonung des Gelenks hingewiesen.
In einer Nachschrift erklärt die Redaktion der Zeitschrift, dass sie die primäre
Naht nicht für gerechtfertigt halte, wenn die Bruchstücke fast genau an einander
liegen, die Weichtheile nur wenig zerrissen sind, und der Bluterguss unerheblich
ist. Wenn aber die Bruchstücke weit aus einander weichen, die Weichtheile stark
zerrissen sind, namentlich auch die Haut eine Wunde zeigt, endlich der Blut-
Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 703
erguss erheblich, oder gar die Kniescheibe in mehrere Bruchstücke zerfallen ist,
erklärt auch die Redaktion sich mit der sofortigen Naht einverstanden. Auch
Ref. schließt sich dieser Indikationsstellung an, glaubt aber, dass der erstere Fall
selten in Frage kommt, da das Nichtklaffen der Bruchstücke nur da eintreten
kann, wo die kaum beschädigten Weichtheile sie in der Lage erhalten.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
47) Lejars. Ostéome volumineux du ligament rotulien.
(Bull. et m&m. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 126.)
L. exstirpirte einem 17jährigen Manne ein seit 4 Monaten beobachtetes und
ziemlich schnell gewachsenes orangegroßes typisches Osteom aus dem linken
Ligamentum patellae. Das Gehen war wegen Schmerzen fast unmöglich geworden,
die Beweglichkeit des Kniegelenks sehr eingeschränkt. Das Lig. patellae fand
sich bei der Operation auf eine dünne, die Knochengeschwulst umhüllende Scheide
reducirt, wurde möglichst geschont. Heilung. Völlige Wiederherstellung der
Funktion. Beichel (Chemnitz).
48) E. Kirmisson. De l’absence congénitale du péroné avec flexion
angulaire du tibia (prétendues fractures intra-ut£rines).
(Ball. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 366.)
Bei einem 10jährigen Knaben mit doppelseitigem Fehlen der Fibula, winkliger
Knickung der Tibia, Valgusstellung des Fußes, Fehlen mehrerer Zehen erzielte K.
ein funktionell leidlich gutes Resultat durch Osteotomie der Tibia und Arthrodese
des Fußgelenks des rechten Beines neben Beschaffung einer stelzfußartigen Pro-
these für das für eine Operation viel zu schwer deformirte linke Bein. — Er
huldigt der Theorie Dareste’s, dass es sich bei den fraglichen Missbildungen
nicht um intra-uterine Knochenbrüche, sondern die Folgen von Einschnürung
durch amniotische Stränge handelt. Reichel (Chemnitz).
49) M. Tichomirof (Kiew). Über einen seltenen Fall von kompli-
eirter Ankylose der Fußwurzelknochen.
(Sep.-Abdr. a. d. Nachrichten der kaiserl. Universität Kiew 1897.)
Verf. beschreibt einen seltenen Fall von Verwachsung der Gelenkenden an
einer großen Zahl von Knochen der rechten Fußwursel mit gleichzeitiger Ver-
knöcherung des Bandapparates, ohne dass hierbei bezüglich der äußeren Form
dieses Fußes irgend welche Unterschiede gegenüber der gesunden Extremität be-
standen hätten. Verwachsen erschienen mit einander rechterseits der Calcaneus,
das Cuboid, das Naviculare und sämmtliche 3 Cuneiformia; die Ossa metatar-
salia II und III waren sowohl unter sich, als auch mit den entsprechenden Cunei-
formia untrennbar vereinigt, die Metatarsalia IV und V nur mit einander durch
Synostose, mit dem Cuboid nur durch Synchondrose verbunden, wie an den Ge-
lenkflächen erkennbar, die ganz dasselbe Verhalten zeigen, wie die einander zu-
gewendeten Gelenkenden des Keil- und Hinterhauptbeins vor ihrer Verschmelzung.
Die zwischen den erwähnten Knochen ausgespannten Bänder waren zudem voll
ossifieirt. Alle Züge des Bandapparates können als Knochenbrücken mit größter
Deutlichkeit verfolgt werden und entsprechen bezüglich ihres Verlaufs, ihrer Dicke
und Länge ganz den fibrösen Bändern an normalen Präparaten. Längsschliffe
durch das ossifieirte Lig. plantare longum bezeugen, dass es sich hier um wahre
Verknöcherung handelt: Haversische Kanäle, Knochenlamellen und Knochenhöhlen
können ohne Mühe unterschieden werden; nur erscheinen die Lamellen an einigen
Orten etwas unregelmäßig und die Knochenhöhlen stellenweise gehäuft, ja kon-
fluirend und an Interglobularräume erinnernd. Die oberflächlichen Theile des
Ligaments machen den Eindruck jungen Knochengewebes mit zahlreichen, selten
konfluirenden Knochenhöhlen ohne oder nur mit wenigen kurzen Fortsätsen. Wie
ein Schnitt durch das Naviculare und Cuneiforme I erkennen lässt, ist die Syn-
ostoge eine vollständige, eine Spur der ursprünglichen Gelenkhöhle ist durch einen
schmalen, etwas kompakteren Streifen angedeutet. Die ankylosirten Knochen
selbst unterscheiden sich ihrem inneren Bau nach in nichts von normalen Knochen.
704 Centralblatt für Chirurgie. No. 26.
Angeborene Verwachsungen kommen am häufigsten an den kurzen Knochen
der beiden Extremitäten vor und haben in der phylo- und ontogenetischen Ent-
wicklung ihre Analoga (Os centrale carpi, Os trigonum tarsi und ihr normales
Verhalten beim Embryo). So ist es auch mit dem Vorgang an den Bändern in
diesem Falle (Verwandlung der Incisura supraorbitalis in einen Kanal, Verknöche-
rung des Lig. transversum scapulae, Knochenbrücke quer durch das Foramen ju-
gulare). Doch kann für die hier beschriebenen Erscheinungen weder eine ata-
vistische Grundlage Geltung haben, noch finden sich pathologische Veränderungen
an den Knochen, noch auch darf an eine Ankylose durch Inaktivität gedacht
werden; vielmehr scheint eine Abhängigkeit von einer Erkrankung des Nerven-
systems vorgelegen zu haben.
Das übrige, von einem einige 30 Jahre alten weiblichen Individuum herstam-
mende Skelett zeigte nichts Abnormes; an dem linken Fuß sind nur die beiden
Endphalangen der kleinen Zehe — eine sehr häufige Erscheinung — mit einander
verwachsen. B. Weinberg (Dorpat).
50) C. Bouvart. Diagnostic et traitement des luxations sous-astra-
galiennes récentes.
These de Paris, @. Steinheil, 1898.
B. theilt nach Qu&nu die Luxations sous-astragaliennes ein in Verrenkungen
auf dem Fußrüoken, und zwar nach vorn, schräg nach vorn und außen, nach außen
(und vorn), in Verrenkungen nach dem inneren Fußrand und in solche nach rück-
wärts. Als verrenkt wird betrachtet der in Verbindung mit dem Unterschenkel
verbliebene Talus. Diese nach dem Zeugnis Bis in Frankreich noch übliche
Klassifikation weicht also von derjenigen ab, welche in der deutschen Litteratur
der Luxatio sub talo zukommt, da hier stets der periphere Theil als der verrenkte
angesehen wird. Die französische Auffassung müsste konsequenterweise zu einer
Änderung des Namens führen, wenn sie richtig wäre. Da aber die der Entstehung
nach ja auch auf Frankreich zurückzuführende Bezeichnung Luxatio sub talo kaum
durch eine bessere ersetzt werden kann, so liegt kein zwingender Grund vor, sich
der oben erwähnten Klassifikation anzuschließen.
Nach entsprechender Berücksichtigung der Litteratur führt B. 2 neue, von
Nelaton operativ behandelte Fälle an. In dem 1. Falle handelt es sich um eine
Verrenkung nach innen (Luxation marginale interne). Die Verletzung kam da-
durch zu Stande, dass beim Sturs eines Pferdes der 35 Jahre alte Pat. mit dem
linken Fuß unter das Pferd zu liegen kam. Die Reposition gelang erst nach Re-
sektion des Taluskopfes. Der 2. Fall betrifft eine rechtsseitige Verrenkung nach
außen (Luxation dorsale externe), welche ein 45 Jahre alter Mann durch Sturz aus
beträchtlicher Höhe sich zusog. Das vordere Stück des Talus war gebrochen und
wurde, um die Reposition su ermöglichen, entfernt. Das spätere Resultat war in
beiden Fällen ein sehr gutes. B. glaubt, dass bei irreponiblen Verrenkungen die
Totalexstirpation des Talus durch partielle Resektionen vermieden werden kann.
J. Riedinger (Würzburg).
Notiz. Zu meinem Bedauern sind den letzten Verpackungen der nahtlosen
Gummihandschuhe seitens der fabricirenden Firma » Gebrauchsanweisungen« mit
meinem Namen beigefügt worden. Es ist dies in wohlmeinender Absicht und auf
mehrfache an die Firma ergangene Anfragen hin, aber ganz ahne mein Vorwissen
geschehen, und daher sofort abgestellt worden. Gerade, um derartige leidige Manöver
zu vermeiden, hatte ich mir erlaubt, in No. 17 dieses Centralblattes eine kurze Mit-
theilung über die Verwendung der Handschuhe zu machen.
` Prof. Friedrich (Leipzig).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
—
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Bericht über die Verhandlungen
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie,
XXVII. Kongress,
abgehalten vom 13.—16. April 1898
im Langenbeck-Hause.
— —
Beilage zum Centralblatt für Chirurgie 1898. No. 26.
Inhalt.
Allgemeine Pathologie und Therapie: 1) Friedrich, Aseptische Versorgung frischer
Wunden. — 2) Noetzel, Bakterienresorption frischer Wunden. — 3) Schloffer, Heilung
per primam. — 4) Mikulicz, Aseptische Wundbehandlung. — 5) Landerer, Asepsis.
— 6) Perthes, 7) Döderlein, Operationshandschuhe. — 8) v. Bruns, Inhumane Kriegs-
geschosse. — 9) Salzwedel, Spiritusverbände. — 10) H. Braun, 11) Hackenbruch,
12) Rubinstein, Lokalanästhesie. — 13) v. Kryger, Knochen- und Knorpelgeschwülste. —
44) Wilms, Lokale Wärmebehandlung. — 15) Vulpius, Sehnenüberpflanzung. —
16) Kümmel, Röntgenstrahlen gegen Lupus.
Kopf und Gesicht: 17) Tiimann, Hirnschüsse. — 18) v. Fedoroff, Kraniektomie. —
49) Doyen, Zur Hirnchirurgie. — 20) Ludewig, Mittelohreiterung. — 21) u. 22) Loew,
Plastik. — 23) Grosse, Gesichtscareinom. — 24) Barth, Stirnhöhlenempyem. —
25) Partsch, Temporäre Gaumenresektion.
Wirbelsäule, Hals und Brust: 26) Hoffa, 27) Landerer, 28) Lorenz, 29) Vulpius,
30) Wullstein, Behandlung der Spondylitis. — 31) Küttner, Struma syphilitic.. —
32) Kelling, Ösophagoskopie.. — 33) Garrd, Speiseröhrenresektion. — 34) Rehn, Speise-
röhrenoperationen. — 35) Krönieln, Diphtheriebehandiung mit Serum. — 36) Helferich,
Verlust der Sternocleidomastoidei. — 37) Perthes, Empyem. — 38) Jordan, Thorako-
plastik. — 39) Karewski, Zur Chirurgie von Lunge und Pleura, — 40) Hadra,
Pneumotomie.
Bauchhöhle und Bauchorgane: 41) Noetzel, Peritoneale Resorption und Infektion.
— 42) Riedel, Chronische nicht tuberkulöse Peritonitis. — 43) Poppert, Bauchschuss.
— 44) Krönlein, 45) Schuchard, 46) Steudel, 47) Mikulicz, 48) Heidenhain, 49) Stern,
60) Doyen, 51) Karg, Magenoperationen. — 52) Storp, Murphyknopf. — 53) Franke,
Angeborener Dünndarmverschluss. — 54) Lauenstein, Nabelbruch. — 55) v. Bramann,
Darmresektion bei brandigen Brüchen. — DÉI Walzberg, Persistirender Ductus om-
phalo-entericus. — 57) v. Stubenrauch, Meckel’sches Divertikel. — 58) v. Bramann,
Darmresektion wegen Krebs. — 59) Graser, Dickdarmdivertikel. — 60) Zoege von
Manteuffel, Achsendrehung des Blinddarmes, — 61) Haeckel, Achsendrehung des
S romanum. — 62) v. Fedoroff, Rectoskopie. — 63) Prutz, Mastdarmkrebs.. —
64) Müller, 65) Haeckel, Gekröscysten. — 66) Petersen, 67) Poppert, 68) Haasier,
69) Heidenhain, 70) Holländer, Zur Chirurgie der Leber und Gallenwege. — 71) Hilde-
brand, Pankreatitis und Fettnekrose,
Harn- und Geschlechtsorgane: 72) Wilms, Hodengeschwülste. — 73) Dührssen,
Gebärmutterblutungen. — 74) Grosse, Perforirtes Eierstocksdermoid.
Gliedmaßen: 75) Kölliker, Hochstand des Schulterblattes, — 76) Müller, Habituelle
Schulterverrenkung. — 77) Franke, Radialislähmung. — 78) Hoffa, Verrenkung im
Radio-Ulnargelenk. — 79) Schütz, Verrenkung von Mittelhandknochen. — 80) Sprengel,
Traumatische Lösung der Oberschenkelkopfepiphyse. — 81) Doyen, Angeborene Hüft-
verrenkung. — 82) Rosenberger, Kniescheibenbruch.
Apparate und Instrumente: 83) Levy, 84) Levy-Dorn, Zur Skiaskopie. — 85) Gra-
ser, Nadelhalter, Nahtträger, Darmklemme. — 86) Senger, Irrigatorständer. —
87) Riedel, Galvanokaustisches Rachenringmesser, — 83) Casper, Ureterocystoskop. —
303 Luedecke, Galvanokaustisches Prostatotom.
Chirargen-Kongress 1898. 1
1) P. L. Friedrich. Die aseptische Versorgung frischer
Wunden, unter Mittheilung von Thierversuchen über die
Auskeimungszeit von Infektionserregern in frischen Wunden.
Auf Grund der klinischen alltäglichen Erfahrung ist daran fest-
zuhalten, dass jeder Wundinfektionsvorgang bei nicht operativen Ver-
letzungen zunächst ein rein örtlicher Process ist. Die zwar höchst
interessanten, aber in ihren praktischen Konsequenzen unhaltbaren
Versuchsergebnisse Schimmelbusch’s, welche die enorm rasche
Resorbirbarkeit der Infektionsstoffe von frischen Wunden aus dar-
thaten, leiden mit Rücksicht auf die vorliegende Frage an dem
Grundfehler, dass sie mit Reinkulturmaterial angestellt sind. Rein-
kulturmaterial und aus der Außenwelt unmittelbar stammendes In-
fektionsmaterial, wie es bei Traumen in eine Wunde gelangt, sind
aber nicht bei Abschätzung ihres Infektionswerthes auf eine Höhe
zu stellen. Das aus Staub oder Schmutz in einem Wundgebiet sich
entwickelnde, eigentlich inficirende Bakterienmaterial bedarf erst einer
gewissen Zeit der Auskeimung, bezw. Anpassung am neuen Ort
der Wunde, ehe es in den Resorptions- und Infektionszustand gelangt
und ehe es somit die eigentliche, eventuell fortschreitende, aktive
Infektion einleitet. Betreffs der meisten und insbesondere aller sog.
Wundinfektionsbakterien sind wir über die Zustandsform derselben
außerhalb des Warmblüters und außerhalb der künstlichen Kultur-
anlagen noch schlecht oder gar nicht unterrichtet. Das Experiment
stößt beim Nachweis dieser Außenwelts-Lebensformen auf bisher
noch nicht überwundene Schwierigkeiten. Auch bei den Verletzungen
des Menschen pflegt zunächst ein Gemisch von Bakterien in dieser
ersten Keimentwicklungszeit im Wundgebiet zu konkurriren; das
Resultat dieser bakteriellen Konkurrenz ist dann für den Menschen
zumeist das Überwiegen unserer sogenannten Wundinfektionskeime
xar 2&0yrv, der »pyogenen« Staphylo- und Streptokokken.
F. legte sich nunmehr die folgenden Fragen zu experimenteller
Prüfung vor und kontrollirte das Ergebnis dieser Prüfung durch
parallele Studien am verletzten Menschen:
1) Wie lange zum mindesten ist mit Sicherheit jede Wund-
infektion als ein örtlicher Vorgang aufzufassen ?
2) Giebt es Mittel, während dieser Zeit mit Sicherheit dem
eigentlichen Ausbruch der Infektion vorzubeugen?
3) Welche Mittel tragen unseren Zielen zur Bekämpfung der
einer Verletzung gefolgten Infektion am meisten Rechnung ?
Zur experimentellen Feststellung bediente er sich der Staub-
(oder Gartenerde-) Infektion des Meerschweinchens, weil dieses Ma-
PER seen
terial die Bedingungen eines aus der Außenwelt stammenden,
ungekünstelten, nicht angepassten oder reingezüchteten Infektions-
materials an sich trägt, weil der Infektionsprocess von einem Keim-
gemisch eingeleitet ist und dann zu der rasch progredienten Allgemein-
infektion und Intoxikation mit malignem Odem führt, welcher die
Thiere ausnahmslos innerhalb kurzer Zeit (um 2 Tage) erliegen, so
dass diese Infektion nicht nur die Charaktere einer sehr rasch ab-
laufenden, sondern fast specifischen für diese Thiergattung an sich
trägt, dass mithin der Versuchsausfall einen rechnerischen Vergleichs-
werth liefern muss. Nach Einbringung gedachter Substanzen in
die Muskelwunde eines Meerschweinchens gelingt es erst von der
6. Stunde nach dieser Verletzung ab, in der Nachbarschaft des In-
fektionsherdes Keime, kulturell (und im Schnitt), nachzuweisen. Dem
entsprechend gelingt es auch ausnahmslos, durch Anfrischung und
Abtragung des mit Erde oder Staub inficirten Verletzungsgebietes
rings auf 2 mm im Gesunden innerhalb der ersten 6 Stunden die
Thiere frei von örtlicher und allgemeiner Infektion vollständig gesund
zu erhalten. Bei Anfrischung in der 8. Stunde kommen sie kaum je
ohne Kranksein oder örtliche Störungen davon; von 8!/, Stunden,
regelmäßig von der 10. Stunde an, nützt eine entsprechende An-
frischung nie mehr; sämmtliche Thiere erliegen dann der Infektion.
Parallelversuche, in denen die Infektionsherde von Thieren während
dieser Auskeimungszeiten entnommen und auf andere Thiere in
Muskelwunden übertragen wurden, zeigten, dass bei diesen zweiten
Thieren nunmehr schon innerhalb viel kürzerer Zeit als in den
ersten Versuchsreihen {je nach der Dauer der ersten Auskeimungs-
zeit verschieden früh, unter Umständen schon nach 30 Minuten) in
gleichen Entfernungen des Nachbargebietes Keime nachweisbar
wurden. Diese zweiten, mit »angepasstem« Infektionsmaterial in-
ficirten Thiere erlagen durchschnittlich gerade noch einmal so rasch
wie die ersteren der nunmehrigen Infektion. (Der Hinweis auf vor-
gelegte Tabellen der Versuchsprotokolle begleitete die Ausführungen.)
Hiermit ist die Brücke des Verständnisses zu den Resultaten Schim-
melbusch’s zwanglos geschlagen: die Resorptions- und Infektions-
bedingungen eines durch künstliche Kultur oder Infektion des
Warmblüters vorbereiteten Infektionsmaterials liegen hinsichtlich
des zeitlichen Eintritts der Infektion weit günstiger als die eines
unmittelbar der Außenwelt entstammenden Materials.
Die rechtzeitige Anfrischung ist sonach als ein ideales Mittel
zur Verhütung dieser Wundinfektion zu bezeichnen.
Experimentelle und praktische Erfahrungen schon während seiner
Assistentenzeit bei Thiersch und Trendelenburg so wie später
haben F. gezeigt, dass für den verletzten Menschen die Verhältnisse
hinsichtlich zeitlichen Eintritts der Infektion eben so günstig, viel-
fach viel günstiger liegen. Er hält sonach auch für die Behandlung
des verletzten Menschen, je nach Lage der Umstände (Umfang
der Verletzung, plıysiologische Bedeutung der betroffenen Gewebe,
1*
Assistenz, aseptischer Apparat, Anästhesie) die möglichst exakt durch-
geführte Anfrischung des Verletzungsgebietes für die zwar sehr
radikale, aber ideale, weil jegliches Infektionsmaterial beseitigende
Maßnahme.
Wo dieses Ideal nicht durchführbar oder nicht angezeigt er-
scheint, trägt eine partiell offenhaltende Behandlung dem Einblick
in die Infektionsvorgänge und in die Lebensbedingungen der Bak-
terien im Wundgebiet des Warmblüters am besten Rechnung: in
dem Bestreben, rechtzeitig und je nach Umständen, im Umfang
wechselnd, ein geschlossenes Infektionsgebiet in ein mehr
oder weniger offenes überzuführen, gipfelt die Kunst der Be-
handlung und Nachbehandlung inficirter Verletzungen; sei es, dass
dieses Bestreben in nur theilweisem Schluss des Wundgebietes, in
Drainage oder völlig offener Behandlung zum Ausdruck gelange. Ein
Schema nach Zahl oder Buchstabe ist hierfür nicht zu entwerfen.
Das Talent der Individualisirung, Ubung und Erfahrung geben die
Richtschnur.
Gegenüber der Behandlung mit chemischen Stoffen ist F. auf
Grund der von ihm angestellten Versuche und klinischen Erfah-
rungen sehr skeptisch. Viele der auf ihre Rechnung gesetzten Er-
folge geben sich als Trugschlüsse zu erkennen in so fern, als mit
der Anwendung dieser Substanzen partiell oder ausgedehnt offen
behandelt wurde.
Ein wenn überhaupt nachweisbarer Nutzen kann nur dann
für sie in Anspruch genommen werden, wenn entweder das Wund-
gebiet für eine allseitige Berührung mit dem Desinfektionsmittel
hinreichend zugänglich ist, oder wenn seine Anwendung in dem
oben erwiesenen Stadium der Auskeimungszeit als entwicklungs-
hemmender Faktor sich geltend macht. Gegenüber der Entwicklung
namentlich saprophytischer Keime (Colibakterien u. A.), in der Nach-
barschaft von Schleimhäuten, auf ungleichmäßig entwickelten Granu-
lationen ist die Wirkung solcher entwicklungshemmender Substanzen
(Jodoform u. A.) nicht von der Hand zu weisen.
Fortschreitenden Infektionen gebietet keines der bekannten che-
mischen Mittel Halt. Weitgreifende Kontakt- oder Fernwirkungen
sind für keines einwandsfrei erwiesen.
Sicher steht der physikalische Theil unserer Behandlungs-
maßnahmen weit über dem chemischen, so weit ein solcher bisher
in Frage gekommen ist; in der geschickten Ausnutzung des ersteren,
verbunden mit den in prophylaktischer Beziehung grundlegenden
Ideen unserer aseptischen Technik gipfelt daher die Erziehung des
angehenden Arztes zur Kunst einer einsichtsvollen Beurtheilung und
Behandlung der ihm anvertrauten Verletzten. (Selbstbericht.)
Kr
2) W. Noetzel (Königsberg). Über die Bakterienresorption
frischer Wunden.
Die Versuche wurden ausgeführt zur Nachprüfung der bekannten
Untersuchungen Schimmelbusch’s und Ricker’s, deren Resul-
tate von Halban angegriffen worden sind. Nach Halban werden
von allen Infektionsherden aus die Bakterien auf dem Lymphwege
in die regionären Lymphdrüsen resorbirt und gelangen erst nach
Passage der letzteren in den Blutkreislauf. In der Lymphdrüse
spielt sich ein Kampf zwischen Bakterien und Schutzkräften des
Thierkörpers ab, welche letzteren nach Halban um so stärker in
der Drüse zur Wirkung gelangen, je virulenter die betreffenden In-
fektionserreger sind; daher erscheinen indifferente Bakterien viel
früher im Kreislauf, als die für das Thier pathogenen. Halban
findet die Resultate Schimmelbusch’s und Ricker’s mit den
seinen übereinstimmend, da auch diese Autoren nur relativ harm-
lose Mikroorganismen früh im Blut nachweisen konnten, während
der Nachweis von Milzbrand ihnen beim Kaninchen erst mehrere
Stunden, bei der Maus !/, Stunde p. inf. glückte, eine Frist, in der
nach Halban dieselben auf dem Umwege durch die Lymphbahnen ins
Blut gerathen sein müssen. Schimmelbusch und Ricker erklären
den negativen Ausfall der Milzbrandexperimente als zufälligen und
durch die Schwierigkeit und Unsicherheit dieser Versuche erklärlichen.
Redner führte eine Anzahl Versuche mit Milzbrandbacillen aus und
konnte diese bereits 10 Min. p. infectionem im Blute nachweisen.
Bedingung für den positiven Ausfall dieser Experimente ist genaue
Befolgung der bereits von Schimmelbusch dafür aufgestellten
Forderungen: große Wunden, sehr reichliche Impfung und sehr ge-
naue und ausgiebige Untersuchung der exakt zu verarbeitenden Organe
durch die Kultur. Dazu empfiehlt Redner noch Anwendung eines für
die Resorption gut geeigneten Infektionsmaterials: möglichst reichliche
freie Sporen. Durch die in diesen Punkten wesentliche Abweichung
in der Versuchsanordnung sind die negativen Resultate Halban’s
zu erklären. Die Thatsache, dass Halban, wie auch vorher anderen
Autoren, noch nach mehreren Stunden die Rettung der Thiere durch
Amputation des mit Milzbrand inficirten Gliedes gelang, während
sie Schimmelbusch bereits 10 Min. p. inf. nicht mehr gelang,
ist aus dem verschiedenen Grad der Virulenz zu erklären. Die an
Zahl immerhin nur relativ wenigen primär von der Wunde in den
Kreislauf resorbirten Milzbrandbacillen, die zum Theil auch noch im
Blut selbst zu Grunde gehen, zum Theil in den inneren Organen
abgelagert werden, sind hier nur dann wachsthumsfähig, wenn sie
einen sehr hohen Grad von Virulenz haben. Sonst fallen sie in den
kleinen Mengen, in welchen sie in den Organen vertheilt sind, hier
zunächst den Schutzstoffen der Gewebe zum Opfer. Die radikale
Entfernung des Infektionsherdes muss also in diesem Falle in den
ersten Stunden nach der Infektion das Thier noch retten, ehe der
RE, E
Körper bereits derart mit Bacillen überschwemmt ist, dass seine
Schutzstoffe erschöpft sind, und ehe sich neue Lokalisationen gebildet
haben. Dass auch virulente Milzbrandbacillen, unmittelbar ins Blut
gebracht, vom Kaninchenkörper in relativ großen Mengen vernichtet
werden, beweisen Versuche des Redners, in welchen die Kaninchen die
intravenöse Infektion mit 1000 Milzbrandbacillen, bei sicherer Ver-
meidung der Infektion des umgebenden Gewebes, ohne Reaktion
vertrugen, während die Kontrollthiere der subkutanen Infektion mit
50 Bacillen sicher erlagen unter meist etwas protrahirtem Verlauf
der Erkrankung (Tod nach 5—6 Tagen). Es ist also die primäre
Bakterienresorption durch die eröffneten Blutgefäße der Wunde in
den meisten Fällen ohne Bedeutung für den Organismus, und da-
durch ist auch der anscheinende Widerspruch mit anderen Versuchen
aufgehoben, z. B. auch denjenigen von Friedrich, nach welchen
. die Infektion in den ersten 6 Stunden als lokale aufzufassen ist.
Die Lymphdrüsen, sind 10 Minuten nach der Infektion ebenfalls,
und zwar, je nach der Reichlichkeit der Impfung, mehr oder weniger
reichlich inficirt, was sich durch Plattenprüfungen erweisen ließ.
Dass aber die um dieselbe Zeit im Blut und den Organen vor-
bandenen Bacillen nicht auf dem Umwege durch die Lymphdrüsen
hierhin gelangt sein können, ist einmal nach unseren bisherigen An-
schauungen von den Lymphdrüsen anzunehmen und ist bewiesen
durch mikroskopische Präparate von den inficirten Wunden, in
welchen die Bacillen im Inneren der Venenlumina und Kapillaren
zu sehen sind. Die regionären Lymphdrüsen können also viel früher,
als innere Organe, einen zweiten lokalen Infektionsherd bilden, der
bei der Ausführung von Amputationsversuchen durch Entfernung der-
selben zu berücksichtigen ist. (Selbstbericht.)
3) Schloffer (Prag). Über Wundsekret und Bakterien bei
der Heilung per primam.
Den Untersuchungen des Vortr., die an der Wölfler’schen
Klinik vorgenommen wurden, lagen folgende Fragen zu Grunde:
1) Enthält das Wundsekret von per primam heilenden Wunden
Bakterien, und kommen namentlich die gewöhnlichen Eitererreger
in demselben vor?
2) Hat nicht das Wundsekret solcher Wunden als eine dem
Blute nahe verwandte Substanz baktericide Eigenschaften ?
3) Wie äußern sich diese baktericiden Eigenschaften gegenüber
den im Sekrete bereits vorhandenen Keimen und gegenüber den ge-
wöhnlichen Eiterkokken?
Die Untersuchungen über den Bakteriengehalt des Sckrets be-
trafen ungefähr 30 Fälle, die über die baktericiden Eigenschaften
derselben die Hälfte derselben.
Zur Untersuchung kamen lediglich Operationswunden. Die
Operationen wurden streng aseptisch, unter Vermeidung von Des-
EN
infektionsmitteln und zum Theil in einem allen modernen An-
forderungen entspiechenden Operationssaale der Grazer Klinik aus-
geführt.
Was den Bakteriengehalt des Wundsekrets betrifft, so konnte in
ziemlicher Übereinstimmung mit den bisher bekannt gewordenen
Untersuchungen über diesen Gegenstand festgestellt werden, dass
das Wundsekret fast stets, auch schon wenige Stunden nach der
Operation, Bakterien enthielt.
In Betracht kamen hierbei wechselnde Mengen von Saprophyten,
und als ein fast ständiger Befund der Staphylococcus albus. Es
wurde dieser Staphylococcus bei denjenigen Fällen‘, bei denen das
Wundsekret mehrmals im Verlaufe der Wundheilung zur Unter-
suchung kam, sogar durchwegs gefunden, allerdings nicht in jeder
Sekretprobe, aber wenigstens in einer solchen. Staphylococcus aureus
wurde nur ausnahmsweise, bei nicht tadelloser prima, gefunden,
Streptococcus pyogenes gar nicht.
Wundsekret, das während der ersten 2 Tage der Wundheilung
entnommen wurde, zeigte im Eprouvettenversuche gegen die im
Sekret bereits vorhandenen Keime, so wie gegen eingebrachte Eiter-
staphylokokken kräftige entwicklungshemmende oder bakterientödtende
Eigenschaften — in vermindertem Maße gegen Streptokokken.
Diese baktericiden Eigenschaften waren während der ersten
5—10 Stunden am wirksamsten, um später zu erlöschen und ge-
gebenen Falls einem üppigen Bakterienwachsthum Raum zu geben.
An der Wunde selbst fand die Baktericidität des Sekrets in der
Regel darin ihren Ausdruck, dass sich durchschnittlich während der
ersten 2 Tage der Wundheilung nur eine verhältnismäßig geringe
Anzahl von Staphylokokken im Sekret nachweisen ließ, oder dass
unter Umständen der Staphylokokkengehalt des Sekrets im Verlaufe
‚der Wundheilung sich sogar verminderte oder ganz verschwand.
Die Virulenz der weißen Wundsekretstaphylokokken ist nie eine
beträchtliche gewesen; nur ein Theil der Versuchsthiere erkrankte
an kleinen lokalen Abscessen, und zwar erst nach Verwendung relativ
großer Kulturmengen.
Diese geringe Virulenz der Wundsekretstaphylokokken muss im
Verein mit den kräftigen baktericiden Eigenschaften des Wund-
sekrets gegen dieselben als eine wesentliche Unterstützung für das
Zustandekommen der prima intentio angesehen werden.
Nur unter besonderen Umständen kann der weiße Wundsekret-
staphylococcus zu Störungen in der Heilung Anlass geben. Es kann
nach Stagnation des Sekrets in der Wundhöhle die baktericide
‘Kraft desselben genau so wie im Eprouvettenversuch verloren gehen
und unter Fiebersteigerungen eine üppige Vermehrung der Staphylo-
kokken Platz greifen. Auch sind hier jene Fälle in Betracht zu
ziehen, bei denen es unter Mitwirkung eines Staphylococcus albus
zu Abscessen in der Umgebung von Seidenligaturen kommt, die mit
geringen Erscheinungen akuter Entzündung vereint sind.
Zee Tue
Es sind also die Gefahren, die der Staphylococcus albus für
unsere Operationswunden mit sich bringt, meist nur geringe, und sie
werden durch geeignete Behandlung solcher Wunden zum großen
Theile vermieden werden können. (Selbstbericht.)
Diskussion zu 1—3: Braatz (Königsberg) weist aufdieSchwierig-
keit des Offenhaltens von Wunden hin, was durch Tamponade allein
oft nicht gelingt, da die Poren der Tampons sich vollsaugen und ver-
kleben. Er hat daher die schon an anderem Ort beschriebenen
Haken zu diesem Zweck konstruirt, von welchen er einige Exemplare
demonstrirt.
Henle (Breslau) konstatirt, dass die Versuche, über welche
Friedrich berichtet hat, in ihren Resultaten sehr gut überein-
stimmen mit denen, über welche H. vor einigen Jahren an gleicher
Stelle berichtet hat. Auch er war zu der Überzeugung gekommen,
dass man die zufälligen Verunreinigungen von Wunden nicht mit
der Infektion derselben mit großen Quantitäten von Reinkulturen
höchst virulenter Mikroorganismen gleichstellen darf. Er hatte
Kaninchenohren mit Streptokokkeneiter inficirt und dabei für das
Lokalisirtbleiben der Infektion genau die gleichen Zeiten gefunden,
wie sie Friedrich für das maligne Ödem festgestellt hat. Der
Unterschied, welcher sich bezüglich der Wirksamkeit einer chemi-
schen Desinfektion ergeben hat, welche bei H. erfolgreich, bei
Friedrich vergeblich war, dürfte sich unschwer aus der Ver-
schiedenheit des Infektionsmaterials erklären lassen. H. kommt zu
dem Schluss, dass es mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer che-
mischen Desinfektion angebracht erscheint, die mechanische Reini-
gung der Wunden und die offene Wundbehandlung durch Anwen-
dung eines Desinficiens zu unterstützen, mit welchem man hier und
da nützen, voraussichtlich aber nie Schaden stiften wird.
Petersen (Heidelberg) glaubt, dass sich die am Kaninchen mit
malignem Odem angestellten Versuche nicht ohne Weiteres auf den
Menschen übertragen lassen.
Storp (Königsberg) hat bei Gelegenheit von Saphena-Unterbin-
dungen nach Trendelenburg die verschiedenen Schichten der
Operationswunde, welche nur mit Instrumenten berührt wurden,
bakteriologisch untersucht, indem er die Tiefe und die Hautränder
derselben mit kleinen Bäuschen von steriler Gaze abrieb. Die
Tupfer aus der Tiefe der Wunde blieben stets steril, die von den
Rändern enthielten meist Bakterien: gewöhnlich den Staphylococcus
albus oder aureus. Auch aus den Seidenfäden, welche zur Naht ge-
dient hatten, wuchs regelmäßig Staphylococcus albus, in vereinzelten
Fällen auch aureus, und zwar trotz vollkommener prima intentio der
Wunden. Umgab S. aber die Fadenenden mit feinen Glastuben,
welche eine Berührung der Fäden mit der Haut verhinderten, so
blieben sie steril. Das Alles lässt darauf schließen, dass die meisten
Zange
Wundinfektionen von Mikroorganismen herrühren, welche in der
Haut enthalten sind.
Friedrich (Leipzig) giebt zu, dass seine Versuche sich nicht
voll auf den Menschen übertragen lassen, glaubt aber, dass sie die
menschlichen Verhältnisse so gut nachahmen, wie das beim Thier-
experiment überhaupt möglich ist. Den Versuchen Henle’s spricht
er jede Beweiskraft ab, da sie mit einem ganz inkonstanten und für
das Kaninchen nicht genügend gleichmäßig virulenten Material,
nämlich dem Streptococcus angestellt seien. Henle (Breslau).
4) J. Mikulicz (Breslau). Über die neuesten Bestrebungen,
die aseptische Wundbehandlung zu vervollkommnen.
Im Juni v. J. hat M. im Centralblatt für Chirurgie (1897 No. 26)
und in der Deutschen med. Wochenschrift (1897 No. 26) einen kurzen
vorläufigen Bericht über die Versuche erstattet, die in seiner Klinik
zum Zwecke der weiteren Vervollkommnung der heute geübten
aseptischen Wundbehandlung unternommen worden sind. Unter
Bezugnahme auf diese Mittheilung berichtet M. über die weiteren
Ergebnisse der inzwischen weiter geführten Arbeiten auf diesem Ge-
biet. Die bakteriologischen Untersuchungen wurden theils im
hygienischen Institut von Flügge, theils im Laboratorium der chi-
zurgischen Klinik von den Herren Gottstein, Hübener, Miecz-
kowski, Matthies, Sticher und Anschütz ausgeführt.
Mit der Ausbildung der aseptischen Wundbehandlung, wie sie
vor 6 Jahren durch das vortreffliche Büchlein von Schimmelbusch !
dargestellt wurde, schien zunächst ein gewisser Abschluss erreicht
worden zu sein. In den allerletzten Jahren regt es sich indessen
wieder von den verschiedensten Seiten. Man gesteht kleinere oder
größere Misserfolge zu, die zum Glück selten sind, aber doch ein
unheimliches Gefühl der Unsicherheit erzeugen und jedenfalls dar-
thun, dass die Methode nicht absolut verlässlich ist; denn sie giebt
uns keine Gewähr dafür, dass unsere Operationswunden ausnahmslos
keimfrei bleiben, dass sie immer so heilen wie subkutane Ver-
letzungen. Und das zu erreichen, muss doch unser letztes Ziel
bleiben. Dass die aseptische Wundbehandlung in der heute noch fast
allgemein geübten Form noch weit von diesem Ziel entfernt ist,
dafür spricht am besten der Umstand, dass die Drainirung aller
größeren und komplicirten Wunden immer noch als das Normal-
verfahren gilt, und dass viele Operateure es bei besonders gefähr-
deten Wunden selbst vorziehen, auf die primäre Heilung zu ver-
zichten und die Wunde zu tamponiren, um sie im besten Fall erst
nach einigen Tagen zu vernähen. Während wir das in Folge einer
subkutanen Verletzung, z. B. Fraktur, angesammelte Blut und sonstige
1 Anleitung zur aseptischen Wundbehandlung. Von Dr. C. Schimmelbusch.
Berlin 1892 (1. Aufl.). August Hirschwald. 2. Aufl. 1893.
a E
Exsudat ruhig seinem Schicksal überlassen, wird es beim aseptischen
Verfahren als günstiger Nährboden für Bakterien möglichst sorgfältig
nach außen geleitet. In der citirten Anleitung zur aseptischen Wund-
behandlung sagt Schimmelbusch p. 76 ausdrücklich: »So wie eine
Wunde auch nur mäßig Flüssigkeit absondert, wird das Zukleben
illusorisch, ja gefährlich«. Die selbst kleinen Fehler des sogenannten
aseptischen Verfahrens sind heute um so störender, als sich die An-
forderungen an die operative Technik immer mehr steigern, und
selbst kleine, früher kaum beachtete Störungen, z. B. Fadeneiterungen,
bei manchen Operationen fast Misserfolge bedeuten.
So ist es verständlich, dass von den verschiedensten Seiten nach
den Fehlerquellen der heute geübten Wundbehandlung eifrig ge-
forscht und so das ganze Verfahren einer gründlichen Revision unter-
zogen wird. Wir werden später noch sehen, dass wir uns bei diesen
Bestrebungen von dem einseitigen Princip der Aseptik in so fern
emancipiren, als wir die Sterilisirungsmethoden dort, wo sie über-
haupt anwendbar sind, beibehalten, im Übrigen aber, namentlich bei
der Desinfektion der Haut, die entwicklungshemmenden Desinfektions-
mittel im Sinne der Antiseptik bis zu einem gewissen Grade wieder
zur Geltung bringen.
Als Endziel unserer Versuche müssen wir uns die Aufgabe
stellen, die Methoden derart zu vervollkommnen, dass eine von
Hause aus nicht inficirte Operationswunde so weit keimfrei erhalten
bleibt, dass sie nach vollkommenem Verschluss eben so wie eine
subkutane Verletzung reaktionslos heil. Wenn von diesem Gesichts-
punkt aus die durch die Bergmann’sche Schule ausgebildete
aseptische Wundbehandlung beurtheilt wird, so muss zunächst hervor-
gehoben werden, dass dieselbe, so weit es sich um die Sterilisirung
des Tupf- und Verbandmaterials, so wie der Instrumente handelt,
ihre Aufgabe mit absoluter Sicherheit erfüllt. Die zu diesem Zweck
von Schimmelbusch konstruirten oder modificirten Apparate werden
auch heute als mustergültig beibehalten werden können.
So sicher nun die Sterilisirung des todten Materials, sei es durch
kochendes Wasser, sei es durch heißen Dampf, sei es durch ent-
sprechende trockene Hitze, erfolgt, so fehlt es uns doch unter Um-
ständen an einem sicheren Erkennungszeichen, dass das uns vor-
gelegte Material: Tupfer, Kompressen, Verbandstücke, kurz alle die
Dinge, die während der Operation mit der Wunde in innige Be-
rührung kommen, auch thatsächlich und in ausreichender Weise dem
Desinfektionsverfuhren unterworfen waren. Es ist desshalb sehr er-
wünscht, brauchbare Kontrollvorrichtungen in dieser Richtung
zu besitzen. In Bezug auf die Instrumente, die nach der Schim mel-
busch’schen Vorschrift in kochender Sodalösung sterilisirt werden,
ist ein Kontrollapparat nicht unbedingt erforderlich. Die Instrumente
werden ja unmittelbar vor der Operation gewissermaßen vor unseren
Augen gekocht; eine Nachlässigkeit und selbst ein Versehen in dieser
Richtung ist bei selbst oberflächlicher Aufmerksamkeit des Personals
a GE
kaum möglich. Um so nothwendiger ist eine Kontrollvorrichtung
bei den im heißen Dampf sterilisirten Gegenständen. Viele Opera-
teure haben, um in dieser Richtung ein Versehen ganz auszuschließen,
die Dampfapparate in den Operationssaal selbst verlegt oder wenigstens
so angelegt, dass die Tupfer, Verbandstoffe ete. durch eine Öffnung
in der Wand des Operationssaales dem Apparat vor den Augen des
Arztes entnommen werden können. Die Dampfsterilisation muss,
wenn diese Einrichtung ihren Zweck erfüllen soll, unmittelbar vor
der Operation geschehen. Diese Einrichtung ist aber mit mannig-
fachen Nachtheilen verbunden. Es ist jedenfalls viel bequemer,
wenn das Tupf- und Verbandmaterial wenigstens mehrere Stunden
vor der Operation sterilisirtt und schon abgekühlt und möglichst
trocken gereicht werden kann.
Die Idee, Kontrollvorrichtungen nach dieser Richtung zu kon-
struiren, ist nicht neu. Qu&nu in Paris benutzt schon seit Jahren
Glasröhrchen, die mit einer Substanz gefüllt sind, die bei 100° oder
darüber schmilzt (Wismuthlegirungen) und erkennen lässt, dass der
Verbandkorb thatsächlich einer bestimmten Temperatur ausgesetzt
war. Über die Dauer der Erhitzung giebt ein derartiger Apparat
keinen genügenden Aufschluss, noch weniger darüber, — und das
ist bei der Dampfsterilisation außerordentlich wichtig — ob der heiße
Dampf den Verbandkorb durchdrungen hat. Auch anderwärts wurden
nach diesen oder anderen Principien konstruirte Vorrichtungen an-
gewendet, von denen aber meines Wissens keine allgemeine Verbrei-
tung gefunden hat. Dr. Matthias, welcher sich mit der Sache in
der Machen Klinik beschäftigt hat, wird bei anderer Gelegenheit
über seine Versuche ausführlich berichten.
Als eine äußerst einfache und für den praktischen Gebrauch
sehr empfehlenswerthe Vorrichtung hat sich auf Grund dieser Ver-
suche folgende erwiesen: Ein Streifen nicht geleimten Papiers wird
an passender Stelle mit der Aufschrift: »sterilisirt« bedruckt. Der
bedruckte Theil oder auch der ganze Streifen wird mit 3%igem
Stärkekleister dick bestrichen und halb trocken durch eine Jod-Jod-
kalilösung (Jod. 1,0, Kal. jodat. 2,0, Aq. dest. 100) gezogen. Der
Papierstreifen nimmt eine dunkelbläulich-schwarze Farbe an, die die
Aufschrift vollständig verdeckt. Im strömenden Dampf entfärbt sich
‚der Papierstreifen vollständig oder wenigstens so weit, dass die
Schrift wieder sichtbar wird, und auch sichtbar bleibt, wenn der
Streifen erkaltet. Trockene Hitze, selbst 180—190°, entfärbt den
Streifen nicht. In dem bei M. verwandten Dampfsterilisirapparat
von Lautenschläger, welcher eine Temperatur von 106—107°
entwickelt, tritt die Entfärbung des frei hängenden Streifens inner-
halb 10 Minuten ein; der im Innern eines Verbandkorbes liegende
Streifen braucht zur Entfärbung 20 Minuten und darüber. Erreicht
die Temperatur des Dampfes weniger als 100°, dann bedarf es einer
mehr als Istündigen Einwirkung desselben zur genügenden Ent-
färbung.
EHEN, S
Die Entfärbung des Jod-Kleisterstreifens zeigt uns somit an:
1) dass heißer Dampf und nicht heiße Luft auf denselben gewirkt
hat. Dem entsprechend kann er auch dazu benutzt werden, uns todte
Räume im Sterilisirapparat, welche der heiße Dampf nicht zu er-
reichen vermag, anzugeben; 2) dass der Dampf ein bestimmtes Mi-
nimum von Temperatur erreicht hat, und 3) dass die Einwirkung ein
gewisses Minimum an Zeit gedauert hat. M. ist überzeugt, dass die
Entfärbung des Jod-Kleisterpapiers eine intensivere Einwirkung des
Dampfes erfordert, als die Abtödtung der uns interessirenden Bak-
terien. Die bisher im Flügge’schen Laboratorium angestellten
Versuche haben ergeben, dass selbst die resistentesten Bakterien
(Milzbrandsporen, Keime der Gartenerde) früher abgetödtet werden,
als der Streifen vollkommen entfärbt ist. Weitere Untersuchungen
darüber sind noch im Gange. Der Jod-Kleisterstreifen wird derart
in dem Verbandkorb befestigt, dass ein Theil innerhalb desselben zu
liegen kommt; ein Bindfaden befestigt sowohl den Streifen als auch
den Deckel an der Wand des Korbes und wird durch eine kleine
Plombe gesichert; die letztere wird erst unmittelbar vor dem Gebrauch
abgeschnitten.
Dr. Matthias hat noch einen zweiten, weit exakteren Apparat
konstruirt, der ganz genau die Höhe der Temperatur und die Dauer
der Einwirkung registrirt. Die Grundlage des Apparates bildet eine
gewöhnliche Taschenuhr (Ankeruhr), deren Kompensationsunruhe be-
kanntlich aus 2 verschiedenen Metallen (Eisen und Bronze) zusammen-
gefügt ist, und desshalb bei verschiedenen Temperaturen ihre Gestalt
ändert; bei höherer Temperatur wird ihr Krümmungsradius kleiner.
Am Uhrdeckel wird nun ein feiner Zapfen angebracht, der bei ge-
wöhnlicher Temperatur die an die Unruhe befestigten Ballast-
schräubchen festhält und damit die Uhr arretirt. Erst bei einer be-
stimmten, empirisch festzustellenden Temperatur entfernt sich die
Unruhe in Folge der vermehrten Krümmung so weit vom Zäpfchen,
dass die Uhr in Gang kommt. So wie die Temperatur sinkt, hört
die Uhr wieder auf zu gehen. Durch einen mit dem Zapfen ver-
bundenen langen Hebel kann die Uhr auf die gewünschte höhere
oder niedere Temperatur eingestellt werden. Der Apparat ist selbst-
verständlich nicht dazu zu verwenden, um zu erkennen, ob das be-
treffende Objekt heißem Dampf oder nur heißer Luft ausgesetzt war. .
Er ist auch vorläufig zu kostspielig, um für gewöhnliche praktische
Zwecke verwendet zu werden. M. glaubt aber, dass er sich sehr
wohl als eine Art von Aichinstrument für Desinfektionsapparate
eignen wird.
Eine dritte Kontrollvorrichtung ist von Dr. Sticher im Bres-
lauer Hygienischen Institut konstruirt worden. Derselbe verwendet
auch Körper, die bei hoher Temperatur schmelzen, und zwar das
Phenanthren (Schmelzpunkt 98°) und das Brenzkatechin Schmelz-
punkt 101—102°%. Da diese Körper bei Hitzeeinwirkung, selbst
wenn sie in ein Glasröhrchen gefüllt sind, rasch schmelzen, somit in
E KE
Bezug auf die Zeit der Hitzeeinwirkung keinen Aufschluss geben,
wurde das betreffende Röhrchen von einem zweiten, größeren um-
hüllt, derart, dass zwischen beiden Glaswänden eine isolirende Luft-
schicht übrig bleibt, die die Einwirkung der Hitze auf den im Innern
befindlichen Körper verzögert. Durch Vergrößerung dieser Luftschicht
kann man die Verzögerung so weit treiben, dass die für einen be-
stimmten Zweck gewünschte Zeit vergehen muss, bevor der im Innern
befindliche Körper schmilzt. Jeder Apparat muss natürlich empirisch
erst gewissermaßen geaicht werden. Praktische Versuche mit diesem
Apparat sind bisher noch nicht gemacht worden.
In Bezug auf die Sterilisirung des Naht- und Unterbindungs-
materials sind heute die Akten im Wesentlichen als geschlossen
‚anzusehen. Dabei soll zunächst die Frage unberührt bleiben, ob wir
nicht gut thun, während der Sterilisirung die Seide und das Katgut
mit einem entwicklungshemmenden Antisepticum, z. B. Jodoform, zu
imprägniren. Im Übrigen kann es sich höchstens darum handeln,
ob bei dem einen Verfahren das Katgut fester und haltbarer bleibt
als bei dem anderen. M. verwendet in der letzten Zeit das Hof-
meister’sche Formalinkatgut und ist mit demselben in jeder Rich-
tung außerordentlich zufrieden. Dass das Katgut Ausgangspunkt
von Eiterungen wäre, dafür hat M. keinen Anhaltspunkt gefunden.
Bekanntlich hat Poppert in der letzten Zeit darauf aufmerksam
gemacht, dass sowohl Katgut- als auch versenkte Seidensuturen
ohne Hinzutreten ‚von Bakterien Eiterung erzeugen können. Im
ersteren Falle sollen es die dem Katgut anhaftenden, wahrscheinlich
vom Rohkatgut herstammenden toxischen Substanzen sein, die eine
echte chemische Eiterung erzeugen; im 2. Falle sollen die durch die
versenkten Nähte gequetschten und mortificirten Gewebe es sein, die
auch eine Art von| chemischer Eiterung hervorrufen. Die Unter-
suchungen von Poppert sind gewiss sehr bemerkenswerth, und der
von ihm gegebene Rath, versenkte Nähte, z. B. bei der Radikal-
operation der Hernien, nicht all zu fest zuzuschnüren, verdient gewiss
Beachtung, und M. will die Möglichkeit einer derartigen Eiterung
durchaus nicht ganz in Abrede stellen. Jedenfalls ist sie recht
selten; sie hat für den Wundheilungsprocess wenig Bedeutung, und
wir thun am besten, sie, da wir uns hier nur mit der bakteriellen
Eiterung beschäftigen, zunächst ganz aus dem Spiele zu lassen.
Während die bisher erwähnten todten Materialien leicht und
sicher zu sterilisiren sind, bleiben uns 3 Infektionsquellen übrig,
deren absolute Eliminirung außerordentliche Schwierigkeiten bereitet:
die Luft, die Haut des Operationsfeldes und endlich die Haut
unserer Hände.
Die Bedeutung der Luftinfektio'n wurde bekanntlich anfäng-
lich außerordentlich überschätzt. Der Spray des Lister’schen' Ver-
fahrens so wie andere antiseptische Maßregeln waren dagegen ge-
richtet und sind mit Recht als überflüssig und unzureichend auf-
E E Wappen
gegeben worden. Man fiel dann aber in das andere Extrem, indem
man die Möglichkeit einer Infektion der Wunde durch die Luft für
so unwahrscheinlich erklärte, dass diese Infektionsquelle vollständig
unberücksichtigt bleiben dürfte. In der That werden wir auch heute
sagen müssen, dass die von Seiten der Luft einer Wunde drohende
Gefahr sehr gering ist. Aber sie besteht doch und sie steigert sich
mit der Dauer der Operation. Wollen wir uns bestreben, wirklich
möglichst keimfrei zu operiren, so dürfen wir die Luftinfektion nicht
ganz außer Acht lassen.
Bei der Übertragung von Bakterien durch die Luft müssen wir
zweierlei Arten von Luftkeimen unterscheiden: die trockenen, in
Staubform suspendirten, und die in feinsten Flüssigkeitströpfchen,
also in feuchtem Zustand in der Luft suspendirten und fort-
bewegten Keime, durch welche nach den neuesten Untersuchungen
von Flügge pathogene und voll virulente Bakterien verbreitet werden
können.
Bekanntlich sind die in Staubform in der Luft suspendirten
Bakterien von sehr geringer Bedeutung. Die meisten Vegetations-
formen, namentlich der uns interessirenden Wundbakterien, gehen
durch Austrocknung allmählich zu Grunde. Unter gewöhnlichen
Verhältnissen, d. h. bei den von der Straße eindringenden Staub-
partikelchen in gewöhnlichen Wohnräumen wird man die Bedeutung
dieser Art der Luftinfektion in der That gleich Null setzen können.
Anders verhält sich die Sache, wo die örtlichen Verhältnisse eine
starke Anhäufung von pathogenen Bakterien in der Luft verursachen
können, wie in Krankenhäusern. Es kommt hier in Betracht, dass
nach den neuesten Untersuchungen von Max Neisser und Ger-
mano die uns interessirenden Wunidbakterien, insbesondere Staphylo-
coccus aureus und, wie es scheint, selbst Streptokokken das Aus-
trocknen längere Zeit überdauern, also auch in Staubform noch über-
tragbar sind. Der hierin liegenden Gefahr werden wir nur dadurch
begegnen, dass wir die Gelegenheit zur Verstäubung derartiger Theile
in unseren Operationssälen möglichst verringern, indem wir die
aseptischen Operationsräume von den anderen Räumen einer Klinik
streng trennen, die Zahl der anwesenden Personen möglichst be-
schränken und dafür Sorge tragen, dass dieselben nur unter ent-
sprechenden Kautelen den Operationssaal betreten.
Die vergleichende Untersuchung der Luft in größeren Hörsälen
einerseits und in kleineren geschlossenen Räumen andererseits hat
das übereinstimmende Resultat ergeben, dass in den ersteren der
Keimgehalt der Luft stets größer ist als in letzteren, und dass er
sich in dem Maße steigert, als durch das Eintreten der Zuhörer die
Aufwirblung von Staub im Raum begünstigt wird. Auch in der
neuen Breslauer chirurgischen Klinik hat Dr. Gottstein eine Reihe
von einschlägigen Untersuchungen vorgenommen, aus denen sich er-
giebt, dass unter allen Umständen der Keimgehalt der Luft im großen
Hörsaal erheblich größer ist als im aseptischen Operationssaal; in
E EE
beiden Räumen bestehen jedoch enorme Unterschiede, je nachdem
der Raum vorher stundenlang von keiner Person betreten worden
war oder ob er eine größere Zahl von Zuschauern oder die bei der
Operation beschäftigten Personen beherbergt. Am höchsten steigt
die Keimzahl vor Beginn der Operation; offenbar ist der Grund dafür
im Hin- und Hergehen und den sonstigen Bewegungen der mit der
Vorbereitung zur Operation beschäftigten Personen zu suchen. Das
Durchschnittsverhältnis des Keimgehalts der Luft im großen Hör-
saal und im aseptischen Operationssaal ist an vorlesungsfreien und
operationsfreien Tagen 37 : 3, zur Zeit der Vorlesungen resp. Opera-
tionen dagegen 155: 602. Wir sehen also, dass auch im aseptischen
Operationssaal trotz Verringerung der Zuschauerzahl der Gehalt der
Luft an Trockenkeimen noch immer relativ hoch ist; ob es gelingt,
ihn durch andere Maßnahmen, die den Betrieb nicht allzu sehr
kompliciren, noch mehr herunterzudrücken, ist zweifelhaft.
Wenn wir uns ein Urtheil darüber bilden wollen, welche Be-
deutung die trotz aller Vorsichtsmaßregeln noch vorhandenen
trockenen Luftkeime haben, so kann selbstverständlich nicht die
absolute Zahl berücksichtigt werden, sondern die Zahl der etwa auf-
gefundenen pathogenen Keime, speciell Eitererreger. Denn bekannter-
maßen besteht auch in Operations- und Krankensälen die Haupt-
masse der Luftkeime aus Saprophyten oder wenigstens Bakterienarten,
die für unsere Wunden keine Bedeutung haben. Es haben sich aber
zweifellos bei den verschiedenen Untersuchungen auch Bakterien
gefunden, die wenigstens morphologisch den pathogenen Staphylo-
coccusarten nahe stehen. Der Versuch, durch Virulenzprüfung die
Bedeutung dieser Keime festzustellen, hat vorläufig wegen der tech-
nischen Schwierigkeiten nicht vorgenommen werden können.
Da wir doch nicht im Stande sind, den Übertritt von Luft-
keimen in die Luft unserer Operationssäle "vollständig zu verhindern,
so müssen wir uns darauf beschränken, die Möglichkeit des Über-
ganges von pathogenen, speciell für unsere Wunden gefährlichen
Trockenkeimen möglichst einzuschränken. In dieser Richtung kämen
die am Fußboden, den Wänden, den Tischen und anderen Geräthen
haftenden Trockenkeime in erster Linie in Betracht. Durch die heute
wohl allgemein eingeführten Einrichtungen in aseptischen Operations-
sälen (Isolirung der Räume, gründliche Reinigung der Gegenstände
etc.) ist diese Infektionsquelle bei genügender Sorgfalt wohl sicher
auf Null zu reduciren. Nur schwer lässt sich dagegen die Schwänge-
rung der Luft mit Keimen verhindern, die durch die anwesenden
Personen eingeschleppt werden. Es sind desshalb alle Maßregeln
gerechtfertigt, welche die Infektionsgefahr von dieser Seite möglichst
verhindern. Neben der Einschränknng der Zuschauerzahl kann man
zweifellos noch dadurch wirken, dass man den eintretenden Personen
2 Die Zahlen bedeuten die während einer Stunde auf 10 cm im Durchmesser
betragende Petri’sche Schalen (Agar) auffallenden Keime.
En RER
eine Art Schutzkleidung vorschreibt. M. hat in seiner Klinik die
Einrichtung, getroffen, dass die den aseptischen Operationssaal be-
tretenden Ärzte und Studirenden — dieselben werden nur in be-
schränkter Zahl zugelassen — sterilisirte, bis über die Knie reichende
Leinenröcke anziehen; außerdem muss jede den Operationssaal be-
tretende Person Gummischuhe anziehen, die in größerer Zahl auf
einer mit Sublimatlösung durchtränkten Filzplatte bereit stehen. Da-
durch soll die Möglichkeit aufgehoben werden, dass die betreffenden
Personen aus anderen, inficirten Räumen (z. B. Studirende aus dem
pathologischen Institut) intektiöses Material mit den Füßen herein-
schleppen und verstäuben. Welche enorme Mengen von Schmutz
gerade mit den Füßen in den Operationssaal geschleppt werden
können, davon kann man sich überzeugen, wenn man die deutlich
sichtbaren Fußtapfen betrachtet, die ein von außen Eintretender
auf den angefeuchteten weißen Fließen des Operationssaales zu-
rücklässt.
Eine ungleich größere Bedeutung hat die Verschleppung von
Bakterien in Form feinster Tröpfchen durch die Luft. Wie schon
erwähnt, hat Flügge auf diese Art der Übertragung von Krankheits-
keimen vor Kurzem erst aufmerksam gemacht. Wenn wir die
Flügge’schen Untersuchungen für unsere Verhältnisse verwerthen,
so kommen beim aseptischen Operiren fast nur jene Bakterien in
Betracht, die dem Mund und den Respirationsorganen des Operateurs,
seiner Assistenten, des Kranken selbst und seiner weiteren Umgebung
entstammen. Schon beim ruhigen, viel mehr aber bei lautem Sprechen,
und in erhöhtem Maße beim Räuspern und Husten werden größere
oder kleinere Flüssigkeitspartikelchen nach außen geworfen und
können, wie Flügge nachgewiesen hat, auf große Distanzen ver-
schleppt werden. Dass beim Niesen selbst größere Schleimmassen
ausgeworfen werden, ist ja allgemein bekannt. Am meisten gefährdet
ist selbstverständlich das unmittelbar vor dem Sprechenden oder
Hustenden befindliche Terrain, also ungefähr in der Entfernung, in
der das Operationsfeld vom Operateur und seinen Assistenten sich
befindet. Spielt sich in der Mundhöhle des Betreffenden ein patho-
logischer Process ab, bei dem Bakterien an die Oberfläche gelangen,
so kann das Auswerfen derselben schon bei ruhigem Sprechen in
ungeahnter Zahl vor sich gehen. Versuche an Leprakranken in der
Neisser’schen Klinik in Breslau haben u. A. Folgendes ergeben:
bei 10 Minuten langem Zählen wurden 88170 Leprabacillen auf die
vorliegenden Objektträger ausgeschleudert.
Es muss somit a priori zugegeben werden, dass von der Mund-
Rachenhöhle des Operateurs und seiner Assistenten die Wunde in-
ficirtt werden kann. Wenn man bedenkt, dass manche, besonders
lebhafte Operateure die Gewohnheit haben, während der Operation
zu sprechen, dass Manche es nicht unterdrücken können, sich zu
räuspern oder gelegentlich auch zu husten, so wird man diese Ge-
fahr nicht unterschätzen dürfen. Die beste prophylaktische Maßregel
we ler
in dieser Richtung ist zweifellos, bei der Operation möglichst wenig
zu sprechen. Dies war schon lange vor den Flügge’schen Unter-
suchungen. Gewohnheit von M. In der Breslauer Klinik ist man
darauf eingerichtet, sich fast ausschließlich durch stumme Zeichen
während der Operation zu verständigen. Aber schließlich muss doch
gelegentlich ein Wort gesprochen werden. Bei kurz dauernden Ope-
rationen wird die damit verbundene Infektionsgefahr allerdings außer-
ordentlich gering sein; sie kann füglich vernachlässigt werden. Bei
länger dauernden Operationen summiren sich aber die Schädlich-
keiten und gewinnen dann zweifellos eine praktische Bedeutung.
Durch die bekannten Untersuchungen von Miller? ist festgestellt,
dass in der Mundhöhle des Gesunden neben zahlreichen Saprophyten
sich auch eine Reihe von pathogenen Bakterien finden. Es ist aber
die Virulenz dieser Bakterien nicht festgestellt worden, so dass für
unsere Frage die Miller’schen Untersuchungen noch einer Ergänzung
bedurften. In dieser Richtung hat im Flügge’schen Laboratorium
Dr. Mieczkowski eine Reihe von Untersuchungen angestellt. Es
wurden die Mundhöhlen von 48 gesunden Personen untersucht, und
zwar nur auf die uns interessirenden Bakterien, Staphylococcus aureus,
Streptococcus longus und brevis. 22mal wurde Staph. aur., 29mal
Strept. long. und 4mal Strept brev. gefunden. Die Virulenzversuche
ergaben beim Staph. aur. in 9 von 13 untersuchten Fällen ein posi-
tives Resultat, d. h., auf die gesammte Zahl der Untersuchungen
berechnet, ungefähr in !/, der gesunden Mundhöhlen virulenter Staph.
pyog. aur. Viel geringere Bedeutung hat bei gesunden Personen
offenbar der Streptococcus. Bei 17 Virulenzversuchen fiel nur 1 po-
sitiv, 16 negativ aus. Von Bedeutung ist es aber, dass es bei 3 der
avirulenten Streptokokken dieser Herkunft gelungen ist, bei be-
stimmter Versuchsanordnung im Thierkörper eine Virulenz hervor-
zurufen. Eine Ergänzung zu diesen Untersuchungen bildeten andere,
bei denen die Mundbakterien bei gutartigen Anginen untersucht
wurden. Es fanden sich hier bei 40 Untersuchungen 30mal Strept.
long., imal Strept. brev., 17mal Staph. aur. Von 10 untersuchten
Staphylokokken erwiesen sich 8 als virulent, von 11 untersuchten
Streptokokken waren 4 hochgradig virulent, 3 mäßig virulent und
nur 4 avirulent. Es geht daraus hervor, dass die Virulenz der Mund-
bakterien sich bei lokalen Erkrankungen außerordentlich steigert, und
dass unter diesen Umständen die Gefahr der Verbreitung von Wund-
bakterien durch die Mundhöhle wesentlich erhöht wird. Es ist wahr-
scheinlich, dass diese Virulenz auch längere Zeit nach Ablauf der
lokalen Erkrankung anhält.
Aus diesen Untersuchungen geht zur Genüge hervor, dass die
Mundhöhle gesunder Menschen relativ häufig virulente Wundbakterien
beherbergt, und dass diese schon beim einfachen Sprechen auf ihre
Umgebung ausgeschleudert werden können. Eine Schutzmaßregel
3 Die Mikroorganismen der Mundhöhle. Leipzig, 1889.
Chirurgen-Kongress 1899. 2
ee ee
dagegen ist demnach geboten. Man könnte daran denken, die Mund-
höhle vor der Operation durch Ausspülungen möglichst zu reinigen.
Versuche in dieser Richtung wären noch anzustellen. Wer.aber weiß,
wie wenig erfolgreich Desinfektionsmittel bei der Reinigung von Schleim-
häuten sind, wird sich von Mundspülungen von vorn herein wenig Erfolg
versprechen. M. hat desshalb schon vor einem Jahre in seiner Klinik
eine Art von Mundbinde eingeführt, welche Mund- und Nasenhöhle
und eventuell gleichzeitig den Bart umschließt. Dr. Hübener hat
dann eingehend die Frage studirt und sich bemüht, herauszufinden,
in welcher Weise man in zweckmäßiger und doch nicht allzu lästiger
Weise die aus dem Munde ausgeworfenen Bakterien aufhalten
könne. Es hat sich dabei herausgestellt, dass eine einfache Mund-
binde nicht genügt; erst eine doppelte Lage von sterilisirter Gaze
ist im Stande, fast alle Tröpfchen, die beim Sprechen aus dem Munde
geschleudert werden, aufzuhalten. Da eine doppelte Gazelage über
das halbe Gesicht gebunden zu unbequem ist und zu warm macht,
so hat Dr. Hübener eine Art Maske konstruirt, die die Nasen- und
Mundöffnung so weit umschließt, dass beim gewöhnlichen Sprechen
in der Regel alle ausgeworfenen Flüssigkeitstheilchen aufgefangen
werden.
Aus den Hübener’schen Versuchen ergiebt sich, dass diese
Maske mit doppelter Mull-Lage bei der großen Mehrzahl der Per-
sonen bei ruhigem Sprechen einen absoluten Schutz gewährt. Beim
Husten und Räuspern ist der Schutz kein absoluter, aber gerade
bier wird es von Werth sein, dass, wenn dem Operateur oder einem
Assistenten unversehens eine derartige Bewegung passirt, doch nur
ein kleiner Bruchtheil der ausgeworfenen Menge nach außen ge-
langen kann. Beim Niesen schützt auch diese Maske relativ wenig. M.
operirt mit dieser Maske schon seit !/, Jahr, eben so seine Assistenten,
ohne davon eine Belästigung zu verspüren.
Während auf diese Weise die Frage der Luftinfektion für die
Wundbehandlung in annähernd befriedigender Weise für die Praxis
gelöst ist, steht die Sache ungleich schwieriger bei dem Versuch,
die Haut sowohl an unseren Händen als auch in der Umgebung
des Operationsfeldes keimfrei zu machen. Neben den älteren
Untersuchungen von Forster, Kümmell, Fürbringer interes-
siren uns in dieser Richtung besonders die neuesten Arbeiten von
Krönig, Lauenstein, Lockwood und Samter. In der Machen
Klinik hat sich mit der Frage der Desinfektion der Haut, sowohl
des Operationsfeldes als auch der Hände des Operateurs und seiner
Gehilfen, seit fast 2 Jahren Herr Dr. Gottstein sehr eingehend be-
schäftigt. Von der Desinfektion der Hände wollen wir zunächst ab-
sehen, und uns jetzt ausschließlich mit der Frage beschäftigen: Wie
weit kann die Haut des Operationsfeldes keimfrei gemacht wer-
den? Die Untersuchungen sind hier dadurch erleichtert, dass wir
Stückchen der zur Operation regelrecht desinficirten Haut excidiren
und nun nach den verschiedensten Methoden bis in die tiefsten
eig
Hautschichten bakteriologisch untersuchen können. Lauenstein
hat seine Untersuchungen in der Weise angestellt, dass er kleine
Hautstückchen excidirte und dieselben auf den Nährboden übertrug.
Die Untersuchungsmethode Samter’s war mit kleinen Abänderungen
ebenfalls so, dass erbsengroße Hautstückchen auf den Nährboden
gebracht wurden. Nur in einigen Versuchen nahm er auch ein vor-
sichtiges Zerkleinern der Hautstückchen in kleinste Partikelchen vor.
Von Dr. Gottstein sind die Versuche in der Weise angestellt wor-
den, dass die Haut durch sterile Messer in feinste Partikelchen zer-
schabt wurde; es war dazu nothwendig, nicht nur erbsengroße Haut-
stücke zu entnehmen, sondern Hautstückchen von mindestens 1 bis
3 qcm Größe. Die Schabung wurde in 3 Schichten ausgeführt, und
zwar mit 3 verschiedenen sterilen Messern; es wurde eine oberfläch-
liche, eine mittlere und eine tiefe Schicht unterschieden. Zum Ver-
gleich mit diesen Untersuchungen wurde die Untersuchungsmethode
von Lauenstein und die zweite Methode von Samter bei einer
großen Anzahl der Fälle ausgeführt. Nach der Schabungsmethode
wurden 112 Fälle, mehr als die Hälfte der Fälle wurde auch nach
der Lauenstein’schen und Samter’schen Methode untersucht. Zu
bemerken wäre noch, dass, während diese Versuche im Gang waren,
zur Desinfektion in der allerersten Zeit Karbolsäure und Sublimat,
in der folgenden Alkohol (90%) und Sublimat angewandt wurden.
Die Untersuchungen ergaben in Übereinstimmung mit jenen von
Lauenstein und Samter, dass nur in der Minderzahl der Fälle
die Haut wirklich steril war. Es fanden sich 78mal (unter 79 nicht
sterilen Hautstückchen) Staphylococcus albus, 10mal Staphylococcus
aureus, 5mal Streptococcus, imal Pyocyaneus etc. In einer Anzahl
von Fällen (15) wurden die in den excidirten Hautstückchen gefun-
denen Staphylococcus albi auf ihre Pyogenität im Breslauer hygie-
nischen Institut durch Stabsarzt Dr. Bischoff untersucht, der darüber
in einer demnächst in der Zeitschrift für Hygiene erscheinenden
Arbeit berichten wird. Diese Untersuchungen haben ergeben, dass
die in der Haut nistenden Staphylococcus albi in ca. 75% der Fälle
pyogen waren (in 11 Fällen).
Wenn wir die verschiedenen, bei den Gottstein’schen Unter-
suchungen angewandten Methoden mit einander vergleichen, so
finden wir, dass bei der Schabungsmethode Sterilität erreicht wurde
in 16 Fällen, bei der Methode von Lauenstein in 34, bei der
Samter’schen in 28 Fällen, dass also am öftesten Sterilität beob-
achtet wurde nach der Lauenstein’schen Methode, in mehr als der
doppelten Anzahl der Fälle als nach der Schabungsmethode. Es ist
sehr wahrscheinlich, dass letztere uns den Keimgehalt der Haut viel
genauer angiebt, als die Lauenstein’sche und auch die Samter’sche.
Natürlich erfordert die Schabung mehr Zeit als das bloße Einbringen
von größeren Partikelchen in Agarschalen.
Während nun die früheren Untersuchungen sich darauf be-
schränkten, festzustellen, dass überhaupt Keime in der Haut vor
2*
E dE
handen sind, kam es hier besonders auf die Feststellung derjenigen
Partien der Haut an, in welchen sich die Bakterien fanden. Die
eigentliche Cutis wurde in diesen Fällen nicht mit untersucht, nur
die Epithelschichten. Es zeigte sich nun, dass nicht nur in den
obersten oder mittleren, sondern auch in den tiefen Schichten sich
Bakterien fanden, in einer großen Anzahl der Fälle gerade hier mehr
als in den oberflächlichen. Dies würde den Schluss zulassen, dass
unsere Desinfektionsmethoden resp. die Reinigungsmethode, der wir
die Haut unterziehen, ausreicht, um die Oberfläche keimfrei resp.
keimarm zu halten, dass aber eine Wirkung in die tieferen Partien
der Haut durch unsere Desinfektionsmittel nicht zu erreichen ist.
Ein durchgreifender Unterschied in den Desinfektionserfolgen zwischen
der Karbol-Sublimat- und Alkohol-Sublimatdesinfektion war nicht zu
finden. Wenn wir aber die geringen Unterschiede deuten wollen,
so sprechen sie doch zu Gunsten der Alkohol-Sublimatdesinfektion.
Während nämlich bei ersterer die tiefere Schicht in 59% inficirt
blieb, erwies sie sich bei der Alkohol-Sublimatdesinfektion nur in
47% als inficirt.
Jedenfalls geht aus diesen Untersuchungen hervor, dass wir nur
in einem kleineren Bruchtheil der Fälle darauf rechnen können,
dass die Haut in der Umgebung der Wunde wirklich keimfrei ist.
Bekanntlich ist die Haut an vielen Körperstellen, namentlich in der
Damm- und Leistengegend, besonders reich an Bakterien. Glück-
licherweise droht von Seiten der umgebenden Haut der Wunde
während der Operation selbst relativ wenig Gefahr, wenn sie
nur oberflächlich möglichst keimfrei ist. Voraussetzung ist natür-
lich, dass die Haut mit den besten uns heute zur Verfügung stehen-
den Mitteln desinfieirt ist; welches aber die beste und verlässlichste
Methode ist, darüber sind die Akten noch immer nicht geschlossen.
Die Alkoholdesinfektion nach vorausgehender Reinigung mit Seife
und Wasser thut hier — das steht wohl heute fest — die Haupt-
sache, während es zweifelhaft ist, ob noch eine weitere vorüber-
gehende Desinfektion mit einem der bisher gebräuchlichen antisepti-
schen Mittel die Keimarmuth steigert.
Eine direkte Berührung der Haut des Operationsfeldes mit der
Wundfläche selbst ist ja naturgemäß fast ausgeschlossen; es kann
sich also nur um eine indirekte Übertragung handeln, deren Gefahr,
wenn nur die Haut wenigstens oberflächlich steril ist, nicht hoch
anzuschlagen ist. Immerhin wird man aber diese Gefahr nicht ganz
außer Acht lassen dürfen. Versuchen, aus diesem Grund die Haut
des Operationsfeldes mit einem undurchlässigen aseptischen Stoff zu
bedecken, der während der ganzen Operation die Haut bekleidet, ist
daher nicht alle Berechtigung abzustreiten. Kuhn hat vor Kurzem
einen derartigen aus Seidenpapier hergestellten Stoff, Protektin ge-
nannt, empfohlen. Die in der Machen Klinik damit gemachten
Versuche haben jedoch nicht befriedigt. Das Protektin ist zu leicht
zerreißlich und haftet doch nicht genügend fest auf der Haut.
Se A DE
Besonders wünschenswerth wäre ein derartiger Deckstoff in
Fällen, in welchen die Haut im Operationsgebiet durch Acne, Ekzeme
oder gar durch Pusteln verunreinigt und somit mit meist hoch-
virulenten Bakterien besiedelt ist. Man wird in solchen Fällen eine
aseptische Operation am besten aufschieben, bis die Haut wieder
ihre normale Beschaffenheit angenommen hat. Ist man aber doch
genöthigt, eine unaufschiebliche Operation auszuführen, so geht M.
in solchen Fällen so vor, dass zunächst nur die Haut und das
Unterhautfettgewebe durchtrennt wird; dann wird eine gelochte Kom-
presse mit langen, scharf gezähnten Klemmzangen derart an die
Wundränder (ohne dass jedoch die Haut gefasst wird) befestigt, dass
durch das Loch der Kompresse nur die Wunde selbst zum Vor-
schein kommt, die Haut jedoch vollständig bedeckt bleibt. - Die
Kompresse ist natürlich nicht undurchlässig; sie giebt nur einen
relativen Schutz; es wäre desshalb zu wünschen, für solche Zwecke
einen ganz undurchlässigen, aber doch schmiegsamen und leicht
sterilisirbaren Stoff zu besitzen.
Wenn nun auch eine nicht keimfreie, aber sonst doch normale
Haut während der Operation selbst nur geringe Infektionsgefahr der
Wunde bringt, so kann sie doch während der Wundheilung als
Infektionsquelle wirken, und zwar überall da, wo eine offene Kom-
munikation der Wunde mit der Haut besteht, vor Allem an den
Stichkanälen. Viele der Stichkanaleiterungen sind so zu erklären,
dass die in der Tiefe der Epidermis verborgenen Bakterien allmäh-
lich in den Stichkanal eindringen und ihn inficiren. Bei tiefgreifen-
den Nähten kann die Eiterung auf diesem Wege bis in die eigent-
liche Wundhöhble fortschreiten. Je fester die Nähte zusammengezogen,
je stärker das Gewebe gequetscht wird, je mehr davon zu Grunde
geht, desto günstiger werden die Wachsthumsbedingungen für die
betreffenden Bakterien sein. Es folgt daraus, dass die Gefahr der
Stichkanaleiterungen um so geringer sein wird, je feiner die Stich-
kanäle, je weniger gespannt die Nähte sind. M. legt desshalb schon
seit längerer Zeit dort, wo eine stärkere Spannung zu überwinden
ist, z. B. bei Bauchdeckennähten, versenkte Nähte bis ans Unter-
hautfettgewebe an. Darüber kommt dann eine ganz feine, möglichst
lose, aber doch sehr exakt schließende fortlaufende Seidennaht.
Während des abgelaufenen Jahres wurden von Dr. Gottstein
in einer größeren Zahl von Fällen die beim ersten Verbandwechsel
entfeınten Hautnähte auf ihren Keimgehalt untersucht, eben so das
im Stichkanal etwa vorhandene Sekret. Selbstverständlich handelte
es sich nur um von Haus aus aseptische Operationswunden. Der
Verbandwechsel wurde zwischen dem 4. und 11. Tage vorgenommen:
nur in einzelnen Fällen (Osteotomien, Gelenkresektionen) blieb der
Verband unberührt bis 3 Wochen liegen. Die bakteriologische Unter-
suchung der Nähte hat nun ergeben, dass sich unter 93 untersuchten
Fällen nur 13 vorfanden, in denen alle Nähte, die zur Untersuchung
verimpft wurden, vollständig steril waren. In allen anderen 80 Fällen
er
fand sich stets Staphylococcus albus vor, bald nur an einem der unter-
suchten Fäden, bald an mehreren, bald an allen. In 14 von den
80 Fällen war Albus mit Aureus kombinirt. Stichkanaleiterung wurde
dabei trotzdem nur 12mal konstatirt, helle klare Sekrettropfen in
20 Fällen. Das Auffallende ist nun, dass sowohl die Eitertröpfchen,
als auch das helle klare Sekret nicht immer durch Albus oder Aureus
infieirt war; in einer Anzahl von Fällen erwies es sich als steril.
Noch merkwürdiger ist, dass in 6 Fällen sich Aureus vorfand, ob-
wohl die tadelloseste Prima intentio und weder Stichkanaleiterung
noch Stichkanalröthung vorlag. Die Prüfung auf Pyogenität des
Staphylococcus albus, die durch Dr. Bischoff im hygienischen In-
stitut vorgenommen wurde, hat den Staphylococcus albus bis auf
einen Fall unter 16 als pyogen erwiesen.
Die Gefahr der Sekundärinfektion durch die Haut steigert sich
zweifellos, wenn die Wundhöhle längere Zeit, mehrere Tage, drainirt
ist; namentlich in bakterienreichen Gegenden, in der Nähe der
Körperöffnungen, kann von hier aus die ursprünglich keimfreie
Wunde inficirt werden. Gegen diese Art von Sekundärinfektion
giebt es nur ein sicheres Mittel: von der Drainirung ganz abzusehen
und die Wunde in toto möglichst exakt zu verschließen. Selbst-
verständlich ist das nur zulässig, wenn man ganz sicher ist, dass in
der Wunde keine keimfähigen virulenten Bakterien zurückgeblieben
sind. M. unterlässt schon seit längerer Zeit principiell bei jeder
aseptischen Wunde mit wenigen Ausnahmen jede Art von Drainage
und Sekretableitung.
Können wir nun nicht doch etwas unternehmen, um die trotz
der genannten Vorsichtsmaßregeln bestehende geringe Infektions-
gefahr noch weiter zu verringern oder ganz zu beseitigen? Es ist
klar, dass wir hier mit dem Princip der sogenannten Aseptik, d. h.
mit der Anwendung von sicher wirkenden Sterilisirungsmaßregeln,
nicht weiter kommen; wir müssen auf entwicklungshemmende Mittel
im Sinne der Antiseptik zurückgreifen. Vor Allem ist es wünschens-
werth, dass der Stichkanal mit einer entwicklungshemmenden Sub-
stanz versehen wird. M. imprägnirt zu diesem Zweck schon seit
längerer Zeit die Nahtfäden mit Jodoform. Eine zweite Maßregel,
die in der letzten Zeit konsequent durchgeführt wird, ist die, dass
unmitelbar vor der Operation die Haut in der nächsten Umgebung
des Schnittes ganz oberflächlich mit Jodtinktur bestrichen wird, eine
Maßregel, die in ausgedehntem Maße außerdem zur Desinfektion der
Fingerspitzen gebraucht wird. Es ist möglich, dass das angewendete
Jod, das bekanntlich zu den kräftigsten Desinfektionsmitteln gehört,
auch eine gewisse bakterientödtende Kraft bis in die tieferen Epidermis-
schichten entfaltet; wahrscheinlich aber kommt hier mehr noch eine
protrahirte Entwicklungshemmung zur Geltung. Eine dritte, nicht
minder wirksame Maßregel ist ein fest anliegender, unverrückbarer
Deckverband, der namentlich in so gefährlichen Gegenden, wie es
die Inguinalgegend ist, das Eindringen von Bakterien aus der weiteren
— II: Oa
Umgebung verhindert. Bruns hat zu diesem Zweck vor Kurzem
die Airolpaste empfohlen, mit der die ganze Nahtlinie bedeckt
wird. M. hat zuerst auch die Bruns’sche Paste angewandt, später
aber an ihre Stelle die ungleich billigere Zinkpaste gesetzt, die in
ähnlicher Weise wie die Bruns’sche Airolpaste zusammengesetzt ist
und genau denselben Dienst thut, wie die letztere. Es ist vielleicht
übertrieben, diese 3 Maßregeln zu der schon vorausgegangenen Des-
infektion der Haut hinzuzufügen; sie bringen aber auch sicher keinen
Schaden und sichern ein so ideales Aussehen der Stichkanäle, wie
M. es früher in dieser Regelmäßigkeit nicht erlebt hat. Selbst nach
den größten Operationen resultirt eine feine lineare Narbe mit kaum
sichtbaren Stichkanälen.
Ungleich schwieriger ist das Problem der Desinfektion unserer
Hände zu lösen. Dasselbe hat eine um so größere Bedeutung, als
die Berührung unserer Finger mit der Operationswunde eine direkte,
viel innigere ist, so dass selbst geringfügige Reste von pathogenen
Keimen bei den energischen Manipulationen während der Operation
in die Gewebe hinein gerieben werden. Dazu kommt, dass die
Hand des Chirurgen naturgemäß allen möglichen Infektionen aus-
gesetzt ist. Es handelt sich hier somit nicht nur um die zum Theil
harmlosen Epiphyten der Haut, wie sie meist das Operationsfeld
verunreinigen, sondern um oft hochvirulente Wundbakterien, die
zweifellos an unseren Fingern, besonders in den Subungualräumen,
einen günstigen Nährboden finden und hier trotz sorgfältiger Reini-
gung in verborgenen Nestern fortvegetiren können. Es ist desshalb
verständlich, dass gerade der Händedesinfektion in den letzten
Jahren die größte Aufmerksamkeit geschenkt und dieses Thema von
den verschiedensten Seiten bearbeitet wurde. Eine methodische Be-
arbeitung der Frage der Händedesinfektion datirt eigentlich erst seit
den Arbeiten von Kümmell und namentlich Fürbringer, welchem
wir bekanntlich die Einführung der Alkoholdesinfektion in die
chirurgische Praxis verdanken. Die Resultate dieser Forscher, so
wie der späteren hier nicht erwähnten Arbeiten müssen als bekannt
vorausgesetzt werden.
Die von Gottstein ausgeführten Untersuchungen beziehen sich
ausschließlich auf die vor den Operationen thatsächlich geübte Des-
infektion. Es kam darauf an, nicht allein durch die bakteriologischen
Untersuchungen, sondern eben so durch die Erfolge der Wundheilung
zu kontrolliren, wie weit das geübte Verfahren dem praktischen Be-
dürfnis entsprach. Der ganze Reinigungs- und Desinfektionsprocess
der Hände nahm entsprechend der anderwärts geübten Praxis im
Durchschnitt ca. 10—12 Minuten, selten mehr in Anspruch. Dies
muss Denjenigen gegenüber hervorgehoben werden, die ad hoc das
Desinfektionsverfahren noch viel intensiver gestalteten und bis auf
1/, Stunde und darüber ausdehnten. Dass dadurch abweichende
Resultate erzielt werden können, ist leicht möglich; es hat aber
a) EE
wenig Werth, ein Verfahren in einer Form zu prüfen, die sich in
der Praxis kaum durchführen lässt.
Im Wintersemester 1896/97 wurde die Desinfektion so ausgeführt,
dass zunächst Waschung mit Wasser und Seife ca. 3—5 Minuten,
Desinfektion mit Alkohol 1—2 Minuten und dann Waschung mit
1%/,0iger Sublimatlösung ca. 2—3 Minuten ausgeführt wurde. In der
späteren Zeit wurde die Desinfektion in so fern verbessert, als die
Waschung mit Wasser und Seife bedeutend verlängert und besonderer
Werth auf eine häufige Wechselung des Holzfasertupfers mit Seife
gelegt wurde, von dem Gedanken ausgehend, dass man ja sonst die
von der Hand durch den Holzfasertupfer abzuwaschenden Bakterien
immer wieder von Neuem durch denselben in die Hand hineinreibe,
dass dies aber durch einen häufigen Wechsel des Tupfers vermieden
werden kann. Auch wurde bei der Waschung mit Seife später neben
dem Holzfasertupfer noch die sterile Bürste verwendet. Seit 1 Jahr
stehen eine so große Zahl von in Dampf sterilisirten Bürsten zur
Verfügung, dass für jede Person und zu jeder einzelnen Procedur
der Waschung eine neue Bürste verwendet wird‘.
Es wurden bei den ersten Untersuchungen im Wintersemester
1896/97 im Ganzen 72 Untersuchungen angestellt, wobei sich fast
2 aller Hände infieirt erwiesen. (Eine Untersuchung bezieht sich
immer auf beide Hände.) Von diesen inficirten Fällen war in der
Hälfte die Zahl der gefundenen Keime eine außerordentlich große.
In einem Theil, nämlich 28% der Fälle, wurde das Sublimat durch
Schwefelammonium ausgefällt. Es zeigte sich aber, dass es ziemlich
gleichgültig ist, ob man das Sublimat durch Schwefelammonium aus-
fällt oder nicht, da die Zahl der auf die Schalen übertragenen Keime
ungefähr dieselbe blieb, gleichgültig, ob man das Sublimat ausfällte
oder nicht.
Was nun die Desinfektionsfähigkeit der einzelnen Opera-
teure und Assistenten betrifft, so zeigte sich bald, dass hierbei große
Unterschiede vorhanden sind, dass es Hände giebt, die sich außer-
ordentlich schwer desinficiren lassen, während wieder andere nach
verhältnismäßig kurzer Zeit keimfrei resp. sehr keimarm gemacht
4 Der Gang der mechanischen Reinigung ist somit folgender: Erstens:
Waschung mit Seife und fließendem, heißem Wasser, mittels steriler Holzbüschel.
Zweitens: Mechanische Reinigung der Subungualräume mit sterilisirtem und in
5%iger Karbolsäure aufbewahrtem Nagelreiniger resp. Nagelschere. Drittens:
Abermalige Reinigung mit fließendem, heißem Wasser und Seife mittels sterili-
sirter Bürste. Viertens: Reinigung mit Alkohol (in der jüngsten Zeit 70%ig) mittels
neuer sterilisirter Bürste. Fünftens: Reinigung mit einem Desinfektionsmittel
(früher 10/yiges Sublimat, in der letzten Zeit 1%iges Lysol; eine Zeit lang wurde
auch 21/2%ige Solveollösung gebraucht). Sowohl der Alkohol als auch das Anti-
septicum werden nach Imaliger Benutzung ausgeleert, so dass die betreffende
Flüssigkeit nie 2mal zur Benutzung kommt. Der benutzte Alkohol wird durch
eine von Dr. Henle angegebene Vorrichtung gesammelt und vom Apotheker über-
destillirt. Sechstens: Seit Ende Januar werden die Fingerspitzen in Jodtinktur
getaucht und sofort in Lysol abgespült.
D r AD Oaa
werden konnten. Es war auch von Interesse, die einzelnen Herren
nach ihrer speciellen Beschäftigung in der Klinik zu scheiden. Es
war nicht gleichgültig, ob ein Assistent oder Operateur ausschließ-
lich mit aseptischen oder nur mit septischen Wunden oder mit asep-
tischen und septischen durch einander zu thun hatte. Derjenige
Operateur, der sowohl zahlreiche aseptische wie septische Operationen
durch einander ausgeführt hatte, zeigte sich in 92% der Fälle in-
ficirt. Interessant war hierbei, dass niemals eine leichte Infektion
vorlag; vielmehr waren in ®/, der Fälle die Hände intensiv inficirt.
Ganz besonders interessant ist, dass hiervon in fast der Hälfte der
Untersuchungen die Hände mit Staphylococcus aureus infieirt waren.
Den Gegensatz dazu bildet der Operationsdiener, der mit septischen
Operationen nichts zu thun hat und überhaupt mit keinem Kranken
in direkte Berührung kommen darf. Er ist nur beschäftigt beim
Zureichen der Instrumente bei aseptischen Operationen und leicht
infektiösen Fällen, z. B. Magen- und Darmoperationen. Er erwies
sich nur in 1 der Fälle als inficirt und hiervon in !/, nur ganz
leicht, niemals intensiv, niemals durch. Staphylococcus aureus. Von
großem Interesse ist auch einer der Assistenten, der Leiter einer
septischen Station war, sich zwar in Folge der Beschaffenheit seiner
Hände verhältnismäßig leicht seine Hände keimfrei resp. keimarm
erhalten konnte; er war nur in !/, der Fälle inficirt. War es ihm
aber nicht gelungen, seine Hände zu desinficiren, so fand sich stets
Staphylococcus aureus.
Eine wesentliche Ergänzung erfahren die angeführten Beobach-
tungen durch systematische Untersuchungen, welche an behand-
schuhten und unbehandschuhten Händen im Laufe des letzten
Jahres vorgenommen wurden. Diese Untersuchungen geben gleich-
zeitig Aufschluss darüber, wie weit die von M. empfohlenen Zwirn-
handschuhe die Keimarmuth der Hand während der Operation
steigern.
Theoretische Vorversuche ergaben von vorn herein, dass die
Handschuhe, so lange sie trocken sind, Keime nur durchlassen,
wenn eine enorm starke Infektion der Hände vorher stattgefunden
hatte, und auch dann nur in den seltensten Füllen. In dem Augen-
blick aber, wo Flüssigkeit an die Handschuhe gebracht wurde, traten
die Bakterien mit außerordentlicher Leichtigkeit durch dieselben
hindurch. Quantitative Untersuchungen, ob die Zahl der Keime an
den Handschuhen geringer ist als an den Fingern, sind nicht an-
gestellt worden. Jedenfalls war auch an den Handschuhen die Zahl
der Keime eine enorm große, so dass bei der groben Art der Unter-
suchungsmethode ein nachweisbarer Unterschied nicht gesehen wer-
den konnte.
Die Untersuchungen wurden so angestellt, dass die Finger resp.
die behandschuhten Finger in ca. 1 cm hohe Agarschalen so tief als
möglich eingetaucht wurden, und zwar so, dass besonders der Unter-
nagelraum und der Nagelfalz sich im Agar abdrückte; von genaueren
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Untersuchungen jedes einzelnen Fingers in Bouillon und Aussäung
in Platten wurde wegen der Umständlichkeit der Methode Abstand
genommen. Zur Infektion der Finger wurden bei den theoretischen
Versuchen Prodigiosuskulturen benutzt. Es zeigte sich aber bald,
dass der Prodigiosus nicht das geeignete Bacterium für solche Unter-
suchungen ist, weil es zu leicht gelingt, ihn von den Händen fort-
zuschaffen resp. durch die Desinfektionsmittel abzutödten. Theore-
tische Versuche mit anderen, resistenteren Bakterien, wie mit resi-
stentem Staphylococcus aureus und Pyocyaneus konnten in der
Klinik nicht vorgenommen werden, um nicht etwa bei den Operationen
durch die vielleicht zurückbleibenden Keime die Hände dauernd zu
verunreinigen.
Die praktischen Handschuhuntersuchungen wurden vor und nach
der Operation, nicht minder aber auch bei dem häufigen Handschuh-
wechsel während der Operation vorgenommen. Zunächst wurden die
Hände undesinficirt, dann nach Waschung mit Wasser und Seife,
nach der Waschung mit Alkohol, nach der Waschung mit Sublimat
(resp. Lysol oder Solveol), nach der Einbringung der Hände mit
Jodtinktur, in trockenen Handschuhen und wie schon oben gesagt,
während und am Schluss der Operation sowohl mit als ohne Hand-
schuhe gesondert untersucht.
Was zunächst die Untersuchung der undesinficirten Hände be-
trifft, so ergab sich, wie ja zu erwarten ist, dass die Hände stets
inficirt gefunden wurden, und zwar waren sie in 80% der Fälle auf
das allerintensivste inficirt mit allen möglichen Arten von Bakterien.
Nach der Waschung mit Wasser und Seife hatte sich das Verhält-
nis in Betreff der Keimfreiheit nicht verändert; es waren nach der
Wasserwaschung in allen Fällen die Hände inficirt; allein der Grad
der Infektion hatte sich vermindert; die Zahl der Keime war in
einem Theil der Fälle ungefähr um die Hälfte geringer geworden.
Nach der Waschung mit 96%igem Alkohol, welcher in einem Theil
der Fälle angewandt wurde, während in einem anderen Theil
50%iger Alkohol verwendet wurde, fand sich 78% Keimfreiheit er-
reicht. Bei 50%igem Alkohol dagegen nur in 59%; was die Schwere
der Infektion betrifft, so ist dieselbe nach der Alkoholwaschung stets
sehr gering, nie wurde unmittelbar nach der Alkoholdesinfektion
eine sehr intensive Infektion gefunden. Nunmehr folgte die Unter-
suchung der Hände nach der Sublimat- resp. Lysol- oder Solveol-
desinfektion. Dabei ergab sich das außerordentlich merkwürdige
Resultat, dass nach der Sublimatdesinfektion nur in 47% der Fälle
Keimfreiheit erreicht wurde. Da nun aber stets die Alkoholdesinfektion,
die, wie erwähnt, eine Keimfreiheit von 59—78% erzielte, voraus-
gegangen war, so beweist dies, dass die Resultate, die wir nach der
Alkoholdesinfektion erzielt haben, nicht die wahren Werthe angeben,
da sonst die Zahl der Keime nach der Alkoholdesinfektion und nach
5 Seit 1/g Jahr verwendet M. 70%igen Alkohol.
— 171 —
der Sublimatdesinfektion sich mindestens gleich bleiben müssten; zu
erwarten wäre es sogar, dass sie noch besser würden; derselbe
Schluss lässt sich bei der Lysol- und Solveoldesinfektion ziehen.
Es ergiebt sich daraus, dass die Alkoholdesinfektion, wie ja schon
nach Untersuchungen anderer Forscher zu erwarten war, eine Art
Gerbung der Haut erzielt, die Keime aber nicht vollständig abtödtet.
Sobald nun aber der Alkohol wieder von den Fingern entfernt wird,
ist auch die Möglichkeit vorhanden, dass die Bakterien aus den
tiefen Epidermisschichten wieder an die Oberfläche kommen. Die
Alkoholdesinfektion muss man daher bis zu einem gewissen Grad
als eine Art Scheindesinfektion bezeichnen. Trotzdem ist M. weit
entfernt davon, den Alkohol auf Grund dieser Untersuchungen etwa
aus der Desinfektionsmethodik verbannen zu wollen, er hat als
Reinigungs- und Desinfektionsmittel der Haut wohl ganz bedeuten-
den Werth.
Die Untersuchungen nach dem Eintauchen der Finger in Jod-
tinktur haben in 80% Keimfreiheit ergeben, und in den 20%, wo
überhaupt Keime gefunden wurden, war die Intensität der Infektion
stets nur eine ganz geringe.
In trockenen Handschuhen wurden in einigen Fällen, in 4%,
ebenfalls Keime gefunden; woher diese Keime stammen, hat sich
nicht feststellen lassen. Es zeigt sich bei unseren ersten Vorversuchen,
die hier nicht mit in Betracht gezogey sind, dass, wenn wir die
Handschuhe mit unseren Fingern anziehen, leicht von letzteren Keime
an die äußere Fläche der Handschuhe herankommen. Dies ver-
anlasste die Einführung von Handschuhzangen, so dass die aus dem
sterilen Korbe genommenen Handschuhe von einer Wärterin ge:
halten werden, und die Hände, ohne mit der Außenfläche der Hand-
schuhe in Berührung zu kommen, in dieselben hineinfahren.
Von außerordentlicher Wichtigkeit sind die Untersuchungen
während und am Schluss der Operation mit und ohne Handschuhe.
M. betont ausdrücklich, dass er die Handschuhe während einer Ope-
ration des öftern wechselt. Die trockenen Handschuhe werden im
Laufe der Operation in Folge der Berührung mit Blut durch Flüssig-
keit imbibirt. In Folge dessen werden außerordentlich leicht Bak-
terien, die von außen, z. B. der Haut des Operationsfeldes, an den
Handschuh herankommen, festhaften resp. nach innen dringen kön-
nen. Aber eben so leicht können die an der Fingerhaut befindlichen
Bakterien durch den Handschuh nach außen gelangen. Welchen
Weg nun die größere Anzahl der Bakterien nehmen, lässt sich durch
diese Versuche nicht direkt feststellen. Die früher angeführten Unter-
suchungen haben ergeben, dass nur in etwa der Hälfte der Fälle zu
Beginn der Operation die Hände selbst (ohne Handschuhe) ober-
flächlich keimfrei sind. Wenn wir aber die Art der Untersuchungs-
methode (Eintauchen in Agar) berücksichtigen, welche nur einen
Rückschluss auf die oberflächlichen Partien der Finger gestattet, so
ist diese Schätzung sicher noch zu hoch gegriffen. Schon aus diesem
er
Grunde ist es sehr wahrscheinlich, dass die Hauptmasse der in den
Handschuhen vorgefundenen Bakterien von der Haut der Finger
stammt, natürlich unter der Voraussetzung, dass wir in absolut asep-
tischen Geweben operiren®.
Die Versuche haben weiterhin ergeben, dass im Allgemeinen an
den Handschuhen die Menge der Bakterien eine geringere war als
nach Abziehen der Handschuhe von der Hand. Es ist somit anzu-
nehmen, dass die Hauptsumme der Bakterien an den Fingern sitzt
und von dort aus durch die Handschuhe durchdringt. Eine Be-
stätigung dieser Ansicht ist wohl noch darin zu finden, dass die
Hauptsumme der an der Hand gefundenen Bakterien im Allgemeinen
immer wieder die Epiphyten der normalen Haut sind. Die Ver-
suche während und nach der Operation haben ergeben, dass der Procent-
gehalt der inficirten Hände während der Operation mit Handschuhen
69% beträgt; ohne Handschuhe ist die Procentzahl bedeutend höher,
nämlich 89%. Am Schluss einer langdauernden Operation ohne
häufigen Handschuhwechsel beträgt sie mit Handschuhen 81%, ohne
Handschuhe 100%: je länger die Operation dauert, desto mehr sind
die Hände inficirt. Der Keimreichthum der Hände und Handschuhe
am Schluss der Operation ist zum Theil vielleicht darauf zurück-
zuführen, dass beim Nühen der Wunde die operirende Hand in eine
intensivere Berührung mit der Haut des Pat. kommt. Die Möglich-
keit, dass bei dieser Gelegenheit eine große Menge von Hautbakterien
des Pat. von den Handschuhen aufgenommen und festgehalten wird,
muss gewiss zugegeben werden. Auffallend ist, dass am Schluss der
Operation die Intensität der Infektion der Hände geringer ist, als
während der Operation, sowohl mit als ohne Handschuhe. Auch
hieraus wird man schließen dürfen, dass wohl die größere Summe
der Bakterien von der Hand in den Handschuh kommt, und nicht
von außen; sonst müsste aus den früher angegebenen Gründen gerade
am Schluss der Operation die Bakterienzahl größer sein als während
derselben.
Fassen wir das Resultat der angeführten Untersuchungen zu-
sammen, so ergiebt sich zunächst in Bezug auf die Desinfektion der
Hände, dass die zur Zeit empfohlenen und geübten Methoden nicht
im Stande sind, die Hände mit Sicherheit keimfrei zu machen.
Wenn es auch in einem großen Procentsatz der Fälle gelingt, vor
Beginn der Operation die Hände oberflächlich von Keimen zu be-
freien, so hält dies nicht lange vor; im Laufe der Operation kommen
die in der Tiefe der Epidermislagen verborgenen Bakterien immer
$ Nachträgliche Bemerkung: Wenn ich Döderlein richtig verstanden habe,
so beziehen sich seine Versuche auch vielfach auf Operationen am Damm, in der
Vagina, also in einem bakterienreichen Gebiet. Dass bei dieser Gelegenheit
massenhaft Bakterien in die Handschuhe eindringen und von diesen festgehalten
werden, ist selbstverständlich. Die hierbei gemachten Beobachtungen sind natür-
lich für die hier ventilirte Frage absolut belanglos.
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reichlicher an die Oberfläche; daraus folgt, dass auch von Seiten der
Hände die Infektionsgefahr für die Wunde um so größer
wird, je länger die Operation dauert.
Was die Zwirnhandschuhe betrifft, so war, wie M. schon in seiner
ersten Mittheilung ausdrücklich betont hat, von vorn herein nicht
zu erwarten, dass sie einen absoluten Schutz gewähren; denn sie sind
in hohem Grade durchlässig. Ihr Schutz kann nur ein relativer
sein. M. gesteht aber offen, dass er den Grad des Schutzes früher
doch höher taxirt habe, als es durch die vorliegenden Untersuchungen
und klinischen Beobachtungen sich herausgestellt hat.
Dass die Gesammtresultate bei den aseptischen Operationen
seit Benutzung der Handschuhe ungleich besser geworden sind, kann
M. auch heute noch eben so behaupten, wie in seiner ersten Mit-
theilung. Die Zahl der ganz reaktionslosen Heilungen hat sich von
ca. 83% auf ca. 94% erhöht; in ähnlichem Verhältnis hat sich die
Zahl der Stichkanaleiterungen resp. Röthungen vermindert. Aller-
dings ist es schwer, zu beweisen, dass die Besserung der Resultate
ausschließlich der Anwendung der Zwirnhandschuhe zuzuschreiben
ist; denn wie aus den früheren Auseinandersetzungen hervorgeht,
wurde im Laufe der Zeit eben auf Grund der Untersuchungen das
ganze Verfahren, insbesondere auch die Händedesinfektion, erheblich
vervollkommnet.
M. ist weit davon entfernt, die Zwirnhandschuhe als ein ganz
verlässliches Schutzmittel hinzustellen; so lange aber kein brauch-
barer Ersatz dafür geschaffen ist, wird sie M. beibehalten. Es muss
unser Streben sein, falls es doch nicht gelingt, unsere Hände sicher
keimfrei zu machen, Operationshandschuhe ausfindig zu machen, die
einen absolut sicheren Schutz gewähren. Das können natürlich nur
undurchlässige Handschuhe sein. Was bisher in dieser Richtung
empfohlen worden ist, scheint noch nicht den Anforderungen der
Praxis zu entsprechen. Wölfler, der bekanntlich auch schon längere
Zeit in Handschuhen operirt, hat bald nach der ersten Mittheilung
von M. die Eigenschaften aufgezählt, die ein guter Operationshand-
schuh haben muss: er muss undurchlässig, weich und geschmeidig
und so dünn sein, dass er das Tastgefühl der Finger nicht wesent-
lich beeinträchtigt; er soll sich leicht sterilisiren lassen und endlich
— darf er auch nicht zu theuer sein. Ein Handschuh, der allen
diesen Anforderungen entspricht, ist bisher noch nicht gefunden
worden. M. will der Erste sein, der brauchbare Vorschläge mit Dank
acceptirt?.
7 M. hat erst nachträglich erfahren, dass schon 1889 William S. Halstead
Kautschukhandschuhe zu aseptischen Operationen gebraucht hat und sie auch
heute noch verwendet. (John Hopkins Reports Vol. III. No. 5. 1891. März.) Er
verwendet sie nur bei gewissen Gelegenheiten, z. B. Patellarnaht, Operationen der
Gelenkmaus, Hernien oder kleinen einfachen Operationen, »die ohne feineres
Gefühl oder Geschicklichkeit zu machen sind, und bei welchen Eiterungen von
schweren Folgen begleitet wären: (Nach W. W. Keen, Ann. of surgery 1898.
Februar. p. 224.)
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Vorläufig müssen wir uns, so gut es geht, mit den zur Ver-
fügung stehenden Mitteln zu behelfen suchen. \Velche Bedeutung
die prophylaktische Reinhaltung, die Fernhaltung jeder schweren
- Infektion von den Händen desjenigen Arztes hat, der viel aseptische
Operationen auszuführen berufen ist, ist selbstverständlich. Dass die
sorgfältigste Desinfektion mit heißem Wasser und Seife, mit Alkohol
und einem Desinfektionsmittel immer noch die erste Rolle bei der
Aseptik spielt, geht aus den früheren Auseinandersetzungen auch
hervor. Am meisten ist die Wunde zweifellos durch die Finger-
spitzen und Nägel gefährdet. Um in dieser Richtung die Infektions-
gefahr zu verringern, bedient sich M. seit Anfang Januar eines
Mittels, das er bei Roux in Lausanne kennen gelernt hat. Dieser
bestreicht vor der Operation den Nagelfalz und die Unternagelräume
mit einer Jodtinktur. M. geht so vor, dass er, wie früher schon
angeführt, die Fingerspitzen in Jodtinktur taucht, dann die Hände
in Lysol abspült und nun erst die Zwirnhandschuhe anzieht. Die
Jodtinktur wirkt hierbei wahrscheinlich hauptsächlich als kräftiges
entwicklungshemmendes Mittel. Untersuchungen darüber sind im
Gang. Wir haben damit abermals das Princip der reinen Aseptik
durchbrochen; wenn das Mittel nur zum Ziel führt, ohne einen
Schaden zu bringen, so wollen wir es ohne Rücksicht auf das Prin-
cip acceptiren. Die Finger erleiden durch die Jodtinktur keinen
Schaden. Die Braunfärbung der Fingerspitzen verliert sich am
Schluss der Operation so weit, dass sie nachher kaum bemerkt wird.
Die Heilung der Wunden ist in dem letzten Vierteljahr selbst nach
den komplicirtesten und schwierigsten Eingriffen so tadellos gewesen,
dass M. in dieser Richtung nichts mehr zu wünschen übrig hat®.
Zum Schluss erwähnt M. noch einen Punkt; er ist immer mehr
und mehr bestrebt, von der Drainage und Ableitung des Wund-
sekretes abzusehen und die Wunde ganz zu verschließen. Damit
wird aber in manchen Fällen trotz des absolut aseptischen Wund-
verlaufs dem Kranken nicht der Nutzen gewährt, den wir anstreben.
Bei gewissen Wunden — nach Mis Beobachtungen in etwa 10%
der Fälle — bilden sich nämlich Hämatome, die nicht gerinnen und
8 In Bezug auf die Resultate der Wundheilung dürfen wir nicht vergessen,
dass durchaus nicht alle sogenannten aseptischen Operationswunden gleichwerthig
sind. Insbesondere dürfen die einfachen Laparotomien der Gynäkologen nicht als
Maßstab für die Leistungsfähigkeit einer Wundbehandlungsmethode angeführt
werden. Denn das Peritoneum verträgt bekanntermaßen eine relativ beträchtliche
Menge von pathogenen Bakterien, während große Weichtheil-, besonders aber
Knochen- und Gelenkwunden oft durch die geringsten Bakterienmengen infieirt
werden können. Von Laparotomien können nur diejenigen in Betracht kommen,
bei welchen große Wundflächen im Peritoneum zurückbleiben, die sur Bildung der
von M. so genannten »todten Räume« führen. Nach ausgedehnten Operationen
am Magen und Darm bleiben solche todte Räume nicht selten in großer Aus-
dehnung zurück; M. hatte sie früher immer mit Jodoformgaze tamponirt. Seit
einem Jahre schließt er aber auch in diesen Fällen principiell die Bauchhöhle
vollständig.
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somit nur ganz langsam resorbirt werden, wodurch die endgültige
Heilung der Wunde, wenn auch nicht erheblich, verzögert wird. M.
hat sich in diesen Fällen so geholfen, dass er die Hämatome mit
einer feinen Spritze durch Aspiration entleerte. Sie haben sich immer
als steril erwiesen. Die Hämatombildung ist nur dann störend, wenn
das nachträglich ergossene Blut und sonstige Sekret nicht gerinnt,
also nicht in einen organisationsfähigen Zustand gebracht wird.
Worin der Grund dieses Mangels an Gerinnungsfähigkeit liegt, ist
noch nicht festgestellt. Dr. Anschütz beschäftigt sich mit der
Untersuchung dieser Hämatome. Es hat sich bisher herausgestellt,
dass in den nach 6—8 Tagen entnommenen Hämatomen die fibrino-
gene Substanz vollständig fehlt. Vielleicht gelingt es, ein Mittel zu
finden, um die Gerinnung des bald nach der Operation nachsickern-
den Blutes zu erzwingen. Dann würde ein wesentliches Hindernis
fortfallen, alle Wunden ausnahmslos zu schließen. (Selbstbericht.)
5) Landerer. Über die Ursachen des Misslingens der
Asepsis.
L. führt die in letzter Zeit sich offenbarende Nervosität in der
Wundbehandlung zurück auf die hohen Anforderuogen, die die
Chirurgen heute in diesem Punkte an sich selbst stellen. Er ver-
gleicht die häufigen und gefährlichen, oft tödlichen Wundstörungen
in den Jugendstadien der Antisepsis mit den ungefährlichen und
höchstens lästigen Störungen von heute.
Er sucht nun auf Grund bakteriologischer Untersuchungen die
Ursachen dieser von ihm »Spätstörungen« genannten Erscheinungen
festzustellen. Auf Grund von Beobachtungen in seinen Operations-
räumen räumt er im Einklang mit neueren Autoren der Luft als
Infektionsquelle eine größere Bedeutung ein, als meist z. Z. ge-
schieht. Die Instrumente sind bei der v. Bergmann-Schimmel-
busch’schen Sodasterilisation als einwandsfrei zu bezeichnen. Eine
ausschlaggebende Bedeutung für das Zustandekommen der Infektionen
weist L. der Haut des Operationsfeldes zu. Die Haut ist bisher
nur in etwa 40% der Fälle trotz zum Theil komplicirter Methoden
wirklich steril zu machen. Die bisherigen Hautdesinfektionen sind
nur Oberflächendesinfektionen und lassen die in den Haarbälgen,
Hautdrüsen etc. zurückgehaltenen Hautbakterien unberührt. Diese
sind es, die Fadenabscesse, Absonderung aus Drainkanälen etc. her-
beiführen. Durch Formalindesinfektion gelingt es, die Haut in etwa
90% steril zu gestalten und einen großen Theil der Infektionen zu
9 Die angeführten Hämatome haben je nach ihrem Alter (5—20 Tage) eine
dunkelbraunrothe bis rothgelbe Farbe und sind von fadenziehender Konsistenz.
Sie scheinen mit jenen Hämatomen identisch zu sein, die sich gelegentlich auch
nach subkutanen Traumen entwickeln, zumal nach den »tangentialen Verletzungen«
nach Gussenbauer.
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verhüten. Wo Infektion eintrat, war fast immer die Haut nicht
steril gewesen. Desshalb — weil er fast stets die Quelle der
Infektion anderswo nachweisen konnte — hält L. es auch nicht für
berechtigt, bei Infektionen stets die Hände des Operateurs zu be-
schuldigen. Er hat bisher ohne Handschuhe operirt, hält die Heiß-
wasserdesinfektion nach Kümmell-Fürbringer für genügend, be-
tont aber die Nothwendigkeit ihrer gründlichen Durchführung und
strengster persönlicher Prophylaxe gegen Infektion. — Die Seide,
deren ungenügende Sterilisation er früher als Ursache der Störungen
ansah, hält er für einwandsfrei und erklärt die Nahtabscesse bei
Seide, Silber und Katgut als Folge der Hautbakterien. Dass die
Seide Infektionsträger in die Nahtkanäle hereindrainire, ist unrichtig.
Die Drainage ist für einen Theil der Fälle ein nothwendiges Übel,
sie kann leicht die Quelle der Infektion werden. Trockene Verbände
sind nicht steril, gleichviel ob sie mit sterilen oder antiseptisch im-
prägnirten Verbandstoffen hergestellt sind. Feuchte Verbände sind
so gut wie immer asteril, sind daher stets sofort zu wechseln. Da
die Infektion feuchter Verbände von innen — Operationsfeld oder
Wunde — herkommt, ist das »Decken« feuchter Verbände unrichtig.
Die übrigen Forderungen der Operationstechnik — Schonung
der Gewebe, genaue Blutstillung, Vermeidung todter Winkel und
von Sekretansammlungen etc., sind natürlich eben so pünktlich zu
beachten. (Selbstbericht.)
6) Perthes (Leipzig). Zur Frage der Operationshandschuhe.
P. berichtet über bakteriologische Versuche, welche zur Fest-
stellung des Werthes der gewebten Seidentrikot- und baumwollenen
Operationshandschuhe für die Asepsis der Hände in der chirurgischen
Klinik zu Leipzig angestellt sind. Das Ergebnis war, dass der Über-
tritt der Bakterien von einer nicht desinficirten Hand in die Operations-
wunde niemals verhindert oder in nennenswerthem Maße beschränkt
wird, so bald die Handschuhe nass oder feucht sind. Es wurde hieraus
die Forderung wasserdichter Operationshandschuhe abgeleitet. Diese
sollen nicht nur bei septischen Operationen und Verbänden die Haut
des Operateurs schützen, sondern kommen auch als Ersatz der Hände-
desinfektion bei aseptischen Operationen besonders dann in Betracht,
wenn die Hände in kurzer Zeit sicher sterilisirtt werden müssen —
plötzlich nothwendige Operationen, Infektion der Hand während einer
aseptischen Operation durch Überfließen von Darminhalt etc., zur
Zeitersparnis bei Verbänden, vielleicht auch auf dem Hauptverband-
platz im Felde, wo eine Händedesinfektion wegen Mangels größerer
Wassermengen nicht möglich ist. Wasserdichte Handschuhe (Gummi-
handschuhe, v. Zoege-Manteuffel; Seidentrikothandschuhe mit
Gummiüberzug, Wölfler), existiren bis jetzt noch nicht in einer
Form, dass es möglich wäre, damit ohne Schwierigkeit zu operiren.
P. hat desshalb Operationshandschuhe von der Firma Philipp Penin,
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Leipzig-Plagwitz, ebenfalls aus einer Kombination von Seidentrikot
und Gummi, herstellen lassen, welche ihm dem vorliegenden Zweck
in hohem Maße zu entsprechen scheinen. Sie sind undurchlässig,
drücken die Hand des Operateurs nicht, liegen an den Fingerspitzen
glatt an und sind hier so dünn, dass man die Berührung eines Haar-
pinsels hindurchfühlt. Die Desinfektion geschieht durch Dampf oder
durch Auskochen. Nachtheile sind die noch zu hohen Herstellungs-
kosten und die noch etwas zu große Zerreißlichkeit. P. hält die
Versuche in dieser Frage noch nicht für abgeschlossen, konstatirt
aber, dass die Technik im Stande ist, Operationshandschuhe zu
liefern, mit welchen sich ganz gut operiren lässt, und welche geeignet
sind, für gewisse Fälle einen Ersatz der Händedesinfektion zu bieten.
(Selbstbericht.)
7) Döderlein (Tübingen). Bakteriologische Untersuchungen
über die Operationshandschuhe.
D. hat bei einer großen Zahl abdominaler und vaginaler Ope-
rationen im Laufe des Winters bakteriologische Prüfungen der sich
in den Trikothandschuhen während der Operation ansammelnden
Flüssigkeiten ausgeführt und dabei das sich stets wiederholende Re-
sultat gefunden, dass sich schon in kurzer Zeit nach Beginn der
Operation und auch bei ganz aseptischen Operationen, wie z. B.
Ovariotomien, eine große Menge der verschiedensten Bakterien in den
Handschuhen ansammeln. Die Provenienz dieser Mikroorganismen
wurde entsprechend der allgemein herrschenden Auffassung zunächst
als aus der nicht vollkommen desinficirbaren Haut der Hände
stammend angesehen. Die Folge davon war das Bestreben, imper-
meable Handschuhe zu verwenden, die einen vollkommenen Schutz
des Operationsgebiets gegen die Hautkeime der Hände gewähr-
leisteten. Der von Menge empfohlene Paraffinüberzug der Hände,
wie auch Paraffinirung der Trikothandschuhe ergab keine Änderung
der Versuchshandschuhe. Am zweckdienlichsten erschien der von
Wölfler empfohlene, besonders präparirte Gummihandschuh. Die
damit angestellten Untersuchungen ergaben, dass auf der Oberfläche
dieses sich nicht imbibirenden Handschuhs sich auch im Laufe der
Operation Keime ansiedelten, wenn auch nicht in dem reichen Maße,
wie in dem Maschenwerk der imbibitionsfihigen Trikothandschuhe.
Als besonders wichtiges Ergebnis bezeichnet Redner die merkwürdige
Thatsache, dass die unter dem Gummihandschuh stark macerirte
Haut der Hände auch nach lange andauernden Operationen, trotzdem
alle Bedingungen für das Emporkommen der tiefen Keime der Haut
gegeben waren, als keimfrei befunden wurden. Dieses Ergebnis im
Verein mit einer großen Reihe von Hautdesinfektionsversuchen bringt
D. zu der Überzeugung, dass die Haut, so fern sie nicht künstlich
infieirt ist, vollkommen keimfrei gemacht werden kann. Dass die
keimfreie Haut so lange keimfrei bleibt, auch unter dem erweichen-
Chirurgen-Kongress 1999. 3
Se ya
den Gummihandschuh, bis neuerdings Keime von außen zukommen
konnten, beweist, dass die Keimfähigkeit der Hände nach gelungener
Desinfektion nicht etwa nur eine oberflächliche, sondern vielmehr
eine vollkommene ist. Die Nutzanwendung dieser Untersuchungen
für die Asepsis der Operationen lehrt, dass die Trikothandschuhe
keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung der Asepsis dar-
stellen, dass wir vielmehr Vertrauen zu den wohl desinficirbaren
Händen gewinnen müssen, und dass dieselben dann am wenigsten
Gelegenheit zur Inhaftirung und Übertragung von Mikroorganismen
in das Operationsgebiet setzen, wenn wir die unbekleideten Hände
durch häufiges Abwaschen in sterilem Wasser während der Operation
so rein wie möglich halten und dadurch verhindern, dass in den sich
ansammelnden Blutresten die Keime sich niederlassen. Für die-
jenigen Fälle, wie z. B. bei Placenta praevia-Blutungen, wo Gefahr
im Verzug ist, so dass wir nicht die genügende Zeit haben, unsere
Hände zuverlässig keimfrei zu präpariren, oder wenn wir unsere
Hände durch septische Sekrete besonders schwer inficirt haben, em-
pfiehlt es sich, in Gummihandschuhen zu operiren.
\Selbstbericht.)
Diskussion zu 4—7: Bunge (Königsberg) glaubt, dass bei den
Experimenten über Hautdesinfektion die tieferen Schichten der Haut
zu wenig untersucht sind. Er hat diese durch Abkratzen der Epidermis
zugänglich gemacht und dort regelmäßig Keime gefunden, falls nach
Ahlfeld desinfieirt worden war. Er fand bei Vergleichung des
50%igen und des 90%igen Alkohols ersteren entschieden wirksamer.
Alkoholumschläge ergaben noch die besten Erfolge, ganz ausnahms-
weise sogar einmal Keimfreiheit. Die Experimente wurden sowohl
am Lebenden, als auch an frisch amputirten Gliedern ausgeführt.
Henle (Breslau'.
Prutz (Königsberg i/Pr.): Unter 575 blutigen Eingriffen in der
Königsberger Poliklinik während der letzten 7 Monate waren 100
aseptische Operationen. Sie gaben bei ausschließlicher Heißwasser-
Alkohol-Desinfektion zweimal Eiterung der ganzen Wunde, zweimal
einige Stichkanaleiterungen (außerdem ein Jodoform-, ein Schweiß-
ekzem bei sonst glattem Verlauf). Berührungen der Wunden mit
den Händen wurden vermieden und besonderer Werth darauf ge-
legt, auch die Tupfer nur mit Instrumenten anzufassen, was
principiell geschehen sollte.
Der scheinbare Widerspruch der Resultate mit den Ergebnissen
von Bunge’s Untersuchungen über Hautdesinfektion löst sich da-
durch, dass zu aseptischem Verlauf Sterilität im bakteriologischen
Sinne nicht nöthig ist. Es wurden bei den Hautuntersuchungen
auch nur sehr selten Eitererreger, und zwar nur Staphylokokken,
gefunden. (Selbstbericht.)
Zoege v. Manteuffel (Dorpat): Die Steigerung der Asepsis
durch permeable Handschuhe ist gemäß den Versuchen von Döder-
STEEN
lein und Perthes als misslungen anzusehen. Es bleibt also nur
übrig, durch Anwendung der von ihm empfohlenen Gummihand-
schuhe bei septischen Operationen die Gelegenheit zur Infektion
der Hände möglichst einzuschränken. Er bedient sich zu diesem
Zweck der allerdings etwas unbequemen Handschuhe, wie sie Apo-
theker, Chemiker etc. verwenden, und hat, seitdem er dies thut, viel
bessere Resultate. Auch er betont, dass man die Wunde möglichst
nur mit Instrumenten, nicht mit den Händen berühren solle.
Lauenstein (Hamburg) meint, dass die Handschuhe nur von
solchen Operateuren adoptirt sind, die mit ihren früheren Resultaten
unzufrieden waren. Er sieht die Hauptgefahr in Nebenumständen
und verlangt vor allen Dingen ein geschultes Personal, Vermeidung
von Störungen durch die Narkose, einen aseptischen Operationssaal.
Er hält Luftinfektion für sehr wohl möglich. Henle (Breslau).
Wölfler (Prag) hebt zunächst hervor, dass es gerade mit Rück-
sicht auf die prophylaktische Asepsis als nothwendig erscheine, wasser-
dichte Handschuhe dann zu benutzen, wenn es sich um septische
Operationen oder um Untersuchungen der Vagina, des Rectums etc.
handle; außerdem erscheint es durchaus nicht gleichgültig, dass durch
diese Maßnahmen in sicherer Weise die Hände des Operateurs und
der Assistenten vor Autoinfektion geschützt werden.
Der relativ hohe Preis wird sich wohl mit der zunehmenden
Verbreitung derselben rasch verringern; auch ist zu erwarten, dass
in dieser Hinsicht immer zweckmäßigere Handschuhe angefertigt
werden werden.
Wenn auf den wasserdichten Handschuhen Keime gefunden
werden, so ist daran eben so wenig Schuld der Handschuh als die
Hand selbst.
W. empfiehlt aber auch bei aseptischen Operationen den Ge-
brauch der Handschuhe. Derselbe gebraucht Lederhandschuhe.
Da aber die Untersuchungen in seiner Klinik ergeben haben,
dass Pyocyaneuskulturen durch den Zwirnhandschuh schon nach
10 Minuten und den Lederhandschuh nach 1/, Stunde an die
Oberfläche dringen, so erschien es ihm nothwendig, nur mit
jenen Lederhandschuhen zu operiren, welche zuvor mindestens
24 Stunden lang in einer 1%igen Lysollösung gelegen waren und
besonders auch während der Operation öfters sammt der Hand in
eine solche Lösung getaucht werden. Dass durch eine solche Maß-
nahme von den Regeln der Asepsis abgewichen wird, erscheine ihm
belanglos, da bei den aseptischen Operationen sowohl in seiner als
auch in anderen Kliniken die Hände während der Operation in eine
antiseptische Lösung getaucht werden, und auch die Wunde mit
einer solchen abgespült wird. Jedenfalls erscheine ihm ein Hand-
schuh, der 24 Stunden lang in einer 1%igen Lysollösung gelegen
hatte, für die Wunde weniger gefährlich als ein Finger, der mit einer
solchen nur abgespült wird. Gegen Döderlein wendet W. ein,
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dass zur genaueren Beurtheilung ein Vergleich zwischen dem
Bakteriengehalt an der Oberfläche der Hände und der in Gebrauch
stehenden Handschuhe gemacht werden müsste. (Selbstbericht.)
Friedrich (Leipzig): Der Verlauf der Diskussion lehrt, dass
nur undurchlässige Handschuhe zur Verwendung gezogen werden
dürfen, auch zu dem Zweck, eine Asepsis zu garantiren, falls die
Hände aus irgend einem Grunde nicht keimfrei gemacht werden
können. Er demonstrirt Gummihandschuhe, welche zu diesem Zweck
mehr geeignet sind als die von Wölfler und Zoege v. Manteuffel
empfohlenen. Sie sind sehr dünn, so dass sie das Gefühl wenig
beeinträchtigen, vertragen eine mehrmalige Sterilisation in strömen-
dem Wasserdampf und haben den Vorzug der Billigkeit.
Neuber (Kiel) sieht durch Alles, was er gehört hat, die Ansicht
bestätigt, die er seit 1882 ausgesprochen hat. Er hält das Sterilisiren
der Verbände für überflüssig, wenn man nur Trockenverbände ver-
wendet und die Wunde selbst mit einer dünnen Lage sterilisirter
Gaze oder Jodoformgaze bedeckt. Luftfiltration hält er für sehr
wichtig, das beweist die kolossale Menge von Staub, welche sich in
den Luttfiltern seines Operationssaales ansammelt. Er desinfieirt
seine Hände gar nicht, sondern wäscht sich nur gründlich mit
warmem Wasser und Seife, dann mit sterilem Wasser. Ob nach
diesem Vorgehen noch Keime in der Haut vorhanden sind, ist
gleichgültig. Auf die erreichten Resultate kommt es an, und mit
denen kann er durchaus zufrieden sein.
Mikulicz (Breslau): Herrn Döderlein’s Resultate stehen im
Widerspruch zu den Ergebnissen der meisten bisherigen Untersucher,
nach denen ein dauerndes Sterilbleiben der Hände ausgeschlossen
erschien. Ferner muss man sich die Frage vorlegen: Woher kommen
die Bakterien, die Herr Döderlein in den Handschuhen nach-
weisen konnte? Von außen? dann ist das Operationsfeld nicht steril
gewesen und der ganze Versuch für unsere Frage belanglos; von
innen? das ist nicht möglich, wenn nicht ein Widerspruch zu den
Ergebnissen der Versuche mit Kautschukhandschuhen entstehen soll.
Dass aus der Luft allein so enorme Mengen aufgesaugt werden
sollen, ist gleichfalls auszuschließen. Übrigens besteht M. gar nicht
durchaus auf der Anwendung permeabler Handschuhe; er ist gern
bereit, zu undurchlässigen überzugehen, sobald er geeignete gefunden
hat. Bis dahin wird er bei den permeablen Handschuhen bleiben,
deren Gefahren er für weniger groß ansieht wie Herr Döderlein.
Im Gegentheil sind die mit den Zwirnhandschuhen erzielten Re-
sultate sehr zufriedenstellend, indem seit ihrer Einführung die Zahl
der Wundinfektionen von 16% auf 5% zurückging, wobei jede Stich-
kanaleiterung als Infektion gerechnet wurde. Häufiger Handschuh-
EE während blutiger Operationen ist selbstverständlich uner-
lässlich.
mn a1 e
Garre (Rostock) hält die von Herrn Mikulicz demonstrirten
Kontrollapparate für sehr empfehlenswerth, die Maske dagegen hält
er für entbehrlich in so fern, als die Versuche, welche zu ihrer An-
wendung geführt haben, die Gefahr des Sprechens übertreiben. Das
ruhige Sprechen während einer Operation kann nicht verglichen
werden mit dem Sprechen, wie es bei den betreffenden Experimenten
ausgeführt wurde. Auf der anderen Seite hat die Maske die Gefahr,
dass sie aus den Barthaaren des Chirurgen durch Scheuern an den-
selben Keime loslöst, die dann, wie G. schon vor Jahren nach-
gewiesen hat, auf das Operationsfeld herabfallen können.
Helferich (Greifswald) sieht den Grund der hier aufgetretenen
Gegensätze in der Verschiedenheit der Anordnung des Betriebes an
den verschiedenen Kliniken. Eine Infektion der Hände lässt sich
nicht vollkommen vermeiden; es ist das auch nicht nöthig, wenn
man sich so einrichtet, dass man zuerst die aseptischen, dann die
septischen Fälle operirt und sich auch nach den septischen Opera-
tionen gründlich desinficirt. Auch für möglichste Befreiung der
Wunden von Blutgerinnseln ist zu sorgen, da diese für die Ansiede-
lung von Bakterien geeignet sind. Beachtet man diese Kautelen,
dann kann man auch im klinischen Hörsaal mit guten Resultaten
operiren. Für manche Operationen mögen auch Gummi- oder des-
inficirte Handschuhe am Platze sein. Im Ganzen aber kann man
dieselben entbehren.
Heidenhain (Worms) betont ebenfalls, dass man ein Berühren
der Wunde mit den Fingern möglichst vermeiden soll, und wenn
dieses nöthig ist, dann soll es nur unter Zwischenlagerung von sterili-
sirten Tüchern geschehen. Er führt als Beispiel für die Möglich-
keit einer Infektion mittels der Exspirationsluft eine septische Peri-
tonitis an, welche nach einer einfachen Ovariotomie eintrat, und
deren Entstehung sich schließlich erklärte aus einer schweren Grippe,
an welcher ein Assistent zur Zeit der Operation gelitten hatte.
Riedel (Jena) erkundigt sich bei Herrn Döderlein nach den
therapeutischen Resultaten, welche er bei den Operationen, von wel-
chen die Handschuhversuche stammen, gehabt hat.
Döderlein (Tübingen): Meine Resultate waren durchaus gute;
unter 100 Laparotomien habe ich keine einzige septische Infektion
gehabt. Leichte Temperatursteigerungen, die gewöhnlich unter dem
Namen des aseptischen Fiebers gehen, mögen wohl auf leichte In-
fektionen zurückzuführen sein; auch diese Zufälle sollte man wo-
möglich vermeiden. Was meine bakteriologischen Versuche anlangt,
so halte ich dieselben für durchaus einwandsfrei und sie können
kontrollirt oder widerlegt werden nur an der Hand von Experimenten,
die in analoger Weise angestellt sind. Die vorgefundenen Keime
können nur von außen in die Handschuhe gekommen sein, sie
dürften im Wesentlichen aus der Luft stammen. Ich halte die Hand-
— 3 —
schuhe desshalb direkt für gefährlich, weil sie sich geradezu als
Sammelplätze für die Bakterien erweisen.
v. Eiselsberg (Königsberg) hat seit der Mikulicz’schen Ver-
öffentlichung mit permeablen Handschuhen operirt. Er bestreitet,
dass dieselben unbequem sind. Die Resultate haben sich seither
wesentlich gebessert, indem die Eiterungen von 10% auf 5% ge-
sunken sind. Henle (Breslau).
8) v. Bruns (Tübingen). Inhumane Kriegsgeschosse.
Vor Kurzem ist von dem englischen Chirurgen Davis in der
verbreiteten Wochenschrift British medical journal (17. December 1897)
eine Mittheilung über die neuesten Gewehrprojektile erschienen, wie
sie von den englischen Truppen in ihrem jüngsten indischen Grenz-
kriege im Tschitral in Anwendung gezogen worden sind. Die
englischen Soldaten führen das Lee-Metfordgewehr, das unserem
deutschen Ordonnanzgewehr M. 88 im Ganzen ähnlich ist. Das Ge-
schoss von 7,7 mm Kaliber hat Bleikern und Nickelmantel. Wie
Davis berichtet, konnten die englischen Truppen mit diesen Ge-
schossen die Feinde in ihrem wilden Ansturm nicht aufhalten, und
so kamen die Soldaten auf das »praktische und ingeniöse« Verfahren,
die Spitze des Nickelmantels durch Reiben mit scharfen Steinen
abzufeilen, um den weichen Bleikern hervortreten zu lassen. Nun
hatten diese Geschosse, welche sie »Weichnasen« nennen, den ge-
wünschten Effekt; denn beim Durchdringen des Körpers staucht
sich der Bleikern pilzförmig und sprengt den Mantel oder zerspritzt
und bewirkt »wahrhaft grausame Verwundungen«.
Nach diesem Vorgang wurden seither von Staatswegen derartige
Geschosse hergestellt, welche den berüchtigten Namen Dum-Dum-
kugeln erhalten haben. Sie haben einen dünneren Nickelmantel
und kurze Bleispitze und erzeugen so schreckliche Wunden, dass sie,
wie Davis meint, in einem europäischen Kriege verboten würden.
Vorerst sind sie »im Truppenversuch gegen die Grenzstämme«.
So weit der englische Berichterstatter. Bisher war nur bekannt,
dass bei der Jagd auf Hochwild gelegentlich solche Mantelgeschosse
mit Bleispitze (Halbmantelgeschosse) verwendet werden. An ihre
Verwendung im Kriegsfalle hatte man bisher offenbar nicht gedacht.
Die Wirkung dieser Geschosse kann ich Ihnen an einer Reihe
von Schusspräparaten vor Augen führen. Sie stammen von Schieß-
versuchen, die ich gemeinsam mit meinem Assistenzarzt Herrn
Dr. Wendel angestellt habe. Wir verwendeten Mantelgeschosse
mit kurzer Bleispitze (von 5 mm Länge). Mit diesen wurde auf
25—50 m Entfernung aus dem Ordonnanzgewehr M. 88 mit voller
Ladung geschossen.
Diese Nahschüsse sind kaum mehr als Gewehrschusswunden
zu erkennen, sondern gleichen denen durch grobes Geschütz. Haut,
Weichtheile und Knochen sind in weiter Strecke zerrissen, zerfetzt
stet "AE ees
und zersplittert, dazu noch ganze Stücke herausgeschlagen, so dass
die Glieder oft nur noch durch Hautstreifen und einzelne Sehnen
zusammenhängen.
Außerordentlich schwer sind schon die einfachen Weichtheil-
schüsse. Erinnern wir uns, dass bei den Mantelgeschessen der
Einschuss in die Haut durchschnittlich 7—8, der Ausschuss 9—10,
höchstens 15 mm beträgt, so wie dass der Schusskanal in den Muskeln
eine cylindrische Röhre von etwas größerem Durchmesser als das
Geschosskaliber bildet.
Dagegen lässt hier ein Schuss quer durch die Muskulatur an der
Innenseite des Oberarms gar keinen Ein- und Ausschuss erkennen;
vielmehr ist die Haut in der ganzen Länge des Schusses quer ge-
platzt und zugleich durch mehrere Längsrisse in schmale Streifen
und Fetzen zertheilt, so dass ein handbreiter Defekt besteht. Die
Muskulatur ist mehrere Finger breit zertrimmert, die Gefäß- und
Nervenstämme zerrissen, die Wunde klafft 11 cm breit bis auf den
unversehrten Knochen.
Bei einem Schuss quer durch die Muskulatur an der Hinter-
seite des Oberschenkels ist ein runder Hauteinschuss von il mm
Durchmesser vorhanden, der Ausschuss bildet einen stark klaffenden
Längs- und Querriss von 12 bis 13 cm Länge, wie nach einem
Kreuzschnitt, und der Schusskanal in den Muskeln bildet eine
gänseeigroße Zertrümmerungshöhle.
Ein anderer Schuss traf den Oberschenkel bei knieender Stellung
in der Längsachse. Der Schusskanal verläuft 46 cm in den Weich-
theilen der Außenfläche: seine untere Hälfte bildet eine handbreit
klaffende Platzwunde der Haut und Muskulatur, in deren Grund
der Knochen entblößt, aber unversehrt daliegt; die obere Hälfte des
Schusskanals ist für 3 Finger durchgängig. Das Geschoss ist ganz
pilzföormig gestaucht
So kommt also schon bei den einfachen Weichtheilschüssen
eine kolossale Sprengwirkung zur Geltung, während die Mantel-
geschosse aus demselben Gewehr in der Haut und den Muskeln
fast gar keine Sprengwirkung enthalten. Die Haut platzt in mehreren
parallelen Längsrissen und wird hiedurch in schmale Streifen ge-
spalten, welche zum Theil noch quer zerrissen sind und dann als
Fetzen in die Wunde hängen. In den Muskeln entstehen kleinfaust-
große Zertrümmerungshöhlen und weite Kanäle, welche für 3 Finger
durchgängig sind.
Noch weit verheerender ist aber die Sprengwirkung bei den
Knochenschüssen. Ein Schuss drang durch das obere Ende der
Diaphyse beider Unterschenkelknochen von vorn nach hinten. An
der Vorderseite neben der äußeren Tibiakante ist ein runder Ein-
schuss, an der hinteren Seite ein mehr als mannsfaustgroßes Loch in
der Haut und den Muskeln, mit Weichtheilfetzen, Knochensplittern
und feinen Geschossfragmenten austapezirt. Die Haut ist in einer
Strecke von 20 cm in Streifen gerissen und defekt, in derselben
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Ausdehnung die Muskeln zerfetzt. Beide Knochen sind zerschmettert,
die Tibia nur durch einen Streifschuss.
Ein anderer Schuss durchdrang den Oberschenkelknochen von
vorn nach hinten oberhalb der Kondylen. Am Einschuss zeigt die
Haut einen 13 cm langen Riss, am Ausschuss mehrfache Risse bis
22 cm Länge. Der Ausschuss bildet einen faustgroßen Defekt im
Haut, Muskeln und Knochen, die Gefäßstämme sind zerrissen, nur
der Nervenstamm in seiner Kontinuität erhalten, der Knochen in
zahllose feine Splitter zerschmettert.
Bei einem Schuss auf den Fußrücken ist von Ein- und Ausschuss
nichts zu erkennen, sondern im Bereich der Fußwurzel ein enormer
Defekt. Die Haut fehlt in der Länge von 10 cm bis auf einen
Streifen auf der Innenseite, und nur einige Sehnen spannen sich
über den Defekt hinüber. Die Fußwurzelknochen sind in kleinste
Splitter zertrümmert und zum größten Theil nach außen geschleudert,
die Ferse hängt lose nach abwärts.
Bei einem Schuss durch das untere Ende des Oberarms ist an
der Hinterseite ein runder Einschuss, an der Vorderseite ein enormer
Defekt, so dass der untere Theil des Glieds nur durch eine 8 cm
breite Brücke von Haut und einigen Muskeln zusammenhängt. Die
Haut ist durch zahlreiche Längsrisse von 8—12 cm Länge gespalten
und fehlt in Handbreite über dem ganzen Defekt. In den Muskeln
ist ein Zertrümmerungsherd von 4 Finger Breite, und fast in der-
selben Ausdehnung fehlt der Knochen.
Bei einem Schuss quer durch den Vorderarm hängt der untere
Theil des Glieds nur noch an einigen schmalen Hautstreifen, da in
der Breite von 3 Fingern die übrigen Weichtheile und die Knochen
vollständig zertrümmert und herausgeschlagen sind. In der Haut
sind mehrere bis 15 cm lange Risse, die Wunde ist mit Haut-,
Muskel- und Sehnenfetzen, so wie mit zahllosen Knochensplittern
ausgekleidet. —
Diese Ergebnisse unserer Schießversuche übertreffen noch die
schlimmsten Befürchtungen und zeigen mit erschreckender Augen-
fälligkeit, welch gewaltige Wirkung die einfache Entfernung der
Mantelspitze erzeugt. In der That, die Verletzungen sind ohne
jeden Vergleich schwerer, als alle bisherigen Gewehr-
schusswunden.
Die Ursache liegt auf der Hand: zu der enormen Anfangs-
geschwindigkeit der kleinkalibrigen Geschosse gesellt sich
die Weichheit derselben. Das Blei deformirt sich im höchsten
Grade und zerspritzt — daher die furchtbare Sprengwirkung in
den harten und ganz besonders in den weichen Körpergeweben.
Sind doch schon die einfachen Fleischschüsse große Platzwunden
der Haut mit Zertrüämmerungshöhlen der Muskeln, weil sich schon
beim Durchdringen der Muskeln das Blei staucht. Diese Defor-
mirung des Geschosses erfolgt in ganz regelmäßiger Weise: die
Bleispitze staucht sich und sprengt den Mantel von vorn her in
EE an
2—3 mm breite Streifen, welche an ihrem hinteren Ende im Zu-
sammenhang bleiben und sich nach hinten umrollen. Beim Auf-
treffen auf harte Knochen zerspritzt das Blei und zerschellt den
Mantel in kleine und kleinste Fragmente, die im Röntgenbild über
die ganze Wunde zerstreut sind.
Diese Deformirung der Geschosse beeinträchtigt natürlich in
hohem Grade die Durchschlagskraft; letztere ist bei Nahschüssen
in Holz um das Vierfache geringer als bei den Mantelgeschossen.
Bei den Fernschüssen nimmt daher die Wirkung erheblich ab und
ist den Mantelgeschossen unterlegen.
Die Ergebnisse unserer Schießversuche lehren aber auch zur
Evidenz, welch hohe Bedeutung den Mantelgeschossen in humani-
tärem Sinn zukommt. Dürfen wir uns auch nicht verhehlen, dass
ihre Einführung mit dem Kleinkaliber nur aus rein technischen
Gründen erfolgt ist, so hat doch die Härte und geringe Deformir-
barkeit des Stahlmantels die Nachtheile der gesteigerten Geschwin-
digkeit so weit auszugleichen vermocht, dass zwar nicht in den
Knochen, wohl aber in den Weichtheilen die Zerstörung durch
Sprengwirkung entschieden herabgemindert ist. In diesem Sinne
habe ich die viel angefochtene Bezeichnung »humane Geschosse«
gebraucht. — Sie ist heute mehr als je gerechtfertigt; denn den
englischen Soldaten sind sie ja allzu human und diese haben wieder
die alten Bleigeschosse verlangt, um den Feind sicher niederzustrecken.
Vollauf gerechtfertigt aber ist die Bezeichnung human, gegenüber
den neuesten Geschossen, welche sogar entgegen den technischen
Rücksichten und auf Kosten der Durchschlagskraft lediglich zu dem
Zwecke konstruirt sind, um die Verletzungen schwerer zu gestalten.
Das sind inhumane Geschosse, welche unmenschlich grausame
Wunden erzeugen.
Wir sind damit zu dem wichtigsten Punkte unseres Gegenstandes
gekommen, nämlich zu der Frage des völkerrechtlichen Schutzes
gegen die Verwendung kleinkalibriger Geschosse mit Bleispitze.
Es liegt ja die Befürchtung nahe, dass in einem künftigen Kriege
solche Geschosse mitgeführt oder von den Soldaten hergestellt werden,
und gegen die Verwendung von soliden Bleiprojektilen hat noch
niemals ein Verdikt bestanden.
Die einzige auf die Gewehrprojektile bezügliche internationale
Vereinbarung ist die Konvention von St. Petersburg aus dem Jahre 1868,
welche zwischen sämmtlichen europäischen Mächten abgeschlossen
worden ist. Sie verbietet, in einem Kriege zwischen diesen Mächten
Geschosse von weniger als 400 g Gewicht zu verwenden, welche
explosibel oder mit entzündlichen und brennbaren Stoffen versehen
sind!. Wie konnte man aber damals die Fortschritte in der Gewehr-
1 Der Wortlaut ist: »Les parties contractantes s'engagent à renoncer mu-
tuellement, en cas de guerre entre elles, à l’emploi par leur troupes, de terre ou de
mer, de tout projectile d'un pois inférieur à 400 grammes, qui serait ou explosible
ou chargé de matières fulminantes ou inflammables«.
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konstruktion voraussehen, welche eine so enorme Vermehrung der
Anfangsgeschwindigkeit herbeigeführt haben, dass die soliden Blei-
geschosse selbst zu Explosivgeschossen wurden.
M. H. Ich bin Ihrer Zustimmung gewiss, wenn ich von dieser
Stelle aus dem Wunsch Ausdruck gebe, es möchten von der deut-
schen Heeresleitung die Schritte ausgehen, um durch internationale
Vereinbarung eine Ergänzung der Petersburger Konvention in dem
Sinne zu bewirken, dass nur solche kleinkalibrigen Blei-
geschosse verwendet werden dürfen, welche entweder ganz
oder mindestens an der Spitze mit einem Stahlmantel
versehen sind.
Allen civilisirten Staaten gilt es ja als ein Gebot der Mensch-
lichkeit: Die Kugel soll den getroffenen Gegner kampfunfähig machen,
aber nicht immer verstümmeln und tödten. (Original.)
(Die Versammlung stimmt dem Wunsche des Redners, eine ent-
sprechende Ergänzung der Petersburger Konvention zu bewirken, bei.)
(Redaktion.)
Diskussion. Lauenstein (Hamburg) glaubt, dass der Kon-
gress mit den Ausführungen v. Bruns’ sich einverstanden erklären
könne.
Rud. Köhler (Berlin) empfiehlt den humanitären und ethischen
Vereinen und Gesellschaften, sich der Sache zu bemächtigen.
Jaffé (Hamburg).
9) Salzwedel (Berlin) berichtet, dass ihm von vielen Seiten,
zum Theil auch durch litterarische Veröffentlichungen (Loew-
Bardenheuer) sehr günstige Urtheile über die von ihm angegebene
und seit fast 12 Jahren ausgeübte Behandlung der Entzündungen
— Phlegmonen, Panaritien etc. — mit dauernden Spiritus-
verbänden zugegangen sind. In dankenswerthester Weise hat auch
die Medicinalabtheilung des Kgl. preuß. Kriegsministeriums sein
Verfahren in mehreren großen Lazaretten prüfen lassen und wird
auf Grund der günstigen Erfolge die Versuche in erweitertem Maß-
stabe fortsetzen lassen. — S. verwahrt sich eindringlichst gegen die
Annahme, dass er rathe, die Incisionen bei der Behandlung der
Phlegmonen und Panaritien zu unterlassen. Jeder solle genau nach
denselben Indikationen wie bisher incidiren. Es sei jedoch That-
sache, dass sich die Indikation für die Incision bei systematischer
Anwendung seines Verfahrens erheblich seltener ergebe.
Ferner stimmt S. der Beobachtung Loew’s zu, dass Anätzungen
der Haut und dadurch hervorgerufene Schmerzhaftigkeit meist nur
dort auftreten, wo das Epithel durch vorher angewandte feuchte Ver-
bände anfgequellt ist. S. setzt hinzu, dass dies auch an solchen
Stellen der Fall ist, wo, wie am Handteller, am Fuß, in der Achsel-
höhle, bei Schweißfüßen, die Haut durch die eigene Schweißsekretion
—43 —
stark durchfeuchtet wird. Der Spiritus scheint hier durch Osmose
in die tieferen Hautschichten zu gelangen, während er sonst nur
gasförmig eindringen kann, weil die schnell erhärtete oberflächliche
Epithelschicht dem flüssigen Spiritus den Weg verschließt. Dickes
Bepudern der bedrohten Hautstellen mit Wismuth oder Bestreichen
mit Vaseline gewährt einigen Schutz. An solchen Stellen soll man
eventuell das durchlöcherte Gummizeug so lange fortlassen, bis die
Haut ausgetrocknet ist.
Da die Spiritusbehandlung noch bei so schweren Entzündungen
wie Phlegmonen, Panaritien, nach Loew sogar bei den schwersten
septischen Formen im Stande ist, die Entzündung durch die perkutane
Wirkung des Alkohols zu beseitigen bezw. einzuschränken, so war
von vorn herein anzunehmen, dass sie noch sicherer die beginnen-
den Entzündungen bei frischen aber schon inficirten
Wunden günstig beeinflussen werde, und dass sie infektions-
verdächtige Wunden entzündungsfrei halten könne. Nach Ss
Beobachtungen scheint sich dies vollkommen zu bestätigen. Bei
Wunden, welche seit mehreren Tagen heftig entzündet waren, be-
seitigten die Verbände die Entzündung in 1 bis höchstens 3 Tagen so
vollständig, dass alsdann, d. h. am 6.—8. Tage nach der Verletzung
angelegte sekundäre Nähte regelmäßig der prima intentio entsprechende
Heilungen zur Folge hatten. Eben so blieben Wunden, bei welchen
aus äußeren Gründen eine exakte primäre Desinfektion nicht oder
nur ungenügend hatte stattfinden können, unter den Verbänden stets
entzündungsfrei. Man müsse annehmen, dass durch den in dieser
Weise verwendeten Alkohol nicht nur die Haut der Wundumgebung,
sondern auch die Gewebe in der Tiefe, in welchen sich sonst die
Entzündung ausbreitet, desinficirt werden. Da die Wunde selbst
nicht mit dem Spiritus in Berührung zu kommen braucht, dürfte sie
vielfach unter Verhältnissen, die sich der Asepsis nähern, stehen.
Diese für die Wundbehandlung so wichtigen Beobachtungen bittet
S. in erster Linie nachzuprüfen, weil im Falle ihrer Bestätigung ein
zweckmäßiger Nothverband gefunden wäre, wie er für die Massen-
verletzungen im Kriege wie im Frieden Bedürfnis ist. Auch die
schnelle Durchtränkung solcher Verbände mit Blut, welche die
meisten Nothverbände illusorisch macht, dürfte bei den Spiritus-
verbänden wegen ihrer koagulirenden Eigenschaften weniger zu
fürchten sein. Alles zum Nothverbande Erforderliche hat S. in einem
kompendiösen Verbandpäckchen zusammengestellt, welches die
Verbandstoffhandlung von Pech in Berlin demnächst in den Handel
bringen wird. (Selbstbericht.)
10) H. Braun (Leipzig). Experimentelle Untersuchungen
und Erfahrungen über Infiltrationsanästhesie.
Die experimentelle Untersuchung der Wirkung der wässrigen
Lösungen einer großen Anzahl chemischer Körper bei der Ein-
spritzung in die Gewebe hat Folgendes ergeben:
es en
1) Quellung und Wasserentziehung lähmen die sensiblen Nerven
nach vorhergehendem heftigen Reiz und schädigen die Gewebe. Für
Gewebsinjektionen, speciell für die Schleich’sche Infiltrations-
anästhesie dürfen daher nur osmotisch indifferente Lösungen ver-
wendet werden. Es sind das solche, welche annähernd den gleichen
Gefrierpunkt — nämlich — 0,55° — haben, wie die normalen Körper-
flüssigkeiten, Blut, Lymphe etc.
2) Das Eucain B ist in seiner lokalanästhetischen Potenz,
wenigstens für die Infiltrationsanästhesie, absolut gleichwerthig dem
Cocain, während es vor ihm den Vorzug weit geringerer Giftigkeit,
aber größerer Haltbarkeit und beliebiger Auskochbarkeit seiner Lö-
sungen besitzt. Kein anderer Körper, auch das Eucain A nicht,
kann als Ersatzmittel für das Cocain in Frage kommen.
B. empfiehlt daher, für die Schleich’sche Infiltrationsanästhesie
eine von ihm seit Monaten an einer großen Zahl poliklinischer und
klinischer Operationen praktisch erprobte Lösung von 0,1%igem Eu-
cain B in einer 0,5%igen Kochsalzlösung zu verwenden. Sie
ist osmotisch indifferent. Ihre Temperatur ist für das Zustande-
kommen der allein durch den Eucainzusatz verursachten Anästhesie
ganz gleichgültig; sie muss aber auf Körpertemperatur erwärmt
werden, um hypersensible, entzündete Gewebe schmerzlos infiltriren
zu können, da Temperaturdifferenzen als sensibler Reiz wirken. B.
hat von dieser Lösung mehrfach bis zu 300 ccm bei einer Operation
verwendet; das ist aber eine Quantität, welche man einem Kaninchen
subkutan einverleiben kann, ohne dass Vergiftungserscheinungen ent-
stehen. Dem Morphium kommt auch nicht die geringste lokal-
anästhetische Wirkung zu, während es noch in enormer Verdünnung
Ödeme der Gewebe verursacht. Es ist daher unzweckmäßig, diesen
Körper den Infiltrationsflüssigkeiten hinzuzusetzen. Die Schleich’sche
Infiltrationsanästhesie ist diejenige Methode, welcher innerhalb der
der Lokalanästhesie gesteckten Grenzen das weiteste Feld offen steht.
Sie ist nicht allein für die sogenannte kleine Chirurgie eine aus-
gezeichnete Methode, schmerzlos zu operiren, sondern sie greift auch
in das Gebiet der großen Chirurgie hinüber, so weit es sich um
räumlich nicht zu ausgedehnte Operationen handelt, und so weit das
psychische Verhalten der Kranken die Anwendung einer Lokal-
anästhesie gestattet. Von besonderem Werth ist sie ferner bei Bauch-
operationen an geschwächten Kranken. Nicht scharf umschriebene
Tumoren und diffuse entzündliche Processe sind ihr unzugänglich.
Der Technik der Methode, wie sie von ihrem Erfinder ausgearbeitet
wurde, ist nur wenig hinzuzufügen; doch hält B. das primäre Er-
frieren der Cutis, um angeblich den ersten Einstich schmerzlos zu
machen, für zwecklos.. — An den Fingern und Zehen ist die von
Oberst und Pernice in der Volkmann’schen Klinik schon vor
10 Jahren ausgebildete Methode, die Nervenstämme durch !/,—1 %ige
Cocainlösungen zu anästhesiren, der Infiltrationsanästhesie überlegen;
B. schlägt vor, allein diese Methode als regionäre Anästhesie zu be-
Seh ET
zeichnen. Vor der älteren Cocainanästhesie, welche in Reclus
ihren modernen Hauptvertreter gefunden, und welche im Princip
ebenfalls eine reine Infiltrationsanästhesie ist, besitzt die Schleich’sche
Methode wesentliche Vorzüge, vor Allem den der absoluten Unge-
fährlichkeit. (Selbstbericht.)
11) Hackenbruch (Wiesbaden). Über lokale Analgesie bei
Operationen.
Nach einem Vorschlage, die örtliche Schmerzlosigkeit bei Ope-
rationen lokale Analgesie statt Anästhesie zu bezeichnen, welch
letzteres Wort zu viel bedeute« (Szumann), so wie nach Würdigung
der bis jetzt bekannten lokalanalgischen Operationsmethoden wird
näher ein vom Vortr. unabhängig geübtes Verfahren der lokalen
Analgesirung für gewisse Fälle empfohlen, das unter einiger Ver-
änderung in einer Monographie des Vortr. (Örtliche Schmerzlosigkeit
bei Operationen; Wiesbaden 1897) schon veröffentlicht worden ist.
Von der Schilderung der ersten unter lokaler Analgesie aus-
geführten, absolut schmerzlos verlaufenen Operation, welche einen
Fremdkörperabscess betraf, ausgehend, legt Vortr. in logischer Schluss-
folgerung dar, dass die dabei angewandte »cirkuläre Analgesirung «
außer bei umschriebenen Abscessen auch bei der Exstirpation von
Geschwülsten und besonders bei Operationen an Fingern und Zehen
so wie am Penis vortheilhafte Verwendung finden kann.
Im weiteren wird darauf aufmerksam gemacht, dass zur Er-
zielung ausreichender Schmerzlosigkeit außer einer frischen Anal-
gesirungsflüssigkeit Dis resp. 1/, ige Cocain-Eucainlösung), welche recht
warm (Tito Costa) injicirt wird, auch die Verwendung einer guten
Subkutanspritze erforderlich ist; seit fast 2 Jahren gebraucht Vortr.
eine Injektionsspritze, deren unterer Ausflusszapfen schräg abgebogen
ist, während die Nadel durch einen Bajonnettverschluss fest ange-
presst gehalten wird. Nöthig ist es, dass der Pat. vor der lokal-
analgischen Operation genügende Nahrung zu sich genommen hat
und bei der Operation eine liegende resp. bequem halbsitzende
Stellung einnimmt. Nach Beschreibung der »cirkulären Analgesirung «
am Beispiel einer Trendelenburg’schen Varicenoperation wird dann
das gleiche Injektionsverfahren zur Exstirpation von Geschwülsten,
zur Enukleation des Bulbus und ferner für Operationen an Fingern
und Zehen resp. am Penis geschildert und auf einige Technieismen
aufmerksam gemacht; in allen angängigen Fällen empfiehlt sich
natürlich die Verwendung der Esmarch’schen Blutleere.
Bei seiner einfachen und leicht auszuführenden Methode der
»cirkulären Analgesirung« resp. bei der Verwendung der Reclus-
schen Infiltration ist Vortr. in den beschriebenen Operationsfällen
bis jetzt geblieben, 1) weil er bei annähernd 500 Operationen unter
lokaler Analgesie niemals auch nur die geringsten Intoxikations-
erscheinungen erlebt hat, 2) weil das Operationsgebiet durch die
Sander
Injektion in seiner anatomischen Fügung nicht verändert wird und
ferner 3) weil nach der Aufstellung von Hofmeister z. B. bei der
Varicenoperation nicht mehr an Cocain gebraucht wird als zu der
gleichen Operation unter Anwendung der Schleich’schen Methode
erforderlich ist. (Selbstbericht.)
12) Fr. Rubinstein (Berlin) Über lokale Anästhesie, ins-
besondere größerer Gelenke.
R. hat von Anästheticis in den letzten 3 Jahren angewandt
Chloräthyl, Anesin und die Schleich’schen Lösungen, das Chlor-
äthyl besonders zur Anästhesie vor Extraktion von Zähnen, das
Anesin (Roche) bisher erst in wenigen Fällen. Über die Wirk-
samkeit des Anesins wird später im Zusammenhang berichtet werden.
Anästhesien nach Schleich wurden im Ganzen etwa 200 aus-
geführt, doch hat R. nur über 75 größere und kleinere Operationen
genauere Notizen gemacht und beschränkt sich daher auf den Bericht
über die bei diesen Operationen gemachten Erfahrungen.
Es handelte sich um:
30 Dermoide, Ganglien und Atherome. (An Schädel, Wangen,
Augenlidern, am Ohr etc.)
1 Fall von Hämorrhoiden. (Paquelin.)
6 Phimosenoperationen, Circumcision, Reposition bei Paraphimose,
Alles bei Erwachsenen. 2mal dabei mit Paquelin.
6 Fälle von Knochentuberkulose (Spina vent., Sequester im Stirn-
bein, Erkrankung der unteren Radius-Epiphyse).
1 Bubo inguinalis.
3 große Cysten.
2 Fremdkörper in der Hand (Nadeln).
10 Angiome.
1 Unguis incarnatus.
1 Panaritium am Finger.
1 Phlegmone der Vola manus.
13 Operationen am Kniegelenk. (Punktion und Auswaschung
wegen gonorrhoischer Gonitis, Injektionen wegen Synovitis hyper-
plastica villosa (Schüller).
1 breite Eröffnung des Kniegelenks nach Kocher wegen Ge-
lenkmaus.
Völlig missglückte die Anästhesie nach Schleich bei der
Operation (Drüsenausräumung) des Bubo inguinalis. Die Schwellung
um die vereiterten Drüsen ist hier zu groß, so dass man nicht sicher
weiß, bis zu welcher Tiefe man infiltriren muss. Hier musste zur
allgemeinen Narkose gegriffen werden. Auch bei Ausschälung von
Dermoiden aus dem oberen Augenlid wurde keine volle Anästhesie
mit Schleich’scher Methode erzielt. Operirt man mit dem Paquelin,
so ist besonders pralle Infiltration nöthig. Die Hämorrhoidaloperation
unter lokaler Anästhesie verlief vollkommen tadellos. Da es sich
GN EE
hierbei häufig um sehr entblutete Individuen handelt, so ist die
Kenntnis dieser Methode oft segensreich. Auch wo man Gewebe
stark zerren muss, wie in dem Falle von seitlicher Eröffnung des
Kniegelenks, wo R. den Gelenkspalt durch Abduktion stärker zum
Klaffen bringen wollte, versagt die örtliche Anästhesie, und hier ist
wohl eine Grenze ihrer Anwendung erreicht. Alle übrigen Ope-
rationen verliefen tadellos. Für die Infiltration des Kniegelenks
wählt man zum Einstich eine Stelle außen neben dem Lig. patellae,
sucht die (starke, mindestens 5 cm lange) Nadel ins Lig. alare zu
bringen und dringt unter dem Bande möglichst weit horizontal nach
der Innenseite vor. Die seitlichen Kapselpartien müssen beiderseits
besonders, mit senkrecht aufwärts gerichteter Nadel infiltrirt werden.
Man muss das synoviale Gewebe für spätere Injektionen nicht zu
prall infiltriren, weil sonst der Gewebsdruck zu groß wird, und ein
großer Theil der Injektionsflüssigkeit wieder herausgepresst wird.
Ist das Gelenk noch schmerzhaft, so steigert die Infiltration eher die
Empfindlichkeit.
Sämmtliche 13 Operationen am Kniegelenk verliefen reaktions-
los, obwohl meistens beide Kniegelenke in einer Sitzung vorgenommen
wurden, und es sich stets um recht dekrepide, durch jahrelanges
Siechthum geschwächte Personen handelte. Einmal trat eine Tempe-
ratursteigerung auf 38,5°C. für 24 Stunden ein. Der Puls wurde
nicht im mindesten durch den Eingriff alterirt.
R. glaubt, dass der Geltungsbereich der Schleich’schen
Anästhesie noch nicht völlig feststeht, und dass ihre Grenzen ins
Gebiet der großen Operationen noch weiter hinausgeschoben werden
können. Jedenfalls stehe man hier erst am Anfang. Geeignet sei
das Verfahren wesentlich nur für Erwachsene, da bei Kindern der
psychische Eindruck der Instrumente, Vorbereitungen etc. ein un-
gestörtes Arbeiten trotz örtlicher Anästhesie verhindere. Auch Er-
wachsenen müsse man die Augen verbinden. R. sah starke Männer
ohnmächtig werden, obwohl sie absolut nichts empfanden.
(Selbstbericht.)
Diskussion zu 10—12: Gottstein (Breslau) betont den Werth
der Infiltrationsanästhesie auch bei größeren Operationen. In Folge der-
selben sei die Zahl der Chloroformnarkosen in der Mikulicz’schen
Klinik von 815 auf 324 und in der Poliklinik von 280 auf 153 herunter-
gegangen. Mit Schleich’s Verfahren seien im letzten Jahre an der
Breslauer Klinik 231 Operationen ausgeführt worden, gegenüber 152 im
Jahre vorher und 81 im Jahr 1896/97. Unter Anderem sei das Verfahren
bei 8 Pylorusresektionen, 18 Gastroenterostomien, 9 Darmresektionen,
51 Gastrostomien, ferner auch bei einer Kropfresektion, bei Unter-
bindung der Vena saphena und bei Empyemen benutzt worden. Leider
sei durch dasselbe das Auftreten von Störungen am Respirations-
apparat, Bronchitis, Pneumonien, nicht verhindert worden. In 139
Fällen von Operationen an Magen und Darm waren diese Nachkrank-
ge
heiten 33mal beobachtet worden, und wenn man auch davon 16
abziehe, in denen die Möglichkeit einer Aspiration von Erbrochenem
vorliege, so blieben noch 17 übrig, bei denen man doch den opera-
tiven Eingriff als Ursache der Erkrankung ansehen müsse. Man
komme zu der Annahme, dass der Mangel genügender Expektoration
bei eröffneten und genähten Bauchdecken den Ausbruch der Stö-
rungen am Respirationsapparat verschulde.
Mankiewicz (Berlin) betont die Nothwendigkeit der gleich-
zeitigen Injektion von Morphium, weil sonst ein oft recht störender
Nachschmerz eintritt. Er erkläre sich das daraus, dass durch die
Incision eine große Menge Injektionsflüssigkeit entleert werde und
dann nicht mehr die Gewebe anästhesire. Die folgenden Ödeme
sind seiner Ansicht nach nicht durch Morphium bedingt.
Gottstein (Breslau).
Manz (Freiburg): Die von Oberst und seinen Schülern für
Finger- und Zehenoperationen angegebene »regionäre Cocain-
anästhesie« ist auch an größeren Abschnitten der Extremitäten an-
wendbar; nur muss man hier länger warten. Frühere Versuche
(siehe Centralblatt für Chirurgie 1898 No. 7) haben Redner gelehrt,
dass Hand und Fuß durch ihren ganzen Querschnitt voll-
kommen anästhetisch werden, sobald man eine Gummibinde un-
mittelbar oberhalb des Handgelenks bezw. der Knöchel anlegt und
sämmtliche Nervenstämme cocainisirt. Neuerdings hat er in einigen
Fällen auch am Oberarm abgeschnürt und injicirt, um größere
operative Eingriffe am Vorderarm vorzunehmen, ebenfalls mit positiven
Resultaten. Störend wirkt hier nur der Druckschmerz der elastischen
Binde, der sich bei den Fußoperationen gar nicht, bei denjenigen
der Hand nur in einem Theil der Fälle, am Oberarm jedoch stets
nach einiger Zeit geltend machte.
Mit Versuchen, die Blutleere in schonenderer Weise herzustellen,
ist Redner gegenwärtig beschäftigt. (Einstweilen hilft er sich in der
Weise, dass er, sobald der Kranke zu klagen beginnt, unmittelbar
neben die erste Binde eine zweite legt, jene löst und dies Verfahren,
so oft nöthig, wiederholt.) Statt der anfänglich stets verwendeten
1%igen Cocainlösung wird wohl meist eine !/,%ige genügen, von
der dann größere Quantitäten eingespritzt werden können; doch
lassen sich hier, wie über manches andere Detail, vorläufig noch
keine definitiven Vorschriften geben. (Selbstbericht.)
Wohlgemuth (Berlin) kann dem Eucain keine Vorzüge zuer-
kennen. Es anästhesire nicht so gut wie Cocain, und nach Reclus
sei es eben so toxisch. Das Äthylchlorid sei auf entzündeten Ge-
weben, wie er an sich selbst erfahren, gar nicht zu vertragen wegen
der hohen Schmerzhaftigkeit. Gottstein (Breslau).
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13) v. Kryger (Erlangen). Über multiple Knochen- und
Knorpelgeschwülste.
K. hatte Gelegenheit, etwa gleichzeitig 3 Fälle von multiplen
Knochengeschwülsten zu beobachten. Ein Fall von Myositis ossificans
betraf ein jetzt 4'/3 jähriges Mädchen, bei dem die Knochenwucherungen
zuerst unter entzündlichen Erscheinungen am Rücken aufgetreten
waren und nun nahezu den ganzen Körper in eine starre Masse
verwandelt haben. Die öfters schon beschriebene Mikrodaktylie an
beiden großen Zehen war hier auch vorhanden. Der zweite Fall, ein
15jähriges Mädchen mit multiplen kartilaginären Exostosen, die stets
in der Nähe der Gelenke saßen, war bemerkenswerth durch die aus-
gedehnten Wachsthumsstörungen der betroffenen Knochen, die sich
besonders in Längendifferenzen äußerten. Verkrümmungen zeigten
nur die beiden Knochen des rechten Vorderarms. Die aus diesen
Störungen resultirenden Gelenkanomalien waren am rechten Ellbogen
als Subluxation des Radiusköpfchens und am rechten Fuß als Pes
valgus zu beobachten. Weder Erblichkeit noch Rachitis war nach-
zuweisen, wohl aber die Entstehung in den ersten Lebensjahren.
Im dritten Falle waren bei einer jetzt 54jährigen Frau in den ersten
Lebensjahren multiple Chondrome an den Fingern beider Hände
und an den Zehen des rechten Fußes aufgetreten; dazu gesellten
sich seit dem 20. Jahre, allmählich an Zahl zunehmend, weiche Ge-
schwülste vorzüglich am Daumenballen der rechten Hand und am
äußeren Rand des rechten Fußes. Diese erwiesen sich als aus der
Wand von Venen hervorgegangene kavernöse Angiome; vielfach
waren in Hohlräumen locker eingelagert gelbliche harte Körperchen,
die nach der mikroskopischen Untersuchung als Venensteine anzu-
sprechen sind. Es bot sich dasselbe Bild, wie es v. Recklinghausen
und Steudel in dieser Kombination geschildert haben, jedoch muss
man hier die Angiome als sekundäre Erscheinungen ansehen. Außer-
dem fanden sich bei der Frau am Femur und an der Tibia des rechten
Beins massige Exostosen, dazu starke Verkrümmungen dieser Knochen
und des rechten Humerus mit wesentlichen Verkürzungen. An der
Innenseite des rechten Fußes bestand noch schließlich eine faust-
große Geschwulst, die sich als Chondrosarkom erwies.
Ein Vergleich der 3 Fälle ergab bei den ausgebildeten Ge-
schwülsten die schon bekannten Beziehungen zwischen Exostosen
und Enchondromen: gleicher Sitz an den Epiphysengrenzen, Wachs-
thumsstörungen der Knochen und Kombination beider Formen.
In der Entstehungsgeschichte fanden sich jedoch Berührungs-
punkte aller 3 Geschwulstarten. Das frühzeitige Auftreten der ersten
Wucherungen deutet doch auf Störungen in den für das Knochen-
wachsthum wichtigen Theilen hin, die wohl ihre Ursache in einer
abnormen embryonalen Anlage haben. (Selbstbericht.)
Diskussion: Zoege v. Manteuffel (Dorpat) ist der Ansicht,
dass die Mikrodaktylie in solchen Fällen nicht als Beweis für den
Chirargen-Kongress 1898. 4
— 50 —
kongenitalen Ursprung der Affektion angesehen werden darf, da die-
selbe, wie er seiner Zeit dargethan, keine Defektbildung sei, sondern
durch Synostose entstehe.
Bessel-Hagen (Charlottenburg) weist darauf hin, dass die Ver-
krümmungen bei den kartilaginären Exostosen nach seinen Unter-
suchungen nicht die Folge der Exostosen sind. Vielmehr sind beide
die Folge einer gemeinsamen Ursache. E. Martin (Köln).
14) M. Wilms (Leipzig). Forcirte Wärmebehandlung bei
Arthritis gonorrhoica.
Die Methode, nach der die forcirte Wärmebehandlung ein-
geleitet wird, hat den Vorzug, dass sie eine ganz gleichmäßige,
permanente und leicht zu regulirende Wärme mit den einfachsten
und billigsten Mitteln erzeugt. Ausgehend von der Thatsache, dass
eine einfache Gipskapsel in vorzüglicher Weise die Wärme leitet und
vertheilt, wird um das erkrankte Gelenk eine dünne Gipskapsel
gelegt, etwa in der Stärke einer vierfachen Mullschicht. Um diese
Kapsel windet man dünne Röhren von gewalztem Blei ohne
Zinnmantel, die sich der Kapsel eng anlegen. Die Cirkulation in
den Bleiröhren wird durch ein einfaches Hebersystem hergestellt.
Neben dem Bett befinden sich zwei Töpfe, welche durch kurze
Gummischläuche mit dem Röhrensystem verbunden sind. Der eine,
auf einem Dreifuß stehende Topf wird durch eine Spiritusflamme
erwärmt. Von diesem fließt das erwärmte Wasser durch die Röhren
um das Gelenk in den tiefer stehenden Topf. Natürlich muss die
Luft aus den Röhren herausgesaugt sein, damit die Heberwirkung
eintreten kann. Die Regulation der Durchflussgeschwindigkeit be-
sorgt ein am abfließenden Rohr angebrachter Quetschhahn.
Die Resultate dieser Wärmebehandlung, die es ermöglicht, mit
leicht zu beschaffenden Mitteln jedes Gelenk permanent unter eine
gleichmäßige Wärmewirkung von 46—50° C. zu setzen — mehr
vertragen die Pat. nicht —, sind in der Leipziger chirurgischen
Klinik sehr befriedigende gewesen, speciell bei gonorrhoischer Ar-
thritis und bei chronischen Gelenkveränderungen. Die auffallendste
Erscheinung ist bei dieser Behandlung das sofortige Nachlassen der
Schmerzen.
Anstatt der gewöhnlichen etwas unsauberen Kataplasmenbehand-
lung hat sich ebenfalls diese Art der Wärmebehandlung sehr gut
bewährt. Man legt zu diesem Zweck die Bleiröhren kreisförmig
zwischen zwei dünne, durch Gips gehärtete Mullschichten und kann
so jeder Körperform sich anschmiegende, permanent und gleichmäßig
Gen, SE Gipsplatten sich jederzeit herstellen. (Selbstbericht.)
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gK ten sion: F. Krause (Altona) verwendet die heiße Luft zur
Š Ee nischer Gelenkleiden seit einer Reihe von Monaten mit
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gutem Erfolg. Er hat nicht den komplicirten Apparat von Tallerman,
sondern sich für jedes Gelenk einen besonderen Apparat konstruiren
lassen, der sich auf wenige Mark stellt. Er nimmt einen Quincke’schen
Schornstein, um die heiße Luft mittels Spiritus- oder Gaslampe zu
erzeugen und heranzuführen. Nur darf in der Nähe des betreffenden
Körpertheils, der erhitzt werden soll, kein Metall liegen, weil sonst
Verbrennungen entstehen. K. lässt die heiße Luft täglich 1—2 Stun-
den einwirken und steigt bis 140° C. Freilich wird die Körper-
oberfläche nicht annähernd so heiß, aber die zugeführte Luft hat
diese hohe Temperatur. Damit die einströmende Luft nicht direkt
die Haut treffe, wird ein Cylinder aus Asbestpappe darum gelegt,
dann ein dichter Abschluss mit »Mosetig-Batist« gemacht. Für
Hüft- und Schultergelenk ist der Apparat etwas komplicirter. Lässt
man nun die heiße Luft einwirken, so wird die Haut intensiv roth,
sie schwitzt sehr stark, zuweilen erfolgt auch über den ganzen Körper
Schweißausbruch. Einzelne Leute vertrugen Temperaturen bis 140°C.
Schon nach den ersten Sitzungen findet man bei gonorrhoischen Ge-
lenkerkrankungen, ferner bei Achillodynie, bei Arthritis sicca u. dgl.,
dass die Behandlung um Vieles besser wirkt als Massage und ähn-
liche Maßnahmen. K. hat mehrere Dutzend Fälle in dieser Weise
behandelt. Die Methode wirkt nicht immer so günstig, ist aber
bestens zu empfehlen, mit welchen Apparaten auch sie ausgeführt
werden mag. Aber Vorsicht ist durchaus nothwendig; auch die
Thermometerkugel darf die Haut nicht berühren, sonst entstehen
sofort Verbrennungen 2. Grades. Ferner ist darauf zu achten, dass
die zuströmende heiße Luft nicht direkt auf die Haut trifft. Die
Resultate sind theilweise geradezu überraschend. Der Kranke mit
doppelseitiger Achillodynie war mehrere Monate im Krankenhaus
behandelt, und zwar nach allen möglichen Methoden — ohne Erfolg,
bis er der Einwirkung heißer Luft unterworfen wurde; das hat ge-
holfen, und noch jetzt nach 3/, Jahr ist Pat. eben so arbeitsfähig
wie bei seiner Entlassung, (Selbstbericht.)
15) Vulpius (Heidelberg). Die Behandlung von Lähmungen
mit Sehnenüberpflanzung.
Die Heilung des angeborenen Klumpfußes ist leichter als die-
jenige des erworbenen, paralytischen. In beiden Fällen können wir
die Form wieder herstellen, doch bleibt die Paralyse resp. Parese
bestehen und damit die Gefahr des Recidivs.
Die Herstellung normaler Funktion wird durch die Sehnen-
überpflanzung erstrebt, indem gesunde Muskeln mit den gelähmten
Sehnen in Verbindung gebracht werden.
Die Erfolge dieser einfachen Operation sind festgestellt für die
paralytischen Deformitäten des Fußes; V. hat die Transplantation
daselbst 28mal ausgeführt. Auch am Oberschenkel sind bereits Ver-
suche gemacht worden von Goldthrait und V.
Ae
—51 e
Bedeutungsvoller erscheint die Sehnenüberpflanzung für partielle
Lähmungen der Hand zu werden, da hier auf anderem Wege absolut
nichts zu erzielen ist.
Die bisher vorliegenden Mittheilungen hierüber sind spärlich,
aber ermuthigend. V. hat an der oberen Extremität nur eine der-
artige Operation ausgeführt mit unverkennbarem, wenn auch nicht
vollkommenem Erfolg.
Zur Operation geben eine Reihe von Affektionen Veranlassung,
welche partiellen Muskelverlust bedingen. (Selbstbericht.)
16) H. Kümmel (Hamburg). Die Behandlung des Lupus
mit Röntgenstrahlen und mit koncentrirtem Licht.
M. H. Als ich auf dem letzten Chirurgenkongress die Ehre hatte,
vor Ihnen »Über die Bedeutung der Röntgenstrahlen für die Chirurgie«
zu sprechen, erwähnte ich kurz, dass wir einen Fall von Lupus des
Gesichts günstig durch die Einwirkung der X-Strahlen beeinflusst
hatten, dass allerdings dieser Erfolg Anfangs von einer ausgedehnten
Zerstörung der Haut begleitet war. Wir haben im Laufe des Jahres
unsere Versuche fortgesetzt, die lästigen, nicht nothwendigen Neben-
erscheinungen nach Möglichkeit beseitigt und bei ausgedehnter
lupöser Erkrankung Erfolge erzielt, welche mir eine weitere Ver-
wendung des neuen Verfahrens empfehlenswerth erscheinen lassen.
Die Anregung, welche nach dieser Richtung hin eine Mittheilung
von unserer Abtheilung durch Dr. Gocht Ȇber die therapeutische
Verwendung der Röntgenstrahlen!« geben sollte, scheint nicht von
weitem Erfolg begleitet gewesen zu sein; denn nur wenige Fälle von
Lupus sind bisher mit Röntgenstrahlen geheilt oder behandelt.
Schiff berichtete auf der Naturforscherversammlung zu Braunschweig
über zwei nach dieser Methode erfolgreich behandelte Fälle, und
Albers-Schönberg stellte im Ärztlichen Verein zu Hamburg 3 Pat.
vor, bei denen der Lupus des Gesichts in 2 Fällen und imal der
der Hand durch Einwirkung der Röntgenstrahlen geheilt waren.
Weitere Bestätigungen der in unserem Krankenhause gewonnenen
Resultate konnte ich in der Litteratur des letzten Jahres nicht auf-
finden.
Was die heilende Wirkung der Röntgenstrahblen auf den Lupus
anbetrifft, so beruht dieselbe nicht auf einer Zerstörung oder Ver-
brennung der Haut, wie wir sie durch Kauterisation mit heißer Luft
oder dem Thermo- und Galvanokauter hervorrufen. Eine tiefergehende
artificielle Dermatitis ist zur Erzielung einesgünstigen Erfolges nicht
nothwendig und lässt sich in den meisten Fällen bei genauer Be-
obachtung und vorsichtiger Handhabung des Verfahrens vermeiden.
Eine leichte Röthung der Haut, wie wir sie zuweilen bei Einwirkung
1 Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Bd. I. Hft. 1.
2 Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Bd. I. Hft. 2 u. 3.
nr 153 son
der Sonne auf eine empfindliche Gesichtshaut sehen, ist nicht ganz
auszuschließen und ist das Zeichen, dass die Behandlung kurze Zeit
einzustellen ist. Bei einiger Übung bemerkt man schon vor dem
Auftreten dieses Erythems nach mehr oder weniger langer Be-
strahlung als erste Veränderung eine leichte gelbliche Verfärbung
der Haut, etwa so, wie wir sie von längerem Aufenthalt an der See
oder im Gebirge in Folge der Einwirkung der Sonne auf unsere
Haut kennen. Ihr folgt dann sehr bald die in Röthung der Haut
und leichtem Brennen bestehende erwähnte Dermatitis. Diese wird
selten größere Dimensionen annehmen oder in die Tiefe gehen, wenn
man sofort beim ersten Auftreten der Pigmentirung der Haut, der
gelblichen Verfärbung, die Bestrahlung einstellt. Einfache Blei-
wasserumschläge beseitigen am schnellsten die Dermatitis und ge-
statten bald eine Fortsetzung der Behandlung. Anfangs glaubten
wir durch eine möglichst energische Einwirkung der Strahlen auf
die Haut am schnellsten und sichersten Heilung des Lupus zu er-
zielen; es entstanden dann ausgedehnte, die erkrankte Partie weit
überschreitende Zerstörungen der Haut, welche nur sehr langsam
heilten, so dass oft der Lupus früher vernarbt war, als die großen
granulirenden Flächen der früher gesunden Haut. Sehr bald haben
wir dann gelernt, die gesunde Haut gegen die Einwirkung der Strahlen
zu schützen und auch den oft erheblichen Ausfall der Haare, welche
sehr langsam oder gar nicht wieder wuchsen, zu vermeiden. Wir
bedeckten die zu bestrahlenden Körpertheile mit dünnem Bleiblech oder
mit Masken aus dünnem Stanniol, welches sich den Formen des Kopfes
und Gesichts leicht anschmiegt und schnitten aus diesen schützenden
Bedeckungen so große Öffnungen heraus, als die erkrankte Partie
erforderte. Bei ausgedehntem, das ganze Gesicht einnehmendem
Lupus wurden nur die Haare event. die Augen geschützt. Diese
Vorsichtsmaßregeln erwiesen sich als vollkommen ausreichend, um
die gesunden Partien der Haut mit Sicherheit gegen die unerwünschte
Einwirkung der Strahlen zu schützen.
Früher näherten wir die zu bestrahlenden erkrankten Körper-
partien der Röntgenröhre bis auf 10—6 cm, wodurch oft eine sehr
heftige Reaktion nach relativ kurzer Zeit eintrat. Um diese zu ver-
meiden, haben wir den Abstand der Röhre wesentlich vergrößert und
wählen Anfangs die bei den röntgographischen Aufnahmen übliche
Distanz von ca. 40 cm und verringern erst allmählich, wenn keine
Reaktion eintritt, die Entfernung des Objekts von der Röhre auf
ca. 20 cm. Auch hier ist ein Individualisiren nothwendig, und eine
empfindlichere, leicht reagirende Haut muss selbstverständlich vor-
sichtiger und mit größerem Röhrenabstand behandelt werden, als eine
torpidere, auf die Strahlen wenig reagirende.
Wichtig ist es ferner, die Intensität und Wirksamkeit der zu
verwendenden Röhren zu kennen, um nicht bei etwa demselben Ab-
stand und derselben Sitzungsdauer bei vorheriger Anwendung einer
anderen Lichtquelle schwere Reaktionen und Verbrennungen der
GER E E
Haut beobachten zu müssen. Bei einer Pat. mit schwerem ausge-
dehnten Lupus des ganzen Gesichts und des Halses (Fall 6) war be-
reits eine schöne, glatte Vernarbung der früher mit dicken Borken und
tiefen Ulcerationen bedeckten Haut bei sehr geringer Reaktion ein-
getreten, als wir zur Fortsetzung der Behandlung und zur Beseitigung
einer verdächtigen Stelle eine Voltohm-Röhre verwandten. Bei denselben
Bedingungen der Anwendung trat nach wenigen Sitzungen eine
ziemlich ausgedehnte Verbrennung am Kinn auf, welche zur Aussetzung
der Behandlung nöthigte und so die Heilung wesentlich verzögerte.
Was die Dauer der einzelnen Sitzungen anbetrifft, so haben wir
die Pat. meist 2mal täglich '/, Stunde, höchstens !/, den Röntgen-
strahlen ausgesetzt. Ist eine größere Anzahl Pat. vorhanden, welche
täglich bestrahlt werden müssen, so sind die Anforderungen, welche
an den Apparat gestellt werden, sehr große; derselbe äst bei uns zu-
weilen fast den ganzen Tag in Thätigkeit. Um Ruhepausen eintreten
zu lassen und die Leistungsfähigkeit nicht herabzusetzen, arbeiten
wir gewöhnlich mit 2 großen Induktionsapparaten, von denen der eine im
Wesentlichen therapeutischen Zwecken dient, der andere zu Auf-
nahmen verwandt wird. Die Funkenlänge beträgt 40 resp. 50 cm,
jedoch sind kleinere Apparate nicht weniger wirksam.
Die Behandlung des Lupus mit Röntgenstrahlen, eine unblutige
und schmerzlose Methode, verlangt zu ihrer Durchführung bis zur
Heilung längere Zeit. Die Dauer der Behandlung schwankt zwischen
ca. 4 Wochen und mehreren Monaten. Je mehr wir gelernt haben,
die anfänglichen starken Reaktionen zu vermeiden und dadurch die
zur Heilung einer tiefer gehenden akuten Dermatitis nothwendigen
Pausen der Behandlung wesentlich abzukürzen, um so schneller sind
wir zum Ziele gekommen. Wie ich tereits erwähnte, war in ein-
zelnen Fällen der Lupus schon beseitigt, keine Knötchen mehr nach-
zuweisen, und immer befanden sich die Pat. noch in Behandlung,
um eine oft schlaffe, wenig gut granulirende Hautpartie zur Heilung
bringen zu lassen. Bei der nöthigen Vorsicht sind diese, die Heilung
verzögernden und den Pat. Unbequemlichkeit und womöglich Schmerzen
bereitenden Erscheinungen mit wenigen Ausnahmen zu vermeiden oder
auf ein Minimum zu reduciren.
Um die oft langsam eintretende Wirkung der Bestrahlung zu
beschleunigen, haben wir eine Zeit lang die Pat. durch unter die
Stühle gestellte Glasschalen isolirt. Trotzdem der Organismus auf
diese Weise in keiner direkten Berührung mit einem elektrischen
Körper steht, ist er mit Elektricität geladen, so dass man überall
aus dem isolirten Pat. Funken hervorspringen lassen kann, und zwar
um so stärker, je näher er der Röhre sitzt. Durch diese Isolirungen
wurden sehr starke und unberechenbare, nicht vorauszusehende
Reaktionen hervorgerufen, so dass wir bald wieder von diesem Ver-
fahren Abstand nehmen mussten.
Als Beispiel der intensiven Wirkung auf die Haut möchte ich
kurz den Fall eines mit einem angeborenen Naevus behafteten
un ee
Knaben erwähnen. Das 3!/, Jahre alte Kind hatte auf der Streck-
seite der linken Handgelenksgegend einen mit Haaren besetzten, über
die Haut etwas prominirenden Naevus von Gi zu 5 cm Ausdehnung.
Er war von braungelber Farbe, die Epidermis etwas verdickt; die
Haare waren in letzter Zeit besonders lang geworden und von dunkler,
fast schwarzer Farbe; in letzter Zeit deutliche Vergrößerung des
Naevus. Da wir mehrfach bei Anwendung der Röntgenstrahlen
Haarausfall beobachtet und dieselben auch zur Dekapillirung mit Er-
folg ohne schädliche Nebenwirkungen verwandt hatten, so wurde die
Hand des Knaben, um zunächst eine Beseitigung der Haare zu erreichen,
täglich den Röntgenstrahlen !/, Stunde ausgesetzt. Der Knabe saß
auf dem Isolirstuhl, die gesunde Haut war durch Bleiblech geschützt,
Abstand von der Röhre 10— 6 cm. Trotz dieser intensiven Bestrahlung
trat in den ersten 14 Tagen keine Reaktion ein; einzelne Haare
ließen sich leicht entfernen. Dann trat eine leichte Röthung der
Haut des Naevus und der ihn umgebenden Randpartie ein. Da die
Haare noch nicht ausfielen, und eine starke Reaktion sich nicht
zeigte, wurde die Bestrahlung noch etwa 10 Tage fortgesetzt und dann,
als leichte Blasenbildung eintrat, unterbrochen.
In den nächsten Tagen hatte der entzündliche Process bedeutend
zugenommen, die Oberhaut hatte sich im ganzen Gebiet des Naevus
in einer derben Blase losgelöst, die Haare klebten zum größten Theil
an dem aufgelegten Verband. Das Corium war ödematös geschwollen,
mäßige Juckung und Schmerzhaftigkeit. Die Röthung umgriff den
ganzen Vorderarm und führte zu einer ringförmigen Granulations-
fläche. Haare und Pigment waren vollständig verschwunden. Die
Heilung ging sehr langsam von statten, besonders die der den Strahlen
am intensivsten ausgesetzte Stelle des Naevus. Dieselbe war dauernd
mit einem fibrinösen, an Wundkrup erinnernden Belag bedeckt. Nur
selten gelang es, die Membran mit der Pincette theilweise zu ent-
fernen; stets fand sich am folgenden Tag derselbe Belag wieder vor.
Erst nach Ablauf eines halben Jahres war die Wunde fest vernarbt.
Die Narbe ist flach, leicht braun pigmentirt. Die beiden Bilder, vor
und nach der Operation aufgenommen, mögen zur Illustration des
Gesagten dienen.
Was nun die mit Röntgenstrahlen behandelten Lupusfälle an-
betrifft, so wurden im Ganzen 16 Pat. behandelt. Zwei sind erst zu
kurze Zeit in Behandlung, um, obwohl deutliche Fortschritte bereits
zu konstatiren sind, näher darauf einzugehen. 2 Pat. mit verhältnis-
mäßig wenig ausgedehnter Erkrankung konnten nur kure Zeit mit
Röntgenstrahlen behandelt werden. Ein an ausgedehntem Lupus des
Fingers leidender junger Mann wurde längere Zeit den Strahlen aus-
gesetzt, und vollständige Heilung des Lupus erzielt. Später wurde
der Finger, da er wegen vorwiegend cariöser Zerstörung der Knochen,
welche operativ zur Heilung gebracht war, absolut unbrauchbar
war, von Herrn Dr. Sick entfernt.
E ` ben,
Bei einem Pat., bei dem Anfangs ein Lupus der Nase und der
Mundschleimhaut angenommen wurde, blieb eine 4wöchentliche Be-
strahlung ohne jeden Erfolg. Der einzige Fall, bei welchem wir
keine Anderung zum Besseren konstatirten. Wie sich bei weiterer
Untersuchung herausstellte, handelte es sich nicht um Lupus, sondern
um eine luetische Affektion, welche unter antisyphilitischer Behand-
lung rasch heilte. — Was die übrigen 10 Pat. anbetrifft, so bin
ich in der Lage, Ihnen den zuerst Behandelten vorzustellen. Schr.,
19 Jahre alt, leidet seit 13 Jahren an Lupus der Wange, welcher mehr-
fach mit Auskratzung und Kauterisation behandelt wurde. Wie Sie
noch auf der Photographie sehen können, ist die ganze rechte Wange
mit zahlreichen Knötchen bedeckt, in der Mitte mit ausgedehntem
geschwürigem Zerfall, Wange und Nase stark geschwollen und ge-
röthet, eben so die Gegend unterhalb der Nase und Oberlippe afficirt.
Behandlung mit Röntgenstrahlen 24. Oktober 1896, Entfernung von
der Röhre 10—6 cm, täglich !/, Stunde. Nach einer Woche deutliche
Besserung, beginnende Ausheilung des Geschwürs, nach 16 Tagen
starke Dermatitis und Haarausfall in der rechten Schläfengegend.
Die Haut intensiv geröthet, löste sich in Bläschen ab, auch die rechten
Cilien, Augenbrauen und Barthaare fielen aus. Die Heilung geht
langsam von statten, der Lupus vollständig beseitigt. Da sich Anfang
März noch eine verdächtige Stelle an der rechten Nasenseite zeigte,
wurde nunmehr mit großer Vorsicht und unter dem Schutz einer
Bleimaske weitere Bestrahlung vorgenommen und sofort aufgehört,
wenn sich eine Reaktion zu zeigen begann. Die Knötchen schwanden
bald, um Anfang Juli war auch die Dermatitis geheilt, und Pat.
wurde mit zarter weißer Narbe entlassen. Wie Sie sehen, ist jetzt
eine gleichmäßig schöne; nicht entstellende Narbe von weißlicher
Farbe vorhanden. Spur von Knötchenbildung nirgends zu entdecken.
Seit 24, Jahr ist Pat. vollkommen geheilt, die Haare sind nur sehr
spärlich wiedergewachsen. f
Otto M., 16 Jahre alt, tuberkulös belastet. Seit dem 4. Lebens-
jahr an Lupus leitend. Beide Wangen, Nase, Ohren, Hals bis zum
Sternum herabreichend, sind theils mit dicken Borken, theils mit
deutlichen Knötchen und ausgebreiteten Ulcerationen bedeckt, welche
üblen Geruch verbreiten. Linkes Knie fungös erkrankt. Nach ver-
geblicher konservativer Behandlung von Herrn Dr. Sick resecirt und
geheilt. Am 1. August 1897 wird bei Pat., nachdem Tuberkulininjektion
starke Reaktion, jedoch keine Besserung hervorgebracht, die Behand-
lung mit Röntgenstrahlen begonnen. Schon nach wenigen Sitzungen
fallen die Borken ab, und einzelne Geschwürsstellen vernarben. Eine
nennenswerthe Reaktion, welche zum Aussetzen der Behandlung
nöthigte, ist nicht eingetreten, die Heilung macht rasche Fortschritte.
Anfang Januar ist der Lupus des Gesichts, der Nase, Lippe und
des Halses vollkommen geheilt. Am rechten Ohrläppchen noch eine
kleine, mit Borken bedeckte Stelle, welche noch weiter bestrahlt wird
und rasch ausheilt. Wie Sie jetzt sehen, ist die große lupöse Fläche
N
vollkommen verheilt mit einer glatten, nicht entstellenden Narbe. Am
Unterkiefer noch eine kleine Drüse vorhanden. Allgemeinbefinden
sehr gut.
Fall III. Martha Gr., 7 Jahre alt. Multiple Knochentuberkulose
an Ellbogengelenk und Fuß. Lupus der rechten Wange, Kinn und
rechten Nasenhälfte. Nach operativer Behandlung der Knochentuber-
kulose, Einwirkung der Röntgenstrahlen auf den Lupus vom 1. Februar
1898 ab. Trotz vorsichtiger Behandlung in der Mitte der Wange
eine starke Reaktion. Lupus Ende März vollkommen geheilt bis auf
eine 10Pfennigstück große gut granulirende Stelle, der Rest der akuten
Dermatitis; Lupusknötchen oder kranke Stellen nirgends zu kon-
statiren.
Fall IV. Frieda S., 20 Jahre alt. Seit 5 Jahren Lupus des Ge-
sichts und der Nase. Vor 2 Jahren von mir operirt. Jetzt Recidiv
an Wange und Nase. Behandlung mit Röntgenstrahlen am 30. Sep-
tember. Keine irgend wie störende Reaktion, die vorhandenen Borken
und Schorfe abgefallen, keine Knötchen zu sehen. Pat. wird am
25. Oktober entlassen und noch einige Zeit ambulant mit Röntgen-
strahlen behandelt. Seit Anfang December geheilt. Dieser Fall
zeigte keine große Ausdehnung der lupösen Erkrankung.
Fall V. Bertha S., 16 Jahre alt, tuberkulös belastet. Seit 6 Jahren
an Lupus des Gesichts leidend, vordere Partie der Nase zerstört,
das ganze Gesicht gedunsen, mit dicken Borken und lupösen Ge-
schwüren bedeckt. Beide Lippen ulcerirt, geschwollen, borkig belegt.
Inframaxillardrüsen geschwollen. Das ganze Gesicht eine entstellte
geschwürige Fläche, auf der nur wenig gesunde Hautpartien zu schen
sind. Pat. wird mit Tuberkulininjektion vom 1. April ab behandelt,
während eine andere zu derselben Zeit aufgenommene Pat. (Fall 6),
welche ungefähr die gleich schwere Zerstörung des ganzen Gesichts
darbot, von vorn herein den Röntgenstrahlen ausgesetzt wird. Unter
vorsichtiger Tuberkulinbehandlung stoßen sich die Borken ab und
reinigen sich die Geschwürsflächen; da jedoch keine Neigung zur
Vernarbung eintritt, und mehrere Wochen kein Fortschritt zu be-
merken ist, wird mit Röntgenstrahlen begonnen Mitte Juli. Rasch
fortschreitende Vernarbung, keine störende Reaktion. Am 21. Sep-
tember noch eine kleine Geschwürsfläche an der Nase und eine
linsengroße an der Oberlippe. Aus pekuniären Gründen wird Pat.
zur ambulanten Behandlung entlassen. Die letzten Ulcera vernarben
rasch. Pat.. hat jetzt ein vollkommen glattes Gesicht mit blasser
Narbe. Lippe von normaler Form. Nirgends Knötchen oder Ulceration
zu entdecken.
Fall VI. Alma Gr. 17 Jahre alt. Tuberkulös belastet. Seit 4 Jahren
an Lupus leidend. Mehrfach mit Tuberkulin, Milchsäureätzung und
Kauterisation behandelt. Der Lupus ulcerans hat jetzt die ganze Um-
gebung des rechten Auges ergriffen, Nase, Lippe und Wange, den
ganzen Hals bis zum Sternum; Spitze und Flügel der Nase voll-
ständig zerstört, Cornea des rechten Auges getrübt. Auch an der
eg R
Schulter ulcerirte Stellen. Gesicht an vielen Stellen [mit dicken
Borken bedeckt. Beide Spitzen erkrankt, Stimme stark heiser. Am
22. März 2mal täglich !/, Stunde bestrahlt. Bei Eintritt der ge-
ringsten Reaktion Aussetzen der Bestrahlung. Gleichzeitig wird eine
lupös erkrankte Zehe und Arm mit Röntgenstrahlen behandelt. Am
14. August sind ohne wesentliche Reaktionen die Ulcerationen im
Gesicht völlig verheilt und vernarbt. Einzelne Knötchen am Halse
und hinter dem Ohr werden weiter bestrahlt. Anfang des Jahres
ist das ganze Gesicht in eine glatte blasse Narbe verwandelt; eine
verdächtige Stelle am Kinn wird mit einer Voltohm-Röhre bestrahlt,
wodurch eine starke 3markstückgroße Wirkung eintritt, welche sehr
langsam heilt. Außer dieser artificiellen Ulceration vollständige
Heilung der ausgedehnten lupösen Zerstörung. Diese Pat. wurde
etwa zu gleicher Zeit mit Fall 5 (Tuberkulininjektion) behandelt.
Die Fortschritte in der Heilung bei der Bestrahlung waren viel
rascher und führten zum Ziel, während die andere Pat. später erst
nach Erfolglosigkeit der Tuberkulinbehandlung mit Röntgenstrahlen
geheilt wurde.
Fall VII. Frau K., 56 Jahre alt. Tuberkulös belastet. Seit
15 Jahren Lupus der Nase. Spitze der Nase und linke Seite, so wie
linke Gesichtsseite derb infiltrirtt und mit zahlreichen Knötchen und
Ulcerationen bedeckt. Typische Behandlung mit Röntgenstrahlen. Ge-
ringe Reaktion, Pause von wenigen Tagen. 3monatliche Behandlung.
Vollständige Heilung. Die Spuren der früheren Erkrankung kaum
noch zu sehen.
Fall VIII. Frau D., 28 Jahre alt. Seit 10 Jahren Lupus der
Nase, seit 5 Jahren in ärztlicher Behandlung. Ganze Nase mit
Konötchen, Ulcerationen und Borken bedeckt, Nasenflügel zum Theil
zerstört. Typische Behandlung mit Röntgenstrahlen 2mal täglich
1/4 Stunde. 28. November 1897. Am 13. Januar Ulceration vernarbt,
Borken beseitigt, kein Knötchen mehr, Nase noch geröthet. Wird
ambulant weiter behandelt. Beginn des Abblassens der rothen Haut-
farbe.
Fall IX. Elise M., 29 Jahre alt, wurde wegen ausgedehnten
Lupus des Gesichts 1894 und 1895 mit Auskratzungen, Kauterisation
und Tuberkulininjektion behandelt. Letztere wurde 5 Monate lang
ohne örtliche Reaktion fortgesetzt, es wurden 60 g verbraucht. Pat.
wurde gebessert entlassen. Ausgedehnter Lupus des ganzen Gesichts
bis auf die Stirn übergreifend und bis zur rechten Schulter sich er-
streckend. Zwischen den einzelnen Knötchen ausgedehnte Ulceration.
Um die Wirkung einer anderen Methode mit der der Röntgenstrahlen
vergleichen zu können, wurden bei der gleichen Ausdehnung der
lupösen Zerstörung über beide Gesichtshälften die rechte Seite mit
der Heißluftkauterisation behandelt. Herr Dr. Holländer nahm
freundlicherweise die Operation vor und demonstrirte uns dabei
seine Methode den 15. Februar. Die ganze rechte Gesichtsseite und
ein Theil des Halses waren in einen derben lederartigen Schorf ver-
—59—
wandelt; derselbe stieß sich bald ab, und frische Granulationen traten
zu Tage. In überraschend schneller Zeit war die Vernarbung einge-
treten. Außer einem durch Narbenzug hervorgerufenen Ektropium
des rechten äußeren Augenwinkels eine glatte, mit Epidermis über-
kleidete Fläche ohne narbige Schrumpfung. Sobald es der Zustand
der Pat. gestattete, wurde die rechte Seite mit Röntgenstrahlen be-
handelt. Den 1. März. Geringe Reaktion, Aussetzen während einiger
Tage. Rasch fortschreitende Vernarbung. Heilung der Ulcera und Ver-
schwinden der Knötchen. Anfang dieses Monats ist die linke Seite
verheilt, eine glatte rothe Hautfläche. An einzelnen Stellen teginnt
schon ein Blasserwerden der Haut. Auf der kauterisirten Seite
werden einzelne Lupusknötchen sichtber.
Fall X. Emma E., 23 Jahre alt. Seit längeren Jahren Lupus
des Gesichts vielfach behandelt, multiple Knochentuberkulose. Aus-
gedehnter Lupus der Nase und beider Wangen. Nasenspitze zer-
stört. Seit 4. August Anwendung der Röntgenstrahlen.
Bei der zarten Haut stärkere Reaktion, welche zum Aussetzen
nötbigt. Dieselbe tritt nicht wieder ein, nachdem Pat. weiter von
der Röhre entfernt ist. Am 22. December wird Pat. für einige Zeit
entlassen. An der Nasenspitze glatte, weiße Narbe, Heilung der
Oberlippe, Knötchen flachen ab; jetzt noch einzelne auf der Wange
zu sehen.
Die vorgelegten Photographien illustriren nur sehr mangelhaft
die erzielten Resultate. Sommersprossen und einzelne Pigmentflecke
imponiren darauf leicht als Lupusknötchen.
In allen behandelten Fällen ist stets ein Erfolg eingetreten und
bei genügend langer Anwendung auch zeitweise Heilung, die bis
jetzt wenigstens anhält. Es ist nicht zu leugnen, dass die Dauer der
Behandlung oft eine recht lange ist und gewiss mehr Zeit erfordert,
als bei anderen Methoden; dafür ist dieselbe auch bei richtiger
Handhabung schmerzlos, ohne Narkose auszuführen. Was mir das
Wesentlichste an der Methode zu sein scheint, ist das gute Endre-
sultat. Es entstehen Narben so glatt, der normalen Haut wieder so
nahe kommend, wie sie nach meinem Dafürhalten durch keine
andere Methode der Behandlung erzielt werden. Die Heilung voll-
zieht sich im Ganzen in derselben äußerlich sichtbaren Weise. Die
Geschwüre reinigen sich und vernarben, die Borken trocknen ein
und fallen ab, die Knötchen schrumpfen, die Haut schuppt ab,
die Röthung der Haut schwindet allmählich und macht einer weißen
Narbe Platz. Für kleinere eircumscriptere lupöse Herde wird man
gewiss der Excision mit nachfolgender Naht oder der Transplantation
den Vorzug geben, weil dadurch im Großen und Ganzen der Heilungs-
verlauf abgekürzt wird. Für die ausgedehnten Fälle von Lupus,
welche das ganze Gesicht einnehmen, Nase, Augenlider, Lippe bereits
in Mitleidenschaft gezogen haben und auf den Hals bis zum Sternum
reichen, wie es in den meisten unserer Fälle war, kann ich mir
keine schonendere Methode denken, welche alles Gewebe erhält,
GE EE
Schulter ulcerirte Stellen. Gesicht an vielen Stellen [mit dicken
Borken bedeckt. Beide Spitzen erkrankt, Stimme stark heiser. Am
22. März 2mal täglich !/, Stunde bestrahlt. Bei Eintritt der ge-
ringsten Reaktion Aussetzen der Bestrahlung. Gleichzeitig wird eine
lupös erkrankte Zehe und Arm mit Röntgenstrahlen behandelt. Am
14. August sind ohne wesentliche Reaktionen die Ulcerationen im
Gesicht völlig verheilt und vernarbt. Einzelne Knötchen am Halse
und hinter dem Ohr werden weiter bestrahlt. Anfang des Jahres
ist das ganze Gesicht in eine glatte blasse Narbe verwandelt; eine
verdächtige Stelle am Kinn wird mit einer Voltohm-Röhre bestrahlt,
wodurch eine starke 3markstückgroße Wirkung eintritt, welche sehr
langsam heilt. Außer dieser artificiellen Ulceration vollständige
Heilung der ausgedehnten lupösen Zerstörung. Diese Pat. wurde
etwa zu gleicher Zeit mit Fall 5 (Tuberkulininjektion) behandelt.
Die Fortschritte in der Heilung bei der Bestrahlung waren viel
rascher und führten zum Ziel, während die andere Pat. später erst
nach Erfolglosigkeit der Tuberkulinbehandlung mit Röntgenstrahlen
geheilt wurde.
Fall VII. Frau K., 56 Jahre alt. Tuberkulös belastet. Seit
15 Jahren Lupus der Nase. Spitze der Nase und linke Seite, so wie
linke Gesichtsseite derb infiltrirt und mit zahlreichen Knötchen und
Ulcerationen bedeckt. Typische Behandlung mit Röntgenstrahlen. Ge-
ringe Reaktion, Pause von wenigen Tagen. 3monatliche Behandlung.
Vollständige Heilung. Die Spuren der früheren Erkrankung kaum
noch zu sehen.
Fall VIII. Frau D., 28 Jahre alt. Seit 10 Jahren Lupus der
Nase, seit 5 Jahren in ärztlicher Behandlung. Ganze Nase mit
Knötchen, Ulcerationen und Borken bedeckt, Nasenflügel zum Theil
zerstört. Typische Behandlung mit Röntgenstrahlen 2mal täglich
1/4 Stunde. 28. November 1897. Am 13. Januar Ulceration vernarbt,
Borken beseitigt, kein Knötchen mehr, Nase noch geröthet. Wird
ambulant weiter behandelt. Beginn des Abblassens der rothen Haut-
farbe.
Fall IX. Elise M., 29 Jahre alt, wurde wegen ausgedehnten
Lupus des Gesichts 1894 und 1895 mit Auskratzungen, Kauterisation
und Tuberkulininjektion behandelt. Letztere wurde 5 Monate lang
ohne örtliche Reaktion fortgesetzt, es wurden 60 g verbraucht. Pat.
wurde gebessert entlassen. Ausgedehnter Lupus des ganzen Gesichts
bis auf die Stirn übergreifend und bis zur rechten Schulter sich er-
streckend. Zwischen den einzelnen Knötchen ausgedehnte Ulceration.
Um die Wirkung einer anderen Methode mit der der Röntgenstrahlen
vergleichen zu können, wurden bei der gleichen Ausdehnung der
lupösen Zerstörung über beide Gesichtshälften die rechte Seite mit
der Heißluftkauterisation behandelt. Herr Dr. Holländer nahm
freundlicherweise die Operation vor und demonstrirte uns dabei
seine Methode den 15. Februar. Die ganze rechte Gesichtsseite und
ein Theil des Halses waren in einen derben lederartigen Schorf ver-
— Dä —
wandelt; derselbe stieß sich bald ab, und frische Granulationen traten
zu Tage. In überraschend schneller Zeit war die Vernarbung einge-
treten. Außer einem durch Narbenzug hervorgerufenen Ektropium
des rechten äußeren Augenwinkels eine glatte, mit Epidermis über-
kleidete Fläche ohne narbige Schrumpfung. Sobald es der Zustand
der Pat. gestattete, wurde die rechte Seite mit Röntgenstrahlen be-
handelt. Den 1. März. Geringe Reaktion, Aussetzen während einiger
Tage. Rasch fortschreitende Vernarbung. Heilung der Ulcera und Ver-
schwinden der Knötchen. Anfang dieses Monats ist die linke Seite
verheilt, eine glatte rothe Hautfläche. An einzelnen Stellen teginnt
schon ein Blasserwerden der Haut. Auf der kauterisirten Seite
werden einzelne Lupusknötchen eichter.
Fall X. Emma E., 23 Jahre alt. Seit längeren Jahren Lupus
des Gesichts vielfach behandelt, multiple Knochentuberkulose. Aus-
gedehnter Lupus der Nase und beider Wangen. Nasenspitze zer-
stört. Seit 4. August Anwendung der Röntgenstrahlen.
Bei der zarten Haut stärkere Reaktion, welche zum Aussetzen
nöthigt. Dieselbe tritt nicht wieder ein, nachdem Pat. weiter von
der Röhre entfernt ist. Am 22. December wird Pat. für einige Zeit
entlassen. An der Nasenspitze glatte, weiße Narbe, Heilung der
Oberlippe, Knötchen flachen ab; jetzt noch einzelne auf der Wange
zu sehen.
Die vorgelegten Photographien illustriren nur sehr mangelhaft
die erzielten Resultate. Sommersprossen und einzelne Pigmentflecke
imponiren darauf leicht als Lupusknötchen.
In allen behandelten Fällen ist stets ein Erfolg eingetreten und
bei genügend langer Anwendung auch zeitweise Heilung, die bis
jetzt wenigstens anhält. Es ist nicht zu leugnen, dass die Dauer der
Behandlung oft eine recht lange ist und gewiss mehr Zeit erfordert,
als bei anderen Methoden; dafür ist dieselbe auch bei richtiger
Handhabung schmerzlos, ohne Narkose auszuführen. Was mir das
Wesentlichste an der Methode zu sein scheint, ist das gute Endre-
sultat. Es entstehen Narben so glatt, der normalen Haut wieder so
nahe kommend, wie sie nach meinem Dafürhalten durch keine
andere Methode der Behandlung erzielt werden. Die Heilung voll-
zieht sich im Ganzen in derselben äußerlich sichtbaren Weise. Die
Geschwüre reinigen sich und vernarben, die Borken trocknen ein
und fallen ab, die Knötchen schrumpfen, die Haut schuppt ab,
die Röthung der Haut schwindet allmählich und macht einer weißen
Narbe Platz. Für kleinere circumscriptere lupöse Herde wird man
gewiss der Excision mit nachfolgender Naht oder der Transplantation
den Vorzug geben, weil dadurch im Großen und Ganzen der Heilungs-
verlauf abgekürzt wird. Für die ausgedehnten Fälle von Lupus,
welche das ganze Gesicht einnehmen, Nase, Augenlider, Lippe bereits
in Mitleidenschaft gezogen haben und auf den Hals bis zum Sternum
reichen, wie es in den meisten unserer Fälle war, kann ich mir
keine schonendere Methode denken, welche alles Gewebe erhält,
— 60 —
welches zu erhalten ist, die Geschwüre rasch zur Vernarbung bringt
und mit einer glatten blassen Narbe abschließt; von tiefergehender
Narbenschrumpfung ist nichts zu sehen, Ektropien der Augenlider,
wie man sie bei chirurgischen Methoden so häufig entstehen sieht,
haben wir nie gesehen.
Nachdem wir jetzt gelernt haben, die schweren Zerstörungen der
Haut zu vermeiden und mit minimaler Reaktion oder ohne eine
solche zum Ziele zu kommen, behandeln wir die Pat. meist so lange,
bis die Schorfe abgestoßen, die Geschwüre verheilt und die Knöt-
chen zum größten Theil verschwunden sind. Alsdann können die
Kranken, wenn es ihre Verhältnisse erlauben, oder es gewünscht
wird, zur ambulanten Behandlung entlassen werden. Sie werden
dann ohne Störung des Berufs täglich '/,—'/, Stunde der Bestrahlung
ausgesetzt.
Bei der geringsten Reaktion Aussetzen der Behandlung und,
wenn nöthig, Bleiwasserumschläge, welche sich uns am besten zur
Beseitigung der akuten Dermatitis bewährt haben. Dass es sich in
unseren Fällen zunächst nur um zeitweilige Heilungen handelt, ist
selbstverständlich. Die Zeit ist bis jetzt zu kurz, um von Dauer-
resultaten sprechen zu können.
Worauf beruht nun die günstige Wirkung der Röntgenstrahlen
auf das lupöse Gewebe? Sind es specifische \Virkungen der noch
nach ihrem Wesen unbekannten X-Strahlen oder die Wirkung des
Lichts oder speciell die des elektrischen? Finsen in Kopenhagen hat
in ausgelehntem Maße Versuche mit koncentrirtem Sonnen- und
elektrischem Licht angestellt, die Wirkung desselben auf die ver-
schiedensten Bakterienarten beobachtet und dasselbe zu therapeutischen
Zwecken verwandt. Da man das Sonnenlicht nicht immer zur Ver-
fügung hat, ist es für regelmäßige therapeutische Maßnahmen nicht
zu gebrauchen. Finsen verwandte desshalb ein System von Sammel-
linsen und eine Bogenlampe von 25 Ampere und erzielte damit sehr
günstige Heilerfolge bei Lupus. Ca. 50 Pat. wurden behandelt, ein
großer Theil ist noch in Behandlung, 20 wurden geheilt. Aus der
interessanten Arbeit geht hervor, dass der Lupus auch durch kon-
centrirtes Sonnenlicht, vor Allem durch koncentrirtes elektrisches
Licht zu heilen ist. Eine specifische Wirkung der Röntgenstrahlen
ist somit auszuschließen. Eben so ist die Wirkung der Wärme und
die durch diese hervorgerufene Wirkung auszuschließen, da wir,
wie ich mittheilte, ohne solche Wirkungen seit längerer Zeit
gute Erfolge erzielten, und in dem Finsen’schen Apparat ebenfalls
die Wärmestrahlen ausgeschaltet werden. Um die interessanten
Finsen’schen Versuche nachprüfen und die Wirkung des koncentrirten
Lichts auf den Lupus beobachten zu können, haben wir in unserem
Krankenhause den Finsen’schen Apparat aufstellen lassen. Der Ein-
fachheit halber möchte ich Ihnen den Haupttheil des Apparates, das
Linsensystem vorführen; die Anordnung des Ganzen werden Sie aus
dieser Photographie ersehen. Die Lichtquelle bildet eine von Sie-
E
mens & Halske hergestellte Bogenlampe von 25 Ampère und
65 Volt. Der Brennpunkt muss ein absolut fester sein, um eine
richtige Einstellung des Linsensystems zu ermöglichen; auch das
letztere muss feststehen und keinen Schwankungen unterworfen sein.
Um dies zu erreichen ist Lampe und Linsensystem an einem festen
Eisengestell angebracht, oben befindet sich die Bogenlampe mit festem
Brennpunkt, in einem Abstand von 10 bis 12 cm von der Licht-
quelle werden die Linsen eingestellt. Die fernrohrähnliche Messing-
hülse, welche die Linse enthält, ist an einem seitlichen, in einem
Winkel von genau 130° befestigten Eisenstab verschieblich angebracht.
Das Linsensystem besteht aus 4 Bergkrystalllinsen in 2 getrennten
Röhren, welche in einander verschieblich sind. In dem vorderen
Theil befindet sich ein großer Behälter zur Aufnahme von Wasser
zur Ausschaltung von Wärmestrahlen oder von Methylenblaulösung
zur Erzielung der chemisch wirksamsten koncentrirten blauen Strahlen.
Ohne Wasser wird durch das Linsensystem natürlich eine sehr starke
Wärme erzeugt, welche die Haut sofort verbrennen würde und welche
Papier sofort verkohlt. Nach Einschaltung des Wassers macht sich
nur die Wirkung des centralen elektrischen Lichtes geltend, eine
Wärmeentwicklung findet absolut nicht statt. Um das chemisch
indifferente rothe Licht, welches durch das Blut der Hautgefäße ab-
gegeben wird, auszuschalten, presst Finsen auf die zu bestrahlenden
lupösen Partien etwa thalergroße Glasplatten auf, um dieselben anämisch
zu machen. Diese Druckgläser bestehen aus zwei einen Hohlraum
bildenden Gilasplatten, zwischen denen zur sicheren Ausschaltung
aller Wärmestrahlen, wenn nöthig, noch kaltes Wasser cirkuliren
kann. Durch das Aufpressen dieser Glasplatten treten die einzelnen
Lupusknötchen mit größter Deutlichkeit zu Tage, wenn der Licht-
kegel auf sie fällt. Die zur Zeit beleuchtete Fläche ist nur etwa
10pfennigstückgroß, und muss eine Stelle nach der anderen der Be-
leuchtung unterworfen werden. Die Behandlung zieht sich wie bei
Anwendung der Röntgenstrahlen über Wochen und Monate hin.
Einzelne Lupusknötchen können zuweilen in einer Sitzung von etwa
20 Minuten beseitigt werden. Diese sehr wirksame Methode mit
koncentrirtem elektrischen Licht hat, wie es mir scheint, den Röntgen-
strahlen gegenüber den Nachtheil, dass zur Zeit nur kleine Partien
bestrahlt werden können, während bei den letzteren sofort die ge-
sammte erkrankte Fläche in Behandlung genommen wird. Es erscheint
mir nicht unpraktisch, eventuell eine Kombination beider Methoden
eintreten zu lassen, indem die großen lupösen Flächen mit Röntgen-
strahlen in Behandlung genommen und einzelne noch zurückbleibende
Knötchen mit dem koncentrirten Licht des Finsen’schen Apparats
beseitigt werden.
Die weitere Frage, ob die heilende Wirkung der Röntgen-
strahlen etwa auf einer Vernichtung der Bakterien beruhe, musste
unsererseits im negativen Sinne beantwortet werden. Es war von
vorn herein anzunehmen, dass die Kathodenstrahlen, welche nach den
ey
Untersuchungen von Wiedemann und Ebert eine größere Energie
der Schwingungen besitzen als die Strahlen des hellsten Sonuenlichts,
auch gleich diesen die Eigenschaft haben würden, pathogene und
sonstige Bakterien zu vernichten.
Die Versuche von Mink, welcher Typhusbacillen 2—8 Stunden
der Einwirkung von Röntgenstrahlen aussetzte, blieben negativ.
Beck und Schultz hatten ebenfalls bei Einwirkung von
20 Minuten bis 2!/, Stunden und bei 25 cm Röhrenabstand negative
Resultate.
Berton hatte bei 24stündiger Exposition, Sabrazes und Rivière
bei 20stündiger bei Diphtheriebacillen resp. bei Bacillus prodigiosus
nur negative Resultate; die Kulturen wuchsen eben so üppig wie die
nicht behandelten.
Lertet und Genoud befassten sich mit der Wirkung der
Röntgenstrahlen auf Tuberkulose, indem sie in der Leistengegend
Kaninchen mit tuberkulöser Milzaufschwemmung impften. Die Kontroll-
tliere zeigten an der geimpften Stelle Geschwüre mit reichlicher
eitriger Sekretion und Schwellung der Leistendrüsen, während die
an der geimpften Stelle mit Röntgenstrahlen behandelten Thiere
keine Absonderung zeigten und in gutem Ernährungszustand blieben.
Eben so glaubte Fiorentini und Cinasoli bei Thierexperimenten
durch Einwirkung der Röntgenstrahlen die Entwicklung von Tuber-
kuloseinfektion zu verzögern.
Rieder! ist der Erste, welcher positive Resultate erzielte. Der
Induktor hatte 30 cm Funkenlänge, Röhrenabstand 10cm, Expositions-
zeit 1—3 Stunden. Bei Tuberkulosebacillen glaubt er eine Beein-
trächtigung des Wachsthums der Kulturen anuehmen zu müssen.
In Agar-Blutserum oder Gelatineplatten suspendirte Bakterien gehen
sicher zu Grunde schon bei ca. 1 Stunde dauernder Einwirkung der
Röntgenstrahlen. Auch Bacillenkulturen, z. B. der Cholera, können
durch länger dauernde Bestrahlung abgetödtet werden, dagegen ge-
lang der Versuch, andere Kolonien in ihrer weiteren Entwicklung auf-
zuhalten, z. B. in Gelatinekulturen, nach 24stündigem Wachsthum
nur theilweise.
Unsere Versuche lieferten ein absolut negatives Resultat. Zur
Verwendung kamen Bacterium coli, Staphylococcus aureus, Strepto-
coccus und Micrococcus prodigiosus. Selbst nach 12stündiger Ein-
wirkung wuchsen die in Petri’schen Schälchen ausgesäten Kolonien
eben so üppig, wie die Kontrollkulturen. Bei 3 mit Tuberkelbacillen
angestellten Versuchsreihen, bei denen die Kulturen täglich !/, Stunde
den Strahlen ausgesezt waren, wuchsen selbst nach Fortsetzung
der Bestrahlung während 24 Tagen die behandelten Kulturen eben
so üppig, wie die nicht bestrahlten. Worauf die Verschiedenheit der
Resultate Rieder’s und der anderen Beobachter beruht, ist schwer
zu sagen.
1 Münchener med. Wochenschrift 1893. No. 4.
Hug AE
Was die Einwirkung des koncentrirten Lichts auf Bacillenanbetrifft,
so erzielte Finsen in relativ kurzer Zeit positive Resultate. Benutzt
wurden Kulturen von Micrococcus prodigiosus, Bacterium fluorescens,
Bacterium coli, Typhus und Milzbrand, in der Hauptsache Micro-
coccus prodigiosus. Die Versuche wurden so angestellt, dass 2 Parallel-
kulturen, die eine mit dem koncentrirten blauen Licht, die andere
mit direktem Bogenlicht bei 75 cm Abstand beleuchtet wurden.
Das unkoncentrirte Licht schwächte die Wachsthumsfähigkeit nach
11/2 Stunde ab und tödtete nach 8—9 Stunden, während das kon-
centrirte blaue Licht nach 4—5 Minuten abschwächte und nach
15—20 Minuten tödtete.
Wie wir sehen, ist auch die baktericide Wirkung der Röntgen-
strahlen als wirksamer Faktor in der Heilung des Lupus wohl mit
ziemlicher Sicherheit auszuschließen.
Es handelt sich um bis jetzt noch nicht näher gekannte Ein-
wirkungen auf das Gewebe, vielleicht trophoneurotischer Art.
"Possen wir unsere Erfahrungen über die Wirkung der Röntgen-
strahlen und des koncentrirten Lichts auf den Lupus kurz zusammen,
so möchte ich folgende Punkte besonders hervorheben:
1) Die Röntgenstrahlen bilden ein sehr werthvolles therapeutisches
Mittel zur Behandlung resp. zur Heilung des Lupus.
2) Die Heilung geht um so sicherer und schneller von statten,
je mehr die eine längere Unterbrechung erfordernden schweren Ver-
letzungen der Haut vermieden werden.
3) Eine specifsche Wirkung ist den Röntgenstrahlen bei der
günstigen Wirkung auf den Lupus nicht zuzuschreiben.
4) Die Heilung des Lupus durch die Röntgenstrahlen beruht
nicht auf der durch zu starke Ströme oder zu geringe Entfernung
des Objekts von der Röhre veranlasste akute Dermatitis, sondern auf
einer in seiner Eigenart noch nicht näher bekannten Beeinflussung des
lupösen Gewebes; vielleicht handelt es sich um ein elektro-chemischen
Process (Jankau), oder um eine trophoneurotische Einwirkung
(Barthelemy).
5) Dasselbe gilt von der Wirkung des koncentrirten Lichts
(Finsen), wodurch der Lupus ebenfalls günstig beeinflusst resp. ge-
heilt wird.
6) Die durch Anwendung der Röntgenstrahlen entstandenen
Narben sind weit glatter und schöner als die durch andere Behand-
lung entstandenen. Narbenkontraktionen mit ihren entstellenden
Nebenwirkungen haben wir bis jetzt nicht beobachtet.
7) Für Behandlung großer lupöser Flächen ist die Röntgen-
bestrahlung der mit koncentrirtem Licht vorzuziehen.
(Original.)
PR ee
17) O. Tilmann. Über Hirnschüsse.
Der Vortr. hat die Veränderungen und Zerstörungen studirt,
die das Gehirn beim Beschuss erleidet. Er stellte zahlreiche
Schießversuche mit einem 9 mm Revolver an und kommt zum
Schluss, dass man am durchschossenen Gehirn 3 Grade der Zer-
störung unterscheiden muss: 1) Die durch das Geschoss direkt zer-
malmten Hirntheile, 2) eine um den Schusskanal liegende Zone
von aufgelockerter Hirnmasse, 3) die Zone der gezerrten Hirntheile,
die sich durch Risse im Hirngewebe, durch kapilläre Blutergüsse
markirt, in der Nähe des Schusskanals am stärksten ist und nach
der Peripherie zu abnimmt. Der Schusskanal nimmt vom Einschuss
bis etwa zu seiner Mitte an Durchmesser zu, dann bis zum Aus-
schuss wieder ab, so dass der Ausschuss kleiner ist als der Einschuss.
Die grauen Hirnknoten sind bei der Zerstörung stärker betheiligt
als die weiße Hirnmasse, da sie gefäßreicher und weniger fest sind.
Die Erklärung dieser Art der Zerstörung sieht T. in der hydrody-
namischen Druckwirkung; dass dieselbe wirklich zu Recht besteht,
beweist er durch kinematographische Aufnahmen zweier Schädel-
schüsse, von denen der eine vorübergehende Aufblähung des ganzen
Schädels, der andere eine Explosion zeigte, bei der die Himtheil-
chen nach dem Ausschuss, so wie radiär nach den Seiten geschleu-
dert wurden, während die Einschusswand zunächst stehen blieb und
erst später fiel. Das klinische Bild, das die Schussverletzungen
des Gehirns geben, kann nur von der Gesammthelt dieser Läsionen
des Organs abhängen, und ist es nicht möglich, die einzelnen Lä-
sionen gesondert zu diagnosticiren. Für die Behandlung haben die
Untersuchungen ergeben, dass die exspektative Behandlung nach
v. Bergmann die richtige ist. (Selbstbericht.)
Diskussion. Braatz (Königsberg) berichtet über einen Fall
von Schussverletzung des Gehirns, den er in 2 Operationen heilte.
Nach der ersten Operation beklebte B. die Narbe mit Bleidraht und
nahm dann ein Röntgenbild des Schädels auf. Er empfiehlt, bei
solchen Aufnahmen einen Bleidraht rings um den Kopf zu legen.
Jaffé (Hamburg).
15) v. Fedoroff (Moskau). Über Kraniektomien nebst einigen
Betrachtungen über den Heilungsprocess größerer Operations-
defekte am Schädel.
Die moderne Chirurgie muss jetzt zwei ganz verschiedene Ope-
rationsverfahren an den Schädelknochen als zwei besondere Typen
auffassen: 1) die ausgedehnten temporären Resektionen am Schädel
(die Kraniotomien), welche uns einen breiten Weg ins Cavum cranii
gestatten, und von denen ein Theil, als Probekraniotomien, analog
den Probelaparotomien, aufgefasst werden kann, 2) alle Resektionen,
EE et
wo Theile von erkrankten Schädelknochen mit weggenommen werden
müssen — die Kraniektomien.
Bei 3 Fällen von Kraniektomien handelt es sich um zwei Kranke:
einen 18jährigen jungen Mann, bei dem in etwa 6monatlicher Dauer
2 Resektionen am Schädel gemacht wurden, und einen 25jährigen
Priester. Im 1. Falle wurde bei der 1. Operation ein großes Sarkom
des rechten Scheitelbeins mit der Dahlgren’schen Knochenzange
und ein paar Meißelschlägen in etwa 10 Minuten entfernt. Der
Defekt des Schädeldaches, der 10 zu 12 cm betrug, wurde nur mit
Haut gedeckt. Prima intentio. Nach 3 Monaten gesund entlassen.
Nach 6 Monaten ein Recidiv an derselben Stelle. Während dieser
Zeit hatte sich der Kranke aber ganz wohl gefühlt und alle seine
früheren Arbeiten gut verrichten können.
Bei der 2. Operation mussten, da der Tumor viel größer als das
1. Mal war, nicht nur Knochen, sondern auch die Dura nebst einem
kleinen(10pfennigstückgroßen)Theile derHirnsubstanz fast in der ganzen
Ausdehnung des Schädeldefekts mit excidirt werden. Die Größe
der Defekts betrug 15 zu 14 cm. Während der ganzen Operation
starke Blutung. Die Operation dauerte etwa 35 Minuten, obgleich
hauptsächlich mit Kreissäge und weniger mit Meißeln gearbeitet
wurde. Wegen zu großen Blutverlustes trat der Tod 3 Stunden
nach der Operation ein.
Bei dem 2. Pat. wurde mit der Kreissäge wegen Sarkoms der
rechten Stirnhöhle ein Stück Knochen vom Stirnbein in einer Größe
von 6 zu 6cm in etwa 6—8 Minuten herausgesägt. Während der
Operation auch starke Blutung, die nach Entfernung des Knochens
leicht mit Klemmpincetten gestillt wurde. Glatter Verlauf. Nach
1 Monate etwa aus der Klinik ohne Prothese entlassen. Kann seinen
Dienst gut wie früher verrichten.
Bei allen solchen ausgedehnten Kraniektomien werfen sich haupt-
sächlich folgende Fragen auf: wie groß die Resektionsdefekte am
Schädeldach und, wenn nöthig, auch an der Dura sein können, wie
dieselben heilen und ob sie später geschlossen werden müssen.
Was in der Litteratur darüber bekannt ist und die Experimente
des Verf. an Hunden, bei denen, ohne irgend welche Nachtheile
fürs Leben, das ganze Schädeldach und die Dura mit entfernt wurden,
beweisen, gestatte folgende Schlüsse:
1) Die bösartigen Geschwülste des Schädeldaches müssen mög-
lichst weit im noch völlig gesunden Knochen exstirpirt werden, wobei
auch die Dura, wenn sie aueh nur verdächtig erscheint, mit fort-
genommen werden muss.
2) Die Größe des dabei entstandenen Schädeldefektes und der
Dura kann, wenn nöthig, die Hälfte und vielleicht noch mehr des
Schädeldaches betragen.
3) Solche große Defekte können: lange Zeit nur mit Haut be-
deckt bleiben, ohne dem Kranken große Gefahren für sein Leben
Chirurgen-Kongress 1898. SE
ei Ge
zu verursachen und ihn in seiner gewöhnlichen Arbeit zu beein-
trächtigen.
4) Muss bei der Operation dem Blutverluste die größte Auf-
merksamkeit geschenkt werden und darum so schnell wie mög-
lich und mit dazu geeigneten Instrumenten, am besten mit elek-
trischen Kreissägen, operirt werden. (Selbstbericht.)
19) Doyen (Paris). Mittheilungen über Hirnchirurgie.
Redner zeigt sein Instrumentarium, wie er es zur Kraniektomie
benutzt. Die Operation kann mit der Hand allein ausgeführt werden
oder mit Zuhilfenahme eines Elektromotors von etwa einer Pferdekraft.
Instrumentarium für manuelle Operation.
Auf einen Collin’schen Trepan in Drillbohrerform setzt man einen
Bohrer und macht damit 5—6 Löcher in das Schädelgewölbe. Dann
ersetzt man den Bohrer durch einen besonders konstruirten kugel-
förmigen Raspelbohrer, mit dessen Hilfe man mit ein wenig Geschick-
lichkeit die Dura erreicht, ohne Gefahr zu laufen, dieselbe zu ver-
letzen. Die Tabula externa durchschneidet D. von Loch zu Loch
mit seiner kleinen Handsäge, wobei er nur die Basis eines Haut-
Periostlappens stehen lässt; dann vollendet er die Durchtrennung
mit seiner Kneifzange. Die Tabula interna spaltet er mit seinem
gedeckten Meißel, zuerst zwischen den beiden obersten Öffnungen,
dann entlang der Basis des Lappens, und schlägt zuletzt den Haut-
Knochenlappen zurück.
Elektrisches Instrumentarium.
D. bevorzugt das elektrische Instrumentarium, weil es glattere
Wundflächen schafft. Er setzt auf einen Instrumententräger, der
durch eine biegsame, von ihm konstruirte Leitungsschnur mit dem
Elektromotor in Verbindung steht, einen Raspelbohrer, wie er ihn
auch bei der manuellen Methode anwendet, und bohrt 3 Löcher bis
zur Dura mater. Die Dura selbst schiebt er ab und durchsägt die
Schädelwölbung fast in der ganzen Ausdehnung des Hautschnitts.
Die Säge durchtrennt mittels einer besonderen Vorrichtung zuerst
die ganze Dicke des Knochens, ehe sie horizontal weitersägt. Die
Säge, welche D. dazu benutzt, ist nach dem Gehirn zu gedeckt
durch eine auf der Dura gleitende Metallrinne. Die letzte Brücke
durchtrennt man nur bis zur Tabula interna: hierzu verwendet D.
eine feine Säge, welche eine kleine Scheibe über den Zähnen trägt
und in Folge dessen nur bis zu einer gewissen Tiefe eindringen
kann. Die Tabula interna selbst und die Basis des Lappens werden
mit dem schon beschriebenen gedeckten Meißel durchtrennt, und
sodann der ganze Lappen zurückgeschlagen. Die Operation dauert
bei der Anlegung einer großen Öffnung mit der Hand 10—15 Mi-
nuten, mit dem elektrischen Apparat nur 5—10 Minuten.
D
Ss
Für die Eröffnung des Processus mastoideus — Freilegung des
Antrum und des Sinus — ist es besser, manuell vorzugehen mit
längerem cylindrischen Raspelbohrer von 14 mm Durchmesser.
Dis elektrischer Apparat in Verbindung mit größeren Sägen,
einfachen und Raspelbohrern ermöglicht es, in wenigen Augenblicken
die größten osteomyelitischen Herde an -Diaphysen und Epiphysen
bloßzulegen.
Operative Resultate,
Die Hemikraniektomie ist selbst kaum mit einer Gefahr ver-
bunden; nur die Schwere der Gehirnläsion, die man aufsuchen will,
kommt in Betracht.
Falls es aus dem Knochen stark blutet, ist es am besten, die
Haut darüber zu vernähen und die Dura erst 6—7 Tage später zu
eröffnen. Wenn die Dura durch starken intrakraniellen Druck sehr
gespannt ist, so bewirkt eine bloße Incision derselben sofortigen
Nachlass der Symptome, und der Puls steigt z. B. manchmal rasch
von 45 auf 80 Schläge in der Minute. — D. hat eine ganze Anzahl
von Idioten und Mikrocephalen in Beobachtung, deren Besserung
nach der Operation außer Zweifel steht. Bei der ersten Pat., einer
Idiotin mit Morbus Basedowi, die er operirt hat, haben sich vier
Tage nach einer doppelseitigen Kraniektomie Exophthalmus und Struma
zurückgebildet. Vor der Operation konnte Pat. kaum sprechen und
erkannte ihre nächsten Angehörigen nicht mehr. Jetzt ist sie wieder
arbeitsfähig und vermag ordentlich zu sprechen und zu zählen.
Auch einige Epileptiker mit deutlicher Besserung nach der Operation
hat D. in Beobachtung. Ein Fall ist jetzt 5, ein anderer 6 Monate
frei von Anfällen geblieben. In Fällen von Jackson’scher Epilepsie,
bei denen D. keine Läsion der Hirnrinde sähe, sucht er das epilep-
togene Centrum durch elektrische Reizung der Gehirnoberfläche auf
und macht dann die Excision dieser Partie. Bei 2 Fällen hat er
damit 1mal guten Erfolg gehabt. Der 2. Fall ist erst vor Kurzem
operirt und noch in Beobachtung.
Ganz hervorragende Erfolge hat D. erzielt bei der Exstirpation
eines großen tuberkulösen subcortical gelegenen Tumors und bei
der Eröffnung mehrerer tiefgelegener Abscesse, deren Auffindung
überhaupt erst nach einer ausgedehnten Kraniektomie möglich war.
Von weiteren Fällen erwähnt er noch eine Cyste an dem rechten
motorischen Rindencentrum mit linksseitiger Parese und einen Fall
von Meningitis oceipitalis bei einer Erwachsenen. D. hat bei dieser
die Kraniektomie fast in extremis gemacht; die Pat. ist genesen.
Bei Versuchen, auch Tumoren der Basis cranii zugänglich zu
machen, gelang es ihm verschiedenfach ohne Schwierigkeit, das
Chiasma zu erreichen. Mehrere Kranke haben durch die Operation
nur vorübergehende Besserung erlangt, die wohl auf die ausgiebige
Druckverminderung zurückzuführen ist. Es handelte sich in diesen
Fällen, wie wenige Monate später bei der Autopsie festgestellt wurde,
5*
—— 68 —
um Geschwülste am dritten Ventrikel und der Vorderfläche des
Kleinhirns, wohin D. nicht hatte gelangen können.
Es ist aber zu hoffen, dass auch diese bisher ganz unzugäng-
lichen Regionen in das Bereich der Gehirnchirurgie einbezogen
werden. (Selbstbericht.)
20) Ludewig (Hamburg). Zur chirurgischen Behandlung der
chronischen Mittelohreiterung.
Redner giebt zunächst eine Anzahl Präparate von durch Caries
zerstörten Gehörknöchelchen uud von durchsägten Schläfenbeinen,
wie Photographien nach ähnlichen Präparaten herum.
Der Chirurg bekommt eine Ohreiterung erst in die Hand — sei
es vom Hausarzt oder von einem Ohrenarzt, dessen Thätigkeit sich
auf Spritzen oder Pusten beschränkt —, wenn dieselbe den Raum
der Paukenhöhle überschritten und Entzündungserscheinungen in
den Nebenräumen hervorgerufen hat mit Fieber und Schmerzen.
Und was thut er nun? Er meißelt den Knochen hinter dem Ohr
auf. Ist er bis auf den Eiterherd im Knochen vorgedrungen, so ist
seine Thätigkeit meist erschöpft, der Erfolg ein zufriedenstellender:
das Fieber fällt ab und die Schmerzen hören auf. Ganz selbstver-
ständlich giebt es eine Anzahl hervorragender Chirurgen, die sich
mit solchem Eingriff nicht begnügen, sondern bestrebt sind, gründlicher
vorzugehen. Diese Operateure, welche ein specielles Interesse für die
chirurgischen Erkrankungen des Ohres an den Tag gelegt haben,
sind sich darüber einig, dass es bei der Aufmeißelung der Mittelohr-
räume wegen chronischer Eiterung allein darauf ankommen muss,
aus Gehörgang, Paukenhöhle, Attic, Antrum mastoideum
und den lufthaltigen Zellen des Warzenfortsatzes eine ein-
zige große Höhle zu machen.
Wie das erreicht wird, erscheint irrelevant.
Redner wünscht die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die
Extraktion von Hammer und Amboß mit der Ausräumung der Pauken-
höhle vom Gehörgang aus zu lenken.
Diese Operation ist für die Fälle nicht ausreichend, in welchen
die Caries das Schläfenbein selbst schon in weiterem Umfang ergriffen
hat, oder in welchen ein Cholesteatom im Knochen sicher nach-
gewiesen ist. Aber sie genügt für die Fälle chronischer Mittelohr-
eiterung, bei denen die Caries auf die Gehörknöchelchen beschränkt
ist, oder die Eiterung in abgekapselten Räumen meist der oberen
Partie der Paukenhöhle sitzt, welche durch hintere Synechien, neu-
gebildete, theils bindegewebige, theils verknöcherte oder verkalkte
Stränge häufig gebildet werden.
Ferner ist sie nothwendig bei Residuen einer abgelaufenen Mittel-
ohreiterung, bei welchen das Trommelfell oder der Rest desselben
und die Kette der Gehörknöchelchen stark retrahirt (letztere anky-
losirt) und unbeweglich geworden sind. Denn hier wird die Stapes-
eg
platte in das ovale Fenster hineingedrückt, die Endigungen des
Acusticus stehen unter erhöhtem Druck und verfallen allmählich der
Atrophie.
Die chronische Mittelohreiterung, welche mit Caries an den
Gehörknöchelchen einhergeht oder ihren Sitz hauptsächlich im Attic
"hat, zeigt meist charakteristische Trommelfellbilder. Bei der Caries
am Hammerkopf findet sich oft eine Fistel in der Membrana Shrap-
nelli über dem Processus brevis, bei der Amboßcaries sieht man eine
Ablösung des Trommelfells hinten oben, beide Beispiele bei sonst
intaktem Trommelfell. Sehr häufig bietet sich aber auch das Bild
eines Totalverlustes des Trommelfells mit Ausnahme eines Restes
der Membrana Shrapnelli, welcher den Hammerrest enthält.
Das Operationsverfahren ist kurz folgendes: Hat man ein Trommel-
fell vor sich, das nur eine Fistel in der Membrana flaccida über dem
Processus brevis oder eine Ablösung im hinteren oberen Quadranten
aufweist, so schneidet man mit dem geknöpften Messer, nachdem
man eine Paracentese gemacht hat, vor und hinter dem Hammer-
griff in die Höhe bis zum Knochenrand, geht dann mit dem Tenotom
in den hinteren Schnitt ein und durchschneidet die Sehne des Tensor
tympani, welche ungefähr in der Höhe des von außen sichtbaren
Processus brevis inserirt, und dreht dann das Tenotom um 180°
nach hinten, um ev. das Amboß-Steigbügelgelenk zu lösen. Dann
durchtrennt man die Brücke, welche das Hammergriffende mit dem
unteren Knochenrand noch verbindet, fasst den Hammergriff mit der
Wilde’schen Schlinge möglichst hoch, über dem Processus brevis,
und extrahirt ihn, indem man den Kopf unter dem Knochenrand
hervorhebelt. Darauf geht man mit dem Amboßhaken ein in den
Attic da, wo der Hammerkopf gesessen hat, und bringt den Amboß
durch eine Drehung des Instruments um 90° nach hinten in das
Gesichtsfeld resp. gleich an das Tageslicht.
Ist die Caries auf die beiden ersten Gehörknöchelchen beschränkt,
so ist damit genug geschehen; ist aber der Attic oder der hintere
Theil der Pauke noch mit Granulationen oder Detritusmassen aus-
gefüllt, so werden diese ausgelöffelt, ev. alle Rauhigkeiten am Knochen-
rande ausgekratzt. y
Die Heilung erfolgt mit Neubildung eines Trommelfells, welches
von der Peripherie aus nach der Mitte zu wächst und sich völlig
wieder schließen kann; oder aber der Defekt bleibt bestehen. In
diesem Falle epidermisirt sich allmählich die Paukenschleimhaut und
wird mit der Zeit widerstandsfähig gegen die in das Ohr eindringen-
den Schädlichkeiten.
Bei 100 Fällen, die Redner operirt und bis in die letzte Zeit
verfolgt hat, war:
der Hammer gesund bei cariösem Ambo in 33% der Fälle,
der Hammer cariös bei gesundem Amboß » 8% > >
beide Knöchelchen waren cariös » 45% > »
beide gesund » 4% > >
rer
zu verursachen und ihn in seiner gewöhnlichen Arbeit zu beein-
trächtigen.
4) Muss bei der Operation dem Blutverluste die größte Auf-
merksamkeit geschenkt werden und darum so schnell wie mög-
lich und mit dazu geeigneten Instrumenten, am besten mit elek-
trischen Kreissägen, operirt werden. (Selbstbericht.)
19) Doyen (Paris). Mittheilungen über Hirnchirurgie.
Redner zeigt sein Instrumentarium, wie er es zur Kraniektomie
benutzt. Die Operation kann mit der Hand allein ausgeführt werden
oder mit Zuhilfenahme eines Elektromotors von etwa einer Pferdekraft.
Instrumentarium für manuelle Operation.
Auf einen Collin’schen Trepan in Drillbohrerform setzt man einen
Bohrer und macht damit 5—6 Löcher in das Schädelgewölbe. Dann
ersetzt man den Bohrer durch einen besonders konstruirten kugel-
förmigen Raspelbohrer, mit dessen Hilfe man mit ein wenig Geschick-
lichkeit die Dura erreicht, ohne Gefahr zu laufen, dieselbe zu ver-
letzen. Die Tabula externa durchschneidet D. von Loch zu Loch
mit seiner kleinen Handsäge, wobei er nur die Basis eines Haut-
Periostlappens stehen lässt; dann vollendet er die Durchtrennung
mit seiner Kneifzange. Die Tabula interna spaltet er mit seinem
gedeckten Meißel, zuerst zwischen den beiden obersten Öffnungen,
dann entlang der Basis des Lappens, und schlägt zuletzt den Haut-
Knochenlappen zurück.
Elektrisches Instrumentarium.
D. bevorzugt das elektrische Instrumentarium, weil es glattere
Wundflächen schafft. Er setzt auf einen Instrumententräger, der
durch eine biegsame, von ihm konstruirte Leitungsschnur mit dem
Elektromotor in Verbindung steht, einen Raspelbohrer, wie er ihn
auch bei der manuellen Methode anwendet, und bohrt 3 Löcher bis
zur Dura mater. Die Dura selbst schiebt er ab und durchsägt die
Schädelwölbung fast in der ganzen Ausdehnung des Hautschnitts.
Die Säge durchtrennt mittels einer besonderen Vorrichtung zuerst
die ganze Dicke des Knochens, ehe sie horizontal weitersägt. Die
Säge, welche D. dazu benutzt, ist nach dem Gehirn zu gedeckt
durch eine auf der Dura gleitende Metallrinne. Die letzte Brücke
durchtrennt man nur bis zur Tabula interna: hierzu verwendet D.
eine feine Säge, welche eine kleine Scheibe über den Zähnen trägt
und in Folge dessen nur bis zu einer gewissen Tiefe eindringen
kann. Die Tabula interna selbst und die Basis des Lappens werden
mit dem schon beschriebenen gedeckten Meißel durchtrennt, und
sodann der ganze Lappen zurückgeschlagen. Die Operation dauert
bei der Anlegung einer großen Öffnung mit der Hand 10—15 Mi-
nuten, mit dem elektrischen Apparat nur 5—10 Minuten.
.
— 671 —
Für die Eröffnung des Processus mastoideus — Freilegung des
Antrum und des Sinus — ist es besser, manuell vorzugehen mit
längerem cylindrischen Raspelbohrer von 14 mm Durchmesser.
Dis elektrischer Apparat in Verbindung mit größeren Sägen,
einfachen und Raspelbohrern ermöglicht es, in wenigen Augenblicken
die größten osteomyelitischen Herde an -Diaphysen und Epiphysen
bloßzulegen.
Operative Resultate,
Die Hemikraniektomie ist selbst kaum mit einer Gefahr ver-
bunden; nur die Schwere der Gehirnläsion, die man aufsuchen will,
kommt in Betracht.
Falls es aus dem Knochen stark blutet, ist es am besten, die
Haut darüber zu vernähen und die Dura erst 6—7 Tage später zu
eröffnen. Wenn die Dura durch starken intrakraniellen Druck sehr
gespannt ist, so bewirkt eine bloße Incision derselben sofortigen
Nachlass der Symptome, und der Puls steigt z. B. manchmal rasch
von 45 auf 80 Schläge in der Minute. — D. hat eine ganze Anzahl
von Idioten und Mikrocephalen in Beobachtung, deren Besserung
nach der Operation außer Zweifel steht. Bei der ersten Pat., einer
Idiotin mit Morbus Basedowi, die er operirt hat, haben sich vier
Tage nach einer doppelseitigen Kraniektomie Exophthalmus und Struma
zurückgebildet. Vor der Operation konnte Pat. kaum sprechen und
erkannte ihre nächsten Angehörigen nicht mehr. Jetzt ist sie wieder
arbeitsfähig und vermag ordentlich zu sprechen und zu zählen.
Auch einige Epileptiker mit deutlicher Besserung nach der Operation
hat D. in Beobachtung. Ein Fall ist jetzt 5, ein anderer 6 Monate
frei von Anfällen geblieben. In Fällen von Jackson’scher Epilepsie,
bei denen D. keine Läsion der Hirnrinde sähe, sucht er das epilep-
togene Centrum durch elektrische Reizung der Gehirnoberfläche auf
und macht dann die Excision dieser Partie. Bei 2 Fällen hat er
damit imal guten Erfolg gehabt. Der 2. Fall ist erst vor Kurzem
operirt und noch in Beobachtung.
Ganz hervorragende Erfolge hat D. erzielt bei der Exstirpation
eines großen tuberkulösen subcortical gelegenen Tumors und bei
der Eröffnung mehrerer tiefgelegener Abscesse, deren Auffindung
überhaupt erst nach einer ausgedehnten Kraniektomie möglich war.
Von weiteren Fällen erwähnt er noch eine Cyste an dem rechten
motorischen Rindencentrum mit linksseitiger Parese und einen Fall
von Meningitis oceipitalis bei einer Erwachsenen. D. hat bei dieser
die Kraniektomie fast in extremis gemacht; die Pat. ist genesen.
Bei Versuchen, auch Tumoren der Basis cranii zugänglich zu
machen, gelang es ihm verschiedenfach ohne Schwierigkeit, das
Chiasma zu erreichen. Mehrere Kranke haben durch die Operation
nur vorübergehende Besserung erlangt, die wohl auf die ausgiebige
Druckverminderung zurückzuführen ist. Es handelte sich in diesen
Fällen, wie wenige Monate später bei der Autopsie festgestellt wurde,
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eet TË E
um Geschwülste am dritten Ventrikel und der Vorderfläche des
Kleinhirns, wohin D. nicht hatte gelangen können.
Es ist aber zu hoffen, dass auch diese bisher ganz unzugäng-
lichen Regionen in das Bereich der Gehirnchirurgie einbezogen
werden. (Selbstbericht.)
20) Ludewig (Hamburg). Zur chirurgischen Behandlung der
chronischen Mittelohreiterung.
Redner giebt zunächst eine Anzahl Präparate von durch Caries
zerstörten Gehörknöchelchen und von durchsägten Schläfenbeinen,
wie Photographien nach ähnlichen Präparaten herum.
Der Chirurg bekommt eine Ohreiterung erst in die Hand — sei
es vom Hausarzt oder von einem Ohrenarzt, dessen Thätigkeit sich
auf Spritzen oder Pusten beschränkt —, wenn dieselbe den Raum
der Paukenhöhle überschritten und Entzündungserscheinungen in
den Nebenräumen hervorgerufen hat mit Fieber und Schmerzen.
Und was thut er nun? Er meißelt den Knochen hinter dem Ohr
auf. Ist er bis auf den Eiterherd im Knochen vorgedrungen, so ist
seine Thätigkeit meist erschöpft, der Erfolg ein zufriedenstellender:
das Fieber fällt ab und die Schmerzen hören auf. Ganz selbstver-
ständlich giebt es eine Anzahl hervorragender Chirurgen, die sich
mit solchem Eingriff nicht begnügen, sondern bestrebt sind, gründlicher
vorzugehen. Diese Operateure, welche ein specielles Interesse für die
chirurgischen Erkrankungen des Ohres an den Tag gelegt haben,
sind sich darüber einig, dass es bei der Aufmeißelung der Mittelohr-
räume wegen chronischer Eiterung allein darauf ankommen muss,
aus Gehörgang, Paukenhöhle, Attic, Antrum mastoideum
und den lufthaltigen Zellen des Warzenfortsatzes eine ein-
zige große Höhle zu machen.
Wie das erreicht wird, erscheint irrelevant.
Redner wünscht die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die
Extraktion von Hammer und Amboß mit der Ausräumung der Pauken-
höhle vom Gehörgang aus zu lenken.
Diese Operation ist für die Fälle nicht ausreichend, in welchen
die Caries das Schläfenbein selbst schon in weiterem Umfang ergriffen
hat, oder in welchen ein Cholesteatom im Knochen sicher nach-
gewiesen ist. Aber sie genügt für die Fälle chronischer Mittelohr-
eiterung, bei denen die Caries auf die Gehörknöchelchen beschränkt
ist, oder die Eiterung in abgekapselten Räumen meist der oberen
Partie der Paukenhöhle sitzt, welche durch hintere Synechien, neu-
gebildete, theils bindegewebige, theils verknöcherte oder verkalkte
Stränge häufig gebildet werden.
Ferner ist sie nothwendig bei Residuen einer abgelaufenen Mittel-
ohreiterung, bei welchen das Trommelfell oder der Rest desselben
und die Kette der Gehörknöchelchen stark retrahirt (letztere anky-
losirt) und unbeweglich geworden sind. Denn hier wird die Stapes-
—— 69) —
platte in das ovale Fenster hineingedrückt, die Endigungen des
Acusticus stehen unter erhöhtem Druck und verfallen allmählich der
Atrophie.
Die chronische Mittelohreiterung, welche mit Caries an den
Gehörknöchelchen einhergeht oder ihren Sitz hauptsächlich im Attic
hat, zeigt meist charakteristische Trommelfellbilder. Bei der Caries
am Hammerkopf findet sich oft eine Fistel in der Membrana Shrap-
nelli über dem Processus brevis, bei der Amboßcaries sieht man eine
Ablösung des Trommelfells hinten oben, beide Beispiele bei sonst
intaktem Trommelfell. Sehr häufig bietet sich aber auch das Bild
eines Totalverlustes des Trommelfells mit Ausnahme eines Restes
der Membrana Shrapnelli, welcher den Hammerrest enthält.
Das Operationsverfahren ist kurz folgendes: Hat man ein Trommel-
fell vor sich, das nur eine Fistel in der Membrana flaccida über dem
Processus brevis oder eine Ablösung im hinteren oberen Quadranten
aufweist, so schneidet man mit dem geknöpften Messer, nachdem
man eine Paracentese gemacht hat, vor und hinter dem Hammer-
griff in die Höhe bis zum Knochenrand, geht dann mit dem Tenotom
in den hinteren Schnitt ein und durchschneidet die Sehne des Tensor
tympani, welche ungefähr in der Höhe des von außen sichtbaren
Processus brevis inserirt, und dreht dann das Tenotom um 180°
nach hinten, um ev. das Amboß-Steigbügelgelenk zu lösen. Dann
durchtrennt man die Brücke, welche das Hammergriffende mit dem
unteren Knochenrand noch verbindet, fasst den Hammergriff mit der
Wilde’schen Schlinge möglichst hoch, über dem Processus brevis,
und extrahirt ihn, indem man den Kopf unter dem Knochenrand
hervorhebelt. Darauf geht man mit dem Amboßhaken ein in den
Attic da, wo der Hammerkopf gesessen hat, und bringt den Amboß
durch eine Drehung des Instruments um 90° nach hinten in das
Gesichtsfeld resp. gleich an das Tageslicht.
Ist die Caries auf die beiden ersten Gehörknöchelchen beschränkt,
so ist damit genug geschehen; ist aber der Attic oder der hintere
Theil der Pauke noch mit Granulationen oder Detritusmassen aus-
gefüllt, so werden diese ausgelöffelt, ev. alle Rauhigkeiten am Knochen-
rande ausgekratzt. s
Die Heilung erfolgt mit Neubildung eines Trommelfells, welches
von der Peripherie aus nach der Mitte zu wächst und sich völlig
wieder schließen kann; oder aber der Defekt bleibt bestehen. In
diesem Falle epidermisirt sich allmählich die Paukenschleimhaut und
wird mit der Zeit widerstandsfähig gegen die in das Ohr eindringen-
den Schädlichkeiten.
Bei 100 Fällen, die Redner operirt und bis in die letzte Zeit
verfolgt hat, war:
der Hammer gesund bei cariösem Amboß in 33% der Fälle,
der Hammer cariös bei gesundem Amboß > 8% > >
beide Knöchelchen waren cariös i » 48% >» »
beide gesund » 4% >» »
E ee
Hammer cariös, vom Amboß nichts gefunden in 4% der Fälle,
Hammer gesund, vom Amboß nichts gefunden > 1% > >
Die Operation wurde wegen zu starker Blutung
abgebrochen und nicht ausgeführt > 2% > >
Hammer-Amboßankylose fand sich 4mal.
Redner hat hier die 5 Fälle, in welchen vom Amboß nichts auf-
gefunden wurde, besonders angeführt, obgleich er die Überzeugung
hat, dass in 4 derselben der Amboß durch Caries gänzlich zerstört
war. Lässt man die 5 Fälle, in welchen vom Amboß nichts gefunden
wurde, außer Betracht, so bleibt die Amboßcaries immer noch er-
wiesen in 81% der Fälle.
Was den Erfolg der Operation in Bezug auf die Eiterung an-
belangt, so ist zu verzeichnen: Eiterung geheilt: 80mal, nicht ge-
heilt: 8mal; Erfolg unbekannt: 9mal, zweifelhaft: 8mal.
Rechnet man nun die weggebliebenen Fälle, deren Erfolg un-
bekannt ist, und die zweifelhaften zu den ungeheilten, so haben wir
immerhin 80% Heilung gegen 20% Nichtheilung.
Das Hörvermögen wurde durch die Operation gebessert 75mal,
blieb dasselbe 13mal, wurde verschlechtert 2mal, ist nach der Ope-
ration unbekannt 9mal, die Hörprüfung war vor und nach der Ope-
ration unmöglich (mal,
Die Hörverbesserung war in vielen Füllen eine ganz beträcht-
liche. Von den 30 Pat. z. B., welche vor der Operation Flüster-
zahlen nur direkt ins Ohr gesprochen, oder das nicht einmal mehr,
hörten, wurden Flüsterzahlen nach der Operation gehört: 13mal bis
2 m, 6mal bis 3 m, 3mal bis 4 m, 4mal bis 5 m, imal bis 6 m und
3mal bis 8 m!
Üble Folgen der Operation, wie Facialislähmung, beträchtlicher
oder erwähnenswerth andauernder Schwindel oder Kopfschmerzen,
kamen nicht zur Beobachtung. (Selbstbericht.)
21) Loew (Köln). Operationsverfahren bei hochgradigem
Ektropium der Lippen und Augen (mit Krankenvorstellung).
Mundplastik bei Facialisparalyse.
Der vorgestellte Pat. erlitt vor 1!/, Jahre durch Explosion einer
Petroleumlampe tiefgehende Zerstörungen im Gesicht. Frei blieb
nur das linke Auge und die linke Stirnhälfte. Nach Überwindung
der Lebensgefahr wurden die Defekte in 2 Sitzungen durch
Thiersch’sche Transplantationen gedeckt. Es bildete sich allmäh-
lich starkes Ektropium des rechten unteren Augenlides und der
Lippen heraus. Die Unterlippe war, in starres Narbengewebe einge-
bettet, bis in das Kinn gezogen. Dabei war der Mund in Folge der
koncentrischen Narbenschrumpfung bis auf ein Minimum verkleinert,
so dass er nicht geöffnet, die Zahnreihen nicht mehr von einander
gebracht werden konnten. Es wurde nun folgendermaßen von Ge-
E, E EE
heimrath Bardenheuer vorgegangen. Fast der ganze Mund wurde
an der Grenze des Lippenroths umschnitten; nur der linke Mund-
winkel blieb frei. Die Schnitte wurden bis fast auf die Schleimhaut
durchgeführt, das Narbengewebe in der Umgebung des Mundes
excidirt. Dadurch wurden die Lippen so mobilisirt, dass sie zu-
sammen gebracht und nach innen umgeschlagen werden konnten
(künstliches Entropium). In dieser Stellung wurden die Lippen durch
Nähte, welche die Wundflächen vereinigten, fixirt. Der linke Mund-
winkel wurde nicht vernäht, sondern blieb offen zur Ernährung und
zum Sprechen. Darauf wurde der Hautdefekt an der Oberlippe
durch Thiersch’sche Transplantationen gedeckt. Zur Deckung des
Defektes an der Unterlippe wurde ein zweibrückiger horizontaler
Hautlappen von der Vorderseite des Halses benutzt. Die Mitte des
Lappens wurde über das Kinn bis an die Unterlippe geschoben und
dort fixirt. Der Defekt am Halse wurde durch Thiersch’sche
Transplantationen gedeckt. Nach Anheilung des Hautlappens wurde
die Mundnaht gelöst und die Wundränder der Lippen für sich ver-
einigt; die Mundspalte wurde nach Dieffenbach erweitert. Der
Erfolg ist ein sehr guter. Pat. hat einen ganz normalen Mund be-
kommen, welchen er völlig schließen und weit öffnen kann. — Diese
zeitweise Vernähung des Mundes zu drei Vierteln dürfte wohl nur bei
so hochgradigen Lippenektropien anzuwenden sein, welche jeder
anderen Behandlung keine Aussicht auf Erfolg geben, da doch immer-
hin eine solche Mundnaht mit Unbequemlichkeiten für den Pat. ver-
"bunden ist, wenngleich dieselben nicht so groß sind, als sie auf den
ersten Augenblick erscheinen. Dagegen hat Bardenheuer die
dauernde Mundnaht bis zu einem Viertel der Mundspalte in mehreren
Fällen bei der so außerordentlich entstellenden Schiefstellung des
Mundes, dem Herabsinken des einen Mundwinkels in Folge Facialis-
paralyse, ausgeführt. Der gelähmte Mundwinkel wird, wie oben be-
schrieben, umschnitten, die Lippen nach innen gekehrt und die
Wunden der Ober- und Unterlippe flächenhaft vereinigt. Ist der
Mund stark nach der gesunden Seite herüber gezogen, so wird aus
der Wange der gelähmten Seite ein Hautkeil, dessen Spitze am
Mundwinkel liegt, geschnitten, und der auf diese Weise entstandene
Hautdefekt durch eine Vertikalnaht vereinigt. Hierdurch wird der
Mund nach der gelähmten Seite herübergezogen. Der kosmetische
Erfolg ist ein sehr guter.
Die Blepharoplastik wurde in derselben Weise wie die Mund-
plastik ausgeführt: Umschneidung der Augenlider, künstliches Entro-
pium beider Lider, wobei der Cilienboden mit den Cilien erhalten
werden kann. Die Cilien liegen dann im oberen bezw. unteren Con-
junctivalsack, ohne zu reizen. Flächenhafte Vernähung der beiden
Augenlider mit einander. Bildung der neuen Lider aus einem gestiel-
ten Lappen der Stirn. —
Nebenbei bemerkt der Vortr., dass Pat. vor 2 Jahren dem
Chirurgenkongress wegen einer Osteoplastik, welche Bardenheuer
REEL) a
an seinem Fuß ausführte, vorgestellt wurde. Dem Pat. war in Folge
Osteomyelitis der 2. Metatarsus völlig, der 1. Metatarsus bis auf das
Capitulum verloren gegangen. Letzteren wichtigen Stützpunkt für
das Fußgewölbe suchte Bardenheuer dadurch zu erhalten, dass er
das Capitulum mit dem Schaft des angefrischten Metatarsus III ver-
einigte. Vortr. zeigt Röntgenphotographien, aus denen ersichtlich
ist, dass sich eine starke Knochenverbindung zwischen Metatarsus III
und Capitulum metatarsi I gebildet habe. Das Gehvermögen ist ein
gutes. (Selbstbericht.)
22) Loew (Köln). Über einen neuen Ersatz der beweglichen
Nase (Rhinoplastik mit Verwendung der knöchernen Nasen-
beine).
Bardenheuer hat bisher in 5 Fällen die durch Lupus zerstörte
knorplige Nase auf folgende Weise ersetzt: Es wird zunächst ein
horizontaler Schnitt über die Nasenwurzel geführt; von den Enden
dieses Schnittes läuft je ein Schnitt nach außen und unten. Die
beiden letzteren Schnitte enden seitlich von der Apertura pyriformis.
Alle drei Schnitte werden direkt bis auf den Knochen durchgeführt.
Vermittels eines Meißels werden nunmehr die beiden Nasenbeine
oben von ihrer Verbindung mit dem Stirnbein, seitlich von ihrer
Verbindung mit dem Oberkieferbein gelöst. Darauf werden die
Nasenbeine von ihrer Unterlage, der Nasenschleimhaut, abpräparirt.
Der auf diese Weise gebildete Hautknochenlappen, welcher mit dem
Gesicht nur noch durch 2 schmale Hautbrücken seitlich der Apertura
pyriformis in Verbindung steht, wird nun um 180° so herunter ge-
klappt, dass die Haut des Lappens nunmehr in das Innere der Nase
hineinsieht. Der Lappen wird in dieser Stellung durch Nähte fixirt,
und der Hautdefekt, welcher also jetzt von der Nasenwurzel bis zu
der neugebildeten Nasenspitze reicht, wird in der gewöhnlichen Weise
durch einen gestielten Stirnhautlappen gedeckt. Die neugebildete
Nase ist also in ihrem Innern völlig von Haut ausgekleidet, nämlich
der Haut des knöchernen Nasenrücken. Darauf folgt ein knöchernes
Gerüst, bestehend aus den beiden Nasenbeinen, während die äußere
Bedeckung aus der Haut der Stirn gebildet wird. Es sind somit
alle Bedingungen erfüllt, welche einen dauerhaften Nasenersatz ge-
währleisten. Die beiden Nasenbeine, welche in normaler Lage mit
einander einen nach unten und hinten offenen Winkel bilden, kehren
bei der Drehung um 180° diesen Winkel natürlich nach oben und
vorn. Sie lassen sich jedoch leicht so um ihre Vereinigungslinie
drehen, dass sie wieder einen nach unten und hinten offenen Winkel
bilden. Auf diese Weise kommen die Nasenbeine bei der Gestellung
des neuen Nasenrückens in hervorragender Weise zur Verwendung.
Bezüglich der Septumbildung ist zu bemerken, dass Bardenheuer
in den ersten Fällen, die er auf diese Weise operirte, ein knöchernes
Septum aus den oberen Theilen der Nasenbeine bildete. Da die
E E
Durchgängigkeit der Nase dadurch jedoch erheblich beeinträchtigt
wurde, so unterblieb in den späteren Fällen die Septumbildung. Die
Nasen wurden dadurch sehr gut durchgängig, ohne dass der kos-
metische Erfolg dadurch erheblich beeinträchtigt wurde.
(Selbstbericht.)
23) Grosse (Halle). Über die Resultate der operativen Ent-
fernung ausgedehnter Gesichtscarcinome.
G. berichtet über 24 Fälle von ausgedehntem Gesichtscarcinom,
die im Laufe der letzten 5 Jahre in der Klinik Prof. v. Bramann’s
operirt worden sind. Es handelt sich in allen Fällen um sehr aus-
gedehnte Tumoren, die mehr oder weniger in die Tiefe griffen, in
benachbarte Höhlen hinein gewachsen waren oder den Knochen
stark zerstört hatten. Bei allen diesen Fällen, zu denen Carcinome
der Nase oder der Lippe nicht gerechnet sind, wurden sehr weit-
greifende Operationen vorgenommen, und zwar so, dass stets die be-
nachbarten knöchernen Theile des Schädels ebenfalls ausgiebig ent-
fernt wurden. Ein ganz besonderes Gewicht aber wurde darauf
gelegt, dass in jedem Falle die regionären Lymphdrüsen, auch wenn
sie keine Veränderungen aufwiesen, sorgfältigst entfernt wurden. Bei
6 von diesen 24 Fällen war eine Mitbetheiligung des Auges vor-
handen, so dass eine Enucleatio bulbi vorgenommen werden musste.
Die erzielten Resultate waren zufriedenstellende, wenn man be-
sonders noch das Alter der Pat. berücksichtigt. Bis auf 1 Pat. waren
alle zwischen 45 und 75 Jahren, nur einer war 27 Jahre alt; bei
ihm musste eine ganz besonders ausgedehnte Operation und Ent-
fernung auch der knöchernen Theile des Schädels vorgenommen
werden, wie dies an Photographien gezeigt wurde. Von diesen
24 Pat. starben im Anschluss an die Operation, d. h. innerhalb der
ersten 8 Tage, 2, beide über 60 Jahre. Die übrigen wurden ge-
heilt entlassen und sind bis auf 4 noch heute gesund und recidiv-
frei. 1 starb 4 Jahre post operationem an lokalem Recidiv, 2 an
interkurrenten Krankheiten; von einem war keine Nachricht zu er-
halten. Es bleiben also noch 18, die bis zu 5 Jahre nach der
Operation noch völlig gesund und ohne Recidiv sind. Von diesen
waren 6 ganz besonders ausgedehnte Tumoren, wie herumgegebene
Photographien zeigen. Zum Schluss stellt G. dann noch eine Pat. vor,
bei der das ausgedehnteste Carcinom entfernt ist, d. h. es fehlt unge-
fähr die ganze rechte Gesichtshälfte. (Selbstbericht.)
24) Barth (Danzig). Zur Operation des Stirnhöhlenempyems.
Die operative Behandlung des Empyems der Stirnhöhle hat fast
eben so viele Methoden als Autoren, welche über den Gegenstand
geschrieben haben. Zur Heilung sind diese Empyeme, wie es scheint,
nach allen Methoden gebracht worden, aber das Klagelied von einer
aan en
langen Heilungsdauer mit einer die Geduld erschöpfenden Nach-
behandlung, von Fistelbildung und Nachoperationen und von entstel-
lenden Narben klingt durch viele dieser Veröffentlichungen hindurch.
Die osteoplastischen Trepanationen der Stirnhöhle nach Czerny
und nach Küster mit nachfolgender Drainage nach der Nasenhöhle
haben wohl die wesentlichsten Nachtheile, welche früheren Methoden
anhafteten, beseitigt, und sie dürften wohl heute von den meisten
Chirurgen geübt werden. So ganz schnell erfolgt aber auch hier die
Heilung nicht, nach Erfahrungen des Vortr. desswegen, weil die
Drainage nach der Nasenhöhle nicht immer gut funktionirt. Der
dünne Drain, welchen man durch die künstlich angelegte Perfora-
tionsöffnung nach der Nasenhöhle hindurchzieht, verstopft sich gar
zu leicht, und man ist dann für längere Zeit auf Drainage durch die
Operationswunde und Ausspülungen angewiesen. Das dürfte wohl
auch der innere Grund sein, dass eine Reihe von Operateuren, wie
Kuhnt, Herzfeld u. A., auf die Drainage nach der Nasenhöhle
überhaupt keinen Werth legen und das Empyem durch adstringirende
Behandlung der Schleimhaut resp. Entfernung derselben und breite
Tamponade der Empyemhöhle zur Ausheilung zu bringen suchten,
was natürlich erst recht seine geraume Zeit erfordert.
Nach Ansicht des Vortr. sollte das Küster’sche Princip, bei
Eiterungen in starrwandigen Höhlen den Abfluss am tiefsten Punkt
der Höhle zu sichern, für das Empyem der Stirnhöhle um so weniger
vernachlässigt werden, als ja dasselbe in einer Verlegung des natür-
lichen Abzugskanals nach unten seine eigentliche Ursache hat. Vortr.
ist desshalb in 2 Füllen so vorgegangen, dass er die Gegend dieses
Ausführungsganges osteoplastisch freilegte, indem er von einem etwa
21/2 cm langen, nahe dem Seitenrand des Nasenwurzeldaches geführten
Längsschnitt aus das Nasenbein und den Proc. nasal. des Stirnbeins
durchmeißelte und seitlich aufklappte. Ist das geschehen, so wölbt
sich die Schleimhaut der Stirnhöhle in den oberen Theil der Wunde
vor und wird eröffnet, und nach Entleerung des Eiters und proviso-
rischer Tamponade der Stirnhöhle wird mit Meißel, Schere und
Curette der obere Theil der Nasenhöhle völlig freigemacht, so dass
eine breite Kommunikation zwischen Stirnhöhle und Nasenhöhle her-
gestellt ist. Die Methode hat den Vortheil, dass eine Erkrankung
der Siebbeinzellen, welche eine nicht gar seltene Komplikation des
Stirnhöhlenempyems darstellt, der Untersuchung nicht entgehen kann,
da dieselben in der Wunde zu Tage liegen. Man kann von ihnen
dann so viel fortnehmen, dass eine Eiterverhaltung unmöglich ist.
Ein weiterer Vortheil ist der, dass man in der Eröffnung der Stirn-
höhle, deren seitliche Ausdehnung bekanntlich individuell sehr
schwankt, nicht fehlgehen kann, und auch eine Eröffnung der be-
nachbarten Stirnhöhle, falls sie erforderlich ist, hat von der Wunde
aus keine Schwierigkeit.
In B.s 1. Falle wurde auf die hergebrachte Drainage durch die
Wunde nach Rücklagerung und theilweiser Vernähung des Lappens
EC
nicht verzichtet, und die Heilung dauerte hier immer noch 4 Wochen.
Im nächsten Falle — es handelte sich um ein 1 Jahr zurückdatirendes
Influenzaempyem, in dessen Eiter Influenzabacillen nachgewiesen
wurden — schloss B. die Wunde ganz und drainirte die Stirnhöhle
für wenige Tage nach der Nase. Die völlige Heilung erfolgte hier
in 14 Tagen, so dass Pat. seine Arbeit am 15. Tage in vollem Um-
fang wieder aufnehmen konnte. Bei beiden Pat. konnte nach 9 resp.
4 Monaten die völlige Heilung auch bei rhinoskopischer Untersuchung
festgestellt werden.
Kosmetisch lässt die Operation nichts zu wünschen übrig, wie
durch Photogramme veranschaulicht wird, und kann die Methode
auch in dieser Beziehung empfohlen werden. Das Wesentliche aber
ist, dass sie eine rationelle Methode ist, weil sie das Übel gewisser-
maßen an der Wurzel angreift, dass sie sehr schnell zur Heilung
führt und auch am besten vor Recidiven schützen dürfte.
(Selbstbericht.)
Diskussion. Braun (Göttingen) findet Barth’s Methode etwas
komplieirt. Er empfiehlt das Verfahren von Kuhnt, das kosmetisch
nicht so gute Resultate giebt, aber eben so wirksam ist.
Jaff6 (Hamburg).
25) Partsch (Breslau). Über temporäre Gaumenresektion.
Um die basilaren Rachengeschwülste besser frei zu legen, sind
seit dem Vorgange Gussenbauer’s im Wesentlichen die oralen
Methoden verwendet und weiter ausgebildet worden. Gegenüber der
medianen Spaltung und umschriebenen Ausmeißelung des harten
Gaumens hat Lanz die von Kocher geübte Aufklappung des
Gaumens durch mediane Durchmeißelung und Abtrennung der seit-
lichen Wände des Oberkiefers empfohlen, und Habs ganz kürzlich
eine temporäre Resektion des Mittelstücks des Alveolarfortsatzes und
harten Gaumens beschrieben. Aber alle diese Methoden sind noch
so umständlich und mit beträchtlichem Blutverlust verbunden, dass
eine Vereinfachung des Eingriffs am Platze erscheint.
Die Beobachtung, dass ein horizontal abgesprengter Gaumen im
Zusammenhang mit den Alveolarfortsätzen ohne jede Schädigung der
Dentur in kurzer Zeit fest und brauchbar zu verheilen vermag,
brachte P. auf den Gedanken, den Zugang zum Schädelgrunde durch
fallthürartige Abklappung des ganzen oralen Abschnitts des Gesichts-
schädels zu versuchen. In einem Falle von sehr umfangreichem,
schnell recidivirendem Nasenrachenfibroid, welches bei einem
17jährigen jungen Manne den linken Oberkiefer gebläht, die linke
Kieferhöhle eröffnet und die linke Nase durchwachsen hatte, legte er
durch einen hoch oben im Vestibulum oris geführten Schnitt vom Munde
her die Alveolarfortsätze des Kiefers vom 2. Molaren rechts bis
2. Molaren links frei. Es gelingt leicht die Backenweichtheile mit
breitem Elevatorium so weit aufwärts zu schieben, dass die Apertura
ee,
pyriform. narium frei und von unten her die Nase eröffnet wird;
ferner werden die Alveolarfortsätze oberhalb der Zahnwurzeln frei
gelegt. Ein breiter Meißel trennt, vorn, in der Richtung der hori-
zontalen Gaumenplatte eingesetzt, mit einem Schlage die Gaumen-
platte sammt den Zahnreihen von der oberen Partie des Gesichts-
schädels ab; es gelingt leicht, diese Platte nach abwärts zu schlagen,
um die Achse beider Hamuli pterygoidei. Die Weichtheile, welche
diese umgeben, bilden den Drehungspunkt und die Ernährungsbahn
für diesen Lappen, indem die Artt. pterygipalatini dabei vollkommen
erhalten bleiben. Die Nasenhöhle, beide Kieferhöhlen, die Gegend
des Schädelgrundes vom Siebbein bis zur Keilbeinhöhle sind voll-
kommen frei zugängig und übersichtlich. Der Tumor ließ sich mit
Schere und Pincette sorgfältig exstirpiren, da er dem Löffel durch-
aus nicht folgen wollte. Nach Tamponade der Ursprungsstelle, wo-
bei der Tampon durch die Nasenöffnung nach außen geführt wurde,
wurde der Gaumen wieder aufwärts geschlagen und mit einer im
Vestibulum oris angelegten Schleimhautnaht an seiner Stelle befestigt.
Die Heilung erfolgte ohne jede Komplikation. Der Kiefer steht
jetzt in richtiger Stellung rechts vollkommen fest; links macht sich
noch eine gewisse Beweglichkeit geltend, weil durch die Blähung
des Kiefers und Verlust der medianen Wand der linken Kieferhöhle
durch frühere Operation die knöchernen Bindemittel außerordentlich
geschwächt sind. Der Kranke ist aber in keiner Weise in seiner
Ernährung gehindert. Die Zähne im linken Oberkiefer klingen gut;
die Lokalisation in der ganzen Dentur ist ungestört.
(Selbstbericht.)
26) Hoffa (Würzburg). Die Calot’sche Behandlung der
tuberkulösen Spondylitis.
H. entwickelt auf Grund von 23 Füllen, in denen er das
Calot’sche Verfahren ausgeübt hat, den Standpunkt, den er zur
Zeit in der Frage des gewaltsamen Redressements des Gibbus ein-
nimmt. Er hält das Verfahren für keineswegs ungefährlich; eine
Reihe von Todesfällen, theils durch die Narkose, theils durch Shock,
theils durch Pneumonien und Meningitiden bedingt, sind im Anschluss
an das Verfahren publicirt worden. H. warnt dringend vor der
gewaltsamen Redression älterer und hochgradiger Fälle. Eben so
warnt er vor einer gewaltsamen Redression auch geringgradiger
Buckel bei jüngeren Individuen; in letzterem Falle hält er es jedoch
für erlaubt, einen Ausgleich nicht zu lange, d. h. nicht länger als
2—3 Jahre bestehender Buckel zu versuchen. In solchen Fällen
empfiehlt er, eine vorsichtige Extension an Kopf und Füßen des
Pat. vorzunehmen, einen Druck auf den Gibbus möglichst ganz zu
vermeiden und die Korrektion der Deformität der Eigenschwere des
Körpers vor der Eingipsung zu überlassen. Die Eigenschwere macht
sich in der Weise geltend, dass bei horizontaler Haltung des frei an
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Kopf und Füßen extendirten Pat. die Wirbelsäule sich lordotisch
ausbiegt und dadurch die erkrankten Wirbelpartien entlastet. In
dieser Position wird dann die Wirbelsäule immobilisirt. Während
der Anlegung der Gipsbinden kann man die Lordose noch durch
sanften Händedruck verstärken. Eine Narkose ist überflüssig. Eine
weitere Kontraindikation gegen das Verfahren bilden Abscesse, da,
wie Sektionsfälle beweisen, sich leicht die lokale Tuberkulose gene-
ralisirt. Lähmungen kontraindiciren das Verfahren im Allgemeinen
nicht; im Gegentheil sind dieselben unter der Calot’schen Behand-
lung zurückgegangen.
Was die Technik der Methode anbetrifft, so verwirft H. jede
Modifikation; die besten Resultate lassen sich nur dann erreichen,
wenn man sich streng an die Calot’schen Vorschriften hält.
Deutschländer (Würzburg).
27) Landerer. Operative Behandlung der Spondylitis.
L. will nur von den vorgeschrittenen Fällen sprechen, die nicht
mehr Gegenstand von orthopädischer oder Injektionsbehandlung
sein können, wo man aber eingreifen muss wegen Fieber, Sekret-
verhaltung, oder um langwierige fistulöse Processe wenn möglich zu
Ende zu bringen.
Er beschränkt sich auf Spondylitis dorsalis und lumbalis und
will kurz anatomische Wege angeben, auf denen man in wenig ver-
letzender Weise dem spondylitischen Herde beikommen kann. Bei
Spondylitis dorsalis geht er hart neben der Wirbelsäule ein, resecirt
Querfortsätze, Rippenhals, Tuberculum und die benachbarten Rippen-
partien; so erhält man einen bequemen Zugang.
Bei Spondylitis lumbalis geht er durch den M. sacrolumbalis,
dessen unterer Ansatz ganz oder theilweise abgelöst wird, ein, rese-
eirt die Querfortsätze unter Zurücklassung der Spitzen, an denen
die breiten Bauchmuskeln ansetzen, und dringt dann stumpf vor.
Man kann so bis an die Vorderfläche der Wirbel vordringen. Doch
hat L. in einem Falle, trotzdem eine stark eiternde Psoasfistel auf der-
selben Seite bestand, den Abscess nicht gefunden.
Bei gleichzeitigem Psoasabscess und hinteren Fisteln hat er die
ganzen Weichtheile (breite Bauchmuskeln) vom Beckenkamm ab-
getrennt und sich so breiten Zugang verschafft. Hier empfiehlt es
sich, vom Beckenkamm kreisförmige Ausschnitte auszumeißeln, um
sich den Abfluss zu sichern.
Bei vorderen Psoasfisteln kann man durch einen langen, nach
außen von den Schenkelgefäßen beginnenden Schnitt und Zurück-
schiebung des Peritoneums sich nicht nur die ganze Fossa iliaca frei
machen, sondern auch Abscesse aus der Kreuzbeinhöhle eröffnen.
Mancher Fall heilt so schließlich noch aus, den man verloren
gegeben hat. (Selbstbericht.)
Bergen en
28) A. Lorenz (Wien). Über das Redressement der spondy-
litischen Wirbelsäule durch totale Lordosirung in horizontaler
Suspension.
L. kann das gewaltsame Brisement des spondylitischen Gibbus
nach Calot nicht gutheißen und hält auch die Technik Calot’s
für sehr verbesserungsbedürftig. Indess anerkennt L. vollkommen
das große Verdienst Calot’s, zuerst gezeigt zu haben, dass die
spondylitische Wirbelsäule gegenüber foreirten mechanischen Ein-
griffen von einer bisher für kaum möglich gehaltenen Toleranz sei.
Dadurch habe Calot die bisher so zaghafte, orthopädische Behand-
lung des Gibbus in ein frischeres Fahrwasser geleitet. Auf welche
specielle Art und Weise der einzelne Orthopäd den Gibbus in Zu-
kunft redressiren möge, bleibe ziemlich gleichgültig; denn Jeder sehe
sich gezwungen, bei Calot eine Anleihe in Kourage zu machen;
jedwedes Redressement, welches das bisher für erlaubt gehaltene
Maß der Kraftanwendung überschreitet, wird daher den Namen
Calot’s zu tragen haben. E. war bemüht, die Mängel der Calot-
schen Technik zu verbessern, und glaubt in dieser Beziehung reussirt
zu haben; ferner will L. an Stelle des forcirten Brisements des
Gibbus ein dosirbares, schonendes, instrumentelles Redressement
setzen, welches den orthopädischen Effekt selbst ohne
Diastase der Wirbelkörper oder doch bei geringstmöglicher
Bildung einer solchen erreicht. Das von Calot empfohlene
Brisement der spondylitischen Wirbelsäule ist ein allzu gewaltthätiges
Verfahren, und das unkontrollirbare und ungleichmäßige Zusammen-
wirken von 6 Assistenten schließt die Möglichkeit eines schonenden
Redressements geradezu aus. Schwerwiegende Nachtheile der Calot-
schen Technik seien die absolute Unmöglichkeit der so nothwendigen
Hautpflege in dem inamoviblen Verbande und die Sicherheit der
Entstehung tiefer Decubituswunden auf der Spitze des Gibbus. Aus
diesem Grunde dürften die Wenigsten überhaupt dazu gelangen, das
Verfahren genügend lange fortzuführen, um sich ein Urtheil über
dasselbe zu bilden. Was das Redressement anbelangt, so empfiehlt
L. die Suspension des Pat. im horizontalen Schwebehang, durch
welchen die Wirbelsäule einer Lordosirung unterworfen werde. Diese
Lordosirung erfolge zunächst an den nachgiebigsten Partien der
Wirbelsäule, also in den gesunden Gelenkskomplexen. Durch
Reklinirung der beiden Schenkel des Gibbus flacht sich die Spitze
desselben sehr stark ab und wird durch eine aufgesetzte Pelotte voll-
kommen zum Verschwinden gebracht. Möglicherweise handelt es
sich hierbei, namentlich wenn der Gibbus älter und widerstands-
fähiger ist, bloß um ein Scheinredressement, wie dies zuerst von
Anders, später von Lange u. A. betont wurde; der orthopädische
Effekt ist ein vollkommen entsprechender, und die Entlastung der
erkrankten Wirbelkörper wird durch die Reklination der Wirbelsäule
garantirt. Aus diesem Grunde brauchen die Pat. nach dem Re-
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dressement keineswegs monatelang zu liegen, sondern können bald
wieder die aufrechte Körperhaltung einnehmen. Der von L. empfohlene
Apparat besteht aus 2 starken, eisernen Ständern, deren obere Enden
durch eine lange, starke Stange verbunden sind. Zwischen den
beiden Ständern schwebt der Pat. in horizontaler Suspension, welche
durch je eine Extensionsschraube am Kopf- und Fußende regulirt
wird. Die oberhalb der Rückenfläche des horizontal suspendirten
Rumpfes verlaufende Längs- oder Rückenstange trägt eine in einem
Längsschlitz verschiebbare Druckpelotte, welche von oben herab
mittels einer Triebspindel gegen den Gibbus angepresst wird. An
dem redressirten und durch den Apparat unverrückt redressirt er-
haltenen, frei schwebenden Rumpfe wird der Verband exakt ange-
legt. Nach dem Erhärten desselben kann die eigens so konstruirte
Pelotte aus dem Verbande herausgedreht werden und hinterläßt eine
genau der ehemaligen Gibbusspitze entsprechende kreisrunde Öffnung,
welche mit Wattepolsterung verschlossen wird. Auf diese Weise ist
dem Decubitus mit Sicherheit vorgebeugt. Um die Hautpflege in
dem inamoviblen Verbande zu ermöglichen, ist L. nach vielfach fehl-
geschlagenen Versuchen anderer Art auf das praktisch erprobte Aus-
kunftsmittel verfallen, die Bauch- und Rückenfläche des Rumpfes
zuerst mit je einer nahtlosen Fahne aus glatter Seide zu bedecken
und darüber erst das Wolltrikot zu ziehen, über welchem nach
Polsterung der Spinae und Dornfortsatzlinie der Verband angelegt
wird. Dieses Bauch- und Brustskapulier, dessen Breite dem halben
Rumpfumfange entspricht, kann mit Leichtigkeit durch Nachschleifen
eines Reserveskapuliers gewechselt werden. Auf diese Weise können
die Epidermisschuppen und die vielen, zufällig unter den Verband
gerathenden Gegenstände (Brotkrümchen etc.) leicht entfernt werden,
und außerdem würde sich die kleinste Druckwunde in ihrem ersten
Entstehen durch einen Fleck im Seidenskapulier verrathen. Ohne
die Sicherheit Decubitus zu vermeiden ist die Calot’sche Behand-
lang überhaupt nicht durchführbar. L. perhorrescirt das Brisement
ankylosirter Gibbositäten und beschränkt das schonende, instrumentelle
Redressement lediglich auf den recenten, nachgiebigen Gibbus.
Abscesse bilden nur dann eine Kontraindikation, wenn dieselben
groß und prall sind. Vorhandene Lähmungen betrachtet L. als eine
direkte Indikation des Redressements. In 3 Fällen hat L. nach dem
schonenden, instrumentellen Redressement vorhandene Lähmungen
rasch zurückgehen gesehen; in einem Falle wurde mit dem ursprüng-
lichen Calot’schen Redressement eine Paraplegie erzeugt, welche in-
dess nach mehrmonatlichem Bestande langsam wieder zurück ge-
gangen ist. imal trat 8 Wochen nach dem Redressement letal ver-
laufende Meningitis ein. L. hat so wenig wie irgend jemand Anderer
Dauerresultate aufzuweisen und kann vorläufig nur die Harmlosigkeit
und den überraschenden, orthopädischen Effekt des Redressements
bestätigen. L. bezweifelt die Möglichkeit, dass sich größere Diastasen
der Wirbelkörperreihen durch Neubildung stützfähigen Knochen-
Ferse
gewebes ausfüllen werden und wäre schon zufrieden, wenn der
Gibbus durch die schonende Lordosirung dauernd verkleinert und in
seiner Form dauernd günstiger gestaltet werden könnte, ohne dass
an die Reproduktionskraft tuberkulös erkrankter Knochen allzu große
Anforderungen gestellt zu werden brauchten. (Selbstbericht.)
29) Vulpius (Heidelberg). Zur Technik des Redressement
und des Verbandes an der gibbösen Wirbelsäule.
Redner weist darauf hin, dass wir praktische Erfahrungen über
das Calot’sche Verfahren sammeln müssten, ehe wir urtheilen. Die
Methode Calot’s aber ist sowohl hinsichtlich des Redressement als
bezüglich der Verbandanlegung verbesserungsbedürftig. Es ist un-
zweckmäßig, ein halbes Dutzend Assistenten zur Extension zu ver-
wenden, weit sicherer, weil gleichmäßiger und besser dosirbar, ist
der Zug einer Schraube an den Beinen des Pat. Letzterer hängt,
am Becken unterstützt, über dem Tisch, so dass Narkose und An-
legung des Verbandes erleichtert wird.
Noch besser zugänglich ist indessen der vertikal suspendirte
Körper. Die Suspension an den Füßen, so gewaltsam sie aussieht,
hat unbedingt technische Vortheile, die bei 20 derartigen Verbänden
sich deutlich zeigten. Die Position wird merkwürdig gut ertragen
und gestattet exakte Anlegung des Verbandes, von dessen voll-
kommener Technik Alles abhängt. Unbedingt muss der extendirte
Kopf in den Verband eingeschlossen werden.
2 Fälle sollen die Erfolge dieser Technik illustriren, ohne über-
triebene Hoffnungen zu unterstützen.
1) 9jähriger Knabe, Spondylitis seit 5 Jahren. Seitdem zu-
nehmender Gibbus. Seit '/, Jahre Schwellung am rechten Ober-
schenkel.
Status: Anämischer Junge, der kaum stehen und sitzen kann.
Beide Darmbeinschaufeln von großen Abscessen ausgefüllt, Senkung
unter das rechte Poupart’sche Band. Mächtiger Gibbus vom
7. Brustwirbel bis zu den untersten Lendenwirbeln, Scheitelhöhe
13—14 cm.
Therapie: Incision der Abscesse, Jodoformfüllung, Naht. Glatte
Heilung. Nach 14 Tagen Redressement, das unter wiederholtem
Krachen vor sich geht. Resektion einiger Dornfortsätze. Der erste
Verband liegt 3 Monate, der zweite 5 Monate. Inzwischen ist der
Junge dick und blühend geworden. Es erscheint die Wirbelsäule in
Form eines leicht runden Rückens konsolidirt, sie hält Druck und
Belastung aus. Der Junge geht ohne Verband, erhält aber ein Stütz-
korsett.
Es kam aber trotz des schweren Zustandes Besserung der
Spondylitis, Verschwinden des Gibbus und Hebung des Allgemein-
befindens zu Stande.
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Günstiger liegen die Verhältnisse vielleicht bei rachitischen
Kyphosen, da die Knochen sich eher der neuen Belastung anpassen
- können.
2) 5jähriges Mädchen, seit 3 Jahren zunehmende Deformirung
ohne Beschwerden.
Status: Mächtige Kyphose der ganzen Brustwirbelsäule,
Scheitelhöhe 11 cm.
Therapie: Redressement mit der Schraube, Verband tête en bas,
Fixation während 7 Monaten in 3 Verbänden.
Jetzt besteht leicht runder Rücken, die gute Stellung der Wirbel-
säule scheint zunächst gesichert.
Solche Erfolge fordern zur Fortsetzung vorsichtiger Versuche auf.
(Selbstbericht.)
30) Wullstein (Halle) spricht über die anatomischen Verände-
rungen nach Calot’schem Redressement mit Demonstration experi-
mentell gewonnener Präparate und Angabe eines schonenden Ver-
fahrens. Auf Grund von eigenen Untersuchungen, die Redner an
den Leichen zweier mit tuberkulöser Wirbelentzündung behafteter
Personen angestellt hat und an der Hand der Mittheilungen anderer
Chirurgen weist er auf die schweren Gefahren hin, welche unter
Umständen das Calot’sche Verfahren mit sich bringen kann. Durch
die gewaltsame Ausgleichung des Buckels kann es zu schwerwiegen-
den Verletzungen der Wirbelsäule, zur Abreißung abgestorbener
Knochensplitter, zu Blutungen in die Mittelfellräume, zu Einrissen
in das Brustfell und die Rückenmarkshäute und schließlich zu ver-
hängnisvollen Zerrungen und Quetschungen des Rückenmarks kommen.
Dazu gesellen sich noch die Gefahren der Narkose und die Unbe-
quemlichkeiten und Übelstände des nothwendigen Gipsverbandes.
Redner glaubt daher von der Calot’schen Operation im Allgemeinen
abrathen zu sollen. Zur Behandlung des fraglichen Leidens empfiehlt
er einen von ihm erfundenen Lagerungsapparat, den er der Gesell-
schaft demonstrirt. Richter (Breslau).
Diskussion zu 26—30. Schede (Bonn) steht im Wesentlichen
auf dem Standpunkt Hoffa’s und konstatirt mit Genugthuung
die aus der gesammten Behandlung hervorgehende Überzeugung der
deutschen Chirurgen, dass die Indikationsstellung für das Calot-
sche Verfahren gegenüber den Vorschriften des Erfinders wesentlich
eingeschränkt und seine Handhabung eine sehr viel vorsichtigere
werden müsse. Auf der anderen Seite acceptirt er dankbar die
aus Calot’s und seiner Nachfolger Erfahrungen hervorgehende Lehre,
dass man den Gibbus doch etwas derber anfassen kann, als wir bis-
her geglaubt haben, und dass wir mit etwas größerer Energie dem
zustreben dürfen, was ja auch bisher das nächste Ziel aller unserer
therapeutischen Bestrebungen war, der Beseitigung des Drucks der
kranken Wirbel auf einander.
Chirargen-Kongress 1898. 6
EE A a
S. hat weder jemals das ursprüngliche rohe Calot’sche Ver-
fahren mit Verwendung der unkontrollirbaren Kraft von 6 Menschen
anzuwenden gewagt, noch es überhaupt für erlaubt gehalten, die
völlige Beseitigung hochgradiger Gibbositäten auch nur anzustreben.
Man muss sich doch klar machen, dass die Streckung von solchen
auf der vorderen Seite der Wirbelsäule, zwischen den Wirbelkörpern,
weit klaffende Lücken schaffen muss, über deren Ausfüllung man
sich kaum eine Vorstellung machen kann. Im besten Falle kann
sich diese doch nur durch Granulationen vollziehen, die bei ihrer
Umwandlung in Narbengewebe schrumpfen und den Gibbus wieder
herstellen müssen. Versuche, diese Schrumpfung zu hindern, werden
entweder die Heilung hindern oder zu Decubitus an den Stützpunkten
des Verbands führen müssen. Bestehende Eiterung betrachtet S. als
eine weitere absolute Kontraindikation gegen jede gewaltsame Streckung.
Erlaubt und vielleicht geboten erscheint es S. dagegen, die
Streckung eines eben beginnenden — die mäßige Abflachung eines
schon stärker ausgebildeten Gibbus unter Vermeidung jeder rohen
Gewalt anzustreben und nach Calot’schen Principien, wenn auch
mit gewissen Modifikationen, aufrecht zu erhalten. S. hat sich be-
müht, die primitiven Zugkräfte Calot’s durch solche zu ersetzen,
welche in ihrer Wirkung jeden Augenblick die genaueste Überwachung
erlauben, und zu diesem Zweck einen Apparat konstruirt, der sich
zum Theil als eine dem veränderten Zweck angepasste Modifikation
seines Extensionstisches für die Reposition der angeborenen Hüft-
luxation darstellt. Der Pat. liegt horizontal ausgestreckt, das Gesicht
nach unten, auf einem Gestell etwa von der Gestalt eines verkürzten
Operationstisches. Nachdem Kopf und Arme in der gleich zu be-
schreibenden Weise fixirt sind, wird die Extension an den Füßen
durch die Umdrehung der Kurbeln ausgeführt, welche an Knöchel-
gurten befestigte Stricke anspannen. Eingeschaltete Dynamometer
lassen jeden Augenblick die Zugstärke ablesen und genau überwachen.
An einem über das Kopfende hinaus vorspringenden horizon-
tal gestellten Rahmen wird die Befestigung der völlig elevirten
Arme und des Kopfes bewerkstelligt. Eng anschließende Leder-
manschetten umgeben die Handgelenke und bilden die Angriffs-
punkte für die fixirenden Riemen oder Stricke.
Von besonderer Wichtigkeit aber ist die Art, wie S. die Exten-
sion am Kopf ausübt. Die Anfügung des Gipsverbands für Hals
und Kopf an den Rumpftheil des Verbands bildet bekanntlich durch
seine Schwierigkeit und Zeitdauer einen besonders schwachen Theil
der Calot’schen Technik, und das Produkt aller Mühen, der plumpe,
starre Gipsverband, bringt zudem dem Pat. in ganz hervorragender
Weise die Gefahr eines ausgedehnten Decubitus am Hinterkopfe,
der um so leichter eintritt, als der starke, auf den ganzen Hinterkopf
wirkende Druck offenbar sehr bald eine ausgedehnte Anästhesie der
Haut herbeiführt, welche bewirkt, dass auch sehr empfindliche
Kinder trotz des Decubitus nicht über Schmerzen klagen.
—3 —
S. stellte sich also zur Aufgabe: 1) die Technik zu modificiren,
dass das Kopfstück des Verbands ohne jeden Stellungswechsel, also
ohne Übergang aus der horizontalen Lage zur senkrechten Suspension
angefügt werden konnte, und 2) das Kopfstück mit dem übrigen
Verband so zu verbinden, dass es jeden Augenblick entfernt und
wieder in Benutzung gezogen werden konnte, ohne doch an Trag-
kraft zu verlieren. Beides erreicht er dadurch, dass er das ganze
Kopfstück sehr sorgfältig über einem Gipsabguss des Kopfes in
festem Leder nachbilden ließ (der Gipsabguss lässt sich leicht über
einer Gummikappe oder einem doppelten Trikotschlauch, in welchen
für Mund, Nase und Augen Löcher geschnitten werden, herstellen).
Der Haupttheil dieser Lederhülle, welcher der Hinterhauptsschuppe
entspricht, geht nach vorn in den Stirntheil über, welcher in der
Mitte getheilt ist und durch Schnallen oder Knöpfe geschlossen
wird. Der ganze Apparat ist sehr sorgfältig mit dickem Filz in
doppelter Lage gepolstert. Der Kinntheil kann für sich entfernt
werden. Eine verstärkende Stahlspange umgreift in einem nach dem
Hals absteigenden Bogen den Hinterhauptstheil und endet hier in
einem dem Zahn des Epistropheus entsprechenden kurzen cylindri-
schen Zapfen. An der Hinterhauptsspange und an der Spange,
welche dem Kinntheil seine Festigkeit verleiht, sind je zwei kleine
Ösen eingeschraubt. An diese werden feste Schnüre befestigt, und
mit deren Hilfe kann nun, nachdem das Kopfstück angelegt ist,
an diesem selbst die Kopfexstension angebracht werden. Das
Kopfstück des Verbands ist also schon fertig, ehe die ganze Procedur
beginnt.
Es muss noch bemerkt werden, dass die Theile des Apparats,
auf welchen der Körper ruht, so eingerichtet sind, dass sie in be-
liebiger Ausdehnung entfernt werden können, so dass Brust und
Becken völlig frei liegen. Es bleibt dann nur noch die Unterlage
für die Oberschenkel und die Stirn, welche letztere auf einem zwei
Finger breiten Lederstreifen ruht.
Die Kurbeln werden nun in Bewegung gesetzt, und schon bei
einem relativ geringen Zuge flacht sich in frischeren Fällen, die
nicht über 1—2 Jahre bestehen, der Gibbus ganz wesentlich ab oder
verschwindet in leichteren Fällen völlig. Ein Zug von 15—20 kg
an jeder Seite war in Bis Fällen völlig genügend zu einer so be-
trächtlichen Wirkung, als sie als erlaubt angesehen werden kann,
und dieser Zug wurde vortrefflich, ohne nennenswerthe Beschwerden
der Kinder, ohne jede Narkose ertragen. Dass es möglich ist,
die Narkose zu entbehren unter Umständen, in welchen eine
Asphyxie außerordentlich unbequem und leicht verhängnisvoll werden
könnte, ist jedenfalls schon an sich von Wichtigkeit.
Die Stützen für Brust, Bauch und Becken werden nun entfernt
Thorax und Becken in dicken weichen Filz glatt eingenäht und der
Gipsverband von den Trochanteren bis zur Achselhöhle an dem frei
schwebenden Körper mit größter Bequemlichkeit angelegt. Die Filz-
6*
FERN -Y Ve
polsterung hat vor der mit Watte die großen Vorzüge der größeren
Gleichmäßigkeit, Glätte und Unveränderlichkeit. Dabei schmiegt sich
der Filz bei entsprechender Dehnung jeder Körperform faltenlos an.
Zwei weitere Filzstreifen, die im Bereich des Gibbus zu beiden
Seiten des Proc. spinosi aufgenäht werden, sichern vor Decubitus
über den Dornfortsätzen.
Die Verbindung zwischen dem Thoraxgipsverband und dem
ledernen Kopfstück wird schließlich in sehr einfacher Weise durch
eine hufeisenförmige, in ihrem oberen Theil gehärtete, im unteren
weich gelassene Eisenspange, ähnlich der bei dem Sayre’schen Jury-
mast verwendeten, hergestellt. Dieselbe trägt an ihrem oberen Ende
eine Hülse, welche den nach abwärts gerichteten cylindrischen Zapfen
der Hinterhauptsspange aufnimmt. Man hat also nichts weiter zu
thun, als diese Hülse über den Zapfen zu schieben und den unteren
Theil der Spange mit zwei Gipsbinden am Thorax zu befestigen.
Damit ist der ganze Verband fertig, die Erhaltung der Extension
ist eben so sicher, wie im Calot’schen Gipsverband, aber nicht nur das
Anlegen des Verbands unendlich viel weniger mühsam und gefahr-
voll, sondern auch das Befinden der Pat. in demselben eine sehr
wesentlich angenehmeres. Bei voller Exstensionswirkung gestattet der
Apparat nicht nur Drehbewegungen des Kopfs, sondern es bedarf
auch nur einer geringen Modifikation, um in geeigneten Fällen auch
die Nichtbewegung zu ermöglichen. Will man dagegen — etwa bei
Erkrankung der Halswirbelsäule — auch die Drehbewegung verhindern,
so lässt sich auch das auf die einfachste Weise durch einen fixiren-
den Stift oder eine Schraube erreichen. Die Entfernung des Kopf-
stücks geschieht leicht nach Öffnung des Stirnverschlusses und Ab-
nahme des Unterkiefertheils bei gebeugtem Kopf; ein kräftiger
hebender Druck gegen den Unterkiefer fügt dann den Kopf in das
wieder aufgesetzte Kopfstück von Neuem ein.
S. würde die Pat. nur dann im Bett halten, falls sie trotz des
Verbands noch Schmerzen hätten oder gelähmt wären. Die bisher so
Behandelten konnten sofort umhergehen. Er betrachtet die mög-
lichst freie Bewegung als einen ganz wesentlichen Heilfaktor, auf
den man nicht ohne die äußerste Noth verzichten soll, und jeden
Versuch, ohne zwingende Gründe zur alten Behandlung im Liegen
zurückzukehren, als einen argen Rückschritt. (Selbstbericht.)
Drehmann (Breslau) hat 47 Knochenpräparate von Spondylitis
aus der Breslauer Sammlung durchmustert, unter denen sich 37 aus-
geheilte befanden. Dieselben betrafen 3mal die Hals-, 14mal die
Brust- und 20mal die Lendenwirbelsäulee Unter den Halswirbel-
präparaten fand sich keine Spur einer Knochenneubildung. Unter
den Brustwirbelfällen fand sich 8mal keine Callusbildung, 3mal eine
mäßige und 3mal eine kräftige Knochenneubildung. Bei den Lenden-
wirbelpräparaten fand sich 6mal Callus, 7mal nicht. Diese Befunde
sprechen eigentlich gegen die Berechtigung des Calot’schen Ver-
_— 8
fahrens. In Breslau wurden 10 Fälle nach dieser Methode in der
Klinik behandelt, davon starb 1 an Meningitis. 2 Kranke hatten
vorher Lähmungen, die nach dem Redressement verschwanden. —
D. hält das Verfahren eigentlich nur bei Lähmungen für indiecirt.
Die anderen Fälle werden besser im Nebel’schen Schrägrahmen be-
handelt, an dem D. eine kleine Modifikation angebracht hat.
König (Berlin) erblickt hauptsächlich 2 Gefahren in dem
Calot’schen Verfahren, imal in der Veränderung des Wirbelkanals,
2) in der Entstehung einer akuten Tuberkulose. Abgesehen hiervon
hält K. die Methode auch für ein Vergehen gegen die Lehren der
pathologischen Anatomie. In den Defekt zwischen den Wirbeln
wachsen jedenfalls nur tuberkulöse Granulationen, aber kein Callus.
K. glaubt, dass von der durch Calot jetzt hervorgerufenen Be-
wegung nur das Eine übrig bleiben wird, dass man zukünftig in
frühen Fällen und im Beginn der Spondylitis etwas aggressiver
gegen den Gibbus vorgehen wird als bisher. Die von Schede
empfohlene Methode hält K. nur für eine Modifikation des alten
Sayre’schen Verfahrens.
Kümmell (Hamburg) hat die Schede’sche Methode mit Erfolg
angewendet. K. demonstrirt die Wirbelsäule eines Sjährigen Knabens,
der 24 Stunden nach dem Calot’schen Redressement gestorben war.
Die Sektion ergab Durchbruch eines Abscesses und Meningitis. Es
waren nur leichte Redressementsversuche gemacht worden. Solche
Fälle warnen zur Vorsicht.
Braun (Göttingen) erlebte ebenfalls einen Todesfall nach dem
Redressement des Gibbus, der leicht ausgeglichen wurde. Hier fand
sich zwischen den Wirbelkörpern eine Distanz von 7—8 cm, die mit
Granulationen ausgefüllt war; daneben noch 2 Abscesse. Nach dieser
Erfahrung hat B. das Calot’sche Verfahren nicht wieder versucht.
Müller (Aachen) hat nach tuberkulöser Spondylitis ebenfalls
niemals Knochenneubildung beobachtet, wohl aber nach akuter
Osteomyelitis der Wirbelkörper, wo sie sogar ganz stark auftritt.
Für solche Fälle mit Gibbus könne das Calot’sche Verfahren von
Nutzen sein. Jaff6 (Hamburg).
F. Krause (Altona) weist auf ein Präparat hin, das in seiner
Arbeit über Tuberkulose der Knochen und Gelenke abgebildet ist.
Es handelt sich um einen großen Herd im unteren Theil der Brust-
wirbelsäule, und trotz Zerstörung fast des ganzen Wirbelkörpers
ist kein Gibbus entstanden, weil vorn sich außerordentlich starke
knöcherne Spangen gebildet hatten. Das Präparat stammt noch von
Volkmann her; sein tuberkulöser Charakter ist sicher auch histolo-
gisch festgestellt worden. Allerdings stellen diese Fälle außerordent-
liche Seltenheiten dar.
Ferner erwähnt K. einen Todesfall. Es handelte sich um ein
8jähriges Kind, das im Altonaer Kinderhospital im December 1897
u Gg
und Januar 1898 nach Calot in 3 Etappen ohne Narkose und sehr
vorsichtig redressirt worden war, am 15. Februar wegen Diph-
therie ins Städtische Krankenhaus verlegt wurde und am 26. Februar
an Pneumonie starb. Die Photographie des gewonnenen anatomischen
Präparats zeigt, dass 6 cm von den Wirbelkörpern am Hals- und
Brusttheil fehlen, und sich eine Kloake gebildet hatte, die herab
zum rechten Pleuraraum führte. Oben an der Lungenspitze fand
sich ein Sequester von Fingergliedlänge, der offenbar durch das
Calot’sche Redressement dahin gebracht worden war; ferner war
eine tuberkulöse Dissemination in den Lungenspitzen vorhanden.
Das Präparat sichert die Überzeugung, dass ein derartig schwerer
Process nicht ausheilen kann. (Selbstbericht.)
31) H. Küttner (Tübingen). Über Struma syphilitica.
Unter der übergroßen Zahl von Strumen, welche im Laufe der
Jahre an der Bruns’schen Klinik beobachtet worden sind, verdienen
besondere Beachtung 2 Fälle, bei denen es sich um das außerordent-
lich seltene Vorkommnis einer Struma syphilitica gehandelt hat. In
dem 1. Falle handelte es sich um eine 39jährige Frau, die im
18. Lebensjahr ein Exanthem gehabt und 2 Jahre später ein faul-
todtes Kind geboren hatte. Die seit der Jugend bestehende, jetzt
kleinfaustgroße Struma war in der letzten Zeit vor der Operation
schneller gewachsen und hatte Schmerzen, Athembeschwerden und
eine Parese des Rekurrens verursacht. Es wurde, da Schwellung der
benachbarten Lymphdrüsen nachweisbar war, die Diagnose auf
Struma maligna gestellt, und die Exstirpation der erkrankten Schild-
drüsenhälfte vorgenommen. Bei der Operation fiel die Derbheit und
ödematöse Durchtränkung des die Struma umgebenden Zellgewebes
auf; im Übrigen war die Exstirpation einfach. Die geschwollenen,
zum Theil kirschgroßen Lymphdrüsen wurden mit entfernt. Die
makroskopische und mikroskopische Untersuchung der exstirpirten
Schilddrüsenhälfte ergab nun, dass es sich nicht um eine maligne
Neubildung, sondern um eine fibröse Entartung des Parenchyms
handelte, welche mit Riesenzellenbildung und ausgedehnter trockener
Verkäsung verbunden war. Es konnte nur Tuberkulose und Syphilis
in Frage kommen. Tuberkelbacillen wurden trotz eifrigsten Suchens
nicht gefunden, die Frau wies keinerlei Erscheinungen anderweitiger
Tuberkulose auf, dagegen sprach die Anamnese enschieden für Lues.
Die auf Gumma glandularis thyreoidea gestellte Diagnose fand bald
ihre vollständige Bestätigung; denn Pat. zeigte sich 5 Monate später
mit ausgedehnten Geschwüren des weichen Gaumens und der hinteren
Rachenwand, welche das charakteristische Aussehen syphilitischer
Ulcerationen darboten und auf Darreichung von Jodkali prompt zur
Ausheilung kamen. Seitdem sind 5 Jahre verflossen, und Pat. ist
vollständig gesund. Über die syphilitische Natur der Struma kann
wohl kein Zweifel bestehen.
ee
In dem 2. Falle handelte es sich um einen 27jährigen Herm,
welcher längere Zeit in Afrika gelebt und sich vor mehreren Jahren
luetisch inficirt hatte. Eine Anfangs unbedeutende Struma hatte ihm
in letzter Zeit mäßige Athembeschwerden verursacht, welche 2 Wochen
vor der Aufnahme ganz schnell in so bedrohlichem Maße zunahmen,
dass Pat. schleunige Hilfe in der Klinik nachsuchen musste. Es
fand sich bei dem cyanotischen, schwer athmenden Manne auf der
rechten Seite des Halses eine faustgroße, sehr harte, scheinbar
maligne Struma, welche zum Theil retrosternal saß, die Luftröhre
stark nach links dislocirt und eine Rekurrenslähmung verursacht
hatte. Die Operation war sehr schwierig, der Tumor bildete mit der
bedeckenden Muskulatur eine einzige, derbe Masse, deren Entfernung
sich als unmöglich herausstellte. Auch in diesem Falle fand sich
das eigenthümlich speckige Aussehen des die Struma umgebenden
Zellgewebes. Wegen der schweren Athemnoth wurde die Tracheotomie
gemacht; das Aufsuchen der Trachea und das Einführen der Kanüle
gelang nur mit großer Mühe. Die mikroskopische Untersuchung
eines kleinen excidirten Stückchens ergab keine Anhaltspunkte für
eine maligne Degeneration; es fand sich nur sklerotisches Binde-
gewebe mit theilweise herdförmiger Rundzellinfiltration und charak-
teristischen Wucherungsvorgängen an den Gefäßen. Dadurch wurde
der Verdacht auf Lues noch bestärkt, der schon durch die Anamnese
und namentlich durch das Aussehen des Zellgewebes bei der Operation
wachgerufen worden war. Es wurde Jodkali in großen Dosen ge-
geben, und der Effekt war der, dass schon 3 Wochen nach der Ope-
ration von der vorher faustgroßen Struma nichts mehr zu sehen oder
zu fühlen war. 1!/ Woche später konnte die Kanüle weggelassen
werden, und jetzt, !/, Jahr nach der Operation, ist Pat. völlig gesund
und arbeitsfähig, von einer Struma hat sich nichts wieder gezeigt.
Gegen diesen 2. Fall könnte eingewandt werden, einmal, dass eine
gewöhnliche Struma auch auf Jodkali zurückgehen kann, und zweitens,
dass die von Riedel beschriebenen, eisenharten entzündlichen
Tumoren der Schilddrüse nach partieller Entfernung ebenfalls in
ihrem Wachsthum stehen geblieben sind. Diese Einwände sind nicht
stichhaltig; denn unter Jodbehandlung verkleinern sich nur die
weichen hyperplastischen Strumen, nicht aber derartig derbe fibröse
Kropfgeschwülste; und was den zweiten Einwurf anbelangt, so ist
bei unserem Pat. eine faustgroße, durch die Operation nicht ver-
kleinerte, harte Struma in ihrem Wachsthum nicht stehen geblieben,
sondern vielmehr unter unseren Augen auf Jodkalidarreichung rapid
verschwunden. Nehmen wir dazu die bei der mikroskopischen Unter-
suchung gefundenen Gefäßveränderungen, so kann auch in diesem
Falle an der Diagnose »Struma syphilitica« ein Zweifel nicht be-
stehen. Bei Riedel’s chronischer Strumitis aber handelt es sich
offenbar um etwas Anderes, wie aus der histologischen Untersuchung
und besonders aus der Thatsache hervorgeht, dass 2 von Riedel’s
Pat. ohne jeden Erfolg mit Jodkali behandelt worden sind.
Eee
Die Syphilis der Schilddrüse ist noch sehr wenig bekannt, eine
zusammenfassende Beschreibung derselben giebt es bisher nicht, und
selbst in den neuesten Werken finden sich nur ganz kurze Notizen
über diese Lokalisation der Lues, welche allgemein als größte Rarität
bezeichnet wird. Besonders die syphilitische Struma ist bisher nur
ganz selten beobachtet worden, und unsere beiden Fälle sind die
ersten, welche Gegenstand einer chirurgischen Behandlung geworden
sind. Was bisher über Schilddrüsensyphilis bekannt ist, wäre mit
wenigen Worten Folgendes:
Die Schilddrüse wird bei frischer und bei vorgeschrittener
Syphilis resp. bei hereditärer Lues betheiligt gefunden. Während
vorübergehende Anschwellungen des Organs in der Frühperiode der
Lues nichts Seltenes sind — Engel-Reimers u. A. haben dies an
einem großen Material nachgewiesen —, gehört die eigentliche
Syphilis der Schilddrüse, wie sie in den späteren Stadien und bei
hereditärer Lues beobachtet wird, zu den größten Seltenheiten.
Relativ am häufigsten wird die gummöse Form der syphi-
litischen Erkrankung beobachtet. Sie kommt etwa gleich häufig bei
angeborener und erworbener Lues vor und ist bei ersterer regel-
mäßig, seltener bei letzterer mit visceraler Syphilis vergesellschaftet.
Die Gummabildung ist nicht an strumöse Schilddrüsen gebunden,
sie führt nicht immer zu einer nachweisbaren Vergrößerung der
Thyreoidea.. Die Gummiknoten unterscheiden sich nicht von denen
anderer Organe, sie sind entweder scharf begrenzt oder gehen diffus
in die Umgebung über.
Die Struma syphilitica beruht meist auf einer gummösen Ent-
artung der Schilddrüse, hierher gehört unser Fall 1. Unser 2. Fall
spricht für das Vorkommen auch der interstitiellen fihrösen Form
der syphilitischen Entzündung; und somit würde die Syphilis an der
Schilddrüse in denselben beiden Formen auftreten können, die man
auch an anderen Organen, wie Leber und Hoden, zu unterscheiden
pflegt. Übrigens vermag auch die vorübergehende Anschwellung der
Schilddrüse bei Frühsyphilitischen in vereinzelten Ausnahmefällen
große Kropfgeschwülste zu erzeugen.
Die Syphilis der Schilddrüse kann eine hohe klinische Be-
deutung erlangen. Einmal kann durch den syphilitischen Process
sämmtliches funktionirende Schilddrüsenparenchym zerstört resp.
funktionsunfähig gemacht werden, so dass es zu Ausfallserscheinungen,
zu Myxödem kommt; Köhler hat einen derartigen Fall beschrieben.
Zweitens kann, wie in unseren beiden Fällen, die syphilitische Er-
krankung der Schilddrüse eine Struma maligna vortäuschen, ein
Irrthum, der für die Pat. große Gefahren mit sich bringen kann.
Die Diagnose »Struma syphilitica« ist vor der Operation wohl
nur dann zu stellen, wenn gröbere Veränderungen anderer Organe
auf Lues hinweisen. Bei der Operation kann das eigenthümlich
speckige Aussehen des die Kropfgeschwulst umgebenden Zellgewebes
den Verdacht auf Syphilis nahelegen. (Selbstbericht.)
ET WERE
32) Kelling (Dresden). Über Ösophagoskopie mit biegsamen
Instrumenten.
Alle Versuche, mit Hilfe eines Spiegels nach Art der Laryngo-
skopie in die Speiseröhre zu sehen, sind verfehlt, weil durch den
gebogenen Weg die Einführung von Instrumenten z. B. zum Ab-
wischen von Schleim sehr erschwert wird. Für die Ösophagoskopie
muss deren Grundlage von Mikulicz, gerade hineinzusehen, festge-
halten werden. Rationellerweise muss das Instrument biegsam ein-
geführt und hinterher in gerade starre Form gebracht werden. K.'s
Instrument ist analog gebaut, wie ein Finger, den man sich nur
hohl zu denken braucht. Die Glieder sind mit Charniergelenken
seitlich an einander befestigt, sie lassen sich nach vorn biegen und
schlagen hinten in gestreckter Stellung an einander. Analog der
Strecksehne dient ein Draht, der an den einzelnen Gliedern durch
Ösen geführt ist. Anspannung des Drahtes durch einen Hebel-
mechanismus macht das Instrument gerade und starr. Die Glieder
(15—30) sind mit einem Gummischlauch überzogen. Beleuchtung
erfolgt durch reflektirende Glühlampe. Mittels des Instrumentes
wird an einem Pat. die Besichtigung der Speiseröhre vorgenommen.
(Selbstbericht.)
33) Garrö (Rostock). Über Ösophagusresektion und Öso-
phagoplastik.
G. hat 3 Ösophagusresektionen wegen Carcinom ausgeführt. Im
ersten Falle blieb der Kehlkopf erhalten, in den zwei anderen musste
er erst exstirpirt werden. Wie aus den Arbeiten von Marwedel und
Narath hervorgeht, sind nur 10 Fälle von Ösophagusresektionen
publicirt. Jedes Mal erwuchsen dem Operateur erhebliche Schwierig-
keiten bei der Neubildung eines Schlundrohrs.. G. hat im ersten
Falle einen gestielten Hautlappen der Halshaut implantirt (Miku-
licz', im zweiten Falle wandte er ein Verfahren an, das sich dem
von Hochenegg angegebenen eng anschließt, bestehend in Bildung
zweier seitlicher Thürflügellappen.
Von besonderem Interesse ist der letzte Fall, wo das Carcinom
röhrenförmig auf 5 cm Länge den Ösophagus strikturirt hatte, mit der
hinteren Trachealwand verwachsen und in die rechte Schilddrüse
hineingewuchert war. Es mussten resecirt werden der Osophagus in
fast seinem ganzen Halstheil, 5 Trachealringe mitsammt dem Kehl-
kopf. Da die Kehlkopfschleimhaut gesund war, hatte G. dieselbe
zum Ersatz des resecirten Schlundrohrs benutzt, und zwar in der
Weise, dass er die Kehlkopfschleimhaut sorgfältig aus dem Knorpel-
gerüst ausschälte und diese röhrenförmige Schleimhautbrücke oben
mit dem Schlund und unten mit dem Ösophagusstumpf durch die
Naht vereinigte. Diese Plastik ist vollkommen gelungen, und die
Pat. schluckt durch die neue Speiseröhre, die für eine fingerdicke
Ze rg ee
Sonde durchgängig ist, ganz gut. Trotz erhaltener Innervation durch
den N. laryngeus sup. tritt beim Schlucken kein Hustenreiz auf.
G. empfiehlt, in entsprechenden Fällen die ‚Kehlkopfschleimhaut
zur Ösophagusplastik zu benutzen; sie bildet, wie der Erfolg beweist,
ein sehr schätzenswerthes Material zur Plastik. (Selbstbericht.;
Diskussion zu 32 und 33: v. Hacker (Innsbruck) empfiehlt,
die Ösophagoskopie mehr bei der Entfernung von Fremdkörpern zu
verwenden, als bisher geschehen. Er hat mit ihrer Hilfe seit 1887
mehr als 25 Extraktionen von Fremdkörpern gemacht und die Öso-
phagotomie nie mehr nöthig gehabt. (Demonstration solcher Fremd-
körper.)
W. Levy (Berlin) ist es an der Leiche gelungen, auch nach aus-
gedehnten Resektionen von Ösophagusstücken die Enden wieder
cirkulär zu vereinen. Am Lebenden ließe sich dies also noch in weit
höherem Maßstabe bewerkstelligen.
Müller (Erfurt) empfiehlt an der Hand zweier Fälle dringend,
bei Fremdkörpern im Ösophagus die Röntgen’sche Durchleuchtung
vorzunehmen. Jaffé (Hamburg).
34) Rehn (Frankfurt a/M.). Operationen an dem Brust-
abschnitt der Speiseröhre.
Der Vortr. berichtet über 2 Fälle, in denen er sich veranlasst
sah, den Ösophagus in seinem Brusttheil von hinten her aufzusuchen
und eine Strecke weit freizulegen. Einmal handelte es sich um
einen Pat. mit einem in jauchigem Zerfall begriffenen Osophagus-
carcinom, bei welchem versucht wurde, den die Magenverdauung in
hohem Maße beeinträchtigenden Zufluss der Zerfallsprodukte nach
eventueller Unterbindung des unteren Ösophagusabschnitts nach
außen zu drainiren, der zweite wichtigere Fall betraf einen jungen
22jährigen Mann, bei dem sich nach einem Conamen suicidii ver-
mittels Trinken von Schwefelsäure 32 cm hinter der oberen Zahn-
reihe eine durch keinerlei Mittel zu überwindende Striktur der
Speiseröhre gebildet hatte. Beide Operationen wurden in verhält-
nismäßig kurzem Zwischenraum vorgenommen, nachdem eingehende
anatomische Studien und zahlreiche Leichenversuche die technische
Durchführbarkeit erwiesen hatten. An der Hand einiger Abbildungen
(Quer- und Längsdurchschnitte durch den Thorax) so wie Demon-
stration einer stereoskopischen photographischen Aufnahme des von
hinten her wie bei der Operation an der Leiche freigelegten Öso-
phagus zeigt der Vortr., dass man im Gegensatz zu Quénu und
Hartmann, die von der linken Seite operiren wollen, nach Bildung
eines großen Weichtheillappens und Resektion einer Anzahl Rippen
bequemer von rechts her direkt auf den Ösophagus ohne Verletzung
lebenswichtiger Organe vorzudringen im Stande ist. Der Ösophagus,
der in seinem Anfangstheil und wiederum abwärts vom 10. Brust-
een N Sn
wirbel der linken Körperhälfte angehört, liegt in seinem Brusttheil
an der für etwaige Eingriffe hauptsächlich in Betracht kommenden
Strecke zwischen 4.—9. Brustwirbel mehr oder weniger rechts von
der Mittellinie, die beiden Vagi verlaufen an der Vorder- und Hinter-
wand und sind ohne Weiteres zu schonen, eben so die Vena azygos
und der N. sympathicus, der noch mehr nach rechts und gleichzeitig
nach hinten zur Seite der Wirbelkörper gelegen ist. Die Haupt-
sch wierigkeit der Freilegung des Ösophagus beruht darin, die Rippen-
resektion und Ablösung der Pleura von der Fascia endothoracica, die
im Übrigen leicht gelingt, ohne Pneumothorax auszuführen, ein Er-
eignis, welches in beiden operirten Fällen nicht vermieden werden
konnte und durch spätere Infektion für die Pat. verhängnisvoll
wurde. Neben den genannten anatomischen Verhältnissen sind noch
die Beziehungen des Ösophagus zu den Bronchien, den großen Ge-
füßen, dem Ductus thoracicus und vor Allem zum Herzbeutel wichtig,
dem die Speiseröhre in einer Ausdehnung von mehreren Centimetern
direkt anliegt.
Außer diesen anatomischen Daten, die bei der Ausführung der
Operation berücksichtigt werden müssen, sind auch die physiologi-
schen Verhältnisse nicht außer Acht zu lassen, vor Allem der im
Inneren beim Brechakt herrschende positive Druck, welcher unter
Umständen besonders bei hochgelegenen Stenosen des Ösophagus eine
ungeahnte Höhe erreichen und nach maximaler Aufblähung zur
Ruptur des Organs führen kann.
Nach diesen einleitenden Bemerkungen über Anatomie und Phy-
siologie des Ösophagus geht der Vortr. zur Mittheilung der Kranken-
geschichten über.
Fall I. 22jähriger Pat., der in einem Anfall von Schwermuth
Schwefelsäure getrunken hat, kommt etwa 2 Monate später mit einer
32 cm hinter der oberen Zahnreihe belegenen Striktur des Öso-
phagus in Behandlung. Trotz fortgesetzter Sondirung der Anfangs
noch für mittelstarke Sonden durchgängigen Striktur verengerte sich
dieselbe mehr und mehr, so dass einige Monate später, nachdem in-
zwischen eine Magenfistel nach Witzel angelegt war, die Durch-
fübrung selbst dünnster Bougies unmöglich wurde, bald auch Wasser
nicht mehr durchging und keinerlei Abfluss des Speichels, Mund-
und Rachensekrets in den Magen mehr stattfand, sondern von Zeit
zu Zeit unter würgartigen Bewegungen herausbefördert wurde. Es
wurde eine tiefe Ösophagotomie gemacht in der Hoffnung, von dieser
aus das Hindernis eventuell mit der Sonde passiren zu können, ein
Versuch, der ebenfalls nicht zum Ziel führte. Das Verlangen des
Pat. nach einer Operation wurde immer dringender, trotz aller Vor-
stellungen von der Gefahr und Unsicherheit eines derartigen Eingriffs
von hinten her, so dass schließlich nachgegeben und die Operation
unternommen wurde. In schlechter, unruhiger Narkose Bogenschnitt
auf der rechten Rückenhälfte mit der Basis nach der Wirbelsäule zu,
Durchtrennung der 4.—8. Rippe unter vorsichtigem Abdrängen der
SEEN
Pleura und Resektion von ca. 6 cm der hinteren Rippensegmente.
Schrittweise wird die Pleura stumpf nach hinten hin gegen das Me-
diastinum abgelöst, was ohne Mühe gelingt, wo man deutlich das in
den Ösophagus eingeführte Schlundrohr zu fühlen vermag. Bei
einem Hustenstoß in der Narkose wird die Pleura plötzlich stark
aus der Wunde hervorgedrängt, fängt sich an einem der vorderen
Rippenstümpfe und reißt ein unter Zusammenfallen der Lunge.
Tamponade und Naht der Pleurawunde führen zu keinem Ziel,
Athmung und Puls werden schlechter, so dass die Operation nach
Tamponade der Wundhöhle abgebrochen werden muss. Pat. er-
holte sich rasch aus seinem Collaps, die Wunde begann zu granu-
liren und verkleinerte sich immer mehr und mehr. Nach un-
gefähr 5 Wochen hatte sich Pat. genügend erholt, und es wurde
von Neuem zur Operation geschritten. Nachdem die Wund-
höhle mit einiger Mühe wiederum freigelegt war, zeigten sich die
Wände und Pleura rings herum mit dicken Schwarten und reich-
lichen fibrinösen Auflagerungen besetzt, von den Gebilden des hin-
teren Mediastinums war nichts zu fühlen. Nachdem die dicken
Schwarten von der Fascia endothoracica gelöst waren, gelang es
ohne Schwierigkeit, den Ösophagus aufzufinden, in welchem eine
Sonde bis zur Striktur eingeführt war. Die Stelle der Striktur war
durch derbe fibröse Verwachsungen mit der Umgebung fixirt, durch
diese Adhäsionen der Ösophagus selbst von rechts nach links torquirt.
Nach Lösung der Verwachsungen und Dehnung des Ösophagus-
lumens mittels einer durch eine kleine Längsincision eingeführten
Kornzange gelang es ohne Schwierigkeit, ein Schlundrohr bis in den
Magen durchzuführen; über dasselbe wurde die Ösophaguswunde ver-
näht, die Wundhöhle tamponirt. Pat. erholte sich relativ rasch,
doch wurde in der Nacht der Puls frequenter und frequenter, und
trat am Mittag des folgenden Tages unter zunehmender Herzschwäche
der Tod ein.
Bei der Operation des 2. Falles wurde eben so vorgegangen wie
im 1., es ließ sich eine Verletzung der Pleura auch hier nicht ver-
meiden, besonders da in der Umgebung des Carcinoms breite, un-
lösliche Verwachsungen der Pleura mit der Fascie bestanden. Der
Pat. lebte noch 6 Tage nach der Operation und ging schließlich
unter Herzschwäche zu Grunde. Bei der Sektion ergab sich eine alte
Perikarditis und Myokarditis.
Durch die beiden mitgetheilten Fälle ist die Möglichkeit er-
wiesen, dem Ösophagus ohne Verletzung lebenswichtiger Organe in
seinem Brusttheil beizukommen, und damit Aussicht vorhanden, ge-
wisse Erkrankungen der Speiseröhre, die allen sonstigen therapeu-
tischen Eingriffen und Maßnahmen trotzten, vielleicht erfolgreich auf
operativem Wege nach Freilegung des Ösophagus von hinten her
anzugreifen. Bode (Frankfurt a/M.).
ESTER EEE,
35) Krönlein (Zürich). Über die Resultate der Diphtherie-
behandlung mit besonderer Berücksichtigung der Serum-
therapie. (Nach Erfahrungen an der chirurgischen Klinik
in Zürich.)
K. hat in seiner Klinik die Behring’sche Heilserumbehand-
lung der Halsdiphtherie im November 1894 eingeführt und bis zur
Stunde fortgesetzt. Auf K.'s Anregung hin ist das in dieser Zeit
gewonnene Beobachtungsmaterial von Herm Dr. C. Blattner,
1. Assistenzarzt der Klinik, klinisch und statistisch eingehend be-
arbeitet worden, und wird die Arbeit demnächst in extenso im Druck
erscheinen; K. begnügt sich daher, nur die wesentlichen Ergebnisse
dieser Untersuchung dem Kongress mitzutheilen und verweist im
Übrigen auf die Blattner’sche Arbeit.
Was die lokalen Verhältnisse betrifft, unter welchen das Diph-
theriekrankenmaterial der Klinik zuging, so sei bemerkt, dass das-
selbe fast ausschließlich der Stadt Zürich mit ihren 160000 Ein-
wohnern und den umliegenden Bezirken des Kantons Zürich mit
seinen ca. 390000 Einwohnern entstammt. Für die Aufnahme der
Kranken besteht seit dem Jahre 1889 ein eigenes » Diphtheriehaus«
mit Glaspavillon, zahlreichen Krankenräumen, Isolirzimmern, Ope-
zationsraum, Badeeinrichtung, Arztwohnung etc., so dass selbst weit-
gehende Anforderungen, welche an eine solche Diphtheriestation ge-
stellt werden können, erfüllt sind.
Abgesehen von der Serumbehandlung galten im Übrigen die-
selben therapeutischen Grundsätze bezüglich der Lokalbehandlung,
der Vornahme der Tracheotomie und der Intubation wie früher und
wie sie in früheren Arbeiten aus der RK schen Klinik niedergelegt sind.
(Vgl. Krönlein, Diphtherie und Tracheotomie, v. Langenbeck’s
Archiv Bd. XXI. 1877. — M. Neukomm, Die epidemische Diphtherie
im Kanton Zürich. Leipzig 1886. — C. Billeter, Über operative
Chirurgie des Larynx und der Trachea. Inaug. -Diss,, Zürich, 1888.
— E. Köhl, Über die Ursachen der Erschwerung des Decanulement
nach Tracheotomie i im Kindesalter wegen Diphtherie, v. Langenbeck
Archiv Bd.XXXV. 1888.—C. Schlatter, TracheotomieundIntubation
bei der Behandlung der diphtheritischen Larynxstenose. Korrespon-
denzblatt für schweizer Ärzte Jahrg. XXII. 1892.) — In der Blatt-
ner’schen Arbeit findet sich nun das ganze Diphtheriematerial der
K.schen Klinik aus den Jahren 1881—1897 verwerthet, und zwar
so, dass der Autor das Material der Vorserumperiode (1881—1894)
dem Material der Serumperiode (1894— 1897) gegenüberstellt
und einer eingehenden Analyse unterwirft. Die erstere Periode um-
fasst 1336 Fälle; die letztere 437 Fälle. — Es braucht kaum be-
merkt zu werden, dass alle Fälle der Serumperiode genau bakterio-
logisch untersucht und für sie der Nachweis des Löffler’schen
Diphtheriebacillus geleistet worden ist.
N
Eine Gesammtübersicht über die Mortalitätsverhältnisse bei
diesem Material von im Ganzen 1773 Diphtheriefällen der Jahre
1881—1897 giebt folgende kleine Tabelle:
Vor-Serumperiode Serumperiode
"Ee SE) semma | TEE
1881—89 | 1839—94 | 1881—94 1894—97
Sämmtliche behandelten Diphtherie-
dëlle Sé ar 485 851 1336 437
Daron E neue. re ee 230 304 534 55
Gesammtmortalität aller Diphtherie-
Biller N S r a 47,4% | 35,7% | 39,9% 12,5%
Operirte Diphtheriefälle .... . . . 354 308 662 101
Davon tu... nee E E 211 227 438 36
Mortalitätderoperirten Diphtheriefälle | 59,6% 73,7% 66,1% 35,6%
Nicht operirte Diphtheriefälle. . 131 543 674 336
Davon + +... ausser ara nen 19 17 | 96 19
Mortalität der nicht operirten Dip i
theriefālle. . . . n. | 14,5% | 141% | 14,2% 5,6%
K. analysirt nun dieses statistische Material nach verschiedenen
Richtungen und fügt dem statistischen Theil noch die Resultate
der klinischen Einzelbeobachtungen hinzu, unter stetigem Hinweis
auf die umfänglicheren Ausführungen in der Blattner’schen Arbeit.
Eine Reihe graphischer Tafeln veranschaulicht die statistischen
Zahlenergebnisse.
Die Folgerungen, welche K. aus diesen statistischen Unter-
suchungen und den klinischen Einzelbeobachtungen zieht, sind:
Aus der Statistik ergiebt sich:
1) In dem Zeitraum der Serumbehandlung ist die Mortalität
der Rachendiphtherie im ganzen Kanton Zürich bedeutend ge-
sunken, während die Morbidität, d. h. die Zahl der Diphtherie-
erkrankungställe, eine nennenswerthe Abnahme nicht erfahren hat.
2) In demselben Zeitraum ist auch die Mortalität der Diph-
theriefälle in der chirurgischen Klinik in Zürich bedeutend
zurückgegangen.
3) Insbesondere ist bei den klinischen Diphtheriefällen die Mor-
talität der Operirten (Tracheotomirten und Intubirten)
während der Periode der Serumbehandlung so weit gesunken, wie
niemals während der ganzen früheren Beobachtungszeit.
4) Dieses bedeutende Sinken der Mortalität der klinischen Diph-
theriekranken, sowohl der operirten als auch der nicht operirten, ist
für alle Lebensalter, ganz besonders auch für die ersten Lebens-
jahre, zu konstatiren.
5) Das numerische Verhältnis der operirten Diphtherie-
kranken zu den Nichtoperirten ist seit Einführung der Serum-
behandlung gegenüber der früheren Periode ein wesentlich anderes
geworden, in so fern als früher ziemlich genau die Hälfte aller in die
ESR ts
Klinik gebrachten Kranken wegen gefahrdrohender Laryngostenose
operirt werden mussten, in der Periode der Serumbehandlung da-
gegen nicht ganz !/, (genau 23,1%).
6) Die Besserung in allen den erwähnten Richtungen fällt zeit-
lich mit dem Termin der Einführung der Serumbehandlung zusammen.
Eine Erklärung für diese auffallenden Resultate statistischer Forschung
kann in den klinischen Beobachtungen, in dem durch die
Serumbehandlung veränderten Krankheitsbilde der Diph-
therie gefunden werden.
In dieser Beziehung wurde Folgendes konstatirt:
1}Gewöhnlich rasche Besserung des Allgemeinbefindens
nach der Seruminjektion.
2) Rascher Abfall des Fiebers.
3) Rasche Lösung der Beläge und Membranen im Rachen
und in den groben Luftwegen und rasche Verminderung
der Sekretion bei Nasendiphtherie.
4) Auffallend schnelles Zurückgehen der lymphade-
nitischen Schwellungen am Halse.
5) Keine Propagation des diphtherischen Processes
vom Nasen-Rachenraume nach dem Larynx und der Trachea
nach erfolgter Seruminjektion.
6) Keine Steigerung leichter laryngostenotischer Er-
scheinungen zu schweren nach erfolgter Seruminjektion.
7) Keine Wunddiphtherie bei den Tracheotomirten,
während früher ca. !/; der Tracheotomirten solche zeigte.
8) Ein früheres D&canulement bei den Tracheotomirten,
meist schon am 3., 4. und 5. Tage nach der Tracheotomie.
Von Komplikationen im klinischen Verlaufe der Diphtherie
während der Serumperiode wurden beobachtet:
1) Albuminurie in 36,6% der Fälle.
2) Ausgesprochene Nephritis in 4,6% der Fälle.
3) Postdiphtherische Lähmungen in 12,5% der Fälle.
Verglichen mit den früheren Erfahrungen in der Vor-Serum-
periode kann nicht behauptet werden, dass diese Kompli-
kationen häufiger, aber auch nicht, dass sie seltener ge-
worden wären.
4) Exantheme von großer Polymorphie in 8% der Fälle.
Diese Beobachtungen sind, verglichen mit unseren früheren Er-
fahrungen, neu, und durch Kontrollversuche, bei Seruminjektionen
zum Zwecke der Immunisirung gesunder Individuen, ist konstatirt
worden, dass die Exantheme auf die Seruminjektionen zurückzuführen
sind. Abgesehen von einer vorübergehenden Störung des Allgemein-
befindens haben diese Erscheinungen keinerlei Nachtheile mit sich
geführt.
Aus diesen Erfahrungen, den Resultaten sowohl einer sorgfältigen
vergleichenden Statistik als auch einer mehrjährigen klini-
E e
schen Beobachtung glaubt K. mit Dr. Blattner den Schluss
ziehen zu dürfen:
Dass die bedeutende Besserung, welche seit November 1894
in dem Verlaufe von Hunderten von Fällen von Diphtherie auf der
chirurgischen Klinik in Zürich konstatirt worden ist, wenn auch nicht
ausschließlich, so doch in der Hauptsache in kausalem Zusammen-
hange steht mit der in diesem Zeitpunkt ein- und konsequent durch-
geführten Behring’schen Serumtherapie, und dass wir in dieser
Therapie einen Heilfaktor zu erblicken berechtigt sind, mächtiger
als irgend eines der bisher bei Diphtherie versuchten Heilverfahren.
Erschüttert könnte diese Schlussfolgerung nur werden, wenn
von anderer Seite der Nachweis geliefert würde, dass die Diphtherie-
krankheit zur selben Zeit und bei möglichst gleichen Verhältnissen
dieselbe Wandlung zum besseren durchgemacht habe — ohne An-
wendung der Serumtherapie; oder aber, wenn andere Beobach-
tungen, den hier referirten gleichwerthig, die Nutzlosigkeit der
Serumtherapie darthun würden. In diesem Falle müssten wir in
unsere Gleichung ein neues X einführen, dessen Werth durch weitere
Analysen erst noch festzustellen wäre.
An der Thatsache aber, dass die Diphtherie im Kanton
Zürich in dem Zeitraume von 1894—1897 unvergleichlich
viel weniger Opfer gefordert hat, als früher, kann in keinem
Falle gerüttelt werden. (Selbstbericht.)
36) Helferich (Greifswald). Demonstration eines Mädchens
mit doppelseitigem Verlust des M. sternocleidomastoideus.
H. demonstrirt ein 26jähriges Mädchen, bei welchem er vor
etwa 1!/ Jahre ausgedehnte Lymphome an beiden Seiten des Halses
exstirpirt hatte. Durch die intensive Verwachsung der massenhaft
entwickelten Lymphdrüsen, welche ein großes zusammenhängendes
Packet von dem Schlüsselbein bis zum Warzenfortsatz und Kiefer-
winkel bildeten, sah er sich genöthigt, sowohl bei der ersten rechter-
seits, als auch bei der zweiten linkerseits ausgeführten Exstirpation
den M. sternocleidomastoideus in seiner ganzen Länge mit zu exstir-
piren. Die Wundheilung war eine vollkommene, und das Mädchen
st nachher frei von Recidiv geblieben und auch jetzt in dieser
Hinsicht völlig gesund, von blühendem Aussehen. Das wesentliche
Interesse des Falles bezieht sich also auf die beiderseits erfolgte
operative Entfernung des M. sternocleidomastoideus in seiner ganzen
Ausdehnung. Im Anfang war eine gewisse Bewegungseinschränkung
nachweisbar; das Mädchen konnte zwar sofort den Kopf nach vorn,
nach hinten und nach beiden Seiten hin neigen, es konnte auch
eine Drehung des Kopfes nach links und rechts vornehmen, allein
es konnte nicht aus liegender Stellung sich erheben, ohne instinktiv
mit der einen Hand an den Hinterkopf zu fassen und den Kopf
durch die Hand empor zu heben. In gleicher Weise fasste das
nel ea
Mädchen mit der Hand nach dem Kopf, wenn es sich aus sitzender
Stellung auf den Rücken legen wollte. Allein schon etwa 2 Monate
später war das Mädchen im Stande und ist es auch jetzt noch
(Demonstration), sich aus sitzender Stellung, rückwärts neigend,
hinzulegen, als auch aus liegender Stellung sich gerade nach vorn
zu erheben und hinzusetzen ohne eine Mithilfe der Hände. Der
durch den Wegfall beider Mm. sternocleidomastoidei erzeugte Defekt
ist thatsächlich auch in dem erwähnten wesentlichen Punkt aus-
geglichen, und zwar durch das Eintreten der vorderen Halsmuskulatur.
Man sieht namentlich, wenn das Mädchen aus liegender Stellung
sich aufsetzen will, die sehr starke Anspannung verschiedener mus-
kulöser Stränge an der Vorderseite des Halses, unter denen Platysma-
fasern und besonders der beiderseits hypertrophische M. omohyoideus
in die Augen fallen. Es kann somit behauptet werden, dass der
Ausfall beider M. sternocleidomastoidei keine besonders schädigende
Wirkung ausübt.
Etwas Anderes ist es mit dem Ausfall des in Folge der er-
wähnten Operation gleichfalls geschädigten M. cucullaris. Derselbe
ist beiderseits in Folge der bei der Exstirpation bewirkten Durch-
schneidung des N. accessorius im Zustand voller Lähmung. Die
nach Angabe der Anatomen aus dem Cervicalis III stammenden
Nerven dieses Muskels sind offenbar nicht im Stande, den vollen
Schwund und den vollen Ausfall der Funktion zu hemmen. In Folge
dieser beiderseitigen Cucullarislähmung ist der Schultergürtel (Achsel-
gegend) etwas nach vorn gezogen, ist ferner die Bewegung der
Scapula beeinträchtigt und dadurch auch die seitliche Erhebung der
Arme, welche bekanntlich in dem eigentlichen Schultergelenk nur
bis zur Horizontalen und sodann durch Drehung der Schulterblätter
um eine sagittal-horizontale Achse zu Stande kommt. Die seitliche
Erhebung der Arme ist ungenügend: das Mädchen kann nur mit
Schwierigkeit nach dem eigenen Kopf fassen und ist bei der Vor-
nahme mancher Hantirungen wesentlich behindert. Die Cucullaris-
lähmung ist also eine schwerere Läsion als der vollkommene Mangel
der Sternocleidomastoidei. Interessant ist die bei der Inspektion
leicht bemerkliche (Demonstration) Atrophie der Mm. cucullares und
daneben das starke Hervortretan des hypertrophirenden M. levator
scapulae. (Selbstbericht.)
37) Perthes (Leipzig). Zur Empyembehandlung.
P. demonstrirt das an anderer Stelle (vgl. Centralblatt 1898
No. 13 p. 353) veröffentlichte Verfahren zur Nachbehandlung der
Empyemoperation und berichtet über die damit an 12 Fällen der
chirurgischen Universitätsklinik zu Leipzig gemachten Erfahrungen.
Als Zweck des Verfahrens wird nochmals hervorgehoben die Her-
stellung eines negativen Druckes in der Empyemhöhle, welche im
Sinne der Verkleinerung dieses Hohlraumes und der Wiederentfaltung
Chirurgen-Kongress 1898. T
Bere We
der Lunge wirksam ist. Es wird betont, dass es besonders auch in
solchen Fällen, in welchen die Wiederausdehnungsfähigkeit der
Lunge gelitten hat, durch Anwendung eines konstanten starken
negativen Druckes (100—120 mm Quecksilber) oft noch möglich ist,
die Empyemhöhle zur allmählichen Verkleinerung und zum Ver-
schluss zu bringen. P. vergleicht diese Wirkung der Aspiration mit
der eines Extensionsverbandes bei Gelenkkontraktur. — Eine Ver-
einfachung hat das Verfahren in so fern erfahren, als die ursprünglich
angewandte, die Thorakotomiewunde deckende Kappe durch eine
einfache dünne Gummimembran ersetzt ist, welche durch Flanell-
binden in glatt ausgespanntem Zustande gehalten wird.
4 unter der Aspirationsbehandlung geheilte Fälle werden de-
monstrirt:
1) Ein Fall von subphrenischem Abscess mit Empyem, bei
welchem der durch die transpleurale Operation geschaffene Pneumo-
thorax sofort nach der Operation durch Aspiration beseitigt werden
konnte.
2) Ein Fall von Pfählungsverletzung des Unterleibe. Der durch
das Scrotum, unter die Bauchhaut, durch die Bauchmuskulatur,
durch die Abdominalhöhle und das Zwerchfell in die rechte Pleura-
höhle eingedrungene Stiel einer Mistgabel hatte ein Stück der Unter-
hose des Pat. in die Pleurahöhle verlagert und einen jauchigen Pyo-
pneumothorax verursacht. Nach iimonatelangem Bestehen der
davon herrührenden Empyemfistel Heilung mittels Thorakotomie,
Extraktion des Fremdkörpers und Aspiration in 38 Tagen.
3) Ein Fall von 7 Monate alter Empyemfistel nach metapneu-
monischem Empyem, welches mit Bülau’scher Drainage ohne Erfolg
behandelt war. Heilung in 55 Tagen.
4) Ein Fall von 2!/, Jahre alter Empyemfistel mit amyloider
Degeneration der inneren Organe. Die Symptome der amyloiden
Degeneration sind nach Obliteration der Empyemhöhle zum größten
Theile verschwunden.
Im Fall 3 und 4 war eine rasche Rückbildung der bereits ent-
standenen beträchtlichen Thoraxdifformität zu konstatiren.
(Selbstbericht.)
38) Jordan (Heidelberg). Erfahrungen über die Schede’sche
Thorakoplastik.
Die Schede’sche Thorakoplastik wurde in der Czerny’schen
Klinik in den letzten 7 Jahren an 20 Kranken ausgeführt, die an
chronischen Empyemfisteln litten. Die Erfolge waren sehr günstige;
denn 9mal wurde vollständige Heilung und 6mal weitgehende Besse-
rung erzielt, 1 Fall blieb ungeheilt, und 4mal erfolgte der Exitus
letalis. 5 der geheilten Pat. sind arbeitsfähig, eben so 3 der gebesserten.
Von den 4 Todesfüllen war der eine durch Collaps unmittelbar nach
der Operation, die 3 übrigen durch Miliartuberkulose, einige Wochen
nach dem Fingriff, verursacht.
e
Der Schede’sche Weichtheillappen mit oberer Basis ist zweck-
mäßiger als die seitlichen Schnittführungen, weil sich häufig
Recessus und Fistelgänge im hinteren Brustfellraum finden,
die nur durch Emporklappen der Scapula freigelegt werden
können.
Für die Nachbehandlung empfiehlt sich die vollständig offene
Wundbehandlung, da die Vernähung des Lappens die Gefahr der
Wiederentstehung unerwünschter Hohlräume in sich schließt. Die
Resektion der Thoraxwand muss eine so ausgiebige sein, dass die
Empyemhöhle von jeglicher Knochenüberdachung befreit
wird. Bei heruntergekommenen Pat. wird dieser gefahrvolle Ein-
griff eventuell auf mehrere, in kurzen Intervallen folgende
Sitzungen vertheilt.
Bei Kindern ist die Indikation zur Thorakoplastik nur selten
vorliegend, die Aussichten auf Erfolg aber sehr günstige, da, wie ein
vorgestellter, vor 7 Jahren operirter Fall illustrirt, die Skoliose
ganz verschwinden, die geschrumpfte Lunge zu fast völliger
Wiederausdehnung gelangen, und außerdem eine voll-
ständige Regeneration der entfernten Rippen erfolgen
kann.
Das von Delorme vorgeschlagene Verfahren der Decortication
pulmonaire ist physiologischer als die Thoraxresektion, wird aber
nur in einzelnen günstigen Fällen zur erfolgreichen Anwendung ge-
langen können.
Vortr. hat in einem Falle an die Schede’sche Thorakoplastik
die Spaltung der Lungenpleura angeschlossen und durch den imaligen
Eingriff rasche Heilung erzielt und empfiehlt daher die Kom-
bination der Schede’schen und Delorme’schen Methode zu
weiteren Versuchen.
Ein zweiter, der Versammlung vorgestellter Pat. erweckt be-
sonderes Interesse durch einen Folgezustand der wohlgelungenen
Thorakoplastik, nämlich das Freiliegen des Herzens unter dem tief
eingezogenen Hautlappen. (Selbstbericht.)
Diskussion zu 37 und 38: Lauenstein (Hamburg) hat es bei
der Simon-Esthlander’schen Operation nie für nöthig gefunden,
außer den knöchernen Partien auch noch die Weichtheile des Thorax zu
entfernen. In alten Pyothoraxfällen bei Erwachsenen hat L. durch
successive Entfernung der Rippen in großer Ausdehnung schließlich
Heilung erzielt. (Demonstration von über 200 nach und nach ent-
fernten Rippenspangen bei einem Pat.) In einem Falle sah L. nach
der Operation eine Skoliose mit der Konvexität nach der erkrankten
Seite auftreten, ein Hinweis darauf, dass der Vorschlag, eine Skoliose
durch Rippenresektion zu heilen, verkehrt ist. Der Jordan’sche
Fall mit dem freiliegenden Herzen spricht gegen die ausgedehnte
Thorakoplastik. Der Fortschritt liegt heute in der Beschränkung
der Rippenresektion.
7
e D SE
König jr. (Berlin) demonstrirt aus der v. Bergmann’schen
Klinik einen Mann, bei dem am 9. Februar d. J. eine Thorakoplastik
gemacht wurde, die vorzüglich geheilt ist. Nach Delorme’s Vor-
schlag hat K. 2mal zu operiren versucht, ist aber nicht weiter damit
gekommen.
Garr& (Rostock) fand in der Methode von Delorme viel Be-
stechendes; er hat dieselbe in 3 Fällen ausgeführt. Die auf die
Operation gesetzten Hoffnungen haben sich leider nicht erfüllt.
Nach Einschnitt in die Lungenschwarte wird die Öffnung durch die
Federkraft der Lungen zuerst allerdings zum Klaffen gebracht, später
schrumpft sie jedoch wieder zusammen. So bleibt auch bei der
Delorme’schen Operation die Hauptsache doch die Rippenresektion.
Hadra (Berlin) demonstrirt einen Fall von Pneumotomie, der
durch Herzverlagerung komplicirt ist. Das Herz ist durch Adhäsionen
ganz nach hinten links dislocirt.
Schuchard (Stettin) macht auf die Gefahren der Blutung bei
Thorakotomie aufmerksam. Dieselben lassen sich durch Massen-
ligaturen der Muskeln vor der Durchschneidung umgehen. Die
Blutung aus der Tiefe vermeidet man durch Umstechung und Um-
schnürung der Interkostalräume.
Höftman (Königsberg) hält bei der primären Empyemoperation
die Drainage für verfehlt. Der Schnitt soll an der tiefsten Stelle
angelegt werden. Die Nachbehandlung sei möglichst ambulant; H.
lässt seine Kranken, wenn angängig, schon am 2. Tage post op. auf-
stehen. Die Oberfläche der Pleura befreit er mit dem scharfen Löffel
vorsichtig von möglichst allen Schwarten.
Friedrich (Leipzig) empfiehlt beim Empyem, die spätere
Kontrolle möglichst den internen Ärzten zu überlassen. Von der
Schede’schen Thorakoplastik hat F. nichts Günstiges gesehen. F.
hat 5 große Plastiken bei Leuten gemacht, die alle wieder arbeits-
fähig geworden sind. Er wich aber von Schede’s Vorschriften ab,
indem er die Pleura costalis erhielt. Wozu soll dieselbe geopfert
werden? Dieselbe legt sich nach der Anfrischung etc. an die Pleura
pulmonalis an und verwächst mit ihr. Princip ist im Gegentheil,
möglichst viel Pleura costalis zu erhalten.
Gerulanos (Greifswald) berichtet über einen 15jährigen Knaben
mit einem Tumor der Brustwand und Lunge, an dem Helferich
nach Unterbindung der Bronchen und Lungengefäße ein großes
Stück der Lunge resecirt hatte. Pat. starb zwar nach 24 Stunden,
doch lehrt der Fall die technische Möglichkeit ausgedehnter Lungen-
T _yesektionen.
EH of Ech Zeg (Heidelberg) vertheidigt die Thorakoplastik gegen die
SE SON Angriff zgn\Lauenstein. Jaffé (Hamburg).
LAR %
di Uu. Eur:
— 10 —-
Schede (Bonn) erklärt es für selbstverständlich, dass Jeder es
mit größter Freude begrüßen würde, wenn die großen verstümmeln-
den Eingriffe am Thorax durch andere Verfahren überflüssig gemacht
würden. Ob das sehr hübsche Perthes’sche Verfahren diese Auf-
gabe erfüllen könne, sei aber bisher durch nichts erwiesen. Denn
wie ihm Herr Perthes soeben selbst erklärt habe, habe es sich in
seinen Fällen lediglich um Partialempyeme gehandelt. Redner habe
aber die Thoraxresektion niemals für Partialempyeme empfohlen,
sondern sie ausdrücklich nur für veraltete totale Empyeme vor-
behalten, bei welchen wenigstens nach den früheren Erfahrungen
und mit den früheren Hilfsmitteln jede Wiederausdehnung der
Lunge überhaupt ausgeschlossen war.
Herrn Lauenstein erwiedere er, dass gerade der Umstand, dass
selbst die ausgedehntesten einfachen Rippenresektionen und selbst
die mehrfach wiederholte Herausnahme der neugebildeten Knochen-
spangen völlig erfolglos blieben, es gewesen sei, welche ihn seiner Zeit
dazu geführt habe, die Pleuraschwarten und die Zwischenrippen-
muskulatur mitzunehmen. Mit dem von Lauenstein empfohlenen
Verfahren werde man sicher nur in Ausnahmefällen Erfolge erzielen,
über den Versuchen aber viele Kranke verlieren. Redner betont
schließlich, dass es absolut feststehe, dass nach der Thoraxresek-
tion die völlig geschrumpfte und jahrelang völlig außer Funktion
gesetzte Lunge wieder anfange zu athmen und sich allmählich immer
mehr ausdehne, sobald die Wunde geheilt sei, und damit die Be-
wegungen der Rumpf- und Armmuskulatur, namentlich der des
Zwerchfells, wieder auf die Ausdehnung der Lunge wirken können.
(Selbstbericht.)
König sen. (Berlin) vertheidigt die von ihm empfohlene Schnitt-
führung in der Axillarlinie bei Empyem gegen die Angriffe, welche
dieselbe in dem Handbuch der Therapie innerer Krankheiten von
Penzoldt-Stintzing durch Schede erfahren hat. Schede stütze
seinen Widerspruch auf Grund einer Statistik aus Militärlazaretten.
Diese könne K. als beweiskräftig nicht anerkennen; er empfehle auf
Grund seiner Erfahrungen seine Methode nach wie vor.
Perthes (Leipzig) und Trendelenburg (Leipzig) erwiedern
Schede, dass es sich in ihren Fällen nicht um circumscripte, sondern
um recht ausgedehnte Fälle von Empyem gehandelt hatte.
Schede (Bonn) erwiedert, seine statistischen Untersuchungen
hätten ergeben, dass die in den Militärlazaretten operirten Empyeme
sehr wesentlich langsamer ausheilten, als die von ihm oder die in
der Gesammtheit der Universitätskliniken und großen Civilkranken-
häuser behandelten, und das genaue Studium der Krankenberichte
ließe erkennen, dass in den Militärlazaretten mit verschwindenden
Ausnahmen die Operation des Empyems nach den König’schen
Vorschriften ausgeführt wurde. Er habe darin allerdings einen ur-
sächlichen Zusammenhang erkennen zu müssen geglaubt und darauf
— 102 ——
hingewiesen, dass die König’sche Methode eine außerordentlich
große Sorgfalt in der Nachbehandlung verlange und, wo diese fehle,
naturgemäß schlechtere Resultate ergeben müsse. Er habe ferner
darauf hingewiesen und glaube das durch recht große Erfahrungs-
zahlen hinreichend bewiesen zu haben, dass die früher wohl be-
gründete Anschauung, dass man wegen der zu erwartenden Schrum-
pfung der Empyemhöhle die Eröffnung derselben nicht an der tief-
sten Stelle anlegen dürfe, weil diese später durch das heraufrückende
Zwerchfell verletzt werde, ihre Berechtigung völlig verloren habe,
seit wir die Empyeme zu einer Zeit operiren, in welcher die Lunge
noch ausdehnungsfähig ist. Fülle aber die Lunge den Empyemraum
wieder aus, so fällt jeder Grund für die gefürchtete hochgradige
Schrumpfung des Thorax und Verschiebung der umgebenden Weich-
theile weg und wir sind voll berechtigt, auch für die Eröffnung der
Empyemhöhlen dem überall sonst in der Chirurgie geltenden Grund-
satz zu folgen, die Incision in Eiterhöhlen an der tiefsten Stelle
anzulegen. (Selbstbericht.)
Lenhartz (Hamburg) ist, obgleich Interner, gegen die Bülau-
sche Methode und gleich für die Rippenresektion. L. hat das
Perthes’sche Verfahren geprüft und sehr bewährt gefunden. Be-
sonders bei tuberkulösem Empyem hält er es für empfehlenswerth.
In einem Falle hat es L. nach Resektion von 4 Rippen noch gute
Dienste erwiesen. Jaffé (Hamburg).
39) Karewski (Berlin). Kasuistische Beiträge zur Chirurgie
der Lunge und der Pleura.
K. hat im Ganzen 18mal große Resektionen am Thorax
ausgeführt, 5mal davon wegen Lungenaffektionen. Von diesen
18 Fällen hat er nur einen Fall verloren, und zwar an akuter
Nephritis, wahrscheinlich in Folge Gebrauchs von Jodoformgaze.
Was nun seine Lungenfälle betrifft, derentwegen er hauptsäch-
lich das Wort ergreift, so ist es ja erwiesen, dass die Hauptgefahr
derartiger Operationen in der Verletzung des Brustfells liegt, dass
nur nichtinfektiösse Erkrankungen der Lunge ohne vorherige Ad-
häsionen der Pleura operirt werden können, bei allen infektiösen
aber entweder die Pleurahöhle verlöthet gewesen sein oder aber durch
geeignete Maßnahmen vorher zum Verwachsen gebracht werden
muss. Im Vergleich zur Gefahr der Pleuritis ist die der Blutung
aus der Lunge und die, dass man den Lungenherd verfehlt, gering
zu schätzen. Nun scheint aber bei den eitrigen Lungenprocessen
die adhüsive Pleuritis außerordentlich häufig zu sein und sogar eine
gewisse diagnostische Bedeutung zu haben. So hat denn auch K. in
allen seinen Fällen mit solchen zu thun gehabt, bei welchen das
Brustfell mit der Lunge verlöthet war. Zwei davon betreffen sekun-
däre Lungenaffektionen, bei welchen intrathorakale Eiterungen in die
Lunge durchgebrochen waren.
— 18 —
Der erste vorgestellte Fall ist bereits früher von K. bei Gelegen-
heit seiner Arbeit über Thoraxresektionen (Deutsche med. Wochen-
schrift 1896) veröffentlicht worden, war damals als ein in die Lunge
durchgebrochener spondylitischer Kongestionsabscess aufgefasst worden.
Der Kranke ist seit 3 Jahren voll erwerbsfähig und zu schwerer
körperlicher Arbeit geeignet; es besteht aber eine feine Fistel, welche
sich als Bronchialfistel erwiesen hat. Mit Rücksicht auf den gün-
stigen Verlauf glaubt K. jetzt, dass die zu jener Zeit festgestellte
Wirbelsäulenaffektion sekundär gewesen ist, also ein Empyem sowohl
die Lungen wie die Wirbelsäule arrodirt hat. Der Fall ist zugleich
ein Beweis dafür, wie man großen, an der Rückwand des Thorax
und vor der Wirbelsäule gelegenen Eiterungen mit Glück beikom-
men kann.
Der zweite Fall bietet das verschiedenste Interesse. Seine
Krankengeschichte kurz zusammengefasst heißt: 8jähriger Knabe,
stets dyspnoisch, erkrankt an Influenza Februar 1897, bekommt
Lungenherd in der Lungenspitze, dessen Operation von innerer
Autorität widerrathen wird, dann chronische, über 10 Monate sich
hinziehende Pyämie. Im August eröffnet K. den Lungenherd an
der Spitze, 4 Wochen später eine mit diesem kommunicirende Eite-
rung an der Herzspitze, Mitte December Exitus an Hirnabscess.
Sektion zeigt, dass eine eitrige Strumitis substernalis bestanden hat,
welche Verlöthungen mit Lunge und Herz gemacht hat, Durchbruch
in die Vena cava, Mediastinitis anterior et posterior und multiple
Metastasen. K. ist der Meinung, dass das Kind durch rechtzeitige
Operation im März hätte gerettet werden können.
Die dritte Beobachtung betrifft eine tuberkulöse Peripleuritis,
welche von K. in der Julisitzung der freien Vereinigung der Chirurgen
Berlins 1897 vorgestellt worden ist. Die Kranke ist dauernd gesund
geblieben. Es hatte sich um eine unter heftigen Neuralgien ver-
laufende Erkrankung der unteren Thoraxhälfte gehandelt, die auch
eine seröse Pleuritis verursacht hatte. Nach Heilung der letzteren
entstanden die Symptome eines Empyema necessitatis. Die Opera-
tion, bei welcher 5 Rippen in ganzer Länge weggenommen wurden,
zeigte, dass die peripleuritische Tuberkulose von einem walnuss-
großen Lungenherd ausging. Dieser Fall beweist, dass unter gün-
stigen Verhältnissen auch tuberkulöse Lungenherde, die im All-
gemeinen heute als inoperabel gelten, mit Erfolg angegriffen werden
können.
Alsdann berichtet K. über einen Lungenabscess, der als dunkle
pleuritische Erkrankung monatelang behandelt worden war und sich
bei der Operation als apfelgroße, von pleuritischen Schwarten über-
lagerte Lungeneiterung erwies. Auch dieser Fall ist dauernd geheilt.
Ferner spricht K. über einen durch große Resektion des Thorax
und der Lungen geheilten Fall von Lungenaktinomykose (cf. Berliner
klin. Wochenschrift 1898 10. April u. f.). Schließlich stellt K.
3 jugendliche Individuen vor, deren jüngstes vor 3 Jahren durch
— 104 —
große Thoraxresektion von einem alten Empyem befreit worden ist,
deren zweites durch Incision und Kontraincision unter jahrelanger
Eiterung, und deren ältestes ohne jede Operation zur Heilung kam.
(Selbstbericht.)
40) Hadra (Berlin). Fall von Pneumotomie, komplicirt durch
Herzverlagerung (Krankendemonstration).
38jährige Frau, mehrfache schwere Pleuropneumonien vor 6 und
8 Jahren, seitdem dauerndes Siechthum, Husten und Auswurf; seit
1896 ganze Speigläser auf einmal, namentlich nach Vornüberneigen
entleert, excessiv stinkend, sie social unmöglich machend. Seit 1897
häufig Hämoptoe.
Röntgenphotographie (Demonstration) ergab Verdichtung der
ganzen linken Lunge, sehr deutlich stark nach außen verlagerten
Herzschatten. Anamnestisch kein Fremdkörper, Sputum ohne Tu-
berkelbacillen, aber elastische Fasern.
Objektiv bestand Februar 1898, als H. die Pat. sah, starke Re-
traktion der linken Thoraxhälfte, Herzverlagerung derartig, dass
Spitzenstoß in der linken hinteren Achsellinie, Herz selbst nicht
vergrößert, Töne rein.
Hinten unten rechts unterhalb des Angul. scapul. absolute, aber
inkonstante, namentlich nach reichlicher Expektoration durch tym-
panitischen Schall ersetzte Dämpfung. Zeitweilig abgeschwächtes,
zeitweise amphorisches Athmen. Probepunktion am Rücken negativ,
imal folgte unter starker Pulsation der Spritze Blut.
Diagnose: Jauchiger Lungenabscess des linken Unterlappens.
25. Februar 1898 unter lokaler Anästhesie (allgemeine war wegen
Aspirationsgefahr bei der erforderlichen Seitenlagerung zu gefährlich)
Resektion der 6., 7. und 8. Rippe in 6—8 cm Ausdehnung neben
der Wirbelsäule. Pleura nicht eröffnet, verwachsen.
Hochgradige Pulsation im ganzen Operationsgebiet, so dass man
am Rücken fast das Herz vor sich zu haben glaubte. Thatsächlich
war der Spitzenstoß in der Ebene des Angul. scapul., Herz lag in
der linken Seitenwand.
Jodoform- resp. Chlorzinktamponade der medialen Partie der
Wunde, einerseits Behufs Temporisirung, da H. die Eröffnung der
excessiv pulsirenden Lunge nicht sogleich wagte, andererseits Behufs
Erzielung festerer Verklebungen, endlich, da nach Rippenresektion
und der ev. Verkleinerung des Thoraxraums die spontane Schrum-
pfung der Kaverne nicht ausgeschlossen war.
Thatsächlich kollabirte die Lunge, und es entstand eine faust-
große peripleurale Höhle, aber Expektoration gleich früher.
Nach 10 Tagen wurde in den pulsirenden Lungenlappen nach
innen oben wegen der Nähe des Herzens eingedrungen, wohl bewusst,
hier dem Hilus nahe zu kommen. Sehr heftige, hellrothe Blutung
beim Herausziehen des Paquelins, welche jedoch auf Jodoformgaze-
tamponade des Kanals stand. Mäßige Hämoptoe. Eis. Eurgotin.
— 1b —
Aseptischer Verlauf, Entfernung des Tampons nach 5 Tagen,
Entleerung mehrerer Hundert Kubikcentimeter jauchig fötiden, zähen
Sputums aus der Wunde. Ein Drain ließ sich wegen der starken
Pulsation in der Lungenhöhle nicht fixiren.
Seit Eröffnung des Abscesses sofortiges Aufhören der reich-
lichen, stinkenden Expektoration per os und namentlich des Foetor
ex ore.
Nachbehandlung der Höhle mit Jodoform und Argent. nitr.
Die Lungenfistel war bis vor wenigen Wochen so groß, dass
Pat. bei geschlossenem Mund und Nase dadurch athmen konnte.
Eine in die Lungenhöhle eingeführte Federpose (Demonstration) zeigt
am langen Hebelarm deutlich die Pulsation der Höhle isochron mit
dem Puls. Anfangs bestand auch synchrones Plätschern bei der
Auskultation. Der Spitzenstoß (Demonstration am 14. April) ist deut-
lich am Rücken am Angul. scapul., der Herzstoß in der Seitenwand.
In der ihm zugänglichen Litteratur fand H. weder eine der-
artige Herzverzerrung, wobei das Herz hinten in der Wunde lag,
noch derartige Pulsation der Lungenhöhle bei Pneumotomie an-
gegeben, wesshalb er den Fall vorgestellt habe. (Selbstbericht.)
41) W. Noetzel (Königsberg). Über peritoneale Resorption
und Infektion.
Die Versuche sollten im Wesentlichen 2 Fragen beantworten.
1) Was ist die Ursache der relativ großen Resistenz des Peri-
toneums gegen Bakterieninfektion. Besteht dieselbe, wie bisher fast
allgemein angenommen wird, in der raschen Resorption des in die
Bauchhöhle gerathenen Infektionsmaterials ins Blut, oder findet in
der Bauchhöhle selbst eine reichlichere Abtödtung der Bakterien statt
als in anderen Geweben?
