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Full text of "Zentralblatt für Chirurgie 25.1898"

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ER 


Gentralblatt 


CHIRURGIE 


herausgegeben 


E. von Bergmann, F. König, L Richter, 


in Berlin, H 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Leipzig, 
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel. 
1898. 


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Originalmittheilungen. 


Angerer, Prof. (München). — Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels Rönt- 
gendurehleuchtung. No. 18. p. 473. 
Arendt, P., Dr. (Antwerpen). — Weitere Beiträge über regionäre Cocainanästhesie. 


No. 15. p. 401. 

Bähr, F. (Hannover). — Zur Kenntnis der Längsfrakturen der Röhrenknochen. 
No. 25. p. 641. 

Bayer, C., Prof. Dr. (Prag). — Operation von Sehnen- und Muskelkontrakturen. 
No. 10. p. 276. 


—— Retrograde Netzincarceration mit Stieltorsion über dem Bruchring. No. 17. p. 462. 

Borst, Dr., Privatdocent (Würzburg). — Bemerkungen zu Dr. Riedinger’s Aufsatz. 
No. 26. p. 697. 

Braatz, E., Dr., Privatdocent (Königsberg i/Pr.) — Beitrag zur Hirnchirurgie. 
Kugelextraktion aus dem Gehirn mit Hilfe des Röntgenverfahrens. No. 1. p. 1. 

—— Zur Schädeltrepanation. No. 3. p. 57. 

Braun, H., Dr., Privatdocent (Leipzig). — Regionäre Anästhesie und Blutleere. 


No. 43. p. 1065. 

Brenner, A., Dr., Primärarst (Linz a/D.) — Radikaloperation der Leistenhernien. 
No. 41. p. 1017. 

Brener, Dr. (Köln). — Eine neue Operation der Hypospadie der Eichel nach 
Bardenheuer. No. 44. p. 1089. 

Christel, Dr. (Metz). — Ein Darmverschluss durch appendieitischen Abscess. 
No. 24. p. 632. 


Codirilla, A., Dr., Chirurg (Imola) — Explorative Kraniektomie. No. 16. p. 429. 

—— Zur Radikaloperation der Schenkelhernien. No. 28. p. 729. 

Elsberg, C. A., Dr. (New York). — Über Herzwunden und Herznaht. No. 43. p. 1071. 

Franke, F., Dr., Oberarzt (Braunschweig). — Zur Frage nach der Entstehung der 
Epidermoide der Finger und Hohlhand. No. 14. p. 369. 

—— Temporäre Heteroplastik zur Behandlung des Hirnprolapses. No. 47. p. 1161. 

Friedrich, P. L., Prof. (Leipzig). — Kurze Bemerkungen zum Gebrauch dünner 
nahtloser Gummihandschuhe für gelegentliche Operationszwecke. No. 17. p. 449. 

Gigli, L., Dr. (Florens). — Technik der temporären Schädelresektion mit meiner 
Drahtsäge. No. 16. p. 425. 

Goldberg, B., Dr. (Köln). — Querleiste der Harnröhre und Prostatitis acuta 
gonorrhoica. No. 5. p. 136. 

Grekoff, J., Dr. (Obuchow-Hospital, St. Petersburg). — Über dic Deckung von 
Schädeldefekten mit ausgeglühtem Knochen. No. 39. p. 969. 

Grosse, U., Dr., Assistent a. d. chirurg. Klinik (Halle a/ß.). — Ein Lagerungs- 
apparat zum Anlegen von fixirenden Beckenverbänden. No. 27. p. 717. 

Gückel, E., Dr. — Fliegenlarren im menschlichen Organismus. No. 7. p. 181. 

Heinrieius, &., Prof. (Helsingfors, Finnland). — a. Ein Fall eines von der Milz- 
kapsel ausgehenden Fibrosarkoms. b. Primäres Sarkom im Netz. No. 23. 


p- 607. 609. 68898 S 


IV Originalmittheilungen. 


Hellat, P., Dr. (St. Petersburg). — Über die Sterilisation des Marly im Ambulans- 
zimmer des Arztes. No. 19. p. 497. 

Henle, A., Dr., Privatdocent (Oberarzt an der chirurg. Klinik Breslau). — Ein 
Fall von Gastroduodenostomie. No. 29. p. 753. 

Hirsch, H. H., Dr. (Köln). — Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion der 
Wadenmuskulatur. No. 2. p. 33. 

Hoffa, A., Prof. Dr. (Würsburg). — Ein Beitrag zu den Erkrankungen der Plan- 
tarfascie. No. 6. p. 166. 

Ingianni, Dr., Assistent (Genua). — Über die Anwendung eines neuen Instruments 
für die externe Urethrotomie bei Perinealabscess nach chronischer Urethritis 
und veralteter Striktur. No. 15. p. 411. 

Karewski, Dr. (Berlin). — Über »Absüge« für Sterilisation im Operationssaal, 
No. 8. p. 224. 

Kölliker, Th., Prof. (Leipsig). — Schutzhebel bei Operationen am Knochen. No. 28. 
p. 746. 

—— Über die Behandlung der kongenitslen Hüftluxation mit der unblutigen Re- 
position. No. 42. p. 1041. 

Kofmann, S., Dr. (Odessa). — Blutleere als Lokalanästhesie. No. 40. p. 993. 

Kramer, W., Dr. (Glogau). — Beitrag sur Operation großer Knochengeschwülste 
des Beckeninnern. No. 9. p. 233. 

—— Beitrag zur Pathologie des Meckel’schen Divertikels. No. 20. p. 521. 

Krämer, C., Dr. und Landerer, A., Prof. (Stuttgart). — Die Desinfektion des 
Operationsfeldes. No. 8. p. 209. 

Küster, Prof. Dr. (Marburg). — Appendicitis oder Epityphlitis. No. 50. p. 1245. 

Lammers, Dr. (Herde). — Radikaloperation der Hydrocele unter Lokalanästhesie. 
No. 20. p. 526. 

Landerer, A., Prof., Oberarzt und Krämer, C., Dr., Volontärarzt (Stuttgart). — 
Die Desinfektion des Operationsfeldes. No. 8. p. 209. 

Lange, F., Dr., Privatdocent (München). — Behandlung der Spondylitis. No. 12. 
p- 321. 

Lanz, 0., Dr. (Bern). — Traumatische Fettnekrose. No. 50. p. 1257. 

Lauenstein, C., Dr., Oberarzt (Hamburg). — Zur Technik der Schädeltrepanation 
mit Hilfe des Collin’schen Perforateurs und der Gigli’schen Säge. No. 8. 
p. 211. 

Lennander, K. &., Prof. Dr. (Upsala). — Über den Bauchschnitt durch eine 
Rectusscheide mit Verschiebung des medialen oder lateralen Randes des Mus- 
culus rectus. No. 4. p. 90. 

Levy-Dorn, M., Dr. (Berlin. — Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels 
Röntgendurchleuchtung. No. 24. p. 617. 

Liermann, W., Dr. (Frankfurt a/M.). — Vaginale Methode bei Mastdarmoperationen. 
No. 13. p. 359. 

Longard, Dr. u. Wagner, Dr. (Aachen) — Eine neue Äthermaske. No. 48. p. 1193. 

Lotheissen, @., Dr. (Innsbruck). — Radikaloperation der Schenkelhernien. No. 21. 
p. 548. 

Manz, 0., Dr., Assistenzarzt (Freiburg i/B.). — Über regionäre Cocainanästhesie. 
No. 7. p. 177. 

Marcuse, J., Dr. (Mannheim). — Zwei seltene traumatische Luxationen. No. 52. p. 1300. 

Meyer, R., Dr., Assistenzarzt (Breslau). — Kasuistik der durch Gonokokken her- 
vorgerufenen paraartikulären Phlegmonen. No. 1. p. 20. 

Mintz, W. (Moskau). — Korsetttechnik. No. 25. p. 660. 

v. Mosetig-Moorhoff (Wien). — Plastischer Verschluss von Knochendefekten am 
Warzenfortsatz durch einen falsartig unterponirten, umgelegten Hautlappen. 
No. 46. p. 1137. 

Müller, E., Dr. (Stuttgart). — Zur Technik der Wladimirow-Mikulics’schen 
Operation. No. 7, p. 193. 

—— Das Verhalten! der Achillessehne bei Kontraktion der Wadenmuskulatur. 
No. 11. p. 300. 


Originalmittheilungen. v 


Müller, &., Dr. (Berlin). — Behandlung des federnden Unterschenkels. No. 22. 
p- 569. 

Payr, E., Dr., Assistent der chirurg. Klinik (Graz). — Beiträge su Bier’s neuer 
Amputationstechnik. No. 19. p. 499. 

Podres, A., Prof. (Charkoff). — Uretero-eysto-neostomia. No. 23. p. 593. 

de Quervain, F., Dr. (Chaux-de-Fonds). — Dünndarminvagination durch Ein- 
stülpung eines Meckel’schen Divertikels. No. 32. p. 839. 

Ranneft, S. B., Dr., Privatdocent der Chirurgie (Groningen). — Multiples, spon- 
tanes Keloid der Zehen. No. 30. p. 789. 

Reinbach, &., Dr. (Breslau). — Zur Chemie des Colloids der Kröpfe. No. 21. p. 545. 

Biedinger, J., Dr. (Würzburg). — Bemerkungen zum Knochenbefund in der 
Plantarfascie. No. 26. p. 693. 

Ringel, Dr., Assistensarst (Hamburg-Eppendorf). — Beitrag zur Diagnose der 
Nephrolithiasis durch Röntgenbilder. No. 49. p. 1221. 

Boelen, Dr., Assistenzarzt (Elberfeld). — Über traumatische Epitheleysten. No. 6. 
p- 165. 

Roser, K. (Wiesbaden). — Behandlung der Kiefergelenksankylose. No. 5. p. 122. 

—— Der Darmschirm. No. 11. p. 297. 

af Schalten, M. W., Prof. Dr. (Helsingfors). — Über die Blutstillung bei Opera- 
tionen durch Angiotripsie. No. 29. p. 756. 

Sokoloff, N. A. (Moskau). — Eine neue Modifikation der operativen Behandlung 
syphilitischer Mastdarmstrikturen. No. 24. p. 619. 

Steinthal, Dr. (Stuttgart). — Die isolirte Fraktur der Eminentia capitata im Ell- 
bogengelenk. No. 1. p. 17. 

Steudel, H., Dr., Assistenzarst (Hannover). — Luxation des Sesambeins des Zeige- 
fingers. No. 10. p. 277. 

Stich, C., Dr., Oberapotheker (Leipzig). — Apparat zur Bestimmung der Zug- 
festigkeit von chirurgischem Nähmaterial. No. 22. p. 583. 

Strehl, H., Dr., Assistent (Königsberg). — Eine Forderung für den aseptischen 
Operationssaal. No. 5. p. 121. 

Trnka, Dr., Stabsarst (Prag). — Eine seltene Prädilektionsstelle von Atheromen. 
No. 6. p. 164 

Videbech, P., Assistenzarzt (Kopenhagen). — Ein Fall von inoperativem Angio- 
sarkom durch Elektrolyse geheilt. No. 31. p. 813. 

Vulpius, ©., Dr., Privatdocent (Heidelberg). — Kasuistik der traumatischen 
Epitheleyste. No. 13. p. 361. 

Wagner, Dr. u. Longard, Dr. (Aachen). — Eine neue Äthermaske. No. 48. p. 1193. 

—— H., Dr. (Breslau). — Eine neue Methode zur operativen Behandlung 
von ausgedehnten Harnröhrendefekten durch suprasymphysäre Implantation 
der Harnröhre und des Penis in die Blase. No. 30. p. 777. 

Winkelmann, Dr. (Barmen). — Radikaloperation der Hydrocele. No. 44. p. 1092. 

Wolff, ©., Dr., Assistenzarzt am Bürgerhospital (Köln). — Tuberkulose im Schulter- 
gelenk und Caries des Processus coracoideus. No. 6. p. 146. 

Wullstein, L., Dr., Assistent an der kgl. chir. Universitätsklinik (Halle a/S.). — 
Die anatomischen Veränderungen nach Calot’schem Redressement; schonen- 
dere Behandlung der Wirbeltuberkulose. No. 27. p. 705. 

Zaalberg, P. J., Dr. (Amsterdam). — Technik der Mastoidoperationen. No. 13. p. 346. 

Zoege v. Manteuffel, W. (Dorpat). — Technik der Resektion aus der Schild- 
drüse. No. 18. p. 478. 


Namenverzeichnis, 


(Die mit * versehenen'Seitenzahlen bezeichnen Originalmittheilungen. Die kurrent- 
gedruckten beziehen sich auf die Beilage zu No. 26, welche den Bericht über 
den XXVII. deutschen Chirurgen-Kongress enthält.) 


Abadie 563 (Basedow). 

Abbe 844 „Doppelseitige Hasenscharte). 

Abel 55 (Narbenfestigkeit der Bauch- 
schnittwunde). 

Abramowitsch 1127 (Oesophagotomia 
ext.). 

Abrashanow 685 (Amp. fem. intercon- 
dylica). 

Adamkiewicz 877 (Hirndruck u. Druck 
im Gehirn). 

Adamson 515(Perforir. Magengeschwür). 

Adenot 1189 (Epilepsie). 

Adler 132 (Leberchirurgie). 

—— 459 (Hirngeschwülste nach Kopf- 
verletzungen). 
kerman 1211 (Darmimplantation). 

Alapy 446 (Harnorganoperationen). 

Albarran 46 (Harnrückstauung). 

—— 48 (Kastration bei Prostatahyper- 
trophie). 

—— 49 (Harnleiterkatheterismus). 

—— 342 (Nephrektomien). 

—- 447 (Blasengeschwülate). 

—— 448 (Übersähliger Harnleiter). 

—— 1011 (Hämaturie). 

Albers-Schönberg 11 
strahlen). 

— 538, 1293 (Lupus). 

Albert 673 (Chirurgie). 

—— 1156 (Magenresektion). 

Albertin 820 (Steinanurie). 

—— 903 (Herniologie). 

Alderson 292 (Halsrippen). 

Aleksinski 938 (Zwirnfäden zur Naht). 

Alessandri 44 (Exstirpation d. Tunica 
vaginalis testis). 

—— 81 (Septhämie durch Bact. coli). 

—— 241 (Einpflanzung lebender Gewebe). 

—— 1277 (Nierenbeobachtungen). 

Alexander 263 (Pseudohermaphroditis- 
mus). 

—— 847 (Kieferklemme). 

Alexinski 788(Echinokokken d. Bauch- 
höhle). 


(Röntgen- 


v. Alexinsky 905 (Echinokokken). 
Alissow 1187 (Aktinomykose). 
Alsberg 364 (Blasenverletzungen). 

—— 1145 (Coxa vara). 

Alvarez 528 (Lepra). 

Amann 56 (Uretereinpflanzung). 

Ames 87 (Gastritis). 

de Amicis 245 (Hautsarkomatose). 

Anders 880 (Spondylitis). 

Anderson 917 (Magen- u. Darmeysten). 

Andry 667 (Erythem). 

Angerer 473* (Lagebestimmung von 
Fremdkörpern mittels Röntgendurch- 
leuchtung). 

Anghel 1143 (Knochenbrüche). 

d'Anna 198 (Peritonealflüssigkeit). 

Annequin 702 (Kniescheibenbruch). 

d’Antona 1266 (Darmchirurgie). 

—— 1277 (Nierengeschwülste). 

Anufrijew 920 (Gekröscyste). 

Ansillotti 1276 (Splenopexie). 

Appunu 554 (Röntgendurchleuchtung). 

Arcoles 266 (Experimentelle Gelenkent- 
zündungen). 

Ardenne 422 (Nasenabscess). 

Ardouin 456 (Knochen- u. Gelenktuber- 
kulose). 

Arendt 401* (Cocainanästhesie). 

Armstrong, 389 (Appendicitis). 

Arnd 478 (Äthernarkose). 

Arnolds 1182 (Fremdkörper in den 
Luftwegen). 

Arnozan 893 (Lungensafttherapie). 

Arslan 94 (Ohrleiden). 

v. Arx 1191 (Rückenmarksverletzung). 

Ashmead 169 (Serotherapie). 

Asmus 803 (Sideroskop). 

Asselbergs 664 (Lupus). 

Astié 1241 (Kyphose). 

Atherton 395 (Darmverschluss u. Darm- 
enge). 

Audet 201 (Hemiologisches). 

Audry 356 (Harnröhrenverengerung). 

Aue 776 (Pott’scher Buckel). 


Namenverzeichnis. 


Austerlitz 900 (Bakteriendichtigkeit 
der Darmwand). 

Auvray 1256 (Lebergeschwälste). 

Avellis 964 (Thymustod). 


abeau 598 (Rachitis). 

Babes 183 (Rotz). 

Bähr 14 (Belastungsdeformitäten). 

—— 160 (Genu valgum). 

—— 482 (Exkursionsfähigkeit der Ge- 
lenke). 

—— 489 (Schulterverrenkungen). 

—— 534 (Scoliosis ischiadica). 

—— 641* (Längsfrakturen der Röhren- 
knochen). 

—— 946 (Schenkelbruch;. 

Baelz 329 (Lepra). 

Baietta 296 (Muskelechinococcus). 

Bail 183 (Stoffwechselprodukte). 

Bailey 794 (Speiseröhrenschanker). 

Bakradze 689 (Paralytischer Plattfuß). 

Ball 390 (Appendieitie) 

Ballance 797 (Splenektomie). 

Bandisch 1187 ( 

Bang 293 (Kropf). 

Bangs 567 (Nierentuberkulose). 