2) Kann überhaupt durch Bakterien allein eine Erkrankung des
vorher intakten Bauchfells herbeigeführt werden, oder bedarf es hier-
für außerdem nothwendigerweise, wie die meisten bisherigen Unter-
sucher annehmen (Wegner, Grawitz, Orth, Reichel, Kraft,
Waterhouse, Walthard), gleichzeitig vorhandener Ernährungs-
störungen, Verletzungen etc. des Bauchfells bezw. anderer die Re-
sorption behindernder Momente? Die Versuche wurden ausgeführt
mit Streptokokken, Bacterium Friedländer, Bacterium coli, Bac-
terium pyocyaneus, Proteus vulgaris und Milzbrand; als Versuchs-
thiere dienten fast nur Kaninchen.
Die relativ große Resistenz des Peritoneums ist nicht nur durch
die Untersuchungen der genannten Autoren über die Atiologie der
Peritonitis bekannt, sondern erhellt besonders deutlich aus den für
septhämische Erkrankungen der Versuchsthiere gefundenen That-
sachen, dass intraperitoneal eben so wie intravenös das Mehrfache
der bei subkutaner Infektion tödlichen Bakterienmenge vertragen
— 16 —
wurde (Kruse). Versuche des Redners mit virulentem Milzbrand er-
gaben, dass 1000 Bacillen (durch Zählplatten kontrollirte
Verdünnungen) intraperitonealund intravenös vertragen
werden (unter bestimmten technischen Kautelen, die eine lokale
Infektion der Impfstelle verhindern) von Thieren, welche durch
subkutane bezw. intramuskuläre Impfung von 50 Bacillen
innerhalb 5—6 Tagen zu Grunde gehen.
Versuche über die Schnelligkeit der peritonealen Bakterienresor-
ption ergaben, dass in die Bauchhöhle eingebrachte Milz-
brandbacillen 10 Min. p. inf. im Blut nachzuweisen sind.
Dass aber trotzdem nicht in der raschen Resorption ins Blut die
alleinige und auch nicht die hauptsächlichste Ursache der Resistenz
des Peritoneums zu suchen ist, ergiebt die Prüfung der zweiten Frage,
die Redner auf Grund zahlreicher Versuche übereinstimmend mit
Baumgarten, A. Fraenkel und Parlowsky dahin beantwortet,
dass auch das intakte, mitnormalem Resorptionsvermögen
begabte Bauchfelldurch Bakterien allein erkranken kann.
Und zwar hängt die Erkrankung nicht nur von der Menge, sondern,
was entscheidend ist, eben so von der Virulenz derInfektions-
erreger ab. Das ist ein sicherer Beweis, dass die Abtödtung in
loco in der Bauchhöhle die wichtigste Schutzvorrichtung ist; denn
dieser erliegen die weniger virulenten Erreger, während die viru-
lenteren widerstehen; der Resorption aber werden beide gleichmäßig
unterworfen, wenn die betreffenden Impfdosen nur gleich gut resor-
birbar sind, was im Experiment leicht zu erzielen ist. Wenn die
Resorption die Hauptursache des Schutzes wäre, müssten die viru-
lenteren Kulturen ebenfalls resorbirt werden und könnten dann ev.
Septhämie ohne peritoneale Lokalisation hervorrufen, aber keine
Peritonitis. Das Experiment beweist, dass das Gegentheil der Fall ist.
Eine weitere große Zahl von Experimenten prüfte den Einfluss
der verschiedenen, die Resorption verzögernden oder erschwerenden
Momente auf die Infektion und ergiebt, dass diese Momente, eben
so wie Wunden und Läsionen im weitesten Sinne des Wortes, die
Infektion begünstigen, aber nicht durch die Resorptionsbehinderung
selbst, sondern hauptsächlich dadurch, dass dieselben Ursachen auch
den nahen und ausgiebigen Kontakt der Infektionserreger mit dem
Bauchfell aufheben und so die Einwirkung baktericider Kräfte des-
selben behindern. Wurde die Peristaltik durch Opium gelähmt, was
nach Schnitzler und Ewald die Resorption erheblich verzögert,
so erfolgte regelmäßig auch mit sonst vertragenen kleinen Impfdosen
Peritonitis. Die Hauptursache hierfür findet Redner in dem Umstand,
dass durch die Aufhebung der Peristaltik die Vertheilung der Bak-
terien auf die ganze Oberfläche des Peritoneums verhindert wird,
welche zur ausgiebigen Entfaltung der baktericiden Kräfte noth-
wendig ist. Wahrscheinlich wird auch die Sekretion der die bak-
tericiden Körper enthaltenden serösen Flüssigkeit durch den Stillstand
der Peristaltik ungünstig beeinflusst.
— 107 —
Beweisend dafür, dass die Resorption für den Infektionsschutz
des Bauchfells sogar entbehrlich ist, sind die Experimente mit Aus-
schaltung des Ductus thoracicus durch Ligatur desselben und
der die Einmündung tragenden Venen. Der größere Theil dieser
Thiere überstand die peritoneale Impfung eben so wie die
Kontrollthiere. Für die verminderte Resistenz der an Peritonitis
zu Grunde gegangenen ist neben der Aufhebung der raschen Re-
sorption auch die allgemeine durch den Eingriff gesetzte Ernährungs-
störung des Bauchfells, vor Allem die sicher zu erwartende Störung
der Absonderung der serösen Flüssigkeit verantwortlich zu machen.
Bei den verendeten Thieren fand sich eine schwere Vereiterung
des ganzen Gebietes der Ligaturen, durch die hier aufgehaltene Re-
sorption aus der Bauchhöhle hervorgerufen. Einige Versuchsthiere
waren nur hierdurch zu Grunde gegangen in Folge chronisch ver-
laufender Perikarditis und Pleuritis, während das Peritoneum gesund
war, — ein besonders prägnanter Beweis für die große lokale Resistenz
des letzteren. Durch die Ausschaltung des Ductus thoracicus wird
zwar nicht die ganze Resorption aus der Bauchhöhle aufgehoben,
daher die Thiere auch den Eingriff überstehen, wohl aber derjenige
Theil derselben, der durch die von v. Recklinghausen gefundenen
ohne Lymphdrüsenpassage in den Ductus thoracicus einmündenden
Lymphwege des Zwerchfells als eine Art offener Kommunikation der
Bauchhöhle mit dem Blutkreislauf anzusehen und für den gefundenen
raschen Übergang korpuskulärer Elemente aus der Bauchhöhle ins
Blut verantwortlich zu machen ist. Der Umstand, dass diese Re-
sorption auf die relativ beschränkte Fläche der Stomata des Centrum
tendineum begrenzt ist, spricht auch dagegen, dass sie ausgiebig
genug ist, um alles infektiöse Material rasch genug aus der Bauch-
höhle fortzuschaffen, wie es der Fall sein müsste, wenn hierin die
Resistenz der letzteren begründet wäre. Vielmehr wird die Resistenz
des Bauchfells bedingt
1) Durch die baktericiden Eigenschaften der peri-
tonealen serösen Flüssigkeit, die nach diesbezüglichen
Experimenten höher zu sein scheint als die des Blutser ums.
2) Durch die außerordentlich große Oberfläche des-
selben, auf der unter normalen Verhältnissen die Bak-
terien in ähnlicher Weise zu kleinsten Mengen vertheilt
und der Einwirkung der Schutzkräfte des Körpers zugäng-
lich gemacht werden, wie nach der Resorption durch das
Blut in den Organen.
3) Ist wohl gegenüber Gewebswunden hier als allgemeine Regel
zu betonen, dass ein intaktes Gewebe — und das ist doch das Peri-
toneum zum größten Theil auch selbst nach einer Laparotomiewunde
— auch von der Zartheit einer serösen Haut den Bakterien einen
ungünstigeren Angriffs- und Ansiedelungspunkt bietet, als irgend wie
traumatisch veränderte Gewebe.
EB
Dass gegenüber einer reichlicheren Impfung so wie einer
einmal eingetretenen Vermehrung von Infektionserregern diese Resi-
stenz des Peritoneums aber so rasch vollkommen erlischt, ist aus der
durch die Toxinwirkung bedingten Veränderung des letzteren zu
erklären, wie Versuche mit Impfungen toxinfreier und toxinreicher
Kulturen, bezw. mit Zusatz sterilisirter Toxine zeigen. Das Peri-
toneum reagirt offenbar trotz seiner hohen Schutzkraft gegen die
Bakterien selbst auf die Stoffwechselprodukte derselben eben so
empfindlich, wie bekanntermaßen auf alle anderen Reize chemischer,
mechanischer und thermischer Natur. Wahrscheinlich ist auch ein
Theil der verminderten Resistenz nach Ausschaltung des Ductus
thoracicus auf die mangelnde Toxinresorption zurückzuführen.
Die auch in der chirurgischen Praxis zu beobachtende Thatsache,
dass auch kleine Mengen von Keimen, wenn sie nur virulent
genug sind, die Resistenz des Peritoneums besiegen, beweist, dass
auch bei aller Nothwendigkeit, bei Laparotomien durch die Technik
die Bedingungen für eine Bakterienansiedelung möglichst ungünstig
zu gestalten (Walthard), das Bestreben einer möglichst vollkom-
menen Asepsis auch bei Laparotomien trotzdem die wichtigste
Forderung bleibt. Die durch die Experimente bewiesene Gefähr-
lichkeit des Stillstands der Peristaltik bei gleichzeitigem Vorhanden-
sein sonst unschädlicher Mengen von Keimen in der Bauchhöhle
ist für die Praxis bereits von Reichel betont worden. Versuche,
durch Anregung der Peristaltik die Vertheilung der Keime zu be-
schleunigen und die Resistenz des Bauchfells zu erhöhen, scheiterten
an der zu großen allgemeinen Schwächung der Thiere durch die
betreffenden Mittel. Zum Schluss erwähnt Redner, dass es in einer
Anzahl von Versuchen glückte, Kaninchen, die nach Streptokokken-
infektion an bei den Kontrollthieren tödlicher Peritonitis bereits
erkrankt waren, durch Laparotomie und Abspülen des Peritoneums
mit steriler Kochsalzlösung mit nachfolgender Naht der Bauchdecken
zu retten, wenn nur die Manipulationen am Bauchfell auf das noth-
wendigste eingeschränkt wurden. Wenn auch die Praxis am Men-
schen diesen Versuchen längst mit Erfolg vorausgeeilt ist, so ist es
doch eine bedeutsame Thatsache, dass auch die Thiere, welche auf
derartige Infektionen in viel rapiderer Weise septhämisch re-
agiren als der Mensch, durch einen Eingriff zu retten sind, der nur
eine Verminderung der Infektionserreger erzielen kann, so
dass der Thierkörper der übrig bleibenden Herr wird. Für das
Peritoneum speciell kommt hierbei wahrscheinlich noch die Entfernung
großer Mengen Toxine in Betracht. (Selbstbericht.\
— 109 -—
42) Riedel (Jena). Über Peritonitis chronica non tuber-
culosa und ihre Folgen: Verengerung des Darmes und Dis-
lokation der rechten Niere.
Im Peritoneum der Mesenterien wie der hinteren Bauchwand
treten weiß glänzende Narben auf; sie bestehen aus jungem Binde-
gewebe. Für gewöhnlich sind diese Narben zart und in flacher
Schicht ausgebreitet; ausnahmsweise entwickelt sich aber auch ein
dicker Rasen von jungem Bindegewebe, den man in 2 mm dicker
Schicht abstreifen kann. Am häufigsten kommt das Leiden im
Mesenterium des S romanum vor; dort führt es zu Annäherung der
Fußpunkte der Darmschlinge, was seit langer Zeit bekannt und ge-
würdigt ist. Die beiden Schenkel des S romanum können fast wie
die Rohre einer Doppelflinte dicht neben einander liegen, wodurch
die Neigung zu Achsendrehung entsteht. Bevor es aber zu letzterer
kommt, verursacht die Annäherung der Schlingenschenkel als solche
schon gelegentlich ileusartige Zustände, zuweilen sogar ausgesprochenen
Teus. Dabei werden die Schenkel des S romanum erheblich dicker,
man sieht große, in peristaltischer Bewegung befindliche Wulste, so
dass man an Achsendrehung denkt; bei letzterer ist aber die Auf-
treibung der Darmschlinge viel stärker, als bei der Narbenbildung
im Mesenterium des S romanum, was für die Differentialdiagnose
verwerthet werden kann.
Durch den analogen Process können auch die Flexura lienalis,
dessgleichen das Col. transv. und asc. stark geschlängelt werden;
dadurch kommen einzelne Abschnitte der genannten Därme un-
mittelbar an einander zu liegen, worauf sie verwachsen; dadurch
kann erhebliche Koprostase hervorgerufen werden. Wenn am unte-
ren Ende des Ileum Narben im Mesenterium entstehen, so schnurrt
der Darm zusammen; da sich Koth dort anhäuft, so entsteht ein
wurstförmiger Tumor, der als Intussusceptum gedeutet werden kann.
Im Mesenterium des übrigen Dünndarms sind narbige Verände-
zungen seltener, sie kommen aber auch dort vor und schaffen die
Prädisposition zu Achsendrehungen an atypischer Stelle.
Entwickelt sich der chronisch entzündliche Process im Peri-
toneum der hinteren Bauchwand rechterseits, so kann er zu erheb-
licher Dislokation der rechten Niere führen; sie wird nach der
Mittellinie zu verzogen, erscheint als stark fixirter Tumor in der
Gegend der Gallenblase, während gleichzeitig das Duodenum nach
links verzerrt wird. Es treten meist genau die gleichen Erscheinungen
auf, wie bei der akuten Gallenblasenentzündung (Auftreibung des
Leibes, Erbrechen, heftige Schmerzen). In 2 Fällen bestand sogar
Ikterus bedingt durch Zug am Duodenum mit nachfolgender Ver-
legung des Ductus choledochus; einer dieser Kranken hatte Icterus
gravis, aber keine Schmerzen; alle übrigen (5) hatten Beschwerden,
die mit Gallensteinkoliken übereinstimmten.
— 110 —
Kranke mit dislocirter Niere bedürfen unbedingt operativer Be-
handlung (Lösung der Verwachsungen, Festlegung der Niere unter-
halb des Zwerchfells).. Individuen mit ausgedehnten Narben in den
Mesenterien resp. mit Verwachsungen der Darmschlingen wird man,
so lange ileusartige Erscheinungen bestehen, besser nicht operiren,
sondern mit hohen Eingießungen behandeln, weil es misslich ist,
bei prall gespannten, durch Kothstauung mehr oder weniger ent-
zündlich gereizten Darmschlingen die Narben zu lösen, zumal aus-
gesprochene Neigung zu Wiederverwachsung existirt. Erst wenn die
Koprostase beseitigt ist, kommt die Operation in Frage, doch ist
auch dann die Prognose derselben keine günstige, weil es sich
meistens um flächenhafte Verwachsungen mit erheblicher Neigung
zu Recidiven handelt. (Selbstbericht.)
43) Poppert (Gießen) berichtet über einen Fall von Pistolen-
schussverletzung des Darmes, bei dem er genöthigt war, 5 Darm-
resektionen vorzunehmen. Bei dem Verletzten, der 4 Stunden
nach der Verwundung zur Operation kam, fanden sich 12 Perfora-
tionen im Dünndarm, außerdem bestand eine hochgradige Anämie,
die, wie sich später ergab, auf eine Verletzung zahlreicher mittel-
starker Mesenterialgefäße zurückzuführen war. Da die Perforationen
entsprechend dem Geschosskaliber von 10!/, mm einen sehr großen
Durchmesser hatten, konnte von einem einfachen Verschluss der
Löcher durch eine Lembert’sche Nahtreihe keine Rede sein, und
blieb nur die Darmresektion übrig. Ungünstigerweise aber lagen
die von der Kugel getroffenen Stellen so weit von einander entfernt,
dass man genöthigt gewesen wäre, nahezu den ganzen Dünndarm zu
reseciren, wenn man etwa versucht hätte, mit nur einer oder zwei
Resektionen auszukommen. Unter diesen Umständen blieb keine
andere Wahl, als 5 mehr oder weniger lange Darmstücke heraus-
zuschneiden.
Um die Operation möglichst abzukürzen, wurde die fortlaufende
Naht benutzt; die beiden ersten Resektionen wurden 2reihig, die
3 übrigen nur Ireihig genäht. Zur Bekämpfung der Anämie war
gleichzeitig die Ausführung einer intravenösen Transfusion von
1 Liter Kochsalzlösung erforderlich. Der Eingriff am Darm war
ohne Narkose vorgenommen worden, was auch möglich war, ohne
dass der Verwundete lebhaftere Schmerzen empfunden hätte. Die
Ausführung der Darmresektionen hatte nur wenig über 1 Stunde
gedauert.
Trotz der ungünstigen Prognose trat völlige Genesung ein.
(Selbstbericht.)
Diskussion: Karg (Zwickau): Zwei Fälle von perforiren-
den Bauchschüssen.
Der Vortr. stellt 2 Fälle von perforirenden Bauchschüssen schwer-
ster Art vor, die durch Laparotomie geheilt wurden.
— 111 —
Fall I. 16jähriger Schlosserlehrling wird beim Spielen mit einem
Revolver von seinem Kameraden aus unmittelbarer Nähe in den
Bauch geschossen. Sofort Transport in das Krankenhaus. Rechts
und etwas unterhalb des Nabels Einschussöffnung. Laparotomie
4 Stunden nach der Verletzung. Eine Darmschlinge musste wegen
hochgradiger Zerreißung resecirt werden. Bei sorgsamem Absuchen
des Darmes fanden sich 14 Löcher an den verschiedensten Stellen
des Dünndarms, die mit Lembert’schen Nähten geschlossen wurden.
In der Bauchhöhle reichlich ausgetretener Darminhalt. Die Bauch-
höhle wird mit steriler Kochsalzlösung gereinigt. Reposition der
Därme, Naht der Bauchdecken bis auf den unteren Winkel, durch
den ein Jodoformgazestreifen in die Bauchhöhle geleitet wird. Re-
aktionslose Heilung.
Fall II. 28jähriger Mann, der von einem Monomanen, dem er
den Revolver entreißen will, in den Bauch geschossen wird. 3 Stun-
den nach der Verletzung Laparotomie. Einschussöffnung in der
Mittellinie, handbreit unter dem Nabel. 9 Löcher im Dünn- und
Dickdarm. In der Bauchhöhle flüssige und geformte Kothmassen.
Naht der verletzten Darmschlingen, Reinigung der Bauchhöhle wie
oben. Drainage.
Heilung mit länger dauernder Eiterung aus dem unteren Wund-
winkel.
Beide Fälle kamen in verhältnismäßig kurzer Zeit nach der er-
littenen Verletzung zur Operation. Antiseptische Flüssigkeiten wur-
den zur Reinigung der Bauchhöhle streng vermieden. Die Fälle
lehren, dass auch bei den Bauchschüssen schwerster Art durch
aktives Vorgehen Erfolg erzielt werden kann. (Selbstbericht.)
Zeller (Berlin) berichtet über 2 Fälle von mehrfachen Darm-
verletzungen durch Bauchschuss, die er als Assistent des Herrn
Prof. Sonnenburg operirt und geheilt hatt.
Der erste Pat., ein ca. 45jähriger Mann, wurde im Oktober
1894 operirt. Er hatte sich mit einem 7 mm-Revolver unterhalb
des linken Rippenbogens in den Bauch geschossen. Er bot nach
seiner Aufnahme, die ca. 1 Stunde nach dem Schuss erfolgte, an-
fänglich nur geringe Symptome einer Darmverletzung. Nach einiger
Zeit erst stellte sich Erbrechen galliger Massen und Meteorismus
ein. Der Puls wurde schlechter, kleiner und frequenter.
Nunmehr, ca. Aus Stunden nach der Verletzung, wurde der
Bauchschnitt gemacht. Die Bauchhöhle war mit kothig riechenden
Blut gefüllt, die Serosa fast sämmtlicher Darmschlingen stark in-
jieirt, stellenweise fibrinös belegt. Es fanden sich mehrere Löcher
im Netz und Mesenterium, aus denen es stark blutete, und von denen
eins unmittelbar am Darm saß. Hier lag ein Kontourschuss ohne
1) Beide Pat. sind früher durch Herrn Prof. Sonnenburg der freien Vereini-
gung der Chirurgen Berlins vorgestellt.
u E
Eröffnung des Darmes vor. Außerdem fanden sich 2 Löcher im
Quercolon und 2 Löcher im Dünndarm, unter letzteren eins stark
zerrissen mit Schleimhautvorfall. Sämmtliche Löcher wurden quer
zur Längsachse des Darmes sorgfältig vernäht, die Bauchhöhle steril
ausgetupft und geschlossen.
Die Heilung war durch heftiges Delirium — Pat. war Potator
— und starke Bronchitis gestört. Aus diesem Grunde wohl platzte
nach 12 Tagen die Bauchwunde wieder auf, hielt dann aber unter
Matratzennähten ganz gut. Pat. hat keine Beschwerden, aber einen
Bauchbruch.
Derartige Verletzungen durch Geschosse von ziemlich kleinem
Kaliber gelten als verhältnismäßig ungefährlich, doch zeigte der
Operationsbefund, namentlich die Erscheinungen der schon begin-
nenden Peritonitis, dass die Operation durchaus indicirt und ver-
muthlich lebensrettend gewesen ist.
Ungleich schwerer lag der 2. Fall: ein Student hatte am 7. Juli
1895 früh 5 Uhr im Duell mit Dreyse’scher Hinterladerpistole von
10 mm Kaliber einen Schuss quer, durch die untere Bauchhälfte
bekommen. — Schwerer Collaps, jedoch ohne Verlust des Bewusst-
seins, furchtbarer innerer Schmerz im Leibe, Emphysem in der Nähe
der Einschussöffnung, leichte Dämpfung in den abhängigen Partien
des Leibes. Geringer Meteorismus, starke Druckempfindlichkeit.
Urin frei von Blut. Erbrechen galliger Massen.
Laparotomie unter leichter Äthernarkose 1°/, Stunde nach
dem Schuss: in der Bauchhöhle sehr viel Blut mit Koth gemischt.
Serosa stark injicirt, in der Nähe der Verletzungen fibrinös belegt,
stark blutende Löcher im Mesenterium, 11 Löcher im Dünndarm,
fast sämmtlich mit stark zerrissenen Rändern und Schleimhautvor-
fall. Sie alle wurden quer zur Längsachse des Darmes sorgfältig
durch Lembert’sche Nähte verschlossen. Die Bauchhöhle wurde
trocken mit sterilen Tupfern ausgetupft und durch Naht geschlossen.
Nach 3 Wochen war Pat. völlig geheilt. Er hat keine Be-
schwerden. —
Bauchschüsse, namentlich solche durch Geschosse von größerem
Kaliber oder von erheblicher Durchschlagskraft, soll man möglichst
früh operiren, allerdings erst, nachdem der unmittelbare Collaps
nach der Verletzung (Pulslosigkeit im 2. Falle) vorüber ist.
In Anbetracht dieses schweren Collapses, den solche Ver-
letzungen hervorrufen, ist ein ganz systematisches, möglichst scho-
nendes Vorgehen beim Aufsuchen der Löcher äußerst wichtig.
Stücke zu reseciren, hat Redner nicht für nöthig gehalten, ob-
wohl 4 besonders zerrissene Verletzungen so dicht zusammensaßen,
dass nach der Naht nur eine kaum 3/, cm breite Brücke normalen
Darmes zwischen den Nahtlinien blieb. Da aber diese Brücke gut
rosig gefärbt blieb, hat er auch dieses Stück unbedenklich reponirt.
Drainirt hat er gar nicht. (Selbstbericht.)
— 113 -——
Bessel-Hagen (Charlottenburg) hat einen Fall, in dem auf ein
Dünndarmstück von 30 cm Länge 11 Perforationen kamen, mit Re-
sektion der zerschossenen Schlinge behandelt. Tod später an Lungen-
gangrän. Hofmeister (Tübingen).
44) Krönlein (Zürich). Über die bisherigen Erfahrungen
bei der radikalen Operation des Magencarcinoms (Magen-
resektion und Magenexstirpation) an der chirurgischen Klinik
in Zürich.
K. macht zunächst Mittheilung über den weiteren Verlauf jenes
Falles von Magencarcinom, bei welchem Dr. med. C. Schlatter,
Sekundärarzt der chirurgischen Klinik, im vergangenen Jahre die
totale Magenexstirpation mit nachfolgender Ösophago-En-
terostomie ausgeführt hat. (Ref. s. d. Bl. 1898 p. 204.)
Dr. Schlatter hat seine Beobachtung und Operation, die als
durchaus neu bezeichnet werden muss, im Korrespondenzblatt für
schweizer Ärzte (1897) und ferner in den Beiträgen zur klinischen
Chirurgie Bd. XIX 1897 beschrieben, und es darf daher das Detail
der Operationstechnik und des Heilungsverlaufs als bekannt voraus-
gesetzt werden.
Hier sei nur erwähnt, dass die Pat. 56 Jahre alt war, als sie
von Dr. Schlatter am 6. September 1897 operirt wurde, und dass
sie sich laut Schlatter’s Originalberichten im November 1897 noch
vollständig wohl befand.
‘Seither ist der Verlauf folgender gewesen:
Die völlig »magenlose« Pat. befindet sich gegenwärtig, d. h.
7 Monate nach der Operation, vollständig gesund und bietet das
Bild eines gut konservirten Menschen von 57 Jahren, wie aus der
letzte Woche noch aufgenommenen Photographie zu entnehmen ist.
Sie weilt zwar noch in der Klinik, aber so zu sagen nur als Ehren-
gast, weil sie die Freundlichkeit hatte, den Wunsch des Operateurs,
ihr Leben durch eine neue Operation zu retten, zu erfüllen. Sie
fühlt sich durchaus wohl und ist ohne jede Erinnerung an ihr früheres
Leiden. Sie isst und trinkt wie ein Gesunder. Beispielsweise sei
ihr Speisezettel vom 2. April 1898, den sie vollständig erschöpfte,
hier angeführt:
7 Uhr: Frühstück: Milch-Kaffe 340,0 g und 1—2 Semmeln.
10 Uhr: Vormittags: Milch 320,0 g mit 1 Ei und 1 Semmel.
12 Uhr: Mittagsessen: Suppe 260,0 g, Fleisch 120,0 g, Kar-
toffeln 220,0 g, Apfelmus 400,0 g.
3 Uhr: Nachmittags: Milch-Kaffe 420,0 g und 1 Semmel.
6 Uhr: Abends: Milch 320,0 g. `
Außerdem trinkt Pat. täglich 1 Glas Bordeaux-Wein.
Was ihr Körpergewicht betrifft, so hatte Pat. seit der Opera-
tion bis Anfang Oktober 1897 um 2 kg zugenommen. Von da ab
bis heute ist eine weitere Zunahme des Körpergewichts um 4,5 kg
Chirargen-Kongress 1898. 8
— 114 —
erfolgt, so dass also die Operirte von Anfang September 1897
bis Anfang April 1898 im Ganzen um 6,5 kg oder 13 Pfund
zugenommen hat.
Das Interesse an diesem gewiss ungewöhnlichen Falle ist damit
natürlich noch nicht erschöpft. Denn es ist wissenschaftlich vom
höchsten Werthe, zu untersuchen, wie bei einem Menschen ohne
Magen das Verdauungsgeschäft auf die Dauer sich vollzieht. —
Gerade diese physiologische Frage ist nun in der Klinik eingebender
untersucht worden, und verweist Redner auf 2 Arbeiten, welche
demnächst darüber erscheinen werden. Hier giebt er nur ein kurzes
Résumé aus einer dieser Arbeiten, welches er dem Autor direkt ver-
dankt; es lautet:
»Die Ergebnisse der Untersuchungen, die ausführlicher und mit
Zahlenbelegen voraussichtlich noch im Laufe des April in der
»Münchener med. Wochenschrift« veröffentlicht werden, lassen sich
in kurzen Worten dahin zusammenfassen:
»Der Koth zeigte stets normale Beschaffenheit und passirte in
11%) —2 Tagen den Darmkanal. Der Ausfall der Magenverdauung,
von dem nur, bezüglich der Ausnutzung der Eiweißkörper der
Nahrung eine erheblichere Schädigung erwartet werden konnte, war
ohne Belang. In einer 6tägigen Versuchsreihe mit ausschließlicher
Milch- und Semmelkost, und einer späteren 9tägigen mit gemischter
Kost (Suppe, Milch, Wurst, Griesbrei, Semmel) war die Ausnutzung
der Albuminstoffe eine vorzügliche und entsprach voll-
kommen normalen Verhältnissen. — Auch die Fettresorption
in der 2. Versuchsreihe war die normale. In der 1. Versuchsreihe
kam es noch nicht zum Stickstoffgleichgewicht, sondern täglich wurden
kleine Mengen N zurückgehalten, ohne dass es zu einer dauernden
Gewichtszunahme kam. Das Körpergewicht hielt sich nach anfäng-
licher rascher Steigerung um ca. 9 Pfund in letzter Zeit aufannähernd
derselben Höhe. Die Stickstoffretention deutet daher auf eine Re-
generation des Bluts und ist als eine Vermehrung des cirkulirenden
Eiweißes im Blutplasma zu betrachten, worauf auch die tägliche
NaCl-Retention im Organismus hinweist.
Eine 15tägige Versuchsreihe zeigte, dass eine Beeinflussung der
Darmfäulnis durch den HOl-haltigen Magensaft nicht stattfand,
da die gefundenen Werthe der Äther-Schwefelsäuren meist noch unter
der Norm lagen.
Die physiologischen Aciditätsschwankungen des normalen Harns
zu verschiedenen Tageszeiten fehlten.
Pepsinferment fehlte im Harn. —«
Nach Mittheilung über diesen Schlatter’schen Fall von totaler
Magenexstirpation giebt K. noch einen kurzen Überblick über die
bis jetzt in seiner Klinik gemachten Erfahrungen über Magenresektion
wegen Carcinom.
Aus der mitgetheilten Tabelle ergiebt sich:
— 115 —
Von den 21 Fällen von Magenresektion resp. Magen-
exstirpation, wegen Carcinom ausgeführt, starben 5 Fälle
an den Folgen der Operation (1—14 Tage p. op.).
Die 5 Todesfälle] ‘vertheilen sich aber sehr ungleich auf die
Anfangs- und späteren Operationen, so zwar, dass von den ersten
4 Magenresecirten 3 starben (1881—1888), von den folgenden
17 dagegen nur 2 (1888—1898).
Das weitere Schicksal der 16 geheilten Operationsfälle ist
folgendes:
2 Fälle starben an interkurrenten Krankheiten (Herz-
paralyse, Pneumonie) innerhalb des 1. bis 4. Monats p. op. ohne
Recidiv.
8 Fälle starben an Carcinomrecidiv, und zwar:
2 im 3. Jahre p. o.
4im 2 > po
2iml. > po
Das Mittel der Lebensdauer bei allen 8 an Recidiv Ge-
storbenen betrug von der Operation bis zum Tode:
507 Tage oder ca. I Jahr 5 Monate.
6 Fälle leben zur Zeit (April 1898) ohne Recidiv.
2 >» starben im 4. Jahre p. op.
4 > > im 1. Jahre p. op.
Was die totale Magenexstirpation von Dr. Schlatter be-
trifft, so erfreut sich, wie die obigen Mittheilungen ergeben, Pat. bis
jetzt einer ungetrübten Gesundheit. —
Mit kurzen Worten geht K. dann noch über auf die Technik
der Operation, wobei er gegenüber der von Mikulicz empfohlenen
Mundbinde und Handschuhen eine ablehnende Stellung einnimmt.
(Selbstbericht.)
45) Schuchard (Stettin). Über die Regeneration des Magens
nach fast totaler Magenexstirpation.
In der Mehrzahl der Fälle von Magenkrebs, die zur operativen
Radikalbehandlung kommen, handelt es sich um diejenige Form des
Schleimhautkrebses, wo die Ulceration und der Zerfall überwiegt,
und an der freien inneren Fläche verhältnismäßig keine erhebliche
Geschwulst entsteht, wohl aber eine krebsige Infiltration der Magen-
wand, die sich weit über die Grenzen des Geschwürs und in die
Nachbarschaft erstrecken kann. Diese Form des Magenkrebses führt
frühzeitig zu Drüsenschwellungen und krebsigen Verwachsungen der
Umgebung und lässt sich daher nur im Anfangsstadium, etwa bis
zu einem halben Jahre nach dem Beginn des Leidens, noch radikal
operiren. Hat das Krebsgeschwür bereits einen solchen Umfang er-
reicht, dass man genöthigt sein würde, mehr als die Hälfte, aber
höchstens zwei Drittel des Magens zu entfernen, so sind gewöhnlich
Sr
— 116 —
die übrigen technischen Bedingungen so ungünstig, dass die Operation
nicht mehr ausführbar ist. Dagegen giebt es eine mehr infiltrirende
diffuse Form des Magenkrebses, die mit verhältnismäßig ge-
ringer innerer Ulceration der Schleimhaut, jedoch mit ausgebreiteter
starrer, oft knotiger Verdickung der ganzen Magenwand und ge-
wöhnlich mit beträchtlicher Schrumpfung des Magens einhergeht.
Solche Fälle zeichnen sich nicht selten dadurch aus, dass selbst
nach längerem Bestande des Leidens zwar Ascites, aber nur geringe
Drüsenschwellungen eintreten, und die Beweglichkeit des stark ver-
kleinerten Magens nicht leidet, im Gegentheil durch den mechani-
schen Zug des verdickten und schwerer gewordenen Organs oft
erheblich größer wird als normal. Ähnliche Verhältnisse bieten
auch diejenigen Formen des Magenkrebses dar, bei denen es sich
um umfangreiche Geschwulstbildungen handelt, die, an schmalem
Stiele oder breitbasig von der Schleimhaut entspringend, als blumen-
kohlähnliche oder kuglige Gewächse in das Innere des Magens
hineinreichen. Klinisch zeichnen sich diese Formen oft durch eine
sehr große Beweglichkeit der fühlbaren Geschwulst aus, die sich von
einer Seite des Bauches leicht auf die andere schieben lässt. Während
die Exstirpation selbst kleinerer Krebsgeschwüre der ersten Kategorie,
namentlich wenn sie an der hinteren Magenwand sitzen, oft die
größten technischen Schwierigkeiten darbieten, lässt sich bei den
zuletzt geschilderten Formen des Magenkrebses der größte Theil des
Magens, ja selbst das ganze Organ zuweilen mit großer Leichtigkeit
entfernen. Unter etwa 60 Operationen, die S. in den letzten Jahren
an krebsigen Magen auszuführen Gelegenheit hatte, hat er so
günstige Verhältnisse freilich nur etwa 5mal angetroffen, am aus-
gebildetsten in einem Falle, dessen Präparate vorgelegt werden.
58jähriger, sehr kachektischer Mann mit Ascites und Ödemen. Bei
der am 8. Februar 1895 ausgeführten Operation wird ein Theil des
Duodenum, das krebsig infiltrirte Netz und der ganze Magen bis
auf einen 2—3 querfingerbreiten Stumpf an der Cardia entfernt. Der
Stumpf lässt sich bequem mit dem Duodenum vereinigen. Glatter
Verlauf. Pat. erholt sich und verrichtet 2 Jahre lang in voller
Gesundheit seinen Dienst als Steuerbeamter. Anfangs konnte er nur
ganz kleine Portionen auf einmal genießen, allmählich jedoch
an allen Mahlzeiten in seiner Familie wie ein Gesunder theilneh-
men. Nach 2!/, Jahren fing Pat. unter Lungenerscheinungen und
Pleuritis an zu kränkeln und starb im September 1897. Sektion:
Kleine Lungenmetastasen. Aus dem zurückgelassenen Cardiastumpf
und dem Duodenum hat sich ein neuer magenähnlicher Blindsack
von 500 g Kapacität gebildet. Ein örtliches Recidiv war nicht
eingetreten. (Selbstbericht.)
— 17 —
46) Steudel (Heidelberg). Die neueren Magenoperationen in
der Czerny’schen Klinik und die bisherigen Dauererfolge.
Eine Tabelle von sämmtlichen Magenoperationen (ausgenommen
Gastrostomie), welche an der Czerny’schen Klinik bis Ende 1897
ausgeführt wurden, umfasst 192 Operationen mit 55 Todesfällen oder
29% Mortalität, bei welcher alle in den ersten 30 Tagen nach der
Operation Gestorbenen mit gerechnet sind. Anfangs betrug die
Mortalität 45%, im Jahre 1897 noch 16%. Relativ am meisten hat
die Zahl der Gastroenterostomien zugenommen, besonders seit die
Einführung des Murphyknopfes eine weitere Ausdehnung dieser
Operation zur Folge gehabt hat.
In den letzten Jahren versuchte Geheimrath Czerny bei Magen-
operationen, bei welchen der Allgemeinzustand eine Pylorusresektion
nicht gestattete, zweizeitig zu operiren, zuerst die Gastroenterostomie
und nach einigen Wochen die Pylorektomie zu machen. Die Aus-
führung scheiterte daran, dass die Kranken in der Regel sich zu der
2. Operation nicht oder zu spät bereit erklärten.
Der älteste Carcinomfall lebt 7 Jahre nach der Pylorektomie, ein
anderer 21 Jahre, ein Fall von Pylorektomie bei gutartiger Stenose
lebt 15 Jahre und eine Keilresektion des Magens bei Sarkom 8 Jahre
nach der Operation.
Die Pyloroplastik wurde wegen schlechter Dauerresultate seit
Anfang des Jahres 1896 nicht mehr ausgeführt.
Bei der Gastroenterostomie hat sich der Murphyknopf gut be-
währt; seit Juni 1896 fand er ausschließliche Verwendung. 53 Gastro-
enterostomien mit Murphyknopf gaben eine Mortalität von 24,5, die
57 mit Naht ausgeführten 36,8%. Nennenswerthe Störungen durch
den Knopf wurden nie beobachtet.
Auffallend ist, dass eine wenn auch kleine Zahl von Fällen, bei
denen die klinische Diagnose Carcinom bei der Operation anscheinend
Bestätigung fand, nach der Gastroenterostomie noch sehr lange leben.
Aus der Czerny’schen Klinik sind 4 solche Fälle 2'/,, 4, 5 und
5!/2 Jahre nach der Operation noch bei gutem Befinden.
In einem Falle von Spornbildung nach Gastroenterostomie hat
Geheimrath Czerny eine Enteroplastik analog der Pyloroplastik aus-
geführt, und als diese kein gutes Dauerresultat ergab, wurde noch in
dem Winkel, welchen der abführende Jejunumschenkel mit dem
Magen bildet, eine Plastik zur Erweiterung dieses Darmtheils aus-
geführt, die Gastroenteroplastik. Diese Operation hat in 2 Fällen
einen guten Erfolg gehabt. (Selbstbericht.)
== 118 -—
47) Mikulicz (Breslau). Beiträge zur Technik der Operation
des Magencarcinoms.
Die Enderfolge der Operation des Magencarcinoms lassen, wenn
auch eine stattliche Zahl von dauernd geheilten Fällen bekannt ist,
doch noch viel zu wünschen übrig, namentlich wenn man sie mit
den stetig besser werdenden Resultaten bei anderer Lokalisation des
Carcinoms, besonders bei Brust- und Gebärmutterkrebs vergleicht.
Gleich wie bei diesen Carcinomformen durch Verbesserung der
Technik und eingehendes Studium der Verbreitungswege des
Carcinoms die anfänglich auch mäßigen Erfolge sich stetig ver-
bessert haben, so ist nach M.’s Überzeugung .auch bei Magencarcinom
ein Fortschritt auf diesem Wege zu erwarten. Man beschuldigt in
der Regel den innern Arzt, dass er die Fälle zu spät dem Chirurgen
zur Operation überweise; das ist zum Theil wenigstens nicht richtig.
In den meisten Fällen kommt der Kranke selbst zu spät zum Arzt,
weil sehr häufig das Magencarcinom erst spät schwerere Störungen
verursacht. Wenn wir somit dem Magencarcinom radikaler beikom-
men wollen, so müssen wir nicht allein bestrebt sein, in den günstig
gelegenen Fällen die Operation technisch zu verbessern, sondern auch
in den vorgeschrittenen an Stelle der Gastroenterostomie eine aus-
gedehnte Resektion und selbst die Totalexstirpation des Magens zu
setzen. Wie weit wir hier werden gehen können, kann erst durch
ausgedehnte Erfahrungen festgestellt werden. M.’s eigene Erfahrungen,
so wie die anderer Operateure, namentlich von Schuchard und
Schlatter, lassen es jedenfalls als berechtigt erscheinen, hier weiter
zu gehen, als bisher fast allgemein gethan wurde.
Für die ganze Frage ist es von größter Wichtigkeit, die Ver-
breitungswege desMagencarcinoms genau zu studiren. Nach
M. verbreitet sich das Magencarcinom im Wesentlichen auf 4 Wegen:
1) Kontinuirlich in der Magenwand selbst. 2) Durch die größeren
Lymphbahnen und Lymphdrüsen außerhalb der Magenwand. 3) Trans-
peritoneal, das ist durch Vermittlung des vom Carcinom ergriffenen
Peritoneums auf benachbarte und entferntere Abschnitte desselben und
die von ihm eingeschlossenen Organe. 4) Auf dem Wege der Blut-
bahn durch Bildung von Metastasen in entfernteren Organen.
Die Verbreitungswege 3 und 4 haben für den Chirurgen nur
in so fern eine Bedeutung, als sie in den meisten Fällen eine Kontra-
indikation gegen die Radikaloperation abgeben werden. Bei ausge-
sprochener Carcinose des Peritoneums mit Ascites, bei nachgewiesenen
Metastasen in der Leber oder anderen Organen werden wir uns beim
Magencarcinom — falls eine Stenose des Pylorus vorliegt — nach
wie vor auf die Gastroenterostomie zu beschränken haben.
Von ungleich größerer praktischer Bedeutung sind die Verbrei-
tungswege 1 und 2. Was die Verbreitung in der Kontinuität
der Magenwand betrifft, so ist M. überzeugt, dass wir dieselbe bis-
her zu wenig berücksichtigt haben, d. i., dass in der Regel zu wenig von
— 119 —
der Magenwand resecirt worden ist. Das geht schon daraus hervor,
dass ein großer Theil der Recidive nach der Magenresektion in der
Magenwand selbst auftritt. Bei der Verbreitung des Carcinoms in
der Kontinuität verhalten sich die Mucosa und die Submucosa sammt
Muscularis wesentlich verschieden. In der Mucosa schreitet das
Carcinom langsam gleichmäßig weiter, ohne in den makroskopisch
unverändert erscheinenden Partien Veränderungen zu setzen. An-
ders dagegen in der Muscularis und Submucosa. Hier werden Car-
cinomkeime weithin über die makroskopisch sichtbaren Grenzen des
Tumors verschleppt; hier kommt es auch in beträchtlicher Entfer-
nung, selbst viele Gentimenter vom Haupttumor entfernt zur sprung-
weisen Entwicklung von kleinen Carcinomherden, die zunächst
lateral in der Submucosa liegen und später erst von der Tiefe her
die Schleimhaut in Form von linsen- bis erbsengroßen Knötchen
vorwölben. Von größter Bedeutung ist dabei der Umstand, dass sich
das Magencarcinom fast ausnahmslos nur in der Richtung gegen die
Cardia zu ausbreitet, während es gegen das Duodenum zu am Py-
lorusring Halt macht. Man findet wohl häufig eine transperitoneale
Infektion des Duodenum, dagegen kaum je eine Ausbreitung in
der Kontinuität der Duodenalwand.
Die praktische Schlussfolgerung daraus ist, dass wir bei der Re-
sektion des Magencarcinoms uns damit begnügen können, vom Duo-
denom einen 5—10 mm breiten Saum gesund aussehender Wand
fortzunehmen, während wir beim Magen eben so viel Centimeter
gesund aussehender Magenwand reseciren sollen. Bei Carcinomen
der kleinen Curvatur, die bis in die Nähe der Cardia reichen, wird
meist, wenn überhaupt radikal operirt werden soll, die totale Resek-
tion des Magens in Frage kommen.
M. weist übrigens darauf hin, dass man in Bezug auf die Ver-
breitung in der Kontinuität verschiedene Carcinomformen unter-
scheiden muss. Die günstigste, offenbar überaus seltene Form ist
das breitbasig aufsitzende, scharf begrenzte, nur von der Mucosa
ausgehende Carcinom, das in das Lumen des Magens vorspringt,
ohne jedoch eine Schrumpfung der Magenwand selbst herbeizuführen.
(Ein typischer Fall dieser Art ist der von Schuchard. In der
Sammlung des Breslauer Pathologischen Instituts konnte M. nur
einen Fall dieser Art finden.) Bei dieser seltenen Form des Carci-
noms wird es meist genügen, auch gegen die Cardia zu einen 1 bis
2 cm breiten Saum gesunder Magenschleimhaut mit zu entfernen.
Diese Fälle sind prognostisch ungleich günstiger als die anderen.
Denselben steht als Extrem jene Form gegenüber, bei welcher von
vorn herein die Magenwand, namentlich die Submucosa und Muscu-
laris, diffus infiltrirt ist. Liegt der Tumor im Bereich des Pylorus
und setzt er eine schwere Stenose, die die Erkrankung alsbald ver-
räth, so wird der Chirurg durch eine ausgiebige Resektion vielleicht
noch einen radikalen Erfolg erzielen können. Wird der Pylorus
dagegen erst spät und sekundär in Mitleidenschaft gezogen, so kommt
— 120 —
der Chirurg wohl meist zu spät. Diese Fälle geben somit von vorn
herein eine äußerst böse Prognose. Zwischen diesen beiden Ex-
tremen liegen die Übergangsformen, denen die große Mehrzahl der
Magencarcinome anzugehören scheint.
Von eben so großer Bedeutung ist für den Chirurgen selbst-
verständlich auch die Ausbreitung des Magencarcinoms durch
die Lymphbahnen. M. unterscheidet unter Bezugnahme auf den
Sappey’schen Atlas 4 Hauptzüge von Lymphgefäßen und Lymph-
drüsen, die vom Magen ausgehen.
a. Die Drüsen der kleinen Curvatur; diese bilden eine dichte
Gruppe, die vom Pylorus bis zur Cardia heraufzieht; man findet sie
fast in jedem Falle von Magencarcinom schon infiltrirt. Ohne
Zweifel spielen sie bei der Weiterverbreitung des Magencarcinoms
eine Hauptrolle. M. exstirpirt desshalb principiell alle an der
kleinen Curvatur bis ans Zwerchfell herauf palpirbaren Lymphdrüsen.
b. Die Drüsen der großen Curvatur. Sie sind nur in spärlicher
Zahl vorhanden, am reichlichsten in der Pylorusgegend; gegen den
Fundus zu findet man sie nur ganz vereinzelt.
c. Die Drüsen des Ligamentum gastro-colicum. Diese sind eben
so wenig zu übersehen wie die sub b. genannten; sie bieten auch
der Exstirpation keine Schwierigkeit, wenn sie nicht bis dicht an
das Colon heranreichen und zu Verwachsungen mit dem Mesocolon
führen. Dann kann es leicht geschehen, dass die Arteria colica
media unterbunden wird, was bekanntlich zur Gangrän des Quer-
colons führt und die Resektion dieses Darmabschnittes nothwendig
macht.
d. Die größten technischen Schwierigkeiten bieten dem Chirurgen
zweifellos die pankreatischen Lymphdrüsen, die, hinter dem Pylorus
gelegen, dem Pankreas dicht anliegen, zum Theil auch in dasselbe
eingebettet sind und sich in manchen Fällen bis an die Porta hepatis
hin erstrecken. Die gründliche Ausrottung dieser Drüsen kann häufig
nur so geschehen, dass man Theile des Pankreas mit resecirt, wobei
die durch das Pankreas verlaufenden Gefäße und anderweitigen Ge-
bilde leicht Verletzungen ausgesetzt sind. So hat M. einmal die
Arteria lienalis unterbunden, ohne nachtheilige Folgen zu beobachten.
In einem anderen Falle wurde der einer Lymphdrüse adhärente und
stark verzogene Ductus choledochus für ein Blutgefäß gehalten und
unterbunden. M. demonstrirt an einer nach der Natur gezeichneten
halb schematischen Abbildung die hier in Betracht kommenden topo-
graphischen Verhältnisse.
Die Forderung, bei Magencarcinomen radikaler als bisher vor-
zugehen, bringt es mit sich, dass die Operationen sich nach jeder
Richtung hin eingreifender gestalten, und dass die Technik, nament-
lich für die vorgeschritteneren Fälle, eine Änderung erfährt. Zur
Verringerung der dadurch gesteigerten Gefahren tragen heute wesent-
lich 2 Punkte bei:
— 1211 —
1) Die Schleich’sche Anästhesie, welche es gestattet, selbst bei
heruntergekommenen Individuen noch eine langdauernde Operation
auszuführen; es kommt hier eben nicht darauf an, ob die Operation
etwas länger oder kürzer dauert.
2) Sind die Chancen dieser eingreifenden Operationen erheblich
besser geworden mit der Vervollkommnung unserer Wundbehand-
lung. So war früher z. B. ein Resektionsstumpf des Pankreas außer-
ordentlich leicht Ausgangspunkt einer Peritonitis, während M., seit
er mit verbesserter Antiseptik operirt, von dieser Seite nie eine
Störung des Wundverlaufs beobachtet hat. Trotzdem haften den
Operationen immer noch genügend Gefahren an. Unter diesen hebt
M. besonders die Pneumonien hervor, welche auch bei solchen Pat.
beobachtet werden, die gar nicht erbrochen haben. M. hat mehrere
sonst außerordentlich glatt verlaufende Fälle an Pneumonie verloren.
Die Obduktionsbefunde machen es sehr wahrscheinlich, dass es sich
um embolische Processe handelt, die, wie es scheint, gerade bei
Magenoperationen häufiger sich entwickeln als nach anderen Bauch-
operationen. Die Sache bedarf aber erst einer weiteren Aufklärung.
In Bezug auf die Operationstechnik hebt M. hervor, dass es
vor Allem nothwendig ist, bei der Resektion des Magencarcinoms
einen ausgiebigen Bauchschnitt bis an den Processus xyphoideus zu
machen, um sicher die Verhältnisse zu übersehen und bis an die
Cardia hin die Lymphdrüsen verfolgen zu können. Was die Ver-
sorgung des übrig gebliebenen Magenstumpfs betrifft, so ist bei aus-
gedehnter Resektion die erste Billroth’sche Methode, das ist die
Vereinigung von Magenstumpf und Duodenum, meist unmöglich.
M. geht daher in den meisten Fällen nach dem Princip der zweiten
Billroth’schen Methode vor, die bekanntlich darin besteht, dass
Duodenum und Magenlumen vollständig verschlossen, der letztere
aber durch eine typische Gastroenterostomie mit dem Jejunum ver-
bunden wird. M. verschließt das Duodenum auch vollständig — in
der letzten Zeit mit einer doppelten Schnürnabt, da die einfache
fortlaufende Naht nicht sicher genug ist —; das Lumen des Magen-
stumpfs wird aber nicht vollständig verschlossen: der unterste Winkel
bleibt offen und wird nun direkt in eine Jejunumschlinge implantirt.
Die Gastro-Jejunostomie in der von M. geübten Weise vereinfacht
das Verfahren ohne Zweifel. Es ist auch rationeller mit Rücksicht
auf die Stellung und Verlaufsrichtung des Magenstumpfs. M. hat
sich in der letzten Zeit zu diesem Zweck mit Vorliebe des Murphy-
Knopfs bedient. Dadurch wird die Operation auch noch vereinfacht;
ob sie aber dadurch an Sicherheit gewinnt, möchte M. vorläufig noch
bezweifeln. Nach einer Reihe günstig verlaufener Fälle hat er es
einmal erlebt, dass nach 9 Tagen eines absolut reaktionslosen Ver-
laufs, ohne eine Spur von vorangegangener Peritonitis, die durch
den Murphyknopf gebildete Verbindung plötzlich nachgab, und eine
rasch tödliche Perforationsperitonitis eintrat. (Selbstbericht.)
— 12 —
48) L. Heidenhain (Worms) zeigt den Magen eines 55jährigen
Mannes, welcher einen absoluten narbigen Verschluss des Pylorus
durch die Narbe eines Geschwürs aufweist. Das Magenleiden hatte
angeblich erst vor 3 Jahren begonnen. Seit 1 Jahre hatte sich
eine enorme Magenerweiterung ausgebildet. Die von dem Haus-
arzt wiederholt vorgeschlagene Operation war immer abgelehnt worden.
Seit Monaten wurde der Kranke von seinem Arzt nur durch Magen-
auswaschungen über Wasser gehalten, bis er sich endlich zur Operation
entschloss. Trotz sorgfältiger Vorbereitung des Kranken mit subku-
taner und rektaler Wasserzufuhr ging derselbe einige Tage nach der
Gastroenterostomie an Inanition zu Grunde. Es ist räthselhaft, wie
der Kranke so lange leben konnte. (Selbstbericht.)
49) Stern (Düsseldorf). Demonstration zur Frage Pylorus-
stenose beim Säugling.
S. demonstrirt den Magen eines 6 Wochen alten Kindes mit
Pylorusstenose durch ringförmige Hypertrophie. Die Diagnose auf
Verengerung am Pylorus war im Leben gestellt, und auf Grund der
Diagnose bei dem aufs äußerste abgemagerten und durch beständiges
Erbrechen geschwächten Kinde der Versuch gemacht, durch Gastro-
enterostomie das Leben zu erhalten. In Folge von Chloroformasphyxie
war der Verlauf der Operation ein komplicirter, das Kind starb in
der Nacht nach der Operation. Die Photographien und das Prä-
parat zeigen am Pylorus einen 3 cm langen Tumor; das Lumen des
Pylorus war nur für feinste Sonde durchgängig. S. glaubt nach
dem Studium der sonst mitgetheilen Fälle und nach seinem Fall
sagen zu können, dass für die nicht so selten vorkommenden abso-
luten Stenosen des Pylorus beim Säugling öfter als es bisher ge-
schehen, die Diagnose gestellt werden und die chirurgische Behand-
lung eingeleitet werden müsse. (Selbstbericht.)
50) Doyen (Paris. Eine neue Methode der Pylorus- und
Darmresektion.
Dis neue Methode der Darmresektion, der Pylorusresektion
und der Gastroenterostomie hat vor den bisherigen Methoden einen
doppelten Vorzug:
1) vollkommenste Asepsis des Operationsfeldes ohne die geringste
Gefahr der Infektion durch Darminhalt,
2) bedeutende Abkürzung der Operationsdauer.
Das Verfahren selbst gestaltet sich folgendermaßen:
I. Pylorektomie.
Die typische Pylorusresektion führt D. seit 1892 nicht mehr
aus, sondern zieht in allen Fällen, in denen die Pylorusresektion
— 123 —
indicirt ist, den gesonderten Verschluss des Duodenums und des
Magens mit nachfolgender Gastroenterostomie vor. — Dieses Ver-
fahren, welches Billroth ausnahmsweise nur für Fälle von weit vor-
geschrittenem Pyloruscarcinom angewandt hat, scheint ihm außer-
ordentlich werthvoll in den Fällen von begrenztem Carcinom, weil es
dessen Exstirpation in denkbar weitester Ausdehnung gestattet.
Allerdings hat man diesem Verfahren mit Recht den Vorwurf
einer sehr langdauernden eingreifenden Operation gemacht.
Diesen Übelstand hat D. durch seine Modifikation beseitigt;
jetzt stellt die ganze Pylorusresektion nur eine kleine Erweiterung
der Gastroenterostomie dar.
Das Verfahren beruht auf der Anwendung der D.’schen Hebel-
pincette, die er in Moskau zuerst demonstrirt hat.
Ursprünglich konstruirt zur Kompression der Gefäße des Liga-
mentum latum, hat es sich als ein ausgezeichnetes Hilfsmittel in
der gastrointestinalen Chirurgie bewährt.
Zunächst wird der Tumor mit den Fingern stumpf vom Netz
losgelöst und, wenn nöthig, die Blutung aus kleinen Arterien gestillt;
dann legt man die Hebelpincette in möglichst weiter Entfernung von
den Tumorgrenzen am Duodenum an und zerquetscht die Darmwand
langsam und vorsichtig, obne sie vollständig zu durchtrennen; die
Darmserosa bleibt dabei intakt. In der entstandenen Kompressions-
furche legt man dann um das ganze Darmrohr eine starke Seiden-
ligatur. — Eine gewöhnliche Klemme liegt auf der Seite des Tumors
etwa 15 mm von der Ligatur entfernt am Pylorus. Dann wird das
Duodenum auf einer Kompresse völlig durchtrennt.
Kleinere Schleimhautreste werden mit der Schere abgetragen
und der Stumpf mit dem Paquelin kauterisirt. Eine Tabaksbeutel-
naht mit Seide überkleidet die Ligatur und verschließt gleichzeitig
das Duodenum. Zur besseren Sicherheit legt D. über dieser ersten
noch eine zweite Tabaksbeutelnaht an.
Das Magenende ist, in eine sterilisirte Kompresse gehüllt, nach
links gelegt. Jetzt werden 2 starke Klemmzangen unmittelbar hinter
dem Tumor und 2 elastische Magenklemmen in einer Entfernung
von 25—30 mm an die intakte Magenwand angelegt. Dann wird
mit der Hebelpincette die Magenwand zwischen den Pincetten von oben
und von unten her zerquetscht, indem man darauf Bedacht nimmt,
bei sehr stark hypertrophischer Muscularis die Pincette nicht vollständig
zu schließen, um nicht die an der Muscularis adhärente Serosa zu
zerreißen. Ein starker Seidenfaden wird als Massenligatur in die
entstandene Druckfurche gelegt und allmählich zusammengezogen,
indem’ gleichzeitig die angelegten 4 Klemmen wieder abgenommen
werden, um einen sicheren Schluss der Ligaturen zu ermöglichen.
Eine solche Ligatur ist selbst möglich bei einer Breite des Magens
von 12—15 cm. Dann werden wieder 2 starke Klemmzangen neben
dem Tumor angelegt, um Austritt von Mageninhalt zu vermeiden,
und der Magen 10 mm von der Ligatur entfernt durchschnitten.
— 114 —
Der Stumpf wird kauterisirt, und der Magen durch 2 Serosa-Tabaks-
beutelnähte geschlossen.
Die Blutstillung der Coronargefäße ist gesichert durch die
Massenligatur.
Nunmehr bleibt nur noch eine hintere Gastroenterostomie übrig,
die absolut aseptisch ausgeführt werden kann, Dank Die elastischen
Pincetten.
Die Gastroenterostomie gestaltet sich folgendermaßen:
1) Hintere Nähte erste Etage.
2) Hintere Nähte zweite Etage.
3) Anlegen der Pincetten an Magen und Darm.
4) Incision des Magens und des Darmes, entweder nach Zerquet-
schung oder mit Thermokauter.
5) Ringnaht um die Magen-Darmöffnung.
6) Anlegen der vorderen Naht.
Der obere Schlitz im Mesocolon wird an die Magenwand genäht;
dann macht D. noch eine Enteroanastomose für den direkten Abfluss
der Galle.
Die ganze Operation: Isolation und Resektion des Pylorus,
Verschluss des Duodenums und des Magens, Gastroenterostomie und
Entoroanastomose dauert 55 Minuten bis 1!/, Stunde.
Fällt die Enteroanastomose fort, so wird natürlich die Opera-
tionsdauer abgekürzt. Die eigentliche Gastroenterostomie dauert
12—15 Minuten.
U. Gastroenterostomie ohne Pylorusresektion.
Die hintere Y-förmige Gastroenterostomie, wobei das obere Ende
des Jejunums die Verlängerung des Ductus choledochus bildet, ist
von allen Verfahren dasjenige, welches in Bezug auf Funktion des
neuen Pylorus die besten Resultate giebt.
D. hatte indessen Bedenken, die doppelte Anastomose nach Roux
auszuführen, welche mit Rücksicht auf die Infektion der tiefen Nähte
dieselben Gefahren bietet, wie die typische Pylorektomie.
Diesem Übelstand hilft nun Dis Hebelpincette ab.
D. führt 25—30 cm unterhalb des Ligam. Treitz eine hintere
Gastroenterostomie in der Längsrichtung aus; dann legt er zwischen
den zwei Jejunalschlingen eine Enteroanastomose an, so dass keine
nachträgliche Verzerrung stattfinden kann.
Dann zerquetscht er die aufsteigende Jejunalschlinge zwischen
den beiden Anastomosen mit seiner Hebelpincette, legt eine Massen-
ligatur an, zerquetscht nochmals etwas weiter oben, legt eine zweite
Massenligatur an und durchtrennt den Darm zwischen den beiden
Seidenligaturen. Mittels 2 Seiden-Tabaksbeutelnähten werden die
beiden Stümpfe überkleidet.
Dieses Operationsverfahren giebt sehr befriedigende Resultate
und sichert die Heilung auch veralteter Fälle von Magengeschwür
und Gastritis mit Hyperacidität.
— 15 —
D. hat im Ganzen 148 Laparotomien wegen Magenaffektionen
gemacht, davon sind 32 Pat. gestorben. 66 Fälle betrafen Carcinome,
wovon einige vollkommen inoperabel waren; im Ganzen sind von
den Carcinomfällen 20 gestorben. 82 mal hat D. wegen nicht
krebsiger Erkrankung operirt (wegen Ulcus, schwerer Dyspepsie
und gutartiger Stenose) und 12 Kranke verloren. Von den letzten
57 Operationen hat er nur noch 5 Todesfälle zu verzeichnen.
III. Darmresektionen.
Zunächst geht D. mit dem Finger oberhalb und unterhalb des
Tumors durch das Mesenterium; dann wird der Darm an beiden
Stellen zerquetscht und abgebunden. Oberhalb und unterhalb des
Neoplasmas verschließt er den Darm mit einer Pincette und durch-
trennt ihn auf beiden Seiten zwischen Ligatur und Klemme. Das
Mesenterium wird ebenfalls, wenn nöthig, in der Hebelpincette kom-
primirt und partienweise oder en masse abgebunden. Es bleibt
dann noch die Vereinigung der beiden Darmenden übrig.
Man kann diese Vereinigung nach 3 Methoden vornehmen:
1) Seitliche Anastomose nach Verschluss der beiden Darmenden
mit Tabaksbeutelnaht.
2) Verschluss des abführenden Endes und Implantation des zu-
führenden Endes nach Art des Coecums.
3) Cirkulärnaht. Dabei vernäht D., von hinten anfangend, die
beiden verschlossenen Darmenden in °/, der Circumferenz mit
2 Nahtreihen, einer durchgreifenden und einer sero-serösen. Das
Darmlumen wird hinter den Ligaturen abgeklemmt; die Massenliga-
turen werden herausgezogen und aufgeschnitten, so dass die freie
Kommunikation wieder hergestellt ist. Dann wird die Naht beendigt. —
Bei der Coecumnaht hat D. nur eine Massenligatur aufzuschneiden,
den unteren Darmtheil zu incidiren und die vordere Naht zu beendigen.
4) Dasselbe Verfahren mittels Zerquetschung und Ligatur ge-
stattet auch, die Exstirpation und Resektion des Rectums nach Kraske
aseptisch auszuführen.
5) Die Resektion des Processus vermiforis lässt sich nach der-
selben Methode ausführen. Es genügt eine starke gewöhnliche
Klemmzange zur Zerquetschung der Mucosa des Processus vermiforis.
Dann wird eine Massenligatur um den Processus vermiformis gelegt,
derselbe resecirt und kauterisirt und der Stumpf mit Tabaksbeutel-
naht überkleidet.
6) Der Ductus cysticus wird vortheilhaft ebenfalls nach dieser
Methode behandelt, wenn man die Exstirpation der Gallenblase
gemacht hat. `
Selbst der Ösophagus könnte auf diese Weise resecirt und die
Enden wieder vereinigt werden, wenn die Striktur keine ausgedehnte ist.
(Selbstbericht.)
— 12 ——
51) Karg (Zwickau). Demonstration von 4 Präparaten durch
Resektion entfernter Magencarcinome.
Der Vortr. berichtet über die von ihm ausgeführten Operationen
am Magen und demonstrirt die Präparate von 4 bemerkenswerthen
Fällen von Pylorektomie wegen Carcinom. Im Ganzen ist in 4 Jahren
40mal am Magen operirt worden. Die Resektion des carcinomatösen
Magens wurde 18mal ausgeführt. Von diesen 18 Fällen sind 6 län-
gere Zeit, resp. bis jetzt geheilt geblieben, 2 nach erfolgter Heilung
an interkurrenten Krankheiten gestorben, den Folgen der Operation
10 erlegen, und zwar 4 an Nahtinsufficienz, 4 an Pneumonie, 2 an
Erschöpfung. Die an Nahtinsufficienz gestorbenen Fälle gehören zu
den ersten Operirten. Mit der Verbesserung der Technik gelang es,
diese Todesfälle zu vermeiden. Dafür erwies sich später als der ge-
fährlichste Feind der Magenoperirten die Pneumonie, zu deren Aus-
bildung es auch in solchen Fällen kam, in denen von Äther zur
Narkose ganz abgesehen und die Narkose nur eine sehr oberfläch-
liche war, und Nahrung per os überhaupt nicht gereicht worden war.
Erschöpfung und Collaps wurden mit Erfolg durch Transfusion
größerer Mengen physiologischer Kochsalzlösungen bekämpft. Die
Gastroenterostomie wurde 17mal ausgeführt. Geheilt sind 13, ge-
storben 4 Fälle, 3 an Erschöpfung, 1 an Pneumonie. Ein Fall, in
dem es sich nicht um carcinomatöse Striktur handelte, ist dauernd
geheilt geblieben. Die übrigen sind dem krebsigen Grundleiden
erlegen. Die längste Lebensdauer nach der Operation betrug 1 Jahr
3 Monate. In 4 Fällen war der Erfolg der Operation unbefriedigend,
da die Beschwerden der Kranken trotz geglückter Operation nicht
wichen. Die Magenfistel wurde 3mal angelegt. Die Kranken sind
bald nach der Operation gestorben. Der Zustand nach der Operation
befriedigte weder den Arzt noch die Kranken. Nach Loretta wurde
ein Fall ohne Erfolg operirt, später Gastroenterostomie. Bei Magen-
blutung und perforirtem Ulcus ventriculi wurde je einmal operirt,
beide Male mit tödlichem Ausgang.
Die demonstrirten Präparate betreffen folgende 4 Fälle:
I. Carcinoma pylori nach Ulcus ventriculi von einer 54jährigen
Frau. Operirt am 27. Mai 1895 nach der 2. Billroth’schen Me-
thode. Bis jetzt dauernde Heilung. Zunahme des Körpergewichts
über 50 Pfund.
II. Carcinoma pylori bei 56jährigem Mann. Operirt am 21. No-
vember 1895 nach 2. Billroth’scher Methode. Das Careinom ist
mit dem Pankreas so verwachsen, dass ein am Präparat noch kennt-
licher, nicht unerheblicher Theil des Pankreas mit entfernt werden
musste. Die Resektion des Pankreastheiles hatte keinen nachweis-
baren Einfluss auf die Heilung und das Befinden des Kranken. Zu-
nahme des Körpergewichts nach der Operation gegen 50 Pfund.
III. Magencarcinom bei 42jähriger Frau. Operirt am 7. Sep-
tember 1895. In diesem Falle musste fast der ganze Magen entfernt
— 127 —
werden. Es blieb nur ein kleiner Rest übrig, in welchen das Duo-
denum nach Kocher eingenäht wurde. Bemerkenswerth ist, dass
die Pat. nach Heilung der Operation bald größere Mengen von Nah-
rung zu sich zu nehmen im Stande war, als man der Kleinheit des
zurückgelassenen Magenrestes nach hätte erwarten müssen.
IV. Carcinoma pylori bei 32jährigem Dienstmädchen.
Operation nach 2. Billroth’scher Methode am 23. März 1895.
Ein Jahr nach geglückter Pylorusresektion wird eine doppelseitige
Ovariotomie wegen — nicht carcinomatöser — Ovarialgeschwülste
nöthig. Dabei konnte festgestellt werden, dass es zu Carcinomreci-
diven nicht gekommen war. Die Bauchhöhle war durch Verklebungen
in einen oberen und einen unteren Theil getrennt. Die Grenze
bildete das Colon transversum. Die Pat. ist später, im Jahre 1897,
an unbekannter Krankheit — Recidiv nicht ausgeschlossen — ge-
storben.
Als Operationsmethode der Pylorektomie wurde der 2. Billroth-
schen der Vorzug gegeben. (Selbstbericht.)
Diskussion zu 43—50: Breitung (Plauen i/V.) stellt eine Pat.
vor, der er am 23. December 1897 den Magen entfernt hat.
Es handelt sich um eine 50jährige Frau, die schon seit Jahren
magenleidend war und sich vor 3 Jahren wegen eines Magen-
geschwürs in Behandlung befand. 3/, Jahr vor der Operation stellte
sich allmählich zunehmende Kachexie ein, im September 1897 be-
merkte Pat. in der Magengegend links neben dem Nabel einen
festen, beweglichen Tumor, der zusehends wuchs. Der Tumor nahm,
wie sich bei der Operation herausstellte, die ganze hintere Wand
des Magens ein. Eine Partialoperation war desshalb unmöglich.
Nach Versorgung des großen und kleinen Netzes wurde der Magen
an Pylorus und Cardia zwischen doppelten Gummiligaturen ab-
geschnitten, am Pylorus blieb ein Rest von 1 cm, an der Cardia von
11⁄2 cm übrig, durch die Naht wurde noch !/, cm eingestülpt, so
dass ein Magenrest von 2 cm resultirte. Die beiden Lumina ließen
sich ohne starken Zug vereinigen. Genäht wurde mit Seide in
2 Etagen. Heilung erfolgte glatt, Pat. wurde nach 3 Wochen ent-
lassen. Ernährung fand erst durch Nährklystiere statt, vom 5. Tage
ab nahm Pat. feste Speisen zu sich. Es wurde Alles vollkommen
verdaut, im Stuhl niemals unverdaute Rückstände.
Makroskopisch war der Tumor ein zellreiches Carcinom.
(Selbstbericht.)
Löbker (Bochum) operirt ausgedehnte Magencarcinome stets
nach der 2. Billroth’schen Methode (Verschluss der Magenwunde
und Gastroenterostomie).
Bei vermeintlichen Totalresektionen müssen wir uns oft wundern
über die Größe des zurückgelassenen Stückes. Auch sind Täuschungen
durch Sanduhrmagen möglich in der Art, dass eine pathologische
Einschnürung für die Cardia gehalten wird. Wie Mikulicz nimmt
— 113 —
L. keine Rücksicht auf das Pankreas, von dem er gegebenen Falls
große Stücke entfernt, behandelt aber dann stets mit Tamponade
nach. In einem Falle passirte bei einer Resektion wegen gutartiger
Stenose eine Durchtrennung des Ductus choledochus; derselbe wurde
dann abgebunden und die Cholecystenterostomie ausgeführt.
Hinsichlich der Dauererfolge erwähnt L. einen Fall von Recidiv
im 6. Jahre p. op. und einen zweiten, der, 1891 operirt, heute noch
recidivfrei ist.
v. Hacker (Innsbruck) bemerkt zu der Frage nach den Dauer-
resultaten, dass ein von ihm früher publicirter Fall, in dem 1890
von Salzer die Resektion ausgeführt wurde, heute noch recidivfrei
ist. Ferner verfügt er über 9 eigene Resektionsfälle (darunter
2 Sarkome) mit 1 operativen Todesfalle (Nahtinsufficienz). Ein Pat.,
der 1892 operirt wurde, ist noch recidivfrei (Drüsen waren nicht vor-
handen), die anderen sind gestorben.
Rehn (Frankfurt); Der vor 1!/, Jahre auf der Naturforscher-
versammlung zu Frankfurt a/M. demonstrirte Pat., dem fast der
ganze Magen wegen Carcinom entfernt wurde, lebt noch ohne
Recidiv.
Kausch (Breslau) rechtfertigt die Pyloroplastik gegenüber den
Ausführungen Steudel’s. Seit 1'/⁄ Jahre hat er die Fälle der
Mikulicz’schen Klinik (16 mit Pyloroplastik behandelte gutartige
Stenosen) genau verfolgt. Die Resultate sind namentlich auch hin-
sichtlich der chemischen Funktion (Acidität) sehr gut; nach Gastro-
enterostomien findet man beim Aushebern regelmäßig Galle.
Hahn (Berlin) hat 28 Fälle von Magenresektion genau verfolgt;
10 starben in den ersten 14 Tagen, 6 leben, davon einer 4, ein
anderer 7 Jahre p. op. Die Zahl der Gastroenterostomien wegen
Carcinom beträgt 106. Bei Pat. über 60 Jahre soll man nicht
reseciren; bei sehr heruntergekommenen Individuen zunächst die
Gastroenterostomie und erst sekundär die Resektion ausführen.
Hofmeister (Tübingen).
Wölfler (Prag) hebt bezüglich des Falles von Schuchard
hervor, dass es sich dabei nicht um einen aktiven Vorgang der Re-
generation handelt, sondern um einen passiven der Dilatation.
Was die von Mikulicz und Doyen angegebenen Methoden der
Magenresektionen anbelangt, so stellen dieselben eine Modifikation
der II. Billroth’schen Magenresektionsmethode dar, während die
von Doyen geschilderte Darmresektion jene ist, welche man nach
den Angaben Braun’s als seitliche Anastomose zu bezeichnen pflegt
und welche nach den Anschauungen Wis sicherlich als das zweck-
mäßigste Verfahren der Darmvereinigung anzusehen ist.
(Selbstbericht.)
Krönlein (Zürich) präcisirt den Begriff der totalen Magen-
exstirpation. Der einzige Fall, der diesen Namen streng genommen
— 129 —
verdient, ist bislang der von Schlatter publicirte. — In der von
Mikulicz vorgeschlagenen Art hat er schon vor 10 Jahren bei einem
Falle von gutartiger Pylorusstenose operirt.
Jordan (Heidelberg) weist auf schwere nervöse Magenstörungen
hin, welche als Geschwüre oder Stenose imponiren können. Er hat
einen solchen Fall operirt, ohne eine anatomische Abnormität finden
zu können; die Beschwerden hörten für 3—4 Monate auf.
Bei der von Mikulicz vorgeschlagenen Art der Vereinigung von
Magen und Darm scheint ihm der Murphyknopf gefährlich, weil er
in die Nahtlinie zu liegen kommt.
Schließlich rechtfertigt J. die Gastroenterostomie gegenüber der
Pyloroplastik auf Grund der Erfahrungen an Czerny’s Klinik.
Gussenbauer (Wien) berichtet über 13 seit 3!/ Jahren aus-
geführte Pylorusresektionen mit 7 Heilungen, darunter 1 Fall von
Lymphosarkom bei einem 21jährigen Pat.
Die Mortalität nach der Gastroenterostomie ist in seiner Klinik
größer als nach den Resektionen, wohl hauptsächlich, weil auch sehr
herabgekommene Pat. noch operirt werden.
Hinsichtlich der Verbreitungswege des Magencarcinoms bestätigt
G. die Ausführungen Mikulicz’s. Hofmeister (Tübingen).
52) Storp (Königsberg). Beitrag zur Anwendung des Murphy-
knopfes.
Die Erfahrungen, welche man mit der Anwendung des Murphy-
knopfes in der Magen-Darmchirurgie gemacht hat, sind wohl im
Allgemeinen günstiger Natur, wenngleich es ja nicht zu leugnen ist,
dass das Einbringen eines nicht resorbirbaren metallischen Fremd-
körpers von derartiger Größe in den Darmtractus immerhin eine
gewisse Gefahr bedingt. Daraus erklären sich ja auch die in der
letzten Zeit verschiedentlich gemachten Versuche, einen brauchbaren
resorbirbaren Ersatz für den Murphyknopf zu finden.
Vortr. berichtet über einen Fall, welcher für die Anwendung
des Murphyknopfes eine gewisse principielle Bedeutung hat.
Er betrifft einen 54jährigen Mann, welcher schon seit längerer
Zeit an Darmbeschwerden litt und im Januar d. J. unter den aus-
gesprochenen Symptomen eines seit 3 Tagen bestehenden akuten
Ileus in die Behandlung des Vortr. kam.
Es wurde die Diagnose auf Darmtumor im Colon ascendens oder
transversum gestellt; die vorgenommene Laparotomie bestätigte dies.
Es fand sich ein faustgroßer, den Darm cirkulär umgreifender Tumor
der Flexura coli hepatica, welcher an der unteren Fläche der Leber
in der Gegend der Porta hepatis gelegen war.
Da keine Metastasen, noch ausgedehnte Verwachsungen mit den
Nachbarorganen nachzuweisen waren, so erschien eine Exstirpation
Chirurgen-Kongress 1898. 9
— 130 0 —
des Tumors noch ausführbar; doch war bei dem damaligen, höchst
desolaten Zustand des Pat. zunächst nicht daran zu denken, und es
wurde desshalb eine laterale Anastomose zwischen Colon transversum
und unterem Ileum ca. 25 cm über der Valvula Bauhini angelegt,
und zwar mit Rücksicht auf die möglichst schnelle Beendigung der
Operation mittels eines Murphyknopfes größten Kalibers.
Der Erfolg war zunächst ein guter. In den nächsten Tagen
besserte sich das Allgemeinbefinden bei dauernder reichlicher Stuhl-
entleerung rasch.
Nach ca. 12 Tagen begann indessen der Pat. über unbestimmte
Schmerzen von kolikartigem Charakter in der rechten Unterbauch-
gegend, entsprechend dem Colon ascendens, zu klagen.
Als 3 Wochen nach der Operation der Knopf noch nicht ab-
gegangen war, wurde eine Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen vor-
genommen, welche ergab, dass der Knopf im Colon ascendens un-
mittelbar vor der Stenose lag. Derselbe war also, anstatt dem Koth-
strom folgend in den Dickdarm zu fallen, in diesem Falle im distalen
Ileum weiter abwärts geglitten, hatte die Valvula Bauhini passirt
und saß nun zwischen dieser und dem stenosirenden Tumor im
Colon ascendens gefangen. Eine Entleerung desselben per vias natu-
rales war somit völlig ausgeschlossen.
4 Wochen nach der 1. Operation wurde die Exstirpation des
Tumors, eines den Darm völlig verschließenden Cylinderzellencarci-
noms, und zugleich des auffallend kurzen, nur 15 cm langen Colon
ascendens mit Coecum gemacht. Der Knopf saß frei beweglich in
dem kurzen, geblähten, nicht mit Koth gefüllten Colon ascendens.
Pat. starb 3 Tage post operat. in Folge von Peritonitis. Die
Sektion ergab eine normale, fast für 3 Finger durchgängige Anasto-
mose mit völlig vernarbten, mit Schleimhaut bekleideten, glatten
Rändern zwischen Dünn- und Dickdarm.
Wenn auch in diesem Falle der unglückliche Endausgang nicht
dem Knopf zur Last zu legen ist, und wenn auch ein derartig ein-
geschlossener Murphyknopf zunächst keine erheblichen Beschwerden
und Gefahren bedingt, so ist doch die Möglichkeit immer vor-
handen, dass derselbe im Laufe der Zeit seine glatte Oberfläche ver-
liert und, mit Kothmassen inkrustirt, zu erheblichen Beschwerden
und Ulcerationen mit allen weiteren Konsequenzen Veranlassung
geben kann.
Aus diesem Grunde erscheint es dem Vortr. im Hinblick auf
die vorliegende Beobachtung zweckmäßiger, bei derartiger Anasto-
mosenbildung zwischen Dünn- und Dickdarm von der Anwendung
des Murphyknopfes abzusehen und die einfache laterale Anastomose
durch die Naht in der zuerst von H. Braun angegebenen Weise zu
machen. (Selbstbericht.)
Diskussion: König jr. (Berlin) hat mit dem von Frank (Chicago)
angegebenen resorbirbaren Knopf Versuche an Hunden angestellt.
— 13 ——
Unter 5 cirkulären Darmvereinigungen hatte er einen Misserfolg
durch zu großen Knopf. Die Präparate erweisen die exakte Ver-
einigung. Das von Frank angerathene Herüberziehen des Netzes
kann K. nicht empfehlen.
Die seitliche Anastomose bietet nicht so einfache Verhältnisse,
weil die Lichtung durch den Knopf zu sehr ausgefüllt wird; durch
Verwendung eines niedrigeren Knopfes wurden die Resultate besser.
Eine Gastroenterostomie führte nach 24 Stunden zum Tode an
Perforationsperitonitis in Folge rascher Verdauung der im Magen ge-
legenen Knopfhälfte. Hofmeister (Tübingen).
Wölfler (Prag) berichtet in Kürze über seine Erfahrungen,
welche in seiner Klinik bei der Anwendung von Darmknöpfen in
40 Fällen gemacht wurden.
Dabei soll nur die cirkuläre Naht mit der Anwendung der
Darmknöpfe verglichen werden, weil bei der seitlichen Anastomose
das Princip an und für sich so gut sei, dass es bei demselben auf
ein besonderes technisches Verfahren nicht ankomme.
Dies ist der Grund, warum auch bei der Gastroenterostomie der
Murphyknopf gute Resultate aufweist, da bei dieser Operation nur
die Vortheile desselben (rasche Vollendung der Operation) in den
Vordergrund treten, aber nicht die Nachtheile, da der Mageninhalt
dünnflüssig ist, und es kein Unglück ist, wenn der Knopf im Magen
liegen bleibt.
Bei der cirkulären Vereinigung zeigte der Knopf
den Nachtheil, dass er mitunter im Darm stecken blieb, be-
sonders wenn derselbe mit dem Peritoneum parietale verwachsen
war (in 2 Fällen).
Ferner ist das Rohr des Murphyknopfes entschieden zu eng;
bei einem der operirten Fälle blieb im Rohr des Knopfes ein Kirsch-
kern stecken und verursachte den Tod des Individuums. W. ging
desshalb gern zur Anwendung der resorbirbaren Knöpfe über und
wandte den Frankknopf an bei 6 Darmresektionen und 3 Gastro-
enterostomien; in 7 Fällen hatte sich die Vereinigungsstelle als
sufficient erwiesen. In 2 Fällen gingen die vereinigten Darmflächen
vollständig aus einander, und zwar am 3. und 8. Tage, ohne dass
Gangrän der Darmwand vorhanden gewesen wäre.
Als Gründe, welche an diesem Vorkommnis Schuld tragen, giebt
W. an:
1) ist der Frankknopf kein Darmschließer wie der Murphy-
knopf. Er nähert höchstens die Knopfhälften. Beim geringsten
Zug am Drainrohr klaffen die Knopfhälften dauernd.
2) ist die Gefahr vorhanden, dass der Frankknopf zu früh
resorbirt wird. (Demonstration von Frankknöpfen, welche schon
nach 5 Tagen zum Theil resorbirt waren.)
9*
-—— 13 —
Bezüglich der Herstellung von langsam resorbirbaren Knöpfen,
welche in den ersten 6 Tagen ihren Mechanismus unverändert bei-
behalten, sind weitere Versuche dringend nothwendig.
3) hat der Frankknopf entschieden den Nachtheil, dass die
Därme über einem Drainrohr geknüpft werden müssen, und Gefahr
vorhanden ist, dass dieses zu stark zugeschnürt wird. W. hat
Frankknöpfe anfertigen lassen, bei welchen über das Drainrohr ein
decalcinirtes Knochenrohr gelegt ist.
4) Die Schwierigkeit der Einführung lässt sich dadurch beseitigen,
dass die Darmenden am äußersten Rande mittels v. Bergmann’scher
Pincetten aus einander gehalten werden.
W. empfiehlt weiterhin, um die Intensität der Verklebung der
Darmserosen zu erhöhen, die Serosa bei jeder Art der Darmnaht
vorher mit einem scharfen Skalpell abzuschaben. Die Lembert-
schen Nähte sind bei den Darmknöpfen bisher leider nicht zu ent-
behren, da die Sicherheit der Darmknöpfe noch Manches zu wünschen
übrig lässt. Desshalb empfiehlt W., dieselben nur bei den akuten
und lebensgefährlichen Darmstenosen anzuwenden, wo die Gefahr
des Lebens größer ist als die Gefahr, die der Darmknopf bringt.
Für die chronischen Fälle empfiehlt W. neuerdings zur Vereinigung
der Därme die schon vor 2 Jahren empfohlene seitliche Anastomose
(die Vereinigung from side to side).
Zum Schluss demonstrirt W. noch einen Darmknopf, der die
Vortheile hat, dass er resorbirbar ist, dass er ein Darmschließer ist
und ein weites Lumen hat. Welche Nachtheile er hat, muss erst
experimentell geprüft werden. iSelbstbericht.)
Jordan (Heidelberg): Die Czerny'sche Klinik verfügt über
80 Fälle von Anwendung des Murphyknopfes; mit steigender Übung
sind die Resultate immer besser geworden.
Für Coecum und Colon hält J. die Anwendung des Knopfes
nicht für gerathen.
Storp (Königsberg! will die Resistenz der Frankknöpfe durch
Formalinhärtung erhöhen.
Franke (Braunschweig) beobachtete einen Fall von Darmwand-
einklemmung durch den Murphyknopf.
Kümmell (Hamburg) empfiehlt den Murphyknopf auch für
den Dickdarm. Bei der Gastroenterostomie ist das Zurückfallen in
den Magen nicht sicher vermeidbar. Hofmeister (Tübingen).
53) F. Franke (Braunschweig). Über den angeborenen
Verschluss des Dünndarmes und seine Behandlung.
Während Verengerung und Atresie des Dickdarmes beim Neu-
geborenen ziemlich häufig, besonders am After beobachtet und operirt
— 13 ——
wird, kommen die genannten Veränderungen am Dünndarm ziem-
lich selten vor, noch seltener werden sie operirt. Die Atresie im
Besonderen besitzt ihre Lieblingsstellen, den Pylorus, die Einmün-
dungsstelle des Ductus choledochus und die Ursprungsstelle des
Meckel’schen Divertikels. Die Ursachen der Atresie sind nur für
wenig Fälle festgestellt. In einem Falle handelte es sich um Ab-
schnürungen durch nach abgelaufener fötaler Peritonitis zurückge-
bliebene Bänder. Dass auch das Meckel’sche Divertikel Abschnü-
zungen und Atresie verursachen kann, ist wohl nicht zweifelhaft.
Operirt sind bisher 3 Fälle von angeborener Dünndarmatresie
(v. Tischendorf, Bland Sutton, Hecker) mittels Enterostomie.
Sie haben unglücklich geendet. F. hat in einem Falle, dessen
Präparat er vorlegt, und in welchem die Atresie an der Stelle des
Meckel’schen Divertikels saß, die Enteroanastomose gemacht. Da auch
dieser Fall nach anfänglich gutem Verlaufe am 3. Tage mit Tod endigte,
in Folge von Perforation der Nahtlinie, die auf der einen Seite nur
einfach angelegt werden konnte wegen zu geringer Entwicklung des
absteigenden Darmtheils, giebt F. den Rath, die Anastomosenöffnung
am absteigenden Darmtheil so weit entfernt anzulegen, dass man den
oberhalb dieser Stelle befindlichen Theil herumschlagen und zur
Sicherung der Nahtlinie annähen kann, außerdem aber die Stelle
von der Bauchwunde aus für die ersten. Tage durch einen Jodoform-
gazetampon zu sichern. Außerdem räth er, dem Kind in den ersten
Tagen nicht reine Milch zu geben, sondern schleimige, eventuell mit
etwas Milch versetzte Suppen, weil in Folge der nach der Operation
wie in seinem Falle leicht eintretenden heftigen Peristaltik noch
ungelöste Käseflocken bis an die Anastomose gelangen, das Lumen
verstopfen und zur Perforation der Nahtlinie Veranlassung geben
können. F. giebt der Enteroanastomose den Vorzug vor der En-
terostomie, weil bei letzterer der benutzbare Verdauungsschlauch für
die endgültige Ernährung zu kurz sein dürfte. Er lässt sie zu als
Nothbehelf für ganz schwache Kinder. (Selbstbericht.!
54) C. Lauenstein (Hamburg). “Ein Vorschlag zur Radikal-
operation alter fixirter Nabelbrüche.
Eine Hauptgefahr bei der Operation alter Nabelhernien besteht
darin, dass nach der Lösung aller der die Reposition von Darm und
Netz verhindernden Verwachsungen zwischen diesen einerseits und
der Innenfläche des Bruchsacks andererseits Stränge zwischen Darm-
schlingen bestehen bleiben, die nach der Reposition des Bruchsack-
inhalts, wenn derselbe aus der engeren Höhle des Bruchsacks in
die weitere Höhle des Abdomens übergetreten ist, zu Abknickungen
oder Abschnürungen und in Folge davon zu lleus Veranlassung geben.
Daher empfiehlt L., den Bruchsack nach cirkulärer Durchtren-
nung im Bereiche des Halses umzustülpen. Dann hat der Operateur
— 134 —
sämmtliche Verwachsungen innerhalb des Bruchsacks übersichtlich
vor sich und kann sie ohne die Gefahr, eine derselben ungetrennt
zu lassen, versorgen.
Ist der Hals des Bruchsackes eng, so empfiehlt es sich, an einer
Stelle, wo der eingeführte Finger keine Verwachsungen fühlt, noch
einen Längsschnitt durch die Wand des Bruchsackes zu führen.
Dieser erleichtert resp. ermöglicht dann die Umstülpung.
Alle übrigen Fragen, insbesondere die Naht der Bruchpforte
werden durch diesen Vorschlag nicht berührt. (Selbstbericht.)
55) v. Bramann (Halle a/S.). Über primäre und sekundäre
Darmresektion bei gangränösen Hernien.
Auf Grund seiner klinischen Erfahrungen, die er an 248 incar-
cerirten Hernien in den Jahren von 1890 bis April 1898 in der
Hallenser Klinik gesammelt hat, und gestützt auf Thierexperimente
spricht v. B. sich für die Anlegung eines Anus praeternaturalis und
gegen die primäre Resektion und Anastomosenbildung in allen jenen
Fällen aus, in welchen eine langdauernde Incarceration (3—4 und
mehr Tage) zu schwereren anatomischen Veränderungen des zuführen-
den Darmrohrs geführt bat, die einmal in einer schweren Cirkula-
tionsstörung der stark gedehnten Darmwand (Infarcirung), sodann
aber in mehr oder weniger hochgradigen Störungen der motorischen
Funktion des Darmes bestehen, so dass auch nach Beseitigung der
Incarceration die Fortschaffung des angestauten Darminhaltes überaus
erschwert ist. Da aber eine möglichst schnelle Entleerung der stark
zersetzten infektiösen Darmcontenta dringend wünschenswerth ist,
um der durch die Resorption septischer Stoffe seitens der Darmwand
drohenden Intoxikation vorzubeugen, so verdient der Anlegung des
Anus praetern. der Vorzug vor der primären Resektion, weil durch
die letztere dem zuführenden Darmabschnitt eine größere Arbeits-
leistung zugemuthet und die Entleerung des Inhalts verlangsamt
wird. Dadurch wird aber nicht nur die septische Intoxikation, son-
dern auch das Auftreten jener lobulären Pneumonien begünstigt, an
welchen ein nicht geringer Procentsatz dieser Pat. zu Grunde geht,
und deren Entstehung keineswegs immer auf Aspiration erbrochener
Massen, sondern wohl in der Mehrzahl der Fälle auf kapilläre Em-
bolien von den Chylusgefäßen aus zu erklären sind. Endlich ist eine
möglichst schnelle Entleerung des zuführenden Darmrohrs aber auch
desshalb schon geboten, als nach den v. Mering’schen Unter-
suchungen die motorische Funktion des Magens von dem Füllungs-
grad des Dünndarms abhängig ist.
Von den 248 incarcerirten Hernien wurde wegen Darmgangrän
in 66 Fällen Anus praetern. angelegt. Davon starben 25, und zwar
21 in den ersten 2—3 Tagen an der bei der Operation bereits vor-
gefundenen Peritonitis oder an allgemeiner Sepsis, und 4 innerhalb
— 135 ——
der nächsten 7 Tage. Sekundär resecirt wurden 41 Fälle und ge-
heilt 36 = 87,8%. 5 Fälle endigten letal, und zwar 2 im Collaps
innerhalb 24 Stunden, 2 Fälle an Herzschwäche am 5. und 6. Tage
nach der Operation und 1 Fall von doppelseitiger Parotitis am
10. Tage nach vollständiger Heilung der Resektion. Primär resecirt
sind nur 2 Fälle, davon 1 Fall geheilt, 1 gestorben an Perforation,
die durch den Murphyknopf hervorgerufen war. Dieses ist der ein-
zige Fall, bei welchem nach Resektion Peritonitis eingetreten ist.
Endlich konnte in 14 Fällen der zunächst der Gangrän ver-
dächtige und vorgelagerte Darm nach einigen Tagen wieder reponirt
werden. (Selbstbericht.)
56) T. Walzberg (Minden). Der persistirende Ductus
omphalo-entericus als Ursache von Darmnekrose und Peri-
tonitis.
Der Dottergang (Ductus omphalo-entericus oder vitello-intestinalis)
verbindet in den ersten Wochen des fötalen Lebens die außerhalb
des Fötus gelegene Dotterblase mit der ersten Darmanlage. Sobald
die Allantois an das Chorion herangewachsen und der Placentar-
kreislauf hergestellt ist, verfällt der Dottergang der Rückbildung.
Die vordere Bauchwand des Embryo schließt sich, und dadurch zer-
fällt der Dottergang in einen außerfötalen Theil, der in den Nabel-
strang aufgeht, und einen innerfötalen, der normalerweise resorbirt
wird. In vereinzelten Fällen findet diese Resorption gar nicht oder
unvollständig statt, es handelt sich also um einen Hemmungsvorgang
in der fötalen Entwicklung.
Schon lange vor der Entwicklung der Bauchhöhlenchirurgie war
den Anatomen das Vorkommen von Divertikeln des Darmes be-
kannt, von wahren Ausstülpungen, die in dem anatomischen Bau
ihrer Wandung ganz dem des Darmes gläichen. Meckel fand, dass
diese Divertikel, wenn nicht sämmtlich, doch fast ausschließlich an
dem Endtheil des Dünndarmes ihren Sitz hatten, dass sie sich alle
etwa 30—40 cm oberhalb der Valvula Bauhini vorfanden, und er stellte
fest, dass diese Divertikel Reste des unvollständig zurückgebildeten
Ductus omphalo-entericus seien.
Im Laufe der Zeit mehrten sich nun die Beobachtungen. Die
Mehrzahl der Divertikel stellte handschuhfingerförmige, kegel-
förmige Ausstülpungen dar mit abgerundetem Gipfel. Ein
solches Divertikel von 6 cm Länge fand W. gelegentlich einer
Ovariotomie, die wegen akuter Stieldrehung bei kopfgroßer Cyste
und drohender Peritonitis mit günstigem Verlauf ausgeführt wurde.
W. zeigt ein Aquarell dieser Missbildung, das er nach einer Skizze
seines Operationsjournals ausführte. Bisweilen fand sich an diesem
Divertikel, das auch hin und wieder ein, wenn auch meist ver-
kümmertes, Gekröse führte, vom Gipfel ausgehend ein kürzerer
oder längerer Strang, dessen Ende frei zwischen den Därmen
gl
lag oder mit seinem Ende bald hier, bald dort verwachsen war. In
anderen Fällen stellte ein solcher Strang (der theilweise obliterirte
Dottergang) noch die Verbindung zwischen Nabel und Gipfel des
Divertikels her, während sich endlich vereinzelt auch ein völlig
durchgängiger Dottergang zwischen Nabel und Darm erhalten hatte,
bald mit offener Mündung im Nabel (Kothfistel), bald nach außen
geschlossen.
Ein persistirender Dottergang bildet für das Leben seines Trägers
eine dauernde, schwere Gefahr. W. behandelte im Laufe des letzten
Jahres 2 solcher Fälle, die leider beide mit bereits allgemeiner
Peritonitis zur Aufnahme in die Klinik kamen, und von denen der
eine wenige Tage nach der Operation, der andere am Schluss der
Operation starben.
Im 1. Falle (12jähriger Knabe) handelte es sich um ein finger-
förmiges Divertikel des Darmes, von dessen Kuppe ein solider Strang
zum Nabel führte. Im 2. Falle (23jähriger, bisher stets gesunder
Arbeiter) war nur ein ca. 2 cm langes Stück des Ganges hinter dem
Nabel obliterirt, eben so ein gleich langes Stück vom Darmansatz.
Zwischen beiden war ein 6 cm langes Stück offen und ampullen-
förmig erweitert, größter Durchmesser 3 cm. Während nun die frei
von der Kuppe des Divertikels ausgehenden strangförmigen Reste
des Dotterganges in mehreren anderweitig mitgetheilten Fällen durch
Umschlingung und Abschnürung von Darmtheilen zu wirklichem
Ileus geführt hatten, stellte W. fest, dass in den beiden von ihm
und seinem Kollegen, Dr. Happel, beobachteten und vermuthlich
in allen gleichen Fällen der Vorgang ein wesentlich abweichender
war. Durch den persistirenden Ductus einerseits, durch den mehr
quer verlaufenden Dünndarm und endlich das aufsteigende Colon
andererseits wird eine 3seitige Pforte gebildet, in die sich Dünn-
darmschlingen von vorn (vielleicht auch von hinten) hineinschieben
können. Bei der Weite der Pforte ist anzunehmen, dass dieser Vor-
gang sich öfters vollzieht und ohne Nachtheil bleibt, weil die
Schlingen sich leicht wieder herausziehen können, ähnlich wie bei
jedem Bruchsack mit weiter Pforte. Unter ungünstigen Bedingungen
aber (katarrhalische Darmstörungen, Anhäufung schwer verdaulicher,
kompakter Massen) bleibt der Darm hinter der Pforte liegen, zieht
nun auch weitere Theile des Dünndarmes nach sich und ist nun über
der durch Dottergang und Dünndarm gebildeten Brücke auf-
gehängt, er lastet auf dieser Brücke. Dadurch entsteht an der
Stelle, wo der wenig elastische Dottergang sich am Darm inserirt,
eine starke Zerrung, und rasch entwickelt sich hier eine um-
schriebene Nekrose des Dünndarmes (W. demonstrirt an Ab-
bildungen den typischen Sitz und die in seinen Fällen etwa zehn-
pfennigstückgroße Nekrose). Rasch kommt es nun von hier aus
zur tödlichen Peritonitis.
Der klinische Verlauf spricht beweisend für diese Art des Vor-
ganges, besonders in dem 1. Falle. Der Knabe erkrankte mit Er-
— 137 `
brechen, heftigen Schmerzen in der rechten Seite etc., Erscheinungen,
wie wir sie bei jeder Appendicitis beobachten. Kotherbrechen
trat erst am 5. Tage der Erkrankung auf; die jetzt sofort gemachte
Laporotomie vermochte nicht mehr zu retten. lm 2. Falle, der
äußerst akut verlief (der Kranke starb 48 Stunden nach Eintritt der
ersten Erscheinungen) wurde Kotherbrechen überhaupt nicht be-
obachtet.
Es handelt sich also in diesen Fällen primär um eine um-
schriebene Darmnekrose, die zu allgemeiner Peritonitis und dem
tödlichen Ausgang führt. Eigentliche Stenosesymptome fehlen An-
fangs oder überhaupt. Treten sie endlich ein, so gehen sie nicht
von den in die beschriebene Pforte eingelagerten Darmschlingen aus,
sondern von dem beschwerten Stück des Dünndarmes, der durch den
Dottergang unnachgiebig aufgehängt ist und nun durch die sich
mehr und mehr blähenden aufgelagerten Darmschlingen komprimirt
wird. Dies sind die Momente, die im Anfang eine genaue Diagnose
so sehr erschweren, während sonst eine entsprechende Behandlung
(Übernähung resp. Excision des nekrotisehen Stückchens, selbst-
verständlich mit Entfernung des Ductus) begründete Aussicht auf
einen guten Erfolg böte. (Selbatbericht.)
57) v. Stubenrauch (München). Demonstration eines Prä-
parats von Invaginatio ilei in Folge Umstülpung eines
Meckel’schen Divertikels.
Redner legt ein Präparat von Invagination des Ileum vor. Das-
selbe stammt von einem 5!/,jährigen Mädchen, welches er vor
3 Jahren operirt hat. Das betreffende Kind war akut mit heftigen
Koliken und Stuhldrang erkrankt und konnte vom Beginne seiner
Erkrankung bis zu seinem am 5. Krankheitstage erfolgten Tode
selbst auf wiederholte Einläufe nur blutigen, leicht kothig gefärbten
Schleim entleeren. Am zweiten Krankheitstage trat nach reichlicher
Aufnahme von Flüssigkeit Erbrechen auf, welches alsbald wieder
sistirte; eben so am 4. Tage. Am Abend des 5. Krankheitstages wurde
das Kind in collabirtem Zustande auf die chirurgische Station der
kgl. Universitätspoliklinik gebracht. Zu dieser Zeit war das Ab-
domen mäßig aufgetrieben, druckempfindlich, ein in der Mittellinie
unterhalb des Nabels gelegener Bezirk desselben von etwa Hand-
tellergröße deutlich hervorgewölbt; daselbst ließ sich auch im Bauch-
raume ein hartes unverschiebliches wurstförmiges Gebilde fühlen,
dessen längerer Durchmesser in der Vereinigungslinie beider Spinae
iliac. ant. sup. zu liegen schien. Die Rectalexploration ergab keinen
nennenswerthen Befund. Bei der sofort ausgeführten Laparotomie
fand sich eine Intussusception des Ileum. Der Invaginationshals,
welcher 10 cm vor der Ileocoecalklappe gelegen und gangränös
war, riss bei dem Versuche der Desinvagination ein. Die sofort an-
— 138 ——
geschlossene cirkuläre Resektion und Naht des Darmes musste rasch
ausgeführt werden, da der Collaps trotz reichlicher subkutaner Gaben
von Äther und Kampher immer bedrohlicher wurde. Das Kind starb
2 Stunden post operationem im Collaps.
Das excidirte Darmstück, welches Redner vorlegt, zeigt eine
einfache (aufsteigende) Invagination des Ileum. Das Intussuscipiens
ist auf der konvexen (dem Mesenterialansatz gegenüberliegenden)
Seite aufgeschnitten und zurückgeklappt. Das Intussusceptum, völlig
gangränös, erscheint in Folge enormer Spannung des Mesenteriums
hochgradig verdreht. Das centrale Lumen des Intussusceptum be-
findet sich etwas seitlich von der Spitze desselben. Klappt man die
Ränder des der Länge nach eröffneten Intussusceptum derart aus
einander, dass die serösen Wände desselben sichtbar werden, so sieht
man nahe am Invaginationshalse auf der dem Zwerchfell zugekehrten
serösen Wand des eintretenden Darmrohrs einen muttermundähn-
lichen Wulst, welcher die Basis eines ca. 5!/, cm langen ins Darm-
lumen umgestülpten Meckel’schen Divertikels darstellt. Dieses
Divertikel, welches am vorliegenden Präparate eröffnet ist, zeigt eine
besondere Eigenthümlichkeit, nämlich eine seinem freien Endtheil
aufsitzende Appendix, die, wie die mikroskopische Untersuchung er-
giebt, aus Fettgewebe und Peritoneum besteht. Die Wand des
Divertikels, histologisch untersucht, bietet alle Charaktere der Darm-
wandstruktur.
Allem Anschein nach stellt im vorliegenden Falle die Ein-
stülpung des Divertikels ins Darmlumen das Primäre des Invagi-
nationsprocesses dar, und sind Fälle, in welchen Umstülpungen des
Darmanhanges zu Darmverschluss führten, bereits beobachtet worden.
Herr Küttner hat im Vorjahre im Langenbeckhause ein derartiges
Präparat demonstrirt. Aber nur in einem Falle ist von Studs-
gaard beobachtet, dass die Invagination des Meckel’schen Diver-
tikels, von Invagination eines ganzen Darmstücks gefolgt, zu Darm-
verschluss führte. (Selbstbericht.)
Diskussion: Sprengel (Braunschweig) operirte einen Sjährigen
Knaben mit Symptomen einer Perityphlitis. Bei der Operation fand
er ein ausgedehntes Meckel’sches Divertikel, das von einer Dick-
darmschlinge gefangen war. Der Processus vermiformis war ganz
gesund. Es bestand partielle Gangrän an der Basis des Divertikels.
Pat. starb am Tage der Operation. Jaffé (Hamburg).
Riedinger (Würzburg): Redner legt das Präparat einer seltenen
Form des Meckel’schen Divertikels vor, das bekanntlich eine Hem-
mungsbildung des Ductus omphalo-mesentericus darstellt und ver-
schiedene Grade aufweisen kann. In der Regel stellt es eine klei-
nere, mehr oder weniger weite Ausstülpung des Darmes dar. Im
vorgelegten Präparat geht das Divertikel aber bis zum Nabel, ist
ziemlich weit und mündet 6 cm oberhalb des Blinddarmes.
— 139 —
T. N. Kelynack! hat gefunden, dass die Anomalie unter 1446
Leichen 18mal vorhanden war. Beim männlichen Geschlecht ist
sie häufiger als beim weiblichen (11 : 7). Die größte Länge betrug
6'/, Zoll, der Durchmesser 1!/, Zoll. Der Inhalt war meist Luft
oder etwas Koth. In keinem Falle setzte sich das Lumen wie im
vorgelegten bis zum Nabel fort. Die Entfernung von der Ileocoecal-
klappe betrug im Allgemeinen 15—501/, Zoll.
Kelynack hält das Divertikel für ganz ungefährlich.
So unschuldig ist nun aber die Sache doch nicht. Abgesehen
von den Unannehmlichkeiten des Darmprolapses, auf den Körte,
Barth, Karewski u. A. aufmerksam gemacht haben, so wie der
Entzündung, die eine Appendicitis vortäuschen kann — Picqué
und Guillemont — besteht noch die Gefahr der Abschnürung von
Darmtheilen. Das vorliegende Präparat stammt von einem jungen
Manne, der unter den Erscheinungen des Darmverschlusses zu
Grunde gegangen ist. Bei der Obduktion fand sich, dass durch das
straff angespannte Divertikel ein großes Stück Dünndarm und eine
kleinere Portion Dickdarm zwischen ihm und der Bauchwand ab-
geschnürt war. (Selbstbericht.)
58) v. Bramann (Halle a) Prognose der Darmresektion
wegen Carcinom.
Von insgesammt 32 Fällen von Carcinom des Colon, welche
v. B. in der Hallenser chirurgischen Klinik seit 1890 zu beobachten
Gelegenheit hatte, wurden 14 operirt. Außer einem Falle, in
welchem ein Scirrhus des Colon descendens vorlag, handelte es sich
ausnahmslos um sehr große, weit ausgebreitete Tumoren, in 5 Fällen
bestand Ileus. 6 Fälle starben in den ersten Tagen nach der Ope-
ration theils an Collaps, theils an den Folgen des Ileus; in keinem
Falle ist Peritonitis beobachtet. 8 Fälle wurden geheilt. Von
diesen ist eine Pat. ein Jahr nach der Operation an Metastasen ge-
storben, die übrigen 7 Fälle aber leben und sind recidivfrei. In
einem Falle sind seit der Operation bereits über 6 Jahre verflossen,
bei 2 Fällen 4 Jahre, in einem Falle 3, in zwei 2 und in einem
Falle 1 Jahr. Von den vorgestellten Operirten beansprucht ein be-
sonderes Interesse der Pat., bei welchem es sich um einen sebr
leicht beweglichen Tumor von Faustgröße handelte, der entweder
dem Netz oder einer sehr beweglichen Darmschlinge anzugehören
schien und sich durch excessive Schmerzhaftigkeit und Temperatur-
steigerung auszeichnete. Der weichelastische Tumor präsentirte sich
nach der Operation als ein Darmsarkom, das in seinem Inneren
erweicht war, und in welches vom Darm aus ein ca. 6 cm langer
Zweig von Majorankraut hineinragte. Der Fremdkörper war wohl
1 Centralblatt für Chirurgie 1898. No. 14. (Resp. Brit. med. journ. 1897.
August 21.) 2
— 140 ——
die Ursache des rapiden Wachsthums der Geschwulst und der Schmerz-
haftigkeit. (Selbstbericht.)
59) Graser (Erlangen). Entzündliche Stenose des Dickdarmes,
bedingt durch Perforation multipler falscher Divertikel.
Das Gebiet der entzündlichen Stenosen des Darmes ist noch
in vieler Hinsicht einer weiteren Ausarbeitung bedürftig. Verhältnis-
mäßig einfach ist die Sachlage in denjenigen Fällen, bei welchen aus-
gedehnte Geschwüre vorhanden sind. Es giebt aber auch Fälle, bei
welchen hochgradige Verengerungen hauptsächlich durch derbe In-
filtration der Submucosa und Muscularis entstehen, während
die Schleimhaut nur ganz geringfügige Veränderungen aufweist. Die
Mehrzahl dieser Fälle gehört ja in das Gebiet der specifischen Ent-
zündungen (Syphilis, Tuberkulose, Gonorrhoe, Dysenterie), über deren
Antheil aber auch die Meinungen noch weit aus einander gehen.
Der Vortr. demonstrirt ein Präparat, welches ein reines Beispiel
einer durch entzündliche Infiltration und Schrumpfung entstandenen
Stenose an dem Übergang der Flexura sigmoidea in den Mastdarm
ist, also an einer Stelle, die mit unseren heutigen Operationsmethoden
der Exstirpation wohl zugänglich gewesen wäre. Die Flexura sigm.
ist enorm ausgedehnt. Die Erweiterung erstreckt sich aber bis in
den unteren Theil des Deums An dem Übergang in das Rectum
ist eine hochgradige Verengerung, an welcher der Umfang nur 31/, cm
beträgt, darunter das Rectum von normaler Weite. An der ver-
engten Stelle, welche einen 5 cm langen Theil des Darmes einnimmt,
befindet sich eine kolossale Verdickung der Darmwand bis zu 4 cm.
An den vorderen Theil der Verengerung ist der Fundus der Harn-
blase durch dicke Adhäsionen festgeheftet, aber nur an umschriebener
Stelle. Unter dieser senkt sich die offene Excavatio recto-vesicalis
noch 7 cm weiter herab.
Der nächstliegende Gedanke war natürlich, dass diese kolossale
Verdickung der Darmwand durch ein Carcinom bedingt sei. Aber
die Schleimhaut erschien an dem aufgeschnittenen Darm vollkommen
normal. Beim näheren Untersuchen fand sich auf der Schnittfläche
eine kleine Zerfallshöhle, von der aus man mit der Sonde in das
Darmlumen gelangen konnte; aber die Einmündung in das Darm-
rohr zeigte ebenfalls eine intakte Schleimhautumkleidung. Die Ein-
mündung geschah in einer tief eingesenkten, trichterförmigen Bucht.
Diese Bucht lag hinter den auffallend hohen, dicht an einander ge-
drängten Schleimhautfalten vollständig verborgen. Die hoch auf-
gerichteten Schleimhautfalten sind zweifellos durch Zusammendrängen
der Plicae sigmoideae entstanden. Als man nun diese Schleimhaut-
falten weiter aus einander zog, fand sich zur nicht geringen Über-
raschung eine ganze Menge weiterer Einsenkungen, die zum Theil
2 cm tief nach der verdickten Darmwand in die Tiefe vordrangen.
Im Bereich der 5 cm langen Stenose zählten wir 35 derartige Ein-
— 141 —
senkungen der Schleimhaut (Diverticula spuria). Bei den meisten
derselben reichte ein intakter Schleimhautüberzug bis auf den Grund
der Einsenkungen und enthielt einen zähen, glasigen Schleim. Ein-
zelne dieser Buchten aber waren am Grund perforirt und standen
im Zusammenhang mit der oben beschriebenen Zerfallshöhle, welche
aus mehreren kleinen Hohlräumen sich zusammensetzte. Die mikro-
skopische Untersuchung ergab, dass die Divertikel die Ringschicht
der Muscularis durchbrachen, indem sie die Fasern aus einander
drängten, während von der Längsmuskulatur ein verdünnter Überzug
noch über das Divertikel hinwegzog.
An der Stelle der Perforation fand sich eine hochgradige klein-
zellige Infiltration, in der auch einige Partikel von Darminhalt nach-
gewiesen werden konnten.
Zur Erklärung dieses eigenthümlichen Befundes konnte man ja
annehmen, dass es sich um Traktionsdivertikel handle, welche durch
eine auf andere Weise entstandene Entzündung und narbige Schrum-
pfung der Darmwand entstanden wären. Es fanden sich aber auch
zahlreiche Divertikel im Bereich des erweiterten Darmtheils. Diese
mochten nun durch Pulsion in Folge der hochgradigen Stauung des
Darminhalts erklärt werden. Beides wurde aber hinfällig, als man
bei genauer Musterung auch unterhalb der Darmstenose in dem nor-
malen Theil des Rectums noch eine ganze Anzahl solcher Divertikel
nachweisen konnte. Diese konnten weder durch narbige Schrumpfung,
noch auch durch den Druck des gestauten Darminhalts erklärt wer-
den. So bleibt denn nur übrig, anzunehmen, dass es sich entweder
um eine angeborene Missbildung oder aber um eine schon vor Ent-
stehung der Darmstenoge zu Stande gekommene Ausbildung viel-
facher Darmdivertikel handelte.
Der Pat., von welchem das interessante Präparat stammt, hatte
etwa 1'/, Jahr vorher eine schwere, länger dauernde, mit Fieber und
Schmerzen im Abdomen verbundene Krankheit durchgemacht, die
nicht aufgeklärt wurde. Seit jener Zeit litt er immer an aufgetrie-
benem Leib und diarrhoischen Stühlen, mit denen niemals Abgang
von Gasen verbunden war. Die oberhalb der Stenose angestauten
Massen betrugen etwa 15 Liter. Trotzdem war es niemals zum Er-
brechen gekommen (ein interessanter Beleg dafür, welch kolossale
Ansammlungen in den unteren Theilen des Darmes vertragen werden,
wenn es sich um einen einfachen »glatten« Darmverschluss handelt.)
Ein glücklicher Zufall gab dem Vortr. Gelegenheit, seine Unter-
suchungen über die multiplen falschen Divertikel des Dickdarmes
noch zu erweitern, indem ziemlich gleichzeitig in der Erlanger Irren-
anstalt bei einer älteren Pat., die seit langer Zeit bettlägerig war
und immer mit hartnäckiger Verstopfung zu kämpfen hatte, eine
große Anzahl von falschen Divertikeln des Dickdarmes gefunden
wurde. Über diese ist ja eine ziemlich reiche Litteratur vorhanden.
Man fasst sie übereinstimmend als Pulsionsdivertikel auf; sie bestehen
— 11 —
nur aus einer Ausstülpung der Schleimhaut durch Lücken der Mus-
cularis.
Die noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen zeigten, dass
in der Umgebung der Schleimhautdivertikel immer größere Gefäße
lagen, und es scheint, dass der Durchtritt von größeren Gefäßen
durch die Ringsmuskulatur, welcher an manchen Stellen eine voll-
ständige Lücke in der Muskulatur entstehen lässt, eine größere Nach-
giebigkeit der Darmwand zur Folge hat. Wenn nun eine stär-
kere Kothstauung und Gasauftreibung des Darmes entsteht, so
bildet sich an diesen schwächeren Stellen zunächst eine mulden-
förmige Vertiefung der Darmwand aus, in welcher dann Koth ab-
gelagert wird. Das langdauernde Verweilen von verhärtetem Koth
in diesen Stellen wird dann die Erweiterung allmählich noch ver-
größern.
Auffallend bleibt für diese Auffassung nur, dass die Schleim-
haut in diesen Ausbuchtungen durchaus nicht atrophisch ist, wie
man sie sonst bei langdauernder Kompression am Darminnern beob-
achtet. Der Druck muss also sehr allmählich wirken, so dass es
nicht zu einer Pressung der Schleimhaut kommt.
In wie weit nun die die Muskulatur durchsetzenden Gefäßkanäle
eine normale anatomische Einrichtung sind, oder bei diesen Personen
eigenartige abnorme Verhältnisse vorliegen, muss erst durch weitere
Untersuchungen festgestellt werden. (Selbstbericht.)
60) W. Zoege von Manteuffel (Dorpat). Über die Achsen-
drehungen des Coecum.
Eine Achsendrehung des Coecum kann nur zu Stande kommen
bei bedeutendem Mesenterium commune ileo-coeci. Dieses prä-
disponirende Moment ist nicht so selten, als man nach der Zahl (20)
der bisher beschriebenen Achsendrehungen vermuthen sollte, da auch
ein Theil der Invaginationen nur bei freiem Mesenterium zu Stande
kommen kann. Wir unterscheiden 2 Formen von Achsendrehungen.
1) Drehung um die Darmachse, 2) Drehung um die Mesenterialachse.
Zwischen diesen Formen kann es Ubergänge geben. — Die Drehung
um die Darmachse kommt da zu Stande, wo der freie Darm in den
befestigten übergeht, überschreitet meist 90° nicht erheblich, erreicht
höchstens 180° und kann bei häufigen Recidiven an der Drehungs-
stelle zu narbiger Stenose führen. Die Drehung um die Mesenterial-
achse kann schon bei 150° zu Stande kommen. Redner fand einmal
270°, Andere noch mehr. — Die Richtung der Drehung ist aus den
bisher beschriebenen Fällen nicht zu ersehen; in den vom Redner
beobachteten 4 Fällen fand sich stets Volvulus in rechts gewundener
Spirale. Die Drehung entstand in 2 dieser Fälle durch gewaltsames
(passives oder aktives) Überstrecken des Rumpfes und nachfolgende
Anspannung der Bauchmuskulatur. Diese traumatische Enstehungs-
— 143 —
weise wird verständlich, wenn man bedenkt, dass der abnorm beweg-
liche Blinddarm, der durch stauende Ingesta beschwert ist, die er ja
auch normaliter enthält, bei jener Bewegung leichter als die übrigen
Därme vermöge seiner Schwere hinaufgeschleudert werden kann, wie
z. B. auch das Netz durch Traumen über die Leber verlagert werden
kann. Das Coecum kann an seinen Platz nicht zurückkehren, weil
es sich unter dem Rippenbogen oder an anderer Stelle durch Blähung
festkeilt, und weil sein Platz durch Dünndarm eingenommen wird.
Einmal war der Dünndarm über die Wurzel der Ileocoecalschlinge
hinweggefallen. Die Symptome sind die allgemeinen des Ileus.
Lokal hat man auf das Wahl’sche Symptom zu achten. Die
Diagnose ist bisher nie gestellt worden, weil das Coecum für S-Flexur,
für Colon transversum gehalten wurde. Gegen den ersten Irrthum
muss die Möglichkeit, Klysmata zu appliciren, schützen; gegen den
zweiten — die Verwechslung mit dem Colon transversum, die Rich-
tung der Peristaltik, wo sie vorhanden ist und in Folge dünner
Bauchdecken gesehen werden kann, jedenfalls also nur bei
Drehung um die Darmachse.
Die topographische Diagnose der Coecaldrehung ist, wie an
einem Beispiel demonstrirt wird, sehr schwer und wurde stets ver-
fehlt. Wohl aber wird es nach v. Wahl möglich sein, die Diagnose
der pathologischen Veränderung der Darmwand zu stellen, d. h. zu
sagen, ob es sich um Obturationsileus (Drehung um die Darm-
achse) oder Strangulationsileus (Drehung um die Mesenterial-
achse) handelt, je nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Peri-
staltik in der geblähten Schlinge.
Dieses Symptom (v. Wahl, Zoege, Kader) kann fehlen, wenn
viel Dünndarm oder der ganze Dünndarm betheiligt ist (Samson).
Die nicht operirten (13) Fälle sind alle gestorben. 1 Kranker
wurde enterostomirt und starb. 5 wurden laparotomirt, davon starben
2, genasen 3.
Redner operirte 4 Fälle, von denen 3 genasen. Er führte (mal
Laparotomie und nachfolgende Enterostomie aus; Pat. starb.
In 2 Fällen wurde der gangränöse Darm resecirt; beide genasen.
Im letzten Falle wurde reponirt, und genas Pat. ebenfalls. Es kommen
also nur noch in Frage Reposition, wenn der Darm bei offener
Bauchhöhle wieder gut funktionirt, und Resektion bei Gangrän,
und wenn der Darm nicht mehr die Stenose zu überwinden, seine
Funktion zu übernehmen im Stande ist, auch wenn er nicht gan-
gränös ist, weil von dem mit septischen Stoffen gefüllten Sack im
Leibe sonst üble Folgen zu erwarten sind.
Redner bespricht zum Schluss die Technik und die aus dem
Vorhergehenden sich ergebende Indikationsstellung.
(Selbstbericht.)
— 14 ——
61) H. Haeckel (Stettin). Über Volvulus des S romanum.
Eine 45jährige Dame, welche schon vor einigen Jahren fast
1 Woche an schwerer Stuhlverhaltung gelitten hatte, kam in His
Behandlung, weil seit 5 Tagen kein Stuhl und keine Flatus abge-
gangen waren; der Leib war stark aufgetrieben, aber ohne jede Peri-
staltik der Därme. Da Erbrechen völlig fehlte, das Allgemeinbefinden
ungestört war, so wartete H. um so mehr ab, als er eine bestimmte
Diagnose nicht stellen konnte. Erst als nach 2 Tagen, also 7 Tage
nach Beginn der Erkrankung, Temperatur und Puls in die Höhe
gingen, schritt er zur Operation. Als wahrscheinlich nahm er Vol-
vulus der Flexura sigmoidea an und machte desshalb einen Schnitt
oberhalb des linken Paupart’schen Bandes zum künstlichen After,
legte aber den Schnitt gleich so groß an, dass er mit der ganzen
Hand eingehen konnte, um sich über die Verhältnisse des S roma-
num zu orientiren. Fand sich da nichts, so wollte H. sich mit dem
künstlichen After begnügen. Nach Eröffnung des Bauches flossen
große Mengen stinkender, trüber Flüssigkeit ab. Mühsam drang die
Hand bei den prall gespannten Därmen vor, fühlte der vorderen
Bauchwand anliegend zwei enorm gedehnte, senkrecht von oben nach
unten verlaufende Darmschlingen, die plötzlich am Promontorium in
einen nabelschnurartig gedrehten Strang endigten. Es handelte sich
in der That also um Volvulus der Flexur. Desshalb Schluss der
Bauchwunde und breite Eröffnung des Leibes in der Mitte.. Die
Flexur war enorm gebläht, reichte bis zur Leber; da die Serosa
mehrfache Einrisse aufwies, und weite Strecken der Schlinge gangrä-
nöse Verfärbung zeigten, so schien jede Manipulation bedenklich;
die Schlinge hätte platzen können. Desshalb entleerte H. erst den
Inhalt durch einen Schnitt und führte nun die Detorsion aus. Die
Fußpunkte waren 2mal um 360° gedreht und in ausgedehntester
Weise gangränös. H. resecirte die Schlinge und nähte den gesunden
Querschnitt des Colon descendens in die Bauchwunde ein, nachdem
er sie verkleinert hatte. Nach unten zu aber konnte er gesunden
Darm nicht bekommen, da die Gangrän weit in das Becken hinab-
reichte. Redner ließ so viel gangränösen Darm am Rectum stehen,
dass er ihn zur Wunde herausleiten konnte und schob Jodoformgaze-
platten rings herum bis auf den Beckenboden in die Tiefe, so dass
ein Gazetrichter den gangränösen Darm vollständig von der übrigen
Bauchhöhle ausschaltete.e Nach 12 Tagen hatte sich der Darm de-
markirt und konnte herausgezogen werden. Nach 2 Monaten Heilung.
Das Colon mündet in der Bauchnarbe; vom Anus aus dringt der
Finger 10 cm weit in die Höhe und findet hier das Rectum blind
endigend.
Wichtig ist die Beobachtung wegen der weitgehenden Gangrän
des Darmes, die zu Stande kam durch extremes Heraufzerren des
Rectums in Folge der starken Torsion der Schlinge. Eine cirkuläre
Darmnaht ist unmöglich; Einstülpen des unteren Endes und Ver-
— 145 —
nähen ist auch nicht angängig, weil man in der Tiefe des Beckens
nicht exakt Trennung des Gangränösen vom Gesunden vornehmen
kann; aus demselben Grunde, und weil der restirende gesunde Darm-
theil nicht lang genug, kann man das untere Ende auch nicht in
die Bauchwunde einnähen. Es bleibt also nichts übrig, als die De-
markation des Gangränösen der Natur zu überlassen. Zugleich be-
weist der Fall auf das glänzendste die Leistungsfähigkeit der Tam-
ponade.
Die operative Behandlung hat die Prognose des Volvulus der
Flexur in ungeahnter Weise gebessert. Noch 1882 konnte Li&bault
in seiner Thöse de Paris keinen einzigen geheilten Fall aufführen.
1892 konstatirte Braun, dass von 31 operirten Fällen 7, d. h. 22,6%,
geheilt wurden. Redner fand, dass seit dem Abschluss der Braun-
schen Statistik 54 neue operativ behandelte Fälle publicirt wurden,
und von diesen heilten 33, d. h. 61,1%. Es scheint danach, dass
von allen Formen der inneren Einklemmung der Volvulus des S ro-
manum wohl die besten Aussichten für unser operatives Einschreiten
darbietet. {Selbstbericht.)
Diskussion zu 60 und 61: Kader (Breslau) weist darauf hin, dass
die Symptomatologie der inneren Einklemmung große Ähnlichkeit
aufweise mit derjenigen der Embolie der Mesenterialarterien.
Auf die Behandlung des Volvulus übergehend, bemerkt er, dass
die Fixation der detorquirten Schlinge in richtiger Lage durch Naht
die besten Resultate gebe.
Zoege v. Manteuffel kommt auf die Bemerkung Riedel’s zu-
rück, nach welcher die spontane Detorsion eines Volvulus eine sehr
seltene Erscheinung wäre, während es sich in der Regel in den so
gedeuteten Fällen einfach um Knickung des unteren Schenkels des
S romanum handle, ohne Volvulus und demnach auch ohne spontane
Detorsion. v. M. bemerkt hierzu, dass er in einem seiner Fälle die
Detorsion durch die Bauchdecken hindurch habe beobachten können,
und dass das Phänomen so deutlich gewesen sei, dass an eine Ver-
wechslung mit einer einfachen Entleerung einer einfachen Darm-
schlinge durch Peristaltik nicht gedacht werden konnte.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
62) v. Fedoroff (Moskau). Über die Rectoskopie und einige
kleinere Operationen im Rectum.
Die Rectoskopie, welche vom Verf. im Jahre 1896 als eine
specielle Methode für die Rectaluntersuchung selbständig ausge-
bildet wurde, beruht auf der Möglichkeit, die höchsten Partien der
Rectalschleimhaut und eines Theiles der Flexura sigmoidea mittels
ins Rectum eingeschobener, bis 40 cm langer Tuben dem Auge zu-
gänglich zu machen. Die Rectoskope nach dem Verf. bestehen
aus Metallröhren verschiedener Länge und Breite mit Obturator. Die
Chirurgen-Kongress 1898. 10
e CT
Beleuchtung wird mit dem Casper’schen Panelektroskop vorge-
nommen. Die Zwischenstücke zu den Rectoskopen sind derart
konstruirt, dass sie ein bequemes Austupfen und Ausspülen des
Cavum recti, ohne die Besichtigung oder die Operation zu unter-
brechen, gestatten. Zu kleineren Operationen im Rectum werden
lange galvanokaustische Schlingen und besonders konstruirte Zangen
benutzt, die zerlegbar sind und dadurch auch als scharfe Löffel
dienen können.
Verf. berichtet über Fälle, wo er Polypen bis Pflaumengröße aus
dem Rectum, in verschiedener Entfernung vom Orificium ani und klei-
nere aus der Flexur mittels dieser Instrumente entfernen konnte. Auch
wurden Partikelchen von Geschwüren und Geschwülsten von der
Schleimhaut, 25—30 cm über dem After, mit Hilfe der Rectoskope
Behufs mikroskopischer Diagnose entfernt.
In einem Falle konnte ein tuberkulöses (?) Geschwür auf einer
Höhe von 15 cm mittels des Rectoskops nachgewiesen, ausgelöffelt,
und mehrere Male mit Jodoformpulver bezw. Argent. nitric. in Sub-
stanz geätzt werden.
Verf. empfiehlt die Rectoskopie als eine sehr bequeme Unter-
suchungsmethode nicht nur für die oberen, sondern auch für die
unteren Partien des unteren Theiles des Mastdarmes, weil die Be-
sichtigung dabei vollkommener und für den Kranken weniger
unangenehm geschehen kann als bei Benutzung andersartiger Specula.
Das Operiren in den höheren Partien des Rectums und der
Flexur, wenn es nicht zu eingreifende Operationen sein müssen, ist
bis jetzt nur mit Hilfe der Rectoskope möglich. (Selbstbericht.)
63) Prutz (Königsberg (fr). Zur Operation des Mast-
darmkrebses.
Bei einem Theil der Fälle von Drehung des Mastdarm-
stumpfes nach Gersuny zum Ersatz des Sphincter ani, über die im
vorigen Jahr berichtet wurde, hat die Wirkung des Eingriffs nur
einige Monate angehalten. Bei einem Falle von Drehung und In-
vagination fiel bei einer Recidivoperation der Sphincter ani fort,
ohne dass die vollkommene Kontinenz litt. Auch bei nicht dauernder
Wirkung ist das Verfahren beizubehalten, da es relative Kontinenz
schafft, bis die Kranken durch Regelung der Lebensweise sich ihrem
neuen Zustand anpassen.
Die neuerdings wieder von Gussenbauer empfohlene tem-
poräre Kreuzbeinresektion, die von Gussenbauer nur in Ver-
bindung mit der Amputation oder totalen Exstirpation geübt wird, hatsich
auch für die Resektion mit Cirkulärnaht bewährt. Vielleicht be-
günstigtsie gerade das Halten der Naht, da ein Widerstand gegen den an-
dringenden Darminhalt geschaffen und die Möglichkeit gegeben wird,
— 141 —
dass auch hinten das Rectum mit einer Wundfläche verklebt. In
3 Fällen von Rücklagerung der Kreuzbeinflügel über eine Cirkulär-
naht heilte diese 2mal primär, imal entstand hinten eine Fistel,
die sich spontan schloss, wobei die Kreuzbeinstücke an ihre alte Stelle
rückten.
Die Frage des Herrn König, ob unter Kontinenz auch aélche
für flüssigen Koth verstanden werde, wird dahin beantwortet, dass
das nicht der Fall und auch stets zugegeben worden sei.
(Selbstbericht.)
Diskussion: Hochenegg (Wien) bemerkt, dass er bei seinen
104 Mastdarmresektionen nie die temporäre Kreuzbeinresektion ge-
macht, sondern stets das resecirte Stück entfernt habe, ohne je von
diesem Vorgehen Nachtheile zu sehen. Insbesondere sei ihm nie die
Bildung einer Sacralhernie vorgekommen. Was die Torsion des Mast-
darmes nach Gersuny betreffe, so habe er sie verlassen, seitdem er
eine, allerdings auf übertriebene Drehung zurückzuführende Gangrän
des Mastdarmendes erlebt habe. Er begnügt sich jetzt damit, das
Mastdarmende mit winkliger Knickung in den oberen Wundwinkel
einzunähen. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
64) W. Müller (Aachen) demonstrirt ein Präparat — makro-
und mikroskopisch —, das durch Operation bei einer ca. 40jährigen
Pat. gewonnen wurde. Es stellt eine zwischen beiden Blättern
des Mesenterium coeci und des Mesenteriolum des Processus
vermiformis gewachsene, frisch 2mannsfaustgroße Cyste
dar, die sich unschwer enukleiren ließ. Das Besondere des Falles
liegt einmal in dem ungewöhnlichen Sitz — fast alle beobachteten
Mesenterialcysten gehörten dem Gebiete des Dünndarms an —, sodann
in einer, vielleicht durch die Cyste bedingten, gleichzeitigen Appen-
dieitis mit beginnender Konkrementbildung.
Ferner erwies sich die Cyste im Gegensatz der bei Weitem
größten Zahl der beobachteten Mesenterialcysten (die epithellos ge-
funden wurden) ausgekleidet mit einem deutlichen einschichtigen
Cylinderepithel, das streckenweise auch mehr den Charakter des ab-
geplatteten kubischen Epithels trägt. Da auch die ungleich dicke
Wandung der Cyste eine Schichtung und Andeutung von Muscularis
zeigt, so muss es sich wohl um eine kongenital angelegte, ab-
geschnürte Darmpartie handeln. Der Fall verlief glatt.
(Selbstbericht.)
65) H. Haeckel (Stettin). Über Mesenterialeysten; mit
Demonstration.
Ein 4jähriger Knabe wurde H. zugeschickt mit der Diagnose
tuberkulöse Peritonitis. Der Bauch enorm gedehnt; Punktion ergab
dünnen Eiter. Bei der Laparotomie zeigte es sich, dass es sich nicht
10*
— 148 —
um einen freien Erguss in die Bauchhöhle handelte, sondern um
mehrere dicht an einander liegende Cysten im Mesenterium des
Dünndarmes, deren größte 3250 ccm genannter Flüssigkeit enthielt.
Eine Ausschälung der Cysten aus den Blättern des Mesenteriums
ohne Resektion einer ausgedehnten Darmstrecke war unmöglich, da
der Darm innigst den Cysten ausgebreitet auflag, der elende Zu-
stand des Kranken momentan aber eine so ausgedehnte Operation
nicht zuließ. H. nähte also die zwei größten Cysten in die Bauch-
wunde ein und drainirte sie. In den nächsten Wochen wurde der
Knabe immer schwächer, so dass die radikale Operation nicht aus-
geführt werden konnte; 5 Wochen nach Eröffnung der Cysten erfolgte
der Tod. Bei der Autopsie, welche sich nur auf die Bauchhöhle
erstrecken durfte, fand sich keine Peritonitis, kein Zeichen von
Tuberkulose. Die beiden eröffneten Cysten eingerechnet fanden sich
5 Cysten im Mesenterium; je kleiner, desto eingedickter der Inhalt,
so dass die kleinste, haselnussgroße, einen dermoidähnlichen Kitt
enthielt. Prof. Grawitz in Greifswald, welcher die Cysten freund-
lichst untersuchte, fand weder Schleimhaut noch Endothel in der
Wand der Cysten und hält dieselben für abgekapselte und mehr oder
minder eingedickte Eiterherde.
Der Fall verdient Interesse, weil in der chirurgischen Litteratur
sonst nur noch ein einziger Fall von multiplen Cysten im Mesen-
terium, von Tuffier, bekannt ist. (Selbstbericht.)
66) W. Petersen (Heidelberg). Zur Chirurgie der Leber-
und Gallenwege.
P. giebt zunächst eine kurze Übersicht der wegen Erkrankung
der Gallenwege an der Heidelberger chirurgischen Klinik aus-
geführten 162 Operationen. Dieselben betrafen in der großen Mehr-
zahl Gallensteine. Bezüglich deren Diagnose hebt P. hervor, dass
dieselbe mit zunehmender Erfahrung immer häufiger auch ohne die
alten klassischen Symptome gestellt wurde, Er macht dann noch
besonders auf ein Symptom aufmerksam, das ihm eine weitere
Prüfung zu verdienen scheint, nämlich den Gehalt des Harns an
reducirender Substanz; dasselbe wurde in 24 Fällen 23mal gefunden.
Über die Beziehungen dieser Substanz zum Traubenzucker sind die
Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Ziemlich häufig wurden
statt der angenommenen Gallensteine eine reine Cholecystitis oder
ausgedehnte Adhäsionen gefunden; im Ganzen 10mal. Lösung der
Adhäsionen event. Drainage der Gallenblase führte meist zur Heilung;
imal musste Pyloroplastik, 1mal Gastroenterostomie gemacht werden.
An verschiedenen Operationen wurden ausgeführt:
Einzeitige Cholecystostomie 65mal (in direktem Anschluss an
Operation 2 Todesfälle, aber beide Male Komplikation mit Carcinom).
Zweizeitige Cholecystostomie imal.
— 149 ——
Cholecystendyse 6mal, kein Todesfall.
Cholecystopexie 3mal, kein Todesfall.
Cholecystektomie 10mal (2 Todesfälle, imal Nachblutung, imal
Peritonitis).
Cystikotomie 7mal (1 Todesfall an Peritonitis).
Choledochotomie 20mal (4 Todesfälle, imal Cholämie, (mal Nach-
blutung, 2mal Peritonitis).
Die Resultate der Choledochotomie wurden mit der Zeit immer
besser. Von den ersten 16 Operirten bis 1895 starben 3, von den
-letzten 10 nur 1; vor Allem scheint die gleichzeitige Cholecystostomie
die Prognose günstiger zu gestalten.
Anastomosen zwischen Gallenwegen und Darm wurden Limal
ausgeführt, 6mal bei Stein (1 Todesfall an Kachexie und Cholan-
gitis), 5mal bei Carcinom (3 Todesfälle innerhalb von 14 Tagen an
zunehmender Kachexie, 1 nach 3 Monaten, 1 nach !/, Jahr). Die
Anastomose war stets sufficient; sie war 4mal mit Murphyknopf an-
gelegt, der sich stets bewährte.
Also in Summa, wenn wir die Carcinome anschließen, 116 Opera-
tionen mit 6 Todesfällen.
Die Normaloperation war in der letzten Zeit die einzeitige
Cholecystostomie. Die Endyse war ganz verlassen; die Ektomie
wurde nur ausgeführt bei starker pathologischer Veränderung der
Gallenblasenwand, vor Allem bei Verdacht auf maligne Degeneration.
Zur Beurtheilung der Recidive lagen 80 verwerthbare Fälle
vor. 2mal mussten nach früherer Cholecystostomie durch Chole-
dochotomie weitere Steine entfernt werden; diese waren allerdings
imal bewusst zurückgelassen worden. Bei 2 weiteren Pat. erfolgte
nach der Operation nochmals Abgang von Steinen und dann erst
Heilung. Alle anderen blieben recidivfrei.
Hernien traten in ca. 20% der Fälle auf, machten allerdings
nur in der Minderzahl erhebliche Beschwerden.
Eine Gallenfistel blieb in 8 Fällen bestehen und wurde 5mal
durch eine Nachoperation beseitigt.
Die Dauerfistel scheint ganz auszubleiben, seitdem eine kleine
Abänderung der Cholecystostomie eingeführt wurde: Einnähung eines
Drainrohres in die Gallenblase; Suspension der Nahtstelle am Peri-
toneum parietale. 25 so operirte Fälle heilten glatt. 50 Fälle wurden
genauer bakteriologisch untersucht. Die Galle erwies sich 46mal
bakterienhaltig. Es fand sich 36mal Bacterium coli allein, 6mal
Bacterium coli und Staphylococcus aureus, 4mal Bacterium coli und
Streptokokken. Nach 2—4 Wochen dauernder Drainage war die
Galle fast stets steril. In 1 Falle von Gallenblasenruptur hatte die
Galle 5 Wochen lang das Peritoneum ohne Schaden überschwemmt;
Pat. kam durch Naht der Gallenblase wieder zur Heilung.
Sehr häufig fand sich Komplikation mit Carcinom, nämlich
30mal. Nur 4mal konnte die Radikaloperation versucht werden.
Ein Fall starb an Peritonitis, ein zweiter nach '/, Jahr an Recidiv.
— 150 —
Eine Pat. lebt nach 2, eine nach 5 Monaten ohne nachweisbares
Recidiv. 2mal wurden Stücke der Leber mit entfernt.
Reine Leberoperationen wurden nur 6mal ausgeführt. Ein
Echinococcus, ein Syphilom der Leber und eine große Gallengangs-
cyste wurden mit gutem Erfolg exstirpirt.
Von 3 Sarkomoperationen endeten 2 tödlich; der 3. Fall war
7 Monate nach der Operation in leidlichem Befinden.
Die Leberblutung konnte mit elastischer Ligatur, tiefen Nähten
und Tamponade stets gestillt werden. Experimentell wurde noch
die Blutstillung mit Dampf und mit heißer Luft geprüft. Die letz-
tere hat sich dabei gut bewährt. (Selbstbericht.)
67) Poppert (Gießen) empfiehlt eine Modifikation der Chole-
cystostomie, die sich durch ihre technische Einfachheit auszeichnet.
Das Verfahren ist folgendes: Nachdem die Gallenblase an ihrem
Fundus ineidirt und von ihrem Inhalt entleert ist, wird ein langes
Drainrohr — in der Regel benutzt Vortr. einen dicken Nelaton-
Katheter — in die Blase geführt und im unteren Wundwinkel an
die Gallenblase angenäht. Alsdann wird der Schnitt in der Gallen-
blase durch Nähte vollkommen geschlossen, wobei mit besonderer
Sorgfalt darauf geachtet wird, dass um den Drain ein völlig wasser-
dichter Abschluss erzielt wird, so dass keine Spur Gallenblasen-
sekret vorbeifließen kann. Die Gallenblase wird jetzt versenkt und
die Bauchwunde bis auf eine kleine Lücke geschlossen, durch die
ein Streifen Jodoformgaze eingeführt wird, der die Nahtstelle und
die Kuppe der Gallenblase rings um den Drain bedekt. Um vor
Zwischenfällen geschützt zu sein, wird letzteres durch eine zweite
Naht an der äußeren Haut befestigt; endlich kann man den Drain
auch noch mit Hilfe einer Sicherheitsnadel und eines Heftpflaster-
streifens in seiner Lage sichern, so dass man also ein zufälliges
Herauszerren nicht zu fürchten hat. Die Galle fließt jetzt sämmt-
lich durch den Drain, welcher durch den Verband hindurchgeleitet
wird, ab und wird in ein neben dem Kranken stehendes Gefäß ge-
leitet, so dass der Kranke völlig trocken liegt. Der wasserdichte
Abschluss der Gallenblasenwunde um den Drain hält in der Regel
10 bis 14 Tage Stand; alsdann beobachtet man in dem einen oder
anderen Falle, dass neben dem Gummirohr etwas Galle in den Ver-
band dringt. Um diese Zeit ist aber in Folge der Tamponade
ein ausreichend sicherer Abschluss der Gallenblasenwunde gegen die
Bauchhöhle erzielt, so dass also ein Einfließen von Galle in letztere
nicht mehr möglich ist. Die Jodoformgaze wird nach ungefähr
14 Tagen, der Drain nach 3 bis 4 Wochen entfernt; die zurück-
bleibende Gallenfistel schließt sich alsdann sehr rasch von selbst.
Diese Cholecystostomie mit »wasserdichter Drainage«
welche Vortr. seit Herbst 1896 übt, hat sich in allen Fällen, wo sie
zur Anwendung kam (es sind dies bisher 47 einfache Cystostomien,
— 151 —
3 Cystostomien mit Cystikotomie und 7 Fälle mit Choledochotomie),
durchaus bewährt; niemals ist ein Zufall eingetreten, der auf einen
Mangel dieser Methode zurückzuführen gewesen wäre.
Die Vorzüge des Verfahrens bestehen in Folgendem:
1) Es zeichnet sich durch große Einfachheit aus und ist sowohl
für die vergrößerten Gallenblasen als auch für die kleinen, ge-
schrumpften, tief hinter der Leber stehenden anwendbar.
Eben so ist das Verfahren auch geeignet für die morschen
brüchigen Blasen, bei denen früher oft genug kein anderer Aus-
weg als die Exstirpation möglich war, die aber gerade in diesen
Fällen schwierig und nicht ungefährlich ist.
2) Eine abnorme, straffe Befestigung der Gallenblase an der
Bauchwand wird bei dieser Methode vermieden; denn die frischen,
durch die Tamponade veranlassten Verwachsungen können dem Zug
der allmählich abschwellenden Leber und Gallenblase nachgeben,
letztere vermag also ihre normale Lage wieder einzunehmen, so
dass Zerrungen der Blase und der großen Gallengänge
ausgeschlossen sind.
3) Das Verfahren bietet einen hohen Grad von Sicherheit in
Bezug auf Vermeidung von Peritonitis; denn jeder Tropfen
Sekret aus der Gallenblase wird von der Wunde ferngehalten, und
daneben hat man die Möglichkeit, die Bauchhöhle nach Bedürfnis
zu tamponiren und zu drainiren. Dies ist von besonderer Bedeutung
für die Fälle, wo ausgedehnte Adhäsionen gelöst oder wo außerhalb
der Gallenblase gelegene Eiterherde eröffnet werden müssen.
(Selbstbericht.)
68) Haasler (Halle). Über Choledochotomie.
H. berichtet über die Behandlung der Erkrankungen der Gallen-
wege in der Hallenser chirurgischen Klinik während der Jahre
1890—1898; er bespricht im Besonderen die Fälle, in welchen sich
Steine im Ductus choledochus fanden. Während in den ersten
Berichtsjahren nur wenige, dann zumeist sehr schwere oder aus-
sichtslose Fälle der Klinik überwiesen wurden, wurden in letzter
Zeit die Pat. zahlreither und für gewöhnlich frühzeitiger zur Auf-
nahme geschickt. Immerhin kommen noch häufig schwere Fälle
zur Behandlung, wofür wohl auch der Umstand spricht, dass unter
70 Fällen von Erkrankungen der Gallenwege sich 18mal Steine im
Ductus choledochus vorfanden. Hierbei fand sich neben äußerst
mannigfachen Besonderheiten der einzelnen Fälle doch eine gewisse
Gesetzmäßigkeit im Sitz der Steine, die H. veranlasste, anatomische
und pathologisch-anatomische Untersuchungen darüber anzustellen,
welche Momente die Einkeilung oder Festsetzung der Choledochus-
steine an bestimmten Prädilektionsstellen bedingen. Zunächst kommen
hierbei die anatomischen Verhältnisse des Ductus selbst in Betracht:
die auch in der Norm vorhandene Verengerung seines Lumens an
— 152 ° —
der Papille und dicht oberhalb der Ampulle, ferner die Änderung
der Verlaufsrichtung im Endtheil des Ganges. Wesentlich ist dann
besonders das Verhalten des Pankreas. Dieses kann in sehr ver-
schiedenartiger Weise dem Ductus choledochus anliegen oder ihn
umgreifen. Nicht nur Entzündung und Geschwulstbildung im Pan-
kreas können eine Verengerung des Ganges bewirken; weit häufiger
geschieht dies durch die gewöhnlichen Altersveränderungen der
Bauchspeicheldrüse, die an der Eintrittsstelle des Choledochus die
Ausdehnungsfähigkeit des Ganges erheblich behindern können.
Diesen Momenten gegenüber haben die Lymphdrüsen nur unter-
geordnete Bedeutung. Gelegentlich können sie den Ductus ver-
engern, sogar völlig verschließen, doch ist dies eine große Seltenheit
im Vergleich zu der Häufigkeit der Erkrankung dieser Lymphdrüsen.
Wie oft außerdem flächenhafte Verwachsungen oder derbe
strangförmige Adhäsionen durch Knickung oder Kompression den
Gang verlegen können, ist ja bekannt; außerdem sind gelegentlich
noch andere seltenere Hindernisse gefunden worden.
Die erst genannten Hindernisse sitzen alle im retroduodenalen
Abschnitt des Choledochus; hier ist auch zumeist die durch Alters-
veränderungen, Entzündungen oder Neubildungen des Pankreas
bedingte Verengerung gelegen. Hiernach müsste der Sitz der reti-
nirten Steine am häufigsten ein retroduodenaler sein; in Folge der
bei Steinverschluss rasch eintretenden Erweiterung der oberen
Wege sind die Konkremente jedoch zumeist weiter oberhalb, im frei
verlaufenden Theil des Ganges der Operation zugänglich. An dieser
am bequemsten erreichbaren Stelle wurde in 12 Fällen die Chole-
dochotomie ausgeführt.
Wenn jedoch durch Ausbuchtung der Choledochuswandung,
geschwürige Usur oder andere Hemmnisse der Stein retroduodenal
fixirt ist, so wird es nöthig, ihn hier bei der Operation aufzusuchen.
Die topographischen Verhältnisse dieser Region bieten nach Lage
der Gefäße und gewisser Lymphdrüsen, so wie nach dem Verhalten
des Pankreas immerhin so viel Konstantes, dass man dieser Operation
eben so wie der weiter unten zu besprechenden intraduodenalen eine
besondere Stellung einräumen darf.
Bei der retroduodenalen Choledochotomie, die in 3 Fällen aus-
geführt werden musste, durchtrennt man das vordere Blatt des Lig.
hepatoduodenale durch einen Längsschnitt neben und parallel dem
Duodenum unter Vermeidung eines in dieser Richtung verlaufenden
Astes der A. pancreatico-duodenalis. Es gelingt dann, das Duodenum
2—3 cm weit stumpf loszupräpariren und nach links zu verziehen,
so dass der retroduodenale Theil des Choledochus, mehr oder weniger
überlagert von Pankreasgewebe, zum Vorschein kommt. Dem Vor-
schlag Vautrin’s, das Drüsengewebe mit dem Thermokauter zu
durchtrennen, wurde nie gefolgt; in einem Falle wurde die dünne
Schicht des deckenden Gewebes scharf durchtrennt, in den bei-
den anderen gelang es, die Drüsenläppchen, dort wo sie sich an
— 15 —
der Vorderseite des Ganges zum einschließenden Ring vereinigen,
stumpf aus einander zu drängen; stärkere sich zwischen den Drüsen-
läppchen anspannende Gefäße wurden gefasst und durchschnitten,
und so der Choledochus dem Messer zugänglich gemacht.
Eine ganz besondere Stellung nehmen jene Fälle ein, in welchen
der Stein im papillären Endstück des Ganges seinen Sitz hat;
und die Operation an dieser Stelle ist ja auch bisher als ganz be-
sonderer Eingriff aufgefasst worden.
3mal in 18 Fällen hatte sich der Stein an dieser Stelle
festgesetzt; 2mal wurde er während der Operation gelockert und
ins Duodenum verdrängt, nur imal war die intraduodenale Operation
nothwendig: ein solitärer, reichlich pflaumenkerngroßer Stein saß
fest vor der Papille, die er weit ins Duodenum vorgetrieben hatte,
so dass man bei uneröffnetem Darm einen Darmpolypen zu fühlen
meinte. Der Darm wurde breit incidirt, auf das Papillarstück von
vorn her eingeschnitten, der Stein entfernt; Naht der Darmwunde,
glatter Heilungsverlauf.
Von den sämmtlichen Fällen sind 2 ad exitum gekommen: ein
Fall, in welchem sich bereits bei der Operation schwere eitrige
Cholangitis und Pericholangitis mit multiplen Leberabscessen fanden,
der zweite an cholämischer Nachblutung. Infektion des Peritoneums
wurde hier, wie bei den sonstigen Operationen an den Gallenwegen,
nie beobachtet.
H. theilt nicht die Ansicht, dass in jedem Falle von Chole-
dochotomie gleichzeitig eine Cystostomie anzulegen sei. Er will
dieses Verfahren auf jene Fälle einschränken, in welchen durch den
Operationsbefund oder den klinischen Verlauf Zeichen einer frischeren
Entzündung nachzuweisen sind. Fehlen solche, so kann man ruhig
auf Anlegung einer Gallenfistel verzichten und in 3 Wochen Heilung
erzielen. In zweifelhaften Fällen, die nicht selten sind, wird man
sich durch sorgfältige Drainage und Tamponade der Bauchwunde
hinreichend sichern können. In den besprochenen Fällen ist nach
diesen Grundsätzen verfahren worden. Für die übersichtliche Frei-
legung des Operationsfeldes ist die Schnittführung parallel dem
Rippenrande zu empfehlen; zuweilen wird ein Hilfsschnitt in der
Längsrichtung nothwendig. (Selbstbericht.)
69) L. Heidenhain (Worms) zeigt das in der deutschen Zeit-
schrift für Chirurgie Bd. XLVII p. 408 beschriebene kirschsteingroße
Carcinom am Gallenblasenhals, welches bei Operation einer eiternden
Steinblase fast zufällig gefunden wurde. Trotzdem die Leber bei
der Exstirpation der Gallenblase durchaus normal erschien, ging die
Kranke schon nach 3 Monaten an Leberkrebs zu Grunde. Die unge-
heure Malignität des Gallenblasenkrebses lässt es räthlich erscheinen,
bei Gallensteinoperationen an Personen »im Carcinomalter« die
Gallenblase jedes Mal so weit zu erröffnen, dass man ihr Inneres
ganz übersehen kann, und bei Vorhandensein irgend welcher Ge-
— 15 —
schwürsbildungen die Gallenblase stets zu entfernen, da man mit
bloßem Auge keinem Geschwür ansehen kann, ob es nicht der Aus-
druck eines eben heginnenden Krebses ist. Es wäre in dieser
Beziehung interessant zu hören, ob Todesfälle an Leberkrebs nach
wohl gelungener Gallensteinoperation öfters beobachtet sind. Bei
der ungeheuren Erfahrung über Gallensteinoperationen, über welche
die Gesellschaft verfügt, muss sich binnen Kurzem feststellen lassen,
ob der obige Vorschlag berechtigt ist. (Selbstbericht.)
70) Holländer (Berlin). Exstirpation der Gallenblase und
des Ductus cysticus und quere Leberresektion wegen Carcinom.
Blutstillung durch Luftkauterisation.
Isolirter harter höckriger Tumor im distalen Theile der Gallen-
blase. Per continuitatem ist der Krebs so in die Leber hinein-
gewachsen, dass derselbe als Knoten ca. 4 cm vom oberen freien
Leberrande aus der Leber herauswächst. Auch an der Unterfläche
des Lobus quadratus in nächster Umgebung der Gallenblase Krebs-
knoten. Ein weiterer ca. linsengroßer Knoten in der Wand des
Ductus cysticus dicht vor seinem Übergang in den Ductus chole-
dochus. Sonst nirgends Metastasen; keine suspekte Drüsenschwel-
lungen. Exstirpation der Gallenblase und des Ductus cysticus in
continuo mit einer Resektion des erkrankten Lobus quadratus der
Leber: glatter reaktionsloser Heilverlauf.
Bei der Leberresektion wurde mit promptem Erfolg die vom
Operateur namentlich für Lupusbehandlung angegebene Luftkauteri-
sation zum Zwecke der Blutstillung angewendet. Auf Grund seiner
Erfahrungen empfiehlt derselbe folgendes Vorgehen bei Leberresektion.
Absteckung des zu resecirenden Stückes durch federnde Klemmen,
welche nur die Aufgabe haben, die Lebervenen zu komprimiren.
Resektion mit dem Messer. Heißluftkauterisation der Schnittfläche
bis zur vollkommenen Trockenheit, Abnahme der Klemmen. Ver-
schluss der Bauchhöhle bis auf einen Jodoformgazestreifen.
Vorzüge der Methode: exakte Blutstillung ohne vorhergegangenen
Blutverlust und größere Sicherheit gegen Nachblutungen. Genauere
Orientirung, ob man im Gesunden operirt, gegenüber dem blinden
Operiren mit dem Paquelin; geringere Malträtirung des Organs
gegenüber der Schlauchabschnürung, Massenumstechung und Unter-
bindung; Hinterlassung eines aseptischen Schorfes, welcher sich
nicht abstößt, gegenüber der Katgutinfektionsgefahr. Zerstörung event.
Keime in der Schnittfläche durch die thermische Tiefenwirkung.
Demonstration des Präparates, des Heißluftapparates und der
Leberklemmen. (Selbstbericht.)
Diskussion zu 66—70: Hochenegg (Wien) berichtet über
folgende Fälle:
— 15 —
1) Ein 57jähriger Mann mit Lebertumor kam zur Operation.
Bei der Laparotomie fand H. die untere Hälfte des Tumors mit dem
Lebergewebe verwachsen. Nach der Lösung heftige Blutung aus
einer Lebervene, die nach Jodoformgazetamponade stand. Tod
21/3 Stunden post op. Als Todesursache ergab die Sektion Luft-
embolien, die aus der Lebervene stammen mussten, und als deren
Ursache H. die Jodoformgaze beschuldigt.
2) Bericht über ein Carcinom der Gallenblase, das vor 3 Jahren
operirt wurde. Erst jetzt ist Pat. einem Recidiv erlegen.
3) Bericht über einen Fall von Einklemmung eines Gallensteins
im Ductus choled., der durch Laparotomie entfernt wurde. Die
Incisionswunde im Ductus choled. ließ sich nicht vereinigen, so dass
H. tamponiren musste. Trotzdem schloss sich die Anfangs gebildete
Gallenfistel sehr bald. 7 Jahre später musste Pat. wegen einer
Bauchhernie operirt werden und starb im Anschluss hieran an Fett-
herz. Bei der Sektion ließ sich die ehemalige Wunde im Chole-
dochus nur noch mikroskopisch nachweisen.
Riedel (Jena) weist als Ursache von Misserfolgen bei der Chole-
dochotomie auf die schon inficirte Galle hin. Es lässt sich weder
vor noch bei der Operation feststellen, ob die Galle schon infieirt
ist oder nicht. Aseptische Galle kann ohne Schaden in die Bauch-
höhle gelangen. So erklären sich manche Misserfolge desselben
Operateurs bei gleicher Technik. R. hat schon 14 Tage nach der
Einklemmung eines Steins inficirte Galle gesehen. Diese Galle ist
mit Bakterien und Kokken aller Art durchsetzt. Die Operation ist
hierbei unschuldig am letalen Ausgang; solchen Kranken ist nicht
mehr zu helfen. Dieselben sehen übrigens oft auffallend elend und
kachektisch aus. Jaff6 (Hamburg).
Krause (Altona) hat 3mal größere Keilresektionen der Leber
vorgenommen, 2mal wegen Carcinoms der Gallenblase, imal wegen
multilokulärem Echinococcus bei einem 6jährigen Kinde. Es ist
nöthig, dass man bei allen diesen Fällen sich das Operations-
feld bequem zugänglich macht. Während die Hände eines oder
zweier Assistenten den betreffenden Abschnitt der möglichst vor-
gewälzten Leber komprimiren, kann man mit dem Messer oder der
Schere den Tumor bequem fast blutlos exstirpiren. Danach ver-
einigt man die Schnittflächen, ehe die Kompression aufhört, mittels
stark gebogener, langer Nadeln durch tiefgreifende Katgutnähte.
Danach bluten auch die langgeschlitzten Venen nicht mehr. Dann
erst lässt man die Kompression aufhören. Man darf aber beim Zu-
schnüren der Fäden nicht zu fest anziehen, sonst schneidet man in
das weiche Lebergewebe ein. Zuletzt näht man oberflächlich die
Serosa und macht nun die Tamponade. Bei den beiden Carcinom-
fällen ist die Operation ganz glatt verlaufen ohne Nachblutung. Der
3. Fall, das Kind, ging am 2. Tage an Collaps zu Grunde; es han-
delte sich um sehr ausgedehnte Echinokokken. Wie die Sektion
— 156 —
zeigte, war der Verband kaum blutig durchtränkt. Heißluftkauteri-
sation ist unnöthig, und ein großer Vortheil, wenn man frische
Wundflächen an einander legen kann und nicht verbrannte Gewebe
zurücklassen muss. (Selbstbericht.)
Kümmell (Hamburg) empfiehlt zur Abkürzung des Heilungs-
verlaufs nochmals seine »ideale« Cholecystotomie. Er hat dieselbe
bis jetzt in 30 Fällen geübt. K. näht Alles mit Katgut.
Jaffé (Hamburg).
F. Franke (Braunschweig) zeigt einen Gallenstein, den er aus
dem Ductus cysticus herausgezogen hat bei einem Manne, dessen
leberwärts gelegene Gallenblasenwand in einen 200g Eiter fassenden
Leberabscess aufgegangen war. Der Stein besteht aus glashellen,
durchsichtigen, schaligen Trümmern eines reinen Cholestearinsteins,
die die Grundlage für einen neuen Stein abgegeben haben, indem
sich neue Gallensteinmassen brauner Färbung mit der bekannten
kleinwarzigen Oberfläche um sie herumgelagert haben. Der Kranke
war ®/, Jahr vor der Operation mittels Leber- bezw. Gallenblasen-
massage behandelt worden. Mit Rücksicht auf den schädlichen Ein-
fluss dieser Art »Chirurgie« widerräth F. dringend die manuelle
Expression der Gallenblase. (Selbstbericht.)
Löbker (Bochum) bestätigt die Angaben Riedel’s über die
Infektion der Galle. Es könne aber auch nachträglich noch eine
Infektion der Galle stattfinden, wofür L. eine Beobachtung mittheilt.
Er schließt die Bauchhöhle nicht, gleichviel wie die Gallenblase be-
handelt wurde, sondern tamponirt stets. Je verdächtiger auf Infektion
der Fall ist, um so mehr drainirt L. die Gallenblase und legt den
Tampon um das Drainrohr herum. L. sah 9 Fälle primären Gallen-
blasencarcinoms nach Gallensteinen. Die Leber ist hierbei fast
immer am Carcinom betheiligt. Man kann große Keile aus der Leber
mit der Gallenblase excidiren und den Substanzverlust hernach ver-
nähen. L. hat nur geringe Blutung gesehen. Die heiße Luft zur
Blutstillung hat er nicht nöthig gehabt.
Gersuny (Wien) empfiehlt nach Entfernung der Gallensteine
die Anlegung einer Schrägfistel nach Witzel. Ist die Asepsis ge-
sichert, so heilt später nach Excision der Fistel die Wunde in einem
Tage. Jaffé (Hamburg).
71) Hildebrand (Berlin). Experimente am Pankreas zur
Erzeugung von Pankreatitis haemorrhagica und Fettnekrosen.
H. macht, nach kurzer Erwähnung seiner eigenen früheren Ver-
suche und der Versuche Hlava’s mit Magensaft, Mittheilung über
neue Experimente, die er zur Erzeugung von Pankreatitis haemor-
rhagica und von Fettnekrosen anstellte. Er injicirte Salzsäure, Pep-
sin in die Substanz des Pankreas, in das Fettgewebe des Netzes, in
den Ductus pancreaticus. Erfolge hatte er erst, wenn er 1%ige Salz-
— 157° —
säure in den Ductus einspritzte und diesen abband. Dann trat eine
ausgesprochene, sogenannte hämorrhagische Pankreatitis, starke
Schwellung und Derbheit des Organs mit ausgedehnten Blutungen
in der Substanz auf. Fettnekrose war nur in geringer Anzahl vor-
handen und namentlich dicht am Pankreas, da wo an letzterem
manipulirt worden war. Versuche mit Pepsin führten bis jetzt zu
keinem Resultate. H. wirft nun die Frage auf, ob es sehr wahr-
scheinlich ist, dass Magensaft in den Ausführungsgang des Pankreas
austräte und ferner dass er, wenn auch hyperacid, trotz Galle und
alkalischem Pankreassekret so stark säurehaltig bliebe, dass er noch
wirken könne. Er kommt vorläufig zu dem Schluss, dass er dies
nicht für wahrscheinlich hält und bleibt bei seiner früheren Meinung,
dass jene Processe die Folge der Einwirkung des gestauten Pankreas-
sekrets selbst seien. (Selbstbericht.)
72) M. Wilms (Leipzig). Dermoide und Mischgeschwäülste
des Hoden (embryoide Tumoren).
Entsprechend den Dermoiden, Teratomen und soliden Teratomen
des Ovarium, welche unter der Bezeichnung der Embryome und
embryoiden Tumoren durch W. eine Erklärung ihres Baues und
ihrer Entstehung gefunden haben, kommen auch im Hoden zwei
Arten von embryoiden Geschwülsten vor, die bis dahin, unrichtig
aufgefasst, unter den Namen Dermoide, Teratome, Mischgeschwülste,
Cystoide, Enchondrome, Cysto-Sarkome und Carcinome rubricirt
waren.
Die Dermoidcysten des Hodens sind niemals reine Haut-
cysten, sondern Rudimente eines Fötus. In der innerhalb der
Dermoidcyste der Wand aufsitzenden zottenförmigen Bildung findet
sich regelmäßig unter der dicken, die Zotte bedeckenden Kopfhaut
eine Gehirnanlage und an deren ventraler Seite das rudimentär
entwickelte innere Keimblatt in Form von Flimmerepithelkanälen
mit Schleimdrüsen und Knorpel (Trachealanlage), event. auch
Darmrudimente. Es entstehen also die zottenartigen, in genannter
Weise aufgebauten Produkte ohne Ausnahme aus einer drei-
blättrigen Keimanlage, demnach in letzter Instanz aus einer
Geschlechtszelle. Jede dreiblättrige Keimanlage, unter abnormen
Wachsthumsbedingungen in einem engen Raum einer kleinen Cyste
sich entwickelnd, würde die frühzeitig sich differencirenden Gewebe
zur Ausbildung bringen, also speciell die Kopfregion und hier wieder
prävalirend das äußere Keimblatt, Kopfhaut und Gehirn; wie wir
sehen dieselben Gewebe und Organanlagen, welche wir in den
Hodendermoiden, eben so wie in den Ovarialdermoiden in der That
vorfinden. Damit ist die Form dieser Tumoren als eine selbstver-
ständliche Erscheinung, bedingt durch die Entwicklungsstörung in
Folge der Wachsthumsbeschränkung erklärt. Eben so ist es unter
Berücksichtigung dieser Raumbeengung, die im einzelnen Falle sehr
— 158 ——
variiren kann, leicht verständlich, warum einmal sich nur eine ganz
rudimentäre fötale Bildung in Form einer plumpen Zotte mit Kopf-
haut, Gehirn und Trachealrudiment, das andere Mal sich die Kopf-
anlage mit Augen, Kiefer, Zähnen etc. ausbildet.
Neben dieser Form der Embryome, die den Namen Dermoid
unmöglich beibehalten kann, kommt eine weitere Art von embryoiden
Tumoren vor, die ebenfalls aus einer dreiblättrigen Keimanlage
entsteht. Die Keimanlage wächst aber hierbei nicht zu einem Rudi-
ment eines Fötus aus, sondern die einzelnen Keimblätter gerathen
schon sehr früh, wahrscheinlich auch in Folge mechanischer Wachs-
thumstörungen, in Unordnung und wuchern grenzenlos durch einander,
nachdem sie die normale Gewebsspannung verloren haben. Das
äußere Keimblatt, welches in dieser Geschwulstgruppe am meisten
zurücktritt, entwickelt in der Regel nur Kanäle oder Cysten, welche
mit Epidermis ausgekleidet sind. Ausbildung von vollkommener
Haut ist sehr selten zu beobachten. Das mittlere Keimblatt bildet
alle Formen des Bindegewebes, glatte und quergestreifte Muskulatur,
Knorpel, das innere Keimblatt Kanäle und Cysten mit Cylinder-
und Schleimepithel und Flimmerzellen. Dabei zeigt sich überall,
nicht nur an den einzelnen Zellformationen, sondern auch an der
Gruppirung der einzelnen Gewebe, dass fötale Gewebe und Organe
sich zu entwickeln bestrebt sind. So gruppiren sich die Flimmer-
epithelkanäle mit Schleimdrüsen, hyalinen Knorpelinseln und glatter
Muskulatur zu Rudimenten der Trachea, Schleimcysten mit doppelter
Schicht glatter Muskulatur und Lymphfollikel zu Darmrudimenten etc.
Die Flimmerepithelien in diesen Hodentumoren entstehen also
nicht, wie man allgemein annahm, aus versprengten Keimen des
Hunter’schen Bandes, die Schleimepithelien sind nicht modificirte
Hodenepithelien, sondern alle diese Gewebe sind die Produkte der
Keimblätter einer dreiblättrigen Fötalanlage.
Diese eigenartige neue Gruppe der Hodentumoren umfasst nun
nicht nur einzelne komplicirte Mischgeschwülste, sondern, so weit sich
nach der bis jetzt vorliegenden Litteratur urtheilen lässt, fasst alle jene
Geschwülste, die bis jetzt unter dem Namen der Cystoide, Enchondrome,
Rhabdomyome, Cystosarkome und Cystocarcinome beschrieben worden
sind. Mögen diese Tumoren solid oder cystisch erscheinen,
maligne sein wie die Cystosarkome oder gutartig wie die Cystoide,
ihr Ursprung ist immer eine dreiblättrige Keimanlage. Die äußeren
Differenzen sind nur durch ein qualitativ und quantitativ verschie-
denes Wachsthum der einzelnen Gewebe bedingt. Tritt die sekre-
torische Thätigkeit der Schleimzellen frühzeitig in Aktion, so ent-
steht ein cystischer Tumor, fehlt diese, so resultirt als Produkt der
Wucherung eine solide Geschwulst.
Diese beiden genannten Tumorarten, die durch die Unter-
suchungen W.’s als selbständige Geschwulstgruppen sowohl für
das Ovarium wie für den Testikel sicher gestellt sind, kommen nur
in den Keimdrüsen vor und sind für diese Organe charakteristisch.
a ———
Ve de Here,
— 159 —
Dass speciell Parotistumoren den Hodengeschwülsten ähneln sollen,
ist absolut unrichtig. Der passende Name für diese Geschwulst-
gruppen ist der der Embryome oder embryoiden Tumoren.
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass die Bildungen mit fötalen
Ioklusionen nichts zu thun haben. (Selbstbericht.)
73) Dührssen (Berlin). Über lokale Anwendung des Dampfes
zur Beseitigung von Gebärmutterblutungen (Vaporisation
nach Sneguireff).
D. hat die Anwendung des Dampfes auch bei chirurgischen
Eingriffen geprüft. Es ist ihm, eben so wie Sneguireff, gelungen,
an Thieren die Blutung nach Leberresektion bezw. nach Durch-
schneidung der Art. fermoralis durch die-Vaporisation zu beseitigen.
Er benutzte hierzu den Originalapparat von Sneguireff, doch scheint
ihm auch der von Pincus angegebene und im medicinischen Waaren-
haus erhältliche Apparat recht brauchbar. In mehreren ganz ver-
zweifelten Fällen, die D. zur Vornahme der Totalexstirpation über-
wiesen waren, gelang es D., die abnormen Blutungen dadurch dauernd
zu beseitigen, dass nach einer Vaporisation von 2 Minuten Dauer
eine vollständige Exfoliation der nekrotischen Uterusschleimhaut mit
Obliteration der Uterushöhle und Atrophie des Uterus eintrat. Kon-
traindieirt ist diese energische Vaporisation natürlich bei malignen
Neubildungen, bei Retention von Eiresten, bei jugendlichen Indivi-
duen. — Indicirt also bei den pathologischen Blutungen der 40iger
Lebensjahre, die bedingt sind durch chronische Metritis mit oder ohne
gleichzeitige Wucherung des Endometriums, durch abnorme Brüchig-
keit der Uterusgefäße, durch kleinere interstitielle Myome. Bei letzteren
scheint die Methode durch Herbeiführung der Amenorrhoe auch zu
einer Schrumpfung der Myome zu führen. Bei jugendlichen Indi-
viduen ist die Vaporisation zur Beseitigung abnormer Blutungen zu-
nächst nur 1/, Minute durchzuführen und mit einer Wiederholung
bis nach Ablauf der nächsten. Menstruation zu warten. Stenosen
desCervicalkanals, welche durch die Einwirkung des erhitzten Katheter-
rohrs auf die es fest umschließenden Cervicalwände entstehen können,
vermeidet man durch vorherige Laminariadilatation und durch Um-
kleidung der cervicalen Katheterpartie mit einem Drainrohr. Die
Vaporisation scheint auch bei der Behandlung der frischen Uterus-
gonorrhoe und bei lokalisirter puerperaler Endometritis rationell. Sie
ist entschieden berufen, die Häufigkeit operativer Eingriffe bei den
genannten, oft lebensgefährlichen Blutungen bedeutend einzuschränken
und stellt in Folge dessen eine entschiedene Bereicherung der gynä-
kologischen Therapie dar. (Selbstbericht.)
— 160 —
74) Grosse (Halle. Ein nach dem Rectum perforirtes
Dermoid des rechten Ovariums. (Entfernung — Heilung.)
G. zeigt ein durch Resectio recti gewonnenes Präparat, das von
einer 36jährigen Frau stammt, die während ihrer 10. Gravidität an
heftigen Schmerzen im Leibe erkrankte. Bisher war die Frau stets
gesund und hatte 9mal normal geboren. Seit dem 6. Monat der
10. Gravidität Beschwerden und Obstipation. Nach dem Blasen-
sprung heftige Wehen; doch nicht der Kopf stellt sich ein, sondern
aus der Analöffnung tritt eine Geschwulst von Apfelgröße, die
von dem herbeigeholten Arzt incidirt wird. Es entleeren sich reich-
lich Eiter und reisähnliche Massen. Dann erfolgt normaler Partus.
Keine weiteren Störungen. Später fortdauernd Obstipation. Es
kommt jedes Mal nach dem Stuhlgang ein Büschel Haare zur Anal-
öffnung heraus. p
Die Frau suchte die Hallenser Klinik auf, woselbst ein mit
Haaren dicht besetztes etwa hühnereigroßes Dermoid, das nach dem
Rectum perforirt war, operativ entfernt wurde. Heilung.
(Selbstbericht.)
75) Kölliker (Leipzig). Erworbener Hochstand der Scapula.
K. hat einen Fall von erworbenem Hochstand des Schulter-
blattes beobachtet und bespricht an der Hand eines Präparates diese
Deformität.
Der erworbene Hochstand des Schulterblattes ist eine rachitische
Deformität und besteht in einer Umkrümmung des Schulterblattes
nach vorn verbunden mit Verlängerung und Verbreiterung des
Rabenschnabelfortsatzes und Änderung der Stellung der Gelenkpfanne,
die mehr nach vorn hin gerichtet ist. Klinisch giebt sich die Defor-
mität folgendermaßen kund: Die Scapulae stehen abnorm hoch, die
unteren Schulterblattwinkel stehen stark ab, die Schultern sind nach
vorn, innen und besonders nach unten gesunken, der laterale
Cucullarisrand springt stark vor, die untere Halsgegend ist ver-
breitert, die Supraclaviculargruben sind vertieft, wie überhaupt die
ganze Brust tief eingesunken erscheint, während die sternalen Enden
der Schlüsselbeine stark vorspringen; der Rabenschnabelfortsatz lässt
sich als breiter, langer Knochen leicht abtasten, die oberen inneren
Schulterblattwinkel stehen hart oberhalb der Claviculae. Störung
der Funktion besteht in so fern, ale der Arm im Schultergelenk nur
knapp bis zur Horizontalen erhoben werden kann.
Was die Therapie anbelangt, so ist für leichtere Fälle ein
Apparat zu empfehlen, der die Schulterblätter durch elastische Züge
nach hinten und unten zieht. Bei schwereren Fällen ist der Apparat-
behandlung die Resektion des Processus coracoideus vorauszuschicken.
(Selbstbericht.)
16) W. Müller (Aachen) zeigt einen wegen habitueller
Schulterluxation resecirten Humeruskopf von einem jungen
Manne. Das Präparat weist einen als typisch zu bezeichnenden
Defekt auf an der hinteren lateralen Partie. . Solche Defekte wurden
in einem namhaften Theile der untersuchten Fälle beschrieben.
Über die Genese derselben herrschen 2 Ansichten. Die Einen
(Löbker, Riedinger) fassen sie als Folge allmählicher Ausschleifung
auf, die Anderen (Volkmann, Cramer) führen sie auf Frakturen
zurück. Freie Gelenkkörper fanden sich dabei, sie fehlten aber auch
öfters, Das vorliegende Präparat beseitigt jeden Zweifel, dass es sich
hier um traumatische Entstehung des Defektes handelt, da sich
gleichzeitig ein freier Gelenkkörper im Schultergelenk fand, welcher
genau das Positiv zu dem erwähnten Defekt darstellt. Ob es sich
um Fraktur oder aber vielleicht um nachträgliche Lösung eines
kontundirten Abschnittes des Kopfes handelt, wagt Vortr. nicht zu
entscheiden, giebt aber beide Möglichkeiten zu.
(Selbstbericht.)
77) Felix Franke (Braunschweig). Über die operative Be-
handlung der Radialislähmung (mit Demonstration).
F. hat mit Befriedigung bemerkt, dass die von ihm auf dem
vorjährigen Kongresse durch Demonstration eines mittels Sehnen-
überpflanzung geheilten Falles von Pes varo equinus paralyticus ge-
gebene Anregung zur Vornahme von Sehnenüberpflanzung auf frucht-
baren Boden gefallen ist. Er hat die Methode, wie er schon damals
andeutete, jetzt auch in 2 Fällen von Radialislähmung bei spinaler
bezw. cerebraler Kinderlähmung angewandt, aber sie kombiniren
müssen mit Sehnenverkürzung. Das Resultat ist den Verhältnissen
entsprechend ausgezeichnet, wie die vorgestellten Kinder beweisen.
“Die Operation bestand in Verkürzung der Sehne des Extensor carpi
radialis und Verbindung des centralen Theils der durchschnittenen
Sehne des Flexor carpi ulnaris mit der des Extensor digitorum
communis longus. Der Extensor pollicis war nicht ganz gelähmt,
brauchte daher nicht ersetzt zu werden. Die Lähmung des Supinator
wurde ausgeglichen durch eine Spiralschiene. F. weist weiter darauf
hin, dass nach seiner Erfahrung an einem Falle von spastischer
Lähmung die Verbindung der Sehnenüberpflanzung mit Sehnen-
verlängerung gute Erfolge giebt. (Selbstbericht.)
78) Hoffa (Würzburg). Über habituelle Luxationen im
unteren Radio-Ulnargelenk,
H. lenkt die Aufmerksamkeit auf die habituellen Luxationen
im unteren Radio-Ulnargelenk und auf die Behandlung derselben und
theilt kurz 3 in den letzten Jahren beobachtete Fälle mit, da die
Chirurgen-Kongress 1898. 11
— 160 —
74) Grosse (Halle. Ein nach dem Rectum perforirtes
Dermoid des rechten Ovariums. (Entfernung — Heilung.)
G. zeigt ein durch Resectio recti gewonnenes Präparat, das von
einer 36jährigen Frau stammt, die während ihrer 10. Gravidität an
heftigen Schmerzen im Leibe erkrankte. Bisher war die Frau stets
gesund und hatte 9mal normal geboren. Seit dem 6. Monat der
10. Gravidität Beschwerden und Obstipation. Nach dem Blasen-
sprung heftige Wehen; doch nicht der Kopf stellt sich ein, sondern
aus der Analöffnung tritt eine Geschwulst von Apfelgröße, die
von dem herbeigeholten Arzt incidirt wird. Es entleeren sich reich-
lich Eiter und reisähnliche Massen. Dann erfolgt normaler Partus.
Keine weiteren Störungen. Später fortdauernd Obstipation. Es
kommt jedes Mal nach dem Stuhlgang ein Büschel Haare zur Anal-
öffnung heraus. k.
Die Frau suchte die Hallenser Klinik auf, woselbst ein mit
Haaren dicht besetztes etwa hühnereigroßes Dermoid, das nach dem
Rectum perforirt war, operativ entfernt wurde. Heilung.
(Selbstbericht.)
15) Kölliker (Leipzig). Erworbener Hochstand der Scapula.
K. hat einen Fall von erworbenem Hochstand des Schulter-
blattes beobachtet und bespricht an der Hand eines Präparates diese
Deformität.
Der erworbene Hochstand des Schulterblattes ist eine rachitische
Deformität und besteht in einer Umkrümmung des Schulterblattes
nach vorn verbunden mit Verlängerung und Verbreiterung des
Rabenschnabelfortsatzes und Anderung der Stellung der Gelenkpfanne,
die mehr nach vorn hin gerichtet ist. Klinisch giebt sich die Defor-
mität folgendermaßen kund: Die Scapulae stehen abnorm hoch, die
unteren Schulterblattwinkel stehen stark ab, die Schultern sind nach
vorn, innen und besonders nach unten gesunken, der laterale
Cucullarisrand springt stark vor, die untere Halsgegend ist ver-
breitert, die Supraclaviculargruben sind vertieft, wie überhaupt die
ganze Brust tief eingesunken erscheint, während die sternalen Enden
der Schlüsselbeine stark vorspringen; der Rabenschnabelfortsatz lässt
sich als breiter, langer Knochen leicht abtasten, die oberen inneren
Schulterblattwinkel stehen hart oberhalb der Claviculae. Störung
der Funktion besteht in so fern, als der Arm im Schultergelenk nur
knapp bis zur Horizontalen erhoben werden kann.
Was die Therapie anbelangt, so ist für leichtere Fälle ein
Apparat zu empfehlen, der die Schulterblätter durch elastische Züge
nach hinten und unten zieht. Bei schwereren Fällen ist der Apparat-
behandlung die Resektion des Processus coracoideus vorauszuschicken.
(Selbstbericht.)
76) W. Müller (Aachen) zeigt einen wegen habitueller
Schulterluxation resecirten Humeruskopf von einem jungen
Manne. Das Präparat weist einen als typisch zu bezeichnenden
Defekt auf an der hinteren lateralen Partie. Solche Defekte wurden
in einem namhaften Theile der untersuchten Fälle beschrieben.
Über die Genese derselben herrschen 2 Ansichten. Die Einen
(Löbker, Riedinger) fassen sie als Folge allmählicher Ausschleifung
auf, die Anderen (Volkmann, Cramer) führen sie auf Frakturen
zurück. Freie Gelenkkörper fanden sich dabei, sie fehlten aber auch
öfters. Das vorliegende Präparat beseitigt jeden Zweifel, dass es sich
hier um traumatische Entstehung des Defektes handelt, da sich
gleichzeitig ein freier Gelenkkörper im Schultergelenk fand, welcher
genau das Positiv zu dem erwähnten Defekt dorstellt, Ob es sich
um Fraktur oder aber vielleicht um nachträgliche Lösung eines
kontundirten Abschnittes des Kopfes handelt, wagt Vortr. nicht zu
entscheiden, giebt aber beide Möglichkeiten zu.
(Selbstbericht.)
77) Felix Franke (Braunschweig). Über die operative Be-
handlung der Radialislähmung (mit Demonstration).
F. hat mit Befriedigung bemerkt, dass die von ihm auf dem
vorjährigen Kongresse durch Demonstration eines mittels Sehnen-
überpflanzung geheilten Falles von Pes varo equinus paralyticus ge-
gebene Anregung zur Vornahme von Sehnenüberpflanzung auf frucht-
baren Boden gefallen ist. Er hat die Methode, wie er schon damals
andeutete, jetzt auch in 2 Fällen von Radialislähmung bei spinaler
bezw. cerebraler Kinderlähmung angewandt, aber sie kombiniren
müssen mit Sehnenverkürzung. Das Resultat ist den Verhältnissen
entsprechend ausgezeichnet, wie die vorgestellten Kinder beweisen.
` Die Operation bestand in Verkürzung der Sehne des Extensor carpi
radialis und Verbindung des centralen Theils der durchschnittenen
Sehne des Flexor carpi ulnaris mit der des Extensor digitorum
communis longus. Der Extensor pollicis war nicht ganz gelähmt,
brauchte daher nicht ersetzt zu werden. Die Lähmung des Supinator
wurde ausgeglichen durch eine Spiralschiene. F. weist weiter darauf
hin, dass nach seiner Erfahrung an einem Falle von spastischer
Lähmung die Verbindung der Sehnenüberpflanzung mit Sehnen-
verlängerung gute Erfolge giebt. (Selbstbericht.)
78) Hoffa (Würzburg). Über habituelle Luxationen im
unteren Radio-Ulnargelenk.
H. lenkt die Aufmerksamkeit auf die habituellen Luxationen
im unteren Radio-Ulnargelenk und auf die Behandlung derselben und
theilt kurz 3 in den letzten Jahren beobachtete Fälle mit, da die
Chirurgen-Kongress 1898. 11
— 162 —
Funktionsstörung in allen 3 Fällen eine sehr beträchtliche, und der
Grund für diese Funktionsstörungen von den behandelnden Ärzten
nicht erkannt war.
Im ersten Falle handelte es sich um eine Lutabon im unteren
‘Radio-Ulnargelenk, die sich eine 17 Jahre alte Pat. durch Heben
‚eines vollen Wasserkübels zugezogen hatte. Die Verletzung wurde
für eine Sehnenscheidenentzündung gehalten. Wegen bleibender
Schwäche im Arm kam Pat. in die Klinik, wo der Befund folgender-
maßen fixirt: das Capitulum ulnae sprang nach der dorsalen Seite des
Handgelenks vor. Bei Druck auf das Ulnaköpfchen ging dasselbe
deutlich in seine richtige Stelle zurück, und konnte man es zwischen
2 Fingern fassend bequem am unteren Radiusende vorbei auf- und
abschieben.
Der zweite Fall betrifft einen 15 Jahre alten Knaben, der sich
vor ca. 1 Jahr durch Fall auf die dorsalflektirte linke Hand eine
Fraktur im mittleren Drittel des Radius zuzog. Trotzdem diese glatt
heilte, blieb eine dauernde Störung in der Funktion des Armes zu-
rück. Alle Versuche, wie Massage, Duschen, Schienenverband, trotzten
der Behandlung. Nach dem in der Klinik am 11. Februar 1598 vor-
genommenen Befund lag zweifellos eine Luxation im unteren Radio-
Ulnargelenk vor, die ohne Zweifel seit dem Radiusbruch bestand und
durch Röntgenbild bestätigt wurde. H
Der dritte Fall betrifft eine Krankenschwester, die sich durch
Fall auf die Hand eine Luxation im Radio-Ulnargelenk zuzog, welche
genau das Bild der bei Supination der Hand recidiverender Luxation
wie im zweiten Falle giebt.
Die Behandlung in allen 3 Fällen geschah nun in der Weise,
um die Funktionsstörung zu beseitigen und dem Ulnaköpfchen wieder
einen festen Halt zu geben, dass ein Doppelschnitt gemacht, das Ge-
lenk eröffnet und die beiden Knochen mit 3 tiefen, das Periost
beider Knochen fassenden Nähten an einander geheftet wurden. Der
Erfolg war in allen 3 Fällen ein ausgezeichneter, denn schon nach
kurzer Zeit, 14 Tage bis 3 Wochen, konnten sämmtliche Kranke
ihren Arm wieder völlig gebrauchen.
Daher empfiehlt H. auf Grund der erreichten schnellen Dauer-
erfolge, bei vorhandener Funktionsstörung die oben angegebene Therapie
einzuschlagen, weil seiner Ansicht nach der Erfolg ein sicherer und
einfacherer ist als, wie Meyer es vorschlägt, eine besondere Retentions-
bandage anfertigen zu lassen. (Selbstbericht.)
79) G. Schütz (Berlin). Demonstration zweier Fälle von
Verrenkung mehrerer Mittelhandknochen.
Die gleichzeitige Luxation mehrerer Carpometacarpalgelenke ist
eine außerordentlich seltene Verletzung, während die isolirte gleiche
Luxation am Daumen verhältnismäßig häufig vorkommt. In den
älteren Handbüchern der Chirurgie (Richter 1833, Rust 1834) wird
— 163 —
diese Form der Luxation für unmöglich erklärt wegen der Festigkeit
der Bänder und der Straffheit der Gelenke (Amphiarthrosis). Erst
1856 ist durch Vigouroux eine dorsale Luxation der 4 Mittelhand-
knochen beschrieben, später je 1 ähnlicher Fall von Erichsen,
Rivington und Gillette (1875); die Fälle von Tillaux (1875)
und Poulet (1884) zeigten nur eine Subluxation derselben Gelenke.
Die vollständigste Beschreibung dieser Verletzungen giebt Orillard
in der Gaz. des hôpitaux (1893 Oktober 7), Gemeinsam ist allen
diesen Fällen die Entstehung durch eine starke mechanische Gewalt
(Maschinen, Geschosse etc.); häufiger ist die dorsale als die volare
Form der Luxation wegen der konischen Form und der gewölbe-
artigen Zusammenfügung der Mittelhandknochen, deren Basis eine
breitere Fläche dem Handrücken und eine schmalere Fläche der
Hohlhand zuwendet.
Fall I bietet das typische Bild der Luxatio dorsalis artieulationis
carpometacarpeae II, III et IV und Luxatio volaris articulationis
carpometacarpeae V.
Der 25jährige, kräftige Mann, Maschinenmeister in einer Druckerei,
kam vor 10 Monaten mit seiner linken Hand zwischen Fundament und
Stahlcylinder einer im Gang befindlichen Steindruckschnellpresse. Die
Hand wurde, auf der ulnaren Kante stehend, so fest zusammengepresst,
dass die starke Haut der Palma platzte, die basalen Bänder der
Mittelhandknochen rissen und die letzteren mit ihrer Basis auf den
Rücken der vorderen Reihe der Handwurzelknochen zu liegen kamen;
die Basis des Kleinfinger-Metacarpus verlagerte sich nach der Volar-
seite des Carpus. Die Hand ist um 2 cm verkürzt, stark verdickt
und erscheint zusammengestaucht. In der Mitte des Carpus auf dem
Handrücken bilden die Basen der Metacarpalknochen des Zeige-, des
Mittel- und des Ringfingers einen starken Vorsprung, während die
Basis des V. Metacarpus volarseits schräg nach dem Ring- und dem
Mittelfinger zu dislocirt ist. Die luxirten Mittelhandknochen sind
in der Längsrichtung verschieblich, und es lässt sich durch starken
Zug am vorderen Ende der Mittelhand bezw. an den Fingern die
Verkürzung der Hand um 1—1,5 cm ausgleichen. Die Reposition,
welche in frischen Fällen leicht gelingen soll, fand in der starken
Narbenspannung der Volarhaut ein unüberwindliches Hindernis;
jeder operative Eingriff wird verweigert. Die verbliebenen Funktions-
störungen bestehen in aufgehobener Beugefähigkeit der Fingergrund-
gelenke und in Beugekontraktur der Fingerendgelenke; die Hand
kann nicht zur Faust geschlossen werden, vielmehr beträgt bei größt-
möglicher aktiver Fingerbeugung die Distanz der Fingerspitze von
der Vola beim Zeigefinger 2 cm, beim Mittelfinger 3 cm, beim Ring-
finger 6 cm, und beim Kleinfinger 4 cm. Der Daumen ist frei, eben
so das Handgelenk.
Fall II zeigt Luxatio articulationis carpometacarpeae I (pollicis)
et II, Subluxatio articulationis carpometacarpeae III et IV und ist
in nahezu gleicher Weise entstanden wie der I. Fall.
11*
— 164 —
Der 19jährige Maschinenmeister gerieth vor 7 Monaten mit seiner
rechten Hand gleichfalls in eine Buchdruckschnellpresse, in der die
Hand stark zusammengedrückt, die Volarhaut gesprengt und sämmtliche
Mittelhandknochen mit Ausnahme des letzten aus ihren normalen
Gelenkverbindungen mit dem Carpus gelöst wurden. Der Daumen ist
dabei seitlich, radialwärts dislocirt und an der radialen Seitenfläche des
Os multangulum maj. ca. 1 cm hinaufgeschoben. Der Metacarpus II
ist dorsal luxirt und ruht mit seiner Basis auf der dorsalen Fläche
des Multangulum min. auf. Die Metacarpi III et IV sind dorsal sub-
luxirt. Die stark deformirte Hand steht ulnarflektirt, die Finger-
grundgelenke leicht überstreckt; die aktive Beugung dieser Grund-
gelenke ist aufgehoben. Der Daumen kann nicht genügend gestreckt
und abducirt werden. Die Dorsalflexion im Handgelenk ist bis auf
20° herabgesetzt, während die Volarflexion frei ist. Die Hand ist kraft-
los, vermag nur zwischen Daumen und Zeigefinger leichte Gegen-
stände zu fassen; die Muskulatur des Unterarmes ist abgemagert.
Die Reposition, unmittelbar nach der Verletzung ‚unterlassen, ist jetzt
nur noch auf operativem Wege möglich, wozu sich der Pat. noch
nicht entschließen kann. (Selbstbericht.)
80) Sprengel (Braunschweig). Über die traumatische Lösung
der Kopfepiphyse des Femur und ihr Verhältnis zur Coxa vara.
Vortr. hatte in letzter Zeit Gelegenheit, 2 veraltete Fälle von
traumatischer Lösung der Kopfepiphyse des Femur zu behandeln und
durch Resektion oberhalb des großen Trochanters die Präparate zu
gewinnen.
Die Fälle erhalten dadurch ein besonderes Interesse, dass sie
die typischen Symptome der Coxa vara darboten. Beide Male fand
sich Hochstand des Trochanter, Außenrotation, Bewegungshemmung.
In beiden Fällen wurde zunächst jedes Trauma geleugnet. Erst
nachdem durch die Operation die Präparate gewonnen und an ihnen,
namentlich mit Hilfe von Röntgen-Photogrammen, die von ausge-
sägten frontalen Knochenscheiben genommen wurden, die Epiphysen-
lösung mit Sicherheit festgesellt war, konnte durch nochmaliges ge-
naues Nachforschen ein leichtes Trauma nachgewiesen werden.
S. ist der Ansicht, dass nach diesen Erfahrungen eine sichere
Unterscheidung zwischen alter traumatischer Epiphysenlösung und
Coxa vara (speciell der von Kocher so bezeichneten Form) auf Grund
der bisher angenommenen Kennzeichen nicht möglich ist. Man wird
gut thun, die Möglichkeit einer Epiphysentrennung mehr, als anschei-
nend bisher geschehen ist, im Auge zu behalten. Will man die be-
schriebenen Fälle unter den Begriff der Coxa vara einreihen, was nach
dem klinischen Bilde erlaubt ist, so müsste man sie als Coxa vara
traumatica bezeichnen.
Therapeutisch empfiehlt Vortr., sich nicht principiell für die
eine oder andere der vorgeschlagenen Operationsmethoden, Resektion
ER,
— 165 —
oder Osteotomie im Schenkelhals, zu entscheiden, sondern je nach
Umständen zu verfahren. Ist ein operatives Verfahren angezeigt, so
thut man gut, von einem von Vortr. als Beckenrandschnitt bezeich-
neten großen Winkelschnitt aus die Hüftgelenksgegend freizulegen
und nach dem Befund die Osteotomie im Schenkelhals oder Resektion
auszuführen. (Selbstbericht.)
Diskussion: Hofmeister (Tübingen) weist darauf hin, dass
nicht nur unter solchen komplicirten Verhältnissen das Röntgenbild
keinen Aufschluss giebt, sondern dass auch bei gewöhnlichen Fällen
von Coxa vara sehr leicht Irrthümer unterlaufen können. H. zeigt
an einer Reihe von Röntgenaufnahmen, wie verschiedene Bilder bei
ein und derselben Hüftaffektion zu Stande kommen, je nach der
Lage des Beines und der Stellung der Lampe. Es ist daher prak-
tisch wichtig, die Aufnahme stets bei der gleichen Stellung der
Lampe und des Beines, am besten Mittelstellung oder Innendrehung,
zu machen. E. Martin (Köln).
Joachimsthal (Berlin) weist an der Hand einiger Röntgen-
bilder darauf hin, dass man bei Kranken mit Coxa vara, um einen
guten Überblick "über die Verhältnisse des Schenkelhalses zu ge-
winnen, eben so wie dies König für gewisse Fälle von angeborener
Hüftverrenkung empfohlen hat, Aufnahmen: bei möglichst einwärts
rotirtem Oberschenkel zu machen habe. J. berichtet fernerhin über
eine Form von Coxa adducta, die er an Präparaten von schlecht
geheilten Brüchen der Diaphyse des Femur gefunden hat. Nimmt
hier das untere Fragment eine Adduktionsstellung zum oberen an, so
verkleinert sich auch der Winkel, den Schaft und Hals des Ober-
schenkels mit einander bilden, ev. bis zu einem Winkel von 100°.
Es ergiebt sich hiermit ein neues Beispiel für die von J. Wolff an
einer großen Zahl von Präparaten erwiesene Thatsache, dass bei
schief geheilten Frakturen und anderen Deformitäten Veränderungen
zweckentsprechender Natur, beispielsweise der Markhöhlenform, an
weit von der Bruchstelle entfernten Knochenpartien sich abspielen.
(Selbstbericht.)
81) Doyen (Paris). Neue Methode zur blutigen Einrichtung
der angeborenen Hüftgelenksluxation.
D. bespricht eine neue Methode der blutigen Reduktion der
angeborenen Hüftgelenksluxation, welche bei Fällen bis zum 18. oder
20. Lebensjahre und darüber anwendbar ist.
Die Operation umfasst drei Akte:
1) Die Loslösung des Femurkopfes.
2) Die Wiederherstellung der Pfanne.
3) Die Einrenkung.
— 166 —
1) Die Loslösung des Schenkelkopfes.
- ` Die Pseudarthrose wird freigelegt durch einen senkrecht auf
den inneren Rand des Musculus tensor fasciae latae geführten Schnitt,
welcher, im Bogen nach hinten verlaufend, unter der Spina anterior
superior bis in die Nähe des Schenkelkopfes geht. — Nach Durch-
trennung des Muskels und seiner Aponeurose wird die Kapsel er-
öffnet, resecirt und der Schenkelkopf im ganzen Umfange des Halses
freigelegt.
Die wahre Gelenkpfanne wird jetzt mit Hilfe eines Wundhakens
unter der Sehne des Musculus rectus femoris sichtbar gemacht.
2) Wiederherstellung der Pfanne.
D. setzt jetzt auf die Stelle der Pfanne einen schneidenden
Hohlcylinder, an dessen unterem Ende sich 4 gekrümmte Zähne
befinden, die so arbeiten, dass sie das die Gelenkpfanne ausfüllende
Gewebe in schmalen Spänen heraushobeln. Wird jetzt die Röhre
in der gegebenen Richtung gedreht, so wird der Knochen ent-
sprechend ausgehöhlt, und die Späne steigen aufwärts in das Rohr.
Man fühlt bald einen Widerstand: die Schabfläche des Instruments
hat die harte Knochenlamelle erreicht, welche die Wand der Becken-
höhle bildet. — Die Oberfläche der Pfanne wird jetzt polirt, indem
man den Tubus in umgekehrter Richtung dreht. —
3) Einrenkung des Femurkopfes.
Die Einrichtung ist sehr leicht bei kleinen Kindern. — D. macht
sie in der folgenden Weise: der Assistent zieht an der unteren
Extremität, der Operateur drückt mit seinen beiden Daumen zu-
gleich auf den großen Trochanter und den Schenkelkopf und be-
fördert den letzteren in die Pfanne.
Wenn die Reposition nicht beim ersten Versuch gelingt, führt
man sie mit dem vorgezeigten Apparat aus; — eben so immer bei
älteren Pat.
Dieser Apparat, der direkt auf das obere Femurende wirkt, und
welcher den Maximaleffekt der angewendeten Kraft zu erzielen
gestattet, besteht aus einer nur um die senkrechte Achse drehbaren
Hauptstütze, an deren oberem Ende ein horizontal gestellter Arm
gleitet. Dieser Arm, der sich nicht drehen kann, endet in einer
quergestellten cylindrischen Manschette. Durch diese hindurch geht
ein starkes Schraubengewinde, dessen eines Ende den senkrecht
verschiebbaren Repositionsstab aufnimmt, welcher unten löffelförmig
endigt.
Mit diesem Löffel wirkt man auf den Schenkelkopf oder den
großen Trochanter.
An dem oberen Ende des Repositionstabs setzt sich ein Hebel
an, am hinteren Ende des Schraubengewindes ein kräftiges Schrau-
benrad.
— 167 -—
Der Pat. wird horizontal gelagert, die Symphysis oss. pub. mit
der Hauptstütze des Apparats in Kontakt gebracht. `
Das Becken wird auf einem mit zahlreichen, symmetrisch an-
geordneten Löchern -durchbohrten Brette fixirt. mit Hilfe von 6 bis
8 Holzstäbchen, welche die Beckenschaufeln umrahmen. — Der Arm
des Apparats, welcher das Schraubengewinde trägt, wird auf die
gewünschte Länge ausgezogen und der Löffel an den großen Trochanter
oder den Femurkopf angelegt. Man dreht jetzt den ganzen Apparat
15—25° um seine Achse und stellt das Schraubengewinde so, dass
es den Femurkopf nach der Pfanne dirigirt.
Dann dreht man langsam das Rad, welches das Schrauben-
gewinde anzieht. — Wenn der Schenkelkopf hierdurch genügend
herabgedrückt ist, führt man am Hebel des Repositionsstabes eine
Rotationsbewegung nach innen aus, der Kopf gleitet leicht in die
Pfanne, und der Repositionsapparat wird in toto herausgehoben.
Das Operationsfeld wird mit schwacher Karbollösung gewaschen,
ausgetupft, und die Wunde genäht. Ein Glasdrain wird in den
unteren hinteren Wundwinkel eingelegt und die Naht mit sterili-
sirten Kompressen bedeckt.
Für die Anlegung der Binden und die Anfertigung des Gips-
verbandes wird der Pat. auf einen allseitig zugänglichen Metall-
rahmen aus beweglichen Stäben gehoben. Bis der Verband trocken
ist, bleibt der Pat. auf der Bahre, nur mit Stützen unter Schultern
und Füßen. — Der Gipsverband muss vom Thorax bis unter das
Kniegelenk gehen. — Das operirte Glied wird in leichte Abduktions-
stellung gebracht.
Dieser Verband wird am nächsten Tage vorn mittels zweier
eingegipster Metallstäbe verstärkt, und für den Verbandwechsel
wird ein Fenster eingeschnitten. Passive Bewegungen werden um
die 3. oder 4. Woche begonnen.
Dieser Einrichtungsmodus der angeborenen Hüftgelenksluxation
ist den bisher angewandten Methoden weit überlegen: 1) durch die
Art der Wiederherstellung der Gelenkpfanne, welche bisher die An-
wendung von Meißeln, scharfen Löffeln und anderen schwer und
mühsam hantirbaren Instrumenten erforderte. 2) Mit dem mechani-
schen Repositionsapparat können schwere Fälle, selbst bei Erwach-
senen, operirt werden.
Außerdem kann die Wunde primär vernäht werden, da die
Operation von kurzer Dauer ist und glatte Wundverhältnisse schafft.
Die primäre Vernähung ist für die Erreichung einer guten Beweg-
lichkeit im Gelenk bedeutend günstiger als die Tamponade.
Die bei Dis Operationen entfernten Kapselreste waren 5—6 mm
dick, die Knochenmasse, die er zur Bildung der neuen Pfanne ent-
fernen musste, war fast so groß als der Femurkopf. Er kann dess-
halb nicht verstehen, wie man auf unblutigem Wege die Reposition
ausführen will. Selbst wenn es möglich wäre, den Schenkelkopf
— 168 —
genügend herabzuziehen, kann man ihn doch nicht in eine Pfanne
bringen, die gar nicht existirt, sondern vollständig obliterirt ist.
Die blutige Einrichtung ist desshalb das einzige wirksame Ver-
fahren bei der angeborenen Hüftgelenksluxation.
Die neue Methode ermöglicht, diese Operation mit einer bis-
her nicht erreichten Sicherheit und Vollkommenheit auszuführen.
{Selbstbericht.)
82) Rosenberger (Würzburg). Über operative Behandlung
der Refrakturen der Patella.
R. stellt einen Mann vor, bei dem er am 30. Juli 1896 wegen
Refraktur der Patella eine knöcherne sehnige Plastik ausgeführt
hatte. Der Mann hatte im Januar 1895 zum ersten Male die rechte
Patella gebrochen und im Oktober desselben Jahres die bindegewebige
Vereinigung wieder aus einander gerissen. 8 Monate später kam er,
von der Berufsgenossenschaft als vollständig erwerbsbeschränkt erklärt,
in die Behandlung R.'s.
Das Bein war hochgradig abgemagert. Pat. ging mit einem
Stocke. Das Kniegelenk konnte gar nicht gebraucht werden, beim
Gehen wurde das Bein als Ganzes durch eine Drehung am Becken
nach vorn gestellt. Die Diastase der Bruchenden betrug 7 cm, das
Ligamentum patellae war auf eine Länge von 1,5 cm zusammen-
geschrumpft, während das der anderen Seite eine Länge von 5cm
aufwies.
Zunächst wurde versucht, durch Massage die atrophische Mus-
kulatur des ganzen Beines, speciell aber die des Quadriceps zu
kräftigen, was nur sehr allmählich und in sehr geringem Grade gelang.
Von der Ansicht ausgehend, dass ein geschrumpfter Muskel
sich von selbst wieder regelt, wenn es gelingt, eine sehnige Verbindung
mit dem Ansatzpunkt herzustellen, verfuhr R. folgendermaßen: Mit
einem Längsschnitt, der im unteren Drittel des Oberschenkels begann,
über die Mitte der gebrochenen Patella nach unten führte und bis
unter die Tuberositas tibiae reichte, wurden die beiden Bruchenden
mit der bindegewebigen Zwischensubstanz bloßgelegt. Alsdann
wurde ein Skalpell ungefähr 1 cm oberhalb des oberen Randes der
Patella quer auf die Sehne des Quadriceps angesetzt und gegen
den Rand der Patella geschnitten, aber nicht durch die ganze
Dicke der Sehne, sondern in schräger Richtung von oben nach
unten, so dass das Skalpell etwa in der Mitte der Sehne am Patel-
larrand ankam. Dadurch wurde ungefähr ein 1 cm langes Sehnen-
stück abgetrennt. In diesem Schnitt wurde nun eine Stichsäge
angesetzt und das obere Bruchende in der Mitte quer von oben
nach unten durchsägt. Sobald die Säge am unteren Rand, be-
ziehungsweise am Beginn der bindegewebigen Zwischensubstanz
angekommen war, wurde mit dem Sägen ausgesetzt und die abgesägte
Knochenplatte nach unten umgeschlagen. Auf diese Weise blieb die
— 169 —
abgesägte Knochenplatte mit der bindegewebigen Zwischensubstanz
in Verbindung und dadurch ernährt.
In derselben Weise wurde dann am unteren Bruchstück vor-
gegangen. Es wurde dort zuerst wieder ein Stück vom Ligamentum
patellae gegen den unteren Rand des unteren Bruchstücks ab-
geschnitten, dann in diesem Schnitt das Bruchstück von unten nach
oben quer durchsägt und in derselben Weise nach oben umgeklappt,
wie es beim oberen nach unten geschah. Nachdem beide Knochen-
platten gegen einander umgeschlagen waren, berührte der Rand des
abgeschnittenen Theils der Quadricepssehne den Rand des abge-
trennten Theils des Ligamentum patellae. Mit aseptischer Seide
wurden diese beiden sehnigen Ränder quer herüber zusammengenäht,
und auf diese Weise war eine theils knöcherne, theils sehnige Ver-
bindung zwischen Musculus quadriceps und seinem Ansatzpunkt,
der Tuberositas tibiae, hergestellt, während die darunter liegende
bindegewebige Zwischensubstanz erhalten blieb. Man könnte den
Eingriff eine osteotendinöse Verlängerung des Musculus quadriceps
nennen.
Zum Schluss wurde der Hautschnitt vernäht, ein aseptischer
Verband angelegt, das Bein in einen Blechstiefel gebracht und
hoch gelagert.
Die ganze Operation wurde unter Esmarch’scher Blutleere
ausgeführt, der Schlauch erst nach Anlegen des aseptischen Ver-
bandes entfernt.
Pat. blieb über 5e Wochen im ersten aseptischen Verband und
im Ganzen 6 Wochen ruhig liegen.
Das Gelenk kann um einen Winkel von 70° gebeugt werden,
und vermag Rubrikat mit erhobenem Bein 4—5mal freie Beugungen
und Streckungen hinter einander auszuführen. Er ist zu 50% erwerbs-
fähig erklärt und dient seit einem Jahre wieder bei einem Bauern.
Bei einem anderen Pat. mit Refraktur der Patella, der am
7. Nov. 1897 operirt wurde, war die Diastase geringer, und genügte
es desshalb, nur das obere Bruchstück quer zu durchsägen und nach
unten zu schlagen. Das Sehnenstück vom Quadriceps wurde in
diesem Falle an das Periost des unteren Bruchstücks angenäht.
Auch dieser Pat. geht jetzt seiner Beschäftigung als Viehhändler
wieder nach.
In einem 3. Falle gelang es, die Bruchenden an einander
zu bringen, und wurde desshalb in diesem Falle von einer Plastik
abgesehen. (Selbstbericht.)
83) Ingenieur M. Levy (Berlin) demonstrirt eine von ihm kon-
struirte einfache Röntgeneinrichtung, welche insbesondere den Bedürf-
nissen des praktischen und Specialarztes so wie der Kriegschirurgie
angepasst ist. Sämmtliche zur Diaskopie und Diagraphie erforder-
lichen Einzelapparate sind in einem auf Rollen fahrbaren kasten-
— 170 —
artigen, hübsch ausgestatteten Schrank untergebracht. Die An-
ordnung bietet folgende Vortheile:
Der Apparat wird fix und fertig montirt versandt, ist jederzeit
betriebsbereit, nimmt wenig Raum ein, kann in jedem Sprechzimmer
untergebracht oder ans Krankenbett transportirt werden, ist in seinen
einzelnen Apparaten gegen Beschmutzung und Beschädigung geschützt,
kann an allen Stellen äußerlich berührt werden; die Ein- und Aus-
schaltung der Röhre geschieht mittels eines einfachen, von außen
zu handhabenden Handgriffes. Die Handhabung ist daher eben so
einfach, wie die der bekannten Instrumentarien für Galvanisation,
Faradisation etc. (Selbstbericht.)
84) Levy-Dorn (Berlin). Eine Vorrichtung zum Schutz des
Untersuchers gegen X-Strahlen und zur Erzielung scharfer
Bilder’.
Angesichts der Thatsache, dass die Röntgenstrahlen unter Um-
ständen schädlich wirken können, entsteht für Alle, welche sich
häufig und lange mit ihnen beschäftigen müssen, die Aufgabe, an
Schutz dagegen zu denken. Ganz besonders trifft dies für Unter-
suchung mit Fluorescenzschirm zu.
Bei der gewöhnlichen Art der Einrichtung befindet sich das
Röntgenrohr frei in einer Holzklemme des Stativs. Die Strahlen
treffen nirgends auf ein Hindernis außer dort, wo sie durch den
Untersuchungsgegenstand schreiten, welcher sie aber auch nur un-
vollständig zurückhält. Der Beobachter ist also fast schutzlos den
Strahlen preisgegeben.
Es liegt der Gedanke nahe, das Bild durch geeignet aufgestellte
Spiegel aus dem Bereich der X-Strahlen herauszuwerfen, um durch
sie unbehelligt zu bleiben. Aber solche Einrichtungen fallen zu
umständlich aus, als dass sie sich bei Untersuchung großer Objekte
bewähren können.
Der Apparat, welchen L.-D. konstruirt hat, und der von jedem
Drechsler leicht nachgemacht werden kann, beruht auf dem Princip,
die Strahlen nach Möglichkeit vom Beobachter abzublenden.
Das Rohr befindet sich in einem besonderen Kasten an einer
verstellbaren Klemme befestigt. Die der Antikathode gegenüber-
liegende Wand ist mit einer 4 mm dicken Bleiplatte belegt, aus
deren Mitte eine Scheibe von 12 cm Durchmesser ausgeschnitten
ist. Die Öffnung kann durch eine einfache Blende (2 leichte über
einander verschiebbare Rechtecke) nach Belieben verengt werden.
Auf dem parallel zur Blendöffnung gehaltenen Fluorescenzschirm
wird beim Betrieb des Rohres eine aufleuchtende Scheibe entstehen,
die den Gang der unbehinderten Strahlen verräth. Um nun den
1 Vgl. Zeitschrift für Krankenpflege 1698. April. p. 95.
— 11 —
Beobachter auch gegen diese zu schützen, ist am Schirm über der
Fluorescenzschicht eine 9 mm dicke Spiegelglasscheibe befestigt, welche
die Fluorescenzstrahlen leicht hindurchlässt, aber den X-Strahlen
erheblichen Widerstand bietet.
Die auf dem Holzrahmen des Schirms lastende Scheibe bringt
noch nebenbei 2 Vortheile. Sie wirkt dem sogenannten Werfen des
Rahmens, einer Folge des Austrocknens des Holzes, entgegen und
sie stellt eine stets bereite Fläche für das Aufzeichnen der Schatten-
kontouren mittels Fettstift dar.
Am Rahmen des Schirms lässt man vortheilhaft noch 2 seitliche
Handhaben anbringen, damit die Finger, welche ihn halten, immer
möglichst weit vom Rande abstehen und sich im Schatten, von der
Blendöffnung entfernt, befinden. Die Grundfigur des Kastens bildet
ein Würfel von 26,5 cm Länge.
Damit ohne Unbequemlickeit von der Durchstrahlung (mit Hilfe
des Schirms) zur Photographie übergegangen werden kann, sind am
Kasten 2 Paar Holzhaken angebracht. Er kann dadurch, ohne dass das
Rohr herausgenommen und aus seinen Verbindungen gelöst zu
werden braucht, hinter einander so aufgehängt werden, dass das eine
Mal die Strahlen horizontal, das andere Mal von oben nach unten
gerichtet sind.
Die beschriebene Vorrichtung ist auch zu benutzen, wenn es gilt,
schärfere Bilder zu erzielen. Bekanntlich erzeugen die X-Strahlen
überall, wo sie hintreffen, sei es auf das Glas der Röhre, die Luft-
molekel, die Fleischtheile des Körpers oder die Unterlage, auf welcher
der Pat. liegt, neue Ausstrahlungsherde. Könnten wir die X-Strahlen
sehen, so würden sie uns, um ein Bild Röntgen’s zu gebrauchen,
wie das Licht in einem mit Tabakrauch erfüllten Zimmer erscheinen.
Diese diffuse Strahlung bildet nun einen Grund, wesswegen die
Röntgenbilder nicht scharf ausfallen. Es muss daher unser Be-
streben sein, die Strahlen nach Möglichkeit abzublenden, sie nicht
weiter zum Objekt zuzulassen, als für die Aufnahme dringend nöthig
ist. Walter empfiehlt in Heft 2 und 3 der » Fortschritte auf dem
Gebiete der Röntgenstrahlen < erstens die diffusen Strahlungen aus
dem Rohr durch möglichst enge und dem Rohr möglichst nahe
Blenden zu beschränken, zweitens die zu untersuchende Person auf
eine Bleifläche zu lagern und endlich zwischen Person und Rohr
noch ein zweites Diaphragma aus Blei mit Blendvorrichtung zu
bringen, um die Strahlung aus der Luft möglichst unschädlich zu
machen.
Es ist einleuchtend, dass der oben beschriebene Rohrkasten den
einen Theil der Aufgabe bequem erfüllt; es gelingt mit ihm, die
diffuse Strahlung des Rohrs in einfacher Weise abzublenden.
Das zweite Diaphragma zwischen Pat. und Rohr wird bei
Walter durch eine Bleikiste gebildet. Redner fand es zweckmäßiger
auf die Bleidecken der Seitenwände zu verzichten und für die Kiste
einen einfachen Deckel mit verstellbaren Füßen von 40 cm Länge
— 172 —
zu verwenden. Das Diaphragma ist hierdurch für Kinder, wie
Erwachsene, für dicke, wie dünne Personen gleich anwendbar.
(Selbstbericht.)
85) Graser (Erlangen). Demonstration von Instrumenten.
a. Nadelhalter, besonders für fortlaufende Darmnaht. Bequeme
Form der Knotenbildung.
Wer gewöhnt ist, mit dem Nadelhalter zu nähen, hat gewiss
schon oft den Wunsch empfunden, einen Nadelhalter zu besitzen,
der die Hand so weit frei lässt, dass man mit den Fingern, be-
sonders Daumen und Zeigefinger, Einiges vornehmen kann, z. B.
einen Knoten schlingen, die Wundränder zurecht richten u. dgl.,
ohne dass man genöthigt ist, den Nadelhalter aus der Hand
zu legen. Besonders bei der fortlaufenden Darmnaht macht sich
Fig. 1.
Nadelhalter.
dieser Wunsch oft geltend. Desswegen haben Viele in der Neuzeit
ganz auf die Benutzung des Nadelhalters verzichtet und sich ein-
geübt, auch kleine, stielrunde Nadeln mit den Fingern zu führen.
Nach mancherlei Bemühungen glaubt der Vortr. ein Modell ge-
funden zu haben, das im Princip diesen Anforderungen entspricht,
wenn es auch noch mancher Verbesserung fähig ist. Die eine längere
Branche des zangenförmigen Nadelhalters ist mit einem Ring ver-
sehen, in welchen der kleine Finger gesteckt wird. Der Schluss
wird durch den Druck des Daumens auf die andere Branche ge-
leistet. Durch die Fixirung am kleinen Finger kann man, wenn
der Daumen von der zweiten kürzeren Branche entfernt ist, die
— 173 —
Finger ganz frei bewegen, ohne den Nadelhalter aus der Hand zu
legen. Um den nöthigen Spielraum besonders für die Supinations-
bewegung der Hand zu erzielen, muss das Maul des Nadelhalters
schräg gestellt sein. In der Regel geht es wohl, ohne dass der
Nadelhalter durch eine einschnappende Feder arretirt wird. Der
Fig. 2.
Nadelhalter.
ie er e AE m
Knotenbildung nach Photographie.
Vortr. hat auch solche mit einschnappendem Schloss konstruiren
lassen, die aber weniger handlich sind. Einige Kollegen haben nach
dem Gebrauch ein günstiges Urtheil gefällt. — Der Nadelhalter ist
zum Preis von 7 # bei Instrumentenmacher Kleinknecht in Er-
langen zu beziehen.
— 174 —
Gleichzeitig demonstrirt der Vortr. eine sehr bequeme Art, den
Knoten zu schlingen, wobei die Fingerspitzen der rechten ‚Hand
nicht mitzuwirken brauchen, besonders bequem für den Anfang einer
fortlaufenden Naht oder für das Anfügen eines längeren Fadens an
ein kurzes, herausstehendes Ende. Das lange, gegen die rechte Hand
gerichtete Ende des Fadens wird um den Daumen und Zeigefinger
der linken Hand in Form einer offenen Schlinge herumgeführt, dann
ergreift Daumen und Zeigefinger der linken Hand mit den aus der
Schleife vorstehenden Spitzen das andere Ende des Fadens und zieht
es durch die noch weite Schlinge heraus. Durch Anziehen an beiden
Enden wird dann der einfache Knoten geschlossen und in gleicher
Weise ein zweiter hinzugefügt.
Zunächst erscheint diese Art nicht als eine besondere Ver-
einfachung. Wer sich aber etwas darauf einübt, wird die wesent-
liche Vereinfachung und Erleichterung für viele Fälle wohlthuend
empfinden.
b. Nahtträger, nach Angabe von Prof. v. Heineke.
Diese einfache Vorrichtung besteht aus einem durchlöcherten
Nickelblech mit aufgebogen durchlochten Rändern. Die eingefädelten
Nähte werden durch Knoten auf dem Nahtträger befestigt, alle
Nahtträger nach v. Heineke.
Knoten auf derselben Seite. Nun kann man die zum Nähen be-
reiten Nähte mit den Instrumenten in gewöhnlicher Sodalösung
durch Auskochen sterilisiren und in großer Anzahl gebrauchsfertig
bereit halten. Durch Abschneiden des Knotens werden die einzelnen
Nähte der Reihe nach von dem Nahtträger entfernt, mit Pincette
und Nadelhalter, ohne Benutzung der Finger.
Namentlich für einzelne Seidennähte bei der Darmnaht oder
beim Operiren ohne geschultes Hilfspersonal, besonders beim Ope-
riren in der Privatpraxis ist der Apparat eine große Frleichterung,
bietet auch gegen Stichkanaleiterung, besonders unter den angezoge-
nen Verhältnissen, eine große Garantie. Die Zahl der auf den Träger
befestigten Einzelnähte, so wie die Länge der Füden kann nach Be-
lieben verändert werden. Der Nahtträger hat sich bei mehrjähriger
Verwendung sehr gut bewährt.
Zu beziehen von Instrumentenmacher Kleinknecht in Erlangen
zum Preis von 4 M.
— 1735 —
e Darmklemme mit Obturator, besonders für Exstirpdtio
recti.
Die meisten Operateure verwenden zum
Festhalten und MHerunterziehen des von
dem After losgelösten Rectums mehrere
Balkenzangen. Wenn möglich, wird dann
über diese eine Ligatur zum Abschluss des
Darmlumens geleg. Dass die an dem
schlaffen Darm eintretende Faltung und
Zusammenpressung unangenehm ist, hat
Jeder schon oft empfunden. Das Bestreben,
das Halten und den Abschluss des
Darmes in zweckmäßiger Weise zu ver-
einigen, hat zur Verwendung einer Zange
geführt, welche aus einem in das Darm-
lumen einzuführenden gestielten Pfropf
und einer Zange mit zwei halbkreisförmi-
gen Fass-Enden und Arretirvorrichtung
besteht. Der Pfropf wird zuerst in den
Darm eingeführt, dann darüber die Zange
fest geschlossen; nun kann der Stiel des
Pfropfes noch an einem vorstehenden
Zapfen der Zange befestigt werden. Eine
besondere Annehmlichkeit ist auch, dass es
jeden Augenblick leicht möglich ist, das
Darmlumen wieder frei zu machen, wenn
es im Verlauf der Operation wünschens-
werth ist, sich durch den eingeführten
Finger von der Dicke der Darmwand und
deren Fixation zu überzeugen.
Zu beziehen von Instrumentenmacher
Kleinknecht in Erlangen zum Preise von
Th.
(Selbstbericht.)
Fig. 5.
Darmklemme mit Obturator.
86) E. Senger (Krefeld). Vorstellung eines Irrigatorständers
mit beliebig verstellbarer Druckhöhe
des automatisch sich
fest klemmenden Aufhängehakens.
Der Irrigatorständer, vorzüglich geeignet für gynäkologische und
urologische Zwecke, besteht aus einem eisernen Stativ st, an dem
eine leicht verschiebbare Hülse 4 auf und nieder gleitet oder auch im
Kreise herum sich bewegen kann. Die Hülse ist an einer Stelle
— 116 —
durch einen Schlitz durchbrochen; in diesen Schlitz geht das eine
Ende des Aufhängehakens hinein und stemmt sich gegen das eiserne
Stativ an, und zwar um so fester, je schwerer die aufgehängte Last
‚ist. Der Aufhängehaken
stellt demnach einen Hebel
dar, der seinen Drehpunkt
vor dem Schlitz im Punkt d
hat, dessen eines Ende zum
Tragen des Irrigators dient,
dessen anderes Ende ver-
möge seiner schrägen Stel-
lung von unten nach oben
bei der geringsten Belastung
des Hakenendes sich gegen
das Stativ stemmt und so
eine automatische Feststel-
lung bewirkt. Will man den
Irrigator höher stellen, so
schiebt man einfach die
Hülse von unten nach oben
in die gewünschte Höhe;
soll der Irrigator tiefer ste-
hen, so drückt man den
Hebel im Schlitz etwas her-
ab, und der Irrigator gleitet
vermöge seiner Schwere fast
selbst hinab. Das Loslassen
- des Hebels bewirkt sofort
eine Feststellung des Irriga-
tors. Das Princip des Hebels
kann natürlich auch für andere Zwecke, z. B. Extensionszwecke etc.,
eben so bequem verwendet werden. Zu beziehen ist der Irrigator-
ständer durch Herren Lentz & Comp., Berlin, Ziegelstraße 3.
(Selbstbericht.)
87) Riedel (Jena). Demonstration eines galvanokaustischen
Apparates zur Entfernung von Granulationen aus dem Nasen-
Rachenraum.
Am [Gottstein’schen Ringmesser ist der Ring zum größten
Theil aus Platin hergestellt; die Leitung verläuft in dem mit Asbest
umwickelten Stiele des Instruments; die Schließungsvorrichtung be-
findet sich an der Accumulatorenbatterie; letztere muss sehr stark
sein, weil der Platinhalbring einen erheblichen Durchmesser hat.
Nachdem der Pat. narkotisirt ist, wird die Uvula mit scharfen
Häkchen vorgezogen, das Instrument an die hintere Rachenwand
geführt, und der Strom eine Minute lang geschlossen; der Ring
pflegt sodann voll von abgetrennten Granulationen zu sitzen.
— 17 —
Der Apparat ähnelt dem von Capart angegebenen; er ist hier
vom Instrumentenmacher Füllenbach konstruirt worden.
(Selbstbericht.)
88) L. Casper (Berlin) demonstrirt sein verändertes Ureter-
cystoskop, dessen Vorzüge gegenüber dem alten im Wesentlichen
folgende sind:
1) Das Instrument ist leichter und handlicher.
2) Das Gesichtsfeld ist heller. Es ist, wenn auch natür-
lich kleiner als das der gewöhnlichen Cystoskope, so hell, dass man
dieses Instrument, dessen Rinne mit dem massiven Mandrin an-
gefüllt wird, als gewöhnliches Untersuchungscystoskop
brauchen kann. Eine Ausnahme bilden diejenigen Fälle, in denen
die Urethra für das immerhin starke Kaliber von No. 24 Charriöre
nicht durchgängig ist.
3) Die Krümmungen, die der Ureterkatheter ein-
schlagen kann, sind ausgiebiger.
Es bedarf für den Kundigen nur des Hinweises, dass dieses
Instrument auch als Irrigationscystoskop gebraucht werden kann.
Für diesen Zweck führt man einen Ureterkatheter so weit durch
den Kanal, dass das Auge desselben in der Blase liegt, dann kann
man durch diesen Katheter die Blasenflüssigkeit ablassen oder er-
neuern, wie es nöthig erscheint.
C. demonstrirt dann sein Operationscystoskop, das ausführlich
beschrieben ist in den Monatsberichten über die Gesammtleistungen
auf dem Gebiete des Harn- und Sexual-Apparates Bd. III. No. 3 1898.
(Selbstbericht.)
89) Luedecke (Berlin). Demonstration des Freudenberg-
schen modificirten Instrumentariums für die galvanokausti-
sche Behandlung der Prostatahypertrophie nach Bottini.
Die Modifikationen, die Freudenberg an dem galvanokausti-
schen Incisor angebracht hat, beziehen sich auf Verbesserung in
der Form, elektrotechnische Konstruktion und Handlichkeit des
Instruments, so wie vor Allem darauf, dass das neue Instrument
nicht nur mit den gewöhnlichen Antisepticis desinficirt, sondern auch
wie jedes andere chirurgische Instrument ohne Weiteres und in toto
durch Kochen sterilisirt werden kann. Der von Freudenberg an-
gegebene Accumulator zeigt als besondere Eigenthümlichkeit die Aus-
rüstung mit einem Amperometer, welches ermöglicht, die Glühstärke
des in der Blase befindlichen Messers mit dem Auge genau zu kontrol-
liren. Über seine weiteren Erfahrungen, die sich auf 32 Operationen
bei 27 Pat. belaufen, gedenkt Herr Freudenberg auf dem nächsten
Kongress zu berichten. (Selbstbericht.)
Chirurgen-Kongress 1895. 12
Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
Ee
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 27. Sonnabend, den 9. Juli. 1898.
Inhalt: L. Wullstein, Die anatomischen Veränderungen nach Calot’schem Redresse-
ment; schonendere Behandlung der Wirbeltuberkulose. (Original-Mittheilung.)
1) Meyer, 2) Floderus, Prostatahypertrophie. — 3) Brunner, Harnblasenbrüche, —
4) Gerhardt, Hämaturie. — 5) Pinner, Zur Nierenchirurgie. — 6) Wagner, Hydronephrose.
U. Grosse, Ein l.agerungsapparat zum Anlegen von fixirenden Beckenverbänden.
(Original-Mittheilung.)
7) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 8) Moty, Harnfistel. — 9) Bazy,
10) Baumgarten, Harnröbrenstriktur. — 11) Ljunggren, Harnröhrenplastik. — 12) Sacchi,
13) Witte, 14) Derinschinskl, 15) Korlowskl, Prostatahypertrophie. — 16) Bazy, Urethro-
cystoplastik. — 17) Berger, Blasen-Scheidenfistel. — 18) Ljunggren, Doppelharnblase.
— 19) Heidenhain, Hydronephrose. — 20) Houzel, Nierenechinokokken. — 21) Tuffier,
Nierentuberkulose.
Vergleich.
Die anatomischen Veränderungen nach Calot’schem
Redressement;
schonendere Behandlung der Wirbeltuberkulose.
Von
Dr. L. Wullstein,
Assistenzarzt an der kgl. chirurg. Universitätsklinik zu Halle a/S.
Die anatomischen Veränderungen, welche sich für Menard,
Brun und uns bei der allerdings bisher kleinen Zahl experimenteller
Redressements ergeben haben, bestanden, abgesehen von den bis
9 cm großen Diastasen, in Zerreißungen der Pleura, subpleuralen
und mediastinalen Hämorrhagien, geplatzten Abscessen, vollständiger
Lösung tuberkulöser Knochenstücke aus dem Zusammenhang,
Zerreißungen der Dura und Dehnung und Zerrung des Rücken-
marks; ferner werden die veränderten Druckverhältnisse im Thorax
vor Allem, so wie die Zerrung und Dehnung, denen die Brust- und
Bauchorgane bei dem plötzlichen, foreirten Redressement ausgesetzt
sind, sicherlich nicht immer gleichgültig für dieselben sein; es werden
Hämorrhagien im Wirbelkanal und im Mark nicht fehlen. Dazu
27
706 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
kommen die Gefahren, welche die Narkose in Bauchlage oder in
Suspension so wie der einschnürende Verband mit sich bringen.
Bei den 12 bisher veröffentlichten Todesfällen war 3mal die
Narkose, 3mal Bronchopneumonie, imal Meningitis und 1mal
Lungenzerreißung die Ursache, während in den übrigen 4 Fällen
die Todesursache sich nicht hatte feststellen lassen; wiederholt traten
üble Zufälle, wie Benommenheit, cerebrale Reizung und Lähmungen
auf, welche tage- und wochenlang das Leben gefährdeten.
Auf die Hauptfrage aber »Was wird aus der Diastase« lässt
sich eine bestimmte Antwort noch nicht geben. Bei sonst gesunden
Knochen und sonst gesunden Menschen wäre die Ausfüllung einer
so großen Lücke in der Wirbelsäule innerhalb von vielen Monaten
wohl möglich, bei einem so destruirenden Process wie der Tuber-
kulose aber, welche durch den gewaltsamen Akt eher noch in ein
florideres Stadium versetzt wird, ist sie nicht wahrscheinlich. Von
wo auch sollte eine derartige, ungeheure Knochenneubildung aus-
gehen? Das Periost fehlt in der ganzen Ausdehnung der nur von
tuberkulös erkrankten Knochen umgebenen Diastase.
Daher wollen denn auch jetzt die Einen schon nur noch eine
paragibbäre Korrektion erzielen, die Anderen etappenweise vorgehen
und die Dritten wollen unter scharfer Indikationsstellung schon nur
noch die leichteren Fälle nach der Calot’schen Art behandeln und
sich da ev. sogar mit einem nur theilweisen Resultat begnügen.
Die paragibbäre Korrektion ist nach unserer Ansicht nur auf die
ganz alten, mit großer Deformität und knöchener Ankylose geheilten
Fälle zu beschränken; bei allen anderen Fällen aber soll das von
Calot gesetzte Ziel erreicht werden, die vollständige Beseitigung der
Deformität und der tuberkulösen Entzündung unter möglichst günstigen
hygienischen Bedingungen und Ernährungsverhältnissen, aber im
Gegensatz zu Calot bei vollständiger Kontinuitätserhaltung
der erkrankten Wirbelsäule. Soll aber diese letzte Bedingung
erfüllt werden, so ist jedes Redressement ausgeschlossen,
ob vollständig oder partiell, durch welches in einem
einzigen kurzen Akt eine sichtbare Korrektion der
Deformität bezweckt und erreicht wird, da jede derartige
Korrektion Diastasen und damit auch alle oben geschilderten
Gefahren mit sich bringt. Bei vollständig freien Funktionsverhält-
nissen der Bauch- und Brustorgane muss unter ständiger Immo-
bilisirung und Entlastung ganz allmählich durch eine ständig kon-
trollir'bare und dosirbare Dehnung der kontrahirten Weichtheile
und der Wirbelsäule eine Transformation der Wirbel und ev. des
Thorax erreicht werden. Falls Komplikationen auftreten, muss bei
dem betreffenden Individuum die Behandlung jederzeit unterbrochen
und die jeweilige Korrektion durch ein Korsett fixirt werden
können. Diesen Forderungen kann aber nur gerecht werden ein
Lagerungsapparat.
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 707
Der von mir konstruirte Lagerungsapparat'! stellt sowohl ein
Redressionsbett als auch eine Redressionsschwebe dar; die letztere
wird nur ausnahmsweise benutzt, während in dem ersteren, welches
nach einem genauen Abdruck von dem Körper des betreffenden
Individuums — in dem vorliegenden Falle (s. Fig. 1) aus Holz —
gearbeitet ist, der Pat. sonst immer liegen soll.
Bei der Herstellung des Abdrucks liegt das Kind auf dem
Bauch und ist, damit das spätere Bett genügenden Raum für eine
sorgfältige Polsterung gewährt, mit einer bis zur Kniegegend herab-
reichenden, dicken Tafel Watte, über der ein Nesseltuch ausgebreitet
ist, bedeckt. Über der Hinterhauptsschuppe muss die Watte in
doppelter Lage liegen, denn hier muss, da auf ihr zumeist allein
der Zug der Kontraextension lastet, die Polsterung eine besonders
gute sein. Eine Korrektion des Gibbus wird bei der Anfertigung
des Abdrucks absolut nicht bezweckt, das Kind hat bei vollständig
unkorrigirter Wirbelsäule den Kopf leicht reklinirt und die Ober-
Fig. 1.
Redressionsbett. Am Boden liegt der bei dem Redressionsbett nicht
nothwendige, vordere Theil der Sayre’schen Schlinge.
schenkel bei eben angedeuteter Hyperextension gespreizt im Winkel
von ungefähr 30—40°. Das Bett reicht fast bis zur Kniegelenks-
gegend herunter und umfasst den Rumpf bis zur vorderen Axillarlinie,
so dass eine vollständige seitliche Fixation des Rumpfes ausgeübt
wird. In der Analgegend hat das Bett einen an Scharnieren herab-
klappbaren Ausschnitt, durch welchen die Defäkation stattfindet.
Das Bett ruht mit 2 an jeder Seite befindlichen, in das Bett mittels
Schraubengewinde eingelassenen, eisernen Zapfen, welche auf Fig. 2
vor dem herabgenommenen Bett liegend sichtbar sind, auf einem
1 Der Lagerungsapparat ist zum Preise von 70 A von dem Bandagisten
Friedrich Baumgartel, Halle a/S., angefertigt; davon entfallen 12.4 auf das
Bett, den einzigen Theil, welcher für jeden Pat. neu hergestellt werden muss,
während der Rahmen ete. für alle Individuen innerhalb einer gewissen Alters-
grenze — 5 bis 8 Jahre — passt.
gE
708 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
auf Füßen stehenden, eisernen Rahmen; die Länge der Zapfen muss
mindestens 10 cm betragen, damit nachher, wenn das Bett entfernt
und aus dem Redressionsbett eine Redressionsschwebe (s. Fig. 2)
gemacht ist, zwischen Rahmen und Körper so viel Spielraum ist,
dass z. B. Gipsbinden bequem hindurchgeführt oder Abwaschungen
bequem vorgenommen werden können. Das Bett muss so dem Rahmen
aufliegen, dass die Tubera parietalia, die Trochanteren und die vor-
deren Ränder der Malleolen ungefähr in eine horizontale Ebene fallen.
Die Extension wird bewirkt durch eine am Fußende des Rahmens
befindliche Flügelschraube, welche nach dem Pat. hin in einen
Haken endigt. An diesem Haken eingehängt ist ein Dynamometer,
welches auf seiner anderen Seite mit einem eisernen Bügel verbunden
ist; an dem letzteren sind entweder die Spreizbretter der an die
unteren Extremitäten angelegten Heftpflaster-Streckverbände befestigt,
Fig. 2.
Redressionsschwebe. Am Boden liegt das bei der Redressionsschwebe nicht
nothwendige Stirnband, ferner das herabgenommene Bett und vor diesem die
eisernen Zapfen und der zu dem Eindrehen der Zapfen in die Schraubengewinde
nöthige Schlüssel.
oder es werden an ihn mit Riemen die Gamaschen eingeschnallt,
mit welchen an den unteren Extremitäten extendirt wird. Die
Gamaschen sind äußerst exakt nach Abdrücken von den Extremitäten
gearbeitet, und speciell an den Malleolen und an den Kondylen des
Femur sind Polsterungen eingelegt, so dass sie sich hier an den
Hauptangriffspunkten für die Zugkraft den Formen besonders gut
adaptiren. Die Unterschenkel ruhen auf einem in dem betreffenden
Theil des Rahmens ausgespannten Segeltuch, auf dem die Fersen
jedoch nicht mehr aufliegen. Die Füße werden durch seitlich am
Rahmen befestigte Steigbügel in rechtwinkliger Stellung zu den
Unterschenkeln gehalten und so vor den schädlichen Einwirkungen
der drückenden Decke bewahrt.
Zur Entlastung der Hinterhauptsschuppe kann die Kontraextension,
falls der Gibbus nicht in der Halswirbelsäule oder oberen Hälfte
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 709
der Brustwirbelsäule ist, auch noch an den Schultern ausgeübt werden.
Von 2 an dem Rahmen befestigten Haken verlaufen dann von der
hinteren oberen Schultergegend durch die Achselhöhlen hindurch
über die vordere Schulterpartie nach dem oberen Querbalken des
Rahmens 2 mit runder Polsterung versehene Riemen; die Arme selbst
ruhen auf 2 an dem Rahmen befestigten Brettchen, welche zur
Vermeidung von Decubitus auch am besten gepolstert sind. Die
Kontraextension am Kopfe wird nicht, wie sonst gewöhnlich, durch
eine Sayre’sche Schlinge bewirkt, sondern der Kopf wird durch ein
an beiden Seiten des Bettes angeknöpftes Stirnband in der ihm
schon bei der Anfertigung des Abdrucks gegebenen, leicht reklinirten
Lage fixirt und so ein Hinübergleiten der Hinterhauptsschuppe über
den besonders gut ausgearbeiteten und gepolsterten Hals- und Hinter-
hauptstheil des Bettes verhindert. Bei dieser Art der Fixirung des
Kopfes bleibt der Unterkiefer und das Kinn für die Nahrungsauf-
nahme vollständig frei, und es fallen alle die Belästigungen, welche
gerade der vordere Theil der Sayre’schen Schlinge verursacht, voll-
ständig fort; es braucht nicht während der Nahrungsaufnahme die
Extension am Kopfe abgenommen zu werden, sondern sie kann
unter allen Verhältnissen bei Tag und bei Nacht eine stetige bleiben.
Neben der Extension und Kontraextension wird eine Reklination
der Wirbelsäule und damit auch gleichzeitig ein Druck gegen die
Spitze des Gibbus ausgeübt durch einen elastischen Zug, welcher
gerade unter dem Buckel liegt und von hier durch zwei der Aus-
dehnung des Buckels entsprechende Ausschnitte der Seitenwände
des Bettes zu seiner Befestigungsstelle an dem eisernen Rahmen
resp. zu zwei an diesen Stellen dem Rahmen aufgenieteten Galgen
verläuft. Diese aufgesetzten Galgen müssen so hoch sein, dass der
elastische Zug in seinem Verlauf von diesen seinen beiderseitigen
Befestigungsstellen nach dem Buckel an den Stellen der bis zur
hinteren Axillarlinie reichenden Ausschnitte dem Bett nicht aufliegt,
sondern dasselbe kaum streift, da sonst bei Wegnahme des Bettes
an dem elastischen Zug eine Änderung des Dehnungskoefficienten
eintreten würde.
Erscheint es nun aber wünschenswerth, dass im Taufe der Be-
handlung Reinigungen und Abwaschungen zur besseren Hautpflege
vorgenommen werden, so kann das Bett entfernt werden (s. Fig. 2)
ohne Unterbrechung der Extension und ohne eine Bewegung und
Erschütterung des Pat. Zu diesem Zweck liegt etwas unterhalb
der Trochanterengegend, wo die Seitentheile des Bettes wiederum
fehlen, ein sonst nicht angezogener, unelastischer Gurt, welchem
dann durch Anknöpfen an den Rahmen eine gewisse Spannung
gegeben wird. Unter der Hinterhauptsschuppe liegt fernerhin die
hintere Hälfte einer aus weichem Flanell gearbeiteten Sayre’schen
Schlinge, welche für gewöhnlich zur weiteren Polsterung dieses
Theiles des Bettes beiträgt, bei der Entfernung des Bettes aber nach
Hinzufügung des Kinntheils der Sayre’schen Schlinge den Kopf
710 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
in seiner Lage erhält. Die Schlinge wird an dem oberen Bügel des
Rahmens befestigt und das Stirnband zuvor entfernt. Das Bett fällt,
nachdem die eisernen Zapfen, mit welchen es auf dem Rahmen ruht,
ausgeschraubt sind, nach hinten herunter, ohne dass die Extension,
die Reklination der Wirbelsäule und der Druck auf den Gibbus sich
irgend wie ändern, oder eine Bewegung oder Erschütterung des Pat.
veranlasst wird. Alle Manipulationen, wie Abwaschen etc. können
jetzt ohne Weiteres vorgenommen werden; eben so kann das erreichte
Resultat jederzeit, ohne dass eine Lagerungsänderung vorgenommen
wird, durch einen cirkulären Gipsverband oder durch ein Korsett
fixirtt werden. Es würde dabei dann der elastische Zug und bei
einem Gibbus, welcher oberhalb des 6. Brustwirbels sitzt, auch die
Sayre’sche Schlinge mit eingegipst und nachträglich seitlich ab-
geschnitten. Es braucht wohl nicht weiter hervorgehoben zu werden,
dass, falls der Gibbus und damit auch der elastische Zug sehr hoch,
vielleicht in der Höhe der obersten Brustwirbel ist, unter der Lenden-
wirbelsäule noch ein zweiter unelastischer Zug liegen muss, welcher
durch zwei entsprechende Ausschnitte im Bett nach dem Rahmen hin
verläuft und vor Wegnahme des Bettes ebenfalls gespannt werden muss.
An Röntgenaufnahmen, welche vor der Behandlung und im
Redressionsbett resp. in der Redressionsschwebe bei einer Exstensions-
kraft von 10 kg angefertigt wurden, lässt sich die aus den ver-
schiedenen redressirenden Faktoren resultirende Wirkung aufs deut-
lichste erkennen.
Ein anderes, allerdings nur bis zu einem gewissen Grade ver-
werthbares Maß für die Dehnung und Zerrung, welche an der Stelle
der Erkrankung stattfindet, ist das Verhalten des Pat.; derselbe
reagirt nämlich, nachdem nach Ausschaltung des Muskelspasmus eine
gewisse Stetigkeit in die Kraft der Extension gekommen ist, schon
auf eine halbe, ja schon eine Viertel-Umdrehung der Flügelschraube
resp. die damit verbundene Extensionszunahme eines Bruchtheils
eines Kilogramms mit lauten Schmerzensäußerungen.
Wie stark aber der Muskelspasmus ist, und wie lange es währt,
bis er vollständig überwunden ist, veranschaulicht das Dynamometer;
denn langsam sinkend, schwankt dasselbe stundenlang, und erst dann,
nachdem eine Erschlaffung der Muskeln eingetreten, und die Rigi-
dität auch der übrigen Weichtheile überwunden ist, kommt eine ge-
wisse Stetigkeit in die Extension.
Ist aber die Muskelkontraktion beseitigt, dann wird durch die
weitere, ständig kontrollirbare und dosirbare Extension im Re-
dressionsbett das Lageverhältnis der erkrankten Knochen beeinflusst,
dann wird im Gegensatz zu allen anderen Verfahren bei voller
Garantie der Kontinuitätserhaltung der Wirbelsäule eine ständige
Immobilisirtung und Entlastung der erkrankten Knochen und eine
geringe Dehnung der Spongiosabälkchen stattfinden und dadurch
eine lebhaftere Entwicklung und Transformation der letzteren an-
geregt werden.
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 711
1) W. Meyer. Bottini’s galvano-caustic radical treatment
for hypertrophy of the prostate.
{New York med. record 1898. März 5.)
Wer sich über die Litteratur, die Indikationen und die Technik
der Bottini’schen Prostata-Operation orientiren will, findet in der
ausführlichen Abhandlung von M. einen übersichtlichen und sach-
gemäßen Artikel, nebst genauer Beschreibung und Abbildung des
Bottini’schen Incisors und der Modifikation von Freudenberg.
Die persönliche Erfahrung des Verf. erstreckt sich auf 4 Ope-
rationen an 3 Pat, imal mit Bottini’s und 3mal mit Freuden-
berg’s Instrument. 2 Fälle werden zunächst genauer besprochen;
beide Pat. konnten vor der Operation noch Wasser lassen, aber mit
großen Schmerzen, jede 20 und 30 Minuten Tag und Nacht; beide
hatten Pyelitis und eitrigen Blasenkatarrh. Die Drüsen waren sehr
weich; vorher war eine Anzahl Ärzte mit der Behandlung beschäftigt
gewesen.
Bei einem 3. Pat., einem 64jährigen Manne, trat 30 Stunden
nach der Operation unter sehr hoher Temperatur und Herzschwäche
der Tod ein (akute Sepsis 7) trotz der möglichst sorgfältigen Aseptik
vor, während und nach der Operation. Eine genaue Überlegung
stellt Verf. über die Möglichkeit an, auf welchem Wege der Eintritt
der Streptokokken in den Kreislauf herzuleiten sei, und kommt zu
folgenden Schlüssen. Eine vollständige Desinfektion der erkrankten
Blase ist nicht möglich; durch die Kauterisation wird in den prosta-
tischen Venen ein Thrombus hergestellt. Prostatiker mit Pyelitis
befinden sich oft in einem Zustand chronischer Sepsis, d. h. die
Streptokokken kreisen im Blute, sind aber nicht virulent genug, um
akute Allgemeininfektion hervorzurufen; aber wenn ein Trauma Platz
greift, ist der Locus minoris resistentiae hergestellt. In dem ko-
agulirten Blut, dem besten Kulturmedium, vermehren sich die Strepto-
kokken oder das Bacterium coli cummune rapid und werden virulent.
Der proximale Pol des ‘Ihrombus ist der Platz, wo die Infektion
durch Absorption einsetzt. Noch wahrscheinlicher ist der Weg durch
die Nieren (Experimente von Lewin und Goldschmidt, Medi-
einische Wochenschrift 1897 No. 31). Die plötzliche allgemeine In-
fektion nach intravesikalen Eingriffen auf retrogradem Wege kann
dadurch begünstigt werden, dass bei der Bottini’schen Operation
ein Infektionsherd der Prostata mobilisirt wird. Die Gefahr wird bei
der Bottini’schen Operation dadurch noch vergrößert, dass nach
dem Eingriff keine Irrigation vorgenommen wurde, und der infektiöse
Pyelitisurin wirken konnte. M. schlägt desshalb vor, nach einigen
Stunden die Blase zu irrigiren.
Der Fall ist sicher ein exceptioneller; denn weder Bottini noch
Freudenberg, noch Czerny, noch Kümmell hatten einen Todes-
fall in Folge von Sepsis. Es zeigt sich aber, dass eben auch die
Bottini’sche Operation nicht ganz ungefährlich ist, und weitere Er-
712 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
fahrungen erst genauere Leitsätze ermöglichen werden. Die Todes-
ursache durch Lungenembolie kam in Ms Falle nicht in Betracht,
Freudenberg verlor einen Pat. in Folge dessen. M. fragt, ob es
nicht principiell richtiger sei, die Vasa deferentia vorher zu reseciren,
das Resultat abzuwarten und dann erst Bottini's Operation nöthigen-
falls hinzuzufügen. Einerseits wird vorher eine Depletion der venösen
Plexus erzielt und die Gefahr der Lungenembolie verringert, anderer-
seits sicherere Dauerresultate erzielt. Immerhin ist bisher ein un-
glücklicher Ausgang sehr selten gewesen. Bottini verlor von
80 Fällen nur 2.
Die Litteratur ergiebt im Allgemeinen zweifellose Erfolge nach
dem Eingriff und ermuntert zur Nachahmung. Natürlich ist Haupt-
bedingung eine sorgsame Technik. Die Anwendung eines Dauer-
katheters ist diskutabel, Bottini verwirft ihn wie M. Es ist übrigens
gewiss Pflicht, hier auch des Middeldorpf’schen galvanokaustischen
Strikturenbrenners zu denken, dem man eine gewisse Ähnlichkeit
mit dem alten Bottini’schen Kauterisator von 1875 nicht absprechen
können wird. Löwenharädt (Breslau).
2) B. Floderus. De anatomiska förändringarna hos genital-
organen efter sexuela operationer mot prostatahypertrofi.
(Nord. med. Arkiv. N. F. Bd. VII. No. 24.)
Verf. hat aus der Litteratur 32 Fälle von Operationen an den
Genitalorganen wegen Prostatahypertrophie, in welchen die Vor-
steherdrüse post mortem anatomisch untersucht worden ist, zusammen-
gestellt. In der einen Hälfte war die Untersuchung nur makro-
skopisch, während in den übrigen 16 auch das Mikroskop benutzt
wurde. Diesen fügt Verf. noch 4 in der Klinik Lennander’s be-
obachtete Fälle hinzu, deren Krankengeschichten ausführlich mit-
getheilt werden.
Von den 20 erwähnten Fällen wurde in 13 doppelseitige und
in 1 einseitige Kastration, in 1 einseitige Kastration mit Vasektomie
der anderen Seite und in 5 Fällen bilaterale Vasektomie ausgeführt.
Als Resultat der Untersuchung ergab sich, dass die übrigens sehr
interessante Verkleinerung der Prostata nicht einer Beschränkung
der festen, zelligen Elemente des Organs, sondern einer Verminde-
rung des Blutes und der Lymphe zuzuschreiben sei. Diese Abnahme
der Kongestion ist von geringer Bedeutung für die Substanz der
Prostata selbst; die funktionellen Erfolge sind vielmehr bedingt
durch die Entleerung der Flüssigkeit aus der Pars prostatica urethrae
und dem Blasenhalse. Eine Menge klinische Beobachtungen, welche
Verf. anführt, sprechen zu Gunsten dieser Auffassung. Die krank-
haften Veränderungen, die von Griffiths, White und Haynes ent-
deckt und beschrieben und als Folgen der Operation angesehen
worden sind, lassen sich viel leichter als Zeichen einer vorher be-
stehenden Entzündung des Organs erklären.
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 713
Verf. ist der Ansicht, dass die sexuellen Eingriffe nicht ohne
Einfluss auf das normale, organisirte Prostatagewebe, wohl aber, dass
sie bei der senilen Hypertrophie ohne histologisch konstatirbare
Wirkung seien, wenigstens nicht in solcher Ausdehnung, dass sie als
therapeutische Faktoren mit in die Rechnung kommen müssen.
Dieser negative Befund schließe jedoch an und für sich die Berechti-
gung der fraglichen Operation nicht aus.
Die Arbeit enthält 3 lithographische Tafeln mit 14 sorgfältig
ausgeführten Abbildungen mikroskopischer Schnitte.
A. Hansson (Cimbrisbamn).
3) F. Brunner. Über Harnblasenbrüche.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 121.)
B. hat eben so wie Hermes (vgl. Referat über dessen Arbeit
im laufenden Jahrgang dieses Blattes p. 189), die kasuistischen
Mittheilungen über Blasenhernien gesammelt, um auf dieses Material
eine klinische Erörterung dieser Bruchart zu gründen. Da es ihm
gelungen, fast die doppelte Zahl von Fällen zu finden, wie Hermes,
bietet seine Arbeit, die der Autor als eine Art Fortsetzung der Stati-
stiken von Aue und Hermes bezeichnet, eine gediegene und will-
kommene weitere Vervollständigung unserer einschlägigen Kennt-
nisse, wenngleich das Ergebnis seiner klinischen Besprechungen über
die Eigenthümlichkeiten des Blasenbruchs im Wesentlichen auf Be-
stätigungen der von Hermes gefundenen Ergebnisse hinauskommt.
Aus dem Abschuitt über pathologische Anatomie sei es erwähnt,
dass B. je nach dem Verhalten des Bauchfells bei der herniösen
Blase die Blasenbrüche eintheilt in a. intraperitoneale, wo der `
vorgefallene Blasentheil ganz mit Serosa gedeckt ist, b. extraperito-
neale, wo er gar keine Serosadeckung zeigt, und c. nach der von
Jaboulay und Villard zuerst gebrauchten Terminologie in para-
peritoneale, wo neben der Blase noch ein größerer oder kleinerer
peritonealer Bruchsack sich findet, der theilweise der herniösen Blase
anliegt. Die letzte Art ist die bei Weitem häufigste In dem von
B. bearbeiteten Material von ca. 180 Blasenbrüchen fand er 5 intra-
peritoneale, 18 extraperitoneale und 100 paraperitoneale, so weit die
Berichte das feststellen ließen. Die bekannte Fettablagerung um die
Cystocele fand B. 54mal erwähnt. In 12 Fällen fanden sich Steine
im Blasenbruch, 5mal war die Cystocele doppelseitig. Wie Hermes
sieht B. einen erheblichen Theil der beschriebenen Blasenbrüche als
Kunstprodukt an, entstanden durch Hervorziehen des Bruchsacks
bei Radikaloperationen. Diese Fälle sind als »operative« Blasen-
hernien (Cystocele opératoire) zu bezeichnen, im Gegensatz zu den
»präformirten«e. Unter den operativen Brüchen finden sich verhält-
nismäßig viel Schenkelbrüche.
Die Häufigkeit des Blasenbruchs bei Radikaloperationem kann
nach neueren Statistiken (1841 Fälle von 7 Autoren) auf etwa 1%
geschätzt werden. Da die Blasenbrüche fast nur ältere Personen be-
Kkkéd
714 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
treffen, sind sie ziemlich ausnahmslos erworben. Sie können ent-
stehen: primär 1) indem die Blase durch starke Anfüllung und durch
den Druck der Bauchpresse durch die Bruchpforte getrieben wird.
2) Durch Vermittlung der prävesikalen Lipome;
sekundär 1) durch Zug eines präexistirenden gewöhnlichen
Bruchsacks.
2) durch Einsenken der ausgedehnten, schlaffen, mit Bauchfell
bedeckten Blase in einem vorgebildeten gewöhnlichen Bruch.
Die Schwierigkeit der Diagnose, auch noch während der Ope-
ration, erhellt aus der Häufigkeit der unbeabsichtigten operativen
Blasenverletzung, die auch in den letzten Jahren noch öfter vorkam.
Bei 126 Operationen wurde 81mal, also fast in ?/; der Fälle, die Blase
eröffnet, und ihre Verletzung nur 45mal vermieden. Von den letzten
Fällen endeten nur 3 tödlich, und zwar ohne Mitbetheiligung der
Cystocele an der Todesursache, von den 8t Kranken mit Blasenver-
letzung dagegen 21, bei welchen 13mal der Tod auf Rechnung der
Blasenverletzung zu setzen ist. Auch hinterließ die letztere 26mal
oder in Us der Fälle Urinfisteln, die verschieden lange, bis A1: Monate
bestanden. Therapeutisch ist natürlich bei der Herniotomie wo-
möglich die Reposition der unverletzten Blase zu erstreben, ihre
Resektion zu verwerfen, prävesikale Lipome aber zu exstirpiren.
Eine rechtzeitig noch erkannte Blasenverletzung ist zu nähen, die
genähte Blase zu versenken, die äußere Wunde aber wenigstens
theilweise offen zu lassen. Ergiebt sich die versehentliche Blasen-
verletzung erst nachträglich, so ist die Wunde wieder zu eröffnen,
‚ die Blase zu revidiren, nach Bedarf zu versorgen, eventuell sekundär
zu nähen. (Auf diese Weise behandelte B. mit Glück selbst einen
Fall.) Kleine Urinfistelbildungen, die auf eine offenbar geringfügige
Blasenverletzung hinweisen, können exspektativ der Spontanheilung
überlassen werden. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
4) D. Gerhardt. Zur Lehre von der Hämaturie.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II.)
G. fand ein neues Zeichen, das neben den bekannten morpho-
logischen Veränderungen der rothen Blutkörperchen geeignet sein
dürfte, die Unterscheidung, ob Nierenblutung oder Blutung aus den
tieferen Harnwegen, zu erleichtern. Bei renaler Hämaturie nämlich
zeigen die rothen Blutkörperchen und die übrigen organisirten Theile
des Sediments eine bräunlichgelbe, lederartige Farbe. Diese rührt,
wie das Spektroskop zeigt, vom Hämatin her. Die Verwandlung des
Hämoglobins in Hämatin geht vorwiegend in der Niere vor sich,
während diese Verwandlung in den tieferen Ilarnwegen nur in sehr
engen Grenzen sich hält. Haeckel (Stettin).
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 715
5) F. Pinner. Beitrag zur Nierenchirurgie.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 3.)
Verf. schildert zuerst 2 Fälle, bei denen bemerkenswerth ist,
dass die stark vergrößerte und auch durch andere Symptome sich
als krank erweisende Niere die relativ gesunde war, während die nicht
vergrößerte andere total zu Grunde gegangen war. Die Erkrankung
gerade der noch einigermaßen funktionirenden Niere war eklatant
in Erscheinung getreten und imponirte als der wesentlichste Theil
des Leidens. Solche Verhältnisse machen die Entscheidung schwierig,
ob man bei derartigen Fällen, bei denen die üblichen diagnostischen
Hilfsmittel, insbesondere die Cystoskopie, versagen, die Nephrektomie
oder Nephrotomie vornehmen soll. P. empfiehlt die einseitige An-
legung einer Nierenfistel mit eigener Modifikation, welche darin be-
steht, dass in das eröffnete Nierenbecken ein Drainrohr mit steifer
Spitze eingelegt wird. Dasselbe wird mit dem isolirten Harnleiter
durch einen Katgutfaden umschnürt mit Vermeidung zu starker,
Gangrän hervorrufender Konstriktion. In dem eingeführten Rohr
sind seitliche Fenster angebracht. Bis zur Umschnürungsstelle
wird ein Gazestreifen eingeführt, um den Zugang zur Ligatur
namentlich bei eventueller Gangrän frei zu halten. Das äußere Ende
des Rohres wird an die Haut befestigt. Auf diese Art erhält man
von der Blase her nur den Urin der anderen Seite und kann den
Zustand der anderen Niere durch den Urinbefund feststellen. Danach
wird man weitere Maßnahmen, eventuell sekundäre Nephrektomie
vornehmen oder sich mit dem ersten Eingriffe begnügen. Von der
Fistel aus kann man auch lokale Behandlung (Jodoform) einleiten.
Die Harnleiterfreilegung wurde an der Leiche durch Erhöhung der
kranken Seite in ganzer Länge erleichtert.
Des weiteren enthält die Arbeit noch einige interessante und
für die Nierenpathologie recht wichtige Krankengeschichten, von
denen ich einen Fall von doppelseitiger Nephrolithotomie, einen
Fall von ausgedehnter Blutung bei chronischer Nephritis und eine
traumatische Hydronephrose bei wahrscheinlich bestehender Solitärniere
hervorheben möchte. Wichtig erscheint ferner, dass selbst große
Geschwülste schwer für die Tastung zugängig sein können, wie ein
Fall von Hydronephrose bewies. Am Schluss gedenkt P. noch
einer bösartigen Nierengeschwulst, die er als Peritheliom im Sinne
Hildebrand’s nach dem mikroskopischen Befund auffasst.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
6) P. Wagner (Leipzig). Grundzüge der operativen Hydro-
nephrosenbehandlung.
(Centralblatt für die Krankheiten d. Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 4.)
In übersichtlicher Weise bespricht W. in diesem lesenswerthen
Aufsatz die Grundzüge der operativen Hydronephrosenbehandlung,
die durchaus konservativer Art sind. Wegen der Häufigkeit einer
doppelseitigen Erkrankung und der Schwierigkeit, die Menge des
716 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
noch vorhandenen funktionstüchtigen Nierenparenchyms zu bestimmen,
soll die primäre Nephrektomie höchstens als »Ausnahmeoperation«
Geltung haben. Die Grundfrage, ob jede Hydronephrose operativ
anzugreifen ist, bejaht W. bei offenen Hydronephrosen wegen
der Gefahr des raschen Wachsthums und daraus entstehender schwerer
Störungen, bei geschlossenen Hydronephrosen wegen der Gefahr
der Verödung des Nierenparenchyms, ganz allgemein aber wegen der
Gefahr der Blutung und Infektion durch den Unterleib treffende
Traumen. Nur bei der intermittirenden Hydronephrose aus
unbekannter Ursache kann von einem operativen Eingriff zunächst
abgesehen werden.
Für eine kausale Therapie eignen sich vor Allem die Hydro-
nephrosen bei Wandernieren, die gewöhnlich intermittirend sind
und durch operative Festlegung der Niere zur Heilung gebracht
werden können. Auch die bei Steinniere vorkommenden Hydro-
nephrosen lassen eine kausale Therapie zu — Entfernung des ver-
stopfenden Steins — vom Sektionsschnitt der Niere aus oder durch
Uretero-Lithotomie je nach dem Sitz desselben.
Auch bei echter traumatischer Hydronephrose kann man
durch Entfernung perirenaler oder periurethraler Blutextravasate
manchmal die Ursache des Leidens direkt angreifen und die Hinder-
nisse zu beseitigen suchen. Von den symptomatischen Behand-
lungsmitteln erwähnt W. die Massage des hydronephrotischen
Sackes als unsicher und gefährlich, die Punktion ebenfalls als im
Erfolg unzuverlässig und wegen der Gefahr einer Bauchfellverletzung
als gefährlich.
Die einfachste und sicherste Methode ist die Incision und
nachfolgende Drainage des Sackes, die Nephrotomie. In ca.
30—35% wird dadurch völlige Heilung erzielt, namentlich bei offenen
Hydronephrosen durch Freiwerden des Abflussweges in Folge der
plötzlichen Druckentlastung, aber auch bei jahrelang bestehenden ge-
schlossenen, durch Verödung und Schrumpfung des Sackes und
Nierenrestes.
Tritt nach der Nephrotomie eine völlige Heilung nicht ein, so
ergeben sich folgende Möglichkeiten:
Entlassung des Pat. mit Fistel. Dieselbe kommt nur in Be-
tracht bei rein urinöser und spärlicher Absonderung der Fistel,
günstigen socialen Verhältnissen des Pat. und Möglichkeit der ärzt-
lichen Überwachung.
Behebung des Abflusshindernisses auf operativem Wege
durch Freilegung der Harnleitereinmündung im Nierenbecken, Re-
sektion von Strikturen im Anfangstheil des Harnleiters, Bougierung
und kleine plastische Operationen, Neueinpflanzung des Harnleiters
an günstigerer Stelle, Faltung und Verkürzung der Nierenbecken-
wandung ({Pyeloplicatio); 12 einschlägige Fälle werden aus der Litte-
ratur zusammengestellt. Die Schwierigkeiten derartiger Operationen
sind oft sehr groß.
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 717
Bei Fehlschlagen dieser Versuche bleibt die sekundäre Ne-
phrektomie übrig. Dieselbe ist unbedingt nothwendig bei eitriger
Infektion des Hydronephrosensackes und reichlicher Sekretion, be-
rechtigt bei urinöser Absonderung in solcher Menge, dass die
Kranken schwer belästigt oder in ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt
werden. F. Krumm (Karlsruhe).
Kleinere Mittheilungen.
Ein Lagerungsapparat zum Anlegen von fixirenden Becken-
verbänden.
Von
Dr. med. Ulrich Grosse,
Assistent der chirurgischen Klinik zu Halle a/S.
Den durch beistehende Abbildungen wiedergegebenen Apparat habe ich im
Jahre 1896 konstruiren lassen, und ist derselbe seitdem in der hiesigen Klinik zur
Anwendung gebracht bei allen Verbänden, die zur Fixation des Beckens und der
unteren Extremität im Hüftgelenk angelegt wurden. Da derselbe sich in vieler
Hinsicht vor anderen Apparaten auszeichnet und als in jeder Hinsicht zweck-
mäßig erprobt ist, gebe ich im Folgenden eine kurze Beschreibung desselben.
Ausgehend von der Forderung, eine bequeme, aber sichere Lagerung auf
einem leicht transportablen und stets gebrauchsfertigen Apparat zu haben, ließ ich
unter Benutzung des von v. Bruns angegebenen Sattels diese Kopf-Schulter-
Beckenstütze anfertigen.
Fig. 1. Fig. 2.
Dieselbe besteht aus einem nach Art der Volkmann’schen Bänkchen gear-
beiteten, in seinen Dimensionen nur etwas größeren Holzkasten, an dem nach der
einen Seite, auf wagerechter Stange verschieblich, eine Kopfstütze, nach der an-
deren Seite, ebenfalls auf wagerechter Stange verschieblich, eine Beckenstütze in
Gestalt des v. Bruns'schen Sattels angebracht sind. Der Holzkasten hat eine
Höhe von 30 cm, eine Breite von 40 cm und eine Tiefe von 20 cm; derselbe dient
zur Stütze für den Oberkörper, während eine schon vorhin erwähnte gepolsterte
Kopfstütze, verschieblich auf einem wagerechten Stab, zur Aufnahme des Hinter-
hauptes dient.
Nach der anderen Seite befindet sich am Fußende jenes Holzkastens eine wage-
rechte eiserne Stange von 50 em Länge, auf der verschieblich und mit Schraube
feststellbar, eine senkrechte, den v. Bruns’schen Sattel tragende Stange läuft.
718 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
Der v. Bruns’sche Sattel ist ebenfalls verstellbar und in 2 verschiedenen
Größen angefertigt — für Kinder und für Erwachsene.
Die angegebenen Dimensionen haben sich als die zweckmäßigsten erwiesen
und ermöglichen es, Pat. von jugendlichstem Alter mit derselben Bequemlichkeit
und sicheren Lagerung, wie Erwachsene auf dem Apparat Behufs Anlegung von
Verbänden zu lagern.
Fig. 3.
DS
Ein großer Vorzug des Apparates ist seine Leichtigkeit (6 kg), wodurch es
möglich ist, in jedem beliebigen Raum, auf jedem gewöhnlichen Tisch ihn aufzu-
stellen und dann den Verband den Kranken anzulegen. Als ganz besonders
praktisch hat sich der Apparat uns erwiesen beim Eingipsen von Kindern mit kon-
genitalen Hüftluxationen und Coxitiden. Eine einzige geschulte Assistenz genügt
bei verständigen Kindern, um die gewünschte Stellung mit Verband zu fixiren.
Der Apparat ist von der Firma Baumgartel in Halle angefertigt und wird
zum Preis von 30 æ geliefert.
7) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
94. Sitzung am Montag, den 9. Mai, im kgl. Klinikum.
Vorsitzender: Herr Rose.
Vor der Tagesordnung weist 1) Herr Rose auf eine kleine, interessante, eben
erschienene Schrift hin: »Ein römisches Militärspital«, die von der Verwaltung
der Bäder von Baden bei Zürich herausgegeben wurde. Es finden sich in ihr die
Abbildungen von zahlreichen daselbst ausgegrabenen ärztlichen Instrumenten, so
u. A.: gut erhaltene Katheter, Sonden, Löffelehen aus Bein, Messer, Brennkölb-
chen, ein Beinstylus, eine Spatelsonde, Etuifragmente aus Bronze, Salbe, Medi-
cinalwagen etc.
Darauf berichtet er über einen Fall von Starrkrampf ohne nachweis-
bare Pforte, der anderweit ausführlich beschrieben ist. — Pat. ist nicht er-
schienen.
2) Herr Rose: Fall von Verstopfung des Ductus choledochus.
Eine Pat. mit Ikterus der Conjunetivae, so wie des übrigen Körpers leidet
außerdem seit 1/2 Jahr an Magenschmerzen, so wie Schmerzen in der rechten
Bauchgegend. Pat. kam zur Laparotomie, nachdem 4 Gallensteine unter heftigen
Koliken abgegangen. Die Operation gestaltete sich in so fern komplieirt, als das
Ligamentum hepato-colicum mitsammt dem Nets den Weg versperrte. R. erwähnt
dabei, dass er immer einen Querschnitt mache, den er für außerordentlich bequem
halte; denn wenn auch die Wunde eine große ist, werden die Nachtheile doch
hiolänglich aufgewogen durch die leichte Zugänglichkeit der Organe.
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 719
Nach Eröffnung der sehr atrophischen Gallenblase und Entleerung zahlreicher
(21) Steine nähte R. eine Lippe der Blase an das Peritoneum an und führte einen
Drain ein. Glatte Heilung.
Er erinnerte dabei an seine frühere Aufforderung, dass man in allen Fällen
die Blase und Gallenwege digital und mit der Sonde untersuchen solle, dass der
Einwand, es sei dies nicht möglich oder nicht nöthig, hinfällig sei. Die Aus-
räumung der Gallenblase sei dann leicht vorzunehmen — eine Exstirpation der
Gallenblase möglichst zu unterlassen.
Die Anatomie des Gallengangsystems sei durchaus noch nicht geklärt; das be-
wiesen die zahlreichen Widersprüche, die sich in anatomischen Lehrbüchern dar-
über finden. Die Verhältnisse an der Leiche sind durchaus andere und abweichend
von denen während des Lebens.
Man kann die Choledochotomie wohl in vielen Fällen ersetzen durch eine
Incision der Gallenblase und Ausräumung von Steinen von dieser aus.
Um der Forderung Langenbuch’s gerecht zu werden, dass man nicht nur
»das Produkt der Erkrankung« (die Steine), »sondern auch die Ursache« (den
Katarrh) »resp. den Sitz der Krankheit (die Blase)« beseitigen solle — hat R. die
Blasenwand mit einer 1/a%igen Chlorzinklösung ausgestrudelt.
Entschieden wendet er sich jedenfalls gegen die Vorschrift Langenbuch’s,
dass man auch bei Hydrops eine Exstirpation der Blase vornehmen solle.
Dass die Choledochotomie in manchen Fällen thatsächlich durch eine » Aus-
räumung« ersetzt werden kann, beweist noch ein anderer Fall: Eine 53 Jahre alte
Frau litt seit Jahren an »Gallensteinen« und eitriger Mandelentzündung; später
entwickelte sich ein Kropf, der einen operativen Eingriff in einer Privatklinik
anderswo nöthig machte. Bei der Aufnahme ins Krankenhaus Bethanien zeigte
sich Fieber, Pulsbeschleunigung, Cyanose, Dyspno&, Erbrechen und ein schmerz-
hafter Nabelbruch. Da die Annahme einer Incarceration nahe lag, legte R. den
Nabelbruch frei, fand aber nur adhärentes Netz (keinen Darm) als Bruchsackinhalt.
Nunmehr überzeugt, dass es sich um eine Gallensteinkolik handle, erweiterte R.
den Schnitt. Das Netz war mit der Leber verwachsen. Ferner bestanden breite
Verwachsungen der Gallenblase mit dem Dünndarm. Nach Freilegung der Gallen-
blase, was mit großer Schwierigkeit verknüpft war, und Eröffnung derselben, aus
der sich reichlich grüngelber Eiter entleert, fand sich der Gallenblasenhals mit
zahlreichen Steinen erfüllt (im Ductus cysticus und choledochus waren im Ganzen
72 Steine). Der größte lag wieder im Choledochus, wie im 1. Falle.
Dieser Stein zeigte eine Rinne, durch die hindurch ein Gallenabfluss ermöglicht
wurde; dadurch erklärt sich das auffällige Fehlen einer ikterischen Färbung der
Frau. R. machte die Cholecystendyse. Nach der Operation fiel die Temperatur
gwar vorübergehend auf 36,5 herab; die Krankheitserscheinungen auf der Lunge
blieben aber bestehen, und Pat. starb 5 Tage nach der Operation.
Die Krankheitserscheinungen hatten die Möglichkeit des Bestehens einer
Darmperforation zugelassen; Bauchhöhle und Darm waren aber normal; dagegen
fanden sich zahlreiche, mit Eiter erfüllte sackförmige Bronchiektasien in Folge
der säbelscheidenförmigen Kropfstenose. Beim Aufschneiden der Leber nun fand
sich hinter der Ampulla Vateri lose ein neuer Stein, ein gleicher in dem stark
ausgedehnten Ductus choledochus, im Ductus hepaticus sinister noch 7 Steine,
alle ganz anderer Art als bei der Operation vor. Diese Lebersteine hatten jetzt
Platz, schmerzlos hinabzurücken, wogegen keine Operationsmethode schützen kann.
Das Präparat beweist, dass man selbst mit der Choledochotomie solche Nachkömm-
linge nicht vermeiden kann, da sie im linken Lebergang steckten. Auch 8 von
Kehr operirte Fälle bewiesen, dass die Choledochotomie nicht immer zum Ziel
führt, sondern hat wiederholt werden müssen.
Wenn die Gallenwege erweitert sind, bilden sich sehr leicht Steine in der
Leber, die ihren Weg verändern.
Nur die »Wandersteine«, die den Gang erweitern und verstopfen, machen
hauptsächlich Beschwerden und lassen sich also selbst aus dem Choledochus aus-
720 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
räumen, ohne Incision, wie an der Leiche das Maß des bei Lebzeiten ein-
geführten Instruments zeigte.
Sehr viele gallensteinkranke Pat. haben ja gar keine Symptome, wenn die
Steine festsitzen.
3) Herr Heubach: Über Hallux valgus.
An der Hand zahlreicher, zum Theil durch Operation (Resektion) gewonnener
Präparate giebt H. eine ausführliche Beschreibung der komplicirten Verhältnisse
dieser Abnormität.
Es herrscht über die Pathologie und Pathogenese des Hallux valgus noch
nicht völlige Klarheit und Übereinstimmung.
Cruveilhier hält den Hallux valgus für eine durch Stiefeldruck herbei-
geführte Luxation, Gurlt für eine Subluxation, Wernher handelt den Hallux
valgus unter den Kontrakturen der Zehen ab und beschreibt ihn als eine Ver-
drängung der großen Zehe, durch Stiefeldruck und Kontraktur des Abductor
hallucis erzeugt und von Auftreibung des Gelenkkopfes und Subluxation der
1. Phalanx bedingt.
Volkmann hält eine deformirende Erkrankung des Metatarsophalangeal-
gelenks für das Primäre.
Froriep nimmt in seiner Beschreibung des Hallux valgus auf die Abweichung
der großen Zehe gar keine Rücksicht, sondern beschreibt nur die am inneren
Fußrand so häufig vorkommende starke Hervorragung, als deren anatomisches
Substrat er eine Exostose an der inneren Seite des ersten Metatarsalknochens,
unmittelbar hinter dem Rand der Gelenkfläche ansieht.
Fast allgemein wird seither die Volkmann’sche Auffassung von der primären
Arthritis deformans als die richtige angenommen.
H. nun hält den Hallux valgus für eine statische Deformität im Sinne von
J. Wolff.
Meist durch den Druck zu spitzer und häufig auch zu kurzer Stiefel wird
die große Zehe in Abduktionsstellung gebracht; dadurch wird beim Gehen die
laterale Seite des Capitulum ossis metatarsi stärker belastet (und nimmt an Vo-
lumen zu), während die vom Druck entlastete mediale Seite kleiner wird.
Direkt im Widerspruch zu dem Befund bei echter Arthritis deformans steht
das Verhalten des Gelenkknorpels bei Hallux valgus. Während dort regelmäßig
an allen Stellen, wo die Gelenkenden an einander reiben, Knorpelschwund ein-
tritt, und sich später auch Schliffflächen ausbilden, ist bei allen Präparaten H.'s
der Knorpel vollkommen erhalten, wo die Artikulation der verschobenen Gelenk-
theile noch stattfindet; was Volkmann als intrakapsuläre Exostosen angesehen
bat, sind die Reste der vom Druck entlasteten atrophirten medialen Theile des
Capitulum. Auch das Fehlen intraartikulärer Knochenwucherung lässt die An-
nahme einer Arthritis deformans bei Hallux valgus irrig erscheinen.
Die Operation des Hallux valgus — nach der Methode von Edmund Rose
— besteht in der totalen Resektion der Articulatio metacarpophalangealis I; d. b.
es werden dabei sämmtliche Gelenktheile, das Capitulum metatarsi I, die Basis
phalangis I und die Ossa sesamoidea entfernt.
4) Herr Rose: Eine Art von freien Knochen in den Gelenken.
Im Anschluss daran wollte R. einen geheilten Fall von Resektion des Ballen-
gelenks vorstellen, um zu zeigen, wie vorzüglich der Gang nach dieser Operation
sich gestaltet. Leider hatte der Kranke aber schon abreisen müssen. Der Kranke
war operirt worden wegen eines freien Knochens im entzündeten Gelenk, welches
bereits aufgebrochen war. Wie das Präparat zeigt, bestand der Knochen in einer
Nekrose der basalen Epiphyse der 1. Phalanx der großen Zehe. Eine solche
»spontane entzündliche Epiphysenlösung« spielt sonst eine viel größere Rolle bei
der Hüftgelenksentzündung.
Den alten Streit über die Entstehung der Gelenkmäuse hat man früher dahin
entschieden, dass sie ausschließlich in der bekannten Weise Gebilde der Arthritis
deformans seien. R. legte ein Prachtexemplar vor aus seiner Privatsammlung von
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 721
Malum coxae senile mit einem halben Dutzend theils freier, theils noch fest-
sitzender walnussgroßer Gelenkknochen.
Das sind aber nicht die beiden einzigen Gründe für die Bildung freier Knochen
im Gelenk. Dass drittens wirklich durch Gelenkverletzungen Stücke abgelöst
werden können, konnte R. schön mit einem ferneren alten Präparat aus seiner
Sammlung beweisen. Der Kranke {ein Trinker) hatte sich Nachts den Fuß ver-
treten und war damit noch 5 Wochen herumgereist. Bei der Operation seiner
Gelenkmäuse zeigten sich dieselben als abgesprungene Stücke der vorderen Tibia-
kante des Fußgelenks. Da bald darauf wegen Komplikationen eine Resektion
nothwendig wurde, fand sich außerdem eine frisch geheilte Fraktur des äußeren
Knöchels, wie deutlich das vorgelegte, subperiostal entfernte Periost zeigte.
Nun giebt es aber wohl noch eine vierte Ursache ganz seltener Art für die
Entstehung freier Knochen in sonst nicht zerstörten Gelenken, ganz abgesehen
von der Caries necrotica. Als Grund einer Coxitis, die noch schleichender war
als man es sonst bei freiwilligem Hinken sieht, fand R. bei fast intaktem Gelenk
die Eiterung ausgehend von einem runden, außerordentlich festen, in einer Höhle
gekapselten Knochenstück unter dem Knorpel der Pfanne, welches bei einem
zweiten Falle schon in der Gelenkkapsel lag. Die Verbindung mit den angebo-
renen Defekten beider Schlüsselbeine und dem besonders schleichenden Verlauf
veranlasste R. zu der Annahme, dass es sich hier um Enostosen im Virchow-
schen Sinne handelt, welche, angeboren, mit dem Wachsthum der Kinder frei
werden. Diese Enostosen sind weder mit den äußeren noch inneren Exostosen
zu verwechseln. Sarfert (Berlin).
8) Moty. Observation d’uröthre perineal supplémentaire chez ’homme.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 160.)
M. beobachtete die Missbildung bei einem Soldaten. Die Fistel war so eng,
dass ihre Öffnung erst bei genauer Untersuchung gefunden werden konnte; doch
entleerten sich bei jedem Uriniren aus ihr einige Tropfen hinter dem Hodensack,
3 cm vor der Afteröffnung, etwas links von der Rhaphe. Heilung durch Exstirpa-
tion des Fistelganges bis auf eine Länge von 3cm. Mit der Sonde ließ sich die
Kommunikation mit der normalen Harnröhre nicht nachweisen. — 10 Tage nach
der Entlassung aus dem Krankenhaus kehrte Pat. mit Blasenneuralgie zurück, die
M. als hysterische auffasste — wegen erheblicher Einschränkung des Gesichts-
feldes —, und die nach Gebrauch von Büdern in einigen Wochen achwand.
Reichel (Chemnitz).
9) Bazy. Des retrecissements traumatiques tardifs de la portion
membraneuse.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 64.)
B. wurde zu einem 75jährigen Pat. gerufen, der seit mehreren Tagen Mühe
hatte, zu uriniren; 40 Jahre vorher hatte derselbe einen Beckenbruch mit starker
Verschiebung der Bruchstücke erlitten, doch angeblich ohne folgende Harn-
beschwerden. B. vermuthete zunächst eine Prostatahypertrophie, konstatirte indess
bei der Untersuchung eine Striktur der Pars membranacea, die er durch inneren
Harnröhrenschnitt erweiterte. Er erblickt in diesem Falle einen Beweis einer
späten Entwicklung einer traumatischen Harnröhrenverengerung. (Beweisend ist
der Fall gewiss nicht; warum soll die Striktur nicht seit 40 Jahren bestanden
und erst spät in Folge Altersveränderungen der Blase und Prostata, eventuell in
Folge einer Komplikation mit Cystitis, augenfällige Beschwerden gemacht haben?
Ref.) Reichel (Chemnitz).
10) S. Baumgarten |Budapest). Partielle Resektion der Harnrühre
bei Striktur, Kombination mit Cystotomia perinealis.
(Centralblatt f. d. Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 3.)
Auf Grund einer eigenen Beobachtung, bei der B. die Cystotomia perinealis
wegen eines Blasensteins mit der Resektion einer hartnäckigen Striktur der Harn-
720 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
räumen, ohne Incision, wie an der Leiche das Maß des bei Lebzeiten ein-
geführten Instruments zeigte.
Sehr viele gallensteinkranke Pat. haben ja gar keine Symptome, wenn die
Steine festsitzen.
3) Herr Heubach: Über Hallux valgus.
An der Hand zahlreicher, zum Theil durch Operation (Resektion) gewonnener
Präparate giebt H. eine ausführliche Beschreibung der komplieirten Verhältnisse
dieser Abnormität.
Es herrscht über die Pathologie und Pathogenese des Hallux valgus noch
nicht völlige Klarheit und Übereinstimmung.
Cruveilhier hält den Hallux valgus für eine durch Stiefeldruck herbei-
geführte Luxation, Gurlt für eine Subluxation, Wernher handelt den Hallux
valgus unter den Kontrakturen der Zehen ab und beschreibt ihn als eine Ver-
drängung der großen Zehe, durch Stiefeldruck und Kontraktur des Abductor
hallucis erzeugt und von Auftreibung des Gelenkkopfes und Subluxation der
1. Phalanx bedingt.
Volkmann hält eine deformirende Erkrankung des Metatarsophalangeal-
gelenks für das Primäre.
Froriep nimmt in seiner Beschreibung des Hallux valgus auf die Abweichung
der großen Zehe gar keine Rücksicht, sondern beschreibt nur die am inneren
Fußrand so häufig vorkommende starke Hervorragung, als deren anatomisches
Substrat er eine Exostose an der inneren Seite des ersten Metatarsalknochens,
unmittelbar hinter dem Rand der Gelenkfläche ansieht.
Fast allgemein wird seither die Volkmann’sche Auffassung von der primären
Arthritis deformans als die richtige angenommen.
H. nun hält den Hallux valgus für eine statische Deformität im Sinne von
J. Wolff.
Meist durch den Druck zu spitzer und häufig auch zu kurzer Stiefel wird
die große Zehe in Abduktionsstellung gebracht; dadurch wird beim Gehen die
laterale Seite des Capitulum ossis metatarsi stärker belastet (und nimmt an Vo-
lumen zu), während die vom Druck entlastete mediale Seite kleiner wird.
Direkt im Widerspruch zu dem Befund bei echter Arthritis deformans steht
das Verhalten des Gelenkknorpels bei Hallux valgus. Während dort regelmäßig
an allen Stellen, wo die Gelenkenden an einander reiben, Knorpelschwund ein-
tritt, und sich später auch Schliffflächen ausbilden, ist bei allen Präparaten H.'s
der Knorpel vollkommen erhalten, wo die Artikulation der verschobenen Gelenk-
theile noch stattfindet; was Volkmann als intrakapsuläre Exostosen angesehen
bat, sind die Reste der vom Druck entlasteten atrophirten medialen Theile des
Capitulum. Auch das Fehlen intraartikulärer Knochenwucherung lässt die An-
nahme einer Arthritis deformans bei Hallux valgus irrig erscheinen.
Die Operation des Hallux valgus — nach der Methode von Edmund Rose
— besteht in der totalen Resektion der Articulatio metacarpophalangealis I; d. h.
es werden dabei sämmtliche Gelenktheile, das Capitulum metatarsi I, die Basis
phalangis I und die Ossa sesamoidea entfernt.
4) Herr Rose: Eine Art von freien Knochen in den Gelenken.
Im Anschluss daran wollte R. einen geheilten Fall von Resektion des Ballen-
gelenks vorstellen, um zu zeigen, wie vorzüglich der Gang nach dieser Operation
sich gestaltet. Leider hatte der Kranke aber schon abreisen müssen. Der Kranke
war operirt worden wegen eines freien Knochens im entzündeten Gelenk, welches
bereits aufgebrochen war. Wie das Präparat zeigt, bestand der Knochen in einer
Nekrose der basalen Epiphyse der 1. Phalanx der großen Zehe. Eine solche
»spontane entzündliche Epiphysenlösung« spielt sonst eine viel größere Rolle bei
der Hüftgelenksentzündung.
Den alten Streit über die Entstehung der Gelenkmäuse hat man früher dahin
entschieden, dass sie ausschließlich in der bekannten Weise Gebilde der Arthritis
deformans seien. R. legte ein Prachtexemplar vor aus seiner Privatsammlung von
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 7121
Malum coxae senile mit einem halben Dutzend theils freier, theils noch fest-
sitzender walnussgroßer Gelenkknochen.
Das sind aber nicht die beiden einzigen Gründe für die Bildung freier Knochen
im Gelenk. Dass drittens wirklich durch Gelenkverletsungen Stücke abgelöst
werden können, konnte R. schön mit einem ferneren alten Präparat aus seiner
Sammlung beweisen. Der Kranke {ein Trinker) hatte sich Nachts den Fuß ver-
treten und war damit noch 5 Wochen herumgereist. Bei der Operation seiner
Gelenkmäuse zeigten sich dieselben als abgesprungene Stücke der vorderen Tibia-
kante des Fußgelenks.. Da bald darauf wegen Komplikationen eine Resektion
nothwendig wurde, fand sich außerdem eine frisch geheilte Fraktur des äußeren
Knöchels, wie deutlich das vorgelegte, subperiostal entfernte Periost zeigte.
Nun giebt es aber wohl noch eine vierte Ursache ganz seltener Art für die
Entstehung freier Knochen in sonst nicht zerstörten Gelenken, ganz abgesehen
von der Caries necrotica. Als Grund einer Coxitis, die noch schleichender war
als man es sonst bei freiwilligem Hinken sieht, fand R. bei fast intaktem Gelenk
die Eiterung ausgehend von einem runden, außerordentlich festen, in einer Höhle
gekapselten Knochenstück unter dem Knorpel der Pfanne, welches bei einem
zweiten Falle schon in der Gelenkkapsel lag. Die Verbindung mit den angebo-
renen Defekten beider Schlüsselbeine und dem besonders schleichenden Verlauf
veranlasste R. zu der Annahme, dass es sich hier um Enostosen im Virchow-
schen Sinne handelt, welche, angeboren, mit dem Wachsthum der Kinder frei
werden. Diese Enostosen sind weder mit den äußeren noch inneren Exostosen
zu verwechseln. Sarfert (Berlin).
8) Moty. Observation d’uröthre peringal supplémentaire chez homme.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 160.)
M. beobachtete die Missbildung bei einem Soldaten. Die Fistel war so eng,
dass ihre Öffnung erst bei genauer Untersuchung gefunden werden konnte; doch
entleerten sich bei jedem Uriniren aus ihr einige Tropfen hinter dem Hodensack,
3 cm vor der Afteröffnung, etwas links von der Rhaphe. Heilung durch Exstirpa-
tion des Fistelganges bis auf eine Länge von 3cm. Mit der Sonde ließ sich die
Kommunikation mit der normalen Harnröhre nicht nachweisen. — 10 Tage nach
der Entlassung aus dem Krankenhaus kehrte Pat. mit Blasenneuralgie zurück, die
M. als hysterische auffasste — wegen erheblicher Einschränkung des Gesichts-
feldes —, und die nach Gebrauch von Bädern in einigen Wochen achwand.
Reichel (Chemnitz).
9) Bazy. Des retr&cissements traumatiques tardifs de la portion
membraneuse.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 64.)
B. wurde zu einem 75jährigen Pat. gerufen, der seit mehreren Tagen Mühe
hatte, zu uriniren; 40 Jahre vorher hatte derselbe einen Beckenbruch mit starker
Verschiebung der Bruchstücke erlitten, doch angeblich ohne folgende Harn-
beschwerden. B. vermuthete zunächst eine Prostatahypertrophie, konstatirte indess
bei der Untersuchung eine Striktur der Pars membranacea, die er durch inneren
Harnröhrenschnitt erweiterte. Er erblickt in diesem Falle einen Beweis einer
späten Entwicklung einer traumatischen Harnröhrenverengerung. (Beweisend ist
der Fall gewiss nicht; warum soll die Striktur nicht seit 40 Jahren bestanden
und erst spät in Folge Altersveränderungen der Blase und Prostata, eventuell in
Folge einer Komplikation mit Cystitis, augenfällige Beschwerden gemacht haben?
Ref.) Reichel (Chemnitz).
10) S. Baumgarten ` Budapest), Partielle Resektion der Harnröhre
bei Striktur, Kombination mit Cystotomia perinealis.
(Centralblatt f. d. Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 3.)
Auf Grund einer eigenen Beobachtung, bei der B. die Cystotomia perinealis
wegen eines Blasensteins mit der Resektion einer hartnäckigen Striktur der Harn-
122 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
röhre kombinirte und rasche völlige Heilung erzielte, empfiehlt B. die Excision
von Strikturen, wenn gleichzeitig die Indikation zur Urethrotomia externa besteht-
Selbst dann, wenn die Striktur so lang ist, dass eine direkte Vereinigung der
Harnröhrenenden nicht möglich ist, werden bei der Heilung durch Granulation
die Verhältnisse vortheilhafter, als ohne Excision der Narbe. Die Kombination
mit der Cystotomie vergrößert die Gefahr der partiellen Harnröhrenresektion nicht
erheblich. F. Kromm (Karlsruhe).
11) C. A. Ljunggren. Uber die Wiederherstellung der hinteren
Harnröhre aus den Weichtheilen des Dammes.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 397.)
Bei Defekten der hinteren Harnröhre, sei es, dass es sich um Fälle frischer
traumatischer ZerreiBung handelt, oder dass Resektionen kallöser Strikturen vor-
genommen sind, oder dass geschwūrige Processe in Folge von alten Strikturen
vorhanden sind, soll in erster Linie die Naht der Harnröhrenstümpfe ver-
sucht werden; ist diese aber unmöglich, so empfiehlt sich nach den Vorschlägen
von Guyon, einen weichen Dauerkatheter vom Penis aus in die Blase zu legen
und über diesem die Dammweichtheile zu nähen. L. theilt 2 Fälle mit, in denen
er auf diesem Wege schöne Resultate erzielte. Fall 1 betrifft eine alte trauma-
tische Striktur mit Skrotalabscess und vielen Fisteln. Nachdem diese genügend
vorbehandelt, Incision des Dammes, Eröffnung einer unregelmäßigen Höhle mit
geschwürigen schwieligen Wänden, der Schleimhaut entbehrend, in welcher beide
Harnröhrenstümpfe, beinahe 6 cm aus einander stehend, endigen. Resektion der
Schwielen, Fisteln und Harnröhrenstümpfe, Nachbehandlung wie angegeben unter
Offenlassen einer Stelle am Damm, durch die mit Gaze drainirt wurde. Katheter-
entfernung nach einem Monat, normale Miktion. Zwecks Schließung der hinter-
bliebenen Drainagedammfistel nochmalige Dammspaltung. Die Harnröhrenstümpfe
stehen jetzt nur 41/2 cm aus einander, zwischen ihnen ein neu gebildeter, allseitig
mukös ausgekleideter Kanal. Exeision der Fistel, neue Dammnaht über Verweil-
katheter. Heilung in 14 Tagen. Bei Nachuntersuchung nach 41/2 Jahren keine
Striktur, obwohl nie bougiert worden war. Fall 2 betrifft eine frische Zerreißung
der perinealen Harnröhre.e Nach Dammspaltung war das obere Harnröhrende nur
mittels Sectio alta und retrogradem Katheterismus auffindbar. Naht der Blase
und Naht des Dammes wie in Fall 1, doch wurde dies Mal der Damm mittels
feinen Rohres, und zwar nur 2 Tage lang, drainirt. Katheterentfernung nach
24 Tagen. Völlige Heilung ohne Striktur, noch 2 Jahre lang nach der Operation
festgestellt.
L. erklärt den Heilungsprocess bei dieser Therapie so, dass das Schleimhaut-
epithel der Harnröhre über die granulirenden Wundflächen wächst, die den durch
die Harnröhre in die Blase eingeführten Katheter umgeben. (Es dürfte in solchen
Fällen sicherer sein, die Dammwunde, statt zu schließen, im Wesentlichen offen
nachzubehandeln. Denn die Aseptik bei diesen Operationen ist keineswegs, wie
Verf. meint, »ganz dieselbe wie sonsts, sondern durch die Urinberieselung der
Wunde, die auch durch Dauerkatheter nicht zu beseitigen ist, überhaupt in Frage
gestellt.) Meinhard Schmidt (Cuxhaven!.
12) Sacchi. Moderno trattamento dell’ ipertrofia prostatica.
(Policlinico 1897. No. 19. Ref. nach Morgagni 1898. No. 19.)
Verf. hat bei 19 Kranken mit Prostatahypertrophie die Resektion der Vasa
deferentia ausgeführt und folgende Beobachtungen gemacht:
1) Fast immer verschwinden die Symptome gleich oder in einem von verschie-
denen Umständen abhängenden und nicht bestimmbaren Zeitraum nach der Ope-
ration oder nehmen wenigstens an Intensität ab.
2) Der Katheterismus wird erleichtert und besser vertragen.
3) Bei Paralyse des Schließmuskels kann man auf Wiederherstellung der
Muskelfunktion nicht hoffen, aber auch in diesen Fällen wird der Katheterismus
erleichtert.
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 723
4) Atrophie der Hoden und der Prostata tritt nicht immer nach der Operation
ein. Letztere scheint von ersterer abzuhängen.
5) Wenn Nieren- oder Blasenaffektionen vorhanden sind, so müssen diese be-
handelt werden. Sonst geht die nach der Operation gewonnene Besserung des
Prostataleidens wieder verloren.
6) Die nach der Operation eintretende Besserung kann vorübergehend sein
und ist alsdann wahrscheinlich von nervösen Einflüssen abhängig. Tritt Atrophie
der Prostata ein, so hält auch die Besserung länger an und ist eine größere.
7) Epididymitiden, die in Folge des Katheterismus auftreten, bleiben gewöhn-
lich nach der Operation aus. Dreyer (Köln).
13) J. G. Witte. Zur Statistik der Behandlung der Prostatahyer-
trophie mittels doppelseitiger Kastration. (Aus dem Sserpuatowisten
Semstwokrankenhaus.)
(Chirurgie 1597. p. 474. [Russisch.])
W. berichtet über 2 einschlägige Fälle.
1) Die Beschwerden des 72jährigen Kranken waren hochgradige Harnverhal-
tung, Blut im Urin, Fieber von 39°, stark eitriger Blasenkatarrh. Die Prostata
war sehr groß. 2 Wochen nach seiner Entlassung stellte sich der Kranke, befreit
von seinen Beschwerden, vor.
2) 88jähriger Greis, leidet an doppelseitiger Hydrocele seit mehr als 20 Jahren.
Der Hodensack hat die Größe des Kopfes eines Erwachsenen. Die Harnbeschwer-
den steigern sich in letzter Zeit immer mehr, die Prostata hat die Größe einer
übermittelgroßen Apfelsine.
Doppelseitige Kastration. Auch hier ein fast unglaublich guter Heilerfolg
(vom 3. Tage nach der Operation ungehinderte Harnentleerung, nach etwa
6 Wochen hat die Prostata die Größe einer Walnuss).
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
14) 8. P. Derinschinski. Ausschneidung des Samenstranges als Heil-
mittel bei Vergrößerung der Vorsteherdrüse.
(Chirurgie 1897. p. 464. [Russisch.))
D. theilt 4 Fälle mit, die alle durch die Operation günstig beeinflusst wurden.
Die 3 ersten hat er selbst im Golitzin’schen Krankenhaus operirt, der 4. wurde
von Dr. Lanin behandelt und von Prof. Diakonow operirt.
I. 58jähriger Arzt trat Februar 1897 mit Harnverhaltung ins Krankenhaus.
Die ersten schwächeren Anfälle hatte er zuerst vor 4 Jahren. Sein Vater ist an
demselben Leiden gestorben. Seit September 1896 Blasenkatarrh. Die Anfälle
von Harnverhaltung mehrten sich so und wurden so quälend, dass P. schon bereit
war, an sich die Kastration vornehmen zu lassen. Auf Rath Prof. Diakonow’s
wurde ihm aber in Chloroformnarkose auf beiden Seiten je ein Als em langes
Stück Samenstrang ausgeschnitten. Heilung der Wunde mit Ausnahme einer
Stichkanaleiterung ohne weitere Störung. Das letzte Mal sah D. seinen Pat. im
Oktober; Dieser hatte seit Monaten keine Harnverhaltung, war vom Gebrauch des
früher unentbehrlichen Katheters befreit und urinirt jetzt alle 3—4 Stunden, wäh-
rend dies vor der Operation jede Stunde geschehen musste. Das Gefühl von
Schwere in der Dammgegend ist vollständig verschwunden.
U. Der 77jährige Kranke trat ebenfalls mit vollständiger Harnverhaltung ins
Krankenhaus ein. Die Prostata ist apfelsinengroß, weich. Operation am 8. April
unter Lokalanästhesie. Ebenfalls günstiges Resultat, nur hatte er 3 Monate später
abermals eine Harnverhaltung. Jetzt wurden nur 300 cem Urin mit dem Katheter
entleert.
III. Vor 3 Jahren hatte der 69jährige Kranke zum 1. Mal eine Harnverhal-
tung, seit 1 Jahre kann er den Urin nur mit dem Katheter entleeren; er trat mit
Harnverhaltung ins Krankenhaus. Die Besserung nach der Operation zeigte sich
zunächst darin, dass er den Katheter jetzt nur alle 3—4 Tage anzuwenden brauchte
124 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
seit einem Monat hatte er den Katheter ganz weggelegt. Der Urin wurde klar,
die Vorsteherdrüse kleiner.
IV. 64jähriger Pat. (s. ol Er musste sich 3—4mal in 24 Stunden den Urin
mit dem Katheter ablassen, seit 6 Monaten konnte er von selbst keinen Urin
mehr lassen. Harndrang hat er schon seit 10 Jahren. Die beiderseitige Aus-
schneidung eines Stückes von 5cm aus dem Samenstrang (Prof. Diakonow:
hatte zunächst den Erfolg, dass sich die Erscheinungen von Schmerz und Urin-
drang besserten und die Prostata sich verkleinerte, bis plötzlich nach einigen
Monaten eine Verschlechterung eintrat, wenn auch der Zustand des Kranken
gegen früher besser geworden war.
D. giebt dann noch eine Übersicht über den Stand dieser Frage und schließt
sich nach seinen Erfahrungen den Empfehlungen der doppelseitigen Vasekto-
mie an.
Zum Schluss wendet sich D. der von Lennander und verschiedenen anderen
Autoren betonten Nothwendigkeit zu, die Nerven um den Samenstrang nicht zu
schonen, und möglichst mit zu entfernen. E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
15) Korlowski. Hypertrophie der Vorsteherdrüse, geheilt durch Ka-
stration. (Aus dem Sophienkrankenhause des Grafen Bobrinski in
Shmela.)
(Chirurgie 1897. p. 477. [Russisch.])
K. giebt die Krankengeschichte eines 68jährigen Greises, der ihm mit einer
4 Tage andauernden Harnverhaltung nach einer beschwerlichen Reise zugeführt
wurde. Die enorme Prostata konnte bimanuell gut abgetastet werden. Es wird
mit einem Metallkatheter ein Liter Harn abgelassen. Leider schlüpfte der liegen-
gelassene Katheter bei der Überführung zum Krankenhaus wieder heraus, und es
konnte jetzt weder ein harter noch ein weicher Katheter wieder eingeführt werden.
Da die Blase wieder überfüllt war, wurde mit einer feinen Hohlnadel oberhalb
der Symphyse punktirt und ohne Aspiration 600 ccm abgelassen. Am folgenden
Tage konnte dann der Metallkatheter wieder in die Blase gebracht werden. Von
selbst konnte der Kranke aber nicht uriniren, und den eingelegten Gummikatheter
vertrug er auch nicht. So wurde die doppelseitige Kastration gemacht. Am
11. Tage nach der Operation konnte der Operirte frei Urin lassen, es entwickelte
sich aber, wohl in Folge der Katheterisirungen, eine eitrige Blasenentzündung
mit Fieber, starken Beschwerden, schließlich mit Auftreten von Pyelitis. Alle die
üblen Erscheinungen schwanden bei sorgfältiger Behandlung, und 4 Monate nach
der Operation findet sich die Vorsteherdrüse auf doppelte Kastaniengröße ver-
kleinert. Die Cystitis ist geschwunden, der Harn wird ungehindert von selbst
entleert. Nach weiterem ca. 11/2 Jahre ist die Prostata nur so groß wie eine
Kastanie. Der Operirte zeigt neben starkem Fettansatz auch noch andere Erschei-
nungen der Kastration; so ist z. B. das Wachsthum des Bartes vollständig ver-
schwunden. E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
16) Bazy. De l’urethro-cystoplastie.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 155.)
In einem Falle sehr ausgedehnter Zerstörung der Scheide durch Gangrän nach
sehr langdauernder Geburt mit enormer Blasen-Scheidenfistel und Zerstörung der
Harnröhre stellte B. eine neue Blase mittels Sectio alta durch Ablösung der
Blasenschleimhaut und Vernähung der Fistelränder und eine neue Harnröhre durch
Lappen her, die er von den beiden Schambeinästen loslöste und theils den Resten
der Vulva entnahm. Durch einen besonderen Apparat, durch welchen die Wände
des neugebildeten Kanals gegen die Symphyse angedrückt wurden, gelang es, Kon-
tinens für ca. 3 Stunden zu erzielen. — Die Kolpokleisis verwirft B. vollständig.
Reichel (Chemnitz).
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 7125
17) P. Berger.. Fistule vesico-vaginale compliquée d’obliteration ci-
catricielle de l’orifice vésical de l’urethre. Gu£rison.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 142.)
Die Beobachtung B.’s ist in mehrfacher Hinsicht interessant, nicht zum wenig-
sten, weil sie zeigt, dass man-auch unter anscheinend verzweifelten Umständen
zuweilen doch noch ein recht gutes funktionelles Resultat erreichen kann. — Bei
der 34jährigen Pat. handelte es sich um eine im vertikalen Durchmesser 6, im
transversalen 4 cm messende Blasen-Scheidenfistel mit narbigen Rändern und
gleichzeitig narbigem Verschluss der Blasenmündung der Harnröhre. Diese Kom-
munikation zwischen Harnröhre und Blase stellte B. zunächst in der Weise wieder
her, dass er auf die durch einen in die Harnröhre eingeführten Katheter vor-
gedrängte Blasenschleimhaut einschnitt, vor und hinter dem noch von Harnröhren-
schleimhaut bedeckten Katheterende durch die ganze Dicke der Harnröhrenwand
je eine Fadenschlinge durchzog, zwischen ihnen die Harnröhre eröffnete, die
Schlinge aus ihr mit einem Häkchen vorzog, durchschnitt und mit den so er-
haltenen 4 Faden Harnröhren- und Blasenschleimhaut vernähte. Durch Einlegung
Bozeman’scher Kugeln aus Aluminium erweiterte er in den folgenden 3 Monaten
die Scheide und schritt nun zum Schluss der Blasen-Scheidenfistel. Anstatt die
bei Anfrischung der Fistelränder losgelöste Schleimhaut ihrer Umgebung zu ex-
eidiren, stülpte er sie nach der Blase um, zog die Umrandung dieses Ringes durch
eine Tabaksbeutelnaht aus Katgut susammen und vernähte die Scheidenwund-
ränder mit einander erst über der so gewonnenen ersten Schicht. Am 12. Tage
zeigte der Abfluss von Urin zur Scheide einen theilweisen Misserfolg an; doch war
die Fistel suf die Größe eines 50-Centimesstückes verkleinert. Durch eine 3. Ope-
ration gelang es, sie ganz zu schließen. Als Ursache einer nachher auftretenden
Blasenblutung ergab die cystoskopische Untersuchung einen Granulationsknopf,
entsprechend der bei der 1. Fisteloperation umgestülpten Schleimhaut. B. warnt
daher für zukünftige Fälle vor dieser Modifikation. Der Zwischenfall war übrigens
ohne große Bedeutung. Pat. war schließlich so weit hergestellt, dass sie keine
Beschwerden hatte und nur bei schwerer Arbeit einige Tropfen Urin unwillkür-
lich verlor. B. betont die Wichtigkelt der genauen Befolgung der heute von
Manchen unterschätzten Vorschriften Bozeman’s zur Vorbereitung der Pat. vor
der Fisteloperation. Reichel (Chemnitz).
18) C. A. Ljunggren. Öfvertalig urinbläsa med urinretention.
(Nord. med. Arkiv N. F. Bd. VII. No. 9.)
Verf. beschreibt einen in der Litteratur früher kaum erwähnten Fall von Du-
plieität der Harnblase, welchen er mittels Anastomosenbildung zwischen den beiden
Blasen zur Heilung und völlig befriedigendem funktionellen Resultat gebracht hat.
Der außerordentlichen Seltenheit des Falles wegen verdient die Krankengeschichte
hier etwas ausführlicher mitgetheilt zu werden.
Vor 3 Jahren bekam ein 12jähriger Knabe plötzlich und ohne bestimmte Ver-
anlassung Schmerzensanfälle im unteren Theil des Bauches etwas links von der
Mittellinie. Die Schmerzen dauerten ein paar Stunden und steigerten sich zu
solcher Intensität, dass Pat. laut schrie. Auf einmal hörten sie auf, und Par.
fühlte sich völlig gesund. Solche Anfälle wiederholten sich während des 1. Jahres
der Krankheit in Intervallen von 2 Wochen bis einem Monat, nahmen dabei an
Stärke zu, wurden von Erbrechen gefolgt und fingen öfters des Abends an. Pat.
konnte sich nicht erinnern, bei den Anfällen jemals Harndrang gefühlt zu haben,
noch auch dass er nach Aufhören derselben ein größeres Quantum Harn gelassen
hätte. Niemals Inkontinenz, nie Enuresis nocturna, keine Phimose. Als Verf.
den Knaben zum 1. Male (zu Hause) untersuchte, fand er im unteren Theil des
Bauches eine elastische, fast kindskopfgroße, bei Palpation schmerzhafte Ge-
schwulst. Der naheliegenden Vermuthung, dass dies die ausgedehnte Blase sei,
wurde durch die Angabe des Pat., er habe vor 1/2 Stunde Harn gelassen, wider-
sprochen. Nach Verabreichung eines Opiats schwanden die Schmerzen dies Mal.
726 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
2 Wochen später stellte sich Pat. im Krankenhause ein. Die Schmerzen
waren fast jeden Tag wiedergekehrt. Bei der Untersuchung zeigte sich nicht die
geringste Spur von der Geschwulst, noch konnte Verf. etwas anderes Abnormes
finden. Schon am anderen Tag war aber Alles verändert: die elastische Geschwulst
fand sich nun wie bei der ersten Untersuchung. Beim Einführen eines Katheters
wurde zwar eine geringe Menge Harn entleert; die Geschwulst wurde aber nicht
verändert.
Bei der sofort gemachten Laparotomie fand man eine fast kindskopfgroße,
kugelrunde, fluktuirende, vom Bauchfell bedeckte Geschwulst genau in der Mittel-
linie gelegen, mit der Basis im kleinen Becken befestigt, während der Scheitel
fast bis zum Nabel hinaufreichte. Der Eindruck war derjenige einer enorm aus-
gedehnten Harnblase. Als bei der Einführung eines Katheters wieder kein Harn
erschien, spritzte Verf. eine schwache Borsäurelösung ein; und nun trat eine neue
Geschwulst hervor, die normale Harnblase, von gewöhnlicher Form und Größe.
Darauf wurde die hintere Geschwulst geöffnet, wobei eine größere Menge von
klarem Harn herausfloss, und die Wände zusammenfielen, indem sie sich etwas
zusammenzogen. Die Wand war bedeutend dünner als die einer gewöhnlichen
Blase, bestand aber aus den normalen 3 Schichten Serosa, Museularis und Schleim-
haut. Eine Kommunikation mit der normalen Blase war nirgends zu finden. Diese
2. Blase reichte tief in das kleine Becken herab und endete mit einer trichter-
förmigen Verlängerung unterhalb der vorliegenden normalen Blase. Die Operation
wurde mit Anlegung einer Blasenfistel in der Bauchwunde abgeschlossen.
Nach glatter Heilung der Bauchwunde entleerte Pat. Harn sowohl auf dem
natürlichen Weg als durch die Bauchfistel, und zwar, wie vorgenommene Messung
der entleerten Harnmengen zeigte, auf jedem Weg gleich viel, was Verf. zur An-
nahme führte, dass jede Blase mit ihrem Harnleiter in Verbindung stehe. Die
Versuche Verf.'s, durch Füllung der normalen Blase mit farbigen Flüssigkeiten,
eine Kommunikation zwischen den beiden Blasen zu konstatiren, gelangen dabei nie.
Während eines ganzen Jahres trug Pat. eine Blasenfistelbandage. Die früheren
Schmerzen waren völlig verschwunden; verschiedene Male kam es aber in der
hinteren Blase zu einer Cystitis, die mit Lapis und Spülungen behandelt wurde.
Auf den Wunsch der Eltern, die Blasenfistel zu beseitigen, entschloss sich
Verf., eine Kommunikation zwischen den beiden Blasen herzustellen. Diese wurde
in 2 Sitzungen gemacht. In der ersten öffnete Verf. die alte Wunde und vereinigte
mit 2 Reihen Katgutnähten die hintere Wand der normalen Blase mit der vor-
deren der accessorischen so tief nach unten wie möglich. Nach vorübergehender
Tamponade der Wunde, und nachdem der Harn in der hinteren Blase völlig
normal geworden, spaltete er die zusammengewachsenen Wände so tief nach unten
wie die Nahtreihe es gestattete.e Durch Einführen eines Fingers in jede Blase
konnte Verf. die Wände völlig abtasten und fand auch dabei nicht die geringste
Spur einer Kommunikation zwischen den 2 Blasen; sie waren überall gegen ein-
ander verschieblich. Zuletzt aber fand Verf. in der hinteren Blase eine spalten-
förmige Öffnung; eine in sie eingeführte feine Sonde drang in der Richtung sur
linken Niere etwa 8cm empor. Der Kanal hatte die gewöhnliche Weite eines
Harnleiters.
Nun wurde die Operation durch Mobilisirung eines halbmondförmigen Stückes
Schleimhaut jeder Blase geschlossen. Diese wurden in der Mittellinie durch ein
paar feine Katgutnähte vereinigt. Der obere Theil des Schnittes in den beiden
Blasen wurde mit einer doppelten Reihe Katgutnähte jeder für sich geschlossen.
Heilung ohne Zwischenfälle nach einem Monat.
Ein Jahr später wurde Pat. untersucht. Sein voriges Leiden war verschwun-
den; der Harn war klar, die Entleerung normal.
Im Anschluss an seinen Fall diskutirt Verf. ausführlich, unter kritischer Be-
leuchtung der wenigen in der Litteratur mitgetheilten analogen Fälle, die ent-
wiecklungsgeschichtlichen und klinischen Möglichkeiten. Er hat nur einen mit
den seinigen übereinstimmenden Fall gefunden, den P&an in Gaz. des höpitaux
1895 No. 63 veröffentlicht hat. Nur eine Erklärungsweise bleibt für seinen Fall
Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 1727
übrig: die Annahme einer angeborenen doppelten Harnblase, durch Erweiterung
der unteren Theile der Ducti Mülleri entstanden. A. Hansson (Cimbrishamn).
19) L. Heidenhsin. Transperitoneale Exstirpation einer Hydro-
nephrose von ungewöhnlicher Größe.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 405.)
Die große eystische Geschwulst der 22jährigen Pat., von den linken Rücken-
streckmuskeln bis zur vorderen rechten Axillarlinie und vom linken Hypochon-
drium bis an den Beckeneingang reichend, war durch bimanuelle Palpation von
der linken Lende zur Mittellinie und durch den Nachweis, dass das Colon über
die Vorderfläche der Geschwulst verlief (Luftaufblasung), als Hydronephrose be-
stimmt. Zur Operation wurde, um über den Zustand der rechten Niere Auskunft
zu erhalten, ein transperitonealer Schnitt in der Linea alba gewählt. Nach Er-
öffnung des Leibes Spaltung des Bauchfellüberzugs der Hydronephrose, Annähung
desselben an das Peritoneum parietale, so dass die freie Bauchhöhle abgeschlossen
war, Punktion der Geschwulst, Aushülsung der medianen Theile des erweiterten
Nierenbeckens. Nachdem ein Griff festgestellt, dass eine normale 2. Niere vor-
handen war, Nephrektomie, die leicht ausführbar war. Aus Scheu vor Nach-
blutungen lockere Tamponade der Wunde; Heilung per secundam. Da nach
Vollendung der letzteren im Leibe der Pat. eine mediane lange Scheidewand
hinterblieb, und H. von dieser Gefahren durch eventuelle Herbeiführung innerer
Einklemmung besorgte, nahm er noch eine Nachoperation vor, bestehend in
abermaliger Laparotomie, Abtrennung des Septums von der Vorderbauchwand,
Übernähung seiner Schnittfläche mit Serosa und Versenkung, so wie separater
Bauchdeckennaht. Die Besorgnis war nicht unbegründet; denn über den oberen
Rand des Septums hingen Darmschlingen aus der rechten in die linke Seite des
Bauches hinein, und eine dieser Schlingen war mit der Scheidewand leicht ver-
wachsen, so dass sie gelöst werden musste. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
20) G. Houzel (Boulogne-sur-Mer). Deux observations de kystes hy-
datiques du rein opérės.
(Bull et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 421.)
H. vermehrt die noch sehr geringe Zahl operirter Nierenechinokokken um
2 eigene Beobachtungen. Im 1. Falle handelte es sich um eine 26 Jahre alte
Frau, die seit 2 Jahren eine sich langsam entwickelnde Geschwulst in der linken
Bauchseite bemerkte. Zur Zeit der Beobachtung durch H. füllte die Geschwulst die
ganze linke Lendengegend aus, überschritt die Mittellinie noch um 2 Querfinger
Breite, hatte fibröse Konsistenz. Im Glauben, eine solide Geschwulst vor sich zu
haben, schritt H. zur transperitonealen Nierenexstirpation. Unglücklicherweise fehlte
die 2. Niere, und Pat. starb am 5. Tage nach der Operation an Urämie. — Der
2. Fall betraf einen 43jährigen Mann, bei welchem der Anfang der Erkrankung
schon um 20—30 Jahre zurücklag. Als einzige mögliche Ursache wusste Pat. an-
sugeben, dass er als Junge die Gewohnheit hatte, Fliegen zu essen; H. hält es
nicht für unwahrscheinlich, dass auf diesem Weg die Infektion statthatte. Die
Cyste war sehr groß, enthielt ca. 3 Liter Echinokokkenblasen. Durch breite Er-
öffnung und Annähung der Cyste an die Wundränder wurde binnen 51 Tagen
vollständige Heilung erzielt. — H. erklärt die einzeitige primäre Nephrotomie mit
folgender Drainage für das einzig empfehlenswerthe Verfahren, das zwar lang-
wieriger, aber doch erheblich weniger gefährlich sei, als die Nephrektomie.
Reichel (Chemnitz).
21) Tuffer. Contribution à l'étude de l'intervention chirurgicale dans
la tuberculose du rein (15 opérations personnelles). — Discussion.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 51.)
Von 152 Nierenoperationen T.’s handelte es sich nicht weniger als 15mal um
Eingriffe wegen Nierentuberkulose, obwohl T. eine Operation bei dieser nur nach
728 Centralblatt für Chirurgie. No. 27.
erfolgloser innerer Medikation und nur dann für gerechtfertigt hält, wenn die
örtliche Erkrankung das Allgemeinbefinden und die physiologische Widerstands-
fähigkeit stark beeinträchtigt. Zu den direkten Veranlassungen zur Operation
rechnet er 1) Blutungen, 2) excessive Schmerzen, 3) Infektion oder Intoxikation.
Wegen Gefahr drohender Blutung operirte er in 2 Fällen; eine Pat. genas nach
Nephrektomie vollständig; eine zweite wurde durch Nephrotomie für 2 Jahre
von allen Beschwerden befreit, bekam aber dann nochmals eine mehrwöchent-
liche, wenn auch nicht starke Blutung. T. hält daher in solchen Fällen die pri-
märe Nephrektomie für die Operation der Wahl; dessgleichen in den Fällen, in
denen heftige, andauernde Schmerzen zur Operation zwingen. Er war 2mal ge-
nöthigt, auf Grund dieser Indikation die Niere zu exstirpiren, beide Male mit
bestem Erfolg. Verursacht sind die Schmerzanfälle durch Erkrankungen des
Harnleiters oder sekundäre Steinbildung, können aber auch unabhängig von beiden
auftreten. — Am häufigsten zwingen Zeichen akuter Infektion, gleich denen einer
gewöhnlichen Pyonephrose, oder chronischer Intoxikation zu einer Operation. Die
Prognose dieser Fälle ist weit ungünstiger. Ob man Nephrotomie oder Nephrek-
tomie machen soll, hängt namentlich von dem Verhalten der 2. Niere und dem
Allgemeinbefinden ab, muss nach allgemein chirurgischen Grundsätzen entschieden
werden. Von 5 Nephrotomirten verlor T. 1 an den Folgen der Operation, 2 nach
weiteren 3 Monaten an allgemeiner Tuberkulose, bei zweien musste er sekundär
noch die Nephrektomie machen.- -2 primär Nephrektomirte genasen; doch ist der
seit der Operation verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um über das Endresultat
ein sicheres Urtheil abzugeben.
Die zum Theil recht interessanten Krankengeschichten sind theils nur auszugs-
weise, theils ausführlich wiedergegeben, müssen im Original nachgelesen werden.
Routier empfiehlt warm den chirurgischen Eingriff bei Nierentuberkulose;
und zwar hat er namentlich von der Nephrektomie recht günstige Erfolge ge-
sehen. In einem Falle von bedrohlicher Nierenblutung bei Tuberkulose erzielte
er durch Nephrotomie ein bemerkenswerthes Resultat; in 2 anderen Fällen von
Nierenblutung war er schon zum gleichen Eingriff entschlossen, als die Blutung
von selbst stand und auch — bei fortgesetzter innerer Behandlung — während
dem folgenden 11 Jahre nicht wiederkehrte. Hingegen führt die wegen tuberku-
löser Eiterung unternommene Nephrotomie seiner Ansicht nach stets zu unver-
sieglicher Fistelbildung und ist nur dann angezeigt, wenn das Allgemeinbefinden
oder der Zustand der anderen Niere die Exstirpation der kranken Niere nicht ge-
stattet; im ersteren Falle kann sie zur Besserung des allgemeinen Kräftezustandes
beitragen und dann die sekundäre Nephrektomie ermöglichen. 4 primär wegen
Nierentuberkulose nephrektomirte Frauen genasen sämmtlich.
Reichel (Chemnitz).
Die Streitsache der Herren Nitze und Casper ist am3. Juni in der Berufungs-
instanz auf Anregung des Gerichts und der Vertheidiger, so wie unter Mitwirkung
des Geheimraths v. Berymann durch folgenden Vergleich beigelegt worden:
Herr Dr. Nitze erklärte: Ich habe Herrn Dr. Casper den Hurnleiterkatheter
zusammen mit dem Operationskystoskop vorgelegt, ich will aber nicht länger behaupten,
dass er den Harnleiterkatheter gesehen haben muss und mala fide gehandelt hat.
Im Anschluss an diese Erklärung erklürte Herr Dr. Casper: Ich nehme alle
gegen Herrn Dr. Nitze erhobenen Beschuldigungen zurück.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig
Gentralblatt
CHIRURGIE
e
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
gd
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 28. Sonnabend, den 16. Juli. 1898
Inhalt: A. Codivilla, Zur Radikaloperation der Schenkelhernien. (Original-Mittheil.)
1) Reitzenstein, Speiseröhrendivertikel. — 2) v. Eiselsberg, Sondirung ohne Ende.
— 3) Cange, Bauchbrüche. — 4) Nassauer, Bauchfelltuberkulose. — 5) Sonnenburg,
6) Deaver, 7) Bernays, Appendicitis. — 8) Lindner und Kuttner, Chirurgie des Magens.
— 9) Haisted, Cirkuläre Darmnaht. — 10) Savarlaud, Magengeschwür. — 11) Ehr
Sareine und Magengärung. — 12) Morison, Pylorektomie. — 13) v. Kundrat und Schli
singer, Verwachsungen zwischen Pylorusgeschwülsten und Leber. — 14) Turazza, Gastro-
euteroplegie. — 15) Conrath, Blinddarmtuberkulose. — 16) Qu&nu, Mastdarmamputation.
Th. Köiliker, Schutzbebel bei Operationen am Knochen. (Original-Mittheilung.)
17) Garrè, Kehlkopf- und Speiserührenexstirpation. — 18) Meusser, 19) Schwarz,
Appendicitis. — 20) Deaver, Perforation bei Typhus. — 21) Fischer, Hernien während
Schwangerschaft und Worhenbett. — 22) Gallant, Leisteubruch. — 23) Neumann, Retro-
peritonealbruch. — 24) Delagenidre, Magenprobeschnitt. — 25) Selenkoff, Pylorusenge.
— 26) Hofmann, Magenexstirpation. — 27) Körte, Persistirender Ductus omphalo-mesen-
tericus. — 28) Schulz, Darmenge nach Brucheinklemmung. — 29) Koch, Spiraldrehung
des S romanum. — 30) Heidenhain, Dickdarmresektion.
Berichtigung.
Zur Radikaloperation der Schenkelhernien.
Von
Dr. A. Codivilla,
Chirurg am Krankenhaus von Imola.
Die in No. 21 d. Bl. erschienene Mittheilung von Lotheissen
über die Radikaloperation der Schenkelhernien veranlasst mich, das
Operationsverfahren bekannt zu machen, welches ich zur Radikal-
behandlung der Schenkelhernien seit 1895 anwandte, wie ich es
schon in meiner letzten Statistik! beschrieben habe.
Dasselbe unterscheidet sich von dem Lotheissen’schen Verfahren
wesentlich nur in einigen Punkten der Technik, wodurch es aber
weit leichter auszuführen ist, bei gleich gutem Erfolg.
Lotheissen, von dem Satz ausgehend, dass der fibröse Ver-
schluss, welcher bei den zur Radikalheilung der Schenkelhernien
1 Rendiconto statistico della sezione chirurgica dell ospitale d’Imola durante
l’anno 1697. Tipi Galeati. März 1898. p. 23 u. 24.
28
730 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
gewöhnlich angegebenen Operationsverfahren erzielt wird, keinen ge-
nügenden Widerstand gegen den Druck der Eingeweide leisten kann,
hat ein Operationsverfahren erdacht, bei welchem die Gegend des
Schenkelkanals durch eine dicke Muskelschicht verstärkt wird, ähnlich
der Schicht, welche bei der Radikaloperation der Leistenbrüche nach
Bassini die hintere Wand des Leistenkanals bildet.
Bei dem Lotheissen’schen Operationsverfahren wird der Haut-
schnitt direkt über dem Poupart'schen Bande gemacht, dann die
.Fascia des Musc. obl. ext. etwa 1—2 mm oberhalb dieses Ligaments
gespalten, wobei man selbstverständlich in den äußeren Leistenring
kommt. Das Isoliren und Abbinden des Bruchsacks geschieht von
oben her, und nach derselben Technik wie sie Prof. Ruggi übt. Nun
schreitet Lotheissen zum Annähen der wie beim Bassini’schen
Verfahren vorbereiteten Muskelschicht an das Periost des horizontalen
Schambeinastes, das Ligamentum Couperi. Aber die Tiefe der Gegend,
in welcher er arbeiten muss, und die Nähe der Vena femoralis, die
er mit einem stumpfen Haken lateralwärts zu ziehen sucht, machen,
wie er selbst erklärt, diesen Akt des Operationsverfahrens sehr schwierig.
In der That kann er in Folge der anatomischen Verhältnisse der
Operationsgegend die Fadenschlingen, welche zum Anheften der
Muskelschicht an das Schambeinperiost dienen sollen, nicht mit einer
einzigen Nadel für jeden Faden anlegen, sondern er legt zuerst die
Muskelnähte (etwa 4—5) mit einer halbkreisförmigen Trokarnadel an
und dann mit einer stark gekrümmten gestielten Nadel am Liga-
mentum Couperi Fadenschlingen, die dazu bestimmt sind, die Fäden
der Muskelnaht hier durchzuziehen, wie es bei der Fergusson’schen
Gaumennaht gemacht wird.
Bei meinem Operationsverfahren ist dieser Akt viel leichter aus-
zuführen.
Die Verschiedenheit zwischen den beiden Operationsverfahren
besteht darin, dass ich den Leistenkanal nicht oberhalb des Schenkel-
bogens eröffne und nicht durch diese Öffnung die Nähte anlege,
sondern durch eine, die ich mir mittels Trennung der Ansatzstellen
des Ligamentum Pouparti am Schambein schaffe.
Ich mache den Hautschnitt längs der Richtung des Schenkel-
bogens, und nachdem der Bruchsack in der gewöhnlichen Weise bis
an den Ring isolirt worden ist, lege ich den inneren Theil des
Poupart’schen Bandes, insbesondere dessen Insertionsstellen am Scham -
bein, frei. Dann löse ich vom Schambein die Ansatzstellen des
Schenkelbogens, d. h. den unteren Pfeiler des äußeren Leistenrings
und das Gimbernatische Band ab. Der Schenkelring wird damit
weit geöffnet, so dass es möglich wird, den Bruchsack ganz bequem
bis nach oben zu isoliren. Nach seiner Abbindung an der höchsten
Stelle und Abtragung des Bruchsacks schreite ich zum Verschluss
der Schenkelbruchpforte durch eine solide und dicke Barriere.
Dazu trenne ich zuvor die Ansatzstellen der Fascia transversa
vom hinteren Rande des Poupart'schen Bandes ab und komme so
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 731
in den Leistenkanal hinein. Durch den damit an dessen hinterer
Wand geöffneten Weg bereite ich, wie bei der Radikaloperation der
Leistenhernien nach Bassini, die vordere Wand der dreifachen, aus
den Mm. obliq. abdominis, Musc. transversus abdominis und Fascia
transversa gebildeten Schicht vor; dann trenne ich mittels eines dem
oberen Rande des Schambeins parallel laufenden Einschnittes das
Ligamentum Couperi von der Fascia pectinea und vom Musc. pecti-
neus ab und entferne auf eine gewisse Strecke die Einschnitt-
ränder von einander, indem ich beiderseits das Periost vom Knochen
losmache. Nun wird die muskulär-aponeurotische Schicht nach dem
inneren Rand des oberhalb des Schambeins gemachten Einschnittes
heruntergezogen und mittels einiger Stiche an das Ligamentum
Couperi und an das Schambeinperiost angenäht. Das Poupart’sche
Band wird vor dieser Nahtlinie an den äußeren Rand des oben ge-
nannten Einschnittes genäht, welcher von der Fascia pectinea, dem
Musc. pectineus und dem Schambeinperiost gebildet wird. Beim
Anlegen der Nähte wird außen in der Nähe der Vena femoralis
angefangen. Das beschriebene Operationsverfahren ist leicht und rasch
auszuführen. Die Wunde ist weit, das Isoliren und Abbinden des
Bruchsacks und die weiteren Handgriffe geschehen ohne Schwierig-
keit am weit offenen Operationsfeld.
Die 2 Nahtreihen, welche die Schenkelbruchpforte verschließen,
werden mit gekrümmten Nadeln einfach und rasch wie bei der ge-
wöhnlichen Laparotomie ausgeführt; die Schenkelgefäße stören nicht,
weil sie nach Trennung des Ligamentum Pouparti vom Schambein
gut zur Seite gezogen werden können.
Seit 1895 habe ich die Operation 10mal mit gutem Erfolg aus-
geführt.
1) A. Reitzenstein. Zur Kenntnis und Diagnose der tiefen
Ösophagusdivertikel.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 12.)
Unter Mittheilung eines von R. in Boas’ Privatklinik be-
obachteten Falles von tiefsitzendem großem Divertikel und Erweite-
rung der Speiseröhre bespricht R. die Diagnose des ersteren und
hält folgende Momente hierfür für nothwendig: 1) den Sondirungs-
befund: Vorhandensein eines selbst bei längerem Liegenlassen der
Sonde nicht weichenden Widerstands, ab und zu glatte Sondirung;
2) die Beschaffenheit des aus der Speiseröhre Ausgeheberten in makro-,
mikroskopischer und chemischer Beziehung, vor allen Dingen der
Mangel an Fermenten und freier Salzsäure, die Anwesenheit
organischer Säuren, der Nachweis von Speiseresten, die von früheren
Mahlzeiten herrühren, während vom zuletzt Genossenen nichts mehr
zu eruiren ist. 3) Zur Stellung der Differentialdiagnose: idiopathische
Dilatation oder tiefsitzendes Divertikel, ist der Versuch mit 2 Sonden.
von denen die in den Magen eingeführte von der Spitze bis hoch
25*
732 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
in die Speiseröhre hinauf gefenstert ist, beweisend. Bei tiefsitzendem
Divertikel kommt die in den Divertikelschlauch eingegossene Flüssig-
keit genau wieder aus letzterem zurück, bei diffuser Dilatation kein
Tropfen. 4) Zu gleicher Zeit Ausspülung durch einen in den Magen
und einen ins Divertikel eingeführten Schlauch mit verschieden ge-
färbten Flüssigkeiten — es tritt keine Änderung der Farbennuance
ein. 5) Durchleuchtung mit der Einhorn’schen Glühlampe. 6) Die
Skiaskopie nach Einführung von Wismuthaufschwemmung oder einer
mit Bleischrot oder Bleimandrin versehenen Sonde. 7) In manchen
Fällen ist auch das Verhalten des Durchgießgeräusches zu verwerthen.
8) Ein solider, mit Heftpflaster am unteren Ende beklebter, dünner
Morcier’scher Katheter wird in den Magen, ein anderer hohler in
die erweiterte Speiseröhre eingeführt. Beim Eingießen von Farb-
lösungen in die Hohlsonde wird das Heftpflaster bei spindelförmiger
Erweiterung mitgefärbt, bei Divertikel nicht. Kramer (Glogau'.
2) v. Eiselsberg. Über Sondirung ohne Ende zur Er-
weiterung schwerer Narbenstrikturen, insbesondere derer des
Ösophagus.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 15 u. 16.)
v. E. hat bei schweren Fällen von Speiseröhrenstrikturen die
v. Hacker’sche Methode der Sondirung ohne Ende mittels Gummi-
drains angewandt.
Er empfiehlt als normale Methode für diejenigen Fälle, in denen
wegen Unpassirbarkeit der Striktur von oben ein operativer Eingriff
überhaupt nöthig ist, die temporäre Gastrostomie mit nachfolgender
gewöhnlicher und retrograder Bougierung. Gelingt es dann nur (mal,
die Striktur mit der feinsten Sonde zu passiren, so wird ein dünner
Seidenfaden eingelegt, und es lässt sich dann die Sondirung ohne
Ende anwenden, deren Werth in der dilatirenden Wirkung des durch
die Striktur gezogenen gewöhnlichen Gummidrains beruht.
Nach der Gastrostomie schluckt Pat. ein an einem Seidenfaden
befestigtes Schrotkorn, das fast stets auch bei ganz feinem Lumen
seinen Weg in den Magen findet. An den Seidenfaden wird ein
Drain dünnsten Kalibers angebunden; ist dieser hindurchgezogen, so
wird später in den dünnsten Drain hinein ein dickerer gesteckt. Es
wird dann jeden Tag auf etwa !/,—1 Stunde ein immer dicker wer-
dender Drain eingeführt. Später kann auf den Seidenfaden als
Itinerarium verzichtet werden.
Das Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis man vom Munde
aus mit dem dicksten Magenschlauche leicht passiren kann.
Hat der Pat. das Bougieren erlernt, so wird die Fistel geschlossen.
Die ersten so behandelten Fälle in der Billroth' schen Klinik
gingen an putrider Bronchitis zu Grunde.
Desshalb hat Billroth in einem früher noch nicht veröffent-
lichten Falle, dessen Krankengeschichte v. E. mittheilt, die Gastro-
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 7133
stomie mit der Ösophagostomie vereinigt, nachdem vorher vergeblich
das Bougieren mit den feinsten Sonden versucht worden war.
v. E. hat in Königsberg 4 Fälle von Narbenverengerung der
Speiseröhre gesehen, von welchen 2 mittels Sondirung ohne Ende
von Anfang an und 2 in anderer Weise behandelt wurden. Die
beiden letzteren endeten tödlich. Von den beiden Anderen wurde
Einer geheilt, der Andere befindet sich noch in Behandlung. Die
Krankengeschichten theilt v. E. ausführlich mit. In dem letzten der
Fälle gelang es erst 4 Monate nach der Gastrostomie, einen 10 mm
dicken Drain mit Hilfe des Seidenfadens durch die Stenose zu ziehen.
Der Verf. kommt auf Grund seiner Erfahrungen zu dem Schluss,
dass bei frischen Verbrennungen der Speiseröhre, so bald bedrohliche
Strikturerscheinungen eintreten, die Pat. nicht durch vieles Sondiren
gefährdet werden sollen. Eine vorsichtig ausgeführte Gastrostomie
mit Ernährung von der Fistel aus macht den Pat. für die nachträgliche
Sondirung ohne Ende geeignet und widerstandsfähig. Die Gastro-
stomiefistel ist später leicht zu beseitigen.
Bei leichteren Strikturen, bei denen aber doch die Bougierung
mit Sonden nicht gelingt, hält v. E. die Darmsaiten noch für am
geeignetsten, die zu mehreren in eine kurze bis an die Striktur
herangeführte Hohlbougie eingeführt werden; auch excentrisch ge-
legene Strikturen lassen sich so noch bougieren.
Auch für Strikturen des Respirationsschlauchs, von denen ein
interessanter Fall, den Billroth 1893 beobachtete, mitgetheilt wird,
ist die Sondirung ohne Ende anwendbar, dessgleichen bei Strikturen
der Harnröhre und inoperablen Narbenstrikturen des Mastdarms, bei
welchen von einer Kolostomiefistel aus ein armirtes Schrotkorn durch
die Striktur geführt wird. v. E hat das Verfahren 2mal angewandt.
Sogar bei einem durch Lues bedingten Verschluss des Nasen-
raums vom Mundraum her hat sich die Methode vortrefflich be-
währt. R. Wagner (Mülheim a. d. RB.
3) G. E. H. Cange. Des Eventrations spontanées et de leur
traitement chirurgical.
Thèse de Paris, &. Steinheil, 189$. 95 S.
Verf. bespricht in dieser Arbeit die Pathologie und die chirur-
gische Behandlung der spontanen Eventrationen im engeren Sinne,
d. h. der sog. Hernien der Linea alba ohne Kontinuitätstrennung
der Aponeurose. Ausgeschlossen sind also erstlich die postoperativen
Bauchhernien, sodann die Hernien der Linea alba mit mehr oder
weniger ausgedehnter Defektbildung der Aponeurose und mit Ent-
wicklung eines eigentlichen Bruchsacks. Diese letzteren Fälle be-
zeichnet Verf. "als Pseudoeventrationen {während sie die wahren
Hernien der Linea alba darstellen).
Die Ursache der Eventrationen im angegebenen Sinne ist die
Erschlaffung der Bauchwand in Folge von Schwangerschaft (besonders
7134 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
bei kleinem Becken, gleichzeitigem Bestehen von Geschwülsten, nach-
theiligem Einfluss des Korsetts, mangelnder Schonung nach der Ge-
burt ete.). Dabei spielt vielleicht eine angeborene Schwäche der
Gewebe mit.
Als Folge dieser Erschlaffung der Bauchwand fasst Verf. die sie
oft begleitenden Erscheinungen von Ptosis der Eingeweide auf.
Als Palliativbehandlung wird angeführt: Hydrotherapie, Massage,
Elektricität, Gymnastik — Alles ohne sicheren Heilerfolg. Die ope-
rative Behandlung ist desshalb in manchen Fällen gerechtfertigt und
angezeigt. Als Methode wird, nach Besprechung der bisher in An-
wendung gebrachten Verfahren, dasjenige von Qu&nu beschrieben
und empfohlen. Dasselbe lässt sich kurz folgendermaßen zusammen-
fassen:
Schnitt durch Haut und Unterhautzellgewebe. Bildung von zwei
(seitlichen) Hautlappen. Aufsuchen des Innenrandes der beiden
‚Rectusscheiden und Längseröffnung derselben. Sodann — ohne
Eröffnung des Bauchfells — fortlaufende Naht zur Vereinigung der
beiderseitigen hinteren Blätter der Rectusscheide, wobei das Gewebe
der Linea alba mit in die Naht gefasst wird. Darauf werden die
beiden Recti an einander genäht, mit vorzugsweiser Benutzung der
Inscriptiones tendineae. Eine dritte Naht, ebenfalls fortlaufend,
vereinigt die vorderen Blätter der Rectusscheide.e Zum Schluss
Hautnaht.
Für postoperative Bauchbrüche wird das Verfahren von Maydl
mit Eröffnung der Bauchhöhle und vierschichtiger Naht empfohlen.
Immerhin bemerkt Verf., dass die Methode von Qu&nu auch für
diese Fälle verwendet werden könne, mit der Modifikation, dass die
Bauchhöhle so weit eröffnet werde, dass ein Finger zur Orientirung
eingeführt werden könne:
Zum Schluss bespricht Verf. noch die besonders bei schwäch-
lichen Kindern beobachtete Vorwölbung der Gegend der Linea alba.
Dieselbe beruht auf einer angeborenen Anomalie und soll die Ur-
sache von Verdauungsstörungen sein. \Was die Behandlung betrifft,
so genügt nach Verf. der von Büdinger vorgeschlagene Heftpflaster-
verband in der Regel, und die Anzeige zu chirurgischem Eingreifen
(Naht der Recti) wäre nur bei sehr hartnäckigen Fällen gegeben.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
4) M. Nassauer. Zur Frage der Heilung der tuberkulösen
Peritonitis durch die Laparotomie.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 16 u. 17.)
Unter kritischer Betrachtung der bisher gegebenen Zusammen-
stellungen durch den Bauchschnitt geheilter Fälle tuberkulöser Peri-
tonitis hebt N. besonders diejenigen hervor, bei welchen die Heilung
auch anatomisch — nicht bloß klinisch, wie in der Mehrzahl der
Beobachtungen — nachgewiesen werden konnte und fügt einen
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 135
neuen, von Gottschalk-Berlin operirten Fall an, dessen Ausheilung
21/2 Jahre später gelegentlich der Exstirpation einer intraligamentären
Ovarialeyste festgestellt worden ist und noch heute nach abermals
2 Jahren fortbesteht. Der Fall giebt N. im weiteren Veranlassung,
die Frage nach dem Zustandekommen der Heilung durch die Laparo-
tomie zu erörtern und auf Grund des bei der pathologisch-anatomischen
Untersuchung erhobenen Befundes an einem bei der 1. Operation
ausgeschnittenen Stück tuberkulösen Bauchfells die nach Eröffnung
des Bauches zu beobachtende mächtige Hyperämie des an sich schon
sehr blutreichen tuberkulösen Bauchfells als wesentlichsten Heil-
faktor zu bezeichnen. Dieser Reaktion, tage- und wochenlang an-
haltend, verbunden mit den bei Narbenbildung herrschenden Vor-
gängen, erliegt der Tuberkelbacillus. Wo sie keine hochgradige ist,
bleibt das Bauchfell außer Stande, der Erkrankung Herr zu werden.
Mit dieser Hypothese schließt sich N. somit der von Hildebrandt
(Kieler Klinik) auf Grund von Thierversuchen gegebenen Auffassung
an, dass die Heilung in ähnlicher Weise, wie durch die von Bier
künstlich herbeigeführte Stauungshyperämie bei Gelenktuberkulose,
Lupus etc. zu Stande komme. (S. auch die Arbeit von D'Urso,
ref. dieses Blatt 1897 p. 655. Ref.) Kramer (Glogau).
5, Sonnenburg. Neuere Erfahrungen über Appendicitis.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie. Bd. III. Hit. 1.)
S. betont, dass schon im ersten Anfall von Appendicitis sehr
ausgedehnte Veränderungen am Wurmfortsatz vorkommen können,
so dass man sich nicht durch den Umstand, dass man den ersten
Anfall vor sich hat, von der Operation abhalten lassen soll. Zum
Beweis führt er an, dass er unter 210 Fällen von Appendicitis per-
forativa und gangraenosa 150mal, also in 71,4% im ersten Anfall
operirt habe. Er bespricht sodann ausführlich die Diagnostik der
latenten Appendicitis in der anfallfreien Zeit. Im Anfall selbst
könne man sehr gut eine anatomische Diagnose der Verhältnisse an
der Appendix aus klinischen Symptomen stellen. Er betont seinen
bekannten Standpunkt der Forderung, bei Eröffnung des Abscesses,
wenn es irgend geht, gleich den Wurmfortsatz mit wegzunehmen,
und zeigt, wie weit man jetzt schon die verschiedenen Formen der
durch Appendicitis gesetzten Peritonitis: 1) peritoneale Sepsis, 2) die
diffus jauchig-eitrige Form, 3) die progredient fibrinös-eitrige Peritonitis
klinisch unterscheiden könne. Er empfiehlt dringend dabei den
Flankenschnitt in der Coecalgegend im Gegensatz zum Schnitt in
der Mittellinie. Von 64 Fällen diffuser Peritonitis hat er 27, d. h.
42% geheilt.
In demselben Heft der » Mittheilungen aus den Grenzgebieten «
bespricht Mikulicz die 3. Auflage von $.’s Pathologie und Therapie
der Perityphlitis und präcisirt seinen Standpunkt gegenüber S. dahin,
dass er beim akuten Anfall nur den Abscess zu eröffnen räth ohne
736 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
Entfernen der Appendix, und zwar am besten unter Schleich’scher
Lokalanästhesie. Je einfacher der Eingriff sei, desto eher würden
ihn die Ärzte ausführen lernen, desto eher würde der Arzt sich ent-
schließen, eine chirurgische Therapie des akuten Anfalls dem Kranken
vorzuschlagen. Haeckel ‚Stettin‘.
6) J. B. Deaver. Remarks upon the differential diagnosis,
the pathology, and the treatment of appendicitis.
(Annals of surgery 1898. März.)
Verf. bespricht in einem sehr lesenswerthen Aufsatz, der sich
allerdings zum Referat weniger eignet, zunächst die Differential-
diagnose der Appendicitis gegenüber Wanderniere, Nierensteinen,
Magengeschwür, Gallensteinen etc. In 200 Fällen wurden die exstir-
pirten Wurmfortsätze mikroskopisch und bakteriologisch untersucht.
In allen ergab sich die Wand durchsetzt mit Mikroorganismen, meist
Kolibacillen. In reinen Fällen von Infektion mit Bacterium coli
zeigt das Blut eine der Widal’schen gleiche Reaktion. Die einzige
rationelle Behandlung ist nach Verf. die chirurgische, die allerdings
gewissermaßen einen »Specialchirurgen« verlange. So weit die Appen-
dicitis mit inneren Mitteln behandelt würde, so empfehle sich eine
Behandlung mit milden Laxantien mehr als diejenige mit Opium.
Tietze (Breslau).
7) A. C. Bernays. My recent work in appendicectomy.
(New York med. record 1898. April 2.)
Vorliegende Publikation B.’s muss man trotz ihrer Kürze für
einen der bedeutendsten Beiträge zum Kapitel der vielbesprochenen
Appendicitis erklären. Kaum ein Operateur dürfte über eine derartig
erfolgreiche Thätigkeit auf diesem Gebiete zurückblicken, es scheint
fast, als ob die Lebensaufgabe des Verf. sich um dieses Kapitel der
Chirurgie dreht.
Bis 1896 hatte W. 270 derartige Operationen ausgeführt und
185mal zur Entfernung von Abscessen. In 20 Jahren kam er schließ-
lich zu einer Behandlungsmethode, welche er nun publicirt und für
die beste hält.
Seit 15. Mai 1896 wurden SI Fälle unter Assistenz des Dr.
Wilson, der speciell für diese Operationen vom Verf. ausgebildet
war, ausgeführt, und die Appendix oder deren Stumpf bis auf eine
einzige Ausnahme stets entfernt. Unter dieser Serie finden sich 71
hinter einander folgende völlig erfolgreiche und in gänzliche Ge-
nesung ausgehende Operationen. Diese waren alle, mit einer Aus-
nahme, akute, eitrige oder gangränöse Fälle, einige komplicirt mit
allgemeiner Peritonitis.
Verf. zieht vor, in jedem Falle während des akuten Stadiums
zu operiren, sobald die Diagnose gestellt ist; er operirt aber nicht
ohne Weiteres, wenn ein Pat. einen Anfall von akuter Erkrankung
unter exspektativer Behandlung überstanden hat, bis ein zweiter
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 137
Anfall eingetreten ist; dann aber besteht er strikte auf dem sofortigen
Eingriff.
Der Einfluss B.’s auf die Ärzteschaft in St. Louis scheint das
Gebiet der Appendicitis dem Chirurgen fast gänzlich erobert zu
haben. Die Durchschnittszeit, in der B. in vorliegenden 81 Fällen
konsultirt wurde, betrug ungefähr 60 Stunden nach dem Anfall.
Die kürzeste Zeit 3 Stunden, die längste 8 Monate. B. freut sich
festzustellen, dass diejenigen Fälle, in denen die sichere Diagnose
durch vorherige Opium- und Morphiumgaben maskirt wurde, immer
geringer wird. Eines der Ziele vorliegender Arbeit soll sein, die
Opiumbehandlung noch mehr in Vergessenheit zu bringen, welche
B. für die schlechteste und nicht genug zu verurtheilende Behand-
lung hält. »Wenn es dem praktischen Arzte klar wird,« fährt B.
fort, »dass die moderne Chirurgie in der Hand eines erfahrenen
Operateurs 70 Fälle von akuter eitriger Appendicitis hinter einander
ohne Auswahl der Fälle heilte, müssen alle anderen Heilungsmethoden
verlassen werden, und wenn weiter festgestellt wird, dass die Durch-
schnittszeit des Aufenthalts im Bette 3 Wochen beträgt, ist kein
Raum mehr für eine Diskussion. «
Außer dem einen Todesfall, der in einem Falle von bereits
7 Monate bestehender Bettlägrigkeit vom Lande in hoffnungs-
losem Zustande in das Hospital gebracht wurde, und von dem B.
glaubt, dass er auch durch eine frühe Operation zu retten gewesen
wäre, verliefen die nachfolgenden 8 Fälle wieder glücklich, also ein
Todesfall auf 81 Operationen! Der fehlende Fall 71 war der einzige,
in dem sich kein Eiter fand, sondern lange bestehende unheilbare
Schmerzen (durch Einbettung der Appendix in dichtes Narbengewebe)
schließlich den Entschluss zur Operation rechtfertigte, wie der Er-
folg zeigte.
Verf. fordert, dass vor der Ankunft des Chirurgen vom be-
handelnden Arzte schon jede Nahrung verboten wird, reichliche
Eingießungen von warmem Wasser zur Entleerung des Darmes aus-
geführt sind, und Pat. im Bett in einer feuchten antiseptischen Ein-
packung liegt, nachdem er vorher geseift und rasirt wurde.
‚ Im Allgemeinen sollen möglichst kleine Incisionen gemacht
werden. Die Linea semilunaris ist (nach Senn) die beste Stelle zum
Eingriff, weil keine Muskeln durchschnitten zu werden brauchen,
wenig Blutung erfolgt, und auch die nachfolgende Hernie nicht so
vom Einschnitt als von der Drainage und der Methode der Naht
abhängt. Der beste Führer für den Einschnitt ist der laterale Rand
des Rectus, die Mitte des Einschnitts entspricht ungefähr dem
McBurney’schen Punkte in gewöhnlichen Fällen, in anderen
natürlich geht der Schnitt über die Höhe der etwaigen Prominenz.
In der Hälfte der Fälle muss der Blinddarm aus seiner Lage gehoben
werden, um vollständige Exstirpation der Appendix zu ermöglichen.
Nach der Ligatur am Stumpfe wird das Bauchfell mit einigen Stichen
-2844
738 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
darüber zusammengezogen. Die Schleimhaut konnte bezüglich der
Naht meistens unberücksichtigt bleiben.
Durchaus nothwendig ist es, einen Gazestreifen auf und um den
Stumpf der Appendix zu legen und ein Stück Gaze in Berührung
mit jedem Theile des Darmes zu bringen, auf dem eine Auflagerung
oder Missfärbung oder sonst wie ein infektiöser Herd sich bemerk-
lich macht. Im Durchschnitt braucht Verf. 3 Gazestreifen, 1—2 Zoll
breit und 18 Zoll lang. In 4 Fällen, in denen allgemeine eitrige
Peritonitis bestand, wurde noch das Becken drainirt. Allgemeine
Irrigation der Bauchhöhle ist zu verwerfen, dagegen wurden Ab-
scesse öfters ausgespült.
Die Nachbehandlung bestand unter Anderem stets in milder
Anwendung von Abführmitteln; wenn nicht reichliche Entleerung
vor der Operation stattfand, wird jede Stunde 6 mg Kalomel verab-
reicht und zwar schon 12 Stunden nach der Operation, auch Seid-
litz-Pulver und Magnesiumcitrat hinterher gegeben. Am 10. Tage
dürfen die Pat. aufsitzen, wenige Tage darauf gehen.
70 Fälle von eitriger oder gangränöser Appendicitis wurden
hinter einander mit Gazedrainage behandelt, in einigen Fällen außer-
dem mit Glas- und Kautschukdrains: bis auf einen war in allen
diesen Fällen die Appendix perforirt, 4 Fälle waren mit allgemeiner
Peritonitis komplicirt und 6 können als fulminante bezeichnet werden.
Nach diesen Erfahrungen hält B. es für das richtigste, alle Fälle
von Appendicitis sofort mit Exstirpation des Wurmfortsatzes und
Drainage zu behandeln, dann sind 98% Heilung zu erwarten. Aus
den Sektionsprotokollen von Heidelberg und Hamburg ersah B. eine
sehr große Anzahl von Fällen, die man in vita als Typhlitis, Peri-
typhlitis oder »idiopathische Peritonitis« diagnostieirt hatte, die in
Wirklichkeit aber ihren unglücklichen Ausgang der Erkrankung des
Processus vermiformis verdanken. Loewenhardt (Breslau).
8) Lindner und Kuttner. Die Chirurgie des Magens.
Berlin, Otto Enslin, 1898.
Die Vereinigung verschiedener Specialisten für ein gemeinsames
Werk ist jetzt sit venia verbo modern. Es ist der Anfang der
richtigen Erkenntnis, dass, so werthvoll die Specialisirung auch zur
wissenschaftlichen Arbeit ist, so wichtig und nöthig die Wieder-
vereinigung für das gedeihliche Arbeiten in der Praxis und am
Krankenbett.
Die Verff. haben die äußere Form der Vorlesungen gewählt.
Ein greifbarer Grund ist allerdings weder aus der Art des Stoffes
noch seiner Bearbeitung für den Ref. zu erkennen gewesen; es sei
denn, dass die Autoren sich dadurch stets an den Werth einer an-
regenden und flüssigen Darstellung erinnern wollten. Diese ist ihnen
allerdings trefflich gelungen. Freilich will es Ref. bedünken, als ob
der Chirurg dabei der Glücklichere gewesen; doch hatte er wohl in
dieser Hinsicht auch die leichtere Aufgabe.
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 739
Einige kleine Ausstellungen seien vorweg gestattet. Im »inneren
Theile« wie bei der Darstellung des Chemismus der Magenverdauung
und der Statistik wäre eine noch etwas reichlichere Verwendung des
kleinen Drucks und bei der Methodik sogar einige Kürzung — die
detaillirten Beschreibungen der Reaktionen könnten z. B. ganz aus-
fallen — wohl im Interesse des Werkes. Der Praktiker will bei
der Lektüre zuerst immer greifbare Leitsätze, viele Hypothesen er-
müden und lassen auch das interessanteste Kalkül bei der ja leider
noch so unvollkommenen Diagnostik der Magenkrankheiten leicht
in Misskredit gerathen. Erleichternd würde für die Lektüre die
Hervorhebung der Autorennamen durch Kursivdruck und die
principielle Herausstellung von Litteraturangaben unter dem Text
sein. Erwähnt seien noch einige Eigenthümlichkeiten wie »an-
dauen«, Indenkaufnehmen, Zwergfell statt Zwerchfell.
In dem, wie von den bekannten Verf. nicht anders zu erwarten,
erschöpfenden Text werden der Reihe nach abgehandelt: Gastro-
tomie mit historischer kurzer Einleitung, die Verletzungen, Fremd-
körper, Lageveränderungen, Erschlaffungszustände, das Geschwür,
Carcinom und andere Geschwülste des Magens.
Mit Recht wird überall die große Verbesserung der Operations-
technik und ihrer Resultate betont, die zu aktivem Vorgehen be-
sonders bei Verletzungen auffordert. Sie ward zuerst geübt bei den
Speiseröhrenstrikturen in der Gastrotomie, deren verschiedene Metho-
den besprochen werden. Die Verff. bevorzugen die Methode von
Witzel. Nicht erwähnt wird das Verfahren von Fritz Fischer,
das nach des Ref. Erfahrung für Kinder recht werthvoll sein kann.
Bei den Verletzungen werden auch die Verlagerungen des Magens
durch abnorme Zwerchfellverhältnisse besprochen. Hier hätte viel-
leicht noch die angeborene, allerdings ja recht seltene Magenhernie
des Zwerchfells Erwähnung finden können. Sehr eingehende und
klare Würdigung erfahren die Erschlaffungszustände des Magens, die
Differentialdiagnose zwischen motorischer Insufficienz und Dilatation
mit und ohne Stenose, so wie die Bedeutung der elektrischen Durch-
leuchtung und des Röntgenverfahrens für dieselbe. Bei der oft so
äußerst schwierigen Diagnose von Ulcus und Carcinom wird mit
Recht betont, dass bei Ulcus die Zunge gewöhnlich roth und feucht,
bei Carcinom meist belegt ist. Nachdrücklich wird hervorgehoben,
warum so häufig die Salzsäurebefunde für die Diagnose unwichtig
sein können. Wie die Motilität kann auch die HCl-Produktion
beim Carcinom oft ganz ungestört sein. (Narbencarcinome!) Das
Trauma ist auch nach der Verf Ansicht ohne ätiologische Bedeu-
tung für das Carcinom, bei dem aber die Erblichkeit eine Rolle
spielt. Eingehend werden die günstigen Folgen auch der nicht
radikalen operativen Eingriffe besprochen, die Hebung der Motilität,
der Sekretbildung und das vikariirende Eintreten der Darmfunktion
für den Magen. Die Indikationsstellung ist eine strenge und dürfte
740 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
Angesichts der stets steigenden Verbesserung der Operationsresultate
Manchem zu strenge erscheinen.
Für die Magenresektion bevorzugt Lindner die sogenannte
atypische Resektion Billroth’s, bei welcher Magenstumpf und Duo-
denum isolirt verschlossen, dann der erstere und Darm sekundär
durch Anastomose in Verbindung gebracht werden. Gelegentlich
lässt auch das Carcinom, wie das Ulcus, die »segmentäre Resektion «
zu. Leider sind die Radikaloperationen ja immer noch selten, da
Kraske’s Forderung, frühzeitig zu operiren, an der Schwierigkeit
der Diagnostik und dem Widerstande der Pat. scheitert.
Die oft so segensreiche Palliativoperation der Gastroenterostomie
will L. jetzt in der Norm als G. antecolica posterior ausführen, da
sie sicherer den Abfluss garantirt, als die G. anterior und sicherer
ausführbar ist als die G. retrocolica. Die Verwendung von lediglich
Lokalanästhesie und des Murphyknopfes wird zurückgewiesen. L.
bedient sich nur der Chloroformnarkose, von der er keinen Schaden
sah und erwartet. Er legt stets Seidenknopfnähte in die Serosa und
keine fortlaufenden Nähte. Er beginnt bereits am Abend des Opera-
tionstages principiell mit Magenausheberung. Eine gewiss sehr
wichtige Neuerung, der L. mit Recht großen Werth beilegt, die
aber bisher wohl meistens nicht gewagt wurde.
Die Fülle des von den ungemein belesenen Verf. gebotenen
Stoffes ist eine zu große, um nur annähernd hier durchgesprochen
werden zu können. Die durch die große Erfahrung (66 eigene
Operationen allein bei Krebs) sichere Kritik in seiner Behandlung
machen das Buch zu einem sehr werthvollen und lesenswerthen.
Roesing (Hamburg).
9) Halsted (Baltimore). Inflated rubber cylinders for cir-
eular suture of the intestine.
(Bull. of the Johns Hopkins Hospital 1898. Februar.)
Die sicherste Art der Darmvereinigung ist in geübten Händen
die eirkuläre Naht ohne Anwendung mechanischer Hilfsmittel. Die-
selbe hat nur eine Reihe von Nachtheilen:
1) Sie verlangt zu ihrer Ausführung etwa 20 Minuten.
2) Ein bis zwei Assistenten an der Wunde sind nicht zu ent-
behren.
3) Klemmen oder die Finger eines weiteren Assistenten sind
nothwendig, um ein Austreten von Darminhalt zu verhüten.
4) Die peristaltischen Bewegungen des Darmes sind sehr störend,
denn sie verhindern eine exakte Anlegung der Naht. Nähte, welche
bei kontrahirtem Darm ausreichend eng angelegt erscheinen, können
bei erschlafftem Darm zu weitläufig sein.
5) Sind die zu vereinigenden Darmtheile von verschiedener
Weite, so ist ihre Adaptirung sehr schwierig.
9 Das Auswärtsrollen der Schnittflächen lässt schwer erkennen
wie weit vom Rande die Naht angelegt wird.
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 741
7) Die angelegten Klemmen oder die Finger des Assistenten
schädigen die Oberfläche des Darmes und prädisponiren zur Infektion.
Um diese Nachtheile zu verhüten, bedient sich H. eines auf-
geblähten Gummicylinders, welcher während der Anlegung der Nähte
in die zu vereinigenden Darmenden eingeführt wird. Die Operation
beginnt mit der Anlegung von je 3 Halteschlingen an der Stelle,
wo der Darm durchschnitten werden soll. Nachdem hierauf die
sichtbaren Gekrösgefäße durch Umstechung unterbunden sind, wird
der Darm entlang den Halteschlingen mit einer Schere abgetrennt.
Nun werden die 3 Halteschlingen geknüpft. In die Darmenden
wird hierauf der leere Gummicylinder eingeführt und letzterer mit
Hilfe eines in seiner Mitte befindlichen dünnen Ansatzschlauchs
aufgebläht. An dem ausgedehnten Darm lassen sich nun die Nähte
leicht anlegen. Die erste Naht durchsticht 2mal den Gekrösansatz
(Mitchell-Hunner’sche Naht). 10—12 weitere Matratzennähte ge-
nügen zur Vereinigung des Darmes. Bevor die Nähte geknüpft werden,
wird der Gummicylinder entleert und aus dem Darm herausgezogen.
Die Vortheile, welche diese Methode bietet, sind folgende:
1) Die Darmperistaltik wird über dem Cylinder aufgehoben, und
die Nähte können desshalb in genauen Zwischenräumen angelegt
werden.
2) Der ausgedehnte Cylinder besorgt die Ausrollung und Aus-
dehnung der Schnittränder.
3) Wenn kollabirter Darm an ausgedehntem befestigt werden
muss, so kann ersterer leicht zu der Weite des letzteren ausgedehnt
werden.
4) Der Darm braucht bei der Anlegung der Naht kaum be-
rührt zu werden, da man eme gute Handhabe an dem Ansatz-
schlauch hat.
5) Der eingelegte Cylinder ersetzt mindesten 2 Assistenten.
Die Operation kann ohne jegliche Assistenz ausgeführt werden.
6) Er verhütet das Austreten von Darminhalt und macht dess-
halb Klemmen oder die Finger der Assistenten entbehrlich.
7) Die ganze Operation, außer der Bauchnaht, lässt sich an
Hunden in höchstens 5—6 Minuten ausführen.
Strauch (Braunschweig).
10) M. Savariaud. De l’ulcere hemorrhagique de l'estomac
et de son traitement chirurgical.
These de Paris, @. Steinheil, 1898. 132 8.
Die unter dem Einfluss von Terrier geschriebene Dissertation
enthält in ihrem ersten Theil eine ausführliche Darstellung der ver-
schiedenen Formen von Magengeschwürblutungen. Es möge aus
demselben nur der eine Punkt hervorgehoben werden, dass Verf. der
von Dieulafoy neuerdings als besonderen Typus aufgestellten Ex-
ulceratio simplex zwar einen eigenen Abschnitt einräumt, aber doch
in ihr wohl mit Recht nichts Anderes sieht, als das Initialstadium
742 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
des gewöhnlichen Ulcus simplex. Der zweite Theil bespricht die
chirurgische Behandlung der akuten und chronischen Magenblutungen.
Verf. stützt sich dabei auf die bisher gemachten Erfahrungen und
auf seine Versuche an der Leiche, ohne einen eigenen klinischen
Beitrag zu der Frage zu bringen.
Bei akuten Blutungen, wo die Indikation stets etwas schwankend
ist, hält er den Eingriff für angezeigt, sobald es sich um schwere
Blutungen handelt, die sich trotz absoluter Diät wiederholen, voraus-
gesetzt, dass der Allgemeinzustand nicht zu schlecht ist, um einen
Eingriff zu erlauben. Die unerlässliche Besichtigung aller Theile
der Mageninnenfläche ist zu erleichtern durch eine weit angelegte
Gastrotomie, durch den Gebrauch von großen, stumpfen, in den
Magen eingeführten Wundhaken (in der Art von Scheidenspecula)
und durch systematische Umstülpung der Magenwand durch die
hinter den Magen eingeführte Hand. Für die Besichtigung des
Duodenum wird empfohlen, mittels Arterienklemmen eine etwa
2 cm weit im Duodenum sitzende Schleimhautfalte zu fassen und
hervorzuziehen und so den oberen Theil der Duodenumschleimhaut
dem Auge zugänglich zu machen. Dieses gestützt auf Leichenver-
suche beschriebene Verfahren dürfte wohl am Lebenden in Anbe-
tracht der Schleimhautquetschung nicht ganz gleichgültig sein. Für
Fälle, wo sich trotz dieser Vorkehrungen das Geschwür nicht finden
lässt, empfiehlt Vert, die Bauchaorta unterhalb des Abgangs der
A. coeliaca, und die V. portae am Eintritt in die Leber zu kompri-
miren, um durch Blutdrucksteigerung das Geschwür wieder zum
Bluten zu bringen.
Was die einzelnen Eingriffe betrifft, so empfiehlt Verf. für kleine
Geschwüre die direkte Naht ohne Anfrischung. Für tiefe Geschwüre
mit wulstigem, derbem Rand wird zur Resektion und Naht nach
Unterbindung der Arterie gerathen. Die Geschwüre mit Arrosion
der A. pancreatico-duodenalis sind mit Kontinuitätsunterbindung der
A. gastroduodenalis und gastroepiploica dextra zu behandeln. Die
bisherigen Resultate (66% Mortalität) werden sich durch Verbesse-
` zung der Technik bis zu einem gewissen Grade günstiger gestalten.
Bei chronischen Blutungen ist die chirurgische Behandlung an-
gezeigt, sobald die interne Therapie im Stich lässt. Bei Geschwüren
am Pylorustheil oder im Anfang des Duodenum wird die Gastro-
enterostomie empfohlen, welche freilich die Blutung nicht ausnahmslos
sofort verschwinden lässt, welche aber günstige Bedingungen für die
Heilung des Geschwürs schafft. Bei an anderen Stellen des Magens
sitzendem Geschwür hält Verf. an der Excision desselben fest, im
Gegensatz zu den Chirurgen, welche auch für diese Fälle die Gastro-
enterostomie vorziehen. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 7143
11) Ehret. Über das Verhältnis der Sareinen zu den Magen-
gärungen.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie. Bd. II. Hft. 5.)
Der Sarcine im Magen wird allgemein jede Pathogenität und
jede Wirkung abgesprochen. Selten sind die Fälle, in denen Sarcinen
allein als ständige Bewohner des Magens gefunden werden, mögen
sie nun primär allein sein oder Anfangs mit Hefen vergesellschaftet,
die aber nach einigen Auswaschungen des Magens sofort schwinden.
E. weist nun an der Hand einiger Fälle nach, dass die Sarcine
eine lebhafte Gasgärung verursachen kann. Als Hauptimporteur
der Sarcine in den Magen wird das Bier bezeichnet. Anwesenheit
der Sarcine deutet auf Mageninsufficienz und motorische Schwäche.
Haeckel (Stettin).
12) R. Morison. Remarks on Pylorectomy etc.
(Brit. med. journ. 1898. Februar 19.)
Dem Bericht über 2 Pylorektomien schickt M. Bemerkungen
voraus über eine von ihm angewandte neue Methode der Vereinigung
von Magen- und Duodenumwunde. Die Modifikation besteht darin, dass
er nach querer Abtrennung des Duodenums einen Längsschnitt (von
1 cm) in der Mitte seiner vorderen Wand hinzufügt, durch dessen queres
Auseinanderziehen er dann eine annähernde Gleichheit der Magen-
und Darmlichtung erhält. Wegen der Art der Gefäßvertheilung am
Darm sieht M. noch einen weiteren Vorzug seiner Schnittführung
darin, dass die Naht dann angelegt wird ohne Abbindung von er-
nährenden Gefäßen, dass in Folge dessen die Gefahr einer Gangrän
und Insufficienz der Naht eine viel geringere ist, wie bei der ein-
fachen queren Vereinigung des Duodenums mit dem Magen. Die
Vereinigung geschieht nach vorheriger Anlegung von temporären
Situationsnahtschlingen durch eine alle Schichten fassende fortlaufende
Katgutnaht, über welche eine Serosa und Muscularis fassende fort-
laufende Seidennaht gelegt wird. F. Krumm (Karlsruhe).
13) v. Kundrat und Schlesinger. Zur Diagnose der Ver-
wachsung zwischen Pylorustumoren und Leber.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 5.)
Die für die Indikationsstellung eines chirurgischen Eingriffs
wichtige Frage, ob eine Pylorusgeschwulst mit der Leber verwachsen
ist oder nicht, ist bisher nach Rosenheim und Minkowski dahin
beantwortet worden, dass eine Verwachsung auszuschließen sei, wenn
bei der Exspiration der palpirende Finger die Pylorusgeschwulst so
fixiren kann, dass die Geschwulst die Bewegung der Leber nicht
mitmacht. Verf. fanden in einem Falle dieses Symptom, sahen
aber bei der Laparotomie, dass doch Pförtner und kleine Curvatur
weit rückwärts und oben mit der unteren Leberfläche verwachsen
744 Centralblatt für Chirurgies No. 28.
waren, während der vordere Rand der Leber frei war. Letzterer konnte
also bei der Exspiration nach oben steigen, während die Leber an
der Verwachsungsstelle durch Festhalten der Geschwulst mit dem
Finger sich um eine frontale Achse drehte. Es ist also der Rosen-
heim’sche Satz dahin einzuschränken, dass beim Sitz der Ver-
wachsungen weit hinten ein ähnliches Verhalten der Geschwulst bei
den Respirationsbewegungen zu bemerken ist, wie beim Fehlen von
Verlöthungen. Haeckel (Stettin).
14) Turazza. Gastroenteroplegia postoperativa.
(Rivista Veneta di scienza med. Fase. VII. — Ref. nach Gazz. degli ospedali
e delle elin. 1898. No. 52.)
Das wenig bekannte Symptomenbild beginnt kürzere oder längere
Zeit nach glücklich beendigter Laparotomie mit Erbrechen. Der Puls
wird frequent, eben so die Athmung. Die Temperatur ist meist er-
niedrigt, auch Dysurie oder Anurie sind häufig.
Da der Zustand am ehesten bei nervösen Individuen eintritt, so
sollen diese prophylaktisch beruhigend behandelt werden. Bei einge-
tretener Gastroenteroplegie gebraucht man Massage, elektrischen Strom,
Glycerinklystiere, Nährklystiere, Magenspülungen und Excitantien.
Dreyer (Köln).
15) V. Conrath. Über die lokale chronische Coecumtuber-
kulose und ihre chirurgische Behandlung.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.)
Nach Verf. tritt die lokale Blinddarmtuberkulose im Gegensatz
zu der disseminirten Tuberkulose des Darmes bei solchen Phthisikern
auf, bei denen der Process in den Lungen wenig ausgebreitet ist
und nicht fortschreitet. Er unterscheidet eine muköse und eine
subseröse Form; erstere entsteht durch Verschlucken von Sputum,
letztere ist auf eine Infektion seitens tuberkulöser Mesenterialdrüsen
zurückzuführen. In beiden Fällen kommt es zu geschwulstartigen
Bildungen, welche durch Hypertrophie der bindegewebigen und mus-
kulären Elemente der Darmwand so wie durch Infiltration mit Tuberkel-
knötchen bedingt ist: die Neigung zu regressiven Processen ist dem
entsprechend gering.
Weitere eingehende Ausführungen beziehen sich auf Symptome,
Verlauf und Diagnose der Blinddarmtuberkulose. Was die Therapie
anlangt, so wurde unter 87 von Verf. zusammengestellten Fällen
58mal die Exstirpation vorgenommen (11 Todesfälle), 6mal Wand-
resektion, 10mal Enteroanastomose, 8mal komplete Ausschaltung
(2 Todesfälle), 4mal Probelaparotomie (1 Todesfall).
In den meisten Fällen war es gelungen, die schweren Symptome
der Darmerkrankung durch die Operation zu verringern oder ganz
zu beseitigen. Die günstigsten Erfahrungen sind bisher mit der
Enteroanastomose gemacht worden; da hierbei indessen der Krank-
heitsherd bestehen bleibt, möchte Verf. die Exstirpation für alle
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 745
jene Fälle vorziehen, in denen die Pat. noch bei guten Kräften, und
die technischen Schwierigkeiten nicht zu große sind. Komplete Darm-
ausschaltung und Wandresektion bieten im Vergleich zur Entero-
anastomose resp. Exstirpation keine wesentlichen Vortheile; wo kein
operativer Eingriff ausführbar ist, gewährt schließlich auch noch die
Probelaparotomie die Aussicht einer gewissen Besserung.
Honsell (Tübingen).
16) Quónu. Technique opératoire pour l’amputation du
rectum cancereux.
(Bull. et mém de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 163.)
Den wesentlichsten Erfordernissen einer guten Methode der
Amputation des Mastdarms: bequemer Zugang zum Sitz der Er-
krankung, um alles Kranke entfernen zu können, und sichere Ver-
hütung einer Beschmutzung der Wunde durch ausfließenden Darm-
inhalt, glaubt Q. in folgender Weise am besten genügen zu können:
Vorgängige Anlegung eines künstlichen Afters in der Iliacalgegend
mit folgenden Ausspülungen des Mastdarms. Steinschnittlage;
medianer Längsschnitt in der Rhaphe von einem Punkt vor dem After
bis zur Steißbeinspitze mit cirkulärer Umschneidung des Afters: Um-
schnürung der Sphinkterpartie mit einem festen Faden; Auslösung
des Mastdarms zunächst an seiner vorderen Seite, woselbst man sich
den vorderen Rand des Levator ani beiderseits aufsucht, den man
beim Anziehen des Mastdarms am Faden deutlich fühlt. Ist dies
geschehen, so ist es leicht, den Daumen und Zeigefinger der linken
Hand über die Rhaphe ano-bulbaris zu führen und diese ohne jede
Gefahr der Mastdarmverletzung zu durchschneiden. Nun Freilegung
und Durchschneidung der Levatores zu beiden Seiten; Ablösung
des Mastdarms von der Prostata bis zum Bauchfell; Discision der
beiderseitigen sacrorectalen Aponeurosen und des mittleren Hämor-
rhoidalstiels zwischen 2 Klemmen. Ohne Verletzung des Bauchfells
und ohne Resektion von Knochen kann man so Stücke von 8 bis
10 bis 12 cm vom Mastdarm entfernen, mit Eröffnung der Peritoneal-
höhle und Incision der seitlichen Befestigungen der Serosa am Darm
noch einige Centimeter mehr. Ist die Prostata selbst noch nicht
vom Carcinom ergriffen, wohl aber das Bindegewebe zwischen ihr
und Mastdarm, so räth Q. ein scheibenartiges Stück der Hinterfläche
der Prostata mit fortzunehmen, was sich bei Anwendung der nöthigen
Vorsicht, wie ihn Leichenversuche lehrten, ohne Eröffnung der
Harnröhre ausführen lässt. Resektion des Steiß- oder Kreuzbeins hält
er nur bei höherem Sitz der Carcinome für erforderlich. Oberhalb
der Neubildung durchtrennt er den Darm zwischen 2 Ligaturen,
nachdem er die Umgebung durch Jodoformgaze geschützt hat. Um
nachträgliche Infektion zu verhüten, empfiehlt er das von Paul in
Liverpool angegebene Verfahren, das mit der Haut nicht vernähte
Mastdarmende über einem dicken Rohre zu ligiren, um dadurch
746 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
allen Darminhalt weit von der Wunde abzuleiten. Allerdings schützt
das nur ca. 4 Tage lang bis zum Durchschneiden des Fadens; doch
ist nachher die Gefahr der Infektion gering.