Banti 975 (Pylorusenge und Magensaft- 
fluss). 

Bar 270 (Entzündung d. Zungentonsille). 

v. Bargez 377 (Darmverschluss). 

Barbe 1268 (Syphiliden). 

Barbière 1039 (Thyreoiditis). 

Bardeen 1291 (Verbrennungen). 

Bardenheuer 1151 (Totale Hüftgelenks- 
resektion). 

Barjon 552 (Röntgendurchleuchtung). 

Barkan 350 (Oxytuberkulin). 

Barker 319 (Kniebandscheibenverren- 
kung). 

Barling 628 (Appendicitis). 

Barlow 249 (Gonokokken u. Gonorrhoe). 

Baroni 376 (Naht). 

Barszczewski 237 (Chinosol). 

Bart 913 (Herniologie). 

Barth 73 (Stirnhöhlenempyem). 

—— 115 (Rachenmandel). 

—— 854 (Gelenkkörper). 

—— 891 (Kehlkopfgeschwülste). 

Barthélemy 243 (Röntgenstrahlen). 

Bartoszewicz 818 (Typhusabscesse). 

Basquet 487 (Osteoperiostitis ossificans 
der Mittelfußknochen). 

Baudet 772 (Kraniektomie). 

Baudouin 379 (Gallenwegeoperationen). 

—— 788 (Chirurgie der Leber u. Gallen- 
wege). 

Baumgarten 721 (Harnröhrenstriktur). 

958 (Kehlkopfpapillome). 

v. Baumgarten 501 (Jahresbericht). 

Baumm 54 (Retrodeviationen d. Uterus). 

— 55 (Yaginale Operationen). 

Bayer, C. 276* (Operation von Sehnen- 
u. Muskelkontrakturen). 

—— 258 (Epispadie). 

—— 318 (Coxa vara). 


undstarrkrampf). 


VU 


Bayer, C., 353 (Spina bifida und Ence- 

phalocele). 

—— 462* (Retrograde Netzincarceration 
mit Stieltorsion über dem Bruchring). 

—— 494 (Achillorhaphie). 

—— 513 (Chylöser Erguss in Brust- und 
Bauchhöhle). 

—— 947 (Darmverschluss). 

Bazy 721 (Harnröhrenstriktur). 

—— 724 (Urethrocystoplastik). 

Beaumont 32 (Aneurysma cirsoides). 

Becher 1104 (Nierenlage). 

Beck 195 (Aneurysma d. Art. poplitea). 

—— 296 (Pleurotomie). 

—— 1002 (Pyothorax). 

—— 1116 (Appendieitis). 

—— 1306 (Olekranonbruch). 

v. Beck 140 (Milzchirurgie(. 

—— 389 (Peritonitis). 

Beckmann 101 (Rachenmandel). 

Begoin 1198 (Darmbrand). 

Begouin 50 (Nierensteine). 

— 810 (Pachyvaginalitis). 

—— 1062 (Hüftverrenkung). 

Behaegel 598 (Tripper). 

Behrend 600 (Tripper). 

—— 1026 (Hautveränderungen durch 
Röntgenstrahlen). 

Belin 128 (Mastdarmgeschwälste). 

Benissowitsch 519 (Darmkrebs). 

Benneke 23 (Hüftresektion). 

—— 515 (Bruchsackruptur). 

Berestnew 433 (Aktinomykose). 

Berg 915 (Achsendrehung des Magens). 

Berger 192 (Deus). 

—— 340 (Halskrebs). 

—— 725 (Blasen-Scheidenfistel). 

—— 933 (Beckenmyxome). 

—— 950 (Melanom der Halsdrüsen). 

—— 1047 (Schulterblattexstirpation). 

—— 1084 (Zungentuberkulose). 

—— 1166 (Rankenangiom). 

—— 1294 (Exstirpation der Oberextre- 
mität). 

Bergmann 866 (Schulterverrenkung). 

—— 895 (Mediastinaleyste). 

v. Bergmann 110 (Hirnabscess). 

—— 268 (Hirngeschwülste). 

— 424 (Kehl SNE 

—— 986 (Weiblicher Typus). 

—— 1028 (Himschuss). 

Bergoni& 295 (Pleuraexaudate). 

—— 343 (Anastomose der Sehnen). 

Berkeley 136 (Gekröscysten). 

—— 12410 (Gaumengeschwulst). 

Bernard 13 (Pneumothorax). 

—— 51 (Hydronephrose). 

—— 1239 (Nebenhöhlenentzündung). 

—— 1311 (Umschriebene Lymphangiome). 

Bernays 736 (Appendicitis). 

Berndt 459 (Unterkieferresektion). 

— 646 (Wundbehandlung). 

—— 1191 (Verschluss von Schädellücken). 

—— 1212 (Mastdarmstriktur). 

Bernhard 505 (Hernien). 


VII 


Bertelsmann 
nität). 

—— 1157 (Muskelschwiele). 

Berthier 1129 (Appendicitis). 

Bessler 169 (Chirurgische, mechano- 
therapeutische Heilanstalt). 

Betagh 1283 (Dermoideysten des Ova- 
riums). 

Betcke 931 (Nierenverschiebung). 

Bettmann 1122 (Magengestalt). 

Bevan 795 (Syphilis). 

Bidone 540 (Angiom der Parotis). 


116 (Diphtherie-Immu- 


Bieck 611 (Tripper). 

Biedl 850 (Mikroorganismenausschei- 
dung). 

Bier 1045 (Chronischer Gelenkrheuma- 
tismus). 


Bilesynski 288 (Kieferankylose). 

Binsg i 763 (Hautdesinfektion). 

— 1281 (Fremdkörper im thierischen 
Organismus). 

Binaud 52 (Harnröhrenkrebs). 

Binz 327 (Frostbeulen). 

Biondi 114 (Endorale Plastik). 

Birch-Hirschfeld 1062 (Osteomye- 
litis). 

Bircher 327 (Naevus pilosus). 

Bischoff 466 eet reich 

Bittner 1108 (Arrosionsblutungen). 

Blamenser 317 (Wachsthumsstörung). 

Blecher 962 (Osteomyelitis). 

Blocbaum 580 (Rhinitis hypertrophi- 
cans). 

Bloch 599 (Tripper). 

—— 765 (Katgut). 

—— 811 (Hydrocele). 

—— 1008 (Abnorme Lage der Harnblase). 

—— 1273 (Nierenresektion). 

Blumberg 184 (Desinfektion). 

Blumenfeld 1103 (Harnleiterverletzun- 


gen). 

Boari 76 (Darmnaht). 

Bobrow 798 (Chirurgie der Leber und 
Gallengänge). 

—— 906 (Echinokokken). 

Bockhorn 289, 467 (Parotistuberkulose). 

Boeck 651 (Exantheme d. Tuberkulose). 

Boeckel 47 (Nierengeschwulst). 

—— 140 (Mastdarmchirurgie). 

—— 338 (Exstirpation, Resektionen bei 
Mastdarmkrebs). 

Böhm 965 (Prostatahypertrophie). 

Bötticher 1311 (Zerreißung der Art. 
poplitea). 

Bogdanik 635 (Spitalbericht). 

Bogdanow 259 (Harnverhaltung). 

Boise 1157 (Gelenkentzündung durch 
Pneumokokken). 

Boisseau du Rocher 1016 (Cysto- 
skopie). 

Boisson 1241 (Geschoss in der Zungen- 
beingegend). 

Bojew 420 (Pyämie vom Ohr aus). 

Boks 172 (Myositis ossificans). 

Bolle 1169 (Hirnbrüche). 


Namenverseichnis. 


Bomnüter 296 (Thorakoplastik). 
Bomstein 898 (Antitoxische Eigen- 
schaften des Centralnervensystems). 

Bonain 774 (Ohrleiden). 

—— 1243 (Intubation). 

v. Bonsdorf 910 (Appendicitis). 

—— 918 (Ileus). 

Booth 1284 (Thyroidektomie bei Base- 
dow). 

Borchardt 392 (Hernien). 

—— 627 (Appendicitis). 

Borelius 1126 (Murphyknopf). 

Borrmann 1304 (Blutgefäßendotheliom). 

Borst 697* (Knochenbefund in d. Plan- 
tarfascie). 

Bosio 377 (Nierenstörung bei Darmver- 
schluss). 

Bottini-Arkel 835 (Halschirurgie). 

Bottomley 909 (Spitalbericht). 

Boucht 908 (Narkosenlähmung). 

Bouvart 704 (Lux. sub talo). 

Bouvet 884 (Hirnerschütterungl 

Bouyer 1032 (Lungentuberkulose und 
Echinokokken). 

Bov£e 252 (Harnleiterchirurgie). 

Bowen 667 (Keratosis follioularis). 

Bozsi 1225 (Zungenkrebs). 

Bozzolo 1015 (Pneumotomie). 

Braatz, E. 1* Hirnchirurgie; Röntgen- 
verfahren bei Kugelextraktion). 

_— 578 (Schädeltrepanation). 

—— 967 (Nierenexstirpation). 

v. Brackel 199 (Herniologisches). 

Bradford 318 (Angeborene Hüftver- 
renkung). 

—— 414 (Sehnenplastik). e 

v. Bramann 134 (Darmresektion bei 
brandigen Brüchen). 

—— 139 (Darmresektion wegen Krebs). 

Braquehaye 950 (Speicheldrüsenhyper- 
trophie). 

Brauer 1062 (Coxa vara). 

Brault 1127 (Falsche Bauchgeschwülste). 

—— 1208 (Peritonitis). 

Braun, H. 43 (Lokalanästhesie). 

—— 1065* (Regionäre Anästhesie und 
Blutleere). 

Braun 701 (Hüftexartikulation). 

—— 847 (Kieferklemme). 

—— 956 (Epilepsie). 

Brauneck 842 (Hirngeschwälste). 

Breitung 320 (Amputationen). 

Bremig 82 (Myositis ossificans). 

Brenner, A. 1017* 
radikaloperationen). 

Brentano 279, 1230 (Perikarditis). 

Breuer 1089* (Hypospadie der Eichel). 

Brewer 761 (Chirurgische Technik). 

Brian 274 (Innervation der Schilddrüse). 

Briau 467 (Elephantiasis cartilaginosa 
Nasi). 

Briddon 1119 (Appendicitis). 

Briegleb 551 (Schleich’s Infiltrations- 
anästhesie). 

Briese 893 (Lungenendotheliom). 


(Leistenhernien- 


Namenverzeichnis. 


Briese 1059 (Symmetrische Gangrän). 
Brigel 491 (Handgelenktuberkulose). 
Brin 612 (Leberwunde). 

Brindel 269 (Ozaena). 

—— 831 (Nasenhöhlencysten). 

Briquet 564 (Myxödem). 

Broca 95 (Ohrleiden). 

—— 799 (Chirurgie der Leber u. Gallen- 


gänge). 

—— 1198 (Bruchsacktuberkulose). 

Brocq 927 (Haut- u. Schleimhautleiden). 

—— 1311 (Umschriebene Lymphangiome). 

Broese 1044 (Gonorrhoe). 

Brosoh 239 (Künstliche Athmung). 

Broussin 952 (Fremdkörper im Mast- 
darm). 

Brown 347 (Blut Tuberkulöser). 

—— 537 (Lepra). 

Browne 363 (Aneurysma d. Art. max. int.). 

—— 958 Zungenmandeln): 

Brühl 775 (Ohrleiden). 

Brun 198 (Peritonitis). 

— 514, 626, 1118 (Appendicitis). 

Brunner 320 (Amputationen). 

—— 713 (Harnblasenbrüche). 

—— 759 (Wundinfektion). 

—— 852 (Strychninvergiftung und Starr- 
krampf). 

—— 1074 (Keimgehalt und Heilungs- 
verlauf aceidenteller Wunden). 

v. Bruns 38 (Inhumane Kriegsgeschosse). 

—— 186 (Geschwülste des Nerven- 
systems). 

—— 221 (Selbstladepistole). 

—— 530 (Hirngeschwälste). 

—— 672 (Trachealresektion). 

—— 1023 (Bleispitzengeschosse). 

Bryant 127 (Mastdarmvorfall). 

Bucalossi 119 (Empyem der Pleura u. 
Leberechinococcus). 

Büdinger 504 (Diastase d. Linea alba). 

—— 513 (Bauchwunden). 

Büttner 11 (Röntgenstrahlen). 

Bufvoir 267 (Schädeltuberkulose). 

Buguet 553 (Röntgendurchleuchtung). 

Bulius 55 (Tuben- und Peritonealtuber- 
kulose). 

Bullinger96(RetrobulbäreGeschwülste). 

Bumm 1026 (Antiseptik und Technik). 

Burci 1263 (Rückgratsdeformitäten). 

—— 1216 (Splenopexie). 

Burnett 286 (Ohrleiden). 

Burrell 318 (Habituelle Schulterver- 
renkung). 

Burwell 909 (Spitalbericht). 

Buschi 568 (Klinischer Bericht). 

Buschke 1073 (Hefemykosen). 

Busse 1302 (Neuroma ganglio-cellulare). 

Bussenius 579 (Holocain). 

Butlin 623 (Speiseröhrendivertikel). 

—— 833 (Zungenkrebs). 

Bychowski 539 (Ohrleiden). 


Caillaud 347 (Tetanus). 
Calliano 877 (Brandwunden). 


IX 


Calot 340 (Pott’sche Krankheit). 

Calmann 765 (Hautnaht). 

Calvert 70 (Peritonitis). 

Caminiti 36 (Prostatahypertrophie. 

Campana 537 (Lupus). 

Cange 733 (Bauchbrūche). 

Cannarsa 664 (Hautparasiten). 

Card 511 (Darmresektion). 

Carette 539 (Ohrleiden). 

Carle 205 (Ileus). 

—— 506 (Magenleiden). 

—— 1260 (Geschwäülste d. Frontallappen). 

—— 1266 (Chirurgie der Gallenwege). 

Carlier 48 (Kastration bei Prostata- 
hypertrophie). 

—— 49 (Nephrektomie). 

— 50 (Nierengeschwulst). 

Carlston 1130 (Appendicitis). 

Carnot 1024 (Organotherapie). 

Carrier 1189 (Epilepsie). 

Carrière 295 (Pleuraexsudate). 

Carwardine 396 (Darmverschluss und 
Darmenge). 

Casati 639 (Pyloroplastik und Gastro- 
plicatio). 

Casper 40 (Harnleiterkatheterismus). 

—— 177 (Ureterocystoskop). 

Cavicchia 886 (Eröffnung des Wirbel- 
kanals). 

Ceccherelli 1281 (Hautnähte;. 

Cerkez 563 (Basedow). 

887 (Kropf). 

Cesaris-Demel 1014 (Bildung putrider 
Gase). 

Cestan 410, 883 (Empyem). 

—— 1232 (Herzchirurgie). 

Champlin 199 (Herniologisches). 

Chaput 470 (Torticollis). 

Charpentier 308 (Coxa vara). 

Charvet 205 (Ileus). 

Chassaignac 1250 (Gonorrhoe). 

Chauffard 562 (Basedow). 

Chavannaz 52 (Harnröhrenkrebs). 

Chavasse 114 (Kiefersperre). 

Chevalier 49 (Prostatahypertrophie). 

—— 50 (Nephrotomie). 

Chiari 964 (Kehlkopfkrebs). 

Chipault 343, 1147 (Mal perforant). 

—— 532 (Pott’scher Buckel). 

—— 1175 (Spondylitis). 

Chlumskij 376 (Gastroenterostomie). 

Chlumský 1025(Tuberkulosebehandlung 
nach Bier). 

Cholewa 271 (Adenoide Wucherungen). 

—— 957 (Ozaena). 

Cholmogorow :01(Symphysenlähmung). 

Choux 1187 (Phlegmone). 

Christel 632* (Darmverschluss durch 
appendieitischen Abscess). 

Chrobak 1216 (Lebercysten). 

Ciechomski 797 (Chirurgie der Leber 
und Gallengänge). 

Claisse 289 (Zungenaktinomykose). 

Clark 1252 (Bauchfelldrainage). 

Clarke 119 (Lungenabscess). 


x 


Clemmer 445 (Airol). 

Clubbe 424 (Diphtherie). 

Clutton 776 (Chirurgie der Kreusbein- 
gegend). 

Codevilla 1260(Trepanationsinstrument). 

— 1265 (Magenchirurgie). 

Codivilla 429* (Explorative Kraniek- 
tomie). 

—— A. 729* (Radikaloperation von 
Schenkelhernien). 

Coelho 365 (Nephrektomie). 

Cohn 148 (Wundverschorfungen). 

—— 284 (Stimhirngeschwulst). 

—— 959 (Prostatitis). 

—— 998 (Natr. sozojodolicum gegen Blu- 
tung). 

—— 1078 (Wundschutz). 

Coley 544, (Carcinom und Sarkom). 

—— 782 (Atiologie der Geschwülste). 

—— 1290 (Sarkombehandlung m. Toxinen). 

Collan 610 (Tripper). 

Collis 536 (Äthertod). 

MeCollom 889 (Viphtherie). 

Colombini 611 (Tripper). 

Comby 45 (Vulvovaginitis kleiner Mäd- 
chen). 

Concilman 1014 (Doppeltes Teratom). 

Conrath 744 (Blinddarmtuberkulose). 

Coosemans 270 (Holokain). 

Cordero 131 (Milzchirurgie). 

Cordes 957 (Ozaena). 

Cordier 200 (Herniologisches). 

McCosh 70 (Peritonitis). 

—— 1028, 1189 (Epilepsie). 

Costinin 1243 (Bösartige Kehlkopf-, 
Zungen- und Nasengeschwülste). 