Lässt sich bei der Kraske’schen Mastdarmresektion wegen zu
hohen Sitzes der Neubildung das obere Darmende nicht sicher an
das untere Sphinkterenende heranbringen, und ist Pat. zu schwach,
um den Mastdarm bis hinauf zum künstlichen After durch Laparo-
tomie zu entfernen, so räth Q., da er einen sacralen After für ganz
schlecht hält, das Darmstück wie einen Handschuhfinger umzustülpen
und von unten nach oben durch den künstlichen After zu invaginiren.
Eine derart ausgeführte Operation war erfolgreich.
Reichel (Chemnitz).
Kleinere Mittheilungen.
Schutzhebel bei Operationen am Knochen.
Von
Th. Kölliker in Leipzig.
Bei Osteotomien, Nekrotomien und Regektionen an Gelenken pflegt man bei
der Anwendung des Meißels zum Schutz der Weichtheile zu beiden Seiten des
zu durchmeißelnden Knochens Elevatorien einzusetzen. Dieses Instrument hat
aber den Nachtheil, dass die Fläche, gegen die hin man die Meißelschläge richtet,
nicht hinreichend breit ist, so dass man Gefahr läuft, mit dem Meißel in die
Fig. 1.
Weichtheile einzudringen. Eine weitere Unbequemlichkeit sehe ich in dem Um-
stand, dass das Elevatorium während des Meißelns nur mit Schwierigkeiten sicher
und ruhig gegen den Knochen angedrängt werden kann; das Instrument gleitet
leicht in die Tiefe und bohrt sich in die Muskulatur ein.
Fig. 2.
Um diese Nachtheile zu beseitigen, habe ich ein Instrument anfertigen lassen,
das breiter ist als das übliche Elevatorium und das dem Knochen beim Meißeln
fest anliegt (Fig. 1). Dieses Instrument, dem ich den Namen Schutzhebel gegeben
habe, zeichnet sich außer durch seine größere Breite auch noch dadurch aus, dass
an seinem unteren Ende 2 kurze, starke Haken angebracht sind (Fig. 2 bei a),
die in den zu durchmeißelnden Knochen sich bohren und dem Instrument den
nöthigen Halt verleihen 1.
7 Zu beziehen zum Preis von 2 3,50 durch Instrumentenmacher O. Möcke,
Firma Oswald Hornn, Leipzig, Universitätsstraße 13.
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 747
17) Garrè Uber Larynx- und Ösophagusexstirpation. (Aus der
Rostocker chirurgischen Klinik.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 18.)
x G. berichtet, im Anschluss an die im Rostocker Ärzteverein erfolgte Vor-
stellung der betreffenden Kranken, über 1 Fall von totaler Kehlkopf- und 2 Fälle
von Kehlkopf- und Speiseröhrenexstirpation. Der erstgenannte ward vor 2 Jahren
operirt und ist, nachdem 23 Tage nach der Totalexstirpation ein Careinomreeidiv
auf der Vorderfläche der Speiseröhre entfernt worden, seither vollständig gesund;
Pat. trägt eine Trachealkanüle und hat deutliche Flüstersprache. Die Operation
des 2. und 3. Falles ist erst vor Kurzem ausgeführt worden und bestand in Aus-
schneidung des Kehlkopfs nebst eines großen Stückes der Speiseröhre, von der
aus das Careinom entstanden und in den Ringknorpel bezw. in die Luftröhre
hineingewachsen war; in dem 3. Falle wurde eine 5cm lange Partie der Speise-
röhre nebst den 5 obersten Kehlkopfringen resecirt, vom Kehlkopf nur das
Knorpelgerüst entfernt, die gesunde Schleimhaut zurückgelassen und mit ihr die
große Speiseröhrenlücke plastisch ersetzt, in der Weise, dass die Schleimhaut der
Aryknorpel mit dem anderen Rand des resecirten Rachens und die subglottische
Schleimhaut mit dem oberen Speiseröhrenende vereinigt wurde. Das Schlucken
geht bei dem Pat. ohne Hustenreiz normal vor sich. Bei dem 2. Falle war von
der hinteren Schlundwand ein schmaler Streifen erhalten worden, und wurde später
unter Benutzung der seitlichen Halshaut die zurückgebliebene Halbrinne plastisch
geschlossen; leider ist ein Recidiv in der Entwicklung begriffen, das in die Wand
der Carotis einwuchert.
Indem G. die Maßnahmen bespricht, welche bei der Kehlkopfexstirpation
heut zu Tage zur Verhütung der früher danach beobachteten Komplikationen in
Anwendung gezogen werden (Tampon- oder Schwammkanüle, Verschluss des
Rachens, Lagerung des Pat. mit rückwärts geneigtem Kopf p. op. ete.), stellt er
fest, dass sich die Resultate der Operation wesentlich verbessert haben. Von 60
aus den letzten 7 Jahren herrührenden Fällen sind nur 20% in Folge des Eingriffs
gestorben und von den übrigbleibenden 10% seit über 3 Jahren »definitiva geheilt.
Die frühzeitige Diagnose, die nur durch die Laryngofissur möglich ist, da die
Untersuchung exeidirter Stückchen leicht negativ ausfällt — wie z. B. im obigen
Falle 1 —, wird hoffentlich in Zukunft zu noch häufigeren Dauerheilungen führen.
Kramer (Glogau).
18) Meusser. Über Appendicitis und Typhlitis mit kachirtem und
ungewöhnlichem Verlauf.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 3 u. 4.)
M. giebt eine Reihe interessanter Fälle aus den Erfahrungen Riedel’s auf
diesem Gebiet. Zuerst einige diagnostisch wichtige Beobachtungen. So legten
in einem Falle die klinischen Erscheinungen, im Verein mit der Angabe, dass
Darmtheile mit dem Stuhl abgegangen sein sollten, den Gedanken an eine Intus-
susception nahe; die Operation ergab eine alte Appendicitis. Weitere Fälle zeigen,
dass trotz negativen Palpationsbefundes und geringer pathologischer Veränderungen,
welche bei der Operation an der Appendix gefunden werden, doch ein schweres
Krankheitsbild bestehen kann. So wurde in einem Falle ein putrider Abscess er-
öffnet, und trotzdem fand man später bei Exstirpation der Appendix diese nicht
verwachsen, völlig durchgängig und ohne Kothsteine. Oft werden Kranke für
hysterisch gehalten, bei denen die Operation hinreichende Gründe für die Schmerzen
an der Appendix aufdeckt. Liegt die Appendix mit ihrem Exsudat abnorm weit
nach oben, so kann die Differentialdiagnose gegen Gallensteine sehr schwierig
sein, wie an einigen Beispielen dargethan wird. Sehr schwer zu deuten ist das
Bild, wenn wirklich Appendieitis und Gallensteine zu gleicher Zeit bestehen, wofür
eın Belegfall gegeben wird. Nicht minder schwer zu deuten war ein mit Pyle-
phlebitis und Lebereiterung komplieirter Fall, in dem erst die Operation erwies,
dass der Ausgangspunkt in einer Appendicitis zu suchen war. Sehr lehrreich ist
746 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
allen Darminhalt weit von der Wunde abzuleiten. Allerdings schützt
das nur ca. 4 Tage lang bis zum Durchschneiden des Fadens; doch
ist nachher die Gefahr der Infektion gering.
Lässt sich bei der Kraske’schen Mastdarmresektion wegen zu
hohen Sitzes der Neubildung das obere Darmende nicht sicher an
das untere Sphinkterenende heranbringen, und ist Pat. zu schwach,
um den Mastdarm bis hinauf zum künstlichen After durch Laparo-
tomie zu entfernen, so räth Q., da er einen sacralen After für ganz
schlecht hält, das Darmstück wie einen Handschuhfinger umzustülpen
und von unten nach oben durch den künstlichen After zu invaginiren.
Eine derart ausgeführte Operation war erfolgreich.
Reichel (Chemnitz).
Kleinere Mittheilungen.
Schutzhebel bei Operationen am Knochen.
Von
Th. Kölliker in Leipzig.
Bei Osteotomien, Nekrotomien und Resektionen an Gelenken pflegt man bei
der Anwendung des Meißels zum Schutz der Weichtheile zu beiden Seiten des
zu durchmeißelnden Knochens Elevatorien einzusetzen. Dieses Instrument hat
aber den Nachtheil, dass die Fläche, gegen die hin man die Meißelschläge richtet,
nicht hinreichend breit ist, so dass man Gefahr läuft, mit dem Meißel in die
Fig. 1.
Weichtheile einzudringen. Eine weitere Unbequemlichkeit sehe ich in dem Um-
stand, dass das Elevatorium während des Meißelns nur mit Schwierigkeiten sicher
und ruhig gegen den Knochen angedrängt werden kann; das Instrument gleitet
leicht in die Tiefe und bohrt sich in die Muskulatur ein.
Fig. 2.
Um diese Nachtheile zu beseitigen, habe ich ein Instrument anfertigen lassen,
das breiter ist als das übliche Elevatorium und das dem Knochen beim Meißeln
fest anliegt (Fig. 1). Dieses Instrument, dem ich den Namen Schutzhebel gegeben
habe, zeichnet sich außer durch seine größere Breite auch noch dadurch aus, dass
an seinem unteren Ende 2 kurze, starke Haken angebracht sind (Fig. 2 bei a),
die in den zu durchmeißelnden Knochen sich bohren und dem Instrument den
nöthigen Halt verleihen 1.
1 Zu beziehen zum Preis von 8 3,50 durch Instrumentenmacher O. Möcke,
Firma Oswald Hornn, Leipzig, Universitätsstraße 13.
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 747
17) Garre. Über Larynx- und Ösophagusexstirpation. (Aus der
Rostocker chirurgischen Klinik.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 18.)
2 G. berichtet, im Anschluss an die im Rostocker Ärzteverein erfolgte Vor-
stellung der betreffenden Kranken, über 1 Fall von totaler Kehlkopf- und 2 Fälle
von Kehlkopf- und Speiseröhrenexstirpation. Der erstgenannte ward vor 2 Jahren
operirt und ist, nachdem 23 Tage nach der Totalexstirpation ein Careinomrecidiv
auf der Vorderfläche der Speiseröhre entfernt worden, seither vollständig gesund;
Pat. trägt eine Trachealkanüle und hat deutliche Flüstersprache. Die Operation
des 2. und 3. Falles ist erst vor Kurzem ausgeführt worden und bestand in Aus-
schneidung des Kehlkopfs nebst eines großen Stückes der Speiseröhre, von der
aus das Careinom entstanden und in den Ringknorpel bezw. in die Luftröhre
hineingewachsen war; in dem 3. Falle wurde eine 5cm lange Partie der Speise-
röhre nebst den 5 obersten Kehlkopfringen resecirt, vom Kehlkopf nur das
Knorpelgerüst entfernt, die gesunde Schleimhaut zurückgelassen und mit ihr die
große Speiseröhrenlücke plastisch ersetzt, in der Weise, dass die Schleimhaut der
Aryknorpel mit dem anderen Rand des resecirten Rachens und die subglottische
Schleimhaut mit dem oberen Speiseröhrenende vereinigt wurde. Das Schlucken
geht bei dem Pat. ohne Hustenreiz normal vor sich. Bei dem 2. Falle war von
der hinteren Schlundwand ein schmaler Streifen erhalten worden, und wurde später
unter Benutzung der seitlichen Halshaut die zurückgebliebene Halbrinne plastisch
geschlossen; leider ist ein Recidiv in der Entwicklung begriffen, das in die Wand
der Carotis einwuchert.
Indem G. die Maßnahmen bespricht, welche bei der Kehlkopfexstirpation
heut zu Tage zur Verhütung der früher danach beobachteten Komplikationen in
Anwendung gezogen werden (Tampon- oder Schwammkanüle, Verschluss des
Rachens, Lagerung des Pat. mit rückwärts geneigtem Kopf p. op. etc.), stellt er
fest, dass sich die Resultate der Operation wesentlich verbessert haben. Von 60
aus den letzten 7 Jahren herrührenden Fällen sind nur 20% in Folge des Eingriffs
gestorben und von den übrigbleibenden 10% seit über 3 Jahren »definitiva geheilt.
Die frühzeitige Diagnose, die nur durch die Laryngofissur möglich ist, da die
Untersuchung exeidirter Stückchen leicht negativ ausfällt — wie z. B. im obigen
Falle 1 —, wird hoffentlich in Zukunft zu noch häufigeren Dauerheilungen führen.
` Kramer (Glogau).
18) Meusser. Über Appendicitis und Typhlitis mit kachirtem und
ungewöhnlichem Verlauf.
{Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft.3 u. 4.)
M. giebt eine Reihe interessanter Fälle aus den Erfahrungen Riedel’s auf
diesem Gebiet. Zuerst einige diagnostisch wichtige Beobachtungen. So legten
in einem Falle die klinischen Erscheinungen, im Verein mit der Angabe, dass
Darmtheile mit dem Stuhl abgegangen sein sollten, den Gedanken an eine Intus-
susception nahe; die Operation ergab eine alte Appendicitis. Weitere Fälle zeigen,
dass trotz negativen Palpationsbefundes und geringer pathologischer Veränderungen,
welche bei der Operation an der Appendix gefunden werden, doch ein schweres
Krankheitsbild bestehen kann. Bo wurde in einem Falle ein putrider Abscess er-
öffnet, und trotzdem fand man später bei Exstirpation der Appendix diese nicht
verwachsen, völlig durchgängig und ohne Kothsteine. Oft werden Kranke für
hysterisch gehalten, bei denen die Operation hinreichende Gründe für die Schmerzen
an der Appendix aufdeckt. Liegt die Appendix mit ihrem Exsudat abnorm weit
nach oben, so kann die Differentialdiagnose gegen Gallensteine sehr schwierig
sein, wie an einigen Beispielen dargethan wird. Sehr schwer zu deuten ist das
Bild, wenn wirklich Appendieitis und Gallensteine zu gleicher Zeit bestehen, wofür
ein Belegfall gegeben wird. Nicht minder schwer zu deuten war ein mit Pyle-
phlebitis und Lebereiterung komplieirter Fall, in dem erst die Operation erwies,
dass der Ausgangspunkt in einer Appendicitis zu suchen war. Sehr lehrreich ist
748 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
ein Fall anscheinend spontan entstandener Pyämie, bei dem die Sektion aus-
gedehnteste alte perforative Appendicitis nachwies; es fanden sich zahlreiche
Granulationsgänge in der Coecalgegend, der Wurmfortsatz war völlig zerstört; von
hier ausgehende eitrige Thrombose der Vena hypogastrica hatte den Tod herbei-
geführt — und trotzdem hatte nie im Leben irgend ein Symptom auf eine Appen-
dieitis hingedeutet.
Im 2. Abschnitt werden besprochen Komplikationen von perityphlitischen
Eiterungen mit Hernien: 2mal wurde in einem linksseitigen Bruchsack Eiter ge-
funden, der von einer Perforation des rechts liegenden Wurmfortsatzes hinüber
gewandert war. Ferner Mittheilung einer Einklemmung der Appendix im rechts-
seitigen Schenkelbruch.
Der 3. Abschnitt schildert ungewöhnlich ausgedehnte appendiecitische Abscesse
und Durchbrüche in verschiedene Organe, der 4. Abschnitt endlich 2 der seltenen
Fälle reiner, echter Typhlitis, deren einer nur zu Verwachsungen, der andere zur
Perforation nach der vorderen Bauchwand führte. Haeckel (Stettin).
19) D. Schwarz (Agram). Perforative Appendicitis in einer Scrotal-
hernie.
(Lie£nicki viestnik 1898. No. 3. [Kroatisch.))
Der 45jährige Pat. erhielt vor 28 Jahren mit einer Eisenstange einen Schlag
in die rechte Inguinalgegend, worauf sich dort eine Hernie entwickelte. Vor
3 Jahren trat auch links eine Hernie auf, welche sich incarcerirte und bis zu
Kindskopfgröße anwuchs. Pat. erbrach einmal, hatte 3 Tage keinen Stuhl und
keine Winde; am 4. Tage stellte sich jedoch etwas Stuhl und Winde ein, um
dann wieder auszubleiben. Bei der am 6. Tage vorgenommenen Herniotomie
wurde als Inhalt der linksseitigen Hernie ein Theil des Ileum und Colon asc., so
wie das Coecum und die perforirte Appendix gefunden. Resektion der Appendix;
der Darm wurde außerhalb der Bauchhöhle gelassen; nach 16 Tagen Reposition
und radikale Operation.
Verf. nimmt an, dass es sich in diesem Falle um eine primäre Appendicitis
gehandelt hat, und dass erst sekundär durch entzündliche Schwellung die Incar-
ceration eintrat. v. Cackovic (Agram).
20) J. B. Deaver. The necessity for prompt surgical interference in
typhoid perforation; also in typhoid fever complicated by appendicitis.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Februar.)
Verf. beweist die Nothwendigkeit des sofortigen Eingriffs an 3 Fällen, von
denen 2 Typhusfälle mit Perforation tödlich verliefen, ein 3. mit Appendicitis
komplicirter Typhusfall durch Operation gerettet wurde. Im letzteren Falle
sprachen für Typhus die Milzschwellung und Roseolaflecke. Die Operation bot
nichts Bemerkenswerthes. Nachher wurde der Typhus mit kalten Bädern behandelt.
W. Sachs (Mülhausen i; Ei
21) Fischer. Hernien und Herniotomien während der Gravidität
und im Wochenbett.
(Deutsche med. Wochenschrift 1698. No. 9.)
F. hat 2mal bei Wöchnerinnen und 6mal bei Schwangeren Gelegenheit gehabt,
die Herniotomie resp. Taxis zu verrichten. 4 betrafen Nabel-, 3 Schenkelbrüche,
imal handelte es sich um einen Leistenbruch. Es starben davon 2 in der vor-
antiseptischen Zeit an Peritonitis septica, die 3. an Shock kurz nach der Ope-
ration.
F. lässt während der Schwangerschaft statt des deutschen ein englisches
Bruchband tragen, weil es sich bei Bewegungen nicht verschiebt. Bei kleinen
Nabelhernien Schwangerer hat sich ihm die Anlage von Heftpflasterstreifen gut
bewährt, wenn darüber noch eine Leibbinde getragen wird.
F. empfiehlt für Schwangere die Anwendung der Schleich’schen Infiltrations-
anästhesie, um durch Abwendung des Erbrechens die Gefahr des Abortus zu ver-
meiden. R. Wagner (Mülheim a. d. RB.
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 749
22) Gallant. A case of inguinal hernie of large size; cure following
an unusual method of operation.
(Med. news 1898. Februar 26.)
62jährige Frau litt seit 26 Jahren an einem Leistenbruch. 3mal Einklem-
mungserscheinungen. Der Bruch reichte schließlich bis auf die Mitte der Ober-
schenkel. Operation. Im Bruchsack der ganze Dünndarm, der größte Theil des
Quer- und absteigenden Colons. Reposition mit großer Mühe. Die Naht wird in
der Weise angelegt, dass die 1. Nahtreihe die Schichten des oberen Wundrandes
außer der Haut an das Peritoneum unterhalb des Poupart’'schen Bandes, die
2. Nahtreihe den Musc. obliquus externus sammt der Fascie an das Poupart'sche
Band befestigt. 2 Tage nach der Operation Erscheinungen von Darmverschluss,
die durch kräftige Massage des Bauches beseitigt werden. Heilung.
Strauch (Braunschweig).
23) A. Neumann. Ein Fall von operativ geheilter Hernia retroperi-
tonealis mesenterico-parietalis.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 476.)
N. hat den Fall im Friedrichshain-Krankenhaus (Berlin) operirt. Sein ka-
suistisches Interesse ist ein ungewöhnliches, der erzielte Erfolg glänzend. Die
55jährige Pat., welche bereits vor 13 Jahren in der rechten Unterbauchgegend eine
3 Wochen lang andauernde »Verhärtung« mit äußerst hartnäckiger Verstopfung
bekommen hatte, war seit 5 Tagen akut von heftigsten Leibschmerzen, verbunden
mit absoluter Verstopfung und zeitweise kothigem Erbrechen, befallen worden.
Da ein mechanischer Ileus unzweideutig vorhanden, Laparotomie. Nach genügen-
der Schnittvergrößerung und Eventration uneingeklemmter Darmtheile zeigt sich,
dass eine Masse Dünndärme in einen rechts von der Wirbelsäule in der oberen
Bauchhälfte gelegenen Bruchsack gerathen ist. Die Bruchpforte dieses Retro-
peritonealbruches, etwa 10 cm lang, wird gebildet durch einen Schlitz in der Radix
mesenterii, der oben bis an den unteren horizontalen Theil des Duodenum reicht
(Höhe des 2. Lendenwirbels) und nach unten bis zum rechten Rand des Körpers
des 4. Lendenwirbels. Der allseitig serös ausgekleidete retroperitoneale Bruch-
sack, in den der Schlitz führt, und welcher durch die Füllung mit Darm eine
über kindskopfgroße Geschwulst bildet, wird rechts und oben vom Colon umkreist.
Ihre Vorderwand bildet die Platte des Gekröses, ihre hintere das die Niere, Pan-
kreas etc. bedeckende Bauchfell. Die eingeschlüpften Dürme können nur zum
Theil durch einfachen Zug an dem ein- und austretenden Schlingenschenkel ent-
wickelt werden. Der verbleibende Rest ist, wie sich zeigt, innerhalb des Bruch-
sackes um einen in der Nähe des oberen Bruchpfortenpoles gelegenen Stiel ver-
dreht, und gelingt die Aufdrehung dieses Volvulus nur dadurch, dass der ganze
außerhalb des Bruchsackes gelegene Dünndarm in einer der Drehrichtung des
Volvulus selbst entgegengesetzten Richtung gedreht wird. Der entwickelte Darm
zeigte stellenweise die Spuren nicht geringer Cirkulationsstörungen. Bei der
schließlich vorgenommenen partiellen Ocelusionsnaht der Bruchpforte fand sich im
vorderen freien Rand derselben eine starke Arterie abwärts laufend, jedenfalls die
Mesenterica superior. Erbrechen und Verstopfung hielten bei zunächst noch ziem-
lich elendem Befinden noch einige Tage an,. doch trat völlige Genesung ein.
2 wohlgelungene Zeichnungen verdeutlichen die Situsverhältnisse des Bruches
recht gut.
N. bezeichnet seinen Bruch nach Brösicke als eine Hernia mesenterico-
parietalis, die einzige Species der Duodenalhernien, deren Bruchsack nach rechts
führt. Sie wird nicht oft angetroffen, N. kennt, seinen Fall mitgezählt, nur
12 hergehörige Beobachtungen. Darunter ist ein von Clarke erfolglos operirter
Fall dadurch bemerkenswerth, dass auch bei ihm der in den Sack gerathene Darm
einen Volvulus an dem Stiel rechts neben dem oberen Pol der Bruchpforte auf-
wies. Betreffs kurzer Erörterungen hinsichtlich der entwicklungsgeschichtlichen
Genese des Bruchsacks wird auf das Original verwiesen.
750 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
(Ref. möchte kurz bemerken, dass für die Hernienart, die N. beobachtete, der
von Jonnesco gebrauchte Name »Hernie duodenale droite, [cf. d. Centralblatt
1890 p. 924) ihm einfacher und bezeichnender dünkt als der von N. acceptirte
Brösicke’sche. Auch möchte er hervorheben, dass, worauf Jonnesco aufmerk-
sam gemacht hat, bei 'diesen Brüchen der Darm, um in den Sack zu gelangen,
sich immer um seine Gekröswurzel umschlagen [»renversers] muss, und dass diese
nothwendige Drehung von links nach hinten herum und rechts vielleicht nicht
ohne Bedeutung für den 2mal beobachteten Volvulus des Bruchdarmes ist.)
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
24) Delagsniere (Le Mans). De l’exploration intrastomacale.
(Bull. et m&m. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 200.)
Bei einem '31/jährigen Kinde machte Verf. wegen Narbenstriktur des Öso-
pbagus und des Magens folgende Operation: Laparotomie; Aufsuchung des
Magens. Dieser ist ganz deformirt, an seiner kleinen Curvatur derart geschrumpft,
dass der Pylorus dicht an die Cardia gelagert erscheint. D. incidirte nun die
vordere Magenwand in 6—7 cm Länge. Nach mehrfachen Versuchen glückte es
ihm nun, von unten nach oben eine Bougie No. 8 in die Speiseröhre einzuführen.
Darauf exstirpirte er die narbig veränderte, auf Nussgröße zusammengeschrumpfte
Magenschleimhaut zwischen Pylorus und Cardia an der kleinen Curvatur und
konnte sogleich die beiden Öffnungen bis 10 cm von einander entfernen. Rasche
Vereinigung der Schleimhautwundränder durch fortlaufende feine Seidennaht; Naht
der Incisionswunde der vorderen Magenwand bis auf eine kleine Stelle zur An-
legung einer Magenfistel. Guter Verlauf. Allmähliche Erweiterung der Speise-
röhre, bis sich 1 Jahr nachher leicht Bougie No. 27 einführen ließ.
Das Hauptinteresse der Mittheilung liegt in der breiten Eröffnung des Magens
zur Bloßlegung seines Inneren für das Auge und relativ leichten Auffindung
seiner beiden Mündungen. D. vergleicht das Verfahren der Probelaparotomie.
Den Schnitt im Magen soll man dahin legen, wo man den Sitz der Krankheit
vermuthet, und zwar quer, wenn man eine Erkrankung des Pylorus und folgende
Resektion für wahrscheinlich hält, längs an der Vorderwand, wenn man über Art
und Sitz des Leidens ganz ungewiss ist. Beichel (Chemnitz).
25) Selenkoff. Zur operativen Behandlung der Pylorusstenose.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1898. No. 12 u. 13.)
Bericht über Sie Erfahrungen auf diesem Gebiet: 4 Gastroenterostomien;
3 geheilt, 1 + am 3. Tage an Inanition. — imal Loreta’sche Dilatation, ohne
Dauererfolg, so dass später Pyloroplastik gemacht werden musste. — 7 Pyloro-
plastiken; 5 geheilt, 2 + in den ersten Tagen nach der Operation an Erschöpfung.
— Unter den Indikationen sei hervorgehoben, dass imal bei motorischer Insuf-
ficienz ohne Pylorusstenose operirt wurde. Als Methode der Gastroenterostomie
wird die Gastroenterostomia retrocolica posterior am meisten empfohlen.
Haeckel, (Stettin).
26) Hofmann. Stoffwechseluntersuchungen nach totaler Magen-
resektion. f
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 18.)
Die Untersuchungen beziehen sich auf den bekannten Fall Schlatter’s von
totaler Magenresektion und ergcben, dass trotz der ausfallenden Magenverdauung
die Ausnützung sowohl von eingeführtem Eiweiß, als auch von Fett und von ge-
mischter Kost eine ganz normale ist. Auch lässt sich ein Einfluss auf die Größe
der Darmfäulnis trotz des Fortfalls des salzeäurehaltigen Magensaftes nicht er-
kennen. Finzig die noch jetzt andauernde NaCl-Retention, wohl zur Deckung des
während der vorhergehenden langdauernden Unterernährung aufgebrauchten Salz-
vorrathes, ist auffallend, indess als ein günstiges Symptom, weil als Beweis, dass
der Organismus bestrebt ist, seinen Stoffwechsel wieder in frühere gesunde Ver-
hältnisse zu bringen, zu betrachten. Kramer (Glogau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 751
27) Körte Ein Fall von Exstirpation des persistirenden Ductus
omphalo-mesentericus. (Aus der chirurgischen Abtheilung des städti-
schen Krankenhauses am Urban in Berlin.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 7.)
Nach Auseinandersetzung der bei dem seltenen Leiden in Betracht kommenden
anatomischen Verhältnisse beschreibt K. einen von ihm selbst mit Erfolg operirten
Fall, bei welchem er die Barth’sche Methode, den Nabel zu umschneiden, die
Bauchhöhle zu eröffnen, dadurch den persistirenden Dottergang freizulegen, an
seiner Insertion am Dünndarm abzubinden, darüber abzutragen und den Stumpf
durch Übernähung zu sichern, in Anwendung brachte.
Der Eingriff ist meist nicht mit erheblichen Gefahren verknüpft, die Blutung
gering, die Bauchhöhle kann nach dem Vorziehen des intraperitonealen Fortsatzes
des Ductus sammt der dazugehörigen Dünndarmschlinge durch Gase abgeschlossen
werden, so dass die weitere Operation außerhalb der Bauchhöhle verläuft.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
28) J. Schulz. Uber Darmstenose in Folge von Gangrän der Schleim-
haut nach Incarceration von Hernien und Heilung derselben durch
Enteroanastomose ohne Resektion des Darmes.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 561.)
Ein von Borchard im Diakonissenhaus su Posen behandelter Fall, der kli-
nisch ein völliges Analogon zu 2 von Garrè und Maas beschriebenen bildet.
Herniotomie der rechtsseitigen Leistenhernie eines 3öjährigen Mannes nach 5 Tage
langer Einklemmung. Befund: wenig Bruchwasser, Netz und damit leicht ver-
wachsen 20 om Dünndarm. Netz, theilweise brandig, wird resecirt, der Darm re-
ponirt. Wundheilung glatt, am 3. Tage breiiger Stuhlgang. Nach 8 Tagen aber
traten ganz plötzlich Diarrhöen typhösen Charakters ein, hielten mehrere Tage an
und wurden gefolgt von Kothpassagestörungen, als Obstipation, Übelkeit, Er-
brechen, Tympanitis, ‚vermehrter Peristaltik in der Cvecalgegend, Vorwölbung
daselbst, Kothbrechen. Desshalb einen Monat nach dem Bauchschnitt Laparotomie
an der Bauchvorwölbung über dem Poupart’schen Band. Befund: ca. 10 cm lange
Darmstenose der incarcerirt gewesenen Darmschlinge, an der die weißlich erschei-
nenden Schnürfurchen noch erkennbar, mit dem inneren Bauchring durch einen
kursen Strang verwachsen, der eine Knickung des Darmes verursacht. Diese
Schlinge sticht nach Umfang gegen den su- und abführenden Darmtheil bedeutend
ab und fühlt sich bei unveränderter Serosa derb, verdickt und unelastisch an.
Trennung des Stranges; des schlechten Kräftezustandes wegen wird auf Darm-
resektion verzichtet und nur die Darmanastomose gemacht. Temporäre Tamponade,
glatte Heilung.
Die Fälle von Maas und Garre& waren sehr ähnlich, auch Leistenbrüche
mit wenig Bruchwasser, mit gleichzeitigem Netzvorfall, welcher letztere vielleicht
auf die Eigenart der Cirkulationsstörungen im Darm nicht ohne Bedeutung ist.
Auch bei ihnen nach der Herniotomie zunächst guter Verlauf und ordentlicher
Stuhl. Dann aber profuse Diarrhöen, gefolgt von dauernden Kothpassagestörungen
mit Stenosenzeichen binnen 14—20 Tagen. Auch Maas und Garr& fanden bei
der Laparotomie die eingeklemmt gewesene Schlinge, in der Nähe des Leisten-
ringes am Lig. Poupart. verdickt und derb. Beide haben mit gutem Resultat re-
secirt, und zeigten die Präparate Schwellung, Infiltration von Muscularis und
Submucosa, an der Schleimhaut aber theils starke Atrophie, theils tiefgreifende
geschwürige Defekte mit Narbenbildung. In Sie Fall sind ähnliche Veränderungen
vorauszusetzen.
S. glaubt, dass man eine bereits vorhandene beginnende Schleimhautgangrän
an eingeklemmten Schlingen bei Vorhandensein von wenig Bruchwasser und starker
Füllung des Darmes mit flüssigem Inhalt wohl vermuthen könne, und empfiehlt
in solchen Fällen entweder eine Probeineision in den Darm Zwecks Revision der
Schleimhaut oder nach dem Vorschlag von Helferich eine sofortige Anastomosen-
7152 Centralblatt für Chirurgie. No. 28.
anlage. Auch möge durch diese stets die Resektion der stenosirten Schlinge »der
Einfachheit und Sicherheit wegen« ersetzt werden. (Der letste Vorschlag erscheint
bedenklich; denn von der erhalten bleibenden, an der Schleimhaut schwer ge-
schädigten, verengerten Schlinge dürften wie von einem chronisch entzündeten
Wurmfortsatz öftere entzündliche Erkrankungen zu gewärtigen sein.)
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
29) W. Koch. Weiteres über spiralige Drehung des S romanum.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 435.)
K. berichtet aus seiner Dorpater Klinik einen glücklich mittels Resektion und
Darmnaht operirten Volvulus der Flexur, der sich mehrfach wesentlich von den
früher von ihm beschriebenen Fällen (cf. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie
. Bd. XLV p. 340, Centralblatt 1896 p. 532) unterscheidet. Während in den älteren
Fällen die gedrehte Flexur im Wesentlichen lothrecht und mehr in der linken
Bauchhälfte stand, war dieselbe hier quer und schräg zur Leber hinauf gerichtet,
und während ferner in den älteren Fällen die gedrehte Darmpartie schwer anato-
misch verändert war, war dies Mal ihre anatomische Beschaffenheit nicht von der
der Nachbarschaft verschieden. Die Spiraldrehung war so wenig fest, dass sich
zwischen ihre Schenkel der kleine Finger einschieben ließ, dass auch die Blut-
cirkulation durch sie unbehindert war, und dem entsprechend gewebliche Änderungen
fehlten. Der betreffende Pat. war 75 Jahre alt und litt von Jugend auf an Ver-
stopfung, welche sioh periodisch bis zur Verhaltung steigerte. Seit 15 Jahren
kamen hierzu zeitweise Koliken, die, mehrere Tage anhaltend, erst nach Eintritt
dünnen Stuhles zu verschwinden pflegten. Neuerdings wegen 17 Tage bestehender
Verstopfung mit unerträglichen Schmerzen, aber ohne Erbrechen, Zugang in die
Klinik. Die richtige Diagnose wurde theils auf Grund der Anamnese, theils
daraus gestellt, dass auf dem Bauch die stark geblähten Flexurschlingen sich
markirten. Nach der Laparotomie mittels Schnitt vom Schwertfortsatz bis zur
Symphyse wird die Länge der Flexur = 110—120 cm gemessen. Die Schenkel
derselben haben sich »Colon en avant, spiral zusammengedreht, so dass, vom
Operateur gerechnet, das Rectum hinter dem Colon liegt und von der Mittellinie
nach rechts das vorn befindliche Colon von rechts nach links über das Rectum
sich hinweg begiebt, wobei die Drehung nicht volle 360° ausmacht«. Die Flexur
wurde ohne vorgängige Punktion eventrirt, dann die Resektion ete. angeschlossen.
In den ersten Tagen ziemlicher Schwächezustand, dann guter Verlauf und Er-
langung eines früher nie gekannten Wohlbefindens. K. nimmt an, dass nicht
nur die abnorme Länge der Flexur, sondern auch deren Spiralrerdrehung angeboren war.
In einem anderen nur kurz berichteten Falle, dessen klinischer Befund ähnlich
war, bestätigte sich die auf schräg gestellten Flexurvolvulus angenommene Dia-
gnose nicht, sondern fanden sich 2 verwachsene und geknickte aufgetriebene
lleumschlingen in Verbindung mit einem Nierenabscess. Eine lothrecht stehende
gedrehte Flexur dürfte zu solchen Verwechslungen weniger Anlass geben.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
30) L. Heidenhain. Zur Technik der direkten Vereinigung des
Darmes nach Dickdarmresektion im Coecalabschnitt.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 622.)
Eine ganz kurze Mittheilung, dass H. nach einer Resektion des Colon ascen-
dens den entstandenen Spalt im Gekröse durch Auflegen und Annähen des Netzes
schloss. (Der Titel der Mittheilung entspricht also nicht ganz ihrem Inhalt.)
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Berichtigung: Im Kongressbericht (Beilage zu No. 26) p. 115, Zeile 21 u. 22
von oben, ließ leben statt sterben.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel iu Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
Lana (mm EB,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
DE
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumerstion. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 29. Sonnabend, den 23. Juli. 1898.
` Inhalt: I. A. Henle, Ein Fall von Gastroduodenostomie. — II. M. W. af Schultön,
Über die Blutstillung bei Operationen durch Angiotripsie. (Original-Mittheilungen.
1) Eulenburg, Real-Encyklopädie. — 2) Landerer, Allgemeine Chirurgie. — 3) König,
Specielle Chirurgie. — 4) Brunner, Wundinfektion. — 5) Brewer, Zur chirurgischen
Technik. — 6) Binaghl, Hautdesinfektion. — 7) Saul, Alkoholdesinfektion. — 8) Bloch,
9) Larrabec, Katgut. — 10) Calmann, Hautnaht. — 11) Graf, Trepanation. — 12) Jor-
dan, 13) Hopmann, Schädelgrundgeschwulst. — 14) Schlesinger, Rückenmarks- und
Wirbelgeschwulst. — 15) Menard, Pott'scher Buckel. — 16) Wentworth, Lumbarpunktion.
17) Henschen, Lennander und Stenbeck, Röntgenstrahlen bei Hirnchirurgie. —
18) Thoele, Hyperthermie bei Hirnoperationen. — 19) Baudet, Kraniektomie. — 20) Ko-
sinski, Hirngeschwulst. — 21) Müller, Hirnabscess. — 22) Bonaln, 23) R. Müller,
24) Brühl, Ohrleiden. — 25) Tauber, Stirnböhlenosteom. — 26) Kumberg, Orbitalangiome.
— 27) Roux, Rankenaneurysma, — 28) Aue, Pott’scher Buckel. — 29) Clutton, Zur
Chirurgie der Kreuzbeingegend.
(Aus der chirurgischen Klinik zu Breslau.)
Ein Fall von Gastroduodenostomie,
Von
Dr. A. Henle,
Privatdocent und Oberarzt der Klinik.
Die Frage, ob zur Beseitigung gutartiger Pylorusstenosen die
Pyloroplastik oder die Gastroenteroanastomose das bessere Verfahren
sei, ist, wie sich auch auf dem letzten Chirurgenkongress gezeigt hat,
noch eine strittige. Die Erfahrungen, die in der Breslauer Klinik
gesammelt sind, sprechen in so fern für das erstere Verfahren, als
seine funktionellen Resultate sicher nicht den mit der Gastroentero-
stomie gewonnenen nachstehen, auf der anderen Seite aber die
Chirurgie es stets als ihre Pflicht angesehen hat, die Heilung unter
möglichster Beibehaltung der natürlichen Verhältnisse zu erreichen.
Diese letzteren werden bei der Pyloroplastik vollkommen gewahrt,
während sie bei der Gastroenterostomie erheblich verschoben werden.
Worin die anderwärts berichteten Misserfolge der Pyloroplastik ihren
Grund haben, wäre erst festzustellen. Es ist möglich, dass eine
29
754 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
von der unsrigen abweichende Technik oder eine unzweckmäßige
Auswahl der Fälle daran Schuld ist.
Als ein Mittelding zwischen beiden Operationen ist ein Eingriff
anzusehen, welchen Herr Geheimrath Mikulicz vor Kurzem aus-
geführt hat, die Gastroduodenostomie, d. h. die Anastomosen-
bildung zwischen dem Magen und dem oberen horizontalen Duodenal-
abschnitt mit Ausschaltung des Pylorus. Ich lasse die bezügliche
Krankengeschichte im Auszug hier folgen:
Robert W., 25 Jahre, Schlosser, war bis Sommer 1897 stets gesund (hat
2 Jahre bei der Artillerie gedient). Dann trat unregelmäßiges Erbrechen auf,
meist ca. 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme. Das Erbrochene enthielt unver-
daute Speisen, nie Blut. Schmerzen bestanden damals nicht.
Gegen Ende des Jahres Verschlimmerung. Pat. erbricht fast jede Nacht,
obwohl er Abends wenig zu sich nimmt. Es treten jetst auch von der rechten
Seite nach dem Rücken ausstrahlende Schmerzen auf, die jedes Mal erst nach dem
Erbrechen nachlassen. Von Ende November bis Ende Januar war Pat. arbeits-
unfähig. Allmählicher Nachlass sämmtlicher Erscheinungen, so dass Pat. bis Ende
Märs beschwerdefrei war. Dann wieder die alten Erscheinungen.
Anfang April wurde in der hiesigen medioinischen Klinik eine Magenerwei-
terung konstatirt und mit Magenausspülungen behandelt. Erfolg Anfangs gut,
dann erneute Verschlimmerung.
Der Status bei der Aufnahme in die chi-
rurgische Klinik war kurs folgender: Kräftig
gebauter Mann; Herz und Lungen gesund.
An Leber und Mils nichts Pathologisches
nachweisbar; eben so wenig am Urin.
Epigastrium stark druokempfindlich. Bei
der Aufblähung des Magens steht die große
Curvatur 2 Finger breit oberhalb des Nabels;
das Luftquantum, welches hineingepumpt wer-
den kann, spricht für eine mäßige Ektasie.
Die Prüfung der Magenfunktion ergiebt
eine starke Retention. Auch Morgens ist stets
stark saurer Inhalt im Magen; selbst nach
abendlicher Leerspülung bis 150 ccm sauren
Inhalts. Bei der chemischen Untersuchung
findet sich eine Gesammtacidität von bis 140%
(auf freie Salzsäure berechnet 0,51% HCI), freie
Salzsäure bis 46% (= 0,168% HCI). Keine
Milchsäure; keine Gärung.
Bei der am 24. Mai 1898 von Herrn Geheimrath Mikulicz vorgenommenen
Operation fand sich Folgendes: Der Magen ist mäßig ektatisch, hat eine sehr
stark entwickelte Muskulatur. Er steht im Ganzen hoch, der Pylorus lässt sich
erst, nachdem der Bauchschnitt bis zum Processus xiphoid. hinaufgeführt ist, mit
dem Finger erreichen. Es zeigt sich, dass der Pylorus nebst den benachbarten
Magen- resp. Duodenalpartien hoch oben durch derbe schwielige Adhäsionen fixirt
ist. Leichter zu lösende Verwachsungen bestehen auch mit dem Colon. Ein
derbes glattes Bindegewebsband inserirt sich einerseits am Lobulus Spigelii,
andererseits am Duodenum etwa 1cm unterhalb des Pylorus. Durch die starke
Verserrung des Pylorus (p) nach oben ist dem Pylorustheil des Magens eine stark
aufsteigende Richtung gegeben; der Anfang des Pars horis. sup. des Duodenums
ist in eine fast senkrechte Lage gebracht.
‚ Für die Beseitigung des offenbar in der Pylorusgegend gelegenen
Hindernisses konnte die Pyloroplastik nicht in Frage kommen, da
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 755
es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich gewesen wäre, den Pylorus
zugänglich zu machen. Es konnte also nur eine Gastroenterostomie
in Frage kommen. In diesem Falle legten aber die gegebenen Ver-
hältnisse den Gedanken nahe, zur Anastomose nicht in der gewöhn-
lichen Weise eine Jejunumschlinge zu verwenden, sondern direkt
eine Kommunikation zwischen den durch die Verzerrung schon fest
an einander gelagerten Partien des Magens und des Duodenums her-
zustellen. Diese Operation wurde denn auch ausgeführt, indem etwa
die Linie a—b an a'—b' herangelegt wurde.
Der nach Eröffnung des Magens in diesen eingeführte Finger
konstatirte ein offenes, in das Pankreas hineingreifendes Ulcus (x)
an der kleinen Curvatur; außerdem ergab die Palpation des Pylorus
von innen her, dass der Ring desselben an sich nicht merklich ste-
nosirt war, sondern dass nur die Verlagerung desselben zu einem
erheblichen Passagehindernis geführt hatte.
Die Anastomose wurde nicht mit dem. Murphyknopf, sondern
mit der Naht ausgeführt, wie Herr Geheimrath Mikulicz das bei
gutartigen Stenosen gewöhnlich macht, wenn der Kräftezustand des
Pat. die nicht erhebliche Verlängerung der Operationsdauer zulässt,
da ein Zurückfallen des Knopfes in den Magen, wie es ohne Zweifel
öfters vorkommt, zumal bei vorhandenem offenem Geschwür, gewiss
nicht als gleichgültig anzusehen ist.
Die Bauchwunde wurde durch Naht in 3 Etagen geschlossen.
Von dem weiteren Verlauf ist nur zu erwähnen, dass derselbe
ein durchaus glatter war. Pat. bekam vom 14. Tage an volle Kost,
war kaum zu sättigen und gewann, nachdem er in den ersten Tagen
6 Pfund abgenommen hatte, innerhalb 3 Wochen wieder 7 Pfund
hinzu. Er fühlt sich durchaus wohl. Druckempfindlichkeit im
Epigastrium fast geschwunden. Eine erneute Funktionsprüfung des
Magens wird erst in einigen Wochen vorgenommen und an anderer
Stelle von Herrn Dr. Kausch veröffentlicht werden.
Vorläufig aber muss der Erfolg des Eingriffs als ein durchaus
befriedigender angesehen werden, und es liegt kein Grund vor zu
der Annahme, dass er nicht auch ein dauernder sein sollte.
Die Gelegenheit zur Ausführung der hier beschriebenen Ope-
ration wird sich gewiss nicht oft bieten. Die meisten Fälle, welche
für die Vornahme der Pyloroplastik nicht geeignet sind, werden auch
die Gastroduodenostomie nicht zulassen. Ähnliche anatomische Ver-
hältnisse, wie sie in dem geschilderten Falle vorlagen, speciell die
Verlagerung des Pylorus nach oben und die Verwandlung des oberen
horizontalen Duodenalabschnitts in einen vertikalen oder wenigstens
eine hochgradige Beweglichkeit des genannten Duodenalschenkels
werden auch für künftige Fälle als Voraussetzung dienen müssen.
Immerhin glaube ich, dass der Gastroduodenostomie in der be-
schriebenen Art der Ausführung der Vorrang gebührt vor der ge-
wöhnlichen Gastroenterostomie bezüglich der Wahrung natürlicher
29*
756 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
Verhältnisse. Aus diesem Grunde darf sie zur Nachahmung für ge-
eignete Fälle empfohlen werden.
Nachschrift.
Wenn auch die Verhältnisse im vorliegenden Falle den Plan
zur beschriebenen Operation sehr nahe legten, so muss ich doch
ausdrücklich hervorheben, dass die erste Anregung zu derselben vom
Herrn Dr. Henle ausging, so dass er als der geistige Urheber des
Verfahrens anzusehen ist. Mikulicz.
II. Über die Blutstillung bei Operationen durch
Angiotripsie.
Vorläufige Mittheilung.
Von
Dr. M. W. af Schulten,
Professor der Chirurgie in Helsingfors.
Jeder Chirurg hat wohl die Beobachtung gemacht, dass bei Ope-
rationen die kleinen mit Pinces h&mostatiques gefassten blutenden
Gefäße nach dem Entfernen der Pincen zu bluten aufgehört haben.
Etwas größere Gefäße lassen sich nicht in dieser Weise schließen,
und überhaupt ist es räthlich, an die meisten Gefäße Ligaturen zu
legen, um einen guten Heilungsverlauf zu erzielen. Die Zahl der
Katgut- oder seidenen Knoten in der Wunde wird in vielen Fällen
beträchtlich — was jedenfalls als ein nicht gerade günstiger Umstand
für die Heilung angesehen werden muss. Die Verminderung der
Zahl der Ligaturen oder ihre totale Eliminirung wäre darum ein be-
deutender Fortschritt für die chirurgische Technik.
Der erfindungsreiche Chirurg Doyen hat in seiner Arbeit:
»Technique chirurgicale« eine von Collin konstruirte Zange ab-
gebildet, welche er, um bei vaginalen Hysterektomien die Ligamenta
lata kräftig abzuklemmen, benutzt, bevor er die Ligaturen an den
gezerrten Stellen anlegt; in der Weise werden die Fäden die Gefäße
viel sicherer schließen als beim gewöhnlichen Verfahren.
Tuffier ist einen Schritt weiter gegangen. In der Sitzung der
Société de chirurgie de Paris 1897, 22. December, hat er ein von Collin
konstruirtes Instrument, Angiotribe genannt, vorgezeigt, womit er bei
Thieren Versuche, Gefäße verschiedener Größe zu schließen, gemacht
habe, was vollständig gelang. Er hat dann in 2 Fällen von vaginaler
Hysterektomie durch kräftige Kompression der Ligamenta lata mit
der Zange vollständige Blutstillung erreicht, ohne Ligaturen oder
Zangen (Pinces) anzulegen. Die Fälle sind glücklich abgelaufen.
Tuffier glaubt, dass die Angiotripsie auch bei der Hämostase ge-
wisser anderer Arterien, welche schwer zu unterbinden sind, ver-
wendbar sei.
Centralblatt für Chirurgie. No, 29. 757
In einer weiteren Mittheilung in der Sitzung der Société de
chirurgie de Paris 1898, 18. Mai, berichtet Tuffier über 23 Fälle
von vaginaler Hysterektomie, die er ohne Pincen oder Ligaturen
glücklich operirt habe.
Da ich aus den »Bulletins et mémoires de la societé de chirur-
gie de Dora, Kenntnis der Mittheilungen von Tuffier bekam, fiel
mir der Gedanke ein, dass diese Methode vielleicht bei einer großen
Menge chirurgischer Operationen, wo kleinere und mittelgroße Ge-
fäße verletzt werden, angewandt werden könnte. Dazu gehören Ge-
schwulst- und Drüsenexstirpationen, Amputationen, Resektionen,
Herniotomien und Radikaloperationen der Hernien etc. Auch bei
frischen Verletzungen der Weichtheile mit fortdauernder Blutung
könnte die Methode in Frage kommen.
Ich hatte dann Gelegenheit,
die Angiotripsie bei 3 Radikalope-
rationen von Inguinalbrüchen und
der Excision eines Angioms am
Rücken eines 4monatlichen Kindes
anzuwenden. Die Tuffier’sche An-
giotribe stand mir nicht zur Ver-
fügung, aber ich begnügte mich mit
einer starken Zange von der Form
der von Shewer, Wells, Doyen
u. A. konstruirten Pinces, welche
einen kurzen Biss, aber 5mal längere
Handgriffe besitzt. (Siehe das bei-
gefügte Bild, verkleinert.)
Die recht zahlreichen und leb-
haft blutenden, bei der Radikal-
operation der Brüche durchge-
schnittenen Gefäße wurden mit ge-
wöhnlichen Pinces h&mostatiques gefasst und etwas vorgezogen. Es
wurde nun die komprimirende Zange am Gefäß und dem umgeben-
den Gewebe quer angelegt und einige Male kräftig zusammen-
gepresst. Die Blutung stand sofort vollständig und erschien auch
nicht im weiteren Verlaufe der Operation. Keine Gefäßligatur
wurde also angelegt. Nach Vollendung der Plastik (nach einer
speciellen Methode, die ich später publiciren werde) wurde die
Wunde vollständig geschlossen. Keine Spur einer späteren Blutung
wurde beobachtet.
Eine der Operationswunden heilte absolut per primam. Von
einer anderen musste eine kleine Menge serösen Exsudats am 5. Tage
vom oberen Wundwinkel herausgelassen werden. Der 3. Fall, in
welchem ein straußeneigroßer Bruch unter Schleich’scher An-
ästhesie (wie auch die übrigen Brüche) operirt wurde, bekam der
Operirte am 2. Tage nach der Operation eine Pneumonie mit heftigem
Husten. Es wurde dadurch die Heilung der Wunde gestört und die-
7158 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
selbe theilweise geöffnet. Die Pneumonie dauerte nur einige Tage:
das Fieber fiel ab am 2. Tage, und die Heilung der Wunde erfolgte
theilweise durch Granulation. Diese recht schwierige Operation war
auch von keiner Spur einer sekundären Blutung gefolgt.
Bei der Operation des Angioms wurden nur die kleineren Ge-
fäße mit der Zange komprimirt. Die größeren Arterien dagegen mit
Katgut unterbunden. Ich wollte kein Experiment an einem 4monat-
lichen Kinde machen, die Operation wurde in Chloroformnarkose
(nur einige Tropfen waren nöthig) ausgeführt. Heilung per primam
intentionem erfolgte; keine Blutung, kein Fieber.
Die angeführten Fälle erweisen, dass die Methode, mittel-
große blutende Gefäße durch den Druck einer kräftigen
Zange zu schließen, vortreffliche Resultate ergiebt. Ob
auch die großen Gefäße durch dieselbe Methode behandelt werden
können, ist noch unentschieden, aber doch wahrscheinlich nach den
Erfahrungen von Tuffier. In jedem Falle sind die Vortheile der
Methode offenbar: die Zeit der Operation wird verkürzt, und keine
Katgut- oder seidene Knoten bleiben in der geschlossenen Wunde.
Ich glaube, dass diese Methode der Blutstillung als ein wichtiger
Fortschritt in der chirurgischen Technik betrachtet werden muss.
Ich behalte mir vor, bald wieder zu dieser wichtigen Frage zurück-
zukommen.
1) A. Eulenburg. Real-Encyklopädie der gesammten Heil-
kunde. Dritte gänzlich umgearbeitete Auflage. XVI. Band.
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1898.
Aus diesem Band des Riesenwerkes hebe ich unter den den
Chirurgen wesentlich interessirenden als besonders neu bearbeitet die
Artikel Myxödem, Naevus, Naht, Narkose hervor. Über die durch-
schnittliche Güte der Leistungen noch ein Wort zu verlieren, ist
unnöthig. Richter (Breslau).
2) Landerer. Handbuch der allgemeinen chirurgischen
Pathologie und Therapie. 2. Auflage.
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1898.
Die Vorzüge der »Allgemeinen Chirurgie« von L. sind zu be-
kannt, als dass das Buch einer besonderen Empfehlung bedürfte; im
Übrigen verweise ich auf die Besprechungen im Centralblatt für
Chirurgie 1888 p. 60 und 1890 p. 236. Das Werk trägt allerorten-
den Stempel reicher persönlicher Erfahrung und eigener wissenschaft-
licher Forschung. Gegenüber der ersten Auflage ist die zweite in
so fern verändert, als in der Darstellung die Vorlesungsform auf-
gegeben ist. Verf. giebt an, dadurch so viel an Raum gewonnen zu
haben, dass namentlich das Gebiet der chirurgischen Praxis etwas
erweitert werden konnte. So sind die Operations- und Verbandslehre
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 759
eingehend behandelt und durch zahlreiche Abbildungen erläutert.
Letztere sind auch an anderen Orten erheblich vermehrt. In seiner
Darstellungsweise hat sich Verf. einer möglichsten Kürze befleißigt;
es ist dem gegenüber aber doch vielleicht der Einwand gestattet, dass
damit stellenweise für das Verständnis eine Vorkenntnis vorausgesetzt
wird, welche von dem studentischen Leser nicht immer verlangt
werden kann. ’ Tietze (Breslau).
3) F. König. Lehrbuch der speciellen Chirurgie. 7. Auf-
lage. Bd. I.
Berlin, A. Hirschwald, 1898.
Wiederum ist nach nur 4 Jahren eine neue Auflage des RK schen
Lehrbuchs nothwendig geworden, in ihrem zunächst vollendeten, um
60 Seiten vermehrten 1. Bande durch zahlreiche, die Forschungen
und Arbeiten anderer Autoren berücksichtigende Ergänzungen und
Änderungen vervollkommnet und durch die neugewonnenen Erfahrungen
des Verf. bereichert. Die Zusätze betreffen, um nur die wichtigeren
zu nennen, die Arbeiten über den Werth der Lumbalpunktion zur
Diagnose der Meningitis, der Röntgographie für den Nachweis von
Fremdkörpern im Schädel, die Behandlung der Schussverletzungen
desselben, die Ohreiterung und ihre Folgekrankheiten, die neueren
Methoden der Schädelresektion etc., die endokranielle Excision des
Ganglion Gasseri, die Pathologie und Therapie der kongenitalen Hals-
fisteln, das Caput obstipum, die Physiologie der Schilddrüse, die
Behandlung des Kropfes, den Morbus Basedowi, den Krebs des
Rachens und der Speiseröhre, die Divertikel der letzteren etc. —
So wird das K.’sche Lehrbuch seinen seit ca. 24 Jahren ruhmvoll
behaupteten Platz an der Spitze aller ähnlichen Werke auch weiter-
hin einnehmen können. Kramer (Glogau).
4) K. Brunner. Erfahrungen und Studien über Wund-
infektion und Wundbehandlung. 1. Theil: Über den Keim-
gehalt und Heilverlauf aseptisch angelegter Wunden. Das
initiale postoperative Wundfieber.
Frauenfeld, J. Huber, 1898. 194 S.
Verschiedene der Fragen, welche diesen vor mehreren Jahren be-
gonnenen Studien zu Grunde liegen, sind unterdessen auch von
anderer Seite bearbeitet worden, und die Resultate, zu denen B. ge-
langt, sind also nicht immer neu, sondern stellen zum Theil eine
Nachprüfung schon bekannter Ergebnisse dar. Sie sind aber nicht
nur als solche werthvoll, sondern auch durch die Sorgfalt, mit der
die Untersuchungen ausgeführt und mit der die verschiedenen Irrthums-
quellen entweder umgangen oder bei der Beurtheilung der Ergeb-
nisse in Rücksicht gezogen wurden.
Bezüglich der Technik sei nur bemerkt, dass B. bei einem Theil
der Untersuchungen des Wundsekrets gläserne Kolbendrains ver-
760 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
wendete, wie sie seither unabhängig von Ikawitz beschrieben worden
sind. Als Nährboden für die erste Impfung wurde ausschließlich
Agar verwendet, und Gelatine, da sie nicht bei 37° gehalten werden
kann, grundsätzlich ausgeschlossen. Die Impfungen wurden während
und am Ende der Operation, so wie beim ersten Verbandwechsel
vorgenommen und erstreckten sich auf 50 Operationen in aseptischem
Terrain (Strumektomien, Mammaamputationen, Exstirpation ver-
schiedener Geschwülste, Bassini-Operationen), von denen 25 rein
aseptisch, 25 unter Sublimat-, Actol- oder Itrolantisepsis ausgeführt
wurden.
Bei den Impfungen während und am Ende der Eingriffe fanden
sich Mikroorganismen in je 14 Fällen jeder Gruppe. 14mal war der
Staphylococcus pyogenes albus allein vorhanden, in anderen Fällen
gemeinschaftlich mit anderen Mikroorganismen, 9mal endlich gingen
andere Keime allein auf, ohne den albus (in keinem Falle Strepto-
kokken).
Der sekundäre Keimgehalt — bei dem ersten Verbandwechsel
untersucht — gab in 33 auf 48 Fälle ein positives Resultat. Der
Bakterienbefund war ähnlich, wie oben. Eine Differenz zwischen
der aseptischen und antiseptischen Reihe war nur bei den Strum-
ektomien zu bemerken, wo allerdings bei aseptischer Behandlung
der Keimgehalt größer war, als bei der antiseptischen. Bemerkt sei
noch, dass nach antiseptischen Spülungen die Wundflüssigkeit zwar
meist keine Mikroorganismen mehr enthielt, dass sich solche aber
in den der Wundoberfläche entnommenen Gewebstheilen fanden.
Operationshandschuhe, Mütze und Mundbinde verhinderten den Ein-
tritt von Keimen in die Wunde keineswegs.
Bei der Untersuchung der Infektionsquellen bespricht B. die
Luft, die Verbandstoffe, die Hände der Chirurgen, die Haut des Pat.
Der Raum verbietet uns, auf die Besprechung dieser Punkte und
die interessanten Untersuchungen über den Keimgehalt der Ope-
rationssaalluft näher einzugehen. Nur so viel sei bemerkt, dass B.
zwar, gestützt auf seine Versuche, den Keimgehalt der Luft mit
Hägler als einen nicht zu vernachlässigenden Faktor ansieht, dass
er aber, wie die Mehrzahl der Chirurgen, die Hauptgefahr in der
Kontaktinfektion sieht.
Bezüglich des ersteren verminderte vorgängige Anwendung des
Dampfspray die Zahl der Luftkeime im septischen Operationssaal.
Im aseptischen Saal war der Keimgehalt der Luft schon normal so
gering, dass ein Einfluss des Spray nicht beobachtet werden konnte.
Bezüglich der Desinfektion des Nagelfalzes mit Jodtinktur kommt B.
zu einem negativen Resultat. In vitro wirkt am besten desinficirend
eine gesättigte Jodlösung in 50%igem' Alkohol, während die offi-
cielle Jodtinktur sich als viel schwächer erweist. Wir übergehen
hier die Untersuchungen über die Virulenz der in den Wunden
primär und sekundär gefundenen Mikroorganismen, um noch zu be-
merken, dass in 4 von den oben genannten 50 Fällen geringfügige
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 761
lokale Zeichen von Infektion auftraten, während die übrigen 46 ohne
Eiterung heilten. Von den 4 eiternden Fällen gehörten 3 der anti-
septischen, einer der aseptischen Reihe an. Zu beachten ist, dass
in 4 Fällen trotz mehr oder weniger reichlichem Vorhandensein des
aureus glatte Wundheilung eintrat, wie schon Büdinger im Gegen-
satz zu Lanz und Flach gefunden hatte.
Im weiteren beschäftigt sich B. mit dem Schicksal der in die
Wunde eingedrungenen Mikroorganismen und findet, dass die keim-
schädigende Wirkung, den neueren Anschauungen entsprechend, so-
wohl dem Serum, als den Zellen zukommt. Was die sogenannte
Katgutinfektion betrifft, so steht Verf. der chemischen Katguteiterung
Poppert’s sehr skeptisch gegenüber und betont wohl mit Recht,
dass der Fehler überhaupt bei den dem Ligaturmaterial zugeschobenen
Eiterungen nicht sowohl an diesem, als anders wo zu suchen ist.
Auf eine historische Studie des sogenannten »aseptischen Wund-
fiebers« folgt sodann die Mittheilung der am eigenen Material gewonnenen
Temperaturkurven, unter Beigabe derjenigen einer Anzahl von Laparo-
tomien aus der Wyder’schen Klinik. Verf. kommt zum Schluss,
dass bei dem »aseptischen Fieber« sowohl die Resorption von »orga-
nischen«e — dem Organismus entstammenden — als von bakteriellen
Toxinen in Betracht kommt, wobei es sich aber schwer abmessen
lässt, wie groß im einzelnen Fall der Antheil der einen und anderen
ist. Beide werden begünstigt durch Hämatome und Gewebsnekrosen.
Wie allgemein beobachtet, fieberten demnach auch bei B. die Strum-
ektomirten besonders stark, und zwar bestand kein Unterschied zwischen
den Fällen mit bakteriologisch aseptischer und denjenigen mit
klinisch reaktionsloser, aber weiße Staphylokokken aufweisender
Wundheilung. Verf. schlägt desshalb vor, den Ausdruck des »asep-
tischen« Fiebers durch denjenigen des »initialen postoperativen Wund-
fiebers« zu ersetzen, der nichts präjudicirt. In analoger Weise will
er das ohne Infektionserscheinungen verlaufende Wochenbettfieber
als »initiales Wochenbettfieber« bezeichnet wissen.
Anhangsweise werden dieser lesenswerthen Arbeit noch »Er-
fahrungen mit der Formalindesinfektion der Haut, und » Untersuchungen
über den Keimgehalt der Handschuhe während des Operirens« bei-
gegeben. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
5) @. E. Brewer. Some observations upon modern surgical
technics, from an analysis of four hundred and twenty-one
operative cases at the City-hospital.
(Med. record 1898. März 26.)
Bis Arbeit enthält systematische Studien über Wundinfektionen
im City-Hospital zu New York, der größten öffentlichen städtischen
Anstalt dieser Art. Meistens weder ganz akute noch ganz chronische
Fälle, nach Angabe kein günstiges Material für operative Eingriffe,
da beinahe 80% aller während des Jahres 1895 Operirten konstitutionell
29**+
762 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
geschädigt waren (Alkohol, Syphilis, Tuberkulose, Diabetes, Morbus
Brighti).
Im 1. Monat der Thätigkeit des Verf., Mai 1895, blieb von
43 Operirten nicht ein einziger Fall aseptisch, und nur 7 inficirte
Fälle wurden durch operative Maßnahmen koupirt; in der That ein
wunderbares Resultat.
Während der nächsten 5 Monate wurden nun eifrige Bestrebungen
zur Verbesserung der Resultate durch Einführung moderner Wund-
behandlung gemacht, welche auch zur Einführung von Gazekappen etc.
führten; trotzdem fuhren 30% reiner Operationswunden fort zu eitern.
Die Beschränkung der Assistentenzahl bis auf einen reducirte die
Infektionen auf 20%, war aber nicht dauernd durchführbar. Die
erbärmlichen Verhältnisse im Operationssaal und in der Ausstattung
des Krankenhauses wurden im nächsten Jahre geändert, Druck-
dampfsterilisatoren etc. eingeführt; dennoch kamen, nach 10wöchent-
licher völlig aseptischer Zeit, wieder unbefriedigende Fälle zur
Beobachtung, Stichkanaleiterungen mehrfach, auch 1 Fall von Me-
ningitis nach osteoplastischer Resektion des Schädels. Mit Hilfe
eines geschulten Bakteriologen, Dr. Philipp H. Hiss, fanden nun
sorgfältige Nachforschungen nach den Infektionsquellen statt. Ver-
bandstoffe, Hände und Luft wurden untersucht, man kam zu folgen-
der Methode, Handschuhe zu präpariren: dünne Gummihbandschuhe
werden 2 Minuten gekocht, in einem großen sterilisirten Handtuch
abgetrocknet; bis zum Gebrauch werden sie in sterile Gaze ein-
gepackt und steril aufbewahrt. Vor dem Gebrauch bestreut man
das Innere mit in trockner Hitze sterilisirter Stärke; namentlich soll
letzteres Verfahren die Feinheit der Tastempfindung unterstützen.
Man erreichte so in 91% perfekte Aseptik. In einer Anzahl von
Fällen irrigirte man vor Anlegung der Naht mit Wasserstoffsuper-
oxydwasser und fand nur ein einziges Mal eine Stichkanaleiterung.
(Es bestand die Absicht, durch dieses Verfahren nicht nur die während
der Operation hineingefallenen Mikroorganismen der Luft unschäd-
lich zu machen, sondern auch den »Staphylococcus epidermidis albus«.)
Nun ging man zum Formaldehyd über. Die Versuche, den Ope-
rationsraum auf diesem Wege zu sterilisiren, gelangen schon nach
4 Stunden angeblich zufriedenstellend; Desinfektion der Hände be-
stand in 5 Minuten langer Behandlung mit heißem Wasser und
Seife und 3 Minuten Bürsten mit einer Formalinlösung 1:50. Diese
Methode wurde bis zur schließlichen Einführung der Gummihand-
schuhe in der Klinik und Privatpraxis dauernd eingeführt.
Die nächsten Versuche betrafen die Desinficirung septischer
Fälle. Formalinirrigationen und Verbände hatten das Resultat, von
22 Fällen 18 zu koupiren. Eine Analyse dieser Fälle ergiebt mit
Sicherheit, dass Formaldehydlösungen im Kontakt mit septischen
Wunden einen ausgesprochenen keimtödtenden Effekt haben, aber
dass deren Gebrauch andererseits erhebliche Schmerzen hervorruft.
Man begnügte sich daher, nur in den narkotisirten Fällen während
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 763
der Narkose das Mittel 1:50 anzuwenden. In den ersten 5 Monaten
des Jahres 1897 traten wieder 6 Wundinfektionen auf, von denen
sich einige allerdings leicht erklären ließen. Verf. beschloss, in jedem
aseptischen Falle vor Schließung die Wunde mit Formalin 1:50 aus-
zuwischen, dünne Gazedrainage an einen oder mehrere Wundwinkel
einzulegen und mehrere Lagen feuchter Formalingaze vor dem ge-
wöhnlichen trocknen Verbande unterzulegen; dann aber kam man
zur Einführung der Gummihandschuhe, und kein einziger Fall von
Wundinfektion trat in den letzten 4 Monaten ein. Eine genaue
Statistik illustrirt schlagend den Erfolg der Bestrebungen, die Technik
zu verbessern. Die systematische Einführung von Formalin und
Gummihandschuhen krönt die 3jährige Arbeit; schließlich 43 Ope-
rationen in 4 Monaten, keine Infektion. — Diese Abhandlung zeigt
wieder, dass Jeder, der bestrebt ist, seine Resultate möglichst zu ver-
bessern, dahin kommen muss, die Fehlerquellen möglichst auszu-
schalten und einen aseptischen Handschuh einer nur relativ asep-
tischen Handfläche vorzuziehen. Die Berechtigung solcher technischer
Neuerungen kann nur auf dem Wege der Statistik entschieden werden,
und diese Statistik beweist aus B.’s Abhandlung wiederum, dass der-
artige Bestrebungen Erfolg erzielen und nicht als reiner »Sport«, wie
es neuerdings geschah, lächerlich gemacht zu werden verdienen.
Loewenhardt (Breslau).
6) R. Binaghi (Cagliari). Über die Desinfektion und die
desinficirende Kraft der menschlichen Haut.
(Poliolinico 1897. November—December.)
Nach einem historischen Rückblick auf die bisherigen Unter-
suchungen über den Bakteriengehalt der menschlichen Haut theilt
Verf. seine eigenen Experimente mit. Dieselben wurden an 20 Ge-
sunden und 10 Kranken ausgeführt; es wurden jeweils 15 Regionen
des Körpers der Prüfung unterworfen. Die Versuchsordnung war
derart, dass die betreffende, mit etwas Bouillon bestrichene Haut-
partie mit einer sterilisirten Messerklinge abgeschabt, und der dadurch
erhaltene Detritus zur Anlegung von Kulturen so wie zu Thierver-
suchen benutzt wurde. Hierbei wurde u. A. gefunden: Bact. coli,
Sarcine, Pyocyaneus, Proteus, Streptokokken und Staphylokokken,
Spross- und Schimmelpilze. Die gefundenen Pilze waren zum Theil
pathogen, nur die Sprosspilze erwiesen sich als harmlos.
Was die verschiedenen Maßnahmen zur Reinigung und Des-
infektion der Haut anbetrifft, so fand Verf. folgendes: Ein gewöhn-
liches warmes Bad so wie ein Dampfbad (von einem einfachen Ab-
trocknen der Haut gefolgt) hat eine Vermehrung des Bakteriengehalts
der Haut zur Folge (was zweifellos auf die Erweichung der oberen
Epidermislagen und damit reichlichere Ausstoßung von Mikroorganis-
men zu beziehen ist). Dagegen tritt eine Verminderung der Bakterien-
zahl ein, wenn ein Bad in Sodalösung genommen wird, und die
betreffende Hautpartie danach mit einem rauhen sterilen Tuch
164 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
wiederholt abgerieben wird. Eben so hat Waschen mit Seife und
kräftiges Abbürsten eine wesentliche Minderung der Keimzahl zur
Folge; dasselbe ist der Fall bei Waschen mit Alkohol oder Ather.
Vergleichende Versuche mit den verschiedenen Desinfektionsmitteln
ergaben die besten Resultate bei Sublimat It Gil, Karbolwasser (5%)
und Kal. permangan. (1%). Jedoch bewirkte eine einfache, auch
lange fortgesetzte Abwaschung mit einem dieser Mittel (ohne vor-
hergehende Proceduren) nie eine völlige Keimfreiheit. Zur Desinfektion
der Hände wird somit folgendes Verfahren empfohlen: Waschen und
Bürsten in warmem Seifenwasser, Waschen in warmer alkalischer
(Natr. oder Kali carbon. 5%) Lösung, sterilisirtes Wasser, Abreiben
mit sterilem Handtuch, Alkohol oder Ather, warme Sublimatlösung
Däin), Ein derartiges Verfahren ergab stets Sterilität der Hände.
Weiterhin machte Verf. Untersuchungen über die desinficirende
Kraft der Haut, indem er bestimmte Partien derselben nach voran-
gegangener Desinfektion theils mit Reinkulturen, theils pathologischem,
vom Menschen stammendem Material (Fäces, eitriger Urin, Spu-
tum etc.) beschickte, dasselbe antrocknen ließ, mit einer Glasplatte
bedeckte und nach einer Reihe ‚von (6) Tagen einer abermaligen
(bakteriologischen, bezw. thierexperimentellen) Untersuchung unter-
warf. Es ergab sich hier, dass nicht nur die Zahl der Keime be-
trächtlich abnahm, sondern dass auch ihre Virulenz wesentlich
herabgesetzt war. Die gesunde Haut besitzt demnach eine direkt
bakterientödtende Kraft (also eine Art »Selbstreinigung«).
H. Bartsch (Heidelberg).
7) E. Saul. Die Desinfektionsenergie siedender Alkohole.
Die Desinfektion der Schwämme.
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hft. 3.)
Aus den im Original nachzulesenden Experimenten zieht der
Verf. folgende Schlüsse:
1) Der Desinfektionswerth siedender absoluter Alkohole, wie
hoch auch immer ihr Siedepunkt sei, ist gleich Null.
2) Für den Desinfektionswerth mit Wasser kombinirter siedender
Alkohole ist die Höhe des Siedepunkts gleichgültig. Darauf kommt
es an, dass die einwirkende Temperatur ein relatives Maximum be-
trage, das durch den jeweiligen Stand des Siedepunkts bedingt wird.
3) Bei fortgesetzter Steigerung der Alkoholkoncentration sinkt
der Desinfektionswerth mit Wasser gemischter siedender Alkohole
plötzlich auf Null. Der kritische Punkt ist dabei für die einzelnen
Alkohole variabel.
Eine umfassende Erklärung für den Desinfektionsvorgang kann
man zur Zeit nicht geben.
Die Schwämme desinficirt S. in einem von Lautenschläger
konstruirten Apparat nach genauer beschriebener Methode. Neue
Schwämme werden dem siedenden 30%igen Propylalkohol 2 Stunden,
gebrauchte '/, Stunde ausgesetzt. Dieselbe Lösung kann öfters ge-
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 765
braucht werden. Karbol- und Sublimatlösungen sind zu vermeiden,
weil sie Schrumpfung und Schwärzung der Schwämme bedingen.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
8) O. Bloch (Kopenhagen). Sur le catgut phenique alcoolisé.
(Revue de chir. 1898. No. 5.)
B. hat sich seit 10 Jahren das nach gründlicher Reinigung in
heißem Seifenwasser etc. in 5%igem Karbolwasser desinfieirte und
in 5%igem Karbolalkohol aufbewahrte Katgut (bezüglich. der Einzel-
heiten der Präparation s. Original) aufs beste bewährt. Die bei Ge-
brauch keimfreien Katguts nicht selten auftretenden Eiterungen führt
er auf Infektion der Katgutfäden durch die Finger des Operateurs
oder Assistenten beim Einfädeln in die Nadeln, beim Knoten der
Fäden etc. zurück und hält sie durch Anwendung besonderer Vor-
sichtsmaßregeln für vermeidbar. Seitdem er darauf achtet, hat er
vom Katgut ausgehende Wundinfektionen nicht mehr beobachtet.
Kramer (Glogau).
9) Larrabec. The sterilization of catgut by boiling alcohol.
(Boston med. and surg. journ. 1897. Januar.)
Nach seinen im bakteriologischen Laboratorium der Harward
medical school gemachten experimentellen Untersuchungen empfiehlt
L. zur Sterilisation des Katguts das Saul’sche Verfahren. Das auf
Stücke von dicken Glasröhren in einfachen Lagen aufgewickelte
Katgut wird in sorgfältig verkorkter und mit einer wenigstens 5 Fuß
langen, den Kork durchbohrenden Glasröhre, dem Kondensor, ver-
sehener Flasche im Wasserbade gekocht. Die Flüssigkeit besteht
aus 850 Theilen Alcohol. absolut., 50 Theilen Acid. carbol. und
100 Theilen Wasser. Um absolut sichere Sterilisation zu erreichen,
müssen geringere Stärken 30 Minuten, dickere Fäden 45 Minuten,
ganz dicke 1 Stunde lang gekocht werden. Die Aufbewahrung
nach der Sterilisation kann entweder in der genannten Flüssigkeit,
oder nach Abgießen derselben in der Kochflasche trocken erfolgen.
Der Kondensor wird herausgenommen und durch einen sterilisirten
Wattebausch ersetzt. Da die durch das Kochen nur wenig — Be-
lastungsresultate sind angegeben — verminderte Haltbarkeit sich
durch längere Aufbewahrung, einerlei ob feucht oder trocken, immer
mehr verringert, und der Apparat leicht zu handhaben ist, räth L.
immer nur für den Bedarf kleinere Mengen von Katgut zu sterilisiren.
Willemer (Ludwigslust).
10) Calmann. Beiträge zur Asepsis und Kosmetik der Haut-
naht. (Aus dem Allerheiligenhospital — gynäkologische
Abtheilung — zu Breslau.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 21.)
- Aus der Mittheilung ist nur zu erwähnen, dass sich in der ge-
nannten Krankenkausabtheilung die Methode der perkutanen Naht,
766 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
bei welcher die Nadel, unter Vermeidung der obersten Hautschichten,
parallel zur Oberfläche durch die Cutis geführt wird, um die
bakterienhaltigen Drüsenmündungen der Epidermis zu umgehen, gut
bewährt hat, indem niemals mehr Vereiterung der Nähte auftrat,
tnd auch das kosmetische Resultat ein günstiges war. Die Naht
wird nach Art einer Tabaksbeutelnaht angelegt und die an dem einen
und dem anderen Wundwinkel mündenden Fadenenden, fest an-
gezogen, über je einem Gazeröllchen geknüpft; die Entfernung des
Fadens macht keine Schwierigkeiten. Kramer (Glogau).
11) Graf. Die Trepanation bei der traumatischen Jackson’-
schen Epilepsie.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 3.)
Verf. giebt zuerst eine historische Entwicklung der Anschau-
ungen über das Wesen der Epilepsie, von der Annahme an, dass es
sich bei ihr um eine Reizung durch akute Gehirnanämie handle
(Kussmaul, Tenner) bis zu der durch H. Jackson begründeten
Lehre des corticalen Ursprungs mancher Formen des Leidens. Es
ist natürlich, dass diese Anschauungen mit der Zeit zu neuen Ver-
suchen operativer Beseitigung der Krankheit führten, und zwar mit
anscheinend mehr Berechtigung wie früher. Am günstigsten sind
die Verhältnisse bei traumatischer Epilepsie. Besondere Bedeutung
erhielt übrigens der operative Eingriff, als Horsley vorschlug, nicht
eine einfache Trepanation vorzunehmen, sondern das den Anfall
einleitende motorische Centrum zu excidiren. Dauernde Ausfalls-
symptome werden durch das eingreifende Verfahren nicht bedingt.
Die auf dasselbe folgenden partiellen Lähmungen gehen meist nach
ganz kurzer Zeit wieder vorüber. Das Wesentlichste der Arbeit ist
der Ausdruck der Anschauungen, die man auf Grund reichlicher
Erfahrungen in der v. Bergmann’schen Klinik mit operativen
Eingriffen bei dem Leiden gemacht hat. Zu früheren ungünstigen
Resultaten kann G. eine Reihe weiterer unbefriedigender Fälle hin-
zufügen, deren interessante und lehrreiche Krankengeschichten bei-
gefügt sind.
Verf. weist mit Recht besonders scharf darauf hin, wie viel
Kritik gerade bei der Beurtheilung angeblich durch die Operation
geheilter Epileptiker nothwendig, und wie ein genügsamer Beobachter
leicht Täuschungen ausgesetzt ist. G. zeigt, wie Erfolge, die mit
Wahrscheinlichkeit der Brombehandlung zuzuschreiben sind, dem
operativen Eingriff zugeschoben werden, er zeigt, wie man selbst
Operationen an der Nase, wie Abbrennen cavernöser Schwellungen,
Erfolge zuschieben könnte, da auch nach diesem Verfahren einmal
die Anfälle ausblieben. v. Bergmann steht auf dem Standpunkt,
dass die Operation auch bei der traumatischen Epilepsie einzuschränken
sei, und dass man einen Erfolg nur erwarten könne, wo eine Ge-
schwulst, z. B. eine Cyste, in oder über einem motorischen Rinden-
centrum liege.
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 767
G. stellt 146 Fälle aus der Litteratur zusammen, in denen bei
traumatischer Epilepsie operirt wurde. Diese Fälle sind so weit wie
möglich kritisch zu einer allgemeinen Beurtheilung des operativen
Eingriffs verwerthet. Nur 6,5 % Heilungen können citirt werden,
bei denen die Beobachtungszeit länger als 3 Jahre dauerte. Trotzdem
ist gerade eine längere Dauer der Beobachtung für eine wahre Kritik
erforderlich. G. erörtert noch die Anschauungen, welche darüber
existiren, warum in den einzelnen Fällen Misserfolge auftreten, An-
schauungen, die noch sehr variabel sind. Er kann nicht mit Doyen
den Eingriff für ungefährlich erklären und darum auch nicht befür-
worten, dass man leichthin, ohne versuchte Lokalisation des krampf-
auslösenden Herdes, eine explorative Hemikraniotomie vornimmt.
Bei den genannten 146 Fällen haben sich in der Hälfte die Ope-
rateure auf Eingriffe am Knochen und der Dura mater beschränkt,
in der zweiten Hälfte wurden Operationen an der Hirnrinde vor-
genommen, bestehend in Excision von Narben, Incision und Exstir-
pation von Cysten, Entfernung eingedrungener Knochensplitter und
Fremdkörper. Die Horsley’sche Operation wurde in 29 Fällen
ausgeführt. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
12) Jordan. Die operative Entfernung der Fibrome der
Schädelbasis (nebst Mittheilung zweier nach neuer Methode
operirter Fälle). (Aus der chirurgischen Universitätsklinik
zu Heidelberg.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 21.)
13) Hopmann. Zur Operation der harten Schädelgrund-
polypen (Basisfibrome, bezw. Fibrosarkome), nebst Bemer-
kungen über Nasenpolypen.
(Ibid.)
Wenn auch mit Aufhören des Schädelwachsthums Schädelbasis-
fibrome zuweilen von selbst sich zurückbilden, so können doch sehr
heftige Blutungen und durch rasche Vergrößerung der Geschwulst
veranlasste Beschwerden eine Operation dringend indiciren. J. hat
für dieselbe in 2 Fällen zur Freilegung der Geschwulst ein Verfahren
benutzt, welches, in einer Modifikation des typischen v. Langen-
beck’schen bestehend, zwar früher schon imal von Czerny ange-
wandt, von Verf. aber, ohne dass er davon wusste, selbständig er-
sonnen und mit Erfolg ausgeführt worden ist. In dem einen Falle
bestand es darin, dass J. den linken Oberkiefer nach links hin, die
Nase nach rechts hin aufklappte, während er bei dem 2. Pat. den
linken Oberkiefer und die Nase in einem Stück temporär resecirte
und nach rechts herüberlegte. Dadurch wurde das Geschwulsterrain
in ganzer Ausdehnung bequem zugänglich und die Totalexstirpation
gut ausführbar. Die zurückgebliebenen Narben waren, besonders im
letzteren Falle, wenig auffallend; Nase und Oberkiefer sind knöchern
fest eingeheilt, eben so das Septum konsolidirt. J. glaubt diesen
768 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
Methoden vor dem Verfahren der modernen temporären Gaumen-
resektion wegen besserer Freilegung des Operationsfeldes den Vorzug
geben zu dürfen und empfiehlt sie desshalb für die Fälle, bei welchen
die schonende Behandlung erfolglos geblieben, und Veranlassung zu
radikalem Vorgehen besteht.
H. ist in einfacherer Weise zum Ziele gekommen, nachdem er
früher die seitliche Aufklappung der Nase als Präliminaroperation
geübt, freilich unter Verzicht auf die Mitwirkung des Auges bei der
Entfernung der Geschwulst. Er operirt in Narkose bei hängendem
Kopfe, lässt das Gaumensegel durch einen durch die Nase geführten
Gummischlauch, dessen zum Munde herausgeführte Enden auf einer
zwischen Oberlippe und Nase gelegten Metallplatte befestigt werden,
möglichst stark nach vorn ziehen und exstirpirt nun mittels Eleva-
torium, Raspatorium und scharfem Löffel unter Leitung des Fingers
die Geschwulst dicht am Knochen. Das Resultat war in 5 Fällen
ein gutes. H. hält das Verfahren, obwohl die Beseitigung der Neu-
bildung mit sehr erheblicher Blutung einherging, für besser, als das
der Voroperationen. Kramer (Glogau).
14) H. Schlesinger (Wien). Beiträge zur Klinik der Rücken-
marks- und Wirbeltumoren.
Jena, Fischer, 1898.
Verf. hat das einschlägige Material des pathologisch-anatomischen
Instituts in Wien aus 18 Jahren, umfassend 35000 Obduktionen mit
151 Geschwülsten des Rückenmarks und seiner Hüllen, einschließlich
der Wirbelsäule, im Zusammenhalt mit der umfänglichen Litteratur
(589 Nummern) behandelt. Nur die extraduralen fungösen Neu-
bildungen lässt er unberücksichtigt. 56 Fälle sind mit interessanten,
meist ausführlichen Krankengeschichten, einige mit Abbildungen
anatomischer Präparate belegt.
Von den 151 Geschwülsten saßen 107 in den Wirbeln, 4 drangen
von außen in den Wirbelkanal, 11 gingen von der Dura, 4 von den
zarten Meningen, 5 von den Nervenwurzeln einschließlich der Cauda
aus, 20 saßen intramedullär.
Wenn man die multiplen Geschwülste der Rückenmarkshüllen,
ferner die intramedullären und die bösartigen intravertebralen als
inoperabel ansieht, so lehren diese Zahlen und die in der Litteratur
niedergelegten Erfahrungen, dass nur ein Drittel der Gesammt-
summe aller Rückgratgeschwülste für einen chirurgischen Eingriff in
Frage kommt. Dem Ref. erscheint in der Berechnung S. jenes
Ergebnis nicht ohne Bedeutung, dass die intramedullären Neu-
bildungen sich am häufigsten im Bereich der Hals- und der Lenden-
anschwellung, selten im Brustmark finden. Die Erfahrungen des
Ref. gehen nämlich dahin, dass gerade im Hals- und Lendentheil
der Wirbelsäule Distorsionen am ehesten vorkommen, bei denen
offenbar durch Zerrung intramedulläre Schädigungen leichterer Art,
insbesondere centrale Blutungen, zu Stande kommen. Der Gedanke
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 769
liegt also nahe, dass für die Bildung centraler Geschwülste durch
solche leichte Traumen des Rückgrats der Anreiz gegeben wird.
Bezüglich der einzelnen Geschwulstformen lässt sich aus den
ausführlichen Schilderungen hier nur das chirurgisch Interessante
hervorheben. Miliare und Konglomerattuberkel sind nicht selten neben
Hirntuberkeln anzutreffen. Gummata, die viel seltener sind, lassen
eigenthümlicherweise häufiger als andere Geschwülste die sekun-
däre Degeneration vermissen. Wichtiger ist, dass bei den centralen
Geschwülsten, Gliomen, Gliosarkomen, jede wesentliche Dicken-
zunahme des Rückenmarks fehlen kann. Sie gehen eben so wie
das seltene primäre Sarkom (13 Fälle in der Litteratur) mit Höhlen-
bildung einher und machen, oft auch ohne solche, gleich jenen
ähnliche Symptome wie die der Syringomyelie.
Operativer Behandlung am ehesten zugänglich ist das isolirte
Sarkom der Meningen und Nervenwurzeln, dem das Psammom und
Endotheliom verwandt ist. Es ist klinisch wichtig, dass diese Ge-
schwülste trotz längeren Bestandes zumeist nicht auf das Rückenmark
direkt übergreifen und keine Neigung zur Generalisation erkennen
lassen. Sie unterscheiden sich von dem häufigeren multiplen Sarkom
der Meningen, welches trotz des Vermögens, in den entfernteren Or-
ganen Metastasen zu machen, auch nur selten das Rückenmark in
Mitleidenschaft zieht, klinisch dadurch, dass diese Geschwulstform
fast stets die Gebilde der hinteren Schädelgrube, in zwei Dritteln der
Fälle das Kleinhirn mit ergreift. Bezüglich der cystischen Neu-
bildungen parasitärer Natur ergiebt sich, dass der Ecchinococcus
(44mal beobachtet) meist extradural, nämlich 7mal öfters als intra-
dural, der Cysticercus (nur mal beobachtet) vorwiegend intradural sitzt.
Bei Besprechung der Wirbelgeschwülste bildet SI in Fig. 27
und 28 ein ossificirendes Enchondrom des 10. Brustwirbels ab. Stellt
dieses Präparat nicht vielleicht eine ausgeheilte! Kompressionsfraktur
dieses Wirbels dar mit starkem corticalen Callus und Eburneation
der Spongiosa?
Von den primären Geschwülsten der Wirbelsäule sind 22 Fälle
als Sarkom, 17 als multiples Myelom bezeichnet. Diese Geschwülste,
so wie die metastatischen Sarkome und Carcinome werden entweder
durch langsame Kompression oder öfters durch plötzlichen Zusammen-
bruch eines Wirbelkörpers dem Rückenmark gefährlich. Auffallend
häufig machen die an sich seltenen Bronchialcareinome Wirbel-
metastasen. Ref. hat ebenfalls einen Fall von Totalquerläsion des
Marks durch Zusammenbruch eines carcinomatösen Brustwirbels bei
Bronchialkrebs obducirt.
Die neoplastische Infiltration eines Wirbelknochens als solche
kann gelegentlich ganz ohne Schmerzen verlaufen; dann kann, selbst
wenn Druck auf die Dornfortsätze und plötzliche Belastung der
Wirbelsäule ganz schmerzlos ist, doch eine Empfindlichkeit des Pat.
bei Druck neben der Wirbelsäule auf eine Neubildung hinweisen;
sie ist offenbar bedingt durch Hyperästhesie eines komprimirten
770 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
Interkostalnerven. Nicht selten ist auch Ischias, seltener Occipital-
neuralgie lange Zeit das einzige Symptom von Geschwulsterkrankung
eines Wirbels, insbesondere bei Mammacarcinom (Terrier, Minor),
bis es in Folge fortschreitender Querschnittserkrankung verschwindet
(Edes). S. hält die intradurale Durchschneidung hinterer Nerven-
wurzeln in manchen Fällen für angezeigt.
Bezüglich der Höhenlokalisation der Geschwülste, der Segment-
diagnose, kommt er zu dem Resultat, dass man die Geschwulst manch-
mal eben so wohl zu hoch wie zu tief diagnosticirt, zu hoch, wenn
über die Kompressionsstelle hinaus, also cerebralwärts, sich eine
sekundäre Erweichung anschließt, zu tief, wenn mehr als 3 Seg-
menten der Medulla die Versorgung der betroffenen Körperoberfläche
oder eines Muskels obliegt. S. räth daher, zuerst stets das obere
Ende der Geschwulst entsprechend den Lokalisationsregeln aufzu-
suchen. Den alleinigen Nachweis einer partiellen Empfindungs-
lähmung hält er nicht für ausreichend für die Annahme des intra-
medullären Sitzes einer Geschwulst.
Stellt man die Diagnose auf Rückenmarksgeschwulst, so sprechen
folgende Symptome gegen die Vornahme eines chirurgischen Ein-
griffs: »Bilaterale, partielle, segmental angeordnete, durch längere
Zeit dauernde Empfindungslähmung (besonders des Temperatursinns)
bei rapid fortschreitender, bilateraler ausgedehnter Muskelatrophie
und Entartungsreaktion, gleich ausgebildeter Parese beider Beine bei
Affektion der oberen Extremitäten«. P. Stolper (Breslau).
15) Menard (Berck-sur-Mer). Du redressement brusque de
la gibbosite dans le mal de Pott.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris. T. XXIIL p. 363.)
An der Hand einer Anzahl anatomischer Präparate von tuber-
kulöser Spondylitis und solchen, die durch das Calot’sche Redresse-
ment des Pott’schen Buckels an der Leiche gewonnen wurden,
warnt Verf. davor, auf diese Operation übertriebene Hoffnungen zu
setzen. Charakteristisch für die Wirbelsäulentuberkulose sei das
konstante Fehlen einer subperiostalen Hyperostose und das konstante
Fehlen von Knochenneubildung im Inneren der tuberkulösen Höhle.
Es erscheine daher fraglich, ob nach der Calot’schen Operation sich
ein hinreichend fester tragfähiger Callus bilden werde, um das
rasch gewonnene Resultat auch dauernd zu sichern.
Beichel (Chemnits).
16) Wentworth. Lumbar puncture.
(Boston med. and surg. journ. 1897. Februar.)
W. giebt einige praktische Rathschläge für die Ausführung der
Lumbalpunktion. Der Pat. soll mit heraufgezogenen Knien auf der
Seite liegen und die freie Schulter herunterdrücken. Da in keinem
Falle die bakteriologische Prüfung wo möglich auch durch Verimpfung
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 771
zu versäumen ist, so muss auf die Sterilisation der Instrumente,
mit welchen die Flüssigkeit in Berührung kommt, großes Gewicht
gelegt werden. Für die Kulturen im Reagensglase räth W. ein
etwas größeres Quantum der Flüssigkeit, nicht nur eine Platinaöse
voll zu nehmen. Willemer (Ludwigslust).
Kleinere Mittheilungen.
17) Henschen, Lennander und Stenbeck. Om Röntgens strålar
i hjärnkirurgienstjänst.
(Nord. med. Arkiv N. F. Bd. VIII. No. 30. Festband für Axel Key.)
Ein 33jähriger, vorher völlig gesunder Mann wurde Anfang August 1895 in der
Entfernung einiger Meter von einem Revolvergeschoss getroffen, das in die linke
Orbita eindrang, unter Zerreißung des oberen Augenlids entlang dem Orbitaldach
verlief und im Gehirn stecken blieb. Pat. stürzte bewusstlos nieder, und es folgte
eine linksseitige Hemiplegie. Als er nach etwa 3 Wochen erwachte, fühlte er
sich »wie ein neugeborenes Kind«: er konnte zwar sehen, kannte aber die Leute
nicht wieder, verstand nicht Gesprochenes und konnte selbst nicht sprechen.
4 Monate danach wurde er entlassen, Gedächtnis und Spreohvermögen waren wieder-
gekehrt, aber vollständige Lähmung und partielle Aphasie bestanden noch immer.
Als Pat. ein Jahr später untersucht wurde, waren die höheren psychischen
Funktionen völlig normal und das Gedächtnis gut; er litt aber noch an einer
partiellen motorischen Aphasie mit partieller Agraphie und Worttaubheit; auch
war Alexie theilweise bemerkbar. Der Geruchsinn war völlig erlöscht; das linke
Auge entfernt, die Sehschärfe im unteren nasalen Quadranten des erhaltenen
rechten Auges herabgesetzt. Die linksseitige Hemiplegie war in der oberen
Extremität am meisten, in der linken Gesichtshälfte und in der Zunge am wenig-
sten ausgesprochen.
Im Januar 1897 wurde Pat. zum 3. Mal in der Klinik aufgenommen. Die
Aphasie hatte sich in allen ihren Formen verbessert; die Lähmung dagegen nur
wenig mehr, die Anästhe sie inhöherem Grade. Der Geruchsinn war verschwunden,
und jetst konnte auch eine linksseitige Geschmacksstörung nachgewiesen werden;
auch war der linke untere Quadrant nicht so perceptionsfähig wie der obere.
Sorgfältig detaillirte epikritische Auseinandersetzungen führten sur Annahme,
dass die Lokalisation des Fremdkörpers am Grenzgebiet swischen den Parietal- und
Oceipitalwindungen zu suchen sei, und zwar ziemlich nahe an der Rinde und dorsal-
wärts vor der Sehbahn, welche das Corpus geniculatum externum mit der Fissura
calcarina verbindet. Die Aphasie wurde swar durch diese Annahme nicht genügend
erklärt, aber die von 8. genommenen Skiagramme zeigten sehr deutlich die Lage
des Geschosses, obschon die doppelte, dicke Cranialwand Schwierigkeiten dar-
bieten konnte. Man berechnete, dass das Geschoss ca. 4cm von der Mittellinie,
oberhalb dem Tentorium cerebelli und ca. 1—2 cm von der Cranialwand sich
befand.
Bei der Operation fand man es auch fast genau an dieser Stelle. Ein Wagner-
scher Haut-Periostknochen-Lappen, 5 cm hoch, 6 cm breit, die Basis 1 cm oberhalb
der berechneten Lage des Sinus transversus, wurde mit dem von Dahlgren (cf.
Centralblatt für Chir. 1896, No. 10) beschriebenen Kraniotomen binnen 9 Minuten
fertig gestellt. Nach dem Aufschneiden der Dura fand man die Pia von dunkler
Farbe und die Gehirnsubstans wenig elastisch. Beim Einführen einer feinen
Nadel fühlte man in einer Tiefe von etwa 1 cm Metall. Die Trennung der Rinde,
die Einführung einer amerikanischen Kugelsange und die Extraktion des resp. 7
und 11 mm messenden Geschosses boten keine Schwierigkeiten. Katgutnaht der
Dura, Silkwormgutnaht des wiedereingefügten Wagner’schen Lappens. — Pat.
wurde durch die Extraktion des Geschosses völlig von den seit dem Unfall vor-
handenen Schmerzen im Hinterhaupt befreit.
772 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
Die über die Lage des Geschosses nach der Operation angestellten Messungen
und Berechnungen gaben folgende Zahlen: 4,6 cm rechts von der Mittellinie, 6 cm
rechts und aufwärts von der Protuberantia occipitalis externa, 10 cm schief rück-
wärts und aufwärts von der oberen Befestigung des äußeren Ohres, 5,5 em vom
Torcular Herophili und 4—4,5 om oberhalb des Tentorium cerebelli.
Sowohl in physiologischer als in chirurgischer Beziehung ist der Fall von
großer Bedeutung. Wilbrand’s und His Ansichten über die Innervation des
Macularfeldes von der Rinde der beiden Oceipitallappen in der Fissura calcarina
gewinnen eine entschiedene Stütze. Kölliker’s Behauptung, dass eine vollständige
Kreuzung im Chiasma stattfinde, zeigt sich als unrichtig. Munk’s Theorie über
die Projektion der Retina auf der Rinde des Oceipitallappens ist unrichtig oder
wenigstens nicht auf den Menschen anwendbar. Ferrier’s und Charcot’s Hypo-
thesen von einem bilateralen Sehcentrum im Gyrus angularis werden durch die
Hemianopsie widerlegt; und schließlich wird die Theorie v. Monakow's über die
supplirende Wirksamkeit der Rinde des Occipitallappens zurückgewiesen.
Übrigens ist dieser Fall der erste, wo ein Geschoss unter Leitung von Röntgen-
aufnahmen aus dem Gehirn herausgenommen worden ist.
A. Hansson (Cimbrishamn).
18) Thoele. Hyperthermie bei Operationen am Gehirn.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 1.)
Nach Erörterung der verschiedenen Ursachen der Hyperthermie, d. h. der
Temperetursteigerung ohne die sonstigen Erscheinungen des Fiebers, und Mit-
theilung eines reinen Falles von Hyperthermie bei Hämothorax giebt T. die
Krankengeschichte eines 31jährigen Mannes, der wegen Epilepsie nach einem alten
Schädelbruch trepanirt wurde. Man fand direkt unter der Dura eine große Geste,
die nichts Anderes als der stark erweiterte Seitenventrikel war. Tamponade. Nach
Entfernung des Tampons bestand bis zum 35. Tage eine Fistel, die große Mengen
Cerebrospinalflüssigkeit secernirte. Bis zum 45. Tage bestand Temperatursteige-
rung bis 40°, die bei gutem Puls und Fehlen von eigentlichen Fiebererscheinungen
als reine Hyperthermie aufzufassen war. Zu deuten ist dieselbe als Folge direkter
Reizung des Corpus striatum durch die Operation und die durch dieselbe herbei-
geführten Druck- und Cirkulationsveränderungen des Gehirns. Das Corpus stri-
atum scheint nach neuerer Untersuchung das Hauptwärmecentrum zu sein.
Haeckel (Stettin).
19) Baudet. Remarques sur la craniectomie explorative.
(Revue internat. de th&rapeut. et depharmacol. 1898. No. 3.)
Verf. beobachtete im Hospital Cochin eine explorative Trepanation, die Qu&nu
wegen vermeintlicher linksseitiger Hirngeschwulst machte. Die Operation ergab
keine Anhaltspunkte für die Vermuthung. Trotz des also negativen Ausfalls
hörten jedoch die epileptiformen Anfälle, die Aphasie auf; die Paralyse der Beine
besserte sich so, dass Pat. wieder gehen konnte. Der Kranke, der eigentlich zur
Zeit der Operation im komatösen Zustande war, blieb längere Zeit nach der Ope-
ration völlig gesund. B. stellt noch 4 andere Fälle aus der Litteratur zusammen,
bei denen ebenfalls nach einer rein explorativen Trepanation mit Spaltung der
Dura auffallende, sogar hochgradige Besserung für längere Zeit eintrat, obwohl
3 der Pat. im komatösen Zustand operirt waren. Borchard (Posen).
20) J. Kosiński. Geschwulst in der Nähe der linken Rolando’schen
Furche, Jackson’sche Epilepsie, rechtsseitige Lähmung des Ge-
sichts, der oberen und unteren Extremität, Trepanation. Exstirpa-
tion der Geschwulst. Heilung.
(Medycyna 1898. No. 1—5.)
Die Krankheitsgeschichte des äußerst genau beobachteten und sehr präcis
beschriebenen Falles ist kurz in der Aufschrift enthalten. Es handelte sich um
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 773
einen 26jährigen bis nun stets gesunden Mann, bei welchem cerebrale Symptome
plötslich, ohne Prodrome vor 18 Monaten aufgetreten waren. Das dominirende
Symptom bildeten anfallsweise Krämpfe, und zwar zum Theil in der Form von
Jackson’scher Epilepsie, sum Theil als circumscript lokalisirte Krämpfe ver-
schiedener Muskelgruppen, mit geringen Ausnahmen bei vollständig erhaltenem
Bewusstsein. Im weiteren Verlauf der Krankheit stellten sich Kopfschmerzen,
Lähmung der Gesichtsmuskeln und zum Theil jener der rechten Extremitäten,
namentlich der oberen, Behinderung der Sprache und des Schlingens, so wie rechts-
seitige Neuritis optioa bei stets normaler Temperatur ein.
Verf. gelangte auf Grund sehr genauer differentialdiagnostischer Überlegungen
su der Diagnose einer Geschwulst in der allernächsten Umgebung der linken Ro-
lando’schen Furche, und zwar mit allergrößter Wahrscheinlichkeit eines Glioms oder
Sarkoms, und führte die Operation in folgender Weise aus. Großer Lappenschnitt
über dem linken Ohr mit unterer Basis und Trepanation eines kreisförmigen,
2cm im Durchmesser betragenden Knochenstücks. Die Dura an der Stelle fast
normal, stark gespannt. Pulsation des Gehirns etwas abgeschwächt. Da die
Tastung vermehrten Widerstand dei Gehirns im oberen vorderen Quadrant der
Trepanationsöffnung ergab, wurde in der Richtung eine 2. Trepankrone angelegt,
und beide Öffnungen mittels Kneipzange verbunden. Nach Spaltung der harten
und weichen Hirnhaut präsentirte sich dem Auge eine höckerige, lappenförmige,
harte Geschwulst, welche mit dem übrigen Gehirn in ziemlich loser Verbindung
stand, so dass sie mittels stumpfer Elevatorien in 2 Partien herausgehebelt werden
konnte. Die ganze Geschwulst wog 20,4 g. Vorfallende Gehirntheilchen wurden
abgetragen, die Lappen der harten Hirmhaut vernäht und die Knochenscheiben
wieder eingelegt. Aus dem postoperativen Verlauf möge hier bloß hervorgehoben
werden, dass die Knochenscheiben nicht einheilten und entfernt werden mussten.
Die cerebralen Symptome besserten sich vom Tage der Operation an zusehends
und schwanden zum Theil vollständig. Die mikroskopische Diagnose der ex-
stirpirten Geschwulst lautete auf plexiformes Angiosarkom.
Trzebicky (Krakau).
21) Müller. Über otitische Schläfenlappenabscesse. (Aus der Ohren-
klinik des Charitekrankenhauses in Berlin. Dirig. Arzt Geh. Med.-
Rath Prof. Dr. Trautmann.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 53.)
Es handelte sich um 3 sehr ausführlich mitgetheilte Fälle, von denen der
erste tödlich endigte, der andere seinen Ausgang in Heilung nahm, der dritte, viel
zu spät diagnosticirt, nicht zur Operation kam. Sämmtliche Fälle betrafen Frauen
in jüngeren Jahren. In allen hatte die Mittelohreiterung ihren Weg nach dem
Gehirn durch das defekte Tegmen tympani genommen.
Der Abscess war stets solitär und befand sich jedes Mal in unmittelbarer
Nähe des erkrankten Ohres, wesshalb auch eine weit ausgedehnte temporäre Re-
sektion des Schädeldaches unnöthig war. Der Abscess ließ sich vielmehr nach
Freilegung der Dura von der oberen Wand der vorher angelegten Radikalopera-
tionshöhle eröffnen.
Die Diagnose war mit großen Schwierigkeiten verbunden.
M. stellt die Forderung auf, dass der Eröffnung eines otitischen Hirnabscesses
principiell die operative Behandlung der zu Grunde liegenden Ohreneiterung voran-
zugehen habe. Wird der Hirnabscess einmal zuerst in Angriff genommen, so
darf die nachträgliche operative Inangriffnahme auch dann keinesfalls unterbleiben.
Das einzuschlagende Verfahren bei Schläfenlappenabscessen soll stets die Radikal-
operation sein. Für besonders schwierig hält M. die genaue Diagnose eines Hirn-
abscesses bei anämischen Kranken.
In dem einen der M.’schen Fälle war auffallend die lange Dauer des Sta-
diums der absoluten Latenz und dann das Zusammenfallen des Stadiums evidenter
Erscheinungen mit dem Terminalstadium. R. Wagner (Mülheim a d. R.)
174 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
22) A. Bonain. Ost&o-periostite mastoidienne consécutive à une otite
moyenne aiguë avec lésions des corticales interne et externe et vaste
collection purulente de la région cervicale.
(Revue de laryngol. 1898. No. 16.)
Der Titel enthält schon die Besonderheiten des Falles. Verf. betont, dass
solche Fälle nicht selten seien, wo die Eiterung des Warsenfortsatzes hauptsäch-
lich in der Corticalis Platz greift. Man findet dann zuweilen im Centrum des-
selben gar keine oder nur geringe Zerstörungen, wohl aber Nekrosen und sub-
periostale Eiterherde an der äußeren Corticalis, Extraduralabsoesse, Sinuserkran-
kungen, Abscesse im Großhirn und Kleinhirn. Es ist desshalb nothwendig, auch
die innere Corticalis genau nach nekrotischen Stellen abzusuchen, wenn die Ver-
hältnisse der äußeren Corticalis und der Warzenzellen keine genügende Erklärung
für die vorhandenen Symptome geben. Teichmann (Berlin).
23) R. Müller. Bericht über die Ohrenklinik des Geh. Med.-Rath
Prof. Dr. Trautmann für das Jahr vom 1. April 1896 bis 31. März 1897.
(Charit&-Annalen 1897. p. 369—416.)
Bei den akuten Mittelohreiterungen wurde stets der Trokarbehandlung vor
den Ausspritzungen der Vorzug gegeben, während umgekehrt bei der chronischen
Mittelohreiterung nur mit Ausspritsungen Erfolge zu erzielen sind; und swar
wurde dazu Jodtrichlorid in Lösung 10:100 fast ausschließlich angewendet. Nur
wo eine große Trommelfelldurchlöcherung bei gleichzeitiger leichter Durchgängig-
keit der Tuba Eustachii besteht, erregt diese Lösung Kratsen und Brennen im
Rachen, oft mit Brechreiz, und wird dann durch Kalkwasser mit Wasser zu gleichen
Theilen ersetst. Einblasungen von medikamentösen Pulvern wurden versuchsweise
gemacht: Xeroform reizte die Weichtheile, Natrium tetraboricum (Kafemann)
bewährte sich nicht, Schering’s Parajodoform in der neuesten Herstellungsweise
wirkte wenigstens desodorirend, eben so auch Itrol (Argentum eitrieum), über
welches ein abschließendes Urtheil jedoch noch nicht abgegeben werden kann.
Antrumaufmeißelungen wurden 33 (7 doppelseitig) vorgenommen und
einschließlich der vom Vorjahr noch im Bestand verbliebenen 42 behandelt, von
denen 32 = 76,2% geheilt wurden. 3 Kranke mit 4 Operationen starben, eben so
starb später noch ein Kind, welches auf die Kinderstation verlegt wurde; ein
Kranker musste noch radikal operirt werden, 1 Kranker blieb aus der Behandlung
fort und ist wahrscheinlich geheilt, die übrigen 3 blieben noch in Behandlung.
Eben so günstig sind die Erfolge der Radikaloperation, welche unter
50 Fällen 35 Heilungen, d. h. 70% erzielte; von den 15 ungeheilten starben 2.
Diese Operation ist im Allgemeinen auf die chronischen, die Antrumaufmeißelung
auf die akuten Fälle beschränkt, und swar hat letstere überall einzutreten, wo
10—14 Tage lang die Behandlung keine Erfolge ersielt. Unbedingt angezeigt ist
sie bei andauerndem Fieber und bei Eiterretention, welche sich durch Hautödem
und Druckempfindlichkeit ankündigt. Endlich ist die Aufmeißelung auch an-
gezeigt bei Neuralgien des Warzenfortsatzes ohne anatomische Grundlage. Da-
gegen ist die Radikaloperation indieirt: 1) bei chronischen Mittelohreiterungen auch
ohne Komplikation, wenn eine mindestens 2monatliche sachgemäße Behandlung
keinen wesentlichen Erfolg erzielt hat; 2) bei Caries des Schläfenbeins; 3) bei
Cholesteatom des Mittelohrs; 4) bei lebensgefährlichen Komplikationen, epiduralem
Abscess, Sinusthrombose, Hirnabscess; 5) bei anderweitig nicht entfernbarem
Fremdkörper; 6) bei sklerotischen Vorgängen im Mittelohr mit hochgradiger
Schwerhörigkeit und lästigen subjektiven Geräuschen als Versuch.
Beide Operationen susammen wurden ausgeführt in 59,7% aller Mittelohr-
eiterungen, ein sehr hoher Procentsatz. Der Grund für denselben wird in der
ungenügenden Beachtung gesucht, welche die Mittelohreiterung bei Laien und
Ärsten immer noch findet, so dass nur vorgeschrittene und ernstere Fälle klinische
Behandlung aufsuchen. Im Durchschnitt beanspruchte die Antrumoperation 4 Mo-
nate und 6 Tage, die Radikaloperation 6 Monate 171/3 Tage. Letstere ist ent-
schieden als eine verstümmelnde Operation anzusehen, da sie einen dauernden
Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 775
Defekt setst. Nur wenn die ganse Wundhöhle fest epidermisirt ist, kann von
wirklicher Heilung gesprochen werden.
Was das funktionelle Ergebnis der Radikaloperation betrifft, so war in 48,7%
eine Besserung, in 26% ein Gleichbleiben und in 25,3% eine Verschlechterung
des Hörvermögens für Flüstersprache erreicht worden.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
24) G. Brühl. Ein Todesfall nach Fremdkörperextraktion aus dem
Ohre.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 2.)
Bei einem 4!/jjährigen Knaben, der sich einen Stein ins linke Ohr gesteckt
hatte, waren von einem Barbier erfolglose Versuche sur Entfernung des Fremd-
körpers gemacht worden. Erst nach Ablösung der Ohrmuschel und theilweiser
Abmeißelung der hinteren und oberen Gehörgangswand gelang es, den etwa 8 mm
langen, mit seinen zugespitsten Enden im Recessus epi- und hypotympanious fest-
gekeilten Stein zu entfernen. Die Operation war dringlich geworden, weil sich
eine stinkende Eiterung mit Temperaturerhöhung eingestellt hatte. Diese hielt
aber auch nach der Entfernung des Fremdkörpers an, und Erscheinungen der
Pyämie nöthigten zur Aufmeißelung des Warzenfortsatzes und Freilegung des
Sinus transversus. Letzterer erwies sich, so weit er freigelegt wurde, normal;
unter Fortdauer der pyämischen Erscheinungen verschlechterte sich aber der Zu-
stand des Kindes und führte am 4. Tage nach der 2. Operation zum tödlichen
Ausgang. Bei der Sektion fand sich vor Allem eine zerfallene eitrige Thrombose
des Sinus (a em unter dem unteren Rande der Trepanationsöffnung. Verf. glaubt,
dass die durch ungeschickte Extraktionsversuche herbeigeführte ungünstige Lage
des Steines in der Paukenhöhle eine Eiterretention in dem wahrscheinlich schon
vorher erkrankten Mittelohr und seinen Nebenhöhlen erzeugt habe, und findet
dureh den Ausgang seines Falles die Vorschrift bestätigt, dass man bei dem Ver-
dacht einer Sinusthrombose den ganzen Sinus bis sum Bulbus ven. jugul. ver-
folgen soll, wenn man den Thrombus nicht früher findet.
bs Teichmann (Berlin).
25) A. 8. Tauber. Uber Stirnhöhlenosteome.
(Chirurgie 1898. p.41. [Russisch.])
Die Veranlassung zu dieser Abhandlung war ein von T. operirter Fall. Der
32jährige Pat. hatte im 16. Lebensjahre eine Verletzung über dem linken Auge
erlitten, nach welcher eine kleine schmerzlose Geschwulst bemerkbar wurde. Im
21. Jahre fing Pat. an zu schielen und es wurde bemerkt, dass er linkerseits ein
Glotzauge hatte. Nachdem vorher schon (unter der Diagnose Sarkom der Augen-
höhle) vergeblich versucht worden war, durch Auskratzen die Geschwulst zu be-
seitigen, entfernte T. 2 Osteome, um dann in einer späteren Sitzung das 3., letzte,
nachträglich herauszunehmen, da es so breit aufsaß, dass man zunächst fürchten
musste, die Schädelwand zu durchbrechen. Heilung ohne Zwischenfall mit bedeu-
tend verbesserter Beweglichkeit des Auges. Als bemerkenswerth hebt T. hervor,
dass er in seinem Falle mehrere polypöse Schleimhautwucherungen, 2 todte und
ein im Wachsthum befindliches Osteom der Stirnhöhle gefunden hat.
Aus der umfangreichen literarischen Übersicht T.’s heben wir noch hervor,
dass er aus der deutschen, französischen, russischen und englischen Litteratur im
Ganzen 20 Fälle der operativen Entfernung von Stirnhöhlenosteomen mit 9 Todes-
fällen gefunden hat. E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
26) J. J. Kumberg. Zur Kasuistik der Orbitalangiome.
(Wojenno-med. Journ. 1898. [Russisch.))
K. entfernte mit dem Messer ein taubeneigroßes Rhabdomyoangiom von ka-
vernösem Bau, das in der oberen medialen Ecke der linken Orbita saß, und dessen
Stiel sich in einem Defekt des Orbitaltheiles des Stirnbeins verlor. Die Auslösung
gelang ziemlich leicht, der Stiel wurde unterbunden. Heilung.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
776 Centralblatt für Chirurgie. No. 29.
27) Roux (Brignolles). Cas d’anevrysme cirsoide de la region tem-
porale, traité par l’extirpation unie à la ligature de la carotide ex-
terne. Rapport par M. Ne&laton.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIIL p. 36.)
22jähriger Mann, leidet seit seinem 6. Lebensjahre, angeblich in Folge eines
Falles auf den Kopf, an einer cirsoiden Geschwulst der rechten Schläfengegend
von ziemlicher Größe. Außer ihr bemerkte man noch eine aneurysmatische Er-
weiterung des Stammes der rechten Temporalis superficialis von Nussgröße und
serpentine Gefäßerweiterungen auf der rechten Stirn und der Regio suborbitalis;
über der linken Augenbraue und in der linken Schläfengegend fand man kleine
arterielle Verzweigungen; die Auskultation des rechten Auges ließ ein kontinuir-
liches Geräusch hören. R. exstirpirte die cirsoide Gesohwulst der rechten Schläfe
nach vorgängiger Unterbindung der rechten Carotis externa. Heilung rechts; doch
binnen sehr kurzer Zeit kam es zu einer enormen Erweiterung der Versweigungen
der linken Schläfenarterien, und hörte man auf dem linken Auge ein gleiches
Geräusch wie rechts. Die linke Seite war jetzt in gleicher Weise erkrankt, wie
früher die rechte.
R. sieht in seiner Beobachtung einen Beweis für die Unrichtigkeit der Terrier-
schen Theorie, dass es sich bei cirsoiden Geschwülsten um ein Aneurysma arterio-
venosum handle. Denn nirgends konnte er bei der anatomischen Untersuchung
des Präparats eine Kommunikation zwischen Arterie und Vene finden. Er glaubt
die Ursache des Leidens in einer entzündlichen Erkrankung des Kapillarnetzes
suchen zu müssen. — Nélaton glaubt sich auf Grund dieses einen Falles zu
keinen weitgehenden Schlussfolgerungen über die Pathogenese berechtigt.
Reichel (Chemnitz).
28) G. C. Aue. Die Anwendung der Methode Calot bei Erwachsenen.
{Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.)
Der Fall betrifft eine 47jährige Pat. mit Gibbus der Brustwirbel und Para-
plegia inferior. Extensionsbehandlung, Besserung; Calot, Gipskorsett; das Re-
dressement gelang leicht. Da Pat. das Korsett schlecht verträgt, wird Skliffa-
sowsky’s Kravatte und ein leichter abnehmbares Korsett aus Quarkmasse an-
gelegt (das mit Kravatte nur 3 Pfund wog). Gutes Resultat. — Verf. berichtet
noch über einen anderen Pat., auch mit Gibbus der Brustwirbel, wo ein 3 Jahre
lang getragenes Lederkorsett mit Kravatte ebenfalls der Wirbelsäule genügende
Ruhe sicherte und darauf abgelegt werden konnte. So ist also Calot’s schweres
Korsett gar nicht unbedingt nothwendig. @iückel (B. Karabulak, Saratow).
29) Clutton. Contribution to the surgery of the sacral region.
(Annals of surgery 1898. März.)
Die Mittheilung enthält den Bericht über 2 glücklich verlaufene Operationen
der Spina bifida bei erwachsenen weiblichen Individuen. Bei beiden handelte es
sich um typische Meningocelen, welche nur durch einen feinen Stiel mit dem
Inneren des Rückenmarkkanals in Zusammenhang standen. Die einzigen Beschwer-
den hatten in heftigen Kopfschmerzen bestanden, welche beim Liegen auf dem
Rücken und bei Druck auf die Geschwulst auftraten. Heilung in beiden Fällen,
nachdem bei dem zweiten am 11. Tage die Wunde geplatst war und längere Zeit
Cerebrospinalflüssigkeit in reichlicher Menge hatte austreten lassen.
Außerdem berichtet Verf. kurz über die Operation einer angeborenen, zwischen
Mastdarm und Steißbein entwickelten Sacralgeschwulst bei einem 3jährigen Kinde.
Leider ist der mikroskopische Befund an der exstirpirten Geschwulst nicht sehr
genau mitgetheilt; es wurden in der Wand derselben Haare gefunden; andere
specifische Elemente sind anscheinend vermisst worden. Tietze (Breslau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 116), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
n
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 30. Sonnabend, den 30. Juli. 1898.
Inhalt: H. Wagner, Eine neue Methode zur operativen Behandlung von ausgedehnten
Harnröhrendefekten durch suprasymphysäre Implantation der Harnröhre und des Penis
in die Blase. (Original-Mittheilung.) RS
1) Maflucci und Sirleo, 2) Coley, Zur Ätiologie der Geschwülste. — 3) Unna, Be-
handInng des weichen Geschwürs. — 4) Rieder, 5) Kuttner, 6) Sprecher, 7) Unna,
8) Grouven, Syphilis und ihre Behandlung. — 9) Jonnesco, Spienektomie. — 10) Quönu,
11) Steinthal, 12) Baudouin, Zur Chirurgie der Leber und Gallenwege. — 13) Alexinski,
Echinokokken der Bauchhöhle.
S. B. Ranneft, Multiples, spontanes Keloid der Zehen. (Original-Mittheilung.)
14) Socin, Heusler, Suter und Hägler, Klinischer Bericht. — 15) Maffei, Jahres-
bericht, — 16) Sklifossowsky, Dissemination der Neubildungen. — 17) Eichhofl, Heil-
anstalten für Hautkrankheiten und Syphilis. — 18) Picard, Gonorrhoische Prostatitis. —
19) Mühsam, Gonorrhoische Gelenkentzündungen. — 20) Strauss, 21) Krzystaiowicz,
22) Neuhaus, 'Tripperbehandlung. — 23) Bailey, Speiseröhrenschanker. — 24) Bevan,
25) Sterling, 26) Pellizzari, 27) Legrain, 23) Martel, Syphilis. — 29) Levin, Stomatitis
mercurialis. — 30) Franke, Wandermilz. — 31) Mihailovski, 32) Ballance, Splenektomie.
— 33) Clechomski, 34) Bobrow, 35) Wolynzew, 36) Delagénière, 37) Broca, 38) Ward,
39) Wegeie, 40) Lejars, Zur Chirurgie der Leber und Gallengänge.
Notiz.
(Aus der Breslauer chirurgischen Klinik.)
Eine neue Methode zur operativen Behandlung von aus-
gedehnten Harnröhrendefekten durch suprasymphysäre
Implantation der Harnröhre und des Penis in die Blase,
Von
Dr. Hans Wagner.
Die bisher angegebenen Methoden zur operativen Behandlung
der Harnröhrendefekte sind vorwiegend für die nicht sehr aus-
gedehnten und dem Messer bequem zugänglichen Strikturen, wie sie
zumeist in der Pars membranacea urethrae vorkommen, berechnet
und hierfür auch vollständig ausreichend.
Herr Geheimrath Mikulicz übt schon seit 10 Jahren in diesen
Fällen von Harnröhrenstriktur, die einer Bougiebehandlung nicht
30
778 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
mehr zugänglich sind, die vollständige Resektion der kallös degene-
rirten Harnröhrenpartie mit primärer Naht der beiden Harnröhren-
stümpfe. Es lassen sich so Defekte von 2—4 cm Länge ohne
Schwierigkeit ausgleichen und in wenigen Wochen eine normal
funktionirende Harnröhre wieder herstellen.
Schwieriger gestalten sich schon die Verhältnisse, wenn die
Strikturen länger sind oder wenn sie nicht der Pars membranacea
allein angehören, sondern sich auf die Pars prostatica oder auch
noch auf die Pars bulbosa erstrecken. Es handelt sich in diesen
Fällen seltener um gonorrhoische Strikturen, sondern meist um
traumatische Zerstörungen oder Defekte, die nach Exstirpation von
Neubildungen zurückgeblieben sind. Die Pat. sind dann genöthigt,
ihr ganzes Leben durch eine Perinealfistel den Harn zu entleeren.
In einem derartigen traumatischen Falle schlug Herr Geheimrath
Mikulicz einen neuen Öperationsweg ein, durch den ein außer-
ordentlich gutes funktionelles Resultat erreicht wurde.
Ich folge dem Auftrage des Herrn Geheimrath Mikulicz, indem
ich über die Operationsmethode in dem betreffenden Falle berichte:
Paul O. aus Rybnik, Aufnahme am 20. März 1896. Bis zu seiner Verletzung
will der 16 Jahre alte Pat. stets gesund gewesen sein. Am 3. Oktober 1895 war
er als Treiber bei einer Jagd beschäftigt und erhielt, während er in etwas ge-
bückter Stellung durch einen Busch ging, von einem Jäger, der mit seiner Leistung
unzufrieden war, einen Stoß von hinten, so dass er in eine Lage fiel, die etwa
der Knie-Ellbogenlage entspricht. Darauf erhielt er in dieser Stellung einen zweiten
Stoß mit dem Gewehrlauf, dem sofort ein Schuss folgte. Der Schuss ging von
hinten etwas oberhalb des Afters in die Weichtheile, zerriss den ganzen After und
Damm, so wie den Ansatz des Serotums bis an die Schambeine. Starker Blut-
verlust; Pat wurde sofort in das Krankenhaus zu R. gebracht.
An die Verletzung schloss sich eine schwere septische Phlegmone; während
des Wundverlaufs wurden 52 Schrotkörner und 2 Papierpfropfen zu Tage gefördert,
außerdem stießen sich 3 Knochenstückchen von 2—3 em Länge und Bleistiftdicke
ab. In den ersten 2 Tagen nach der Verletzung ging durch die Harnröhre neben
Blut noch Urin ab. Am 3. Tage erfolgte der erste Stuhlgang. Derselbe entleerte
sich zum Theil durch den zerrissenen After, zum Theil durch die Wunde oberhalb.
Von diesem Tage an entleerte sich auch Urin durch die Wunde und per rectum.
Dieser Zustand blieb bis heute bestehen, zudem bildete sich trotz täglichen Bou-
gierens eine Rectumstriktur aus, so dass Pat. unter hochgradigen Beschwerden nur
dünnen Stuhl entleeren konnte.
Status praesens: Gut gebauter, in elendem Ernährungszustand befindlicher
Knabe. An den inneren Organen nichts Krankhaftes nachzuweisen.
Die ganze Gegend des Dammes ist von zahlreichen, unregelmäßigen, mehr-
fachen Narbenzügen durchsetzt, die sich zum Theil auch noch auf den Ansatz des
Scerotums und bis an die Schambeine erstrecken. Links neben dem Scrotum, dicht
an der Schenkelbeuge, sieht man eine von reichlichem Narbengewebe umgebene
zerrissene, zerklüftete Fistelöffnung, welche scheinbar nach vorn und innen in die
Blase, nach hinten und innen in das Rectum führt. Aus dieser Fistel entleeren
sich Urin und Stuhl. Die Analöffnung ist narbig verengt bis zu einem Durch-
messer von etwa Bleistiftdicke. Die Füces entleeren sich mit Urin vermischt zum
Theil aus der strikturirten Analöffnung, zum Theil aus der oben erwähnten Fistel.
Durch die Harnröhre werden nur einige Tropfen Urin entleert; beim Ver-
such der Sondirung der Urethra gelingt es auf keine Weise, mit einem Katheter
oder Bougie vorwärts zu kommen; man stößt noch vor dem Ende der Pars bul-
bosa auf ein unüberwindliches Hindernis. Von dieser Stelle aus bis zum Blasen-
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 779
hals ist die Urethra anscheinend ganz zerstört. Die Hoden scheinen annähernd
normal zu sein, wenngleich der rechte kleiner ist als der linke. Erektionen des
Penis hat Pat. während seines Krankenlagers noch gehabt; Samenfluss ist bei ihm
angeblich überhaupt nie eingetreten.
So weit der Status am 20. März 1896.
Um nun zunächst dem Urin einen besseren Abfluss zu gewähren, wurde am
4. April die Fistel und das umliegende Narbengewebe bis nahe an den Blasenhals
gespalten, wodurch es gelang, einen mittelstarken Ne£latonkatheter in die Blase
einzuführen; es wurde aber dadurch nicht eine Sonderung zwischen Urin und Stuhl
erreicht, der Urin entleerte sich zum größten Theil neben dem Katheter. Offen-
ber bestand noch höher oben eine Harnröhren- resp. Blasen-Mastdarmfistel. Es
wurde desshalb am 10. Mai 1896 von Herrn Geheimrath Mikulicz ein zweiter
Eingriff vorgenommen:
Zunächst wird der Anus umschnitten, darauf präparando das Rectum und
die strikturirenden Narbenmassen losgelöst und eine typische Amputation des ca.
6 cm langen Stücks des narbig verengten Rectums vorgenommen. Der mobil ge-
machte obere, normale Theil des Mastdarms wird wie bei einer typischen Mastdarm-
resektion heruntergezogen und außen an die Haut angenäht. Sodann erfolgt die
Exstirpation der gesammten Narbenmasse im Bereich des zerstörten Urethral-
abschnitts bis zum Blasenhals. Es zeigt sich in der That, dass die ganze Urethra
von dem Bulbus an bis auf einen kleinen Rest am Blasenhals zerstört ist. Von
der Prostata ist scheinbar auch nicht mehr viel übrig geblieben. Es wird nun
ein Katheter in die Blase eingeführt. Derselbe wird außen mit einer Silbernaht
befestigt, ein zweiter Katheter wird durch die Pars pendula und die Wunde nach
außen geführt.
Der Wundverlauf war ein völlig normaler, das Rectum heilte glatt ein. 7 Tage
nach der Operation erfolgte der erste Stuhl. In den ersten Tagen floss noch Urin
neben dem Katheter vorbei, mit der Zunahme der Granulationen lief er nur
durch denselben ab. Am 23. Mai, also 13 Tage nach der Operation, wurde ein
Katheter nach Einführung in die Pars pendula durch die Fistel in die Blase ge-
schoben. Der weitere Verlauf bietet nichts besonders Bemerkenswerthes. Der
Urin entleerte sich durch den Katheter, zum Theil floss er auch neben demselben
vorbei. Die Heilung wurde mehrfach dadurch komplicirt, dass Abscesse auftraten,
bei deren Entleerung stets Schrotkörner zu Tage befördert wurden. So entstand
u. A. ein Abscess in der rechten Epididymis; auch hier entleerten sich 2 Schrot-
körner. Die bisher bestehende leichte Cystitis ging unter Behandlung mit Bor-
ausspülung und Jodoformemulsion, in Kombination mit innerer Darreichung von
Salol, zurück. Von Seiten des Rectums traten keinerlei Komplikationen auf. Die
Defäkation ging ganz normal von statten.
So ging es bis zum Juni 1697. Man musste sich nun entschließen, in irgend
einer Weise die Urinentleerung auf normalem Wege zu sichern. Der Pat. konnte
auch nicht wenige Minuten ohne Katheter sein, wenn dessen Wiedereinführung
nicht die größten Schwierigkeiten machen sollte; die die Urethra in weiter Aus-
dehnung substituirende Narbenmasse verengerte sich in kürzester Zeit wieler. Ein
Theil des Urins floss dabei noch immer durch die Fistel ab. Die bisher geübten
Methoden, den Urethraldefekt zu ersetzen, konnten gar nicht in Betracht kommen.
An eine Vereinigung der Urethralenden war wegen der Ausdehnung des Defekts
(8—9 cm) und der narbig veränderten Umgebung nicht zu denken; Material, um
aus der äußeren Haut einen Ersatz zu erhalten, war nicht vorhanden, da Alles
ringsum narbig verändert war. Eine Transplantation von Schleimhaut, etwa der
Mundhöhle, in die Urethralwunde, erschien auch als erfolglos. So entschloss sich
Herr Geheimrath Mikulicz, auf einem anderen Wege vorzugehen.
Operation am 3. Juni 1897. In ruhiger Chloroformnarkose wird in der Mittel-
linie der Regio pubica, 4—5 cm oberhalb der Symphyse beginnend, ein Schnitt
geführt, der ca. 3 cm auf das Dorsum penis reicht. Der Schnitt wird bis auf den
Knochen geführt, wird dann so weit vertieft, dass der Schambogen freiliegt. Nun
werden nach Durchtrennung des Tigamentum suspensorium die Wurzeln der
Di
780 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
Corpora cavernosa des Penis durchschnitten, während das Corp. cavern. urethrae
unverletzt herausgehebelt wird. Die Art. und Ven. dorsal. müssen unterbunden wer-
den. Oberhalb der Symphyse wird nun die Blase freigelegt, wobei das Peritoneum
eröffnet wird; dasselbe wird mittels Jodoformgazebeutel tamponirt. In den oberen
Rand der Symphyse wird nun mit breitem Hohlmeißel eine ca. 1 cm tiefe Mulde
gemeißelt, so dass das Corp. cavern. urethrae bequem darin Platz hat. Nachdem
dies geschehen, wird der Blasenscheitel hervorgezogen, geöffnet, und nun die
Urethra im Bereich der Pars bulbosa in die Blase mit Silbernähten eingenäht.
Durch die Harnröhre wird ein mittelstarker Katheter in die Blase eingeführt. Die
Wunde wird tamponirt. 2
Der Penis sitzt nun oberhalb der Symphyse, die Harnröhre steht oberhalb
der Symphyse mit dem Blasenscheitel in Verbindung.
Conf. die Photographie.
4. Juni. Pat. hat den Eingriff gut überstanden, Penis etwas geschwollen,
jedoch nicht verfärbt. Der Urin entleert sich durch den Katheter, zum Theil auch
durch die Fistel am Damm. Im weiteren Verlauf heilte die Wunde an der Sym-.
physe innerhalb von 6 Wochen zu. Die Urinentleerung ging per Katheter, nur
wenig floss durch die Fistel ab. Vom Oktober 1597 an wurde nun systematisch
angefangen, immer diokere Katheter einzuführen, bis die stärksten Nummern an-
standslos hindurchgingen. Der Pat. lernte sehr bald das Katheterisiren selbst
und spülte sich 2mal am Tage die Blase mit Borlösung aus. Der Urin wurde
völlig normal. Seit einem halben Jahre wurde der Katheter zeitweise heraus-
genommen; sehr bald konnte man den Katheter ganz entfernen und sich darauf
beschränken, ihn nur 1—2mal täglich in die Blase einzuführen, um einer Ver-
engerung der Vereinigungsstelle zwischen Blase und Harnröhre vorzubeugen. Jetzt
ist Pat. bei seiner Entlassung (27. Juni 1896) so weit, dass die Einführung des
dicksten N£laton ohne jede Schwierigkeit von statten geht, wenn auch der Katheter
einen ganzen Tag nicht eingeführt worden war. Er kann ca. 2 Stunden lang
den Urin halten, dann entleert er denselben durch den Penis im Strahl; wartet
er lünger als 2 Stunden, so kommt der Urin tropfenweise su der Fistel am Damm
heraus, die noch immer nicht ganz geschlossen ist. Wahrscheinlich liegt in der
Nähe des Blasenhalses noch ein kleiner Sequester (von der ursprünglichen Ver-
letzung her) der den Verschluss der Blasenfistel verhindert.
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 781
Das Resultat dieser neuen Operationsmethode ist gewiss ein außer-
ordentlich befriedigendes und dürfte zur Nachahmung in ähnlichen
Fällen auffordern. In Betracht käme die Operation vor Allem bei
ausgedehnten traumatischen Zerstörungen und bei Neubildungen der
Pars prostatica und membranacea der Harnröhre. Ob sie auch in
anderen Fällen von Undurchgängigkeit der genannten Abschnitte
der Harnröhre Anwendung finden kann, werden erst weitere Erfah-
rungen lehren müssen.
1) A. Maffucci und L. Sirleo (Pisa). Über die infektiöse,
blastomykotische Ursache der bösartigen Geschwülste.
(Policlinico 1897. November—December.)
Die Verff. untersuchten 39 Fälle von bösartigen Geschwülsten
bakteriologisch, indem sie aus kleinen Stücken eine Emulsion her-
stellten und von diesen Plattenkulturen auf verschiedenen Nähr-
böden anlegten. Das Resultat war, dass sich in 7 Fällen Blastomyces-
formen fanden, in 8 Fällen Kokken (meist Streptokokken) und in
4 Fällen Bacillen. In den gleichzeitig aufgestellten Kontrollplatten,
die der atmosphärischen Luft ausgesetzt waren, wuchsen ebenfalls
Blastomyceten. Die mit den Blastomyceskulturen bei 226 Thieren
unteruommenen Impfungen ergaben mit Ausnahme von 2 Fällen
ein negatives Resultat (hinsichtlich der pathogenen Wirkung). Die
Thiere wiesen nur Marasmus auf, aber keine Organveränderungen;
auch in jenen 2 Fällen konnte nur Eiterung und Exsudate erzeugt
werden, aber nichts einem Carcinom Ähnliches.
Verff. theilen weiterhin einen Fall von spontaner Blastomyces-
infektion bei einem Meerschweinchen mit; es fand sich hier eine
beträchtliche Vergrößerung des Wurmfortsatzes mit Lymphdrüsen-
schwellung, beides bedingt durch reichliche Pilzwucherung. Impfungen
mit diesem Pilz ergaben zellige Neubildungen in Lunge, Leber,
Niere, Hoden, jedoch kein Carcinoın. Auch über die morphologischen
Verhältnisse dieser Hefeart haben Verff. genaue Untersuchungen an-
gestellt; insbesondere wird das stete Vorhandensein eines Kerns
festgestellt und dessen Rolle bei der Sprossung erörtert (wie auch
durch Abbildungen erläutert). Die histologischen Untersuchungen
der Geschwülste ergaben folgende Resultate: In 8 Fällen wurden
Gebilde angetroffen, die als Blastomyceten angeschen wurden; diese
Fälle waren aber nur zum Theil identisch mit jenen, bei denen das
Kulturverfahren diese Pilze nachwies. Diese Blastomyceten wurden
besonders in den ulcerirten Geschwülsten nachgewiesen.
Verff. halten es hiernach für erwiesen, dass es pathogene Blasto-
mycesformen giebt, die unter Umständen Septhämie, Eiterung oder
chronisch-entzündliche Neubildungen (naclı dem Typus der Granu-
lationsgeschwülste) erzeugen können; ein Beweis dafür, dass sie auch
Carcinom hervorbringen können, ist bis jetzt nicht erbracht. Bei
bösartigen Geschwülsten ist der bakteriologische und histologische
182 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
Nachweis von Sprosspilzen sehr inkonstant, so dass der Verdacht
nahe liegt, dass es sich um sekundäre Infektionen handelt.
H. Bartsch (Heidelberg).
2) W. B. Coley. The influence of injury upon the develop-
ment of sarcoma.
(Annals of surgery 1898. März.)
Unter 170 Fällen von Sarkomen, welche Verf. in den letzten
Jahren beobachtet hat, waren 44, in deren Anamnese ein Trauma
eine, wie Verf. glaubt, wichtige ätiologische Rolle spielte. Von
diesen waren 18 Knochensarkome (Schienbein 3, Oberschenkel 4,
Becken 4, Schlüsselbein, Kiefer, Mittelfuß, Mittelhand, Rippen,
Oberarm, \Varzenfortsatz, Wirbelsäule je 1) und 26 Sarkome der
Weichtheile, die sich auf alle Körperabschnitte vertheilen; am meisten
betheiligt war dabei die Brust. Mikroskopisch waren alle Arten von
Sarkomen vertreten. Das Auftreten der Geschwilste wurde beobachtet
nach dem Unfall in 8 Fällen innerhalb einer Woche, in 10 Fällen
innerhalb des ersten, in 30 Fällen innerhalb des zweiten Monats, in
7 Fällen bis zum ersten Halbjahr, in 4 Fällen innerhalb des zweiten
Halbjahrs, in 10 Fällen nach einem Jahr. Die Verletzungen be-
standen in Schlag (14), Fall (12), Quetschung (4), in Kratzeffekten (3',
in Knochenbrüchen (2); die übrigen in Verstauchungen, Verrenkungen,
Verbrennungen. Verf. neigt sich der Annahme zu, dass die Ge-
schwülste auf infektiöser Basis entstanden; damit würde die Bedeutung
des Traumas am ehesten verständlich. Ein kurzer Auszug aus seinen
Krankengeschichten beschließt die Arbeit, zu deren Resultaten im
einzelnen mancher Leser sich doch kritisch verhalten dürfte.
Tietze (Breslau).
3) P. G. Unna. Die flache Abtragung des weichen Ge-
schwürs als Behandlungsmethode.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 6.)
Da die Bacillen des Ulcus molle meist nur in den oberfläch-
lichsten Schichten des Gewebes sitzen, empfiehlt U. zur Behandlung
folgende Methode: Desinfektion »mit Seife oder Sublimatlösung«,
Gefrierenlassen des Geschwürs mit Chloräthyl, Abtragung einer
2'!j,—3 mm dicken Scheibe mit dem Rasiermesser, Bestreichung der
Schnittfläche mit dem Höllensteinstift zur Blutstillung, Jodoform-
einpuderung, Zinkoxydpflastermull (nach 1—2 ‘lagen zu erneuern),
oder Jodoform-Gitterpflastermull, Zinkpflastermull, odorisirte Watte
(für die Privatpraxis); handelt es sich um unregelmäßig zerklüftete
Geschwüre mit Granulationen oder um »serpiginöse Schanker«, so ver-
eist man tiefer und trägt eine 3—4 mm dicke Schicht ab. Die Er-
folge sind sehr gut; nur ringförmige oder ungünstig lokalisirte
Geschwüre sind für diese Methode ungeeignet.
Jadassohn Bern
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 783
4) Rieder. Histologische Untersuchungen im Primärstadium
der Syphilis. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in
Bonn. (Direktor: Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Schede.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 9.)
R. konnte mit Hilfe der Weigert’schen Färbemethode für
elastisches Gewebe nachweisen, dass in mikroskopischen Präparaten
von Ulcus durum die meisten der hochgradig erkrankten Gefäße
Venen und Lymphgefäße, nicht aber Arterien waren. Als patho-
logischen Befund zeigten schon kleine und mittlere Venen ganz
dicke und breite streifige Bindegewebslagen, wie dies sonst nur bei
größeren Venen vorkommt. In der Mitte der Schnitte befinden sich
in den Lichtungen hochgradigst erkrankter Venen Lagen exquisit
koncentrisch angeordneter runder, meist aber epithelioider Kerne. Die
endovaskuläre Neubildung hatte denselben histologischen Charakter
wie die frei in der Cutis liegenden Infiltratee Während die Venen
durch 2—3 koncentrisch angeordnete Kränze resp. Ringe elastischer
Fasern als solche erkennbar waren, fand R. mit der Weigert’schen
Methode auch von einem einzigen zarten Ring elastischer Fasern
eingefasste Zellanhäufungen, welche unzweifelhaft Lymphgefäße der
Cutis darstellten. i
Im Gegensatz zu den Venen und Lymphgefäßen waren viele der
Arterien in ihrer Wandung vollkommen unverändert. Bei den er-
krankten ging der Process von der Adventitia und Muscularis, nicht
von innen aus. Auch die größeren Gefäße des subkutanen Gewebes
der Umgebung sind in ähnlicher Weise wie die des Ulcus erkrankt;
in den Bahnen der erkrankten Venen und größeren Lymphgefäße
verläuft der Process alsdann weiter.
Bei der mikroskopischen Untersuchung des dorsalen Lymph-
stranges mittels der Weigert'schen Methode fand R. in erster
Linie die Lymphgefäße, dann die Venen betroffen. Das periadven-
titielle Gewebe zeigte häufig eine massige Bindegewebsneubildung
in Gestalt von dicht gelagerten breiten Fasern um die verstopften
Lymphgefäße herum.
Bei den indolenten Bubonen zeigten sich die Venenlichtungen
durch neugebildetes Gewebe völlig oder nahezu völlig geschlossen.
Es bestand eine Endophlebitis fibrosa obliterans.
Auch in dem die Drüsen umgebenden subkutanen Fettgewebe
herrschte eine ausgedehnte Venensklerose.
R. fasst also als das Wesentliche des Primäraffektes die Bildung
eines chronisch entzündlichen Zellinfiltrats auf, dem sich alsbald
eine Peri-meso-endolymphangitis und Phlebitis anschließt. Eine
Endarteriitis dagegen tritt erst als Folge des lokal lange genug be-
stehenden Processes auf.
R. sieht das Wesentliche seiner interessanten Untersuchungen darin,
dass es ihm durch dieselben möglich gewesen sei, das, was bisher mehr
makroskopisch und klinisch erschlossen wurde, durch exakte mikro-
skopische Feststellung zu erhärten. R. Wagner (Mülheim a. d R.).
784 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
5) A. Kuttner. Die syphilitischen Granulome (Syphilome)
der Nase.
(Archiv für Laryngologie Bd. VIL Hft. 2 u. 3.)
Unter Mittheilung von vier eigenen Beobachtungen schildert
Verf. das durch die syphilitischen Granulationsgeschwülste der Nase
hervorgerufene Krankheitsbild nach seinen lokalen Symptomen und
allgemeinen Begleiterscheinungen. Das hervortretende Symptom ist
die Verlegung der Nasenathmung und abnorme Sekretion der Nasen-
schleimhaut, verbunden mit Schmerzen in Kopf und Gesicht, Arm
und Schulter, Temperatursteigerungen und lähmungsartiger Schwäche
der oberen Extremitäten. Im Innern der Nase finden sich Ge-
schwülste von mannigfacher Größe, der Schleimhaut breit oder
gestielt aufsitzend, einzeln oder mehrfach, mit Vorliebe am vorderen
unteren Theile der Scheidewand, doch auch an den Muscheln und
am Nasenboden. Ihre Oberfläche ist nicht ganz glatt, ihre Farbe
roth bis röthlich-grau; häufig tragen sie Erosionen, selten ulceriren
sie. Das Gewebe der Geschwülste ist meist auffallend morsch und
brüchig, doch besteht im Gegensatz zur gummösen Neubildung keine
Neigung zum Zerfall. Mikroskopisch betrachtet, bestehen die Syphi-
lome fast rein aus Rundzellen, mit eingestreuten Riesenzellen, stellen-
weise regressiven Metamorphosen und Verdickungen der Gefäß-
wandung. Nach alledem bleibt die Differentialdiagnose besonders
gegenüber der Tuberkulose zuweilen schwierig; Verf. schlägt dann
eine Probeinjektion von Tuberkulin oder eine antisyphilitische Probe-
kur vor. Unter antiluetischer Behandlung bilden sich die Syphilome
rasch zurück und erfordern keine lokalen Maßnahmen.
Teichmann (Berlin).
6) Sprecher. Experimenti di medicazione all’ itrol in
affezioni veneree.
(Gazz. med. di Torino 1898. No. 18.)
S. hat in einer großen Zahl venerischer Affektionen Itrol an-
gewandt. Beim Ulcus molle, in Verbindung mit vorheriger Ätzung
desselben, regt es, als Pulver aufgetragen, rasch Granulationsbildung
an. Ohne dieselbe zeigte es sich dem Jodoform weit unterlegen und
vermochte Drüsenvereiterung nicht zu verhüten.
Frische Gonorrhoe konnte durch Itrolspülung nicht verhütet,
subakute chronische nur für die Dauer der Spülungen gebessert,
nicht geheilt werden.
Zerfallene luetische Primäraffekte heilten bei gleichzeitiger speci-
fischer Kur unter Itrolspülungen rascher als bei Jodoformbehandlung.
Vorhandene Schmerzhaftigkeit wurde aber eher gesteigert.
Als unangenehme Eigenschaften erwiesen sich Reizerscheinungen
auf der Haut, besonders in der Nähe der Orificien.
E. Pagenstecher Wiesbaden).
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 7185
7) P.G. Unna. Die beste Form der Quecksilberschmierkur.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 2.)
Unter den verschiedenen Methoden der Schmierkur hat die mit
Seifeneinreibungen bisher weite Verbreitung nicht gefunden. U. aber
findet, dass seine » Quecksilber-Schmalz-Kaliseife« (» Sapo cinereus «)
alle grauen Salben übertrifft. Sie wirkt stärker als die graue Salbe
(4 g Seife ungefähr gleich 6 g Salbe); sie wird mit der nackten oder
behandschuhten Hand zunächst auf den betreffenden Körpertheil
aufgetragen und dann mit der 4—5mal in heißes Wasser ein-
getauchten Hand verrieben; nach 10 bis höchstens 15 Minuten ist
die Haut trocken und nur ganz leicht grau; die Wäsche wird nicht
beschmutzt; der Pat. hat nicht das Gefühl des Fettseins; die Seife
ist schneller wirksam als die Salbe, sie lässt sich im Gegensatz zu
der letzteren auch bei fetter Haut gut einreiben, sie wirkt energischer
und sicherer auf tiefliegende syphilitische Processe (Drüsen- und
Knochenaffektionen), sie kann durch Zusatz von gewöhnlicher Salben-
seife (Sapo unguinosus) abgeschwächt und zu anderen Präparaten
(z. B. Pasta Zinci oder Ungu. Zinci) Behufs Behandlung verschiedener
Hautkrankheiten (Acne, Lichen planus etc.) zugesetzt werden.
Jadassohn (Bern).
8) C. Grouven. Über Nebenwirkungen bei intramuskulären
Injektionen von Hydrargyrum salicylicum.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 3.)
Verf. berichtet ausführlich über die in der Doutrelepont’schen
Klinik in Bonn beobachteten unangenehmen Nebenwirkungen bei
der dort seit langer Zeit in sehr großem Umfang geübten Methode
der Salicyl-Hg-Injektionen (in der Dosis von 0,06—0,1 in 3—Ttägigen
Intervallen). Stomatitiden höheren Grades, Enteritiden, starke In-
filtrate, allgemeines Mattigkeitsgefühl traten nur selten auf und wären
jedenfalls keine Kontraindikationen gegen die Methode. Ein Fall
von Polyneuritis, der schon von Brauer (Berliner klin. Wochen-
schrift 1897 No. 13 u. 14) publieirt worden ist, wird wohl mit Recht
weder dem Hg im Allgemeinen noch dem Hg salicylicum im
Speciellen zugeschrieben. Auch in einem anderen Falle von schwerer
Komplikation der Syphilis (kolossale Hyperidrosis, unbestimmte
Nervenerscheinungen, schwere Prostration) war das Hg nicht mit
Bestimmtheit anzuschuldigen. Besondere Beachtung verdienen die
Bemerkungen des Verf. über die Lungenembolien nach den In-
jektionen. Bei 9000 Einspritzungen ist nur 2mal eine unzweifelhafte
Lungenembolie beobachtet worden, 3mal Anklänge an die Er-
scheinungen ohne charakteristischen Lungenbefund. Das ist ein
auffallend günstiges Resultat. Die Injektionen wurden intramuskulär
und immer nach der Lesser’schen Vorschrift gemacht (nach Ein-
stoßen der Kanüle Nachsehen, ob Blut aus derselben herausströmt).
Entgegen dem Bedenken Hartung’s ist der Verf. der Überzeugung,
dass dadurch Embolien vermieden werden können und hat sich auch
EI
786 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
an Kaninchen überzeugt, dass aus einer in eine Vene eingestochenen
Kanüle Blut ausfließen kann. Luftembolien fürchtet G. (mit Recht!)
nicht. Als geeignetste Stellen für die Injektionen haben sich auch
in Bonn die äußeren Quadranten der Glutäalgegenden erwiesen.
Verf. spricht sich auf Grund der Bonner Erfahrungen für die intra-
muskulären gegen die subkutanen Injektionen aus (geringere Infil-
trate!); alle unangenehmen Nebenwirkungen vermögen bei geeigneter
Vorsicht die großen Vortheile dieser Methode der Hg-Einverleibung
nicht zu verdunkeln. Jadassohn (Bern).
9) Jonnesco. La splenectomie.
(Arch. des sciences med. 1897. No. 5 u. 6.)
Verf. verfügt über 19 Fälle von Milzexstirpationen mit 13 resp.
14 Heilungen. Er nimmt die Operation vor, wenn die interne Be-
handlung der Malariamilz resultatlos ist, und der Schmerz, die Be-
schwerden oder die Kachexie beginnt. Eben so ist die Operation
indieirt bei Echinococcus der Milz. Die Prognose hat sich seit der
Asepsis und besseren Auswahl der operablen Fälle sehr gebessert.
Es ist keine größere Gefahr als bei anderen abdominellen Eingriffen
vorhanden. Die einzigen Kontraindikationen sind ausgedehnte Ver-
wachsungen, hochgradige Kachexie, Ascites, zu hohes Alter und
Leukocytose. Man muss mit Rücksicht auf die Prognose der Opera-
tion und die Schwierigkeit der Technik unterscheiden zwischen ad-
härenter, fixirter, mobiler und ektopirter Milz. Die Operation wird
wesentlich erleichtert durch die Stellung des Operateurs zur Rechten
der Pat., durch den Schnitt in der Linea alba, vollständige Zugängig-
machung der Zwergfellkuppe durch starkes Auseinanderziehen der
Wundränder, Zerreißen der Verwachsungen an den entprechenden
Organen, um Zerrungen oder Zerreißungen der Milz zu vermeiden,
Durchtrennung jedes einzelnen Gefäßes im Stiel zwischen zwei
Ligaturen.
Nach der Splenektomie kann Fieber auftreten in Folge von Malaria
und den nicht seltenen Lungenkomplikationen. Außerdem be-
obachtet man eine vorübergehende Leukocytose, Die Toxicität des
Urins wird vermindert. Bei der günstigen Prognose der Opera-
tion und dem Verschwinden der Kachexie schlägt J. die Exstirpation
selbst bei einem vergrößerten Organ, aber bei drohender Kachexie
vor, weil nach Laveran in der Milz das Malariagift abgelagert ist.
Borchard Posen).
10) Quönu. Angiocholite; traitement chirurgical.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 241.)
Unter Mittheilung eines einschlägigen, erfolgreich operirten
Falles spricht sich Q. für die Anlegung einer Gallenblasenfistel bei
den Fällen von Angiocholitis aus, bei denen die medikamentöse Be-
handlung im Stich gelassen hat. Als charakteristische Zeichen der
Erkrankung führt er an: erst anfallsweise auftretende, kolikartige,
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 787
später andauernde Leibschmerzen, ein mehr oder minder ausgesprochener
Ikterus, Entfärbung der Stühle, Fieber, Vergrößerung der Leber,
schlechtes Allgemeinbefinden, trockene Zunge, Subdelirien.
Handelt es sich um ein Hindernis im Choledochus, das man
nicht beseitigen kann, z. B. um eine Pankreasgeschwulst, so müsse
man eine Fistel zwischen Gallenblase und Magen oder Duodenum
anlegen; sonst sei stets die gewöhnliche Cholecystostomie vorzuziehen.
Freilich giebt es Fälle, in denen eine fast völlige Atrophie der
Gallenblase dies unmöglich mache. In einem solchen Falle sah sich
Q. genöthigt, den Bauch unverrichteter Sache wieder zu schließen.
Gleichwohl besserte sich das Befinden des Pat. und erfolgte Genesung.
Q. glaubt die dunkle Ursache dieses glücklichen Ausgangs darin
sehen zu müssen, dass bei dem Aufsuchen des Ductus choledochus
der dicke Inhalt desselben weggedrückt und dadurch der Gallen-
abfluss frei geworden sei. Reichel (Chemnitz).
f
11) Steinthal. Zur chirurgischen Behandlung der Gallen-
steinkrankheit. (Aus der chirurgischen Abtheilung der
evangelischen Diakonissenanstalt in Stuttgart.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 13.)
S. theilt die Krankengeschichten dreier Fälle von Gallensteinen
mit, die einige Eigenthümlichkeiten hatten.
Es handelte sich stets um einen einzigen Stein. Nach den
Kolikanfällen war niemals ein Stein im Stuhlgang gefunden worden.
Der bei der Operation erhobene Befund ergab einen wesentlichen
graduellen Unterschied. Im 1. Falle war ein großer Stein da, aber
der Inhalt der Gallenblase war nur wenig verändert, es bestanden
nur leichte entzündliche Verwachsungen um die Gallenblase; der
2. Fall hatte eine Eiteransammlung in der Gallenblase und der letzte
Fall zeigte einen Eiterherd vor der Gallenblase, dessen Ursprung
nicht zweifelhaft sein dürfte; der große Stein in diesem Falle ist
nicht auf natürlichem Wege abgegangen, sondern hat auf dem Wege
der »Naturheilung« den Darm gefunden zum Glück für seine
Trägerin; er hinterließ dabei einen Eiterherd, welcher 3 schwere,
jedoch circumscripte Bauchfellentzündungen setzte, bie" er durch die
Operation beseitigt wurde.
Bezüglich einer eventuellen Specialdiagnostik resumirt sich S.
folgendermaßen.
1) Kolikanfälle mit oder ohne Ikterus, wenn nach einem
früheren Anfall Steine abgegangen sind, lassen auf eine Gallenblase
mit vielen Steinen schließen.
2) Kolikanfälle mit oder ohne Ikterus, wenn früher mit Be-
stimmtheit niemals Steine abgegangen sind, lassen auf einen solitären
Stein oder einen großen obturirenden und mehrere kleinere Steine
schließen.
7188 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
3) Kolikanfälle ohne Ikterus, wenn früher mit Sicherheit niemals
Steine abgegangen sind, machen einen Solitärstein in einem Diver-
tikel der Blase wahrscheinlich.
4) Ein Kolikanfall ohne Ikterus und das Abgehen eines großen
Steins spricht für eine abnorme Verbindung zwischen dem Gallen-
system und dem Darm.
5) Besteht außerhalb der Kolikanfälle Temperatursteigerung, so
deutet dies auf eine eitrige Komplikation hin.
Unter allen diesen Indikationen hat eine chirurgische Behand-
lung einzugreifen. B. Wagner (Mülheim a. d. R.).
12) M. Baudouin. La chirurgie de l’hepatique; nouveaux
cas d’hepaticotomie (nouveau procédé de taille biliaire).
(Gaz. méd. de Paris 1898. No. 18.)
Verf. stellt 3 Fälle von Hepatikotomie wegen Steinverschlusses
zusammen von Cabot, Kehr und Elliot. Der letzte wird ein-
gehender besprochen, besonders wegen der dabei verwandten Naht-
technik. Nach Spaltung des Ductus über dem Stein, der zwischen
Daumen und Zeigefinger in situ erhalten ist, werden einige Nähte
durch die Schnittränder geführt und dann erst der Stein entfernt.
So wird vermieden, dass nach Beseitigung des Verschlusses austretende
Galle die Hepaticuswunde überfluthet und die Nahtanlegung erschwert.
Beachtenswerth sei auch die von Elliot benutzte Lage, im um-
gekehrten Sinn der Trendelenburg’schen — d. h. den Kopf-
Brusttheil erhöht etwa im Winkel von 45°.
(Unverständlich ist die Bemerkung des schriftgelehrten Verf.,
der fast die ganze Gaz. med. allein schreibt, dass »les chirurgiens
allemands continuent à confondre« die trans(intra)hepatische Hepati-
kostomie und die subhepatische Hepatikotomie — vgl. Riedel in
Pentzold und Stintzing.) Christel (Mets).
13) J. P. Alexinski. Untersuchung der Frage von der Ent-
stehung der mehrfachen Echinokokken der Bauchhöhle.
(Vorläufige Mittheilungen aus der Klinik Prof. Bobrow’s.)
(Chirurgie 1898. p. 17.)
Auf Grund von fremden und eigenen Beobachtungen, wo Echino-
kokken bloß außerhalb der Bauchhöhle gefunden waren, hatten
Ratimow und Skliffossowski mit Entschiedenheit in Abrede ge-
stellt, dass durch eine Aussäung von Echinococcuskeimen bei einer
Punktion oder Operation die Gefahr einer Vervielfältigung von
Blasen im Bauchfell möglich sei. Andere russische Autoren, wie
Verf. und Bobrow, waren der entgegengesetzten Ansicht. Auf An-
regung des Letzteren hat nun A. unternommen, durch eine sorgfältige
experimentelle Arbeit (unterstützt von Prof. Nikiforow) diese Frage
wieder zu untersuchen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 789
A. giebt eine ausführliche Darstellung der einschlägigen Litte-
ratur und eine genaue Darstellung seiner interessanten Versuche
unter Beifügung einer Anzahl meist mikrophotographischer Abbil-
dungen. Er gelangt dabei zu folgenden Schlüssen, indem er sich
dabei zugleich besonders noch auf die Untersuchung Naunyn’'s
stützt:
1) Die Lehre von der Entwicklung des mehrfachen Echinococcus
der Bauchhöhle durch Ausleerung des Inhalts der Mutterblase muss
als bewiesen angesehen werden.
2) Die Blasen des mehrfachen Echinococcus entwickeln sich nicht
nur aus den verstreuten Tochterblasen, sondern auch aus den
Skolices.
3) Die Lagerung der Blasen des mehrfachen Echinococcus
außerhalb des Bauchfells konnte nicht als Gegenbeweis -gegen die
Aussäungstheorie dienen. Solche Einwände sind auf unrichtige
Auslegung klinischer Beobachtungen zurückzuführen.
4) Die Probepunktion muss als unerlaubt angesehen werden, in
Anbetracht der Gefahr, dass durch die Punktionsöffnung solche Keime
in die Bauchhöhle gerathen können.
5) Bei der Echinokokkotomie muss die Bauchhöhle sorgfältig
vor dem Hineingerathen von Echinococcuskeimen geschützt werden.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
Kleinere Mittheilungen.
Multiples, spontanes Keloid der Zehen.
Von
Dr. S. B. Ranneft,
Privatdocent für Chirurgie an der Beichs-Universität zu Groningen.
Im Mai 1897 konsultirten mich die Eltern eines 1jährigen Mädchens wegen
2 Neubildungen an der Dorsalseite zweier Zehen des linken Fußes. Im 1. Lebens-
monat hatten sie die damals noch gans kleinen Tumoren bemerkt. Allmählich
hatten diese an Größe zugenommen bis zu ihrer augenblicklichen Ausdehnung. Seit
einiger Zeit sind sie angeblich nicht mehr gewachsen. Das Kind ist im Übrigen
ganz gesund. Die Neubildungen machen ihm offenbar nicht die geringsten Be-
schwerden.
An der 3. Zehe des linken Fußes befand sich an der Dorsalseite des 2. Zehen-
gliedes eine quergestellte, 12 mm lange, 9 mm breite, etwa 4 mm das Niveau der
Haut überragende Neubildung; sie war gegen die Umgebung scharf abgegrenzt
und an der Basis etwas eingeschnürt, mit den tiefer liegenden Schichten aber
innig verwachsen. Die Oberfläche war intakt, glatt, glänzend, von blassrosiger
SE: die Konsistenz derb, elastisch. Die bedeckende Epidermis war nicht
faltbar.
An der Dorsalseite des 2. Gliedes der 4. Zehe befand sich ein ähnlicher Tumor,
dessen Maße in derselben Reihenfolge 7 mm, 12 mm und 4 mm betrugen. Er war
im Übrigen dem ersten vollkommen ähnlich.
Die Tumoren waren ganz schmerzlos. Ein Trauma irgend welcher Art wurde
bestimmt verneint.
É e Grund dieses Befundes stellte ich die Diagnose: Multiples, spontanes
eloid.
790 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
Die eigenthämliche eircumsoripte Bindegewebshyperplasie der Haut, von Ali-
bert (1817) zuerst Keloid genannt, ist, wie bekannt, eine sehr seltene, in ihrer
Atiologie noch ganz unaufgeklärte Neubildung, welche sich in dem einen Falle
nach einem bisweilen ganz unbedeutenden Trauma (Narbenkeloid), in dem anderen
Falle ohne jedes wahrnehmbare Trauma (spontanes Keloid) entwickelt.
Nach einer Statistik der Hebra’schen Klinik kommt etwa ein Fall auf
2000 Fälle von Hauterkrankungen. Die multiplen Keloide sind noch seltener als
die solitären. Die spontanen sowohl wie die Narbenkeloide entwickeln sich nach
Angabe der Autoren mit Vorliebe an der vorderen Fläche des Stammes, nament-
lich über dem Sternum, und an der vorderen Fläche der Schultern, sehr viel sel-
tener an den Extremitäten.
Meine Erfahrung in einer 19jährigen, ausgedehnten chirurgischen Praxis be-
weist, dass auch in diesen Gegenden das Keloid zu den größten Seltenheiten ge-
hört. Ich sah bloß einzelne Keloide und, so weit ich mich erinnere, bloß einmal
ein spontanes Keloid über dem Sternum eines etwa 40jährigen Mannes.
Als ich nun auf Veranlassung des oben beschriebenen Falles die Litteratur
durchsuchte, fand ich nur 3 Fälle von spontanen Keloiden der Zehen erwähnt,
nämlich 1 Fall von v. Volkmann, 1 Fall von Nasse (multiple Keloide an den
Fingern und Zehen), und 1 Fall von Thorn (Archiv für klin. Chirurgie Bd. LI
Hft. 3).
In der Arbeit von Prof. Nasse: Chirurgische Krankheiten der unteren Ex-
tremitäten, Deutsche Chirurgie 1897 Lief. 66, werden auch bloß diese 3 Fälle er-
wähnt. Die hiermit bestätigte große Seltenheit dieser Neubildungen rechtfertigt
meines Erachtens diese Bereicherung der Kasuistik. N
Der Fall von Thorn zeigt eine ganz merkwürdige Übereinstimmung mit dem
meinigen. In beiden Fällen sitzen die Neubildungen genau an denselben Stellen,
den Dorsalseiten der Mittelphalangen der 3. und 4. Zehe des linken Fußes. Die
seichte Einschnürung, welche Thorn an der Basis der Neubildung an der 3. Zehe
bemerkte, war auch an den Tumoren meiner Pat. deutlich ausgesprochen.
Außer der Seltenheit der spontanen Keloide an den Zehen veranlasste mich
das Resultat der von mir vorgenommenen Behandlung zur Publikation. »Die
Therapie ist nach dem Ausspruch aller Chirurgen, welche eigene Erfahrungen über
das Keloid besitgen, ziemlich ohnmächtige, sagt v. Winiwarter (Deutsche Chi-
rurgie Lief. 23). s
Die Exstirpation, das Zerstören mittels Atzmitteln oder Thermokauter hilft
nicht, stets folgt nach diesen Eingriffen ein Recidiv von demselben oder noch
größerem Umfang als das primäre Keloid, sowohl bei Narben- wie bei spontanen
Keloiden. Nasse und Thorn sahen sich daher veranlasst, in ihren Fällen die
Zehen zu exartikuliren.
Nasse sagt (l. oi: »Eine Heilung scheint nur durch frühzeitige Amputation
oder Exartikulation der Zehen möglich zu seine. Ravogli (Monatshefte für prak-
tische Dermatologie Bd. XXII No. 12) empfiehlt aber die Elektrolyse, und v. Wi-
niwarter (l. c.) meint, dass es vielleicht möglich wäre, durch die Elektrolyse die
Keloidmasse zum Verschwinden zu bringen, obwohl er selbst keine Erfahrungen
über diese Art der Behandlung hat und auch nicht weiß, ob sie von Anderen an-
gewendet worden ist und mit welchem Resultat.
Weil nun meire kleine Pat. bis jetzt gar keine Beschwerden hatte, und die
Eltern bloß im Nothfalle zu einer verstümmelnden Operation ihre Zustimmung
geben möchten, entschloss ich mich, nachdem eine Behandlung mit Resoreinsalbe
nach v. Nussbaum kein Resultat gegeben hatte, die elektrolytische Behandlung
zu versuchen. In 3 Sitzungen, am 19., 22. und 30. Juni, wurde die mit dem ne-
gativen Pol verbundene Nadel an verschiedenen Stellen an der Basis der Neu-
bildungen durchgestochen, der positive Pol auf das Knie gesetzt und ein Strom
von 3—4 Milliamperes während 2 Minuten durchgeführt. Die behandelten Partien
der Keloide verschorften und fielen ohne Eiterung ab. Am 16. Juli waren die
Neubildungen ganz verschwunden, und die Haut zeigte an ihrer früheren Stelle
eine glatte Narbe.
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 791
Bis jetzt, also nach 12 Monaten, ist von Recidiv gar nichts zu spüren. Ich
glaube also, dass wir in diesem Falle von einer Heilung dieses hartnäckigen Übels
durch die Elektrolyse sprechen dürfen und möchte rathen, in gegebenen Fällen
dieses einfache Mittel zu versuchen, ehe man zur Amputation resp. Exartikulation
greift.
Ravogli rieth Ströme von 10—12 Milliampöres an, was mir viel zu energisch
erscheint. Jedenfalls kommt man, wie aus meinem Falle hervorgeht, mit viel
schwächeren Strömen aus, was bei der immerhin schmerzhaften Methode nicht zu
unterschätzen ist.
14) Socin, Heusler, Suter und Hägler. Jahresbericht über die chirur-
gische Abtheilung und die chirurgische Poliklinik des Spitals zu Basel.
1896.
Basel, Werner-Biehm, 1897.
Aus dem schönen, lehrreichen Jahresbericht heben wir hervor:
Ein Fall von Konglomerattuberkel des Gehirns mit Perforation der Schädel-
decke. Der 26jährige, mit Tuberkulose behaftete Pat. wird am 5. Juni 1895 von
einer Kuh mit dem Horn an die Stirn getroffen. Entstehung einer Geschwulst
daselbst, Incision, zurückbleibende Fistel. Alsbald epileptische Anfälle mit Pro-
dromalsymptomen. 9. Juli 1896 Spaltung der Fistel, Freilegung einer bohnen-
EC Schädellücke, Erweiterung derselben bis zu einer 5frankstückgroßen
finung; unter der Dura erweichte Stirnlappenpartie. Exstirpation einer baum-
nussgroßen Geschwulst. Heilung. Später sollen sich ausgedehnte Lähmungs-
erscheinungen eingestellt haben. — Ein Fall von traumatischer Epilepsie kommt
2mal zur Operation, wobei zuletzt ein bohnengroßes Rindenstück exeidirt wird.
Erst Besserung, dann Rückkehr der Erscheinungen.
Bei einem 14 Jahre alten Pat. wurde der linke Naseneingang vor Jahren an-
geblich durch den Arzt öfters mit Höllenstein geätzt. Das linke Nasenloch ist
vollkommen zugewachsen, der linke Nasenflügel nach innen eingezogen, Nasen-
spitze und linke Oberlippe durch eine derbe Narbe nach der Stelle des linken
Nasenloches gezogen. Durch Plastik erfolgreich behandelt.
Ein Fall von Strumitis abscedens hat sich während eines Bronchialkatarrhs
aus einem vorher bestehenden medianen Kropfknoten entwickelt. Im Eiter der
Fränkel-Weichselbaum’sche Diplococeus. — Von 21 Kröpfen wurden 16 von
9—53 Jahren mit Erfolg operirt, 8mal intraglanduläre Enukleation, 8mal Resektion;
nur 6 Pat. wurden narkotisirt, sonst der Hautschnitt mit Cocainanästhesie gemacht.
Von 3 mit Thyreoidtabletten behandelten Pat. ist nur in einem Falle ein Erfolg
zu verzeichnen.
Ein 33 Jahre alter Pat. erlitt durch Fall auf die linke Seite eine Milzzerreißung
nebst Fraktur der 9. und 10. Rippe. Exstirpation der zwischen oberem und mitt-
lerem Drittel durchtrennten, 3cm klaffenden Milz. Tod in Folge erneuter Blu-
tung aus den durchtrennten Netzpartien. — Ein Fall von tödlich verlaufender
Peritonitis, wahrscheinlich in Folge von Perforation einer 2 cm langen Fisch-
gräte aus einer Dünndarmschlinge. — 9 Fälle von Perityphlitis. 2mal wurde
während des Anfalls operirt, 1 Fall nach Ablauf desselben (Imal Tod an schon
vorher bestehender Peritonitis); 2mal während eines späteren Anfalls, 3mal nach
Ablauf eines späteren. — Von 8 operativ behandelten Magencareinomen (4mal Re-
sektion, 2mal Gastroenterostomie, 2mal Probelaparotomie) ist nur Imal (Resektion)
ein Erfolg vorhanden gewesen; die 7 übrigen endeten sofort oder später tödlich.
— Ein Fall von Carcinom der Gallenblase, bei dem ein 20 cm langes Stück des in
die Neubildung aufgegangenen Colons mitresecirt wurde, wurde durch Operation
geheilt. Starke Verwachsungen mit Magen und Leber erschwerten die Operation.
— 2mal wurde wegen narbiger Pylorusstenose die Gastroenterostomie gemacht.
1 Pat. genas, der andere endete durch in Folge von Diarrhöen entstandener Ina-
nition tödlich. — Ein Fall von totalem Darmverschluss (Ileum) durch eine Birne
endete tödlich, da zur rechten Zeit ein operativer Eingriff nicht vorgenommen
792 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
werden konnte. — Bei den Herniotomien wurde die Radikaloperation entweder
nach Czerny oder nach Kocher, letztere mit der Modifikation gemacht, dass
nach Fixation des Bruchsackstiels in der Öffnung der Vorderwand des Leisten-
kanals der Bruchsack abgetragen wurde.
Der Erfolg der operativen Eingriffe bei Prostatahypertrophie mittels Kastra-
tion oder Resektion der Vasa deferentia war ein höchst zweifelhafter. (Das Ma-
terial war hier allerdings sehr gering. Ref.)
Unter den 13 zur Beobachtung gekommenen Mammacarcinomen befanden sich
5 Recidive, von denen 4 in den letzten 1—4 Jahren in der Baseler Klinik selbst
operirt waren.
In 3 Fällen von Osteomyelitis acuta der unteren Extremität wurde leider nur
in einem Falle ein Bakterienbefund verzeichnet (Staphylococeus aureus). (Nach
dem jetzigen Standpunkt ist der Bakterienbefund von Wichtigkeit. Ref.)
Zur Narkose wurde Äther und Chloroform, in seltenen Fällen Bromäthyl, zur
lokalen Anästhesie Chloräthyl genommen. — Zwei Todesfälle mit Äther, der
eine in Folge von Aspiration von Mageninhalt bei einer Brucheinklemmung. In
Folge dessen wurde in solchen Fällen vor der Operation der Magen ausgehebert.
Der andere Fall betraf ein sehr heruntergekommenes Individuum nach Laparo-
tomie und Blinddarmresektion. Der Tod erfolgte nach einer Operationsdauer von
140 Minuten bei einem Atherverbrauch von 150 ccm.
Wegen der geringen Erfolge der Schilddrüsentabletten (englisches Präparat)
bei Kröpfen wurden häufiger Jodoformölinjektionen gemacht, die weniger eklatant,
doch andauernder wirkten.
27 Fälle von Sehnendurchtrennung mit nachfolgender Naht an 45 Sehnen.
19mal gute Funktion, 5mal mittelmäßige, 3mal kein Erfolg. 3mal wurde gleich-
zeitig der Ulnaris mit Erfolg nach 6—11 Monaten genäht.
Kronacher (München).
15) A. Maffei. Relevé du mouvement des malades pendant l'année
1897. (Hospice des enfants assistes, service de chirurgie infantile
du Dr. Gevaert.)
(Clinique française 1898. No. 4.)
Aus dem Jahresbericht sei Folgendes hervorgehoben:
1) Von 33 an Pott’schem Gibbus leidenden Kindern wurde nur bei 8 das
Redressement forc& versucht. Veraltete Fälle und leichtere — besonders solche
mit kleinem Gibbus in der Lendengegend — wurden von dieser Behandlung aus-
geschlossen.
Das Redressement erfolgte in einer Sitzung stets unter deutlichem Krachen.
6mal wurden die Dornfortsätze resecirt. In den 1. Verband wurde auch der Kopf
mit einbezogen. Es trat kein Unglücksfall während oder kurz nach der Operation
ein. Ein Kind starb 4 Monate später an Meningitis, ein zweites 6 Monate später
an Bronchopneumonie. Bei 2 Kindern ging in Folge von Decubitus, der zur Ab-
nahme des Verbandes nöthigte, der Effekt der Operation verloren.
Bei den 4 übrigen ist der Erfolg bis jetzt ein befriedigender, doch hat —
nach 6 bezw. 4 Monaten — noch keins zu gehen angefangen.
2) Ein 2centimesstückgroßer Lupus der Nase bei einem 4jährigen Knaben
wurde nach 4monatlicher Behandlung mit dem Tuberkulin R. völlig geheilt. Es
wurde alle 3 Tage injieirt, und zwar stieg man von 0,001 mg bis zu 0,125 mg.
Fieber trat nie auf.
3) Zwei große angiomatöse Geschwülste der Regio deltoidea, die wegen ihrer
Größe nicht exstirpirt werden konnten, wurden durch 2—3malige Anwendung der
Elektrolyse in 14 Tagen geheilt.
Die Sitzung dauerte 10 Minuten, Stromstärke 30 Milliamperes. Es wurde nur
der positive Pol benutzt mit Stromwechsel in der letzten Minute.
4) Eine sehr eigenthümliche angiomatöse Geschwulst bei einem Tmonatlichen
Kinde, die die Ohrmuschel in Fetzen zur Nekrose brachte, ist nicht genügend
klar beschrieben.
. Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 793
5) Ein Angiosarkom von Männerfaustgröße am Hals eines 2monatlichen Kindes,
Dasselbe war als kleine Geschwulst schon bei der Geburt vorhanden.
@öppert (Breslau).
16) N. W. Sklifossowsky. Zur Frage von der Dissemination der
Neubildungen.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.)
S. giebt 2 Krankengeschichten: ein Cylinderzellenadenom und ein Endotheliom
der, Nase. In beiden Fällen füllte die Geschwulst alle Nebenhöhlen der Nase
aus, verdrängte ein Auge nach auswärts (im 2. Falle Erblindung) und rief (im
1. Falle) in Folge Zersetzung des abgeschuppten Epithels in den verlegten Neben-
räumen eine Ozaena hervor. S. machte die temporäre Oberkieferresektion, worauf
alle Nebenhöhlen gründlich ausgeschabt wurden. Im 1. Falle musste wegen eines
zurückgebliebenen Restes eine kleinere Nachoperation ausgeführt werden. Heilung.
Verf. erinnert sich eines 3., ähnlichen Falles, der auch so behandelt und geheilt
wurde. Er empfiehlt gründliche Entfernung aller Theile der Geschwulst, da der
kleinste Rest ein Recidiv hervorrufen kann. Wie die Dissemination entsteht, ob
durch abgerissene Geschwulstpartikel, oder auf andere Art, lässt S. unentschieden.
Giickel (B. Karabulak, Saratow).
17) Eichhoff. Die neue Abtheilung tür Hautkrankheiten und Syphilis
in den städtischen Krankenanstalten zu Elberfeld.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 5.)
Ich erwähne diese kurze Beschreibung der Elberfelder Abtheilung hier, weil
ich den Eindruck gewonnen habe, dass dieselbe sehr praktisch eingerichtet ist und
weil, wenn erst erkannt ist, dass alle größeren städtischen Krankenhäuser Special-
abtheilungen für Hautkrankheiten und Syphilis einrichten müssen, die Elberfelder
Erfahrungen mit Vortheil benutzt werden können. Die Station ist für 150 Betten
bestimmt. Über alle Details muss das Original nachgesehen werden.
Jadassohn {Bern)
18) H. Picard. Prostatite glandulaire probable urethrite à gono-
coques tenace.
(Ann. des malad. des org. génito-urin. 1898. No. 4.)
Verf. bekam einen 23jahrigen kräftigen Mann in Behandlung, der schon seit
2 Jahren an Tripper litt. 3mal täglich Ausspülungen der Harnröhre mit hyper-
mangansaurem Kali 0,025 : 1000. Nach 1 Monat noch kein Erfolg. Die Unter-
suchung durch den Mastdarm ergab eine außerordentlich vergrößerte, auf Druck
nirgends schmerzhafte Prostata, aus der sich weder Prostatasaft noch Eiter aus-
drücken ließ. Katheterismus leicht und schmerzlos. Strenge diätetische Behand-
lung; Seeaufenthalt; Fortsetzung der Harnröhrenausspülungen. 3 Monate später
Tripper geheilt; Prostata in gleichem Zustand. Auch 2 Jahre später hatte die
Tripperheilung noch Stand gehalten; die Prostata konnte nicht untersucht werden.
Verf. glaubt, dass es sich in diesem Falle um die seltene Form der Prosta-
titis glandularis (Guyon) handelt. Der Fall ist außerdem dadurch bemerkens-
werth, dass er beweist, dass ausgedehnte Auswaschungen der Harnröhre mit
schwachen Permangatlösungen lange Zeit hindurch gut ertragen werden.
P. Wagner (Leipzig).
19) Mühsam. Beiträge zur Kenntnis der gonorrhoischen Gelenk-
entzündungen.
„Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 5.)
Bericht über 41 Fülle aus dem Moabiter Krankenhaus zu Berlin; bei 30 Pat.
war nur 1 Gelenk erkrankt, bei den übrigen mehrere, 1mal sogar 8. Es heilten
15 mit erhaltener Beweglichkeit; 12 gebessert entlassen, d. h. mit leicht wieder-
kehrendem Erguss; in 7 Fällen trat Ankylose ein; 3mal musste das betreffende
Gelenk resecirt werden; (mal wurde der Oberschenkel amputirt wegen Vereiterung
794 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
des Kniegelenks; endlich ist besonders hervorzuheben einer der höchst seltenen
Todesfälle in Folge von Tripperrheumatismus; bei diesem Kranken waren beide
Handgelenke und ein Fußgelenk ergriffen. Er starb 6 Wochen nach Beginn der
Gonorrhoe unter septischen Erscheinungen. Die Sektion ergab an den ergriffenen
Gelenken einen minimalen Befund. — Nur 4mal gelang Gonokokkennachweis in
den Gelenken. imal fand sich bei der Resektion eines Trippergelenks, das
aller Therapie hartnäckig trotzte, Tuberkulose; entweder ist eine alte, latente
Tuberkulose durch die gonorrhoische Arthritis zum Aufflackern gebracht worden,
oder in dem gonorrhoisch infieirten Gelenk fand der Tuberkelbacillus einen guten
Boden. Absolute Immobilisirung am meisten zu empfehlen, bei Ergüssen Punk-
tion und Auswaschen. Haeckel (Stettin).
20) A. Strauss. Über das Protargol als Antiblennorrhoicum und
Antisepticum.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 3.)
S. hat mit dem von Neisser empfohlenen Protargol bei der akuten Gonorrhoe
sehr günstige Erfahrungen gematht. Injektionen, Instillationen und Spülungen
sind reizlos; bei Urethritis posterior werden die letzteren bevorzugt. Man darf
nicht zu früh aussetzen, sonst können Recidive eintreten. Nur nach wiederholten
negativen Resultaten der Gonokokkenuntersuchungen soll man zu leichten Ad-
stringentien übergehen. Auch manche chronische Formen scheinen gut zu reagiren.
Ferner hat der Verf. das Protargol als Streupulver benutzt und besonders bei
Unterschenkelgeschwüren sehr gute Resultate erzielt. Jadassohn (Bern).
21) F. Krzystelowiez. Janet’s Irrigationen in der Therapie der
Gonorrhoe.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 2.)
Die Veröffentlichungen über »Janet’s Methode« nehmen kein Ende; ob die
Resultate wegen der verschiedenen und gewiss oft mangelhaften Technik so ver-
schieden sind, mag dahingestellt bleiben. Die Erfahrungen, die der Verf. im
Hospital zu Krakau gemacht hat, sind im Allgemeinen günstig; speciell in den
allerersten Tagen hat K. gute Erfolge erzielt; auf der Höhe des akuten Stadiums
sind die Resultate weniger ermuthigend; starke Reizungen können dann eintreten.
Bei Komplikationen, in manchen Fällen auch ohne solche, verschwinden die Gono-
kokken nicht definitiv. Jadassohn ` Bern,
22) Neuhaus. Behandlung des Trippers mit Spülungen.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 3.)
Aus dem Bericht des Verf. ergiebt sich, dass Janet’sche Spülungen bei
wenigen ganz frischen Fällen definitive Heilung in 7—8 Tagen, bei eigentlich
akuten Fällen Heilung in 25% der Fälle in 12—16 Tagen, bei subakuten Fällen
Heilung in 55% der Fälle in 10—45 Tagen erzielt haben; bei chronischen Gonor-
rhoen kein Erfolg. Ichthyolspülungen waren in 3 Fällen sehr vortheilhaft; Sublimat
(0,1—0,25: 1000) wirkte in Spülungen auf postgonorrhoische Entzündungen sehr
günstig (ähnlich auch Pyoktanin); Spülungen mit den Silbersalzen können bei
ganz frischen Urethritiden abortive Erfolge erzielen. Für die eigentliche akute
Gonorrhoe sind Injektionen mit Argentamin und Protargol am empfehlenswerthesten.
Jadassohn (Bern).
23) Bailey. Chancre of the oesophagus, acquired through tobacco.
(Med. news 1898. März 19.)
Verf. beobachtete einen seltenen Sitz des syphilitischen Primäraffekts so wie
einen äußerst eigenartigen Modus der Infektion. 30jähriger Mann klagte über
heftige Schluckbeschwerden. Im Anfangstheil der Speiseröhre fand sich ein hoch-
rothes Geschwür. Geringe Schwellung der Cervicaldrüsen, des weichen Gaumens
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 795
und der Tonsillen. Nach einigen Monaten Sekundärerkrankungen. Als Quelle
der Infektion ergab sich, dass Pat. von einem erkrankten Freund ein Stückchen
Kautabak, welches mit den Zähnen abgebissen war, erhalten hatte.
Strauch (Braunschweig).
24) C. F. Bevan. Extragenital lesions of syphilis.
(Med. record 1898. März 12.)
. B. publieirt 17 Fälle von extragenitaler Syphilisinfektion. Lokalisation: After 1,
Wange 1, Finger 2, Oberlippe 5, Unterlippe 2, harter Gaumen 1, Brust 2, Zunge 2,
Schenkel 1. Der Verlauf war im Allgemeinen günstig und ohne Unterschied von
der gewöhnlichen Infektion. Bemerkenswerth ist nur die Fingerinfektion eines
47jährigen Arztes, welcher einen luetischen Abort behandelt hatte. Trotz Behand-
lung nach 18 Monaten Perforation des harten Gaumens und nach 4 Jahren Tod
an visceraler Syphilis. Der Pat. führte einen durchaus unhygienischen Lebens-
wandel, welcher die Ursache der Bösartigkeit geworden ist. Die Ansicht, als ob
die extragenitalen Infektionen besonders schwer verliefen, wie dies mehrfach be-
hauptet wurde, ist nicht haltbar; auch Ref. behandelte häufiger Fingerinfek-
tionen bei Kollegen, deren Verlauf durchaus günstig war.
Loewenhardt (Breslau).
25) W. Sterling. Zur Kasuistik der Spätsyphilis.
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 3.)
Aus der am Material des israelitischen Krankenhauses zu Warschau auf-
gestellten Statistik ist zunächst hervorzuheben, dass unter den Syphilisfällen die
erstaunlich hohe Anzahl von 45% der Tertiärperiode angehörte (sonst der Durch-
schnitt zwischen 5 und 15%). Verf. ist geneigt, die elenden Lebensverhältnisse
und die geringe physische Widerstandsfähigkeit der Bevölkerungsklasse, aus der
sich das Material rekrutirt, hierfür anzuschuldigen. Noch wichtiger wird wohl
sein, dass die Pat. sich dort eben vorwiegend wegen tertiärer Syphiliserscheinungen
ins Hospital aufnehmen lassen. Unter den Erkrankungen nehmen nach denen der
Haut und Schleimhaut die der Knochen eine ganz hervorragende Stellung ein,
während im Allgemeinen auch nach dem Urtheil Mauriac’'s gerade die Knochen-
syphilis entschieden seltener geworden ist. S. giebt einige sehr interessante
Krankengeschichten von außerordentlich hochgradiger und ausgebreiteter Knochen-
syphilis ausführlich wieder und publieirt ferner noch 2 Fälle von den im Ganzen
recht seltenen Muskelgummata (1) im Pectoralis major und Triceps, 2) in den
Vorderarmmuskeln). Jadassohn (Bern).
26) Pellizzari. Gomme linguali da sifilide ignorata.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 37.)
Ein 60 Jahre alter Mann ohne luetische Anamnese leidet an drei sich teigig
anfühlenden, in der Mitte erweichten Geschwülsten an der Basis (2) und am vor-
deren Theil der Zunge. Die muskatnussgroßen Geschwülste, welche bisher nicht
zu Drüsenschwellungen geführt haben, bestehen seit 2 Monaten. Sie haben das
Epithel verschont und liegen nur submukös. Nach 2 Dosen von Hydrargyrum
salicylicum (0,05 + 0,07 g) haben sie sich zurückgebildet. Die Zahl, der sub-
epitheliale Sitz, die centrale Erweichung, die Konsistenz, das Alter und die Größe
der Knoten so wie der Mangel der Drüsen ließen die Diagnose stellen.
Dreyer (Köln).
27) E. Legrain. Contribution à l’ötude de la syphilis de l’uterus.
(Ann. des malad. des org. genito-urin. 1898. No. 4.)
Während syphilitische Affektionen des Collum uteri häufiger beobachtet werden,
sind solche des Corpus uteri anscheinend sehr selten. Verf. theilt aus der Litte-
ratur 2 Fälle von wirklicher Syphilis des Gebärmutterkörpers mit (Montanier
und Velpeau; Gelli) und berichtet dann eingehend über eine eigene Beobachtung.
Neben einer syphilitischen Psoriasis bestand eine parenchymatöse Metritis syphi-
796 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
litischer Natur, die zu einer gleichmäßigen, harten Vergrößerung des Uteruskörpers
geführt hatte. Täglich subkutane Einspritzungen von 0,02 Kalomelöl, später Proto-
joduratpillen und Jodkalium. Rasches Verschwinden der Psoriasis, Verkleinerung
und Weicherwerden des Uterus, regelmäßige Menstruation etc.
P. Wagner (Leipzig).
28) Martel. Contribution à l'étude du pseudoneoplasmes syphilitiques.
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 3.)
Die Tertiärsyphilis ist ungemein polymorph; sie lässt sich zuweilen nur schwer
diagnostieiren und kann den erfahrensten Fachmann in Verlegenheit bringen; eine
probeweise eingeleitete sogen. gemischte antiluetische Behandlung (Jod und Hg)
ist dann oft von ausschlaggebender Bedeutung. Die beiden vom Verf. mitgetheilten
Beobachtungen illustriren diese Thatsache in prägnanter Weise: In einem Falle
war die Amputation einer unteren Extremität in Frage, und es handelte sich um
die Differentialdiagnose zwischen Krebs und gummöser Syphilis; im 2. Falle hatte
man auf Grund der klinischen Verhältnisse allen Grund, an ein ulcerirtes Sarkom
zu denken. In beiden Fällen bewahrte die versuchsweise eingeleitete antiluetische
Behandlung die Pat. vor der Operation und ihren eventuellen Folgen.
5 Kopp (München).
29) E. Levin. Zur Symptomatologie der Stomatitis mercurialis.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 4.)
Der Verf. berichtet über 2 Fälle merkurieller Stomatitis, welche durch ihre
Lokalisation am weichen resp. harten Gaumen auffielen. Es handelte sich um
typisch belegte Geschwüre bei gleichzeitiger diffuser Schleimhautschwellung.
Diese Lokalisation ist im Allgemeinen wenig beobachtet; sie kommt nach den
Erfahrungen des Ref. nicht übermäßig selten zur Beobachtung, wird aber oft
gerade wegen der außergewöhnlichen Stelle nicht richtig gedeutet (eben so wie die
merkuriellen Pharyngitiden). Jadassohn (Bern).
30) F. Franke. Über die Annähung der Wandermilz. (Nebst Mit-
theilung eines Falles von spastischem Darmverschluss.)
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 580.)
F. hat sich zur Annähung einer Wandermilz (Pat. 40 Jahre, früher malaria-
krank, an sehr lüstigen Leibschmerzen leidend) einer Kombination der Schnitt-
führungen von Rydygier und Bardenheuer bedient. Zuerst Laparotomieschnitt
am äußeren Rectusrand, Bestätigung der Diagnose Wandermilz durch Tastung mit
eingeführter Hand und gleichzeitige Feststellung auch einer linksseitigen Wander-
niere, worauf provisorischer Schluss dieser Wunde. Dann hinterer Lendenschnitt,
doch nicht wie bei Bardenheuer in T'hürflügelform, sondern in einfacher Linie
von der hinteren Axillarlinie an der 12. Rippe beginnend, schräg nach vorn unten
in die vordere Axillarlinie. Dann, wie von Bardenheuer beschrieben, Ablösung
des Bauchfells von der Bauchwand, Incision desselben, Einlegung der Milz durch
diese Wunde in die gemachte Retroperitonealtasche. Verkleinerung der Perito-
nealwunde. 2 Nühte durch den Milzstiel und das Bauchfell, eine durch das Milz-
parenchym am oberen Milzpol und durch das Zwerchfell. Zum Schluss noch mit
Benutzung derselben Lendenwunde Naht der Wanderniere. Die ersten 2 Tage
leichte Ileuserscheinungen, dann gute Genesung, völlige Beseitigung der vorher
bestehenden Beschwerden, Herstellung der Arbeitsfähigkeit. Den erzielten guten
Erfolg verwerthet F., gegenüber der von Stierlin seiner Ansicht nach zu gene-
rell befürworteten Splenektomie, zu einer Empfehlung der Milznaht, insbesondere
nach dem von ihm eingeschlagenen Verfahren. Die erwähnten Ileuserscheinungen
bei seiner Pat. fasst F. als durch reflektorischen spastischen Darmverschluss, wie
ihn Heidenhain beschrieb, entstanden auf und erwähnt kurz noch einen anderen
Fall, wo er solchen, und zwar an der linken Flexur des Colons, beobachtet hat.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 797
31) J. Mihsiloveki. Neun Fälle von Splenektomie wegen Hyper-
trophia lienis, auch genannt »Hypertrophie simple malarienne«.
(Medicinski sbornik 1898. No. 1 u. 2. [Bulgarisch.))
Alle Pat. M.’s haben durch längere Zeit an Malaria gelitten und entschlossen
sich zur Operation wegen Schmerzen und Schwäche. Er operirte 3 Männer (26,
30 und 40 Jahre alt), die Milzen wogen 3100, 1800, 2000 g, und 6 Weiber (21, 26,
30, 34, 36 und 40 Jahre alt), Gewicht der Milzen 3400, 3900, 3700, 2500, 2400 und
2800 g. In allen Fällen Operation und Verlauf der Heilung ohne Komplikationen.
v. Cackovit (Agram).
32) Ballance. On splenectomy for rupture without external wound.
(Practitioner 1898. April.)
B. konnte aus der Litteratur nur 4 mit Erfolg operirte Fälle von subkutaner
ZerreiBung der Milz auffinden. Einen 5. Fall beobachtete Verf. neuerdings.
14jähriger Knabe fiel 10 Fuß hoch von einem Baum auf Steinblöcke. Hef-
tiger Schmerz in der linken Regio hypochondrica. Allmählich tritt hier und in
den abhängigen Bauchpartien Dämpfung auf. Fraktur beider Radien. Operation
am 2. Tage wegen Blutung in den Leib. Es fanden sich große Blutmengen in
der Bauchhöhle. Die Milz zeigte sich stark hyperämisch und durch mehrere
große Risse zertrennt. Hämorrhagien an der Milzflexur des Colons. Fortnahme
der Milz. Heilung. Die Zahl der rothen Blutkörperchen hob sich in dem nächsten
11/; Monat von 3280000 auf 4630000, die der weißen fiel von 22000 auf 12000.
Strauch (Braunschweig).
33) A. Ciechomski. Beitrag zur Kasuistik traumatischer Leber-
abscesse.
(Gaz. lekarska 1898. No. 15 u. 16.)
1) Ein 6jähriges Mädchen war vom 1. Stock herabgefallen und hatte sich eine
beiderseitige Vorderarmfraktur zugezogen, deren eine komplieirt war. Es stellten
sich bedrohliche septische Symptome in Folge Phlegmone des Vorderarms ein.
Ausgiebige Spaltung des infiltrirten Gewebes und Resektion der Bruchenden hatten
zwar eine Besserung der lokalen Symptome, aber kein Sinken des Fiebers zur
Folge. Es entwickelte sich eine rechtsseitige Pleuritis mit serosanguinolentem
Exsudat, welches aber in relativ kurzer Zeit zur Resorption gelangte. Nach I Monat
konstatirte man eine Hervorwölbung unter dem Schwertfortsatz, welche mit jedem
Tage deutlicher wurde. Eine Probepunktion förderte daselbst aus bedeutender
Tiefe eine trübe, röthliche Flüssigkeit, welche zahlreiche Eiterkörperchen, Detritus,
so wie Gallenfarbstoffe enthielt. Es wurde am folgenden Tage laparotomirt und
die Leber mittels eines Bauchschnittes bloßgelegt. Da keine Verwachsungen vor-
handen waren, wurde die am stärksten sich vorwölbende Partie derselben mit
parietalem Peritoneum umsäumt und die Leber incidirt, worauf über 1 Liter einer
ähnlichen Flüssigkeit, wie solche bei der Probepunktion herausbefördert worden
war, herausfloss.. Die Abscesswandungen waren weich und morsch. ‘l'amponade
der Wundhöhle mit Gaze. Leider hat das bereits sehr herabgekommene Kind
den Eingriff bloß 3 Tage überlebt. Verf. deutet den Fall als Vereiterung eines
traumatischen Blutergusses. in die Leber.
2) Ein 2$jähriger Mann erhielt zahlreiche Stiche in Bauch und Kopf. Es
stellte sich galliges Erbrechen ein, und die nach einigen Stunden vorgenommene
Untersuchung ergab im rechten Hypochondrium eine harte, empfindliche Geschwulst.
Dieselbe nahm am folgenden Tage an Ausdehnung und Empfindlichkeit zu. Die
Temperatur war nur sehr mäßig erhöht. In der 3. Woche stellten sich hohes
Fieber, so wie starke Bauchschmerzen ein, und die Geschwulst begann sich vor-
zuwölben. Die Probepunktion ergab eine trübe, röthliche Flüssigkeit. Laparo-
tomie, Fixirung der Leber in der Wunde. in einer Tiefe von Lis em Eröffnung
des Abscesses, aus welchem sich über 1 Liter Flüssigkeit ergoss. Die Abscess-
wandungen uneben, wie ausgefranst, buchtig. Tamponade der Wundhöhle. Trotz
798 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
sehr stürmischen postoperativen Verlaufs in den ersten Wochen ‘vollständige
Heilung. Trzebicky (Krakau'.
34) Bobrow. Neues Verfahren der Echinokokkotomie in der Leber
und in den anderen parenchymatösen Organen der Bauchhöhle.
(Chirurgie 1898. p. 1. [Russisch.))
Ende des Jahres 1895 erlebte B. an einem Falle von Leberechinococcus bei einem
24jährigen Mädchen ziemlich schwere Erscheinungen. Es waren nach Entfernung
des Backes 150,0 6%ige Jodoformglycerinlösung eingespritst und der Sack dann
vernäht worden. Nach 24 Stunden zeigte sich blutiger Harn, der 2 Tage anbielt,
im Urin wurde Jod nachgewiesen, und die auf 38,5 gestiegene Körpertemperatur
hielt sich 2 Monate hindurch auf dieser Höhe. Nachdem sich Anfangs noch
Flüssigkeit angesammelt hatte, trat Heilung ein. Die Kranke fühlt sich gesund
und die Geschwulst ist verschwunden. Unter dem Eindruck dieses Falles ent-
schloss sich aber B., die Eingießung der Jodoformglycerinlösung zu verlassen und
eine indifferente Flüssigkeit, physiologische Kochsalzlösung, in derselben Weise
anzuwenden. So operirte B. in 3 Fällen mit gutem Erfolg. Die Temperatur war
nur in einem Falle für die Dauer von 2 Tagen auf 38,5 gestiegen.
Im 1. Falle handelte es sich um einen Echinococcus im Pankreas. Hier
wurden etwa 350—400 eem Flüssigkeit aus der Höhle entleert, und die Höhle
wurde ohne Füllung vernäht.
Im 2. Falle, der ein Leberechinococcus war, wollte B., da der Erfolg im
1. Falle sehr gut gewesen, ähnlich verfahren. Das Bemerkenswerthe des 2. Falles
war, dass, nachdem die Echinococcusblase aus dem rechten Leberlappen entfernt,
ein anderer Echinococcus, der sicher schon zur Zeit der 1. Operation in der Tiefe
des linken Leberlappens vorhanden gewesen war, schnell zu wachsen anfing und
eine 2. gleiche Operation auch der linken Bauchseite nöthig machte. Auch diese
verlief günstig.
Im 3. Falle lagen 3 Echinococeusblasen vor, 2 hatten Faustgröße, die 3. die
Größe eines Kindskopfes. Die eine Höhle stand mit einem Gallengang in Ver-
bindung. Bei der Kleinheit der Blase wurde von einer Fingießung von Flüssig-
keit abgesehen. Die Temperatur stieg am 2. Tage bis auf 39° und blieb andert-
halb Monat auf dieser Höhe. Die Gallenabsonderung aus der einen Höhle wurde
aber immer geringer, und nach 5 Monaten schloss sich die Fistel ganz.
IV. Bei einem 18jährigen Mädchen nahm der Echinococcus die ganze linke
Seite der Leber ein. Nach Entfernung der Echinococcusstelle wird auch hier die
Lebetreunde mit der Bauchdecke vernäht, von der Eingießung einer Kochsalz-
lösung war Abstand genommen. Die Heilung verlief glatt, nach 14 Tagen stand
die Operirte auf und befindet sich, wie spätere Nachrichten zeigten, wohl und
gesund.
V. Auch im 5. Falle, bei einem 20jährigen Landmann, wo der Inhalt der
Cyste sogar etwas eitriger Beschaffenheit war, unterließ B. die Ausfüllung mit
irgend einer Flüssigkeit und vernähte Alles wieder, nicht ohne einige Sorge um
den späteren Verlauf. Dieser gestaltete sich jedoch auch hier vollständig zufrieden-
stellend. Es trat keine irgend wie Besorgnis erregende Erscheinung auf, und der
Pat. verließ nach 2 Wochen gesund die Klinik.
B. konnte die vielfach vertretene und vor 11% Jahr auch von ihm selbst noch
vertretene Lehre, dass man eine Echinokokkenhöhle in der Leber nach der Operation
nothwendigerweise mit Flüssigkeit ausfüllen müsse, um keinen todten Raum zu
hinterlassen, in den Blut oder Galle austreten könnte, in 5 Fällen nicht bestätigt
finden. Er hat diese Anschauung also als unzutreffend aufgegeben und befür-
wortet als besten Verfahren, die Cyste auszuschälen, die Leberwunde hierauf zu
schließen und die Bauchwunde zu vernähen. Nur muss man bei der Operation
strenge Asepsis einhalten. Die Absonderungen, welche man sonst beobachtete,
kommen „nach seiner Ansicht nur dann vor, wenn man die Blase nicht entfernt,
sondern in die Bauchwunde eingenäht und die Höhle mit Marly austamponirt hat.
Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 799
Bei seinem Verfahren entstehen auch, wie er sich in einem 2. Falle überzeugen
konnte, keine Verwachsungen der Leber mit den Bauchdecken.
E. Brasts (Königsberg i/Pr.).
35) @. J. Wolynzew. Fall von Leberechinococcus mit nachfolgendem
subdiaphragmatischen Abscess.
(Chirurgie 1898. p. 10. [Russisch.])
Die ausführliche Krankengeschichte beschreibt den Verlauf der Heilung einer
großen Leberechinococcusgeschwulst bei einer 29jährigen Pat. Die Operation
(Prof. Diakonow), bei welcher sich 2 Liter Flüssigkeit entleert hatten, wurde
nach Prof. Bobrow’s Vorgehen ausgeführt, die Blase mit einiger Schwierigkeit
ausgelöst und die Leberwunde für sich vernäht. Der Verlauf war durch eine
Eiterung gestört, die nach ca. 2 Monaten eine 2. Operation veranlasste. Es erwies
eich, dass sich ein subdiaphragmatischer Abscess gebildet hatte, und es wurden
ca. 3 Liter Eiter entleert. Die Kranke hat sich erholt und ist arbeitsfähig, nur
besteht noch eine geringe Eiterabsonderung aus einer kleinen Fistel.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
36) H. Delageniöre (Le Mans). Cirrhose du foie et he&patoptose.
Hepatopexie et cholecystostomie. Gu6rison.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 232.)
Die 30jährige Dat. starke Alkoholistin, litt seit 11/2 Jahr an zunehmender all-
gemeiner Schwäche, Appetitlosigkeit, Erbrechen nach Genuss fester Speisen,
Schmerzen in der rechten Seite, Volumenzunahme des Bauches. Man fühlte in
der rechten Seite des Bauches eine große, bis in die rechte Fossa iliaca hinab-
reichende, die Medianlinie um 2 Querfingerbreite überragende Geschwulst, die
nichts Anderes als die stark vergrößerte und herabgesunkene Leber war. D. legte
die Geschwulst durch Laparotomie am Außenrand des rechten M. rectus abdom.
bloß, lagerte die Leber leicht an normale Stelle zurück und fixirte sie hier in
Ausdehnung einer rechtwinkligen Fläche von 7!/, cm Länge und 4 cm Breite
gegen den Rippenbogen; zur Naht bediente er sich starker Katgutfäden, die er
nach der Guyon’schen Methode der Nephropexie anlegte. Dann fügte er die
Cholecystostomie hinzu. In den ersten Tagen entleerte sich aus der Fistel viel
glasige, schleimige, etwas trübe Flüssigkeit, die einen ana&roben, dem Bacterium
coli gleichenden Bacillus enthielt. Erst vom 13. Tage an wurde die Flüssigkeit
gefärbt, bekam Aussehen und Beschaffenheit der Galle; auch nahm ihr Bakterien-
gehalt ab. Nach einer weiteren Woche war die Galle steril; das Drainrohr wurde
fortgelassen; die Fistel schloss sich innerhalb 8 Tagen. Entlassung bei voller
Gesundheit. Im folgenden Jahre wurde der Pat. strenge Milchdiät und täglich
0,01 Kalomel verordnet. Sie blieb gesund, wurde schwanger und machte eine
normale Entbindung und Wochenbett durch. Die Leber behielt die normale Lage.
— Verf. sieht in der Beobachtung einen Beweis für den Heilwerth der Chole-
eystostomie bei beginnender Lebercirrhose, deren Ätiologie ja noch nicht klar sei,
vielleicht auf bakterieller Invasion beruhe. Reichel (Chemnitz).
37) Broca. Dilatation enorme du canal cholödoque.
(Bull. et mem. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 209.)
B. beobachtete bei der Obduktion eines 10jährigen Mädchens eine bis zur Größe
eines Kindskopfes gehende cystenartige Erweiterung des Ductus choledochus, der
selbst noch bei der Autopsie zunächst als Leberechinokokkenceyste imponirt hatte.
Als vermuthliche Ursache der Erweiterung fand sich zwischen Cyste und Duo-
denum eine Knickung des Ganges; verschlossen war er an keiner Stelle.
Reichel (Chemnitz).
38) F. Ward. Gall stones in the common bile duct resembling car-
cinoma of the stomach.
(New York med. record 1598. Januar 22.)
Zwei sehr instruktive Fälle, deren einer ein Carcinom vortäuschte, während
es sich nur um Gallensteine im Ductus choledochus handelte, deren zweiter, ein
800 Centralblatt für Chirurgie. No. 30.
wirkliches Carcinom, mit Gastroenterostomie behandelt wurde, werden von W. zur
Erörterung der feineren Differentialdiagnostik verwerthet. Schmerzen, die bei
Nahrungszuführung sich verstärkten, Stagnation der Nahrungsmittel im Magen,
Erbrechen, Abwesenheit freier Salzsäure fanden sich in beiden Fällen und eben
so eine tastbare Geschwulst; dagegen war bei der Carcinomkranken unter den
nöthigen Kautelen freie Milchsäure nachweisbar. Kachexie und gelbliches Aus-
sehen waren bei beiden Pat. festzustellen. Loewenhardt (Breslau).
39) C. Wegele (Königsborn). Zur Diagnose der durch Cholelithiasis
bedingten Duodenalstenose.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 16.)
In dem mitgetheilten Falle, in dem erst die durch Schede ausgeführte Ope-
ration Aufschluss über die Ursache der bestehenden Stenoseerscheinungen (Er-
brechen, zuweilen von etwas Galle, Magenerweiterung mit motorischer Insufficienz
und bedeutender Herabsetzung der Säftesekretion des Magens; Milchsäurenachweis)
und zunehmenden Kachexie brachte, hatte ein fast kastaniengroßer Gallen-
stein die Gallenblase durchbohrt und ragte in das Duodenum hinein; die ganze
Partie lag dicht in schwieliges Bindegewebe eingebettet, welches von außen das
Duodenum so stark einschnürte, dass dessen Lichtung bis auf Federkieldicke ver-
engt wurde. Fxstirpation der steinhaltigen Gallenblase sammt Resektion des per-
forirten Stücks des Duodenum und des Pylorus ete.; Tod nach 2 Tagen.
Kramer (Glogau).
40) F. Lejars. Cholecystite et angiocholite infectieuses à coli-bacille.
Cholöeystostomie. Guérison.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 217.)
Der 25jährige Pat. litt seit 2 Jahren an sehr heftigen Leibschmerzen, die an-
fallsweise auftraten, wesentlich die Lebergegend betrafen, nicht nach der Schulter
ausstrahlten, von Frostanfällen, Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Ikterus begleitet
waren, seit einigen Monaten sich gehäuft und bis 8 Tage angehalten hatten. Der
Kranke war stark abgemagert, fieberte hoch, war stark ikterisch; die vergrößerte
Leber überdeckte mit einem zungenförmigen Lappen die ausgedehnte Gallenblase.
L. schritt zur Laparotomie. Ein Stein war in den Gallenwegen nicht zu fühlen.
Anlegung einer Gallenblasenfistel. Schon am Abend war die Temperatur zur
Norm abgefallen. In den ersten 48 Stunden war der Gallenausfluss gering, die
Gallensekretion also, da auch die Stühle noch ungefärbt blieben, herabgesetzt. In der
Galle fand sich das Bacterium coli fast in Reinkultur in enormer Menge. Vom
3. Tage ab fortschreitende Besserung. Völlige Genesung. — L. sieht in seiner
Beobachtung einen weiteren Beweis für den großen Werth der Cholecystostomie
bei infektiöser Cholecystitis, auch wenn keine Gallensteine vorhanden sind.
Reichel (Chemnitz).
Notiz.
Herr Dr. C. Ghillini in ‚Bologna macht in einem Schreiben an uns darauf
aufmerksam, dass er — wie spüter Jagarink und dann Doyen — schon im Fe-
bruar 1894 in der medicinisch-chirurgischen Gesellschaft zu Bologna ein von ihm
konstruirtes Instrument zur Vertiefung der Pfanne bei angeborener Hüftgelenks-
verrenkung vorgezeigt und darauf in dem Bulletino scienze mediche Anno LXV,
Serie VII, Vol. VI, p. 195 veröffentlicht habe. Das Instrument, der Fraise oder
dem Vorbohrer der Mechaniker entsprechend, besteht aus einem Stahlstiel, an dessen
Ende sich ein Stahlkeil hefindet, dessen schneidender Theil in schneckenförmigen
Linien besteht, die von der Basis nach der Spitze zu laufen. An der Basis des Keils
befindet sich eine Scheibe, welche die Grenze der Tiefe bildet, his zu der das Instru-
ment einzudringen hat. Die Redaktion.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
„handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
5 Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
Lima, F Küng, L2OR
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
ee
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 31. Sonnabend, den 6. August. 1898.
Inhalt: 1) Nason, Bösartige Geschwülste. — 2) Weber, Wundheilung. — 3) Du-
play und Lamy, Arterienvernarbung. — 4) Asmus, Sideroskop. — 5) Froehlich, Heil-
serum, Immunität und Disposition. — 6) Credé, Lösliches Silber als Heilmittel. —
7) Zabludowski, Massagetherapie. — 8) Gould und Pyle, Anomalien und Absonderlich-
keiten in der Medicin. — 9) Noguès, Orthoform bei Blasenleiden. — 10) Imbert, Harn-
leiterkatheterismus. — 11) Tuffier und Dujarier, Blasenexstirpation. — 12) Nové-Josse-
rand, Hypo:padie. — 13) Demons und Bégouin, Pachyvaginalitis. — 14) Bloch, Hydro-
cele. — 45) Lambret, Clitorisgeschwülste. — 16) Ruggi, Vorfall der weiblichen Ge-
schlechtsorgane. — 17) Guinard, Geschwulst des runden Mutterbandes.
P. Videbech, Ein Fall von inoperativem Angiosarkom durch Elektrolyse geheilt.
(Original- Mittheilung.)
13) Funke, Gefäßvarietäten. — 19) Bartoszewicz, Typhusabscesse. — 20) Hubert,
Antistreptokokkenserum. — 21) Sudeck, Lokalanästhesie. — 22) Kossobudzki, Chelidonium
gegen Krebs, — 23) Fratkin, Blasenruptur. — 24) Poroschin, Verletzungen der Harnwege.
— 25) Delbet, Doppelter Harnleiter. — 26) Fowler, Einpflanzung der Harnleiter in den Mast-
darm. — 27) Albertin, Steinanurie. — 28) Schwartz, Hydronephrose. — 29) Michallow,
Paranephritis. — 30) Twynom, Nephrektomie. — 31) Esprit, Hodensackgeschwulst durch
Guineawurm. — 32) Ponne, Epitheliom des Hodensacks. — 33) Felcki, Hydrocele com-
municans funiculi spermatiei. — 34) Maximow, Phlebolithen des Samenstranges.. —
35) Koenig, Hodentuberkulose. — 36) Vögler, Gebärmuttersarkom. — 37) Schwarz,
Gebärmutterexstirpation. — 38) Fabricius, Peritonitis.
1) E. N. Nason. The influence of locality on the preva-
lence of malignant disease.
(Brit. med. journ. 1898. März 12.)
Die Untersuchungen über die Sterblichkeit an bösartigen Ge-
schwülsten in verschiedenen Distrikten Englands, die Verf. in den
letzten 3 Jahren auf statistischem Wege anstellte, hatten das inter-
essante Ergebnis, dass ein deutliches und starkes Anwachsen der
Sterblichkeit an bösartigen Geschwülsten in jenen Distrikten statt-
fand, in denen langsam fließende oder schlecht gereinigte Wasser-
läufe und aufgeweichter, häufigen Überschwemmungen ausgesetzter
und verunreinigter Boden vorhanden waren. Eine iag Kueb? EA ER
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solche lokalen Einflüsse auf das häufige Vorkomm ENG nr,
würde gegeben durch Annahme von Mikroparasifen As Rtan
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802 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
erreger, deren Wirkung analog wäre der durch die Protozoen bei
den verschiedenen Malariaformen hervorgebrachten. Ausdünstungen
von stagnirendem Wasser oder durchweichtem Boden würden, wie
bei der Malaria, die Infektion vermitteln. Chronisch entzündete
oder durch Trauma, Krankheit, Alter irgend wie alterirte Gewebe
würden günstige Entwicklungsbedingungen für die Infektion dar-
bieten; auch individuelle oder ererbte Disposition und fötale Zell-
reste fänden bei der Hypothese des Verf. ihr Recht.
F. Krumm (Karlsruhe).
2) E. Weber. Die Bedeutung der Leukocyten für die
Wundheilung und Narbenbildung.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.)
W. brachte Thieren (hauptsächlich Kaninchen) Wunden im Unter-
hautzellgewebe bei, führte in dieselben’Ziegler’sche Deckglaskammern
ein und untersuchte den Inhalt nach verschieden langen Zeiträumen
(1—12 Tage). Er fand so, dass Bindegewebswunden hauptsächlich
auf Kosten des präexistirenden Zellgewebes heilen und nicht auf
Kosten der weißen Blutkörperchen, die bloß in den ersten Tagen in
der Wunde gefunden werden und entweder zerfallen und von den
Granulationszellen aufgenommen oder vom Lymphstrom fortgeschleppt
werden. Im 2. Theil der Arbeit will W. den Heilungsprocess bei
Hypo- und Hyperleukocytose untersuchen; doch gelang es ihm nicht,
Hypoleukocytose zu erzielen. Vermehrte Ansammlung der weißen
Blutkörperchen rief er durch Injektion der Pyocyaneustoxine hervor
und fand darauf Verzögerung der Wundheilung: eine 6tägige Wunde
zeigte nur zum Theil die Vorgänge, die in einer 4tägigen normalen
Wunde sich abspielen. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
3) S. Duplay et H. Lamy. Cicatrisation des artères à la
suite de la ligature dans la continuité.
(Arch. génér. de méd. 1897. November.)
Verff. experimentirten an möglichst gleich starken Hunden in
der Weise, dass sie je 2 Versuchsthieren in einem Falle mit einem in-
ficirten, im anderen mit einem aseptischen Faden die Carotis unter-
halb des Kehlkopfs oder die Femoralis am tiefsten Punkte des
Scarpa’schen Dreiecks unterbanden. Die septischen Ligaturen wurden
mit frischen Staphylokokkenkulturen inficirt. Die Schlussfolgerungen,
die Verff. aus ihren Experimenten ziehen, sind folgende:
Bei der aseptischen Ligatur vollzieht sich die Vernarbung unter
ganz anderen Bedingungen als in der vorantiseptischen Zeit. Die
Produktion eines Thrombus und die Ausstoßung des Fadens waren
früher die fundamentalen Phasen der Heilung. Heute proklamiren
wir die Nutzlosigkeit dieses Thrombus und wissen, dass der asepti-
sche Faden nicht ausgestoßen wird.
Wir können daher Abstand nehmen von der Vorschrift, eine
Arterie möglichst weit von abgehenden Seitenästen zu unterbinden.
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 803
Die Heilung der zerrissenen Intima erfolgt bei der aseptischen
Ligatur gewissermaßen per primam intentionem, und nur selten
finden sich im Innern des Arterienrohrs nur unbedeutende Gerin-
nungen, die jedoch ein wesentlich anderes Aussehen haben als der
septische Thrombus. Longard (Aachen).
4) E. Asmus. Das Sideroskop und seine Anwendung. Mit
4 Tafeln und 6 Abbildungen im Text.
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 88 8.
Das von dem Verf. konstruirte Sideroskop und die Erfahrungen,
die er mit demselben gemacht hat, sind bereits in mehreren Publi-
kationen, namentlich in.Gräfe’s und Knapp-Schweigger’s Archiv
mitgetheilt worden. Das vorliegende Buch stellt eine Wiederholung
und Erweiterung dieser Publikationen dar.
Das auf dem Principe der Ablenkung einer Magnetnadel bezw.
astatischen Nadel und der Spiegelskalenablesung beruhende Instru-
ment dient auch zum Nachweis und zur Lokalisation subkutaner
magnetisirbarer Fremdkörper. Mit Hilfe einer Dämpfungsnadel kann
auch die Lage der Fremdkörper genau bestimmt werden. Hier tritt
das Verfahren in Wettstreit mit der Radiographie, und die von dem
Verf. angeführten Fälle geben einige Anhaltspunkte für die event.
Wahl des einzelnen Verfahrens. Mit dem Sideroskop konnte 1mal
die Lage eines Fremdkörpers bestimmt werden, bevor die Röntgen-
photographie fertig gestellt war, und die Durchleuchtung mit dem
Röntgenapparat hatte denselben auf dem fluorescirenden Schirm
nicht erkennen lassen: das Verfahren hat also den Vortheil der
Schnelligkeit und Sicherheit vor dem Röntgenverfahren voraus, wenn
man aus einem Falle einen Schluss ziehen will. In einem anderen
Falle konnte erst durch das Röntgenverfahren gezeigt werden, dass
es sich um mehrere Nadelstücke handelte, die durch das Sideroskop
einzeln nicht nachgewiesen werden konnten, da nur eine schmale
Lücke zwischen ihnen vorhanden war. Die größere Exaktheit
kommt demnach dem radiographischen Verfahren zu.
Dreyer (Köln).
5) J. Froehlich (Brösen). Heilserum, Immunität und Dis-
position.
München, Seitz & Schauer, 1898. 8. 56 S.
F., welcher bereits in mehreren Schriften der Antitoxintherapie
entgegengetreten ist, versucht in dem vorliegenden Schriftchen nicht
nur die von anderen Seiten als günstig angesehenen bisherigen Er-
fahrungen und Statistiken in ungünstigem Sinn umzudeuten, sondern
auch die theoretischen Grundlagen der ganzen Antitoxinlehre zu er-
schüttern. Er geht bei seiner Beweisführung von der giftbindenden
Substanz Ehrlich’s in den Geweben aus und von der auch von
Behring angenommenen Anschauung desselben Forschers, dass diese
giftbindende Substanz nach ihrem Übertritt in das Blut zum Antitoxin
as
804 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
werde, dass mithin giftbindende Substanz und Antitoxin ihrem Wesen
nach identisch seien. Da aber das Vorhandensein der giftbindenden
Substanz in den Geweben die Disposition, der Übertritt derselben in
das Blut aber, der doch bei dem beständigen Austausch zwischen
Geweben und Blut unausgesetzt vorhanden sein müsse, die Immuni-
tät bedinge, so müsse Disposition und Immunität auch stets bei dem-
selben Individuum vereint sein. Auch die Modifikation der Lehre
durch Fischer enthält ähnliche logische Unmöglichkeiten. Daher
gelangt schließlich F. zu dem Schluss, dass 1) eine Identität der
giftbindenden Substanz in den Zellen, des »Dispositionsstoffes< mit
den reaktiv erzeugten Antitoxinen nicht bestehe und dass 2) eine
solche giftbindende Substanz als normaler Zellbestandtheil überhaupt
unmöglich angenommen werden könne.
Vielmehr müsse im normalen Organismus eine beständige Toxin-
und Antitoxinbildung vor sich gehen, welche aber sich vollkommen
das Gleichgewicht halte. Sobald die Toxin- oder Antitoxinbildung
überwiege, so dass das bisherige Gleichgewicht gestört werde, sei die
Krankheit da, in Folge einer Selbstvergiftung. Daher bestehe in diesem
Sinne ein Unterschied von Toxinen und Antitoxinen überhaupt nicht,
die Disposition sei also in gewissem Sinne schon Krankheit, und die
normale Zelle müsse überhaupt als immun gegen bakterielle Schädi-
gungen gelten. Es seien »Verstöße gegen eine normale individuelle
Lebensführung«, welche das Gleichgewicht zwischen Gift- und Gegen-
giftbildung im Organismus stören und damit die Disposition schaffen,
indem »die Erzeugung der Selbstgifte, dieser Produkte des unauf-
hörlichen Verwesungsprocesses in der Zelle steige, während die
prompte Ausscheidung leide«. So kommt es zu einer Überladung der
Zelle mit Zerfallsprodukten und damit zu einer »Lockerung der
molekularen Kohärenz der Zelle, zu einer Beeinträchtigung der
Zelleneinheit«, durch welche allein die Gärungs- und Fäulnisvorgänge
schon im Entstehen beständig ausgeglichen werden können. Der so
immer mehr steigenden Überschwemmung mit Toxinen antwortet nun
der Organismus mit einer Erhöhung des Stoffwechsels, dem Fieber,
durch welches auch die Antitoxinbildung vermehrt wird. Die Anti-
toxine binden die Toxine und machen sie zur Ausscheidung geeignet.
Ob die Toxine oder die Antitoxine schließlich die Oberhand ge-
winnen, entscheidet den Ausgang der Krankheit und hängt einerseits
von dem Grad der Infektion, bezw. der Virulenz der Mikroorganis-
men, andererseits aber von der Widerstandsfähigkeit des Organismus
selbst ab.
In diesem Kampf wird auch den weißen Blutkörperchen eine
Rolle zugewiesen, sie sollen auf den Ort des Kampfes, in die er-
krankten Organe, eilen, dort durch die in ihnen enthaltenen Schutz-
stoffe, die Alexine, die Mikroben schwächen und tödten, schließlich
verdauen und wegschaffen, um die Zerfallsprodukte anderweit aus-
zuscheiden.
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 805
Der gesteigerte Stoffwechsel aber wirkt nun dispositionstilgend
auf die Zellen ein, das erschütterte Gleichgewicht in ihnen wird
wiederhergestellt, und damit die normale Widerstandsfähigkeit der
zurückbleibenden Zellen, so dass die natürliche Immunität wieder
hervortritt.
Nach der Ansicht des Ref. ist nun nicht einzusehen, warum nicht
die Einführung eines Antitoxins von außen unter der Voraussetzung,
dass es auch sicher ein solches ist, dem Organismus in diesem
Kampf zwischen den in ihm selbst entstandenen Toxinen und Anti-
toxinen zu Hilfe kommen kann. Gerade bei F.’s Därstellung sollte
man doch glauben, dass eine solche Einführung von hoher Bedeutung
sein muss, falls die Bildung der Antitoxine hinter dem Bedürfnis
zurückbleibt.
Eben so scheint die Schutzkraft einer Impfung Gesunder mit
Antitoxin durchaus erklärlich, indem die Einverleibung des Anti-
toxins der Bildung reichlicher Toxine zuvorkommt, mithin die Krank-
heit gar nicht erst entstehen kann. Recht muss freilich dem Verf.
wieder darin gegeben werden, dass das Antitoxin selbst schädlich
sein und als Toxin wirken kann. Warum aber das stets der Fall,
oder wenigstens die Einführung des Antitoxins überflüssig sein soll,
dafür bleibt uns der Verf. den Beweis schuldig, und seine theore-
tischen Erwägungen weisen hier eine entschiedene Lücke auf. Auch
gegen die Darstellung der Antitoxine durch Impfung andersartiger
Thiere werden hinreichende Beweise nicht beigebracht.
Die von F. gegen die bisherige Statistik der Heilserumeinspritzun-
gen bei Diphtherie erhobenen Einwendungen entsprechen durchaus
denjenigen anderer Autoren, insbesondere auch Kassowitz’s.
Als Facit des Ganzen aber können wir den Aufruf zum innig-
sten Anschluss an die Natur und ihre Lebensgesetze ansehen, wel-
cher die einzige Art wirklicher Immunität und die allmähliche
Tilgung der inneren Disposition in Aussicht stelle.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
6) Crede. Lösliches metallisches Silber als Heilmittel.
(Klinisch-therapeutische Wochenschrift 1898. No. 14—15.)
C. hat aus seinen vielfachen Versuchen mit Silberpräparaten
folgern zu müssen geglaubt, dass es gelingen müsse, durch Zuführung
von gelöstem metallischen Silber septische Allgemeininfektionen des
Körpers zu bekämpfen. Der Chemie gelang es darauf hin, ein metal-
lisches Silber herzustellen, welches sich fast vollkommen in Wasser
und in eiweißhaltigen Flüssigkeiten löst: Argentum colloidale Credé
von Heyden-Radebeul. Eine Heilung damit gelingt nur, wenn
die septische Infektion nicht zu weit vorgeschritten ist.
Die Anwendung des löslichen Silbers geschieht sehr zweckmäßig
in Form des Unguentum C.’s (Marienapotheke Dresden), das nach
Art der grauen Salbe dargestellt wird und 15% Silber enthält. Die
einmalige Dosis ist für Erwachsene 3,0, Halberwachsene 2,0, Kinder 1,0.
806 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
Eine derartige Menge wird bei der Einreibung in etwa 25 Minuten
von der Haut aufgenommen. Die Einreibung geschieht am besten
am Rücken.
Die Dosis von 3,0 genügt bei akuten leichten bis mittelschweren
Processen. In schwereren Fällen sind 2—3 Einreibungen, in älteren
5—20 nothwendig.
Die Darreichung in Pillen empfiehlt sich, wenn eine Einreibung
unmöglich ist oder sehr lange fortgesetzt werden müsste. Die Pillen
enthalten 0,01 Argent. colloid. mit 0,1 Milchzucker und Glycerin und
Wasser 0,5. Es sind je 2 Stück in den leeren Magen zu nehmen
unter Nachtrinken von 100—200 g abgekochtem Wasser. Zum
chirurgischen Gebrauch werden Pillen mit 0,05 Argent. colloid. an-
gefertigt, die nur 3 mm Durchmesser haben. Dieselben sind für
Wundhöhlen und Fisteln bestimmt. Vielleicht eignen sich dieselben
zum Einlegen in die von eitriger Entzündung befallene Bauchhöhle.
Sehr zweckmäßig erscheinen auch die 0,2 Argent. enthaltenden
Stäbchen. g
Zur subkutanen Injektion wird das Präparat in 0,5 %iger Lösung
bei fungösen und tuberkulösen Processen benutzt.
Will man das Argent. colloid. gelöst durch den Mund geben,
so muss man der Lösung 1—2% Eiweiß zusetzen, da sonst das Silber
durch die Säuren des Magens in einer unlöslichen Form ausgefällt
wird. Von einer 1—4%igen Lösung giebt man 3mal täglich 1 Kaffee-
löffel oder Esslöffel auf leeren Magen. n
Unangenehme Nebenwirkungen, speciell Argyrose, hat C. von
der lange fortgesetzten Silberdarreichung nie gesehen.
Krecke (München).
7) J. Zabludowski. Bemerkungen zur Massagetherapie in
der Chirurgie.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 209, Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
Die von Z. auf dem letzten medicinischen Kongress zu Moskau
vorgetragene Abhandlung stützt sich vornehmlich auf die von ihm
in der Berliner chirurgischen Universitätsklinik gesammelten Er-
fahrungen, welche die Vorzüge der stationären und ambulatorischen
mechanischen Nachbehandlung unfallverletzter Arbeiter im Kranken-
hause vor der Behandlung in speciellen medicomechanischen Anstalten
in überzeugender "Weise darthun und außerdem zeigen, mit wie
einfachen und wenig zeitraubenden Mitteln Z., unter Verzicht auf
kostspielige Apparate und besonders eingerichtete Räumlichkeiten,
ganz außerordentliche Resultate erreicht. Wir heben in letzterer
Hinsicht nur den großen Nutzen methodischer und zielbewusster
Massage bei lange an das Bett gefesselten chirurgischen Kranken zur
Verhütung von hypostatischen Pneumonien, bedrohlichen Erscheinungen
seitens des Herzens, von Thrombose und Decubitus hervor. Erfolge
wurden außerdem erzielt bei Cirkulationsstörungen in der Peripherie
(bei Varicen, venösen Lymphstasen, lokaler Synkope der Arterio-
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 807
sklerotiker) und bei zahlreichen anderen dem Grenzgebiet der inneren
Medien und Chirurgie angehörenden Leiden (narbigen Pylorus-
stenosen, Adhäsionen, Spasmen im Bauch, Residuen perityphlitischer
Exsudate etc., hämorrhoidalen und prostatischen Erkrankungen); Ge-
schwüre wurden, eben so wie große granulirende Brandwunden, durch
Massage der Ränder und Umgebung zur Überhäutung angeregt,
Schlottergelenke und schnellender Finger zur Heilung gebracht.
Dagegen kam bei frischen Distorsionen und bei Knochenbrüchen die
Frühmassage nicht zur Anwendung; die Schädlichkeiten der Dauer-
verbände, welche hierbei zunächst angelegt wurden, ließen sich in
kürzester Zeit durch Massage beseitigen, Steifigkeiten in Gelenken
durch forcirte, in die Massagesitzungen eingeschaltete Bewegungen
lösen etc.
Wir begnügen uns mit diesen wenigen Angaben, um die lehr-
reiche Abhandlung, welche in eindringlichen Worten die Ausübung
der Massage durch die Ärzte empfiehlt und Letzteren hierzu werth-
volle Fingerzeige giebt, zum Studium wärmstens zu empfehlen.
Kramer (Glogau).
8) G. M. Gould and W. L. Pyle. Anomalies and curio-
sities of medicine. With 295 illustrations in the text and
12 half-tone and coloured plates.
London, Bebman Publishing Co., 1897. 968 8.
Das vorliegende Werk der bekannten amerikanischen Autoren,
um das man die Amerikaner beneiden könnte, dürfte in der Litteratur
aller. Zeiten und Völker einzig dastehen. Es enthält, wie der Titel
besagt, eine Zusammenstellung von merkwürdigen Anomalien und
Absonderlichkeiten auf dem Gesammtgebiete der Medicin, bietet aber
viel mehr, als man zunächst erwartet. Die Verf. haben unter Auf-
wendung eines geradezu fabelhaften Fleißes mit Benutzung der
großen Bibliotheken von London, Paris, Washington und Philadelphia
aus der alten und neuen medicinischen Litteratur Alles zusammen-
getragen, was an Abnormitäten beim gesunden und kranken Menschen
beobachtet worden ist, und unter sorgfältiger Angabe der Quelle
verarbeitet. Eine große Anzahl zum Theil farbiger Illustrationen
verleiht dem Werke einen hervorragend demonstrativen Werth. Das
Litteraturverzeichnis am Ende des Buches umfasst allein 847 Num-
mern. Um einen Begriff von der Reichhaltigkeit des Werks zu
geben, wollen wir in Kurzem den Inhalt einiger Kapitel skizziren.
So handeln die ersten Kapitel von Anomalien im Geschlechtsleben,
der Schwangerschaft und Geburt; dann folgen Missgeburten und
Missbildungen, Riesen und Zwerge, Langlebigkeit, Anomalien physio-
logischer Funktionen, chirurgische Anomalien der verschiedensten
Körpertheile, abnorme Hauterkrankungen und Störungen des Nerven-
systems, endlich eine Geschichte der bekanntesten Epidemien. Ein
vorzüglich gearbeitetes Namen- und Sachregister erleichtert das Auf-
808 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
finden der einzelnen Fälle in vortrefflichster Weise. Die Ausstattung
muss als künstlerich schön bezeichnet werden; Holzschnitte, Druck
und Papier stehen auf der Höhe der Leistungsfähigkeit. Hiernach
darf der Preis von 34 S. (34.4) als niedrig bezeichnet werden. Wir
wünschen dem Werke im Interesse aller Ärzte und Studirenden
eine ausgedehnte Verbreitung und glauben, dass eine Übersetzung
ins Deutsche in jeder Beziehung die Arbeit belohnen würde.
Jaff6 (Hamburg).
9) P. Noguès. L’orthoforme, son rôle dans la thérapeutique
des affections douloureuses de la vessie.
(Ann. des malad. des org. gen.-urin. 1898. No. 4.)
Die von verschiedenen Autoren außerordentlich gerühmten
schmerzstillenden Wirkungen des Orthoforms bei Applikation auf
äußere Wunden etc., so wie der Umstand, dass die Erfinder des
Orthoforms, Heinz und Einhorn, dasselbe auch in 2 Fällen von
Blennorrhagie mit gutem Erfolge angewendet haben wollen, veran-
lasste Verf., das Orthoform auch bei schmerzhaften Blasenerkrankungen
zu versuchen. Das Orthoform wurde, in Glycerin suspendirt, mehr-
mals täglich in die Blase eingeträufelt. N. hat im Ganzen 12 Kranke
auf diese Weise behandelt. Die schmerzhaften Blasenaffektionen
waren durch Konkremente, Tuberkulose, Prostatahypertrophie u. A.
hervorgerufen. Einen wesentlichen und namentlich längere Zeit an-
haltenden schmerzstillenden Einfluss des Orthoforms konnte Verf. in
keinem Falle konstatiren; mehrere Kranke vertrugen das Orthoform
überhaupt nicht und bekamen Reizzustände der Blase.
P. Wagner (Leipzig).
10) L. Imbert. Le catheterisme des ureteres par les voies
naturelles.
Paris, J. B. Bailliöre et fils, 1898. 164 S. Mit 14 Fig. im Text.
Verf. giebt zunächst einen geschichtlichen Überblick über die
Entwicklung des Harnleiterkatheterismus, wobei er die Verdienste
von Nitze und Casper voll anerkennt. Nach einer genauen Be-
schreibung des von diesen beiden Autoren angegebenen Instrumen-
tariums hebt er die Vorzüge des von Albarran neuerdings ange-
gebenen Harnleiterkatheters hervor und bespricht den großen
diagnostischen Werth dieser Untersuchungsmethode. Die therapeu-
tische Anwendung des Harnleiterkatheters ist namentlich bei den
durch Strikturen im Harnleiter entstandenen Pyonephrosen und
Hydronephrosen angezeigt, wo man mit dem Instrumente den Sitz
und die Beschaffenheit des Hindernisses bestimmen, event. auch
dasselbe überwinden und so eine Entleerung des Sackes auf natür-
lichem Wege herbeiführen kann. Dass die von Casper empfohlene
Behandlung der Pyelonephritis mittels antiseptischer Einspritzungen
und Auswaschungen durch den Harnleiterkatheter öfters zu dauern-
den Heilungen führen wird, bezweifelt Verf.
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 809
Der diagnostische und therapeutische Werth des Hamleiter-
katheterismus wird durch 60 beigegebene Krankengeschichten belegt,
von denen einige bisher noch nicht veröffentlicht waren. Besonders
bemerkenswerth ist die an erster Stelle mitgetheilte eigene Be-
obachtung einer großen Hydronephrose bei einem 35jährigen Kranken,
die durch wiederholtes Einlegen von Harnleiterkathetern vollkommen
entleert und durch Auswaschungen mit Höllensteinlösungen angeblich
zu dauernder Heilung geführt wurde. P. Wagner (Leipzig).
11) Tuffier et Dujarier. De l’exstirpation totale de la
vessie pour n&oplasmes.
(Revue de chir. 1898. No 4.)
In der kurzen Abhandlung beschreiben die Verff., unter An-
lehnung an die bisher in der Litteratur bekannt gewordenen Fälle
von Exstirpation der Blase, an die hierüber von verschiedenen
Chirurgen angestellten experimentellen Untersuchungen und unter
Mittheilung eines von ihnen selbst mit Erfolg operirten Falles, die
Methode der Operation, wie sie ihnen auf Grund ihrer Studien und
eigenen Erfahrung am zweckmäßigsten erscheint. Die Totalexstirpation
ist nach ihnen angezeigt, wenn es sich um eine weit ausgedehnte,
auf die Blasenwand beschränkte, die Umgebung freilassende bösartige
Neubildung bei einem in gutem Kräftezustand befindlichen Kranken
handelt; auch gewisse seltene Formen von tuberkulöser Erkrankung
der Blase können die Indikation abgeben. Die Operation muss
möglichst rasch und unter thunlichster Schonung des Bauchfells
ausgeführt werden; sie ist schwieriger und gefahrvoller, wenn bereits
eine von der früher angelegten Cystostomie zurückgebliebene Blasen-
fistel besteht, die zu ausgedehnten Verwachsungen der Blase geführt
hat; indess hat der Exstirpation ein Probeschnitt in das Organ vor-
auszugehen, wenn die cystoskopische Untersuchung nicht volle
Klarheit gebracht hatte. Für die Exstirpation empfiehlt sich ein
1-Schnitt der Bauchwand, in den nach Ablösung des Bauchfells, event.
nach Resektion desselben, die Blase, ringsum freigelegt und genügend
mobilisirt, so weit als möglich hervorgezogen wird. Sodann werden
die Harnleiter mit Klemmen gefasst, unterhalb derselben durch-
schnitten, in gleicher Weise der Blasenhals abgetrennt, die Harn-
röhrenschleimhaut mit dem Thermokauter verschorft, alle Gefäße
unterbunden, event. gleichfalls mit dem letzteren behandelt, nach
Entfernung der Blase die Harnleiter katheterisirt und, falls die rasche
Beendigung der Operation nothwendig, zur Bauchwunde heraus-
geleitet; im anderen Falle werden sie bei Frauen in die Scheide —
event. nach Excision der Ovarien — oder, wie bei Männern, am
zweckmäßigsten in die Flexura coli descend. eingepflanzt und hier
mittels Chalot’schem oder Boari’schem!Anastomosenknopf oder nach
der Methode von Krynski durch Nähte fixirt. Die Operationswunde
wird mit Gaze ausgestopft.
iss
810 . Centralblatt für Chirargie. No. 31.
In der geschilderten Weise, nur mit dem Unterschied, dass die
Einpflanzung der Harnleiter in den Mastdarm erfolgte, sind Verf.
in ihrem einen 40jährigen Pat. betreffenden Falle verfahren, nach-
dem sie 14 Tage vorher eine Cystostomie ausgeführt hatten; die
Eröffnung des Bauchfells konnte in dem Falle vermieden werden.
Der Operirte überstand, trotzdem vorübergehend Urin und etwas
Koth in die Wunde gelangte, nach anfänglich ernsten Störungen
den Eingriff, behielt aber eine Fistel an der Stelle der Operations-
wunde, während der Urin durch den Mastdarm entleert wurde.
Tod ca. 7 Monate später, Ursache nicht bekannt.
Kramer (Glogau).
12) G. Nove-Josserand. Sur une nouvelle methode de
restauration urethrale dans l’hypospadias.
(Revue de chir. 1898. No. 4.)
Die vom Verf. bisher allerdings nur in 2 Fällen angewandte
Methode bestand darin, dass von einem unmittelbar vor der Harn-
röhrenöffnung am Hodensack angelegten 2 cm langen Querschnitt
aus die Haut nach vorn bis zur Eichel vom subkutanen Gewebe
abgelöst und der hergestellte weite tunnelförmige Gang mit einem
vom Schenkel entommenen Hautstück (» Greffe autoplastique d’Ollier«)
ausgekleidet wurde. Dies geschah in folgender Weise: Das Stück
(> comprenant une partie du derme et non pas l’&piderme seul «), welches
etwas länger als der damit zu bedeckende Kanal mit dem Rasier-
messer ausgeschnitten wurde, legte Verf. um eine (No. 21) dicke
Bougie, mit der Epidermisseite dieser zugewandt, fixirte es an ihr
an den Enden mit je 1 Ligatur, und schob sodann die Bougie vor-
sichtig in den Gang, auf dessen Wände die wunde Seite der »Greffe«
zu liegen kam, ein, das Instrument an seinem vorderen Ende durch
eine Sutur befestigend, während durch die Harnröhrenmündung ein
Verweilkatheter in die Blase gelegt ward. Am 10. Tage wurde die
Bougie mit größter Vorsicht entfernt, nach weiteren 4—5 Tagen der
mit Epidermis ausgekleidete Gang täglich (No. 19) und durch mehrere
Wochen hindurch sondirt. Das Resultat war, nach anfänglichen,
durch nicht genügend vorsichtigen Katheterismus und Verwendung
zu dünner Instrumente bedingten Misserfolgen, eine ausgezeichnetes.
Bei Anlegung eines weiten Ganges ist eine Retraktion des trans-
plantirten Hautstücks nicht zu befürchten. Verf. empfiehlt desshalb
die einfache Methode, der die Mängel der bekannten übrigen Ver-
fahren nicht anhaften, zur weiteren Prüfung. Kramer (Glogau).
13) Demons etBögouin. De lapachyvaginalite multiloculaire.
(Revue de chir. 1898. No. 2.)
Die Verff. berichten ausführlich über 5 Fälle von chronischer
multilokulärer Pachyvaginalitis des Hodens, in deren einem ein seröser
Erguss bestand (Hydrocele multilocularis), während er in den übrigen
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 811
von blutiger Beschaffenheit (Haematocele multilocularis) war. Die
Pathogenese der Affektion wird auf Grund sorgfältiger Unter-
suchungen der durch Kastration (imal Tuberkulose des Hodens und
Samenstrangs) gewonnenen Präparate, in denen es sich entweder um
vollständig abgeschlossene (1mal intraparietale) oder um mit einander
und mit dem Hauptsack kommunicirende Taschenbildungen handelte,
zu erklären gesucht. Nur in 2 Fällen wurden letztere schon vor
der Operation erkannt; sie hatten sich nach langem Bestehen der
Geschwulst erst in letzter Zeit gebildet, wobei wahrscheinlich leichte
Traumen von Einfluss gewesen waren. Die langsame Entwicklung
der Geschwulst, die zuerst glatt erscheint und erst spät bucklige
Vorwölbungen zeigt, lässt sie, neben den Zeichen von Fluktuation etc.,
leicht von Carcinom oder Sarkom unterscheiden.
Kramer (Glogau).
14) O. Bloch (Kopenhagen). Quelques remarques sur le
traitement radical de la tunique vaginale du testicule.
(Revue de chir. 1898. No. 2.)
B. hat nach folgender Methode 44 Fälle von Hydrocele testis
operirt: Nach einem langen Schnitt, der die Tunica vaginalis nebst
Hoden vollständig freilegt und umzustülpen ermöglicht, entfernt B.
etwaige Wucherungen an der Innenseite der ersteren, reibt letztere
mit in 3%ige Karbollösung getauchter Gaze energisch bis in die
engsten Taschen hinein ab und stopft die Höhle der Tunica vaginalis
mit Jodoformgaze aus, die nach 3—4 Tagen entfernt wird. Zeigt
sich dann die Höhle vollständig trocken, so wird sie durch 3 bis
5 Katgutnähte der Haut geschlossen. Unter 1891, bis 5 Jahre nach
der Operation untersuchten Fällen war nur in einem ein Recidiv
aufgetreten, das einen 64jährigen Mann mit sehr großer Hydrocele
betraf. Kramer (Glogau).
15) Lambret. Les tumeurs bénignes du clitoris.
(Revue de chir. 1898. No. 5.)
Ein in Folet’s Klinik zur Beobachtung gelangter Fall von
Dermoidcyste der Clitoris hat den Verf. veranlasst, die in der Litteratur
mitgetheilten Fälle von gutartigen Geschwülsten der Clitoris zu
sammeln und, so weit dies, da es sich zumeist um sehr alte, größten-
theils mikroskopisch nicht untersuchte handelte, möglich war, ein
Bild dieser seltenen Geschwülste zu entwerfen. Bei dem geringeren
Interesse derselben für den Chirurgen begnügen wir uns nur zu
erwähnen, dass L. zunächst die cystischen Geschwülste — Cysten
mit blutigem Inhalt, Dermoidcysten und Retentionscysten (Atherom) —,
von denen er außer dem selbst beobachteten nur 5 Fälle auf-
finden konnte — und sodann die soliden Geschwülste bespricht; bei
diesen unterscheidet er zwischen den als pathologische Kuriositäten
dastehenden Geschwülsten mit knöcherner oder knorpliger Struktur
und den fibrösen Hypertrophien der Clitoris, welche nicht ganz selten
812 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
bei syphilitischen Frauen beobachtet wurden. In Bezug auf Einzel-
heiten sei auf das Original verwiesen. Kramer (Glogau).
16) G. Ruggi (Modena). Eine Methode der Radikalbehand-
lung des Vorfalls der weiblichen Genitalorgane.
(Polielinico 1898. Januar 15.)
Von der Ansicht ausgehend, dass keine der bisherigen Opera-
tionsmethoden den ätiologischen und pathologisch-anatomischen
Verhältnissen der vorgefallenen Genitalorgane völlig entspreche, hat
Verf. ein neues Verfahren ersonnen, das seinen Angriffspunkt vor-
zugsweise im Parametrium so wie in den Peritonealtaschen des vor-
deren und hinteren Douglas sucht. Die Operation wird folgender-
maßen ausgeführt: Vorbereitung wie zur vaginalen Totalexstirpation,
Curettement, Desinfektion. Cirkuläre Umschneidung der Cervix;
durch daraufgesetzte vertikale Schnitte wird ein rechtwinkliger
Lappen auf der vorderen Scheidenwand (nach Bedürfnis auch auf
der hinteren) gebildet; nach außen von diesem entstehen durch kleine
Querschnitte 2 Seitenlappen. Von diesen Incisionen aus wird das
parametrane Gewebe eröffnet; die Schleimhautlappen werden abgelöst,
und Blase wie Mastdarm von der Gebärmutter lospräparirt. Schließlich
wird das Bauchfell vorn und hinten eröffnet und möglichst hoch
nach oben von Blase resp. Mastdarm abgelöst. Nunmehr wird der
Uterus durch die enstandene Öffnung vorgewälzt und die vordere
Fläche desselben mit einem eigens konstruirten Schabeinstrument
bearbeitet, derart, dass nahezu sein ganzer Bauchfellüberzug entfernt,
nur der den Fundus uteri bedeckende Theil desselben zurückgelassen
wird. An diesen Rest des Bauchfells wird der die Blase überziehende
Bauchfelllappen mit 4—6 Katgutnähten angeheftet. Genau das
Gleiche geschieht auf der Hinterfläche des Uterus, indem der den
Mastdarm bedeckende Bauchfelllappen an den Fundus uteri angenäht
wird. Nachdem auf diese Weise das Bauchfell verkürzt ist, wird
die Cervix amputirt und die Scheidenwunde in der Art verschlossen,
dass zuerst der mittlere Lappen fixirt und angefrischt und darüber
die beiden Seitenlappen vereinigt, resp. mit der Schleimhaut des
Halses vernäht werden. Schließlich wird der Uterus in die Höhe
gedrängt und die Scheide tamponirt. Auf diese Weise sollen die
Umschlagsfalten des Bauchfells höher nach oben verlegt werden.
Heilung nach 14 Tagen. H. Bartsch (Heidelberg).
17) N. Guinard. Tumeurs extra-abdominales du ligament
rond.
(Revue de chir. 1898, Hft. 1—3.)
Nachdem vor Kurzem (s. Ref. in diesem Centralbl. 1896 p. 1245)
Delbet und Heresco die Fibromyome des abdominalen Abschnitts
des runden Mutterbandes eingehend abgehandelt hatten, bietet G.
jetzt eine sorgfältige Studie über die zwischen äußerem Leistenring
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 813
und dem Labium majus sich entwickelnden Geschwülste des Ligament.
rotund., die intraparietalen (intra- und extrakanalikulären) von der Be-
sprechung ausschließend. Es liegen ihr, außer den in der Litteratur
beschriebenen 16 Fällen, 2 neue Beobachtungen, die eine von G.
selbst und eine andere von Berger-Mouchet, zu Grunde, die
sämmtlich genau mitgetheilt werden. Diese extraabdominalen Ge-
schwülste sitzen am häufigsten an der äußeren Öffnung des Leisten-
kanals, seltener im oberen Theil des Labium majus oder in dessen
mittleren und unteren Abschnitten, haben verschiedene Gestalt und
Größe, meist die eines Eies, zuweilen den Umfang eines Kinds-
kopfes, und waren nur in G.’s Falle multipel. Sie haben stets einen
meist vom Lig. selbst ausgehenden bindegewebigen Stiel und eine
zarte Kapsel, in der sie sich verschieben lassen. Meist handelt es
sich um Fibrome oder Fibromyzome, zuweilen auch um Lipome,
Sarkome, Myxome; auch ein wahrscheinlich von abgesprengten
Theilen des Wolff’schen Körpers aus entstandenes Carcinom ist
beobachtet worden. Die Geschwülste betrafen stets Frauen nach
dem 20. Lebensjahre, etwas häufiger die rechte als die linke Seite;
auf ihre Entwicklung scheint die Schwangerschaft nicht ganz ohne
Einfluss gewesen zu sein. G. bespricht eingehend die Symptome
und Diagnose der bisher meist erst durch die Operation richtig
erkannten Geschwülste, die leicht mit Hernien verwechselt werden
können.
Recidive sind bisher nach der Exstirpation, bei welcher sich
empfiehlt, das Ligament. rotund. an der Leistenkanalwand durch einige
Nähte zu fixiren, nicht beobachtet worden. Kramer (Glogau).
Kleinere Mittheilungen.
(Aus dem kgl. Friedrichs-Hospital. Abtheilung D, Oberchirurg Herr Docent
Dr. med. Wanscher.)
Ein Fall von inoperativem Angiosarkom durch Elektrolyse
geheilt.
Mitgetheilt von
Paul Videbech,
Assistenzarzt am St. Johannes-Ilospital in Kopenhagen.
Man findet in der Litteratur kaum ein Beispiel, dass man mit der Elektrolyse
eine sicher diagnostieirte bösartige Geschwulst geheilt hat, welche nicht eben so
gut mit dem Messer entfernt werden konnte. Folgender Fall vom Frederiks-
Hospital, Abtheilung D, dürfte desshalb von besonderem Interesse sein, als ein
Beispiel, dass auch die Theile einer malignen Geschwulst, welche nicht direkt von
der kaustischen Wirkung destruirt werden, zum Nekrotisiren gebracht und durch
Elektrolyse ausgestoßen werden können.
Anna Kristine H., 16 Jahre, wurde am 9. September 1894 ins Hospital auf-
genommen mit einem Tumor in der Regio nuchae. Die Geschwulst, welche bei
der Aufnahme die Größe eines Kinderkopfes hatte, hatte sie erst vor 2 Monaten
bemerkt. Sie war schnell zu ihrer damaligen Größe gewachsen, war nicht empfind-
814 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
lich und verursachte keine spontanen Schmerzen. Aufwärts reichte die Geschwulst
bis an die Haargrenze. Die Haut darüber war natürlich und die Geschwulst,
welche etwas gelappt und im Ganzen einem Lipom in Konsistenz ähnlich war, war
verschiebbar von Seite zu Seite, weniger von oben nach unten, und schien swischen
den Nackenmuskeln infiltrirt zu sein. Sie wurde für ein arboreseirendes Lipom
angesehen.
13. September 1894. Exstirpation in Äthernarkose. Die Geschwulst lag unter
Mm. splenius und eucullaris, welche durchschnitten werden mussten. Sie ließ sich
nur schwierig von der Umgebung losschälen und nur mit Morcellement einiger-
maßen entfernen. Es kam dabei zu einer heftigen, besonders parenchymatösen
Blutung, welche eine andauernde Kompression und die Anbringung vieler Péan-
Pincetten erforderte, um weiter dringen zu können. Als man schließlich sich bis
zur Wirbelsäule und den Processus transversi vorgearbeitet hatte, fand man, dass
die Geschwulst sich zwischen diesen hinein fortsetzte und stand von ihrer Weiter-
verfolgung ab. Die Wunde wurde mit Chlorzink geätzt und mit steriler Gase
tamponirt. Darüber steriler Verband und Schienen von der Schulter bis zum Kopf,
um über ihnen genügend fest einwickeln zu können, ohne die großen Gefäße und
Trachea zu komprimiren.
Nach der recht blutigen Operation war die Pat. kollabirt, hatte filiformen
Puls und war kalt und oyanotisch trotz vollständig freier Respiration, schien im
Ganzen in beunruhigendem Grad anämisch zu sein. Eine Wassereingießung in
das Rectum bei elevirter Beckenlage belebte sie etwas. Da aber der Zustand
weiter beunruhigend erschien, infundirte man steriles 6%/wiges Salzwasser in die
V. mediana, worauf Pat. sich dauernd erholte. Der Wundverlauf war normal, und
die Anämie verlor sich schnell.
Die exstirpirte Geschwulst war nach der mikroskopischen Untersuchung ein
Angiosarkom.
Als der Verband am 5. Tage nach der Operation gewechselt wurde, und dabei
eine recht reichliche Blutung eintrat, tamponirte man mit Jodoformgaze und be-
gann sofort am folgenden Tage unter Assistenz von Dr. med. Joh. Kaarsberg
die Reste der Geschwulst mit Elektrolyse anzugreifen. 4 Nadeln (angebracht so-
wohl am positiven wie am negativen Pol) wurden mehrere Male auf mehrere Stellen,
so tief wie man es wagen durfte, ohne Art. vertebralis oder andere große Gefäße
zu verletzen, eingestochen. Die angewandte Stromstärke betrug 500 Milliamperes.
Danach begannen sich nekrotische Massen auszuscheiden, und nachdem eigroße
Klumpen sich abgestoßen hatten, reinigte sich die Wunde.
Pat. befand sich wohl und war vom 6.—10. Tage außer Bett.
Den 13. Oktober fingen die Granulationen aber an, ein verdächtiges Aussehen
anzunehmen, und ein Stück, das entfernt wurde, ergab sich mikroskopisch als
Recidiv des Sarkoms. Desshalb wurde am 14., 15., 16. und 17. Oktober die Elek-
trolyse wiederholt — ohne Narkose. Sie verursachte keine Schmerzen. Der an-
gewendete Strom war mehrere Hundert Milliamperes stark, und die chemische
Wirkung um die Nadel herum lebhaft. Während der Sitzung empfand Pat. einen
eigenartigen Geschmack.
Nach Ausstoßung einiger nekrotischer Massen granulirte die Wunde wieder
frisch und zog sich zusammen. Am 1. November konnte Pat. als geheilt entlassen
werden, und bis zum April 1898, also über 3 Jahre nach der Operation, ist kein
Recidiv eingetreten. Pat. erfreut sich einer ausgezeichneten Gesundheit und be-
sitzt ein blühendes Aussehen.
Eine kritische Beurtheilung der bisher referirten Krankenfälle ähnlicher Art
ergiebt, dass der vorstehende als der 1. Fall einer bösartigen Geschwulst anzu-
sehen ist, bei der die Diagnose durch mikroskopische Untersuchung gesichert war,
die Exstirpation auf gewöhnliche Weise sich als unmöglich zeigte, die Elektrolyse
aber zu dauernder Heilung führte.
Dagegen findet man viele Beispiele, dass nicht inoperative bösartige Ge-
schwülste durch elektrolytische Behandlung zerstört worden sind.
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 815
So lange es nicht bewiesen ist, dass diese Methode mehr als jede andere gegen
Recidiv sichert, haben diese Fälle kein besonderes Interesse, außer allenfalls
dahin, dass sie die klinischen Beweise dafür gegeben haben, dass bösartiges Ge-
schwulstgewebe leichter als gesundes Gewebe durch Elektrolyse zerstört wird: eine
Beobachtung, welche durch Versuche unter mikroskopischer Kontrolle (N eph tel 1)
sichergestellt ist. Andererseits giebt es nicht wenige Beispiele dafür, dass die
Elektrolyse sich wirksam gegenüber Geschwülsten gezeigt hat, die zwar inoperabel
waren, deren Malignität aber nicht genügend bewiesen ist. So hat Nephtel in
Virchow’s Archiv 1869 einen Fall mitgetheilt, welcher historisches Interesse hat
als der 1. Versuch einer Anwendung der Methode bei einem Tumor, welcher für
malign und inoperabel angesehen wurde. Sein Pat. hatte ein Carcinom in der
linken Mamma mit Drüsengeschwulst in der Achsel und am Halse gehabt. Ma-
rion Sims exstirpirte die Mamma und die Achseldrüsen (über das Schicksal der
Halsdrüsen wird nichts erwähnt). Ein Jahr nach der Operation entwickelte sich
ein Recidiv in der Achselhöhle, wesshalb eine 2. Operation vorgenommen wurde.
Kurze Zeit darauf entwickelte sich eine schnell wachsende »scirrhöse« Geschwulst
in der rechten Mamma, die man bei dem herabgekommenen Zustand des Pat. nicht
exstirpiren durfte.
Diese — apfelsinegroße — Geschwulst schwand nun bei Elektrolyse, und Pat.
war 3 Jahre später ohne Recidiv, starb jedoch bald danach an einer »inter-
kurrenten« Krankheit (keine Sektion). Diese Geschwulst kann eigentlich nicht als
inoperabel angesehen werden, da sie entweder als ein primärer Krebs (ohne Meta-
stasen) oder als einzigste Metastase der ursprünglichen Geschwulst auf der linken
Seite aufgefasst werden muss. »Inoperabel« war sie nur auf Grund der Schwäche
des Pat. Dass, wie in Nephtel’s 2. Mittheilung (in Virchow's Archiv 1873
Bd. LVII) zu lesen, 3 Jahre nach der Operation an Stelle des Tumors reichliches
Fettgewebe und verschiebbare Haut gefunden wurde, spricht bestimmt dagegen;
denn als Regel ruft die Elektrolyse maligner Geschwülste eine sehr starke Binde-
gewebsbildung hervor.
Nicht einer von Nephtel's anderen Versuchen ist für den Werth der Elektro-
lyse bei inoperablen malignen Geschwülsten — anderen Methoden gegenüber —
beweisend.
Das größte Interesse knüpfte sich an einen Fall von Recidiv einer bösartigen
Handrückengeschwulst, wo die Amputation vorgeschlagen war, die Elektrolyse
aber zu dauernder Heilung führte.
Esmarch hat im Archiv für klin. Chirurgie 1878 folgenden Fall veröffent-
licht, den er als »eklatantes Resultat« der Elektrolyse bezeichnet: Ein 36jähriger
Mann hatte ein Cystosarcoma femoris von der Größe zweier Fäuste, das sich im
Laufe eines Jahres entwickelt hatte. Die Natur desselben war durch wiederholte
Untersuchungen mit Hilfe von Punktur festgestellt worden. An eine Entfernung
mit dem Messer war nicht zu denken, da die Geschwulst tief zwischen die Muskeln
und großen Gefäße in der Regio inguinalis vordrang und wahrscheinlich vom Pe-
riost im obersten Dritttheil des Femur ihren Ausgang nahm.
Die Umfangszunahme des Oberschenkels betrug 11 cm. Mitte Februar 1874
begann die Behandlung mit Elektrolyse, die 6 Wochen lang täglich auf Esmarch’s
Klinik in Form von Elektropunktur, dann ein Jahr lang zu Hause in der Form
von konstantem Strom durch Plattenelektroden angewandt wurde.
Die Geschwulst schwand dabei langsam; nach Verlauf eines Jahres ließ sich
nur noch eine geringe Härte in der Tiefe unter den Muskeln nachweisen.
Dieser Verlauf ist so merkwürdig, dass ein Zweifel an der Korrektheit der
Diagnose um so mehr als berechtigt angesehen werden muss, als es überhaupt
kaum möglich ist, die Natur einer Geschwulst durch Untersuchung des Gewebes,
welches man durch die Punktur bekommen kann, sicherzustellen.
Esmarch fügt übrigens selbst hinzu, dass er sonst niemals Resultate von der
Elektrolyse bei bösartigen Geschwülsten gesehen habe.
1 Virchow’s Archiv 1881. Bd. LXXXVI. Hfi. 8.
816 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
Zu demselben Resultat sind die meisten anderen Autoren gekommen und
rathen entweder — wie Billroth? und Winiwarter® — von der Anwendung
der Methode ab, oder haben höchstens eine Verkleinerung des Tumors und eine
Besserung des Allgemeinbefindens erzielt, was man wohl mit einer gewissen Wahr-
scheinlichkeit dem Umstand zuschreiben kann, dass die Pat. merken, dass etwas
mit ihnen geschieht, eben so wie die Elektrotherapie für die meisten eine kräftige
Suggestion ist.
V. Brunei, der übrigens die Elektrolyse, namentlich bei Behandlung von
Strictura urethrae und Struma, anempfiehlt, ist nicht zufrieden mit seinen eigenen
Versuchen bei malignen Tumoren und hat beim Studium der verschiedenen Ver-
fasser auch bei diesen keine zufriedenstellenden Fälle gefunden.
Althaus5, der eifrige Vorkämpfer der Elektrolyse, hat nur ein sehr zweifel-
haftes Resultat bei einem Mammacareinom erzielt; dasselbe kann man von späteren
Verfassern (Parson®, Newman’, White®) sagen. Dagegen hat Kaarsberg®
einen Fall beschrieben, wo die Elektrolyse aller Wahrscheinlichkeit nach die de-
finitive Heilung eines Mammacareinoms bewirkt hat. Es handelte sich um eine
63jährige Frau, bei welcher ein melanotisches Carcinoma mammae durch die ge-
wöhnliche Operation entfernt war, und wo sich danach Metastasen in den Achsel-
drüsen zeigten. Da diese nicht gans mit dem Messer entfernt werden konnten,
weil die Infiltration sich bis über die Clavicula erstreckte, wurde Elektrolyse an-
gewendet, indem sowohl die Anode wie die Kathode in das Geschwulstgewebe
eingeführt wurden und ein Strom von 280 Milliamperes, dann ein solcher von
540 Milliamperes je 5 Minuten durchgeleitet wurde.
In der Infiltration der Wunde wie in [der Achselhöhle wurde an einzelnen
Stellen melanotischer Krebs gefunden; da das eigentliche Infiltrat, das durch die
Elektrolyse entfernt wurde, nicht mikroskopisch untersucht wurde, ist Kaars-
berg so vorsichtig, die Heilung nur als eine »höchst wahrscheinliche« Folge der
Elektrolyse zu betrachten, indem er meint, die Möglichkeit nicht ausschließen zu
können, dass das Infiltrat unter der Clavicula nicht maligner Natur gewesen sei.
Der Grund zu den guten Resultaten, welche in Wanscher’s und — mit dem
gegebenen Vorbehalt — in Kaarsberg’s Fällen erreicht sind, muss gewiss darin
gesucht werden, dass die Elektrolyse auf eine Weise angewendet worden ist,
welche ich nur bei Kaarsberg gefunden habe, und die wahrscheinlich bisher im
Ausland nicht angewendet worden ist.
Nephtel, Althaus, Bruns, Esmarch u. A. haben nur Elektropunktur
des Tumors, ohne denselben bloß zu legen, angewendet, und durchschnittlich sind
— wo man eine Angabe findet — schwache Ströme zur Anwendung gekommen.
Diese haben den Vortheil, keine Schmerzen zu verursachen und machen also
keine Narkose nothwendig; auf der anderen Seite aber muss die Behandlung sehr
lange fortgesetzt werden.
Für inoperable maligne Neoplasmen eignet dieses sachgemäße Vorgehen sich
desshalb in der Regel nicht. Hier wird eine schnelle und radikale Destruktion
des Geschwulstgewebes das Richtigste sein.
Nephtel suchte dieses damit zu erreichen, dass er 4—5 Nadeln vom posi-
tiven Pol horizontal unter die Basis des Tumors und eben so viele Nadeln vom
negativen Pol vertikal in den Tumor einführte.
Conditio sine qua non für einen guten Ausfall ist für Nephtel — wie für
Esmarch — die Nachbehandlung mit einem konstanten Strom, welcher durch
2 Wiener med. Wochenschrift 1875. p. 225 u. 245.
3 Archiv für klin. Chirurgie 1875.
4 Die Galvanochirurgie, Tübingen 1870.
5 Berliner klin. Wochenschrift 1875.
ê Brit. med. journ. 1890. p. 860.
1 Electricity in carcinoma 1891.
8 Brit. med. journ. 1896. Oktober 24.
? Ueber Galvanokirurgi, Hosp. tid 1894.
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 817
eine Kathodennadel wirkt, die an der Mündung der Stichkanäle oder durch die
Plattenelektrode angebracht ist.
Parson wendet recht starke alternirende Ströme an. Er sucht das Gewebe
durch Stoß zu destruiren und wechselt den Strom mit einem Stromwender so
schnell wie möglich, so dass die Wirkung um die Pole berum nur gering bleibt.
Kaarsberg verwendet die, wie es scheint, einzig rationelle Methode: 1) nur
die Elektrolyse zu gebrauchen, nicht als einen Ersatz des Messers, wie von
Nephtel vorgeschlagen, sondern als eine Hilfe da, wo das Messer zur Seite ge-
legt werden muss. 2) Stärkere Ströme anzuwenden, welche eine schnelle und
gründliche Destruktion des kranken Gewebes möglich machen. Desshalb muss
die Geschwulst bloßgelegt werden, so dass man sehen kann, wo man arbeitet und
Verletzung wichtiger Organe vermeidet und so, dass man reichlichen Abfluss für
` die nekrotisirten Gewebselemente hat.
Über die Gefährlichkeit der starken Ströme haben verschiedene Meinungen
geherrscht; die neuesten Erfahrungen sprechen aber dafür, dass die Furcht vor
gefährlichen Folgen starker Ströme ziemlich unbegründet ist. Erfahrungen von
der Abtheilung D des Friedrichs-Hospitals sprechen für dasselbe.
Die starken Ströme sind aber in der Regel sehr schmerzhaft, und die Operation
erfordert schon aus diesem Grunde die Narkose.
Es folgt aus diesen verschiedenen Forderungen, welche man an die Ausführung
einer wirksamen Elektrolyse stellen muss, dass der Eingriff immer ernstlich ist,
desto ernster, je schwieriger es ist, Einblick in das Operationsfeld zu bekommen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass die Elektrolyse — mit den oben an-
gegebenen eingeschränkten Indikationen — vorzugsweise angewendet werden wird
in Regionen, die die Nadeln leicht erreichen können, ohne wichtige Gefäße und
Nerven zu verletzen; denn die Gefahren der starken Ströme liegen nicht — wie
früher angenommen — im Shock des Centralnervensystems, sondern in den ziem-
lich unberechenbaren lokalen Wirkungen.
Die Elektrolyse hat ja theils eine chemische Wirkung, die man am besten
mit der Wirkung von starken Säuren oder Basen vergleichen kann (was eine Dis-
kussion darüber, ob sie antiseptisch ist oder nicht, ziemlich überflüssig zu machen
scheint), theils hat sie eine mechanische oder, wie Erb es nennt, kataphorische
Wirkung, welche sich darin zeigt, dass die Gewebsflüssigkeit sich von positiven
zu negativen Polen bewegt, desto mehr, je stärker der Strom ist, während die
festen kleineren Theile in entgegengesetzter Richtung bewegt werden.
Kuttner (Galvanolyse, Eulenburg’s Realencyklopädie) spricht nur von
einem »Transport von Gewebselementen« vom positiven nach dem negativen Pol,
womit auch fernere Gewebstheile am negativen Pol destruirt werden können. Be-
dingung für diese kataphorische Wirkung ist eine gewisse Porosität, welche man
durch Sprengung der Gewebselemente durch die entwickelten Luftblasen erreicht.
Als ein drittes und wichtiges Moment ist sicher der Umstand zu berücksich-
tigen, dass Gewebsflüssigkeit den Zellen entzogen und an beiden Polen so in ihrer
chemischen Zusammensetzung verändert wird, dass sie zur Ernährung der Zellen
untauglich bleibt. Dieser Process macht sich um so stärker geltend, je mehr die
Vitalität der Zellen im Voraus durch die chemische und mechanische Wirkung
geschwächt ist.
Neben der Nekrotisirung des kranken Gewebes ruft die Elektrolyse zugleich
eine kräftige Reaktion des umgebenden gesunden Gewebes hervor, die zu leb-
hafter Narbenbildung führt, welche wohl sicher zur endlichen Destruktion des
Geschwulstgewebes wesentlich beiträgt. Interessant ist in dieser Hinsicht der
Sektionsbefund bei Kaarsberg’s 1. Pat. mit Cancer mammae. »Das Gewebe in
der Achselhöhle bestand aus festem, weißlichen Gewebe, welches makroskopisch
wie ein Seirrhus aussah, aber bei zahlreichen mikroskopischen Schnitten sich
als Bindegewebe ergab; nur ganz im Innern, in der Umgebung der Nerven, sah
man eine Anhäufung von Krebszellen.«
Diese verschiedenen Wirkungen der Elektrolyse sind — wie schon Nephtel
gesehen hat — am stärksten ausgesprochen, wenn man sowohl den positiven als
den negativen Pol beim Einstich verwendet.
818 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
Diese Methode ist von Kaarsberg und Wanscher benutzt und hat nicht
nur die klinische Erfahrung für sich, sondern auch — wie sich aus dem Vorher-
gehenden ergiebt — seine theoretische Begründung.
18) E. Funke. Chirurgisch wichtige Varietäten der Gefäße.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
F. beschreibt eine Reihe bisher schon bekannter Gefäßanomalien, welche be-
sonders wichtig für operative Eingriffe sind. Außer den bekannteren, z. B. der
Art. obturatoria, ischiadica ete., werden auch weniger häufigere aus der Litteratur
aufgezählt und einige neue eigene Beobachtungen hinzugefügt, von denen ich nur
den besonders oft variirenden Verlauf des Truncus thyreo-cervicalis am Hals her-
vorbeben will. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
19) 8. Bartoszewicz. Ein Fall von Abdominaltyphus mit ungewöhn-
lich zahlreichen Abscessen.
(Medycyna 1898. No. 4.)
Bei einem 32jährigen Pat. haben sich im Laufe eines relativ mäßig schweren
Abdominaltyphus und in der Rekonvalescenz 19 Abscesse des Unterhautzellgewebes
etablirt. Interessant ist der Umstand, dass in dem ersten Typhusbacillen präva-
lirten und nur hier und da Staphylokokken gefunden wurden. In jedem weiteren
Abscess änderte sich das relative Verhältnis beider Arten von Mikroorganismen
derart zu Ungunsten der Typhusbacillen, dass der 19. Abscess fast eine Rein-
kultur von Staphylokokken ohne jede Beimischung von Typhusbacillen darstellte.
Trzebicky (Krakau).
20) Hubert. Traitement des septic&mies puerpcrales par le sérum
antistreptococcique. Quatre cas de guérison.
(Bull. de l’acad. royale de med. de Belgique 1898. No. 2.)
Fall 1, Frau von 23 Jahren, wird 2 Tage nach der Geburt von puerperaler
Septhämie befallen; Auswaschungen des Uterus sind ohne Erfolg. Am 3. Tage
nach der Geburt werden 100 g Serum antistr. polyvalent von Denys, unter die
Haut des Vorderarms, Oberarms und Schenkels vertheilt, auf einmal injieirt.
Lokal keine Reaktion. Innerhalb 4 Tagen ging darauf die Temperatur von 40,4°
auf 37,4°, der Puls von 124 auf 90 zurück. Heilung. In den der Injektion folgen-
den Tagen traten heftige Delirien mit Gesichts- und Gehörshallueinationen auf.
Die Fälle 2—4 sind von Dr. Pouillon beobachtet. In Fall 2, Septhämie
nach Abortus, wurden 200 g Serum polyvalent eingespritzt, worauf das Fieber in
2 Tagen schwand. In Fall 3 spritzte man am 3. Tage nach dem Auftreten der
Infektionserscheinungen 100 g Serum monovalent, am 4. 100 g Serum bivalent,
am 7. 100g Serum polyvalent ein. Heilung. — Im 4. Falle, Septhämie nach
Abortus, trat nach 1 Injektion von 100 g Serum polyvalent Heilung in wenigen
Tagen ein. — Unter Serum monovalent ist solches zu verstehen, welches dem
Versuchsthier, z. B. dem Pferd, entnommen wird, nachdem dasselbe mit einer
Streptokokkenart geimpft ist. Hat man demselben Thier gleichzeitig 2 Strepto-
kokkenarten eingeimpft, so ist sein Serum gegen diese beiden Arten wirksam; es
ist bivalent. Das Serum polyvalent wirkt gegen 3, 4 und mehr, bis zu 15, Strepto-
kokkenarten, wenn solche, jede für sich reinkultivirt. dem Thier eingeimpft wor-
den ist. E. Fischer (Straßburg i/E.).
21) Sudeck. Über Lokalanästhesie. (Aus der chirurgischen Ab-
theilung des alten allgemeinen Krankenhauses in Hamburg.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 8.)
Auf der betreffenden Abtheilung wurden unter Anwendung des Schleich-
schen Verfahrens 3 brandige Darmstücke resecirt und fast 30 Fälle eingeklemmter
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Brüche überhaupt operirt, in der Regel ohne zu lebhafte Schmerzäußerungen
der Pat.
Die Methode leistete mehr bei eingeklemmten Brüchen als bei mobilen und
bei Frauen mehr als bei Männern. Das Zerren am Bauchfell bedingt indess stets
Schmerzen, eben so die Isolirung des Samenstrangs.
Bei größeren Bauchoperationen ist die Narkose entschieden vorzuziehen. Bei
zahlreichen kleineren Operationen, abgesehen von entzündlichen Affektionen, sind
mit Schleich durchaus gute Resultate zu erzielen.
Bei Panaritien ist die Oberst’sche Methode der von Schleich vorzuziehen.
E. Wagner (Mülheim a. d. R.).
22) 8. Kossobudzki. Ein mit Chelidonium majus behandelter Fall
von Lippenkrebs.
(Medycyna 1898. No. 4.)
Ein mit operablem Lippenkrebs behafteter Mann erhielt Chelidonium majus in
großen Dosen innerlich. Das Krebsgeschwür wurde mit demselben bestrichen und
die Neubildung selbst mit parenchymatösen Einspritzungen maltraitirt. Außer
heftigen Schmerzen und einer interkurrenten Phlegmone des Gesichts gar kein
Erfolg. Trzebicky (Krakau).
23) B. A. Fratkin. Rupturen der weiblichen Harnblase Ein Fall
von Harnblasenruptur bei einer Schwangeren.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.)
Die 36jährige Pat., 6 Monate schwanger, stürzte von einem Schemel, auf dem
sie stand, und gegen dessen Fuß mit ihren Genitalien. Sofort starke Schmerzen.
Während der letzten 5 Schwangerschaften hatte sie jedes Mal ein Hämatom der
linken großen Schamlippe, dasselbe findet sich auch jetzt. Oben im vorderen
Scheidengewölbe trifft man eine rundliche Anschwellung; Uterus sehr hoch hinauf-
gerückt. Collaps.. Durch den eingeführten Katheter floss kein Urin, nur etwas
Blut ab; beim Drücken auf die Geschwulst im Fornix entleerte sich viel blut-
haltiger Urin. Laparotomie. Blase intakt, zwischen derselben und dem Uterus
eine orangegroße Geschwulst. Im Peritonealraum kein Blut. Bauchwunde ge-
schlossen; Schnitt im vorderen Scheidengewölbe quer, worauf der Finger in eine
mit Urin und Blut gefüllte Höhle gelangt, — extraperitonealer Harnblasenriss.
Tamponade. Über den weiteren Verlauf wird bloß bis zum 6. Tage berichtet; bis
dahin fühlte sich Pat. wohl. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
24) M. N. Poroschin. Über intraperitoneale Verletzungen der Harn-
wege bei Laparotomien.
(Wratsch 1897. No. 19. [Russisch.))
1) Beim Entfernen einer intraligamentären Cyste wurde in Prof. Slawjansky’s
Klinik zufällig der rechte Harnleiter durchschnitten. Das Unglück wurde sofort
am tropfenweise abfließenden Urin bemerkt; da die Wände des Harmleiters dick
genug waren, wurden die Enden durch 4 dünne Seidennähte vereinigt, die nur
Serosa und Muscularis fassten; dann schlug man ein Stück Peritoneum um den
Harnleiter und befestigte es mit einigen Fäden. Vor dieser Cyste wurde noch
eine gestielte Ovavialeyste abgebunden und entfernt. Operationsdauer 2 Stunden.
Bis zum 5. Tage häufig Harndrängen; Urinmenge 100—300 eem, geringe Beimengung
von rothen Blutkörperchen. Am 12. Tage Urin normal; nach 5 Wochen Pat. ent-
lassen. — Die Verletzung kommt selten vor: auf 500 Bauchschnitte bei Slawjansky
imal. In der russischen Litteratur fand P. noch 2 Fälle: Ott: die Harnleiter
wurden beim Entfernen eines Eitersackes in die Ligaturen gefasst; eine neue
Laparotomie und Entfernen der Fäden konnte die Kranke nicht retten. Warneck
entfernte mit einer Eierstocksgeschwulst ein 9 cm langes Stück; die betreffende
Niere erwies sich atrophisch und gab keinen Harn; doch wurde das centrale Ende
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in die Bauchwunde genäht und drainirt; als nach 2 Tagen kein Harn ausfloss,
wurde das Drainrohr entfernt, worauf der Harnleiter obliterirte. A
Im 2. Falle wurde beim Durchtrennen der Verwachsungen eines subserösen
Uterusfibroms die Blase angerissen; da die Blutung sehr stark war, entfernte man
die Geschwulst rasch mit einem Stück Blase. Naht der Mucosa fortlaufend nach
Multanowsky, dann Knopfnähte auf Serosa-Muscularis; oben wurde die Blase
mit Bauchfell bedeckt. Verweilkatheter für 4 Tage. Heilung.
@tickel (B. Karabulak, Saratow).
25) P. Delbet. Un cas d'urèthre double avec quelques considérations
pathogéniques et cliniques.
‘Ann. des malad. des org. génito-urin. 1898. No. 3.)
Bei einem 20jährigen Mann, der den Verf. wegen eines linksseitigen Leisten-
bruches und Varicocele konsultirte, fand sich eine Doppelbildung der männlichen
Harnröhre. 6mm oberhalb der normalen Harnröhrenöffnung befindet sich eine
zweite mit derselben Schleimhaut ausgekleidete Mündung, in die eine feinste
Bougie 14cm weit bis unterhalb der Symphyse eindringt. Urin und Sperma
kommen niemals durch diese Öffnung. Auch durch Injektion von Farbflüssig-
keiten ist eine Komunikation zwischen normaler und anormaler Harnröhre nicht
nachzuweisen. Einen operativen Eingriff hält Verf. in diesem Falle nicht für an-
gezeigt. P. Wagner (Leipzig).
26) oO R. Fowler (New York). Implantation of the ureters into the
rectum in exstrophy of the bladder, with a description of a new
method of operation.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. März.)
In einem Falle, der einen 6jährigen Jungen betraf, verfuhr F. folgendermaßen:
Nach Eröffnung des, Bauches in Trendelenburg’scher Lage wurden die
Harnleiter von der Blase abgelöst und schräg abgeschnitten. In die vordere
Wand des Mastdarms wurde durch Serosa und Musecularis ein 7 cm langer Schnitt
geführt. Aus der Schleimhaut wird ein zungenförmiger Lappen mit oberer Basis
ausgeschnitten, nach oben umgeklappt und in dieser Lage mit einigen Katgut-
nähten befestigt, so dass an dieser Stelle außen und innen Mastdarmschleimhaut
sich findet. Die Harnleiter werden darauf in den Einschnitt der Mastdarmwand
derart eingefügt, dass ihre abgeschrägten Querschnitte auf das nach außen ge-
richtete Stück Schleimhaut zu liegen kommen. Ihre Befestigung geschieht mit
Katgut. Darauf werden sie sammt dem Schleimhautlappen in die Mastdarmhöhle
eingestülpt und die Darmwand sorgfältig darüber vernäht.
F. rühmt dieser Methode folgende Vortheile nach:
1) Es ist eine permanent wirkende Klappe hergestellt, bei der Schleimhaut die
Harnleitermündung deckt. Die Klappe tritt besonders in Thätigkeit, wenn der
Mastdarm mit Urin oder Kothmassen gefüllt ist.
2) Dadurch, dass die Harnleiter in der Submucosa eine Strecke weit verlaufen,
komprimirt die Cirkularmuskulatur des Darms dieselben und sichert den Ver-
schluss gegen die Nieren während der Defükation.
Ob diese Methode der von Maydl u. A. angegebenen Art der Harnleiter-
einpflanzung überlegen ist, müssen noch weitere Erfahrungen lehren.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
27) Albertin. Anurie calculeuse et rein unique.
(Ann. des malad. des org. g&nito-urin. 1898. No. 4.)
Verf. theilt folgende interessante Beobachtung mit: Der 63jährige Kranke
leidet seit 22 Jahren an Nierensteinkoliken. Nach einer starken linksseitigen
Nierensteinkolik plötzliche vollkommene Anurie. Am 6. Tage wird der Kranke
ins Hospital aufgenommen; urämischer Kopfschmerz; linksseitige Nierenschwellung;
in der Blase kein Tropfen Urin. Am 7. Tage nach Eintritt der Anurie: links-
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seitige Nephrotomie. Incision der Niere bis ins Nierenbecken, Abfluss von etwas
stinkendem, mit Blut gemischtem Urin. Ein Stein kann nicht gefunden werden.
Die Untersuchung war bei dem sehr fetten Kranken außerordentlich erschwert, da
die Exploration in einer Tiefe von ca. 12 cm stattfinden musste. Drainage, Offen-
lassen der Wunde. Abgang von Urin auf natürlichem Wege und durch die Wunde.
Urämische Delirien. Tod 2 Tage nach der Operation. Sektion: Linke Niere stark
vergrößert; Erweiterung der Nierenkelche und des Beckens. In dem mit eitrigem
Urin angefüllten Nierenbecken sitzt ein verästeltes, bis weit in den Harnleiter
hineinreichendes Konkrement von 5cm Länge und 3 cm Breite. Rechte Niere bis
auf Mandelgröße atrophirt, bestand nur noch aus einer bindegewebigen Hülle, die
3 haselnussgroße Steine umhüllte. Der dazu gehörige Harnleiter war stark ver-
dünnt und kaum für eine feine Sonde durchgängig.
Verf. steht auf dem Standpunkt von Legueu, dass die kalkulöse Anurie
stets mechanischen und nicht reflektorischen Ursprungs ist. Bei dem Kranken
des Verf. war die rechte Niere jedenfalls schon lange atrophirt und vollkommen
funktionsunfähig. Die Nephrolithiasis hatte hier zu einer aseptischen Atrophie
geführt. In der linken Niere war die Steinerkrankung mit einer infektiösen
Pyelonephritis komplieirt und hatte zu einer beträchtlichen Vergrößerung des
Organs geführt. Die erst am 7. Tage der Anurie ausgeführte Nephrotomie kam
zu spät; der Kranke erlag der urämische Intoxikation. Bei der kalkulösen Anurie
soll die Nephrotomie so bald als möglich vorgenommen werden, jedenfalls aber,
so wie die Diagnose feststeht. P. Wagner (Leipzig).
28) Schwartz. Malade atteint d’hydron&phrose.
(Bull. et mem. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 429.)
S. heilte einen Pat. von seiner enormen Hydronephrose mittels des von Al-
barran angegebenen Verfahrens der Entleerung des Sackes durch Katheterismus
des Ureters und folgende Ausspülungen mit Höllensteinlösung.
Beichel (Breslau).
29) P. P. Michailow. Eitrige Paranephritis mit Durchbruch nach
dem Zwölffingerdarm. (Aus dem Kinderkrankenhaus der h. Olga.)
(Kinderheilkunde 1897. p. 348. [Russisch.))
Ein 7jähriger Knabe trat ins Krankenhaus mit der Diagnose eines seit
3 Wochen bestehenden subdiaphragmatischen Abscesses. Die Erscheinungen hatten
mit unbestimmten Leibschmerzen begonnen. Auf Druck ist namentlich die rechte
Bauchhälfte schmerzhaft, die Haut ist teigig geschwollen. In der Lin. mammillar.
geht die Dämpfung von der 4. Rippe bis unter den Rippenrand, in der Axillar-
linie reicht sie bis an die 9. Rippe. Morgentemperatur 37,5, Abends 38,5. Unter
Chloroformnarkose eröffnete ein Schnitt von der Spina ant. sup. aufwärts einen
Abscess mit kothähnlich riechendem Eiter. Der Kranke wurde trotzdem immer
schwächer und schwächer, starb, und bei der Sektion zeigte sich, dass die rechte
sonst gesunde Niere von liter umspült war, und die Eiterhöhle mit dem Zwölf-
fingerdarm kommunieirte, E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
30) G. E. Twynom. Nephrectomy and its relation to pregnancy.
(Brit. med. journ. 1598. Februar 12.)
Von 3 Pat., bei denen T. wegen lävulöser Pyelitis oder Pyonephrose die Ne-
phrektomie ausgeführt hatte, wurde eine Pat. nach 7, die zweite nach 14 Monaten
schwanger. Im 1. Falle musste wegen drohender Entstehung eines Bauchbruches
die Geburt durch Anlegung der Zange rasch zu Ende geführt werden, die 2. Pat.
machte eine normale Schwangerschaft durch, die nur mit häufigerem Erbrechen,
wie sonst, einherging. Auch eine 2. Schwangerschaft verlief bei dieser Pat. normal.
In einem 3. Falle wurde die Nephrektomie im 3. Monat der Schwangerschaft aus-
geführt. Da ein Abort danach nicht eintrat, sonstige Erfahrungen über den Ver-
lauf der Schwangerschaft in solchen Fällen nicht bekannt waren, wurde der Abort
künstlich eingeleitet. Pat. überstand dann einen leichten urämischen Anfall und genas.
822 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
„T. bemerkt noch, dass in keinem Fall Vermehrung des Fruchtwassers oder
Ödeme ;bemerkt wurden, dass die Kinder gesund waren und von der Mutter ge-
nährt wurden. F. Krumm (Karlsruhe).
31) Esprit. Tumeur du scrotum déterminée par des embryons de
ver de Guinée.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1898. Mai.)
Ein Spahi, der sich jahrelang am Senegal aufgehalten hatte, zeigte im Zell-
gewebe des Hodensacks eine Geschwulst, welche sich innerhalb einiger Wochen
entwickelt hatte und eine. knotige und lappige Gestalt besaß. Einschnitte ent-
leerten nur eine dünne, wässrig-blutige Flüssigkeit; danach verkleinerte sich die
Geschwulst, ohne jedoch ganz zu verschwinden. Man schritt daher zur Aus-
schälung des Ganzen und bestand die Geschwulst aus einem maschigen, fibrösen
Gewebe, in welchem sich zahlreiche weiße Körperchen von der Größe eines Steck-
nadelkopfes bis zu der eines Getreidekorns eingebettet vorfanden. Alle diese
Körperchen konnten mit dem Mikroskop als die Embryonen von Filaria medi-
nensis erkannt werden, welche sich in verschiedenen Entwicklungsstadien befanden
und an einem Ende theils eine Geißel trugen, theils aber auch nicht, theilweise
auch schon deutliche Gliederung zeigten und meist spiralig oder korkzieherartig
susammengedreht, theilweise aber auch regellos in Klumpen geballt waren.
4 Jahre vorher hatte der Mann eine ähnliche Geschwulst an derselben Stelle
gehabt, und waren etwa 6 Wochen nach seiner scheinbaren Heilung damals
2 Medinawürmer, der eine am Unterschenkel, der andere aber in der Leisten-
gegend durch die Haut hervorgetreten. Dies Mal aber hatte der Kranke den
Durchbruch eines reifen Wurms durch die Haut nicht beobachtet.
Jedenfalls ist es ungewöhnlich, dass sich Embryonen des Medinawurms so
zahlreich an einer Stelle des Unterhautzellgewebes beim Menschen ansiedeln, da
sich gewöhnlich nur ausgewachsene Thiere in solcher Weise daselbst vorfinden.
Nimmt man doch an, dass die Embryonen in das Wasser und dann in einen
Zwischenwirth, ein kleines Krustenthier, gelangen, in diesem ihren langen Schwanz
verlieren und in den Larvenzustand eintreten, ohne sich einzukapseln. Man weiß
nicht, ob diese Larven durch das Getränk in den Menschen gelangen oder un-
mittelbar unter die Haut eindringen. Hier aber entwickeln sie sich zu den ge-
schlechtsreifen Thieren, und erlangen die Weibchen, an welche die kleineren
Männchen sich anhängen, eine Größe von 1 m und mehr.
Im vorliegenden Falle erscheint es ausgeschlossen, dass die Embryonen mit
dem Getränk in den Kreislauf gerathen und alle an ein und derselben Stelle
deponirt sein sollten. Verf. glaubt, dass nur 2 Möglichkeiten vorliegen: entweder
habe der Wurm selbst nach Ablegen seiner Embryonen seinen Wirth unbemerkt
verlassen, oder er sei abgestorben und resorbirt worden. Angesichts der früheren
Vorgänge hält Verf. die erstere Möglichkeit für die wahrscheinlichere, eben so Ref.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
32) Ponne. Epitheliome calcifi& du scrotum.
(Ann. de dermat. et de syph..1897. No. 6.)
Im vorliegenden Falle, der für die Diagnose manche Schwierigkeiten bot und
vom klinischen Gesichtspunkt leicht für eine aktinomykotische Wucherung angesehen
werden konnte, handelte es sich um ein Hautepitheliom von sehr gutartigem Ver-
lauf; durch kalkige Entartung des neugebildeten Gewebes kam es zu einem spon-
tanen Stillstand. Der unter der Neubildung entstandene Abscess war sekundärer
Natur. Die operative Entfernung brachte zunächst Heilung, d. h. bis jetzt ist
ein Recidiv nicht aufgetreten. Die histologische Untersuchung ließ über den ur-
sprünglichen Charakter der Neubildung keinen Zweifel (charakteristische mit typi-
schen Epithelien und Degenerationsformen gefüllte Alveolen).
Kopp (München).
Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 823
33) H. Felcki. Geheilter Fall von Hydrocele communicans funieuli
spermatici.
(Centralblatt f. d. Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 4.)
Bei einem 17jährigen Pat. bestand eine ovoide, Auktuirende, durchscheinende,
vom Hoden abgegrenzte, auch gegen den Leistenring scheinbar abgeschlossene
Geschwulst, die einen tagsüber mehrfach wechselnden Inhalt und Umfang zeigte.
Bei zufällig glücklicher Lagerung nahezu völlige Entleerung der Geschwulst in
die Bauchhöhle möglich, langsame Wiederanfüllung des entleerten Sackes, ein
2. Sack im Bauch nicht nachweisbar. Heilung wurde erzielt durch einfache
Druckverbände des entleerten Sackes und Tragen eines Bruchbandes 6 Wochen
lang. Pat. ist seit 1 Jahr ohne Recidiv. F. Krumm (Karlsruhe).
34) A. A. Maximow. Über Phlebolithen des Samenstrangs.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.)
Bei der Sektion eines an akuter Lungentuberkulose verstorbenen Tabikers
mit Syphilis in der Anamnese fand Prof. Winogradow in einer varikösen Vene
des rechten Samenstrangs, 3 cm vom oberen Pol des Hodens entfernt, einen
Phlebolithen, 2 cm im Durchmesser. Die mikroskopische Untersuchung ergab
homogene (hyaline) Substanz mit Erweichung und Verkalkung im Centrum. Der
Ausgangspunkt war also Thrombose. In der Litteratur fand M. nur einen ähn-
lichen Fall, 1884 von Dubreuilh beschrieben.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
35) R. Koenig. Beitrag zum Studium der Hodentuberkulose.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 502.)
K. verwerthet in dieser Arbeit 45 Beobachtungen von Kocher aus dem letzten
Jahrzehnt. Die Daten der Krankengeschichten liefern neue Belege für die von
Kocher über die Hodentuberkulose aufgestellten Lehren. Die Hodentuberkulose
entsteht danach gewöhnlich durch Eindringen der Bacillen auf dem Schleimhaut-
weg, und zwar von oben her aus primären Herden der Niere, Blase und ganz be-
sonders der Prostata. Infektion auf dem Blutweg durch Metastasen ist die Aus-
nahme. Dem entsprechend finden sich die ersten Erkrankungsspuren im Hoden
meist intrakanalikulär (Langhans), wofür ein Untersuchungsbefund von Lang-
hans als neuer Beleg beigebracht wird. Über die Häufigkeit gleichzeitig vor-
handener Tuberkulose des Harnapparats liegen folgende Zahlen vor: 2mal bestand
leichter Blasenkatarrh ohne deutlich tuberkulösen Befund, 14mal Blasentuberkulose,
wovon nur 3 von deutlicher Nierentuberkulose begleitet. In 9 von diesen 14 Fällen
war die Urogenitalerkrankung die einzige tuberkulöse Lokalisation im Körper,
mal waren daneben Lungen- oder Knochenherde nachzuweisen. In 2 Fällen
waren der Hodentuberkulose mehr oder weniger Urinbeschwerden voraufgegangen,
die wieder geschwunden waren. Prostata und Samenblasen wurden nur 14mal
gesund befunden. Von den 31 Fällen mit Prostataaffektion waren 5 bereits früher
einseitig kastrirt, 11 zeigten auch Blasen- resp. Nierentuberkulose, 5 Herde in
Lungen, Knochen oder Drüsen, imal waren der Erkrankung vorübergehende Urin-
beschwerden vorangegangen. 9mal fanden sich neben der Genitalienerkrankung
einzig Herde in Prostata und Samenblasen vor. Aus den Zahlen erhellt die große
Bedeutung der Prostatatuberkulose für die gleiche Hodenerkrankung. Dem Alter
nach fallen von den Kocher’schen 45 Fällen 3 auf Kranke unter 4 Jahren, 24
auf Kranke von 20—30 Jahren, der Rest auf die späteren Decennien. Vorauf-
gegangenes direktes oder indirektes Trauma wurde »oft« angegeben. Unmittelbar
im Anschluss an Tripper trat die Erkrankung nur Imal auf, 5mal nach früherem
Tripper, wovon 2mal mit Epididymitis. 5mal ist Inversio testis notirt. Der
Haupthoden allein (ohne Nebenhoden) war nie affieirt, dagegen bestand Imal Tuber-
kulose des Vas deferens bei gesundem Hoden und Nebenhoden. Haupthoden und
Samenleiter scheinen klinisch ab und zu gesund, erwiesen sich aber bei anato-
mischer Untersuchung doch erkrankt. Der Samenstrang war meist in seinem Vas
deferens-Antheil hauptsächlich betroffen, nur 9mal bestand stärkere Affektion des
824 Centralblatt für Chirurgie. No. 31.
Gefäßbündels, woraus Kocher bekanntlich auf die größere Häufigkeit der In-
fektion auf dem Schleimhautwege schließt.
Die Therapie betreffend wurde 37mal die Kastration ausgeführt, »mehrfach«
nebst gleichzeitiger Exstirpation des größten Theiles des Samenstranges. 3mal
Resectio caudae, Imal einfache Incision (Vas deferens), imal Auskratzung und Jodo-
formirung. Bei ausgedehnter Blasen- und Nierentuberkulose ist die Kastration
nicht indicirt, es sei denn als Palliativoperation. Bei leichterer Affektion von
Blase und Prostata dagegen übt die Kastration auf diese Erkrankungen einen ent-
schieden günstigen Einfluss aus und bessert auch das Allgemeinbefinden, was auch
einige der Kocher’schen Fälle wieder beweisen. Wirkliche Heilungen sind nur
bei gesunden Harnorganen zu erwarten, bilden dann aber die Regel — von den
Kocher’schen Kranken sind 12 dauernd geheilt. Der psychische Einfluss doppel-
seitiger Kastrationen war auffallend gering, mehrfach gaben die Pat. bestimmt an,
noch potent zu sein. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
36) M. Vögler. Über einen Fall von Uterussarkom.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.)
Das vom Verf. beschriebene Myxosarcoma uteri war aus einem primären Fibro-
myom hervorgegangen. Nach dem mikroskopischen Befund hat die Bildung von
Sarkomgellen theilweise im interstitiellen Gewebe stattgefunden, theilweise handelte
es sich um eine sarkomatöse Metaplasie der glatten Muskelfasern, wie sie von
Williams und Pick beobachtet worden ist.
Die myxomatöse Proliferation innerhalb der Geschwulst ist nach Verf. unter
der Einwirkung eines Stauungsödems entstanden. Honsell (Tübingen).
37) D. Schwarz (Agram). Vaginale Totalexstirpation des Uterus
wegen Carcinom mit vehementer Nachblutung.
(Lieönicki viestnik 1898. No. 3. [Kroatisch.))
Schon bei der Operation blutete es stärker als gewöhnlich, doch 3 Stunden
p. op. trat eine starke Blutung auf, es wurden jedoch keine spritzenden Arterien
gefunden; einige verdächtige Stellen wurden in Klemmen gefasst, worauf die Blu-
tung stand. Hypodermoklysis. Nach 2 Stunden wieder starke Blutung. Lapa-
rotomie, wobei am linken Lig. lat. ein blutender Riss gefunden und genäht wurde.
Die Blutung stand, die Pat. erholte sich. Nach 17 Tagen wurden die vaginalen
Nähte entfernt, Abends nach geringer Anstrengung wieder profuse Blutung. In
der Scheide ein granulirender Streifen, aus dem es parenchymatös blutet. Tam-
ponade mit klebender Jodoformgaze erfolglos. Darauf Tamponade mit Penghawar
Djambi; die Blutung steht. Pat. giebt zu, bei jeder Verletzung, bei den Geburten
und bei jeder Menstruation stark geblutet zu haben, jedoch konnte man in der
Familie keine Anomalien finden, welche für Hämophilie sprechen würden. Trotz-
dem nimmt S. eine hämorrhagische Diathese als Ursache dieser Blutungen an.
v. Cačković (Agram).
38) J. Fabricius. Ruptur einer Pyosalpinx und folgende eitrige
Peritonitis bei einer Schwangeren. Laparotomie. Heilung.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 48.)
Zu dem in der Überschrift Gesagten wäre noch hinzuzufügen, dass der Eingriff
bei einer 26jährigen Pat. etwa im 4.—5. Graviditätsmonat vorgenommen wurde.
Bei der Operation wurde 1!/3 Liter Eiter aus einem offenbar nach oben hin ab-
gekapselten Raum entleert. Anfangs Besserung. Eiterretention. Starker Verfall
der Kräfte. Desshalb künstlicher Abort mit Erfolg. Von nun an glatte Rekon-
valescenz. Im Eiter weder Gonokokken, noch Strepto- oder Staphylokokken,
sondern »kurze Bacillen« unbekannter Provenienz. Den Schluss der Mittheilung
bilden eine Reihe ähnlicher, hierher gehöriger Fälle. Hübener (Breslau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf $ Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
Lu Dam, (mt
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
E
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 32. Sonnabend, den 13. August. 1898.
Inhalt: 1) Sajous, Encyklopädie der Medicin. — 2) v. Mosetig-Moorhof, Chirurgische
Technik. — 3) de Paoil und Mori, Perkussion bei Gehirnkrankheiten. — 4) Moure,
5) Leitzbach, Mittelohreiterung. — 6) Spiess, Nasale Rellexneurosen. — 7) Lindt, Neben-
höbleneiterung. — 8) Wröblewskl, Rhinitis caseosa. — 9) Okada, Nasenpolypen. —
10) Brindel, Nasenhöhlencysten. — 11) Dowd, Lippenepithrliome. — 12) Ducrey und
Respighi, Hyperkeratose der Mundschleimhaut. — 13) Seelhorst, Unterkieferbrüche. —
44) Morton, Kataphorese in der Zahnheilkunde. — 15) Butlin, Zungenkrebs. —
el Bottini-Arkei, Chirurgie des Halses. — 17) Reinbach, Retroviscerale Kröpfe. —
18) Tellhefer, Chronische Entzündung der Schilddrüse. — 19) Hertoghe, Adenoide
Wucherungen und Myxödem. — 20) Joffroy, Akromegalie mit Demenz. — 21) Wormser,
22) Wölller, Kropfoperationen.
F. de Quervain, Dünndarminvagination durch Einstülpung eines Meckel'schen Diver-
tikels. (Original-Mittheilung.)
23) Macewen-Rudlofl, Die infektiös-eitrigen Erkrankungen des Gehirn- und Rücken-
marks. — 24) Brauneck, Hirngeschwülste. — 25) Traka, 26) Jonnesco, 27) Mouilin,
Schädeloperationen. — 28) Martynow, Neuralgie des N. lacrymalis. — 29) Osler, Ver-
größerung der Thränen- und Speicheldrüsen. — 30) Kredel, Nasenspalten. — 31) Eichler,
Adenom der Nasenscheidewand. — 32) Fein, Nasenschere. — 33) Abbe, Doppelseitige
Hasenscharten. — 34) Harris, Xerostomie. — 35) Kasparki, Fremdkörper in der Backe.
— 36) Kirstein, Nageltrokar. — 37) Moty, 38) Lichtwitz, 39) Reboul, Osteomyelitis der
Kiefer. — 40) Braun, 41) Alexander, Kieferklemme. — 42) Lichtwitz, Zungensarkom.
Deutsche Naturforscherversammlung.
1) C. E. de M. Sajous and one hundred associate editors:
Annual and analytical cyclopaedia of practical medicine.
Illustrated with chromolithographs, engravings and maps.
Vol. I.
Philadelphia, New York, Chicago, 1898. X u. 601 S.
Des bekannten Herausgebers Absicht ist, unter Mithilfe einer
groBen Anzahl von Mitarbeitern in alphabetisch geordneten Artikeln
den Gesammtinhalt der praktischen Medicin kurz wiederzugeben und
dabei in besonderen Zusätzen die Fortschritte niederzulegen, die
während der letzten 10 Jahre in den betreffenden Fächern gemacht
32
826 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
sind — wesentlich wohl unter Benutzung der Jahrbücher der Me-
dein, die er seit 10 Jahren herausgiebt. So besteht denn jeder
Artikel aus einzelnen Abschnitten in Corpusdruck, zwischen die
andere Abschnitte in Petitdruck eingeschaltet sind, welche z. Th.
Kasuistik, z. Th. die Ansichten verschiedener Autoren über das be-
treffende Thema in kurzem Auszug wiedergeben unter Anführung
des Publikationsortes des Originals. Ganz besonders ist hierbei stets
noch die Litteratur der Jahre 1896 und 1897 hervorgehoben, zum
Beweis, dass das Modernste gegeben wird unter Benutzung der Welt-
litteratur.
Das Buch berücksichtigt vor Allem den praktischen Arzt, der
mit den allgemeinen Thatsachen vertraut ist — sonst würde wohl
Etwas über Asepsis und Antisepsis gesagt sein —; es bietet indess
in dieser 1. Auflage noch einige Lücken, wie denn beispielshalber
nichts über Antifebrin zu lesen ist, während wir andererseits unter
dem Stichwort Alkoholismus noch einem Artikel über Selbstverbren-
nung begegnen, von der in den deutschen Encyklopädien seit Jahr-
zehnten nicht mehr die Rede ist. Im Ganzen aber erscheint das auf
6 Bände berechnete Werk, dessen erster mit Bright’s disease endet,
für den Praktiker, der sich schnell einen Überblick über ein Krank-
heitsgebiet verschaffen will, hierzu recht geeignet. Die Ausstattung
lässt nichts zu wünschen übrig. Richter (Breslau).
2) v.Mosetig-Moorhof. Handbuch der chirurgischen Technik
bei Operationen und Verbänden. 4. völlig umgearbeitete
Auflage. I. Lieferung.
Wien, Deutike, 1898. Mit vielen Abbildungen.
Das bekannte Werk, das, 1886 zuerst erschienen, in wenig Jahren
3 Auflagen erlebt hat, wird nach Sjähriger Pause wiederum publi-
cirt. Bei den gewaltigen Änderungen und Fortschritten, die in
dieser verhältnismäßig kurzen Zeit die operative Chirurgie durch-
gemacht hat, sind bedeutende Umarbeitungen und Erweiterungen
gegenüber der 3. Auflage nothwendig geworden, denen wir denn
auch bei dem Bestreben des Verf., seine Arbeit auf den Höhestand
unseres jetzigen Wissens und Könnens zu erheben, auf jeder Seite
begegnen. Auch neue Abbildungen sind hinzugekommen. Die Ab-
sicht des Verf. geht dahin, ein thunlichst vollständiges Bild der ope-
rativen Chirurgie der Gegenwart — mit Ausnahme der gynäkologi-
schen Operationen — zu geben. Da das Buch in rasch auf einander
folgenden Lieferungen erscheinen und noch in diesem Jahre vollendet
sein soll, wird es bald möglich sein, ein definitives Urtheil abzugeben,
das für die vorliegende 1. Lieferung nur günstig ausfallen kann.
Die buchhändlerische Ausstattung ist gut. Richter (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 827
3) E. de Paoli und A. Mori. Beitrag zur Kenntnis des
Werthes der Perkussion bei der Diagnose der chirurgischen
Erkrankungen des Gehirns.
(Policlinico 1898. Februar 15.)
Verff. untersuchten die Verhältnisse der Schädelperkussion bei
einer großen Zahl von Individuen. Sie fanden hierbei, dass schon
unter physiologischen Verhältnissen ein absolut leerer und dumpfer
Ton sich nur an beschränkten Stellen findet, während an den meisten
Partien ein tympanitischer Beiklang auftritt; besonderen Einfluss hat
hierauf das Offnen des Mundes. Bei der Perkussion des Schädels
hat man deutliches Resistenzgefühl, das im Allgemeinen um so größer
ist, je dumpfer der Schall. Bei den Kindern wurde der Perkussions-
schall beller gefunden; eben so auch bei Frauen. Die Schläfen-
gegend giebt einen etwas helleren Schall als die Stirngegend; die
Scheitelgegend hat ebenfalls einen geringen tympanitischen Beiklang.
Die Hinterhauptgegend gab meistens ganz leeren Schall. — Weiter-
hin wurden Versuche an Leichen angestellt, indem verschiedenartige
Stoffe (Fett, Gips, Eidotter, Blut) unter den Schädel eingespritzt
wurden. Es ergab sich hier, dass deutliche Schallunterschiede (Zu-
nahme der Dämpfung) auftraten. Die klinischen Erfahrungen der
Verff. stellen sich folgendermaßen dar: 1) traumatische Epilepsie
(Fraktur des Stirnbeins); vermehrte Dämpfung an der Stelle der Ver-
letzung; bei der Trepanation fand sich Verdickung der Dura "und
hämorrhagische Infiltration der darunterliegenden Windungen. 2) Fall
auf das Hinterhaupt; Hemiparese, Amnesie; unter Jod und Elektri-
cität trat rasche Besserung ein. Während der Erkrankung ließen
sich beträchtliche Schalldifferenzen nachweisen, die mit zunehmender
Besserung verschwanden (intrakranielles Hämatom ?). 3) tuberkulöse
Meningitis bei einem Kind; die Perkussion ergab hier eine inten-
sivere Dämpfung auf der rechten Seite (im Bereich der Schläfen-
und Scheitelgegend); die Sektion wies in der That auf der rechten
Hirnwölbung ein reichliches Infiltrat nach, links fast gar nichts.
4) Gehirnabscess, durch Perkussion an der Leiche (Schalldifferenz
nachgewiesen. — Zu diesen Beobachtungen kommen noch einige
Fälle von Prof. Caselli (Genua), darunter ebenfalls 2 Fälle von
Hirnabscess, bei welchen die Perkussion beträchtliche Schalldiffe-
renzen aufwies. H. Bartsch (Heidelberg).
4) E. J. Mouro. Traitement chirurgical de l’otite moyenne
chronique, formes sèche, adhésive et scléreuse.
(Revue de laryngol. 1898. No. 22.)
Die Ansichten, welche sich M. nach seinen persönlichen Er-
fahrungen über die Indikationen und Aussichten einer chirurgischen
Behandlung bei den trockenen chronischen Mittelohrentzündungen
(Sklerose, Adhäsivprocesse ohne vorherige Eiterung) gebildet hat,
32*
828 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
fasst er in folgenden Sätzen zusammen, welche wohl von der Mehr-
zahl der Ohrenärzte gegenwärtig angenommen werden: Wenn die
gewöhnliche Behandlung mit Lufteinblasungen, Massage etc. frucht-
los ist, dann ist eine chirurgischer Eingriff am Schallleitungsapparat
gerechtfertigt, vorausgesetzt, dass der nervöse Apparat noch
unversehrt ist. Eine explorative Eröffnung des Trommelfells giebt
prognostische Anhaltspunkte für die Aussichten der weiteren Operation;
führt sie eine Besserung im Gehör oder den subjektiven Geräuschen
herbei, so ist von weitergehenden chirurgischen Eingriffen etwas
zu erwarten. Diese erfolgen am besten durch den Gehörgang und
bestehen in der Abtragung des Trommelfells und der Gehörknöchel
mit Ausnahme des Steigbügels. Wo die Entfernung des Ambosses
und Freilegung des Steigbügels Schwierigkeiten macht, kann die
äußere Wand des Kuppelraums vom Gehörgang aus abgemeißelt
werden. Die Operation bringt eine Mobilisirung des Steigbügels
mit sich, so dass ein besonderer Eingriff zu diesem Zweck unter-
bleiben kann. Gegenüber dem Vorgehen vom Gehörgang aus hat
die Bloßlegung der Gehörknöchelkette durch Eröffnung des Warzen-
fortsatzes und Abmeißelung der hinteren Gehörgangswand manche
Nachtheile, ohne bessere Resultate zu liefern. Wenn die Operation
an sich keine bemerkenswerthe Besserung des Gehörs bringt, so
kann die Applikation eines künstlichen Trommelfells noch von
Nutzen sein. Dieses wirkt nicht bloß bei Kontakt mit dem Steig-
bügel, sondern auch, wenn es auf die Gegend des runden Fensters
angebracht wird. Es hat aber den Nachtheil, dass es Sekretion hervor-
ruft, welche bei ungenügender Reinlichkeit leicht zur Eiterung wird.
Teichmann (Berlin).
5) Leitzbach (Königsberg i./Pr.) Beitrag zur Behandlung
der chronischen Mittelohreiterungen.
Inaug.-Diss., Königsberg i/Pr., 1898. 26 S.
Im Ambulatorium Stetter’s sind Versuche mit der Formalin-
behandlung nach Lucae gemacht worden, welche sehr befriedigend
ausgefallen sind. Selbst bei einzelnen veralteten Fällen von Mittel-
ohreiterungen wurden vorzügliche Erfolge erzielt, welche die sonst
unvermeidlich erscheinende Radikaloperation schließlich noch ent-
behrlich machten. Fast stets tritt bald Desodorirung und Beschrän-
kung der Sekretion ein, während das gänzliche Versiegen der Eite-
rung und Austrocknen des Ganges nicht ausnahmslos gelingt.
Bestehende Granulationen müssen noch mit Trichloressigsäure fort-
geätzt werden. Zuweilen nöthigen auftretende Reizungserscheinungen
zum zeitweiligen Aussetzen des Formalins; es werden dann andere
Antiseptica angewendet. In den 20 mitgetheilten Fällen wurde gänz-
liches Austrocknen erreicht in 16,7%, erhebliche Besserung in 20,8%,
so dass noch weitere Besserung, vielleicht Heilung auch dieser Fälle
zu erwarten steht. Freilich ist die zum Erreichen dieser Erfolge
nöthige Zeit recht erheblich, 2—3 Monate. In den übrigen über
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 829
60% aller Fälle freilich wurde operative Behandlung nicht entbehr-
lich gemacht, in 4,2% trat sogar Verschlechterung ein.
Lühe (Königsberg i/Pr.)
6) G. Spiess. Beitrag zur Ätiologie einiger nasalen Reflex-
neurosen.
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.)
Nach S. sind Niesen, anfallsweiser Schnupfen, Heufieber, nasales
Asthma nur verschiedene Grade einer und derselben Grundaffektion.
Bei Vorhandensein einer nervösen Disposition kann die gegenseitige
mechanische Reizung zweier gegenüberliegender Schleimhautpunkte
diese Reflexe auslösen, wenn nur eine leichte reibende Bewegung
dazukommt, wie sie durch den durchströmenden Luftstrom erzeugt
wird. Die einzig wirksame Therapie ist desshalb die lokal-chirurgische,
welche darauf gerichtet ist, die beiden gegenüber liegenden Punkte
so weit von einander zu entfernen, dass eine reibende Berührung
unmöglich wird. Insbesondere lenkt S. in dieser Beziehung die Auf-
merksamkeit auf das als Tuberculum septi bezeichnete Drüsenpolster,
welches sehr häufig durch Berührung mit dem gegenüber liegenden
vorderen Ende der mittleren Muschel zu Reflexerscheinungen Anlass
giebt. Er entfernte es mit Messer und Meißel.
Teichmann (Berlin).
7) Lindt jun. (Bern). Zur Diagnose und Therapie der
chronischen Eiterungen der Nebenhöhlen der Nase.
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1898. No. 5 u. 6.)
Aus der die verschiedenen diagnostischen und therapeutischen
Methoden kritisch sichtenden Arbeit seien nur die am eigenen
Material des Verf. gewonnenen Anschauungen hervorgehoben. High-
morshöhlenempyeme sah derselbe oft erstaunlich lange, mehrere
über 20 Jahre, 1 sogar 30 Jahre lang bestehen, ohne dass der Träger
andere Beschwerden hatte, als übelriechenden Eiterausfluss und ein-
oder beiderseitige Nasenverstopfung; dahingegen wirken in der Regel
die Stirnhöhlen- und Siebbeineiterungen sehr auf das Allgemein-
befinden des Menschen ein. Dem Druckschmerz, der bei chronischer
Sinus frontaliseiterung bei Druck auf den Boden der Höhle vom
inneren oberen Rande der Orbita aus auftritt, misst er entgegen der
Ansicht von Kuhn, Jansen und Schech keine große diagnostische
Bedeutung bei. Er sei vorhanden, aber er beweise absolut nicht,
dass die Stirnhöhle eitrig erkrankt sei, da man beim Palpiren den
Nervus supraorbitalis und frontalis nicht immer aus dem Spiel lassen
könne. Die Pat. können den physiologischen Schmerz nicht immer
von einem durch eine entzündliche Affektion des Knochens oder
des Periosts hervorgerufenen unterscheiden.
L. warnt davor, den Sondenbefund rauher Knochen am Siebbein
wie am Ductus nasofrontalis, an den Wandungen der Stirn- und
830 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
Kieferhöhle immer auf Nekrose, Sequester oder Caries zu beziehen,
die einen radikalen chirurgischen Eingriff erforderten. Es handle
sich oft nur um eine rareficirende Östitis, die nach Heilung der
chronischen Eiterung der Stirn- oder Nasenhöhlen wieder verschwinden
könne. Was die Sondirung der Stirnhöhle betrifft, so gelang sie ihm
relativ selten bei Gesunden, dagegen unter 14 Fällen von Stirn-
höhleneiterung jedes Mal.
Die ausführliche Krankengeschichte einer Frau, die seit 7 Jahren
von verschiedenen Operateuren, zuletzt wiederholt von L. operirt
wurde, veranschaulicht die schlechte Prognose besonders ausgedehnter
Nebenhöhleneiterungen, deren Behandlung leider noch immer nicht
eben so sicher im Erfolg sei, wie die der chronischen Otorrhoe.
P. Stolper (Breslau).
8) L. Wróblewski. Rhinitis caseosa.
{Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.)
Den Verlauf der Rhinitis caseosa schildert W. an der Hand
dreier eigener Beobachtungen folgendermaßen: Im ersten Stadium
besteht ein akuter Nasenkatarrh: die Kranken kommen aber gewöhnlich
erst dann zum Arzt, wenn Nasenverstopfung auftritt; ferner — und
zwar immer einseitig — subjektiver übler Geruch, Riechmangel,
Schmerzen im Kopf und Gesicht, Schwellung der Backen und Augen-
lider, besonders der unteren. Das Sekret enthält dann gewöhnlich
eine Beimischung von Blut und besitzt einen fauligen Geruch, ist
gewöhnlich eitrig und enthält käsige Bröckel. Nach Entfernung
der stinkenden Massen tritt rasche Genesung ein, selbst in den
Fällen, wo der Knochen angegriffen war. Die Behandlung besteht
in reichlichen Ausspülungen und Beseitigung aller den Eiterabfluss
störenden Momente, wie z. B. Fremdkörper, hypertrophische Muscheln,
Polypen, Granulationsmassen. Liegt eine Eiterung der Nebenhöhlen
zu Grunde, so muss auch hier für freien Sekretabfluss gesorgt werden.
Im Ganzen erscheint die Rhinitis caseosa als selbständige Erkrankung
noch nicht recht gesichert. Teichmann (Berlin).
9) W. Okada. Beiträge zur Pathologie der sogenannten
Schleimpolypen der Nase nebst einigen Bemerkungen über
Schleimfärbungen.
(Archiv für Laryngulogie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.)
In der noch immer nicht ganz geklärten Frage vom histologischen
Aufbau der Nasenpolypen und ihrer pathologisch-anatomischen Klassi-
fikation ist Verf. zu folgenden Untersuchungsergebnissen gelangt:
Die Schleimhautpolypen der Nase sind entzündliche Neubildungen;
Epithel, Bindegewebe, Drüsen und Gefäße sind durch den Entzün-
dungsprocess in Mitleidenschaft gezogen. Das Oberflächenepithel
befindet sich im Zustand der schleimigen Metamorphose, welche
bald das gesammte Cylinderepithel betrifft, so dass Zelle für Zelle
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 831
zur schleimerfüllten Becherzelle wird, bald sich auf einzelne Stellen
beschränkt, so dass die Zahl der Becherzellen zwischen den Cylinder-
epithelien einfach vermehrt ist, oder die oberflächlichen Epithelbuchten
mit Becherzellen ausgekleidet sind, oder Gruppen von radiär ange-
ordneten Schleimzellen inmitten des sonst normalen Cylinderepithels
auftreten. Außerdem kommt noch eine Umwandlung des Cylinder-
epithels in Plattenepithel vor, und zwar an Stellen, die der Athmungs-
luft ausgesetzt sind. Die Drüsen der Polypen sind meist vermehrt
und haben gewöhnlich den Charakter der Schleimdrüsen. Daneben
kommen seröse Drüsen vor, selten letztere allein. Schleimdrüsen
und seröse Drüsen hält Verf. für das Sekretions- resp. Ruhestadium
einer Drüsenart. Die Acini der Drüsen sind oft cystös erweitert,
bisweilen so stark, dass eine derartige Cyste die Hauptmasse des
Polypen darstellt. Der Inhalt solcher Cysten ist Schleim, doch
finden sich in ihm oft runde oder hufeisenförmige Colloid- resp.
Hyalingebilde, welche sich mit sauren Anilinfarben leuchtend roth
färben. Wo sich neben den Drüsencysten cystös erweiterte schleim-
erfüllte Bindegewebsspalträume finden, muss eine Kommunikation
zwischen ihnen und der Drüsencyste vorhanden sein. Das Stroma
der Polypen besteht aus alveolärem Bindegewebe, dessen Maschen
Rundzellen und Serum, niemals aber Schleim enthalten, außer wenn
eine Drüsencyste in sie hinein durchgebrochen ist. Teichmann (Berlin).
10) Brindel. Des kystes et pseudo-kystes des fosses nasales.
(Revue de laryngol. 1898. No. 18 u. 19.)
Unter den cystischen Bildungen, welche in den Nasenhöhlen
zur Beobachtung kommen, unterscheidet B. zwei große Gruppen:
die äußeren, welche in der Nachbarschaft der Nasenhöhlen entstehen
(Haut, Oberkieferknochen, Highmorshöhle, Nasen-Rachenraum) und
erst im Verlauf ihres Wachsthums in die Nasenhöhle hinein sich
vorwölben, und die inneren, welche von den Wandungen der Nasen-
höhle selbst ausgehen. Zu ersteren gehören vor Allem die paradentären
Cysten und die Dermoideysten des Nasenrückens, zu letzteren die
Knochencysten der Muscheln, die serösen Cysten der Nasenscheide-
wand und die im Inneren von Schleimpolypen auftretenden Cysten und
Pseudocysten. Die Symptomatologie aller dieser Bildungen ist, was
die Nase betrifft, ziemlich einheitlich, die Behandlung eine chirur-
gische, welche je nach dem Sitz der Affektion auf eine vollständige
Entfernung oder eine möglichst weitgehende Eröffnung und Abtragung
der Cystenwand gerichtet sein muss. Teichmann (Berlin).
11) C. N. Dowd. The method of operating for small
epitheliomata of the lip.
(New York med. record 1898. März 26.)
Mit Berücksichtigung der Statistiken von Wörner und v. Wini-
warter kommt D. auf die große Häufigkeit der Lippencarcinome
832 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
und die verhältnismäßig immer noch unbefriedigenden Endresultate
ihrer Exstirpation zu sprechen. (Im New Yorker Cancer-Hospital soll
in den letzten 5 Jahren ungefähr monatlich ein derartiger Pat. auf-
genommen worden sein.)
Mit Gussenbauer (Zeitschrift für Heilkunde 1881 Bd. XI p. 17)
bespricht Verf. die Verhältnisse der regionären Lymphdrüsen, empfiehlt
bimanuelle Untersuchung vom Mundboden aus und empfiehlt die
jedesmalige Entfernung mindestens der submaxillaren Drüsen, eben
so wie beim Brustcarcinom die zugehörigen Lymphbahnen unbestritten
mit herausgenommen werden. Die beigefügten Illustrationen sollen
die guten kosmetischen Resultate demonstriren.
Die bimanuelle Untersuchung wird nur eine verschwindende An-
zahl von Pat. ohne Drüsen ergeben, besonders wenn man es sich
zur Regel macht, durch zwei kleine Incisionen unterhalb des Unter-
kiefers namentlich den vorderen Rand der submaxillaren Speichel-
drüse freizulegen und dann zu tasten. Loewenhardt (Breslau).
12) A. Ducrey et E. Respighi. Les localisations sur la
muqueuse buccale de l'affection improprement appelée poro-
kératose.
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 1.)
Nach den Beobachtungen der Verf. kommt die zuerst von
Mihelli unter dem Namen Porokeratosis beschriebene Hyperkera-
tose nicht selten gleichzeitig auch auf der Mundschleimhaut zur Ent-
wicklung. Die ganz eigenthümliche und charakteristische Physiognomie
der Efflorescenzen, welche konstant bei allen Kranken dieser Art wieder-
kehrt, berechtigt zur Aufstellung eines neuen eigenartigen Krankheits-
typus, trotz gewisser Ähnlichkeiten mit dem Lichen Wilson’s. Mit
der Gruppe der Ichthyosisformen kann die Affektion nicht ver-
wechselt werden. Obwohl die Affektion einer specielleren Bezeich-
nung bedarf, erscheint den Verff. doch der bisher vorgeschlagene
Krankheitsname »Porokeratosis« nicht gerechtfertigt.
Kopp (München).
e
13) Seelhorst. Behandlung der Unterkieferbrüche durch
Gewichtsextension. (Aus dem Lazarett Völklingen [Saar-
brücker Knappschaftsverein].)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 17.)
Bei der von Hansmann angegebenen Behandlungsmethode
wird der Extensionszug dadurch ausgeübt, dass um die Schneide-
zähne des Unterkiefers ein starker Faden geknüpft wird, dessen
mit einem (1,—1 Pfund) Gewicht beschwertes Ende an der unteren
Bettkante über eine Rolle läuft; auf die Unterlippe kommt zum
Schutz gegen den Fadendruck ein Wattebäuschchen, in die Wunde
zwischen die Fragmente ein Gazestreifen. Der Druck des ziehenden
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 833
Fadens wurde von den 8 in dieser Weise behandelten Pat. mit Unter-
kieferfraktur »wenig unangenehm« empfunden; sie wurden alle ohne
Abscessbildung und mit voller Wiederherstellung der Funktion ge-
heilt, nachdem der Zug bereits nach 8—10 Tagen fortgelassen werden
konnte. — Bei Fehlen aller Vorderzähne soll ein besonders kon-
struirter Apparat in Anwendung gezogen werden (beziehbar von
Bandagist Kaiser in St. Johann a/Saar). Kramer (Glogau).
14) W.J. Morton. Die Kataphorese (Einführung von Arzneien
mit Hilfe des elektrischen Stromes) in ihrer Anwendung auf
die Zahnheilkunde!.
(Chirurgie 1897. p. 333. [Russisch).)
M. spricht dem obigen Verfahren für das schmerzlose Operiren
an Zühnen eine große Bedeutung zu. Die dazu benutzten Cocain-
lösungen sind koncentrirt, 4—10% für die Schleimhaut, 10—30%
für den Zahn selbst. In sehr ausführlicher Weise behandelt M.
sein Thema, unter genauer Beschreibung der Technik des Verfahrens,
und verwendet die Elektricität noch zur Verstärkung der Desinfektion
etc. Der Übersetzer des Vortrags, Gosewor, weist, unter Bezug-
nahme auf einen anderen Vortrag Schatzki’s, darauf hin, dass die
mangelhafte Begriffsbestimmung der Kataphorese zu falschen An-
schauungen derselben Anlass gebe, worauf hier aber nicht näher ein-
gegangen werden kann. E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
15) H. T. Butlin. The hunterian lecture on »What ope-
ration can do for cancer of the tongue?«.
(Brit. med. journ. 1898. Februar 26.)
In der sehr lesenswerthen Arbeit hat B. seine ausgedehnten
Erfahrungen über die Operationserfolge bei Zungenkrebs nieder-
elegt.
S SS hat im Ganzen 102 Pat. operirt, 53 im Hospital, 49 in der
Privatpraxis;
geheilt ohne Recidiv 1—2 Jahre sind 6 Pat.,
2—3 > 4 »
über 3—12 >» 20 >
im Ganzen also 20% Heilungen.
Die Resultate aus Hospital und Privatpraxis zeigen dabei be-
merkenswerthe Unterschiede. In der Privatpraxis erreichen die Hei-
lungen 26%. B. erklärt dies damit, dass die Privatpatienten früher
zur Operation kommen und sich in besserem Kräftezustand befinden.
In der großen Mehrzahl der als geheilt zu bezeichnenden Fälle war
der Sitz des Carcinoms in den vorderen 2 Dritteln der Zunge. Unter
1 Bestimmt für den XII. internat. med. Kongress zu Moskau, aber nicht
vorgetragen, da M. verhindert war.
324+
834 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
den geheilten Privatfällen war in keinem Falle zugleich mit der
Zungenoperation oder später die Entfernung von Drüsen nothwendig.
Dass aber trotzdem Heilungen auch bei vorhandener Drüseninfektion
möglich sind, beweisen die 7 geheilten Hospitalfälle, unter denen
5mal primär oder sekundär vergrößerte Lymphdrüsen entfernt werden
mussten. 4mal erwies die mikroskopische Untersuchung, dass schon
carcinomatöse Metastasen in denselben vorhanden waren.
Die Frage, ob es principiell bei Zungenkrebs nöthig ist, die
ganze Zunge zu entfernen, verneint B. Unter den 102 Fällen hat
er 16mal die totale Exstirpation vorgenommen; 4 Pat. starben un-
mittelbar nach der Operation, 2 Pat. bald darauf aus anderer Ur-
sache, 5 bekamen ein lokales Recidiv, nur 1 blieb mehr als 3 Jahre
geheilt.
Die Operation an sich ist viel gefährlicher, außerdem ist sie
eine verstümmelnde Operation; da zudem die Erfahrung lehrt, dass
Heilungen auch bei partieller Resektion häufig sind, so verwirft B.
die principielle totale Exstirpation.
Auffallend verschlechtert wird der Procentsatz der Heilungen
durch sekundäre Drüsencarcinome, ohne dass lokal ein Recidiv auf-
tritt — 28mal unter den 102 Fällen. Häufig sind dabei die Drüsen-
metastasen — auch wenn die Pat. unmittelbar nachdem sie eine
Vergrößerung der Drüsen bemerkt haben den Arzt aufsuchen —
nicht mehr zu exstirpiren. Die Schwierigkeit liegt darin, leicht ver-
größerte Drüsen, die unbedingt sofort exstirpirt werden müssten,
nachzuweisen. Bei der Sektion wurden in mehr als einem Falle
schon carcinomatöse Drüsen gefunden, welche bei der Operation auch
in der Narkose nicht hatten gefühlt werden können. B. wurde dess-
halb dazu gedrängt, wie beim Mammacarcinom die Achselhöhle, so
bei seinen Zungencarcinomen die entsprechenden Drüsen des oberen
Halsdreiecks in typischer Weise auszuräumen. In Betracht kommen
dabei in erster Linie die submaxillaren und jugularen, dann die sub-
mentalen und parotischen Drüsen. B. legt dieselben frei durch einen
7 Zoll langen Schnitt am vorderen Rand des Sternocleidomastoideus
vom Processus mastoideus abwärts und einen zweiten Schnitt vom
Kinnwinkel bis zum ersten Schnitt etwa in der Höhe der Cartilago
thyreoidea.
Die Ausräumung des Halsdreiecks beginnt er von unten nach
oben fortschreitend; die Theile werden im Zusammenhang exstirpirt;
die für ein Recidiv wichtigeren submaxillaren und jugularen Drüsen
können dabei leicht und gründlich entfernt werden; die beiden an-
deren Gruppen machen eher Schwierigkeiten; die Submaxillarspeichel-
drüse wird mit fortgenommen. Die Operation dauert 1—1!/, Stunde.
Die Erfahrung lehrte B., zuerst nur die lokale Zungenexstirpation
vorzunehmen — er bleibt dabei 3/, Zoll von dem Erkrankungsherd
entfernt; bei Randerkrankungen pflegt er die betreffende Zungen-
hälfte, und zwar 1 Zoll hinter der erkrankten Stelle, zu exstirpiren.
3—4 Wochen später, wenn sich Pat. von der ersten Operation erholt
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 835
hat, folgt die zweite, die Ausräumung der Drüsen. B. erwartet von
diesem Vorgehen eine Besserung der Heilerfolge, deren Veröffent-
lichung er sich für später vorbehält. F. Krumm (Karlsruhe).
16) Bottini. Die Chirurgie des Halses. Deutsche Über-
setzung von Dr. S. Arkel in Mailand.
Leipzig, Hirzel, 1898. 281 8. 52 Abbildg.
Da das italienische Originalwerk in diesem Blatt (1897 p. 937)
bereits besprochen ist, haben wir hier nur dafür zu danken, dass das
interessante Buch des vielerfahrenen Chirurgen für deutsche Leser
übersetzt worden, wenn wir auch gestehen müssen, dass die Über-
tragung von nicht deutschen und zum Theil fast unverständlichen
Worten wimmelt: Plasmirung, synnotisch, läsiv, Recision, das treu-
lose Pelagus der Halsregion, Insistenz, ideiren, Konnektivalkapseln,
das ist eine kleine Auswahl solcher Ausdrücke, die unsere Mutter-
sprache nicht kennt. Leider sind auch so manche Autornamen recht
entstellt. Von den sonst sehr schönen Abbildungen — meist Kranke
vor und nach der Operation darstellend — müssen wir bedauern,
dass sie niemals eine Operationsnarbe sehen lassen; die muss auf
den photographischen Originalen wegretouchirt worden sein, gehört
aber doch zur Sache. Sonst ist die Ausstattung des originellen Werkes
vorzüglich. Richter (Breslau).
17) G. Reinbach. Über accessorische retroviscerale Strumen.
Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der Colloidbildung in
Kröpfen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2..)
R. giebt ausführlich 3 Beobachtungen accessorischer, retrovis-
ceraler Kröpfe wieder. Es handelte sich übereinstimmend in sämmt-
lichen Fällen nicht um solitäre Geschwülste, sondern um Geschwulst-
konglomerate, welche sich völlig unabhängig von der jeweils nor-
malen Schilddrüse entwickelt hatten und gegen. den prävisceralen
Raum vordrängten, ohne indessen hinter Osophagus und Pharynx
hereinzuwuchern; die subjektiven Symptome waren auffallend gering-
fügig, nur einmal wurden Schlingbeschwerden, niemals Athemnoth
geklagt. Aus einem Vergleich mit ähnlichen Fällen der Litteratur
kommt Verf. zur Aufstellung folgender Typen des retrovisceralen
Kropfes: 1) Die Struma retropharyngo-oesophagealis, entstanden aus
dem Hinterhorn eines Seitenlappens (Kaufmann’s Fälle), 2) die bis
jetzt erst einmal beobachtete Struma accessoria posterior (Braun),
3) die Struma retrovisceralis accessoria vera (R.’s Fälle).
Nach der mikroskopischen Untersuchung im Fall 3 stellen die
Kröpfe R.’s echte Geschwülste, Cystadenome, einer accessorischen Schild-
drüse dar. Innerhalb der cystischen Hohlräume derselben ließ sich
ein ausgedehnter Zelluntergang und Umwandlung des Protoplasma
836 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
in feinkörnigen Detritus, endlich ein Übergang dieses in colloide
Massen nachweisen. Nach Verf. ist das Colloid hier wie im Colloid-
kropf nicht Sekretionsprodukt, sondern das Endstadium einer Zell-
degeneration. Honsell (Tübingen).
18) Teilhefer. Inflammation chronique primitive »canceri-
forme« de la glande thyreoide.
(Revue de chir. 1898. No. 3.)
Die Mittheilung bezieht sich auf die von Riedel beschriebenen
Fälle eigenthümlicher, chronisch entzündlicher Processe, bei welchen
es zur Bildung von eisenharten, mit den Muskeln, der Gefäß-
scheide, dem Nervus recurrens etc. fest verwachsenen, bis cirka
apfelgroßen Geschwülsten in einem oder beiden Schilddrüsenlappen
kommt. T. fügt den von Riedel bereits bekannt gegebenen und
einigen weiteren Fällen desselben einen eigenen an, um auf Grund
dieser 8, Individuen von 4—42 Jahren betreffenden Beobachtungen
die Diagnose der seltenen Affektion kurz zu besprechen, für welche er
einen infektiösen Ursprung, ähnlich dem der chronischen sklerosiren-
den Osteomyelitis, annimmt. Es kann diese Thyreoiditis chron. vor
Allem mit dem primären Carcinom der Schilddrüse verwechselt werden;
doch verläuft sie immer ohne Schmerzen, entwickelt sich in verhältnis-
mäßig sehr kurzer Zeit und führt nie zu Kachexie, Verwachsungen
mit der Haut und Erkrankung der regionären Lymphdrüsen, während
lokale Störungen — Aphonie, Dyspno&, Schlingbeschwerden, Herz-
klopfen — sich bald mehr, bald weniger geltend machen. Die Be-
handlung braucht nur eine symptomatische zu sein; die Radikal-
exstirpation ist unausführbar, die partielle hat hingegen einige Male
zur Rückbildung der Geschwulst geführt, die in 1 Falle auch nach
der Tracheotomie beobachtet wurde. Kramer (Glogau).
19) E. Hertoghe. Végétations adénoïdes et myxoedeme.
(Ann. de la soc. méd.-chir. d'Anvers 1897. März.)
Bekanntlich hat H. in früheren Arbeiten die Ansicht aufgestellt,
dass jeder Zwergwuchs auf einen Mangel an Schilddrüsenfunktion
zurückzuführen sei, und dass die gewöhnlich als Ursache angeführten
Erkrankungen, wie Tuberkulose (?), Rachitis, hereditäre Lues, Alko-
holismus etc., nur dadurch wirken, dass sie die Schilddrüsenthätigkeit
herabsetzen. In ähnlicher Weise sucht er nun in vorliegender Ar-
beit auch die adenoiden Vegetationen des Nasen-Rachenraumes dem
Bilde des Myxödems unterzuordnen.
In erster Linie stellt er fest, dass seiner Beobachtung nach alle
Myxödematösen, Kinder und Erwachsene, mit adenoiden Vegetationen
behaftet seien. Bei ausgesprochenem Myxödem komme dazu noch
eine allgemeine Schwellung der Mund- und Nasenschleimhaut.
Sämmtliche davon herrührende Symptome sah H. auf Schilddrüsen-
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 837
fütterung hin verschwinden, aber nur so lange, als die Behandlung
dauerte.
Im Weiteren sucht H. den komplementären Satz zu beweisen,
dass alle — oder wie er in den Schlussfolgerungen vorsichtiger sagt
— ein großer Theil der mit Tonsilla tertia Behafteten von Myxödem
befallen sind oder wenigstens hereditäre Belastung mit Myxödem
aufweisen.
Als Hauptbeweis wird die Thatsache angeführt, dass die ade-
noiden Vegetationen in der Mehrzahl der Fälle in jugendlichem Alter
auftreten, zu einer Zeit, wo die größten Ansprüche an die Schild-
drüsenfunktion gestellt werden, und dass nach dem Pubertätsalter
häufiger Mädchen befallen werden, deren Schilddrüse durch die ge-
schlechtliche Entwicklung mehr in Anspruch genommen werde, als
in der gleichen Periode beim männlichen Geschlecht. Als kasu-
istische Beweise werden sodann einige Fälle angeführt, in denen
junge Leute Hypertrophie der Gaumentonsillen oder Entwicklung
einer Pharynxtonsille boten, während sich in der Ascendenz mehr
oder weniger ausgesprochene Erscheinungen von Hypothyreosis fanden.
Es liegt auf der Hand, dass, wie es Verf. selbst andeutet, weder
die oben angeführten theoretischen Überlegungen, noch die mit-
getheilten Fälle genügen, um die Ansicht Ho in ihrem ganzen Um-
fang zu beweisen. Dazu wären genaue Untersuchungen an einem
großen, ohne Wahl zusammengestellten Material von Tonsilla tertia-
Fällen erforderlich. Es wäre ferner zu untersuchen, ob in Kropf-
gegenden die adenoiden Vegetationen erheblich häufiger vorkommen,
als in kropfarmen Distrikten. Der Beobachtung des Ref. nach
dürfte dies wohl kaum der Fall sein. Jedenfalls verdient die Theorie
Dia wenn sie sich auch nicht in ganzer Ausdehnung sollte auf-
recht erhalten lassen, doch Berücksichtigung und Nachprüfung.
Der Arbeit ist die Abbildung eines ausgesprochenen Kretinen mit
adenoiden Vegetationen beigegeben, nebst einem Radiogramm von
der Hand desselben. de Querrain (Chaux-de-Fonds).
20) Joffroy. Sur un cas d’acromegalie avec demence.
(Progrès méd. 1898. No. 9.)
Gelegentlich einer klinischen Demonstration spricht J. sich da-
hin aus, dass wir über die Pathogenie des Leidens noch völlig im
Dunkeln sind. Er ist aber der Ansicht, dass der Hypophyse eine
gleiche Bedeutung für das Entstehen der Akromegalie, wie der Thy-
reoidea für das des Basedow zukommt. Erkrankt dies Gebilde in
der Jugend, entsteht Riesenwuchs, während bei Erwachsenen sich
das Bild der Akromegalie entwickelt.
Atiologisch kommen schlechte Wohnung, Ernährung etc. in Be-
tracht. Die Diagnostik ist leicht, nur die Osteitis deformans (Paget)
kann zu Verwechslung Anlass geben; doch fällt bei dieser bald die
Asymmetrie der Veränderung auf. Es fehlt der Kopfschmerz, die
838 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
Schlaflosigkeit, die Demenz, während die Knochenveränderungen
rasch fortschreiten.
Die Therapie ist machtlos. Hypophysenextrakt ist noch nicht
versucht. Die Anwendung von Thyreoidea schlug fehl. Medika-
mente können nur symptomatisch verwandt werden.
Boesing (Hamburg).
21) E. Wormser. Les operationes du goitre à la clinique
chirurgicale de Berne.
(Revue de chir. 1898. No. 4.)
Die Mittheilung bezweckt, gegenüber der Empfehlung der Enu-
kleationsmethode seitens Bérard (Lyon) die Vorzüge der partiellen
extrakapsulären Thyreoidektomie an der Hand der großen Erfahrungen
der Berner Klinik von Neuem zu beleuchten und die Indikationen
für die übrigen Verfahren der Kropfoperationen festzustellen. W. be-
nutzt hierzu nur die letzten 204 Fälle, welche 159 Thyreoidektomien,
12 Enukleationen, 19 Resektionen, 16 Enukleationen und Resektionen,
2 Ligaturen der großen Kropfgefäße betrafen, und giebt zunächst
eine Schilderung der bekannten Operationsmethode Kocher’s und
der bei genauester Befolgung derselben zu erwartenden Vorzüge,
unter denen hier nur die der vollständigen Blutstillung, der Ver-
meidung einer Nervenverletzung, der Erhaltung eines Theils gesunden
Schilddrüsengewebes und die der größeren Aussichten primärer Wund-
heilung, neben denen möglichst günstiger kosmetischer Resultate
und der Verhütung von Recidiven genannt zu werden brauchen.
In der That verliefen nach allen diesen Beziehungen die Operationen
Kocher’s so gut, wie nur gewünscht werden konnte, so fern es sich
nicht um bösartige Kröpfe handelte; sie ergaben keinen einzigen
Todesfall, führten niemals zu Nachblutungen, beunruhigenden
Störungen der Athmung, dauernden Stimmbandlähmungen und nur
einige wenige Male zu leichten Infektionen. Im Gegensatz hierzu
hat die Enukleationsmethode vielfache Nachtheile — starke Blutung,
Möglichkeit der Infektion der unregelmäßigen Wunde event. durch
die im Schilddrüsengewebe vorkommenden Mikroben, besonders bei
multiplen Enukleationen, die zur Nekrose dazwischen gelegenen
Schilddrüsengewebes führen können, häufige Recidive etc. — Aus
diesen Gründen wendet Kocher diese letztere Methode nur bei
unilokulären Kropfcysten, bei leicht ausschälbaren isolirten Kropf-
knoten und bei großen Knoten in unbeweglichen Kröpfen an, während
er die Thyreoidektomie in allen übrigen Fällen (inkl. akuten und
chronischen Strumitiden) bevorzugt und die Exothyropexie höchstens
dann für berechtigt hält, wenn die Operation ohne das nöthige In-
strumentarium vorgenommen werden muss. Bei Morbus Basedowi
hat K. mit der Unterbindung von 3 Art. thyreoideae, die der 4.
event. später vornehmend, gute Resultate erhalten.
Kramer (Glogau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 839
22) A. Wölfler. Über die operative Dislokation des Kropfes.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI Hft. 2.)
Die von W. vorgeschlagene Operation soll den Kropfkranken
in Fällen, in welchen eine Entfernung des Kropfes aus irgend einem
Grunde unthunlich ist, von den Gefahren seines Leidens befreien.
Der Eingriff besteht darin, dass der Kropf unter Erhaltung der
wichtigsten Gefäßverbindungen aus seinem Bett ausgelöst und an
einer Stelle, an welcher er keine Funktionsstörungen verursachen
kann, meist höher oben am Hals unter der Haut und dem Kopfnicker
befestigt wird. Dieses Verfahren hält W. für indieirt bei Kropf-
recidiven, beiderseitiger Kompression der Luftröhre durch die Kropf-
hälften, einseitiger Kompression der Luftröhre, wenn der Kropf der
anderen Seite bereits entfernt worden ist, bei substernaler Verlagerung
des gleichmäßig hypertrophirten Kropfes eines jugendlichen Indi-
viduums. Um eine Verkleinerung des verlagerten Kropfes zu er-
zielen, hat sich W. in einem Falle der thermokaustischen Stichelung
bedient, er vermuthet aber, dass auch ohne solche eine Volumensabnahme
mit der Zeit eintreten werde. Zum Schluss wird hervorgehoben,
dass die geschilderte Methode mit der Jaboulay’schen Exothy-
reopexie nicht verwechselt werden darf. Honsell (Tübingen).
Kleinere Mittheilungen.
Dünndarminvagination durch Einstülpung eines Meckel-
schen Divertikels.
Von
Dr. F, de Queryain in Chaux-de-Fonds.
Obwohl die Einstülpung des Meckel’schen Divertikels in das Darmlumen als
Ursache von Ileus und Intussusception nicht unbekannt ist — König! erwähnt
z. B. dieses Vorkommnis mit Berufung auf die Fälle von Heller —, so handelt
es sich doch um ein recht seltenes Ereignis, und Küttner? konnte mit einem in
der Bruns’schen Klinik vorgekommenen Fall nur 8 derartige Beobachtungen aus
der Litteratur zusammenstellen. Zu denselben kommt noch ein von Küttner
übergehener Fall, der von Studsgaard® operirt wurde. Es handelte sich um
einen 37jährigen Mann mit Invaginatio ilei und Peritonitis. Laparotomie. Re-
sektion. Tod an demselben Tage. Die Invagination zeigte sich durch ein ein-
gestülptes Divertikel veranlasst. Als 10. Fall wäre dievon v.Stubenrauch auf dem
letzten Chirurgenkongress in Berlin mitgetheilte Beobachtung zu erwähnen. Da,
wie aus dem Gesagten hervorgeht, die Zahl der bisher bekannten Fälle immerhin
noch recht klein ist, so dürfte die Mittheilung eines weiteren, selbst beobachteten
Falles von Divertikeleinstülpung nicht ganz ohne Interesse sein. (Derselbe wurde
am 19. Märg 1898 in der »Bociété médicale Neuchäteloise« kurz mitgetheilt.)
Der 16jährige, bisher gesunde Pat. S. wurde am 23. November 1896 Vor-
mittags plötzlich ohne nachweisbaren Grund von sehr heftigen Unterleibsschmerzen
befallen, die von Erbrechen begleitet waren. Der folgenden Tages gerufene Arzt
1 Lehrbuch der spec. Chirurgie 6. Aufl. Bd. II. p. 307.
2 Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. p. 289.
3 Cit. nach Centralblatt für Chirurgie 1894. p. 934.
840 Centralblait für Chirurgie. No. 32.
verordnete zuerst ein leichtes, salinisches Abführmittel, als die Beschwerden sich
jedoch eher steigerten, Opium. Objektiv konnte er bei wiederholter Untersuchung
eine Resistenz in der Ileocoecalgegend nachweisen. Stuhlgang ging mehrfach ab,
nicht aber Winde. Am Abend des 2. Tages war die Temperatur 38,2°. Am fol-
genden Morgen, also 2mal 24 Stunden nach Beginn der Erscheinungen, sah ich den
Pat. zum 1. Male, in Konsultation mit dem behandelnden Arzt. Der Junge bot
folgenden Status: Sensorium frei. Temperatur 36,9, Puls 120, schwach, doch noch
deutlich. Gesichtsfarbe blass-eyanotisch. Abdomen nur mäßig aufgetrieben, aber
diffus druckempfindlich. Im linken Mesogastrium Metallklang. Über dem linken
Lig. Pouparti, nach der Mittellinie hin, leichte Dämpfung, ohne deutliche Resi-
stenz. In der Ileococcalgegend weder Dämpfung noch Resistenz. Nirgends ein
Tumor zu fühlen. Pat. hat eben noch einen schwärzlichen Stuhl gehabt, ohne
irgend welche Blutbeimengung. Auch an den beiden vorhergehenden Tagen war
nie der für Invagination mehr oder weniger charakteristische blutige Durchfall
beobachtet worden.
Die Diagnose war unter diesen Umständen nicht klar. Trotz des akuten Be-
ginns konnte nicht ohne Weiteres an Invagination gedacht werden, weil jedes
charakteristische Symptom — besonders der Tumor — fehlte. Die Annahme einer
Perityphlitis schien uns näher zu liegen, wobei das Verschwinden der vom Kol-
legen beobachteten Resistenz in der Dleocoecalgegend als Platzen eines perityphli-
tischen Exsudats in die freie Bauchhöhle gedeutet werden musste. Jedenfalls war
ein Eingriff dringend nothwendig, wenn schon von schlechter Prognose.
Der Pat. wurde in das Spital gebracht, da die Verhältnisse einen operativen
Eingriff im Hause des Kranken nicht zuließen.
2 Stunden nach der 1. Untersuchung fand ich den Zustand des Pat. merklich
schlimmer. Die Cyanose hatte bedeutend zugenommen und der Puls war auf 140
gestiegen, mit Abnahme der Spannung. Gesichtszüge verfallen.
Es wurde sofort zur Operation geschritten, die in leichter Äthernarkose aus-
geführt wurde. Medianer Bauchschnitt zwischen Nabel und Symphyse. Sofort
präsentirt sich geblähter, injieirter Dünndarm, an dem keine peristaltischen Be-
wegungen zu sehen sind. In der Ileocoecalgegend nichts Besonderes. Dagegen
findet sich im kleinen Becken ein Dünndarmkonvolut, das hervorgeholt wird. Das-
selbe zeigt eine Invagination des Ileums von ca. 10 cm Länge. Im kleinen Becken
findet sich außerdem eine übelriechende, blutig-seröse, leicht getrübte Flüssigkeit.
Die Untersuchung der invaginirten Partie zeigt, dass das Intussusceptum von der
sehr engen Einschnürungsstelle weg gangränös ist. Das Intussuseipiens dagegen
ist hochgradig venös hyperämisch. Es wird rasch die Resektion der gangen In-
vagination vorgenommen. Da aber der Zustand des Pat. sehr ungünstig, und da
bei der zum Theil schon bestehenden Darmlähmung rasche und gründliche Ent-
leerung des Darmes wünschenswertli ist, so wird von einer cirkulären Vereinigung
der beiden Darmenden abgesehen, und es werden dieselben einfach in der Wunde
fixirt, in Voraussicht einer allfälligen späteren sekundären Darmnaht. Dass es
aber zu einer solchen kommen würde, das war freilich völlig unwahrscheinlich bei
dem Bestehen einer peritonitischen Darmlähmung. Der Exitus erfolgte denn auch,
wie zu erwarten stand, im Verlauf desselben Abends.
Beim Aufschneiden des Präparats zeigte sich, dass aus der muttermund-
ähnlichen Öffnung des Invaginatum ein ca. 5 cm langes, polypenartiges Gebilde
herausschaute, das an seinem Ende leicht kolbig verdickt war. Es wurde zuerst
an einen Polypen gedacht. Bei genauerem Nachsehen und bei Desinvagination
zeigte es sich jedoch, dass sich das Gebilde zurückstülpen ließ und an seiner
Außenfläche von Serosa bekleidet war. Es mündete an der dem Mesenterialansatz
gegenüberliegenden Seite in den Darm. Die Deutung war demnach nicht schwer:
es musste sich um ein Meckel’sches Divertikel handeln. Die invaginirte Partie
erwies sich als zum Theil schon gangränös, während die äußerste der 3 Darm-
schichten, von der venösen Stase abgesehen, noch gut aussah. Schematisch würde
sich die Invagination folgendermaßen darstellen (8. folgende Seite).
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 841
Bemerkenswerth ist der Fall einmal durch das rasche Auftreten der Gangrän,
die schon nach 2mal 24 Stunden zu Peritonitis geführt hatte. Auf diesem raschen
Brandigwerden, ohne länger vorhergehende venöse Stase im Intussusceptum, dürfte
wohl das Fehlen von blutigem Stuhl beruhen.
Dass durch Einstülpung des Divertikels auch der Darm nachgezogen und mit
eingestülpt wurde, das ist völlig begreiflich. Weniger leicht erklärbar ist aber
die primäre Einstülpung des Divertikels. Küttner verlegt, für seinen Fall
wenigstens, den Beginn der Invagination des Divertikels an die Basis desselben
und lässt die peristaltischen Bewegungen desselben eine gewisse Rolle spielen. Nicht
unmöglich wäre es aber auch, dass durch rasche Weiterbeförderung des Darm-
inhalts im Divertikel so zu sagen ein negativer Druck hergestellt wurde, und dass
die Einstülpung demnach auf passivem Weg zu Stande käme.
Schematische Darstellung der in unserem Falle vorliegenden Verhältnisse.
a. Umgestülptes Divertikel. b. Intussusceptum. c. Intussuscipiens. d. Mesenterium.
Was die Diagnose betrifft, so lässt sich die Einstülpung des Meckel’schen
Divertikels natürlich nur bei der Operation oder der Autopsie erkennen.
Es sei bei diesem Anlass noch darauf hingewiesen, wie unzuverlässig der Ab-
gang von blutig gefärbtem Stuhl als diagnostisches Zeichen für Invagination ist,
Während er in unserem Falle fehlte, sah ich kürzlich einen Jungen mit allen
Zeichen eines akuten Darmverschlusses und mit Abgang von blutiger Flüssigkeit
per rectum. Es handelte sich aber nicht um Invagination, sondern, wie die Ope-
ration bewies, um Perityphlitis mit relativer Einklemmung eines Dünndarmkonvoluts
in dem kleinen Becken.
Bezüglich der Prognose fügen die 3 neuen Fälle dem von Küttner Gesagten
nichts Weiteres bei. Alle bisher zur Operation gekommenen Fälle sind gestorben.
Eine Verbesserung der Prognose ist nur von möglichst frühzeitigem Operiren zu
erwarten.
23) W. Macewen. Die infektiös-eitrigen Erkrankungen des Gehirns
und Rückenmarks. Meningitis, Hirnabscess, infektiöse Sinusthrombose.
(Übersetzt von Dr. Paul Rudloff.)
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 345 S.
Die Schlussfolgerungen, welche der Verf. in dem vortrefflich übersetzten Werk
niederlegt, gründen sich ausschließlich auf Fälle eigener Beobachtung. Ein Kapitel
über einschlägige Litteratur anzufügen, hat M. aus anderen Gründen unterlassen.
Das Werk beginnt mit einer recht genauen Anatomie des Gehörorgans und seiner
benachbarten Theile, bespricht dann die Pathologie des Hirnabscesses und der
Meningitis und deren Fortpflanzung. In der Symptomatologie des Hirnabscesses
wird wesentlich Neues nicht angegeben, dagegen enthält die Beschreibung der
Thrombose der intrakraniellen Blutleiter sehr interessante und durch instruktive
Krankengeschichten erläuterte Einzelheiten. Es folgt dann die Besprechung der
Behandlung und die durch dieselbe erzielten Resultate.
So interessant das Werk durch die Fülle der Einzelheiten und der gebotenen
Krankengeschichten ist, so wenig ist es geeignet, ein abgerundetes Bild aller an-
geführten Erkrankungen von vorn herein zu geben. Der Specialist wird aber in
842 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
den einzelnen Beobachtungen eine Menge von Anregungen finden, wenn er auch
mit den einzelnen Schlussfolgerungen und Beobachtungen nicht einverstanden ist
und selbst einzelnen Punkten in der Anatomie widersprechen würde.
Jedenfalls kann die Übersetzung dieses auf so zahlreichen interessanten Beob-
achtungen seines Verf. beruhenden Werkes, besonders wenn sie so wohl gelungen
ist, nur mit Freuden begrüßt werden. Es eignet sich aber dasselbe mehr zum
Nachschlagen über Einzelheiten, als dass es uns ein abgerundetes Bild giebt.
Nicht zum kleinsten Theil dürfte hieran die Einstreuung und Besprechung der
Krankengeschichten im Text und das Fehlen der einschlägigen Litteratur Schuld
sein. Borchard (Posen).
24) Brauneck. Zur Kasuistik der Gehirntumoren traumatischen Ur-
sprungs.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 4.)
Ein 33jähriger, kräftig und gesund aussehender Bergmann erleidet durch ein
fallendes Steinstück eine 31/2 cm lange Wunde der Kopfschwarte 11 cm hinter der
linken Ohrmuschel. Heilung glatt. Nach etwa 4 Wochen stellen sich heftige
Schmerzen im Hinterkopf ein, die allmählich dauernd werden. Es folgen Gehirn-
erscheinungen, völlige Appetitlosigkeit, häufiges Erbrechen. Auf beiden Lungen
bei der Aufnahme ins Krankenhaus pleuritisches Reiben. Dann folgen Stauungs-
papille, Zuckungen der Extremitäten, endlich unter andauerndem Erbrechen Fieber,
Bewusstlosigkeit, Tod. Der Sektionsbefund ist: Ausgedehnte tuberkulöse Gehirn-
hautentzündung und walnussgroße Geschwulst im Kleinhirn, die als typischer
Solitärtuberkel erkannt wird. Verf. nimmt an, dass bei dem tuberkulös beanlagten
Mann (Pleuritis!) die Entwicklung des tuberkulösen Processes im Kleinhirn durch
das Trauma veranlasst worden ist. Teubner (Hannover).
25) Trnka (Prag). Beitrag zur Technik der Trepanation des Schädels.
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 9 u. 11.)
Im Eingang seiner Mittheilung erwähnt T., dass er den vorliegenden Artikel
am 18. Februar c. dem Üentralblatt für Chirurgie eingeschickt, die Redaktion
denselben jedoch mit dem Bemerken zurückgesendet, dass eine Arbeit Lauen-
stein’s mit ähnlichem Inhalt im Druck sei. Es handelt sich thatsächlich um
denselben Vorschlag, nämlich bei der Durchführung des Fadens, bezw. der Säge,
von einem 'Trepanloch zum anderen eine Uhrfeder zu benutzen (cf. Lauen-
stein in diesem Bl. 1898 No. 8). T. kam zu seinem Vorschlag bei Versuchen mit
der Gigli’schen Süge an Leichen.
Als Bohrinstrument empfiehlt T. einen patentirten Drillbohrer, den er im
Arsenal der Metalldrechsler vorfand, und den er zur Schädeltrepanation nach
Obalinski mit einer scharfen Fraise montiren ließ, welche die Form eines flachen
Kegels zeigt, jedoch scharfe Risse aufweist, die in eine scharfe, stumpfwinklige
Spitze auslaufen. Abbildung siehe im Original, No. 11 p. 125.
Jaffé (Hamburg).
26) Jonnesco. L’hemicraniectomie temporaire.
(Arch. des sciences med. 1898. No. 1 u. 2.)
Bericht über 6 nach der Methode von Doyen operirte Fälle: 1 Mikrocephalie,
1 Imbeeillität, 2 Epilepsien, 2 Idiotien. Wie die erzielten Besserungen gewesen
sind, kann man bei der Kürze der angeführten Krankengeschichten nicht sehen.
Besonders wirkt die Operation bei Epilepsie und Mikrocephalie durch die Ent-
lastung des Gebirns. In den 3 Fällen von Epilepsie fand J. ein Odem des Gehirns
und Vermehrung des Liquor cerebrospinalis. In dem Falle von Mikrocephalie
wird eine Lücke von fast 1 cm Breite gelassen, um eine dauernde Entlastung des
Gehirns herbeizuführen. Borchard (Posen).
27) C. M. Moullin. The fate of bone reimplanted after trephining.
(Brit. med. journ. 1898. Februar 12.)
Bei einem 47jährigen Seemann, der im März 1594 eine schwere Verletzung
der linken Regio parietalis durch Sturz von einer Segelstange erlitten hatte, war
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 843
anderwärts im April 1896 wegen epileptischer Anfälle, die hauptsächlich die
rechte Gesichts- und Körperseite betrafen, in der Folge zu Lähmungserscheinungen
und Aphasie führten, die Trepanation ausgeführt worden; es war, wie sich durch
die Untersuchung feststellen ließ, der Knochen in der linken Scheitelbeingegend
ungefähr im Umfang einer Handfläche entfernt und dann nach Zerstückelung re-
implantirt worden. Wegen häufiger auftretender epileptischer Anfälle, die stete
mit Krämpfen in der rechten Hand begannen, sich dann auf Arm und Bein und
schließlich auch auf die linke Rumpfseite ausdehnten, wurde die durch die frühere
Trepanation gesetzte Wundfläche wieder frei gelegt. M. fand die Dura mater be-
deckt mit einer Mosaik von kleinen Knochenstückchen, die zum Theil unter ein-
ander mit schmalen Brücken verwachsen waren, auf der Oberfläche glatt, auf der
Duraseite mit kleinen Grübehen bedeckt waren, denen Knöspchen von Granulations-
gewebe entsprachen, das sich aus den Weichtheilen darunter gebildet hatte. Die
Ränder der Knochenstückchen waren glatt und dünn. Die größte Dicke war die
eines dünnen Pappdeckels; und zwar schienen Tabula externa und interna in gleicher
Weise von der Resorption betroffen. Vielleicht als Ursache der Jackson’schen
Epilepsie fand sich an einer Stelle, wo sich 2 Knochenstückchen unter einander
geschoben hatten, eine unregelmäßige Knochenwucherung von der Größe einer
Erbse, welche eine kleine Grube in der Dura verursacht hatte. Die Dura war hier
verdickt. Das betreffende Knochenstückchen wurde entfernt, der übrige Theil der
Mosaik nicht weiter berührt, der Weichtheillappen wieder angelegt. In den näch-
sten 6 Wochen, die Pat. noch in Beobachtung stand, traten Anfälle, die sonst
täglich mehrfach eingetreten waren, nicht mehr auf. M. warnt auf Grund seiner
Beobachtung vor der Reimplantation kleiner Knochenstückchen bei größeren
Schädeldefekten, weil dieselben der Resorption verfallen und so wenig mehr für
die Deckung von Nutzen sind, außerdem aber auch zu ernsten Störungen Anlass
geben können. F. Krumm (Karlsruhe).
28) A. W. Martynow. Fall einer hartnäckigen Neuralgie des N. la-
erymalis, Heilung auf operativem Wege.
(Chirurgia 1897. p. 401. [Russisch.))
Die bei einer 75jährigen Frau seit 9 Jahren bestehende heftige Neuralgie war
mit allen möglichen neueren Mitteln vergebens behandelt worden. Am Tage kamen
die Anfälle 3—4, in der Nacht 7—8mal. Eine genaue Untersuchung ließ erkennen,
dass in diesem Falle der N. lacrymalis der betroffene Nerv war. Da für dessen
operative Freilegung keine Verfahren vorlagen, so übte M. im Institut Prof. Dia-
konow’s 2 Operationsweisen ein, eine ohne und eine mit Resektion des Orbital-
randes. Das letztere Verfahren erleichtert sehr die Freilegung des Nerven. Bei
der Kranken wurde ohne Knochenresektion operirt. M. beschränkte sich aus
Rücksicht auf die Thränendrüse nur auf die Dehnung des Nerven. Trotzdem war
der Erfolg ein guter, die Schmerzen verschwanden nach der Operation vollständig
und waren nach 2 Monaten noch nicht wiedergekehrt.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
29) W. Osler. On chronic symmetrical enlargement of the salivary
and lachrymal glands.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Januar.)
In dem Falle O.'s handelte es sich um ein 11jähriges Mädchen, bei dem sich
im Laufe eines Jahres eine allmähliche Vergrößerung der Thränendrüsen, Speichel-
drüsen und der Schleimdrüsen des Mundes ausbildete. Außerdem wurde eine
Vergrößerung der Mils und syphilitische Rhinitis festgestellt. Unter Jodkalium-
gebrauch gingen die Schwellungen zurück; auch die Rhinitis heilte, und die Milz
verkleinerte sich. 2 Jahre nach dieser Affektion starb das Mädchen an Lungen-
tuberkulose. Bei der Autopsie fand man die Thränendrüsen durch fibröses Ge-
webe ersetzt; an den Speicheldrüsen fand man keine Spur von der früheren Ver-
größerung. Im Hinblick auf die syphilitische Nasenaffektion, so wie den prompten
844 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
Effekt der Jodkaliumkur hält O. einen Zusammenhang mit angeborener Syphilis
für sehr wahrscheinlich. Die Tuberkulose des Mädchens hat im vorliegenden
Falle wohl nichts mit der Thränen- und Speicheldrüsenaffektion zu thun. (Nach
Mikulioz [Billroth’s Festschrift] und Kümmel [Mittheilungen a. d. Greng-
gebieten der Medicin u. Chirurgie 1897 Bd. II) ist die Hyperplasie der Speichel-
drüsen als chronische Infektion bis jetzt noch unbekannten Ursprungs anzusehen.
(Ref.) W. Sachs (Mülhausen i/E.).
30) L. Kredel. Die angeborenen Nasenspalten und ihre Operation.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 237.)
Der wesentlichste Inhalt von K.’s Mittheilung ist auf der vorjährigen Natur-
forscherversammlung in Braunschweig vorgetragen, und verweisen wir hierüber auf
den Selbstbericht p. 1136 im vorigen Jahrgang unseres Blattes. Die vorliegende
Arbeit bringt außer ausführlicher Berichterstattung und Besprechung des von K.
operirten Falles medianer Nasenspalte die Photogramme des Pat. vor und nach
der Operation, so wie ferner einen Bericht über die Operation einer — diagno-
stisch allerdings nicht ganz einwandsfreien — seitlichen Nasenspalte. Bei dem
4monatlichen Kind, dessen Vater syphilitisch gewesen war, bestand eine tiefe
Einschneidung des linken Nasenflügels genau in seiner Mitte am freien Rand.
Die Operation ist beiläufig dadurch interessant, dass in die Wunde zum Ersatz
des fehlenden Nasenflügelknorpels ein keilförmiges aus dem Ohrknorpel exeidirtes
Knorpelstückchen mit gutem Erfolg implantirt, gewissermaßen »okulirt« wurde.
Verf. eitirt die spärlichen bis jetzt bekannten Fälle seitlicher Nasenspalte, die
— wie ebenfalls die medianen Spalten — wahrscheinlich auf von außen ein-
wirkende Schädigungen, insbesondere Verwachsung und Druck von Amnionfalten,
zurückzuführen sind, Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
31) H. Eichler. Adenom, einen von der Nasenscheidewand aus-
gehenden Polypen vortäuschend.
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.)
Die bohnengroße Geschwulst saß breitbasig der linken Seite der Nasenscheide-
wand in der Gegend des Tuberculum septi auf und hatte eine rosarothe Farbe;
mit der kalten Schlinge entfernt und mikroskopisch untersucht, erwies sie sich als
reines Adenom. Die Heilung ging glatt vor sich, ein Recidiv ist nicht eingetreten.
Teichmann (Berlin).
32) J. Fein. Eine neue Nasenschere.
(Archiv für Laryngologie Bd. VIL Hft. 2 u. 3.)
Das zur Abtragung der hinteren Muschelenden und ev. auch hypertrophischer
Mandeln bestimmte Instrument stellt eine knieförmig gebogene Doppelschere dar,
deren vier in Scharniergelenken gegen einander bewegliche Schneiden die abzu-
tragenden Theile umfassen sollen. Die Operation soll damit viel leichter und
schneller von statten gehen als mit der Schlinge. Teichnann (Berlin).
33) R. Abbe. A new |plastic operation for the relief of deformity
due to double harelip.
(Med. record 1898. April 2.)
Die Folgen einer doppelseitigen Hasenschartenoperation in der Kindheit,
welche in einer außerordentlichen Abflachung und Kürzung der Oberlippe und
einer enormen Wulstung und Vorstehen der herabhängenden Unterlippe bestanden,
wurden mit ausgezeichnetem kosmetischen Resultat von A. operirt. Der Eingriff
bestand in zweizeitiger Transplantation des mittleren Theils der Unterlippe in die
Oberlippe, wie Fig. 1—3 zeigen.
Ein mittlerer vertikaler Schnitt spaltete die alte Narbe der Oberlippe, die
Ränder wurden durch Excision des Narbengewebes angefrischt. Es entstand ein
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 845
ungefähr 8/4 Zoll breiter Defekt. Aus der Mitte der Unterlippe wird ein Lappen,
dessen Brücke den unteren Ast der linken Coronararterie enthält, gebildet und
exakt in den oberen Defekt befestigt. Besonders genau muss auf das Lippenroth
geachtet werden. Die Unterlippe wird ebenfalls bis auf den Rand zusammen-
gezogen. Auf der rechten Seite des Mundes bleibt also oben und unten der Wund-
rand des rothen Lippensaums unversorgt, bis der invertirte Lappen in seiner neuen
Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3.
N
Shien
Lage angewachsen ist. Es wurden noch einige Entspannungsnähte (auf der Figur
nicht verzeichnet) zur Sicherung des Lappens theils durch beide Theile der Ober-
lippe, theils quer über den Mund von links unten nach rechts oben angelegt. Am
12. Tage erfolgt durch Trennung der Brücke der Schlussakt der Operation. Die
Ernährung des transplantirten Lappens war so vollständig, dass nicht einmal ein
Unterschied der Farbe erkennbar blieb. Während der ersten 12 Tage wurde der
Pat. durch die Nase vermittels eines Schlauches gefüttert.
Loewenhardt (Breslau).
34) T. Harris (Manchester) On »Dry Mouth« or Xerostomia.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. März.)
H. beschreibt einen Fall der seltenen Affektion, bei welcher die Sekretion
aller Speicheldrüsen und aller Drüsen der Mundschleimhaut versiegt ist. Der Fall
betrifft eine 30jährige Frau, bei welcher die Krankheit zur Zeit der Untersuchung
schon 3 Jahre bestand, und ist ausgezeichnet durch eine zugleich bestehende
doppelseitige Anschwellung der Parotis. Auch ist die eine Nasenhälfte voll-
kommen trocken. Alle therapeutischen Maßnahmen waren erfolglos; Massage der
beiden Parotiden brachte eine kurz dauernde Besserung. H. ist der Meinung, dass
eine Nervenstörung in seinem Falle der Xerostomie und der doppelseitigen Parotis-
schwellung zu Grunde lag. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
35) L. Kasparki. Fremdkörper (Metallring mit einer in ihn ge-
steckten Militärpatronenhülse), der über 3 Monate in der Backe gelegen
hatte.
(Chirurgia 1897. p. 398. [Russisch.))
Ein Bauer des Pskow’schen Gouvernements hatte es übernommen, am Oster-
sonntag vor dem Gottesdienst einen Kanonenschuss abzufeuern. Da aber am
Orte keine Kanone aufzutreiben war, improvisirte er sich eine solche, indem er
eine Radnabe an ihrem Ende mit einem Metallring einer Militärpatrone verschloss
Die Ladung bestand aus einer reichlichen Menge Schießpulver und einem fest
angetriebenen Papierpfropf. Nach dem bedeutenden Knall fand man den Ver-
letzten blutüberströmt und bewusstlos am Boden liegend. Von dem improvisirten
Geschütz fand man keine Spur, es war in kleine Stücke zerrissen. Nachdem der
Kranke ca. 2 Monate in einem Kreiskrankenhaus gelegen, wurde er zu K. ins
Gouvernementskrankenhaus gebracht, um wegen einer angeblichen Kiefernekrose
operirt zu werden. Er hatte in der linken Wange eine starke harte Anschwellung
mit einer kleinen Fistelöffnung. Schon die Betastung ließ den Verdacht eines
846 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
Fremdkörpers aufkommen, um so mehr, als sich mit der trübserösen Flüssigkeit
aus der Fistel kleine schwärzliche Bröckelchen entleerten. Nachdem die Sonde
jene Annahme bestätigt, wurde nach einem ausgiebigen Einschnitt mit einem
Haken ein Metallring von 3 em Durchmesser und 1 cm Höhe und eine Militär-
patronenhülse hervorgesogen, die unerkannt über 3 Monate in der Backe gesteckt
hatten. Die Fremdkörper lagen theils dicht am Unterkieferknochen, theils waren
sie noch in denselben eingedrungen. E. Braatz (Königsberg i/Pr.)
36) A. Kirstein. Nageltrokar für die Oberkieferhöhle.
(Ärztliche Polytechnik 1898. April.)
Obiger Trokar hat 2,4 mm Durchmesser, 0,3 mm Wandstärke, er wird von der
Umschlagsstelle der Schleimhaut mittels Hammerschlägen eingetrieben, mit oder
ohne Cocain. Alsdann folgt die Reinigung der Höhle.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
37) Moty. Osteo-myelite du maxillaire inférieur.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 376.)