Coudray 339 (Resultate d. Lannelongue- 
schen Methode). 

Courmont 126 (Erysipel- u. Marmorek- 
scher Streptococcus). 

Courtin 202 (Herniologisches). 

Cousins 390 (Appendicitis). 

Coustan 216 (Militārchirurgie). 

Cowl 555 (Röntgendurchleuchtung). 

Cramer 674 (Unfallerkrankungen). 

—— 1234 (Osteoplastische Knochenspal- 
tung). 

Crede& 149 (Silber). 

—— 805 (Lösliches Silber als Heilmittel). 

Crespin 663 (Lepra) 

Crosti 564 (Urethrotomie). 

Crouszillac 885 (Phlegmone d. Zungen- 
tonsille). 

Cryer 313 (Osteotom). 

Csesch 139 (Mastdarmchirurgie). 

—— 1213 (Mastdarmkrebs). 

Cuhorst 700 (Ellbogenverrenkungen). 

Cumston 253 (Nierensteine). 

Curry 138 (Bakteriologische Untersu- 
chungen bei chirurgischen Operationen). 

Curschmann 173 (Schwielige Muskel- 
entartung). 

Curtis 364 (Blasenresektion). 

Cushing 1228 (Wirbelschuss). 

Custer jr. 1265 (Lokalanästhesie). 


Namenverzeichnis. 


Czaplewski 874 (Tuberkelbacillen). 
Czerny 902 (Appendicitis). 


Dahlgren 388 (Peritonitis). 

Darier 243 (Röntgenstrahlen). 

David 577, 1170 (Eingeheilte Schädel- 
stücke). 

Davidson 453 (Röntgenstrahlen). 

Deaver 391, 736 (Appendicitie) 

—— 748 (Typhusperforation). 

Defontaine 510 (Gastroenterostomie). 

Dehler 1160 (Osteomyelitis des Kreuz- 
beins). 

Delagénière 750 (Magenprobeschnitt). 

—— 799 (Chirurgie d. Leber u. Gallen- 
gänge). 

—— 1114 (Bauchhöhlendrainage). 

Delamare 867 (Handverletzung). 

—— 1307 (Sehnennähte). 

Delbet 125, 452 (Chirurgie). 

—— 820 (Doppelter Harnleiter). 

952 (Fremdkörper im Mastdarm). 

Delcourt 1032 (Osteomyelitis). 

Delie 963 (Nekrose der Nasenmuschel). 

Delitzin 41 (Wanderniere). 

Delore 438 (Prostatahypertrophie). 

—— 1269 (Hoher Blasenschnitt). 

—— 1275 (Orchidotomie). 

v. Dembowski 870 (Plattfuß). 

Demons 337 (Kontusionen d. Abdomens). 

—— 342 (Schulterverrenkung). 

—— 810 (Pachyvaginalitis). 

—— 1062 (Hüftverrenkung). 

Dempel 640 (Dünndarmkrebs). 

Denecke 932 (Nierenblutung nach Ne- 
phrolithotomie). 

Le Dentu 125, 452 (Chirurgie). 

—— 232 (Schädelschüsse). 

—— 337 (Laparotomie). 

—— 356 (Elephantiasis der männlichen 
Geschlechtstheile). 

—— 900 (Formol u. Parachloropheno!). 

Depage 287 (Trigeminusoperationen). 

—— 293 (Kropf). 

— 363 (Temporäre Oberkieferresektion). 

—— 398 (Mastdarmresektion!. 

—— 399 (Lebergeschwülste). 

424 (Laryngektomie). 

1036 (Schädelgeschwülste). 

1037 (Resektion des Gangl. Gasseri). 

Derinschinski 723 (Prostatahyper- 
trophie). 

Desnos 49 (Proatataliypertrophie] 

—— 53 (Blasengeschwulstoperation). 

—— 1000 (Gonorrhoe). 

Dessy 966 (Cystitis und Epididymitis). 

Destot 929 (Vorderarmbrüche, Sprung- 
beinbruch). 

Detzler 423 (Atheromeyste des Halses). 

Devoto 1232 (Perikarditis). 

Deycke 11 (Röntgenstrahlen). 

—— 312 (Tertiäre Sklerose). 

Dibbern 261 (Blasensarkom). 

Diller 1247 (Traumatische 
leiden). 


Nerven- 


Namenverzeichnis. 


Döbbelin 968 (Knochenechinokokken 

des Beckens). 

Döderlein 33 (Operationshandschuhe). 

—— 55 (Vaginale Operationen). 

Dohi 1027 (Prurigo). 

Dolega 659 (Skoliose). 

Donath 1190 (Epilepsie). 

Dor 339 (Mykose). 

Dowd 32, 896 (Brustkrebs). 

—— 831 (Lippenepitheliome). 
—— 975 (Brucheinklemmung). 

Doyen 66 (Hirnchirurgie). 

—— 122 (Magenoperationen). 

165 (Angeborene Hüftverrenkung). 

—— 340 (Basedow). 

1105 (Gynäkologische Operationen). 
Dreesmann 1204 (Darmresektion). 
—— 1238 (Orthopädische Apparate). 
Drenkhahn 579 (Zahnkrankheiten). 
Drobnik 393 (Magenchirurgie). 

—— 1199 (Radikaloperation von Brüchen). 

Dubourg 77 (Darmnaht). 

Dubujadoux 950 (Himkompesaeion); 

Ducrey 832 (Hyperkeratose der Mund- 
schleimhaut). 

Dührssen 54 (Retroflexio uteri-Opera- 

` tionen). 

—— 169 (Gebärmutterblutungen). 

Dujarier 809 (Blasenexstirpation). 

Dumstrey 169 (Chirurgisch -mechano- 
therapeutische Heilanstalt). 

—— 452 (Röntgenstrahlen). 

Dupart 222 (Aseptische Verbandstoffe). 

Duplay 13 (Pleuralfisteln). 

—— 692 (Mal perforant). 

—— 802 (Arterienvernarbung). 

—— 1015 (Urethrocele). 

Duprez 232 (Schädelschüsse). 

Duran 637 (Bauchfelltuberkulose). 

—— 887 (Kropf). 

Durante 537 (Raynaud’sche Krankheit). 

Duret 50 (Ektopie der Blase). 

—— 341 (Retrocoecale Abscesse). 

Dutertre 542 (Diphtherie). 

Duval 1048 (Schulterverrenkung). 

Dzierzawski 1225 (Zahnextraktionen). 


Ebermann 1095 (Bromäthyl-Chloro- 
formnarkose). 

Eberson 1170 (Hirngeschwülste). 

Eberth 590 (Fettembolie). 

Ebstein 882 (Ösophagoskopie). 

Edebohls 359 (Ventrofixation der Gebär- 
mutter). 

— 375 (Naht). 

—— 904 (Herniologie). 

Egger 421 (Nasengeschwulst)- 

Ehret 486 (Lähmung der Peroneal- 
muskeln). 

—— 743 (Sareine und Magengärung). 

Ehrich 614 (Pankreasnekrose). 

Eichel 866 (Extensionsapparate). 

—— 1115 (Unterleibsverletzungen). 

Eichhoff 793 Heilanstalten für Haut- 
krankheiten u. Syphilis). 


XI 
Eichler 844 (Adenom der Nasenscheide- 


wand). $ 

Einhorn 386 (Ösophagoskopie). 

v. Eiselsberg 632 (Darmausschaltung). 

—— 732 (Sondirung ohne Ende). 

—— 1060 (Dystrophia musculorum pro- 
grediens). 

Ekehorn 393 (Magenchirurgie). 

—— 460 (Dermoideysten des Mediastinum 
anticum). 

Elliot 399 (Lebergeschwülste). 

—— 1128 (Appendicitis). 

Ellinwood 350 (Oxytuberkulin). 

Elsberg. C. A. 1071* (Herswunden und 
Herznaht). 

Elting 70 (Peritonitis). 

van Emden 572 (Blutplättchen). 

Enderlen 148 (Einheilung von Haut- 
pfropfungen). 

—— 1043 (Anheilung von Hautläppchen). 

Endlich 859 (Hüftverrenkung). 

Engel 14 (Veraltete Verrenkungen). 

Engelbrecht 246 (Angioma art. race- 
mosum). 

Englisch 437 (Cowper'sche Drüsen). 

— 606 (Prostatahypertrophie). 

— 1270 (Harnleitererweiterung). 

Eraud 51 (Harnröhrenpathologie). 

Erben 659 (Skoliose). 

—— 921 (Muskelrheumatismus). 

Erdberg 260 (Prostatahypertrophie). 

v. Erlach 389 (Peritonitis). 

Escat 469 (Adenom des Gaumensegels). 

Esprit 822 (Hodensackgeschwulst durch 
uineawurm). 

Etienne 1268 (Syphiliden). 

Ettinger 9 (Chloroform). 

Eulenburg 212, 758, 1139 (Eneyklo- 
ädische Jahrbücher. Real-Encyklopädie 
Ee gesammten Heilkunde). 

Ewald 80 (Magenchirurgie). 

—— 363 (Cylindrom der Zunge. 

—— 489 (Myelom des Schlüsselbeins). 

Exner 1096 (Gallensteine). 

Eymsri 1309 (Osteom des M. adductor 
med.) 


F'abricius 824 (Peritonitis). 

Fabrikant 250 (Harnröhrenstrikturen u. 
Harnröhrenfisteln). 

Fabris 998 (Wunddesinfektion). 

Faivre 591 (Verknöchertes Hämatom). 

Fantino 506 (Magenleiden). 

Farganel 602 (Leberabsoess). 

Fasano 941 (Sozojodol). 

Fatichi 966 (Cystitis u. Epididymitis). 

Fattie 231 (Schädelschüsse). 

Faure 143 (Leberchirurgie). 

—— 341 (Gastroenterostomie). 

—— 468 (Unterkieferresektion). 

—— 1172 (Nervenanastomosirung). 

—— 1254 (Eventration). 

v. Fedoroff 39 (Cystoskopie). 

—— 64 (Kraniektomie). 

—— 145 (Rectoskopie). 


XII 


Fein 844 (Nasenschere). 

Feindel 998 (Neurofibrome). 

Felcki 823 (Hydrocele communicans 
funiculi spermatici). 

Fenwick 567 (Nierensteine). 

Féré 1306 (Intermittirender Hydarthros). 

Ferguson 613 (Gallenblasenchirurgie). 

—— 39% (Appendicitis). 

Ferrio 377 (Nierenstörung bei Darm- 
verschluss). 

Fessler 647 (Wundbehandlung) A 

Fick 1133 (Endotheliom und Carcinom 
des Magens). 

Fiebiger 591 (Lymphorrhagie). 

Filatow 565 (Blasensteine). 

Finger 558 (Sterilität beim Mann). 

Finey 69 (Peritonitis). 

Firchau 911 (Tuberkulöse Bauchfellent- 
sündung). 

Firgan 479 (Muskelschwund). 

Fischer 748 (Hernien). 

Fiske 861 (Flüssigkeit im Knie). 

Flatau 1059 (Traumatische Neurosen). 

Floderus 712, 1007 (Prostatahyper- 
trophie). 

Flummer 350 (Oxytuberkulin). 

Föderl 628 (Darmwandbrüche). 

Footner 319 (Genu valgum). 

Farbes 415 (Lithotriptor). 

af Forselles 967 (Tubenachsendrehung). 

Fort 561 (Elektrolyse bei Stenosen). 

du Fougeray 286 (Taubstumme). 

—— 420 (Epitheliom der Paukenhöhle). 

zougust 662 (Medicinische Tätowirung). 

Fowler 820 (Harnleitereinpflanzung ın 
den Mastdarm). 

Fraenkel 1031 (Tracheotomie). 

—— 1227 (Mandelkrebs). 

Francke 1144 (Habituelle 
verrenkung). 

Frank 78 (Darmnakt). 

—— 192 (Darmknopf). 

—— 565 (Hämaturie). 

—— 1136 (Geheiltes Carcinom). 

—— 1156 (Spitsfußoperation, Pylorus- 
resektion). 

Franke 84 (Periperitonitis). 

—— 132 (Angebor. Dünndarmverschluss). 

-— 143 (Leberchirurgie). 

—— 161, 1061 (Radielislähmung). 

—— 796 (Wandermilz). 

—— 919 (Gallenblasenchirurgie). 

— F. 369* (Entstehung d. Epidermoide 
der Finger und Hohlhand). 

-— 1161* (Temporäre Heteroplastik zur 
Behandlung des Hirnprolapses). 

Frankenberger 116 (Jodlaryngitis). 

Franz 1016 (Varieenoperation) 

Franzke 640 (Blinddarmkrebs). 

Fratkin 819 (Blasenruptur). 

Fredet 934 (Gefäßunterbindung bei 
Uterusmyomen). 

Freitag 604 (Nierenkrankheiten). 

Freudenberg 260, 1101 (Prostatahyper- 
trophie). 


Schulter- 


Namenverzeichnis. 


Freudweiler 666 (Lymphangioma cir- 
oumseriptum cutis). 

Freund 910 (Schussverletzung). 

—— 1288 (Cholecystektomie und Ovario- 
tomie). 

Frey 127 ch 

Freymuth 1240 (Noma). 

Friekenberg 328 (Dermatitis medica- 
mentosa). 

Friedländer 1035 (Hirnsyphilis). 

v. Friedländer 418 (Hirngeschwulst- 
operation). 

—— 1084 (Ektomie des II. Trigeminus- 
astes). 

—— 1240 (Kieferklemme). 

Friedrich 2 (Aseptische Versorgung 
frischer Wunden). 

65 (Tuberkelbaeillus). 

—— 117 (Muskelveränderung bei Re- 
kurrenslähmung). 

—— 1037 (Gesichtaneuralgie). 

—— P. L. 449* (Gummihandschuhe für 
gelegentliche Operationszwecke). 

Fritsch 69(Bauchschnittwundenheilung). 

Froehlich 803 (Heilserum, Immunität 
und Disposition). 

Froel ich 342 (Hernienradikalopera- 
tionen). 

—— 1111 (Harnröhrenbildung). 

Fronizak 528 (Plica polonica). 

Fronz 348 (Gelenkentzündung). 

Funke 818 (Gefäßvarietäten). 

—— 1311 (Klumpfuß). 

Furet 1172 (Nervenanastomosirung). 


Geabryszewski 559 (Lipome d. Samen- 
strangs). 

Gabszewicz 396 (Gekröscyste). 

de Gaetano 1261 (Gehirneiterungen). 

Gaibissi 409 (Kropf). 

Galeassi 518 (Duct. omphalomeseraicous). 

Gallant 749 (Leistenbruch). 

Gallet 536 (Bericht). 

Gally 1209 (Darmenge). 

de Garmo 392 (Hernien). 

Garre& 89 (Speiseröhrenresektion). 

—— 747 (Kehlkopf- und Speiseröhren- 
exstirpation). 

Garski 918 (Ileus). 

Garulanos 1087 (Muskelechinokokken). 

Gascard 553 !Röntgendurchleuchtung). 

Gassmann 667 (Psoriasis). 

Gaston 568 (Tuberkulose des Penis). 

Gasur 560 (Röntgenstrahlen). 

Gaucher 1268 (Syphiliden). 

Gaudier 1242 (Kehlkopfmyxom). 

Gautier 191 (Hernien). 

Gavello 1034 (Lupus). 

Gay 193 (Unterbindung d. A. anonyma). 

Gayet 533 (Pott’scher Buckel). 

Gedeon 700 (Sehnennaht). 

Gerard-Marchant 494 (Genu recur- 
vatum). 

—— 563 (Basedow). 

Gerdeck 692 (Schweißfuß). 


Namenverseiehnis. 


Geisthövel 1204 (Frank’s Darmknopf). 

Gellhorn 615 (Gebärmutterexstirpation). 

Gelpke 516 (Eingeklemmte Brüche). 

Gerber 963 (Empyem der Stirnhöhle). 

Gerhardt 714 (Hämaturie). 

Germano 182 (Infektionsübertragung). 

Geroulanus 560 (Röntgenstrahlen). 

Gerson 357 (Pflastersuspensionsbinde). 

Gerster 262 (Nieren- und Harnleiter- 
chirurgie). 

Gerulanos 483 (Radialislähmung). 

Gesselewitsch 503, 514 (Peritonitis). 

Ghedini 1266 (Laterale Rectopexie). 

Ghillini 151 (Nerveneinfluss auf Kno- 
chenwachsthum). 

—— 158, 683, 1281 (Angeborene Hüftver- 
renkung). 

—— 1262 (Rückgratsverkrümmungen). 

Gibsons 350 (Oxytuberkulin). 

Gigli, L. 358 (Schambeindurchtrennung). 

— 376 (Naht). 

—— 425* (Temporäre Schädelresektion 
mit meiner Drahtsäge). 

Gilbert 1024 (Organotherapie). 

Gildersleeve 917 (Meckel’sches Diver- 


tikel). 

Gillette 1308 (Oberschenkelhalsbrüche). 

Ginestons 666 (Hautkrebs). 

Giordano 895 (Verrenkung d. Schwert- 
fortsatses). 

Giovannini 66 (Chinosol). 

Glantenay 529 (Chirurgie des Central- 
nervensystems). 

—— 1129 (Appendieitis). 

Glover 406 (Bkincko ie). 

—— 529 (Schädelhöhlenskiagramme). 

Gnesda 176 (Spontanfraktur). 

—— 1286 (Anurie). 

Gocht 553 (Röntgendurchleuchtung). 

Goebel 542 (Kropf). 

Gold 362 (J ahresbericht). 

Goldberg, B. 136* (Querleiste d. Harn- 
röhre u. Prostatitis acuta gonorrhoica). 

—— 252 (Nierentuberkulose). 