M. weist an der Hand eines einschlägigen, von ihm ausführlich mitgetbeilten
Falles auf die Gefahr der Fortpflanzung einer Infektion von einem cariösen Zahn
aus entlang dem Kieferkanal und dadurch bedingter Osteomyelitis des Kiefers
hin. In seinem Falle war es hierdurch zur Nekrose des ganzen aufsteigenden
Astes des rechten Unterkiefers gekommen. Beichel (Chemnitz).
38) Lichtwitz. Akute Osteomyelitis des Oberkiefers, ein sogenanntes
»klassisches« Empyem in der Highmorshöhle simulirend.
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.)
Bei einem 29jährigen Mann war in Folge eines heftigen Traumas ein osteo-
myelitischer Herd des Oberkiefers entstanden, der zur Bildung eines großen, aus
dem ganzen Alveolarfortsatz des linken Oberkiefers bestehenden Sequesters Anlass
gab. Mit Rücksicht auf die bestehende übelriechende Naseneiterung der linken
Seite, die äußere Schwellung der Wange und die Allgemeinerscheinungen wurde
zuerst an ein sogenanntes klassisches Empyem der Kieferhöhle gedacht. Nach
Entfernung des großen Sequesters fand sich aber der Schleimhautüberzug des
Bodens der Kieferhöhle, welcher bloßgelegt war, vollkommen unversehrt, und bei
einer Probepunktion durch denselben die Kieferhöhle frei von Eiter. Dagegen
führten von der hinteren Wand der nach Entfernung des Alveolarfortsatzes blei-
benden Höhle 2 Fistelgänge, der eine in den Nasen-Rachenraum, der andere in den
unteren Nasengang. Die Heilung erfolgte nach Entfernung des Sequesters rasch.
Verf. ist der Ansicht, dass alle als »klassische« Kieferhöhlenempyeme beschriebenen
Fälle, d. h. Empyeme mit äußerlichen Erscheinungen, auf osteomyelitische oder
specifische Erkrankungen des Oberkieferknochens oder auf vereiterte Zahn- und
Knochencysten zurückgeführt werden müssen. Teichmann (Berlin).
39) J. Reboul. Deux cas d’ost&omyelite avec ne&croses étendues du
maxillaire inférieur consécutive à la carie dentaire chez des enfants.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 390.)
Ohne schwere Allgemeinerscheinungen führte eine ziemlich schleichend sich
entwickelnde Osteomyelitis in dem 1. Falle des Verf. bei einem 6jährigen Kinde
zu einer Nekrose fast der ganzen rechten Unterkieferhälfte mit Bildung einer
ziemlich vollständigen knöchernen Todtenlade. Die Nekrotomie führte zur völligen
Genesung; der neue Knochen trug 2 Schneidezähne, den Eckzahn, den 1. Prä-
molaris, theils entwickelt, theils noch in Entwicklung begriffen. Im 2. Falle batte
die von einer Zahncaries ausgehende Osteomyelitis zu einer ziemlich weitgehenden
Nekrose der linken Unterkieferhälfte geführt; doch war hier der untere innere
Rand des horizontalen Kieferastes erhalten geblieben. Nekrotomie brachte auch
hier Heilung. Reichel (Chemnitz).
Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 847
40) H. Braun. Über myogene Kieferklemme.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 187.)
B.'s Mittheilung ist die Ausarbeitung eines auf der vorjährigen Naturforscher-
versammlung in Braunschweig gehaltenen Vortrags, beziehentlich dessen wesent-
lichsten Inhalts auf das Referat in diesem Blatt p. 1136 vorigen Jahrgangs zu
verweisen ist. Hier wäre noch nachzutragen, dass die Grundkrankheit der von B.
operirten Pat. in einer Myositis ossificans progressiva bestand, und dass B. im
Anschluss an den eigenen Fall die vor ihm publieirten Beobachtungen von Mit-
betheiligung der Kaumuskeln an dieser Krankheit (meist sind die Kieferheber
affieirt) gesammelt hat und hier eitirt. Der Operationsmodus, der in Bis Falle
schließlich einen leidlichen Erfolg — Offenstehen der Zahnreihen 1 cm weit, doch
ohne Kieferbeweglichkeit — herbeiführte, die »Desinsertion«, d. h. die Zurück-
lagerung der Insertion der Kaumuskeln, stammt von Le Dentu und Kocher, und
rekapitulirt B. die von diesen Autoren gelieferten Berichte ihrer Operationen.
Die Technik des Eingriffs wird von B. näher beschrieben, und das Verfahren zu
weiterer praktischer Erprobung empfohlen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
41) Alexander. Beitrag zur wahren Ankylose des Kiefergelenks.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.)
A. bespricht auf Grund von 3 Beobachtungen aus der Mikulicz’schen Klinik
und unter sorgfältiger Berücksichtigung der einschlägigen Litteratur die Ätiologie,
Pathologie, Prognose und Therapie der arthrogenen Kieferklemme. Von den
3 Fällen wurde einer mit Resektion beider Kiefergelenke behandelt, ein anderer
genau nach der Vorschrift Helferich’s, und im 3. Falle wurde ein Muskellappen
aus dem Masseter (mit oberer Basis) interponirt. Der unmittelbare Erfolg war in
allen 3 Fällen gut, das Dauerresultat ist nicht erwähnt. Den Hautschnitt führt
Mikulicz nach eigener Methode (kleiner Lappen mit oberer Basis), welche im
Original nachzusehen ist. Hofmeister (Tübingen).
42) Lichtwitz. Un cas de sarcome pedicul& de la langue.
(Gaz. méd. de Bordeaux 1898. No. 17.)
Bei der großen Seltenheit primärer Zungensarkome verdient der veröffentlichte
Fall, da eine genaue mikroskopische Untersuchung gemacht wurde, unbedingt Er-
wähnung.
Es handelte sich um eine 25jährige Pat., bei welcher die Geschwulst sich
wenige Monate nach einer Entbindung schnell entwickelt hatte. Sie hatte Nuss-
größe, war gestielt und konnte leicht galvanokaustisch abgetragen werden. Ver-
lauf gut. Kein Recidiv nach jetzt 2 Jahren. A. Henry (Breslau).
70.Versammlung der deutschen Naturforscher und. Ärste
zu Düsseldorf
vom 19. bis 24. September 1898.
21. Abtheilung: Chirurgie.
Einführende: Dr. Straeter, Dr. Schultze. Schriftführer: Dr. Becker,
Dr. Paltzow.
Sitzungszimmer: Küönigl. Gymnasium (Aula).
Angemeldete Vorträge:
Bardenheuer, Geh. Sanitätsrath Dr. (Köln), Primäre Resektion des Hüft-
gelenks mit Einschluss der Pfanne. Vorführung eines Operirten.
848 Centralblatt für Chirurgie. No. 32.
Dresmann, Dr. (Köln), Über die Resektion eines 2 m langen Darmstückes.
Derselbe, Sarkom der rechten Hand.
Erasmus, Dr. (Crefeld), Zur Prognose der operativen Behandlung der Nieren-
tuberkulose.
Goldberg, Dr. (Wildungen), Beitrag zur Behandlung der Urogenitaltuber-
kulose. 8
Heusner, Geh. Sanilätsrath Dr. (Barmen), Über Klumpfuf.
Kaufmann, Docent Dr. (Zürich), Beitrag zur Kenntnis des Kropftodes.
Kirchner, Oberstabsarzt Dr. (Düsseldorf), Zur Ätiologie der akuten Osteomye-
litis mit Demonstrationen.
Löbker, Prof. Dr. (Bochum), Meine Erfahrung auf dem Gebiete der Patho-
logie und chirurgischen Therapie der Cholelithiasis.
Lossen, Prof. Dr. (Heidelberg), Über Rhinoplastik.
Morian, Dr. (Essen), Demonstration eines Knaben mit Myositis ossificans.
Derselbe, Ein Fall von Pankreasenterose.
Müller, Dr. (Aachen), Demonstration von Präparaten.
Petersen, Privatdocent Dr. (Heidelberg), Über die Beeinflussung von Infek-
tionskrankheiten durch künstliches Fieber.
Plücker, Dr. (Köln), Über Behandlung komplicirter Verletzungen mit Demon-
stration.
Derselbe, Ein Fall von Missbildung beider oberen Extremitäten bei völliger
Erwerbsfähigkeit.
Riedel, Hofrath Prof. Dr. (Jena), Über Cholelithiasis.
Derselbe, Über orthopüdische Operationen an den unteren Extremitäten.
Derselbe, Zur Behandlung der Appendicitis.
Schede, Geh. Med.-Rath, Prof. Dr. (Bonn), Zur operativen Behandlung der
Jackson’schen Epilepsie.
Schultze, Ferd., Dr. (Duisburg), Zur chirurgischen Behandlung des Gesichts-
lupus mit Krankenvorstellung.
Derselbe, Neues auf dem Gebiete der Medicomechanik und Orthopädie mit
Demonstration neu konstruirter Apparate.
Derselbe, Demonstration eines Apparates für passive Bewegungen des Ell-
bogengelenks.
Straeter, Dr. (Düsseldorf), Pylorusresektion mit Vorstellung.
Thiel, Dr. (Köln), Über die Behandlung alter Empyeme.
Vulpius, Privatdocent Dr. (Heidelberg), Die Behandlung der Wirbelentzün-
dung im Gipsbett.
Witzel, Prof. Dr. (Bonn), Über die chirurgische Behandlung der eitrigen Me-
ningitis.
Wolf, Oskar, Dr. (Köln), Ausgedehnte Beckenresektionen mit Demonstrationen.
Derselbe, Die Behandlung der Knochenbrüche mit Extension nach Barden-
heuer.
Bemerkungen. Eine gemeinsame Sitzung ist in Aussicht genommen mit der
Abtheilung für innere Medicin Dienstag Vormittag. Thema: Über Cholelithiasis.
Referent Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Naunyn, Korreferent Hojrath Prof. Dr.
Riedel. Dazu der Vortrag vm Prof. Loebker (Bochum), Meine Erfahrungen
auf dem Gebiete der Pathologie und chirurgischen Therapie der Cholelithiasis. Auch
sollen die Vortrüge Goldberg und Petersen gehalten werden.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
——
Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig.
Centralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
Lama Kl, A
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
Ee
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 33, Sonnabend, den 20. August. 1898.
Inhalt: 1) Heim, Bakteriologie. — 2) Biedi und Kraus, Ausscheidung von Mikro-
organismen. — 3) Keen, Chirurgische Komplikationen des Typhus. — 4) Brunner,
Strychninvergiftung und Starrkrampf. — 5) Tonta, Verwerthung der Röntgenstrahlen.
— 6) Tschernow, Polyarthritis deformans. — 7) Barth, Gelenkkörper. — 8) Robineau,
Phlebitis. — 9) Spassokukozkij, Osteoplastische Amputationen. — 10) Struthers, Das
Epi-Akromion. — 11) Soupart, Unterbindung der Art. axillaris. — 2 Rubez, Tendo-
vaginitis. — 13) Endlich, Hüftverrenkung. — 14) Hofmeister, Coxa vara. — 15) Fiske,
Flüssigkeit im Knie. — 16) Sell, Unterschenkelbrüche. — 17) Holtzmann, Varicen der
Unterextremitäten.
18) Takaki und Werner, Posttyphöse Eiterungen. — 19) Martinotti, Polymyositis. —
20) Seelhorst, Schussverletzungen. — 21) Leo, Osteosarkom. — 22) Eichel, 23) Haus-
mann, Extensionsapparate. — 24) Bergmann, 25) Scudder, Schulterverrenkung. —
26) De Megalheies, Wachsthumshinderung des Armes. — 27) Delamare, Handver-
letzung. — 28) Lauensteln, Fingerversteifung. — 29) Sprengel, Hüftresektion. —
30) Kern, Pirogoff’sche Amputation. — 31) Wiener, Klumpfuß. — 32) v. Dembowski,
Plattfuß. — 33) Quenu, 34) Steffen, Verrenkungen im Fuß. — 35) Venot, Myelom der
Sehnenscheiden. — 36) Most, Erhinokokken an den Gefäßen. — 37) Zahn, Aneurysmen.
— 35) Ruini, Beingeschwüre.
1) Heim. Lehrbuch der Bakteriologie mit besonderer Be-
rücksichtigung der bakteriologischen Untersuchung und Dia-
gnostik. 2. Auflage.
Stuttgart, Ferd. Enke, 1898. Mit 166 vielfach nach Originalphotogrammen her-
gestellten Abbildungen im Text und mit 8 Taf. in Lichtdruck. 604 S.
Die vorliegende 2. Auflage des vor 4 Jahren zum ersten Mal
erschienenen und rasch zu allgemeiner Beliebtheit gelangten »Lehr-
buches der bakteriologischen Untersuchung und Diagnostik«, die
unter dem obengenannten veränderten Titel erschienen ist, ist den
neueren Errungenschaften und Erfahrungen zufolge ergänzt und
außerdem, ohne dankenswertherweise den Umfang zu erhöhen, um
einen neuen systematischen Abschnitt bereichert.
Der erste, allgemeine Theil befasst sich mit den bakteriologischen
Untersuchungen im Allgemeinen, so wie mit den Untersuchungen
über die morphologischen und biologischen Eigenschaften der Bak-
terien. Derselbe ist durch eine überaus reichliche Anzahl vortreff-
33
850 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
licher Abbildungen ausgezeichnet, die die wichtigsten Apparate und
Gebrauchsgegenstände, so wie Handgriffe bei den Untersuchungen
wiedergeben, zum Theil nach Originalphotogrammen des Verf.
Ich glaube, dass die Absicht des Verf., durch sein Buch allen
Denen, die nicht in einem praktischen Kurs sich die Handgriffe und
Methoden aneignen konnten, eine Hilfe zu gewähren, durchaus als
gelungen bezeichnet werden muss, so fern ein solches Ziel überhaupt
zu erreichen ist.
Der 2. Theil bringt in seinem ersten Abschnitt die Zusammen-
stellung und Beschreibung der medicinisch wichtigen Lebewesen.
Durch einen originellen Schlüssel ist es H. geglückt, eine bisher
fehlende Übersicht über die uns interessirenden Arten von Klein-
wesen und speciell von Bakterien zu geben, die es, so lange eine
den Anforderungen entsprechende wissenschaftliche botanische Syste-
matik aussteht, ermöglicht, die einstweilen bekannten, so wie neu
entdeckte Arten an bestimmten Plätzen unterzubringen und dort
wieder aufzusuchen.
Die Anschaffung des Werkes kann Jedem, der mit bakteriologi-
schen Arbeiten sich beschäftigt, auf das Wärmste empfohlen werden.
Auch der Geübte wird eine Fülle von interessanten und wissens-
werthen Thatsachen darin finden. Hübener (Breslau).
2) Biedl und Kraus. Über die Ausscheidung von Mikro-
organismen durch drüsige Organe.
(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten Bd. XXVI. p. 353.)
Nach den experimentellen Untersuchungen der Verff., die mit
den verschiedensten Bakterien, zumeist mit Staphylococcus pyogenes
aureus, Bacterium coli und Milzbrand angestellt wurden, muss von
den beiden bei dem Ausscheidungsprocess betheiligten Faktoren dem
eliminirenden Organismus die Hauptrolle zugeschrieben werden. Die
früheren Anschauungen, wonach Art, Form, Größe und Beweglich-
keit der Bakterien, ferner deren Pathogenität und Virulenz vor Allem
entscheidend wären, und der Organismus selbst sich nahezu passiv
verhalte, können nicht mehr aufrecht erhalten werden. Vielmehr
ist es sehr wahrscheinlich, dass die Mikroorganismen sich in dieser
Richtung eben so verhalten, wie leblose, geformte Körperchen, dass
sie in Bezug auf die erste Zeit der Ausscheidung nur als sonstige im
Blut kreisende korpuskuläre Elemente betrachtet werden können.
Die Annahme Brunner’s und anderer Autoren, dass die Gefäß-
wände und Epithelbarrieren der verschiedenen drüsigen Organe, bevor
sie von den pathogenen oder nicht pathogenen Mikroorganismen
durchdrungen werden können, vorher durchlässiger werden sollen in
Folge einer Alteration des betreffenden Gewebes durch die Bakterien-
gifte bei pathogenen, in Folge von Cirkulationsstörungen, Kapillar-
stauungen u. dgl. bei nicht pathogenen Mikroorganismen, ist nicht
richtig. Es bedarf durchaus nicht erst einer pathologischen Verände-
rung des Gewebes, vielmehr kann die normale, unveränderte Gefäß-
Centralblatt für Chirurgie. No. 33, 851
wand von im Blut kreisenden Mikroorganismen auf dem Wege der
Diapedese passirt werden. Dessgleichen stellt auch das intakte Ge-
webe der Passage kein Hindernis entgegen. Bei Hunden konnten
die Verf. das Auftreten von in die Blutbahn eingeführten Bakterien
schon nach 12 Minuten, bei Kaninchen bereits nach 5 Minuten im
Urin, der durch Harnleitersondirung aufgefangen war, nachweisen.
Es ist klar, dass hierbei irgend eine schädigende Einwirkung von
Toxinen auf die Gefäßwand nicht in Frage kommen kann. Dass
die Mikroorganismen späterhin bei lange bestehender Blutinfektion
vermöge ihrer specifisch schädigenden Wirkung auf den Organismus
sich besondere Wege zu bahnen im Stande sind, ist natürlich nicht
außer Acht zu lassen.
Diese Ausscheidung der Bakterien ist indessen im Wesentlichen
an den Bau und die specifische Leistung der betreffenden Drüsen
geknüpft. In diesem Sinn ist das Erscheinen der Mikroorganismen
in den Drüsensekreten als wirkliche physiologische Ausscheidung zu
betrachten. Drüsige Organe, bei welchen das Vorkommen einer sol-
chen Ausscheidung nachgewiesen wurde, sind Niere und Leber.
Dahingegen scheiden die Speichel- (Schleim-) Drüsen und Pan-
kreas de norma keine Mikroorganismen aus.
Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass ceteris pari-
bus eine solche Ausscheidung z. B. durch die Nieren zu Stande
kommen kann, nicht muss. Ihre negativen Harnbefunde nach In-
jektionen großer Bakterienmassen zusammen mit den positiven Er-
gebnissen v. Klecki’s bei Verwendung sehr geringer Quantitäten
sind die besten Beläge dafür, dass die Anzahl der jeweiligen Blut-
keime für die Anregung der Sekretionsorgane zu Bakterienausschei-
dung von ausschlaggebender Bedeutung nicht sein kann. Diese Be-
dingungen sind uns zur Zeit noch gänzlich unbekannt.
Hübener (Breslau).
3) W. Keen. The surgical complications and sequels of
typhoid fever.
Philadelphia 1898. 381 S. Mit 5 Taf. u. 9 Abbildgn.
An der Hand von 1700 Fällen, die mehr oder weniger ausführ-
lich beschrieben sind, kommt Verf. zu dem Schluss, dass der Typhus
mehr Anlass zu chirurgischen Eingriffen gäbe als im Allgemeinen
angenommen würde.
Zuerst bespricht er die Gangrän, welche durch 3 Ursachen her-
vorgerufen werden kann: 1) das Blut, welches durch die Typhus-
bacillen verändert sei; 2) durch das geschwächte Herz, welches da-
durch seine Funktion nicht mehr vollständig ausführte, dass die Typhus-
bacillen in dem Endocardium sich aufhielten; 3)durch die mechanischen
Schwierigkeiten, welche sich dem Blutstrom entgegenstellen dadurch,
dass die Typhusbacillen sich in die Häute der Arterien und Venen,
so wie in das perivaskuläre Gewebe festsetzten und außerdem durch
die Thrombenbildung den Durchfluss verhinderten.
33*
852 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
Dann geht Verf. auf die Gelenkerkrankungen über. Meisten-
theils sind die Gelenke der Hüfte und der unteren Extremitäten
befallen. Die oberen Extremitäten bleiben im Allgemeinen verschont.
Bei den Knochenerkrankungen giebt Verf. an, dass die Nekrose
der Knochen meistentheils auf Thrombose oder Embolie zurück-
zuführen sei, oder auf großen Mangel an allgemeiner Ernährung.
Es werden Fälle von Nekrose des Stirnknochens, Schläfenbeins, Keil-
beins mitgetheilt, mit welcher Nekrose dann gewöhnlich eine gleiche
der Weichtheile einhergehe. Die Knochenerkrankungen stellen sich
gewöhnlich erst Wochen oder Monate nach der eigentlichen Typhus-
erkrankung ein. Als Grund wird angegeben, dass die Typhusbacillen
eine große Widerstandsfähigkeit besitzen und speciell im Knochen
einen guten Nährboden finden.
Nachdem dann die Abscesse und Hämatome besprochen sind,
geht K. auf die Erscheinungen ein, welche sich nach dem Typhus
von Seiten des Gehirns zeigen (Meningitis und Abscesse). Weiter
werden die Otitis, Parotitis, die Kehlkopferkrankungen beschrieben.
Dann geht Verf. über auf die Strikturen desÖsophagus und des Magens.
Speciell bei letzteren erinnert er daran, dass durch die Ulcera-
tionen des Magens und hauptsächlich des Darmes leicht Perforationen
entstehen könnten, welche zu den schwersten Erscheinungen Ver-
anlassung gäben. Gleiche Gefahr für das Leben der Pat. geben
Perforationen der Gallenblase. Seltener sind Fälle von Orchitis und
Epididymitis nach Erkrankung an Typhus. Nach Besprechung der
Mischformen der Infektion mit Tetanus, Erysipelas, Anthrax schließt
K. mit den Augenerkrankungen: Nekrosis der Cornea, Thrombose der
Augenvene, Embolie der Art. centralis, Neuritis und Accommodations-
anomalien.
Therapeutisch legt Verf. hauptsächlich Werth darauf, dass der
Chirurg einzugreifen hat, wenn eine Perforation des Darmes oder
der Gallenblase eingetreten ist, und er glaubt zu der Behauptung
berechtigt zu sein, dass, wenn jeder Fall von Darmperforation inner-
halb 24 Stunden zur Operation komme, wenigstens !/, der Kranken,
womöglich noch mehr, gerettet würden. Benecke (Hamburg).
4) G. Brunner. Strychninvergiftung und Wundstarrkrampf.
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 10.)
Im Hinblick auf die Gleichheit der Symptome bei Strychnin-
vergiftung und Wundstarrkrampf hat Verf. die von Ehrlich auf-
gestellte und von Wassermann für den Tetanus bestätigte Anti-
toxintheorie der »Seitenketten« auf ihre Gültigkeit für Strychnin-
vergiftung untersucht. Er fand im Nervensystem normaler Thiere
keine Elemente, die den Organismus gegen Strychninwirkung schützen
könnten. Da das Vorhandensein solcher Elemente (»Seitenketten«),
welche das Gift binden, die Voraussetzung zur Bildung von Anti-
toxin ist, so ist die Existenz eines specifischen Strychninantitoxins
logisch unmöglich. Zwischen Tetanus- und Strychninvergiftung
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 853
besteht kein innerer Zusammenhang, sondern nur eine äußerliche
Ähnlichkeit des Symptomenbildes. Teichmann (Berlin).
5) I. Tonta. Raggi di Röntgen e loro pratiche appli-
cazione,
Milano, Ulrico Hoepli, 1898. Mit 65 Illustrationen und 14 Tafeln.
Die Publikationen über die Verwerthung der Röntgenstrahlen
in der Medicin sind in allen Ländern bereits in Buchform nieder-
gelegt. Auch Italien besaß bereits ein solches Buch von Prof. Murani.
Im gleichen Verlag, in der bekannten Sammlung der Manuali Hoepli,
ist der vorliegende, 160 Seiten umfassende Band erschienen. Die
technischen Einzelheiten des Röntgenverfahrens werden ziemlich
ausführlich besprochen, auch der diagnostische Werth wird an vielen
Beispielen erläutert und selbst auf den therapeutischen Werth des-
selben Rücksicht genommen. Der Zweck und Umfang des Buchs
bringen es mit sich, dass das große vorliegende Material nur zum
Theil verwerthet werden konnte. Vert, der seine Erfahrungen in
der Radiographie, wie es scheint, namentlich der Klinik von
Angerer in München verdankt, berücksichtigt hauptsächlich die
deutsche Litteratur. Die Wiedergabe der Bilder ist meist mangelhaft.
Dreyer (Köln).
6) W. E. Tschernow. Polyarthritis deformans bei Kindern.
(Wratsch 1898. No. 7, 8 u. 10. [Russisch.))
2 ausführliche Krankengeschichten, Mädchen von 12 und Knabe
von 11 Jahren. T. nennt die Krankheit chronischen Knochenrheuma-
tismus. Sie entsteht hauptsächlich bei Personen mit hereditärer
Dyskrasie, nach allgemeinen oder lokal wirkenden Ursachen, welche,
die Gelenke reizend, oft Anfälle von akutem oder subakutem Rheu-
matismus hervorrufen. Unter der Einwirkung dieses Reizes und
leicht auftretender Affektionen des Nervensystems entsteht ein
charakteristisches Krankheitsbild: Hypertrophie der Epi- und Atro-
phie der Diaphysen; Zerstörung und Zerfaserung des Knorpels,
so wie dessen Ersetzung durch Knochenplättchen; Veränderungen
der Synovialis, frühe Muskelkontrakturen, stark ausgeprägte Hypo-
plasie der Haut, des Zellgewebes und der Haare; beständiges Fort-
schreiten des Processes und dessen Unheilharkeit. Die wichtigsten
Veränderungen betreffen die Knochen; zuerst werden die kleinen Ge-
lenke befallen. Von 49 Fällen begannen 18 akut resp. subakut. Herz-
leiden nur bei 9 von 49 beobachtet; sie sind die Folge von hinzu-
getretenem Gelenkrheumatismus, der eben so wie Rheum. nodosus
(Meynet) streng von der Pol. deformans (und den Heberden’schen
Knoten) zu unterscheiden ist. In der Litteratur sind etwa 400 Fälle
der Krankheit beschrieben, davon kommen 49 (von ihnen 8 russische
— Kissel, Lasarew, Verf.) auf das Alter von 1 Jahr 4 Monaten bis
25 Jahre. T. wandte den konstanten Strom an, doch ohne merk-
lichen Erfolg. Glückel B. Karabulak, Saratow).
854 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
7) A. Barth. Die Entstehung und das Wachsthum der
freien Gelenkkörper. Eine histologisch-klinische Studie.
Mit 2 Tafeln und Figuren im Text.
(v. Langenbeok’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LVI. Hft. 3.)
Es kam B. vornehmlich darauf an, zu entscheiden, ob die freien
Gelenkkörper durch ein Trauma abgesprengt seien oder ob sie durch
nekrotisirende Processe, besonders durch die Ostitis dissecans König’s,
losgelöst würden. Zur Beurtheilung dieser Frage schien es vor Allem
nöthig, das Schicksal abgesprengter Gelenkstücke im Thierversuche
zu verfolgen.
Dabei fand B. Folgendes: die künstlich erzeugten Gelenkkörper
gingen bis auf einen Fall Verwachsungen mit Kapsel und Gelenk-
flächen ein und wurden von gefäßhaltigem Bindegewebe ein-
geschlossen. Der Knorpel des abgesprengten Stücks behält anfäng-
lich seine Vitalität, der knöcherne Theil dagegen stirbt ab und wird
allmählich durch junges Knochengewebe ersetzt, welches von dem
proliferirenden Bindegewebe abstammt. Ferner erhält die Knorpel-
und Knochenbruchfläche meist einen Überzug aus Knorpelgewebe,
das von demselben Bindegewebe abstammt. Dasselbe ist in seiner
Struktur vom Gelenkknorpel gut zu unterscheiden. Später kann
man regelmäßig am Gelenkknorpel Rückbildungserscheinungen und
Resorptionsvorgänge beobachten, welch letzteren der Gelenkkörper
schließlich ganz anheimfällt.
Was die gleichen Verhältnisse beim Menschen anlangt, so
schließt Verf. aus einigen Krankengeschichten und Befunden, dass
die ersten klinischen Erscheinungen nach Aussprengung eines Ge-
lenktheils durchaus keine stürmischen zu sein brauchen, ja er zeigt,
dass erst die anatomische Untersuchung des Gelenkkörpers den
wahren Sachverhalt nachträglich aufdecken kann. Auch für den
Menschen gilt, dass der abgesprengte Gelenkknorpel am Leben bleibt,
der knöcherne Antheil dagegen abstirbt. Die Bruchfläche des ab-
gesprengten Stücks zeigt analoge Veränderungen wie bei dem Thier-
experiment. Sie wird durch osteoides Gewebes oder Knorpelgewebe
abgeschlossen und von einem Bindegewebsmantel bedeckt. Ein
Unterschied gegenüber dem Thierversuch beruht darin, dass beim
Menschen die traumatischen Gelenkkörper zur Verkalkung und Ver-
steinerung neigen, und dadurch die Bedingungen für eine spontane
Resorption wesentlich verschlechtert sind. Das die Krankheit aus-
lösende Trauma kann ein geringfügiges sein.
B. stellt 45 Fälle von Gelenkmäusen zusammen. In 39 Fällen
sind schwere Symptome von Gelenkerkrankung vorhanden. In der
Mehrzahl der Fälle traten sofort Erscheinungen des Leidens auf.
In anderen lagen größere Zeiträume dazwischen, und zwar bis zu
38 Jahren, in denen die Pat. beschwerdefrei waren.
Für das Kniegelenk sind die Kondylen des Femur die häufigste
Ursprungsstätte der traumatischen Gelenkkörper. Bezüglich des Ent-
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 855
stehungsmechanismus der Gelenkmäuse äußert sich B. dahin, dass
alle Gewalteinwirkungen, welche die großen Verstärkungs- und
Hemmungsbänder des Kniegelenks oder auch nur Theile derselben
in plötzliche, über das Normale hinausgehende Zerrung versetzen, im
Stande sind, traumatische Gelenkkörper zu erzeugen. Dahin gehören
nach seiner Ausführung die Ad- und Abduktionsbewegungen des
Kniegelenks und vor Allem die Torsionsbewegungen. Die Arbeit B.’s
ist als ein willkommener Fortschritt in unseren Anschauungen über
das zum Theil noch dunkle Gebiet der Gelenkmäuse zu begrüßen.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
8) M. Robineau. Traitement chirurgical des phlébites.
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1898. 96 S.
Verf. bespricht, auf Veranlassung von Quénu, die chirurgische
Behandlung der Phlebitis. In der Einleitung der Arbeit dürfte viel-
leicht der Satz beanstandet werden, das jede Phlebitis infektiöser
Natur sei. Ist dies auch für viele nicht eiternde Fälle zutreffend, s0
giebt es doch andererseits manche Formen von Venenthrombose, für
welche der bakterielle Ursprung keineswegs erwiesen oder auch nur
wahrscheinlich ist.
Auffallend berührt auch der häufig wiederkehrende Hinweis auf
die Nothwendigkeit, bei Operationen an Venen aseptisch vorzugehen.
Dies ist, für jeden operativen Eingriff überhaupt, ja so selbstverständ-
lich, dass heut zu Tage eine solche Mahnung eigentlich überflüssig
sein sollte.
Als Hauptergebnis aus der durch viele klinische Belege illu-
strirten Besprechung des Gegenstandes zieht Verf. den Schluss, dass,
von kachektischen und moribunden Pat. abgesehen, principiell jede
Phlebitis operativ behandelt werden sollte. Neben der Behandlung
der Venenerkrankung ist natürlich stets der primäre Herd (Ostitis
mastoidea etc.) in Angriff zu nehmen.
Bezüglich der Behandlung der Phlebitis ist ins Auge zu fassen:
1) Die Absperrung des erkrankten Venengebiets von der Cirku-
lation durch doppelte Ligatur der hauptsächlichen abführenden Venen,
jenseits des centralen Endes des Entzündungsgebiets, mit Resektion
des zwischen den Ligaturen liegenden Stückes.
2) Die Desinfektion der entzündeten Venen selbst, und zwar
durch Exeision an den Extremitäten, bei entzündeten Hämorrhoiden
und anderen lokalisirten Phlebitiden, durch Incision und Drainage
bei Sinusphlebitis, Varicocelenentzündung und bei schwerer eitriger
Phlebitis überhaupt, unter Umständen unter Beihilfe des Thermo-
kauters.
Für Fälle von Phlegmasia alba dolens mit drohendem tödlichem
Ausgang wird ein Versuch empfohlen, die transperitoneale Unter-
bindung der V. iliaca externa oder communis, oder gar der V. cava
inferior in Anwendung zu bringen, was leider meist von zweifel-
haftem Erfolg sein dürfte. Auch die vom Verf. bei Phlebitis des
856 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
Sinus cavernosus empfohlene Ausräumung dieses Sinus von der
Schläfengegend her mit temporärer Jochbeinresektion dürfte sich auf
dem Papier besser ausnehmen, als in praxi.
Was die Indikationsstellung bei der gewöhnlichen nicht aus-
gesprochen infektiösen Extremitätenphlebitis betrifft, so scheint uns
der Verf. etwas zu schematisch vorzugehen; denn es giebt gewiss
manche Fälle, auch bei weder kachektischen, noch moribunden Pat.,
wo die exspektative Behandlung entschieden vorzuziehen ist. Verf.
dürfte die Gefahr einer von der Ligatur her aufsteigenden Throm-
bose doch etwas zu gering anschlagen. Kommt solche schon, wie
mehrfach mitgetheilt wurde, und wie auch Ref. einmal gesehen, bei
der Trendelenburg’schen Operation trotz völlig reaktionslosen
Wundverlaufs und tadelloser Prima vor, so dürfte dies noch mehr
der Fall sein, wenn durch die bestehende Phlebitis schon der Be-
weis des Vorhandenseins einer besondern — infektiösen oder ander-
weitigen — Disposition zu Thrombose gegeben ist. Etwas Vorsicht
in der Wahl der Fälle dürfte also wohl geboten sein, besonders bei
Individuen eines gewissen Alters und beim Bestehen von Diabetes
oder Nephritis. (Nebenbei sei bemerkt, dass sich dem Ref. in den
nicht zu operirenden Fällen die Anwendung mehr oder weniger
häufig gewechselter, mit Sorgfalt angelegter Prießnitzumschläge viel
besser bewährt hat, als die vielfach geübte Bepinselung mit Jod-
tinktur, welche ungeduldige Pat. nur zum Kratzen und damit zum
Ablösen der Thromben treibt.)
In Bezug auf Einzelheiten sei noch bemerkt, dass Verf. die
Freund’schen operativen Versuche bei puerperaler Metrophlebitis
nicht erwähnt und dass er bei otitischer Sinusphlebitis natürlich
prineipieller Anhänger der Jugularisunterbindung ist, ohne die be-
stehende gegentheilige Richtung zu berücksichtigen.
Trotz dieser Ausstellungen ist die Arbeit sehr lesenswerth und
in so fern zu begrüßen, als sie die gewiss in manchen Fällen, wenn
auch nicht immer, berechtigte und nachahmenswerthe aktive Phlebitis-
therapie einiger französischer Chirurgen zum Ausdruck bringt.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
9) S. Spassokukozkij. Osteoplastik bei Extremitätenampu-
tationen.
Diss., Moskau, 1898. 157 S.
S. behandelt in den ersten Kapiteln den unbrauchbaren Stumpf
und dessen Ursachen. Um den Einfluss der Form des Knochens zu
ergründen, untersuchte er (mit Röntgenaufnahme) 36 alte Ampu-
tationsstümpfe und fand dabei Atrophie des Stumpfes in 21,4% der
Fälle (oder, nach Ausschluss einiger zweifelhafter Fälle — richtiger
in 14%), Hypertrophie 18%, unbedeutende Abrundung 53,6% und
ringförmige Stümpfe 2mal — 7%. Davon waren 6 Stümpfe nach
Exartikulationen, — alle unverändert. Verf. bestätigt somit Güter-
bock’s Angabe, dass die nachfolgende Atrophie keineswegs die Norm
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 857
sei. Ferner untersuchte er 4 Stümpfe mikroskopisch und zeigt zum
Schluss die wichtige Rolle des Periosts für die Tragfähigkeit des
Stumpfes. Im 2. Theil werden die Exartikulationen, subperiostalen
und osteoplatischen Amputationen besprochen. Die subperiostalen
verwirft S. Darauf werden die einzelnen Arten der osteoplastischen
Amputationen beschrieben. Unter Anderem bemerkt S., dass die
1895 von Samphirescou vorgeschlagene Ellhogenexartikulation mit
Osteoplastik (siehe Centralblatt 1896 p. 105) schon 1859 von Schima-
nowski beschrieben und von Krassnopolski und Sawadski aus-
geführt worden ist. Im letzten Kapitel wird die neueste osteo-
plastische Unterschenkelamputation von Lewschin (siehe Central-
blatt 1897 No. 31 und 1898 No. 11) genau beschrieben und ab-
gebildet. Diese Operation wurde von S. in einem Falle von
Caries des Talocruralgelenks, des Talus, Calcaneus, Cuboideum und
wahrscheinlich Naviculare so modifieirt, dass die genannten Knochen
Fig. I. Fig. IL
(Naviculare zur Hälfte) entfernt, das Cuneiforme I aber zurück-
gelassen und auch die Zehen erhalten wurden. Fig. I zeigt die
Schnittrichtung im Knochen nach Lewschin (abc) und S. (abd),
Fig. II den Fußquerschnitt, Sägefläche nach Lewschin ab, und nach
S. cd. Die Modifikation ergab 4 cm Verkürzung und eine neue Sohle
von 16 cm Länge. Der Pat. kann gut stehen und gehen. — Die
Operation ist in bestimmten Fällen der Wladimirow-Mikulicz-
schen und Gutsch’schen vorzuziehen. — Sie wurde in Moskau von
Bereskin an einer 2. Pat. ausgeführt; zuerst Prima, doch bald
musste wegen Recidivs der Tuberkulose der Unterschenkel amputirt
werden. — Angefügt sind 14 Krankengeschichten: verschiedene
osteoplastische Operationen, nämlich 2 Unterschenkelamputationen
nach Bier, 1 Gritti, 1 Sabanejew, 2 Wladimirow, 1 osteo-
plastische Amputation Femoris, 6 Pirogow und 1 Ellbogen nach
Schimanowski. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
EE
858 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
10) J. Struthers. On separate acromion process simulating
fracture.
(Edinb. med. journ. 1895. Oktober; 1896. April, Juni, August.)
In einer Reihenfolge von Artikeln, welche sich über fast i Jahr
erstrecken und schon aus diesem Grunde, aber auch sonst nicht
leicht zu verfolgen sind, bespricht Verf, sehr eingehend und sehr
ausführlich die Frage, ob es sich bei den auf dem Secirsaale häufig
zu findenden Ablösungen des mit dem Schlüsselbein verbundenen
Theiles des Akromions, des Epiakromion, um ausgebliebene resp. un-
vollendete Vereinigung der Theile in der Epiphysenlinie, oder um
die Folgen einer nicht verheilten Fraktur handelt.
Verf. geht bei dieser Untersuchung mit größter Gründlichkeit
vor, bespricht zuerst die anatomischen Verhältnisse, die verschiedenen
Formen des Akromions und die Art seiner Verbindungen mit dem
Schlüsselbein, um dann die entwicklungsgeschichtlichen Verhältnisse
des Akromions, das Auftreten von Knochenkernen im Epiphysen-
knorpel und die Linie, in welcher die schließliche definitive knöcherne
Verbindung etwa im 25. Lebensjahre erfolgt, zu untersuchen. Dann
folgen Beschreibungen einer ganzen Anzahl von Präparaten, in
welchen eine meistens einseitige, zuweilen aber auch doppelseitige
Abtrennung des Akromions vorlag, so wie Besprechungen über die
Anhaltspunkte für die Unterscheidung, ob diese Zusammenhangs-
trennungen durch eine Fraktur, durch chronische deformirende Ge-
lenkentzündung (»rheumatoid arthritis«), oder aber durch Nichtver-
einigung in der Epiphysenlinie zu Stande gekommen sind.
Durch seine Untersuchungen kommt Verf. schließlich dahin,
seine früheren Anschauungen wesentlich zu modificiren und der An-
nahme beizutreten, dass es sich in den meisten beobachteten Fällen
um die Folgen einer nicht knöchern verheilten Fraktur handeln
müsse. Nach Lane’s Untersuchungen ist eine solche Fraktur ex-
perimentell außerordentlich leicht hervorzurufen. Sie bedingt ferner
meistens keine größere Deformität, da die Dislokation der Fragmente
gewöhnlich nicht erheblich ist, und wird in Folge davon leicht über-
sehen werden können. Die Fraktur trifft das Akromion meistens
dicht hinter der Gelenkfläche für die Verbindung mit dem Schlüssel-
bein, weil hier die schwächste Stelle des Knochens ist; dies ist auch
ungefähr die Gegend, in welcher die Verbindung des Epiphysen-
knorpels mit dem Knochen erfolgt, doch ist nicht das die Veran-
lassung für die Häufigkeit der Brüche an dieser Stelle. Vor der-
selben wird das Akromion durch das Schlüsselbein gekräftigt und
gehalten, hinter derselben ist der Knochen wesentlich dicker, und
aus diesem Grunde erfolgt gewöhnlich der Einbruch an dieser
schwächsten Stelle Für einzelne Fälle wird nicht zu Stande ge-
kommene Vereinigung in der Epiphysenlinie die Trennung des
Akromions erklären können.
Als Anhang zu der vorstehend in kurzen Zügen wiedergegebenen
Arbeit bespricht dann S. nach genauer Beschreibung eines ein-
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 859
schlägigen Falles noch die Möglichkeit, wie Formveränderungen und
Frakturen im Collum humeri durch Einwirkung des scharfen Randes
der Gelenkpfanne bei Verrenkungen hervorgerufen werden können.
Vielleicht spielen solche, unter Umständen leicht zu übersehende
Knochenverletzungen eine Rolle bei der nicht selten im Gefolge von
Verrenkungen und ähnlichen Verletzungen auftretenden chronischen
deformirenden Gelenkentzündung. Willemer (Ludwigslust).
11) Soupart. Danger de la ligature de l’artere axillaire.
(Bull. de P’acad. royale de med. de Belgique 1898. No. 1.)
S. weist an der Hand eines selbst beobachteten Falles und ferner
aus der Litteratur nach:
1) Dass die Unterbindung der Art. axillaris zwischen Art. subscap.
inf. und profunda brachii zu verwerfen ist, indem sie jegliche kolla-
terale Blutzufuhr zum Arm abschneidet und Gangrän des Arms
bedingt.
2) Dass die Unterbindung centralwärts von der Subse. inf. zwar
kollateralen Blutzufluss gestattet, aber wegen zu kurzen Arterien-
thrombus zu Nachblutungen führt, daher zu verwerfen ist.
3) Dass die Unterbindung der Subclavia oberhalb des Schlüssel-
beins desshalb die einzig zulässige Unterbindung in dem betreffenden
Terrain ist.
4) Dass die nach 1) unterbundenen glücklich, d. h. ohne Gan-
grän verlaufenen Fälle auf Arterienanomalien, hohe Theilung der
Axillaris in Radialis und Ulnaris, zurückzuführen sind.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
12) N. Rubez. Tendovaginitis des Extensor communis dextra
und Reiskörper.
(Wojenno-medicynski Journal 1897. Oktober. [Russisch.])
Auf Grund eines operirten und genau untersuchten Falles
(22jähriger Schmied, nach verstärkter Arbeit) schließt R.: nicht
jeder Hydrops der Sehnenscheiden ist tuberkulöser Natur; solche
entstehen auch nach Trauma und starker Arbeit. Die Reiskörper-
chen sind das Produkt verdichteter Eiweißmassen des Hydrops; die
Entstehung aus Scheidenzotten ist unwahrscheinlich. Die Behand-
lung muss eine operative sein, mit radikaler Entfernung der Flüssig-
keit, der Auflagerungen und des degenerirten Backes, Nach der
Operation Ruhelagerung mit Lageveränderungen der Extremität beim
Verbandwechsel. 6ückel (B. Karabulak, Saratow).
13) K, Endlich. Über die blutige Reposition der Luxatio
iliaca et obturatoria.
(v. Langenbeok’s Archiv Bd. LVI. Hft. 3.)
Bei veralteten Hüftgelenksverrenkungen ist nach fehlgeschlagenen
unblutigen Repositionsversuchen meist die Resektion des Kopfes ge-
860 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
macht worden. In einzelnen Fällen hat man dagegen auf blutigem
Wege die ideale Reposition versucht, und E. kann auf Grund mehr-
facher Beobachtung in der Riedel’schen Klinik das Verfahren als
das zweckmäßige empfehlen. Es ist aber durchaus nothwendig, für
eine ausgedehnte Freilegung des Oberschenkelkopfs zu sorgen und
die Muskeln weit abzulösen, auch hemmende Stränge zu durch-
schneiden. Ferner ist es empfehlenswerth, die Wunde offen zu lassen
und in alle Winkel hinein zu drainiren, um eine Heilung ohne
Eiterung zu erzielen. Denn nur diese garantirt einen vollkommenen
Erfolg, der allerdings in idealer Weise fast nur bei jugendlichen Indi-
viduen erzielt wird. Das beste Resultat wurde bei einer Luxatio iliaca
erzielt. Der betroffene Knabe war wieder vollkommen fähig, seine
verrenkte Extremität wie die gesunde zu gebrauchen. Bei der Luxatio
obturatoria muss man noch ausgiebiger für Drainirung sorgen, da
bei ihr eine große Höhle nach Reposition des Kopfes zurückbleibt,
in die sich keine Muskulatur zur Ausfüllung retrahirt. Durch einen
Schnitt längs des M. gracilis und einen zweiten Langenbeck’schen
Schnitt über den Trochanter wurde einmal ein befriedigender Er-
folg gewonnen. Die Krankengeschichten und die Details der Fälle
sind interessant genug, um im Original nachgelesen zu werden.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
14) F.Hofmeister. ZurPathologie und Therapie der Coxa vara.
` (Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2.)
Der erste Abschnitt der Arbeit erläutert die Bedeutung der
Untersuchung mit Röntgenstrahlen für die Erkenntnis der Coxa vara.
Von den 3 bei Coxa vara auftretenden Verkrümmungen des Schen-
kelhalses, nach abwärts, rückwärts und im Sinn einer Torsion, kommt
im Skiagramm in Folge der sagittalen Projektion des Bildes nur die
erstere zur Geltung. Statt eines flachen Bogens bildet die untere
Begrenzungslinie des Halses eine stark konvexe Kurve, die ganze
untere und hintere Halspartie ist hochgradig verkürzt. Weniger
konstant wurde eine entsprechende Verlängerung der oberen Schenkel-
halskante beobachtet. Die Form der Krümmung und die Lage des
Krümmungsscheitels war je nach der Intensität und Dauer des patho-
logischen Processes nach dem Zeitraum zwischen Beginn der Er-
krankung und Datum der Untersuchung so wie nach dem Alter der
Pat. während des ersten Auftretens der Krankheit eine wechselnde.
Von weiteren im Röntgenbild erkennbaren Veränderungen wird das
pilzförmige Überstehen des unteren Kopfrandes, die Atrophie von
Kopf und Hals so wie Asymmetrien des Beckens besprochen. An
einer Reihe von Kontourzeichnungen wird ferner gezeigt, welchen
Einfluss Stellungsveränderungen auf die Projektionsfigur ausüben.
Bezüglich des klinischen Bildes weist Verf. nochmals auf die Kom-
bination von Coxa vara mit anderen Belastungsdeformitäten so wie
auf das Symptom der Überkreuzung beider Beine bei Flexion in
Hüfte und Knie hin. Kocher gegenüber wird hervorgehoben, dass
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 861
Flexionsbehinderung keineswegs nothwendig zum Bilde der Coxa
vara gehört; in einer ganzen Reihe von Fällen ist dieselbe in so
fern nur eine scheinbare, als das Bein sofort mehr oder minder frei ge-
beugt werden kann, sobald es stark auswärts rotirt ist.
Von den bisher geübten Operationsmethoden verwirft H. die
Kraske’sche Keilosteotomie als gefährlich und vielfach unzureichend;
soll überhaupt operirt werden, so schlägt er die lineäre Osteotomie
vor, aber nicht im Schenkelhals, sondern zwischen beiden Trochanteren,
weil dabei die Möglichkeit einer Gelenkverletzung weit geringer ist, und
ein Hinaufgleiten des peripheren Knochenstücks am centralen mit
Sicherheit vermieden wird. Auch für die Berechnung des Erfolges
einer etwaigen Operation ist das Röntgenbild von großem Werth,
da man sich, wie Verf. zeigt, an demselben die zu erzielende Stellungs-
änderung leicht im Voraus konstruiren kann.
Im zweiten Theil der Arbeit werden die Erfolge der operativen
und konservativen Therapie in Vergleich gesetzt. Nach dem Resultat
der Nachforschungen über die späteren Schicksale der nicht operirten
Pat. verschwinden unter dem Einfluss methodischer Behandlung und
selbst ohne solche, wenn nur die veranlassenden Momente fortfallen,
die subjektiven Beschwerden völlig, die objektiven sind zum min-
desten einer erheblichen Besserung fähig, und zwar desto mehr, je
mehr die subjektiven Erscheinungen früher das Krankheitsbild be-
herrscht hatten. Sämmtliche zeitweilig mit Ankylose behafteten
Kranken sind wieder in ihrem Berufe arbeitsfähig geworden. Da
im Gegensatz hierzu die Resultate der operirten Fälle keineswegs
glänzende sind, so tritt Verf. mit Entschiedenheit für die konservative
Behandlung ein, deren Schwerpunkt in Verhütung schwerer Kontrak-
turstellungen beruhen sollte; operirt soll nur dann werden, wenn
bei doppelseitiger Erkrankung eine bleibende Versteifung mit schweren
Funktionsstörungen eingetreten ist. Honsell (Tübingen).
15) J. P. Fiske. A method to determine the presence of
small effusions into the knee-joint.
(Med. record 1898. März 12.)
Auch die geringsten Flüssigkeitsmengen kann man nach F. auf
folgende Weise erkennen. Pat. steht mit gestrecktem Knie aufrecht,
beugt sich vorwärts im Hüftgelenk und legt beide Hände auf die
Mitte der entsprechenden Oberschenkel. In dieser Position tritt
völlige Erschlaffung der vorderen Weichtheile ein, der Rectus
femoris wird durch die aufliegenden Hände noch etwas nach unten
gedrückt, und etwaige Flüssigkeit aus dem oberen Recessus des
Gelenks sinkt herunter. Der Versuch des Patellartanzens wird in
sonst zweifelhaften Fällen in dieser Stellung noch positive Resultate
ergeben. Loewenhardt (Breslau).
862 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
16) K. Sell. Über die Anwendung des Hausmann’schen
Extensionsapparats bei Behandlung von Unterschenkelbrüchen.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
Der schon früher hier beschriebene Apparat besteht im Groben
aus einer flachen hölzernen Schiene, die einen Ausschnitt für die
Ferse hat, von 80 cm Länge und 18 cm Breite. An dem Fußende
ist eine Querplatte von derselben Breite und Höhe angebracht. In
der Mitte der Schiene sind 2 senkrechte Leisten aufgestellt. Die
Fußplatte hat eine Reihe von Löchern zur Aufnahme der Schrauben,
die an dem einen Ende mit Haken versehen sind: auf der der Schiene
abgewendeten Seite dieser Fußplatte werden die zugehörigen Muttern
nach Einschaltung einer Spiralfeder aufgeschraubt. Am oberen
Schienenende kann an 2 gleichfalls senkrechten Leisten die Kontra-
extension angebracht werden. Die Extension selbst greift an einem
Brettchen an, das mit Heftpflaster an die Fußsohle befestigt wird.
Der Tag, von welchem an die Extension ausgeübt wird, richtet sich
ganz nach den Besonderheiten des Falles. Die Durchschnittsdauer
der Streckbehandlung beträgt 24 Tage. Frühzeitig wird mit Massage
begonnen und nach Entfernung des Hausmann’schen Verbandes
ein Gipsverband oder abnehmbarer Pappschienenverband angelegt,
Ein Hauptvortheil scheint dem Verf. zu sein, dass er niemals
Steifigkeit im Fußgelenk beobachtete, ferner dass auch bei komplicirten
Frakturen des Unterschenkels die Extensionsbehandlung eingeleitet
werden kann, welche meist die Knochennaht erspart. Mit der Er-
werbsfähigkeit und dem kosmetischen Effekt, den man mit dem
Hausmann’schen Apparat erzielt, ist S. sehr zufrieden. Als Geh-
schiene lobt er auch die Liermann’sche, mit welcher er Pat. mit
einfachen Verschiebungen der Knochen behandelt hat, die damit
direkt nach der Verletzung des Unterschenkels aufstehen konnten.
Bei Traumen schwerer Art verwendet er nur den Hausmann’schen
Apparat. Zum Schluss sind die Krankengeschichten angefügt.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
17) A. Holtzmann. Über die Varicen der unteren Extre-
mitäten und ihre operative Behandlung nebst Mittheilung
einer neuen Modifikation der bisherigen Behandlungsmethoden.
Inaug.-Diss., Straßburg i/E., 1898. 8 8.
Außer den mechanischen und anatomischen Verhältnissen, welche
Stauung des Blutes in der Vena saphena magna und ihrem Gebiet
begünstigen, so wie Rückfluss des Blutes vom rechten Herzen herab
in sie ermöglichen, sind es noch unbekannte, z. Th. auf Erblichkeit
beruhende Ursachen, welche die Entstehung einer der Arteriosklerose
entsprechenden Veränderung in den Venen, einer Phlebosklerose be-
dingen. Als Folge dieser Erkrankung der Venenwandungen ent-
stehen die Varikositäten. Eine Operation kann diese Grundursache
niemals beseitigen, sie kann sich nur gegen ihre Folgen richten
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 863
und daher niemals mehr als symptomatische Erfolge erzielen. Diese
aber werden mittels der Trendelenburg’schen Unterbindung der
Saphena magna in sehr hohem Grade erreicht. Besonders günstig
werden die Geschwüre beeinflusst, indem sie ihre Torpidität verlieren
und der gewöhnlichen Behandlung geschwüriger Flächen zugängig
gemacht werden. Weniger auffallend ist die Wirkung der Operation
auf die chronischen Ödeme und Ekzeme, welche auch später noch
bei Anstrengung und Witterungswechsel Beschwerden zu veranlassen
pflegen. Es werden eben durch die Operation die Varicen starker
Spannang im Sinne Delbet’s nur in solche geringer Spannung um-
gewandelt, und nur die in Folge der Insufficienz der Vena saphena
auftretenden Komplikationen mit ihren subjektiven Beschwerden
im Sinne Trendelenburg’s beseitigt.
Der Erfolg wird aber zuweilen dadurch in Frage gestellt, dass
oberhalb der Unterbindungsstelle noch Nebenäste vom Stamme der
Saphena magna nach den tiefen Venen des Beines, bezw. auch nach
der Saphena parva hin Anastomosen bilden, und somit der Zweck
der Unterbindung ganz vereitelt wird. Diesen üblen Umstand hat
Ledderhose, dessen Erfahrungen im Rekonvalescentenheim für Un-
fallverletzte zu Straßburg die Dissertation wiedergiebt, dadurch zu
umgehen versucht, dass er die Vene nicht, wie Trendelenburg, an
der Grenze zwischen unterem und mittlerem Drittel des Oberschenkels,
sondern weiter oben, näher ihrer Mündung unterband, weil man hier-
mit sich mit größerer Sicherheit central von den obersten Neben-
ästen hält. Allein auch dies genügt noch nicht. Vielmehr muss
man sich vorher genau über die anatomischen Verhältnisse und
etwaige Abweichungen im Verlauf der Saphena unterrichten und,
falls solche vorhanden sind, sie bei der Ausführung der Operation
berücksichtigen. Eine der wichtigsten und häufigsten Abweichungen
dieser Art ist das Vorhandensein einer doppelten Saphena magna;
unterbindet man nur eine derselben, so ist natürlich der Erfolg
gleich Null. Ferner münden zuweilen die Vena pudenda ext. oder
die Vena epigastrica in die Saphena. Diese Venen müssen also
mit unterbunden werden, falls diese abnormen Verhältnisse vorliegen.
Aber auch bei Berücksichtigung aller dieser Umstände war
Ledderhose dennoch nicht mit den Enderfolgen zufrieden. Namentlich
blieb doch immer noch ein derbes und immerhin recht lästiges Ödem
in Folge der Ausbildung von Lymphcysten (Ledderhose) auf lange
Zeit, ja dauernd zurück. Die natürlichen Abflusswege, die Lymph-
bahnen, blieben verschlossen und das gallertige, fibrinöse Sekret blieb
in Hohlräumen abgekapselt. Um diese Lymphcysten zu entleeren
und zugleich noch die Varicen am Unterschenkel selbst als solche
unmittelbar anzugreifen und zu veröden, hat Ledderhose daher der
Trendelenburg’schen Unterbindung der Saphena noch einige
‚Längsschnitte am Unterschenkel vom Fußgelenk bis zum Knie hin-
zugefügt, welche seitlich und hinten geführt werden und die Haut
sowie das Unterhautzellgewebe bis auf die Muskelfascie durchdringen.
864 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
Während durch die Unterbindung die Saphena vor ihrer Mündung
geschlossen wird, veröden diese Längsschnitte ihre Zufuhrvenen, das
Blut muss also seinen \Veg durch die tiefen Venen des Beines
suchen, und zugleich ist der Rückfluss aus der Femoralis in die
Saphena unmöglich gemacht. Die Schnitte werden wegen der auch
selbst nach der Unterbindung der Saphena doch nicht ganz aus-
geschlossenen Gefahr einer starken Blutung bei senkrechter Er-
hebung des Beines gemacht und durch eine fortlaufende Hautnaht
wieder geschlossen, darauf legt man einen Kompressivverband an.
Durch dies kombinirte Verfahren wird ein besseres Resultat
erreicht, als durch das Trendelenburg’sche allein oder durch
den Zirkelschnitt nach Schede-Petersen erzielt werden kann.
Die angeführten Beispiele bestätigen dies: das chronische Ödem wird
ganz beseitigt und bleibt es auch; freilich ist nur in einem Fall
schon eine längere Zeit, fast 23/, Jahre seit der Operation verflossen,
und sind überhaupt erst 4 Fälle so operirt, so dass das Weitere noch
abzuwarten bleibt. Immerhin muss zugestanden werden, dass die
theoretischen Grundlagen überzeugend sind, und die bisher erzielten
Erfolge zu Versuchen berechtigen und ermuntern, falls wegen weiter
Verbreitung der Krampfadern, erheblicher Ausdehnung der Geschwüre,
langer Dauer der Erkrankung und hochgradigen chronischen Ödems
die Unterbindung der Saphena allein in Verbindung mit der örtlichen
Behandlung der Geschwüre einen dauerhaften und hinreichenden
Erfolg nach den bisherigen Erfahrungen nicht mehr verspricht. Zur
örtlichen Behandlung der Geschwüre zieht Ledderhose feuchte
Verbände mit leicht antiseptischen Lösungen vor. Langt diese nicht
aus, so kann man zuweilen noch durch die Heftpflasterbedeckung
nach Baynton Heilung erzielen, muss aber doch auch nicht selten
zu Excision und Naht, bei ganz großen Geschwüren auch zu
Thiersch’schen Transplantationen, nöthigenfalls sogar zu Deckung
der Defekte durch Hautlappentransplantation seine Zuflucht nehmen.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
Kleinere Mittheilungen.
18) Takaki und Werner. Kasuistischer Beitrag zur Lokalisation der
posttyphösen Eiterung.
(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten Bd. XXVII. Hft. 1.)
In einem Falle von Typhus abdominalis, sichergestellt durch Nachweis von
Typhusbaeillen im Roseolenblut und in den Fäces, trat in der 8. Krankheitswoche,
25 Tage nach Eintritt der völligen Fieberfreiheit, gans akut im Verlauf von
24 Stunden eine Bartholinitis als Komplikation ein. Die äußerst sorgfältige, unter
allen Vorsichtsmaßregeln mittels der verschiedensten Methoden angestellte bakte-
riologische Untersuchung ergab als einzige anwesende Mikrobenart Typhusbaeillen,
welche mit Hilfe des Pfeiffer’schen Verfahrens mit absoluter Sicherheit als
solche identifieirt wurden. Das Agglutinirungsvermögen des Blutes der Pat. be-
trug 1:70 in der 5. Krankheitswoche; nach dem Abfall des Fiebers trat eine Ab-
nahme, schließlich völliger Verlust desselben ein. Die Virulenzprüfung ergab, dass
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 865
Y+ Öse einer Agarkultur eine Maus von ca. 30 g Gewicht innerhalb 12 Stunden
tödtete. Der Weg, auf welchem die Typhusbacillen in die Bartholini’sche
Drüse gelangten, kann entweder in einer äußeren Überwanderung in den Aus-
führungsgang bestanden haben, es ist aber auch eine Metastasenbildung vom Blut
aus denkbar. o Hübener (Breslau).
19) Martinotti. Uber Polymyositis acuta, verursacht durch einen
Staphylococcus.
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. No. 20.)
Aus dem Eiter einiger in Nieren, Milz und Leber gefundenen hirsekorngroßen
Abscesse eines von Dementia senilis befallenen, unter Koma und Herzlähmung
verstorbenen Individuums konnte M. einen Staphylococcus isoliren, der dem Sta-
phylococcus pyogenes aureus sehr eng verwandt ist. Derselbe bot die Eigenthüm-
lichkeit dar, dass er, Kaninchen intravenös injieirt, in den Muskeln des Bauches
und der unteren Extremitäten, besonders des Psoas, zahlreiche Abscesse ver-
ursachte. Dieselben traten indess auch im Herzmuskel, Nieren und Leber auf.
Interessant waren die Präparate der in Alkohol gehärteten Muskeln. Man sah das
Bild einer wahren Myositis, die einzelnen von Leukocyten umgebenen Muskelfasern
sind angeschwollen, fettig degenerirt und erleiden eine Art Coagulationsnekrose
mit darauffolgender Absorbirung der kontraktilen Substanz. Der Mikrococcus
verlor auch nach einem Jahr nicht diese specifische Fähigkeit, sich im Muskel-
system zu lokalisiren.
M. schlägt für seinen gefundenen Erreger den Namen Staphylococcus poly-
myositidis vor. Hübener (Breslau).
20) Seelhorst. Zwei Fälle von Schussverletzung mit kleinkalibrigem
Gewehr, Modell 88. Waffe der Gendarmerie.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 7.)
1. Fall. Komplieirte Oberschenkelfraktur bei einem 20jährigen Manne. Die
Einschussöffnung seigt die Größe eines 5-Pfennigstückes, die Ausschussöffnung
hat 4,5—5 cm Durchmesser. Bei völliger Vermeidung eines operativen Eingriffs
wird die Wunde mit Itrol und feuchtem Verband behandelt. In den ersten Tagen
starke Sekretion mit mäßigem Eieber (38,4%. Extensionsverband. Heilung mit
2,5cm Verkürzung, gutem funktionellem Resultat.
2. Fall. Einschussöffnung zwischen 7. und 8. Rippe unter dem linken, unteren
Schulterblattwinkel, Ausschussöffnung am unteren Rande der 3. linken Rippe,
2 cm medianwärts von der Mammillarlinie. Umstechung der verletzten Art. inter,
costalis. Dämpfung bis zum unteren Schulterblattwinkel, blutiger Auswurf wäh-
rend 8 Tagen, kein Fieber. Nach 2 Wochen Verlassen des Bettes, Heilung der
Wunden nach 3 Wochen. Ein Jahr nach der Verletzung sind Erscheinungen an
den Brustorganen nicht nachzuweisen. Bähr (Hannover).
21) Leo. Nachweis eines Osteosarkoms durch Röntgenstrahlen.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 16.)
Es bandelte sich um einen 10jährigen Knaben, dem das rechte Bein wegen
Sarkoms oberhalb des Knies abgesetzt wurde. Ungefähr 2 Monate darauf trat
Husten auf, der Knabe klagte über Schmerzen in der linken Seite und im Rücken,
zu welchen sich später Athemnoth, anfallsweise Dyspno@ und beschleunigte Herz-
thätigkeit gesellte. Die Diagnose wurde auf Sarkommetastasen gestellt, und das
Verhalten der erkrankten Lungen gegenüber den X-Strahlen durch L. festgestellt.
Die gedämpften Partien der Lunge erschienen verdunkelt, und zwar in einem
größeren Umfang, als es nach den Ergebnissen der physikalischen Untersuchung
vorausgesetzt werden konnte. Die Durchleuchtung zeigte mit Sicherheit, dass der
überwiegende Theil beider Lungen der sarkomatösen Wucherung anheimgefallen
war, welchen Befund die bald darauf vorgenommene Sektion bestätigte, während
die klinische Untersuchung diese hochgradige Ausdehnung der Neubildung nicht
sicherstellen ließ.
866 Centralblatt für Chirurgie. No. 33,
L. sieht in den Röntgenstrahlen eine Errungenschaft, welche in den Stand
setzt, die Diagnose einer Lungengeschwulst zu einer Zeit zu stellen, wo die Per-
kussion noch keine Anomalie erkennen lässt. Gold (Bielits).
22) Eichel (Straßburg i/E.). Ein einfacher Extensionsapparat.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. Hft. 5.)
Statt des in den Garnisonlazaretten gebräuchlichen, an den Bettstellen nur
schwer wirklich fest anzubringenden Extensionsapparats hat Verf. eine einfache,
leicht und billig herzustellende Vorrichtung ersonnen, welche sich an jeder Bett-
stelle befestigen lässt. Sie hat namentlich den sehr großen Vorzug, dass man
mittels derselben in Mittelstellung, Ab- oder Adduktion extendiren kann, und dass
ein Verlust an Kraft durch Vermeiden eines winkligen Verlaufs der Extensions-
schnur umgangen wird. Der kleine Apparat wird durch Abbildungen erläutert,
kann leicht zusammengelegt werden, wiegt nur 2 kg und kostet etwa 3.4.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
23) C. Hausmann. Universal-Vorderarmextensions- und Lagerungs-
schiene.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 6.)
Die Schiene zerfällt in 4 Theile. 1. Lagerung für den Oberarm, 2. Lagerung
für den Unterarm, 3. Bügel, in welchem die Hand durch von vorn wirkenden Zug
zu liegen kommt, 4. um seine Mitte drehbarer Stab, welcher vorn am Bügel an-
gebracht ist, und von dessen Enden aus mittels Gummibändern ein regulirbarer
Zug auf ein in der Vola manus befestigtes Brettehen ausgeübt wird. Durch Ge-
lenke zwischen den Theilen 1—3 erhält man für Arm und Hand die gewünschte
Beuge- oder Streckstellung, durch Drehung des Extensionsstabes Pro- und Supina-
tion, gleichzeitiges Heben und Senken der Bügel giebt Ab- und Adduktion. Vor-
züge der Schiene: Erleichterung der Kontrolle der Bruchstelle, des Verband-
wechsels, der Frühmassage und Verhütung der Gelenksteifigkeit durch Wechseln
der Einstellung. Für rechts und links besondere Schiene. Preis 12 #.
Teubner (Hannover).
24) W. Bergmann. Beiderseitige Humerusluxation durch Sturz vom
Zweirad.
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 8.)
Ein 38jähriger Herr stürzte vom Zweirad nach vorn und etwas rechts, während
das Rad nach links auswich. B. fand eine doppelseitige Luxatio humeri subcora-
coidea, die er ohne Schwierigkeit reponiren konnte.
Pat. gab an, auf die Hände gestürzt zu sein. B. nimmt an, dass die Luxa-
tion dadurch zu Stande kam, dass die ganze Körperlast — Pat. wog 93 kg —
auf die Hände einwirkte. In der ihm zugängigen Litteratur fand er keine Er-
wähnung dafür, dass durch ein Trauma eine gleichzeitige Verrenkung beider
Oberarme zu Stande gekommen war. Jaffé (Hamburg).
25) C. L. Scudder. Congenital dislocation of the shoulder-joint.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Februar.)
Von den 2 Fällen, welche S. mittheilt, betrifft der 1. ein Mädchen von 1 Jahr
3 Monaten. Die Geburt war in Schädellage und ohne künstlichen Eingriff erfolgt.
In der 1. Lebenswoche war eine Anschwellung des rechten Arms und der
rechten Hand aufgefallen. Bei näherer Untersuchung findet sich der rechte Arm
einwärts rotirt, der Condylus int. sieht nach hinten. Der Kopf des Humerus wird
in der Fossa infraspinata gefühlt. Sämmtliche Knochen der oberen Extremität
sind von normaler Größe; keine Muskelatrophie, keine Veränderung der elektri-
schen Reaktion. Die Bewegungen des Schultergelenks sind nur in Abduktion
und Auswärtsrotation etwas beschränkt.
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 867
Der 2. Fall betrifft ein 3jähriges Mädchen, bei dem der rechte Arm die ana-
loge Stellung zeigt wie im 1. Falle. Störungen in einer früheren Lebensperiode
sind nicht vorausgegangen.
Während der 1. Fall in Bezug auf seinen kongenitalen Ursprung zweifelhaft
sein kann, hält S. den 2. sicher für angeboren. Seine Ansicht erfährt eine wesent-
liche Stütze einmal darin, dass im 2. Falle nie eine Funktionsstörung voraus-
gegangen ist, ferner, dass sämmtliche Knochen des verrenkten Arms in der Ent-
wicklung zurückgeblieben sind, 3) in dem Röntgenbild, welches deutliche Unter-
schiede gegenüber der gesunden Seite aufweist, Unterschiede, die im Sinne einer
mangelhaften Ausbildung von Pfanne und Gelenkkopf gedeutet werden können.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
26) de Megalheies (Rio de Janeiro). Un cas de raccourcissement
considérable du bras du coté gauche du à un arr&t de croissance
de l’humerus correspondant.
(Revue de chir. 1898. No. 5.)
Dem im Titel Angegebenen ist nur hinzuzufügen, dass die Verkürzung des
Humerus bei dem 16jährigen Knaben bereits 11 em betrug, und dass sie durch
eine hinsichtlich des Zeitpunktes ihrer Entstehung unklar gebliebene Verrenkung
des Oberarmknochens mit Decollement der Epiphyse veranlasst war.
Kramer (Glogau).
27) Delamare. Plaie transversale de la region dorsale du poignet;
section des tendons de l’extenseur commun des doigts; suture des
tendons coupés au tendon de l’extenseur propre de l’indicateur;
guérison.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1898. No. 5.)
Durch einen Glassplitter waren einem Soldaten die 3 Sehnen des Extensor
digitorum communis, welche zum Mittel-, Ring- und kleinen Finger gehen, durch-
schnitten worden, und zwar dicht unterhalb des Handgelenks. Erst nach einigen
Tagen, also sekundär, wird die Sehnennaht unter Blutleere auszuführen versucht,
allein nur das periphere, nicht das centrale Ende der Sehnen aufgefunden. Es
muss also von der unmittelbaren Sehnennaht abgesehen werden. Statt derselben
werden die 3 peripheren Sehnen zuerst mit einander verbunden, dann aber an die
unverletzte der sum Zeigefinger gehenden Sehne desselben Muskels angenäht. Da-
dieser Sehne aber kaum hinreichende Kraft und Festigkeit zugetraut werden kann,
so entschließt man sich dazu, das vereinigte Sehnenbündel des Extensor digitorum
communis noch an die Sehne des Extensor indicis proprius anzunähen; Naht des
Einschnittes und Jodoformgazeverband, Heilung p. pr. Das schließliche funktio-
nelle Resultat war vorzüglich, der Verletzte konnte die Finger vollkommen gut
bewegen. Lühe (Königsberg i/Pr.).
28) Lauenstein. Zur Frage der Funktion der Hand bei Versteifung
resp. Kontraktur einzelner Finger.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 4.)
Verf. betont besonders, dass ein steifer oder kontrahirter Finger nicht nur
ein mechanisches Hindernis beim Zugreifen bildet, sondern dass er die anderen
Finger in ganz bestimmter Weise in ihrer Bewegungsfähigkeit beeinträchtigt und
durch seine Erhaltung mehr schadet, als wenn er entfernt wäre.
Er schätzt z. B. eine Hand mit fehlendem Mittelfinger auf 35%, mit ver-
steiftem Mittelfinger auf etwa 10%. Er fordert desshalb mit mehr Recht als Aus-
sicht auf Erfolg Entfernung des der Versteifung oder der Kontraktur verfallenen
Fingers; ferner verwirft er bei solchen Zuständen die medico-mechanische Behand-
lung, da der Erfolg, so lange der versteifte Finger die anderen hemme, niemals
in Einklang mit den Kosten stehe. Teubner (Hannover).
868 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
29) Sprengel. Zur operativen Nachbehandlung alter Hüftresektionen.
(Festschrift der Braunschweiger Arste zur 69. Versammlung deutscher Naturforscher
und Arzte 1897.)
Braunschweig, Harald Bruhn, 1898.
So gute Resultate die konservative Behandlung der Coxitis auch immer auf-
zuweisen hat, so giebt es doch stets noch zahlreiche Fälle, wo man einen blutigen
Eingriff nicht unterlassen darf und eine Resektion vornehmen muss. Nach ein-
gehender Würdigung der verschiedensten Verfahren, welche zur Freilegung und
zum Angriff der Pfanne und des Beckens von Bardenheuer, Ridder, Schmidt
u. A. ausgeführt worden sind, bespricht Verf. die Resultate verschiedener Autoren.
Von seinen eigenen 56 Resektionsfällen endeten an den Folgen der Operation töd-
lich 4 = 7%; geheilt wurden 27 = 48%; in weiterer Folge starben an Amyloid,
allgemeiner Tuberkulose 15 = 27%.
Der Haupttheil der Arbeit ist jedoch den sogenannten veralteten Fällen ge-
widmet, wo die tuberkulöse Erkrankung nicht nur den Kopf, sondern auch die
Pfanne und die Beckenknochen ergriffen hat, und welche oft durch ihre Hart-
näckigkeit und Fistelbildung die Geduld des Arztes und des Kranken auf eine
harte Probe stellen. In solchen Fällen ist Verf. erst zu befriedigenden Resultaten
gekommen, »als er durch breite Schnitte das Becken freilegte und die tuberku-
lösen Herde in demselben rücksichtslos angriff«,
Sein Operationsverfahren ist von den bisher gebräuchlichen wesentlich ver-
schieden und besteht vor Allem in einem sehr ausgiebigen Schnitt entlang dem
oberen Beckenrand — Beckenrandschnitt —, etwa von der Spina post. sup., dem
äußeren Rand der Crista ossis ilei folgend, bis zur Spina ant. sup. Der Schnitt
durchtrennt Haut, Fascie, Muskeln und Periost; an der Grenze von Glutaeus me-
dius und Tensor fasciae latae wendet sich derselbe nach unten bis zum Trochanter.
So kann man einen großen, dreieckigen Muskel-Periostlappen subperiostal ab-
lösen und in beliebiger Ausdehnung die Außenfläche des Darmbeins und die
Pfanne freilegen. Die Blutung ist gering, wenn man sich an die Muskelinter-
stitien hält.
Dieser Schnitt ist jedoch nicht für alle Fälle ausreichend, einmal weil sich
der tuberkulöse Process auch nach vorn von der Pfanne ausbreitet, und dann.
weil häufig die Funktion des Beins durch die später eintretende Flexions- und
Adduktionskontraktur erheblich gestört wird. Aus diesem Grunde wurde der
Beckenrandschnitt nach vorn und unten verlängert bis zum lateralen Rand des
Nervus cruralis; so wurde er dem von Kocher angegebenen Schnitt zur Resek-
tion einer Beckenhälfte ähnlich. Es empfiehlt sich hierbei, die Operation mit der
Freilegung des Nerven zu beginnen und dann erst den großen Muskelschnitt aus-
zuführen, der von außen nach innen den Tensor fasciae, Rectus cruris, Sartorius
und ev. Ileo-Psoas quer durchtrennt. Genügt auch dieser Schnitt zur bequemen
Freilegung der Pfannengegend nicht, so wird ein Querschnitt aufgesetzt von der
Spina ant. sup. zum Trochanter. (Die Schnittführungen sind durch Abbildungen
im Text, wie auch durch sehr klare bunte, nach Präparaten an der Leiche auf-
genommene Bilder ersichtlich.)
In 4 Fällen hartnäckiger Fistelbildung und Beckencaries hat Verf. diese
Schnittführung mit vorzüglichem Erfolg angewandt. Es ist Dank der queren
Durchtrennung der Muskeln nie zu einer Kontraktur gekommen; auch wurde
stets Schließung sämmtlicher Fisteln erreicht. — Eine halbseitige Beckenresektion
bei einem Sjährigen Knaben endete 3 Stunden p. op. tödlich. — Auch solche
Fälle, wo die Caries nach Perforation der Pfanne die Innenfläche des Beckens
ergriffen hat, können durch Resektion der erkrankten Knochen relativ schonend
angegriffen werden. In einem Falle wurde die Innenfläche des Os ilei nach Zu-
rückdrängung des Bauchfells freigelegt und ein keilförmiges Stück aus der ganzen
Dicke des erkrankten Knochens reseeirt; Heilung; vorzügliches funktionelles Re-
sultat. In einem anderen Falle wurde ein Herd im Schambein, etwa dem Tuber-
culum ileo-pubicum entsprechend, freigelegt, die Pfannengegend auch von innen
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 869
fortgemeißelt, sämmtliche tuberkulös erkrankten Lymphdrüsen bis zur Theilungs-
stelle der Iliaca communis hinauf exstirpirt; Heilung. — Die Nachbehandlung ist
einfach: Einreibung mit Jodoform-Kalomel, theilweise Naht, auch versenkte Muskel-
nähte; der größte Theil aber wird offen mit Jodoformgaze tamponirt; zunächst
Extension, dann lange T-Schiene. Da die Neigung zur Kontraktur nach dieser
Operation nie bestand, so konnte von der Verwendung portativer Apparate ab-
gesehen werden, was ein großer Vortheil der Methode ist. Die Kinder lernten
schnell am Gehbänkchen gehen.
Zum Schluss betont Verf. nochmals, dass »man sich nicht vor der queren
Durchtrennung der vom Becken zum Oberschenkel ziehenden Muskeln scheuen
solle. »Liberal in der Schnittführung, konservativ den Knochen gegenüber!« Die
quere Durchschneidung der Muskeln ist schon von Riedel sur Beseitigung der
fehlerhaften Stellung angewandt worden.
(Ich habe geglaubt, etwas näher auf die Arbeit eingehen zu sollen; dieselbe
enthält aber noch so viele interessante Einzelheiten, dass ich die Lektüre des
Originals nur Jedem empfehlen kann. Die Ausstattung ist, wie überhaupt in der
ganzen Festschrift, eine vorzügliche. Ref.) Tschmarke (Magdeburg).
30) Kern. Anatomische Untersuchungen Pirogoff’scher Amputa-
tionsstümpfe. Ein Beitrag zur Lehre von der funktionellen Anpas-
sung der Knochen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.)
K. beschäftigt sich mit der Frage, in wie weit sich an Pirogoff’schen Am-
putationsstümpfen Strukturveränderungen im Sinne der Wolff’schen Transfor-
mationslehre nachweisen lassen. Wurden Sagittalschnitte von Calcaneus und Tibia
normaler unterer Extremitäten derart zusammengelegt, wie sie bei der Pirogoff-
schen Operation (Modifikation Günther’s) an einander treffen, so stießen die
Längsbälkchen der Tibia meist in einem stumpfen Winkel auf die entsprechenden
Balkensysteme des Calcaneus auf; von 3 Pirogoff’schen Stümpfen, welche Verf.
untersucht hat, war beim ersten keine feste knöcherne Vereinigung und demgemäß
auch keine Alteration der Knochenstruktur vorhanden; bei den beiden anderen
dagegen war aus Tibia und Calcaneus ein einheitlicher Knochen mit gemeinsamem,
der veränderten Zug- und Druckkraft angepasstem Lamellensystem geworden. Ob
freilich die Belastung allein diese Veränderung hervorgebracht hat, wagt Verf.
nicht zu entscheiden, da Beobachtungen über Pirogoff’sche Stümpfe, deren
Träger nicht herumgegangen sind, bezüglich der Strukturverhältnisse nicht vor-
liegen. Honsell (Tübingen).
31) A. ©. Wiener. A contribution to the treatment of clubfoot.
(Medicine 1898. April.)
Verf. hat durch folgendes Verfahren ein ausgezeichnetes Resultat bei einem
angeborenen Klumpfuß erzielt:
Nach subkutaner Durchschneidung der Achillessehne wurde der Fuß in über-
gestreckter Stellung mit Pflasterstreifen festgehalten. Der mittlere Fuß und die
Hacke bleiben frei, so dass beim Gehen durch das Gewicht des Körpers die Plantar-
fascie sich dehnen konnte.
Es wurde ein Gummizug an die Insertionsstelle der Peronei als Gegenzug
gegen den Tibialis anticus angebracht; und zwar geht derselbe von dem ersten
Metatarsophalangealgelenk unter der Sohle nach der Außenseite des Fußes bis
zur Mitte des Unterschenkel. Um Druck an der Außenseite des Fußes zu ver-
meiden, wurden Wattetampons eingelegt. Mit diesem Verband musste der Pat.
möglichst viel gehen.
Nachdem die Stichwunde verheilt war, wurde der Verband durch einen Schuh
mit Plattfußsohle ersetzt, und diese Sohle wurde durch einen elastischen Zug an
einem Ring über dem Knie befestigt. Dieser Zug ging durch einen Schlitz durch
das Oberleder des Schuhes durch.
870 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
Bei jedem Schritt wurde durch den Gummizug die Metatarsalgegend auf-
gehoben und wieder niedergesetzt. Dadurch wird zuerst eine starke Dehnung der
Plantarfascie hervorgerufen und zweitens durch die Bewegung eine stärkere Er-
nährung der Peroneusmuskeln hervorgerufen, dadurch wieder dem Übergewicht des
Tibialis anticus entgegengearbeitet.
Bei dem angegebenen Pat. hatte sich die Plantarfascie nach 8 Wochen um
11/43 Zoll gestreckt und die Wadenmuskulatur um 1 Zoll an Umfang zugenommen.
Derselbe Apparat wurde auch bei einem Pes equinovarus paralyticus mit
gutem Erfolg angewandt und ebenfalls bei einer Pat., bei welcher wegen Tuber-
kulose der Talus resecirt war. Benecke (Hamburg).
32) T. v. Dembowski. Ein Fall von Pes planus traumaticus dauernd
geheilt nach der Methode von Gleich.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.)
Verf. beschreibt den in der Überschrift geschilderten Fall hauptsächlich, um
zu betonen, dass bei der Gleich’schen Methode es auf knöcherne Verwachsung
der Durchsägungsstelle am Calcaneus ankommt. Das Resultat wurde durch Skia-
gramm kontrollirt. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
33) Quönu. Luxation incomplète sous-scaphoidienne en dedans.
(Bull. et mem. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 356.)
In dem von Q. beschriebenen Falle war die seltene Verletzung dadurch zu
Stande gekommen, dass Pat. durch eine herabstürzende schwere Kiste zu Fall ge-
bracht wurde; dabei stieß der getroffene rechte Unterschenkel gegen den linken
und drängte das linke Knie gewaltsam nach außen, während der linke Fuß in
normaler Stellung auf dem Boden festgehalten wurde. Als Q. den Verletzten
6 Wochen nachher sah, hinkte er stark, der Fuß war nach außen abgewichen, die
verlängerte Achse des Unterschenkels traf nach innen von der großen Zehe, das
Kahnbein sprang mit seiner normal dem 1. Keilbein zugewendeten Gelenkfläche
nach innen vor. Exstirpation des Kahnbeins. Der Talus zeigte sich dabei gegen-
über dem Calcaneus verschoben, etwas um die vertikale Achse gedreht; seine Re-
position misslang. Heilung mit leidlich guter Funktion. — Im Anschluss an die
Nomenklatur Malgaigne’s bezeichnet Q. die Verletzung als »Luxation sous-
astragalo-pre-scaphoidienne«. — Zur Aufklärung des Mechanismus der Fußwurzel-
verrenkungen machte er Leichenexperimente: Bei Feststellung des Calcaneus resp.
des ganzen Fußes erzeugte er durch starke Abduktion des Kniees nur Frakturen
des inneren Fußknöchels. Fixirte er nur den Metatarsus, so gelang es ihm, durch
gewaltsame Abduktion des Kniees, Rotation des Unterschenkels nach außen und
sehr starke Flexion 1) eine Verschiebung der 2 ersten Keilbeine nach innen,
2) eine Verrenkung des ersten Keilbeins nach innen zu erzeugen. Er kommt zu
dem Schluss, dass die Verrenkungen und Bandzerreißungen um so weiter nach
vorn sich finden, je weiter die Beugung des Fußes gegenüber dem Unterschenkel
getrieben wird. Reichel (Chemnitz).
34) L. Steffen. Über einen Fall von Luxation im Lisfranc-Gelenk
mit Interposition der Sehne des M. tibialis anticus.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 619.)
Ein Fall aus dem Braunschweiger Krankenhaus (Sprengel). 29jähriger Pat.,
dem ein Fass auf den linken Vorfuß rollt, während er selbst nach rückwärts und
links fällt. An dem stark geschwollenen Fuße der Vordertheil nach außen ab-
gewichen, mit dem Hintertheil einen nach außen offenen stumpfen Winkel bildend,
Fußwölbung aufgehoben. Das Röntgenbild bestätigt die auf Verrenkung im Lis-
franc'schen Gelenk gestellte Diagnose: Der Metatars. I, lateralwärts gewichen,
erreicht fast das Cuneif. III. Bei den in Narkose vorgenommenen Repositions-
versuchen geben nur die lateralen Metatarsalknochen nach, desshalb Incision über
dem medialen Fußrand, etwa entlang dem Verlauf des Extens. hallucis. »Die
Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 871
Metatarsalknochen sind lateralwärts und um ein Geringes dorsalwärts abgewichen.
Gelenkverbindungen auf der dorsalen Seite sämmtlich gesprengt, bis auf die Ge-
lenkkapsel zwischen Cuneiform. I und Metatars. I, die fast gans intakt und nur
an dem nach dem Metatars. II zu liegenden Theil eröffnet ist; in diesen Spalt ist
der laterale Schenkel der Sehne des M. tibialis antio. interponirt, nach deren
Lösung die Reposition leicht gelingt.« Gipsverband ete. Günstiger Verlauf.
Bislang scheint diese Sehneninterposition noch nicht beobachtet zu sein. Die
Entstehungsart der Verletzung war wahrscheinlich so, dass durch Hyperplantar-
flexion im Fuß primär eine dorsale Verschiebung der Mittelfußknochen eintrat.
Dann erst erfolgte die laterale Luxation. Hierfür spricht auch das Freibleiben
des 2. Metatarsalköpfchens von Fraktur. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
35) A. Venot. Myelome des gaines tendineuses à point de départ
osseux.
(Revue de chir. 1898. No. 3.)
Die von Robin und N&laton unter dem Namen der Tumeurs à myéloplaxes
ou myélomes à tendance fibreuse beschriebenen Geschwülste, welche durch die
Anwesenheit der Riesenzellen und das Bestehen eines vollständig entwickelten
Bindegewebes mit ausgebildeten Gefäßen und — gleichfalls im Gegensatz zu den
My£lomes embryonnaires — durch Gutartigkeit charakterisirt sind, wurden bisher
entweder am Skelett oder an den Sehnenscheiden und Aponeurosen beobachtet.
V. berichtet nun über einen Fall eines solchen Myeloms einer Zehe, welches von
dem Mark der 2. Phalanx, ohne ihre Form und Konsistenz zu verändern, aus-
gegangen war, mit dem Knochen nur durch einen dünnen Stiel szusammenhängend,
gleichzeitig auch sich in der Sehnenscheide als eine nussgroße Geschwulst ent-
wickelt hatte; Periost und Sehne selbst blieben unversehrt. Die Beziehungen des
Myeloms zum Knochen einer und zur Sehnenscheide andererseits konnten an dem
durch Exartikulation der Zehe gewonnenen Präparat nachgewiesen werden; bei
einfacher Exstirpation der Sehnenscheidenneubildung wäre wahrscheinlich der
gleichzeitige Ausgang vom Knochen übersehen worden. Kramer (Glogau).
36) Most. Ein Beitrag zur Lehre von den Echinokokkengeschwülsten
an den großen Schenkelgefäßen.
(Deutsche Zeitschrift für Chrirurgie Bd.,XLVIL p. 590.)
Ein 48jähriger Pat. des St. Josef-Krankenhauses in Breslau hatte eine seit
ca. 10 Monaten langsam wachsende Geschwulst der rechten Leistenbeuge, die nur
mechanische Beschwerden verursachte. Umfang der halbkugeligen Geschwulst an
der Basis 32 cm, Höhe derselben 7cm. Sie ist unverschieblich, von elastisch-
derber Konsistenz, Probepunktion negativ. Diagnose Lipom. Bei der Operation
legt ein Schnitt durch Haut und Fascie einen glatten Balg bloß, der eingeschnitten
eine Masse trockener, kollabirter, dicht an einander gelagerter Echinococcusblasen,
keine Flüssigkeit entleert. Der Sack setzt sich mit gleicber Füllung an der Innen-
seite der großen Gefäße, in deren Scheide röhrenförmig bis zur Mitte des Ober-
schenkels fort und eben so nach oben in unbestimmbarer Ausdehnung in die
Bauchhöhle hinein. Da Radikaloperation anscheinend unmöglich, möglichste Spal-
tung und Ausräumung. Drainage, Naht. Täglicher Verbandwechsel wegen starker
Sekretion mit Blasenabgang aus der Bauchhöhle. 2 Tage nach der Operation
Dyspno&, Herzschwäche. Am 4. Tage Tod unter den Zeichen einer » Pulmonal-
Thrombose«. Sektion nicht gestattet.
Zur Beurtheilung der Frequenz des Echinococcus an der in diesem Falle von
ihm eingenommenen Stelle hat M. die Statistiken der subfascialen bezw. musku-
lären Echinokokken, über welche gute Sammlungen existiren, durchgesehen, auch
solche noch vervollständigt. Es ergab sich, dass unter 200 Fällen 32 in dieser
Gegend saßen, und zwar 5 in der Ileopsoas-, 27 in der oberen Adduktorengegend.
In den einschlägigen Krankenberichten ist unter 15 Angaben nur (mal die richtige
Diagnose gestellt, während sie 2mal zwischen Sarkom bezw. Fibrom und Echino-
872 Centralblatt für Chirurgie. No. 33.
coceus schwankte. 5mal war ein Abscess angenommen, 3mal eine cystische Ge-
schwulst, 2mal Sarkom und 2mal Lipom. M. giebt im Anschluss daran eine
diagnostische Betrachtung. Therapeutisch wird die vollständige Exstirpation in
erster Linie ins Auge zu fassen, bisweilen aber, beim Heraufreichen der Erkran-
kung unter dem Poupart’schen Band hoch hinauf, nicht ausführbar sein. Unter
8 Exstirpationen ist ein tödlicher Ausgang berichtet. Auf 20 Berichte über In-
cisionen dagegen kommen 3 Todesfälle. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
37) @. Zahn (Nürnberg). Zwei Fälle von operativ geheilten Aneurys-
men der unteren Extremität.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 7.)
Der Aufsatz bringt außer den Operationsgeschichten zweier von Heinlein
erfolgreich behandelter Fälle von Aneurysma der Art. poplitea mit accidentellen
Entzündungserscheinungen und von Aneurysma der Art. femoralis im unteren
Drittel eine eingehende Besprechung der Operationsmethoden und ihrer Indika-
tionen bei Aneurysmen. Wir geben kurz die Schlusssätze Z.’s wieder. Das gute
Resultat in den mitgetheilten 2 Fällen beweist aufs Neue die Thatsache, dass man
zur Zeit die Indikation zur Radikaloperation mit gutem Recht viel weiter aus-
dehnen darf, als dieses früher geschah, wo nur drohende Perforation des Sackes
die Berechtigung dazu abgab. Die im 2. Falle deutlich zu Tage getretene Wir-
kung der präparatorischen Kompression des zuführenden Arterienrohres — zur
Feststellung der Funktionstüchtigkeit der Kollateralen und Anbahnung eines
Kollateralkreislaufs — lässt den Rath Derer vollkommen gerechtfertigt erscheinen,
welche sich dieses Weges in jedem Falle — außer bei diffuser Arterienerkrankung,
entzündlichen Vorgängen am aneurysmatischen Tumor und bei versteckter Lage
des Aneurysmas — zuerst bedienen zu müssen glauben. Die Wahl zwischen In-
cision und radikaler Exstirpation ist von den jeweiligen Verhältnissen abhängig
zu machen. So verkehrt es wäre, in jedem Falle die völlige Exstirpation durch-
setzen zu wollen, so selbstverständlich ist es, sich nicht mit der Incision zu be-
gnügen, wo die Exstirpation auf keine Hindernisse stößt. Man kann aber noch
weiter gehen und sagen, dass die bloße Incision des Sackes wohl immer zum Vor-
theil des Pat. durch eine theilweise Exstirpation zu ersetzen ist, da sie bei un-
gestörtem Wundverlauf die Chancen der radikalen Exstirpation wohl in vollem
Maße theilt.
Auch in dem zweiten der von Heinlein radikal operirten Fälle ist die Ex-
stirpation nicht eine ganz vollständige gewesen, um eine Verletzung der Vena fem.
zu vermeiden; die Wundhöhle wurde in beiden nicht vernäht, sondern mit Gaze
ausgestopft. Die Heilung erfolgte, ohne dass es zu ernsteren Cirkulationsstörungen
kam; 'in dem Falle von Kniekehlenaneurysma forderte die bestehende Knie-
kontraktur lange Zeit zu ihrer Besserung. Kramer (Glogau).
38) G. Ruini. Trattamento chirurgico delle ulceri alle gambe.
(Rivista Veneta di scienze med. 1598. p. 315. Ref. nach Gazz. degli ospedali e
delle elin.,1898. No. 52.)
R. berichtet über 57 Fälle von Varicen und varikösen Geschwüren des Unter-
schenkels, die durch Unterbindung der Saphena nach Trendelenburg oder bei
vorhandenen Ulcerationen durch doppelten Cirkulärschnitt nach Moreschi be-
handelt wurden, und über 14 Fülle von Uleus perforans, bei denen die Nerven-
dehnung nach Giordano-Chipault am Ischiadicus zur Ausführung kam. Sämmt-
liche Fälle heilten, und nur 4 Recidive traten im Ganzen auf.
Dreyer (Köln).
Originalmittheilungen, Monographieen und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
ees
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
E. vm Bean, (mm Lis
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
Ee
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 34. Sonnabend, den 27. August. 1898.
Inhalt: 1) van de Velde, Baktericides Seram. — 2) Czaplewskl, Neuer Bacillus aus
der Tuberkelbacillengruppe. — 3) Thorn, Verkalktes Epitheliom. — 4) Sehrwald, Lage-
bestimmung von Fremdkörpern. — 5) Calllano, Brandwunden. — 6) Adamkiewicz, Hirn-
druck und Druck im Gehirn. — 7) Siv6n, Traumatische Epilepsie. — 8) Sworykin, Tre-
panationslücken. — 9) Salog, 10) Scheuer, Lokalanästhesirung bei Zahnextraktionen. —
11) Anders, Spondylitis. — 12) Levy, Resektion der Speiseröhre. — 13) Ebsteln, Ösophago-
skopie. — 14) Martin, Diphtherie. — 15) Cestan, Empyem. — 16) de Renzi, Lungen-
brustfellkrebs.
17) Bouvet, Hirnerschütterung. — 18) Lasarew, Pulsirender Exophthalmus. —
19) Crouzillac, Phlegmone der Zungentonsille. — 20) Hartmann, 21) Lauffs, Adenoide
Wucherungen. — 22) Schanz, 23) Jonnesco, 24) Huhn, Pott'scher Buckel. — 25) Ca-
vicchla, Eröffnung des Wirbelkanals. — 26) Vöicker, Halslipome. — 27) Lanz und
Lüscher, Strumitis. — 28) Lauin, 29) Hofmeister, 30) Cerkez und Juvara, 31) Durand,
Kropf. — 392) Wolfstein, 33) Weber, Thyreoidinbehandlung. — 34) Grekow, Unter-
bindung der Vena jugularis communis. — 35) Gorski, Ösophagotomie. — 36) McCol-
10m, 37) Hibbard, 33) Thomas, 39) Pearce, 40) Suttle, Diphtherie. — 41) Winkler,
Kehldeckelgeschwulst. — 42) v. Stein und Juschzenkoffl, 43) Railton, 44) Barth, Kehl-
kopfgeschwülste. — 45) Vogler, Traumatische Lungenhernien. — 46) Karewski, Lungen-
aktinomykose. — 47) Briese, Lungenendotheliom. — 48) Arnozan, Lungensafttherapie.
— 49) Henssen, Ohylothorax. — 50) Hill, 51) Parrozzani, 52) Podres, Herzwunden. —
63) Bergmann, Mediastinalcyste. — 54) Giordano, Verrenkung des Schwertfortsatzes. —
B Tallhefer, Osteomyelitis der Rippe. — 56) Quénu und Longuet, Geschwülste des
Brustkorbes. — 57) Dowd, Brustkrebs.
1) van de Velde. Über den gegenwärtigen Stand der
Frage nach den Beziehungen zwischen den baktericiden
Eigenschaften des Serums und der Leukocyten.
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 16.)
- Durch den Nachweis, dass der flüssige Theil der lebende Leuko-
cyten enthaltenden Exsudate, welche künstlich bei Kaninchen her-
vorgerufen sind, eine viel höhere baktericide Kraft besitzt als das
Blutserum desselben Thieres oder normaler Kaninchen, hat v.d. V.
zuerst dargethan, dass diese Kraft aus einer während des Lebens
der Leukocyten erfolgten Sekretion im Innern des Organismus ent-
sprungen war. Die Experimente von Buchner, Hahn, Schatten-
froh, Bail (s. No. 7 dieses Jahrganges des Centralblattes) beweisen
34
874 Centralblatt für Chirurgie. No. 34,
bloß, dass die den Exsudaten entnommenen Leukocyten noch eine
große Menge baktericider Substanzen enthalten, welche man durch
Zerstörung dieser Lenkoerten durch Leukocidin zur Erscheinung
bringt. Denys und Leclef haben die Bedingungen studirt, unter
denen die weißen Köperchen in lebendem Zustand ihre baktericide
Kraft an das Serum abgeben und diese in der Pleurahöhle begonnene
Sekretion in vitro hervorzubringen gesucht, ohne befriedigende
Resultate zu erzielen.
Es ist merkwürdig, dass die Leukocyten, wenn sie dem Körper
entnommen und in Serum gebracht werden, selbst unter dem Einfluss
eines Reizes durch Produkte von Mikrobien, ihre Sekretion unter-
brechen. Dieses Aufhören spricht dafür, dass diese Sekretion uns
noch ganz unbekannten Gesetzen unterworfen ist. Es ist möglich,
dass der Leukocyt in dem Serum Verhältnisse antrifftt, die seine
Sekretion hindern. In Folge dieser besonderen Verhältnisse würde
der Leukocyt die baktericide Substanz in seinem Innern behalten,
und diese würde nur dann austreten, wenn der Leukocyt auf den
Schauplatz der Infektion, in das Exsudat, eingetreten ist.
Hübener (Breslau).
2) Czaplewski. Über einen aus einem Leprafall gezüch-
teten alkohol- und säurefesten Bacillus aus der Tuber-
kelbacillengruppe.
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 3—6.)
Bei Versuchen, aus dem Nasensekret eines Leprösen der medi-
cinischen Klinik zu Königsberg Leprabacillen zu kultiviren, gelang
es Cz., einen Bacillus zu isoliren, der sich in keinem anderen Falle
nachweisen ließ, und den Cz. als einer besonderen Art zugehörig
auffasst.
` Seine Säure- und Alkoholfestigkeit, seine Wolkenbildung in
flüssigen Nährmedien und seine Verzweigungen verweisen ihn in
die Sklerothrixgruppe, zu welcher die Bacillen der Säugethier- und
Vogeltuberkulose, so wie die von Petri und Lydia Rabinowitsch
gefundenen Butterbacillen gehören. Auch von den Diphtheriebacillen
unterscheidet er sich schon durch seine Färbbarkeit nach Tuberkel-
bacillenmethoden. Er bildet nach Cz. ein verbindendes Mittelglied
zwischen den Diphtheriebacillen und der Sklerothrixgruppe, welches
den schroffen Gegensatz, in welchem der Tuberkalbacillus hinsichtlich
seiner Färbbarkeit gegenüber den übrigen Bakterien bis jetzt stand;
mildert und ausgleicht.
Der fragliche Bacillus wächst nach einigen Übertragungen
ziemlich schnell auf allen gebräuchlichen Nährböden, am besten auf
Hammelblutserum und menschlicher Ascitesflüssigkeit. Nur auf der
Kartoffel konnte kein Wachsthum beobachtet werden. Morphologisch
betrachtet stellt der fragliche Bacillus ein gerades oder leicht ge-
krümmtes Stäbchen dar.
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 875
(Diese Mittheilung Cz.’s ist desshalb von besonderem Interesse,
weil sie zu den bislang bekannten Lepra-, Smegma- und den Petri-
Rabinowitsch’schen Butterbacillen eine neue Art hinzufügt, die alle
das Gemeinsame haben, dass sie sich nach der bis vor nicht gar so
langer Zeit als für Tuberkelbacillen specifisch geltenden Methode färben.
Dass hiernach die Diagnosestellung der Tuberkulose allein aus
der specifischen Färbung der Bacillen eine gewisse Vorsicht gegen
früher erfordert, möchte Ref. kurz betonen.) Hübener (Breslau).
3) Thorn. Über das verkalkte Epitheliom. Mit 1 Tafel.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
Den zahlreichen interessanten pathologisch-anatomischen Arbeiten
aus der v. Bergmann’schen Klinik schließt sich der lehrreiche
Aufsatz T.’s über das verkalkte Epitheliom an. Die histologische
Stellung desselben schwankte bisher. Während Dennecke und
Stieda diese Geschwulst unter die Epitheliome zählten, rechnete sie
Perthes unter die Endotheliome. Diese Widersprüche kamen daher,
dass man bisher in keinem Falle die Herkunft dieser Geschwülste
bis auf ihre epithelführende Matrix verfolgen konnte. T. ist es nun
in einem von 3 Fällen vollkommen gelungen, den Zusammenhang
der Geschwulstmassen mit dem Deckepithel sicherzustellen und an
beigefügter Zeichnung zu demonstriren. Verf. sieht nicht nur in
der Kapselbildung und den degenerativen Veränderungen der Epi-
thelien die wesentlichsten Unterschiede gegenüber dem Platten-
epithelcancroid, sondern vornehmlich in dem Proliferationsmodus der
Epithelien, welche nicht die Metaplasie der Zellen erleiden, welche
den Charakter des Carcinoms bestimmt. Hervorzuheben sei nament-
lich der Unterschied der Perlen in Epitheliomen und Cancroiden.
Bei den ersteren ist der Fundort ein anderer, mehr beschränkter,
ferner ist an ihnen eine zellige Zusammensetzung beinahe nicht mehr
zu erkennen. Nach T.’s Ansicht sind diese Epitheliomperlen nichts
Anderes als Produkte der Zusammendrängung der degenerirten Epi-
thelien. Als Ausgangsort der verkalkten Epitheliome sieht er das
Deckepithel an und hält die Einkapselung für einen sekundären
Vorgang, dessen besondere Art er näher beschreibt. Übrigens wird
diese Kapsel stellenweise vermisst, wo sie nämlich noch nicht ge-
bildet ist. Durch die Abkapselung hat man nach des Verf. An-
schauung auch bisher den Zusammenhang mit dem Mutterboden der
beschriebenen Geschwülste nicht finden können. Als ätiologisches
Moment hält er eine traumatische Verlagerung von Theilen des
Deckepithels in die Tiefe der Cutis nicht für unwahrscheinlich,
analog der Entstehung der Epithelcysten. Des weiteren entsteht
dann eine typische geschwulstbildende Epithelwucherung mit con-
secutiver Degeneration und Abkapselung, aber ohne specifisch
krebsigen Charakter. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
34*
876 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
4) Sehrwald. Die Lagebestimmung von Fremdkörpern in
der Tiefe bei der Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 19.)
S. bestimmt in sehr einfacher Weise mathematisch genau den
Sitz eines Fremdkörpers nach dem Princip, wonach die Lage eines
Punktes in einer Ebene durch 2 sich schneidende gerade Linien
bestimmt wird.
Betrachtet man durch den Fluorescenzschirm z. B. den Brustkorb
mit einer darin sitzenden kleinen Bleikugel, etwa einem Schrotkorn,
so braucht man nur bei ruhig gehaltenem Kopf auf der Vorderseite
der Brust eine Marke anzubringen, die sich mit dem Centrum des
Schrotkornschattens deckt, und eben so eine zweite auf der Rück-
seite des Brustkorbs. Dadurch ist eine gerade Linie durch den
Fremdkörper festgelegt. Lässt man jetzt den Kranken halb oder
ganz rechts- oder linksum machen und markirt von Neuem das
Schattenbild auf der Vorder- und Rückenseite, so hat man in be-
kannter Weise die 2 nöthigen Linien bestimmt, die beide in der
Horizontalebene liegen und zur Ermittelung der Tiefe des Schrot-
korns ausreichen.
Zum Markiren der Endpunkte der Linien benutzt S. eine feine
Metallsonde, die am freien Ende leicht mit Anilinfarbe gefärbt ist,
Zur sicheren Markirung ist nöthig, dass zwischen dem Körper
des Kranken und dem Fluorescenzschirm mindestens ein hand-
breiter Abstand gelassen werde, zwischen der Vacuumröhre und dem
Körper ein noch größerer.
Sehr leicht lässt sich dann der Sitz des Fremdkörpers in der
Tiefe auffinden, indem man die beiden Linienenden, denen der
Fremdkörper am nächsten liegt, durch eine Grade verbindet und vom
Schnittpunkt der Linien im Fremdkörper aus eine Senkrechte auf
diese Grade fällt. Im Verlauf dieser Senkrechten kann man ge-
gebenen Falls einschneiden, um mit Sicherheit den Fremdkörper
zu finden.
Wenn auch wohl nur selten eine praktisch chirurgische Ver-
werthung der einfachen Methode möglich sein wird, da es sich in
erster Linie um operative Entfernung von Fremdkörpern aus den
großen Körperhöhlen durch dieselbe handeln würde, so hält Ref. in
Anbetracht der immerhin vorhandenen Möglichkeit und der Schwierig-
keit solcher Aufgabe die S.’sche Methode doch für sehr beachtenswerth.
Levi-Dorn in Berlin nimmt bekanntlich die Priorität des Prin-
eips der Methode für sich in Anspruch und räth ab, die Markirungen
stets in derselben Weise vorzunehmen.
R. Wagner ‘Mülheim a. d. Bi
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 877
5) Calliano. La medicazione ad un pucco assorbente nelle
ustioni.
(Morgagni 1898. No. 4).
Verf. wünscht die Durchführung einer strengen Antisepsis bei
Behandlung der Brandwunden. -Die Reinigung soll mit kaltem, aber
gekochtem Wasser erfolgen, dem wenn möglich 1—3% Karbol oder
0,5%% Sublimat oder 3—4% Borsäure zugesetzt sind. Nekrotische
Theile müssen chirurgisch entfernt werden. Kompressen, die in
kaltes wie oben hergestelltes Wasser getaucht und alle 10 Minuten
gewechselt werden, sind am besten geeignet, die Schmerzen zu lindern.
Nach 12—15 Stunden geht man zu feuchtwarmen Verbänden über,
die mit Guttapercha abgeschlossen und je nach dem Grade der
Verbrennung 1- bis 2mal täglich gewechselt werden.
Von den übrigen Maßnahmen, die Verf. hervorhebt, sind Atropin-
injektionen bemerkenswerth, die alle 2 bis 3 Stunden unter Beobach-
tung der Pupillen wiederholt werden sollen. Kianicine hat nach-
gewiesen, dass die bei der Verbrennung gebildeten Gifte eine dem
Muskarin ähnliche Wirkung ausüben, wodurch der Einfluss des
Atropins erklärt wird. Dreyer (Köln.)
6) A. Adamkiewicz. »Hirndruck« und Druck im Gehirn.
Ein Beitrag zur Lehre von der Strömung der physiologischen
und der Stase der pathologischen Flüssigkeiten im Schädel.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 29—31.)
Es giebt keinen Hirndruck, d. h. eine erhöhte Spannung des
Liquors, aber es giebt einen Druck im Gehirn. Bohrt man bei
Kranken, welche an »Gehirndruck« leiden, den Duralsack an, so spritzt
unter einem Druck von mehreren Hunderten von Quecksilbermilli-
metern ein Flüssigkeit heraus. Diese Flüssigkeit ist aber nicht der
physiologische »gespannte« Liquor, sondern ein Exsudat, und diesem
Exsudat wohnt wie allen entzündlichen Exsudaten oder nach Art
eines »flüssigen Tumors« die Eigenschaft bei, expandirend zu wirken.
Es bricht also ein Exsudat hervor, welches in sich unter hoher
Spannung steht, aber keineswegs die Venen oder Kapillaren in der
Schädelhöhle erst komprimiren muss, um die Erscheinungen des
Hirndrucks hervorzurufen. Mit der Entleerung der flüssigen Tumoren
aus dem Schädel verschwinden natürlich auch die von ihnen er-
zeugten Kompressionsphänomene. Dieser flüssige Tumor im Gehirn
verhält sich also genau, wie die Geschwülste in anderen Körper-
gegenden, in der Leber, am Pylorus etc., welche auch »drücken«,
aber keinen »Leberdruck« etc. hervorbringen. Der Liquor in der
Schädelhöhle steht normal unter einer Spannung gleich Null, ist aber
natürlich fortdauernd in Bewegung, welche nur von der Venen-
strömung unterhalten wird. Es müssen offene Kommunikationen
zwischen Liquor und Venen vorhanden sein. Das Experiment zeigt,
dass bei künstlicher Infusion von Flüssigkeit in den Schädel der
878 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
Druck in den Halsvenen steigt, und dies ist nur dann möglich, wenn
die offenen Kommunikationen zwischen Arachnoidealraum und Venen
starrwandig sind. Wären sie nachgiebig wie eine gewöhnliche Venen-
wand, müssten sie unter dem steigenden Arachnoidealdruck zuge-
drückt werden, und der Halsvenendruck also sinken, statt steigen.
Starrwandige Venenwandungen können nur im Knochen liegen; also
liegen die Kommunikationen im Schädelknocheninnern, in der Diploe,
wo, nach der weiteren Hypothese des Autors, die Liquorkanälchen
so angeordnet sind, dass sie nach dem physikalischen Princip seit-
licher Ansätze starrer Röhren aspirirend wirken bei negativem Druck
der Flüssigkeitssäule des Hauptrohrs. So saugt der gesammte Diploe-
raum den Liquor aus dem Arachnoidealbassin in sich hinein, wenn
der Brustkorb für die Inspiration sich erweitert, und so kommt die
normale Strömung des Liquors nicht nur, sondern auch aller physi-
kalisch gleichwerthigen Flüssigkeiten, welche in den Schädel ein-
gespritzt werden, zu Stande. Dagegen müssen sich dichtere Flüssig-
keiten, wie das entzündliche Exsudat oder das experimentell eingespritzte
Öl, welche das feine Porennetz des Diploesiebs nicht passiren können,
Stauen, und die gerathen dann unter höhere Spannung. Das sind
Vorgänge, welche nicht dem Schädelgefüge eigenthümlich sind, sondern
überall im Organismus in gleicher Weise zu Stande kommen. — Das
entzündliche Exsudat kapselt sich ab, indem es die abführenden
Lymphbahnen versperrt. Dadurch wird der Organismus vor der
Überschwemmung mit den eingeschlossenen Giften bewahrt, der
»Tumor« selbst aber geräth unter höheren »Druck«.
Herm. Frank (Berlin).
7) O. O. Siven. Fyra operativt behandlade fall af trau-
matisk epilepsi jämte statistisk sammanställning af operations-
resultaten vid 97 fall af samma affektion.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 427.)
Verf. beschreibt zuerst ausführlich 4 in der chirurgischen Klinik
zu Helsingfors operirte Fälle von traumatischer Epilepsie. Das wenig
befriedigende Resultat der Eingriffe veranlasst Vert., eine kritische
Durchmusterung der in der Litteratur veröffentlichten’ Statistiken
auszuführen. Er will einen Beitrag liefern zur Beantwortung der Frage,
ob das von Horsley empfohlene radikale Operationsverfahren, Excision
des auch scheinbar gesunden psychomotorischen Centrums, von dem
der Krampf ausgeht, einen therapeutischen Fortschritt bedeutet.
Gestützt auf 97 kritisch gesichtete Fälle aus der Litteratur gelangt
Verf. zu nachstehenden Schlussfolgerungen.
Eine relativ günstige Prognose ist unter folgenden Bedingungen
zu stellen:
1) Der Pat. darf nicht zu alt sein, am besten nicht über 30 Jahre.
2) Die Epilepsie darf nicht all zu lange gedauert haben, am
ehesten nur einige Jahre; dagegen scheint die Länge zwischen den
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 879
Zeitintervallen, zwischen Trauma und Operation, von keiner Bedeutung
zu sein.
3) Die Krampfanfälle dürfen nicht allgemeine, höchstens halb-
seitige sein. `
4) Die Operation ist nach Horsley auszuführen, mit der Aus-
nahme, dass das scheinbar gesunde Rindencentrum geschont wird.
A. Hansson (Cimbrishamn).
8) P. N. Sworykin. Über den Ersatz von Trepanations-
defekten des Schädels durch künstlichen und Knochen-
knorpel. (Vorläufige Mittheilung.)
(Wratsch 1898. No. 25.)
S. bildete künstliche Knochenplatten aus phosphor-, kohlen-
und schwefelsaurem Calcium mit Eiweiß, etwas Leim und Gelatine
und füllte damit bei Kaninchen die Trepanationslücken aus. In
anderen Fällen gebrauchte er Knorpelstücke, todte und lebende. —
Nach verschiedenen Zeiträumen wurden die Knochen entkalkt und
untersucht. Dabei erwies es sich, dass die Lücken vom Rande her
mit Granulationsgewebe ausgefüllt werden, welches sich in Binde-
gewebe verwandelt und endlich verknöchert; die künstliche Knochen-
masse wird resorbirt. Der ganze Restitutionsprocess dauert etwa
11 Jahr. Beim Ersatz durch Knorpel spielt sich derselbe Vorgang
ab, nur viel schneller. — Die Arbeit wurde unter Prof. Wino-
gradow’s Leitung ausgeführt. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
9) A. Salog. Eukain in der Zahnheilkunde. (Aus der chir.
Fakultätsklinik Prof. Bobrow’s.)
(Chirurgia 1898. p. 111.)
In dem zahnärztlichen Kabinett, das mit dem Ambulatorium der
Klinik verbunden ist, wurden in 6 Monaten (November 1896 bis
Oktober 1897) 745 Zähne gezogen: ohne Anästhesirung 205, unter
Cocain 220 (eine Pravaz’sche Spritze 2%iger Lösung) und unter
Eukain 320 (eine Spritze 5%iger Lösung). Allgemeine Nerven-
erscheinungen, wie Kopfschwindel, traten bei der ersten Gruppe (nur
imal Ohnmacht) in 7,3% der Fälle, bei Cocainanwendung in 46,8%
auf. Hierbei handelte es sich manchmal um das Bild voller Cocain-
vergiftung. Bei Eukain sind nur leichte Erscheinungen und nur in
2,5% der Fälle notirt. S. empfiehlt daher in näherer Ausführung
das Eukain für die Zahnchirurgie. E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
10) A. Scheuer. Dolor post extractionem dentis.
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 21.)
Es ist bekannt, dass nach Extraktion von Zähnen bei gleich-
zeitiger eitriger Alveolarperitonitis die Schmerzen oft noch Stunden
880 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
lang anhalten und allen gewöhnlichen Mitteln zu trotzen pflegen.
Gegen diese Schmerzen, die nach de Terra auf einer Alveolar-
neuritis beruhen, behauptet S. ein nie versagendes Mittel zu besitzen.
Er umwickelt eine Pincette mit Watte, taucht dieselbe in koncen-
trirte flüssige Karbolsäure und wischt damit das Wurzelfach tief aus.
Die Schmerzen sollen sofort aufhören und nicht wiederkehren. S.
übt. das Verfahren seit 5 Jahren, ohne Misserfolge zu erleben. Ein
amerikanischer Zahnarzt, Oscar Allis in Philadelphia, berichtet
über ähnliche günstige Erfahrungen. Jaffé (Hamburg).
11) E. Anders. Statische und pathologische Verhältnisse
der redressirten spondylitischen Wirbelsäule.
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
In dem 1. Theile der Arbeit behandelt Verf. die statische Frage
und giebt eine Schilderung der Veränderungen, welche die Wirbel-
siule besonders in den nicht von Spondylitis befallenen Theilen
während des redressirenden Verfahrens annimmt. An beigegebenen
Figuren sind diese Gestaltsveränderungen erläutert, welche bei Sus-
pension oder Distraktion und Reklination auftreten. Die dazu noth-
wendigen Messungen sind mittels eines schon bekannten Apparats
nach des Verf. eigener Angabe angestellt.
In dem 2. Theil schildert A. die pathologischen Verhältnisse,
welche der Gibbus in der neuen Calot’schen Ära "durchzumachen
hat. Durch eine in dem Hospital auftretende Masernepidemie ver-
lor er 4 nach Calot behandelte Kinder und giebt an der Hand der
beigefügten Präparate ein anschauliches Bild dessen, was er bis zu
3 Monaten nach dem Redressement vorfand. Er sah keinen Befund,
den er als eine Heilungstendenz aufzufassen im Stande wäre. Un-
günstig dagegen ist der Umstand, dass der Eiter der Spondylitis in
die durch das Redressement entstehende klaffende Lücke eintreten
kann. Verf. ist darum im Zweifel, ob überhaupt die ganz frischen
Fälle für das Calot’sche Verfahren besonders geeignet wären. Er
empfiehlt eher einen mittleren Zeitpunkt, bei dem der Process schon
im Rückgang begriffen ist, fixirende Ankylosen dagegen noch nicht auf-
getreten sind. Verf., der im Allgemeinen die zu enthusiastischen und
nicht einwandsfreien Veröffentlichungen Calot’s skeptisch beurtheilt,
sieht doch in seinem Verfahren eine bedeutende Vervollständigung der
früher geübten Horizontallagerung durch gleichmäßig fortgesetzte Im-
mobilisation, Reklination und Extension. Den Nachweis eines knöcher-
nen Ersatzes für die durch das Redressement entstandene Diastase
der Wirbelkörper sieht er nicht als erbracht an. Einen nachweis-
baren Kongestionsabscess an der Wirbelsäule hält A. für eine Kontra-
indikation gegen das Verfahren. Alte und ankylosirte Buckel sind
nur dem paragilbären Redressement zugänglich, dieses soll energisch,
aber langsam und mit vorsichtiger Dosirung von Zug und Druck ge-
schehen. E. Siegel (Frankfurt a/M.)
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 881
12) W. Levy. Versuche über die Resektion der Speiseröhre.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
Bei 91,5% von Kranken mit Carcinoma oesophagi konnte bisher
wegen des tiefen Sitzes der Neubildung eine radikale Operation nicht
in Frage kommen. Ein solcher Eingriff kann nur von Erfolg sein,
wenn nach Querresektion des Rohres die Naht möglich ist. Da nach
des Verf. Versuchen hierzu eine ausgedehnte Loslösung desselben
nothwendig ist, scheint ihm die Nahtanlegung in schlecht er-
nährtem Gewebe sehr gefährlich zu sein. Bezüglich der Pars ab-
dominalis des Ösophagus versuchte L. nach Resektion oberhalb der
Cardia die Wiedervereinigung der durchschnittenen Enden mittels
Murphyknopfes, und es blieben 3 Versuchsthiere von 6 am Leben, so
dass er den Beweis erbracht sieht, dass ein Hund am Leben bleiben
kann, wenn seine Cardia resecirt und die Schnittfläche der Speise-
röhre mit der Magenwunde vereinigt worden ist. Am Leben blieben
allerdings nur die Thiere, bei denen am exstirpirten Präparat ein
nur ganz geringer Streifen der Speiseröhre saß, so dass die Resektion
der Cardia nur erlaubt erscheint, wenn die Grenze der Speiseröhre
nur !/, cm ergriffen ist, wodurch der Nutzen resp. die Anwendbarkeit
dieser Methode für den Menschen völlig illusorisch wird. L. glaubt
daher, dass die Entfernung bösartiger Neubildungen der Speiseröhre
in Brust- und Bauchtheil nur erfolgreich sein kann, wenn man die
ganze Speiseröhre von der Mitte des Halstheiles bis zur Cardia
exstirpirt, die Ernährung durch eine Magenfistel vornimmt und den
oberen Resttheil in die Haut des Halses einnäht.
Diese Versuche unternahm nun Verf. in der Art, dass er bei
den Thieren nach Gastrostomie die Speiseröhre im Halstheile durch-
schnitt und das obere Ende derselben in die Halshaut einnähte;
das untere Speiseröhrenschnittende wurde durch einen Faden zu-
sammengeschnürt, der zuvor mittels Schlundsonde in die Speiseröhre
eingeführt und zur Magenfistel herausgeleitet wurde. Nun zog L.
langsam am unteren Fadenende und konnte die umgestülpte Speise-
röhre bis zur Cardia zur Magenfistel herausziehen. Dann ward die
Cardia umschnürt und die Speiseröhre oberhalb der Umschnürung
durchschnitten. Der Stumpf glitt danach wieder zurück. Leicht
tritt durch Anreißen beider Pleuraseiten ein doppelseitiger Pneumo-
thorax ein, den L. aber durch Verschluss der Halswunde vermeiden
konnte. Mediastinitis postica war fast jedes Mal zu vermeiden bis
auf einen Fall; Abgleiten der Umschnürungsschlingen am Speise-
röhrenstumpf kam 2mal mit tödlichem Ausgang vor. Eines der
Versuchsthiere blieb 6 Monate lang am Leben.
L. machte nun auch Versuche an menschlichen Leichen in
gleicher Weise; dabei gelang es ihm aber nicht, die ganze Speise-
röhre hervorzuziehen, sondern die äußere Längsmuskelschicht blieb
immer zurück. Dieser Unterschied ist in den anatomischen Ver-
hältnissen zu suchen, welche beim Menschen anders liegen als
beim Hunde.
34+*
882 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
Die Art und Weise, wie Verf. es für möglich hält, auch am
Menschen die ganze Speiseröhre zu entfernen, scheint keine große
Zukunft zu haben und für bösartige Neubildungen an sich ziemlich
illusorisch zu sein. Die Operationsmethode hierfür wäre an sich
schon eine sehr mannigfaltige: Ösophagotomie, Magenfistelbildung
und Resektion von mindestens 6—7 Rippen. Sobald man eben doch
von hinten her den Ösophagus frei zu legen hat, wird man ver-
suchen müssen, einfachere Methoden durchzuführen. Die Versuche
des Verf. sind immerhin interessant zu nennen und recht lesens-
werth, obschon gegenwärtig noch kein praktischer Erfolg von ihnen
in Aussicht steht. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
13) L. Ebstein. Über Ösophagoskopie und ihre therapeutische
Verwendbarkeit. (Laryngologische Klinik von Störk.)
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 6 u. 7.)
Verf. beschreibt noch einmal die seit Jahren in der Störk’schen
Klinik in Gebrauch befindlichen Instrumente und betont, dass zur
Einführung derselben die Cocainisirung des Sinus pyriformis mit
einer 10—20 % igen Lösung nothwendig, die Narkose zu verwerfen sei.
Die eigentliche Speiseröhre bedarf keiner Cocainisirung. Nachdem
die Speiseröhre bougiert worden ist, wird das Ösophagoskop bei dem
auf einem niedrigen Schemel sitzenden Pat. eingeführt. Da das
Einführungsende bewegliche Glieder besitzt, so ist seine Einführung
bedeutend erleichtert, vor allen Dingen ist keine extreme Rückwärts-
beugung nothwendig.
Ihre ausgedehnteste praktische Verwendung findet die Ösophago-
ekopie bei der Extraktion von Fremdkörpern. Auch Fremd-
körper, deren Umfang größer als die Lichtung des Rohres ist, lassen
sich auf diese Weise entfernen. Die besten Erfolge erzielt die Fremd-
körperextraktion bei Strikturen der Speiseröhre. Sehr bemerkens-
werth war der Fall einer alten Frau, welcher ein Fleischbrocken in
einer ziemlich tief gelegenen Striktur stecken geblieben war. Ein
Theil des Fleischklumpens wurde mit einer schraubenartigen Metall-
sonde entfernt, der Rest wurde durch Papayotinbepinselung erweicht.
Die Untersuchung von Strikturen ist jedenfalls unter Leitung des
Ösophagoskops sicherer auszuführen, als mit der einfachen Sonden-
untersuchung. Zur Einführung durch das Ösophagoskop muss man
etwas steifere Instrumente gebrauchen, die durch einen eingeschlossenen
Neusilberdraht eine größere Festigkeit erlangt haben. Zur Erweite-
rung der Strikturen nimmt E. Laminariastifte, die mit einem be-
sonderen Instrument ins Ösophagoskop eingeführt werden. Die näheren
Einzelheiten des Verfahrens müssen im Original nachgelesen werden.
Die Methode eignet sich nur für kurze Strikturen, da die längsten
Stifte höchstens 8 cm lang sind. Bei Carcinom wurde sie niemals
benutzt.
Für längere Strikturen benutzt E. gespannte Drains, die auf
besonders konstruirten Stahlstäben eingeführt werden.
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 883
Fünf Krankengeschichten erläutern die guten Wirkungen der
genannten Verfahren. Krecke (München).
14) Martin (Institut Pasteur, Paris). Conference practique
sur la diphtherie.
(Méd. moderne 1898. No. 10.)
M. hält das Serum für ganz ungefährlich. Er will in allen
irgend wie zweifelhaften Fällen von Angina dasselbe sofort anwenden.
Gleichzeitig soll die bakteriologische Untersuchung des Belages vor-
genommen werden. Ist diese — was in 24 Stunden möglich —
positiv ausgefallen, so soll auch in größerem Umfang die Wohnung
desinficirt werden. Besonders gilt das für Spitäler. Die gesunden
Kinder sollen durch 4%ige Borwasserwaschungen des Mundes etc.
geschützt werden. M. glaubt, dass gerade die Komplikationen durch
frühzeitige Serumtherapie abgewendet werden. Nicht gilt das von
der ungemein häufig, gewöhnlich 6—7 Tage später auftretenden
sekundären Streptokokkeninfektion.. Auch hier soll lokal mit Bor-
säure behandelt und der Darm mit Kalomel etc. fleißig entleert
werden. M. konstatirt in beigefügten Tabellen bedeutende Besserung
der Diphtheriemortalität in Paris durch die Serumanwendung.
Boesing (Hamburg).
15) Cestan. La thérapeutique des empyemes.
Paris, @. Steinheil, 1898.
In dem Buche von C. liegt eine außerordentlich sorgsame und
eingehende Darstellung der im Titel bezeichneten Materie vor: außer-
dem hat Verf. sein Thema nicht einseitig gefasst, sondern bietet,
namentlich in der Einleitung, auch eine Schilderung der pathologisch-
anatomischen und der hierbei in Betracht kommenden physiologischen
und mechanischen Verhältnisse. Er macht den Versuch, die Empyeme
nach den sie verursachenden Bakterien zu sondern und danach ihre
klinischen Verschiedenheiten zu erklären und ihre Prognose zu be-
sprechen. Akute und chronische Empyeme werden in ihrer Bedeutung
und in der Art ihrer Behandlung scharf von einander getrennt. Im
Allgemeinen empfiehlt Verf. ein rein chirurgisches Verfahren, d. h.,
wenn er auch, so z. B. bei tuberkulösen Empyemen, die Methoden der
wiederholten Punktion eventuell verbunden mit Injektion verschiedener
Flüssigkeit nicht ganz verwirft, oder aber, wenn er auch die Punktions-
drainage, die er übrigens zum Theil Potain und Playfair zuschreibt,
für manche Fälle als zulässig erachtet, so erscheint ihm doch als
Normalverfahren die Incision mit Rippenresektion. Eine gewisse
Schwäche des Buches liegt in dem Umstand, dass Verf. zu seinen
Resultaten häufig scheinbar nicht durch die lebendige Fülle eigener
Beobachtungen, sondern mehr durch das Ergebnis theoretischer
Raisonnements gelangt. Dadurch verliert die Darstellung an Frische
und an überzeugender Kraft; an Vollständigkeit lässt dieselbe nichts
zu wünschen übrig. Tietze (Breslau).
834 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
16) de Renzi. Carcinoma pleuro-polmonare.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 46.)
Verf. hat die Diagnose eines Lungen-Brustfellcareinoms in
12 Jahren 10mal gestellt. 8mal konnte dieselbe anatomisch bestätigt
werden. Eiuen Krebs der Pleura und der Lunge kann man nicht
unterscheiden. Da das Sarkom denselben Verlauf wie das Carcinom
hat, so rechnet R. ersteres mit unter den klinischen Begriff des
Lungenkrebses. Die Supraclaviculardrüsen pflegen zuerst anzu-
schwellen beim Lungencareinom, Husten, Auswurf eines gelatinösen,
röthlichen Sputums und pleuritische Schmerzen treten auf. Kom-
pression des Rekurrens führt Stimmstörungen, Athembeschwerden
und spastischen Husten herbei. Ungleichheit der Pupillen wird
durch Sympathicuskompression bedingt. Bronchialathmen neben ab-
geschwächtem Stimmfremitus hält Verf. für charakteristisch für eine
Lungengeschwulst. Dreyer (Köln).
Kleinere Mittheilungen.
17) L. M. Bouvet. Un cas de commotion cérébrale mortelle.
(Province méd. 1898. No. 26.)
44jähriger Mann, Sturs von der Höhe des ersten Stocks. Unmittelbar ein-
setzendes Koma, in welchem nach 24 Stunden der Tod eintritt. Keine Läsionen,
weder am Schädel noch Gehirn, bei der Trepanation und auch bei der Autopsie
nachweisbar. Herm. Frank (Berlin).
18) E. G. Lasarew. Zur Kasuistik des pulsirenden Exophthalmus.
(Varico-aneurysma art. carot. in sin. cavern.)
(Chirurgia 1898. p. 103. [Russisch.))
Nach der Darstellung Li wäre sein Fall von pulsirendem Exophthalmus der
sechste in der russischen Litteratur (bei 150 bekannten).
Die 17jährige Pat. hatte vor 3 Jahren eines Morgens nach dem Aufstehen
bemerkt, dass ihr rechtes Auge vorgetrieben war, pulsirte und am inneren Winkel
einen bläulichen Hof zeigte. Das Alles war plötzlich aufgetreten, ein Stoß oder
eine Verletsung während des Schlafes schien ausgeschlossen. Die Asymmetrie
des Gesichts war eine sehr auffallende, der Augapfel ist nach vorn unten und
außen gedrängt, stark erweiterte Venen liegen außen auf dem Gesicht und in der
Übergangsfalte der Conjunctiva. So liegt es nahe, auch anzunehmen, dass auch
die Geschwulst hinter dem Auge aus solchen geschwollenen Venen bestehen
könnte. Nur blieb dann die Frage offen, wesswegen der Augapfel pulsirte.
In ausführlicher Weise wird die genauere Diagnose besprochen, welche eine
Zerreißung der Carotis int. im Sinus cavernosus annehmen ließ, ein Vorgang, der
bei ähnlichen Fällen etwa zwanzigmal durch die Sektion nachgewiesen worden ist.
Da die Kranke dringend wünschte, von ihrem Leiden befreit zu sein, wurde am
22. August 1897 die Unterbindung der Carotis communis gemacht. In dem Augen-
blick der Unterbindung wurde die rechte Gesichtshälfte blass, und das Augen-
pulsiren hörte auf, aber der Exophthalmus und die erweiterten Venen blieben
bestehen. Am Abend des Operationstages klagte die Pat. über Schmerzen in
allen Unterkieferzähnen, und eine geringe Pulsation des Auges trat wiederum auf.
Nach 5 Tagen wurde die Kranke mit geheilter Wunde entlassen. Eine weitere
Besserung trat jetst nicht ein, so dass sich L. nach weiterer Überlegung ent-
schloss, noch die stark ausgedehnte Vena ophthalmica sup. zu unterbinden. L.
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 885
glaubt der Erste gewesen zu sein, der diese Operation ausgeführt hat, wenn sie
auch schon früher vorgeschlagen worden war. Zunächst erfolgten siemlich stür-
mische Zufälle, die als Gehirnerscheinungen imponirten, und erst nach etwa 14 Tagen
trat Nachlass der bedrohlichen Symptome ein. Durch die zweite Operation
schwanden aber Pulsation, Exophthalmus, und die erweiterten Gesichtsvenen fielen
Zusammen, so dass Pat. vollständig geheilt wurde. Zwei Bilder veranschaulichen
den großen Unterschied in dem Aussehen der Kranken vor und nach der Operation.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
19) Crouzillac. Amygdalite linguale phlegmoneuse.
(Revue de laryngol. 1898. No. 13.)
Der Fall betraf einen 77jährigen Mann und verlief zuerst unter dem Bild einer
einfachen katarrhalischen Entzündung der Zungentonsille; im weiteren Verlauf
traten dann die schweren Erscheinungen der phlegmonösen Erkrankung auf, unter
welchen sich besonders die Dysarthrie bemerklich machte. Nach Eröffnung des
Abscesses trat rasche Heilung ein. Teichmann (Berlin).
20) A. Hartmann. Die Operation adenoider Wucherungen unter
direkter Besichtigung mit gerader Zange.
(Ärztliche Polytechnik 1898. April.)
Obige Zange ist gefenstert und schneidet nur im oberen und oberen hinteren
Theil. Das Operationsfeld wird unter Cocain durch Heben des Gaumensegels
vollkommen sichtbar gemacht. E. Fischer (Straßburg i/E.).
21) F. Lauffs. Prolapsus ani, geschwunden sofort nach operativer
Entfernung von adenoiden Vegetationen des Nasen-Rachenraums.
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.)
Der im Titel bezeichnete Erfolg der Operation war um so erwünschter, je
unerwarteter er eintrat. Für die Möglichkeit eines Zusammenhangs von Störungen
der Darmthätigkeit mit nasalen Athemhindernissen führt Verf. noch 2 andere Bei-
spiele an. Teichmann (Berlin).
22) Schanz. Bemerkungen zur Calot’schen Buckeloperation.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 24.)
S. hatte Gelegenheit, einige Mal das Calot’sche Verfahren auszuführen.
In dem 1. Falle, welcher einen 5jährigen Knaben betraf, wendete S. keinen
Brust und Bauch umfassenden Gipsverband an, sondern er verfertigte ein Gipsbett
und wickelte den Pat. fest in dieses hinein; diese Abweichung schadet bei Rücken-
lage des Pat. nichts.
In der Folge besserte sich eine vorher vorhandene Kontrakturstellung der
linken Hüfte auffallend, und eben so wurde der Psoasabscess, der bestand,
zusehends kleiner. Als in der 2. Woche eine leichte Temperatursteigerung ent-
stand und der Verband gewechselt wurde, fand sich auf dem Rücken ein großer,
nahezu in Perforation begriffener Abscess. Auf der Höhe des Buckels war ein
kleiner Decubitus. Nach Entleerung der Abscesse heilten die Wunden bis auf
kleine Reste, das Fieber ließ nach, und der Psoasabscess stellte sich allmählich
wieder her.
Der Erfolg war schließlich der, dass der Buckel sich zu einem ziemlich
großen Theil wieder herstellte.
Auch in einem 2. Falle (2jähriges Kind) war der Erfolg nur gering.
Bei einem 3. 6jährigen, mit sehr starkem Buckel behafteten Pat. hofft 8.
ein günstigeres Endresultat der noch nicht abgeschlossenen Behandlung zu erzielen.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
886 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
23) Jonnesco. La reduction brusque des gibbosites pottiques.
(Arch. des sciences méd. 1898. No. 1 u. 2.)
Die Priorität gebührt Chipault. Es sind 13 Fälle in Behandlung gekommen
mit 3 (!) Todesfällen: 1 an Chloroform, 1 nach 48 Stunden an unbekannter Ur-
sache, 1 nach 8 Tagen an Bronchopneumonie, Dies hält, eben so wie der Umstand,
dass als Resultat nur die Beobachtungen bei 3 ersten Verbandwechseln angeführt
werden können, J. nicht ab, für diese ausgezeichnete (!) Operation sehr warm ein-
zutreten. Dieselbe ist in einer Sitsung mit Eindrücken des Buckels zu machen.
Der Zug mit den Händen ist durch maschinellen an dem Kopf und am Becken
angreifenden zu ersetsen, der 45—50 kg betragen soll und nur bei alten Buckeln
bis 80 kg steigt.
J. hat einen Tisch konstruirt mit 2 Unterstützungspunkten, von denen der am
Becken anliegende je nach der Größe der Kranken verstellbar ist. Die Art der
Teohnik wird durch mehrere Photographien veranschaulicht. Chloroform wird nur
im Anfang gegeben. J. legt nur eine einfache Lage Flanell unter, die er am
Magen und am Kopf mit einer Schicht Watte bedeckt. Borchard (Posen).
24) N. Huhn. Ein Apparat zur Streckung und Ausgleich des
Buckels,
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVL Hft. 4.)
H. beschreibt einen Apparat, der ihm bei der Anwendung des modificirten
Calot’schen Verfahrens eine Anzahl Assistenten erspart. Es wird vor An-
wendung des Apparates schon ein Gipsverband um den Kopf angelegt. Die ganse
übrige Verbandanlegung vollsieht sich an dem Apparat, dessen Beschreibung hier
su weit führen würde. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
25) Cavicchia. La chirurgia spinale nelle lesioni traumatiche.
(Giorn. med. del R. esercito 1898. Mai.)
Verf. hat folgendes Verfahren zur Eröffnung des Wirbelkanals auf experimen-
tellem Wege ausgearbeitet: 14—16 em langer Schnitt längs der Dornfortsätse
durch die Haut, darauf 1—11/, om seitlich auf beiden Seiten Schnitt durch die Mus-
kulatur. Die Dornfortsätse werden mitsammt der Muskulatur durch eine Knochen-
zange gefasst und entfernt. Der so gebildete Muskel-Knochenlappen wird zur
Seite gezogen und der Wirbelkanal nach Chipault mit dem Hohlmeißel eröffnet.
Am leichtesten gelingt die Operation in der Sacral-, Dorsolumbal- und Dorsal-
gegend. Die Thiere vertrugen die Operation meist gut. Die Blutung wurde durch
Tamponade gestillt. — Auch ein Kranker ist auf der Abtheilung von Prof. Du-
rante in der angegebenen Weise operirt. p Dreyer (Köln).
26) F. Völoker. Beitrag zur Kenntnis der tiefen Lipome des Halses.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft 1.)
V. erörtert einen Fall von subfascialem, ossificirendem Lipom der vorderen
Halsseite bei einem 14jährigen Mädchen. Dasselbe war über kindskopfgroß und
hing mittels eines derben, knöchernen Stiels mit dem rechten Processus transversus
des 5. Halswirbels zusammen. Von diesem Stiel strahlten knochenhaltige Binde-
gewebszüge fächerförmig in die Geschwulst aus. Die Neubildung ist nach Verf.s
Ansicht von einer rudimentären Halsrippe (dem Stiel der Geschwulst) ausgegangen.
Trots der tiefen Lage der Geschwulst gelang die völlige Exstirpation derselben.
Honsell (Tübingen).
27) Lang und Lüscher (Bern). Eine Beobachtung von Pyocyaneus-
Strumitis.
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1898. No. 5.)
Bei einer 38jährigen Frau stellte sich 2 Tage nach Ablauf einer rechtsseitigen
Pneumonie remittirendes Fieber, nach 2 Wochen Schmerz und noch später Schwel-
lung in ihrem kleinen rechtsseitigen Kropf ein. Da trotz Eisapplikation die Ge-
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 887
sebwulst später Fluktuation zeigte, so wurde der Abscess mit dem Paquelin er-
öffnet. Der grünliche Eiter enthielt einen Bacillus pyocyaneus, der in morpho-
logischer und biologischer Hinsicht kleine Differenzen gegenüber den 4 bekannten
Pyocyaneusvarietäten zeigte. Die Vert. nehmen eine hämatogene Infektion an
und suchen den Grund für das Vorkommen der an sich seltenen Entzündung der
Schilddrüse in Kropfgegenden in einer lokalen Disposition, in anatomischen
Gewebsveränderungen, speciell in regressiven Metamorphosen.
P. Stolper (Breslau).
28) Lauin. Fall von Cyste einer Nebenschilddrüse.
(Chirurgie 1898. p. 60. [Russisch.))
L. berichtet über die Ausschälung einer Cyste, die am Zungenbein festsaß.
Die Geschwulst hatte sieh seit 6 Jahren entwickelt und musste nach der mikro-
skopischen Untersuchung (Dr. Luns) als eine adenomatöse Entartung einer Neben-
schilddrüse aufgefasst werden. E. Braats (Königsberg i/Pr.).
29) F. Hofmeister. Aberrirte Struma unter der Brusthaut.
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3. Mit 2 Abbildungen.)
Verf. beschreibt einen seiner Lokalisation nach wohl alleinstehenden Fall von
subkutanem, oystischem Nebenkropf unter der Brusthaut. Derselbe war mit dem
linksseitigen Hauptkropf durch einen schmalen Strang verbunden, gehörte also in
die Kategorie der »falschen Nebenkröpfe« nach Wölfler. Es handelte sich wohl
um einen Fortsatz des Hauptkropfes, der die Halsmuskulatur durchbrach und dann
subkutan nach der Brust hin wuchs, um später cystisch zu degeneriren. Die mehr
als 1 Liter Flüssigkeit haltende Cyste wurde 2mal punktirt und mit Jodoformöl
injieirt. Diese Behandlung brachte sie fast völlig zur Rückbildung, während der
in gleicher Weise behandelte, ebenfalls cystische Hauptkropf, dessen Wand aber
schon theilweise verkalkt war, sich rasch wieder füllte.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
30) Cerkez et Juvara. Nouvel exemple d’extirpation double du sym-
pathique cervical.
(Arch. des sciences méd. 1898. No. 1 u. 2.)
21jährige Pat. mit großem Kropf und stark ausgeprägten nervösen Erschei-
nungen. Exophthalmus und Tachykardie fehlten. Es wurde der Sympathicus
beiderseits in seiner ganzen Länge resecirt und eine bedeutende Besserung da-
durch erzielt. Der Kropf wurde um mehr als ein Drittel kleiner, die nervösen
Symptome schwanden.
Welches der Operationsverfahren, ob eine einfache Durchschneidung, ob Re-
sektion des Sympathicus von 3—10 cm das richtige ist, muss erst die Zukunft
entscheiden, da Recidive sowohl nach der einfachen Durchschneidung, wie nach
der vollständigen Resektion beobachtet sind. Borchard (Posen).
31) M. Durand. Résection partielle du sympathique cervical dans
un cas de goitre exophthalmique. Disparition de l’agitation, des
tremblements et de la tachycardie.
(Province méd. 1898. No. 23.)
59jähriger Konditor, Kropf seit 23 Jahren. Seit 2 Jahren unerträgliche Un-
ruhe, welche jeden Schlaf und jede Arbeit stört. Hände zittern, 100—130 Puls-
schläge, Herstöne und -Umfang normal. Im Gegensatz sum Titel wird in der
Beschreibung des Pat. vor der Operation merkwürdigerweise angegeben: »Kein
deutlicher Exophthalmus, vielleicht sind die Augen ein wenig dick, man kann
nicht sagen, dass dies Aussehen wirklich pathologisch ist. Seitens der Augen
keine merkliche Störung, kein subjektives Phänomen, leichtes Lidsittern bei
Schluss der Lider, kein Strabismus, kein Nystagmus, keine Lähmung; Pupillen
reagiren normal auf Licht und Acoomodation. Mit einem Wort, der Augenapparat
ist intekt«. Die Operation besteht in der Resektion der unteren Hälfte der
888 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
oberen Ganglien und des Verbindungsstranges des Sympathicus mit dem mittleren
auf beiden Seiten mit unmittelbarer Reaktion des Pulses, welcher von 120 auf
86 und 78 Schläge zurückgeht. Nach einigen Tagen steigt die Pulsfrequenz
wieder auf die alte Höhe, die Unruhe und Schlaflosigkeit kehren wieder
surück, und Pat. machte den Eindruck, als ob der alte Zustand fortbestände.
Erst nach einigen Monaten trat volles subjektives Wohlbefinden ein, volle Arbeits-
fähigkeit und Beruhigung, welche nach 9 Monaten konstatirt wird. Zu dieser
Zeit Augenphänomene im Allgemeinen normal, geringe Myosis, leichte Retraktion
des rechten Auges, sympathische Ptosis, leichte vasomotorische Erregbarkeit
der Haut und vielleicht der Schleimhäute. Keine deutliche Tachykardie (Puls
nicht angegeben !). Herm. Frank (Berlin).
32) D. J. Wolfstein (Cincinnati). Infantile myxoedema.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Märs.)
H. theilt ein klassisches Beispiel der Heilung eines Myxödems des Kindes-
alters mit. Es handelt sich um ein Kind von 41/3 Jahren, das als ausgesprochener
Kretin in seine Behandlung kam. Thyreoidin wurde in Form von Tabletten ver-
abreicht. Bei einer anfänglichen Dosis von 3 Tabletten pro die waren geradezu
alarmirende Veränderungen zu verseichnen; das Gewicht fiel von 19!/ auf
131/2 Pfund innerhalb von 2 Wochen; die fest infiltrirte Haut verlor susehends
ihre Konsistens, das Odem wurde buchstäblich eingeschmolzen; seit Jahren be-
deckte sich der Körper zum ersten Mal mit Schweiß. Die Dosis wurde vermindert
und damit ein glänzender Erfolg erzielt, der in folgenden Angaben zum Ausdruck
kommt:
Alter: 41/3 Jahr 51/4 Jahr 53/4 Jahr
Körpergewicht 191/2 Pfund 201: Pfund 341/2 Pfund
Körperlänge 271/, Zoll 301/, Zoll 341/2 Zoll
Durchschnittskörperlänge 40 Zoll _ 43 Zoll
Rothe Blutkörperchen 2000 000 2 800 000 3 100 000
Hämoglobin 55% 70% 80%.
Hand in Hand mit der körperlichen Entwicklung ging die geistige.
3 Abbildungen bestätigen den Fortschritt der Heilung in markanter Weise.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
33) L. Weber. Ein Fall von Sklerodermie erfolgreich behandelt mit
Extractum thyreoideae.
(New Yorker med. Monatsschrift 1897. Oktober.)
Der vorliegende Fall betraf eine 33jährige Frau, welche vor 3 Jahren be-
merkte, dass einige Hautstellen an der rechten Seite des Halses, Nackens und
Armes hart und steif, und dass diese Partien allmählich größer und bretthart
wurden. Später traten bandartige, weiße Streifen an der Beugeseite des Vorder-
arms hinzu, welche narbenartig waren und den Gebrauch des Armes etwas be-
hinderten. Die Erkrankung war über den größten Theil des Arms, der Schulter,
des Nackens und der oberen Hälfte der Brust ausgebreitet, ohne die Mittellinie
zu überschreiten. Auch im Gesicht waren einige Stellen rechts vorhanden. Die
Hautfarbe war erhalten, die Funktion etwas behindert, die Muskeln nicht atro-
phisch, das Empfindungsvermögen unverändert. Verf. zählt seinen Fall zu der
Selerodermie en plaques. Daneben bestand eine leichte Intermittens, rheumatische
Kniegelenksschwellung und Gliederschmerzen. Beide Krankheiten gingen auf
Chinin bezw. Salol zurück, während die Hautaffektion unverändert blieb. Dies
spricht gegen die Ansicht Philippson’s (Deutsche med. Wochenschrift 1897
No. 33), dass akuter oder subakuter Gelenkrheumatismus eine ätiologische Rolle
bei der Sklerodermie spiele. — Eine Arsenikkur hatte gar keinen Einfluss auf
die Hauterkrankung. Erst die Darreichung der Thyreoidintabletten su 0,3 von
Bourroughs and Welcome, 3—4 pro die, brachte die Krankheit zur schein-
baren Heilung. Die Kranke hatte im Ganzen 500 Tabletten genommen. Ein
halbes Jahr später traten Recidive an einzelnen kleinen Stellen auf, welche nach
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 889
einer neuen Thyreoidinkur auch schwanden. Seitdem nimmt die Kranke täglich
eine Tablette und ist von allen Beschwerden dauernd befreit.
Tschmarke (Magdeburg).
34) J. J. Grekow. Zur Unterbindung der Vena jugularis communis.
(Bolnitschn. Gaseta Botkina 1897. [Russisch.))
In 2 Fällen wurde die genannte Vene unterbunden: bei einer Kropfkranken
(Cystoadenoma papillare) und bei Lymphosarcoma colli. In beiden Fällen stellte
sich Schwindel ein, der nach 1—2 Tagen wich, eben so Cyanose des Gesichts und
Ödem des Gesichts und Halses; letzteres schwand erst 7—10 Tage nach der Ope-
ration. — Beide Pat. standen im mittleren Alter.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
35) Gorski. Seltener Fall von Ösophagotomie zur Extraktion eines
Fremdkörpers. (Aus dem städtischen Hospital in Odessa.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 25.)
Ein 6 Jahre altes Mädchen hatte, mit seinem Bruder spielend, einen Angel-
haken spaßeshalber verschluckt. Der Haken hing an einem Draht, der mit einer
Schnur vereinigt war. Es trat starke Schwellung, besonders an der linken Halsseite
auf mit Röthung der Haut und Symptomen von Kehlkopfstenose, welche die Tra-
cheotomie nothwendig machten. Alsdann wurde sur linksseitigen Ösophagotomie
am inneren Rande des Kopfnickers geschritten, wobei unter dem unteren Rande
des Schildknorpels die scharfe Spitze des Hakens gefunden wurde, welcher die
Wand der Speiseröhre durchbohrt hatte und in der Bindesubstanz neben den
großen Gefäßen herausragte. Die Extraktion war, weil der Haken doppelt war,
schwierig und erst nach beträchtlicher Verlängerung der Speiseröhrenwunde mög-
lich. Wegen der bestehenden Infektion nähte G. die Wunde nicht, sondern tam-
ponirte. Die Heilung verlief ausgezeichnet. BR. Wagner (Mülheim a. d. R.).
36) J. H. McCollom. A clinical study of eight hundred cases of
diphtheria at the South Department of the Boston City Hospital.
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital. Nintb series. Boston 1898.)
In vorliegender Arbeit giebt Verf. eine Statistik von 800 Diphtheriefällen.
16% von den Kranken waren über 15 Jahre alt. Die größte Sterblichkeit bestand
bei den Kindern unter 1 Jahr (45%); insgesammt betrug sie 15,1%. 373 Kranke
waren männlichen, 427 weiblichen Geschlechts mit 19,67 bezw. 11,24% Mortalität.
Für die Fälle von Kehlkopfstenose wurde die Intubation bevorzugt (79 Fälle mit
46,8% Heilung). Die Überlegenheit der Intubation über die Tracheotomie folgert
MoC. aus Vergleichung mit einer Tracheotomiestatistik bis zum Jahre 1887 (!)
(327 Fälle mit nur 29,05% Heilung). Der Einfluss der Serumtherapie wird dabei
außer Acht gelassen. Seine 800 Fälle sind sämmtlich mit Antitoxin behandelt
worden. In der Regel wurden 1000 Einheiten eingespritzt, die Einspritzungen
gelegentlich bis zu 4mal wiederholt. Verf. weist auf die Unschäilichkeit des
Serums hin, in 2772 Fällen sei keine weitere Störung (gelegentlich Urticaria oder
Gelenkschmerzen) aufgetreten. Bei diesen 2772 mit Heilserum behandelten Fällen
betrug die Mortalität 13,9 oder nach Ausschluss der moribunden Fälle nur 10,8%.
In den Schlusssätzen betont Verf. die in der Regel bei Diphtherie bestehende
Pulsbeschleunigung, das Fehlen einer besonders hohen Temperatur, cie Überlegen-
heit der Intubation; die häufige Albuminurie, die sehr wesentliche Herabsetzung
der Sterblichkeit durch das Heilserum. Einzelheiten mögen in der mit vielen
Tabellen und Kurven versehenen Arbeit nachgesehen werden.
Martens (Berlin).
37) C. M. Hibbard. Heart complications in diphtheria.
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 1898.)
An den 800 Diphtheriefällen im South Department of the Boston City
Hospital studirte H. die Komplikationen von Seiten des Herzens. Er kommt zu
folgenden Schlüssen:
890 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
Eine plötzliche Pulsbeschleunigung bei Diphtherie ist bedenklich, eine solche
über 150 deutet in der Regel auf einen tödlichen Ausgang hin. Langsamer Puls
— 60 bei jungen Kindern — ist oft ein Zeichen von schwerer Herzstörung. Un-
regelmäßiger Puls findet sich ungefähr bei 10% der Diphtheriefälle und weist ge-
wöhnlich auf Herzkomplikationen hin. Eben so oft hört man ein systolisches
Geräusch an der Herzspitze. Galopprhythmus ist von sehr übler Bedeutung.
Nach 4 Wochen sind Hersaffektionen kaum noch zu befürchten. Allen Diph-
theriekranken mit Pulsbeschleunigung oder -Verlangsamung, unregelmäßigem oder
kleinem Puls, Neigung zum Erbrechen oder Lähmungen ist absolute Bettruhe zu
verordnen. Bei den tödlichen Fällen zeigte der Vagus stets Degenerations-
erscheinungen; das Gewicht des Hersens war vermehrt. Der Tod erfolgte in der
Regel durch Herzthromben, Erweiterung oder Lähmung höchst wahrscheinlich in
Folge von Toxinwirkung. Martens (Berlin).
38) J. J. Thomas. Acute degenerations of the nervous system in
diphtheria.
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 1898.)
Verf. hat das große Diphtheriematerial benutzt, um eine Reihe von Fällen
auf Degenerationserscheinungen des Nervensystems und Herzens zu untersuchen.
Er fand eine deutliche parenchymatöse Degeneration der peripherischen Nerven
zuweilen mit interstitiellen Processen, Hyperämie und Blutungen, ferner akute diffuse
parenchymatöse Degenerationen von Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark,
keine oder nur geringe Veränderungen in den Nervenzellen, akute parenchymatöse
und interstitielle Veränderungen in den Muskeln, speciell im Herzen, dann ge-
legentlich Hyperämie, Infiltration oder Blutung im Gehirn oder Rückenmark. Die
plötzlichen Todesfälle bei Diphtherie durch Herzinsufficiens beruhten wahrschein-
lich auf toxischer Einwirkung auf die Herznerven. Martens (Berlin).
39) R. M. Pearce. The general infections and complications of
diphtheria and scarlet fever. A bacteriological study of one hundred
and fifty-seven cases.
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 1898.)
Verf. theilt die 157 bakteriologisch untersuchten Fälle nach ihrer klinischen
Diagnose in 3 Gruppen: 1) Diphtherie (94 Fälle), 2) Diphtherie, komplieirt mit
anderen Infektionskrankheiten, und zwar mit Scharlach (29), mit Masern (11) und
mit Masern und Scharlach (5 Fälle), schließlich 3) Scharlach (17 Fälle, wovon
3 mit Masern komplieirt). Die einzelnen bakteriologischen Befunde, die sich
auf Vorhandensein von Diphtheriebacillen, Strepto-, Staphylo- und Pneumokokken
bezogen, mitzutheilen, würde zu weit führen. Erwähnt sei nur, dass Diphtherie-
bacillen u. A. in den Auflagerungen bei uloeröser Endokarditis, bei Mittelohr-
und Highmorshöhlenentzündungen, in Sinusthromben, Drüsen- und Lungenabscessen
gefunden wurden. Martens (Berlin).
40) G. Suttle (Detroit). The possibilities of antitoxin in diphtheria.
(St. Louis med. and surg. journ. 1698. Mai.)
In der Stadt Detroit wurde den Armen das Diphtherieheilserum kostenlos
verabfolgt, gleichgültig, ob die Kranken in den städtischen Krankenhäusern oder
in ihren Wohnungen behandelt wurden. Dies geschah erst, nachdem im Harper-
Hospital bei den mit Serum behandelten Diphtheriekranken die Sterblichkeit zu-
nächst 1894 auf 9,1%, dann 1895 auf 4,1% herabgesetzt worden war; die Tracheo-
tomirten genasen sämmtlich. Ja 1896 wurden im Hospital 112 Diphtheriekranke
mit 1,8% Sterblichkeit behandelt, wenn man die 3 Kranken abzieht, welche schon
sterbend in das Krankenhaus gebracht worden waren.
Dem gegenüber sind die Verhältnisse in den Behausungen namentlich der
ärmeren Bevölkerung doch entschieden sehr viel weniger günstig. In der Stadt
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 891
{einschließlich der Krankenhäuser) wurden vom 1. Mai 1896 bis 28. Februar 1897
behandelt mit Antitoxin 374 Fälle, Sterblichkeit 12,56%, ohne Antitoxin 467 Fälle,
Sterblichkeit 34,90%; vom 1. Märs bis zum December 1897 mit Antitoxin 305,
Sterblichkeit 10,49%, ohne Antitoxin 632, Sterblichkeit 30,39%. Durch Ver-
besserung der Wohnungshygiene und ausgedehntere Hospitalbehandlung dürfte
sich hiernach noch eine erhebliche Herabsetzung der Sterblichkeit an Diphtherie
erreichen lassen.
Hinzugefügt sei noch, dass nach Verf. sich das in Amerika dargestellte Heil-
serum der Firma Parke, Davis & Co. sich dem Originalpräparat Behring’s
völlig gleichwerthig gezeigt hat. Ja, S. glaubt sogar, dass es örtlich noch weniger
unangenehme Folgen und eine noch bessere Wirkung auf den Process selbst ge-
habt habe, als das Behring’sche. Lühe (Königsberg i/Pr.).
41) Winkler. Über eine seltene Kehldeckelgeschwulst und die durch
sie verursachten Störungen.
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 48.)
Es handelte sich um eine als Lymphangiom angesprochene bedeutende Ge-
schwulst der Epiglottis, welche sich bei einem 25jährigen Matrosen entwickelt
hatte. Dieselbe wurde unter Leitung des Kehlkopfspiegels in mehreren Sitzungen
entfernt. Es trat kein Recidiv ein.
Charakteristisch waren bei dem Pat. Störungen der Sprache und Schling-
beschwerden gewesen, was W. auf eine Lahmlegung der Thätigkeit der Levatores
pharyngis und auch das Hineinhängen der Geschwulst in die Sinus piriformes
zurückführt. E. Wagner (Mülheim a. d Ri
42) S. v. Stein und A. Juschzenkoff. Ein Fall von cystenförmig
degenerirten Neubildungen, welche die beiden wahren Stimmbänder
umschlossen.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 2.)
Bei einer 58jährigen Frau, welche seit 8 Jahren an Heiserkeit, nach dem Ohr
ausstrahlenden Schmerzen und Anfällen von Athemnoth litt, zeigten sich an Stelle
der Stimmbänder 2 länglich-ovale Körper von bläulich-schmutziger Farbe und
weicher, elastischer Konsistenz. Nach Entfernung einiger Stückchen aus diesem
Gewebe traten die Stimmbänder frei hervor, und die Stimme wurde laut. Nach
2 Tagen zeigte sich deutlich, dass an jedem Stimmband 2 läppchenförmige Reste
der Blasen hingen, je einer auf der Ober- und Unterfläche. Nach Entfernung
dieser Reste blieb zwar die Stimme raub, die Neubildungen waren aber nach
2 Jahren noch nicht wiedergekehrt. Mikroskopisch zeigten die entfernten Gewebs-
stückehen einen myxomatösen Bau. Teichmann (Berlin).
43) T. C. Railton. Multiple papillomata of the larynx in young
children treated by tracheotomy only.
(Brit. med. journ. 1898. Februar 19.)
Wegen der schlechten Erfolge, die durch Thyreotomie und endolaryngeale
Eingriffe bei Kindern erzielt werden, hat R. in 2 Fällen von multiplen Papillomen
des Kehlkopfs (Diagnose mit Kehlkopfspiegel) die einfache Tracheotomie versucht
und bei den 3- bezw. 4jährigen Kindern nach Tragen der Kanüle 45 bezw. 25 Mo-
nate hindurch spontanen Schwund der Papillome und völlige Heilung erreicht.
F. Krumm (Karlsruhe).
44) E. Barth. Zur Kasuistik des Übergangs gutartiger Kehlkopf-
geschwülste in bösartige.
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.)
Mittheilung eines Falles von Kehlkopfneubildung mit einer nachweislich
23jährigen Krankheitsdauer, in welchem die Krankheit mit polypösen Neubildungen
892 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
begann, die pathologisch-anatomische Untersuchung nach 23 Jahren neben papil-
lären Fibromen ein Carcinoma simplex ergab. Im Anfang endolaryngeale Behand-
lung, dann Jahre hindurch trotz ununterbrochener Heiserkeit und zunehmender
Athemnoth keine Behandlung, zum Schluss Tracheotomie. Am Präparat zeigte
sich keine scharfe Grense zwischen der gutartigen und bösartigen Neubildung.
Teichmann (Berlin).
45) M. Vogler. Beitrag zur Kenntnis der traumatischen Lungen-
hernien.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 6.)
Nachdem Verf. in Anlehnung an die Arbeit von Morel-Lavall&e das Wesen
und die Eintheilung der Lungenhernien, ihre Atiologie ete. besprochen hat, kommt
er zu seinem Fall: S., Müller, 48 Jahre, bisher gesuud, erleidet am 29. Mai 1693
eine schwere Quetschung der Brust durch eine Steinplatte, ein darin befindlicher
Schraubenkopf trifft ihn besunders. Fract. cost. III mit folgender Pneumonie und
Pleuritis. Am 12. Juli 1893 Wiederaufnahme der Arbeit. Die an der Ansatzstelle
des Rippenknorpels befindliche Bruchstelle konsolidirt sich unter dem Einfluss des
andauernden Hustens nicht. Bald bemerkt Pat. beim Husten oder bei schwerer
Arbeit Hervortreten einer Geschwulst, die bei ruhigem Verhalten wieder zurück-
tritt. Es stellen sich allmählich chronischer Katarrh, zeitweilig blutiger Auswurf,
Schmerzen ein. Befund am 5. März 1898. Nirgends Dämpfung. Zahlreiche groß-
und mittelblasige Rasselgeräusche über der ganzen Lunge, verlängertes Exspirium.
Rippenbruch nicht konsolidirt. Äußeres Bruchstück nach unten verlagert, Lücke
in der Interkostalmuskulatur. Pleura wahrscheinlich intakt. Über dieser Stelle
bei Anhalten des Athems in Exspirationsstellung leichte ovale Erhebung, die bei
kräftigem Pressen unter starkem Hustenreis zum Volumen einer großen Manns-
faust anschwillt. Reposition erfolgt bei normaler Athmung spontan. Zeitweilig
auch Einklemmung der geblähten Lunge, dann manuelle Reposition bei erhobenem
Arm. Manchmal über der Hernie bei Exapiration vesikuläres Knistern zu hören
und zu fühlen. Therapie bisher Bruchband, ohne jeden Erfolg, Pat. legt es selbst
ab. Pat. bekommt jetzt ein völliges Stoffkorsett sur Fixirung der federnden Pe-
lotte. Verf. denkt auch an operativen Verschluss durch Periost-Knochenlappen,
vielleicht vom Brustbein. Erwerbseinbuße zur Zeit abgeschätzt auf 40%.
Teubner (Hannover).
46) Karewski. Beitrag zur Lehre von der Aktinomykose der Lunge
und des Thorax.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15—17.)
K. unterscheidet bezüglich der Aktinomykose der Lunge ein latentes Stadium,
in welchem der Strahlenpilz ausschließlich innerhalb der Lunge sein Zerstörungs-
werk verrichtet, ein florides, mit Durchbruch auf die Oberfläche der Lunge und
Übergreifen auf die Brustwand, und ein chronisches, in welchem der Durchbruch
nach außen, in die Bauchhöhle stattfindet, und es zur Entwicklung von Metastasen
kommt. Von einem therapeutischen Eingriff kann nur in den beiden ersten Stadien
die Rede sein, vorausgesetzt, dass zu dieser Zeit die richtige Diagnose gestellt wurde.
K. theilt nun die Krankengeschichte eines Pat., der seit 4 Monaten lungenleidend
st, bei dem sich unter Erscheinungen einer chronischen Lungenentzündung eine
auffallend starke Retraktion der rechten Thoraxwand und zugleich eine aus harten
und weichen Partien bestehende Geschwulst in der Achselhöhle entwickelt hatte,
deren Probepunktion die Diagnose » Aktinomykose« feststellte K. resecirte die
3., 4., 5, 6. und 7. Rippe in großer Ausdehnung und entfernte das erkrankte
Lungengewebe mit dem Paquelin, so dass ein faustgroßer Substanzverlust in der
Lunge resultirte.
Aus dem Befund bei der Entlassung des Pat. sei eine starke Abflachung der
rechten Schulter- und Halsgegend hervorgehoben, so wie Beschränkung der Be-
weglichkeit des rechten Armes und das Bestehen einer Lungenäistel. Pat. verließ
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 893
das Hospital bei bestem Wohlbefinden, in gutem Ernährungssustand mit einer
Körpergewichtszunahme von 5 kg. Aktinomyceskörnchen wurden im Fistelsekret
nicht mehr nachgewiesen. K. sieht in der radikalen Entfernung des kranken Ge-
webes im Gesunden die einzige Methode, welche Aussicht auf dauernden Erfolg
giebt. Gold (Bielits).
47) Briese. Ein Fall von metastasirendem Lungenendotheliom.
(Festschrift der Braunschweiger Ärste zur 69. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Ärzte 1897.)
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897.
Ein 46jähriger Mann bekam im Anschluss an Influenza dauernd viel Husten,
Auswurf und Seitenstechen; dabei magerte er schnell ab. Einige Wochen vor
seinem Tode entstanden in der Haut des Bauches und der unteren Extremitäten
verschiedene haselnuss- bis hühnereigroße, flache, fAuktuirende Anschwellungen,
welche nach Incision eine fadenziehende, helle Flüssigkeit entleerten. Abgesehen
von Abschwächung des Athemgeräuschs über der linken Lunge, Aufhebung des
Stimmfremitus und Dämpfung über der linken Lungenspitze, keine Abnormitäten
an den Brustorganen; Auswurf zähe, geballt, enthält neben verschiedenen Bacillen
und Eiterkörperchen Alveolarepithelien und elastische Fasern. — Die Sektion
ergab Schrumpfung der linken Lungenspitze und faustgroße, mit käsigen Massen
gefüllte Höhlen im Oberlappen, deren Wandung unregelmäßig zackig vorspringend
und hart ist; Lunge, mit den Rippen verwachsen, in eine graue bröcklige Masse
verwandelt; Unterlappen bläulich verfärbt, hart. Die fluktuirenden Knoten sind
cystische Gebilde mit fester, weißlicher Wand. In der Leber, der rechten Niere
und im linken Psoas ebenfalls Metastasen; der letzte Lendenwirbel und die beiden
untersten Brustwirbel sind völlig morsch und zerstört. Die mikroskopische Unter-
suchung ergab, dass es sich um ein Endotheliom handelte, das von den Saftspalten
des Bindegewebes ausgegangen war. Typisch dafür war die Anordnung der
plumpen dicken Zellen zu strangartigen Gebilden. Tschmarke (Magdeburg).
48) Arnozan (Bordeaux). Des indications et des effets thérapeutiques
du suc pulmonaire.
(Revue internat. de therapeut. et pharmacol. 1898. No. 5.)
Verf. empfiehlt den Lungensaft (10 cem pro die, Glycerinextrakt hergestellt
von Prof. Ferré) bei chronischer Eiterung in der Umgebung der Lunge, die mit
der Außenwelt, sei es durch den Bronchus, sei es durch eine Fistel, kommunieirt,
die nicht tuberkulös ist und bei Gelenkveränderungen, die von Marie unter dem
Namen »Osteo-arthropathies hypertrophicales pneumiques« beschrieben sind.
Borchard (Posen).
49) O. Henssen. Ein doppelseitiger traumatischer Chylothorax. (Aus
dem Knappschaftslazarett Sulzbach, Kr. Saarbrücken.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 20.)
Der chylöse Erguss war zuerst rechterseits aufgetreten und wurde hier am
5. Tage nach der sehr schweren Gewalteinwirkung auf Brust und Rücken durch
Punktion festgestellt. 2 Tage später war auch ein linksseitiger Chylothorax
nachzuweisen. Rasche Aufsaugung der Ergüsse und Heilung.
Kramer (Glogau).
50) J. C. Hill. Punctured wound of the thorax, involving the peri-
cardium and heart. Death six days after injury. Necropsy.
(Med. record 1898. März 19.)
Ein 23jähriger Arbeiter erhielt mehrere Stichwunden, darunter 3 in der Axillar-
linie, deren eine penetrirte. Trotzdem er sich die Nacht vorher noch leidlich gut
befand, starb er plötzlich am Morgen des 6. Tages. Die Sektion ergab eine pene-
trirende Wunde des linken Ventrikels ohne Verletzung der Klappen. Der Puls
war stets regelmäßig (90). Loewenhardt Breslau).
894 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
51) A. Parrosseni. Die beiden ersten Fälle von Naht des linken
Ventrikels.
(Bull. della R. Acad. med. di Roma 1896/97. Fase. IV/V.)
Verf. bringt zunächst statistische Zusammenstellungen über den Ausgang der
penetrirenden Herzwunden, um sodann 4 Fälle von Hersnaht zu besprechen. Die
beiden ersten Fälle sind von Farina (3 Nähte, tödlicher Ausgang) und Rehn-
Frankfurt (1 Naht, guter Erfolg) berichtet und betreffen beide den rechten Ven-
trikel. Dagegen handelt es sich in den 2 eigenen Fällen des Verf. um Naht des
linken Ventrikels. Der erste dieser beiden Fälle betraf einen 32jährigen Last-
träger, der einen Dolchstich in der Gegend des 7. Interkostalraums linkerseits
erhalten hatte und bewusstlos, im Zustand höchster Anämie in das Hospital ge-
bracht wurde. Dreieckiger Haut-Muskel-Knochenlappenr, der 6.—8. Rippe ent-
sprechend (Basis am Rippenbogen). Eröffnung der linken Pleurahöhle und Er-
weiterung der Perikardialwunde. Die an der Herzspitge gelegene Wunde des
Myokards ließ den kleinen Finger bequem in den linken Ventrikel eindringen. 2 tiefe
Seidennähte wurden durch das Myokard gelegt (ohne das Endokard mitzufassen);
daneben 2 oberflächliche Nähte. Das Perikard wurde mit 6 Knopfnähten versorgt.
Operationsdauer: 11/4 Stunde; keine Narkose. Athereinspritzungen, subkutane
Kochsalzinfusion, Autotransfusion. Es trat völlige Heilung und Arbeitsfähigkeit
ein. — In dem 2. Falle handelte es sich ebenfalls um einen Dolchstich (im 3. Inter-
kostalraum links) bei einer jungen Frau. Operationsverfahren ähnlich wie im
1. Falle. Die Herzwunde lag dies Mal auf der Vorderwand des linken Ventrikels.
2 tiefe, das ganze Myokard fassende Nähte. Operationszeit: 45 Minuten (keine
Narkose). Exeitantien, Kochsalzinfusion ete. Die Kranke starb am übernächsten
Tage. Die Autopsie ergab außer beträchtlicher Anämie eine linksseitige Pleuritis
die schon vor der Verletzung bestand); die Nähte hatten ihren Dienst gut gethan,
es hatte keine Nachblutung stattgefunden. H. Bartsch (Heidelberg).
52) A. @. Podres. Über Chirurgie des Herzens.
(Wratsch 1898. No. 26.)
Dem klinischen Vortrag lag folgender Fall zu Grunde. Ein 16jähriges Mädchen
schoss sich am 15. December 1897 unversehens mit einem Revolver in die Brust.
2 Stunden darauf Eintritt in die Klinik. Herzthätigkeit beinahe erloschen. Die
Wunde liegt an der Verbindungsstelle von Brustbein und 5. Rippe links. Bei
vorsichtiger (Sondirung entleerten sich 11/2 Esslöffel blutiger Flüssigkeit, worauf
die Herzthätigkeit besser wurde. Am 17. December wieder Verschlimmerung,
Herzdämpfung breitet sich weiter aus. Sonde geht 5 cm tief ein; es entleert sich
gelblich-blutige Flüssigkeit (300,0). Die Wunde wird erweitert und drainirt. Die
Besserung hielt aber nur bis zum 19. December an. Daher Operation. Bildung
eines Haut-Knochenlappens, der die linke Hälfte des unteren Theiles vom Brust-
bein, so wie den Knorpel der 3.—6. Rippe enthält und eine laterale Basis hat.
Eröffnung des Perikards. Am rechten Ventrikel eine schon verklebte longitudinale
Wunde, 3cm von der Spitse und 2 cm vom Septum entfernt, 1 cm lang. Durch
die Ventrikelwand werden über 10 Einstiche mit einer Nadel gemacht, um das
Geschoss zu finden; da das nicht zum Ziele führt, wird das Herz etwas empor-
gehoben und sorgfältig zwischen beiden Händen abgetastet, was etwas brüsk aus-
geführt wird. Auch jetzt wird nichts gefunden. — Da die Wunde schon verklebt
ist — keine Naht. Tamponade. — Während der Operation (unter leichter Äther-
narkose) keine Zwischenfälle; das Herz gab keine typischen Kontraktionen, son-
dern undeutliche peristaltische Zusammenziehungen (wie sie Bode im Thierversuch
sah). Dasselbe dauerte auch noch 1!/; Monat später. Weiterer Verlauf zeigt
Ödeme in Folge Hersschwäche, die mit Digitalis etc. bekämpft wurden und erst
Ende Februar wichen. Die Wunde sonderte erst viel eitrige Flüssigkeit ab, am
Ende der 3. Woche nur noch schleimiges Sekret. 18. Februar wird der letzte
Defekt plastisch geschlossen. Ende März: Hersdämpfung bis fingerbreit nach
außen von der vorderen Axillarlinie. Herztöne rein, Puls normal. Letzte Nach-
Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 895
richt vom 12. Mai meldet fortdauerndes Woblbefinden. — Eine Röntgenaufnahme
am 30. März zeigt Geschoss deutlich in der Gegend der unteren Hälfte des rechten
Ventrikels, mit welchem es sich gleichzeitig bewegt. Es sitzt also entweder im
Ventrikel oder in dessen hinterer Wand. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
53) W. Bergmann. Uber einen Fall von Dermoidcyste des vorderen
Mediastinums.
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 10.)
Es handelte sich um einen 38jährigen Arbeiter, welcher im Anschluss an In-
fluenza und Typhus eine Anschwellung des Brustbeins bekam. B. fand daselbst
eine teigige Geschwulst mit bläulich verfärbter Haut und einer erbsengroßen Fistel.
Er nahm Caries sterni an und machte die Operation. Hierbei stellte sich nun
heraus, dass es sich um eine gänseeigroße Dermoidcyste des Mediast. antic. han-
delte, als deren Inhalt sich ein weicher Brei, lanugoähnliche Härchen und 4 Zähne
vorfanden. In den ersten Tagen nach der Operation hustete Pat. blutigen Aus-
wurf, untermengt mit demselben käsigen Brei, wie in der Cyste sich vorgefunden,
aus, so dass eine Kommunikation zwischen der Cyste und dem Ast eines Bronchus
angenommen werden musste. Später erfolgte ungestörte Heilung.
In der Litteratur fand Pflansz (cf. d. Centralblatt 1897 No. 10 p. 292) bis zum
Jahre 1896 24 Fälle. Als Ausgangspunkt wird allgemein die Thymusdrüse an-
genommen. Als Inhalt der Cystensäcke fanden sich meist Haare, Knorpel oder
Knochen. Durchbruch in die Lunge und den Herzbeutel, zuweilen auch durchs
Brustbein nach außen, wie im vorliegenden Falle, sind wiederholt beobachtet.
Jaff6 (Hamburg).
54) Giordano. Un caso di lussazione della apofisi xifoide.
(Arch. di ortoped. 1898. No. 1.)
Eine Wäscherin fällt rückwärts von einer Fensterbrüstung, auf die sie ge-
stiegen war, und verspürt einen heftigen Schmerz im Epigastrium. Seitdem Er-
scheinungen, wie bei einer Hernia epigastrica. Nach 3 Jahren findet man den
Processus xiphoideus verkrümmt und verdickt, nach hinten und unten ausgehöhlt,
beweglich von vorn nach hinten. Exstirpation desselben vom Längsschnitt aus
ohne Verletzung des Peritoneums. Verschwinden der Beschwerden.
E. Pagenstecher (Wiesbaden).
55) Tailhefer (Toulouse). Osteomyelite chronique d'emblée d'une côte.
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 10.)
T. beschreibt als Osteomyelitis chron. eine subakut verlaufende Erkrankung
der 9. linken Rippe eines 1’jährigen Kiesladers, als deren Ursache wiederholtes
Trauma mit dem Schaufelstiel angenommen werden konnte. Die Untersuchung
des resecirten Rippenstückes ergab bakteriologisch Staphylococcus albus und ana-
tomisch eine hyperplasirende Periostitis, ohne die Kriterien einer chronischen In-
fektionsgeschwulst, wie Tuberkulose oder Syphilis. T. stellt in einer Tabelle die
verhältnismäßig seltenen Fälle von Osteomyelitis der Rippen zusammen. Es sind
14 Fälle, 9 bei männlichen, 5 bei weiblichen Individuen, 6 bei Kindern, 5 bei
Halberwachsenen ` 5mal war Staphylococcus aureus, 2mal Bacillus Eberth der Er-
reger. Ein Fall von Osteomyelite chronique ist nicht darunter; Verf. versteht
darunter eine Form, die nicht so stürmisch verläuft wie die akute, entweder weil
ein schwach virulenter Mikrobe sie hervorrief, oder weil das Terrain der Entwick-
lung derselben keinen günstigen Boden abgiebt. T. hebt hervor, dass bei einer
en der Innenseite der Rippen sich entwickelnden Osteomyelitis die ersten Sym-
ptome diejenigen einer Pleuritis sein können. Stolper (Breslau).
56) Quénu et Longuet. IDes tumeurs du squelette thoracique.
(Revue de chir. 1898. No. 5.)
In der werthvollen Abhandlung wird nach kurzer Besprechung der anato-
mischen und klinischen Besonderheiten der primären und sekundären Bindegewebs-
896 Centralblatt für Chirurgie. No. 34.
und Epithelialgeschwülste des Brustbeins und der Rippen hauptsächlich die Frage
ihrer operativen Behandlung nebst deren Indikationen auf Grund des sorgfältig
gesammelten litterarischen Materials und eigener Beobachtungen (Lin erörtert; es
seien die wichtigeren Ergebnisse kurz hervorgehoben:
A. I. Primäre Geschwülste des Brustbeins (reine Sarkome, sarkoma-
töse Mischgeschwülste eto.; Epithelialgeschwülste aus verirrten Schilddrüsenkeimen
im Brustbein): 11 Operationen, 4 bald nach der Exstirpation gestorben, bei den
übrigen war der sofortige operative Erfolg ziemlich günstig; die späteren Resul-
tate sind fraglich geblieben.
Im Allgemeinen empfehlen die Verf., diese Geschwülste wegen der Schwie-
rigkeit des Nachweises, ob sie auf das Brustbein beschränkt sind, nicht zu
operiren.
Il. Sekundäre Geschwülste des Brustbeins (Mediastinalsarkome, Epi-
theliome aus verirrten Brustdrüsenpartikeln oder durch Übergreifen von Mamma-
carcinomen aufs Brustbein etc. entstanden) kontraindieiren die Operation.
B. I. Sekundäre Geschwülste der Rippen (in Folge von Lungen-
sarkomen oder von Carcinomen der Brustdrüse oder metastatisch entwickelt) eignen
sich zumeist nicht zur Operation, wenn auch in 2 Fällen gute Resultate erreicht
worden sind.
LL Primäre Neubildungen der Rippen (Enchondrome, Sarkome, Misch-
geschwülste). Ihre Operation ist nicht angezeigt, wenn sie sehr ausgedehnt, wenig
beweglich, nicht deutlich abgrenzbar sind, auf die Muskulatur, die Lungen ete.
übergegriffen haben oder zu Metastasen geführt haben.
1) Thoracotomies extrapleurales et non pénétrantes:
12mal wegen Enchondromen: 4 +,
12mal wegen Osteosarkomen: 2 +.
2) Thoracotomies intrapleurales et pénét rantes.
15mal wegen Enchondromen: 5 +,
19mal wegen Osteosarkomen: 4 +.
Von den ad 1) erwähnten Operationen gehörten 14 jedoch der vorantiseptischen
Zeit an, während in diese nur 3 der penetrirenden fielen.
Die späteren Resultate konnten nur in 9 Fällen der Gruppe 1) — mal Reci-
div nach 2—8 Monaten und 6 Jahren, resp. nach unbestimmter Zeit, 2mal kein
Rückfall nach AJ Jahr — und in 15 Fällen der Gruppe 2) — Tmal Recidiv
nach 2 Monaten bis 3 Jahren, 8mal kein Recidiv nach 1 Monat bis 5 Jahren —
ermittelt werden; die günstigeren der letzteren Gruppe erklären sich dadurch,
dass die Operationen — mit Ausnahme von 3 Fällen — in der antiseptischen Ara
und radikaler ausgeführt, hierbei selbst Pleura, Perikard, Lunge und Zwerchfell
nicht geschont wurden.
Zum Schluss sind 2 von den Verf. operirte Fälle der 1. Gruppe mitgeheilt.
Kramer (Glogau).
57) Dowd. A study of twenty-nine cases of cancer of the breast
submitted to operation.
(Annals of surgery 1898. März.)
Verf. befürwortet eine möglichst radikale Operation, d. h. Wegnahme des M.
pectoralis major auch bei Careinomen noch im Anfangsstadium. Die Prognose
der Operation hängt wesentlich von der Art der Struktur und der Verbreitung der
primären Geschwulst ab. — Von den eigenen Fällen des Verf. sind nur 6 länger
als 3 Jahre nach der Operation. Von diesen sind 3 am Leben und ohne Recidiv.
Eine aus der Litteratur der letzten Jahre gesammelte Statistik über 199 Fälle er-
giebt eine Heilung von 39,6%. Tietze (Breslau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatsbdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf und Bastel in Leipzig.
| Gentralblatt
CHIRURGIE
E. von Bergmann, F Kinig, E. Richter, |
in Berlin, in Berlin, in Breslau.
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
D
Wöchentlich . eine Nummer. Preis des Jahrgange 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 35. Sonnabend, den 3. September. 1898.
Inhat: 1) Herzog, Wiederbelebungsmethoden. — 2) Bomstein, Antitoxische Eigen-
schaften. des Centralnervensystems. — 3) Tarnawski, Actol und Itrol. — 4) Unna, Cocain.
— 5) Unna, Formalin und Paraform. — 6) Le Dentu, Formol und Parachlorophenol. —
-7) Goodale, Zur Therapie tuberkulöser Lymphdrüsen. — 8) Austerlitz und Landsteiner,
Bakteriendichtigkeit der Darmwand. — 9) Tavel, Pseudotetanusbacillus. — 10) Siegel,
Bauchwunden. — 11) Czerny und Heddaeus, Appendicitis, — 12) Albertin, 13) Schnitz-
ter, 14) Edebohls, 15) Slajmer, Zur Herniologie. — 16) Zez, Blutuntersuchungen bei
Magenleiden. — 17) Weir, Gastroenterostomie. — 18) v. Alexinsky, 19) Bobrow, Echino-
kokken. — 20) Klippel, 20 Page, Pankreaskrankheiten.
22) Boucht, Narkosenläihmung. — 23) Lindner, Gefäßnaht. — 24) Heath, Aneurysmen.
— 25) Burwell -und Bottomley, Spitalbericht. — 26) Langer, Traumatische Lymphcysten.
— 27) Freund, Schussverletzung. — 28) Parlavecchio, Intraabdominelle Verletzungen.
— 29) v. Bonsdorff, 30) af Schult6n, 31) Krogius, Appendicitis. — 32) Firchau, Tuber-
kulöse Bauchfellentzündung. — 33) $sawitzkl, 34) Meleschko, 35) Merlin, 36) Schnitz-
ter, 37) Bart, 38) Nélaton und Ombr6danne, 39) Mintz, Zur Herniologie. — 40) Berg,
Achsendrehung des Magens. — 41) Schnitzler, Krampfgeschwulst des Magens. —
42) Shaw, 43) Hemmeter, 44) Krumm, 45) Oliva, Magenoperationen. — 46) Anderson,
Magen- und Darmeysten. — 47) Gildersleeve, 48) Küttner, Meckel’sches Divertikel. —
49) v. Bonsdorff, 50) Garski, Ileus. — 51) Mathews, Mastdarmcysten. — 52) Parona,
Malariamilz. — 53) Franke, Zur Gallenblasenchirurgie. — 54) Anufrijew, Gekröscyste.
1) S. W. Herzog. Über den Werth einiger Wiederbelebungs-
methoden beim Scheintod während der allgemeinen Narkose.
I. Über das Verfahren nach Laborde.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 492.)
Das Laborde’sche Verfahren zur Behebung der Asphyxie be-
steht bekanntlich in rhythmischen Traktionen der Zunge, und ist
über dasselbe im Centralblatt in den letzten Jahren wiederholt be-
richtet. Zur Beurtheilung seiner Verwerthbarkeit für Narkosen-
‘asphyxien hat H. in dem Kabinett der chirurgischen Pathologie des
Herrn Prof. L. W. Orlow in Charkow eine Anzahl Thierexperi-
mente gemacht, und zwar mit ungünstigem Resultat. Als Versuchs-
thiere dienten 19 Hunde verschiedener Größe, theils mit Äther, theils
mit Chloroform bis zur Athmungssistirung narkotisirt. In 6 Fällen,
35
898 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
wo es aber noch nicht zu Herzstockung gekommen war, kehrte die
Athmung bald spontan wieder. In den übrigen 13 Fällen wurden
die Zungentraktionen angewendet, doch gelang die Wiederbelebung
nur 2mal.
H. hält das Laborde’sche Verfahren für unzuverlässig und nur
als Hilfsmittel wirksamerer Wiederbelebungsmethoden in frühen
Stadien der Narkose für brauchbar. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
2) Bomstein. Über die antitoxischen Eigenschaften des
Centralnervensystems.
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 14.)
B. versuchte den Nachweis, ob die Ehrlich’sche chemische Theorie
der Immunität, wie sie von Wassermann und Takaki (p. 478 d.
Centralblattes) für den Tetanus auf experimentellem Wege bestätigt
wurde, auch bei der Diphtherie durch den Thierversuch demonstrirt
werden könnte.
Er gelangte indessen zu dem Resultat, dass im Centralnerven-
system von Kaninchen und Meerschweinchen gegenüber dem Diph-
theriegift keine specifisch neutralisirenden Substanzen vorhanden
sind. Der Unterschied zwischen Tetanus- und Diphtheriegift in ihren
Beziehungen zum Centralnervensystem nicht immunisirter Thiere
lässt sich gewissermaßen mit dem Umstand in Einklang bringen,
dass bei der Diphtherie die Störungen des Centralnervensystems viel
weniger ausgeprägt sind als bei Tetanus. Vielleicht könne man die
Abwesenheit antitoxischer Eigenschaften im Centralnervensystem
gegenüber dem Diphtheriegift auf eine geringere Verwandtschaft der-
selben zu der Nervensubstanz zurückführen.
Unabhängig von B. ist übrigens auch Aronson (Berlin) zu den-
selben Resultaten gelangt. Hübener (Breslau).
3) Tarnawski. Die desinficirenden Eigenschaften des Actols
und Itrole,
Diss., St. Petersburg, 1897. (Russisch.)
(Nach einem Referat von Uck ee im Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde
Bd. XXIII. Hft. 14.)
Die nach dem Vorgang von Geppert in Aufschwemmungen vor-
genommenen Versuche, bei welchen durch Schwefelammon eine
chemische Fällung des Desinficiens in der bekannten Weise erzielt
wurde, lassen den Verf. folgende Schlüsse aufstellen:
1) Die chemische Neutralisation der Spuren des Desinficiens ist
bei Versuchen über die Desinfektionswirkung der Silbersalze unum-
gänglich. Die Nichtbeachtung dieses Umstandes ist der Grund für
eine Überschätzung des Desinfektionswerthes der Silbersalze gewesen.
2) Actol steht in seinem Desinfektionswerth im Blutserum dem
Höllenstein nach; in Bouillon ist die Differenz geringer.
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 899
3) Die Desinfektionskraft der gesättigten Itrollösung in Bouillon
und Serum entspricht Koncentrationen von Actol und Höllenstein,
die bei Weitem die Löslichkeit des citronensauren Silbers übersteigen.
4) Das Sublimat übertrifft im Serum das Silber bei Weitem als
Desinfektionskraft (entgegen Behring).
5) Thierversuche mit Milzbrandsporen und nachfolgender Neu-
tralisation bewiesen einen völligen Parallelismus mit den Resultaten
der Kulturen in künstlichen Nährböden.
6) Infektionen von Kaninchen mit Milzbrandsporen, die nicht
mit NH,S nachbehandelt waren, führten oft noch spät (nach einem
Monat und später) zum Ausbruch der Krankheit.
Hübener (Breslau).
4) P.G. Unna. Cocainsalz und Cocainbase.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 5.)
Da das Cocain bei erhaltener Hornschicht zu schwach wirkt,
war seine Anwendung in der !Behandlung der trocknen, speciell
der juckenden Hautkrankheiten bisher nur sehr beschränkt. U. hat
wesentlich für exkoriirte und erodirte Flächen |(aus Sparsamkeits-
rücksichten) Cocain. hydrochlor. 0,5—1,0 und Magnesiae carbonic.
10,0 benutzt; nach der Einpuderung Bedeckung mit angefeuchteter
Watte, die sanft angedrückt wird; .nach 10—15 Minuten können dann
schmerzhafte Proceduren vorgenommen werden. Erst in jüngster
Zeit hat U. statt des Cocainsalzes die Cocainbase (Cocain. purum
Merck) bei Pruritus, speciell alter Leute, verwendet, und zwar in 1 bis
2%iger ätherischer oder spirituös-ätherischer Lösung (mit dem
Sprayglas versprüht oder mit 1:50 Kollodium versetzt und auf-
gepinselt) und damit günstige Erfolge erzielt; man kann dieses Prä-
parat auch in Öl (Ol. amygdal.) oder in Sapo unguinos. Mielck
(1:50) bei Lichen planus, pruriginösen Ekzemen etc. verwenden.
(In einem Falle von Mycosis fungoides hat sich leider die Hoff-
nung auf einen antipruriginösen Effekt der Cocainbase nicht erfüllt.)
Jadassohn, (Bern).
5) P. G. Unna. Formalin und Paraform.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 4.)
Formalinlösung als Ätzmittel ist zur Behandlung solcher Affek-
tionen, bei denen wiederholt geätzt werden muss, nicht zu empfehlen,
weil trotz der Vorzüge dieser Methode (»saubere Abtödtung, Trocken-
heit und Geruchlosigkeit des Schorfes«) die Demarkation sich zu
lange hinzieht; desswegen benutzt U. diese Lösung nur, wenn eine
einmalige Ätzung genügt, oder wenn der Schorf liegen bleiben soll
(bei inoperablen Carcinomen). Zur Verätzung kleiner gutartiger Haut-
geschwülste empfiehlt der Verf. 5%iges Paraformkollodium; das sich
aus demselben allmählich abscheidende Formaldehyd ätzt genügend, gut
umgrenzt und mild (bei spitzen Kondylomen, weichen Naevi); speciell
bei den spitzen Kondylomen hält diese Methode zugleich, was sehr
35*
900 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
wichtig ist, gut trocken. Bei Hyper- und Osmidrosis benutzt U. Adip.
lanae 20,0, Sol. Formal. 10,0—20,0, Vaselin 10,0, was palliativ gut, aber
‚nicht oder selten radikal wirkte; zu ständigem Gebrauch ist eine
'5%ige überfettete Formalinseife (Th. Douglas) sehr vortheilhaft
(auch zum Reinigen der Hände nach Sektionen etc... U. erwähnt
‚schließlich, dass man den unangenehmen Geruch des denaturirten
Spiritus durch Zusatz von 2—20% Formalin verdecken kann.
Jadassohn (Bern).
6) Le Dentu. Recherches expérimentales et cliniques sur
le formol et le parachlorophenol.
(Revue internat. de th&rapeut. et de pharmacol.)
Verf. empfiehlt das Formol in Lösungen von 1,0—2,5—5,0 der
käuflichen Lösung 40:100 auf 1 Liter gekochtes Wasser zum Ab-
spülen der Instrumente und Hände, zur schnellen Desinfektion in-
ficirter Wunden, zum Abspülen frischer Wunden während der Ope-
ration, zur Desodoration und zu feuchten Umschlägen bei Phleg-
mone etc. Im letzteren Falle 1:400 oder 1: 200.
Das Parachlorophenol kann auch guter Ersatz der Karbolsäure
‚werden. Es riecht weniger, reizt weniger, ist weniger giftig und hat
eine viel stärkere antiseptische Wirkung. Nur greift es die Instru-
mente mehr wie Karbol an.
Die en sind 10:1000, 4:1000 oder 2:1000.
Borchard (Posen).
7) J. L. Goodale. On the utilization of the normal ton-
sillar absorption in the treatment of tuberculosis of the an-
gular lymphatic glands.
(Boston med. and surg. journ. 1898.. Februar.)
. Von der Thatsache ausgehend, dass eine Infektion — speciell
mit Tuberkelbacillen — durch die Mandeln geschehen könne, hat
Verf. versucht, Medikamente zur Bekämpfung der eingedrungenen
Bacillen auf demselben Weg einzuführen. Durch Applikation von
Jodlösungen auf die Mandeln bei tuberkulösen Halslymphdrüsen hat
er eine »bemerkenswerthe Verkleinerung der geschwollenen Drüsen «
erzielt. Eine ausführlichere Publikation stellt G. in Aussicht.
S Martens (Berlin).
8) Austerlitz und Landsteiner. Über die Bakteriendichtigkeit
der Darmwand.
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 7.)
Als Ursachen, die genügen, um die Bakteriendichtigkeit der
Darmwand aufzuheben, werden im Sinne der Experimente hyperämische
. Zustände angesehen, die bei agonisirenden, an Erfrierung oder Er-
stickung sterbenden Thieren eintraten, oder entzündliche Vorgänge,
. die ‘dureh Intoxikationen, namentlich durch die Arsenvergiftung
‚. herbeigeführt ‘werden.
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 901
Nach den Ergebnissen ihrer Versuche können die Verff. die
Annahme, dass unter Bedingungen, die wenig von den normalen
verschieden sind, der Darm für Bakterien leicht durchgängig wird,
nicht für bewiesen oder auch nur wahrscheinlich ansehen.
Aus Versuchen, bei welchen eine eingreifendere Schädigung
kleinerer Darmabschnitte (Darmabklemmung, Gefäßunterbindung) ge-
setzt wurde, so wie aus den in der Litteratur vorliegenden Angaben
ergiebt sich, dass es gelingt, die Darmwandung in starker Weise zu
schädigen, ohne dass es zu einer Durchwanderung von Mikrobien
aus dem Darm in die Bauchhöhle käme. Hübener (Breslau).
9) Tavel. Über den Pseudotetanusbacillus des Darms.
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 13.)
T. beschreibt in der vorliegenden kurzen Mittheilung einen
Bacillus nebst dessen Kulturverfahren, den er in zahlreichen Fällen
von Abscessen, die vom Darm ausgingen, beobachtet hatte, ohne ihn
bislang haben züchten zu können.
In der gemeinschaftlich mit Lanz gemachten Arbeit über Peri-
tonitis ist dieser Bacillus bald als tetanusähnlicher, bald als akti-
nomycesähnlicher Bacillus mehrfach erwähnt, beschrieben und photo-
graphisch abgebildet.
Im Sommer 1897 gelang es nun T., aus dem zühen gelblich-grünen
schleimigen Inhalt eines excidirten Processus vermiformis den be-
schriebenen Bacillus zu züchten.
Das Verfahren war analog dem Kitasato’s zur Reingewinnung
der echten Tetanuserreger, doch wurden zur ana&robiotischen Züchtung
zugeschmolzene Röhrchen verwendet, in denen das Vacuum her-
gestellt war.
Der fragliche Bacillus ist etwas schlanker als der echte Tetanus-
bacillus, die Form der Sporen unterscheidet ihn sicher und leicht
von letzterem. Während die Spore des echten Tetanuserregers, wenn
sie reif ist, ganz kugelig aussieht, ist die Spore des Pseudotetanus-
bacillus oval, manchmal sogar scheinbar etwas zugespitzt. Die Sporen-
bildung ist ebenfalls endständig, der Bacillus beweglich in Folge von
Geißeln; doch ist die Zahl derselben geringer als beim echten
Tetanusbacillus.. Züchtung in Gegenwart von Sauerstoff gelang nie.
Der Bacillus war für Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen nicht
pathogen.
Der Arbeit ist eine Tafel mit ausgezeichnet schönen Photo-
grammen beigegeben. Hübener (Breslau).
10) E. Siegel. Zur Diagnose und Therapie der penetrirenden
Bauchverletzungen.
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hit 2). yersit. TH S H m
S. theilt 7 Fälle penetrirender Bauchverletzu; f Aik son A epes I, WM
5 mit Verletzungen der Unterleibsorgane, der Sie Er "e
E ER E
ZINSSSISSS
7, SS
902 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
des Mastdarms komplicirt waren. In 5 dieser Fälle wurde innerhalb
der ersten 9 Stunden, je Imal nach 24 Stunden bezw. nach.27 Tagen
die Laparotomie ausgeführt; die erzielten Resultate waren sehr
ermuthigend: obwohl es sich theilweise um relativ sehr schwere
Verletzungen handelte, sind 6 der Pat. geheilt, nur einer (Stich-
verletzung des Magens) konnte nicht mehr gerettet werden. An-
schließend bespricht Verf. die anderweitigen Operationsresultate,
die Symptome und Diagnose der Bauchverletzungen, ferner Indi-
kation, Prognose und Technik der Laparotomie in sehr eingehender
Weise und tritt warm für die operative Behandlung der penetrirenden
Bauchverletzungen ein. Handelt es sich um eine Verwundung der
Baucheingeweide, so treten im Allgemeinen sehr rasch schwere,
shockartige Erscheinungen auf, die verletzten Organe sind druck-
empfindlich, theilweise ist auch schon bald eine Dämpfung nach-
weisbar; indessen können diese schweren Symptome, wie einer der
mitgetheilten Fälle beweist, auch trotz Organverletzung fehlen; es
ist daher jede penetrirende Bauchwunde von vorn herein als eine
komplicirte zu betrachten und danach zu behandeln.
532 aus der Litteratur gesammelte, exspektativ behandelte Fälle
zeigten eine Sterblichkeit von 55,2%, 376 operativ behandelte eine
solche von 51,6%; für die in den ersten 4 Stunden laparotomirten
betrug indessen die Sterblichkeit bloß 15,2%, während die Sterblich-
keitsziffer für die in 5—8 Stunden nach dem Trauma Operirten
bereits 44,4%, für die noch später Behandelten 63,6 und 70% betrug.
Stichverletzungen gaben eine bessere Prognose als Schussverletzungen.
Honsell (Tübingen).
11) Czerny und Heddaeus. Beitrag zur Pathologie und
Therapie der Wurmfortsatzentzündung.
(Beitrag zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2.)
Verff. unterscheiden 3 Formen von Appendicitis: 1) die akute
Perforation des Wurmfortsatzes, 2) die subakuten, perityphlitischen,
theils durch Eitererreger, theils durch den Aktinomycespilz hervor-
gerufenen Abscesse, 3) die Appendicitis simplex chronica, bei der
es sich um Tuberkulose, ulceröse und obliterirende oder auch um
katarrhalische Entzündungen handeln kann. Sie geben alsdann aus-
führlich die Krankengeschichten von 56, die verschiedenen Arten
und Unterarten illustrirenden Fällen wieder. Nur in 8 derselben
ist im Anschluss an die Operation der Tod erfolgt, von 36 Kranken,
über welche spätere Erkundigungen eingezogen werden konnten,
sind 20 völlig geheilt, 10 sind zwar wieder arbeitsfähig geworden,
haben aber noch geringe Störungen zurückbehalten, 3mal beseitigte
die Operation nur die intensivsten Schmerzanfälle. Schwere und
leichte Fälle müssen bezüglich der Prognose aus einander gehalten
werden; sämmtliche Todesfälle betrafen Pat., die meist schon von
vorn herein aufgegeben waren, an diffuser septischer Peritonitis litten;
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 903
von den chronisch Kranken ist dagegen kein einziger gestorben; es
darf daher die im freien Intervall der intermittirenden, chronischen
Appendicitis vorgenommene Operation fast als ungefährlich bezeichnet
werden. Im weiteren werden die Beziehungen der Appendicitis
zur Colitis membranacea so wie zu Reflexneurosen des Genitalapparates,
dann die Fragen ‚nach Lage und Beschaffenheit des Wurmfortsatzes
so wie nach dem Zeitpunkt der Operation eingehend besprochen.
Das Schlussergebnis ihrer Ausführungen fassen die Autoren
dahin zusammen, dass der erste akute Anfall von Appendicitis dem
internen Mediciner gehört; kommt es im Gefolge desselben zur
Perforation des Wurmfortsatzes, so hat der Chirurg einzugreifen, sei
es dass die Entzündung zu einem diffusen Fortschreiten auf das
Bauchfell neigt, sei es dass ein abgekapselter Abscess entsteht. Ferner
hat in jedem Fall von chronisch recidivirender Appendicitis der
Chirurg die Behandlung zu übernehmen, weil es sich hier um eine
beständige Gefahr für das Leben und eine Existenzbeeinträchtigung
des Besitzers handelt (Operation im freien Intervall).
Honsell (Tübingen).
12) Albertin. De la therapeutique chirurgicale de la gan-
grene herniaire.
(Province méd. 1893. No. 24.)
Unter 63 Brucheinklemmungen fand A. 16mal Gangrän (Mit-
theilung der Fälle). Seine Erfahrungen führen zu dem Schluss, dass
man, wenn nicht eine specielle Indikation vorliegt, auf die Bildung
eines widernatürlichen Afters verzichten und statt dessen lieber die
Resektion und Naht des Darmes machen solle. Er zieht die An-
wendung eines Darmknopfes (Murphy-Villard) der Enterorrhaphie
vor. Herm. Frank (Berlin).
13) Schnitzler. Zur Frage nach dem Zustandekommen von
Darmblutungen nach Operationen an Hernien.
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 34.)
Unter Beibringung von 2 neuen hierher gehörigen Fällen und
Citation eines Falles der Albert’schen Klinik präcisirt der Autor
gegenüber der Ullmann’schen Deutung solcher Blutungen (Referat
s. Centralblatt 1897 No. 30) von Neuem seinen Standpunkt, dass die
Darmblutungen, die nach Reposition größerer, relativ kurze Zeit
hindurch eingeklemmt gewesener Darmbrüche eintreten, einen patho-
genetisch und klinisch scharf charakterisirten besonderen Typus
vorstellen, der von anderen nach Bauchoperationen — auch Bruch-
operationen — in vereinzelten Fällen eintretenden Darmblutungen zu
scheiden ist. Herm. Frank (Berlin).
904 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
14) G. M. Edebohls. The inguinal operation for femoral
hernia.
(Read before the section on obstetrics and gynecology. New York acad. of med.
1896. December 24. [Separat-Abdruck.))
Nach Besprechung der üblichen Methoden von Radikaloperationen
der Schenkelbrüche empfiehlt E. für Fälle, bei denen gleichzeitig ein
Leistenbruch besteht, oder wenn eine Retroflexio uteri durch Ver-
kürzung der Ligamenta rotunda gleichzeitig geheilt werden soll, die
»Inguinal operation«. Als Vorzüge rühmt er die leichte und hohe
Abbindung des Bruchsacks, die hohe und wirksame Verschließung
des Schenkelrings (durch Vernähung des Poupart’schen Bandes mit
dem Periost des horizontalen Schambeinastes, bei weiter Bruchpforte
unter Einnähen eines Periostlappens); den Verschluss des Foramen
ovale hält er für weniger wichtig. Der Leistenkanal wird nach
Bassini vernäht. 4 einschlägige Fälle werden mitgetheilt: 3 blieben
geheilt, bei einem trat eine Wiederkehr des Bruchs nach !/, Jahr
ein, was E. darauf zurückführt, dass die unzurechnungsfähige Pat.
sich den Verband abgerissen hatte, Eiterung eintrat, und die ver-
senkten Nähte entfernt werden mussten. Martens (Berlin).
15) E. Siajmer. Bericht über 150 Radikaloperationen des
freien Leistenbruches nach Wölfler.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
Die Arbeit berichtet über die in der Überschrift genannte Zahl
von freien Hernien, welche der Verf. nach der Methode von Wölfler
operirt hat. Dieselbe legt den hauptsächlichsten Werth auf eine
schichtweise Vernähung des freipräparirten Leistenkanales und wird
genau an der Hand einer leicht orientirenden Zeichnung beschrieben.
Das Verfahren kann vollkommen mit der Methode von Bassini
concurriren, so dass S. bedauert, dass man ihm so wenig Beachtung
geschenkt hat. Eine Verlagerung des Samenstranges nimmt der Verf.
nicht vor und legt auch darauf besonderes Gewicht. Todesfälle erlebte
er weder unter diesen noch unter 62 späteren Fällen. Die Heilungs-
dauer ist eine kurze; bei glatt verlaufenden Fällen werden die
Operirten am 10. Tage entlassen, vielfach sofort zur Arbeit. Bruch-
bänder werden nicht zur Nachbehandlung angelegt. Über 76 Hernien
konnte S. nach genügend langer Zeit Bericht erhalten. Unter diesen
waren Recidive in 9,2% eingetreten, welche zum großen Theil nicht
der Methode, sondern mancherlei Zufälligkeiten zuzuschreiben sind.
Eine größere Zahl der Operationen wurde unter lokaler Cocainan-
ästhesie ausgeführt. Verf entschließt sich im jugendlichen Alter leicht
zur Radikaloperation der Hernien, räth dagegen jenseits von 45 Jahren
den Trägern eines Leistenbruches nicht sehr eindringlich zur Operation.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 905
16) V. Zez. Über die Blutuntersuchungen bei Magenerkran-
kungen, besonders bei Ulcus rotundum und Carcinoma ven-
trieuli.
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 14 u. 15.)
Die Blutuntersuchungen des Autors bei verschiedenen Magen-
erkrankungen, besonders bei bös- und gutartigen Geschwülsten, haben
in differentialdiagnostischer Hinsicht zu keinen sicheren und prak-
tisch verwerthbaren Ergebnissen geführt. Die Prüfung der Ver-
dauungsleukocytose, ev. ihr Auftreten wird mehr für eine gutartige
Erkrankung des Magens sprechen, andererseits könnte man aus dem
Erscheinen der kernhaltigen rothen Blutkörperchen auf ein Carcinom
schließen. Der Blutbefund allein giebt aber keinen sicheren Anhalt
für die Diagnose. Herm. Frank (Berlin).
17) R. F. Weir. Original articles on the operation of gastro-
enterostomy conjoined with entero-anastomosis.
(New York med. record 1898. April 16.)
Die sehr übersichtliche Arbeit von W. enthält zahlreiche sche-
matische Skizzen über die verschiedenen Methoden der Gastroentero-
stomien. W. theilt schließlich einen Fall von Carcinom des Pylorus
mit, bei dem die Gastroenterostomie mit einem besonders modi-
ficirten Murphyknopf ausgeführt wurde, und im Anschluss eine Entero-
anastomose nach Braun. Pat. starb am 3. Tage an Lungenödem.
Der Murphyknopf zeigt eine ovale Verlängerung derjenigen Hälfte,
welche auf der intestinalen Seite liegt, wie Figur zeigt, um zu ver-
hindern, dass jener in den Magen stürzt. W. schließt mit Empfehlung
der Hacker’schen Methode, der Anwendung des Murphyknopfes
und der Kombination mit der Enteroanastomose.
Loewenhardt (Breslau).
18) I. P. v. Alexinsky. Experimentelle Untersuchungen über
die Verimpfung des multiplen Echinococcus in der Bauchhöhle.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
Es kam bei den Versuchen vornehmlich darauf an, die Richtig-
keit der Theorie der Keimzerstreuung, welche bisher gültig war, zu
prüfen und des weiteren Aufschluss zu geben, aus was für Keim-
elementen der Muttereyste des Echinococcus sich die Echinococcus-
blasen entwickeln können. Für die Experimente wurde fast nur die
35**
906 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
Echinokokkenflüssigkeit benutzt derart, dass sie nach Incision der
Bauchdecken in die Bauchhöhle eingeflößt wurde. In 4 Versuchen
von im Ganzen 7 erzielte A. positive Resultate. Er zieht aus den-
selben folgende Schlüsse:
Die bisher gültige Lehre der Entwicklung des multiplen Echi-
nococcus der Bauchhöhle durch den Ausfluss einer platzenden pri-
mären Cyste irgend eines Organes ist als richtig anzusehen. Die
Blasen entwickeln sich nicht nur aus den herausgefallenen Tochter-
blasen der primären Echinokokkencyste, sondern auch aus ihren
Brutkapseln und Skolices. Die extraperitoneale Lage der Blasen
des multiplen Echinococcus der Bauchhöhle kann nicht gegen die
Keimzerstreuungstheorie sprechen. Ferner ist die Probepunktion
der Echinococcuscyste als eine gefährliche und mithin unerlaubte
Operation anzusehen, weil durch sie leicht Keimelemente zu sekun-
därer Infektion in die Bauchhöhle geimpft werden können. Aus
diesen Ursachen ist auch während einer Echinokokkenoperation die
Bauchhöhle sorgfältig vor Einfließen von Cysteninhalt zu bewahren.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
19) A. A. Bobrow. Uber ein neues Operationsverfahren zur
Entfernung von Echinococcus in der Leber und anderen
parenchymatösen Bauchorganen.
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
Nach dem Verfahren des Verf. hat sich die Anschauung, dass
der Echinococcussack in parenchymatösen Organen nach Eröffnung
nicht zusammenfallen würde, als irrig erwiesen. Auch die übrigen
Gründe, welche man früher einer primären Vernähung des Sackes
als entgegenstehend annahm, wie Strömung der Flüssigkeit z. B. in
der Leber nach dem Sacke hin, sind nicht zutreffend.
Verf. incidirt den Echinococcussack unter allen septischen
Vorsichtsmaßregeln, lässt die Flüssigkeit ab und exstirpirt womöglich
die ganze Chitinhüllee Darauf wird ohne Einlauf irgend einer
Flüssigkeit wie Jodoformglycerin oder physiologische Kochsalzlösung
der Sack fest vernäht. Die Heilung erfolgt in 2—3 Wochen. Von
der Vornahme dieser einfachen Operation lässt sich B. auch nicht
durch Galleneinfluss in den Sack während der Operation und durch
gutartig aussehenden Fiter in demselben abhalten. Die zugehörigen
Krankengeschichten sind der Arbeit beigefügt.
Er E, Siegel (Frankfurt a/M.).
20) M. Klippel. Le pancréas infectieux.
(Arch. génér. de méd. 1897. November.)
Verf. unterscheidet 1) sklerosirende Infektionen des Pankreas,
die er in perilobuläre, intralobuläre und acinöse eintheilt; 2) paren-
chymatöse Infektionen ohne Sklerose.
Unter den specifischen Infektionen bespricht er eingehend die
Tuberkulose des Pankreas und bezeichnet die Lymphbahnen als den
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 907
Weg, den die Erkrankung nimmt. Verf. glaubt, dass innige Be-
ziehungen zwischen den Erkrankungen der Leber und des Pankreas
bestehen, derart, dass die Pathogenie der Leberinfektion direkt auch
auf das Pankreas anwendbar sei. Unsere geringe Kenntnis von den Er-
krankungen dieser Drüse glaubt er darauf zurückführen zu müssen,
dass das Organ, abgesehen von Abscessen, Cysten und stärkeren
Blutungen, sich unserer direkten Beobachtung durch physikalische
und chemische Untersuchungen entzieht. Da das Pankreas bei dem
Chemismus der Verdauung eine große Rolle spielt, so muss seine
Erkrankung sich in dieser Richtung bemerkbar machen. Das Re-
sultat dieser Störung sieht Verf. in einer Vermehrung der febrilen
Autointoxikation, — in einer infektiösen Urämie(?. Die Hämor-
rhagien des Pankreas verdanken ihre Entstehung meistens einer
infektiösen Endarteritis. Selbst die mit Diabetes gepaarte Sklerose
des Pankreas glaubt K. einer Infektion zuschreiben zu müssen, die
unter gewissen Voraussetzungen ihren Ausgang von der Darm-
schleimhaut nehmen. Jede entzündliche Veränderung der Ausführungs-
gänge des Pankreas kann in Folge Behinderung des Sekretabflusses
die Bildung von Steinen: begünstigen. Longard (Aachen).
21) A. Page. Traitement chirurgical des pancreatites sup-
purdes et gangreneuses.
These de Paris, &. Steinheil, 1898.
Der Autor giebt eine gute und ausführliche Zusammenstellung
über eitrige und gangränöse Pankreatitis, welche Affektionen nach
seinen Ausführungen in Frankreich noch zu wenig beobachtet seien.
Unter 89 Fällen, welche er mittheilt, sind 45 aus den letzten 8 Jahren,
unter ihnen 3 von französischen Autoren veröffentlicht (2 vom Autor,
1 von Nicolas aus Lyon).
Die Kapitel über Ätiologie und Pathogenie, pathologische Anatomie,
Fettnekrose, Symptome klinischen Verlauf, Behandlung bieten nichts
wesentlich Neues, geben aber eine gute Übersicht der jetzigen Kennt-
nisse über den Gegenstand. Bei der Besprechuug der Ätiologie der
Gangrän erwähnt P. die Blutungen in das Pankreas nicht, obwohl
diese (nach Ansicht des Ref.) die häufigste Ursache für die Ent-
stehung der Pankreasnekrose darstellen.
Er führt dann 2 neue Beobachtungen an:
Fall I (Dreyfus-Brisac). 54jähriger Kutscher, 14 Tage vor der Aufnahme
erkrankt mit allgemeiner Mattigkeit, Magenbeschwerden. Nach einem Abführ-
mittel Verschlimmerung. Gelbsucht. Leber vergrößert, Gallenblase nicht fühlbar.
Dyspepsie. Diagnose: Icterus’ catarrhalis, möglicherweise Careinom. — Nachdem
Pat. eine Pneumonie durchgemacht hat, tritt ca. 1 Monat nach der Aufnahme eine
akute Verschlimmerung ein; epigastrische Schmerzen, Erbrechen, Abmagerung,
Kräfteverfall. Bei der Sektion fand sich Eiter in der Gallenblase. Das Pankreas
ist vergrößert und von einer sehr großen Zahl kleiner Abscesse durchsetzt;
Sklerose des dazwischen liegenden Drüsengewebes. In dem Fiter Bacterium coli
und Staphylococcus albus.
908 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
Fall II (Philippeau und’Guinard). 5ijährige Frau, erkrankte nach Genuss
von Wildpret mit heftigen epigastrischen Schmerzen, die in’geringerem Maße in
den folgenden Tagen anhielten, bei leichtem Fieber. 5 Tage später reichlicher
Eiterabgang per vaginam, 10 Tage anhaltend. Von da an linksseitige Pleuritis
mit geringem Exsudat. Langwieriger Verlauf, ab und zu Fieber. Guinard ent-
deckte einen linksseitigen subphrenischen Abscess, den er peripleural nach Resek-
tion eines Stückes der 9. Rippe eröffnete. Entleerung eines krümeligen, weißlichen
Eiters mit nekrotischen Feten, die mikroskopisch keine Struktur erkennen lassen.
Pat. auf dem Wege der Heilung.
Es ist wohl sehr zweifelhaft, ob man diesen Fall als eine peri-
pankreatische Eiterung auffassen kann; mindestens liegen keine
sicheren Beweise dafür vor.
Zum Schluss giebt der Autor 87 Beobachtungen aus der Litte-
ratur im Auszug. Die Einreihung derselben in Pancreatites sup-
Durée et gangr&neuses ist eine etwas willkürliche.
W. Körte (Berlin).
Kleinere Mittheilungen.
22) K. Boucht. Två fall af s. k. narkosförlamning.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1095.)
In der viel diskutirten Frage der schädlichen Nebenwirkungen der Narkose
nehmen auch die postnarkotischen Lähmungen einen nicht zu unterschätzenden
Raum ein. Die relative Seltenheit dieser Komplikation ist die Ursache des lange
noch nicht aufgeklärten Dunkels, in welches sie gehüllt ist. Zwar sind in der
Litteratur seit den Achtzigen eine nicht unerhebliche Menge Veröffentlichungen
diesbezüglich gemacht, aber ein jeder Beitrag zur Kasuistik der Narkosen-
lähmung muss noch immer willkommen sein. Nach einer übersichtlichen Dar-
stellung des in der Litteratur Beachtungswerthen, theilt Verf. 2 Fälle von Nar-
kosenlähmung aus der gynäkologischen Klinik des Prof. Dr. O. Engström in
Helsingfors mit. Der eine betrifft eine vorübergehende Parese des linken Vorder-
arms nach einer 45 Minuten dauernden Chloroformnarkose wegen Salpingotomie
und Ventrofixation des retroponirt fixirten Uterus; die andere eine Lähmung der
vom linken N. peroneus versorgten Muskeln nach einer ca. 45 Minuten dauernden
Chloroformnarkose wegen Nephropexie der rechten Niere. Auch diese Lähmung
war vorübergehend. Ein relativ unbedeutender Druck auf die resp. Nervenstämme
war das einzige in der Ätiologie vorhandene Moment. Weder im allgemeinen
Ernährungszustand der Pat. noch in der Qualität des Chloroforms oder in der
Dauer der Narkose konnte Verf. in diesen beiden Fällen ein hinreichend plau-
sibles Erklärungsmoment für den Eintritt der Lähmung finden. »Oder wirken
vielleicht andere noch unbekannte Faktoren mit in der Entstehung der Narkosen-
lähmung?« fragt Verf. zuletzt. A. Hansson (Cimbrishamn).
23) H. Lindner. Über Gefäßnaht.
(Berliner Klinik Hft. 118. Berlin, Fischer, 1898.)
Bei der Operation einer Kothfistel oberhalb des Lig. Pouparti ereignete sich
eine Verletzung sowohl der Vena wie Arteria femoralis. Die Vene wurde etwa
2 em lang reseeirt und unterbunden, das Loch in der Arterie wurde durch Seiden-
nähte verschlossen: 2 Nahtreihen, eine sämmtliche Schichten der Arterienwand
fassend, eine zweite nach Art der sero-serösen Naht. Glatte Heilung.
L. bespricht die für den Verschluss von Gefäßwunden bestehenden Regeln.
Kreoke (München).
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 909
24) C. Hesth. Remarks on the distal ligature in the treatement of
aneurysm.
(Brit. med. journ. 1898. Februar 19.)
H. giebt zunächst einen kurzen Überblick über die historische Entwicklung
der Behandlungsmethode der Aneurysmen durch eine periphere (distale) Unter-
bindung. Dieselbe stammt aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts von Brasdor
und wurde von Deschamps, Astley Cooper, James Wardrop aufgenommen.
Dem Vorschlag des Letzteren, bei Aneurysma der Art. anonyma eine Unterbindung
der Carotis communis und dann der Art. subclavia vorzunehmen, ist H. in 2 Fällen
gefolgt (1865 und 1887). Beide Male war ein günstiger Erfolg — Verschwinden
von Schluck- und Athembeschwerden etc. — zu verzeichnen. Im Jahre 1869 hatte
Cockle dann den Vorschlag gemacht, bei Aneurysma im Arcus aortae die linke
Carotis communis zu unterbinden. H. hat diese Operation 6mal ausgeführt; er
empfiehlt, nur unter Cocainanästhesie zu operiren, die allgemeine Narkose zu ver-
meiden. Seine Resultate nennt H. selbst nicht sehr ermuthigend; in 3 Fällen
war eine deutliche Besserung erzielt worden — im ersten Falle lebte der Pat. sogar
noch Ab Jahre, von seinen Beschwerden wesentlich befreit. 2 Pat. starben im
Anschluss an die Operation. Wenn man bedenkt, dass es sich um eine unheilbare
Erkrankung handelt, so muss immerhin die Verlängerung der Lebensdauer auch
nur auf einige Monate durch die Operation beachtenswerth erscheinen.
F. Krumm (Karlsruhe).
25) Burwell and Bottomley. Surgical abstract.
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 1898.)
Die Verf. geben einen statistischen Überblick über die Thätigkeit in der
chirurgischen Abtheilung des Hospitals und berichten genauer über die wichtigeren
Fälle. Ein Aneurysma spurium der Bauchaorta, welches zunächst Ischias vor-
getäuscht hatte, wurde erst nach seiner operativen Eröffnung als solches erkannt
und führte sum baldigen Tode.
Eine andere große Geschwulst im Bauch erwies sich als retroperitoneale
Lipome, die zum Theil (1070 g) exstirpirt wurden. Der übrige Theil der Geschwulst
(2400 g) wurde zurückgelassen. "Tod durch Peritonitis. — Von 2 Kranken mit per-
forirten Typhusgeschwüren des Darmes wurde einer durch die Operation gerettet.
Bei einem Falle von tuberkulöser Meningitis wurde beiderseits die Trepanation
und Punktion der Seitenventrikel ausgeführt, ohne dass Flüssigkeit entleert wurde.
Das Kind bekam Krämpfe und starb nach 4 Stunden. Noch eine Reihe von
anderen Fällen (so von Milsbrand, Strahlenpilzerkrankungen, von Ileus und Vol-
vulus, von Fremdkörpern im Verdauungskanal) werden ausführlich mitgetheilt.
Martens (Berlin).
26) A. Langer. Zur Kasuistik der traumatischen Lympheysten.
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 16.)
Bei der vom Autor beobachteten, 5—6 cm im Durchmesser messenden Cyste
unterhalb des Rippenhogens, welche einem Fußtritt ihre Entstehung verdankte,
war der histologische Vorgang so zu deuten, dass das Gefüge des Bindegewebes
lockerer wurde, dass Zwischenräume zwischen den Bindegewebsfibrillen sich bildeten,
die eben so wohl durch Ansammlung des flüssigen Inhalts als auch durch Schwund
der trennenden Bindegewebsfibrillen und Lamellen an Größe zunahmen. Es
handelte sich demnach — abweichend von dem König’schen Schema (Ersetzung
des Blutextravasats durch seröses Transsudat) — um einen mehr selbständigen
Process in traumatisch afficirtem Gewebe. Dassclbe dokumentirte sich auch
klinisch durch ein allmähliches Wachsthum der Geschwulst, welche erst 14 Tage
nach dem Trauma erkennbar wurde, bezw. sich zu bilden begann.
Herm, Frank (Berlin).
910 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
27) Freund. Ein forensisch und chirurgisch interessanter Fall von
Schussverletzung.
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 31 u. 32.)
Der Schusskanal durchsetzte den in liegender Haltung getroffenen Körper
von der Stirn zum Brustbein; über demselben bestand in der Haut ein 5 cm langer,
3 cm breiter Substanzverlust; das Geschoss war ein (österreichisches) 8 mm Armee-
projektil. Wodurch kam diese in Form und Größe höchst seltsame Ausschuss-
öffnung zu Stande? Nach der ganzen Sachlage und experimentellen Schuss-
prüfungen hing die überwiegende Sprengwirkung des Geschosses von dem schiefen
Einfallwinkel beim Auftrefien auf das Brustbein ab. Bei den bisherigen experi-
mentellen Prüfungen der Geschosswirkung ist auf diesen Einfallwinkel nicht ge-
nügend geachtet worden, und doch vermag die Steigerung des Auftrefiwinkels die
Knochendestruktion in erheblichem Grade zu beeinflussen. Übersteigt der Winkel
40°, so schlagen die Geschosse meist um und dringen mit ihren Längsachsen durch
den Knochen. Ist dicht darüber die Haut gespannt, so giebt es dem entsprechend
größere Ausschussdefekte, so am Schädeldach, Brustbein, Kreuzbein, Darmbein,
Schienbein etc. Unter Kriegsverhältnissen wird dieser Einfallwinkel eine beson-
dere Rolle spielen bei Niveaudifferenzen der feindlichen Positionen, im Gebirgskrieg,
im hügeligen Terrain, bei Beschießung flach auf dem Boden liegender Soldaten.
Herm. Frank (Berlin).
28) Parlavecchio. La laparotomia esplorativa nei gravi traumi addo-
minali dal punto di vista clinico e medico legale.
(Bull. della soc. lancisiana degli ospedali di Roma Bd. XVIII. Hft. 1.)
P. weist nach, dass die klinischen Untersuchungsmethoden nur selten uns
befähigen, eine sichere Diagnose einer intraabdominellen Verletzung zu stellen.
Trotzdem verlangt er für den Explorativschnitt einen geeigneten Operateur, das
Vorhandensein aller nöthigen Utensilien, das Einverständnis des Kranken bezw.
seiner Familie und einen noch nicht moribunden Pat. Man soll den Eingriff nur
dann aufschieben, wenn der Kranke absolut seine Zustimmung nicht giebt, oder
wenn die Operationsmittel vor der Hand nicht vorhanden sind. Man kann auch
abwarten, wenn mit Sicherheit keine innere Verletzung vorhanden ist, z. B. wenn
der Verwundete einen Tag nach dem Trauma in Behandlung kommt, und dann,
wenn der Verletzte noch später zum Arzt kommt und dieser einen abgesackten
peritonitischen Herd findet, der zweckmäßig auch später in Angriff genommen
werden kann. Alle anderen Fälle erfordern den sofortigen Explorativschnitt. Eine
Kasuistik von 8 Fällen des erfahrenen Chirurgen illustrirt seine klaren Ausein-
andersetzungen. Dreyer (Köln).
29) H. v. Bonsdorff. Bidrag till frågan om operativ behandling vid
recidiverande appendicit.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1.)
30) M. W. af Schultén. Till kännedomen om exstirpation af pro-
cessus vermiformis i ett icke akut stadium och dess indikationer.
(Ibid. p. 799.)
31) A. Krogius. Bidrag till frågan om de akuta och kroniska appen-
diciternas kirurgiska behandling.
(Ibid. p. 1036.)
In der Diskussion über die operative Behandlung der Appendicitiden gehen
die finnländischen und die schwedischen Chirurgen fast den gleichen Weg. Nach
den, auch in deutscher Sprache veröffentlichten Arbeiten von Lennander, seinen
Schülern u. A. über Appendieitisbehandlung sind in dicht auf einander folgender
Reihe die oben eitirten Arbeiten in den Verhandlungen der Gesellschaft der finn-
ländischen Arste veröffentlicht. Die Frage der operativen Behandlung von reci-
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 911
divirenden Appendieitiden und die Indikationen für die chirurgische Behandlung
der akuten, vom Wurmfortsatz ausgehenden Peritonitiden wird von den genannten
Autoren aus theilweise verschiedenen Gesichtspunkten erörtert. Ein reichhaltiges
und sorgfältig beobachtetes kasuistisches Material von detaillirten und epikritisch
beleuchteten Krankenbeobachtungen liegt den einzelnen Arbeiten zu Grunde. Fast
alle klinisch und pathologisch-anatomisch bisher beobachtete Formen sind vertreten.
Die Indikationen der Exstirpation des Wurmfortsatzes sind von af S. dahin er-
weitert, dass er auch bei temporären Schmerzen in der anfallsfreien Zeit operirt,
obschon Resistens und Druckempfindlichkeit nicht vorhanden sind. Die von K.
operirten perforativen Appendieitiden mit diffuser, jauchig-eitriger Peritonitis sind
sehr instruktiv und verdienten wohl sämmtlich eine genauere Erwähnung, als der
Rahmen eines Referats gewährt. In der Indikationsstellung zur Operation dieser
Formen räth K. »die Sonne eben so wenig über eine akute Perforationsperitonitis
als über einen Darmverschluss oder eingeklemmten Bruch untergehen zu lassen«.
— Die in der chirurgischen Klinik zu Helsingfors befolgte Operationstechnik wird
von v. B. ausführlich beschrieben. Sie weicht im Wesentlichen nicht von der auch
in Deutschland allgemein befolgten ab. Besondere Aufmerksamkeit wird der Naht
der Bauchdecken gewidmet, A. Hansson (Cimbrishamn).
32) R. Firchau. Über die tuberkulöse Bauchfellentzündung und
ihre Behandlung.
Inaug.-Diss., Breslau, Genossenschafts-Buchdruckerei, 1898. 57 8.
Im 1., größeren Theil seiner Arbeit giebt Verf. eine übersichtliche Darstellung
des gegenwärtigen Standes der chirurgischen Behandlung der Bauchfelltuberkulose.
Die Heilung schreibt er, zwischen den verschiedenen neueren "Ansichten ver-
mittelnd, der Hervorrufung einer entzündlichen Reaktion zu, an welche sich Binde-
gewebswucherung und gewissermaßen Unterdrückung der Tuberkelelemente an-
schlösse. Die von Gatti in den Vordergrund gestellte Wirkung des nach der
Laparotomie sich in die Bauchhöhle ergießenden Serums hält Verf. für eine Theil-
erscheinung der entzündlichen Reaktion, der er weniger Bedeutung zumisst als
genannter Untersucher.
Im 2. Theil werden 18 von Mikulicz operirte Fälle mitgetheilt. Bei 9 der-
selben ist die Diagnose theils histologisch, theils bakteriologisch festgestellt worden.
Aus den Krankengeschichten geht hervor, dass es sich in 2 Fällen dieser Gruppe
um umschriebene Processe gehandelt, ohne Nachweis einer ausgedehnten Betheili-
gung des Bauchfells, und dass sich bei dem einen dieser Pat. das Leiden 9 Tage
nach einem Trauma zu äußern begann. Heilung wurde in 2/3 der Fälle dieser
1. Gruppe erzielt. Die 2. Gruppe wird von 6 Pat. gebildet, bei denen die Tuberku-
lose nur nach dem klinischen Bilde diagnostieirt wurde, ohne histologischen oder
bakteriologischen Nachweis. Heilung bei 3 Pat. Die 3. Gruppe besteht aus 3 Fällen,
bei denen die Diagnose weder klinisch noch histologisch sichergestellt ist. Bei
dem einen wurde eine Laparotomie angefangen, der Verwachsungen wegen aber
wieder abgebrochen. Ein zweiter wurde medikamentös, der dritte mit Punktion
behandelt. Alle drei genasen.
Was die bei den laparotomirten Fällen in Anwendung gebrachte Methode
betrifft, so bestand dieselbe in Incision, Jodoformgazedrainage, resp. 'Tamponade,
Haltenähten und Verband. Die konsequente Anwendung der Tamponade wird
trotz der vermehrten Herniengefahr bevorzugt, da sich Verf. von derselben ein
günstigeres Dauerresultat verspricht. Dass bei umschriebenen Processen mit Eite-
rung, massiger Granulationsbildung oder drohendem Darmdurchbruch principiell
tamponirt werden muss, das dürfte wohl allgemein anerkannt werden. Ob aber
bei diffuser, miliarer Bauchfelltuberkulose mit Ascites ein doch nur mit einem
kleinen Theil der erkrankten Serosa in Berührung stehender Tampon eine nennens-
werthe Garantie für dauerndere Heilung giebt, das müsste durch zahlreichere Be-
obachtungen entschieden werden. Vorläufig wird bei der genannten Form der
sofortige Schluss der Bauchhöhle in Anbetracht der Kürze der Heilungsdauer und
der sichereren Vermeidung von Bauchbrüchen doch den Vorrang behalten.
910 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
27) Freund. Ein forensisch und chirurgisch interessanter Fall von
Schussverletzung.
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 31 u. 32.)
Der Schusskanal durchsetzte den in liegender Haltung getroffenen Körper
von der Stirn zum Brustbein; über demselben bestand in der Haut ein 5 cm langer,
3 cm breiter Substanzverlust; das Geschoss war ein (österreichisches) 8 mm Armee-
projektil. Wodurch kam diese in Form und Größe höchst seltsame Ausschuss-
öffnung zu Stande? Nach der ganzen Sachlage und experimentellen Schuss-
prüfungen hing die überwiegende Sprengwirkung des Geschosses von dem schiefen
Einfallwinkel beim Auftrefien auf das Brustbein ab. Bei den bisherigen experi-
mentellen Prüfungen der Geschosswirkung ist auf diesen Einfallwinkel nicht ge-
nügend geachtet worden, und doch vermag die Steigerung des Auftrefiwinkels die
Knochendestruktion in erheblichem Grade zu beeinflussen. Übersteigt der Winkel
40°, so schlagen die Geschosse meist um und dringen mit ihren Längsachsen durch
den Knochen. Ist dicht darüber die Haut gespannt, so giebt es dem entsprechend
größere Ausschussdefekte, so am Schädeldach, Brustbein, Kreuzbein, Darmbein,
Schienbein etc. Unter Kriegsverhältnissen wird dieser Einfallwinkel eine beson-
dere Rolle spielen bei Niveaudifferenzen der feindlichen Positionen, im Gebirgskrieg,
im hügeligen Terrain, bei Beschießung flach auf dem Boden liegender Soldaten.
Herm. Frank (Berlin).
28) Parlavecchio. La laparotomia esplorativa nei gravi traumi addo-
minali dal punto di vista clinico e medico legale.
(Bull. della soc. laneisiana degli ospedali di Roma Bd. XVIII. Hft. 1.)
P. weist nach, dass die klinischen Untersuchungsmethoden nur selten uns
befähigen, eine sichere Diagnose einer intraabdominellen Verletzung zu stellen.
Trotzdem verlangt er für den Explorativschnitt einen geeigneten Operateur, das
Vorhandensein aller nöthigen Utensilien, das Einverständnis des Kranken bezw.
seiner Familie und einen noch nicht moribunden Pat. Man soll den Eingriff nur
dann aufschieben, wenn der Kranke absolut seine Zustimmung nicht giebt, oder
wenn die Operationsmittel vor der Hand nicht vorhanden sind. Man kann auch
abwarten, wenn mit Sicherheit keine innere Verletzung vorhanden ist, z. B. wenn
der Verwundete einen Tag nach dem Trauma in Behandlung kommt, und dann,
wenn der Verletzte noch später zum Arzt kommt und dieser einen abgesackten
peritonitischen Herd findet, der zweckmäßig auch später in Angriff genommen
werden kann. Alle anderen Fälle erfordern den sofortigen Explorativschnitt. Eine
Kasuistik von 8 Fällen des erfahrenen Chirurgen illustrirt seine klaren Ausein-
andersetzungen. Dreyer (Köln).
29) H. v. Bonsdorff. Bidrag till frågan om operativ behandling vid
recidiverande appendicit.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1.)
30) M. W. af Schultén. Till kännedomen om exstirpation af pro-
cessus vermiformis i ett icke akut stadium och dess indikationer.
(Ibid. p. 799.)
31) A. Krogius. Bidrag till frågan om de akuta och kroniska appen-
diciternas kirurgiska behandling.
mod, p. 1036.)
In der Diskussion über die operative Behandlung der Appendicitiden gehen
die finnländischen und die schwedischen Chirurgen fast den gleichen Weg. Nach
den, auch in deutscher Sprache veröffentlichten Arbeiten von Lennander, seinen
Schülern u. A. über Appendieitisbehandlung sind in dicht auf einander folgender
Reihe die oben eitirten Arbeiten in den Verhandlungen der Gesellschaft der finn-
ländischen Ärste veröffentlicht. Die Frage der operativen Behandlung von reci-
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 911
divirenden Appendicitiden und die Indikationen für die chirurgische Behandlung
der akuten, vom Wurmfortsatz ausgehenden Peritonitiden wird von den genannten
Autoren aus theilweise verschiedenen Gesichtspunkten erörtert, Ein reichhaltiges
und sorgfältig beobachtetes kasuistisches Material von detaillirten und epikritisch
beleuchteten Krankenbeobachtungen liegt den einzelnen Arbeiten zu Grunde. Fast
alle klinisch und pathologisch-anatomisch bisher beobachtete Formen sind vertreten.
Die Indikationen der Exstirpation des Wurmfortsatzes sind von af S. dahin er-
weitert, dass er auch bei temporären Schmerzen in der anfallsfreien Zeit operirt,
obschon Resistenz und Druckempfindlichkeit nicht vorhanden sind. Die von K.
operirten perforativen Appendieitiden mit diffuser, jauchig-eitriger Peritonitis sind
sehr instruktiv und verdienten wohl sämmtlich eine genauere Erwähnung, als der
Rahmen eines Referats gewährt. In der Indikationsstellung zur Operation dieser
Formen räth K. »die Sonne eben so wenig über eine akute Perforationsperitonitis
als über einen Darmverschluss oder eingeklemmten Bruch untergehen zu lassen«.
— Die in der chirurgischen Klinik zu Helsingfors befolgte Operationstechnik wird
von v.B. ausführlich beschrieben. Sie weicht im Wesentlichen nicht von der auch
in Deutschland allgemein befolgten ab. Besondere Aufmerksamkeit wird der Naht
der Bauchdecken gewidmet. A. Hansson (Cimbrishamn).
32) R. Firchau. Über die tuberkulöse Bauchfellentzündung und
ihre Behandlung.
Inaug.-Diss., Breslau, Genossenschafts-Buchdruckerei, 1898. 578.
Im 1., größeren Theil seiner Arbeit giebt Verf. eine übersichtliche Darstellung
des gegenwärtigen Standes der chirurgischen Behandlung der Bauchfelltuberkulose.
Die Heilung schreibt er, zwischen den verschiedenen neueren "Ansichten ver-
mittelnd, der Hervorrufung einer entzündlichen Reaktion zu, an welche sich Binde-
gewebswucherung und gewissermaßen Unterdrückung der Tuberkelelemente an-
schlösse. Die von Gatti in den Vordergrund gestellte Wirkung des nach der
Laparotomie sich in die Bauchhöhle ergießenden Serums hält Verf. für eine Theil-
erscheinung der entzündlichen Reaktion, der er weniger Bedeutung zumisst als
genannter Untersucher.
Im 2. Theil werden 18 von Mikulicz operirte Fälle mitgetheilt. Bei 9 der-
selben ist die Diagnose theils histologisch, theils bakteriologisch festgestellt worden.
Aus den Krankengeschichten geht hervor, dass es sich in 2 Fällen dieser Gruppe
um umschriebene Processe gehandelt, ohne Nachweis einer ausgedehnten Betheili-
gung des Bauchfelle, und dass sich bei dem einen dieser Pat. das Leiden 9 Tage
nach einem Trauma zu äußern begann. Heilung wurde in ?/3 der Fälle dieser
1. Gruppe erzielt. Die 2. Gruppe wird von 6 Pat. gebildet, bei denen die Tuberku-
lose nur nach dem klinischen Bilde diagnostieirt wurde, ohne histologischen oder
bakteriologischen Nachweis. Heilung bei 3 Pat. Die 3. Gruppe besteht aus 3 Fällen,
bei denen die Diagnose weder klinisch noch histologisch sichergestellt ist. Bei
dem einen wurde eine Laparotomie angefangen, der Verwachsungen wegen aber
wieder abgebrochen. Ein zweiter wurde medikamentös, der dritte mit Punktion
behandelt. Alle drei genasen.
Was die bei den laparotomirten Fällen in Anwendung gebrachte Methode
betrifft, so bestand dieselbe in Incision, Jodoformgazedrainage, resp. Tamponade,
Haltenähten und Verband. Die konsequente Anwendung der Tamponade wird
trots der vermehrten Herniengefahr bevorzugt, da sich Verf. von derselben ein
günstigeres Dauerresultat verspricht. Dass bei umschriebenen Processen mit Eite-
rung, massiger Granulationsbildung oder drohendem Darmdurchbruch principiell
tamponirt werden muss, das dürfte wohl allgemein anerkannt werden. Ob aber
bei diffuser, miliarer Bauchfelltuberkulose mit Ascites ein doch nur mit einem
kleinen Theil der erkrankten Serosa in Berührung stehender Tampon eine nennens-
werthe Garantie für dauerndere Heilung giebt, das müsste durch zahlreichere Be-
obachtungen entschieden werden. Vorläufig wird bei der genannten Form der
sofortige Schluss der Bauchhöhle in Anbetracht der Kürze der Heilungsdauer und
der sichereren Vermeidung von Bauchbrüchen doch den Vorrang behalten.
912 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
Die Wichtigkeit der Untersuchung der Bauchhöhle, bei Anlass der Laparo-
tomie, auf einen allfälligen primären Herd und der Nothwendigkeit der Beseitigung
desselben (Darmresektion, Darmausschaltung, Abtragung tuberkulöser Tuben) wird
vom Verf. nicht berührt, sollte aber doch bei der Frage von der Behandlung der
tuberkulösen Peritonitis nicht unbetont bleiben. So operirte Ref. kürzlich eine
tuberkulöse Peritonitis mit Ascites, welche in kurzer Zeit in völlig diffuser Weise
aufgetreten war, ohne irgend welche Symptome von Seiten der Genitalien und
ohne palpable Veränderungen an denselben. Bei der Operation fand sich eine
verhältnismäßig geringgradige tuberkulöse Salpingitis, die, obgleich als primärer
Herd anzusprechen, ohne besondere Untersuchung der inneren Genitalien über-
sehen worden wäre. Derartige Erfahrungen machen es wünschenswerth, dass die
Incision bei unbekanntem Primärherd nicht allzu klein angelegt werde.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
33) 8. L. Ssawiteki. Über die Häufigkeit der Unterleibsbrüche bei
der männlichen Bevölkerung Russlands.
(Wojenno-med. Journ. 1898. Januar. [Russisch.))
1886—1892 wurden bei der Rekrutenaushebung 2 858 127 Mann untersucht und
dabei 35 372 mit Brüchen behaftet gefunden; weiter wurden von den ins Militär
Aufgenommenen 3237 wegen Brüchen beurlaubt, im Ganzen also 38 609, d. i. 1,35%.
— Um über die Häufigkeit der Brüche im Greisenalter Aufschluss zu erhalten,
benutste S. das Resultat der Untersuchung von 9479 Invaliden, die um Pension
nachsuchten; davon hatten 1829 Brüche, 19,3% ; 1769mal waren es Leistenbrüche,
je 14 Schenkel- und Nabelbrüche und 32 Brüche der Linea alba. — Von den
Leistenbrüchen befanden sich 687 rechts und 417 links. — Diese Invaliden standen
im Alter von 50—95 Jahren. 6Gückel (B. Karabulak, Saratow).
34) R. Meleschko. Zur Frage der Behandlung brandiger Brüche.
(Aus dem Perm’schen Semstwo-Krankenkaus.)
(Chirurgia 1898. p. 226. [Russisch.))
Nach eingehender Betrachtung über den Stand der Frage in der Litteratur
berichtet M. über die betreffenden im Perm’schen Krankenhaus seit 1889 aus-
geführten Operationen.
Es wurden im Ganzen 44 eingeklemmte Brüche mit einer Sterblichkeit von
25% operirt. Unter diesen handelte es sich 14mal um brandige Brüche, die alle,
mit Ausnahme eines einzigen, mit Anlegung eines künstlichen Afters behandelt
wurden.
Der eine Fall mit Darmresektion genas. 5 Operirte erlebten .die nachträgliche
Resektion und wurden durch dieselbe geheilt, Gesammtmortalität 61%.
Auch M. spricht sich auf Grund seiner Erfahrungen gegen die Anlegung eines
Anus praeternaturalis aus. Dieser soll nur für besonders geschwächte Kranke
bleiben. E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
35) J. Merlin. Notiz über die Heilerfolge der Radikaloperation nach
Bassini in Militärheilanstalten.
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 18.)
Referat über 24 Fälle Bassini’scher Operation mit voller Heilung und dem
Erfolg erhaltener Dienstfähigkeit, so weit die Operation nicht zu jungen Datums
war. Die 1. Operation stammt aus dem Jahre 1894, die 14 letzten allerdings aus
dem Jahre 1897. Herm. Frank (Berlin).
36) J. Schnitzler. Uber die bis zum März 1895 an der Klinik Hof-
rath Albert’s ausgeführten (178) Radikaloperationen nach Bassini.
(Wiener klin. Rundschau 1898. No. 1—3.)
Die 178 Radikaloperationen wurden an 108 Pat. ausgeführt; es wurde also
69mal die doppelseitige Operation gemacht. Es entfielen darauf 2 Todesfälle, von
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 913
denen einer der Operation zur Last fällt, nämlich akute Sepsis durch Vereiterung
der tiefen Nähte. Nur 2 von den operirten Hernien waren incarcerirt. Die große
Zahl der doppelseitigen Operationen erklärt sich daraus, dass bei Bestehen einer
Hernie schon das Vorhandensein eines offenen Leistenkanals auf der anderen
Seite mit deutlichem Anprall als Indikation zur doppelseitigen Operation betrachtet
wurde. Der kürseste Spitalaufenthalt der Operirten betrug 12, der längste
60 Tage.
Zur Nachprüfung gelangten nur 45 Männer mit 77 Operationen; sie ergaben
2 (2,6%) Recidive. .
Die weiteren Ausführungen enthalten eine warme Empfehlung des Bassini-
schen Verfahrens, das ein thatsächlich radikales ist, auch in dem Sinne, dass die
von einem Recidiv befallenen Operirten besser daran sind als vor der Operation,
in so fern, als die Recidivhernie keine Neigung habe, in den Leistenkanal einzu-
treten. Das Kocher’sche Verfahren verwirft S. in sehr entschiedener Weise, und
zwar auf Grund theoretischer Erwägungen. Er nimmt ausdrücklich das Recht
dazu gegenüber Kocher in Anspruch, welch Letzterer nur Demjenigen ein Urtheil
über sein Verfahren zubillige, der es praktisch erprobt habe.
Eine tabellarische Übersicht über alle Operationen ist der Arbeit beigegeben.
@risson (Hamburg).
37) W. K. Bart. Zur Kasuistik der Radikaloperation der Hernien.
(Med. Obosrenje 1898. Hft. 6. [Russisch.))
Der 11jährige Knabe trägt seit seinem 2. Jahre einen rechtsseitigen Ing.-
scrot.-Bruch, der jetzt kopfgroß ist und nicht ganz reponirt werden kann: es bleibt
ein orangegroßer Rest zurück. Die Operation ergab als Inhalt 2 reponible Dünn-
darmschlingen, das Coecum, das (einen vollständigen Bauchfellüberzug und ein
Mesenterium aufweisend) bis sum Leistenring zu bringen, und ein 12cm langes
Stück des Col. ascendens, welches vorn von Bauchfell bedeckt ist und sich völlig
unbeweglich erweist. Die Gefäße ziehen von der medialen Seite sum Dickdarm
in einer niedrigen, dicken Bauchfellfalte, die in das Mesoooecum übergeht; ein
ebensoleher Übergang findet sich auch lateral; die Hinterwand des Darmes liegt
der unteren Wand des Leistenkanals und den Gebilden des Scrotums auf; diese
Befestigung reicht bis 1 cm vor der Valv. Bauhini. B. zog den Darm so weit als
möglich vor und führte beiderseits parallel dem Übergang des Bauchfells vom
Darm auf den Bruchsack, 61/2 cm von dieser Linie entfernt, je einen Schnitt durch
die Gewebe des Bruchsacks; diese Lappen wurden abpräparirt (bis zum inneren
Leistenring) und unter dem Dickdarm mit Lembert’schen Nähten susammen-
genäht. Beim Ablösen des medialen Lappens stieß B. auf den Samenstrang, der
isolirt wurde. Nun konnte der Dickdarm reponirt werden, und es entstand keine
Knickung (was bei Reposition mit dem ganzen Bruchsack — nach Czerny-
Collier — geschehen kann); auch wurde beim Vorziehen des Sackrestes der re-
ponirte Darm nicht mitgezogen. Ligatur des Bruchsackhalses, Abtragen des Sackes,
Kanalnaht; die erste Naht durch den Sackstumpf wurde zuletzt zugezogen, so dass
der Stumpf der Bauchwand genähert wurde, um die Lücke im Bauchfell zu ver-
kleinern. Der Samenstrang blieb im inneren Winkel. — Im späteren Verlauf
bildete sich ein Hodensackhämatom. Der Pat. stand in einem unbewachten Augen-
blick schon am nächsten Tage auf und lief in ein Nebensimmer. — Verf. bedauert,
damals noch nicht Duplay-Casin’s Methode des Schlusses des Bruchsacks ohne
Ligaturen gekannt su haben; sie wäre hier sehr am Plats.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
38) Nélaton et Ombrédanne. Du passage transpubien du cordon
dans la cure radicale des hernies inguinales et l’orchidopexie.
(Presse méd. 1897. No. 62.)
Die üblen Erfahrungen, welche Verf. mit der Methode Bassini’s gemacht
haben, dass nämlich bei gewissen Individuen die hintere Wand des neugebildeten
Kanals sehr schwach und dünn ist, was zu Recidiven Veranlassung gegeben hat,
914 Centralblatt für Chirurgie. No. 35,
haben sie dahin geführt, eine Modifikation für die Verlagerung des Samenstrangs
zu ersinnen und auszuführen, deren genauere Wiedergabe mir mehr als theore-
tisches Interesse su haben scheint.
Nach Incision der vorderen Wand des Inguinalkanals und Resektion des
Bruchsackes befreit man den Samenstrang mit möglichster Schonung von allen
seinen Verbindungen mit den Fasern des Kremasters. Darauf wird eine Hohlsonde
dicht am oberen Rand des Os pubis eingestochen und bis zur peritonealen Off-
nung des Inguinalkanals hindurchgeführt, die auf ihr liegenden Gewebe, also die
hintere Wand des alten Kanals, werden durchschnitten, die beiden entstehenden
Lappen durch Kooher’sche Pincetten fixirt. Die Vasa epigastrica werden dabei
geschont oder können sehr leicht gefasst und unterbunden werden. Mit einer be-
sonders hierzu konstruirten Pince emporte-piece von Collin wird nunmehr aus
dem Schambein, etwa 8 mm unterhalb des oberen Randes, ein Loch gemacht, die
nach innen gelegene Knochenspange mit der Kettensäge durchtrennt und die
äußere Knochenspange nach außen wie ein Scharnier umgebrochen. Der Samen-
strang wird durch das Cavum Retzii in die Rinne des Os pubis hindurchgeleitet,
die Knochenbrücke über ihm zurückgeklappt und das Periost genäht. Hierauf
folgt fortlaufende Naht der hinteren Wand von oben nach unten und mit demselben
Faden in umgekehrter Richtung Naht der Aponeurose des Obliquus, so dass gar
keine Öffnung nach der Bauchhöhle zurückbleibt; zuletzt Hautnaht.
` Die Vortheile dieser Operation sind besonders auch bei Ektopie des Hodens
einleuchtend; derselbe kann, aufgehalten durch den knöchernen Ring um den
Samenstrang, nicht wieder in den Inguinalkanal oder die Bauchhöhle zurück-
schlüpfen.
Auch wird der Samenstrang durch den neuen, etwas geraderen Verlauf um
etwa 1 cm scheinbar länger.
Gefahren sind nach Ansicht der Verf. nicht vorhanden. Die Blase kann nicht
verletzt werden, da der freie Raum hinter dem Schambein ziemlich groß ist. Die
Blutung auch aus dem Knochen ist minimal. Der Knochen wird kaum Neigung
zeigen, zu proliferiren und dadurch eine Kompression auf den Samenstrang aus-
zuüben, da der letztere ein sehr gefäßreiches Organ, das Knochenstück aber sammt
dem Periost auf beiden Seiten entfernt ist. Die Verf. haben diese Methode bis-
her 7mal ausgeübt und sind mit den Resultaten, auch in Bezug auf Recidive,
sehr zufrieden.
- (Der Vortheil vor der Methode Bassini’s, dessen Prinoipien — Verlagerung
des Samenstranges und Schluss des Inguinalkanals — ja beibehalten sind, nur
dass jede Öffnung nach der Bauchhöhle aufgehoben wird, ist so in die Augen
springend, dass es wohl lohnt, die Modifikation gelegentlich, namentlich bei Fällen
mit verlagertem Hoden, zu versuchen. Ref.) Tschmarke (Magdeburg).
39) 8. Mintz. Ein durch Operation geheilter Fall von Hernia lineae
albae.
(Medycyna 1898. No. 6.)
Ein 36jähriger Mann litt seit 11/2 Jahre an heftigen, namentlich nach dem
Essen auftretenden kardialgischen Beschwerden, und war bedeutend an Kräften
verfallen, da er aus Angst vor den Schmerzen jede feste Nahrung mied. Die
Untersuchung des Magens ergab ganz normale Verhältnisse. Dagegen fand Verf.
in der Linea alba in der Mitte zwischen Schwertfortsatz und Nabel eine weiche,
pflaumengroße, auf Druck empfindliche, unbewegliche Geschwulst, über deren
Genese Pat. keine näheren Auskünfte zu ertheilen in der Lage war. Dieselbe
entpuppte sich bei der Operation als ein Netzbruch, der mittels eines für den
Finger passirbaren Kanals mit der Bauchhöhle kommunieirte. Nach Abtragung
des vorliegenden Netzes und des Bruchsacks vollständiger Schwund der Magen-
beschwerden. Trzebicky (Krakau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 915
40) J. Berg. Zwei Fälle von Achsendrehung des Magens. Opera-
tion. Heilung.
(Nord. med. Arkiv N. F. Bd. VIII. No. 19. Festband für Axel Key.)
Von einer bisher nicht beschriebenen, kaum beobachteten Krankheitsform sind
dem Verf. binnen eines Jahres 2 Fälle begegnet, welche sowohl im klinischen Ver-
lauf als nach erfolgter Heilung nur als Volvulus des Magens zu deuten waren.
In ausführlichen Krankengeschichten, deren nähere Details im Original nach-
gesehen werden müssen, liefert Verf. zuerst eine Beschreibung des klinischen Ver-
laufs und der therapeutisch vorgenommenen Maßregeln. Dann werden die wenigen
bisher bekannt gewordenen analogen Fälle in der Litteratur einer kritischen Be-
leuchtung unterworfen, wie die Forderungen, welche man in Bezug auf das Ent-
stehen der Drehung des Magens aufzustellen berechtigt sei. Die beiden Fälle
Verf.s sind von großem Interesse nicht nur ihrer außerordentlichen Seltenheit wegen,
sondern auch weil sie die ersten derartigen Fälle, die sur Operation gekommen
{und geheilt) sind. Auch verdienen sie desshalb Aufmerksamkeit, weil sie nicht
nur den wenigen bisher bekannten Fällen, sondern auch einander sehr unähnlich
und dadurch sehr geeignet sind, sowohl das Wesen und die Pathogenese dieses
lebensgefährlichen Zustands als auch die Lehre der spontanen Gastrorrhexis zu
beleuchten. A. Hansson (Cimbrishamn).
41) J. Schnitzler. Über einen Krampftumor des Magens, nebst Be-
merkungen zum sog. Spasmus pylori.
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 15.)
Bei einer schwer hysterischen, 35jährigen Köchin mit Selbstbeschädigungen,
heftigen Magenbeschwerden, Angaben über Magen-Darmblutungen etc. findet sich
im Epigastrium, der Regio pylorica entsprechend, mehrmals, aber nicht bei jeder
Untersuchung, eine kleinapfelgroße, harte, druckempfindliche, verschiebliche, re-
spiratorisch wenig bewegliche Geschwulst. Bei der Laparotomie zeigt sich der
Magen von außen zunächst normal, der Pylorus mit etwas verdickter Ringmusku-
latur und dadurch etwas verengt. Plötzlich zeigt sich folgende Veränderung: Am
Pylorustheil tritt durch eine wehenähnlich ablaufende Kontraktion eine Geschwulst
von ca. 6—8 cm Länge und mindestens 4 em Dicke auf; die betreffende Partie
wird sehr hart und rückt förmlich erektionsähnlich an dem vorgezogenen Magen
vor die Bauchwunde. Nach 3/ Minute verschwindet das Phänomen wieder unter
Erschlaffung des Pylorus, wiederholt sich aber innerhalb mehrerer Minuten noch
3mal. Wegen eines vermutheten, aber nicht verificirten Geschwürs wird die
Heineke-Mikulicz’sche Pyloroplastik zur temporären Ausschaltung des offenbar
reisbaren Pylorus gemacht, analog der Therapie des Sphinkterspasmus bei Fissura
ani. — In seinen weiteren Ausführungen bezüglich des Spasmus pylori schließt
sich der Autor der Mikulicz’schen Anschauung über den Symptomenkomplex
Spasmus pylori, Ulcus und Hyperacidität an. Dieser fasst bekanntlich den Spasmus
als das Primäre auf, Hyperacidität und Geschwür als sekundäre Erscheinungen,
welche ausheilen, wenn durch Pyloroplastik jener Spasmus beseitigt ist. Auch er
hat in einer Anzahl von Fällen mit Geschwür, bezw. Dyspepsie mit Salzsäure-
überschuss deutlichen spastischen Verschluss gefunden, während ein schlaffer
Pylorus den normalen Befund bei nüchternen, zur Operation vorbereiteten Pat.
darstellt. Eine Operationsindikation kann daraus aber erst bedingungsweise, nach
konsequent, aber nutzlos durchgeführter interner Therapie entnommen werden.
Herm. Frank (Berlin).
42) R. Shaw. Notes of a case of perforating gastric ulcer: operation
and recovery.
(Brit. med. journ. 1898. März 26.)
20jähriges Mädchen, seit 10 Monaten Symptome von Magengeschwür. Abends
9 Uhr, 4 Stunden nach dem Thee, Symptome einer Perforation, Leberdämpfung
nicht völlig verschwunden. Am anderen Morgen Laparotomie, Übernähung des
916 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
Geschwürs und der Perforationsöffnung, die an der vorderen Wand nahe dem
Pylorus ihren Sitz hatte, Drainage der Bauchhöhle nach Auswaschung, da Magen-
inhalt hineingerathen war. Heilung. F. Krumm (Karlsruhe).
43) J. C. Hemmeter. The first complete removal of the human
stomach in America;' being also the first total gastrectomy in the
world. A contribution to the history of this subject.
(New York med. record 1898. März 10.)
Die Hauptsache der Mittheilung Hin ist nach seiner eigenen Angabe die Ab-
sicht, die Aufmerksamkeit darauf hinzulenken, dass die erste totale Exstir-
pation des menschlichen Magens in Amerika ausgeführt wurde, lange
vor Schlatter. Bekanntlich versuchte Connor (d. Centralblatt 1885 p. 549 und
1886 p. 566) den Ösophagus mit dem Duodenum zu vereinigen, aber ohne Erfolg
und ohne eine Ösophago-Enterostomie in der Weise, wie sie etwas später durch
Schlatter so glänzend ausgeführt wurde, zu versuchen. Die 50jährige Frau
Connor’s starb unmittelbar nach der Operation (dies ist auch nie be-
stritten und auch von Haberkant [Archiv für klin. Chirurgie Bd. II Hft. 3] re-
ferirt worden).
Ein Fall von Bernay lebte 36 Stunden (Journ. of the Amer. med. assoc.
1889 Februar 12 p.341) und wird ebenfalls erwähnt.
Eingehend bespricht Verf. die Fortschritte, welche die Physiologie durch
Schlatter’s Operationen bezüglich der mechanischen, chemischen, resorbirenden
und desinficirenden Funktionen des Magens erfahren hätte und bestreitet im All-
gemeinen eine erhebliche Bereicherung unserer Kenntnisse; dagegen kann er nicht
bestreiten, dass die chirurgische Technik einen einfachen Weg einer Vereinigung
swischen Ösophagus und Jejunum gewonnen habe. Loewenhardt (Breslau).
44) F. Krumm. Über Magenresektion nach der Methode Kocher ’s
: (Gastroduodenostomie).
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.)
Die Methode Kocher’s, d. i. Verschluss der Magenwunde und Gastroduo-
denostomie, scheint dem Verf. berufen su sein, die Erfolge der Pylorusresektion
zu sichern. Er hat sie selbst in 2 Fällen mit gutem Erfolg angewendet, indem er
sich in den Details genau an die Vorschriften Kocher's hielt. Ihre Vorzüge
sind namentlich die Möglichkeit rascher Ausführung bei exakter Nahtvereinigung
und die günstige Lage der Fistel. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
45) Oliva. Ricerche sugli effetti della gastroplicatio.
(Riforma med. — Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 67.)
Verf. hält selbst eine Beobachtungszeit bis su 15 Monaten für nothwendig,
um die Frage nach den Folgen der Gastroplicatio zu beantworten. Seine Unter-
suchungen müssen desshalb als nicht ausreichend betrachtet werden. Indess ist
es wahrscheinlich, dass die Magenfunktion durch die Operation nicht verändert
wird. Die Motilität des Magens stellt sich nach der Gastroplicatio bald und
dauernd wieder her, grobe Veränderungen an der Schleimhaut treten nicht ein.
Das Endothel der Serosa, die an einander gelegt ist, verschwindet. Dagegen
entwickelt sich hier ein festes Bindegewebe. Die übrigen Schichten der Magen-
wand gehen keine Veränderung ein. Die Operation muss desshalb in Über-
einstimmung mit den klinischen Erfahrungen bei idiopathischen Dilatationen
und bei jenen Magenerweiterungen in Folge gutartiger Stenosen, die auch nach
Entfernung der engen Stelle nicht verschwinden, empfohlen werden.
Dreyer (Köln).
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 917
46) H. B. Anderson. Multiple cysts of stomach and small intestines.
(Brit. med. journ. 1898. Februar 12.) H
Eine 59jährige Pat. war seit 10 Jahren erkrankt an chronischer Dierrhöe und
Magenbeschwerden. Die Beschwerden nahmen in den letzten Jahren zu, es trat
Erbrechen ein, die Nahrungsaufnahme wurde immer mehr gestört; eine Geschwulst
links vom Nabel im linken Hypochondrium, die nach aufwärts und links verschieb-
lich, von glatter Oberfläche und nicht druckempfindlich war, gab Veranlassung sur
Probelaparotomie: Dabei wurde eine mit der vorderen Magenwand in Verbindung
stehende, mit Colon transversum und einigen Dünndarmschlingen verwachsene
kindskopfgroße Geschwulst freigelegt. Dieselbe wurde in die Bauchwunde ein-
genäht und eröffnet, ungefähr !/; Liter röthlich brauner Flüssigkeit aus ihr ent-
leert. Das Erbrechen hörte auf. Pat. starb 24 Stunden später im Collaps.
Die Sektion ergab außer der bei der Operation eröffneten Cyste noch weitere
theils unilokuläre, theils multilokuläre verschieden große Cysten in der hinteren
Magenwand, hinter dem Netz und im Jejunum (60—150 eem Inhalt). Die Cysten
lagen in Magen- und Darmwand zwischen Bauchfell und Muscularis, waren ab-
geschlossen, hatten eine meist glatte Innenwand, die nur an einzelnen Stellen
papillomatöse Exkrescenzen zeigte.
Der Inhalt zeigte bei der mikroskopischen Untersuchung: Degenerirte rothe
Blutkörperchen, Fettzellen, körnigen Detritus, cholestearin- und farblose Nadel-
krystalle, gelbes Pigment und säulenförmige epitheliale Zellen in Gruppen von
3—4 neben einander gereiht. Die Magenlichtung war durch die sie verengenden
Cysten sehr verkleinert, die Schleimhaut dick, nicht entzündet. Die Cystenwand
war geschichtet, stellenweise sehr gefäßreich, mit Einlagerung von schwarsem
Pigment. An der inneren Wand fanden sich da und dort epitheliale Zellen, ver-
einzelt wirkliche papillomatöse Einwucherungen, die die Struktur von Adenomen
mit beginnender bösartiger Umwandlung zeigten.
._ A. meint, dass es sich, wie bei den Dermoiden, um Einschließung oder fötale
Überreste bei der embryonslen Anlage und Entwicklung des Magen-Darmrohrs
handelt. F. Krumm (Karlsruhe).
47) Gildersleeve. A case of intestinal obstruction due to Meckel’s
diverticulum. :
(Med. news 1898. März 26.)
21jähriger Mann erkrankte unter kolikartigen Schmerzen und Stuhlverhaltung.
In den nächsten Tagen wurden durch Abführmittel mehrfach Entleerungen ersielt.
Erbrechen, am 3. Tage völlige Darmverlegung. Am 4. Tage schneller Collaps und
Tod. Es fand sich eine Abschnürung des Dünndarms durch ein Meckel’sches Di-
vertikel. Letzteres endete in einen fibrösen Strang, welcher mit dem Divertikel
einen vollkommenen Ring bildete, durch den eine Schlinge des Dünndarms hin-
Aurchgeschlüpft war. Strauch (Braunschweig).
48) H. Küttner. Ileus durch Intussusception eines Meckel’schen
Divertikels.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXL Hft. 2.)
Eine 49jährige Frau war unter den Erscheinungen eines akuten Darmver-
schlusses erkrankt. Bei der Laparotomie findet sich bereits eine allgemeine,
itrige Peritonitis, ein Theil der Dünndarmschlingen ist gebläht, ein anderer Theil
kollabirt, das Hindernis für die Kothbewegung lässt sich aber nicht entdecken.
Enteroanastomose zwischen einer geblähten und einer kollabirten Darmschlinge,
Drainage des Bauchfells. 3 Tage später erfolgte der Tod. Bei der Sektion zeigt
sich 90 om unterhalb des Übergangs von Duodenum in Jejuneum in der Darm-
lichtung ein umgestülptes, schneckenartig aufgerolltes Meckel'sches Divertikel,
-welches die Lichtung verlegt hatte, und an dessen Basis eine Gangrän der Darm-
‘wand mit 3 stecknadelkopfgroßen Perforationsöffnungen entstanden war. — Außer
‘diesem Falle konnte Verf. aus der Litteratur noch 7 weitere Mittheilungen von
918 Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
Umstülpung eines Meckel’schen Divertikels auffinden; in 3 derselben handelte
es sich um einen zufälligen Sektionsbefund, in den übrigen Fällen hatte die Um-
stülpung theils durch mechanische Verlegung der Darmlichtung, theils durch Her-
beiführung schwerer Ernährungsstörungen in der Darmwand den Tod zur Folge
gehabt. (S. dieses Blatt p. 839.) Honsell (Tübingen).
49) H. v. Bonsdorff. Till frågan om adhærenser i bukhålan och
deras operativa behandling.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1107.)
Die von Credé zur Prophylaxe des Ileus vorgeschlagene chirurgische Be-
handlung schwerer chronischer Unterleibskoliken erörtert Verf. in einer Mitthei-
lung eines sehr typischen Krankheitsfalles, dessen Hauptmomente ein deutliches
Bild des chronischen Darmverschlusses (resp. Darmenge) geben. Eine vorher völlig
gesunde Frau bekommt schwere Kolikanfälle, von Diarrhöen gefolgt und mit voll-
ständiger Verstopfung abwechselnd. Zuerst traten die Schmersen nur des Nachts
auf, nachher nahmen sie einen völlig intermittirenden Typus an. Verstopfung, bis
an 9 Tage dauernd, wechselte mit profusen Darmausleerungen unter heftigen Kolik-
schmerzen und üblem Geruch während 3—4 Tagen ab. Dieser Zustand dauerte,
trotz interner Behandlung allerlei Art, mehrere Jahre fort. Dabei blieb der Er-
nährungszustand der Pat. leidlich gut, und sie konnte in den anfallsfreien Tagen
ihre gewöhnliche Arbeit ausführen. Bei der Laparotomie erwies sich der Dünn-
darm eben so wie der größte Theil des Diokdarms normal. An der Stelle aber,
wo das Colon descendens in die Flexur übergeht, ging seine Bauchfellbekleidung
und sein Mesocolon unmittelbar in denjenigen Theil des Bauchfells, welcher die
linke Tube und das Ovarium bekleidet, über, und der Dickdarm wurde dadurch
ins kleine Becken verlagert. Das Bauchfell war an dieser Stelle vernarbt, und
von hier aus ging das abführende Ende der Flexur unter spitzem Winkel in die
Bauchhöhle hinauf. Die Flexura sigmoidea war eine halbe Tour um ihren Fuß-
punkt gedreht. Das Bauchfell war hinter dem ganzen Verlauf des Colon des-
cendens verdickt, narbig geschrumpft und zeigte Spuren einer überstandenen
Peritonitis. — Nach Exstirpation der Tube und des Ovariums der linken Seite
und Ablösung einiger spannender Stränge nahm die dislocirte Darmpartie ihre
normale Stelle ein. Die Nachbehandlung wurde vorübergehend von einer Phlebitis
in der Vena saphena magna sin. gestört, der unmittelbare Effekt der Operation
war aber sehr gut. Alle Schmerzanfälle verschwanden, und der Stuhl hatte sich
noch 4 Monate nach dem Eingriff täglich spontan eingestellt.
In der Epikrise des Falles führt Verf. noch einen Fall an, wo ein Pat. wegen
einer narbigen Verwachsung zwischen Dünndarm und Colon transversum einen
Volvulus bekam, wodurch zuerst Laparotomie und nachher Typhlostomie mit se-
kundärem Verschluss der Kothfistel indieirt wurde.
A. Hansson (Cimbrishamn).
50) Garski. Seltener Fall einer inneren Darmeinklemmung. (Aus
der chirurgischen Abtheilung des städtischen Spitals in Odessa.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 15.)
Es handelte sich um eine 82jährige sypbilitische Frau, bei welcher die Lapa-
rotomie einen an dem freien Rand des Netzes befestigten Ring von 4 om Durch-
messer ergab, durch welchen Theile des Colon transversum und descendens durch-
gezogen waren. Der Ring hatte knorpelharte Ränder. Er wurde durchtrennt und
herausgeschnitten, wonach anstandslose Heilung eintrat. G. vermuthet, dass der
Ring aus alten peritonischen Verwachsungen zwischen dem freien Rand des Netzes
und dem Bauchfell entstanden sei. B. Wagner (Mülheim a. d. RL
51) Mathews. Cyst of the rectum.
(Med. news 1898. Märg 19.)
Fall auf das Gesäß. Seit der Zeit blieben erhebliche Schmerzen bestehen.
Die Stuhlentleerung war nicht behindert. Bei der Digitaluntersuchung fand sich
in der Hinterwand des Mastdarms in der Höhe von 3!/, Zoll eine orangegroße
Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 919
Geschwulst, welche ale Sarkom angesprochen wurde. Bei der Operation erwies
sich dieselbe jedoch als eine von der Mastdarmwand ausgehende, klare Flüssigkeit
enthaltende Cyste offenbar entzündlichen Ursprungs. Strauch (Braunschweig).
52) F. Parona (Novara). Über die Exstirpation der Malariamilz und
besonders über die Wirksamkeit der subkutanen Jod-Jodkaliinjek-
tionen bei Behandlung derselben.
(Policlinico 1898. Januar 15.)
Verf. giebt einen Beitrag zur konservativen Therapie der chronischen Milz-
hypertrophie bei Malaria, indem er einige Krankengeschichten mittheilt. I. 32-
jähriger Mann mit enormer Milsschwellung, seit etwa 3 Jahren bestehend; Jod-
injektionen (nach Durante); schon bei der 3. Injektion trat Besserung ein.
Allmähliche Volumensabnahme der Milz bis kaum zur Hälfte der ursprünglichen
Größe. II. 30jährige Frau mit beträchtlicher Milzschwellung, die gans allmählich
entstanden war. Die Jodinjektionen hatten auch hier sehr guten Erfolg, indem
die Milz fast bis zur normalen Größe herabging. II. 45jährige Frau; vergrößerte
und verlagerte Milz. Nach 8 Jodinjektionen trat beträchtliche Verkleinerung der
Milz ein. Wegen der Beschwerden, die durch die abnorme Beweglichkeit des
Organs hervorgerufen wurden, wurde dasselbe exstirpirt. Tod am 4. Tage (geringe
Hämorrhagie). IV. 25jährige Frau mit bedeutender Milzschwellung. Jodinjek-
tionen brachten eine erhebliche (um 2) Verkleinerung des Organs zu Stande,
gleichzeitig mit wesentlicher Besserung des Allgemeinbefindens. — Die Jodein-
spritzungen wurden jeweils Imal in 24 Stunden vorgenommen; die angewandte
Flüssigkeit war bereitet aus: Jod. pur. 0,25, Kal. jodat., Guajakol & 2,50. Glycerin.
puriss. 25,0. Während dieser Kur muss der Kranke zunächst 8—10 Tage zu Bett
liegen; danach elastische Leibbinde, Stets ging eine erhebliche Besserung des
Allgemeinbefindens Hand in Hand mit der Verkleinerung der Milz,
Verf. berichtet noch über 2 weitere Fälle von Milzhypertrophie, in deren einem
die Milz exstirpirt wurde (Pat. überstand die Operation gut und war wesentlich
gebessert, starb aber doch 2 Jabre danach). In dem anderen Falle, wo es sich
um einen hämorrhagischen Infarkt handelte, wurde die Mils an die Bauchwunde
angenäht, incidirt und tamponirt; glücklicher Verlauf. — Im Gansen warnt Verf.
vor allsu eifrigem Operiren, namentlich bei vorgeschrittener Kachexie, und
empfiehlt dringend die subkutanen Jodeinspritzungen.
H. Bartsch (Heidelberg).
53) Franke. Beiträge zur Chirurgie der Gallenwege (nebst Mitthei-
lung eines Falles von Gallensteinileus).
(Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Ärzte 1897.)
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897.
Verf. theilt seine Erfahrungen auf dem Gebiet der Chirurgie der Gallenwege
an der Hand von 20 Fällen mit. Er steht im Allgemeinen auf dem Standpunkt
Kehr’s und Riedel’s, bevorzugt für alle Fälle die einzeitige Operation und die
Drainage der eröffneten Gallenblase; er legt die Öffnung der Gallenblase so groß
an, dass er sie mit dem Finger abtasten kann. Für den primären Verschluss der
Blase eignen sich höchstens die Fälle von Solitärsteinen, bei denen die Gallen-
blasenwand völlig gesund zu sein scheint, was wohl sehr selten sein wird. Eine
Probepunktion durch die Bauchdecken verwirft Verf. gänzlich, punktirt aber vor
Eröffnung der freigelegten und möglichst weit hervorgezogenen Gallenblase die-
selbe, um ein Bild zu gewinnen von ihrem flüssigen Inhalt und ev. noch besondere
Vorsichtsmaßregeln zum Schutz der Bauchhöhle zu treffen. Die Gallenblase wird
erst nach völliger Entleerung und Abtastung aller Gänge an das Peritoneum und
die Fascie angenäht.
Die Mittheilungen des Verf. bieten eine Menge interessanter Einzelheiten,
deren genauere Wiedergabe hier zu weit fübren würde. Sämmtliche Fälle bis auf
920 . Centralblett für Chirurgie. No. 35.
einen betrafen Frauen. 3mal waren Steine im Cysticus, 2mal solche im Chole-
dochus zu bekämpfen. In den meisten Fällen war kein Ikterus vorhanden gewesen.
Auch Verf. hat die Erfahrung gemacht, dass bei eingeklemmten Steinen im Cysticus
die bekannten Cholagoga, auch Karlsbader Sals, durch Vermehrung des Katarrhs
und der Sohwellung der Schleimhäute eher schädlich wirken als nützen.
Interessant ist seine Erfahrung mit einer Cysticotripsie; einige Bröckel spießten
sich in die Cysticuswand und gaben Veranlassung zu neuen Kolikanfällen, bei
denen sich jedes Mal solche Bröckel mit dem Stuhl entleerten. Verf. verwirft
daher diese Methode gänzlich, schon um den Kranken neue Sorge und Angst zu
ersparen. — Einmal handelte es sich um eine Peritonitis mit Ileuserscheinungen,
ohne dass eine Perforation eingetreten war. Solche Bauchfellentsüundungen geben
im Allgemeinen eine gute Prognose. Die Kranke wurde denn auch durch die
Operation, bei der 30 bis haselnussgroße Steine entfernt wurden, gerettet. In
2 anderen Fällen wurde wegen Bestehens einer Fistel nachträglich die Choleoyst-
ektomie nothwendig. Bemerkenswerth ist auch ein Fall, bei dem Verwachsungen
der Blase mit dem Blinddarm und Duodenum vorhanden waren, in denen je ein
Stein eingekeilt saß. Man konnte hier gewissermaßen die Steine auf ihrer Wan-
derung nach dem Darm beobachten und eine Erklärung für die häufige Verwechs-
lung der Gallensteinerkrankung mit Perityphlitis finden. — Verf. hat einen Todes-
fall an Peritonitis zu beklagen bei einem Choledoohusstein, wo die Operation sich
äußerst schwierig gestaltete. Die Sektion ergab völliges Geschrumpftsein der Blase
und narbigen Verschluss des Choledochus; diese Frau war hochgradig ikterisch
gewesen. In einem anderen Falle von Choledochusstein war nur zeitweise Ikterus
aufgetreten, der Stein schwamm in dem erweiterten Gang und wirkte als Kugel-
ventil. h
3mal war die Erkrankung komplieirt mit Carcinom, das, wie Verf. annimmt,
in Folge des durch die Steine ausgeübten Reizes auf das Epithel entstanden ist.
Als Kuriosum fügt Verf. noch eine Beobachtung hinzu, wo ein Mann mit
einer Leistenhernie Ileuserscheinungen darbot, welche nach hohen Eingießungen
verschwanden, und wo schließlich als Ursache aus dem Mastdarm ein sehr großer
Kothstein entfernt werden konnte, der sich um mehrere Gallensteine herum gebildet
hatte; er war 6cm lang und 5 om dick.
Zum Schluss seiner ihteressanten Ausführungen empfiehlt F. dringend die
rechtzeitige Operation, selbst auf die Gefahr hin, welche heute keine Gefahr mehr
ist, dass es sich nur um eine Probelaparotomie handeln könnte. Natürlich sei
eine genaue Diagnose wünschenswerth. Die Differentialdiagnose zwischen Neu-
bildung und Steinen ist oft recht schwierig. Bei plötzlich eintretendem Ikterus
ohne Koliken ist der Verdacht auf Neubildung gerechtfertigt. Die Thatsache,
dass das weibliche Geschlecht so sehr überwiegt, führt Verf. auf das Schnüren
der Taille und das Tragen unzweckmäßiger Korsetts zurück.
Tschmarke (Magdeburg).
54) A. A. Anufrijew. Zur Kasuistik der mesenterialen Chyluscysten.
(Chirurgia 1898. p. 244. [Russisch.])
Die fluktuirende Geschwulst, welche die 26jährige Kranke seit 4 Jahren im
Leibe bemerkt hatte, machte bei der Untersuchung den Eindruck, als ob sie mit
dem linken Parametrium im Zusammenhang stehe. Es zeigte sich aber bei der
Operation, dass eine Chyluscyste des Dünndarmgekröses vorlag. Die Geschwulst
nach außen zu ziehen, war unmöglich. Sie wurde punktirt, wobei sich ca. 400 ccm
Flüssigkeit entleerten, der schlaffe Sack, so viel als anging, abgebunden und vor
der Ligatur abgetragen. Zunächst füllte sich der zurückgebliebene Sack der Cyste
noch einmal, ob mit Eiter oder einer anderen Flüssigkeit, blieb unbekannt. Dann
verschwand allmählich die Geschwulst, und die Kranke war vollständig geheilt.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
Originalmittheilungen, Monographien und Separstsbdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
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Fünfundzwanzigster Jahrgang.
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Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 36. Sonnabend, den 10. September. 1898.
Inhalt: 1) Erben, Muskelrheumatismus. — 2) Minor, Lumbalschmerz und Ischias.
— 3) Niebergail, 4) Werler, Gonorrhoe, — 5) Rockwell, 6) Oudin, 7) Brocq, Elektrische
Behandlung von Haut- und Schleimhautleiden. — 8) Morris, Nierenchirurgie. — 9) Hof-
meler, Myomotomie. — 10) Destot, Vorderarmbrüche. — 11) Destot, Sprungbeinbruch.
— 12) Tallqvist, Beingeschwüre.
13) Mrha, Harnröhrenplastik. — 14) Moltenl, Singultus bei Cystitis. — 15) Ssergejew,
Steinschnitt. — 16) Betcke, Nierenverschiebung. — 17) Thümmel, Tuberkulöse Wander-
niere. — 18) Link, Nierenzerquetschung. — 19) Denecke, Nierenblutung nach Nephro-
lithotomie. — 20) Schwyzer, Morbus Addisonii. — 21) Berger, Beckenmyxome. —
22) Martin, 23) Gottschalk, 24) Hartmann und Fredet, Gefäßunterbindung bei Uterus-
myomen. — 25) Klippel, Gesammte Entwicklung der oberen Extremität. — 26) Herdt-
mann, Absprengung des Processus coronoides ulnae. — 27) Legueu, Synovitis tuberculosa.
— 2%) Pont, Knöchelbruch. — 29) Jacoby, Zur Gewohnheitslähmung.
1) 8. Erben. Klinische Untersuchungen über Muskelrheu-
matismus (Nackenschmerz, Kreuzschmerz).
(Beiträge zur klin. Mediein und Chirurgie.)
Wien, Wilhelm Braumüller, 1898.
Verf. berichtet auf Grund sehr eingehender klinischer Unter-
suchungen unter besonderer Berücksichtigung der Anatomie und
Physiologie über seine Erfahrungen, die dem bis jetzt Angenommenen
widersprechen.
In 12 Fällen von rheumatischem Schiefhals, die E. untersucht
hat, bestand kein Muskelrheumatismus, die Kopfhaltung war nicht
durch krankhafte Verkürzung eines Sternocleidomastoideus bedingt.
Die schiefe Kopfhaltung war das Primäre, wurde wegen Verhütung
von Schmerz eingehalten; die vorgefundene Muskelkontraktion war
das Sekundäre. Die Muskeln zogen den Kopf nicht in seine schiefe
Stellung, sondern hatten die Aufgabe, ihn in seiner Neigung zu er-
halten. Die Schmerzhaftigkeit wurde stets an der konvexen Seite
gefunden und hatte eine Lokalisation und Ausbreitung, die keinem
Muskel entsprach. Bei der Halswirbelsäule wurden meist druck-
36
920 - Centralblatt für Chirurgie. No. 35.
einen betrafen Frauen. 3mal waren Steine im Cysticus, 2mal solche im Chole-
dochus su bekämpfen. In den meisten Fällen war kein Ikterus vorhanden gewesen.
Auch Verf. hat die Erfahrung gemacht, dass bei eingeklemmten Steinen im Cystious
die bekannten Cholagoga, auch Karlsbader Salz, durch Vermehrung des Katarrhs
und der Sohwellung der Schleimhäute eher schädlich: wirken als nützen.
Interessant ist seine Erfahrung mit einer Cysticotripsie; einige Bröckel spießten
sich in die Cysticuswand und gaben Veranlassung zu neuen Kolikanfällen, bei
denen sich jedes Mal solche Bröckel mit dem Stuhl entleerten. Verf. verwirft
daher diese Methode gänzlich, schon um den Kranken neue Sorge und Angst zu
ersparen. — Einmal handelte es sich um eine Peritonitis mit Ileuserscheinungen,
ohne dass eine Perforation eingetreten war. Solche Bauchfellentgündungen geben
im Allgemeinen eine gute Prognose. Die Kranke wurde denn auch durch die
Operation, bei der 30 bis haselnussgroße Steine entfernt wurden, gerettet. In
2 anderen Fällen wurde wegen Bestehens einer Fistel nachträglich die Choleoyst-
ektomie nothwendig. Bemerkenswerth ist auch ein Fall, bei dem Verwachsungen
der Blase mit dem Blinddarm und Duodenum vorhanden waren, in denen je ein
Stein eingekeilt saß. Man konnte hier gewissermaßen die Steine auf ihrer Wan-
derung nach dem Darm beobachten und eine Erklärung für die häufige Verwechs-
lung der Gallensteinerkrankung mit Perityphlitis finden. — Verf. hat einen Todes-
fall an Peritonitis zu beklagen bei einem Choledoohusstein, wo die Operation sich
äußerst schwierig gestaltete. Die Sektion ergab völliges Geschrumpftsein der Blase
und narbigen Verschluss des Choledochus; diese Frau war hochgradig ikterisch
gewesen. In einem anderen Falle von Choledochusstein war nur zeitweise Ikterus
aufgetreten, der Stein schwamm in dem erweiterten Gang und wirkte als Kugel-
ventil. i
3mal war die Erkrankung komplicirt mit Carcinom, das, wie Verf. annimmt,
in Folge des durch die Steine ausgeübten Reizes auf das Epithel entstanden ist.
Als Kuriosum fügt Verf. noch eine Beobachtung hinzu, wo ein Mann mit
einer Leistenbernie Ileuserscheinungen darbot, welche nach hohen Eingießungen
verschwanden, und wo schließlich als Ursache aus dem Mastdarm ein sehr großer
Kothstein entfernt werden konnte, der sich um mehrere Gallensteine herum gebildet
hatte; er war 6 cm lang und 5 cm dick.
Zum Schluss seiner interessanten Ausführungen empfiehlt F. dringend die
rechtzeitige Operation, selbst auf die Gefahr hin, welche heute keine Gefahr mehr
ist, dass es sich nur um eine Probelaparotomie handeln könnte. Natürlich sei
eine genaue Diagnose wünschenswerth. Die Differentialdiagnose zwischen Neu-
bildung und Steinen ist oft recht schwierig. Bei plötzlich eintretendem Ikterus
ohne Koliken ist der Verdacht auf Neubildung gerechtfertigt. Die Thatsache,
dass das weibliche Geschlecht so sehr überwiegt, führt Verf. auf das Schnüren
der Taille und das Tragen unzweckmäßiger Korsetts zurück.
Tschmarke (Magdeburg).
54) A. A. Anufrijew. Zur Kasuistik der mesenterialen Chyluscysten.
(Chirurgia 1898. p. 244. [Russisch.])
Die fluktuirende Geschwulst, welche die 26jährige Kranke seit 4 Jabren im
Leibe bemerkt hatte, machte bei der Untersuchung den Eindruck, als ob sie mit
dem linken Parametrium im Zusammenhang stehe. Es zeigte sich aber bei der
Operation, dass eine Chylusoyste des Dünndarmgekröses vorlag. Die Geschwulst
nach außen zu ziehen, war unmöglich. Sie wurde punktirt, wobei sich ca. 400 eem
Flüssigkeit entleerten, der schlaffe Sack, so viel als anging, abgebunden und vor
der Ligatur abgetragen. Zunächst füllte sich der zurückgebliebene Sack der Cyste
noch einmal, ob mit Eiter oder einer anderen Flüssigkeit, blieb unbekannt. Dann
verschwand allmählich die Geschwulst, und die Kranke war vollständig geheilt.
E. Braatz (Königsberg (Pri
Originalmittheilungen, Monographien und Separatsbdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
P. vm Bam, (mt. Re,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
EE
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 36. Sonnabend, den 10. September. 1898.
Inhalt: 1) Erben, Muskelrheumatismus. — 2) Minor, Lumbalschmerz und Ischias.
— 3) Niebergall, 4) Werler, Gonorrhoe. — 5) Rockwell, 6) Oudin, 7) Brocq, Elektrische
Behandlung von Haut- und Schleimhautleiden. — 8) Morris, Nierenchirurgie. — 9) Hof-
meler, Myomotomie. — 10) Destot, Vorderarmbrüche. — 11) Destot, Sprungbeinbruch.
— 12) Tallqvist, Beingeschwüre.
13) Mrha, Harnröhrenplastik. — 14) Molteni, Singultus bei Cystitis. — 15) Ssergejew,
Steinschnitt. — 16) Betcke, Nierenverschiebung. — 47) Thümmel, Tuberkulöse Wander-
niere, — 18) Link, Nierenzerquetschung. — 19) Denecke, Nierenblutung nach Nephro-
lithotomie. — 20) Schwyzer, Morbus Addisonii. — 21) Berger, Beckenmyxome. —
22) Martin, 23) Gottschalk, 24) Hartmann und Fredet, Gefäßunterbindung bei Uterus-
myomen. — 20) Klippel, Gesammte Entwicklung der oberen Extremität. — 26) Herdt-
mann, Absprengung des Processus coronoides ulnae, — 27) Legueu, Synovitis tuberculosa.
— 28) Pont, Knöchelbruch. — 29) Jacoby, Zur Gewohnheitslähmung.
1) 8. Erben. Klinische Untersuchungen über Muskelrheu-
matismus (Nackenschmerz, Kreuzschmerz).
(Beiträge zur klin. Mediein und Chirurgie.)
Wien, Wilhelm Braumiiller, 1898.
Verf. berichtet auf Grund sehr eingehender klinischer Unter-
suchungen unter besonderer Berücksichtigung der Anatomie und
Physiologie über seine Erfahrungen, die dem bis jetzt Angenommenen
widersprechen.
In 12 Fällen von rheumatischem Schiefhals, die E. untersucht
hat, bestand kein Muskelrheumatismus, die Kopfhaltung war nicht
durch krankhafte Verkürzung eines Sternocleidomastoideus bedingt.
Die schiefe Kopfhaltung war das Primäre, wurde wegen Verhütung
von Schmerz eingehalten; die vorgefundene Muskelkontraktion war
das Sekundäre. Die Muskeln zogen den Kopf nicht in seine schiefe
Stellung, sondern hatten die Aufgabe, ihn in seiner Neigung zu er-
halten. Die Schmerzhaftigkeit wurde stets an der konvexen Seite
gefunden und hatte eine Lokalisation und Ausbreitung, die keinem
Muskel entsprach. Bei der Halswirbelsäule wurden meist druck-
36
922 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
empfindliche Partien ermittelt, die den Dornfortsätzen der 4 oberen
Halswirbel entsprachen. In 3 Fällen war der Nerv. oceipit. major,
in 1 Falle der kleine Hinterhauptnerv am Proc. mastoideus schmerz-
haft. Man konnte in allen Fällen die seitliche Neigung des steif-
gehaltenen Kopfes ohne Schmerz vermehren, stets war Rotation nach
beiden Seiten möglich, dagegen war die Neigung nach der konvexen
Seite behindert. Keiner der Muskeln der konkaven Seite zeigte ver-
mehrten Tonus; Spasmus als Urheber des Torticollis rheum. ist also
ausgeschlossen, und der Schmerz trat auch nicht auf durch schein-
bare Dehnung dieser Muskeln. Es ließ dies darauf schließen, dass
die Gelenke an der konvexen Seite erkrankt, oder dass die zwischen
ihnen austretenden Halsnervenwurzeln dieser Seite afficirt sind. Die
ungestörte Rotationsfähigkeit steht hiermit nicht in Widerspruch, da
die Rotation des Kopfes fast ausschließlich im Atlanto-epistropheus-
Gelenk vor sich geht. Im Falle 2 musste eine Gelenkaffektion aus-
geschlossen werden. Es waren hier die Muskeln »neuralgisch in-
sufficient«, indem bei Bewegungen durch Druck auf die Nerven
innerhalb des Muskels Schmerz erzeugt wurde. Ähnlich war es im
12. Falle.
Die Erfahrungen über Lumbago stützen sich auf 200 Beobachtungen.
Auch hier konnte E. feststellen, dass bei keinem eine Muskelerkran-
kung vorlag. Durch verschiedene genaue und oft wiederholte
schonende Untersuchungen suchte E. den Schmerzpunkt festzustellen,
und es gelang ihm, diese 200 Fälle auf Grund seiner Untersuchungen
in 3 resp. in 4 Kategorien einzutheilen. Die erste, 119 Fälle um-
fassend, beruht auf einer Affektion der Lendenwirbelgelenke und ist
charakterisirtt durch eine Druckempfindlichkeit an den Gelenken,
Behinderung der gleichseitigen Lateralflexion und konkave Krümmung
der Lendenwirbelsäule nach der gesunden Seite. In der 2. Gruppe
— 21 Fälle — handelt es sich um eine Neuralgie des Hautnerven,
die vom 3. hinteren Lumbalast ausgeht. Die Gegend der Wirbel-
gelenke ist nicht schmerzhaft, dagegen der Clunialpunkt. Die Seit-
wärtsneigung nach der der Schmerzseite gegenüberliegenden Richtung
weckt den bestehenden Schmerz, indess die dem Schmerz gleich-
seitige Lateralflexion gewöhnlich vollkommen schmerzfrei oder weit
weniger empfindlich ist. Gruppe 3 stellt eine Kombination von Ge-
lenkerkrankung und Clunialneuralgie dar.
In den restirenden 24 Fällen war in 9 Fällen die Diagnose nicht
zu stellen. Die übrigen waren theils auf chronischen Alkoholismus (3),
beginnende Tabes (2), Osteomalakie (1) zurückzuführen. Wenn auch
die Untersuchungen noch weiterer Nachprüfungen bedürfen, so ist
es doch sehr verdienstvoll, unsere Aufmerksamkeit auf das dunkle
Gebiet des Muskelrheumatismus wieder gelenkt zu haben, und es dürfte
desshalb die Lektüre dieser Abhandlung zu empfehlen sein.
Borchard (Posen).
Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 923
2) Minor. Über eine Bewegungsprobe und Bewegungsstörung
bei Lumbalschmerz und bei Ischias.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 23 u. 24.)
Auf Grund einer ganzen Reihe eigener Beobachtungen — von
einigen beweisenden Beispielen werden die Krankengeschichten ge-
geben — weist M. auf Eigenthümlichkeiten hin, die bei Kranken mit
traumatischem Lumbalschmerz, echter Lumbago und Ischias hinsicht-
lich der Art beobachtet wurden, wie solche Pat., auf dem Boden
sitzend, sich aufzurichten suchten. Er glaubt für sie die einzelnen
Affektionen charakteristischen Unterscheidungsmomente entdeckt zu
haben, die, wenn sie sich bewähren, entschieden Beachtung verdienen.
Bei traumatischem Lumbalschmerz erhebt sich der Kranke,
indem er die ganze Reihe der bekannten für die Pseudohypertrophie
der Muskeln charakteristischen Positionen durchmacht.
Auch bei der klassischen Lumbago pflegt dies gewöhnlich der
Fall zu sein. Es schien besonders auf eine Ausschaltung der Thätig-
keit der Musculi erectores trunci anzukommen.
Anders war es bei Ischias, auch dann, wenn diese abwechselnd
mit Lumbago bei demselben Individuum auftrat. Der Ischiaskranke
führt nämlich, wenn er sich erheben will, seine Hände nach hinten, hebt,
sich auf dieselben stützend, das Becken und beginnt dann langsam das
Becken nach hinten zu verschieben, indem er zu diesem Zweck die
Kniee beugt und die Fußsohlen unter das Gesäß bringt; er beginnt
dann langsam seinen Rumpf nach oben zu erheben, wobei er die Kniee
gerade streckt und sich mit der einen Hand vom Boden abstößt, mit
der anderen aber in der Luft balancirt.
Verf. unterscheidet demgemäß:
1) Hinterpose — Balanciren (Ischiadische Dyskinese).
2) Vorderpose — Balanciren (Lumbale Dyskinese).
War im Moment der Untersuchung gerade das Übergangs-
stadium vom Lumbago zur Ischias vorhanden, so trat, je nachdem,
ob im Moment der Untersuchung der Schmerz im Kreuz oder im
Bein überwiegend war, beim Erheben des Körpers aus der sitzenden
Lage bald die vordere, bald die hintere Pose in die Erscheinung.
Bei gleichzeitigem Vorhandensein von Ischias und doppelseitigem
Lumbal- und Sacralschmerz treten Kombinationen beider oben be-
schriebener Erhebungsweisen ein, wobei gewöhnlich die Ischias ton-
angebend ist: erst Hinterpose-, dann Vorderposemodus.
M. glaubt sich überzeugt zu haben, dass, ganz seltene Fälle ab-
gerechnet, die Art der Aufrichtung des Rumpfes für ausgesprochene
Ischias eben so charakteristisch ist, wie die vordere Pose und das
Klettern für die Pseudohypertrophie der Muskeln. Bei Coxitis wurde
nur ein einziges Mal die für Ischias charakteristische Dyskinese
gleichfalls beobachtet.
Wenn der Schmerz auch nur in der einen Hälfte der Lenden-
muskeln lokalisirt ist, auch dann kommt beim Aufstehen schon die
hintere Pose und das Balanciren zu Stande.
36*
924 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
Die Erhebungsweise bei doppelseitiger Ischias hat M. zu be-
obachten noch nicht Gelegenheit gehabt.
Mit dem Hinweis der Wichtigkeit seiner Feststellungen für die
Entscheidung der Simulation und der Aufforderung, zur Nachprüfung
nur schwere klare Fälle zu benutzen, schließt M. seine Arbeit.
R. Wagner (Mülheim a. d. Bi
3) Niebergall (Halberstadt). Zur Behandlung der Gonorrhoe,
insbesondere mit Argonin und Protargol.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. No. 6.)
Verf. hat auf Grund mehrfacher Empfehlungen in letzter Zeit
bei Gonorrhoe Versuche mit Argonin und Protargol, Eiweißverbin-
dungen des Silbers, angestellt, welche im Allgemeinen einige Vor-
züge derselben dargethan haben. Indess wurde die Dauer der Be-
handlung nicht wesentlich abgekürzt; denn zur Abtödtung der Gono-
kokken in der vorderen Harnröhre bedurfte man etwa 10 Tage, zur
Sicherung des Erfolgs und zur Beseitigung der Entzündungs-
erscheinungen abermals 10 Tage. War aber auch der hintere Theil der
Harnröhre befallen, so wird die Behandlungsdauer noch erheblich
verlängert, und die bekannten Schwierigkeiten, auch diesen Theil
mit der antiseptischen Flüssigkeit zu bespülen, bestehen selbstver-
ständlich für diese Mittel eben so wie für jedes andere. Dazu kommt
nun noch der hohe Preis der neuen Mittel. N. berechnet die Kosten
der 20tägigen Behandlung einer einfachen Urethritis anterior schon
auf 4,20.4. Da nun in der Armee etwa 7000 Tripperkranke zu be-
handeln seien, so glaubt N. von der Anwendung der theuren Silber-
mittel bis zur Herabsetzung des Preises abrathen zu sollen. Als
vollkommen ausreichenden Ersatz derselben sieht N. die systema-
tischen Spülungen der Harnröhre mit Lösungen des hypermangan-
sauren Kali nach Janet an. Diese können allenfalls mit einer etwas
voluminöseren Spritze, besser mit einem Irrigator gemacht werden.
Muss auch der hintere Harnröhrentheil bespült werden, so gilt es,
den Widerstand des Sphinkters zu überwinden, was bei stetigem
hohem Druck und bei gespreizten Beinen im Liegen leicht dadurch
gelingt, dass man den Kranken auffordert, Harn zu lassen, nöthigen-
falls unter Gebrauch von Cocain. Von den Vorrichtungen zur In-
stillation ist N. kein großer Freund. Lühe (Königsberg i/Pr.).
4) Werler (Berlin). Über praktisch wichtige Verbesserungen
der Injektionstechnik bei der Heilung des akuten Harn-
röhrentrippers mit Lösungen von Silbereitrat (Itrol).
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 16.)
W., welcher bereits in einem früheren Aufsatz (Berliner klin.
Wochenschrift 1896 No. 37) den Beweis für die Eigenschaft des
Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 925
Silbercitrats als eines zuverlässigen und brauchbaren Trippermittels im
ausgedehnten Maße erbracht hat, betont neuerdings die kräftige
baktericide Energie des Mittels, dessen Einspritzung von milder,
schmerzloser, keine Reizungszustände erzeugender Wirkung ist, wobei
das Mittel eine ergiebige Tiefenwirkung auf die von Gonokokken
durchdrungenen submukösen Gewebsschichten ohne Schädigung der
normalen Organbestandtheile verursacht.
W. bringt nun auf Grund seiner reichen Erfahrungen auf dem
Gebiet der Itroltherapie des Trippers erprobte, wesentliche Ver-
besserungen der Injektionstechnik für die Zwecke der allgemeinen
Praxis zur Kenntnis, welche sich in Folgendem zusammenfassen lassen.
Die Itroleinspritzungen, welche so frühzeitig wie möglich in An-
wendung zu bringen sind, sind 4—5mal lauwarm in 24 Stunden zu
machen, mit einer Spritze von 6—8 ccm Inhalt, und verbleiben
10 Minuten in der Harnröhre nach vorausgegangener Reinigung der-
selben mit einer halben Spritze der Injektionsflüssigkeit. Sie müssen
anfänglich sehr schwach (0,02:200,0), sodann beim Nachlassen der Ent-
zündung allmählich stärker verschrieben werden, bis zur höchsten
Koncentration (1:3800). Gold (Bielitz).
5) A. D. Rockwell, . On the value and imitations of the
electrolytic method of treatment, with special reference to
subcutaneous naevi and urethral stricture.
(New York med. record 1898. April 16.)
Die Elektrolyse hat die großen Erwartungen auf Heilwirkung
bei chirurgischen Leiden, welche immer von Neuem erregt wurden,
nicht erfüllt. Verf. glaubt auch, trotz der Berichte über Serien von
100 Fällen von Harnröhrenstrikturen, welche, wie bekannt, auf die
Anwendungen von wenigen Milliampere hinwegschmelzen sollen, dass
diese Mittheilungen nicht ernst zu nehmen und darauf zurückzuführen
sind, dass es sich um die Verwechslung mit spastischen Verengungen
einerseits, andererseits auch um mechanische graduelle Dilatationen
gehandelt habe; denn wir können nicht einen Strom, der stark genug
wäre, ohne Schaden für das gesunde Gewebe auf die Striktur selbst
koncentriren. Eben so ist eine Narbe auf der Kürperoberfläche
nicht in ausgiebiger Weise durch einen schwachen Strom zu beein-
flussen, und es ist ein Mysterium, warum in der dunklen Urethral-
lichtung die chemische Wirkung der Elektrolyse substantiell so ver-
schieden sein soll. Auch die großen Hoffnungen der Gynäkologen
auf die Behandlung der intra-uterinen Geschwülste sind auf geringe
Ansprüche herabgesunken; kein Wunder, denn jeder weiß, dass z. B.
ein Fibrom an der Außenseite des Körpers nicht durch Elektrolyse
zum Verschwinden gebracht werden kann.
Nicht genug kann dagegen R. die vorzügliche Wirkung der
Elektrolyse auf die vaskulären Geschwülste bei Kindern rühmen.
Diese teleangiektatischen resp. kavernüsen blutreichen Geschwülste
924 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
Die Erhebungsweise bei doppelseitiger Ischias hat M. zu be-
obachten noch nicht Gelegenheit gehabt.
Mit dem Hinweis der Wichtigkeit seiner Feststellungen für die
Entscheidung der Simulation und der Aufforderung, zur Nachprüfung
nur schwere klare Fälle zu benutzen, schließt M. seine Arbeit.
R. Wagner (Mülheim a. d R.).
3) Niebergall (Halberstadt). Zur Behandlung der Gonorrhoe,
insbesondere mit Argonin und Protargol.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. No. 6.)
Verf. hat auf Grund mehrfacher Empfehlungen in letzter Zeit
bei Gonorrhoe Versuche mit Argonin und Protargol, Eiweißverbin-
dungen des Silbers, angestellt, welche im Allgemeinen einige Vor-
züge derselben dargethan haben. Indess wurde die Dauer der Be-
handlung nicht wesentlich abgekürzt; denn zur Abtödtung der Gono-
kokken in der vorderen Harnröhre bedurfte man etwa 10 Tage, zur
Sicherung des Erfolgs und zur Beseitigung der Entzündungs-
erscheinungen abermals 10 Tage. War aber auch der hintere Theil der
Harnröhre befallen, so wird die Behandlungsdauer noch erheblich
verlängert, und die bekannten Schwierigkeiten, auch diesen Theil
mit der antiseptischen Flüssigkeit zu bespülen, bestehen selbstver-
ständlich für diese Mittel eben so wie für jedes andere. Dazu kommt
nun noch der hohe Preis der neuen Mittel. N. berechnet die Kosten
der 20tägigen Behandlung einer einfachen Urethritis anterior schon
auf 4,20.4. Da nun in der Armee etwa 7000 Tripperkranke zu be-
handeln seien, so glaubt N. von der Anwendung der theuren Silber-
mittel bis zur Herabsetzung des Preises abrathen zu sollen. Als
vollkommen ausreichenden Ersatz derselben sieht N. die systema-
tischen Spülungen der Harnröhre mit Lösungen des hypermangan-
sauren Kali nach Janet an. Diese können allenfalls mit einer etwas
voluminöseren Spritze, besser mit einem Irrigator gemacht werden.
Muss auch der hintere Harnröhrentheil bespült werden, so gilt es,
den Widerstand des Sphinkters zu überwinden, was bei stetigem
hohem Druck und bei gespreizten Beinen im Liegen leicht dadurch
gelingt, dass man den Kranken auffordert, Harn zu lassen, nöthigen-
falls unter Gebrauch von Cocain. Von den Vorrichtungen zur In-
stillation ist N. kein großer Freund. Lühe (Königsberg i/Pr.).
4) Werler (Berlin). Über praktisch wichtige Verbesserungen
der Injektionstechnik bei der Heilung des akuten Harn-
röhrentrippers mit Lösungen von Silbercitrat (Itrol).
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 16.)
W., welcher bereits in einem früheren Aufsatz (Berliner klin.
Wochenschrift 1896 No. 37) den Beweis für die Eigenschaft des
Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 925
Silbercitrats als eines zuverlässigen und brauchbaren Trippermittels im
ausgedehnten Maße erbracht hat, betont neuerdings die kräftige
baktericide Energie des Mittels, dessen Einspritzung von milder,
schmerzloser, keine Reizungszustände erzeugender Wirkung ist, wobei
das Mittel eine ergiebige 'Tiefenwirkung auf die von Gonokokken
durchdrungenen submukösen Gewebsschichten ohne Schädigung der
normalen Organbestandtheile verursacht.
W. bringt nun auf Grund seiner reichen Erfahrungen auf dem
Gebiet der Itroltherapie des Trippers erprobte, wesentliche Ver-
besserungen der Injektionstechnik für die Zwecke der allgemeinen
Praxis zur Kenntnis, welche sich in Folgendem zusammenfassen lassen.
Die Itroleinspritzungen, welche so frühzeitig wie möglich in An-
wendung zu bringen sind, sind 4—5mal lauwarm in 24 Stunden zu
machen, mit einer Spritze von 6—8 ccm Inhalt, und verbleiben
10 Minuten in der Harnröhre nach vorausgegangener Reinigung der-
selben mit einer halben Spritze der Injektionsflüssigkeit. Sie müssen
anfänglich sehr schwach (0,02:200,0), sodann beim Nachlassen der Ent-
zündung allmählich stärker verschrieben werden, bis zur höchsten
Koncentration (1:3800). Gold (Bielitz).
5) A. D. Rockwell., On the value and imitations of the
electrolytic method of treatment, with special reference to
subcutaneous naevi and urethral stricture.
(New York med. record 1898. April 16.)
Die Elektrolyse hat die großen Erwartungen auf Heilwirkung
bei chirurgischen Leiden, welche immer von Neuem erregt wurden,
nicht erfüllt. Verf. glaubt auch, trotz der Berichte über Serien von
100 Fällen von Harnröhrenstrikturen, welche, wie bekannt, auf die
Anwendungen von wenigen Milliampere hinwegschmelzen sollen, dass
diese Mittheilungen nicht ernst zu nehmen und darauf zurückzuführen
sind, dass es sich um die Verwechslung mit spastischen Verengungen
einerseits, andererseits auch um mechanische graduelle Dilatationen
gehandelt habe; denn wir können nicht einen Strom, der stark genug
wäre, ohne Schaden für das gesunde Gewebe auf die Striktur selbst
koncentriren. Eben so ist eine Narbe auf der Kürperoberfliche
nicht in ausgiebiger Weise durch einen schwachen Strom zu beein-
flussen, und es ist ein Mysterium, warum in der dunklen Urethral-
lichtung die chemische Wirkung der Elektrolyse substantiell so ver-
schieden sein soll. Auch die großen Hoffnungen der Gynäkologen
auf die Behandlung der intra-uterinen Geschwülste sind auf geringe
Ansprüche herabgesunken; kein Wunder, denn jeder weiß, dass z. B.
ein Fibrom an der Außenseite des Körpers nicht durch Elektrolyse
zum Verschwinden gebracht werden kann.
Nicht genug kann dagegen R. die vorzügliche Wirkung der
Elektrolyse auf die vaskulären Geschwülste bei Kindern rühmen.
Diese teleangiektatischen resp. kavernüsen blutreichen Geschwülste
926 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
können ohne jede Gefahr bei richtiger Technik mit Erfolg behandelt
werden. Das wichtigste ist dabei, feste Coagula zu erzielen, welche
dann, sich selbst überlassen, allmählich absorbirt werden. Gewöhn-
lich nimmt der Tumor rapide während der ersten 5 Wochen ab,
dann schwindet er langsamer, und in manchen Fällen dauert die
Heilung Monate lang. Die negative Elektrode von 3 Zoll Durch-
messer aus Modellirthon wird z. B. auf die Schulter aufgesetzt, 3 Platin-
nadeln in eine walnussgroße Geschwulst der Wange in gleichen
Abständen hineingestoßen (bis auf 1 cm von der Spitze mit einer
Isolirschicht umgeben). Der Strom wird allmählich auf 60 Milli-
ampère gebracht; nach 10 Minuten ist feste Gerinnung eingetreten,
und die Operation, übrigens in der Narkose, beendet. Weder
Schmerzen noch Entzündung folgen, nach 3 Monaten findet sich
kaum eine Spur von der weichen und kompressiblen Geschwulst.
Bedingung zum Gelingen ist, dass der Strom genügend stark ist,
weil sich bei unvollständigen Gerinnungen die Cirkulation wieder
herstellt; auch muss in der Zeitdauer die richtige Mitte innegehalten
werden. Die Kinder dürfen nur bei völliger Gesundheit der Maß-
nahme unterworfen werden.
Ref. hatte Gelegenheit, auf dem Moskauer Kongress gelegentlich
der Mittheilungen Apostoli’s diese Behauptungen ebenfalls mit
günstig geheilten Fällen illustrirt zu sehen. Die Behandlung der
Strikturen dürfte bei Durchsicht der Statistiken Newman’s doch
nicht gänzlich auf Täuschung zurückgeführt werden können. Auch
die lineare Elektrolyse Le Porta welche Ref. selbst ausführte,
bietet zweifellos Aussichten. Loewenhardt (Breslau).
6) Oudin. Über die Wirkungsweise des Wechselstroms und
der hochgespannten Ströme bei den Erkrankungen der Haut
und Schleimhäute.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 4.)
Noch besser als die in letzter Zeit mehrfach empfohlene Fran-
klinisation sollen Ströme von raschem Wechsel auf manche Erkran-
kungen wirken. Es kann nicht meine Aufgabe scin, die ausführlich
gegebene Beschreibung des von O. verwendeten Instrumentariums
hier zu wiederholen. Wer solche Versuche machen will, muss das
Original nachlesen. Die »hohen Wechselströme« wirken einmal sehr
günstig auf das Allgemeinbefinden; lokal beeinflussen sie die trophi-
schen und vasomotorischen Nerven und die Infektionserreger.
Verf. berichtet über eine größere Anzahl von Fällen — trophische
Störungen, Psoriasis, Ekzem, Impetigo, Zoster, Furunkulose, Acne,
Rosacea, Mollusca contagiosa, lMHauttuberkulose, adenoide Vegeta-
tionen, blennorrhoische Ulcerationen am Collum uteri, syphilitische
Tonsillitis. Die Erfolge sind sehr günstige gewesen, speciell Jucken
wurde sehr energisch beeinflusst; eine keimtödtende Kraft ist den
Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 927
Strömen jedenfalls eigen. Die Methode »darf einen ebenbürtigen
Platz neben den anderen physikalischen Heilmethoden beanspruchen«.
Jadassohn (Bern).
7) Brocq. Traitement des sclerodermies en pläques et en
bandes par l’electrolyse.
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 2.)
Auf der Basis von 9 persönlichen Beobachtungen, deren Details
im Original nachzulesen sind, kommt Verf. zu dem Schluss, dass eine
günstige Wirkung der Elektrolyse auf den Verlauf umschriebener
Sklerodermieformen nicht zu leugnen ist. Dieses Verfahren ist ab-
solut gefahrlos, artificielle Narbenbildung lässt sich vermeiden;
gelegentlich kann es auch vorkommen, dass ein günstiger Einfluss
vermisst wird. Die Elektrolyse ist zu kombiniren mit der Anwen-
dung des grauen Pflasters in den zwischen den einzelnen Sitzungen
liegenden Intervallen. Hinsichtlich der exakten Dosirung der Elek-
tricität und der Häufigkeit der Wiederholung des kleinen Eingriffs
innerhalb bestimmter Zeitperioden bedarf es noch weiterer Prüfung.
Kopp (München).
8) H. Morris. The Hunterian lectures on the surgery of
the kidney.
(Brit. med. journ. 1898. März 26; April 2., 9., 16. u. 23.)
M. bespricht in diesen Vorlesungen in zusammenfassender
Weise Ursprung, Entwicklung und den heutigen Stand der Nieren-
chirurgie.
Nephrektomie, Nephrotomie, Nephrolithotomie, die M. selbst
mit Entfernung des Steines 34mal (gestorben nur I Pat.) ausgeführt
hat, dann die Nephropexie, für die M. selbst eine eigene Methode
angegeben hat, werden nach der Reihe mehr oder weniger ausführlich
besprochen. Unter dem Kapitel Resektion der Niere giebt M.
ebenfalls eigene Erfahrungen. Er hat nicht nur bei Nierenabscessen,
die ihren Sitz in der Rinde hatten, sondern auch mehrmals bei
Tuberkulose der Niere von der konservativen Resektion der erkrankten
Nierentheile mit Erfolg Gebrauch gemacht. Nur in einem unter
6 Fällen wurde wegen Recidivs später die Exstirpation der Niere
nothwendig. Ausführlich werden an der Hand eigener Fälle, deren
Illustrationen beigegeben sind, die Operationen an den Harnleitern
besprochen. Von besonderem Interesse sind dabei die plastischen
Operationen, die M. selbst wegen Hydronephrose gemacht hat. Auch
die Wunden der Harnleiter und ihre Behandlung, so wie die ver-
schiedenen Methoden der Harnleitervereinigung und Anastomosen-
bildung werden ausführlicher behandelt. Den Hauptfortschritt der
Nierenchirurgie sieht M. in ihrer konservativen Richtung.
In einer 2. Vorlesung geht M. dann speciell auf das Nieren-
steinleiden ein, um die Schwierigkeiten bei seiner Diagnose, die Irr-
thümer derselben, schließlich die verschiedenen Krankheitsbilder bei
926 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
können ohne jede Gefahr bei richtiger Technik mit Erfolg behandelt
werden. Das wichtigste ist dabei, feste Coagula zu erzielen, welche
dann, sich selbst überlassen, allmählich absorbirt werden. Gewöhn-
lich nimmt der Tumor rapide während der ersten 5 Wochen ab,
dann schwindet er langsamer, und in manchen Fällen dauert die
Heilung Monate lang. Die negative Elektrode von 3 Zoll Durch-
messer aus Modellirthon wird z. B. auf die Schulter aufgesetzt, 3 Platin-
nadeln in eine walnussgroße Geschwulst der Wange in gleichen
Abständen hineingestoßen (bis auf 1 cm von der Spitze mit einer
Isolirschicht umgeben). Der Strom wird allmählich auf 60 Milli-
ampère gebracht; nach 10 Minuten ist feste Gerinnung eingetreten,
und die Operation, übrigens in der Narkose, beendet. Weder
Schmerzen noch Entzündung folgen, nach 3 Monaten findet sich
kaum eine Spur von der weichen und kompressiblen Geschwulst.
Bedingung zum Gelingen ist, dass der Strom genügend stark ist,
weil sich bei unvollständigen Gerinnungen die Cirkulation wieder
herstellt; auch muss in der Zeitdauer die richtige Mitte innegehalten
werden. Die Kinder dürfen nur bei völliger Gesundheit der Maß-
nahme unterworfen werden.
Ref. hatte Gelegenheit, auf dem Moskauer Kongress gelegentlich
der Mittheilungen Apostoli’s diese Behauptungen ebenfalls mit
günstig geheilten Fällen illustrirt zu sehen. Die Behandlung der
Strikturen dürfte bei Durchsicht der Statistiken Newman’'s doch
nicht gänzlich auf Täuschung zurückgeführt werden können. Auch
die lineare Elektrolyse Le Fort’s, welche Ref. selbst ausführte,
bietet zweifellos Aussichten. Loewenhardt Breslau),
6) Oudin. Über die Wirkungsweise des Wechselstroms und
der hochgespannten Ströme bei den Erkrankungen der Haut
und Schleimhäute.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 4.)
Noch besser als die in letzter Zeit mehrfach empfohlene Fran-
klinisation sollen Ströme von raschem Wechsel auf manche Erkran-
kungen wirken. Es kann nicht meine Aufgabe sein, die ausführlich
gegebene Beschreibung des von O. verwendeten Instrumentariums
hier zu wiederholen. Wer solche Versuche machen will, muss das
Original nachlesen. Die »hohen Wechselströme« wirken einmal sehr
günstig auf das Allgemeinbefinden; lokal beeinflussen sie die trophi-
schen und vasomotorischen Nerven und die Infektionserreger.
Verf. berichtet über eine größere Anzahl von Fällen — trophische
Störungen, Psoriasis, Ekzem, Impetigo, Zoster, Furunkulose, Acne,
Rosacea, Mollusca contagiosa, llauttuberkulose, adenoide Vegeta-
tionen, blennorrhoische Ulcerationen am Collum uteri, syphilitische
Tonsillitis. Die Erfolge sind sehr günstige gewesen, speciell Jucken
wurde sehr energisch beeinflusst; eine keimtödtende Kraft ist den
Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 927
Strömen jedenfalls eigen. Die Methode »darf einen ebenbürtigen
Platz neben den anderen physikalischen Heilmethoden beanspruchen«.
Jadassohn (Bern).
7) Broeg, Traitement des sclerodermies en pläques et en
bandes par l’Electrolyse.
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 2.)
Auf der Basis von 9 persönlichen Beobachtungen, deren Details
im Original nachzulesen sind, kommt Verf. zu dem Schluss, dass eine
günstige Wirkung der Elektrolyse auf den Verlauf umschriebener
Sklerodermieformen nicht zu leugnen ist. Dieses Verfahren ist ab-
solut gefahrlos, artificielle Narbenbildung lässt sich vermeiden;
gelegentlich kann es auch vorkommen, dass ein günstiger Einfluss
vermisst wird. Die Elektrolyse ist zu kombiniren mit der Anwen-
dung des grauen Pflasters in den zwischen den einzelnen Sitzungen
liegenden Intervallen. Hinsichtlich der exakten Dosirung der Elek-
trieität und der Häufigkeit der Wiederholung des kleinen Eingriffs
innerhalb bestimmter Zeitperioden bedarf es noch weiterer Prüfung.
Kopp (München).
8) H. Morris. The Hunterian lectures on the surgery of
the kidney.
(Brit. med. journ. 1898. März 26; April 2., 9., 16. u. 23.)
M. bespricht in diesen Vorlesungen in zusammenfassender
Weise Ursprung, Entwicklung und den heutigen Stand der Nieren-
chirurgie.
Nephrektomie, Nephrotomie, Nephrolithotomie, die M. selbst
mit Entfernung des Steines 34mal (gestorben nur I Pat.) ausgeführt
hat, dann die Nephropexie, für die M. selbst eine eigene Methode
angegeben hat, werden nach der Reihe mehr oder weniger ausführlich
besprochen. Unter dem Kapitel Resektion der Niere giebt M.
ebenfalls eigene Erfahrungen. Er hat nicht nur bei Nierenabscessen,
die ihren Sitz in der Rinde hatten, sondern auch mehrmals bei
Tuberkulose der Niere von der konservativen Resektion der erkrankten
Nierentheile mit Erfolg Gebrauch gemacht. Nur in einem unter
6 Fällen wurde wegen Recidivs später die Exstirpation der Niere
nothwendig. Ausführlich werden an der Hand eigener Fälle, deren
Illustrationen beigegeben sind, die Operationen an den Harnleitern
besprochen. Von besonderem Interesse sind dabei die plastischen
Operationen, die M. selbst wegen Hydronephrose gemacht hat. Auch
die Wunden der Harnleiter und ihre Behandlung, so wie die ver-
schiedenen Methoden der Harnleitervereinigung und Anastomosen-
bildung werden ausführlicher behandelt. Den Hauptfortschritt der
Nierenchirurgie sieht M. in ihrer konservativen Richtung.
In einer 2. Vorlesung geht M. dann speciell auf das Nieren-
steinleiden ein, um die Schwierigkeiten bei seiner Diagnose, die Irr-
thümer derselben, schließlich die verschiedenen Krankheitsbilder bei
928 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
»symptomlosen«, bei ruhenden und bei wandernden Nierensteinen zu
besprechen. Für die Behandlung der Nierensteine will er die Aus-
übung der Nephrolithotomie ausgedehnt, die Nephrotomie und Ne-
phrektomie eingeschränkt wissen. Es würde zu weit führen, die
12 Schlusssätze des Verf. hier auch nur im Auszug wiederzugeben,
nur das Eine möchte ich noch anführen, dass M. die Principien der
Blasensteinbehandlung auf die Nierensteine übertragen will: wenn
die Steine vermuthet werden, soll nach ihnen gesucht werden
(Explorativoperation), wenn sie erkannt sind, sollen sie entfernt
werden, und zwar ohne Zuwarten in der Hoffnung auf Einkapselung
oder sogenannten Abgang.
In einer 3. Vorlesung bespricht M. endlich ausführlich die
Nierenfisteln, welche durch Nierensteine verursacht sind, und die
kalkulöse Anurie. Auch hier steht M. auf durchaus modernem
Standpunkt, indem er, sobald die Anurie eingetreten ist, und die
Diagnose feststeht, die Operation empfiehlt — in den schweren Fällen
die Nephrotomie — allein schon zur Verhütung der Urämie, in den
leichteren Fällen gleichzeitig auch zur Beseitigung von Steinen im
Nierenbecken und Anfangstheil des Harnleiters. Direktes Eingehen
auf den Harnleiter empfiehlt sich nur bei ganz sicherer Lokalisirung
des Steines in diesem. Beim Mann zieht M. stets den iliakalen Weg
vor, beim Weib kommen eventuell der vaginale und sacrale Weg
(Steine im Lig. latum) in Betracht.
M. stellt 49 operirte und 48 nicht operirte Fälle von Anuria
calculosa zusammen. Dürch Operation wurden 51% Heilungen
erzielt, von den nicht operirten genasen nur 20,8%.
Den Beschluss der lesenswerthen Vorlesungen bildet die Er-
läuterung der Technik der Nephrotomie und operativen Freilegung
des Harnleiters. F. Krumm (Karlsruhe).
9) Hofmeier (Würzburg). De la myomotomie abdominale.
(Ann. de gynécol. 1898. Februar.)
Die vorliegende Arbeit wendet sich gegen die jetzt in Frank-
reich gültige Anschauung, dass die beste Operationsmethode bei
Myomen die Totalexstirpation des Uterus sei. H. verweist auf die
Gründe, welche zum Verlassen der supravaginalen Amputation ge-
führt haben, unter denen die Blutung und Infektionsgefahr in erster
Reihe standen. Diese Gefahren lassen sich beseitigen, wenn man
für Prophylaxe der Blutung durch isolirte Unterbindung der 4 Uterin-
gefäße sorgt, jede Naht des cervicalen Stumpfes vermeidet und letz-
teren durch Bauchfelllappen vom übrigen Bauchfell völlig isolirt. Alle
die verschiedenen Methoden, welche unter den Namen Chrobak’s,
Bassini’s, Baer’s, Kelly’s und der sogenannten »amerikanischen
Methode« gehen, sind nur Modifikationen desselben Verfahrens, d. h.
supravaginale Amputation des Uterus und retroperitoneale Behand-
lung des Stumpfes. H. beschreibt das von ihm geübte Verfahren
Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 929
der Myomotomie, das wir bei deutschen Lesern als bekannt voraus-
setzen dürfen. Von 45 hiernach operirten Kranken ist nur 1 ge-
storben. Eine von Noble aus amerikanischen Autoren zusammen-
gestellte Statistik ergab bei 345 Fällen 4,3% Sterblichkeit, während
H. -aus deutschen Veröffentlichungen unter 338 Fällen eine solche
von 3,5% berechnet. Die Gesammtsterblichkeit aller 673 Fälle stellt
‚sich auf 4,2%.
H. schließt aus diesen Resultaten, dass man berechtigt ist, die
Totalexstirpation zu Gunsten der supravaginalen Amputation mit
retroperitonealer Stumpfbehandlung wieder aufzugeben und empfiehlt
seinen französischen Kollegen, danach zu handeln.
Jaff6 (Hamburg).
10) Destot. Les fractures de l'extrémité inférieure de lavant-
bras et les rayons X.
(Province méd. 1897. No. 25.)
Bei der methodischen Durchleuchtung aller Knochenbrüche und
Verstauchungen am Handgelenk hat der Autor 6 Brüche des Os
naviculare ausfindig gemacht, 1mal einen isolirten Bruch, 2mal in
Verbindung mit eingekeiltem Radiusbruch, 2mal mit dem klassischen
Radiusbruch, und (mal einen isolirten Bruch durch Flexion des Hand-
gelenks entstanden. (Aus dem Röntgenbild der Fraktur des Os navi-
culare wird man für viele Fälle sogenannter klassischer Radiusfraktur
den Beweis entnehmen können, dass die »klassische« Erklärung der
Fraktur nicht zutrifft, worauf auch Bähr aufmerksam macht. Ref.)
Herm. Frank (Berlin).
11) Destot. Les fractures de l’astragale et les rayons X.
(Province med. 1897. No. 22.)
Im Lauf von 4 Monaten hat der Autor mit Hilfe der Aktino-
graphie 14 Fälle von Talusbrüchen konstatirt, und zwar war die Dia-
gnose nur auf diesem Wege zu stellen, während die übrige klinische
Diagnostik vollkommen versagte. Davon waren 3 Kompressionsbrüche
kombinirt mit Bruch des Calcaneus, 3 Brüche nach dem Typus der
Knöchelbrüche mit Bruch eines oder beider Knöchel, 3 einfache
Brüche, 2mal nach Sturz auf die Füße, (mal ohne diese Atiologie,
und 1 Shepherd’scher Bruch. In allen diesen Fällen versteckte
sich der Bruch entweder hinter den Komplikationen, oder man
dachte nur, wie bei dem Shepherd’schen Bruch, an eine »Talalgie«
oder an eine einfache Verstauchung. Die Brüche kommen entweder
durch Sturz aus der Höhe — zuweilen aber nur durch Auffallen
aus sehr geringer (30 cm) — auf den flach gestellten oder flektirten
Fuß zu Stande, oder, in einem zweiten Typus, indem der Fuß
nach innen rotirt ist. Aus dieser Stellung gleitet der Talus nach
außen ab, sprengt das äußere Kapselband (Talo-calcaneum), bricht
aber selbst durch, da er nun allein das wuchtende Körpergewicht —
ohne Unterstützung durch den Calcaneus — zu übernehmen hat,
939 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
während der Hals in der Innenrotationsstellung vorn festgehalten
wird. Jedenfalls kommt der Talusbruch sehr viel häufiger vor, als
man bisher klinisch diagnosticirt hat, und dieses entspricht durchaus
experimentellen Erfahrungen und allen mechanischen Überlegungen.
Herm. Frank (Berlin).
12) T. W. Tallqvist. Hudtransplantationer vid ulcus cruris.
(Finska Täkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1140.)
Nach einer geschichtlichen Übersicht der plastischen Operations-
methoden zur Deckung von Unterschenkelgeschwüren, welche von
Zeit zu Zeit veröffentlicht worden sind, liefert Verf. eine vergleichende
Zusammenstellung der drei in der chirurgischen Klinik zu Helsing-
fors üblichen Operationsverfahren, des italienischen, des Thiersch-
schen und des Krause’schen. Gestützt auf ein bedeutendes klinisches
Material folgert Verf., dass die Krause’sche Methode erhebliche Vor-
theile biete. Vor der Methode mit gestielten Lappen hat sie den
Vortheil bequemer zu sein und die Deckung auch ausgedehnter
Ulcerationen zu gestatten, und zwar mit Austrennung der frischen
Haut aus einer Gegend, wo die Wunde sogleich geschlossen werden
kann. Vor der Thiersch’schen bietet sie den Vortheil dauerhafterer
Heilung.
Die bei der Transplantation nach Krause öfters als bei den
anderen Methoden vorkommende partielle Nekrose ist durch erneutes
Operiren leicht zu bessern. Schließlich lenkt Verf. die Aufmerk-
samkeit auf die radikal zu entfernende Ursache der Unterschenkel-
geschwüre. Bei vorhandener Varikosität der Hautvenen darf die
Trendelenburg’sche Resesektion der Venen nicht unterlassen
werden. Aber auch andere ätiologische Momente, die leider nicht
immer so deutlich zu erkennen sind, kommen vor. In Fällen, wo
diese sich nicht entfernen lassen, scheitert auch die bisher als zu-
verlässigst erfundene Methode. A. Hansson (Cimbrishamn).
Kleinere Mittheilungen.
13) E. Mrha. Plastischer Ersatz der Harnröhre im perinealen Ab-
schnitt.
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 17.)
Mittheilung zweier Fälle, bei welchen Gersuny mit vollem Erfolg 4 cm bezw.
21 em lange Defekte der Harnröhre mit Epidermis ausfüllte. Im 1. Falle, wo
überhaupt jede Kommunikation zwischen den Antheilen der Harnröhre fehlte,
wurden 2 rechteckige Lappen aus der haarlosen Haut ausgeschnitten, welche nur
mit dem subkutanen Gewebe zusammenhingen, in den Defekt hinabgeschoben und,
zur Röhre vereinigt, zwischen die Harnröhrenstümpfe eingenüht. Die Licbtung
bleibt für Sonde 22 durchgängig; späterhin braucht wöchentlich nur Imal dieselbe
eingeführt zu werden. Im 2. Falle Deckung der ineidirten Striktur mit 3—5 mm
breit erhaltener Schleimhaut durch 2 Epidermisläppchen von Oberschenkelhaut,
4 em lang, 2 em breit. Auch hier volle Heilung. Der Autor hält es principiell
für wichtig, das kallöse Narbengewebe nicht zu entfernen, um vom Granulations-
Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 931
gewebe der neuen großen Wunde keine Schrumpfung zu erhalten, welche ein-
treten muss, so weit die Epidermis sich nicht dazwischen legt.
Herm. Frank (Berlin).
14) Molteni. Un caso di singhiozzo d’origine vescicale.
(Gazs. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 61.)
Verf. berichtet über einen Singultus bei einem Prostatiker, der nach einem
unreinen Katheterismus unter hohem Fieber, Unruhe, belegter Zunge, Diarrhöe,
Tympanie und Schmerzen im Unterleib an einer Cystitis erkrankte. Nach einer
Guyon’schen Argentum nitricum-Instillation verschwand mit den Symptomen des
Blasenkatarrhs auch der Singultus. Dreyer (Köln).
15) D. Ssergejew. Bericht über 64 Fälle von medianem Steinschnitt
und einigen anderen zur Entfernung von Steinen oder Fremdkörpern
an den Harnwegen unternommenen Operationen.
(Chirurgia 1898. p. 295. [Russisch.])
8. giebt diesen Bericht, der die Zeit von 1892—1896 umfasst, als Fortsetzung
eines früheren über ebenfalls 64 gleiche Operationen aus den Jahren 1886—1892.
Der größte Theil der Operirten waren Kinder. Wie aus den in Tabellen
kurz gegebenen Krankengeschichten hervorgeht, sind 62 Kranke genesen, 2 ge-
storben.
Der hohe Steinschnitt wurde 3mal ausgeführt. Von diesen sind ebenfalls 2
gestorben. S. hat letztere Operation nur bei großen Steinen gemacht und hat sie
vermieden, weil sie »erstens technisch schwieriger ist als der Medianschnitt und
zweitens sorgfältigere Beobachtung der Reinlichkeit verlangte.
Außerdem hat 8. auf unblutigem Weg unter Erweiterung der Harnröhre bei
einem kleinen Mädchen eine Stecknadel und bei vieren kleinere Steine entfernt.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
16) Beteke. Ein Fall von Dislokation beider Nieren nach Unfall:
Nephroptosis traumatica.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 7.)
Ein 55jähriger Kutscher schlägt beim Fall von einem hochbeladenen Wagen
mit dem Rücken gegen die Nabe des Hinterrades. Über dem 11. und 12. Brust-
und dem 1. Lendenwirbel fand sich eine Anschwellung, daneben Druckempfind-
lichkeit in der rechten Nierengegend. 3 Wochen nach dem Unfall wird rechts-
seitige Wanderniere konstatirt. Nach fast 2 Jahren ist auch die linke Niere
dislocirt. In letzterer wird die Entwicklung einer höckerigen Geschwulst beob-
achtet (Carcinom?), und stirbt Pat. nach 23/4 Jahren an Marasmus.
Des Verf. Begründung der Wanderniere als traumatischen Ursprungs ist aus
der Abhandlung zu ersehen. Wie fast immer, gehen auch hier die Meinungen der
Gutachter aus einander. Bähr (Hannover).
17) Thümmel. Exstirpation einer tuberkulösen Wanderniere.
(Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Ärzte 1897.)
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897.
Die Kombination zweier so wichtiger Nierenerkrankungen ist selten beobachtet
worden. Es handelte sich um eine 25jährige Kranke, welche seit 2 Jahren an
Blasenbeschwerden litt; im Urin wurden Tuberkelbaeillen nachgewiesen; cysto-
skopisch wurde die rechte Harnleitermündung wallartig von Granulationen um-
geben gesehen, aus der eine trübe, flockige Masse floss, welche Tuberkelbacillen
enthielt. Die Nierengegend war schmerzhaft, die Nieren selbst beweglich. Trans-
peritoneale Exstirpation der Niere; Einnähung des Harnleiterstumpfes in die
Bauchdecken; Heilung. — 3/4 Jahr später Schmerzen in der Narbe, Urin wieder
trübe, enthält aber keine Bacillen. Die exstirpirte Niere ist von zahlreichen gelben,
932 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
käsigen Herden und Tuberkeln durchsetzt, das Nierenbecken mit zerfallenen,
käsigen Massen ausgekleidet; Schleimhaut geschwürig; Harnleiter zeigt starke
muskulöse Verdickung und ulcerirte Schleimhaut. Tschmarke (Magdeburg).
18) J. Link. Subkutane Zerquetschung der rechten Niere durch
einen Pferdehufschlag. Sekundäre Nephrektomie. — Genesung.
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 11.)
30jähriger Soldat erleidet einen Hufschlag in die rechte Lendengegend. Däm-
pfung der rechten Bauchgegend bis zum Poupart’schen Band, Schmerzen im rechten
Hoden, Lendenschmerz, Erbrechen, Collaps, leichte Somnolenz, in der Blase 100,0
stark blutigen Urins ermöglichen die Diagnose. In den folgenden Tagen besseres
Befinden, Erholung; der in ziemlich reichlicher Menge spontan entleerte Urin
zeitweise rein, meist aber geringe Mengen dunklen Blutes enthaltend. Nach
3 Wochen fieberhafte Pleuritis mit 1 Liter blutig-serösen Exsudats rechterseits.
In den folgenden Wochen kontinuirliches Fieber, Abmagerung, Verfall. Urin
schmutzig trübe, meist blutig verfärbt. Die bis dahin feste Geschwulst in der
rechten Unterleibshälfte erweicht sich, wird tympanitisch. Gasphlegmone. Ope-
ration am 41. Tage bei ziemlichem Verfall des Pat.: Niere zeigt sich durch einen
queren Riss halbirt, beide Hälften am Nierenbecken hängend, die untere Hälfte
durch einen senkrechten Riss wieder in 2 Theile getrennt. Die obere Hälfte »von
normalem Aussehen« wird erhalten, die nekrotische untere Hälfte reseeirt. In
der folgenden Zeit nimmt die Urinsekretion durch die Wunde zu, Abends treten
Fiebersteigerungen auf, der Appetit verliert sich, der Pat. verfällt wieder stark
nach vorübergehender Besserung. 11 Tage nach der Nierenresektion wird der
Rest herausgenommen, worauf volle Heilung anstandslos erfolgt. Die Urinmenge
steigt in kurzer Zeit auf die normale Höhe.
Aus der Litteratur rechnet der Autor 306 subkutane Nierenverletzungen zu-
sammen; von 299 Fällen betrafen 281 = 93,98% Männer, nur 18 = 6,02% Frauen.
Herm. Frank (Berlin).
19) Denecke. Ein Fall von schwerer Nierenblutung nach Nephro-
lithotomie.
{Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Ärzte 1897.)
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897.
Bei einem sonst gesunden 26jährigen Bergmann war die rechte Niere zur Ent-
fernung von Steinen freigelegt worden. Weder mit den Fingern, noch mit einer
Punktionsnadel ließ sich ein Stein fühlen; erst nach einem Sektionsschnitt von
4cm Länge wird ein solcher, bohnengroß, aus dem Nierenbecken entfernt. Naht
der Nierenwunde durch tiefgreifende und oberflächliche Nähte. Vom Tage der
Operation an sieht der Urin wie Blut aus, so dass wegen zunehmender Anämie
8 Tage p. op. zur Nephrektomie geschritten werden musste. Eine andere Kom-
plikation trat dadurch ein, dass eine stark stinkende fieberhafte Cystitis entstand
und schließlich Sectio alta erforderte, wobei sich große, in Zersetzung befindliche
Blutgerinnsel entleerten; Drainage, Ausspülungen der Blase. Von dieser Zeit an
fiebertreier Verlauf und Erholung.
Verf. knüpft an diesen Fall Betrachtungen, wodurch die Blutung entstanden
sein könnte und hält es für möglich, dass durch die Punktionsnadel ein größeres
Nierengefäß angestochen worden sei. Es ist wohl der 1. Fall, wo eine post-
operative Nierenblutung die Indikation zur Nephrektomie hergab; nur die enorme
Größe der Blutung und der schnelle Kräftezerfall des Kranken können in diesem
Falle ein so radikales Vorgehen rechtfertigen. Zu bemerken ist noch, dass der
Kranke niemals vor Beginn der Cystitis katheterisirt worden ist. Auch hier ist
sehr radikal vorgegangen worden, um so schnell als möglich die zersetzten, fau-
ligen Massen aus der Blase zu entfernen und die gesunde Niere vor aufsteigender
Pyelonephritis zu bewahren, wohl eine Indikation, welche den Eingriff durchaus
rechtfertigt. Tschmarke (Magdeburg).
Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 933
20) Schwyzer. Zur Ätiologie des Morbus Addisonii.
(New Yorker med. Monatsschrift 1898. Januar.)
Die häufigste Ursache der Nebennierenerkrankung bei Morbus Addisonii ist
die Tuberkulose; daneben werden noch Geschwülste und genuine Atrophie der
Glandula suprarenalis, niemals aber Lues in den Lehrbüchern aufgeführt. Die
meisten veröffentlichten Fälle von syphilitischer Erkrankung der Nebennieren
waren angeborene. Doch haben schon mehrere Autoren Symptome von Addison-
scher Krankheit bei Leuten beschrieben, deren Nebennieren bei der Sektion sy-
philitische Veränderungen aufwiesen. Verf. ist in der Lage, diesen Fällen 3 weitere
hinzuzufügen, bei denen erworbene Syphilis das ätiologische Moment darstellte.
Der 1. Fall betraf einen 27jährigen Mann, der 8 Jahre vorher Lues erworben
hatte und unter den Zeichen hochgradiger Kachexie, ohne Bronzirung, starb. Die
Autopsie ergab starke pathologische Veränderungen beider Nebennieren, die als
luetisch gedeutet werden müssen: Vergrößerung, derbe bindegewebige Kapsel,
Schnittfläche weißlichgelb, theilweise opak glasig, völlige Zerstörung des eigent-
lichen Parenchyms. Mikroskopisch konnte Tuberkulose ausgeschlossen und die
syphilitische Natur des Leidens erst recht bestätigt werden.
Bei einer Frau mit Ascites und schwerer Kachexie wurden ebenfalls durch
die Sektion schwere syphilitische Veränderungen in Leber und Nieren, luetische
Narben und Pseudoligamente in der Gegend der rechten Nebenniere bei bestehen-
der Atrophie und Infiltration derselben gefunden. Bronzefärbung der Haut. Auch
hier ließ die Anamnese keinen Zweifel an der Diagnose Lues aufkommen.
Ein 38jähriger Mann endlich, mit hochgradiger Bronzefärbung, Ascites und
Leberschwellung, ohne anamnestische Anhaltspunkte für Lues, wurde nach großen
Gaben Jodkali ‚bedeutend gebessert; die Bronzefärbung und Leberschwellung
verschwanden fast ganz. Nach einigen Monaten jedoch erkrankte er wieder unter
Magenstörungen, schweren Diarrhöen und Brechen, so dass er unter zunehmender
Kachexie ebenfalls starb. Die Sektion ergab Gummata in Leber und Milz, lue-
tische Verwachsungen in der Pleura, Schwielen in der Gegend der Porta hepatis,
beider Nebennieren und des Plexus solaris. f
Die interessanten Mittheilungen lehren, dass Lues in der That die Atiologie
zum Morbus Addisoni abgeben kann; sie geben aber auch einen Fingerzeig für
die Therapie, welche bei luetischem Ursprung nicht so trostlos zu sein braucht
wie bei dem tuberkulösen, falls die Natur der Krankheit frühzeitig genug erkannt
wird. »In allen zweifelhaften Fällen abere, so schließt Verf., »wäre antiluetische
Behandlung zu versuchen!« Tschmarke (Magdeburg).
21) P. Berger. Des myxomes du bassin.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 330.)
Das von B. erfolgreich bei einem sehr heruntergekommenen, 49jährigen Mann
operirte Chondromyxom des Beckens hatte eine ungewöhnliche Größe, füllte die
linke Fossa iliaca, die Lendengegend und einen Theil des Hypochondrium aus,
reichte von der Crista ilei bis unter die unteren Rippen, von der Wirbelsäule bis
2Querfingerbreite nach rechts von der Mittellinie, ging mit breitem Stiel von der
Gegend der linken Artieulatio sacro-iliaca aus, hatte die Vasa iliaca und den Nerv.
eruralis nach vorn gedrängt und durch Druck auf letzteren unerträgliche Schmerzen
und eine völlige Lähmung des Quadriceps erzeugt. Die zunächst versuchsweise
begonnene Operation gelang wider Erwarten. Trotz langdauernder Eiterung genas
Pat. vollständig. Reichel (Chemnitz).
22) F. H. Martin (Chicago). De la ligature vaginale des ligaments
larges contre les tumeurs fibreuses de l’uterus.
(Ann. de gynécol. 1598. April.)
M. empfiehlt die von ihm 1592 zuerst vorgeschlagene Unterbindung der Basis
beider Ligamenta lata zur Heilung der Myome auf Grund seiner weiteren Erfah-
rungen von Neuem. Er bezweckt damit, die Blutungen zu hemmen und die
934 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
Myome zur Atrophie zu bringen. Der Operation selbst wird eine Ausschabung
und Desinfektion der Uterushöhle vorangeschickt, dann letztere während der Ope-
ration tamponirt. Dann wird das Scheidengewölbe durch einen bogenförmigen
Schnittt gespalten, die Blase abpräparirt, und dann das Lig. latum mit dem Zeige-
finger isolirt. Eine krumme Nadel mit Seidenfaden vollendet das Umlegen derLigatur.
M. empfiehlt seine Methode besonders bei interstitiellen Myomen, zumal wenn
sie klein sind. Direkt indicirt hält er die Ligatur bei hochgradig erschöpften
Kranken mit profusen Blutungen, die eine Radikaloperation nicht mehr zu er-
tragen vermögen.
M. gebietet jetzt über eine Erfahrung von 13 Fällen. Die längste Beobach-
tung erstreckt sich auf einen Zeitraum von 3 Jahren. Ein günstiger Einfluss auf
die Blutungen war immer, auf die Verkleinerung der Myome meistens zu kon-
statiren. Jaffé (Hamburg).
23) 8. Gottschalk. De la valeur therapeutique et des indications de
la ligature des artères uterines dans les cas de myomes de l'utérus.
(Ann. de gynécol, 1898. Mai.)
G.’s Erfahrungen erstrecken sich über 20 Fälle, von denen 16 jahrelang beob-
achtet und kontrollirt sind. Es handelte sich meist um intramurale Myome des
Corpus von Apfel- bis Apfelsinengröße. Die Operationstechnik ist ähnlich der
von Franklin Martin; nur legt G. 3 Ligaturen etagenförmig an, welche stets
höhere Partien des »Ligamentum cardinales und die Basis des Ligamentum latum
umfassen. Das bemerkenswertheste Resultat war in allen Fällen das sofortige
Aufhören der Blutungen. Nur in 1 Fall, wo die Menorrhagie 14 Monate nach
der Operation wiederkehrte, war G. genöthigt, eine Ausschabung des Uterus vor-
zunehmen. In den anderen Fällen kehrten die Blutungen nicht wieder. Der
atrophisirende Einfluss der Ligatur auf das Myom konnte in 14 Fällen nachgewiesen
werden; in 7 Fällen waren sie für die klinische Untersuchung sogar vollständig
verschwunden.
Der Erfolg der Operation hängt zum großen Theil vom Sitz des Myoms ab.
Am günstigsten verhalten sich die interstitiellen Myome, welche im unteren und
mittleren Drittel des Uterus liegen, weniger die im Fundus entwickelten, und
ganz ungeeignet zur Ligaturbehandlung sind die intraligamentären Geschwülste.
G. fasst seine Erfahrungen in folgende Schlusssätze zusammen:
Die Ligaturbehandlung ist besonders geeignet bei kleinen, intramuralen
Myomen des unteren und mittleren Theils des Uterus, so weit sie nicht größer
sind als ein Kindskopf, besonders bei Frauen, welche nahe der Menopause sich
befinden. Jaff6 (Hamburg).
24) H. Hartmann et P. Fredet. Les ligatures atrophiantes dans le
traitement des tumeurs uterines.
(Ann. de gynöcol. 1898. Februar u. April.)
Verff. berichten über einige Erfahrungen, die sie mit der bei uns siemlich
wieder verlassenen atrophisirenden Arterienunterbindung in der Behandlung inope-
rabler Uteruscarcinome und Uterusmyome gemacht haben. Wegen inoperabler
Careinome haben sie in 3 Fällen operirt. Der Erfolg in Bezug auf die Blutungen
und die Sekretion war günstig; das Fortschreiten der Neubildung konnte jedoch
nicht aufgehalten werden.
Verff. ziehen die Unterbindung der Aa. uterinae der Ligatur der Hypogastrica
vor und empfehlen als Operationsverfahren eine von Altucheff und Sneguireff
(Monatsschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie p. 453, Berlin, 1896) beschriebene
Methode, die im Original nachgesehen werden muss. Die Unterbindung der
Arteriae uterinae bei Uteruscarcinom ist als Ergänzung der sonstigen Palliativ-
operationen aufzufassen, die in Frage kommt, wenn die Blutungen im Vorder-
grund der Symptome stehen.
Wegen Myom haben Verff. 5mal die Vasa uterina unterbunden. Während die
Operation wegen Carcinom vom Bauch aus geschehen muss, wird sie bei Myomen
Centralblatt für Chirurgie. No, 36. 935
vaginal ausgeführt. Man umschneidet das Scheidengewölbe, trennt die Blase vom
Uterus ab und unterbindet nach Freilegung der Uteringefäße dieselben mit 1 oder
2 starken Seidenfäden. Die von Goelet empfohlene Durchschneidung der Ge-
fäße ist überflüssig. Die Erfolge in den bisher operirten Fällen, su denen noch
40 aus der Litteratur kommen, waren günstig. Die Blutungen hörten meist bald
auf; die Geschwülste blieben im Wachsthum stehen oder verkleinerten sich. Ge-
storben ist von den bisher operirten Frauen keine in Folge der Operation. Die
Ausschabung des Uterus kann als ergänzender Eingriff zweckmäßig hinzugefügt
werden.
Als interessante Thatsache berichten die Vert noch, dass in ihren 5 Fällen
stets eine auffallende Acetonurie nach der Operation zu konstatiren war, die in
1 Falle sicher vor derselben noch nicht vorhanden war. Weitere Schlüsse werden
aus diesem Befund nicht gezogen. Jaff6 (Hamburg).
25) Klippel. Arrêt de développement du membre supérieur consé-
cutif à un traumatisme datant de l'enfance. Atrophie musculaire
numérique.
(Presse méd. 1897. No. 62.)
Der ausführlichen Überschrift ist nur so viel hinzuzufügen, dass es sich um
einen jener interessanten Fälle handelt, wo nach einer Verletzung in der frühesten
Jugend die Entwicklung des betreffenden Gliedes zurückbleibt in der Art, dass
die Verschiedenheit gegenüber der gesunden Seite sich nur durch eine geringere
Anzahl von Muskel-, Knochen- und Nervenelementen charakterisirt, während diese
Flemente in Bezug auf Dimension und Struktur keine Unterschiede zeigen. Im
vorliegenden Falle konnte diese »numerische Atrophie« des linken Armes bei
einem ö4jährigen Manne auch mikroskopisch festgestellt werden, da derselbe an
Lungentuberkulose starb. Es fanden sich auch in dem entsprechenden Abschnitt
des Rückenmarks wesentliche Verschiedenheiten, indem rechts 35 Nervenzellen im
Vorderhorn, links dagegen nur 18 solche Zellen gezählt werden konnten, die im
Übrigen dieselbe Struktur und Volumen hatten. Die Ursache war eine Quetschung
des linken Ellbogens, die der Kranke als 3jähriges Kind erlitten, und die zur
Ankylose geführt hatte. Tschmarke (Magdeburg).
26) Herdtmann. Ein Fall von Absprengung des Kronenfortsatzes
der Elle.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 6.)
Durch kräftiges Einstoßen eines Spatens in die Erde ohne Zuhilfenabme der
Füße entstanden. Befund 5 Monate nach dem Unfall: Gelenk gering geschwollen.
Der abgebrochene Kronenfortsatz haselnussgroß unter dem inneren Armbeuger zu
tasten. Leicht verschieblich. Streckung nicht ganz ausgiebig. Operative Ent-
fernung abgelehnt. Am anderen Arm ebenfalls behinderte Streckung. Dort Spitze
des Condyl. extern. abgebrochen und unter der Haut verschieblich liegend. Klemmt
sich bei Bewegungen zwischen Radiusköpfchen und Hakenfortsatz der Elle ein.
Durch Fall auf den Arm in der Jugend entstanden. Teubner (Hannover).
27) Legueu. Synovite tuberculeuse à forme vegetante et hyper-
plastique.
(Presse méd. 1897. No. 60.)
Es handelte sich um einen 24jährigen Mann, der seit mehreren Jahren an einer
chronischen Krankheit des Kniegelenks litt. Als Verf. ihn sah, war die Syno-
vialis stark verdickt, und eine große Anzahl freier Körper im Gelenk nachzu-
weisen; besonders konnte man 3 etwa nussgroße, aber abgeplattete, frei bewegliche
Körper fühlen; außerdem bestand Schneeballknistern und Atrophie der Muskulatur.
Die Arthrotomie bestätigte die Vermuthung, dass es sich um einen jener seltenen
Fälle von Lipoma arborescens handelte, welches die ganze Synovialis betraf; Ex-
stirpation desselben, prima intentio, geradlinige Ankylose.
936 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
Impfversuche in die vordere Augenkammer und die Bauchhöhle eines Ka-
ninchens blieben erfolglos. Histologisch konnte aber in einigen der Zotten eine
große Anzahl tuberkulöser Herde, einzeln und konfluirend, im Centrum verkäst
und 1—2 Riesengellen enthaltend, nachgewiesen werden. Die Untersuchung auf
Bacillen blieb negativ. — Dieser Fall reiht sich also den von Stieda zsusammen-
gestellten und als tuberkulösen Ursprungs erkannten Fällen an.
Verf. ist der Ansicht, dass nicht immer die Tuberkulose die Grundursache
dieser eigenartigen Synovitis ist; es sind auch schon Staphylokokken gefunden
worden. Er hält die Krankheit für eine chronische, hyperplastische Form der
Synovitis, angeregt durch eine Infektion, entweder tuberkulöser oder anderer Art.
Die abgeschwächte Virulenz bedingt sodann einen weniger destruktiven Process,
sondern die fibröse oder lipomatöse Form. Tschmarke (Magdeburg).
28) Pont. Fracture de la mall&ole interne par flexion forcée du pied.
Ufroe, med. 1897. No. 25.)
Der Bruch entstand durch gerade Flexion des Fußes gegen den Unterschenkel
ohne seitliche Abweichung, indem beim Beladen eines Karrens dieser umschlug,
und das Bein so zu liegen kam, dass der Oberschenkel auf den Unterschenkel
und der Fuß gegen den Unterschenkel angedrückt wurde, wobei die Stiefelspitze
vorn an der Tibia noch eine Wunde hineinschlug. Die Fraktur ist, wie experi-
mentelle Prüfungen ergaben, eine Rissfraktur und kommt bei Flexion bis zum
Winkel von 30—40° zu Stande, nicht, wie Albert annimmt, durch das Anstoßen
des Talus am Malleolus. Es bricht dabei auch regelmäßig nur der innere, nie
der äußere Malleolus. Herm. Frank (Berlin).
29) Jacoby. Kasuistischer Beitrag zu der Lehre von der Gewohn-
heitslähmung.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 6.)
Im Anschluss an eine Quetschung des Fußrückens und eine Wunde unter der
großen Zehe entwickelt sich bei dem Verletzten in Zeit von 6 Monaten folgendes
Krankheitsbild: Nach geringer Bewegung unförmlich geschwollener Unterschenkel,
Geschwür unter der großen Zehe, nach seinem Verhalten vom Verf. als Mal per-
forant du pied angesprochen, gelockerter Bandapparat am Fuß, Varusstellung,
Peroneuslähmung und daneben ziemlich vorgeschrittene Tabes mit ausgeprägten
Symptomen. 13/4 Jahr nach dem Unfall muss der Unterschenkel amputirt werden.
Fuß unförmlich verdickt, enorm schmerzhaft und ganz hochgradig supinirt. Verf.
erklärt nun die Peroneuslähmung und ihre Folgen unter Hinweis auf die aus-
führliche diesbezügliche Arbeit Ehret’s als Gewohnheitslähmung. Um das schmerz-
hafte Geschwür an der Zehe vor Druck zu schützen, sei Pat. auf dem äußeren
Fußrand gegangen. Dadurch andauernde Kontraktion der Supinatoren und Außer-
dienststellung der Pronatoren (peronei). In Folge der langen Dauer hat Pat. all-
mählich den Willenseinfluss auf letztere verloren, auch in der Ruhe blieb die
Varusstellung bestehen, und schließlich entstand der hochgradige Klumpfuß. Als
verschlimmerndes Moment kam die unter dem Einfluss der Tabes auftretende de-
formirende Gelenksentzündung hinzu. Trotz der Verschleierung durch die Tabes
ist das Krankheitsbild der Gewohnheitslähmung deutlich. Verf. streift dann die
Frage der traumatischen Tabes, verneint für den vorliegenden Fall das Trauma
als Ursache der Tabes und bespricht die praktisch wichtige Frage, ob das Geschwür
an der Zehe erst durch den Unfall entstanden, oder schon vorhanden gewesen und
tabischen Ursprungs sei, in welch letzterem Falle keine Entschädigung beansprucht
werden kann. Da aus den Akten über diesen Punkt keine Klarheit zu erlangen
ist, und Pat. natürlich das erstere behauptet, so wird ihm eine Rente zugesprochen
werden müssen. Teubner (Hannover).
Originalmittheilungen, Monographien und »Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Centralblatt
CHIRURGIE
E. vm Bapan, (mm RA
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
PEA SEATA VE EREE EEE EAEE ERRA
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 37. Sonnabend, den 17. September. 1898,
Inhalt: 1) Wwedensky, Arteriitis obliterans. — 2) Aleksinskl, Zwirnfäden zur Naht.
— 3) Moore, Ligaturen und Suturen. — 4) Hölscher, Erkrankung der Luftwege nach
Athernarkose. — 5) Llobet, Klinischer Bericht. — 6) Fasano, Sozojodol. — 7) Lyssen-
kow, Chirurgie des Nervensystems. — 8) Winkler, Epilepsie. — 9) Terrier, Gulllemaln
und Malherbe, Halschirurgie. — 10) v. Stockum, Intubation. — 11) Lanz, Schilddrüsen-
präparate. — 12) Bähr, Schenkelbruch. — 13) Heldenhaln, 14) Bayer, Darmverschluss.
— 15) Qu6nu, Mastdarmkrebs. — 16) de Quervaln, Dermoide des Beckenbindegewebes.
A Dubujadoux, Hirnkompression. — 18) Braquehaye und Sabrazès, Speicheldrüsen-
hypertrophie. — 19) Berger, Melanom der Halsdrüsen. — 20) Walther, Kropf. —
21) Pousson, Mastopexie. — 22) Halliday, Appendicitis. — 23) Lejars, Suhphrenischer
Abscess. — 24) Villemin, Enteropesie. — 25) Broussin, 26) Deibet, Fremdkörper im
Mastdarm.
1) A. A. Wwedensky. Über Arteriitis obliterans und ihre
Folgen.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 1.)
An der Hand einiger eigenen Beobachtungen entwirft Verf. das
Krankheitsbild des oft langwierigen Leidens. Die Arteriitis obliterans
der unteren Extremitäten ist hauptsächlich eine Russland eigene
Erkrankung, bei Männern von 15—60 Jahren vorkommend. Als
Vorläufer treten vorübergehende Schmerzen in den Beinen auf.
Diese Schmerzen kommen periodisch und sind neuralgischen sehr
ähnlich. Sie sind verbunden mit Blaufärbung, Krämpfen und Frost-
gefühl. Die Pulsation der Arterien des erkrankten Glieds wird
undeutlich und schwindet oft ganz. Ein weiteres diagnostisch sehr
wichtiges Symptom ist das periodische Lahmen, auf dessen Bedeu-
tung schon Charcot aufmerksam gemacht hat. Dieses Hinken wird
bei Beginn der Bewegungen nicht wahrgenommen, und steigert sich
mit der Dauer des Herumgehens. In der Ruhe, schon nach 2 bis
3 Minuten, verschwinden die das Lahmen begleitenden Schmerzen,
die Muskelkontrakturen und die Herabsetzung der Sensibilität. Der
periodische Zustand tritt oft schon sehr lange vor der Gangrän der
Extremitäten auf.
37
938 Centralblatt für Chirurgie. No. 36.
Als ätiologischer Faktor wird häufig die Lues angeführt, nach
des Verf. Ansicht mit Unrecht. Er glaubt, dass in der Mehrzahl
der Fälle die Gangrän durch verschiedene Einflüsse zu Stande kommt.
Es kommen hierbei in Betracht Mischinfektion, Erkältung der Ex-
tremitäten, häufige Abkühlung, Durchnässung namentlich nach vor-
ausgegangener Veränderung der Gefäße durch Infektionskrankheiten
wie Malaria, Typhus, Rheumatismus.- Zugleich ist W. der Meinung,
dass zum Entstehen der Gangrän nicht nur eine Affektion der Ge-
fäße, sondern auch eine solche des nervösen Apparats der Extremi-
täten zugestanden werden muss. Nur so lässt sich die wechselvolle
Symptomatologie des Leidens begreifen. Ob allerdings die Nerven
oder die Gefäße das zuerst ergriffene System sind, das lässt sich
heute noch nicht entscheiden.
Therapeutisch wird mit Charcot Ruhe empfohlen. Durch
elektrische Behandlung ist in einzelnen Fällen nicht nur Stillstand
der Krankheit, sondern Genesung erreicht worden, natürlich nur in
den Anfangsstadien. Bei schon ausgesprochener Gangrän kommen
nur verstümmelnde Operationen in Frage.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
2) A. S. Aleksinski. Gewöhnliche Zwirnfäden anstatt der
Seide zur chirurgischen Naht.
(Chirurgia 1898. p. 289. [Russisch.])
»Je einfacher, erreichbarer und billiger ein Heilmittel bei sonst
gleichen Bedingungen ist, desto mehr verdient es beim Gebrauch
den Vorzug. In dieser Vorstellung habe ich Veranlassung gefunden,
zu jederlei Art chirurgischer Naht ganz gewöhnlichen Zwirn (aus
Flachs) zu prüfen (wie das schon öfters geschehen ist, Ref.), der in
jedem Dorfe gesponnen wird, an Stelle der Seide, welche 3mal so
theuer ist und aus den Magazinen der Residenz zu beziehen ist. «
Damit leitet A. seine Mittheilung über die Anwendung von
Zwirnfäden in 50 Operationen ein, die er im Jaroslaw’schen Semstwo-
Krankenhause ausgeführt hat. Das Resultat war mit wenigen
Ausnahmen ein günstiges. Unter den per primam geheilten Opera-
tionswunden befinden sich z. B. 3 Bassini’sche Radikaloperationen
an Leistenbrüchen, ein eingeklemmter Bruch, 4 Unterlippenkrebse,
eine ausgedehnte Oberkieferresektion bei Krebs, 3 Fälle von Brust-
amputationen, Hämorrhoidenoperationen, Etagennähte bei durch-
dringenden Bauchverletzungen etc. A. bekam den Eindruck, dass
die Resultate mit der Zwirnnaht in keiner Weise denen mit Seide
erhaltbaren zurückstanden.
Anfangs (in 14 Fällen) verwandte A. gebleichten Zwirn, später
ungebleichten, der viel fester ist als jener. Zuerst wurde der Zwirn
1 Stunde mit heißer Soda behandelt, um das Fett zu entfernen,
ohne dass stark gekocht wurde, um die Haltbarkeit der Fäden nicht
zu schädigen, und dann (is Stunde in siedendem Dampf sterilisirt.
E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 939
3) J. E. Moore. Ligatures et sutures.
(Philadelphia med. journ.)
Verf. verwirft alle Ligaturen und Suturen mit unresorbirbarem
Material (Seide und Draht). Er präparirt für seine Operationen den
Katgut so, dass er denselben in Stücke schneidet von ungefähr 50 cm— im
Länge. Diese schlägt er dann in Paraffinpapier ein und dieses
Packetchen wird noch einmal in Papier eingewickelt. Hierauf wird
dieses dann einer trocknen Hitze von 100° für 3 Stunden ausgesetzt
und dann noch für 4 Stunden in einem Sterilisirapparat bei 120°
Hitze aufbewahrt.
Bei den Operationen werden die Packetchen in der Weise ver-
wandt, dass die äußere Papierhülle abgenommen wird und die Paraffin-
hülsen dem Operateur in die Hände gegeben werden. Dieser
entnimmt die Katgutfäden, taucht sie in sterilisirtes Wasser und
wendet sie zu Ligaturen oder Suturen an. Beneoke (Hamburg).
4) R. Hölscher. Experimentelle Untersuchungen über die
Entstehung der Erkrankungen der Luftwege nach Äthernarkose.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.)
Verf. suchte auf experimentellem Wege die strittige Frage zu
entscheiden, ob die Schädigungen durch die Äthernarkose durch das
Inhalationsmittel an sich oder, wie Nauwerck und Grossmann
betonen, durch fehlerhafte Technik der Äthernarkose bedingt sind.
Er narkotisirte zu diesem Zweck meist Hunde und Kaninchen und
brachte in die Mundhöhle derselben Gentianaviolett in Klümpchen
oder geringen Mengen der Lösung ein. Bei horizontaler Lagerung
der Versuchsthiere fand er nun, dass während der Narkose die Kraft
des inspiratorischen Luftdrucks genügte, um in dem Rachen befind-
liche Flüssigkeit mit sich fort und in die Luftwege hinein zu reißen.
Schleim und Speichel wurde in den Äthernarkosen immer abgesondert
und diese abgesonderte Flüssigkeitsmenge sammelte sich vor dem
Kehlkopfeingang bei Tieflagerung des Kopfes an. Ob dann noch
diese Massen in die tieferen Luftwege hineinbefördert werden, das
hängt von der Kraft des inspiratorischen Luftstroms und von der
Schwere der angesammelten Flüssigkeitsmenge ab. Die Aspiration dieser
Speichelmassen ist nur zu verhindern, wenn man ihre Ansammlung
verhütet.
Beim Menschen kann eine Aspiration von Mundinhalt nur noch
leichter eintreten, so dass Verf. die schon bekannten, namentlich
von Grossmann empfohlenen Details der Technik der Äthernarkose
sehr befürwortet. Die Kopfplatte des Operationstisches ist möglichst
tief zu stellen; Kopf und Hals müssen abwärts geneigt liegen. Der
Kopf wird seitlich gedreht und durch Abwärtsdrängen des Mund-
winkels dem Speichel Abfluss geschaffen. Der Unterkiefer darf nicht
zurücksinken.
37*
940 Centralblatt für Chirurgie. No. 37.
Trotz der hochgradigen Salivation bei Hunden wird durch den
geathmeten Ather die Schleimhaut der Luftwege an sich nicht zu
erhöhter Sekretion angeregt, jedenfalls ist aber eine etwaige Sekretion
geringfügig und das gebildete Sekret wird durch die Flimmerung
des Epithels mit Leichtigkeit nach außen geschafft. Der Speichel-
fluss beruht nach H.’s Ansicht bei der Athernarkose, wenn auch zum
größten Theil, so doch nicht allein auf lokaler Reizwirkung durch
die Ätherdämpfe, vielmehr spielen hierbei auch centrale Einflüsse
eine Rolle. Im Ganzen also führt der Verf. die bekannten Schäden
der Äthernarkose wesentlich auf Fehler in der Technik zurück und
in dieser Hinsicht ist seine experimentelle Bestätigung höchst will-
kommen. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
5) Llobet (Buenos Aires). Onze années de pratique chirur-
gicale, mit Vorwort von Ollier. 2 Bde. 1507 S.
Verf. berichtet in selbstgefälliger Breite über die Erfahrungen
seiner 11jährigen Thätigkeit in Buenos Aires, denen etwa 5000 Beob-
achtungen zu Grunde liegen. Ollier sagt in der Vorrede, das
Buch charakterisire die Entwicklung der Chirurgie Argentiniens, für
welche eine neue Ara begonnen habe. Es ist wohl auch der Haupt-
zweck des Buches, zu zeigen, dass es L. gelungen ist, den europäischen
Verhältnissen ähnliche zn schaffen und etwa das Gleiche zu leisten,
was diesseits des Oceans von einem Spitalarzt verlangt wird. Ob-
gleich das Buch nach Aussage des Verf. kein Lehrbuch sein sollte,
ist es doch im Stil eines solchen geschrieben und gleicht ihm in der
oft eingehenden Behandlung der Kapitel auch aus der kleinen
Chirurgie. Der Text besteht zum größeren Theil aus Kranken-
geschichten, von wechselnder Ausführlichkeit, oft ohne Angabe der
Jahreszahl, des Datums vom Beginn der Behandlung etc. Keine
Statistik gestattet uns Einblick, was dem Verf. irgend ein Verfahren
geleistet hat. Der wissenschaftliche Werth beschränkt sich eben auf
einige technische und kasuistische Bemerkungen.
L. ist im Wesentlichen Anhänger der Antiseptik und verwendet
die Agentien zum Theil in starken Koncentrationen. Nach einer
allgemeinen Einleitung, welche dem Instrumentarium und mehreren
dem Verf. eigenen Einrichtungen gewidmet ist, bespricht L. zuerst
die Erkrankungen, welche bestimmten Geweben eigen sind, um dann
der Reihe nach auf die einzelnen Organe einzugehen. Aus der
großen Fülle des Stoffes braucht nur Weniges hervorgehoben zu
werden. L. behandelt Milzbrand mit starken Sublimatumschlägen
und verabreicht gleichzeitig Jodtinktur innerlich (3>x4—20 Tropfen
täglich); die Erfolge seien vorzüglich. Bei Gelenktuberkulose bekennt
er sich im Allgemeinen zu frühzeitigem Eingreifen (Arthrektomie etc.)
vor Allem nach Ollier’s Methoden. Eigenthümlich sind dem Verf.
1) die sogenannte Coprotripsie abdominale (Laparotomie Behufs
Zertrümmerung verstopfender Kothballen), welche er "mal ausgeführt
Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 941
hat! 2) Eine Thorakotomie mittels Haut-Knochenlappens in Form eines
Hufeisens; die Operation wurde ausgeführt zur Heilung einer Hernia
diaphragm. traumatica. 3) Der Vorschlag, bei Hysterectomia abdo-
minalis, anstatt die Scheideninsertion abzutrennen, einen Saum festen
Collumgewebes stehen zu lassen (wird wohl kaum Nachahmer finden!).
Interessant sind mehrere Beobachtungen von Echinokokken der
Gehirnhemisphären und der Harnblase, so wie ein Fall von nahezu
symmetrischen Lipomen am Perineum, der als Polyorchritis gedeutet
wurde. Beachtung verdienen auch seine Hysterektomieklemmen mit
abnehmbaren Branchen, so dass nur die Mäuler liegen bleiben.
Der Gesammteindruck des Buches leidet noch durch die unzu-
sammenhängende Darstellung, sehr zahlreiche Druckfehler und Schreib-
weisen wie Wolkmann, Nushbaüm, Conheim, die zu vermeiden
waren. Christel (Metz).
6) A. Fasano (Neapel). I sali di sozojodolo nelle specialità
medico-chirurgiche.
(Arch. intern. di med. e chir. 1897. p. 418.)
F. verwendete die Sozojodolpräparate in etwa 200 Fällen, haupt-
sächlich von Nasen- und Kehlkopferkrankungen, Gonorrhoe, venerischen
Geschwüren, ferner bei Scheiden- und Cervixkatarrhen, endlich bei
zahlreichen Wunden anderen Ursprungs. Er ist von den Resultaten
überaus befriedigt und fasst seine Erfahrungen dahin zusammen,
dass diese Präparate mit Rücksicht auf die vortrefflichen Erfolge in
den entsprechenden Fällen unbedingt Anwendung finden sollten,
Die Versuche wurden mit Streupulvern, Salben, Lösungen, Inhala-
tionen, Spülungen etc. angestellt und die einzelnen Salze der Reihe
nach verwendet. Die Recepte decken sich zum größten Theil mit
den Vorschlägen von Schwarz, Schwimmer u. A.
F. hat auch durch bakteriologische Versuche seine klinischen
Erfolge kontrolliren können und befindet sich auch in dieser Beziehung
in Übereinstimmung mit den Berichten von Langgaard, Dräer,
Gruening etc. J. Sternberg (Wien).
7) N. K. Lyssenkow. Kurzer historischer Abriss der Ent-
wicklung der Chirurgie des Nervensystems. Antrittsvorlesung.
(Chirurgia 1898. p. 205. [Russisch.])!
In lebendiger Darstellung giebt L. einen Überblick über die
Geschichte der Gehirn- und Rückenmarkschirurgie. Bei der Schilde-
rung der neueren Fortschritte auf diesem Gebiete unterlässt L. es
nicht, auf die besonders hervorragende Wechselwirkung hinzuweisen,
die gerade dieser Theil der Chirurgie mit der Anatomie und Physio-
logie hat. E. Braatz (Königsberg i/Pr.).
942 Centralblatt für Chirurgie. No. 37.
8) C. Winkler. L'intervention chirurgicale dans les epi-
lepsies.
(Rapport lu au premier congrès international de psychiatrie, de neurologie et
d’hypnologie, tenue & Bruxelles du 14.—19. September 1897.)
In dieser Arbeit hat W. in der trotz vielen klinischen und
experimentellen Arbeiten der letzten Jahre noch immer der Lösung
harrenden Frage zur Pathogenese der Epilepsie Stellung genommen
Es ist bekannt, wie, seitdem H. Jackson 1861 seine für die
Lehre der Epilepsie so äußerst fruchttragende Hypothese aufgestellt
hat, dass in einer Reihe von Fällen der Ausgangspunkt in der Hirn-
rinde zu suchen sei, von gewisser Seite in einseitiger Übertreibung
jeder Epilepsie ein corticaler Ursprung zugeschrieben ist. Neuere
Untersuchungen haben hier die Bedeutung der schon seit den
Arbeiten von Kussmaul u. Tenner und besonders von Noth-
nagel bekannten infracorticalen Centren wiederum ans Licht ge-
bracht.