—— 669 (Traumatische Lateralsklerose). 

—— 1233 (Urogenitaltuberkulose). 

Goldenhorn 1016 (Perinephritische Ab- 
scesse). 

Goldscheider 1160 (Kniehygrome). 

Golebiewski 494 (Umknicken d. Fußes). 

Goljaehowski 590 (Knochenbruch). 

Goodale 101 (Gaumenmandel u. infek- 
tiöse Processe). 

—— 900 (Lymphdrüsentuberkulose). 

Gordon 390 (Appendicitis). 

Goris 118 Kg 

Gorski 889 (Ösophagotomie). 

Gossner 1158 ere el 

Gostynski 118 (Wirbelbruch). 

Gottschalk 934 (Gefäßunterbindung bei 
Uterusmyomen). 

Gouguenheim 423 (Rachenlupus). 

—— 542 (Diphtberie). 

Gould 807 (Anomalien u. Absonderlich- 
keiten in der Medicin). 


Gradenigo 97, 352 (Ozaena). 

—— 531 (Mittelohrentzündung). 

—— 540 (Choanenverschluss). 

Graeve 1003 (Brustdrüsenplastik). 

Graf 766 (Trepanation). 

—— 1167 (Schädelschüsse). 

Graff 174 (Oberschenkelbrüche). B 

—— 1063 (Verrenkung d. Fuß- u. Knie- 
gelenke). 

Grand 538 (Traumatische, horizontale 
Hemianopsie). 

Grant 1081 (Sklerose des Ohres). 

Graser 140 (Dickdarmdivertikel). 

172 (Nadelhalter, Nahtträger, Darm- 

klemme). 

1201 (Darmverengerung, 
geschwälste). 

McGraw 395 (Darmverschluss u. Darm- 
enge). 

Greene 1251 (Nierensyphilis). 

Greeske 173 (Schlüsselbeinnekrose). 

Grekoff, J. 969*(Schädeldefektsdeckung 
mit ausgeglühtem Knochen). 

Grekow 889 (Unterbindung der Vena 
jugularis communis). 

Grewe 986 (Darmruptur). 

Grosglik 259 (Sequester in der Harn- 
röhre). 

—— 557 (Nierenblutung). 

Gross 237, 596 (Allgemeine Chirurgie). 

—— 515 (Appendicitis im Bruchsack). 

—— 688 (Genu valgum u. Kniekontrak- 
turen). 

Grosse 73 (Gesichtscareinom). 

—— 160 (Perforirtes Eierstooksdermoid). 

—— 117* (Lagerungsapparat für Becken- 
verbände). 

Grosz 610 (Tippen). 

Grounauer 1242 (Halsrippe). 

Grouven 785 (Syphilis). 

Grube 328 (Psoriasis). 

—— 434 (Chloroformnarkose). 

Grunert 110, 285 (Ohrleiden und ihre 
Komplikationen). 

Guder 1083 (Reizung der Nasenschleim- 
haut). 

Gückel 181* (Fliegenlarven im mensch- 
lichen Organismus). 

Guerrini 1307 (Fingermissbildungen). 

Guiard 51 (Circumcision). 

—— 52 (Gonokokkenfreie Urethritis). 

Guigues 357 (Incontinentia urinae bei 
der Frau). 

Guillain 1048 (Schulterverrenkung). 

Guillemain 944 (Halschirurgie). 

—— 1029 (Chirurgie des Gesichts). 

Guinard 71 (Appendioitis). 

—— 423 (Rachenlupus). 

—— 812 (Mutterbandgeschwulst). 

—— 979 (Magenkrebs). 

Gundrum 1241 (Blutegel im Rachen). 

Güterbock 442 (Chirurg. Nierenkrank- 
heiten). 

Guyon 46 (Harnrückstauung). 


Darm- 


XIV 


H aasler 151 (Chirurgie der Leber und 
Gallenwege). 

Habermann 1034 (Maligne Neurome). 

Habs 468 (Nasen-Rachengeschwulst). 

—— 493 (Aneurysmen). 

Hackenbruch 45 (Lokalanästhesie). 

v. Hacker 374 (Ösophagoskopie). 

—— 417 (Sehnenplastik; Magen- und 
Quercolonsresektion). 

—— 1099 (Hypospadie). 

—— 1192 (Hypospadie der Eichel). 

Hadra 104 (Pneumotomie). 

Haeckel 144 (Achsendrehung des S 
romanum). 

—— 147 (Gekröscysten). 

Hägler 791 (Klinischer Bericht). 

Haegler-Passavant 458 (Metallnaht 
aus Aluminiumbrongze). 

Haga 229 (Japanisch-chinesische Kriegs- 
chirurgie). 

—— 997 (Spontane Gangrän). 

—— 1273 (Hydronephrose und Wander- 
niere). 

Hahn 203 (Magenchirurgie). 

305 (Untersuchung von Unfallver- 

letzten). 

313 (Bubonen). 

—— 417 (Nervennaht und Nervenplastik). 

—— 1063 (Osteomyelitis). 

—— 1310 (Unterschenkelamputation). 

Hall 613 (Gallenblasenchirurgie). 

Halliday 951 (Appendicitis). 

Halsted 740 (Cirkuläre Darmnaht). 

Hamant 452 (Plötzlicher Tod nach Ope- 
rationen). 

Hanč 1015 (Prostatahypertrophie). 

Harmer 1242 (Epiglottiscarcinom). 

Harrington 1044 (Katgut). 

Harris 142 (Gekrösgeschwülste). 

—— 845 (Xerostomie). 

Harrison 41 (Eiterung im Harnapparat). 

Hartleb 184 (Maul- und Klauenseuche). 

Hartmann 48 (Harnröhren -Scheiden- 
eiterung). 

—— 101 (Rachenmandel). 

— 204 (Magenchirurgic). 

—— 338 (Mastdarmkrebsoperationen). 

—— 342 (Totale Ureterektomie). 

352 (Ohrkrankheiten). 

—— 885 (Adenoide Wuoherungen). 

934 (Gefäßunterbindung bei Uterus- 
myomen). 

—— 1107 (Eitrige Annexitis). 

Hattemer 423 (Spondylitis). 

Haushalter 566 (Harnleiteraffektionen). 

Hausmann 866 (Extensionsapparate). 

Hausser 347 (Bakterienfund bei Leichen). 

Heath 909 (Aneurysmen). 

Heberlein 142 (Darm- und Leber- 
resektion). 

Heddaeus 645 (Tetanus). 

—— 902 (Appendicitis). 

Heidenhain 122 (Magenoperationen). 

—— 153 (Chirurgie der Leber und Gallen- 
wege). 


Namenverzeichnis. 


—— 752 (Diekdarmresektion). 

—— 947 (Darmverschluss). 

Heile 539 (Ohrleiden). 

Heim 849 (Bakteriologie). 

Heimann 287 (Entzündung der High- 
mors- und Stirnhöhle). 

Heiner 446 (Prostata). 

Heinricius, G. 607* (Fibrosarkom von 
der Milzkapsel ausgehend). 

—— 609 (Primäres Sarkom im Netz). 

Heintze 28 (Saphenaresektion bei Bein- 
geschwür). 

—— 496 (Resektion der V. saphena und 
Beingeschwüre). 

Heinze 206 (Darmsarkom). 

Helferich 96 (Verlust der Sternocleido- 
mastoidei). 

—— 675 ({Knochenbrüche und Ver- 
letzungen). 

—— 1014 (Krankenwagen). 

Hellat 497* (Marly-Sterilisation im Am- 
bulanzzimmer des Arztes). 

—— 1030, 1226 (Adenoide Wucherungen). 

Heller 996 (Arterielle Luftembolie). 

Hemmeter 87 (Gastritis). 

—— 916 (Magenoperationen). 

Henggeler 681 (Beckenstellung). 

Henle 555 (Tuberkulose). 

—— A. 7153* (Gastroduodenostomie). 

Henschen 771 (Röntgenstrahlen bei 
Hirnchirurgie). 

—— 1036 (Skiaskopie bei Hirnschuss). 

Henssen 893 (Chylothorax). 

Herbet 491 (Ellbogenverrenkung). 

Herdtmann 400 (Amputationsstümpfe). 

—— 935 (Absprengung des Processus 
coronoides ulnae). 

Hermes 189 (Hernien). 

Herrmann 637 (Ösophagotomie). 

Hertoghe 836, 1030 (Adenoide Wuche- 
rungen und Myxödem). 

Herzfeld 282 (Gastrostomie wegen 
Fremdkörper in Ösophagusstenosen). 

—— 581 (Nasennebenhöhlen). 

Herzog 85 (Perityphlitis). 

—— 142 (Gekrösgeschwülste). 

—— 264 (Eierstocksdermoide). 

—— 698 (Osteomyelitis). 

— 897, 1268 (Wiederbelebungsmetho- 


den). 

Hessler 112 (Ohrleiden und ihre Kom- 
plikationen). 

—— 582 (Mittelohrentzändungen 
Mandeln). 

Heubach 163, 720 (Hallux valgus). 

Heusler 791 (Klinischer Bericht). 

Heusner 159 (Angeborene Häftverren- 
kung). 

—— 1146 (Klumpfuß). 

Hibbard 859 (Diphtherie). 

Hijmans 332 (Tuberkulosen). 

Hildebrand 156 (Pankreatitis u. Fett- 
nekrose). 

—— 292 (Schiefhals). 


Heidenhain 727 Ee 


und 


Namenverzeichnis. 


Hildebrand 372 (Jahresbericht). 

—— 965 (Penisresektion). 

—— 1273 (Hydronephrose und Wander- 
niere). 

Hildebrandt 29 (Tumor im Corpus 
cavernosum). 

Hill 893 (Herswunden). 

Hiller 1121 (Hernien). 

Hinde 194 {Aneurysma der A. carot. 
int.). 

Hinsberg 698 (Struktur von geheilten 
Koochenbrüchen). 

—— 1160 (Angeborene Hüftverrenkung). 

Hinterstoisser 465 (Jahresbericht). 

v. Hippel 272 (Ranula). 

Hirsch 308 (Angeborene Hüftverren- 
kung). 

—— 1224 (Thränen- und Mundspeichel- 
drüsenerkrankung). 

—— E. H. 33* (Achillessehne bei Kon- 
traktion der Wadenmuskulatur). 

Hirschberg 973 (Fremdkörper in der 
Bauchhöhle). 

Hitzig 1189 (Hirnchirurgie). 

Hochenegg 510 (Kombinationsileus). 

—— 519 (Mastdarmkrebs). 

Hölscher 365 (Harnleiterkatheterismus). 

939 (Athemnarkose). 

Hofbauer 678 (Gelenkerkrankungen). 

Hoffa 76 (Spondylitis). 

161 (Radio-Ulnargelenksverrenkung). 

—— 155 (Massage). 

—— 166* (Plantarfascienerkrankungen). 

—— 647 (Spastische Gliederstarre). 

Hoffmann 260 (Prostatahypertrophie) 

273 (Skoliose). 

Hofmann 750 (Magenexstirpation), 

v.Hofmann 126 (Atlas der gerichtlichen 
Medicin). 

—— 541 (Kropf). 

Hofmeier 254 (Gynäkologische Ope- 
rationen). 

928 (Myomotomie). 

Hofmeister 159 (Hüftkontraktur), 

—— 860 (Coxa vara). 

—— 887 (Kropf). 

—— 1049 (Skiaskopie des Hüftgelenks). 

Hofmokl 448 (Harnblasendivertikel). 

Holländer 39 (Harnleiterkatheteris- 
mus). 

—— 154 (Chirurgie der Leber u. Gallen- 
wege). 

Holtzmann 862 (Varicen der Unter- 
extremitäten). 

Homans 141 (Kasuistik). 

—— 413 (Hysterektomie). 

Honsell 242 (Karbolgangrän). 

—— 561 (Strumitis). 

Hopmann 767 (Schädelgrundgeschwulst). 

—— 1039 (Veliretraktor). 

Hottinger 355 (Harnröhrenverenge- 


rung). 
Houzel 727 (Nierenechinokokken). 
—— 1215 (Exosplenopexie). 
—— 1274 (Niereneysten). . 


XV 


Howard 1029 (Eiterung der Nasenneben- 
höhlen). 

Hubert 818 (Antistreptokokkenserum). 

Hübener 699 (Knochenmetastasen nach 
Typhus). 

Hübscher 494 (Arthrodese des Fußge- 
lenks). 

Hugot 1191 (Spina bifida). 

Hugues 271 (Mandelabscesse). 

Huhn 886 (Pott'scher Buckel). 

Hunter 698 (Knochenbrüchigkeit). 

Hutchinson jun. 680 (Daumenverren- 
kung). 


Ikawitz 526 (Glasdrains). 

Imbert 808 (Harnleiterkatheterismus). 

Imbriaco 1140 (Kriegschirurgische Ope- 
rationen). 

Ingersoll 1029 (Eiterung der Nasen- 
nebenhöhlen). 

Ingianni 411* (Instrument für die ex- 
terne Urethrotomie bei Perinealabscess). 

—— 439 (Resektion des Vas deferens). 

—— 1277 (Harnröhrenneubildung). 

Isnardi 1262 (Cranium bifidum u. Spina 
bifida). 

—— 1263 (Paraplegie bei Pott’scher 
Krankheit). 

—— 1267 (Peritonitis tuberculosa). 

Israël 23, 1286 (Nierentuberkulose). 

—— 1058 (Multiple Gehirnabscesse). 


Jaboulay 562 (Basedow). 

Jacobson 303 (Syphilis). 

1298 (Oberschenkelamputation). 

Jacoby 936 (Gewohnheitslähmung). 

Jacques 566 (Harnleiteraffektionen). 

Jaeger 104 (Kropfmetastasen). 

Jaff& 1119 (Bauchfelltuberkulose). 

Jaia 1266 (Hernien des Wurmfortsatzes). 

Jakowlew 301 (Syphilis). 

—— 991 (Milzechinococeus). 

Janet 51 (Gonokokkenfreie Urethritis). 

—— 54 (Harnröhrenpolypen). 

Jankau 554 (Röntgendurchleuchtung). 

—— 635 (Nasenöffner). 

Jankelevitch 269 (Hydrorrhoea na- 
salis). 

Janni 1282 (Venae varicosae). 

Jans 109 (Hirngeschwülste). 

—— 176 (Angeborener Defekt des Vor- 
fußes). 

Jasihski 399 (Leberabscess). 

Jastrebow 256 (Keratosis circumscripta 
und Krebs). 

Jaswitzki 564 (Harnröhrensteine). 

Jayle 204 (Anastomosenbildung). 

Jeanne 16 (Bau des Fußgewöfbes). 

Jeannel 982 (Ileus). 

—— 1114 (Darmchirurgie). 

—— 1203 (Scheidenafter). 

Jessen 1243 (Perikarditis). 

Joachimsthal 1049 (Brachydaktylie u. 
Hyperphalangie; Coxa vara. 

Joffroy 837 (Akromegalie mit Demenz). 


XVI 


Johnston 331 (Hauttuberkulosen). 

—— 415 (Leberabscess). 

Jones 603 (Gallenblasenfistel). 

Jonnesco 103, 886 (Pott’scher Buckel). 

—— 131 (Milschirurgie). 

—— 255 (Retrodeviation der Gebärmutter; 
abdominale Kastration). 

— 563 (Basedow). 

—— 186 (Splenektomie). 

—— 842 (Schädeloperationen). 

Jordan 98 (Thorakoplastik). 

—— 344 (Hautatrophie). 

—— 555 (Tuberkulose). 

—— 767 (Schädel; dgeschwulst). 

Joseph 118 (Orthopädische Brust- 
klemmen). 

Jovanović 365 (Blasen-Scheidenfistel). 

—— 1268 (Splenektomie). 

Juli& 1061 (Drucklähmung des N. uln.). 

Juliusberg 344 (Eigenartiges Exan- 
them). 

Jung 264 (Cnlorainkätsung don Uterus). 


Jurka 108 (Traumatische Epilepsie). 

Juschzenkoff 891 (Kehlkopfge- 
schwülaste). 

Juvara 563 (Basedow). 

—— 887 (Kropf). 


—— 1144 (Knochenbrüche). 


Kaczanowski 1292 (Lupus). 

Kader 671 (Neuralgie bei Schiefhals). 

—— 679 (Primäre Muskelentzündungen). 

Kahleyss 306 (Radiusbrüche). 

Kaijser 348 (Gelenkentzündung). 

Kallenberger 502 (Orthoform). 

Kanzel 613 (Gallenblasenchirurgie). 

—— 1127 (Dsophagstumia ext.) 

Kaposi 702 (Gelenkkörper). 

Kapsammer 676 
schneidung). 

—— 1023 (Callusbildung). 

Karewski 25  (Rippenresektion bei 
Peripleuritis; Echinokokken d. Bauch- 
höhle.) 

—— 103 (Lungen- u. Pleurachirurgie). 

—— 224* (Abzüge für Sterilisatoren im 
Operationssaal). 

—— 892 (Lungenaktinomykose). 

—— 1310 (Knochensarkom). 

Karg 126 (Magenoperationen). 

Karlinski 403 (Schusswundeninfektion). 

Kasparki 845 (Fremdkörper i. d. Backe). 

Kaufmann 200 (Herniologisches). 

—— 373 (Unfallverletzungen). 

Kayser 387 (Zwerchfellverletzung). 

—— 1080 (Trommelfelldurchlöcherung). 

Kedrowski 565(Cystitisemphysematosa). 

Keen 851 (Chirurgische Komplikationen 
des Typhus). 

—— 1171 (Resektion d. Ganglion Gasseri). 

Kehr 1097 (Gallensteine). 

Kehrer 465 (Angeborene Kopfbrüche). 

Kelling 89 (Osophagoskopie). 

Kellogg 527 (Resorein). 

Kelly 566 (Cystoskop). 


(Ischiadieusdurch- 


Namenverszeichnis. 


Kelynack 377 (Meckel’s Divertikel). 

Kemp 1267 (Narkose). 

Kern 869 (Pirogoff’sche Amputation). 

Keyes 1269 (Blasensteine). 

—— 1285 (Prostatahypertrophie). 

Kiär 1088 (Meißelsonde). 

Kingsbury 189 (Bauchnaht). 

Kirchgässer 459 (Rückenmarkser- 
schütterung). 

Kirchner 669 (Pemphigus). 

—— 690 (Fußgeschwulst). 

Kirmisson 303 (Syphilis). 

—— 317 (Schulterblatthoohstand). 

—— 456 (Knochen-u.Gelenktuberkulose). 

—— 488 (Bericht). 

—— 597 (Angeborene chirurgischeKrank- 
heiten). 

—— 703 (Wadenbeinmangel). 

Kirsch 318 (Sehnentransplantation). 

Kirstein 846 (Nageltrokar). 

—— 1113 (Ösophagoskopie). 

Klapp 115 (Dermoide T Mundbodens). 

Kleinknecht 486 (Fußlipome). 

Klemm 1095 (Nahtmaterial). 

Klink 624 (Urin in der Bauchhöhle). 

Klippel 906 (Pankreaskrankheiten). 

—— 935 (Oberextremitätsentwioklung). 

Knorr 644 (Tetanus). 

Knüpfer 200 (Hemiologisches). 

Knust 320 (Fußgelenkverrenkung). 

Koch 687 (Knieankylose). 

—— 752 (Spiraldrehung des 8 romanum). 

—— 1014 (Tetanus). 

Kocher 213 (Operationslehre). 

—— 408 (Wirbelsäulenverletzungen). 

—— 1120 (Herniendisposition). 

Köhler 27 (Lappenüberpflanzung nach 
Thiersch). 

—— 218 (Allgemeine Kriegschirurgie). 

- — 496 (Resektion der V. saphena und 
Beingeschwüre). 

—— 635 (Arbeitsklaue). 

Kölliker 160 (Schulterblatthochstand). 

—— Th., 746* (Schutzhebel bei Opera- 
tionen am Knochen). 

— —— 1041* (Kongenitale Häftluxa- 
tion, behandelt mit unblutiger Repo- 
sition). 

König 25 (Doppelseitige Luxation der 
Peroneussehne). 

—— 26 (Darmresektionen; Naht). 

—— 485 (Röntgenbild bei Coxitis). 

—— 677 (CystischeKnochengeschwälste). 

—— 759 (Specielle Chirurgie). 

—— 823 (Hodentuberkulose). 

Köppen 173 (Traumatische Gelenkmaus). 

Koerner 102 (Zahnleiden u. Halsdrüsen- 
schwellung). 

Körner 116 (Kehikopfepiegel) 

Körte 134, 380 (Pankreasentzündung). 

—— 281, 751 (Ductus omphalomesenteri- 
cus, Exstirpation; Magen- und Darm- 
operationen). 

—— 625 (Eitrige Bauchfellentzündung). 

Kövesi 1136 Magenchirurgie). 


Bien 


Namenverzeichnis. 


Kofend 1241 (Spontanfraktur bei Sy- 
ringomyelie). 

Kofmann, 8. 993* (Blutleere als Lokal- 
anästhesie). 

Kolischer 250 (Urethritis der Frau). 

Koller 454 (Schusswunden). 

Kopfstein 461 (Pleuraempyem). 

990 (Retrograde Incarceration). 

Korlowski 724 (Prostatahypertrophie). 

K oschier 543 (Luftröhrengeschwulst). 

Kosinski 772 (Hirngeschwulst). 

Kossel 664 (Anthrax). 

Kossobudszki 238 (Terebenglycerin). 

—— 819 (Chelidonium gegen bs). 

Krabbel 1207 (Milzexstirpation). 

Krämer 209* (Desinfektion des Opera- 
tionsfeldes). 

—— 1299 (Varicen). 

Kramer 233* (Operation großer Kno- 
chengeschwülste des Beckeninnern). 
—— W. 521* (Meckel’sches Divertikel). 
Krassnobajew 517 (Pylorusstenose). 
Kraus 850 (Mikroorganismenausschei- 


dung). 

Kre ch e 482 (Schlüsselbeinverrenkung). 

—— 541 (Kropf). 

Kredel 844 (Nasenspalten). 

Kreibisch 666 (Hautkrebs). 

Kreis 118 (Brustbeinfraktur). 

Krentwig 698 (Osteomyelitis). 

Kretschmann 578 (Caries von Hammer 
und Ambos). 

Krogius 910 (Appendicitis). 

— 1004 (Chirurgie der Harnwege). 

Kromayer 502 (Jodoformogen). 

Krönig 662 (Infusions- und Punktions- 
therapie). 

Krönlein 93 (Diphtherie mit Serum). 

—— 113 (Magenoperationen). 

—— 1167 (Cranio-cerebrale Topographie). 

Krompecher1302(Hodenendotheliome). 

Krone 1275 (Varicocele). 

Krüger 73 (Appendicitis). 

1054 (Ureterenverletzungen). 

Krukenberg 152 (Mechanische Heil- 
methoden). 

1203 (Resektion der Cardia). 

—— 1237 (Orthopädische Apparate). 

Krumm 916 (Magenoperationen), 

Kruse 172 (Muskelinterposition bei 
Koochenbrüchen). 

v. Kryger 49 (Knochen- und Knorpel- 
geschwäülste). 

Krylow 261 (Blasensteine). 

Krsystalowicz 794 (Tripper). 

Kudriaschow 953 (Osteomyelitis). 

Kümmel 52 (Röntgenstrahlen gegen 
Lupus). 

—— 99 (Mundkrankheiten). 

—— 111 (Ohrleiden und ihre Kompli- 
kationen). 

—— 406 (Thränen-u. Mundspeicheldrüsen- 
erkrankung). 

Kümmell 133 (Leberchirurgie). 

—— 974 (Recidivirende Perityphlitis). 


Centralbl. f. Chir. 


XVII 


Küster 1245* (Appendicitis oder Epi- 
typhlitis?). 

Küttner 86 (Struma syphilitica). 

—— 435, 622 (Röntgenstrahlen). 

—— 917 (Meckel’sches Divertikel). 

— 1251 Syphilitischer Kropf). 

Kuhn 206 ( LE 

Kumberg 537 (Dermatomyasismigrans). 

— 715 (Örbitalangiome), er 

Kummer 143 (Leberchirurgie). 

—— 205 (Deus). 

—— 343 (Talusfrakturen). 

—— 991 (Darmperforation). 

—— 1297 (Spontanverrenkungen in der 
Hüfte). 

v. Kundrat 743 (Verwaohsungen zwi- 
schen EE u. Leber). 
Kunert 98 (Erkrankungen der Nasen- 

nebenhöhlen). 
Kunkel 987 (Präparate). 
Kusnetzow 1039 (Halsphlegmone). 
Kuss 471 (Torticollis). 
Kuttner 86 (Gastroskopie). 
—— 738 (Magenchirurgie). 
—— 784 (Syphilis). 
Kuzmik 75 (Darmnaht). 


Laccetti 612 (Splenektomie). 

Laehr 657 (Rückenverletzungen). 

Lafourcade 512 (Hämorrhoiden), 

Lambret470 (Rückenmarksverletzungen). 

—— 811 (Clitorisgeschwäülste). 

Lammers 526* (Hydrocelen-Radikal- 
operation unter Lokalanästhesie). 

Lamy 802 (Arterienvernarbung). 

Landerer 31 (Asepsis). 

—— 77 (Spondylitis). 

—— A., 209* (Desinfektion des Opera- 
tionsfeldes). 

—— 758 (Allgemeine Chirurgie). 

Landsteiner 900 (Bakteriendichtigkeit 
der Darmwand). 

Lane 350 (Oxytuberkulin). 

Lang 355 (Harnröhrenverengerung). 

—— 527, 1035 (Lupus). 

Lange 118 (Skoliose). 

—— 132 (Leberchirurgie). 

—— 481 (Orthopädie Hessing's). 

—— 683 (Angeborene Hüftverrenkung). 

— 6% (Tarsalgie). 

—— F. 321* (Spondylitis). 

Langenbuch 382 (Choledochus-Opera- 
tionen). 

—— 385 (Foramina emissaria). 

Langer 909 (Traumatische Lympheysten). 

Lannelongue 364 (Brustdrüsencyste). 

Lannois 1028 (Periaurikulärer Abscess). 

Lanz 445 (Streptococcus). 

—— 886 (Strumitis). 

— 946 (Schilddrüsenpräparate). 

—— 0.,1257*(Traumatische Fettnekrose). 

de Lapersonne 538 (Traumatische 
horizontale Heminugpnie). 

—— 591 (Meningitisn.Orbitaloperation). 

Larrabec 765 (Katgut). 


b 


XVIII 
Lasarew 884 (Pulsirender Exophthal- 


mus). 
Laud el 379 (Mastdarmkrebs). 
Lauenstein 133 (Nabelbruch). 
—— 211* (Schädeltrepanation). 
—— 867 (Fingerversteifung). 
Lauffs 855 (Adenoide Wucherungen). 
Lauin 887 (Kropf). 
Lauwers 88 (Enterektomie). 
Laverde 651 (Lepra). 
Lavrand 957 (Intranasale Synechien). 
Law 232 (Skiaskopie). 
Lebensohn 1132 (Hernien). 
Lebrun 343,591 (Little'sche Krankheit). 
—— 989 Eitrige Peritonitis). 
Ledderhose 162 (Hand- und Fußapo- 
neurose). 
— 674 (Unfallfolgen). 
Leenen 366 (Dermoideysted. Eierstocke). 
Legrain 795 (Syphilis). 
Legueu 48 (Prostatahypertrophie). 
—— 50 (Varicocele bei Nierengeschwül- 


sten). 

—— 53 (Scheiden-Harnröhrenfistel-Ope- 
ration). 

—— 935 (Synovitis tuberculosa). 

Lehmann 315 (Muskelhernie). 

Leibold 482 (Exkursionsfähigkeit der 
Gelenke). 

Leitzbach 828 (Mittelohreiterung). 

Lejars 175 (Kniescheibenbruch). 

—— 293 (Kropf). 

—— 703 (Kniescheibenbandosteom). 

—— 800 (Chirurgie der Leber- 
Gallenwege). 

—— 951 (Subphrenischer Abscess). 

—— 1247 (Arterienserreißungen). 

Lemaitre 386 (Ösophagotomie). 

Lennander 90* (Bauchschnitt). 

—— 374 (Gefäßkompression bei Bauch- 
operationen). 

—— 396 (Darmverschluss und Darm- 
enge). 

—— 771 (Röntgenstrahlen bei Hirnchir- 
urgie). 

—— 976 (Magen- u. Duodenalgeschwür). 

van Lennep 637 (Appendicitis). 

Lennhoff 1104 (Nierenlage). 

Leo 865 (Osteosarkom). 

Lermoyez 1242 (Recurrenslähmung). 

Lesn& 1035 (Staphylokokkhämie). 

Lesser 301 (Geschlechtskrankheiten u. 
Volksgesundheit). 

Letulle 625, 626 (Appendicitis). 

Leube 631 (Magengeschwür). 

Levai 479 (Gefahren der Karbolanwen- 
dung). 

Levin 796 (Stomatitis mercurialis). 

Levings 1289 (Nervenverletzungen). 

v. Levschin 311 (Osteoplastische Unter- 
schenkelverlängerung). 

Levy 169 (Skiaskopie). 

—— 196 (Gebiss in der Speiseröhre). 

—— 881 (Resektion der Speiseröhre). 

Levy-Dorn 170 (Skiaskopie). 


und 


Namenverzeichnis. 


Levy-Dorn 617* (Lagebestimmung der 


Fremdkörper mittels Röntgendurch- 
leuchtung). 
Lewaschow 1255 (Bauchhöhlen-Neu- 
bildungen). 


Lewerens 386 (Laparotomie, Ösophagus- 
stenose). 

Lewinsohn 174 (Dehnung des N. ischia- 
dicus). 

Lexer 959 (Urachusfistel). 

Libow 1210 (Darmenge). 

Lichtwitz 539 (Ohrleiden). 

—— 846 (Osteomyelitis der Kiefer). 

—— 847 (Zungensarkom). 

Lieblein 420 (Aneurysma racemosum). 

Liermann 129, 359*, 1204 (Vaginale 
Mastdarmoperationen). 

Lilienthal 1265 (Lokalanästhesie). 

Limacher 1303 (Blutgefäßendotheliome 
der Struma). 

Lindfors 1168 (Hirnbrüche). 

Lindner 584, 738 (Magen - Darmchirur- 


e). 

Be 589, 908 (Gefäßnaht). 

Lindt 829 (Nebenhöhleneiterung). 

Link 932 (Nierenzerquetschung). 

Litzenfrey 1287 (Samenstranglipome). 

L j ungren 649 (Hauttransplantation). 

Ljunggren 722 (Harnröhrenplastik). 

—— 725 (Doppelharnblase). 

Llobet 940 (Klinischer Bericht). 

Lloyd 390 Appendicitis] 

Lochte 343 (Peripheres Gangrän). 

Löhlein 385 (Nierenzerreißung). 

Löhnberg 1239 (Vibrationsmassage). 

Loew 70 (Plastik). 

—— 560 (Posttyphöse Eiterung). 

Löwenbach 272 (Geschwülste der Sub- 
maxillarspeicheldrüse). 

Löwenthal 169 (Beinbade- u. Dampf- 
badewanne). 

Lohse 385 (Präparatdemonstrationen, 
Ösophagusruptur). 

Londe 560 (Köntgenstrahlen). 

Long 663 (Lepra)... 

Longard 1193* (Athermaske). 

Longuet 105 (Lungenchirurgie). 

—— 895 (Geschwülste des Brustkorbes). 

—— 1202 (Mastdarmgeschwülste). 

Lorenz 78 (Spondylitis). 

—— 155 (Spastische Gliederstarre). 

—— 682 (Hüftkontrakturen). 

— A, 157, 1235 (Angeborene Hüftver- 
renkung). 

Lossen 675 (Knochenbrüche und Ver- 
letzungen). 

—— 1180 (Rhinoplastik). 

Lotheissen 115 (Geschwülste d. Gland. 
submax.) 

—— 197 (Bauchverletzungen). 

— 416 (Stirnbeins-Depressionsfraktur). 

—— G. 548* (Radikaloperation d. Schen- 
kelhernien). 

—— 630 (Blasenbrüche). 

—— 1015 (Brustdrüsentuberkulose). 


Namenvergeichnis. 


Lotheissen 1308 (Tabische Hüfterkran- 


kung). 
Lovett 318 (Habituelle Schulterverren- 
kung). 
1014 (Doppeltes Teratom). 
Ludewig 68 TMittelohreiterung). 
Ludwig 185 (Äthylenchlorid). 
Lübbe 1111 (Harnröhrencyste). 
Luedecke 177 (Galvanokaustisches Pro- 
statotom). 
Lüning 169 (Orthopädischer Instituts- 
bericht). 
Lüscher 886 (Strumitis). 
Luria 205 (Anastomosenbildung). 
Lusk 242 (Hautimplantation). 
Lyssenkow 941 (Chirurgie des Nerven- 
Systems). 


Maas 22, 291, 670 (Spina bifida occulta). 

—— 150 (Celluloidverbände). 

—— 1174 Beil 

Macewen-Rudloff 841 (Infektiös- 
eitrige Erkrankungen des Gehirns u. 
Rückenmarkes). 

Macdonald 1298 (Kniescheibenbruch). 

Mackenrodt 55 (Exstirpatio uteri). 

Madelung 1216 (Leberinfektion). 

Mader 1155 (Status thymicus u. Chloro- 
formnarkose). 

Maffei 792 (Jahresbericht). 

Maffucei i81 (Ätiologie d. Geschwälste). 

—— 1281 (Serotherapie der Tuberkulose). 

Maillefert 315 (Unfallheilkunde). 

Majewski 1013 (Eiterbecken). 

Malherbe 53 (Blasengeschwälste). 

—— 664 (Hautparasiten). 

—— 944 (Halschirurgie). 

—— 1029 (Chirurgie des Gesichts). 

—— 1080 (Warzenfortsatzzellen). 

Manchot 312 (Syphilis hereditaria und 
Pemphigus). 

Manguli 466 (Noma). 

Mannaberg 388 (Darmschuss). 

Mans 177* (Regionäre Cocainanästhesie). 

Mare 1009 (Blasensteine). 

Marchant 472 (Basedow). 

Marckwald 1103 (Harnleiter- u. Harn- 
blaseneysten). 

Marcus 1241 (Geschoss in der Zungen- 
beingegend). 

Marouse, J. 1300* (Luxationen). 

Marcy 238 (Naht). 

Marfan 1168 (Meningitis tuberculosa). 

Marie 1241 (Kyphose). 

Marks 107 (Cephalhämatom). 

Marinesco 540 (Rückenmarksatrophie 
wegen Fingermangel). 

Martel 796 (Syphilis). 

— 1285 (Blasengeschwülste). 

Martha 539 (Nasenpolypen). 

Martin 883 (Diphtherie). 

—— 933 (Gefäßunterbindung bei Uterus- 
myomen). 

Martinelli 1307 (Fingermissbildungen). 

Martini 1264 (Gastroenterostomie). 


XIX 


Martinotti 865 (Polymyositis). 