Dagegen hat sich besonders in der letzten Zeit in entgegen-
gesetzter Richtung die Meinung breit gemacht, die gemeine Epilepsie
sei von der symptomatischen unilateralen, sogenannten Jackson-
schen scharf zu trennen und habe mit letzterer nichts anderes als
den Namen gemein. Mit fortschreitender Erkenntnis ist aber mehr
und mehr das Gebiet der idiopathischen Epilepsie eingeschränkt,
während das der symptomatischen sich ausbreitete. Für Verf. ge
es gar keine idiopathische Epilepsie; er spricht es als seine Uber-
zeugung aus, dass jede Epilepsie eine symptomatische ist, und keine
absoluten Grenzen bestehen zwischen partiellen, halbseitigen und
allgemeinen Konvulsionen; die toxische sowohl als besonders die
reflektorische Epilepsie, die abwechselnd von Zuckungen in der ver-
schiedensten Ausdehnung begleitet sind, beweisen dies.
Damit ist auch gesagt, dass den partiellen Kontraktionen nicht
der Werth beizumessen sei, den man ganz allgemein ihnen zu geben
geneigt ist. Die Spasmen sind nur ein Symptom, deuten auf Ent-
ladung eines Centrums, weiter nichts. Die pathologische Abweichung,
die, wenn die epileptogene Prädisposition da ist, eine derartige Ent-
ladung veranlasst, kann wohl in dem betreffenden Centrum selbst
lokalisirt sein, kann aber auch in den peripheren Körpertheilen sich
vorfinden, wo die mannigfachsten Krankheiten erst reflektorisch
das Centrum in Wirkung bringen; eine allgemeine Intoxikation
(Diabetes, Nephritis, Saturnismus, Pneumonie) oder Autointoxikation
kann eben so dasselbe bewirken.
Das ist wichtig für die Therapie; denn es ist einleuchtend, dass
für eine rationelle Behandlung nicht allein das entladende Centrum
berücksichtigt werden muss, sondern in erster Linie auch die Ent-
ladungsstörung selbst. Die Möglichkeit des peripheren Sitzes dieser
ist immer ins Auge zu fassen. Bequem ist die Differentialdiagnose,
wenigstens in traumatischen Fällen, oft nicht: es sind besonders die
Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 943
unilateralen Krämpfe auf der Seite des Traumas, und nach W.
wahrscheinlich auch der überwiegend tonische Charakter, die für
eine periphere Entladungsstörung sprechen. Erst wenn eine toxi-
sche Wirkung oder irgend welche periphere Ursache, wozu auch
schließlich jede nicht in der Hirnrinde gelagerte Hirnaffektion ge-
rechnet werden muss, ausgeschlossen ist, kann an eine Entladungs-
störung in der Hirnrinde gedacht werden.
Hier ist die Möglichkeit einer operativen Entfernung des Krank-
heitsherdes gegeben, wenn dieser lokalisirt und leicht zugänglich
ist. Übrigens können die verschiedensten pathologischen Ab-
weichungen zu Grunde liegen, sowohl eine subdurale Blutung als
eine Geschwulst, eine Narbe oder Cyste mit und ohne Knochen-
fragmente, und schließlich auch einfache Kongestion oder akutes
Odem.
Hervorzuheben ist hier die Erfahrung des Autors betreffend die
Verschiedenheit in prognostischer Beziehung zwischen den trauma-
tischen subduralen Blutungen und denen anderer Ursachen, z. B.
bei der allgemeinen Paralyse. Während die ersteren sich günstig
unterscheiden, ist nach allen 4 von ihm beobachteten Fällen, die im
Verlauf der allgemeinen Paralyse aufgetreten waren, nach Entfernung
der Coagula der Tod gefolgt.
Auf den Sitz eines Krankheitsherdes in der Hirnrinde deutet
ein Komplex von Erscheinungen, die der Verf. unter dem Namen
von »Etat de mal épileptique unilateral« zusammenfasst. Diese sind
gekennzeichnet durch Konvulsionen, die, immer in demselben
Muskelgebiete anfangend, mit oder ohne eine vorübergehende
tonische Phase, mit oder ohne Verlust des Bewusstseins, sich auf
einer Seite des Körpers derartig ausbreiten, dass die Reihenfolge der
topographischen Ordnung genau den motorischen Hirnfeldern ent-
sprechend innegehalten wird.
Eine derartige Entladungsstörung kann aber eben so gut als in
den motorischen Feldern, wie bei dem »Etat de mal unilateral«,
auch in den übrigen Theilen der Hirnrinde lokalisirt sein und wird
dann, je nach der betroffenen Stelle, mit verschiedenen Reizerschei-
nungen, besonders in der psychischen und sensorischen Sphäre, den
Anfall einleiten. So ist die Aura von überwiegender Bedeutung, und
wird in der Zukunft mit vertiefter Erkenntnis der physiologischen
Funktionen der Hirnoberfläche auch die topographische Diagnostik
am meisten gefördert sein. In traumatischen Fällen wird man sich
immer durch die Aura leiten lassen. Oft genug besteht keine Über-
einstimmung zwischen der äußerlich sichtbaren Kopfnarbe und dem
entladenden erkrankten Centrum.
Übrigens darf ohne makroskopische Veränderungen ein Hirn-
rindentheil nicht ausgeschnitten werden, wenn nicht mit Hilfe des
faradischen Stroms gerade auf jenem Punkte künstlich ein dem
spontanen ganz analoger Anfall ausgelöst werden kann. Die Hervor-
rufung einzelner Zuckungen in den Muskeln der während eines
944 Centralblatt für Chirurgie. No. 37.
Anfalls bewegten Extremitäten genügen dazu nicht. Zur Illustration
giebt Verf. einen in dieser Beziehung sehr lehrreichen Fall.
Bei einem 20jährigen Epileptiker, dessen Anfälle eingeleitet werden durch
eine sensitive Aura in den linken Fingern, wo auch die Konvulsionen ihren An-
fang nehmen, wird oberbalb des Unterarmeentrums kontralateral ein Stück ver-
diekten Sohädelknochens ohne Erfolg entfernt. Zum zweiten Mal wird die Hirn-
rinde bloßgelegt und jetzt das Centrum der linken Hand mit dem faradischen
Strom aufgesucht und mit Thermokauter excidirt. Auch dies Mal war das Resultat
noch gering, wesshalb zum dritten Mal eingegriffen werden musste. Jetzt aber
gelang es, die sensitive Aura berücksichtigend, mit dem schwächsten faradischen
Strom in dem Lobus parietalis inf. einen Punkt zu finden, bei dessen Reisung
ein vollkommener, dem natürlichen ganz analoger Anfall aussgelöst wurde. Nach
Entfernung dieses Theiles sind die großen Anfälle nicht mehr beobachtet, und
ist, wenn auch keine vollkommene Heilung eingetreten ist, der Erfolg doch sehr
zufriedenstellend.
Im Allgemeinen sind die Resultate der operativen Behandlung
bei der Epilepsie genügend, wenn eine tastbare Veränderung ent-
fernt worden ist, weniger erfolgreich, wenn keine makroskopische
Veränderung vorlag. In diesen letzten Fällen ist bis jetzt die Be-
deutung der Aura nicht genug gewürdigt.
Am Schluss seiner sehr lesenswerthen Abhandlung giebt Verf.
die Protokolle von 22 von ihm selbst beobachteten Fällen, wo chirur-
gisch eingegriffen ist. Sie sind des fleißigen Studiums überwerth.
G. T. Walter (s Gravenhage).
9) Terrier, Guillemain et Malherbe. Chirurgie du col.
Paris, Alcan, 1898.
Das kurzgefasste Lehrbuch enthält außer der eigentlichen
Chirurgie des Halses auch einen von M. verfassten Abschnitt über
Laryngoskopie und intralaryngeale Behandlung. Die Darstellung
ist im Allgemeinen klar und übersichtlich und durch 101 Ab-
bildungen erläutert; die rein anatomischen Abbildungen ermangeln
der heut zu Tage verlangten Deutlichkeit.
Der deutsche Leser ist angenehm überrascht, in manchen
Kapiteln die fremde Litteratur ausgiebig berücksichtigt zu finden.
In anderen Kapiteln weichen die Anschauungen der Autoren wesent-
lich von den unsrigen ab. Im Kapitel Tracheotomie werden eine
Menge Methoden aufgezählt, ohne dass ein einziges Mal auf die
Nothwendigkeit der exakten Blutstillung und das dazu nothwendige
Verfahren hingewiesen wird. Bei starker Blutung rathen die Verf.
nur möglichst bald die Trachea zu eröffnen (!). Die Operation unter
Lokalanästhesie wird nicht berücksichtigt. Bei dem Abschnitt
»Struma« sind 4 Seiten und 3 Abbildungen der Exothyreopexie
gewidmet. Krecke (München).
10) W. J. v. Stockum. Tamponeerende Intubatie.
(Nederl. Tijdschr. v. Geneeskunde 1897. II. No. 5.)
Um in Fällen, wo in Rachen- oder Mundhöhle operirt werden
muss, die Gefahr der Blutaspiration in die Lunge zu umgehen, hat
Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 945
Trendelenburg seine Tamponkanüle angegeben. Damals war man
der Meinung, dass auch kleine Mengen Blut in den Lungen gefähr-
lich seien, weil sie durch Zersetzung eine Pneumonie veranlassten.
Gegenwärtig hat man aber die Überzeugung, dass nicht das Blut,
sondern infektifse Wund- und Mundsekrete, daneben Speisetheile
es sind, die die Lungen mit einer septischen Entzündung bedrohen.
Diese fern zu halten »vermag Trendelenburg’s Kanüle
nicht, Somit war sie nur im Stande, während der Operation der
Einführung von größeren Mengen Blut vorzubeugen. Bei den Kehl-
kopfoperationen wird sie wohl immer unentbehrlich und die einzig
rationelle Methode bleiben. Für Operationen in der Mundhöhle
dagegen hat man sich in den meisten Fällen durch geeignete Vor-
kehrungen ohne Tamponkanüle, die eine nicht gleichgültige Neben-
verletzung fordert, aushelfen gelernt. Doch wäre auch in diesen
Fällen das Trendelenburg’sche Princip nützlich und bequem
und ohne Nothwendigkeit einer Voroperation gewiss sehr willkommen.
Diese Forderungen erfüllt nun nach Verf. die von ihm angedeutete
tamponirende Intubation.
Dazu hat er die O. Dwyer’sche Kanüle am trachealen Ende
mit einem aufblasbaren Gummiballon, vollkommen nach dem Princip
der Trendelenburg’schen, armirt, während ein Tampon von ge-
presstem Schwamm am pharyngealen Ende mit einem Faden fest
befestigt ist. Mittels eines elastischen Rohres, das durch die Nase
geführt wird, kann dann, wenn der Tampon die Lichtung des Kehl-
kopfs abschließt, die Außenluft frei in die Lungen ein- und aus-
treten, und auch mit Chloroform geschwängert werden.
Mit diesem Instrument wäre es möglich, jede blutreiche Opera-
tion in der Mundhöhle ohne Gefahr für Aspiration in horizontaler
Rückenlage auszuführen. Es ist in 2 Fällen mit gutem Erfolg ver-
sucht worden: bei der Exstirpation eines Sarcoma tonsillae mit
Wangenschnitt und bei einer Aufmeißlung des Antrum Highmori,
der einige Tage später eine partielle Oberkieferresektion folgte.
Auch zur Nachbehandlung der Operationen in der Umgebung
des Kehlkopfeingangs, wo Schluckpneumonien öfters als irgend wo
sonst auftreten, möchte Verf. die tamponirende Intubation empfehlen:
hier darf aber nur das am Oberende befestigte Schwammstück fun-
giren, während der luftgefüllte Ballon wegen Druckusur gefähr-
lich werden würde. Eigenthümlicherweise hegt Verf. für solche
Fälle Erwartungen von einer Vorrichtung, die er bei Gelegenheit
der trachealen Tamponade als »nichts leistend« qualificirt. Doch
gilt in dieser Beziehung, was er in der trachealen Tamponade miss-
billigt, mutatis mutandis auch von seiner Methode. Nur den gewiss
nicht geringen Vortheil hat diese letztere voraus, keinen Eingriff,
wie die Tracheotomie, nöthig zu machen. Im Allgemeinen aber
wird der Werth der trachealen Tamponade vom Verf. zu niedrig
angeschlagen, wenn er sagt, dass sie auch in der Modifikation von
Hahn weder, während, noch nach der Operation das Eindringen von
946 Centralblatt für Chirurgie. No. 37.
infektiössem Material verhindern kann und die Tracheotomiewunde
durch ihr Sekret einer Pneumonie hier förderlich ist.
Auch Madelung und Doyen haben einen derartigen Vor-
schlag wie S. gemacht, aber noch nicht praktisch verwerthet.
G. Th. Walter ('s Gravenhage).
11) O. Lanz. Über Schilddrüsenpräparate, speciell das Aiodin.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 17.)
L. ist durch seine Untersuchungen schon lange der Ansicht
gewesen, dass in dem Schilddrüsensekret mehr als eine physiologisch
wirksame Substanz enthalten sei. Er veranlasste daher den Chemiker
Dr. Schaerges in Bern, durch Fällung mit Tannin ein vollwerthiges
Extrakt zu erzielen, welches ein von der Firma F. Hoffmann-
La Roche & Cie in Basel in den Handel gebrachtes, mit dem
Namen Aiodin getauftes Präparat liefert. Dasselbe enthält die Jod-
‚eiweißkörper, die Basen und das Pseudomucin der Thyreoidea.
100 g Thyreoideae recent. — 20,0 g Thyreoideae sicc. (Thyreoidin)
= 10 g Aiodin. Der Jodgehalt des Aiodins beträgt 0,4%, es ent-
spricht somit dem Jodgehalt nach 1 g Aiodin 10 g frischer Schilddrüse.
Lis Erfahrungen mit Aiodin am Menschen beziehen sich wesent-
lich auf Kröpfe; bei einem sehr großen hypertrophischen Kropf war
die Abnahme schon am 4. Tage nach Beginn der Aiodinanwendung
deutlich, am 6. Tage war der Kropf um die Hälfte kleiner geworden.
Ein athyreotisches, in seinem Wachsthum bedeutend zurückgebliebenes
Mädchen war bei Aiodingebrauch in 7 Monaten um 7!/, cm gewachsen.
Das Präparat wird in Form komprimirter Pastillen & 0,1, 0,3 und
0,5 in den Handel gebracht. L. stellt es als rationelles und wirk-
sames Produkt hin, welches gegenüber dem Thyreoidinum siccatum
keiner Zersetzung unterliegt. Gold (Bielitz).
12) F. Bähr. Der äußere Schenkelbruch. (Mit 4 Figuren.)
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVII. Hft. 1.)
Verf. schildert 3 selbst beobachtete Fälle dieser in der Über-
schrift genannten Hernienart. Im Großen und Ganzen hält sich B.
an die klassische Darstellung der Hernia cruralis externa, wie sie
Hesselbach gegeben hat, und versteht gegenüber der mehr oder weniger
laxen Bestimmung anderer Autoren darunter einen Bruch, der neben
den großen Schenkelgefäßen nach außen, zwischen Drüsen und
dem Darmbeinkamm entspringt. Er entsteht, wenn der obere
schwächere Theil der Fascia iliaca posterior mit dem darauf liegenden
-Bauchfell durch die Gewalt der Eingeweide unter die halbmond-
förmige Brücke hinuntergeschoben wird. Man unterscheidet zwischen
vollkommenem und unvollkommenem äußeren Schenkelbruch je nach
der Ausdehnung desselben. Nach B.’s Anschauung sind wohl öfters
Verwechslungen des Leidens mit Entzündungen der Bursa subiliaca
vorgekommen. Einklemmungserscheinungen bei dieser Bruchform
sind bis jetzt nicht bekannt. Für die differentielle Diagnose kommen
Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 947
in Betracht Geschwülste der Leistenbeuge, Fractura colli femoris
und Beckenbrüche, Bursitis, Psoasabscesse und Coxitis.
Die Therapie besteht im Tragen eines Bruchbandes. Ob viel
damit zu erreichen ist, steht dahin. Operative Erfahrungen sind bei
dem Leiden noch nicht gesammelt. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
13) L. Heidenhain. Beiträge zur Pathologie und Therapie
des Darmverschlusses, enthaltend Krankengeschichten mit
Bemerkungen. (Mit 12 Figuren.)
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hit. 1.)
Das Wesentlichste dieser Arbeit sind die Krankengeschichten, auf
Grund welcher H. zu seinen früher schon referirten Anschauungen
über die einzelnen Arten des Ileus gekommen ist. Das reichliche
einschlägige Material bietet für Jeden ein großes Interesse, der sich
gern ausführlicher mit dem oft noch dunklen Gebiet der Ileusfrage
beschäftigt. Eine wesentliche Rolle spielt natürlich auch hier die
Entstehung eines Darmverschlusses durch Störungen der Peristaltik
allein. Wie Verf. vermuthet, wird gerade dieser Theil der Arbeit
die Fachgenossen besonders zur Kritik, nicht immer zur zustimmen-
den, herausfordern, und gerade erst recht nach Kenntnisnahme der
Krankheitsjournale. H. fügt zur Bestätigung der Möglichkeit einer
derartigen Form des Ileus auf Basis einfacher Kontraktion des Darmes
eine Beobachtung von J. B. Murphy bei. Doch erweckt auch ge-
rade diese Krankengeschichte gewisse nicht wenig schwerwiegende
Bedenken, in so fern Pat. wiederholt an Bleikoliken erkrankt war.
Hervorheben möchte ich besonders, dass bei den einzelnen Opera-
tionen, welche zum Theil recht große Schwierigkeiten boten, das
Verfahren von G. Smith, den im Bauch verbleibenden Theil der
austretenden Schlinge zu verfolgen, oder das von Kümmell, rasche
Eventration und Orientirung, sehr rasch zum Ziele führten. Jeden-
falls ist die Lektüre des Originals in seinen Einzelheiten und mit
seinen epikritischen Bemerkungen lehrreich und empfehlenswerth,
auch wo die Kritik sich nicht immer den Anschauungen des Autors
anzuschließen vermag. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
14) C. Bayer. Charakteristischer Meteorismus bei Volvulus
des S romanum.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1. [Mit 4 Figuren h
B. macht darauf aufmerksam, dass regelmäßig dort, wo erst tief
im Mastdarm eine Stenose sitzt, die größte Spannung und Wölbung
des Bauches bei sonst deutlichem Dickdarmmeteorismus in der Blind-
darmgegend sichtbar wird. Die Erklärung dieser Erscheinung er-
giebt sich seiner Ansicht nach aus der Rückstauung des Darminhalts
durch den gleichmäßig erweiterten Dickdarm bis zur nächsten Uber-
gangsstelle in engere Lichtung, d. i. die Einmündung des Dünndarms
in den Blinddarm.
948 Centralblatt für Chirurgie. No. 37.
Eine eigenthümliche Form des Meteorismus fand B. nun bei
einem Falle von Volvulus des Sromanum. Der Bauch der Kranken
schien in seiner oberen Hälfte nach links, in der unteren nach rechts
verschoben. Der Gesammteindruck war der eines $-förmigen Wulstes.
Diese Asymmetrie und schräge Gesammtform des Meteorismus glaubt
Verf. charakteristisch für Drehung des S Romanum halten zu dürfen.
An beigegebenen Skizzen der Form des Bauchinhalts wird der äußer-
lich sichtbare Befund klarer als ihn die Beschreibung zu schildern
vermag. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
15) Quönu. Du choix des procédés opératoires dans l’extir-
pation des cancers du rectum.
(Bull et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 458.)
Von dem entschieden richtigen Gedanken ausgehend, dass für
die Exstirpation der verschiedenen Fälle von Mastdarmcarcinomen
nicht stets die gleiche Methode passe, entwickelt Q. im vorliegenden
Aufsatz seine Ansichten, welche Methode er in jedem Falle als die
geeignetste ansieht. Er theilt desswegen die Geschwülste nach ihrem
Sitz im Verhältnis zur Höhe des 3. Kreuzbeinwirbels ein, d. h. der
Stelle, wo der mit einem Mesenterium versehene Theil des Dick-
darms endigt und der eigentliche Mastdarm beginnt. Als eigent-
liche Mastdarmkrebse bezeichnet er die, welche völlig unterhalb, als
Krebse der Flexura sigmoidea die, deren untere Grenze oberhalb des
genannten Wirbels liegt, als Carcinoma recto-sigmoideum die, welche
diese Grenze nach oben und unten hin überschreiten; die eigentlichen
Mastdarmkrebse unterscheidet er wieder in totale und circumscripte,
letztere in infraperitoneale, ampulläre und supraampulläre Formen.
Seine Ansichten über die im Einzelfalle zu wählenden Operations-
methoden fasst er in folgenden Sätzen zusammen:
1) Wir üben die sacrale oder perineo-abdominale Exstirpation
bei dem Carcinom der Flexur oder dem Carcinoma recto-sigmoideum.
2) Wir rathen den perinealen Weg nach unserer Methode der
prärectalen Ausschälung an für alle analen oder anoampullären
Krebse, die die untere Ausbuchtung des Bauchfellsacks nicht über-
steigen, mit Bildung eines perinealen oder coccygealen Afters.
3) Bei den Krebsen der -Ampulle unterscheiden wir die sehr
circumscripten Geschwülste, für welche die Kraske’sche Operations-
methode mit Offenlassen der Hautwunde sich eignet, von den sich
über die ganze Ampulle ausbreitenden Epitheliomen; für diese letzte-
ren Fälle eignet sich der sacrale Weg zur Exstirpation, die Um-
stülpung (cf. friheres Referat) zur Behandlung des oberen Endes.
4) Bei den Carcinomen, die den ganzen Mastdarm einnehmen,
schreiten wir zur Umstülpung, nachdem wir den Krankheitsherd
nach einander erst vom Damm, dann, wenn es nöthig ist, vom Steiß-
oder Kreuzbein aus angegriffen haben.
5) Die vorgüngige Anlegung eines künstlichen Anus iliacus ist
für die meisten, wenn nicht für alle Fälle rathsam; man bedient sich
Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 949
des Tliacalschnitts nicht nur, um mit dem Finger den Zustand der
Nachbartheile zu erforschen, sondern auch, um die ganze Hand in
das Becken einzuführen und auf die genaueste Weise die Höhe des
Krebses im Verhältnis zum Cavum recto-uterinum bezw. recto-vesicale
vorn, zum Mesorectum hinten, die Beschaffenheit der sacralen, lum-
balen und seitlichen Beckendrüsen zu erkennen.
6) Lassen der hohe Sitz eines eigentlichen Mastdarınkrebses und
seine Ausdehnung voraussehen, dass man das Ganze unterhalb des
künstlichen Afters gelegene Ende opfern muss, so bedarf es Behufs
Erleichterung der Umstülpung der Vorsicht, dass man den künstlichen
After dem Carcinom so nahe als möglich anlegt.
Reichel (Chemnitz).
16) F. de Quervain. Über die Dermoide des Beckenbinde-
gewebes.
(v. Langenbecok’s Archiv Bd. LVII. Hft. 1.)
Q. berichtet über einen sehr interessanten Fall von Dermoid-
cyste des Beckenbindegewebes bei einem 58jährigen Mann. Es be-
standen schon jahrelang Symptome von Harnretention. Die Ope-
ration wurde aus äußeren Umständen in drei Zeiten vollzogen, der
Cystenbalg durch einen vorderen und einen weiteren parasacralen
Schnitt mit ausgezeichnetem Erfolg exstirpirt.
Verf. bringt 20 einschlägige Beobachtungen aus der Litteratur.
Er beschränkt sich ausschließlich auf die Dermoide des kleinen
Beckens, dessen Bindegewebe er genauer schildert. Besonders geht
er auf die anatomische Lage dieser Geschwülste ein, deren weitaus
größere Mehrzahl hinter dem Mastdarm sich entwickelte und hier
wieder vornehmlich in dem linken retrorectalen Bindegewebe. Außer-
dem sitzen sie noch im subserösen Bindegewebe zwischen dem Binde-
gewebe des Douglas und dem Levator ani oder im Ligamentum latum.
Man kann sie zweckmäßig in 2 Gruppen eintheilen, je nach ihrem
Sitz oberhalb oder unterhalb des Levator ani. Ihre Größe ist ver-
schieden, und danach sind die Verdrängungserscheinungen der Becken-
organe, Mastdarm, Scheide, Uterus und Blase, sehr variabel. In ihrer
Umgebung vermehrt sich das Bindegewebe, so dass bei langer Dauer
eine dicke Bindegewebskapsel bestehen kann. Sie gehören meist den
einfachen Formen der Dermoide an und zeigen nur selten einen
komplicirteren Bau.
Mikroskopisch ahmt die Cystenwand meist den Bau der äußeren
Haut nach, und das Stratum corneum mit Stratum Malpighi sind
deutlich von einander zu unterscheiden.
Bezüglich der Ätiologie dieser Geschwülste wissen wir nicht
viel mehr Sicheres, als dass sie von den Eierstöcken nicht ausgehen.
Die Symptome des Leidens beruhen zum Theil auf der Ent-
wicklung der Geschwulst nach der Gesäßgegend hin, wo sie dann
Schmerzen verursacht, theils auf Kompression und Verdrängung der
Organe des kleinen Beckens durch dieselbe, theils auf Verlegung der
950 Centralblatt für Chirurgie. No. 37.
Geburtswege beim Weib, theils endlich auf Cirkulationsstörungen im
Gebiet des kleinen Beckens. Die Diagnose des Leidens ist bei seiner
Seltenheit an sich sehr schwer und nur durch bimanuelle Unter-
suchung möglich. Es ist nicht angängig, hier alle differentiell in
Betracht kommenden pathologischen Processe anzuführen.
Incision und Drainage sind als ungenügende und unsichere
Heilmittel anzusehen. Eine Radikalheilung ist nur durch die Exstir-
pation des Balges zu erzielen. Welche Methode der Operation im
einzelnen Falle zu wählen ist, hängt von dem Sitz und der Ent-
wicklung der Geschwülste ab. Die Prognose ist namentlich bei
zweckentsprechendem operativen Verfahren eine durchaus günstige.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
Kleinere Mittheilungen.
17) Dubujadoux (Blida). Compression cérébrale par he&morrhagie
extra dure-merienne d'origine traumatique sans fracture du crâne.
Trepanation. Gu6rison.
(Bull. et mem. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 613.)
Das Interesse des von D. mitgetheilten, von ihm mit Erfolg operirten Falles
liegt namentlich darin, dass die ausgedehnte, starken allgemeinen und lokalen
Hirndruck verursachende extradurale Blutung traumatisch in Folge eines Schlages
aber ohne jede Schädigung des Schädels selbst entstanden war. Auf den; Sitz’
der Verletzung wies die linksseitige Hemiplegie und ein Bluterguss im rechten
Schläfenmuskel hin. Rechts bestand ein starker Exophthalmus mit Erweiterung
und Unempfindlichkeit der Pupille gegen Licht. f
Verf. entfernte das Blut von einer mit 4 Trepankronen geschaffenen Öffnung
aus mit einer Curette und legte einen Jodoformgazestreifen zwischen Knochen und
Hirnhaut. Schon während der Operation kehrte die Sensibilität zurück. Langsame,
doch schließlich völlige Genesung. Reichel (Chemnits).
18) Braquehaye et J. Sabrasös (Bordeaux). Hypertrophie congeni-
tale et progressive des deux glandes sublinguales chez un enfant
nouveau-né.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 567.)
Die Geschwulst behinderte die Ernährung des zur Zeit der Operation 6 Mo-
nate alten Kindes. Sonst enthält die Überschrift alles Wesentliche.
Reichel (Chemnits).
19) P. Berger. Sarcome mélanique primitif des ganglions cervicaux;
extirpation; guerison durable.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 526.)
Die außerordentliche Seltenheit primärer melanotischer Lymphdrüsengeschwülste
ist bekannt, eben so ihre Recidivfähigkeit. B. theilt desshalb einen Fall mit, in
welchem er bei einem 50jährigen Manne eine subfasciale, bewegliche, aus 3 Drüsen
bestehende, über eigroße Geschwulst entfernte, die sich auch bei sorgfältigster
histologischer Untersuchung — als melanotisches Lymphosarkom erwies. Nirgends
ließ die genaueste Prüfung einen primären Erkrankungsherd entdecken. — Die
Heilung wurde noch 11/3 Jahr nach der Operation konstatirt.
B. untersieht die bisher beschriebenenen analogen Fälle einer genauen Durch-
sicht und kommt zu dem Schluss, dass selbst die scheinbar am sichersten fest-
gestellten Fälle doch nicht die Behauptung zulassen, dass ein unbedeutender
Pigmentfleck, als Ausgangspunkt der Melanose, bei ihnen nicht übersehen worder.
Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 951
sei. — Eine statistische Zusammenstellung zeigt, dass nur der 10. Theil der ope-
rirten Fälle gesund blieb, dass aber durch die Operation auch in den anderen
Fällen eine durchschnittlich etwa 1 Jahr betragende Verlängerung des Lebens er-
zielt wurde. Reichel (Chemnits).
20) C. Walther. Tumeur volumineuse du lobe gauche du corps
thyroïde ayant provoqué, chez une malade nerveuse, des accidents
Basedowiens. Thyroidectomie partielle. Guérison.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 660.)
Die von jeher nervöse, 43jährige Kranke bemerkte eine Vergrößerung der
Schilddrüse seit ihrem 15. Lebensjahre, freilich erst in den letsten Monaten ein
zascheres Wachsthum. Seit 2 Jahren waren Herzpalpitationen und nervöse Stö-
zungen aufgetreten. Die Kranke war nach Aussage ihrer Umgebung manchmal
kaum zurechnungsfähig; es bestand beständiges Zittern der Hände und Arme,
weniger der Beine, Unmöglichkeit, die Unterextremitäten koordinirt zu bewegen,
daher zu gehen; keine sensiblen Störungen. Die Geschwulst der Schilddrüse war
15 cm lang, 9 cm breit. — Nach ihrer Exstirpation trat bis auf Rückbleiben ge-
ringer Nervosität völlige Heilung binnen ca. 6 Wochen ein.
Reichel (Chemnitz).
21) Pousson. De la mastopexie.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 507.)
In einem Falle enormer doppelseitiger Hypertrophie der Brüste erzielte P.
dadurch eine wesentliche Erleichterung der Beschwerden, dass er oberhalb der
Mammille beiderseits je einen handbreiten Streifen aus Haut und Fettgewebe bis
zur Aponeurose des Pectoralis major hin resecirte, dann die Mamma am höchsten
Punkt dieser Aponeurose durch 3 Nähte fixirte und die Hautwunde schloss.
Beichel (Chemnitz).
22) J. C. Halliday. Record of one hundred consecutive cases of
appendicitis treated at Prince Alfred Hospital, Sydney.
(Brit. med. journ. 1898. Mai 7.)
Die 100 Appendieitisfälle, von denen 55 operirt wurden (Gesammtsterblichkeit
20%) vertheilen sich wie folgt: Einfache Appendicitis ohne Eiterung 64 Fälle,
1,6% Mortalität, 25 Intervalloperationen. Appendicitis mit Eiterung 22 Fälle —
5 gest., 23% Mortalität (2mal:Entfernung der Appendix nach Recidiv) Akute
perforative Appendicitis mit allgemeiner Peritonitis 14 Fälle, sämmtlich gestorben
(10 operirt). F. Krumm (Karlsruhe).
23) Lejars. Abcès gazeux sous-phrénique.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 643.)
Der 40jährige Pat. litt schon seit 10 Jahren an dumpfen Schmerzen im rechten
Hypochondrium und den Zeichen einer »Gastritis.. Trotz dieser langen Leidens-
zeit traten die Zufälle, die zur Operation führten, ziemlich plötzlich mit heftigen
Schmerzen, Erbrechen und Auftreibung des Leibes auf. Die Zeichen ließen zuerst
an einen Darmverschluss denken, doch ließ dann das Erbrechen nach, der Meteo-
rismus wurde unterhalb des Nabels geringer, blieb oberhalb desselben aber be-
trächtlich. Im Epigsstrium zeigten die Hautvenen eine starke Ausweitung, die
Haut ein geringes Ödem. Die Temperatur schwankte um 38° herum. Ein in der
3. Krankheitswoche in die Medianlinie gemachter 25 om langer Schnitt entleerte
nebst vielem stinkenden Eiter eine große Menge Gase, als wäre eine Darmschlinge
eröffnet worden. Die große Abscesshöhle lag zwischen Zwerchfell und Leber.
Drainage. — Binnen 2 Monaten erfolgte Heilung. Reichel (Chemnitz).
24) Villemin. Sur un cas d’enteropexie.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 501.)
Bei einer 24jährigen Pat., welche seit Kindheit an den Zeichen tuberkulöser
Peritonitis, seit 8 Tagen an denen eines akuten Ileus litt, schritt V. zur Laparo-
952 Centralblatt für Chirurgie. No. 37.
tomie, fand zunächst nur ein Konvolut unter einander fest verlötheter, aber nicht
stark gerötheter Dünndarmschlingen, dann aber in der Blinddarmgegend eine stark
ausgedehnte, leicht blauroth verfärbte, um ihre Gekrösachse gedrehte Schlinge,
unterhalb deren der Darm eng war. Die Schlinge ließ sich leicht aufdrehen, war
dann für Darminhalt durchgängig, fiel aber, sich selbst überlassen, sogleich in die
fehlerhafte Stellung zurück. V. fixirte desshalb beide Schenkel der Schlinge nach
ihrer Entfaltung durch einige Nähte an der Bauchwand und erzielte damit eine
völlige Heilung. Beichel (Chemnitz).
25) Broussin (Versailles). Corps &tranger (saucisson) du rectum.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 659.)
Eine Bratwurst als Fremdkörper im Mastdarm beobachtete B. Da Drastica
erfolglos blieben, und der Fremdkörper heftige Schmerzen machte, entfernte ihn
Verf. mit einer Zange, allerdings in mehreren Stücken.
In der Diskussion bemerkt Monod, dass in 34 Fällen von Fremdkörpern im
Mastdarm die Entfernung auf natürlichem Weg 27mal gelang, mit 5 Todesfällen;
2 der letzteren waren durch Verletzung des Darmes vor jedem Extraktionsversuch
veranlasst, die 3 anderen Folge der Operation. In 7 Fällen war ein blutiger Ein-
griff erforderlich: einfache Durchschneidung des Sphinkters, die lineäre hintere
Rectotomie, die Resektion des Steißbeins, die Gastrotomie. M. stellt die Fälle
tabellarisch zusammen. Er räth, stets zunächst die Extraktion auf unblutigem
Weg zu versuchen, im Fall des Misslingens die hintere Rectotomie zu machen
und erst, wenn auch dann der Erfolg ausbleibt, sur Resektion des Steißbeins zu
schreiten. Reichel (Chemnits).
26) P. Delbet. Des corps étrangers du rectum. A propos d'une
bouteille.
(Bull. et mém. de la soo. de chir. de Paris T. XXIII. p. 652.)
Beim Versuch der Entfernung einer 24cm langen, 57 mm im Durchmesser,
18 cm im Umfang messenden Flasche aus dem Mastdarm eines 31jährigen Mannes
stieß D. zunächst auf unüberwindliche Schwierigkeiten, indem der Boden der
schräg von vorn oben nach hinten unten liegenden Flasche stark gegen das Steiß-
bein drängte und sich nicht nach vorn ziehen ließ. Vergebliche Extraktions-
versuche von Seiten der Assistenten waren vorausgegangen. D. durchschnitt den
Sphinkter nach hinten, verlängerte den Schnitt bis sum Kreuzbein, resecirte das
Steißbein und konnte nun leicht die Flasche entfernen. Naht. Völlige Heilung.
D. machte auf Grund dieser Beobachtung Leichenexperimente, um die ana-
tomischen Ursachen der Schwierigkeiten der Entfernung der Fremdkörper durch
den normalen Weg festzustellen. Er fand stets die gleichen Verhältnisse mit ge-
ringen gradweisen Abweichungen. Die Einführung der Flasche in den Mastdarm
verlangte einen erheblichen Kraftaufwand. Zunächst drängt der Hals der Flasche
gegen das Promontorium; die Prostata und die starke Perinealfascie werden dabei
in die Höhe geschoben und gespannt; sie pressen den Fremdkörper nach hinten
und Biren ihn, oo wie er einmal den Schließmuskel resp. das Steißbein über-
schritten hat, indem der Flaschenhals jetzt plötzlich nach vorn abweicht, der Boden
in die Kreuzbeinhöhlung gleitet. Beim Versuch der Extraktion hindert die straffe
Spannung der Perinealfascie, den Boden der Flasche über das Steißbein weg nach
vorn zu ziehen. — D. empfiehlt daher stets die Resektion des Steißbeins, so wie
die Entfernung auf normalem Weg wesentliche Schwierigkeiten findet.
Bazy macht in der Diskussion darauf aufmerksam, dass häufig auch bei
gleich großen Fremdkörpern dennoch die Extraktion auf unblutigem Weg in
Narkose mit Hilfe kleiner Geburtszangen gelingt und theilt einen einschlägigen
Fall mit. Beichel (Chemnitz).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
bandlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
Lion F, Kg, E, Bike,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
EE
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 38. Sonnabend, den 24. September. 1898.
Inhalt: 1) Kudriaschow, Osteomyelitis. — 2) Braun, Epilepsie. — 3) Lavrand,
Intranasale Synechien. — 4) Cholewa und Cordes, Ozaena. — DI Browne, Zungen-
mandeln. — 6) Baumgarten, Kehikopfpapillome. — 7) Cohn, Prostatitis. — 8) Ziebert,
Kryptorchismus. — 9) Lexer, Urachnsiistel. — 10) Richelot, Hysterektomie.
11) Blecher, Osteomyelitis. — 12) Pförringer, Hirncysticercus. — 13) Möller, Hydr-
encephalocele. — 14) Gerber, Empyem der Stirnhöhle. — 15) Delle, Nekrose der Nasen-
mnschel. — 16) Raoult und Thiry, Tonsillitis. — 17) Tilmann, Vagusverletzung. —
18) Avellis, Thymustod. — 19) Chiarl, Kehlkopfkrebs. — 20) Hildebrand, Pe:isresektion.
— 21) Wodarz, 22) Böhm, Prostatahypertrophie. — 23) Dessy und Fatichi, Cystitis und
Epididymitis. — 24) Payr, Nierenschuss. — 25) Braatz, Nierenexstirpation. — 26) af For-
selles, Achsendrehung der Tube. — 27) Rochard, Extra-uterin-Schwangerschaft. —
23) Ruggi, 1000 Laparotomien. — 29) Döbbelin, Knochenechinokukken des Beckens.
1) A. J. Kudriaschow. Eine kurze Übersicht des gegen-
wärtigen Zustandes der Frage über die Osteomyeliten.
(Militär-med. Zeitschrift 1898. April. [Russisch.))
K. analysirt die Geschichte des gegebenen Leidens; er versucht
dasselbe parallel zur Tuberkulose zu betrachten; alle Erkrankungen
der Knochen bezieht er auf die primäre Affektion des Knochenmarks,
die Osteomyelitis; am Schluss seiner Arbeit kommt er zu folgenden
Schlüssen:
1) Die Osteomyelitis ist eine Entzündung des Knochenmarks,
die der Entzündung anderer Gewebe analog ist.
2) Da der eigentliche Knochen nur passiv leidet, hauptsächlich
das Knochenmark des Kanals, der Gowers’schen Kanälchen und
die osteogenetische Schicht des Periosts aktiven Antheil an der Ent-
zündung haben, müssen wir bei den Affektionen der Knochen beinahe
immer von der primären Entzündung des Knochenmarks, d. h. von
der (infektiösen) Osteomyelitis reden.
3) So handelt es sich auch bei den tuberkulösen Leiden der
Knochen um denselben osteomyelitischen Process (die tuberkulöse
Osteomyelitis).
38
954 Centralblatt für Chirurgie. No. 38.
4) Die Entzündung des Kuochenmarks geht oft, aber nicht immer
in Eiterung über; das Gleiche wird auch bei der Tuberkulose beob-
achtet.
5) Die sogenannte infektiöse Osteomyelitis kann als akute, sub-
akute oder chronische verlaufen, je nach den verschiedenen allge-
meinen und lokalen Verhältnissen, denen der Organismus des
Menschen unterliegt, je nach der Quantität und nach der Kraft der
infieirenden Ursache, je nach dieser oder jener Art derselben,
endlich je nach der Wirkung der Mischinfektion.
6) Die Mikroben des Eiters rufen die sogenannte infektiöse
Osteomyelitis hervor; bei gewissen Verhältnissen thun auch die un-
pyogenen Mikroben dasselbe.
7) Die Erhöhung der Temperatur bei der Tuberkulose wird da-
durch bedingt, dass die eitrige Infektion sich mit ihr vereinigt, was
wir in der manchmal größten Zahl der Fälle der akuten Formen der
Osteomyelitis beobachten, auch bei den chronischen; die letzteren
aber verlaufen öfters ohne Fieber.
8) Die Osteomyelitis trifft nicht nur die »juxta-epiphysären «
Gebiete und die Epiphysen selbst, sondern auch die Diaphysen, und
nicht nur die langen Knochen, sondern auch die kurzen und die
flachen, die keine typische Epiphyse haben, was auch bei der Tuber-
kulose beobachtet wird.
9) Heftige Schmerzen, die als charakteristische Merkmale der
Osteomyelitis dienen sollen, sind nur bedingt durch den Widerstand
der Wände, die den Entzündungsherd umgeben, eben so wie den
der Wände der Zahnkrone bei den Erkrankungen der Pulpe oder
der groben, schwieligen Haut der Endphalangen der Finger bei dem
Panaritium.
10) Auch die raschen septischen Erscheinungen stehen in der-
selben Beziehung zur Abgeschlossenheit des Herdes und dem Reich-
thum an Gefäßen.
11) Ein unerwarteter plötzlicher Tod wird durch Fettembolie be-
dingt.
12) Die Osteomyelitis wird öfters in der Jugend beobachtet, wenn
das Wachsthum der Knochen noch nicht abgeschlossen ist, aber sie
verschont auch das reife Alter nicht. Fast das Gleiche beobachten
wir bei der Tuberkulose.
13) Da Männer häufiger als Frauen Traumen und der Erkältung
unterworfen sind, leiden sie auch öfters an Osteomyelitis. Dieselben
Momente, besonders die Traumen, begünstigen auch die Entwicklung
der Knochentuberkulose, d. h. sie befördern das Entstehen der
Metastase an der Stelle der Verletzung (x önig).
14) Wie bei der Osteomyelitis, so sind auch bei der Entwicklung
der Knochentuberkulose die Eingangspforten der Infektion oft unbe-
kannt.
15) Einige Autoren betrachten die Osteomyelitis als eine Pyämie,
d. h. als ein Leiden, welches durch das Einbringen der inficirenden
Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 955
Ursachen aus dem Blut bedingt wird, Einige (z. B. König) sehen
auch die Tuberkulose der Knochen als eine metastatische Affektion
an. Es genügt, sagt König, ein kleiner käsiger Herd in der Lunge
oder in irgend einer Drüse, um bei gewissen Verhältnissen eine
Metastase oder eine Reihe von Metastasen hervorzurufen. Nach
König wurden auf 67 Autopsien 53mal (79%) neben den Affektionen
der Knochen und der Gelenke alte tuberkulöse Herde in anderen
Gebieten gefunden. Eben so genügt die Anwesenheit eines Ge-
schwürs zum Entstehen eines osteomyelitischen Processes.
16) Wie der Staphylococcus in verschiedenen Gebieten unseres
Körpers, von der Haut an bis zum Knochenmark, Abscesse hervor-
tuft, so kann auch der Tuberkelbacillus, der im Blut eirkulirt, indem
er sich ansiedelt, tuberkulöse Leiden in verschiedenen Geweben und
Gebieten hervorrufen (Lupus, Lymphadenitis, Phthisis pulmonum etc.)
17) Praktisch wäre es am zweckmäßigsten, 3 Hauptformen der
sogenannten infektiösen Osteomyelitis zu unterscheiden: a. die akute,
b. die primäre chronische, c. die recidive; dabei kann die letztere in
akuter oder chronischer Form auftreten.
18) Die Möglichkeit einer Reinfektion kann man nicht durchaus
verneinen.
19) Wie die recidivirende Osteomyelitis kann der tuberkulöse
Process auf einige Zeit latent werden, um, bisweilen nach einem
langen Zeitraum, von Neuem auszubrechen.
20) Wenn König es für fehlerhaft hält, solche Arten der Re-
sektion der tuberkulösen Knochen zu erdenken, bei denen nur der
Bequemlichkeit wegen ganze Knochen geopfert werden, so soll man
auch bei der Osteomyelitis mit radikalen Operationen, wie Ampu-
tationen und Exartikulationen des kranken Gliedes, nicht rasch bei
der Hand sein.
21) Frühe Trepanation des Knochens mit sorgfältigem Ausschaben
des erkrankten Marks ist die rationellste Operation bei der eitrigen
Osteomyelitis. Das Ausziehen des kranken Zahns bei der Osteo-
myelitis des Kiefers ist ein Äquivalent der Trepanation (siehe aus-
führlicher: A. Kudriaschow, »Die Osteomyeliten der Kiefer«, Chi-
rurgisches Archiv 1895 [Russisch)).
22) Wie bei der Tuberkulose nach der Einführung des Jodo-
forms die Art der Pflege der Operationswunde eine große Rolle ge-
spielt hat (die Besserung des Processes der Wundheilung, Abnahme
der Anzahl der Recidive und der Komplikationen durch miliare
Tuberkulose), so dürfte auch bei der Behandlung der Knochenwunde
des Osteomyelitikers noch mehr Rücksicht auf die Verbandanlegung
zu nehmen sein.
23) Die Anwendung der antiseptischen Mittel, selbst kaustischer
Chlorzinklösungen, ist gestattet, wenn auch die aseptische Wund-
behandlung mit Hilfe gut einsaugender Verbandgewebe (physische
Antiseptik) die Regel bildet.
38*
956 Centralblatt für Chirurgie. No. 38.
24) Die Einführung lockerer Gaze, nicht eines festen Tampons,
ist zur Nachbehandlung anzurathen. (Die Mehrzahl der Autoren
füllte die Aushöhlung nach der Trepanation fest mit Tampons aus
und legte dann einen Druckverband über.)
25) Häufiger Verbandwechsel ist dem Dauerverband vorzuziehen.
26) Angefeuchtetes und leicht ausgepresstes Verbandmaterial
ist dem trockenen vorzuziehen, doch nicht in der Form einer erwär-
menden Kompresse, die die Ausdünstung und damit die Aufsaugung
aus der Wunde verhindert. (Siehe ausführlicher: A. Kudriaschow,
»Die abkühlende Kompresse«. Militär-med. Zeitschrift 1896. Juli.)
27) Wir haben kein specifisches Mittel, das durch seine Wir-
kung auf den Organismus durch das Blut die Tuberkulose vernichten
kann; der Versuch von Koch misslang; dasselbe gilt bis jetzt auch
für jede Kur der Osteomyelitis. (Selbstbericht.)
2) H. Braun. Über die Erfolge der operativen Behandlung
der traumatischen Jackson’schen Epilepsie.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 223.)
Dis hoch werthvolles, 84 Seiten starkes Werk bringt den ge-
nauen Bericht über einen eigenen wichtigen Fall und im Anschluss
daran eine Zusammenstellung der sonstigen bekannten einschlägigen
Kasuistik, gefolgt schließlich von einer kritischen Beurtheilung des
bisher auf diesem bedeutsamen Feld der Chirurgie praktisch Ge-
leisteten, woraus dann die gegenwärtig als maßgebend zu erachtenden
praktisch-therapeutischen Grundsätze abgeleitet werden. Sowohl be-
züglich des von B. selbst behandelten Falles, als Betreffs des von
ihm in der operativen Therapie der traumatischen Epilepsie ver-
tretenen Standpunktes kann auf den Bericht über den das Thema
ebenfalls behandelnden, vom Autor auf der 1896er Naturforscher-
Versammlung gehaltenen Vortrag auf p. 1044 Jahrg. 1896 unseres
Blattes im Wesentlichen verwiesen werden. Eine sehr dankens-
werthe Beigabe zu der Arbeit bildet die sorgfältige Kompilation der
bislang publicirten Kasuistik. Sie bietet, so weit bei den Opera-
tionen motorische Rindencentren entfernt wurden, eine genaue Re-
kapitulation der Originalkrankengeschichten (30 Fälle); dagegen
werden 57 Fälle, in denen es sich nur um Trepanation, eventuell
mit Entfernung von Knochensplittern, Cystenöffnung, Narbenexci-
sionen u. dgl. handelte, tabellarisch zusammengestellt.
Im Ganzen ist Dis Standpunkt gegenüber der chirurgischen
Therapie des Leidens kein ungiinstiger. Die besten Erfolge hat sie
in Fällen, wo die Epilepsie noch nicht längere Zeit besteht. Dochl
sind Resultate auch dann noch zu erzielen, wenn bereits mehrere
Jahre seit Beginn der Krankheit verflossen sind, und ist darum auch
unter solchen Umständen die Operation zu empfehlen. Zunächst sol
nach B. immer erst die Heilung ohne Excision der psychomotorischen
Rindencentra versucht werden. Erst wenn dieser Eingriff erfolglos
Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 957
bleibt, sind diese Centra in Behandlung zu nehmen. Die Statistik
zeigt, dass die Anfälle der Jackson- Epilepsie meist mit Bewegungen
der oberen Extremitäten, insbesondere der Hand oder des Daumens
beginnen, und dass demgemäß die diesen Bewegungen entsprechen-
den Rindenfelder am häufigsten operativ anzugehen sein werden.
Um das richtige Rindenfeld zu treffen, bedarf es stets einer elek-
trischen Untersuchung, und zwar auf der von der Dura entblößten
Rinde. B. bediente sich zu dem Zwecke zweier etwa 4mm von
einander abstehender, I mm dicker Platinelektroden, die in einer
Glasröhre isolirt neben einander befestigt waren und dieselbe unten
etwas überragten, so dass sie gleichzeitig auf das Gehirn aufgesetzt
werden konnten. Die Stromstärke nahm B. so, dass dieselbe an den
angefeuchteten Fingern eine deutliche Empfindung, an der Zungen-
spitze eine leicht schmerzhafte Empfindung hervorrief. Ist das er-
krankte Centrum hiernach exakt lokalisirt, so soll es in einer Tiefe
von etwa 5 mm exstirpirt werden. Eine dauernde Muskellähmung
braucht danach erfahrungsgemäß nicht einzutreten. In den meisten
Fällen vielmehr besserte sich die unmittelbar nach der Operation
eingetretene Lähmung meist rasch sehr erheblich oder verschwand
sogar völlig binnen wenigen Wochen.
(Vgl. zu gleichem Gegenstand die Arbeit von Graf. Langen-
beck’s Archiv Bd. LVI p. 591, Referat dieses Blatt laufender Jahr-
gang p. 766.) Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
3) Lavrand. Acide chromique et synechies intra-nasales.
(Revue de laryngol. 1898. No. 27.)
Nach Durchtrennung intranasaler Verwachsungen bereitet es be-
kanntlich oft große Schwierigkeiten, eine Wiederverwachsung der
getrennten Wundflächen zu verhüten. Verf. empfiehlt nun zu
diesem Zweck die Ätzung der Wundflächen mit Chromsäure. Der
Atzschorf soll die Wiedervereinigung verhindern. Es werden einige
Krankengeschichten angeführt, die das beweisen sollen. Thatsächlich
erlebt man nach Chromsäureätzungen weit seltener Verwachsungen,
als nach der Galvanokaustik, weil die reaktive Schwellung der ge-
ätzten Schleimhaut nicht so stark ist. Immerhin aber hat man es
nach Abstoßung des Chromsäureätzschorfs auch nicht mit bereits
vernarbter oder epithelisirter Schleimhaut, sondern mit einer granu-
lirenden Wundfläche zu thun. Man wird also auch bei dem Ver-
fahren L.’s auf Misserfolge gefasst sein müssen. Teichmann (Berlin).
4) Cholewa und H. Cordes. Zur Ozaenafrage.
(Archiv für Laryngol. Bd. VIII. Hft. 1.)
Auf Grund der pathologisch-histologischen Untersuchungen von
Cordes in Verbindung mit den klinischen Erfahrungen erblickt
Cholewa das Wesentliche und Primäre des Ozaenaprocesses in einer
958 Centralblatt für Chirurgie. No. 38.
Ernährungsstörung des knöchernen Gerüstes der Nase, besonders
der unteren Nasenmuschel. Er stellt sich damit auf den Standpunkt
Derjenigen, welche das Leiden oder wenigstens die Anlage dazu für
angeboren halten. Von seiner Auffassung des Processes als eines
der Osteomalakie verwandten gelangte er zu der Vorstellung, dass
traumatische Einflüsse durch die entzündliche Reaktion günstig auf
die darniederliegende Knochenneubildung in den Nasenmuscheln
wirken müssten. Seine daraufhin vorgenommenen therapeutischen
Versuche, durch Brechen der Nasenmuscheln diesen nutritiven Reiz
zu applieiren, haben ihn bisher in ihren Ergebnissen befriedigt; er
hat aber noch kein abschließendes Urtheil darüber gewonnen.
Teichmann (Berlin).
5) L. Browne. Sur quelques particularités anatomiques
ayant trait à la pathologie de l’amygdale linguale.
(Revue de laryngol. 1898. No. 23.)
Die anatomisch-histologischen Besonderheiten, welche die Zungen-
mandel gegenüber der Gaumen- und Rachenmandel auszeichnen,
haben nach Verf. auch Besonderheiten in der Pathologie der Zungen-
mandel im Gefolge. Er hebt die Seltenheit der Lokalisation gewisser
Krankheiten an dieser Stelle hervor, z. B. der Diphtherie und der
Scharlachdiphtherie, während andere Affektionen, besonders chronische
Hypertrophien im späteren Alter, Venektasien und Geschwulst-
bildungen, im Gegensatz zu den anderen Mandeln, relativ häufig die
Zungentonsille befallen. Zum Schluss berichtet er kurz über eine
Anzahl von Geschwülsten der Zungentonsille, die er selbst beobachtet
hat, darunter zwei Lymphosarkome, ein Epitheliom, eine lupöse und
eine lepröse Erkrankung. Teichmann (Berlin).
6) E. Baumgarten. Über die Kehlkopfpapillome der Kinder
und deren Behandlung.
(Archiv für Laryngol. Bd. VIII. Hft. 1.)
Bei der Behandlung der recidivirenden Kehlkopfpapillome der
Kinder hat Verf. von der Laryngofissur keine dauernden Erfolge ge-
sehen. Er spricht sich dahin aus, dass in jedem Falle ein Zeitpunkt
eintritt, wo die Neigung zum Recidiv aufhört. So lange muss man
entweder palliativ operiren oder nach Tracheotomie ruhig abwarten.
Zur leichten und ungefährlichen Entfernung der Wucherungen hat
sich ihm das Lövi’sche Verfahren aufs beste bewährt; hierbei wer-
den Metallkatheter in den Kehlkopf eingeführt, welche in der Nähe
des Schnabelendes einen scharfrandigen Ausschnitt haben. In diesen
Ausschnitt stellen sich die Wucherungen sehr leicht ein und werden
beim Herausziehen des Katheters abgeschnitten und mit heraus be-
fördert. Wenn in der Umgebung der Tracheotomieöffnung Papillome
auftreten, welche den Kanülenwechsel erschweren, so empfiehlt Verf.,
sie mit Chromsäure zu ätzen. B. hat damit bessere Erfolge gehabt,
als mit der Abtragung. Teichmann (Berlin).
Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 959
7) J. Cohn. Über bakteriologische Untersuchungen bei
chronischer Urethritis posterior und Prostatitis.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane Bd. IX. Hft. 5.)
Durch Einführung eines sterilen Endoskoptubus und Expression
des Sekrets der hinteren Harnröhre durch den Mastdarm von der
Prostata her ist es dem Verf. gelungen, dieses Sekret bei gesunden
Männern zu untersuchen. Dasselbe war in 3 Fällen stets bakterien-
frei, so dass Verf. den Schluss für nahe liegend hält (er wünscht
Nachprüfung), dass die hintere Harnröhre gesunder Menschen über-
haupt steril ist.
Die praktische Wichtigkeit dieses Schlusses fur die Ausführung
der Katheterisation liegt auf der Hand. Die weiteren bakteriologi-
schen Untersuchungen des Verf. bestätigen, dass im Anschluss an
Gonorrhoe jahrelang Affektionen der hinteren Harnröhre und der
Prostata bestehen können, die auf Misch- bezw. Sekundärinfektionen
beruhen. Unter 12 untersuchten Fällen hat C. 11mal den Staphylo-
coccus albus (7mal allein) gefunden, 3mal Streptokokken, 1mal Bact.
coli, 2mal nach Gram färbbare Diplokokken.
F. Krumm (Karlsruhe).
8) K. A. Ziebert. Über Kryptorchismus und seine Behandlung.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2. p. 445.)
Z. erläutert die Entstehungsweise der Kryptorchidie, so wie die
Beziehungen derselben zu bösartigen Geschwülsten und Einklem-
mungen des Hodens, zu Drehung des Samenstrangs, Hydrocelen
und Hernien und kommt dabei zu dem Schluss, dass der Kryptor-
chismus als ein eigentliches Übel angesehen und danach behandelt
werden müsse. Des weiteren werden die Methoden der Behandlung,
Retention durch eine bruchbandartige Bandage, Beförderung des
Descensus durch Massage, Reposition des Hodens in die Bauchhöhle,
Kastration, endlich ausführlich die Orchidopexie, d. h. die blutige
Transplantation des Hodens in den Hodensack so wie die Operation
des mit Hernie verbundenen Kryptorchismus besprochen. Ange-
schlossen sind die Krankengeschichten und ZEndergebnisse von
15 Fällen, von denen 11 mittels Orchidopexie behandelt worden waren.
Honsell (Tübingen).
9) E. Lexer. Über die Behandlung der Urachusfistel.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 1.)
Die angeborenen und erworbenen Urachusfisteln sind bezüglich
der Schwierigkeiten eines Heilungserfolges wesentlich verschieden.
Die Hauptursache für die angeborenen Fisteln ist vornehmlich in
manchmal recht geringen Hindernissen für den Urinabfluss auf nor-
malem Weg zu suchen, so in Verengerungen der Harnröhre, Phimosen,
Schleimhautfalten der Blase. Solche Fälle heilen oft, wenn der Urin
sich normal entleert, und die Fistelnarbe zum Verschluss kommt,
960 Centralblatt für Chirurgie. No. 38.
was man durch einfache Mittel, wie Ätzen, Kauterisiren schon oft
erreicht, Delageniere, Stierlin erzielten durch Resektion des
Urachus und Naht der angefrischten Schleimhaut rasch und sicher
Erfolge.
Für die Beurtheilung der im späteren Alter erworbenen oder
wieder aufgebrochenen Fisteln sind die Untersuchungen von Luschka,
Suchannek und Wutz sehr von Interesse. Diese fanden nämlich,
dass sehr häufig der unterste Theil des Urachus nicht verödet, son-
dern dass im Ligamentum vesicae medium ein sondirbarer Epithel-
schlauch bestehen bleibt. Bei diesem Verhalten tritt eine Fistel aber
wohl erst dann ein, wenn die ventilartige Schleimhautfalte des
Urachus an der Blasenmündung insufficient wird. v. Bramann ver-
suchte zuerst durch Ausrottung des Epithelbelages und Spaltung der
Fistel vom Nabel bis zum Blasenscheitel einen Verschluss herbei-
zuführen. Der Versuch misslang jedoch, und im weiteren Verlauf
starb die Pat. an Vereiterung beider Nieren unter urämischen Er-
scheinungen.
L. dagegen hat mit sehr günstigem Erfolg einen einschlägigen
Fall operirt, indem er den Fistelgang bis zum Blasenscheitel ver-
folgte, wegschnitt und die Blasenöffnung vernähte. Das Bauchfell
wurde dabei eröffnet. Die Blase zeigte in diesem Falle, wie in dem
v. Bramann’schen, eine eigenartige Gestalt; sie stellte nämlich einen
langen, dickwandigen Schlauch dar.
Wichtig ist natürlich die Frage, ob man es in derartigen Fällen
überhaupt mit einer Urachusfistel zu thun hat oder mit einem durch-
gebrochenen Blasenwandabscess. L. zeigt, wie schwer diese Unter-
scheidung selbst an der Hand der durch Sektion gewonnenen Prä-
parate sein kann. Eine bestimmte Antwort ist demnach nur durch
die mikroskopische Untersuchung möglich.
Therapeutisch soll man bei der angeborenen Fistel nach der
Geburt direkt die einfachsten Methoden versuchen, wie Anfrischung
und Naht. Misslingen diese, so sind größere Operationen auf ein
späteres Lebensalter zu verschieben wegen der Unmöglichkeit, das
Bauchfell bei der Operation zu schonen. Die Operation muss radi-
kal sein.
Bei der erworbenen Urachusfistel ist für den Anfangstheil des
Ganges das v. Bramann’sche Verfahren ohne Bauchfellverletzung
vorzuziehen. Erst bei dem epitheltragenden Theil, der sich in den
abnorm geformten Blasenscheitel fortsetzt, ist der ganze Schlauch
mit einer genügenden Schicht der fibrösen verdickten Wandung frei
zu präpariren, am Blasenscheitel quer zu durchtrennen, und zum
Schluss die exakte Blasennaht anzuschließen.
Im Nachtrag giebt Verf. noch die interessante Krankengeschichte
eines Falles, bei dem man ebenfalls eine angeborene Urachusfistel
annahm, während durch den mikroskopischen Befund erwiesen wurde,
dass es sich um einen persistirenden Dottergang handelte, der wahr-
scheinlich gegen den Darm hin abgeschlossen war. Die Exstirpation
Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 961
erfolgte nur partiell, so dass bei dem Kind die Möglichkeit der Ent-
wicklung eines Enterokystoms eine sehr große ist.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
10) L. OG Richelot. Sur l’hysterectomie abdominale.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIIL p. 474.)
R. glaubt jetzt bezüglich der Technik der abdominalen Uterus-
exstirpation zu einem gewissen Abschluss gelangt zu sein. Die von
ihm bevorzugte Methode der Operation bei Myomen setzt sich aus
folgenden Akten zusammen: Beckenhochlagerung; Bauchschnitt; Vor-
wälzen des Uterus; Offenhalten der Wunde durch ein im unteren
Wundwinkel eingelegtes großes Speculum; Ablösung eines vorde-
ren peritonealen Lappens und damit Zurücklagerung der Blase ins
kleine Becken; Bloßlegung der in dem hierdurch freigelegten Para-
metrium sichtbaren Art. uterina; Befreiung des Uterus auf beiden
Seiten durch Durchschneidung der breiten Bänder dicht neben dem
Uterus, nachdem sie vorher mit je 3 Klammern gefasst waren — die
oberste Klemme fasst die Spermatikalgefüße, die unterste die Art.
uterina —; cirkuläre Umschneidung der Scheide unmittelbar am
Ansatz an den Uterus; Fortnahme der Gebärmutter; Vernähung der
Scheide; Ersatz der Klemmen durch Katgutligaturen; Zurückschlagen
des abgelösten vorderen Bauchfelllappens über den Scheidenstumpf
und Befestigung durch einige Nähte; Bauchnaht. — Handelt es sich
um Adnexerkrankungen, insbesondere Pyosalpingitiden, so geht R.
zunächst in gleicher Weise vor, wie bei Myomen. Nach Bloßlegen
der Art. uterina fasst er sie sogleich beiderseits mit einer langen
Klemme, eröffnet jetzt das vordere Scheidengewölbe, fasst die Portio
vaginalis mit Hakenzangen, zieht sie durch die Peritonealwunde,
umschneidet nun den Rest des Scheidenansatzes und löst den Uterus-
hals völlig aus. Jetzt durchreißt er das vordere Blatt des Ligamen-
tum latum, durchschneidet das Ligamentum rotundum, dringt in das
Parametrium ein, zerreißt oder durchschneidet einige Bindegewebs-
züge ganz nahe dem Eitersack und dringt zwischen ihm und Becken-
wand vor, um schließlich den oberen Rand des Ligaments nach
außen von den Anhängen zu durchtrennen. Als principiell wichtig
betont R., diese Auslösung von unten nach oben auszuführen, damit
etwa ausfließender Eiter nach unten in die Beckenhöhle, nicht nach
oben in die eigentliche Peritonealhöhle sich entleere. Nach Aus-
lösung der Anhänge einer Seite verfährt er in gleicher Weise auf
der anderen. Eine Anzahl sehr instruktiver Abbildungen erleichtern
sehr das Verständnis der Beschreibung. Reichel (Chemnitz).
962 Centralblatt für Chirurgie. No. 38.
Kleinere Mittheilungen.
11) Blecher. Zur Kasuistik der Pneumokokken-Osteomyelitis.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 413.)
Der von B. beschriebene, aus der Greifswalder Klinik stammende Fall betrifft
einen 12jährigen Knaben, der im Anschluss an eine akute linksseitige Mittelohr-
eiterung Abscesse im rechten Kniegelenk und am rechten unteren Oberschenkel-
ende bekam. Eiterentleerung durch Schnitte ins Gelenk und in den Oberschenkel,
der vom Periost entblößt ist. Die Wunden heilten mit geringer Bewegungs-
einschränkung im Knie, ohne Sequesterbildung, aber mit leichter Knochen-
verdickung. Im Ohreiter eben so wie in demjenigen der Oberschenkel- und Knie-
abscesse wurden die Fränkel-Weichselbaum’schen gekapselten Pneumo-
Diplokokken exakt nachgewiesen.
Epikritisch wird ausgeführt, dass es sich hier wahrscheinlich um einen von
der Otitis abzuleitenden sekundären Knochenherd in der Oberschenkelepiphyse
bezw. dem der Epiphyse benachbarten Theil der Diaphyse gehandelt haben wird.
2 ganz analoge Fälle sind von Fischer und Levy, so wie von Lexer beschrieben.
Eigenthümlich aber ist der beschriebene Fall durch das Lebensalter, in dem die
Affektion noch nicht gesehen wurde — 3 bislang bekannte Fälle betrafen Er-
wachsene von über 30 Jahren, 6 andere Kinder in den ersten 2 Jahren. Auch
die Sicherheit, dass eine Pneumokokkenotitis die Primäraffektion der Ostitis abgab,
ist neu. In den früheren Fällen waren bei den 3 Erwachsenen Pneumonien der
Erkrankung voraufgegangen, bei den 6 Kindern imal Katarrhalpneumonie; 5mal
war die Infektionsquelle unbekannt geblieben. Es ist also zumal bei Kindern auf
eine primäre, bekanntlich leicht übersehbare Otitis zu achten. Die bakteriologische
frühe Diagnose bei Osteomyelitis ist übrigens praktisch werthvoll, da die von
Pneumokokken inducirten Fälle bekanntlich eine relativ ziemlich günstige Pro-
gnose geben. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
12) 8. Pförringer. Plötzlicher Tod durch einen freien Hirncysticercus.
(Fortschritte der Mediein 1898. No. 11.)
Der Fall betraf einen 17jährigen Barbierlehrling, der seit langer Zeit durch
seinen großen Kopf aufgefallen, auch zuweilen für kurze Zeit wie geistesabwesend
gewesen war. Am Abend vor dem Tode klagte er plötzlich über Kopfschmerzen,
Nachts traten heftige epileptiforme Anfälle auf, kurz nach der sofort bewerk-
stelligten Überführung in die Nervenklinik trat der Tod ein. Die Sektion ergab
starke Erweiterung der Gehirnseitenventrikel, auch des III. und IV. Ventrikels,
das Ependym uneben, mit kleinen grauweißen Granulationen besetzt. Vor dem
Aquaeductus Sylvii, denselben völlig verlegend, eine kirschgroße gelbe pralle
Blase, die einen in ihrem Inneren befindlichen gelblichweißen Körper durchscheinen
ließ. Sie war nach hinten in einen Stiel ausgezogen, der den Aquaeduotus völlig
ausfüllte und noch (e cm weit in den IV. Ventrikel hineinragte. Erst nach Er-
öffnung des Aquaeductus ließ sich die Blase entfernen und stellte nun ein 41/2 cm
langes schlaffes Gebilde dar. Beim Eröffnen derselben entleerte sich klare farb-
lose Flüssigkeit. Ein Bandwurmkopf ließ sich nicht auffinden.
Teichmann (Berlin).
13) P. Möller. Über Hydrencephalocelen und über die Frage ihrer
operativen Behandlung.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 23.)
M. publieirt einen von Barth in Danzig mit tadellosem Erfolg operirten Fall,
Der an ‚seinem 19. Lebenstage operirte Knabe trug an seinem Hinterkopf eine
gut gestielte, herabhängende Cephalocele, welche, dem Kopf an Größe fast gleich,
Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 963
bei der Geburt zuerst erschienen war. Dieselbe war schlaff, fluktuirte und ließ
in ihrem Stiel eine cylindrische festere Masse durchfühlen. Allgemeinzustand
war etwas schwächlich, sonst gut, keine Hydrocephalus, keine Hirnerscheinungen
bei Druck auf die Geschwulst, keine Volumenszunahme derselben beim Schreien.
Die Dank den günstigen anatomischen Verhältnissen am Stiel sehr einfache Ope-
ration bestand in Abpräparirung von 2 seitlichen Hautlappen von diesem, dann
Ligatur desselben möglichst dicht am Schädel und Abtragung. Der Versuch, den
abgebundenen Rest des Stiels durch eine im Hinterhaupt bemerkbar gewordene
kreisrunde Knochenlücke von Erbsengröße zu reponiren, misslang. Naht, Verband,
glatte Heilung. Das Kind entwickelte sich gut, blieb frei von Hydrocephalus
und zeigte sich bei einer Untersuchung 1 Jahr nach der Operation ganz normal.
Das Operationspräparat ist gründlich untersucht, auch histologisch. Es ent-
hält in den großen fluktuirenden Sack eingeschachtelt einen 2. etwa walnussgroßen,
der ebenfalls dem Stiel der Geschwulst aufsitzt. Die Wand des großen Sackes
besteht aus Cutis, Dura mater und Pia, in der Wand des kleinen Sackes aber
finden sich Ganglienzellen und Hirnmark, in dem Stiel der Geschwulst ferner auch
gefäßhaltige Zotten, die für Plexus chorioidei zu halten sind. Demgemäß ist die
Geschwulst als Hydrencephalocele zu diagnostieiren, und ist zu vermuthen, dass
der Bruch, dessen Entstehen in einem ziemlich frühen Stadium des Fötallebens
anzunehmen ist, das Hinterhorn eines Seitenventrikels enthalten hat, und zwar
des rechten; denn die Hinterhauptslücke saß etwas rechts von der Mitte. Ab-
schnürung der vorgefallenen Theile führte zur Obliteration des Stiels und hob die
Kommunikation zwischen Ventrikel und Sackinnerem auf. Da die Geschwulst auf
ihrem Scheitel eine nabelartige Einziehung aufwies, und das Kind auch an beiden
Ellbogen narbige Stellen hatte, nimmt M. an, dass amniotische Verwachsungen
der Geschwulstbildung zu Grunde gelegen haben. Mehrere gute Abbildungen er-
läutern die Beschreibung; auch giebt Verf. vor Beschreibung des eigenen Falles
eine Zusammenstellung der bisherigen Leistungen in der Chirurgie der Cephalo-
celen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
14) Gerber. Empyem der Sinus frontales mit Usur der ganzen vor-
deren Wand.
(Archiv für Laryngologie Bd. VIII. Hft. 1.)
Die Genese des ausführlich beschriebenen Falles stellt sich Verf. etwa folgen-
dermaßen vor: Die Pat., welche von Jugend auf an Ozaena gelitten, erwarb in ihrer
Ehe Lues (3 Aborte im 3. und 4. Monat), in Folge deren es zu einem tertiären
Syphilid der Nase kam (Defekt im Vomer). An dieses schloss sich eine specifische
Periostitis und Nekrose der vorderen Wand des Sinus frontalis mit sekundärem
Empyem an. Bei absoluter Resistenz der hinteren und unteren Wand kam es zur
völligen Einschmelzung der vorderen Wand (umschriebene Schwellung an der
Nasenwurzel) und nach einem gelegentlichen Trauma (Fall gegen eine Tischkante)
zum Durchbruch des Eiters und Ausbreitung desselben unter der Haut über die
ganze Stirn. Heilung der Operationswunde nicht ohne Erysipel, aber mit gutem
kosmetischen Resultat. Teichmann (Berlin).
15) Delie. Phlegmon du cornet inférieur avec nécrose de la lamelle
osseuse.
(Revue de laryngol. 1898. No. 26.)
Die Affektion, ausgezeichnet durch Eiterausfluss aus dem Nasenloch und
eine Oberkieferfistel über dem Eckzahn, wurde zuerst für einen Zahnabscess, dann
für eine Kieferhöhleneiterung gehalten. Heilung trat erst ein nach Erweiterung
des Fistelganges und Entfernung des beweglichen Sequesters, welcher sich als
das knöcherne Gerüst der unteren Nasenmuschel erwies.
Teichmann (Berlin).
964 Centralblatt für Chirurgie. No. 38.
16) A. Raoult et G. Thiry. Des amygdalites ulcero-membraneuses
chancriformes avec spirilles et bacilles fusiformes de Vincent.
(Revue de laryngol. 1898. No. 30.)
Von der eigenartigen Mandelaffektion, auf welche neuerdings Moure auf-
merksam gemacht hat, und welche in der Bildung eines nur langsam heilenden,
geringe Beschwerden verursachenden Geschwürs besteht, haben Verf. 4 Fälle be-
obachtet, davon 3 wiederum bei Studenten der Medicin, wie auch Moure u. A.
Die größte Ähnlichkeit weist die Erkrankung mit einem tertiär-syphilitischen
Mandelgeschwür oder mit einem Mandelschanker auf. In allen 4 Fällen fanden
sich im Geschwürssekret sehr reichliche Mengen von Spirillen und einem spindel-
förmigen Bacillus, einmal auch der Colibacillus. Klinisch-ätiologisch stellen Verff.
die Affektion der Stomatitis ulcerosa an die Seite; therapeutisch haben sie von
Pinselungen mit Formolglycerin einigen Erfolg gesehen. In einem etwas schwerer
verlaufenden Falle wurde die erkrankte Mandel entfernt.
Teichmann (Berlin).
17) Tilmann. Ein Fall von operativer Vagusverletzung.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 313.)
Bei der Operation einer bösartigen linksseitigen Halsgeschwulst eines 58jährigen
Pat. der Greifswalder Klinik wurde bei Fassung eines Gefäßes der Vagus mit ein-
geklemmt. Sofortige schwerste Zeichen der Vagusreizung: Stillstand von Athmung
und Herz. Nach Abnahme der Klemme und 10 Minuten lang ausgeführter
kräftiger Massage des Herzens gelang es, den Pat. wieder zu beleben. Der Vagus,
mit dem übrigens Theile der Geschwulst untrennbar verwachsen waren, wurde
genäht. Die Wunde heilte, doch erfolgte bald Weiterwucherung der nicht ent-
fernten Geschwulstreste und nach 5 Monaten der Tod. Bei der Obduktion stak
der Vagus völlig in der Geschwulst und konnte nicht herauspräparirt werden.
Auch in einem Falle von Michaux verursachte die versehentliche Umschnürung
des Vagus mit einer Ligatur akute, sehr bedrohliche Erscheinungen. Dagegen
pflegt bekanntlich die einseitige, glatte Durchschneidung bezw. Resektion des
Vagus weder momentan noch nachträglich gefährliche Folgen zu haben.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
18) @. Avellis. Epikrise eines Falles von nicht ganz plötzlichem
Thymustod, verursacht durch (vikariirende) Thymusvergrößerung bei
rudimentär kleiner Milzanlage.
(Archiv für Laryngologie Bd. VIII. Hft. 1.)
Der Fall betraf einen 4jährigen, sehr gut genährten und für sein Alter über-
großen Knaben, der aus vollem Wohlbefinden heraus hochgradige Athemnoth
bekam, welche in ungefähr 2 Stunden ohne Krämpfe zum Tode führte. Bei der
Sektion fand sich nichts Anderes, als eine Vergrößerung der Thymus und eine
ganz rudimentäre Milz von der Größe eines Daumennagels und 3—4 mm Dicke.
Teichmann (Berlin).
19) O. Chiari. Beiträge zur Diagnose und Therapie des Larynx-
krebses.
(Archiv für Laryngologie Bd. VIII. Hft. 1.)
In den 66 Fällen von Kehlkopfkrebs, welche Verf. in den Jahren 1887—1897
beobachtet hat, konnte er mit der endolaryngealen Behandlung keinen dauernden
Erfolg erzielen. In 5 Fällen wurde die einfache Thyreotomie zur Entfernung der
Geschwulst ausgeführt, Jmal vom Verf. selbst. In dem einen noch von Billroth
thyreotomirten Falle trat nach 6 Jahren ein Recidiv ein; ein Full ist seit 3 Jahren,
einer seit 2 Jahren recidivfrei, im 4. Falle trat 1 Jahr nach der Operation eine
Krebsgeschwulst auf dem früher gesunden Stimmbande auf; ein Pat. starb nach
der Operation. Einmal hat Verf. die Pharyngotomia subhyoidea ausgeführt, im
Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 965
3. Monat nach der Operation Recidiv. In einem anderen Falle machte Gussen-
bauer die Pharyngotomia lateralis bei einem Diabetiker; Tod an Wunddiphtherie.
In 12 Fällen wurde die partielle Kehlkopfresektion gemacht, davon 8mal durch
Verf. selbst, mit folgendem Resultat: 3 Todesfälle an den Folgen der Operation,
einer 1 Monat nach der Operation an jauchiger Pleuropneumonie, einer 1 Jahr
nach der Operation (reeidivfrei) an Pneumonie. 1 Fall seit 2 Jahren reeidivfrei,
1 Fall unkontrollirt; 5 Reoidive, meist schon in den ersten 2 Monaten. In einem
Falle endlich wurde die Totalexstirpation ausgeführt; völlige Heilung mit künst-
lichem Kehlkopf, aber nach 11/ Monat Drüsenrecidiv. Der lesenswerthen Arbeit
sind 17 zum Theil sehr lehrreiche Krankengeschichten beigefügt.
Teichmann (Berlin).
20) Hildebrand. Über Resektion des Penis wegen eines Endothe-
lioma intravasculare.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 209.)
Ein 68jähriger Herr besaß eine taubeneigroße, knorpelharte Geschwulst im
Penis in der Mitte zwischen Eichel und Hodensack, welche vor 1 Jahr zuerst in
der Größe eines Kirschkerns bemerkt war und jetzt Nachträufeln des Urins ver-
anlasste. Da eine Amputation verweigert wurde, »Resektione. Unter Blutleere
mittels Gummischlauchs unterer Längsschnitt, von welchem aus 4—41/2 em der
beiden Corpora cavernosa und 31/, cm von der Harnröhre quer resecirt wurden bei
Erhaltung der Vasa dorsalia. Naht der Stümpfe, glatte Heilung ohne Störung der
Miktion, Recidivfreiheit Us Jahr lang nach der Operation.
Die Operation ist die erste ihrer Art, dagegen ist eine Resektion der Harn-
röhre wegen Geschwulst bekannt von Rupprecht und eine Resektion der
Schwellkörper von Alexander.
Betreffs der sehr eingehend gegebenen histologischen Besprechung der Ge-
schwulst ist auf das Original zu verweisen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
21) Wodarz. Behandlung der Prostatahypertrophie.
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1898. No. 9.)
W. berichtet über 7 im Breslauer Allerheiligen-Hospital operirte Fälle von
Prostatahypertrophie, bei denen die Resektion der Vasa deferentia vorgenommen
wurde. Hiervon wurden 6 Fälle geheilt; d. h. die Zeit, nach der ein Katheterismus
post operat. nicht mehr nöthig war, schwankte zwischen 17 Tagen bis 3 Monaten.
Die bestehende Cystitis wurde in allen Fällen günstig beeinflusst. Einer der
klinisch geheilten Fälle ist in so fern interessant, als die 4 Monate nach der Ope-
ration nach einer tödlichen Pneumonie vorgenommene Autopsie sowohl makro-
skopisch, wie mikroskopisch eine Veränderung am Hoden oder der Prostata weder
im Sinne der Sackur’schen Erklärung der Prostataschrumpfung, noch eine fettige
Degeneration des Drüsenepithels, wie sie Griffiths beobachtet haben will, ergab.
K. Hufschmid (Gleiwitz O/S.).
22) M. Böhm. Beitrag zur Behandlung der Überwucherung der
Vorsteherdrüse (Prostatahypertrophie).
(Physiatrische Rundschau 1897. No. 5.)
Verf. hat bei einem 54jährigen Manne Beschwerden bei der Urinentleerung,
welche er auf eine »Überwucherung der Vorsteherdrüse« bezieht, durch die »Natur-
heilfaktoren« zum Verschwinden gebracht. Der Pat. hatte »seit Jahrzehnten An-
fälle von Zucken im ganzen Körper, ausgehend vom Gebiet der Supraorbital-
nerven«; ferner bestand seit einem Jahre Morgens Unvermögen, den Harn spontan
zu entleeren; Tags über gelang es nur absatzweise oder tröpfelnd unter starkem
Pressen. Die »Überwucherung der Vorsteherdrüse war noch von mäßiger Aus-
dehnung«, Blasenkatarrh trotz regelmäßigem Katheterismus »ausgeschlossens. Also
das klarste Bild einer Ischuria paradoxa bei einem Epileptiker, wie solche Fälle
von Ultzmann u. A. in klassischer Weise dargestellt worden sind. Gegen diese
966 Centralblatt für Chirurgie. No. 38.
»begleitenden Momente der Vorsteherdrüsengeschwulst« wurde mit dem schwersten
Rüstzeug der »Naturheilmethode« zu Felde gezogen: T-Binde von 18° R., wöchent-
lich 3 Gesäßdampfbäder mit nachfolgenden Rumpfbädern, wöchentlich 6 »wechsel-
warme Sitsbädere. Nach 5 Wochen schon war der Feind besiegt, der Katheter
konnte für die 6. Woche entbehrt werden. — Es ist der bekannte Vorgang der
»Naturärste«: der Kampf gegen die Windmühlen. Kein Einsichtiger hätte anders
gehandelt. Dazu kommen die gewöhnlichen Nebenbemerkungen über die Sehul-
medicin, die noch immer nichts von den »Naturheilfaktoren« wissen will. Es ist
nicht ohne Interesse, manchmal einen Blick in jene Litteratur zu werfen, welche
für die große Zahl der »Naturärzte« und die noch größere ihrer Anhänger be-
stimmt ist und ihnen wahrscheinlich auch genügt. J. Sternberg (Wien.
23) Dessy e Fatichi. Cistiti ed epididimite colibacillari.
(Clin. med. ital. 1898. No.4. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898.
No. 64.)
In der angeführten Krankengeschichte sind die zuweilen sehr schweren Fieber-
attacken, welche viele Jahre hindurch mehrfach nach einer gonorrhoischen Infek-
tion auftraten, bemerkenswerth. Eine bakteriologische Untersuchung des Blutes
fand nicht statt. Doch weisen die Verff. darauf hin, dass zuweilen nicht bloß bei
wirklicher Cystitis, sondern auch bei Bakteriurie ohne klinische Erscheinungen
von Seiten der Blase oder Nieren heträchtliche Fiebersteigerungen mit dem Ein-
dringen von Keimen in das Blut in Verbindung gebracht werden müssen. Im
Falle der Verf. verschwanden diese Fieberanfälle mit den übrigen Erscheinungen
nach Beseitigung der vorhandenen Strikturen. Gleichzeitig verschwand aber auch
das Bacterium coli aus dem Urin. Dreyer (Köln).
24) E. Payr. Beitrag zur Kenntnis der Nierenschüsse.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIIL p. 92.)
Der von P. behandelte 22jährige Verletzte ging der Klinik in Graz zu, nach-
dem er soeben gelegentlich eines Straßentumults einen Schuss aus dem klein-
kalibrigen Mannlichergewehr erhalten hatte. Zeichen bedrohlichster Anämie mit
Collaps und noch andauernde Blutung aus der vorhandenen großen Wunde in der
linken Lendengegend nöthigten zu sofortiger genauer Revision der letzteren in
Narkose. Nach Vornahme der nöthigen Spaltungen und Durchtastung fanden sich
Fragmente des Geschosses, Zertrümmerungen und gequetschte Hohlgänge in den
Muskeln, ein abgeschossenes Rippenfragment und schließlich als Quelle der Blu-
tung die zertrümmerte und in einen kleineren unteren und einen größeren oberen
Theil zerrissene Niere. Nephrektomie derselben. Wundtamponade. Obwohl Pat.
zeitweise pulslos gewesen, hielt er sich 3 Tage lang, wurde aber febril und starb
an doppelseitiger Lobulärpneumonie.
Die eigenthümliche Art der Wunde, namentlich an der Niere, ist nach P. nur
durch die Annahme erklärbar, dass das Geschoss, bevor es den Mann verwundete,
bereits durch Aufschlagen an einen Stein oder eine Wand zertrümmert war. Die
Nierenwunde selbst (vgl. die interessante Abbildung) zeigte die Eigenthümlich-
keiten einer durch Sprengwirkung erzeugten Verletzung. Ein Schusskanal oder
ein auf direktes Aufschlagen des Geschosses deutender Substanzverlust fehlte an
der Niere, und erscheint desshalb der Fall bemerkenswerth als eine »Kombination zwi-
schen offener Nierenschussverletzung und Sprengwirkung bei kontundirender Ver-
letzung«, wie sie noch nicht beschrieben ist. P. hebt noch hervor, dass in dem
Falle therapeutisch die von Küster empfohlene Wundtamponade mit Konservirung
der Niere ganz aussichtslos gewesen wäre. Die tödlich gewordene Pneumonie ist
wahrscheinlich nicht auf Infektion der reizlos gebliebenen Wunde zurückzuführen,
sondern auf eine schon vorhanden gewesene Bronchitis, oder auf Infektion mit
Darmbakterien, da das Colon in großer Ausdehnung gequetscht und blutunter-
laufen war. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 967
25) E. Braatz. Zur Nierenexstirpation.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIIL p. 56.)
B. berichtet über 7 Nephrektomien, die er in den beiden letzten Jahren ge-
macht. Er ging stets extraperitoneal von einem Lendenschnitt vor, der die Ex-
stirpation leicht gestattete, vermied jegliches Antisepticum und behandelte mittels
Tamponade mit steriler Gaze nach, wodurch stets glatte Wundheilung erzielt
wurde. Jeder der Fälle hat sein besonderes kasuistisches Interesse, dem durch
erschöpfende Beschreibung Rechnung getragen ist, worauf hier aber nicht weiter
einzugehen ist. Falli und 2 sind Grawitz’sche Strumae malignae suprarenales
in rene, beide betreffen Frauen, von 49 bezw. 44 Jahren, von denen die erste 1 Jahr
nach der Operation an Recidiv starb. Fall 3 ist ein Adenomyosarkom bei einem
13/,jährigen Knaben, der 3 Monate nach der Operation aber schon ein Recidiv auf-
wies. Fall 4 betrifft eine Steinniere bei einer 32jährigen Frau. Vor der Exstir-
pation war die Niere als gewöhnliche Wanderniere angenäht. Da dies erfolglos
blieb, Ektomie. Als die exstirpirte Niere mit dem Sektionsschnitt halbirt wurde,
erwies sich ihr Gewebe als sehr derb und enthielt eine zahllose Menge von linsen-
bis kleinerbsengroßen Phosphatsteinchen. Es war aber vor der Operation niemals
Steinabgang bemerkt. Fall 5 betrifft eine Pyonephrose, Fall 6 eine Nierenfistel,
die nach einer wegen »Nierenneuralgie« vorgenommenen exploratorischen Bloß-
legung und Ineision der Niere hinterblieben war, Fall 7 eine hydronephrotische
Wanderniere.
Erwähnt sei noch, dass B. empfiehlt, Behufs Aufsuchung der Umschlagsstelle
des Bauchfells eine kleine, nach geschehener Orientirung alsbald wieder zu ver-
nähende Incision in dieses zu machen, — ferner folgendes hübsche Ver-
fahren zur Erleichterung der Sekundärnaht. Es wird ein Faden doppelt
genommen, mit seinen offenen Enden in eine Nadel gefädelt und diese von der
Wunde aus nach außen geführt. Eben so gegenüber am anderen Wundrand. Die
Fäden werden um den Wundrand einfach zu einer Schleife geknüpft, wonach ohne
Verwirrung der Fäden tamponirt werden kann. Zur Sekundärnaht wird ein neuer
Faden mit der Schlinge der Leitfäden beiderseits durch den Stichkanal gezogen.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
26) A. af Forselles (Helsingfors). Über Achsendrehung der Tube.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 198.)
Ein vom Verf. operirter Fall betrifft eine 21jährige Pat., seit Monaten zeit-
weise an Leibschmerzen, und zwar besonders links, leidend, neuerdings aber akut
mit sehr heftigen Schmerzen und Brechen erkrankt. Starke Empfindlichkeit der
linken Fossa iliaca, mäßiges Fieber, Verdacht auf Appendicitis. Am 7. Tage
Laparotomie, welche in der linken unteren Bauchgegend eine straußeneigroße Ge-
schwulst ergab, sehr ähnlich einer hochgradig ausgespannten Flexur. Dieselbe
erwies sich schließlich als die ausgespannte Tube und der Eierstock, welche bei-
nahe imal um das uterine Ende des Eileiters gedreht waren. Der Tubensack ist
bochgradig injieirt, dunkelblauroth, der Eierstock morsch und zerfallend. Exstir-
pation, Heilung.
Das Operationspräparat ist in einer kolorirten Tafel abgebildet, in welcher
aber die angegebene Torsion nicht ordentlich zu sehen ist. Auch fehlt jede
weitere makro- und mikroskopisch-anatomische Beschreibung; nur der Tafel-
erklärung ist zu entnehmen, dass der Eileiter im Zustand einer Hydrosalpinx war.
Verf. hat in der Litteratur 14 Parallelfälle gesammelt, aus denen erhellt, dass die
Erkrankung sehr akute und incarcerationsähnliche Erscheinungen zu bewirken
pflegt. 12mal lagen Tubengeschwülste vor. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
27) Rochard. Grossesse extra-utérine péritonéale. Laparotomie.
Guérison.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIIL p. 628.)
Der von R. mitgetheilte Fall ist ein Beispiel rein peritonealer, nicht tubarer
Extra-uterin-Schwangerschaft. Wenigstens ließ sich der orangegroße, einen
968 Centralblatt für Chirurgie. No. 38.
21/2 Monate alten Embryo bergende Fruchteack aus den Adhäsionen völlig ohne
Stielbildung ausschälen; Uterus und Anhänge blieben nahezu intakt zurück.
Beichel (Chemnitz).
28) o Ruggi. Rendiconto statistico relativo a 1000 laparotomie
eseguite di preferanza per la cura di interne lesione muliebre.
Bologna 1898.
In einer größeren Tabelle stellt R. die 1000 Laparotomien zusammen, welche
er innerhalb 27 Jahren ausgeführt hat. Bis auf etwa 30 betreffen sie gynäkologi-
sches Material. Die Tabelle bietet nur die Zahlen, und die Vorbemerkungen be-
ziehen sich nur auf die äußeren Verhältnisse der Thätigkeit (Assistenz, antisep-
tische und aseptische Periode). Bezüglich der klinischen und technischen Einzel-
heiten ist auf die zahlreichen Publikationen R.'s über die verschiedenen Partien
seines reichhaltigen Materials verwiesen.
Immerhin sind es ganz stattliche Zahlen: 129 Ovariotomien, 111 Salping-
ektomien, 103 Myomoperationen auf abdominalem Weg, 360 vaginale Hysterektomien
— unter diesen fielen uns 9 wegen »Isteralgia« und 198 wegen » Metrite cronicas
auf — u. v. A.
Unter den 1000 Operationen sind, nach den einzelnen Hundert gesondert,
52 Todesfälle verzeichnet; 13 hiervon entfallen auf 58 supravaginale Amputationen
innerhalb der ersten 400 Operationen; die anderen vertheilen sich ziemlich gleich-
mäßig auf die übrigen Eingriffe. J. Sternberg (Wien).
29) Döbbelin. Über Knochenechinokokken des Beckens.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 38.)
D. bringt folgenden neuen von König in der Charité behandelten Fall bei.
35jähriger Arbeiter, der 4 Monate vor der Aufnahme Schmerzen in der rechten
Leistenbeuge, dann im Oberschenkel verspürte. Nach 2 Monaten Beule innen von
der Spina ant. sup., welche bei einer Punktion Eiter entleerte und zu einer ent-
zündlichen Anschwellung der Umgegend führte. Bei der erforderlichen gründlichen
Operation Entleerung des vorhandenen oberflächlichen Abscesses durch einen von
der Spina nach unten geführten schrägen Schnitt. In der Tiefe zerstörter Knochen
sondirbar. Bei Angehen des arrodirten Knochens mit dem Löffel etwa in der
Tiefe der Spina ant. inf. kommen einige, ungefähr erbsengroße Sequester und mit
ihnen eine ungefähr kirschkerngroße, wasserhelle Echinokokkenblase. Die Sequester
sind ebenfalls mit winzigen, wie kleine Perlen aussehenden Bläschen förmlich
gespickt. Wegmeißelung eines großen Stückes der vorderen Darmbeinkante. Die
Spongiosa ist in großer Ausdehnung mit kleinen perlgrauen Bläschen infiltrirt und
mürbe. Ausschabung und Weitermeißeln, bis gesundes Gewebe getroffen wird.
Tamponade, Heilung ohne Fistelbildung in (is Monat.
Wie die Knochenechinokokken überhaupt, sind die Beckenechinokokken selten.
D. stellt mit Benutzung der vorhandenen Vorarbeiten 23 Fälle zusammen. Die
Erkrankung pflegt wie in dem berichteten Falle als E. »multilocularis« aufzutreten
und kann zu den ausgedehntesten Zerstörungen, wie bei bösartigen Geschwülsten
führen. Die sehr schleichend verlaufende Krankheit ist mehrfach auf Trauma
zurückgeführt, und kann allerdings angenommen werden, dass Quetschung und
Gewebszertrümmerungen die Festhaltung im Blut eirkulirender Echinokokkenkeime
erleichtern könnten. Die nicht leichte Diagnose von Anschwellungen am Becken
als Echinokokken kann hier und da durch Probepunktion gelingen. Die Prognose
ist schlecht, nur 3 Fälle geheilt, Mortalität gleich 82,6%. Heilung selbstverständ-
lich nur durch radikale Operation möglich. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
E. m Bag, Kon, E, Mehes
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
EE
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 39, Sonnabend, den 1. Oktober. 1898.
Inhalt: J. Grekoff, Über die Deckung von Schädeldefekten mit ausgeglühtem ‚Knochen.
(Original-Mittheilung.)
R 1) Milchner, Bindung von Tetanusgift. — 2) Hirschberg, Einheilung von Fremd-
körpern in der Bauchhöhle. — 3) Kimmel, Recidivirende Perityphlitis. — 4) Dowd,
Brucheinklemmung. — 5) Thlele, Radikalbehandlung von Brüchen. — 6) Banti, Pylorus-
enge und Magensaftfluss. — 7) Lennander, Magen- und Duodenalgeschwür. — 8) Gul-
nard, Magenkrebs. — 9) Podres, Gastro- und Enteroanastomosen. — 10) Obrastzow,
Blinddarmkrebs und Blinddarmtuberkulose. — 11) Jeannel, Operationen bei Ileus. —
12) v. Mayer, Künstlicher After. — 13) Riedel, Gallensteinkolikanfall. — 14) Takayasu,
Zur Pankreaschirurgie.
15) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 16) Lebrun, Eitrige Peritonitis. —
17) Perman, Peritoneale Verwachsungen. — 18) Kopfsteln, Retrograde Incarceration, —
19) Kummer, Darmperforation. — 20) Jakowlew, Milzechinococcus. — 21) Toeplitz,
Zur Gallenblasenchirurgie. — 22) Most, Echinokokken der Bauchhöhle.
(Aus dem weiblichen Obuchow-Hospital zu St. Petersburg.)
Über die Deckung von Schädeldefekten mit ausgeglühtem
Knochen',
Von
Dr. J. Grekoff.
Bei Betrachtung der verschiedenen Verfahren von Deckung alter
Schädelknochendefekte sehen wir, dass einige von diesen Verfahren,
welche ideal erdacht sind und beim Gelingen ein glänzendes Resul-
tat geben, schwer ausführbar und in einigen Fällen sogar unmöglich
anzuwenden sind (Verfahren nach Müller-König, Seydel-Czerny),
dagegen andere, die sich durch ihre Einfachheit auszeichnen, den
Nachtheil haben, dass sie keine vollständige Herstellung der normalen
1 Auszug aus einer am 6. März 1898 in der Versammlung der Ärzte des
Obuchow-Hospitals und am 15. April 1898 in der russischen chirurgischen Gesell-
schaft gemachten Mittheilung. In extenso wird dieselbe bald in der Zeitschrift
für russische Chirurgie erscheinen.
39
970 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
Verhältnisse, d. h. keine knöcherne Ausfüllung des Defekts herbei-
zuführen im Stande sind (A. Fränkel’sche Methode).
Daher ist es wünschenswerth, neue Verfahren auszuarbeiten, die
mit der leichten Anwendbarkeit auch die Eigenschaft, einen Knochen-
defekt zu ersetzen und der Norm mehr entsprechende Verhältnisse
zu schaffen, in sich vereinigen. Zu den Mitteln, die in dieser Be-
ziehung den sichersten Erfolg versprechen, gehört der im Jahre 1895
(Ziegler’s Beiträge 1895 Bd. XVII Hft. 1 und Berliner klin. Wochen-
schrift 1896 No. 1) von Prof. A. Barth vorgeschlagene ausgeglühte
Knochen, den er an Thieren und in einem Falle von Pseudarthrose
der Tibia auch am Menschen versucht hat. Auf Grund seiner Beob-
achtungen kam Barth bekanntlich zu dem Schluss, dass, unabhängig
von dem zur Deckung eines Schädeldefekts gebrauchten Material,
der Erfolg, d. h. die knöcherne Deckung des Defekts, ausschließlich
‘von der Anwesenheit der Kalksalze in dem betreffenden Material
abhängig sei. Wenn dem so ist, so dürfte das beste und einfachste
Material zu diesem Zweck der ausgeglühte Knochen sein. Außer-
dem ist er auch in vielen Beziehungen bequem — er ist leicht vor-
zubereiten und zu sterilisiren, und der Process der Knochenbildung
schreitet dabei sogar rascher fort, als bei Anwendung eines anderen
Materials.
Die von Barth gemachten Versuche sind so überzeugend, die
Gefahr aber bei der Operation so unbedeutend, dass eine klinische
Prüfung dieses Verfahrens am Menschenschädel wünschenswerth und
erlaubt erschien.
Daher ging ich mit großem Vergnügen auf den Vorschlag des
hochgeehrten Dr. Zeidler ein, die Anwendung des ausgeglühten
Knochens an 2 in meiner Behandlung gewesenen Kranken zu prüfen.
Bevor ich aber die erhaltenen Resultate mittheile, muss ich noch
Einiges bemerken. So weit es aus der genauen Übersicht der in den
letzten 3 Jahren erschienenen Litteratur ersichtlich ist, ist das
Barth’sche Verfahren an Menschen noch nicht geübt worden, wenn
man nicht den von Barth kurz erwähnten Fall von Pseudarthrosis
tibiae in Betracht zieht, in dem er mit ausgeglühtem Knochen
Heilung erzielte. In Anbetracht der Besonderheiten der Schädel-
knochendefekte sind die an Röhrenknochen erhaltenen Resultate nicht
ohne Weiteres auf erstere übertragbar. Außerdem hatte es Barth
in seinen Experimenten mit frischen Defekten zu thun, ich aber
hatte in dem einen Falle einen 3 Wochen, in dem anderen einen
sogar 15 Wochen alten Defekt vor mir; daher waren auch die Ver-
suchsbedingungen andere. Wenn wir den Process der Heilung von
Schädelknochenwunden in Betracht ziehen, so müssen wir annehmen,
dass die Aufgabe der Knochenbildung in diesen alten Fällen aus-
schließlich der Diplo& der Ränder des Schädeldefekts zukommt. Aus
dem Grunde ist auch besondere Vorsicht bei Beurtheilung der von mir
erhaltenen Resultate erforderlich, und eine experimentelle Kontrolle
derselben an alten Defekten wünschenswerth. Diese Untersuchungen
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 971
habe ich bereits angefangen und hoffe nächstens in der Lage zu
sein, die erhaltenen Resultate zu veröffentlichen.
Nun trete ich an die Beschreibung der von mir beobachteten
Fälle.
Fall I. Marie P., 10 a. n. Komplicirte Depressionsfraktur des rechten
Scheitelbeins in der Gegend der Rolando’schen Furche (krampfartige Zuckungen
der linken oberen Extremität). Trepanation mit einem Meißel. Defekt Biz cm
lang, 5cm breit. Dura war unverletzt. Rasche Heilung per primam.
Am 20. August 1897, 20 Tage nach der Fraktur, Deckung des Defekts mit
Platten von ausgeglühtem Knochen. Ein zungenförmiger Haut-Periostlappen wurde
mit Leichtigkeit abpräparirt. Die Ränder des Defekts sind von einer Schicht
Narbengewebe bedeckt, welches zur Anfrischung der Knochenwunde mit einem
scharfen Löffel abgekratzt wurde. Der Defekt wurde mit Platten von ausgeglühtem
Knoohen ausgefüllt; 2 von diesen Platten waren schlecht ausgeglüht und wurden
in dem vorderen oberen Segment placirt; 2 andere Platten aus Spongiosa wurden
ins hintere untere Segment gelegt. Die Wunde wurde fest vernäht; die Nähte -
griffen auch das Periost mit. Der Verlauf war fieberfrei, aber beim Verband-
wechsel am 5. Tage ergab sich eine Eiterung an 2 Nähten (im vorderen oberen
Theil); der übrige Theil der Wunde heilte per primam. Die Eiterung in den
2 Stichkanälen dauerte 3 Monate fort. Am Schluss dieses Zeitraumes waren ?/3
des Defekts mit sehr fester Masse angefüllt, die Knochenschall gab. Dagegen
fühlte man im vorderen oberen Theil des Defekts die Gehimmpulsation.
.Am 16. November 1897, 87 Tage nach der Plastik, beschlossen wir, die nicht
eingeheilten Platten zu entfernen. Nach Erweiterung der Fisteln erwies sich, dass
die Platten in einer kleinen mit Granulationen ausgefüllten Höhle lagen. Die
Dura war hier verdickt. Auf derselben war keine Knochenbildung zu sehen, das
Gehirn pulsirte deutlich. Nach Durchtrennung der Höhlenwand mit der Schere
stießen wir auf eine dünne Knochenplatte, deren obere Fläche rauh und mit
schwarzen Pünktchen (Kohlenpartikelchen) bedeckt war; die Platte war von allen
Seiten von weicherem Gewebe umgeben. Die Wunden heilten per granulationem.
Am 15. December wurde die Pat. aus der Behandlung entlassen; dabei und auch
1 Monat darauf konnten wir konstatiren, dass die Masse, welche ?/3 des Defekts
ausfüllte, die Konsisteng eines Knochens hatte, bei Perkussion einen hellen
Schall gab und im vorderen Theil des Defekts mit einem sehr harten und scharfen
Rand endete, welcher an eine trichterförmige 50 -große Vertiefung grenzte, in
der die Gehirnpulsation zu fühlen war. Die Pat. fuhr aufs Land und ließ uns
keine weiteren Nachrichten zukommen.
I. Fall. Marie N., 9 a. n. Komplieirter Splitterbruch des linken Stirn-
beins. Fissuren an der Schädelbasis; Riss der Dura mater; Knoohensplitter in die
Hirnsubstanz eingedrungen; dieselben wurden nach Debridement entfernt (Dr. Ro-
storzeff). In den nächsten 10 Tagen schwerer Allgemeinzustand. Darauf voll-
ständige Heilung per primam.
Am 18. December 1897, 15 Wochen nach der Fraktur, plastische Operation.
Zungenförmiger Lappen mit nach unten gerichteter Basis. Die narbige Verwach-
sung der Dura mit dem Periost wurde mit dem Messer durchtrennt. Der Defekt
hat eine 3eckige Gestalt, seine Dimensionen sind bedeutend größer, seine Ränder
schärfer geworden. Keine Spur von Knochenneubildung. Nach Anfrischung der
Ränder hatte der Defekt folgende Dimensionen: Die Basis (fast der ganze Supra-
orbitalrand) 5 cm, die Höhe ebenfalls 5cm, die Breite in der Mitte 2!/; cm. Zur
Deckung des Defekts wurden 4 Platten von bis zur Weißgluth erhitztem Knochen
(Schulterblatt von einem Kalb, wie auch im I. Falle) verbraucht. Bei der Durch-
trennung der Verwachsungen der Dura mater mit den Defekträndern kam ein Ein-
sinken des Gehirns zu Stande; durch seine Pulsation geriethen die Platten aus ihrer
Lage und schoben sich theilweise unter die Knochenränder, so dass kein hermetischer
Verschluss zu erreichen war. Die Wunde heilte per primam. 7 Monate nach der
39*
972 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
Plastik war das Resultat folgendes: Die Gegend des Defekts hat sich mit fester
knochenähnlicher Masse ausgefüllt, nur im Centrum besteht noch ein unbedeuten-
der, kurzer, etwa 5 mm breiter Spalt. Dieser Spalt hat sich augenscheinlich in
Folge von Verschiebung der Platten gebildet, von denen die eine am inneren
Augenwinkel in Form eines Knochenvorsprungs palpabel war. Es ist bemerkens-
werth, dass der orbitale Rand, der in toto frakturirt war, vollständig hergestellt
wurde und sich durch nichts von dem entsprechenden Rand auf der anderen Seite
unterschied. Früher konnte man in Folge von Fraktur der Orbitalkuppel den
Finger in die Orbitalhöhle einführen, jetzt gelingt das nicht mehr. Die ganze
Gegend des Defekts hat eine etwas konkave Oberfläche, was übrigens von außen
her nicht auffällt, so dass auch das kosmetische Resultat ein vortreffliches ist.
Zum letzten Mal sah ich die Pat. am 6. August d. J.
Ich resumire: Beide Pat. gehören dem kindlichen Alter an; im
1. Falle sind seit der Operation 5, im 2. 71/3 Monate verflossen. Die
Perkussion ergiebt in beiden Fällen Knochenschall, der Druck ruft
weder Nachgiebigkeit noch Beweglichkeit der den Defekt ausfüllen-
den harten Masse hervor. Im 1. Falle hatten wir auch Gelegenheit,
“bei Erweiterung der Fisteln eine Knochenplatte zu sehen, die von
einem weicheren Gewebe umgeben war; das Erscheinen der Platte
an dieser Stelle kann durch nichts Anderes, als durch den Process
der Knochenneubildung erklärt werden.
Die angeführten Fälle rechtfertigen den Wunsch, Experimente
in dieser Richtung fortzusetzen; die zu geringe Zahl der Beobach-
tungen und die verhältnismäßig kurze seit der Operation verflossene
Frist gestatten es mir nicht, mich endgültig dahin auszusprechen,
dass der ausgeglühte Knochen ein Material sei, welches in allen
Fällen zum Erfolg führe.
Auf Grund der Barth’schen Versuche und meiner Fälle halte
ich mich berechtigt, aus dieser kurzen Mittheilung folgende Schlüsse
zu ziehen.
Meine Fälle (namentlich der erste) beweisen die Möglichkeit
einer Knochenneubildung auf dem Boden eines ausgeglühten Knochens
auch bei älteren Defekten. Da die Konsistenz der einen Defekt aus-
füllenden Masse nicht weicher, sondern im Gegentheil immer härter
wird, so ist anzunehmen, dass keine Resorption der implantirten
Platten erfolgen wird, und dass der Process der Knochenneubildung
fortschreitet.
Um bei Experimenten Erfolg zu erzielen, sind folgende Bedin-
gungen nothwendig: ein gut ausgeglühter Knochen, vollständige
Asepsis der Wunde, obligatorische Anfrischung der Ränder des
Knochendefekts, ein möglichst sorgfältiges Ausfüllen des Defekts mit
ausgeglühtem Knochen, das jugendliche Alter der Kranken (wir
haben ja keine Erfahrung, um über die Anwendbarkeit dieses Ver-
fahrens auch bei Erwachsenen zu urtheilen).
Was das Alter des Defekts anbetrifft, so ist schon a priori klar,
dass, je frischer der Defekt, desto günstiger die Bedingungen für
den Erfolg des Experiments sind (Dank den unbedeutenden Ver-
änderungen des Periosts und der Dura mater).
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 973
Die Species des Thieres, dessen Knochen angewandt wird, spielt
kaum eine Rolle, dagegen ist die Spongiosa vorzuziehen, weil sie
poröser ist und von Granulationen leichter durchwachsen werden
kann.
Neben den vielen Vorzügen des von mir erprobten Verfahrens
möchte ich auch besonders auf die Ungefährlichkeit und Einfachheit
dieses operativen Eingriffs hinweisen, was entschieden zu seiner all-
gemeinen Verbreitung beitragen dürfte.
Die Barth’schen Untersuchungen wurden durch meinen Kollegen
Dr. P. Zworykin bestätigt, der die Schädeldefekte bei Kaninchen
mit einem künstlichen Gemisch von Kalksalzen ausfüllte; in allen
Fällen erhielt er, obgleich bedeutend langsamer, eine knöcherne
Deckung des Defekts (Wratsch 1898).
Zum Schluss erfülle ich die angenehme Pflicht, dem hoch-
verehrten Chef der chirurgischen Abtheilung, Herrn Dr. H. Zeidler,
für die liebenswürdige Anregung zu dieser Arbeit, so wie für die
Überlassung der Fälle meinen besten Dank auszusprechen.
St. Petersburg, im August 1898.
1) R. Milchner. Nachweis der chemischen Bindung von
Tetanusgift durch Nervensubstanz.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 17.)
M. injieirte Mäusen ein Gemisch von Gehirnemulsion und Tetanus-
gift und konnte in allen diesbezüglichen Versuchen eine Ab-
schwächung des Giftes durch die Hirnsubstanz sicherstellen. Aus
seinen Versuchen ging weiter hervor, dass der Zusammentritt von
Gehirn und Tetanusvirus ein rein chemischer ist und unabhängig
erscheint von vitalen Vorgängen. Der bindende Körper ist in den
Gehirnzellen in unlöslicher Form enthalten, reißt das Gift an sich
und macht, wenn nur wenig Gift zugefügt worden war, die zwischen-
liegende Flüssigkeit giftfrei. War ein Giftüberschuss vorhanden, so
zeigte sich ein Unterschied in der Wirkung der geklärten Flüssig-
keit und der Emulsion, indem diese in kürzerer Zeit tödlichen Tetanus
hervorrief als jene. Gold (Bielitz).
2) Hirschberg. Über die Betheiligung des Peritoneal-
epithels bei der Einheilung von Fremdkörpern.
(Virchow’s Archiv Bd. CLII. p. 403.)
H. legt sich die Frage vor, ob bei der Bildung von Adhäsionen
das Peritonealepithel eine Bindegewebe liefernde Rolle spielt. Zu
diesem Zweck wurden mittels stumpfer Kanüle Meerschweinchen
Aufschwemmungen von Lykopodiumsamen in die Bauchhöhle ge-
bracht. Es stießen sich dann zunächst die Epithelien unter den
Körnchen ab, sodann wurden letztere in ein fibrinöses Exsudat ein-
geschlossen. Nunmehr verschwinden auch die Epithelien in der Nachbar-
974 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
schaft, und das Exsudat wird von den fixen Bindegewebszellen aus
orgenisirt. Erst jetzt beginnt die Wucherung der Epithelien in der
weiteren Nachbarschaft, von denen aus dann das organisirte Knötchen
wieder mit Epithel bedeckt wird. Eine Betheiligung des Epithels
bei der Organisation, in so fern als sich daraus Bindegewebe oder
auch aus letzterem Epithel bildete, konnte nicht konstatirt werden.
Es ist demnach ein principieller Unterschied zwischen Epi-(Endo-)thel
und Bindegewebe zu machen, eine Ansicht, die hauptsächlich von
His, Waldeyer und Hertwig vertreten wird.
Pels Leusden (Göttingen). .
3) H. Kümmell. Über recidivirende Perityphlitis. Rückblick
auf 104 geheilte Resektionen des Processus vermiformis.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15.)
K. hat im anfallfreien Stadium 104 Resektionen des Wurmfort-
satzes ohne einen Todesfall ausgeführt. Am wichtigsten für die Er-
kenntnis des pathologischen Processes erscheinen dem Verf. die im
Stadium der Ruhe gewonnenen Präparate, welche zeigen, dass nach
Überstehen des Anfalls und Heilung eine Rückbildung des Organs
zur Norm in keinem Falle eingetreten war, wenn auch oft nach
typischen perityphlitischen Anfällen das entfernte Organ eine so
günstige Rückbildung erfahren hat, dass der minder Geübte ein ge-
sundes Organ vor sich zu haben glaubt. Charakteristisch ist das
Stadium der Kontraktion, in welchem sich die Appendix befindet;
sie ist straff und derb, befindet sich in einem »erigirten< Zustand
und birgt oft kothigen Inhalt, während der normale Wurmforsatz
weich und schlaff dem Blinddarm aufliegt und frei von Darminhalt
ist. Im Gegensatz zu den akuten Fällen von Typhlitis giebt es auch
solche von chronischer Form, welche nicht immer zu den Erschei-
nungen der Periappendicitis führen, und deren Beurtheilung oft nicht
leicht ist. Solche Fülle zeigen nicht die auf den ersten Blick sich
als Perityphlitis charakterisirenden Erscheinungen, sondern sie haben
einen schleichenden, für den Träger sehr lästigen Verlauf. So fühlt
man öfters in der Gegend des Mac Burnay’schen Punktes einen
runden, walzenförmigen, druckempfindlichen Körper, die Appendix.
Die Anschwellung geht nach einigen Tagen Bettruhe wieder zurück,
das Fieber schwindet, aber die Schmerzen verlassen den Kranken nie
vollständig. Nach Besprechung der Diagnose der chronischen Form
der Appendicitis wendet sich K. der Frage der Recidive zu. Er ist
in der Lage mitzutheilen, dass die größte Anzahl derselben im 1. Jahre
aufgetreten ist (107mal unter 145 Fällen), im 10. Jahre bei einem
Pat. und noch später bei 4 Anderen. — Die Therapie der Erkrankung,
speciell die operative und ihre Technik, bilden den Abschluss der
interessanten Abhandlung. Qold (Bielitz).
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 975
4) C. N. Dowd. Strangulated hernia in infants under one
year of age, with the report of a second case successfully
treated by operation.
(Archives of pediatrics 1898.)
Mit dem vom Verf. berichteten Falle einer Operation eines ein-
geklemmten Leistenbruchs bei einem 12jährigen Kinde steigt die
Zahl der berichteten Operationen bei Kindern unter einem Jahre
auf 100 mit 20% Mortalität. Häufig wird die Diagnose verfehlt.
Folgende Symptome sind wichtig: 1) Starkes andauerndes Erbrechen,
zuweilen mit vorangehendem Singultus, 2) Verstopfung, 3) Reflek-
torische Anurie. Die Operation wird mit Unrecht gefürchtet, da
Kinder sie leichter als Erwachsene überstehen. Der Weichheit der
Gewebe wegen soll der Schnitt durch die Aponeuroge des M. obliquus
externus oberhalb der Einschnürung an einer möglichst normalen
Stelle gemacht werden. Von hier aus erfolgt die Eröffnung des
äußeren Ringes. Dreyer (Köln).
5) W. A. Thiele. Der gegenwärtige Stand der Frage von
der Radikalbehandlung der Leistenbrüche.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 4.)
Die 1894 vorgeschlagene Methode T.’s ist eine Modifikation der
ersten Kocher’schen Verlagerungsmethodee Hautschnitt in der
Richtung des Samenstrangs, 2—3 Querfinger weit über den äußeren
Leistenring. Ablösung des Bruchsacks vom Samenstrang; nun wird
die vordere Wand des Leistenkanals (Aponeurosis obl. ext.) auf-
geschnitten, der Bruchsackhals sauber bis über die innere Öffnung
abpräparirt, in der Aponeurose nach oben und außen vom Annulus
internus ein Loch gemacht und der leere, —5mal um seine Achse
gedrehte Bruchsack durch- und fest angezogen. Vernähung des
Schnittes der Aponeurose, Anheftung des Sackes (oberflächlich, zur
Vermeidung der Nekrose), sorgfältige Blutstillung und Hautnaht. T.
sieht die wichtigste Ursache der Bruchbildung in der Lockerung der
Verbindung zwischen Bauchfell und Bauchwand in der Leistengegend.
Nach der Operation verwächst das straff angezogene Bauchfell mit
der Bauchwand. — Seine Methode hat T. 42mal angewendet, mit
gutem Resultat. — 6 Bilder veranschaulichen die Methode; leider
ist Fig. 3 misslungen, — der Aponeuroseschnitt zu hoch gezeichnet.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
6) Banti. Pilorostenosi e intervento chirurgico nella malattia
del Reichmann.
(Sperimentale 1898. No. 2.)
Die von Reichmann beschriebene Krankheitsform des Magen-
saftflusses, an deren pathologischer Selbständigkeit B. festhält, hat
nach Verf. 4 Perioden: 1) Mäßige Beschwerden, Hyperacidität, noch
keine ausgesprochene Hypersekretion. 2) Die charakteristischen
976 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
Zeichen sind vorhanden: Magenektasie, Verzögerung der Magenent-
leerung, die aber Morgens früh stets beendet ist. 3) Die Beschwerden,
die Ektasie sind größer. Der Magen enthält auch Morgens Speise-
reste. Es besteht ein mechanisches Hindernis am Pylorus. Hier
finden sich peritoneale Verdickungen, der Pylorus ist weniger dehn-
bar durch chronische fibröse Hyperplasie des Bindegewebes, welche
jedoch nie so stark sind wie bei Narbenstenose nach Geschwür.
Diese 3. Periode, auf welche man bisher zu wenig aufmerksam ge-
worden sei, führe endlich zur 4., die durch Atrophie der Mucosa
charakterisirt ist. Die gewöhnlichen internen Methoden der Behand-
lung reichen nur für die 1. und 2. Periode aus, in der 3. sei die
Pyloroplastik oder die Gastroenterostomie indieirt. Letztere zieht B.
vor. Sie wurde in 6 Fällen seiner Klientel durch Colzi mit dem
Erfolge ausgeführt, dass alle Kranken von ihren Beschwerden ge-
heilt wurden. Die Funktionen des Magens kehren im Allgemeinen
zur Norm zurück. In einem Falle fand sich auch im leeren Magen
noch fortdauernde Salzsäuresekretion: Beschwerden fehlten jedoch auch
hier. E. Pagenstecher (Wiesbaden).
7) K. G. Lennander. Om behandlingen af det perfore-
rande mag- och duodenalsäret.
(Upsala Läkarefören. Förhandl. N. F. Bd. III. p. 69.)
Seit die ersten operativen Erfolge Billroth’s den Magen dem
Messer der Chirurgen zugänglich gemacht haben, eröffneten sich
immer neue Gebiete der chirurgischen Behandlung der Magenleiden.
Unter den letztgewonnenen Territorien dieser Art nimmt die chirur-
gische Behandlung des perforirenden Magen- und Duodenalgeschwürs
einen hervorragenden Raum ein. In den französischen, englischen und
deutschen Gesellschaften der Chirurgie ist diese Frage verschiedene
Male zur Diskussion gekommen; zuletzt hat auch die nordische Ge-
sellschaft für Chirurgie das Thema diskutirt. Die Erfahrungen Verf.s
auf diesem Gebiet wurden der letztgenannten Gesellschaft in deren
3. Versammlung zu Helsingfors im vorigen Jahre vorgelegt. Seitdem
hat Verf. seine schon reiche Kasuistik durch 3 neue Fälle vergrößert.
Er verfügt im Ganzen über 15 Fälle, deren genau detaillirte Be-
schreibungen der Arbeit zu Grunde liegen. Eine kurze Übersicht
der Geschichte, der Statistik und der Prognose der Operation ist
einleitungsweise mitgetheilt. Die reiche Fülle der Krankengeschichten
entzieht sich natürlich einem Referat; wir können nur auf Verf.s
schon bekannte allgemeine Grundsätze verweisen (cf. Bericht über
die Verhandlungen des XXVI. Kongresses der deutschen Gesellschaft
für Chirurgie p. 63). Ref. muss sich beschränken, nur die weit-
tragenden Schlussfolgerungen Verf.s wiederzugeben.
1) Die bisher veröffentlichten Statistiken (Michaux, Pearce
Gould, Pariser, Comte, Ackermann, Weir und Foote u. A.
m.) zeigen, dass 1/,—!/, aller bekannten Fälle, die wegen perforiren-
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 977
der Magen- oder Duodenalgeschwüre operirt waren, gerettet worden
sind. Nach Weir und Foote, welche 79 Fälle mit einer Mortalität
von 71% zusammengestellt haben, starben von den binnen 12 Stunden
nach dem Auftreten der Symptome Operirten 39%, von den binnen
12—24 Stunden Operirten 76%, von den später Operirten 87%.
2) Erste Bedingung für die Rettung einer größeren Anzahl solcher
Pat. ist die, dass wir Ärzte mit unserer scheinbar ersten Aufgabe —
der Linderung der Schmerzen — inne halten. Wir sollen vielmehr
die Schmerzen als Anleitung zum Stellen einer Diagnose benutzen,
mit der Folgerung: hier muss sogleich operirt werden oder hier muss
nicht, wenigstens nicht sogleich, operirt werden. Fangen wir aber
mit einer großen Morphiumgabe und einem heißen Kataplasma an,
so erregen wir Hoffnungen, welche in der Mehrzahl der Fälle schnell
vernichtet werden, sobald die Spannung des Bauches die diffuse
Peritonitis verkündigt.
3) Auch wenn man sich zur Operation entschlossen hat, darf
man nicht oder nur ganz wenig Morphium geben, um nicht eine
postoperatorische Lähmung des Darms hervorzurufen.
4) Die Diagnose des perforirten Magen- oder Duodenalgeschwürs
beruht in früh beobachteten Fällen auf einer Anamnese mit Sym-
ptomen von Ulcus, auf dem Auftreten mit gewaltigen Schmerzen im
Epigastrium mit oder ohne Shock, mit oder ohne Erbrechen, auf der
Rigidität der Bauchmuskeln und lokaler Druckempfindlichkeit. In
später beobachteten Fällen gesellt sich auch die Art hinzu, in welcher
die Bauchfellentzündung sich ausgebreitet hat.
5) Vorhandener Shock wird am leichtesten durch sofortige Ope-
ration gehoben. ;
6) Der Bauchschnitt muss gleich von Anfang an hinlänglich
groß gemacht werden.
7) Das Loch oder die Löcher (sowohl die vordere als die hintere
Seite des Magens und alle zugänglichen Partien des Duodenums
werden abgesucht) werden durch Annähen der anliegenden Serosa-
flächen in großer Ausdehnung und ohne Spannung am besten mit
2 Reihen Lembert’scher Nähte geschlossen. Ist eine solche Ver-
einigung nicht ausführbar, so wird das Geschwür mit Netz übernäht
und die ganze Umgebung von den übrigen Theilen der Bauchhöhle
durch Tamponade abgeschlossen. In besonders günstigen Fällen
kommt die völlige Excision des Geschwürs in Betracht.
8) In der Nähe der Ostia ventriculi muss man sich vor Ver-
engerung und Knickung durch das Vernähen des Geschwürs hüten.
Der Verengerung entgeht man in der Pylorusgegend am besten durch
das Nähen in einer Richtung, die senkrecht gegen den Längsdurch-
messer des Magens oder des horizontalen Theils des Duodenum
verläuft. ;
9) Mit Austupfen oder Ausspülung wird dann, je nach dem ein-
zelnen Falle, eine äußerst sorgfältige und systematische Reinigung
der inficirten Theile vorgenommen. Hierbei muss man in allen
g9**
978 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
Fällen dem linken subphrenischen Raum eine ganz besondere Auf-
merksamkeit widmen.
10) Wo ein höherer Grad von Meteorismus die genaue Reinigung
des Bauchtellraums unmöglich macht, ist eine frühzeitige Operation
vorzuziehen.
11) Mit Gaze oder Röhren, vielleicht am besten mit beiden
muss an allen Stellen, wo man Sekretverhaltung vermuthen kann,
drainirt werden.
12) Die Prognose hängt von der Zeit, wann die Operation ge-
macht wird, und von der Qualität und Menge des in die Bauchhöhle
ausgetretenen Mageninhalts ab, mit anderen Worten, die Prognose
hängt von der Bösartigkeit und Ausdehnung der bei der Operation
bestehenden Entzündung, von der Reinigung und Drainage der Bauch-
höhle ab.
13) Die meisten Todesfälle sind durch eine diffuse Bauchfell-
entzündung, danach durch subphrenische Eiteransammlungen und
in einigen Fällen durch Eiterungen, die sich im Becken beschränkt
haben, verursacht.
14) Letztere, die Beckeneiterungen, scheinen diagnostieirt und
entleert werden zu können.
15) Schwieriger zu behandeln sind die Eiterungen in den sub-
phrenischen Räumen, da diese theils schon frühzeitig die Pleura-
räume, das Perikard oder die Lungen inficiren, theils die Entstehung
von Septicopyämien begünstigen können, auch in Fällen, wo man
frühzeitig entleert zu haben glaubt.
16) Die subphrenischen Eiterungen können nur in den Fällen,
wo ein Empyem oder eine Obliteration der Pleurahöhle vorliegt, durch
transpleurale Eingriffe entleert werden.
17) In allen übrigen Fällen wird die Operation durch Schnitt
an der Vorderseite dem Rippenrand entlang gemacht; in anderen
Fällen ist die Lendengegend vorzuziehen. Auch kann man in vielen
Fällen durch Resektion der Brustwand unterhalb der Befestigung der
Pleura, wie Lannelongue vorgeschlagen und neuerdings Monod
und Vanverts wieder empfohlen haben, die subphrenische Eiter-
höhle entleeren. Vortheilhaft ist die Drainage von dem niedrigsten,
hintetsten Punkt der Höhle aus.
18) Hat eine Perforation des Magen- oder Duodenalgeschwürs
stattgefunden, oder ist die Operation aus irgend einer Ursache nicht
ausführbar, so wird während der ersten Woche nichts per os gegeben.
Von dieser Regel darf man nicht abweichen, auch wenn der Zustand
des Pat. so viel gebessert erschiene, dass man an der Richtigkeit der
Diagnose zu zweifeln anfängt. A. Hansson (Cimbrishamn).
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 979
8) Guinard. La cure chirurgicale du cancer de l’estomac.
These de Paris, @. Steinheil, 1898. 324 S.
Sehr fleißige und außerordentlich sorgfältige Arbeit, die sich
weit über das Niveau der Dissertation erhebt. Die Litteratur, auch
besonders die deutsche, ist in weitestem Umfang und mit eingehend-
stem Verständnis verwerthet. — Verf. geht aus von dem Satz, dass
einmal eine Zeit kommen müsse, wo die Behandlung des Magen-
krebses eine rein chirurgische wird, und die Chirurgie die Sterblich-
keit der seinetwegen unternommenen Operationen auf Null herab-
drückt. Rechtzeitige Erkennung und rechtzeitige Forderung der
chirurgischen Hilfe von Seiten der internen Medicin ist natürlich
Bedingung. Vorläufig sind wir freilich von diesem Ideal noch weit
entfernt, aber die Resultate unserer Eingriffe haben sich doch we-
sentlich gehoben, nachdem eine Zeit des allzu heroischen Vorgehens
glücklich überwunden ist. G. setzt sich die Aufgabe, zu untersuchen:
1) Welche unmittelbaren und Dauerresultate können wir heute mittels
Resektion bei Magenkrebs erreichen? 2) Welches sind die Bedin-
gungen für den möglichst günstigen Erfolg? Um dieser Aufgabe
gerecht zu werden, stellt er 302 Fälle von Magenresektion zusammen,
darunter 15 mehr oder weniger unbekannte französischer Chirurgen,
die ihm zur Veröffentlichung überlassen worden. In der Hauptsache
berücksichtigt er nur Operationen, die von Anfang 1891 bis Anfang
1898 ausgeführt wurden, weil er meint, dass diese Zeit am sichersten
den Durchschnitt unseres jetzigen Könnens aufweist, nachdem die
Operation das Stadium der Versuche überschritten hat. Er bespricht
die Berechtigung derselben, indem er an der Hand der veröffent-
lichten Fälle den Zustand der Operirten nach der Operation prüft,
die Dauerresultate, die Operationssterblichkeit (35,39% nach seiner
Zusammenstellung), das Verhältnis der Pylorektomie zur Gastro-
enterostomie (wenn Verf. dabei angiebt, dass man bei Pat., welche
wegen Carcinom gastroenterostomirt sind, niemals beobachtet, dass
sie Voracite zeigen, so befindet er sich sehr im Irrthum. Ref.). Ein
Kapitel ist der Erkennung des Magenkrebses vor und während der
Laparotomie gewidmet. Weiter werden besprochen: die Indikationen
für die Operation, der Einfluss des Allgemeinbefindens, des Alters,
Geschlechts (Männer 83, + 44,5%, Frauen 131, + 27,6%), des ört-
lichen Befunds (Verwachsungen, Ausdehnung, Größe, Sitz der Neu-
bildung, Drüsenschwellungen, viscerale Metastasen), ferner der Pro-
centsatz der operablen Fälle, die Diagnose der örtlichen Verhältnisse
vor der Operation. Es folgt eine ausführliche Besprechung der
Vorbereitung des Kranken, der Anästhesie und Asepsis, des Opera-
tionsverfahrens, der Beurtheilung der bei der Operation erhobenen
Befunde, des Doyen’schen Eicrasements und des Murphyknopfs, der
Versorgung der Bauchhöhle etc. Alle diese Kapitel sind auf das
sorgfältigste ausgearbeitet, beweisen vorzügliche Belesenheit und lesen
sich sehr gut. Bei der Besprechung der Resultate der Magenresek-
tion geht Verf. ein auf die verschiedenen Methoden der Anfügung
980 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
des distalen Endes an das proximale. Was die Bezeichnung der ver-
schiedenen Grade der Fortnahme von Magensubstanz betrifft, so
unterscheidet er mit Tuffier: Rösection pyloro-gastrique, Resection
cardio-gastrique und R£section annulaire. Die Bedeutung dieser
Namen ist klar, die Anfügung des Darmes an den Magenrest resp.
Speiseröhre kann geschehen durch Anastomose termino-terminale,
Anastomose termino-laterale und Anastomose laterale; auch für diese
Bezeichnungen bedarf es keiner besonderen Erklärung. Die Resultate
der betreffenden Anfügungsmethoden und ihrer Unterarten werden
im Einzelnen gewürdigt (Verf. hält für die zur Zeit beste Methode
die Kocher’sche), dann noch die Kardiektomie, die totale Magen-
resektion und die besonders ausgedehnten Resektionen besprochen.
Das folgende Kapitel ist der Nachbehandlung und den während der-
selben sich eventuell ereignenden Zufällen, das letzte Kapitel der
Dauer des Lebens nach der Operation und den Recidiven gewidmet.
Am Schluss folgt eine Zusammenstellung der der Arbeit zu Grunde
liegenden Krankengeschichten, geordnet nach Operationsmethoden.
— Verf. bringt für die Kenner der einschlägigen Verhältnisse nichts
Neues, aber das in der Litteratur vorhandene Material ist vorzüglich
zusammengestellt. Einzelheiten müssen im Original nachgelesen
werden.
(Wir haben es, wie schon gesagt, mit einem hervorragend?fleißig
gearbeiteten, höchst interessanten Werk zu thun, dessen Lektüre wir
dringend empfehlen; es ist uns aber dieses, wie wir gern anerkennen,
mit größter Nüchternheit und allen Kautelen bei Benutzung des
statistischen Materials geschriebene Buch aufs Neue ein Beweis dafür
gewesen, dass die Zeit für eine einigermaßen befriedigende größere
Statistik der Magenoperationen noch nicht gekommen ist. Bei allen
Fällen von Operationen wegen Magenaffektionen, und besonders
Magencarcinom, gilt es: nicht zählen, sondern wägen! und bevor wir
nicht dahin gekommen sind, eine einigermaßen gleichmäßige Indi-
kationsstellung zu erreichen, ist alles Vergleichen und alles Zusam-
menzählen ein müssiges Unternehmen ohne irgend welche Bedeutung
für die ganze Frage. Wir haben bei unseren recht zahlreichen
Magenresektionen der letzten 2 Jahre bei Carcinom 60%, bei Ge-
schwür 20% Mortalität gehabt, obwohl die Operationen bei Ge-
schwür zum Theil ausgedehnter und technisch schwieriger waren;
es kommen eben beim Carcinom [abgesehen davon, dass trotz aller
Erfahrung man doch immer wieder einmal durch den Wunsch, dem
armen Pat. radikal zu helfen, weiter geführt wird als gut ist| eine
Reihe von Bedingungen ins Spiel, die sich der Einwirkung des Ope-
rateurs ganz entziehen, Zufälligkeiten, die gar nicht zu berechnen
sind, die aber das. Resultat oft in fatalster Weise trüben. Gilt dies
schon für die kleine Statistik eines einzelnen Beobachters, wie viel
mehr für eine große; wir werden daher dazu geführt, den Zusammen-
stellungen großer Reihen von Magenoperationen, die aus der Litteratur
zusammengesucht werden, um so mehr jeden Werth abzusprechen,
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 981
als sie im besten Falle nur ein ganz einseitiges Bild abgeben können.
G. spricht sich an einer Stelle seines Buches spöttisch darüber aus,
dass Ewald trotz der verhältnismäßig großen Mortalität der von ihm
beobachteten Fälle von Magenresektion diese doch als eine gute
Operation erklärt; er könnte daraus ersehen, wie die erfahrensten
Beobachter auf Seite der Internen denken, und dass man auch dort
unserer Ansicht beipflichtet: Nicht zählen, sondern wägen! Ref.)
H. Lindner (Berlin).
9) A. G. Podres. Eine neue einfache Methode der Ana-
stomosenbildung im Magen-Darmkanal (Gastro-enterostomia
et enteroanastomosis.)
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 4.)
Der Methode ist die allen Chirurgen bekannte Beobachtung zu
Grunde gelegt, dass eine durch alle Schichten des Magens oder
Darms dringende Naht immer durchschneidet und zur Fistel wird.
P. legt die zu vereinigenden Theile an einander und macht 2 sich
kreuzende Nähte mit dickem Seidenfaden durch alle Schichten; Ein-
und Ausstich sind etwa 2 cm weit von einander entfernt; die Nähte
werden stark geknüpft. Zur besseren Fixation werden zwischen den
Enden der Nähte 4 Lembertnähte angelegt. Nach 2—4 Tagen er-
folgt regelmäßig die Fistelbildung, erst kreuzförmig, später oval. Die
Methode wurde an Hunden und einmal am Menschen erfolgreich
erprobt. (4 Photogramme beweisen das.)
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
10) W. P. Obrastzow. Zur Diagnose des Blinddarmkrebses
und der Blinddarmtuberkulose, der Perityphlitis tuberculosa
und der Tuberkulose des Ileums.
(Wratsch 1898. No. 27 u. 28. [Russisch.))
O. beschreibt 2 Fälle von Krebs und 5 von Tuberkulose des
Blinddarms. Dabei fanden sich folgende differentialdiagnostische
Merkmale. 1) Beim Krebs fühlt man nicht den Darm selbst, sondern
nur die Geschwulst, gewöhnlich mit einem 4—8 cm langen Stück
Dünndarm (als verdickten Cylinder) und einem Stück des Colon
ascendens. Bei Tuberkulose fühlt man den Blinddarm selbst als
birnförmiges Gebilde mit seinen charakteristischen Eigenheiten, nur
fühlt man die Darmwände verdickt, infiltrit. In allen 5 Fällen
von Tuberkulose war die Geschwulst beweglich, ein Zeichen, dass
nur die Schleimhaut affieirt war. 2) Beim Krebs zeigt die Ge-
schwulst deutliche, wie abgeschnittene Ränder, bei der Tuberkulose
schwindet die Infiltration mehr oder weniger unmerklich. 3) Beim
Krebs entsteht bald Stenose des Darms. — Bei Tuberkulose fand
O. jedes Mal Bacillen im Koth. In einem Falle von Perityphlitis
tuberculosa war eine Lungenspitze afficirt; an Stelle des Blinddarms
eine unbewegliche Geschwulst, faustgroß, höckerig, mit dumpftympani-
982 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
tischem Schall; keine Bacillen im Koth. Die Diagnose wurde durch
Laparotomie bestätigt. — Im Falle von Dünndarmtuberkulose end-
lich handelte es sich um einen 20jährigen Pat. mit Spitzenaffektion,
Durchfällen. Rechts über dem Lig. Pouparti, demselben parallel,
ein fingerdickes Gebilde, uneben, schmerzhaft, das seine Konsistenz
ändert; es wird weicher und härter, wobei die Härte von ihm auf
den Blinddarm übergeht. Bacillen im Koth. Bestätigung der Dia-
gnose durch die Sektion. Schon früher hatte O. gezeigt, dass das
Endstück des Dünndarms bei Abdominaltyphus oft zu fühlen ist,
wenn es geschwürig wird. Dasselbe findet auch bei Tuberkulose statt.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
11) P. Jeannel (Toulouse). Les opérations pour obstruction
intestinale.
(Gaz. méd. de Paris No. 21—23.)
Die lebhaft geschriebene Arbeit bringt in gedrängter Kürze einen
kritischen Überblick des angegebenen Gebietes. Nach kurzer ge-
schichtlicher Einleitung bespricht J. die Probelaparotomie, zuerst die
intraperitoneale Absuchung der Bauchhöhle mittels systematischer
Handgriffe, dann mit Auspackung der Därme (Serviettenmethode
nach Küm mell).
Verf. will die letztere nur in den Fällen verwendet wissen, wo
die intraabdominelle Absuchung kein Resultat ergiebt. Von der
extraperitonealen Laparotomie nach Bardenheuer verspricht er sich
weder diagnostischen noch therapeutischen Vortheil.
Dann geht Verf. auf die Ursachen des Darmverschlusses näher
ein, eben so auf dessen Beseitigung. Die innere Einklemmung durch
Stränge, retröperitoneale Taschen (als Hernien), die Hernia diaphrag-
matica, Hernia for. Winslowii werden der Reihe nach besprochen,
mit dem Hinweis, dass die Behandlung des Bruchsacks zur Ver-
hütung des Recidivs oft große Schwierigkeiten mache. Es folgt der
Volvulus und seine Behandlungsweisen, welche J. kurz präcisirt:
Lässt sich der Volvulus leicht lösen, ohne sich wieder herzustellen,
so ist die Darmschlinge zu behandeln wie jede andere eingeklemmt
gewesene; bildet er sich nach der Auflösung wieder, so ist Entero-
anastomose oder Resektion angezeigt; ist er nicht zu entwickeln,
wird resecirt. Folgt die Abknickung. Um ihr Wiedereintreten zu
verhindern, hat Villemin die Enteropexie empfohlen. Sodann die
Stenose bezw. Striktur. Ist sie kurz, Enteroplastik; ist sie lang,
Resektion; oder inoperabel, Enteroanastomose. Für die Behandlung
der Invagination endlich wird die Senn’sche Insufflationsmethode
verworfen, eben so die Enterostomie. Die Behandlung könne nur
bestehen in Laparotomie, Desinvagination bezw. Anastomose oder
Resektion. Mannsell’s Methode wird genauer mitgetheilt. So
bietet die Arbeit neben mancherlei praktischem Fingerzeig Jedem
kurze und doch recht vollständige Auskunft, der sich schnell einmal
orientiren will. Christel (Mets).
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 983
12) Mile. v. Mayer. Nouveau procédé d’anus artificiel à la
Clinique chirurgicale de Lausanne.
(Revue med. de la Suisse rom. 1898. No. 1.)
Seit einer Reihe von Jahren macht Roux den künstlichen After
über der Symphyse, der sich durch Einfachheit und Sicherheit im
Erfolg wesentlich von anderen unterscheidet; hierbei wird der tempo-
zäre und definitive in Betracht gezogen, letzterer bei inoperabeln
Neubildungen.
Bei Anlegung des Afters allein schneidet man, ohne die Insertion
der geraden Bauchmuskeln zu zerstören, von der Mitte der Symphyse
ein U-förmiges Knochenstück aus. Nach Eröffnung des Bauchfells
zieht man eine Schlinge des S romanum in die Wunde, welche man
vertikal in das U legt, so dass die 4 oberen Fünftel der Einkerbung
von dem zuführenden Stück des Darmes eingenommen werden, für
den eigentlichen After bestimmt. Das abführende Stück nimmt das
letzte Fünftel ein; durch die Stellung, die man ihm giebt, wird es
abgeplattet und so definitiv außer Funktion gesetzt. Das herausge-
zogene Darmstück wird durch 2 Reihen Seidennähte unten am
Knochen, oben an den geraden Bauchmuskeln fixirt; eirkuläre Kat-
gut- oder Fil de Florence-Nähte befestigen die Haut an den künftigen
After. Bei der Kombination des Anus symphysicus mit der Excision
einer Neubildung werden nach Durchtrennung der Bauchwand und
des Bauchfells Lage und Verhältnisse der Geschwulst im kleinen
Becken studirt, alsdann wird der oben beschriebene U-förmige Knochen-
schnitt angelegt, das zuführende Stück, mit Gaze bedeckt, bei Seite
gelegt, das abführende Stück nach Invagination mit sero-seröser Naht
geschlossen und ins kleine Becken versenkt. Nach Reinigung der
Kreuzbeingegend — Entfernung etwaiger Drüsen daselbst — wird
das zuführende Stück in den Bauch gebracht und mittels einer cir-
kulären, Darm und Periost der Symphyse fassenden Naht fixirt.
Funktionirt, wie dies gewöhnlich der Fall ist, der künstliche After
gut, so wird einige Tage nachher die Geschwulst exstirpirt. Hier-
bei wird nach Kraske verfahren; die Schonung der Sphinkteren,
die Schaffung einer rectalen Öffnung kommen durch die Voroperation
weniger in Betracht, die an sich so prekäre Operation wird unge-
fährlicher, in bemerkenswerther Weise abgekürzt etc.
Die knöcherne Einkerbung hat gegenüber dem künstlichen After
der Bauchdecken große Vorzüge: die Bandage kann nicht so leicht
ausgleiten, der Koth wird, gewöhnlich in nach vorn gebeugter
Stellung, leichter entleert, der Kranke kann sein Leiden besser ver-
heimlichen. Kronacher (München).
13) Riedel. Zur Pathogenese und Diagnose des Gallenstein-
kolikanfalls.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. III. Hft. 2.)
Auf der Basis seiner überaus reichen Erfahrungen auf dem Ge-
biet der Gallensteinchirurgie schildert R. das Wesen der Gallenstein-
984 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
koliken. Der Kardinalpunkt der umfangreichen Abhandlung, welche
viel mehr bringt, als der Titel vermuthen lässt, ist das Bestreben,
mit allen Vorurtheilen aufzuräumen und nachzuweisen, dass die
Kolikanfälle nicht auf dem Wandern und Einklemmen der Steine,
sondern auf einer Entzündung der hydropischen Gallenblase beruhen.
Es werden mannigfaltige Analogien von Entzündungen um Fremdkörper
in anderen Körpertheilen herbeigezogen und das Bild dieses Vorgangs
gezeichnet, den R. in Ermangelung eines besseren Namens Peri-
alienitis nennt. Diese Perialienitis kann eine seröse, ohne Kokken,
sein oder eine eitrige, mit Kokken. Unter Einstreuung zahlreicher
instruktiver Krankengeschichten wird zuerst der »erfolglose Kolik-
anfall< geschildert, d. h. derjenige, bei dem kein Stein fortbewegt
wird; die von R. schon früher aufgestellte Unterscheidung von dem
entzündlichen und dem reell-lithogenen Ikterus wird nochmals scharf
präcisirt; es wird betont, dass kolikartige Anfälle, auch ohne dass
noch Steine vorhanden sind, durch die zurückbleibenden Adhäsionen
allein bedingt sein können; die Carcinome der Gallenblase werden
kurz gestreift. — Sodann wird der »erfolgreiche« Kolikanfall dar-
gestellt, d. h. derjenige, bei dem ein Stein in den Cysticus, Chole-
dochus oder bis in den Darm getrieben wird. Auch in diesen Fällen
ist nicht die Thatsache des Wanderns oder Einklemmens des Steines,
sondern die Entzündung um den gewanderten Stein die Ursache des
Anfall. Gelangt der Stein in den Choledochus, so wird die Gefahr
dadurch für den Kranken eine so viel größere, dass aus der Peri-
alienitis serosa eine Perialienitis infectiosa werden kann. Die Wichtig-
keit der so häufigen Schrumpfung der Gallenblase wird hervorgehoben,
die Schwierigkeit der Diagnose, da man dann keine Geschwulst
fühlen kann, drastisch geschildert.
Um die Differenzen zwischen inneren Medicinern und Chirurgen
zu beseitigen, führt R. zum Schluss das Kapitel » Gallensteine« aus
Strümpell’s bekanntem Lehrbuch wörtlich an und setzt hinter
jeden Satz Strümpell’s in außerordentlich lehrreicher Weise seine,
des Chirurgen, Meinung. Haeckel (Stettin).
14) M. Takayasu. Beitrag zur Chirurgie des Pankreas.
Inaug.-Diss., Breslau, 1898; auch: Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Me-
diein und Chirurgie Bd. III. Hft. 1.)
Die 74 Seiten starke Arbeit des Verf. ist als ein sehr fleißiger
Beitrag zur Pankreaschirurgie anzusehen. Aus der Breslauer chirur-
gischen Klinik werden 3 weitere Fälle von operirten Pankreascysten
mitgetheilt.
I. 44jähriger Mann. Seit 4 Monaten krank; plötzlicher Beginn des Leidens
unter Übelkeit und Ohnmacht. Häufige Wiederholung krampfhafter Schmerzanfälle.
4 Wochen vor der Aufnahme wurde eine Geschwulst bemerkt. Fluktuirende, elasti-
sche Geschwulst im Epigastrium; fortgeleitete Pulsation. Diagnose: Pankreaseyste.
Operation: 1. November 1895 (Mikulicz) einzeitige Einnähung der das
Omentum minus verdrängenden Cystenwand. 4 Liter kaffeebraune Flüssigkeit
entleert.
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 985
Drainage. Heilung. Februar 1897 mit geheilter Wunde vorgestellt.
II. 33jähriger Mann. 5 Tage vor der Aufnahme Schmerzen in Kreuz, Weiche,
Bauchhöhle. Geschwulst im Leibe entdeckt.
Halbkuglige, ziemlich harte Geschwulst, hauptsächlich in der linken Bauch-
hälfte gelagert; nach links bis zum Rippenrand und bis zum Darmbeinkamm
reichend; nach abwärts bis 3fingerbreit unterhalb des Nabels, denselben nach auf-
wärts um Ifingerbreit überragend; von Därmen überlagert. Perkussionsschall auf
der Geschwulst ändert sich bei Lageveränderung des Kranken. Das aufgeblähte
Colon überlagert ihn oben und links seitlich.
Operation: 20. Oktober 1896 (Mikulicz) retroperitoneale Geschwulst. Aus-
schälung gelingt nicht, da sie in der Tiefe an den großen Gefäßen festhaftet.
Cystenwand partiell resecirt, dann eingenäht. Heilung mit Fistel, die August
1897 noch 3—4 cm lang war. Cystenwand besteht aus hyalin entartetem Binde-
gewebe; in demselben hier und da Cystchen, so wie normales Pankreasgewebe.
Über etwaigen Fermentgehalt der entleerten Flüssigkeit wird in
beiden Fällen nichts angegeben, jedoch ist die pankreatische Abstam-
mung durch Nachweis von Pankreasgewebe in der Cystenwand
sicher gestellt. — Unsicher in der Deutung ist der Fall III.
III. 42jähriger Mann. In Folge eines Sturzes Fraktur der 7., 11., 12. Rippe
rechts, so wie mehrfache andere Verletsungen. 35 Tage nach dem Trauma wird
in der rechten Lendengegend eine fluktuirende Anschwellung entdeckt, bis zur
Mammillarlinie reichend. Punktion ergiebt grünlich gefärbte Flüssigkeit, ohne
Harnsäure, mit Fettdetritus und viel Eiweiß. 2 Monate p. tr. Lendenschnitt
(Henle). Unterhalb der rechten Niere eine kindskopfgroße Geschwulst mit 1 Liter
bräunlich-rothem Inhalt. Einnähung der Cystenwand. Heilung.
Die Cyste hing mit Niere und Leber nicht zusammen; Bezie-
hungen zum Pankreas konnte man nicht mit Gewissheit konstatiren.
Untersuchung der Cystenwand und Prüfung des Inhalts auf Fermente
haben nicht stattgefunden. Man wird den Fall also als zweifelhaft
bezeichnen müssen.
In einem Nachtrage theilt Verf. noch einen neuen von Miku-
licz operirten Fall von Pankreascyste (No. 6!) mit und führt noch
einige Fälle aus der Litteratur an.
Fall IV. 39jährige Frau, leidet seit lange an Anfällen von Bauchkoliken.
Anfang 1898 wurde eine Geschwulst im Bauche entdeckt; dieselbe ist kindskopf-
groß, prall; die Dämpfung geht in die der Leber über; der aufgeblühte Magen
legt sich über die Geschwulst. Diagnose: Pankreascyste.
15. Februar 1898 (Mikulicz) einzeitige Incision durch das Omentum minus.
Cystenwand mit dem Magen verwachsen; letzterer wurde eingerissen, die Öffnung
im Magen schnell vernäht. — Reichliche Absonderung pankreatischer Flüssigkeit
mit allen drei Fermenten. Guter Verlauf bis zum 6. Tage.
Es folgt dann eine Besprechung der Pankreascysten auf
Grund von 104 operirten, 26 nicht operirten Fällen; die ersteren
sind tabellarisch zusammengestellt. — Neu sind 2 japanische Fälle
von Ogata.
Im 2. Kapitel »Carcinom« werden aus der Breslauer Klinik
2 Fälle von Cholecystenterostomie wegen Choledochusverschluss
durch Pankreascarcinom — beide mit vorübergehender Erleichterung
— so wie 2 Probelaparotomien bei nicht exstirpirbaren Geschwülsten
aufgeführt. Daran schließt sich eine Besprechung der Litteratur.
Das 3. Kapitel enthält die Besprechung der akuten und chro-
nischen Pankreatitis. Im Anschluss daran wird ein in der
986 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
Breslauer Klinik beobachteter und von Mikulicz operirter Fall von
peripankreatischer Eiterung ausführlich beschrieben. Wahrscheinlich
handelte es sich um einen von Ulcus ventriculi ausgegangenen Ab-
scess, welcher das Pankreas arrodirt hatte. Die Incision erfolgte
durch das kleine Netz hindurch. Es kam zur Absonderung reich-
licher Mengen pankreatischer Flüssigkeit, alle 3 Fermente enthaltend;
nach wechselndem Verlauf erfolgte Heilung. (Cf. die interessante
Krankengeschichte im Original.)
Die Arbeit bringt neue interessante Beiträge zur Pankreas-
chirurgie und zeugt von fleißiger Durchforschung der Litteratur.
W. Körte (Berlin).
Kleinere Mittheilungen.
15) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
95. Sitzung am Montag, den 13. Juni 1898, im kgl. Klinikum.
Vorsitzender: Herr Rotter.
1) Herr Grewe: Ein geheilter Fall von Darmruptur. Vorstellung.
Ein Mann von 31 Jahren bekam einen Hufschlag gegen den Bauch. Es traten
bald Stuhlbeschwerden und permanente Tenesmen ein, Abdomen flach, bretthart,
gespannt, rein kostale Athmung, Puls 80.
5 Stunden nach der Verletzung Laparotomie. Bei Eröffnung des Peritoneums
fließt kothig gefärbter Inhalt aus, die Darmperforation von Pfennigstückgröße saß
40 cm von der Valvula Bauhioi entfernt im Ileum. Reichliche Massen dünnflüssigen,
kothig-blutigen Inhalts fanden sich in der unteren Bauchhälfte. Auffalllend war,
dass trotz der kurzen Zeit seit der Verletzung die Darmschlingen in der Umgebung
der Perforationsstelle schon eitrig-fibrinöse Beläge zeigten und stark entzündlich
afficirt waren.
Das perforirte Darmstück wurde resecirt in Ausdehnung von 5 cm, die Darm-
lumina mit dem Murphyknopf geschlossen. Die Bauchhöhle, besonders die ab-
hängigen Theile des kleinen Beckens und die Lumbalgegend, werden mit trookener
steriler Gaze gereinigt. Schluss der Bauchhöhle bis auf den unteren Wundwinkel
zur Herausleitung eines Jodoformgazetampons. Glatter Verlauf und Arbeitsfähig-
keit bereits nach 6 Wochen.
Redner hebt hervor, dass unter den Symptomen des Kothaustrittse sehr früh-
zeitig sich das wichtigste bemerkbar mache: der flache, brettharte Leib, der in
diesem Falle auch die Indikation zu operativem Eingreifen abgegeben habe.
2) Darauf stellt Herr v. Bergmann einen jungen Mann vor, dessen Körper-
bau weiblichen Typus zeigt: Mammae stark entwickelt, hängend, Penis und Scrotum
rudimentär, Hoden indess deutlich durchfühlbar.
3) Herr Weinreich: Ein geheilter Fall von Achsendrehung des
Coecums. Vorstellung.
Eine 42jährige Frau erkrankte plötzlich unter den Erscheinungen eines Ileus:
Stuhlverstopfung, keine Flatus, 4mal täglich heftige Schmerzanfälle und lautes
Kollern und Poltern im Leib, schleimig-grünliches Erbrechen, Aufstoßen, stark
gespanntes und aufgetriebenes Abdomen.
Am 11. Tage Operation: In der Bauchhöhle geringer Ascites von sanguinolent-
serösem Aussehen. Dünndarmschlingen injieirt. Die eingeführte Mand findet
Coecum und Colon ascendens nicht an normaler Stelle, jedoch beim Weitergleiten
von der Flexura hepatica nach der Wirbelsäule zu einen gespannten, dicken Strang,
offenbar die Stelle des Hindernisses. Erst nach Eventration sämmtlicher Dünn-
aärme zeigt sich, dass das Coecum mit dem Colon ascendens und sogar noch die
Flexura hepatica des Colons ein sehr langes Mesenterium haben und sich 11/4 Mal
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 987
in linksspiraliger Drehung um das gesammte Dünndarmmesenterium geschlungen
haben, so dass das Coeoum aufgebläht wie der Magen in der linken Bauchgegend
lag. Dasselbe wurde durch die Um- bezw. Überlagerung der verdrängten Dünn-
därme verhindert, an seine normale Stelle zurückzukehren.
Der Fall weicht wesentlich von den 24 bisher beobachteten Fällen ab dadurch,
dass die Torsion des Coeoums gleichzeitig um die Wurzel des gesammten Mesen-
teriums des Dünndarms stattgefunden hatte. Diese Umschlingung des Colon
ascendens und Coecums um die Dünndarmmesenterialwurzel muss gleichzeitig auch
eine Drehung um die Achse des eigenen Mesenteriums sein — als deren Vor-
bedingung ein sogenanntes Mesenterium commune ileo-coeci vorhanden sein muss
resp. war. Zu einer Kompression der Mesenterialgefäße mit nachfolgender Gangrän
war es aus dem Grunde nicht gekommen, weil die umschlungene Dünndarm-
Mesenterialwurzel als breiter, dioker Keil eine völlige Abknickung der Gefäße des
torquirten Coecum- und Colonmesenteriums verhinderte.
4) Herr Rotter: Zur Topographie des Mammacarcinoms.
R. konnte im Jahre 1895 eine Statistik von operirten Mammaoarcinomen ver-
öffentlichen, die gegen andere wesentlich günstigere Resultate zeigte, weil R. der
Exstirpation der erkrankten Mamma eine Resektion des Musculus pectoralis hin-
sufügte. Es ließ sich in diesen Fällen das Ausbleiben eines lokalen Recidivs fest-
‚stellen. x
Gefolgt sind seiner Operationsmethode später Halstead, Whatson
‚Cheyne u. A.; seither haben sich die Dauerheilungen um 10% vermehrt.
Untersuchungen von Heidenhain haben gelehrt, dass Careinomkeime, den
Lymphbahnen folgend, durch die Fascie hindurch in das Muskelgewebe hinein-
wuchern; dies hatte zu dem Vorschlag geführt, bei der Operation eine Schicht des
Muskels mit zu entfernen. R. hält dies indess für ungenügend; um ein günstiges
Resultat zu erzielen, sei es erforderlich, den ganzen Muskel zu entfernen.
Um sich nun über die hierbei in Betracht kommenden anatomischen Verhältnisse,
die übrigens noch nicht genügend klar gestellt seien, ein genaues Bild zu ver-
schaffen, nahm R. eine sorgfältige Präparation der entfernten Geschwülste vor.
Die Gefäße, welche das retromammäre Gewebe und die Mamma versorgen
(Arteriae perforantes, A. thoracica suprema, mammaria externa resp. zum Theil
nicht konstante Zweigchen derselben), werden sämmtlich von Lymphbahnen be-
gleitet; ferner finden sich, in der Hälfte aller Fälle, auf der Rückseite des M.
pectoralis Lymphdrüsen — ein Umstand, der nicht bekannt resp. in seiner Be-
‚deutung nicht genügend gewürdigt ist.
Bei 33 systematisch von ihm präparirten Mammacareinomen fand R. in
16 Fällen auf der Rückseite des M. pectoralis major Drüsenmetastasen. Ganz
besonders verdient dabei noch hervorgehoben zu werden, dass diese Metastasen
sich nicht etwa nur in den vorgeschrittenen Fällen, sondern schon in frühen
Stadien vorfanden — wo der primäre Tumor mit der Muskulatur noch gar nicht
verwachsen war. S
5) Hierauf demonstrirt Herr Kunkel eine Anzahl Präparate (Gefäßverzweigungen
— injieirt — der Mamma und der retrosternalen Gebiete) aus dem Waldeyer-
schen anatomischen Institut.
6) Herr Scheuer: Pseudarthrosis humeri durch Rippenimplantation
geheilt. Vorstellung. d
Bei einem 4jährigen Knaben hatte sich im Anschluss an eine Humerusfraktur,
durch Überfahrung, eine schwere Pseudarthrose entwickelt; dieselbe wurde zunächst
durch Freilegung der Knochenenden, Anfrischung und Silbernaht zu heilen ver-
sucht, jedoch blieb die Operation auch nach einer 2maligen Wiederholung völlig
resultatlos. Zur Ausfüllung der 5cm langen Knochenlücke und zum Ersatz des
verloren gegangenen Knochenstücks wurde nun ein gestielter Hautknochen-Periost-
lappen aus der Thoraxwand in die Knochenspalte implantirt.
Über der rechten 5. Rippe wurde vorn in der Gegend des Knorpels ein Haut-
schnitt nach hinten geführt, der sich dann spitzwinklig so theilte, dass ein sungen-
förmiger Hautlappen auf dem hinteren Theil der Rippe stehen blieb. Hierauf
988 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
wurde die Rippe so ausgeschält, dass die bedeckenden Weichtheile, das Periost
und die Arteria intercostalis an ihr belassen wurden, dieselbe sehr vorsichtig auf
der Hinterfläche gelöst. Nun wurde die Rippe mit der Gigli’schen Säge vorn
und dann hinten unter Schonung der Art. intercostalis durchsägt, nach vorheriger
subperiostaler Freilegung der Rippe an dieser Stelle. Damit hatte man ein etwa
8 em langes Rippenstück, das an einem Stiel beweglich gemacht war, der aus
Haut, Muskulatur und der Art. intercostalis bestand.
Am Arm wurde dann im Sulcus bicipitalis ein Längsschnitt im Bereich der
Pseudarthrose gemacht und die Frakturenden angefrischt. Die Fragmente, ins-
besondere das obere, erwiesen sich als stark konisch zugespitst. In die Knochen-
lücke wurde nunmehr der Rippenlappen so eingefügt, dass das sternale Ende des
mobilisirten Rippenstücks mit der Bruchfläche des unteren Fragments und die
breite Seite des lateralen Rippentheils mit der Seitenfläche des oberen Fragments
in Verbindung trat.
Die Fixirung geschah durch eine reichliche Anzahl von Weichtheilnähten; am
Schluss wurde der Hautschnitt am Arm über der Rippe vernäht, eben so die
Wunde an der Rippe bis zur Hautbrücke geschlossen.
Der Wundverlauf war reaktionslos; nach 14 Tagen wurde der Hautstiel durch-
getrennt und die vom Thorax entnommene Haut an die Stelle der Entnahme, also
an die Rippe angenäht, am Arm aber die Haut an der Stelle der Stieldurchschnei-
dung genäht und damit der obere Theil der Rippe versenkt.
Das Resultat ist ein befriedigendes: das Rippenstück ist knöchern eingeheilt,
es besteht keine Verkürzung, der Knabe hat wieder einen völlig gebrauchsfähigen
Arm.
7) Herr Rotter: Polyposia recti und Adenoma malignum.
Die Litteratur über die Polyposis recti ist spärlich — es sind nur 19 Fälle
beschrieben —, darunter 3 von R. Die Prognose ist ungünstig, obwohl es sich
meist nur um jugendliche Individuen handelte; von diesen 19 Fällen starben 12
an Marasmus, Verblutung, Invagination, Übergehen der Polyposis in Carcinom.
Bei dem ersten Pat. (32jähriger Mann), der an starker Abmagerung, schleimig-
eitrigem Ausfluss, Tenesmen litt, konnte R. bei der Probelaparotomie den ganzen
Dickdarm bis zum Coecum hinauf mit einem Konvolut von Polypen erfüllt durch-
fühlen. R. machte eine Enteroanastomose, Pat. ging aber trots dieser allmählich
an Marasmus zu Grunde.
Die Polyposis spielt sich zunächst in der Schleimhaut ab; späterhin greift
der Process in die Darmwand über und bildet Metastasen (Adenoma malignum
destruens nach Ziegler).
Auffälligen Verlauf zeigte ein weiterer von R. beobachteter Fall:
Eine Frau von 31 Jahren litt seit der letzten Entbindung an einem »Mast-
darmvorfalle mit schleimig-eitrigem Ausfluss. R. fand jedoch polypöse Wuche-
rungen, ferner eine ulcerirte Neubildung, die über Fingerlänge in das Rectum
hinaufreichte. R. ezstirpirte das Rectum (ein 17 cm langes Stück), anfänglich mit
gutem Resultat. 3 Monate später entwickelte sich ein Recidiv, ausgehend von
der Vaginalwand. R. musste nunmehr eine mehrmalige Auskratzung vornehmen;
zu seiner Verwunderung ist danach eine völlige Ausheilung erfolgt, die seither
noch 2 Jahre lang andauert.
Zu dieser Frage bemerkt Herr Lindner: Die Diagnose »Carcinom« ist ja
eine ganz unsichere, und leicht laufen Täuschungen unter — es stellt sich oft
späterhin heraus, dass makroskopisch für unzweifelhaft gehaltene Carcinome nur
Ulcerationen waren. Er machte u. A. bei einem vorgeschrittenen Adenom eine
sacrale Operation, resecirte das Colon bis zu einer freien Stelle und ersielte eine
bisher 4 Jahre andauernde Heilung.
8) Herr Rotter: Sigmoideo-Rectostomie.
R. hat bei 3 Fällen von Mastdarmstriktur ein neues operatives Verfahren an-
gewandt, welches darin besteht, dass er das S romanum in den unteren Theil des
Rectams unterhalb der Striktur eingepflanzt hat. Er führt die Operation in folgen-
der Weise aus:
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 989
In Beckenhochlagerung wird nach Laparotomie das Sromanum dicht über
dem Rectum zwischen 2 Ligaturen quer durchtrennt. Das untere Darmende
(Rectum) wird durch die Naht verschlossen, endet also blind. Das S romanum
wird durch Einkerben des Mesenteriums mobilisirt. Die Schnittwunde der Flexur
wird mit Jodoformgaze umwickelt und der Bauchschnitt ‚mit sterilen Tüchern
verstopft.
Nunmehr wird die Pat. aus der Beckenhochlagerung in Steinschnittlage ge-
bracht und von einem queren Schnitt über den Damm aus das Septum rectovaginale
bis zum Douglas gespalten und letsterer eröffnet. Hierauf schiebt ein Assistent
von der Bauchhöble her das freie, mit Jocdoformgase umwickelte Ende des 8 romanum
durch den Douglasschlitz in das Spatium recto-vaginale hinab. Der Bauchschnitt
wird durch die Naht geschlossen. Schließlich wird das freie Ende des S romanum
durch einen Längsschnitt in die vordere Wand des Rectums zwischen Sphinkter
und Striktur in das Rectum hinein geschoben und durch Schleimhaut- und Binde-
gewebenähte fixirt. Das Spatium recto-vaginale wird mit Jodoformgaze tamponirt.
Durch diese Enteroanastomose vermag der Darminhalt unter Umgehung der Striktur
aus dem S romanum in den unteren Theil des Rectums zu gelangen.
2 seiner Fälle sind geheilt, der 3. starb an Peritonitis, weil das Ende des
8 romanum ohne Jodoformgazeumwicklung durchgezogen worden war. Bei den
beiden anderen Fällen gestaltete sich der Verlauf einfacher und leicht.
Das Dauerresultat war folgendes: Die Defäkation erfolgt leicht mit voller
Erhaltung der Kontinenz. Die Sekretion und Eiterung aus der zurückgelassenen
Striktur dauert noch fort, wie es nach den Erfahrungen mit dem Anus praeter-
naturalis iliacus zu erwarten war. Der Gesammtzustand der beiden Operirten ist
ein recht befriedigender. R. betont, dass als Normaloperationsverfahren für die
Mastdarmstrikturen die Exstirpation des Rectums bestehen bleiben soll; wo diese
nicht anwendbar ist, wird oft in geeigneten Fällen die Sigmoideo-Rectostomie
mit großem Vortheil angewendet werden können. Die letztere ist anwendbar,
wenn die Striktur 2—3 cm oberhalb des Sphinkters beginnt.
In der Diskussion bemerkt Herr Hahn, dass für die vorgeschlagene Methode
sich nur sehr wenige Fälle eignen dürften, und Herr Körte, dass er in den von
ihm operirten Fällen nicht im Stande gewesen sein würde, das S romanum unter-
halb des Sphinkters einzupflanzen, weil eben die Striktur bis zum Sphinkter
herunterreichte.
Herr Rose macht aufmerksam auf die schon häufig von ihm gerügte gang
unzweckmäßige Benennung der besprochenen Mastdarmerkrankung, die richtig als
Elephantiasis spuria (recti) zu bezeichnen sei, und auf die Ätiologie derselben:
Dysenterie mit absteigendem, Lues mit aufsteigendem Ergriffenwerden des Mast-
darms. Sarfert (Berlin).
16) Lebrun. Peritonite purulente généralisée résultant de la dechi-
rure d'un abcès appendiculaire dans la grande cavité peritoneale.
Laparotomie. Guerison.
(Revue mensuelle des maladies de l’enfance 1898. Juli.)
Die Operation wurde bei dem 7jährigen Knaben 12—24 Stunden nach der
Perforation des Abscesses vorgenommen. Große Incision längs dem Außenrande
des rechten Rectus abdominis, Austupfen der Bauchhöhle mit sterilisirten Kom-
pressen, Tamponade des eingerissenen pericoecalen Abscesses mit Jodoformgaze.
Der Wurmfortsatz wurde nicht gefunden. Heilung in 12 Tagen.
Verf. hebt hervor, dass die seltenen Fälle wirklich diffuser Peritonitis, die
durch Laparotomie gerettet wurden, stets große Mengen Eiter und erheblichere
Fiebersteigerungen aufwiesen. Göppert (Breslau).
990 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
17) E. 8. Perman. Fall af periodiskt återkommande kolikplägor,
beroende pä en — sannolikt medfödd — strängformig adherens i
buken jemte nägra ord om adherensbildningar i buken.
(Hygiea Bd. LX. Hft. 1.)
Die immer zahlreicher werdenden Fälle von Verwachsungen im Bauche, welche
jahrelang unter den verschiedensten Diagnosen von den Internisten vergebens be-
handelt werden, haben durch Verf.s Publikation eine neue Beleuchtung erhalten.
Bie betrifft einen 21jährigen Komptoristen, welcher niemals an Magenkrankheit sensu
strietiori (Katarrhen, Ulcus Appendicitis, Gallensteine u. dell, erkrankt war; er
hatte nur seit seinem 8. Jahre kleine »Kolikspannungen« gefühlt. Im 13. Jahre fing
er an heftige Schmerzen in der Nabelgegend zu fühlen, die er als Krampfanfälle
beschrieb. Diese Schmersen stellten sich besonders nach den Mahlzeiten, bisweilen
aber auch nach Körperanstrengungen, wie Heben schwerer Gegenstände etc., ein.
Sie waren nicht mit Unregelmäßigkeiten der Defäkation verbunden; weder Stuhl-
verhaltung noch Diarrhden lagen vor. Dieser Zustand verschlechterte sich im
Laufe der Jahre; Pat. nahm viel Medicin und berieth sich mit mehreren Ärsten.
Eine Nabelhernie wurde diagnostieirt und operirt. So lange Pat. in der Nach-
behandlung Ruhe hielt, fühlte er nichts, 11 Monat nach der Operation traten aber
die Anfälle wieder auf, nahmen an Intensität su und stellten sich unabhängig von
Mahlzeiten und Körperanstrengungen ein. Die schmerzlosen Zwischenzeiten
dauerten nur 2—3 Tage, höchstens 1—2 Wochen. Pat. verlegte die Schmerzen in
die Nabelgegend, welche empfindlich war; der Bauch war nicht aufgetrieben. Am
Ende des Sohmerzanfalls, welcher 12—14 Stunden dauerte und auf seiner Höhe
Pat. su aller Arbeit unfähig machte, »ließ sich ein Kurren im Magen fühlen e
Winde gingen ab, und die Schmersen hörten bald danach auf. Auch die genaueste
Untersuchung Verf.s konnte keine Abnormität nachweisen. — Bei der Laparotomie
fand sich ein schreibfederdioker, runder Strang, der als direkte Verlängerung des
Lig. teres vom Nabel bis an den unteren Theil der Flexura sigmoidea, wo eine
fächerförmige Ausbreitung wahrgenommen wurde, verlief. Die Fleur war ver-
längert, ihr Mesocolon (durch Dehnung) höher als normal; sonst nirgends wahr-
nehmbare Verwachsungen oder andere Spuren etwaiger durchgemachter Entzün-
dung. Nach Spaltung und Exeision des Stranges trat völlige Heilung ein. Pat.
hat 1 Jahr nachher 8 kg an Körpergewicht zugenommen.
Der Strang zeigte »nichts Anderes als Bündel von festem Bindegewebe mit
bedeutenden Gefäßverdickungen«. R
In der Epikrise liefert Verf. eine Übersicht über den jetzigen Stand der Frage
von den peritonealen Verwachsungen und vertheidigt seine Annahme, dass es sich
im vorliegenden Falle um eine kongenitale Bildung gehandelt habe.
A. Hansson (Cimbrishamn).
18) Kopfstein (Jungbunzlau). Über einen Fall von retrograder In-
carceration eines bindegewebigen Stranges.
(Wiener klin. Rundschau 1898. No. 14.)
Die Litteratur über die von Maydl zuerst beobachtete und benannte retro-
grade Incarceration ist noch klein; außer den ersten 2 Fällen Maydl’s liegen
Beobachtungen von Kukula und J. Schnitzler vor. K. hat nun eine solche
bei einem jährigen Knaben mit angeborenem Leistenbruch beobachtet. Der Fall
hatte das Besondere, dass der Leistenkanal weit offen und für einen Finger durch-
gängig war, so wie dass beim Pressen durch den Leistenkanal Darmschlingen aus-
traten; trotzdem bestand fäkulentes Erbrechen und alle Erscheinungen der Inoar-
ceration. Über dem Hoden fühlte man eine eirunde Geschwulst, die sich vom
Hoden abgrenzen ließ, aber mit den austretenden Darmschlingen zusammenhing.
Bei der Operation ergab sich, wie vermuthet war, dass die Incarceration nicht am
Leistenring, sondern an einer eirkulären, in die Lichtung des Bruchsacks vor-
springenden Narbe stattfand. An diesem Ring war eine Darmschlinge in gewöhn-
licher Weise, zugleich aber ein bindegewebiger Strang retrograd eingeklemmt, in-
Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 991
dem derselbe an der einschnürenden Narbe entsprang und in der Richtung nach
dem Bauche zu verlaufend incarcerirt war. (Abbildung.) Bassini’sche Operation.
Heilung. Grissom (Hamburg).
19) Kummer. Pincement lateral de l'intestin, perforation spontanée,
suture de l'intestin. Gu£rison.
(Revue med. de la Suisse rom. 1898. No. 1.)
Bei der 66jährigen Kranken hatte sich seit Jahresfrist in der rechten Leisten-
gegend durch mechanische Einwirkung eine Geschwulst entwickelt. 3 Wochen
vor Beginn der Behandlung traten ernste Symptome auf: Erbrechen, kolikartige
Schmerzen; die bisher reponible Geschwulst wurde irreponibel; Stuhlgang war
vorhanden, wenn auch behindert.
Bei der Aufnahme wurde die Diagnose auf rechtsseitigen Schenkel(Netz)bruch
gestellt.
Bei der Operation zeigte sich nach Loslösung des Bruchsackhalses eine mit
dem Sacke durch alte Verwachsungen innig zusammenhängende Dünndarmschlinge
mit deutlicher Einklemmungsfurche. Nach Trennung der Verwachsungen fand
sich eine Perforationsöffnung mit einem Durchmesser von 3—4 mm; Kothmassen
traten nicht durch; in der Umgebung dieser Öffnung war der Darm bläulich ver-
färbt, nicht nekrotisch; desshalb nur einfache Naht. Nach Vornahme der letzteren
wird der Darm versenkt.
Es handelte sich also im vorliegenden Falle um eine seitliche Darmeinklem-
mung; die Diagnose war durch das Fehlen der charakteristischen Symptome er-
schwert; durch die starken Verwachsungen entwickelte sich die Perforation, ohne
schwere Symptome zu machen. Der eingeklemmte Darm im Grunde des Bruch-
sackes hätte leicht übersehen werden können, wenn der Buchsackhals, wie Verf.
stets zu thun pflegt, nicht bis zum parietalen Bauchfell isolirt worden wäre.
Kronacher (München).
20) M. P. Jakowlew. Ein Fall von Milzechinococous.
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hit. 4.)
Die Geschwulst füllte den gangen Unterleib aus und wurde für eine Ovarial-
cyste gehalten. Erst die Operation klärte den Zustand auf. Splenektomie. Hei-
lung. @ückel (B. Karabulak, Saratow).
21) Toeplitz. Beiträge zur Geschichte und Statistik der Gallen-
blasenchirurgie. (Aus der kgl. chir. Universitätsklinik zu Breslau.)
Inaug.-Diss., Breslau, 1898. 66 8.
Nach einem kurzen Abriss der Geschichte der Gallenblasenchirurgie besprichbt
Verf. die einzelnen, bis jetzt am Gallensystem zur Ausführung gekommenen Ope-
rationen mit ihren Indikationen und geht dann zum Bericht über die Erfahrungen
der Breslauer Klinik über, dem 35, an 30 Pat. mit kaum nennenswerthen Aus-
nahmen von Mikulicz persönlich ausgeführte Operationen zu Grunde liegen.
Dem anderwärts gebrauchten Instrumentarium fügte Mikulicz noch eine Zange,
die nach Art des Forceps der Geburtshelfer konstruirt ist, einen Steinbohrer und
einen Steinzertrümmerer hinzu (letztere beiden Instrumente werden stets kombinirt
gebraucht). Wo es die Verhältnisse erlauben, d. h. keine infektiösen Erkrankungen,
keine wesentlichen Veränderungen der Wand ete. bestehen, bevorzugt M. die
Cholecystendyse (14 Fälle, 2 Recidive, 1 Todesfall in Folge von Nachblutung aus
der Epigastrica). Auf die Nahtlinie der Blase wird mit Katgut ein Jodoformmull-
beutel aufgenäht, dessen Zipfel aus der im Übrigen geschlossenen Bauchwunde
herausgeführt werden. Einzeitige Cholecystostomien wurden ebenfalls 14 gemacht:
3mal Annähung der Blasenwunde an die Wundränder der Decken (1 Todesfall,
1 Recidiv, 1 Darmfistel), 4mal Einlegen eines Drains und Tamponade (2 Heilungen,
1 Todesfall an innerer Verblutung, 1 Recidiv), "mal Tamponade der Blase und
Umgebung mit Jodoformmull (4 Heilungen, 1 Besserung, 1 Recidiv, 1 +).
2zeitige Cholecystostomien 2 (1 +, 1 Dauerheilung).
992 Centralblatt für Chirurgie. No. 39.
Cholecystektomien 4 (3 Heilungen, 1 +).
Cholecystenterostomien 2 bei Pankreaskrebs.
Choledochotomie 1 (1 Heilung).
Einzelheiten müssen im Original nachgesehen werden. Es folgen Schluss-
folgerungen aus den Erfahrungen an dem referirten Material und eine tabellarische
Übersicht sämmtlicher behandelter Fälle.
(Auch nach dieser erneuten Empfehlung der Cholecystendyse von Seiten eines
so hervorragenden Chirurgen wie Mikulicz müssen wir an der Empfehlung der
einseitigen Cholecystostomie als Normalverfahren festhalten. Dass Fisteln danach
vorkommen, soll nicht geleugnet werden, aber wo sie vorkommen, ist nach unseren
Erfahrungen nahezu ausnahmslos eine Ursache dafür in dem noch anomalen Zu-
stand der Gallenblase oder ihres Inhalts gegeben; in solchen Fällen würde daher
eine Cholecystendyse kontraindieirt gewesen sein. In glatten, unkomplicirten
Fällen haben wir nie Fisteln zurückbleiben, sondern stets rasche und vollständige
Heilung eintreten sehen. Ref.) H. Lindner (Berlin).
22) Most. Ein Beitrag zur Lehre von den Echinokokkengeschwülsten
der Abdominalhöhle.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 156.)
M. bringt unter Beigabe von stellenweise weitläufiger Besprechung die Kranken-
und Operationsgeschichten von 7 von Kolaczek in Breslau behandelten Fällen
von Leberechinokokken, die durch Eigenthümlichkeiten und zum Theil ungewöhn-
liche Erscheinungen kasuistisches Interesse haben. So wies in Fall 1 der ver-
jauchte Cysteninhalt, welcher zu bedenklichen septisch-fieberhaften Erscheinungen
geführt hatte, Zeichen dafür auf, dass der Parasit abgestorben und seine Cysten-
bildung regressive Veränderungen eingegangen war. Die Cystenflüssigkeit war
dickgallertig, nur mit Mühe die 2—3 mm weite Punktionskanüle passirend,
stinkend wie Schwefelwasserstofl, zeigte mikroskopisch Detritus, Fettkörnchen,
Cholestearintafeln, Fettsäurenadeln, Hämatoidinkrystalle, massenhaft Bakterien
verschiedenster Form, relativ spärliche Eiterkörperchen und vereinzelte, gut er-
haltene Echinokokkenhaken. Die Infektion der Cyste erfolgte wohl erst nach
Absterben des Wurms. Demnächst sei hervorgehoben Fall 6 und 7, welche sich
durch Wachsthumsrichtung der Cyste nach dem Brustraum auszeichnen. In Fall 6
fand sich unter dem rechten Rippenbogen eine handtellergroße fluktuirende Ge-
schwulst, über derselben absolute Dämpfung bis zur 4. Rippe, rechts bis zur
Mammillarlinie, links in die Hersdämpfung übergehend. Der parallel und unter
dem Rippenrand gemachte Schnitt führt in den mit den Bauchdecken verwachsenen
Echinococcus, der etwas eitrige Flüssigkeit mit Blasen enthält und, wie die
Sondirung ergiebt, bis in die Höhe des 3. Rippenknorpels reicht. In Fall 7 trat
zu einer vergeblich antiluetisch behandelten Leberanschwellung Auftreibung der
rechten Brusthälfte mit Husten und Auswurf vereinzelter kollabirter Echinococcus-
blasen. Auf dem ausgebreitete Dämpfung zeigenden Rücken ergab eine Punktion
im 7. Interkostalraum Eiter. Incision in denselben und Gegenincision im 10.
entleerte 2 Liter Eiter mit vielen Blasen und vermittelte die Heilung. In Fall 3
fand sich eine Echinococcuseyste dicht über dem rechten Lig. Pouparti, welche
wahrscheinlich (ähnlich wie in einem Falle von König) von ihrem ursprünglichen
Standort in der Leber durch Platzen ihrer Kapsel dorthin gerathen war. Fall 4
und 5 zeichnen sich durch Wachsthum der Cyste nach der Bauchhöhle zu aus,
wobei in Fall 5 die tastbare kindsfaustgroße Geschwulst ihrer Lage und Form nach
einer Gallenblasengeschwulst recht ähnlich war. Fall 2, auswärts operirt und nach-
behandelt und nicht ganz aufgeklärt, ging an den Folgen dauernden Gallen-
abflusses zu Grunde. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Originalmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle
man an Prof. E Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
E
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 40. Sonnabend, den 8. Oktober. 1898.
Inhalt: $. Kofmann, Blutleere als Lokalanästhesie. (Original-Mittheilung.)
1) Heller, Mayer, v. Schrötter, Arterielle Luftembolie. — 2) Haga, Spontane Gan-
grän. — 3) Fabris, Wunddesinfektion. — 4) Cohn, Natr. sozojodolicum gegen Blutung.
— DI Feindel und Oppenheim, Neurofibrome. — 6) Ribbert, Angiome, Cystenbildung.
— 7) Welnrich, 8) Noguès, 9) Desnos, Gonorrhoe. — 10) Schede, Erkrankungen des
Brustfells und Mittelfellraums. — 11) Beck, Pyothurax. — 12) Graeve, Brustdrüsen-
tuberkulose. — 13) Krogius, Chirurgie der Harnwege. — 14) Ruprecht, Kathetersterili-
sation. — 15) Walther, Harnröhrenzerreißungen. — 16) Sandelin, Harnröhrenkrebs. —
47) af Schultön, 18) Floderus, 19) Noguès, Prostatahypertrophie. — 20) Bloch, Abnorme
Lage der Harnblase. — 21) Marc, Blasensteine. — 22) Aibarran, Hämaturie. —
23) Tuffier, Nierentuberkulose. — 24) Sottocasa, Nephropexie. — 25) Schnelder, Heiße
Luft gegen Nieren- und Leberblutungen.
26) Majewski, Eiterbecken. — 27) Helferich, Krankenwagen. — 28) Cesaris-Demel,
Bildung putrider Gase. — 29) Koch, Tetanus. — 30) Lovett und Concliman, Doppeltes
Teratom. — 31) Bozzolo, Pneumotomie. — 32) Lotheissen, Brustdrüsentuberkulose. —
33) Duplay, Urethrocele. — 34) Hand, Prostatahypertrophie. — 35) Boisseau du Rocher,
Cystoskopie. — 36) Goldenhorn, Perinephritische Abscesse. — 37) Franz, Varicenoperation.
Blutleere als Lokalanästhesie.
Von
Dr. S. Kofmann in Odessa.
Die im Centralblatt für Chirurgie erschienene Mittheilung
Braun’s! über die Oberst'sche Lokalanästhesie gab mir Veranlassung
dieselbe zu erproben.
Die oftmaligen Versuche sowohl am ambulatorischen Spitals-
material als an meinen privaten Pat. trugen alle in vollkommenster
Weise zur Bestätigung aller Erwartungen, die an diese Methode ge-
knüpft waren, bei, d. h. die Operationen verliefen schmerzlos, und
dabei wurde Cocain in minimalsten Quantitäten verbraucht. Indem
ich aber allen Vorschriften Oberst’s genau folgte, fiel mir besonders
Eins auf, dass nämlich zum Erhalten einer vollständigen Schmerz-
1 Über Infiltrationsanästhesie ete. Centralblatt für Chirurgie 1897. No. 17.
40
994 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
losigkeit ein Abwarten von wenigstens 10 Minuten nöthig, d. h.
dass die Anästhesie eng an die Blutleere gebunden ist.
Davon ausgehend beschloss ich dies betreffende Versuche an-
zustellen.
Im ersten Falle, den ich auf diese Weise am 23. Mai operirte?, handelte es
sich um ein 16jähriges Mädchen, N. D., die sich über ein Ganglion am Dorsum
der rechten Handgelenksgegend beschwerte.
Der Esmarch’sche Schlauch wurde dem Mädchen in der Mitte des Ober-
arms angelegt. Danach wurde die Reinigung vorgenommen: Abseifen, Abrasiren,
Abreiben mit Ol. Tereb. und Äther und zum Schluss Abspülen mit Sublimat.
Die Pat. klagte zuerst über Absterbegefühl im Arm, dann über Schmerzen
an der Konstriktionsstelle. Inzwischen wurde die Reinigung vollführt, die Hand
sah leichenblass aus. Die Operation: Abpräpariren der Geschwulst bis zur Ur-
sprungsstelle an der Sehne des Ext. carpi radial., Resektion derselben (wie bei
Volkmann’scher Hydrocelenoperation) und Nahtanlegung wurde dann ohne
Störung aus- und zu Ende geführt und kam der Pat., die sich während der
Operationsdauer über Schmerzen an der Einschnürungsstelle beschwerte, gar
nicht zum Bewusstsein. Am 7. Tage entfernte ich die Nähte; die Wunde heilte
unter prima, und ich entließ die Pat. aus der Behandlung.
Dieser so ermuthigende Erfolg des ersten Versuches bewog mich,
auch weiter der Sache nachzugehen, und schon in den nächsten
Tagen war ich veranlasst, dieselbe Methode in meiner privaten Am-
bulanz zu prüfen.
S. R., 45 Jahre alt, erschien bei mir mit der Klage, dass ihr vor einigen
Stunden eine Nadel in die Hohlhand eingedrungen sei. Die Einstichstelle, die
sich in der Interossealgegend zwischen dem 5.—4. Finger befand, war kaum zu
sehen. Zu palpiren war nichts. Ich legte den Schlauch am Oberarm an, reinigte,
wie im vorigen Falle, und nachdem die Blutleere vollständig war, entschloss ich
mich, in der entsprechenden Gegend vom Dorsum aus einzugreifen. Der Schnitt
fiel reichlich 3 cm aus, es musste langsam und präparatorisch vorgegangen werden,
eine ziemlich große Vene musste durchschnitten und abgeklemmt werden, auch
musste ich in der Muskulatur ein wenig wühlen, da die Nadel sich im M. inteross.
des Kleinfingers eng am Knochen eingebettet erwies. Danach Abdrehen der Vene.
Die Pat. verhielt sich vollkommen ruhig. Ich arbeitete ohne Assistenz. Die Pat.
gab an, von der Operation gar nichts gespürt zu baben, nur habe sie Schmerzen
an der Unterbindungsstelle gefühlt. Die Wunde wurde fest verbunden. Nach
dem 3. Verband am 23. Mai wurde die Pat. aus der Behandlung entlassen.
Diese so erfolgreich ausgefallenen Versuche gaben mir das Recht,
die Methode auch weiter auszuüben, und seitdem führte ich dieselbe,
so oft es nur ging, an einer großen Reihe von Fillen, wie Abscessen
der Extremitäten, Onychieen, Schnen- und Knochenpanaritien etc.
aus, deren ausführliches Referiren sich erübrigt. Im Allgemeinen
hielt ich mich bei der Ausführung der Methode an die Vorschriften
von Oberst. Um die betreffende hoch emporgehobene Extremität
wurde der Konstriktionschlauch angelegt, und nun die Reinigung
begonnen, die mit aller Sorgfalt ausgeführt wurde. Während dessen
wurde die Extremität immer blasser, und schon nach einigen Minuten
2 Ambulanzjournal No. 544.
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 995
konnte man schmerzlos operiren. Die Pat. verhielten sich ruhig, und
nur die unbändigen und für Schmerz sehr empfindlichen schrieen und
klagten über Schmerz an der Konstriktionsstelle. Da das Gesicht
ihnen meistens zugedeckt war, so wussten sie gar nicht, was an
ihnen gemacht wurde und erkundigten sich, ob die Operation schon
im Gange sei; manchmal dauerte die Operation sogar längere Zeit
und wurde trotzdem vertragen, so im folgenden Falle (Ambulanzjourn.
No. 786):
B. T., 10 Jahre alt. Es handelte sich hier um einen sehr seltenen Fall von
Ganglion der Poplitealgegend. In der linken Fossa poplitea in der Höhe der Linea
poplitea, nahe am inneren Rande, fühlte man eine prallelastische nussgroße, kaum
verschiebbare Geschwulst. Ich unternahm, wie beschrieben, die Operation und lang-
sam präparirend, um den beiwohnenden Herren Studenten in die Lokalisation der
Geschwulst bequeme Einsicht zu geben, alles Fett und Bindegewebe langsam ent-
fernend; ich eröffnete die Ursprungsstelle der Geschwulst an der Sehne des M.
semimembranosus, präparirte alle Nachbarsehnen, trug die Geschwulst ab und legte
die Naht an. Die Operation dauerte etwa 15 Minuten; das sehr verständige Kind
erkundigte sich, ob die Operation noch im Gange sei und freute sich ungemein,
dieselbe schmerzlos überstanden zu haben. Sie wusste nur über Schmerzen an der
Schnürstelle zu klagen. Am 8. Tage der 3. und letzte Verbandwechsel.
Die Vollständigkeit der Konstriktion ist eine Conditio sine qua
non, auch ist die Dauer derselben von entscheidender Bedeutung:
war die Konstriktion nicht lange genug ausgeübt, so war auch der
Effekt der Anästhesie nicht vollkommen. So in einem Falle (Am-
bulanzjourn. No. 861) von eingewachsenem Nagel, dessen Vorbereitung
zur Operation ich den in meiner Ambulanz arbeitenden Studenten
überließ. Dieselben meldeten, es sei Alles fertig, und ich fing irrthüm-
licherweise die Operation ein bischen früher an. Der Pat. sträubte sich
und schrie. Später aber, nachdem die Blutleere ihre anästhesirende
Wirkung in vollem Maße entwickelt hatte, verhielt sich der Pat.
ganz ruhig, und ich konnte ungestört die radikale Entfernung des
Nagels sammt dem Nagelbett ausführen. £
Diese Methode bietet also in ausgedehntestem Maße Uber-
einstimmung mit derselben von Oberst. Auch bei dieser muss die
Ischämie vollständig eintreten, und man ist manchmal genöthigt (wie
bei jener) längere Zeit zu warten (Manz wartet unter Umständen
15—20 und sogar 30 Minuten). In der Art der Anlegung des Gummi-
schlauchs weiche ich etwas von den Vorschriften Honigmann’st
ab. Nachdem ich nämlich in einem Falle von Amputation einer
cariösen Endphalange Druckgangrän einer großen Zehe an der Kon-
striktionsstelle um die Basalphalange erlebt habe, lege ich den Schlauch
nicht gern um Finger und Zehen, sondern über das nächste Ge-
lenk (Fuß oder Hand); die kleine Zeitversäumnis nehme ich gern
in Kauf und habe bisher keine Ursache gehabt, diese Abänderung
zu bereuen; die Anästhesie trat immer auf, wenn der zu operirende
Köpertheil leichenblass wurde.
3 Über regionäre Cocainanästhesie. Centralblatt für Chirurgie 1898. No. 7.
4 Zur Lokalanästhesie. Centralblatt für Chirurgie 1897. No. 51.
40*
996 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
Somit habe ich mir eine Methode angeeignet, die in sich alle
Vorzüge der Oberst’schen in sich vereinigt ohne deren Nachtheile, i. e.
ohne die Nöthigung eine noch so kleine Menge Cocain dem kranken
Körper einzuverleiben. Kann doch nach Reclus5 schon eine Cocaindosis
von etwas über 0,0075 manchmal sehr deletär wirken. Dazu befreit
die neue Anästhesirungsmethode die Pat. von dem Schmerz, mit dem
die Injektion verbunden, und der doch nicht ganz unbedeutend ist.
Paul Arendt® versuchte ja, ihn mittels verschiedener Mittel zu lin-
dern. Wie die Oberst’sche findet meine Methode ihre Haupt-
indikation an den Extremitäten, aber nicht bloß an den Fingern
und Zehen, sondern, wie aus den oben angeführten Kranken-
berichten zu sehen ist, auch am Fuß und Unterarm. Vor einigen
Tagen hatte ich Gelegenheit, eine im Hause des Kranken vor-
genommene Operation von Fibularosteomyelitis, die ich unter Blut-
leere nach Schleich angefangen hatte, ohne Cocain zu Ende zu
führen. Zuerst wurde die Schleich’sche Lösung in die Umgebung
des afficirten Malleolus extern. injicirt, ein Weichtheilschnitt von
etwa 8 cm gemacht, der erkrankte Knochen ausgelöffelt und einige
Sequesterstücke entfernt; dann aber zeigte sich die Fibula ganz von
Eiter umspült. Ich verlängerte den Schnitt bis nahe an das Capitul.
fibulae. Der Pat. bekundete nicht den geringsten Schmerz, und ich
hatte die zufriedenstellende Überzeugung von der Brauchbarkeit der
neuen Anästhesirungsmethode nochmals gewonnen. Übrigens er-
weitern die neuesten Mittheilungen auch das Anwendungsgebiet der
Oberst’schen Methode (Paul Arendt).
Seitdem ich meine Methode anwende, mache ich von der
Schleich’schen Gebrauch nur bei Operationen am Rumpf und Kopf;
Chloroformnarkose findet bei mir aber nur in vereinzelten Fällen
Anwendung.
Ich erlaube mir, meine Methode den geehrten Kollegen zur
Nachprüfung im Interesse der kranken Menschheit zu empfehlen.
Ich entsage von vorn herein jedem Prioritätsanspruch, falls dieselbe
schon von anderer Seite angewandt wurde; mögen dann die obigen
Zeilen zur Verbreitung der jedenfalls sehr brauchbaren und durch-
aus unschädlichen Methode dienen.
1) Heller, Mayer, v. Schrötter. Über arterielle Luft-
embolie. (Aus den Untersuchungen über Luftdruckerkran-
kungen.)
(Zeitschrift für klin. Medicin Bd. XXXII. Suppl.-Hft.)
Verff. haben 12 Versuche an Hunden angestellt. Das wichtigste
Ergebnis derselben ist der endgültig erbrachte Beweis, dass die
5 La Cocain en chirurgie 1595.
6 Weitere Beiträge über regionäre Cocainanästhesie, Centralblatt für Chirurgie
1898. No. 15.
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 997
Passage von Luft durch das Kapillarsystem möglich ist, und ein
Kreisen von Luft im Gefäßsystem stattfinden kann. Durch Injektion
in das System des linken Herzens gelingt es, den ganzen Kreislauf
mit Luft zu füllen; und diese Füllung wird bewirkt durch das
Passiren der Gasblasen durch das Kapillarsystem des großen Kreis-
laufs und des Lungenkreislaufs. Bei Luftinjektion in das Arterien-
system wird wenigstens im Beginn das linke Herz bei normaler
Füllung der Coronararterien nicht geschädigt, und die Luftblasen
können durch die Kapillaren getrieben werden. Bei Luftinjektion
in die Venen wird vorerst der rechte Ventrikel geschädigt; dadurch
wird der linke in Mitleidenschaft gezogen; es fehlen dann also die
günstigen Bedingungen für die Passage der Luftblasen durch die
Kapillaren. Die ins Gefäßsystem eingebrachte Luft kann rasch resor-
birt und eliminirt und die Abgabe derselben durch Respiration eines
stickstoffarmen Gemisches bedeutend erleichtert werden.
Borchard (Posen).
2) Haga. Über spontane Gangrän.
(Virchow’s Archiv Bd. CLII. p. 26.)
Verf. theilt die Krankengeschichten von 14 selbst beobachteten
und das Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung von 13 solchen
Fällen mit. Die Arbeit ist schon 1889 in japanischer Sprache ver-
öffentlicht worden und wird jetzt nur etwas erweitert und ohne ge-
nauere Berücksichtigung der seitdem erschienenen Litteratur über
den fraglichen Gegenstand zur Kenntnis gebracht. In Japan tritt
die spontane Gangrän ziemlich häufig auf und befällt fast nur Männer
in mittlerem Alter. Der Verlauf ist sehr chronisch. In keinem der
Fälle lag eine Herzerkrankung, eine solche des Nervensystems,
Diabetes oder Vergiftung mit Secale cornutum vor. Der Krankheit
liegt eine obliterirende Arteriitis zu Grunde. In vielen Fällen des
Verf. fanden sich in den obliterirenden Processen noch Rundzellen-
infektionen in Intima, Media und perivaskulärem Bindegewebe, welche
häufig die Grundsubstanz zum Schwund gebracht hatten. Diese In-
filtrationen sind nicht tuberkulöser, sondern wahrscheinlich gummöser
Natur undderBaumgarten’schen Arteriitis gummosa der Hirnarterien
zur Seite zu stellen. Auch klinisch konnte H. das Vorhandensein
von Syphilis sehr häufig nachweisen. Die Diagnose der spontanen
Gangrän mache in der Regel keine Schwierigkeiten. Zu beachten
sei dabei das spontane Auftreten von Geschwüren an den Zehen-
spitzen, der chronische Verlauf, die bisweilen sehr intensiven Schmerz-
empfindungen, das Fehlen des Arterienpulses. Von der Annahme
ausgehend, dass die Syphilis die Ursache der spontanen Gangrän
sei, wurde neben lokaler antiseptischer allgemeine antisyphilitische
Behandlung eingeleitet, welch letztere einige Male Erfolg gehabt
haben soll. In einem Falle wurde dabei der fehlende Arterienpuls
an der Femoralis allmählich wieder fühlbar. Die erkrankten Theile
wurden operativ erst entfernt, wenn eine deutliche Demarkation sich
ausgebildet hatte. Pels.Leusden (Göttingen).
998 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
3) Fabris. Contributo allo studio sperimentale della dis-
infezione delle ferite.
(Giorn. della R. accad. di med. di Torino 1598. No. 5—7.)
F. brachte Kaninchen Schnittwunden auf dem Rücken bei und
infieirte sie mit Staphylococcus pyogenes aureus. Durch noch so
rasch darauf folgende Desinfektion ließ sich das Auftreten von Eite-
rung nie verhüten, wohl aber trat letztere später und unter geringeren
Entzündungserscheinungen auf. \Vurden die inficirten Wunden breit
gespalten und mit antiseptischer Tamponade behandelt, so war ihr
Verlauf eher schlechter als bei aseptischer Behandlung. Die Ver-
suchszahlen sind hier aber klein. E. Pagenstecher (Wiesbaden).
4) Cohn. Natrium sozojodolicum als Mittel zur Stillung
kapillärer Blutungen.
(Bayrisches ärztliches Korrespondenzblatt 1898. No. 15.)
Verf. hat sich der Tamponade mit Natrium sozojodolicum auf
Wundwatte — das Kaliumsalz der Jod-Carbol-Sulfosäure wirkte ge-
rade so, aber reizend — mit Vortheil zur Stillung von Blutungen
aus Nasenscheidewand, Zahnfleisch und Operationswunden bedient.
Dabei fiel die hellrothe Farbe des Blutes auf. Wenn Blutwasser mit
Natrium sozojodolicum versetzt wurde, so bildete sich ein deutlicher
Eiweißniederschlag. Verf. glaubt desshalb, dass das Salz Blut ge-
rinnend und antiseptisch wirkt. Eine Abspaltung des Jods findet
nicht statt. Dreyer (Köln).
5) Feindel et R. Oppenheim. Sur les formes incom-
pletes de la neurofibromatose. La maladie de Reckling-
hausen.
(Arch. gener. de med. 1898. Juli.)
Der Inhalt der vorliegenden Arbeit ist in folgenden Schluss-
folgerungen zusammengefasst:
Die fundamentalen Zeichen der Recklinghausen’schen Krank-
heit sind Fibrome der Nerven, Fibrome der Haut, Pigmentation in
großer Ausdehnung und fleckweise Pigmentation. Eines dieser Zeichen
kann fehlen, ohne dass dadurch das Krankheitsbild wesentlich ver-
ändert wird; auch wenn zwei der Symptome fehlen, so spricht man
noch von der Recklinghausen’schen Krankheit. Die Symptome
können sich verschieden kombiniren. Diese 4 charakteristischen
Symptome haben einen gemeinsamen, kongenitalen Ursprung, sie sind
die Folge einer mangelhaften Anlage des Ektoderms, die Zeichen
einer Entartung. Longard (Aachen).
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 999
6) Ribbert. Über Bau, Wachsthum und Genese der An-
giome, nebst Bemerkungen über Cystenbildung.
(Virchow’s Archiv Bd. CLI. p. 381.)
R. hält auf Grund eingehender Untersuchungen die kavernösen
Angiome der Haut und der Leber für in sich abgeschlossene und
nur aus sich heraus wachsende Geschwülste, welche sich also nicht
durch Hineinziehung des benachbarten Kapillarnetzes vergrößern.
Außer zahlreichen anderen Gründen führt er die Resultate von Injektions-
versuchen an. Die Injektionsmasse drang dabei nur in die Gefäß-
räume der Geschwulst und einige wenige größere arterielle und
venöse (zu- und abführende) Gefäße, nicht aber in die der binde-
gewebigen Kapsel derartiger Geschwülste von außen dicht anliegenden
Kapillaren ein. R. fasst die Kavernome daher als einen kleinen,
selbständigen Gefäßbezirk auf, der diese Selbständigkeit während
des embryonalen, vielleicht auch noch des extra-uterinen Lebens er-
langt hat. Ahnlich verhalte es sich auch mit den Teleangiektasien,
nur besäßen die Gefäße derselben offenbar eine noch größere Selb-
ständigkeit, welche sie befähige, ihre Sprossen in die Umgebung in
mannigfacher Weise hinein zu schicken.
Die Bemerkungen R.’s über Cystenbildung gipfeln in dem Satz,
dass beim Zustandekommen der Lymphangiektasien Bindegewebs-
wucherung und Lymphgefäßerweiterung von vorn herein Hand in
Hand gehe, und dass bei der Bildung epithelialer Cysten das Wachs-
thum des Bindegewebes sammt dem Epithel und die Dilatation der
Hohlräume neben einander hergehe.
Den Unterschied zwischen Lymphangiektasie und Lymphangiom
fasst Verf. wie folgt zusammen:
»Die Lymphangiektasie geht hervor aus Lymphgefäßen, welche
normal in ein Gewebe eingefügt sind. Ihre Ektasie erfolgt unter
gleichzeitigem Wachsthum ihrer Wandung. Die erweiterten Lymph-
räume sind zwar jeder für sich gut gegen die Umgebung abgegrenzt,
der angiektatische Bezirk als Ganzes hat dagegen keine selbständige
abgeschlossene Stellung.
Das Lymphangiom entsteht aus einem während des intra-
oder extra-uterinen Lebens selbständig gewordenen, aus Bindegewebe
und Lymphgefäßen aufgebauten Gewebskeim, an dessen Vergrößerung
alle Bestandtheile gleichmäßig betheiligt sind. Es bildet einen in
sich abgeschlossenen, als Ganzes gegen die Umgebung gut begrenzten
Bezirk.« Pels Leusden (Göttingen).
7) Weinrich. Recherches sur la coloration du gonocoque.
(Annal. des malad. des organes g£nito-urin. 1898. No. 5.)
Die Gram’sche Methode der Gonokokkenfärbung hat verschie-
denen Autoren nicht die gewünschten Resultate ergeben. Verf. hat
desshalb im Laboratorium des Hospital Necker die einzelnen Me-
thoden der Gonokokkenfärbung durchprobirt und ist dabei zu fol-
genden Ergebnissen gelangt:
1000 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
1) Die nach genauer Vorschrift ihres Erfinders angewendete
Gram’sche Methode hat in differentialdiagnostischer Hinsicht einen
absoluten Werth und ist allen anderen Methoden vorzuziehen, unter
der Bedingung, dass nur absoluter Alkohol zur Entfärbung gebraucht
und Wasser streng vermieden wird.
2) Der Koncentrationsgrad und die Anwesenheit von Anilin in
der Ehrlich’schen Gentianaviolettlösung haben mit den unsicheren
Resultaten bei der Entfärbung nichts zu thun; die einzige Ursache
des Misserfolgs liegt in dem Gebrauch von Wasser zur Entfärbung.
3) Die Fränkel’sche Karbol-Gentianaviolettlösung hat dieselbe
Wirkung wie die Ehrlich’sche Lösung; außerdem hält sie sich auch
besser.
4) Zur Nachfärbung eignet sich am besten Bismarckbraun von
bestimmter Koncentration (70 warmes destillirtes Wasser, 3 Bismarck-
braun, 30 Alkohol). Zu koncentrirte oder zu heiße Lösungen führen
zu einer Farbenübersättigung derjenigen Mikroben, die nach Gram-
scher Lösung violett geblieben sind. Hierdurch können leicht Irr-
thümer entstehen. P. Wagner (Leipzig).
`
8) P. Noguös. Traitement de luréthrite a gonocoques par
le protargol.
(Annal. des malad. des organes génito-urin. 1898. No. 6.)
Das von Neisser in die Trippertherapie eingeführte Protargol
hat sich dem Verf. bisher glänzend bewährt. Hält man sich genau
an die Vorschriften von Neisser, so erzielt man mit dieser Therapie
ausgezeichnete Erfolge, und zwar in jedem Stadium der Gonorrhoe.
Das Werthvollste an diesem neuen Medikament ist, dass es, nament-
lich im Gegensatz zum Höllenstein, auf die Schleimhaut keinerlei
entzündlichen Reiz ausübt. P. Wagner (Leipzig).
9) E. Desnos. Des instillations de protargol dans les uré-
thrites chroniques.
(Annal. des malad. des organes génito-urin. 1898. No. 7.)
Während Verf. in akuten Fällen von Tripper mit dem hyper-
mangansauren Kali fast bessere Erfolge wie mit dem Protargol er-
zielt hat, war letzteres dagegen in den chronischen Fällen von außer-
ordentlich günstiger Wirkung. Am besten eignen sich für die Ein-
träuflungen 5—10 %ige Lösungen; es werden jedes Mal 20 bis 60
Tropfen genommen. Die Reizerscheinungen waren außerordentlich
gering.
Bei der tuberkulösen Urethritis wirkte das Protargol namentlich
auf die Schmerzen sehr günstig ein. P. Wagner (Leipzig).
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1001
10) Schede. Chirurgische Behandlung der Erkrankungen
des Brustfells und Mittelfellraums.
(Handbuch der Therapie innerer Krankheiten herausgegeben von Pentzoldt und
Stintsing. 2. Aufl. Bd. III. p. 506 ff.)
In eingehendster Weise wird, gestützt auf die großen eigenen
Erfahrungen des Verf., die Berichte der Garnisonlazarette (aus-
genommen der bayrischen und sächsischen) und Mittheilungen einzelner
größerer Krankenhäuser und Kliniken, die Behandlung des Empyems
in erster Linie besprochen. In der Technik der Operation (Rippen-
resektion) legt S. vor Allem darauf Gewicht, ein mindestens 6 cm
langes Stück der 9. oder 10. Rippe in der Scapularlinie, als dem
tiefsten und den Eiterabfluss am besten sichernden Orte, zu ent-
fernen, die Pleura selbst durch Auswischen mit Stieltupfern, event.
mit dem scharfen Löffel und einmaliger vorsichtiger Ausspülung von
allen Gerinnseln möglichst zu befreien, und dann dicke Drains, am
besten T-förmige, einzuführen, die nicht zu lang sein dürfen, sondern
gerade in den Pleuraraum hineinragen. Die Reinigung der Pleura-
höhle soll im direkten Anschluss an die Operation so gründlich ge-
macht werden, dass spätere Ausspülungen nicht nothwendig sind.
Letztere sind nur bei putriden Empyemen gestattet und sonst zu
vermeiden, da sie das Zustandekommen von Pleuraverwachsungen
stören und außerdem unter dem Einfluss der Pleurareflexe unter
Umständen, wenn auch sehr selten, den Tod zur Folge haben können.
Um derartige unangenehme Zufälle zu vermeiden, ist die Spülflüssig-
keit auf Körpertemperatur zu bringen, einem zu gewaltsamen Ein-
fließen vorzubeugen — ein Flüssigkeitsdruck darf nicht wieder her-
gestellt werden —, und eben so ist durch entsprechende Lagerung
das Einfließen in etwa offene Bronchien zu verhüten.
Es ist zweckmäßig, dem gewöhnlichen Längsschnitt in der Pleura
noch in der Mitte dieses Schnittes einen Querschnitt hinzuzufügen,
um möglichst freie Öffnung zu schaffen. Kann sich die Lunge noch
ausdehnen, so sorgt man für diese Ausdehnung am besten und ver-
hindert das Hinaufsteigen des Zwerchfells am sichersten durch die
Eröffnung des Brustkorbes an der am tiefsten und am weitesten
nach hinten gelegenen Stelle. S. glaubt, dass der Unterschied in
der Wahl der Incisionsstelle in den Heilerfolgen zu einem sehr
prägnanten Ausdruck kommt. In den Garnisonlazaretten, in denen
gewöhnlich nach König die 6. Rippe in der Axillarlinie resecirt
wird, ist die Heilungsdauer eine beträchtlich längere, obgleich es sich
hier doch meist um junge kräftige Menschen handle. Für den Zeit-
punkt der Operation kann eine allgemein bestimmte Regel nicht
angegeben werden, sondern es ist streng nach dem Grundsatz »ubi
pus ibi evacua« zu verfahren und durch Probepunktionen der Ein-
tritt der Eiterung zu bestimmen. RER
Bei der Eröffnung der Pleura verschwind aygghließlich denf,, `>
negative Druck, der sie ausgedehnt hält. Ein O8 ver Atmosphärgn- Ké
druck, der sie an der Ausdehnung hindern| wüzde, e Kistirt nie x
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1002 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
Die spätere Ausdehnung befördert ein gut abschließender Verband
am besten, da er wie ein Ventil wirkt, das sich bei von innen her
wirkendem Exspirationsdruck öffnet, während es dem geringeren von
außen her wirkenden Inspirationsdruck einen genügenden Wider-
stand entgegensetzt.
Die Mortalität ist in den ersten 20 Tagen vom Beginn der ur-
sächlichen Krankheit an gerechnet 19%, fällt in der 2. Periode auf
12,4%, in der 3. auf 6% und steigt bei Spätoperationen wieder auf
13%. Die Sterblichkeit beim idiopathischen Empyem ist geringer,
eben so wie die Heilungsdauer kürzer ist; erstere zeigt aber auch
je nach den verschiedenen Zeitabschnitten der Operation die obigen
Schwankungen. Bei traumatischen Empyemen soll man, besonders
wo von vorn herein starke Lungenblutungen vorhanden waren, mit
. der Operation nicht zu schnell bei der Hand sein.
Mit hinreichend großen Zahlen weist S. ferner an einem ein-
wandsfreien Material nach, dass die Resektion der Aspirationsdrainage
sowohl hinsichtlich Mortalität als auch definitiver Heilung weit
überlegen ist. Er will die Aspirationsdrainage nur angewandt wissen
bei sehr heruntergekommenen Kranken, bei sehr schwacher Cirku-
lation, bei sehr großer Athemnoth, wo also die Narkose sichtliche
Gefahren bringen würde, und bei doppelseitigem Empyem. Beim
Durchbruch des Empyems in die Lunge ist auch so bald wie mög-
lich die Resektion zu machen.
Es folgt dann noch in Kürze die Beschreibung der Behandlung
veralteter Empyeme, der Geschwülste, der Pleura und der Krank-
heiten des Mediastinums. Borchard (Posen).
11) C. Beck (New York). Zur Behandlung des Pyothorax.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15—17.)
B. analysirt in ausführlicher Weise die Methoden, welche bei
der Behandlung des Pleuraempyems in Betracht kommen. Das
exspektative Verfahren wird mit Recht von ihm verworfen. Die
Aspirationsmethode führt wohl in seltenen Fällen zur vollständigen
Heilung, wird aber in allen Fällen illusorisch, wo es sich um das
Vorhandensein fester Massen im Exsudat handelt. Die einfache
Aspiration empfiehlt sich daher als unentbehrlich nur für explorative
Zwecke, ferner für die Entleerung sogenannter seröser Exsudate und
für die temporäre Erleichterung solcher Fälle, in denen wegen großer
Athemnoth und Hinfälligkeit die Radikaloperation verschoben werden
muss. Bezüglich der permanenten Aspiration nach der Bülau’schen
Methode, deren Werth darin besteht, dass sie die Wiederanfüllung
des Pleuraraums mit Eiter durch beständiges Ansaugen zu ver-
hindern trachtet, hebt B. mehrere Nachtheile hervor, die darin be-
stehen, dass sie fibrinöse Massen zu aspiriren außer Stande ist, und
dass sich bei ihr die Verstopfung der Kanüle mit Fibringerinnseln
und das häufige Lockerwerden des Drainrohre im Wundkanal be-
merkbar macht. B. giebt zu, dass in den meisten Fällen mit rein
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1003
flüssigem Exsudat durch die Bülau’sche Methode Heilung erzielt
werden kann, doch hält er sie im Allgemeinen so lange nicht für
empfehlenswerth, als man von vorn herein keine Anhaltspunkte hat,
ob es sich um rein flüssiges oder mit festen Massen kombinirtes
Exsudat handelt.
Die Incisionsmethode wieder gestattet es nicht, die Pleurahöhle
genügend mit Auge und Finger zu untersuchen. Eben so wenig
können mit Hilfe derselben große Fibrinklumpen entfernt werden,
welche, ihrem Schicksal überlassen, bei fauliger Zersetzung und
unter beständigen Fieberexacerbationen sich verflüssigen, um dann
nach Wochen vollständig entleert zu werden, vorausgesetzt, dass der
Pat. es aushält. B. sieht daher nur in der Rippenresektion die
einzige indicirte Operationsmethode, welche den Anforderungen an
eine rationelle Behandlung des Empyems genügt.
Verf. hat während seiner 15jährigen chirurgischen Thätigkeit
die Rippenresektion wegen Pyothorax 231mal ausgeführt und sich
von dem segensreichen Einfluss der radikalen Frühoperation über-
zeugt. Unter den nichtkomplicirten Fällen konnte die Frühdiagnose
110mal gemacht werden. Sie genasen sämmtlich. Von 56 nicht-
komplieirten Fällen, bei denen die Operation spät zur Ausführung
kam, endeten 3 an Amyloiddegeneration tödlich. Bei der 3. Serie,
welche nur ungünstige Fälle umfasst, wurden in 25 Fällen Heilung
erzielt, an deren Behandlung B. »ohne einen Schimmer von Hoff-
nung« herangetreten war. Wo stinkender Eiter vorhanden war,
trat ausnahmslos der Tod ein. In den übrigen tödlich endenden
Fällen ließ sich die Infektion auf voraufgegangene septische Enteritis,
auf multiple pyämische Herde nach Diphtherie und auf Tuberkulose
zurückführen. Die ausführliche Beschreibung der Technik der
Rippenresektion, welche manche beherzigenswerthe Momente aufweist
und durch vom Verf. angegebene Instrumente bereichert wird, sei im
Originale nachgesehen.
Bezüglich der Behandlung veralteter Empyeme sieht B. nur in
höchst radikalen und ausgedehnten Eingriffen (modificirte Schede-
sche Methode) Aussicht auf günstige Erfolge.
Eine Reihe von dem Aufsatz beigefügten Skiagrammen, welche
durch Röntgendurchleuchtung gewonnen wurden, zeigen, wie rasch
und völlig sich die resecirten Rippenstücke wieder regeneriren.
Gold (Bielitz).
12) H. Graeve. Ett förslag att täcka operationssäret efter
amputatio mammae.
(Upsala Läkareforen. Förhandl. N. F. Bd. III. p. 410.)
In den Fällen, wo man wegen Carcinoma mammae oder anderer,
besonders bösartiger Neubildungen der Brüste zu einer so ausgedehn-
ten Exstirpation genöthigt wird, dass die gesunde Haut zur Deckung
der groBen Wunde nicht hinreicht, haben wohl die meisten Opera-
teure die Krause’schen oder die Thiersch’schen Transplantationen
1004 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
benutzt. Die Nachtheile dieser an sich sehr guten Methoden sind
indess unleugbar. Bei den Krause’schen Lappen misslingt nicht
selten die vollständige Anheilung, die Thiersch’schen lassen oft sehr
viel an der Dauerhaftigkeit zu wünschen übrig. Dies hat beim Verf.
den Gedanken erweckt, in solchen Fällen eine Art Autoplastik aus-
zuführen, indem er in Zusammenhang mit der Exstirpation die
andere Brust hinlänglich mobilisirt und in die theilweise vernähte
Operationswunde je nach Bedarf einpflanzt. Betreffs der Einzelheiten
der Technik muss man in jedem einzelnen Falle nach den Umständen
verfahren. Die Resultate Verf. werden durch 2 beigefügte Photo-
graphien anschaulich gemacht und sind sehr befriedigend. Abgesehen
von kosmetischen Rücksichten, die Verlagerung der gesunden Mamma
nach der Mittellinie des Körpers betreffend, scheint der Vorschlag
Verf. wegen Einfachheit der Ausführung und Sicherstellung der
Wundheilung in den eben genannten Fällen sehr empfehlenswerth
zu sein. A, Hansson (Cimbrishamn).
13) A. Krogius. Föreläsningar öfver urinvägarnas kirur-
giska sjukdomar.
Helsingfors, Hagelstam, 1898.
Verf. giebt in seiner sehr verdienstvollen Arbeit in möglichst
gedrängter Form eine klare Darstellung alles Wissenswerthen in der
Chirurgie der Harnwege. Er sagt freilich, sein Buch sei nur für den
Studirenden und den praktischen Arzt bestimmt, aber auch der
Specialist wird in dem 376 Seiten starken Werke manches von an-
deren Autoren auf diesem Gebiet zuvor nicht Beobachtete oder
Hervorgehobene finden. Verf. stellt die französische Schule in den
Vordergrund, ohne sich indess der Einseitigkeit schuldig zu machen;
überall findet man, dass er gehörige Rücksicht auch auf die deutsche,
englische und skandinavische Litteratur genommen hat. Das klar
und übersichtlich geschriebene Werk ist leider nur Lesern, welche
mit den skandinavischen Sprachen vertraut sind, zugänglich. Diesen
aber ist es eine werthvolle Bereicherung der modernen Litteratur
über die chirurgischen Krankheiten der Harnwege.
A. Hansson (Cimbrishamn).
14) M. Ruprecht. Ein neuer Apparat zur Sterilisation
elastischer Katheter.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.)
Der Rache Apparat besteht aus einer 19 cm langen, 13 cm
breiten, 3!/⁄ cm hohen, hufeisenförmigen Metallkapsel. Dieselbe
wird im Innern durch einen Siebboden in 2 Hälften getheilt, von
denen die untere zur Aufnahme von Wasser, die obere für die Ka-
theter bestimmt ist, und trägt an der geraden Wand 2 als Dampf-
auspuff dienende Metallpflöcke. Beim Gebrauch werden, falls der
Dampf die Katheter durchströmen soll, diese an die Metallpflöcke an-
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1005
geheftet, eine abgemessene Wassermenge eingefüllt und unter der
Kapsel eine Spirituslamme angezündet. Das Wasser soll in 3—4 Mi-
nuten sieden, der Spiritus in 8—9 Minuten verbraucht sein. Stativ,
Lampe, Messgefäß und Spiritusbrenner können im Innern des Appa-
rates aufbewahrt werden.
Auf Grund ausgedehnter bakteriologischer Untersuchungen (mit
Milzbrandsporen) folgert Verf., dass die Sterilisationsdauer elastischer
Katheter im Wasserdampf höchstens 3—4 Minuten zu betragen brauche;
sie kann um so kürzer sein, je dünnwandiger und feinkalibriger die
verwandten Katheter sind; dagegen ist es ziemlich gleichgültig, ob
eine Durchströmung des Katheterinnern stattfindet oder nicht, und ob
das Infektionsmaterial in feuchtem oder in trockenem Zustand den
Katheterwandungen anhaftet. Honsell (Tübingen).
15) G. A. Walther. Des ruptures de l’uretre chez l'homme
par bicyclette.
Thèse de Paris, 6. Steinheil, 1898.
Verletzungen der männlichen Harnröhre in Folge von Radfahren
sind verhältnismäßig sehr selten. Verf. theilt 11, zum Theil früher
schon veröffentlichte Fälle von Harnröhrenruptur in Folge Radfahrens
mit; darunter befinden sich 5 schwerere Fälle, wo die Urinretention,
später entstehende Verengerungen u. A. m. zu operativen. Eingriffen
nöthigten. Die Rupturen entstehen durch einen heftigen Rückstoß
auf den Sattel; begünstigende Momente bilden hierbei sehr holpriges
Terrain, starkes Vornüberbeugen des Radfahrers, schlechte Sattel-
konstruktion. P. Wagner (Leipzig).
16) E. Sandelin. Ett fall af primäres urethrakarcinom hos
en kvinna jämtesammanställning af förut kända fall af denna
äkomma.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XL. p. 365.)
Veranlasst durch die Operation eines Harnröhrencareinoms bei
einer 48jährigen Frau, deren Kranken- und Operationsgeschichte
genau detaillirt wird, liefert Verf. eine genaue Darstellung der ge-
nannten, in der Litteratur nur sehr spärlich erwähnten Krankheit.
Zu den primären Harnröhrencarcinomen rechnet er, nach einer kri-
tischen Durchmusterung der fraglichen Krankengeschichten, 10 bisher
bekannt gewordene Fälle, zu den periurethralen 17 Fälle. Er ge-
steht indess, dass die Zahlen vielleicht etwas anders zwischen den
beiden Formen vertheilt sein könnten; mangelnde Genauigkeit der
Beschreibungen macht aber eine strengere Scheidung unmöglich.
Verf. glaubt die Grenzen der Operabilität dieser Neubildungen etwas
weiter stecken zu dürfen, als v. Winckel und Andere nach ihm
gethan haben. Das Operationsresultat Verf. erregt die Hoffnung,
dass der gewöhnlich sehr elende Zustand derartiger Pat. künftig auf
längere Zeit wenigstens leidlich gemacht werden kann. Die Arbeit
1006 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
endigt mit einer in Tabellenform abgefassten litterarischen Zusam-
menstellung aller bisher bekannten Fälle.
A. Hansson (Cimbrishamn).
17) M. W. af Schulten. Kliniska bidrag till frågan om be-
handlingen af prostatahypertrofi med dubbelsidig kastration.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1700.)
Die in der letzten Zeit von den Chirurgen viel diskutirte Frage
von der Kastration gegen Prostatahypertrophie ist auch von der
3. Versammlung der skandinavischen Chirurgen besprochen worden.
Verf., dem die Einleitung in die Frage übertragen war, giebt in
seinem a. a. O. veröffentlichten Vortrag zuerst eine ausführliche Zu-
sammenstellung der Resultate, welche die Kastration und die
Vasektomie bis dahin geliefert haben. Danach erörtert er seine
eigene klinische Erfahrung, 13 Fälle doppelseitiger Kastration, 2 bi-
lateraler Vasektomie und 1 Kastration nach vorheriger Vasektomie.
— Von diesen Fällen muss einer, wo Pat. bald nach der Operation
an Cancer pylori starb, ausgeschlossen werden; aber dem ungeachtet
sind die Resultate, welche Verf. gewonnen hat, sehr erfreulich. Mit
nüchterner Kritik die Frage behandelnd, glaubt er, dass die doppel-
seitige Kastration wie die doppelseitige Vasektomie eine gute Be-
reicherung der therapeutischen Eingriffe gegen die vorgeschrittene
Prostatahypertrophie seien. Besonders wäre dies der Fall bei sehr
alten und schwachen Pat. und in der Armenpraxis, wo die Pat. eine
regelrechte Katheterkur, der Kostspieligkeit wegen, nicht durchsetzen
können. Eine Verminderung der Drüsensubstanz hat er eben so
wenig wie andere Forscher auf diesem Gebiet nachweisen können.
Dessen ungeachtet findet in Folge des Eingriffs eine Verminderung
des Volumens der Drüse statt. Diese ist aber auf angioneurotischem
Wege zu erklären. — Verf. findet die Kastration, resp. die Vasektomie
idieirt:
1) In den Fällen, wo die Katheterbehandlung keine Verbesserung
herbeigeführt, oder der Zustand des Kranken sich verschlechtert hat,
eben so wenn die Katheterisirung schwierig ist und Fieber, Schmerzen
oder Blutungen herbeiführt.
2) In den Fällen, wo eine regelrechte Katheterisirung wohl die
gewünschte Wirkung gehabt hat, die konsequente Durchführung der-
selben aber wegen der socialen Stellung des Kranken unmöglich sei
(bei den Armen und bei solchen Pat., welche genöthigt sind, sich
selbst zu katheterisiren).
In Fällen von hochgradiger Infektion des Harns muss vor Allem
eine suprapubische Fistel angelegt werden; die genitalen Eingriffe
können später folgen.
Sollte die Kastration nicht den gewünschten guten Effekt haben,
und die Kräfte des Pat. sich verschlechtern, ist eine suprapubische
Fistel sofort anzulegen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1007
Die Wirkung der Kastration scheint Verf. ‚überhaupt sicherer
und kräftiger als diejenige der genee zu sein,
A. Hansson (Cimbrishamn),
18) B. Floderus. Prostatahypertrofiens behandling.
Diss., Upsala, 1897.
Diese monographische Bearbeitung der verschiedenen wegen
Prostatahypertrophie im Laufe der Zeiten empfohlenen Behandlungs-
methoden kann sowohl wegen des großen Fleißes, mit der sie abge-
fasst ist, als auch wegen der erschöpfenden Genauigkeit, mit welcher
Verf. sein Thema behandelt hat, den bisher über den fraglichen Stoff
veröffentlichten Arbeiten von Iversen 1874, Socin 1875, Thomp-
son 1886, Guyon und Watson 1888, Vignard 1890, Mansell-
Moullins 1894 und Picard 1896 würdig zur Seite gestellt werden.
Die 312 Seiten starke Arbeit in Groß-Oktav behandelt in 15
ausführlichen Kapiteln zuerst die Ätiologie und pathologische Ana-
tomie (1), allgemeine Symptomatologie und Therapie (2), specielle
Symptomatologie und Therapie (3), die Katheterbehandlung (4) und
die Punktion (5). Dann folgen die blutigen Eingriffe, urethrale und
rectale Operationen (6), die perinealen Methoden (7), der hohe
Blasenschnitt (8) und die Prostatektomien (9 und 10), — Die in-
direkten vaskulären Operationen (Wyman’s und Bier’s) unterwirft
Verf. auch einer ausführlichen Kritik (11) und geht endlich in den
4 letzten Kapiteln des Werkes zu den modernen sexuellen Opera-
tionen über. Hier zeigt sich der eigentliche Werth des Buches;
denn fast alle vorhergehenden Monographien sind entweder zu einer
Zeit, da die sexuellen Operationen noch nicht bekannt waren, ver-
öffentlicht oder sie nehmen in Bezug auf die Ramm-White’schen
Operationen einen weniger modernen Standpunkt ein.
Wohl tragen die Versuche Verf., allgemein gültige Regeln für
die Behandlung zu liefern, in mancher Hinsicht das Gepräge der
Subjektivität, er hat sich aber bemüht, durch eine Fülle von genauen
kasuistischen Beobachtungen und Berücksichtigung der ganzen Welt-
litteratur der letzten Decennien sich in den Stand zu setzen, mög-
lichst objektiv über die heute so sehr divergirenden Ansichten der
betreffenden Fragen zu urtheilen. — Der Arbeit ist in tabellarischen
Anordnungen eine 192 Seiten starke Kasuistik nebst 6 lithographirten
Tafeln anatomischer Präparate beigefügt. Ein Versuch, auch nur die
Hauptmomente der Arbeit zu besprechen, würde weit über die
Grenzen eines Referats hinausgehen. A. Hansson (Cimbrishamn).
19) P. Noguès. Recherches sur les effets thérapeutiques de
la méthode decongestionnante dans le traitement de lhyper-
trophie prostatique.
(Annal. des malad. des organes génito-urin. 1898. No. 7.)
Nach den Anschauungen der Guyon’schen Schule spielt unter
den funktionellen Symptomen der Prostatahypertrophie die Kon-
1008 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
gestion eine große Rolle. Diese Kongestivzustände werden nament-
lich durch Retention des Urins in der Blase hervorgerufen; sie wirken
nicht nur auf die Blase, die Harnleiter und die Nieren ein, sondern
ganz besonders auch, wie durch experimentelle Untersuchungen sicher-
gestellt ist, auf die Prostata. Diese Kongestionszustände verhindern
ihrerseits wieder die Entleerung der Blase. Die erste Indikation bei
der Behandlung der Prostatahypertrophie bildet desshalb die Beseiti-
gung dieser Kongestivzustände, die »d&congestion«. Diese wird am
sichersten durch die Einlegung eines Dauerkatheters oder durch
regelmäßigen Katheterismus bewirkt. Wie hierdurch eine Verkleine-
rung des Prostatavolumens und ganz besonders auch des mittleren
Prostatalappens erzielt werden kann, zeigt Verf, an zwei sehr prä-
gnanten Beispielen.
Da alle die gegen die Prostatahypertrophie gerichteten blutigen
Operationen entweder nur sehr beschränkte Indikationen haben oder
aber in ihren Erfolgen unsicher sind, so dürfen sie erst dann in
Frage kommen, wenn die anderen therapeutischen Hilfsmittel er-
schöpft sind. Zu den letzteren gehört auch die Massage. Von der
lokalen, isolirtten Massage der Prostata mittels in den Mastdarm ein-
geführten Fingers sind keine Erfolge zu erzielen. Dagegen wirkt
eine rationelle Unterleibsmassage ganz entschieden dekongestiv auf
die Unterleibsorgane und nicht zum wenigsten auf eine vergrößerte
kongestionirte Prostata. Die bisherigen sehr aufmunternden Resultate
ergeben namentlich für die im 1. Stadium der Krankheit stehenden
Prostatiker sehr günstige Besserungen bezüglich der Schmerzen und
der Schwierigkeiten in der Harnentleerung. P. Wagner (Leipzig).
20) O. Bloch. Om Leje- og Formforandringer af vesica ved
större Abdominalsvulster samt om Läsion af vesica ved
Operation for disse Svulster.
(Nord. med. Arkiv 1898. N. F. Bd. IX. No. 6.)
Unter 110 Laparotomien wegen verschiedener größeren Ge-
schwülste hat Verf. 5mal eine abnorme Lage der Harnblase ge-
troffen. Aus der Litteratur ist es’ihm gelungen, 33 Fälle dieser
Anomalie zusammenzustellen. Von dieser Kasuistik ausgehend liefert
Verf. eine eingehende monographische Darstellung dieser für Chirurgen
überaus wichtigen Frage. Er setzt zuerst die einzelnen bisher be-
obachteten anatomischen Formen aus einander und unterscheidet
Formen, die er » Foliette«, » Sanduhr «, gerades und schiefes » Dreieck «
und >» Wurst« benennt. Danach beschäftigt er sich mit der Frage
von den Verwachsungen zwischen Harnblase und Bauchwand resp.
Geschwulst. In der Ätiologie hebt er die Bedeutung des Druckes
von Seiten der Geschwulst und des Zuges von Seiten der Verwach-
sungen, die Anomalien der Blase (persistirender Urachus, Urachus-
cysten, doppelte Harnblase, Blasendivertikel u. A.) hervor. — Da
aus der Kasuistik hervorgeht, dass unter den 38 Fällen, wovon 27
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1009
bei Ovarialgeschwülsten und 11 bei Fibromyomen angetroffen wurden,
die Blase in 36 lädirt wurde, ist es von ganz besonderem Interesse,
im folgenden Kapitel die Art und Weise, in welcher die Verletzung
stattgefunden hat, zu erfahren. — Die Diagnose der Blasenverlagerung
bietet dem Operateur nicht nur vor, sondern auch während der Ope-
ration, ja selbst nach erfolgter Verletzung ganz besondere Schwierig-
keiten dar. Da es bisher nicht gelungen ist, ein für alle Fälle gül-
tiges diagnostisches Merkmal zu finden, glaubt Verf. als Ergebnis
seiner Auseinandersetzungen über die Diagnose den Satz aufstellen
zu dürfen: »es kann unmöglich sein, ein klares Bild über diese
Verhältnisse zu erhalten, und es ist darum die Pflicht eines jeden
Operateurs, sich zu erinnern, dass eine Abnormität vorliegen kann«.
Die Behandlung kann ja in den Fällen, wo die Verletzung diagnosti-
eirt wird, allein in sorgfältiger Naht bestehen. Die Prognose ist
nicht leicht zu stellen, weil die Fälle, wo die vorhandene Dislokation
angetroffen wird, auch an sich eine schlechte Prognose haben. Um
die Verletzung der Blase bei abdominellen Operationen zu vermeiden,
genügt es nicht, sich zu erinnern, dass eine solche auch unter den
Händen der geübtesten Chirurgen vorgekommen ist, sondern die sorg-
fältigste vorhergehende Untersuchung muss mit einem wachen Auge
während derOperation verbunden sein. Findet man im Augenblick, wo
man im Begriff steht, das Bauchfell zu incidiren, dieses nicht normal,
so thut man wohl, diese Stelle zu verlassen und entweder von der
Seite oder von oben her in die Bauchhöhle einzudringen zu ver-
suchen.
Die Arbeit ist mit 13 erläuternden Figuren versehen.
A. Hansson (Cimbrishamn).
21) W. Marc (Wildungen). Praktische Erfahrungen auf dem
Gebiete der Blasensteinoperationen.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane 1898. Hft. 6.)
M., der wohl die reichste Erfahrung auf dem Gebiete der Litho-
tripsie — er hat über 900 derartige Operationen ausgeführt — auf-
zuweisen hat, bespricht in diesem kurzen Aufsatz seine letzten 103
Lithotripsien aus dem Jahre 1897. Es handelte sich in allen Fällen
um Litholapaxien, durch die 67mal Urat-, 35mal Phosphat-, (mal
Cystinsteine entfernt wurden. Die größten Konkremente besaßen
einen Durchmesser von 5—6 cm, im Durchschnitt betrug derselbe
nur 2—3 cm. 77mal wurden Solitärsteine entfernt, 26mal mehrere,
bis zu 100 Konkremente. Kleinere Steine wurden in toto aspirirt,
nur die größeren zertrüämmert. In 27 Fällen handelte es sich um
Recidive (auch nach Lithotomien).
Als Idealoperation betrachtet M. die Entfernung des Steines in
einer Sitzung. Sie war unter den 103 Fällen 75mal möglich, in
22 Fällen wurden 2, in den übrigen bis zu 8 Sitzungen nothwendig.
Die Dauer der Sitzungen betrug 5 Minuten bis 1 Stunde, die
große Mehrzahl der Sitzungen dauerte aber nur 10—30 Minuten.
1010 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
7mal wurde in Narkose operirt, sonst nur mit Cocain (und manch-
mal Morphium subkutan). M. vermeidet die Narkose, die eine tiefe
sein muss, bei den meist alten und arteriosklerotischen Pat. thun-
lichst. Abnorme Empfindlichkeit und Größe und Härte des Steines
können sie indieiren.
Geheilt wurden 96 Pat., unvollendet blieben 3 Fälle, ein schlech-
tes Resultat (dauernde Benutzung des Katheters nöthig) gab es in
2 Fällen, gestorben sind 2 Pat. (Verletzung der Blase und sekundäre
Peritonitis; Entkräftung bei marantischem Pat. mit schwerer Pyelo-
nephritis).
Was den Standpunkt Mis zur Frage der Lithotripsie anlangt,
so ist er mit wachsender Übung zur Überzeugung gekommen, dass
dieselbe, verbunden mit der sofortigen Evakuation der zertrümmerten
Steinreste, die beste und schonendste Art für die Beseitigung fast
aller Blasensteine darstellt. Der Hauptvorwurf, dass man mit ihr
nicht alle Steinreste sicher zu beseitigen im Stande sei, ist gegenüber
einer modern ausgeführten Litholapaxie nicht mehr stichhaltig. Mit
der Vereinfachung der Evakuatoren ist auch möglichste Asepsis ge-
währleistet; Infektionskatarrhe gehören zur Seltenheit. Auch große
und harte Konkremente können recht gut zertrümmert werden, und
die engste Harnröhre ist passirbar, wenn sie vorher »genügend« prä- -
parirt ist. Traumatische oder gonorrhoische Strikturen der Harn-
röhre müssen allerdings zuvor gedehnt werden, beim Vorhandensein
falscher Wege ist zuvor ein Verweilkatheter einzulegen, eine Cystitis
mit Ausspülungen zu behandeln. Für den weniger Geübten bildet
die Prostatahypertrophie einige Schwierigkeit. Die größten Hinder-
nisse für Zertrümmerung und Aspiration bilden die postprostatischen
Taschen. »Angewachsene Steine« hat M. nie gefunden, es handelte
sich meist um Anfangs schwer bewegliche, in Trabekeln festgekeilte
oder aus Divertikeln hervorragenjle Steine.
Die Ausführung der Operation gestaltete sich folgendermaßen:
Nach genügender Vorbereitung der Harnröhre (Bougirung bei instru-
mentell intakter oder bei strikturirter Harnröhre) und der Blase —
Injektion einer 2!/,%igen Cocainlösung in Harnröhre und Blasenhals,
Füllung der Blase mit 50—100 ccm Borlösung, Einführung des Litho-
triptors, Zertrümmerung und sofortige Aspiration, die so lange fort-
gesetzt wird, bis kein Fragment mehr an die Evakuationssonde an-
schlägt. Bei großen Steinen und faltiger Blase sind oft mehrere
Sitzungen nöthig. Bei harten Konkrementen und gesunder Blase ist
es besser, in einer Sitzung zu operiren, bei insufficienter Blase und
Phosphatsteinen kann man getrost in mehreren Sitzungen arbeiten.
Sehr wichtig ist nach beendeter Operation die Injektion einer
Lie igen Argentumlösung, sie ist wirksamer wie die skrupulöseste
Asepsis. Nach der Operation 1—2 Tage Bettruhe, lokale Nach-
behandlung nur bei bestehendem Katarrh oder Harnretention. Ein
Verweilkatheter wird nur bei falschem Weg oder Blutung aus der
Harnröhre angelegt.
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1011
M. arbeitet mit den von Weiss-London nach Thompson’s
Angabe gefertigten Lithotriptoren und wenig veränderten Aspirations-
sonden, sein Evakuator ähnelt dem Cloves’schen, ist aber einfacher.
Er besteht aus einem nicht zu starkwandigen Patentgummiballon,
einem cylinderförmigen Glasrecipienten an dessen unterem Ende,
einem großkalibrigen starkwandigen Verbindungsrohr zwischen Ballon
und Olive der "Thompson schen Sonde.
M. legt gerade auf die Aspiration und Alles was damit zusammen-
hängt, ganz besonderes Gewicht. Versagen des Aspirators oder üble
Zufälle bei der Evakuation liegen nahezu stets an unrichtiger Hand-
habung oder unpraktischer Beschaffenheit des Instruments. Bei
schlaffer, katarrhalischer Blase und alten Leuten ist die Evakuation
besonders vorsichtig vorzunehmen.
M. unterlässt die Aspiration stets bei Blutungen aus der Blase,
fängt erst an zu evakuiren, wenn die Spülflüssigkeit klar abfließt.
Schließlich führt M. noch Fälle an, in denen er ein abgebrochenes
Katheterstück und den abgebrochenen Schnabel eines Lithotriptors
erfolgreich durch Lithotripsie entfernte. F. Krumm (Karlsruhe).
22) J. Albarran. Diagnostic des h&maturies rénales.
(Annal. des malad. des organes génito-urin. 1898. No. 5.)
Im Anschluss an einen prägnanten Fall bespricht Verf. die ver-
schiedenen Formen der Nierenblutungen und hebt zunächst die kli-
nischen Unterschiede hervor, die in sehr vielen Fällen zwischen
diesen und Blasenblutungen bestehen. An mehreren Beispielen zeigt
er aber auch gleichzeitig, wie sehr man sich täuschen kann, wenn
man sich nur auf die klinischen Symptome verlässt. Sicherheit giebt
nur die cystoskopische Untersuchung.
Nierenblutungen kommen hauptsächlich vor bei der Lithiasis,
den bösartigen Neubildungen und der Tuberkulose der Niere. Ein
sehr wichtiges Moment in der Pathogenese der Nierenblutungen spielt
die »Kongestione. Bei den oben genannten drei Affektionen kann es
außerordentlich leicht zu einem Kongestivzustand der Niere und in
Folge dessen zu beträchtlichen Blutungen kommen, ohne dass »ma-
terielle Läsionen« irgend welcher Art vorzuliegen brauchen. Renale
Hämaturien können ferner hervorgerufen werden durch 2 Arten von
Parasiten, die Filaria und die Bilharzia haematobia. Auch das Sumpf-
fieber kann namentlich zu Beginn des Anfalls Hämaturie bewirken.
Dass auch die Hämophilie schwere, anhaltende Hämaturien erzeugen
kann, ist zweifellos und durch einige, wenn auch nur wenige sichere
Beobachtungen gestützt. Doch glaubt Vert, dass man in Deutsch-
land mit dieser Diagnose zu rasch vorgeht: »mais on est trop porté
en Allemagne à faire dépendre de cette maladie la plupart des hé-
maturies à diagnostic difficile«. Etwas Wahres ist schon an dieser
Behauptung, wenn sie auch sehr übertrieben ist.
Noch viel schärfer geht Verf. mit der sog. Nöphralgie hémat-
urique und mit den essentiellen oder angioneurotischen Nierenblu-
1012 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
tungen ins Gericht. Nur wenige Fälle halten hier einer strengeren
Kritik Stand. Das gilt namentlich von jenen Beobachtungen, in
denen man sich begnügt hat, die Niere makroskopisch normal zu
finden, dagegen eine genaue histologische Untersuchung unterlassen
hat. In anderen Fällen ist dieselbe wohl vorgenommen worden,
man hat aber auf die nachgewiesenen entzündlichen Veränderun-
gen des Nierenepithels und Bindegewebes kein besonderes Gewicht
gelegt. Verf. vertritt die Meinung, dass fast in allen diesen Fällen
die chronischen entzündlichen Veränderungen der Nierensubstanz,
die auch einseitig vorkommen können, die Ursachen der Hämaturie
sind, und zwar dadurch, dass sie zu Kongestionszuständen führen.
Bemerkenswerth ist ferner, dass manche Fälle von infektiöser
Nephritis zu abundanten Nierenblutungen führen können.
Wenig bekannt endlich sind die Hämaturien bei beweglicher
Niere, bei Hydronephrose, während der Schwangerschaft und Lakta-
tion. Verf. führt auch hierfür eine Reihe von interessanten Beob-
achtungen an. . P. Wagner (Leipzig).
23) Tuffier. Tuberculose rénale.
Paris, Masson & Co., 1898. 28 8.
Pathologisch-anatomisch theilt T. die Nierentuberkulose ein in
die miliare Tuberkulose und in die tuberkulöse Infiltration. Bei
letzterer unterscheidet er die knotige Infiltration mit oder ohne kalte
Abscesse; die tuberkulöse Pyelonephritis; die massige Degeneration
der Niere; die tuberkulöse Hydronephrose. Diese verschiedenen
Formen können allein oder kombinirt vorkommen. Sehr häufig sind
das perirenale Gewebe und der obere Theil des Harnleiters mit von
der tuberkulösen Erkrankung ergriffen.
Dass die tuberkulöse Erkrankung der Niere in einer ganzen An-
zahl von Fällen primär sein muss, ergiebt sich aus den Beobachtun-
gen, wo die Entfernung der tuberkulösen Herde der Niere bezw. der
ganzen Niere über viele Jahre hin konstatirte vollkommene Heilung
gebracht hat.
Von den operativen Eingriffen bei Nierentuberkulose ist die
Nephrotomie in den Fällen von septischer Retention indicirt. Die
primäre Nephrektomie ist nur dann berechtigt, wenn man sich über
die Gesundheit der anderen Niere vollkommene Klarheit verschaffen
kann. Ist dies nicht möglich, so begnügt man sich auch hier lieber
zunächst nur mit der palliativen Nephrotomie, der man aber dann
gegebenenfalls so bald als möglich die sekundäre Nephrektomie —
Nephrectomie secondaire précoce — folgen lässt. Bei der Entfernung
der Niere sucht man auch vom Harnleiter ein möglichst großes
Stück mit zu entfernen.
Von 7 wegen Nierentuberkulose Nephrotomirten verlor T. 2 an
der Operation, 3 wurden gebessert, behielten aber eine Fistel, 2 wur-
den geheilt, und zwar konnte die Heilung über 5 resp. 2 Jahre ver-
folgt werden. Die Nephrektomie wegen Tuberkulose führte T. 9mal
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1013
aus: 7mal primär, 2mal sekundär. Alle Operirten genasen. Die
Heilung konnte bei 2 Kranken über 6'/, resp. 5'/, Jahre verfolgt
werden. P. Wagner (Leipzig).
24) Sottocasa. Nuovo processo di fissazione del rene.
(Clinica chir. 1898. No. 6. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. No. 85.)
Die Niere wird durch den Simon’schen Vertikalschnitt oder
durch den Rose’schen Fensterschnitt freigelegt. Am oberen Drittel
des konvexen Randes derselben wird ein 2 cm langer und 1 cm tiefer
Einschnitt gemacht. Während die Nierenwunde mit aseptischer
Gaze tamponirt wird, wird auf der Höhe derselben ein 1 cm dicker
Lappen aus dem M. quadratus lumborum herausgeschnitten. Dieser
Lappen wird mit 2 Seidenfäden in die Nierenwunde genäht. Um
den Lappen haltbarer zu machen, werden einige Nähte durch die
Nierenkapsel noch hinzugefügt. Muskel und Aponeurose werden
durch Katgut, die Haut durch Seide vereinigt.
Mehrere so operirte Hunde zeigten bei der Sektion (40 Tage
nach der Operation), dass der Lappen in ein weißliches, fibröses
Gewebe verwandelt war und sich auch durch starken Zug nicht von
der Niere entfernen ließ. Dreyer (Köln).
25) H. Schneider. Über Stillung von Leber- und Nieren-
blutungen mit Dampf und heißer Luft.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.)
Die von Sneguirew empfohlene Anwendung des Dampfes zur
Stillung heftiger Blutungen erwies sich nach den Thierversuchen Ba
für Leber- und Nierenoperationen als unzureichend; dazu kommt,
dass der Operateur durch den Dampf wesentlich behindert wird, auch
die Dampfwirkung nicht genau lokalisirt werden kann. Als vor-
züglich geeignet zur Stillung von Leber- und Nierenblutungen er-
wies sich dagegen der von Holländer für die Lupusbehandlung
angegebene Heißluftapparat. Mittels dieses ist eine exakte Be-
schränkung der Hitzewirkung möglich; eine Gewebsschädigung
braucht nicht gefürchtet zu werden, und es können selbst stärkere
arterielle Blutungen mit größerer Sicherheit in wenigen Sekunden
gestillt werden. Vor dem Thermokauter und der Gazekompression
hat die Heißluft nach S. den Vorzug der Vermeidung eines Kontaktes
von Fremdkörper und Gewebe so wie größerer Zuverlässigkeit in der
Wirkung voraus. Honsell (Tübingen).
Kleinere Mittheilungen.
26) K. Majewski. Über verbrennbare Eiterbecken.
(Wiener med. Presse 1898. No. 27.)
Verf. hat aus Pappe, die mit koncentrirter essigsaurer Thonerdelösung be-
pinselt wird, wasserdichte Eiterbecken konstruirt, die nach jedesmaligem Gebrauch
mit den infieirten Verbandstoffen zusammen verbrannt werden.
P. Wagner (Leipzig).
1014 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
27) Helferich. Ein Krankenwagen, welcher mittels der Arme in
Bewegung zu setzen und zu steuern ist, für Personen, deren Beine
gelähmt sind.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 89.)
H. hat einen Wagen der bezeichneten Art in der Werkstatt der Greifswalder
Klinik von dem Mechaniker derselben, Pohl, bauen lassen, der sich bestens be-
währte, nur ca. 300 € kostet und daher weiter zu empfehlen ist. Beschreibung
und Abbildung s. Original. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
28) Cesaris-Demel. Sulle cosi dette infezioni gazogene nell’ uomo.
(Giorn. della R. accad. di med. di Torino 1598. No. 5—7.)
Es giebt verschiedene Mikroorganismen, welche in den Körpergeweben Gas
bilden, aber keines ist specifisch ; vielmehr handelt es sich um die Komplikation in
der letzten Lebenszeit von älteren Organismen mit einer Art putrider Veränderung.
In einem Falle von gasbildender Infektion fand sich reichliche Blasenbildung in
Leber und Niere. Sie war zu schweren parenchymatösen Veränderungen hinzu-
getreten, die ihrerseits durch die Resorption von toxischen Elementen aus einem
großen Abscess des Beins entstanden waren. Als Ursache der Gasbildung ließ
sich ein langer dicker Bacillus nachweisen, anaërob, nach Gram färbbar. Er ist
pathogen bei Meerschweinchen und Kaninchen, wenn er mit Staphylokokken oder
deren Toxinen sich assoeciirt. E. Pagenstecher (Wiesbaden).
29) E. Koch. Zur Aufklärung der Fälle von Tetanus nach Bauch-
operationen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 417.)
Eine Pat. von Müller (Aachen) erkrankte am 6. Tage nach einer supra-
vaginalen Uterusamputation mit extraperitonealer Stielversorgung wegen Myomen
an Trismus und Tetanus, woran sie am folgenden Tage zu Grunde ging. Bei der
Sektion fand sich nichts als ein haselnussgroßer Abscess am Stumpf, in dessen
Centrum sich ein dicker, eben in Lösung befindlicher Katgutknoten befand. Aus-
saat des Eiters ergab auf den Nährböden keine Tetanusbacillen, dagegen fiel das
Thierexperiment, Einführung stecknadelgroßer Theilchen des Katgutknotens unter
die Rückenhaut am Schwanz von 2 weißen Mäusen, positiv aus, indem die Thiere
an Tetanus eingingen. Die Infektion ist also wahrscheinlich auf das Katgut
surückzuführen. Das benutzte Katgut war besonders dick (No. 6), Proben desselben
ergaben aber bei Impf- und Kulturversuchen kein positives Resultat.
3 Fälle von Tetanus nach Laparotomie von Meinert und einer von Johnson
werden als Parallelfälle eitirt. Besonders große Ähnlichkeit mit dem K.’schen
Falle hatte ein solcher von Olshausen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
30) R. W. Lovett und W. T. Concilman. A case of double teratoma.
(Journ. of experim. med. 1897. No. 4.)
3 Wochen nach der Geburt wurde bei einem Kinde eine Schwellung des
Hodensacks bemerkt, die, Anfangs als Hydrocele aufgefasst, sich später als eine
solide Geschwulst erwies und entfernt wurde. Sie bestand aus Bindegewebe,
Muskeln, Knorpeln, Knochen und von Epithel umkleideten Gesten, Etwa 6 Mo-
nate später entwickelte sich eine Geschwulst in der rechten Scheitelbeingegend.
Dieselbe wurde entfernt, jedoch entwickelte sich bald darauf an derselben Stelle
eine nach dem Gehirn zu greifende, das Schädeldach durchsetzende Geschwulst zu
großer Ausdehnung, ohne dass Zeichen seitens der motorischen Centren auftraten;
Pat. erlag nach 3 Monaten. Die zweite Geschwulst wog 1320 g, war ebenfalls ein
Teratom, zeigte aber einen wesentlich anderen Aufbau und kann desshalb nicht
als eine Metastase der Hodengeschwulst aufgefasst werden, von der das Kind durch
die Operation völlig geheilt war. Borchard (Posen).
Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1015
31) Bozzolo. Sopra due casi di caverna polmonare guariti con la
pneumotomia.
(R. accad. di med. di Torino. — Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 85.)
Ein 11 Jahre alter Knabe und ein 36 Jahre alter Tischler litten an Kavernen
im rechten Unterlappen. Beide wurden durch die Pneumotomie geheilt. Es war
in beiden Fällen schwierig, den Sitz der Kavernen zu bestimmen, die beide Male
höher und mehr in der Tiefe saßen, als man nach der Untersuchung vermuthet
hatte. Im zweiten Falle fanden sich keine Pleuraadhäsionen, und der Kranke
wäre fast einem Pneumothorax erlegen. Bei einer Wiederholung der Operation
nach 2 Monaten gelang dieselbe, nachdem sich Adhäsionen gebildet hatten.
Dreyer (Köln).
32) Lotheissen. Ein Beitrag zur Tuberkulose der Mamma.
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 34.)
.. Gegenüber der »sekundären Tuberkulose der Mammas, bedingt durch das
Übergreifen tuberkulöser Processe von der Nachbarschaft (Brustbein, Rippen,
Pleura) auf die Brustdrüsen, stehen die weitaus selteneren Fälle der »primären
Mammatuberkulose«, die einerseits als umschriebene kalte Abscesse innerhalb des
Mammagewebes, andererseits in der Form von disseminirten kleineren oder größeren
Knoten auftritt. Atiologisch sind nach Reerink folgende Möglichkeiten denk-
bar: 1) Direkte Infektion von außen durch die Ausführungsgänge. 2) Direktes
Übergreifen von der Nachbarschaft. 3) Infektion auf dem Weg der Blutbahn.
Es existiren von der eigentlichen, primären Form der Mammatuberkulose nur
45 Fälle, die L. um einen, in der Hacker’schen Klinik beobachteten Fall einer
20jährigen Nonne, vermehrt. Es wurde die Amputatio mammae ausgeführt ohne
Ausräumung der Achseldrüsen, welche nicht fühlbar waren. Es bestanden mehrere
hasel- bis walnussgroße Höhlen, zum Theil durch Fistelgänge mit einander ver-
bunden. Bei dem Fehlen jeder disponirenden Momente (keine Gravidität, keine
Säugung, keine Mastitis) ist L. geneigt, äußere Schädlichkeiten heranzuziehen
(Korsett bei den Ordensschwestern, das wie ein Brett die beiden Mammae nieder-
drückt), dadurch Reizung und Infektion auf dem Blutweg, da ein großer Theil der
Schwestern, die sich mit Krankenpflege befassen, tuberkulös sei. Die Prognose
der in Rede stehenden Erkrankung ist zumal nach Amputatio mammae keine un-
günstige. Hübener (Breslau).
33) Duplay. Un cas d’urethrocele.
(Arch. gener. de med. 1898. Juni.)
Es handelt sich um eine Frau von 29 Jahren, die 8 Tage vor ihrem Eintritt
in das Spital, aufmerksam gemacht durch ein Gefühl des Druckes und der Schwere,
im Eingang der Scheide eine schmerzhafte Schwellung bemerkt. Die Untersuchung
ergiebt, dass es sich um eine fluktuirende Geschwulst der vorderen Scheidenwand
handelt, die unmittelbar hinter der Harnröhrenmündung gelegen ist, ungefähr die
Größe einer Nuss hat, ca. 3 cm lang ist und nicht bis an die Portio reicht. Die
darüber liegende Schleimhaut ist normal. Bei Anstrengung schwillt die Ge-
schwulst an und erscheint bald mehr, bald weniger prall gefüllt. Am Schluss
der Urinentleerung wird immer noch ein kleines Quantum Flüssigkeit abgesondert.
Das Fehlen eines Descenaus uteri, die Lage der Geschwulst, der Wechsel des
Volumens und der Konsistenz, die fortbestehende Spannung der Geschwulst nach
dem Uriniren ließen eine Cystocele ausschließen und gestatteten nur die Diagnose
einer Urethrocele. Die Operation bestand in Spaltung der Geschwulst, Exstir-
pation des Sackes und Naht der Schleimhaut. Heilung. Longard (Aachen).
34) A. Hand. Über galvanokaustische Radikalbehandlung der Prostata-
hypertrophie nach Bottini.
(Wiener med. Presse 1898. No. 31 u. 32.)
Verf. hat 5 Kranke mit Prostatabypertrophie galvanokaustisch nach Bottini
behandelt. Er hält die Operation für ungefährlich und für den auch mit schwie-
1016 Centralblatt für Chirurgie. No. 40.
rigem Katheterismus vollkommen Vertrauten leicht durchführbar. Ob Recidive
niemals auftreten, wie Bottini behauptet, vermag Verf. nach seinem Kranken-
material nicht zu entscheiden. P. Wagner (Leipzig).
35) Boisseau du Rocher. Cystoscopie et catheterisme des ureteres;
cystoscopes pour opérations.
(Ann. des malad. des org. genito-urin. 1898. No. 5.)
In der vorliegenden, mit vielen Abbildungen versehenen Arbeit giebt Verf.
eine genaue Beschreibung seines Cystoskops, bezw. Irrigations-, Harnleiter- und
Operationscystoskops. Er vergleicht sein Instrumentarium mit dem von Nitze,
Casper, Lohnstein, Brenneru. A. Der vielen technischen Einzelheiten wegen
eignet sich die Arbeit nicht zu einem kürzeren Referat.
P. Wagner (Leipzig).
36) Goldenhorn. Sur l’&vacuation spontanée des abcès perinephri-
tiques.
(Ann. des malad. des org. genito-urin. 1898. No. 6.)
Unter 230 Fällen von perinephritischem Abscess finden sich nur 34, bei denen
es zu einer spontanen Entleerung gekommen ist, und zwar 17mal in die Pleura
oder die Bronchien, Limal in den Darm, 2mal in Blase und Scheide, 2mal in die
Bauchhöhle, Imal in die Blase.
Verf. berichtet über einen 45jährigen Kranken mit ausgedehntem perinephri-
tischem Abscess der rechten Seite. Da wiederholte Probepunktionen kein Resultat
ergaben, wurde mit einer operativen Behandlung zunächst gewartet. 3 Wochen
nach dem Spitalseintritt brach der Abscess plötzlich spontan in das Coecum oder
Colon ascendens durch. Die Eiterentleerung mit dem Stuhl dauerte mehrere
Wochen lang; Pat. wurde vollkommen geheilt. P. Wagner (Leipzig).
37) Franz. Über Komplikationen nach Trendelenburg’scher Va-
ricenoperation bei aseptischem Wundverlauf.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 295.)
Bisher galt Trendelenburg's Saphena-Unterbindung wegen Varicen für völlig
gefahrlos. F. berichtet einen Fall aus der Königsberger Klinik, wo nach Aus-
führung der Operation bei einem 35jährigen gesunden Mann trotz aseptischem
Wundverlauf eine ausgedehnte Thrombosirung der Saphena eintrat. Weiterhin
kam es im Anschluss daran zu einer Lungenembolie mit Infarkt und Exsudat-
bildung, welche allerdings mit Genesung endigte. Außerdem bringt F. einen von
Schneider beobachteten Fall bei, in welchem nach doppelseitiger Saphena-
Unterbindung bei einer 64jährigen, sehr fettreichen Frau nach I0tägigem, tadel-
losem Wundverlauf plötzlicher Tod erfolgte, und zwar, wie die Sektion lehrte,
durch embolische Verstopfung beider Lungenarterien mit Thromben, welche aus
der rechten Saphena stammten. Die letztere zeigte von der proximalen Unter-
bindungsstelle aus noch einen fast fingerlangen Thrombus.
Größere Thrombosenbildung beobachteten ferner Faisst und Perthes,
Lungenembolien Studsgaard und ebenfalls Perthes, doch mit günstigem Aus-
gang. Es scheint, dass auatomische Wandveränderungen an der erweiterten und
verdicken Vene für die Thrombenbildung verantwortlich zu machen sind. Jeden-
falls kann die Trendelenburg'sche Operation nicht mehr als gefahrlos angesehen
werden und soll für solche Fälle reservirt bleiben, wo die Beschwerden sehr große
eind und den gewöhnlichen Behandlungsmethoden nicht weichen wollen.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
Centralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
——
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
0. 41. Sonnabend, den 15. Oktober. 1898.
Inhalt: A. Brenner, Zur Radikaloperation der Leistenhernien. (Original-Mittheilung.)
4) v. Bruns, Bleispitzengeschosse. — 2) Kapsammer, Callusbildung. — 3) Thilo,
Kraftbestimmungen. — 4) Gilbert und Carnot, Organotherapie. — 5) Petruschky, Serum-
therapie. — 6) Chlumsky, Tuberkulosebehandlung nach Bier. — 7) Wolfrom, Silber
und Silbersalze. — 8) Unna, Essigsäure. — 9) Bumm, Antiseptik und Technik. —
10) Behrend, Hautveränderungen durch Rüntgenstrahlen. — 11) Dohi, Prurigo. —
12) Szadek, Psoriasis. — 13) v. Bergmann, Hirnschuss. — 14) Rachford, Migräne und
Epilepsie. — 15) McCosh, Epilepsie. — 16) Lannois, Periaurikulärer Abscess. —
17) Terrier, Guillemain und Malherbe, Chirurgie des Gesichts. — 18) Howard und
Ingersoll, Eiterung der Nasennebenhöhlen. — 19) Prota und Martuscelli, Sarkome der
Zungentonsille. — 20) Hellat, 21) Hertoghe, Adenoide Wucherungen. — 22) Reinbach,
Orzanotherapie des Kropfes. — 23) Fraenkel, Tracheotomie. — 24) Bouyer, Lungen-
tuberkulose und Echinokokken.
25) Delcourt, Chronische Osteomyelitis der Kinder. — 26) Matwejew, Echinokokken.
—_ Si Sternthal, Extragenitale syphilitische Infektionen. — 28) Strauss, Psoriasis und
Gelenkleiden. — 29) Habermann, Maligne Neurome. — 30) Gavello und de Simoni,
31) Lang, Lupus. — 32) Lesné, Staphylokokkhämie. — 33) Friedländer und Schlesin-
ger, Hirnsyphilis. — 34) Masse, Folgen einer Kopfverletzung. — 35) Henschen, Skia-
skopie bei Hirnschnss. — 36) Depage, 37) Maximow, Schädelgeschwülste. — 38) Depage,
Resektion des Gangl. Gasser), — 39) Friedrich, Gesichtsnenralgie. — 40) Schenke,
Erkrankung der Stirnhöhlen. — 41) Schech, Keilbeincaries. — 42) Wöhrlin, Verletzung
der A. max. int. — 43) Ullmann, Caries des Zungenbeins. — 44) Hopmann, Veliretraktor.
— 45) Oppel, Verletzungen der V. jug. int. — 46) Kusnetzow, Halsphlegmone. —
47) Barbiere und Ulmann, Thyreoiditis. — 483) Meinert, Tetanie. — 49) Wolff, Basedow.
Zur Radikaloperation der Leistenhernien,
Von
Dr. Alexander Brenner, Primararzt, Linz a,D.
Die von Bassini angegebene Methode der Radikaloperation von
Leistenhernien hat sich durch ihre Vorzüge und die Sicherheit der
Erfolge eine solche Verbreitung verschafft, dass sie derzeit vielleicht
am häufigsten geübt wird. Auffallend ist bei der Schilderung des
Bassini’schen Verfahrens, dass der Musculus cremaster, diese Aus-
breitung des M. obliquus int., welche sich am Poupartischen Bande
bis zum Annulus inguin. hinunterzieht, nach seiner Spaltung keine
4
1018 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
Verwendung mehr findet und sammt dem Samenstrang und Bruch-
sack vom Poupartischen Bande abgedrängt oder gar weggeschnitten
wird; es muss also danach die Schicht des Obliquus internus, deren
Rand häufig sehr hoch steht, bis an das Poupartische Band herab-
gezogen werden, wodurch recht bedeutende Ansprüche an die Naht-
fäden und die Lebenskraft der gefassten Gewebe gestellt werden,
mit anderen Worten, man braucht dazu starke Fäden, und es tritt
leicht Gewebsnekrose ein, wenn die Spannung zu groß und die
Fäden zu eng an einander gelegt sind. Den Cremaster nun als
Ergänzung der Muskelplatte des Obliquus internus zu ver-
wenden und durch ihn die hintere Wand des Leistenkanals
zu bilden, ist die Grundidee der nachfolgenden Abänderung von
Bassini’s Verfahren; es wird auf diese Art Muskel an Muskel
und nicht die Muskelmasse des Internus und Transversus an die
gefäßarme Schicht des angefrischten Poupartischen Bandes vernäht,
was manchen Chirurgen beunruhigt.
Die Operation gestaltet sich folgendermaßen:
Hautschnitt wie bei Bassini 15—30 cm lang, so dass die Apo-
neurose des Obliquus externus weit über den Leistenring und den
Bruchsackhals hinauf freigelegt ist, und der Übergang des Bruches
oder Samenstrangs in den Hodensack sichtbar wird. Hierbei zeigt
sich sehr häufig die Aponeurose nach außen von den Fibrae inter-
columnares verdünnt und durch die unterliegende Muskelschicht
dunkel gefärbt.
Spaltung der Aponeurose in der Richtung des Leistenkanals von
der Gegend des Annulus inguin. bis hoch hinauf, so dass der Durch-
tritt des Bruches und Samenstrangs unter dem Rande des Obliquus
internus sichtbar wird.
Spaltung der darunter liegenden Schicht, die aus Bindegewebe
und bogenförmig verlaufenden Fasern des Cremaster besteht, — diese
Schicht ist bei größeren Brüchen häufig in der Gegend des Annulus
inguin. sehr fest mit der Aponeurose des Obliquus ext. verwachsen.
Nach Trennung dieser Schicht und der Ausstülpung der Fascia
transversa wird der seröse Bruchsack von außen her von den ge-
nannten Schichten stumpf mit dem Finger abgeschoben, zusammen mit
dem Samenstrang von hinten unten her umgriffen, herausgehoben, der
Samenstrang vom Bruchsack nach oben und unten hin isolirt, der
Bruchsack entleert, eröffnet, um keine Netzadhäsionen zu übersehen,
weit vorgezogen und möglichst hoch oben am Halse unterbunden,
1 cm davon mit dem Thermokauter oder der Schere durchtrennt
und versenkt. (Die Durchtrennung mit dem Thermokauter hat viel-
leicht den Vortheil, dass dabei die Serosa des Bruchsackstumpfes
besser verödet und zur breiten Verwachsung gebracht wird.)
Bis hierher ist der Vorgang Bassini’s eingehalten. Während
Bassini nun mit Vernachlässigung des Cremaster den hinteren Rand
des Poupartischen Bandes aufsucht "und den Obliquus und Transversus
damit vernäht, bin ich in meinen Fällen folgendermaßen verfahren:
Centralblatt für Chirurgie. No. 4l. 1019
Es wird zunächst der Samenstrang mit einem stumpfen Haken
aus der Wunde herausgehoben und nun der obere Schnittrand der
Aponeurose des M. obliquus ext. mit einer Hakenpincette gefasst
und nach unten und oben vollständig sichtbar gemacht, dann etwas
aufgehoben und der darunter gelegene M. obliquus internus durch
einige flache Messerzüge abgelöst; — man sieht nun den unteren
Rand der Muskelplatte des Internus vom Durchtritte des Samen-
strangs bis zu seinen Insertionen an der Rectusscheide frei liegen
(Fig. 1). Dann fasst man eben so den unteren freien Schnittrand der
Aponeurose des Obliquus extern. in einen scharfen Haken
und löst das mit einer Hakenpincette gefasste Gewebe von
der Innenseite der Aponeurose ab — dieses Gewebe wird immer
mächtiger, je mehr man sich dem Poupartischen Band nähert, und
es zeigt sich, dass in diesem Gewebe eine große Menge von Muskel-
fasern, der ganze Cremaster, liegt, welcher über dem Samenstrang
in den unteren Rand des Obliquus int. übergeht, nach unten zu
sich in die Cremastertheile des Hodensacks fortsetzt. Zieht man nun
die Schnittränder der Aponeurose des Externus mit scharfen Haken
empor, so erscheinen die Cremasterschicht und unterer
Obliquusrand in einer Ebene als zwei zu einander gehörige
Muskelpfeiler, zwischen denen Fascia transversa und Peritoneum
zu Tage liegen, als Auskleidung einer tiefen Kluft, in welcher der
Samenstrang und Bruchsack lagen (Fig. 2). Natürlich unterliegt
die Mächtigkeit der Cremasterschicht eben so wie des unteren Obli-
quus internus-Randes großen Schwankungen; aber je größer und älter
der Bruch ist!, desto mächtiger ist speciell der Cremaster, und nur
bei ganz kleinen Brüchen, oder wenn gar kein Bruchsack vorhanden
ist, ist die Cremasterschicht sehr dünn und fast nur Bindegewebe,
immer aber ist sie vorhanden und gestattet die nachfolgende Ver-
nähung. Man muss nur beachten, dass man die Schicht nicht zu
weit gegen die Ansätze am Poupartischen Band ablöst und so die
Insertionen derselben durchtrennt.
Hat man sich die Schichtung der hinteren Wand des Leisten-
kanals in der angegebenen Weise sichtbar gemacht, so erfolgt die
Vernähung der beiden Muskelpfeiler; hierbei erweist sich gewöhnlich
die Cremasterschicht, wenn man sie entfaltet, breiter als die Kluft
zwischen Cremaster und Obliquus int.-Rand. Es wird der überschüssige
Rand nach hinten zu eingeschlagen und der untere Rand des Obli-
quus int. in der \Veise mit einem Bündel der Cremasterschicht vernäht,
dass keinerlei Spannung, aber auch keinerlei Flottiren der Cremaster-
schicht eintritt (Fig. 2). Am zweckmäßigsten habe ich es gefunden,
zuerst in der Mitte der Kluft eine Naht anzulegen und von dieser
nach aufwärts zu bis zum Durchtritt des Samenstrangs (häufig auch
1 Gerade dieser Umstand macht die Methode bei größeren Brüchen sehr
vortheilhaft, da man ja bei Bassini's Methode hier die größten Spannungen zu
überwinden hat, um die Internus-Transversusschicht an das Poupartische Band
herabzubringen.
41*
1020 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
noch eine Naht über der Durchtrittsstelle) und von der Mitte nach
abwärts gegen die Symphyse eine Anzahl von Knopfnähten. An der
Symphyse liegt die schwächste Stelle der Nahtmethode, und
an dieser Stelle habe ich bei einem Operirten, der sehr bald nach
der Operation zu schwerer Arbeit überging, eine Hernia directa
durchtreten sehen und durch die Sektion festgestellt (der Kranke
war 1 Jahr nach der Operation an Pneumonie im Spital verstorben).
Ich verwende daher besondere Sorgfalt darauf, eine Naht durch die
tiefsten Partien des Obliquus internus, der gerade hier am schwächsten
entwickelt ist, durch das Gewebe des Cremaster so wie das Binde-
gewebe über der Symphyse durchzuführen, so dass es unmöglich ist,
mit der Fingerkuppe unter der letzten Naht einzudringen.
Abgebundener
ruchsack.
Funicnl. spermatica
Aponeurose des M.
obliqu. ext.
Vas deferens
Fascia transversa.
Cremaster.
Musc. obliquus int.
Hat man die Naht vollendet, so sieht man den Samenstrang
{Fig. 2) durch eine breite Muskelplatte durchtreten, und auch in jenen
Fällen, wo die Cremasterschicht sehr schwach ist, ist diese Platte
stark genug, dem Druck bei einem Brechakt Widerstand zu leisten,
ja auch in Fällen, wo eine Ausbuchtung des Bauchfells zu einer
Hernia directa vorlag, oder ein derartiger Bruchsack abgetragen wor-
den war, erwies sich diese Platte vollkommen genügend.
Nach Abschluss der Naht des Internus-Cremaster wird der Samen-
strang eingelagert und die Aponeurose des Obliquus externus darüber
vereinigt; auch hier wird nichts vom Gewebe entfernt, sondern die
überflüssigen Theile, welche namentlich bei großen Hernien vor-
handen sind, gegen den Samenstrang zu eingeschlagen und derbere
Theile der Aponeurose mit einander vernäht, so dass die Aponeurose
nach ihrer Vernähung als eine leicht gespannte Platte den Leisten-
kanal deckt — ohne jede Spannung der nur mit feiner Seide
vernähten Wunde.
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1021
Die Naht des Obliquus ext. reicht nach unten bis zum Durch-
tritt des Samenstrangs, der nach Belieben eingeengt werden kann,
nach oben noch über das Schnittende in der Aponeurose, um durch
Aneinandernähen derberer Stränge dieselben zu verstärken. Bei dem
oben erwähnten Operirten ergab die Sektion, dass der Erfolg dieser
Naht nicht ausgeblieben war, in so fern im Bereiche der Naht der
Aponeurose diese eine einheitliche derbe Platte geblieben war.
Mit einer Hautnaht schließt die Operation, die im Durchschnitt
!/,—®/, Stunden in Anspruch nimmt. (Unter die Haut wurde in den
meisten Fällen ein Drain gelegt, der nach 24 Stunden entfernt
wurde; ich habe damit vollkommen befriedigende Resultate erzielt
und keinen Grund gefunden, von dieser Drainage, welche das in
Aponeurose des
. obliqu. ext
Funic. spermat. S mn Knopfnähte.
er \ DIL. G M. obliqu. int.
N 7 und Cremaster.
“Naht.
den ersten Stunden nach der Operation nachsickernde Blut in den
Verband leitet, abzugehen. Um das Odem und die Stauungen im
Plexus pampiniformis, welche im Hodensack leicht auftreten, mög-
lichst hintanzuhalten, bekommt der Kranke ein Suspensorium, welches
er auch nach der Entlassung längere Zeit zu tragen hat. Häufig
bleiben nämlich fingerdicke Infiltrate im Samenstrang zurück, welche
erst nach !/,—!/, Jahr verschwinden, ohne die Funktion des Hodens
zu beeinträchtigen. Diese Infiltrate habe ich auch nach anderwärts
ausgeführten Radikaloperationen nach Bassini gesehen.)
Nach dieser Methode wurden vom Jahre 1892 bis August 1898 operirt:
348 Brüche von Fingerhut- bis Mannskopfgröße bei 251
Personen (233 Männern und 18 Frauen).
Die Heilungsdauer betrug zwischen 10 und 30 Tagen; ge-
wöhnlich wurden die Kranken am 14. Tage (ohne Bruchband
entlassen.
1022 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
2 Kranke starben. — Ein 64jähriger Mann kam mit Hernia
incarc. spät Abends zur Operation und starb an Wundinfektion, die
sich aus der mangelhaften Vorbereitung erklären lässt.
Eine Frau starb an krupöser Pneumonie 2 Tage nach der
Operation, bei welcher solche Verwachsungen im fibrinös-eitrigen
Bruchbett vorlagen, dass ein großes Stück Dünndarm resecirt werden
musste. Peritonealwunde bei der Sektion intakt.
Über die Endresultate konnte ich Folgendes in Erfahrung
bringen:
116 Personen (107 Männer, 9 Frauen) sind aus der Betrachtung
auszuschließen, da entweder keine Nachricht zu erlangen, oder noch
nicht 1 Jahr seit der Operation verstrichen war.
169 Hernien (126 Männer mit 155 Hernien und 9 Frauen mit
14 Hernien) sandten Nachricht oder kamen zur Untersuchung —
sie ergaben in 10 Fällen das Wiederauftreten einer herniösen Aus-
buchtung der Narbe oder in einigen Fällen Hinabtreten des Bruches
bis in den Hodensack (bei Frauen gar kein Recidiv); es entspricht
dies einem Misserfolg von 10 auf 169 = 5,9%.
Damit ist wohl die Berechtigung. dieser Abänderung gegeben,
um so mehr als die Ausführung eine so einfache und sichere ist,
dass ich nicht Anstand genommen habe, bei jugend-
lichen Individuen, wo das Auftreten eines Bruches auf
der scheinbar gesunden Seite wegen Weite des Leisten-
rings auch nur möglich erschien, auch dort den Leisten-
kanal zu spalten, den Samenstrang vorzuziehen, auf das
Vorhandensein eines Bruchsacks zu untersuchen und die
WändedesLeistenkanalsdurchdieVernähung desCremaster
an den Obliquus internus und die straffere Vereinigung der
Aponeurose des Obliquus externus zu verstärken; ich habe
von dieser kleinen Operation in keinem Falle eine Schädigung des
Kranken gesehen. Die Wunde heilte stets per primam; ein Auf-
treten eines Bruches oder einer Vorwölbung der Narbe . blieb stets
aus, auch in einigen Fällen, wo die Narbe auf der Seite des eigent-
lichen Bruches nachgegeben hatte, und ich habe so in einer Reihe
von Fällen die Kranken von der bereits vorhandenen Anlage eines
Bruchsacks der anderen Seite befreit.
Bei den 157 Männern, welche beiderseits operirt wurden,
fand sich 8imal beiderseits ein Bruchsack — derselbe war
allerdings in 24 Fällen nur fingerhutgroß.
In 74 Fällen war beiderseits eine Hernia obliqua
» 4 > > > > » directa,
» 2» > > > > > incipiens,
» 1 Falle rechts Hernia directa, links obliqua.
66mal war nur auf einer Seite ein Bruchsack zu finden,
auf der anderen Seite kein Bruchsack, aberein Lipom des Samenstrangs
(3mal), Leistenhoden (mal, Bindegewebsstrang, einem obliterirten
Bruchsack entsprechend (Imal), Hydrocele funiculi (mal, Hernia
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1023
directa incipiens (mal). 6mal war weder rechts noch links ein Bruch-
sack, nur weiter Leistenring mit Anprall. 4mal nur rechts (3) be-
ziehungsweise links (1) Hernia directa. i
Bei den 13 Frauen, die beiderseits operirt wurden,
fand sich 9mal beiderseits ein Bruchsack (mal Hernia directa).
1) P. v. Bruns. Über die Wirkung der Bleispitzengeschosse
(»Dum-Dum-Geschosse«).
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.)
Der Selbstbericht des Verf. über seine Schießversuche mit dem
Dum-Dum-Geschoss ist in diesem Blatte (Beilage zu No. 26 p. 38)
erschienen, die Arbeit hier aber durch treffliche Abbildungen er-
läutert. Honsell (Tübingen).
2) Kapsammer. Zur Frage der knorpeligen Callusbildung.
(Virchow’s Archiv Bd. CLII. p. 157.)
Das Material zu der vorliegenden Arbeit wurde durch experimentell
an Kaninchen und Hunden erzeugte einfache Frakturen der langen
Röhrenknochen gewonnen. In fast der Hälfte aller Fälle fehlt eine
knorpelige Callusbildung; und zwar handelte es sich dabei um ideale
Stellung der Bruchenden. Waren letztere dislocirt oder schlecht
durch den Verband fixirt, so fanden sich entsprechend dem Grade
der Dislokation oder schlechten Fixation mehr oder weniger große
Knorpelinseln, welche stets in der Nähe der Bruchenden lagen. Das
Auftreten von knorpeligem Callus bedeutet nach Ansicht des Verf.
eine Verzögerung der Konsolidation.
Die Arbeit ist etwas sehr aphoristisch gehalten. Von den Unter-
suchungsmethoden erfährt man eigentlich gar nichts.
Pels Leusden (Göttingen).
3) O.Thilo (Riga). Kraftbestimmungen zu ärztlichen Zwecken.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 30.)
T. betont die Wichtigkeit genauerer Bestimmung der Kraft der
einzelnen Muskelgruppen, weil sich nur dadurch die Grundursache
eines Leidens erforschen und seine Heilbarkeit feststellen lasse. Nach
Mittheilung einiger charakteristischer Fälle giebt er mehrere all-
gemeine Regeln für die Kraftmessung, bezüglich der Details auf
seinen klinischen Vortrag über »Übungen« (Sammlung klin. Vorträge
N. F. No. 176) verweisend. Als Ergänzung des letzteren (s. Referat
d. Bl. 1897 p. 675) in einzelnen Punkten möge vorliegender Aufsatz.
Beachtung finden. Kramer (Glogau).
1024 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
4) A. Gilbert et P. Carnot. WL’opotherapie. Traitement
de certaines maladies por extraits d'organes d'animaux.
(L’oeuvre médico-chirurgical No. 10. Paris, Masson et Cie., 1898. 36 S.)
Die Verff. geben in vorliegender Arbeit eine übersichtliche, ge-
drängte Darstellung der wichtigsten, auf dem Gebiet der Opotherapie
(wir zögen die Bezeichnung: »Organotherapie« vor. Der Ref.) ge-
machten Erfahrungen. Im 1. Abschnitt wird die Herstellung der
Organpräparate eingehend besprochen, während der 2. Theil der
Besprechung der therapeutischen Anwendung derselben gewidmet ist.
In dem die Schilddrüsentherapie betreffenden Abschnitt werden bei
der Besprechung der Schilddrüsenfunktion die grundlegenden Arbeiten
Kocher’s über die Cachexia thyreopriva merkwürdigerweise nicht
erwähnt. Außer der Schilddrüsentherapie werden verhältnismäßig
etwas eingehender besprochen: die aus den Geschlechtsdrüsen, dem
Nervensystem, dem Knochenmark, den Nebennieren, dem Pankreas
und der Leber gewonnenen Präparate. Lungen, Milz, Niere und
Prostata sind kürzer behandelt, und Mamma-, Muskel-, Ciliarkörper-,
Herz-, Gelenkknorpel- und andere bedeutungslose Extrakte werden
mit Recht nur im Vorbeigehen erwähnt.
Auf eigene Untersuchungen stützt sich besonders das Kapitel
des Leberextrakts, welch letzterem die Verfl. Verminderung der
Zuckerausscheidung, Vermehrung der Harnstoffbildung und überhaupt
Hebung der Leberfunktion bei geringgradigeren Erkrankungen dieses
Organs zuschreiben.
Wenn schon in einzelnen Abschnitten gewisse Lücken auffallen
mögen, so bietet doch die Arbeit der Hauptsache nach Alles, was
auf 36 Seiten über das ausgedehnte Gebiet gesagt werden kann. Die
Darstellung ist objektiv und hält sich im Ganzen fern von dem
Optimismus, der sich wohl ab und zu in der Beurtheilung der Heil-
erfolge der Organotherapie kundgegeben hat.
de Quervain (Chaux-de-Fonds).
5) J. Petruschky. Die wissenschaftlichen Grundlagen und
die bisherigen Ergebnisse der Serumtherapie.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 212. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1895.)
Der Vortrag giebt, ohne neue Gesichtspunkte zu bringen, einen
Überblick über die Entwicklung der Lehre von der natürlichen und
künstlichen Immunität und der auf ihr sich aufbauenden Serum-
therapie bei Diphtherie und der serotherapeutischen Versuche bei
anderen Infektionskrankheiten, mit kurzem Bericht über die als
günstig bezeichneten statistischen Ergebnisse der Heilserumbehand-
lung bei Diphtherie, über die Methodik und die Nebenwirkungen
derselben. Kramer (Glogau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1025
6) Chlumský. Die Therapie der Knochen- und Gelenk-
tuberkulose nach Bier.
-(Wiener klin. Rundschau 1898. No. 14.)
Die Arbeit enthält die Beschreibung der Principien, nach denen
in der Breslauer chirurgischen Klinik zur Zeit die Behandlung der
Gelenktuberkulose geleitet wird. Resektionen wurden fast nur im
Kniegelenk ausgeführt, und zwar weniger zum Zweck der Ausheilung
der Krankheit als zur Verbesserung der Funktion. Das Ellbogen-
gelenk hat Mikulicz seit t6 Jahren nicht mehr resecirt. Es ist
also eine sehr konservative Therapie, bei der im Wesentlichen Hebung
des Ernährungszustandes, Fixation der Extremität durch Kontentiv-
verbände, venöse Hyperämie nach Bier, Jodoformglycerineinspritzun-
gen gebraucht werden. Die Resultate waren gut, nahezu ?/, der
Fälle wurden geheilt, 10% gebessert. Die Arbeit schließt mit einer
warmen Empfehlung des Bier’schen Verfahrens.
i Grisson (Hamburg).
7) Wolfrom. Einiges über Silber und Silbersalze.
(Allgemeine med. Centralzeitung 1898. No. 42.)
Verf. referirt größtentheils über die Cred&’schen Silberpräparate,
berichtet aber auch über eigene Erfahrungen, Itrol hat er mit Vor-
theil bei Operationswunden, Verbrennungen und auch zu Inhalationen
verwandt. Die Silbersalze (Ung. Cred£) hat W. selbst gegen eine
äußerst hartnäckige Furunkulose angewandt. 7 Einreibungen von
je 3 g genügten, um ihn vollkommen von der Furunkulose zu be-
freien. Auch in 2 anderen Fällen von Furunkulose und von Phleg-
mone des Unterschenkels will er gute Erfolge von der Allgemein-
wirkung der Salbe gesehen haben. Dreyer (Köln).
8) P. G. Unna. Zur Verschreibung der Essigsäure.
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 3.)
Auf Grund von Versuchen über die mehr oder weniger schnelle
Abgabe von Essigsäure an die Luft stellt U. für die Verschreibung
der Essigsalben und -Pasten gewisse Regeln auf, um eine mäßig
schnelle Abgabe zu erzielen.
S Er empfiehlt als Essigkühlsalbe: Adipis lanae, Acid. acet. dilut.
Adipis benz. & 7,0; als Fettpaste: Adip. lanae 6,0, Acid. acet. dilut. 7,0,
Adipis benz. 2,0, Kaolin. 6,0; als Glycerinpaste: Glycerin 5,0, Acid.
acet. dil. 7,0, Kaolin. 9,0.
Besonders vortheilhaft bei Acne ist die folgende Kombination:
Adipis lanae 6,0, Acid. acet. dil. 7,0, Adipis benz. 6,0; Sulf. praec. 2,0
(alle diese Salben und Pasten enthalten 10% wasserfreie Essigsäure,
sind also stark; wünscht man sie schwach, so ersetzt man das Acid.
acet. dil. durch gleich viel Acetum; dann enthalten sie nur 2%
wasserfreie Essigsäure). Jadassohn (Bern).
zır*
1026 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
9) Bumm. Antiseptik und Technik.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 27.)
Unter Hinweis auf die Thatsache, dass Anti- und Aseptik die
Keimfreiheit der Wunden nicht völlig sicher stellen, wenn auch der
Infektion mit virulenten Keimen vorzubeugen vermögen, betont B.
die Nothwendigkeit, durch rein technische Maßnahmen die Unvoll-
kommenheit unserer anti- und aseptischen Bestrebungen auszugleichen,
d. h. Wundverhältnisse zu schaffen, die einen aseptischen Verlauf
und ungestörte Heilung gestatten. B. bespricht hierfür einige be-
sonders wichtige Punkte der Technik, so die Wichtigkeit raschen
und sicheren Operirens, sorgfältiger Blutstillung und der Wahl des
Operationsweges bei gynäkologischen Fällen etc., um schließlich zu
empfehlen, auch »beim Unterricht wieder mehr Gewicht auf die
technische Ausbildung zu legen, die durch die Antiseptik allzu sehr
in Schatten gestellt und vernachlässigt worden ist«.
Kramer (Glogau).
10) Behrend. Über die unter dem Einfluss der Röntgen-
strahlen entstehende Hautveränderung.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 23.)
Die krankhaften Veränderungen der Haut, welche unter dem
Einfluss der X-Strahlen stehen, verlaufen meistens in günstigster Weise
und bilden sich in kurzer Zeit, ohne nachtheilige Folgen zu hinter-
lassen, zurück, wenn die Röntgenstrahlen nur kurze Zeit oder bei
häufigerer Anwendung in größeren Intervallen auf die Haut ein-
wirken. War die Haut hingegen längere Zeit der Strahleneinwirkung
ausgesetzt, oder hatte die Exposition in häufiger Wiederholung und
schneller Aufeinanderfolge stattgefunden, so treten schwere, selbst
dauernd sichtbare Veränderungen auf. Der Process an und für sich
“charakterisirt sich als akute, mit Schwellung, Röthung und Abschup-
pung einhergehende diffuse Entzündung der Haut; es kommt zur
Durchtränkung der Gewebe mit seröser Exsudatflüssigkeit in analoger
Weise, wie bei Verbrennungen, bei Ekzemen, akuten Exanthemen
etc., im weiteren Verlauf zur Desquamation. Auch am Nagelblatt
beobachtet man unter dem Einfluss der Röntgenstrahlen einen
ähnlichen Entzündungsprocess, welcher zur Auflockerung und Zer-
blätterung der Nagelmasse führt. Ganz analog gestalten sich die
Verhältnisse an behaarten Körperstellen. Der Haarausfall ist nur
ein temporärer, wenn unter dem Einfluss der. Röntgenstrahlen die
Matrix regenerationsfähig bleibt und wieder normalen Haarwuchs
liefert; dagegen ist ein dauernder Haarverlust immer auch mit einer
dauernden Veränderung des Gewebes verbunden.
B. macht von einer Beobachtung an einem Herrn, welcher viel
mit Röntgenstrahlen photographirte, Erwähnung, bei dem intensive
und irreparable Gewebsveränderungen an den Händen aufgetreten
waren. Die Haut zeigte die glatte, glänzend atrophische Beschaffen-
‚Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1027
heit wie im Greisenalter; hierzu kam noch der vollkommene Ver-
lust sämmtlicher Lanugohaare. Die Haut der Fingerkuppen und der
Endglieder der Finger an der Volarfläche boten das Aussehen, wie
es die Sklerodaktylie zeigt. Die Nagelfalze waren atrophisch ver-
dünnt, die Nägel an der Wurzel emporgehoben und vogelkrallenartig
gekrümmt. Gold (Bielits).
11) Dohi (Japan). Über Prurigo.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 22.)
Die Beobachtungen und Erfahrungen, welche Verf. an Joseph’s
Poliklinik in Berlin bezüglich dieser Erkrankungsform gemacht hat,
giebt er in vorliegendem Aufsatz wieder. Er weist namentlich auf
ein Symptom hin, welches der allgemeinen Aufmerksamkeit bisher
entgangen zu sein scheint, nämlich auf das frühzeitige Auftreten
von Drüsenschwellungen, ganz besonders in der Leistengegend,
welche weder als sogenannte Prurigobubonen, noch als der Ausdruck
der allgemeinen Skrofulose anzusehen, sondern als eines der ersten
Zeichen der Allgemeinerkrankung aufzufassen sind. Im fortgeschrit-
tenen Stadium der Prurigo kann das einzelne Knötchen durch
Hypertrophie der Epidermis, Vermehrung der Retezellen und die zellige
Infiltration der Papillen vollkommen das Aussehen eines soliden
Knötchens bieten. Bei der mikroskopischen Untersuchung des vom
Oberschenkel eines 21jährigen Pat. stammenden anatomischen
Materials fiel dem Verf. vor Allem eine bedeutende Akanthose im
Bereiche des Prurigoknötchens auf. Überdies beobachtete er In-
filtration in der subpapillären Schicht der Cutis, starke Erweiterung
der Lymphgefäße in den tieferen Cutisschichten, starke Entwicklung
der Musculi arrectores pilorum; hingegen wurden Talgdrüsen voll-
ständig vermisst.
Zur Unterstützung der Ansicht der erblichen Anlage der Prurigo
führt Verf. an, dass in Joseph’s Klinik unter 140 Fällen 4mal
Geschwister, imal sogar Vater, Mutter und Geschwister das Krank-
heitsbild der Prurigo boten. Das männliche Geschlecht war häufiger
betroffen als das weibliche; der Sommer begünstigte das Erscheinen
der Knötcheneruption und die Schwere des Leidens.
Gold (Bielitz).
12) K. Szadek. Zur Pathogenese der Psoriasis.
(Gaz. lekarska 1898. No. 6.)
Auf Grund einer sehr fleißigen Ausbeute der einschlägigen
Litteratur und seiner eigenen reichlichen Erfahrung vertritt Verf.
den Standpunkt der parasitären Natur der Psoriasis. Bezüglich der
Begründung dieser Ansicht müssen wir jedoch den Leser auf das
Original verweisen, da sich dieselbe keineswegs in einem Referat
ohne wesentliche Schädigung wiedergeben lässt.
Trzebicky (Krakau).
1028 -Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
13) v. Bergmann. Durch Röntgenstrahlen im Hirn nach-
gewiesene Kugeln.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 18.)
v. B. weist auf die Wichtigkeit und den Werth des Röntgen-
verfahrens für den Nachweis von Geschossen innerhalb der Schädel-
höhle hin. Die beigefügten gelungenen Reproduktionen von Photo-
graphien lassen aus den Schattenbildern der Geschosse den Sitz
derselben deutlich erkennen. Im Übrigen giebt v. B. den dringenden
Rath, Untersuchungen und Extraktionsversuche bei Schüssen in den
Schädel zu unterlassen und sich auf die Reinigung der Wundum-
gebung und die Bedeckung der Einschussöffnung mit einem Occlusiv-
verband aus steriler Gaze zu beschränken. Gold (Bielitz).
14) B. K. Rachford (Cincinnati). Relationship of migraine
to epilepsy.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. April.)
Aus dem massenhaften Auftreten von Paraxanthin im Urin nach
heftigen Migräneanfällen schließt R., dass dieser Körper im Zu-
sammenhang steht mit der Entstehung der Migräne. Es gelang R.
ferner in gewissen Fällen von Epilepsie, im Urin, der nach dem
Anfall entleert wurde, Paraxanthin aufzufinden (Paraxanthinepilepsie).
Ferner gelang es ihm, mit dem so gewonnenen Paraxanthin bei
Mäusen und Meerschweinchen epilepsieähnliche Zustände zu erzeugen.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
15) A. J. M6Cosh. The surgical treatment of epilepsy.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Mai.)
Der amerikanische Autor beschränkt die Indikation zur Operation
nach folgenden Momenten.
1) Die Konvulsionen müssen auf eine bestimmte Muskelgruppe
beschränkt sein; oder
2) die Epilepsie ist durch eine Depression oder Lokalerkrankung
am Schädel bedingt; oder
3) sie ist auch ohne äußerlich wahrnehmbare Veränderungen
bedingt durch eine schwere Schädelverletzung und deutet/auf einen
umschriebenen Herd im Gehirn.
Von 14 nach diesen Gesichtspunkten operirten Fällen wurden
3 geheilt, 5 gebessert, 4 ungebessert; von 2 ist das Schicksal un-
bekannt; Mortalität 0. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
16) M. Lannois. Abces periauriculaires consécutifs aux otites
externes circonscrites.
(Revue de laryngol. 1898. No. 24.)
Die Bildung periaurikulärer Abscesse im Gefolge von Furunkulosis
des Gehörgangs wird von ‘L. mit Recht als eine nicht so seltene
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1029
und leicht zu diagnostischen und therapeutischen Missgriffen ver-
leitende Affektion bezeichnet. Er selbst hat in einem solchen Falle,
wo die Lage des retroaurikulären Abscesses in Verbindung mit einer
vorausgegangenen Mittelohreiterung für eine Erkrankung der Warzen-
fortsatzzellen zu sprechen schien, die Aufmeißelung vorgenommen
und dabei die Zellen des Warzenfortsatzes ganz gesund gefunden.
Diese periaurikulären Abscesse kommuniciren mit den sie verur-
sachenden Furunkeln des Gehörgangs durch feine Fistelgänge, sie
erfordern aber wegen ihrer Größe meist eine besondere Eröffnung.
NEN, Teichmann (Berlin).
17) Terrier, Guillemain et Malherbe. Chirurgie de la face.
Paris, Félix Alcan, 1897.
Den Inhalt dieses Bandes bilden Vorlesungen des Pariser Chirurgen
Terrier, die von seinen Schülern Guillemain und Malherbe
redigirt sind. In 3 Theilen werden folgende Operationen beschrieben:
im ersten Theil die Resektionen des Ober- und Unterkiefers, die
unmittelbare Prothese nach der Resektion der Kiefer und Kiefer-
brüche, im zweiten Theil Hasenscharten, Lippenplastik, Chirurgie
der Speicheldrüsen, der Zunge, der Mandeln, des Rachens, des Gau-
mens und Gaumensegels, im dritten Theil die Resektion der Nasen-
knochen, die Rhinoplastik, die Chirurgie der Nasengruben, der Stirn-
höhle, Kieferhöhle, Keilbeinhöhle und Siebbeinzellen. Es fehlt also
die Chirurgie der Gesichtsnerven, die Terrier später noch heraus-
zugeben gedenkt. Wie in einem Operationskurs werden nur die
Ausführung der Operationen und ihre Indikationen besprochen. Es
handelt sich also nicht um ein klinisches Lehrbuch. Der Entstehung
aus Vorlesungen entsprechend ist das Buch auf den Studirenden zu-
geschnitten, fasslich und klar. Die schematischen Bilder erhöhen
in gleichem Sinne seinen didaktischen Werth. Dreyer (Köln).
18) W. T. Howard und J. M. Ingersoll. A contribution
to our knowledge of the etiology of inflammations of the
accessory sinuses of the nose.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Mai.)
Die Verff. untersuchten in 18 Fällen von Eiterungen der High-
morshöhle, der Frontal- und Ethmoidalsinus den eitrigen Inhalt auf
Bakteriengehalt und stellten fest:
1) Die Entzündungen der Nebenhöhlen sind meist nicht durch
einen einzelnen Mikroorganismus bedingt; oft sind sogar mehrere
Arten betheiligt; auch Aspergillus und Würmer wurden gefunden.
2) Die gefundenen Bakterien sind die auch sonst in Mund und
Nase vorkommenden, sei es in gesunden oder pathologischen Ver-
hältnissen.
3) Nicht nur lokale Infektionen, sondern auch entfernte Infek-
tionsherde oder Allgemeinerkrankungen führen zu Eiterungen der
1030 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
Nebenhöhlen der Nase. Von lokalen Erkrankungen kommen in Be-
tracht: akute und chronische Rhinitis, Coryza, Influenza, Diphtherie,
Pharyngitis, Tonsillitis, Tuberkulose, Syphilis, Nasengeschwülste,
Erysipel, Verletzungen. Als entferntere Infektionsherde spielen eine
Rolle: Erysipel, Gelenkrheumatismus, Pneumonie, Phthise, Meningitis,
Eiterungen oder Allgemeinerkrankungen wie Masern und Scharlach.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
19) Prota e Martuscelli. Sul sarcoma della tonsilla linguale.
(Arch. ital. di laringologia 1898 No. 3. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin.
1898. No. 86.)
Die Zungensarkome gehen fast immer von der Zungentonsille
aus und gleichen den Lymphdrüsengeschwülsten. Nur die eine Beob-
achtung von Godlee spricht für den Ursprung aus Schleimdrüsen.
Die histologische Untersuchung genügt meist zur Diagnose nicht. In
vorgerückten Stadien müssen Tracheotomie und künstliche Ernährung
ausgeführt werden. Dreyer (Köln).
20) Hellat. Über adenoide Wucherungen bei Erwachsenen.
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1898. No. 25 u. 26.)
H. macht in dankenswerther Weise darauf aufmerksam, dass,
entgegengesetzt der herrschenden Ansicht, die adenoiden Wuche-
rungen nicht bloß bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen vor-
kommen und bei diesen zu eben so schweren Störungen führen, wie
bei Kindern. Er führt 5 beweisende Krankengeschichten an, in
denen Exstirpation der Wucherungen Heilung brachte. Zur Opera-
tion empfiehlt er ein modificirtes Gottstein’sches Messer.
Haeckel (Stettin).
21) E. Hertoghe. Vegetations adenoides et myxoedeme.
(Bull. de !’acad. royale de méd. de Belgique 1898. No. 3. — Soc. med. chir. d'Anvers
Annales 1898. März.)
Im Anschluss an seine Arbeit im obigen Bulletin 1897 p. 750,
so wie gestützt auf neuere Publikationen von Gérard, Thèse de
Paris 1894; Follet, These de Paris 1898; W. Meyer in Med. surg.
Transact. Vol. LIII p. 191; Fr. H. Bosworth, A treatise on disease
of the nose and throat, New York 1889 Vol. I p. 541; El. Kam-
bouroff, Echo med. de Lyon 1898 Februar 15; Cheval, De l’hyper-
trophie de la tourille rötro-pharyngienne et de ses complications,
Brüssel 1894, hat H. neuerdings ausgedehnte Untersuchungen über
den Zusammenhang von adenoiden Vegetationen im Nasen-Rachen-
raum mit Schilddrüsenabnormitäten bezw. Myxödem angestellt. Nach
ihm sind Tuberkulose, Rachitis, Chondrodystrophie, Syphilis heredi-
taria, Stenosis mitralis, angeborene Verengerung der Aorta, infantile
Albuminurie, Tabak- und Alkoholintoxikationen nur indirekte Ur-
sachen von Wachsthumshemmungen, indem sie alle die Schilddrüse
beeinflussen, von wo aus dann die allgemeinen Hemmungen des
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1031
Wachsthums ausgehen. Auch die adenoiden Vegetationen beeinflussen
die Schilddrüse, bedingen desshalb indirekt Myxödem, Skelett-
krankheiten, Rachitis etc., überhaupt »Infantilismus<. Mandelhyper-
trophien, angeborene Verengerungen der Nasengänge gehören eben-
falls hierher. H. erläutert seine Anschauungen durch Kranken-
geschichten. Seine Schlusssätze sind: 1) Myxödem ist stets von
Störungen des Nasen-Rachenraumes begleitet, welche in dem Maße
heilbar sind, wie das Myxödem selbst. 2) Adenoide Vegetationen
und Schilddrüsenschwund gehen meist Hand in Hand. Die Kranken-
geschichte der Familie liefert meist den klarsten Beweis.
H. hält die Aufstellung des Krankheitstypus »Adenoidier« für
eben so berechtigt, wie z. B. den des »Rachitiker«.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
22) Reinbach. Weitere Beiträge zur Gewebssaft-, speciell
zur T'hymustherapie der Kröpfe.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 2.)
R. bringt weitere Erfahrungen über die Thymustherapie bei
Kröpfen aus der Klinik von Mikulicz. 15 Kröpfe wurden mit
Thymus, 8 mit Thyreoidea und 2 mit Thyrojodin behandelt. Auch
diese Erfahrungen bestätigen, dass Thymus zweifellos eine kropf-
verkleinernde Wirkung ausüben kann; allerdings durchaus nicht in
allen Fällen; denn es blieb die kleinere Hälfte der Fälle unbeein-
flusst. Knoten- und COystenkröpfe reagiren gar nicht darauf, aber
auch von den diffusen, parenchymatösen Kröpfen ein Theil nicht.
Eine vollständige Heilung wurde nie erzielt. In den allermeisten
Fällen wurde nachher doch noch operirt. — Es scheint, dass die
Thymus wirksamer ist als Schilddrüsen- als Thyrojodinbehandlung;
denn wenn diese versagte, war bisweilen jene noch wirksam. Die
Thymus hat außerdem den Vorzug vor jenen, dass sie keine Neben-
wirkungen macht und absolut unschädlich ist. — Das physiologisch
Interessante der Sache ist, dass dadurch bewiesen ist, dass das
Baumann’sche Thyrojodin — abgesehen von vielen anderen Gründen
— nicht die allein wirksame Substanz der Schilddrüse sein kann.
Haeckel (Stettin).
23) B. Fraenkel. Über Tracheotomie ohne allgemeine Nar-
kose mit Lokalanästhesie.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 23.)
Die Beobachtung von häufigen Asphyxien in der Narkose bei
chronischen Stenosen des Kehlkopfs und der Luftröhre veranlasste
F., die Tracheotomie mit der Lokalanästhesie durch Cocain aus-
zuführen. Er verwendet bei Erwachsenen eine 20 %ige, bei Kindern
eine 10%ige Lösung und injieirt davon zu jeder Seite des zu machen-
den Schnittes einen Theilstrich der Lösung. F. ist mit der Anästhesie
außerordentlich zufrieden und empfiehlt sie auf das wärmste. (Die
Dosis von 0,04 für den Erwachsenen, die der Maximaldosis [0,05]
1032 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
nahe kommt, erscheint dem Ref. einigermaßen hoch gegriffen, da es
sich doch nur darum handelt, den Pat. gegen den Hautschnitt un-
empfindlich zu machen, wozu eine weniger starke Lösung den Zweck
erfüllen würde. Im Übrigen wurden Tracheotomien unter Cocain-
anästhesie schon früher von v. Schrötter in Wien ausgeführt. Auch
Referent hat in 2 Fällen von. Kehlkopftuberkulose die Tracheotomie
mit Hilfe einer 2!/,%igen Cocainlösung mit bestem Erfolg vor-
genommen.) Gold (Bielitz).
24) C. Bouyer. De la tuberculose pulmonaire dans les
kystes hydatiques.
These de Paris, @. Steinheil, 1898. 118 8.
Verf. bespricht in der weitschweifig geschriebenen Dissertation,
veranlasst durch 2 von ihm bei Duplay beobachtete Fälle, die Be-
ziehungen zwischen Tuberkulose, speciell Lungentuberkulose, und
Echinococcus. Er kommt dabei zu dem — nicht unerwarteten — Er-
gebnis, dass Träger von Echinokokken auch tuberkulös sein können,
dass die Tuberkulose bei ihnen nicht weniger häufig ist, als bei
anderen Individuen, und dass sie ihren gewöhnlichen Verlauf nimmt,
unbekümmert um den Echinococcus. Bezüglich der Symptomatologie
hebt er hervor, dass Lungenblutungen auch bei Lungenechinokokken
vorkommen. Er legt ferner Gewicht darauf, dass bei Echinokokken
tuberkulöse Pleuritiden vorkommen. (Dies ist selbstverständlich nicht
zu bezweifeln; immerhin ist zu bemerken, dass dem Verf. offenbar
die schon seit der Arbeit von Guillebeau beschriebene makrosko-
pische und mikroskopische Ähnlichkeit der durch Echinokokken
hervorgerufenen Fremdkörpertuberkulose mit der bacillären Tuber-
kulose nicht bekannt ist. Der Ref.)
In therapeutischer Beziehung empfiehlt Verf., den Echinococcus
zu behandeln, wie wenn keine Tuberkulose vorhanden wäre —
immerhin unter Bevorzugung schonender Operationsverfahren in
Fällen, wo die Wahl offen steht. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
Kleinere Mittheilungen.
25) A. Delcourt. Rhumatisme articulaire noueux chez les enfants.
(Revue mensuelle des maladies de l'enfance 1898. Juli.)
` Fin 3!/,jähriges Kind erkrankte an Anfangs wieder vorübergehender schmerz-
loser Anschwellung einzelner Gelenke. Allmählich blieben die Gelenkschwellungen
stabil. Innerhalb eines Jahres waren sämmtliche große und kleine Gelenke, auch
die Gelenke der Halswirbelsäule, verdiekt, aktiv und passiv nur noch unvoll-
kommen beweglich. Die Affektion verlief fieberlos. Im Alter von 5 Jahren starb
das Kind nach 9tägigem hohem Fieber.
Die Todesursache ist eine fast über sämmtliche Extremitätenknochen aus-
gebreitete akute Streptokokkenosteomyelitie.
An chronischen Veränderungen fanden sich: Verdickung des periartikulären
Gewebes und der Gelenkkapsel. Nur vereinzelt Spuren von Knorpelusur.
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1033
Die Verdickung der Epiphysen war nur gering, sie war im Leben durch die
Verdiekung der Weichtheile vorgetäuscht gewesen.
Außerdem fand sich Synechia pericardii, die augenscheinlich schleichend ent-
standen ist. Verf. giebt eine ausführliche Beschreibung der Symptomatologie des
chronischen Gelenkrheumatismus im Kindesalter und wendet sich auf Grund seines
— bisher einzig vorliegenden — Obduktionsbefundes gegen Bérard und Destot,
die der Beschreibung nach sehr ähnliche Erkrankungen als tuberkulös auffassen.
Göppert (Breslau).
26) A. F. Matwejew. Zur Kasuistik der Echinococcuskrankheit.
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 4.) d
1) Milzechinococeus, Pat. im 4. Schwangerschaftsmonat. Cyste kindskopfgroß.
Zweizeitige Operation. Heilung.
2) Echinococcus im Rachen (rechts), Parese des linken Facialis, Ptosis links.
Entfernung der Blase. Nervenbefund unverändert (also Echinococcus der Schädel-
höhle).
3) Leberechinococceus. Operation zweizeitig. Im Verlauf krupöse Pneumonie.
Geheäilt. @ückel (B. Karabulak, Saratow).
27) Sternthal. Mittheilungen über extragenitale syphilitische In-
fektionen.
{Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Arzte 1897.)
Braunschweig, Harald Bruhn, 1597.
Verf. hat aus seiner Praxis 14 Fälle extragenital erworbener Syphilis zu-
sammengestellt, welche in mehrfacher Beziehung interessant sind. 7 Fälle betrafen
Primäraffekte an den Lippen, durch Küssen erworben; 3 Primäraffekte an den
Fingern. (mal handelte es sich um einen Zahnarzt, der sich an dem Zahn eines
syphilitischen Kellners gerissen hatte; die Affektion wurde erst verkannt und
wiederholt von einem Chirurgen incidirt. Eben so wichtig in Bezug auf die even-
tuelle Weiterverbreitung der Syphilis war die Erkrankung einer Hebamme ge-
legentlich einer Geburt; in der That sind von ihr eine Anzahl Infektionen aus-
gegangen, von denen ein Fall tödlich endete.
Ein Primäraffekt an der Mammilla, wobei die Infektionsquelle das eigene,
vom Vater her hereditär syphilitische Kind der gesunden Mutter war, bildet eine
Ausnahme vom Colles’schen Gesetz. Von 2 Initialsklerosen in der Mundhöhle
scheint die eine durch zahnärztliche Instrumente hervorgerufen worden zu sein.
Im 14. Falle war der Sitz der Affektion am Schamberg und auf dem Oberschenkel.
— Das männliche und weibliche Geschlecht ist zu gleichen Theilen betroffen.
Verf. bespricht die Ätiologie und Diagnose der extragenitalen Primäraffekte und
hält letztere für leicht. Die Erkennung der wahren Natur des Leidens begegnet
aber doch zuweilen Schwierigkeiten, zumal an den Fingern, wo es oft mit be-
ginnendem Panaritium verwechselt wird. Das kann, wie im angeführten Falle bei
einem Zahnarzt, sehr verhängnisvoll werden! Besonders wichtig sind solche In-
fektionen bei Ärzten, Zahnärzten und Hebammen, wenngleich letzteren die Aus-
übung ihrer Thätigkeit gesetzlich entzogen werden kann und muss.
Aber auch die zahnärztlichen Instrumente erscheinen dem Verf. mit Recht als
höchst bedenklich, vor Allem die Spiegel; er schlägt desshalb vor, dass jeder Pat.
sich seinen eigenen Spiegel halten und mitbringen soll. (Es giebt wohl so manchen
Zahnarzt oder Dentisten, der keine ausgiebige Reinigung, geschweige denn Steri-
lisation seiner Instrumente vornimmt. Ref.) — Verf. schließt die hoch interessanten
Mittheilungen mit einem Appell an die Behörden, »die Minderung der Infektions-
gefahr und die Behandlung der Syphilitischen zu erleichtern durch Hinwegräumung
der nutzlosen Bestimmung, dass an Syphilis leidende Kassenkranke kein Kranken-
geld erhalten, durch Errichtung besonderer Syphilisabtheilungen in den Hospi-
tälern und Besetzung derselben mit der Syphilis kundigen Arzten, endlich durch
sorgfältigere Überwachung und Regelung der Prostitution.«
Tsehmarke (Magdeburg).
1034 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
28) Strauss. Psoriasis und Arthropathien.
S {Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 18.)
Verf. theilt einen Fall von Psoriasis universalis mit, welcher mit hochgradigen
Arthropathien und Nageldeformitäten einherging. Die Gelenkaffektionen glichen
einer Arthritis deformans. Im Anschluss an einen Hitzschlag traten allmählich
Schmerzen, Schwellungen und Steifigkeiten in den Finger-, Hand-, und Zehen-
gelenken auf. Im weiteren Verlauf machten sich die Erscheinungen in geringerem
Grade auch in den Schultergelenken, so wie in denen der Halswirbelsäule geltend.
Die Haut über den befallenen Gelenken wurde welk und dünn, Störungen von
Seiten des Herzens und des Nervensystems, die eine Rückenmarkserkrankung
hätten diagnosticiren lassen, fehlten.
An den Nägeln der Finger und Zehen waren hochgradige Veränderungen zu
konstatiren, welche den Eindruck schwerer trophischer Störungen machten, wie sie
die Onychogryphosen darstellen. Dafür sprach auch das Verhältnis, in welchem
die Schwere der Nagelerkrankungen zu der der Gelenkdeformitäten in den ein-
zelnen Fingern und Zehen stand. Je größer die letzteren waren, um so hoch-
gradiger machte sich die Verunstaltung an den Nägeln geltend.
Wenn auch bei dem Pat. eine hereditäre Belastung nicht nachzuweisen und
derselbe bis zum Auftreten der Psoriasis immer gesund war, so hält es S. für
wahrscheinlich, dass auch in seinem Falle eine gemeinsame Ursache sowohl für
die Psoriasis, als auch für die mit allgemeiner Onychogryphose einhergehenden
Veränderungen an den Gelenken bestand, für deren Ätiologie der Hitzschlag ein
begünstigendes Moment gewesen sein mag, indem er schwere nervöse Depressions-
erscheinungen und Folgen hinterlassen hat. Gold (Bielitz).
29) Habermann (Wismar). Beitrag zur Kenntnis der malignen.
Neurome.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 23 u. 24.)
Die Arbeit bringt die ausführliche Krankheitsgeschichte eines sehr sorgfältig
klinisch beobachteten und — im Rostocker Institut — pathologisch-anatomisch
untersuchten Falles von Elephantiasis neuromatodes congenita einer 28jährigen Pate
mit zahlreichen Pigmentirungen, Naevis, oft Fibroma molluscum-artigen Haut-
fibromen, mit zunächst einer solitären Geschwulst des N. ischiadicus und folgender
Ausbreitung der Neurofibromatose über das ganze Nervensystem, selbst den Vagus
und Splanchnieus. Während zwischen dem Auftreten der 1. Geschwulst (Nerven-
resektion mit nachfolgender Plastik bei sehr gutem funktionellen Resultat) und
dem der 2. am Ulnaris 1 Jahr lag, entwickelten sich die weiteren nach Exstirpation
der letzteren, zunächst solche am Kopf, schon in 9 Monaten und danach in immer
kürzeren Zwischenräumen und stellten im Gegensatz zu den ersten, sekundär sar-
komatös degenerirten Neuromen reine Neurofibrome dar. Den Exstirpationen
folgten niemals lokale Recidive. Der Fall bietet mancherlei Interessantes, so
dass das Studium der Abhandlung empfohlen werden kann.
Kramer (Glogau).
30) G. Gavello e A. de Simoni. La tubercolina TR nella cura del
lupus.
(Gazz. med. di Torino 1898. No. 25.)
Die Autoren haben in 2 Fällen von Lupus faciei mit bereits starker Zer-
störung an Wange und Nase das neue Koch’sche Tuberkulin verwandt. Im
ersten Falle wurden im Ganzen 3, im zweiten 5 mg verwandt. Es bildeten sich
gute Granulationen, und im ersten Falle trat Heilung durch Vernarbung ein, im
zweiten wesentliche Besserung; dann musste die Kur abgebrochen werden wegen
nicht näher angegebener übler Nebenerscheinungen.
E. Pagenstecher (Wiesbaden).
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1035
31) E. Lang. Die Resultate der operativen Lupusbehandlung.
(Wiener klin Rundschau 1898. No. 13.)
L. hat 49 Fälle von Lupus mit Totalexstirpation behandelt mit nachfolgender
plastischer Deckung der Defekte durch einfache Naht, gestielte oder ungestielte
Hautlappen oder Transplantation nach Thiersch.
Von den 49 Kranken blieben 35 in Beobachtung, und von diesen wurden 27
durch die Operation definitiv geheilt. Die recidivfreie Zeit beträgt bei denselbe
1/2— 5/4 Jahre.
Von den Kranken waren die meisten vorher anderweitig behandelt, viele Jahre
{bis zu 40) lang ohne Erfolg. Grisson (Hamburg).
32) M. Lesné. Un cas d'infection staphylococcique du sang et du
liquide cephalo-rachidien.
(Revue mensuelle des maladies de l’enfance 1898. Juni.)
Das 7 Monate alte, augenscheinlich schon öfters magen-darmkrank gewesene
Kind zeigte außer einer ausgebreiteten, zum Theil’ phlegmonösen Furunkulose
Nackensteifigkeit und gespannte Fontanelle. Es wurde in einwandsfreier Weise
der Nachweis von Staphylococcus albus in den Abscessen, im Blut des Sinus
longitudinalis und im meningealen Exsudat geführt.
Letzteres wurde theils durch Punktion der Fontanelle, theils durch Lumbal-
punktion gewonnen. Die Punktionsflüssigkeit war übrigens stets klar. (Über den
Eiweißgehalt ist nichts berichtet.) Mindestens 50 Tage lang war in ihr der
Staphylococcus albus nachweisbar, im Blut dagegen etwa 4 Wochen lang. Trotz
einer schweren akuten Magen-Darmerkrankung und Nachschüben der Furunkulose
fast völlige Heilung in 3 Monaten. Schneller Tod an Masern-Lungenentzündung.
Bei der Sektion fand sich der Staphylococcus albus nur in dem Eiter des wie
gewöhnlich erkrankten Mittelohrs. Verf. glaubt, dass die Staphylokokkhämie
häufiger in Heilung übergehe. Göppert (Breslau).
33) Friedländer und Schlesinger. Über die chirurgische Behandlung
der Hirnsyphilis.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 2.)
Zur Frage des Nutzens der Operation bei Hirnsyphilis, gegen die sich be-
kanntlich einige namhafte Autoren sehr ablehnend verhalten, bringen F. und 8.
einen werthvollen Beitrag. Bei einem 43jährigen Mann, der früher Lues gehabt,
bestanden seit 2 Jahren heftige linksseitige Kopfschmerzen, Rindenepilepsie;
dazu trat rechtsseitige Hypoglossuslähmung, rechtsseitige Facialisparese, Lähmung
des rechten Arms, Störung des Lokalisationsvermögens, des Temperatur-, Schmerz-
und stereognostischen Sinnes bei Erhaltensein der Berührungsempfindung; doppel-
seitige Stauungspapille. Ein Gumma der Dura in der Gegend des unteren Theils
der linken Centralwindungen wird entfernt. Heilung. Die Hypoglossuslähmung
bleibt, die Stauungspapille geht zurück; während der Rekonvalescenz besteht aus-
gesprochene Verspätung der Schmerzempfindung auf der rechten Körperhälfte.
Lähmung der Vasomotoren derselben Seite.
Es kann also keinem Zweifel unterliegen, dass die operative Entfernung von
Syphilomen gerechtfertigt ist, wenn die antiluetische Behandlung versagt.
In den angeknüpften Erörterungen werden für die Hirnpathologie einige
Punkte hervorgehoben. Der Fall spricht für das Vorhandensein eines räumlich
nicht mit anderen motorischen Centren zusammenfallenden Rindencentrums für
den Hypoglossus beim Menschen; ferner spricht er für die mehrfach angezweifelte
corticale Vertretung der Vasomotoren beim Menschen, so wie dafür, dass die
Verspätung der Schmerzempfindung, die als spinales und peripheres Symptom be-
kannt ist, auch rein corticaler Natur sein kann. Endlich zeigt der Fall, dass
der Temperatursinn ein Rindenfeld besitzt, das sich nicht vollkommen mit den
Rindenfeldern für die anderen Sensibilitätsqualitäten deckt.
$ Haeckel (Stettin:.
1032 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
nahe kommt, erscheint dem Ref. einigermaßen hoch gegriffen, da es
sich doch nur darum handelt, den Pat. gegen den Hautschnitt un-
empfindlich zu machen, wozu eine weniger starke Lösung den Zweck
erfüllen würde. Im Übrigen wurden Tracheotomien unter Cocain-
anästhesie schon früher von v. Schrötter in Wien ausgeführt. Auch
Referent hat in 2 Fällen von. Kehlkopftuberkulose die Tracheotomie
mit Hilfe einer 2!/,%igen Cocainlösung mit bestem Erfolg vor-
genommen.) Gold (Bielitz).
24) C. Bouyer. De la tuberculose pulmonaire dans les
kystes hydatiques.
These de Paris, 6. Steinheil, 1898. 118 S.
Verf. bespricht in der weitschweifig geschriebenen Dissertation,
veranlasst durch 2 von ihm bei Duplay beobachtete Fälle, die Be-
ziehungen zwischen Tuberkulose, speciell Lungentuberkulose, und
Echinococcus. Er kommt dabei zu dem — nicht unerwarteten — Er-
gebnis, dass Träger von Echinokokken auch tuberkulös sein können,
dass die Tuberkulose bei ihnen nicht weniger häufig ist, als bei
anderen Individuen, und dass sie ihren gewöhnlichen Verlauf nimmt,
unbekümmert um den Echinococcus. Bezüglich der Symptomatologie
hebt er hervor, dass Lungenblutungen auch bei Lungenechinokokken
vorkommen. Er legt ferner Gewicht darauf, dass bei Echinokokken
tuberkulöse Pleuritiden vorkommen. (Dies ist selbstverständlich nicht
zu bezweifeln; immerhin ist zu bemerken, dass dem Verf. offenbar
die schon seit der Arbeit von Guillebeau beschriebene makrosko-
pische und mikroskopische Ähnlichkeit der durch Echinokokken
hervorgerufenen Fremdkörpertuberkulose mit der bacillären Tuber-
kulose nicht bekannt ist. Der Ref.)
In therapeutischer Beziehung empfiehlt Verf., den Echinococcus
zu behandeln, wie wenn keine Tuberkulose vorhanden wäre —
immerhin unter Bevorzugung schonender Operationsverfahren in
Fällen, wo die Wahl offen steht. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
Kleinere Mittheilungen.
25) A. Delcourt. Rhumatisme articulaire noueux chez les enfants.
(Revue mensuelle des maladies de l'enfance 1898. Juli.)
` Ein 31/jähriges Kind erkrankte an Anfangs wieder vorübergehender schmerz-
loser Anschwellung einzelner Gelenke. Allmählich blieben die Gelenkschwellungen
stabil. Innerhalb eines Jahres waren sämmtliche große und kleine Gelenke, auch
die Gelenke der Halswirbelsäule, verdickt, aktiv und passiv nur noch unvoll-
kommen beweglich. Die Affektion verlief fieberlos. Im Alter von 5 Jahren starb
das Kind nach 9tägigem hohem Fieber.
Die Todesursache ist eine fast über sämmtliche Extremitätenknochen aus-
gebreitete akute Streptokokkenosteomyelitis.
An chronischen Veränderungen fanden sich: Verdickung des periartikulären
Gewebes und der Gelenkkapsel. Nur vereinzelt Spuren von Konorpelusur.
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1033
Die Verdickung der Epiphysen war nur gering, sie war im Leben durch die
Verdiekung der Weichtheile vorgetäuscht gewesen.
Außerdem fand sich Synechia pericardii, die augenscheinlich schleichend ent-
standen ist. Verf. giebt eine ausführliche Beschreibung der Symptomatologie des
chronischen Gelenkrheumatismus im Kindesalter und wendet sich auf Grund seines
— bisher einzig vorliegenden — Obduktionsbefundes gegen Bérard und Destot,
die der Beschreibung nach schr ähnliche Erkrankungen als tuberkulös auffassen.
Göppert (Breslau).
26) A. F. Matwejew. Zur Kasuistik der Echinococcuskrankheit.
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 4.) R
1) Milzechinococeus, Pat. im 4. Schwangerschaftsmonat. Cyste kindskopfgroß.
Zweizeitige Operation. Heilung.
2) Echinococcus im Rachen (rechts), Parese des linken Facialis, Ptosis links.
SE der Blase. Nervenbefund unverändert (also Echinococcus der Schädel-
öhle).
3) Leberechinocoeeus. Operation zweizeitig. Im Verlauf krupöse Pneumonie.
Geheilt. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
27) Sternthal. Mittheilungen über extragenitale syphilitische In-
fektionen.
{Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Ärzte 1897.)
Braunschweig, Harald Bruhn, 1597.
Verf. hat aus seiner Praxis 14 Fälle extragenital erworbener Syphilis zu-
sammengestellt, welche in mehrfacher Beziehung interessant sind. 7 Fälle betrafen
Primäraffekte an den Lippen, durch Küssen erworben; 3 Primäraffekte an den
Fingern. Imal handelte es sich um einen Zahnarzt, der sich an dem Zahn eines
syphilitischen Kellners gerissen hatte; die Aifektion wurde erst verkannt und
wiederholt von einem Chirurgen ineidirt. Eben so wichtig in Bezug auf die even-
tuelle Weiterverbreitung der Syphilis war die Erkrankung einer Hebamme ge-
legentlich einer Geburt; in der That sind von ihr eine Anzahl Infektionen aus-
gegangen, von denen ein Fall tödlich endete.
Ein Primäraffekt an der Mammilla, wobei die Infektionsquelle das eigene,
vom Vater her hereditär syphilitische Kind der gesunden Mutter war, bildet eine
Ausnahme vom Colles’schen Gesetz. Von 2 Initialsklerosen in der Mundhöhle
scheint die eine durch zahnärztliche Instrumente hervorgerufen worden zu sein.
Im 14. Falle war der Sitz der Affektion am Schamberg und auf dem Oberschenkel.
— Das männliche und weibliche Geschlecht ist zu gleichen Theilen betroffen.
Verf. bespricht die Ätiologie und Diagnose der extragenitalen Primäraffekte und
hält letztere für leicht. Die Erkennung der wahren Natur des Leidens begegnet
äber doch zuweilen Schwierigkeiten, zumal an den Fingern, wo es oft mit be-
ginnendem Panaritium verwechselt wird. Das kann, wie im angeführten Falle bei
einem Zahnarzt, sehr verhängnisvoll werden! Besonders wichtig sind solche In-
fektionen bei Ärzten, Zahnärzten und Hebammen, wenngleich letzteren die Aus-
übung ihrer Thätigkeit gesetzlich entzogen werden kann und muss.
Aber auch die zahnärztlichen Instrumente erscheinen dem Verf. mit Recht als
höchst bedenklich, vor Allem die Spiegel; er schlägt desshalb vor, dass jeder Pat.
sich seinen eigenen Spiegel halten und mitbringen soll. (Es giebt wohl so manchen
Zahnarzt oder Dentisten, der keine ausgiebige Reinigung, geschweige denn Steri-
lisation seiner Instrumente vornimmt. Ref.) — Verf. schließt die hoch interessanten
Mittheilungen mit einem Appell an die Behörden, »die Minderung der Infektions-
gefahr und die Behandlung der Syphilitischen zu erleichtern durch Hinwegräumung
der nutzlosen Bestimmung, dass an Syphilis leidende Kassenkranke kein Kranken-
geld erhalten, durch Errichtung besonderer Syphilisabtheilungen in den Hospi-
tälern und Besetzung derselben mit der Syphilis kundigen Ärzten, endlich durch
sorgfältigere Überwachung und Regelung der Prostitution.«
Tschmarke (Magdeburg).
1034 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
28) Strauss. Psoriasis und Arthropathien.
à (Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 18.)
Verf. theilt einen Fall von Psoriasis universalis mit, welcher mit hochgradigen
Arthropathien und Nageldeformitäten einherging. Die Gelenkaffektionen glichen
einer Arthritis deformans. Im Anschluss an einen Hitzschlag traten allmāhlich
Schmerzen, Schwellungen und Steifigkeiten in den Finger-, Hand-, und Zehen-
gelenken auf. Im weiteren Verlauf machten sich die Erscheinungen in geringerem
Grade auch in den Schultergelenken, so wie in denen der Halswirbelsäule geltend.
Die Haut über den befallenen Gelenken wurde welk und dünn, Störungen von
Seiten des Herzens und des Nervensystems, die eine Rückenmarkserkrankung
hätten diagnostieiren lassen, fehlten.
An den Nägeln der Finger und Zehen waren hochgradige Veränderungen zu
konstatiren, welche den Eindruck schwerer trophischer Störungen machten, wie sie
die Onychogryphosen darstellen. Dafür sprach auch das Verhältnis, in welchem
die Schwere der Nagelerkrankungen zu der der Gelenkdeformitäten in den ein-
zelnen Fingern und Zehen stand. Je größer die letzteren waren, um so hoch-
gradiger machte sich die Verunstaltung an den Nägeln geltend.
Wenn auch bei dem Pat. eine hereditäre Belastung nicht nachzuweisen und
derselbe bis zum Auftreten der Psoriasis immer gesund war, so hält es S. für
wahrscheinlich, dass auch in seinem Falle eine gemeinsame Ursache sowohl für
die Psoriasis, als auch für die mit allgemeiner Onychogryphose einhergehenden
Veränderungen an den Gelenken bestand, für deren Ätiologie der Hitzschlag ein
begünstigendes Moment gewesen sein mag, indem er schwere nervöse Depressions-
erscheinungen und Folgen hinterlassen hat. Gold (Bielitz).
29) Habermann (Wismar). Beitrag zur Kenntnis der malignen.
Neurome.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 23 u. 24.)
Die Arbeit bringt die ausführliche Krankheitsgeschichte eines sehr sorgfältig
klinisch beobachteten und — im Rostocker Institut — pathologisch-anatomisch
untersuchten Falles von Elephantiasis neuromatodes congenita einer 28jährigen Pate
mit zahlreichen Pigmentirungen, Naevis, oft Fibroma molluscum-artigen Haut-
fibromen, mit zunächst einer solitären Geschwulst des N. ischiadicus und folgender
Ausbreitung der Neurofibromatose über das ganze Nervensystem, selbst den Vagus
und Splanchnicus. Während zwischen dem Auftreten der 1. Geschwulst (Nerven-
resektion mit nachfolgender Plastik bei sehr gutem funktionellen Resultat) und
dem der 2. am Ulnaris 1 Jahr lag, entwickelten sich die weiteren nach Exstirpation
der letzteren, zunächst solche am Kopf, schon in 9 Monaten und danach in immer
kürzeren Zwischenräumen und stellten im Gegensatz zu den ersten, sekundär sar-
komatös degenerirten Neuromen reine Neurofibrome dar. Den Exstirpationen
folgten niemals lokale Recidive. Der Fall bietet mancherlei Interessantes, so
dass das Studium der Abhandlung empfohlen werden kann.
Kramer (Glogau).
30) @. Gavello e A. de Simoni. La tubercolina TR nella cura del
lupus.
(Gazz. med. di Torino 1898. No. 25.)
Die Autoren haben in 2 Fällen von Lupus faciei mit bereits starker Zer-
störung an Wange und Nase das neue Koch’sche Tuberkulin verwandt. Im
ersten Falle wurden im Ganzen 3, im zweiten 5 mg verwandt. Es bildeten sich
gute Granulationen, und im ersten Falle trat Heilung durch Vernarbung ein, im
zweiten wesentliche Besserung; dann musste die Kur abgebrochen werden wegen
nicht näher angegebener übler Nebenerscheinungen.
E. Pagenstecher (Wiesbaden).
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1035
31) E. Lang. Die Resultate der operativen Lupusbehandlung.
(Wiener klin Rundschau 1893. No. 13.)
L. hat 49 Fälle von Lupus mit Totalexstirpation behandelt mit nachfolgender
plastischer Deckung der Defekte durch einfache Naht, gestielte oder ungestielte
Hautlappen oder Transplantation nach Thiersch.
Von den 49 Kranken blieben 35 in Beobachtung, und von diesen wurden 27
durch die Operation definitiv geheilt. Die recidivfreie Zeit bet: Set bei denselbe
1—5°/, Jahre.
Von den Kranken waren die meisten vorher anderweitig behandelt, viele Jahre
{bis zu 40) lang ohne Erfolg. @risson (Hamburg).
32) M. Lesné. Un cas d'infection staphylococcique du sang et du
liquide cephalo-rachidien.
(Revue mensuelle des maladies de l’enfance 1898. Juni.)
Das 7 Monate alte, augenscheinlich schon öfters magen-darmkrank gewesene
Kind zeigte außer einer ausgebreiteten, zum Theil’ phlegmonösen Furunkulose
Nackensteifigkeit und gespannte Fontanelle. Es wurde in einwandsfreier Weise
der Nachweis von Staphylococcus albus in den Abscessen, im Blut des Sinus
longitudinalis und im meningealen Exsudat geführt.
Letzteres wurde theils durch Punktion der Fontanelle, theils durch Lumbal-
punktion gewonnen. Die Punktionsflüssigkeit war übrigens stets klar. (Über den
Eiweißgehalt ist nichts berichtet.) Mindestens 50 Tage lang war in ihr der
Staphylococcus albus nachweisbar, im Blut dagegen etwa 4 Wochen lang. Trotz
einer schweren akuten Magen-Darmerkrankung und Nachschüben der Furunkulose
fast völlige Heilung in 3 Monaten. Schneller Tod an Masern-Lungenentzündung.
Bei der Sektion fand sich der Staphylococcus albus nur in dem Eiter des wie
gewöhnlich erkrankten Mittelohrs. Verf. glaubt, dass die Staphylokokkhämie
bäufiger in Heilung übergehe. Göppert (Breslau).
33) Friedländer und Schlesinger. Über die chirurgische Behandlung
der Hirnsyphilis.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 2.)
Zur Frage des Nutzens der Operation bei Hirnsyphilis, gegen die sich be-
kanntlich einige namhafte Autoren sehr ablehnend verhalten, bringen F. und S.
einen werthvollen Beitrag. Bei einem 43jährigen Mann, der früher Lues gehabt,
bestanden seit 2 Jahren heftige linksseitige Kopfschmerzen, Rindenepilepsie;
dazu trat rechtsseitige Hypoglossuslähmung, rechtsseitige Facialisparese, Lähmung
des rechten Arms, Störung des Lokalisationsvermögens, des Temperatur-, Schmerz-
und stereognostischen Sinnes bei Erhaltensein der Berührungsempfindung; doppel-
seitige Stauungspapille. Ein Gumma der Dura in der Gegend des unteren Theils
der linken Centralwindungen wird entfernt. Heilung. Die Hypoglossuslähmung
bleibt, die Stauungspapille geht zurück; während der Rekonvalescenz besteht aus-
gesprochene Verspätung der Schmerzempfindung auf der rechten Körperhälfte.
Lähmung der Vasomotoren derselben Seite.
Es kann also keinem Zweifel unterliegen, dass die operative Entfernung von
Syphilomen gerechtfertigt ist, wenn die antiluetische Behandlung versagt.
In den angeknüpften Erörterungen werden für die Hirnpathologie einige
Punkte hervorgehoben. Der Fall spricht für das Vorhandensein eines räumlich
nicht mit anderen motorischen Centren zusammenfallenden Rindencentrums für
den Hypoglossus beim Menschen; ferner spricht er für die mehrfach angezweifelte
corticale Vertretung der Vasomotoren beim Menschen, so wie dafür, dass die
Verspätung der Schmerzempfindung, die als spinales und peripheres Symptom be-
kannt ist, auch rein corticaler Natur sein kann. Endlich zeigt der Fall, dass
der Temperatursinn ein Rindenfeld besitzt, das sich nicht vollkommen mit den
Rindenfeldern für die anderen Sensibilitätsqualitäten deckt.
Haeckel (Stettin!.
1036 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
34) Masse. Piaulement intracranien consécutif à un traumatisme.
(Gaz. hebdom. des sciences méd. de Bordeaux 1898. No. 28 u. 29.)
In ausführlicher, interessanter Darstellung berichtet M. über einen Fall hef-
tigen Aufschlagens des Kopfes auf den Fußboden bei einem 21 Monate alten
Kinde, bei dem anfänglich keine schwere Verletzung vorzuliegen schien, bei dem
nachträglich aber als Wahrscheinlichkeitsverletzung ein Schädelbruch und
arterio-venöses Aneurysma der Carotis interna im Sinus caver-
nosus angenommen werden musste.
Der Fall war ein indirekter, die Mutter stürzte mit dem Kind im Arm. Zu-
erst wurde nichts beobachtet, nach 47 Tagen cerebrale Erscheinungen mit Eiterung
aus dem Ohr und Abscess hinter demselben. Nach Ineision und Behandlung
Heilung.
Nach 6 Jahren Hören eigenthümlicher Geräusche im Kopf, die auch von
Anderen auskultirt werden konnten. Dieselben waren isochron mit dem Puls-
schlag, auf der rechten Kopfseite, und konnten durch Kompression der Carotis
am Hals unterdrückt werden.
Allmählich hat sich das Kind an die Geräusche so gewöhnt, dass es nicht
mehr davon gestört wird, und da bei der nunmehr 11jährigen, von M. beobachteten
Pat. keine weitere Störung vorliegt, sie sich vielmehr bester Gesundheit nach
jeder Richtung hin erfreut, wurde nichts gemacht.
In ausführlicher Weise zergliedert M. die einzelnen Punkte der Wahrschein-
lichkeitsdiagnose und geht genau auf die Litteratur, namentlich die französische,
der einschlägigen seltenen Fälle ein, so dass um desswillen auch die Publikation
für Jeden, der sich mit der Frage beschäftigt, wichtig ist.
A. Henry (Breslau).
35) Henschen. Die Röntgenstrahlen im Dienste der Hirnchirurgie.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hit. 2.,
Schuss in das linke Auge. Die klinische Lokaldiagnose wird durch die
Photographie bestätigt. Trepanation, Extraktion des Geschosses aus dem rechten
parieto-oceipitalen Lappen, Heilung. Der Fall liefert zugleich den bündigsten
Beweis für His Theorie, dass das dorsale Bündel im oceipitalen Abschnitt der
Sehbahn (vom äußeren Kniehöcker bis zur Fissura calvarina) den dorsalen Retinal-
quadranten innervire. Haeckel (Stettin).
36) Depage. Sarcome de la base du cräne; trach&otomie préventive;
ligature provisoire des deux carotides externes; résection ost&oplastique
de la mächoire supérieure par le procédé de Kocher; Guerison.
Presentation de l’operc.
(Bull. de l'acad. royale de méd. de Belgique 1698. No. 5.)
Die osteoplastische Resektion der Oberkiefer nach Kocher 1892 erleichterte
in obigem Falle bei einem 39 Jahre alten Manne die Entfernung der Geschwulst
sehr, deren Abschälung von der Basis cranii und den oberen Halswirbeln an sich
nur das eine Bemerkenswerthe bot, dass die Blutung trotz der temporären Unter-
bindung beider äußeren Karotiden sehr reichlich war. Beim Zusammennähen dır
Oberkiefer nach der Operation ließ man die Spalte des Zäpfchens der leichteren
Tamponade wegen offen. Heilung in 3 Wochen. Staphylorrhaphie 6 Wochen später.
E. Fischer Straßburg i/E.).
37) A. A. Maximow. Zur Frage der Geschwülste, die sich an der
gewöhnlichen Stelle der vorderen Hirnbrüche entwickeln.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hir. 4.)
Bei einem 2jährigen Mädchen wurde eine Geschwulst an der Nasenwurzel
entfernt, die man für einen vorderen Hirnbruch hielt. Sie war angeboren, 21/2 cm
hoch, an der Basis 3—3!/% Querfinger breit, weich-elastisch, etwas durch-
Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1037
scheinend, der Knochen unter ihr usurirt. Die Wunde wurde osteoplastisch ge-
schlossen und tamponirt; beim Verbandwechsel entleerte sich seröse Flüssigkeit.
Erst die mikroskopische Untersuchung zeigte Bindegewebe mit großen Lymph-
spalten und quergestreiften Muskelfasern in den Septen; es handelte sich also um
ein angeborenes kavernöses Lymphangiom der Haut.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
38) Depage. Un deuxième cas de resection du ganglion de Gasser.
(Bull. de l’acad. royale de med. de Belgique 1898. No. 3.)
Während die 1. Operation, ausgeführt 1896 an einer Dolichocephalen, leicht
von statten ging, machte die 2. bei einer 51 Jahre alten Brachycephalen große
Schwierigkeiten. Die Pat. hatte ihre Neuralgie rechts schon seit etwa 20 Jahren;
sie wurde nach Krause am 25. November 1897 operirt. Nachdem die Dura frei
gelegt, machte die Unterbindung der Meningea media große Schwierigkeiten, weil
der Knochenvorsprung außen am Foramen spinosum sehr stark entwickelt war.
Die Lösung der Dura bis zum 3. und 2. Ast war leicht. Als sie jedoch von
der Oberfläche des Ganglion zurückgeschoben wurde, riss sie sammt Arachnoidea
und Pia ein, es floss Liquor cerebri ab, starke Blutung stellte sich ein, Tamponade
war nöthig, Respiration und Puls setzten zeitweise aus, auch Hirnmasse floss ab.
Trotzdem gelang es, die Operation zu vollenden, welche jedoch 2 Stunden dauerte.
Die Depression nach der Operation ging nach etwa 4 Stunden in Exaltation
über, welche 2 Tage dauerte und mit großen Dosen Morphium bekämpft wurde.
Dann setzten die Neuralgien wieder ein, das rechte Bein gelähmt, der Urin zu-
rückgehalten, die rechte Pupille und rechte Augenlider sind gelähmt. Vom
3. Tage an trat langsam Besserung ein und Heilung. Diplopie bestand noch
längere Zeit, heilte aber ebenfalls. E. Fischer (Straßburg i;E.).
39) Friedrich. Zur chirurgischen Behandlung der Gesichtsneuralgie,
einschließlich der Resektion und Exstirpation des Ganglion Gasseri.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 2.)
F. stellte die Enderfolge der Nervenextraktion nach Thiersch fest durch Nach-
untersuchung der in den Jahren 1883—1893 an der Thiersch’schen Klinik Operirten
Von 26 Fällen ließen sich bei 17 Nachrichten erhalten; bei den meisten waren
6 Jahre und mehr seit der Operation verstrichen. Recidivfrei sind 6, es zeigen
Recidive 6, beträchtlich gebessert 2, im Heilerfolg zweifelhaft 3. Stets hatte es
sich um sehr schwere, oft Decennien alte Neuralgien gehandelt. F. empfiehlt
desshalb die Extraktion und betont, dass man auch die Nachbargebiete mit in den
Extraktionsbereich ziehen soll, sobald auch nur kleinste Gebiete eines Nachbar-
astes neuralgisch mit affieirt sind.
F. hat 2mal die Theilresektion und imal die vollständige Exstirpation des
Ganglion Gasseri ausgeführt. An den Augen erfolgte nie irgend welche Schädigung;
vorübergehende Wirkung auf das Gehirn durch Quetschung bei der Operation
machte sich nur in einem Falle durch Störungen des Wortgedächtnisses und der
Vorstellungen, die aber schon nach wenigen Tagen schwanden, bemerklich.
Besonders hervorzuheben ist 1 Fall, in welchem keine Schädigung des Auges
nach der Ganglionexstirpation folgte, trotzdem die Bedingungen dazu in hohem
Maße gegeben waren; denn die Kranke litt an gleichseitiger Facialisparalyse (zu-
folge früher anderwärts ausgeführter experimenteller Trigeminusoperationen) mit
mangelndem Lidschluss, so wie an leichter chronischer Conjunctivitis.
Haeckel (Stettin).
40) Schenke. Über die Stirnhöhlen und ihre Erkrankungen.
Diss. inaug., Jena, 1898.
S. bringt aus der Riedel’schen Klinik 12 Fälle von Stirnhöhleneiterungen,
darunter eine Tuberkulose. Nur einmal führte Eröffnung und Drainage von vorn
zur Heilung. Da in den übrigen Fällen dies Verfahren im Stich ließ, so ging
Riedel bald zur Radikalbehandlung über: Wegmeißeln der vorderen und
1038 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
unteren Wand, Auskratzen der Schleimhaut, Drainage nach der Nase hin. Nach
des Verf. Annahme hat Riedel am 8. September 1885 die Radikaloperation über-
haupt zum ersten Mal ausgeführt. Um die entstellende Narbe auf der Stirn zu
vermeiden, machte Riedel in seinem letzten Falle nur einen Bogenschnitt, auf
dem medialen Theil der Augenbraue beginnend nach abwärts, die Haut der Nasen-
wurzel 1 cm von der Mittellinie spaltend, in der Höhe des unteren Augenlids
endigend. Von hier aus ließ sich mit Hohlmeißelzange und Meißeln die Radikal-
operation, freilich mühsam, ausführen. Bei Schluss des Berichts: »fast geheilt;
Entstellung geringe. Haeckel (Stettin).
41) Schech. Zur Pathologie der Keilbeincaries.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 27.)
Ausgedehntere Caries der Keilbeinhöhlenwände verdankt meist dyskrasischen
Processen, so namentlich der Syphilis und bösartigen Neubildungen, ihre Ent-
stehung und hat häufig sehr ernste und lebensbedrohliche Erscheinungen zur
Folge. Das beweist zunächst ein von S. mitgetheilter Fall von bösartiger Ge-
schwulst des Keilbeins mit sekundärer Erkrankung des Gehirns, schweren Läh-
mungen der Augenmuskeln ete. und schließlichem tödlichen Ausgang. Günstiger
verliefen 2 weitere Fälle von syphilitischer Keilbeincaries, die nach langdauernder
Eiterung und schweren cerebralen Erscheinungen durch eine antiluetische Kur zur
Heilung gelangten.
Die Beobachtungen mahnen außerdem zu größter Vorsicht bei der lokalen
Behandlung der Krankheit, da durch Sondirungen oder Einspritzung von Flüssig-
keiten leicht ernste Folgezustände seitens des Gehirns herbeigeführt werden können.
Kramer (Glogau).
42) A. Wöhrlin. Über Verletzungen und traumatische Aneurysmen
der Arteria maxillaris interna.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.)
W. erörtert einen Fall von Stichverletzung der A. maxillaris interna, welcher
in der Madelung’schen Klinik beobachtet wurde. Das Messer war von der Pa-
rotisgegend aus schräg nach unten hinter das Kiefergelenk eingedrungen. Der
sofortigen starken arteriellen Blutung konnte in Anbetracht des kollabirten Zu-
standes des Pat. zunächst nur durch Tamponade entgegen getreten werden; später
wurde zur definitiven Blutstillung die Carotis externa, und als das nicht zum Ziele
führte, die Maxillaris selbst resp. deren Äste nach Resektion des Processus arti-
cularis mandibulae unterbunden. Anschließend stellt Verf. die bisherige Kasuistik
der Stich- und Schussverletzungen, so wie der traumatischen Aneurysmen der
Maxillaris interna zusammen und kommt hierbei zu dem Schluss, dass Verletzun-
gen der Maxillaris int., wenn auch nicht als tödlich, so doch namentlich mit Rück-
sicht auf sekundäre Blutungen als geführlich anzusehen sind.
Wo möglich soll stets die Arterie in loco unterbunden werden; geht das nicht,
so habe die Unterbindung der Carotis externa, im äußersten Nothfalle auch die
der Carotis communis stattzufinden.
Aneurysmen sollen ebenfalls, wofern sich lange Zeit hindurch geübte Kom-
pression als erfolglos herausstellt, mittels Unterbindung der Carotis ext. behandelt
werden. Honsell (Tübingen).
43) E. Ullmann. Fxstirpation des Zungenbeins wegen Caries.
(Wiener med. Presse 1598. No. 23.)
Erkrankungen des Zungenbeins sind außerordentlich selten und dann meist
traumatischer Natur. Caries des Zungenbeins wurde bisher noch nicht beobachtet.
Verf. theilt einen Fall mit, in dem er wegen Caries die Totalexstirpation des
Os hyoideum ausgeführt hat.
Es handelte sich um einen 2fjährigen, phthisisch belasteten Kranken, bei dem
es oberhalb des Schildknorpels zur Abseedirung und Fistelbildung kam. Spaltung
der Fistel. Zungenbeinkörper nach allen Richtungen hin vom Periost gänzlich
entblößt, rauh. Entfernung des Körpers sammt der in tuberkulöses Granulations-
Centralblatt für Chirusgie. No. 41. 1039
gewebe eingebetteten Hörner. Fixationsnaht durch die Zunge. Drainage, Naht.
Heilung mit normaler Zungenbeweglichkeit. P. Wagner (Leipzig).
44) Hopmann. Veliretraktor.
(Ärztliche Polytechnik 1898. Juni.)
Diese neue Vorrichtung dient dazu, das Gaumensegel nach vorn zu ziehen,
wenn man hinter demselben operiren will. Ein 50 cm langer, 3—4 mm dicker
Gummischlauch, dessen Enden durch Metallknöpfe abgerundet sind, wird mit dem
einen Ende von vorn nach hinten durch das rechte, mit dem anderen durch das
linke Nasenloch nach hinten geschoben, bis man die Enden hinter dem Gaumen-
segel fassen und zum Mund herausführen kann. Vorn an das Septum narium
legt man eine kleine schmale Metallplatte, welche zur Aufnahme des mittleren
Schlauchtheils dient und dort den Decubitus verhütet. Die Schlauchenden kann
man nun auf dieser Platte, beliebig stark angespannt, an Klemmen befestigen.
Das Gaumensegel wird hierdurch vollständig nach vorn gezogen, so dass Spal-
tungen desselben als Vorakte von Operationen im Rachen vollständig wegfallen.
Dieser Veliretraktor hat sich aus dem Türk’schen Zäpfchenschnürer und dem
Störk’schen Seidenbande sum Abziehen des Zäpfchens herausgebildet.
E. Fischer (Straßburg i/E.).
45) W. A. Oppel. : Zur Frage der zufälligen Verletzungen der inneren
Jugularvene.
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 3 u. 4.)
O. machte in 2 Fällen die doppelte Unterbindung der Vene. Im 1. Falle han-
delte es sich um eine vereiterte Schusswunde (kleiner Revolver) bei einem 4jähr.
Knaben; der Heilungsverlauf wurde durch Ohreiterung komplieirt; im 2. Falle
30jähriger Mann) lag eine Schnittwunde — 3/4 des Umfangs der Vene — vor.
Beide geheilt. Verf. bringt darauf 35 Fälle aus der Litteratur mit 16 Heilungen.
Für die Behandlung empfiehlt er vor Allem die Unterbindung (gewöhnlich doppelt),
in einigen Fällen — bei kleinen Wunden — die Venennaht oder seitliche Unter-
bindung; an letzter Stelle kommen Digitalkompression und Tamponade. Bei jeder
irgend wie verdächtigen Halswunde ist breite Eröffnung zur Untersuchung angezeigt.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
46) M. M. Kusnetzow. Uber die Holzphlegmone des Halses (Reclus).
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 4.)
K. bringt einen Fall dieser zuerst von Reclus (s. Centralblatt 1896 p. 1038)
beschriebenen Krankheit. Der 69jährige, recht heruntergekommene Pat, mit
Syphilis und Rheumatismus in der Anamnese, erkrankte vor 2 Monaten an An-
gina, die aber bald verging. Darauf entwickelte sich eine Verhärtung vom
Unterkiefer bis zum Schildknorpel, die vom Arzt für ein Careinom gehalten wurde.
Haut etwas geröthet, kein Fieber. Kompressen riefen bald Erweichung im Cen-
trum hervor, und nach 9 Tagen wurde ein kleiner Abscess mit brandigen Gewebs-
fetzen entleert. Nun ging die Verhärtung längs dem linken Sternocleidomastoideus
nach unten, und hier wurde nach 6 Tagen ein neuer Abscess eröffnet; endlich
musste nach 1 Monat eine vereiterte Drüse im rechten Subelavicularraum auf-
geschnitten werden. Heilung nach 4monatlicher Krankheit. Im Eiter fand man
abgeschwächte Streptokokken und eine Proteusart (im Drüseneiter nur letztere).
Güickel "D. Karabulak, Saratow).
47) M. Barbiöre et G. Ulmann. Observations d'un cas de thyroidite
aigue et d'un cas de spasme de la glotte d'origine intestinale, ayant
simulé le croup.
(Revue mens. des malad. de l'enfance 1898. Juni.)
Ein 10jähriges Mädchen erkrankte plötzlich an Entzündung des linken Schild-
drüsenlappens. Es traten schon im Laufe der ersten 24 Stunden mehrfach heftige
Erstickungsanfälle nicht durch Kompression der Trachea, sondern durch Spasmus
1040 Centralblatt für Chirurgie. No. 41.
glottidis in Folge Reizung des Nervus recurrens auf. Heilung ohne Eiterung in
5 Tagen. Der andere Fall bietet nichts Bemerkenswerthes.
Göppert (Breslau).
48) E. Meinert (Dresden). Fall von Tetanie in der Schwangerschaft,
entstanden nach Kropfoperation.
(Archiv für Gynäkologie Bd. LV. Hft. 2.)
Eine 35jährige Frau musste sich im Verlauf ihrer 10. Schwangerschaft
(4. Monat) wegen Athembeschwerden einer Kropfoperation unterziehen, welche in
der Entfernung der rechten mannsfaustgroßen Hälfte der Struma bestand. 3 Tage
nach der Operation traten schmerzhafte Streckkrämpfe in Händen und Füßen auf,
welche unter Chloral innerhalb 14 Tagen verschwanden. Die Schwangerschaft ver-
lief dann normal und endete auch mit einer normalen Entbindung.
Etwa 11/4 Jahr nach dieser letzteren traten — im 8. Monat der 11. Schwanger-
schaft — von Neuem Krämpfe in Händen und Füßen auf, welche den Hausarzt
veranlassten, die Frau zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt wegen »Eklam-
psie« in die Anstalt zu schicken. Hier wurde die Identität dieser Krämpfe mit
den früheren »tetanischen« festgestellt. Die Absicht, die Schwangerschaft bie zum
normalen Ende gehen zu lassen, gelang indessen nicht, da sich die Anfälle trotz
Verabreichung von Chloral-Morphium immer wiederholten. Besonders während
Einleitung der Frühgeburt und während des Geburtsaktes selbst (Extraktion des
Kindes an beiden Füßen) verharrten die Hände der Pat. permanent in tetanischer
Starre. Nach der Entbindung machte Pat. eine typische Influenza durch, während
welcher kein Anfall auftrat. Nachher ließ sich ein Anfall nur durch Druck auf
die Nerven und Gefäße der Ellbeuge auslösen (Trousseau’s Phänomen). Nach
ihrer Rückkehr nach Hause traten jedoch wieder erneute Anfälle auf, die sich
zwar durch Morphium koupiren ließen, aber immer wiederkehrten. Im Jahre 1895,
5 Jahre nach Beginn des Leidens, trat bei Verabreichung von Schilddrüsentabletten
ein Stillstand der Krämpfe für 1/ Jahr ein.
Der Fall ist besonders interessant durch die Komplikation von Schwanger-
schaft mit Kropfoperation. Dass die Schwangerschaft allein nicht genügend war,
die tetanischen Krämpfe auszulösen, bewiesen die 9 ersten normalen Schwanger-
schaften; dass die »Entkropfung« allein nicht Schuld war, beweist das freie Inter-
vall zwischen 10. und 11. Schwangerschaft. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
49) Wolff. Über die halbseitige Kropfexstirpation bei Basedow’scher
Krankheit.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. III. Hft. 1.)
Die weitgehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen innern Medicinern und
Chirurgen über den Werth der Kropfexstirpationen bei der Basedow’schen Krank-
heit zu schlichten, bedarf es genauer Kontrolle vor und nach der Operation durch
Neurologen. Wenigstens nach der Operation kontrollirt durch Mendel ist ein von
W. operirter Fall. 51,3 Jahre nach der halbseitigen Kropfexstirpation waren alle
wesentlichen störenden Symptome völlig geschwunden; nur mäßiger Exophthalmus,
Graefe’sches Symptom, leichter Tremor und geringe Abnormität im elektrischen
Leitungswiderstand der Haut waren geblieben. Als absolute Heilung ist der Fall
eben so wenig als irgend einer der von Anderen operirten zu bezeichnen, trotzdem
ein glänzendes Resultat.
Im Anschluss daran giebt W. eine Übersicht seiner Erfolge bei Basedow. Von
9 Fällen wurden 6 sehr günstig durch die Operation beeinflusst, in einem trat
schweres Recidiv auf, 2 starben unmittelbar im Anschluss an die Operation.
Haeckel (Stettin).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf § Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
E. von Bergmann, F Kinig, E. Richter,
in Berlin. in Berlin, in Breslau,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
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Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 42. Sonnabend, den 22. Oktober. 1898.
Inhalt: Th. Kölliker, Über die Behandlung der kongenitalen Hüftluxation mit der
unblutigen Reposition. (Original-Mittheilung.)
1) Park, Krebs. — 2) Enderlen, Anheilung getrockneter und feucht aufbewahrter
Hautläppchen. — 3) Harrington, Katgut. — 4) Reverdin, Wundnaht, — 2 Broese und
Schliler, Gonorrhoe. — 6) Bier, Chronischer Gelenkrhenmatismus, — 7) Meucidre,
Kuochenbrüche und Verrenkungen. — 8) Riedinger, Orthopädisch-ambulatorische Be-
handlung. — 9) Berger, Schulterblattexstirpation. — 10) Duval und Guillain, Schulter-
verrenkung. — 11) Joachimsthal, Brachydaktylie und Hyperphalangie. — "éi Hofmeister,
Skiaskopie des Hüftgelenks. — 13) Joachimsthal, Coxa vara. — 14) Morton, Geng
valgum. — 15) Storp, Unterschenkelamputation. — 16) Roth, Resectio tibio-calcanea.
17) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 18) Fiatau, Traumatische Neurosen.
— 19) Briese, Symmetrische Gangrän. — 20) v. Eiseisborg, Dystrophia musculorum
progrediens. — 21) Ollier, Bildung einer Gelenkverbindung. — 22) Jull6, Drucklähmung
des N. uln. — 23) Franke, Radialislähmung. — 24) Seldowitsch, Gelenke überzähliger
Finger. — 25) Demons und Bögouin, Hüftverrenkung. — 26) Brauer, Coxa vara. —
27) Birch-Hirschfeld, 28) Hahn, Osteomyelitis. — 29) Prutz, Lufteintritt in das Knie.
— 30) Graff, Verrenkung des Fuß- und Kniegelenks. — 31) Payr, Fettembolie nach
Kontrakturstreckung. — 32) Mulert, Zerreißung der Art. poplitea.
Über die Behandlung der kongenitalen Hüftluxation
mit der unblutigen Reposition.
Von
Prof. Tb. Kölliker in Leipzig.
Nachdem ich im Juni 1896 begonnen habe, die angeborene Hüft-
luxation mit der unblutigen Reposition nach Lorenz zu behandeln,
ist nunmehr in einer Reihe der auf diese Weise behandelten Kinder
die Behandlung so weit zum Abschluss gelangt, dass es gestattet ist,
über die vorläufigen Ergebnisse zu berichten. 4
Im Ganzen wurde die unblutige Reposition 64mal vorgenommen
bei 50 Kindern. Doppelseitige Luxation lag vor in 14 Fällen, dar-
unter weiblich 11, männlich 3. Einseitig war die Luxation 36mal
bei 30 Mädchen und 6 Knaben. Das linke Bein war luxirt 26mal
42
1042 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
bei 23 Mädchen und 3 Knaben, das rechte Bein 10mal bei 7 Mädchen
und 3 Knaben.
Bis 4 Jahre alt waren 39 Kinder, 3 standen im 1., 18 im 2.,
13 im 3, 5 im 4. Jahre. Über 4 Jahre waren 11 Kinder, das älteste
der Kinder zählte 11 Jahre.
Die Reposition wurde nach den von Lorenz gegebenen Vor-
schriften ausgeführt. Einseitige Luxationen bedurften durchschnitt-
lich 7—8 Gipsverbände, doppelseitige 9—10 Verbände. Die einzelnen
Gipsverbände wurden nach 4—8 Wochen und darüber gewechselt.
Zur Nachbehandlung benutzte ich zu Anfang die Schede’sche Ab-
duktionsschiene, später ein Stützkorsett mit Schienenhülse und Ab-
duktionsvorrichtung entweder für das ganze Bein oder nur für den
Oberschenkel.
In 38 der Fälle lässt sich das vorläufige Ergebnis feststellen:
Bei 13 doppelseitigen Luxationen wurde in 7 Fällen kein wesent-
licher Erfolg erzielt, in 6 Fällen kam es zu Transposition des Kopfes
in die Pfannengegend. Bei 25 einseitigen Luxationen wurde in
4 Fällen nichts erreicht, in 19 Fällen wurde Transposition des Kopfes
in die Pfannengegend erzielt, 2 Fälle sind vollständig und mit normal
beweglichem Gelenk geheilt. Zusammen demnach 2 Heilungen,
25 Transpositionen, 11 Misserfolge.
Die Transposition des Schenkelkopfes in die Pfannengegend ent-
spricht der ursprünglichen Stellung des Schenkelkopfes, der von mir
beschriebenen Luxatio femoris congenita supracondyloidea! und stellt
immerhin noch ein leidliches Resultat der Behandlung dar, in vielen
Fällen ein besseres, als es durch die blutige Operation zu erzielen
ist. Durch die Transposition wird erreicht: Verlängerung der Ex-
tremität, damit besserer Gang und Verminderung der statischen
Skoliose; Vermeidung der Beckenneigung und damit Wegfall der
kompensirenden Lendenlordose. Als Nachtheil der Transposition ist
zu erwähnen, dass die Beweglichkeit des Hüftgelenks in vielen Fällen
leidet, insbesondere die Abduktion und Innenrotation.
Ein abschließendes Urtheil und weitergehende Schlüsse erlaube
ich mir bei der Kürze der Zeit, die seit Beginn der Behandlung
verstrichen ist, noch nicht.
1) R. Park. An inquiry into the etiology of cancer.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Mai.)
Im ersten Theil seiner Arbeit bespricht P. die klinischen Ge-
sichtspunkte der Krebsätiologie wie den Einfluss des Geschlechts,
des Alters, der Rasse, der Heredität, der Konstitution, der zunehmen-
den Frequenz der Krebserkrankungen. Der zweite Theil ist der
parasitären Seite der Frage gewidmet. In Übereinstimmung mit
1 Centralblatt für Chirurgie 1895. No. 45. p. 1017.
Centralblatt für Chirurgie. No, 42. 1043
Roncali findet P., dass sich bei den Bestrebungen, den Krebs auf
parasitären Ursprung zurückzuführen, 4 Perioden unterscheiden lassen:
1) Die Periode der ungenauen Beobachtungen und irrthümlichen
Schlussfolgerungen. Beginnt mit Nepveau (1872, Mikroben in Fpi-
theliomen) und umfasst die Untersuchungen von Rappin, Scheurlen,
Fränkel u. A.
2) Periode der exakten Beobachtung und unexakten Schluss-
folgerungen, die eigentliche »Koceidialperiode«. Sie ist ausgezeichnet
durch Forscher wie Virchow, Gubler, D’Arcy Power, Cornil,
Sawtschenko und viele Andere.
3) Periode, in welcher die Richtigkeit aller früheren Unter-
suchungen angezweifelt wird. Vertreter: Russel, Banti, Nisser.
4) Periode der erfolgreichen Überimpfung, besonders ausgeführt
durch italienische Pathologen (Sanfelice, Roncali). `
Den Schluss der Arbeit bildet eine erschöpfende Übersicht über
die Litteratur der Krebsätiologie. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
2) Enderlen. Über die Anheilung getrockneter und feucht
aufbewahrter Hautläppchen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 1.)
E. hat die Mittheilungen von Wentscher über Anheilbarkeit
von längere Zeit konservirten Hautläppchen auf Wunden (cf. dieses
Blatt, laufender Jahrgang p. 7) in einer größeren Anzahl auf der
Marburger Klinik angestellter Versuche gründlich nachgeprüft. Das
Resultat dieser Untersuchungen ist im Allgemeinen ungünstig aus-
gefallen. Indem wir Betreffs der Einzelheiten der Versuchsberichte
auf das Original verweisen, begnügen wir uns mit Mittheilung der
von E. selbst verfassten Schlusssätze:
1) In 2 Fällen fand die Anheilung konservirter Läppchen statt.
a. Bei einer 24 Stunden alten Haut (noch feucht, Spender 33,
Empfängerin 70 Jahre alt).
b. bei einem Hautstückchen, welches am 4. Tage noch feucht
war. (Spender 45, Empfängerin 55 Jahre alt.)
2) Vollkommen trockene Hautstückchen gelangten überhaupt
nicht zur Anheilung.
3) Die Wucherungsvorgänge in der basalen Epithelschicht gingen
in den positiven Fällen bedeutend langsamer vor sich, als bei dem
Verfahren nach Thiersch. Letzteres giebt sich schon makrosko-
pisch durch den schmalen neugebildeten Epithelsaum kund.
4) Das Epithel besitzt eine größere Widerstandsfähigkeit gegen
schädliche Einflüsse als die Cutis. Es kann 4 Tage lang in feuchtem
Zustande aufbewahrt noch zur Wucherung kommen.
5) Die Cutis geht in dieser Zeit vollkommen zu Grunde.
6) Färbung und Haften der Läppchen werden bedingt durch das
von unten eindringende Granulationsgewebe (mit Kapillaren).
EEN
1044 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
7) Hautstreifen nach Thiersch und Krause heilten da an,
wo trocken oder feucht aufbewahrte Läppchen versagten.
8) Epithelneubildung, welche von Schweißdrüsen ihren Ausgang
nimmt, kann zu Täuschungen Veranlassung geben.
9) Am raschesten heilen Pfropfungen nach Thiersch an, dann
die von Krause empfohlenen Lappen, sehr unsicher und langsam
konservirte (in unseren Fällen noch feuchte) Hautstreifen.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
3) C. Harrington. A simple method for the sterilization
of catgut.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Mai.)
H. sterilisirte Katgut mit Formalindämpfen und prüfte dabei das
Verhalten der Festigkeit des Materials. Es stellte sich heraus, dass
sowohl das feuchte wie das trockene Formalingas eine wirksame
Sterilisirung herbeiführt, dass dagegen das feuchte Gas die Haltbarkeit
bedeutend beeinträchtigt, während das trockne Gas sie unversehrt
lässt. Die Versuche sind sehr exakt ausgeführt.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
4) A. Reverdin. Nouvelle suture.
(Revue med. de la Suisse rom. 1898. No. 4.)
Es handelt sich hier um eine fortlaufende Naht mit Schlingen-
bildung parallel und unterhalb der Schnittlinie. Die Schlingen werden
zu beiden Seiten an den Wundrändern in einer gewissen Entfernung
(ca. 3 cm oder mehr) mit Überspringung der Schnittlinie gebildet.
Am besten lässt man 2 armirte Nadeln, auch gegen einander, laufen.
Vortheile sind leichte Entfernung, Schonung der Schnittlinie.
Kronacher (München).
5) Broese und Schiller. Zur Diagnose der weiblichen
Gonorrhoe.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 26—29.)
Die Autoren kommen aus ihren an einem reichen Material
sorgfältig angestellten Beobachtungen zu folgenden Schlüssen: Zur
Stellung der Diagnose auf akute Gonorrhoe ist der Gonokokken-
nachweis in der Regel nicht nöthig; denn das Hauptsymptom, die
Urethritis, ist fast immer gonorrhoisch. Die Kombination der akuten
Erkrankungen verschiedener Abschnitte des weiblichen Sexualorgans
ermöglicht, die Diagnose auf Gonorrhoe zu stellen. Nur in jenen
allerdings seltenen Fällen, in denen die Cervix allein erkrankt ist,
kann ein mikroskopisches Präparat allerdings allein die Diagnose
sichern.
Die Anschauung Neissers, dass in allen chronisch verlaufen-
den Fällen von weiblicher Gonorrhoe nur der Gonokokkennachweis
zur Diagnose führen kann, stellen die Verf. als unrichtig hin. Sie
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1045
basirt vor Allem auf der Berücksichtigung der gleichzeitigen Er-
krankung verschiedener Partien des weiblichen Genitalkanals.
Die chronische Urethritis ist das sicherste Zeichen der chro-
nischen Gonorrhoe; unsichere Zeichen sind die eitrigen Affektionen
des Scheideneingangs und der Scheide; sie werden aber pathogno-
monisch für chronische Gonorrhoe, sobald sie kombinirt sind mit Er-
krankungen des Uterus und der Adnexe.
Schwierig, ja unmöglich ist es zu unterscheiden, ob der chro-
nische Uteruskatarıh, wenn keine gonorrhoischen Erkrankungen
anderer Partien des Sexualorgans ihn begleiten, auf Gonorrhoe beruht
oder nicht. Das kombinirte Auftreten von Uteruskatarrh und ent-
zündlicher Adnexerkrankung spricht in der Regel für Gonorrhoe.
So sicher der positive Befund von Gonokokken für Gonorrhoe
spricht, eben so sicher spricht der negative nicht dagegen.
Gold (Bielitz).
6) Bier. Die Behandlung des chronischen Gelenkrheuma-
tismus mit heißer Luft (aktiver Hyperämie) und mit Stau-
ungshyperämie. (Aus der kgl. chirurgischen Klinik zu Kiel.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 31.)
In neuerer Zeit ist stark erhitzte Luft von verschiedenen Seiten
zur Behandlung von chronischem Gelenkrheumatismus empfohlen
worden (Clado, Krause-Quincke, Wilms etc.); den hierzu noth-
wendigen Wärmespendern, für welche eine Reihe von Apparaten an-
gegeben sind, wird von Salaghi in obiger Nummer der Münchener
Wochenschrift der in Wärmeenergie umgesetzte elektrische Strom
angereiht. B. hat das Quincke’sche Schwitzbett benutzt und damit
gute Resultate erzielt, in so fern er eine Besserung der Schmerzen und
Gelenkversteifung beobachten konnte. In der Annahme, dass bei
dieser Heißluftbehandlung vornehmlich die erzeugte mächtige Hyper-
ämie die günstige Wirkung hervorrufe, hat Verf. weiterhin sich
seines bekannten Verfahrens, Stauungshyperämie zu erzeugen, bedient,
und mit demselben noch weit bessere Erfolge erhalten, wenn auch
ihm Fälle vorkamen, in denen auch diese Methode wirkungslos blieb.
Selbstverständlich waren die Resultate bei schweren Formen des
chronischen Gelenkrheumatismus mit bereits bestehenden unheilbaren
anatomischen Veränderungen nur bescheidener Art. Da die guten
Erfolge von der richtigen Anwendung des Verfahrens abhängen,
letzteres nicht stärkere Schmerzen verursachen darf, ist die genzue
Beachtung der von B. gegebenen Vorschriften von großer Wichtig-
keit; sie müssen desshalb in der Arbeit selbst studirt werden. Hier
sei nur kurz erwähnt, dass die Gummibinde, mit mehreren Gängen
einer weichen Mullbinde unterfüttert, erst nach vollständiger Ein-
wicklung des Gliedes unterhalb des kranken Gelenks, oberhalb des
letzteren angelegt wird; sie bleibt bis zum Nachlass der von der
Krankheit gesetzten Schmerzen dauernd liegen, wird nur alle 12
Stunden an eine andere Stelle gewickelt, nachher nur zeitweise
1046 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
applieirt. Bei Erkrankung des Hand- oder Fußgelenks kommt die
vorherige Einwicklung der Hand bezw. des Fußes in Wegfall.
Die von B. erzielten Resultate sind so überraschend günstiger
Art, ihre Dauer auch bereits seit Längerem festgestellt, dass das ein-
fache Verfahren zur Nachahmung wohl empfohlen werden kann.
Kramer (Glogau).
7) L. Meuciöre (Reims). Considerations sur le traitement
rationel des fractures et luxations à l’aide d'appareils entière-
ment perméables aux rayons Roentgen.
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 31.
M. kommt zu folgenden Schlüssen:
Das Guttapercha, Celluloid (dringend abzurathen aber wegen
seiner gefährlichen Entzündlichkeit und Entwicklung giftiger Gase)
und der poroplastische Filz, letzterer selbst sehr dick genommen,
sind vollständig durchgängig für die Röntgenstrahlen. Sie erlauben
Bilder von bemerkenswerther Genauigkeit, ohne Marmorirung und
ohne Irrthümer erregende Flecken zu erhalten.
Besonders der poroplastische Filz in 6 mm Dicke wird von M.
bevorzugt, wenn man die einzelnen Skelettstücke erhalten und ihre
Konsolidation durch die Radiographie verfolgen will.
Man kann leicht die vollständige Reduktion der Fragmente be-
stätigen, unter den Augen des Chirurgen den Stoff erhärten lassen.
Eine in Intervallen vorgenommene Radiographie lässt die Koaptation
überwachen und ohne den Apparat abzunehmen der Entwicklung des
Callus folgen. Die Radiographien wurden von M. in 12 Sekunden
gemacht. A. Henry (Breslau).
8) J. Riedinger. Zur Methodik und Technik der ortho-
pädisch-ambulatorischen Behandlung.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 321.)