Martuscelli 1030 (Sarkom der Zungen- 
beintonsille). 

—— 1083 (Nasengeschwülste). 

Martynow 843 (Neuralgie des N. Isery- 
malıs). 

Marx 1156 (Osteomyelitis). 

Masse 1036 (Kopfverletsung). 

Massei 1229 HKehlkopfpapi lome). 

Massey 8 (Krebsbehandlung). 

Matas 416 (Kolostomie). 

Mathes 700 (Verrenkung des Radius- 
köpfchens). 

Mathews 918 (Mastdarmeysten). 

Matwejew 1033 (Echinokokken). 

Maximow 823 (Phlebolithen d. Samen- 
stranges). 

—— 1036 (Schädelgeschwülste). 

Maydl 1201 (Jejunostomie). 

Mayer 290 (Laminektomie). 

—— 996 (Arterielle Luftembolie). 

—— 1075 (Therapeutische Anwendung 
chemischer Eitetung)- 

v. Mayer 983 (Künstlicher After). 

Maylord 188(Operationen am Nahrungs- 
kanal). 

Mays 30 EE 

de ega heies 867 (Wachsthums- 
behinderung des Armes). 

Meier 572 (Bakterienfunde bei Phthi- 
sikern). 

—— 592 (Otitische Hirnabscesse). 

Meinert 1040 (Tetanie). 

Meleschko 912 (Herniologie). 

Melun 103 (Pott’scher Buckel). 

Ménard 658, 770 (Pott’scher Buckel). 

—— 701 (Hüftgelenkstuberkulose). 

Menci&re 1256 (Gastroenterostomie). 

Mendel 12 (Physiologie u. Pathologie 
der Nasenathmung). 

Mendelnohn 590 (Krankenpflegesamm- 
ung). 

Menge 349 (Handasepsia). 

Merciöre 315 (Entwicklungsstörungen). 

Merkel 690 (Tarsalgie). 

Merkens 1058 (Gehirnabscesse; Struma 
cystica mit Amöben). 

Merlin 912 (Herniologie). 

Mermod 535 (Kehlkopfendoskop). 

Metzner 452 (Röntgenstrahlen). 

Meuciöre 1046 (Knochenbrüche u. Ver- 
renkungen). 

—— 1307 (Fingermissbildungen). 

—— 1309 (Angeborene Pseudarthrose). 

Meusser 747 (Appendicitis). 

Meyer 9 (Riesenzellenbildung bei Jodo- 
form). 

—— 20* (Paraartikuläre Phlegmone, durch 
Gonokokken erzeugt). 

—— 76 (Darmnaht). 

—— 668 (Lichen ruber). 

—— 711 (Prostatahypertrophie). 

—— 1110 (Fettgewebsnekrose). 

—— 1135 (Magenchirurgie). 

Meyjes 581 (Nasennebenhöhlen). 


b* 


XX 


Mibelli 668 (Tinea Gruby). 

Michaelis 572 (Bakterienfunde b. Phthi- 
sikern). 

Michailow 821 (Paranephritis). 

—— 1249 (Syphilisoperationen). 

Michaux 338 (Laparotomie). 

Michelis 1188 (Sohädelwunde). 

Mihailovski 797 (Splenektomie). 

Mihajlović 316 (Entwicklungsstö- 
rungen). 

Mikule 567 (Harnleiteraffektionen). 

Mikulios 9 (Aseptische Wundbehand- 
lung). 

—— 118 (Magenoperationen). 

—— 99 (Mundkrankheiten). 

—— 631 (Magengeschwür). 

Milchner 973 (Tetanusgiftbindung). 

Milian 1129 (Appendicitis). 

Milton 261 (Blasensteine). 

Minard 267 (Schädeltuberkulose). 

Minervini 261 (Nierengeschwülste). 

Minor 923 (Lumbalschmerz u. Ischias). 

Mintz, W. 660* (Korsetttechnik). 

—— 914 (Herniologie). 

Miot 1080 (Trommelfelldurchlöcherung). 

—— 1088 (Rhinolith). 

Miralli& 470 (Torticollis). 

Mjassnikow 1212 (Dünndarm-Gebär- 
nutterfistel). 

Mlodzejewski 544 (Endotheliom von 
Pleura und Perikard). 

Möller 65 (Knochenerkrankung nach 
Typhus). 

—— 488 (Tetanus). 

—— 963 (Hydrencephalocele). 

Mohr 391 (Hernien). 

Moingeard 672 (Brustwunde). 

Molteni 931 (Singultus bei Cystitis). 

Monin 1078 (Gerüche des menschlichen 
Körpers). 

Monks 1224 (Nasenplastik). 

Monod 81 (Invagination). 

—— 85 (Perforationsperitonitis). 

—— 1107 (Eitrige Annexitis). 

—— 1197 (Appendieitis). 

Monprofit 1124 (Pylorusenge). 

—— 1135 (Magenchirurgie). 

Monsehr 175 (Oberschenkelbrüche). 

Moore 476, 939 (Ligaturen u. Suturen). 

Morelli 1227 (Carotisaneurysma). 

Morer 615 (Varicocele). 

Morestin 1159 (Schulterblattbruch). 

Morgenroth 222 (Aseptische Verband- 
stoffe). 

Mori 827 (Perkussion bei Gehirnkrank- 
heiten). 

Morian 1148 (Myositis ossificans). 

—— 1208 (Pankreasnekrose). 

Morisani 201 (Herniologisches). 

Morison 743 (Pylorektomie). 

Morrihy 149 (Bacterium coli-Toxine bei 
Tuberkulose). 

Morris 83 (Tuberkulin). 

—— 927 (Nierenchirurgie). 

Morton 119 (Lungenabscess). 


Namenverzeichnis 


Morton 833 (Kataphorese in der Zahn- 
heilkunde). 

—— 1050 (Genu valgum). 

—— 1285 (Prostatahypertrophie). 

v.Mosetig-Moorhof826(Chirurgische 
Technik). 

—— 378 (Kolostomie). 

—— 1137* (Konochendefektsverschluss 
durch Hautlappen). 

Most 871 (Echinokokken an den Ge- 
fäßen). 

—— 992 (Echinokokken der Bauchhöhle). 

Moty 721 (Harnfistel). 

—— 846 (Osteomyelitis der Kiefer). 

—— 1268 (Prostatahypertrophie). 

Mouchet 1307 (Fingerverrenkungen). 

Moullin 842 (Schädeloperationen). 

Moure 110, 112 (Ohrleiden und ihre 
Komplikationen). 

—— 285 (Ohrleiden). 

—— 408 (Rachenmandel). 

—— 581 (Nasennebenhöhlen). 

—— 827 (Mittelohreiterung). 

Mouret 287 (Ozaena). 

Muha 930 (Harnröhrenplastik). 

Mühsam 383 (Köntgenstrahlen bei ex- 
perimenteller Tuberkulose). 

—— 793 (Gonorrhoische Gelenkentsün- 
dungen). 

—— 1056 (Seltene Hodentumoren). 

Müller 11 (Röntgenstrahlen). 

—— 66 (Anästhetica). 

138 (Knochenabscesse). 

147 ee Ten: 

161 (Habituelle Schulterverrenkung). 

— E., Stuttgart, 193* (Wladimirow- 
Mikulics’sche Operation). 

—— E. 300* (Achillessehne bei Kontrak- 
tion der Wadenmuskulatur). 

454 (Schusswunden). 

569* (Federnder Unterschenkel). 

578 (Mittelohrfreilegung). 

674 (Nachbehandlung von Ver- 
letsungen). 

—— 773 (Hirnabsoess). 

—— R. 774 (Obrleiden). 

—— 1233 (Embryome). 

Muchard 1131 (Hernien). 

Mugnai 466 (Exstirpation des Ganglion 
Gasseri). 

—— 1263 (Laminektomie). 

Mulder 397 (Bauchgeschwülste). 

Mulert 1064 (Zerreißung der Art. po- 


plitea). 
Murawjeff 405 (Diphtherie). 
Murphy 638 (Ileus). 
Murray 290 (Pott'scher Buckel). 


N aegeli 664 (Hauttuberkulose). 

Nagel 647 (Bubonen). 

Nannotti 140 (Milzchirurgie). 

Narath 196 (Chirurgie von Speiseröhre 
u. Kehlkopf). 

Nasi 202 (Herniologisches). 

Nason 801 (Bösartige Geschwülste). 


Namenverzeichnis. 


Nassauer 734 (Bauchfelltuberkulose). 

Nasse 307 (Krankheiten der unteren 
Extremitäten). 

—— 383 (Präparatdemonstration). 

—— 587 (Halsrippe; Aneurysma der Art. 
femoralis). 

—— 1272 (Nierenserreißung). 

Natoli 365 (Varicocele). 

Naumann 494 (Bruch des Sprungbeins). 

Neisser 302 (Syphilis). 

—— 600 (Tri Den 

Nelaton 139 (Mastdarmchirurgie). 

—— 913 (Herniologie). 

Neugebauer 489 (Nekrotomien). 

—— 516 (Eingeklemmte Brüche). 

Neuhaus 794 (Tripper). 

Neumann 39 (Getrennte Urinauffangung). 

—— 68 (Skrofulose). 

—— 655 (Keratom). 

—— 149 (Retroperitonealbruch). 

Newman 1229 (Vagusdruck). 

Nicodemi 295 (Pleurotomie). 

Nicoladoni 15 (Daumenplastik). 

Nicolai 224 (Sanitätsdienst im Gefecht). 

—— 697 (Trage für Verletzte). 

Niebergall 924 (Gonorrhoe). 

Nikolaysen 247 (Gonokokken u. Go- 
norrhoe). 

Nimier 480 (Frakturverbände). 

—— 1274 (Varicocele). 

Nob£&court 1166 (Antitoxische Wirkung 
der Nervencentren). 

Noetzel 5 (Bakterienresorption frischer 
Wunden). 

—— 105 (Peritoneale Resorption u. In- 
fektion). 

—— 571 (Granulationsinfektion). 

Noguès 51 (Gonokokkenfreie Urethritis). 

—— 808 (Orthoform bei Blasenleiden). 

—— 1000 (Gonorrhoe). 

—— 1007 (Prostatahypertrophie). 

Noirot 69 (Bauchwandfibrome). 

Noquet 288 (Nasengeschwülste). 

—— 1239 (Parosmie). 

Novö-Josserand 810 (Hypospadie). 


Obermayer 445 (Sekundäre hyper- 
partiske Ostitis). 

Oberst 554 (Röntgendurchleuchtung). 

Obrastsow 981 (Blinddarmkrebs und 
Blinddarmtuberkulose). 

Oohsner 505 (Hernien). 

Ohmann-Dumesnil 344 (Pemphigus). 

—— 1252 (Schanker u. syphilitische Ge- 
sohwüre). 

Okada 830 (Nasenpolypen). 

Okladnych 1127 (Oesophagotomia ext). 

Oliva 916 (Magenoperationen). 

Ollier 1060 (Gelenkverbindung). 

Ombr&danne 913 (Herniologie). 

Oppel 1039 (Verletzungen der V. jug. 
int. 


) 
Oppenheim 998 (Neurofibrome). 
Orlandi 350 (Antidiphtherisches Serum). 
Ortuani 1225 (Zungenkrebs). 


XXI 


Osler 843 (Vergrößerung der Thränen- 
und Speicheldrüsen). 

—— 1283 (Schilddrüsensaft bei Sklero- 
derma). 

Otis 635 (Mastäarmspiegel) 

Oudin 243 (Röntgenstrahlen). 

—— 296 (Haut- und Schleimhautleiden). 


de Pace 1254 (Ohylöser Bauchfellerguss). 

Paci 491 (Fingerverrenkung). 

Page 906 (Pankreaskrankheiten). 

Palleroni 1110 (Leberechinocoocus). 

Pantaloni 471 (Kehlkopfchirurgie). 

—— 1211 (Darmtuberkulose). 

Panton 199 (Perforirendes 
geschwür.) 

de Paoli 827 (Perkussion bei Gehirn- 
krankheiten). 

Parascandolo 291 (Spina bifida). 

—— 410 (Brust- u. Baucherschütterung). 

Park 532 (Nasenbakterien). 

—— 1042 (Krebs). 

Parkhill 1294 (Knochenklammern). 

Parlavecchio67(Chirurgische Semiotik). 

—— 910 (Intraabdominelle Verletzungen). 

Parona 263 (Samenstranggeschwulst bei 

torchismus). 

—— 919 (Malariamils). 

Parrozzani 894 (Herzwunden). 

—— 1125 (Magenresektion). 

Parta 1264 (dastroenterostomie). 

Partsch 75 (Tempor. Gaumenresektion). 

Pascale 1278(Vaginalitis testiculi chron.). 

—— 1279 (Decorticatio pulmonis). 

Pasteau 436 (Harnröhrenverengerung b. 
Weibe). 

Patry 232 (Schädelschüsse). 

Paul 542 (Kropf). 

—— 1123 (Pylorusenge). 

Payr 499* (Bier’sche Amputations- 
technik). 

—— 966 (Nierenschuss). 

—— 1064 (Fettembolie nach Kontraktur- 
streckung). 

Péan 338 (Mastdarmkrebs). 

Pearce 890 (Diphtherie). 

Pedotti 107 (Brustdrüsen: Weg 

Peham 120 (Sarkom des Kreusbeines). 

—— 1125 (Gastroenterostomie). 

Pekoslawski 289 (Gesichtskrebs). 

Pellissari 795 (Syphilis). 

Pendl 422 (Rhabdomyom der Zunge). 

Perman 990(PeritonealeVerwachsungen). 

Peroni 1268 (Gonorrhoe). 

Perr&e 553 (Röntgendurchleuchtung). 

Perthes 32 (Operationshandschuhe). 

— 97, 353 (Empyem). 

Perutz 314 (Osteomyelitis). 

Petersen 148 (Chirurgie der Leber und 
Gallenwege). 

Petrow 518 (Dünndarmgeschwulst). 

Petruschky 1024 (Serumtherapie). 

—— 1240 (Noma). 

Peyrissao 294 (Fremdkörper i. d. Luft- 
wegen). 


Typhus- 


XXI 


Peszoli 1250 (Gonorrhoe). 

Pfannenstiel 264 (Chlorsinkätzung d. 
Uterus). 

Pfeiffer 272 (Rückgratsverkrümmung). 

Pförringer 962 (Hirncysticercus). 

Phocas 120 (Steißgeschwulst). 

— 1121 (Hernienf, 

—— 1175, 1192 (Spondylitis). 

Picard 793 (Gonorrhoische Prostatitis). 

Piocardi 302 (Syphilis). 

Piöchaud 343 (Anastomose d. Sehnen). 

Pielioke 455 (Syphilitische Gelenker- 
krankungen). 

Pillon 265 (Traumatisch aseptisches 
Fieber). 

Pini 665 (Granuloma trichophyticum). 

Pinkus 649 (Rudimentäre Talgdrüsen). 

—— 1276 (Atmokausig). 

Pinner 715 (Nierenchirurgie). 

Pischinger317 (Schulterblatthochstand). 

Pitot 226 (Verwundete vor Tananariva). 

Pitsch 1159 (Scapulahochstand). 

Plücker 1150 (Verletzungen). 

—— 1151 (Extremitätenmissbildungen). 

Pluder 582 (Mandelbedeutung). 

Podasca 183 (Rots). 

Podres, A. 593* (Uretero-oysto-neosto- 
mia), 

—— 894 (Herzwunden). 

—— 981 (Gastro- u. Enteroanastomosen). 

Poncet 339 (Mykose). 

Ponne 822 (Epitheliom d. Hodensacks). 

Pont 936 (Knöchelbruch). 

Popoff 10 (Ather). 

Popow 1095 (Sublimatwirkung). 

Poppert 110 (Bauchschuss). 

—— 150 (Chirurgie der Leber u. Gallen- 
wege). 

—— 575 (Seidenfadeneiterung). 

Porges 394 (Magenchirurgie). 

—— 568 (Hodengeschwulst und Samen- 
stranglipom). 

—— 1157 (Muskelzugverletzungen). 

Poroschin 819 (Verletzung der Harn- 
wege). 

Port 622 (Improvisationsarbeiten). 

—— 1308 (Tuberkulöse Hüftentsündung). 

Pott 354 (Beschneidung). 

Pousson 47 (Lithotripsie). 

—— 951 (Mastopexie). 

Power 293 (Helsiymphangiom). 

Powers 414 (Operationsberichte). 

Preindlsberger 1154 (Krankenhaus- 
bericht). 

—— 1155 (Tetanus; Fistula colli conge- 
nita mediana). 

Preyss 1242 (Halslipome). 

Prochnow 398 (Hohlgänge in d. Steiß- 
Aftergegend). 

Prota 1030 (Sarkome der Zungentonsille). 

Prutz 146 (Mastdarmkrebs). 

—— 1063 (Lufteintritt in das Knie). 

Pupovac 1305 (Endotheliom). 

Pyle 807 (Medicinische Anomalien und 
Absonderlichkeiten). 


Namenverzeichnis. 


@Qu£nu 105 (Lungenchirurgie). 

—— 338, 379, 948 (Mastdarmkrebsopera- 
tionen). 

—— 562 (Basedow). 

—— 745 (Mastdarmoperstionen). 

—— 786 (Chirurgie der Leber u. Gallen- 
wege). 

—— 870 (Fußverrenkungen). 

—— 895 (Geschwülste des Brustkorbs). 

de Quervain, F. 839* (Dünndarminva- 
gination). 

—— 949 (Dermoide des Beckenbinde- 
gewebes). 

—— 1288 (Bauohgeschwülste). 