R. bespricht im Allgemeinen die Behandlung der Gelenkent-
zündungen und Knochenbrüche der Unterextremität mit festen
Verbänden, zumal solchen, die, als Hülsenschienen zum Schnüren
eingerichtet, abnehmbar sind und zu ambulatorischer Behandlung ge-
braucht werden, um — und das ist vom praktischen Gesichtspunkt
hier zunächst hervorzuheben —, 2 für diese Zwecke von R. selbst
und seinem Bruder Professor Riedinger in Würzburg häufig als zweck-
mäßig erprobte Materialien zu empfehlen, nämlich »Gipsleimbinden«
und »Hornhautleder«, beide von dem Fabrikanten Bingler in Lud-
wigshafen in den Handel gebracht. Die Schienen bezw. festen Korsetts,
die mit diesen Stoffen hergestellt werden, müssen an Gipsmodellen
angefertigt werden. Die Gipsleimbinden bestehen aus fabrikmäßig
mit Leim imprägnirten Binden, in welche Gips eingestreut ist. Sie
werden in Wasser getaucht und ausgedrückt um das Modell ge-
wickelt; der Verband braucht zum Trocknen an der Luft oder im
= —_—=,ÖeÖ a
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1047
Ofen 1 Tag. Die Verbände können durch Einlegen ebenfalls von
Bingler gelieferter, leichter, biegsamer Aluminiumblechschienen
verstärkt werden. R. bespricht des näheren die Anfertigung von
Schienen zur ambulatorischen Behandlung der Coxitis und zu der
von Frakturen. Das Hornhautleder eignet sich besonders zur Her-
stellung von Korsetts, und stehen solche Korsetts denen aus Cellu-
loid und Cellulose nicht nach. Das Bingler’sche Leder ist außer-
ordentlich hart und eben so transparent und elastisch wie Celluloid.
Für den Gebrauch werden die Lederstücke 12 Stunden lang in Wasser
gelegt bezw. aufgeweicht und dann unter kräftiger Anziehung auf
dem Modell »aufgewalkt« und mittels Annagelung an den Rändern
befestigt. Das Modell mit seinem Lederüberzug kommt auf 8 bis
10 Tage zum Trocknen in einen Ofen.
Zu erwähnen ist ferner ein aus Eisenstangen hergestellter Sus-
pensionsrahmen, den R. zur Anlegung von Beckenhüftgipsverbänden
mit Einschluss des Rumpfes bei stehender Stellung der Pat. gebraucht,
und der recht vortheilhaft zu sein scheint. Der Pat. hängt sich mit
den Händen oben an die Stangen des Gerüstes oder wird mit Binden-
zügeln, die um seinen Rumpf gehen, an diesen suspendirt. Auch
die Korrektur von Hüftkontrakturen (Flexion etc.) kann in diesem
Gestelle sehr gut vorgenommen werden. Vgl. die Abbildungen in
dem viele praktisch brauchbare Bemerkungen bietenden, wenn auch
etwas weitläufig abgefassten Original
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
9) P. Berger. Resection totale (extirpation) de l’ombplate
et de l'extrémité externe de la clavicule pour un sarcome
recidive de l'épaule droite,
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 571.)
B. entfernte das rechte Schulterblatt sammt dem äußeren Theil
des rechten Schlüsselbeins einem 21jährigen Mädchen wegen mehr-
fach recidivirenden Sarkoms. Pat. konnte sich 2 Monate nach der
Operation gut der Hand und des Vorderarms bedienen; auch waren
die Bewegungen zwischen oberem Ende des Oberarms und Rumpf
sehr frei; natürlich fehlten Abduktion und Elevation.
Wie für die Exstirpation des Schultergürtels inkl. Arm empfiehlt
B. auch für die Exstirpation des Schulterblatts allein die Operation
mit der Resektion des mittleren Theils des Schlüsselbeins zu be-
ginnen, um die Gefäß- und Nervenstämme bloßzulegen, ihr Verhalten
zur Geschwulst festzustellen und danach zu entscheiden, ob die ge-
sammte Extremität oder nur das Schulterblatt entfernt werden muss.
Er räth folgendes Verfahren an:
1) BloßBlegen der hinteren oberen Partie der Geschwulst durch
hinreichend große Schnitte.
2) Durchtrennung der Mitte des Schlüsselbeins, Entfernung der
Fragmente, Aufsuchen der Gefäße und Nerven.
1046 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
applicirt. Bei Erkrankung des Hand- oder Fußgelenks kommt die
vorherige Einwicklung der Hand bezw. des Fußes in Wegfall.
Die von B. erzielten Resultate sind so überraschend günstiger
Art, ihre Dauer auch bereits seit Längerem festgestellt, dass das ein-
fache Verfahren zur Nachahmung wohl empfohlen werden kann.
Kramer (Glogau).
7) L. Meuciöre (Reims). Considerations sur le traitement
rationel des fractures et luxations à l'aide d'appareils entière-
ment perméables aux rayons Roentgen.
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 31.
M. kommt zu folgenden Schlüssen:
Das Guttapercha, Celluloid (dringend abzurathen aber wegen
seiner gefährlichen Entzündlichkeit und Entwicklung giftiger Gase)
und der poroplastische Filz, letzterer selbst sehr dick genommen,
sind vollständig durchgängig für die Röntgenstrahlen. Sie erlauben
Bilder von bemerkenswerther Genauigkeit, ohne Marmorirung und
ohne Irrthümer erregende Flecken zu erhalten.
Besonders der poroplastische Filz in 6 mm Dicke wird von M.
bevorzugt, wenn man die einzelnen Skelettstücke erhalten und ihre
Konsolidation durch die Radiographie verfolgen will.
Man kann leicht die vollständige Reduktion der Fragmente be-
stätigen, unter den Augen des Chirurgen den Stoff erhärten lassen.
Eine in Intervallen vorgenommene Radiographie lässt die Koaptation
überwachen und ohne den Apparat abzunehmen der Entwicklung des
Callus folgen. Die Radiographien wurden von M. in 12 Sekunden
gemacht. A. Henry (Breslau).
8) J. Riedinger. Zur Methodik und Technik der ortho-
pädisch-ambulatorischen Behandlung.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 321.)
R. bespricht im Allgemeinen die Behandlung der Gelenkent-
zündungen und Knochenbrüche der Unterextremität mit festen
Verbänden, zumal solchen, die, als Hülsenschienen zum Schnüren
eingerichtet, abnehmbar sind und zu ambulatorischer Behandlung ge-
braucht werden, um — und das ist vom praktischen Gesichtspunkt
hier zunächst hervorzuheben —, 2 für diese Zwecke von R. selbst
und seinem Bruder Professor Riedinger in Würzburg häufig als zweck-
mäßig erprobte Materialien zu empfehlen, nämlich »Gipsleimbinden«
und »Hornhautleder«, beide von dem Fabrikanten Bingler in Lud-
wigshafen in den Handel gebracht. Die Schienen bezw. festen Korsetts,
die mit diesen Stoffen hergestellt werden, müssen an Gipsmodellen
angefertigt werden. Die Gipsleimbinden bestehen aus fabrikmäßig
mit Leim imprägnirten Binden, in welche Gips eingestreut ist. Sie
werden in Wasser getaucht und ausgedrückt um das Modell ge-
wickelt; der Verband braucht zum Trocknen an der Luft oder im
e
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. . 1047
Ofen 1 Tag. Die Verbände können durch Einlegen ebenfalls von
Bingler gelieferter, leichter, biegsamer Aluminiumblechschienen
verstärkt werden. R. bespricht des näheren die Anfertigung von
Schienen zur ambulatorischen Behandlung der Coxitis und zu der
von Frakturen. Das Hornhautleder eignet sich besonders zur Her-
stellung von Korsetts, und stehen solche Korsetts denen aus Cellu-
loid und Cellulose nicht nach. Das Bingler’sche Leder ist außer-
ordentlich hart und eben so transparent und elastisch wie Celluloid.
Für den Gebrauch werden die Lederstücke 12 Stunden lang in Wasser
gelegt bezw. aufgeweicht und dann unter kräftiger Anziehung auf
dem Modell »aufgewalkt« und mittels Annagelung an den Rändern
befestigt. Das Modell mit seinem Lederüberzug kommt auf 8 bis
10 Tage zum Trocknen in einen Ofen.
Zu erwähnen ist ferner ein aus Eisenstangen hergestellter Sus-
pensionsrahmen, den R. zur Anlegung von Beckenhüftgipsverbänden
mit Einschluss des Rumpfes bei stehender Stellung der Pat. gebraucht,
und der recht vortheilhaft zu sein scheint. Der Pat. hängt sich mit
den Händen oben an die Stangen des Gerüstes oder wird mit Binden-
zügeln, die um seinen Rumpf gehen, an diesen suspendirt. Auch
die Korrektur von Hüftkontrakturen (Flexion etc.) ‘kann in diesem
Gestelle sehr gut vorgenommen werden. Vgl. die Abbildungen in
dem viele praktisch brauchbare Bemerkungen bietenden, wenn auch
etwas weitläufig abgefassten Original.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
9) P. Berger. Resection totale (extirpation) de l’ombplate
et de l’extremit externe de la clavicule pour un sarcome
recidive de l'épaule droite.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 571.)
B. entfernte das rechte Schulterblatt sammt dem äußeren Theil
des rechten Schlüsselbeins einem 21jährigen Mädchen wegen mehr-
fach recidivirenden Sarkoms. Pat. konnte sich 2 Monate nach der
Operation gut der Hand und des Vorderarms bedienen; auch waren
die Bewegungen zwischen oberem Ende des Oberarıns und Rumpf
sehr frei; natürlich fehlten Abduktion und Elevation.
Wie für die Exstirpation des Schultergürtels inkl. Arm ste
B. auch für die Exstirpation des Schulterblatts allein die Operation
mit der Resektion des mittleren Theils des Schlüsselbeins zu be-
ginnen, um die Gefäß- und Nervenstämme bloßzulegen, ihr Verhalten
zur Geschwulst festzustellen und danach zu entscheiden, ob die ge-
sammte Extremität oder nur das Schulterblatt entfernt werden muss.
Er räth folgendes Verfahren an:
1) Bloßlegen der hinteren oberen Partie der Geschwulst durch
hinreichend große Schnitte.
2) Durchtrennung der Mitte des Schlüsselbeins, Entfernung der
Fragmente, Aufsuchen der Gefäße und Nerven.
1048 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
3) Sind diese Organe nicht mit erkrankt, dann Abtrennung der
Ansätze des Deltoideus am Schlüsselbein und Schulterblatt, Ablösung
der Schultergelenkskapsel von der Umrandung der Gelenkpfanne,
Durchschneidung der Muskeln, welche vom Schulterblatt zum Ober-
arm ziehen, so wie der Muskelansätze am Processus coracoideus.
4) Befreiung des oberen und axillaren Randes des Schulterblatts,
Zurückklappen unter Entfernung der Fossa subscapularis vom Rumpf
und Ablösung der vom medialen Rand entspringenden Muskulatur.
Beichel (Chemnitz).
10) P. Duval und G. Guillain. Pathogénie des accidents
nerveuses consécutifs aux luxations et traumatismes de l'épaule.
(Arch. génér. de méd. 1898. August.)
Verff. richteten ihr Hauptaugenmerk auf das Verhalten der
intravertebral liegenden Nervenwurzeln des Plexus brachialis bei
normalen Bewegungen des Armes, bei übertriebenen Bewegungen
und bei Verrenkung der Schulter nach vorn. Hierbei zeigte sich,
dass alle Armbewegungen mit Ausnahme der Adduktion den Plexus
brachialis in seiner Wurzel in größerem oder geringerem Maße in
Mitleidenschaft ziehen. Sowohl bei der normalen wie übertriebenen
Schultersenkung sind die Wurzeln des 5. und 6. Paares sehr ge-
spannt, der 1. Dorsalnerv plattet sie auf der 1. Rippe ab, der 5. und
6. auf dem Rand des Querfortsatzes. Bei der reinen Elevation oder
der mit Abduktion kombinirten ist in Folge des Abweichens des
Plexus am Humeruskopf nach unten das Resultat dasselbe. Bei
genügender Kraft gelingt die Zerreißung der oberen Wurzeln, wäh-
rend der 1. Dorsalnerv auf der 1. Rippe platt gedrückt wird.
Bei der Verrenkung ist zweierlei zu beachten: Die Art der
Entstehung des Traumas und die Verrenkung als solche. Die letz-
tere entsteht
1) durch ein Trauma der Schulter: vertikaler Fall auf diese
Gegend durch eine von unten nach oben und von außen nach innen
auf den Oberarmkopf wirkende Gewalt, wobei die Schulter gewalt-
sam gesenkt wird;
2) durch eine gewaltsame Überstreckung, einen Sturz auf den
ausgestreckten Arm oder durch Zug am erhobenen Arm. E
Diese beiden Bewegungen, Senkung der Schulter und Über-
streckung des Armes, können Wurzelverletzungen der Armnerven
bedingen. Sie können also gleichzeitig Wurzelverletzungen und Ver-
renkungen erzeugen; beide sind also das Resultat desselben Mecha-
nismus. Gleichzeitig kann allerdings auch die Verrenkung dadurch,
dass der nach vorn rückende Kopf den über ihn ziehenden Plexus
dehnt, Wurzelverletzungen bedingen. Diese Art der Lähmung ist
die seltenere.
Bezüglich der Narkosenlähmung ist zu bemerken, dass Verff.
eine Kompression des Plexus brachialis zwischen Schlüsselbein und
1. Rippe für ein Ding der Unmöglichkeit halten, da der Plexus hier
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1049
die nachgiebigen Scaleni als Unterlage habe; außerdem hat sich
diese Kompression in der Leiche nicht nachweisen lassen. Es wäre
auch nicht zu verstehen, warum die Lähmung nicht alle Muskel-
gruppen des Armes ergreife. Auch hier liegt die Ursache in einer
Zerrung der Wurzeläste.
Wenn es eine individuelle Disposition für die Wurzellähmungen
giebt, so ist diese nicht in einer nervösen, sondern anatomischen
Anlage zu suchen. Longard (Aachen).
11) Joachimsthal. Über Brachydaktylie und Hyperphalangie.
(Virchow’s Archiv Bd. CLI. p. 429.)
Die Röntgenbilder derartiger Fälle sind schon auf dem
Chirurgenkongress 1897 demonstrirt und sowohl in diesem Central-
blatt (p. 39 des Berichts), als auch in den Verhandlungen der deut-
schen Gesellschaft für Chirurgie (1897 p. 37) besprochen worden.
Verf. hat die Beobachtungen noch durch 3 Fälle erweitert. Die
Erklärung des Zustandekommens solch überzähliger Bildungen steht
noch aus. Die Neigung dazu scheint eine exquisit erbliche zu sein.
Pels Leusden (Göttingen).
12) F. Hofmeister. Über diagnostische Irrthümer bei der
Röntgenuntersuchung des Hüftgelenks.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.)
H. liefert an der Hand systematischer Röntgenaufnahmen des
normalen Beckens (mit Femur) den Nachweis, dass durch jede Lage-
veränderung des Objekts selbst oder der Lampe das Röntgenbild des
Beckens sowohl als des oberen Femurendes ganz charakteristische
Veränderungen erfährt, deren Kenntnis desshalb von besonderer
Wichtigkeit ist, als ähnliche Abweichungen von der normalen Form
auch unter pathologischen Bedingungen thatsächlich so — z. B. beim
coxalgischen Becken — vorkommen.
Für die Skiagraphie zieht Verf. aus diesen Untersuchungen den
Schluss, dass bei jeder Beckenaufnahme die Lageverhältnisse von
Lampe, Platte und Objekt bekannt sein müssen; womöglich ist die
Aufnahme in Rückenlage des Pat. und Einstellung der Lampe nach
abwärts von der Linea intertrochanterica vorzunehmen. Wo es auf
die Form des Beckens ankommt, soll dieses absolut gerade liegen,
und jede Kompensation einer etwaigen Hüftkontraktur, speciell jede
Rotation vermieden werden. Um verwerthbare Projektionsfiguren
der Schenkelhalspartien zu erhalten, muss man für gerade oder leicht
einwärts rotirte Stellung des Femurs Sorge tragen. Honsell (Tübingen).
13) @. Joachimsthal. Über Wesen und Behandlung der
Coxa vara.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No 215. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
Dem Vortrage sind die in der Litteratur bekannt gewordenen Beob-
achtungen und einige eigene Fälle J.’s zu Grunde gelegt. Von einigen
Am
1050 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
dieser letzteren werden Skiagramme geboten, die in werthvoller Weise
die übrigen Befunde ergänzen. Für die Feststellung des Trochanter-
standes hat Verf. das Bryant-Ogston’sche Maßverfahren nütz-
licher, als die Bestimmung der Roser-N&laton’schen Linie be-
funden. In ätiologischer Hinsicht interessirt in der Abhandlung eine
eine Hofmeister'sche bestätigende, durch sorgfältige mikroskopische
Untersuchungen gestützte Beobachtung J.’s, in welcher die Schenkel-
halsverbiegung in Folge von Osteomalakie entstanden war. Außer
auf dem Boden dieser und vor Allem der Rachitis kann nach Verf.
jedoch auch aus rein funktionellen Gründen bei ganz normalen
Knochen sich eine Biegung am Schenkelhals entwickeln, wie er
solche z. B. an einer Reihe von Präparaten schiefgeheilter Brüche
des Oberschenkels feststellen konnte. Im Übrigen ist aus dem Vor-
trag, der das aus der Verbiegung des Schenkelhalses resultirende
Krankheitsbild in klarer und die zahlreichen einschlägigen Arbeiten
der Litteratur erschöpfender Weise zeichnet, nur noch zu erwähnen,
dass J. die operative Behandlung der Deformität nur in den
dringendsten Fällen für berechtigt hält und in solchen, wenn der
Kranke in der Arbeitsfähigkeit wesentlich behindert ist, entweder
die lineäre Osteotomie am Collum femoris oder, falls diese ohne Ge-
lenkverletzung nicht möglich, die Hüftgelenksresektion ausgeführt
wissen will. Kramer (Glogau).
14) C. A. Morton. The pathology and treatment of genu
valgum.
(Brit. med. journ. 1898. April 16.)
M. hat von 6 verschiedenen Fällen von Genu valgum Skiagramme
aufnehmen lassen, auf denen »deutlich« zu ersehen ist, dass nicht
das untere Ende des Femur verkrümmt und eine Verlängerung des
Schaftes innen und am Condylus internus vorhanden ist, sondern
dass die Deformität verursacht wird durch eine Verkrümmung der
Tibia dicht unterhalb des Kopfes, verbunden mit einer entsprechen-
den Curvatur der Fibula. Die Annahme, dass die Deformität durch
Flexion im Kniegelenk ausgeglichen werden kann dadurch, dass die
Tibia sich hinter den verlängerten Condylus internus verschiebt, be-
zeichnet M. seiner Auffassung vom Wesen des Genu valgum ent-
sprechend als unrichtig. Die Deformität wird bei Flexion im Knie-
gelenk nur durch eine Rotation des Femur auswärts maskirt. Wird
diese verhindert, so bleibt die Deformität auch nach Beugung im
Kniegelenk bestehen. Als Operationsmethode wendet M. quere oder
keilförmige Durchtrennung der libia unterhalb des Kopfes verbunden
mit einer solchen der Fibula im unteren Drittel an. Aus den bei-
gegebenen Skiagrammen ist wenig zu ersehen.
F. Krumm (Karlsruhe).
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1051
15) Storp. Über osteoplastische Unterschenkelamputationen
und deren Technik.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 356.)
S. empfiehlt auf Grund von Erfahrungen in der Königsberger
Klinik die osteoplastische Unterschenkelamputation nach dem Princip
von Bier, wobei bekanntlich der Diaphysengnerschnitt der Tibia
durch einen Periost- -Knochenlappen gedeckt wird (cf. Centralbl. 1897
No. 31). Die Operation wurde in Königsberg Smal ausgeführt, doch
wurde nur imal die von Bier selbst empfohlene Schnittführung ge-
wählt, bei welcher die Extremität 2mal hinter einander amputirt und
der Periost-Knochenlappen separat von dem Hautlappen gebildet wird;
es wurde vielmehr der Bildung eines einzigen, Haut, Periost und
Knochen im Zusammenhang enthaltenden Lappens der Vorzug ge-
geben. Und zwar wurde smal nach dem Verfahren von Gleich
operirt, 2mal nach einer von S. selbst erdachten und im Operations-
kursus erprobten Methode. Dieselbe, im Original genau beschrielien
und durch Abbildungen erläutert, ist kurz folgende. Ein großer
Hautlappen, etwa dem I!/yfachen Durchmesser des Gliedes ent-
sprechend, wird von der inneren Vorderseite des Unterschenkels der-
art umschnitten, dass die vordere Tibiafläche etwa der Mitte des
Lappens entspricht. Derselbe wird an der Spitze 2—3 cm weit, an
den Seiten bis an die beiden Seitenkanten der Tibia von der Unter-
lage abpräparirt, die mobilisirten Lappenränder nach oben um-
geschlagen und in dieser Lage durch provisorische Nähte fixirt. Dann
wird von der vorderen Tibiafliche der Periost-Knochenlappen mit
oberer Basis umschnitten und ihm entsprechend eine etwa 1 cm dicke
Knochenplatte von unten nach oben abgesägt. Zur Einführung der
Säge, um nach oben zu sägen, wird zweckmäßig in die Tibia unten
erst eine quere Rinne hineingemacht, dann folgt der Sägeschnitt
nach oben, zu welchem eine Stichsäge oder die Drahtsäge benutzt
werden kann. Ist der Schnitt lang genug geworden, so zieht man
die Säge zurück und bricht mit 2 seitlich in den Sägespalt ein-
gesetzten Elevatorien die Knochenplatte nach oben um, wobei sich
das Periost ganz von selbst von dem stehengebliebenen Knochen
etwas nach oben abschiebt und so gewissermaßen ein bewegliches
Scharnier für die Knochenplatte bildet. Dann Amputation, Lappen-
vernähung etc. Die Rekonvalescenten werden angehalten, mit dem
Stumpf möglichst früh, manchmal schon nach 2 Wochen aufzutreten,
wozu sie eine einfache Stelze, aus Gipshülse und einem darin ein-
gegipsten Holzstab bestehend, erhalten. Hierbei heilt die Knochenplatte
stets fest an, der Stumpf erweist sich als völlig tragfähig und bekommt
eine derbe, widerstands »fähige, sohlenartige Haut. Das Ausschen der
plastisch gedeckten Tibia im Röntgenbild zeigt ein Holzschnitt. Die
Bildung des Periost- Knochenlappens mit dem Hautlappen aus einem
Stück hält S. für sehr vortheilhaft, namentlich bei Störungen der
Asepsis; denn sie giebt für den Knochenlappen bessere Blutversorgungs-
gewähr als die Bildung zweier getrennter Lappen. Der funktionelle
1052 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
Enderfolg war in allen Fällen ein so trefflicher, dass die osteo-
plastische Unterschenkelamputationsmethode künftighin der Regel
nach (nur die Fälle von Gangrän vielleicht ausgenommen) der alten
Methode vorzuziehen sein wird. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
16) W. Roth. Über die Resectio tibio-calcanea nach Bruns.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.)
R. bespricht eingehend die Indikationen und die Technik der
Resectio tibio-calcanea so wie ihre Vorzüge gegenüber anderen Fuß-
resektionen. In der v. Bruns’schen Klinik wurde dieselbe 14mal
wegen ausgedehnter Caries des Fußgelenks und der Fußwurzelknochen,
namentlich des Talus, ferner 2mal wegen schlecht geheilter und durch
Osteotomie nicht korrigirbarer Knöchelbrüche ausgeführt. Einer der
Kranken starb an Hämoptoë innerhalb der ersten 3 Wochen nach
der Operation, zwei mussten wegen Recidivs nachamputirt werden,
über die Schicksale eines weiteren Pat. ist nichts zu erfahren ge-
wesen, alle übrigen Fälle sind nach ‘den angestellten Nachunter-
suchungen geheilt, und zwar mit geradezu glänzendem Endresultat,
Stets war die Verkürzung des Beines nur eine ganz geringe und die
Fußform, wie die beigegebenen Photographien zeigen, so gut wie
gar nicht entstellt; die Pat. tragen gewöhnliches Schuhwerk, gehen
ungehindert ihrem Berufe nach und vermögen fast alle Wege von
2—3 Stunden täglich ohne Mühe zurückzulegen. Mit Rücksicht auf
diese Heilerfolge wie darauf, dass die Resectio tibio-calcanea relativ
häufig angewendet werden kann, möchte R. diese Methode mit
Recht den typischen Fußresektionsverfahren anreihen.
Honsell (Tübingen).
Kleinere Mittheilungen.
17) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins.
96. Sitzung am Montag, den 11. Juli 1898, im Krankenhaus Moabit.
Vorsitzender: Herr Sonnenburg.
1) Herr Sonnenburg: Endresultate operativer Verfahren bei Ektopia
vesicae.
Im Anschluss an die Vorstellung einer Anzahl von S. nach seiner Methode:
Exstirpation der Harnblase, Einnähen der Ureteren in die Penis-
rinne operirter Pat. bespricht S. vorwiegend die Endresultate der verschiedenen,
bei dieser Bildungsanomalie üblichen Operationsmerhoden.
I. Gruppe: Methoden, durch die die Ableitung des Urins be-
zweckt wird.
1) Exstirpation der Blase, Einpflanzung der Ureteren in die Penisrinne (S.).
7 Fülle, keine Todesfülle, keine Komplikationen (keine Nierenerkrankungen), In-
kontinenz, Tragen eines Urinoirs. Längste Beobachtung 16 Jahre (S.).
2) Einpflanzung der Ureteren in das Rectum ohne Exstirpation der Blase
(Roux, Simon, Holmes, Lloyd).
3) FEinpflanzung der Ureteren in das Rectum mit Fxatirpation der Blase
Maydl 14 Fälle, 2 Todesfälle). Längste Beobachtung 15 Monate. Kontineng
allmählich abnchmend. Gefahr der Pyelonephritis.
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1053
II. Gruppe: Methode der direkten Vereinigung der Blasenränder.
1) Direkte Vereinigung (Rigaud, Wymann u. A.) Misserfolge.
2) Ablösung der Recti (Schlange, Mikulicz) 4 Fälle, 1 Fistelbildung, 3 Miss-
erfolge. Alle Inkontinenz.
3) Ablösung der Beckenschaufeln (Trendelenburg) 6 Fälle, 3 Todesfälle
(1 Infektion), 2mal Fistelbildungen, 1 Heilung, keine Kontinenz).
II. Gruppe: Plastische Operationen.
1) Einfache Überlagerung von Hautlappen (Fort, Wood, Thiersch) Blasen-
raum ungenügend, Inkrustationen, Inkontinenz.
2) Ablösung der Blasenschleimhaut, darüber Lappenbildung (Segond, Czerny)
2 Fälle, 1 Fistelbildung, keine Kontinenz.
Thesen.
a. Blasenraumbildung hat wenig Zweck, wenn nicht zu gleicher Zeit Kontinenz
erzielt wird. Diese wird nicht erreicht.
b. Blasenraumbildung ist stets mangelhaft, oft wegen Vordrängens der hinteren
Blasenwand beim Stehen nur im Liegen ist Kapacität vorhanden.
c. Demnach erreichen die plastischen Methoden, so wie die Vereinigung der
Blasenränder im Grunde nichts Anderes, als die Möglichkeit, ein passendes Urinoir
tragen zu lassen.
d. Das erreichen leichter und bequemer diejenigen Operationsmethoden, die
nur eine passende Ableitung des Urins bezwecken. Unter diesen ist die Exstirpa-
tion der Blase und Einnähung der Ureteren in die Penisrinne ($.) die ungefähr-
lichste. Die Ableitung in den Darm bringt die Gefahr der Pyelonephritis
mit sich.
2) Herr Sonnenburg: Bemerkungen über Urethrotomien.
S. beabsichtigt mit seinem Vortrag, eine Anregung zu geben, dass das Ma-
terial über die Endresultate der verschiedenen Operationsmethoden gesammelt
werde, da Urethrotomien doch nicht allzu häufig vorgenommen, und die Indika-
tionen zur blutigen Erweiterung verschieden angegeben werden.
Unter 31 Fällen von Strikturen (24 gonorrhoische, 4 traumatische, 3 entzünd-
liche) wurde 20mal die Urethrotomia externa, 5mal die Urethrotomia interna, 3mal
die Urethrotomia externa und interna, 3mal der Katheterismus posterior ausgeführt.
Bei kurzen, kullösen Strikturen ist die Urethrotomia externa am Platz. S. findet
bei sehr langen und bei multiplen Strikturen, so wie bei Klappenbildung die Ure-
throtomia interna angezeigt. Nach S. ist hierbei eine völlige Durchtrennung der
Gewebsmassen am besten zu erzielen. Die Gefahren sind gering, Blutungen stehen
nach Einführung eines dicken Katheters. Infektionen sah S. nie. 8. bedient sich
mit Vorliebe des Urethrotoms von Voillemier.
Unter den 31 operirten Pat. konnte von 22 Nachricht erhalten werden: 12 sind
dauernd geheilt (während 1—6 Jahren). Dieses Resultat ist in so fern ein äußerst
günstiges, als die den Pat. anempfohlene Nachbehandlung mit Bougies meist nicht
ausgeführt wurde resp. wird.
Unter den 4 Todesfüllen (Urämie, Collaps, Miliartuberkulose, Sepsis) fällt nur
der letztere der Operation direkt zur Last.
In der Diskussion bemerkt Herr Körte, dass er dem Dilatement forc& nach
Le Fort vor der Urethrotomia interna den Vorzug gebe, weil die von Bakterien
wimmelnde Harnröhre nicht zu desinfieiren sei, kleine, hierbei nicht zu vermei-
dende Einrisse vielleicht weniger als Schnitte Infektionsgefahr böten.
Bei der Urethrotomia interna übrigens, glaubt er behaupten zu können, seien
Reeidive häufiger. In einem Falle von Harnröhrenzerreißung, wo er den Callus
später entfernte und nähte, entstand eine Striktur.
Herr Mankiewitsch macht aufmerksam auf die immerhin bedeutende Mor-
talität (2—3 %) bei Urethrotomie in der Guyon’schen Klinik. Auch die Zahl der
Recidive sei dort eine große.
M. wendet bei impermeablen Strikturen ein vkombinirten« Verfahren an: er
legt eine am peripheren Ende mit einem Gewinde versehene Bougie (etwa 3 bis
1054 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
8 fil. Charr.) für 2mal 24 Stunden in die Harnröhre, schraubt nach 48 Stunden
einen in das Gewinde passenden Metallstab von derselben Stärke und ca. 30 cm
Länge an die Bougie und schiebt dann über Metallstab und Bougie einen Ka-
theter a bout coupe No. 18 mit Leichtigkeit bis in die Blase; dann wird Bougie
und Metallstab entfernt, der Katheter bleibt 24 Stunden liegen, und es gelingt
dann immer, mit No. 22 fil. Charr. zu passiren. Die Methode bedarf einer nur
4tägigen Bettruhe. — Es ist diese Methode eine Kombination des ursprünglichen
Le Fort’schen Verfahrens mit der Einführung des Dauerkatheters nach der Ure-
throtomia interna Maisonneuve’s.
Herr Sonnenburg: Jede Operation an oder in der Harnröhre (gleichviel ob
Urethrotomia externa oder interna, oder Dilatation) bietet die Gefahr der Infek-
tion, immerhin aber ist eine Infektion verhältnismäßig äußerst selten.
3) Herr Krüger (Moabiter Krankenhaus): Ureterenverletzungen.
In dem 1. Falle wurde wegen einer linksseitigen, intraligamentär entwickelten
Ovarialeyste die Laparotomie gemacht. Bei der Lösung der Verwachsungen ge-
langte man tief ins Beckenbindegewebe; wegen der gefährlichen Nähe des Ureters
wird derselbe aufgesucht und der Versuch gemacht, ihn zu isoliren. Es gelingt,
ihn auf eine kurze Strecke von seiner innigen Verbindung mit der Sackwand zu
trennen, weiter unten aber liegt er so innig an, dass er trotz aller Vorsicht bei
der Loslösung verletzt wird, resp. ein ca. 8 cm langes Stück abreißt. Wegen der
Größe des fehlenden Stücks ist eine Vereinirung unmöglich; die Einpflanzung
des centralen Stücks in den Darm schien bedenklich wegen der Gefahr einer auf-
steigenden Pyelitis, bei Anlegung einer Ureter-Bauchfistel hätte später auch nur
durch Nephrektomie Heilung erzielt werden können — also wird die letztere so-
fort vorgenommen. Heilung ohne Zwischenfall.
Im 2. Falle wurde wegen langdauernder doppelseitiger Adnexerkrankung die
Laparotomie gemacht. Beide Adnextumoren waren in feste Schwarten eingebettet
und fest mit den umliegenden Geweben verwachsen. Nur mit großer Mühe gelang
es, die Verwachsungen überall stumpf zu lösen. Naht der Bauchhöhle über Tampon.
Nach 8 Tagen, beim 4. Verbandwechsel, zeigte sich die in der Bauchhöhle
befindliche Jodoformgaze mit Urin durchtränkt, nach 4 Wochen war die Wunde
geschlossen bis auf eine kleine Fistel, aus der sich Urin entleerte; per dag natu-
rales gingen 400—700 eem Harn ab. Nach anfünglichem Wohlbefinden traten
später urämische Erscheinungen auf, die zur Nierenexstirpation drängten. Obwohl
alle Erscheinungen auf eine linksseitige Nierenerkrankung hindeuteten, wurde
doch eine Katheterisation der Ureteren vorgenommen. Der rechte Ureter war glatt
durchgängig, bei dem linken fand sich 13 cm von der Einmündungsstelle in die
Blase ein fester, nicht zu überwindender Widerstand; Urin entleert sich nicht aus
dem Katheter.
Die durch Nephrektomie gewonnene Niere war ca. doppelt so groß als normal,
von grauweißer Farbe, die Oberfläche mit linsen- bis bohnengroßen Höckern
Cysten) besetzt, deren einige eitrigen Inhalt hatten. Nierenkelche und Nieren-
becken, ferner Ureter in seinem Anfangstheil stark erweitert, ein deutlicher Unter-
schied zwischen Mark- und Rindensubstanz nicht vorhanden.
In den ersten 4 Tagen ist die entleerte Urinmenge sehr gering, 250—580 cem;
der Urin enthält 1/%/ Eiweiß, mikroskopisch sind granulirte und hyaline Cylinder,
Nierenbecken- und Blasenepithelien nachweisbar.
Diskussion: Herr Israël musste 2mal eine Niere wegen Verletzung des
Ureters entfernen, nachdem derselbe bei Adnexoperationen (Imal Laparotomie, 1mal
vaginale Köliotomie) verletzt worden war. Beide Male fanden sich übrigens die
Nieren krankhaft verändert: »surgical kidney«. Bei einem 3. Falle konnte I.
spontane Heilung der Fistel beobachten. Nach Exstirpation eines Uterus (durch
Albklemmung) stellte sich Urinträufeln aus der Scheide ein, das eine Zeit lang be-
stand, schließlich versiegte. Dafür traten Nierenkoliken auf mit Ausscheidung
von klarem, später eiterhaltigem Urin. J. beabsichtigte nun doch, die Niere zu
exstirpiren, zumal da er eine Striktur in dem betreffenden Ureter konstatirte, er
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1055
stand aber davon ab, da nach einiger Zeit alle Beschwerden aufhörten — nach
Massage der Niere!
I. glaubt annehmen zu können, dass der Ureter bei der Operation seitlich ge-
fasst worden sei, daraus eine Nekrose eines Stücks der Wand und Urinträufeln
entstanden, später Heilung unter Strikturhildung, schließlich aber die Stenose
durch den andrängenden Urin wieder ausgeweitet worden sei.
Herr Rinne hat ebenfalls die spontane Heilung einer Ureteren-Bauchfistel
beobachtet. Bei dem Versuch, dieselbe durch eine plastische Vereinigung der
Ureterenenden zu schließen — er stieß dabei auf derbe Narbenmasse und konnte
nur das centrale Ende auffinden — kollabirte die Pat. (eine Hebamme), und die
Operation musste unterbrochen werden. In ganz unerklärlicher Weise sistirte
jedoch nach einiger Zeit das Urinträufeln.
Dazu bemerkt Herr Israël, dass sich dieser Full auch so deuten lasse, dass
nach Obliteration des centralen Endes eine Hydronephrose entstanden sein könne.
Hierauf erwiedert Herr Rinne: dass dagegen der Umstand spreche, dass die
eine Hälfte des Urins durch die Fistel, die andere durch die Blase abfloss, außer-
dem kein Tumor resp. Resistenz auf eine Hydronephrose habe deuten lassen. Er
will jedoch versuchen, zur Aufklärung des Falles den betreffenden Ureter zu
katheterisiren.
4) Herr Schwalbach (Krankenhaus Moabit): Innere Einklemmungen.
Vortr. berichtet über die in den letzten 3 Jahren im Krankenhaus Moabit
beobachteten Ileusfälle.
Es handelt sich um 6 Fülle, von denen 4 geheilt sind, 1 Pat. 3 Tage nach der
Operation an Pneumonie, 1 unoperirt starb. Letztere Pat. gab bei ihrer Ein-
lieferung in das Krankenhaus an, sie hütte 24 Stunden vorher auf dem Weg von
der Arbeit nach Hause plötzlich heftige Leibschmerzen und Erbrechen bekommen;
auch könne sie seither weder Winde noch Stuhl lassen. Ihr Zustand war sehr
elend. Eine vorgeschlagene Operation verweigerte sie leider und starb 11 Stunden
darauf (35 Stunden nach Beginn des Leidens).
Die Sektion ergab gesunde Brustorgane; keine frische Peritonitis. Der Darm-
verschluss war folgendermaßen zu Stande gekommen: vom Coecum aus gehen
2 kaum 1 mm starke adhäsive Stränge nach links zur Mittellinie und vereinigen
sich dort mit einem etwas breiteren Strang, der in vertikaler Richtung läuft, vom
Omentum kommt und im Bogen nach unten hinten und schließlich wieder auf-
wärts verläuft und mit einer Dünndarmschlinge und dem Mesenterium breitfaserig
verwachsen ist. Die Stränge umgreifen einen ca. 20 em langen Abschnitt des
unteren Ileums, das fest kontrahirt ist, sammt dem dazugehörigen Mesenterium.
2 andere Pat. waren früher wegen Genitalleiden laparotomirt worden. In
dem einen Falle hatte sich um einen breiten, fingerdicken Strang, der von der
Uteruskante nach der vorderen Bauchwand ging, eine Dünndarmschlinge in 8-Form
herumgelegt und war vollkommen gangränös geworden, so dass dies 183 cm lange
Darmstück resecirt werden musste. Vereinigung der Darmlumina mit Murphy-
knopf. Genesung.
Bei der anderen Pat. war der Dünndarm durch eine vom Darm nach dem
Mesenterium gehende Adhäsion durchgeschlüpft und so abgeknickt. Das Darm-
stück erholte sich. Heilung.
Bei einem 4sjährigen, früher stets gesunden Kaufmann, der 24 Stunden vor
Eintritt ins Krankenhaus unter akuten Ileuserscheinungen erkrankte, fand man
als Ursache des Darmverschlusses einen federkieldicken Strang, der vom Colon,
bei nach links geschlagenem Dickdarm, in die Tiefe ging. Durch das entstandene
Loch waren Dünndärme durchgetreten und hatten sich eingeklemmt. Weitere
Hindernisse wurden nicht gefunden.
Keine Zeichen frischer oder alter Peritonitis; wohl aber — wie auch bei den
vorher aufgeführten Füllen — viel blutig-seröse Flüssigkeit im Abdomen. Be-
merkenswerth war noch, dass vom Augenblick der Einklemmung an Urinverhaltung
1056 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
bestand. Kurs vor der Operation wurden dem Pat. nur 200 com per Katheter
entleert, obwohl er seit 24 Stunden keinen Urin gelassen hatte.
Vortr. lässt es unentschieden, ob es sich um ein obliterirtes Divertikel oder
eine adhärent gewordene Plica epiploica handelte.
Eine 50jährige Frau hatte seit 2 Tagen keinen Stuhl noch Winde; sie hatte
nicht Erbrechen gehabt. Mäßiger Meteorismus; keine Schmersen im Abdomen.
Puls leidlich; Einläufe ete. ohne Erfolg. Bei der Laparotomie sehr stark geblähte
Darmschlingen. Ursache der Verstopfung ist Volvulus der Flexura sigmoidea.
Nach anfänglicher Besserung starb Pat. 3 Tage später an Pneumonie. Bei der
Sektion fand sich keine Peritonitis; der Volvulus hatte sich nicht wieder ein-
gestellt.
Bei der zuletzt vorgestellten Pat. war die Diagnose, ob Appendicitis, die den
Ileus bedingte, oder Ileus aus anderen Ursachen, zweifelhaft. Die Erkrankung be-
gann ganz plötzlich mit Leibschmerzen, Erbrechen, Stuhlverhaltung. Sehr heftige
Schmerzen in der rechten Unterbauchgegend und hierselbst eine Resistenz nach-
weisbar. Bei der Laparotomie ergab sich folgender Befund: keine Peritonitis, keine
Adhäsionen. Hervorquellung mäßig stark geblähter Dünndarmschlingen. Colon
ascendens liegt mehr nach der Mittellinie als gewöhnlich. Die Dünndarmschlingen
lassen sich mehr vom Colon ascendens hin verfolgen, und hier lassen sich ca. 20 cm
fest kontrahirter Dünndarmschlingen leicht aus einer Tasche hervorziehen, die vom
Coecum resp. Colon ascendens von der hinteren Bauchwand und einem vom Coecum
und Anfang des Colon ascendens schräg nach hinten und rechts nach der Bauch-
wand gehenden, handbreiten, festen Band gebildet wird. Durchtrennung des
Bandes, Aufsuchen des Processus vermiformis; dieser liegt mäßig stark entsünd-
lich verdickt dem Coecum an. Keine Adhäsionen. Resektion des Processus vermi-
formis. Naht der Bauchdecken. Glatter Heilungsverlauf. Pat. hat keinen Bauch-
bruch, sie ist zur Zeit im 6. Monat gravid.
Von der leichten Entzündung des Wurmfortsatses konnten die plötzlichen
Ileuserscheinungen nicht herrühren. Solche Einklemmungserscheinungen pflegen
bei Appendieitis nieht zu Anfang, sondern erst nach Bildung eines größeren Ex-
sudats, das auf die Darmtheile drückt, aufzutreten. Ursache erwähnter Ein-
klemmungserscheinungen konnte nur die erwähnte Tasche sein.
Zeichen alter Peritonitis (i. e. weitere Adhäsionen) waren nicht da, um die
Entstehung der Membran zwischen Colon resp. Coecum und der Bauchwand zu
erklären. Es muss sich desshalb wohl um ein in der Nähe des Blinddarms und
aufsteigenden Colons in Folge der Variabilität der Anheftung dieser Därme öfters
beobachtetes Ligament gehandelt haben, das dann als Lig. parieto-coecale resp.
parieto-colicum bezeichnet wird und das so zur Bildung der Tasche beigetragen hat
5) Herr Mühsam (Krankenhaus Moabit): Seltene Hodentumoren.
Die Präparate und Abbildungen derselben, die demonstrirt werden, stammen
von einem Tumor der Tunica vaginalis propria, der gelegentlich der Ra<
dikaloperation einer Hydrocele gewonnen wurde. Statt der erwarteten fibrom-
artigen Struktur zeigte der Tumor einen adenomartigen Bau. In der Nähe
des Tumors zeigt sich ein mehr oder minder dichtes, ziemlich derbes Bindegewebe.
Unter diesem Bindegewebe zeigen sich zahlreiche Hohlräume, deren Wand gebildet
wird aus theils einer, theils mehreren Schichten großer, meist viereckiger, theils
kubischer, theils eylindrischer Zellen mit ziemlich großem Kern. Diese Zell-
schichten sind ihrerseits wieder umschlossen von einem ziemlich zellarmen, derben
Bindegewebe, welches das ganze Präparat in größere oder kleinere Abschnitte ein-
theilt. Die größeren Hohlräume sind häufig theilweise angefüllt mit einer ziem-
lich hellen, gelblichen Masse. Im Tumor selbst sind nicht sehr viel Gefäße vor-
handen, die Mehrzahl findet sich in den tieferen Schichten, wo auf den Tumor
wieder das gewöhnliche, lockere, unter der Scheidenhaut befindliche Bindegewebe
fulgt. Nach diesem Befund konnte es nicht zweifelhaft sein, dass es sich um
einen epithelialen Tumor von adenomartigem Bau handelte, und diese Diagnose
ist dem Vortr. von den Herren Waldeyer und Weigert bestätigt worden,
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1057
Der 2. Tumor betraf den rechten Hoden eines 13 Monate alten Knaben, wel-
cher im Oktober 1897 wegen Phimose operirt worden war. Im November 1897
wurde von der Mutter, einige Tage nachdem das Kind aus dem Kinderwagen ge-
fallen war, eine offenbar schmershafte Röthung und Schwellung der rechten Hoden-
hälfte bemerkt. Die Geschwulst vergrößerte sich. Ende Januar Operation. Der
Tumor war nicht mit der Umgebung verwachsen, er beschränkte sich auf den
Hoden. Die Operationswunde wurde genäht und heilte per primam. Bis jetzt ist
kein Recidiv nachzuweisen. Auf dem Durchschnitt war die Geschwulst von roth-
brauner Farbe und ziemlich weich. Sie weist mikroskopisch theilweise eine ade-
nomatöse, theilweise eine sarkomatöse Struktur auf. In welchem Maß die ver-
schiedenen Gewebe des Hodens an ihr betheiligt sind, lässt sich schwer sagen.
Unzweifelhaft besteht aber ein Theil des Tumors aus veränderten, an vielen Stellen
erweiterten Blutgefäßen; ob die sarkomähnlichen Theile auch mit den Samen-
kanälchen in irgend einem Zusammenhang stehen, lässt sich nicht mit Sicherheit
feststellen. Es scheint aber jedenfalls, dass eine Proliferation derselben statt-
gefunden hat.
Klinisch treffen auf ihn die meisten der vor Kursem von Krompecher an-
gegebenen Merkmale für Hodensarkome und -Endotheliome zu. Glatte Oberfläche,
Auftreten in frühem Alter, rasches Wachsthum, Widerstand der Albuginea, Frei-
bleiben des Samenstrangs und bisweilen primärer Sitz am Nebenhoden.
6) Herr Sonnenburg: Fälle von Leberechinococeus.
Unter den in den letzten Jahren von 8. operirten Fällen von Leberechino-
coccus konnte in zweien die Diagnose auf Leberechinococous nicht gestellt werden,
weil die betreffenden Tumoren Mangels jeder Fluktuation Neubildungen vor-
täusohten, und die Probepunktion erfolglos war.
In dem einen Falle zeigte sich erst nach Freilegung des Tumors an einer
Stelle wegen vorhandener starker Spannung umschriebene undeutliche Fluktuation;
nach leichtem Ritzen hierselbst mit dem Messer flogen mit einem Mal unzählige
kleine Blasen, die offenbar unter bedeutender Spannung in dem Sack eingeschlossen
waren, mit großer Gewalt bis an die Decke des Operationssaales; viele derselben
trafen den Operateur ins Auge, dort sofort Bluterguss erzeugend. Der mächtige,
von dickem Schwielengewebe umgebene Sack wurde vorgewälzt, zum Theil ab-
getragen, der Rest innen und in der Umgebung tamponirt. Langsame, aber dauernd
gebliebene Heilung ohne Fistelbildung.
In dem 2. Falle lag ein anscheinend ganz fester Tumor unter der Leber in
der Pankreasgegend, eine nicht fluktuirende Vorbuchtung unter dem Proc. ensi-
formis und unterhalb des Leberrandes zeigend. Auch hier ergab die Operation
einen ungemein derben, besonders mit dem Pfortadersystem und der Leber fest
verlötheten Echinococcussack mit vielen Blasen. Einnähung der unteren Kuppe.
Tamponade der freien Bauchhöhle, Eröffnung der eingenähten Kuppe, aus der
zablreiche Blasen sich entleeren, Tamponade des Sackes, langsame Heilung ohne
Zwischenfall. `
Im Anschluss hieran erwähnt Herr Israël, dass er bei der Operation eines
Leberechinococeus dadurch zu Schaden gekommen sei, dass er sich eine von einer
früheren Probepunktion herrührende abgebrochene Spitze einer Pravaz’schen
Nadel tief in den Arm einspießte.
1) Herr Sonnenburg: Krankenvorstellungen.
a. Technisch schwierige Operation von Appendicitisperforation.
Bei dem Pat., seit 5 Wochen mit eitrigem Exsudat in der Ileocoecalgegend
behaftet, zeigte sich bei der Operation — wohl in Folge des äußerst elenden Zu-
standes des Kranken — der Darm in der Umgebung des Abscesses so brüchig,
dass beim Abtasten der Höhle derselbe an mehreren Stellen einriss. 8. sah sich
daher genöthigt, ein großes Stück Dünndarm dabei zu reseciren und die Enden
mittels Murphyknopfes zu vereinigen. Bei der Entleerung eines nach dem inneren
Leistenring sich erstreckenden Recessus des Abscesses entstand ferner noch eine
ffnung in einer hier befindlichen und verlötheten Darmschlinge. Hier konnte
1058 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
wegen der zahlreichen Verwachsungen eine Resektion des Darmes nicht gemacht,
musste vielmehr durch Tamponade der Austritt von Koth möglichst angehalten
werden. Trotsdem in Folge dieser Komplikationen weite Strecken der freien
Bauchhöhle in der Umgebung des Abscesses eröffnet werden mussten, und die
Gefahr der Infektion durch die in der Nähe befindliche Darmfistel eine große war,
konnte dieselbe doch verhütet werden, und zwar speciell mittels ausgedehnter
Tamponade. Pat. ist völlig ausgeheilt. Der Knopf ging bereits in der 1. Woche
per anum ab. i
b. Künstliches Gebiss im Ösophagus. Ösophagotomie.
Pat. (Wärter) glaubte ein Stück seines Gebisses verschluckt zu haben. 8.
untersuchte mit der Schlundsonde und gelangte glatt in den Magen, ohne auf
Widerstand zu stoßen. Da aber am anderen Tage intensive Schmerzen auftraten,
nahm 8. eine nochmalige Sondirung vor und war im Stande, einen Fremdkörper
zu füblen; auch durch die Autoskopie (Dr. Kirstein) ließ er sich feststellen.
8. entfernte nunmehr den Fremdkörper (Theil des Gebisses) durch Ösophagotomie.
Die Operationswunde heilte ohne Naht!.
c. Abgebrochene Messerklinge in der Fossa poplitea.
S. entfernte aus der Poplitealgegend eine abgebrochene Messerklinge, die dem
Pat. nur ganz wenig Beschwerden gemacht hatte unmittelbar neben den Gefäßen
sich befand, und deren Sitz vor der Operation durch Röntgenstrahlen festgestellt
worden war.
8) Herr Merkens (Krankenhaus Moabit): Gehirnabscesse.
Der von dem Vortr. beobachtete Fall resp. Pat. war vor einigen Wochen von
anderer Seite wegen chronischer Mittelohreiterung operirt worden und hatte nach
der Angabe der Angehörigen seit der Operation über Kopfschmerzen geklagt; seit
einigen Tagen bestand völlige Somnolens. Die Diagnose eines Temporallappen-
abscesses, welche namentlich durch die Parese der gekreuzten Extremitäten ge-
stützt wurde, konnte durch die sofort — nach Einlieferung ins Krankenhaus
Moabit — vorgenommene Operation bestätigt werden. Jedoch gelang es nicht,
das Leben zu erhalten.
In dem Eiter fanden sich in Reinkultur Stäbchen, die mit den Typhusbacillen
die größte Ahnlichkeit hatten.
9) Herr Israël (Krankenhaus Moabit): Multiple Gehirnabscesse.
Das Gehirn stammt von einem 28jährigen Mann, der wegen einer Erysipel-
phlegmone auf der linken Kopfhälfte operirt worden war. Trotz glatten Heil-
verlaufs zeigte Pat. Abnormitäten, wollte nicht aufstehen, war meist mürrisch und
verdrießlich. Bisweilen Kopfschmerz und Schwindelgefühl, Temperatur vom 5. Tage
nach der Operation stets normal. 5 Wochen post operationem eines Morgens sehr
heftige Kopfschmerzen in der linken Regio parietalis, Benommenheit, beiderseits
Papillitis, Reflexe erhalten, Temperatur und Puls normal. Diagnose: Hirnabscess
ohne bestimmte Lokalisation, da Herdsymptome fehlten. Am nächsten Morgen
Krampfanfall, tonische Zuckungen der ganzen Körpermuskulatur. Völlige Be-
wusstlosigkeit. Temperatur 38,4, Puls beschleunigt, Athmung angestrengt. Einige
Zeit nach Aufhören des Krampfes plötzliches Aussetzen der Athmung; Tod.
Autopsie: In der rechten Hemisphäre 4 Abscesse; 1 walnussgroßer im Tem-
porallappen, 1 hirsekorngroßer im Frontallappen, 2 kleinere im Parietallappen.
Also im Anschluss an Phlegmone des Kopfes 4 Abscesse im Gehirn, die sich in
1 Monat entwickelten, ohne Temperatursteigerung zu bewirken und ohne Herd-
symptome zu machen. Schließlich ist noch zu beachten, obwohl es sich wohl
offenbar um eine centrale Athmungslähmung gehandelt hatte, dass kein Durch-
bruch in den 4. Ventrikel bestand.
10) Herr Merkens (Krankenhaus Moabit}: Struma cystica mit Amöben.
Brauer, 36 Jahre alt, wurde Anfang December aufgenommen. Pat. litt an an-
geborener Struma, welche in den letzten Wochen stark an Umfang zugenommen
1 Der Fall heilte übrigens nicht genz glatt. Wohl in Folge der entzündlichen
Nekrose der Ösophaguswand trat noch Eiterung und nachträglich Senkung ein.
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1059
hatte und auf der linken Seite deutliche Fluktuation zeigte. Am 13. December
1897 wurde die Geschwulst operirt; nach der Eröffnung der Geschwulst entleerte
sich sofort eine beträchtliche Menge weißer Flüssigkeit, welche zum Theil frisch
untersucht, zum Theil gehärtet wurde. Die mikroskopische Untersuchung ergab,
dass es sich nicht um Eiter handelte. Leukocyten waren nur spärlich vorhanden,
Eiterkörperchen gar nicht. Im Gegentheil fanden sich: 1) Stäbchenbakterien,
welche sich mit Fuchsin und Methylenblau sehr leicht färbten und auf unseren
gewöhnlichen Nährböden einen grauen, schmierigen Belag bildeten. 2) Eine er-
hebliche Menge große Zellen von ovalärer und von kugeliger Gestalt und körniger
Beschaffenheit. Im frisch untersuchten Material war kein Kern nachweisbar. Der-
selbe trat erst nach Behandlung mit Essigsäure und in fixirten Präparaten als
schwach tingirter, unregelmäßiger und in vielen Fällen ganz zerfressener Körper
hervor. In diesen Präparaten konnte man auch bestätigen, dass sich zwischen den
braunen Granula, welche die ganze Zelle ausfüllten, auch einige fanden, welche
sich mit Osmiumsäure schwarz färbten. Die betreffenden Zellen hielten sich bei
Bruttemperatur sehr lange, bei Zimmertemperatur starben sie sehr schnell ab.
Untersuchte man sie unmittelbar nachdem sie aus dem Brutschrank genommen
waren, so konnte man während einiger Minuten amöboide Bewegungen beobachten
und sich vom Vorhandensein einer pulsirenden Vacuole überzeugen. Auf Eiweiß-
nährböden vermehrten sich diese Organismen; auf Agamährböden konnte keine
Vermehrung beobachtet werden; so bald die Kultur eintrocknete, fand eine Ein-
kapselung der Amöben statt. Sarfert (Berlin).
18) Flatau. Traumatische Neurosen ohne Entschädigungsansprüche.
(Zeitschrift für praktische Ärste 1898. No. 8.)
Verf. berichtet über 3 Fälle von »traumatischer Neurose« aus der Oppen-
heim’schen Poliklinik. Da die betreffenden Pat., wie der Titel bereits sagt, keine
Rentenansprüche machten, seigen die Fälle, wie Verf. meint, dass Verletzungen
mit psychischen Traumen die mit der Bezeichnung traumatische Neurose belegte
Erkrankung des Centralnervensystems hervorrufen können, auch da wo Begehrungs-
vorstellungen nicht in Frage kommen. (Die fast allgemein anerkannte Ansicht,
dass es eine »traumatische Neuroses als Krankheit sui generis nicht giebt, wird
hierdurch nicht widerlegt. Ref.) K. Hufschmid (Gleiwitz O/S.).
19) Briese. Ein Fall von symmetrischer Gangrän der oberen und
unteren Extremitäten.
(Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur-
forscher und Arzte 1897.)
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897.
Ein 16jähriger Schlosserlehrling, der bisher stets gesund gewesen, erkrankte
ohne besondere Ursache an symmetrischem Brand sämmtlicher Endglieder beider
Hände und Füße mit Ausnahme des rechten Zeigefingers, stellenweiser Mumi-
fieirung der Haut am Fußrücken und Sohle; verbreiterter Herzspitzenstoß, systo-
lisches Geräusch an der Spitze; II. Pulmenalton etwas verstärkt, Puls 120, regel-
mäßig, klein und weich. — Der Kranke starb unter zunehmenden Schmerzen etwa
5 Wochen nach Beginn der Krankheit. Sektion verweigert.
Interessant ist die Behandlung des Kranken mit 1%igem Nitroglycerin, stünd-
lich 2 Tropfen in Kognak, das wegen seiner gefäßerweiternden Eigenschaft ge-
geben wurde, nach Ansicht des Verf. mit Erfolg: die Gangrän schritt nicht weiter
vor. In dieser Therapie liegt auch die Erklärung, welche zur Entstehung der
Gangrän gegeben wird: Krampf der Vasokonstriktoren bis zum völligen Verschluss.
Die eigentliche Ursache zu diesem Gefäßkrampf konnte nicht nachgewiesen werden.
Woran der Kranke gestorben ist, ist weder aus der Krankengeschichte, noch aus
den epikritischen Bemerkungen ersichtlich. Tschmarke (Magdeburg).
1060 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
20) A. v. Eiselsberg. Über operative Versuche, die pathologische
Schulterstellung bei Dystrophia musculorum progrediens zu ver-
bessern.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 1.)
Bei der Dystrophia musculorum ist besonders die pathologische Stellung der
Schulter lästig, namentlich wenn in Folge von Lähmung des Muse. cucullaris die
beiden Schulterblätter flügelartig vom Brustkorb abstehen. Da Apparate und
Bandagen nur vorübergehend und unzuverlässig helfen, so lag für den Autor der
Gedanke nahe, auf operativem Weg eine Fixation des Schulterblatts in richtiger
Stellung zu versuchen. v.E. hat nun in 2 Fällen auf verschiedene Weise dies
Ziel su erreichen versucht. Bei dem 1. Pat. waren zuerst, aber ohne Erfolg, die
unteren Partien der Schulterblätter an einander geheftet worden. Durch eine
2. Operation wurden auch die oberen Theile der Schulterblätter durch Silberdraht-
nähte mit einander vereinigt, derart, dass dabei die Knochen völlig aufgerichtet
waren und an einander fest fixirt wurden. Allein da das ganz sagittal gestellte
Schlüsselbein auf der einen Seite schwere Drucksymptome auf den Plexus brachialis
und die Gefäße hervorrief, war ein neuer Eingriff nöthig, der darin bestand, dass
das Schlüsselbein durch einen Bajonettschnitt durchsägt, aus einander gezogen und
auf diese Weise durch fixirende Nähte verlängert erhalten wurde. In dem 2. Falle
war versucht worden, den Rand des rechten Schulterblatts mittels Silberdraht an
die 6. und 7. Rippe anzuheften. Wegen heftiger Schmerzen musste diese Ver-
einigung gelöst werden. Trotzdem bestand eine gute Fixation durch Narben-
gewebe, und diese bewirkte es, dass ein weiterer Versuch, die medialen Schulter-
blattränder zu nähen, wegen Unmöglichkeit genauer Aneinanderpassung fehlschlug.
Doch erscheint v. E. die Befestigung jedes Schulterblatts an die Rippen als die
physiologisch richtigere.
Die Operation ist bei langsam verlaufenden Fällen anzuwenden und wäre in
einem progressiven Stadium zwecklos. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
21) Olier. De la creation de nouvelles articulations entre des os
normalement independants.
‘(Compt. rend. de l’acad. 1898. No. 22.)
Seit lange hat O. an zahlreichen Thierexperimenten und ebenfalls häufigen,
sehr glücklichen Operationen an Menschen gezeigt, wie durch pathologische oder
traumatische Ursachen zerstörte Gelenke durch Nearthrosen zu ersetzen sind.
Heute zeigt der geniale Chirurg die Frage der Neubildung von Gelenken in
noch weiterem Gesichtspunkt. Er beweist, dass man in der Wiederherstellung
beweglicher Verbindungen noch viel weiter gehen kann, dass es möglich ist, be-
wegliche und solide Gelenke zwischen Knochen herzustellen, welche in normalem
Zustand gar nicht zusammenhängen, wenigstens nicht unter einander artikulirt sind.
In dem betreffenden, hochinteressanten Fall, auf den etwas näher einzugeben
sich der Mühe verlohnt, wurden die Funktionen der oberen Extremität wieder-
hergestellt durch Fixation der Diaphyse des Oberarms an das Schlüsselbein. Nicht
nur der Oberarmkopf existirte nicht mehr, auch das Schulterblatt war in seiner
Totalität entfernt, so dass es unmöglich war, eine scapulo-humerale Artikulation
zu machen. Die obere Extremität hing am Rumpf nur durch Weichtheile. Das
Schlüsselbein war in die Höhe gezogen und hatte jede Verbindung mit dem Arm
verloren. Die Distanz betrug 7 cm. An Stelle des Gelenks war eine große Ver-
tiefung, die der atrophische Deltoideus bedeckte.
Pat., der die schwere Verletzung des Schulterblattes vor 22 Jahren bei Metz
erlitten hatte, und bei dem im Krankheitsverlauf der Oberarm wegen Eiterung
resecirt war, konnte nach seiner Ausheilung trotz Prothese das Glied so gut wie
nicht gebrauchen. Der Unterarm war atrophirt.
Im Jahre 1893 beschloss O, eine Verbindung zwischen Schlüsselbein und Ober-
arm zu versuchen, die ausgezeichnet gelang. Mühsam wurde das Ende des Ober-
armes von dem narbigen Gewebe befreit, dann ein wenig resecirt mit Erhaltung
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1061
des Periosts; eben so wurde am Schlüsselbein vorgegangen, und beide Knochen-
flächen so wie das Periost durch Nähte vereint. Der Oberarm wurde durch
2 Platinnähte an das Schlüsselbein fixirt, die noch heute liegen. Wäre eine
knöcherne Vereinigung erfolgt, die O. erwartete, so hätten die Bewegungen in
dem Sterno-Claviculargelenk sich abgespielt. Aber die Verbindung blieb fibrös,
und der Oberarm, obgleich in exakter Berührung mit dem Schlüsselbein, macht
ausgedehnte Bewegungen in allen Richtungen, besonders in der anterior-posterioren.
Mit besonderer Sorgfalt beschäftigte sich der Operateur mit der Wieder-
herstellung von Muskelansätzen. Besonders wurde der Deltoideus von seinen
narbigen Verwachsungen befreit und an geeigneten Punkten an benachbarte Mus-
keln, Periost und an die fibrösen parostalen Züge angenäht, welche die vom
Schlüsselbein herabhängende Extremität bedeokten. Bo weit als möglich wurde
auch das Verhältnis der anderen scapularen Muskeln wiederhergestellt.
Der Erfolg der Operation, die jetzt 4 Jahre zurückdatirt, war sehr gut. Der
Verlauf zunächst tadellos; am 10. Tage 1. Verbandwechsel; 4 Monate wurde das
Glied immobilisirt gehalten, dann frei gelassen. Zuerst schien eine Synostose zu
bestehen, bald aber entwickelte sich eine gewisse Beweglichkeit, welche sich in
dem Maße vermehrte, wie der Kranke sein Glied gebrauchte. Jetzt hat er eine
wirkliche solide und aktiv bewegliche Gelenkverbindung. Selbst Gewichte kann
er wie mit dem anderen Arm heben.
Der Unterarm ist wieder kräftig, und durch die Reinsertion des Deltoideus
am Schlüsselbein können energische Abduktionsbewegungen ausgeführt werden.
Durch anfänglich ziehende Gewichte ist das Schlüsselbein wieder in normaler Lage.
Die Depression ist geringer. Die schwachen Schulterblattmuskeln unterstützen die
Bewegungen, die gemacht werden können. Jedenfalls hat sich die Lage des Pat.
in orthopädischem und funktionellem Sinne so gebessert, dass er sein Glied ohne
Apparat gebraucht. (Legen der Hand auf den Kopf, zur anderen Schulter, zum
Gesäß, Bewegungen, die er vor der Operation nicht ausführen konnte.)
Verf. meint, wenn er im Schlüsselbein keinen Stützpunkt gefunden hätte,
hätte er versucht, die Rippen dazu zu benutzen. Freilich wäre der Zustand dann
viel ungünstiger gewesen. A. Henry (Breslau).
22) Julié. Paralysie du nerf cubital par compression cicatricielle.
Libération du nerf. Gu£rison.
(Bull. et m&m. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 565.)
Das Interesse der Äischen Beobachtung liegt namentlich in dem späten Auf-
treten der Lähmungserscheinungen. Der zur Zeit der Operation 22jährige Pat.
hatte 4 Jahre vorher durch eine Sichel eine Schnittwunde an der Innenrückseite
des linken Oberarms 4 Querfinger oberhalb des Epicondylus internus erlitten. Die
Wunde heilte mit Eiterung. Motilitätsstörungen bestanden gar nicht. Die An-
fangs im Gebiet des Ulnaris gestörte Sensibilität kehrte bald völlig zurück, so dass
Pat. 2 Jahre nach dem Unfall ohne Bedenken als Dragoner zum Militär eingestellt
werden konnte. Im Lauf des folgenden Jahres magerte die linke Hand ab, das
Gefühl stumpfte sich ab, Pat. konnte die Zügel nicht mehr halten, es kam zu
einer fast völligen Lähmung und sehr vorgeschrittenen Atrophie der Zwischen-
knochenmuskeln, des Adductor pollicis und des Kleinfingerballens. An der Stelle
der früheren Verletzung fühlte man im Verlauf des N. ulnaris eine nussgroße Ge-
schwulst von fibröser Konsistenz. Exstirpation dieser Narbenmasse unter Cocain-
anästhesie brachte binnen 3 Monaten vollständige Heilung.
Reichel (Chemnitz).
23) Franke. Funktionelle Heilung der Radialislähmung durch
Sehnenplastik.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Mediein und Chirurgie Bd. III. Hft. 1.)
F. ersetzte bei Radialisläihmung durch spinale Kinderlähmung die ausgefallenen
Funktionen der Fingerstrecker durch Verlagerung des Flexor carpi ulnaris und
1062 Centralblatt für Chirurgie. No. 42.
Annähen an die Sehnen der Fingerextensoren; die Hand wurde durch Verkürzung
des Extensor carpi radialis in Streckstellung gebracht; desshalb war aktive Beu-
gung der Hand natürlich ausgeschlossen. Das funktionelle Resultat war recht
befriedigend.
Ein zweiter, ähnlicher Fall ist nicht ganz rein, da unerwartet von selbst die
Lähmung zum großen Theil zurückging. Haeckel (Stettin).
24) J. B. Seldowitsch. Über die Gelenke der überzähligen Finger.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 4.)
S. untersuchte aktinographisch 5 Fälle von Hyperdaktylie. Dabei fand er,
dass das Gelenk bei der häufigsten Form — zwischen Metacarpus und den beiden
1. Phalangen — meist beiden Fingern gemein ist. Daher ist bei der Exartikulation
streng auf Asepsis zu achten. S, bemerkt, dass der Zustand der Gelenke bei
dieser Missbildung noch wenig untersucht ist. 3 Aktinogramme sind abgedruckt.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
25) Demons et Bégouin. Examen clinique et anatomo-pathologique
d'une luxation traumatique sus-pubienne de la hanche chez un sujet
mort cing heures après l'accident.
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 635.)
Verff. hatten die seltene Gelegenheit, einen Fall frischer Luxatio femoris
suprapubica anatomisch zu untersuchen. Leichte, ohne Narkose vorgenommene
Repositionsversuche waren ohne Erfolg geblieben: starke Flexion wandelte die
Lux. suprapubica nur in eine intrapelvica, und Extension, Abduktion, Innen-
rotation in eine Lux. obturatoria um. Von weiteren Versuchen war Abstand ge-
nommen worden. Pat. starb 3 Stunden nachher, 5 Stunden nach dem Unfall. —
Bei der Autopsie fand man die unversehrte Art. femoralis genau vor, die V. fem.
nach innen vom verrenkten Gelenkkopf; dieser war beinahe swischen den beiden
Gefäßen hindurcbgetreten; die V. oircumflexa war durchrissen. Der Oberschenkel-
kopf lag hinten dem Os ilei zwischen Spina anter. .inf. und Eminentia ileopectinea
auf; der Musc. psoas war mit dem Nerv. cruralis nach außen gedrängt; der
Muse. pectineus war quer durchrissen, dessgleichen das Ligamentum rotundum an
seiner Ansatzstelle am Kopf. An der Leiche bewirkte folgendes Verfahren die
Reposition: Das Glied wurde unter der Kniekehle gepackt und der Oberschenkel
zur gleichen Zeit gebeugt, während er stark nach außen und in die Höhe gezogen
wurde. Der Gelenkkopf wurde dadurch aus seiner abnormen Lage befreit.. Es
genügte nun eine leichte Rotation nach innen, während man das Bein in Streckung
und Adduktion überführte, um den luxirten Kopf in die Pfanne eintreten zu lassen.
Reichel (Chemnitz).
26) Brauer. Über Coxa vara und die sie begleitende Muskelatrophie.
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Mediein und Chirurgie Bd. III. Hft. 2.)
B. konstatirte bei einem Sjährigen Knaben, der bisher unter der Diagnose
Muskelstrophie von verschiedenen Ärzten behandelt worden war, Coxa vara und
betont im Anschluss daran die Wichtigkeit der lokalen Atrophie der Muskeln um
die kranke Hüfte zur sonst oft recht schweren Frühdiagnose der Coxa vara.
Haeckel (Stettin).
27) A. Birch-Hirschfeld. Über einen eigenartigen Fall von akuter
Osteomyelitis.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 611.)
Der Fall, in der Leipziger Klinik beobachtet, betrifft einen 10jährigen Kna-
ben, am rechten Oberschenkel erkrankt. Die Erkrankung begann mit den typi-
schen Allgemeinerscheinungen 3'/g Monate vor der Spitalaufnahme und hatte, ohne
Abscesse zu veranlassen, zu einer Verdickung und starken Verbiegung nach vorn
konvex am unteren Schenkelende geführt (cf. 2 Photogramme.) Das Röntgenbild
Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1063
(cf. seine interessante Reproduktion im Original) zeigte hochgradige spindelförmige
Auftreibung des Knochens, welcher handbreit über dem Kniegelenk rechtwinklig
nach hinten umgeknickt ist, ferner aber unterhalb des Knickungswinkels deutlich
den dunklen Schatten eines großen Sequesters. Der Knochen wird desshalb von
einem doppelseitigen Seitenlängsschnitt aus aufgemeißelt. Kloaken fanden sich
nicht, wohl aber der diagnosticirte Sequester, in den Granulationen der Höhle
ferner — trotz Fehlens der Eiterung! — keimfähige Staphylokokken. Die Ver-
biegung des Knochens, welche sehr ähnlich Oberst in dem analogen Falle eines
12jährigen Mädchens fand, ist wahrscheinlich durch Muskelzug und Körper-
belastung zu erklären, da der Pat. vor seiner Spitalaufnahme zeitweise außer Bett
herumgegangen war. Auch Mosetig hat 3 ähnliche Fälle beobachtet. Häufiger
sind unter analogen Umständen Verbiegungen des oberen Femurendes (Fälle von
v. Volkmann, Schede, Diesterweg, Küster). Der Verbiegungsprocess be-
ruht wohl auf einer Erweichung bezw. Entkalkung des Knochens (»Ostitis fibrosa«
nach v. Recklinghausen). Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
28) F. Hahn. Röntgenaufnahme bei Osteomyelitis mit Sequester-
bildung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 27.)
Durch Röntgenphotographie vermochte H. in 2 Fällen von fistulöser Osteo-
myelitis, bei denen die Sonde Sequester nicht nachweisen konnte, solche sowohl
ihrer Zahl nach, als auch hinsichtlich ihrer Größe und Lage festzustellen. Die
Abbildungen der Photographien lassen dies freilich nicht erkennen.
Kramer (Glogau).
29) W. Prutz. Über traumatischen Lufteintritt ins Kniegelenk.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 591.)
Den bislang nur bekannten 2 Fällen von traumatischem Lufteintritt ins Knie-
gelenk von Lossen und König fügt P. 2 neue von ihm in der Königsberger
Klinik beobachtete hinzu. Beide betreffen Männer, welche durch schwere stumpfe
Gewalteinwirkung ausgedehnte Quetschwunden am Bein erlitten hatten, und ergab
sioh die fragliche Veränderung am Knie symptomatisch ohne Weiteres durch eine
leichte Anschwellung desselben mit undeutlicheren Kontouren an der Kniescheibe
und der Streoksehne, verbunden mit hellem, tympanitischem Perkussionston.
Während in dem einen Falle bei günstigem Wundverlauf der Luftschall
binnen 3 Tagen schwand, und Genesung erfolgte, ging der 2. Pat. septisch zu
Grunde. Im Knie, über welchem der tympanitische Schall bis zum 4. Tage nach-
weisbar geblieben, fand sich bei der Sektion ein eitriger Erguss.
Der Kapselriss, durch den die Luft ins Gelenk drang, erfolgte in beiden
Fällen wahrscheinlich durch Einriss in Folge von Überdehnung, der Lufteintritt
selbst durch eine Aspiration in die durch die Hyperextension zum Klaffen ge-
brachte Gelenkspalte. Die Perforationsöffnung saß in beiden Fällen versteckt und
war bei der Wundversorgung nicht auffindbar gewesen. Diese versteckte Lage
derselben bildet für das Gelenk den besten Schutz vor Infektion. Wenn solche
im 2. Falle doch eintrat, bestand der Grund dafür vielleicht darin, dass im Gelenk
auch ein Bluterguss vorlag, und in der nahen Nachbarschaft der vereiterten
äußeren Weichtheilwunden. Therapeutisch giebt der Luftgehalt des Knies keine
besondere Indikation. Vielleicht aber findet er sich bei Wunden der Kniegegend,
wenn man das Knie perkutirt, häufiger, als man bislang beobachtete. Es wird
von Interesse sein, künftighin darauf zu achten.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
30) H. Graff. Seltene Luxationen des Fußes und Kniegelenks.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.)
G. berichtet zunächst über 4 Fälle von Rotationsluxationen des Fußes nach
außen, von denen 2 durch schematische Zeichnungen illustrirt werden. In sämmt-
1064 Centralblatt für Chirurgie. No, 42.
lichen Fällen war die Luxation verbunden mit einer Fraktur der Fibula, 3mal
auch mit Abriss des inneren Malleolus. Nach den bis jetzt von verschiedenen
Seiten angestellten Leichenversuchen hält G. eine reine Außenrotationsluxation
(ohne Fraktur) nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen für möglich.
Im weiteren wird eine kombinirte Luxation des Fußes nach unten, innen und
hinten (Luxatio pedis sub talo nach innen und hinten), die nach Angabe des Pat.
durch Auffallen mit dem Gesäß auf den nach innen umgekippten Fuß zu Stande
gekommen war, so wie eine seitliche Luxation im Kniegelenk beschrieben; auch
diesen beiden Mittheilungen sind schematische Zeichnungen beigegeben.
" Honsell (Tübingen).
31) E. Payr. Über tödliche Fettembolie nach Streckung von Kon-
trakturen. (Aus der Grazer chirurg. Klinik.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 28.)
Den 4 in der Litteratur bekannt gewordenen Fällen von tödlicher Fettembolie
nach unblutigen orthopädischen Eingriffen reiht P. einen weiteren an, in welchem
bei einem einen ausgesprochenen Status thymicus darbietenden 16jährigen Mädchen
eine nach Osteomyelitis ac. tibiae zurückgebliebene Kniekontraktur in Äthernarkose
ohne Gewaltanwendung gestreckt worden und bald danach Erscheinungen von
großer Unruhe und tiefem Collaps mit raschem tödlichem Ausgang aufgetreten
waren. Bei der Sektion fanden sich in dem Blut der V. poplitea bis hinauf in
die V. cava inf. reichliche Fetttröpfchen mit freiem Auge leicht erkennbar, eben
so in den Lungenkapillaren, außerdem, neben einer großen Thymusdrüse und Ver-
rößerung der Mandeln, Lymphfollikel des Rachens etc. und der Mils, Herz-,
Feber- und Nierenverfettung.
Im Anschluss an den Fall bespricht P. die verschiedenen Anschauungen über
das Wesen des fettembolischen Todes und erwähnt einiger von ihm gemachter
Beobachtungen von starker Lipurie nach Kniegelenksresektion, in welchen Fällen
bei den betreffenden Kranken — bei aseptischem Wundverlauf — am 1.—2. Tage
p. op. beunruhigende Erscheinungen seitens des Herzens, abnorme Pulsbeschleu-
nigung, heftige Anfälle von Herzklopfen und Schmerzen in der Herzgegend auf-
getreten waren. Auch den in obigem Falle gemachten Befund von Status thymious
s. lymphatious, der nur noch in einem Falle von Colley erwähnt ist, berücksichtigt
P. und hält einen Zusammenhang zwischen Tod durch Fettembolie und Status
thymicus für nicht unmöglich, in so fern vielleicht der letztere günstigere Re-
sorptionsbedingungen für das Fett auf dem Wege der Lymphbahnen setze, bezw.
die Gefahr für das Herz erhöhe. Kramer (Glogau).
32) Mulert. Ein Fall von Ruptur der Arteria poplitea durch Über-
streckung.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 423.)
Der im Stralsunder Stadtkrankenhaus behandelte Fall betrifft einen 5ljährigen
Ackerknecht, welcher beim Eggen von den Pferden an einen Graben gedrängt und
rücklings in denselben gefallen war, wobei sein rechtes Bein quer über den Graben
zu liegen kam. Durch die nachstürzende schwere Egge wurde ihm das Kniegelenk
nach hinten durchgedrückt, so dass die Zehen ganz nahe an seinem Gesicht standen.
Nach 9 Tagen deutliche Unterschenkelgangrän; Heilung durch Oberschenkelampu-
tation. Der Befund war außer Suffusionen quere Durchreißung der A. poplitea
in der Höhe der Gelenklinie bis auf einige Adventitiafasern. Diastase der Stümpfe
um 3 cm. V. poplitea thrombosirt, aber nicht zerrissen. (Das Verhalten der
Nerven ist nicht beschrieben!) Außerdem Querriss der Hinterseite der Gelenk-
kapsel, Abreißung der Kreuzbänder etc. Das Arterienpräparat ist abgebildet.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Originalmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
für
CHIRURGIE
E mn Bm, F, Kii, ER
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
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Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 43. Sonnabend, den 29. Oktober. 1898.
Inhalt: I. H. Braun, Regionäre Anästhesie und Blutleere. (Bemerkungen zu dem
Artikel von S. Kofmann »Bintleere als Lokalanästhesiee in No. 40 d. Bl.) DG
A. Elsberg, Über Herzwunden und Herznaht. (Original-Mittheilungen.)
1) Buschke, Hefemykosen. — 2) Brunner, Keimgehalt und Heilungsverlauf acciden-
teller Wunden. — 3) und 4) Mayer, Therapeutische Anwendung chemischer Eiterung.
— 5) Cohn, Wundschutz, — 6) Monin, Die Gerüche des menschlichen Körpers. —
T) Schwalbe, Siebenmann, Anatomie des Ohres. — 8) Kayser, 9) Miot, Durchlöcherung
des Trommelfells. — 10) Malherbe, Eröffnung der Warzenfortsatzzellen. — 11) Grant,
Sklerose des Ohres. — 12) Uchermann, Taubstummheit in Norwegen. — 13) Guder,
Reizung der Nasenschleimhaut. — 14) Tissler, 15) Martuscelll, Nasengeschwülste. —
16) v. Friedländer, Ektomie des 2. Trigeminusastes. — 17) Berger, Zungentuberkulose.
— 18) Sultan, Halscysten und -Fisteln. — 19) Wendel, Verletzung des Ductus thoracicus.
20) Garulanos, Muskelechinokokken. — 21) Klär, Meißelsonde. — 22) Szenes, Ohr-
verletzungen. — 23) Miot, Rhinolith.
Berichtigung.
I. Regionäre Anästhesie und Blutleere.
(Bemerkungen zu dem Artikel von S. Kofmann »Blutleere
als Lokalanästhesie« in No. 40 dieses Blattes.)
Von
Privatdocent Dr. H. Braun in Leipzig.
Mein in diesem Blatte (1897 No. 17) veröffentlichter Artikel, in
welchem ich darauf hinwies, dass die durch Injektion von Cocain-
lösungen hervorzurufende regionäre Anästhesie an den Fingern und
Zehen ein ideales Verfahren und an diesen Theilen der Infiltrations-
anästhesie überlegen sei, hat erfreulicherweise den Zweck erfüllt,
dessentwegen ich ihn geschrieben hatte: dieser Methode diejenige
Verbreitung zu verschaffen, die ihr gebührt. Sie scheint sich jetzt,
wie zahlreiche im vorigen und in diesem Jahre publieirte Arbeiten
beweisen, überall neue Freunde erworben zu haben.
43
1066 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
Ich empfahl, die Methode zunächst auf das enge Gebiet, auf
dem sie Oberst zuerst verwendete, und das ihr widerspruchslos zu-
fallen muss, zu beschränken, und zwar aus folgenden Gründen:
1) Weil ich die Nothwendigkeit einer Abschnürung höher ge-
legener Abschnitte der Extremitäten für eine höchst unbequeme, oft
ganz unerträgliche Beigabe eines lokalanästhetischen Verfahrens
hielt und noch halte.
2) Weil ohne eine solche Abschnürung nur mit Hilfe von mehr
wie 1% Cocain oder Eucain-B enthaltenden Lösungen eine für
operative Zwecke ausreichende regionäre Anästhesie erzeugt werden
kann, wesentlich stärkere Lösungen aber, nicht bloß des Cocains,
sondern überhaupt eines jeden ähnlich intensiv lähmenden Stoffs
niemals ohne Gefahr zu Gewebsinjektionen benutzt werden können,
auch bei noch so geringer Dosis.
Zu meinem größten Erstaunen empfiehlt nun in No. 40 ds. Bl.
S. Kofmann die Abschnürung der Extremitäten als eine brauch-
bare und — mit einer allerdings sehr nöthigen Reserve — neue
Methode der Lokalanästhesie, ja er identificirt sie gleichsam mit
Oberst’s regionärer Anästhesie, bei der er im Grunde genommen
die Einspritzung lähmender Flüssigkeiten eigentlich für völlig über-
flüssig hält. Da Kofmann seinen Artikel mit meinem Namen be-
ginnt, so mag er von mir auch die Antwort haben.
Kofmann sagt ja wohl Niemandem etwas Neues, wenn er findet,
dass durch Abschnürung einer Extremität periphere Anästhesie ent-
stehen kann. Es existirt hierüber eine sehr umfangreiche und, wie
ich betonen muss, sehr leicht zugängliche Litteratur, die Kofmann
sehr wohl hätte einsehen können, ehe er sich für den Entdecker
einer neuen Methode halten durfte.
Besonders nach Einführung des Esmarch’schen Verfahrens ist
diese Frage von den Chirurgen aller Länder klinisch und experi-
mentell, an kranken und gesunden Menschen und an Thieren sorg-
fältig studirt worden, während schon in den ersten Jahrzehnten dieses
Jahrhunderts Juvet, Theden und Liegard! praktisch die Ab-
schnürung der Extremitäten zur Anästhesie bei Operationen benutzt
hatten. Diese alten Chirurgen sind der richtigen Meinung gewesen,
dass die Abschnürung die gedachte Wirkung hat in Folge der mit
ihr verbundenen Kompression der Nervenstämme.
Spüter aber ist meines Erachtens der Gegenstand in eine schiefe
Beleuchtung gekommen dadurch, dass fast allgemein der Anämie der
Gewebe eine zu große Bedeutung bei dem Zustandekommen der
Umschnürungsanästhesie beigelegt wurde.
Kofmann hat denselben Fehler begangen; der Titel seiner Ar-
beit hätte lauten müssen »Kompression als Lokalanästheticum«,
nicht aber » Blutleere als Lokalanästhesie«.
1 Kappeler, Anästhetica p. 112.
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1067
Die Gründe, welche uns veranlassen müssen, der Anämie hierbei
nur eine sehr geringe Bedeutung beizumessen, sind kurz folgende:
1) Periphere Umschnürungsanästhesie entsteht, wie bereits von
Krieshaber?, Verneuil? u. A. betont worden ist, überhaupt nur
dann, wenn der Druck des das Glied umschnürenden Gummischlauchs
dasjenige Maß weit überschreitet, welches genügt, um den Blutstrom
zu unterbrechen. Man bedarf sehr starker Abschnürung, wenn man
in absehbarer Zeit eine erkennbare Herabsetzung der Schmerz-
empfindung beobachten will. Nun, wie Kofmann umschnürt, das
ergiebt sich ja aus der Thatsache, dass er bei einer Operation an der
großen Zehe, also wohl einem kurzdauernden Eingriff, Gangrän an
der Schnürstelle erlebte. Ich glaube nicht, dass ihm in dieser Hin-
sicht Jemand die Priorität streitig machen wird.
2) Die Schnelligkeit des Eintritts und die Intensität der Kom-
pressionsanästhesie ist direkt abhängig von der Festigkeit der Um-
schnürung, immer vorausgesetzt, dass der Blutstrom völlig unter-
brochen ist; sie ist ferner abhängig von dem Ort der Kompression,
auch von dem Material, das zur Umschnürung benutzt wird: bei
Verwendung eines an umschriebener Stelle drückenden Gummi-
schlauchs stellt sie sich eben so wie postoperative motorische Läh-
mungen viel leichter ein, als bei Umschnürung mit einer breiteren
Gummibinde. Beiläufig sei bemerkt, dass es ohne Belang ist, ob
man das Glied einfach umschnürt oder vorher durch elastische Ein-
wicklung blutleer macht.
3) Die Umschnürungsanästhesie beginnt stets am peripheren Ende
der Extremitäten, gewöhnlich bleibt sie auf diese beschränkt, wenn
sie überhaupt eintritt; in der Nähe der Schnürstelle ist fast niemals
auch nur eine Herabsetzung der Sensibilität zu bemerken, obwohl
doch diese Theile eben so anämisch sind wie die peripheren. Dies
Faktum ist leicht verständlich, wenn man Nervenkompression, schwer
oder gar nicht zu erklären, wenn man Anämie als wirksames Agens
annimmt.
Die genannten 3 Punkte lassen sich durch Versuche am eigenen
Körper, von denen ein einziger — angestellt von einem zu objektiver
Selbstbeobachtung fähigen Menschen — mehr werth ist als 100 Ex-
perimente an einem psychisch unkontrollirbaren Krankenmaterial,
leicht beweisen.
An den größeren Gliedabschnitten, am Arm oder am Bein, ist
die Intensität des Umschnürungsdrucks außerordentlich schwer do-
sirbar; es ist daher sehr verständlich, dass einzelne Beobachter, wie
Neubert, Iversen:, Le Fort® und Stokes? u. A., gelegentlich
2 Gaz. med. de Paris 1574. p. 293 u. 307.
3 Gaz. des höpitaux 1874. No. 103.
4 Untersuchungen und Erfahrungen über künstl. Blutleere. Diss., Kiel, 1578.
5 Künstliche Ischämie bei Operationen. Kiel 1873.
6 Gaz. des höpitaux 1874. No. 103.
1 Dublin Press and Circular 1874. p. 248.
43*
1068 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
eine mehr oder weniger ausgebreitete Umschnürungsanästhesie hervor-
zurufen vermochten, während die große Mehrzahl derselben, Nicaise®,
Verneuil®, Billroth'% Fischer!!, Brunei, Chauvel! Kap-
peler', Karewski!5 u. A., stets nur eine sehr geringe oder gar
keine Herabsetzung der Sensibilität erzielen konnten.
Gelegentlich experimenteller Untersuchungen über regionäre
Anästhesie, zu deren Veröffentlichung ich noch nicht gekommen bin,
habe ich die Umschnürungsanästhesie betreffende Selbstversuche
ebenfalls angestellt.
Ich habe es wegen der äußerst heftigen Schmerzen, welche
die Umschnürung veranlasst, niemals ertragen können, einen Gummi-
schlauch um mein Bein oder meinen Arm so fest anzulegen und so
lange liegen zu lassen, bis auch nur eine nennenswerthe Herab-
setzung der Schmerzempfindlichkeit eingetreten war; jedenfalls tritt
dieselbe bei möglichst schonender Abschnürung mit einer breiten
Gummibinde trotz Unterbrechung des Blutstroms überhaupt in ab-
sehbarer Zeit niemals ein. Ich bezweifle aber keinen Augenblick,
dass bei noch viel festerer Abschnürung an einem recht geduldigen
Kranken nach Ablauf einer sehr beträchtlichen Zeit — Kofmann
sagt in keinem Falle, wie lange er warten musste — periphere An-
ästhesie entstehen kann.
Ein weit geeigneteres Versuchsobjekt aber, wie die großen Glied-
abschnitte, sind die Finger, an deren Basis man leicht unter sonst
annähernd gleichen Versuchsbedingungen den fraglichen Faktor, die
Intensität des Umschnürungsdrucks, dosiren, ohne zu große Belästi-
gung selbst eine sehr feste Umschnürung längere Zeit ertragen kann,
und wo ein sehr geringer Druck genügt, um die Blutzufuhr zu
unterbrechen. Man schneide sich von einer Reihe von Gummi-
schläuchen verschiedener Dicke und verschiedener Wandstärke Ringe
ab und streife dieselben über die Finger bis an deren Basis. Man
erzielt auf diese Weise völlige Blutleere und findet nun leicht den-
jenigen Ring, der — was leicht kontrollirbar ist — den Blutstrom
unterbricht, bei möglichst geringem Umschnürungsdruck. Man findet
ferner solche Ringe, welche einen mittelstarken und solche, welche
einen sehr starken Druck ausüben, die intensivste Druckwirkung aber
erhält man durch vielfache Umschnürung der Fingerbasis mit einem
dünnen elastischen Gummischlauch.
Das Resultat dieser Versuche ist mit wenigen Worten geschil-
dert. Die schwächsten und mittelstarken Ringe habe ich 2 Stunden
8 Gaz. med. de Paris 1874. p. 209 u. 307.
le.
10 Wiener med. Wochenschrift 1873. No. 29,
#1 Verhandlungen des III. deutschen Chirurgenkongresses 1874.
12 Langenbeck’s Archiv Bd. XIX. p. 650.
13 Arch. gener. de med. 1875. Juni—August.
W L ©.
15 Therapeutische Monatshefte 1888. p. 168.
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1069
liegen lassen. Außer Parästhesien und taubem Gefühl habe ich in
dieser Zeit in dem 1. Falle nur eine Herabsetzung der Tastempfin-
dung am Endglied des Fingers, im 2. Falle eine Aufhebung des-
selben, die, am Endglied beginnend, sich allmählich auch auf das
Mittelglied erstreckte, beobachtet. Die Empfindlichkeit aber gegen
Nadelstiche war auch nach 2 Stunden eher gesteigert, jedenfalls nicht
herabgesetzt.
Spritzt man sich an einem, auf diese Weise mild abgeschnürten Finger in
die Nachbarschaft eines seiner Nervenstämme einige Tropfen !/2%iger Cocainlösung
oder einer — für praktische Zwecke wegen ihrer Haltbarkeit und Sterilisirbarkeit
vorzuziehenden — 1%igen Eucain-B-Lösung, so empfindet man augenblicklich im
Gebiet des betreffenden Nerven, und nur in diesem, eine vom Centrum nach
der Peripherie rasch fortschreitende Herabsetzung der Sensibilität, welche nach
wenigen Minuten einer völligen Empfindungslosigkeit in einem bestimmten Bezirk
Platz macht.
Stark schnürende Ringe veranlassen nach 1/,—1 Stunde neben
den früher geschilderten Erscheinungen eine deutliche Herabsetzung
auch der Schmerzempfindung am Endglied, bisweilen auch fort-
schreitend auf das Mittelglied des Fingers. Sind intensivere Sensi-
bilitätsstörungen während der Umschnürung vorhanden, so treten nach
Lösung derselben für kurze Zeit heftige, in den Finger schießende
Schmerzen auf, während der Druck der Ringe selbst wenig Be-
schwerden macht. Stets beginnen die Sensibilitätsstörungen an der
Spitze des Fingers und schreiten nach seiner Basis vor, stets steht
ihre Ausbreitung und Intensität im direkten Verhältnis zum Schnü-
rungsdruck, während die Anämie der Gewebe immer die gleiche ist.
Eine völlige Anästhesie des Fingers, welche für operative Zwecke
ausgereicht hätte, habe ich nur einmal beobachtet, als ich mir mit
einem dünnen Gummischlauch die Basis des Mittelfingers sehr fest
mehrfach umschnürt hatte. Bereits nach 15 Minuten war der Finger
fast völlig empfindungslos. Ich nahm, nichts Gutes ahnend, den
Schlauch sofort ab und behielt — wochenlang anhaltende schwere
Sensibilitätsstöorungen in dem Finger, Verlust der Tastempfindung,
die erst ganz allmählich normal wurde, heftige Parästhesien und
Schmerzen. Irgend welche Cirkulationsstörungen waren weder an
der Schnürstelle, noch sonst an dem Finger vorhanden, es handelt
sich also um eine reine Nervenläsion.
Ich hatte genug von diesem Versuch, bei dem ich, da es sich
ja um meinen eigenen Körper handelte, nicht einmal besonders roh
verfahren bin.
Die Ergebnisse dieser Versuche beweisen also:
1) dass die Anämie der Gewebe an sich in absehbarer Zeit einen
wesentlichen Einfluss auf die Organe der Schmerzempfindung nicht
ausübt, was ich bereits an anderer Stelle! erörtert habe;
16 Experimentelle Untersuchungen über Infiltrationsanästhesie. v. Langen-
beck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 2.
1070 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
2) dass specifisch lähmend wirkende Stoffe bei gleichzeitiger
Unterbrechung des Blutstroms nur desshalb intensiver auf die Nerven-
stämme und sensiblen Nervenendigungen wirken, weil ihre Resorp-
tion gehindert wird;
3) dass die an umschnürten Gliedern zu beobachtenden Sensi-
bilitätsstörungen lediglich eine Folge der Nervenkompression sind;
4) dass nicht dringend genug davor gewarnt werden kann, ein
Glied so fest zu umschnüren, dass periphere Anästhesie eintritt.
In der Praxis ist man über die Umschnürungsanästhesie mit
Recht längst zur Tagesordnung übergegangen. Ein Verfahren, welches
an sich den Kranken heftigste Schmerzen verursachen muss, wenn
es seine auch dann noch höchst unsichere und unvollkommene Wir-
kung entfalten soll, ein Verfahren, welches außerdem die Gefahren
lokaler Druckgangrän an der Schnürstelle und anhaltender, nicht nur
sensibler, sondern auch motorischer Lähmungen in sich birgt, ist über-
haupt keine lokalanästhetische Methode und kann am allerwenigsten
in Parallele gestellt werden mit der modernen Infiltrationsanästhesie
und der regionären Anästhesie an den Fingern und Zehen.
Bezüglich letzterer sagt Kofmann, die Injektionen seien schmerz-
haft. Gut, sie sind schmerzhaft! Aber dieser Schmerz lässt sich
nicht durch den Äthylchloridspray, wohl aber durch Verwendung
sehr feiner Nadeln auf ein kaum noch fühlbares Minimum reduciren.
Wie ihn Kofmann mit der Qual vergleichen kann, die ein sehr
fest um eine Extremität gelegter Gummischlauch verursacht, ist un-
verständlich. Weiter erklärt Kofmann, dass schon eine Cocaindosis
von etwas über 0,0075 manchmal sehr deletär wirken könne, er bleibt
uns aber den Nachweis schuldig, wo eine solche Dosis in 1%iger
Lösung deletär gewirkt hat. Reclus, der seit Jahren für die An-
sicht kämpft, dass sich schwere Cocainvergiftungen auch bei weit
höherer Dosis unter allen Umständen vermeiden lassen, ist wohl der
ungeeignetste Zeuge, den Kofmann für seine Behauptung finden
konnte.
Für die Kompression der Nervenstämme aber als Lokalanästheticum
bei chirurgischen Operationen gilt noch heute das, was Kappeler 1880
(L c.) sagte: »sie hat sich niemals in der Chirurgie einbürgern
können und gehört jetzt nur noch der Geschichte an«.
(Aus dem Laboratorium der königl. chirurg. Universitätsklinik in
Breslau.)
II. Uber Herzwunden und Herznaht,
Von
Dr. C. A. Elsberg in New York.
s Während der letzten Jahre wurden mehrere Fälle veröffentlicht,
in denen Herzwunden beim Menschen mit Erfolg durch die Naht ge-
schlossen worden sind. Dadurch ist das Interesse der Chirurgen für
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1071
dieses Thema von Neuem wachgerufen worden; zahlreiche Thierver-
suche wurden ausgeführt, die die rein technischen Fragen bei der
Herznaht zur Aufgabe hatten. Von den Experimentatoren seien hier
nur Del Vecchio, v. Salomoni und besonders F. Bode hervor-
gehoben, welch Letzterer kleine Stich- und Schnittwunden an Kanin-
chenherzen machte und durch die Naht verschloss.
Um einen Maßstab für die Leistungsfähigkeit der Chirurgie auf
diesem Gebiet zu gewinnen, hielt ich es vor Allem für nothwendig,
festzustellen, wie große Schädigungen das Herz überhaupt vertragen
kann. Und so stellte ich mir bei meinen Versuchen die Frage: wie
große Wunden dürfen wir dem Herzen beibringen und wie lange
Nähte dürfen wir durch die Herzwand legen, ohne dass unsere Thiere
dem Eingriff erliegen?
Ich legte bei Kaninchen und Hunden Herzwunden und Herz-
nähte in allen Richtungen zur Herzachse und in allen Größen an.
Über diese Versuche sei im Folgenden kurz berichtet.
Zunächst durchstach ich die Herzen mit einer gewöhnlichen
Präparirnadel. Solche Stichwunden waren an den Ventrikeln
ungefährlich, da die Blutung stets in wenigen Minuten von selbst
stand; aus dem rechten Ventrikel blutete es durchschnittlich stärker
und länger als aus dem linken, doch niemals in bedrohlichem Grade.
Das war jedoch öfters der Fall bei Wunden der Vorhöfe, die sogar
zur Verblutung führen können, wenn sie nicht rechtzeitig vernäht
werden. An den Ventrikeln aber ist die Blutung aus diesen feinen
Stichkanälen so geringfügig, dass beide Ventrikel sogar in ver-
schiedenen Richtungen mehrmals durchstochen werden können, ohne
dass der Blutverlust bedrohlich oder die Herzthätigkeit auf längere
Zeit geschädigt wird. Diese Beobachtung konnte ich auch bei den
weiter unten beschriebenen Herznähten machen, denen penetrirende
Wunden mit der Nadel vorangegangen waren.
Der Unterschied im Verhalten des linken und rechten Ventrikels
tritt besonders prägnant hervor, wenn man Stiche mit einem kleinen
Lanzenmesser von 2 mm Breite macht, wodurch also kleine Schnitt-
wunden gesetzt werden. Hierbei schließt sich der linke Ventrikel
gewöhnlich rasch von selbst ohne starke Blutung, beinahe wie bei
einer reinen Stichwunde; aus dem rechten Ventrikel dagegen (eben
so natürlich aus den Vorhöfen) verblutete sich das Thier bei dieser
Verwundung in wenigen Minuten. Bei noch größeren Wunden
tritt auch am linken Ventrikel Verblutung ein, wenn nicht genäht wird.
Bei den meisten Stich- und Schnittwunden konnten wir die
folgende charakteristische Veränderung der Herzaktion beobachten:
zuerst tritt eine kleine Verspätung der nächsten Systole ein, dann
eine mehrere Minuten dauernde Arhythmie; durchsticht man mit
der Nadel oder dem Messer ganz langsam und schichtweise die Herz-
wand, so kann man beobachten, dass diese Arythmie nur während
der Verletzung des Perikards so wie des Endokards eintritt. So
1072 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
lange die Nadel durch den Herzmuskel dringt, schlägt das Herz mit
voller Regelmäßigkeit.
Sofortigen Stillstand des Herzens habe ich in 52 Versuchen nie
beobachtet; ich habe nämlich in keinem Falle absichtlich das
Septum auriculorum durchstochen, also auch das Koordinationscentrum
von Kronecker und Schmey nicht verletzen können. Diese Ver-
letzung habe ich desshalb vermieden, weil sie beim Menschen sehr
selten ist und praktisch für uns kaum Bedeutung hat, da sie, so
weit wir wissen, stets so rasch zum Tode führt, dass eine Hilfe stets
zu spät kommt.
Durch das Anlegen von Nähten durch die Herzwand, selbst in
großer Zahl, wurde die Herzthätigkeit in keiner Weise auf längere
Zeit geschädigt. So machte ich bei mehreren Thieren eine fort-
laufende Naht, die am Sulcus atrio-ventricularis auf der rechten
Seite anfing und über die Herzspitze bis zum Sulcus atrio-ventricularis
auf der linken Seite lief. Bei einem Thiere wurde die Naht sogar
um einen noch größeren Theil des Herzens gelegt, nämlich an der
Mitte des linken Vorhofs beginnend, über den linken Ventrikel, die
Spitze und den rechten Ventrikel bis zur Mitte des rechten Vorhofs.
Die Thiere blieben am Leben und sind allem Anschein nach dauernd
ganz wohl. Die oben erwähnte vorübergehende Arhythmie aber war
bei diesen Versuchen regelmäßig zu beobachten.
Bei der Anlegung der Naht hat es sich als zweckmäßig heraus-
gestellt, nur das Perikard und die obersten Muskelschichten zu fassen ;
denn das Perikard reißt nicht so leicht ein wie andere Theile der
Herzwand, auch ist die Blutung dabei am geringsten. Ferner erwies
es sich als zweckmäßig, die Nähte, wenn möglich, nur während der
Diastole des betreffenden Herztheils zu knoten; wenn ich sie während
der Systole festzog, schnitten sie oft während der nächsten Diastole
wieder durch.
Das Unerwartetste bei der ganzen Versuchsreihe war für mich,
dass sehr große Wunden vom Herzen vertragen wurden und zur
Heilung kamen. So habe ich in mehreren Versuchen ein Viertel,
ein Drittel, ja fast die Hälfte der Ventrikel abtrennen können, nach-
dem ich unmittelbar oberhalb der Schnittlinie durch eine Tabaks-
beutelnaht das Herz zusammengeschnürt hatte. Fast eben so große
Verletzungen setzte ich in folgender Weise. Ich legte eine tempo-
räre Ligatur um die Ventrikel, etwas unterhalb ihrer Mitte, stach
dann ein kleines Skalpell gerade unter dieser Ligatur durch die
ganze Dicke des Herzens, d. h. durch die Wand des linken Ventrikels,
das Septum ventriculorum und die Wand des rechten Ventrikels,
zog dann das Messser nach unten durch, und theilte so den unteren
Abschnitt des llerzens in zwei Hälften, wobei beide Ventrikelhöhlen
eröffnet wurden. Dann schloss ich die Wunde durch Knopfnähte
und löste die temporäre Ligatur. Von den 6 Thieren, an denen ich
diese Operation gemacht habe, starb nur eins während des Eingriffs
in Folge Abgleitens der Ligatur; ein anderes nach einigen Tagen
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1073
an Sepsis. Die anderen 4 Thiere blieben am Leben (bisherige Be-
obachtungsdauer 3—5 Wochen).
Aus diesen Versuchen scheint mir hervorzugehen, dass das Herz
der Säugethiere, wenigstens dasjenige der Kaninchen, große Wunden
vertragen kann, so fern eine stärkere Blutung verhindert wird, und
dass das Anlegen einer selbst ausgedehnten Naht an und für sich
keine schwere Schädigung bedingt, wenn es gelingt, Nebenver-
letzungen zu vermeiden.
In einer späteren, ausführlichen Arbeit werde ich die Versuche
selbst so wie die histologischen Verhältnisse bei der Wundheilung
näher beschreiben.
1) A. Buschke (Berlin). Über Hefenmykosen bei Menschen
und Thieren.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 218. Leipzig, Breitkopf E Härtel, 1898.)
Die sich auf werthvolle Untersuchungen B.’s stützende Abhand-
lung geht von einer von Busse und vom Verf. in der Greifswalder
chirurgischen Klinik gemachten, von Ersterem bereits vor einigen
Jahren beschriebenen Beobachtung eines Falles von Blastomykose
aus, der zunächst erwähnt werden soll.
Er betraf eine 31jährige Schustersfrau, bei der sich im Gesicht und Nacken
und im Anschluss an ein Wochenbett an der linken Tibia eine Geschwulst ent-
wickelt hatte. Bei der Incision der letzteren wurde eine röthliche Flüssigkeit
entleert, welche, eben so wie die ausgeschabten Massen, neben Rund- und Riesen-
zellen glänzende Körperchen enthielt, die von B. auch in dem Sekret und in den
Geweben jener Geschwüre entdeckt, von Busse als Hefenpilze erkannt und auf
Mäuse mit tödlichem Ausgang derselben an blastomykotischer Septhämie bezw.
mit Erzeugung lokaler Krankheitsherde übertragen werden konnten. Im letzten
Stadium der Krankheit gelang es B., auch im Blut der Pat. jene Hefen nachzu-
weisen, die schließlich auch nach dem Tode in der Lunge, Niere, in verschiedenen
Knochen etc. gefunden wurden. Eben so hatte Verf. mit Reinkulturen der auf
gewöhnlichen Nährböden gezüchteten Pilze bei der Kranken acneähnliche Knötchen,
die an der Oberfläche nekrotisirten und ein glasiges Sekret entleerten, hervorzu-
bringen vermocht.
Nach den Ergebnissen der Untersuchungen dieses Krankheits-
falles ließ sich die Pathogenität der Hefenpilze für den Menschen
nicht mehr bezweifeln, und war anzunehmen, dass die Haut die Ein-
gangspforte des Giftes abgegeben habe.
B. hat nun noch weitere Untersuchungen angestellt, wozu ihm
von verschiedenen Seiten überlassenes Material von Hefenpilzen zur
Verfügung stand, und außerdem die in der Litteratur enthaltenen
Beobachtungen von auf Sprosspilze bezogenen, zum Theil aber noch
nicht genügend geklärten Affektionen durchmustert. Auf Grund
dessen theilt er die Hefen in folgende Gruppen ein:
1) Nicht im eigentlichen Sinne pathogene Hefen, die zwar sapro-
phytisch an der Oberfläche des Körpers in Sekreten und Auflage-
Aitg
1074 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
rungen leben, aber durch die chemischen Vorgänge, die sie veran-
lassen, pathologische Bedeutung erlangen können.
2) Hefen, welche in den oberen Schichten des Epithels wachsen
und hier theils zu Katarrhen, theils zu Erosionen und flachen Ge-
schwüren führen (Cervicalkatarrh, Anginen, Ekzeme etc.).
3) Sprosspilze, welche in das Innere des thierischen und mensch-
lichen Körpers eindringen und durch ihr Wachsthum entweder eine
Art von Septhämie oder lokale Veränderungen der Gewebe erzeugen.
Während septische Infektionen mit Hefepilzen bisher indess
bloß an Mäusen (experimentell) beobachtet worden, sind die in den
Geweben in den verschiedensten Erscheinungsformen auftretenden
Veränderungen von klinischer Bedeutung. Neben der Lokalisation in
der Bauchhöhle resp. den serösen Häuten (Ascites chylosus), welche
anscheinend die seltenere ist, steht sowohl in der Veterinärpathologie
wie in der menschlichen die Hautblastomykose im Vordergrund. B.
hat diese Formen durch Impfung von Hefekulturen in die Haut,
Hornhaut, Hoden, Bauchhöhle etc. auch experimentell erzeugen
können; die dabei erhaltenen Geschwülste, die aus ihrem Zerfall
entstandenen Geschwüre, die in den inneren Organen entwickelten
Knötchen bestanden zum größten Theil aus Hefen, zum geringeren
aus Granulationsgewebe etc., bezw. an der Serosa aus endotheliom-
artigen Verdickungen der Serosa mit zahlreichen Sprosspilzen. —
Dass die letzteren keine Beziehung zu der Ätiologie der bösartigen
Geschwülste haben, konnte Verf. durch vielfache Untersuchungen
feststellen; niemals gelang es ihm, in Carcinomen und Sarkomen
Sprosspilze nachzuweisen, in keinem Falle, auch nicht bei Anwen-
dung abgeschwächter Hefen, jenen Neubildungen nahekommende
hervorzurufen. Andererseits hält es B. nicht für unmöglich, dass die
zukünftige Forschung manche dunkeln Affektionen, besonders im
Gebiet der Hauterkrankungen und der Bauchgeschwülste, zumal der
der serösen Häute, als Blastomykosen erweisen werde. — Die Ab-
handlung sei zum Studium bestens empfohlen. Kramer (Glogau).
2) K. Brunner. Erfahrungen und Studien über Wund-
infektion und Wundbehandlung. II. Theil: Über den Keim-
gehalt und Heilungsverlauf accidenteller Wunden. Aseptik
oder Antiseptik?
Frauenfeld, Je Huber, 1598. 162 S.
Der vorliegende II. Theil der B.’schen Untersuchungen beschäftigt
sich mit dem Studium der accidentellen Wunden und bildet somit
eine Parallelarbeit zu den an kleinerem Material kürzlich von Riggen-
bach unter Hägler’s Leitung ausgeführten Untersuchungen. Im
Gegensatz zu Riggenbach musste sich B. aus äußeren Gründen
auf die Anlegung von aöroben Kulturen beschränken, so dass das
wichtige Kapitel der Infektionen mit Tetanus und malignem Ödem
nicht zur Sprache kommt.
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1075
Eine erste Reihe von Fällen enthält diejenigen Wunden, welche
frisch, d. h. »unbefingert« zur Untersuchung kamen, wenige Minuten
bis 24 Stunden nach dem Unfall. Unter 41 untersuchten Fällen
fanden sich 4 mit negativem Kulturresultat. Bei den übrigen 37
war fast ausnahmslos der Staphylococcus albus, 5mal der aureus,
eben so oft der Streptococcus vorhanden. In 4 Fällen — stets bei
Kopfwunden — fand sich ein diphtherieähnlicher Bacillus. Daneben
kam einmal der Staphylococcus citreus vor. Außer diesen pathogenen
Mikroorganismen wurden Hefen, Sarcinen, Bacill. subtilis und mesen-
tericus und selten Schimmelpilze gefunden. Je längere Zeit zwischen
Verletzung und Untersuchung verstrichen, desto mehr Keime fanden
sich. Immerhin waren dieselben schon nach wenigen Minuten recht
zahlreich. Bemerkt sei noch, dass sie sich in größter Zahl in den
der Wundfläche anhaftenden Gerinnseln aufhielten. Besonders bak-
terienreich waren stets die Kopfwunden. Die Virulenz der Mikro-
organismen war wechselnd, im Ganzen gering, besonders beim
Staphylococcus albus. Bezüglich der Herkunft weist letzterer Mikrobe
natürlich auf die Haut der Verletzten hin. Daneben kommen je
nach den Umständen die verschiedensten Infektionsquellen in Be-
tracht.
Die zweite Untersuchungsreihe betrifft 62 Wunden, welche mit
Nothverband versehen dem Verf. zugeführt wurden, meist schon von
Laien oder Ärzten desinficirt. In 13 Fällen blieben die Nährböden
steril. Die übrigen Wunden wiesen eine ähnliche Flora auf, wie
diejenigen der ersten Reihe, wozu sich noch das Bacterium coli
commune gesellte. Die Menge der Keime war nicht erheblich ver-
schieden von den in der ersten Reihe gefundenen Zahlen. Ein Unter-
schied zwischen den von hierzu instruirten Laien und den von
Ärzten verbundenen Wunden ließ sich nicht nachweisen.
Die dritte Reihe enthält 119 Wunden, welche schon bei der
ersten Untersuchung die klinischen Zeichen der Infektion boten.
Hier war die Menge der Keime durchweg eine sehr große. 69mal
fand sich eine Monoinfektion, 28mal durch den Streptococcus pyogenes,
27mal durch den Staphylococcus aureus, 10mal durch den albus, in
einem Falle durch den citreus und bei 3 Pat. durch das Bacterium
coli bedingt. 50 Pat. wiesen Polyinfektionen auf, bei denen sich die
Kombination von Streptokokken und Staphylococcus aureus 28mal
vorfand.
Was den weiteren Wundverlauf betrifft, so stellten sich die
klinischen Zeichen von Infektion in der ersten Reihe nur bei 3, in
der zweiten bei 10 Pat. ein.
Bezüglich der Therapie kam in einer größeren Zahl von Fällen
reine Asepsis, in anderen Antisepsis zur Anwendung. Besonderes
Gewicht legt Verf. auf die sofortige gründliche Spülung der Wunde
mit einer a- oder antiseptischen Flüssigkeit, nicht sowohl zur Ab-
tödtung der Keime, als vielmehr zur mechanischen Entfernung der
besonders mikrobenreichen Blutgerinnsel. Kleinere Wunden sind
1076 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
dann baldigst zu schließen, zur Verhinderung von Sekundärinfektion,
während größere, buchtige, unregelmäßige Wunden zu tamponiren
sind. Hier empfiehlt B. dringend die antiseptische Tamponade (mit
Airol- oder Jodoformgaze. Dem Airol zieht er in letzter Zeit noch
das Wismuthoxyjodid vor), obwohl er zugiebt und durch eigene
Beobachtungen beweist, dass die aseptische Tamponade für die Mehr-
zahl der Fälle ebenfalls genügt. Er stützt seine Ansicht auf seine
vielfach mit der antiseptischen Tamponade gemachten günstigen
Erfahrungen und warnt, gewiss mit Recht, vor dem in letzter Zeit
mehrfach empfohlenen Fallenlassen einer vernünftigen Antisepsis bei
der Behandlung accidenteller, meist inficirter Wunden. Eine be-
sonders schlechte, bei aseptischer Behandlung gemachte Erfahrung
verhinderte ihn, weitere Parallelversuche mit Asepsis bei schweren
Wunden zu machen.
Was die Wunden mit klinisch ausgesprochener Infektion betrifft,
so besitzt die antiseptische Spülung natürlich nur den Werth eines
mechanischen Reinigungsmittel. Entwicklungshemmend wirkt an
der Oberfläche die antiseptische Tamponade. Bei tiefer, phlegmo-
nöser Infiltration der Gewebe kann nur Spaltung der inficirten Ge-
webe in Betracht kommen.
Einige Bemerkungen über den Fieberverlauf bei accidentellen
Wunden schließen die inhaltreiche Arbeit, aus der wir im Vorstehen-
den nur einige Hauptpunkte hervorgehoben haben.
de Quervaln (Chaux-de-Fonds).
3) M. Mayer. Chemische Eiterung in der Bekämpfung in-
fektiöser Eiterung und lokaler tuberkulöser Processe.
(Sep.-Abdruck aus den Verhandlungen des XVI. Kongresses für innere Medicin.)
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 8 S. Mit 2 Abbildgn.
Verf. empfiehlt in der etwas aphoristisch gehaltenen Mittheilung
die Erregung chemischer Eiterung zur Behandlung infektiöser Pro-
cesse und lokalisirter Tuberkulosen. Er benutzt mit Vorliebe 1%ige
Silbernitratlösung, Lugol’sche Lösung, Perubalsalm und Terpentinöl,
um mit steigender Intensität die Gewebe zu reizen und die Leuko-
cytose anzuregen. Was das Terpentinöl betrifft, so sollte es nach
Verf. beim Menschen nicht subkutan angewandt werden, da es zu
rasch in die Cirkulation übergeht.
Wenn auch nicht geleugnet werden soll, dass die künstliche Ver-
mehrung der Leukocytose bei den erwähnten Affektionen von Nutzen
sein kann, so muss doch bemerkt werden, dass den vom Verf. mit-
getheilten Beobachtungen jede Beweiskraft fehlt. So gestatten es z. B.
die Angaben des Verf. in keiner Weise, die Wirkung der chemischen
Eiterung bei den 56 von ihm behandelten Fällen tuberkulöser Affektionen
zu beurtheilen. Was im Besonderen die Behandlung der tuberkulösen
Gelenkaffektionen betrifft, so dürfte das vom Verf. in Anwendung
gebrachte Verfahren: »Freilegung des Gelenks, vollkommene Bloß-
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1077
legung der Fungositäten, Vereiterung derselben durch pyogene Mittel«,
in chirurgischen Kreisen keinen großen Beifall finden. Dass eine in
einem offenen Gelenk erzeugte Eiterung nicht lange rein »chemisch«
bleibt, braucht nicht besonders betont zu werden, und dass die auf
diese Weise mit Sicherheit herbeigeführte Sekundärinfektion des
tuberkulösen Herdes mit Eiterkokken für den Pat. nicht von Vor-
theil ist, das hat die chirurgische Erfahrung zur Genüge bewiesen.
Dass in schon inficirten Wunden und bei chronischen Eiterungs-
processen mit mangelnder Reaktion des Organismus überhaupt die
Balsamica vorzügliche Dienste leisten, das ist schon lange bekannt,
wird aber von der jüngeren Generation ob der A- und Antisepsis wohl
zu sehr vergessen. In diesem Sinne können wir uns denn auch
damit einverstanden erklären, dass Verf. gewisse nicht zu leugnende
Vortheile der alten Pflaster- und Salbentherapie auf einen wissen-
schaftlichen Boden zu stellen und wieder zu Ehren zu bringen sucht.
Bei geschlossenen, noch nicht sekundär inficirten chirurgischen Tuber-
kulosen dagegen sollte, ob resecirt, arthrektomirt oder injieirt wird,
die Vermeidung der Sekundärinfektion eine der wichtigsten Be-
strebungen des Chirurgen darstellen. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
4) M. Mayer (Simmern). Zur Anwendung eitererregender
chemischer Mittel in der Chirurgie.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 216. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
M. bespricht auf Grund eigener Versuche in der Praxis den
Werth der sog. Digestivmittel, wie Perubalsam, Terpentinöl etc., in
der Behandlung solcher Wunden, »die erfahrungsgemäß und dem
Befunde nach nicht ohne Eiterung heilen können«; er sieht ihre
Bedeutung darin, dass sie durch die Erzeugung sterilen Eiters bak-
terieid und auf die Produktionsfähigkeit der Bindegewebszellen an-
regend einwirken. Um den von ihm beobachteten Eintritt schädigen-
der Folgen für das Allgemeinbefinden — durch zu reichliche Eiterung
und durch Resorption von Toxinen — und lokaler Imbibitions- und
Resorptionserscheinungen zu hindern, hat Verf. elektrolytische oder
Milchsäureätzungen oder schwächere hämotaktische Mittel der An-
wendung der Digestion vorausgeschickt, um die über das Ziel hinaus-
schießende Eiterung zu beschränken, mit den Mitteln gewechselt,
wobei er einen antagonistischen Effekt der einzelnen erkannt zu
haben glaubt; er zieht daraus den Schluss, dass eine specifische
Wirkung auf die Gewebszellen jedem einzelnen Mittel zukomme.
Auch bei lokaler Tuberkulose hat M. mit Digestivmitteln Versuche
gemacht; die Fälle liefen am relativ günstigsten ab, in denen es
nicht bloß zu Entzündung, sondern zu umschriebener Eiterung kam.
Was er damit erreicht hat, darüber giebt der Aufsatz indess nicht
genügenden Aufschluss, da er z. B. über die Anwendung der Digestiv-
mitteltamponade bei verkästen und vereiterten Lymphdrüsen nach
Spaltung nur 12”'geheilte Fälle mittheilt, während er in Wirklichkeit
1078 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
über »eine viel größere Reihe von Pëllen, verfügt, deren Schicksal
nicht erwähnt wird. Kramer (Glogau).
5) P. Cohn. In wie weit schützt der Brand- und Ätzschorf
aseptische Wunden gegen eine Infektion mit Diphtherie-
bacillen und pyogenen Streptokokken.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 29.)
In einem früheren Aufsatz (Berliner klin. Wochenschrift 1897
No. 52, referirt in diesem Blatte 1898 No. 6) hat C. die gleichen
Versuche gegenüber den Erregern der Hübnercholera und des Milz-
brandes angestellt und gefunden, dass der Ätzschorf die mit ihm in
Berührung kommenden Bakterien sofort vernichtet, während der
Brandschorf sich als weniger zuverlässiges Mittel erwies.
C. hat nun seine Versuche mit den oben genannten Schorfen
auch auf den Diphtheriebacillus und den pyogenen Streptococcus
ausgedehnt und gefunden, dass der Brandschorf, so wie der Alaun-
schorf nicht im Stande sind, gegen eine Infektion mit virulenten
Bakterien sicher zu schützen, dass hingegen der schwefelsaure Kupfer-
schorf und der Kupfer-Alaunschorf sich als sicheres Schutzmittel er-
wiesen, wenn auch die Bakterien nicht sofort nach Beschickung der
Schorfe zu Grunde gingen. Der Höllensteinschorf, in seiner Wirk-
samkeit obenan stehend, tödtete die mit ihm in Berührung kommen-
den Keime augenblicklich und zeigte auch noch seine ungeschwächte
Kraft, wenn das überschüssige Silbernitrat durch nachträgliche Be-
handlung mit Kochsalzlösung entfernt wurde.
Bei der Anwendung der erprobten Ätzmittel in Lösungen zeigten
die Schorfe ebenfalls Schutzwirkung, eben so wie der Schorf des
Eisenchlorids.
C. stellt über die Ergebnisse seiner Studien einen ausführlichen
Bericht in Aussicht. Gold (Bielitz).
6) Monin. Ein neues Kapitel von den Krankheitszeichen.
Die Gerüche des menschlichen Körpers in gesunden und
kranken Tagen. Übersetzt von Dr. A. Dreyer-Köln.
Köln, Rimbach & Licht, 1898. 72 S.
Das Buch Mis ist vor 12 Jahren erschienen, ohne über die
Grenzen Frankreichs wesentlich hinaus bekannt zu werden. Der
Übersetzer hat das bisher Versäumte in dankenswerther Weise jetzt
nachgeholt, mit der Absicht, die Ergebnisse langer und fleißiger
Studien weiteren medicinischen Kreisen zugänglich zu machen. Wie
Verf. in einem Vorwort sagt, will er der klinischen Beobachtung
durch den Geruchssinn wieder zu ihrem Recht verhelfen, nachdem
sie in der neueren Zeit durch die zahlreichen anderen physikalischen
Hilfsmittel fast verdrängt worden ist und nur Nichtachtung erfahren
hat. Er beruft sich auf das Zeugnis namhafter älterer Kliniker und
bedauert, dass der moderne Arzt alle anderen Sinne ausbildet und
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1079
nur die Nase vernachlässigt, obwohl »eine gut gebildete Nase den
Ärzten ungeheure Dienste leisten und oft die Bemühungen der Dia-
gnostik auf die richtigen Wege leiten würde«.
Verf. hat sodann die einzelnen Gerüche des menschlichen Körpers
genau studirt und untersucht: Haut und ihre Anhänge, Athem der
Nase und des Mundes, Geruch des Auswurfs, des Erbrochenen und
der Ructus, der Fäkalmassen und Darmgase, des Urins, der weib-
lichen Genitalorgane, des Eiters und der Gangrän. Die einzelnen
Kapitel fassen Alles, was über die Gerüche, normalerweise und bei
gewissen Krankheitsfällen, in der Litteratur bekannt geworden ist,
zusammen. Es würde entschieden den Rahmen eines Referats über-
schreiten, wenn ich auf die, mit wahrem Bienenfleiß zusammen-
getragenen Litteraturangaben näher eingehen wollte. Die meisten
Dinge sind ohnehin längst bekannt und ihrem diagnostischen Werth
nach wohl gewürdigt, vom Verf. in ihrem Werth wohl überschätzt.
Namentlich dürfte für recht viele der feineren Geruchsunterschiede,
die der Verf. beschreibt, die individuelle Anlage des Arztes maß-
gebend sein. In manchen Fällen, wie Lungengangrän, Ozaena, Noma,
Cystitis etc. mag der Geruch zwar ein diagnostisches Hilfsmittel sein,
niemals aber ein ausschlaggebendes Symptom darstellen.
Tschmarke (Magdeburg).
7) Handbuch der Anatomie des Menschen, herausgegeben
von K.v. Bardeleben II. Abth. 1) Das äußere Ohr von
G.Schwalbe. 2)Mittelohr und Labyrinth vonF.Siebenmann.
Jena, @ustav Fischer, 1898.
Entsprechend dem Plane des Gesammtwerkes sind die vorliegenden,
das Ohr betreffenden Abtheilungen wesentlich im Sinne der deskrip-
tiven Anatomie bearbeitet. Die Entwicklungsgeschichte, die anthro-
pologischen Eigenthümlichkeiten, so wie die Histologie sind dabei
sehr genau berücksichtigt, besonders in der Anatomie des äußeren
Ohres. Bei dem besonderen Interesse, das Schwalbe diesen Dingen
bekanntermaßen dargebracht hat, ist es fast selbstverständlich, dass
man unter diesen Kapiteln viele interessante Bemerkungen findet.
Mehr für den Ohrenarzt als für den Allgemeinchirurgen sind die
Bemerkungen über die Topographie und die Variationen in der Ge-
stalt des äußeren Ohres und Gehörgangs von großem Interesse. —
Beim Mittelohr und Labyrinth ist die vom Verf. gegebene Methodik
der Herstellung von Korrosionspräparaten interessant: ebenfalls bietet
die Darstellung der Entwicklungsgeschichte ein gutes Bild, trotz,
oder vielleicht wegen großer Kürze.
Bei der Anatomie des Mittelohrs macht sich die Neigung des
Verf. für seine Lieblingsuntersuchungen an Korrosionspräparaten
vielleicht etwas zu sehr bemerklich, doch haben die sämmtlichen
Gebilde des Mittelohrs eine durchaus vollständige Beschreibung ge-
funden. Auffallenderweise ist allerdings über die Gestalt der Ge-
1080 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
hörknöchelchen kaum eine Bemerkung vorhanden, während ihre
Verbindungen sehr eingehend beschrieben sind. Beim inneren Ohr
sind von besonderem Interesse die Abbildungen und Textdarstellungen
von der Gefüßversorgung des Labyrinths.
Die Abbildungen des vorliegenden Heftes sind sehr reichlich
und zum größten Theil ausgezeichnet, doch geben manche Abbil-
dungen der Korrosionspräparate naturgemäß eine sehr unvollkommene
Anschauung dieser überaus detailreichen Kunstwerke (z. B. Fig. 40,
42, 50, 52). Kümmel (Breslau).
8) R. Kayser. Über Durchlöcherungen des 'Trommelfells.
(Sammlungen v. Abhandlungen aus dem Gebiete der Nasen-, Ohren- etc. Krank-
heiten, Halle 1898. Bd. III. Hft. 3.)
Die Durchlöcherungen des Trommelfells bezeichnet Verf. mit
Recht als die bedeutungsvollste Veränderung, welche wir an diesem
Organtheil zu sehen bekommen. Eine monographische Darstellung ihrer
klinischen Bedeutung, so wie der Methoden zu ihrer Erkennung und
Behandlung ist daher recht dankenswerth. Diese Leistung ist aus
der gewandten Feder des Verf. in einer nach Inhalt und Form
allen Anforderungen entsprechenden Beschaffenheit hervorgegangen.
Sie wird gewiss dazu beitragen, die otologischen Kenntnisse in
weiteren ärztlichen Kreisen zu verbreiten und zu vertiefen.
Teichmann (Berlin).
9) C. Miot. De la guérison des perforations tympaniques
par l’acide trichloracetique.
(Revue de laryngol. 1898. No. 34.)
Die von Okuneff angegebene Methode, alte Trommelfell-
perforationen durch Ätzung ihres Randes mit Trichloressigsäure zum
narbigen Verschluss zu bringen, hat sich auch dem Verf. bewährt.
Von 51 ausgewählten Fällen gelang der Verschluss 49mal. Wenn
der Rand der Perforation oder Theile desselben der Wirkung der
Säure widersteht, so empfiehlt M. ihn mehrfach radiär zu incidiren
oder mit dem Galvanokauter anzufrischen. 2mal beobachtete er bei
der Vernarbung die Bildung von Verwachsungen mit der Pauken-
schleimhaut, ohne wesentliche Verschlechterung des Gehörs.
Teichmann (Berlin).
10) A. Malherbe. ` Lëvidement petro-mastoidien, nouveau
traitement chirurgical de l’otite moyenne chronique sèche;
de quelques considérations physiologiques de lappareil
tympano-mastoïdien et indications de l'intervention.
(Revue de laryngol. 1898. No. 32.)
Die Eröffnung der Warzenfortsatzzellen zur Hörverbesserung bei
nicht-eitrigen chronischen Mittelohrentzündungen ist bekanntlich
schon in den Anfängen einer wissenschaftlichen Ohrenheilkunde als
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1081
Behandlungsmethode verworfen worden; das kann nicht hindern,
dass sie jetzt wieder empfohlen wird. Verf. stellt folgende Indika-
tionen und Kontraindikationen auf: bei alten Leuten ist die Opera-
tion nicht zu versuchen; eben so wenig bei Kranken, welche Stimm-
gabel und Hörmesser vom Scheitel aus (durch Knochenleitung) nicht
mehr hören. Die Verkürzung der Wahrnehmungsdauer für hohe
Töne durch die Luftleitung ist im Allgemeinen ein ungünstiges
prognostisches Zeichen für den Erfolg der Operation. Die Operation
soll zunächst nur auf einem Ohr ausgeführt werden, und zwar auf
dem schlechteren; das bessere wird dann auch ohne Operation oft
noch besser. Die Verbesserung des Gehörs erstreckt sich haupt-
sächlich auf die hohen Töne, welche nach Verf.’s Ansicht für das
Sprachverständnis am nothwendigsten sind. Die subjektiven Ge-
räusche verschwinden oder vermindern sich wenigstens nach der
Operation. (Wenn das Verfahren Verf.’s in Deutschland wenigstens
kaum Nachahmer finden dürfte, so wird es doch nicht, wie ehemals,
die bei Eiterungen oft so segensreiche Operation wieder in Miss-
kredit bringen. Ref.) Teichmann (Berlin).
11) D. Grant. La vibration mécanique appliquée au rhachis
dorsal dans le traitement de la sclérose auriculaire.
(Revue de laryngol. 1898. No. 35.)
Von der bekannten Thatsache ausgehend, dass Pat. mit Fixirung
der Steigbügelplatte oft im Eisenbahnwagen oder in der Schmiede-
werkstatt besser hören (Paracusis Willisii), und in der Annahme,
dass dabei weniger der laute Schall als die Erschütterung des
Körpers in Betracht komme, hat Verf. in einer Anzahl von typischen
Sklerosefällen mechanische Erschütterungen entlang der Rücken-
wirbelsäule angewendet und anscheinend sehr bemerkenswerthe
Besserungen des Gehörs und der subjektiven Beschwerden erzielt.
Die Beobachtung der einen Pat., dass sie während des Radfahrens
besser höre, scheint die Annahme zu stützen, dass die mechanischen
Erschütterungen vibratorischer Art einen Einfluss auf das Gehör
in solchen Fällen ausüben. Teichmann (Berlin).
12) V. Uchermann. De Dovstumme i Norge.
Christiania, 1897. 2 Bde.
Es ist ein Produkt bewundernswerthen Fleißes und zielbewusst
durch 12 Jahre fortgesetzter Untersuchung, das hier vorliegt. Verf.
hat mit Unterstützung der Behörden gearbeitet und dadurch außer-
ordentlich gründlich und zuverlässig seine Aufgabe durchführen
können, Das kleine Land Norwegen mit seiner in den verschiedenen
Theilen unter den verschiedensten socialen Verhältnissen lebenden
Bevölkerung bot für solche Untersuchungen besonders günstige Ver-
hältnisse.” Durch diese Arbeit hat U. es erreicht, dass jeder Taub-
stumme Norwegens mit seinem Namen und sämmtlichen klinisch wich-
1082 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
tigen Personalien, zu einem großen Theil auch dem objektiven
Befund nach, bekannt ist. Die darüber aufgestellten Tabellen füllen
allein schon einen stattlichen Band von 590 Seiten. — Eben so um-
fangreich ist der eigentliche Text. Es ist nur zu bedauern, dass
durch die wenig bekannte Sprache dessen außerordentlich detaillirte
Angaben nur geringe allgemeine Verwerthung finden dürften. Aller-
dings giebt ein kurzes französisches Résumé über die wichtigsten
Ergebnisse der Statistik Auskunft. Doch ist eigentlich gerade die
Lektüre der zusammenfassenden Tabellen das Allerinteressanteste, und
gerade hier sind die Sprachschwierigkeiten am größten. — Von all-
gemeinem Interesse dürften folgende Angaben sein: Ziemlich genau
die Hälfte der Taubstummen ist taub geboren. Von den taub ge-
wordenen sind es allein über !/, in Folge von Scharlach; sonst spielen
Hirnleiden und genuine Mittelohreiterungen die größte Rolle. Noch
ein größeres allgemein pathologisches Interesse haben U.’s Mit-
theilungen über die Vererbung angeborener Taubheit. Die Erblichkeit.
ist sehr ausgesprochen, doch wechselt bei der Vererbung Taub-
stummheit häufig mit anderen Störungen: Retinitis pigmentosa, Idiotie,
Epilepsie, Geisteskrankheit, Missbildungen. Ehen zwischen Bluts-
verwandten bringen viel leichter taubstumme, wie auch sonst abnorme
Kinder hervor, als gekreuzte Ehen. U. erklärt das so, dass bei
blutsverwandten Eltern deren erbliche Eigenthümlichkeiten, auch
Belastungen mit größerer Sicherheit auf die Nachkommenschaft
übergehen, als bei gekreuzten Ehen. Eine Menge von Details über
diese Fragen müssen in dem Werke selbst eingesehen werden,
das überhaupt bei allen künftigen Untersuchungen über erbliche
Erkrankungen die sorgsamste Berücksichtigung finden dürfte. Sehr
lehrreiche Kartenbeilagen zu dem Werke illustriren die vergleichs-
weise Häufigkeit von Geisteskrankheiten, Idiotie und Taubstummheit
in Norwegen, deren Vergleich wiederum mit einer die relative Häufig-
keit blutsverwandter Ehen darstellenden Karte von großem Interesse
ist. Namentlich ist bemerkenswerth, dass einzelne Distrikte mit
reichlichen blutsverwandten Ehen (z. B. Saetersdalen) in Bezug auf
Häufigkeit der Taubstummheit sehr zurückstehen (wohl wegen der
körperlichen Tüchtigkeit ihrer Bevölkerung), wogegen z. B. der Bezirk
Hedemarken die wenigsten blutsverwandten Ehen, aber eine der
höchsten Taubstummenfrequenzen hat. — Auch einige sehr instruk-
tive Stammtafeln über Familien, unter deren Mitgliedern Taubstummheit
und andere Anomalien besonders häufig aufgetreten sind, finden sich.
Die Lektüre des Werkes ist leider außer den Schwierigkeiten,
die die Sprache und der Umfang naturgemäß bieten, noch dadurch
außerordentlich erschwert, dass eine wohl zu sehr ins Detail gehende
Procentberechnung der einzelnen Zahlen und zahllose zusammen-
fassende Tabellen überall den Text unterbrechen. Ganz besonders
gilt dies für das französische Résumé: dieser Fehler darf aber bei
dem bedeutsamen Werke nicht hoch angerechnet werden!“
Kümmel (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 43, 1083
13) E. Guder. Effet des irritations de la muqueuse nasale
sur les mouvements du coeur et du pouls.
(Ann. des malad. de l'oreille 1898. No. 1.)
Gs Arbeit ist für den Chirurgen von einigem Interesse wegen
der Frage, ob die nasalen Reflexe, die durch Chloroformdämpfe er-
zeugt werden sollen, einen störenden Einfluss auf eine Narkose aus-
üben können. (Vgl. Ref. über P. Rosenberg’s Vorschlag, die Nase
vor der Narkose zu cocainisiren, dieses Centralblatt 1895 p. 376.)
G. hat, weil er Thierversuche für ungenügend hält, mit dem Sphyg-
mographen die Pulskurve bei 13 Menschen mit gesunder und 30 mit
kranker Nase während der Vornahme verschiedener Reizungen der
Nasenschleimhaut (Kauterisationen u. dgl.) aufgezeichnet. Er kommt
zu dem Schluss, dass beim Menschen keine besonderen Beziehungen
zwischen der Nasenschleimhaut und der Herzinnervation bestehen,
dass Reflexe von einer kranken Nasenschleimhaut aus auf das Herz
nur bei besonders disponirten Individuen auftreten, und dass die
Erregungen des Trigeminus dabei keine andere Rolle als die irgend
eines anderen sensiblen Nerven spielen. Kümmel (Breslau).
14) P. Tissier. Tumeurs du nez et des sinus.
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. No. 1.)
T. hat in dieser Arbeit eine sehr vollständige, namentlich auch
durch sorgfältige Benutzung der fremdländischen Litteratur aus-
gezeichnete Zusammenstellung der in der Nasenhöhle vorkommenden
Geschwülste gegeben. Wesentlich Neues ist in dieser Zusammen-
stellung allerdings nicht zu finden. Für den Chirurgen interessant
sind besonders die bösartigen Geschwülste. Bei den Sarkomen betont
T., dass häufig die sogenannten »blutenden Polypen« im vorderen
Theil der Nase als Sarkome beschrieben sind. Allerdings glaubt '
T., dass diese Geschwülste den Sarkomen nahe verwandt sind, aber
klinisch von den gewöhnlich bösartigen Sarkomformen wesentlich
verschieden sich verhalten. Auch die Geschwülste der Nebenhöhlen
bespricht T., doch ist hier wenigstens die deutsche Litteratur etwas
unvollkommen berücksichtigt. Kümmel (Breslau).
15) Martuscelli. Il significato pronostico di alcuni sarcome
nasali.
(Arch. ital. di otol. 1898. No.4. Ref. n. Gazz. degli ospedali e delle clin. 1899. No. 103.)
Diese Geschwülste sind fast nie bösartig wie an anderen Orten.
Sie entstehen wahrscheinlich meist aus Myxomen, und zwar durch
eine Wucherung des Endothels der Kapillaren und Lymphräume,
Sie enthalten nur selten Kalkeinlagerungen. Es giebt aber auch
bösartige Sarkome der Nase, die durch die mikroskopische Unter-
suchung trennbar sind und schnell entfernt werden müssen.
Dreyer (Köln).
1084 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
16) F. v. Friedländer. Zur Technik der Neurektomie des
zweiten Trigeminusastes.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 307.)
Verf., Assistent der Albert’schen Klinik in Wien, hat folgende
Schnittmethode an der Leiche probirt und 2mal am Lebenden mit
Erfolg ausgeführt. Hautschnitt vom lateralen Ende des Augenbrauen-
bogens längs des hinteren Randes des Jochbeinkörpers in einem
flachen, nach oben offenen Bogen längs des oberen Randes des Joch-
bogens bis zum vorderen Ende des Processus zygomaticus des Schläfen-
beins. Spaltung der Fascia temporalis, Meißeldurchtreunung der Ver-
bindung zwischen Jochbogen und Schläfenbein, Ablösung der Tempo-
ralisfasern von der hinteren Jochbeinfläche und Freimachung des
Processus frontalis des Jochbeins. Die Hautwunde wird nun nach
vorn verzogen, und nach Spaltung der Fascia tarsoorbitalis die Periorbita
mit dem Elevatorium bis zur Fissura orbitalis inf. abgehoben. In
derselben Richtung trennt jetzt ein Meißel die Verbindung des Joch-
beins mit dem Stirnbein, worauf sich ersteres durch Lockerung seiner
Verbindung mit dem Oberkiefer nach außen und unten umlegen
lässt. In der Tiefe der Wunde erscheint nach Verziehung des
Temporalis nach rückwärts das buccale Fett, nach dessen Entfernung
die Fossa pterygopalatina frei zu Tage liegt. Da auch die seitliche
Orbitalwand entfernt ist, kann durch Emporheben des Orbitalinhalts
der N. infraorbitalis vom Foramen rotundum bis zum unteren Orbital-
rand sichtbar gemacht werden, zumal beim Umbrechen des Jochbeins
gewöhnlich die laterale Begrenzung des Canalis infraorbitalis am
Jochbein haften bleibt. Die Reposition des Knochenlappens nach
vollbrachter Nervenrescktion gelingt leicht; derselbe zeigt keine Ten-
denz zur Verschiebung.
v. F. glaubt, dass der Schnitt auch zur Bloßlegung des 3. Trige-
minusastes und mit einigen Zuthaten zur Aufsuchung des Ganglion
Gasseri brauchbar sein würde. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
17) Berger. Ulcerations tuberculeuses de la tongue.
(Méd. moderne 1897. No. 59.)
B. bespricht bei der klinischen Vorstellung eines Falles die
Differentialdiagnose. Schon Fournier hat gesagt, dass Lues und
Tuberkulose an der Zunge oft nur durch die Einwirkung der
Therapie zu unterscheiden wären. Auch jetzt gilt das noch für
manche Fälle. Die klaren Fälle sind durch die von Trelat be-
schriebenen »gelben Punkte« charakterisirt. Bei der sekundär auf-
tretenden Tuberkulose hilft auch der Allgemeinbefund. Im All-
gemeinen zeichnen sich die Geschwüre durch geringe Tiefe und
schmierigen Belag neben ekchymotischen Pünktchen und polycyklisch
ausgefressenem Rand aus. Roesing (Hamburg).
Centralblatt für Chirurgie. No, 43. 1085
18) Sultan. Zur Kenntnis der Halscysten und -Fisteln.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 113.)
S. berichtet über 19 von ihm unter Braun in den Kliniken
von Königsberg und Marburg beobachtete und histologisch genau
untersuchte Fälle, wobei er Gelegenheit nimmt, das Gebiet der Hals-
cysten und -Fisteln unter Heranziehung der einschlägigen Litteratur
eingehend zu durchsprechen. Das beobachtete Material theilt sich
in 3 Gruppen: a. seitliche Cysten und Fisteln, auf Kiemengangsreste
zurückzuführen — Fall I-IX, 8 Cysten und 1 Fistel; b. mediane
Cysten und Fisteln, durch Bestehenbleiben des Tractus thyreoglossus
zu erklären, Fall X—XV, 3 Fisteln und 3 Cysten, und e cystische
Bildungen, die mehr in das Gebiet der sogenannten Ranula gehören,
der Rest der Fälle. Seine wesentlichen und zum Theil neue That-
sachen bringenden Befunde hat S. selbst in folgende Schlusssätze
zusammengefasst:
1) Es kommen in Kiemengangscysten in der Tiefe der unter
dem Epithel gelegenen lymphoiden Zellzone mit der Oberfläche
nicht in Zusammenhang stehende, isolirte Epithelnester vor, die
wahrscheinlich von flachen Einsenkungen der Oberfläche her durch
dazwischen wachsendes Lymphdrüsengewebe abgetrennt und nach der
Tiefe zu verlagert worden sind. Vielleicht können aus solchen
Epithelversprengungen multilokuläre Cysten entstehen. (Befund in
Fall 2, Illustrirung durch 2 mikroskopische Figuren. Ref.)
2) Die unter dem Namen der Cystenhygrome bekannten Lymph-
angiome des Halses können unter Umständen durch Störungen der
Entwicklung der Kiemenbögen veranlasst werden. (cf. Fall VII und
VIII. Ref.)
3) Durch den Nachweis embryonaler, quer gestreifter Muskel-
fasern in der Wand einer seitlichen Halsfistel müssen die hier ver-
laufenden Muskelfasern als Keimversprengung gedeutet werden und
können nicht durch einfaches Umwachsen des Fistelganges dahin
gelangt sein. (Befund in Fall IX, illustrirt durch 2 Figuren. Ref.)
4) Für die mittleren, auf den Tractus thyreoglossus zurück-
zuführenden Halsfisteln ist bisher ein einheitlicher, von der äußeren
Fistelöffnung bis zum Foramen coecum führender Gang anatomisch
noch nicht nachgewiesen. Es scheint sich vielmehr in den meisten
Fällen um 2 oder mehrere Gänge zu handeln, welche sowohl von
der äußeren Haut, wie vom Foramen coecum her gegen das Zungen-
bein verlaufen und dort blind endigen.
5) Die unter Leitung des Kehlkopfspiegels ausgeführte Sondirung
des Ductus lingualis kann bei einer von außen schwer sondirbaren
Fistel von diagnostischer Bedeutung sein. (Diese Sondirung ist S.
2mal gelungen, in Fall XI und XII. Ref.)
6) Die aus Resten des Tractus thyreoglossus hervorgegangenen
Ranulaformen (Neumann) sind häufiger, als bisher angenommen
wurde, da auch ein Theil der bisher als Dermoide des Mundbodens
bezeichneten Cysten in dieselbe Kategorie fallen.
1086 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
7) Es kommt durch kongenitalen Verschluss des Ductus Wharto-
nianus zu Cystenbildungen, die unter einem von der Ranula wesentlich
verschiedenen Bilde verlaufen. (Abbildung eines solchen Falles bei
einem 3!/ymonatlichen Kind. Ref.)
8) Die Heilung der gewöhnlichen aus der Gl. sublingualis ent-
standenen Ranula lässt sich durch die Excision eines vorderen Wand-
stücks mit Umsäumung und nachfolgender Ausschabung und An-
ätzung der Wand mit Karbollösung erzielen; in den meisten Fällen
bedarf es der Totalexstirpation im Zusammenhang mit der Gl. sub-
lingualis nicht.
Ein Nachtrag enthält noch fernere 4 nach Abschluss der Arbeit
beobachtete Fälle. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
19) W. Wendel. Über die Verletzung des Ductus thoracicus
am Hals und ihre Heilungsmöglichkeit.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 437.)
W. berichtet über 5 in der klinischen Thätigkeit von Küster
vorgekommene Fälle von Verletzung des Ductus thoracicus am Hals
bei Operationen in der Oberschlüsselbeingrube, wobei es sich 3mal
um carcinöse Metastasen und je imal um tuberkulöse bezw. maligne
Lymphome handelte. In einem Falle wurde (wie in einem Falle
von Bögehold) der Chylusausfluss nur während der Operation be-
merkt, es folgte bei Wundtamponade und sekundärer Naht glatte
Heilung. In den übrigen Fällen bestand auch während der Nach-
behandlung mehr oder weniger lange Zeit Chylorrhoe, welche zumal
in Fall 2, einen Monat in sehr reichlicher Weise anhaltend, eine
sehr erhebliche unliebsame Komplikation bildete. Therapeutisch
kamen sowohl Unterbindungen, liegen bleibende Klemmen, Über-
nähen des Ductusschlitzes wie Hämostyptica und Kaustica in An-
wendung, Alles ohne prompten Erfolg. Das brauchbarste Mittel
bildete immer noch die Tamponade.
Die außerordentlich verschieden lange Dauer der Chylorrhoe bis
zu ihrer Heilung kann, wie W. mit Recht hervorhebt, nicht sowohl
auf die Art der Therapie bezogen werden, als auf innere anatomische
Verhältnisse an dem Ductus. Er hat desshalb die Anatomie des
Ductus sowohl an 17 Präparaten verschiedener anatomischer Museen,
als durch etliche eigene neue Präparationen und Injektionen studirt .
und fand Folgendes:
1) Meist besteht nicht eine einzige Hauptmündung des Ductus in
den Angulus venosus, sondern mehrere Mündungsarme, welche, wenn
sie auch das Hauptgefüß an Stärke nicht immer erreichen, doch für
den Abfluss völlig genügen (8mal unter 12 Fällen). Hier kann das
vikariirende Eintreten einer Nebenmündung für die Hauptausflussader
leicht von statten gehen.
2) Es finden sich nicht selten schon weiter unten am Stamme
Kommunikationen zwischen dem Ductus und venösen Gefäßen, ins-
Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1087
besondere mit der Vena azygos, aber auch mit der Vena renalis,
wie dies zuerst Wutzer konstatirte.e Die Injektionen Wis haben
dies von Neuem an einigen Objekten bestätigt, so dass W. im Ganzen
unter 29 Beobachtungen 4mal diesen Befund gesichert fand. Offenbar
kann durch diese tiefen Kollateralen zwischen Ductus und Venen-
system sich ein Ersatzkreislauf ausbilden, wenn der Abfluss an der
normalen Stelle gehindert wird. Begünstigend für diese Veränderung
wird es sein, wenn eine Wunde des Ductus oben am Halse durch
feste Tamponade gestopft wird und die Stauung des Lymphstromes
zu Drucksteigerung im unteren Theile des Ductus nebst seinen
feinen kommunicirenden Seitenästchen führt. (Ein Injektionspräparat
des Verf., die Kollateralen des Ductus zeigend, ist abgebildet.)
Meinhard Schmidt (Cuxhaven!.
Kleinere Mittheilungen.
20) M. Garulanos. Das Vorkommen von multiplen Muskelechino-
kokken, nebst Bemerkungen über die Verbreitung der letzteren im
Organismus,
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 372.)
G. beschreibt aus der Greifswalder Klinik 2 Fälle. Der 1. betrifft einen
6ljährigen Dachdecker, welcher vor 27 Jahren beim Exereiren sich die linke Hüfte
»überdreht« hatte und seit der Zeit immer ab und zu Schmerzen in der linken
Hüftgegend hatte. Vor ca. 5 Jahren erste Anschwellung zwischen Hüftknochen
und Kreuzknochen, seit 11/3 Jahre beträchtlich gewachsen und in letzter Zeit
sehr beschwerlich fallend. Die mannskopfgroßen, verschiedentliche knollige
Hervorragungen zeigende Geschwulst reichte in der linken hinteren Hüftgegend
bis zur Spina ant. sup., über den Trrochanter herab und nach oben bis an den
Rippenbogen. Prallelastische Konsistenz, stellenweise Fluktuation. Die Operation
ergab eine große Anzahl im intermuskulären Gewebe liegender und entfernt von
einander zerstreuter Echinococcusblasen. In der Glutäalgegend neben einem
kindskopfgroßen und 2 doppeltfaustgroßen Geschwülsten noch ca. 40—50 weitere
Blasen von Linsen- bis Hühnereigröße. Die große Wunde wurde tamponirt und
späterhin sekundär genäht. Noch vor ihrer Heilung trat starke Schwellung des
linken Oberschenkels auf, und ergab auch hier die Operation ähnliche Verhältnisse,
nämlich eine große Anzahl (ca. 35—40) linsen- bie hühnereigroße Blasen im inter-
muskulären Gewebe zwischen den Adduktoren, den Flexoren und entlang der Ge-
fäßscheide. Die Gesammtzahl der beseitigten Fchinokokken ist auf ca. 100 zu
taxiren. Auch die Wunden der 2. Operation wurden tamponirt. Endausgang in
völlige Heilung.
Der 2. Fall ist weniger interessant und passt in so fern nicht exakt unter den
Titel der Arbeit, als es sich bei der 60jährigen Pat. um einen solitären Muskel-
echinococeus im rechten Oberschenkel handelte, welcher, eine einzige über faust-
große weißlichblaue und bindegewebig eingescheidete Blase darstellend, unschwer
exstirpirbar war. Sie lag direkt den Vasa obturatoria an.
Gegenstand weiterer Betrachtungen ist ausschließlich Fall 1, und zwar mit
Bezug auf die Genese der massenhaft gefundenen Echinococcusexemplare. Die
Erklärung, die G. hierfür giebt, ist die Annahme, dass eine masgenhafte Aus-
wanderung von Embryonen hier stattgefunden hat. Nach Beobachtungen von van
Beneden machen die reifen Embryonen der Taenia dispar beständige Bewegungen
mit ihren Hakenpaaren, welche wohl geeignet sind, Gewebe zu durchdringen.
Haben die Echinokokkenembryonen erst die Darmwand durchsetzt, so können die-
1088 Centralblatt für Chirurgie. No. 43.
selben allerdings in den Strom der Chylus- oder Blutgefäße gelangen und darin
weiter transportirt werden; sie können aber auch aktiv weiter wandernd den Platz
wechseln. Die statistisch feststehenden bestimmten Lieblingsstellen für Ansied-
lung der Echinokokken zeigen die Wege, auf denen die Wanderung stattfindet.
Da das Bindegewebe um Gefäßstränge entschieden besonders häufig der Standort
der Blasen ist, ist anzunehmen, dass die Embryonen vom subserösen Bindegewebe
aus der Aorta und ihren Verzweigungen entlang weitergehen, um sich schließlich
im Gefäßscheidenbindegewebe irgend wo anzusiedeln.
Was den Einfluss des Trauma auf das Krankheitsbild betrifft, der bei Echino-
kokkenkranken wie in G.'s Falle auch sonst öfter notirt ist, so hält G. dafür, dass
in solchen Fällen der Echinococeus jedenfalls schon latent vorhanden war, aber
durch das Trauma erst, sei es in Folge einer Verschiebung, sei es durch ge-
steigertes Wachsthum, mehr zum Vortreten gebracht wurde. E
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
21) @. Kiär. Eine Meißelsonde für das Ohr.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 8.)
Das Instrument ist dazu bestimmt, die äußere Wand des Atticus tympanicus
zu entfernen und dadurch den Kuppelraum mit den Körpern der Gehörknöchelchen
bloßzulegen. Zu diesem Zweck wird ein Meißel auf einer Sonde entlang bewegt,
welche letztere am Ende zum Schutz der Labyrinthwand senkrecht nach oben ab-
gebogen ist und so ein Stoßkissen für den Meißel abgiebt.
Teichmann (Berlin).
22) 8. Szenes. Sur les lesions traumatiques de l’organe auditif.
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. p. 34.)
S. berichtet über 7 Fälle von Ohrtraumen. No. 7 davon ist eine Mittelohr-
eiterung, bei der eine Ausspülung mit dem Paukenröhrchen sohwere Labyrinth-
erscheinungen mit beängstigenden Symptomen hervorrief, die nur bei Lagerung auf
die Seite des gesunden Ohres zum Verschwinden gebracht werden konnten.
S. deutet diese Erscheinungen als Labyrinthshock. Heilung nach Radikal-
operation. In den Fällen 1—3 und 6 handelte es sich um Labyrinthverletzungen
durch Schädelbasisfissuren, die zum Theil unter Zurückbleiben von Gehörstörungen
heilten. Fall 4 betrifft eine Weichtheilverletzung des äußeren Gehörgangs, Fall 3
eine Fraktur der oberen hinteren Gehörgangswand (nahe dem Trommelfell) und des
Hammergriffs, neben Schädelbasisfissur (Sturz aus dem Tramway), keine wesent-
lichen Labyrinthstörungen. Heilung mit ziemlich erheblicher Herabsetzung des
Gehörs. Kümmel (Breslau).
23) C. Miot. Un cas de rhinolithe.
(Revue de laryngol. 1898. No. 38.)
20jährige Leidensgeschichte eines Militärarztes, der wegen reflektorischer
Krampfzustände und trophoneurotischer Erscheinungen ein schweres Rückenmarks-
leiden bei sich vermuthete und auch psychische Abnormitäten darbot. Nach Ent-
fernung des Nasensteins trat in wenigen Tagen vollkommene Genesung ein.
Teichmann (Berlin).
Berichtigung; Im Inhaltsverzeichnis von No. 40 d. Bl. unter No. 12 lies
Brustdrüsenplastik statt Brustdrüsentuberkulose.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
SC ees
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von on F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
m
Wöchentlich eine Nummer.' Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No 44. Sonnabend, den 5. November. 1898.
Inhalt: I. Breuer, Eine neue Operation der Hypospadie der Eichel nach Barden-
heuer. — II. Winkelmann, Neue Methode der Radikaloperation der Hydrocele. (Original-
Mittheilungen.)
1) Wentscher, Eigenleben menschlicher Epidermiszellen. — 2) $acharjan, Tetanus-
bacillen. — 3) Popow, Sublimatwirkung. — 4) Klemm, Nahtmaterial. — 5) Ebermann,
Bromäthyl-Chloroformnarkose. — 6) Turner, Orthopädische Apparate. — 7) Exner, Zur
Diagnose der Gallensteinkrankheit. — 8) Kehr, Gallensteine. — 9) de Voogt, Cholecyst-
ektomie. — 10) Talma, Künstlicher Collaterallauf bei intraabdominellen Blutlaufsstörungen.
— 11) v. Hacker, Hypospadie. — 12) v. Stockum, 13) Freudenberg, Prostatahypertrophie.
— 14) Rasumowsky, Blasennaht. — 15) Wundel, Exstirpation und Resektion der Harn-
blase. — 16) Marckwald, Harnleiter- und Harnblasencysten. — 17) Blumenfeld, Harn-
leiterverletzungen. — 18) Becher und Lennhoff, Lage der Nieren. — 19) Ratynskl,
Nephrektomie. — 20) Rolando, Exstirpation der Scheidenhaut. — 21) Doyen, Gynäko-
logische Operationen. — 22) Hartmann, 23) Monod, Eitrige Annexitis.
24) Bittner, Arrosionsblutungen. — 25) Schultze, Pneumonie nach Äther- und Chloro-
formathmung. — 26) Wilmans, Lymphome nach Trauma. — 27) Palleroni, Leberechino-
coccus. — 28) Richardson, Cholecystitis. — 29) Meyer, Fettgewebsnekrose. — 30) Spaeth,
Gekröscyste. — 31) Froelich, Iarnröhrenbildung bei der Frau. — 32) Lübbe, Harn-
röhrencyste. — 33) Sanesi, 34) Simon, Prostatahypertrophie. — 35) Schmidt, Knochen-
fragmente in den Harnwegen,
(Aus der chirurgischen Abtheilung des Bürgerhospitals zu Köln.
[Geheimrath Prof. Dr. Bardenheuer.))
I. Eine neue Operation der Hypospadie der Eichel nach
Bardenheuer,
Von
Dr. Breuer in Köln.
Die Heilung der angeborenen Missbildungen gehört mit zu den
technisch sehr schweren, desshalb häufig auch undankbaren Opera-
tionen, besonders da sie meistens an kleinen, unruhigen Kindern
ausgeführt werden und in Körpergegenden, welche die Asepsis der
Operation und der Wundheilung nicht selten in Frage stellen.
Bisher hat man zur Bildung des sogenannten Eichelkanals,
sowohl bei Ilypospadie des ganzen Penis, als auch nur der Eichel,
44
1090 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
meistens die bekannte Methode von Thiersch oder eine ähnliche
benutzt. Häufig gaben sie schlechte Resultate, hauptsächlich in
Folge der Unzulänglichkeit der Operationsmethode, so wie der oben
erwähnten Umstände. Man war gezwungen, in mehreren Zeiten zu
operiren, und zwar nicht nur nach missglückter Operation (Durch-
schneiden der Nähte etc.) sondern weil der ganze Heilplan für
mindestens 2 Sitzungen berechnet war. Ich sehe dabei ab von den
später meistens noch nöthig werdenden kleineren Nachoperationen
— Kauterisiren, Bougieren etc.
Die Thiersch’sche Operation bietet oft besonders große Schwierig-
keit für den Verschluss der übrig bleibenden Fistel und für die Er-
haltung einer weiten Urethralöffnung. Es entwickelte sich immer
wiederum eine Verengerung des Eicheltheils. Ferner bestanden in
der neugebildeten Harnröhre Taschen, welche nach vollendetem
Uriniren erst langsam und träufelnd den stauenden Urin entleerten,
Argento und in neuerer Zeit Beck haben desshalb Operations-
methoden angegeben, welche sich von diesem Thiersch’schen
Operationstypus im Princip weit entfernen.
Argento stößt einen Trokar von geeigneter Dicke durch die
Eichel und eventuell dann unter der Haut des Penis her bis zur
kongenital abnormen Ausmündungsstelle der Harnröhre.
In diesen Wundkanal wird ein Katheter eingelegt und nach
Bedürfnis so lange — eventuell bis zu 12 Monaten — liegen gelassen
resp. gewechselt, bis sich an Stelle des Wundkanals ein mit Epi-
dermis ausgekleidetes Rohr — die neue artificielle Harnröhre — ge-
bildet hat. Bardenheuer hat diese Operation nicht versucht. Es
scheint ihm zweifelhaft, ob sich der durch den Trokar gesetzte
Wundkanal selbst in absehbarer Zeit mit Epithel bekleidet, und so-
mit Verengerungen sicher auszuschließen sind; außerdem dürfte ein
Jahr langes Bougieren sehr viel Geduld erfordern. Er versuchte dess-
halb zunächst die von Beck! angegebene Öperationsweise.
Diese besteht bekanntlich darin, dass zunächst die meist präfor-
mirt angedeutete Urethralrinne wundgemacht resp. in der Mitte des
Penis die Eichel in der Länge nach eingeschnitten wird; alsdann
wird nach Zurückpräpariren der Penishaut an der unteren Seite des
Penis die Harnröhrenöffnung mit einigen Schnitten aus dem sie um-
gebenden Gewebe ausgeschält, mobilisirt und in die Wunde — arti-
ficielle Eichelriinne — bis zum Niveau der Eichelspitze hinein-
gezogen. Hier wird die Harnröhrenöffnung durch Nähte befestigt,
und über den Harnröhrentheil der Eichel werden die beiden durch
die senkrechte Incision zur Bildung der Rinne formirten Läppchen
unter einander durch Nälte verbunden. Zum Schluss folgt passende
Vernähung der Penishaut.
Diese Methode hat Bardenheuer einmal versucht mit ziemlich
befriedigendem Resultat. Die Nähte hielten nicht alle, und die
1 New York med. journ. 1895. Januar 29.
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1091
Blutung war ohne Abschnürung sehr bedeutend. Die Harnröhre ist
jedoch an der unteren Seite der Eichel fixirt geblieben. Barden-
heuer ging desshalb bei dem nächsten Falle in folgender, Weise vor,
wie aus untenstehenden, halbschematischen Zeichnungen ohne Weiteres
ersichtlich ist.
Fig. 1. Ablösung der Penishaut an der unteren Seite des Penis
nach der Peniswurzel zu und Loslösung des vorderen und seitlichen
Fig. 1. Fig. 3.
Harnröhrentheils aus dem sie umgebenden Gewebe bis etwa zur
Hälfte der Pars pendula, so dass die Urethra sich leicht bis zur
Penisspitze vorziehen lässt.
Fig. 2. Durchstechen eines recht dieken Trokars durch die
Corpora cavernosa der Eichel von der Spitze aus und Durchführung
in der Harnröhrenrichtung bis etwa in die Gegend, wo früher die
44*
1092 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
Urethralöffnung lag. Man sieht in der Zeichnung, dass die Harnröhre
mobilisirt ist.
Fig. 3. Die mobilisirte Harnröhre ist mit einer Pincette durch
die durchstochene Eichel hindurchgezogen und an der Peniskuppe
mit 4 Seidennähten befestigt. Zur Entspannung und Entlastung der
Nähte an der Eichelkuppe ist der hintere Harnröhrentheil an der
Eichelbasis durch 4 seitliche Katgutnähte im benachbarten Gewebe
fixirt.
Fig. 4. Passende Längsnaht der Haut mit Seide, welche eben-
falls wesentlich zur Entspannung der angenähten mobilisirten Harn-
röhre beiträgt.
Man sieht das Schlussresultat der Operation nach Bardenheuer,
ein in kosmetischer und funktioneller Beziehung sehr schönes und
vollkommenes Resultat.
Die Nachbehandlung, von der ja eigentlich kaum die Rede sein
kann, bestand in Auftragen von Borsalbe, die häufig erneuert wurde.
Der Wundverlauf und der Schlusseffekt übertraf in jeder Beziehung
Bardenheuer’s Erwartung. Die Nähte wurden nach 8—14 Tagen
entfernt. Das so lästige, zeitraubende, häufig nicht so leicht aus-
zuführende Bougieren fiel fast ganz weg. 4 Wochen nach der Opera-
tion konnte man an dem Penis des 3 Jahre alten Kindes kaum
noch die Folgen einer operirten angeborenen Missbildung wahr-
nehmen.
II. Neue Methode der Radikaloperation der Hydrocele.
Von K
Dr. med. Winkelmann, Chirurg in Barmen.
In jetzt etwa einem Dutzend von Hydrocelenoperationen wandte
ich folgende sehr einfache Methode an, die mir bis jetzt, seit im
Ganzen etwa 11/, Jahre, die besten Erfolge gebracht hat:
Spaltung bis auf den Hydrocelensack unter Schleich’scher In-
filtrationsanästhesie.e Dann etwa 3—4 cm lange Incision, von oben
nach unten verlaufend, mehr am oberen als am unteren Pol gelegen.
Durch diesen Schlitz wird nach Abfluss der Hydrocelenflüssigkeit
der Hoden weit vorgezogen, so dass sich die ganze Tunica vaginalis
propria nach außen umkrempelt. Der Schlitz kommt in die Nähe
der Samenstranginsertion am Testikel zu liegen und kann hier, wenn
nöthig, so weit durch eine Knopfnaht verkleinert werden, dass die
Rückwärtskrempelung oder der Wiederdurchtritt des Hodens nicht
mehr möglich ist. In diese Naht kann sicherheitshalber recht wohl
etwas Samenstrangbindegewebe gefasst werden. Der umgekrempelte
Sack mit Hoden wird reponirt, so dass die ganze Serosa der Tunica
vaginalis propria nach außen gegen die weitmaschig-bindegewebige
Tunica vaginalis communis sieht und mit dieser bald verwachsen
kann. Etwaige Sekretion der Propria muss so Anfangs von der
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1093
Communis aufgenommen werden. Eine genaye Hautnaht schließt die
völlig unblutige Operation ab. Die Heilung dauert nur so lange,
bis die Hautwunde verklebt ist, also etwa 4 Tage; doch kann man
getrost die Operation ambulant ausführen, da Gefahren von Nach-
blutung etc. nicht eintreten können. In der ersten Zeit kann "aller.
dings eine ödematöse Schwellung im periorchitischen Gewebe auf-
treten, wohl hervorgerufen durch die Tränkung der lockeren Gewebs-
maschen mit der noch zeitweilig andauernden Serosasekretion. Der
Hoden erscheint in der Mehrzahl der so operirten Fälle etwas nach
oben dislocirt, macht aber nicht die geringsten Beschwerden von
Anfang an.
Ich empfehle die angeführte einfache Methode zur freundlichen
Nachprüfung. Sie wird mindestens mehr leisten als alle Punktions-
methoden und wohl trotz der Geringfügigkeit des kleinen ungefähr-
lichen Eingriffs eben so viel, wie die durchaus rationellen, aber
eingreifenderen Methoden von v. Volkmann und v. Bergmann.
1) J. Wentscher. Experimentelle Studien über das Eigen-
leben menschlicher Epidermiszellen außerhalb des Organismus.
(Ziegler’s Beiträge zur pathologischen Anatomie Bd. XXIV.)
W. hat über die hier niedergelegten Untersuchungen bereits
auf der Braunschweiger Naturforscherversammlung berichtet (cf.
Selbstbericht in diesem Centralblatt 1898 No. 1). Er hat 60 Fälle,
vorwiegend Unterschenkelgeschwüre, die mit konservirten Läppchen
bepflanzt waren, auf Mitosen, als die sichersten Zeichen des Zellen-
lebens, durchsucht. Die Läppchen wurden theils in physiologischer
Kochsalzlösung konservirt, theils trocken, das ist in einer mit Watte-
pfropf verschlossenen Flasche auf einem Gazepolster aufgehoben
und dann nach verschiedenen Fristen aufgepflanzt. Meist am 4. Tage
nach der Transplantation excidirte W. Stücke zur histologischen Unter-
suchung. In 7 Fällen konnte er mitotische Vermehrung der Epi-
dermiszellen und somit ihre Wiederbelebung feststellen. Das jüngste
wiederbelebte Hautläppchen war 7, das älteste 22 Tage alt. Für
14 weitere Fälle entnimmt W. den positiven Erfolg nur aus dem
makroskopischen Verhalten.
Aus einigen wenigen Versuchen ergiebt sich die aus der Praxis
schon bekannte Thatsache der großen Resistenz der Epidermiszellen
gegen Kälte, ihrer Hinfälligkeit aber gegenüber Wärme und anti-
septischen Flüssigkeiten. W. hat, wie er besonders hervorhebt, den
Weg der histologischen Untersuchung nur beschritten, nicht um eine
praktische bedeutsame Modifikation der Thiersch’schen Transplantation
zu finden, sondern um die biologisch so interessante Thatsache zu
erweisen, dass menschliche Epidermiszellen außerhalb des Organis-
mus noch überraschend lange fortleben können. P. Stolper "Breslau.
1094 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
2) T. A. Sacharjan. Über die Verbreitung der Tetanus-
bacillen im Boden.
Dissertation, Petersburg, 1898.
S. untersuchte Erdproben von verschiedenen Stellen Petersburgs,
besonders von solchen Orten, wo viel Menschen zusammenkommen.
Die Proben wurden weißen Mäusen und Meerschweinchen ein-
geimpft, und nach deren Tode das Wundsekret nach einer eigenen
Methode untersucht: es wurde mit Bouillon verdünnt in Agar 3 Tage
kultivirt, wobei alle Luftmikroben Kolonien geben; die steril ge-
bliebenen Theile des Agars wurden in Kölbchen mit Bouillon ge-
bracht und die Luft darin durch H oder Leuchtgas ersetzt. Nach
24 Stunden entwickeln sich die anaeroben Mikroben, darunter die
Tetanusbacillen. Von 63 Proben gaben 43 ein positives Resultat;
3 weitere Proben enthielten Tetanusbacillen, tödteten aber das Thier
nicht. Das ziemlich seltene Vorkommen der Infektion von Wunden
durch den Bacillus bei dessen Häufigkeit (67,6% der Proben!) erklärt
S. dadurch, dass Licht und Luft ihn schwächen, Fibringerinnsel und
Entzündung der Wunde die Resorption verhindern. Der Tetanus-
bacillus gedeiht hauptsächlich in verunreinigten, nekrotischen, ge-
quetschten Wunden, in reinen Wunden nur dann, wenn andere
Mikroorganismen seine Entwicklung begünstigen. Werden diese
anderen Mikroben mit antiseptischen Mitteln bekämpft, so wird dem
Tetanusbacillus die Möglichkeit des Wachsthums genommen. Das
erklärt auch, warum von Tetanus gewöhnlich unbedeutende Wunden
befallen werden: größere Wunden richten eher die Aufmerksamkeit
auf sich und werden antiseptisch behandelt, kleinere werden oft
vernachlässigt. Jede Wunde, selbst die kleinste, muss also sofort
desinfieirt werden. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
3) S. P. Popow. Vergleichende Untersuchungen über die
desinficirende Wirkung reiner Sublimatlösungen und Lösungen
desselben mit anderen Mitteln.
Diss., Petersburg, 1898,
10/90 Sublimat wirkt schwach; stärker: 1% Subl. + 1/1% NaCl; noch
stärker: 10/9 Subl. + 1/4%/00 HCl (oder 1/1—t/2°/0 Weinsteinsäure, oder
!/a—!/2°/oo Milchsäure); noch stärker: (lag Subl. + Uaüiag HCl (oder
1/3—10/ø Weinstein- oder Milchsäure, oder 1/1% Phenol); stark:
19/90 Subl. + 10/90 HCl oder 1% Phenol; sehr stark: 1% Subl. + 2%
Phenol. Letztere Lösung wirkt gleich stark, ob mit destillirtem
Wasser oder mit gewöhnlichem Wasser bereitet, und bleibt lange
ungeschwächt. Der Zusatz von 24—20% NaCl zu 1—2% Phenol-
lösungen erhöht deren desinficirende Wirkung nicht.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1095
4) Klemm. Zur Asepsis des Nahtmaterials.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 37.)
Nach Besprechung der für die Infektion durch Nahtmaterial in
Frage kommenden Momente kommt K. zu dem Schluss, dass es
vor Allem darauf ankomme, dass das zur Implantation in die Wunde
bestimmte Material nie von mehr als einer Person berührt werde.
Um dies zu erreichen, bedient er sich viereckiger vernickelter
Rahmen von beliebiger Länge und Breite, die auf kleinen Füßen
ruhen. Über je 2 parallele Stäbe der Breitseite des Rahmens werden
Ligaturen geknüpft, so dass ein Faden dicht neben dem anderen
liegt. Das eine Ende des Knotens wird dicht abgeschnitten, das
andere bleibt lang; 50—60 können auf einen Rahmen gehen. Kurz
vor dem Gebrauch wird der (werden die) Rahmen ausgekocht und
in eine mit 2%iger Borsäure gefüllte Schale gestellt, auf deren aus
einer dunkelgefärbten Glasplatte bestehendem Boden die hellen Fäden
sich gut abheben. Bei der Arbeit ergreift der Operateur mit einer
Pincette bloß das lange Fadenende, schneidet mit der Schere den
Knoten durch und unterbindet, ohne dass der Faden unnütz viel
angefasst wird. Auch hat man größere Sicherheit, dass die isolirten `
Fäden durch die Hitze wirklich vollkommen sterilisirt worden sind.
K. hält sich stets fertig eingefädelte Nadeln von verschiedener Größe
vorräthig, die in besonderer Weise aufbewahrt werden. Zur Opera-
tion lässt man Nähte von der gewünschten Länge und Stärke kochen.
Man braucht dann bei der Nahtanlegung bloß mit dem Nadelhalter
die Nadel zu ergreifen und zu nähen. Wenn so auch die Präparation
des Materials mehr Zeit erfordert, so ist man doch von seinem
Personal bei der Verwendung desselben unabhänger.
Handschuhe verwirft K: dagegen benutzt er zum Reichen der
Tupfer, Gaze, Watte langarmige Zangen. i
Zu bemerken ist, dass das von K. empfohlene Verfahren wohl
für viele, aber nicht für alle Fälle chirurgischer Thätigkeit dem
Ref. zweckmäßig und durchführbar erscheint. Zumal muss sehr
ausgiebige Assistenz vorhanden sein, wenn der Vortheil des Selbst-
reichens nicht oft durch anderen Schaden aufgewogen werden soll.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
5) A. A. Ebermann. Über kombinirte Bromäthyl-Chloro-
formnarkose.
(Wratsch 1898. No. 30 u. 31. [Russisch.))
Seit 1890 wurden im chirurgischen Krankenhaus der Alexander-
gesellschaft barmherziger Schwestern des rothen Kreuzes 795 solche
Narkosen beobachtet. Die Menge des verbrauchten Narkoticums
und die mittlere Dauer der Narkose ist aus folgenden 2 Formeln
ersichtlich.
1) Die ersten 314 Fälle, schon beschrieben von W. W. Lesin:
5,0 Bromäthyl + 14,5 Chloroform ,
1,5 Minuten + 20 Minuten. ?
1096 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
4,59 + 15,15
0,93 + 25 `
In einem Falle erfolgte der Tod in der Narkose. Es handelte
sich um eine 29jährige etwas anämische und nervöse Frau (Hebamme),
der 13 cariöse Wurzeln ausgezogen wurden. 20 Minuten nach Be-
ginn der Narkose, nachdem 5,0 Bromäthyl und 12,0 Chloroform ver-
braucht waren, stockte der Athem bei gutem Puls. Nach Druck auf
die Brust begann Pat. wieder zu athmen. Bald aber hörte Athmung
und Puls wieder auf; Silvester; ein paar spontane Inspirationen
erfolgten wohl darauf, doch dann stand die Athmung vollständig,
obwohl während 3 Stunden die verschiedensten Mittel angewandt
wurden. Die Sektion ergab normalen Herzbefund, nur war der Herz-
muskel etwas blass. In der Litteratur sind auf 2193 Narkosen
4 Todesfälle während und 3 nach der Narkose beschrieben. Doch
sprechen nach E. diese 7 Todesfälle nicht gegen kombinirte Narkose.
Für dieselbe aber sprechen die rasche Anästhesie, die geringe Menge
der Narkotica, das Fehlen schwerer Erscheinungen während des
Einschlafens und während der Narkose, die Leichtigkeit des Auf-
` weckens und der gute Zustand nach der Narkose.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
2) Die letzten 451 Fälle von E. =
6) G. J. Turner. Über die Anfertigung einiger einfacher
orthopädischer Apparate.
(Wratsch 1898. No. 30. [Russisch.]}
T. empfiehlt dazu eine Mischung von dünnem Tischlerleim und
Lignin; ersterer muss heiß und die Mischung so dick sein, dass sie
schwer beweglich wird. Damit werden 4—5 Lagen von Cambric-
binde auf dem Negativ (aus Gips) bestrichen oder besser eingerieben
und das Ganze im Trockenschrank oder im Ofen getrocknet. So
zubereitete Korsetts sehen wie aus Holz gemacht aus, sind porös,
leicht zu schneiden und kosten für ein 9jähriges Kind etwa 6 Mark
(davon 2 Mark dem Schuster für Übernähen der Ränder).
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
7) Exner. Über die Bedeutung des Harnzuckers für die
Diagnose der Gallensteinkrankheit. (Aus der chirurgischen
Universitätsklinik in Heidelberg [Direktor: Geheimrath Prof.
Dr. Czerny).)
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 31.)
E. gelang es, im Harn Gallensteinkranker theils mit Hilfe der
Vergärungsprobe, theils mit dem Polarisationsapparat Traubenzucker
festzustellen. Derselbe fand sich in verschieden großer Menge bis
zu 0,4% und darüber. Die Zuckermenge nahm nach der Operation
der Gallensteine ab, so dass sich 3—4 Wochen später im Harn kein
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1097
Zucker mehr vorfand. Stärkerer oder schwächerer Ikterus hatte
keinen Einfluss auf die Quantität des ausgeschiedenen Zuckers.
E. zieht aus seinen bei 40 Gallensteinkranken vorgenommenen
Untersuchungen den Schluss, dass in zweifelhaften Fällen durch den
Zuckerbefund die Diagnose etwas sicherer sich stellen lässt; doch
sind noch weitere Prüfungen nöthig. R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
8) H. Kehr. Wie, wodurch und in welchen Fällen von
Cholelithiasis wirkt eine Karlsbader Kur, und warum gehen
die Ansichten des Chirurgen und des Karlsbader Arztes in
Bezug auf Prognose und Therapie der Gallensteinkrankheit
so weit aus einander?
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 38.)
Obwohl der Aufsatz dem Chirurgen nicht gerade Neues bringt,
so ist er doch in so fern von Interesse, als er die Beantwortung der
im Titel gestellten Fragen auf Grund der von K. bei einem längeren
Aufenthalt in Karlsbad gemachten Beobachtungen giebt. Ohne seine
Ansichten über die Nothwendigkeit und Nützlichkeit der sogenannten
Frühoperation bei der Cholelithiasis geändert zu haben, zollt Verf.
doch der Wirkung der warmen Quellen Karlsbads für gewisse Formen
der Krankheit volle Anerkennung. Er hält erstere, neben sonstiger
interner Behandlung, für indieirt: 1) bei akutem Choledochusver-
schluss, so weit er normal verläuft, 2) bei entzündlichen Processen
in der Gallen)lase, mit und ohne Ikterus, wenn sie selten und nicht
allzu heftig auftreten; 3) bei häufigen Koliken und jedesmaligem
Abgang von Steinen; 4) bei Gallensteinkranken, welche an Adipo-
sitas, Gicht, Diabetes leiden, oder bei denen wegen Affektionen des
Herzens, der Lungen, Nieren, der Leber die Gefahren der Narkose
in Betracht kommen, und 5) bei bereits wegen Gallensteinen Ope-
rirten. — In allen anderen Fällen, einschließlich des Gallenstein-
morphinismus, bleibt die operative Behandlung die beste und muss
so früh als möglich angewandt werden. Kramer (Glogau).
9) G. N. de Voogt. De gevolgen van de wegneming der
galblaas.
(Nederl. Tijdschr. v. Geneeskunde 1898. No. 7.)
Über die Folgen der Gallenblasenexstirpation besteht zur Zeit eine
Meinungsverschiedenheit zwischen Oddi, dem älteren Untersucher
auf diesem Gebiet, und Nasse. Während der Erstere bei jungen
Hunden neben Allgemeinerscheinungen (Fresssucht — gallige Diarrhöe
— Abmagerung) die in dem ersten Monat nach Entfernung der Gallen-
blase auftreten, regelmäßig 2—3 Monate später eine kompensatorische
Erweiterung des Uysticusstumpfes fand, konnte Nasse bei seinen
44r#
1098 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
Versuchsthieren nie eine Erweiterung der Gallengänge noch eine
neue Gallenblase beobachten.
Verf. hat es desshalb unternommen, der Frage aufs Neue eine
Experimentaluntersuchung zu widmen und kommt nach den Ergeb-
nissen bei 4 Hunden (ein 5. erlag am 3. Tage einer Bauchphlegmone)
zu derselben Ansicht wie Oddi. Regelmäßig fand er eine neu-
entwickelte birnenförmige Gallenblase (2 Abbldgn.), an deren Boden
als Zeichen, dass sie aus der Erweiterung des abgebundenen Cysticus-
stumpfes entstanden sei, die seidenen Ligaturfäden zurückgeblieben
waren. Diese neue Gallenblase hatte durchaus dieselben Struktur-
verhältnisse wie die normale: Cylinderepithel, Submucosa und Tunica
propria mit glatten Muskeln in longitudinaler und querer Richtung.
Nur die kleinen Drüsen, die man normal in dieser letzten Schicht
antrifft, fehlten. Von allen Seiten war dieser ausgedehnte Cysticus-
stumpf i in ganz normales Lebergewebe (ohne erweiterte Gallengänge)
eingebettet, so dass er förmlich aus einer Mulde von Lebergewebe
herauspräparirt werden musste.
Aus diesen Versuchen, deren Ergebnisse auch für den Menschen
Gültigkeit haben dürften, schließt Verf., dass die Exstirpation der
Gallenblase einestheils keine bleibenden Nachtheile mit sich bringt,
anderentheils aber auch kein gerechtfertigter chirurgischer Eingriff
ist zur Radikaloperation der Cholelithiasis und nur in den Fällen
angezeigt sein kann, wo es gilt, Geschwülste oder andere tief ein-
greifende Veränderungen in der Blasenwand zu entfernen.
6. Th. Walter (s Gravenhage).
10) S. Talma. Het openen van zijwegen voor het bloed
der vena porta.
(Nederl. Tijdschr. v. Geneeskunde 1898. No. 13.)
In einem Falle von Lebercirrhose, die nach einer akuten, ätio-
logisch nicht aufgeklärten Erkrankung mit Betheiligung von Leber
und Niere sich entwickelt hatte, war schließlich eine Vergrößerung
von Leber und Milz mit Ansammlung von Flüssigkeit im Bauch
zurückgeblieben. Diese Erscheinungen waren sämmtlich als Folge
einer Stauung des Blutes in der Vena portae aufzufassen. Das ge-
ringe spec. Gewicht der Bauchtlüssigkeit und der Umstand, dass sie
zurückgeblieben war, während die akute hämorrhagische Nieren-
entzündung abgeklungen und die anderweitigen Ödeme verschwunden
waren, sprachen für diese Auffassung. Bestätigt wurde diese Dia-
gnose auch durch die therapeutischen Bestrebungen, welche durch
Bildung von collateralen Bahnen die Passagebehinderung in der Vena
portae zu umgehen beabsichtigten. In dieser Richtung hatte T. schon
die Überzeugung gewonnen, dass durch Anheftung des großen Netzes
an die Bauchwand ein künstliches Caput medusae zu Stande gebracht
werden könnte. Auch in diesem Falle wurde, nachdem bei dem
Dat, einem Jungen von 9 Jahren, schon 5mal die Paracentesis
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1099
nothwendig geworden war, auf Anregung des Verf. von Prof.
v. Eiselsberg am Unterrand des rechten Leberlappens ein Bauch-
schnitt gemacht und das große Netz wie die Gallenblase in die
Bauchwunde eingenäht. Bei der Laparotomie hatte es sich gezeigt,
dass die Leberoberfläche feinkörnig und ihre Serosa weißfarbig war,
während die Gallenblase überflüssig normale Galle enthielt.
Das Resultat der Operation war, in so fern als die Flüssigkeits-
ansammlung in der Bauchhöhle seitdem ausblieb, vollkommen be-
friedigend. Inzwischen blieb aber die Leber vergrößert und hart, `
und nahm die Milz noch an Umfang zu, so sehr, dass sie 2 Monate
nach dem Eingriff beinahe das Ligamentum Pouparti erreichte. Auch
diese Milzvergrößerung wurde von T. als Folge einer Stauung ge-
deutet, wesshalb auch hier dasselbe Princip in Anwendung kam.
Prof. Narath nähte das Organ in eine Tasche zwischen Muskeln
und Haut ein, mit dem Erfolg, dass 6 Wochen später der Pat. ge-
heilt entlassen werden konnte mit schon verkleinerter Milz. Als er
2 Jahre später sich zur Nachuntersuchung meldete, da war sein
Zustand durchaus zufriedenstellend. Es war kein Ascites vorhanden,
die Milz hatte sich verkleinert, die Leber funktionirte gut, collaterale
Hautvenen stark entwickelt.
Mit diesem Falle scheint dem Verf. die Berechtigung der Ope-
ration zur Aufhebung des Cirkulationswiderstandes bewiesen. Die
Schwierigkeit liegt allein in der Diagnose! Besonders vor Verwechs-
lung mit einer serösen Peritonitis, die sekundär von einer Leber-
affektion begleitet sein kann, hat man sich zu hüten. Einige diffe-
rentialdiagnostische Kriterien werden dazu gegeben.
Zum Gelingen des Eingriffs ist daneben noch eine ungestörte
Funktion der Leberzellen conditio sine qua non.
Die Operation hat auch ihre Schattenseite. Nachtheile, wie sie
eine jede Adhäsion im Bauch mit sich bringt: Hervorrufung von
nervösen Erscheinungen und innerer Einklemmung, bleiben möglich.
Weniger groß ist die Gefahr, dass eine zu große Quantität des
portalen Blutes mit Umgehung der Leber direkt in die kleine Cir-
kulation eintritt.
Trotzdem kann unter obengenannten Umständen der Eingriff
als vollkommen gerechtfertigt gelten. G. Th. Walter Ce Gravenhage).
11) v. Hacker. Zur operativen Behandlung der Hypospadia
glandis.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
In einem Falle von Eichelhypospadie hat v. H. folgendes neue
Verfahren eingeschlagen: »Freipräparirung der unterhalb des Sulcus
coronarius mündenden Harnröhre sammt ihrem Corpus cavernosum
auf ein entsprechendes Stück’centralwärts, Bildung eines Wundkanals
in der nicht perforirten Eichel, durch welchen die der Länge nach
etwas ausgezogene llarnröhre vorgezogen und mit ihrem Ende bis
1100 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
an die Spitze der Eichel vorgenäht wurde.< Das Endresultat war
ein glänzendes: Der Penis zeigte normale Form, und die Urinent-
leerung erfolgte in vollem Strahl durch die normale Mündungsstelle
an der Eichelspitze. Die Vortheile dieser, auf der leichten Verzieh-
barkeit der mobilisirten Harnröhre basirenden Methode, sieht Verf.
in einer Vereinfachung und Abkürzung der Operation selbst wie der
Nachbehandlung, in einer größeren Sicherheit der Heilung und end-
lich darin, dass die Harnröhre rings von ihrem Corpus cavernosum
umgeben bleibt. Honsell (Tübingen).
12) W. J. v. Stockum. De behandeling der Prostatahyper-
trophie.
(Geneeskundige Bladen 1898. No. 4 u. 5.)
Eine Übersicht der gegen die Prostatahypertrophie vorgenomme-
nen therapeutischen Bestrebungen giebt Verf. als Einleitung zur
Empfehlung der Bottini’schen Operation, dem Hauptzweck der ganzen
Arbeit. Seine Ansicht in dieser wenigstens noch sehr diskutabeln
Frage geht dahin, dass er von den 3 nach ihm überhaupt zulässigen
Operationen: der Bottini’schen Methode, der doppelseitigen Vasektomie
und der Prostatotomie nach Harrison, der ersten den Vorzug giebt
als der besten Radikalmethode unter Umständen, wo sonst prophy-
laktisch oder wegen vollkommener Retention katheterisirt werden
muss. Auch in den Fällen, wo neben absoluter Harnverhaltung die
Unmöglichkeit, ein Instrument einzuführen, besteht, giebt er der
Galvanokaustik nach Bottini längs einer künstlichen perinealen
Öffnung den Vorzug gegenüber der Vasektomie mit gleichzeitiger
kapillärer Drainage der Blase. Die Prostatotomie nach Harrison
dagegen kommt erst in Betracht, wenn die vorher genannten Methoden
versagt haben, und die systematische Katheterisation mit sorgfältiger
Behandlung der Blase nicht genügt, um einen erträglichen Zustand
zu schaffen.
Die entstellende Kastration ist durch die Vasektomie ziemlich
überflüssig geworden. In der Litteratur ist nur ein Fall (Helferich)
bekannt, wo die Kastration geholfen hat, nachdem die Vasektomie
nutzlos geblieben war.
Die Sectio alta will Verf. nur für die sehr seltenen Fälle reser-
virt wissen, wo ein stark entwickelter Mittellappen als Ventil wirkt
und dieser durch einen Dammschnitt nicht zu beseitigen ist.
Verf. schlägt die Bottini’sche Operation hoch an und räumt
ihr eine große Zukunft ein. Er stützt sich auf seine leider geringe
Erfahrung, bei 3 von ihm nach dieser Methode behandelten Fällen,
wovon 2 mit und 1 ohne Erfolg. In dem letzteren Falle blieb auch
die später ausgeführte Vascktomie gänzlich erfolglos. — Immer wurde
nur eine Incision median nach hinten gemacht, die cystoskopisch
deutlich nachweisbar war. Dagegen hat eine Verkleinerung der
Drüse ‚nach der Operation nicht festgestellt werden können
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1101
Wie die Operation wirkt, ist bisher nicht deutlich, wahrschein-
lich aber nicht, wie die Kastration und Vasektomie, durch Verkleine-
zung der Drüse. Verf. nimmt 2 Möglichkeiten an: die Bildung
eines Schlitzes oder die Verringerung der Rigidität des Blasenhalses,
wodurch der M. dilatator wieder funktioniren kann. — Eine Exkursion
auf dem Gebiet der Physiologie der Blasenfunktionen veranlasst
Verf. zu einer Kritik der Guyon’schen Lehre, die er, wie es
Freudenberg schon auf dem Chirurgenkongress 1897 gethan hat
(Ref.), in Anbetracht der in den letzten Jahren errungenen therapeu-
tischen Erfolge verwirft. Die vom Verf. an ihre Stelle gesetzte An-
sicht ist aber gewiss auch nicht unanfechtbar.
G. Th. Walter Ce Gravenhage).
13) Freudenberg (Berlin). Einige Bemerkungen zur galvano-
kaustischen Radikalbehandlung der Prostatahypertrophie nach
Bottini.
(New Yorker med. Monatsschrift 1898. Juli.)
Seitdem F. mit seinem modifieirten Incisor arbeitet, der durch
Auskochen sterilisirt wird, hat er niemals einen Katarrh eintreten sehen.
Überhaupt empfiehlt er strengste Asepsis. Er hat bisher 34 Opera-
tionen an 29 Kranken ausgeführt, stets unter lokaler Anästhesie mit
Cocain oder Eukain, nachdem er jedes Mal die Cystoskopie voraus-
geschickt hat. Durch diese ist er auch in der Lage, die Schnitt-
richtung zu bestimmen, indem er in den Richtungen schneidet,. in
welchen er Wulstungen der Prostata sicht. Nur ausnahmsweise
macht er jetzt noch Schnitte nach der Symphyse zu, da diese be-
sonders zu Blutungen neigen. Er empfiehlt, das Instrument mit
dem in den Mastdarm eingeführten Finger zu kontrolliren und damit
gleich die Länge der Schnitte zu bestimmen. Dieselben sollen ferner
langsam ausgeführt werden, jeder etwa in 1 bis 1!/, Minute. F.
operirt nur noch bei voller Blase, nachdem es ihm einmal passirt ist,
die Blase zu verletzen, welche sich in eine Querfalte zwischen In-
eisor und Prostata geschoben hatte. Nur wenn ein häufigeres Ein-
führen des Katheters in der ersten Zeit nach der Operation noth-
wendig wird, legt er einen Verweilkatheter ein. Die Indikation zum
Eingriff ist gegeben, wenn man ohne Operation gezwungen wäre,
dem Pat. dauernd einen Katheter in die Hand zu geben. Gegen-
indikation besteht nur bei ernster Erkrankung der Niere, Pyelo-
nephritis oder Pyonephrose; doch hat F. auch hierbei einmal eine
glänzende Besserung des Allgemeinbefindens konstatiren können.
Der von W. Meyer! mitgetheilte Todesfall nach Bottini’s Ope-
ration betraf einen Mann mit P’yelonephritis.
1 Ref. Centralblatt für Chirurgie 189%. No. 27.
ID
— Ak,
Sa
N FR
1102 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
14) W. J. Rasumowsky. Ein neues Verfahren der Blasen-
naht nach Sectio alta.
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft.2. Mit 2 Figuren.)
Verf. hält auf Grund seiner früheren Veröffentlichungen und
neuer Beobachtungen seine Methode der Blasennaht nach Sectio alta,
bestehend in einer Vernähung der Blase in 2 Etagen und Annähung
der Blase an die vordere Bauchwand (Cysto-
pexie), für die beste der gegenwärtig bekannten
Behandlungsmethoden der Blasenwunde. Sie
ermöglicht an sich eine Nachbehandlung nach
der Operation ohne Anwendung des Verweil-
katheters und stört, was vielleicht befürchtet
werden könnte, die Funktion der Harnblase
in keiner Weise. R. suchte nun aber eine weitere
Verbesserung durch eine Methode, welche gleich-
zeitig die Blasennaht und Cystopexie durch die-
selben Nähtebewerkstelligen ließe, und bei welcher
sämmtliche Fäden entfernt werden könnten.
Wie er dies durch Silberdrahtnähte erreicht,
welche auf der einen Seite durch die Blasenwand, auf der anderen
durch die Bauchdecken hindurchgelegt werden, ist als zu ausführ-
Bruchsackhals Aponenr. obl. ext.
Mm. obl. internus et
transversus
Funicnlus
Lig. Ponparit
Aponenrosis obl. ext.
lich für ein Referat im Original nachzulesen, wo die Methode durch
die beigegebenen Figuren leicht verständlich wird. Die Technik ist
ziemlich schwer und die Anwendung des Verfahrens nach des Verf.
eigener Ansicht nicht in allen Fällen möglich. Zum Schluss sind
die Fälle beschrieben, bei denen die neue Methode des Verf. an-
gewendet wurde.
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1103
Eine gleiche Naht — s. Abbildung — empfiehlt R. auch zur
Radikalbehandlung des Leistenbruches (Ann. d. russ. Chirurgie 1845
Hft. 5 [Russisch)). E. Siegel (Frankfurt a/M.).
15) O. Wundel. Über die Exstirpation und Resektion der
Harnblase bei Krebs.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
W. stellt 10 Fälle von Exstirpation und 57 Fälle (darunter 2
neue) von Resektion der Harnblase wegen bösartiger Geschwülste
zusammen und erörtert an Hand derselben ausführlich die Technik
und die Enderfolge der Operationen. Von den mit Blasenexstirpation
behandelten Pat. starben nicht weniger als 60% im Anschluss an
den Eingriff, und nur einer kann als dauernd geheilt betrachtet
werden; bei den resecirten Fällen betrug die Sterblichkeit nur 24,5% ;
2mal erfolgte später der Tod wegen Metastasen, Limal wegen Re-
eidivs, bei 21 Operirten trat, so lange sie in Beobachtung waren,
kein Recidiv ein. Die Ursache dieser immerhin nicht sehr günstigen
Resultate sieht Verf. darin, dass die Operation noch relativ neu ist, und
viele aussichtslose Fülle operirt worden sind; bessere Erfolge dürften bei
frühzeitiger vorgenommenem radikalem Eingriff und engerer Begrenzung
der Indikationsstellung erzielt werden. Honsell (Tübingen).
16) Marckwald. Die multiple Cystenbildung in den Ureteren
und der Harnblase, sogenannte Ureteritis cystica. (Aus dem
Laboratorium des städtischen Krankenhauses in Barmen.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 33.)
Der Arbeit liegen die Ergebnisse der Untersuchung der Harn-
leiter von ca. 700 Leichen zu Grunde, von denen M. viele Tausende
von Harnleiterquerschnitten durchmustert hat. Er fasst das Resultat
seiner Beobachtungen in folgenden Sätzen zusammen:
1) Die im Ureter vorkommenden Cysten entwickeln sich zum
weitaus größten Theil aus den sogenannten v. Bumm’schen Epithel-
nestern durch Zelldegeneration; sie sind also Zerfallscysten.
2) Die »Nester« und Cysten finden sich angeboren, entstehen zum
größten Theil im extra-uterinen Leben; ihre Zahl im einzelnen Falle
ist in weiten Grenzen dem Alter ihrer Träger proportional.
3) Pathologische Dignität erlangen die Cysten durch excessives
Auftreten.
4) Entzündliche Veränderung und Infektion spielen weder bei
der Entstehung noch bei der Entwicklung der Cysten eine Rolle.
Kramer (Glogau).
17) F. Blumenfeld. Ureterenverletzungen bei Laparotomien.
(Aus der Universitäts-Frauenklinik zu München.)
{Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 31 u. 32.)
Nach Erwähnung des in der Litteratur auffindbaren kasuisti-
schen Materials theilt B. 2 Fälle von larnleiterverletzung durch
1104 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
Unterbindung bei der Exstirpation ausgedehnt verwachsener Eier-
stockscysten mit, in denen beiden der Tod durch Peritoitins, bezw.
bei dem letzten auch durch Pyelonephritis suppurativa erfolgte, und
bespricht im Anschluss hieran die Lage der Eierstocksgeschwülste
und Myome. Die Verletzung der Harnleiter ereignet sich während
der Auslösung dieser Geschwülste besonders bei intraligamentärer
Entwicklung derselben, wodurch eine Dislokation des Harnleiters auf
verschiedene Weise vor sich gehen kann. Erstlich kann er durch
Verlagerung der Blase, bezw. des Uterus und der Blase nach der
dem Tumor nicht entsprechenden Seite des Beckens verschoben wer-
den, so dass er an eine Stelle zu liegen kommt, wo seine Gegen-
wart nicht vermuthet wird. Ein anderer Modus der Verlagerung
entsteht dadurch, dass der Uterus und mit ihm die Blase mit der
Geschwulst verwachsen ist und diese Organe nach der Geschwulst-
seite hin gezerrt werden; dadurch wird der der letzteren nicht ent-
sprechende Harnleiter nach der Mitte hin verschoben, gefährdet.
Drittens kann eine Verlagerung eines Harnleiters dadurch zu Stande
kommen, dass die Geschwulst selbst mit ihm verwächst, ihn um-
wuchert und bei ihrem Wachsthum mit sich, meist nach oben und
vorn, zerrt. Welcher Art die Verschiebungen der Harnleiter aber
auch immer sein mögen, es giebt Fälle, in denen man zweifelhaft
ist, mit was für einem Gebilde man es überhaupt zu thun hat. —
Die meisten Ilarnleiterverletzungen passiren bei Unterbindung der
A. uterina bezw. ihrer Aste und der von ihnen versorgten Ver-
wachsungen, ferner bei Umstechung des den Harnleiter umgebenden
Venengeflechts. — Es erhellt aus Vorstehendem, dass eine Harnleiter-
verletzung auch bei größter Vorsicht manchmal nicht vermeidbar ist,
weil die disponirenden Momente in einem Theil der Fälle in den
anatomischen Verhältnissen gelegen sind. Kramer (Glogau).
18) Becher und Lennhoff. Körperform und Lage der Nieren.
(Deutsche med. Wochenschrift 1698. No. 32.)
Die Untersuchungen wurden an 24 Samoanerinnen vorgenommen
und haben, abgesehen von sonstigen interessanten Resultaten, folgendes
für die Chirurgen wichtige Ergebnis gehabt.
1) Das Vorkommen palpabler respiratorisch verschieblicher Nieren
an sich ist vom Schnüren unabhängig.
2) Ob unter physiologischen Verhältnissen eine Niere der Pal-
pation zugänglich ist oder nicht, ist von der Körperform des Indi-
viduums, in ihrer Gesammtheit betrachtet, abhängig.
R. Wagner (Mülheim a. d. Bi
19) Ratynski. De la nephrectomie lombaire par morcellement.
(Presse med. 1897. No. 79.)
Verf. bespricht die von Tuffier empfohlene und ausgeführte
Operation und ihre Indikationsstellung: starke Vergrößerung der
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1105
Niere, Adhäsionen und skleröse Umbildung des Nierenparenchyms.
Die Operation wird an der Hand von 6 sehr übersichtlichen Ab-
bildungen klar beschrieben. Ein Bild zeigt eine wieder zusammen-
gesetzte Cystenniere, welche 18 einzelne Stücke aufweist, die vom
Verf. durch Morcellement gewonnen wurden.
Tschmarke (Magdeburg).
20) S. Rolando (Genua). Experimentelle Untersuchungen
über die Wirkungen der Exstirpation der Scheidenhaut auf
den Hoden.
(Sep.-Abdr. aus den Atti del III. Congresso Medico Regionale Ligure 1898.)
Verf. experimentirte an 10 Hunden derart, dass er zuerst die
Tunica vaginalis exstirpirte uud nach verschieden langen Zwischen-
räumen den betreffenden Hoden zum Zweck der Untersuchung ent-
fernte. Es ergab sich dabei folgendes Resultat: der der Scheidenhaut
beraubte Hoden ist kleiner und leichter als der normale; die Albu-
ginea ist verdickt, das interstitielle Bindegewebe des Hodens zeigt eine
kleinzellige Infiltration. Die Hodenepithelien selbst zeigen keinerlei
Andeutung von Spermatogenese; sie sind zum Theil atrophisch. Die
Lichtung des Kanälchens ist mit einer coagulirten Substanz oder mit
Zellen angefüllt oder auch zum großen Theil leer; nirgends wurden
Spermatozoen gefunden. In den später (2—3 Monate nach der
Scheidenhautwegnahme) untersuchten Füllen traten die Erscheinungen
der Spermabildung wieder auf, aber in unvollständiger Weise.
Verf. zieht aus diesen Ergebnissen den Schluss, dass man die
Scheidenhaut nur bei tiefergehenden Veränderungen derselben ex-
stirpiren soll. H. Bartsch (Heidelberg).
21) E. Doyen. Technique chirurgicale. Technique chirur-
gicale générale. Opérations gynécologiques.
Paris, Masson & Cie., 1897.
Der hervorragende französische Chirurg liefert uns hier ein Werk
voller Originalität, lebendig und klar geschrieben, mit zahlreichen
trefflich gelungenen Abbildungen versehen, ein didaktisches Meister-
stück.
In der Einleitung bespricht D. die Aufgaben, Pflichten und
Rechte des Chirurgen und betont die Nothwendigkeit schnell und
sicher zu operiren. »Die Chirurgie ist eine Kunst und soll eine
Kunst bleiben.e Die Geschicklichkeit der alten Chirurgen kann
nicht durch die Antisepsis ersetzt werden, sondern soll nur ihre Er-
gänzung finden in derselben zur Verbesserung der Erfolge.
Der vorliegende Band handelt von der allgemeinen chirurgischen
Technik und den gynäkologischen Operationen.
Alles, von den Räumlichkeiten einer Klinik an bis zu den In-
strumentarium und den diagnostischen Hilfsmitteln (Röntgen-Appa-
rat etc.), wird ausführlich geschildert und abgebildet. Die Illustra-
1106 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
tionen der Instrumente bieten zugleich vom historischen Standpunkt
Interesse, in so fern sie die früheren Zeiten bis zurück zu Hippo-
krates nicht unberücksichtigt lassen.
Die gynäkologischen Operationen werden auf das genaueste be-
schrieben, ohne dass die Darstellung ermüdend wirkt, da fast jeder
Akt einer Operation illustrirt ist. Die Indikationen sind knapp und
präcis. Jeder Abschnitt giebt Zeugnis von der großen Erfahrung D.'s.
Die Methoden weichen im Großen und Ganzen nicht allzu sehr von
den in neuerer Zeit auch in Deutschland anerkannten und geübten
ab, doch ist Verf. bekanntlich auf manchen Gebieten schöpferisch
vorgegangen, und schon desshalb ist sein Werk für jeden Chirurgen
und Gynäkologen von hohem Werth.
Zu bedauern ist, dass nichts über die Erfolge berichtet wird.
Bei den plastischen Operationen an Scheide und Uterus z. B. wäre
dies von Wichtigkeit, wenn anders gewisse Methoden Dis bei uns
Nachahmung finden sollen. Bei Retroflexionen des Uterus führt Verf.
ein »Rödressement vaginal de Putérus« aus, d. h., er legt nach Ab-
lösung der Blase vom Cervix und Eröffnung der Plica vesico-uterina
frontale Nähte durch die vordere Uteruswand, welche einen ober-
halb der Plica gelegenen Punkt mit einem solchen oberhalb des
Scheidenansatzes verbinden und nach Schnürung eine Anteflexio be-
dingen sollen.
Dasselbe geschieht an der hinteren Uterusfläche, wenn eine
Anteflexio bestand. Nicht leicht wird Verf. bei den Gynäkologen
darin Beifall finden, zumal bei »Anteflexio uteri< eine solche Ope-
ration klinisch kaum indicirt sein dürfte.
Vielfach verbindet D. die verschiedenen plastischen Methoden mit
einander in einer Sitzung, wie dies übrigens auch bei uns jetzt
wohl allgemein üblich ist. .
Bezüglich der Kolpotomie im Gegensatz zur Laparotomie bei
uterinen und periuterinen Leiden zieht D. im Allgemeinen den vagi-
nalen Weg vor, so fern das Volumen der Geschwulst und die Aus-
dehnung der Verwachsungen nicht zu groß erscheint. In zweifel-
haften Fällen hat die Erfahrung des Operateurs bezüglich der Wahl
des Operationsweges den Ausschlag zu geben. Bei vaginalem.Vor-
gehen ist die Kolpotomia posterior nach I). das bessere Verfahren, die
Methode der Zukunft. Führt sie nicht zum Ziel, so ist sie doch als
Explorativineision von Werth und kann sofort durch die Laparoto-
mie ergänzt werden. Zuweilen, besonders bei vollständiger eitriger
Zerstörung der inneren Genitalien, schließt sich an die Explorativ-
incision des Douglas sofort die vaginale Totalexstirpation an. Doch
zieht Verf. in schweren Fällen die einfache Entleerung der Eiterherde
vor und hat danach oft Ileilung gesehen.
Die vaginale Exstirpation der Genitalien führt D., abgesehen
von der eben besprochenen Indikation und beim Carcinom und Fibro-
myom des Uterus, auch bei Prolaps der Genitalien und bei »schweren
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1107
uterinen Neuralgien« aus, nach unseren klinischen Begriffen wiederum
eine stark diskutable Indikationsstellung.
Sehr interessant ist die Darstellung der vaginalen und abdomi-
nalen Uterusexstirpation. Erstere beruht bei D. bekanntlich auf der
Anwendung von Klemmen, auf den Verzicht einer jeden präventiven
Blutstillung und auf der medianen Durchschneidung des Uterus. Bei
der abdominalen Exstirpation wendet Verf. gleichfalls keine präven-
tiven Ligaturen an, sondern löst den Uterus zunächst von dem
Scheidengewölbe und der Blase ab und durchtrennt dann erst die
Ligamente, um zum Schluss die Blutstillung zu besorgen.
Von großem Interesse endlich ist für Jeden, der diese Methode
nie gesehen, die Darstellung des Morcellements von submukösen
Uterusmyomen und der Verkleinerung größerer myomatöser Uteri
bei der vaginalen Exstirpation.
Ref. hat nur einige ihm wichtig erscheinende Punkte aus der
Fülle des großen Materials herausgehoben, im Übrigen aber empfiehlt
er jedem Operateur die genaue Lektüre des ausführlichen, nament-
lich in technischer Beziehung hoch bedeutsamen Werkes.
Pfannenstiel (Breslau).
22) H. Hartmann. La colpotomie postérieure dans le trai-
tement des annexites suppurees.
(Ann. de gynecol. 1898. August.)
H. hat in 23 Fällen von Beckeneiterungen, wo es sich, wie
bei eitriger Salpingitis, um einen präformirten Sack handelt, die
hintere Kolpotomie gemacht. Der unmittelbare Erfolg war in allen
Fällen günstig. 2mal musste die Incision wiederholt, 2mal später
die Kastration ausgeführt werden. Der schließliche Ausgang war
in allen Fällen Genesung.
H. hält die Kolpotomie bei Beckeneiterungen für indicirt:
1) wenn der Eitersack das Scheidengewölbe vorwölbt,
2) wenn der Sack in direkter Berührung mit der Scheide sich
befindet,
3) in allen sonstigen Fällen, wenn der Sack ein frisches Leiden
darstellt oder eine akute Verschlimmerung einer alten Affektion ist.
Man muss allerdings darauf gefasst sein, dass die Operation
wiederholt werden muss, oder dass später eine Radikaloperation noch
nöthig sein wird. Bei der Ungefährlichkeit und leichten Ausführ-
barkeit der Operation empfiehlt es sich trotzdem, sie nach den oben
erwähnten Indikationen zu versuchen, weil man in der Majorität
der Fälle damit zum Ziele kommen wird. Jaffé (Hamburg).
23) C. Monod. Sur le traitement des salpingites suppurdes
par l’incision vaginale.
(Ann. de gynecol. 1898. Juni.)
Die Behandlung der Beckeneiterungen durch die vaginale In-
cision ist in letzter Zeit wieder mehr in Aufnahme gekommen. M.
1108 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
weist darauf hin, dass es sich bei diesen Eiterungen sehr häufig um
2 verschiedene Eiterherde handelt, einen im Peritonealsack selbst,
eine Art abgesackte Pelviperitonitis, die M. als »Perisalpingitis« be-
zeichnet, und einen in den Adnexen (Tuben oder Ovarien), der als
primärer Herd aufzufassen ist. Hierauf ist bei der Operation Rück-
sicht zu nehmen, wenn man eine definitive Heilung erzielen will.
M. hat 25 derartige Fälle operirt, deren Krankengeschichten er
wiedergibt. Er trennt seine Fälle in 2 Gruppen. Die erste Gruppe
umfasst 4 Fälle eitriger Ovariosalpingitis mit seröser Perisalpingitis.
17mal handelte es sich um einseitige Erkrankung mit 16 Heilungen
und 1 Todesfall, 4mal um doppelseitige Erkrankung mit 2 Heilungen
und 2 Todesfällen. M. schließt aus seinen Erfahrungen, dass die
vaginale Incision hauptsächlich bei einseitigen Beckeneiterungen in-
dieirt ist. Die erste Incision trifft nur den Inhalt des Peritonealsacks,
der entleert wird. Hiermit ist aber die Operation nicht beendet;
man hat vielmehr dann noch nach dem tiefer gelegenen primären
Eiterherd zu suchen.
Bei doppelseitiger Affektion ist die vaginale Incision in der
Regel nicht ausreichend. Immerhin kann sie zuerst als Voroperation
versucht werden, der sich erforderlichenfalls später die Exstirpation
der Gebärmutter und der Adnexe auf vaginalem oder abdominalem
Weg anzuschließen hat. Jaff6 (Hamburg).
Kleinere Mittheilungen.
24) W. Bittner. Über Arrosionsblutungen aus großen Gefäßstämmen.
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 32 ff.)
3 Fälle tödlicher Arrosions- und Nachblutungen aus dem Bayer’schen Kinder-
spital in Prag geben B. Veranlassung, diese heute recht selten beobachtete Kom-
plikation näher zu besprechen. Bekanntlich sind es vor Allem die septischen und
tuberkulösen Processe, welche durch Degenerationsvorgänge in den großen Ge-
fäßen zu Nachblutungen disponiren. Als direkte Veranlassung zur Blutung muss
dann noch ein anscheinend geringfügiges Moment hinzukommen, wie Steigerung
(Husten, Niesen u. dgl.) oder Herabsetzung des Blutdrucks (Eröffnung eines Ab-
scesses), ferner mechanische Einwirkungen, wie der Druck eines Drainrohrs, Se-
questers oder einer Kanüle; letztere bewirkt z. B. die gefürchteten Arrosions-
blutungen nach T'racheotomien.
Die von B. beobachteten Fälle sind kurz folgende:
1) 4jähriger Knabe mit tuberkulöser Brustwirbelcaries und Ileopsoasabscess.
Letzterer wurde eröfinet und drainirt. Nach 14 Tagen heftige arterielle Blutung
aus der Wunde, die sich noch 2mal wiederholte und den Tod herbeiführte. Bei
der Sektion fand sich die Art. intercostalis infima dextra 2cm nach außen von
ihrem Ursprung durch Arrosion weit eröffnet.
B. gesteht zu, dass es besser sei, diese Abscesse nicht breit zu eröffnen, son-
dern die spontane Perforation abzuwarten.
Der 2. Fall betraf ein 15 Wochen altes Kind mit einem Retropharyngeal-
abscess. Da die Spaltung vom Mund aus nicht gelang, wurde der Abscess vom
Hals aus eröffnet und drainirt. Am nächsten Tage Tod durch Verblutung aus der
Wunde. Es fand sich an der Innenwand der Carotis communis, entsprechend der
Berührungsfläche mit dem Drainrohr, eine linsengroße Perforationsöffnung.
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1109
B. zieht aus dieser Erfahrung den Schluss, dass es besser sei, falls man ge-
nöthigt ist, einen Retropharyngealabscess von außen anzugehen, das Drainrohr
fortzulassen und dafür einen Jodoformdocht oder dgl. einzuführen.
Im 3. Falle hatte ein I1jähriger Knabe Caries der obersten Hals- und untersten
Brustwirbel. Letztere hatte zu einem Senkungsabscess im Ileopsoas, erstere zu
einem Abscess im Nacken und Rachen geführt. Pat. wurde nur mit Extension
behandelt und erholte sich gut. Plötzlich erfolgte eine starke Blutung aus dem
Mund, die einem Durchbruch des Retropharyngealabscesses entstammte, sich noch
2mal wiederholte und den Pat. dahinrafite. Die Sektion ergab, dass die rechte
Arteria vertebralis direkt in eine käsige Abscesshöhle mündete und in deren Gra-
nulationen vollständig aufgegangen war.
Wenn B. am Schluss seiner Arbeit räth, tuberkulöse Senkungsabscesse nicht
breit zu spalten, sondern nur zu punktiren und mit Jodoformglycerin anzufüllen,
bezw. erst die spontane Perforation abzuwarten, so spricht er damit nur die seit
vielen Jahren bei uns herrschende Anschauung aus. Wer nach diesen Grund-
sätzen verfährt, wird Arrosionsblutungen, wie im ersten der aufgeführten Fälle,
nicht so leicht mehr zu Gesicht bekommen. Jaff6 (Hamburg).
25) Schultze. A report of twenty-seven cases of pneumonia follow-
ing the inhalation of ether and chloroform.
(Med. and surg. reports of the Presbyterian Hospital in the eity of New York
1898. Januar.)
In den letzten 10 Jahren sind im Presbyterian Hospital 5724 Kranke narko-
tisirt worden, wovon 4914 mit Äther, 659 mit Chloroform, 116 mit Chloroform-
Äthermischung; von diesen haben 27 = 0,47% eine Lungenentzündung bekommen,
und zwar war bei 20 keine Operation an Zunge, Luftröhre bezw. Brust gemacht
worden, während dies bei 7 der Fall war, so dass eine »Schluckpneumonie« vor-
liegen konnte. Die Lungenentzündung trat ein nach Anwendung von Äther 17mal
mit 9 oder fast 53% Todesfällen, von Chloroform 8mal mit 87,5% Todesfällen,
endlich von Chloroform und Ather 2mal mit 2 = 100% Todesfällen. Es ergiebt
dies für Ather 0,35% Erkrankungs- und 0,19% Todesfälle, für Chloroform 1,17%
Erkrankungs- und 1,02% Todesfälle; für die Mischung endlich 1,71% Erkrankungs-
und 1,71% Todesfälle; doch dürfte die kleinere Anzahl der Narkosen mit letzteren
beiden die Verhältnisse zu ihren Ungunsten verrücken.
Leider konnte nicht stets die Obduktion gemacht, und nur in einigen Fällen
festgestellt werden, dass die Entwicklung der Pneumonie nicht etwa durch em-
bolische Vorgänge von der Wunde aus bewirkt sein konnte. Es fehlt somit häufig
ein anatomischer Anhalt für die Entstehung der Lungenentzündung als Folge der
Narkose, während klinisch in den meisten Fällen Grund zur Annahme dieser Ätio-
logie vorzuliegen schien. Lühe (Königsberg i/Pr.).
26) Wilmans. Tuberkulöse Lymphome der Mesenterialdrüsen mit
Milzmetastasen nach einem Trauma.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 8.)
Am 8. Mai 1898 kam ein 62jähriger Krahnführer T. zum Verf. in Behandlung.
Pat. giebt an, in 3 Wochen 20 Pfund abgenommen zu haben, er leide an Schwäche,
Kopfschmerz, Schwindel und Durchfällen. Es finden sich sehr große, palpable
Milz, Temperatur 39°, aufgetriebener Leib, dikroter Puls von 80 Frequenz, und
Roseolen. Bei, gleichbleibendem Krankheitsbild am 1. Juni 1898 Tod. Der Fall
wurde von 3 Ärzten zweifellos als Typhus abdominalis angesprochen und dem
entsprechend behandelt. Ein von dem Verstorbenen öfters erwähnter Unfall in
Gestalt eines derben Schlages gegen den Unterleib am Anfang April wird bei dem
scheinbar zweifellosen Typhusbild nicht beachtet. Die Sektion ergab nun aber
keine Spur von Typhus, sondern tuberkulöse Lymphome der Gekrösdrüsen mit
Metastasen in der 3fach vergrößerten Milz. Sonst war nichts Pathologisches auf-
zufinden. Nunmehr angestellte genaue Erhebungen ergeben das Einsetzen der
1110 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
krankhaften Erscheinungen vom Tage der Verletzung an. Auch sitzen die Lym-
phome genau an der Stelle, wo der heftige Schlag des Krahnhebels getroffen hatte.
Verf. nimmt an, dass die Tuberkelbacillen vom Darm aus in das Lymphsystem
eingewandert seien. Die Berufsgenossenschaft bewilligte anstandslos die Hinter-
bliebenenrente. Erwähnt sei noch, dass die am 10. Beobachtungstag angestellte
Widal’sche Reaktion negativ ausgefallen ist. Teubner (Hannover).
27) Palleroni. Sopra un caso di resezione di fegato per estirpazione
totale di cisti da echinococco.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 94.)
Die 55 Jahre alte Kranke empfand seit 13 Jahren Schmerzen in der rechten
Seite. Seit einem Jahre war dort eine auf Druck schmerzhafte Geschwulst fühlbar.
Dieselbe war rund, hühnereigroß, von glatter Oberfläche und gab dumpfen Schall
bei der Perkussion. Bei lumbo-abdominaler Palpation erhielt man das Gefühl des
Ballottements nur undeutlich. Nach unten war die Geschwulst wenig beweglich,
sie war aber mit der Athmung verschieblich. Vor 25 Jahren hatte einmal 8 Tage
lang ohne weitere Beschwerden Ikterus bestanden. Die Diagnose schwankte zwi-
schen einer Wanderniere und einer Lebergeschwulst. Nach Eröffnung der Bauch-
höhle wurde eine zu 2/3 in der Leber verborgene Geschwulst gefunden. Verwach-
sungen mit der Gallenblase wurden gelöst, alsdann wurde die Geschwulst aus der
Leber ausgeschält unter Stillung der Blutung mittels Pincetten und Tamponade.
17 Seidennühte schließen die Leberwunde. Nach 2Utägiger fieberloser Heilung
verließ die Kranke das Bett. Die Geschwulst erwies sich als eine Echinokokken-
cyste. Die Weichheit des Leberparenchyms und die Dünne der Glisson’schen
Kapsel erschweren die Lebernaht, machen sie aber nicht unmöglich. Sehr er-
leichtert wurde der Eingriff durch provisorische, durch die Leber gelegte Nähte,
mit welchen diesclbe von einem Assistenten in die Höhe gezogen wurde. Nach
der Operation wurden sie entfernt. Dreyer (Köln).
29) M. H. Richardson (Boston). Acute inflammation of the gall-
bladder.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.)
R. veröffentlicht eine interessante Kasuistik von 10 Fällen akuter Cholecystitis,
bei denen die Steine nur eine untergeordnete Rolle spielten. Als Krankheits-
erreger wurden nachgewiesen der Colibacillus, Typhusbacillus, Kokken und Misch-
infektionen. In einem Falle handelte es sich um völlige Nekrose der Gallenblase.
R. hebt die Schwierigkeit der richtigen Diagnose hervor, da in manchen Fällen
ein Abscess am Rippenrand, der Spitze der 10. Rippe entsprechend, vorgetäuscht
werden kann; in anderen Fällen kommt eine akute Entzündung des Wurmfortsatzes
oder akuter Darmverschluss, entzündlicher Process in der Niere, akute Pankreatitis,
maligner Tumor, Stieldrehung einer Geschwulst differentialdiagnostisch in Betracht.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
29) Meyer. Über disseminirte Fettgewebsnekrose.
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1898. No. 8.)
Es wird über eine 26jährige Pat. aus dem Allerheiligen-Hospital zu Breslau
berichtet, welche unter den Erscheinungen des Ileus erkrankt war. In der linken
Seite des Bauches lässt sich auch in Narkose eine diffuse Resistenz nachweisen.
Bei der daraufhin vorgenommenen Laparotomie findet sich am Darm, abgesehen
davon, dass er theils injieirt, geröthet, gebläht, theils kollabirt ist, nichts Patho-
logisches. Beim Zurückschlagen des großen Netzes hingegen findet sich dasselbe
besät von einer Reihe weißer, stecknadelkopf- bis linsengroßer, konsistenter Herde,
welche sich leicht aus ihrer Umgebung herauslösen ließen. Die mikroskopische
Untersuchung ergab, dass dieselben aus Detritus mit reichlichen eingelagerten Öl-
tröpfehen bestanden. 2 Tage nach der Operation Tod — wesshalb wird nicht
mitgetheilt —; die Sektion bestätigte die Diagnose.
K. Hufschmid (Gleiwitz O/S.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1111
30) F. Spaeth (Hamburg). Mesenteriale Chyluscyste, ein Ovarial-
kystom vortäuschend.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 34.)
Die Cyste fand sich bei der 39jährigen fettleibigen Frau in der Mitte zwischen
Nabel und Symphyse als 2faustgroße, sehr bewegliche, aber nur wenig in das
kleine Becken verschiebliche Geschwulst und wurde bei der Operation aus der
Radix mesenterii hervorgehend gefunden. Die Ausschälung gelang vollständig‘;
das ziemlich tief in das Gekröse hineinreichende Geschwulstbett wurde durch
Katgutnähte vollständig geschlossen. Heilung.
Die Cyste, deren Inhalt eine chylöse Flüssigkeit von grünlichgelber Farbe dar-
stellte, hatte eine mit glatten Muskel- und elastischen Fasern durchsetzte binde-
gewebige Hülle, die von zelligen Elementen durchsät und innen mit gewucherten
und verfetteten Endothelien bekleidet war.
Im Anschluss an den Fall, der die 12. Beobachtung von Mesenterialeysten ist,
wird die Differentialdiagnose der letzteren gegenüber Ovarialeysten, retroperito-
nealen Cysten etc. besprochen. Kramer (Glogau).
31) Froelich (Nancy). Deux cas de restauration de l’ur&tre chez la
femme; procédé nouveau.
(Presse méd. 1897. No. 92.)
Bei beiden Fällen handelte es sich um völlige Obliteration der Harnröhre und
große Blasen-Scheidenfistel in Folge Gangrän nach lang dauernder, schwieriger
Geburt. Das Verfahren des Verf. besteht im Wesentlichen darin, dass mit einem
Trokar ungefähr in der Richtung der alten Harnröhre unterhalb der Symphyse
eine neue Harnröhre geschaffen wird; der Trokar bleibt einige Tage liegen. Daran
schließt sich der Schluss der Blasen-Scheidenfistel; Verweilkatheter. — Beide
Kranke erhielten ihre volle Kontinenz und spontane Miktion wieder. Der neue
Kanal, welcher durch Narbengewebe hindurchführt, ist ähnlichen Verhältnissen
unterworfen, wie die Harnröhre des Mannes nach Urethrotomia externa. Die in
dem Narbengewebe eingeschlossenen Reste von Muskeln übernehmen die Funktion
eines Sphinkters. Natürlich müssen die Frauen regelmäßig katheterisirt oder
bougirt werden, weil das Narbengewebe die Neigung hat, sich zusammenzuziehen.
In beiden Fällen war übrigens die äußere Harnröhrenmündung noch in Form
eines seichten, mit Schleimhaut überzogenen Grübchens erkennbar, von wo aus
der Trokar auch eingestoßen wurde. Tschmarke (Magdeburg).
32) M. Lübbe. Excisio stricturae urethrae.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIIL p. 600.)
Nach kurzer Umschau in der einschlägigen Litteratur wird über 5 von
C. Lauenstein im Hamburger Seemannskrankenhaus operirte Fälle berichtet.
4 Fälle betreffen gonorrhoische Strikturen bei Leuten in den 30er Jahren, 1 Fall
einen 62jährigen Zimmermann, dessen Striktur vielleicht auf eine vor 15 Jahren
erlittene Verletzung am Damm zurückzuführen ist. Die Länge der exeidirten
Strikturen betrug 1—3 cm. In 4Fällen wurden die Harnröhrenstümpfe durch das
periurethrale Gewebe mitfassende Nähte einander thunlichst nahe gebracht, die
Damm-Weichtheilwunde übrigens nie ganz geschlossen, stets aber ein weicher
Verweilkatheter vom Penis aus eingeführt. Verlauf nie ganz ageptisch, Heilungs-
dauer 6 Wochen bis 3 Monate. Bei der Entlassung konnten sich die Leute mit
dicken Sonden selbst bougieren. Über ihr späteres Ergehen fehlen Nachrichten.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
33) Sanesi. Incisione termogalvanica nella cura dell’ ipertrofia della
- prostata.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 115.)
Verf. hat die Bottini’sche Operation an 3 Kranken ausgeführt. Dieselbe
hatte niemals schädliche Folgen. Die Kranken waren 62, 70 und 90 Jahre alt,
und der Allgemeinzustand war Imal ein sehr schlechter. Auch bei Wiederholung
1112 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
der Operation traten keine Störungen auf. Ob nun die Ischurie erst kürzere Zeit
oder schon länger bestand, war für den günstigen Einfluss des Eingriffs ohne Be-
deutung. Nur excessive Dehnungen der Blase und starke Volumenverminderung
derselben machen alle Versuche von vorn herein aussichtslos. Unter günstigen
Umständen kann das Resultat der Operation schon sehr schnell, nach 1—2 Stunden,
eintreten und dauernd bleiben oder nach einer Remission — 6 Tage lang bestand
wieder Retention — zurückkehren. Es ist zweckmäßig, dass der Finger eines
Assistenten während der Operation im Mastdarm liegt, um den hypertrophischen
Lappen dem konkaven Ende des Ineisors entgegenzudrücken und die Applikation
des Ingtruments zu kontrolliren. Die Technik ist leicht, der Eingriff unschädlich.
Da keine Narkose erforderlich ist — nicht einmal lokale Cocaininjektionen sind
immer nöthig — so kann auch noch in Fällen operirt werden, die eine Narkose
nicht mehr gestatten. Dreyer (Köln).
34) O. Simon. Zur Behandlung der Prostatahypertrophie mit der
Bottini’schen Operation.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 8.)
8. giebt die Resultate, die in der Czerny’schen Klinik in Heidelberg mit
dem Bottini’schen galvanokaustischen Instrument bei Prostatahypertrophie erzielt
worden sind.
Die Operation wurde bei 8 Pat. Iimal vorgenommen. 3mal versagte die Ope-
ration, 4 Pat. wurden geheilt, einer bedeutend gebessert. Unter den geheilten Pat.
befanden sich 2 mit chronisch kompleter, 1 mit chronisch inkompleter Retention.
imal wurde in Chloroformnarkose, 5mal unter lokaler Cocainwirkung operirt.
Zur Anwendung kam das Bottini’sche Instrumentarium; die Einschnitte
wurden mit einer Stromstärke, die schwache Weißgluth des Platinbrenners hervor-
rief, begonnen. Allmählich wurde der Strom dann verstärkt. Zuerst wurde nur
eine Incision direkt nach hinten, in späteren Fällen wurden mehrfache radiäre
Einschnitte gemacht.
Die Resultate ermuntern zu ausgedehnterer Anwendung, um so mehr, als
die Operation leicht ausführbar ist, den Pat. nur geringe Schmersen verursacht
und keine üblen Folgen mit sich bringt. F. Krumm (Karlsruhe).
35) @. B. Schmidt (Heidelberg). Über den Abgang von Knochen-
fragmenten durch die Harnwege.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 29.)
Während Knochenfragmente nach Verletzungen des Beckens nicht ganz selten
in die Blase oder Harnröhre gelangen, ist dies von Sequestern, welche das End-
produkt akuter oder chronischer entzündlicher Processe des Beckenrings waren,
nur in wenigen Fällen beobachtet worden. Verf. fügt diesen 11 zwei weitere hinzu,
in deren erstem der Sequester in die Harnröhre durchgebrochen, in ihr stecken ge-
blieben war und, ohne dass es zu Urininfiltration kam, zu Harnverhaltung in der
Blase geführt hatte; durch Urethrotomia externa wurde der 1,3 cm lange Knochen
entfernt. Während bei diesem Pat. der Sequester einem akut periostitischen,
bezw. osteomyelitischen Process am Schambein entstammte, rührte er in dem
2. Falle anscheinend von einer tuberkulösen Eiterung her, war in die Blase durch-
gebrochen und aus dieser mit dem Urinstrahl spontan entleert worden.
Die übrigen in der Litteratur auffindbaren Fälle werden von S. mitgetheilt.
Kramer (Glogau).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig,
Gentralblatt
für .
CHIRURGIE
Lama Lm. Rice,
`
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
—— m
Wöchentlich eine Nummer. . Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 45. Sonnabend, den 12. November. 1898.
Inhalt: 1) Kirstein, Ösophagoskopie. — 2) Russel, Speiseröhrenstriktur. — 8) Jeannel,
Darmchirurgie. — 4) Delag6nidre, Bauchhöhlendrainage. — 5) Eichel, 6) Schmitt, Unter-
leibsverletzungen. — 7) und 8) Beck, 9) Brun, 10) Briddon, Appendicitis. — 11) Jaffé,
Bauchfelltuberkulose. — 12) Kocher, Herniendisposition. — 13) Selcke, 14) Hiller,
15) Phocas, Hernien. — 16) Starck, Magendurchleuchtung. — 17) Bettmann, Gestalt
des Magens. — 18) Trofimow, Gastrostomie. — 19) Paul, 20) Monprofit, Pylorusenge.
— 21) Parozzonl, Magenresektion. — 22) Peham, Gastroenterostomie. — 23) Borellus,
Murpbyknopf.
24) Abramowitsch, 25) Kanzel und Okladnych, Oesophagotomia ext. — 26) Brault
und Rouger, Falsche Rauchgeschwülste. — 27) Stoops, Eitrige Peritonitis. — 25) Elliot,
29) Rendu, 30) Glantenay, 31) Berthier und Milian, 32) af Schultsn, 33) Carlston,
Appendicitis. — 34) Sternberg, 35) Tuffier, 36) Muchard, 37) Vincent, 38) Soullgoux,
39) Lebensohn, Hernien. — 40) Fick, Endotheliom und Carcinom des Magens, —
41) Schwarz, 42) Rommerskirch, 43) Meyer, 44) Monprofit, 45) Schlatter, 46) Kövesi,
Zur Chirurgie des Magens. — 47) Frank, Geheilte Carcinomfälle. — 48) Schmidt, In-
vagination des Colons nach Pylorusresektion,
1) Kirstein. Über Ösophagoskopie.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 27.)
K. untersucht mit dem Ösophagoskop zumeist am sitzenden, statt
am liegenden Pat., verzichtet gewöhnlich auf die Cocainisirung und
führt den Tubus unter Leitung des Auges ein, nachdem er sich den
Ösophaguseingang mit dem Zungenspatel freigelegt hat. K. hebt den
Unterschied des während der Einführung zu überwindenden mecha-
nischen Widerstandes bei den einzelnen vollständig normalen Indivi-
duen hervor, welcher durch die individuell verschiedene Beschaffenheit
und Anheftung der Zunge bedingt ist. Durch autoskopische Unter-
suchung, d. h. durch Untersuchung mit dem Zungenspatel lässt sich
nach K.’s Erfahrung bei jedem Menschen im Voraus feststellen, zu
welcher Ösophagoskopirbarkeitsklasse er gehört. Soll die mediane
Ösophagoskopie glatt von statten gehen, so muss wenigstens ein Stück-
45
1114 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
chen der Stimmbänder autoskopirbar sein. Nach Verf.s Schätzung
fehlt einem Viertel der erwachsenen Menschen die anatomische Dis-
position zur Ösophagoskopie. Gold (Bielitz).
2) J. C. Russel. Diagnosis and treatment of spasmodic
stricture of the oesophagus.
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.)
R. hat im Laufe von 1! Jahren mehrfach eine Strikturform
der Speiseröhre zu Gesicht bekommen, welche durch einen Muskel-
krampf am unteren Ende des Rohres entweder an der Cardia selbst
oder dicht oberhalb derselben hervorgerufen wird. Die Haupt-
symptome sind die einer gewöhnlichen Striktur — Regurgitiren der
Nahrung, Undurchgängigkeit fester Speisen etc. Häufig wird eine
Erkrankung des Magens angenommen. Bougiebehandlung ist bei
dieser Strikturform erfolglos. R. hat durch Dehnung der Striktur
mittels eines an einer Ösophagussonde befestigten Dilatators, der in
kollabirtem Zustand eingeführt und ähnlich der Trendelenburg-
schen Tamponkanüle in der Striktur aufgeblasen werden konnte, in
4 Fällen Heilung, (mal Besserung erzielt; 2 Pat. entzogen sich der
Behandlung. Bei Erfolglosigkeit dieser Behandlung käme die Deh-
nung nach Gastrostomie dem Vorschlag Loreta’s entsprechend in
Frage. F. Krumm (Karlsruhe).
3) M. Jeannel. Chirurgie de l'intestin.
Paris, Institut de bibliographie scientifique 1898. 409 S.
Gut ausgestattetes Nachschlagebuch, enthaltend eine möglichst
vollständige Übersicht der bisher bekannten »Procedes« in der
Chirurgie des Darmes, mit Ausschluss des Rectums. Zum Referat
nicht geeignet. Kollegen, welche sich über diese oder jene Operation
am Darmkanal informiren wollen, werden das Buch mit Vortheil
H. Lindner (Berlin).
gebrauchen.
4) Delageniöre (Le Mans). Nouvelle technique de drainage
de la cavité peritondale.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 5.)
Da die Entfernung der Tampons nach Mikulicz oft nicht ohne
große Schmerzen für den Pat. vor sich geht, auch eine zu große
Öffnung in den Bauchdecken gelassen werden muss, durch welche
bei der Herausnahme manchmal Netz- oder Darmtheile vorfallen, so
empfiehlt D. eine Drainage, die mit dem Docht einer Spirituslampe
vergleichbar ist. Er lässt lange Streifen hydrophiler Gaze durch
eine je nach der Dicke der Bauchdecken 8—12 em lange, im Durch-
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1115
messer 15—20 mm haltende Metallhülse, deren untere Hälfte durch-
löchert ist, in die Peritonealhöhle ziehen. Die Bauchdecken können
eng um dieselbe herum geschlossen werden. Um einen besonders
großen Theil der Bauchhöhle zu isoliren, ist gelegentlich ein zweiter
derartiger Drain in eine Gegenöffnung zu legen. Die Metallhülsen
sind solid, leicht sterilisirbar. Bezüglich der Zeit der Entfernung
kommen dieselben Gesichtspunkte in Betracht wie für die Mikulicz-
Drainage. P. Stolper (Breslau).
5) Eichel. Klinischer und experimenteller Beitrag zur Lehre
von den subkutanen Darm- und Mesenteriumverletzungen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Die Arbeit enthält einen genauen Bericht über 5 Fälle von sub-
kutanen Darm- und Gekrösverletzungen, von denen 2 nicht operirt
(beide gestorben), 3 operirt worden waren (1 gerettet, 2 gestorben).
Aus zahlreichen Thierexperimenten schließt Verf., dass die Schwere
der Verletzung anscheinend weniger von der Schwere der Gewalt-
einwirkung, vielmehr wesentlich von der Richtung dieser (Pressung
des Darmes gegen die Wirbelsäule), wie von dem Spannungszustand
und der Dicke der Bauchdecken abhängig sei. In diagnostischer
Hinsicht wird betont, dass eine sichere Diagnose auf eine einmalige
Untersuchung hin kaum zu stellen sei; wichtig wäre vor Allem eine
Änderung in Zahl und Qualität der Pulsschläge; wer aber auf »Zei-
chen beginnender Peritonitise warten wolle, der werde immer bei der
Laparotomie bereits eine ausgebildete, schwerste allgemeine Peri-
tonitis vor sich haben. Honsell Tübingen).
6) A. Schmitt. Über Verletzungen des Unterleibs durch
stumpfe Gewalt. (Aus der kgl. chirurgischen Klinik zu
München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 28 u. 29.)
Verf. bespricht in der Arbeit zunächst nur die Darmverletzungen
in Folge von Bauchkontusionen und giebt $ in der Münchener Klinik
beobachtete interessante Fälle wieder, von denen nur in einem ein ope-
45*
1116 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
rativer Eingriff unterblieb, während er in den übrigen, je Imal 9,
bezw. 11 Stunden nach der Gewalteinwirkung, sonst wesentlich später
zur Ausführung gelangte. Von den 8 Pat., bei denen fast stets an
umschriebener Stelle den Leib treffende Gewalten eingewirkt, konnte
nur der eine, 9 Stunden nach der Verletzung Operirte, gerettet werden,
die anderen gingen sämmtlich zu Grunde. Indem S. die Art der
Verletzungen, ihren Sitz, ihre Zahl, ihre Entstehungsweise schildert,
die Symptome derselben und ihrer Folgezustände auf Grund jenes
selbst beobachteten Materials und anderer litterarischen Arbeiten
sorgfältig hervorhebt, kommt auch er zu dem Schluss, dass die früh-
zeitige Diagnose der Kontusionirungen der Darmwand nur durch
eine eventuell unter Lokalanästhesie auszuführende Probelaparotomie
gesichert werden könne, während die übrigen diagnostischen Me-
thoden höchstens eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose ermöglichen. Am
werthvollsten für letztere erscheint ihm unter den Symptomen der
Befund einer auffallend umschriebenen, scharf lokalisirten Schmerz-
haftigkeit am Leibe und einer dieser Stelle entsprechenden, genau
umschriebenen Zone hochtympanitischen Schalles. Die weiteren
Darlegungen erläutern zugleich an der Hand der Statistik die Er-
folge möglichst’ frühzeitiger Operation und die Art der operativen
Technik. Kramer (Glogau).
7) C. Beck (New York). Appendicitis.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 221. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1895.)
In der Abhandlung, welche sich wesentlich auf eigene, an
207 Appendicitisoperationen gewonnene Erfahrungen Bis stützt, schil-
dert Verf. zunächst die Ätiologie der »auf bakterieller Infektion be-
ruhenden Entzündung des Wurmfortsatzes«. Indem er die Frage
offen lässt, ob sie der Invasion einer specifischen Bakterienart oder
dem Zusammenwirken zweier oder mehrerer Arten ihre Entstehung
verdanke, bespricht er einige der Gelegenheitsursachen, welche zu
Cirkulationsstörungen, zu Abrasion der Schleimhaut im Processus
vermiformis Veranlassung geben können, und macht darauf aufmerk-
sam, dass er in einigen Fällen für jene das Bestehen einer rechts-
seitigen Wanderniere, welche den nach hinten gerichteten Wurm-
fortsatz gegen das Darmıbein andrückte, verantwortlich machen konnte,
während er wirkliche Fremdkörper nur 2mal, Kothsteinchenkonkre-
mente dagegen 12mal vorfand. Im Weiteren werden die verschiedenen
anatomischen Formen und Folgezustände der akuten und chronischen
Appendicitis, auch hinsichtlich ihrer Entwicklung, übersichtlich ge-
schildert, einige Beobachtungen primärer oder als Theilerscheinung
allgemeiner Tuberkulose auftretender tuberkulöser Appendicitis er-
wähnt, und bei der Besprechung der Symptomatologie eindringlich
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1117
die Beachtung der oft seit Jahren dauernden vagen Symptome als
Wirkungen einer wirklich bestehenden chronischen Appendicitis,
deren akute Exacerbation erst auf die Erkrankung aufmerksam macht,
empfohlen. Solcher Empfehlung ist gleichfalls werth die Erfahrung
Bin, dass kaum in der Hälfte der Fälle das klinische Bild der Ap-
pendicitis im Frühstadium so scharf ausgeprägt erscheint, dass daraus
ein Schluss auf die Bedeutung der pathologischen Veränderung zu
ziehen wäre; charakteristische Fälle illustriren diese Erfahrung, wie
die. Schwierigkeit richtiger Diagnose und die verschiedenen Möglich-
keiten diagnostischer Irrthümer. Kein Wunder, dass Angesichts
dessen B. auch in dem vorliegenden Vortrag erneut die Frühopera-
tion bei Appendicitis dringend befürwortet, wie er es erst vor Kurzem
in einem auf p. 377 ff. d. Bl. Jahrg. 1897 referirten Aufsatz gethan
hatte, und unter Hervorhebung der Thatsache, dass er die einfache
Appendektomie 74mal ohne Todesfall ausgeführt, räth, ihre Vornahme
nach dem ersten Anfall von Appendicitis dem Pat. ernstlich zu em-
pfehlen. Die Technik dieser Operation, wie sie sich B. am besten
bewährt hat, wird eingehend geschildert, im Anschluss daran auch
die der »Appendikotomie« bei akuter Appendicitis, Pyappendix oder
Gangrän des Wurmfortsatzes beschrieben.
Der Vortrag möge namentlich von den internen Medicinern und
praktischen Ärzten sorgfältig studirt werden! Kramer (Glogau).
8) C. Beck. Ist die Appendicitis eine chirurgische Krankheit ?
(New Yorker med. Monatsschrift 1898. Juni.)
Die in der Überschrift enthaltene Frage beantwortet Verf. mit
einem ganz entschiedenen »Ja!« Derselbe hat schon wiederholt seinen
Standpunkt in der Appendicitisfrage dargelegt. Die vorliegende Ar-
beit gehört wohl zu dem Besten, was über diese viel umstrittene
Krankheit geschrieben worden ist. In geistvoller Weise entwickelt
Verf. seine Anschauung von den pathologischen Processen, welche
sich in und am Wurmfortsatz abspielen; »die Appendicitis ist eine
auf bakterieller Infektion beruhende Entzündung des \Vurmfortsatzes,
welche in verschiedenen Formen auftritt«. Er macht besonders darauf
aufmerksam, wie die verschiedenen klinischen Formen nur der Aus-
druck der mehr oder weniger weit vorgeschrittenen anatomischen
Erkrankung oder ihrer Lokalisation sind; dass niemals eine Restitutio
ad integrum eintritt bei den sogenannten glücklich verlaufenen Fällen.
Vor Allem betont B. die Schwierigkeit der klinischen Beurtheilung,
in welchem Stadium der Erkrankung sich ein Wurmfortsatz befindet.
Er verwirft eine Eintheilung der Appendicitis in eine leichte, mittel-
schwere und schwerste Form. In diagnostischer Beziehung hebt er
1118 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
als konstantes (?) Symptom eine mehr oder weniger ausgesprochene
Dämpfung hervor.
Natürlich ist B. ausgesprochener Anhänger der Frühoperation;
er sagt: »Im Frühstadium ist der Chirurg Herr der Situation; im
Spätstadium ist er ein Glücksritter, der unter außerordentlichen Um-
ständen da und dort auch noch Erfolg hat«.
Es sei gestattet, hier einige seiner Schlusssätze wörtlich zu citiren:
»Die Appendicitis ist eine chirurgische Krankheit und sollte desshalb,
sobald sie als solche erkannt ist, chirurgisch behandelt werden«.
»So lange kein Arzt im Stande ist, im Frühstadium die Dignität
bakterieller Virulenz zu bestimmen und daraus Schlüsse auf den
milden oder schweren Verlauf der Appendicitis zu ziehen, besteht
die sicherste Therapie derselben in der frühzeitig vorgenommenen
Entfernung des Wurmfortsatzes.< »In Rücksicht darauf, dass die
Mortalität der einfachen Appendektomie beinahe gleich Null ist, ist
ihre Vornahme nach dem ersten Anfall schon dem Pat. auf das
dringendste zu empfehlen!«
Wenn man auch nicht in allen Punkten dem Verf., der einen
ganz extremen chirurgischen Standpunkt einnimmt, beipflichten kann,
so muss man seine scharfe Beweisführung und geistreiche Diktion
anerkennen, mit der er seine Sache vertritt.
K Tschmarke (Magdeburg).
9) Brun. Appendicite chronique. Resection à froid de
l’appendice.
(Presse med. 1898. No. 27.)
Verf. hat seit seiner letzten Publikation über diesen Gegenstand
(Presse med. 1897 Mai 10) noch 32mal Gelegenheit gehabt zur
Operation; er knüpft an diese nunmehr 53 Fälle einige Be-
trachtungen, deren wesentlicher Inhalt folgender ist: Bei der Appen-
dicitis ist das primäre Leiden eine chronische, follikuläre Hypertrophie,
welche in einer Verdickung und Schwellung der Schleimhaut er-
kennbar ist, klinisch sehr häufig unbemerkt verläuft oder nur ge-
ringe Störungen verursacht, durch Hinzutritt von Infektion aber
mehr oder weniger akute Entzündungserscheinungen darbieten kann.
Dies gilt namentlich von der so häufig verkannten oder übersehenen
Appendicitis im Kindesalter. Nach der Resektion hat B. niemals
wieder ähnliche Anfälle bei Kindern erlebt. Am liebsten operirt er
2—3 Wochen nach einem akuten Anfall, auch in Fällen einfacher
chronischer Appendicitis ohne peritonitische Reizerscheinungen. Die
Operation sei leichter und sicherer, die Reaktion hinterher weniger
heftig bei Bettruhe und leichter Ernährung. Er bevorzugt den Schnitt
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1119
von Roux, leicht konkav nach innen, einen Querfinger von der
Spina anterior superior entfernt. Verf. führt jetzt der Vorsicht halber
einen kleinen Drain ein, den er etwa am 3. Tage entfernt.
Tschmarke (Magdeburg).
10) Briddon. Intermuscular operations for appendicitis, with
application of the method to cases in which pus was su-
spected and found.
(Med. and surg. report of the Presbyterian Hospital in the city of New York
1898. Januar.)
Im Jahre 1897 sind in dem Hospital 99 Fälle von Appendicitis
operirt worden, etwa die Hälfte in Bis eigener Abtheilung. Hier-
von hat er nun 14 ausgewählt, in welchen die intermuskuläre Ope-
ration nach der Methode von McBurney ausgeführt worden war.
Dieselbe wurde auch auf solche Fälle ausgedehnt, in denen aus-
gedehnte Verwachsungen oder das Vorhandensein von Eiter zu Ein-
griffen über ausgedehntere Strecken nöthigten. B. war erstaunt, wie
weit man die Öffnung mittels Wundhaken nach verschiedenen Rich-
tungen hin aus einander ziehen konnte und war niemals genöthigt,
durch einen auf den ‚ersten Schnitt aufgesetzten Kreuzschnitt die
Muskelbündel selbst zu durchschneiden. Auch ließ sich eben so gut
Drainage einleiten, als in den anders operirten Fällen. Daher hält
B. McBurney’s Schnittführung in der Mehrzahl der Fälle für an-
wendbar, und die Vortheile derselben sind einleuchtend, namentlich
wegen der fortfallenden Gefahr eines späteren Bauchbruchs.
Lühe (Königsberg ifPr.).
11) M. Jaff6 (Posen). Über den Werth der Laparotomie
als Heilmittel gegen Bauchfelltuberkulose.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 211. Leipzig, Breitkopf & Härtel 1898.)
J. zeigt in der Abhandlung, vornehmlich an der Hand seiner
eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, dass auch durch die Lapa-
rotomie die Bauchfelltuberkulose nicht immer leicht und sicher ge-
heilt werde, und weist nach, in welchem beschränkten Sinn und
warum die Operation günstig wirken könne. Da, wo sie indieirt ist
— und das ist — selbst bei bereits heruntergekommenen Kranken —
in erster Reihe bei den Formen mit gut entleerbaren, freien, serösen
oder eitrigen Ergüssen der Fall, während die mit vielfachen ab-
gesackten Ergüssen weniger sich eignen und die mit multiplen ab-
gesackten sich an Käseherde anschließenden eitrigen Exsudate, so
wie die mit ausgedehnten Verwachsungen einhergehenden durch die
Laparotomie gar nicht zu beeinflussen sind —, beseitigt sie ein höchst
1118 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
als konstantes (?) Symptom eine mehr oder weniger ausgesprochene
Dämpfung hervor.
Natürlich ist B. ausgesprochener Anhänger der Frühoperation;
er sagt: »Im Frühstadium ist der Chirurg Herr der Situation; im
Spätstadium ist er ein Glücksritter, der unter außerordentlichen Um-
ständen da und dort auch noch Erfolg hat«.
Es sei gestattet, hier einige seiner Schlusssätze wörtlich zu citiren:
»Die Appendicitis ist eine chirurgische Krankheit und sollte desshalb,
sobald sie als solche erkannt ist, chirurgisch behandelt werden«.
»So lange kein Arzt im Stande ist, im Frühstadium die Dignität
bakterieller Virulenz zu bestimmen und daraus Schlüsse auf den
milden oder schweren Verlauf der Appendicitis zu ziehen, besteht
die sicherste Therapie derselben in der frühzeitig vorgenommenen
Entfernung des Wurmfortsatzes.«e >In Rücksicht darauf, dass die
Mortalität der einfachen Appendektomie beinahe gleich Null ist, ist
ihre Vornahme nach dem ersten Anfall schon dem Pat. auf das
dringendste zu empfehlen!«
Wenn man auch nicht in allen Punkten dem Verf., der einen
ganz extremen chirurgischen Standpunkt einnimmt, beipflichten kann,
so muss man seine scharfe Beweisführung und geistreiche Diktion
anerkennen, mit der er seine Sache vertritt.
d Tschmarke (Magdeburg).
9) Brun. Appendicite chronique. Resection à froid de
l’appendice.
(Presse méd. 1898. No. 27.)
Verf. hat seit seiner letzten Publikation über diesen Gegenstand
(Presse med. 1897 Mai 10) noch 32mal Gelegenheit gehabt zur
Operation; er knüpft an diese nunmehr 53 Fälle einige Be-
trachtungen, deren wesentlicher Inhalt folgender ist: Bei der Appen-
dicitis ist das primäre Leiden eine chronische, follikuläre Hypertrophie,
welche in einer Verdickung und Schwellung der Schleimhaut er-
kennbar ist, klinisch sehr häufig unbemerkt verläuft oder nur ge-
ringe Störungen verursacht, durch Hinzutritt von Infektion aber
mehr oder weniger akute Entzündungserscheinungen darbieten kann.
Dies gilt namentlich von der so häufig verkannten oder übersehenen
Appendicitis im Kindesalter. Nach der Resektion hat B. niemals
wieder ähnliche Anfälle bei Kindern erlebt. Am liebsten operirt er
2—3 Wochen nach einem akuten Anfall, auch in Fällen einfacher
chronischer Appendicitis ohne peritonitische Reizerscheinungen. Die
Operation sei leichter und sicherer, die Reaktion hinterher weniger
heftig bei Bettruhe und leichter Ernährung. Er bevorzugt den Schnitt
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1119
von Roux, leicht konkav nach innen, einen Querfinger von der
Spina anterior superior entfernt. Verf. führt jetzt der Vorsicht halber
einen kleinen Drain ein, den er etwa am 3. Tage entfernt.
Tschmarke (Magdeburg).
10) Briddon. Intermuscular operations for appendicitis, with
application of the method to cases in which pus was su-
spected and found.
(Med. and surg. report of the Presbyterian Hospital in the city of New York
1898. Januar.)
Im Jahre 1897 sind in dem Hospital 99 Fälle von Appendicitis
operirt worden, etwa die Hälfte in B.'s eigener Abtheilung. Hier-
von hat er nun 14 ausgewählt, in welchen die intermuskuläre Ope-
ration nach der Methode von McBurney ausgeführt worden war.
Dieselbe wurde auch auf solche Fälle ausgedehnt, in denen aus-
gedehnte Verwachsungen oder das Vorhandensein von Eiter zu Ein-
griffen über ausgedehntere Strecken nöthigten. B. war erstaunt, wie
weit man die Öffnung mittels Wundhaken nach verschiedenen Rich-
tungen hin aus einander ziehen konnte und war niemals genöthigt,
durch einen auf den ‚ersten Schnitt aufgesetzten Kreuzschnitt die
Muskelbündel selbst zu durchschneiden. Auch ließ sich eben so gut
Drainage einleiten, als in den anders operirten Fällen. Daher hält
B. MceBurney’s Schnittführung in der Mehrzahl der Fälle für an-
wendbar, und die Vortheile derselben sind einleuchtend, namentlich
wegen der fortfallenden Gefahr eines späteren Bauchbruchs.
Lühe {Königsberg i/Pr.).
11) M. Jaff6 (Posen). Über "den Werth der Laparotomie
als Heilmittel gegen Bauchfelltuberkulose.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 211. Leipzig, Breitkopf & Härtel 1598.)
J. zeigt in der Abhandlung, vornehmlich an der Hand seiner
eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, dass auch durch die Lapa-
rotomie die Bauchfelltuberkulose nicht immer leicht und sicher ge-
heilt werde, und weist nach, in welchem beschränkten Sinn und
warum die Operation günstig wirken könne. Da, wo sie indicirt ist
— und das ist — selbst bei bereits heruntergekommenen Kranken —
in erster Reihe bei den Formen mit gut entleerbaren, freien, serösen
oder eitrigen Ergüssen der Fall, während die mit vielfachen ab-
gesackten Ergüssen weniger sich eignen und die mit multiplen ab-
gesackten sich an Käseherde anschließenden eitrigen Exsudate, so
wie die mit ausgedehnten Verwachsungen einhergehenden durch die
Laparotomie gar nicht zu beeinflussen sind —, beseitigt sie ein höchst
1120 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
störendes Krankheitssymptom, den Erguss; sie stärkt hierdurch den
Organismus und hilft ihm, der Krankheit Herr zu werden. Sie hat
in ihrem Gefolge Verwachsungen und lässt in günstigen Fällen den
Ascites auch für die Zukunft nicht wiederkehren; in den günstigsten
leitet sie hierdurch die wirkliche Ausheilung gewissermaßen ein. So
betrachtet stellt die Operation im Allgemeinen also nur ein sympto-
matisches, nöthigenfalls wiederholt anzuwendendes Mittel gegen die
Krankheit dar, gegen die außerdem noch die in der inneren Medicin
bewährt befundenen Mittel in Anwendung gezogen werden müssen.
Wie aber die Resultate der Laparotomie nicht gleichmäßig in
den einzelnen Fällen mit ihren oft in einander übergehenden Formen
sind, so sind sie auch verschieden, je nachdem die Krankheit Kinder
oder Erwachsene betrifft. Bei letzteren hat J. die Operation noch
viel häufiger unwirksam gefunden, wohl desshalb, weil die Bauch-
felltuberkulose nie die einzige, also auch nicht die erste Lokalisation
des tuberkulösen Virus im Organismus war. Noch am relativ gün-
stigsten erscheint ihm die mit weiblicher Genitaltuberkulose kombi-
nirte Form, bei welcher die gleichzeitige Ausschneidung der kranken
Genitalien möglich ist.
Was die Ausführung der Operation betrifft, so hält Verf. be-
sonders die vollständige Entleerung des Ascites für wichtig, die Ein-
bringung von Jodoform für bedeutungslos, da es doch nicht in alle
Nischen und Buchten des Cavum peritonei gelange.
Kramer (Glogau).
12) T. Kocher (Bern). Über Herniendisposition.
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1898. No. 12.)
Bei Gelegenheit der Radikaloperation des Bruches der einen
Seite hat K. mehrfach auch die »Bruchanlage« der anderen unter-
sucht und operirt. Er fand, dass bei dieser ein gestielter Bruchsack
fehlt, dass das Bauchfell nur in Form einer konischen Geschwulst
"mit breiter Basis gegen die schwache Stelle der äußeren Fascie, aus-
wärts von den Vasa epigastrica inferiora, vorgetrieben werde. Ein
solcher Bruchsackkegel mit breiter Basis unterscheidet sich wesentlich
von den kongenital angelegten Bruchsäcken durch mangelhaften
Schluss des Processus vaginalis peritonei, bei denen entweder der
Hode im Bruchsack liegt oder Kombination mit Hydrocele funiculi
besteht; die letztere neigt zu stellenweiser Obliteration. Beide For-
men der Bruchanlage, die langsam erworbene und die angeborene,
können bei einer Anstrengung oder einem Unfall in Folge heftigen
Andrängens der Fingeweide in einen kompleten Bruch übergehen.
Der sogenannte interstitielle Bruch, bei dem nur der Bruchsack die
Grenze des vorderen Leistenrings nicht überschreitet, ist ein aus-
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1121
gebildeter Bruch und von der Bruchanlage wohl zu trennen. K.
räth auch die Bruchanlage operativ zu beseitigen, da ihretwegen die
Träger manchmal nicht für voll dienstfähig angesehen werden.
P. Stolper (Breslau).
13) K. Selcke. Über die Hernia processus vaginalis encystica.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Nach S. dürfen nur solche Fälle als encystirte Hernien im Sinne
Cooper’s bezeichnet werden, in welchen ein deutliches Hereinhängen
des Bruchsacks in die Tunica vaginalis communis, nicht nur eine
einfache Vorbuchtung stattfindet. Die Tunica vaginalis communis
ist meist durch Flüssigkeit mehr oder minder erweitert und stellt
einen abgeschlossenen Blindsack von bald größerer, bald geringerer
Ausdehnung dar. Meist ist die Hernia encystica kongenitalen Ur-
sprungs; bei der erworbenen Form wird der Bruchsack nicht in toto
von der Hydrocele umgeben, sondern buchtet nur die obere und
hintere Wand derselben vor. Außer einem eigenen konnte Verf. nur
t0 hierher gehörige Fälle zusammenstellen, 12 andere in der Litte-
ratur als Hernia encystica bezeichnete Fälle möchte er dagegen nicht
als solche anerkennen. Honsell (Tübingen).
14) T. Hiller. Zur Operation der Nabelbrüche.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Während Nabelbrüche kleiner Kinder erfolgreich mit Ban-
dagen etc. behandelt werden können, empfiehlt Verf. für den Nabel-
bruch Erwachsener mit Rücksicht darauf, dass er ein unaufhaltsam
fortschreitendes Leiden bedeutet, in jedem Falle möglichst frühzeitige
Radikaloperation. Bei kleinen und mittelgroßen Brüchen und bei
Kranken, die eine allgemeine Narkose ertragen, hält er die Omphal-
ektomie nach Condamin-Bruns für die rationellste Methode; wo
Bedenken gegen eine allgemeine Narkose bestehen, giebt er dagegen
der geschwulstmäßigen Behandlung der Nabelbrüche ohne Omphal-
ektomie, wie sie von Steinthal geübt wird, unter Anwendung von
Infiltrationsanästhesie den Vorzug. Dies letztere Verfahren wird ein-
gehend geschildert und durch mehrere Operationsgeschichten illustrirt.
Honsell Tübingen).
15) Phocas (Lille). Note sur lomphalectomie dans la
cure radicale des hernies ombilicales.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 7.)
An der Hand zweier ziemlich einfacher Fälle von Radikaloperation
eines Nabelbruches empfiehlt P. die folgende Modifikation des Con-
damin’schen Verfahrens der Omphalektomie. Er führt oberhalb
45+*
1122 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
der Nabelgeschwulst, also zwischen dieser und dem Processus xiphoi-
deus, einen Einschnitt und eröffnet die Bauchhöhle gerade so weit, dass
er mit dem linken Zeigefinger eindringen und so den Bruchsackhals
tasten kann. So lässt sich meist schon fühlen, ob Darm oder Netz
in den Bruchsack hineinzieht. Nun wird dieser, indem der Zeige-
finger als Leitsonde dient, mit einer kräftigen Schere erst links,
dann rechts ovalär (()) bis an seinen unteren Pol umschnitten, so
dass die ganze Nabelgegend auf einem nur nach unten hin ge-
stielten Lappen liegt. Dieser wird umgeklappt, so dass die Bauch-
fellfläche desselben nach außen zu liegen kommt sammt dem in dem
Bruchsack etwa angewachsenen Strang. Netz wird abgetragen, Darm
vorsichtig ausgelöst. P. legt besonderen Werth darauf, dass die
Excision des Nabels von innen, vom Bauchfell her, nach außen, gegen
die Haut zu, ausgeführt wird, da sich dann bei der Wiedervereinigung
der Bauchdecken auch die zusammengehörigen Lagen leichter zu-
sammen finden lassen. Er näht zu letzterem Zweck in 3 Etagen:
Bauchfell, Muskel, Haut. P. Stolper (Breslau).
16) H. Starck. Über Magendurchleuchtung.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 217. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
Bis Untersuchungen ergaben: 1) dass sich Grenzen des normalen
oder pathologischen Magens in fast allen Fällen mit der Durch-
leuchtung feststellen lassen, und Verlagerungen des Magens als Ganzes
oder seiner Theile sicherer als mit anderen Methoden zu bestimmen
sind; 2) dass eine Frühdiagnose des Pyloruscarcinoms, d. h. so lange
es nicht tastbar ist, durch die »Gastrodiaphanie« nicht erreicht wird,
und 3) dass bei diagnostieirten Magengeschwülsten oder schwierigen
pathologischen topographischen Verhältnissen des Bauches die Me-
thode von großem Nutzen — Feststellung des Sitzes der Geschwulst
etc. — sein kann. Kramer (Glogau).
17) H. W. Bettmann (Cincinnati). The shape of the stomach.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.)
B. untersuchte die Form des Magens durch Aufblasen des aus
dem Körper genommenen Organs, das er dann trocknen ließ; oder
er konservirte erst das Organ in Formalin oder Chloralhydratlösung
und blies es nachträglich auf. Besonderes Augenmerk richtete B.
auf die Verhältnisse des menschlichen Fötalmagens, welchen er in
9 Diagrammen abbildet, dem 3., 4., 5., 6. Monat und dem Ende der
Fötalperiode entsprechend. Im Gegensatz zu der bisherigen An-
schauung behauptet B., dass der fütale Magen einen Fundus besitzt.
Er maß die Länge des Fundus und des Magens beim Fötus, im
Kindesalter und beim Erwachsenen und fand die resp. Funduslängen
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1123
zu 23/400 3”/ioo» hoo von der Magenlänge. Ferner konnte B. durch
die Inflationsmethode konstatiren, dass der Ösophagus nicht genau
in der Längsachse am Magen inserirt, "sondern der vorderen Wand
ein wenig näher liegt als der hinteren.
Auch der sanduhrförmige Magen findet genaue Besprechung.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
18) M. M. Trofimow. Zur Technik der Anlegung der
Magenfistel.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 5. [Russisch.]i
T. bildet aus der Magenwand einen ovalen Lappen 5 cm lang,
3 cm breit mit oberer Basis; der Lappen wird nach oben-außen um-
geklappt und die untere Hälfte an die obere genäht; er ist nun
Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3.
überall von Schleimhaut bedeckt. Nun wird er in den Magen ge-
drückt und die Öffnung unten durch 4 Nähte verkleinert (Fig. 1—2).
In die dreieckige Fistel oben wird ein Drain eingeführt und nach
Kader zu beiden Seiten eine Falte gebildet durch je 2 Nähte
(Fig. 2—3), endlich der Magen an die Haut genäht. Die Klappe
schließt absolut. 3mal machte T. die Operation am Lebenden mit
Erfolg; in den 2 letzten Fällen sah er Eiterung in der Bauchwand-
wunde. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
19) F. T. Paul. Remarks on the surgical treatment of pyloric
obstruction, with an account of twenty cases, and of a new
way of performing gastroenterostomy.
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.)
P. hat Imal wegen eines reflektorischen Krampfes, 2mal wegen
fibröser Striktur des Pylorus die stumpfe Dehnung des Pylorus —
imal mit Eröffnung des Magens — ausgeführt. In einem Falle war
dabei die Striktur von innen her eingerissen; der Pat. ging 7 Wochen
nach der Operation an einer Magenblutung zu Grunde, als deren
Ursache bei der Autopsie eine Arrosion der Arteria gastroduodenalis,
die im Grunde der eingerissenen Strikturstelle freilag, gefunden
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sammen finden lassen. Er naht zu letzterem Zweck in 3 Etagen:
sauchfeil, Muskel, Haut. P. Stelper Breslas.
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16, H. Starck. Über Magendurchleuchtung.
Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 217. Leipz g. Breitkopf & Härtel, (ons
B.'s Untersuchungen ergaben: 1, dass sich Grenzen des normalen
oder pathologischen Magens in fast allen Fällen mit der Durch-
leuchtung feststellen lassen, und Verlagerungen des Magens als Ganzes
oder siner Theile sicherer als mit anderen Methoden zu bestimmen
sind; 2, dass eine Frühdiaznose des Pyloruscarcinoms, d. h. so lange
es nicht tasthar ist, durch die »Gastrodiaphanie« nicht erreicht wird,
und 21 dass bei diagnosticirten Maxenzeschwiilsten oder schwierigen
pathologischen topographischen Verhältnissen des Bauches die Me-
thode von großem Nutzen — Feststellung des Sitzes der Geschwulst
rb, — sein kann. u _ Kramer (Glogau).
17, H. W. Bettmann (Cincinnati). The shape of the stomach.
(Amer. journ. of the med. sciences 1%98. Juni.
B. untersuchte die Form des Magens durch Aufblasen des aus
dem Körper genommenen Organs, das er dann trocknen ließ; oder
er konservirte erst das Organ in Formalin oder Chloralhydratlösung
und blies es nachträglich auf. Besonderes Augenmerk richtete B.
auf die Verhältnisse des menschlichen Fötalmagens, welchen er in
9 Diagrammen abbildet, dem 3., 4., 5., 6. Monat und dem Ende der
lötalperiode entsprechend. Im Gegensatz zu der bisherigen An-
wung behauptet B., dass der fötale Magen einen Fundus besitzt.
© die hänge des Fundus und des Magens beim Fötus, im
er und beim Erwachsenen und fand die resp. Funduslängen
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1123
zu 2/00 3/00 hoo von der Magenlänge. Ferner konnte B. durch
die Inflationsmethode konstatiren, dass der Ösophagus nicht genau
in der Längsachse am Magen inserirt, "sondern der vorderen Wand
ein wenig näher liegt als der hinteren.
Auch der sanduhrförmige Magen findet genaue Besprechung.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
18) M. M. Trofimow. Zur Technik der Anlegung der
Magenfistel.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 5. [Russisch.];
T. bildet aus der Magenwand einen ovalen Lappen 5 cm lang,
3 cm breit mit oberer Basis; der Lappen wird nach oben-außen um-
geklappt und die untere Hälfte an die obere genäht; er ist nun
Fig. 2. Fig. 3.
überall von Schleimhaut bedeckt, Nun wird er in den Magen ge-
drückt und die Öffnung unten durch 4 Nähte verkleinert (Fig. 1—2).
In die dreieckige Fistel oben wird ein Drain eingeführt und nach
Kader zu beiden Seiten eine Falte gebildet durch je 2 Nähte
(Fig. 2—3), endlich der Magen an die Haut genäht. Die Klappe
schließt absolut. 3mal machte T. die Operation am Lebenden mit
Erfolg; in den 2 letzten Fällen sah er Eiterung in der Bauchwand-
wunde. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
19) F. T. Paul. Remarks on the surgical treatment of pyloric
obstruction, with an account of twenty cases, and of a new
way of performing gastroenterostomy.
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.)
P. hat Imal wegen eines reflektorischen Krampfes, 2mal wegen
fibröser Striktur des Pylorus die stumpfe Dehnung des Pylorus —
imal mit Eröffnung des Magens — ausgeführt. In einem Falle war
dabei die Striktur von innen her eingerissen; der Pat. ging 7 Wochen
nach der Operation an einer Magenblutung zu Grunde, als dere:
Ursache bei der Autopsie eine Arrosion der Arteria gastroduod«
die im Grunde der eingerissenen Strikturstelle freilag, ge!
1124 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
wurde. P. will desshalb die Dehnung des Pylorus auf spastische und
uicht zu starke Strikturen beschränkt wissen, er zieht für günstige
Fälle, in denen keine stärkere Verdickung der Wandung, Verwach-
sungen und frische Ulcerationen vorhanden sind, die Pyloroplastik
vor (5 Fälle, 14). In 3 Fällen hat er die Gastroenterostomie aus-
geführt (14). Die Pylorektomie beschränkt er auf bösartige Ver-
engerungen (2 Fälle mit 1 Todesfall), und auch da nur bei kleinen,
beweglichen Geschwülsten und gutem Kräftezustand. Unter 7 Gastro-
enterostomien wegen Carcinoma pylori hat P. 4 verloren.
Er hält desshalb die Technik der Gastruenterostomie noch sehr
für besserungsbedürftig. Der Verbesserungsvorschlag Pia, der aber
bis jetzt nur an Hunden mit Erfolg erprobt wurde, geht dahin,
nach Incision von Darm- und Magenwand bis auf die Schleimhaut —
` also ohne Eröffnung — eine Verätzung der Schleimhaut mit Chlor-
zink vorzunehmen und dann die gewöhnliche Anastomosennaht durch
Serosa und Muscularis anzulegen. In 48 Stunden ist dann die
Anastomose nach Abstoßung der nekrotisch gewordenen Magen- und
Darmmucosa fertig, während die Serosaflächen schon fest verklebt
sind. (Die Gefahr einer sekundären Verengerung der Anastomose,
einer ungenügenden Loslösung der verschorften Schleimhaut, die
Unsicherheit in der Beurtheilung der Ätzwirkung ihrer Ausdehnung
nach macht P. keine Bedenken. Der Ref.) F. Krumm (Karlsruhe).
20) Monprofit (Angers). Gastrectomie partielle avec gastro-
enterostomie en Y pour lesions benignes du pylore.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 8.)
Nach Resektion narbiger Pylorusstenose in Folge eines alten Ge-
schwüres hat M. Imal das Duodenum dicht neben die große Resek-
tionsöffnung in den Magen einmünden lassen, ein anderes Mal mit
besserem Erfolge die von Roux vorgeschlagene Y-Gastroenterustomie
ausgeführt: Duodenum und Magen nach der Resektion zunächst
jedes für sich vernäht, dann Jejunum in die hintere Magenwand und
in das Jejunum das Duodenum eingepflanzt. Er räth das letztere
Verfahren, obwohl es langwierig, für alle die Fälle, in denen die
Annäherung des Duodenums an den Magen mit der Resektionsöffnung
nicht ganz ohne Zug ausführbar ist. In einem seiner Fälle war die
Naht in Folge dieses Zuges an einer Seite ausgerissen und haite so
eine tödliche Peritonitis zur Folge gehabt. P. Stolper (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1125
21) Parrozzoni. Un caso di resezione dello stomaco.
(Ann. di med. nav. 1898. Fasc. 3. Ref. nach Gasz. degli ospedali e delle clin.
1898. No. 109.)
Im Anschluss an den Bericht über eine in Heilung ausgegangene
Schusswunde des Magens spricht Verf. über diese Verletzungen. Sie
haben eine bessere Prognose als die gleichen Darmverletzungen, weil
die Schleimhaut sich nicht nach außen umkrempelt und so zur In-
fektion des Bauchfells führt, und weil der Inhalt des Magens weniger-
septisch ist als der des Darmes. In dem berichteten Falle bildeten
sich Verwachsungen zwischen der verletzten Serosa der hinteren
Magenwand und dem parietalen Bauchfell, wahrscheinlich in Folge
der ausgeführten Tamponade. Diese ist immer angezeigt. Sie ver-
hindert nicht bloß die Infektion häufig, sondern hemmt auch die
primäre Blutung und verhindert eine sekundäre. Der Erfolg der
Operation hängt von dem Eintritt der Behandlung, von der Schnellig-
keit der Ausführung, von der Genauigkeit der Blutstillung und der
Naht, so wie von der Kritik bei der Ausführung von Excisionen ab.
Dreyer (Köln).
22) H. Peham. Ein Beitrag zur Gastroenterostomie.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 484.)
P. berichtet über die in der Albert’schen Klinik in Wien in
der Zeit von 1890—1897 mit der Gastroenterostomie bei 67 Fällen
gemachten Erfahrungen. Die Gastroenterostomie ist daselbst eine
sehr bevorzugte Operation sowohl gegenüber der Pylorusresektion
als gegenüber der Pyloroplastik. Die letztere kam überhaupt nur
imal zur Anwendung; über die Häufigkeit der Resektion wird nichts
mitgetheilt; doch führt P. aus, dass Dauerheilungen nach Resektion
wegen Carcinom nur äußerst selten zu erwarten seien, und ferner,
dass die Differentialdiagnose zwischen gut- und bösartiger strik-
turirender Pylorusgeschwulst sowohl klinisch-chemisch als selbst
nach operativer Baucheröffnung so gut wie unmöglich sei, falls nicht
bereits Drüsen- und andere Metastasen vorlägen. Er stellt die An-
sicht auf, lieber ein operables Carcinom unresecirt zu lassen als eine
Narbenstriktur zu reseciren.
Von den zahlreichen beachtenswerthen technischen Bemerkungen
. sei Folgendes hervorgehoben. Vorbereitende Magenausspülungen
sind bei großen Geschwülsten und nach vorgängigen Blutungen zu
meiden — 2mal hatten Magenausspülungen todbringend gewirkt.
Schnitt stets in der Linea alba — bevorzugte Operationsmethode
Hacker’s Gastroenterostomia retrocolica posterior. Weder am Darm
noch am Magen werden Kompressorien angelegt, ihre geeignete
1108 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
weist darauf hin, dass es sich bei diesen Eiterungen sehr häufig um
2 verschiedene Eiterherde handelt, einen im Peritonealsack selbst,
eine Art abgesackte Pelviperitonitis, die M. als »Perisalpingitis< be-
zeichnet, und einen in den Adnexen (Tuben oder Ovarien), der als
primärer Herd aufzufassen ist. Hierauf ist bei der Operation Rück-
sicht zu nehmen, wenn man eine definitive Heilung erzielen will.
M. hat 25 derartige Fälle operirt, deren Krankengeschichten er
wiedergibt. Er trennt seine Fälle in 2 Gruppen. Die erste Gruppe
umfasst 4 Fälle eitriger Ovariosalpingitis mit seröser Perisalpingitis.
17mal handelte es sich um einseitige Erkrankung mit 16 Heilungen
und 1 Todesfall, 4mal um doppelseitige Erkrankung mit 2 Heilungen
und 2 Todesfällen. M. schließt aus seinen Erfahrungen, dass die
vaginale Incision hauptsächlich bci einseitigen Beckeneiterungen in-
dicirt ist. Die erste Incision trifft nur den Inhalt des Peritonealsacks,
der entleert wird. Hiermit ist aber die Operation nicht beendet;
man hat vielmehr dann noch nach dem tiefer gelegenen primären
Eiterherd zu suchen.
Bei doppelseitiger Affektion ist die vaginale Incision in der
Regel nicht ausreichend. Immerhin kann sie zuerst als Voroperation
versucht werden, der sich erforderlichenfalls später die Exstirpation
der Gebärmutter und der Adnexe auf vaginalem oder abdominalem
Weg anzuschließen hat. Jaffé (Hamburg).
Kleinere Mittheilungen.
24) W. Bittner. Über Arrosionsblutungen aus großen Gefäßstämmen.
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 32 ff.)
3 Fälle tödlicher Arrosions- und Nachblutungen aus dem Bayer’schen Kinder-
spital in Prag geben B. Veranlassung, diese heute recht selten beobachtete Kom-
plikation näher zu besprechen. Bekanntlich sind es vor Allem die septischen und
tuberkulösen Processe, welche durch Degenerationsvorgänge in den großen Ge-
fäßen zu Nachblutungen disponiren. Als direkte Veranlassung zur Blutung muss
dann noch ein anscheinend geringfügiges Moment hinzukommen, wie Steigerung
(Husten, Niesen u. dgl.) oder Herabsetzung des Blutdrucks (Eröffnung eines Ab-
scesses), ferner mechanische Einwirkungen, wie der Druck eines Drainrohrs, Se-
questers oder einer Kanüle; letztere bewirkt z. B. die gefürchteten Arrosions-
blutungen nach Tracheotomien.
Die von B. beobachteten Fälle sind kurz folgende:
1) 4jähriger Knabe mit tuberkulöser Brustwirbelearies und lleopsoasabscess.
Letzterer wurde eröffnet und drainirt. Nach 14 Tagen heftige arterielle Blutung
aus der Wunde, die sich noch 2mal wiederholte und den Tod herbeiführte. Bei
der Sektion fand sich die Art. intercostalis infima dextra 2 em nach außen von
ihrem Ursprung durch Arrosion weit eröffnet.
B. gesteht zu, dass es besser sei, diese Abscesse nicht breit zu eröffnen, son-
dern die spontane Perforation abzuwarten.
Der 2. Fall betraf ein 15 Wochen altes Kind mit einem Retropharyngeal-
abscess. Da die Spaltung vom Mund aus nicht gelang, wurde der Abscess vom
Hals aus eröffnet und drainirt. Am nächsten Tage Tod durch Verblutung aus der
Wunde. Es fand sich an der Innenwand der Carotis communis, entsprechend der
Berührungsfläche mit dem Drainrohr, eine linsengroße Perforationsöflnung.
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1109
B. zieht aus dieser Erfahrung den Schluss, dass es besser sei, falls man ge-
nöthigt ist, einen Retropharyngealabscess von außen anzugehen, das Drainrohr
fortzulassen und dafür einen Jodoformdocht oder dgl. einzuführen.
Im 3. Falle hatte ein 11jähriger Knabe Caries der obersten Hals- und untersten
Brustwirbel. Letztere hatte zu einem Senkungsabscess im Ileopsoas, erstere zu
einem Abscess im Nacken und Rachen geführt. Pat. wurde nur mit Extension
behandelt und erholte sich gut. Plötzlich erfolgte eine starke Blutung aus dem
Mund, die einem Durchbruch des Retropharyngealabscesses entstammte, sich noch
2mal wiederholte und den Pat. dahinrafite. Die Sektion ergab, dass die rechte
Arteria vertebralis direkt in eine käsige Abscesshöhle mündete und in deren Gra-
nulationen vollständig aufgegangen war.
Wenn B. am Schluss seiner Arbeit räth, tuberkulöse Senkungsabscesse nicht
breit zu spalten, sondern nur zu punktiren und mit Jodoformglycerin anzufüllen,
bezw. erst die spontane Perforation abzuwarten, so spricht er damit nur die seit
vielen Jahren bei uns herrschende Anschauung aus. Wer nach diesen Grund-
sätzen verfährt, wird Arrosionsblutungen, wie im ersten der aufgeführten Fälle,
nicht so leicht mehr zu Gesicht bekommen. Jaffé (Hamburg).
25) Schultze. A report of twenty-seven cases of pneumonia follow-
ing the inhalation of ether and chloroform.
(Med. and surg. reports of the Presbyterian Hospital in the eity of New York
1898. Januar.)
In den letzten 10 Jahren sind im Presbyterian Hospital 5724 Kranke narko-
tisirt worden, wovon 4914 mit Ather, 659 mit Chloroform, 116 mit Chloroform-
Äthermischung; von diesen haben 27 = 0,47% eine Lungenentzündung bekommen,
und zwar war bei 20 keine Operation an Zunge, Luftröhre bezw. Brust gemacht
worden, während dies bei 7 der Fall war, so dass eine »Schluckpneumonie« vor-
liegen konnte. Die Lungenentzündung trat ein nach Anwendung von Äther 17mal
mit 9 oder fast 53% Todesfällen, von Chloroform 8mal mit 87,5% Todesfällen,
endlich von Chloroform und Äther 2mal mit 2 = 100% Todesfällen. Es ergiebt
dies für Äther 0,35% Erkrankungs- und 0,19% Todesfälle, für Chloroform 1,17%
Erkrankungs- und 1,02% Todesfälle; für die Mischung endlich 171% Erkrankungs-
und 1,71% Todesfälle; doch dürfte die kleinere Anzahl der Narkosen mit letzteren
beiden die Verhältnisse zu ihren Ungunsten verrücken.
Leider konnte nicht stets die Obduktion gemacht, und nur in einigen Fällen
festgestellt werden, dass die Entwicklung der Pneumonie nicht etwa durch em-
bolische Vorgänge von der Wunde aus bewirkt sein konnte. Es fehlt somit häufig
ein anatomischer Anhalt für die Entstehung der Lungenentzündung als Folge der
Narkose, während klinisch in den meisten Fällen Grund zur Annahme dieser Atio-
logie vorzuliegen schien. Lühe (Königsberg i/Pr.).
26) Wilmans. Tuberkulöse Lymphome der Mesenterialdrüsen mit
Milzmetastasen nach einem Trauma.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 8.)
Am 8. Mai 1898 kam ein 62jähriger Krahnführer T. zum Verf. in Behandlung.
Pat. giebt an, in 3 Wochen 20 Pfund abgenommen zu haben, er leide an Schwäche,
Kopfschmerz, Schwindel und Durchfällen. Es finden sich sehr große, palpable
Milz, Temperatur 39°, aufgetriebener Leib, dikroter Puls von 80 Frequenz, und
Roseolen. Bei gleichbleibendem Krankheitsbild am 1. Juni 1898 Tod. Der Fall
wurde von 3 Ärzten zweifellos als Typhus abdominalis angesprochen und dem
entsprechend behandelt. Ein von dem Verstorbenen öfters erwähnter Unfall in
Gestalt eines derben Schlages gegen den Unterleib am Anfang April wird bei dem
scheinbar zweifellosen Typhusbild nicht beachtet. Die Sektion ergab nun aber
keine Spur von Typhus, sondern tuberkulöse Lymphome der Gekrösdrüsen mit
Metastasen in der 3fach vergrößerten Milz. Sonst war nichts Pathologisches auf-
zufinden. Nunmehr angestellte genaue Erhebungen ergeben das Einsetzen der
1110 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
krankhaften Erscheinungen vom Tage der Verletzung an. Auch sitzen die Lym-
phome genau an der Stelle, wo der heftige Schlag des Krahnhebels getroffen hatte.
Verf. nimmt an, dass die Tuberkelbacillen vom Darm aus in das Lymphsystem
eingewandert seien. Die Berufsgenossenschaft bewilligte anstandslos die Hinter-
bliebenenrente. Erwähnt sei noch, dass die am 10. Beobachtungstag angestellte
Widal’sche Reaktion negativ ausgefallen ist. Teubner (Hannover).
27) Palleroni. Sopra un caso di resezione di fegato per estirpazione
totale di cisti da echinococco.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 94.)
Die 55 Jahre alte Kranke empfand seit 13 Jahren Schmerzen in der rechten
Seite. Seit einem Jahre war dort eine auf Druck schmerzhafte Geschwulst fühlbar.
Dieselbe war rund, hühnereigroß, von glatter Oberfläche und gab dumpfen Schall
bei der Perkussion. Bei lumbo-abdominaler Palpation erhielt man das Gefühl des
Ballottements nur undeutlich. Nach unten war die Geschwulst wenig beweglich,
sie war aber mit der Athmung verschieblich. Vor 25 Jahren hatte einmal 8 Tage
lang ohne weitere Beschwerden Ikterus bestanden. Die Diagnose schwankte zwi-
schen einer Wanderniere und einer Lebergeschwulst. Nach Eröffnung der Bauch-
höhle wurde eine zu ?/3 in der Leber verborgene Geschwulst gefunden. Verwach-
sungen mit der Gallenblase wurden gelöst, alsdann wurde die Geschwulst aus der
Leber ausgeschält unter Stillung der Blutung mittels Pincetten und Tamponade.
17 Seidennähte schließen die Leberwunde. Nach 2ütägiger fieberloser Heilung
verließ die Kranke das Bett. Die Geschwulst erwies sich als eine Echinokokken-
cyste. Die Weichheit des Leberparenchyms und die Dünne der Glisson’schen
Kapsel erschweren die Lebernaht, machen sie aber nicht unmöglich. Sehr er-
leichtert wurde der Eingriff durch provisorische, durch die Leber gelegte Nähte,
mit welchen dieselbe von einem Assistenten in die Höhe gezogen wurde. Nach
der Operation wurden sie entfernt. Dreyer (Köln).
28) M. H. Richardson (Boston). Acute inflammation of the gall-
bladder.
(Amer. journ. of the med. sciences 1998. Juni.)
R. veröffentlicht eine interessante Kasuistik von 10 Fällen akuter Cholecystitis,
bei denen die Steine nur eine untergeordnete Rolle spielten. Als Krankheits-
erreger wurden nachgewiesen der Colibacillus, Typhusbacillus, Kokken und Misch-
infektionen. In einem Falle handelte es sich um völlige Nekrose der Gallenblase.
R. hebt die Schwierigkeit der richtigen Diagnose hervor, da in manchen Fällen
ein Abscess am Rippenrund, der Spitze der 10. Rippe entsprechend, vorgetäuscht
werden kann; in anderen Fällen kommt eine akute Entzündung des Wurmfortsatzes
oder akuter Darmverschluss, entzündlicher Process in der Niere, akute Pankreatitis,
maligner Tumor, Stieldrehung einer Geschwulst differentialdiagnostisch in Betracht.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
29) Meyer. Uber disseminirte Fettgewebsnekrose.
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1898. No. 8.)
Es wird über eine 26jährige Pat. aus dem Allerheiligen-Hospital zu Breslau
berichtet, welche unter den Erscheinungen des Ileus erkrankt war. In der linken
Seite des Bauches lässt sich auch in Narkose eine diffuse Resistenz nachweisen.
Bei der daraufhin vorgenommenen Laparotomie findet sich am Darm, abgesehen
davon, dass er theils injieirt, geröthet, gebläht, theils kollabirt ist, nichts Patho-
logisches. Beim Zurückschlagen des großen Netzes hingegen findet sich dasselbe
besät von einer Reihe weißer, stecknadelkopf- bis linsengroßer, konsistenter Herde,
welche sich leicht aus ihrer Umgebung herauslösen ließen. Die mikroskopische
Untersuchung ergab, dass dieselben aus Detritus mit reichlichen eingelagerten Öl-
tröpfehen bestanden. 2 Tage nach der Operation Tod — wesshalb wird nicht
mitgetheilt —; die Sektion bestätigte die Diagnose.
K. Hufschmid (Gleiwitz O/S.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1111
30) F. Spaeth (Hamburg). Mesenteriale Chyluscyste, ein Ovarial-
kystom vortäuschend.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 34.)
Die Cyste fand sich bei der 39jährigen fettleibigen Frau in der Mitte zwischen
Nabel und Symphyse als 2faustgroße, sehr bewegliche, aber nur wenig in das
kleine Becken verschiebliche Geschwulst und wurde bei der Operation aus der
Radix mesenterii hervorgehend gefunden. Die Ausschälung gelang vollständig);
das ziemlich tief in das Gekröse hineinreichende Geschwulstbett wurde durch
Katgutnähte vollständig geschlossen. Heilung.
Die Cyste, deren Inhalt eine chylöse Flüssigkeit von grünlichgelber Farbe dar-
stellte, hatte eine mit glatten Muskel- und elastischen Fasern durchsetzte binde-
gewebige Hülle, die von zelligen Elementen durchsät und innen mit gewucherten
‘und verfetteten Endothelien bekleidet war.
Im Anschluss an den Fall, der die 12. Beobachtung von Mesenterialeysten ist,
wird die Differentialdiagnose der letzteren gegenüber Ovarialcysten, retroperito-
nealen Cysten etc. besprochen. Kramer (Glogau).
31) Froelich (Nancy). Deux cas de restauration de l’uretre chez la
femme; procédé nouveau.
(Presse méd. 1897. No. 92.)
Bei beiden Fällen handelte es sich um völlige Obliteration der Harnröhre und
große Blasen-Scheidenfistel in Folge Gangrän nach lang dauernder, schwieriger
Geburt. Das Verfahren des Verf. besteht im Wesentlichen darin, dass mit einem
Trokar ungefähr in der Richtung der alten Harnröhre unterhalb der Symphyse
eine neue Harnröhre geschaffen wird; der Trokar bleibt einige Tage liegen. Daran
schließt sich der Schluss der Blasen-Scheidenfistel; Verweilkatheter. — Beide
Kranke erhielten ihre volle Kontinenz und spontune Miktion wieder. Der neue
Kanal, welcher durch Narbengewebe hindurchführt, ist ähnlichen Verhältnissen
unterworfen, wie die Harnröhre des Mannes nach Urethrotomia externa. Die in
dem Narbengewebe eingeschlossenen Reste von Muskeln übernehmen die Funktion
eines Sphinkters. Natürlich müssen die Frauen regelmäßig katheterisirt oder
bougirt werden, weil das Narbengewebe die Neigung hat, sich zusammenzuziehen.
In beiden Fällen war übrigens die äußere Harnröhrenmündung noch in Form
eines seichten, mit Schleimhaut überzogenen Grübchens erkennbar, von wo aus
der Trokar auch eingestoßen wurde. Tschmarke (Magdeburg).
32) M. Lübbe. Excisio strieturae urethrae.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 600.)
Nach kurzer Umschau in der einschlägigen Litteratur wird über 5 von
C. Lauenstein im Hamburger Seemannskrankenhaus operirte Fülle berichtet.
4 Fälle betreffen gonorrhoische Strikturen bei Leuten in den 30er Jahren, 1 Fall
einen 62jährigen Zimmermann, dessen Striktur vielleicht auf eine vor 15 Jahren
erlittene Verletzung am Damm zurückzuführen ist. Die Länge der excidirten
Strikturen betrug 1—3 cm. In 4 Füllen wurden die Harnröhrenstümpfe durch das
periurethrale Gewebe mitfassende Nähte einander thunlichst nahe gebracht, die
Damm-Weichtheilwunde übrigens nie ganz geschlossen, stets aber ein weicher
Verweilkatheter vom Penis aus eingeführt. Verlauf nie ganz ageptisch, Heilungs-
dauer 6 Wochen bis 3 Monate. Bei der Entlassung konnten sich die Leute mit
dicken Sonden selbst bougieren. Über ihr späteres Ergehen fehlen Nachrichten.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
33) Sanesi. Incisione termogalvanica nella cura dell’ ipertrofia della
` prostata.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1999. No. 115.)
Verf. hat die Bottini’sche Operation an 3 Kranken ausgeführt. Dieselbe
hatte niemals schädliche Folgen. Die Kranken waren 62, 70 und 90 Jahre alt,
und der Allgemeinzustand war Imal ein sehr schlechter. Auch bei Wiederholung
1112 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
der Operation traten keine Störungen auf. Ob nun die Ischurie erst kürzere Zeit
oder schon länger bestand, war für den günstigen Einfluss des Eingriffs ohne Be-
deutung. Nur excessive Dehnungen der Blase und starke Volumenverminderung
derselben machen alle Versuche von vorn herein aussichtslos. Unter günstigen
Umständen kann das Resultat der Operation schon sehr schnell, nach 1—2 Stunden,
eintreten und dauernd bleiben oder nach einer Remission — 6 Tage lang bestand
wieder Retention — zurückkehren. Es ist zweckmäßig, dass der Finger eines
Assistenten während der Operation im Mastdarm liegt, um den hypertrophischen
Lappen dem konkaven Ende des Ineisors entgegenzudrücken und die Applikation
des Ingtruments zu kontrolliren. Die Technik ist leicht, der Eingriff unschädlich.
Da keine Narkose erforderlich ist — nicht einmal lokale Cocaininjektionen sind
immer nöthig — so kann auch noch in Fällen operirt werden, die eine Narkose
nicht mehr gestatten. Dreyer (Köln).
34) O. Simon. Zur Behandlung der Prostatahypertrophie mit der
Bottini’schen Operation.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 8.)
S. giebt die Resultate, die in der Czerny’schen Klinik in Heidelberg mit
dem Bottini’schen galvanokaustischen Instrument bei Prostatahypertrophie erzielt
worden sind.
Die Operation wurde bei 8 Pat. Limal vorgenommen. 3mal versagte die Ope-
ration, 4 Pat. wurden geheilt, einer bedeutend gebessert. Unter den geheilten Pat.
befanden sich 2 mit chronisch kompleter, 1 mit chronisch inkompleter Retention.
imal wurde in Chloroformnarkose, 5mal unter lokaler Cocainwirkung operirt.
Zur Anwendung kam das Bottini’sche Instrumentarium; die Einschnitte
wurden mit einer Stromstärke, die schwache Weißgluth des Platinbrenners hervor-
rief, begonnen. Allmählich wurde der Strom dann verstärkt. Zuerst wurde nur
eine Incision direkt nach hinten, in späteren Fällen wurden mehrfache radiäre
Einschnitte gemacht.
Die Resultate ermuntern zu ausgedehnterer Anwendung, um so mehr, als
die Operation leicht ausführbar ist, den Pat. nur geringe Schmerzen verursacht
und keine üblen Folgen mit sich bringt. F. Krumm (Karlsruhe).
35) G. B. Schmidt (Heidelberg). Über den Abgang von Knochen-
fragmenten durch die Harnwege. _
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 29.)
Während Knochenfragmente nach Verletzungen des Beckens nicht ganz selten
in die Blase oder Harnröhre gelangen, ist dies von Sequestern, welche das End-
produkt akuter oder chronischer entzündlicher Processe des Beckenrings waren,
nur in wenigen Fällen beobachtet worden. Verf. fügt diesen 11 swei weitere hinzu,
in deren erstem der Sequester in die Harnröhre durchgebrochen, in ihr stecken ge-
blieben war und, ohne dass es zu Urininfiltration kam, zu Harnverhaltung in der
Blase geführt hatte; durch Urethrotomia externa wurde der 1,3 cm lange Knochen
entfernt, Während bei diesem Pat. der Sequester einem akut periostitischen,
bezw. osteomyelitischen Process am Schambein entstammte, rührte er in dem
2. Falle anscheinend von einer tuberkulösen Eiterung her, war in die Blase durch-
gebrochen und aus dieser mit dem Urinstrahl spontan entleert worden.
Die übrigen in der Litteratur auffindbaren Fälle werden von S. mitgetheilt.
Kramer (Glugau).
—— S
Orizinalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Hitel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIR U RGI E
herausgegeben
E. von Bergmam, F. König, E. Richter,
`
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
GE
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 45. Sonnabend, den 12. November. 1898.
Inhalt: 1) Kirstein, Ösophagoskopie. — 2) Russel, Speiseröhrenstriktur. — 3) Jeannel,
Darmchirurgie. — 4) Delag&nidre, Bauchhöhlendrainage. — 5) Eichel, 6) Schmitt, Unter-
leibsverletzungen, — 7) und 8) Beck, 9) Brun, 10) Briddon, Appendicitis. — 11) Jaffe,
Bauchfelltuberkulose. — 12) Kocher, Herniendisposition. — 13) Seicke, 14) Hiller,
15) Phocas, Hernien. — 16) Starck, Magendurchleuchtung. — 17) Bettmann, Gestalt
des Magens. — 18) Trofimow, Gastrostomie. — 19) Paul, 20) Monprofit, Pylorusenge.
— 21) Parozzoni, Magenresektion. — 22) Peham, Gastroenterostomie. — 23) Borellus,
Murphyknopf.
24) Abramowitsch, 25) Kanzel und Okladnych, Oesophagotomia ext. — 26) Brault
und Rouger, Falsche Bauchgeschwülste. — 27) Stoops, Eitrige Peritonitis. — 25) Elliot,
29) Rendu, 30) Glantenay, 31) Berthier und Milian, 32) af Schuttén, 33) Carlston,
Appendicitis. — 34) Sternberg, 35) Tuffier, 36) Muchard, 37) Vincent, 38) Souligoux,
39) Lebensohn, Hernien. — 40) Fick, Endotheliom und Careinom des Magens, —
41) Schwarz, 42) Rommerskirch, 43) Meyer, 44) Monprofit, 45) Schlatter, 46) Kövesi,
Zur Chirurgie des Magens. — 47) Frank, Gcheilte Carcinomfälle. — 48) Schmidt, In-
vagination des Colons nach Pylorusresektion.
1) Kirstein. Über Ösophagoskopice.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 27.)
K. untersucht mit dem Ösophagoskop zumeist am sitzenden, statt
am liegenden Pat., verzichtet gewöhnlich auf die Cocainisirung und
führt den Tubus unter Leitung des Auges ein, nachdem er sich den
Ösophaguseingang mit dem Zungenspatel freigelegt hat. K. hebt den
Unterschied des während der Einführung zu überwindenden mecha-
nischen Widerstandes bei den einzelnen vollständig normalen Indivi-
duen hervor, welcher durch die individuell verschiedene Beschaffenheit
und Anheftung der Zunge bedingt ist. Durch autoskopische Unter-
suchung, d. h. durch Untersuchung mit dem Zungenspatel lässt sich
nach K.’s Erfahrung bei jedem Menschen im Voraus feststellen, zu
welcher Ösophagoskopirbarkeitsklasse er gehört. Soll die mediane
Ösophagoskopie glatt von statten gehen, so muss wenigstens ein Stück-
45
1114 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
chen der Stimmbänder autoskopirbar sein. Nach Verf.s Schätzung
fehlt einem Viertel der erwachsenen Menschen die anatomische Dis-
position zur Ösophagoskopie. Gold (Bielitz).
2) J. C. Russel. Diagnosis and treatment of spasmodic
stricture of the oesophagus.
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.)
R. hat im Laufe von IL Jahren mehrfach eine Strikturform
der Speiseröhre zu Gesicht bekommen, welche durch einen Muskel-
krampf am unteren Ende des Rohres entweder an der Cardia selbst
oder dicht oberhalb derselben hervorgerufen wird. Die Haupt-
symptome sind die einer gewöhnlichen Striktur — Regurgitiren der
Nahrung, Undurchgängigkeit fester Speisen ete. Häufig wird eine
Erkrankung des Magens angenommen. Bougiebehandlung ist bei
dieser Strikturform erfolglos. R. hat durch Dehnung der Striktur
mittels eines an einer Ösophagussonde befestigten Dilatators, der in
kollabirtem Zustand eingeführt und ähnlich der Trendelenburg-
schen Tamponkanüle in der Striktur aufgeblasen werden konnte, in
4 Fällen Heilung, (mal Besserung erzielt; 2 Pat. entzogen sich der
Behandlung. Bei Erfolglosigkeit dieser Behandlung käme die Deh-
nung nach Gastrostomie dem Vorschlag Loreta’s entsprechend in
Frage. F. Krumm (Karlsruhe).
3) M. Jeannel. Chirurgie de l’intestin.
Paris, Institut de bibliographie scientifique 1898. 409 8.
Gut ausgestattetes Nachschlagebuch, enthaltend eine möglichst
vollständige Übersicht der bisher bekannten »Proc&des« in der
Chirurgie des Dames, mit Ausschluss des Rectums. Zum Referat
nicht geeignet. Kollegen, welche sich über diese oder jene Operation
am Darmkanal informiren wollen, werden das Buch mit Vortheil
gebrauchen. ER, H. Lindner (Berlin).
4) Delageniere (Le Mans). Nouvelle technique de drainage
de la cavité péritonéale.
(Arch. prov. de chir. 189S. No. 5.)
Da die Entfernung der Tampons nach Mikulicz oft nicht ohne
große Schmerzen für den Pat. vor sich geht, auch eine zu große
Öffnung in den Bauchdecken gelassen werden muss, durch welche
bei der Herausnahme manchmal Netz- oder Darmtheile vorfallen, so
empfiehlt D. eine Drainage, die mit dem Docht einer Spirituslampe
vergleichbar ist. Er lässt lange Streifen hydrophiler Gaze durch
eine je nach der Dicke der Bauchdecken 8—12 cm lange, im Durch-
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1115
messer 15—20 mm haltende Metallhülse, deren untere Hälfte durch-
löchert ist, in die Peritonealhöhle ziehen. Die Bauchdecken können
eng um dieselbe herum geschlossen werden. Um einen besonders
großen Theil der Bauchhöhle zu isoliren, ist gelegentlich ein zweiter
derartiger Drain in eine Gegenöffnung zu legen. Die Metallhülsen
sind solid, leicht sterilisirbar. Bezüglich der Zeit der Entfernung
kommen dieselben Gesichtspunkte in Betracht wie für die Mikulicz-
Drainage. P. Stolper (Breslau).
5) Eichel. Klinischer und experimenteller Beitrag zur Lehre
von den subkutanen Darm- und Mesenteriumverletzungen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Die Arbeit enthält einen genauen Bericht über 5 Fälle von sub-
kutanen Darm- und Gekrösverletzungen, von denen 2 nicht operirt
(beide gestorben), 3 operirt worden waren (1 gerettet, 2 gestorben).
Aus zahlreichen Thierexperimenten schließt Verf., dass die Schwere
der Verletzung anscheinend weniger von der Schwere der Gewalt-
einwirkung, vielmehr wesentlich von der Richtung dieser (Pressung
des Darmes gegen die Wirbelsäule), wie von dem Spannungszustand
und der Dicke der Bauchdecken abhängig sei. In diagnostischer
Hinsicht wird betont, dass eine sichere Diagnose auf eine einmalige
Untersuchung hin kaum zu stellen sei; wichtig wäre vor Allem eine
Änderung in Zahl und Qualität der Pulsschläge; wer aber auf »Zei-
chen beginnender Peritonitis« warten wolle, der werde immer bei der
Laparotomie bereits eine ausgebildete, schwerste allgemeine Peri-
tonitis vor sich haben. Honsell Tübingen).
6) A. Schmitt. Über Verletzungen des Unterleibs durch
stumpfe Gewalt. (Aus der kgl. chirurgischen Klinik zu
München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 28 u. 29.)
Verf. bespricht in der Arbeit zunächst nur die Darmverletzungen
in Folge von Bauchkontusionen und giebt 8 in der Münchener Klinik
beobachtete interessante Fälle wieder, von denen nur in einem ein ope-
EM
1116 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
rativer Eingriff unterblieb, während er in den übrigen, je Imal 9,
bezw. 11 Stunden nach der Gewalteinwirkung, sonst wesentlich später
zur Ausführung gelangte. Von den 8 Pat., bei denen fast stets an
umschriebener Stelle den Leib treffende Gewalten eingewirkt, konnte
nur der eine, 9 Stunden nach der Verletzung Operirte, gerettet werden,
die anderen gingen sämmtlich zu Grunde. Indem S. die Art,der
Verletzungen, ihren Sitz, ihre Zahl, ihre Entstehungsweise schildert,
die Symptome derselben und ihrer Folgezustände auf Grund jenes
selbst beobachteten Materials und anderer litterarischen Arbeiten
sorgfältig hervorhebt, kommt auch er zu dem Schluss, dass die früh-
zeitige Diagnose der Kontusionirungen der Darmwand nur durch
eine eventuell unter Lokalanästhesie auszuführende Probelaparotomie
gesichert werden könne, während die übrigen diagnostischen Me-
thoden höchstens eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose ermöglichen. Am
werthvollsten für letztere erscheint ihm unter den Symptomen der
Befund einer auffallend umschriebenen, scharf lokalisirten Schmerz-
haftigkeit am Leibe und einer dieser Stelle entsprechenden, genau
umschriebenen Zone hochtympanitischen Schalles.. Die weiteren
Darlegungen erläutern zugleich an der Hand der Statistik die Er-
folge möglichst frühzeitiger Operation und die Art der operativen
Technik. Kramer (Glogau).
7) C. Beck (New York). Appendicitis.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 221. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
In der Abhandlung, welche sich wesentlich auf eigene, an
207 Appendicitisoperationen gewonnene Erfahrungen Bis stützt, schil-
dert Verf. zunächst die Ätiologie der »auf bakterieller Infektion be-
ruhenden Entzündung des Wurmfortsatzese. Indem er die Frage
offen lässt, ob sie der Invasion einer specifischen Bakterienart oder
dem Zusammenwirken zweier oder mehrerer Arten ihre Entstehung
verdanke, bespricht er einige der Gelegenheitsursachen, welche zu
Cirkulationsstörungen, zu Abrasion der Schleimhaut im Processus
vermiformis Veranlassung geben können, und macht darauf aufmerk-
sam, dass er in einigen Fällen für jene das Bestehen einer rechts-
seitigen Wanderniere, welche den nach hinten gerichteten Wurm-
fortsatz gegen das Darmbein andrückte, verantwortlich machen konnte,
während er wirkliche Fremdkörper nur 2mal, Kothsteinchenkonkre-
mente dagegen 42mal vorfand. Im Weiteren werden die verschiedenen
anatomischen Formen und Folgezustände der akuten und chronischen
Appendicitis, auch hinsichtlich ihrer Entwicklung, übersichtlich ge-
schildert, einige Beobachtungen primärer oder als Theilerscheinung
allgemeiner Tuberkulose auftretender tuberkulöser Appendicitis er-
wähnt, und bei der Besprechung der Symptomatologie eindringlich
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1117
die Beachtung der oft seit Jahren dauernden vagen Symptome als
Wirkungen einer wirklich bestehenden chronischen Appendicitis,
deren akute Exacerbation erst auf die Erkrankung aufmerksam macht,
empfohlen. Solcher Empfehlung ist gleichfalls werth die Erfahrung
Bis, dass kaum in der Hälfte der Fülle das klinische Bild der Ap-
pendicitis im Frühstadium so scharf ausgeprägt erscheint, dass daraus
ein Schluss auf die Bedeutung der pathologischen Veränderung zu
ziehen wäre; charakteristische Fälle illustriren diese Erfahrung, wie
die.Schwierigkeit richtiger Diagnose und die verschiedenen Möglich-
keiten diagnostischer Irrthümer. Kein Wunder, dass Angesichts
dessen B. auch in dem vorliegenden Vortrag erneut die Frühopera-
tion bei Appendicitis dringend befürwortet, wie er es erst vor Kurzem
in einem auf p. 377 ff. d. Bl. Jahrg. 1897 referirten Aufsatz gethan
hatte, und unter Hervorhebung der Thatsache, dass er die einfache
Appendektomie 74mal ohne Todesfall ausgeführt, räth, ihre Vornahme
nach dem ersten Anfall von Appendicitis dem Pat. ernstlich zu em-
pfehlen. Die Technik dieser Operation, wie sie sich B. am besten
bewährt hat, wird eingehend geschildert, im Anschluss daran auch
die der »Appendikotomie« bei akuter Appendicitis, Pyappendix oder
Gangrän des Wurmfortsatzes beschrieben.
Der Vortrag möge namentlich von den internen Meldicinern und
praktischen Ärzten sorgfältig studirt werden! Kramer ;Glogau).
8) C. Beck. Ist die Appendicitis eine chirurgische Krankheit ?
(New Yorker med. Monatsschrift 1898. Juni.)
Die in der Überschrift enthaltene Frage beantwortet Verf. mit
einem ganz entschiedenen »Ja!« Derselbe hat schon wiederholt seinen
Standpunkt in der Appendicitisfrage dargelegt. Die vorliegende Ar-
beit gehört wohl zu dem Besten, was über diese viel umstrittene
Krankheit geschrieben worden ist. In geistvoller Weise entwickelt
Verf. seine Anschauung von den pathologischen Processen, welche
sich in und am Wurmfortsatz abspielen; »die Appendicitis ist eine
auf bakterieller Infektion beruhende Entzündung des Wurmfortsatzes,
welche in verschiedenen Formen auftritt«. Er macht besonders darauf
aufmerksam, wie die verschiedenen klinischen Formen nur der Aus-
druck der mehr oder weniger weit vorgeschrittenen anatomischen
Erkrankung oder ihrer Lokalisation sind; dass niemals eine Restitutio
ad integrum eintritt bei den sogenannten glücklich verlaufenen Fällen.
Vor Allem betont B. die Schwierigkeit der klinischen Beurtheilung,
in welchem Stadium der Erkrankung sich ein Wurmfortsatz befindet.
Er verwirft eine Eintheilung der Appendicitis in eine leichte, mittel-
schwere und schwerste Form. In diagnostischer Beziehung hebt er
1118 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
als konstantes (?) Symptom eine mehr oder weniger ausgesprochene
Dämpfung hervor.
Natürlich ist B. ausgesprochener Anhänger der Frühoperation;
er sagt: »Im Frühstadium ist der Chirurg Herr der Situation; im
Spätstadium ist er ein Glücksritter, der unter außerordentlichen Um-
ständen da und dort auch noch Erfolg hat«.
Es sei gestattet, hier einige seiner Schlusssätze wörtlich zu citiren:
Die Appendicitis ist eine chirurgische Krankheit und sollte desshalb,
sobald sie als solche erkannt ist, chirurgisch behandelt werden«.
»So lange kein Arzt im Stande ist, im Frühstadium die Dignität
bakterieller Virulenz zu bestimmen und daraus Schlüsse auf den
milden oder schweren Verlauf der Appendicitis zu ziehen, besteht
die sicherste Therapie derselben in der frühzeitig vorgenommenen
Entfernung des Wurmfortsatzes.« >In Rücksicht darauf, dass die
Mortalität der einfachen Appendektomie beinahe gleich Null ist, ist
ihre Vornahme nach dem ersten Anfall schon dem Pat. auf das
dringendste zu empfehlen!«
Wenn man auch nicht in allen Punkten dem Verf., der einen
ganz extremen chirurgischen Standpunkt einnimmt, beipflichten kann,
so muss man seine scharfe Beweisführung und geistreiche Diktion
anerkennen, mit der er seine Sache vertritt.
2 Tschmarke (Magdeburg).
9) Brun. Appendicite chronique. Resection a froid de
l’appendice.
(Presse méd. 1898. No. 27.)
Verf. hat seit seiner letzten Publikation über diesen Gegenstand
(Presse med. 1897 Mai 10) noch 32mal Gelegenheit gehabt zur
Operation; er knüpft an diese nunmehr 53 Fälle einige Be-
trachtungen, deren wesentlicher Inhalt folgender ist: Bei der Appen-
dicitis ist das primäre Leiden eine chronische, follikuläre Hypertrophie,
welche in einer Verdickung und Schwellung der Schleimhaut er-
kennbar ist, klinisch sehr häufig unbemerkt verläuft oder nur ge-
ringe Störungen verursacht, durch Hinzutritt von Infektion aber
mehr oder weniger akute Entzündungserscheinungen darbieten kann.
Dies gilt namentlich von der so häufig verkannten oder übersehenen
Appendicitis im Kindesalter. Nach der Resektion hat B. niemals
wieder ähnliche Anfälle bei Kindern erlebt. Am liebsten operirt er
2—3 Wochen nach einem akuten Anfall, auch in Fällen einfacher
chronischer Appendicitis ohne peritonitische Reizerscheinungen. Die
Operation sei leichter und sicherer, die Reaktion hinterher weniger
heftig bei Bettruhe und leichter Ernährung. Er bevorzugt den Schnitt
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1119
von Roux, leicht konkav nach innen, einen Querfinger von der
Spina anterior superior entfernt. Verf. führt jetzt der Vorsicht halber
einen kleinen Drain ein, den er etwa am 3. Tage entfernt.
Tschmarke (Magdeburg).
10) Briddon. Intermuscular operations for appendicitis, with
application of the method to cases in which pus was su-
spected and found.
(Med. and surg. report of the Presbyterian Hospital in the city of New York
1898. Januar.)
Im Jahre 1897 sind in dem Hospital 99 Fälle von Appendicitis
operirt worden, etwa die Hälfte in Bis eigener Abtheilung. Hier-
von hat er nun 14 ausgewählt, in welchen die intermuskuläre Ope-
ration nach der Methode von McBurney ausgeführt worden war.
Dieselbe wurde auch auf solche Fälle ausgedehnt, in denen aus-
gedehnte Verwachsungen oder das Vorhandensein von Eiter zu Ein-
griffen über ausgedehntere Strecken nöthigten. B. war erstaunt, wie
weit man die Öffnung mittels Wundhaken nach verschiedenen Rich-
tungen hin aus einander ziehen konnte und war niemals genöthigt,
durch einen auf den ersten Schnitt ‚aufgesetzten Kreuzschnitt die
Muskelbündel selbst zu durchschneiden. Auch ließ sich eben so gut
Drainage einleiten, als in den anders operirten Fällen. Daher hält
B. MeBurney’s Schnittführung in der Mehrzahl der Fälle für an-
wendbar, und die Vortheile derselben sind einleuchtend, namentlich
wegen der fortfallenden Gefahr eines späteren Bauchbruchs.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
11) M. Jaffö (Posen). Über den Werth der Laparotomie
als Heilmittel gegen Bauchfelltuberkulose.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 211. Leipzig, Breitkopf E Hürtel 1898.)
J. zeigt in der Abhandlung, vornehmlich an der Hand seiner
eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, dass auch durch die Lapa-
rotomie die Bauchfelltuberkulose nicht immer leicht und sicher ge-
heilt werde, und weist nach, in welchem beschränkten Sinn und
warum die Operation günstig wirken könne. Da, wo sie indicirt ist
— und das ist — selbst bei bereits heruntergekommenen Kranken —
in erster Reihe bei den Formen mit gut entleerbaren, freien, serösen
oder eitrigen Ergüssen der Fall, während die mit vielfachen ab-
gesackten Ergüssen weniger sich eignen und die mit multiplen ab-
gesackten sich an Käscherde anschließenden eitrigen Exsudate, so
wie die mit ausgedehnten Verwachsungen einhergehenden durch die
Laparotomie gar nicht zu beeinflussen sind —, beseitigt sie ein höchst
1120 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
störendes Krankheitssymptom, den Erguss; sie stärkt hierdurch den
Organismus und hilft ihm, der Krankheit Herr zu werden. Sie hat
in ihrem Gefolge Verwachsungen und lässt in günstigen Fällen den
Ascites auch für die Zukunft nicht wiederkehren; in den günstigsten
leitet sie hierdurch die wirkliche Ausheilung gewissermaßen ein. So
betrachtet stellt die Operation im Allgemeinen also nur ein sympto-
matisches, nöthigenfalls wiederholt anzuwendendes Mittel gegen die
Krankheit dar, gegen die außerdem noch die in der inneren Mediein
bewährt befundenen Mittel in Anwendung gezogen werden müssen.
Wie aber die Resultate der Laparotomie nicht gleichmäßig in
den einzelnen Fällen mit ihren oft in einander übergehenden Formen
sind, so sind sie auch verschieden, je nachdem die Krankheit Kinder
oder Erwachsene betrifft. Bei letzteren hat J. die Operation noch
viel häufiger unwirksam gefunden, wohl desshalb, weil die Bauch-
felltuberkulose nie die einzige, also auch nicht die erste Lokalisation
des tuberkulösen Virus im Organismus war. Noch am relativ gün-
stigsten erscheint ihm die mit weiblicher Genitaltuberkulose kombi-
nirte Form, bei welcher die gleichzeitige Ausschneidung der kranken
Genitalien möglich ist.
Was die Ausführung der Operation betrifft, so hält Verf. be-
sonders «ie vollständige Entleerung des Ascites für wichtig, die Ein-
bringung von Jodoform für bedeutungslos, da es doch nicht in alle
Nischen und Buchten des Cavum peritonei gelange.
Kramer (Glogau).
12) T. Kocher (Bern). Über Herniendisposition.
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1898. No. 12.)
Bei Gelegenheit der Radikaloperation des Bruches der einen
Seite hat K. mehrfach auch die »Bruchanlage« der anderen unter-
sucht und operirt. Er fand, dass bei dieser ein gestielter Bruchsack
fehlt, dass das Bauchfell nur in Form einer konischen Geschwulst
mit breiter Basis gegen die schwache Stelle der äußeren Fascie, aus-
wärts von den Vasa epigastrica inferiora, vorgetrieben werde. Ein
solcher Bruchsackkegel mit breiter Basis unterscheidet sich wesentlich
von den kongenital angelegten Bruchsäcken durch mangelhaften
Schluss des Processus vaginalis peritonei, bei denen entweder der
Hode im Bruchsack liegt oder Kombination mit Hydrocele funiculi
besteht; die letztere neigt zu stellenweiser Obliteration. Beide For-
men der Bruchanlage, die langsam erworbene und die angeborene,
können bei einer Anstrengung oder einem Unfall in Folge heftigen
Andrängens der Eingeweide in einen kompleten Bruch übergehen,
Der sogenannte interstitielle Bruch, bei dem nur der Bruchsack die
Grenze des vorderen Leistenrings nicht überschreitet, ist ein aus-
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1121
gebildeter Bruch und von der Bruchanlage wohl zu trennen. K.
räth auch die Bruchanlage operativ zu beseitigen, da ihretwegen die
Träger manchmal nicht für voll dienstfähig angesehen werden.
P. Stolper (Breslau;.
13) K. Selcke. Über die Hernia processus vaginalis encystica.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Nach S. dürfen nur solche Fälle als encystirte Hernien im Sinne
Cooper’s bezeichnet werden, in welchen ein deutliches Hereinhängen
des Bruchsacks in die Tunica vaginalis communis, nicht nur eine
einfache Vorbuchtung stattfindet. Die Tunica vaginalis communis
ist meist durch Flüssigkeit mehr oder minder erweitert und stellt
einen abgeschlossenen Blindsack von bald größerer, bald geringerer
Ausdehnung dar. Meist ist die Hernia encystica kongenitalen Ur-
sprungs; bei der erworbenen Form wird der Bruchsack nicht in toto
von der Hydrocele umgeben, sondern buchtet nur die obere und
hintere Wand derselben vor. Außer einem eigenen konnte Verf. nur
10 hierher gehörige Fälle zusammenstellen, 12 andere in der Litte-
ratur als Hernia encystica bezeichnete Fälle möchte er dagegen nicht
als solche anerkennen. Honsell (Tübingen).
14) T. Hiller. Zur Operation der Nabelbrüche.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Während Nabelbrüche kleiner Kinder erfolgreich mit Ban-
dagen etc. behandelt werden können, empfiehlt Verf. für den Nabel-
bruch Erwachsener mit Rücksicht darauf, dass er ein unaufhaltsam
fortschreitendes Leiden bedeutet, in jedem Falle möglichst frühzeitige
Radikaloperation. Bei kleinen und mittelgroßen Brüchen und bei
Kranken, die eine allgemeine Narkose ertragen, hält er die Omphal-
ektomie nach Condamin-Bruns für die rationellste Methode; wo
Bedenken gegen eine allgemeine Narkose bestehen, giebt er dagegen
der geschwulstmäßigen Behandlung der Nabelbrüche ohne Omphal-
ektomie, wie sie von Steinthal geübt wird, unter Anwendung von
Infiltrationsanästhesie den Vorzug. Dies letztere Verfahren wird ein-
gehend geschildert und durch mehrere Operationsgeschichten illustrirt.
Honsell Tübingen).
15) Phocas (Lille). Note sur lomphalectomie dans la
cure radicale des hernies ombilicales.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 7.)
An der Hand zweier ziemlich einfacher Fälle von Radikaloperativun
eines Nahelbruches empfichlt P. die folgende Modifikation des Con-
damin’schen Verfahrens der Omphalektomie. Er führt oberhalb
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1122 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
der Nabelgeschwulst, also zwischen dieser und dem Processus xiphoi-
deus, einen Einschnitt und eröffnet die Bauchhöhle gerade so weit, dass
er mit dem linken Zeigefinger eindringen und so den Bruchsackhals
tasten kann. So lässt sich meist schon fühlen, ob Darm oder Netz
in den Bruchsack hineinzieht. Nun wird dieser, indem der Zeige-
finger als Leitsonde dient, mit einer kräftigen Schere erst links,
dann rechts ovalär (()) bis an seinen unteren Pol umschnitten, so
dass die ganze Nabelgegend auf einem nur nach unten hin ge-
stielten Lappen liegt. Dieser wird umgeklappt, so dass die Bauch-
fellfläche desselben nach außen zu liegen kommt sammt dem in dem
Bruchsack etwa angewachsenen Strang. Netz wird abgetragen, Darm
vorsichtig ausgelöst. P. legt besonderen Werth darauf, dass die
Excision des Nabels von innen, vom Bauchfell her, nach außen, gegen
die Haut zu, ausgeführt wird, da sich dann bei der Wiedervereinigung
der Bauchdecken auch die zusammengehörigen Lagen leichter zu-
sammen finden lassen. Er näht zu letzterem Zweck in 3 Etagen:
Bauchfell, Muskel, Haut. P. Stolper (Breslau).
16) H. Starck. Über Magendurchleuchtung.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 217. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
Bis Untersuchungen ergaben: 1) dass sich Grenzen des normalen
oder pathologischen Magens in fast allen Fällen mit der Durch-
leuchtung feststellen lassen, und Verlagerungen des Magens als Ganzes
oder seiner Theile sicherer als mit anderen Methoden zu bestimmen
sind; 2) dass eine Frühdiagnose des Pyloruscarcinoms, d. h. so lange
es nicht tastbar ist, durch die »Gastrodiaphanie« nicht erreicht wird,
und 3) dass bei diagnosticirten Magengeschwülsten oder schwierigen
pathologischen topographischen Verhältnissen des Bauches die Me-
thode vun großem Nutzen — Feststellung des Sitzes der Geschwulst
etc. — sein kann. SR Kramer (Glogau).
17) H. W. Bettmann (Cincinnati). The shape of the stomach.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.)
B. untersuchte die Form des Magens durch Aufblasen des aus
dem Körper genommenen Organs, das er dann trocknen ließ; oder
er konservirte erst das Organ in Formalin oder Chloralhydratlösung
und blies es nachträglich auf. Besonderes Augenmerk richtete B.
auf die Verhältnisse des menschlichen Fötalmagens, welchen er in
9 Diagrammen abbildet, dem 3., 4., 5., 6. Monat und dem Ende der
Fötalperiode entsprechend. Im Gegensatz zu der bisherigen An-
schauung behauptet B., dass der fötale Magen einen Fundus besitzt.
Er maß die Länge des Fundus und des Magens beim Fötus, im
Kindesalter und beim Erwachsenen und fand die resp. Funduslängen
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1123
zu Dien, hoo 2”/ioo von der Magenlänge. Ferner konnte B. durch
die Inflationsmethode konstatiren, dass der Ösophagus nicht genau
in der Längsachse am Magen inserirt, "sondern der vorderen Wand
ein wenig näher liegt als der hinteren.
Auch der sanduhrförmige Magen findet genaue Besprechung.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
18) M. M. Trofimow. Zur Technik der Anlegung der
Magenfistel.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 5. [Russisch.];
T. bildet aus der Magenwand einen ovalen Lappen 5 cm lang,
3 cm breit mit oberer Basis; der Lappen wird nach oben-außen um-
geklappt und die untere Hälfte an die obere genäht; er ist nun
Fig. 2. Fig. 3.
überall von Schleimhaut bedeckt. Nun wird er in den Magen ge-
drückt und die Öffnung unten durch 4 Nähte verkleinert (Fig. 1—2).
In die dreieckige Fistel oben wird ein Drain eingeführt und nach
Kader zu beiden Seiten eine Falte gebildet durch je 2 Nähte
(Fig. 2—3), endlich der Magen an die Haut genäht. Die Klappe
schließt absolut. 3mal machte T. die Operation am Lebenden mit
Erfolg; in den 2 letzten Fällen sah er Eiterung in der Bauchwand-
wunde. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
19) F. T. Paul. Remarks on the surgical treatment of pyloric
obstruction, with an account of twenty cases, and of a new
way of performing gastroenterostomy.
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.)
P. hat Imal wegen eines reflektorischen Krampfes, 2mal wegen
fibröser Striktur des Pylorus die stumpfe Dehnung des Pylorus —
imal mit Eröffnung des Magens — ausgeführt. In einem Falle war
dabei die Striktur von innen her eingerissen; der Pat. ging 7 Wochen
nach der Operation an einer Magenblutung zu Grunde, als deren
Ursache bei der Autopsie eine Arrosion der Arteria gastroduodenalis,
die im Grunde der eingerissenen Strikturstelle freilag, gefunden
1102 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
14) W. J. Rasumowsky. Ein neues Verfahren der Blasen-
naht nach Sectio alta.
iv. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft.2. Mit 2 Figuren.)
Verf. hält auf Grund seiner früheren Veröffentlichungen und
neuer Beobachtungen seine Methode der Blasennaht nach Sectio alta,
bestehend in einer Vernähung der Blase in 2 Etagen und Annähung
der Blase an die vordere Bauchwand (Cysto-
pexie', für die beste der gegenwärtig bekannten
Behandlungsmethoden der Blasenwunde. Sie
ermöglicht an sich eine Nachbehandlung nach
der Operation ohne Anwendung des Verweil-
katheters und stört, was vielleicht befürchtet
werden könnte, die Funktion der Harnblase
in keiner Weise. R. suchte nun aber eine weitere
Verbesserung durch eine Methode, welche gleich-
zeitig die Blasennaht und Cystopexie durch die-
selben Nähtebewerkstelligen ließe, und bei welcher
sämmtliche Fäden entfernt werden könnten.
Wie er dies durch Silberdrahtnähte erreicht,
welche auf der einen Seite durch die Blasenwand, auf der anderen
durch die Bauchdecken hindurchgelegt werden, ist als zu ausführ-
Bruchsackhals Aponenr. obl. ext.
Mm. obl. internus et
transversus
Funicnlas
Lig. Ponparit
Aponeurosis obl. ext.
lich für ein Referat im Original nachzulesen, wo die Methode durch
die beigegebenen Figuren leicht verständlich wird. Die Technik ist
ziemlich schwer und die Anwendung des Verfahrens nach des Verf.
eigener Ansicht nicht in allen Fällen möglich. Zum Schluss sind
die Fälle beschrieben, bei denen die neue Methode des Verf. an-
gewendet wurde.
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1103
Eine gleiche Naht — s. Abbildung — empfiehlt R. auch zur
Radikalbehandlung des Leistenbruches (Ann. d. russ. Chirurgie 1845
Hft. 5 (Russisch), E. Siegel (Frankfurt a/M.).
15) O. Wundel. Über die Exstirpation und Resektion der
Harnblase bei Krebs.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
W. stellt 10 Fälle von Exstirpation und 57 Fälle (darunter 2
neue) von Resektion der Harnblase wegen bösartiger Geschwülste
zusammen und erörtert an Hand derselben ausführlich die Technik
und die Enderfolge der Operationen. Von den mit Blasenexstirpation
behandelten Pat. starben nicht weniger als 60% im Anschluss an
den Eingriff, und nur einer kann als dauernd geheilt betrachtet
werden; bei den resecirten Fällen betrug die Sterblichkeit nur 24,5%;
2mal erfolgte später der Tod wegen Metastasen, Limal wegen Re-
eidivs, bei 21 Operirten trat, so lange sie in Beobachtung waren,
kein Recidiv ein. Die Ursache dieser immerhin nicht sehr günstigen
Resultate sieht Verf. darin, dass die Operation noch relativ neu ist, und
viele aussichtslose Fälle operirt worden sind; bessere Erfolge dürften bei
frühzeitiger vorgenommenem radikalem Eingriff und engerer Begrenzung
der Indikationsstellung erzielt werden. Honsell (Tübingen).
16) Marckwald. Die multiple Cystenbildung in den Ureteren
und der Harnblase, sogenannte Ureteritis cystica. (Aus dem
Laboratorium des städtischen Krankenhauses in Barmen.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 33.)
Der Arbeit liegen die Ergebnisse der Untersuchung der Harn-
leiter von ca. 700 Leichen zu Grunde, von denen M. viele Tausende
von Harnleiterquerschnitten durchmustert hat. Er fasst das Resultat
seiner Beobachtungen in folgenden Sätzen zusammen:
1) Die im Ureter vorkommenden Cysten entwickeln sich zum
weitaus größten Theil aus den sogenannten v. Bumm’schen Epithel-
nestern durch Zelldegeneration; sie sind also Zerfallscysten.
2) Die »Nester« und Cysten finden sich angeboren, entstehen zum
größten Theil im extra-uterinen Leben; ihre Zahl im einzelnen Falle
ist in weiten Grenzen dem Alter ihrer Träger proportional.
3) Pathologische Dignität erlangen die Cysten durch excessives
Auftreten.
4) Entzündliche Veränderung und Infektion spielen weder bei
der Entstehung noch bei der Entwicklung der Cysten eine Rolle.
Kramer (Glogau).
17) F. Blumenfeld. Ureterenverletzungen bei Laparotomien.
(Aus der Universitäts-Frauenklinik zu München.)
{Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 31 u. 32.)
Nach Erwähnung des in der Litteratur auffindbaren kasuisti-
schen Materials theilt B. 2 Fälle von Harnleiterverletzung durch
1104 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
Unterbindung bei der Exstirpation ausgedehnt verwachsener Eier-
stockseysten mit, in denen beiden der Tod durch Peritoitins, bezw.
bei dem letzten auch durch Pyelonephritis suppurativa erfolgte, und
bespricht im Anschluss hieran die Lage der Eierstocksgeschwülste
und Myome. Die Verletzung der Harnleiter ereignet sich während
der Auslösung dieser Geschwülste besonders bei intraligamentärer
Entwicklung derselben, wodurch eine Dislokation des Harnleiters auf
verschiedene Weise vor sich gehen kann. Erstlich kann er durch
Verlagerung der Blase, bezw. des Uterus und der Blase nach der
dem Tumor nicht entsprechenden Seite des Beckens verschoben wer-
den, so dass er an eine Stelle zu liegen kommt, wo seine Gegen-
wart nicht vermuthet wird. Ein anderer Modus der Verlagerung
entsteht dadurch, dass der Uterus und mit ihm die Blase mit der
Geschwulst verwachsen ist und diese Organe nach der Geschwulst-
seite hin gezerrt werden; dadurch wird der der letzteren nicht ent-
sprechende Harnleiter nach der Mitte hin verschoben, gefährdet.
Drittens kann eine Verlagerung eines Harnleiters dadurch zu Stande
kommen, dass die Geschwulst selbst mit ihm verwächst, ihn um-
wuchert und bei ihrem Wachsthum mit sich, meist nach oben und
vorn, zerrt. Welcher Art die Verschiebungen der Harnleiter aber
auch immer sein mögen, es giebt Fälle, in denen man zweifelhaft
ist, mit was für einem Gebilde man es überhaupt zu thun hat. —
Die meisten Harnleiterverletzungen passiren bei Unterbindung der
A. uterina bezw. ihrer Aste und der von ihnen versorgten Ver-
wachsungen, ferner bei Umstechung des den Harnleiter umgebenden
Venengeflechts. — Es erhellt aus Vorstehendem, dass eine Harnleiter-
verletzung auch bei größter Vorsicht manchmal nicht vermeidbar ist,
weil die disponirenden Momente in einem Theil der Fälle in den
anatomischen Verhältnissen gelegen sind. Kramer (Glogau).
18) Becher und Lennhoff. Körperform und Lage der Nieren.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 32.)
Die Untersuchungen wurden an 24 Samoanerinnen vorgenommen
und haben, abgeschen von sonstigen interessanten Resultaten, folgendes
für die Chirurgen wichtige Ergebnis gehabt.
1) Das Vorkommen palpabler respiratorisch verschieblicher Nieren
an sich ist vom Schnüren unabhängig.
2) Ob unter physiologischen Verhältnissen eine Niere der Pal-
pation zugänglich ist oder nicht, ist von der Körperform des Indi-
viduums, in ihrer Gesammtheit betrachtet, abhängig.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
19) Ratynski. De la nephreetomie lombaire par morcellement.
(Presse med. 1897. No. 79.)
Verf. bespricht die von 'Tuffier empfohlene und ausgeführte
Operation und ihre Indikationsstellung: starke Vergrößerung der
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1105
Niere, Adhäsionen und skleröse Umbildung des Nierenparenchyms.
Die Operation wird an der Hand von 6 sehr übersichtlichen Ab-
bildungen klar beschrieben. Ein Bild zeigt eine wieder zusammen-
gesetzte Cystenniere, welche 18 einzelne Stücke aufweist, die vom
Verf. durch Morcellement gewonnen wurden.
Tschmarke (Magdeburg).
20) S. Rolando (Genua). Experimentelle Untersuchungen
über die Wirkungen der Exstirpation der Scheidenhaut auf
den Hoden.
(Sep.-Abdr. aus den Atti del III. Congresso Medico Regionale Ligure 1898.)
Verf. experimentirte an 10 Hunden derart, dass er zuerst die
Tunica vaginalis exstirpirte uud nach verschieden langen Zwischen-
räumen den betreffenden Hoden zum Zweck der Untersuchung ent-
fernte. Es ergab sich dabei folgendes Resultat: der der Scheidenhaut
beraubte Hoden ist kleiner und leichter als der normale; die Albu-
ginea ist verdickt, das interstitielle Bindegewebe des Hodens zeigt eine
kleinzellige Infiltration. Die Hodenepithelien selbst zeigen keinerlei
Andeutung von Spermatogenese; sie sind zum Theil atrophisch. Die
Lichtung des Kanälchens ist mit einer coagulirten Substanz oder mit
Zellen angefüllt oder auch zum großen Theil leer; nirgends wurden
Spermatozoen gefunden. In den später (2—3 Monate nach der
Scheidenhautwegnahme) untersuchten Fällen traten die Erscheinungen
der Spermabildung wieder auf, aber in unvollständiger Weise.
Verf. zieht aus diesen Ergebnissen den Schluss, dass man die
Scheidenhaut nur bei tiefergehenden Veränderungen derselben ex-
stirpiren soll. H. Bartsch Heidelberg).
21) E. Doyen. Technique chirurgicale. Technique chirur-
gicale générale. Opérations gynécologiques.
Paris, Masson E Cie., 1897.
Der hervorragende französische Chirurg liefert uns hier ein Werk
voller Originalität, lebendig und klar geschrieben, mit zahlreichen
trefflich gelungenen Abbildungen versehen, ein didaktisches Meister-
stück.
In der Einleitung bespricht D. die Aufgaben, Pflichten und
Rechte des Chirurgen und betont die Nothwendigkeit schnell und
sicher zu operiren. »Die Chirurgie ist eine Kunst und soll eine
Kunst bleiben.e Die Geschicklichkeit der alten Chirurgen kann
nicht durch die Antisepsis ersetzt werden, sondern soll nur ihre Er-
gänzung finden in derselben zur Verbesserung der Erfolge.
Der vorliegende Band handelt von der allgemeinen chirurgischen
Technik und den gynäkologischen Operationen.
Alles, von den Räumlichkeiten einer Klinik an bis zu den In-
strumentarium und den diagnostischen Hilfsmitteln (Röntgen-Appa-
rat etc.), wird ausführlich geschildert und abgebildet. Die Illustra-
1106 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
tionen der Instrumente bieten zugleich vom historischen Standpunkt
Interesse, in so fern sie die früheren Zeiten bis zurück zu Hippo-
krates nicht unberücksichtigt lassen.
Die gynäkologischen Operationen werden auf das genaueste be-
schrieben, ohne dass die Darstellung ermüdend wirkt, da fast jeder
Akt einer Operation illustrirt ist. Die Indikationen sind knapp und
präeis. Jeder Abschnitt giebt Zeugnis von der großen Erfahrung D.’s.
Die Methoden weichen im Großen und Ganzen nicht allzu sehr von
den in neuerer Zeit auch in Deutschland anerkannten und geübten
ab, doch ist Verf. bekanntlich auf manchen Gebieten schöpferisch
vorgegangen, und schon desshalb ist sein Werk für jeden Chirurgen
und Gynäkologen von hohem Werth.
Zu bedauern ist, dass nichts über die Erfolge berichtet wird.
Bei den plastischen Operationen an Scheide und Uterus z. B. wäre
dies von Wichtigkeit, wenn anders gewisse Methoden Dis bei uns
Nachahmung finden sollen. Bei Retroflexionen des Uterus führt Verf.
ein »Redressement vaginal de Yuterus« aus, d. h., er legt nach Ab-
lösung der Blase vom Cervix und Fröffnung der Plica vesico-uterina
frontale Nähte durch die vordere Uteruswand, welche einen ober-
halb der Plica gelegenen Punkt mit einem solchen oberhalb des
Scheidenansatzes verbinden und nach Schnürung eine Anteflexio be-
dingen sollen.
Dasselbe geschieht an der hinteren Uterusfläche, wenn eine
Anteflexio bestand. Nicht leicht wird Verf. bei den Gynäkologen
darin Beifall finden, zumal bei »Anteflexio uteri« eine solche Ope-
ration klinisch kaum indicirt sein dürfte.
Vielfach verbindet D. die verschiedenen plastischen Methoden mit
einander in einer Sitzung, wie dies übrigens auch bei uns jetzt
wohl allgemein üblich ist.
Bezüglich der Kolpotomie im Gegensatz zur Laparotomie bei
uterinen und periuterinen Leiden zieht D. im Allgemeinen den vagi-
nalen Weg vor, so fern das Volumen der Geschwulst und die Aus-
dehnung der Verwachsungen nicht zu groß erscheint. In zweifel-
haften Fällen hat die Erfahrung des Operateurs bezüglich der Wahl
des Operationsweges den Ausschlag zu geben. Bei vaginalem. Vor-
gehen ist die Kolpotomia posterior nach D. das bessere Verfahren, die
Methode der Zukunft. Führt sie nicht zum Ziel, so ist sie doch als
Explorativincision von Werth und kann sofort durch die Laparoto-
mie ergänzt werden. Zuweilen, besonders bei vollständiger eitriger
Zerstörung der inneren Genitalien, schließt sich an die Explorativ-
incision des Douglas sofort die vaginale Totalexstirpation an. Doch
zieht Verf. in schweren Fällen die einfache Entleerung der Eiterherde
vor und hat danach oft Heilung gesehen.
Die vaginale Exstirpation der Genitalien führt D., abgesehen
von der eben besprochenen Indikation und beim Carcinom und Fibro-
myom des Uterus, auch bei Prolaps der Genitalien und bei »schweren
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1107
uterinen Neuralgien« aus, nach unseren klinischen Begriffen wiederum
eine stark diskutable Indikationsstellung.
Sehr interessant ist die Darstellung der vaginalen und abdomi-
nalen Uterusexstirpation. Erstere beruht bei D. bekanntlich auf der
Anwendung von Klemmen, auf den Verzicht einer jeden präventiven
Blutstillung und auf der medianen Durchschneidung des Uterus. Bei
der abdominalen Exstirpation wendet Verf. gleichfalls keine präven-
tiven Ligaturen an, sondern löst den Uterus zunächst von dem
Scheidengewölbe und der Blase ab und durchtrennt dann erst die
Ligamente, um zum Schluss die Blutstillung zu besorgen.
Von großem Interesse endlich ist für Jeden, der diese Methode
nie gesehen, die Darstellung des Morcellements von submukösen
Uterusmyomen und der Verkleinerung größerer myomatöser Uteri
bei der vaginalen Exstirpation.
Ref. hat nur einige ihm wichtig erscheinende Punkte aus der
Fülle des großen Materials herausgehoben, im Übrigen aber empfiehlt
er jedem Operateur die genaue Lektüre des ausführlichen, nament-
lich in technischer Beziehung hoch bedeutsamen Werkes.
Pfannenstiel (Breslau).
22) H. Hartmann. La colpotomie posterieure dans le trai-
tement des annexites suppur6es.
(Ann. de gyn£col. 1898. August.)
H. hat in 23 Fällen von Beckeneiterungen, wo es sich, wie
bei eitriger Salpingitis, um einen präformirten Sack handelt, die
hintere Kolpotomie gemacht. Der unmittelbare Erfolg war in allen
Fällen günstig. 2mal musste die Incision wiederholt, 2mal später
die Kastration ausgeführt werden. Der schließliche Ausgang war
in allen Fällen Genesung.
H. hält die Kolpotomie bei Beckeneiterungen für indieirt:
1) wenn der Eitersack das Scheidengewölbe vorwölbt,
2) wenn der Sack in direkter Berührung mit der Scheide sich
befindet,
3) in allen sonstigen Fällen, wenn der Sack ein frisches Leiden
darstellt oder eine akute Verschlimmerung einer alten Affektion ist.
Man muss allerdings darauf gefasst sein, dass die Operation
wiederholt werden muss, oder dass später eine Radikaloperation noch
nöthig sein wird. Bei der Ungefährlichkeit und leichten Ausführ-
barkeit der Operation empfiehlt es sich trotzdem, sie nach den oben
erwähnten Indikationen zu versuchen, weil man in der Majorität
der Fälle damit zum Ziele kommen wird. Jaffé (Hamburg).
23) C. Monod. Sur le traitement des salpingites suppurees
par l’ineision vaginale.
(Ann. de gynecol. 1898, Juni.)
Die Behandlung der Beckeneiterungen durch die vaginale In-
eision ist in letzter Zeit wieder mehr in Aufnahme gekommen. M.
1108 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
weist darauf hin, dass es sich bei diesen Eiterungen sehr häufig um
2 verschiedene Eiterherde handelt, einen im Peritonealsack selbst,
eine Art abgesackte Pelviperitonitis, die M. als »Perisalpingitis« be-
zeichnet, und einen in den Adnexen (Tuben oder Ovarien), der als
primärer Herd aufzufassen ist. Hierauf ist bei der Operation Rück-
sicht zu nehmen, wenn man eine definitive Heilung erzielen will.
M. hat 25 derartige Fälle operirt, deren Krankengeschichten er
wiedergibt. Er trennt seine Fälle in 2 Gruppen. Die erste Gruppe
umfasst 4 Fälle eitriger Ovariosalpingitis mit seröser Perisalpingitis.
Limal handelte es sich um einseitige Erkrankung mit 16 Heilungen
und 1 Todesfall, Amal um doppelseitige Erkrankung mit 2 Heilungen
und 2 Todesfällen. M. schließt aus seinen Erfahrungen, dass die
vaginale Incision hauptsächlich bei einseitigen Beckeneiterungen in-
dicirt ist. Die erste Incision trifft nur den Inhalt des Peritonealsacks,
der entleert wird. Hiermit ist aber die Operation nicht beendet;
man hat vielmehr dann noch nach dem tiefer gelegenen primären
Eiterherd zu suchen.
Bei doppelseitiger Affektion ist die vaginale Incision in der
Regel nicht ausreichend. Immerhin kann sie zuerst als Voroperation
versucht werden, der sich erforderlichenfalls später die Exstirpation
der Gebärmutter und der Adnexe auf vaginalem oder abdominalem
Weg anzuschließen hat. Jaffé (Hamburg).
Kleinere Mittheilungen.
24) W. Bittner. Über Arrosionsblutungen aus großen Gefüßstämmen.
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 32 ff.)
3 Fälle tödlicher Arrosions- und Nachblutungen aus dem Bayer’schen Kinder-
spital in Prag geben B. Veranlassung, diese heute recht selten beobachtete Kom-
plikation näher zu besprechen. Bekanntlich sind es vor Allem die septischen und
tuberkulösen Processe, welche durch Degenerationsvorgänge in den großen Ge-
fäßBen zu Nachblutungen disponiren. Als direkte Veranlassung zur Blutung muss
dann noch ein anscheinend geringfügiges Moment hinzukommen, wie Steigerung
(Husten, Niesen u. dgl.) oder Herabsetzung des Blutdrucks (Eröffnung eines Ab-
scesses), ferner mechanische Einwirkungen, wie der Druck eines Drainrohrs, Se-
questers oder einer Kanüle; letztere bewirkt z. B. die gefürchteten Arrosions-
blutungen nach Tracheotomien.
Die von B. beobachteten Fälle sind kurz folgende:
1) 4jähriger Knabe mit tuberkulöser Brustwirbelcaries und lleopsoasabscess.
Letzterer wurde eröffnet und drainirt. Nach 14 Tagen heftige arterielle Blutung
aus der Wunde, die sich noch 2mal wiederholte und den Tod herbeiführte., Bei
der Sektion fand sich die Art. intercostalis infima dextra 2cm nach außen von
ihrem Ursprung durch Arrosion weit eröffnet.
B. gesteht zu, dass es besser sei, diese Abscesse nicht breit zu eröffnen, son-
dern die spontane Perforation abzuwarten.
Der 2. Fall betraf ein 15 Wochen altes Kind mit einem Retropharyngeal-
abscess. Da die Spaltung vom Mund aus nicht gelang, wurde der Abscess vom
Hals aus eröffnet und drainirt. Am nächsten Tage "Tod durch Verblutung aus der
Wunde. Es fand sich an der Innenwand der Carotis communis, entsprechend der
Berührungsfläche mit dem Drainrohr, eine linsengroße Perforationsöffnung.
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1109
B. zieht aus dieser Erfahrung den Schluss, dass es besser sei, falls man ge-
nöthigt ist, einen Retropharyngealabscess von außen anzugehen, das Drainrohr
fortsulassen und dafür einen Jodoformdocht oder dgl. einzuführen.
Im 3. Falle hatte ein I1jähriger Knabe Caries der obersten Hals- und untersten
Brustwirbel. Letztere hatte zu einem Senkungsabscess im Ileopsoas, erstere zu
einem Abscess im Nacken und Rachen geführt. Pat. wurde nur mit Extension
behandelt und erholte sich gut. Plötzlich erfolgte eine starke Blutung aus dem
Mund, die einem Durchbruch des Retropharyngealabscesses entstammte, sich noch
2mal wiederholte und den Pat. dahinrafite. Die Sektion ergab, dass die rechte
Arteria vertebralis direkt in eine käsige Abscesshöhle mündete und in deren Gra-
nulationen vollständig aufgegangen war.
Wenn B. am Schluss seiner Arbeit räth, tuberkulöse Senkungsabscesse nicht
breit zu spalten, sondern nur zu punktiren und mit Jodoformglycerin anzufüllen,
bezw. erst die spontane Perforation abzuwarten, so spricht er damit nur die seit
vielen Jahren bei uns herrschende Anschauung aus. Wer nach diesen Grund-
sätzen verfährt, wird Arrosionsblutungen, wie im ersten der aufgeführten Fälle,
nicht so leicht mehr zu Gesicht bekommen. Jaffé (Hamburg).
25) Schultze. A report of twenty-seven cases of pneumonia follow-
ing the inhalation of ether and chloroform.
(Med. and surg. reports of the Presbyterian Hospital in the eity of New York
1898. Januar.)
In den letzten 10 Jahren sind im Presbyterian Hospital 5724 Kranke narko-
tisirt worden, wovon 4914 mit Äther, 659 mit Chloroform, 116 mit Chloroform-
Äthermischung; von diesen haben 27 = 0,47% eine Lungenentzündung bekommen,
und zwar war bei 20 keine Operation an Zunge, Luftröhre bezw. Brust gemacht
worden, während dies bei 7 der Fall war, so dass eine »Schluckpneumonie« vor-
liegen konnte. Die Lungenentzündung trat ein nach Anwendung von Äther 17mal
mit 9 oder fast 53% Todesfällen, von Chloroform 8mal mit 87,5% Todesfällen,
endlich von Chloroform und Äther 2mal mit 2 = 100% Todesfällen. Es ergiebt
dies für Äther 0,35% Erkrankungs- und 0 ‚19% Todesfälle, für Chloroform 1,17%
Erkrankungs- und 1,02% Todesfälle; für die Mischung endlich 1,71% E rkrankungs-
und 1,71% Todesfälle; doch dürfte die kleinere Anzahl der Narkosen mit letzteren
beiden die Verhältnisse zu ihren Ungunsten verrücken.
Leider konnte nicht stets die Obduktion gemacht, und nur in einigen Fällen
festgestellt werden, dass die Entwicklung der Pneumonie nicht etwa durch em-
bolische Vorgänge von der Wunde aus bewirkt sein konnte. Es fehlt somit häufig
ein anatomischer Anhalt für die Entstehung der Lungenentzündung als Folge der
Narkose, während klinisch in den meisten Fällen Grund zur Annahme dieser Ätio-
logie vorzuliegen schien. Lühe (Königsberg i/Pr.).
26) Wilmans. Tuberkulöse Lymphome der Mesenterialdrüsen mit
Milzmetastasen nach einem Trauma.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 8.)
Am 8. Mai 1898 kam ein 62jähriger Krahnführer T. zum Verf. in Behandlung.
Pat. giebt an, in 3 Wochen 20 Pfund abgenommen zu haben, er leide an Schwäche,
Kopfschmerz, Schwindel und Durchfällen. Es finden sich sehr große, palpable
Milz, Temperatur 39°, aufgetriebener Leib, dikroter Puls von 80 Frequens, und
Roseolen. Bei gleichbleibendem Krankheitsbild am 1. Juni 1898 Tod. Der Fall
wurde von 3 Ärzten zweifellos als Typhus abdominalis angesprochen und dem
entsprechend behandelt. Ein von dem Verstorbenen öfters erwähnter Unfall in
Gestalt eines derben Schlages gegen den Unterleib am Anfang April wird bei dem
scheinbar zweifellosen Typhusbild nicht beachtet. Die Sektion ergab nun aber
keine Spur von Typhus, sondern tuberkulöse Lymphome der Gekrösdrüsen mit
Metastasen in der 3fach vergrößerten Milz. Sonst war nichts Pathologisches auf-
zufinden. Nunmehr angestellte genaue Erhebungen ergeben das Einsetzen der
1110 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
krankhaften Erscheinungen vom Tage der Verletzung an. Auch sitzen die Lym-
phome genau an der Stelle, wo der heftige Schlag des Krahnhebels getroffen hatte.
Verf. nimmt an, dass die Tuberkelbacillen vom Darm aus in das Lymphsystem
eingewandert seien. Die Berufsgenossenschaft bewilligte anstandslos die Hinter-
bliebenenrente. Erwähnt sei noch, dass die am 10. Beobachtungstag angestellte
Widal’sche Reaktion negativ ausgefallen ist. Teubner (Hannover).
27) Palleroni. Sopra un caso di resezione di fegato per estirpazione
totale di cisti da echinococco.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 94.)
Die 55 Jahre alte Kranke empfand seit 13 Jahren Schmerzen in der rechten
Seite. Seit einem Jahre war dort eine auf Druck schmerzhafte Geschwulst fühlbar.
Dieselbe war rund, hühnereigroß, von glatter Oberfläche und gab dumpfen Schall
bei der Perkussion. Bei lumbo-abdominaler Palpation erhielt man das Gefühl des
Ballottements nur undeutlich. Nach unten war die Geschwulst wenig beweglich,
sie war aber mit der Athmung verschieblich. Vor 25 Jahren hatte einmal 8 Tage
lang ohne weitere Beschwerden Ikterus bestanden. Die Diagnose schwankte zwi-
schen einer Wanderniere und einer Lebergeschwulst. Nach Eröffnung der Bauch-
höhle wurde eine zu 2/3 in der Leber verborgene Geschwulst gefunden. Verwach-
sungen mit der Gallenblase wurden gelöst, alsdann wurde die Geschwulst aus der
Leber ausgeschält unter Stillung der Blutung mittels Pincetten und Tamponade.
17 Seidennähte schließen die Leberwunde. Nach 20tägiger fieberloser Heilung
verließ die Kranke das Bett. Die Geschwulst erwies sich als eine Echinokokken-
cyste. Die Weichheit des Leberparenchyms und die Dünne der Glisson’schen
Kapsel erschweren die Lebernaht, machen sie aber nicht unmöglich. Sehr er-
leichtert wurde der Eingriff durch provisorische, durch die Leber gelegte Nähte,
mit welchen dieselbe von einem Assistenten in die Höhe gezogen wurde. Nach
der Operation wurden sie entfernt. Dreyer (Köln).
28) M. H. Richardson (Boston). Acute inflammation of the gall-
bladder.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.)
R. veröffentlicht eine interessante Kasuistik von 10 Fällen akuter Cholecystitis,
bei denen die Steine nur eine untergeordnete Rolle spielten. Als Krankheits-
erreger wurden nachgewiesen der Colibacillus, Typhusbacillus, Kokken und Misch-
infektionen. In einem Falle handelte es sich um völlige Nekrose der Gallenblase.
R. hebt die Schwierigkeit der richtigen Diagnose hervor, da in manchen Fällen
ein Abscess am Rippenrund, der Spitze der 10. Rippe entsprechend, vorgetäuscht
werden kann; in anderen Füllen kommt eine akute Entzündung des Wurmfortsatzes
oder akuter Darmverschluss, entzündlicher Process in der Niere, akute Pankreatitis,
maligner Tumor, Stieldrehung einer Geschwulst diflerentialdiagnostisch in Betracht.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
29) Meyer, Uber disseminirte Fettgewebsnekrose.
(Zeitschrift für praktische Arzte 1898. No. 8.)
Es wird über eine 26jährige Pat. aus dem Allerheiligen-Hospital zu Breslau
berichtet, welche unter den Erscheinungen des Ileus erkrankt war. In der linken
Seite des Bauches lässt sich auch in Narkose eine diffuse Resistenz nachweisen.
Bei der daraufhin vorgenommenen Laparotomie findet sich am Darm, abgesehen
davon, dass er theils injicirt, geröthet, gebläht, theils kollabirt ist, nichts Patho-
logisches. Beim Zurückschlagen des großen Netzes hingegen findet sich dasselbe
besät von einer Reihe weißer, stecknadelkopf- bis linsengroßer, konsistenter Herde,
welche sich leicht aus ihrer Umgebung herauslösen ließen. -Die mikroskopische
Untersuchung ergab, dass dieselben aus Detritus mit reichlichen eingelagerten Öl-
tröpfchen bestanden. 2 Tage nach der Operation Tod — wesshalb wird nicht
mitgetheilt —; die Sektion bestätigte die Diagnose.
K. Hufschmid (Gleiwitz O/S.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1111
30) F. Spaeth (Hamburg). Mesenteriale Chyluscyste, ein Ovarial-
kystom vortäuschend.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 34.)
Die Cyste fand sich bei der 39jährigen fettleibigen Frau in der Mitte zwischen
Nabel und Symphyse als 2faustgroße, sehr bewegliche, aber nur wenig in das
kleine Becken verschiebliche Geschwulst und wurde bei der Operation aus der
Radix mesenterii hervorgehend gefunden. Die Ausschälung gelang vollständig‘;
das ziemlich tief in das Gekröse hineinreichende Geschwulstbett wurde durch
Katgutnähte vollständig geschlossen. Heilung.
Die Cyste, deren Inhalt eine chylöse Flüssigkeit von grünlichgelber Farbe dar-
stellte, hatte eine mit glatten Muskel- und elastischen Fasern durchsetzte binde-
gewebige Hülle, die von zelligen Elementen durchsät und innen mit gewucherten
und verfetteten Endothelien bekleidet war.
Im Anschluss an den Fall, der die 12. Beobachtung von Mesenterialcysten ist,
wird die Differentialdiagnose der letzteren gegenüber Ovarialeysten, retroperito-
nealen Cysten ete. besprochen. Kramer (Glogau).
31) Froelich (Nancy). Deux cas de restauration de l’uretre chez la
femme; procédé nouveau.
(Presse méd. 1897. No. 92.)
Bei beiden Fällen handelte es sich um völlige Obliteration der Harnröhre und
große Blasen-Scheidenfistel in Folge Gangrän nach lang dauernder, schwieriger
Geburt. Das Verfahren des Verf. besteht im Wesentlichen darin, dass mit einem
Trokar ungefähr in der Richtung der alten Harnröhre unterhalb der Symphyse
eine neue Harnröhre geschaffen wird; der Trokar bleibt einige Tage liegen. Daran
schließt sich der Schluss der Blasen-Scheidenfistel; Verweilkatheter. — Beide
Kranke erhielten ihre volle Kontinenz und spontane Miktion wieder. Der neue
Kanal, welcher durch Narbengewebe hindurchführt, ist ähnlichen Verhältnissen
unterworfen, wie die Harnröhre des Mannes nach Urethrotomia externa. Die in
dem Narbengewebe eingeschlossenen Reste von Muskeln übernehmen die Funktion
eines Sphinkters. Natürlich müssen die Frauen regelmäßig katheterisirt oder
bougirt werden, weil das Narbengewebe die Neigung hat, sich zusammenzuziehen.
In beiden Fällen war übrigens die äußere Harnröhrenmündung noch in Form
eines seichten, mit Schleimhaut überzogenen Grübehens erkennbar, von wo aus
der Trokar auch eingestoßen wurde. Tschmarke (Magdeburg).
32) M. Lübbe. Excisio stricturae urethrae.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIIL p. 600.)
Nach kurzer Umschau in der einschlägigen Litteratur wird über 5 von
C. Lauenstein im Hamburger Seemannskrankenhaus operirte Fälle berichtet.
4 Fälle betreffen gonorrhoische Strikturen bei Leuten in den 30er Jahren, 1 Fall
einen 62jährigen Zimmermann, dessen Striktur vielleicht auf eine vor 15 Jahren
erlittene Verletzung am Damm zurückzuführen ist. Die Länge der exeidirten
Strikturen betrug 1—3 cm. In 4 Fällen wurden die Harnröhrenstümpfe durch das
periurethrale Gewebe mitfassende Nähte einander thunlichst nahe gebracht, die
Damm-Weichtheilwunde übrigens nie ganz geschlossen, stets aber ein weicher
Verweilkatheter vom Penis aus eingeführt. Verlauf nie ganz aseptisch, Heilungs-
dauer 6 Wochen bis 3 Monate. Bei der Entlassung konnten sich die Leute mit
dicken Sonden selbst bougieren. Über ihr späteres Ergehen fehlen Nachrichten.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
33) Sanesi. Incisione termogalvanica nella cura dell’ ipertrofia della
G prostata.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 115.)
Verf. hat die Bottini’sche Operation an 3 Kranken ausgeführt. Dieselbe
hatte niemals schädliche Folgen. Die Kranken waren 62, 70 und 90 Jahre alt,
und der Allgemeinzustand war Imal ein sehr schlechter. Auch bei Wiederholung
1112 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
der Operation traten keine Störungen auf. Ob nun die Ischurie erst kürzere Zeit
oder schon länger bestand, war für den günstigen Einfluss des Eingriffs ohne Be-
deutung. Nur excessive Dehnungen der Blase und starke Volumenverminderung
derselben machen alle Versuche von vorn herein aussichtslos. Unter günstigen
Umständen kann das Resultat der Operation schon sehr schnell, nach 1—2 Stunden,
eintreten und dauernd bleiben oder nach einer Remission — 6 Tage lang bestand
‚wieder Retention — zurückkehren. Es ist zweckmäßig, dass der Finger eines
Assistenten während der Operation im Mastdarm liegt, um den hypertrophischen
Lappen dem konkaven Ende des Incisors entgegenzudrücken und die Applikation
des Ingtruments zu kontrolliren. Die Technik ist leicht, der Eingriff unschädlich.
Da keine Narkose erforderlich ist — nicht einmal lokale Cocaininjektionen sind
immer nöthig — so kann auch noch in Fällen operirt werden, die eine Narkose
nicht mehr gestatten. Dreyer (Köln).
34) O. Simon. Zur Behandlung der Prostatahypertrophie mit der
Bottini’schen Operation.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hit. 8.)
8. giebt die Resultate, die in der Czerny’schen Klinik in Heidelberg mit
dem Bottini’schen galvanokaustischen Instrument bei Prostatahypertrophie erzielt
worden sind.
Die Operation wurde bei 8 Pat. 11mal vorgenommen. 3mal versagte die Ope-
ration, 4 Pat. wurden geheilt, einer bedeutend gebessert. Unter den geheilten Pat.
befanden sich 2 mit chronisch kompleter, 1 mit chronisch inkompleter Retention.
imal wurde in Chloroformnarkose, 5mal unter lokaler Cocainwirkung operirt.
Zur Anwendung kam das Bottini’sche Instrumentarium; die Einschnitte
wurden mit einer Stromstärke, die schwache Weißgluth des Platinbrenners hervor-
rief, begonnen. Allmählich wurde der Strom dann verstärkt. Zuerst wurde nur
eine Incision direkt nach hinten, in späteren Fällen wurden mehrfache radiäre
Einschnitte gemacht.
Die Resultate ermuntern zu ausgedehnterer Anwendung, um so mehr, als
die Operation leicht ausführbar ist, den Pat. nur geringe Schmerzen verursacht
und keine üblen Folgen mit sich bringt. F. Krumm (Karlsruhe).
35) @. B. Schmidt (Heidelberg). Über den Abgang von Knochen-
fragmenten durch die Harnwege.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 29.)
Während Knochenfragmente nach Verletzungen des Beckens nicht ganz selten
in die Blase oder Harnröhre gelangen, ist dies von Sequestern, welche das End-
produkt akuter oder chronischer entzündlicher Processe des Beckenrings waren,
nur in wenigen Fällen beobachtet worden. Verf. fügt diesen 11 zwei weitere hinzu,
in deren erstem der Sequester in die Harnröhre durchgebrochen, in ihr stecken ge-
blieben war und, ohne dass es zu Urininfiltration kam, su Harnverhaltung in der
Blase geführt hatte; durch Urethrotomia externa wurde der 1,3 cm lange Knochen
entfernt. Wührend bei diesem Pat. der Sequester einem akut periostitischen,
bezw. osteomyelitischen Process am Schambein entstammte, rührte er in dem
2. Falle anscheinend von einer tuberkulösen Eiterung her, war in die Blase durch-
gebrochen und aus dieser mit dem Urinstrahl spontan entleert worden.
Die übrigen in der Litteratur auffindbaren Fälle werden von S. mitgetheilt.
Kramer (Glogau).
Orizinalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt =
CHIRUR GIE
KEE
Leben F Kii Lis
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
EE
Wöchentlich eine Nummer. . Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 45. Sonnabend, den 12. November. 1898.
Inhalt: 1) Kirstein, Ösophagoskopie. — 2) Russel, Speiseröhrenstriktur. — 3) Jeannel,
Darmchirurgie. — 4) Delagénière, Bauchhöblendrainage. — 5) Eichel, 6) Schmitt, Unter-
leibsverletzungen. — 7) und 8) Beck, 9) Brun, 10) Briddon, Appendicitis. — 11) Jafté,
Bauchfelltuberkulose. — 12) Kocher, Herniendisposition. — 13) Selcke, 14) Hiller,
15) Phocas, Hernien. — 16) Starck, Magendurchleuchtung. — 17) Bettmann, Gestalt
des Magens. — 18) Trofimow, Gastrostomie. — 19) Paul, 20) Monprofit, Pylorusenge.
— 21) Parozzoni, Magenresektion. — 22) Peham, Gastroenterostomie. — 23) Borellus,
Murphyknopf.
24) Abramowitsch, 25) Kanzel und Okladnych, Oesophagotomia ext. — 26) Brault
und Rouger, Falsche Bauchgeschwülste. — 27) Stoops, Eitrige Peritonitis. — 25) Elliot,
29) Rendu, 30) Glantenay, 31) Berthier und Milian, 32) af Schulten, 33) Carlston,
Appendicitis. — 34) Sternberg, 35) Tuffier, 36) Muchard, 37) Vincent, 38) Souligoux,
39) Lebensohn, Hernien. — 40) Fick, Endotheliom und Carcinom des Magens. —
41) Schwarz, 42) Rommerskirch, 43) Meyer, 44) Monprofit, 45) Schlatter, 46) Kövesi,
Zur Chirurgie des Magens. — 47) Frank, Geheilte Carcinomfälle. — 48) Schmidt, In-
vagination des Colons nach Pylorusresektion.
1) Kirstein. Über Ösophagoskopic.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 27.)
K. untersucht mit dem Ösophagoskop zumeist am sitzenden, statt
am liegenden Pat., verzichtet gewöhnlich auf die Cocainisirung und
führt den Tubus unter Leitung des Auges ein, nachdem er sich den
Ösophaguseingang mit dem Zungenspatel freigelegt hat. K. hebt den
Unterschied des während der Einführung zu überwindenden mecha-
nischen Widerstandes bei den einzelnen vollständig normalen Indivi-
duen hervor, welcher durch die individuell verschiedene Beschaffenheit
und Anheftung der Zunge bedingt ist. Durch autoskopische Unter-
suchung, d. h. durch Untersuchung mit dem Zungenspatel lässt sich
nach Ris Erfahrung bei jedem Menschen im Voraus feststellen, zu
welcher Ösophagoskopirbarkeitsklasse er gehört. Soll die mediane
Ösophagoskopie glatt von statten gehen, so muss wenigstens ein Stück-
45
1114 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
chen der Stimmbänder autoskopirbar sein. Nach Verf.s Schätzung
fehlt einem Viertel der erwachsenen Menschen die anatomische Dis-
position zur Ösophagoskopie. Gold (Bielitz).
2) J. C. Russel. Diagnosis and treatment of spasmodic
stricture of the oesophagus.
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.)
R. hat im Laufe von 1t Jahren mehrfach eine Strikturform
der Speiseröhre zu Gesicht bekommen, welche durch einen Muskel-
krampf am unteren Ende des Rohres entweder an der Cardia selbst
oder dicht oberhalb derselben hervorgerufen wird. Die Haupt-
symptome sind die einer gewöhnlichen Striktur — Regurgitiren der
Nahrung, Undurchgängigkeit fester Speisen etc. Häufig wird eine
Erkrankung des Magens angenommen. Bougiebehandlung ist bei
dieser Strikturform erfolglos. R. hat durch Dehnung der Striktur
mittels eines an einer Ösophagussonde befestigten Dilatators, der in
kollabirtem Zustand eingeführt und ähnlich der Trendelenburg-
schen Tamponkanüle in der Striktur aufgeblasen werden konnte, in
4 Fällen Heilung, Imal Besserung erzielt; 2 Pat. entzogen sich der
Behandlung. Bei Erfolglosigkeit dieser Behandlung käme die Deh-
nung nach Gastrostomie dem Vorschlag Loreta’s entsprechend in
Frage. F. Krumm (Karlsruhe).
3) M. Jeannel. Chirurgie de l'intestin.
Paris, Institut de bibliographie scientifique 1898. 409 S.
Gut ausgestattetes Nachschlagebuch, enthaltend eine möglichst
vollständige Übersicht der bisher bekannten »Procedes« in der
Chirurgie des Darmes, mit Ausschluss des Rectums. Zum Referat
nicht geeignet. Kollegen, welche sich über diese oder jene Operation
am Darmkanal informiren wollen, werden das Buch mit Vortheil
gebrauchen. H. Lindner (Berlin).
4) Delageniöre (Le Mans). Nouvelle technique de drainage
de la cavité periton&ale.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 5.)
Da die Entfernung der Tampons nach Mikulicz oft nicht ohne
große Schmerzen für den Pat. vor sich geht, auch eine zu große
Öffnung in den Bauchdecken gelassen werden muss, durch welche
bei der Herausnahme manchmal Netz- oder Darmtheile vorfallen, so
empfiehlt D. eine Drainage, die mit dem Docht einer Spirituslampe
vergleichbar ist. Er lässt lange Streifen hydrophiler Gaze durch
eine je nach der Dicke der Bauchdecken 8—12 cm lange, im Durch-
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1115
messer 15—20 mm haltende Metallhülse, deren untere Hälfte durch-
löchert ist, in die Peritonealhöhle ziehen. Die Bauchdecken können
eng um dieselbe herum geschlossen werden. Um einen besonders
großen Theil der Bauchhöhle zu isoliren, ist gelegentlich ein zweiter
derartiger Drain in eine Gegenöffnung zu legen. Die Metallhülsen
sind solid, leicht sterilisirbar. Bezüglich der Zeit der Entfernung
kommen dieselben Gesichtspunkte in Betracht wie für die Mikulicz-
Drainage. P. Stolper (Breslau).
5) Eichel. Klinischer und experimenteller Beitrag zur Lehre
von den subkutanen Darm- und Mesenteriumverletzungen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Die Arbeit enthält einen genauen Bericht über 5 Fälle von sub-
kutanen Darm- und Gekrösverletzungen, von denen 2 nicht operirt
(beide gestorben), 3 operirt worden waren (1 gerettet, 2 gestorben).
Aus zahlreichen Thierexperimenten schließt Verf., dass die Schwere
der Verletzung anscheinend weniger von der Schwere der Gewalt-
einwirkung, vielmehr wesentlich von der Richtung dieser (Pressung
des Darmes gegen die Wirbelsäule), wie von dem Spannungszustand
und der Dicke der Bauchdecken abhängig sei. In diagnostischer
Hinsicht wird betont, dass eine sichere Diagnose auf eine einmalige
Untersuchung hin kaum zu stellen sei; wichtig wäre vor Allem eine
Änderung in Zahl und Qualität der Pulsschläge; wer aber auf »Zei-
chen beginnender Peritonitis< warten wolle, der werde immer bei der
Laparotomie bereits eine ausgebildete, schwerste allgemeine Peri-
tonitis vor sich haben. Honsell Tübingen).
6) A. Schmitt. Über Verletzungen des Unterleibs durch
stumpfe Gewalt. (Aus der kgl. chirurgischen Klinik zu
München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 28 u. 29.)
Verf. bespricht in der Arbeit zunächst nur die Darmverletzungen
in Folge von Bauchkontusionen und giebt 8 in der Münchener Klinik
beobachtete interessante Fälle wieder, von denen nur in einem ein ope-
45*
1112 Centralblatt für Chirurgie. No. 44.
der Operation traten keine Störungen auf. Ob nun die Ischurie erst kürzere Zeit
oder schon länger bestand, war für den günstigen Einfluss des Eingriffs ohne Be-
deutung. Nur excessive Dehnungen der Blase und starke Volumenverminderung
derselben machen alle Versuche von vorn herein aussichtslos. Unter günstigen
Umständen kann das Resultat der Operation schon sehr schnell, nach 1—2 Stunden,
eintreten und dauernd bleiben oder nach einer Remission — 6 Tage lang bestand
‚wieder Retention — zurückkehren. Es ist zweckmäßig, dass der Finger eines
Assistenten während der Operation im Mastdarm liegt, um den hypertrophischen
Lappen dem konkaven Ende des Ineisors entgegenzudrücken und die Applikation
des Ingtruments zu kontrolliren. Die Technik ist leicht, der Eingriff unschädlich.
Da keine Narkose erforderlich ist — nicht einmal lokale Cocaininjektionen sind
immer nöthig — so kann auch noch in Fällen operirt werden, die eine Narkose
nicht mehr gestatten. Dreyer (Köln).
34) O. Simon. Zur Behandlung der Prostatahypertrophie mit der
Bottini’schen Operation.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 8.)
8. giebt die Resultate, die in der Czerny’schen Klinik in Heidelberg mit
dem Bottini’schen galvanokaustischen Instrument bei Prostatahypertrophie erzielt
worden sind.
Die Operation wurde bei 8 Pat. Ilmal vorgenommen. 3mal versagte die Ope-
ration, 4 Pat. wurden geheilt, einer bedeutend gebessert. Unter den geheilten Pat.
befanden sich 2 mit chronisch kompleter, 1 mit chronisch inkompleter Retention.
imal wurde in Chloroformnarkose, 5mal unter lokaler Cocainwirkung operirt.
Zur Anwendung kam das Bottini’sche Instrumentarium; die Einschnitte
wurden mit einer Stromstärke, die schwache Weißgluth des Platinbrenners hervor-
rief, begonnen. Allmählich wurde der Strom dann verstärkt. Zuerst wurde nur
eine Incision direkt nach hinten, in späteren Fällen wurden mehrfache radiäre
Einschnitte gemacht.
Die Resultate ermuntern zu ausgedehnterer Anwendung, um so mehr, als
die Operation leicht ausführbar ist, den Pat. nur geringe Schmerzen verursacht
und keine üblen Folgen mit sich bringt. F. Krumm (Karlsruhe).
35) G. B. Schmidt (Heidelberg). Über den Abgang von Knochen-
fragmenten durch die Harnwege. _
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 29.)
Während Knochenfragmente nach Verletzungen des Beckens nicht ganz selten
in die Blase oder Harnröhre gelangen, ist dies von Sequestern, welche das End-
produkt akuter oder chronischer entzündlicher Processe des Beckenrings waren,
nur in wenigen Fällen beobachtet worden. Verf. fügt diesen 11 zwei weitere hinzu,
in deren erstem der Sequester in die Harnröhre durchgebrochen, in ihr stecken ge-
blieben war und, ohne dass es zu Urininfiltration kam, zu Harnverhaltung in der
Blase geführt hatte; durch Urethrotomia externa wurde der 1,3 cm lange Knochen
entfernt. Während bei diesem Pat. der Sequester einem akut periostitischen,
bezw. osteomyelitischen Process am Schambein entstammte, rührte er in dem
2. Falle anscheinend von einer tuberkulösen Eiterung her, war in die Blase durch-
gebrochen und aus dieser mit dem Urinstrahl spontan entleert worden.
Die übrigen in der Litteratur auffindbaren Fälle werden von S. mitgetheilt.
Kramer (Glogau).
S
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
—
Druck und Verlag von Breitkopf & Hārtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. mme, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
—— n
Wöchentlich eine Nummer. ` Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 45. Sonnabend, den 12. November. 1898,
‚hie it de
15 BES
Inhalt: 1) Kirstein, Ösophagoskopie. — 2) Russel, Speiseröhrenstriktur. — 3) Jeannel,
Darmchirurgie. — 4) Delag6nidre, Bauchhöblendrainage. — 5) Eichel, 6) Schmitt, Unter-
leibsverletzungen. — 7) und 8) Beck, 9) Brun, 10) Briddon, Appendicitis. — 11) Jaffé,
Bauchfelltuberkulose. — 12) Kocher, Herniendisposition. — 13) Selcke, 14) Hiller,
15) Phocas, Hernien. — 16) Starck, Magendurchleuchtung. — 17) Bettmann, Gestalt
des Magens. — 18) Trofimow, Gastrostomie. — 19) Paul, 20) Monprofit, Pylorusenge.
— 21) Parozzonl, Magenresektion. — 22) Peham, Gastroenterostomie. — 23) Borellus,
Murphyknopf.
24) Abramowitsch, 25) Kanzel und Okladnych, Oesophagotomia ext. — 26) Brault
und Rouger, Falsche Bauchgeschwülste. — 27) Stoops, Eitrige Peritonitis. — 23) Elliot,
29) Rendu, 30) Glantenay, 31) Berthier und Milian, 32) af Schulten, 33) Carlston,
Appendicitis. — 34) Sternberg, 35) Tuffier, 36) Muchard, 37) Vincent, 38) Souligoux,
39) Lebensohn, Hernien. — 40) Fick, Endotheliom und Carcinom des Magens. —
41) Schwarz, 42) Rommerskirch, 43) Meyer, 44) Monprofit, 45) Schlatter, 46) Kövesi,
Zur Chirurgie des Magens. — 47) Frank, Geheilte Carcinomfälle. — 48) Schmidt, In-
ragination des Colons nach Pylorusresektion.
1) Kirstein. Über Ösophagoskopie.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 27.)
.K. untersucht mit dem Ösophagoskop zumeist am sitzenden, statt
am liegenden Pat., verzichtet gewöhnlich auf die Cocainisirung und
führt den Tubus unter Leitung des Auges ein, nachdem er sich den
Ösophaguseingang mit dem Zungenspatel freigelegt hat. K. hebt den
Unterschied des während der Kinführung zu überwindenden mecha-
nischen Widerstandes bei den einzelnen vollständig normalen Indivi-
duen hervor, welcher durch die individuell verschiedene Beschaffenheit
und Anbetung der Zunge bedingt ist. Durch autoskopische Unter-
suchung, d. h. durch Untersuchung mit dem Zungenspatel lässt sich
nach K.’s Erfahrung bei jedem Menschen im Voraus feststellen, zu
welcher Ösophagoskopirbarkeitsklasse er gehört. Soll die mediane
Ösophagoskopie glatt von statten gehen, so muss wenigstens ein Stück-
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1114 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
chen der Stimmbänder autoskopirbar sein. Nach Verf.s Schätzung
fehlt einem Viertel der erwachsenen Menschen die anatomische Dis-
position zur Ösophagoskopie. Gold (Bielitz).
2) J. C. Russel. Diagnosis and treatment of spasmodic
stricture of the oesophagus.
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.)
R. hat im Laufe von 11 Jahren mehrfach eine Strikturform
der Speiseröhre zu Gesicht bekommen, welche durch einen Muskel-
krampf am unteren Ende des Rohres entweder an der Cardia selbst
oder dicht oberhalb derselben hervorgerufen wird. Die Haupt-
symptome sind die einer gewöhnlichen Striktur — Regurgitiren der
Nahrung, Undurchgängigkeit fester Speisen etc. Häufig wird eine
Erkrankung des Magens angenommen. Bougiebehandlung ist bei
dieser Strikturform erfolglos. R. hat durch Dehnung der Striktur
mittels eines an einer Ösophagussonde befestigten Dilatators, der in
kollabirtem Zustand eingeführt und ähnlich der Trendelenburg-
schen Tamponkanüle in der Striktur aufgeblasen werden konnte, in
4 Fällen Heilung, (mal Besserung erzielt; 2 Pat. entzogen sich der
Behandlung. Bei Erfolglosigkeit dieser Behandlung käme die Deh-
nung nach Gastrostomie dem Vorschlag Loreta’s entsprechend in
Frage. F. Krumm (Karlsruhe).
3) M. Jeannel. Chirurgie de l’intestin.
Paris, Institut de bibliographie scientifique 1898. 409 S.
Gut ausgestattetes Nachschlagebuch, enthaltend eine möglichst
vollständige Übersicht der bisher bekannten »Procedes« in der
Chirurgie des Darmes, mit Ausschluss des Rectums. Zum Referat
nicht geeignet. Kollegen, welche sich über diese oder jene Operation
am Darmkanal informiren wollen, werden das Buch mit Vortheil
gebrauchen. Re H. Lindner (Berlin).
4) Delagöniöre (Le Mans). Nouvelle technique de drainage
de la cavité peritoneale.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 5.)
Da die Entfernung der Tampons nach Mikulicz oft nicht ohne
große Schmerzen für den Pat. vor sich geht, auch eine zu große
Öffnung in den Bauchdecken gelassen werden muss, durch welche
bei der Herausnahme manchmal Netz- oder Daımtheile vorfallen, so
empfiehlt D. eine Drainage, die mit dem Docht einer Spirituslampe
vergleichbar ist. Er lässt lange Streifen hydrophiler Gaze durch
eine je nach der Dicke der Bauchdecken 8—12 cm lange, im Durch-
EEE =
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1115
messer 15—20 mm haltende Metallhülse, deren untere Hälfte durch-
löchert ist, in die Peritonealhöhle ziehen. Die Bauchdecken können
eng um dieselbe herum geschlossen werden. Um einen besonders
großen Theil der Bauchhöhle zu isoliren, ist gelegentlich ein zweiter
derartiger Drain in eine Gegenöffnung zu legen. Die Metallhülsen
sind solid, leicht sterilisirbar. Bezüglich der Zeit der Entfernung
kommen dieselben Gesichtspunkte in Betracht wie für die Mikulicz-
Drainage. P. Stolper (Breslau).
5) Eichel. Klinischer und experimenteller Beitrag zur Lehre
von den subkutanen Darm- und Mesenteriumverletzungen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Die Arbeit enthält einen genauen Bericht über 5 Fälle von sub-
kutanen Darm- und Gekrösverletzungen, von denen 2 nicht operirt
(beide gestorben), 3 operirt worden waren (1 gerettet, 2 gestorben).
Aus zahlreichen Thierexperimenten schließt Verf., dass die Schwere
der Verletzung anscheinend weniger von der Schwere der Gewalt-
einwirkung, vielmehr wesentlich von der Richtung dieser (Pressung
des Darmes gegen die Wirbelsäule), wie von dem Spannungszustand
und der Dicke der Bauchdecken abhängig sei. In diagnostischer
Hinsicht wird betont, dass eine sichere Diagnose auf eine einmalige
Untersuchung hin kaum zu stellen sei; wichtig wäre vor Allem eine
Änderung in Zahl und Qualität der Pulsschläge; wer aber auf »Zei-
chen beginnender Peritonitis« warten wolle, der werde immer bei der
Laparotomie bereits eine ausgebildete, schwerste allgemeine Peri-
tonitis vor sich haben. Honsell Tübingen).
6) A. Schmitt. Über Verletzungen des Unterleibs durch
stumpfe Gewalt. (Aus der kgl. chirurgischen Klinik zu
München.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 28 u. 29.)
Verf. bespricht in der Arbeit zunächst nur die Darmverletzungen
in Folge von Bauchkontusionen und giebt 8 in der Münchener Klinik
beobachtete interessante Fälle wieder, von denen nur in einem ein ope-
EN
1116 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
rativer Eingriff unterblieb, während er in den übrigen, je Imal 9,
bezw. 11 Stunden nach der Gewalteinwirkung, sonst wesentlich später
zur Ausführung gelangte. Von den 8 Pat., bei denen fast stets an
umschriebener Stelle den Leib treffende Gewalten eingewirkt, konnte
nur der eine, 9 Stunden nach der Verletzung Operirte, gerettet werden,
die anderen gingen sämmtlich zu Grunde. Indem S. die Art. der
Verletzungen, ihren Sitz, ihre Zahl, ihre Entstehungsweise schildert,
die Symptome derselben und ihrer Folgezustände auf Grund jenes
selbst beobachteten Materials und anderer litterarischen Arbeiten
sorgfältig hervorhebt, kommt auch er zu dem Schluss, dass die früh-
zeitige Diagnose der Kontusionirungen der Darmwand nur durch
eine eventuell unter Lokalanästhesie auszuführende Probelaparotomie
gesichert werden könne, während die übrigen diagnostischen Me-
thoden höchstens eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose ermöglichen. Am
werthvollsten für letztere erscheint ihm unter den Symptomen der
Befund einer auffallend umschriebenen, scharf lokalisirten Schmerz-
haftigkeit am Leibe und einer dieser Stelle entsprechenden, genau
umschriebenen Zone hochtympanitischen Schalles. Die weiteren
Darlegungen erläutern zugleich an der Hand der Statistik die Er-
folge möglichst frühzeitiger Operation und die Art der operativen
Technik. Kramer (Glogau).
7) C. Beck (New York). Appendicitis.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 221. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
In der Abhandlung, welche sich wesentlich auf eigene, an
207 Appendicitisoperationen gewonnene Erfahrungen Ri stützt, schil-
dert Verf. zunächst die Ätiologie der »auf bakterieller Infektion be-
ruhenden Entzündung des Wurmfortsatzese. Indem er die Frage
offen lässt, ob sie der Invasion einer specifischen Bakterienart oder
dem Zusammenwirken zweier oder mehrerer Arten ihre Entstehung
verdanke, bespricht er einige der Gelegenheitsursachen, welche zu
Cirkulationsstörungen, zu Abrasion der Schleimhaut im Processus
vermiformis Veranlassung geben können, und macht darauf aufmerk-
sam, dass er in einigen Fällen für jene das Bestehen einer rechts-
seitigen Wanderniere, welche den nach hinten gerichteten Wurm-
fortsatz gegen das Darm bein andrückte, verantwortlich machen konnte,
während er wirkliche Fremdkörper nur 2mal, Kothsteinchenkonkre-
mente dagegen 42 mal vorfand. Im Weiteren werden die verschiedenen
anatomischen Formen und Folgezustände der akuten und chronischen
Appendicitis, auch hinsichtlich ihrer Entwicklung, übersichtlich ge-
schildert, einige Beobachtungen primärer oder als Theilerscheinung
allgemeiner Tuberkulose auftretender tuberkulöser Appendicitis er-
wähnt, und bei der Besprechung der Symptomatologie eindringlich
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1117
die Beachtung der oft seit Jahren dauernden vagen Symptome als
Wirkungen einer wirklich bestehenden chronischen Appendicitis,
deren akute Exacerbation erst auf die Erkrankung aufmerksam macht,
empfohlen. Solcher Empfehlung ist gleichfalls werth die Erfahrung
Bis, dass kaum in der Hälfte der Fälle das klinische Bild der Ap-
pendicitis im Frühstadium so scharf ausgeprägt erscheint, dass daraus
ein Schluss auf die Bedeutung der pathologischen Veränderung zu
ziehen wäre; charakteristische Fälle illustriren diese Erfahrung, wie
die.Schwierigkeit richtiger Diagnose und die verschiedenen Möglich-
keiten diagnostischer Irrthümer. Kein Wunder, dass Angesichts
dessen B. auch in dem vorliegenden Vortrag erneut die Frühopera-
tion bei Appendicitis dringend befürwortet, wie er es erst vor Kurzem
in einem auf p. 377 ff. d. Bl. Jahrg. 1897 referirten Aufsatz gethan
hatte, und unter Hervorhebung der Thatsache, dass er die einfache
Appendektomie 74mal ohne Todesfall ausgeführt, räth, ihre Vornahme
nach dem ersten Anfall von Appendicitis dem Pat. ernstlich zu em-
pfehlen. Die Technik dieser Operation, wie sie sich B. am besten
bewährt hat, wird eingehend geschildert, im Anschluss daran auch
die der »Appendikotomie« bei akuter Appendicitis, Pyappendix oder
Gangrän des Wurmfortsatzes beschrieben.
Der Vortrag möge namentlich von den internen Medicinern und
praktischen Ärzten sorgfältig studirt werden! Kramer (Glogau).
8) C. Beck. Ist die Appendicitis eine chirurgische Krankheit?
(New Yorker med. Monatsschrift 189S. Juni.)
Die in der Überschrift enthaltene Frage beantwortet Verf. mit
einem ganz entschiedenen »Ja!« Derselbe hat schon wiederholt seinen
Standpunkt in der Appendicitisfrage dargelegt. Die vorliegende Ar-
beit gehört wohl zu dem Besten, was über diese viel umstrittene
Krankheit geschrieben worden ist. In geistvoller Weise entwickelt
Verf. seine Anschauung von den pathologischen Processen, welche
sich in und am Wurmfortsatz abspielen; »die Appendicitis ist eine
auf bakterieller Infektion beruhende Entzündung des \Wurmfortsatzes,
welche in verschiedenen Formen auftritt. Er macht besonders darauf
aufmerksam, wie die verschiedenen klinischen Formen nur der Aus-
druck der mehr oder weniger weit vorgeschrittenen anatomischen
Erkrankung oder ihrer Lokalisation sind; dass niemals eine Restitutio
ad integrum eintritt bei den sogenannten glücklich verlaufenen Fällen.
Vor Allem betont B. die Schwierigkeit der klinischen Beurtheilung,
in welchem Stadium der Erkrankung sich ein Wurmfortsatz befindet.
Er verwirft eine Eintheilung der Appendicitis in eine leichte, mittel-
schwere und schwerste Form. In diagnostischer Beziehung hebt er
1118 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
als konstantes (?) Symptom eine mehr oder weniger ausgesprochene
Dämpfung hervor.
Natürlich ist B. ausgesprochener Anhänger der Frühoperation;
er sagt: »Im Frühstadium ist der Chirurg Herr der Situation; im
Spätstadium ist er ein Glücksritter, der unter außerordentlichen Um-
ständen da und dort auch noch Erfolg hat«.
Es sei gestattet, hier einige seiner Schlusssätze wörtlich zu citiren:
»Die Appendicitis ist eine chirurgische Krankheit und sollte desshalb,
sobald sie als solche erkannt ist, chirurgisch behandelt werden«.
»So lange kein Arzt im Stande ist, im Frühstadium die Dignität
bakterieller Virulenz zu bestimmen und daraus Schlüsse auf den
milden oder schweren Verlauf der Appendicitis zu ziehen, besteht
die sicherste Therapie derselben in der frühzeitig vorgenommenen
Entfernung des Wurmfortsatzes.e »In Rücksicht darauf, dass die
Mortalität der einfachen Appendektomie beinahe gleich Null ist, ist
ihre Vornahme nach dem ersten Anfall schon dem Pat. auf das
dringendste zu empfehlen!«
Wenn man auch nicht in allen Punkten dem Verf., der einen
ganz extremen chirurgischen Standpunkt einnimmt, beipflichten kann,
so muss man seine scharfe Beweisführung und geistreiche Diktion
anerkennen, mit der er seine Sache vertritt.
S Tschmarke (Magdeburg).
9) Brun. Appendicite chronique. Re§ion à froid de
lappendice.
(Presse méd. 1898. No. 27.)
Verf. hat seit seiner letzten Publikation über diesen Gegenstand
(Presse méd. 1897 Mai 10) noch 32mal Gelegenheit gehabt zur
Operation; er knüpft an diese nunmehr 53 Fälle einige Be-
trachtungen, deren wesentlicher Inhalt folgender ist: Bei der Appen-
dicitis ist das primäre Leiden eine chronische, follikuläre Hypertrophie,
welche in einer Verdickung und Schwellung der Schleimhaut er-
kennbar ist, klinisch sehr häufig unbemerkt verläuft oder nur ge-
ringe Störungen verursacht, durch Hinzutritt von Infektion aber
mehr oder weniger akute Entzündungserscheinungen darbieten kann.
Dies gilt namentlich von der so häufig verkannten oder übersehenen
Appendicitis im Kindesalter. Nach der Resektion hat B. niemals
wieder ähnliche Anfälle bei Kindern erlebt. Am liebsten operirt er
2—3 Wochen nach einem akuten Anfall, auch in Fällen einfacher
chronischer Appendicitis ohne peritonitische Reizerscheinungen. Die
Operation sei leichter und sicherer, die Reaktion hinterher weniger
heftig bei Bettruhe und leichter Ernährung. Er bevorzugt den Schnitt
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1119
von Roux, leicht konkay nach innen, einen Querfinger von der
Spina anterior superior entfernt. Verf. führt jetzt der Vorsicht halber
einen kleinen Drain ein, den er etwa am 3. Tage entfernt.
Tschmarke (Magdeburg).
10) Briddon. Intermuscular operations for appendicitis, with
application of the method to cases in which pus was su-
spected and found.
(Med. and surg. report of the Presbyterian Hospital in the city of New York
1898. Januar.)
Im Jahre 1897 sind in dem Hospital 99 Fälle von Appendicitis
operirt worden, etwa die Hälfte in Bis eigener Abtheilung. Hier-
von hat er nun 14 ausgewählt, in welchen die intermuskuläre Ope-
ration nach der Methode von McBurney ausgeführt worden war.
Dieselbe wurde auch auf solche Fälle ausgedehnt, in denen aus-
gedehnte Verwachsungen oder das Vorhandensein von Eiter zu Ein-
griffen über ausgedehntere Strecken nöthigten. B. war erstaunt, wie
weit man die Öffnung mittels Wundhaken nach verschiedenen Rich-
tungen hin aus einander ziehen konnte und war niemals genöthigt,
durch einen auf den ‚ersten Schnitt jaufgesetzten Kreuzschnitt die
Muskelbündel selbst zu durchschneiden. Auch ließ sich eben so gut
Drainage einleiten, als in den anders operirten Fällen. Daher hält
B. McBurney’s Schnittführung in der Mehrzahl der Fälle für an-
wendbar, und die Vortheile derselben sind einleuchtend, namentlich
wegen der fortfallenden Gefahr eines späteren Bauchbruchs.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
11) M. Jaffö (Posen). Über "den Werth der Laparotomie
als Heilmittel gegen Bauchfelltuberkulose.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 211. Leipzig, Breitkopf & Härtel 1598.)
J. zeigt in der Abhandlung, vornehmlich an der Hand seiner
eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, dass auch durch die Lapa-
rotomie die Bauchfelltuberkulose nicht immer leicht und sicher ge-
heilt werde, und weist nach, in welchem beschränkten Sinn und
warum die Operation günstig wirken könne. Da, wo sie indicirt ist
— und das ist — selbst bei bereits heruntergekommenen Kranken —
in erster Reihe bei den Formen mit gut entleerbaren, freien, serösen
oder eitrigen Ergüssen der Fall, während die mit vielfachen ab-
gesackten Ergüssen weniger sich eignen und die mit multiplen ab-
gesackten sich an Käseherde anschließenden eitrigen Exsudate, so
wie die mit ausgedehnten Verwachsungen einhergehenden durch die
Laparotomie gar nicht zu beeinflussen sind —, beseitigt sie ein höchst
1120 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
störendes Krankheitssymptom, den Erguss; sie stärkt hierdurch den
Organismus und hilft ihm, der Krankheit Herr zu werden. Sie hat
in ihrem Gefolge Verwachsungen und lässt in günstigen Fällen den
Ascites auch für die Zukunft nicht wiederkehren; in den günstigsten
leitet sie hierdurch die wirkliche Ausheilung gewissermaßen ein. So
betrachtet stellt die Operation im Allgemeinen also nur ein sympto-
matisches, nöthigenfalls wiederholt anzuwendendes Mittel gegen die
Krankheit dar, gegen die außerdem noch die in der inneren Medicin
bewährt befundenen Mittel in Anwendung gezogen werden müssen.
Wie aber die Resultate der Laparotomie nicht gleichmäßig in
den einzelnen Fällen mit ihren oft in einander übergehenden Formen
sind, so sind sie auch verschieden, je nachdem die Krankheit Kinder
oder Erwachsene betrifft. Bei letzteren hat J. die Operation noch
viel häufiger unwirksam gefunden, wohl desshalb, weil die Bauch-
felltuberkulose nie die einzige, also auch nicht die erste Lokalisation
des tuberkulösen Virus im Organismus war. Noch am relativ gün-
stigsten erscheint ihm die mit weiblicher Genitaltuberkulose kombi-
nirte Form, bei welcher die gleichzeitige Ausschneidung der kranken
Genitalien möglich ist.
Was die Ausführung der Operation betrifft, so hält Verf. be-
sonders die vollständige Entleerung des Ascites für wichtig, die Ein-
bringung von Jodoform für bedeutungslos, da es doch nicht in alle
Nischen und Buchten des Cavum peritonei gelange.
Kramer (Glogau).
12) T. Kocher (Bern). Über Herniendisposition.
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1898. No. 12.)
Bei Gelegenheit der Radikaloperation des Bruches der einen
Seite hat K. mehrfach auch die »Bruchanlage« der anderen unter-
sucht und operirt. Er fand, dass bei dieser ein gestielter Bruchsack
fehlt, dass das Bauchfell nur in Form einer konischen Geschwulst
"mit breiter Basis gegen die schwache Stelle der äußeren Fascie, aus-
“wärts von den Vasa epigastrica inferiora, vorgetrieben werde. Ein
solcher Bruchsackkegel mit breiter Basis unterscheidet sich wesentlich
von den kongenital angelegten Bruchsäcken durch mangelhaften
Schluss des Processus vaginalis peritonei, bei denen entweder der
Hode im Bruchsack liegt oder Kombination mit Hydrocele funiculi
besteht; die letztere neigt zu stellenweiser Obliteration. Beide For-
men der Bruchanlage, die langsam erworbene und die angeborene,
können bei einer Anstrengung oder einem Unfall in Folge heftigen
Andrängens der Fingeweide in einen kompleten Bruch übergehen,
Der sogenannte interstitielle Bruch, bei dem nur der Bruchsack die
Grenze des vorderen Leistenrings nicht überschreitet, ist ein aus-
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1121
gebildeter Bruch und von der Bruchanlage wohl zu trennen. K.
räth auch die Bruchanlage operativ zu beseitigen, da ihretwegen die
Träger manchmal nicht für voll dienstfähig angesehen werden.
P. Stolper (Breslau‘.
13) K. Selcke. Über die Hernia processus vaginalis encystica.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Nach S. dürfen nur solche Fälle als encystirte Hernien im Sinne
Cooper’s bezeichnet werden, in welchen ein deutliches Hereinhängen
des Bruchsacks in die Tunica vaginalis communis, nicht nur eine
einfache Vorbuchtung stattfindet. Die Tunica vaginalis communis
ist meist durch Flüssigkeit mehr oder minder erweitert und stellt
einen abgeschlossenen Blindsack von bald größerer, bald geringerer
Ausdehnung dar. Meist ist die Hernia encystica kongenitalen Ur-
sprungs; bei der erworbenen Form wird der Bruchsack nicht in toto
von der Hydrocele umgeben, sondern buchtet nur die obere und
hintere Wand derselben vor. Außer einem eigenen konnte Verf. nur
10 hierher gehörige Fälle zusammenstellen, 12 andere in der Litte-
ratur als Hernia encystica bezeichnete Fälle möchte er dagegen nicht
als solche anerkennen. Honsell (Tübingen).
14) T. Hiller. Zur Operation der Nabelbrüche.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Während Nabelbrüche kleiner Kinder erfolgreich mit Ban-
dagen etc. behandelt werden können, empfiehlt Verf. für den Nabel-
bruch Erwachsener mit Rücksicht darauf, dass er ein unaufhaltsam
fortschreitendes Leiden bedeutet, in jedem Falle möglichst frühzeitige
Radikaloperation. Bei kleinen und mittelgroßen Brüchen und bei
Kranken, die eine allgemeine Narkose ertragen, hält er die Omphal-
ektomie nach Condamin-Bruns für die rationellste Methode; wo
Bedenken gegen eine allgemeine Narkose bestehen, giebt er dagegen
der geschwulstmäßigen Behandlung der Nabelbrüche ohne Omphal-
ektomie, wie sie von Steinthal geübt wird, unter Anwendung von
Infiltrationsanästhesie den Vorzug. Dies letztere Verfahren wird ein-
gehend geschildert und durch mehrere Operationsgeschichten illustrirt.
Honsell Tübingen).
15) Phocas (Lille). Note sur l’omphalectomie dans la
cure radicale des hernies ombilicales.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 7.)
An der Hand zweier ziemlich einfacher Fälle von Radikaloperation
eines Nabelbruches empfiehlt P. die folgende Modifikation des Con-
damin’schen Verfahrens der Omphalektomie. Er führt oberhalb
45+*
1122 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
der Nabelgeschwulst, also zwischen dieser und dem Processus xiphoi-
deus, einen Einschnitt und eröffnet die Bauchhöhle gerade so weit, dass
er mit dem linken Zeigefinger eindringen und so den Bruchsackhals
tasten kann. So lässt sich meist schon fühlen, ob Darm oder Netz
in den Bruchsack hineinzieht. Nun wird dieser, indem der Zeige-
finger als Leitsonde dient, mit einer kräftigen Schere erst links,
dann rechts ovalär (()) bis an seinen unteren Pol umschnitten, so
dass die ganze Nabelgegend auf einem nur nach unten hin ge-
stielten Lappen liegt. Dieser wird umgeklappt, so dass die Bauch-
fellfläche desselben nach außen zu liegen kommt sammt dem in dem
Bruchsack etwa angewachsenen Strang. Netz wird abgetragen, Darm
vorsichtig ausgelöst. P. legt besonderen Werth darauf, dass die
Excision des Nabels von innen, vom Bauchfell her, nach außen, gegen
die Haut zu, ausgeführt wird, da sich dann bei der Wiedervereinigung
der Bauchdecken auch die zusammengehörigen Lagen leichter zu-
sammen finden lassen. Er näht zu letzterem Zweck in 3 Etagen:
Bauchfell, Muskel, Haut. P. Stolper (Breslau).
16) H. Starck. Über Magendurchleuchtung.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 217. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
S.’s Untersuchungen ergaben: 1) dass sich Grenzen des normalen
oder pathologischen Magens in fast allen Fällen mit der Durch-
leuchtung feststellen lassen, und Verlagerungen des Magens als Ganzes
oder seiner Theile sicherer als mit anderen Methoden zu bestimmen
sind; 2) dass eine Frühdiagnose des Pyloruscarcinoms, d. h. so lange
es nicht tastbar ist, durch die »Gastrodiaphanie« nicht erreicht wird,
und 3) dass bei diagnosticirten Magengeschwülsten oder schwierigen
pathologischen topographischen Verhältnissen des Bauches die Me-
thode von großem Nutzen — Feststellung des Sitzes der Geschwulst
etc. — sein kann. ee Kramer (Glogau).
17) H. W. Bettmann (Cincinnati). The shape of the stomach.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.)
B. untersuchte die Form des Magens durch Aufblasen des aus
dem Körper genommenen Organs, das er dann trocknen ließ; oder
er konservirte erst das Organ in Formalin oder Chloralhydratlösung
und blies es nachträglich auf. Besonderes Augenmerk richtete B.
auf die Verhältnisse des menschlichen Fötalmagens, welchen er in
9 Diagrammen abbildet, dem 3., 4., 5., 6. Monat und dem Ende der
Fötalperiode entsprechend. Im Gegensatz zu der bisherigen An-
schauung behauptet B., dass der fötale Magen einen Fundus besitzt.
Er maß die Länge des Fundus und des Magens beim Fötus, im
Kindesalter und beim Erwachsenen und fand die resp. Funduslängen
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1123
zu 23/100; 37/00» 27/100 von der Magenlänge. Ferner konnte B. durch
die Inflationsmethode konstatiren, dass der Ösophagus nicht genau
in der Längsachse am Magen inserirt, "sondern der vorderen Wand
ein wenig näher liegt als der hinteren.
Auch der sanduhrförmige Magen findet genaue Besprechung.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
18) M. M. Trofimow. Zur Technik der Anlegung der
Magenfistel.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 5. [Russisch.]i
T. bildet aus der Magenwand einen ovalen Lappen 5 cm lang,
3 em breit mit oberer Basis; der Lappen wird nach oben-außen um-
geklappt und die untere Hälfte an die obere genäht; er ist nun
Fig. 2. Fig. 3.
überall von Schleimhaut bedeckt. Nun wird er in den Magen ge-
drückt und die Öffnung unten durch 4 Nähte verkleinert (Fig. 1—2).
In die dreieckige Fistel oben wird ein Drain eingeführt und nach
Kader zu beiden Seiten eine Falte gebildet durch je 2 Nähte
(Fig. 2—3), endlich der Magen an die Haut genäht. Die Klappe
schließt absolut. 3mal machte T. die Operation am Lebenden mit
Erfolg; in den 2 letzten Fällen sah er Eiterung in der Bauchwand-
wunde. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
19) F. T. Paul. Remarks on the surgical treatment of pyloric
obstruction, with an account of twenty cases, and of a new
way of performing gastroenterostomy.
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.)
P. hat Imal wegen eines reflektorischen Krampfes, 2mal wegen
fibröser Striktur des Pylorus die stumpfe Dehnung des Pylorus —
imal mit Eröffnung des Magens — ausgeführt. In einem Falle war
dabei die Striktur von innen her eingerissen; der Pat. ging 7 Wochen
nach der Operation an einer Magenblutung zu Grunde, als deren
Ursache bei der Autopsie eine Arrosion der Arteria gastroduodenalis,
die im Grunde der eingerissenen Strikturstelle freilag, gefunden
1124 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
wurde. P. will desshalb die Dehnung des Pylorus auf spastische und
uicht zu starke Strikturen beschränkt wissen, er zieht für günstige
Fälle, in denen keine stärkere Verdickung der Wandung, Verwach-
sungen und frische Ulcerationen vorhanden sind, die Pyloroplastik
vor (5 Fälle, 14). In 3 Fällen hat er die Gastroenterostomie aus-
geführt (14). Die Pylorektomie beschränkt er auf bösartige Ver-
engerungen |2 Fälle mit 1 Todesfall, und auch da nur bei kleinen,
beweglichen Geschwülsten und gutem Kräftezustand. Unter 7 Gastro-
enterostomien wegen Carcinoma pylori hat P. 4 verloren.
Er hält desshalb die Technik der Gastroenterostomie noch sehr
für besserungsbedürftig. Der Verbesserungsvorschlag Pia, der aber
bis jetzt nur an Hunden mit Erfolg erprobt wurde, geht dahin,
nach Incision von Darm- und Magenwand bis auf die Schleimhaut —
` also ohne Eröffnung — eine Verätzung der Schleimhaut mit Chlor-
zink vorzunehmen und dann die gewöhnliche Anastomosennaht durch
Serosa und Muscularis anzulegen. In 48 Stunden ist dann die
Anastomose nach Abstoßung der nekrotisch gewordenen Magen- und
Darmmucosa fertig, während die Serosaflächen schon fest verklebt
sind. (Die Gefahr einer sekundären Verengerung der Anastomose,
einer ungenügenden Loslösung der verschorften Schleimhaut, die
Unsicherheit in der Beurtheilung der Ätzwirkung ihrer Ausdehnung
nach macht P. keine Bedenken. Der Ref.) F. Krumm (Karlsruhe).
20) Monprofit (Angers). Gastrectomie partielle avec gastro-
enterostomie en Y pour lesions benignes du pylore.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 8.)
Nach Resektion narbiger Pylorusstenose in Folge eines alten Ge-
schwüres hat M. (mal das Duodenum dicht neben die große Resek-
tionsöffnung in den Magen einmünden lassen, ein anderes Mal mit
besserem Erfolge die von Roux vorgeschlagene Y-Gastroenterustomie
ausgeführt: Duodenum und Magen nach der Resektion zunächst
jedes für sich vernäht, dann Jejunum in die hintere Magenwand und
in das Jejunum das Duodenum eingepflanzt. Er räth das letztere
Verfahren, obwohl es langwierig, für alle die Fälle, in denen die
Annäherung des Duodenums an den Magen mit der Resektionsöffnung
nicht ganz ohne Zug ausführbar ist. In einem seiner Fälle war die
Naht in Folge dieses Zuges an einer Seite ausgerissen und halte so
eine tödliche Peritonitis zur Folge gehabt. P. Stolper (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1125
21) Parrozzoni. Un caso di resezione dello stomaco.
(Ann. di med. nav. 1898. Fasc. 3. Ref. nach Gas, degli ospedali e delle clin.
1898. No. 109.)
Im Anschluss an den Bericht über eine in Heilung ausgegangene
Schusswunde des Magens spricht Verf. über diese Verletzungen. Sie
haben eine bessere Prognose als die gleichen Darmverletzungen, weil
die Schleimhaut sich nicht nach außen umkrempelt und so zur In-
fektion des Bauchfells führt, und weil der Inhalt des Magens weniger
septisch ist als der des Darmes. In dem berichteten Falle bildeten
sich Verwachsungen zwischen der verletzten Serosa der hinteren
Magenwand und dem parietalen Bauchfell, wahrscheinlich in Folge
der ausgeführten Tamponade. Diese ist immer angezeigt. Sie ver-
hindert nicht bloß die Infektion häufig, sondern hemmt auch die
primäre Blutung und verhindert eine sekundäre. Der Erfolg der
Operation hängt von dem Eintritt der Behandlung, von der Schnellig-
keit der Ausführung, von der Genauigkeit der Blutstillung und der
Naht, so wie von der Kritik bei der Ausführung von Excisionen ab.
Dreyer (Köln).
22) H. Peham. Ein Beitrag zur Gastroenterostomie.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 484.)
P. berichtet über die in der Albertschen Klinik in Wien in
| der Zeit von 1890—1897 mit der Gastroenterostomie bei 67 Fällen
gemachten Erfahrungen. Die Gastroenterostomie ist daselbst eine
sehr bevorzugte Operation sowohl gegenüber der Pylorusresektion
als gegenüber der Pyloroplastik. Die letztere kam überhaupt nur
imal zur Anwendung; über die Häufigkeit der Resektion wird nichts
v mitgetheilt; doch führt P. aus, dass Dauerheilungen nach Resektion
a wegen Carcinom nur äußerst selten zu erwarten seien, und ferner,
d dass die Differentialdiagnose zwischen gut- und bösartiger strik-
ichs | turirender Pylorusgeschwulst sowohl klinisch-chemisch als selbst
CC KS nach operativer Baucheröffnung so gut wie unmöglich sei, falls nicht
up bereits Drüsen- und andere Metastasen vorlägen. Er stellt die An-
d D sicht auf, lieber ein operables Carcinom unresecirt zu lassen als eine
Ant Narbenstriktur zu reseciren.
SR k Von den zahlreichen beachtenswerthen technischen Bemerkungen
WI sei Folgendes hervorgehoben. Vorbereitende Magenausspülungen
2 sind bei großen Geschwülsten und nach vorgängigen Blutungen zu
ven! meiden — 2mal hatten Magenausspülungen todbringend gewirkt.
Schnitt stets in der Linea alba — bevorzugte Operationsmethode
Hacker's Gastroenterostomia retrocolica posterior. Weder am Darm
noch am Magen werden Kompressorien angelegt, ihre geeignete
1126 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
Haltung bleibt dem Geschick der Assistentenhände überlassen. Die
Fistelöffnung wird etwa daumendick gemacht. Ihre Vereinigung
geschieht durch Naht, der Murphyknopf spart nur wenig Zeit, kann
sich dagegen leicht durch Fruchtkerne etc. verstopfen. Magen und
Darm werden provisorisch durch 2 Serosaknopfnähte rechts und links
zusammengeheftet, dann durch einen zunächst kleinen Schnitt durch
sämmtliche Schichten eröffnet. Von hier aus Beginn der Naht,
welche, mit Seide und als Knopfnaht ausgeführt, Magen- und Darm-
wand in sämmtlichen Schichten, doch mehr von der Serosa als der
Mucosa greifend, (ie cm tief fasst. Ist mit diesen Knopfnähten die
ganze Fistel umgangen, so folgt mit feinerer Seide als 2. Etage eine
fortlaufende Serosanaht im Niveau der Knoten der ersten Reihe.
Zum Schluss eine Anheftung des linken zuführenden Darmschlingen-
schenkels auf 2—3 cm an den Magen. Frühzeitig, schon Tags nach
der Operation, Nahrungszufuhr auf normalem Wege. Wenn nöthig
(bei Magenatonie, häufigem Brechen), Magenausspülungen.
Was die Erfolge betrifft, so starben noch in der Klinik 34 Kranke;
Operationssterblichkeit also = 50,7%. Die Erkundigung nach den
Entlassenen blieb (mal unbeantwortet, 11 Kranke sind binnen
2 Monaten bis 1%/, Jahr nach der Operation ihrem Leiden erlegen,
13 Kranke befanden sich völlig wohl 2 Monate bis 3'/, Jahre lang
nach dem Eingriff. (Bei Sichtung der Resultate wird ein Unter-
schied zwischen gut- und bösartigen Stenosen gemacht, was Ref.,
ohne die Schwierigkeit der sicheren Entscheidung hierüber zu be-
streiten, nicht für nachahmenswerth halten kann.)
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
23) J.Borelius. Egen erfarenhet om Murphis Knopp i 16 Fall.
(Hygiea Bd. LXII. p. 305.)
Verf. theilt in 16 ausführlichen Krankengeschichten nebst epi-
kritischen Bemerkungen seine eigenen Erfahrungen über Anwendung
des Murphyknopfs mit: Man findet unter diesen Anastomosen zwi-
schen Magen und Dünndarm (1 Fall), zwischen 2 Dünndarmschlingen —
und zwar laterale Anastomosen (3 Fälle) und Endanastomosen (6 Fälle)—
zwischen Dünn- und Dickdarm — Ileokolostomie (1 Fall), Darm-
implantation (2 Fälle) und zwischen 2 Dickdarmschlingen (3 Rod.
anastomosen). Die operativen Erfolge scheinen, wie gewöhnlich,
theils von dem mehr oder weniger schlechten Allgemeinzustand des
Pat., theils von dem im einzelnen Falle in Frage kommenden Darm-
abschnitt abzuhängen. Verf. urtheilt über den Werth von Murphy-
knopf und Darmnaht folgendermaßen:
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1127
1) Die Naht ist in der Mehrzahl der chronischen Fälle, über-
haupt in allen Fällen, wo es mit der Operation nicht besonders eilt,
vorzuziehen. à
2) Die Naht ist bei der Gastroenterostomia anterior und bei
Verbindungen am Dickdarm vorzuziehen.
3) Murphy’s Knopf hat bei Verbindungen am Dünndarm, zwischen
Düundarm und Magen, Gallenbase oder Dickdarm und in allen
Fällen, wo dringende Umstände die Operation beschleunigen, oder
mehrere Verbindungen in einer Sitzung angelegt werden müssen,
den Vorzug.
4) Der Murphyknopf ist allen anderen bisher konstruirten ähn-
lichen Apparaten vorzuziehen. A. Hansson (Cimbrishamn).
| Kleinere Mittheilungen.
24) F. W. Abramowitsch. Ein Fall von Oesophagotomia externa.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 5.)
25) E. 8. Kanzel und G. K. Okladnych. Über Entfernung von
Fremdkörpern durch Oesophagotomia externa.
‘Ibid.)
Im Falle A. wurde ein 4,5><4,5 cm großes Stück Knorpel verschluckt, die
Wunde blieb ungenäht. K. entfernte ein Gebiss mit 3 Zähnen, 4><3 cm; an der
Platte saßen 6 ziemlich scharfe Spitzen; Speiseröhre genäht; nach 7 Tagen Blutung
per os, 2 Liter, Wunde trocken. Im Falle O. handelte es sich um eine stern-
förmige Fischgräte, die 26,5 cm tief hinter der Zahnreihe stak. Naht der Speise-
töhre. Alle 3 Pat. ohne Sonde genährt, geheilt. K. u. O. bringen eine Fort-
setzung der Tabelle Fedorow’s, 50 neue Fälle. Im Ganzen sind 212 bekannt,
davon 29 aus Russland. Gestorben sind 47 (davon 2 an Tuberkulose). Zum
Schluss kommt eine Tabelle von 6 Fällen, wo wegen tiefen Sitzes des Fremd-
körpers die Gastrotomie gemacht wurde. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
26) Brault et Rouger. Fausses tumeurs de l’abdomen.
(Presse méd. 1897. No. 105.)
Nachdem Potain im Jahre 1896 die Aufmerksamkeit auf die sogenannten
»falschen Bauchgeschwülste« gelenkt hat, haben sich die Mittheilungen derartiger
Beobachtungen gemehrt. Verf. sind in der Lage, 3 Fälle zu veröffentlichen. Der
eine betraf einen etwa IOjährigen Mann, der mit der Diagnose » Aseites« ins Spital
geschickt war. Eine genaue Untersuchung ergab aber nur eine enorme Fett-
anssmmlung in der Haut des Bauches. Bei dem 2. Falle handelte es sich um eine
$0jährige Frau, welche von der Zeit der Menopause an mannigfache psychische
Störungen aufwies und lange Zeit eine genaue gynäkologische Untersuchung ver-
weigerte. Ihr Bauch hatte sehr schnell an Umfang zugenommen, so dass man ein
Ovarialkystom annahm. Eine Untersuchung in Narkose stellte auch hier fest, dass
es sich nur um eine kolossale »Fetthypertrophie« handelte; der Bauch wurde weich
und nachgiebig, nichts von einer Geschwulst war zu fühlen; so bald die Wirkung
des Chloroforme na:hließ, kam wieder eine derartige Spannung in die Haut, dass
1128 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
die”vermeintliche Geschwulst wieder wie vorher hergestellt erschien. Solche Fälle
sind bei Hysterie wiederholt beschrieben worden. Im 3. Falle lag eine falsche
Geschwulst muskulären Ursprungs vor: Ein 22jähriger Mann wurde wegen Enuresis
nocturna aufgenommen. Die linke vordere Unterbauchgegend war vorgewölht, wie
bei einer Eventration. Die Ausdehnung der Schwellung entsprach dem Verlauf
des M. transversus und obliquus externus. Diese Muskeln reagirten nur schwach
auf faradischen Strom. Die Palpation ließ die scheinbare Geschwulst als eine
Hypertrophie der gelähmten Muskulatur erkennen. Angehörige des stupiden
Kranken gaben an, dass er diese Schwellung seit der Geburt oder der frühesten
Kindheit habe. Hysterie war ausgeschlossen. Es handelte sich wohl um eine
angeborene Missbildung und kindliche Lähmung.
Verff. besprechen sodann die anderen Formen, welche eine Geschwulst im Bauch
vortäuschen können und schon öfters zu diagnostischen Irrthümern Veranlassung
gegeben haben. Tschmarke (Magdeburg).
27) Stoops. PEritonite aiguë purulente chez une fillette de 8 ans.
Mode special de drainage.
(Arch. med. belgiques 1898. Juni.)
In einem Falle von eitriger Peritonitis machte S. den Bauchschnitt in der
Linea alba, entleerte etwa 2 Liter Eiter und legte dann rechts und links in der
Regio hypogastrica so tief unten als möglich je eine Drainageöffnung an. Dann
führte er 2 Gummiröhren durch, deren Enden einerseits an den Drainagelöchern,
andererseits im untersten Laparotomiewinkel mit Sicherheitsnadeln befestigt
wurden. Er spülte die Bauchhöhle mit sterilisirtem Wasser gründlich aus. Ver-
band. 48 Stunden später Verbandwechsel und abermalige gründliche Ausspülung
Heilung. Entfernung der Röhren am 22. Tage. — S. meint, die Auswaschungen,
wie oben beschrieben, welche Lambotte (Ann. de la soc. de med. d’Anvers 1895)
zuerst ausgeführt, seien desshalb so wichtig, weil sie den Absackungen des Eitera
nach der Laparotomie am besten vorbeugen. E. Fischer (Straßburg i/E.).
28) E. Elliot (New York). A report of three unusual cases of ap-
pendicitis.
(Med. and surg. report of the Presbyterian Hospital in the city of New York
1898. Januar.)
Bei Operation eines Mannes wegen anscheinender wiederholter Anfälle von
Appendicitis stellte sich heraus, dass statt einer mit Lichtung oder wenigstens mit
Muskelschicht versehenen Appendix nur ein einfaches Band aus Binde- und Fett-
gewebe von 4cm Länge vorhanden war. Auch von der Anatomie der Universität
erhielt E. 2 ähnliche Präparate, welche innerhalb der letzten 10 Jahre dort ge-
wonnen worden waren und gängliches Fehlen einer Appendix vermiformis zeigten.
Auch innen an der Schleimhaut konnte keine Anleutung der Mündung einer Ap-
pendix aufgefunden werden.
In einem anderen Falle wurde bei der Operation der Anhang in narbige Massen
eingehüllt gefunden, und sein distales Ende war mittels eines harten rundlichen
Narbenstrangs an die Wand des Blinddarms angeheftet. Offenbar handelte es sich
um eine jetzt geschlossene Fistel, vermittels welcher der in einem der ersten An-
fälle gebildete Abscess in den Blinddarm durchgebrochen war. Der Anhang selbst
war bald nach seinem Abgang vom Blinddarm scharf umgeknickt, so dass seine
Absonderung durch diese Stelle schwer in den Blinddarm Ausfluss finden konnte.
Durchbruch von Abscessen aus dem Blin Idarınanhang in den Blinddarm selbst
ist gewiss selten, noch seltener aber ist die spontane Heilung der so gebildeten
Fistel swischen beiden Organen. Lühe (Königsberg i,Pr.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1129
29) Rondu (Paris). Peritonisme et appendicite.
(Med. moderne 1898. No. 51.)
R. schildert einen interessanten Fall, wo die schweren peritonitischen Er-
scheinungen bei einer Hysterica lange eine Diagnose unmöglich machten, und von
der Operation nur abgesehen wurde, weil die Pat. moribund schien. Kochsalz-
infusionen behoben die Krankheit und sicherten die Diagnose. R. macht eingehend
auf die Schwierigkeiten der Differentialdiagnose aufmerksam, bei der das Fehlen
des Fieberse auch nicht immer zu verwerthen ist, und nur genaue Anamnese und
der Allgemeinbefund Anhaltspunkte für die Diagnose der im Allgemeinen seltenen
hysterischen Affektion geben können. Roesing (Hamburg).
30) Glantenay. Appendicite obliterante atrophique et pseudo-appen-
dicite nerveuse.
(Presse med. 1998. No. 32.)
Ein 21jöhriger Epileptiker war vor mehreren Jahren im Spital mit Erschei-
nungen aufgenommen, welche eine Appendicitis vermuthen ließen; dabei war die
Temperatur stets normal, der Puls beträchtlich verlangsamt, 44 in der Minute.
Nach einem epileptischen Anfall stieg die Pulszahl auf 80. Nelaton ent-
schloss sich zur Laparotomie, fand aber einen normal aussehenden Wurmfort-
gatz, schloss die Bauchhöhle und entließ den Kranken. Dieser war darauf wieder-
holt in Spitalsbehandlung, zeitweise wegen deutlicher perityphlitischer Anfälle.
Im Februar d. J. machte daher N&laton zum 2. Male eine Laparotomie und ent-
fernte den Proc. vermiformis; ungestörte Heilung. Der resecirte Wurmfortsats
erwies sich scheinbar normal, auf Durchschnitten aber bemerkte man, dass er
vollständig verödet war. Auch die mikroskopische Untersuchung ließ absolut
keine Lichtung erkennen, dagegen eine narbige, bindegewebige Struktur, mit In-
filtration der Submucosa und zahlreichen Lymphgefäßen, die mit weißen Zellen
\ voll gestopft waren. Das Organ war 38 mm langl, sein Querdurchmesser kaum
5 mm. Das Mesenteriolum war gesund. Es handelte sich also um eine chronische
Appendicitis, die zur Obliteration und Atrophie geführt hatte. Verf. empfiehlt, in
ähnlichen Fällen »nervöser Pseudo-Appendicitis« das scheinbar gesunde Organ
doch fortzunehmen, wenn man sich einmal zur Laparotomie entschlossen hat, und
Meet es zweifelhaft, ob man den Begriff einer »nervösen Pseudoappendicitis« nach
solcher Erfahrung noch gelten lassen darf. Tschmarke (Magdeburg).
31) Berthier et Milian. Appendicite oblitörante atrophique et pseudo-
appendicite nerveuse.
(Presse méd. 1898. No. 47.)
Anknüpfend an den von Glantenay in No. 32 veröffentlichten Fall berichten
die Verf., dass derselbe Pat. wenige Wochen später wieder im Hötel-Dieu auf-
genommen wurde wegen eines scheinbar typischen Anfalls von Appendicitis. »Da
die Chirurgen ihm nicht zum 2. Male eine Appendix herausschneiden konnten«,
wurde er auf die innere Abtheilung gelegt. Hier wurde die Erkrankung als eine
hysterische erkannt: Hemianästhesie links, Hyperästhesie rechts; doppelseitige,
beträchtliche Gesichtsfeldeinschränkung, Schmershaftigkeit des12. Interkostalnerven,
sowohl an seinem Ursprung, als auch peripher. Mittels Suggestion wurde er von
seinen Beschwerden geheilt.
Verf. bestreiten, dass der damals resecirte Wurmfortsatz die Ursache für die
Anfälle gewesen sei; die Obliteration sei ja der Beweis, dass ein eventuell früher
vorhandener entzündlicher Process ausgeheilt sei. — Unter Hinzufügung eines
ähnlichen Falles aus ihrer Beobachtung, der eine hysterische Frau betraf, stellen
1130 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
sie die Schlussfolgerung auf: dass es wohl eine Pseudoappendieitis nervosa giebt,
am häufigsten auf hysterischer Basis, und dass diese Krankheit in einer großen
Anzahl der Fälle auf einer Neuralgie des 12. Interkostalnerven, bezw. auf einer
Ovaralgie beruhe; durch Untersuchung in dieser Richtung sei die Diagnose ge-
sichert; die Heilung erfolge durch Suggestion. Tschmarke (Magdeburg).
32) M. W. af Schultén. Om subfrenisk abscess vid appendicit.
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XL. p. 89.)
Verf. beschreibt einen sehr typischen Fall von Appendicitis, der zu einer sub-
phrenischen Eiterung und nachher zu einem Empyem führte. Es handelt sich um
einen 23jährigen Mann, der Anfang August an einer subakuten Appendicitis er-
krankte. Als das Fieber nicht nachließ, und eine Anschwellung in der rechten
Fossa iliaca sich ausbildete, wurde die Eiteransammlung Anfang September er-
öffnet. Der Zustand besserte sich aber nicht, und die Sonde konnte ziemlich tief
in die Wunde eingeführt werden. 3 Wochen später wurde eine ausgedehnte Per-
kussionsdämpfung in der rechten unteren Thoraxhälfte mit Verlagerung der Leber
nach unten und Verschiebung der Lunge nach oben konstatirt. Die Probepunktion
im 7. Interkostalraum zeigte jauchigen Eiter. Durch Resektion eines Stückes der
8. Rippe wurde die subphrenische Eiteransammlung entleert. Unter Drainage der
Abscesshöhle besserte sich zuerst der Zustand, aber Mitte November stieg die
Temperatur wieder, und ein rechtsseitiges Empyem bildete sich aus. Eine neue
Resektion, dies Mal der 7. Rippe, wurde nothwendig. Nun blieb die Besserung
dauernd, und Pat. wurde 2 Monate später geheilt entlassen.
In der Epikrise des Falles bespricht Verf. ausführlich die Pathogenese, Dia-
gnose und Therapie der subphrenischen Eiterungen sowohl im Allgemeinen als
besonders nach vorherigen Appendieitiden. Die in der Weltliteratur bisher ver-
öffentlichten Fälle werden kritisch besprochen und für die Schlussfolgerungen vom
Verf. verwendet. Die Arbeit steht als eine werthvolle Bereicherung unserer Kennt-
nisse dieser schwer diagnostieirbaren Krankheitsform den monographischen Bearbei-
tungen Maydl’s und Sachs’ würdig zur Seite.
A. Hansson (Cimbrishamn).
33) B. Carlston. Ett fall af diffus peritonit efter gangränös appen-
dicit med perforation — operation — helsa.
(Hygiea Bd. LXI. p. 265.)
Pat., 15jähriger Schüler, schien 7 Tage vor der Aufnahme eine diffuse appen-
dieitische Perforationsperitonitis bekommen zu haben. Der Allgemeinzustand war
sehr heruntergekommen, als die Operation unmittelbar nach der Aufnahme vor-
genommen wurde. 3 Schnitte — dem rechten und linken Poupart’schen Band
entlang und in der}Mittellinie — entleerten jauchenden, grauen, dünnflüssigen
Eiter. Ein bohnengroßer, kleinhöckriger Kothstein fand sich in der Jauche. "Der
fingerdicke, perforirte Wurmfortsatz wurde exstirpirt, die Bauchhöhle mit 10 Liter
Kochsalzlösung ausgespült und die 3 Wunden theils mit Gaze und Gummiröhren,
theils nach Mikuliez drainirt. 500 eem Kochsalzlösung hypodermatisch unmittel-
bar nach der Operation; 2 Stunden später ausgiebige Klysmata; während der
1. Nacht jede 2. Stunde 5 ep Kalomel. An den folgenden Tagen wurden die großen
Klysmata wiederholt. Die Ernährung geschah durch den Mastdarm, die Herz-
thätigkeit wurde mit subkutanen Kampherinjektivnen unterstützt.
Nach einer intermittirenden, wahrscheinlich von einer zufälligen metastatischen
Eiterung hervorgerufenen Fiebersteigerung trat völlige Heilung ein.
In der Epikrise des Falles hebt Verf. besonders die Nothwendigkeit der ener-
gischen Nachbehandlung hervor. A. Hansson (Cimbrishamn).
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1131
vu Sternberg. Beitrag zur Kenntnis der Bruchsacktuberkulose.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 9.)
28jähriges Mädchen hatte im 17. Lebensjahre eine linksseitige Pleuritis ex-
sudativa mit verlangsamter Resorption, im 24. eine Einklemmung eines bis dahin
unbeachteten linksseitigen Leistenbruchs mit spontaner Lösung überstanden. 4 Jahre
später entwickelte sich ein Leistenbruch auf der rechten Seite. Bei der Radikal-
operation beider zur Zeit freien Hernien (bei sonst ungestörter Gesundheit) findet
sich beiderseits das Bruchsackbauchfell, links auch das des vorliegenden Dünn-
darms mit miliaren Tuberkeln besetzt, das Peritoneum parietale frei; im größeren
Bruchsack ist auch klares Serum. Die Wundheilung erfolgte fieberlos unter Eite-
rung aus den Stichkanälen, welche zu fungösen Fisteln wurden. Gleichzeitig
sammelte eich allmählich reichlicher Ascites an, welcher 9 Monate nach der Ope-
ration, bald nach dem spontanen Verschluss der Fisteln, vollständig verschwand.
Ein Jahr später bestes Wohlbefinden.
Verf., der die überstandene Pleuritis als tuberkulöse anzusehen geneigt ist,
wi in dieser die Ursache für die tuberkulöse Infektion des Bruches gesucht wissen.
Hübener (Breslau).
35) Tuffler. Une aiguille dans une £piplocele.
(Presse med. 1897. No. 66.)
Ein sonst gesunder Mann, seit 5 Jahren Träger einer linksseitigen reponiblen
Hernie, fühlte 5 Monate vor seinem Eintritt ins Spital plötzlich einen lebhaften
Schmerz in der Bruchpforte, welcher beim Aufrichten und Hinlegen auftrat, beim
Liegen verschwand. Die Schmerzen ließen allmählich nach, kamen aber zuweilen
wieder. Bei der Untersuchung fand man einen Fremdkörper in der Hernie, der
einer Nadel ähnlich zu sein schien und bei Bewegungen Schmerzen verursachte.
Eine Radiographie bestätigte das Vorhandensein einer Nadel von fast 4 cm Länge.
Daher Radikaloperation der Hernie, die ein großes Stück Netz enthielt, in wel-
chem die Nadel saß; Abtragen des Netzstückes, schichtweise Naht; Heilung ohne
Zwischenfall.
Der Fall ist interessant durch die wahrscheinliche Wanderung, welche die
Nadel gemacht hat, nachdem sie unfreiwillig und unbemerkt verschluckt worden ist.
Tschmarke (Magdeburg).
36) A. Muchard. Hernie vesicale inguinale, suture de la vessie.
(Revue med. de la Suisse rom. 1598. No. 5.)
79 Jahre alter Pat., seit 2 Jahren linksseitiger, hühnereigroßer Leistenbruch.
Dieser kann nur zum geringen Theil reponirt werden, der größere Theil bleibt im
Hodensack, ist irreduktibel, obwohl die Bruchpforte für den untersuchenden Finger
durchgängig ist. Diagnose: »Netzbruch«.
Bei der Operation wird ein Blasenbruch mit prävesikaler Fettschicht kon-
statirt. Seitlich von der Blasenwand findet sich ein peritonealer Sack ohne Inhalt,
der resecirt wird. Erstere war ineidirt worden; Schleimhaut und Muskelschicht
werden gesondert mit Seide genäht; nach Reposition der Blase Vereinigung der
Pfeiler mit Katgut. Reaktionsloser Verlauf.
Im vorliegenden. Falle handelte es sich um einen primären inguinalen
Blasenbruch. Es war nicht leicht, das Organ vorher zu erkennen, erst die In-
cision musste Aufklärung schaffen. Es fehlten sämmtliche, sonst meist vorhandene
Bymptome: Störungen von Seite der Harnentleerung, Tenesmus, Retention u. A.
Die Beschaffenheit der Geschwulst an sich gestattete auch keinen sicheren
Schluss — es waren im Gegentheil die Zeichen eines Netzbruchs vorhanden.
1132 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
Das einzige verwerthbare Symptom war die Fettschicht, die übrigens nicht
immer vorhanden ist. Kronacher (München).
37) Vincent (Alger). A propos de deux cas de cystocele crurale et
d’un cas de cystocele inguinale.
(Arch. prov. de chir. 1698. No. 5.)
Die beiden seltenen Fälle von Schenkelhernie mit Harnblase als Inhalt be-
treffen Frauen; sie sind beide linksseitig und beide entstanden nach einer Adnex-
erkrankung post abortum. In dem einen Falle ergab eine nach der Operation
erhobene sorgfältige Anamnese gewisse Hinweise darauf, dass Blasentheile in den
Bruch einbegriffen sein mussten. Die Frau hatte bei gelegentlichen Schmerz-
anfällen in der linken Leistengegend Schwierigkeiten beim Urinlassen, Harndrang,
und fühlte gegen Ende jeder Blasenentleerung in der Geschwulst ein glucksendes
Geräusch. Die andere Pat. machte keine Angaben, welche die Vermuthung einer
Cystocele zugelassen hätten. Beide Male fand sich ein Netzbruch neben dem
Blasenvorfall. Im 1. Falle wurde die Blasenwand als solche nicht erkannt, da sie
außerordentlich verdünnt war. Sie riss ein und konnte durch Naht nicht alsbald
geschlossen werden. Der Sack wurde desshalb abgebunden, die Wunde tamponirt.
Es erfolgte vollständige Heilung, eben so wie in dem 2. Falle, der noch dadurch
interessant ist, dass der Abfluss von seröser Flüssigkeit aus einer peritonealen
Absackung anfänglich eine Eröffnung der Harnblase vortäuschte.
Bei dem Fall von linksseitigem Leistenbruch bei einem 43jährigen Mann fand
man 2 äußerst dünnwandige leere Säcke, die sich wie Hoden und Nebenhoden in
einander fügten und beide in gleicher Weise als Bruchsack imponirten. Die ver-
sehentliche Resektion fast eines Drittels der Harnblase blieb ohne üble Folgen.
Die nach ausgiebiger Eröffnung des Bauches angelegte Blasennaht mit nachfolgen-
der Peritonealdrainage führte zu völliger Heilung. P. Stolper (Breslau).
38) Souligoux. Hernie crurale double, avec cystoc&le double.
(Arch. gener. de med. 1898. Juni.)
Im Alter von 29 Jahren bekam die jetzt 31jährige Frau starke Schmerzen in
der Regio epigastrica. 2 Monate später konstatirte man in der linken und rechten
Weiche eine kleine Geschwulst, die beim Husten anschwoll. Von Seiten der Harn-
wege lagen keine Störungen vor.
Bei der Operation fand sich eine Hernia cruralis kombinirt mit einer Cystocele,
die noch rechtzeitig von dem Operateur erkannt wurde. Auf der linken Seite
waren die Verhältnisse genau dieselben wie auf der rechten.
Longard (Aachen).
39) S. Lebensohn. Radikaloperation der Hernien.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 538.)
Die Arbeit bringt eine neue Statistik über die Bruchradikaloperationen in
Kocher’s Klinik und schließt sich an die früheren, diesen Gegenstand betreffenden
Berichte, insbesondere den letzten von [Beresowski (cf. d. Centralblatt 1895
p- 663) an. Am interessantesten und wichtigsten ist dabei die Berichterstattung
über die Erfolge der jüngsten Kocher’schen Operationsmethode des äußeren
Leistenbruchs, der sogenannten »lateralen Verlagerungsmethode«, deren Technik
bereits in der Beresowski’schen Arbeit beschrieben ist, so dass wir hierüber
auf das damalige Referat verweisen können. L. berichtet jetzt über 97 Pat., an
Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1133
‚chen 103 Hernien nach dieser Methode operirt wurden. Zu ihnen kommen noch
e bereits von Beresowski operirten 29 Fälle, so dass 126 Operirte vorliegen,
m denen keiner gestorben ist; Sterblichkeit also gleich Null. Bei den neuen
Allen konnte das Endresultat bei 83 Pat. mit 88 Hernien ermittelt werden, bei
en älteren (Beresowski'schen) für 22 Kranke mit 23 Hernien, insgesammt also
{für 105 Kranke mit 111 Hernien. Recidive wurden 4 konstatirt, also 3,6%, wobei
zu bemerken ist, dass diese Fälle nicht von Kocher selbst, sondern von Assi-
stenten operirt waren, die nicht tadellos gearbeitet haben werden.
In dem von L. bearbeiteten Material heilte die Operation in 91,3% primär,
und zwar durchschnittlich in 10,7 Tagen, die mittlere Heilungsdauer bei secunda
intentio betrug 32,6 Tage. Die Berichterstattung über die übrigen Brucharten hat
geringeres Interesse. Es handelte sich um: 11 Herniae inguinales int. (operirt
mittels » Kanalnaht«; 4 Recidive bei 7mal feststellbarem Endresultat; 18 Herniae
erurales (bei 15 Pat., 3mal Verlagerungsmethode, sonst Kanalnaht, 11 definitive
Heilungen festgestellt); 18 Herniae umbilicales bezw. ventrales oder epigastricae
13 Recidive bei 14mal festgestelltem Endresultat).
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
40) W. Fick. Ein Endotheliom und ein Carcinom des Magens.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIII. p. 457.)
F. liefert die genaue histologische Beschreibung von 2 aus der Praxis von
Zoege v. Manteuffel stammenden Pylorusresektionspräparaten, Betrefls deren
genauerer Befunde auf das Original zu verweisen ist. Erwähnt mag nur werden,
dass Ann Magenendotheliom den 2. am Magen beobachteten Fall der Art bildet
(der erste ist von Jungmann beschrieben). Die Geschwulst zeigte epitheloide
Geschwulstzellen, hervorgegangen aus den die Bindegewebsbündel einscheidenden
Saftspaltenzellen und eine Hypertrophie und Neubildung der faserigen Binde-
gewebselemente. Von der letzteren nimmt F. an, dass sie großentheils älteren
Datums sei als die Endothelwucherung. Ähnlich ist das Verhalten auch bei dem
Careinompräparat, das eine bedeutende, entzündliche Bindegewebshypertrophie dar-
bot bei nur sehr geringer Ausdehnung des krebsigen Processes, wesshalb anzu-
nehmen ist, dass die Bindegewebshypertrophie jedenfalls früher bestanden hat als
das Carcinom. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
Ar D. Schwarz (Agram). Mehrfache Magenstenose.
(Liečnički viestnik 1898. No. 8. {Kroatisch.))
Der 58jährige Pat. leidet schon seit 20 Jahren an Magenbeschwerden, hat
auch kaffeesatzartige Massen erbrochen; die Beschwerden kamen anfallsweise, in
der Zwischenzeit fühlte sich Pat. vollkommen gesund. Seit 3/4 Jahr hat Pat.
auch Schlingbeschwerden, kann in letzter Zeit nur mehr flüssige Nahrung schlucken.
Bei der Krankenhausaufnahme konnte Pat. nicht einmal Wasser schlucken, die
Cardia kann nicht mit der dünnsten Schlundbougie passirt werden. Am 29. De-
cember 1897 Gastrostomie nach Hacker unter Schleich'scher Infiltrations-
anästhesie; der kleine Magen wurde dabei an den linken J,eberlappen angewachsen
gefunden; am Magen strahlenförmige Narben. Nach 4 Tagen Bougirung mit Sonden
ohne Ende, welche guten Erfolg hatte, so dass Pat. auch feste Nahrung schlucken
konnte, Unterdessen wurde aber die Magenfistel insufficient, wurde daher am
1. Februar 1898 durch radikale Operation geschlossen. Pat. muss täglich sondirt
werden, da die Stenose Neigung hat, sich wieder zu verengern. Pat. fühlt sich
1134 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
wohl, doch nach einigen Tagen wieder Erbrechen und Verfall, daher am 10. Fe-
bruar 2. Laparotomie, wobei nach Lösung der Verwachsungen mit der Leber ein
Sanduhrmagen gefunden wurde. In der Absicht, eine Gastroplastik zu machen,
legte S. an der großen Curvatur einen Schnitt an, ging jedoch zuerst mit dem
Finger ein, um den Pylorus zu untersuchen und fand denselben kaum für einen
Gänsekiel durchgängig. Selbstverständlich Änderung des Operationsplanes und
Anlegung einer Magen-Darmfistel (Gastroenterostomia retrocolica anterior). Den
Tag nach der Operation begann Pat. gallige Massen zu erbrechen, was nicht zu
stillen war, verfiel immer mehr und starb am 13. Februar. (In einem Falle von
galligem Erbrechen nach Gastroenterostomie machte Ref. am 3. Tage post oper.
eine Magenauswaschung, worauf das Erbrechen aufhörte und sich die schon sehr
kollabirte Pat. schnell erholte. In einem zweiten Falle trat auf Magenausspülung
nur eine Erleichterung ein, das gallige Erbrechen cessirte erst vollkommen, als der
Pat. kompakte Nahrung, Fleisch und Brot, gegeben wurde) Bei der Sektion wur-
den die Nähte der Gastroenterostomie in Ordnung gefunden. Cardia und Pylorus
narbig verengt, die erstere für den Finger, der letztere nur für eine dünne Sonde
durchgängig. Über den ganzen Magen ein Nets von Narbensträngen, in der Mitte
die normale Magenwand ganz durch eine Narbe substituirt, welche stark einge-
sunken ist und nur eine Brücke zwischen kugelförmigem kardialem und pylori-
schem Magentheil bildet. Im zu- und abführenden Darmschenkel, so wie im Ma-
gen galliger Inhalt.
S. neigt der Ansicht zu, der Misserfolg der Operation sei eingetreten, weil
die Anastomose zu nahe am Duodenum angelegt wurde; Chlumski’s Vorschrift
war ihm damals noch nicht bekannt. (Ref. kann aus seiner Erfahrung auf
Wikerhauser’'s Abtheilung hinzufügen, dass die Erfolge unvergleichlich besser
sind, seitdem wieder die Gastroenterostomia antecolica aufgenommen ist, die
Anastomose ca. 50 cm vom Duodenum angelegt und der zuführende Schenkel mit
2—3 Nähten hoch an der Magenwand fixirt wird. So wurde in einem Falle, wo
sich, nachdem die Anastomose fertig war, ein scharfer Sporn zeigte, die zuführende
Schlinge hoch fixirt, wodurch die Knickung behoben wurde, und der Verlauf ohne
jeden Zwischenfall war.)
Epikritisch bemerkt Verf., dass von Anfang an der ganze Umfang der Er-
krankung schwer zu erkennen war, obwohl er zugiebt, dass ihn der Befund bei
der 1. Operation (Gastrostomie) hätte auf den Gedanken einer multiplen Stenose
bringen sollen. Y. Cačković (Agram).
42) Rommerskirch. 101 Fälle von Gastrostomie. (Aus der kgl.
chirurg. Klinik zu Breslau.)
Inaug.-Diss., Breslau, 1898. 56 S.
18 Gastrostomien wegen gutartiger Verengerung, 83 wegen Carcinom der Speise-
röhre oder Cardia, davon 5 nach der alten, 1 nach der Prank schen, die übrigen
nach der Witzel’schen Methode mit der Hacker’schen Sphinkterbildung (reep.
nach deren Modifikation nach Kader und Henle) operirt. Die Kader’sche
Modifikation ist bekannt, die Henle’sche besteht darin, dass nur der unterste
Theil des Kanals aus Magenwand allein, der Rest aus Peritoneum und Magen-
wand gebildet wird. Mikulicz’s Resultate sind vorzügliche, sowohl was die
primäre Sterblichkeit, als was Funktion und Dauerresultate betrifft. Von den
wegen Verätzung Operirten starb nur 1 kurz nach der Operation, von den wegen
Carcinom Operirten starben 17 = 20,5%, aber nur 2 an Infektion. Die Lebens-
dauer von 66 entlassenen Carcinomkranken betrug im Mittel 5 Monate, 4 lebten
Mh Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1135
nd Verh daran fir noch füber 1 Jahr. Die eigentliche Witzel’sche Methode mit Hacker’schem
vie mit der Jahr È Sphinkter giebt weitaus die besten Resultate. (Die interessante Arbeit beweist,
e Zeche na dass die Aussichten der Gastrostomie bei Careinom durchaus nicht "ao schlecht
og Al mn ide sind, wie man heut zu Tage vielfach, besonders auf interner Seite, annimmt; diese
Jenselben kun De Aussichten werden zweifellos noch viel bessere werden, wenn frühzeitig operirt
d Openil gi wird. Wie Verf. dazu kommt, uns als Gegner det Operation bei Carcinom zu
wen eg De beseichnen, dürfte Jedem unerfindlich sein, der unsere Arbeiten gelesen hat. Ref.)
pechen, nu 2 H. Lindner (Berlin).
In einen bin
m
43) W. Meyer (New York). A case of gastrostomy performed accord-
ing to Kader’s method.
Repr. from the New York med. journ. 1896. November 7. 14 S.
54jähriger Mann, operirt wegen krebsiger Ösophagusstriktur am 21. Juli 1896
genau nach Kader’s Methode. Gute Heilung. Vorzügliches funktionelles Re-
sultat 2 Monate nach der Operation. H. Lindner, (Berlin).
q der Mie
ark dp t
Zeche, 44) Monprofit (Angers). Résection du |pylore pour stenose cicatricielle.
D Guerison.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 1.)
reil
` M. berichtet über eine durch ihre Genese interessante, durch Resektion glück-
f lich geheilte Pylorusstenose.
d
r Eine 27jährige Frau hat im April 1895 Salzsäure verschluckt. |Sie behielt
nach Ablauf der ersten Verätzungssymptome eine nahezu totale Undurchgängigkeit
des Pylorus und nahm in Folge dessen in 5jMonaten 44 Pfund ab. M. ließ durch
eine Punktionsnadel zunächst die Gase aus dem stark aufgetriebenen Magen ab
und versuchte dann durch eine Incisionsöffnung {die Dilatation mit dem Finger:
vergeblich; desshalb Excision des Pylorus, dessen Verengerung auf einer chroni-
schen Entzündung des Sphinktermuskels beruhte. P. Stolper (Breslau).
45) Schlatter. Weitere Mittheilungen über einen Fall von totaler
Magenexstirpation beim Menschen.
[Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. Ill. Hft.3 u. 4.)
Zu seinem bekannten 1. Fall von wirklich totaler Magenexstirpation bringt S.
nachträgliche Untersuchungen des Stoflwechsels dieser Frau ohne Magen und
liefert den bündigsten Beweis dafür, dass man sehr gut ohne Magen leben kann.
Die Frau nahm in den 9 Monaten nach der Operation 8,4 kg an Gewicht zu. Die
Ausnutzung des eingeführten Eiweißes war eine völlig normale, der Wegfall des
eiweißverdauenden Magensaftes blieb also ohne Folgen für die Ausnutzung. Das
Gleiche gilt für das Nahrungsfett. Der Ausfall des salzsäurehaltigen Magensaftes
war ferner ohne jeden Einfluss auf die Größe der Darmfäulnis. Endlich ergab
sich, dass der Ablauf der Stickstoflausgabe im Urin nach einer Mahlzeit von der
Magenverdauung absolut unabhängig ist, da seine Kurve durch die Ausschaltung
les Magens in keiner Weise gegenüber derjenigen bei normalen Verhältnissen
lterirt ist.
Das einzig Unangenehme im subjektiven Befinden der Pat. ist ein nach reich-
ber Nahrungsaufnahme im Epigastrium und in beiden Hypochondrien auf-
tendes Druckgefühl. Haeckel (Stettin).
1136 Centralblatt für Chirurgie. No. 45.
46) @. Kövesi. Einfluss der Gastroenterostomie auf die Sekretions-
vorgänge. (Aus der I. med. Klinik des Herrn Prof. Fr. v. Koränyi
in Budapest.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 34.)
Die Untersuchungen wurden nur in 1 Falle von Gastroenterostomie wegen
Narbenstenose des Pylorus bei Ektasie des Magens und Hyperaeidität vorgenommen
und ergaben, dass nach der Operation der Hyperaciditätsgrad wesentlich kleiner
und die Stärkeverdauung in Folge dessen vollkommener wurde, während sich die
Pepsinsekretion wenig verändert und die motorische Thätigkeit des in seinen Di-
mensionen nur geringe Zurückbildung aufweisenden Magens kaum gebessert zeigte.
Kramer (Glogau).
47) R. Frank. Demonstration zweier geheilter Carcinomfälle.
(K. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien.) -
(Wiener klin. Rundschau 1898. No. 19.)
Im ersten Falle wurde ein umfangreiches Pyloruscarcinom vor 7 Jahren rese-
cirt; Pat. ist gesund. Im zweiten Falle wurde vor 51/, Jahren wegen Blinddarm-
carcinom ein 35 cm langes Darmstück so wie bedeutende Drüsentumoren exstirpirt.
Pat. ist gesund und hat sein Körpergewicht verdoppelt. In beiden Fällen ist die
Diagnose mikroskopisch sichergestellt. In den folgenden Sitzungen der Gesellschaft
Le No. 20 und 21) wurden von verschiedenen Herren Fälle von ähnlich lange
äauernden Heilungen demonstrirt und besprochen. @risson (Hamburg).
48) M. Schmidt. Invagination des Quercolons nach Pylorusresektion
und Magen-Duodenalvereinigung mittels Murphyknopfes.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 83.)
Wenige Tage nach Ausführung der genannten Operation (nach Kocher) er-
krankte die 48jährige Pat. an heftigen Koliken, deren Grund erst am 24. Tage
nach der Operation klar wurde, als ein großer Darmsequester abging, welcher sich
durch die an ihm haftenden Seidenligaturen als der von der großen Magencurvatur
abgelöste Theil des Colon transversum erwies. Tod 1 Monat später an Verdau-
ungsstörungen, Inanition und fistulöser Eiterung in der Bauchnarbe von kothigem
Charakter. Die Sektion ergab Spontanheilung der abgelaufenen Coloninvagination
mit einer schwieligen und engen Ringnarbe, in welcher mehrere Fisteln; der
Murphyknopf im Blinddarm liegend. Von Interesse ist, dass gerade der durch
die Abtrennung vom Magen mobilisirte Quercolontheil von der Invagination be-
fallen wurde. Diese Mobilisirung einerseits und andererseits eine Fixirung des
rechten Abschnitts dieses Darmtheils an die Magen-Duodenalvereinigung (bei der
Sektion bewiesen durch hier vorhandene starke Verwachsungen nebst einer Magen-
Colonfistel und wahrscheinlich veranlasst durch Mitfassen eines Colonzipfels zwi-
schen die Murphyknopfhälften) werden den Eintritt der Invagination erklären
können, während der Murphyknopf hierfür wahrscheinlich nicht verantwortlich zu
machen ist. Von besonderem Interesse sind ferner die specielleren anatomischen
Verhältnisse an dem abgestoßenen Darmsequester, Betreffs welcher aber auf die
Beschreibung im Original zu verweisen ist. (Selbstbericht.)
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Drock und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
für
CHIRURGIE
E. vu Bam, (mt. ice,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
—
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten.
No. 46. Sonnabend, den 19. November. 1898.
Inhalt: v. Mosetig-Moorhof, Plastischer Verschluss von Knochendefekten am Warzen-
fortsatz durch einen falzartig unterponirten, umgelegtan Hautlappen. (Original-Mittheilung.)
4) Eulenburg, Realencyklopädie. — 2) Festschrift für Durante. — 3) imbriaco,
Kriegschirurgische Operationen. — 4) Stempel, Myositis ossificans. — 5) Schulthess,
Spastische Gliederstarre. — 6) Snévé, Pseudarthrosenbildung. — 7) Anghel, Juvara, Be-
handlung von Knochenbrüchen. — 8) Francke, Habituelle Schulterverrenkung. — 9) Vogel,
Angeborene Hüftverrenkung. — 10) Alsberg, Coxa vara. — 11) Heusner, Klumpfuß. —
12) Chipault, Mal perforant. `
13) 70. Naturforscher- und Ärzteversammlung: Morian, Myositis ossificans. — Wolff,
Behandlung von Knochenbrüchen. — Plücker, Behandlung komplicirter peripherer Ver-
letzungen. — Plücker, Missbildungen der oberen Extremitäten. — Bardenheuer, Totale
Hüftgelenkiresektion. — Wolff, Beckenresektionen.
14) Preindisberger, Krankenhansbericht. — 15) Aus der Sitzung der Arztegesellschaft
in Wien. — 16) Marx, Osteomyelitis. — 17) Boise, Gelenkentzündung durch Pneumo-
kokken. — 18) Bertelsmann, Muskelschwiele. — 19) Zagato, Fibromyom im Muskel. —
20) Porges, Verletzungen durch Muskelzug. — 21) Gossner, Hysterie nach Trauma. —
22) Pitsch, Hochstand der Scapula. — 23) Morestin, Schulterblattbruch. — 24) Ramm-
städt, Oberarmbruch. — 25) Dehler, Osteomyelitis des Kreuybeins. — 26) Hinsberg, An-
geborene Hüftverrenkung. — 27) Goldscheider, Hygromen des Knies.
Plastischer Verschluss von Knochendefekten
am Warzenfortsatz durch einen falzartig unterponirten,
umgelegten Hautlappen.
Von
v. Mosetig-Moorhof in Wien.
Die operative Entfernung von Cholesteatomen im Gehörorgan
hinterlässt Knochendefekte, deren späterer organischer Verschluss,
wenn die Periode der Recidivirungsgefahr vorüber ist, aus mehr-
fachen, nicht näher zu erörternden Gründen geboten erscheint.
Durch Herrn Prof. Gruber wurde mir der erste Pat. zugeführt,
an dem ich den plastischen Verschluss ausführen sollte: er zeigte
bei abgedrängter Ohrmuschel entsprechend der Außenwand des
Processus mastoideus einen ovalen, von narbiger Haut umrandeten,
46
1138 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
über kaffeebohnengroßen Substanzverlust des Knochens, durch den
man in das Innere der glatten, epithelbedeckten, tiefen Knochen-
höhle Einsicht nehmen konnte. Diese Knochenhöhle kommunicirte
breit mit dem äußeren Gehörgang.
Ich ging folgendermaßen zu Werke: Unter antiseptischen Kau-
telen wurde zunächst an der unteren Fläche, als der bequemsten
und am wenigsten behaarten Stelle der nächsten Defektumgebung,
ein Hautlappen vorgezeichnet, etwas größer als der Defekt, an Ge-
stalt zungenförmig. (Fig. 1.) Zwei ganz seicht geführte Kontour-
schnitte, vollends parallel zu einander, begrenzten im Lappen einen
Fig. 1. d Fig. 3.
Randstreifen, welcher sofort von seinem Epidermisüberzug befreit
wurde, so dass nach beendeter Abschälung der künftige Lappen eine
überall gleichmäßig angefrischte Randzone trug. Nun erst vertiefte
ich den äußeren Kontourschnitt bis zur Fascie und präparirte den
Lappen bis zum Defektrande hinauf ab, allwo er mit breitem Stiel
sitzen blieb. Der Rest des Defektrandes wurde nicht in gewöhn-
licher Weise angefrischt, sondern in toto erhalten und nur mit
flach geführter Bistouriklinge so weit von seiner Knochenbasis los-
getrennt, dass der solchermaßen unterminirte Rand sich mittels
Häkchen leicht von der Unterlage abheben ließ. (Fig. 2.) Hierauf
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1139
wurde der Hautlappen an seinem Stiel nach oben zu. umgelegt, so
dass die Epidermisfläche nach innen kehrte und dessen Rand unter-
halb des abgehobenen Defektfalzes geschoben werden konnte. Vier
Nähte aus dünnem Katgut fixirten den Lappen in seiner neuen
Lage. (Fig. 3.) Schließlich vereinigte ich durch Knopfnähte die
Ränder des durch die Entnahme des Lappens entstandenen Haut-
defekts nach entsprechender Unterminirung linear. Es verblieb nur
eine ovale, besser birnförmige Partie der Lappenwundfläche übrig,
welche sich etwa wie ein Uhrglas zum Rahmen verhielt. (Fig. 4.)
Diese restirende Wundfläche kann durch Implantation von Rever-
din’schen Läppchen sofort gedeckt oder der spontanen Übernarbung
überlassen werden; letzteres um so eher, je kleiner das zurück-
bleibende Wundareal ausfällt.
Nach der geschilderten Methode wurden bis nun 6 Fälle operirt;
bei allen trat prima intentio ein und rasche Vernarbung der in
5 Fällen ungedeckt gebliebenen Lappenwundfläche, so dass schon
am Schluss der 2. Woche Alles vernarbt war. Diese Operations-
methode ist eben so einfach in ihrer Ausführung als sicher im Er-
folg. Das Unterschieben des Lappens hat vor der senkrechten An-
frischung große Vortheile; einmal wird Alles erhalten, und weiter
kommen dabei ausgedehntere Wundflächen in gegenseitige, ich möchte
fast sagen hermetische Berührung. Technisch ist sie jedenfalls
leichter als das Verfahren von Stacke mit zwei supraponirten
Lappen. Die Reinigung der außen verschlossenen Knochenhöhle
kann vom Gehörgang aus besorgt werden. Eine vorgängige Epi-
lation der Lappenhaut ist sehr zu empfehlen.
1) A. Eulenburg. Realencyklopädie der gesammten Heil-
kunde. Bd. XVII und XVII.
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1898.
Eis Realencyklopädie zählte in der 1. Auflage 15 Bände, die
2. brachte es auf 22, die 3. wird, vollendet, mindestens aus 25 Bänden
bestehen. Vermehrt ist sie also sicher; dafür sorgt schon der Fort-
schritt unserer Wissenschaft, der ja eine Anzahl ganz neuer Artikel
nothwendig gemacht hat. Es sei beispielshalber nur auf die Organ-
safttherapie hingewiesen, von der die 2. Auflage noch nichts wusste,
und die jetzt allein für sich 60 Seiten beansprucht. Aber auch die
Abschnitte, die die alten Titel führen, sind den modernen An-
sprüchen nach vervollständigt und umgearbeitet, so dass das Werk
in der That ein durchaus zuverlässiger und allen Anforderungen
genügender Führer durch die verschiedensten Gebiete der Medien
ist. Man kann ja wohl mit ziemlicher Sicherheit prophezeien, dass
es im Jahre 1900 mit Band 25 seine Vollendung finden wird.
Richter (Breslau).
46*
1140 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
2) Per il XXV Anno dell’ insegnamento chirurgico di Fran-
ceso Durante nell’ università di Roma.
Rom, Societa editrice Dante Alighieri, 1898.
In sinniger Form haben die Schüler und Freunde des römischen
Chirurgen Durante das Jubiläum seiner 25jährigen Lehrthätigkeit
an der Universität Rom gefeiert, indem sie in 3 stattlichen Bänden
Produkte eigener Arbeit dem Meister widmeten. Auf über 1900 Seiten
sind 60 Arbeiten niedergelegt, und als Titelblatt steht ihnen das
Bildnis des Mannes voran, dem sie zugeeignet sind. Aber so weit wir
uns bisher überzeugt haben, ist es nicht nöthig, das Maß der Elle
an die vereinigten Arbeiten zu legen. Die nach und nach folgenden
Referate mögen den Fleiß und tüchtigen Geist wiederspiegeln, den
sie bekunden. Ein Inhaltsverzeichnis der Arbeiten Durante’s ist
dem letzten Band angehängt und erinnert wieder an den Zusammen-
hang des Forschers mit der deutschen Wissenschaft. Sind doch gerade
seine ersten Arbeiten über Entzündung der Gefäßwände und Or-
ganisation des Thrombus (1871 und 1872) zuerst in den »Medi-
einischen Jahrbüchern« erschienen. Dreyer (Köln).
3) P. Imbriaco. Le operazioni piü frequenti nella chirurgia
di guerra.
Florenz, 1898. VIII, 477 8.
Das vorliegende Buch ist als Lehrbuch für die militärärztliche
Schule bestimmt. Als solches beschränkt es sich natürlich nicht
auf die wirklich kriegschirurgischen Partien unserer Disciplin, sondern
I. hat sich einen weiteren Rahmen gesteckt. Es ist ein Kompendium
der Operationslehre. Die folgende Inhaltsangabe zeigt die Gebiete,
welche I. seinen Vorträgen — in welche Form das Buch gekleidet
ist — einverleibt hat.
I. beginnt mit den Operationen an den Weichtheilen: Gefäß-
unterbindungen im Allgemeinen und Besonderen in 4 Vorlesungen.
Hier finden sich sehr instruktive Schemata, so wie eine große Zahl
sehr klarer Originalzeichnungen, welche wohl jeden klinischen
Lehrer interessiren werden.
Die nächste Vorlesung ist der Frage gewidmet, ob im Felde
schon in der ersten Linie aseptisch zu arbeiten ist. Für I. ist
(p. 48) dies eine Frage der Opportunität und Aktualität, er
glaubt — in Übereinstimmung mit den deutschen und französischen
Kriegschirurgen — die antiseptische, eventuell gemischte Behand-
lung in der ersten Linie durchführen zu sollen. Die Einzelheiten
der Wundbehandlung so wie der umfangreicheren Wundversorgung
sind in den nächsten Abschnitten abgehandelt: Blutleere, Gefäß-,
Sehnen- und Nervennaht, primäre Hautplastik. Auffallenderweise
sind auch Lippen- und Rhinoplastik ausführlich in diesem Kapitel
besprochen. Auch wäre zu erwähnen, dass I. die sekundäre Naht
bevorzugt.
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1141
Der zweite Theil des Buches enthält die Eingriffe an den
Knochen und Gelenken (Vorlesung VIII bis XX). Auch hier vor-
treffliche Illustrationen, eine große Zahl praktischer Winke, die den
erfahrenen Chirurgen verrathen. Geschosse, Fremdkörper und Knochen-
splitter sind nach I. unter den technischen Vorsichtsmaßregeln zu
entfernen (Vorlesung XXI f.) In den Anstalten zweiter Linie ver-
langt I. daher sämmtliche Apparate, die diesem Zweck dienlich sein
können (Röntgen etc.).
Der letzte Theil endlich ist den speciellen Operationen gewid-
met (Vorlesung XXIUII—XXXII). I. arbeitet hier mit den Erfahrungen
und Kenntnissen der neuesten Zeit. Das ungeheure Material ist
streng gesichtet, nur die bewährten Methoden sind ausführlicher be-
sprochen. Ein besonders großer Platz ist hier den Hernien und
ihren Radikaloperationen eingeräumt (ein Moment, das mit Verhält-
nissen in den Arıneen anderer Staaten nicht im Einklang stehen
dürfte. Ref.).
Die technische Ausstattung des Buches ist — wie erwähnt —
musterhaft. J. Sternberg (Wien).
4) Stempel. Die sogenannte Myositis ossificans progressiva.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 3 u. 4.)
S. war in der glücklichen Lage, einen typischen Fall dieser
Krankheit vom Beginn im 4. Lebensjahre an 3!/, Jahre lang zu ver-
folgen und mikroskopische Studien an excidirten Gewebsstücken
zu machen. Er kommt zu dem Resultat, dass der Process nicht von
Muskeln oder Knochen, sondern vom Bindegewebe ausgeht und er-
blickt das Wesen der Krankheit in einer Entwicklungsstörung der
Gewebe noch in embryonaler Zeit, nämlich in einer mangelhaften
Differenzirung des ursprünglichen, das Mesenchym darstellenden
Gallertgewebes, das sich normalerweise in Bindegewebe einerseits, in
Knorpel- und Knochengewebe andererseits verwandeln soll. Ist diese
gesetzmäßige Differenzirung gestört, so findet an Stellen, die nor-
malerweise nur von Bindegewebe ausgefüllt sind, eine Entwicklung
von Knorpel- und Knochengewebe statt. Dass sich bei diesen Indi-
viduen meist noch andere Entwicklungsstörungen, Fehlen der End-
phalangen, Verwachsensein derselben mit den Grundphalangen, Fehlen
einzelner Muskeln, Verkümmerung der Ohrmuscheln etc. finden, dient
dieser Annahme als Stütze. Haeckel (Stettin).
5) W. Schulthess. Zur Pathologie und Therapie der spasti-
schen Gliederstarre (cerebrale Diplegie, Freud).
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.)
Während das normale Kniegelenk bei starker Beugung auf der
Höhe der Krümmung zwischen den Kondylen nnd dem oberen Ab-
schnitt der Kniescheibe eine Abflachung erkennen lässt, fand S.,
dass bei der spastischen Gliederstarre die Kniescheibe die Kuppe der
Krümmung bildet, wodurch das flektirte Knie ein eigenthümlich
1142 Centralblatt fiir Chirurgie. No. 46.
spitzes Aussehen bekommt. Die abnorme Lage der Kniescheibe ist
die Folge der Verlängerung der Quadricepssehne und der Retraktion
des Muskelbauches des Rectus femoris. Das Bild ist um so typischer,
je mehr die Kraft der Muskulatur erhalten ist. Die Verlagerung der
Kniescheibe wird geradezu als pathognomonisches Merkmal für die
kongenitale cerebrale Diplegie bezeichnet.
Auch an anderen Muskeln der Extremitäten fanden sich die
Sehnen verlängert. Verf. erklärt diese Sehnenverlängerung als funk-
tionelle Veränderung. Ein gewisser Einfluss der spastischen Musku-
latur wird selbst auf die Knochenentwicklung ausgeübt. Bei einem
iljährigen Knaben waren die Vorsprünge der Gelenkflächen und der
Sehnenansätze auffallend stark entwickelt, die Gelenkenden der
Knochen dick und die Knochen selbst verhältnismäßig kurz.
Durch Tenotomie der Achillessehne, Redressement, Gipsverbände,
Massage, Gymnastik und die Anwendung eines Spreizapparats konnte
in einem Falle, der zur Behandlung kam, ein günstiges Resultat in
so fern erzielt werden, als der Knabe, um den es sich handelt,
in der Lage war, auf die Sohlen aufzutreten.
J. Riedinger (Würzburg).
6) H. Snévé (St. Paul). Verzögerte und nicht eintretende
Vereinigung von Knochenbrüchen.
(Lancet 1898. Juni 1.)
S. wurde durch eine Beobachtung zu einem genaueren Studium
der Bedingungen geführt, welche dem Auftreten von Pseudarthrosen
bei Knochenbrüchen zu Grunde liegen. Bei einem Mann mit Ober-
armbruch war nach etwa 1!/, Jahr immer noch keine Heilung ein-
getreten, obgleich schon 2mal die Knochennaht vorgenommen worden
war. Eine genaue Untersuchung ergab, dass der Biceps und Bra-
chialis internus gänzlich gelähmt waren, und dass zugleich eine
anästhetische Zone an der Radialseite des Vorderarms bestand.
Es musste also eine Lähmung des Nervus musculo-cutaneus bestehen,
und vielleicht war diese die Veranlassung der Pseudarthrose. Ein
Versuch, diesen Nerv oberhalb der Bruchstelle aufzufinden, misslang,
und wurde hierauf abermals zur Knochennaht geschritten. Auch
dies Mal hatte die Operation keinen Erfolg; allein etwa 1 Jahr später
begann gleichzeitig mit Wiederkehr der Funktion der gelähmten
Muskeln knöcherne Vereinigung der Bruchenden von selbst ein-
zutreten.
Es ist anzunehmen, dass in diesem Falle bei dem Zerbrechen
des Knochens eine Verletzung des N. musculo-cutaneus eingetreten ist,
und dass hierdurch auf tropho-neurotischem Wege die Bildung
eines ausreichenden Callus verhindert wurde. Da nun eine Kritik
der bisher als Ursachen der Pseudarthrosenbildung angesehenen
allgemeinen und örtlichen Gründe diese nicht zureichend erscheinen
lässt, so ist S. geneigt, jene Beobachtung zu verallgemeinern und
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1143
anzunehmen, dass häufig eine Nervenzerreißung die Ursache sein
möchte. Daher räth er, falls nach 6 Monaten keine knöcherne Ver-
einigung eingetreten ist, nicht mit der Knochennaht zu eilen, sondern
lieber auf denjenigen Nervenstamm einzuschneiden, welcher einen
Ast zur Diaphyse des gebrochenen Knochens schickt und nach-
zusehen, ob er etwa verletzt ist. Der Schaft des Oberschenkels wird
vom N. ischiadicus, der des Unterschenkelknochens vom N. tibialis
posticus, der des Oberarmknochens vom N. musculo-cutaneus, und
endlich der der-Ulna und des Radius vom N. medianus aus versorgt.
Für die Epiphysen liegen die Verhältnisse anders, da zahlreiche
Gefäße und Nervenäste in sie eintreten, mithin die Gefahr einer
Schädigung der Ernährungsverhältnisse durch Zerreißung einzelner
Aste weniger nahe liegt.
Um diesen Fragen näher treten zu können, sind noch mancherlei
Vorfragen zu erledigen. Zunächst ist es wünschenswerth, die Nerven-
endigungen in den Knochen anatomisch weiter zu verfolgen, als
bisher möglich war. Ferner ist durch Versuche festzustellen, wie
weit Durchschneiden der Ernährungsnerven genügt, um Verände-
rungen an den Knochen selbst herbeizuführen, oder ob etwa noch
entzündliche Vorgänge hinzutreten müssen, um diesen Erfolg zu
erreichen. Dann müssten solche vom Nerveneinfluss abgeschnittene
Knochen gebrochen und der Heilungsverlauf unter den veränderten
Umständen studirt werden. Endlich müssten die Chirurgen jeden
zur Beobachtung gelangenden Fall von Pseudarthrose auf gleich-
zeitiges Vorhandensein von Lähmungen untersuchen.
Nach Ansicht des Ref. legt der späte spontane Eintritt der
Gallusbildung in dem von S. beobachteten Falle und der damit
gleichzeitige Rückgang der Lähmung noch eine weitere Frage nahe,
nämlich die, wie und wie lange Wiederherstellung der Funktion in
verletzten Nerven noch möglich ist? Diese noch nicht völlig sicher
beantwortete Frage hat ja wegen der Nervennaht für den Chirurgen
überhaupt die allergrößeste Bedeutung. Lühe (Königsberg i/Pr.)
7) Ein neues Verfahren der Knochenprothese.
A. Mit Stahlspitzen (Balkenband), von Dr. Paul Anghel.
(Revista de chirurgie 1898. No. 1. [Bukarest.])
Nach den an Leichen gemachten Versuchen hält Verf. diese
Art von Prothese für vortheilhafter, als die mit Silberdrahtnaht; denn
man kann die verschobenen Fragmente sehr gut zusammenhalten
und danach gleich Massage anwenden oder den Kranken
gehen lassen. Die Anwendung ist leicht, namentlich an FH
den Epiphysen.
Der mittlere Theil der Stahlspitze ist nicht platt, sondern drei-
eckig; die untere Kante des Dreiecks bildet sich in dem Knochen
eine Rinne und wird dadurch unverschieblich.
1144 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
B. Durch breite Metallbänder, von Dr. E. Juvara.
(Ibid. No. 5.)
Diese Metallbänder, welche Verf. nach Ablösun; i
der Muskelinsertionen um den Knochen legt, verden Ce
aus Silber gemacht.
An dem einen Ende des Bandes werden mit einer speciellen
Schere 2 oder 3 Ohren geschnitten; von der Basis der Ohren misst
man den Umfang des Knochens ab, und schneidet an der betreffen-
den Stelle mit einer anderen besonderen Schere eben so viele Ösen
wie Ohren geschnitten sind, in welche die Ohren mit Leichtigkeit
hineingeschoben werden können. Man legt dann das Band um den
gebrochenen Knochen und befestigt die Ohren in den Ösen.
Die Methode ist nur an der Leiche versucht worden.
Gerota (Bukarest).
8) C. Francke. Zur pathologischen Anatomie und Therapie
der habituellen Schultergelenksluxationen.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 399.)
F. theilt 4 einschlägige von Müller (Aachen) mit Erfolg operirte
Fälle mit und stellt ferner 14 hergehörige Beobachtungen, theils auf
Sektionspräparaten, theils auf operativen Gelenkautopsien fußend,
zusammen, wonach die anatomischen Verhältnisse der habituellen
Schulterverrenkung und deren operative Behandlung allgemein be-
sprochen werden. Das gesammelte Material ergiebt, dass der häufigste
und wichtigste Befund in einer Kapselerweiterung mit Gelenkhydrops
besteht; in 2. Linie folgen Knochenveränderungen der Gelenkenden,
als Defekte, Knochenabsprengungen, freie oder gestielte Gelenkkörper.
Es fanden sich nämlich in den 18 Fällen:
Kapselerweiterung . . . 2... 16mal,
Kommunikation mit dem subscapulären Schleimbeutel imal,
Kapselriss am Pfannenansatz . . . 2... 2... .. mal,
Abriss der Auswärtsroller . .. 2. 2.2.2... Amalk
Darunter mit Abriss des Tuberc maj.. ....... imal,
Defekte am Kopfe . . . 2... 2.22... . 12mal,
Defekte an der Pfanne . . . RESTE IM,
Freie, resp. gestielte Gelenkkörper reg er Smak
Darunter Komplikation mit Hydrops . . ..... . 2mal.
Die Defekte am Kopf, von welchen eine gute Abbildung gegeben
ist, wiederholen sich oft in einer sehr typischen, schon von Löbker
beschriebenen Art. Fast immer handelt es sich um einen scharf
begrenzten, rinnenförmigen Defekt an der hinteren Seite des Kopfes
medialwärts vom Tuberculum majus. Zur Erklärung der Genese
dieser Defekte ist wahrscheinlich König’s »Osteochondritis disse-
cans« heranzuzichen.
Was die Behandlung betrifft, so wurden 15 der gesammelten’
Fälle operirt, und zwar wurde ausgeführt 9mal die Resektion des
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1145
Humeruskopfes, 5mal die Eröffnung des Gelenkes mit nachfolgender
Naht der Kapsel resp. Drainage oder Tamponade, imal wurde die
Kapsel ohne Eröffnung unter Faltung verkleinert (Verfahren nach
Ricard). Die Resektion des Humeruskopfes sichert zwar die Ver-
hütung von Verrenkungsrecidiven, beeinträchtigt aber leicht die
Gelenkbeweglichkeit, wesshalb sie, wie auch Bardenheuer hervor-
hob, thunlichst zu vermeiden ist. Zu empfehlen ist vielmehr die
Freilegung der Kapsel, eventuell Faltennähung derselben, ferner die
Gelenkeröffnung, Entfernung von Gelenkkörpern, Resektion der
Kapsel, Vernähung etwa abgerissener Rotatoren. Zur Nachbehand-
lung: Ruhigstellung des Gelenkes für mindestens 14 Tage, Drainage
oder Tamponade des Gelenkes, um auf diese Weise möglichste Re-
traktion der Gelenkweichtheile zu erreichen.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
9) K. Vogel. Ein Hilfsmittel zur Nachbehandlung der un-
blutig reponirten Luxatio coxae congenita.
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.)
Um eine monatelange Fixation des Kniegelenks zu vermeiden,
wenn die Außenrotation des Beins verhindert werden soll, hat Schede
eine Sohiene mit beweglichem Kniegelenk konstruiren lassen, welche
oben in eine in den Gipsverband aufgenommene Längshülse ein-
gelassen wird und unten an einem Schuh befestigt ist. Das Nähere
muss im Original nachgelesen werden. Nachts kann die Schiene
durch einen abnehmbaren Gipsverband mit einer Vorrichtung, welche
die Innenrotation des Beins verstärkt, ersetzt werden.
J. Biedinger (Würzburg).
10) A. Alsberg. Anatomische und klinische Betrachtungen
über Coxa vara.
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.)
Nach einer historischen Einleitung berichtet Verf. in dieser be-
achtenswerthen Arbeit, wie sich ein Maß für die Varusstellung des
Schenkelhalses gewinnen lässt. An einem Frontalschnitt durch den
oberen Abschnitt des Oberschenkels verbindet er die beiden Punkte,
an denen der Knorpelüberzug an der oberen und unteren Grenze
des Schenkelhalses endet (»Knorpelendpunkte«), durch eine Linie.
Die Verlängerung der Linie trifft oberhalb des Trochanter major auf
die verlängerte Oberschenkelachse und bildet so einen Winkel, wel-
cher »Richtungswinkel« genannt wird. Der Mittelwerth an 79 mace-
rirten Oberschenkeln betrug 41,5° und schwankte zwischen 25 und 54°.
Bei abnorm vergrößertem Winkel haben wir Valgusstellung, bei ab-
norm verkleinertem oder negativ gewordenem Winkel dagegen Varus-
stellung der Diaphyse des Oberschenkels anzunehmen, vorausgesetzt,
dass die Gelenkflächen des Schenkelkopfes und der Pfanne in nor-
maler Mittelstellung zu einander stehen. Daraus geht hervor, dass
eine nach aufwärts gerichtete Gelenkfläche auch bei verkleinertem
Age
1146 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
Schenkelhalsneigungswinkel noch keine Varusstellung bedingt, was
besonders wichtig ist für die Veränderungen bei der Arthritis defor-
mans. Andererseits muss eine nach abwärts gerichtete Gelenkfläche
die Varusstellung vergrößern.
Wenn, was klinisch häufig beobachtet wird, von den betreffen-
den Individuen die Varusstellung dadurch auszugleichen gesucht wird,
dass der Schenkelkopf gegen die Pfanne eine Bewegung im Sinne
der Abduktion macht, so wird der Trochanter major dem Becken
genähert. Dadurch wird die abducirende Komponente der Musku-
latur wie bei der angeborenen Hüftverrenkung verringert. Bei aus-
gesprochener Coxa vara ist desshalb das Trendelenburg’sche Sym-
ptom der Beckensenkung nachweisbar, was zur Verwechslung mit
der Luxatio coxae congenita Veranlassung geben könnte.
Coxa vara ist nun nicht eine Krankheit sui generis, sondern sie
kann durch verschiedene Krankheitsprocesse hervorgerufen werden.
Hierher zu rechnen sind alle Zustände, welche überhaupt zu einer
Deformirung des Schenkelhalses oder des Schenkelkopfes führen
können. Für die einzelnen Entstehungsursachen werden Beispiele
aus der Litteratur, aus der Beobachtung von Hoffa und aus eigener
Erfahrung angeführt. Was die Coxa vara adolescentium betrifft, für
welche manche Autoren eine Spätrachitis anzunehmen geneigt sind,
so lässt sich bis jetzt nur behaupten, dass es sich um eine statische
Deformität handelt, der vielleicht eine noch nicht sicher zu be-
stimmende Erkrankung des Wachsthumsalters zu Grunde liegt.
Die Therapie hat sich zunächst gegen das Grundleiden zu richten.
Die lokale Behandlung ist eine prophylaktische, eine konservativ-
mechanische oder eine operative. Von den Operationen empfiehlt
Verf. die subtrochantere schiefe Osteotomie, nach welcher das Bein
in Abduktionsstellung versetzt und fixirt wird.
J. Biedinger (Würsburg).
11) Heusner. Über Ätiologie und Behandlung des an-
geborenen Klumpfußes.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 33.)
H. bestreitet auf Grund seiner Erfahrungen, dass Klumpfuß durch
Druck seitens der Gebärmutter in den späteren Schwangerschafts-
monaten entstehen könne, nimmt aber auch ein mechanisches Moment
für die Entstehung an, nämlich eine Gewalteinwirkung vor Aus-
bildung der Gelenke, also vor der 8. Lebenswoche.
In der 6. bis 8. Woche findet nämlich beim menschlichen Em-
bryo eine ziemlich rasche Streckung des aufgerollten hinteren Körper-
endes statt, wobei die Füße des Embryos an der Nabelschnur, welche
sie zwischen sich geklemmt haben, vorbeimarschiren müssen, bis sie
hinter derselben angelangt sind, worauf die Fußsohlen gegen einander
zu liegen kommen.
, Wenn nun die Nabelschnur nach hinten gerichtet und durch
eingetretene Darmschlingen sehr verdickt ist, so werden die Füße
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1147
stark aus einander gedrängt und können leicht zwischen Nabelschnur
und Amnion, welches um diese Zeit den Körper des Embryos noch
eng umschließt, eingeklemmt und festgehalten werden.
Beim Weiterschleifen in dem engen Spaltraum können nun die
Füße, die noch ganz weich sind, über die Vorderkante verbogen
werden, besonders nach ihrem hinteren dünneren Ende zu. Indem
ferner die Kniee ihre Drehung nach vorn vollziehen, die Endglieder
aber in sagittaler Richtung festgehalten werden, müssen letztere in
supinirte Lage gegen den Unterschenkel gerathen. Durch Behinderung
der rechtwinkligen Aufbiegung der Füße endlich müssen dieselben
nach H.’s Meinung in ihrer ursprünglichen Spitzfußstellung verharren.
Während dieses Festhaltens der Füße in verbogener Stellung be-
ginnt die Ausbildung der Gelenke erst, deren Anlage dann also
von vorn herein eine fehlerhafte ist.
Für das Vorwiegen des Klumpfußes beim weiblichen Geschlecht
weiß H. indess keine Erklärung anzuführen.
Gegen die nach erfolgreicher Behandlung oft zurückbleibende
Einwärtsrotation der Füße verwendet H. eine von ihm in die Ortho-
pädie eingeführte flache Spiralschiene aus Stahldraht, auf deren
beiden Enden die Schuhe des Kindes mit den Spitzen nach außen
aufgenäht werden. Beim Zubettgehen zieht man dem Kinde die
Schuhe an, indem man die Schiene der Haltung der Füße ent-
sprechend umbiegt; nach dem Loslassen schnellt die Schiene in ihre
ursprüngliche Lage zurück und dreht die Füße nach auswärts; die
Kinder können sich dabei ziemlich frei im Bett bewegen. Zur Be-
seitigung der Supination kann man der Feder eine halbkreisförmige
Biegung über die Fläche geben, so dass dieselbe wie ein Schaukel-
pferd aussieht, auf dessen beiden Enden die Schuhe stehen.
Damit die Wirkung stets eine vollendete ist, ist es nothwendig, dass
der Fuß die Bewegungen des Schuhes genau mitmacht, was durch
eine passend angebrachte Spannlasche erreicht wird.
Der von H. angegebene Apparat hat ihm auch in den schwer-
sten Fällen, wo immer wiederholte Redressements in Narkose und
Gipsverbände nicht zum Ziel führten, bedeutende Dienste geleistet.
Anfangs müssen die Kinder auch den größten Theil des Tages mit
dem Apparat im Bett verbringen.
Auch bei einseitigem Klumpfuß ist die Schiene verwendbar;
damit jedoch der gesunde Fuß nicht überkorrigirt werde, wird er
Nachts in einen festen Verband gelegt, oder statt des entsprechen-
den Schuhes eine nach dem Fuß geformte feste Lederkapsel auf der
Feder angebracht. B. Wagner (Mülheim a. d. R.).
12) Chipault. De la cure radicale du mal perforant.
(Durante's Festschrift.)
Die Nervendehnung beim Malum perforans soll nicht zu weit
von der erkrankten Stelle und nicht zu nahe an derselben erfolgen.
1148 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
Verf. hat 9mal die Nervi plant. int. und ext., timal den Plant. int.
allein, imal den Collateralis internus der großen Zehe und 3mal den
Saphenus ext. am Rande der Achillessehne gedehnt. Die Dehnung
geschieht mit dem Finger oder einer Zange hauptsächlich nach dem
distalen Nervenende hin. In zweiter Reihe wird das Geschwür aus-
gekratzt, die nekrotischen Knochen abgetragen und die verdickten,
hornigen Ränder entfernt. Die so gereinigte und alsdann vernähte
Wunde wird mit einem aseptischen Verband abgeschlossen. In
sümmtlichen Fällen (14) wurde Heilung erzielt. Indess brachen die
Geschwüre in 2 Fällen wieder auf. Die 12 definitiv geheilten Fälle
liegen 4 Monate bis 3 Jahre zurück. Der Ätiologie nach lagen
Tabes, Diabetes, Syringomyelie und Alkoholismus vor. Die Reinigung
der Geschwüre allein führt nicht zur Heilung derselben, wohl aber
die Nervendehnung ohne die Reinigung, wenn auch etwas langsamer.
In einem Falle Fuiel’s, in dem 2 Geschwüre, je eins unter dem
Kopf des I. und V. Metatarsus, vorhanden waren, heilte nach der
Dehnung des Plantaris externus nur das letztere; erst 6 Monate
später heilte auch das erste nach vorausgegangener Dehnung des
Plantaris internus. C. glaubt, dass die Nervendehnungen auch sur
Heilung der Geschwüre an Amputationsstümpfen und der Zoster-
eruptionen so wie anderer Hautkrankheiten auf nervöser Basis an-
gebracht sind. Dreyer (Köln).
13) Bericht über die chirurgische Abtheilung
der 70. Naturforscher- und Ärzte-Versammlung
in Düsseldorf.
L
Morian (Essen, Ruhr) stellt einen 4jährigen Knaben vor mit Myositis ossi-
ficans progressiva. Die Krankheit begann vor 11: Jahr nach Trauma am Nacken
und der Stirn, wanderte in Schüben mit 3—4wöchentlichen Pausen auf Schultern,
Rücken und Oberarme, vom Gesicht auf Hals und Brust. Während der Hals er-
griffen war, entstand bedrohliche Athemnoth, die Haut war intakt. Das Allgemein-
befinden blieb wenig gestört, ohne Fieber. Seit dem Beginn der Erkrankung bis
heute litt Pat. an Durchfall. Ende 1897 begannen die Muskeln zu verknöchern.
Die Verknöcherungen sind verschieden geformt, sie sitsen meist am Knochen fest,
einige sind beweglich. Nur das Gesicht (ausgenommen der Frontalis dext.), der
Bauch, das Gesäß, beide Beine und die Arme vom Ellbogen abwärts sind frei ge-
blieben. Eine korallenartig versweigte Knochenspange aus dem rechten Brust-
muskel wurde vor 9 Wochen entfernt, sie sog vom Humerus bis zur 3. Rippe
und hinderte jede Schulterbewegung. Mikroskopisch lag normales Muskelgewebe
neben werdendem Knorpelknochen. Die Frage, ob Entzündung oder Neubildung,
war daraus nicht zu beantworten. Zugleich bestand bei dem Knaben Mikrodak-
tylie an beiden Großzehen.
Der Urin enthielt auffallend wenig Kalk (etwa (o des normalen Gehalts), aber
normal viel Phosphorsäure. (Selbstbericht.)
O. Wolff (Köln): Die Extensionsbehandlung der Knochenbrüche (nach
Bardenheuer).
Die Behandlung der Knochenbrüche mit Extension beschränkt sich vielfach
noch auf den Diaphysenbruch und den Schenkelhalsbruch des Femur. Von der
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1149
Frakturstelle nach abwärts läuft an der einen Seite des Beines ein Heftpflaster-
streifen zur Fußsohle, überbrückt die Fußsohle — eine Ansa für die Gewichte
bildend — und läuft an der anderen Seite des Beines wieder hinauf bis zur
Frakturstelle.
Diese Art der Extensionsbehandlung hat durch 2 von Bardenheuerangegebene
Modifikationen eine wesentliche Verbesserung erfahren:
1) Durch den Nachweis, dass die Wirkung der Extension nicht nur nicht ge-
schwächt, sondern vielmehr verstärkt wird, wenn die Extensionsstreifen bis ober-
halb der Frakturstelle hinaufreichen. Beim Knöchelbruch, beim Flötenschnabel-
bruch des Unterschenkels reicht die Längsextension hinauf bis zur Mitte des
Oberschenkels, beim Oberschenkelbruch bis zur Höhe der Trochanteren. Erst
dadurch ist die Möglichkeit geschaffen, auch tiefsitsende Brüche der unteren und
auch oberen Extremitäten durch Extensionsbehandlung in Angriff zu nehmen.
2) Durch Einführung von Querzügen.
Die Gewichtsmenge, welche sich am Längszug anbringen lässt, genügt, be-
sonders bei starker Periostzerreißung, nicht, um die dislocirten Knochenstücke
zu adaptiren. Durch Leichenversuche kann man sich überzeugen, dass beim Ober-
schenkelbruch des Erwachsenen bei starker Periostzerreißung 50—70 Pfund nöthig
sind, um die Dislokation auszugleichen. Eine derartig hohe Gewichtsmenge er-
trägt kein Mensch auf die Dauer an einem Extensionszug ; sie wird hingegen wohl
vertragen, wenn man sie auf verschiedene Angriffspunkte vertheilt. Diese Angriffs-
punkte werden durch Anbringen von Querzügen geschaffen. Das Prineip ist fol-
gendes: Ist eine Fragmentspitze nach der einen Seite abgewichen, so leite man
sie durch einen permanenten Querzug nach der anderen; ist eine Fragmentspitze
nach unten gewichen, so ziehe man sie durch einen permanenten Vertikalzug nach
oben; ist eine Fragmentspitze nach oben verschoben, so drücke man sie durch
Querextension nach hinten; ist ein Fragment um seine Längsachse nach einer Seite
rotirt, so rotire man es durch einen Heftpflasterstreifen nach der anderen Seite.
Bei der ganzen Frakturenbehandlung sind 2 Gesichtspunkte maßgebend:
1) Eine genaue Reposition der dislocirten Fragmente,
2) Eine genaue Retention der adaptirten Fragmente.
Beiden Anforderungen genügt die Extensionsbehandlung in weit höherem
Maße als der Gipsverband.. Wenn nun auch eine ideale Heilung der Knochen-
brüche nicht erreichbar ist — wie die Durohleuchtung nach Röntgen so oft
gezeigt hat — so lässt sich doch auf die obige Weise eine einigermaßen gute
Stellung erzielen. So heilt bei Extension der Diaphysenbruch des Oberschenkels
mit einer Verkürzung von höchstens 1—11/; cm, der Flötenschnabelbruch des
Untersehenkels stets ohne Verkürzung.
Wenn die Fragmente gut stehen, wenn sich breite Knoohenwundflächen be-
rühren, so ist die Heilungsdauer eine kürzere, andererseits ist dann auch mit
Sicherheit auf Konsolidation zu rechnen. Nach Bruns kommt auf 200—250 Brüche
der Extremitäten 1 Pseudarthrose; unter 1837 Brüchen der Extremitäten, die in
den letzten 5 Jahren auf der ohirurgischen Abtheilung des Kölner Bürgerhospitals
behandelt wurden, findet sich keine einzige Pseudarthrose.
Der Callus ist bei der Extension ein geringer. Die Ausdehnung des Callus
lässt direkt einen Rückschluss zu auf die Güte der Behandlung. Ein großer Callus
bildet sich nur dann, wenn die Stellung der Fragmente zu einander eine schlechte
ist. Liegen die Knochen gut an einander, so ist die Bildung von großem Callus
absolut unnöthig.
Durch frühzeitige aktive und passive Bewegungen der Gelenke, deren Aus-
führung die Extensionsbehandlung von vorn herein zulässt, wird die Nachbehand-
lung wesentlich erleichtert. Die Ankylose fällt fort, eben so eine größere Atrophie
der Muskulatur. Komplicirte medico-mechanische Apparate sind für die Nach-
nme derartig behandelter Frakturen in den allermeisten Fällen zu ent-
ehren.
Was die Resultate der Extensionsbehandlung betrifft, so beruft sich W, auf
eine statistische Studie von Dr. Loew, welcher in der Deutschen Zeitschrift für
1150 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
Chirurgie 1897 Bd. XLIV über 167 Brüche der unteren Extremität berichtet. Die-
selben wurden in der Zeit von 1890—95 im Kölner Bürgerhospital mit Extension
behandelt. Die Zahlen sind den Akten der betreffenden Berufsgenossenschaften
entnommen.
Es wurden in dieser Zeit behandelt:
a. 106 Knöchelbrüche.
Davon wurden 105 vollkommen erwerbsfähig, und zwar
97 d.h. 75% vor Ablauf der 13. Woche.
b. 61 Unterschenkelbrüche und zwar
48 Diaphysenbrüche beider Knochen,
5 Supramalleolarbrüche,
5 Brüche der Fibula,
d 3 Brüche der Tibia.
Von diesen 61 Unterschenkelbrüchen wurden
61 völlig erwerbsfähig, davon
37 d.h. 60% vor Ablauf der 13. Woche.
Zum Schluss macht W. noch auf einige Fehler aufmerksam, die bei der Ex-
tensionsbehendlung nicht selten gemacht werden.
Dass die longitudinalen Streifen bis über die Bruchstelle hinaufreichen müssen,
dass ferner ihre Wirkung durch Querzüge verstärkt werden muss, ist nothwendig.
Häufig werden viel zu geringe Gewichte angehängt. Die Ansa der Längsstreifen
muss belastet werden:
bei Oberschenkelbrüchen mit 30 Pfund,
» Flötenschnabelbrüchen » 15—20 »
» Knöchelbrüchen » 15 >»
Die Belastung muss möglichst frühzeitig nach stattgehabter Fraktur eintreten,
d. h. die Extension muss bald angelegt werden. Wartet man einige Tage, so sind
viel höhere Gewichte nöthig, um die in elastischer Retraktion verharrenden Muskeln
zu dehnen und die Verschiebung der Fragmente zu beheben.
Speciell bei Knöchelbrüchen darf man in die Ansa der Längsstreifen kein
Querbrett spannen. Das thun Viele, aus Furcht, es könnte Decubitus an den
Malleolen entstehen. In Wirklichkeit ist das bei glatt angelegten Streifen auch
dann nicht der Fall, wenn die Heftpflasterzüge den Malleolen direkt aufliegen.
Die Ansa der longitudinalen Streifen wird in einer Art Hosenträgerschnalle zu-
sammengefasst. Diese Schnalle trägt die Belastung. Es gelingt so, auf die Stel-
lung des Fußes einen viel größeren Einfluss auszuüben, der Plattfußstellung vor-
zubeugen, die Resorption des Hämarthros durch direkten Druck auf das Gelenk
zu befördern. (Selbstbericht.)
Plücker (Köln): ‚Über die Behandlung komplieirter peripherer Ver-
letzungen.
I. P. berichtet über eine größere Versuchsreihe rein konservativ bebandelter
peripherer Verletzungen. — In Betracht kommen 25 Fälle stationär behandelter
ausgedehnter Hand- und Fingerverletzungen und vereinzelte Fußabquetschungen;;
zumeist Verletzungen, entstanden im maschinellen Betrieb (Holzschneidemaschinen,
Kammräder etc... Bis sum Frühjahr 1897 wurden derartige Wundverletzungen
einer primären aseptischen Wundreinigung unterworfen; seitdem ist dieses aktive
Vorgehen einer konservativen Behandlung gewichen. Das Fehlen großer Wund-
flächen und Wundtaschen, andererseits die Möglichkeit, durch Anwendung eines
Antisepticums der gewöhnlichen Wundinfektion zu begegnen, ließen den Versuch
berechtigt erscheinen. Wir verwandten nach vorhergegangenem Bad in 1/,0/yiger
Sublimatlösung zur Wundbedeckung die 25%ige Hydrg. ox. flav.-Salbe, auf deren
Vorzüge Majewski 1897 auf Grund längerer Erfahrung hingewiesen hatte. —
Eine Nachprüfung an über 1500 poliklinischen Fällen von Quetsch- und Riss-
wunden, die einfach mit diesem Salbenverband bedeckt wurden, ergab sehr günstige
Resultate ohne Nachtheile, als in gang vereinzelten Fällen Ekzeme.
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1151
Die Behandlung der im maschinellen Betrieb schwer verletsten, von Schmutz
und Öl besudelten Hände vollzog sich in der Weise, dass nach Applikation eines
halbstündigen ale (gen Sublimatbades die Wundflächen mit einer dünnen Schicht
der Hydr. ox. flav.-Salbe, auf aseptischer Gaze aufgestrichen, sorgfältig verbunden
wurden; besonderer Werth wurde auf ausgedehnte Ruhestellung und Suspension
gelegt.
Der Erfolg war bei 22 Maschinenverletzungen ein sehr befriedigender, zum
Theil überraschender. In einer Reihe von Fällen traten theilweise trockene Ne-
krosen ein, in 2 Fällen auch eircumseripte echte Fäulnis ohne Phlegmone. — Der
Wundverlauf war nach leichten Temperatursteigerungen und Schmerzen in den
ersten Tagen durchweg reaktionslos. Die ersten Verbände blieben durchschnittlich
10 Tage liegen; — unter Kontrolle der Photographie und Röntgenaufnahme, die
von Herrn Dr. Wildt thunlichst in jedem Falle bei der Aufnahme und immer
bei der Entlassung angefertigt wurden, wurde der Werth des konservativen Vor-
gehens illustrirt. — Sekundäre Nachoperationen, die indessen nicht so häufig
waren, als es von vorn herein den Anschein hatte, haben eine möglichste Funk-
tionsfähigkeit der verletzten Theile anzustreben. — Bei schweren Verletzungen des
Daumens, bezw. der sämmtlichen 4 anderen Finger hat auch die theilweise Er-
haltung selbst versteifter Finger einen hohen Werth; andererseits ist aber auch
bei schweren Verletzungen nur eines Fingers die Einleitung eines zunächst kon-
servativen Vorgehens von Werth.
Vortr. regt noch die Frage an, ob durch die rein konservative Behandlung,
die sich unter den gewöhnlichen Wundverhältnissen bewährt hat, die Infektion
mit Tetanus begünstigt wird.
I. P. stellt einen 24jährigen Mann vor, der eine erhebliche Miss-
bildung beider oberen Extremitäten aufweist bei voller Erwerbsfähigkeit.
Es fehlen: 4. und 5. Finger und Metacarpus beiderseits; das Os hamatum;
die centrale Carpalreihe ist verkümmert; — der Radius ist stark konvex nach
vorn verbogen, auf der rechten Seite im Ellbogengelenk ankylosirt im stumpfen
Winkel; auf der linken Seite ist derselbe nach außen und oben luxirt; die Ulna
ist rechterseits verkümmert, Defekt am peripheren Ende, das centrale Ende ist
ankylotisch mit dem Humerus verbunden, linkerseits ist die Ulna nahezu normal.
— Bei jeder stärkeren Flexion des linken Unterarms rutscht der luxirte Radius am
Humerussohaft vorbei.
Atrophie der Hand- und Unterarmmuskulatur; Schultermuekulatur kräftig
entwickelt. — Die rechte Hand steht in Klumphandstellung fixirt; die linke Hand
steht in normaler Pronation und kann um die Hälfte der Norm supinirt werden.
P. ist Handlanger; er trägt den Kalktrog und das Steinbrett auf der rechten
Schulter und der als Rahmen gebrauchten Extremität in der Weise, dass die Last
auf Schulter, Arm und der supinirten Hand aufruht; der linken, gebrauchsfähigen
Hand bedient er sich zum Fassen der Leiterstufen. — P. verdient den vollen
Tageslohn wie seine Mitarbeiter. (Selbstbericht.)
Bardenheuer (Köln) stellt einen Fall vor von totaler Hüftgelenkresektion
(Resektion des oberen Femurendes und der ganzen Pfanne), den Pat., den er im
Jahre 1896 auf dem Chirurgenkongress in Berlin vorgestellt hat. Das funktionelle
Resultat ist ein sehr gutes geblieben, es hat sich keine Adduktion und Flexion
des Oberschenkels eingestellt, wenngleich die Operation schon vor 8 Jahren aus-
geführt ist. Pat. kann sich gut setzen trotz bestehender Ankylosis in gestreckter
Stellung des abducirten Oberschenkels und kann Wegestrecken von 5—6 Stunden
zurücklegen. Die gleich guten Resultate hat B. in allen anderen Fällen erreicht,
in welchen er die totale Resektion der Pfanne wegen bestehender Tuberkulosis
der gansen Pfanne ausgeführt hat.
Zur Erzielung einer afistulösen Ausheilung, worauf der Hauptwerth zu
legen ist, hält B. neben der extrakapsulären Ausführung der Operation und
neben der Fixation der Resektionsenden gegen einander und absoluten Ruhig-
stellung in einer Gipshose für die Hauptsache die vollständige Entfernung von
1152 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
allen tuberkulösen Knochen, und zwar besonders der Pfanne, weil sie weit häufiger
tuberkulös afficirt ist als der Kopf. Die Pfanne wird nur dann in toto entfernt,
wenn man vor und während der Operation nachweist, dass sie in der ganzen Tiefe
und in der ganzen Ausdehnung befallen ist. Vor der Operation beweist die bi-
manuelle Untersuchung durch die Prominenz der Fossa iliaca, durch die Ver-
dickung der die Gelenkpfanne konstituirenden Knochen, durch das Abgeflacht-
sein der Linea innomminata etc. das Befallensein der Pfanne; während der Ope-
ration muss hierfür besonders die Beschaffenheit des Periosts, Blutreichthum,
leichte Ablösbarkeit etc. die Anhaltspunkte geben.
Wenn die Untersuchung festgestellt hat, dass die Pfanne in ihrer ganzen Tiefe
und in ihrer ganzen Ausdehnung befallen ist, so plaidirt B. sehr für die primäre
Totalresektion, im Gegensats zu Prof. Sprengel (Braunschweig), welcher die-
selbe nur sekundär, bei sogenannten alten Hüften als Nachoperation ausführen
will, und swar aus dem Grunde, weil man vor der Operation nicht entscheiden
könne, ob die Pfanne total befallen sei, und weil gemäß seiner Statistik in 50 bis
60% trots partieller typischer Resektion Heilung ohne Fistel erzielt werde.
Hiergegen führt B. an, dass man wohl vor und während der Operation die
Ausdehnung der Tuberkulose nachweisen könne, dass in seiner Statistik die Syn-
ovialtuberkulose und Kopftuberkulose, welche überhaupt nie die Totelresektion
der Hüfte indieiren, mit eingerechnet seien, und dass die Resultate bei der Total-
resektion der Pfanne, in so weit sie total befallen sei, weit bessere seien.
Er befürwortet noch besonders die primäre Totalresektion wegen der Gefahren,
welche mit dem Verschieben verbunden seien: weitere regionäre und allgemeine
Verbreitung der Tuberkulose, amyloide Entartung der Unterleibsorgane eto. eto.
B. empfiehlt indess sehr den modifieirten Sprengel’schen Schnitt, weil er
das Gelenk in großer Ausdehnung bloßlegt, und weil bei ihm der Blutverlust ein
sehr geringer ist.
Der Schnitt verläuft entlang der ganzen Crista iliaca nach vorn, von der Spina
ant. sup. entlang dem Lig. Poup. weiter bis zum äußeren Rand des N. cruralis
und vom vorderen Ende desselben senkrecht entlang dem letzteren bis in die Höhe
des kleinen Trochanters. Vom hinteren Ende läuft ein zweiter, senkrechter Schnitt
über die Synchondrosis sacro-iliaca bis zur Spina post. inf. und entlang dem Lig.
sacroiliac. bis zur Tuberositas oss. ischii.
Das Periost wird von der Außenfläche des Os. ilium abgelöst. Die einzelnen,
die Pfanne konstituirenden Knochen werden möglichst nahe derselben mit der
Gigli’schen Säge quer durchsägt. Der Femurschaft wird mit der Sägefläche des
Os ilium in abdueirter Stellung vernagelt. Die ganse Wunde wird vernäht, und
über dem aseptischen Verband wird ein das Becken und beide Beine einschließen-
der Gipsverband angelegt.
Der Wundverlauf war stets ein guter.
B. empfiehlt daher die Operation sehr in den Fällen, in welchen die Pfanne
in der ganzen Ausdehnung befallen ist und führt hierauf allein seine guten Re-
sultate zurück. (Selbstbericht.)
Diskussion: Sprengel (Braunschweig) nimmt der Auffassung des Vor-
redners gegenüber seinen Standpunkt wahr. R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
O. Wolff (Köln): Über ausgedehnte Resektionen am Becken.
In den letzten 5 Jahren wurden im Kölner Bürgerhospital von Bardenheuer
19 größere Beckenresektionen wegen Caries tuberculosa ausgeführt, und zwar:
1) Die Resektion der Synchondrosis saoro-iliaca in ihrer ganzen Ausdehnung,
so dass im hinteren Abschnitt des knöchernen Beckenrings eine Kontinuitäts-
trennung, eine Lücke geschaffen wird. 13 Fälle,
2) Die Exartikulation einer ganzen Beckenhälfte — vorn in der Symphysis
pubica, hinten in der Synchondrosis sacro-iliaca — mit gleichzeitiger Resektion
des dazugehörigen Oberschenkelkopfes. 2 Fälle.
3) Die Exartikulation des Oberschenkels im Hüftgelenk mit gleichzeitiger
Entfernung der dazugehörenden Beckenhälfte, 4 Fälle.
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1153
Was die Diagnose der tuberkulösen Affektion der Synchondrose betrifft, so
ist sie dann sehr erschwert, wenn es noch nicht zur Abscedirung gekommen ist.
Derartige Leute werden leicht für Simulanten gehalten oder auf Nervenleiden,
Ischias ete. behandelt. Einen Anhaltspunkt kann die Anamnese geben in so fern,
als in der Mehrzahl der Fälle ein Trauma — wenn auch nur geringfügiger Art
— Heben eines Sackes, Sprung auf die Füße angegeben wird. Das Leiden be-
ginnt mit Anfangs geringen, später stärker werdenden Schmerzen im Kreuz. Nicht
selten geben die Kranken an, zuerst bemerkt zu haben, wie ihnen das Bücken
schwer wurde, wie sie sich nur mit Mühe, dann gar nicht mehr die Strümpfe und
Schuhe hätten anziehen können.
Der Schmerz kann sich auf den Ort des befallenen Gelenks beschränken, er
kann aber auch — durch Mitbetheiligung des Plexus sacralis — ausstrahlende
Form annehmen; dann folgt er meist dem Nervus ischiadicus. Stärkere aus-
strahlende Schmerzen sind von prognostisch ungünstiger Bedeutung, weil sie auf
eine Erkrankung des Os sacrum hinweisen. Die Caries der Synchondrosis sacro-
iliaca greift leider schon früh aufs Kreuzbein über, sie befällt dieses mit mehr
Neigung wie das benachbarte Os ilium. Dadurch ist aber die operative radikale
Entfernung der Krankheitsherde unter Umständen sehr erschwert. Einmal ist der
Eingriff ein schwerer, wenn sich eine umfangreiche Ausmeißelung des Os sacrum
bei der Operation als nöthig erweist; dann aber kann eine Verletzung des Dural-
kanals unter Umständen nicht umgangen werden. Die Gefahr der eitrigen spinalen
Meningitis ist damit in die Nähe gerückt.
Bei der objektiven Untersuchung geht man zweckmäßig so vor, dass man zu-
nächst durch Kompression der beiden Darmbeinschaufeln versucht, Schmerz an
der verdächtigen Stelle auszulösen. In einer Anzahl Fälle gelingt der Versuch.
Danach palpirt man in Bauchlage des Pat. die Rückfläche der Synchondrose, sucht
nach Verdickungen und schmerzhaften Stellen, um dann gleich die Untersuchung
per rectum vorzunehmen. Diese ist am allerwesentlichsten und sollte nie versäumt
werden. Der Druck, den der eingeführte Zeigefinger vom Rectum aus auf die
kranke Synchondrose ausübt, wird ungemein prägnant als Schmerz empfunden.
Auch wird beim Vergleich mit der gesunden Seite fast niemals ein Unterschied
vermisst, wenn sich auch nur ein leichtes Ödem, eine Auflockerung des Gewebes
nachweisen lässt. `
Senkungsabscesse fördern die Diagnose natürlich wesentlich. In 50% aller
Fälle finden wir die Abscesse als sogenannte Glutäalabscesse, d. h. der Eiter liegt
unterhalb der Glutäalmuskulatur. Diese Abscesse können ungeheure Dimensionen
annehmen; ich beobachtete einen, dessen obere Grenze an der Crista iliaca, dessen
untere oberhalb der Kniekehle lag. Alle anderen Formen — die Senkung ins
Cavum ischio-rectale, der Iliacalabscess oder der Sacralabscess — sind viel seltener.
Kombinationen kommen vor. Selten ist auch die trockene Form der Caries der
Synchondrose; in 80% der Fälle handelte es sich um Abscedirungen.
Was die Behandlung angeht, so kommt, wie die obigen Zahlen ergeben, in
der Mehrzahl der Fälle natürlich nur eine operative Behandlung in Frage. Zu
kleinen Eingriffen, Auskratzungen, Ausmeißelungen ete., von denen Einzelne gute
Erfolge gesehen haben, rathe ich nicht, da durch dieselben eine gründliche Ent-
fernung der erkrankten Knochen meist nicht erzielt werden kann. Derartig Be-
handelte werden sich meistens langsam zu Tode fisteln, und in vielen Kranken-
häusern hat man die Gelegenheit, derartige unglückliche Pat. an fortwährender
Eiterung langsam aber sicher hinsterben zu sehen.
Hier ist eine typische Radikaloperation am Platz, wie sie Bardenheuer in
der letzten Zeit mit Erfolg ausführt.
Der Schnitt beginnt in der Mitte des Lig. Pouparti, steigt zur Spina ant.
sup. auf, läuft über den Darmbeinkamm nach hinten bis zur Spina post. inf.,
geht über die Mitte des Kreuzbeins nach abwärts und nimmt dann die Richtung
nach dem Tuber ischii zu. Mit einem Resektionsmesser wird das Labium ext.
der Darmbeinkante abgeschnitten und das Periost sodann im Zusammenhang mit
der äußeren Lippe des Darmbeinkamms von der Außentläche der Schaufel abge-
1152 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
allen tuberkulösen Knochen, und zwar besonders der Pfanne, weil sie weit häufiger
tuberkulös afficirt ist als der Kopf. Die Pfanne wird nur dann in toto entfernt,
wenn man vor und während der Operation nachweist, dass sie in der ganzen Tiefe
und in der ganzen Ausdehnung befallen ist. Vor der Operation beweist die bi-
manuelle Untersuchung durch die Prominens der Fossa iliaca, durch die Ver-
dickung der die Gelenkpfanne konstituirenden Knochen, durch das Abgeflacht-
sein der Linea innomminata etc. das Befallensein der Pfanne; während der Ope-
ration muss hierfür besonders die Beschaffenheit des Periosts, Blutreichthum,
leichte Ablösbarkeit etc. die Anhaltspunkte geben.
Wenn die Untersuchung festgestellt hat, dass die Pfanne in ihrer ganzen Tiefe
und in ihrer gansen Ausdehnung befallen ist, so plaidirt B. sehr für die primäre
Totalresektion, im Gegensats zu Prof. Sprengel (Braunschweig), welcher die-
selbe nur sekundär, bei sogenannten alten Hüften als Nachoperation ausführen
will, und swar aus dem Grunde, weil man vor der Operation nicht entscheiden
könne, ob die Pfanne total befallen sei, und weil gemäß seiner Statistik in 50 bis
60% trotz partieller typischer Resektion Heilung ohne Fistel erzielt werde.
Hiergegen führt B. an, dass man wohl vor und während der Operation die
Ausdehnung der Tuberkulose nachweisen könne, dass in seiner Statistik die Syn-
ovialtuberkulose und Kopftuberkulose, welche überhaupt nie die Totalresektion
der Hüfte indieiren, mit eingerechnet seien, und dass die Resultate bei der Total-
resektion der Pfanne, in so weit sie total befallen sei, weit bessere seien.
Er befürwortet noch besonders die primäre Totalresektion wegen der Gefabren,
welche mit dem Verschieben verbunden seien: weitere regionäre und allgemeine
Verbreitung der Tuberkulose, amyloide Entartung der Unterleibsorgane eto. eto.
B. empfiehlt indess sehr den modifieirten Sprengel’schen Schnitt, weil er
das Gelenk in großer Ausdehnung bloßlegt, und weil bei ihm der Blutverlust ein
sehr geringer ist.
Der Schnitt verläuft entlang der ganzen Crista iliaca nach vorn, von der Spina
ant. sup. entlang dem Lig. Poup. weiter bis zum äußeren Rand des N. cruralis
und vom vorderen Ende desselben senkrecht entlang dem letzteren bis in die Höhe
des kleinen Trochanters. Vom hinteren Ende läuft ein zweiter, senkrechter Schnitt
über die Synchondrosis sacro-iliaca bis zur Spina post. inf. und entlang dem Lig.
sacroiliac. bis zur Tuberositas oss. ischii.
Das Periost wird von der Außenfläche des Os. ilium abgelöst. Die einzelnen,
die Pfanne konstituirenden Knochen werden möglichst nahe derselben mit der
Gigli’schen Säge quer durchsägt. Der Femurschaft wird mit der Sägefläche des
Os ilium in abdueirter Stellung vernagelt. Die ganse Wunde wird vernäht, und
über dem aseptischen Verband wird ein das Becken und beide Beine einschließen-
der Gipsverband angelegt.
Der Wundverlauf war stets ein guter.
B. empfiehlt daher die Operation sehr in den Fällen, in welchen die Pfanne
in der ganzen Ausdehnung befallen ist und führt hierauf allein seine guten Re-
sultate zurück. (Selbstbericht.)
Diskussion: Sprengel (Braunschweig) nimmt der Auffassung des Vor-
redners gegenüber seinen Standpunkt wahr. R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
O. Wolff (Köln): Über ausgedehnte Resektionen am Becken.
In den letzten 5 Jahren wurden im Kölner Bürgerhospital von Bardenheuer
19 größere Beckenresektionen wegen Caries tuberculosa ausgeführt, und zwar:
1) Die Resektion der Synchondrosis sacro-iliaca in ihrer ganzen Ausdehnung,
so dass im hinteren Abschnitt des knöchernen Beckenrings eine Kontinuitäts-
trennung, eine Lücke geschaffen wird. 13 Fälle.
2) Die Exartikulation einer ganzen Beckenhälfte — vorn in der Symphysis
pubica, hinten in der Synchondrosis sacro-iliaca — mit gleichzeitiger Resektion
des dazugehörigen Oberschenkelkopfes. 2 Fälle.
3) Die Exartikulation des Oberschenkels im Hüftgelenk mit gleichzeitiger
Entfernung der dazugehörenden Beckenhälfte, 4 Fälle.
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1153
Was die Diagnose der tuberkulösen Affektion der Synchondrose betrifft, so
ist sie dann sehr erschwert, wenn es noch nicht zur Abscedirung gekommen ist.
Derartige Leute werden leicht für Simulanten gehalten oder auf Nervenleiden,
Ischias ete. behandelt. Einen Anhaltspunkt kann die Anamnese geben in so fern,
als in der Mehrzahl der Fälle ein Trauma — wenn auch nur geringfügiger Art
— Heben eines Sackes, Sprung auf die Füße angegeben wird. Das Leiden be-
ginnt mit Anfangs geringen, später stärker werdenden Schmerzen im Kreuz. Nicht
selten geben die Kranken an, zuerst bemerkt zu haben, wie ihnen das Bücken
schwer wurde, wie sie sich nur mit Mühe, dann gar nicht mehr die Strümpfe und
Schuhe hätten anziehen können.
Der Schmerz kann sich auf den Ort des befallenen Gelenks beschränken, er
kann aber auch — durch Mitbetheiligung des Plexus sacralis — ausstrahlende
Form annehmen; dann folgt er meist dem Nervus ischiadicus. Stärkere aus-
strahlende Schmerzen sind von prognostisch ungünstiger Bedeutung, weil sie auf
eine Erkrankung des Os sacrum hinweisen. Die Caries der Synchondrosis sacro-
iliaca greift leider schon früh aufs Kreuzbein über, sie befällt dieses mit mehr
Neigung wie das benachbarte Os ilium. Dadurch ist aber die operative radikale
Entfernung der Krankheitsherde unter Umständen sehr erschwert. Einmal ist der
Eingriff ein schwerer, wenn sich eine umfangreiche Ausmeißelung des Os sacrum
bei der Operation als nöthig erweist; dann aber kann eine Verletzung des Dural-
kanals unter Umständen nicht umgangen werden. Die Gefahr der eitrigen spinalen
Meningitis ist damit in die Nähe gerückt.
Bei der objektiven Untersuchung geht man zweckmäßig so vor, dass man zu-
nächst durch Kompression der beiden Darmbeinschaufeln versucht, Schmerz an
der verdächtigen Stelle auszulösen. In einer Anzahl Fälle gelingt der Versuch.
Danach palpirt man in Bauchlage des Pat. die Rückfläche der Synchondrose, sucht
nach Verdickungen und schmerzbaften Stellen, um dann gleich die Untersuchung
per rectum vorzunehmen. Diese ist am allerwesentlichsten und sollte nie versäumt
werden. Der Druck, den der eingeführte Zeigefinger vom Rectum aus auf die
kranke Synchondrose ausübt, wird ungemein prägnant als Schmerz empfunden.
Auch wird beim Vergleich mit der gesunden Seite fast niemals ein Unterschied
vermisst, wenn sich auch nur ein leichtes Ödem, eine Auflockerung des Gewebes
nachweisen lässt.
Senkungsabscesse fördern die Diagnose natürlich wesentlich. In 50% aller
Fälle finden wir die Abscesse als sogenannte Glutäalabscesse, d. h. der Eiter liegt
unterhalb der Glutäalmuskulatur. Diese Abscesse können ungeheure Dimensionen
annehmen; ich beobachtete einen, dessen obere Grenze an der Crista iliaca, dessen
untere oberhalb der Kniekehle lag. Alle anderen Formen — die Senkung ins
Cavum ischio-rectale, der Iliacalabscess oder der Sacralabscess — sind viel seltener.
Kombinationen kommen vor. Selten ist auch die trockene Form der Caries der
Synchondrose; in 80% der Fälle handelte es sich um Abscedirungen.
Was die Behandlung angeht, so kommt, wie die obigen Zahlen ergeben, in
der Mehrzahl der Fälle natürlich nur eine operative Behandlung in Frage. Zu
kleinen Eingriffen, Auskratzungen, Ausmeißelungen etc., von denen Einzelne gute
Erfolge gesehen haben, rathe ich nicht, da durch dieselben eine gründliche Ent-
fernung der erkrankten Knochen meist nicht erzielt werden kann. Derartig Be-
handelte werden sich meistens langsam zu Tode fisteln, und in vielen Kranken-
häusern hat man die Gelegenheit, derartige unglückliche Pat. an fortwährender
Eiterung langsam aber sicher hinsterben zu sehen.
Hier ist eine typische Radikaloperation am Platz, wie sie Bardenheuer in
der letzten Zeit mit Erfolg ausführt.
Der Schnitt beginnt in der Mitte des Lig. Pouparti, steigt zur Spina ant.
sup. auf, läuft über den Darmbeinkamm nach hinten bis zur Spina post. inf.,
geht über die Mitte des Kreuzbeins nach abwärts und nimmt dann die Richtung
nach dem Tuber ischii zu. Mit einem Resektionsmesser wird das Labium ext.
der Darmbeinkante abgeschnitten und das Periost sodann im Zusammenhang mit
der äußeren Lippe des Darmbeinkamms von der Außentläche der Schaufel abge-
1154 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
hebelt bis oberhalb des Hüftgelenks. Dadurch entsteht ein großer Periost-Muskel-
Hautlappen mit unterer Brücke. Das Periost wird ebenfalls im Zusammenhang
mit dem abgeschnittenen Labium internum cristae ossis ilei von der Innenfläche
der Darmbeinschaufel abgehebelt, wiederum bis zur oberen Grenze der Pfanne.
Durch das Foramen ischiadicum wird dann eine Gigli’sche Säge mit gebogener
Kornzange um die Darmbeinschaufel herumgeführt und letztere in horizontaler
Ebene oberhalb des Hüftgelenks durchgesägt. Es gelingt nun leicht, die von
ihren Weichtheilen befreite Schaufel aus der Synchondrosis sacro-iliaca herauszu-
brechen. Findet sich das Kreuzbein affieirt, so wird der Knochen ausgemeißelt.
Die austretenden Nervenstämme müssen geschont werden; man orientirt sich leicht,
wenn man in die Foramina sacralia eine Sonde einführt. Zu ausgedehnte Resek-
tionen am Kreuzbein sind auch desshalb prognostisch ungünstig, weil durch Ver-
letzung der Nerven eine dauernde Blasenlähmung resultiren kann, die dann zu
Cystitis, Pyelitis und schließlich zum Tode führt.
Diese subperiostale Art der Operation ist leicht und unblutig, darum einzeitig
auszuführen. Ist die Knochenoperation beendet, so wird die große Wunde durch
Nähte in 2 Etagen geschlossen. Das Labium ext. wird mit dem Labium int. ver-
näht; darüber erfolgt die Hautnaht. So lässt sich eine primäre Heilung erreichen,
der Wundverlauf ist glatt, die Heilungsdauer wesentlich abgekürzt. Der letzte
so operirte Fall war in 5 Wochen ausgeheilt.
Die Entfernung der Darmbeinschaufel ist ohne Nachtheil für die Funktion
des Beins — das zeigt ein vorgestellter Kranker, bei dem die obige Operation
vor 3 Jahren ausgeführt wurde. Der Gang ist normal, die Bewegungen im Hüft-
gelenk sind frei, der 2öjährige Mann ist Bäcker und vollkommen arbeitsfähig.
Man sieht aber ferner, dass sich die Darmbeinschaufel gänslich regenerirt hat,
und mehrere Röntgenbilder, die nach großen Resektionen am knöchernen Becken
gemacht sind, zeigen dieselbe Thatsache. Das eine Bild stammt von einem 6jäh-
rigen Knaben, dem wegen Tuberkulose eine ganze Beckenhälfte fortgenommen
wurde mitsammt dem Hüftgelenk; hier hat sich nicht nur die Schaufel des Darm-
being regenerirt, sondern auch die Grenzen des Foramen obturatorium sind er-
neuert durch neugebildete Knochen.
Die Entfernung der Darmbeinschaufel bietet aber einen wesentlichen Vortheil
für die Nachbehandlung. Die Beckenknochen nähern sich mit kolossaler Gewalt
einander, wenn man nur die Synchondrose resecirt, also nur eine streifenförmige
Lücke schafft, wie Bardenheuer das früher that. Durch die Annäherung der
Knochen wird der Sekretabfluss gehindert; es werden dann Nachoperationen noth-
wendig, um einen glatten Heilverlauf zu gestalten. Entfernt man aber die ganze
Darmbeinschaufel, so füllt — ein wesentlicher Vorzug der neuen Methode —
dieser Nachtheil fort. (Selbstbericht.)
Kleinere Mittheilungen.
14) Preindlsberger. Mittheilungen aus der chirurgischen Abtheilung
des Bosnisch-Llercegowinischen Landesspitals in Sarajewo. (1. Juli
1594 bis 31. December 1896.)
Wien, J. Safär, 1898. Mit 32 Abbild. und 1 Plan.
Der vorliegende Bericht umfasst die erste Zeit des Wirkens einer neu ge-
schaffenen Anstalt in einem Land, welches bisher der modernen Spitalseinrichtungen
entbehrte. Er ist in der üblichen Weise hergestellt mit zahlreichen Kranken- und
Operationstabellen. Im Ganzen sind 717 Operationen ausgeführt, die meisten davon
in Chloroformnarkose oder unter Cocainanästhesie.
d Der größte Theil des 260 Seiten umfassenden Buches macht die Besprechung
einzelner Krankheitsformen aus (190 Seiten). Es ist unmöglich, an dieser Stelle
aus der Masse von einzelnen Füllen auch nur die interessanteren herauszugreifen
und mitzutheilen. Aber ein Umstand fällt dabei am meisten auf, das ist die
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1155
große Anzahl von Verletzungen und mächtigen Geschwülsten. Besonders zahlreich
sind ferner die Operationen von Hernien, vor Allem von freien Hernien, und
Steinoperationen. Die meisten Abbildungen betreffen die Neubildungen, welche
von solcher Größe sind, wie man sie bei uns kaum noch zu sehen bekommt. Es
zeigt sich auch hierbei die mangelhafte Kultur der alten, türkischen Provinzen,
welche seit der Occupation von Seiten Österreichs so schnelle und segensreiche
Fortschritte gemacht hat und noch täglich macht.
Die Resultate der Operationen sind im Allgemeinen sehr gute, mit einer Ge-
sammtmortalität von 4,7%.
Außer den chirurgischen wurden noch 150 Augenoperationen, vor Allem wegen
Katarakt, mit nur einem Todesfall an interkurrenter Pneumonie ausgeführt.
Mit dem Spital ist auch ein Ambulatorium für chirurgische und Augenkranke
verbunden, das von Jahr zu Jahr mehr frequentirt wird, und in welchem die statt-
liche Anzahl von 2186 kleineren Operationen ausgeführt wurden.
Ein beigefügter Plan lässt die sehr zweckmäßige Anordnung des Spitals er-
kennen; dasselbe besteht aus 3 Pavillons, die durch verdeckte Korridore unter
einander verbunden sind, und ist mit allen, den modernsten Anforderungen ent-
sprechenden Einrichtungen versehen.
Diesem äußerst interessanten Bericht sind einige kleinere Arbeiten angereiht:
1) Preindlsberger: Zur Therapie des Tetanus.
Diese Arbeit bildet einen werthvollen Beitrag zur Behandlung des Tetanus.
Verf. kann 4 Fälle mittheilen, von denen 2 tödlich endeten. Die Therapie besteht
hauptsächlich in Darreichung großer Dosen Chloral und lokaler Behandlung. In
einem sehr schweren Falle von traumatischem Tetanus, mit einer Inkubationszeit
von 13 Tagen wurde die Antitoxinbehandlung, kombinirt mit der internen, erfolg-
reich angewendet: der Kranke bekam 20 Tage hinter einander, mit einer Pause
von 5 Tagen, Injektionen von Antitoxion von Merck: 0,25—0,75 g pro dosi. Das
Antitoxin stellte das von Tizzoni und Cattani bereitete Präparat dar. — Nur
in einem Falle konnten Tetanusbacillen in der Wunde nachgewiesen werden. Ein
Fall trat ohne äußere Veranlassung ein.
2) Preindlsberger: Ein Fall von Fistula colli congenita mediana.
Es handelte sich um einen I0jährigen Knaben, der fast in der Mittellinie des
Halses, einen Querfinger unterhalb des Ringknorpels, einen bürzelförmigen Haut-
wulst hatte. Dieser war an seiner unteren Fläche hellroth und von schleimhaut-
ähnlicher Beschaffenheit; er setzte sich in einer 1 cm langen flachen Rinne in der
Medianlinie fort, die auch mit Schleimhaut ausgekleidet war. An diese Rinne
schließt sich eine 1 em lange, nach abwärts gerichtete, ziemlich weite Fistel. Das
Ganze fühlt sich mäßig hart an, ist leicht verschieblich, aber mit der umgebenden
Haut verwachsen, so dass es herausgeschnitten werden musste. Eine Naht schloss
die Wunde und stillte die reichliche parenchymatöse Blutung. — Die mikroskopi-
sche Untersuchung stellte fest, dass die Auskleidung schleimhautähnlich war, mit
flachen, zum Theil polygonalen Epithelzellen und Andeutung von Papillen. Der
bürzelartige Hautwulst enthielt stärkere Papillen, Haarwurzeln und Talgdrüsen. Es
handelt sich wohl um eine angeborene Halsfistel, welche nach der Erklärung von
v. Kostanecki als seitliche Halsfistel aufzufassen ist, »deren äußere, untere
Mündung der Medianlinie des Halses mehr oder weniger nahe gerückt ist«.
3) Mader: Status thymicus und Chloroformnarkose.
Ein 15jähriger Knabe mit Coxitis und Fistel war etwa 15 Minuten lang zur
Auskratzung der Fistel oberflächlich chloroformirt: Chloroformverbrauch, Marke
E. H., 15 ccm mittels Tropfmethode auf Esmarch’scher Maske.
Als das Redressement des Hüftgelenks angeschlossen werden sollte, reagirte
der Kranke heftig mit Abwehrbewegungen und lautem Schreien. Es wurden dess-
halb auf einmal 20—25 Tropfen aufgegossen. Doch schon nach den ersten Streck-
versuchen wurde der Puls unfühlbar, die Pupille erweiterte sich ad maximum, die
Athmung bestand oberflächlich und aussetzend fort. Trotz künstlicher Athmung,
Atherinjektion ete. Tod. Nach dem anatomischen Befund muss als Todesursache
1156 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
wohl der Status Iymphaticus angesehen werden, wie er zuerst von Paltauf cha-
rakterisirt worden ist. Es fehlte eigentlich nur die Enge der Aorta; besonders
hervortretend war eine große Thymusdrüse und die Schwellung sämmtlicher lym-
phatischer Elemente.
Verf. macht auf den Umstand aufmerksam, dass die Synkope im Augenblick
eintrat, als neuerdings Chloroform aufgeträufelt wurde. Diese Beobachtung ist
auch von Anderen in ähnlichen Fällen gemacht worden.
Eine Schlussfolgerung in praktischer Beziehung ist schwerlich aus solchen
Fällen zu ziehen, da die Diagnose eines Status thymicus oder lymphaticus am
Lebenden kaum zu stellen sein wird. Tschmarke (Magdeburg).
15) Aus der k. k. Gesellschaft in Wien.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898.)
Aus der Sitzung vom 11. März 1898 (Nr. 11).
Frank berichtet über plastische Spitzfußoperation. Nach langem, die
Achillessehne freilegendem Hautschnitt wird mittels eines Tenotoms die Achilles-
schne in 2 Lamellen (vordere und hintere) gespalten und darauf quere Durch-
trennung der beiden Lamellen oben und unten vorgenommen. Naht in redressirter
Stellung. Starrer, fixirender Verband mit Fenster entsprechend der Wade zur
Massage und Elektrisirung der Wadenmuskulatur. Nach 14 Tagen Verband ent-
fernt und Gymnastik. Erfolg sehr zufriedenstellend.
Gussenbauer erinnert in der Diskussion, dass diese Methode von Bayer
(Prag) seit Jahren geübt wird und jüngst publieirt wurde.
Aus der Sitzung vom 22. April 1898 (No. 17).
R. Frank demonstrirt eine 44jährige Frau, bei welcher er vor 7 Jahren noch
als Assistent der Klinik Albert die Resektion des carcinomatösen Pylorus nach
Billroth vorgenommen hat. Die Pat., seit ihrer Entlassung Dienerin in der
Albert'schen Klinik, befindet sich vorzüglich.
Im Anschluss daran stellt er noch einen Fall von Blinddarmresektion wegen
Careinom vor, der nunmehr über 51/3 Jahr recidivfrei ist.
In der Diskussion weist Albert darauf hin, dass er schon im Jahre 1880 (s.
Lehrbuch 1882, 2. Auflage, p. 379) die Idee einer totalen Magenexstirpation ver-
folgt und in Innsbruck gelehrt habe und theilt eine von Nicoladoni Anfangs der.
Ber Jahre ventilirte originelle Idee einer Magenplastik mit.
Nach Nicoladoni sollte nach Resektion des Magens das Colon transversum,
an seinem Mesocolon hängend und durch quere Durchschneidung so weit rechts
als links aus dem Zusammenhang mit dem Colon ascendens und descendens ge-
trennt, hinaufgehoben und in die gesetzte Lücke hineingepflanzt werden, derart,
dass es, mit dem Pylorus einerseits, mit der Cardia andererseits cirkulär vernäht,
den Magen ersetzen würde. Die 2 queren Schnitte des Dickdarms sollten auch
durch cirkuläre Naht vereinigt werden, so dass nun auch der Dickdarm und so-
mit der ganze Magen-Darmtrakt wieder ein Continuum würde.
Hübener (Breslau).
16) Marx (Erwitte). Osteomyelitis, von eingeheilten Kleiderfetzen
ausgehend, 27 Jahre nach einer Kriegsverwundung.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. Juli.)
Der von M. beschriebene Fall ist dadurch besonders bemerkenswerth, dass
die Kleiderfetzen, welche zusammen übrigens nur eine geringe Größe besaßen,
27 Juhre lang eingekapselt geruht hatten, ohne irgend welche Erscheinungen her-
vorzurufen, nach einer starken Muskelanstrengung (Düngeraufladen) aber Veran-
lassung einer heftigen akuten Osteomyelitis geworden waren. Diese ergriff inner-
halb weniger Tage den ganzen Oberarmknochen, obgleich ärztlicherseits durch
frühzeitiges Erötinen der ersten Höhle im Knochen für den Abfluss des Eiters
Sorge getragen war, und auch weitere Eiterherde bald eröffnet wurden. Es
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1157
wurde daher die — Anfangs verweigerte — Auslösung des Armes nöthig, leider
zu spät, um den tödlichen Ausgang verhindern zu können.
Die Untersuchung des exartikulirten Oberarms ergab, dars der Knochen ganz
von Knochenhaut entblößt war und in seinen oberen Theilen eitrige Schmelzung
der Spongiosa und Eiteransammlung in der Markhöhle zeigte.
Neben dem auffallenden Gegensatz zwischen der langen Ruhepause und der
Vehemens des plötzlich erregten Processes hat der Fall noch ein zweites Interesse,
indem er Gelegenheit bot, ein nach Schussverletzung knöchern ankylosirtes Ell-
bogengelenk zu untersuchen. Die beiden Vorderarmknochen sind unter sich und
mit den Epikondylen des Oberarms knöchern verwachsen, das Olekranon fehlt,
der untere Humerustheil ist verdickt, zeigt aber eine große muldenförmige Fovea
olecrani, welche einen größeren, den Knochen ganz durchbohrenden Substanz-
verlust aufweist, an der Beugeseite (Ausschuss) größer als an der Streckseite (Ein-
schuss. Auch fanden sich noch Bleipartikel auf der Innenseite des Oberarms in
den Fasern der Fascie, die den Sulcus bicipitalis einfasst, so fest eingesprengt,
dass sie sich nur mit Mühe vom Knochen und aus den Bindegewebsfasern ent-
fernen ließen. Lühe (Königsberg i/Pr.).
17) E. Boise. Arthrite purulente a pneumo-bacille de Friedländer
au cours d'une pleuro-pneumonie grippale.
(Arch. génér. de méd. 1898. Mai.)
Verf. theilt einen Fall von Gelenkerkrankung mit, hervorgerufen durch den
Friedländer’schen Pneumococcus. Es handelte sich um einen Mann, der an
Pneumonie erkrankt war und gleichzeitig an einer Schwellung des rechten Knie-
gelenks litt. Die bakteriologische Untersuchung des aus dem Kniegelenk aspi-
rirten Eiters ergab den Pneumococcus Friedländer. In Folge des schlechten
Allgemeinzustandes des Pat. wurde von einer radikalen Operation des Gelenks
abgesehen und dieses einfach punktirt. Tod an Pyosepthämie.
Longard (Aachen).
18) Bertelsmenn. Ein Fall von interstitieller und parenchymatöser
Myositis (sogenannte rheumatische Muskelschwiele). (Aus dem neuen
allgemeinen Krankenhause Hamburg- Eppendorf.)
{Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 32.)
Bei dem 18jährigen Pat. waren im Laufe der letzten Jahre bis in die letzte
Zeit wiederholt schmerzhafte Knoten in den Muskeln der Waden und Vorderarme
aufgetreten; die mikroskopische Untersuchung eines ausgeschnittenen Stücks der-
selben ergab eine akute interstitielle und parenchymatöse Myositis und Rein-
kulturen von Staphylococcus albus. Salicylsaures Natron und Massage vermin-
derten die Schmerzen und führten zu Rückbildung der Knoten.
Kramer (Glogau).
19) Zagato. Estirpazione di un fihromioma incapsulato nello spessore
del muscolo erector trunci.
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 85.)
Die Geschwulst, die die Größe einer Kirsche besaß und innerhalb 4 Wochen
sich entwickelt hatte bei einem gesunden, 15jährigen Landarbeiter, saß in der
Lendengegend und war auf Druck schmerzhaft. Eben so verursachte sie Schmerzen
beim Bücken. Sie konnte ohne Schwierigkeiten entfernt werden, und die histo-
logische Diagnose lautete Fibromyom. Dreyer (Köln).
20) Porges. Beitrag zur Kenntnis der durch Muskelzug entstandenen
Verletzungen.
(Wiener kin. Wochenschrift 1898. No. 8.)
1) Ruptur der langen Bicepssehne bei einem kräftigen muskulösen
Mann, die nach 6wöchentlicher Behandlung (Entlastung und Ruhigstellung des
1158 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
Biceps durch 14 Tage, von da an Massage und vorsichtige passive Bewegungen)
in vollkommener Weise zur Heilung gelangte. Die fragliche Verletzung ist nach
P. durch folgenden Symptomenkomplex in typischer Weise gekennzeichnet:
Die Schmerzhaftigkeit am Proc. supraglenoidalis, resp. an der Stelle des
Sehnenrisses, die Einziehung in der oberen Hälfte an der Außenseite des Ober-
arms, die dadurch bedingte Lageveränderung der Muskelmasse tanstatt parallel
mit der Oberarmlängsachse verläuft dieselbe von oben innen nach außen unten),
die Verkürzung der Distanz zwischen Fossa cubitalis und Muskelbauch, das
Schlaff- und Verschieblichbleiben des Muskels bei der Kontraktion und endlich
eventuell der Nachweis des Sehnenstumpfes.
P. räth ab von operativen Eingriffen, wie sie Bazy empfiehlt (Entfernung der
abgerissenen Sehne und Einnähen des Muskelstumpfes in das Caput breve.
2) Rissfraktur des Calcaneus, die zu Stande kam, als der Pat. beim
Absteigen von einer leiterartigen Stiege, den Rücken stiegenwärts gekehrt, über
5 Stufen herunterrutschte und auf die Ferse des rechten Fußes auffiel. Die bei-
gefügte Röntgenphotographie zeigt sehr schön eine Fraktur des Calcaneushöckers
in horizontaler Ebene. Der Fersenbeinhöcker ist wie ein geöffneter Entenschnabel
aufgeklappt. Hübener (Breslau).
21) Gossner (Königsberg i/Pr.. Zwei Fälle monosymptomatischer
Hysterie nach Trauma.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. Juli.)
Jeder Beitrag zur Erweiterung unserer Kenntnisse über traumatische Hysterie
muss willkommen geheißen werden, und beweist die vorliegende Mittheilung, dass
auch im Heer Fälle dieser Art vorkommen, wie ja bei der Ähnlichkeit aller Ver-
hältnisse mit denen der Arbeiterunfälle a priori angenommen werden muss und in
militärärztlichen Kreisen schon längere Zeit bekannt ist. Hier handelt es sich
um 2 genau beobachtete und mitgetheilte Fälle, welche sich bei Pionieren ereig-
neten, d. h. bei Soldaten, deren Beschäftigung mit denen der civilen Arbeiter
gang besondere Ähnlichkeit hat, und deren Körperbeschaffenheit im Ganzen eine
besonders kräftige ist.
Durch 2maligen Sturz vom Querbaum auf den linken Arm im Zeitraum
weniger Tage hatte sicb der 1. Kranke einen nur bohnengroßen Erguss am linken
Ellbogengelenk zugezogen, welcher durch Anlegen eines Gipsverbandes zu rascherer
Aufsaugung gebracht werden sollte. Unter diesem Verband begann sich eine An-
ästhesie der Finger auszubilden, welche nach Abnehmen des Verbandes immer
weiter nach oben fortschritt, bis sie endlich handbreit unter dem Akromion Halt
machte. Der sensiblen Lähmung entsprach auch eine motorische, und beschrieb
die Grenze der Lähmungszone stets einen abgezirkelten Ring um das Glied, wel-
cher sich immer weiter nach oben verschob. Die sensible Lähmung erstreckte
sich auf alle Empfindungsqualitäten, einschließlich des tieferen Gelenk- und Muskel-
sinnes. Sehnenrellexe am kranken Arm waren nicht auszulösen, elektrische Erreg-
barkeit war unverändert, Entartungsreaktion nicht vorhanden, Atrophie trat nach
monatelangem Bestand nicht ein. Es wurde eine mäßige Gesichtsfeldeinschränkung
für alle Farben festgestellt. Im psychischen Wesen des Mannes zeigte sich nichts
Auffälliges, nur eine gewisse Ängstlichkeit und Weichlichkeit trat hervor.
Im Gegensatz zu diesem Krankheitsbild handelt es sich bei dem 2. Mann,
Unteroffieier, um Krampfzustände, und zwar um klonische Krämpfe der Musculi
sternocleidomastoidei und cucullares, also im Gebiet der Nervi accessorii beider-
seits. Der motorische Efickt dieser krampfhaften Zusammenziehungen ist aber hier
nicht der gewöhnliche, welcher sich in Nickbewegungen des Kopfes äußern würde,
sondern es werden bei festgestelltem Kopf die Athembewegungen beeinflusst, der
Brustkorb wird nach oben gezogen. Namentlich die sternalen und elavicularen
Ansätze der Sternocleidomastoidei treten meist dabei scharf hervor, und wird die
Erscheinung bei jeder zweiten, zuweilen sogar bei jeder einzelnen Inspiration be-
obachtet. Wenn auch diese eigenthümliche Athmung dauernd zu sein scheint, so
ist doch eine psychische Beeinflussung derselben nicht zu verkennen, da die Krämpfe
Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1159
nach Zahl und Stärke bei fortgesetzter Beobachtung zunehmen und die Athem-
beschwerden sich ersichtlich steigern, bis endlich ein vollkommenes Luftschnappen
eintritt, jedoch obne Cyanose, Athmungsbeschleunigung oder Dyspnoe. Während
der Wirkung von künstlichen Schlafmitteln normale Athmung. Gesichtsfeldein-
schränkung bestand für alle Farben, die Kniereflexe waren unbeträchtlich ge-
steigert, Entartungsreaktion fehlte auch hier in den befallenen Muskeln. Die Er-
krankung folgte einem Sturz vom Querbaum auf den Kopf mit Quetschung von
Nacken, Brust und Kreuz ohne Aufhebung des Bewusstseins, als deren Rest eine
oberflächliche und unempfindliche Hautnarbe auf der rechten Seite des Hinter-
haupthöckers zurückblieb. Seit der Verletzung war der Mann niemals ganz frei
von Beschwerden, war stets im Dienst geschont, bis er endlich nach etwa 1 Jahr
im Lazarett Aufnahme fand, aus dem er als Ganzinvalid und größtentheils er-
werbsunfähig entlassen wurde.
Der 1. Kranke wurde für Ganzinvalid, zugleich aber für gänzlich erwerbs-
unfähig und einfach verstümmelt angesehen. Vielleicht wird sich später etwas
über den ferneren Verlauf der eigenthümlichen Fälle erfahren lassen. Simulation
wird mit Recht ausgeschlossen. Auffallend ist, dass eine nervöse Disposition bei
beiden Kranken nicht vorlag. Lühe (Königsberg i/Pr.).
22) R. Pitsch. Ein Fall von angeborenem Hochstand der Scapula
(Sprengel’scher Deformität).
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.)
31/2 Jahre alter Knabe ohne Zeichen von Rachitis. Skoliose der Halswirbel-
säule nach links, der Brustwirbelsäule nach rechts, skoliotischer Thorax, Hochstand
des linken Schulterblatts. Oberhalb des linken Schlüsselbeins ist ein Vorsprung
zu fühlen, welcher dem oberen inneren Winkel des Schulterblatts entspricht und
ein Bewegungshindernis für den linken Oberarm bildet. Der untere Winkel des
Schulterblatts ist nach innen verschoben. Bei der von Hoffa vorgenommenen
Operation wurden nach einem Längsschnitt auf der Schulterhöhe am vorderen
Rand des Cucullaria die Muskeln stumpf abgelöst und der obere innere Winkel
des Schulterblatts theilweise abgetragen. Es ist angegeben, dass die Höhen-
differenz der Schultern nach der Operation nur noch etwa 1 om betrug, während
sie vorher 3 Querfinger betragen hatte.
Die Mittheilung des Falles ist einer allgemeinen litterarischen Besprechung
der Affektion eingeflochten. J. Riedinger (Würzburg).
23) Morestin. La fracture longitudinale incomplète de l’omoplate.
(Presse med. 1897. No. 66.)
Verf. bespricht den seltenen Knochenbruch an der Hand von 2 Befunden,
welche er an der Leiche gemacht hat. Die Präparate, welche in 6 Bildern wieder-
gegeben sind, befinden sich im Museum Dupuytren. Beide Male war der Bruch `
des Schulterblattes während des Lebens nicht diagnosticirt worden und auch erst
nach Entfernung sämmtlicher bedeckender Weichtheile zu erkennen gewesen. Verf.
hat aber jetzt bei einem 50jährigen Mann, der auf den Rücken gefallen war, die
in der Überschrift angegebene Diagnose gestellt, auf Grund folgenden Befundes:
Bluterguss und Hautabschürfung in der linken schmerzhaften Schultergegend; der
Kranke kann sich nicht auf den Rücken oder auf die linke Seite legen; dabei
sind sämmtliche Bewegungen des Armes frei, keine Verletzung am Arm, Schlüssel-
bein, Akromion, am Schultergelenk oder an den Rippen nachzuweisen; auch das
Schulterblatt weist keine Abweichung auf. Sehr lebhafter Druckschmerz an einem
Punkte der Spina scapulae. Ein transversal verlaufender Bruch ließ sich voll-
ständig ausschließen. Wenn M. aber bei erhöhter und fixirter Schulter den oberen
Winkel des Schulterblattes und mit der anderen Hand das Akromion und den
Processus coracoideus umfasste, und nun Bewegungen von vorn nach hinten und
umgekehrt ausführte, trat lebhafter Schmerz und deutliche Krepitation ein. Auf
Grund dieser Beobachtung stellte er die Diagnose einer längs verlaufenden, aber
1160 Centralblatt für Chirurgie. No. 46.
unvollkommenen Fraktur. Nur in Gurlt’s Werk fand Verf. diese Art Brüche
erwähnt und einen Fall von Middeldorf beschrieben. (Die Arbeit legt nahe,
bei sonst völlig negativem Befund an eine derartige Bruchform zu denken, deren
Feststellung sicher äußerst schwierig und vielleicht nur bei mageren Personen
möglich ist, auch kaum durch Radiographie nach Röntgen erleichtert wird. Ref.)
Tschmarke (Magdeburg).
24) Rammstädt. Ein Fall von Fraktur der Diaphyse des Oberarms
mit bisher noch nicht beobachteter Wirkung des Streckverbandes.
{v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 3.)
R. beobachtete einen Bruch des Oberarms unterhalb des Collum chirurgicum.
Die Fragmente waren seitlich und in der Längsrichtung verschoben. Es wurde eine
Heftpflasterextension mit 4 Pfund angelegt und der Arm mittels Desault’schen
Verbandes fixirt. Merkwürdigerweise zeigte sich nun bei dem nach einigen Tagen
aufgenommenen Skiagranım, dass die Fragmente zwar nicht mehr seitlich abwichen,
aber dass die Verschiebung ad longitudinem vergrößert war. Das obere Fragment
war tiefer gesunken. Da weitere unblutige Maßnahmen nichts verbesserten, nahm
v. Bramann die Knochennaht vor, welche ein sehr günstiges Resultat erzielte.
R. glaubt, dass durch die Extension eine Kapseldehnung eingetreten sei, und in
Folge dessen der Arm fast in Subluxationsstellung getreten wäre, welche durch
geeignete Therapie beseitigt wurde. Eine Rolle spielt bei dieser eigenartigen Ver-
schiebung der Bruchenden vielleicht der Umstand, dass die Pat. sehr anämisch war.
E. Siegel (Frankfurt a/M.).
25) A. Dehler. Beitrag zur Lehre von der akuten Osteomyelitis des
Kreuzbeins.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
Verf. giebt die Beschreibung dreier tödlich verlaufener Fälle primärer Osteo-
myelitis des Kreuzbeins; einer derselben ist bereits 1895 von Commichau ver-
öffentlicht worden, ein 4. Fall, der ebenfalls tödlich endete (Milchner), wird im
Auszug jmitgetheilt. Anschließend werden die klinischen und pathologischen
Merkmale der Kreuzbeinosteomyelitis so wie die Therapie derselben, welche nach
D. nicht in einfacher Incision, sondern Aufmeißelung und energischer Ausräumung
des erkrankten Knochens bestehen soll, erörtert. Honsell (Tübingen).
26) V. Hinsberg. Beiträge zur Anatomie der kongenitalen Hüft-
gelenksluxation.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.)
Das von Schulthess bei einer Sektion gewonnene Präparat stammt von einer
70 Jahre alten Frau, welche an doppelseitiger angeborener Hüftverrenkung gelitten
hat. Die Präparation der Beckenmuskulatur wurde durch Felix am anatomischen
Institut in Zürich vorgenommen. Verf. bringt eine detaillirte, frühere Mittheilungen
zum Theil ergänzende Beschreibung der Muskulatur, ferner eine solche des Beckens
und des Bandapparats, der Wirbelsäule und der Oberschenkelknochen. Auch die
Abweichungen in der Architektur der Spongiosa des oberen Abschnitts der Ober-
schenkelknochen werden näher beleuchtet. J. Riedinger (Würzburg).
27) E. Goldscheider. Ein Beitrag zu den Hygromen des Knies.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
G. beschreibt einige Fälle von Schleimbeutelhygrom der Kniegelenksgegend,
welche durch multilokulären Bau, schleimhautartige Falten und Leisten, endlich
Bindegewebsbalken und divertikelartige Bildungen im Innern ausgezeichnet waren,
und erörtert die Entstehungsweise derselben an der Hand eingehender anatomischer
Untersuchungen. Honsell (Tübingen).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslan (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Hartel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. vm Began, (Lu E Rite,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
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Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No, 47. Sonnabend, den 26. November. 1898.
Inhalt: F. Franke, Temporäre Heteroplastik zur Behandlung des Hirnprolapses. (Orig.-
Mittheilung.)
1) Stintzing, Tetanus. — 2) Widal und Nob&court, Antitoxische Wirkung der Nerven-
centren. — 3) Starzewskl, Zur Verhütung der Puerperal- und Wundinfektion. — 4) Ber-
ger, Rankenangiom. — 5) Krönlein, Cranio-cerebrale Topographie. — 6) Graf, Schädel-
schüsse. — 7) Marfan, Meningitis tuberculosa. — 8) Lindfors, 9) Bolle, Hirnbrüche. —
10) Eberson, Hirngeschwülste. — 11) David, Verschluss von Schädellücken. — 12) Keen
und Spiller, Resektion des Ganglion Gasseri. — 13) Faure und Furet, Nervenanastomo-
sirung. — 14) Redard, Torticollis. — 15) Vincent, 16) Maass, 17) Chipault, 18) Phocas,
Spondylitis. =
49) 70. Naturforscher- und Ärzteversammlung: Schede, Epilepsie. — Vulpius, Spon-
dylitis. — Lossen, Rhinoplastik, — Schultze, Gesichtslupus. — Sprengel, Arnolds,
Fremdköiper in den Luftwegen. — Wiemer, Lungengangrän. — Thiel, Empyeme.
20) Bandisch, Wundstarrkrampf. — 21) Alissow und Skwozzow, Aktinomykose. —
22) Choux, 23) Choux, Phlegmone. — 24) Strubell, Periostitis nach Masern und Schar-
lach. — 25) Michelis, Schädelwunde, — 26) Hitzig, Zur Hirnchirurgie. — 27) Schloffer,
Traumatische Apuplexie. — 28) Adenot und Carrier, 29) Mc Cosh, 30) Donath, Epilepsie.
— 31) Berndt, Verschluss von Schädellücken. — 32) Sokolow, Retrobulbäre Geschwülste.
— 33) v. Arx, Rückenmarkverletzung. — 34) Rochet und Hugot, Spina biflda. —
35) Phocas, Spondylitis.
v. Hacker, Zur Originalmittheilung des Herrn Dr. Breuer in Köln: »Eine neue Ope-
ration der Hypospadie der Eichel nach Bardenheuer«.
Temporäre Heteroplastik zur Behandlung
des Hirnprolapses.
Von
Dr. Felix Franke,
Oberarzt des Diakonissenhauses Marienstift zu Braunschweig.
Der Hirnprolaps ist, wie erst auf dem letzten internationalen
Ärztekongress in Moskau v. Bergmann von Neuem hervorhob,
eine gar nicht selten der Schädeleröffnung folgende Störung, eine
Störung, die sich mitunter recht schwer bekämpfen lässt, in ver-
einzelten Fällen, wie in dem einen v. Bergmann’s, sogar zum Tode
führt und namentlich dann vom Operateur recht unangenehm em-
pfunden wird, wenn es sich um vergebliche, um einfache Probe-
47
1162 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
trepanationen handelt. v. Bergmann! betont, dass gerade nach
diesem Eingriff der frische Hirnprolaps häufig beobachtet sei, auch
hier selbst mit tödlichem Ausgang. Das Hirn drängt in solchen
Fällen mit einer so gewaltigen Kraft nach außen, dass die Nähte,
mittels deren der Defekt geschlossen wurde, durchschneiden, und
dass das nach dem Wagner’schen Verfahren gebildete und wieder an
seinen Ort zurückgelagerte- Schädelsegment trotz des best angelegten
Kompressionsverbandes weit in die Höhe gehoben wird. In einem
Falle v. Bergmann’s überragt der doch noch angeheilte Lappen die
Schädeloberfläche um mehr als 1 cm.
Ich habe diese Schwierigkeiten im vergangenen Jahre an einem
kleinen Hirnprolaps kennen gelernt. Da ich ihrer mit einem voll-
kommenen und, wie ich mich kürzlich überzeugt habe, dauernden
Erfolg Herr geworden bin vermittels der temporären Heteroplastik,
dies Verfahren aber bisher in dieser Weise mit Absicht noch nicht
angewandt zu sein scheint, erlaube ich mir die Krankengeschichte
zu veröffentlichen.
Das Dienstmädchen Anna Himstedt von hier, 15 Jahre alt, wurde von dem
Ohrenarzt, Herrn Kollegen Koch hier am 20. August 1897 dem Marienstift
zur Behandlung aus äußeren Gründen überwiesen. Das Mädchen, welches seit
seiner Kindheit (nach Masern?) an Ohrenlaufen rechts und zeitweisen Schmerzen
litt, erkrankte vor einigen Tagen an sehr heftigen Schmerzen hinter dem rechten
Ohr, Fieber und Kopfschmerzen.
Das schwächliche, anämische Mädchen fühlte sich elend, hatte eine Tempe-
ratur von 40,1°, sehr belegte Zunge, beschleunigten Puls (120). Die Gegend hinter
dem rechten Ohr war teigig-ödematös geschwollen und auf Druck sehr empfindlich.
Äußerer Gehörgang ohne Besonderheiten, Trommelfell grau, glanslos, etwas ein-
gezogen, Lichtreflex schwach und verschoben, im unteren Segment eine steck-
nadelkopfgroße Perforation. Berg und Lungen normal.
Als trotz Eisbeutela und Ausspülungen des Ohrs in den nächsten Tagen keine
Besserung eingetreten war, die Schwellung hinter dem Ohr sogar noch zugenom-
men hatte und sich auch nach unten nach dem Halse zu weiter ausbreiten zu
wollen schien, eröffnete ich am 23. August das Antrum mastoideum. Hirn-
erscheinungen waren noch nicht aufgetreten, das Sensorium war frei, der Puls be-
schleunigt, Temperatur am 22. August Abends 39,1°. Die jetzt bestehende Röthung
der Haut über dem Proc. mastoi ieus rührte wahrscheinlich von der Eisblase her.
Nach Durchtrennung der ödematösen Weichtheile kam ich zunächst auf nor-
malen Knochen, von dem sich aber die Weichtheile leicht abheben ließen. Eiter
quoll erst in Form eines mäßig großen Tropfens hervor, als ich den Proc. mastoi-
deus tief und nach hinten zu aufgemeißelt hatte. Ich traf dann bald auf den
Sinus transversus, bis auf den der Eitergang führte, und eröffnete ihn, da er bräun-
lich aussah und sich fest anfühlte. Er zeigte sich von einem nur an der eröffneten
Stelle in eitriger Schmelzung begriffenen, missfarbig aussehenden, sonst aber
ziemlich festen Thrombus erfüllt. Nach Unterbindung der Jugularis im oberen
Theil des Halses, wo sie kollabirt war, räumte ich deren peripheren Theil und
den Sinus aus, nachdem ich noch den Knochen nach dem Ohr und nach hinten zu
breit aufgemeißelt hatte, und tamponirte die ganze Höhle nach entsprechender
Reinigung mit Jodoformgaze.
Die Temperatur blieb, nachdem sie am Operationstag abgefallen war, in
den nächsten Tagen noch hoch, bis zu 40°, das Befinden besserte sich etwas, be-
1 v. Bergmann, Die chirurgische Behandlung der Hirngeschwülste. Samm-
lung klin. Vorträge N. F. No. 200. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1163
denklich waren aber unregelmäßig auftretende Schüttelfröste.e Da nun die Wunde
gut aussah, und der Verdacht eines sich entwickelnden Hirnabaoesses bestand, machte
ich am 10. September in der Mitte des freiliegenden, etwa markstückgroßen Hirn-
theils einen etwa 11/2 cm tiefen Einstich mit dem Messer durch die sonst unverletzte
Dura, die Messerspitze nach verschiedenen Richtungen langsam senkend und lüftend,
aber ohne Erfolg. Absichtlich den Schnitt, nicht vernähend, tamponirte ich die
Wunde fest mit Jodoformgaze, war aber erstaunt, am 13. September beim Ver-
bandwechsel einen Hirnprolaps von Kirschgröße zu sehen. Es traten noch bis
zum 22. September hin und wieder Schüttelfröste auf, aber das Befinden besserte
sich, die Wunde sah fast rein aus, Hirnerscheinungen fehlten. Die größte Sorge
machte mir der kleine Hirnprolaps. Er hatte trotz Druckverbandes bis Anfang
Oktober bis zu Haselnussgröße zugenommen, Granulationen hatten sich auf ihm
entwickelt, die Wunde machte keine Anstalt zum Verheilen. Die Ränder der
durchtrennten Haut wurden von dem Prolaps, über dem ich sie zusammengelegt
hatte, immer wieder aus einander gedrängt. Abtragung des Prolapses, Vernähung
der Wundränder war umsonst, Atzung mit Höllenstein dessgleichen. Am 26. Ok-
tober trug ich nochmals den Prolaps ab, löste die Haut vom Knochen, um die
angefrischten Wundränder möglichst ohne Spannung vernähen zu können, was
auch gut gelang. Die Wunde heilte per primam; nur sickerte durch einen Stich-
kanal immer dünnes Sekret heraus. Bald wurde auch die frische Narbe wieder
breiter, verdünnte sich, und Mitte November hatte ein neuer Gehirnprolaps die
Narbe durchbrochen.
Was nun thun? Von dem anfänglichen Gedanken, einen
Haut-Knochenlappen aus der Umgebung über dem Defekt zu ver-
nähen, ging ich wieder ab, weil ich befürchten musste, dass auch er
wieder abgehoben würde, zumal an dieser Stelle ein Kompressions-
verband schwer seinem Zweck entsprechend anzubringen ist. Schließ-
lich kam ich auf den in der Überschrift angedeuteten Gedanken.
Von vorn herein glaubte ich nicht, dass eine etwa eingelegte Cellu-
loidplatte glatt einheilen würde, weil die Wunde immer sehr stark
secernirte, und zu befürchten war, dass eine Fistel bleiben würde.
Das Auftreten einer solchen stellt aber die Einheilung der Platte
nach den Mittheilungen von v. Eiselsberg auf dem 24. Chirurgen-
kongress 1895 (Zur Behandlung von Schädelknochendefekten) gänz-
lich in Frage. Die Celluloidplatte entsprach aber in so fern meinem
Wunsch am besten, als ich glaubte sie am leichtesten so anbringen
zu können, dass ich einer Kompression von außen entbehren könnte.
Sie sollte als Kompressorium wirken. In zweiter Linie sollte sie
auch für den Fall, dass sie nicht einheilen würde, dazu dienen, dass
unter ihrer glatten Unterfläche der Defekt in der Dura im Laufe
einiger Wochen verwüchse. Ich konnte dann mit Recht erwarten,
dass eine spätere Plastik mittels Haut-Knochenlappens Erfolg haben
würde. Dem entsprechend ging ich vor. b
Am 22. November meißelte ich nach Freilegung des ganzen Gebiets und
Abtragung des wieder zu Kirschgröße angewachsenen wahren, mit Granulationen
besetzten Prolapses auf der Duralseite des Knochenrandes an mehreren Stellen
mit einem Falzmeißel einen Falz aus und brachte eine dünne Celluloidplatte, die
die Form des Defekts, aber an den dem jeweiligen Fals des Knochens ent-
sprechenden Stellen einen etwa 2—3 mm langen Vorsprung erhalten hatte, so
an, dass diese Vorsprünge, die sich wie auch die ganze Platte etwas biegen ließen,
unter den Knochenrand des Falzes geschoben wurden. Die Platte saß danach
A7
1164 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
fest auf der Dura. Es folgte die Naht der Hautwundränder, die sich nur unter
einer gewissen Spannung vereinigen ließen.
Wie ich fast mit Sicherheit erwartet hatte, blieb die Heilung per primam
aus; auch eine zweite Naht am 28. November war erfolglos. Die Nähte schnitten
zum Theil durch, und die Celluloidplatte wurde im unteren Wundwinkel sichtbar.
Am 14. December öffnete ich die Wunde wieder und nahm die Platte heraus.
Der Prolaps war verschwunden, zwischen Platte und Dura hatte sich eine kleine
mit Serum (Liquor cerebri?) gefüllte Cyste gebildet. Nach Beseitigung derselben
wurde der Defekt durch einen Haut-Knochenlappen, den ich der Regio supra-
mastoidea entnahm, gedeckt. Die Vereinigung der Wundränder gelang ohne zu
große Spannung, die gewünschte Heilung per primam trat ein, die Kranke wurde
am 31. December entlassen.
Vor Kurzem erst habe ich mich überzeugt, dass der Erfolg ein ausgezeich-
neter ist. Der fest eingeheilte Knochen liegt in gleicher Ebene mit dem Knochen
der Umgebung, die Narben sind schmal und blass, das Mädchen befindet sich
sehr gut.
Es ist hier nicht der Ort, auf verschiedene interessante Einzel-
heiten des Falles und Fragen, die er erheben lässt, so nach der
Ätiologie, Diagnose, Technik bei der Aufsuchung des Herdes, Ur-
sache der späteren Schüttelfröste, Ursache und Art des Hirnprolapses
u. A. einzugehen. Ich will nur noch einige Worte über das von
mir eingeschlagene Verfahren sagen. Seine Berechtigung und seinen
Nutzen beweist die Krankengeschichte. Aus ihr dürfte wohl auch
seine Empfehlung für ähnliche Fälle abzuleiten sein. Ob bei großem
Hirnprolaps sein Nutzen eben so groß sein wird, müssen Versuche
entscheiden. Um in einem solchen Falle möglichst sicher zu gehen,
wird es nöthig sein, die vorspringenden Zacken der Platte, die unter
das Schädeldach geschoben werden sollen, etwas größer zu nehmen,
den Falz am Knochen also tiefer auszugraben. Die Einführung der
Platte gelingt natürlich nur dann nicht gar zu schwer, wenn man
mindestens einen ihrer Seitenränder (Quadranten) oder noch besser
zwei gegenüberliegende Ränder ohne Zacken lässt. Man wird die
Platte mindestens 2—3 Wochen, unter Umständen noch länger liegen
lassen und kann dann erwarten, keinen Prolaps mehr eintreten zu
sehen. Auch für das Wagner’sche Verfahren der Schädeleröffnung
wird sich die Methode eignen; man klappt einfach den Haut-Knochen-
lappen auf einige Wochen über die Platte. Dann werden solche
Ausgänge von Verunstaltung, wie in dem Falle von v. Bergmann,
abgesehen von noch Schlimmerem, nicht so leicht eintreten.
In den Fällen, in denen der Knochendefekt nicht durch einen
Haut-Knochenlappen nach Müller-König gedeckt werden kann,
wäre der Versuch zu machen, nach Herausnahme der Platte sie
durch der Tibia entnommene Knochenscheiben (nach Czerny,
24. Chirurgenkongress 1895) zu ersetzen. Diese von vorn herein
anzuwenden, ist wenigstens beim Hirnprolaps nicht anzurathen, da
man ihnen nicht, wie der Celluloidplatte, einen ganz festen Halt am
Schädel schaffen kann.
So viel geht wohl aus meinem Falle und meinen Ausführungen
hervor, dass es sich verlohnen dürfte, die Heteroplastik mittels
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1165
Celluloidplatten, öfters als es bisher geschehen ist, anzuwenden und
die Abneigung, die gar nicht wenige Operateure gegen sie zu haben
scheinen, fallen zu lassen. So eignet sie sich vorzüglich zum Ver-
schluss von Schädeldefekten bei Meningocele und Encephalocele.
Heilt die eingesetzte Platte nicht ein, so hat man doch die von mir
hervorgehobenen Vortheile der temporären Heteroplastik erzielt und
kann nun mit größerer Sicherheit die Osteoplastik anwenden. Ich
denke hierbei an den von Neugebauer vor Jahresfrist in diesem
Blatte (No. 46) berichteten Fall von osteoplastischem Verschluss bei
einer Encephalocele sincipitalis bei einem 1jährigen Kind. Die
Meningen waren bei der Operation eingerissen und ließen sich nicht
abschnüren. Durch die Risse war offenbar das Gehirn vorgequollen
und hatte allmählich den überpflanzten Haut-Knochenlappen weit
vorgetrieben, so dass das Kind wieder eine Geschwulst an der Nasen-
wurzel besaß.
1) Stintzing (Jena). Wesen und Behandlung des traumati-
schen Tetanus.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 40.)
S. kommt auf Grund eigener und Anderer Untersuchungen zu
folgenden Anschauungen über die Pathogenese des Tetanus. Der
Tetanusbacillus erzeugt an dem Ort seiner Ansiedelung Toxine;
diese gelangen theils in die Blutbahn (bei Thieren) und können von
dieser aus wirksam werden.
Im Wesentlichen aber werden sie längs der nahe gelegenen
Nerven, vermuthlich in den Maschen des Perineuriums, deren Flüssig-
keit eine besondere Anziehungskraft eigen zu sein scheint, zum
Rückenmark fortgeleite. In den Subarachnoidealraum oder un-
mittelbar in das Rückenmark gelangt, entfalten sie — bei Thieren
— ihre toxische Wirkung zunächst von der Einmündungsstelle aus
und erzeugen somit zunächst den örtlichen Tetanus. Wird Gift in
genügender Menge weiter producirt und zugeleitet, so erzeugt es
regionär (bis zum allgemeinen Tetanus) fortschreitende Krämpfe.
Beim Menschen kann der Vorgang der gleiche sein. Meist jedoch
breiten sich bei diesen die Krämpfe ohne Regel aus, vermuthlich
weil die Toxine in den weiteren, mit Flüssigkeit angefüllten Räumen
rascher diffundiren. Den Angriffspunkt für das Tetanusgift bilden
jedenfalls die motorischen Ganglienzellen in den Vorderhörnern, die
unter der Einwirkung desselben in einen Zustand erhöhter Erreg-
barkeit gerathen. Dass die neuerdings gefundenen morphologischen
Veränderungen dieser Zellen einen dem Tetanus eigenartigen Be-
fund darstellen, ist noch fraglich.
Bezüglich der Therapie des Tetanus äußert sich S. sehr zurück-
haltend über den Nutzen des Heilserums.. 2 schwere Fälle von
Tetanus wurden in seiner Klinik vom 12., bezw. 5. Tage an nach
Beginn der Krämpfe, theils mit Tizzoni’s, theils mit Behring’s
1166 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
Antitoxin behandelt und endeten, ohne auch nur vorübergehende
Besserung zu zeigen, tödlich; ein dritter, sehr leichter Fall kam
am 7. Tage in Behandlung und ging rasch in Heilung über.
Kramer (Glogau).
2) Widal et Nobecourt. Recherches sur l’action anti-
toxique des centres nerveux pour la strychnine et la morphine.
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. März.)
W. und N. untersuchten, ob die Substanz des Centralnerven-
systems gewisser Thiere antitoxische Wirkungen gegenüber den ge-
nannten Alkaloiden ausübt, ähnlich wie dies Wassermann für das
Tetanusgift nachgewiesen hatte. Die Versuche wurden in sehr ein-
facher Weise vorgenommen, indem die Alkaloide mit der Nerven-
substanz von Kaninchen, Meerschweinchen und anderen Thieren
vermischt und in tödlicher Dosis Mäusen eingespritzt wurden. Die
antitoxische Wirkung erwies sich nur gering, jedenfalls viel geringer
als die dem Tetanusantitoxin gegenüber konstatirte.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
3) J. Starzewski. Zur Verhütung der Puerperal- und
Wundinfektion.
(Przegląd lekarski No. 25 u. 26.)
Verf. hat in CzyZewicz’s geburtshilflicher Klinik in Lemberg
Versuche angestellt, ob sich durch Injektion von Marmorek’s
Antistreptokokkenserum die Gefahr einer Puerperalinfektion nicht
etwa vermindern ließe. Die Versuche wurden in der Art angestellt,
dass jede zweite Gebärende ohne Auswahl der Fälle 5—10 ccm des
von Bujwid in Krakau gelieferten Serums unmittelbar nach der
Geburt injieirt erhielt. Die Resultate waren folgende: Die Zahl der
Fiebernden war unter den nicht Immunisirten 2mal so groß als
unter denjenigen Wöchnerinnen, welche 5 g, und 3mal so groß wie
unter jenen, welche 10 g Serum erhalten hatten. Auch trat bei den
Kindern der immunisirten !Wöchnerinnen viel seltener Ikterus auf
als bei denen nicht immunisirter Mütter. Ein schädlicher Einfluss
der Injektionen wurde nicht beobachtet. Verf. empfiehlt auch einen
Versuch mit ähnlichen Injektionen unmittelbar im Anschluss an
operative Eingriffe zur Hintanhaltung einer event. Wundinfektion.
Trzebicky (Krakau).
4) H. Berger. Die Exstirpation des Angioma racemosum
am Kopfe.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
B. empfiehlt in jedem Falle von Angioma racemosum, wenn
irgend möglich, die Exstirpation der Geschwulst, einzeitig oder mehr-
zeitig, vorzunehmen; nur im Nothfall habe eine andere Behandlungs-
weise Platz zu greifen. Die Gefahren der Blutung sollen nicht durch
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1167
präventive Carotisunterbindung, dagegen durch Kompression der
Carotis, Aufsuchen und Unterbinden der hauptsächlichsten zuführen-
den Gefäße zu Beginn der Operation, durch Kompression der bluten-
den Theile während des Schneidens und endlich dadurch, dass die
Geschwulst zunächst zusammen mit der bedeckenden Haut von der
Unterlage abgelöst wird (Lappenschnitt) verringert werden. Wird
dann zum Schluss die Geschwulst auch von der Haut abpräparirt,
so lassen sich wenigstens größere Substanzverluste ebenfalls ver-
meiden. Anschließend bringt Verf. eine Tabelle von 20 radikal
operirten, einschlägigen Fällen, die sämmtlich geheilt worden sind.
Honsell (Tübingen).
5) Krönlein. Zur cranio-cerebralen Topographie.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII Hft. 2. p. 364.)
Nach den bisherigen Schulregeln wird bekanntlich die Bestim-
mung der chirurgisch wichtigen Punkte der Großhirnrinde mit Hilfe
absoluter Zahlen (Längen- und Winkelmaße) vorgenommen. Da bei
der Verschiedenheit in Form und Größe des menschlichen Schädels
hieraus nothwendig Fehlerquellen entstehen müssen, hat sich K. die
Aufgabe gestellt, jegliche Zahlenwerthe aus der Berechnung aus-
zuschalten. Er konstruirte die Lage der Theilungsstelle und des
oberen Endes der Fissura Sylvii, des oberen und unteren Endes des
Sulcus centralis, die beiden K.’schen Trepanationsstellen und die
v. Bergmann’sche Schädelresektionsstelle mittels eines Systems von
7 Linien, deren Verlauf lediglich durch wohl markirte, natürliche
Orientirungspunkte am Schädel bestimmt wird. Diese Konstruktion
entspricht, wie an 2 Abbildungen ersichtlich ist, vorzüglich den wirk-
lichen Lageverhältnissen beim frontipetalen Großhirntypus (nach
Froriep), beim occipitopetalen ergeben sich einige indessen prak-
tisch nicht ins Gewicht fallende Abweichungen.
Honsell (Tübingen).
6) H. Graf. Über die Behandlung penetrirender Schädel-
schussverletzungen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.)
G. berichtet .eingehend über 25 Fälle penetrirender Schussver-
letzungen des Schädels und erörtert an der Hand derselben die Erfolge
der verschiedenen Behandlungsweisen. Hierbei kommt er zu dem
Schluss, dass die primäre Trepanation bei penetrirenden Schädel-
schüssen im Allgemeinen überflüssig und zwecklos ist, wofern nicht
eine profuse Blutung aus der Einschussöffnung erfolgt, oder An-
zeichen für einen ganz oberflächlichen Sitz des Geschosses vorhanden
sind; in letzterem Falle hält Verf. eventuell »eine sehr vorsichtige
Sondirung, die sonst zu verwerfen ist« für am Platze. Stellen sich
in den ersten Tagen Symptome eines einfachen Hirndrucks ein,
so soll ein Versuch mit der Lumbalpunktion, die Verf. gute Dienste
geleistet hat, gemacht, aber ebenfalls nicht trepanirt werden.
Honsell (Tübingen).
1168 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
1) Marfan. La ponction lombaire dans la méningite tuber-
culeuse.
(Presse méd. 1897. No. 74.)
Nach eingehender Schilderung des Verfahrens von Quincke,
zum Theil mit dessen eigenen Worten, theilt Verf. einen Fall mit,
der ein 6jähriges Kind betraf und klinisch unzweifelhaft als tuber-
kulöse Meningitis angesprochen werden musste. Nach der ersten
Punktion trat eine vorübergehende Besserung von 6 Stunden Dauer
ein, eben so nach der zweiten; eine dritte konnte den Tod nicht
aufhalten. Die Sektion bestätigte die Diagnose. Verf. hat dieselbe
Erfahrung sodann an einer längeren Reihe von ähnlichen Fällen
machen können. — Im Gegensatz zu Colrat fand er bei 4 an tuber-
kulöser Meningitis Gestorbenen nur 2mal einen Zusammenhang
zwischen einem Seitenventrikel und dem Subarachnoidalraum des
Wirbelkanals, in 3 Fällen von chronischem Hydrocephalus niemals.
Die Punktion ist ungefährlich, wenn man nicht zu viel Flüssigkeit
auf einmal herausfließen lässt. Die Menge der Flüssigkeit ist ent-
sprechend dem Druck, unter dem sie herausfließt oder tropft, bietet
aber kein diagnostisches Merkmal, eher das Aussehen der Punktions-
flüssigkeit. Der Befund von Bakterien erscheint dem Verf. ebenfalls
unsicher; ein Thierexperiment dauert zu lange: Verf. erklärt daher
zum Schluss seiner interessanten Ausführungen doch die klinische
Diagnose der tuberkulösen Meningitis für unzweifelhaft sicherer als
die bakteriologische mit Hilfe der Lumbalpunktion.
Tschmarke (Magdeburg).
8) A. O. Lindfors. Zur Lehre von den angeborenen Hirn-
brüchen und deren chirurgischer Behandlung.
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 222/23. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.)
Aus dem Vortrag, der eine monographische Bearbeitung der an-
geborenen Hirnbrüche, einschließlich der Meningocelen, darstellt, sei
hier nur Einiges aus dem sich mit der Behandlung der Affektion
beschäftigenden Kapitel hervorgehoben. L. hat dem letzteren eine
Zusammenstellung der operativ behandelten Fälle sowohl aus der
vorantiseptischen Zeit, also auch aus den letzten ca. 17 Jahren zu
Grunde gelegt, um den großen Umschwung hinsichtlich der Behand-
lungsmethoden in dem letzteren Zeitraum zu illustriren. Während
früher die mit Kompression (mit oder ohne Punktion bezw. Incision)
behandelten Fälle beinahe 2/, aller betrugen, sind nach Durchführung
der Antiseptik die radikalen Exstirpationsmethoden am häufigsten —
in As aller Fälle — zur Anwendung, die übrigen (Ekraseur-, Ligatur-,
Punktionsbehandlung) fast ganz in Wegfall gekommen. Indessen
erscheint die Klammerkompression L. auch heute noch, besonders
bei weiter Bruchpforte, zur Erzielung einer festeren Narbe empfehlens-
werth, sofern nicht in solchen Fällen die osteoplastische Methode
Centralblatt für Chirurgie, No. 47. 1169
nach Wolkowitsch und Lyssenko den Vorzug verdient. Wenn
nun aber auch die Resultate operativer Behandlung gegenüber früher
sich verbessert haben, indem in 17 Jahren fast doppelt so viele Fälle
gerettet worden sind wie vorher in 100 Jahren, so ist doch die Pro-
gnose in Bezug auf vollständige Wiederherstellung der operirten Pat.
noch eine recht unbefriedigende geblieben. Denn von den längere
Zeit nach der Operation beobachteten »geheilten« Kindern bietet eine
größere Zahl dauernde Schädigung der Sinnesorgane und Intelligenz
dar, wenngleich die körperliche Gesundheit günstig geworden ist
(von 11 Fällen 8!), und sind andere frühzeitig an Hydrocephalus oder
interkurrenten Krankheiten zu Grunde gegangen. Strengere Aus-
wahl der zum Operiren am meisten passenden Fälle ist desshalb auch
hier geboten. Am geeignetsten erweisen sich nach der Statistik die
kleinen soliden Encephalocelen und die kleinen Meningocelen, be-
sonders bei lateralem oder sagittalem Sitz; am wenigsten gut ist die
Prognose bei sehr großen, Gehirnsubstanz enthaltenden, occipitalen
Brüchen. — (In Ergänzung der L.'schen Tabelle sei hier noch ein
vom Ref. vor 7 Jahren durch Excision nach Katgutsutur des Stiels
behandelter, einen halbjährigen Knaben betreffender Fall von kinds-
kopfgroßer Meningocele occipitalis erwähnt; das Kind ist geheilt und
zeigt normale geistige und körperliche Entwicklung.)
Kramer (Glogau).
9) C. Bolle. Die Erfolge der Radikaloperation der Ence-
phalocele.
Inaug.-Diss., Berlin, 1898.
B. hat nach den Resultaten der mit Abtragung von Hirntheilen
verbundenen Radikaloperation von Encephalocelen zu forschen ge-
sucht, um über die weitere Fortentwicklung der operirten Kinder
sowohl in körperlicher als in geistiger Beziehung Aufklärung zu
erhalten. Indess gelang ihm dies nur bei 5 Kindern, die von Schatz
(2 Fälle, von Kehrer, Ludwig (Chrobak’sche Klinik) und in
der Berliner Universitäts-Frauenklinik wegen oceipitalen Hirnbruchs
bald nach der Geburt, bezw. in den ersten Wochen nach dieser ope-
rirt worden waren; die meisten übrigen Fälle waren nach der Opera-
tion zu Grunde gegangen, das Schicksal der wenigen anderen ist
unbekannt geblieben. Von jenen 5 ist 1 im 11. Lebensjahre ge-
storben, 1 lebt 12 Jahre alt, bei den weiteren 3 liegt die Operation
erst 1—2 Jahre zurück. Alle 5 Kinder sind in der körperlichen und
seelischen Entwicklung sehr weit zurückgeblieben; die 11—t2 Jahre
alten lernten niemals selbständig gehen, niemals sprechen, die 3
übrigen lassen gleichfalls nichts Besseres erhoffen. Hinsichtlich des
aus der Berliner Klinik neu mitgetheilten Falles sei auf die Arbeit
verwiesen. Kramer (Glogau).
Ai
1170 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
10) J. H. Eberson (Amsterdam). Over hersentumoren en de
resultaten hunner operatieve behandeling.
Amsterdam, F. van Rosom, 1898. 428 8. 5 Taf.
E. hat sich der dankenswerthen Aufgabe unterzogen, 242 in der
Litteratur zerstreute Fälle operirter Hirngeschwülste zu sammeln
und statistisch zu verwerthen.
Die Dissertation beginnt mit Besprechung von Diagnose und
Differentialdiagnose, wobei sich Verf. wesentlich an den Bruns-
schen Artikel in Eulenburg’s Encyklopädie hält, Einiges vervoll-
ständigend zufügt.
Es folgen 7 in Amsterdam operirte Fälle mit genauen Kranken-
geschichten.
1) Ein weiches Fibrom in der linken motorischen Gegend
(Centrum für den rechten Arm); Tod im Shock. 2) Sarkom der
Dura mater; Tod nach der Operation; war doppelseitig. 3) Glio-
sarkom der rechten motorischen Zone; eineinhalbes Jahr danach
wird das Recidiv entfernt, Pat. lebte noch 2'/, Monate. 4) Geschwulst
der rechten motorischen Zone; Besserung. 5) Gliose der rechten
Hemisphäre; Geschwulst bei der Operation nicht aufgefunden; Tod
am folgenden Tage. 6) Geschwulst nahe der Basis, nicht entfernbar;
Tod nach 2 Monaten. 7) Gliom der linken motorischen Zone; theil-
weise Entfernung, Besserung. Die Technik ist im Allgemeinen die
bisher übliche gewesen.
Die Statistik der 242 theils aus den Originalen, theils in Refe-
raten gesammelten Fälle ergiebt, dass unter 237 verwerthbaren An-
gaben die Geschwulst 167mal gefunden und entfernt werden konnte.
(Hiervon entfallen 109 auf die motorische Zone.) 14mal musste von
der Entfernung Abstand genommen werden, 56mal (24%!) wurde
die Geschwulst überhaupt nicht gefunden. Dieren entfallen je 38%
der Stirn- bez. Kleinhirngeschwülste. (10 von 26, bezw. 11 von 29.)
Ursache: diagnostische Irrthümer bez. Gliose.
In Genesung gingen 72 aus (30,4%), während 92 (38,8%)
unmittelbar im Shock, 99 (41,8%) im Ganzen der Operation als
solcher erlagen.
Die Schlussfolgerungen dürften noch weiter ausgebaut sein,
außerdem wäre für das Werk, das weiteren Sammlungen als gute
Grundlage dienen wird, ein alphabetisches Litteraturverzeichnis recht
am Platze. Christel (Metz).
11) M. David. Über die histologischen Vorgänge nach der
Implantation von Elfenbein und todtem Knochen in Schädel-
defekte.
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVII. Hft. 3. Mit 1 Taf.)
D. suchte zu erforschen, wie todtes Gewebe, in Schädeldefekte
implantirt, einheilt. Zu diesen Versuchen führte ihn der bekannte
wissenschaftliche Wettstreit mit Barth. Er benutzte zu seinen
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1171
Experimenten einestheils Elfenbein, andererseits ausgekochte Knochen-
stücke. Bezüglich des implantirten Elfenbeins fand er, dass dessen
Substanz in einen Schädeldefekt einheilen kann, und dass sie all-
mählich, allerdings erst nach sehr langer Zeit, durch Knochen völlig
ersetzt wird. Bei der Neubildung dieses Knochens kommen nach
seinen mikroskopischen Befunden ausschließlich Pericranium, Dura
und Bindegewebe der Narbe in Betracht. Der stehen gebliebene
Knochen bietet zwar die Zeichen einer reaktiven Entzündung dar,
hat aber mit der Knochenneubildung nichts zu thun. Wenn Bidder
andere Befunde aufweist, so liegt dies daran, dass er bei seinen
Experimenten Röhrenknochen benutzte. Das Endresultat bleibt das-
selbe. Bei implantirten todten Knochen verläuft der Heilungsprocess
in ähnlicher Weise. Durch die von gleichem Mutterboden entstehen-
den Osteoklasten wird der todte Knochen usurirt, indem sie den vor-
tretenden Gefäßschlingen den Weg bahnen. In der Adventitia dieser
letzteren bildet sich neue Knochensubstanz, welche die alte ersetzt.
Mit der 26. Woche war meist das Knochenfragment ersetzt. An
dem Rand des Defekts tritt auch hier eine reaktive Entzündung auf.
D. bleibt gegenüber Barth auf seinem alten Standpunkt stehen. Der
Arbeit sind eine Reihe von Zeichnungen der mikroskopischen Präpa-
rate beigegeben. E. Siegel (Frankfurt a/M.).
12) Keen and Spiller. On resection of the Gasserian ganglion.
With a pathological report on seven ganglia removed by
Professor Keen.
(Durante’s Festschrift.)
Die Operation ist Ilmal ausgeführt. Der histologische Befund
ergab eine Anschwellung, Atrophie oder Schwund der Marksubstanz,
je nach dem Krankheitsgrade. Eben so waren die Achsencylinder
degenerirt oder gänzlich zerstört. Die Ganglienzellen konnten (mal
wenigstens kaum noch erkannt werden. Die Gefäßwände waren
stark sklerotisch, einmal war die Lichtung sogar geschwunden. Das
Bindegewebe des Ganglions ist vermehrt.
Die Sterblichkeit der Operation beträgt nach einer Tabelle von
Tiffany (24 von 108) 22,2%. Die Rückkehr der Schmerzen ist bis-
her trotz der Resektion des Ganglions in 4 Fällen erfolgt. Der
Verlust des Auges kann durch eine gute Technik vermieden werden.
Das ganze Ganglion muss entfernt werden, da eine Trennung des
motorischen Astes selbst an der Leiche technisch nicht möglich ist,
und da man Gefahr läuft, bei der Durchflechtung der einzelnen
Theile die Neuralgie unbeeinflusst zu lassen. So lange peripherische
Eingriffe nicht erfolgt sind, ist die Entfernung des Ganglions nicht
erlaubt. Auf das Verfahren bei der Operation kommt es nicht so
sehr an. Dieselbe soll in einer Sitzung vollendet werden. Die
Unterbindung der Carotis externa ist zu unterlassen. Sie kann
Nekrose des Temporallappens zur Folge haben. Blutungen aus der
H
1172 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
Meningea media sind gewöhnlich und werden durch Kompression
mit Instrument, Finger und Jodoformgaze beherrscht. Die Ent-
fernung des Ganglions soll nach Krause’s Methode erfolgen. Um
das Auge zu retten, werden die Lider nach vorausgegangener Des-
infektion durch 2 oder 3 Nähte vereinigt, und zwar in der Mitte.
Der Schleim kann seitlich durch Borwasser entfernt werden; eben
so kann dort die Hornhaut kontrollirt werden. Nach 4—5 Tagen
werden die Nähte entfernt und das Auge noch etwa mit einem Uhr-
glas, das durch Pflaster befestigt ist, verschlossen gehalten.
Dreyer (Köln).
13) J. L. Faure und F. Furet. Sur le traitement chirurgi-
cal de la paralysie faciale d'origine intra-rocheuse. L’anasto-
mose du facial et de la branche trapezienne du spinal.
(Gas. hebdom. de méd. et de chir. 1898. Februar.)
Die Verff. beschreiben die Operationsmethode folgendermaßen:
Schnitt von 12 cm am Vorderrand des Sternocleidomastoideus;
Aufsuchen des Facialisstamms in der Nachbarschaft des Processus
styloideus, Durchschneidung seines Stamms. Aufsuchen des Ramus
externus des Accessorius Willisii; der zum M. trapezius führende
Ast wird bei seinem Eintritt in den Sternocleidomastoideus durch-
trennt mit Schonung des für letzteren Muskel bestimmten Astes.
Anastomosenbildung der beiden entsprechenden Nervenstämme durch
Katgut. Einmal haben die Verff. die Operation am Lebenden ge-
macht, aber ohne funktionellen Erfolg. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
14) Redard. Traitement du torticollis chronique conge£nital.
(Presse med. 1897. No. 98.)
Verf. giebt einen ausführlichen Überblick über die Behandlungs-
methoden des angeborenen Schiefhalses. Er operirt erst vom dritten
Jahre an und zieht die offene Durchschneidung der Muskelansätze
und spannenden Stränge dem subkutanen Verfahren vor, und zwar
mittels eines Querschnittes. Eine partielle oder totale Excision des
Sternocleidomastoideus lässt er nur für die hartnäckigsten Fälle
gelten. Einen großen Werth legt er auf die orthopädische Nach-
behandlung. An der Hand von guten schematischen Abbildungen
bespricht er das Verfahren von Sayre, Lorenz u. A. und beschreibt
einen neuen, von ihm angegebenen Apparat zur Reklination der
Halswirbelsäule mittels elastischen Zuges. Derselbe besteht im
Wesentlichen in einem Stirnband und einem Brustgürtel. Von dem
Stirnband laufen vor und hinter der Achselhöhle elastische Gummi-
strippen zu dem Brustgürtel und halten so den Kopf in einer der
pathologischen entgegengesetzten Lage. Die elastischen Bänder
können je nachdem fester oder lockerer angeknüpft werden. Der
Apparat ist bequem und billig.
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1173
Die späterhin noch folgende und lange Zeit fortzusetzende Be-
handlung besteht in aktiven und passiven Bewegungen und Mani-
pulationen, welche zum Theil mit der Hand nach Lorenz’ Angaben
und mit Massage, zum Theil mit Hilfe einer schief aufgehängten
Sayre’schen Schwebe ausgeführt werden. R.s Erfolge sind in zahl-
reichen Fällen sehr gute. Er sah niemals trotz schneller Verwachsung
der getrennten Muskeln ein Recidiv. Nur in einem einzigen Falle
von 55 war die Narbe auffallend sichtbar, da sie sich nach oben
verzogen hatte. Verwachsungen der Haut mit den darunter liegen-
den Theilen sind nur ausnahmsweise beobachtet worden. Eine Ver-
änderung der Asymmetrie und der Atrophie des Gesichts trat nur
in sehr geringem Maße ein, selbst wenn die Operation im frühesten
Kindesalter ausgeführt worden war, bei den im späteren Alter
Operirten niemals. Tschmarke (Magdeburg).
15) E. Vincent. Chirurgie rachidienne et mal de Pott.
(Revue de chir. 1898. No. 1 u. 8.)
Seiner bei Veröffentlichung seiner ersten Arbeit über Operationen
an tuberkulös erkrankten Wirbeln und nachfolgende methodische
Drainage gegebenen Zusage, später über die damit erreichten Resul-
tate berichten zu wollen, kommt V. in vorliegender Arbeit nach.
Unter den 44 operativ behandelten Fällen, deren Krankengeschichten
zum großen Theil recht kurz, zum kleineren ausführlich mitgetheilt
werden, und bei denen ausgedehnte und langdauernde Eiterungs-
processe mit oder ohne motorische Störungen die Indikationen für
operative Behandlung abgegeben hatten, finden sich größere Ein-
griffe, wie Resektion von Rippen und Gelenkfortsätzen, Sequestro-
tomien, Lamellektomien, Ausschabungen 28mal notirt; außerdem
sind 4 » Drainages transversaux prevertebraux«, 1 » Drainage longi-
tudinal paravert&bral«, 1 » Trepanation avec drainage transsomatique
transversale und 1 » Drainage transversal intra-canaliculaire et rétro-
medullaire« angegeben. Wegen Lähmung bei bestehendem Abscess
wurde nur 3mal operirt; 13 andere Fälle von Paralyse ohne Eiterung
erfuhren immobilisirende Behandlung, die im Ganzen bei 94 Pat. in
Anwendung gekommen ist. Über die erzielten Erfolge spricht sich
V. mit folgenden Worten aus: » Chez tous les malades, l'intervention
a donné des résultats favorables, une plus rapide cicatrisation, sauf
dans quelques cas, qui ont exigé, par exemple, Don une tr&panation
de la fosse iliaque et trois ans de pansements, l'autre quinze mois
de traitement et des curettages nombreux. Nous ne comptons qu'un
décès par choc opératoire imputable à l'opération .. . «.
Sieht man sich die 44 Operationsfälle aber genauer an, so findet
man, dass außer jenem (Fall 29) noch 2 andere (Fall 14, 39) Pat.
bald nach der Operation im »Collaps« zu Grunde gegangen, dass
außerdem 4 innerhalb der nächsten Wochen (Fall 21, 34, 37, 42)
an » Adynamie« oder Meningitis und weitere 5 später an Tuber-
kulose, Pneumonie, Diphtherie bezw. aus nicht bekannten Ursachen
1174 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
(Fall 1, 6, 16, 25, 27) gestorben sind; bei 5 dieser letzteren 9 Fälle
war das Wirbelleiden noch nicht geheilt, was auch bei 7 anderen
der nicht tödlich verlaufenen bemerkt ist. Bei weiteren 8 fehlen
bezüglich des Verlaufs nach der Operation und des Endresultats
jegliche Angaben. So bleiben also von den 44 Fällen nur 17, die
bei der Entlassung geheilt waren; das weitere Schicksal ist indess
bei dem größeren Theil derselben unbekannt geblieben; die übrigen
waren noch zur Zeit der Nachuntersuchung geheilt.
Auf die von V. mit der immobilisirenden Behandlung erreichten
Resultate hier näher einzugehen, hat keinen Zweck, da nur über
wenige — darunter 7 Todesfälle — Genaueres von Verf. in Er-
fahrung gebracht werden konnte. Zum Schluss sei noch besonders
auf das Referat über die erste Arbeit Vis (s. d. Centralbl. 1893,
p. 118) hingewiesen. Kramer (Glogau).
16) H. Maass. Zur mechanischen Behandlung der Spondylitis.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 36.)
M., welcher dem Calot’schen Verfahren bei der Behandlung
des Buckels sehr misstrauisch gegenüber steht, hält es für kosmetisch
wie funktionell schr wichtig, das durch die Suspension aufgerichtete
supragibbäre Rumpfsegment durch ein Sayre’sches Korsett, resp. einen
Kopf-Rumpfverband festzustellen; der Vortheil liegt dann gerade dar-
in, dass die kranken Wirbel selbst mechanisch nicht in nennens-
werther Weise beeinflusst werden.
Für die floride Spondylitis betrachtet M. zur möglichsten Ver-
hütung der Kyphosenbildung die Horizontallage als einfachstes
Mittel; besser aber würde ein Apparat sein, der freie Körperbewegung
bei Erfüllung aller mechanischen Indikationen ermöglicht.
Will man bei der besonders kleinere Kinder befallenden Spon-
dylitis dem Verbande eine sichere Stütze geben, so muss man aber
nach M. unbedingt die in den Hüftgelenken gestreckten Oberschenkel
derart in den Verband miteinbeziehen, dass durch eine leichte Ab-
duktionsstellung derselben ein Abwärtsgleiten der divergirenden Ober-
schenkelhülsen unmöglich wird. In einem solchen Verbande ist das
Sitzen freilich unmöglich; doch wird der Psoaskontraktur besser ent-
gegengewirkt. Auch sind die Pat. im Stande, durch Rotation des
Beckens sich schnell vorwärts zu bewegen.
Knie- und Fußgelenke sollen nicht in den Verband mit ein-
bezogen werden.
Der 2. für die Therapie bedeutsame Punkt ist die Verhinderung
des Vornübersinkens des supragibbären Rumpfsegments durch Ver-
hütung der Heilung in jener fehlerhaften Winkelstellung der Frag-
niente, gegen die man nach erfolgter Konsolidation des Buckels trotz
Calot fast gänzlich ohnmächtig sei. Daher muss schon am Beginn
der Krankheit die Wirbelsäule in Lordose fixirt werden, wobei zu
gleicher Zeit die kranken Partien in ausgiebiger Weise von dem
Druck des oberen Rumpfsegments entlastet werden. M. empfiehlt
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1175
hierfür einen abnehmbaren portativen Apparat, welcher nach einem
Gipsabdruck zu verfertigen ist, der in Reklinationslage des Pat. ge-
wonnen wird.
Die Art der Herstellung wird von M. eingehend beschrieben.
Als Material empfiehlt M. mit Landerer und Kirsch Celluloidmull,
der durch Zusatz weniger Tropfen Chlormagnesium zur Celluloid-
gelatine gänzlich feuersicher wird. Anlage und Abnahme des Ver-
bandes geschieht am besten in der Bauchlage des Pat., der ihn in
Geh- wie Ruhelage tragen kann.
Das Gewicht ist sehr gering, die Dauerhaftigkeit vorzüglich;
die Schweißabsonderung greift das Material nicht an; die Herstellungs-
kosten sind niedrig.
Bei Spondylitis cervicalis können die Oberschenkelhülsen in
Wegfall kommen, während dagegen die Fixation des Schädels eine
etwas ausgiebigere sein muss. R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
17) Chipault. De la thérapeutique des gibbosites Pottiques.
(Durante’s Festschrift.)
Es ist möglich, Pott’sche Buckel frischeren Datums und von
geringerem Umfang ohne Anstrengung, lediglich durch leichten Zug
an Kopf und Füßen und geringen Druck auf den Buckel, und ohne
Gefahr — da nur 2 bis 3% Unglücksfälle durch Chloroform oder
Miliartuberkulose auftreten — zurückzubringen. Um die neue Stellung
‚zu behaupten, ist eine Naht der Dornfortsätze und mehrmals im
Jahr eine Bettruhe von mehreren Monaten nothwendig. Bei vor-
geschrittenen Fällen bleibt das Verfahren dasselbe, nur fällt die
Reduktion des Buckels fort. Dreyer (Köln).
15) Phocas (Lille). Le traitement du mal de Pott.
(Med. moderne 1898. No. 52.)
P. bespricht die von Chipault und Calot inaugurirte Behand-
lung des tuberkulösen Buckels. Er sieht dieselbe als den endgültigen
Ausbau der Vorarbeiten von Sayre, Lorenz und Lannelongue
an. Der Hauptwerth liegt im Entspannen der Muskulatur durch
die Narkose und der Resektion der Apophysen, die den Nutzen
einer »ausgiebigen Tenotomie« gewähre. Hierdurch wird zugleich
der Abscess entleert. Der entstandene Defekt muss langsam aus-
granuliren, desshalb bedarf die Wirbelsäule der Entlastung, aber
nicht durch Korsett, sondern durch horizontale Lagerung. Das Korsett
fixirt und stützt so wenig, wie die Apophysenligatur von Chipault.
Letztere wirke nur als Reiz. Immer ist die Gefahr des Recidivs
und der Sprengung der Abscesshöhle zu bedenken, daher ist die
Methode mit Vorsicht für frischere Fälle und bestimmte Alter zu
reserviren. Eine breite Abscessöffnung und Drainage zieht P. der
Jodoforminjektion nach Aspiration vor. Roesing (Hamburg).
1176 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
19) Bericht über die chirurgische Abtheilung
der 70. Naturforscher- und Ärzte-Versammlung
in Düsseldorf.
IL
Schede (Bonn): Zur operativen Behandlung der Jackson’schen Epilepsie.
Der Vortr. steht durchaus auf dem von v. Bergmann so scharf betonten
Standpunkt, dass eine Epilepsie nicht schon desswegen günstige Aussichten für
Heilung auf operativem Wege biete, weil sie zweifellos traumatischen Ursprungs
sei, auch nicht, wenn das Trauma in einer mehr oder weniger schweren Schädel-
verletsung, etwa in Depressionsfraktur bestanden habe. Relativ günstige Chancen
bietet nur die ausgesprochene Jackson’sche Epilepsie. Den von v. Bergmann
publicirten Fällen resultatlos operirter traumatischer Epilepsie, welche die Charakte-
ristioa der Jackson’schen Epilepsie nicht hatten, kann er drei weitere hingu-
fügen, die trotz sicheren traumatischen Ursprungs ebenfalls erfolglos operirt wurden.
Die Statistik der Operationsresultate bei einer Krankheit, welche, wie die
Epilepsie, auch spontan oder auf medikamentöse Einwirkungen verschwinden kann,
muss außerordentlich vorsichtig beurtheilt werden. Horsley verlangt einen an-
fallefreien Zeitraum von 5 Jahren, ehe er eine definitive Heilung anerkennen wollte,
Braun und Graf halten dafür, dass im Allgemeinen eine 3jährige Heilungsdauer
eine genügende Gewähr für ihre Beständigkeit biete.
Wird der letztere Maßstab aoceptirt, so giebt es bisher nach Braun’s Zu-
sammenstellung in der gesammten Litteratur nur 7, nach der von Graf nur 8 Fälle
von definitiver Heilung einer Jackson’schen Epilepsie durch die Trepanation.
8. ist in der Lage, diese kleine Zahl durch 3 eigene Beobachtungen zu vermehren.
Der erste Fall betraf einen Menschen, der im Alter von 24 Jahren bei Mars
la Tour einen Haarseilschuss durch die Galea bekommen hatte, zwischen linkem
Tuber parietale und Mittellinie. Eine Knochenverletsung wurde damals nicht an-
genommen. 6 Wochen nach der Verletzung erster epileptischer Anfall, schwer,
mit Bewusstseinsverlust. Später kamen mehrere; besonders wurden sie hervor-
gerufen durch körperliche Anstrengungen, namentlich auch dann, wenn Pat. in
seinem Gewerbe als Schuhmacher arbeitete.
1889 ließ sich Pat. in das Hamburger Krankenhaus aufnehmen. Ein- und
Ausschussöffnung deutlich, kein Frakturzeichen. Klonische Zuckungen im rechten
Facialisgebiet, Stottern, Kopfschmerzen an der Verletzungsstelle waren vielleicht
als Jackson’sche Symptome zu deuten. Aber der typische Beginn der Krämpfe
in einer bestimmten Muskelgruppe konnte nicht konstatirt werden. Die Operation
zeigte glatten, sehr dichten Knochen; Aufmeißelung in Länge von 41/3, Breite von
Zus em, Die Tabula vitrea zeigte eine alte Splitterung mit !/; cm hohem First,
der quer über die Rolando’sche Furche eine tiefe Rinne in das Gehirn gedrückt
hatte. Lösung und Exstirpation der verdickten, trüben, mit Pia und Gehirn-
oberfläche verwachsenen Dura, Naht, keine Drainage. Während des Aufenthaltes
im Krankenhaus noch zwei leichte Anfälle. Später wurden keine mehr zuverlässig
beobachtet, vom Pat. aber behauptet, dass sie noch hin und wieder, wenn auch
wesentlich leichter als früher und in abnehmender Häufigkeit aufträten. Wie weit
vielleicht die Furcht des sehr neurasthenischen Kranken, die ihm erst nach der
Operation gewährte höhere Invalidenrente wieder zu verlieren, diese Angaben ver-
anlasste, steht dahin. Seit Anfang 1895 ist eingestandenermaßen kein Anfall
mehr aufgetreten. Auch Kopfschmerzen bestehen nicht mehr. Hände hart und
schwielig. Das früher fast verlorene Gedächtnis befriedigend.
2. Fall. Ein 19jähriger Schlachter war im 8. Lebensjahre beim Turnen am
Reck auf den Kopf gefallen, anscheinend ohne Fraktur. 3 Monate danach Par-
ästhesien im rechten Arm, weitere 3 Monate später erster epileptischer Anfall.
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1177
Weitere folgten in immer kürzeren Pausen. Zur Zeit der Aufnahme in das Ham-
burger Krankenhaus (9. Mai 1889) erfolgten täglich 20—30 meist leichte Anfälle
typischer Jackson’scher Epilepsie, stets beginnend mit Streckung und Abduktion
des Daumens. In der Zwischenzeit Schwäche des rechten Beines. Operation
6. Juni 1889. Ausmeißelung eines Knochenstücks von 7:8 cm über der linken
motorischen Rindenregion. Kreusschnitt durch die verdickte und getrübte Dura,
Lösung derselben. Das Centrum für den Daumenstrecker wird, vielleicht in Folge
wiederholter Abspülung mit Sublimatwasser, nicht sicher gefunden (nur einmal
schwache Zuckung), daher auf seine Exstirpation verzichtet. Dura reponirt und lose
genäht. Ausgemeißeltes Knochenstück wieder eingesetst — Hautnaht, keine Drai-
nage, Heilung unter dem Blutschorf.
Auf kurze Zeit verschwanden die Anfälle, kehrten dann wieder und erreichten
bei Entlassung des Pat. nach 3 Wochen schon wieder die frühere Zahl. Vom
4. Monat an wurden sie aber seltener und verschwanden nach einem Jahr ganz.
Seit Mitte 1890 hat Pat. keinen Anfall wieder gehabt. Er ist ein enorm kräftiger,
jeder Anstrengung gewachsener, blühend gesunder Mensch.
3. Fall. 22jähriges Mädchen, wurde im 3. oder 4. Lebensjahr mit einer Garten-
harke auf den Kopf geschlagen und hatte am anderen Morgen einen Krampfanfall.
Dann gesund, bis im März 1894 plötslich ohne bekannte Veranlassung epileptische
Krämpfe auftraten. Unter Bromkaligebrauch und bei Landaufenthalt 3 Monate
Pause. Dann erneute Anfälle, mit Beugung der Finger der linken Hand be-
ginnend, zuerst 4wöchentlich, dann immer häufiger, schließlich jeden 2.—3. Tag.
In der Zwischenzeit Zuckungen und Schwäche im linken Arm. Nachlass des Ge-
dächtnisses. Aufnahme 4. Juli 1895.
Kräftig und gesund aussehendes Mädchen. Über dem rechten Scheitelbein
3 linsengroße Narben der Galea, eine davon mit dem Knochen verwachsen. Chorea-
tische Bewegungen mit dem linken Arm. Ein typischer Anfall am Tage der Auf-
nahme ärztlich beobachtet.
Die Operation (5. Juli 1895) ergiebt, dass, entsprechend der mit dem Knochen
verwachsenen Narbe, auch die Dura mit der Hirnrinde verwachsen war. Narben-
gewebe senkt sich gerade in die Rolando’sche Furche hinein. Die Dura wird kreus-
weise eingeschnitten und gelöst und die Narbe excidirt.
Beim Anlegen des Verbandes erfolgte noch ein kurzer epileptischer Anfall,
dann ein zweiter in der Nacht. Seitdem nichts mehr. Eine Revision im Juli 1898
findet das Mädchen blühend gesund, völlig im Stande, sich als Nähterin ihren
Unterhalt zu erwerben. Nur ein leichteres Ermüden der linken Extremitäten
erinnert noch an das alte Leiden.
Die mitgetheilten Fälle zeichnen sich durch die langen Zeiträume aus, die
theils zwischen beginnender Epilepsie und Operation, theils zwischen Trauma und
Beginn der Epilepsie verflossen sind. Im 1. Falle bestand die Epilepsie 19, im 2.
11 Jahre. Im 3. Falle entwickelte sich 17 Jahre nach dem Trauma eine völlig
typische Jackson’sche Epilepsie. Gleichwohl hatten die Operationen Erfolg, ein
weiterer Beweis für die auch sonst schon genügend bewiesene Thatsache, dass die
Länge dieser Zeiträume prognostisch völlig bedeutungslos ist.
In keinem von S.s Fällen wurde nach Horsley's Forderung das motorische
Centrum exstirpirt. Im 1. war ein deutlich erkennbares primäres Krampfeentrum
nicht oder nicht mehr vorhanden. Im 2. wurde es nicht sicher genug gefunden,
im 3. gar nicht gesucht. Unter den 8 früheren Fällen mit 3- und mehrjähriger
Heilungsdauer war die Exstirpation des Krampfcentrums 4mal gemacht, 4mal nicht.
Bis Fälle senken also einstweilen die Wage zu Gunsten der weniger energischen
Behandlung.
8. erwähnt noch einen 4. Fall, der gerade jetzt in seiner Behandlung steht.
Ein 18jähriger Bursche erlitt vor 2 Jahren einen komplieirten Schädelbruch über
der rechten motorischen Region. Danach zunehmend häufige typische Anfälle
Jackson’scher Epilepsie, zuletzt 20—30 am Tage. Trepanation, Spaltung und
Lösung der verdickten Dura. Seitdem täglich nur 1—2 Anfälle. Bei einer 2, Ope-
ration wurde das betreffende Centrum (linker Vorderarm) durch eine Elektrode
1178 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
aufgesucht, fand sich aber ganz außerhalb des pathologisch veränderten Gebiets,
so dass S. sich nicht zur Exstirpation entschließen konnte. Nach der Erfahrung
im 2. Fall glaubt S., einstweilen die Hoffnung auf vollen Erfolg noch nicht auf-
geben zu müssen. Eventuell würde später doch noch das Krampfcentrum exstir-
Dirt werden müssen. (Selbstbericht.)
Diskussion: Krabbel (Aachen): Ich bin in der Lage, den 3 von Herrn
Geheimrath Schede mitgetheilten Fällen von Heilung Jackson’scher Epilepsie
durch Trepanation einen eigenen hinzufügen zu können. Er unterscheidet sich in
2 Dingen von den Schede’schen Fällen. Einmal habe ich die Dura nicht ge-
spaltet, kein Stück aus der Dura exstirpirt, und dann traten nach der Ope-
ration überhaupt keine Anfälle mehr auf, wie das Schede von seinen
Kranken berichtete. Die Heilung hat jetzt fast 7 Jahre bestanden, so dass man
wohl auf ein dauerndes Resultat mit Sicherheit rechnen kann. Die Kranken-
geschichte lautet kurs:
Ein Rechtsanwalt von 40 Jahren ist seit 5 Jahren an Epilepsie erkrankt,
hereditäre Belastung fehlt, auch sonst ist kein ätiologisches Moment vor der Hand
auffindbar. Keine Lues, kein Potatorium, der Erinnerung nach keine voraufgegan-
gene Kopfverletzung. Die Anfälle, Anfangs selten, aber mit Bewusstseinsverlust
verbunden, wurden allmählich häufiger; ein epileptischer Anfall überfiel ihn ein-
mal während eines Plaidoyers im Gerichtssaal. Seit der Zeit bestand bei ihm eine
solche Furcht vor den Anfällen, dass er es nicht mehr wagte, allein auszugehen,
und nur ungern das Barreau betrat. In den letzten Wochen hatten sich die An-
fälle so gesteigert, dass der Pat. meist zu Bette lag, sich gar nicht mehr beschäf-
tigte, und man schon von einem beginnenden Status epilepticus sprechen konnte,
Der behandelnde Arst und ein hinzugesogener Nervenarzt sahen nur mehr in der
Operation den einzigen Versuch, eine Besserung herbeizuführen, und K. wurde von
den Kollegen veranlasst, die Operation auszuführen. Es handelte sich um eine
typische Jackson’sohe Epilepsie: Die Anfälle begannen mit absoluter Regelmäßig-
keit im rechten Unterschenkel — jetzt kommt es, sagte der Pat. fast jedes Mal bei
Beginn der Attacke — die Zuckungen zogen vom Unterschenkel auf den Oberschenkel,
von hier auf die rechte Oberextremität, von da auf die linke Ober- und von dort
auf die untere Extremität über, dann erfolgten Zuckungen des ganzen Körpers mit
Faeialiskrampf und Verlust des Bewusstseins. In Redners Gegenwart lösten sich
mehrere Anfälle aus, die alle in der beschriebenen Weise verliefen. Da eine Ver-
letzung angeblich nicht stattgehabt hatte, so musste man in den Centren für die
Extremitäten der rechten Seite und den Facialis den Herd der Erkrankung an-
nehmen, und die Operation wurde beschlossen, bei dem traurigen Zustand des Kranken,
der im besten Mannesalter stand, und Familienvater von 8 unversorgten Kindern
war. Am rasirten Kopf fand sich nun auf der linken Seite des Schädels genau
an der Stelle, wohin wir das Centrum für die untere Extremität projiciren, eine
dreischenklige Narbe. Nähere Nachforschungen bei den Eltern des Pat. — er
selbst wusste nicht anzugeben, woher die Narbe stammte — ergaben, dass ihm in
der Kindheit in der Elementarschule eine schwere Wandtafel auf den Kopf ge-
fallen war. Ob dabei Bewusstlosigkeit eingetreten war, konnte nicht mehr eruirt
werden.
Am 13. December 1891 machte K. die Operation. Er meißelte einen Haut-
Periost- Knochenlappen nach Wagner aus dem Schädeldach so aus, dass die Narbe
vollständig in dem Lappen lag. Beim Eleviren des Knochens zeigte sich eine
Verwachsung desselben mit der Dura, die aber beim Aufklappen des
Lappens unschwer und ohne Einreißen der Dura gelöst werden konnte. Sonstige
Veränderungen fanden sich an der Dura nicht, keine Narben, auch unterhalb der-
selben war nichts Abnormes durch Inspektion und Palpation festzustellen, nor-
male Verhältnisse. Unter diesen Umständen konnte sich K. nicht entschließen,
die Dura einzuschneiden oder gar die Centren für die rechte untere und obere
Extremität aus der Hirnrinde zu excidiren, sondern beschränkte sich darauf, die
Dura von der Tabula vitrea abzulösen; an letzterer waren Zeichen einer früheren
Fraktur oder vorspringenden Knochenkante, die einen Druck auf das Gehirn aus-
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1179
geübt hätten, nicht vorhanden. Der Lappen wurde eingepflanst und heilte reak-
tionslos ein — der Wundverlauf war fieberfrei und ohne Störung.
Seit der Operation ist überhaupt kein epileptischer Anfall mehr aufgetreten.
Die vorher vorhandene Apathie hat einer geistigen Regsamkeit Platz gemacht.
In voller körperlicher und geistiger Gesundheit und Frische versieht Pat. seine
ausgedehnte Praxis und plaidirt Stunden lang mit Klarheit und Schärfe.
(Selbstbericht.)
O. Vulpius (Heidelberg): Die Behandlung der Spondylitis im Gipsbett.
Die Vorzüge des Gipsbettes bei Behandlung der Spondylitis beruhen auf der
exakten Fixation der Wirbelsäule, auf der Reklination des kranken Segments,
welche entlastend und zugleich gegen die Deformität wirkt, endlich auf der Mög-
lichkeit, den Pat. ins Freie zu bringen, ohne auf Fixation, Entlastung und Ex-
tension zu verzichten.
Die Technik, insbesondere die Kombination mit einem Stellrahmen, wird an
einem Modell demonstrirt. Die Herstellung ist mit den einfachsten, überall zu-
gänglichen, billigsten Hilfsmitteln möglich.
Zur Feststellung der Erfolge wurde eine Umfrage bei etwa 100 Kranken ver-
anstaltet. Vor Allem wurde die schmerzstillende Wirkung gelobt; namentlich
werthvoll sind hierfür die Aussagen Erwachsener.
Die aus den Antworten sich ergebenden statistischen Zahlen sind mit Vorsicht
zu verwerthen.
Von 84 Pat. sind 16 an der Spondylitis oder an anderen tuberkulösen Affek-
tionen gestorben, es kommen 6 Todeskandidaten hinzu.
41 Heilungen stehen gegenüber, darunter 17 seit 2—3 Jahren, 9 seit mehr als
3 Jahren.
Dazwischen steht eine Gruppe von 18 Unsicheren.
Abscesse wurden 24mal beobachtet, traten während der Gipsbettlagerung nur
2mal in Erscheinung. Andererseits wurde das Zurückgehen des Abscesses im Gips-
bett beobachtet.
Rückenmarkserscheinungen traten l5mal auf, 7mal schwanden dieselben im
Gipsbett.
Das Allgemeinbefinden wurde meist günstig beeinflusst. Die Lagerung wurde
möglichst durchgeführt bis nach Abklingen aller akuten Entzündungserscheinungen;
dann wurde ein festes Stützkorsett längere Zeit getragen. (Selbstbericht.)
Diskussion: Joachimsthal (Berlin) giebt zunächst seiner Befriedigung
darüber Ausdruck, dass gerade Herr Vulpius, der bisher als einer der begeistert-
sten Anhänger des Calot’schen Verfahrens bei uns in Deutschland aufgetreten
ist, durch Zurückgreifen auf eine seit Jahren bekannte und bewährte Behandlungs-
methode der tuberkulösen Spondylitis offenbar zeigen will, dass das forcirte Vor-
gehen nicht das Richtige war. Auch J. kann auf Grund von hundertfacher Er-
fahrung die günstige und namentlich die schmerzlindernde Wirkung der Gipsbett-
behandlung bestätigen. Das Verfahren hat in der Berliner Universitäts-Poliklinik
für orthopädische Chirurgie gewisse Modifikationen erfahren, die die Herstellung
der Apparate vereinfachen. Statt der von Lorenz angegebenen Rollkissen wird
ein von Samter in der Poliklinik konstruirter Lagerungsapparat verwendet, statt
der Gipsbinden werden große Stücke appretirter Gaze dem Rücken des Kindes
aufgelegt und mit Gipsbrei unter einander verbunden. Die Entscheidung darüber,
welche Vorzüge dieser Behandlungsmethode gegenüber die Verwendung unabnehm-
barer, die richtigen statischen Beziehungen des Skeletts herstellender Gipskorsetts
besitst, bleibt weiteren Versuchen vorbehalten. (Selbstbericht.)
Krukenberg (Halle) kann in der Behandlung im Gipsbett gegenüber der
Korsettbehandlung keine Vortheile erblicken. Die Ziele des Gipsbetts, vollstän-
dige Immobilisirung und Entlastung der Wirbelsäule, vermag man mit einem gut
angelegten Korsett, wenn dasselbe mit einer zweckentsprechenden Kopfstütze
(Jurymast) versehen ist, gleichfalls zu erreichen. Der Mangel an Bewegung macht
sich bei Kindern, die dauernd in einem Lagerungsapparat fixirt sind, sehr bald
1180 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
nachtheilig bemerkbar. K. erinnert daran, wie schnell z. B. Kinder mit Coxitis
aufblühen, wenn man sie im Bügelstiefel umherlaufen lässt. Die Anregung des
Stoffwechsels, wie sie durch freie Bewegung erreicht wird, lässt sich dadurch, dass
man die Kinder im Beit ins Freie bringt, nicht ersetzen.
Man muss stets berücksichtigen, dass wir es hier mit einem tuberkulösen
Process zu thun haben, der nicht nur eine lokale, sondern auch eine allgemeine
Behandlung fordert. Im Gipsbett aber leidet, wenn die Behandlung länger fortgesetzt
wird, nicht nur das körperliche, sondern auch das geistige Allgemeinbefinden, die
Kinder bleiben in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zurück.
K. ist daher der Ansicht, dass die Therapie der Spondylitis weitere Vervoll-
kommnung der ambulatorischen Korsettbehandlung erstreben, aber von einer Be-
handlung in Lagerungsapparaten möglichst absehen sollte. (Selbstbericht.)
Schede (Bonn) giebt vollkommen zu, dass es Fälle von Spondylitis giebt,
die zeitweise mit Bettlage behandelt werden müssen — nämlich die sehr schmerz-
haften Spondylitiden und die mit Lähmung einhergehenden. Aber wenn das
Gipsbett dazu bestimmt sein soll, die Zeit der Behandlung im Liegen gegenüber
der ambulanten wieder mehr auszudehnen, so würde S. darin nur einen argen
Rückschritt sehen können. Gerade die Einführung der ambulanten Behandlung
mit Hilfe des Sayre’schen Gipskorsetts und mit Hilfe seines Jurymastes hat sich
als ein enormer Fortschritt und als eine wahre Erlösung erwiesen, und die Mit-
theilgen Nebel’s aus dem Hamburger Krankenhaus haben auch schon vor
langen Jahren schwer wiegende statistische Daten für die Vorzüge dieser Behand-
lung gegeben. Einen so wichtigen Heilfaktor, wie ihn die ungehinderte eigene
aktive Bewegung im Freien darstellt, ohne Noth unausgenutst zu lassen, kann S.
nur als einen Fehler bezeichnen. Dass solche Neigungen auftauchen, liegt viel-
leicht daran, dass so außerordentlich häufig das Gipskorsett ohne die so nothwen-
dige Ergänzung durch eine Kopfstütze verwendet wird, nicht nur bei Spondylitis
der Lendenwirbelsäule, sondern selbst bei höher gelegener. Das ist aber grund-
falsch. Bei Kindern sichert nur sehr selten ein tiefer Tailleneinschnitt und eine
ausgesprochene Keilform des Thorax mit oberer Basis die Erhaltung einer gewissen
Distraktion der Wirbelsäule durch ein einfaches, im Hängen angelegtes Gips-
korsett, selbst wo es sich um Spondylitis der Lendenwirbelsäule handelt. Die
meist fassförmige Form des Thorax lässt eine Distraktion durch das Gipskorsett
gar nicht zu Stande kommen; erst die Kopfstütse, sei es der Sayre'sche Mast,
oder die Kopfstützen von Nebel, Heusner oder dem Redner, sichert sie. Auch
die sogenannte »Lordosirung« nach Lorenz muss nothwendig hinsichtlich einer
gleichmäßigen und allseitigen Entlastung der kranken Wirbel dem Korsett mit
Kopfstütze nachstehen.
Freilich hat das Korsett zunächst den Nachtheil, dass es eine gewisse Ver-
nachlässigung der Hautpflege mit sich bringt. Aber das gilt doch nur von der
relativ kursen Zeit, während welcher das Korsett ein inamovibeles sein muss. Diese
Periode braucht selten länger als 3—4 Monate zu dauern, und der ganze Übel-
stand ist viel zu gering, als dass er hinreichenden Anlass geben dürfte, auf die
Vortheile einer ambulanten Behandlung zu verzichten. (Selbstbericht.)
Lossen (Heidelberg): Über Bhinoplastik.
Nach einem Rückblick auf die verschiedenen Versuche und Verfahren, der
neugebildeten Nase, insbesondere der Nasenspitze, eine dauernde Profilhöhe zu
geben und die Nasenhöhle dauernd offen zu halten — späteres Einlegen von
Metallröhren, Metall- oder Kautschukgestellen, Verwendung von Haut-Knochen-
lappen, Einheilen von Knochenspangen etc. — bespricht L. ein Verfahren, welches
bezweckt, gleich Anfangs über eine nach Gips- oder Wachsabdruck geformte
Hartkautschukprothese die neue Nase mittels Stirnlappen zu bilden und die Pro-
these dauernd als Stütze zu belassen.
In einem Falle, der nach 2maliger, anderwärts mit Haut-Knochenlappen aus-
geführter Rhinoplastik eine glatte, jeder Nasenhöhle entbehrende Nase geliefert
hatte, ist durch verschiedene Nachoperationen und das dauernde Einfügen einer
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1181
Kautschukprothese die Profilhöhe der Nasenspitse bis auf Zus em gebracht und
die Nasenhöhle dauernd erhalten worden. Gipsmasken "der früheren und der
jetzigen Nase veranschaulichen den Erfolg.
In einem frischen Falle von Rhinoplastik ist das operative Vorgehen das
folgende:
1) Nach Verstopfen der Nasengänge gegen den Rachen hin wird zunächst
ein Gipsabguss der Nasenhöhle genommen, dem man nach außen die Form der
Nase giebt.
2) Dieses Gipsmodell wird um so viel verkleinert, als oben der »Nasen-
wursellappen« mitsammt dem daraufliegenden Stirnhautlappen, an der Nasen-
spitze aber der Stirnlappen allein an Dicke beträgt.
3) Ausschneiden des Nasenwurzellappens, Umklappen und Annähen an die an-
gefrischten Ränder des Defekts.
4) Ausschneiden eines dreieckigen gestielten Stirnlappens, ohne Septum. Der
Lappen soll sehr völlig genommen und an seinem freien, der Nasenspitze ent-
sprechenden Rand leicht konvex geschnitten werden, damit man ihn hier um-
säumen kann. Schluss der Stirnwunde durch Naht und Hautpfropfung.
5) Der Stirnlappen wird umgeschlagen und entweder frisch oder, während er
granulirt, mit Reverdin-Thiersch’schen Epidermisstücken, oder Wolff’schen
Hautläppchen bedeckt, und zwar an seinem unteren Abschnitt, so weit er sich
nieht mit seiner Wundfläche auf den umgeschlagenen Nasenwurzellappen auflegt.
6) Nach vollständiger Überhäutung, etwa nach 14 Tagen, wird der Stirnlappen
mit seiner Pfropffläche auf das Gipsmodell gelegt und seitlich an die angefrischten
Ränder des Defekts angenäht.
7) Nach weiteren 14 Tagen kann die nach dem Gipsmodell angefertigte, längere
oder kürsere Prothese eingelegt werden, die nach hinten in ein, oder wenn
größere Reste des Vomer vorhanden, 2 Röhrchen ausläuft. Das Hartkautschuk-
gerüst stütst sioh unten gegen den Rest des Vomer, oben gegen die Umsäumung
der Nasenspitze und wird zudem durch die Röhrchen gehalten, die in den Choanen
liegen. (Selbstbericht,)
Sohultze (Duisburg): Behandlung des &esichtelupus vermittels der radi-
kalen Exstirpation und Transplantation nach Thiersch.
Nächst der radikalen Exstirpation in der typischen Weise ist die Methode
der Transplantation von größter Bedeutung. Der Größe des Defekts entsprechend
werden die Thiersch’schen Lappen geschnitten und eingenäht; letzteres ist sehr
wichtig; es soll dadurch der Hautlappen im selben Spannungskoefficienten ver-
lagert werden. Überspannung ist peinlichst zu vermeiden. Vorzüge bestehen in
dem besseren kosmetischen Resultat, der glatteren Anheilung und der Verein-
fachung der ganzen Nachbehandlung.
Beim Nasenlupus unterscheiden wir:
1) Lupus der äußeren Nase,
2) Lupus der inneren Nase,
3) Lupus der äußeren und inneren Nase,
4) Stenose der Nasenlöcher.
Beim Lupus der äußeren Nase ist mit der Exstirpation und Transplantation
der Fall erledigt.
Beim Lupus der inneren Nase ist mediane Spaltung der Nase mit Exstirpa-
tion des Lupus und folgender Transplantation indieirt. Ein Nasenloch wird sofort
durch die Naht rekonstruirt; das andere bleibt offen, und der Nasenfiügel wird
nach der von mir angegebenen Methode vermittels des Stirnbügels in Extension
gehalten. Nach Abheilung erfolgt Naht.
Bei äußerem und innerem Nasenlupus wird zuerst ausschließlich der äußere
Lupus in der oben angegebenen Weise behandelt, und nach Heilung wird die me-
diane Spaltung ete. in der eben erwähnten Weise angeschlossen. Bei totalen
Zerstörungen ist Plastik indieirt. Sobald die Nasenpfeiler rückwärts verlagert
sind und die Nasenspitze vollkommen fehlt, pflege ich die Nasenpfeiler möglichst
1182 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
dick abzulösen und nach vorn vermittels der Extension zu verlagern. Dadurch
werden 1) die Nasenspitze und 2) die Nasenlöcher formirt.
Bei absoluter Stenose der Nasenlöcher giebt die Extensionsmethode vorzüg-
liche Resultate; Plastik ist nicht nothwendig.
Bei Erkrankung der Oberlippe unterscheiden wir:
1) Lupus der äußeren Haut,
2) Lupus der Schleimhaut,
3) Lupus der Schleimhaut und äußeren Haut,
4) Lupus der ganzen Lippe.
Lupus der äußeren Haut wird in der eben skizzirten Weise beseitigt.
Bei Erkrankung der Schleimhaut ist Spaltung der Lippe, Exstirpation der
Schleimhaut mit eventueller Plastik nothwendig. Sobald innere und äußere Haut
erkrankt sind, wird zuerst unbekümmert um den Schleimhautlupus der äußere
Lupus beseitigt; nach Heilung wird in der eben erwähnten Weise der Schleimhaut-
lupus operirt. Lupus der ganzen Lippe indioirt Plastik, je nach dem vorhandenen
Material. Bei Ektropion der Lippen mache ich ohne Berücksichtigung des Lupus
zunächst Korrektur durch die Plastik, und erst dann folgt die Beseitigung des
Lupus.
Analog verhalten sich die Eingriffe beim Lupus der Unterlippe; nur hier er-
wähne ich die temporären Plastiken von der Brust, zu deren Ausführung man
wegen Mangel an Material geswungen wird. Plastiken aus dem Halsgebiet würde
ich bei größerer Ausdehnung stets temporär ausführen.
Die Prognose ist günstiger als bei allen anderen Methoden. Recidive werden
auch hier nicht vermieden. Neben 2 ernstlichen Recidiven habe ich 8mal unter
57 Fällen Randrecidive erlebt. Exstirpation mit Naht führt hier zur definitiven
Genesung.
Die hier vorgestellten Fälle sind im Laufe der letsten 8 Jahre operirt.
(Selbstbericht.)
Diskussion: Engel (Hamburg) beschreibt die von Kümmell mit Röntgen-
strahlen erhaltenen günstigen Resultate. Wagner (Mülheim a. d. R.).
Sprengel (Braunschweig): Zur Diagnostik und Therapie der Fremdkörper
in den Bronchen.
S. hatte vor Kurzem Gelegenheit, bei einem 21jährigen Mädchen, welches eine
Tuchnadel »verschluckte hatte, die Schwierigkeiten zu erfahren, welche die genaue
Feststellung des Sitzes des Fremdkörpers bereiten kann. Auch die Deutung des
Röntgenbildes war so unsicher, dass zunächst auf Grund der falschen Annahme,
es handle sich um einen Fremdkörper der Speiseröhre, die Ösophagotomie aus-
geführt wurde. 14 Tage später konnte aus den inzwischen aufgetretenen Symptomen
von heftiger trachealer Reizung und an der Hand eines zweiten Röntgenbildes die
veränderte Stellung der Nadel und ihr Sitz im linken Bronchus mit Sicherheit
diagnostieirt werden.
Die tiefe Tracheotomie ermöglichte schließlich, nach langen vergeblichen Ver-
suchen unter Zuhilfenahme von Cocainanästhesie und direkter Beleuchtung, den
Fremdkörper, der sich mit der Spitze in die Trachea verhakt hatte, zu befreien
und aus dem Bronchus zu extrahiren.
An der Hand dieses Falles bespricht S. die vorgelegten Röntgenbilder, die
Vorzüge der Extraktion analoger Fremdkörper unter Leitung des Auges, endlich
die Frage, was zu geschehen hat, wenn die Extraktion misslingt.
(Selbstbericht.)
Arnolds (Köln): Ein Fall von Pneumotomie wegen Fremdkörpers ohne
Eiterung.
Eine 23jährige kräftige Köchin hatte einen künstlichen Gebisstheil, bestehend
aus dem linken oberen Eckzahn mit daransitzendem Gaumenplattenstück, an dem
mehrere Spitzen und Haken waren, aspirirt. Nach anfänglicher, 5 Tage andauern-
der starker Athemnoth und häufig sich wiederholenden heftigen Hustenkrämpfen
waren dann 2 Monate lang keine nennenswerthen subjektiven noch objektiven
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1183
Symptome vorhanden. Nur mit Röntgendurchleuchtung war der Fremdkörper
nachzuweisen, und konnte sein Sitz mathematisch genau berechnet werden: 5 cm
nach rechts von der Medianebene auf der die hintere VII. und vordere IV. Rippe
verbindenden Sagittalen, 10 cm von der Rückenhaut entfernt. Da eine Spontan-
aushustung des komplicirten Fremdkörpers unmöglich erschien, ohne dass er durch
ausgedehntere, in ihren Folgen nicht zu übersehende Entzündungsprocesse gelockert
worden wäre, da ferner der Sitz so genau zu bestimmen und zu berechnen war,
wurde in Anbetracht der bisher gewonnenen günstigen Pneumotomieerfolge in frischen
Fällen, gegenüber den ungünstigen bei chronischen Processen, bei der noch keine
nennenswerthen Erscheinungen von der Lunge bietenden, kräftigen, jungen Person
von Bardenheuer die Pneumotomie gewagt, um Pat. so vor den bei der Beschaffen-
heit des Fremdkörpers als unausbleiblich zu betrachtenden bösen Folgen zu bewahren.
Resektion der VI., VII., VIII. und IX. Rippe, Jodoformgazetamponade; später Chlor-
zinkpaste. Nach 3 Wochen Eingehen mit dem Paquelin. Fast in der nöthigen
Tiefe angelangt, musste man die Operation wegen Blutung abbrechen. Nach weite-
ren 3 Wochen erneuter Versuch. Der Fremdkörper wird dabei mit der Sonde in
einem quer eröffneten Bronchus von unten angestoßen. Wieder zwingt kurz vor
dem Ziel, in unmittelbarer Nähe des Fremdkörpers eine, wenn auch nicht starke
Blutung zum Abbrechen der Operation. Jodoformgazetamponade. Nach 4 Stunden
wird der durch das Anstoßen mit der Sonde gewiss gelockerte Gebisstheil plöts-
lich expektorirt. Pat. wird vorgestellt als kräftige, blühende Person mit kleiner
Fistel in der Mitte der Narbe; es sind 21/3 Monate seit der Operation verflossen.
Seit 14 Tagen versieht Pat. wieder ihren vollen Dienst als Köchin. Demonstration
verschiedener Röntgenbilder, so wie des Fremdkörpers. Aus dem Verlauf dieser
Pneumotomie und ihrer unmittelbaren Folge der Expektoration sieht Barden-
heuer die Lehre, dass es in geeigneten Fällen möglich ist, den in tiefere Partien
der Lungen aspirirten Fremdkörper von einem peripheriewärts eröffneten Bronchial-
zweig aus von unten her mit der Sonde zu lockern und seine Expektoration zu
veranlassen.
Nachtrag: Seit dem 10. Oktober ist die Lungenfistel geschlossen.
(Selbstbericht.)
O. Wiemer (Apenrade): Beitrag zur operativen Behandlung der Lungen-
gangrän.
Unter den entzündlichen Affektionen des Lungenparenchyms sind seither vor
Allem die mit Kavernenbildung einhergehenden Gegenstand operativer Behandlung
gewesen. Zwar kommt hin und wieder eine spontane Ausheilung der Lungen-
kavernen zu Stande, allein zwei Momente gestalten die Heilungsbedingungen der-
selben im Allgemeinen ungünstig. Im Oberlappen bildet die Starre des die obere
Thoraxhälfte bildenden Knochenrings das wesentlichste Hindernis für die zur
Spontanheilung erforderliche Narbenzusammenziehung; dazu kommt noch der
elastische Zug, welcher in der Lunge namentlich bei den Inspirationsbewegungen
sich in centrifugaler Richtung geltend macht und gleichfalls einer Narbenretrak-
tion entgegen wirkt. Im Unterlappen zeigt zwar die untere Lungenapertur wegen
größerer Beweglichkeit der Rippen und des Weichtheilverschlusses eine größere
Nachgiebigkeit, dafür tritt aber einer Spontanheilung der Kavernen hier der Um-
stand entgegen, dass die Abflussbedingungen durch den Bronchialbaum dem Gesetz
der Schwere entsprechend sehr ungünstige sind (Quincke),
Man hat desshalb auf chirurgischem Wege diese der Spontanheilung sich ent-
gegenstellenden Hindernisse zu überwinden und so eine Obliteration der Kavernen
zu erreichen versucht. Die Eingriffe bestehen in ausgiebiger Rippenresektion und
Eröffnung der Kavernen. Durch erstere soll eine Mobilisirung des starren Knochen-
rings und dadurch ein Einsinken der widerstrebenden Gewebe, durch letztere eine
Ableitung der stagnirenden Sekrete auf dem nächsten Wege nach außen erreicht
werden.
Art und Erfolge des Eingriffs gestalten sich verschieden je nach der Natur
des die Kavernen verursachenden Grundleidens. Es soll hier nicht im Einzelnen
besprochen werden, wie man sich gegenüber den Lungenabscessen, den bronchi-
1184 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
ektatischen Kavernen, den tuberkulösen Eiterhöhlen und der Lungengangrän zu
verhalten hat. Das operative Verfahren möge bier vielmehr nur an einem mit
Erfolg operirten Falle von ausgebreiteter Lungengangrän erläutert werden.
Bei den gangränösen Lungenprocessen wird namentlich der hohe Ernst des
bestehenden Krankheitsbildes gegenüber den Bedenken gegen eine immerhin nicht
ungefährliche Operation ausschlaggebend sein. Namentlich wenn es sich um bereits
entwickeltes septisches Resorptionsfieber handelt, wird man den chirurgischen Ein-
griff als berechtigt anerkennen.
Ein 33 Jahre alter Arbeiter machte im Sommer 1895 eine Pleuropneumonie
durch, welche ihren Ausgang in Infiltration des linken Unterlappens mit gangrä-
nösem Zerfall des Lungengewebes nahm. Im November 1896 bot der Kranke,
welcher im Laufe der letzten 3 Monate eine Gewichtsabnahme von 25 Pfund er-
fahren hatte, das Bild hochgradigen Kräfteverfalls dar. Entsprechend der Aus-
dehnung des linken Unterlappens war der Perkussionston gedämpft; inmitten dieses
gedämpften Bezirks hatte der Perkussionsschall namentlich in der Axillar- und
Angularlinie deutlich tympanitischen Beiklang; mehrfach war auch das Geräusch
des gesprungenen Topfes wahrnehmbar. Unterhalb dieser tympanitischen Zone
war absolute Dämpfung vorhanden. Die untere Lungengrenze zeigte keine in-
spiratorische Verschiebung nach unten, dagegen fand eine inspiratorische Einziehung
der Rippen statt: somit konnte das Bestehen von Pleura-Adhäsionen angenommen
werden. Auskultatorisch ließ sich über dem tympanitisch gedämpften Bezirk lautes
bronchiales, manchmal amphorisches, von zahlreichen klingenden Rasselgeräuschen
begleitetes Athmen wahrnehmen. Der Auswurf war außerordentlich kopiös, manch-
mal bis über 350 ccm in 24 Stunden. Die expektorirten Massen hatten einen
fürchterlichen, ekelhaft stinkenden Geruch und schieden sich beim Stehen im
Glase deutlich in die bekannten drei Schichten ab. In der untersten Schicht
ließen sich mikroskopisch deutlich elastische Fasern und nekrotische Theile des
Lungenparenchyms erkennen.
Bei dem mitgetheilten Lungenbefund und dem charakteristischen Verhalten
des Auswurfs konnte es keinem Zweifel unterliegen, dass es sich um einen gangrä-
nösen Zerstörungsprocess im linken Unterlappen handelte, welcher bereits
su einer umfangreichen Kavernenbildung geführt hatte. Wegen anhalten-
den Resorptionsfiebers (Abends gegen 40° C., Morgens über 38° C.) und des be-
drohlichen Kräfteverfalls musste in der baldigen Ausführung der Pneumotomie
das einzige Mittel erblickt werden, hier günstigere Verhältnisse zu schaffen. Es
wurde bei der Operation am 15. November 1896 von vorn herein darauf Bedacht
genommen, die Kaverne in möglichst großer Ausdehnung freizulegen, um sie für
eine wirksame Nachbehandlung in ausgiebiger Weise zugänglich zu machen.
Es wurde desshalb ein großer Haut-Muskellappen mit oberer 20 cm breiter Basis
formirt, nach dessen Bildung im Grunde der Wunde in weiter Ausdehnung die
8., 9. und 10. Rippe zu Tage lagen. Dieselben wurden in der gewöhnlichen Weise
subperiostal in einer Länge von 12 cm reseeirt, und zwar eo, dass der Hauptantheil
der entfernten Rippenstücke zwischen der Axillar- und Skapularlinie lagen. Nach
Entfernung des Interkostalgewebes lag die Rippenpleura über dem tympanitisch
gedämpften Lungenbezirk in großem Umfang frei. Bei der Palpation bot das
unterliegende Lungengewebe eine feste derbe Konsistenz dar. Auch ergab die
vorsichtige Incision der Rippenpleura an mehreren Stellen, dass dieselbe durch
feste Adhäsionen weithin mit der Lungenpleura verwachsen war. Die Verhältnisse
lagen somit für den Fortgang der Operation außerordentlich günstig, so dass vor
Eröffnung der Lungenkaverne weitere Vorbereitungen nicht erforderlich waren. Die
Eröffnung wurde desshalb ungesäumt mit dem messerförmigen, bis zur Rothgluth
erhitzten Thermokauter vorgenommen. Das Instrument drang erst in einer Tiefe
von 4—5 cm, wie man an dem Gefühl geringeren Widerstandes merkte, in die
Kaverne vor. Durch Weiterführen des Thermokauters in kreisförmiger Richtung
wurde aus dem die Kaverne überdachenden Lungengewebe ein etwa 5markstück-
großes Stück herausgebrannt. Der so geschaffene Zugang zur Kaverne gestattete
die Einführung zweier Finger. Die Höhle enthielt neben dünnflüssiger, schmutziger,
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1185
mit nekrotischen Bröckeln untermischter Jauche einen großen, allseitig gelösten,
also frei in ihr liegenden Gewebssequester; dieser wurde während eines Husten-
stoßes leicht extrahirt; er hatte eine Länge von 61/3 cm, eine Dicke von 4 cm und
erwies sich durch seine noch erkennbaren Bronchialversweigungen ohne Weiteres
als mortifieirtes Lungengewebe. Die Kaverne hatte die Größe einer Männerfaust.
Ihre Innenfläche war mit graugrünen fetzigen Massen und schmutzigen, abge-
storbenen Gewebsresten bedeckt, ließ daher nur geringe Einzelheiten erkennen.
Am oberen Pol der Kaverne zeigte sich die Einmündungsstelle eines fast bleistift-
dicken Bronchialastes, dessen Berührung mit der Sonde sofortigen heftigen Husten-
reiz auslöste,
Die große Lungenkaverne wurde nach Austrocknung ihrer Innenfläche mit
Gazebäuschehen mit Jodoformpulver bepudert und mit langen Streifen einer
10%igen Jodoformgaze austamponirt; über das Ganze wurde ein großer Occlusiv-
verband gelegt. Während der Operation, welche reichlich eine Stunde dauerte,
entleerte sich etwas schmutzige, zum Theil blutige, sehr übelriechende Flüssigkeit
aus Mund und Nase.
Am 4. Tage nach der Operation wurde bei Besichtigung der Kaverne mit dem
Reflektor an deren medialer Wand, also nach der Wirbelsäule zu, eine etwa 3 cm
lange, senkrecht stehende schlitzartige Öffnung entdeckt, durch welche die Sonde
in einen zweiten Hohlraum gelangte. Aus diesem wurde mit Hilfe einer langen
Kornzange gleichfalls ein ansehnlicher Lungensequester extrahirt. Diese benach-
barte Kaverne war etwas kleiner als die zuerst eröffnete, zeigte sonst bezüglich
ihrer Wandung und ihres Inhalts dieselben Verhältnisse wie jene. Es handelte
sich somit um zwei große, durch gangränöse Zerstörung des Lungen-
gewebes entstandene Kavernen des linken Unterlappens, welche
einander tangential berührten und durch eine gemeinsame Öffnung
mit einander in Verbindung standen. Bei künstlicher Beleuchtung ließ sich
feststellen, dass die Ränder der Verbindungsöffnung respiratorische Bewegungen
ausführten, ähnlich den Oseillationen der Stimmbänder.
Durch den gemeinsamen Schlitz hindurch wurde auch diese zweite Kaverne
gut mit Jodoformgazestreifen austamponirt. Ein Verbandwechsel war im Anfang
täglich erforderlich, da die Sekretion eine außerordentlich profuse war. Der Aus-
wurf ließ jedoch sofort nach der Operation gänzlich nach. Das Anfangs
noch fötide und dünnflüssige Höhlensekret wurde nach wenigen Tagen eitrig. Dem
entsprechend veränderte sich auch die Beschaffenheit der Kavernenwandung in
so fern, als dieselbe sich mit gesunden, frischen Granulationen auskleidete. In
diesem Stadium der Nachbehandlung wurde der Pat. wiederholt den Fachgenossen
am Orte und in der Nachbarschaft demonstrirt. Die vor der Operation bestehende
Temperatursteigerung ließ schon am Tage nach derselben nach, um dauernder
Fieberlosigkeit Platz zu machen. Die Verkleinerung der Kavernen ging auffallend
rasch vor sich, so dass dieselben sich nach etwa 5 Wochen völlig ausgefüllt hatten.
Nach reichlich 6 Wochen war die ganze Wunde gänzlich geheilt und durch eine
solide eingezogene Narbe ohne Fistel geschlossen.
Der Erfolg der Operation war ein andauernd guter: bei öfters, in längeren
Zwischenräumen vorgenommenen Untersuchungen des Mannes hörte man in der
Gegend des linken Unterlappens etwas abgeschwächtes, unbestimmtes Athmen,
keine Rasselgeräusche etc. Husten war nur Morgens in geringem Grade vor-
handen. Die Gewichtszunahme während der Krankenhausbehandlung betrug über
30 Pfund. Eine Deformität des Thorax hat sich nicht eingestellt; die Rippen
hatten sich vielmehr 6 Monate nach der Operation regenerirt.
Es kann wohl nicht zweifelhaft sein, dass in dem vorgetragenen Falle eine
Heilung ohne operativen Eingriff ausgeschlossen gewesen wäre: die extrahirten
Lungensequester konnten wegen ihrer Größe nicht expektorirt werden; auf eine
Einschmelzung und Resorption derselben war natürlich eben so wenig zu rechnen.
Der günstige und schnelle Verlauf ist hier vor Allem der ausgiebigen Resektion
dreier Rippen in einer Länge von je 12 cm zuzuschreiben. Nur so wurde eine
Adaption der Höhlenwandungen und narbige Retraktion des Lungengewebes nach
1186 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
Mobilisirung der starren Thoraxwandung möglich. Daneben wurde durch eine
breite Eröffnung der Kavernen ein freier Einblick in dieselben und eine exakte
örtliche Nachbehandlung durch konsequente Tamponade möglich gemacht. Beide
Momente, die ausgiebige Resektion der Rippen und die breite Eröffnung der
Kavernen erscheinen somit als die wesentlichsten Hilfsmittel bei der operativen
Behandlung ausgebreiteter Lungengangrän.
Von einer Verbesserung der Diagnostik, genaueren Präcisirung der Indikationen
und Vervollkommnung der Technik können für die Lungenchirurgie weitere Er-
folge erhofft werden. (Selbstbericht.)
Thiel (Köln): Die Behandlung alter Empyeme.
Die Heilung der Empyeme ist bei freiem Eiterabfiuss und abgesehen von der
primären, das Empyem veranlasst habenden Erkrankung, hauptsächlich von me-
chanischen Momenten abhängig. Es ist dies die Elasticität des Thorax, die
Ausdehnungsfähigkeit der Lunge, die Mithilfe des Zwerohfells und des Media-
stinums durch ihr Heraufsteigen resp. Herüberrücken zur Empyemhöhle.
Diese Hilfskräfte reichen jedoch oft nicht aus; man hat versucht, in diesen
Fällen die Schließung der Empyemhöhle su begünstigen durch Mobilisiren der
Thoraxwand oder aber durch Entfernung des durch die Operation gesetzten Pneumo-
thorax. In letzter Hinsicht sind hauptsächlich die Ventilverbände nach Schede
Mikulicz, Thiersch zu erwähnen; ferner von Aspirationsvorrichtungen die
Bülau’sche Heberdrainage und neuerdings die Perthes’sche Aspirationsvorrich-
tung. Die Versuche mit dem Perthes’schen Apparat (3 Fälle) waren nicht von
dem gewünschten Erfolg begleitet. Als Nachtheile traten besonders hervor der
ungeheuere Säfteverlust des Körpers bei den heruntergekommenen Pat., ferner in
einem Falle die starke Schmershaftigkeit durch den permanent saugenden Zug an
der Lunge. Die Versuche sollen fortgesetzt werden.
Zur Mobilisirung der I'horaxwand ist hauptsächlich zu erwähnen:
1) Die Esthlander’sche Operation.
2) Die Thorakoplastik nach Schede.
3) Die Radikaloperation nach Bardenheuer.
Auf der chirurgischen Abtheilung des Kölner Bürgerhospitals wurden in den
letzten 18 Jahren 125 Fälle nicht tuberkulöser Empyeme operirt, und swar mit
einer Heilung mit Fistel von nur 3,2 resp. 2,4%. Den Grund für dieses sehr
günstige Resultat findet man:
1) In der principiell durchgeführten, möglichst frühzeitigen Operation.
2) In der Nachbehandlung mit Tamponade ohne Spülung und mit elastischer
Kompression des Thorax.
3) In der Operationsmethode, wie sie Bardenheuer seit Anfang der 80er
Jahre ausführt.
Der Schnitt ist nicht typisch. Man informirt sich durch Einführen einer
Uterussonde oder einer großen Kornzange zunächst über die Größe der Höhle
so wie über die Richtung ihrer größten Ausdehnung. Über die Mitte derselben
wird sodann ein langer Schnitt geführt. Sollte derselbe nicht ausreichen, so werden
auf diesen Schnitt später noch Querschnitte gesetzt. Es werden nun sämmtliche
Weichtheile von dem knöchernen Thorax abgelöst und hierauf die Rippen in der
ganzen Ausdehnung, so weit sie die Höhle begrenzen, resecirt. Hierauf werden
in der Weise, wie Schede dieses veröffentlicht hat, Periost, Interkostalmuskulatur
und die Pleuraschwarten abgetragen. Sind die Schwarten auf der Lunge besonders
dick, so werden dieselben mit entfernt. Fällt, wie dieses häufig der Fall ist, die
Scapula mit in die Begrenzung der Höhle, so wird auch eine Resektion der Sca-
pula nothwendig. In ca. 13% der Fälle wurde, je nach den Verhältnissen, ein
größerer oder geringerer Theil der Scapula, erforderlicherweise die Scapula bis
zum Collum, fortgenommen. Hierauf lassen sich die Weichtheilpartien in die
flache Mulde leicht einlegen und werden durch einen etwas komprimirenden Ver-
band in dieser Lage gehalten und verwachsen so. Auf diese Resektion der Sca-
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1187
pula so wie auf die Entfernung der Interkostalmuskulatur, des Periosts und der
verdickten Pleuraschwarten legt Bardenheuer ein besonderes Gewicht, da sonst
trotz ausgedehnter Rippenresektion eine fistellose Ausheilung ausbleiben kann.
(Selbstbericht.)
Kleinere Mittheilungen.
20) Bandisch (Lasdehnen). Ein Fall von Wundstarrkrampf aus sel-
tener Ursache.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 31.)
Es handelte sich um einen Gärtner, welcher an cariösen Zähnen litt und die
Gewohnheit hatte, sich mittels eines Holzsplitters Speisereste aus den hohlen
Zähnen zu entfernen. Bei auftretenden Zabnschmersen pflegte er so lange mit
seinem Splitter im sohmerzenden Zahn herum zu bohren, bis Blut floss, worauf
der Schmerz nachgelassen haben soll. Eine Woche nach einer derartigen Mani-
pulation erkrankte der Mann unter den typischen Erscheinungen des Tetanus.
Pat. hielt es für wahrscheinlich, dass dem Splitter Theile von Gartenerde ange-
haftet haben könnten.
B. extrahirte den kranken Zahn in Chloroformnarkose; schon in den nächsten
Tagen ließen die stürmischen Krankheitserscheinungen nach, und nach 3 Wochen
trat vollständige Heilung ein. Gold (Bielitz).
21) P. Alissow und M. Skwozzow. Zur Bakteriologie und patho-
logischen Anatomie der Aktinomykose beim Menschen.
(Med. Obosrenje 1898. Oktober. [Russisch.])
Im 1. Falle Aktinomykose der Unterleibsorgane und Pleura, wobl vom Darm
ausgehend, im 2. der Weichtheile der Brust. Interessant ist der bakteriologische
Befund: mit dem Aktinomycespilz zusammen findet sich überall ein schr feines
Stäbchen, das mit Anilinfarben schwer färbbar ist und sich leicht entfärbt. Dieses
Stäbeben ändert das Wachsthum des Aktinomycespilzes: letzterer allein gab nie
Fäden, sondern nur Stäbchen, meist mit Kolben am Ende; mit dem Stäbchen
zusammen hatte der Pilz immer die Form verschieden langer, verzweigter Fäden.
Beim Impfen von Kaninchen mit Mischkulturen oder mit Reinkultur von den
Stäbchen blieben alle 3 Thiere am Leben. — Die vielen interessanten Einzelheiten
des Verhaltens der Mikroorganismen bei verschiedener Kultur müssen im Original
nachgelesen werden. @üickel (B. Karabulak, Saratow).
22) Choux. Phlegmon lymphangitique profond de nature strepto-
coccique de la main et de l’avant-bras; tendance à l’envahissement
du bras; traitement par le sérum de Marmorek; guérison.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1898. Juni.)
23) Derselbe. Phlegmon diffus, streptococcique, du membre supé-
rieur droit; haut degré de septicömie immédiate; emploi intensif du
sérum antistreptococcique sans rösultat appréciable; mort.
(Ibid. August.)
In den oben angeführten Titeln sind alle wesentlichen Daten enthalten, welche
die von demselben Beobachter mitgetheilten beiden Fälle auszeichnen. Dieselben
sind einander unmittelbar entgegengesetzt, indem sowohl allgemeine als örtliche
Erscheinungen der septischen Phlegmone durch die Verabfolgung größerer Dosen
des im Institut Pasteur, also einwandsfrei, hergestellten Antistreptokokkenserums
imal aufs günstigste, Imal dagegen gar nicht beeinflusst wurden. In dem günstig
verlaufenen Falle trat erst nach Einspritzung von 20 cem am Morgen und von
10 ccm am Abend eine geringe Verminderung der Maximaltemperatur des Tages
ein, während erst nach abermaliger Einspritzung von 20 eem am 2. Tage, 48 Stunden
1188 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
nach der ersten Einspritzung, Stillstand und nach abermaligen Einspritsungen von
je 10 com am 3. und 4. Tage nachher rasche Rückbildung der Phlegmone eintrat.
Im 2. Falle dagegen blieben wiederholte Einspritzungen von je 20 com, im
Ganzen Amal, also zusammen 80 ccm, an 2 hinter einander folgenden Tagen ganz
unwirksam.
Ob im 1. Falle doch vielleicht nur ein zufälliges Zusammentreffen von Ein-
spritzung und Rückgang des Vorgangs vorliegt, bleibe dahingestellt. Dennoch er-
innert man sich unwillkürlich daran, wie oft man Phlegmonen ohne Änderung der
Behandlung ganz plötzlich und anscheinend völlig unmotivirt ein günstigeres An-
sehen gewinnen sieht. Lühe (Königsberg i/Pr.).
24) Strubell. Über eine seltene Komplikation bei Masern (und
Scharlach). Periostitis orbitae. (Aus der med. Universitätsklinik
zu Jena.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 42.)
Bei einem 16jährigen Jungen traten im Abschuppungsstadium der Masern
nach längst erfolgter Entfieberung plötzlich neues, allmählich bis auf 40° steigen-
des Fieber und Schmerzen im rechten Auge auf, dessen Lider und Conjunctiva
stark blauroth anschwollen; das sehr schmerzhafte Auge war vorgetrieben, der
Augenhintergrund jedoch normal, eben so das Sehvermögen. Die Erscheinungen
— Schmerzen, Exophthalmus, Chemosis, Fieber — gingen erst nach mehreren
Tagen surück; nun erst ließ sich am unteren äußeren Rande der Augenhöhle
Schwellung und Druckempfindlichkeit nachweisen, und wurde die Diagnose einer
Periostitis, mit der die einer Thrombose des Sinus oavernosus, bezw. der Orbital-
venen oder die einer retrobulbären Phlegmone in Frage kam, sicher. Heilung,
Ein ähnlicher Process wurde auf der Jenenser Augenpoliklinik nach Ablauf
von Scharlach 1mal beobachtet. Kramer (Glogau).
25) A. Michelis. Hiebwunde des Schädels, theilweiser Prolaps des
3 Gehirns. Folgen der Verletzung.
(Medycyna 1898. No. 27.)
Ein 5ljähriger, rüstiger, bisher stets gesunder Mann erhielt 12 Stunden vor
seiner Aufnahme ins Spital einen wuchtigen Axthieb über den Schädel. Die
Untersuchung ergab eine 13 em lange, senkrechte, stellenweise bis 3 cm breite, vom
rechten Stirnhöcker beginnende und im oberen Augenlid endigende Hiebwunde.
Der Knochen und die Meningen in derselben Ausdehnung gespalten, Hirn vor-
gefallen und zahlreiche Knochensplitter in dasselbe eingespießt. Die Hornhaut
ebenfalls gespalten. Keine Störung der Sensibilität und Motilität. Nach Ent-
fernung der Knochensplitter und Reinigung der Wunde erfolgte glatte Heilung,
allerdings mit Verlust des rechten Auges.
3 Monate nach der Entlassung aus dem Spital und 4 Monate nach der Ver-
letzung wurde Pat. neuerdings vom Verf. untersucht und hierbei folgender Befund
konstatirt: Pat. ist hochgradig abgemagert und seit einigen Wochen bettlägerig;
er kann weder Hände noch Füße bewegen. Die Extremitäten in allen Gelenken
mäßig flektirt, alle Muskeln, selbst jene des Rumpfes, atrophisch, fibrilläre
Zuckungen, keine Entartungsreaktion, Sensibilität erhalten, stellenweise sogar ge-
steigert. Kniephänomen erhalten. Die Epiphysen der Knochen mäßig verdickt.
Während des neuerlichen Aufenthalts des Kranken im Spital brach die alte Narbe
unter mäßigen Fiebererscheinungen auf, und es entleerten sich einige kleine
Knochensplitter mit Eiter, worauf sie sich wieder schloss und die Temperatur zur
Norm fiel. Unter zunehmendem Marasmus und allmählicher Abnahme der geistigen
Fähigkeiten erfolgte der Tod fast 1 Jahr nach dem Unfall. Sektion wurde nicht
gemacht.
Verf. bringt den ganzen Symptomenkomplex mit der Hirnverletzung wohl mit
vollstem Recht in Zusammenhang, bleibt aber leider eine genaue epikritische Be-
gründung seiner Ansicht schuldig. Trzebicky (Krakau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1189
26) Hitzig. Ein Beitrag zur Hirnchirurgie.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 3 u. 4.)
1) Bei einem Potator begann die Erkrankung mit einem apoplektischen Insult;
es blieb Parese des linken Armes mit zahlreichen Krampfanfällen in demselben,
meist beginnend im Daumen. Bei der Trepanation fand sich eine subcorticale
Cyste. Tod 15 Stunden nach der Operation im Shock.
2) Ein 17jähriges Mädchen erkrankte mit Krämpfen im linken Facialis und
linken Arm; allgemeine Krämpfe folgten diesen lokalen, traten aber auch ohne
Vorangehen der letzteren auf. Bei der Trepanation, welche bei der enormen
Häufigkeit der Anfälle als ultimum refugium indieirt war, fand sich keine palpable
Erkrankung des Gehirns. Unter weiteren Anfällen erfolgte der Tod an Erschöpfung.
Auch die Sektion ergab keine genügende Aufklärung der klinischen Erscheinungen;
es fand sich nur an kleiner Stelle Verwachsung der Pia mit der Hirnrinde.
. An diese beiden Fälle werden werthvolle Erörterungen über Bedeutung und
diagnostische Verwerthung der Rindenkrämpfe geknüpft. Haeckel (Stettin).
27) Schloffer. Ein Fall von traumatischer Apoplexie ohne nachweis-
bare Schädelverletzung.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 16.)
Bericht über einen im Jahre 1894 von Wölfler in Gras beobachteten Fall
von Schädeltrauma bei einem 26jährigen Pat., ohne Verletzung des knöchernen
Schädeldaches, bei welchem in der Annahme eines rechtsseitigen Hämatoms der
Dura mater (2 Stunden nach dem Unfall Hemiplegie) trepanirt wurde, ohne dass
es gelang, das angenommene Hämatom aufzufinden.
Außerordentlich langsamer und unvollkommener Rückgang der Erscheinungen,
die noch im Jahre 1897 (Prof. Müller) in nicht unwesentlichem Grade vorhanden
waren, lassen S. zu dem Schluss kommen, der durch kritische Sichtung und Be-
nutzung des einschlägigen in der Litteratur bekannten Materials gestützt wird,
dass es sich in dem vorliegenden Falle um eine Blutung kleineren Umfangs inner-
halb der Hirnmasse gehandelt habe. Hübener (Breslau).
28) Adenot (Lyon) et Carrier (Lyon). Trepanation dans un cas d’&pi-
lepsie corticale reconnaissant pour cause un gliome de la region
rolandique supérieure.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 3.)
Bei dem 11 Jahre alten Töchterchen eines notorischen Absynthtrinkers und
einer excentrischen Mutter bestanden seit dem 1. Lebensjahre Konvulsionen, die
Anfangs in mehrmonatlichen Intervallen, vom 9. Jahre an auch mit Bewusstseins-
störungen immer häufiger, zuletzt bis 12mal in der Woche vorkamen. Die Kon-
traktionen begannen in der Regel im rechten Arm oder Bein und schritten von
da auf den ganzen Körper fort; der rechte Arm war im Umfang und in der Kraft
seiner Beuger, das Bein auch in der Längenentwicklung, im Umfang und eben-
falls in der motorischen Kraft der Beuger zurückgeblieben. Es gelang den Autoren
nach sorgfältiger Beobachtung, eine genaue Herddiagnose zu stellen, welche die
Trepanation bestätigte. Es fand sich ein Gliom im Lobus paracentralis, aber es
hatte eine solche Ausdehnung in die Tiefe, dass eine vollständige Entfernung un-
möglich war. P. Stolper (Breslau).
29) MoeCosh (New York). The surgical treatment of epilepsy, with
a report of fourteen cases.
(Med. and surg. report of the presbyterian Hospital of the city of New York 1898.
Januar.)
Aus der großen Zahl von Epileptikern, welche Zwecks Operation in das
Krankenhaus gesendet wurden, hat C. die verhältnismäßig sehr kleine Anzahl von
14 Kranken herausgesucht, bei denen die Aussichten auf Erfolg nach mehrwöchent-
licher Beobachtung vergleichsweise günstig zu sein schienen. Die Operationen
1190 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
wurden im Hospital, und zwar in dem Zeitraum von Juni 1891 bis Februar 1897
ausgeführt, und ist mindestens 1 Jahr seitdem vergangen, so dass der schließliche
Enderfolg bereits übersehen werden kann. Dieser kann als günstig nicht be-
zeichnet werden, indem geheilt wurden 3, gebessert 5, nicht gebessert 4, unbe-
kannter Ausgang 2, gestorben 0. Ganz unbefriedigend war das Ergebnis bei den
3 Kranken mit nicht traumatischer Epilepsie, indem nur 1, und zwar in sehr ge-
ringem Grade gebessert wurde; auch waren bei dieser Kranken die Erscheinungen,
welche auf einen Entzündungsvorgang an einer bestimmten Stelle des Gehirns und
seiner Häute hindeuten, nicht gerade sehr ausgesprochen. Unter den beiden an-
deren Fällen, welche unbeeinflusst blieben, war 1 von typischer chronischer Epi-
lepsie, während in dem letzten Falle 5Jahre vor der Operation eine ausgesprochene
Entzündung der Hirnhäute voraufgegangen war.
Weit besser sind die Erfolge bei den traumatischen Epilepsien, indem von den
11 Operirten doch immerhin 3 geheilt wurden, d. h. also 27,2%. In jedem dieser
3 Fälle wurde die Ursache der Rindenreizung aufgefunden. Letzteres war bei 4
von den 5 = 45,5% gebesserten Kranken gleichfalls der Fall, während bei 2 von
den 4 = 36,3% nicht gebesserten der Herd nicht gefunden wurde. Eine genauere
Betrachtung der traumatischen Fälle ergiebt, dass bei 5 Kranken vor der Opera-
tion eine ganz bestimmte Depression des Schädels festgestellt wurde, deren Vor-
handensein zugleich mit Veränderungen an den Hirnhäuten die Operation bestä-
tigte. Diese Reihe ergab die besten Erfolge, indem 2 dieser 5 Kranken = 40%
geheilt und 2 gebessert wurden.
Bei 4 anderen Kranken war zwar ebenfalls vor und während der Operation
eine leichte Depression vorhanden, und fand sich auch derselben entsprechend eine
leichte Verdickung der Dura; allein die Veränderungen waren doch nicht aus-
geprägt genug, um große Hoffnung auf Erfolg der Operation gewähren zu können.
Dem entsprechen denn auch die Resultate, indem gar keine Heilung und nur
2 = 50% Besserungen erzielt wurden, welchen ja in der vorigen Gruppe 80%
günstige Beeinflussungen gegenüberstehen.
Endlich wurde bei einem Kranken äußerlich nur eine Hautnarbe, aber keine
Schädeldepression, an der Hirnoberfläche jedoch erhebliche Veränderungen in der
Blutvertheilung festgestellt. Außerdem fand sich neben einer eingedrückten Narbe,
herrührend von einer früheren Operation, eine große Masse von Bindegewebe,
welche auf die Hirnrinde drückte und wohl mindestens zum Theil durch ein liegen
gebliebenes Stück Gummi veranlasst war.
Was die Technik angeht, so wurde mit dem Trepan operirt und, wenn nöthig,
von dem entstandenen Knochendefekt aus erweitert. Nur in einem Falle wurde
der Knochen wieder zurückgelagert und heilte vollkommen ein (Fall IX); im Übrigen
Besserung. In mehreren Fällen wurden Stücke von Gummigewebe zwischen Hirn-
masse und Verbandgaze, mehrmals auch eine dünne Celluloidplatte über den
Knochendefekt gelegt, Imal eine Platinfolie (Fall XIII). imal wurde ein dünner
Trokar in den Seitenventrikel eingestoßen, wobei die Kanüle liegen blieb, und
wurde auf diese Art eine Drainage des Ventrikels hergestellt.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
30) J. Donath. Der Werth der Resektion des Halssympathicus bei
genuiner Epilepsie, nebst einigen Beobachtungen und Versuchen über
Sympathicuslähmung.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 16.)
D. ließ in 3 Fällen von genuiner Epilepsie und in einem Falle von Hirn-
geschwulat, welche genuine Epilepsie vortäuschte, auf der Navratil’schen Klinik
die Resektion des oberen Halsganglions und des zwischen diesem und dem mitt-
leren Ganglion gelegenen Stückes des Grenzstranges vornehmen. Die Operation
wurde in den 3 Epilepsiefällen doppelseitig, bei der Geschwulst nur einseitig aus-
geführt. (Letztere, die sur Sektion gelangte, erwies sich als Osteom.) Der Erfolg
war in Bezug auf die epileptischen Anfälle vollkommen wirkungslos. Zwar waren
unmittelbar nach der Operation deutlichste Erscheinungen von Gefäßlähmung vor-
Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1191
handen (lebhafte Röthe, Injektion der Conjunctiva, fühlbare Temperaturerhöhung
und stärkere Schweißabsonderung), doch schwanden dieselben bereits nach 4 Tagen.
Bei den beiderseitig Operirten fiel es auf, dass die leichte Ptosis, dessgleichen die
Verengerung der Pupille, welche gleichzeitig nicht selten eine leichte Unregel-
mäßigkeit des Kontours zeigte, auf beiden Seiten mitunter ungleich ausfielen.
Licht-, Accomodations- und Konvergenzbewegung der Pupille waren gut erhalten,
dessgleichen das Verhalten gegen Myotica und Mydriatica.
Hübener (Breslau).
31) F. Berndt. Über den Verschluss von Schädeldefekten durch Periost-
Knochenlappen von der Tibia.
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 620.)
B. hat 2mal eine 5markstückgroße Schädellücke durch einen der Tibia ent-
nommenen Periost-Knochenlappen mit Erfolg gedeckt, das 1. Mal 1892, ohne die
ältere gleichartige Operation von Seydel zu kennen. Beide Male wurde der
Tibialappen mit der Periostseite auf die Dura gelegt, die Kopfhaut darüber ge-
näht. B. sieht das Verfahren der Müller-König’schen Schädelplastik vor, da
es technisch einfacher und leichter, aber auch weniger blutig als diese ist. Noch
überlegener ist es der Fränkel’schen Heteroplastik mit Celluloidplatte. Auch
Czerny hat 2mal einen Tibiaknochenlappen, doch ohne Periost, zur Deckung be-
nutzt, die Mitnahme des letzteren scheint aber vortbeilhafter. Zur Ausschneidung
des Lappens brauchte B. den Meißel, empfiehlt aber für künftig die Gigli-Säge.
mit welcher Splitterungen sicher vermeidbar sind. Der Lappen wird praktischer
Weise etwas größer als die Lücke zu nehmen sein, um nachträglich mit der
Knochenschere dieser genau passend zurechtgestutzt zu werden. (Wie dick die
Knochenlappen genommen wurden, ist nicht mitgetheilt.)
Meinhardt Schmidt (Cuxhaven).
32) N. A. Sokolow. Die temporäre Resektion der äußeren Orbital-
wand bei Entfernung retrobulbärer Tumoren.
(Wratsch 1898. No. 33.)
8. beschreibt einen Fall der Krönlein’schen Operation. Die 48jährige Pat.
hatte seit 6 Jahren ein kavernöses Angiom in der linken Augenhöhle, das, fast
hühnereigroß, die untere und äußere Wand bedeckte. Seit 10 Monaten völlige
Blindheit des Auges. Ziemlich leichte Entfernung der in einer Kapsel liegenden
Geschwulst. Wider Erwarten fing Pat. an zu sehen, und 6 Wochen nach der
Operation war V = 1/19. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
33) v. Arx (Olten. Ein Fall von halbseitiger Verletzung des
Rückenmarks.
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1898. No. 13.)
Ein Messerstich links neben dem 7. Hals- bezw. 1. Brustwirbeldornfortsatz
hatte eine rechtsseitige Hemiläsion mit den bekannten Symptomen zur Folge. Der
Verlauf bestätigt die gute Prognose der meisten und auch so hochsitzenden Halb-
seitenläsionen durch Stich. P. Stolper (Breslau).
34) Rochet et Hugot (Lyon). Cure radicale du spina-bifida par ost&o-
plastie.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 5.)
R. hat 3 Fälle von Spina bifida erfolgreich durch osteoplastischen Verschluss
der Wirbellücke operirt. Er empfiehlt, den Sack nicht zu nahe an dem Wirbel-
kanal zu reseciren, sondern einen breiten Streifen jederseits stehen zu lassen und
deren freie Ränder dann mit aller Sorgfalt zu vernähen, um den so gefährlichen
Abfluss von Cerebrospinalflüssigkeit zu verhüten. Zur knöchernen Deckung be-
1192 Centralblatt für Chirurgie. No. 47.
nutzte er je einen von jeder Seite genommenen schmalen Periost-Knochenlappen,
den die knöchernen Vorsprünge liefern, an welchen sich die Sehnen der Rumpf-
streoker ansetzen. Obwohl in jedem Falle Heilung per primam erfolgte, haben
die Pat. doch immer gefiebert, ein Kind sogar stark delirirt. Der Verschluss der
Wirbelspalte war in allen 3 Fällen, von denen einer 5, ein anderer 2 Jahre in Be-
obachtung ist, ein vollständiger und offenbar knöcherner.
P. Stolper (Breslau).
35) Phocas (Lille. Du traitement du mal de Pott et en particulier
de la reduction brusque de la gibbosit& sous le chloroforme.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 3.)
P. berichtet über 16 zum Theil vor längerer Zeit, zum Theil erst jüngst be-
handelte Fälle von Spondylitis tuberculosa. Seine Indikationen für ein operatives
Vorgehen decken sich ungefähr mit denjenigen der deutschen Autoren, nur ist
man bei uns bezüglich der Dornfortsatzresektion anderer Meinung. P. empfiehlt
dieselbe bei vorhandenem Buckel ganz allgemein, sowohl um die Reduktion zu
erleichtern, als auch besonders um eine Narbe an der hinteren Rückgratfläche zu
erhalten, die fester wie eine Chipault’sche Ligatur um die Processus spinosi die
Wirbel zusammenspanne. Diese Narbe sei um so wirksamer, je weniger die Wunde
per primam heile. P. hält für die meisten Fälle auch das einfache Sayre’sche
Gipsjacket für genügend zur Fixirung, freilich setzt er als Bedingung voraus, dass
die Kinder im Bett bleiben.
Von seinen Behandlungsresultaten sei hervorgehoben, dass von 5 redressirten
Kindern bei 2 der Buckel dauernd wegblieb; bei 2 trat eine deutliche Besserung
bezüglich der Sensibilität ein. imal stellte sich der Buckel wieder ein, und zwar
war dies bei Weitem nicht der ausgebildetste von allen. In einem Falle, bei einem
2jährigen Kinde, fübrte Generalisation der Tuberkulose 3 Monate nach der Ope-
ration zum Tode! Bei allen übrigen war der Eingriff auf den Allgemeinsustand
von guter Wirkung. P. Stolper (Breslau).
Zur Original-Mittheilung des Herrn Dr. Breuer in
Köln: Eine neue Operation der Hypospadie der Eichel
nach Bardenheuer.
Von
Prof. ve Hacker.
In No.44 des Centralblattes für Chirurgie vom 5. November 1898 berichtet
Herr Dr. Breuer an erster Stelle über ein von Bardenheuer mit Erfolg aus-
geführtes Operationsverfahren bei der Hypospadie der Eichel. Ich erlaube mir mit
Bezug darauf festzustellen, dass genau dasselbe Operationsverfahren, fast
mit den gleichen Zeichnungen illustrirt, von mir nach seiner Erprobung
am Lebenden bereits in dem im August 1898 erschienenen 1. Heft des
XXII. Bandes von »Brun's Beiträge zur klinischen Chirurgie« p. 271
publicirt wurde.
Dieselbe Nummer des Centralblattes für Chirurgie, in welcher diese Operation
als »neue« veröffentlicht wurde, bringt übrigens bereits (unter No. 11) ein klares Re-
ferat meiner Mittheilung.
Zusatz der Redaktion: Es haben eben, wie das häufiger vorkommt, zwei
Chirurgen, unabhängig von einander, zur Heilung desselben Leidens fast gleichzeitig
ein und dasselbe neue Verfahren angewandt. Um das klar zu legen, wurden die
Original-Mittheilung und Referat in derselben Nummer publicirt. Richter.
nn,
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Frof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
E. von Borgmans, F, Dé E, Richter
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
Een
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 48. Sonnabend, den 3. December. 1898.
Inhalt: Wagner und Longard, Eine neue Äthermaske. (Original-Mittheilung.
1) Ribbert, Neubildung und Trauma. — 2) Tschirikow, Desinfekion. — 3) Troller,
Stichkanalinfektion. — 4) Monod und Vanverts, Appendicitis. — 2 Broca, Bruchsack-
tuberkulose. — 6) Bégoin, Darmbrand. — 7) Drobnik, 8) Selmi, 9) Talllens, Radikal-
operation von Brüchen. — 10) Graser, Darmverengung. — 11) Graser, Darmgeschwülste.
— 12) Maydi, Jejanostomie. — 13) Longuet, Mastdarmgeschwülste. — 14) Jeannel,
Scheidenafter. d
15) 70. Naturforscher- und Ärzteversammlung: Krukenberg, Resektion der Cardia, —
Geisthövel, Frank’s Darmknopf. — Dreesmann, Darmresektion. — Liermann, Mastdarm-
operationen. — Krabbel, Milzexstirpation. — Morian, Pankreasnekrose.
16) Brault, Peritonitis. — 17) Weber, Ectopia ventriculi. — 18) Wanach, Duodenal-
geschwür. — 19) Ssokolow, Kl Gally, 21) Wanitschek, 22) Libow, Darmenge. —
23) Török, Achsendrehung. — 24) Schtschegolew, Gastroenterustomie. — 25) Scholz,
Jejunostomie. — 26) Akerman, Darmimplantation. — 27) Pantaloni, 28) Pantaloni,
Darmtuberkulose. — 29) Mjassnikow, Dünndarm-Gebärmutterfistel. — 30) Berndt, Mast-
darmstriktur. — 31) Csesch, Mastdarmkrebs. — 32) Subbotld, Splenektomie. — 83) Houzel,
Exosplenopexie. — 34) Madelung, Leberresektion. — 36) Chrobak, Lebercysten.
Eine neue Äthermaske,
Von
Dr. Wagner und Dr. Longard in Aachen.
Die zahlreichen Arbeiten amerikanischer und englischer Kollegen
über die Äthernarkose, speciell über die Art der Verabreichung, welche
Anfangs des vorigen Jahrzehnts erschienen sind, sind in Deutsch-
land und überhaupt auf dem Kontinent für die Praxis so gut wie
unberücksichtigt geblieben. In Deutschland ist heute noch in der
Hauptsache die Juillard’sche und die Wanscher’sche Maske am
meisten im Gebrauch, obwohl von amerikanischer und englischer
Seite eine Reihe wesentlich besserer, meist allerdings etwas kompli-
eirter Masken konstruirt wurden. Allzuviel haben diese Masken
allerdings zwar auch nicht geleistet, so dass beispielsweise in England
heute die Narkosen vielfach mit Lachgas eingeleitet und dann mit
Äther fortgesetzt werden; es war eben mit den verbesserten Äther-
48
1194 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
masken nicht gelungen, das Ätherexcitationsstadium wesentlich zu
mildern noch auch die lange Zeit bis zum Eintritt der Toleranz er-
heblich zu kürzen.
Vor !/, Jahre nun bin ich der Frage der Ätherverabreichung
auf Veranlassung des Dr. Longard näher getreten, und ist es uns
in gegenseitiger Unterstützung gelungen, eine einfache, handliche und
sicher funktionirende Athermaske zu konstruiren, welche in ihrer
Wirkung uns selbst befriedigte und den Beifall der Kollegen finden
dürfte.
Nach über 170 in der Privatklinik der Kollegen Longard und
Beaucamp, so wie einigen im Hospital des Herrn Sanitätsrath
Krabbel vorgenommenen Betäubungen kann ich das Ergebnis kurz
folgendermaßen zusammenfassen:
Bei einem geringen Atherverbrauch gelingt es bei Frauen und
jugendlichen männlichen Personen ohne jedes Excitationsstadium in
2—3 Minuten, in nicht seltenen Fällen in (iz Minute, vollständige
Toleranz herbeizuführen. Nur bei solchen Pat., die gewaltsam den
Athem anhalten oder ganz ängstlich und oberflächlich athmen, dauert
es manchmal 4 Minuten. Bei Männern tritt vollständige Toleranz
in 4—6 Minuten ohne Excitation, manchmal unter kurzdauernder
Anspannung der Muskulatur ein; bei einer großen Anzahl von Pota-
toren hat es niemals länger als 6 Minuten zur Erreichung vollständiger
Toleranz gedauert; in der Regel tritt auch hier in 4 Minuten voll-
ständige Betäubung ein. Eine Excitation tritt auch hierbei häufig
nicht ein, es kommt zu einigen Abwehrbewegungen, und der Pat.
schläft; tritt in seltenen Fällen eine Excitation ein, so ist dieselbe
nicht im entferntesten so heftig wie eine mäßige Chloroformexcitation.
Ein einziges Mal gab Dr. Longard im Anfang unserer Versuche bei
einem Potator vorher eine Spritze Morphium; es wurde davon jedoch
Abstand genommen, da auch ohne Morphium bei Trinkern die Ex-
eitation fehlt oder mäßig ist.
Auffallend ist, wie schnell bei ruhig athmenden Pat. das Be-
wusstsein erlischt; es ist geradezu Regel, dass nach wenigen tiefen
Athemzügen das Bewusstsein geschwunden ist.
Die zur Erreichung der Toleranz nöthige Äthermenge ist gering;
sie beträgt bei Kindern etwa 5—10, bei Frauen 15—25, bei Männern
und Potatoren ca. 30—50 cem Äther; gegen die frühere Verabreichung
eine wesentliche Ersparnis: so betrug in den letzten Monaten die
Gesammtmenge des verbrauchten Äthers in der Klinik von Dr. Lon-
gard nur den dritten Theil gegen früher, obwohl früher die Narkosen
mit Chloroform eingeleitet wurden.
Diese schnelle und prompte Betäubung wird bedingt durch die
Konstruktion der Maske. Dieselbe besteht, wie aus nebenstehendem
Querschnitt ersichtlich, aus einem Metallmantel A, der durch einen
trichterförmigen Deckel B geschlossen und an der anderen Seite zur
bessern Adaptirung an die Gesichtsfläche mit einem Gummischlauch C
versehen ist.
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. - 1195
Der Trichterdeckel hat an seiner tiefsten Stelle einige Löcher,
welche durch ein Spiralfederventil o nach innen so geschlossen sind,
dass Luft einströmen, aber nicht aus dem Innern entweichen kann
(Einathmungsventil).
Ein Ausathmungsventil 5 liegt mehr gesichtswärts.
Zwischen beiden Ventilen befinden sich quergespannt 2 feinste
Metallsiebe c und d, das oberste abnehmbar, zwischen welche ein
wenig Gaze eingelegt wird. Trichterdeckel und Einathmungsventil
dienen in der Regel auch zur Zuführung des Äthers. Wird nun bei
horizontaler Rückenlage des Pat. Äther auf den Trichterdeckel auf-
gegossen, so läuft derselbg, da sich beim Einathmen das Ventil a
öffnet, in das Innere der Maske, fällt auf das Metallsieb d, die ein-
gelegte Gaze und bei der Leichtflüssigkeit des
Athers hauptsächlich auf das unterste Sieb o, des-
sen Drähte er benetzt und dessen Maschen er aus-
füllt; denselben Weg muss beim Einathmen die
atmosphärische Luft zurücklegen, um zu den
Athmungsorganen zu gelangen. Bei dieser Pas-
sage der Luft durch die mit einer Ätherschicht
überzogenen Metallsiebe tritt die Verdunstung
des Äthers ungemein schnell ein: der Äther ver-
fliegt geradezu mit dem durchströmenden Luft-
zug; er verfliegt so schnell, dass im Anfang der
Narkose nöthig ist, recht häufig kleine Quantitäten zuzugießen.
Da die Pat. nicht reine Ätherdämpfe, sondern mit reichlicher
Luft durch die Siebvorrichtungen feinst gemischtes Äthergas ein-
athmen, so fehlt das Erstickungsgefühl vollständig, und die reichliche
unbehinderte Luftzuführung ist neben der prompten Abführung der
Ausathmungsluft offenbar der Grund, dass das Excitationsstadium
fehlt oder in nur geringem Maß auftritt.
Wie zu erwarten, wurde eine ungünstige Beeinflussung des
Pulses durch den Äther nie beobachtet.
Es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich zum Schluss sage, die
Äthernarkose mit unserer Maske ist c. p. prompter und angenehmer
als die Chloroformnarkose; da sie ungefährlicher ist als die letztere,
so ist der Gebrauch der Maske empfehlenswerth.
Zu beziehen ist die Maske von einschlägigen Geschäften oder
von der orthopädischen Werkstätte Dr. Wagner, Aachen, zum Preise
von 25 M.
1) Ribbert. In wie weit können Neubildungen auf trau-
matische Einflüsse zurückgeführt werden?
(Ärztliche Sachverständigen-Zeitung 1898. No. 19 u. 20.)
In der umstrittenen Frage, in wie weit durch ein Trauma eine
Neubildung entstehen kann, steht Verf. auf dem Standpunkt, dass
ein absolut einwandsfreier Beweis für den kausalen Zusammenhang
A8
1196 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
noch nicht erbracht sei, dass aber die Möglichkeit eines solchen un-
bedingt zugegeben werden müsse und sich auch mit den theoreti-
schen Anschauungen über die Genese der Geschwulst vereinen
lasse. Überzeugender als die bisher gebrachten Statistiken sei die
genaue Beobachtung einzelner Fälle. Was die bisherigen Ansichten
über die Art des Zustandekommens der Zellwucherung betrifft, so
will Verf. von der »nothwendigen Disposition« der getroffenen Zellen
nichts wissen, erklärt die Hansemann’sche »primäre Entdifferenzirung«
der Zelle für sekundäre Rückbildungsvorgänge und weist auch die
Lehre der rein parasitären Entstehung der Geschwulst von sich.
Die Ansicht des Verf. ist folgende: Durch irgend einen traumatischen
Insult werden größere oder kleinere Zellkomplexe aus ihrem Ge-
webszusammenhang mehr oder weniger gelockert, dadurch gewisser-
maßen der physiologischen Proliferationskontrolle entzogen, und ohne
ihre Qualität verändert zu haben, kann nun die einzelne Zelle einen
dauernden Theilungsprocess beginnen. Bedingung ist natürlich, dass
die gelockerten oder gelösten Theile in genügender Ernährung bleiben.
Und in dieser frei gewordenen Wachsthumsenergie und in der da-
durch bewirkten Verdrängung der normalen Gewebszellen, welche
durch ihre Einfügung in das normale Gewebe in ihrer Proliferation
gebunden sind, besteht der Begriff der »Malignität«, nicht in der
Erwerbung specifischer zerstörender Eigenschaften. Die angestellten
Experimente haben positive Beweise bisher noch nicht erbracht. Als
Beweis für seine Theorie führt Verf. auch die zahlreichen, aus ver-
sprengten embryonalen Keimen entstehenden Neubildungen an. Eine
bloß partielle und allmähliche Loslösung z. B. des Epithels durch
entzündliche Wucherung des Bindegewebes beim Carcinom scheint
für das Entstehen einer Neubildung günstiger zu sein, als eine totale
Absprengung. In dieser entzündlichen Wucherung, als Vermittlerin
zwischen Trauma und Neubildung, lässt Verf. auch parasitäre Ein-
flüsse gelten, nicht als specifische Erreger der Neubildung, sondern
als Ursache der chronischen Entzündung und damit indirekt der all-
mählichen Zellab- und -Versprengung, aus welcher die Neubildung
dann entsteht. Verf. kommt zu dem Resultat, dass immerhin die
Entstehung einer Neubildung auf solche Art, mit Ausnahme der
bösartigen, nicht allzuhäufig sein dürfte. Er verlangt den Nachweis
einer einigermaßen deutlichen räumlichen Beziehung zwischen Trauma
und Neubildung, ehe letztere als traumatische angesehen werden kann.
Teubner (Hannover).
2) A. W. Tschirikow. Über Desinfektion der Hände des
Operateurs und seiner Gehilfen. (Vorläufige Mittheilung.)
(Wratsch 1898. No. 35. [Russisch.))
Die mechanische Reinigung der Hände, die Desinfektion mit
Formalin, Kalium hypermanganicum, Sublimat sind sehr ungenügend.
Vollständige Reinigung erhält man durch 3 Minuten lange mechani-
sche Bearbeitung mit weiterem 3 Minuten langem Abbürsten in
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1197
95%igem Alkohol. Die höchste Verdünnung, die noch gute Resultate
giebt, ist 50 iger Spiritus. Auch 92 %iger Methylalkohol reinigt gut.
Die von Mikulicz empfohlenen Zwirnhandschuhe sind unzweck-
mäßig, da sie sehr durchlässig für Flüssigkeiten sind.
6tiokel (B. Karabulak, Saratow).
3) J. Troller. Über Stichkanalinfektionen bei Hautnähten
und ihre Beziehungen zur Art des Nahtmaterials.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.)
T. kommt auf Grund zahlreicher, sehr sorgfältig ausgeführter
Untersuchungen zu dem Schluss, dass die Fäden bei der Hautnaht
in der Wunde sehr häufig, und zwar vor Allem die extraperkutan
gelegenen Halbschlingen inficirt werden. Die Infektion schien am
wahrscheinlichsten von der Haut, nur ausnahmsweise von der Wunde
auszugehen; dem entsprechend waren auch die Infektionserreger zum
großen Theil bekannte Hautbewohner, als vor Allem Staphylococcus
pyogenes albus, Mikrococcus tetragenus, dann auch Staphylococcus
pyogenes aureus und Streptococcus pyogenes. Die günstigsten Er-
folge werden bei gründlichster Desinfektion der Haut und Anwendung
von Pulververbänden erzielt; als Nahtmaterial bewährte sich am
meisten der an sich schon antiseptisch wirkende Aluminiumbronze-
draht, nächst ihm andere imbibitionsfähige Stoffe.
Honsell (Tübingen).
4) C. Monod et J. Vanverts. Du traitement des abcès
pelviens d'origine appendiculaire.
(Arch. gener. de med. 1898. Mai.)
Verff. lenken die Aufmerksamkeit auf die Mitbetheiligung der
Beckenhöhle bei der Appendicitis, d. h. entfernter liegenden Eiterungen
(abcès à distance). In letzterem Falle handle es sich meist um
intra-, sehr selten um extraperitoneal gelegene Eiterherde. Um an
die in Folge Appendicitis entstandenen Eiterherde zu gelangen,
giebt es 3 Wege: den abdominellen, den rectalen und den vaginalen
resp. ischio-rectalen. Wölbt sich der Abscess nach dem Mastdarm
vor, so kann man die Eröffnung desselben unter Leitung der Finger
versuchen; rathsam ist dieser Weg jedoch nicht, da die Operation
nur ein Eingriff im Dunkeln, eine Drainage nicht ausführbar, und
überdies eine Infektion der Wundhöhle vom Mastdarm aus zu be-
fürchten ist. Für diese Fälle schlagen Verff. die vaginale resp.
ischio-rectale Gegenöffnung vor. Die vaginale Eröffnung bietet den
Vortheil der Bloßlegung des Eiterherdes an seiner tiefsten Stelle,
ohne dass man dabei Gefahr läuft, das Bauchfell zu verletzen; außer-
dem gestattet sie ausgiebige Drainage. Als Incisionsstelle empfehlen
Verff. die hintere seitliche Vaginalwand. — Der Arbeit sind fünf
Krankengeschichten beigegeben, in denen die vaginale Eröffnung
mit glücklichem Ausgang vorgenommen wurde. Longard (Aachen).
1198 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
5) Broca. Tuberculose du canal peritoneo-vaginal chez
Tenfant.
(Durante’s Festschrift.)
Tuberkulose des Bruchsacks wurde bei Kindern 15mal unter
1000 operirten Fällen gesehen, 13mal darunter bei Knaben. Dabei
muss beachtet werden, dass gerade komplicirte Bruchfälle zur Operation
Veranlassung gaben. 5mal bestand erbliche Anlage.
Alter, Repositionsfähigkeit und Bruchband spielen keine Rolle
in der Genese der Tuberkulose. Die Tuberkulose des Bruchsacks
ist mit Tuberkulose des Hodens, Nebenhodens oder Bauchfells kom-
binirt. Der Bruchsack ist verdickt und kann mit miliaren Knötchen
allein oder gleichzeitig mit zottigen Auswüchsen bedeckt sein. Ein-
mal bestanden eine Hydrocele und eine Cyste im Samenstrang neben
der Tuberkulose. Ein geringer Erguss ist meist vorhanden. Die
Tuberkulose wurde histologisch und experimentell sicher gestellt.
Bacillen fanden sich nur in einem Schnitt.
Symptome können gänzlich fehlen. Wenn nach Zurückdrängen
der Flüssigkeit der Sack an der Hodenwurzel sich verdickt anfühlt,
und Zeichen einer Hoden- oder Bauchfelltuberkulose sich auffinden
lassen, so lässt sich die Diagnose stellen. Meist imponirt die längliche,
weiche Geschwulst als Epiplocele. Der operative Eingriff ist von
der Ausdehnung der Erkrankung abhängig; bei Hodentuberkulose
wird die Kastration gemacht. Bei Bauchfelltuberkulose wird der
Ascites entleert. Von 10 Kranken, die vor 1 bis 5 Jahren operirt
wurden, sind jetzt 9 gesund und von ihrer Hernie sowohl wie der
Bauchfelltuberkulose befreit. Ein Kind starb 10 Monate nach der
Operation an Meningitis. 2 Kinder erlagen im Anschluss an den
Eingriff einer Miliartuberkulose. Dreyer (Köln).
6) G. Bögoin. I/intestin de couleur verte est-il gangréné?
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. Januar.)
B. fand bei Gelegenheit einer Herniotomie die seit 8 Tagen
eingeklemmte Darmschlinge grün verfärbt (belle couleur vert bronce
florentin). Der Darm wurde nicht reponirt, und die 72jährige Pat.
starb 4 Stunden später. Bei der Autopsie füllte B. die abgebundene
Darmschlinge mit Wasser unter hohem Druck und beobachtete,
dass nicht die verfärbte, sondern ein Theil der gesunden Darm-
wand platzte. Trotzdem er nicht zweifelte, dass die bronzegrüne
Partie abgestorben war, stellte er Versuche an, um die grüne Farbe
zu erzeugen (durch Eintauchen des todten Darms in Galle) und um
nachzuweisen, ob ein so gefärbter Darm immer abgestorben sein
müsse. Aus B.'s Schlussfolgerungen sei hervorgehoben:
1) Die hellgrüne Farbe kann vorkommen ohne Alteration der
Darmwand.
2) Das Gelbgrün, Dunkelgrün, Flaschengrün, Schwarzgrün sind
Farben von schlimmer Bedeutung; indessen zeigen sie nicht noth-
wendig eine ernste Schädigung der Darmwand an.
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1199
(Der Praktiker wird gut thun, wenn er jede grün gefärbte
Schlinge für nekrotisch ansieht, sich aber nicht nur nach der Farbe,
sondern nach allen übrigen bekannten Zeichen der Vitalität richtet.
Ref.) W. Sachs (Mülhausen i/E.).
7) T. Drobnik. Über Radikaloperation der Inguinalhernien
bei Kindern.
(Nowiny lekarskie 1898. No. 2.)
Verf. ist ein warmer Fürsprecher der Radikaloperation von
Brüchen bei Kindern, namentlich wenn die Pelottenbehandlung aus
irgend einem Grunde undurchführbar ist oder versagt. Er verfügt
über eine stattliche Zahl mit günstigem Erfolg operirter Fälle.
In sehr anziehender Weise erzählt er, wie er im Laufe der Jahre
die verschiedenen Operationsmethoden gewechselt bezw. modificirt
hat, bis er zu der jetzt geübten gelangt ist. Er empfiehlt die Opera-
tion nach Czerny und verwendet zur Naht des Leistenkanals aus-
schließlich Silber. Der Bruchsack wird nicht exstirpirt, sondern am
Halse unterbunden, durchschnitten und der centrale Stumpf in die
Bauchhöhle versenkt, während der Rest an Ort und Stelle bleibt.
Trzebicky (Krakau).
8) M. Selmi. A proposito di un nuovo processo di cura
radicale d’ernia inguinale senza fili perduti.
(Clinica chirurgica 1897. No. 12.)
S. hat, angeregt durch Ihle’s Bauchdeckennaht (vgl. Ref. in
No. 49 vom Jahre 1896 d. Bl), die Möglichkeit einer ähnlichen
Vereinigung der Wunde bei der Bassini’schen Radikaloperation des
Leistenbruchs ohne versenkte Nähte erforscht. Ihle’s Naht
besteht bekanntlich in 8-Schlingen, welche alle Schichten der Bauch-
wand zusammenfassen. S. näht mit doppelt armirtem Faden; die
eine Nadel wird von außen durch die Fascien-Muskelschicht geführt,
nimmt dann Fasern des Poupart'schen Bandes auf, kreuzt die Wund-
spalte nochmals in entgegengesetzter Richtung, dringt zwischen
Aponeurose und Fett in den Wundrand ein und erscheint 1 cm weit
vom Schnitt in der Haut; die andere Nadel hat natürlich bloß den
letzten Theil dieses Weges: Fascie und Haut, zurückzulegen. Es
werden 4—6 solcher Knopfnähte angelegt, der Samenstrang durch
mäßigen Zug am Hoden gespannt, und nun nach abwärts zu die
Fäden geknotet. Einige Hautnähte adaptiren die Wundränder. Die
tiefen Nähte können 10—12 Tage bleiben.
Die wichtigsten Fragen für alle diese Operationen — ob der
Samenstrang nicht das Resultat beeinträchtigt und ob er nicht selbst,
bezw. der Hoden geschädigt wird — erscheinen glücklich gelöst.
Der Samenstrang liegt über den Muskelplatten und unter der Apo-
neurose des Obliquus, kann also keine Ursache für ein Recidiv bilden.
1200 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
Andererseits ist weder die Richtung des Samenstrangs derart
geändert, noch lagert er zwischen solchen Schichten, welche seine
Elemente schädigen könnten, noch auch wird er direkt von den
Nähten gequetscht, welche überdies sehr bald entfernt werden.
J. Sternberg (Wien).
9) Taillens. Sur le résultat éloigné de la cure radicale des
hernies.
(Revue med. de la Suisse rom. 1897. No. 7.)
Am Eingang dieser werthvollen statistischen Arbeit sagt Verf.
sehr richtig: »Eine Statistik, die aus einem Material mit einer Heilungs-
dauer von mehreren Wochen hervorgegangen ist, scheint uns werth-
los. Und solche Statistiken, Herniotomien betreffend, besitzen wir
leider sehr viele; die Zeit, eine definitive Heilung festzustellen, muss
wenigstens 2 Jahre betragen, nach 3—5 Jahren finden sich Recidive.
Des Verf. Statistik umfasst die Jahre 1890—1894, von letzterem
Jahrgang die Hälfte; in dieser Zeit wurden 401 Kranke herniotomirt,
davon 324 genauestens kontrollirt. Die Operationsmethoden anlangend,
wurde bei Inguinalhernien bis Mitte 1893 die Naht der vorderen
Pfeiler geübt, von Mitte 1893 an wurde nach Bassini operirt, doch
auf Grund schlechter Erfahrungen zur alten Methode (Ferrari)
zurückgekehrt.
Als :Nahtmaterial wurde ausschließlich Katgut verwendet; die
Seide ruft viel häufiger Eiterungen als dieses hervor, oft sehr lang-
dauernde, die erst nach Eliminirung eines oder mehrerer Fäden auf-
hört. !(Ein nach Bassini von mir operirter Pat. hat jetzt nach
16 Monaten noch Fisteln, aus denen zeitweise Seidenfäden heraus-
befördert werden. Ref.) Entgegen den Aussagen der Mehrheit der
Chirurgen existirt nach der Radikaloperation der Leistenbrüche eine
oft schwer zu erklärende Eiterung, ie in den ungünstigen ana-
tomischen Verhältnissen der Regio inguinalis, der hierdurch bedingten
geringeren Resorptionskraft dieser Gewebe, den bei der Radikalkur
nothwendigen vielen Fäden, dem Einführen von Mikroben mit diesen
u. A. m. gelegen ist. Beim Katgut existirt die Infektionsgefahr
wohl auch, doch wird dieselbe schon durch dessen Resorptions-
fähigkeit verringert. (Aber gerade diese Resorptionsfähigkeit scheint
beim Abbinden des Bruchsacks u. A. oft sehr bedenklich und drängt
uns die Seide auf. Ref.)
Von den 324 operirten Kranken (darunter 288 mit Leistenbrüchen)
heilten 270 dauernd, 54 recidivirten.
Wenn Verf. 100% Heilungen bei den operirten (14) Nabelbrüchen
angiebt und dabei ausführt, dass hier meist eine ideale Etagennaht
genügt, so ist dagegen einzuwenden, dass seine Pat. meistens Kinder
bis zum ‚7. Lebensjahre waren, und dass von den wenigen operirten
Erwachsenen. ein einziger eine Hernie über jEigröße hatte. Die
geringsten Aussichten auf dauernde Heilung bieten die Schenkelbrüche,
‚213% im Gegensatz zu 16,7% der Leistenbrüche. Bei den ersteren
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1201
kommt der ungenügende Verschluss des Infundibulums in Betracht.
Unter den den Hoden und Samenstrang bezw. dessen Gebilde treffenden
üblen Zufällen nach der Radikaloperation ist die Hodenatrophie
nach Bassini’s Operation häufiger als nach anderen Methoden.
Auf das Verhalten des Hodens vor und nach der Operation
wird im Allgemeinen wenig geachtet. Desshalb ist dies auch eine wohl
oft diskutirte, aber wenig erforschte Sache. Über den funktionellen
Werth des Hodens bei ein- und doppelseitigen Leistenbrüchen hat Verf.
Versuche, ohne jegliches Resultat, angestellt. Er neigt sich trotzdem
der Anschauung zu, dass der funktionelle Werth des bezw. der
Hoden hier verringert ist.
Nach der sehr ausführlich niedergeschriebenen Statistik der er-
wähnten Jahrgänge fasst Verf. seine Schlussfolgerungen in 4 kurzen
Sätzen zusammen:
1) Von den 3 besprochenen Arten der Eingeweidebrüche heilt
der Nabelbruch am besten, der Schenkelbruch am schlechtesten durch
die Radikalkur.
2) Je jünger ein Individuum, um so mehr Aussichten zur defini-
tiven Heilung sind vorhanden.
3) Die Naht der vorderen Pfeiler giebt bessere Aussichten in
Bezug auf das Recidiv als die Operation nach Bassini.
4) Die prima intentio giebt im Allgemeinen die solideste Ver-
narbungsart. Kronacher (München).
10) E. Graser. Behandlung der Darmverengung und des
Darmverschlusses. 2. Auflage.
(Sep.-Abdr. aus dem Handbuch der Therapie, herausgegeben von Pentzoldt
und Stintzing.)
Jena, @ustav Fischer, 1898. 60 8.
11) Derselbe. Behandlung der Geschwülste des Darmes.
2. Auflage.
Jena, &ustav Fischer, 1898. 11 S.
Die G.’sche Bearbeitung der Darmchirurgie in dem Handbuch
der Therapie innerer Krankheiten ist seiner Zeit beim Erscheinen
der ersten Auflage besprochen worden; es genügt daher, darauf hin-
zuweisen, dass dieselbe jetzt in 2. Auflage vorliegt.
H. Lindner (Berlin).
12) Mardi, Über Jejunostomie.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Mediein u. Chirurgie Bd. III. Hft. 3 u. 4.)
M. hat die Jejunostomie in 22 Fällen ausgeführt und empfiehlt
sie auf Grund seiner Erfahrungen warm bei inoperabeln Carcinomen
des Magens, welche so ausgedehnt sind, dass keine geeignete Stelle
mehr für die Gastroenterostomie vorhanden ist, oder sn i- Ca, F
warten steht, dass das Carcinom bald die Magen-D T SE In
würde. Ferner ist sie angezeigt in den seltenen An se 2
geschwüren, in denen die ulcerösen resp. narbigen Yelnöaenn 2 Ei X
1202 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
der Magenwand so umfangreich sind, dass kein Platz für Gastro-
enterostomie mehr da ist; eben so bei sehr excessiver Schrumpfung
des Magens nach Verätzungen, so wie bei frischen Atzungen des
Magens, welche wegen drohender Ruptur desselben eine Operation
an ihm selbst verbieten. Aber auch bei solchen Magencarcinomen,
die eine Gastroenterostomie noch gestatten würden, habe gegenüber
letzterer die Jejunostomie ihre Vorzüge; denn sie sei weniger ein-
greifend, könne ohne Narkose gemacht werden, gebe geringere Sterb-
lichkeit (18%, also die Hälfte der Mortalität der Gastroenterostomie),
vermeide sicher das Regurgitiren der Speise in den Magen; nach
ihr bleibe vor Allem der Magen absolut in Ruhe, wodurch das
Wachsen des Carcinoms sehr verlangsamt werde; man könne ferner
nach der Jejunostomie sofort mit der Fütterung beginnen. Ein Nach-
theil sei die an der Körperobeifläche mündende Fistel, allein sie soll
nicht nennenswerth lästig sein. Die ausgebildete Methode ist: Schnitt in
der Medianlinie unterhalb des Nabels; Aufsuchen der ersten Jejunum-
schlinge, Durchschneidung derselben 20 cm von der Plica duodeno-
jejunalis entfernt und seitliche Implantation des centralen Endes in
das periphere, 20—30 cm unterhalb der Durchschneidungsstelle. Das
freie periphere Ende wird nach Analogie der Frank’schen Magenfistel
unter einer 2cm breiten Hautbrücke hindurchgezogen, wodurch ein
tadelloser Verschluss der Fistel ermöglicht wird. — Da bei vielen der
so operirten Kranken das Körpergewicht zunahm (in einem Falle um
12 kg), so ist ein neuer Beweis dafür erbracht, dass man den Magen
zur Verdauung entbehren kann. Haeckel (Stettin).
13) Longuet (Paris). Des tumeurs conjonctives bénignes du
rectum.
(Progrès med. 1898. No. 34 u. 36.)
Die gutartigen Geschwülste des Mastdarms gelten, von den Po-
lypen abgesehen, im Allgemeinen als selten. Nach den vom Verf.
an Quenu’s Material gemachten Erfahrungen und seinen Litteratur-
studien aber mit Unrecht. L. kommt in seiner kasuistischen Arbeit
zum Schlusse, dass Enchondrome, Myxome und Fibrome noch nicht
zweifellos l'eschrieben sind, Lipome und Myome aber gar nicht so
selten vorkommen. Letztere beide sind gewöhnlich schon bei der
Untersuchung zu unterscheiden. Sie sind meist gestielt und in der
Darmlichtung gelegen. Myome entwickeln sich aber auch nach der
Peritonealhöhle zu. Während die gestielten einfach nach Unter-
bindung des Stiels zu entfernen sind, machen diese letzteren oft un-
überwindliche Schwierigkeiten in der Differentialdiagnose von bös-
artigen Geschwülsten und erfordern große Eingriffe, gewöhnlich den
Sacralschnitt. Oft sitzen sie an der vorderen Mastdarmwand, wo
Darmverletzungen schwer zu schließen sind, auch bei der dann
nöthigen Laparotomie. Sie können bis 12 Pfund schwer und sehr
gefährlich werden. Roesing (Hamburg).
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1203
14) Jeannel (Toulouse). Traitement chirurgical de l’anus
vulvaire.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 5.)
Unter Anus vulvaire versteht J. eine besondere Form der Atresia
ani vaginalis, bei der der Mastdarm in der hinteren Kommissur der
Vulva ausmündet. Verf. schlägt zur Beseitigung dieser Anomalie
folgendes Operationsverfahren vor. Man erziele zunächst dieselben
Verhältnisse wie sie bestehen bei einer Frau mit kompletem Dammriss.
Das geschieht, indem man in der Medianlinie Haut und Weich-
theile von der Afteröffnung nach hinten durchtrennt bis hinter die
meist als Delle angedeutete Stelle, wo der After normalerweise
sitzen sollte, und dann den etwa 1 cm weit frei gemachten Mastdarm
mit dem halben Umfang in den hinteren Wundwinkel einnäht. Nun-
mehr lasse man die bekannte Lawson Tait’sche Dammplastik folgen.
P. Stolper (Breslau).
15) Bericht über die chirurgische Abtheilung
der 70. Naturforscher- und Arzte-Versammlung
in Düsseldorf.
II.
Krukenberg (Halle): Über Resektion der Cardia.
K. berichtet über Versuche, welche er an Hunden zur Resektion der Cardia
vorgenommen hat. Indem K. von einem Längsschnitt auf die Cardia aus in dem
lockeren, die Muscularis umgebenden Bindegewebe durch das Zwerchfell hin-
durch stumpf vordrang, gelang es ihm, erhebliche Stücke der Cardia zu reseciren
und den Ösophagusstumpf mit dem Magen wieder zu vereinigen. Die beiden Vagi
konnten dabei geschont werden. Übrigens scheint eine Verletzung wenigstens
eines Vagus ohne bedeutende Nachtheile ertragen zu werden. Misslicher ist die
Verletzung der Pleura. K. warnt vor zu starkem Hervorziehen des Zwerchfells,
wobei gleichzeitig ein Zipfel der Pleura hervorgezogen wird, und räth, sich streng
an das den Ösophagus umgebende lockere Bindegewebe zu halten. Die Hunde
zeigten nach der Operation Erscheinungen, welche auf einen mangelnden Zwerch-
fellschluss hindeuteten. Flüssige Nahrung wurde sofort erbrochen, feste Brocken
erst nach einigen Minuten mit Beginn der Peristaltik hervorgewürgt. Die Thiere
zeigten einen unstillbaren Heißhunger, verschlangen das Erbrochene 5—6mal hinter
einander, um es immer wieder auszuwürgen. Durch starkes Erheben am Kopf
und den Vorderfüßen ließ sich das Erbrechen koupiren. Nach 10—14 Tagen hörte
das Brechen spontan vollständig auf und die zum Skelett abgemagerten Thiere
erholten sich vollständig wieder. Bei einer nach 3/4 Jahr vorgenommenen Sektion
fand K. normale Verhältnisse. Am Magen hat sich ein der Cardia entsprechender
Wulst nicht wieder gebildet. Beide Vagi zeigten sich intakt.
K. bespricht an der Hand von Zeichnungen die in mancher Beziehung noch
unbekannte Anatomie der Cardia beim Menschen. Er weist bei dieser Gelegenheit
auf die rechts neben dem Ösophagus gelegene Ausstülpung des Peritoneums hin,
in welcher der Spigel'sche Lappen liegt. Durch einen Schlitz im kleinen Netz
kann man leicht in diese fingerförmige Tasche eindringen und so den Ösophagus
abtasten und dabei so weit nach oben vordringen, dass man die Grenze einer zu
exstirpirenden Geschwulst nach oben und gegen ihre Umgebung feststellen kann.
Die Operation ist in Folge der verschiedenen Form des Thorax bei Männern leichter
als bei Frauen, bei Emphysematikern leichter als bei hochstehendem Zwerchfell
1204 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
auszuführen. Vermeidung von Quetschungen an den Wundrändern ist von be-
sonderer Wichtigkeit. Der Ösophagusstumpf darf daher erst resecirt werden,
nachdem die Naht an der hinteren Peripherie der neuen Cardia schon gelegt ist.
Wucherungen des Tumors bis in das Peritoneum würden die Operation unaus-
führbar machen. Eine Ausführung derselben beim Menschen dürfte daher nur bei
frühzeitiger Diagnose in Frage kommen. (Selbstbericht.)
Geisthövel (Bielefeld): Über den resorbirbaren Darmknopf nach Frank.
Vortr. bedauert, dass der Frank’sche Knopf in Deutschland gar nicht zur
Anwendung kommt und wendet sich gegen die von König jun. auf dem letzten
Chirurgenkongress aufgestellte Behauptung, dass der Frank’sche Knopf nach Ver-
suchen an Hunden für die Gastroenterostomie an Menschen gefährlich sei wegen
seiner allzu schnellen Resorbirbarkeit. Er habe 3 Fälle von Gastroenterostomie
mit dem Frank’schen Knopf ausgeführt, die sämmtlich geheilt seien. Das Gummi-
rohr ist am 8. und 9. Tage abgegangen. (Selbstbericht.)
Dreesmann (Köln) berichtet über einen Fall von Resektion von 2,15 m
Ileum bei einer 37jährigen Pat., ausgeführt am 7. Mai 1898. Die Ursache war
Gangrän in Folge Volvulus bei einer rechtsseitigen Schenkelhernie. Nach Resek-
tion des gangränösen Darmes, der bis an das Coecum reichte, und seitlicher Im-
plantation des centralen Endes ins Coecum trat glatte Heilung ein. Doch litt
Pat. in der Folgezeit sehr leicht an stärkeren Durchfällen, die zwar bis jetzt
wenigstens keinen besonders schwächenden Einfluss ausgeübt haben. Eine Zu-
sammenstellung aus der Litteratur ergab, dass von 24 Fällen von Darmresektionen
über 1 m 9 direkt im Anschluss an die Operation gestorben sind. Bei 5 traten
später sehr leicht Diarrhöen ein, die Resektion betrug 2,08, 2,15 bei einer 37jäh-
rigen Pat., 2,34 bei einer 28jährigen, 3,10 bei einem 60jährigen Pat. und 1,37 bei
einer 40jährigen Pat. (letztere starb 4 Monate später in Folge hochgradiger Ab-
magerung; die Sektion ergab außerdem mäßige Nierenschrumpfung). Bei den
übrigen 10 Fällen betrug die Resektion stets unter 2,00 m, nur 2mal über 2m
und zwar 2,05 bei einer 22jährigen Pat. und 3,08 bei einem 8jährigen Knaben.
Hieraus scheint hervorzugehen, dass größere Resektionen, etwa über 2m, nur
dann ohne Störung ertragen werden, wenn noch eine kompensatorische Hyper-
trophie des zurückgebliebenen Darmes eintreten kann, also besonders von jugend-
lichen Personen, — eine Annahme, die durch die Befunde, welche Monari bei
seinen Experimenten erheben konnte, gestützt wird. (Selbstbericht.)
W. Liermann (Frankfurt a/M.): Zur vnginalen Methode bei Mastdarm-
operationen,
Im Centralblatt für Chirurgie wurde von Herrn Prof. Rehn im Jahre 1895
zuerst auf die Vortheile hingewiesen, die bei eingreifenderen Mastdarmoperationen
beim Weib das Vorgehen auf vaginalem Weg bietet.
Die günstigen Resultate, die seitdem durch diese Operationsmethode sowohl
im Städtischen Krankenhaus in Frankfurt a/M., wie in der Privatklinik des Herrn
Prof. Rehn in einer Reihe von Fällen erzielt wurden, veranlassten mich, die
vaginale Methode im vergangenen Jahr in den Beiträgen zur klin. Chirurgie
(Bd. XIX Hft. 3) eingehend zu schildern.
Wir sind auch weiterhin in der Lage gewesen, die Methode in Anwendung
zu ziehen, sie zu vereinfachen und zu vervollkommnen.
Ich möchte an der Hand des von Herrn Prof. Rehn zuletzt operirten Falles
kurz schildern, in welcher Weise wir nunmehr die Operationen hochsitzender Mast-
darmcarcinome beim Weib auf vaginalem Wege zur Ausführung bringen.
Wie in früheren Fällen, so konnte auch in dem zu schildernden zunächst ein
Zweifel darüber bestehen, ob die Operation noch angängig sei. Es handelte sich
nämlich um eine 70jährige Frau mit sehr hochsitzendem, ausgedehntem Careinom,
das sich allerdings hauptsächlich in der hinteren Rectalwand ausgebreitet hatte,
sich jedoch durch feste Verwachsungen nach dem Promontorium hin gar nicht
beweglich zeigte.
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1205
Allein wir hatten in 2 Fällen, in denen die Verhältnisse mindestens eben so
ungünstig lagen, die Operation mit gutem Erfolg auf vaginalem Wege zu Ende
führen können.
Der eine Fall, der in den Beiträgen zur klin. Chirurgie von mir ausführlich
geschildert ist, betraf eine 65jährige Frau, bei der im Juli 1897 eine Exstirpation
des Rectums und des Uterus wegen eines ausgedehnten, nach allen Seiten hin
verwachsenen Carcinoms, das bereits in die Scheide durehgebrochen war, auf vagi-
nalem Wege vorgenommen wurde. Ich konnte diese Pat. fast in Jahresfrist nach
der Operation nachuntersuchen. Ihr Allgemeinzustand war ein sehr guter. Sie
war in der Lage, festen Stuhl stets zurückzuhalten. Der erhaltene Sphinkter war
funktionsfähig. Nur bestand ein leichter Analprolaps.
Noch besser gestalteten sich die Resultate bei einer 59jährigen, am 12. Januar
1898 operirten Frau, bei der es sich ebenfalls um ein hochsitzendes verwachsenes
Careinom des Rectums handelte, das eine Resektion des Darmes in einer Aus-
dehnung von 17 cm nothwendig machte. Auch diese Pat. ist zur Zeit recidivfrei.
Der erhaltene Sphinkter funktionirt sehr gut. Der Stuhlgang erfolgt täglich ein-
mal und kann, wie auch zur Zeit vor der Operation, zurückgehalten werden.
Von Bedeutung für das sehr gute Resultat in diesem Falle mag auch sein, dass
der nunmehr retrofixirte Uterus bei dem Vermögen, den Stuhl zurückzuhalten, als
Ersatz für den Sphincter tertius eine nicht unbedeutende Rolle spielt.
Ich bin in der Lage, Ihnen diese im Januar dieses Jahres operirte Pat. per-
sönlich vorstellen zu können. Ihr Kräftezustand ist ein ganz guter. Auch hat sie
die Reise von Frankfurt a/M. nach Düsseldorf ohne irgend welche Beschwerden
zurückgelegt. Sie ist zur Zeit recidivfrei, ihr Sphinkter völlig funktionsfähig.
Diese günstigen Erfahrungen veranlassten uns, auch in dem nun zu schildern-
den Falle die Entfernung des hochsitzenden, verwachsenen Carcinoms bei der
70jährigen Frau auf vaginalem Weg zu versuchen.
Der Verlauf der im Juli d. J. von Herrn Prof. Rehn vorgenommenen Opera-
tion gestaltete sich folgendermaßen:
Die Pat. wird in Steinschnittlage gebracht. Der unter dem Tumor gelegene
Rectalabschnitt wird austamponirt. Nachdem durch lange, stumpfe Haken die
seitlichen Vaginalwände maximal gespannt sind, durchtrennt das Messer die hintere
Vaginalwand von der Portio bis zum Frenulum labiorum. Die Wundränder wer-
den nunmehr mit scharfen Haken aus einander gezogen und der Schnitt bis zur
vorderen Mastdarmwand vertieft, vor Allem auch nach beiden Seiten vom Frenulum
labiorum nach den Tubera ischii hin. Die erste ringförmige Umgehung des
Rectums wird dicht oberhalb des Sphinkters vorgenommen.
Da sich einer weiteren Aushülsung des geschlossenen Rectums nach oben hin,
in Folge der Verwachsungen, Schwierigkeiten entgegenstellen, wird das Rectum
etwa 3cm oberhalb der Analöffnung quer durchtrennt. Der centrale, wie der
periphere Rectalstumpf werden mit Gaze umhüllt und letzter durch einen stumpfen
Haken nach unten gezogen, wodurch der Zugang zu der trichterförmigen Wund-
höhle bedeutend erleichtert wird.
Während die weitere Mobilisirung des Rectums an der vorderen Wand ver-
hältnismäßig leicht gelingt — das Peritoneum wird dabei eröffnet — gestaltet sich
die Mobilisirung nach den Seiten und vor Allem nach dem Promontorium hin etwas
schwieriger. Hier muss meist scharf vorgegangen werden. Die hintere Peritoneal-
falte kann durch Hinaufziehen des Rectalstumpfs unter die Symphyse gut sichtbar
gemacht werden. Sie wird ebenfalls eingeschnitten. Die im Mesorectum sicht-
und fühlbaren Drüsen werden entfernt; darunter eine solche von 'Taubeneigröße
im linken Mesorectum. Nach völliger Durchtrennung der hinteren und seitlichen
Verwachsungen gelingt es, das Rectum beliebig weit herunterzuziehen und den
in die hintere Rectalwand eingebetteten Tumor sichtbar zu machen. 2cm über
dem oberen Pol des etwa 5 cm langen Tumors zeigt sich der Darm nochmals durch
carcinomatöse Infiltration strikturirt, so dass er erst über dieser Striktur durch-
schnitten werden kann. Es wird auf diese Weise im Ganzen ein Darmstück von
17 cm Länge exeidirt. Nach Herunterziehen des Rectalstumpfs wird das Perito-
1206 Centralblatt für Chirurgie. . No. 48.
neum vorn und seitlich durch Nähte verschlossen, während die hintere Peritoneal-
falte, um die Operation abzukürzen, unverschlossen bleibt.
Der Analring wird nunmebr durch Excision der Schleimhaut ganz in der
Weise, wie wir bei der Excision der Hämorrhoiden vorzugehen pflegen, angefrischt
und der obere Rectalstumpf durch den Analring durchgezogen. K
4 tiefe Nähte fixiren den Darmstumpf im Analring. Die Schleimhaut des
centralen Darmstumpfs wird sodann aus dem angefrischten Analring herausgesäumt.
In den retrorectalen Raum ist vorher ein Tampon bis zum Promontorium ein-
gelegt worden. Derselbe wird unter dem unteren Analpol durch die Haut durch-
geführt. Ein Drain wird in den prärectalen Raum bis zur vorderen Peritoneal-
falte eingeführt. Es erfolgt dann der Nahtverschluss der hinteren Vaginalwand
und des Dammes.
Aus dem weiteren Verlauf des Falles möchte ich vor Allem hervorheben, dass
die 70jährige Pat. den Eingriff überraschend gut überstand. Wie in den früheren
Fällen von ausgedehnter Mastdarmresektion, so war auch hier, trote Offenlassen
der hinteren Peritonealfalte, irgend welche peritonitische Reisung nicht zu kon-
statiren.
Bei den in den beiden letzten Fällen eingeschlagenen Operationen sahen wir
uns nicht veranlasst, den Darm bis zur völligen Mobilisirung und Herabbolung
geschlossen zu halten. Gerade bei Verwachsungen nach dem Promontorium hin
können wir durch Durchschneidung des Darmes und Hinaufziehen des centralen
Stumpfes unter der Symphyse die hintere Peritonealfalte Augen und Händen besser
zugänglich machen. Wenn wir die Schnittflächen des Darmes durch Kompressen
gehörig schützten und für ausgiebige Drainage des retro- und prärectalen Raumes
sorgten, haben wir selbst bei Offenlassen der Peritonealfalte, und selbst als in
einem Falle Darminhalt aus dem centralen Stumpf über das Operationsfeld floss,
einen reaktionslosen Verlauf zu verzeichnen gehabt.
Wir haben in den letzten Fällen von Darmresektion von einer Cirkulärnaht
des Darmes abgesehen, trotsdem die Möglichkeit vorlag.
Das Verfahren, wie ich es an der Hand des letztoperirten Falles geschildert
habe, dürfte das Einfachste und zugleich auch Sicherste darstellen. Wir konnten
auch in den schwierigen Fällen den Darm nach oben beliebig weit mobilisiren
und ihn, ohne dass er einer großen Spannung ausgesetzt wurde, durch den an-
gefrischten Analring durchziehen und ihn dort fiziren. Die Vortheile dieses Vor-
gehens liegen auf der Hand. Sofort nach Beendigung der Operation ein ge-
schlossenes Darmrohr, so dass sogleich ohne Gefahr Stuhlentleerung erfolgen kann.
Weiterhin — Erhaltung des Sphinkters. Die Gefahr einer Gangrän, sei es des
mobilisirten heruntergezogenen centralen Darmstücks, sei es des peripheren Anal-
stücks, besteht unseren Erfahrungen nach nicht.
Es sind von uns in den letzten 2 Jahren nunmehr 6 Fälle nach der geschil-
derten Methode operirt worden. Der Wundverlauf war in allen diesen Fällen ein
reaktionsloser. Insbesondere war es erstaunlich, wie auch hochbetagte, durch vorher-
gegangene Blutungen heruntergekommene Pat. den Eingriff gut überstanden.
Es dürfte hierdurch der Beweis erbracht sein, dass der einfache, mit geringen
Nebenverletzungen verbundene Weg durch die hintere Vaginalwand, die Möglich-
keit, den Mastdarm weit hinauf unter steter Kontrolle der Augen und unter Be-
herrschung der Blutung zu mobilisiren, bedeutsame Vortheile der von uns ein-
geschlagenen Operationsmethode für eingreifendere Mastdarmoperationen darstellen.
Wenn ich mir auf Grund dieser allerdings nicht sehr zahlreichen, doch quali
tativ umfangreichen Erfahrungen ein Urtheil über die vaginale Methode scho.ı
heute gestatten darf, so lautet das dahin, dass auch hochsitzende und verwachsene
Careinome des Mastdarms noch mit Erfolg auf vaginalem Weg operirt werden
können.
~ Dass es ferner möglich ist, ohne Gangrän des Darmes befürchten zu müssen
diesen weit nach oben zu mobilisiren, zı reseciren, weit herabzuholen und unter
Erhaltung des Sphinkters in dem durch Excision der Schleimhaut a ıgefrischten
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1207
Analring zu fixiren, wodurch sofort nach Beendigung der Operation ein geschlos-
senes Darmrohr erhalten werden kann.
Für uns wird die vaginale Methode in der geschilderten Form
nunmehr das Normalverfahren für eingreifendere Mastdarmopera-
tionen beim Weib darstellen. (Selbstbericht.)
Krabbel (Aachen): Über Milzexstirpation bei subkutaner Zerreissung
des Organs.
Ein 91/2 Jahre alter Knabe fiel beim Rutschen von einem Treppengeländer in
halber Etagenhöhe herunter und schlug mit den Bauch auf eine Treppenstufe auf.
Ob er auf die linke oder rechte Seite auffiel, konnte nicht festgestellt werden. Er
war nach dem Fall nicht bewusstlos, es trat jedoch Erbrechen auf, kein Blut. Die
Schmersen verlegte er in die rechte Seite, kein Schulterschmerz, weder reohts
noch links. 2 Stunden nach dem Unfall wurde Pat. ins Hospital gebracht. Er
war bei vollem Bewusstsein, klagte über Schmerzen in der rechten Seite und im
Nacken. Die Gesichtsfarbe war äußerst blass, die Haut kühl, Temperatur 37°,
Puls beschleunigt, noch von mäßiger Höhe; die Respiration schmerzhaft, an-
gestrengt, der Gesichtsausdruck ein schwer leidender. An Hers und Lunge nichts
Abnormes nachweisbar, das Abdomen etwas gespannt, überall druckempfindlich,
besonders rechts in der Lebergegend. Die Leberdämpfung war vorhanden, in den
unteren Partien des Abdomens mäßige Dämpfung beiderseits. Der mit dem Ka-
theter entleerte Urin war klar, siemlich reichlich, enthielt kein Blut.
2 Stunden wurde der Verletzte genau beobachtet; als dann gegen 8 Uhr
Abends der Puls kleiner, die Schwäche größer geworden, von der angenommen
werden musste, dass das keine Shockerscheinungen mehr waren — dagegen sprach
auch die Temperatur — wurde die Laparotomie gemacht, um die innere Blutung
zu sillen. (Eine Verletzung des Magen-Darmkanals war wegen der vorhandenen
Leberdämpfung mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen.)
In Chloroformnarkose, durch Äther fortgesetzt, wurde der Leib in der Linea
alba eröffnet; sofort stürzte eine Menge dunkelflüssigen Blutes, anscheinend unter
der Leber her, entgegen. In der Voraussetzung, dass es sich um einen Leberriss
handle, wurde ein Schnitt der Thoraxwand entlang gelegt, um die Leber voll-
ständig übersehen zu können. Die Leber erwies sich an ihrer oberen und unteren
Fläche unverletzt. Auch die rechte Niere war intakt. Bei einem Griff nach der
Milz fand dieselbe sich in mehrere Stücke zerrissen ; 2 konnten sofort, lose liegend,
entfernt werden, das 3., noch am Hilus festsitzend, stark blutend, erst nach Even-
tration einer großen Partie Darmschlingen und nach Abbinden des Stiels. Tam-
ponade der Höhle, wohin noch immer etwas Blut sickerte. Schluss der Bauch-
wunde. Der Puls war kleiner geworden, desshalb Kochsalsinfusion (1 Liter. Am
folgenden Tag starkes Erbrechen, Entfernen des Tampons und Ersatz desselben
durch einen ableitenden Jodoformgazestreifen, Magenausspülung, nochmals
Kochsalzinfusion (600 g). Darauf bald günstiger Verlauf, höchste Abendtemperatur
38,3. 5 Tage nach der Operation wurde der Hämoglobingehalt festgestellt, er
betrug 60%, er stieg in den nächsten Tagen auf 65% und erreichte bei der Ent-
lassung des Pat., 4 Wochen nach der Verletzung, 80%. Die Zahl der rothen Blut-
körperchen betrug 2800000 rothe, 9000 weiße. Die Lymphdrüsen in der Cubital-
gegend schwollen rosenkransförmig an, eben so in der Leistengegend. An der
Glandula thyreoidea keine Veränderung. Das Befinden des Knaben war bei der
Entlassung aus dem Hospital vorzüglich, sein Aussehen blühend und frisch,
keinerlei Beschwerden.
Im Anschluss an diesen Fall wir) die Statistik der Operationen bei sub-
kutanen Milzverletzungen besprochen: sie stellt sich auf 13 Exstirpationen mit
7 Heilungen, immerhin noch eine bemerkenswerthe Ziffer bei sonst absolut töd-
lichem Verlauf bei ausgedehnten Zerreißungen. Kleine Risse können unzweifel-
haft spontan heilen. Die Schwierigkeit in dieser Frage liegt in der Indikations-
stellung zur Operation. Wenn nach der Einwirkung eines starken Traumas auf
die Bauchdecke die Shockerscheinungen vorüber sind, dann noch Zeichen innerer
1208 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
Blutung bestehen: kleiner Puls, ängstliche Athmung, Dämpfung in den unteren
Partien des Abdomens, so soll man mit der Laparotomie nicht zögern, da duroh
sie allein die Blutung aufgedeckt und gestillt werden kann. (Selbstbericht.)
Morian (Essen a. d. R.): Ein Fall von Pankreasnekrose.
Eine 44jährige Frau litt im vorigen Jahre an Gallensteinkolik mit Ikterus.
Zu Ostern d.J. erkrankte sie plötzlich unter shockartigen Zeichen, Oppressions-
gefühl, Erbrechen und heftigen Leibschmerzen. Der Stuhl blieb normal, der Urin
war frei von Eiweiß und Zucker. Das Fieber war nicht hoch, der Puls aber
dauernd klein, die Zunge trocken, die Haut leicht ikterisch, der Leib gebläht, am
meisten druckempfindlich die Gallenblasengegend. Am 7. Tage nach Beginn der
Erkrankung wurde in der Annahme einer Cholelithiasis der Gallenblasenschnitt
ausgeführt, eitriger Schleim und viele kleine Steine entleert. Ein Konvolut unter
sich und mit dem Netz verwachsener Därme, auf ersterem einige gelbe Knötchen,
wurde für ein Residuum alter Tuberkulose angesprochen. Das Duodenum war um
die Einmündung des Choledochus weißlich gefleckt.
Zunächst ließen die subjektiven Beschwerden nach, allein der septische Zu-
stand blieb derselbe, das Erbrechen eben so, Stuhl und Winde gingen. Am 4. Abend
kam es zu bedrohlichem Collaps. Am Ende der 2. Woche nach der Operation
schwoll die Gegend um den Schwertfortsatz an, eine Punktion mit langer Hohl-
nadel median und in der Mammillarlinie ergab nicht den subphrenisch vermutheten
Eiter. Am selben Abend floss Mageninhalt aus der Gallenblasenfistel, zugleich
kamen Blutgerinnsel und weißliche Bröckelchen. Die Kräfte sanken trotz aller
Nährungsversuche rapid, und 8 Tage später, 4 Wochen nach Beginn der Erkran-
kung, trat der Tod ein.
Die Sektion deckte eine hämorrhagische Pankreasnekrose auf. Kopf und
Schwanz des Organs lagen in einer bräunlich schmierigen Masse, der Magen, auch
die Gallenblase waren perforirt in eine große Abscesshöhle, der Bursa omentalis
entsprechend. Sie reichte von dem theilweise erhaltenen Pankreaskopf bis zur
Milz, nach oben bis sum Zwerchfell, von ihm überall durch eine fingerdioke Leber-
schicht getrennt. (Selbstbericht.)
Kleinere Mittheilungen.
16) J. Brault (Algier). La p£ritonite primitive à pneumocoques chez
Yadulte.
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. Februar.)
B. veröffentlicht 3 Beobachtungen, 2 von ihm herrührend, 1 von Arnozan
und Cassa&t. In den beiden Fällen des Verf. trat die Erkrankung akut auf,
mit mäßig hohem Fieber. Die Laparotomie ergab jedes Mal einen abgekapselten
intraperitonealen Abscess, der einen Diplococcus, ähnlich dem von Talamon-
Fränkel, in Reinkultur enthielt. Die beiden Fälle wurden geheilt. Der Fall
von Arnozan und Cassaöt, bei dem es sich nicht um eine umschriebene Ab-
sackung handelte, endete tödlich. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
17) W. Weber. Zur Kasuistik der Ectopia ventriculi.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.)
Bei einem 3jährigen Knaben fand sich unterhalb des Nabels intraperitoneal
eine cystische Geschwulst, welche mit einem Fistelgang am Nabel ausmündete
und vollkommen den Bau der Magenwand aufwies; die Cyste wurde durch La-
parotomie entfernt, und der Knabe konnte nach wenigen Wochen geheilt ent-
lassen werden.
Bezüglich der Entstehungsweise der Cyste ist Verf. geneigt, sich am ehesten
der Siegenbeek’schen Theorie anzuschließen, wonach es sich um eine Persistens
des Ductus omphalomesarsicus handelt, bei welcher die Absohnürung vor Eintritt
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1209
der Gallenabsonderung erfolgte. 4 analoge Fälle aus der Litteratur werden im
Auszug mitgetheilt. Honsell Tübingen).
18) B. Wanach. Zur Chirurgie des Ulcus duodeni.
{Bolnjitschnaja Gaseta Botkina 1898. No. 5—7. [Russisch.])
Die Diagnose wurde beim 22jährigen Pat. auf Peritonitis gestellt; erst die
Operation zeigte die wahre Natur der Krankheit. Wegen der tiefen Lage des
Geschwürs konnte es nicht excidirt werden; daher nähte W. die Serosa des Duo-
denums am linken Rand des Infiltrats an das Peritoneum des medialen Blattes
des Lig. hepato-duodenale, an dessen rechten Rand. Tamponade, Bauchwunde
offen gelassen. Heilung nach 3 Monaten. — Verf. bringt noch 7 ähnliche Fälle
und spricht sich für frühe Operation aus. Die ersten Tage nach der Operation
dürfen die Kranken nichts essen; der Tampon bleibt 5—7 Tage liegen.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
19) N. A. Ssokolow. Traumatische Darmstriktur. Zur Frage der
Verwendung von Knöpfen statt der Darmnaht.
(Medicinskoje Obosrenje 1598. Oktober. [Russisch.))
Der 16jährige Pat. erhielt vor 4 Tagen einen Hufschlag in den Unterleib.
Schmerzen und eine Geschwulst über dem rechten Lig. Pouparti. Rechter Hode
fehlt. S. glaubte einen Abscess in den Bauchdecken vor sich zu haben, machte
einen Schnitt bis zum Bauchfell, fand aber keinen Eiter. Nach Eröffnung des
Bauchfells entleerte sich kothige Flüssigkeit mit Gasen; an der Bauchwand lag
ein Konvolut verklebter Darmschlingen. Naht des Loches im Darm, Tamponade.
Nach 3 Tagen wieder Koth in der Wunde (Gangrän des vom Schlag getroffenen
Darmes). Später öffneten sich noch 2 Fisteln, und nach 21/3 Monaten stellten sich
Symptome der Darmstenose ein. Operation (4 Monate nach dem Trauma). Die
verwachsene Darmschlinge wurde ausgeschaltet, das breite zuführende Ende zu-
genäht und seitlich mit dem abführenden durch einen Frank’schen Knopf ver-
bunden. Darauf Exstirpation der ausgeschalteten 20 cm langen Schlinge, die in
der Mitte eine nur für die Sonde passirbare Striktur aufweist. Glatte Heilung;
der Knopf ging am 24. Tage ab. — Auch in einem 2. Falle (Intussusception) er-
sielte S. mit dem Frank’schen Knopf ein gutes Resultat.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
20) Gally (Toulouse). Occlusion intestinale par coudure et étrangle-
ment d'une anse intestinale autour du diverticule de Meckel. La-
parotomie. Résection de 40 cm de l'intestin grêle.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 3.)
Der von Jeannel operirte Ileusfall ist durch die Art des Zustandekommens
bemerkenswerth. Ein Meckel’sches Divertikel gab die Veranlassung. Dessen
Kanal war, wie die nach der Obduktion vorgenommene histologische Untersuchung
ergab, zum Theil obliterirt. In einer so von dem Darmrohr abgeschnittenen
Divertikeltasche hatte sich nun sunächst eine Entzündung, in Folge dessen ein
Pseudoligament und weiterhin eine Wandnekrose entwickelt. Die peritoneale In-
fektion war schon so weit vorgeschritten, dass Pat. die eingreifende Operation nur
wenige Stunden überlebte. Ein bei dieser improvisirtes Darmkompressorium als
Ersatz für die manchmal hinderlichen Hände eines Assistenten wird besonders
erwähnt. Jeannel befestigte ein dünnes Drainrohr (Nelatonkatheter) an einem
der Griffringe einer P&an’schen Klemme und spannte es über den quer zum P£an
siehenden Darm zu den Branchen hin. So wird das Darmrohr durch eine ela-
stische, weiche Kompression abgeschlossen. P. Stolper (Breslau).
21) Wanitschek. Ein Fall von kongenitaler Dünndarmocelusion.
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 34.)
W. hat einen Fall angeborenen Dünndarmverschlusses mit Enteroanastomose
behandelt. Es handelte sich um ein 4 Tage altes Kind mit Ileuserscheinungen.
1210 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
Bei der Laparotomie fand sich, dass der Dünndarm in der linken Darmbeingrube
blind endete, eben so in der rechten Coeoum und Colon ascendens; ein Zusammen-
hang zwischen Blind- und Dünndarm bestand nicht, wohl aber ein bindegewebiger
Strang swischen Blinddarm und Nabel. W. legte eine Enteroanastomose zwischen
Flexur und dem untersten Dünndarmabschnitt an, doch starb das Kind noch am
selben Tage.
Der Fall erinnert an den von Franke auf dem diesjährigen Chirurgenkongress
demonstrirten, der auch tödlich endete. Nicht besser erging es den von Franke
eitirten Pat. von v. Tischendorf, Bland Sutton und Hecker (ref. in Beilage
zu diesem Blatt 1898 No. 26 p. 133). Trotzdem empfiehlt W. bei jedem diagnosti-
eirten angeborenen Verschluss die Operation wieder zu versuchen, da die Kinder
sonst doch rettungslos verloren sind. Als Operation giebt Franke (l.c.) der
Enteroanastomose vor der Enterostomie den Vorzug. Jaffé (Hamburg).
22) B. A. Libow. Zur Lehre von den angeborenen Atresien und
Stenosen des Darmkanals.
(Wratsch 1898. No. 37. [Russisch.))
L. untersuchte 2 Fälle aus Prof. Lebedew’s Klinik.
Im 1., wo der Knabe nach 7 Tagen starb, endete der untere Theil des Dünn-
darms blind; weiter kam ein 10 cm langes undurchgängiges Stück. Dieser Theil
hat, eben so wie der tiefer gelegene Darm, eine Lichtung, die der Lichtung eines
4monatlichen Fötus entspricht.
Im 2. Falle handelte es sich um ein Mädchen, das 4 Wochen vor dem nor-
malen Ende der Schwangerschaft geboren wurde. Der obere Theil des Dünndarms
endete blind; der untere Theil zeigt 3 undurchgängige Stellen, 2, 10, resp. 6 cm
lang, die unter einander nicht verbunden sind. Statt des Dickdarms ein faden-
förmiges Gebilde. Mikroskopisch zeigen die impermeablen Stellen Fehlen der
Schleimhaut. — Da beide Fälle keine Zeichen einer intra-uterinen Entzündung
darbieten, so müssen sie als Bildungsfehler im 3. Monat der Entwicklung an-
gesehen werden. Dafür sprechen noch die Verkürzung der Nabelschnur in
beiden Fällen und das Vorhandensein von Schleimpfropfen (ohne Galle) in den
impermeablen Theilen. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
23) Török. Ileus in Folge von doppelter Achsendrehung am S ro-
manum. Laparotomie. Heilung.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 7.)
Der Inhaltsangabe in der Überschrift wäre noch hinzuzufügen, dass der Ileus
bei der 43jährigen Pat. seit 4 Tagen bestand, dass vor der Entwicklung der um
180° gedrehten, kolossal ausgedehnten Schlinge durch Punktion erst das Gas ent-
leert wurde, und dass schließlich unter Verzichtleistung auf die Verkürzung des
Mesocolons nach Senn und auf Fixation der Schlinge an die vordere Bauchwand
die einfache Reposition ausgeführt wurde. Völliger Verschluss der Bauchwunde
in 4 Etagen. Hübener (Breslau).
24) M. A. Schtschegolew. Ein Fall von Verkürzung des Lig. hepato-
duodenale. Gastroenterostomie. Heilung.
(Wratsch 1898. No. 37. [Russisch.])
Der 48jährige Pat. musste sein ganzes Leben sehr viel reiten, oft gleich nach
reichlicher Mahlzeit; sehr oft stürzte er vom Pferde, das ihm vor 30 Jahren mit
dem Sattelknopf auf die Magengegend fiel. Nach und nach entwickelte sich die
Krankheit. Etwa 2 Stunden nach jedem Essen unerträgliche Schmerzen. Nach
erfolgloser interner Behandlung Gastroenterostomia postcolica (Operateur: Pensky).
Im weiteren Verlauf Influenza, nach 1 Monat kamen Nierensteine zum Vorschein,
darauf Urininfiltrate, Pyämie, die durch Eiterung den Verlust des rechten Auges
verursachte. Schließlich Heilung. — 8. glaubt, nicht sowohl der Schlag auf die
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1211
Magengegend, als das fortwährende Schütteln des Magens beim Reiten haben die
Verdickung und Verkürzung des Ligaments hervorgerufen.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
25) Schols. Neun Fälle von Jejunostomie. (Aus der kgl. chirurg.
Klinik zu Breslau.)
Inaug.-Diss., Breslau, 1898. 348.
Nach einigen Bemerkungen zur Geschichte der Operation geht Verf. zu den
Indikationen tiber, die in der Breslauer Klinik gelten, und theilt die betreffenden
Fälle in 2 Hauptgruppen:
1) in solche, bei denen es sich um ein mechanisches Hindernis handelt,
2) in solche, die die temporäre Ausschaltung des Magens bezwecken, um den-
selben vor Reizungen zu schützen.
Mischgruppen kommen natürlich immer vor. Die 1. Gruppe wird wieder in
2 Unterabtheilungen zerfallen, je nachdem es sich um Magencarcinom oder um
Verätzungsstrikturen handelt. Mit Recht wird die Operation als eine bei Carei-
nom nur dann allenfalls berechtigte bezeichnet, wenn erst nach Eröffnung der
Bauchhöhle die Situation richtig erkannt wird.
Bei Carcinom wurden 4 Fälle operirt, davon 3 nach Witzel, 1 nach einer
von Kader seiner Methode der Gastrostomie nachgebildeten Methode; 3 starben
im Anschluss an die Operation, der nach Kader operirte an Peritonitis, 14 Mo-
nate nach der Operation. Wegen Verätzungsstriktur im Osophagus wurde 1 Pat.
operirt; er erholte sich etwas; da aber jauchende Ulcerationen im Magen an-
genommen werden mussten, wurde 1 Monat später eine Gastrostomie hinzugefügt,
die zur Peritonitis führte. Nach der 2. Hauptindikation wurden 4 Fälle operirt,
davon 1 wegen eines supponirten Magengeschwürs mit starken Blutungen ; er starb
2 Tage p. op. (die Sektion ergab kein nachweisbares Geschwür. Die übrigen
3 Pat. hatten vorher Magenoperationen durchgemacht (Resectio pylori, Gastro-
enterostomie, Gastrostomie) und wurden, da die Nähte insufficient geworden waren,
7, 14 und 11 Tage nach der 1. Operation jejunostomirt; 2 Pat. starben, die 3.,
bei der wegen Verätzungsstriktur die Gastrostomie und später die Jejunostomie
gemacht worden war, konnte mit guter Funktion entlassen werden, lebte noch
1 Jahr 10 Monate p. op. Die Resultate der Mikulicz’schen Klinik waren dem-
nach nicht ganz so gut wie die von Maydl jüngst berichteten.
H. Lindner (Berlin).
o
26) J. Akerman. Några fall af tarminplantation.
(Hygiea Bd. LX. I. p. 223.)
1) Ein Fall von Carcinoma ventriculi mit Darmresektion und Implantation be-
handelt, nach versuchter aber unvollendeter Gastroenterostomie, Heilung.
2) Ein Fall von Carcinoma ventriculi mit Exstirpation der Geschwulst und
Gastroenterostomie behandelt. Strangulation des Colon transversum rief Ocelu-
sionssymptome hervor; Theilung der Gastroenterostomieschlinge und Darmimplan-
tation, Tod.
3) Ein Fall von Schwellung der rechten Leiste; Geschwulst (Cancer?) des
Blinddarms; Darminplantation, Heilung.
Verf. hat in 3 Fällen, deren vollständiger Titel hier wiedergegeben ist, aus
verschiedenen Gründen Darmimplantation gemacht. Ausführliche Krankengeschich-
ten und epikritische Bemerkungen beleuchten sehr vollständig jeden einzelnen
Fall. Die Arbeit ist eine werthvolle Bereicherung der Kasuistik, der Indikationen
und Kontraindikationen zu dieser Art der Intestinalanastomose.
A. Hansson (Cimbrishamn).
27) Pantaloni (Marseille). Resection de l'intestin grêle pour tuber-
eulose intestinale chronique.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 6.)
P. operirte eine 33jährige Frau wegen einer im Becken fixirten, vermeintlichen
Dickdarmgeschwulst, die zu schweren Koliken und Verdauungsstörungen Anlass
1212 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
gegeben hatte. Die Laparotomie ergab chronische Tuberkulose eines ca. 12 em
langen Stückes des Ileums und des zugehörigen Netzes, die beide knorpelhart an-
zufühlen waren. Der diagnostische Irrthum war bedingt durch eine Verwachsung
des erkrankten Darmes mit der hinteren Blasenwand. Der Darm ließ sich lösen,
ohne dass man die Schleimhaut der Blase zu durchtrennen brauchte. Das krankhafte
Darmstück und das zugehörige Netz wurden resecirt. Glatte Heilung, rasche
Hebung des Allgemeinbefindens. Unter besonderer Berücksichtigung deutscher
Autoren (König, Czerny, Troje u. A.) wird im Anschluss an diesen Fall die
mit Gesohwulstbildung einhergehende Dünndarmtuberkulose (Tuberculose chronique
& type tumeur) besprochen. P. empfiehlt im Kapitel Therapie warm, dass auch die
Pat. mit Darmresektion alsbald nach der Operation, jedenfalls am folgenden Tage,
sobald die Nachwehen der Narkose vorüber sind, eine ordentliche Nahrung er-
halten sollen. P. Stolper (Breslau).
28) Pantaloni (Marseille. Un cas de résection partielle du coecum
pour ulcerations tuberculeuses localisées.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 7.)
Ein junger Mann, der sich wegen beginnender Lungentuberkulose Tuberkulin-
injektionen hatte machen lassen, erkrankte an Appendicitis. P. entleerte den
Abscess und resecirte den scheinbar isolirt erkrankten Wurmfortsatz. Die Wunde
hatte sich nahezu geschlossen, als sich wider Erwarten eine Kothfistel ausbildete.
Bie war entstanden durch Perforation von 3 tuberkulösen Geschwüren des Blind-
darms. Das für den Chirurgen besonders interessante Moment liegt in dem Er-
folg der konservativen Behandlung dieser Blinddarmtuberkulose. P. machte näm-
lich nicht die totale, sondern nur eine theilweise Resektion des Blinddarms, da
die beiden Geschwüre und die Fistel nahe bei einander saßen und eine isolirte
Erkrankung bildeten. Der Fall ging dann rasch in Heilung aus.
P. Stolper (Breslau).
29) W. Mjeassnikow. Zur Kasuistik der Dünndarm-Gebärmutter-
fisteln.
(Medieinskoje Obosrenje 1898. Oktober. [Russisch.))
Die Fistel entstand bei einer 23jährigen Pat. nach schwerer Geburt (Zange
am 3. Tage, Entfernung der Nachgeburt durch Dorfweiber 1 Tag später). 8 Wochen
darauf gingen dünnflüssiger Koth und Urin durch die Gebärmutter ab. Nach
1 Monat hörte der Urinausfluss auf. Operation 4 Monate nach der Geburt. La-
parotomie; Lösung vieler Verwachsungen zwischen Gebärmutter, Netz und Darm-
schlingen. Nun wurden 3 Löcher im Dünndarm gefunden und eins im S romanum.