WR achford 1028 (Migräne u. Epilepsie). 

Radinger 168 (Serotherapie). 

Radsziszewski 294 (Fremdkörper i. d. 
Luftwegen). 

Railton 891 (Kehlkopfgeschwülste). 

Ra mmstädt 1160 (Oberarmbruch). 

Ranneft 174 (Angeborene Oberschenkel- 
kniokung). 

— 8. B. 789* (Multiples, spontanes 
Keloid der Zehen). 

Ransohoff 415 (Subkutane Brüche). 

Raoult-Delongehamps 432 (Staphy- 
lococoug pyogenes). 

Raoult 964 (Tonsillitis). 

Rasumowsky 1102 (Blasennaht). 

Ratynski 1104 (Nephrektomie). 

Reboul 846 (Osteomyelitis der Kiefer). 

Rebuschini 66 (8erotherapie). 

Reclus 139 (Mastdarmchirurgie). 

—— 150 (Eukain). 

Redard 1172 (Torticollis). 

Reed 251 (Nephropezie). 

Rehn 90 (Speiseröhrenoperationen). 

Reichard 87 (Magenresektion). 

—— 587 (Nabelgeschwüre). 

—— 588 (Sarcoma femoris, Gallenblasen- 
Solitärstein). 

Reichel 577 (Erwerbsfähigkeitabschät- 


zung). 
Reimers 206 (Teus). 
Reinbach, G. 545* (Chemie d. Colloids 
der Kröpfe). 
— 668 (Elephantiasis congenita). 
—— 835 (Retroviscerale Kröpfe). 
—— 1031 (Organotherapie des Kropfes). 
Reinhard 488 (Tetanus). 
Reinhardt 469 (Rückenmarksverletzun- 


gen). 
—— 660 (Knochensarkom). 
—— 1299 (Distorsionen im Fußgelenk). 
Reille 505 (Hernien). 
Reiss 245 (Xeroderma pigmentosum). 
Reitsenstein 731 (Speiseröhrendiver- 
tikel). 
Rendu 1129 (Appendicitis). 
Renton 515 (Perforirtes Mogengeschwür). 
de Bensi 884 (Lungenbrustfellkrebs). 
Respighi 832 (Hyperkeratose d. Mund- 
schleimhaut). S 
Reverdin 339 (Aneurysma cirsoides). 


Namenverzeichnis. 


Reverdin 1044 (Wundnaht). 
Rewidsoff 86 (Gastroskopie). 
Reymond 48 (Hamröhren-Scheideneite- 


rung, 
Deel 406 (Skiaskopie). 
Rhoads 489 (Schlüsselbeinverrenkung). 
Ribbert 999 (Angiome, Cystenbildung). 
—— 649 Epithel- und Dermoidcysten). 
—— 1195 (Neubildung und Trauma). 
Ricard 419 (Knochenein, Manzung). 
Richardson 416 ( Zonen rosis; 
Darmdrehung und Resektion). 
—— 1110 (Cholecystitis). 
Richelot 961 (Hysterektomie). 
Rieketts 195 (Unterbindung d. A. oarot. 


com.) 

Ried 185 (Infiltrationsanästhesie). 

Riedel 109 (Chronische Peritonitis). 

—— 178 (Galvanokaustisches Rachen- 
ringmesser). 

—— 639 (Ileus). 

—— 983 (Gallensteinkolikanfall). 

Rieder 681 (BTuchondrosencariee) 

—— 783 (Syphilis). 

Riedinger 693* (Knochenbefund in der 
Plantarfaseie). 

—— 1046 (Orthopädisch-ambulatorische 
Behandlung). 

Riegler 183 (Rotz). 

Riese 584 (Luxation d. Peroneussehnen). 

—— 585 (Cystenganglion; Osteomyelitis 
der Wirbel). 

Riether 395 (Darmverschluss u. Darm- 


enge). 

Riggenbaoh 453 (Wundenkeimgehalt). 

Rindfleisch 249 (Gonokokken u. Go- 
norrhoe). 

Ringel 1221° (Diagnose der Nephro- 
lithiasis durch Röntgenbilder). 

Rissmann 304 (Osteomalakie). 

Rizzini 296 (Muskelechinococeus). 

Rizszo 1267 (Urineinspritsungen). 

Robert 223 (Pikrinsäure). 

Roberts 276, 414 (Perikarditis). 

Robineau 855 (Phlebitis).! 

Rochard 967 (Extra-uterin-Schwanger- 
schaft). 

Rochet 440 (Blasenabscesse). 

—— 605 (Prostatahypertrophie). 

—— 1191 (Spina bifida). 

—— 1285 (Blasengeschwälste). 

Rockwell 925 (Haut- u. Schleimhaut- 
leiden). 

Rodman 1266 (Narkose). 

Roelen 165* (Traumatische Epithel- 
cysten). 

Rogers 206 (Ileus). 

Rohmer 237, 596 (Allgemeine Chirurgie). 

Rolando 1105 (Exstirpation d. Scheiden- 
haut). 

1230 (Thyroidektomie). 

Romme 268 (Tuberkulöse Meningitis). 

Rommerskirch 1134 (Magenchirurgie). 

Roneali 1261 (Kleinhirnexstirpation). 

Rosa 544 (Brustbeinsarkom). 


XXIII 


Rose 29 (Diphtherieheilserum; Tetanus- 
heilserum). 

—— 88 (Kothverstopfung der Brüche). 

—— 128 (Mastdarmgeschwülste). 

—— 171 (Eigenartige Berufskrankheit). 
—— 718 (Römisches Militärspital; Ver- 
stopfung des Ductus choledochus). 
—— 720 (Freie Knochen in den Gelenken). 
Rosenberger 168 (Kniescheibenbruch). 
Rosenfeld 1271 (Cystitis und Pyelitis). 
Roser, K. 122* (Kiefergelenksankylose). 

—— 297* (Darmschirm). 

Rosinski 56 (Krebsübertragung). 

Rossier 56 (Ektopische Schwanger- 
schaft). 

Roth 216 (Jahresbericht). 

—— 1052 (Resectio tibio-calcanea). 

—— 1305 (Myositis ossificans). 

Rothschild 1244 (Retrosternale Cyste). 

Rotter 214 (Operationslehre). 

—— 384 (Sarkom d. Oberarmknochens). 

—— 987 (Mammacareinom). 

—— 988 (Polyposis recti und Adenoma 
malignum; Sigmoidea-Rectostomie). 
Rouger 1127 (Falsche Bauchgeschwülste). 

Roux 400 (Lebergeschwülste). 

—— 508 (Gastroenterostomie). 

—— 776 (Rankenaneurysma). 

Roux de Brignoles 484 (Ellbogen- 
brüche). 

—— 656 (Wirbelbruch). 

Rovsing 603 (Infektiöse Krankheiten 
der Harnorgane). 

Rubez 859 (Tendovaginitis). 

Rubinstein 46 (Lokalanästhesie). 

—— 469 (Halsverletzung). 

—— 1244 (Lungenkrebs). 

Ru ggi 812 (Vorfall der weiblichen Ge- 
sohlechtsorgane). 

—— 968, 1000 (Laparotomien). 

—— 1280 (Gebärmutterlageveränderung). 

—— 1287 (Vaginale Hysterektomie). 

Ruini 872 (Beingeschwüre). 

Ruprecht 1004 (Kathetersterilisation). 

Russel 1114 (Speiseröhrenstriktur). 

Rydygier 458 (Muskellappentransplan- 
tation). 


Sabrazes 940 (Speicheldrüsenhyper- 
trophie). 

Sacchi 722 [Prostatahypertrophie). 

Sacharjan 1094 (Tetanusbacillen). 

Sachs 313 (Gymnastischer Apparat). 

Sack 326 (Ichthalbin). 

—— 331 (Tuberkulosen). 

Sänger 558 (Sterilität beim Mann). 

Sainton 488 (Bericht). 

Sajous 825 (Encyklopädie der Medicin). 

8 aen 573 (Myositis ossificansg). 

Salog 879 (Lokalanästhesirung b. Zahn- 
extraktionen). 

Salomoni 36 (Prostatahypertrophie). 

1279 (Tuberkulöse Lungenaflek- 
tionen). 

Salzwedel 42 (Spiritusverbände). 


XXIV 


v. Samson-Himmelstjerna 654 
(Hautmaulwurf). 

de Sanctis 263 (Variocele). 

Sandelin 1005 (Harnröhrenkrebs). 

8anesi 1112 (Prostatahypertrophie). 

Bargnon 1228 (Kehlkopfenge). 

Saul 764 (Alkoholdesinfektion). 

Savariaud 741 (Magengeschwür). 

Sawicki 316 (Riesenwuchs). 

Sohäffer 248 (Gonokokken und Gonor- 
rhoe). 

Schans 683 (Angeborene Hüftverren- 
kung). 

—— 885 (Pott’scher Buckel). 

—— 1294 (Orthopädische Apparate). 

Schapiro 207 (Sarkom der inneren 
Organe). 

Scohaposchnikoff 106, 1231 (Perikar- 
ditis). 

Schech 1038 {Keilbeincaries). 

Schede 1001 (Brustfell- und Mittelfell- 
raumerkrankungen). 

— 1176 (Epilepsie). 

Scheibe 286 (Felsenbeinbrüche). 

Schenke 1037 (Stirnhöhlenerkrankung). 

Scheuber 661 (Tuberkulin R). 

Scheuer 879 (Lokalanästhesirung bei 
Zahnextraktionen). 

—— 987 (Pseudarthrosis humeri). 

v.Schiemann 1310 (Talusverrenkung). 

Schiff 663 (Röntgenstrahlen in der 
Dermatotherapie). 

Schiller 1044 (Gonorrhoe). 

Sohilling 200 (Herniologisches). 

Schlatter 204, 1135 (Magenchirurgie). 

Schleich 550 (Infiltrationsanästhesie). 

Schlesinger 330 (Syringomyelie). 

—— 418 (Operirte Hirngeschwulst).| 

—— 743 (Pylorusgeschwülste u. Leber). 

—— 768 (Rückenmarks- und Wirbel- 
geschwulst). 

— 1035 (Hirnsyphilis). 

Schloffer 6 (Heilung per primam). 

— 1189 (Traumatische Apoplexie). 

Schmeltz 46 (Gynäkologie). 

Schmid 118 (Wirbelsäulenmissbildung). 

Schmidt 556 (Harnröhrenstrikturen). 

—— 1112 (Knochenfragmente in den 
Harnwegen). 

—— 1136 (Invagination des Colons nach 
Pylorusresektion). 

Schmitt 1115 (Unterleibsverletzungen). 

Schneider 1013 (Heiße Luft gegen 
Nieren- und Leberblutungen). 

Schnitzler 903, 912 (Herniologie). 

— 915 (Krampfgeschwulst d. Magens). 

Scholtz 82 (Miskelechinococcus). 

—— 259 (Vorfall der weiblichen Harn- 
röhre). 

Scholz 1211 (Jejunostomie). 

Schrank 174 (Schenkelbeugencyste). 

v. Sohrötter 996 (Arterielle Luftem- 
bolie). 

Schtschegolew 
ostomie). 


1210 (Gastroenter- 


Namenverseichnis. 


Schubert 488 (Tetanus). 

Schuchard 115 (Magenoperationen). 
Schüller 239 (Künstliche Athmung). 
—— 490 (Gelenksteifigkeit). 

Schütz 162 (Mittelhandknochenverren- 


kung). 

Schulte 310 (Fußgeschwulst). 

—— 485 (Federnde Finger). 

af Schult&n 203 (Haargeschwulst im 
Magen). 

—— 756* (Blutstillung durch Angio- 
tripsie). 

—— 910, 1130 (Appendicitis). 

—— 1006 (Prostata! Ypertrophie). 

Schulthess 104 (Skoliose). 

—— 169 (Orthopädischer Institutsbericht). 

—— 1141 (Spastische Gliederstarre). 

Schultze 1109 (Pneumonie nach Äther- 
und Chloroformathmung). 

—— 1181 (Gesiohtslupus). 

Schulz 108 (Hämatom). 

—— 195 (Ruptur der A. poplitea). 

—— 288 (Oberkieferresektion). 

—— 751 (Darmenge nach Brucheinklem- 


mung). 

Schulze 1237 (Orthopädische Apparate). 

Schwalbach 1055 (Innere klem- 
mungen). 

Schwalbe 258 (Lymph iosarkom). 

—— 1079 (Anatomie des Öhres). 

Schwartz 339 (Lähmung nach Narkose). 

—— 821 (Hydronephrose). 

Schwarz 142 (Gekrösgeschwülste). 

—— 588 (Röntgenbilder). 

—— 748 (Appendieitis). 

—— 824 (Gebärmutterexstirpation). 

—— 1133 (Magenchirurgie). 

Schwyser 933 (Morbus Addisonii). 

Scudder 866 (Schulterverrenkung). 

Seelhorst 832 (Unterkieferbrüche). 

— 865 (Schussverletsungen). 

Seganti 1267 (Auswaschung 'des Peri- 
toneums bei Peritonitis tuberculosa). 

Seggel 231 (Schädelschüsse). 

Segond 144 (Leberchirurgie). 

Sehrwald 876 (Fremdkörperlagerung). 

Selcke 1121 ne 

Beldowitsch 1062 (Gelenke überzähliger 
Finger). 

Selenkoff 750 (Pylorusenge). 

Selenkow 517 (Pylorusstenose). 

Sell 862 (Unterschenkelbrüche). 

Selmi 1199 (Radikaloperation von 
Brüchen). 

Semenow 257 (Hautsarkom). 

Semon 117 (Kehlkopfgeschwälste). 

Sendler 561 (Gelenktüberkulose). 

Senger 175 (Irrigatorständer. ` 

Senn 228 (Kriegschirurgie bei d. Griechen 
und Türken). 

—— 251 (Nephropexie). 

—— 335 (Peritonitis). 

Berenin 1292 (Hautkrankheiten). 

Sgambati 1282 (Krebsmetastasen). 

Shaw 315 (Blutergelenke). 


Namenverzeichnia. 


Shaw 915 (Magenoperationen). 

Shepherd 397 (Gekröscyste). 

Siok 492 (Neurofibrom des Medianus). 

516 (Bruchsackruptur). 

Biebenmann 1079 (Anatomie d. Ohres). 

Biedentopf 560 (Röntgenstrahlen). 

Siegel 901 (Bauchwunden). 

Silvestri 351 (Calciumhypophosphat bei 
Blutungen). 

Simon 30 (Rippenresektion bei Pleura- 
empyem). 

—— 1112 (Prostatahypertrophie). 

Simmonds 274 (Luftröhrenformverände- 
rungen). 

—— 614 (Pankreasnekrose). 

de Simoni 1034 (Lupus). 

Singer 314 (Osteomyelitis). 

Birleo 781 (Atiologie der Geschwülste). 

Siron 503 (Peritonitis). 

Biv&n 878 (Traumatische Epilepsie). 

Sklifossowsky 793 (Dissemination der 
Neubildungen), 

Skultecki 168 (Serotherapie). 

Skwozzow 1187 (Aktinomykose). 

Slajmer 904, (Herniologie). 

Smith 536 (Athertod). 

—— 541 (Skoliose). 

Snegirew 492 (Beekenbruch). 

Snévé 1142 (Pseudarthrosenbildung). 

Socht 171 (Skiaskopie von Knochen- 
brüchen). 

Boein 791 (Klinischer Bericht). 

Sokoloff, N. A. 619* (Mastdarmstrik- 
turenbehandlung). 

Sokolow 1191 (Retrobulbäre Ge- 
schwülste). 

Solowiejezyk 362 (Chloroform). 

Sommer 351 (Adhäsivum). 

Sonnenburg 25 (Pyloroplastik). 

—— 74, 134 (Appendicitis). 

—— 384 (Krankenvorstellungen). 

—— 1052 (Eotopia vesicae). 

—— 1053 (Urethrotomien). 

—— 1057 (Lebereghinococeus, Appendi- 
eitisperforation, Ösophagotomie,Messer- 
klinge in der Fossa poplitea). 

Sottocasa 1013 (Nephropexie). 

Souligoux 79 (Darmnaht). 

— 1132 (Hernien). 

Soupart 152 (Amputationen). 

—— 859 (Unterbindung d. Art. axillaris). 

Souques 540 (Rückenmarksatrophie 
wegen Fingermangel). 

Spaeth 1111 (Gekröscyste). 

Spangaro 1285 (Blasengeschwülste). 

Spassokukotzki 176 (Osteoplastische 
Unterschenkelamputation). 

Spassokukosky 856 (Osteoplastische 
Amputationen). 

Spiller 1171 (Resektion des Ganglion 
Gasseri). 

Spillmann 1268 (Syphiliden). 

Spiess 113 (Chirurgie des Sinus sphe- 
noidalis). 

—— 829 (Nasale Reflexneurosen). 


XXV 


Spietschka 665 (Hauthorn). 

Sprecher 784 (Syphilis). 

Sprengel 161 (Klumpfuß). 

—— 164 (Oberschenkelkopfepiphyse). 

—— 868 (Hüftresektion). 

—— 1182 (Fremdkörper in den Luft- 
wegen). 

Ssawitski 912 (Herniologie). 

Sserapin 448 (Nierenechinocoecus). 

Ssergejew 931 (Steinschnitt). 

Ssokolow 1209 (Darmenge). 

Ssubotin 460 (Pott'scher Buckel). 

Ssudakow 362 (Echinococcus). 

Stadelmann 671 (Lumbalpunktion). 

Staffel 175 (Genu recurvatum). 

Stahr 1303 (Fingertumor), 

Stankowski 1239 (Trommelfellrup- 
turen). 