3 Öffnungen wurden vernäht, bei der 4. 13 cm Darm resecirt. Die Öffnung im
Uterus wurde ausgeschabt und nach Paquelinverschorfung genäht. Operations-
dauer 31/2 Stunden. Nach 3 Wochen geheilt.
In der Litteratur fand M. nur einen ähnlichen Fall von L. H. Petit.
@tickel (B. Karabulak, Saratow).
30) W. Berndt. Uber 18 Fälle von gonorrhoischer Rectalstriktur
und ihre Behandlungen.
Inaug.- Diss., Breslau, @enossenschafts-Buchdruckerei, 1898. 68 S.
Verf. berichtet über 18 an der Mikulicz’schen Klinik behandelte Fälle von
gonorrhoischer Mastdarmverengerung (wovon 4 männlichen Geschlechts) und fasst
bei diesem Anlass kurz die Pathologie und Therapie dieser Affektion zusammen,
sich hauptsächlich auf die von Mikulicz vertretenen Anschauungen gründend.
Bezüglich der Entstehung der genannten Strikturen wird angenommen, dass
dieselben aus der bei der chronischen Mastdarmgonorrhoe vorhandenen entzünd-
lichen Infiltration der ganzen Darmwand hervorgehen, unabhängig von dem Be-
stehen oder Fehlen von Geschwüren. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass in
5 Fällen mit Wahrscheinlichkeit eine Bartholinitis vorangegangen war. Was die
Kombination mit Lues betrifft, so konnte solche in etwa 6 Fällen nachgewiesen
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1213
werden. Mikulioz ist jedoch geneigt, die meisten narbigen Verengerungen des
Mastdarms als gonorrhoisch anzusehen, auch bei negativem Gonokokkenbefund.
Bei 5 Pat. konnte eine auffallende Schlaffheit des Sphincter ani die Infektion des
Mastdarms von der Scheide her begünstigen. Was die Lage der Striktur betrifft,
so fand sich die Verengerung nicht tiefer als 3 om über dem After, in einem Falle
erst 10 om über demselben. Das Darmrohr zeigte an dieser Stelle eine derbe,
sohwielige Beschaffenheit, meist glatte Innenfläche und häufig feste Verwachsung
mit der Umgebung. Die Ausdehnung des Krankheitsprocesses nach oben war
verschieden. In einem Falle war sogar das S romanum ergriffen. Blutungen
fanden sich in beinahe 3/4 der Fälle. Dieselben stammen nach Ansicht des Verf.
von den oberhalb der Striktur gelegenen Geschwüren.
Was die Behandlung betrifft, so bestand dieselbe in erster Linie in Regelung
der Darmfunktion, Anwendung von Darmspülungen mit Desinfieientien und Ad-
stringentien, sodann in Erweiterung der Striktur durch derbwandige Bougies, die
möglichst lange liegen gelassen wurden. Das Bougieren wurde sum Theil den
Pat. selbst überlassen.
Bei 3 kurzen Strikturen wurde die einfache Incision der vernarbten Stelle
ausgeführt, und dabei ein tiefer Schnitt nach hinten multiplen Einkerbungen vor-
gezogen. Die Resultate dieser Behandlung ließen aber zu wünschen übrig, so dass
in einer größeren Zahl der Fälle die Radikaloperation zur Anwendung kam. Die-
selbe bestand in Resektion oder Amputation des Mastdarms mit vorgängiger An-
legung eines künstlichen Afters. Letztere wurde nur in 2 Fällen unterlassen,
von denen der eine 2 Tage nach der Operation an Peritonitis starb. Es ist dess-
halb an der Mikulioz’schen Klinik Regel geworden, den künstlichen After den
Operationen für gonorrhoische Striktur voranzuschicken, während derselbe grund-
sätslich bei Exstirpation des Mastdarmcareinoms nicht in Anwendung kommt.
Meist begnügte sich Mikulicz mit der Anlegung einer Darmfistel, und nur
imal — bei definitivem Kunstafter — wurde der Darm völlig durchtrennt. In
diesem letzteren Falle wurde der ganze abführende Darmtheil, den größten Theil
des 8 romanum darstellend, theils von oben, theils von der Aftergegend her, ex-
stirpirt und glatte Heilung erzielt.
Die Beseitigung des Kunstafters bildete in den übrigen Fällen den Schluss
der Behandlung. Bezüglich der Resultate sei bemerkt, dass in 3 Fällen die Pat.
ungeheilt entlassen wurden. 5mal wurde durch Bougieren und Incision Besserung
ersielt. Von 6 radikal Operirten starb 1 nach 2 Tagen. Die anderen wurden ge-
heilt entlassen, mit verhältnismäßig guter Kontinenz; nur 1 Pat. behielt ihren
Kunstafter. 2mal blieb es bei Anlegung des letzteren — mit unerklärtem töd-
lichen Ausgang 5 Wochen p. op.
Zu bedauern ist, dass die histologische Untersuchung der Präparate nicht
ausgeführt, resp. die Resultate derselben nicht mitgetheilt wurden. Auf die inter-
essanten Untersuchungen von Rieder über die Atiologie der Mastdarmstrikturen
wird demnach ebenfalls nicht Rücksicht genommen.
de Querrain (Chaux-de-Fonds).
31) P. Csesch. Beitrag zur Statistik der Rectumcarcinome.
Inaug.-Diss., Breslau, Genossenschafts-Buchdruckerel, 1897. 1098. Auch Bei-
träge zur klin. Chirurgie p. 685.
Verf. berichtet über 109 an der Mikulicz’schen Klinik behandelte Mastdarm-
earcinome. Wir heben aus dem mit großem Fleiß ausgeführten statistischen Theil
der Arbeit folgende Punkte hervor:
Das Alter der Pat. schwankte zwischen 18 und 81 Jahren; 9 derselben gehörten
dem 3. Decennium an, mehr als die Hälfte standen zwischen 41 und 60 Jahren
und ein verschwindender Bruchtheil hatte das 70. Jahr überschritten. 73 Pat. ge-
hörten dem männlichen, 36 dem weiblichen Geschlecht an.
Von Bedeutung ist die in der Krankengeschichte von 18 Pat. sich findende
Notiz, dass der behandelnde Arzt mit Übergehung der Mastdarmuntersuchung sum
Schaden der Pat. eine falsche Diagnose stellte.
1214 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
Was die Therapie betrifft, so wurde in 57 Fällen sacral operirt, und zwar
25mal mit definitiver, 24mal mit temporärer Resektion des Steißbeins und unteren
Kreuzbeinabschnitts, 6mal mit definitiver, 2mal mit temporärer Resektion des
Steißbeins allein. Der parasacrale Schnitt wird nicht erwähnt. Dagegen wurde in
9 Fällen nach Lisfrano vom Damm aus operirt.
Es würde zu weit führen, auf die vom Verf. genau beschriebene Technik der
Operation und Nachbehandlung im Einzelnen einzugehen. Bo viel sei nur bemerkt,
dass Mikulicz in der Regel nach vorgängiger temporärer Steiß- und Kreusbein-
resektion den Mastdarm oberhalb der Geschwulst zwischen 2 Seidenligaturen durch-
trennt und dann die Geschwulst von oben nach unten auslöst. Sodann wird das
obere, von der Ligatur befreite Darmende bei Resektion an das untere Ende, bei
Amputation an den Sphinkter angenäht, wenigstens an seinem vorderen und seit-
lichen Umfang, und dann die Wunde tamponirt. In der Regel waren eine oder
mehrere Nachoperationen erforderlich, um das obere Ende zu guter Verheilung
mit dem unteren — bezw. mit dem Sphinkter zu bringen. In einzelnen Fällen,
bei hoch amputirtem Darm, wurde ein Anus sacralis angelegt — mit relativ gutem
Erfolg. — Bei Stuhlentleerung vom 4. oder 5. Tage an, so wie bei Temperatur-
steigerungen wurden die Pat. für mehrere Stunden am Tage ins Wasserbad ge-
bracht.
Die Kolostomie wurde nur in 5 inoperabeln, mit Ileuserscheinungen zur Ope-
ration gebrachten Fällen ausgeführt, nie dagegen als Voroperation der Exstirpation
der Neubildung. Als palliative Maßregel wurde mehrfach die Auskratzung der
Neubildung ausgeführt; da dieselbe aber bei geringem Nutzen für den Pat. 10%
Sterblichkeit aufwies, so ist sie von Mikulicz zu Gunsten der Kolostomie ver-
lassen worden.
Was nun die Ergebnisse der operativen Behandlung betrifft (Exstirpation vom
Damm aus und sacrale Methoden), so sind 3 Pat. von 66 über 3 Jahre recidivfrei
(1 über 7 Jahre). Die übrigen noch lebenden und reeidivfreien 15 Pat. sind vor
weniger als 3 Jahren operirt.
Von den 47 gestorbenen Pat. erlagen 17 (25,75%) innerhalb des 1. Monats,
freilich nicht immer im Zusammenhang mit der Operation. Auf das 1. Jahr p. op.
fallen genau 50% der Todesfälle.
Die ungünstigsten Resultate wurden erreicht bei Pat. unter 31 und über
61 Jahren.
Von Komplikationen seien die in 12 Fällen nicht zu vermeidenden Verletzungen
des männlichen Urogenitalapparats erwähnt, welche 10mal Urinfisteln zur Folge
hatten. 2 dieser Pat. starben im Anschluss an die Operation.
Stuhlentleerung in den ersten 24 Stunden erfolgte einmal und war von töd-
licher Peritonitis gefolgt. Von den Pat. mit Eröffnung des Bauchfells starben
8,8%, ohne dass man jedoch den tödlichen Ausgang einzig der Bauchfellwunde
zuschieben könnte.
Was noch die Recidivoperationen betrifft, so sind die Resultate derselben
recht ungünstig, indem nur 1 von 7 an Recidiv operirten Pat. ein dauernd gutes
Resultat gab. de Quervain (Chaux-de-Fonds).
32) V. Subbotie. Splenektomien.
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1898. No. 6 u. 7. [Serbisch.))
1) 40jährige Pat., welcher S. wegen Schmerzen die bewegliche, hypertrophische
Malariamilz exstirpirte. Der Stiel um 160° gedreht, an der verdickten Kapsel
fibröse Auswüchse und dünnwandige, hämorrhagische Cysten bis zu Bohnengröße.
Verf. meint, dass dies Produkte des Perisplenismus sind, die hämorrhagischen
Cysten von Blutungen in perisplenische Exsudate herrühren. Glatter Verlauf.
2) Die 21jährige Pat. litt an Malaria und bekam nach einer Fahrt auf hol-
perigcem Weg Schmerzen im linken Hypochondrium. Bald danach zeigte sich
unter dem linken Rippenbogen eine Geschwulst, welche sich unter Schmerzen ver-
größerte; Abortus im 4. Monat. Bei der Laparotomie findet man eine mannskopf-
große Cyste, welche mit dem parietalen Bauchfell verwachsen ist. In der Cyste
Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1215
2 Liter blutiger Flüssigkeit und fibröse Coagula. Der Grund der Cyste wird von
der vorderen Milsfläche gebildet. Gegendrainage zwischen den freien Rippen,
Naht der vorderen Wundöffnung. Glatter Verlauf. 8. meint, dass die Cyste durch
Blutungen in die oberflächlichen Schichten (in die Kapsel, in peritoneale Exsudat-
lamellen oder Adhäsionen) entstanden sei.
3) Bei der Laparotomie wurde die Milz mit Nets, Blinddarm, Gebärmutter
und den Adnexen verwachsen gefunden; der Stiel gedreht, seine Gefäße ganz
obliterirt, in den Verwachsungen stark entwickelte Gefäße. Am Hilus eine faust-
-große multilokuläre Cyste. Verf. erklärt diesen Fall in folgender Weise: Senkung
der Mils, Drehung des Stieles, Entwicklung des sekundären Blutkreislaufs durch
die Verwachsungen. Induration der Mils und Perisplenitis. Die Cyste wahr-
scheinlich aus den Lymphgefäßen des Perispleniums entstanden.
v. Caökovi6 (Agram).
33) Houzel (Boulogne-sur-Mer). Enorme hypertrophie de la rate
prise pour une tumeur solide de l'ovaire. Exosplénopexie. Guėrison.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 7.)
Ein sehr merkwürdiger Fall! Bei einer 42jährigen Pächterin aus malaria-
verdächtiger Gegend traten, nachdem bereits 4 Monate vorher eine heftige gastri-
sche Krise vorgekommen war, die Erscheinungen einer akuten Peritonitis auf. Bei
der Untersuchung des aufgetriebenen und schmerzhaften Leibes lässt sich nur un-
bestimmt eine gewaltige, solide Geschwulst in der linken Seite des Bauches fest-
stellen, die, wie die Untersuchung durch die Scheide ergiebt, auch in das kleine
Becken hineinreicht. Da die Frau jede Malariainfektion leugnet, aber angiebt,
dass mehrere andere Arzte frūher ein Ovarialkystom diagnosticirt haben, liegt die
Vermuthung einer soliden Eierstocksgeschwulst am nächsten. Sobald die Bauch-
fellentzündung einigermaßen gebessert, Laparotomie. Man findet, eine riesige
Milzgeschwulst. Die Splenektomie erweist sich indess als unausführbar, da sich
außer den an der Vorderfläche angelötheten Diekdarmschlingen noch zahlreiche
Verwachsungen mit dem Dünndarm an der hinteren Fläche der Riesengeschwulst
finden. Desshalb entschließt sich H., eingedenk eines analogen Vorgehens von
Jaboulay, das dieser dem Kropf gegenüber anwandte und als Exothyropexie
bezeichnete, zu einer Exosplenopexie. Er nähte mit Katgut das Peritoneum pa-
rietale jederseits an die Milzkapsel, so dass der größere Theil des Organs außer-
halb der Bauchhöhle zu liegen kam, in der Erwartung, dass das so der Luft
ausgesetzte Milzgewebe absterben und sich, ohne das Bauchfell zu inficiren, ab-
stoßen würde. Das kühne Experiment gelang. Nach wochenlanger, etwas be-
ängstigender Jauchung, die indess das Allgemeinbefinden der Pat. in keiner Weise
beeinträchtigte, erfolgte am Ende der 4. Woche die Abstoßung eines mannskopf-
großen Milzsequesters, worauf sich nach weiteren 6 Wochen die Laparotomiewunde
vollständig schloss. Jetzt, 20 Monate nach der Operation, geht die Frau wie
früher ihrer Landarbeit nach. Ob noch ein Milzrest vorhanden, konnte Verf. nicht
nachweisen.
(Ref. glaubt nicht, dass ein solcher zurückgeblieben sei und möchte für die
Nekrobiose der Milz eine andere Ursache annehmen wie Verf., der dieselbe allein
in dem Kontakt mit der äußeren Luft sieht. Eine Unterbrechung der Cirkulation
in den Milzgefäßen, sei es durch Zerrung, Knickung oder Torsion, dürfte doch der
Grund der plötzlichen Erkrankung sein, auch der anfänglichen akuten Peritonitis.
Die so sequestrirte Milz wirkte nunmehr wie ein Fremdkörper in der Bauchhöhle.
Es kommt solche Totalnekrose der Milz vor, und dass sie auch ohne Lebensgefahr
für den Träger ablaufen kann, dafür hat Ref. ein unanfechtbares Beweisstück
selbst durch Obduktion gewonnen. Bei einer an Hirnblutung verstorben alten
Frau hatte man im Leben eine harte Geschwulst rechts vom Nabel durch die
schlaffen Bauchdecken deutlich gefühlt, ohne dass man sagen konnte, womit man
es zu thun habe. Bei der Autopsie zeigte es sich, dass es die in ein knorpel-
hartes, todtes Gewebe umgewandelte und so weit gewanderte Milz war, die, in
Form und Größe einer Hummerschere gleichend, von zahlreichen peritonealen
1216 Centralblatt für Chirurgie. No. 48.
Verwachsungen an die Bauchdecken rechts vom Nabel angelöthet war. An nor-
maler Stelle fehlte die Mils, die Arteria lienalis verlor sich, allmählich enger
werdend, in einer peritonealen Verwachsung der Milzgegend.)
P. Stolper (Breslau).
34) Madelung. Nachtrag zu Lücke’s Mittheilung: Entfernung des
linken krebsigen Leberlappens.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. Il. Hft.3 u. 4.)
Lücke publicirte in diesem Centralblatt 1891 p. 115 einen Fall von gelungener
Exstirpation eines krebsigen Leberlappens, der seiner Zeit berechtigtes Aufsehen
erregte. M. sah die Frau nach 5 Jahren und verfolgte sie 2 Jahre hindurch. Sie
hatte an mehreren Stellen deutliche gummöse Ostitis, die auf antiluetische Kur
heilte; die Leber ließ mehrere Knoten fühlen. Da nun die histologische Be-
schreibung des angeblichen Krebses in der Lücke’schen Publikation sehr kurs
gehalten ist, auch nicht festgestellt werden kann, wer die Untersuchung gemacht,
das Präparat fernerhin fehlt, die Schilderung Lüoke’s endlich nicht dem typischen
Bild des Lebercarcinoms entspricht, so kommt M. zu dem Schluss, dass es nicht
mehr erlaubt ist, auf Grund der Beobachtung Lüoke’s die Möglichkeit der Hei-
lung eines primären Lebercareinoms durch Exstirpation ansunehmen, wie in den
Veröffentlichungen über Leberkrankheiten seit 1891 allgemein geschieht.
Haeckel (Stettin).
35) RB. Chrobak. Ein Fall von Lebercysten.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 14.)
46 Jahre alte Frau, seit 5 Jahren Anschwellung in der Lebergegend. 2 Jahre
später während Schwangerschaft Vergrößerung der Geschwulst bis gegen die Mitte
des Bauches. Bisweilen Fieber, nie Schmerzen, kein Ikterus. Seit 1/, Jahr starker
Kräfteverfall, Schmerzen, Kursathmigkeit.
Enorm ausgedehnter Leib, die unteren Rippen der rechten Seite sind durch
mehrere unregelmäßig gestaltete, unter der dünnen Haut deutlich sichtbare Ge-
schwülste so stark vorgedrängt, dass ihr unterer Rand sum vorderen wird. Auch
unterhalb des linken Rippenbogens mehrfach kleine Geschwülste. Rechts vom
Nabel, etwa handbreit unterhalb der Rippen, eine kindskopfgroße, fast halbkuglige
Geschwulst sichtbar mit glatter Oberfläche. Fast die ganse Bauchhöhle ist durch
eine große, derbe Geschwulst ausgefüllt, deren unterer Rand bis zur Crista ossis
ilei, in der Mammillarlinie bis fast zum Ligamentum Pouparti und in der Mittel-
linie bis handbreit unter den Nabel reicht. Auch diese Geschwulst weist mehrere
Höcker, theilweise Fluktuation seigend, auf. Kein Ascites nachweisbar. Diagnose
Echinococcus hepatis am wahrscheinlichsten.
Die Operation zeigte, dass die Geschwulst die enorm vergrößerte Leber dar-
stellte, die von einer ungemein großen Anzahl von haselnuss- bis faustgroßen,
nicht mit einander kommunicirenden Cysten durchsetzt war. Da eine radikale
Entfernung unmöglich war, wurde nur die zweiseitige Eröffnung der größten Cyste
ausgeführt. Keine Echinokokkenflüssigkeit. Eiweißgehalt 30/%, keine Bernstein-
säure oder Gallenbestandtheile. Pat. verließ wesentlich erleichtert das Kranken-
haus. Nach 5 Monaten befand sich die Pat. so wohl, dass sie ihren häuslichen
Obliegenheiten nachgehen konnte.
Es handelte sich demgemäß um jene nicht parasitären Cysten der Leber, wie
sie schon von Rokitansky beschrieben wurden, deren Ätiologie und genaueres
Verhalten aber noch nicht hinreichend bekannt sind. Hübener (Breslau).
a a I RE Re EN ED en re I SR Me a A
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden.
aaam aaa T
Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Centralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. vm Baum, (mm EA,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
m m en
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 49, Sonnabend, den 10. December. 1898.
Inhalt: Ringel, Beitrag zur Diagnose der Nephrolithiasis durch Röntgenbilder. (Ori-
ginal-Mittheilung.)
1) Monks, Nasenplastik. — 2) Hirsch, Symmetrische Erkrankung der Thränen- und
Mundspeicheldrüsen. — 3) Dzierzawski, Zahnextraktionen. — d Bozzi, 5) Ortuani,
Zungenkrebs. — 6) Hellat, Adenoide Wucherungen. — 7) Fraenkei, Mandelkrebs. —
8) Morelll, Carotisaneurysma. — 9) Cushing, Wirbelschuss. — 10) Sargnon, Kehlkopf-
enge. — 11) Massei, Kehlkopfpapillome. — 12) Newman, Druck auf den Vagus und
die Nn. recurrentes. — 13) Rolando, Zur Thyreoidektomie. — 14) Brentano, 15) Scha-
poschnikoft, 16) Devoto, Perikarditis. — 17) Cestan, Herzchirurgie.
18) 70. Naturforscher- und Ärzteversammlung: Goldberg, Urogenitaltuberkulose. —
Müller, Embryome. — Cramer, Osteoplastische Knochenspaltung. — Lorenz, Angeborene
Hüftverrenkung. — Krukenberg, Schulze, Dreesmann, Zenker, Orthopädische Apparate.
— Straeter, Künstliche Glieder.
19) Stankowski, Trommelfellrupturen. — 20) Löhnberg, Vibrationsmassage. —
21) Noquet, Parosmie. — 22) Bernard, Akute Entzündung der Nebenhöhlen. — 23) Frey-
muth und Petruschky, Noma. — 24) Berkeley, Gaumengeschwulst. — 25) v. Fried-
länder, Kieferklemme. — 26) Gundrum, Blutegel im Rachen. — 27) Bolsson und Marcus,
Geschoss in der Zungenbeingegend. — 28) Marle und Astié, Kyphose. — 29) Kofend,
Spontanfraktur bei Syringomyelie. — 30) Grounauer, Halsrippe. — 31) Preyss, Hals-
lipome. — 32) Harmer, Epiglottiscarcinom. — 33) Lermoyez, Recurrenslähmung. —
34) Gaudier, Kehlkopfmyxom. — 35) Costinin, Bösartige Kehlkopf-, Zungen- und Nasen-
geschwülste. — 36) Bonain, 37) Wolkowitsch, Intubation. — 38) Jessen, Perikarditis.
— 39) Rothschlid, Retrosternale Cyste.
Breuer, Nachtrag zur Original-Mittheilung: »Eine neue Operation der Hypospadie der
Eichel nach Bardenheuer«.
‘Aus "dem Neuen Allgemeinen Krankenhause Hamburg-Eppendorf.
Chirurgische Abtheilung [Oberarzt Dr. Kümmell].)
Beitrag zur Diagnose der Nephrolithiasis durch Rönt-
genbilder.
Von
Dr. Ringel, Assistenzarzt.
Die großen Schwierigkeiten, welche sich der klinischen Diagnose
der Nephrolithiasis so häufig bieten, sind jedem Kliniker genügend
bekannt. Fast könnte man sagen, dass die sogenannten typischen
49
1218 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
Symptome: Koliken, Nierenblutungen etc. zu den Seltenheiten ge-
hören, während die Mehrzahl der Fälle unter dem Bilde schwerer
Blasenkatarrhe oder der eitrigen Pyelitis verläuft.
Es ist wohl selbstverständlich, dass mit der Vervollkommnung
des Röntgenverfahrens das Bestreben verbunden wurde, auch auf
diesen dunklen, klinischen Gebieten mit der Röntgenphotographie
ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel zu gewinnen. Bemühungen
in dieser Richtung sind Anfangs gerade so wie bei den Gallensteinen
und Blasensteinen resultatlos geblieben, und erstere können auch
heute noch, da sie von den Röntgenstrahlen durchdrungen werden,
durch Aktinogramme nicht zur Anschauung gebracht werden.
Anders verhält es sich mit den Nieren- und Blasensteinen.
Die ersten Aufnahmen dieser Konkremente sind von Leichen ge-
wonnen, denen die Konkremente in die betreffenden Organe künst-
lich hineingelegt waren, und stammen aus unserem Röntgenlabora-
torium. Im Lauf der Zeit ist es dann Verschiedenen und auch uns
gelungen, Bilder von Nierensteinen und Blasensteinen von Lebenden
zu erhalten, aber nur in vereinzelten Fällen, während die Mehrzahl
der Bilder von Pat., die zum Theil recht große Konkremente in
ihrem Nierenbecken beherbergten, ein negatives Ergebnis lieferte.
Der Unterschied dieser Resultate konnte nicht etwa durch eine Ver-
schiedenheit der Güte der einzelnen Bilder erklärt werden, da auch
bei den Bildern der letzten Gruppe die einzelnen Kontouren der
Wirbelkörper bis in die Details deutlich sichtbar waren. Wir haben
desshalb versucht, die Ursache für die Verschiedenheit der Resultate
auf experimentellem Wege zu finden und können die Frage heute
dahin beantworten, dass sie auf der chemischen Verschiedenheit
der Nierensteine beruht. Die Versuche wurden in folgender Weise
zur Ausführung gebracht:
Zunächst wurden die verschiedenen, mir zur Verfügung stehenden
Nierensteine (Oxalatstein, Harnsäurestein, Phosphatstein) auf eine
photographische Platte gelegt und den Röntgenstrahlen gleichmäßig
ausgesetzt. Es fand sich, dass der harte Oxalatstein, fast vollkommen
undurchlüssig, einen scharfen Schatten producirt hatte. Etwas
durchlässiger erschien der Harnsäurestein, während der Phosphat-
stein starke Durchlässigkeit zeigte, ungefähr in demselben Maße,
wie es Gallensteine zu thun pflegen.
AlsZweites wurde dann bei einer mäßig korpulenten Leiche die eine
Niere freigelegt, das Nierenbecken durch den anatomischen Schnitt
eröffnet, und die Niere derartig in der Hautwunde fixirt, dass das
Nierenbecken von außen zugänglich blieb. In dieses wurden dann
die oben erwähnten Nierensteine nach einander hineingeschoben
und bei gleicher Expositionsdauer Röntgenaufnahmen gemacht. Die
Resultate entsprachen vollkommen der oben angeführten Durchlässig-
keitsskala. Mit derselben Schärfe, wie etwa ein Projektil in den
menschlichen Weichtheilen, war der Oxalatstein sichtbar, weniger
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1219
scharf, aber doch immerhin noch deutlich der Harnsäurestein; der
Phosphatstein dagegen war verschwunden.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Verhältnisse für Rönt-
genaufnahmen gerade von Konkrementen in der Niere bei Leichen
außerordentlich viel günstiger liegen als bei Lebenden; denn einer-
seits verharten durch den Ausfall der Athmung die Organe in ab-
soluter Ruhelage, andererseits befindet sich bei der Leiche der Stein
in einem leeren Nierenbecken, während Nierenkonkremente bei
Lebenden wohl stets von Flüssigkeit, sei es Urin, Eiter oder Blut,
umspült sind. Wenn wir demnach die Resultate unserer Versuchs-
reihe auf den Lebenden übertragen wollen, müssen wir einen ge-
wissen Abzug vom Positiven zu Gunsten des Negativen machen.
Abgesehen von Pat., welche sich für Röntgenaufnahmen des Rumpfes,
sei es wegen übermäßiger Korpulenz oder sonstiger störender Eigen-
schaften überhaupt nicht eignen, wird man in Fällen, wo es sich
um Oxalatsteine im Nierenbecken handelt, stets auf ein positives
Resultat rechnen dürfen. Anders verhält es sich schon bei den
Harnsäuresteinen. Hier wird man nur unter besonders günstigen
Verhältnissen von Lebenden ein positives Bild bekommen, sei es,
dass es sich um ein sehr mageres Individuum handelt, oder dass
die Lokalverhältnisse im Nierenbecken, bedingt durch irgend welche
Zufälligkeiten, gerade sehr günstig liegen. Die Phosphatsteine sind
natürlich noch weniger wie bei der Leiche sichtbar.
Nun ist eine bekannte Thatsache, dass die Häufigeit der er-
wähnten 3 Arten von Nierensteinen im umgekehrten Verhältnis
zu ihrer Undurchlässigkeit für Röntgenstrahlen steht; d.h. in den
meisten Fällen von Nephrolithiasis handelt es sich um Phosphat-
steine, seltener um Harnsäuresteine, ganz selten um Oxalatsteine.
Wir haben hier somit eine vollständig genügende Erklärung dafür,
dass es in so wenig Fällen glückt, Bilder von Nierensteinen bei
Lebenden zu bekommen, während andererseits klinisch sichere Fälle
von Nephrolithiasis aktinographisch nicht verwerthbar sind. Auch
hier dürfen wir uns nur des positiven Resultats bedienen und
müssen davor warnen, eine klinisch gesicherte Diagnose durch das
negative Röntgenresultat umzustoßen.
Identisch mit den Nierensteinen, besonders in ihrer chemischen
Zusammensetzung, sind die Blasensteine; wir können desshalb die
geschilderten Versuche ohne Weiteres für letztere in Anwendung
bringen. Das stimmt auch mit unseren bisherigen Erfahrungen. In
unserer großen Sammlung von Röntgenbildern haben wir nur zwei
Blasensteinbilder von Lebenden, während dem gegenüber große, sei
es durch Operation, sei es post mortem entfernte Blasensteine auf
dem Aktinogramm nicht sichtbar gewesen waren.
Zum Schluss sei darauf hingewiesen, dass es zweckmäßig ist,
bei derartigen Aufnahmen, um jeglichen störenden Nebenschatten
zu vermeiden, den Pat. vorher gründlich ausleeren zu lassen, eben so,
wie für eine Entleerung der Blase zu sorgen. Für Aufnahmen von
49*
1220 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
Nierensteinen empfiehlt es sich ferner, die Oberschenkel dem Körper
etwas zu nähern; es wird dadurch die natürliche Lordose ausge-
glichen und der etwaige Stein der photographischen Platte näher
gerückt.
1) Monks. Correction, by operation, of some nasal defor-
mities and disfigurements.
(Boston med. and surg. journ. 1898. September.)
Von den besprochenen, auf die Beseitigung unangenehmer Ent-
stellungen der Nase gerichteten operativen Maßnahmen sei hier nur
die Methode erwähnt, mittels welcher Verf. durch Trauma oder
sonst wie schief gewordene Nasenknochen gewissermaßen subkutan,
ohne sichtbare, größere Hautnarben einbricht. Von einem kleinen
Schnitte unterhalb der Nasenspitze bahnt er sich mit einer Schere
den Weg zu dem deformirten Knochen unter der Haut. In diesen
Kanal wird dann ein kleines Instrumentchen eingeführt, welches,
nachdem es die vorspringende Stelle erreicht hat, in einer kleinen
Vertiefung an seinem Rücken die Spitze eines bleistiftartigen, durch
die Haut von außen eingestoßenen Instruments aufnimmt. Ein Schlag
auf dieses letztere Instrument zerbricht dann den Knochen in der
gewünschten Ausdehnung.
Zur Beseitigung der Sattelnase wurden mehrfach Celluloid-
platten verwandt, welche von der oben beschriebenen, kleinen Schnitt-
wunde aus unter die Haut gebracht waren.
Willemer (Ludwigslust.
2) Hirsch. Ein weiterer Beitrag zur Lehre von der sym-
metrischen Erkrankung der Thränen- und Mundspeichel-
drüsen (Mikulicz).
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 3 u. 4.)
H. giebt aus der Curschmann’schen Klinik einen werthvollen
Beitrag zur Kenntnis der genannten Erkrankung, der besonders ge-
eignet ist, die pathologisch-anatomische Deutung des dunklen Pro-
cesses zu fördern. Die Erkrankung betrifft einen 30jährigen Mann
und hatte beide Thränendrüsen, Parotiden, Submaxillar- und Sub-
lingualspeicheldrüsen ergriffen; daneben bestand geringfügige all-
gemeine Lymphdrüsenschwellung. Unter Jodkaliverabreichung gingen
die Geschwülste fast gänzlich zurück. Die mikroskopische Unter-
suchung einer exstirpirten Submaxillardrüse ergab, dass es sich um
eine ausgedehnte Rundzelleninfiltration zwischen den Acinis handle;
es ließ sich der Übergang der Rundzellen in Zellen mit länglichem
Kern, also Umbildung der Rundzelleninfiltration in neu sich Wien,
des Bindegewebe feststellen. Nebenher geht ein selbständige De-
generation der Drüsenepithelien; aus denselben entstehen Kongluti-
nationsriesenzellen. H. weicht von den bisherigen Auffassungen der
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1221
Krankheit in dem bedeutsamen Punkt ab, dass sie nach ihm nicht
in Wucherung eines Iymphadenoiden Gewebes besteht, bei welcher
die Epithelveränderungen nur eine passive Rolle spielen, sondern in
einem diffusen, chronischen, indurirenden Process, der Ähnlichkeit
mit der hypertrophischen Lebercirrhose Charcot’s habe. Er möchte
desshalb die Krankheit als Cirrhose der Thränen- und Mundspeichel-
drüsen bezeichnen und erklärt die abweichende Deutung früherer
Autoren daraus, dass diese ihre Präparate aus sehr frühen Stadien
gewonnen haben, als das Granulationsgewebe noch das ganze Bild
beherrschte, und der Ubergang zur Bindegewebsneubildung noch nicht
deutlich hervortrat. Haeckel (Stettin).
3) B. Dzierzawski. Über Anästhesie bei Zahnextraktionen,
namentlich über Anwendung des Eukains.
(Przegląd denty styosny 1898. No. u. 2.)
Im vorliegenden Artikel wird die übrigens allgemein übliche,
zum Zweck des Zahnziehens gemachte Technik der Injektion genau
erläutert und hierzu namentlich Eukainlösung sehr warm empfohlen.
Nach des Ref. Erfahrungen eignet sich Schleich’sche Lösung
No. 2, kunstgerecht injicirt, hierzu vorzüglich.
Trzebioky (Krakau).
4) E. Bozzi. Beitrag zur Kenntnis der auf dem Boden der
Psoriasis entstehenden Zungencarcinome.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.)
B. berichtet über einen Fall von Carcinom der Zunge, das sich
aus Psoriasisflecken entwickelt hatte. Mit Le Dentu und Besnet
nimmt Verf. an, dass in solchen Fällen das Carcinom als die noth-
wendige letzte Phase der Leukoplakia linguae anzusehen ist, und
empfiehlt daher die Abtragung der psoriasischen Partien, sobald
jede andere Behandlung erfolglos geblieben ist, und Risse oder
Ulcerationen in der kranken Stelle auftreten. Bezüglich der Histo-
genese des Carcinoms hat B. Stützpunkte für die Ribbert’sche
Theorie nicht gefunden, betont vielmehr, dass die Sequestration des
Epithels keineswegs unerlässlich ist, und die kleinzellige Infiltration
der Zapfenbildung nicht vorausgeht, sondern nachfolgt. Im vor-
liegenden Falle hält Verf. eine primäre Entartung des Epithels im
Sinne Hauser’s oder auch eine Anaplasie im Sinne Hansemann’s
für das Zutreffende. Honsell (Tübingen).
5) A. Ortuani. I diversi metodi di amputazione della
lingua per epitelioma in confronto al metodo termo-galvanico.
(Clinica chirurgica 1897. No. 10 u. 11.)
o. Bottini’s Assistent, stellt in einer überaus fleißigen und
sorgfältigen Arbeit die verschiedenen Operationsmethoden für den
1222 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
Zungenkrebs zusammen, um schließlich ihren Werth gegenüber dem
thermogalvanischen endoralen Verfahren seines Lehrers zu prüfen.
Die vorausgeschickten allgemeinen und anatomischen Bemerkungen
enthalten nichts wesentlich Neues; die letzteren dienen hauptsächlich
dazu, die Zurückweisung der extraoralen Methoden durch die Wich-
tigkeit der die Mundhöhle begrenzenden Weichtheile und ihrer
Funktionen zu begründen.
Die Operationsverfahren sind in folgender Weise geordnet:
1) Abtragung mittels Schnittes: Louis, Lisfranc etc. 2) Abtragung
nach Umstechung: Mayor (Lisfranc), Cloquet, Vidalde Cassis
etc. 3) Abtragung mit dem Ecraseur: Chassaignac u. A. 4) Ab-
tragung mit dem Thermokauter. 5) Kombinirte Methoden: Buchanan,
Sedillot, Syme, Roux (Spaltung des Unterkiefers), Collis (Spaltung
der Wange), Regnoli (suprahyoideale Incision), Billroth, Kocher
etc. 6) Abtragung mit dem Galvanokauter. Dieser Methode ist
natürlich der größte Raum gegönnt, sie wird in allen Einzelheiten
und Modifikationen, wie sie sich bei mehr als 100 Fällen in der
Hand eines Operateurs allmählich herausgebildet haben, beschrieben.
(Vgl. auch das Referat in No. 51 1894 d. Bl. über Bottini’s
Originalarbeit.)
In den Schlussbemerkungen werden die Vorzüge und Nachtheile
der angeführten Methoden ziemlich unparteiisch besprochen. [Für
die einfachen, nicht weit vorgeschrittenen Fälle ist Dis Verfahren
als das rascheste, leichteste, unschädlichste entschieden zu bevor-
zugen; es sichert vor Blutungen, Infektionen in hohem Grade. Bei
irgend schwierigeren Fällen aber muss jede Rücksicht auf die
übrigen Organe der Mundhöhle und der Wandungen zurücktreten;
es gilt ja, der Erkrankung im denkbar weitesten Sinne Herr zu
werden. Darum ist in den einfacheren Fällen derzeit die Ausräumung
der Lymphwege zu beiden Seiten des Halses die weitaus größere
Operation, der sich dann die Abtragung der Geschwulst und Plastik
der Zunge verhältnismäßig leicht anschließt. Ref.)
J. Sternberg (Wien).
6) P. P. Hellat. Über adenoide Wucherungen bei Er-
wachsenen.
(Wratsch 1898. No. 34. [Russisch.))
Nach H. ist diese Erkrankung bei Erwachsenen gar nicht selten:
innerhalb zweier Jahre sah er sie 65—70mal und operirte 46 Kranke
(17—62 Jahre alt). Fast immer ist die Operation leicht, die Blutung
gering und der Erfolg sehr gut. Verf. richtet daher die Aufmerk-
samkeit seiner Kollegen auf diese Affektion, die, leicht heilbar, oft
zu recht schweren Erscheinungen führt.
Güekel /B. Karabulak, Saratow).
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1223
7) A. Fraenkel. Zur Technik der Operation des Mandel-
krebses.
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 12.)
Um bei weniger ausgedehnten Mandel- und Rachencarcinomen
die von den verschiedenen Autoren angegebenen Hilfsoperationen
überflüssig zu machen, empfiehlt F. ein Verfahren, welches er zuerst
vor 5 Jahren von Gersuny hat ausführen sehen. Dasselbe besteht
darin, dass in Chloformnarkose unter Anwendung von Heister, Mund-
winkelhalter und Zungenspatel die Neubildung vom Mund aus um-
schnitten und dann durch Naht vereinigt wird. F. räth unter Bei-
fügung der betreffenden ausführlichen Krankengeschichte, die Carotis
externa bei Gelegenheit der Exstirpation der betreffenden Halsdrüsen
präventiv zu unterbinden, da hierdurch ein »förmlich trockenes,
blutleeres Operiren« ermöglicht wird. Die Grenzen der Neubildung
bleiben dann stets klar erkennbar, der Operateur wird durch Tupfen
nicht gestört, und die Gefahr der Blutaspiration erscheint vollkommen
beseitigt. Bei großem Defekt lassen sich durch Unterminiren die
Wundränder relativ bequem vereinigen; eine kleine Lücke zur Tam-
ponade erscheint rationell. Auf diese Weise verliert auch der Ein-
griff in den Augen des Pat. viel von seinem Schrecken, der Verlauf
ist ein milder und kurzer, »eine Tonsillotomie heilt kaum beschwerde-
loser«.
Das Bedenken bezüglich der radikalen Entfernung der Neu-
bildung bei diesem Vorgehen beseitigt F. durch den Hinweis auf
Gersuny’s Pat., der heute noch nach 5 Jahren recidivfrei ist.
Hübener (Breslau).
8) Morelli. Il simpatico cervicale e gli aneurismi della
carotide primitiva.
(Rivista clin. e terapeut. 1898. No. 9.)
Ein seltenes Symptom, welches M. 2mal beobachtete, scheint bei
Aneurysmen der Carotis communis das Auftreten der sog. oculopupil-
lären Erscheinungen zu sein; und zwar traten in den angegebenen
Fällen auch die seltneren ein: Verkleinerung des Bulbus, Abflachung
der Wange. Bei anderen Halsgeschwülsten hat M. sie noch nie
beobachtet. Er weist darauf hin, dass die Aneurysmen auf ihre
Umgebung viel gefährlicher einwirkten; das thut schon die Knochen-
usur dar, welche sie verursachen können. In beiden Fällen betraf
die Erweiterung nur die beiden peripheren Drittel der Carotis. Das
centrale Drittel soll zum Sympathicus weniger enge Beziehungen
eingehen, von ihm durch lockereres Gewebe getrennt und leichter
isolirbar sein. E. Pagenstecher (Wiesbaden).
1224 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
9) H. W. Cushing. Haematomyelia from gunshot wounds
of the spine.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.)
C. veröffentlicht mit großer Ausführlichkeit einen Fall von
Schussverletzung in den Nacken, welcher etwas seitlich getroffen
wurde, und liefert in der exakten Untersuchung der nervösen Aus-
falls- und Reizungserscheinungen einen werthvollen Beitrag zur
Physiologie des Rückenmarks. $
2 Radiogramme zeigen den Sitz des Geschosses an, und 8 halb-
schematische Zeichnungen illustriren die Verbreitungszonen der Un-
empfindlichkeit für Berührung, Schmerz, Warm und Kalt, die
Hyperästhesien, Parästhesien, Lähmungen und Paresen, und zwar
sofort nach dem Unfall, dann 2 Monate, und zuletzt 6 Monate später.
Ohne auf die von C. gegebenen Details einzugehen, sei aus
seinen Beobachtungen hier Folgendes als Résumé wiedergegeben:
1) Lähmungssymptome, welche auf ein Trauma im Cervicaltheil
der Wirbelsäule folgen, sind, wenn keine Deformirungen oder Zer-
reiBungen der letzteren vorliegen, in der Mehrzahl der Fälle bedingt
durch Blutung in die Substanz des Rückenmarks.
2) Für diese Blutungen scheint eine Prädilektionsstelle der
untere Theil der Cervicalanschwellung zu sein, wodurch es zu dem
von Krauss so genannten Symptomenkomplex des »Typus inferior«
kommt.
3) Die Blutung, die für gewöhnlich zuerst nur auf einer Seite
ihren Sitz hat, führt zu Lähmungssymptomen nach dem Typus von
Brown-Séquard.
4) Die tiefen Reflexe auf der Seite der Verletzung können für
einige Zeit erhalten sein, verschwinden dann und kehren zurück,
um gesteigert zu bleiben.
5) Die Blutung findet primär in die graue Substanz statt und
führt bei ihrer Resorption oft zu Cystenbildung. In manchen Fällen
entstehen hierdurch Symptome, welche an Syringomyelie erinnern.
6) Die unmittelbare Prognose dieser Art von Hämatomyelie ist
gut, besonders bei nicht septischem Wundverlauf und ohne chirur-
gischen Eingriff.
Am Ende der Arbeit ist noch ein zweiter, ähnlicher Fall mit-
getheilt, bei dem das Geschoss in der Höhe des rechten unteren
Scapulawinkels rechts die Wirbelsäule traf. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
10) Sargnon (Lyon). Quelques observations de tubages
dans les stenoses syphilitiques du larynx. Considerations
sur les indications, les contre-indications et les avantages de
cette methode.
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 8.)
, An der Hand von 3 geheilten Fällen empfiehlt S. die 'Tubage
bei syphilitischer Kehlkopfstenose. Man müsse sie auch bei bedroh-
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1225
lichen Asphyxien vor der Tracheotomie versuchen. Bei der chro-
nischen sklerösen Stenose helfe sie über die besonders oft in der
Nacht auftretenden Erstickungsanfälle hinweg und wirke durch
Dehnung heilend. Im Anfang einer Jodkur endlich trete oft eine
Verschlimmerung der Kehlkopfenge ein; auch für diesen Fall sei
die Tubage angezeigt. P. Stolper (Breslau).
11) Massei. Contributo alla cura dei papillomi laringei nei
bambini.
(Durante’s Festschrift.)
Verf. hatte vergeblich versucht, das Papillom eines Sjährigen
Kindes ohne und mit Narkose zu entfernen, als es ihm gelang, das-
selbe mit der O'Dwyer’schen Intubationskanüle zu beseitigen. Die-
selbe hat eine bohnenförmige Öffnung mit schneidenden Rändern
und endigt blind. Ein Holzgriff dient zum Einführen des Instruments.
Eine Schraube verbindet Griff und Kanüle und ermöglicht es, die
Schneide der Geschwulst zuzukehren. Die Kanüle wird für die-
jenigen Operationen des Kehlkopfs empfohlen, welche auf intra-
laryngealem Wege vorgenommen werden. Dreyer (Köln).
12)D. Newman. Early symptonis of pressure upon the vagus
and recurrent laryngeal nerves.
(Glasgow med. journ. 1898. August.)
Da es auch für den Chirurgen von großer Wichtigkeit ist, die
Aneurysmen der Aorta so wie Mediastinalgeschwülste möglichst früh-
zeitig zu erkennen, sei auf die vorstehende Veröffentlichung N.’s
hier kurz hingewiesen. Als solche frühzeitig, manchmal lange vor-
her, ehe eine intrathorakische Geschwulst physikalisch nachweisbar
ist, auftretende charakteristische Erscheinungen werden angegeben.
1) Plötzliche und paroxysmale Dyspno& mit laryngealem Stridor,
wenn keine sonstigen Erkrankungen des Kehlkopfes, der Lungen
oder des Herzens zur Erklärung der Symptome vorliegen. Sind
Krampf oder Lähmung der Stimmbänder einseitig, so ist wahr-
scheinlich nur der Rekurrens der einen Seite komprimirt, sind sie
dagegen doppelseitig, so besteht entweder Druck auf beide Rekur-
rentes oder auf den Stamm des einen Vagus.
2) Der heisere, unvollkommene Husten mit mangelhafter exspira-
torischer Wirkung, welcher manchmal einem langen, lauten Grunzen
ähnelt. Dieser Husten ist häufig so charakteristisch, dass er sofort
auf die Diagnose hinführt.
3) Sprachstörungen, welche jedoch nicht so charakteristisch sind,
wie die beiden eben beschriebenen Symptome.
Willemer (Ludwigslust).
EM
1226 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
13) S. Rolando. Sul rapporto delle arterie tiroidee inferiori
col ricorrente e su di una pratica operativa per evitarne la
lesione nella strumectomia.
Genua, 1898.
An 18 Leichen fand Autor den N. laryngeus inferior stets
durch die von den beiden Zweigen der Art. thyr. inferior gebildete
Gabel treten. Links war dieses Verhältnis "mal anzutreffen; (mal
ging der Nerv vor, 6mal hinter und 3mal nach innen vom Gefäß
her. Den Sympathicus fand er je 2mal rechts resp. links vor der
Arterie verlaufen. Der Bogen, welchen die Arterie beschreibt, liegt
durchschnittlich 2—2!/,, selten 3 oder 4 cm vom Tuberc. carotid.
entfernt; von da verläuft das Gefäß in einer Linie, welche vom
Tuberculum nach der entgegengesetzten Artic. sternoclav. gezogen
wird. R. empfiehlt als Stelle der Wahl diese Partie des Stamms der
Arterie zur Unterbindung zu wählen, um Verletzungen des Nerv.
laryngeus zu vermeiden. Ein Kropf soll danach nach Kocher so
entfernt werden, dass die hintere Kapsel mit der Stelle, an welcher
der Nerv die Gefüßgabel durchzieht, zurückbleiben.
E. Pagenstecher (Wiesbaden).
LA) Brentano. Zur chirurgischen Behandlung der Perikarditis.
(Aus der chirurgischen Abtheilung des städtischen Kranken-
hauses am Urban in Berlin. Direktor: Prof. Dr. Körte.)
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 32.)
B. will die chirurgische Behandlung nur denjenigen Fällen an-
gedeihen lassen, in denen die Herzbeutelentzündung eine exsudative
ist, auch hier nur, wo das Leben bedroht oder eitrige Beschaffenheit
anzunehmen ist.
Oft erschweren diagnostische Schwierigkeiten den Eingriff, so
die Differentialdiagnose zwischen Perikarditis mit Exsudat und ein-
facher Herzhypertrophie.
Als Methoden für die Entleerung des Herzbeutels betrachtet B.
1) Die Punktion.
2) Die Incision durch einen Interkostalraum.
3) Die Incision nach vorausgeschickter Rippenresektion.
Die Punktion ist ohne Gefährdung des Herzens mit Sicherheit
nirgends ausführbar.
Was die Lage des Herzens im Exsudat betrifft, so haben die
Erfahrungen im Urbankrankenhaus gelehrt, dass das Herz in einem
mit Flüssigkeit erfüllten Perikard der vorderen Brustwand genähert
bleibt, falls es nicht durch Verwachsungen anderswo fixirt gehalten
wird. Bei der Punktion können dann leicht die Coronargefäße ver-
letzt werden.
Weit häufiger kommt aber die Pleura bei der Punktion in Ge-
fahr; ja in der Mehrzahl der Fälle ist zweifellos die Paracentese des
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1227
Perikards durch die gesunde Pleura gemacht worden, wodurch unter
Umständen bald nach der Punktion ein Pleuraerguss auftreten kann.
Ferner kann durch eine einmalige Punktion so gut wie nie eine
vollständige Entleerung des Exsudats erzielt werden.
B. verwirft desshalb die Punktion völlig; das Gleiche gilt nach
ihm von der Incision ohne voraufgeschickte Rippenresektion, weil
die Vasa mammaria interna und die Pleura gefährdet sind, und die
Übersicht über die tieferen Theile sehr schwer ist. Auch Ver-
wachsungen können nicht hinreichend übersehen werden.
Dagegen ist die Eröffnung des Perikards durch Rippenresektion
eine so einfache Operation, dass man dieselbe meist ohne allgemeine
Narkose versuchen und unter Lokalanästhesie zu Ende führen kann.
Der 5. linke Rippenknorpel ist der geeignetste für die Resektion.
Derselbe muss nach Ablösung der Interkostalmuskeln dicht am Brust-
bein wie an seinem Übergang in den knöchernen Theil abgetrennt
werden. Die auf dem M. triangularis sterni verlaufenden Vasa
mammaria sind vor der Eröffnung des Herzbeutels doppelt zu unter-
binden. Nach stumpfer Durchtrennung der Fasern des Triangularis
sterni und Zurückschiebung der Umschlagsfalte der Pleura nach der
Seite eröffnet man den meist mehr weißlich glänzenden Perikardial-
sack, aus dem das Exsudat brodelnd herausschießt, wobei das Herz
oft die Neigung zeigt, die Wunde nach vorn zu verlagern. Bei
eitrigem Exsudat empfiehlt sich eine Ausspülung mit sterilem Wasser.
Die Schnittränder des Perikards werden am besten an die Haut
fixirt und mit Jodoformgazestreifen dann drainirt. Bei eitrigem
Exsudat wurden dann noch tägliche Spülungen mit sterilem Wasser
gemacht.
Wo in dieser Weise radikal operirt wird, sind nach B. auch
weniger leicht Verwachsungen innerhalb des Herzbeutels zu erwarten.
Unter 5 so operirten Fällen trat zwar nur Imal Genesung ein,
doch jedes Mal eine außerordentliche Erleichterung des Kranken.
Der Tod erfolgte aber nicht an der Perikarditis, sondern der schweren
Grundkrankheit.
Wo schon längere Zeit schwere Störungen der Herzthätigkeit
bestanden, oder alte Schwartenbildung vorliegt, sollte nicht operirt
werden.
Die Perikardiotomie des 5. Rippenknorpels 2mal wegen eitriger
Perikarditis vorgenommen, vermochte beide Mal den Tod nicht zu
verhindern; doch handelt es sich um Osteomyelitis als Ursache.
R. Wagner (Mülheim a. d. R.).
15) Schaposchnikoff. Zur chirurgischen Behandlung der
Perikarditis. Einige Bemerkungen zum Artikel des Herrn
Dr. Brentano in No. 32 dieser Wochenschrift.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 38.)
S. nimmt für sich die Priorität in Anspruch in Bezug auf Fest-
stellung der Thatsache, dass das Herz im perikardialen Exsudat
1228 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
nicht, wie man früher glaubte, nach hinten, sondern stets nach vorn
liegt. Er hat dies durch zahlreiche Leichenbefunde und Experimente
festgestellt, deren Beweiskraft er gegen Bretano, welcher dieselbe,
weil bei ihnen die vordere Brustwand entfernt wurde, angreift,
energisch aufrecht erhält. Er erklärt die Neigung des Herzens, nach
vorn und oben zu streben, durch die Elasticität der großen Gefäße.
RB. Wagner (Mülheim a. d R.).
16) Devoto. La paracentesi del pericardio.
(Cronaca della clinica medica di Genova 1898. No. 3. Ref. nach Morgagni 1898.
No. 40.)
Man zieht eine etwa 9'/, cm lange Linie von der Herzspitze
nach dem rechten Sternalrand auf der Höhe der Verbindung zwischen
Körper und Schwertfortsatz desselben. Auf dieser Basis errichtet
man ein gleichseitiges Dreieck. Alsdann bestimmt man, wie weit
die Herzdämpfung über dieses (Baccelli’sche) Dreieck hinausgeht.
Der Trokar wird an der Grenzlinie der Dämpfung zwischen dem
mittleren und unteren Drittel eingestoßen. Der Kranke liegt schräg
auf der linken Seite und hat Kopf und Schultern ein wenig gehoben.
Der Darm muss leer sein. Die Nadel soll sehr klein sein und die
Saugkraft der Spritze mäßig. Der Puls muss gut überwacht, event
sofort zu Excitantien gegriffen werden. In dem Augenblick, in dem
der Trokar eingestoßen wird, soll der Kranke ausathmen, damit die
Lungenränder sich zurückziehen. Dreyer (Köln).
17) É. Cestan. L'intervention chirurgicale dans les trauma-
tismes du coeur et du pericarde.
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. März.)
C. giebt eine sorgfältige Übersicht über den gegenwärtigen
Stand der Herzchirurgie bei Verletzungen des Organs. Zur Fest-
stellung der Blutansammlungen im Perikard räth C. die Anwendung
des Fluoroskops und des Phonendoskops. Voluminöse Fremdkörper
(Degenspitze, Messer) sollen aus dem Herzen oder Perikard erst nach
Freilegung der verletzten Stelle entfernt werden; auch sollen zuerst
die zur Naht bestimmten Fäden gelegt und durch sofortiges Zu-
schnüren ein stärkere Blutung vermieden werden.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1229
18) Bericht über die chirurgische Abtheilung
der 70. Naturforscher- und Ärzte-Versammlung
in Düsseldorf.
Referirt von Re Wagner in Mülheim a. d. R.
IV.
Dr. B. Goldberg (Wildungen, Köln): Beitrag zur Behandlung der Uro-
genitaltuberkulose.
Die Entscheidung über operative Therapie bei Urogenitaltuberkulose wird be-
herrscht von der Frage: Beschränkt sich die Tuberkulose auf ein Organ des
Urogenitaltractus? Nur für die Nieren und für die äußeren Genitalien kann diese
Frage in einer Reihe von Fällen, für die übrigen Organe nur in einzelnen Fällen
bejaht werden; isolirte Tuberkulose der Prostata oder der Harnleiter oder der
Harnblase oder der Samenbläschen ist eine Seltenheit. — Also kann als Radikal-
therapie die operative nur bei Nieren-, Hoden- und Nebenhodentuberkulose in
Frage kommen. Die örtliche Behandlung der Blasentuberkulose kann aus dem-
selben Grunde nur eine palliative sein. Blasenspülung, Blasenätzungen, Blasen-
exstirpationen, bezw. Resektionen sind kontraindieirt. — Sowohl bei den noch
nicht operationsfähigen Tuberkulosen, als auch bei den nicht mehr operabeln,
endlich bei den Operationen als Unterstützung ist die interne, diätetische und
medikamentöse Behandlung heranzuziehen. G. hat außer Guajakol und Kreosot
Ichthyol. sulfoammoniae. in flüssiger Form zu 1,0—3,0 pro die bei 13 Urogenital-
tuberkulosen verabreicht; die Wirkung des letzteren erstreckte sich nicht nur auf
den Allgemeinzustand, sondern auch auf die örtlichen Erscheinungen: Blutung,
Eiterung, Harndrang, Schmerzen. Die Besserung war so konstant, so progressiv
und so auf alle Krankheitserscheinungen ausgedehnt, dass ein Zweifel an dem
ersichtlichen Zusammenhang zwischen Besserung und Ichthyolmedikation trotz der
bekannten Intermittens der Beschwerden nicht berechtigt erscheint.
(Selbstbericht.)
W. Müller (Aachen) demonstrirt, unter Hinweis auf die werthvollen Unter-
suchungen von Wilms, 2 durch Operation gewonnene Präparate, die zur Gruppe
jener zusammengesetzten Gesohwülste gehören, die heut su Tage noch vielfach
fälschlich als Ovarialdermoide bezeichnet werden, die aber, nach dem Vorschlag
von Wilms, besser als embryoide Tumoren, als Embryome zu bezeichnen
sind. Durch mikroskopischen Nachweis von Derivaten aller 3 Keimblätter hat
Wilms das Verständnis der Genese nicht nur für eine große Zahl komplicirter
Ovarien-, sondern auch Hodentumoren sehr wesentlich erleichtert. Die Auffassung
namentlich jener seltenen Tumoren, in welchen ganze Organe enthalten sind, als
rudimentär entwickelte Menschen, ist ja nicht neu. Das erste der beiden Prä-
parate, von einer 20jährigen Virgo intacta stammend, stellt ein recht seltenes Vor-
kommnis dar: In einer der Cysten der Eierstocksgeschwulst findet sich nämlich
außer Knochen und Haaren ein wohl charakterisirter Dickdarm, mit Tänien und
Mesenterium und einer Andeutung von Wurmfortsatz.
Das 2. Präparat, dessen Bedeutung in vivo erst durch Zuhilfenahme einer von
Komik nicht freien Krankengeschichte erkannt wurde, gehört ebenfalls zu der
Gruppe der Embryonen (in ähnlicher Form auf dem letzten Chirurgenkongress aus
der v. Bramann’schen Klinik demonstrirt). Es wurde aus dem Rectum, ziemlich
hoch sitzend, entfernt und präsentirte sich bei der Untersuchung als eine klein-
apfelgroße, scheinbar mit knöchernem Stiel dem Kreusbein aufsitzende Geschwulst.
An dem harten, polypenartigen, mit dicker (Kopf-) Haut überzogenen Körper des
Tumors befinden sich 2 etwa 20 cm lange Haarschweife.
1230 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
Der Fall war dem Vortr. als »Blasentuberkulose« zugeschickt worden. Der
Befund von schwarsen Haaren (Pat. war blond) im Urin und eine erst wiederholt
erhobene Anamnese führten zur richtigen Diagnose: Blasen-Ovarial-Mastdarmfistel
nach Perforation eines Embryoms und Umstülpung einer Cyste mit dem demon-
strirten Gebilde in den Mastdarm. Durch mehrfache operative Eingriffe schwerer
Art gelang die Entfernung. Erst nach langem Zögern gestand Pat., dass sie seit
etwa 20 Jahren heftige Beschwerden stillschweigend ertragen hatte: Sie hatte im
12. Lebensjahre einer unsittlichen Attacke seitens eines halbwüchsigen Knaben
nicht in dem Maße gewehrt, wie es schicklich gewesen wäre. Als ihr dann 2 Jahre
später nach vorausgegangener »Unterleibsentsündung« ein »Zopf aus dem Mast-
darm wuchs«, hielt sie dies für eine berechtigte Schicksalsstrafe. Sie schnitt alle
4 Wochen den Zopf ab, der ihr »zur Strafe bescherte war. Erst als die Blasen-
beschwerden unerträglich wurden, nahm sie ärztliche Hilfe in Anspruch.
(Selbstbericht.)
K. Cramer (Köln): Über osteoplastische Knochenspaltung nach Barden-
heuer mit Demonstration.
Zum Ersatz eines fehlenden kurzen Röhrenknochens kann man bekanntlich
einen benachbarten ähnlichen Knochen gans oder partiell spalten und die auf diese
Weise erhaltene Knochenspange, welche central oder peripher im Zusammenhang
mit dem gespaltenen Knochen oder auch nur mit den Weichtheilen bleiben muss,
an die Stelle des entfernten Knochens transloeiren. Es ist dies die Barden-
heuer’sche Methode, welche bereits vor 2 Jahren auf dem Chirurgenkongreas in
Berlin und voriges Jahr auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Arste
besprochen wurde. Ferner kann man zum Ersatz besonders eines fehlenden Meta-
tarsus oder Metacarpus den benachbarten gleichnamigen Knochen an seinem cen-
tralen oder peripheren Ende mobilisiren und dann translociren. Weiter kann man
einen Metatarsus mit benachbartem Fußwurzelbein in toto transloeiren oder auch
im gegebenen Falle einen Metatarsus oder Metacarpus sammt seiner Basalphalanx
spalten und die eine Hälfte, Metacarpus bezw. Metatarsus plus Basalphalanzspange,
translociren.
Auch bei artificiellem partiellen Defekt der peripheren Radiushälfte wurde
die Ulna partiell peripher gespalten und in die Knochengabel die Handwursel
eingeschoben. Diese Operationsmethoden wurden 53mal ausgeführt, mit sehr gutem
Dauererfolg. Die transloeirte Knochenspange wird nicht atrophisch, sondern dicker
im Verlauf von Wochen. (Selbstbericht.)
A. Lorenz (Wien): Bemerkungen über die Therapie der angeborenen
Hüftgelenksverrenkung durch unblutige Reposition und Demonstration eines
Präparates.
Mehrfache Meldungen über ungenügende Resultate, die auf dem Wege der
unblutigen Einrenkung der angeborenen Hüftgelenksluxation erzielt wurden, sind
nach L. wohl größtentheils auf eine mangelhafte Beherrschung der Technik der
Retention und Reposition zurückzuführen. Der Vortr. verfügt über ein Material
von über 300 Fällen und kann nur sagen, dass die Erfolge der unblutigen Ein-
renkung seine anfänglichen Erwartungen weit übertroffen haben. L. benutzt die
Gelegenheit, aus seiner bisherigen Erfahrung einige wichtige Momente hervorsu-
heben. Mit allem Nachdruck warnt L. vor der Foreirung der unblutigen Reposi-
tion jenseits des 10. Lebensjahres bei einseitig luxirten Kindern und jenseits des
7. und 8. Lebensjahres bei doppelseitigen Luxationen. Die Indikationsgrenzen
seien also etwas einzuengen. L. behält die Einrenkung über den hinteren Pfannen-
rand bei, weil derselbe in Folge seiner besseren Entwicklung das Gelungensein
der Reposition leichter erkennen lässt und weil er für die Retention bessere
Chancen bietet. Vor der brüsken Anwendung der Extensionsschraube sei zu war-
nen, da Zerrungslähmungen entstehen können. Die suprakotyloide Form der Luxa-
tion schließt der Vortr. von der Reposition aus und begnügt sich damit, den
Schenkelkopf durch mechanische Behelfe an der vorderen Beckenwand zu erhalten.
Als untere Altersgrenze für die Repositionsindikation nimmt L. jenes Alter an,
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1231
in welchem die Kinder im Allgemeinen verlässlich bettrein geworden sind. L.
demonstrirt das Repositionsmanöver an einem anatomisch-pathologischen Präparat,
welches von einem ?7jährigen Kinde stammt, das wegen rechtsseitiger iliacaler
Luxation der unblutigen Reposition unterzogen wurde und nach gelungener Ope-
ration leider in der Narkose verstarb. Die Bewegungen des Schenkelkopfes durch
die Einrenkungsmanöver können hier mit dem Auge verfolgt werden, und es zeigt
sich, dass die Reposition in diesem Falle eine selten solide primäre Stabilität
aufweist; außer einigen Einrissen der medialsten Adduktorenbündel zeigt das Prä-
parat keine weitere Verletzung.
Schwieriger noch als die Reposition gestaltet sich die Retention des Kopfes
an seinem neuen Standplatz. In dieser Beziehung müssen noch weitere Fort-
schritte gemacht werden, welche indess im besten Zuge sind. Am schwierigsten
ist die Wahl der zweckmäßigsten primären Stellung. Bestimmte Regeln lassen
sich hierfür kaum aufstellen. In günstigen Fällen, bei gut erhaltener Pfanne und
ausreichender primärer Stabilität hat L. wiederholt die Mittellage des Gelenks
(leichte Beugung, Abduktion, Auswärtsrollung) als Primärstellung gewählt, weil bei
dieser ein größtmöglicher Abschnitt des Kopfes in flächenhafter Berührung mit
der Pfanne steht und plastisch gegen diese wirken kann. Vorgewiesene Röntgen-
bilder zeigen in der ‘hat, dass die Pfanne des luxirten Hüftgelenks derart aus-
gestaltet werden kann, dass sie auch bei normaler Beinstellung dem Kopf ein
vollkommen sicheres Lager bietet und von der Pfanne der gesunden Seite kaum
zu unterscheiden ist. Es sind also ideale Heilungen im strengsten Sinne des
Wortes, und zwar in anatomischer, als auch in funktioneller Weise möglich, und
der Vortr. hat eine ganze Reihe solcher Fälle aufzuweisen. Leider aber muss
sugestanden werden, dass solche ideale Heilungen vor der Hand nicht die Regel,
sondern die Ausnahme sind; aber der Vortr. hofft sicher, dass es noch gelingen
wird, wenigstens die Durchschnittsresultate noch wesentlich zu bessern. In der
Mehrzahl der Fälle ist die primäre Stabilität der Reposition so gering, dass man
zu extremen primären Einstellungen des Schenkels greifen muss, um die Erhal-
tung der Reposition zu sichern. Relativ am besten hat sich dem Vortr. als pri-
märe Stellung eine Kombination von Abduktion, Überstreckung und Auswärts-
rollung bewährt, deren Grad je nach Gunst oder Ungunst der anatomischen Ver-
hältnisse wechselt. Von primärer Einwärtsrollung ist der Vortr. seit Langem
surückgekommen, da dieselbe ein Moment für Reluxation nach hinten in sich
schließt. Die oben bezeichnete Primärstellung verhindert mit Sicherheit eine
Reluxation nach hinten. Zweifellos hat sie aber das Missliche, dass der Schenkel-
kopf von der knöchernen Pfanne abgewendet wird, so dass von dem innigen,
flächenhaften Verkehr der Gelenkkörper, wie bei mittlerer Gelenkstellung, nicht
die Rede sein kann.
Die Stabilisirung der Reposition bei nothgedrungener Wahl extremer Primär-
stellungen erfolgt znnächst nicht durch Pfannenvertiefung, sondern durch Schrum-
pfungsverkürzung aller pelvitrochanteren Gebilde (Fascien, Sehnen, Muskeln,
Hinterkapsel} während der ersten Fixationsperiode. Bei der nachträglichen,
etappenweisen Korrektur der Primärstellung liefert die Schrumpfungsverkürzung
der pelvitrochanteren Gebilde ein mächtiges Retentionsmoment. Der Vortr. ist
mit Versuchen beschäftigt, nach Vermehrung der Stabilität der Reposition durch
die Schrumpfungsverkürzung der pelvitrochanteren Weichtheile während der ex-
tremen Primärstellung die weitere Retentionsbehandlung in Mittellage des Ge-
lenks fortzuführen. Vor der Hand lässt sich nach L. mit dem bisherigen Reten-
tionsverfahren mit großer Sicherheit eine hintere Reluxation verhüten. Einige
solche Fälle stammen aus der ersten Versuchszeit. Was sich aber sehr häufig
nicht verhüten lässt, ist eine nachträgliche, während der Korrektionsetappen er-
folgende Verschiebung des reponirten Schenkelkopfes nach oben. Es bildet sich
ein festes Gelenk im Bereich der vorderen Fläche der Darmbeinschaufel, es ent-
steht also sehr häufig eine vordere, obere Reluxation, also zweifellos kein anato-
misch ideales Resultat. Klinisch kann man die vordere, obere Reluxation vielfach
gar nicht nachweisen. Dieselbe wird erst durch das Röntgogramm aufgedeckt.
1232 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
Diese anatomisch anfechtbaren Resultate stehen jedoch in funktioneller Besiehung
durchaus nicht gegenüber jenen Fällen zurück, bei welchen die Reposition eine
tadellose geblieben war; man kann also auch in diesen Fällen von funktioneller
Heilung der angeborenen Hüftgelenksverrenkung sprechen, und in der That ist
auch bei vorderer, oberer Reluxation das therapeutische Problem der angeborenen
Hüftgelenksverrenkung gelöst, welches lautet: Die muskulär-ligamentöse
Suspension des Beckens an dem Schenkelkopfe ist in eine knöcherne
Unterstützung des Beckens durch den Schenkelkopf zu verwandeln.
Lediglich die hintere Reluxation bedeutet den Status quo ante, d. h. den vollen
Misserfolg. Der Vortr. kann sich der Befürchtung nicht verschließen, dass die
Klagen über hintere Reluxation vielfach darauf zurückzuführen sind, dass der
Schenkelkopf von vorn herein nicht richtig reponirt war, und demonstrirt schließ-
lich geheilte Fälle. (Selbstbericht.)
Diskussion: Riedel (Jena) stellt ein 23jähriges, zur Zeit in Düsseldorf
wohnendes Mädchen vor, das, am 25. Oktober 1882 wegen Luxatio spont. coxae
operirt, ein gewisses historisches Interesse hat, weil bei ihm die erste blutige Re-
position mit Erfolg durchgeführt wurde.
Es lag eine ganz besondere Indikation zu einem Eingriff vor: bei dem damals
5jährigen, an doppelseitiger sogenannter Spontanluxation leidenden Kinde hatte
sich im Laufe der letzten beiden Jahre das linke Bein in die typische Stellung
der Luxatio iliaca begeben; es stand in Flexion, Adduktion und Rotation nach
innen, so dass der Fuß den Boden nicht mehr erreichte. Weil das Kind somit
gar nicht mehr gehen konnte, wurde die Operation vorgeschlagen und am ge-
nannten Tage im Mariahilfhospital zu Aachen ausgeführt.
Nach Längsschnitt auf dem Trochanter wurden die Muskeln wie bei der Re-
sectio coxae weit abgelöst, dann die Gelenkkapsel geöffnet; das Lig. teres fehlte,
die Pfanne war nur als flache Grube angedeutet.
Diese Grube wurde mittels Hohlmeißels und kurzen, scharfen Löffels zu einer
großen glattwandigen Höhle vertieft; die Reposition des Kopfes gelang erst nach
wiederholten Schnitten in die sich spannenden Muskeln. Der Verlauf war ein
völlig ungestörter, so dass Pat. bereits am 9. December 1852 mit etwas beweg-
lichem Hüftgelenk entlassen werden konnte.
Bei Herstellung der Pfanne war keine Spur von Epiphysenknorpel gesehen
worden. Der Gedanke lag nahe, dass die neugebildete Pfanne nicht weiter wachsen,
der Kopf nach einiger Zeit wieder aus derselben herausrutschen würde. Trat
dieses ein, so war der Zustand des operirten Beines sicherlich ein sehr ungünstiger.
Da nun die meisten Kinder mit doppelseitiger Spontanluxation leidlich gehen
können, so erschien es nicht indieirt, bei diesem die Operation zu wiederholen;
man musste erst wissen, ob bei dem ersten unter einer dringenden Indikation ope-
rirten Kinde die Pfanne weiter wachsen würde; man konnte also nur sehr lang-
sam vorgehen, um nicht eventuell die Extremitäten weiterer Kinder schwer zu
gefährden.
Die Operation wurde also nicht wiederholt; das operirte Kind aber genau
beobachtet. Es blieb unter der Kontrolle des behandelnden Arztes, des Herrn
Sanitätsrath Dr. Dahmen (Jülich); später wurde es von Herrn Dr. Müller
(Aachen), zuletzt von Herrn Dr. Thomas (München-Gladbach), unter dessen As-
sistens es im Jahre 1882 operirt war, untersucht. Das von Letsterem am 18. Sep-
temper 1895 aufgenommene Protokoll lautet folgendermaßen: »Pat. ist gegen ihre
Geschwister etwas im Wachsthum zurückgeblieben, hat sich aber sonst gut ent-
wickelt. Sie kann ohne Ermüdung 3—4 Stunden gehen, sie kann laufen und sogar
tanzen. Die linke Hüftgegend bietet gegenüber der stark polsterartig vorgetrie-
benen rechten ein fast normales Aussehen. Rechterseits ragt der Trochanter beim
Stehen fast 5 cm über die Höhe der Spina hinüber, während links Spina und
Trochanter in einer horizontalen Ebene stehen.
Die aktive Flexion im linken Hüftgelenk ist von der gestreekten Stellung
aus bis zu einem Winkel von 90° möglich. Weiterhin geht das Becken mit. Bei
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1233
den Bewegungen fühlt man leises Reiben im Gelenk. Doch ist nichts von Ar-
thritis deformans nachweisbar. «
Dieser Befund wird auch heute noch zutreffend sein; man sieht durch die
Kleider hindurch die „polsterartig vorgetriebene rechte Hüfte, während die linke
Seite nicbts Abnormes” seigt; eine genauere Untersuchung ist zur Zeit unmöglich.
Jedenfalls ist die neugebildete Pfanne mitgewachsen und hält noch heute den
Kopf eben so fest umschlossen als im Jahre 1882.
Der Fall ist, obwohl in der Debatte über Hoffa’s ersten Vortrag »Zur ope-
rativen Behandlung der angeborenen Hüftgelenksverrenkungen« erwähnt und genau
in den Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1890 p. 51 be-
schrieben, nicht in die Litteratur übergegangen. (Selbstbericht.)
Krukenberg(Halle): Demonstration eines neuen medico-mechan. Apparats.
K. hat neuerdings einen auf dem Pendelprineip beruhenden Apparat kon-
struirt, mit welchem durch Einschaltung verschiedener Handhaben fast alle Gelenke
der Extremitäten behandelt werden können. Das Pendel lässt sich gegen die
Handhaben in jeder beliebigen Stellung fixiren, so dass je nach Bedarf bei jedem
einzelnen Glied eine stärkere Beuge- oder Streckstellung als Ausgangsstellung ge-
wählt werden kann. Die Kraft der Pendelschwingungen lässt sich in so weiten
Grenzen variiren, dass beispielsweise der Apparat durch den kleinen Finger leicht
in Schwingungen versetst werden kann, während auf der anderen Seite auch
kräftige Tret-(Bergsteige-)bewegungen möglich sind. Bei Bewegungen im Schulter-
gelenk weicht K. gegenüber früheren von ihm und Anderen konstruirten Appa-
raten in so fern ab, als er den Pat. jetzt so placirt, dass die Achse des Schulter-
gelenks mit der des Apparats in einer Linie zusammenfällt und der Arm in
Streckstellung angespannt gehalten wird. K. erzielte besonders bei der Nach-
behandlung der Mammaamputation mit diesem Apparat überraschend schnelle
Wiederherstellung der Beweglichkeit des Schultergelenks. Auch an den Hand-
haben für Pro- und Supination und für die Fingerbewegungen hat K. Neuerungen
und Verbesserungen angebracht. Der Apparat gestattet auch reine Widerstands-
bewegungen unter Anwendung des von K. angegebenen Widerstandsrades. (De-
monstration des Apparats bei Einstellung für Hüft- und Kniebeugung, Schulter-
hebung, Schulterrotation, Ellbogenbeugung und -streckung, Pro- und Supination,
Handgelenksbewegung, Fingerbeugung und -streckung.) (Selbstbericht.)
Schulze (Duisburg): Neues auf dem Gebiet der Orthopädie und Medico-
Mechanik mit Demonstration neu konstruirter Apparate.
Zur Behandlung von Funktionsstörungen der Gelenke rind diejenigen Apparate
die besten, welche gleichmäßige und bestimmt dosirbare Bewegungen gestatten.
3 Apparate, welche eine Lücke in der Zander’schen Kollektion ausfüllen sollen,
hat S. konstruirt und mit bestem Erfolg seit längerer Zeit in Betrieb.
I. Apparat zur Mobilisirung des Kniegelenks,
U » des Ellbogengelenks,
IU. » » > der Finger in den Grundgelenken.
Um die unbedingt nothwendige gleichmäßige Bewegung zu erzielen, erfolgt
der Antrieb durch Motor; aus jeder Winkelstellung kann jede beliebige große
und kleine Exkursion gemacht werden.
Als wesentlich zur Behandlung der Frakturen des Ober- und Unterschenkels,
so wie der kongenitalen Luxation dienend, demonstrirt S. einen orthopädischen
Tisch. Das Princip besteht in der Schraubenextension unter gleichzeitiger Fixa-
tion des Beckens vermittels einer Beckenschraube. Ein am unteren Ende des
Tisches angebrachtes Segment von Schmiedeeisen, auf dem die Extensionsschraube
beliebig hin und her bewegt werden kann, ermöglicht eine Abduktion der Ex-
tremität fast bis zum rechten Winkel. Bei der Behandlung der Frakturen wird
stets zuerst vermittels einer Gipshose das ganze Becken mit beiden Hüftgelenken
fixirt, und zwar in etwas abducirter Stellung. Nach Erstarren des Verbandes wird
das Becken oberhalb der Trochanteren in die Beckenschraube gelegt. Vermittels
des bereits vorher möglichst hoch hinauf reichenden Extensionsverbandes erfolgt
1234 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
nun die Extension durch die am Segment angebrachte Schraube. Vermittels der
Röntgenlampe kann man leicht das ganze Verhalten der einzelnen Fragmente zu
einander beobachten. Nach genügender Extension wird der Gipsverband für die
ganze Extremität vervollständigt. Erst nach Erstarren deg Verbandes wird die
Extension ausgeschaltet. Dieselbe findet ihre Wirkung einerseits durch das Tuber
ischii, andererseits durch den rechtwinklig gestellten Fuß.
Apparat zur Korrektur der Kyphose.
Derselbe hat wesentlich den Zweck, die Wirbelsäule zu mobilisiren, was durch
die horizontale und vertikale Extension erreicht wird. Zur Streckung wird am
Kopf die Glisson’sche Schwinge, am Becken ein Gurt mit daran befestigten
Schlingen benutzt; die Extremitäten sind also vollständig frei. Für die horizon-
tale Extension genügt ein gewöhnlicher Tisch, an dessen Kopf- und Fußende je
eine Welle angebracht ist, welche die Extension besorgt. Die vertikale Extension
wird bewirkt durch einen in Höhe des Buckels aufgestellten, ca. 70—80 cm 'hohen
Galgen, der an seinem obersten Ende auch eine Welle trägt. An letzterer ist eine
Schaukel befestigt, auf der der Buckel ruht. Durch Auf- und Niederdrehen der
Schaukel erfolgt die vertikale Extension. Die durch erwähnte Manipulationen
erreichte Korrektur kann sofort durch die Anlage eines Gipspanzers fixirt werden.
Zu dem Zweck ersetzt man die Schaukel durch eine dünne, breite Gazebinde,
welche an einem Querholz des Galgens festgebunden und mit eingegipst wird.
Zum Schluss empfiehlt S. zur Nachbehandlung des Klumpfußes einen Apparat,
welcher nur bei Nacht getragen werden soll, um die vielfach vorhandene Neigung
zur Rotation zu beseitigen. Der Apparat ist nur dann indieirt, wenn die Kor-
rektur völlig erreicht wurde. Er besteht aus einer Doppelschiene für den Unter-
schenkel und aus einer Gamasche für den Hinterfuß und aus einer solchen für
den Vorfuß. Die Fußsohle trägt in der Mitte zwischen beiden Gamaschen ein
Scharnier, welches auf der Innenseite sich befindet. Eine an der Außenseite an-
gebrachte Spiralfeder regulirt vermittels einer Schraubenvorrichtung die Abduk-
tionsstellung des Vorfußes. (Selbstbericht.)
Dreesmann (Köln) demonstrirt ein von ihm konstruirtes Redressionskorsett
zur Behandlung der Skoliose. Dasselbe besteht aus einem Beckentheil und
einem Brusttheil, die, beide aus festem Stoff verfertigt (Hols, Leim oder Leder),
den betreffenden Körperabschnitt fest umschließen und in der Taillengegend einen
etwa handbreiten freien Zwischenraum lassen. Bei der gewöhnlichen rechtsseitigen
Dorsalskoliose geht dann ein fester Gummisug, der im Rücken oben links be-
festigt ist, rechts um das Korsett herum und wird am Beokentheil links wieder
befestigt. An der Stelle des hinteren und vorderen Rippenbuckels trägt dieser
Gurt, der hier innerhalb des Korsetts verläuft, 2 Pelotten; im Übrigen, besonders
an der rechten, Seite verläuft der Gurt, um den Thorax vor seitlichem Druck zu
schützen, außerhalb des Korsetts. 2 Stahlstangen im Rücken rechts und links,
die am Beckentheil durch Scharniergelenk befestigt sind, ermöglichen, die eine
oder andere Seite des Brusttheils des Korsetts und damit die betreffende Thorax-
hälfte zu heben. Die Vortheile dieses Korsetts bestehen in dem beständigen
redressirenden Einfluss auf die Skoliose, bewirkt durch den Druck auf die Rippen-
buckel und die Detorsion der Wirbelsäule. Außerdem gestattet das Korsett freie
Beweglichkeit der Wirbelsäule. (Selbstbericht.)
Zenker (Hamburg) demonstrirt einige Korsetts zur Hebung der Skoliose.
Straeter stellt im Interesse des Erfinders Herrn Schlüter in Düsseldorf
3 am Unterschenkel Amputirte vor; 2 davon waren an einem Unterschenkel
amputirt und haben Dank dem künstlichen, vom Redner konstruirten Unterschenkel
ein vorzügliches Gehvermögen, fahren sogar Rad, das sie mit Leichtigkeit be-
steigen. Der Dritte ist an beiden Unterschenkeln amputirt und geht eben so vor-
züglich ohne Stock. Die Prothesen haben ihren Stützpunkt am resp. unterhalb
des Kniegelenks.
Das vorzügliche Gehen wurde von allen Theilnehmern der Versammlung kon-
Statirt.
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1235
Kleinere Mittheilungen.
19) R. Stankowski. Über doppelseitige Trommelfellrupturen.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 8.)
Mittheilung von 3 Beobachtungen doppelseitiger Trommelfelldurchlöcherung
nach voraufgegangener Gewalteinwirkung. Das Verständnis für die Kranken-
geschichten ist durch die an der Bloch’schen Poliklinik eingeführten, aber keines-
wegs allgemein geläufigen Abbreviaturen recht erschwert. In Betreff der Prognose
doppelseitiger Trommelfellrupturen meint Verf., dass sie im Allgemeinen besser
sei, als die der einfachen, da die doppelseitigen fast ausschließlich durch indirekte
Gewalteinwirkung entstehen und daher meistens ohne Eiterung heilen. Sind aber
die doppelseitigen Rupturen komplicirt mit Labyrinthveränderungen oder Fissuren
des Schläfenbeins, so ist ihre Prognose natürlich quoad vitam und quoad func-
tionem ungünstiger, als diejenige der einseitigen komplieirten Ruptur.
Teichmann (Berlin).
20) Löhnberg. Über einen Apparat zur Vibrationsmassage des Trom-
melfells und der Nasenschleimhaut für den Selbstgebrauch des Pat.
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 8.)
Da die Vibrationsmassage des Trommelfells und der Nasenschleimhaut zu den-
jenigen Behandlungsmethoden gehört, welche lange Zeit hindurch angewendet
werden müssen (richtiger: welche nur so lange wirksam sind, wie sie angewendet
werden, Ref.), so hat sich das Bedürfnis ergeben, die Behandlung dem Pat. selbst
zu überlassen. Zu diesem Zweck hat Noebel einen Apparat konstruirt, welcher
durch die Achse des Spulapparats einer Nähmaschine mit Tretvorrichtung in Be-
wegung gesetzt wird. Wer die intensive Reizwirkung der Vibration auf die Nasen-
schleimhaut und gar auf das Trommelfell öfters beobachtet hat, wird wohl nicht
ohne Bedenken einen solchen Apparat dem Pat. in die Hand geben, der nur zu
oft nach dem Grundsatz handelt: »Viel hilft viele. Teichmann (Berlin).
21) Noquet. Un cas de parosmie subjective.
(Revue de laryngol. 1598. No. 35.)
Ein 52jähriger Mann litt im Anschluss an einen heftigen Schnupfen seit
11/2 Monat an einer beständigen üblen Geruchsempfindung, welche ihm besonders
das Essen verleidete. In der Nase fand sich nichts Pathologisches, als eine An-
schwellung der Schleimhaut an beiden mittleren Muscheln, welche mit der gegen-
überliegenden Septumfläche in ausgedehnte Berührung trat. Verf. nahm an, dass
diese Berührung einen Druck auf die Endausbreitungen des Riechnerven in der
Septumschleimhaut ausübe und dadurch die subjektive Geruchsempfindung hervor-
rufe; hierin wurde er bestärkt durch das vorübergehende Verschwinden des Ge-
ruchs, wenn durch Cocain die Muschelschleimhaut zur Abschwellung gebracht
wurde. Eine galvanokaustische Behandlung der Muschelschleimhaut brachte denn
auch vollkommene Heilung von den unangenehmen Sensationen.
Teichmann (Berlin).
22) R. Bernard. Sinusite aiguë non suppur&e à pneumocoques.
(Revue de laryngol. 1898. No. 33.)
Mittheilung von 2 Fällen, in welchen sich im Anschluss an einen akuten
Schnupfen unter fieberhaften und neuralgischen Erscheinungen eine Affektion der
Nasennebenhöhlen entwickelte, die durch ein dem pneumonischen Auswurf sehr
ähnliches Exsudat ausgezeichnet war. Beide Male fanden sich in dem untersuchten
Sekret fast Reinkulturen von Pneumokokken. Auch der Thierversuch fiel im
1. Falle positiv aus. Der Verlauf der Erkrankung war günstig und ausgezeichnet
1236 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
durch einen kritischen Temperaturabfall ebenfalls der Pneumonie ähnlich. Be-
merkenswerth ist, dass es nicht zur Eiterung kam; Verf. sucht die Erklärung
hierfür in einer besonderen Widerstandskraft der Gewebe.
Teichmann (Berlin).
23) Freymuth und Petruschky. Zweiter Fall von Diphtherienoma
— Noma faciei —; Behandlung mit Heilserum; Herstellung.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 38.)
Bereits in einem Falle von Noma genitalium hatten die Verf. Diphtherie-
bacillen gefunden und Heilung durch eine Diphtherieserumeinspritsung herbei-
geführt.
In einem Falle, welcher einen 8jährigen typhuskranken Knaben betraf, gelang
es ihnen, in einem erbsengroßen, grauen Fleck auf der Innenseite der Wangen
abermals den Löffler’schen Bacillus zu finden. Pat. erhielt in 9 Injektionen
nach und nach 9500 Immunitätseinheiten.
Nach anfänglicher Zunahme des Processes bis sum 5. Tage, der den Charakter
der Noma evident erwies, begann am 6. Tage die Demarkation, die schließlich
mit völliger Genesung endete; eine plastische Operation zur Beseitigung der Ent-
stellung ist noch nöthig.
Die bakteriologische Untersuchung ergab außer dem Bacillus Löffler noch
Staphylococcus aureus und den Pseudodiphtheriebaeillus.
RB. Wagner (Mülheim a. d. R.).
24) Berkeley (New York). Angeborene Geschwulst des harten
Gaumens.
(Med. and surg. report of the presbyterian Hospital of the city of New York 1898.
Januar.)
Aus dem Munde eines rechtzeitig geborenen Kindes ragte eine Geschwulst
von der Größe einer Mannesfaust heraus, welche leicht knotige Oberfläche hatte
und wie Bauchfell glänste. Sie war durch einen Stiel von 2,5 om Durchmesser an
den hinteren Theil des harten Gaumens dicht vor dem Beginn des weichen Gaumens
angeheftet. Ohne Anästhesie wurde diese Geschwulst mittels der noch nicht roth-
glühenden Schneideschlinge völlig blutlos abgetragen, ohne dass Shockerschei-
nungen aufgetreten wären. Doch trat nach 5 Tagen der Tod an Sohluckpneumonie
in Folge der Eiterung ein. Die histologische Untersuchung zeigte, dass die
Hauptmasse der Geschwulst aus sehr kleinen kapillaren Blut- und Lymphgefäßen
von 10—20 u Weite bestanden; nur wenige Gefäße waren viel weiter, 100—300 p,
eingebettet in Bindegewebe, das meist einen embryonalen Charakter trug. An ein-
zelnen Stellen fanden sich auch Gruppen von Konorpelzellen. Es handelt sich
mithin um ein angeborenes Hämo-Lymphangiom. Lühe (Königsberg i/Pr.),
25) F. v. Friedländer. Beitrag zur Kenntnis der myogenen Kiefer-
klemme.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 19.)
Der auf der Albert’schen Klinik beobachtete Fall betrifft ein 19jähriges
Mädchen, dem 2 Jahr zuvor auf derselben Klinik bereits ein Osteom des linken
Proc. coronoideus entfernt wurde. Jetzt völliges Unvermögen, den Unterkiefer
aktiv zu bewegen; die Zahnreihen sind fest auf einander gepresst. Masseteren
sind weich, kontraktionsfähig. Dagegen sind beide Mm. temporales in eine feste,
knochenharte Geschwulstmasse verwandelt. Exstirpation beider Temporales und
Entfernung einer vom Proc. coronoideus gegen die temporale Fläche des Jochbeins
(nach temporärer Resektion des letzteren) siehenden Knochenspange. Effekt der
Operation günstig: aktive Öffnung bis zu 2 cm. Weiterer Verlauf unbekannt.
` Verf. rechnet den Fall vorläufig zur Gruppe multipler Exostosen im Sinne
Virchow’s, ohne indessen einen atypischen Beginn der progressiven Myositis ossi-
ficans ausschließen zu wollen. Hübener (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1237
26) F. Gundrum. Ein Blutegel im Rachen.
(Lieönicki viestnik 1898. No. 7. [Kroatisch.))
Der Fall gewinnt dadurch an Interesse, dass der Kranke das Thier während
14 Tagen im Rachen hatte, ohne von seinem Vorhandensein eine Ahnung zu haben,
und dass er sogar wegen Blutspuckens von einem Arzt gegen Phthise behandelt
wurde. Der Blutegel kam in den Rachen beim Trinken aus einer Quelle Die
Beschwerden waren Blutspucken, erschwertes Schlingen und Schmerzen dabei,
manchmal schweres Athmen. G. entfernte den Blutegel mit einer langen Kornzange.
Y. Cačković (Agram).
27) Boisson et Marcus (Paris). Diagnostic de la présence et de la
topographie d'une balle de revolver dans la région sus-hyoidienne
par la radioscopie et la radiographie; extraction; guérison.
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1898. Juni.)
Da die Überschrift das Wesentliche über den vorliegenden Fall enthält, ge-
nügt es, hinzuzufügen, dass die auffallenden schweren, traumatisch-hysterischen
Nervenerscheinungen, welche durch das Geschoss bewirkt wurden, sofort nach
seiner Entfernung verschwanden. Um ein deutliches Bild von dem Sitz des Ge-
schosses mittels der X-Strahlen erhalten zu können, bedurfte es vielfacher Ver-
schiebungen des Schirmes. Es wurde aber durch die bestehenden Lähmungs-
erscheinungen unmöglich gemacht, alle diese Bilder photographisch zu Biren,
vielmehr konnte nur von einer Seite her eine photographische Aufnahme ge-
nommen werden. Lühe (Königsberg i/Pr.).
28) P. Marie et C. Astié. Sur un cas de kyphose heredo-traumatique.
(Presse méd. 1897. No. 82.)
Ein 53jähriger Mann, in dessen Familie eine Neigung zu Kyphose erblich ist,
wurde vor 12 Jahren ebenfalls krumm. 4 Jahre später erlitt er einen Fall, indem
er mit dem Rücken auf einen harten Gegenstand fiel. Von dieser Zeit an empfand
er heftige Schmerzen, ein Gefühl von außerordentlicher Schwere und einige Wochen
darauf eine schnell sunehmende, bedeutende Abweichung der Wirbelsäule nach
vorn. Wenn er auch vorher schon verkrümmt war, so war die nach dem Unfall
entstandene Krümmung doch in keiner Weise mit jener zu vergleichen. Sowohl
der Kranke selbst, als auch andere Zeugen bekunden den Zusammenhang der be-
trächtlichen Zunahme der Kyphose mit dem Unfall. — Der Fall entspricht in
Allem den von Kümmell! und Henle? mitgetheilten. Die Erklärungen für den
auffallenden Symptomenkomplex beruhen nur auf Hypothesen. Verf. ist geneigt,
seinen Fall mit einer Schädigung des Rückenmarks zu erklären, in deren Folge
eine Ernährungsstörung der Wirbelkörper und eine Gestaltveränderung derselben
auftritt. Eventuell käme auch eine hystero-traumatische Entstehungsweise in Be-
tracht. Da solche Fälle einen gang besonderen Symptomenkomplex zeigen, schlagen
Verff. vor, diese Art von Kyphose mit dem Namen »heredo-traumatisch« zu be-
legen. Tschmarke (Magdeburg'.
29) Kofend. Über einen Fall von Syringomyelie mit Spontanfraktur
beider Humerusköpfe und Resorption derselben.
(Wiener klin. Wochenschrift 1899. No. 13.)
Die ausführlich mitgetheilte Krankengeschichte der 54jährigen Pat., die durch
2 sehr instruktive Abbildungen (darunter ein Röntgenbild) illustrirt wird, muss im
Original gelesen werden. Es besteht ausgesprochene Syringomyelie; die beiden
Oberarmköpfe sind bis zum Collum chirurgicum geschwunden. Beiderseits Schlotter-
gelenk. Die 3 bislang veröffentlichten analogen Fälle der Litteratur, in denen
aber nur die eine Seite betroffen war, werden ausführlich wiedergegeben.
Hübener (Breslau).
1 Deutsche med. Wochenschrift 1895. p. 180.
2 Archiv für klin. Chirurgie 1896. Bd. XXII.
1238 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
30) Grounauer. Côte supplémentaire cervicale. Observation de la
clinique chirurgicale de Lausanne.
(Revue méd. de la Suisse rom. 1898. No. 1.)
Überzählige Halsrippe beiderseits. Die linksseitige, nervöse Störungen be-
dingende, auch von bedeutendem Umfang im Verhältnis zur rechten, wird durch
Resektion entfernt. Kronacher (München).
31) 8. Preyss. Über die Operation der diffusen Lipome des Halses.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.)
P. bringt die Krankengeschichten von 4 Fällen diffuser Halslipome, von denen
einer desshalb besonderes Interesse verdient, als hier zum 1. Mal eine totale Ex-
stirpation sämmtlicher Geschwülste vorgenommen worden ist, und gliedert diesen
20 weitere Fälle der Litteratur, die sämmtlich operativ behandelt wurden, an.
Obwohl die Schwierigkeiten der Exstirpation keine geringen sind, tritt P. doch
entschieden für operatives Eingreifen ein, da einerseits die Lipome bei zunehmen-
dem Wachsthum zu bedrohlichen Erscheinungen (Kompression der Luftröhre)
führen können, andererseits der Heilverlauf stets ein günstiger war, und nament-
lich niemals Recidive beobachtet worden sind. Honsell (Tübingen).
32) Harmer. Über ein primäres Carcinom der Epiglottis und dessen
operative Entfernung.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 14.)
Der auf der Albert’schen Klinik beobachtete und von Ewald operirte
Fall bietet nicht sowohl wegen der relativen Seltenheit der primären Epiglottis-
carcinome Interesse, als auch wegen der langen Dauer (5 Jahre) der Recidiv-
freiheit.
Es wurde ohne präventive Tracheotomie bei hängendem Kopf die Geschwulst
mittels der Pharyngotomia subhyoidea entfernt und der Rachen nach außen völlig
verschlossen (nach 8 Tagen Fistelbildung). Als am 3. Tage p. op. Erscheinungen
von Bronchitis bei der 65jährigen Pat. auftraten, wurde Pat. schräg mit dem Kopfe
abwärts gelagert, wie dies von Bardenheuer zuerst empfohlen wurde, worauf
bereits am nächsten Tag das Fieber schwand. Verf. schreibt dieser Art von Therapie
einen nicht unbedeutenden Einfluss auf den weiteren günstigen Krankheitsverlauf
zu, der sich auch in 2 anderen Fällen von umfänglicher Resektion des Kehlkopfs
und der Luftröhre »glänzend« bewährte. Hübener (Breslau).
33) M. Lermoyez. Paralysie recurrentielle incurable benigne conse-
cutive a la rougeole.
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. p. 357.)
L. beschreibt den Fall einer 30jährigen Frau mit typischer linksseitiger, im
3. Lebensjahre nach Masern entstandener Recurrenslähmung. Im Anfang asthma-
artige Athembeschwerden und Stimmlosigkeit, später keuchhustenartige Anfälle.
weiterhin keine anderen Beschwerden, aber ein gewisser Grad von Heiserkeit. —
Die meisten Recurrenslähmungen nach Rötheln — überhaupt eine große Selten-
heit —, sind nur vorübergehend und wahrscheinlich die Folge des Druckes ge-
schwollener Drüsen auf den Stamm der Nerven. Kümmel (Breslau).
34) H. Gaudier. Un nouveau cas de myxome hyalin typique du
larynx.
(Ann. des malad. du larynx T. XXIV. p. 364.)
34jähriger Mann, mit starker Heiserkeit, zeitweise Stimmlosigkeit, Fremd-
körpergefühl im Kehlkopf, Hustenanfällen und Dyspnoë, hat einen mandelgroßen,
einem typischen Nasenpolypen absolut gleichsehenden (und auch mikroskopisch
gleichartig gebauten), vom linken Stimmbande, nahe der vorderen Kommissur ge-
stielt ausgehenden Polypen. Entfernung mit der Gottstein’schen Zange. Glatte
Heilung. Kümmel (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1239
35) A. Costinin. Le traitement des tumeurs malignes du larynx, de
la langue et du nez par l’acide arsenieux.
(Revue de laryngol. 1898. No. 38.)
3 Fälle werden mitgetheilt: der erste ein mikroskopisch festgestellter Krebs
des Nasenflügels. Nach 18tägiger Anwendung der arsenigen Säure ist ein Theil
der Geschwulst unter Hinterlassung eines kleinen Substanzverlustes mit schöner
Narbenbildung geheilt. An dem Haupttheil der Geschwulst musste wegen lang-
samer Besserung (!) doch mit dem Messer eingegriffen werden. Der 2. Fall betrifft
angeblich einen Krebs des Kehlkopfes, doch fehlt die mikroskopische Diagnose:
aus der Beschreibung kann man eben so gut eine Perichondritis annehmen, die
vielleicht auf luetischer Erkrankung des früher syphilitisch infieirten Pat. beruht.
Nach 7 Pinselungen mit arseniger Säure (1:150) fiel die Geschwulst zur Erleich-
terung des Pat., welcher aber doch bald an Erschöpfung zu Grunde ging. — Der
merkwürdigste Fall ist der dritte, der Beschreibung nach ein Epitheliom der rechten
Tonsille und der Zungenbasis (mikroskopische Diagnose fehlt). Da die Operation
nicht mehr ausführbar schien, wurden Pinselungen mit arseniger Säure (1: 150)
vorgenommen. »Nach 7 Tagen konnte ich eine ausgedehnte Veränderung der Ge-
schwulst feststellen, welche 11 Tage später im Gansen ausgestoßen wurde, indem
an ihrer Stelle eine granulirende gereinigte Fläche zurückblieb. Die ganze Zunge
war ausgestoßen, weil sie krank war.« Danach ging die Ernährung des Pat.
leichter vor sich, aber nach wenigen Tagen starb er plötzlich an einer starken
Blutung (aus der Wundfläche? Ref.). Teichmann (Berlin).
36) A. Bonain. Intubation pour croup d’un enfant de sept mois avec
sejour de 390 heures en neuf reprises dans l’espace de 22 jours du
tube dans le larynx; guérison.
(Revue de laryngol. 1898. No. 36.)
Den in der Überschrift enthaltenen Angaben ist nur hinzuzufügen, dass die
immer wiederkehrenden Athemstörungen, welche eine 9malige Wiederholung der
Intubation erforderten, mit jedes Mal größerem stenosenfreiem Zwischenraum, vom
Verf. auf eine subglottische Schwellung der Kehlkopfschleimhaut bezogen wird,
welche, zunächst von der Tube zurückgehalten, nach Entfernung der Tube immer
wieder sich erneuerte. Unter Anwendung der leichten und sauberen Ebonittuben
wurde trotz der langen Intubationsdauer eine Schädigung der Schleimhaut ver-
mieden. Teichmann (Berlin).
37) N. M. Wolkowitsch. Über Hindernisse zur Entfernung der
Tracheotomiekanüle und deren Beseitigung durch Intubation.
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hp. 5.)
ömal sah W. Erfolg nach Intubation, wobei oft eine einmalige Einführung
genügte. Gückel (B. Karabulak, Saratow).
38) F. Jessen. Ein Fall von traumatischer Perikarditis.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 8.)
Der Partikulier W. K. fällt am 14. Januar 1897 mit der linken Brust auf ein
Stück Holz. Der erst am 16. Januar konsultirte Arzt konstatirt eine »leichte
traumatische Knochenhautentzündung der 6. Rippe«. 5 oder 6 Tage nachher stellen
sich auffallende Kurzathmigkeit, Schwäche, Pulsbeschleunigung ein. Pat. wird am
16. März wegen eingetretener Besserung entlassen. Doch schon am 20. März er-
folgt ganz erhebliche Verschlimmerung, so dass Bettruhe und Eisumschläge nöthig
werden. Der Zustand bessert sich nicht, und ein Gutachten vom 17. Januar 1898
konstatirt verbreiterten Spitzenstoß, vergrößerte Herzdämpfung, unreine Töne an
der Spitze, Puls 96, welcher nach einigen Rumpfbewegungen auf 132 steigt, kurz
ein schweres Herzleiden, direkt hervorgerufen durch den Unfall. Ein anderes Gut-
achten konstatirt normalen Herzbefund, Puls 108—116, und lehnt jeden Zusammen-
1240 Centralblatt für Chirurgie. No. 49.
hang mit dem Unfall ab. Der zum Obergutachter bestellte Verf. findet keinen
verbreiterten Spitzenstoß, aber sehr starke epigastrische Pulsation, an der Hers-
spitze bald reine Töne, bald systolisches Geräusch, und als neuen Befund, über
dem ganzen Herzen ganz feines Schaben, welches von der Athmung unabhängig
ist, und ferner andauernde Ungleichheit in der Füllung beider Radialpulse. Verf.
diagnostieirt chronische Entsündung des Herzbeutels, die zu theilweiser Verwach-
sung geführt hat. Verf. nimmt ferner an, dass durch das Trauma an der 6. Rippe
eine entzündliche Affektion des Rippenfells eingetreten sei, welche sich auf den
direkt gegenüber liegenden Herzbeutel ausgebreitet habe und erklärt das Herz-
leiden als direkte Folge des Unfalls. Pat. bekommt daraufhin Rente.
Teubner (Hannover).
39) Rothschild (San Francisco). Ein Fall von retrosternaler Cyste.
(New Yorker med. Monatsschrift 1898. Juli.)
Ein 32jähriger Mann erkrankte unter Schluckbeschwerden, Luftmangel und
Unbequemlichkeit beim Arbeiten; er habe eine Geschwulst im Halse, welche in
letzter Zeit wachse und lästig werde. Es fand sich auch eine Geschwulst, die in
der Größe einer halben Kastanie über dem Manubrium sterni hervorragte. Die-
selbe pulsirte deutlich, war aber sehr gespannt, ließ sich etwas nach abwärts
drängen. Trotzdem die Geschwulst während einer langen Beobachtungsseit nicht
wuchs, wurden die Beschwerden doch stärker, so dass schließlich von Prof. Fehl-
eisen eine Operation vorgenommen wurde. Dieselbe ergab eine glattwandige,
kugelige Geschwulst, die sich von der Luftröhre und den Halsgefäßen leicht ab-
lösen ließ. Beim Versuch, sie hinter dem Brustbein hervorsuziehen und von den
großen Gefäßen, mit denen sie nur locker zusammenhing, zu lösen, platste sie und ent-
leerte eine klare, etwas schleimigeFlüssigkeit. Die Cystenwand war zart und zerreiß-
lich, konnte daher nicht mehr exstirpirt werden und wurde in die Wunde ein-
genäht. Vollständige Heilung. Ein Stück der Cystenwand zur mikroskopischen
Untersuchung zu gewinnen, war unmöglich, so dass kein positiver Anhaltspunkt
für die Art der Geschwulst gewonnen wurde. Es bestand keine Thymusdrüse
mehr, aber auch kein Zusammenhang mit der Schilddrüse. Trotzdem handelte es
sich wohl um einen jener seltenen Fälle von Struma intrathoracica ohne Kropf-
entwicklung, wie sie Wuhrmann im 43. Band der deutschen Zeitschrift für Chi-
rurgie beschrieben hat, und welche meist als colloide Knoten oder Cysten auftreten.
Tschmarke (Magdeburg).
Nachtrag sur Originalmittheilung: Eine neue Operation
der Hyposbadie der Eichel nach Bardenheuer.
Von
Dr. Breuer in Köln.
Der in No. 44 d. Bl. von mir publicirte Fall von Hypospadie der Eichel wurde
nach Kenntnisnahme der Beck schen Publikation, deren Zeichnungen entsprechend
den meinigen modificirt sind, bereits im Juni dieses Jahres operirt.
Eine sofortige Publikation der neuen Operationsmethode, welche im Juli hätte er-
‚folgen können, wurde durch die Anmeldung eines Vortrags über dieses Thema, welcher
auf der 70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Düsseldorf Mitte
September 1898 gehalten wurde, hinausgeschoben.
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Bärel in Leipzig.
Centralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. von Bergmann, F. König, E. Richter,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
m me
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 50. Sonnabend, den 17. December. 1898
Inhalt: Küster, Appendicitis oder Epityphlitis? (Original-Mittheilung.)
1) Diller, Traumatische Nervenleiden. — 2) Lejars, Subkutane Arterienzerreißungen.
— 3) Williams, Einfluss anderer Krankheiten auf Krebs. — 4) Michallow, Operationen
an Syphilitischen. — 5) Chassalgnac, 6) und 7) Pezzoli, Gonorrhoe. — 8) Küttner,
Sypbilitischer Kropf. — 9) Greene, Nierensyphilis. — 10) Ohmann-Dumesnil, Schanker
und syphilitische Geschwüre. — 11) Clark, Bauchfelldrainage. — 12) de Pace, Chylöser
Bauchfellerguss. — 13) Faure, Eventration. — 14) Lewaschow, Bösartige Neubildungen
det Bauchhöhle. — 15) Steiner, Myome des Magen-Darmkanals. — 16) Mencidre, Gastro-
enterostomie. — 17) Terrier und Auvray, Lebergeschwülste.
0. Lanz, Traumatische Fettnekrose. (Original-Mittheilung.)
18) XII. Italiänischer Chirurgenkongress.
19) Peroni, Gonorrhoe. — 20) Gaucher und Barbe, 21) Spillmann und Etienne,
Zosterähnliche Syphiliden. — 22) Jovanovic, Splenektomie.
Appendicitis oder Epityphlitis?
Von
Prof. Dr. Küster in Marburg.
Es ist heutigen Tages kaum noch möglich, eine Nummer irgend
einer medicinischen Zeitschrift in die Hand zu nehmen, ohne sofort
auf den Ausdruck »Appendicitise zu stoßen. Dies Wortungeheuer,
welches von Amerika aus in die Litteratur eingedrungen ist, hat
langsam und allmählich die älteren Ausdrücke für die Krankheit,
welche es bezeichnen soll, verdrängt; und wenn auch widerwillig, so
lässt sich jetzt doch selbst der klassisch gebildete Arzt dazu herbei,
ein Wort zu brauchen, welches er ursprünglich belächelt oder ver-
abscheut hat. Es ist hohe Zeit, dagegen Stellung zu nehmen.
Das Wort Appendicitis ist unglücklich gewählt und erbärmlich
in der Form. Die deutsche Anatomie bezeichnet den Wurmfortsatz,
um dessen Erkrankung es sich handelt, als Processus vermiformis,
während das Wort Appendices mit dem Beiwort epiploicae für die
kleinen, beutelförmigen, mit Fett gefüllten Ausstülpungen des Bauch-
fells in der Umgebung des Dickdarms und Mastdarms, gebraucht
50
zz
1242 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
wird. Bei Engländern und Franzosen ist dies allerdings anders;
letztere nennen den Wurmfortsatz Appendice coecal, vermiforme ou
vermiculaire, erstere Vermicular appendage. Allein so sehr wir
Deutsche stets bereit sind, Verbesserungen vom Ausland anzunehmen,
so haben wir doch keine Ursache, diese Neigung auch auf Ver-
schlechterungen auszudehnen. Und eine Verschlechterung wäre die
anatomische Bezeichnung der Appendix kurzweg, da sie ohne er-
klärendes Beiwort zu Verwechslungen Anlass geben müsste. Der
Name »Appendicitis« ist also keineswegs schlagend und er schließt
keineswegs jeden Irrthum mit Sicherheit aus.
Das könnte freilich noch hingehen; allein schlimmer, weil allen
Gesetzen der Sprachbildung Hohn sprechend, ist die Form. Wieder
einmal ist hier ein lateinisches Wort mit einer dem Griechischen
entlehnten Endigung versehen.
Nun kann man sagen, das sei rein nebensächlich, im Wesent-
lichen komme es doch nur darauf an, sich leicht und einfach zu
verständigen; überdies seien unsere medicinisch-wissenschaftlichen
Ausdrücke so voll von sprachlichen Ungeheuerlichkeiten, dass es sich
gar nicht lohne, darin eine Anderung anzustreben. Diesen Stand-
punkt vermag ich nicht zu theilen. Kleider machen Leute, ein
guter Stil hebt eine gute Arbeit, eine schlechte Sprache kann sie
ungenießbar machen. Viel zu sehr haben wir Deutsche die äußere
Form unserer Arbeiten vernachlässigt und vernachlässigen sie heute
noch. Der wohlthätige Einfluss, welchen R. v. Volkmann’s schöne
und reine Schreibweise auf die Chirurgen Deutschlands ausgeübt hat,
ist bereits im Verschwinden begriffen; dann wiederum lesen wir Auf-
sätze, welche mit überflüssigen Fremdwörtern aus allen Sprachen
durchsetzt sind, wie ein mit bunten Lappen geflickter Mantel.
Schlechte und geradezu ungebildete Bezeichnungen mehren sich und
bereiten dem banausischen Wesen in der Medicin den geeigneten
Nährboden.
Zu diesen ungebildeten Wortformen gehört auch die » Appen-
dicitis«. Ein solches Wort würde man kaum ertragen können, wenn
es unersetzlich wäre; wie viel weniger, da ein Ersatz ungemein
leicht ist.
Die in Rede stehende Krankheit wurde früher als Blinddarm-
entzündung, Typhlitis bezeichnet. Als die Erfahrung gelehrt hatte,
dass der Blinddarm nicht den Ausgangspunkt darstelle, da wählte
man abwechselnd die Namen Perityphlitis und Paratyphlitis, je nach-
dem die Eiterung mehr innerhalb oder außerhalb des Bauchfells ver-
lief. Mit dem Anwachsen pathologisch-anatomischer Kenntnisse, wie
sie durch Frühoperationen gewonnen wurden, konnten auch diese
Ausdrücke nicht mehr als zutreffend erachtet werden, weil sie den
Kern der Sache nicht berührten. Aus dem Bedürfnis nach einer
den anatomischen Verhältnissen angepassten Bezeichnung ist das
Wort Appendicitis entstanden, welches seiner Bequemlichkeit wegen
im Begriff ist sich den Erdkreis zu erobern.
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1243
Nun haben wir freilich keinen griechischen Ausdruck für den
Wurmfortsatz. Die griechischen Ärzte kannten ihn nicht, weil sie
ihre anatomischen Kenntnisse hauptsächlich auf Untersuchung von
Thieren gründeten; und die Säugethiere, mit Ausnahme einiger Affen
und Nager, besitzen einen solchen Darmanhang nicht. Es dürfte
aber dem Geist der griechischen Sprache nicht widerstreiten, wenn
man den Processus vermiformis ’ErırupAöov nennt, d. h. etwas, was
dem Blinddarm aufsitzt. Hieraus ergiebt sich ungezwungen und
sprachgemäß die Bildung Epityphlitis; und dies ist die Bezeichnung,
welche ich seit Jahren für die in Rede stehende Krankheit in meinen
klinischen Vorträgen anwende.
Kenner der griechischen Sprache werden vielleicht dieses Wort
einem Ausdruck vorziehen, welcher das sprachliche Empfinden in
rücksichtslosester Weise verletzt.
Marburg, den 14. November 1898.
1) T. Diller (Pittsburg). Traumatic nervous affections.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. September.)
In diesem wichtigen und zur Zeit von den »Grenzgebieten« wohl
am meisten kultivirten Gebiet sucht D. auf Grund der Analyse von
10 Fällen seinen Standpunkt darzulegen. Von seinen Anschauungen
seien folgende hervorgehoben:
1) Nervöse Symptome nach schweren Anfällen werden zwar oft
übertrieben, sind aber meist wirklich vorhanden.
2) Simulation ist selten und wird von einem geschickten Nerven-
arzt leicht entdeckt.
3) Die nervösen Symptome sind in der Regel neurasthenische
oder hysterische oder Beides.
4) Eine Anzahl von Fällen bieten Symptome, welche zu keiner
der beiden erwähnten Klassen gehören.
5) Es kommt manchmal zu akuter Degeneration der Nerven-
substanz, welche progressiv sein kann.
6) In manchen Fällen ist die Prognose sehr ernst.
7) DerName »traumatische Neurose«, wenn damit nicht mehrgesagt
werden soll, als dass auf ein Trauma nervöse Erscheinungen folgen,
ist beizubehalten. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
2) F. Lejars. Des ruptures sous-cutandes des grosses artères
et des gangrenes consécutives.
(Revue de chir. 1898. No. 4 u. 6.)
Wie schon der Titel besagt, beschäftigt sich die Abhandlung
nur mit den Fällen von subkutaner Arterienverletzung, in denen
ein Trauma direkt die Arterie betroffen, Haut, Knochen und Gelenk
unversehrt gelassen hatte. L. legt der Studie, außer 2 selbst ge-
machten Beobachtungen, 2 aus der Litteratur zusammengestellte zu
50*
1244 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
Grunde und bespricht zunächst eingehend die pathologisch-ana-
tomischen Befunde, wobei er die Fälle von totaler Zerreißung von
denen von Ruptur der Tunica interna und media und der isolirten
vollständigen oder theilweisen (»Fissures«) Zerreißung der Intima
unterscheidet. Die häufigsten Verletzungen betrafen die großen
Arterien der unteren Gliedmaßen (11), 4 die Art. humeralis; doch
sind auch Fälle von Ruptur der Iliaca und Carotis etc. beobachtet
worden. Immer handelte es sich um sehr schwere Gewalteinwirkungen
(Hufschlag, Stoß einer Wagendeichsel, eines Eisenbahnpuffers, Über-
fahrenwerden, etc.), und war für die Entstehung der Arterienver-
letzung der Druck des Gefüßes gegen eine knöcherne Unterlage
von wesentlichem Einfluss. In 8 Fällen ist auch die Zerreißung der
begleitenden Vene, in den meisten anderen die Thrombose derselben
in Folge von Einrissen in die Intima etc. festgestellt worden. Bei
Besprechung der klinischen Erscheinungen werden die Fälle von
unmittelbarer und die von langsam eintretender Gefäßverengerung,
die von sich rasch entwickelnder, besonders bei Bestehen sehr um-
fangreicher Blutergüsse an der Verletzungsstelle zu beobachtender,
meist mit septischer Infektion einhergehender vollständiger Gangrän,
die von aseptisch verlaufender, sehr langsam zu Tage tretender um-
schriebener Nekrose und die von Heilung ohne Gangrän, die frei-
lich nur selten erfolgt war, aus einander gehalten. Sehr beachtens-
werth sind die Schlüsse, die L. auf Grund seiner Studien für die
Behandlung der Arterienverletzungen zieht, indem er, abgesehen von
sorgfältigster Reinigung und Desinfektion, bei Bestehen großer Blut-
ergüsse die breite Spaltung und Ausräumung derselben, so wie die
Unterbindung der Arterien an der Verletzungsstelle empfiehlt. Be-
züglich weiterer Einzelheiten, namentlich auch in Bezug auf die je
nach der Zeit nach der Verletzung und den bereits eingetretenen
Folgezuständen einzuschlagende Therapie siehe das Original.
Kramer (Glogau).
3) R. Williams. The influence of other diseases upon cancer.
(Edinb. med. journ. 1898. Oktober.)
Die mit Einführung der Serumtherapie erwachte Hoffnung, ein
Mittel gegen den Krebs zu finden, veranlasst den Vert, seine Er-
fahrungen mitzutheilen über den Einfluss, welchen andere Krank-
heiten auf das in Frage stehende Leiden haben. Von einer günstigen
Einwirkung des Erysipels und anderer entzündlicher Krankheiten
hat er nie etwas bemerkt, fand auch in seinem ziemlich ausgedehnten
statistischen Material keinen Beweis dafür, dass Krebskranke seltener
an Erysipel etc. leiden, als andere Kranke. Aufgefallen ist ihm bei
diesen Nachforschungen die äußerste Seltenheit des Vorkommens
von Syphilis in der Anamnese von Krebskranken und die große
Häufigkeit der Tuberkulose in den Familien der an Krebs leiden-
den Menschen. »Die meisten Krebskranken sind thatsächlich die
überlebenden Mitglieder tuberkulöser Familien. «
Willemer (Ludwigslust!,
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1245
4) N. N. Michailow. Über Operationen an Syphilitischen.
(Wojenno-medicynski Journal 1898. September. [Russisch.])
M. war Vorsteher der chirurgischen Abtheilung (17 Betten) im
Kalinkinhospital für Syphilis- und Hautkranke in St. Petersburg
und hatte hier Gelegenheit, über 100 der verschiedensten Opera-
tionen an Syphilitischen auszuführen. Nach einer Übersicht der
einschlägigen Litteratur bringt er eine ganze Reihe Kranken-
geschichten und kommt endlich zu folgenden Schlüssen:
Die Syphilis ruft eine gewisse Diathese hervor, übrigens nicht
bei allen Kranken, und für verschieden lange Zeit, was besonders
von der Therapie abhängt. Das Wesen dieser Diathese ist haupt-
sächlich in den Gefäßveränderungen zu sehen (verminderte Elasti-
cität), dann in Alterationen des Blutes (herabgesetzte Gerinnungs-
fähigkeit), endlich auch in Hautveränderungen. Die Diathese be-
ginnt mit der kondylomatösen Periode und ist besonders schwer
im gummösen Stadium und bei schlecht behandelter Syphilis. Das
Alles ruft folgende Eigenthümlichkeiten bei den Operationen hervor:
die Wunden bluten sehr stark, besonders im Tertiärstadium. Die
Wundränder weisen eine besondere, oft pigmentirte Infiltration auf;
die Prima ist oft gestört; die Granulationen sind entweder sehr
spärlich und verfallen der fettigen Degeneration, oder werden hyper-
trophisch, aber bald ödematös und farblos. Die Wunden heilen da-
her sehr langsam und geben sehr viel serös-fibrinöses oder serös-eitriges
Sekret. Die Wundränder atrophiren leicht beim geringsten Druck.
Überhaupt müssen bei solchen Wunden möglichst alle chemischen
Antiseptica vermieden werden; sehr gut wirkt feuchte Wärme. Bei
Kondylomatösen wird reichliche Bildung von Narbengewebe beobachtet,
so dass oft echte Keloide entstehen; oder aber das Gewebe atrophirt
und giebt strahlige Narben. M. sah nie, dass an der Wundstelle
typische Efflorescenzen entstehen. Das Aufflackern der Hautsymptome
nach Verwundungen ist zufällig oder aber eine Folge der Infektion
der Wunde durch Eitererreger. Knochensequester müssen stets ent-
fernt werden, was oft nicht leicht ist (feine, vielfache Sequester).
Gummöse Geschwüre werden ausgeschabt, oder der sklerosirte Boden
längs gespalten. Einmal schwanden schwere Knochenschmerzen
nach Trepanation der Tibia. Plastische Operationen gelingen oft
nicht, besonders bei ungenügender Therapie, müssen also erst dann
ausgeführt werden, wenn die gummöse Narbe blass und dünn ge-
worden ist. Eben so misslingen Transplantationen nach Thiersch.
Übrigens merkt man zuweilen (aber sehr selten!) gar keinen Einfluss
der Syphilis auf die Wundheilung. Zum Schluss seiner ausführlichen
Arbeit (60 S.) drückt M. den Wunsch aus, die Syphilisdiathese möge
von den Chirurgen recht genau studirt werden.
@ückel (B. Karabulak, Saratow).
1246 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
5) C. Chassaignac. Preliminary report on the use of
chlorinated soda in gonorrhoea.
(Journ. of out. and genito-urin diseases 1898. No. 1.)
Trotz aller neuen und allerneuesten Methoden der Tripper-
behandlung scheinen die Fachmänner von den damit erzielten Resul-
taten noch immer nicht sehr befriedigt zu sein. Man würde es sonst
wohl kaum verstehen, dass jetzt wieder durch Verf. ein älteres, früher
von Doyen empfohlenes Präparat gewissermaßen ausgegraben und zu
Versuchen empfohlen wird. Es handelt sich hier um den Liquor
sodae chloratae der U. S. P., dessen Zusammensetzung Verf. nicht
eruiren konnte. (Vermuthlich dürfte er dem Liquor sodae chlorinatae
der englischen Pharmacopoe entsprechen: Calcariae chlorat. 4,0, Natri
carbon. 6,0, Aq. dest. 40,0; M. filtr.) Verf. empfiehlt Injektionen
des officinellen Liquors in folgenden Verdünnungen: 1:98, 1:32,
1:24 und wendet die schwächere Lösung an, wenn stärkere Reiz-
erscheinungen vorhanden sind, und umgekehrt. Verf. war mit diesen
Injektionen stets sehr zufrieden, will jedoch keineswegs behaupten,
damit Wunderkuren zu erzielen. Bei einer so schwer zu behandeln-
den Erkrankung dürften Versuche gewiss zu empfehlen sein, zumal
da das Mittel seiner Zusammensetzung nach jedenfalls keine Gefahren
involvirt. Kopp (München).
6) Pezzoli. Über die desinficirende Kraft des Largin (einer
neuen Silber-Eiweißverbindung) gegenüber dem Gonoeocens,
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 11.)
Verf. glaubt, dass der Silbergehalt der neuen organischen Silber-
präparate von Einfluss auf ihre Wirksamkeit sei. Während das Ar-
gentum nitricum 63,5% Ag. enthält, besitzt das Argonin nur 4,2%,
das Protargol 8,3% Ag. Das neue, von Lilienfeld in Wien dar-
gestellte Mittel enthält 11,0% Silber; seine Eiweißkomponente stellt
ein neues Spaltungsprodukt der Paranucleoproteide dar, dessen her-
vorragendste Eigenschaft Löslichkeit in wässrigem Alkohol ist.
Die mit diesem Präparat nach der üblichen Methode angestellten
Desinfektionsversuche lassen den Schluss zu, dass es (in vitro) be-
züglich der Fähigkeit, die Gonokokken abzutödten, die bisher be-
kannten Silber-Eiweißverbindungen überragt. In todte organische
Substanzen dringt es tiefer ein. Hübener (Breslau).
7) Pezzoli. Über das Largin, ein neues Antigonorrhoicum.
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 12.)
Die klinischen Erfolge sind in so fern dem Protargol überlegen,
als bei letzterem 64% der Fälle frischer Urethritis anterior von dem
Auftreten einer Urethritis posterior verschont blieben, gegen 77%
bei Anwendung von Largin. Sonst vereinigt das Largin auch alle
guten Eigenschaften des Protargols in sich. Hübener (Breslau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1247
8) H. Küttner. Struma syphilitica.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hit. 2.)
Im Anschluss an 2 Fälle syphilitischen Kropfes eigener Be-
obachtung, von denen der eine den Charakter einer gummösen, der
andere den einer diffus interstitiellen Entzündung trug, giebt Verf.
eine übersichtliche Darstellung des anatomischen und klinischen
Bildes dieser bisher wenig beachteten Erkrankung. Während vor-
übergehende Anschwellungen der Schilddrüse in den Frühstadien
der Lues nicht ungewöhnlich sind, gehört die eigentliche Syphilis
der Schilddrüse zu den seltensten Erscheinungen. Klinisches In-
teresse erlangt dieselbe theils durch Zerstörung des Schilddrüsen-
parenchyms und die hiermit im Zusammenhang stehenden Ausfalls-
erscheinungen, theils dadurch, dass sie eine bösartige Neubildung
der Schilddrüse vortäuschen kann; außerdem sind auch Basedow-
sche Symptome so wie hochgradige Luftröhrenverengerung beobachtet
worden. Eine sichere klinische Diagnose ist nur bei gleichzeitigen
sonstigen Lokalisationen der Lues möglich; während der Operation
kann das speckige Aussehen des peristrumösen Zellgewebes im Sinn
einer Struma syphilitica verwerthet werden. Honsell (Tübingen).
9) R. H. Greene. Syphilis of the kidneys.
(Journ. of cut. and genito-urin diseases 1898. No. 1.)
Mittheilung eines Falles von Nierensyphilis, dessen Details im
Original einzusehen sind. Die Diagnose war, wie wohl zumeist in
solchen Fällen, eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose. Der Erfolg der
antiluetischen Therapie und die Krankengeschichte ließen auf ein
gummöses Nierengeschwür schließen. Bei Nierensyphilis ist, wie
auch sonst bei Nierenkranken, worauf schon Mauriac aufmerksam
gemacht hat, die Quecksilberbehandlung stets mit großer Vorsicht
zu kontrolliren, da die Ausscheidung durch die Nieren eine behinderte
ist, und leichter Stomatitis und andere Quecksilberintoxikations-
symptome zu Stande kommen. Unsere gegenwärtigen Kenntnisse
über das Vorkommen von Nierensyphilis und deren Symptomatologie
fasst der Verf. kurz in folgenden Sätzen zusammen: Die Syphilis
kann in seltenen Fällen direkt oder indirekt die Nieren befallen,
und zwar entweder in Form einer specifischen Entzündung des
Parenchyms oder des interstitiellen Gewebes, oder als Gumma oder
als Amyloid. Diese verschiedenen Erkrankungsformen treten häufig
gemischt in Erscheinung. Häufig ist nur eine Niere erkrankt; ge-
legentlich verursacht die Nierensyphilis Symptome, welche eine bös-
artige Erkrankung oder Nierensteine vorzutäuschen im Stande sind.
Kopp (München).
1248 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
10) Ohmann-Dumesnil (St. Louis). A rapid treatment of
chancroid and ulcerative syphilitic lesions.
(St. Louis med. and surg. journ. 1898. Juni.)
Verf. empfiehlt als ein sehr rasch heilendes Verfahren bei Schanker-
so wie auch bei syphilitischen Geschwüren aller Art die Anwendung
des Nosophens, nachdem durch Wasserstoffsuperoyd zunächst eine
energische Desinfektion der Geschwürsfläche vorausgeschickt ist.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
11) Clark. A critical review of seventeen hundred cases
of abdominal section from the standpoint of intraperitoneal
drainage.
(Johns Hopkins Hospital Reports 1898. No. 1 u. 2.)
Verf. hat 1700 Laparotomien, die in den Jahren von 1889—1896
in der gynäkologischen Abtheilung des Johns Hopkins Hospitals
in Baltimore ausgeführt wurden, in Beziehung auf die Vortheile der
Drainage einer Prüfung unterzogen und kommt zu dem Schluss, dass
die Drainage in den bei Weitem meisten Fällen, in denen sie zur
Zeit angewendet wird, nicht nur nutzlos, sondern häufig schädlich ist.
Aus den Untersuchungen von Wegner, Grawitz, Pawlowsky
und Muscatello wissen wir, dass das gesunde Bauchfell in kurzer Zeit
erhebliche Mengen Flüssigkeit bewältigen und ziemlich große Massen
infektiösen Materials unschädlich machen kann. Dem entzündeten
und gereizten Bauchfell geht diese Fähigkeit verloren. Führen wir
einen Drain irgend welcher Art in die Bauchhöhle ein, so entsteht
durch den traumatischen und chemischen Reiz alsbald ein Exfoliation
des Endothels, welche ein Austreten von Serum und Leukocyten
hervorruft, so dass der Drain alsbald gegen die Bauchhöhle abge-
schlossen wird. Es wird desshalb nur während der ersten 2 Stunden
eine geringe Menge Flüssigkeit durch den Drain entleert werden,
die Absorption von Flüssigkeit und Mikroorganismen durch das
Bauchfell selbst wird dagegen durch die Einführung des Drains er-
heblich beeinträchtigt. Bei 2 Autopsien von Fällen, welche an all-
gemeiner Peritonitis gestorben waren, fanden sich in der drainirten
Partie Myriaden von Keimen, während die benachbarten Partien
der Bauchhöhle, die nicht in die entzündlichen Verklebungen, welche
der Drain bewirkt hatte, hineinbezogen wurden, keine Spur von
Keimen aufwiesen. Während also die Drainagewirkung außerordentlich
gering ist, besteht auf der anderen Seite eine große Gefahr des Ein-
dringens der Infektion durch den Drain. Unter 17 Fällen, in denen
der Gazedrain untersucht wurde, fand sich in keinem Falle die
Gaze frei von Keimen. Die oberen Partien des Drains waren
immer weit reichlicher mit Keimen durchsetzt, als die tieferen. In
der Regel sind die durch den Drain herbeigeführten Infektionen aller-
dings milder Natur. Doch finden sich unter den 1700 Fällen auch
eine ziemlich große Anzahl, in denen ausgedehnte örtliche Eiterung
.Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1249
und einige wenige, in denen der Tod herbeigeführt wurde. Die
Gefahr der Infektion durch den Drain ist am größten, nachdem der
Drain zum ersten Mal gewechselt worden. In vielen Fällen, die bis
zu diesem Zeitpunkt ohne Störung verlaufen waren, traten 2—3 Tage
danach Zeichen stattgehabter Infektion auf. Durch das Lösen des
Drains werden die abschließenden fibrinösen Verklebungen gelockert.
Die Keime, welche jetzt bereits von außen her in die Gaze ein-
gedrungen sind, werden beim Ausziehen der Gaze durch die enge
Bauchdeckenwunde förmlich aus der Gaze herausgepresst in die neu
eröffnete Peritonealhöhle hinein. In 8 Fällen wurden Darmschlingen
und Netztheile mit aus der Wunde herausgezerrt. In einem Falle
folgte tödliche Blutung.
Die Untersuchung des Eiters in 44 Fällen von Operationen
entzündlicher Processe ergab, dass im Eiter in 33 Fällen alle
Keime fehlten, Mischinfektion von Staphylococcus albus und aureus
und. dem Streptococcus fand sich imal, Gonokokken fanden sich
in 6 Fällen.
Verf. hat die Erfolge von je 100 Operationen bei entzündlichen
Processen im Becken, drainirten und undrainirten Fällen verglichen
und fand:
es heilten ohne Komplikation drainirt 46 Fälle, undrainirt 80 Fälle
Heilung unter erheblicher
Temperatursteigerung, Er-
brechen, Tympanie > 4 > > 14 >
Eiterung der Bauchwunde > 24 > > 11 >
postoperative entzündliche `
Beckenexsudate > 8 > > 1 >
Todesfälle > 13 > H 6»
Als weitere Komplikation trat bei der Anwendung der Drainage
imal eine Kothfistel, in zahlreichen Fällen traten Zeichen von
Reizung der Blase auf, und in 8% der Fälle bildeten sich später
Bauchbrüche.
Zur Verhütung einer Peritonitis giebt Verf. außer den allgemein
anerkannten noch folgende Vorschriften:
1) Nach jeder Operation, bei der Gerinnsel oder Flüssigkeiten in
die Bauchhöhle gelangt sind, soll dieselbe ausgiebig mit Kochsalz-
lösung ausgespült werden.
2) Wenn die Operation längere Zeit gedauert hat, oder die An-
wesenheit von septischem Material vermuthet wird, so sollen
500—1000 cem Kochsalzlösung in der Bauchhöhle zurückgelassen
und das Fußende des Bettes für die ersten 24 Stunden um 18 Zoll
erhoben werden.
3) Wenn nach der Operation sich Zeichen stattgehabter Infektion
einstellen, so sollen ausgiebige Kochsalzinfusionen unter die Brust
gemacht werden.
Verf. legt besonders auf den zweiten Punkt großen Werth. Da
körperliche Elemente nur durch den Zwerchfelltheil des Bauchfells
5044
1250 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
ausgeführt werden können, so wird die Reinigung der Bauchhöhle
durch die Erhebung des Fußendes erheblich befördert, es wird die
Ansammlung von Flüssigkeit in den todten Räumen des Beckens ver-
hütet, und es werden die toxischen Substanzen rasch vertheilt und
können keinen schädlichen Einfluss auf die Wundfläche ausüben.
Verf. hält nur in folgenden Fällen die Drainage für vortheilhaft:
1) Bei der Appendicitis, wenn das benachbarte Bauchfell der-
maßen entzündlich infiltrirt ist, dass ein sicheres Verschließen des
Appendixstumpfs nicht möglich ist, ferner wenn ein Abscess oder
allgemeine Peritonitis besteht.
2) Bei Eiteransammlungen im Becken.
3) Bei der Darmnaht, wenn man nicht von der Dichtigkeit der
Naht überzeugt ist.
4) Bei der Excision von Fistelgängen, die vom Darm zu den
Bauchdecken führen.
5) Bei eitriger Peritonitis. Strauch (Braunschweig).
12) de Pace. Contributo alla casuistica dell’ ascite chiliforme
ed alla diagnosi dei tumori maligni delle cavità sierose.
(Rivista clin. e terapeut. 1898. No. 9.)
Referat über Litteratur und Pathologie der chylösen und chylus-
ähnlichen Ergüsse im Bauchfell, wobei besonders hervorgehoben wird,
dass in letzteren der Fettgehalt nur eine Unterrolle spielt. Mit-
theilung zweier Fälle letzterer Gattung aus der medicinischen Klinik
zu Neapel. Als Ursache fand sich im ersten Lymphosarkom der
retroperitonealen Drüsen und des Mesenteriums, im zweiten ein das
kleine Becken ausfüllendes, Uterus und Ovarien einschließendes Carci-
nom. Die Flüssigkeit enthielt beide Male sehr wenig Fett, im zweiten
noch Cholestearin, viel Eiweiß. Nach de Renzi kann man die
Diagnose auf bösartige Geschwülste des Bauchfells stellen, wenn
ein chylusähnlicher Erguss sich verbindet mit einer schweren Kachexie
und Anämie mit Blutyeränderungen. E. Pagenstecher (Wiesbaden).
13) J. L. Faure. Sur un nouveau procédé pour la cure de
l’eventration.
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. Februar.)
Nach elliptischer Ausschneidung der verdünnten Haut werden
die weit aus einander gewichenen Ränder der Mm. recti aufgesucht
und von der Umgebung sehr sorgfältig isolirt. Dann wird in der
auf Fig. 1 angegebenen Weise jederseits ein 1 cm breiter, 12—15 cm
langer Streifen abpräparirt, der rechts mit seinem unteren Ende,
links mit dem oberen Ende mit dem entsprechenden M. rectus in
Verbindung bleibt. Darauf werden die beiden Streifen (s. Fig. 2)
mittels Kocher’schen Schiebers durch Aponeurose und Muskulatur
der Recti überwendlich durchgeführt, so dass der untere’ Teil dieser
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1251
überwendlichen Naht vom rechten, der obere Theil vom linken
Streifen der Rectusaponeurose gebildet wird. Die Streifen werden
in der Mitte geknotet und der Knoten durch Katgutuaht gesichert.
In einem Falle erzielte F. vollen Erfolg.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
14) S. W. Lewaschow. Über einige bösartige Neubildungen
der Bauchhöhle in klinischer Beziehung.
(Wratsch 1898. No. 35 u. 36. [Russisch.])
L. beschäftigt sich mit denjenigen Carcinomen der Bauchhöhle,
die schwer zu erkennen sind, und theilt seine Beobachtungen in
2 Gruppen. Als Beispiele der ersten beschreibt er 2 Fälle von
Magenkrebs, die beim Leben keine Magensymptome gaben; 1 Fall
verlief unter dem Bilde der hypertrophischen Lebercirrhose (Carcinoma
fundi ventriculi, hepatis et pancreatis); der andere — Carcinomatosis
peritonei acutissima, vom Magen ausgehend — führte in 3!/ Wochen
zum Tode; hier gab erst die Probepunktion Aufschluss. In die
2. Gruppe verlegt L. die Fälle, wo bei alten Leuten Schmerzen an
irgend einer Stelle des Unterleibs auftreten, und keine anderen Er-
scheinungen zu finden sind. Erst spät treten Metastasen in ober-
flächlichen Lymphdrüsen auf, oder es entwickelt sich immer mehr
und mehr ein kachektischer Zustand. Hier handelt es sich sehr oft
um Carcinom der retroperitonealen Lymphdrüsen, deren Druck auf
die Rückennerven die starken, sonst unerklärlichen Schmerzen aus-
löst. Bei solchen Schmerzen ist also stets an die Möglichkeit eines
Krebses in der Bauchhöhle zu denken.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
15) R. Steiner. Über Myome des Magen-Darmkanals.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1 u. 2.)
Nach S. rufen die inneren Myome des Magen-Darmkanals vor
Allem die Symptome eines Damien und ag zunächst
git x Go og
1252 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
eines unvollständigen, dann eines vollständigen hervor. Zugleich `
werden, so fern es sich um Lokalisation im Magen oder Mastdarm
handelt, Blutungen schwerer Art beobachtet. Am häufigsten und
gleichzeitig am gefährlichsten sind die inneren Myome des Dünn-
darms.
Die äußeren Myome erreichen einen weit größeren Umfang, sie
stören den Weg zunächst gar nicht; erst spät treten durch Kom-
pression auch hier Stenosenerscheinungen auf, die indessen im Ge-
gensatz zu den Stenosen bei inneren Myomen keine freien Intervalle
zeigen. Blutungen werden bei äußeren Myomen des Darmes gelegent-
lich, bei solchen des Magens nie beobachtet; die geringsten Be-
schwerden treten bei Lokalisation am Magen, die größten bei Lokali-
sation am Mastdarm auf.
Außere und innere Darmmyome führen beide bei zunehmendem
Wachsthum der Geschwulst unfehlbar zum Tode. Über die patho-
logisch-anatomischen Untersuchungen möge das Original eingesehen
werden, da sich diese zu einem kurzen Referat nicht eignen.
E Honsell (Tübingen).
16) L. Menciöre. Quelques recherches sur la gastro-entero-
stomie par sphacele.
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. Februar.)
M. hat das von Postnikow schon 1892 publicirte Verfahren
(s. Centralblatt für Chirurgie 1892 No. 49), die Gastroenterostomie
durch Gangränescirung zweier umschnürter Schleimhautzipfel zu be-
werkstelligen, am Hunde nachgeprüft. In einigen Fällen ereignete
es sich, dass sich der brandig gewordene Schleimhautzipfel zwar
abstieß, dass aber an seine Stelle Narbengewebe trat, so dass bei
der Autopsie weder Magen noch Darm eröffnet gefunden wurden.
Mit dieser Möglichkeit ist bei allen ähnlichen Methoden zu rechnen.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
17) F. Terrier et M. Auvray. Les tumeurs du foie au
point de vue chirurgical. Etude sur la résection du foie.
(Revue de chir. 1898. No. 5, 8 u. 9.)
Ihren früheren Arbeiten über die Leberverletzungen und die
Wanderleber (s. Referat in diesem Centralblatt 1897 p. 73 u. 1291)
lassen T. und A. jetzt eine Abhandlung über die Lebergeschwülste
(mit Ausnahme der einer späteren Bearbeitung entgegensehenden
Cysten), so weit sie von praktischem chirurgischem Interesse sind,
folgen. Auch in der vorliegenden nehmen die Ausführungen über
die Behandlung der in Rede stehenden Affektion den Hauptplatz
ein, nachdem die Verf. gleich anderen Autoren dieses Themas die
Schwierigkeit einer frühzeitigen Diagnose, zumal hinsichtlich der
Natur der. Geschwulst, betont und als letztes diagnostisches Hilfs-
mittel den Probebauchschnitt empfohlen haben. Die Indikationen
zur Exstirpation anlangend, so halten T. und A. nur die günstig ge-
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1253
legenen solitären Greschwülste, namentlich wenn sie gestielt und mit
der Nachbarschaft nicht verwachsen sind, für geeignet, während die
übrigen höchstens zu palliativen Eingriffen (Cholecystostomie etc.) bei
starken Beschwerden berechtigen. Bei der Schilderung der Leber-
resektion werden naturgemäß die Methoden der Blutstillung und
Stielbehandlung mit besonderer Ausführlichkeit besprochen und hier-
bei erneut dem von A. (s. dieses Centralblatt 1897 p. 914) nach dem
Vorgang von Kousnetzoff und Pensky (s. ebenda p. 383) experi-
mentell geprüften und außerordentlich bewährt befundenen Verfahren
der Anlegung von sehr fest zu schnürenden kettenförmigen Massen-
ligaturen durch das Lebergewebe mittels vorn stumpfer Nadel vor
allen anderen der Vorzug gegeben. Auch in einem von T. operirten
Falle von Ausschneidung eines 270 g schweren, faustgroßen Leber-
krebses hat es sehr Gutes, wenngleich nicht Vollkommenes (Ab-
gleitung einer Ligatur, starke Blutung) geleistet. Der Snegirew-
schen Methode der Blutstillung mittels heißen strömenden Wasser-
dampfes wird nur kurze Erwähnung in empfehlendem Sinne gethan,
des kühnen, freilich mehr theoretisch werthvollen, als praktisch
durchführbaren Vorschlags von Langenbuch, dessen Arbeit über
die Leberchirurgie überhaupt unberücksichtigt gelassen ist (s. Referat
1897 p. 1105), gar nicht gedacht. Zum Schluss finden sich 38 Leber-
geschwulstexstirpationen aus der Litteratur, einschließlich T.’s Fall,
tabellarisch zusammengestellt; nur 2 derselben sind an Blutung, 4 an
Sepsis, bezw. Shock nach der Operation zu Grunde gegangen,
Recidive 1/,—1 Jahr nach den meisten Operationen wegen bösartiger
Geschwulst 18 erfolgt. Kramer (Glogau).
Kleinere Mittheilungen.
Traumatische Fettnekrose.
Von
Dr. Otto Lanz, Docent für Chirurgie in Bern.
Fettgewebsnekrosen im Zusammenhang mit dem Pankreas sind bekannt,
seit Balser 1882 auf dieselben aufmerksam gemacht hat. Sie finden sich namentlich
` im interacinösen Gewebe, seltener in dem die Drüse umgebenden Fettgewebe als
stecknadelkopfgroße, linsengroße, seltener größere opake Herde und kommen meist
als zufälliger Befund bei Autopsien zur Beobachtung.
Dass aber eine subkutane Fettnekrose Anlass zu einem chirurgischen Eingriff
geboten hätte, ist mir nicht bekannt, wesshalb ich die folgende Beobachtung
hier wiedergebe:
Am 22. Oktober 1897 wurde mir von Kollegen N. eine 38jährige Pat. zur
Operation gebracht mit der Diagnose Carcinom ausgehend von einem aberrirten
Brustdrüsenläppchen. — Die Untersuchung der im Übrigen durchaus gesunden,
kräftig gebauten, aber nicht sehr fetten Pat. ergab einen kirschengroßen, auffällig
weichen, pseudofluktuirenden, nicht im geringsten druckempfindlichen Tumor am
linken Sternalrand auf der Höhe der Brustwarze. Die Haut darüber verwachsen,
sonst nicht verändert; zu Rippen oder Sternum keinerlei Beziehungen, in der
` Nachbarschaft kein Brustdrüsengewebe mehr nachweisbar, beide Mammae voll-
ständig normal.
1254 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
Schon die Konsistenz schloss die Diagnose auf ein Careinom aus, wohl aber
wäre an ein Sarkom zu denken gewesen; gegen einen Abscess sprach das Fehlen
jeglicher Entzündungserscheinung, jedweden ätiologischen Momentes; denn bei
der anfänglichen Aufnahme der Anamnese wurde nur die Angabe gemacht, dass
Fig. 1.
Leitz Oc. I, Obj. 3.
der Knoten vor 3 Wochen zufällig entdeckt worden sei, seither wenig an Größe
zugenommen habe. Erst auf ganz specielles Befragen wird ein Trauma, Anstoßen
an einer Tischkante vor etwas mehr wie 3 Wochen, angegeben, das aber zu
keiner Hautverletzung, zu keinen weiteren Quetschungserscheinungen führte und
desshalb unbeachtet blieb. = l za
Datzesdy Google
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1255
Ich exeidirte den Knoten reichlich im Gesunden und überwies ihn zur Unter-
suchung an Dr. Howald, Docenten f. patholog. Anatomie; der markige, grau-
weiße Durchschnitt imponirte mir als Sarkom. Die bakteriologische Untersuchung
ergab ein negatives Resultat.
` Der am 17. November 1897 eingetroffene Bericht von Dr. Howald lautete:
»Die Untersuchung des am 22. Oktober überbrachten Hautstückes, in dem sich nach
einem Trauma ein Knoten gebildet hatte, ergab ein unerwartetes Resultat. Es
handelt sich nicht um einen Tumor, sondern um eine Entzündung mit Bildung
von Granulationsgewebe, das zahlreiche multinucleäre Leukoeyten enthält. Da-
neben kommt eine gleiche Zahl von Fremdkörperriesenzellen vor, die um nekro-
tische, nicht mehr bestimmbare Massen herumgelagert sind«.
Fig. 3.
Leitz Oc. I, Obj. 7.
Fig. 1 giebt den Knoten bei Lupenvergrößerung wieder, Fig. 2 zeigt die
Riesenzellen im Entzündungsherd bei schwacher Vergrößerung, Fig. 3 Fremd-
körper und Riesenzellen bei stärkerer Vergrößerung.
Diese mikroskopischen Befunde weichen in so fern von denen bei Pankreas-
fettnekrose ab, als in unserem Falle die entzündlichen Erscheinungen viel mehr in
den Vordergrund treten. Mikroskopisch sieht man bei letzteren nach Chiari
zum Theil eine Umwandlung von Fettzellen in Körnchenkugeln; in anderen Herden
zeigen sich in den peripheren Theilen neben Fettdetritus und Kalk dunklere Fett-
zellen, die Fettsäurenadeln enthalten, in den centralen Theilen, welche keine
Kernfärbung mehr erkennen lassen, Schollen und Klumpen von fettsaurem Kalk.
Doch unterscheidet Fitz auch für die Pankreasfettnekrose eine nekrobiotische und
eine entzündliche Form.
Die Ätiologie der Fettgewebsnekrose am Pankreas ist trotz bakteriolo-
gischer und experimenteller Studien noch nicht aufgeklärt. Balser erblickt sie in
einer übermäßigen Fetigewebewucherung, Chiari sieht sie als Theilerscheinung
1256 Oentralblatt für Chirurgie. No. 50.
eines schweren Marasmus an, Langerhans vermuthet einen Zusammenhang mit
fermentativen Wirkungen des Pankreasaftes.
- In unserer Beobachtung ist die Ätiologie eine traumatische, und zwar hatte
das Trauma zu einer gang lokalen Veränderung, einem umschriebenen Granulations-
berd mit Leukocyten, Riesenzellen und Fremdkörpern in Form yon homogenen,
gekräuselten Massen geführt, ohne dass die Umgebung des ganz circumscripten
Herdes irgend welche Reaktion darbot. Die nicht bestimmbaren Fremdkörper
können aber nicht wohl etwas Anderes vorstellen als nekrotisches Fettgewebe, indem
sich im Herd kein Blutfarbstoff mehr nachweisen ließ, und auch in der Nach-
barschaft keine Zeichen einer stattgehabten Hämorrhagie vorlagen.
18) XIII. Kongress der Italiänischen chirurgischen Gesellschaft,
gehalten in Turin vom 4.—7. Oktober 1898.
I.
Zuccaro (Turin): Ein neues Trepanationsinstrument.
Das Instrument wurde bereits auf dem XI. internationalen Kongress in Rom
1894 besprochen. Z. hat seitdem einige kleine Veränderungen angebracht. Der
Stiel ist der eines gewöhnlichen Trepans, an dessen unterem Ende an Stelle der
Trepankrone ein kleiner horizontaler Arm angebracht ist, welcher einen in Form
eines_Sägezahns hergestellten kleinen Meißel trägt. Die Schädeldecke wird damit
durchschabt. Den Meißel kann man längs des horizontalen Armes in beliebiger
Entfernung vom centralen Stiel anschrauben und erzielt somit in wenigen Minuten
die Entfernung von beliebig großen Theilen des Schüdeldaches. Auch kann man
den Meißel durch eine Messerklinge ersetzen, um vor der Trepanation die Weich-
theile genau nach Bedarf mit einem Zug zu durchschneiden.
Codevilla (Turin) demonstrirt ein von ihm konstruirtes Trepanations-
instrument. Die Mittelachse ist ein einfacher Stift mit spitzem Ende, an wel-
chem der um ihn rotirende stärkere horisontale Arm in beliebiger Höhe angebracht
werden kann. An letzteren schraubt man einen Schabemeißel, ähnlich wie beim
Zuccaro’schen Instrument, in gewünschter Entfernung von der Mittelachse an
und giebt ihm zugleich eine größere oder kleinere Neigung, je nach der Höhe,
auf welcher der horizontale Arm an der Mittelachse angebracht worden ist. Mit
der einen Hand hält man den Kopf der Mittelachse fest, mit der anderen setzt
man den horizontalen Arm in Bewegung.
Auf Anfrage von Bottini (Pavia) erklärt Redner, dass er sich seines In-
struments besonders bei explorativen oder bei wegen erheblicher Schädelbrüche
bedingten Kraniotomien mit Erfolg bedient hat; einmal hat er im Verlauf von nur
einer halben Stunde eine wirkliche Hemikraniektomie ausführen können. Das
Instrument eignet sich nicht zur Trepanation der sehr dünnen oder sehr dicken
Schädeltheile, eben so nicht, wie Durante (Rom) richtig bemerkt, für kongenital
oder pathologisch dünne Schädel. Doch hat Redner bei Kindern sein Instrument
mehrmals ohne Schwierigkeiten anwenden können.
Carle (Turin): Beitrag zur Behandlung der Geschwülste der Fron-
tallappen.
Redner hebt besonders einen Fall hervor, an welchem er die Exstirpation
einer Geschwulst vornahm, die den ganzen linken Frontallappen zerstört hatte.
Die vorhandenen erheblichen Geistesstörungen verloren sich nuch und nach, und
ist Pat. gegenwärtig psychisch normal.
Während der Operation entstand so heftige Blutung, dass die Wunde tam-
ponirt werden musste. Bald nach der Operation war eine mehrere Tage anhaltende
rechtsseitige Hemiparese bemerkbar.
Durante (Rom) schreibt die postoperative, vorübergehende Hemiparese keines-
wegs einer direkten Läsion der linksseitigen motorischen Centren, sondern nur
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1257
einer durch die bedeutende Hämorrhagie entstandenen Blutinfiltration der Hirn-
rinde zu.
Zur Erklärung des Entstehens der Geistesstörungen beruft sich Redner auf
die von ihm auf dem Kongress 1896 mitgetheilten ähnlichen Fälle (s. Cbl. f. Chir.
1896 No. 50 p. 1201).
Roncali (Rom): Über totale und partielle Kleinhirnexstirpation.
(Vorläufige Mittheilung.)
Die motorischen Störungen nach theilweiser oder totaler Entfernung des
kleinen Gehirns werden heut zu Tage gedeutet, indem man sich an eine der fol-
genden Theorien hält: entweder ist das Kleinhirn 1) das Centrum des Muskel-
tonus und somit der Energie und der Verstärkung der Muskelkontraktionen, oder
es ist 2) das Centrum der Koordination bestimmter Muskelgruppen, zur Erhaltung
des körperlichen Gleichgewichts.
Nach eingehender Erörterung seiner Experimente an Hunden, besonders in
technischer Hinsicht, bestätigt Redner die allgemein bekannten Entdeckungen von
Luciani, mit der Ausnahme, dass die Muskelatonie und Asthenie nicht immer
vorwiegend im Hintertheil des Körpers, sondern, nach Exstirpation der einen
Hälfte des Kleinhirns, auch oft vorwiegend im Vordertheil erscheinen.
Der patellare und der Achillessehnenreflex sind meistens gleichseitig mit der
entfernten Kleinhirnhälfte, manchmal aber auch beiderseits gesteigert.
Wenn die operirten Hunde mit verbundenen Augen freigelassen werden, so
erleiden die atonischen und asthenischen Störungen meistens keine Veränderungen,
aber eine Beobachtung von Thomas, so wie eine eigene, beweisen, dass das Seh-
vermögen doch eine wichtige Rolle zur Wiedererlangung des Gleichgewichts mit
spielt. Redner behält sich in dieser Richtung noch eingehendere Versuche vor.
de Gaetano (Neapel): Experimentelle Untersuchungen über die
Entstehung der Gehirneiterungen.
Nach Darlegung der Experimente stellt Redner folgende Schlussfolge-
rungen auf:
1) Der Widerstand der Gehirnsubstanz den chemischen Eitererregern gegen-
über ist ein bedeutender, da sich nur längs des Nadeleinstiches Veränderungen —
und zwar sehr geringe — nachweisen lassen. Dagegen entstehen nach Einimpfung
einer noch geringeren Quantität eitererregender Flüssigkeit in die Hirnhäute und
die weichen perikraniellen Gewebe richtige Abscesse und diffuse Eiterungen.
2) Dieselben chemischen Substanzen, welche im subkutanen Bindegewebe Ab-
scesse erzeugen, bilden im Gehirn nur kleine, abgegrenzte eitrige Exsudate, nie-
mals große Abscesshöhlen, wie solche nach bakteriellen Einimpfungen zu Stande
kommen. Diese Exsudate resorbiren sich wieder vollständig, mit Verbleib einer
aus Bindegewebsneubildung entstandenen Narbe.
3) In den bakteriellen Abscessen bildet sich häufig eine dickwandige, den
Eiterherd begrenzende Bindegewebskapsel, welche bei den chemischen Eiterungen
stets ausbleibt.
4) Der chemische Eiterungsherd besitzt eine ausgesprochene Neigung zur zei-
tigen und raschen Organisation (insbesondere beim Meerschweinchen).
5) Bei den chemischen Eiterungen fehlt beständig eine Dissemination der
Herde, wie man sie bei bakteriellen Eiterungen wohl antreffen kann.
6) Die hauptsächlichsten Veränderungen in der die bakteriellen wie die che-
mischen Eiterungsherde begrenzenden Hirnsubstans bestehen (resp. mit kaum
merklichen Unterschieden) zuerst in zerstörenden und degenerativen, dann in atro-
phischen und nekrotischen (Coagulationsnekrose) Vorgängen.
Auf Anfrage von Maffucei (Pisa) antwortet de Gaetano, dass die be-
grenzten eitrigen Erscheinungen nach chemischen Reizen wahrscheinlich auf den
geringeren Gefäßreichthum des Gehirns, oder auch auf die schon von Durante
betonte schwache Reaktionsfähigkeit der nervösen Substanz des Gehirns, ins-
besondere der Glia, den physikalischen und chemischen Einwirkungen gegenüber,
zurückzuführen seien.
1258 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
Isnardi (Turin): Über Cranium bifidum und Spina bifida.
Bei operativer Behandlung von Spina bifida hat Redner nur ein Recidiv auf-
zuweisen. Pat. erlag der 2. Operation an Meningitis. In einem Falle musste die
Resektion des Kreusbeines nach Kraske unternommen werden mit darauffolgen-
der Knochennaht. Pat. wurde geheilt entlassen.
3 Fälle von Cranium bifidum.
1) Eine kleine Hydromeningocele der vorderen Fontanelle heilte nach ein-
facher Unterbindung,,
2) Ein Hydromeningocele occipitalis wurde mit Knochennaht behandelt. Pat.
starb nach 1 Jahr an einem enormen Hydrocephalus mit Diastase sämmtlicher
Schädelknochen; nur der vernähte Theil am Hinterhaupt hatte dem Druck Wider-
stand geleistet.
3) Pat. hat eine faustgroße, fluktuirende Geschwulst, welche sich durch die
Sutura sagittalis Bahn bricht. Nach Öffnung des Backes fließen über 200 ccm
einer durchsichtigen, serösen Flüssigkeit aus.
Die Geschwulst besteht, makroskopisch zu urtheilen, aus einer ausschließlich
aus Nervensubstanz gebildeten Masse in Form eines Uterus, welche mittels eines
kurzen Stiels direkt aus dem Corpus callosum entspringt. Auf der inneren Fläche
des Sackes waren noch einzelne graue Schollen zerstreut in Form von Hirn-
windungen, aber unter einander, wie von der Hauptgeschwulst, vollständig ab-
gegrenzt.
Das Gehirn selbst war normal entwickelt, folglich handelt es sich nicht um
einen eigentlichen Durchbruch der Hirnsubstanz, sondern eher, wie Berger in
ähnlichen Fällen angenommen hat, um eine wirkliche Neubildung, Gliom oder
Teratom.
d’Antona (Neapel), Durante (Rom), Maffucci (Pisa) bemerken, dass man
sich ohne eingehende mikroskopische Untersuchung wohl kaum vorher über die
Natur der Geschwulst aussprechen könne.
Ghillini (Bologna): Unblutige Reduktion der Rückgratsverkrüm-
mungen.
Redner hat bisher die Calot’sche Methode in 10 Fällen angewandt, wovon
9 wegen Pott’scher und 1 wegen rachitischer Rückgratsverkrümmung, bei letz-
terer mit negativem Erfolg. Die ersten 3 operirten Kinder weisen bis jetst, nach
6 Monaten, keine Recidive auf. Bei einem ist der Gipsverband durch ein leichtes
metallenes Korsett ersetzt worden, die anderen beiden tragen noch den Gips-
verband, da die Krümmung eine sehr hochgradige war. Bei einem dieser letzten
umfasste die Deformität den 7. Brust- bis 1. Lendenwirbel mit Bildung eines
Winkels von 105°. Pat. war seit 11/2 Jahr krank, hatte ein Korsett getragen und
blieb dann 3 Monate lang zu Bett, ohne die mindeste Besserung aufzuweisen.
Bei dem dritten der erwähnten Kinder, einem 8jährigen Knaben, entwickelte sich
4 Wochen nach der Operation an den Seiten der Rückgratskrümmung ein Abscess,
der sich nach außen öffnete. Nach Resektion der Dornfortsätse des 1. und 2. Brust-
wirbels und vollständiger Laminektomie an diesem letzteren, wobei man Caries
einer Lamina entdeckte, wurde die Wunde per primam geschlossen; nach 3 Mo-
naten verließ das Kind das Bett, heute läuft es frei umher.
Nur einen Misserfolg hat Redner bis jetzt aufzuweisen bei einem 21/,jährigen
Kind mit bedeutender, 8 Wirbel umfassender Krümmung, und zwar wegen Ver-
breitung des zur Zeit der Operation noch nicht gelöschten tuberkulösen Processes.
Nach kurzen technischen Erörterungen des bekannten Calot'schen Verfahrens,
welches Redner trotz der aus persönlichen Erfahrungen entstandenen pessimisti-
schen Ansichten Tricomi’s (Padua) als erfolgreich und — selbst bei noch floridem
tuberkulösem Process — gefahrlos darstellt, und nachdem er nur eine feste An-
kylose als Gegenindikation angiebt, erkundigt sich
d'Antona (Neapel), ob die Laminektomie auf die Rückgratskrümmung als
solche einen günstigen Einfluss auszuüben im Stande sei.
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1259
Ghillini: Die Laminektomie wurde nur zur Beseitigung einer unvorher-
gesehenen Komplikation vorgenommen: sie ist für die Beseitigung der Deformation
selbst nicht von Belang.
Burei (Pisa): Beitrag zur Behandlung der Rückgratsdeformitäten
nach Pott’scher Krankheit. 2 Fälle.
Ein Fall ist nach der Calot’schen Behandlung, was die paralytischen Er-
scheinungen betrifft, entschieden geheilt, doch weiß Redner nicht, ob man je eine
definitive Solidität des Rückgrats erzielen wird.
Bei einem 2. Fall mit ankylotischer Krümmung versagte das Calot’sche Ver-
fahren, wesshalb die Laminektomie vorgenommen wurde, die zur Entdeckung einer
chronischen Pachymeningitis nicht tuberkulöser Natur führte. Das darauffolgende
Verschwinden der vorhandenen schweren paretischen Erscheinungen erklärt Redner
durch eine Verminderung des durch den Krankheitsprocess gesteigerten Druckes
auf das Rückenmark.
Turretta (Trapani) referirt einen von ihm operirten Fall von Caries tuber-
eulosa des 12. Brust- und 1. Lendenwirbels nebst Abscessbildung in beiden Fossae
iliacae und Parese der unteren Extremitäten. Die Heilung erfolgte nach trans-
versaler Drainirung beider erkrankten Wirbelkörper. Pat. ist seit 7 Jahren voll-
ständig gesund.
Isnardi (Turin): Paraplegie bei Pott’scher Krankheit.
Redner erklärt sich entschieden gegen die operative Behandlung der Pott-
schen Krankheit: mit Anwendung des Gipskorsetts nach Sayre und Aspiration
des Eiterg bei eventuellen Kongestionsabscessen hat er immer befriedigende Heil-
erfolge erzielt. Das gewaltthätige Calot’sche Verfahren ist eher schädlich als
nützlich:
1) weil, wenn Paraplegie vorhanden, diese nicht in nothwendigem Causalnexus
mit der Kyphose steht; es giebt Paraplegie ohne Kyphose eben so wie letztere
ohne die erstere. Außerdem kann man oft mit entsprechender Behandlung die
Paraplegie beseitigen, ohne dass sich die Kyphose bessert.
2) weil, wenn nach dem Vorhergesagten die Calot’sche Methode nur eine
Besserung in ästhetischer Hinsicht erzielt, man nicht berechtigt ist, die Pat. einer
mit schweren Gefahren verbundenen Operation zu unterwerfen.
Mugnai (Areszo): Laminektomie bei Wirbelbrüchen mit Para-
plegie.
Pat., 26 Jahre, erlitt in Folge eines Falles einen Bruch der Wirbelsäule in
der Höhe des 11. Brustwirbels, worauf sich augenblicklich Paraplegie einstellte.
Die Laminektomie ergab vollständigen Bruch des vorderen und hinteren Bogens
des 11. Brustwirbels, während an dem entsprechenden Rückenmarkstheil, welcher
in einer Länge von 8—9 cm bloßgelegt wurde, äußerlich keine Läsion zu ent-
decken war. Der Operationsverlauf war normal, die Wunde heilte in 12 Tagen.
Trotzdem war das Ergebnis kein günstiges: die Paraplegie nebst Koth- und Urin-
retention bestand und besteht noch unverändert fort.
Der Sachverhalt wird vielleicht durch einen anderen Fall klargelegt, welcher
kurz nach dem vorhergehenden in Behandlung zuging. Pat., ein alter Mann, erlitt
ebenfalls einen Wirbelsäulenbruch mit darauffolgender, von der Thoraxbasis aus
nach unten gehender doppelseitiger Lähmung. Ein schon vorhandener Bronchial-
katarrh verschlimmerte sich bedeutend; nach 15 Tagen Tod. Bei der Obduktion
fand man einen Bruch des 7. Rückenwirbels mit starker Verschiebung der
Fragmente, die entsprechende Rückenmarkssubstanz aber in eine feine, breiartige
Masse verwandelt. Auch in diesem Falle sah die Rückenmarkshaut äußerlich
normal aus, aber man hätte einen operativen Eingriff, falls dieser durch das all-
gemeine Befinden zulässig erschienen wäre, ebenfalls nur zu den erfolglosen zählen
müssen,
M. glaubt diesen Thatsachen den häufig negativen Erfolg der Laminektomie
zuschreiben zu dürfen,
1260 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
Nota (Turin): Neurektomie und Neurorrhaphie.
Pat, erlitt einen Bruch am unteren Ende des Oberschenkels mit vollständiger
Lähmung des Unterschenkels. Heilung der letzteren nach Ausführung einer
Neurektomie mit Neurorrhaphie an den Nn. poplit. ext. und int.
Porta (Mailand): Praktischer Beitrag zur Gastroenterostomie.
An der zu anastomosirenden Stelle werden zuerst Magen- und Darmserosa
mit einer Naht von 9 om Länge vereinigt. Vorher wird ein geeignetes, feines,
elastisches Gummiband vorbereitet, dessen Enden mit denen von zwei auf gewöhn-
lichen Nadeln montirten Seidenfäden zusammengeknüpft werden. 5 mm seitwärts
durchsticht man nun mit der einen Nadel die Magen-, mit der anderen die Darm-
wand nach innen, kommt beiderseits nach 3 cm, parallel mit der ersten gero-serösen
Nahtfläche, wieder heraus, zieht das Gummiband durch und knüpft die beiden
Enden fest zusammen. Da die Fäden mit der Mucosa in Berührung gekommen
sind, muss man das Operationsfeld desinficiren, ehe man die zweite, obere, sero-
seröse Nahtfläche ausführt, die sich mit der unteren wieder vereinigen muss.
Die Nekrose der elastisch unterbundenen Theile stellt die neue Verbindung
zwischen Magen und Darm leicht her; jede Kommunikation mit der Bauchhöhle
ist ausgeschlossen, wenn die sero-seröse Naht richtig ausgeführt ist.
Diskussion. Nach d’Antona (Neapel) ist die Idee von Porta nicht neu,
außerdem kann die Ausführung keine schnelle und die Asepsis keine strenge sein.
Die meiste Sicherheit bietet immer noch der Murphy’sche Knopf.
Porta: Die Idee der Verbindung zwischen Magen und Darm mittels eines
Gummibandes ist vielleicht doch noch neuer, als die nicht alte, die Verbindung
mit einem Seidenfaden herzustellen. Die Operation lässt sich sehr rasch aus-
führen. Eine Infieirung der sero-serösen Nahtfläche von innen nach außen ist
nicht zu befürchten, da das Gummi elasticum die Nadelstichwunden mindestens
so lange hermetisch »zupfropft«, bis die Adhäsion der serösen Flächen statt-
gefunden hat. Weitere Erfahrungen werden dies hoffentlich bestätigen. Im Übri-
gen erkennt Redner dem Murphy’schen Knopf seinen vollen Werth zu.
Martini (Siena): Über ein neues Verfahren bei Gastroenterostomie.
Redner bedient sich einer glatten, ovalen, 1 cm langen, 1 cm breiten, 1/2 cm
dicken Knorpelscheibe, deren Rand mit einer Rinne versehen ist. Man schneidet
an der zu anastomosirenden Stelle der Magenwand ein etwas größeres Oval von
Serosa und Muscularig aus; auf die frei gewordene Submucosa wird die Knorpel-
scheibe gelegt. Die Submucosa, die von selbst den Rand der Scheibe überragt,
wird provisorisch auf deren Oberfläche mit kleinen Stecknadeln befestigt, dann
um die Scheibe herum mit einem Faden die hervorragende Submucosa (und somit
natürlich auch die Mucosa) in die Rinne eingeklemmt; dann werden die Steck-
nadeln wieder entfernt. Eine eben solche Scheibe wird an der zu anastomosirenden
Darmschlinge angebracht. Beide Scheiben werden dann an einander gelegt, so
dass Magen- und Darmschleimhaut in Berührung kommen; zum Schluss wird
ringsherum vernäht, indem man die Nadel durch Serosa und Muscularis führt.
Weitere sero-seröse Nähte können noch zur Verstärkung angelegt werden.
Redner hat dieses Verfahren bis jetzt nur an Hunden ausgeführt. Nach
24 Stunden war die über die Knorpelscheiben gespannte Mucosa bereits nekrotisch,
nach 3 Tagen waren die Scheiben durch die neue Öffnung herausgefallen; nach
4 Wochen fand man letztere ohne irgend eine Spur von Vernarbung oder Ver-
engerung.
Tricomi (Padua): Die Radikalkur des Ulcus rotundum ventriculi.
T. hat die chirurgische Behandlung des einfachen Magengeschwürs in 21 Fällen
vorgenommen mit 2 +; in der Litteratur hat er 29 Fälle mit 3-+ sammeln können,
das macht zusammen 50 Fälle mit 10% Mortalität. Dagegen weist die innere Be-
handlung 31,8% Mortalität auf, Die Erfolge der chirurgischen Behandlung werden
noch günstiger sein, wenn man sich entschließen wird, einzugreifen, ehe die Sym-
ptome einer allgemeinen Kachexie vorhanden sind.
Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1261
Die Indikationen zur Operation wären folgende: 1) Recidive, die vor der
Heilung anfangen, eine allgemeine Abmagerung hervorzurufen; 2) Geschwüre, die
trotz einer strengen inneren Behandlung keiner Besserung entgegensehen und
folglich anfangen, einen schlechteren allgemeinen Zustand des Pat. zu bedingen:
3) starke Schmerzen mit oder ohne Erbrechen; anhaltendes Erbrechen mit oder
ohne starke Schmerzen; 4) nicht starke aber häufige Hämatemese; 5) Abmagerung
und Kachexie, ehe sie einen hohen Grad erreichen; 6) Magenerweiterung; 7) ver-
breitete Perigastritis adhaesiva; 8) Symptome einer Magengeschwulst; 9) die so-
cialen Verhältnisse des Pat., d. i. wenn es sich um Kranke handelt, die sich
ihren Lebensunterhalt durch Arbeiten verdienen müssen.
Redner zieht allen anderen Operationen die Gastroenterostomie vor. Dadurch
werden die mechanischen und chemischen Reize der Schleimhaut auf ein Minimum
herabgesetzt, in Folge dessen auch bösartigen Neubildungen an Stelle des Ge-
schwürs oder dessen Narbe vorgebeugt werden kann. Die Gastroenterostomie
nach Roux hat die bei Weitem günstigsten Resultate ergeben.
Diskussion. Carle (Turin) hat die Roux’sche Y-Methode nur Imal an-
gewandt, und zwar mit Erfolg, doch kann er ihr nichts abgewinnen, da sie mit
großen technischen Schwierigkeiten verbunden ist und eine große Übung bedingt.
Übrigens findet er, dass die Diagnose Ulcus ventriculi oft fehlschlägt.
Codevilla (Turin) zieht der Pyloroplastik die Roux’sche Methode vor,
ohne ihre Schwierigkeit zu verkennen. Gefährlich erscheint ihm die Anwendung
der 2 Murphy’schen Knöpfe.
Nigrisoli (Ravenna) verliest die Statistik seiner eigenen Magenoperationen:
81 Fälle mit 21 +, worunter 52 Magenkrebse mit 15 +. Am besten hat ihm stets
die Gastroenterostomia posterior nach v. Hacker gedient, und zwar dann, wenn
er dabei den Murphy’schen Knopf nicht anwandte. Die Anastomose durch
letzteren hat oft die Neigung, sich zu verengern oder Klappen zu bilden. imal
fand er den Knopf erst nach langer Zeit bei der Obduktion im Colon.
d’Antona (Neapel) bemerkt ebenfalls, dass die v. Hackersche der Roux-
schen Methode vorzuziehen sei, besonders bei Carcinoma ventriculi, wo es sich
doch immer um eine palliative Operation handelt, und man folglich nicht berech-
tigt ist, die schon heruntergekommenen Pat. den Gefahren eines zu langen Ope-
rationsverfahrens auszusetzen.
Tricomi: Die Diagnose Ulcus ventriculi ist stets unter Kontrolle eines
inneren Klinikers gestellt worden. Der Meinung, dass die Schwierigkeiten der
Roux’schen Methode nicht leicht zu bewältigen seien, kann er nicht beipflichten,
auch hat er nie nach Anwendung des Murphy’schen Knopfes Kanalisations-
störungen bemerkt.
Codevilla (Turin): Beitrag zur Chirurgie des Magens.
36 eigene Fälle mit 25% Mortalität, und zwar 17 nicht krebsartige Erkran-
kungen mit 2, 19 krebsartige mit 7 Todesfällen.
Besonders hervorzuheben ist die Behandlung von:
1) Ulcus duodenale: Heilung mit Pylorusanschluss nach v. Eiselsberg.
2) Carcinoma pylori: 50% Mortalität mit Gastroenterostomie und nur 14%
mit Pylorusresektion. Die Resektionen wurden sämmtlich zu palliativem Zweck
unternommen, imal nachdem die Gastroenterostomie versagte; 2mal ist auch ein
guter Theil des Colon transversum, 3mal der Pankreaskopf in die Resektion mit
einbegriffen worden.
3) Bei ausgedehntem Carcinoma ventriculi ist Redner entschieden für die
2. Billroth’sche Methode, die er 6mal in Anwendung gebracht hat mit nur
1 Todesfall. Die v. Hacker’sche Methode hat er nur imal ausgeführt.
Diskussion. Carle (Turin) verfolgt praktisch ganz die Ideen des Vor-
redners.
Tricomi (Padua) zieht eine ausgedehnte Magenresektion der Pylorektomie
vor, wenn es sich nicht eben um sehr kleine, begrenzte Krebsknoten handelt.
d’Antona (Neapel) fragt, wie man bei Gastroenterostomie den Leerdarm
durch eine Öffnung im Mesocolon erkennen kann.
1262 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
Codevilla: Im Mesocolon kann man eine bis zu 10 em breite Öffnung
machen, so dass es nicht schwer ist, sich su orientiren. Redner betont aber noch-
mals den Vorsug großer Resektionen, womit es möglich ist, große Metastasen und
die mesogastrischen Drüsen herauszuschneiden.
d’Antona (Neapel): Über einen seltenen Fall von Darmchirurgie.
Pat. bot klinisch das Bild eines Darmverschlusses; nebenbei tastete man in
der rechten Darmbeingrube eine hartelastische Masse mit unbestimmten Grengen.
Bei der Laparotomie fand man eine kindskopfgroße, gestielte Geschwulst, die vom
Dünndarm ausging und diesen mehrmals um seine Achse gedreht hatte. Der
kurze Stiel war hohl, ŝo dass er nach Unterbindung und Entfernung der Ge-
schwulst noch mit einer einstülpenden Naht geschlossen wurde. Äußerlich er-
innerte die Geschwulst an eine hydronephrotische Sackniere, mikroskopisch war
aber die Struktur des Darmes zu erkennen, und zwar mit enorm entwickelten
Blutgefäßen. Höchst wahrscheinlich handelt es sich um ein Diverticulum Meckeli,
auf welchem sich ein parietales Angiom entwickelt hatte.
Jaia (Florenz): Über Hernien des Wurmfortsatzes.
Unter 1586 von Prof. Colsi (Florenz) operirten Brüchen sind bis jetzt 27 Her-
nien des Wurmfortsatses vorgekommen, wovon 6 inoarcerirte.
Nach genauen klinischen, mikroskopischen’ und bakteriologischen Beobachtungen
kann man zu folgenden Schlüssen gelangen:
1) In sämmtlichen im Bruch enthaltenen Wurmfortsätsen war eine chronische
Follieulitis su erkennen. 2) Es ist klinisch nicht möglich, eine einfache Wurm-
fortsatzhernie von einem anderen gewöhnlichen Bruch zu unterscheiden. 3) Die
Schleimhaut des Wurmfortsatses beherbergt stets und ausschließlich eine Art
Bacterium coli, die sich jedoch als nicht sehr virulent erweist. 4) Auf Grund des
anatomisch-pathologischen und bakteriologischen Befundes ist es angezeigt, den
einfach im Bruchsack gefundenen Wurmfortsats mittels Resektion zu entfernen.
5) Der anatomisch-pathologische Befund bei incarcerirten Hernien weist auf eine
richtige Einklemmung des vorliegenden Wurmfortsatzes, nicht auf eine akute
Appendicitis im Bruchsack hin. 6) Besondere Umstände, wie Fremdkörper, Knickung
des Wurmfortsatzes eto. mit darauf folgender Ulceration können das Krankheits-
bild wesentlich verschlimmern. 7) Bei eingeklemmten Brüchen findet man meist
eine sehr virulente Art von Bacterium coli, welche bei Ulceration des Wurmfort-
satzes auch im Bruchsack vorzufinden ist. 8) Bei eingeklemmten Brüchen besteht
die Behandlung selbstverständlich in der Resektion des Wurmfortsatzes. Hinter-
her unternimmt man die Radikaloperation, oder wenn das die lokalen Verhältnisse
nicht erlauben, tamponirt man. Unter Umständen, bei schweren Intoxikations-
erscheinungen, kann die Herstellung einer Blinddarmfistel, so weit es die perito-
nealen Verwachsungen gestatten, von großem Nutzen sein.
Ghedini (Ferrara): Laterale Rectopexie.
Zur Behandlung des Mastdarmvorfalls bedient sich Redner einer eigenen
Methode. Er zieht den Mastdarm nicht an seiner hinteren Seite empor und fixirt
diese an das angrenzende subkutane Gewebe (Verneuil, Marchand), sondern
reponirt ihn in toto und befestigt ihn seitlich an den unteren Rand der beiden
Ligg. sacro-ischiadica. Die normalen Verhältnisse mit dem Steißbein und der
Fascia pelvica werden wieder hergestellt, indem man aus letzterer 2 rechteckige
Lappen herausschneidet und sie dann an die hintere Mastdarmwand fixirt. Der
äußere Sphinkter wird bewahrt, indem man den Hautschnitt rechts und links von
3 em seitlich der Articulatio sacro-coceygea direkt bis zur Spitze des Steißbeines
führt.
Carle (Turin): Zur Chirurgie der Gallenwege.
Da die Gallensteine oft in dem letzten Theil des Choledochus aufgehalten
werden, erdachte Haasch (Halle) eine Choledochotomia retroduodenalis. Redner
hält es für leichter und zweckmäßiger, eine Duodenotomie vorsunehmen, um von
der Mündungspapille aus den Gallengang anzugreifen. Man ist so viel sicherer,
` Sentralblatt für Chirurgie. No. 50. 1263
die Vernähung des Darmes bietet keine Schwierigkeiten, während bei der Chole-
dochotomie die Vernähung des Gallengangs, besonders wenn dieser nicht ver-
größert ist, eine schwer zu lösende Aufgabe ist. Oft ist zwar die Vernähung des
Gallengangs nicht absolut nöthig. Redner hat dieses Verfahren angewandt, ohne
zu wissen, dass Kocher und Pozzi vor ihm denselben Weg eingeschlagen
hatten; folglich steht ihm nicht die Priorität der Idee zu.
Diskussion. Tricomi (Padua) zieht die Cholecystektomie vor.
Carle ist derselben Meinung; nur ist sie mit großer Gefahr verbunden,
wenn unbemerkt ein Stein im Ductus hepaticus eingekeilt bliebe.
Rizzo (Neapel): Über Einfluss des Urins auf das Bauchfell.
Den Versuchsthieren (Hunde und Kaninchen) wurde entweder frischer mensch-
licher Urin direkt in die Bauchhöhle in progressiv steigender Quantität eingespritzt
oder die Harnleiter wurden so durchtrennt, dass durch den oentralen Stumpf
Urin in die Bauchhöhle gelangte. R. konnte danach folgende Beobachtungen an-
stellen: 1) Kleine Quantitäten normalen Urins im Peritoneum bedingen weder
lokale noch allgemeine Symptome. 2) Urinmengen, die 10% des Gewichts des
Thieres entsprechen, bedingen urämische Symptome, 13% binnen kurzer Zeit den
Tod mit Erscheinungen einer konvulsiven Urämie. 3) Die Gegenwart von Urin
im Bauchfell macht dieses für Infektionen empfindlicher. 4) Die in die Bauch-
höhle sich öffnenden Schnitte der Harnleiter verheilen in Folge einer organisiren-
den Peritonitis. 5) Diese organisirende Peritonitis ist nicht dem Einfluss des
Urins, sondern der Berührung einer wunden Bindegewebsfläche mit der normalen
Peritonealserosa zuzuschreiben.
Auf Anfrage von Maffuoci (Pisa) erwiedert Redner, dass er frischen Urin
auch subkutan eingespritzt hat, ohne zu wesentlich veränderten Schlüssen zu ge-
langen.
Isnardi (Turin): Experimentelle Heilversuche bei Peritonitis tu-
berculosa.
Meerschweinchen wurde die Substanz verkäster Drüsen mittels Pravas’scher
Spritze in die Bauchhöhle eingeführt. Einige dieser Thiere ließ man zur Kon-
trolle ohne Weiteres frei herumlaufen, anderen dagegen wurde entweder gleich
nach der Inficirung oder 14 Tage später eine irritirende Substanz in die Bauch-
höhle eingespritzt, z. B. jo Tropfen Krotonöl in Mandelöl oder auch 1/5 bis
1/2 Tropfen Terpentinöl in Vaselinöl. Wenn man die meistens überlebenden Thiere
nach 1—3 Monaten tödtete und seoirte, waren zwar die Zeichen einer allgemeinen
Tuberkulose mit käsigen Herden in den inneren Organen aufzufinden, aber die
Peritonealserosa und das Netz waren total frei von Tuberkeln. Als Folgeerschei-
nungen der irritirenden Injektionen waren nur hier und da geringe Peritoneal-
verwachsungen, in einem einzigen Falle ein Abscess zu entdecken. Die Kontroll-
thiere zeigten das Peritoneum übersät mit Tuberkeln.
Da bei den Thieren keine Laparotomie vorgenommen wurde, folglich weder
Luft noch Licht mit dem Bauchfell in Berührung kamen, muss man die Heil-
erfolge ausschließlich der Einwirkung der irritirenden Substanzen zuschreiben.
Schon früher hatte Redner übrigens bewiesen, dass man kalte Abscesse mittels
Terpentinöleinspritzungen heilen kann.
Seganti (Savignano di Romagna): Über Auswaschung des Peritoneums
bei Peritonitis tuberculosa.
Anstatt der Laparotomie hat Redner in 12 Fällen von Peritonitis tuberculosa
mit Ascites die Auswaschung des Bauchfells vorgenommen, und zwar mit durch-
weg günstigen Erfolgen. In die Hypochondrien wird zu beiden Seiten ein Trokar
eingestoßen: durch den einen wird in die Bauchhöhle ein unausgesetster Strom
von 15—20 Liter auf 40—41° erwärmte 0,75x%ige sterilisirte Chlornatrium-
lösung eingeführt, durch den anderen Trokar fließt die Flüssigkeit wieder heraus.
Meistens ist eine Auswaschung genügend; mehr wie zwei vorzunehmen, war nie
nöthig. V
1264 Centralblatt für Chirurgie. No. 50.
Um die Ursache der Heilung zu erörtern, erinnert Reiner an die Phagocytose,
welche die in den Organismus eingewanderten Bakterien bekämpft. Durch die
warme Waschung erweitern sich die peritonealen Blutgefäße in einem höheren
Grad als durch eine einfache Laparotomie, es entsteht eine vermehrte Auswande-
rung der Leukocyten und folglich eine aktivere Phagocytose.
Auf Phagocytose sind wohl auch die Heileflekte der Tamponaden, einiger ex-
plorativer Laparotomien bei unoperirbaren Geschwülsten, der elektrischen Appli-
kationen nach Apostoli, der Vesikatorien etc. zurückzuführen.
Bretschneider (Rom).
19) Peroni. Caso di blenorragia uretrale.
(Soc. di med. pratica di Torino. Gasz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 76.)
Während es ja allgemein bekannt ist, dass die Gonorrhoe bei mit hohen
Temperaturen verbundenen Fieberkrankheiten scheinbar verschwindet, um nach
dem Fieberabfall wieder hervorzutreten, theilt P. einen Fall von schwerer Go-
norrhoe mit, der durch ein 26stündiges Fieber (39,5—40°) bei Angina tonsillaris
vollkommen geheilt wurde. Dreyer (Köln).
20) Gaucher et Barbe. Des syphilides zoniformes.
(Presse méd. 1897. No. 66.)
Mittheilung von 6 Fällen, in welchen die syphilitische Hautaffektion ganz ähnlich
einem Herpes zoster lokalisirt war, stets am Rumpf, Amal einseitig, 2mal doppelseitig,
aber in verschiedener Höhe; es bestanden nie neuralgische Zeichen. Die Syphilide
hatten 2mal ein papulo-squamöses oder psoriasisähnliches Aussehen, Amal dagegen
ein mehr knötchenförmiges. Es scheint nach der Theorie von Brissaud vom
Herpes zoster, dass es sich ebenfalls um eine Läsion der centralen Nerven handelt,
entweder durch das Syphilisvirus direkt oder durch seine Toxine. 4 Abbildungen
illustriren die interessante Mittheilung. Tschmarke (Magdeburg).
21) Spillmann et Etienne. Syphilides zoniformes.
(Presse méd. 1897. No. 104.)
Verff. haben gleichfalls einen Fall von Syphilid beobachtet, welcher noch mehr
den Einfluss des Nervensystems hervortreten zu lassen scheint; das Syphilid ent-
wickelte sich auf einem flachen Naevus pigmentosus in der rechten Brustseite.
Dort waren entsprechend dem Verlauf des 8. Interkostalnerven 2 Naevi und in
deren Bereich ein papulo-squamöses Syphilid. Außer diesem waren noch andere
syphilitische Erkrankungen am Hals, hinter dem Ohr und an der Zunge vorhanden.
Alle Erscheinungen schwanden sehr rasch unter dem Einfluss einer Injektionskur
mit grauem Öl. In einem zweiten ähnlichen Fall entstand zuerst ein wirklicher
Herpes zoster im 7. und 8. Interkostalraum: derselbe machte aber im weiteren
Verlauf einem breiten papulösen Syphilid Platz, das nur einer specifischen Therapie
wich. Tschmarke (Magdeburg).
22) J. Jovanovió. Ein Fall von dislocirter und adhärenter Milz.
Splenektomie.
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1598. No. 8. [Serbisch.])
J. berichtet über einen Fall, wo keine Symptome einer Wandermilz bestanden.
Pat. litt an häufigen und starken Metrorrhagien und großen Schmerzen im Unter-
bauch und Kreuz. Bei der Laparotomie wurde die Geschwulst im Douglas ein-
gekeilt gefunden und als Milz erkannt. Pat. wurde geheilt.
v. Cačković (Agram).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf $ Hürtel, einsenden.
— —
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
Laien Lm. RA
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
m ]
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 51. Sonnabend, den 24. December. 1898.
Inhalt: 1) Lilienthal, 2) Custer jr., Lokalanästhesie. — 3) Rodman, 4) Thomson
und Kemp, Narkose. — 5) Herzog, Wiederbelebungsmethoden. — 6) Motz, Prostata-
hypertrophie. — 7) Keyes, Blasensteine. — 8) Delore, Hoher Blasenschnitt. — 9) Eng-
lisch, Harnleitererweiterung. — 10) Rosenfeld, Cystitis und Pyeliti. — 11) Nasse,
Nierenzerreißung. — 12) Bloch, Nierenresektion. — 13) Hildebrand und Haga, Hydro-
nephrose und Wanderniere. — 14) Houzel, Nierencysten. — 15) Nimier, 16) Krone,
Varicocele. — 17) Delore, Orchidotomie. — 18) Pincus, Atmokausis.
19) Italiänischer Chirurgenkongress. (Schluss.)
20) Voss, Halsverletzungen. — 21) Osler, Schilddrüsensaft bei Skleroderma. —
22) Booth, Thyroidektomie bei Basedow. — 23) Keyes, 24) Morton, Prostatahypertrophie.
— 25) Rochet und Martel, 26) Spangaro, Blasengeschwülstee — 27) Zeller, Hydro-
nephrose. — 28) Gnesda, Anurie. — 29) Israël, Nierentuberkulose. — 30) Litzenfrey,
Samenstranglipome. — 31) Ruggl, Vaginale Hysterektomie. — 32) Wrzesnlowskl, Schuss-
verletzung der schwangeren Gebärmutter. — 33) de Quervain, Bauchgeschwälste. —
34) Freund, Cholecystektomie und Ovariotomie.
1) Lilienthal. Operation without ether or chloroform
narcosis. General observations and report of illustrative cases.
(Annals of surgery 1898. Mai.)
Verf., welcher die Schleich’sche Methode anscheinend nur
sehr wenig angewandt hat und die Oberst’sche gar nicht erwähnt,
rühmt als bestes lokales Anästheticum das Eucain, das er in
6—10 %iger Lösung in 50 Fällen mit bestem Erfolg angewandt hat.
Namentlich sei an demselben bemerkenswerth und angenehm das
Fehlen aller toxischen Erscheinungen. Tietze (Breslau).
2) J. Custer jr. (Berneck). Die Verwendbarkeit des Tropa-
cocains in der Infiltrationsanästhesie.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 32.),
Nach C.’s Versuchen ist das Tropacocainum hydrochloricum
Merck dem Cocain. muriat. bei Infiltrationsanästhesie vorzuziehen,
da es bei gleicher anästhesirender Kraft viel weniger giftig sei als
51
1266 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
letzteres. Die angewandten Koncentrationen waren dieselben wie -
beim Cocain. muriat., indess hat Verf. das Morphium aus den Lösungen
fortgelassen und giebt es bei Nachschmerzen nach Operationen ev.
subkutan. Kramer (Glogau).
3) H. Rodman. Schleich’s general anaesthesia, not a success.
{New York med. record 1898. Oktober 1.)
Die Vorzüge der lokalen Anästhesie nach der Schleich’schen
Infiltrationsmethode sind unbestritten, dagegen warnt R. auf Grund
persönlicher Beobachtung von 700 Fällen dringend vor der Anwen-
dung der Schleich’schen Allgemeinnarkose, wie sie nach Angabe
von anderer Seite mit gutem Erfolg statt Äther und Chloroform
gebraucht würde. Verf. konstatirt folgende Thatsachen: 1) die
Schleich’sche Mischung besitzt im Allgemeinen für den Pat. eine
gewisse Annehmlichkeit beim Inhaliren. 2) Die Zeit bis zum Ein-
tritt der Narkose entspricht der des Athers. 3) Die mechanische
Einrichtung der Maske ist verbesserungsbedürftig. 4) Das Exci-
tationsstadium ist weniger markirt, gelegentlich aber auch sehr aus-
gesprochen. 5) Der Reiz auf die Schleimhäute ist geringer.
Dagegen hören die Reflexe früher auf, besonders der Conjunctival-
reflex. Der Narkotiseur wird dadurch eines der wichtigen Kontroll-
mittel beraubt. In den meisten Fällen bleibt dann der Puls lang-
sam, die Häufigkeit der Respiration vermindert sich, und die Pupillen
sind etwas erweitert, der Pat. erscheint etwas cyanotisch. Passt man
nun nicht sorgfältig auf, so nimmt die Cyanose zu, die Athmung
wird selten, der Puls schneller und schlechter, und plötzlich hört
die Athmung auf, und dies ohne irgend eine Warnung. In all die-
sen Fällen mussten energische Wiederbelebungsmittel angewandt
werden. Verf. kennt mehrere Fälle von Aufhören der Respiration
bei Äther und Chloroform, aber nicht derartige schwere Zustände,
wie sie z. B. bei einem Falle von Enukleation trotz eines sehr er-
fahrenen Narkotiseurs mit der Schleich’schen Mischung eintraten.
Verf. glaubt, dass bei der Schleich’schen Mischung mehr als bei
Äther und Chloroform der Eintritt der tiefen Narkose zu befürchten
sei, dass die Gefahr schwerer Zustände zeitlich nur zu gering von
dem Zeitpunkt der gewöhnlichen Anästhesie entfernt sei.
Die Beschwerden nach der Operation sind sehr ausgeprägt im
Gegensatz zu dem, was davon behauptet wurde. Auch tritt Würgen
und Brechen eben so wie nach Äther und Chloroform auf. Die
Periode des Erwachens ist nicht abgekürzt, wie behauptet wurde
(bei Mischung No. 3, welche meist angewendet wurde). Die Wirkung
auf Lungen und Nieren wird nicht eliminirt. Verf. hat Conjunctivitis,
Rhinitis, Bronchitis und Pneumonie beobachtet. Schließlich konnte
Verf. 3 Fälle beobachten, in denen nach der Narkose Eiweiß auf-
trat. Kurz Chloroform allein kann bedeutend exakter angewendet
werden, als in Mischung mit anderen Elementen, wie in der Schleich-
schen Mixtur. Wenn schon bei einem Pat. mit absolut gesundem
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1267
Herzen, wie R. feststellen konnte, schwere Zustände eintreten, ist
der für das Mittel reklamirte Vortheil für die Anwendung besonders
bei irgend welchen Herzzuständen pathologischer Art keinesfalls ge-
rechtfertigt. Loewenhardt (Breslau).
4) W. H. Thomson and R. C. Komp. Experimental re-
searches on the effects of different anaesthetics.
(New York med. record 1898. September 3.)
Mit Hilfe eines von Roy angegebenen Registrirapparats (Onko-
meter) konnten die rhythmischen Variationen des Blutdrucks in den
Nieren äußerst fein bei Hunden aufgezeichnet werden. Verff. prüften
unter gleichzeitiger Kontrolle des Carotispulses und der Sekretion
der Harnleiter die Einwirkung der verschiedenen Anästhetica. Die
Äthernarkose (Tracheotomie, Inhalation durch Kanülen, genaue Do-
sirung des Mittels) ergab im Wesentlichen, dass die Nierensekretion
in ungünstiger Weise beeinflusst wird. Äther ruft eine Zusammen-
ziehung der kleinen Nierenarterien hervor mit nachfolgender Ver-
ringerung der Sekretion, Albuminurie, schließlich völliger Suppression.
Dieser Zustand tritt ein ohne Veränderung des allgemeinen Blut-
drucks im Körper. Der Einfluss auf die Sekretionszellen ist ein
ähnlicher, wie der Folgezustand nach Abklemmen der Nierenarterie.
Diese Thatsachen lassen die Äthernarkose bei Nierenerkrankung
und besonders bei Albuminurie ungeeignet erscheinen.
Dagegen hat das Chloroform keinerlei Einfluss auf die Nieren,
aber auf das Herz; wie aus der Karotidenkurve zu sehen ist, wirkt
es direkt Druck herabsetzend, während Äther in dieser Beziehung
ein evidentes Stimulans ist. Die A.-C.-E.-Mischung verhält sich
verschieden je nach der Zuführung von Luft. Ohne genügende
Luftinhalationen bemerkt man eine Kombination der Herabsetzung
des Herzdrucks, wie bei Chloroform allein, und Störungen in den
Nieren, wie bei Äther; künstliche Athmung war dann jedes Mal
erforderlich; dagegen ist bei reichlicher Luftzufuhr nur die Chloroform-
wirkung bemerkbar. Verff. anerkennen desshalb keinen Vorzug für
diese Mischung. Die Schleich’schen Mischungen aber treffen obige
Einwürfe noch in höherem Maße. Auch theoretisch seien Schleich’s
Folgerungen irrthümlich, weil man nicht annehmen könne, dass die
Mischungen als gleichmäßiger chemischer Körper in den bestimmten
Proportionen eingeathmet würden. Das Verhältnis, in welchem in
den betreffenden Mischungen z. B. Äther oder Chloroform eingeathmet
wird, hängt allein von der Art der Anwendung ab. Petroleumäther
ist nach Meltzer überhaupt kein Narkoticum. Narkotisirt man reich-
lich ohne viel Luft, wird so viel Chloroform absorbirt, dass es ge-
fährlich ist, gestattet man freien Luftzutritt, wird die Ätherabsorption
so verringert, dass sie gar nicht in Betracht kommt. Inhalation von
reinem Petroleumäther allein ruft Tetanus hervor, an der das Thier
bei weiterem Gebrauch verendet; bei Unterbrechung bleibt aus-
51
1268 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
gesprochene Parese der Extremitäten zurück. Giebt man Äther
gleichzeitig, sind auch noch paralytische Wirkungen bemerkbar, wenn
auch Tetanus nicht eintritt.
Es giebt auch einen physikalischen Grund, an der Brauchbarkeit
solcher Gemische zu zweifeln: werden 2 Mittel von verschiedenem
Maximum der Evaporation gemischt, so vermehrt das flüchtigere die
Verdunstung des anderen. Es wird also mehr von letzterem inhalirt,
als wenn es allein gegeben wird. »Keine gemischten Anästhetica, «
schließen die Verff., trotz der vielleicht sehr zahlreichen Anwen-
dungen ohne Zufälle. Loewenhardt (Breslau).
5) S. W. Herzog. Über den Werth einiger Wieder-
belebungsmethoden beim Scheintod während der allgemeinen
Narkose.
‚. (Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 255.)
II. Über das Verfahren nach König-Maass.
II. Künstliche Athmung nach Schüller.
Über die zur Sache unternommenen Thierexperimente hat Verf.
bereits in einer russischen Zeitschrift berichtet, worüber in unserem
Blatt Jahrgang 1897 p. 866 auch ein Referat vorliegt. Auf letzteres
wird verwiesen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
6) B. Motz. Klinische Untersuchungen von 130 Fällen von
Prostatahypertrophie.
(Przegląd lekarski 1898. No. 1 u. 2.)
Verf. hat seine Untersuchungen an dem Material der Guyon-
schen Klinik bezw. an den Leichen von in dieser Klinik verstorbenen
Pat. angestellt und ist zu folgenden Resultaten gelangt.
Die meisten Pat. mit Hypertrophie der Vorsteherdrüse waren
65 bis 75 Jahre alt, kein einziger unter 50. In !/, aller Fälle waren
die Dimensionen der Prostata annähernd normal, die Hälfte aller
Fälle dagegen zeigte sehr hochgradige Schwellung der Drüse.
Es scheint daher der Schluss gerechtfertigt, dass die Beschwerden
der Prostatiker keineswegs von der Vergrößerung der Drüse allein
abhängen. Zwischen der Größe der Drüse und dem Alter der Pat.
war kein konstantes Verhältnis nachweisbar, dagegen schien eine
stärkere Schwellung mit ausgesprochener Arteriosklerose Hand in
Hand zu gehen. Auch glaubt sich Verf. auf Grund seiner Befunde
zu dem Schlusse berechtigt, dass die Größe der Vorsteherdrüse der
Prostatiker in geradem Verhältnisse zu der Größe der Hoden steht,
und folgert daraus so wie aus dem mikroskopischen Bilde ein-
schlägiger Präparate, dass die wahre Hypertrophie der Prostata einer
normalen, wenn auch etwas verspäteten Entwicklung derselben in
Folge gesteigerter Energie des Genitalapparates ihr Entstehen verdankt.
Trzebicky (Krakau).
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1269
7) Keyes. Remarks of the treatment of stone in the bladder
when associated with hypertrophy of the prostate.
(Annals of surgery 1898. Mai.)
Ob bei bestehender Prostatahypertrophie ein Theil zertrümmert
werden darf oder durch Schnitt entfernt werden soll, kann nach des
Verf. Ansicht nur von Fall zu Fall entschieden werden. Die Größe des
Steines ist an und für sich kein Hinderungsgrund für die Lithotripsie,
sie wird es nur bei einem solchen Durchmesser des Steines, dass
derselbe überhaupt nicht mehr in das Instrument passt. Eben so
sind ausgeschlossen von der Zerträmmerung Steine, die in Divertikeln
liegen und solche, die sich um Fremdkörper gebildet haben. Auch
die Größe der Prostata ist nicht an sich maßgebend für die Ent-
scheidung der Frage, ob Zertrümmerung, ob Schnitt; viel wichtiger
sind die Tiefe des hinter dem Mittellappen gelegenen Blasenraums
und die Reizbarkeit des prostatischen Theils der Harnröhre. Es er-
fordert daher jeder einzelne Fall ein eingehendes Studium. Unter
den blutigen Methoden ist der hohe Steinschnitt bei Weitem allen
anderen vorzuziehen. Tietze (Breslau).
8) M. X. Delore. Über die Cystostomia suprapubica. (Deutsch
von Dr. Dreysel.)
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 9.)
D. bespricht in dieser Abhandlung eingehend die geschichtliche
Entwicklung der Cystostomia suprapubica oder, wie sie in Frankreich
genannt wird, Poncet’schen Operation. Die Hauptvortheile der
Operation, deren wichtigstes Moment die Vernähung der Blasen- mit
den Bauchdeckeuwandungen darstellt, sieht D. in der Verhinderung
des vorzeitigen Verschlusses in den zur Obliteration neigenden Fällen
und in der Verhütung einer Urininfiltration des prävesikalen Fett-
gewebes. In Bezug auf technische Fragen ist zu erwähnen, dass
D. die Eröffnung der Blase nahe der Symphyse oder dem Blasen-
hals bevorzugt wegen der leichteren Vermeidung einer Verletzung
des Bauchfells, der besseren Aussichten für das Zustandekommen einer
künstlichen Harnröhre und der besseren Entleerung der Blase bei
tiefliegender Fistel. Für die Nachbehandlung ist der einfachste Ver-
band der beste, da er den freiesten Abfluss des Urins und beste Rein-
haltung gewährleistet. Irrigationen der Blase werden weiterhin
nur bei stagnirendem oder sich zersetzendem Urin vorgenommen.
Die Versuche, einen hypogastrischen Sphinkter zu bilden, hält D. für
aussichtslos. — Die Indikationen scheiden sich bei Betrachtung der
temporären und definitiven Cystostomie. Für die temporäre Cysto-
stomie sind dieselben außerordentlich zahlreich: Wunden, Kontusionen,
Rupturen, Fremdkörper, Blutungen, hartnäckige Entzündungen der
Blase, Fisteln und Kallositäten der Harnröhre geben Veranlassung
zur Operation.
Die definitive Cystostomie wird ausgeführt bei bösartigen Neu-
bildungen der Prostata, bei Geschwülsten der Blase einhergehend
1270 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
mit Blutungen oder Zerfall, bei tuberkulöser Blasenentzündung, bei
Zerstörungen der männlichen oder weiblichen Harnröhre (Carcinom).
Die ausgedehnteste Indikation giebt aber die Prostatahypertrophie.
Dieselbe wird besonders ausführlich besprochen. Bei den mecha-
nischen Prostatikern hat die Cystostomie unter 34 Fällen nur
16mal zu einer bleibenden künstlichen Harnröhre geführt, 18mal
trat Obliteration ein. Nach D. hängt das Zustandekommen einer
bleibenden Fistel nicht vom Operateur etc., sondern lediglich vom
Zustand der Harnröhre ab. Die Obliteration der Fistel wird stets
zu Stande kommen, wenn die Harnröhre durchgängig ist und bleibt.
Den Verweilkatheter betrachtet D. nur als Nothbehelf. Sowohl bei
der akuten Urinretention, wo die Einführung des Katheters un-
möglich, als auch bei der chronischen Retention, wo tägliche mehr-
malige Anlegung des Katheters in Frage kommt, erst recht aber beim
Vorhandensein von Blutungen und falschen Wegen, toxischen Er-
scheinungen, bevorzugt D. die Cystostomie vor Verweilkatheter oder
Punktion der Blase. Anschließend an die anatomischen Unter-
suchungen über Lage und Gestalt der bleibenden Fistel berichtet
D. dann, dass von den 34 Pat. eigener Beobachtung 14 kontinent,
7 partiell kontinent, der Rest nur inkontinent war. Auch bei be-
stehender Inkontinenz wird den Pat. der Zustand durch das Tragen
der Apparate von Collin oder besser von Lafay erträglich gemacht.
Eine Prädisposition zu Blasensteinen hat D. nach der Poncet’schen
Operation nicht beobachtet. F. Krumm (Karlsruhe).
9) J. Englisch (Wien). Über cystenartige Erweiterung des
Blasenendes des Harnleiters.
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 7.)
Die cystenartigen Erweiterungen der Harnleiter am Blasenende
sind selten. E. konnte im Ganzen 16 Fälle aus der Litteratur zu-
sammenstellen, darunter eine eigene Beobachtung, 10mal waren
weibliche, 6mal männliche Individuen von der Erkrankung betroffen.
Bei den weiblichen Beobachtungen überwiegt das jugendliche Alter,
bei den männlichen sind meist ältere Individuen betroffen. Eine
gleichzeitige Obliteration des Harnleiters fand sich 6mal, in 9 Fällen
war derselbe offen. An gleichzeitigen Abnormitäten fanden sich:
Defekt der Harnröhre bei offenem, doppeltem Harnleiter; Hasenscharte,
Verwachsung der Finger bei geschlossenem, einfachem Harnleiter,
doppelter Harnleiter etc, Die Form des Cystensacks schwankt von
der einer Warze bis zu der eines dünnwandigen Schlauches und
Beutels, die Größe der Cyste von Haselnussgröße bis zur Ausfüllung
der Blase mit einem Inhalt von 50 ccm Flüssigkeit. Wichtig ist die
Lagebeziehung der Cyste zur inneren Harnröhrenöffnung, durch deren
Bedeckung Störungen bei der Harnentleerung entstehen können;
auch kann die anderseitige Harnleitermündung durch die Cyste ver-
legt werden. Die Störungen bestehen in vermehrtem Harndrang,
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1271
Schmerzen beim Harnlassen, Harnverhaltung, Enuresis oder vorüber-
gehender Inkontinenz. Bezüglich der Ätiologie der sackartigen
Harnleitererweiterung sind die Ansichten getheilt. Man hat primäre
Missbildung angenommen; auch eine abnorme Durchbohrung der
Blasenwand in gerader Richtung und Verlauf des Harnleiterendes
nicht in der Muskulatur, sondern unter der Schleimhaut wurden
beschuldigt. Jedenfalls ist eine Anomalie in der Insertion des Harn-
leiters in die Blase von Einfluss auf die Bildung der Cyste (Ein-
mündung des Harnleiters in die Samenblasen, Samenleiter, beim
Weibe in die Harnröhre). E. ist geneigt, als weitere Ursache eine
Neigung der Harnleitermündung zur epithelialen Verklebung anzu-
nehmen, wie sie für verschiedene Stellen der Harnröhre etc. schon
erwiesen ist. Die Diagnose wird dann am leichtesten sein, wenn
die Cyste in der Harnröhre zum Vorschein kommt (beim Weibe).
In allen Fällen, welche auf ein Divertikel oder eine Pyonephrose hin-
weisen, sollte man an die Sackbildung der Harnleitermündung
denken. Das Endoskop und die Digitaluntersuchung sind für die
Diagnose werthvoll.
Die Behandlung muss in Entleerung des Sackes durch endo-
skopische Spaltung oder durch Abbinden nach Cystotomie bestehen.
F. Kromm (Karlsruhe).
10) G. Rosenfeld. Zur Differentialdiagnose zwischen Cystitis
und Pyelitis.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 30.)
Verf. stellt seine Erfahrungen bezüglich dieses Gegenstandes in
folgenden Thesen zusammen:
Alkalische Reaktion findet sich nicht bei unkomplicirter Pyelitis.
Die Grenze des Eiweißgehalts bei auch maximaler Cystitis ist
bei 0,1 (in maximo 0,15)% gelegen.
Sind fast alle Eiterzellen vielzackig kontourirt, so spricht das
für Pyelitis.
Sind die vorhandenen rothen Blutkörper meistens chemisch oder
morphotisch zerfallen, so spricht dies — bei nur mikroskopischer
Blutung und bei Abwesenheit einer Blasengeschwulst — für Pyelitis.
Nur Schollen der oben beschriebenen kleinen Epithelien der
oberen Harnwege können als unterstützend für die Diagnose Pyelitis
elten.
S Das charakteristische Symptom für die Diagnose ist das Verhält-
nis von Eiweißgehalt und Eiter gemäß dem vom Verf. aufgestellten,
im Original nachzusehenden Schema. Gold (Bielitz).
1272 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
11) Nasse. Über die operative Behandlung der Blutung bei
subkutanen Nierenzerreißungen.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 34.)
Es handelte sich um einen 8jährigen Knaben, welcher beim
Turnen mit dem Rücken auf die Kante eines Sprungbretts gefallen
war. Die Symptome deuteten auf eine Nierenverletzung, was N.
zur sofortigen Nephrektomie veranlasste, die vom besten Erfolg
begleitet war. Nach Erörterung der einschlägigen Kasuistik wirft N.
die Frage auf, welche Art der Blutung aus der Niere zu einem
operativen Eingriff auffordert, und wann derselbe ausgeführt werden
muss. Tritt die Blutung sofort nach der Verletzung auf, so dass das
Leben des Kranken direkt gefährdet erscheint, so muss selbstredend
die Blutung durch die Operation gestillt werden. Es’ könnte hier
nur eine Schwierigkeit in der Differentialdiagnose zwischen Shock und
akuter Anämie zu einem Aufschieben des Eingriffs Veranlassung
geben. Eben so wird der Nachweis eines intraperitonealen Ergusses
von Harn und Blut zur sofortigen Operation nöthigen. Es ist noch
kein derartiger Fall durch exspektative Behandlung geheilt worden,
während durch Laparotomie und Nephrektomie erfahrungsgemäß
"Heilung erzielt werden kann. Aber auch bei heftigen Nachblutungen,
welche in der Regel durch Zerreißung größerer Gefäße oder durch
die Bildung traumatischer Aneurysmen bedingt sind, muss sofort
operirt werden. Bezüglich der weniger heftigen Blutungen, welche
die häufigsten sind und zum großen Theil spontan zur Heilung
kommen, ist die Entscheidung über den Zeitpunkt der Operation
schwieriger zu stellen. Die eine Regel sollte gelten, dass man den
Kranken nicht zu lange bluten lässt, sondern lieber bei noch halb-
wegs gutem Kräftezustand den Eingriff machen soll.
Die Entscheidung, welcher Art die Operation an der verletzten
Niere sein soll, hängt lediglich von dem Lokalbefund nach Frei-
legung der Niere ab. Handelt es sich um einzelne blutende Risse,
so kann man diese, ev. nach Unterbindung größerer spritzender Gefäße,
nähen, vorausgesetzt natürlich, dass keine Symptome beginnender
Vereiterung oder Verjauchung bestehen. Auch bei weit klaffenden
Rissen oder bei Zerreißung der ganzen Niere bis auf das Nieren-
becken kann man das Organ sofort oder nach mehrtägiger Tam-
ponade zusammennähen. Nur in jenen Fällen, wo der Pat. aus-
geblutet ist, wird man die sofortige Tamponade oder die Nephrektomie
vorziehen. Finden sich an der freigelegten Niere keine äußerlich
sichtbaren Verletzungen, so wird man durch Spaltung der Niere den
Blutungsherd freilegen und alsdann tamponiren. Gänzlich losgerissene
Stücke der Niere werden wohl am besten zu entfernen sein, wogegen
der übrige Theil der Niere erhalten bleiben kann. Bei Zerreißungen
der Gefäße vor ihrem Eintritt in die Niere wird man diese unter-
binden. Ist der Stamm der Nierenarterie verletzt, so ist die Erhaltung
des Organs werthlos und die Exstirpation desselben am Platze. Sind
` Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1273
dagegen nur einzelne Gefäßäste gerissen, so könnte man nach Unter-
bindung derselben abwarten, wie viel vom Organ der Nekrose und
Schrumpfung verfällt. Für die Mehrzahl schwerer Verletzungen wird
nur die Nephrektomie indicirt sein, welche unter Umständen kürzer,
einfacher und mit weniger Blutverlust verbunden ist, als die konser-
vativen Behandlungsmethoden.
N. hält den extraperitonealen Schnitt zur Freilegung der Niere
für den besten, für viele Fälle wird der Simon’sche Lendenschnitt
genügen, aber für schwierigere Fälle, zumal wenn es sich um eine
große Geschwulst in der Nierengegend handelt, auch der Schräg-
schnitt nach v. Bergmann am Platze sein, welcher mehr Raum und
Übersicht giebt. Die Laparotomie und transperitoneale Freilegung
und Exstirpation der Niere will N. nur dann ausgeführt wissen, wenn
ein intraperitonealer Erguss besteht. Gold (Bielitz).
12) O. Bloch (Kopenhagen). Sur la résection du tissu renal
pratiquée dans un but de diagnostic. Etude relative à la
chirurgie conservatrice du rein.
(Revue de chir. 1898. No. 6.)
B., welcher bereits im Jahre 1890 und 1891 in Hospitals Tidende
über obiges Thema einige Abhandlungen veröffentlicht hatte, berichtet
in der vorliegenden über seine weiteren Erfahrungen in Bezug auf
die diagnostische Nierenresektion, um zu zeigen, dass oft nur durch
diese und die angeschlossene mikroskopische Untersuchung des aus-
geschnittenen Stücks von Nierengewebe eine richtige Diagnose
möglich, die Resektion ungefährlich sei und, verbunden mit den
übrigen Eingriffen (Freilegung der Niere, Beseitigung von peri-
renalen Verwachsungen, Punktion, Nephrotomie) selbst eine Heil-
wirkung ausüben könne (s. Referat 1892 p. 343 dieses Centralbl.),
wenn die Niere nur leicht erkrankt sei. In einigen der mitgetheilten
Beobachtungen gelang allein durch die in Rede stehende diagnosti-
sche Operation der Nachweis, dass nicht eine bösartige Neubildung,
sondern eine Nephritis vorliege; die 3 Fälle heilten ohne Fistelbildung.
Kramer (Glogau).
13) Hildebrand und Haga. Experimentelle Untersuchung
über die Entstehung der Hydronephrose und den Zusammen-
hang zwischen Hydronephrose und Wanderniere.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 26.)
Über obigen Gegenstand liegen bereits Thierexperimente von
Tuffier vor. Verff. haben Versuche zur Kontrolle von den Resul-
taten des letzteren angestellt. Bei 6 Versuchen an Kaninchen wurde
an der linken (wegen ihres Tiefstandes leichter erreichbaren) Niere
nach vorgängigem Bauchschnitt der Harnleiter in winklig geknickter
Lage mit einer nicht schnürenden Fadenschlinge fixirt. Resultat
51r*
1274 .Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
eben so wie bei Tuffier nach einiger Zeit stets positiv: Harnleiter
über der Knickung dilatirt und Hydronephrose In 6 weiteren
Experimenten wurde die Niere durch Lospräparirung aus der Fett-
kapsel beweglich, also künstlich zur Wanderniere gemacht. Obwohl
die Beweglichkeit bestehen blieb, trat nie Hydronephrose ein. Wenn
Tuffier hier andere Resultate hatte, liegt der Grund vielleicht darin,
dass bei der Operation unbeabsichtigterweise auch eine Knickung
des Harnleiters bewirkt wurde. Endlich wurde bei 2 Thieren die
frei beweglich gemachte Niere 2mal um ihre Querachse herum-
gedreht, so dass der Stiel und damit der Harnleiter 2mal um die
Längsachse torquirt wurde. Auch hier folgte keine Spur von Hydro-
nephrose! Dagegen wurde, wie allerdings nicht anders zu erwarten,
eine solche erzielt bei 2 Thieren, denen der Ureter unterbunden war.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
14) G. Houzel. Contribution à l'étude des kystes hydatiques
du rein.
(Revue de chir. 1898. No. 8 u. 9.)
Unter Mittheilung zweier von ihm selbst beobachteter Fälle von
Nierenechinococcus, deren einer nach transperitonealer Nephrektomie
am 5. Tage an Urämie — es war überhaupt nur eine Niere vor-
handen — zu Grunde ging, deren anderer durch die lumbäre ein-
zeitige Nephrotomie innerhalb ca. 7 Wochen zur Heilung gelangte,
bespricht H. die Entwicklung, Symptome und Diagnose des Nieren-
echinococcus und im weiteren dann seine Komplikationen durch
schnelles und übermäßiges Wachsthum, durch Berstung und Ver-
eiterung der Cyste. Im Wesentlichen bestätigt H. durch seine
J. Boeckel’s Studie ergänzende Abhandlung und Statistik die von
jenem Autor gezogenen Folgerungen, mit denen er auch Boeckel’s
falsche Namengebung von P. Vogt anstatt P. Wagner in seine
Arbeit hinübergenommen hat. Erwähnenswerth ist nur noch in
therapeutischer Beziehung, dass nach H. unter 8 nach R&camier-
Simon behandelten Fällen 5 geheilt, 3 gestorben, von 6 Nephrek-
tomien 5 tödlich, dagegen alle 14 (8 lumbäre und 6 transperitoneale)
Nephrotomien günstig verlaufen sind, so dass letzterer Operation
vom Verf. der Vorzug gegeben wird. Kramer (Glogau).
15) H. Nimier. Du traitement du varicocele par la ligature
sous-cutanee en bourse du scrotum.
(Revue de chir. 1898. No. 10.)
In der kurzen Mittheilung beschreibt N. ein mehrfach bewährt
gefundenes, durch Einfachheit und Gefahrlosigkeit ausgezeichnetes
operatives Verfahren bei Varicocele. Es besteht darin, dass unter
Zurückschiebung der Hoden nach oben gegen das Schambein der
Hodensack durch eine einzige, das kutane Gewebe der vorderen ünd
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1275
hinteren Wand des letzteren fassende, mittels Reverdin’scher langer
Nadel angelegte Seidenligaturnaht stark verkürzt und dadurch die
Hoden dauernd nach oben gedrängt bleiben. (»La ligature serrée,
la partie inférieure du scrotum fronc&e pend au-dessous du suspen-
soir naturel qui renferme les testicules.«) Der Schmerz nach der
Operation ist gering, eben so die sich am 2.—3. Tage einstellende
Reaktion »im Niveau des Fadens«, der nicht zu fest angezogen
werden darf. Kramer (Glogau).
16) Krone. Suprapubic Varicocele-ectomy.
(Occidental med. times 1898. Juni.)
K. hat mehrmals gelegentlich einer Herniotomie ein Bündel
variköser Venen zwischen den Fasern des Kremasters hindurchscheinen
sehen. In solchen Fällen hat er es unterbunden, freigelegt und
dann abgeschnitten, indem er dabei die Enden einander näherte.
Hieraus ist die vorgeschlagene Operationsmethode entstanden. Es
wird ein Längsschnitt über den äußeren Leistenring gemacht, dessen
Größe sich nach der Ausdehnung der Varicocele richtet, die ge-
schlängelten Venenbündel werden stumpf isolirt und so oft um den
Finger des Operateurs herumgewickelt, bis die übrigbleibenden Venen
völlig gerade erscheinen. Darauf unterbindet man die distalen und
proximalen Enden dieser Venen und schneidet das um den Finger
gewickelte Stück aus.
Die Operation ist leicht gemacht, das Operationsfeld ist besser
zu sterilisiren als bei der Operation vom Hodensack aus, und die
Narbe ist viel weniger lästig. Lühe (Königsberg i/Pr.).
17) X. Delore (Lyon). De l’orchidotomie.
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. Juni.)
Verf. empfiehlt an Stelle der Kastration die Epididymektomie
in Verbindung mit der Orchidotomie resp. partiellen Orchidektomie
zu setzen. Erscheint der Hode gesund, so wird die Albuginea darüber
wieder vernäht; ist ein Theil krank, so wird, wenn möglich, nur
der kranke Theil resecirt.
(Von vielen Einwendungen gegen ein solches Vorgehen sollen
nur 2 erwähnt sein:
1) Wenn auch der exploratorische Einschnitt in den Hoden eine
gesunde Schnittfläche trifft, so können desshalb doch in der benach-
barten Schnittfläche Tuberkel sitzen.
2) Ist die Möglichkeit vorhanden, dass ein sonst gesunder Hode,
wenn er bei Resektion eines tuberkulösen Nebenhodens angeschnitten
wird, erst bei dieser Gelegenheit inficirt wird. Ref.)
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
1276 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
18) Pincus. Über Atmokausis (Vaporisation) und deren Modi-
fikationen in der Gynäkologie.
(Therapeutische Monatshefte 1898. Oktober.)
Verf. beschreibt sein Verfahren zur Anwendung des heißen resp.
überhitzten Wasserdampfes auf die Innenfläche des Uterus oder den
Cervicalkanal allein, welches er so vereinfacht hat, dass auch der
ohne Assistenz arbeitende Arzt es anwenden kann, besonders, »da bei
richtigem Vorgehen auch die Narkose absolut entbehrlich ist«. Von
der Atmokausis, bei welcher der Dampf durch Fenster des äußeren
Katheterrohres mit der Schleimhaut in Berührung tritt, unterscheidet
P. die Zestokausis, bei welcher das äußere Rohr geschlossen ist und
nur von dem durchströmenden Dampf erhitzt wird. Die Zestokausis
eignet sich besonders für isolirte Behandlung der Cervix. Unbeab-
sichtigter Verbrühung weicher Theile wird durch Umwicklung mit
steriler Gaze oder Einführung hölzerner Schutzplättchen vorgebeugt.
Besonders ist darauf zu achten, dass der Dampf frei abströmen kann.
Als Maximum der ÖOperationsdauer wird 1/, Minute bezeichnet,
meistens — besonders bei jüngeren Frauen — soll die Einwirkung
nicht länger als 15—20 Sekunden dauern und lieber mit bis auf
110° überhitztem Dampfe vorgenommen werden. In manchen Fällen
soll dies Verfahren eine Totalexstirpation überflüssig machen, und
während es sehr geeignet ist, eine beabsichtigte Obliteration herbei-
zuführen, soll bei genügender Vorsicht eine unbeabsichtigte Oblitera-
tion sicher vermieden werden können. Besteht Verdacht auf bös-
artige Neubildung, so soll das Verfahren nicht angewandt werden,
um keine Verschleierung der Bösartigkeit zu verursachen. Bei in-
operablem Carcinom leistet es als palliatives Mittel gute Dienste.
Tubenaffektionen und sehr rigide Portio vaginalis gelten als Kontra-
indikation. Willemer (Ludwigslust).
Kleinere Mittheilungen.
19) XII. Kongress der Italiänischen chirurgischen Gesellschaft,
gehalten in Turin vom 4.—7. Oktober 1898.
(Schluss.)
Burei und Anzillotti (Pisa): Extraperitoneale Splenopexie.
Im Allgemeinen wird die Splenektomie der Leichtigkeit des Verfahrens wegen
der Splenopexie bei Wandermilz vorgezogen, obwohl die Mortalität dabei keine
geringe zu nennen ist.
Redner sind Anhänger des konservativeren Verfahrens, obwohl die Spleno-
pexie bisher viel Reeidive aufzuweisen hat und auch desshalb wenig begünstigt
wird. Dies kann man aber hauptsächlich nur bei Anwendung des intraperitonealen
Verfahrens bestätigen; die theilweise extraperitoneale Fixirung nach Rydigier
und die ganz extraperitonealen Splenopexien nach Giordano und Bardenheuer
haben zum Theil sehr gute Resultate erzielt; nur bedingen sie manchmal recht
große Bauchschnitte. Redner haben nach zahlreichen Versuchen an Leichen eine
vereinfachte Operationsweise festgestellt. Sie führen den Hautschnitt 2—3 cm
unter dem Rippenbogen, diesem parallel, von dem äußeren Rand des linken ge-
raden Bauchmuskels bis fast an die Sacrolumbalmasse, lösen das noch unduroh-
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1277
trennte Bauchfell etwas, öffnen es, ziehen die Milz vor und lassen sie so frei
liegen, verengern die Peritonealöffnung mit einigen Nähten oben und unten und
schließen endlich die Bauchdecken per primam. Experimente an Hunden be-
wiesen, dass lange Zeit nach der Operation die Milz keine Lageveränderung er-
litten hatte, auch waren histologisch keinerlei Alterationen nachzuweisen.
d’Antona (Neapel: Untersuchungen und Beobachtungen über
Nierengeschwülste.
Im Verlauf von 8 Jahren hat Redner Gelegenheit gehabt, 18 Nephrekto-
mien mit nur 1 Todesfall auszuführen. Es ist immer zu empfehlen, wenn eitrige
Ansammlungen in der Niere vorhanden sind, zuerst sur einfachen Nephrotomie
zu schreiten; denn 1) ist die Möglichkeit vorhanden, schon mit dieser allein Heilung
zu erzielen; 2) wird das Volumen der Niere verringert, wodurch die Möglichkeit
entsteht, die Nephrektomie mit dem Lendenschnitt auszuführen; 3) wird der All-
gemeinzustand des Pat., welcher sich einem so schweren Eingriff wie die Nephrek-
tomie aussetzen muss, wesentlich verbessert. Wenn es sich um diffuse eitrige
oder tuberkulöse Krankheiten der Niere handelt, ist die Exstirpation meistens in-
dieirt, weil der Pat. später mit einer einzigen gesunden Niere besser daran ist, als
wenn er einen für den ganzen Organismus gefährlichen Infektionsherd mit sich
herumträgt. Redner hat bisher bemerkt, dass die Gefahren und Schwierigkeiten
der Operation in direktem Verhältnis zur Bösartigkeit der Geschwulst stehen.
Die Gelehrten, die sich anatomisch-pathologisch mit den bösartigen Nierentumoren
beschäftigt haben, kann man in 3 Gruppen theilen: 1) diejenigen, welche sämmt-
liche festen Nierengeschwülste als Nebenniereninklusionen betrachten; 2) diejenigen,
welche sie nur für Adenocareinome der Harnkanälchen halten; 3) diejenigen, welche
nur Endotheliome in ihnen zu sehen glauben. Redner kritisirt diese Exklusivität
und ist in der Lage, 3 Fälle vorzuweisen, wovon jeder einer der obengenannten
3 Gruppen zugeschrieben werden kann. — Als einen besonderen Fall demonstrirt
Redner noch ein Liposarkom der Niere, d. h. ein Sarkom, in dessen Stroma zahl-
reiche größere und kleinere, vollständig inkapsulirte Lipome vorhanden sind, die
aber nebenbei auch im gesunden Nierenparenchym existiren.
Diskussion. Maffucei (Pisa): Nach eigenen Beobachtungen können die
Nierengeschwülste entweder in dem Harnkanälchenepithel, dem Bindegewebe und
den Lymphgefäßen der Niere oder auch aus Keimen der Nebenniere entstehen.
Er demonstrirt die entsprechenden Präparate.
Alessandri(Rom): Verhalten der Nieren nach Verschluss der Vena
renalis.
Redner erinnert an seine schon veröffentlichten Experimente bei Hunden, wo-
nach nach Unterbindung der Vena renalis die schweren Cirkulationsstörungen nur
kurze Zeit anhalten, und die Niere nach 3 Monaten histologisch und funktionell
als normal zu betrachten ist. Nun wurde einem der Hunde die andere Niere ex-
stirpirt, und obwohl er nur mit der einen früher unterbundenen Niere umherlief,
war er zuerst ganz gesund: der Urin war quantitativ und qualitativ normal, mit
Ausnahme einer ganz geringen Albuminreaktion. Plötzlich starb das Thier nach
2 Monaten mit Symptomen von Urämie; bei der Sektion fand man eine akute
Nephritis des oberen Nierenpols. Die Niere selbst war stark hypertrophisch, die
kollaterale venöse Gefäßbahn reich entwickelt. Dies beweist nun, dass, im Gegen-
satz zu den Behauptungen verschiedener Autoren, eine Niere nicht nur der Unter-
bindung der entsprechenden Vena renalis widersteht, sondern dass sie in der »Resti-
tutio ad integrum« so weit gehen kann, dass es ihr möglich ist, nach plötzlicher
Entfernung der anderen Niere den Bedürfnissen des Organismus zu genügen.
Ingianni (Turin): Über Neubildung der resecirten männlichen
Harnröhre.
Die Experimente wurden an Hunden ausgeführt, indem man kleine Theile
der hinteren Wand oder auch vollständige cylindrische Harnröhrensegmente bis
zu einer Länge von 16 mm ausschnitt, Hinterher führte man einen ständigen Ka-
theter ein und konnte nun an sämmtlichen Thieren, die durchschnittlich 4 bis
1276 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
18) Pincus. Über Atmokausis (Vaporisation) und deren Modi-
fikationen in der Gynäkologie.
(Therapeutische Monatshefte 1898. Oktober.)
Verf. beschreibt sein Verfahren zur Anwendung des heißen resp.
überhitzten Wasserdampfes auf die Innenfläche des Uterus oder den
Cervicalkanal allein, welches er so vereinfacht hat, dass auch der
ohne Assistenz arbeitende Arzt es anwenden kann, besonders, »da bei
richtigem Vorgehen auch die Narkose absolut entbehrlich iste. Von
der Atmokausis, bei welcher der Dampf durch Fenster des äußeren
Katheterrohres mit der Schleimhaut in Berührung tritt, unterscheidet
P. die Zestokausis, bei welcher das äußere Rohr geschlossen ist und
nur von dem durchströmenden Dampf erhitzt wird. Die Zestokausis
eignet sich besonders für isolirte Behandlung der Cervix. Unbeab-
sichtigter Verbrühung weicher Theile wird durch Umwicklung mit
steriler Gaze oder Einführung hölzerner Schutzplättchen vorgebeugt.
Besonders ist darauf zu achten, dass der Dampf frei abströmen kann.
Als Maximum der Operationsdauer wird !/, Minute bezeichnet,
meistens — besonders bei jüngeren Frauen — soll die Einwirkung
nicht länger als 15—20 Sekunden dauern und lieber mit bis auf
110° überhitztem Dampfe vorgenommen werden. In manchen Fällen
soll dies Verfahren eine Totalexstirpation überflüssig machen, und
während es sehr geeignet ist, eine beabsichtigte Obliteration herbei-
zuführen, soll bei genügender Vorsicht eine unbeabsichtigte Oblitera-
tion sicher vermieden werden können. Besteht Verdacht auf bös-
artige Neubildung, so soll das Verfahren nicht angewandt werden,
um keine Verschleierung der Bösartigkeit zu verursachen. Bei in-
operablem Carcinom leistet es als palliatives Mittel gute Dienste.
Tubenaffektionen und sehr rigide Portio vaginalis gelten als Kontra-
indikation. Willemer (Ludwigslust).
Kleinere Mittheilungen.
19) XIII. Kongress der Italiänischen chirurgischen Gesellschaft,
gehalten in Turin vom 4.—7. Oktober 1898.
(Schluss.)
Burci und Anzillotti (Pisa): Extraperitoneale Splenopexie.
Im Allgemeinen wird die Splenektomie der Leichtigkeit des Verfahrens wegen
der Splenopexie bei Wandermilz vorgezogen, obwohl die Mortalität dabei keine
geringe zu nennen ist.
Redner sind Anhänger des konservativeren Verfahrens, obwohl die Spleno-
pezie bisher viel Recidive aufzuweisen hat und auch desshalb wenig begünstigt
wird. Dies kann man aber hauptsächlich nur bei Anwendung des intraperitoneslen
Verfahrens bestätigen; die theilweise extraperitoneale Fixirung nach Rydigier
und die gang extraperitonealen Splenopexien nach Giordano und Bardenheuer
haben zum Theil sehr gute Resultate erzielt; nur bedingen sie manchmal recht
große Bauchschnitte. Redner haben nach zahlreichen Versuchen an Leichen eine
vereinfachte Operationsweise festgestellt. Sie führen den Hautschnitt 2—3 cm
unter dem Rippenbogen, diesem parallel, von dem äußeren Rand des linken ge-
raden Bauchmuskels bis fast an die Sacrolumbalmasse, lösen das noch undurch-
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1277
trennte Bauchfell etwas, öffnen es, ziehen die Milz vor und lassen sie so frei
liegen, verengern die Peritonealöffnung mit einigen Nähten oben und unten und
schließen endlich die Bauchdecken per primam. Experimente an Hunden be-
wiesen, dass lange Zeit nach der Operation die Milz keine Lageveränderung er-
litten hatte, auch waren histologisch keinerlei Alterationen nachzuweisen.
d’Antona (Neapel): Untersuchungen und Beobachtungen über
Nierengeschwülste.
Im Verlauf von 8 Jahren hat Redner Gelegenheit gehabt, 18 Nephrekto-
mien mit nur 1 Todesfall auszuführen. Es ist immer zu empfehlen, wenn eitrige
Ansammlungen in der Niere vorhanden sind, zuerst zur einfachen Nephrotomie
zu schreiten; denn 1) ist die Möglichkeit vorhanden, schon mit dieser allein Heilung
zu erzielen; 2) wird das Volumen der Niere verringert, wodurch die Möglichkeit
entsteht, die Nephrektomie mit dem Lendenschnitt auszuführen; 3) wird der All-
gemeinzustand deg Pat., welcher sich einem so schweren Eingriff wie die Nephrek-
tomie aussetzen muss, wesentlich verbessert. Wenn es sich um diffuse eitrige
oder tuberkulöse Krankheiten der Niere handelt, ist die Exstirpation meistens in-
dieirt, weil der Pat. später mit einer einzigen gesunden Niere besser daran ist, als
wenn er einen für den ganzen Organismus gefährlichen Infektionsherd mit sich
herumträgt. Redner hat bisher bemerkt, dass die Gefahren und Schwierigkeiten
der Operation in direktem Verhältnis zur Bösartigkeit der Geschwulst stehen.
Die Gelehrten, die sich anatomisch-pathologisch mit den bösartigen Nierentumoren
beschäftigt haben, kann man in 3 Gruppen theilen: 1) diejenigen, welche sämmt-
liche festen Nierengeschwülste ala Nebenniereninklusionen betrachten; 2) diejenigen,
welche sie nur für Adenocarcinome der Harnkanälchen halten; 3) diejenigen, welche
nur Endotheliome in ihnen zu sehen glauben. Redner kritisirt diese Exklusivität
und ist in der Lage, 3 Fälle vorzuweisen, wovon jeder einer der obengenannten
3 Gruppen zugeschrieben werden kann. — Als einen besonderen Fall demonstrirt
Redner noch ein Liposarkom der Niere, d. h. ein Sarkom, in dessen Stroma sahl-
reiche größere und kleinere, vollständig inkapsulirte Lipome vorhanden sind, die
aber nebenbei auch im gesunden Nierenparenchym existiren.
Diskussion. Maffucei (Pisa): Nach eigenen Beobachtungen können die
Nierengeschwülste entweder in dem Harnkanälchenepithel, dem Bindegewebe und
den Lymphgefäßen der Niere oder auch aus Keimen der Nebenniere entstehen.
Er demonstrirt die entsprechenden Präparate.
Alessandri(Rom): Verhalten der Nieren nach Verschluss der Vena
renalis.
Redner erinnert an seine schon veröffentlichten Experimente bei Hunden, wo-
nach nach Unterbindung der Vena renalis die schweren Cirkulationsstörungen nur
kurze Zeit anhalten, und die Niere nach 3 Monaten histologisch und funktionell
als normal zu betrachten ist. Nun wurde einem der Hunde die andere Niere ex-
stirpirt, und obwohl er nur mit der einen früher unterbundenen Niere umbherlief,
war er zuerst gans gesund: der Urin war quantitativ und qualitativ normal, mit
Ausnahme einer ganz geringen Albuminreaktion. Plötzlich starb das Thier nach
2 Monaten mit Symptomen von Urämie; bei der Sektion fand man eine akute
Nephritis des oberen Nierenpols. Die Niere selbst war stark hypertrophisch, die
kollaterale venöse Gefäßbahn reich entwickelt. Dies beweist nun, dass, im Gegen-
satz zu den Behauptungen verschiedener Autoren, eine Niere nicht nur der Unter-
bindung der entsprechenden Vena renalis widersteht, sondern dass sie in der » Resti-
tutio ad integrum« so weit gehen kann, dass es ihr möglich ist, nach plötzlicher
Entfernung der anderen Niere den Bedürfnissen des Organismus eu genügen.
Ingianni (Turin): Über Neubildung der resecirten männlichen
Harnröhre.
Die Experimente wurden an Hunden ausgeführt, indem man kleine Theile
der hinteren Wand oder auch vollständige cylindrische Harnröhrensegmente bis
zu einer Länge von 16 mm ausschnitt, Hinterher führte man einen ständigen Ka-
theter ein und konnte nun an sämmtlichen Thieren, die durchschnittlich 4 bis
1278 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
134 Tage am Leben gelassen wurden, nicht die Entwicklung einer Bindegewebs-
narbe, sondern die Neubildung einer richtigen Harnröhre wahrnehmen mit deren
kavernöser und epithelialer Gewebsschicht; nur die Fortpflanzung der Tunica mus-
cularis blieb aus.
Auf diese Thatsache hin versuchte Redner, eine neue ektopische Harnröhre
herzustellen, was ihm auch gelang, indem er einen ständigen Katheter nach voran-
gegangenem Durchstich mittels eines Trokars von der vorderen unteren Bauch-
wand aus durch das lose Zellgewebe in den centralen Stumpf der vorher isolirten
und durchschnittenen perinealen Harnröhre. einführte. Auf diese Weise urinirten
die Hunde gleichzeitig durch beide Kanäle einer zweispaltigen Harnröhre.
Je geringer die entzündliche Reaktion nach der Operation, desto schneller
und vollkommener ging die Neubildung der Harnröhre vor sich.
Die Lakunen der neugebildeten Harnröhrenschwellkörper erreichen ein Maxi-
mum ihrer Breite nach 15—30 Tagen; nachher verengern sie sich wieder in Folge
der narbigen Retraktion der sie umgebenden Gewebe; einige reduciren sich bis
zur vollständigen Obliteration.
Turetta (Trapani): Totale Blasenexstirpation.
Pat., 33 Jahre, wohlgenährt, mit Cancer villosum vesicae. Seit mehreren Mo-
naten Blutharnen; Nieren gesund. Keine Anschwellung der I,ymphdrüsen in der
Leistengegend.
Ein Probeschnitt ergiebt ein Ergriffensein der ganzen Blase und der Mündung
des rechten Harnleiters durch die Geschwulst. Man schreitet desshalb zur totalen
Blasenexstirpation und beginnt mit temporärer Resektion des Schambeines. Die
Harnleiter werden mittels des Knopfes von Boari (s. d. Centralbl. 1896 No. 1 p. 18)
in den Mastdarm eingepflanzt.
Der Zustand des Pat. ist die ersten 2 Tage normal, am 3. Tage siokert Urin
durch die Wunde. Symptome einer akuten Nephritii. Am 16. Tage Tod. Bei
der Obduktion fand man, dass beide Harnleiter sich vom Mastdarm losgelöst
hatten.
Redner erörtert die in der Litteratur bereits bekannten Fälle von Blasen-
exstirpation; findet, dass der Boari’sche Knopf allen anderen anastomotischen
Mitteln vorzuziehen ist; nur liegt der Mastdarm zu tief und ist nicht leicht höher
zu fixiren, um eine Zerrung der in ihn eingepflanzten Harnleiter zu vermeiden.
Vielleicht würde Einpflanzung in das S romanum oder das Colon descendens zu
günstigeren Resultaten führen.
Pascale (Neapel): Die histologischen Veränderungen bei Vagina-
litis testiculi chronica.
Auf Grund der Virchow’schen Angaben hat man bisher 2 Hauptformen der
Vaginalitis chronica angenommen. Redner hat nach 50 Fällen, die in der Klinik
von Prof. d’Antona operirt wurden, so wie nach zahlreichen Experimenten an
Hunden 4 anatomisch-pathologisch verschiedene Formen bestimmen können: 1) Das
Epithel ist normal, das Bindegewebe feinfaserig und homogen, von fast »hydro-
pischem« Aussehen und wenigen Faserzellen. Diese Form, die nur mechanischen
oder einfach reizenden Ursachen zuzuschreiben ist, weist meistens eine spontane
Restitutio ad integrum auf (Vaginalitis hydropica). 2) Das Epithel bleibt
eine Zeit lang normal, dann degenerirt und zerfällt es. Die Haupterscheinung ist
eine »Endoarteritis proliferans« besonders der mittelgroßen Arterien nebst Hyper-
plasie der anderen Gewebe der Tunica vaginalis (Vaginalitis parenchymalis
hyperplastica). 3) Es findet eine bedeutende Entwicklung der Kapillargefäße
statt mit eventuellen Blutergüssen im hyperplastischen Parenchym oder in der
Cavitas vaginalis. Diese Form, die als eine Varietät der vorher erwähnten zu be-
trachten ist, entspricht der Pachyvaginalitis haemorrhagica von Virchow (Vagi-
nalitis vascularis). 4) Das Epithel zerfällt sehr bald, das Bindegewebe wird
zuerst hyperplastisch, verliert aber dann seine faserige Struktur, um sich in ein
knorpelartiges, homogenes Gewebe umzuwandeln. Knorpelelemente sind nicht
nachzuweisen, wohl bilden sich aber Lakunen, in welchen sich Kalklamellen in
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1279
verschiedenen Formen, manchmal als wirkliche kleine Steine, schichtenartig nieder-
schlagen (Vaginalitis degenerans). Wirkliche Verknöcherungen, wie Virchow
einmal erwähnt, sind nie zur Beobachtung gelangt.
Salomoni (Messina): Beitrag sur chirurgischen Behandlung der
tuberkulösen Lungenaffektionen.
Pat., 22 Jahre, seit 9 Monaten krank, leidet an Tuberkulose des linken unteren
Lungenlappens nebst Empyem, welches sich durch 3 Fisteln spontan nach außen
geöffnet hat. Resektion der 4.—9. Rippe, galvanokaustische Eröffnung eines pleu-
ralen Eitersackes und zweier eitriger Lungenkavernen; Tamponirung. Pat., welcher
nach 4 Monaten in befriedigendem Zustand entlassen wurde, präsentirte sich
wieder nach 5 Vierteljahren mit einer linksseitigen reichlich eiternden Fistel. Da
sich aber zugleich eine Osteomyelitis tuberculosa der rechten Tibia entwickelt
hatte, wurde von jedem weiteren operativen Eingriff Abstand genommen.
Redner berichtet weiter über den Endausgang zweier anderer Fälle von Pneumo-
tomie bei Lungentuberkulose, die er früher veröffentlicht hat: einer starb nach
4 Jahren an Peritonitis tuberculosa, der andere nach 2 Jahren an Miliartuberkulose.
In der Litteratur sind nebst den eigenen 38 Fälle von Pneumotomie bei Lungen-
tuberkulose aufzuzählen, mit 52,6% Heilung auf durchschnittlich 2—5 Jahre.
Daraufhin dürfte man sich zu diesem chirurgischen Eingriff öfters ermuthigt
fühlen, besonders wenn es sich um einseitige und nicht zu große Kavernen
handelt.
Pascale (Neapel): Über Decorticatio pulmonis.
Das in Frankreich durch Delorme populär gewordene Abschälen der Lunge
bei chronischem Empyem hat Redner nach 2 Versuchen an der Leiche bisher an
3 Pat. vorgenommen. Es handelte sich bei allen dreien um ein chronisches Em-
pyem, welches trotz ausgedehnter Rippenresektion nicht zur Heilung gelangte,
und zwar weil, wie ja bekannt, die zurückgedrängte Lunge ihre frühere Elasti-
eität und Ausdehnungsfähigkeit nicht erlangen konnte. Die Ursache besteht
meistens nicht in einer endgültigen Atelektase, sondern in der stark verdiekten
und harten Pleura. Durch diese wird nun so weit hinten wie möglich ein Längs-
schnitt geführt und von hier aus mit dem Messer nach und nach die verdickte
Masse abgeschält. Man sieht dann, dass selbst nach langer Inaktivität die Lunge
ihre Elastieität beibehält, und die definitive Heilung langjähriger Empyeme zu
Stande kommen kann. Redner ist während und nach der Operation auf keinerlei
Unannehmlichkeiten gestoßen und hofft, dass sie auf Grund seiner günstigen Er-
folge sich auch in Italien mehr verbreiten wird.
Turretta (Trapani): Behandlung der Retroversionen der Gebär-
mutter.
Seit 1896 bedient sich Redner einer eigenen Methode, welche wesentlich in
der Verkürzung der runden und der breiten Mutterbänder besteht. Nach dem
medianen Bauchschnitt wird der Uterus nach oben und vorn gezogen, dann seit-
lich, um auf der hinteren Seite des Lig. latum das Lig. rotundum freizulegen. Un-
gefähr 4 cm von dessen Ansatz am Uterus durchsticht man ihn mit einer mit
starkem Katgut montirten krummen Nadel, schlingt einen Knoten, sticht die
Nadel mit demselben Faden 1 cm höher wieder durch, knüpft letzteren mit dem
freien Ende des ersten Knotens zusammen, sticht noch ein drittes Mal durch und
knüpft auf die gleiche Weise. Das Ligament wird auf diese Weise an sich selbst
in die Höhe gezogen und verkürzt: ein Verfahren, welches dem von Gill Wylie
sehr ähnlich ist. Eben so verfährt man mit dem anderen runden Mutterband.
Nun schreitet man zum Lig. latum. Die Nadel durchsticht es von vorn nach
hinten hart über dem oberen Rand des Lig. ovarii proprium, geht dann durch die
hintere Uteruswand ziemlich tief durch, um 1 em unterhalb des oberen Uterus-
randes herauszukommen; jetzt wieder zurück durch das Lig. latum direkt an dem
unteren Rand der Tube vorbei. Nach Knüpfung des Knotens bildet das breite
Mutterband eine Falte, die an der hinteren Uteruswand befestigt ist. Das der
anderen Seite wird eben so befestigt. Der Sicherheit wegen kann man beiderseits
noch eine zweite gleiche Naht anlegen. Vernähung der Bauchdecken per primam.
1280 Centtalblatt für Chirurgie. No. 51.
Der Uterus verbleibt mit diesem Verfahren in einer forcirten Anteflezio. Dazu
verhilft nicht so sehr die Verkürzung des runden Mutterbandes, welches ja über-
haupt auf die Lage des Uterus wenig Einfluss ausübt und leicht seine Spannung
einbüßen kann, als die Verkürzung des breiten Mutterbandes, welches den Uterus
nieht mehr von oben, sondern von hinten festhält und, schon durch die Hebung der
Retroversion an und für sich keinen Zerrungen mehr ausgesetzt, seine frühere
Spannkraft nach und nach wieder annimmt. Aus diesem Grunde ist in mehreren
Fällen der erste Theil der Operation, die Verkürzung der runden Mutterbänder,
ausgelassen worden. Durch die Falte des breiten Mutterbandes wird die Tube
nach hinten und unten gebogen, aber diese veränderte Lage hat nie zu irgend
welchen Störungen Veranlassung gegeben. Eventuell kranke Adnexe werden vor-
her entfernt, Verwacheungen können die Operation erschweren, manchmal selbst
verhindern. Dagegen ist die Verdickung der breiten Mutterbänder bei chronischen
Entzündungsvorgängen wegen deren größerer Festigkeit ein begünstigendes Moment
des Verfahrens. Auf die Blase wird durch den anteflektirten Uterus kein Druck
ausgeübt, wie das öfters bei der Ventrofixation vorkommt.
Redner hat seine Erfahrungen mit eben geschildertem Verfahren in 22 Fällen
sammeln können, welche bei günstigem Verlauf der Operation bisher weder unan-
genehme Folgeerscheinungen noch Recidive aufgewiesen haben.
Ruggi (Modena): Behandlung der Lageveränderungen der Gebär-
mutter.
Bei hochgradigen Anteflexionen, die ja nicht so häufig vorkommen, wird heut
zu Tage meistens die Hysterektomie vorgenommen, ohne Rücksicht darauf, wie
oft der physischen, moralischen und socialen Existens der Frau dadurch geschadet
wird. Zur Behandlung der hochgradigen Retroflexionen, mit denen man doch
viel öfters su thun hat, sind dagegen schon viele Wege eingeschlagen worden.
Eine der neuesten Methoden ist die von Gill Wylie, die übrigens von der-
jenigen, welche Redner bereits vor 1 Jahr dem chirurgischen Kongress in Genua
mittheilte, nicht wesentlich abweicht.
Redner hat neuerdings ein Verfahren erdacht, welches bei beiden eben ge-
nannten Lageveränderungen des Uterus angewandt werden kann und darin besteht,
dass der konvexe Theil des Knickungswinkels — welcher meistens hypertrophirt
ist, im Gegensatz zu dem atrophischen konkaven Theil — keilförmig ausge-
schnitten wird. Dadurch wird es möglich, die normale Richtung der Uterusachse
wieder herzustellen.
Man operirt durch die Scheide, und das Fortfallen einer Laparotomie ist nicht
zum wenigsten zu den Vortheilen dieses Verfahrens zu rechnen. Cirkulärer Schnitt
des Scheidengewölbes und des Bauchfells, Unterbindung der Uterinarterien, Ab-
trennung und Senkung des Uterus, dessen Luxation durch die Vulva, Behandlung
der freigelegten Adnexe, Reposition des Uterus, Vernähung des Bauchfelle und
der Scheide, Tamponirung letzterer, und zwar so, dass der Uterus in seine nor-
male Lage zurückgeht und in ihr fixirt wird.
Zur Behandlung der hochgradigen Anteflexionen ist die Technik dieselbe, nur
muss erst der Uterus retroponirt werden, ehe man ihn in die Scheide senkt. Ist
einmal der Uterus draußen, so schneidet man den hinteren konvexen Knickungs-
winkel aus bis gegen die Schleimhaut hin, biegt den Uterus gerade, vernäht den
Ausschnitt, schreitet dann ev. zur Amputation der Portio, zur Auskratzung der
Uterushöhle und zur Behandlung der Adnexe, und reponirt endlich, wie oben
angegeben.
Zur Behandlung der hochgradigen Retroflexionen ist die Reihenfolge eine
andere, nämlich: erst keilförmiger Ausschnitt des vorderen konvexen Knickungs-
wiukels, dann Abtrennung des Uterus, wobei Verwachsungen in der Douglasfalte
genau zu beachten sind, Geradebiegung, Anteposition, Senkung und Vernähung
der Ausschnittwunde; endlich Amputation, Auskratzung etc. wie oben.
Diese Methode eignet sich besonders für Jungfrauen und Nulliparae mit
langer, enger Scheide. Sollte diese nicht geräumig genug sein, so kann man sie
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1281
durch einen seitlichen Längenschnitt erweitern. Richtig vernäht, hinterlässt dieser
kaum merkliche Spuren.
Redner hat bisher 2 Anteflexionen und 3 Retroflexionen, im Ganzen 5 Fälle
mit dieser seiner neuen Methode operirt, mit dauerhaftem Erfolg.
Ceccherelli (Parma): Neues Verfahren zur Anlegung der Haut-
nähte. s
Die im Bereich einer Hautnaht entstehenden umschriebenen Eiterungen hängen
nicht davon ab, dass der Faden in seinem Innern eitererregende Mikroben birgt;
er nimmt diese erst auf, wenn er durch die Haut gezogen wird, die sich in den
tieferen Epidermisschichten kaum ganz desinfieiren lässt. Die auf gewöhnliche
Weise angelegten Hautnähte bieten auch in ästhetischer Hinsicht einen Nachtheil,
da die von den Nadeleinstichen und von dem Verlauf des Fadens hinterlassenen
Spuren die Narben, besonders des Gesichts und des Halses, wesentlich verun-
schönern.
Redner legt desshalb »subkutane« Hautnähte an, und zwar in folgender Weise:
er sticht die Nadel 3—4 mm vom Rand der Wunde in das Unterhautzellgewebe
ein, führt sie — so viel Gewebe wie möglich, die Fascia superficialis mit ein-
begriffen, umfassend — im Bogen erst nach unten, dann nach oben herum, um
aus dem Unterhautzellgewebe des anderen Randes, auch 3—4 mm von diesem ent-
fernt, wieder herauszukommen. Der Faden wird so weit gezogen, bis die Ränder
genau an einander stoßen, und dann geknotet; der Knoten verbleibt im subkutanen
Gewebe und wird von der Haut vollständig bedeckt. Zu beachten ist, dass nicht
durch su starkes Ziehen Hautfalten entstehen, und dass die Knoten nicht zwischen
die zu vereinigenden Wundränder zu liegen kommen. Auch fortlaufende Nähte
können so ausgeführt werden. Eine Einstülpung der Ränder ist ausgeschlossen.
Ghillini (Bologna): Blutige Behandlung der angeborenen Hüft-
verrenkung.
Redner erinnert an den von ihm 1894 konstruirten Meißel zur Herstellung
einer neuen Pfanne, den er aber nicht mehr anwendet, da man nach den Arbeiten
von Lorenz in der Behandlung der angeborenen Hüftverrenkungen eine neue
Richtung verfolgt. Bei hochgradigen Luxationen aber zieht Redner immer noch
ein blutiges Verfahren vor: er resecirt dabei nur einen kleinen Theil des Schenkel-
kopfes, und zwar so weit, bis die blutige Knochenfläche, dem Pfannenort genähert,
in permanente Berührung mit dem Darmbein kommt. In dieser Lage wird ein
Gipsverband angelegt, und schon nach wenigen Tagen lässt man den Kranken
fleißig stehen und gehen; man verhält sich also postoperativ zur Bildung einer
neuen Pfanne im Großen und Ganzen nach den Angaben der »funktionellen Be-
lastungsmethode«s von Lorenz.
di Vestea und Maffucei (Pisa): Experimentelle Untersuchungen
über Serotherapie der Tuberkulose.
Umfangreiche und gewissenhafte Untersuchungen mit Blutserum von künst-
lich gegen Tuberkulose immunisirten Thieren (Schafe und Rinder) haben in der
Hauptsache Folgendes ergeben:
1) In physiologischer Hinsicht: die mit dem Serum geimpften Meerschwein-
chen haben gegen dieses eine hochgradige Widerstandskraft.
2) Das Serum erweist sich bei experimenteller Tuberkulose nicht als bakte-
rientödtendes, antitoxisches, prophylaktisches oder heilendes Mittel.
3) Die Tuberkulose wird nie durch ein sero-antitoxisches Mittel, sondern
nur durch ein Virus vaccinicum zu heilen sein.
Binaghi (Cagliari): Über das Verhalten von Fremdkörpern im thie-
rischen Organismus.
Redner hat sterile und nicht sterilisirte Fremdkörper unter die Haut, in die
Muskeln, die natürlichen Körperhöhlen und die inneren Organe verschiedener
Thiere gebracht, um deren ferneres Verhalten im Organismus zu beobachten.
Sterile Fremdkörper kapseln sich ein; auch nicht sterile, diese aber nur
dann, wenn sie keine pathogenen Keime in sich tragen; in diesem Falle entstehen
1282 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
meistens lebensgefährliche, wenn nicht tödliche, lokale und allgemeine Infektionen.
Fremdkörper, deren Bau das Durchdringen von Leukocyten gestattet, haben die
Neigung, sich an Ort und Stelle zu organisiren, solche, welche wegen ihrer
Form die Eigenschaft zu wandern besitzen, haben die Neigung, aus dem Körper
auszutreten.
Fabriani (Neapel) berichtet über ein kavernöses Angiom der linken
Thoraxwand bei einem 5 Monate alten Kind. Die Geschwulst wurde operirt, aber
bald nachher entwickelte sioh auf der Wunde eine Geschwulst, die sich mikro-
skopisch als teleangiektatisches Sarkom herausstellte. Da das Kind auch erblich
schwer belastet ist, dürfte man diesen Fall als einen Beitrag zur Theorie der
embryonalen Einschlüsse zur Erklärung der Ätiologie der bösartigen Geschwäülste
betrachten.
Sgambati (Rom): Histologische Untersuchungen über embolische
Krebsmetastasen.
Die genaue histologische Untersuchung der geschwollenen Achseldrüsen bei
Brustkrebs (26 Fälle) hat Folgendes ergeben:
1) Fast bei jedem Brustkrebs kann man Anschwellungen der Achseldrüsen
beobachten, welche ihrem Charakter nach von denen bei akuter und chronischer
Mastitis sehr verschieden sind. Unter dem Mikroskop entdeckt man: hochgradige
Hyperplasie der Parenchymelemente nebst häufig vorkommender Protoplasma-
schwellung; Hyperplasie des Endothels der Maschenräume — jedoch nicht immer;
eingreifende Veränderungen in der Lage und dem gegenseitigen Verhältnis der
Knoten und der Stränge der Follikulärsubstanz; Sklerose sämmtlicher Gefäße,
hauptsächlich der Blutgefäße der Drüsenkapsel; Atrophie des Bindegewebsgerüsts.
Diese Veränderungen sind nicht auf frühere entzündliche Vorgänge zurückzu-
führen, da sie auch bei Frauen, welche weder genährt, noch an Mastitiden gelitten
haben, vorkommen.
2) Das erste Erscheinen des Krebses geht in den peripheren Lymphgefäßen,
am häufigsten in den zuführenden, seltener und nur unter gewissen Be-
dingungen in den abführenden vor sich.
3) Die vollständige Verschließung eines zuführenden Lymphgefäßes seitens
eines Krebsembolus ist eine sehr, ungünstige Bedingung für die weitere Entwicklung
der Geschwulst: es bildet sich entweder ein Iymphatischer Infarkt oder eine
nekrotische Zone im Gebiet des verschlossenen Gefäßes.
4) Die Krebsmetastase erscheint zuerst entweder als eine an irgend einer Stelle
der Gefäßwand haftende Scholle ohne vollständige Verlegung der Lichtung, oder
als eine cirkuläre, das Endothel ersetzende, mehrschichtige Zellenmasse, welche
eine Zeit lang noch eine centrale Lichtung aufweist.
5) Die Veränderungen, die die Lymphocyten, sei es in einer »per consensum«
angesehwollenen Lymphdrüse, sei es an der Peripherie eines Iymphatischen In-
farktes erleiden, können manchmal irre führen und eine Krebsinvasion diagnosti-
ciren lassen, während solche nicht vorhanden ist.
6) Alle diese charakteristischen und konstanten Alterationen können nicht
immer auf eine Störung der Lympheirkulation zurückgeführt werden; wahrschein-
lich liegt ein toxischer Einfluss seitens der Geschwulst oder der vermeintlichen
Krebsparasiten vor.
Redner kann nicht umhin, auf die Analogie dieser Krebsembolien mit den
von ihm experimentell erhaltenen Embolien von epithelialen Geweben in der Lunge
hinzudeuten (s. d. Centralbl. 1896 No. 51 p. 1225).
Janni (Neapel: Anatomische Untersuchungen über Venae vari-
cosae,
Sich der neuen Thoma’schen Doppelfärbung der elastischen Fasern und der
Zellkerne bedienend, ist Redner zu folgenden Schlüssen gekommen:
1) Bei Krampfadern sind in der Gefäßwand nicht nur dem passiven Dehnungs-
druck zuzuschreibende Rückbildungen, sondern auch manchmal hochgradige Binde-
gewebsneubildungen in der Intima nachzuweisen, welche die Gestalt einer wirk-
lichen Endophlebitis prolifera nodosa annehmen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1283
2) Zuweilen gesellt sich zu diesen eine begrenzte Bindegewebsneubildung in
den inneren Schichten der Media.
3) Diese Endophlebitis prolifera, deren Ursache noch nicht sichergestellt ist,
kann man nicht mit Epstein als Kompensation für die Rückbildung der Media
deuten.
Betagh (Rom): Über Dermoideysten des Ovariums.
In einem Falle wurde an einer Stelle der Cystenwand ein Knoten vorgefun-
den, in welchem alle Keimblätter des Blastoderms die typische Disposition eines
fötalen Halses aufwiesen. In einem anderen Falle dagegen waren nur von dem
äußeren Keimblatt herrührende Theile aufsufinden, und nur in der Mitte ein von
reichlichem Bindegewebe umgebener Knorpelknoten. Von dem inneren Keimblatt
abstammende Organe waren nicht vorhanden.
Redner erwähnt sämmtliche Theorien über die Entstehung der ovarialen Der-
moideysten und kommt zu der Schlussfolgerung, dass nur der 1. Fall ein Dermoid
ovularen Ursprungs ist. Damit wäre von Neuem der Beweis geliefert, dass es ver-
schiedene Entstehungsarten der Ovarialdermoide giebt.
Bretschneider (Rom).
20) Voss (Straßburg i/E.). 2 seltene Halsverletzungen.
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. August.)
1) Stichverletzung einer größeren Arterie dicht an ihrem Abgang von dem
Truncus thyreocervicalis, wohl der Art. cervicalis superficialis dextra, wurde bei
der operativen Erweiterung einer Halswunde gefunden, welche allerdings nicht nach
außen geblutet, aber zu einer gleichmäßigen nicht pulsirenden oder schwirrenden
Anschwellung der Gegend oberhalb des Schlüsselbeins geführt hatte. Die Ope-
ration — Schnittführung nach Art der Unterbindung der Subclavia nach Zang —
legte ein großes Hämatom um die nicht verletzten Art. und Vena subclavia frei,
und fühlte der Finger nach Bloßlegen der Venenscheide ein starkes Schwirren.
Schließlich doppelte Unterbindung und Durchschneidung der blutenden Arterie.
Während der Heilung entleerte sich mehrmals beim Verbandwechsel aus der Tiefe
der Wunde ein feiner Lymphstrahl, welcher auf Verletzung eines größeren Lymph-
gefäßes hindeutete. Es wird auf das von Wahl zuerst gefundene Schwirren auf-
merksam gemacht, das nur bei seitlicher Verletzung, nicht aber bei völliger Durch-
schneidung einer Arterie auftritt, hier aber erst beim Eindringen in größere Tiefe
zu fühlen war. Das erschwerte hier die Diagnose, eben so auch das unveränderte
Fortbestehen des Radialpulses. Nur das immerhin recht ausgedehnte Hämatom
hatte zur Annahme einer Gefäßverletsung geführt.
2) Beim Abbrennen von Kanonenschlägen erhielt ein Fußartillerist an der
linken Halsseite neben dem Schildknorpel eine kirschkerngroße rundliche Wunde
mit zerrissenen Rändern und wurde danach völlig heiser. Nach Durchschneiden
der Haut und des Platysma wurde ein kleines Stück eines eisernen Geschoss-
mantels aufgefunden, die Fasern des Sternohyoideus und Thyreohyoideus sind
zertrümmert, der Schildknorpel entblößt, aber unverletzt. Nach Entfernung des
Fremdkörpers stellt sich sogleich wieder normaler Klang der Stimme ein, und die
Wunde heilt, jedoch tritt ein heftiger Bronchialkatarrh mit Fieber auf, der jedoch
auch allmählich aufhört. Offenbar hat der Fremdkörper durch seinen Druck eine
Recurrenslähmung bewirkt, als deren Folge auch ein zur Zeit der Stimmband-
lähmung auftretender Aspirationskatarrh anzugehen ist.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
21) W. Osler. On diffuse scleroderma, with special reference to
diagnosis and to the use of the tyroid-gland extract.
(Journ. of cut. and genito-urin. diseases 1898. No. 2 u. 3.)
Verf. hat 8 Fälle von diffuser Sklerodermie beobachtet. Er beschreibt su-
nächst das allgemeine klinische Bild der Erkrankung und giebt die Kranken-
geschichte von 4 einschlägigen typischen Fällen. In einem 5. gleichfalls ausführ-
1284 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
lich mitgetheilten Falle entstand die Sklerodermie bei einem an Basedow leidenden
Individuum. Die Differentialdiagnose kann zuweilen Schwierigkeiten bereiten,
speciell die vasomotorischen und trophischen Störungen in den Anfangsstadien
sind oft schwer zu deuten, und können in solchen Fällen Verwechslungen mit
Raynaud’scher Krankheit, ja auch mit Lepra vorkommen. Zwei in dieser Hin-
sicht bemerkenswerthe Beobachtungen werden mitgetheilt. Der Fall VIII wies
derart ausgedehnte Pigmentationen auf, dass man an Addison denken konnte, doch
glaubt Verf. die dunkle Hautfärbung ausschließlich auf die trophischen Störungen
der Sklerodermie beziehen und wirkliche Addison’sche Erkrankung ausschließen
zu dürfen, um so mehr als gastrische Störungen und Prostration fehlten. Die in
6 der mitgetheilten Beobachtungen versuchsweise eingeleitete Behandlung mit
Schilddrüsenextrakt erwies sich stets als nutzlos. In einem Falle war das Präparat
19 Monate lang gegeben worden. Doch brachte die Medikation niemals, auch
nicht in den mit Tachykardie einhergehenden Fällen, irgend einen Nachtheil.
Kopp (München).
22) J. A. Booth. The results obtained by the operation of partial
thyroidectomy in eight cases of Graves’ disease.
(New York med. record 1898. August 13.)
Die Operationen der Entfernung eines Lappens der Schilddrüse wurden von
B. F. Curtis ausgeführt: 5 Kranke wurden geheilt, 1 starb, 1 gebessert, 1 unge-
heilt. Die Art der Besserung entspricht den Erfahrungen anderer Beobachter.
Zuerst verschwand der Kropf, dann die nervösen Symptome, dann besserten sich
der Puls und die vasomotorischen Erscheinungen, schließlich der Exophthalmus.
Verf. hält die Neurose für das Primäre, die glandulare Intoxikation für das Sekun-
däre. Loewenhardt (Breslau).
23) E. L. Keyes (New York). A consideration of the urinary distance
as a diagnostic factor in prostatic hypertrophy.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. August.)
Zum Verf. wurde ein 62jähriger Herr mit der Angabe seines Arztes, eines
very capable surgeon, geschickt, dass er an einer enormen Prostata leide, welche
das ganze Becken ausfülle. K. fand merkwürdigerweise mit dem in den Mastdarm
eingeführten Finger keinen Vorsprung der Prostata; (das Organ schien im Gegen-
theil ungewöhnlich platt, jedoch konnte der Finger den oberen Rand der Drüse
nicht erreichen. K. führte einen Katheter in die Blase und bestimmte die Länge
der Harnröhre zu 8 Zoll; eine dicke solide Bougie der gewöhnlichen Krümmung
glitt hinein wie in eine jugendliche Harnröhre. Mit dem Cystoskop stellte K.
entzündliche Verdickungen im Bereich des Trigonum fest. Die bimanuelle Unter-
suchung ergab nichts von einer großen Beckengeschwulst.
Der Fall wurde an demselben Tage noch von einem der ersten Chirurgen
New Yorks als »beträchtliche Prostatahypertrophie« erklärt und zur Kastration
empfohlen.
K. gab seine Verordnungen auf Grund seiner eigenen Diagnose, welche lautete:
»sehr kleine Prostata mit mäßig großem Mittellappen und beträchtlicher entzünd-
licher Verdiekung des Trigonum, wodurch es unmöglich wird, den oberen Rand
der Prostata zu erreichen.«
K. behielt Recht. Nach 10 Monaten kehrte der Pat. sehr gebessert zurück,
der nächtliche Urindrang war vermindert, der Urin klar. Jetzt erreichte der Finger
den oberen Rand der Prostata, welche ungewöhnlich »flat and small« war.
Dieser Fall gab K. den Anlass, die Länge der Harnröhre im gesunden und
kranken Zustand zu untersuchen, um ev. aus den Maßen derselben einen Anhalt
für die Prostatahypertrophie in sonst zweifelhaften Fällen zu gewinnen. Die
Messungen wurden mit einem weichen Katheter aus rothem Gummi vorgenommen.
Dabei stellte sich die interessante Thatsache heraus, dass K.’s Messungen, an
62 zum Theil gesunden, zum Theil kranken (mit Ausschluss der Prostataerkran-
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1285
kungen) Menschen vorgenommen, eine Durchschnittslänge von 8 Zoll ergaben, dass
der Durchschnitt der Maße, welche von 28 Anatomen, pathologischen Anatomen,
Specialisten, Chirurgen an Lebenden und Todten gewonnen waren, 81/7 Zoll und
der Durchschnitt von 12 Prostatikern, von K. gemessen, 81/3 Zoll betrug.
Im sweifelhaften Falle wird also die größere Länge der Harnröhre für Pro-
statahypertrophie zu verwerthen sein. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
24) H. H. Morton. Bottini’s operation for enlarged prostate with
report of five cases.
(New York med. record 1898. September 17.)
Die Erfahrungen, welche M. mit der Bottini’'schen Operation gemacht hat,
fallen sehr zu Gunsten dieses Eingriffs in die Wage. Er verfügt über 5 eigene
Fälle. Bei allen war eine Besserung des Zustands festzustellen, eine komplete
Verhaltung bestand in keinem Falle vor der Operation, doch der Vergleich der
Häufigkeit des Urinirens, der Menge des Residualurins ete. bewies den Erfolg der
Operation.
Die Auswahl der Fälle war nach dem Princip durchgeführt, dass Pat. mit
harter Drüse, bei denen die Verhinderung des Urinabflusses von einer Barriere am
Blasenhals oder einer ringförmigen Verbreiterung der Prostata, welche die Harn-
röhre gleich einer Halskrause« umgab, herrührte, nur für Bottini’s Eingriff reser-
virt wurden, während für die geringen Fälle, in denen das Drüsenelement haupt-
sächlich an der Vergrößerung betheiligt war, die Kastration oder die Prostatektomie
indieirt erachtet wurde.
Die Arbeit setzt in sehr klarer Weise die Gefahren und Vorzüge genannter
Eingriffe aus einander und schließt sich im Übrigen an die Publikationen von
Bottini, Freudenberg und Willy Meyer an.
Loewenhardt (Breslau).
25) Rochet et Martel. L’adenome vésical.
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. April.)
Die Verff. stellen neben die Beobachtungen von Kaltenbach, Albarran,
Cahen, Audry, die sie ausführlich veröffentlichen, eine eigene, einen 48jährigen
Arbeiter betreffend. Das hervorstechendste Symptom, das er bot, waren Blutungen
bei jedem Harnlassen. Ohne exakte Diagnose wurde zur Sectio alta geschritten;
in der Blase fanden sich enorme Geschwulstmassen in Form von kleinen papillo-
matösen Bildungen; bei ihrer Entfernung blutete es beträchtlich, so dass die ganze
Blase tamponirt werden musste. Der Fall endete nach kurzer Zeit tödlich. Die
mikroskopische Untersuchung der Geschwulstmassen ergab ein reines Adenom der
Blasenschleimhaut. Die Massen bestanden aus einem Agglomerat tubulöser, ver-
zweigter Gebilde, eins an das andere gelagert, innen belegt mit einem ununter-
brochenen Überzug großer cylindrischer Zellen. Die Tubuli erweiterten sich in
den tieferen Schichten hier und da zu wahren Cysten.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
26) S. Spangaro (Padua). Papillom der Blase und Harnröhre, mit
nachfolgender Hydronephrose.
(Policlinico 1898. Märg 15.)
Ein 3jähriger Knabe erkrankte mit Schmerzen bei der Urinentleerung, Er-
schwerung derselben und Hämaturie. Der Arzt vermuthete Blasenstein; der ein-
geführte Katheter schien auf einen Fremdkörper zu stoßen und erzeugte abermals
Hämaturie. Das Urinsediment enthielt weiße und rothe Blutkörperchen, so wie
zahlreiche Blasenepithelien. Der vorgenommene perineale Blasenschnitt ergab
keinen Stein, dagegen mehrere fleischige Knoten von knolliger Oberfläche, zum
Theil leicht inkrustirt. Es wurde nunmehr von weiteren Eingriffen abgesehen. Nach
anfänglicher Besserung, wobei aus der Dammwunde noch weitere Gewebsstücke
sich entleerten, kam es zu wesentlicher Verschlimmerung: die Geschwulst wucherte
1286 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
nach außen, es traten Ödeme, Diarrhöe, Erbrechen auf, und der Knabe ging unter
urämischen Konvulsionen zu Grunde. Die Autopsie ergab beiderseitige Hydro-
nephrose (mit sehr erheblicher Dilatation des Nierenbeckens und des Harnleiters),
so wie zahlreiche weiche Geschwülste in der Blase; die letzteren nahmen nicht
allein den ganzen unteren Blasengrund ein, sondern umgaben auch vollständig die
beiden Harnleitermündungen und erstreckten sich außerdem weit in die Harnröhre
hinein. Die histologische Untersuchung bestätigte die Diagnose Papillom: gefäß-
haltige Bindegewebszapfen, die von einem geschichteten Epithel überkleidet sind;
auch sekundäre und tertiäre Papillen wurden gefunden.
Der vorliegende Fall ist bemerkenswerth einerseits durch das Auftreten eines
Papilloms in so jugendlichem Alter und durch den raschen Verlauf (etwa 2 Monate),
andererseits durch die Entwicklung der beiderseitigen Hydronephrose; die Ent-
stehung der letzteren ist unschwer auf die Kompression der Harnleitermündungen
zu beziehen. H. Bartsch (Heidelberg).
27) Zeller. Ein Fall von traumatischer Hydronephrose.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 39.)
Der hier beschriebene Fall ist in diesem Blatte 1898 p. 39 referirt. Die
vorliegende Arbeit bringt noch eine kleine allgemeine Besprechung über die Ent-
stehung traumatischer Hydronephrosen und eine kolorirte Tafel mit Abbildung
des durch die Operation gewonnenen Präparats.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
28) Gnesda. Ein Fall von neuntägiger Anurie.
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 3 u. 4.)
Eine nach Exstirpation des carcinomatösen Uterus zurückgebliebene Harnleiter-
Scheidenfistel hatte die Exstirpation der rechten Niere nothwendig gemacht. Nach
4 Jahren trat Anurie auf. Drainage des Nierenbeckens förderte keinen Urin.
Nachdem die Anurie 9 Tage bestanden, erfolgte der Tod. Die Sektion ergab Em-
bolie der Nierenarterie, herstammend von Endokarditis. Auffallend war, dass
während der Anurie das Sensorium stets frei, Puls, Temperatur, Athmung normal
war, nie Krämpfe auftraten; nur Erbrechen und Diarrhöen bestanden.
Haeckel (Stettin).
29) Israöl. Erfahrungen über primäre Nierentuberkulose.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 28.)
I. hat unter 21 operirten Fällen von Nierentuberkulose 16 ganz sichere Primär-
erkrankungen der Niere gehabt. 10% aller seiner Nierenoperationen waren Tuber-
kulosen. Bei Frauen ist das Leiden auffallend häufiger von ihm gefunden worden
als bei Männern. Nur in 12,5% der chronischen Form der Nierentuberkulose
wurde Doppelseitigkeit konstatirt. Bei der käsig-kavernösen Form der Erkrankung
waren die Resultate der Operation am besten. Bei ihr beobachtete I. 4 Formen
von Hüllenerkrankung, 1) lipomatös-sklerotische Verdickung der Fettkapsel,
2) perinephritische Abscessbildung, 3) fungöse perinephritische Wucherung, 4) das
Auftreten isolirter verkäster großer Tuberkelknoten in der Fettkapsel.
Als 2. Form der Nierentuberkulose bezeichnet I. die sehr seltene primäre
Form der frei in die Kelche ragenden Papillenspitzen (meist starke Hämaturien).
Bei der 3. Form ist das ganze Organ von zahlreichen kleineren und größeren
Knoten und Infiltraten ohne Erweichung durchsetzt.
Unter den von I. operirten Nierentuberkulosen fand sich in 14,3% Tuberku-
lose beider Nieren.
Außer der Tuberkulose kommt in der 2. Niere Amyloiddegeneration und chro-
nische Nephritis in Betracht.
Die Diagnose der doppelseitigen Erkrankung hält I. für sehr schwierig und
auch durch den Harnleiterkatheterismus nicht immer gesichert.
Klinisch traten gewöhnlich zuerst irradiirte Miktionserscheinungen auf so wie
4mal unter 16 Fällen Hämaturie als erstes allgemeines Krankheitssymptom. Ver-
größerung der Niere fehlte nur in 2 Beobachtungen.
Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1287
Von komplicirenden Processen beobachtete I. perinephritische Abscesge, peri-
nephritischen Fungus, Tuberkelknoten der Fettkapsel, tuberkulös-eitrige Pleuritis
derselben Seite, 2mal Colonfisteln.
Tuberkelbacillen wurden bei Nierentuberkulose ohne Blasenerkrankungen selten
gefunden. Fieber fand sich bei primärer unkomplicirter Tuberkulose der Niere
nur in 25% der Fälle, bei gleichzeitiger Blasentuberkulose dagegen in 80%.
Bei 21 operirten Nierentuberkulogen ward 20mal die Totalexstirpation, Imal
die Partialresektion gemacht. 3 starben im Anschluss an die Operation, 5 später
(darunter 62% in Folge Tuberkulose entfernter Organe).
Die Nephrotomie hält I. nur für erlaubt, wenn bei doppelseitiger Erkrankung
beträchtliche Eiterretention auf einer Seite vorhanden ist.
Von den wegen reiner Nierentuberkulose Operirten 9 starben 3, die Übrigen
sind alle dauernd geheilt geblieben. Die Blasentuberkulose, wenn vorhanden,
besserte sich oft beträchtlich nach der Operation.
BR. Wagner (Mülheim a. d. R.).
30) A. Litzenfrey. Beitrag zur Lehre von den Lipomen des Samen-
strangs.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXIL Hft. 2.)
L. theilt 2 Fälle von Samenstranglipom mit, von denen der erstere desshalb
besonderes Interesse verdient, weil die Geschwulst die Tunica vaginalis communis
durchbrochen und sich subkutan nach dem linken Sulcus femoro-serotalis und dem
Damm zu weiterentwickelt hatte (Wanderlipom); bezüglich des 2. Falles ist be-
sonders zu bemerken, dass der Beginn der Geschwulst hier ausnahmsweise in das
jugendliche Alter fällt, dass sich dieselbe von 2 Centren aus entwickelt hatte und
zuletzt so rasch an Größe zunahm, dass eine Verwechslung mit Sarkom nahelag.
Honsell (Tübingen).
31) Ruggi. Delle isterectomie vaginali eseguite col metodo proprio.
(Festschrift für Durante.)
Verf. hat mit seiner in dem »Bollettino delle scienze med. di Bologna« 1893
veröffentlichten vaginalen Methode der Uterusexstirpation 343 Fälle operirt mit
nur 5 Todesfällen. 3 Fälle mit tödlichem Ausgang gehören zu dem 1. Hundert,
je 1 zu dem 2. und 3. Hundert. Die Naht des Becken-Bauchfells und des Scheiden-
gewölbes ist nach Ansicht des Verf. Hauptbedingung für den sicheren Erfolg. Bei
den 343 Operationen hat es sich 59mal um Careinome, 18mal um schwere Hyster-
algien, 67mal um Fibromyome, 3mal um vollständigen Vorfall, 38mal um chro-
nische Metritis mit Adnexerkrankung, 133mal um chronische hypertrophische Me-
tritis mit doppelseitiger Salpingitis und ceystischer Ovariitis, 23mal um eitriges,
parametritisches Exsudat, je Imal um Inversio uteri und Endometritis mit chro-
nischen Blutungen gehandelt. Dreyer (Köln).
32) W. Wrzesniowski. Ein Fall von Schussverletzung des schwan-
geren Uterus und der Frucht. Kaiserschnitt. Heilung.
(Medycyna 1898. No. 14.)
Eine 34jährige, im 8. Monat schwangere Frau erhielt einen Pistolenschuss in
den Bauch aus unmittelbarer Nähe. Es stellten sich Collapserscheinungen und
mehrmaliges Erbrechen ein. Die 10 Stunden nach dem Unfall vorgenommene
Untersuchung ergab 3 cm unterhalb des Nabels und 2 cm nach rechts von der
Linea alba eine runde, etwa 1 cm im Durchmesser betragende Einschussöffnung,
aus welcher ein Stück Netz hervorragte und sich reichlich mit Blut gemengtes
Fruchtwasser ergoss. Pat. bot ausgesprochene Symptome einer beginnenden sep-
tischen Peritonitis dar. Die Herztöne des Fötus waren nicht hörbar, seine Be-
wegungen hatten unmittelbar nach der Verletzung aufgehört. Sofortige Laparo-
tomie. An der Vorderwand des Uterus, 2fingerbreit unterhalb der die Eileiter-
mündungen verbindenden Linie fand man eine an Größe der äußeren Hautwunde
1288 Centralblatt für Chirurgie. No. 51.
entsprechende Wunde mit gefransten Rändern, welche in die Gebärmutterhöhle
führte. Die rückwärtige Uteruswand unverletst. Nach Eröffnung des Uterus fand
man darin die todte Frucht in Schädellage, fast gar kein Fruchtwasser, aber
mehrere ganz freie Schrotkörner. Nach Extraktion der Frucht und Placenta wurde
die Schnittwunde im Uterus, so wie Einschussöffnung nach vorheriger Resektion
der Wundränder vernäht, und die Bauchhöhle mit Jodoformgazebeuteln tamponirt.
Es erfolgte Heilung nach Anfangs sehr stürmischen und fast jede Hoffnung auf
Genesung raubenden Tagen.
Die Sektion der Frucht ergab eine Schussverletzung des Herzens und der
Leber. Im Herzen wurde der Papierpfropfen der Ladung, unterhalb der Leber
noch ein Schrotkorn gefunden. Trzebicky (Krakau).
33) F. de Quervain. Zur Differentialdiagnose der Bauchgeschwülste.
Über die Lostrennung und Wanderung der Ovarialeysten.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 67.)
de Q. operirte eine 41jährige Frau an einer kindakopfgroen prall-elastischen
Bauchgeschwulst, welche im rechten Mesogastrium saß und durch von ihr ver-
anlasste Stuhlträgheit mit Schmerzen und Koliken, so wie Störung der Ernährung
beschwerlich fiel. Bei einem von anderer Seite bereits unternommenen unvollendeten
Operationsversuch hatte sich die Geschwulst total verwachsen gezeigt. Die Diagnose
war unklar, da Zusammenhang mit den Genitalien fehlte. Gedacht war an Wander-
niere, Gallenblase, Darm- oder Netzgeschwulst. Bei der Operation platst die an-
gezogene Geschwulst, entleert dicke feste Massen nebst Haaren, erweist sich also
als Dermoid. Ihre Entfernung aus den allseitigen Verwachsungen mit Darm, Ge-
kröse etc. gelingt, wenn auch stellenweise nur mit Ablösung der Darmserosga, eben so
die von noch einigen vorhandenen kleineren Nebendermoiden. Rechte Adnexe
gesund, links fehlt der Eierstock, der linke Eileiter ist nur 5 cm lang, endigt
blindsackförmig und ist mit der Flexur verwachsen — mithin stammte die Ge-
schwulst aus dem linken Eierstock. Naht, Heilung. Da in der Geschwulst mikro-
skopisch Blutpigment nachweisbar war, ist anzunehmen, dass die Lösung der Cyste
wie gewöhnlich durch Stieldrehung mit Blutinfarcirung und Stielnekrose zu Stande
gekommen ist. Ein kurzer Überblick über die analogen publieirten Fälle ergiebt,
dass diese erratischen Ovarialeysten an allen möglichen Stellen der Bauchhöhle
angetroffen werden können. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
34) Freund. Über Leber- und Gallenblasenadhäsionen bei Ge-
schwülsten der weiblichen Geschlechtsorgane.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 18.)
F. giebt die Krankengeschichte eines Falles, bei dem es zu dem einzig da-
stehenden Faktum einer gleichzeitigen Cholecystektomie und Ovariotomie kam.
Die Indikation zur Entfernung der Gallenblase war die hartnäckige venöse
Blutung aus der adhärenten Partie und die totale Ausfüllung der Gallenblase mit
Konkrementen. Die Operation selbst war im vorliegenden Falle relativ einfach
und nach vorübergehenden Anfällen von Koliken, deren Veranlassung nicht sicher
eruirbar war, von Heilung gefolgt.
Im 2. Falle handelte es sich um eine 65jährige Hämophile, bei der ein ko-
lossales Fibromyom des Uterus in eigenthümlicher Weise mit dem linken Leber-
lappen zusammenhing, indem nämlich 8 parallel neben einander liegende, fast ganz
isolirte Venen kleinen Kalibers von dem Lappenrand in die Geschwulst hinein-
zogen. Die Pat. ging, zunächst wiederhergestellt, später hydropisch zu Grunde.
B. Wagner (Mülheim a. d. Bi
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
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l Gentralblatt
CHIRURGIE
herausgegeben
E. v Bapan, F. King, A,
Fünfundzwanzigster Jahrgang.
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Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten.
No. 52. Sonnabend, den 31. December. 1898.
Inhalt: 1)Levings, Nervenverletzungen. — 2) Coley, Sarkombehandlung mit Toxinen.
— 3) Vegridres, Ceyssatite. — 4) Bardeen, Verbrennungen. — 5) Serenin, Elastische
Einwicklung bei Hautkrankheiten. — 6) Kaczanowski, 7) Albers-Schönberg, Lupus. —
8) Schanz, Orthopädische Apparate. — 9) Parkhill, Knochenklammern. — 10) Berger,
Exstirpation der Oberextremität. — 11) Vitrac, Daumenverrenkungen. — 12) Kummer,
Spontanverrenkungen in der Hüfte. — 13) Macdonald, Kniescheibenbruch. — 14) Jacob-
son, Oberschenkelamputation. — 15) Reinhardt, Distorsionen im Fußgelenk. — 16) Krämer,
Varicen.
J. Marcuse, Zwei seltene traumatische Luxationen. (Original-Mittheilung.) SCH
17) Krompecher, Busse, Strube, Stahr, Limacher, Bormann, Winkler, Taufler, Zur
Geschwulstlehre. — 18) Pupovac, Endothelionn. — 19) Thomas, Orthopädische Apparate.
— 20) Roth, Myositis ossificans. — 21) För6, Intermittirender Hydarthros. — 22) Beck,
Olekranonbruch. — 23) Tilmann, Verrenkung von Handwurzelknochen. — 24) Delamare,
Sehnennähte, — 25) Mouchet, Fingerverrenkungen. — 26) Tissot, 27) Guerrini und
Martinelli, 23) Meucidre, Fingermissbildungen. — 29) Port, Tuberkulöse Hüftentzündung.
— 30) Lotheisen, Tabische Hüfterkraukung. — 31) Gillette, Oberschenkelhalsbrüche. —
32) Emer, Osteom des M. adductor med. — 33) Warbasse, Frakturen der Unterextre-
mität. — 34) Meucidre, Angeborene Pseudarthrose. — 35) Karewski, Knochensarkom.
— 36) Hahn, Unterschenkelampntation. — 37) v. Schiemann, Talusverrenkung. —
38) Funke, Klumpfuß. — 39) Bötticher, Zerreißung der Art. poplitea. — 40) Brocq
und Bernard, Umschriebene Lymphangiome. — 41) Scudder, Tuberkulose der Mamma.
— 42) Cheyne, Brustdrüsenkrebs,
1) Levings (Milwaukee). Injury to peripheral nerves and
their surgical treatment. (49. annual meeting of the americain
med. assoc., held at Denver, 1898 Juni 7—10.)
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1998. August 20.)
Verf. hat zahlreiche (85) Resektionen des Nervus ischiadicus
vorgenommen und die Heilung an 70 Präparaten makro- und mikro-
skopisch studirt. Er kommt zu folgenden Schlussfolgerungen: Die
sofortige Naht oder Ausfüllung der Lücke nach Resektion verhindert
wesentliche degenerative Veränderungen des Nerven.
Bei Lücken von einem Zoll oder mehr ist es zweckmäßiger,
eine Brücke herzustellen, als die Nervenenden durch Streckung zu-
sammenzubringen. Die neuen Nervenfasern werden durch die Kerne
des Neurilemms gebildet, und zwar betheiligen sich beide Nerven-
52
1290 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
enden daran. Die Operation muss aseptisch ausgeführt werden. Zur
Ausfüllung einer Lücke eignen sich am besten Muskelfasern. (L.
empfiehlt ein Muskelbündel nur an den Enden abzulösen, in der
Mitte mit dem Muskel in Verbindung zu lassen.)
Martens (Berlin).
2) W. Coley (New York). The treatment of inoperable
sarkoma with the mixed toxins of erysipelas and bacillus
prodigiosus.
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1898. August 27.)
C. berichtet über die Resultate bei 140 Fällen von inoperablen
Sarkomen, welche von ihm und Anderen mit Toxinen behandelt
worden sind. Er lässt jetzt Erysipelkokken und Bacillus prodigiosus
in derselben Bouillon wachsen und sterilisirt diese durch Erhitzung
auf 58,6%; nur bei Kindern und schwachen Pat. wendet er filtrirte
Kulturen an, deren Giftigkeit sich zu unfiltrirten wie 1:10 bis 15
verhält. Er beginnt mit Einspritzung von 0,32 ccm. Die Diagnose
ist bis auf einige wenige Fälle mikroskopisch von erfahrener Seite
bestätigt worden.
Von 84 Rundzellensarkomen gelangten 3 zur Heilung (Beobach-
tungsdauer 3, 11/, und 1 Jahr), ein viertes verkleinerte sich so, dass
es operativ entfernt werden konnte. 10 von 21 Spindelzellensarkomen
verschwanden gänzlich, 7 Fälle davon waren noch nach 6 Jahren
bis zu 9 Monaten ohne Recidiv; bei 3 stellte sich ein solches nach
9 Monaten bis (ii Jahr ein. Melanotische Geschwülste wurden
nicht geheilt. Der Einfluss der Toxine auf die Sarkome soll in
rasch fortschreitender Coagulationsnekrose mit fettiger Degeneration
bestehen. Gefahren können nur bei Anwendung zu großer Dosen
oder bei mangelhafter Asepsis entstehen. C. hat von mehr als
200 Fällen nur 2 in Folge der Behandlung verloren.
Schließlich empfiehlt Verf. die obige Behandlung als eine prophy-
laktische nach der operativen Entfernung von Sarkomen, doch be-
sitzt er darüber noch zu wenig Erfahrung. Martens (Berlin).
3) Vegriöres. La Ceyssatite.
(Ann. de derm. et syph. 1898. No. 5.)
In der Umgebung von Puy-de-Döme in der Nähe des Dörfchens
Ceyssat finden sich mehrere Lager einer fossilen Erde, deren dermato-
therapeutische Verwendung Verf. wegen der ungewöhnlichen Ab-
sorptionsfähigkeit von Flüssigkeiten empfiehlt. Die » Ceyssatite« ist
eine sehr leichte, weiße, sich fettig anfühlende und in Pulverform an
der Haut leicht haftende Erde; zur Pulverisirung genügt die ge-
ringste Reibung auf einem scidenen Haarsieb. Verf. glaubt, dass
sich diese fossile Erde in Puderform vorzugsweise für Hyperidrosis
und in Verbindung mit geringen Mengen von Kali hypermanganieum
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Centrelblatt für Chirurgie. No. 52. 1291
für die Behandlung der Bromidrosis eignen dürfte. Endlich macht
Sé den Vorschlag, die durch Hitzeeinwirkung caleinirte » Ceyssatite«
als Bakterienfilter zu versuchen. Kopp (München).
4) C. R. Bardeen (Baltimore). A review of the pathology
of superficial burns, with a contribution to our knowledge
of the pathological changes in the organs in cases of rapidly
S fatal burns.
(Johns Hopkins Hospital Reports Vol. VII. 3. Report in pathology. Baltimore, 1898.)
B. hat seine Studie auf die genaue Untersuchung der Leichen
von 5 an ausgedehnten Verbrennungen der Oberfläche innerhalb
weniger Stunden gestorbenen Kindern gestützt, und zwar wurden
sowohl frische als Gefrierschnitte aus Leber, Milz, Nieren und Herz-
muskel gemacht. Das Blut wurde möglichst frisch mikroskopisch
untersucht; es fand sich darin auffallender Zerfall der rothen Blut-
körperchen. det?
An den stark verbrannten Stellen fand sich in der Haut Ge-
rinnung des Protoplasmas der oberen Zellschichten, das Unterhaut-
zellgewebe und die tieferen Schichten des Coriums waren ödematös.
Die kleineren Blutgefäße gerade unter der Epidermis waren mit
zerstörtem Blut angefüllt und durch Thromben verschlossen. Die
größeren tiefer gelegenen Gefäße der Haut und des Unterhautzell-
gewebes enthielten dagegen nur wenige Thromben. In 2 Fällen
zeigten die Schweißdrüsen Degeneration des Protoplasmas und
der Kerne.
Das Blut zeigte erhebliche Poikilocytose, zugleich auch eine
Leukocytose mit vielgestaltigen Kernen; dagegen fanden sich selten
Thromben, ausgenommen in der Haut. Die Zellen des Knochen-
marks befanden sich theilweise im Zustand starker Zellvermehrung,
eine große Zahl der Zellen enthielt Fragmente rother Blutkörper-
chen. In der Lunge fanden sich einmal die Veränderungen des
Anfangsstadiums einer Lungenentzündung.
In der Leber herrschte trübe Schwellung der Epithelien vor mit
Herden, in denen ausgesprochene Vacuolisation des Zellkerns und
Kernzerfall überwog. Hyaline Degeneration fand sich nirgends, wohl
aber zuweilen kapillare Thrombose und an einzelnen Stellen auch
Karyokinese im Endothel der Kapillaren; dabei bestand mäßige
Kongestion.|
Auch in dem Gewebe der Milz trat Kongestion mit Zerfall der
rothen Körperchen hervor; die Fragmente der letzteren lagen theils
frei da, theils waren sie in phagocytischen Zellen enthalten. In
den Malpighi’schen Körperchen wurden Degenerationsherde ge-
funden. Auch die Nieren zeigten ausgesprochene trübe Schwellung
der Tubuli und Kernzerfall in den Zellen, so wie Blutungen aus
den Kapillaren zwischen den Tubuli und in die Glomeruli, Blut-
52*
1292 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
pigment in den Henle’schen Schleifen, weniger in anderen Gegenden.
Auch fand eich ab und zu ein thrombosirtes Blutgefäß.
In Hirn, Nebenniere, Pankreas, Thyreoidea und Thymus nichts
Besonderes. Dagegen waren die Veränderungen in den Lymphdrüsen
sehr hervortretend, so dass Verf. ihnen einen besonderen Abschnitt
widmet, während ihnen anderweit noch wenig Beachtung geschenkt
worden ist. Nur Ardakoff, Schjerning u. A. erwähnen, dass sie
die Lymphfollikel geschwollen fanden. Das Genauere darüber ist
im Original nachzulesen.
Die Natur dieser Veränderungen hat eine gewisse Ähnlichkeit
mit solcher durch Toxine (Diphtherie) und verwandte organische
Gifte. Daher ist B. geneigt, auch in diesen von ihm bei Hautver-
brennung beobachteten Processen in den Lymphgefäßen und Drüsen
die Wirkung von Toxinen zu sehen und daher auch das schnelle
Eintreten des Todes hauptsächlich auf Rechnung der Toxine zu setzen.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
5) W. P. Serenin. Behandlung einiger chronischer Haut-
krankheiten mit elastischer Einwicklung.
(Verhandlungen der Gesellschaft russischer Ärzte in Moskau Bd. XXXVI. Nach
einem Referat von Ditman in Wratsch 1898. No. 36.)
S. erzielte glänzende Resultate bei Naevi, Lupus, Narben-
geschwülsten und einigen Arten von Hautgeschwüren; übrigens
dauerte die Behandlung gewöhnlich 1!/, und mehr Monate. Die
erkrankte Fläche wird mit einer elastischen Binde umwickelt, die
einen kaum merklichen Druck ausübt; darüber kommt eine weiche
Marlybinde. Nach 1/,—1 Tage wird die Binde abgenommen, ge-
waschen und nach gründlicher Reinigung der Haut nach einiger
Zeit wieder angelegt. Die Wirkung wird durch den leichten Druck,
die Wärme und Feuchtigkeit, ferner durch die Ruhigstellung und
den Schutz der kranken Stelle vor äußeren Reizen bedingt.
Gückel (B. Karabulak, Saratow).
6) P. Kaczanowski. Über die Behandlung des Lupus mit
Kalium hypermanganicum.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 242.)
Ris Arbeit bildet den Text eines von ihm auf dem Moskauer
internationalen Kongress gehaltenen Vortrags, über den im Central-
blatt 1897 p. 1046 eine ganz kurze Notiz gebracht ist. Das pulveri-
sirte Kalium hypermanganicum wird in 2—5 mm dicker Schicht auf
die lupöse Hautfläche, deren eventuell vorhandene Borken mit Ein-
fettung und Seifenwaschungen abgelöst sind, gestreut, darüber ein
aufsaugender Watteverband gelegt. (Auge und Nase erhalten eine
Schutzdecke.) Das Mittel wirkt als Kausticum, greift aber im Wesent-
lichen nur die kranken Partien an. Es verfließt auch nicht, so
dass keine störenden Seitenwirkungen eintreten. Der lokale Schmerz,
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1293
in seinem Grade individuell verschieden, dauert ziemlich lange an.
Erster Verbandwechsel, wenn das Wundsekret durchgedrungen ist,
d. h. nach einigen Tagen. Nach Abstoßung des Ätzschorfes stellt
sich gesunde Granulation ein, die unter einfacher Behandlung schön
und dauernd vernarbt. Gewöhnlich genügt eine einmalige Appli-
kation des Mittels. Außer typischem Lupus hat K. auf diese Weise
auch sonstige tuberkulöse Geschwüre, so wie kalte Abscesse behandelt.
Die letzteren bedürfen zur Vorbereitung der Spaltung und Aus-
kratzung. 7 Krankengeschichten, aus denen die Wirksamkeit der
Behandlung erhellt, dienen als Beleg der Mittheilung. Nachprüfung
des Rachen Verfahrens erscheint sehr empfehlenswerth.
Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
7) Albers-Schönberg. Über die Behandlung des Lupus und
des chronischen Ekzems mit Röntgenstrahlen.
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen Bd. II. Hft. 1.)
Angeregt durch die Versuche Kümmell’s, die Röntgenstrahlen
therapeutisch bei Lupus zu verwenden, begann Verf. seinerseits Ver-
suche, und zwar mit anscheinend gutem Erfolg. Bei allen 9 Pat.,
deren Krankengeschichten er tabellarisch beifügt, sind die augen-
blicklichen Resultate gut zu nennen; von dauernden Heilungen
spricht er, wie er mit Recht betont, noch nicht wegen der Kürze
der Beobachtungszeiten.
Die Pat. waren lange Zeit — meist Jahre — schon ohne Erfolg
behandelt worden; A.-S. erzielte seine Heilungen resp. Besserungen in
einer Zeit von 1—6 Monaten. Die Sitzungen fanden nicht täglich
statt, da sonst zu leicht Dermatitis eintrat, die eine Weiterbehandlung
oft auf längere Zeit unmöglich macht. Bei der Behandlung ist er
sichtlich sehr vorsichtig vorgegangen; so wie sich die geringsten
Zeichen von Röthung der Haut zeigten, wurden die Bestrahlungen
für einige Tage ausgesetzt, bis die reaktiven Veränderungen der
Haut verschwunden waren. A.-S. legt auf eine vorsichtige Dosirung
der Bestrahlung bedeutenden Werth und verlangt, dass der Arzt
selbst die Sitzungen überwache. Die Reaktionen der erkrankten
Gebiete treten bald früher (mitunter schon nach 2 Sitzungen), bald
später ein, bald lebhafter, bald schwächer, sie machen sich geltend
in Röthung, Reinigung und Abheilung der Geschwüre, Prominiren
der Knötchen, Abfallen der Borken und schließlich Eintrocknen und
Verschwinden derselben.
Die guten Erfolge bei der Lupusbehandlung bewogen A.-S. auch
bei chronischem Ekzem therapeutisch mit Röntgenstrahlen vorzugehen;
auch hier erzielte er gute Resultate; 2mal handelte es sich um ein
chronisches Ekzem an den Unterschenkeln; die beiden Fälle sind
von Hahn-Hamburg näher beschrieben; in zwei anderen Fällen
brachte er eine außerordentlich hartnäckige Form von impetiginösem
Kopfekzem zur Heilung. Seine Erfolge fordern jedenfalls zu weiteren
Versuchen auf. H. Wagner (Breslau).
1294 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
8) A, Schanz. Über orthopädische Apparate.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 1.)
Als Inhalt eines Vortrags bringt Verf. Notizen über Definition,
Eintheilung, Wirkung, Herstellung und Bestandtheile der orthopädi-
schen Apparate. Neues enthält die Arbeit nicht. Die Abbildungen
können auf Originalität keinen Anspruch erheben.
J. Riedinger (Würzburg).
9) Parkhill. Further observations regarding the use of
the bone-clamp in ununited fractures, fractures with mal-
unian and recent fractures with a tendence to displacement.
(Annals of surgery .1898. Mai.)
Verf. beschreibt eine sehr sinnreiche Anwendungsweise einer
Knochenklammer, mit welcher er eine Reihe von Pseudarthrosen,
schief geheilten Knochenbrüchen etc. (im Ganzen 14 Fälle) erfolgreich
behandelt hat. In den frei gelegten und passend gelagerten Knochen
werden 4 Schrauben vermittels eines auf ihr vierkantiges Ende
passenden Schlüssels eingebohrt, die so lang sind, dass ihre Enden
über die durch Naht vereinigte Wunde hinausragen. Hier werden
sie dann durch ein System von Klemmen verbunden und festgehalten.
Die ganze Anordung garantirt eine große Festigkeit, hat aber vor
allen Dingen den Vortheil, dass der ganze Apparat nach gewünschter
Zeit entfernt werden kann, so dass störende Fistelbildung vermieden
wird. Tietze (Breslau).
10) O. Berger. De l’amputation interscapulo-thoracique dans
le traitement des tumeurs malignes de l'extrémité supérieure
de l’humerus. -
(Revue de chir. 1898. No. 10.)
Nachdem B. selbst mit der im Titel angegebenen Operation
in 2 Fällen — von denen der eine bereits im Jahre 1887 beschriebene
seit mehr als 16 Jahren gesund (Fall von Chondrom des Humerus),
während der andere, in vorliegender Abhandlung ausführlich ge-
schildert (Fall von Myxom), seit 18 Monaten geheilt geblieben ist —
ausgezeichnete Resultate erzielt hat, lag es ihm daran, auch an der
Hand eines größeren Materials die Vorzüge der Exstirpation des
Schultergürtels sammt Arm gegenüber der bloßen Exartikulation des
letzteren im Schultergelenk bei bösartigen Geschwülsten zu erweisen
und die seltenen Indikationen der Resektion des Oberarmkopfes
genau zu fixiren. B. hat zu dem Zweck, indem er gleichzeitig noch
einen von Kirmisson wegen ausgedehnten Sarkoms an einem
10jährigen Kinde operirten, geheilten, aber nach 7 Monaten recidi-
virten mitgetheilt, die in der Litteratur veröffentlichten Fälle von
Amputation interscapulo-thoracique zusammengestellt und ist damit zu
folgenden Ergebnissen gelangt. Von den 46 Fällen dieser Operation
haben nur 2 — ein Kind von 2 Jahren und eine Frau, bei der die
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1295
bereits allzuweit vorgeschrittene Neubildung auch noch die Resek-
tion von Theilen des Brustbeins und der Rippen erheischt hatte —
den Eingriff nicht überstanden; die übrigen 44, einige nach Collaps
p. oper., 1 nach schwerer Nachblutung, andere nach längerer Eite-
rung, sind geheilt worden. Bezüglich der späteren Resultate ergab
die Statistik von 31 nähere Angaben hierüber enthaltenden Fällen
bei 14 Recidive bezw. Generalisation der Krankheit einige Zeit nach
der Operation, theilweise mit tödlichem Ausgang und bei 17 seit
4 Monaten bis 15 Jahren dauernde Heilung, die bei 10 seit mehr
als 1 Jahr nachgewiesen ist. Diese letzteren Fälle betrafen Indi-
viduen, die wegen Chondrom, Myxom und auf die Muskulatur noch
nicht übergreifenden periostalen Sarkomen operirt worden waren.
Bei Vergleichung der vorstehenden Zahlen mit den sich aus einer
Statistik der sekundär nach Schulterexartikulation wegen Recidiv
ausgeführten Schulterblattresektionen (» Amputations pathologiques
consecutives«) ergebenden treten die Vorzüge der erst besprochenen
Operation noch stärker hervor. Von 23 Operirten starben 3—4 an
dem durch größere Schwierigkeit der Blutstillung und operativen
Technik wegen Ausdehnung des Recidivs auf die Muskulatur kom-
plicirten Eingriff, und trat bei 10 in kürzester Zeit ein neues Reci-
div, bezw. Generalisation der Geschwulst ein, während bei 6 das
Resultat nicht bekannt und nur bei 4 Heilung seit 2—4 Monaten,
6 und 20 Jahren besteht; indess ist der eine der letzteren Fälle be-
züglich der Natur der Geschwulst nicht genügend geklärt.
Auf Grund dieser statistischen Nachweise tritt B. warm für die
frühzeitig vor Erkrankung der Muskeln auszuführende Amputation
interscapulo-thoracique ein, deren Werth schon Nasse an der Hand
der v. Bergmann’schen Operationsfälle festgestellt hatte. Sie er-
möglicht durch Freilegung der Achselhöhle etc. erkrankte Drüsen
zu finden und zu entfernen, ist sicherer in Bezug auf dauernde
Heilungsaussichten, als die Exartikulation des Arms, nicht gefähr-
licher als diese, erfordert dieselbe Art von Prothesen, wie letztere,
und ist auch in kosmetischer Hinsicht nicht wesentlich ungünstiger.
Andererseits findet B. bei ganz umschriebenen, abgekapselten, kleinen
und relativ gutartigen Geschwülsten, wie bei Riesenzellensarkomen
und Chondromen (vielleicht auch bei Myxomen?), so fern die sich an
einen Explorativschnitt sofort anschließende mikroskopische Unter-
suchung diese Diagnose bestätigt, die Resektion des Oberarmkopfes
und damit die Erhaltung der Extremität für gerechtfertigt.
Kramer (Glogau).
11) J. Vitrac. Luxations dorsales externes du pouce. Etude
clinique et expérimentale.
(Revue de chir. 1898. No. 3 u. 7.)
Die bis dahin fast einzig dastehende Beobachtung eines Falles
von Daumenluxation nach hinten außen hat V. veranlasst, diese Art
von Verrenkung experimentell zu studiren und seine durch mehrere
1296 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
vorzügliche Skiagramme gestützten Untersuchungsergebnisse in vor-
liegender Abhandlung niederzulegen. Verf. unterscheidet hiernach
zwischen den am häufigsten zu beobachtenden dorsalen Verrenkungen
des Daumens nach innen und den sehr seltenen nach außen, welch
letztere entweder eine Luxatio dorsalis ext. completa oder, wie in V.'s,
und anscheinend auch in einem Falle von Blandin eine Luxatio dor-
salis ext. complexa sein könne. Beide übrigens auch schon Fara-
beuf nicht unbekannt gebliebenen Varietäten dieser Verrenkungen
nach hinten außen entstehen, wenn eine heftig einwirkende Gewalt
den Daumen in Extension und Abduktion trifft. Bei der Luxatio
completa findet sich die Achse der ersten Phalanx des Daumens
senkrecht gestellt zu der des Metacarpus, die Basis der ersteren mit
den Sesambeinen auf der hinteren äußeren Fläche des letzteren, das
Capitulum metacarpi dem Zeigefinger näher stehend als der Daumen,
verschoben, die Sehne des Flexor pollicis longus nach außen vom
Capitulum metacarpi I, oft auch vom Spatium intersesamoideum
verrenkt, das innere Lig. laterale, meist auch das äußere, eben so
der M. adductor und die inneren Fasern des Flexor brevis zerrissen,
so dass der Metacarpus wie durch ein Knopfloch durch diese Muskeln
hindurchtritt. Bei der aus der Luxatio ext. completa entstehenden
complexa reitet dagegen die dem Metacarpus parallel verlaufende
erste Phalanx auf dessen äußerer und hinterer Fläche, das innere
Sesambein findet sich allein in Verbindung mit dem Metacarpus,
der Daumen weiter vom Zeigefinger abstehend als jener, die Sehne
des Flexor longus nach außen und vor die 1. Phalanx und nach
hinten außen vom Capitulum metacarpi verrenkt; im Übrigen be-
stehen, oft noch in erheblichem Grade, dieselben Zerreißungen wie
bei der Luxatio completa.
Die klinischen Befunde ergeben sich aus den vorstehenden ana-
tomischen; letztere erklären auch die Schwierigkeit, bezw. Unmög-
lichkeit der Reduktion der äußeren Dorsalluxation, in Folge der
Verlagerung der Sehne des Flexor longus nach außen. Gelingt
unter Berücksichtigung dieser Sehnendislokation die Reduktion nicht
nach der von Farabeuf für die inneren Dorsalverrenkungen an-
gegebenen Methoden, so muss die Arthrotomie ausgeführt, die Sehne
des langen Daumenbeugers freigelegt und zurückgeschoben oder pro-
visorisch tenotomirt werden.
Ein günstiger Zufall hat es gefügt, dass Ref. zur Zeit des Studiums vorliegen-
der Abhandlung einen Fall von komplieirter Luxatio dorsalis externa complexa
des linken Daumens zu Gesicht bekam und. V.’s Angaben nachprüfen und bestätigen
konnte. Pat, ein Tabiker, war nach hinten gestürzt und hatte sich im Fallen
zunächst auf den ausgestreckten und abducirten Daumen zu stützen gesucht, wo-
bei er sich diesen unter gleichzeitiger Durchbohrung der Haut des Thenar durch
das Capitulum metacarpi I luxirte. Da dem zuerst zugezogenen Arzte die Repo-
sition der Verrenkung nicht gelang, kam Pat. — 40 Stunden nach dem Unfall —
zum Ref. Die Untersuchung ergab, abgesehen von jener in Höhe der Vorderseite
des Metacarpophalangealgelenks nach dem Metacarpus indicis hin gelegenen
knopflochartigen Wunde, aus welcher das durch den zerrissenen M. adductor hin-
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1297
durchgetretene Köpfchen des 1. Metacarpus hervorragte, eine starke Verkürsung
des Daumens, dessen 1. Phalanx in Hyperextension und mit ihrer Basis auf der
Dorsal- und Radialfläche des Metacarpus, diesem fast parallel gerichtet, stand.
Nach Spaltung der Wunde, so wie des Muskelschlitses im Adductor nach oben,
unten und außen ließ sich die Sehne des Flexor pollieis longus auf der Vorder-
seite der 1. Phalanx nach außen vom Capitulum metacarpi nachweisen. Die Re-
position der Verrenkung ging nach Zurücklagerung der Sehne nach einwärts
mittels Extension und direkten Drucks leicht von statten. (Pat. befindet sich
noch in Behandlung; eine Reluxation ist nicht erfolgt.) Kramer (Glogau).
12) E. Kummer. La luxation coxo-f&morale dite spontanée.
(Revue de chir. 1898. No. 1, 2, 4 u. 7.)
K. beschäftigt sich in der Arbeit nur mit denjenigen Spontan-
verrenkungen, welche, ohne dass eine Zerstörung der Gelenkenden
die Ursache abgiebt, bei gewissen Krankheiten, wie akutem Gelenk-
rheumatismus, Typhus, Variola, Scharlach, Gonorrhoe etc., zu Stande
kommen können; es werden somit die bei Tuberkulose oder epiphy-
särer Osteomyelitis des Hüftgelenks vorkommenden Verrenkungen
außer Betracht gelassen. Zu Grunde gelegt sind der Studie 51 zum
Theil vom Verf. selbst beobachtete, zum größten aber aus der Litte-
ratur gesammelte Fälle, an deren Hand besonders die Frage nach
der Entstehungsweise der Spontanverrenkung zu entscheiden gesucht
wird, nachdem in Kürze zunächst die physiologische Anatomie des
Hüftgelenks und alsdann die Gelenkbefunde bei den in Rede stehen-
den Verrenkungen geschildert worden. In 29 Fällen bestand eine
Gelenkentzündung, 22mal seröser, bezw. serofibrinöser, 3mal eitriger
Natur, zumeist (17mal) auf rheumatischer Basis beruhend; in 11
scheint ein derartiger Process der Verrenkung nicht vorausgegangen
zu sein (8mal bei Typhus etc... Bei 9 ist die letztere im akuten
Stadium der Krankheit, bei 26 in der Rekonvalescenz erfolgt; bei
allen hat ein leichtes Trauma, eventuell in einer heftigen Muskel-
kontraktion bei einem Krampfanfall bestehend, zur Verrenkung ge-
führt, für welche ein Flüssigkeitserguss im Gelenk in der Mehrzahl
der Fälle, die Ausfüllung der Pfanne mit entzündlichem Gewebe
nur in seltenen und die Atrophie oder Lähmung der pelvi-trochan-
teren Muskeln, verbunden mit Kontraktur der Antagonisten, oder
eine längere Zeit bestehende fehlerhafte Beinhaltung im weiteren
prädisponirend gewirkt hatten. Aus dem übrigen Theil der Arbeit
sei nur noch einiges die Behandlung der Spontanluxation Betreffende
erwähnt, deren Verhütung naturgemäß in erster Linie angestrebt
werden muss. Die Reposition ist in 25 Fällen — einige Male mit
günstigem Erfolg nach der Paci- oder Lorenz’schen Methode bei
angeborener Hüftverrenkung — versucht worden, und hatte 7mal ein
dauernd günstiges, 6mal ein ziemlich gutes funktionelles Resultat;
12mal blieb sie ohne jeden Effekt, sei es dass sie ganz unmöglich,
sei es dass sie — in 9 Fällen — von Recidiven bezw. von Ober-
schenkelbruch gefolgt war. In 6 weiteren kam die langsame Re-
duktion durch Extensionsbehandlung etc. — 2mal mit gutem, 3mal
Ais
1298 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
mit mittelmäßigem, imal ohne Resultat — zur Anwendung. Blutige
Operationen — Reduktion, Dekapitation des Caput femoris, Osteo-
tomie etc. — bei Irreduktibilität der Verrenkung — sind bisher
erst in wenigen Fällen ausgeführt worden. Kramer (Glogau).
13) Macdonald. The treatment of fracture of the patella
by immediate suture.
(Med. news 1898. Juli 30.)
Verf. wandte nachstehende Methode der Vereinigung der ge-
brochenen Kniescheibe mit außerordentlich günstigem Erfolg an:
Möglichst frühzeitig nach der Verletzung wird bei hochgezogener
Kniescheibe mit einem spitzen Skalpell ein Stich am untern Rand
derselben in das Gelenk geführt und durch denselben das ergossene
Blut herausgedrückt. Hierauf werden die Bruchenden möglichst
genau adaptirt und nun mit einer gebogenen Stielnadel eine Faden-
schlinge erst um die eine, dann um die andere Hälfte der Knie-
scheibe geführt. Als Einstichspunkt wird die Gegend des Apex pa-
tellae gewählt. Mit Hilfe dieser Fadenschlingen wird dann ein dicker
Silberdraht durch die Stichkanäle geführt und mit ihm die Knie-
scheibe fest umschnürt. Schließlich wird die Haut über den Stich-
öffnungen vernäht und der Silberdraht zum Einheilen gebracht, was
in allen Fällen ohne Störung gelang. Nach Ablauf von 14 Tagen
wird dem Verletzten gestattet, an Krücken umherzugehen, nach
12 Wochen wird freier Gebrauch des Beins erlaubt. Diese Behand-
lungsmethode ergab in allen 17 Fällen vorzügliche Erfolge.
Strauch (Braunschweig).
14) A. Jacobson (St. Petersburg). Nouveau procédé d'am-
putation ost&o-plastique intra-condylienne de la cuisse.
(Revue de chir. 1898. No. 6.)
Das von J. bisher nur an der Leiche geübte Verfahren stellt
eine Modifikation der von Sabaneieff empfohlenen, später noch
von W. Koch (s. Ref. in diesem Centralbl. 1891 p. 703), Delitzine
und Pravdoluboff weiter ausgebildeten osteoplastischen Methode
der Oberschenkelamputation in Höhe der Oberschenkelkondylen dar.
Seine Besonderheiten bestehen darin, dass, um die Anlegung des
Konstriktionsschlauchs auszuschließen, zunächst von einem medianen
hinteren Längsschnitt aus die Art. und Vena poplitea oberhalb des
Abgangs der Artt. articulares sup. aufgesucht und unterbunden,
sodann die Insertionen aller Muskeln und Sehnen am Unter-
schenkel erhalten und nach beendeter osteoplastischer Amputation,
bei welcher, wie bei der Sabaneieff’schen Methode, aus der Vor-
derfläche der Tibia ein Knochenstück in den vorderen Lappen zur
Anlagerung an die Sägefläche der Oberschenkelkondylen mit hinein
genommen wird (s. die Abbildung in dem Ref. über die Koch’sche
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1299
Arbeit), die vorderen und hinteren Muskelinsertionen durch eine
Etagennaht mit einander vereinigt werden.
Die Einzelheiten des Verfahrens möge man im Original studiren;
hier sei nur kurz erwähnt, dass die Schnitte von dem unteren Ende
des medianen hinteren Längsschnitts schräg nach unten und vorn
nach der Innen- und Außenseite des Unterschenkels geführt werden
und hier auf einen ca. 3querfingerbreit unterhalb der Tuberositas
tibiae angelegten queren Bogenschnitt treffen (> Incision en croupière «).
Die Vortheile der Methode, die die Neigung der hinteren Muskel-
insertionen zur Retraktion berücksichtigt und letztere verhüten will,
ergeben sich von selbst. Kramer (Glogau).
15) Reinhardt (Natvig). Über Distorsionen im Fußgelenk.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 61.)
Verf. hebt in seiner der medicinischen Gesellschaft zu Christi-
ania als Vortrag gegebenen Mittheilung hervor, dass bei sehr vielen
sogenannten Fußdistorsionen thatsächlich Knochenfissuren vorliegen.
Bleiben diese undiagnosticirt, so kann die Heilung mit starker Platt-
fußdeformität erfolgen. Röntgenbilder können e Au Auskunft geben,
sind aber nicht immer zu beschaffen, und deshalb sind die Distor-
sionen vor Allem genau palpatorisch auf Fissuren hin zu untersuchen.
Verf. selbst hat solche unter 28 Fällen 20mal palpiren können, und
zwar zum Theil noch lange Zeit nach dem Trauma, 2!/, und mehr
Monate, 1'/, Jahr und 2mal sogar 12 Jahre nach der Verletzung.
Stärkere zurückgebliebene »deforme« Kapselhyperplasien sind me-
chanotherapeutisch zu behandeln. Kleinere ganz abgesprengte Stück-
chen der Gelenkenden sind zu excidiren, wofür 2 Belegfälle berichtet
werden. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
16) Krämer. Über die Ätiologie und die chirurgische
Therapie (insbesondere die Radikaloperation) der Varicen
an den unteren Extremitäten. (Aus der chirurgischen Ab-
theilung des Karl-Olga-Krankenhauses in Stuttgart.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 38 u. 39.)
In dem lesenswerthen Aufsatz sucht K. an der Hand eigener
und Anderer Untersuchungen zunächst folgende Ansichten über die
Entstehung der Varicen zu begründen:
1) Mechanische Ursachen allein bringen keine Varicen zu Stande,
sondern nur Ödeme oder andersartige Ektasien kleinerer Venen.
2) Die Varicenbildung beruht auf einer pathologischen Beschaffen-
heit der Saphena, die aus verschiedenen Gründen als eine kongeni-
tale zu betrachten ist.
3) Diese Anlage wird meist vererbt und (oder) zeigt sich schon
im äußeren Habitus (hoher Wuchs, lange Unterextremitäten etc.).
4) Höchst wahrscheinlich besteht diese kongenitale Anlage in
einer mangelhaften Klappenbildung (mit Ausfall des zugehörigen Ge-
webes), wodurch sich die Varicenbildung einfach erklären lässt.
1300 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
5) Vielleicht schützt sich eine solche Vene durch eine Ver-
diekung der Intima mehr oder weniger lange dagegen.
6) Auf Grund dieser Missbildung wird das Leiden meist schon
durch die gewöhnlichen physiologischen Funktionen ausgelöst.
Im Weiteren werden von dem in vorstehenden Sätzen sich wieder-
spiegelnden pathogenetischen Standpunkte aus vom |Verf. die ver-
schiedenen modernen chirurgischen Behandlungsmethoden der Varicen
beurtheilt und ihre Resultate, wie sie bisher in der Litteratur be-
kannt geworden, und auch aus Landerer’s Krankenhause mit-
getheilt werden, gegenübergestellt. Hiernach hält K. die Tren-
delenburg’sche Operation, mit der Landerer selbst keine besonders
günstigen Erfahrungen gehabt, nur bei leichteren Fällen, wenn die
Saphena am Oberschenkel nur eben sichtbar erweitert oder ganz
leicht geschlängelt, und wenn am Unterschenkel auch nur die
kleineren Venen in geringer Ausdehnung varikös sind, für genügend,
und zwar um so mehr, je älter das Individuum ist, empfiehlt aber
auch in solchen Fällen, wenn ein Gefäß für eine kurze Strecke stärker
erweitert und geschlängelt ist, oder da und dort ein isolirter Varix-
knoten besteht, die Exstirpation dieser Gebilde. Letztere, von
Landerer in 18 Fällen — davon 8 seit längerer Zeit geheilt —
angewandt, ist aber stets auszuführen, wenn die ganze Saphena von
oben bis unten erweitert, geschlängelt und mit Varixknoten besetzt
erscheint, zumal wenn es sich um jüngere Individuen handelt.
Kramer (Glogau).
Kleinere Mittheilungen.
Zwei seltene traumatische Luxationen.
Von
Dr. Jullan Mareuse in Mannheim.
Im Verlauf von verhältnismäßig kurzer Zeit sind mir neben vielen anderen
2 Luxationen su Gesicht gekommen, die ihres ätiologischen Zustandekommens wie
ihrer Lokalisation wegen besonderes Interesse erwecken. Beide Fälle gehören zu
den selten vorkommenden Luxationen, der erstere sogar zu den äußerst selten ge-
sehenen und beschriebenen.
Fall I. Luxation der großen und 2. Zehe des rechten Fußes.
Der 38jährige Arbeiter N. fiel beim Abladen von Getreide von einer Schiffs-
treppe, die an einen Kasten angelehnt war, in Folge Verlustes des Gleichgewichts
herab und blieb im Fallen mit dem rechten Fuß zwischen 2 Sprossen hängen. In
seine Wohnung überführt stand er in den ersten 6 Wochen in der Behandlung
eines Kollegen und trat erst in der 8. Woche in meine Behandlung. Meine Dia-
gnose lautete: Luxation der großen und der 2. Zehe des rechten Fußes nach oben.
— Die Capitula des I. und II Metatarsus waren deutlich an der Fußsohle zu
fühlen und verursachten bei jedem Auftreten durch die nahe Berührung mit dem
Boden intensiven Schmerz, während auf dem Dorsum die Basis der Phalangen zu
palpiren waren. Aktive Bewegungen waren nieht möglich, passive in dorsaler und
seitlicher Richtung in geringem Grade. Subjektiv klagte Pat. über Schmerzen
am Vorderfuß bei jedem Versuch zu gehen oder zu stehen.
Repositionsversuche, die ich bei dem Pat., der bisher mit Massage etc. be-
handelt worden war, unternahm, misslangen vollständig, so dass ich ihm vorschlug,
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1301
die Capitula des I. und II. Metatarsus reseoiren zu lassen. Hierzu gab Pat. seine
Einwilligung nicht; er blieb noch 8 Monate zu Hause und begann dann wieder
zu arbeiten. Ich beantragte für ihn in meinem berufsgenossenschaftlichen Gut-
achten eine Rente von 50%, die er auch erhielt und heute noch bezieht. Das
objektive Bild der Verletzung ist das gleiche geblieben, nur ist er durch Gewöh-
nung an seinen pathologisch veränderten rechten Fuß weniger schmerzempfindlich
worden.
wé Unzweifelhaft ist die Luxation durch eine forcirte Dorsalflezion, wie sie durch
das Hängenbleiben des Fußes zwischen den Sprossen entstehen musste, zu Stande
gekommen; der weitere Verlauf war der, dass das Capitulum des Metatarsus so
stark gegen die untere Kapselwand gedrängt wurde, dass dieselbe zerriss, der
Metatarsus nach unten austrat und somit die Phalanx nach oben luxirt wurde.
Die traumatischen Luxationen der Zehen sind bekanntlich äußerst selten, und
mit Recht sagt schon Hüter, »mancher beschäftigte Chirurg wird wohl in seiner
ganzen Praxis keinen Fall zu Gesicht bekommen«.
Von der Luxstion der 4 äußeren Zehen gegen die Metatarsalköpfchen hat
seiner Zeit Malgaigne unter 22 Fällen, die die Metatarsophalangealgelenke be-
trafen, nur 3 Fälle in der Litteratur auffinden können, die übrigen 19 betrafen
den Hallux. Hoffa führt nach einer neueren Zusammenstellung von Bärmann
29 bekannte Fälle an, die jedooh sämmtlich den Hallux betreffen, und schließlich
erwähnt Schulz! in einer jüngsten Veröffentlichung »Zur Kasuistik seltener trau-
matischer Luxationen der unteren Extremität« unter 188 Luxationen, die er im
Verlauf von 8 Jahren im Hamburger Krankenhaus zu beobachten Gelegenheit
hatte, nur 2 Luxationen der Zehen.
Also insgesammt eine außerordentlich geringe Anzahl derartiger Luxationen!
Fall II. Isolirte Luxation des Radius nach vorn.
Der 16jährige Bautechniker H. passirte auf seinem Weg zum Bureau einen
Bauplatz, an dem soeben die Fundamentirungsarbeiten begonnen hatten. Im Be-
griff über einen Lehmhaufen zu gehen rutschte er aus und fiel ca. 2m tief in
das Fundament, und zwar auf die linke Seite. Er giebt an, sich noch erinnern zu
können, dass er mit dem linken Arm einen Halt gesucht hätte, ohne jedoch einen
solchen zu finden. Schmershaftigkeit und Schwellung der linken Elibogengegend
veranlassten ihn, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Die Untersuchung ergab Folgendes: Der linke Arm stand in leichter Flexion
und Abduktion, die Ellbogengegend war stark verbreitert; Beugungen oder Streckun-
gen des Arms nicht ausführbar, jeder Versuch erregte lebhafte Schmerzhaftigkeit.
Das Capitulum radii ist deutlich am vorderen Rand des Condylus externus humeri
zu fühlen, letzterer, unterhalb dessen das Capitulum fehlt, tritt stark hervor.
Die Reposition gelang ausnahmsweise außerordentlich leicht, indem der Arm
in flektirter Stellung extendirt wurde mit gleichzeitiger Supination des Vorder-
arms; ein Kontentivverband, der 3 Wochen liegen blieb, vollendete die Heilung.
Das Zustandekommen dieser Luxation im konkreten Falle ist wohl so zu er-
klären, dass Pat. auf den unwillkürlich einen Halt suchenden ausgestreckten Arm
bei gleichzeitiger Pronationsstellung des Vorderarms fiel. Die Frage, ob foreirte
Supination oder Pronation die Luxation nach vorn bedingt, ist ja strittig: Im
obigen Falle jedoch ist eine Supinationsstellung nach der ganzen Sachlage und
den begleitenden Nebenumständen wohl auszuschließen.
Auch dieser Fall, der erst vor Kurzem sich zugetragen, und dessen eventuelle
weitere nachtheilige Folgen für die Arbeitsfähigkeit des Pat. noch nicht zu über-
sehen sind, gelangt zur berufsgenossenschaftlichen Begutachtung.
1 Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 9.
1302 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
17) Beiträge zur Geschwulstlehre.
(Virchow’s Archiv Bd. CLI. Suppl.-Hft.)
I. Krompecher. Über dieGeschwülste, insbesondere die Endo-
theliome des Hodens.
Eine kritische Durchsicht der Litteratur, so wie eine genaue Untersuchung
von 14 Hodengeschwülsten führte K. zu Ergebnissen, welche er folgendermaßen
kurz susammenfasst:
1) Die Hodengeschwülste von epithelialer Abkunft (Adenome, Adenocareinome)
sind weit seltener als die von nicht epithelialer Genese.
2) Die Hodengeschwülste nicht epithelialer Genese stammen zum größeren
Theil vom Lymphendothel (Endotheliom), zum geringeren Theil vom Bindegewebe
(Sarkom) ab.
3) Bei den von den weiteren Lymphspalten ausgehenden Lymphendotheliomen
ist der Ausgang vom Endothel direkt nachweisbar.
4) Bei den von den Saftspalten ausgehenden Lymphendotheliomen ist ihr Aus-
gang vom Endothel zwar nicht direkt zu verfolgen, aber Alles spricht für ihre
Endothelgenese.
5) Ein Theil der von den Saftspalten ausgehenden Lymphendotheliome zeigt
diffusen Bau und entspricht den »Lymphadenomen« der Franzosen, ein anderer
lässt alveolaren Bau erkennen und stimmt mit den »Alveolarsarkomen« Ehren-
dorfer’s überein.
6) Die Endotheliome mit alveolarartigem Bau sind die häufigsten malignen
Geschwülste des Hodens.
7) Weder die Bezeichnung »Endotheliom«, noch die Bezeichnung »Angio-
sarkom« ist zu verwerfen; keine kann die andere vertreten; denn beide bezeichnen
grundverschiedene Eigenthümlichkeiten: »Endotheliom« beseichnet die Genese der
Geschwulst und ist zur Bezeichnung von Geschwülsten geeignet, deren Endothel-
abstammung festgestellt ist; » Angiosarkom« bringt morphologische Eigenthümlich-
keiten, die Beziehung der Geschwulst zu den Gefäßen, zum Ausdruck und ist eine
gute Bezeichnung für Geschwülste, wobei diese Beziehung erkannt ist.
8) Die Sarkome und Endotheliome sind den Carcinomen gegenüber klinisch
gekennzeichnet durch das häufige Auftreten im Kindesalter und im Mannesalter
vor den 40er Jahren, durch das meist rasche Wachsthum, durch eine meist glatte
Oberfläche, durch den häufigen Widerstand der Albuginea und Haut gegenüber der
Geschwulst, durch das gewöhnliche Freibleiben des Samenstrangs und mitunter
durch den primären Sitz im Nebenhoden.
9) Auffallend ist das überaus langsame Wachsthum einiger von den weiteren
Lymphspalten ausgehenden Endotheliome.
10) Seltene und mikroskopisch interessante Fälle unter den von mir unter-
suchten Geschwülsten sind das Spindelzellen-Riesenzellensarkom (I) und das Lymph-
endotheliom (IV); klinisch interessant ist das von der Cauda epididymidis aus-
gehende Endotheliom (VI) und das bilaterale Hodensarkom (II), welche eben so
wie die Endotheliome (IV und V) auch vom ätiologischen Standpunkt aus unser
Interesse erwecken, da sich das erstere aus einem bilateral, letzteres aus einseitig
retinirten, verlagerten Hoden entwickelten.
D Busse. Ein großes Neuroma ganglio-oellulare des Nervus
sympathicus.
Normal entwickelter Knabe von 4 Jahren mit gänseeigroßer, sehr derber, neben
der Wirbelsäule, zwischen Haut und Rippen gelegener, fast unverschieblicher Ge-
schwulst, die sich nach unten in die Lendengegend fortsetst und fast das ganze
große Becken ausfüllt und nach oben weit unter den Rippenbogen hinaufreicht.
Die Oberfläche war glatt. Es bestanden Lähmungserscheinungen an den unteren
Extremitäten, Blasen- und Mastdarmstörungen. Exstirpation (Dr. Kredel, Han-
nover) auf Drängen des Vaters des Knaben mittels eines vom 8. Brustwirbel bis
zum Lig. Pouparti reichenden Schrägschnittes. Geschwulst, im Gangen 700 g, in
einzelnen Stücken entfernt. Ein unter dem Rippenbogen unbeweglich festsitzendes
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1303
Stück musste surückgelassen werden. Primäre Heilung. Die nervösen Störungen
blieben dieselben.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass in allen Theilen der Geschwulst
sehr viele marklose, vereinzelte markhaltige Nervenfasern und wirkliche Ganglien-
zellen vorhanden waren, dass also einer jener seltenen Fälle von Neuroma verum
myelinicum ganglio-cellulare vorlag. Da diese Mischung so verschiedener nervöser
Elemente nur im Sympathicus vorkommt, so ist dieser als Ausgangspunkt der
Geschwulst anzusehen.
II. Strube. Über eine Kombination allgemeiner Neurofibro-
matose mit Gliom des Rückenmarkes.
45 Jahre alter Phthisiker mit unzähligen Fibromen am gansen Körper, welche
sich vom 20. Lebensjahre an entwickelt hatten. Von Seiten des centralen und
peripheren Nervensystems waren während des Lebens keine Abnormitäten kon-
statirt worden. An der Erkrankung waren fast sämmtliche Rückenmarksnerven,
ferner auch Trigeminus, Vagus und Sympathicus bis in die feineren Verzweigungen
betheiligt. Die Knötchen zeigten überall den Typus der Neurofibrome, wie er
durch v. Recklinghausen festgelegt worden ist. Am Rückenmark fand sich
außer Verdiekung der hinteren Wurzeln von ihrer Austrittsstelle aus der Dura
an und der Intervertebralganglien eine hinter dem centralen Ependymfaden ge-
legene und längs der Schließungsstelle des Markes angeordnete Gliawucherung,
die sich auf das Hals- und den obersten Theil des Brustmarkes erstreckte. Es
lag also offenbar eine Bildungsanomalie vor. Auch die Neurofibromatose ist als
eine solche Bildungsanomalie aufzufassen. Die Koineidenz von Gliom des Rücken-
markes und allgemeiner Neurofibromatose legt die Frage nahe, ob dies ein zu-
fälliges Zusammentreffen ist, oder ob zwischen beiden ein innerer Zusammenhang
besteht. Wahrscheinlich handelt es sich um zwei neben einander her verlaufende
pathologische Processe.
IV. Stahr. Über einen seltenen, kongenitslen Tumoram kleinen
Finger eines Neugeborenen.
S. beschreibt eine vom kleinen Finger eines Neugeborenen exstirpirte Ge-
schwulst, die sich bei der mikroskopischen Untersuchung als überzähliger 6. Finger
herausstellte und vielleicht durch amniotische Verwachsungen vom 5. Finger ab-
getrennt worden war.
V. Limacher. Über Blutgefäßendotheliome der Struma mit einem
Anhang über Knochenmetastasen bei Struma maligna.
L. untersuchte 2 Geschwülste der Schilddrüse und konnte bei beiden mit
Sicherheit als Ausgangspunkt das Endothel der Blutgefäße, und swar in der 1.
ausschließlich das der Kapillaren, in der 2. das der Venen und Kapillaren nach-
weisen. In dem 1. Falle handelte es sich um eine 59 Jahre alte Frau, welche seit
vielen Jahren einen weichen Knoten in der Schilddrüse hatte, der lange Jahre be-
weglich war und keine Beschwerden machte, dann aber rascher zu wachsen anfing
und innerhalb eines halben Jahres zum Tode führte. Die Sektion ergab eine bös-
artige Geschwulst der Schilddrüse mit Metastasen im Stamm und in den Lungen.
Die sehr genau durchgeführte und mitgetheilte mikroskopische Untersuchung konnte
mit aller Sicherheit feststellen, dass als Ausgangspunkt der Geschwulst die Endothelien
der Blutkapillaren anzusehen waren, dass dagegen die Epithelien der Drüsensubstang
an der Bildung der Geschwulst keinen Antheil hatten. Bisher waren nur sehr
wenige derartige Blutgefäßendotheliome beschrieben, und bei mehreren von diesen
konnte die Genese nicht so sicher gestellt werden, wie im vorliegenden Falle. Die
Entstehung der Geschwulst beschreibt I. wie folgt: » Die Kapillaren erweitern sich
allmählich, die Endothelien verdicken sich, wandeln sich in dicke Spindelzellen
um, entwickeln sich dann zu großen Zellen von kompakter Form, welche weit in
das Lumen vorspringen, aber immer noch zunächst einen kontinuirlichen, ein-
schichtigen Wandbelag bilden, während das centrale Lumen als unregelmäßige
Spalte noch lange persistirt. Dann lösen sie sich in Folge weiterer Vermehrung
los, füllen schließlich das Lumen ganz aus, und so entstehen Zellstränge und Zell-
1304 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
nester und durch das Eindringen der Zellen in das Stroma eine gleichmäßige Zer-
streuung derselben. e
Die 2. Geschwulst stammte von einem 48 Jahre alten Mann; dieser besaß seit
Jahren einen harten, massgroßen Kropf, welcher von Zeit zu Zeit sich etwas ver-
größerte und leichte Athembeschwerden machte, dann aber gewöhnlich wieder
zurückging. In der letsten Zeit nahm die Geschwulst jedoch an Größe rasch zu,
und der Tod erfolgte 10 Tage nach Entfernung derselben an Bronchopneumonie.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass der Process folgendermaßen aufzu-
fassen war: »Die Endothelien der Venen, vielleicht auch der Kapillaren, vergrößern
sich, nehmen ovale, kompakte Formen an, sie vermehren sich, wuchern in die
Venenwand hinein und drängen die einzelnen Bindegewebsbündel aus einander.
Bo entstehen die mit dickem Endothel oder selbst mit kompakten Zellen aus-
gekleideten Spalträume.« Die Lichtungen der Gefäße waren mit wenigen Aus-
nahmen erhalten. Die Geschwulst ist also mehr zu den Angiomen wie zu den
Sarkomen zu rechnen, unterscheidet sich aber durch das eigenthümliche Verhalten
der Endotheliome sehr wesentlich von den beiden Formen der Angiome, der Tele-
angiektasie und dem Tumor cavernosus. Langhans hat 1879 schon eine ähn-
liche Geschwulst beschrieben.
Am Schluss seiner Arbeit theilt L. noch die im Berner pathologischen Institut
über Metastasen bösartiger Kröpfe gemachten Erfahrungen mit. Neben den Lungen
war das Knochensystem der häufigste Sits der Metastasen, und zwar beim Carci-
nom doppelt so häufig wie beim Sarkom. In dieser Besiehung kann nur das
Carcinoma mammae mit der Struma carcinomatoga konkurriren.
VL Borrmann. Ein Blutgefäßendotheliom, mit besonderer Be-
rüoksiobtigung seines Wachsth ums.
Die Geschwulst stammte vom Hodensack eines 54 Jahre alten Mannes, bestand
schon seit 40 Jahren, hatte die Haut arrodirt und einmal zu einer unbedeutenden
Blutung Anlass gegeben. Die Exstirpation der breitbasig aufsitsenden Geschwulst
war sehr leicht. Mikroskopisch kennzeichnet sie sich als echtes, tubuläres Ka-
pillarendotheliom, welches offenbar nicht durch celluläre Kontaktinfektion, indem
es benachbarte, ihm analoge Gewebe in Wucherung versetste, sondern durch
Wachsthum aus sich selbst heraus, durch Vermehrung seiner eigenen Zellen in
die Umgebung vorgedrungen war. B. ist geneigt, diese Wachsthumsweise für alle
Geschwülste in Anspruch zu nebmen.
VII. Winkler. Über die Betheiligung des Lymphgefäßsystems
an der Verschleppung bösartiger Geschwülste.
Im Breslauer pathologischen Institut war schon seit längerer Zeit das Augen-
merk auf die Betheiligung des Lymphgefäßsystems, speciell des Duotus thoracicus,
bei der Bildung von Metastasen bösartiger Geschwülste gerichtet worden. Diese
Betheiligung des Ductus wurde während eines Zeitraums von 15 Jahren 13mal,
und zwar 12mal bei Krebs, imal bei Sarkom, beobachtet. Diese 13 und 15 wei-
tere, in der Litteratur aufgefundene, Fälle theilt Verf. genau mit. Der primäre
Sitz der Geschwulst war durchweg die Bauchhöhle, meist Magen und Gebärmutter;
bei dem einen Falle von Sarkom des Ductus handelte es sich primär um ein sol-
ches des vorderen Mediastinum. Die Betheiligung des Ductus war in verschie-
denen Fällen eine verschiedene. In einem Theil schwammen die Krebszellen, zu
größeren und kleineren Ballen vereint, frei in der Lichtung, die Wandungen voll-
kommen freilassend, in einem anderen waren letztere infiltrirt, und es fanden sich
entweder einzelne Knoten im Verlauf des Brustgangs, oder letzterer war bis zu
seiner Mündung hinauf mit Geschwulstmassen angefüllt; in einem dritten hatte
die Ansiedlung von Geschwulstmassen auf der Intima des Ductus zu einer Throm-
bose desselben geführt, und die gebildeten Thromben waren nachträglich mehr
oder weniger mit Geschwulstmassen infiltrirt worden. Demgemäß hatte die Er-
krankung des Ductus theils zu einer Weiterverbreitung der Geschwulst, theils zu
einer Stauung im Chylusstrom oder dessen völliger Absperrung geführt. Die mikro-
skopische Untersuchung lehrte, dass im letzteren Falle der Abfluss der Lymphe
durch benachbarte kleine Lymphgefäße und selbst Saftspalten bewirkt, und so
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1305
eine dauernde Cirkulationsstörung hintangehalten werden kann. Von größerer
Wichtigkeit ist die Weiterverbreitung der primären Geschwülste auf dem Wege
des Ductus. Durch Umkehr des Stroms können dabei die Geschwulstzellen auch
in eine der ursprünglichen Stromrichtung entgegengesetzte verschleppt werden, und
zwar nach beiden Seiten, sowohl nach den Hals-, wie nach den Becken- und
Leistendrüsen hin.
Auf die zahlreichen in der Arbeit enthaltenen interessanten Einzelheiten hier
näher einzugehen, würde zu weit führen. Ref. begnügt sich daher mit den obigen
kurzen Inhaltsangaben.
VOL Tauffer. Sarkom auf narbig lupösem Boden.
Mann von 27 Jahren mit ausgedehntem Gesichtslupus, auf welchem sich nach
einander mehrere Geschwülste entwickelten. Die zuerst exstirpirte wurde mikro-
skopisch als beginnendes Epitheliom diagnostieirt, die folgende, vom Verf. selbst
untersuchte war dagegen ein Spindelzellensarkom mit Riesenzellen. Die sich an
die Mittheilung des Falles anschließenden Betrachtungen über die Entstehung von
Geschwülsten auf chronisch entzündlich veränderten Hautpartien können nicht gut
hier in Kürze wiedergegeben werden. Der Befund eines Sarkoms auf narbig-
lupösem Boden ist ein in der Litteratur einzig dastehender.
Pels Leusden (Göttingen).
18) D. Pupovac. Ein Beitrag zur Kasuistik und Histologie der
sogenannten Endotheliome.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 77.)
P. berichtet über 5 hergehörige von Gussenbauer operirte Fälle. Die Ge-
schwülste, sämmtlich gut eingekapselt, saßen submukös an verschiedenen Theilen
der Mundhöhle (Lippen, Wangen, Gaumen), betrafen Personen beider Geschlechter
und verschiedenen Alters, zeigten eine Größe von einem Kirschkern bis zu der
eines Hühnereies und waren leicht entfernbar. Das Interessanteste an ihnen ist
die histologische Untersuchung, die näher und unter Beifügung mikroskopischer
Abbildungen beschrieben wird und die dieselben Resultate ergab, welche Eisen-
menger bei den sogenannten plexiformen Sarkomen des harten und weichen Gau-
mens, so wie Volkmann an Speicheldrüsen- und Gaumengeschwülsten, von ihm
als Endotheliome bezeichnet, gefunden hat. P. schließt sich den Ansichten des
letzteren Autors über diese Geschwülste im Wesentlichen an. Mit den drüsigen
Bestandtheilen der Mundhöhle haben dieselben nichts zu thun. Sie enthalten
Zellen mehr oder weniger spindeliger Gestalt, welche zu ein Flechtwerk bildenden
Strängen angeordnet sind. Ferner finden sich Hohlräume, welche als dilatirte
Lymphräume gedeutet werden können, so wie myxomatöse und hyaline Gewebs-
partien, wahrscheinlich Produkte der Zellen. Auch alveolär gebaute Stellen sind
vorhanden. Die Annahme Volkmann’s, dass die Geschwülste endothelialen Ur-
sprungs seien, ist sehr wahrscheinlich. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
19) Thomas. Aus dem medico-mechanischen Zander-Institut in
Köln a/Rh.
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1899. No. 8.)
Mit Hilfe von Abbildungen werden 2 im dortigen Institut angefertigte Ap-
parate beschrieben. 1) Ein Spreizapparat für die Finger und 2) ein modificirter
H offa’scher Stützapparat für den wegen nervöser Störung im Schultergelenk un-
beweglichen Arm. Am besten ist es, wegen der anschaulichen Abbildungen, Ein-
sicht in den Originalartikel zu nehmen. Teubner (Hannover!.
20) Roth. Über Myositis ossificans multiplex progressiva. (Aus der
chirurgischen Klinik zu Erlangen.)
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 39 u. 40.)
Nach einer ausführlichen Zusammenstellung der Litteratur über das im Titel
angegebene Leiden theilt R. einen ein 43/4jähriges Mädchen betreffenden Fall mit,
1306 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
bei dem sich ohne erbliche Belastung und nachweisbare äußere Einflüsse die
Krankheit vom Ende des 2. Lebensjahres an entwickelt hatte. Da der Fall mit
den bisher beschriebenen die größte Ähnlichkeit zeigt, verzichten wir auf seine
Wiedergabe. Doch sei erwähnt, dass nach den histologischen Untersuchungen, die R.
an einem ausgemeißelten Knochenstück vorgenommen, es sich bei dem Leiden nicht
um eine primäre parenchymatöse Muskelerkrankung zu handeln scheint, sondern
die in R.’s Fall fast sämmtlich mit dem Skelett in Verbindung stehenden Knochen-
neubildungen zum Theil als Produkt periostaler Thätigkeit, zum Theil als auf
metaplastischem Wege aus Bindegewebe entstehend anzusehen sein dürften, wäh-
rend die Muskeln wahrscheinlich nur in Folge des mechanischen Drucks und der
Inaktivität sekundär degeneriren. Auch R. nimmt an, dass die bisher bei 30
männlichen und 10 weiblichen Individuen beobachtete Krankheit auf einer an-
geborenen Disposition beruhe. Bemerkenswerth ist noch in seinem Falle das
Fehlen einer Phalanx an beiden Großzehen. Kramer (Glogau).
21) C. För6. Note sur quelques cas d’hydarthrose intermittente
nevropathique. i
(Revue de chir. 1898. No. 7.)
Die Anschauungen bezüglich der Ursachen der intermittirend auftretenden
Gelenk- und Schleimbeutelhydropsie gehen noch weit aus einander. F. theilt
desshalb einige von ihm beobachtete Fälle zur Stütze der neuropathischen Theorie
mit. In einem derselben trat die Affektion nach Morphiumentziehung, in 2 an-
deren bei Hysterischen gleichzeitig mit angioneurotischen Ödemen und transito-
rischen Paresen, bezw. mit Urticaria auf; bei einem 4., einem Epileptiker, waren
die Hydropsien zunächst intermittirend, blieben dann mehr als 3 Jahre lang
bestehen, um später von selbst zu verschwinden. Der letzte Fall betraf einen
Paralytiker, bei dem schließlich Arthropathien an mehreren Gelenken nach Schwin-
den der Hydropsie derselben zurückblieben. Kramer (Glogau).
22) C. Beck (New York). Vier verschiedene Typen der Olekranon-
fraktur.
(Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen Bd.II. Hft. 1.)
Die Frakturen des Olekranons standen nach der Häufigkeit ihres Vorkommens
mit 1—1,25% auf der Frakturenliste. B. meint nun, diese Zahl werde bedeutend
steigen, da die Untersuchung mit Röntgenstrahlen manche Diagnose von Contusio
cubiti umstoßen würde. Er hat in 6 Monaten 4 Frakturen des Olekranons gesehen,
ungefähr 15% seiner Frakturfälle überhaupt; ein Procentsatz, dem er selbst nur
relativen Werth beimisst. In allen 4 Fällen handelte es sich um Querbrüche;
2mal war die Diagnose vor der Röntgenphotographie nicht gestellt worden. 5 gute
Abbildungen, die außerordentlich schön reprodueirt sind, illustriren die kurz an-
geführten Krankengeschichten. H. Wagner (Breslau).
23) Tilmann. Beitrag zur Lehre der Luxation der Handwurzel-
knochen.
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 99.)
Der Fall, in der Greifswalder Klinik beobachtet, betrifft ein 22jähriges Land-
mädchen, das sich die Verrenkung rechterseits durch starke Dorsalflexion der Hand
beim Ausgießen eines Eimers zuzog. Die Hand stand in leichter Pronations- und
ulnarer Flexionsstellung, auf dem Handrücken war vor den Kanten der Vorder-
armknochen eine quer vorspringende Leiste tastbar, in der Vola in der Gegend
der Handfalte ein kugelförmiger Vorsprung. Fingerbewegungen frei. Röntgen-
aufnahmen (cf. 2 Bilder) zeigen, dass die zweite Handwurzelreihe volarwärts, die
erste dorsalwärts sich um die Querachse verschoben haben. Muthmaßliche Erklärung:
Durch die Dorsalflexion bei gleichzeitiger Spannung der volaren Flexoren wird
die 1. Carpalknochenreihe gegen die 2. gepresst, dabei drückt der Kopf des
Kopfbeins und das Hakenbein sich volarwärts unter Bandzerreißung durch,
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1307
die 1. Knochenreihe schlüpft dorsalwärts. Die Verrenkung wurde in Narkose
redressirt und eingegipst, recidivirte aber nach Abnahme des Verbandes. Indess
verlor sich die Schmershaftigkeit allmählich, und war Pat. 6 Monate nach der
Verletzung trotz Weiterbestehens der Verrenkung ganz gut arbeitsfähig. Der
Fall steht in der Litteratur vereinzelt da. Andere Verrenkungsformen am Carpus
sind schon beschrieben, auch aber selten. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
24) P. M. Delamare. Plaie transversale de la region dorsale du
poignet. Section des trois derniers tendons de l’extenseur commun
des doigts. Suture des tendons coupés au tendon de l’extenseur
propre de l’indicateur. Guerison.
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1698. März.)
In der Überschrift ist das Wesentliche des Falles enthalten. D. konnte in
der Litteratur keinen Fall finden, in dem 3 Sehnen mit einer anderen vereinigt
wurden. Das funktionelle Resultat war ausgezeichnet.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
25) A. Mouchet. Note sur deux observations de luxations rares:
luxations mötacarpo-phalangiennes en avant de l'index.
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. No, 22.)
In dem einen Falle war die Verrenkung zu Stande gekommen durch Fall auf
die Hand. Die Reposition, welche 6 Tage nach der Verletzung erfolgte, ging
leicht von statten.
Im 2. Falle, der sich bei einem 18jährigen Menschen ereignete, als er einen
Faustschlag geben wollte, gelang die Reposition selbst in Chloroformnarkose nicht,
und es musste zur blutigen Einrichtung geschritten werden. Diese ließ sich erst
nach Excision eines zwischen die Gelenkflächen eingekeilten Sesambeines bewerk-
stelligen. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
26) Tissot (Chambéry). Une famille de sex digitaires.
(Med. moderne 1898. No. 13.)
In einer Familie fanden sich bei 3 Kindern an allen Extremitäten 6 End-
glieder. Die durch Skiagramme klargestellte Knochenbildung und Verbindung mit
dem Metacarpus resp. Metatarsus war nicht überall die gleiche, da die Ausbildung
des 5. Mittelknochens eine verschiedene war. Sie lassen sich aber in die ver-
schiedenen von Kirmisson aufgestellten Kategorien einreihen. Die Fälle be-
trafen 2 Mädchen und 1 Knaben. Boesing (Hamburg).
27) G. Guerrini und A. Martinelli (Bologna). Über einen Fall von
angeborenen Anomalien der Extremitäten.
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.)
Bei dem jetzt 12 Jahre alten Mädchen, welches Gegenstand der Beschreibung
ist, ist rechts der Ober- und Vorderarm in der Entwicklung zurückgeblieben. Die
Hand besitzt nur 3 Finger, und zwar den Daumen, den Zeigefinger und den Mittel-
finger. Die Handwurzel besteht aus 4 Knochen, nämlich aus dem Os multangulum
majus, dem Os multangulum minus, wahrscheinlich dem Os scaphoideum und dem
Os capitatum. Das linke Bein ist um 24,5 cm kürzer als das rechte, wohlgebildete
Bein und entsprechend dünner. Die Diaphyse der Fibula fehlt auf der linken
Seite. Es fehlen hier ferner die kleine Zehe und die Keilbeine. Die Diagnose
wurde mit Hilfe von Radiogrammen gestellt. J. Biedinger (Würzburg).
28) L. Meuciöre. Arrêts de développement au niveau de la main.
Amputation spontanée et progressive du pouce et de l’auriculaire déjà
. atrophies.
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. März.)
Auf der beigefügten Abbildung ist zu erkennen, dass der kleine Daumen-
stumpf (es handelt sich um ein Mädchen von 5 Jahren) im Begriff ist, sich lang-
1308 Centralblatt für Chirurgie. No. 52.
sam abzuschnüren. Dasselbe war 2 Jahre vorher mit dem kleinen Finger, d. h.
mit dessen Rudiment, der Fall. Von Phalangen ist auf dem Radiogramm nichts
zu sehen; von den Handwurzelknochen ist nur eine schwache Andeutung vorhanden.
W. Sachs (Mülhausen i/E.).
29) K. Port (Nürnberg). Zur ambulanten Behandlung der tuber-
kulösen Hüftgelenkentzündung.
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 40.)
P. formt sich nach vorausgegangener Extensionsbehandlung unter Belassung
des Streckverbandes zunächst einen Gipsabguss von Becken und kranker Extre-
mität und stellt sodann über dem Gipsmodell aus Cellulosestreifen und Bandeisen-
stäben einen Hülsenapparat mit Steigbügel dar, an dem die Extensionsgummi-
schläuche befestigt werden; der Sitzhalbring des Verbandes wird durch einen mit
Wasser oder Glycerin stark angefüllten und an den Enden abgeklemmten Gummi-
schlauch gepolstert. Der Verband soll sehr dauerhaft, leicht herstellbar und
wohlfeil sein. _ Kramer (Glogau).
30) @. Lotheisen. Zur Behandlung der tabischen Hüftgelenks-
erkrankung.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.)
In dem von L. mitgetheilten Falle tabischen Hüftleidens bestand eine voll-
kommene Zerstörung der Gelenkkapsel, am oberen Femurende waren Kopf und
Hals vollkommen abgeschliffen, die periartikulären Weichtheile bildeten eine derbe,
schwielige Masse. Das Leiden war hier relativ früh, schon im präataktischen
Stadium, und zwar im Anschluss an ein geringfügiges Trauma, aufgetreten. Die
Behandlung tabischer Coxitis hat nach L. in leichteren Fällen in Massage, Binden-
einwicklung und fixirenden Verbänden resp. Apparaten zu bestehen; im Übrigen
soll Resektion resp. Arthrotomie mit Drainage vorgenommen werden, je nachdem
Knochenwucherung resp. Knochenabschleifung, wie in Verf.s eigenem Falle, vor-
herrschend sind; ist das Grundleiden bereits weit vorgerückt, so muss natürlich
auf jeden operativen Eingriff verzichtet werden. Honsell (Tübingen).
31) Gillette (St. Paul). Mechanische und chirurgische Behandlung
der Oberschenkelhalsbrüche.
(Northwestern Lancet 1898. August 15.)
Mit der Distraktionsmethode werden im Allgemeinen recht gute Resultate
beim Bruch des Oberschenkelhalses erzielt. Dennoch kommt in einigen Fällen
eine feste Vereinigung nicht zu Stande. Boeckmann (St. Paul) hat in 3 solchen
Fällen in folgender Weise operirt: hufeisenförmiger Schnitt durch Haut, Unter-
hautzellgewebe und Faseie von einem Punkt 2,5 cm unterhalb und 2,5 cm hinter
der Spina sup. ant. il. bis 5 cm unterhalb des Troch. maj.; eine Kettensäge wird
zwischen hinteren Rand des Tensor faseiae latae und vorderen Rand des Glutaeus
medius eingeführt, um den Trochanter herumgebracht und zwischen hinterem Rand
des Glutaeus medius und vorderem Rand des Glut. maxim. ausgestoßen; Absägen
und Umklappen des Troch. maj. nebst Muskelansätzen und Freilegen der Gelenk-
kapsel; Einschneiden dieser, so dass die Bruchlinie übersehen werden kann; An-
frischen der Knochenenden und Nagelung derselben mit einem Knochenstift; Naht
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1309
der Gelenkkapsel, Nagelung des Trochanters, Schluss der Wunde. Es wurde hier-
mit gute Gebrauchsfähigkeit erzielt unter Verkürzung um 2,5—3 cm.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
32) Eymeri (Limoges). Osteome du moren adducteur. Opération.
(Arch. de med. et de pharm. militaire 1898. Oktober.)
Nach einer plötzlichen Seitenbewegung im Galopp entwickelte sich im Adductor
femoris brevis allmählich eine harte, seitlich nicht ganz scharf begrenzte Geschwulst,
welche eiförmige Gestalt und mit dem langen Durchmesser eine etwas schiefe
Richtung von oben innen nach unten außen entsprechend der Faserrichtung des
Muskels hat. Sie beginnt etwa 3 cm unterhalb der Spina pubis und endigt etwa
an der Grenze zwischen den beiden oberen Dritteln des Oberschenkels. Äußerlich
bildet sie einen sichtbaren Vorsprung, ob sie beweglich ist, ist nicht erwähnt. Bei
der Operation findet sich, dass die Geschwulst von der Spina pubis durch eine
sehnige Brücke getrennt ist, in welche das Osteom einige dünne Knochennadeln
hineinschickt. Diese müssen scharf getrennt werden, im Übrigen gelingt die
stumpfe Ausschälung mit dem Finger, obgleich sich auch nach unten hin eben solche
knöcherne Ausstrahlungen vorfinden. Nach Heilung der Wunde p. pr. verursacht
die Narbe keinerlei Störungen.
Die histologische Untersuchung zeigt, dass es sich um ein spongiöses Knochen-
gewebe handelt, welches rings von einer dünnen Bindegewebslage umgeben ist,
wie von einer Art Periost. Von dieser Umhüllung gehen einzelne sehr feine
Bindegewebsbündel aus, deren fortschreitende Verknöcherung man durch Einlagerung
von Osteoblasten in ihr Gewebe erkennen kann. Nirgends dagegen finden sich
Koorpelzellen.
Verf. glaubt, dass wenigstens im vorliegenden Falle ein losgerissener Fetzen
Periost zur Entwicklung des Osteoms den Ausgangspunkt gegeben habe.
Lühe (Königsberg i/Pr.).
33) Warbasse. The treatment of fractures of the lower extremity.
Clinical report of 450 cases treated in the Methodist Episcopal Ho-
spital in the city of Brooklyn.
(Annals of surgery 1898. Mai.)
Leider ist das große Frakturenmaterial der Krankenhäuser, das gewiss des
Interessanten viel geboten hätte, in der vorliegenden Arbeit litterarisch nur sehr
wenig ausgenutzt worden. Zu erwähnen ist aus derselben, dass die gewöhnliche
Behandlungsweise der Oberschenkelbrüche in der Anwendung eines Heftpflaster-
extensionsverbandes und einer Verstärkung der gewünschten korrigirenden Wir-
kung durch Applikation seitlicher Schienen bestand. Kinder wurden mit vertikaler
Suspension behandelt. Die ambulante Behandlung kam nur in seltenen Fällen
zur Anwendung. Von 29 frischen Kniescheibenbrüchen wurden nur 3 ohne ope-
rative Maßnahmen behandelt. In allen anderen Fällen wurde das Gelenk eröffnet
und die Kniescheibe genäht. Die Erfolge waren bei diesem Verfahren sehr günstig:
Bei den Unterschenkelbrüchen wurde etwas ausgiebiger von Gehverbänden Gebrauch
gemacht. Dieselben bestanden in einem bis über das Knie reichenden Gipsverband
mit Gipssohle wie bei dem Verband nach Dollinger. Der Verband findet seine
Stütze an den Kondylen der Tibia. Die Behandlung der komplieirten Brüche bot
nichts von den sonst üblichen Regeln Abweichendes. Tietze (Breslau).
34) L. Meuciere. Pseudarthrose congénitale de l’extremite inférieure
de la jambe gauche.
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. März.)
Über die Ursache der Pseudarthrose, welche die Tibia und Fibula betrifft,
konnte nichts eruirt werden. Nach dem Radiogramm, welches der Arbeit bei-
gegeben ist, könnte man glauben, dass der mittlere Theil der Diaphysen beider
Knochen überhaupt fehle. W. Sachs (Mülhausen i/E.).
1310 Gentralblatt für Chirurgie. No. 52.
35) Karewski. Über einen durch Resektion geheilten Fall von
` Knochensarkom der Tibia.
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 34.)
Eine 26jährige, hereditär mit Tuberkulose behaftete Frau bemerkte im An-
schluss an ein an der Innenseite des rechten Knies erlittenes Trauma die Entwicklung
einer Geschwulst, welche bei der Aufnahme in die Klinik Faustgröße erreicht
hatte, deutlich fluktuirte, auf Druck schmerzhaft war, auf der Unterlage sich nicht
verschieben und gegen die Umgebung nicht scharf abgrenzen ließ. Der Operation
wurde eine Probepunktion vorausgeschickt, welche die Geschwulst als solide, also
pseudofluktuirende erkennen ließ. Mit scharfem Löffel und Meißel wurde der ganze
innere Condylus der Tibia und der größte Theil der oberen Gelenkfläche der Tibia
entfernt. Die histologische Untersuchung der Geschwulst stellte sie als Riesen-
zellensarkom hin. Seit der vor 1 Jahr und 4 Monaten stattgehahten Operation ist
ein Recidiv nicht beobachtet worden. Der Fall K.'s beweist, dass Riesenzellen-
sarkome, selbst bei größerer Ausdehnung, durch einfache Auslöffelung bezw. Aus-
meißelung der Geschwulst aus ihrer gesunden Umgebung dauernd geheilt werden
können, und dass die Entfernung der erkrankten Glieder, ja selbst die Kon-
tinuitätsresektionen überflüssig sind. Die der Abhandlung beigefügte Röntgen-
photographie zeigt, dass sich der Defekt nicht wieder ersetzt hat, und dass nur
an einer Stelle, durch einen Schatten angedeutet, vom Periost her Knochenneu-
bildung stattgefunden hat. Gold (Bielitz).
36) O. Hahn. Über die Resultate der nach dem v. Bruns’schen
subperiostalen Verfahren ausgeführten Unterschenkelamputationen.
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.)
In der v. Bruns’schen Klinik sind 81 Fälle nach der subperiostalen Methode
— Bildung eines vorderen und eines hinteren Lappens aus Haut, Muskel und
Periost unter Erhaltung des natürlichen Zusammenhangs der Theile — operirt
worden. 73mal trat Heilung per primam intentionem ein; Lappengangrän, die
nach anderen Statistiken in 12—17% der Fälle beobachtet worden ist, kam nur
3mal vor und war dann nicht der Methode, sondern dem Grundleiden zur Last
zu legen; auch die Form der Stümpfe war durchweg eine sehr gute und dauernde,
in einem Falle konnte der Pat. sogar ohne jede Prothese beschwerdelog stehen
und gehen. Somit sind, wie Verf. betont, die Resultate des v. Bruns’schen sub-
periostalen Verfahrens sowohl bezüglich der Wundheilung als auch des funktio-
nellen Resultats äußerst befriedigend gewesen, und dürfte daher die viel kompli-
cirtere osteoplastische Unterschenkelamputation nach Bier entbehrlich sein.
Honsell (Tübingen).
37) O. v. Schiemann. Zur Kenntnis der subkutanen isolirten Talus-
luxation. Ein Fall auf blutigem Wege reponirt.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 105.)
v. S. behandelte die Verletzung im Dorpater Stadthospital. Ein 60jähriger Mann
war eine 12 Fuß hohe Leiter heruntergefallen. Der linke Fuß stand in Varus-
stellung, Zehen plantar gebeugt. In Narkose findet sich bei nicht dislocirten
Knöcheln vor dem Malleolus ext. der Taluskopf unter der Haut tastbar, Lücke unter
der Tibia. Da unblutige Reposition misslang, Schnitt von 10 cm Länge an der
äußeren Seite der Strecksehnen bis zur Hälfte des Fußrückens. Taluskopf bloß-
gelegt, ca. 2 mm von seinem Vorderrande eine Fissur, 1/3 des Umfangs der Gelenk-
fläche umkreisend. Die Reposition des sehr mobilen Knochens gelang hinsichtlich
der Rolle, nachdem vordere Band- und Kapselreste der Länge nach eingekerbt
waren, hinsichtlich des Kopfes, nachdem ein Elevatorium zwischen Talus und Os
naviculare gehebelt worden. Doch zeigte der Kopf Neigung zu Reluxation, wess-
halb der Fuß in Abduktion und Dorsalflexion fixirt werden musste. Die Wund-
naht heilte unter Gipsverband per primam; das Endresultat war vortrefflich.
‚Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1311
Die Operation ist die 6. ihresgleichen, die 1. derart stammt bekanntlich von
v. Bergmann. Sie ist berufen, die früher in solchen Fällen üblich gewesene Talus-
exstirpation völlig zu verdrängen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven).
38) Funke. Beiträge zur Anatomie des Pes varo-equinus.
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 17.)
F. giebt eine Beschreibung der Muskulatur des Fußes, wie sie sich beim er-
worbenen Klumpfuß findet; wobei er die veränderte Lage aller einzelnen Muskeln
und Sehnen des Fußes gegenüber der Norm anatomisch sorgfältig beschreibt. Die
Varusstellung des Fußes wird hauptsächlich durch die verkürzten Ligg. talo-
tibiale und calcaneo-tibiale internum bewirkt, wie auch das Lig. laciniatum in-
ternum stark verkürzt, nur A em lang gefunden wurde. Die obere Talusgelenk-
fläche lag ca. 2!/ cm breit und (is cm in sagittaler Richtung frei.
BR. Wagner (Mülheim a. d. R.).
39) C. Bötticher. Über den Mechanismus subkutaner Gefäßrupturen
im Anschluss an einen Fall von Zerreißung der Arteria poplitea.
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 267.)
Bis Fall wurde an einem 49jährigen Bauer in der Gießener Klinik beobachtet.
Derselbe sprang von einem Wagen, dessen Pferde durchgingen, die linke Hand
an die W-agenleiter klammernd, herab, sich in der Luft um 180° drehend, so dass
er vorerst mit den Füßen und zwar verkehrt zur Fahrrichtung die Erde erreichte.
Die Zugleine hatte sich aber um sein rechtes Knie geschlungen, so dass das Bein
mit einem vehementen Ruck gestreckt und nach der Fahrrichtung (für den Pat.
nach hinten) gerissen, und dieser mit Händen und Knieen zu Boden geschleudert
wurde. Sofort intensiver, stechender Schmerz in der rechten Kniekehle. Pat.
konnte sich noch aufrafien und ein kurzes Stück gehen, fiel dann aber in Ohn-
macht. Nach einer Stunde wurde ärztlich ziemlicher Collaps mit schlechtem Puls
und mächtiger poplitealer Bluterguss konstatirt. Anlegung eines dickgepolsterten
Gipsverbandes. 3 Tage später Kälte und Blässe des Fußes, Schmerzempfindungen,
mithin drohender Brand. In der Klinik wurde das Bein bis zur Unterschenkel-
mitte brandig. Da Amputation erst verweigert wurde, Eröffnung der Kniekehle.
Große Gerinngel ausgeräumt; N. tibialis ist unversehrt, eben so die allerdings
thrombosirte Vene. Auch die Arteria poplitea selbst ist nicht lädirt, pulsirt so-
gar, obgleich sie schwächer gefüllt ist. Der Riss findet sich bei weiterem Suchen
erst weiter oben, und zwar am distalen Ende des Adduktorenschlitzes, wo das Ge-
fäß in querer Richtung glatt durchrissen ist. Die durch Thromben fest ver-
schlossenen Stümpfe klaffen 3 cm weit. Vene auch hier gesund. Späterhin Gritti,
Heilung. Das verletzte Gefäß erwies sich anatomisch von ganz gesunder Struktur.
Auch fehlen Verletzungen der Knochen und des Kniegelenkapparats.
B. knüpft an den Fall eine allgemeine Besprechung der Ätiologie solcher
Gefäßrupturen, das darüber Bekannte gut zusammenstellend. Der eigene Fall
wird durch eine Überdehnung der Arterie erklärt, die der sie treffenden plötslichen
ruckartigen Spannung nicht Stand halten konnte, Auch in mehreren anderen
Fällen erfolgte die Ruptur der Schenkelader gerade im Adduktorenschlitz, und ist
wohl anzunehmen, dass die Reibung des Gefäßes in dem scharfrandigen Schlitz
auch zu dem Unfall beigetragen hat. Zwar hat bis jetzt die Ruptur der Poplitea
noch immer zu Amputationen geführt, doch kann es gar keinem Zweifg) unter-
liegen, dass eine rechtzeitige, d. h. binnen der ersten Stunden nach dem Unfall
vorgenommene Unterbindung das Glied würde retten können.
Meinhardt Schmidt (Cuxhaven).
40) Brocq et Bernard. Sur le Iymphangiome circonscrit de la peau
et des muqueuses.
(Ann. de dermat. et syph. 1898. No. 4.)
Verff. hatten Gelegenheit, bei einem 17jährigen Manne eine Affektion der
Zunge und des Gaumensegels zu beobachten, welche schon seit der Kindheit be-
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stand und welche sie sofort klinisch als Lymphangioma oircumsoriptum diagnosti-
eirten. Umschriebene Lymphangiome der Haut sind schon vielfach beschrieben
worden, zuerst wohl von englischen Autoren; das Seltene und Ungewöhnliche des
vorliegenden Falles ist die Lokalisation auf der Mundschleimhaut. Immerhin sind
unter dem Namen »Lymphangiom« seitens vieler Autoren Dinge beschrieben worden,
die sicher nicht hierher gehören, und so benutzen Verff. die Gelegenheit dieser
Beobachtung, um die Klinik, die Ätiologie und Histologie des umschriebenen
Lymphangioms im engeren Sinne zu umgrenzen und schärfer zu definiren. Sie
kommen dabei auf Grund der in der Litteratur niedergelegten Kasuistik, so wie
unter specieller Berücksichtigung der auf der Schleimhaut lokalisirten Lymph-
angiome, endlich aber auch durch die genaue histologische Untersuchung des per-
sönlich beobachteten Falles zu dem Schluss, dass das Lymphangioma eircumsceriptum
unter die Neubildungen zu rechnen ist, und dass bei der Entstehung desselben
nicht nur das Lymph-, sondern auch das Blutgefäßsystem eine Rolle spielt. —
Therapeutisch kam in dem beschriebenen Falle mit wenig befriedigendem Erfolg
die negative Elektrolyse zur Anwendung; schließlich wurde mit besserem Resultate
die stückweise vorgenommene chirurgische Behandlung versucht.
Kopp (München).
41) Ch. L. Scudder. A case of tuberculosis of the breast. With
an analysis of all cases of tuberculosis of the breast recorded in
medical literature.
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juli.)
Der von 8. mitgetheilte Fall ist dadurch ausgezeichnet, dass die Tuberkulose
primär in der Brust aufgetreten und durch den mikroskopischen Nachweis erhärtet
ist; sonst bietet er keine Besonderheiten.
In der Litteratur fand S. 83 einschlägige Beobachtungen; in 23 Fällen jedoch
hält S. den Nachweis der Tuberkulose nicht für einwandsfrei erbracht. Bei der
weiteren Besprechung berücksichtigt 8. die Wege der Infektion, den hereditären
Einfluss, andere tuberkulöse Herde, den früheren Zustand der Brust (Laktation),
die subjektiven Krankheitserscheinungen, den Verlauf der Erkrankung, Fistel-
bildung, die Axillardrüsen, Todesursache, Nachweis des Tuberkelbacillus, Diagnose,
Prognose, Therapie (Ausschaben, Kauterisation, Entfernung der Geschwulst
aus der Brust, Entfernung von Geschwulst und Brust,’ Entfernung von Brust und
Axillardrüsen). W. Sachs (Mülhausen i/E.).
42) W. Cheyne. Two cases of oophorectomy for inoperable breast
cancer.
(Brit. med. journ. 1898. Mai 7.)
C. hat nach dem Vorgang von Beatson (Brit. med. journ. 1897 Oktober 2)
in 2 Fällen von inoperablem Mammacarcinom die Oophorektomie ausgeführt. In
einem Falle war der Erfolg negativ, im zweiten trat vorübergehend eine Abschwel-
lung der Drüsenmetastasen am Hals und in der Achselhöhle ein. Nach 6 Monaten
fingen die Drüsen wieder an zu wachsen und waren bald wieder auf dem früheren
Stand angelangt. C. erhofft bessere Resultate von einer gleichzeitigen Entfernung
von Brustdrüse, Achseldrüsen und Ovarien. F. Krumm (Karlsruhe).
Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle
man an Prof. E..Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags-
handlung Breitkopf‘& Hüärtel, einsenden.
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig.
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