Starck 1122 (Magendurohleuchtung). 

Stark 249 (Gonokokken und Gonorrhoe). 

Starsewski 1166 (Verhütung der Puer- 
peral- und Wundinfektion). 

Stechow 320 (Fußgeschwulst). 

Steffen 870 (Fußverrenkungen). 

v. Stein 117 ( gitis desquamativa). 

—— 891 (Kehlkopfgeschwälste). 

Steiner 23 (Lungen- mit Leberechino- 
coccus). 

—— 658 (Skoliose). 

—— 1255 (Myome des Magen-Darm- 
kanals). 

Steinert 256 (Epitheleinfluss auf Binde- 
gewebe). 

Steinthal 17* (Eminentia capitata- 
Fraktur im Ellbogengelenk). 

—— 787 (Chirurgie der Leber u. Gallen- 


wege). 

Stempel 1141 (Myositis ossificane). 

Stenbeck 771 (Röntgenstrahlen bei 
Hirnehirurgie). 

Sterling 795 (Syphilis). 

Stern 122 (Magenoperationen). 

Sternberg 699 (Schlüsselbeinverren- 
kung). 

—— 1131 (Hernien). 

Sternthal 1033 (Extragenitale syphiliti- 
sohe Infektionen). 

Stetter 540 (Glossitis). 

Steudel 117 (Magenoperationen), 

—— 277* (Luxation des Sesambeins des 
Zeigefingers). 

—— 689 (Statischer Plattfuß). 

Stich, O. 583* (Apparat z. Bestimmung 
der Zugfestigkeit von chirurgischem 
Nähmaterial). 

Stierlin 130 (Milschirurgie). 

Stintzing 1165 (Tetanus). 

v Stochum 944 Intubstion).. 

—— 1100 (Prostatahypertrophie). 

Stokes 199 (Erstiekung). 

Stoops 1128 (Eitrige Peritonitis). 

Storp 129 (Murphyknopf). d 

—— 1051 (Unterschenkelamputation). 

Straeter 1238 (Künstliche Glieder). 

Strauch 606 (Gebärmutterezstirpation). 


XXVI 


Strauss 457 
schwiele). 

—— 662 (Aderlass und Infusion). 

—— 794 (Tripper). 

—— 1034 (Psoriasis und Gelenkleiden). 

Strehl, H. 121* (Forderung für den 
aseptischen leese 

Strube 1303 (Neurofibromatose). 

Strubell 1188 (Periostitis nach Masern 
und Scharlach). 

Struthers 858 (Epiakromion). 

v. Stubenrauch 137 (Meckel’sches Di- 
vertikel). 

Stutzer 184 (Maul- und Klauenseuche). 

Subbotid 284 (Periosttransplantation). 

—— 1214 (Splenektomie). 

Sudek 535 (Brustkorbplastik). 

—— 818 (Lokalanästhesie). 

Süssmuth 114 (Uranoplastik). 

Sultan 1085 (Halscysten u. -Fisteln). 

Suter 791 (Klinischer Bericht). 

Suttle 890 (Diphtherie). 

Swentzitski 172 (Osteomyelitis). 

Swoboda 314 (Osteomyelitis). 

Sworykin 879 (Trepanationslūcken). 

Sykow 631 (Gastroenterostomie). 

Syms 310 (Hallux valgus). 

Ssadek 1027 (Psoriasis). 

Szenes 539 (Ohrleiden). 

—— 1088 (Ohrverletzungen). 

Sguman 294 (Fremdkörper in den Luft- 
wegen). 


T ailhefer 52 (Blasenschnitt). 

—— 472 (Thyroiditis). 

—— 836 (Schilddrüsenentzündung). 

—— 895 (Osteomyelitis der Rippen). 

Taillens 1200 (Radikaloperation von 
Brüchen). 

Takaki 267 (Tetanusantitoxinwirkung). 

—— 864 (Posttyphöse Eiterungen). 

Takayasu 984 (Pankreaschirurgie). 

Talma 1098 (Blutlaufsstörungen). 

Tallquist 930 (Beingeschwäüre). 

Tandler 257 (Hautsarkom). 

Tangl 501 (Jahresbericht). 

Taptas 421 (Suggestion bei Nasenleiden). 

Tarnawski 898 (Actol und Itrol). 

Tarnowsky 301 (Syphilis). 

Tauber 775 (Stirnhöhlenosteom). 

Tauffer 1305 (Lupus). 

Tavel 901 (Pseudotetanusbacillus). 

Teichmann 94, 113 (Ohrleiden und ihre 
Komplikationen). 

Teleky 305 (Osteoarthropathie hyper- 
trophiante pneumique). 

Tenner 419 (Gehirnbrüche). 

Terrier 616 (Gebärmutterexstirpation). 

—— 944 (Halschirurgie). 

—— 1029 (Chirurgie des Gesichts). 

—— 1256 (Lebergeschwälste). 

Teske 113 (Lippenkrebs). 

Theissing 113 (Perichondritis u. Cysten 
der Nasenscheidewand). 

Thiel 1186 (Empyeme). 


(Rheumatische Muskel- 


Namenverzeichnis. 


Thiele 975 (Radikalbehandlung von 
Brüchen). 

Thiem 674 (Unfallerkrankungen). 

Thilo 456 (Gelenkneuralgien). 

—— 1023 (Kraftbestimmungen). 

Thiry 964 (Tonsillitis). 

Thöle 447 (Cysten der Genitoperineal- 

Fhaphe), 

Thoele 772 (Hyperthermie bei Hirn- 
operationen). 

Thomalla 576 (Ligaturen und Suturen). 

Thoman 490 (Verletsung der Art. sub- 
clavia). 

Thomas 168 (Serotherapie). 

—— 421 (Unterbindung der Karotiden 
und Jugularvenen). 

—— 890 (Diphtherie). 

—— 1305 (Orthopädische Apparate). 

Thomson 144 (Leberchirurgie). 

—— 1267 (Narkose). 

Thorn 875 (Verkalktes Epitheliom). 

Thümmel931(TuberkulöseWanderniere). 

Tichomiroff 703 (Ankylose der Fuß- 
wurzelknochen). 

Tiffany 414 (Schädeloperationen). 

Tilmann 64 (Himschüsse). 

—— 964 (Vagusverletzung). 

—— 1306 (Verrenkung von Handwurzel- 
knochen). 

Tissier 532(Geschwülste d. Naseninnern). 

—— 1083 (Nasengeschwülste). 

Tissot 1307 (Fingermissbildungen). 

Tixier 333 (Evisceration d. Bauchhöhle). 

Toeplitz 991 (Gallenblasenchirurgie). 

Török 1210 (Achsendrehung). 

Tommasoli 538 (Hautsarkomatose). 

Tonta 853 (Röntgenstrablen). 

Trachsler 655 (Mikrosporie). 

Traeger 189 (Douglas’scher Raum). 

Trapp 103 (Wirbelbrüche). 

— Ze (Rückenmarksverletzungen). 

Treuberg 565 (Harnröhrensteine). 

Tricomi 1264 (Uleusrotundum ventriculi). 

Trofimow 1123 (Gastrostomie). 

Troller 1197 (Stichkanalinfektion). 

Trnka 164* (Atherome). 

—— 842 (Schädeloperationen). 

Tschernow853(Polyarthritisdeformans). 

Tschirikow 1196 (Desinfektion). 

Tschmarke 592 (Kieferankylose). 

Tubby 391 (Hernien). 

Tuffier 12 (Lungenchirurgie). 

—— 339 (Gefäßunterbindungen bei in- 
fektiösen Krankheiten). 

—— 727, 1012 (Nierentuberkulose). 

—— 809 (Blasenexstirpation). 

—— 1131 (Hernien). 

Turazza 744 (Gastroenteroplegie). 

Turetta 1278 (Blasenexstirpation). 

—— 1279 (Gebärmutterretroversionen). 

Turner 1096 (Orthopädische Apparate). 

Twynom 821 (Nephrektomie). 


Uchermann 1081 (Taubstummheit in 
Norwegen). 


Namenverzeichnia. 


Ulmann 1039 (Thyreoiditis). 
Ullmann 612 (Leberresektion). 
—— 1038 (Caries des Zungenbeins). 
Unna 326 (Ichthyol). 

—— 327 (Harsstift). 

—— 330, 650 (Lepra). 

— 635 (Mikrobrenner). 

—— 782 (Weiches Geschwür). 

— 785 (Syphilis). 

—— 899 (Cocain; Formalin u. Paraform). 
— 1025 (Essigsäure). 


Valenig 663 (Lepra). 

Vanverts 601 (Splenektomie). 

— 1197 (Appendicitis). 

Vaughan 700 (Schlüsselbeinexstirpation). 

Vautrin 237, 596 (Allgemeine Chirurgie). 

Vegritres 1290 (Ceyssatit), 

Veit 253 (Handbuch der Gynäkologie). 

van de Velde 873 (Baktericides Serum), 

Venot 871 (Myelom der Sehnenscheiden). 

Verchère 115 (Halscysten). 

Verhoogen 446 (Prostata). 

Versari 439 (Sphincter internus vesicae). 

Veslin 202 (Herniologisches). 

di Vestea 1281 (Serotherapie der Tu- 
berkulose). 

Videbech, P. 813* (Angiosarkom durch 
Elektrolyse geheilt). 

Villar 341 (Hernienradikaloperationen). 

Villaret 212 (Handwörterbuch). 

Villemin 951 (Enteropexie). 

Vincent 1132 (Hernien). 

—— 1173 (Spondylitis). 

Vitrac 364 (Brustdrüsenoyste). 

—— 1295 (Paumsaverrankungon): 

Vögler 824 (Gebärmuttersarkom). 

Völcker 886 (Halslipome). 


Vogel 1145 (Angeborene Hüftver- 
renkung). 
Vogler 892 (Traumatische Lungen- 
hernien). 
Vollbreeht 686 (Kniegelenksverlet- 
zungen). 


de Voogt 392 (Hernien). 

—— 1097 (Choleoystektomie). 

Voss 1283 (Halsverletsungen). 

Vulliet 495 (Fußresektion). 

Vulpius, O. 361* (Traumatische Epithel- 
cyste). 

—— 51, 481 (Sehnenüberpflansung). 

—— 80, 1179 (Spondylitis). 

170  (Orthopädisch - chirurgischer 
Bericht). 

—— 660 (Asepsis). 


Waelsch 648 (Bubonen). 

Wagner 715 (Hydronephrose). 

H. "ie (Harnröhrendefekte). 

1193* (Äthermaske). 

Walther 951 (Kropf). 

—— 1005 (Harnröhrenzerreißungen). 

Walzberg 135 (Persistirender Ductus 
omphalo-enterieus). 


XXVII 


Wanach 387 (Eröffnung des Subdia- 
Pphragmalraumes). 

—— 503 (Peritonitis). 

—— 640, 1209 (Duodenalgeschwür). 

Wanitschek 1209 (Darmenge). 

Warbasse 1309 (Unterextremität-Frak- 
turen). 

Ward 799 (Chirurgie der Leber und 
Gallengänge). 

Waaren 413 (Anästhesie). 
assermann 247 (Gonokokken und 
Gonorrhoe). 

—— 266 (Immunität). 

—— 267 (Tetanusantitoxinwirkung). 

— 478 (Seitenkettenimmunität). 

—— 571 (Infektionskrankheiten). 

Weber 132 (Leberchirurgie). 

—— 802 (Wundheilung). 

—— 888 (Thyreoidinbehandlung). 

—— 1208 (Ectopia ventriculi). 

Wegele 800 (i irurgie der Leber und 
Gellengänge). 

w £ S er 699 (Schleimbeutelam Schlüssel- 

ein). 


Weigand 552 (Cocainvergiftung). 

Weill 173 (Schulterverrenkung, habi- 
tuelle). 

Weinberg 625 (Appendicitis). 
einreich 986 (Coecumachsendreh- 


ung). 

Weinrich 999 (Gonorrhoe). 

Weir 905 (Gastroenterostomie). 

Weischer 168 (Serotherapie). 

Wendel 688 (Fußverrenkung). 

—— 1086 (Verletzung des Ductus thora- 
cicus). 

Wentscher 7, 1093 (Lebensfähigkeit d. 
Epidermisgellen). 

Wentworth 770 (Lumbalpunktion). 

Werler 924 (Gonorrhoe). 

Werner 311 (Primäraffekt am Zahn- 
fleisch). 

—— 864 (Posttyphöse Eiterungen). 

White 413, 434 (Röntgenstrahlen), 

Whitfield 83 (Tuberkulin). 

Wick tt (Gebärmutterexstir- 
ation). 
idal 1166 (Antitoxische Wirkung der 
Nervencentren). 

Wide 153 (Medicinische Gymnastik). 

Wiemer 1183 (Lung ngrăn). 

Wiener 869 (Elei 

Wightman 543 (Lungenhernie). 

W illard 413 (Amerikanischer Chirurgen- 
kongress). 

Willems 339 (Exstirpation bei Mast- 
darmkrebs). 

Willgerodt 624 (Urin in der Bauch- 
höhle). 

Williams 434 (Rönt; enstrahlen). 

—— 1248 (Krebsbeeinflussung). 

Willis 493 (Aneurysmen). 

Wilmans 1109 Lymphome nach Trauma). 

Wilms 50 (Lokale Wärmebehandlung). 

—— 83 (Myiasis dermatosa oestrosa). 


XXVIII 


Wilms 157 (Hodengeschwülste). 

—— 670 (Echinococcus der Wirbelsäule). 

Wilson 446 (Corpus cavernosum-Zer- 
reißung). 

v. Winckel 358 (Weibl. Genitalien und 
Bauchfellentsündung). 

Winckler 97 (Erkrankungen der Nasen- 
nebenhöhlen). 

— 580 [Besen und Augenerkrankungen). 

Winkelmann 1092* (Radikaloperation 
der Hydrocele). 

Winkler 94 (Ohrleiden). 

—— 891 (Kehldeckelgeschwulst). 

—. 942 (Epilepsie. 

—— 1304 (Bösartige Geschwülste). 

Winogradow 536 (Angeborene Ge- 
schwulst). 

Winslow 566 (Harnleiteraffektionen). 

Witte 723 (Prostatahypertrophie). 

Wodarz 965 (Prostatahypertrophie). 

Wöhrlin 1038 (Verletsung der 
max. int.). 

Wölfler 349 (Wundbehandlung). 

— 839 (Kropfoperationen). 

Wolff, 43 (Wanderniere). 

—— 407 (Hasenscharte). 

—— 533 (Pott'scher Buckel). 

1040 (Basedow). 

—— 1148 (Knochenbrüche). 

1152 (Beckenresektionen). 

O. 146* (Tuberkulose im Schulter- 
gelenk und Caries des Processus cora- 
coideus). 

Wolfrom 1025 (Silber und Silbersalse). 

Wolfstein 888 (Thyreoidinbehandlung). 

Wolkow 41 (Wanderniere). 

Wolkowicz 272 (Sohiefhals). 

Wolkowitsch 295 (Pleurotomie). 

—— 1243 (Intubation). 

Wollheim 517 (Hämatom des Dünn- 
darms). 


A. Zahn 493, 872 (Aneurremen). 
olo; 


Namenverseichnis. 


Wolynsew 799(Chirurgie der Leber und 
Gallengänge). 

Wood-Buggles 599 (Tripper). 

Wormser 838 (Kropfoperationen). 

Wright 96 (Nasenpolypen). 

—— 522 (Nasenbakterien). 

Wroblewski 830 (Rhinitis caseosa). 

Wrsesniowski 1287 (Gebärmutter- 
schussverletzung). 

Wullstein 87 (Spondylitis). 

—— L. 705* (Anatomische Veränderungen 
nach Calot’schem Redressement; Wirbel- 
tuberkulose). 

Wundel 1103 (Exstirpation und Resek- 
tion der Harnblase). 

Wwedensky 937 (Arteriitis obliterans). 


Zaalberg 346* (Mastoidoperationen). 
Zabludowski 806 (Massagetherapie). 
Zagato 1157 (Fibromyom im Muskel). 


Zamasal 200 (Herni isches). 

Zeidler 518 (Darmverschluss). 

Zeller 588 (Traumat. Hydronephrose). 

—— 1286 (Hydronephrose). 

Zenker 1238 (Orthopädische Apparate). 

Zes 905 (Blutuntersuchungen bei Magen- 
leiden). 

Ziebert 959 (Kryptorchismus). 

Ziegler 513 (Bauchwunden). 

Ziem 269 (Nasenkrankheiten und Psy- 
chiatrie). 

Ziemacki 84 (Antistreptokokkenserum). 

Zoege von Manteuffel 142 Achsen- 
drehung des Blinddarmes). 

—— W. 476* (Technik der Resektion 
aus der Schilddrüse). 

—— 621 (Gefäßverschluss bei Gangrän). 

Zuccaro 1260 (Trepanationsinstrument). 

Zuckerkandl 215 (Operationslehre). 

Zuschlag 84 (Permanentes Wasserbad). 


Sachverzeichnis. 
(Die mit * versehenen Seitenzahlen bezeichnen Originalmittheilungen.) Die kurrent- 
gedruckten besiehen sich auf die Beilage zu No. 26, welche den Bericht über den 
XXVII. deutschen Chirurgen-Kongress enthält, 


Abdomen Kontusionen 337 (Demons). 
Abscess d. Lungen 119 (Clarke, Morton). 
—— in der Nase 422 (Ardenne). 

—— periaurikulärer 1028 (Lannois). 

—— subphrenischer 951 (Zejare). 

Abscense, perinephritische 1016 (Golden- 

orn). 

—— retrocoecale 341 (Duret). 

Absprengung des Processus coronoides 

ae 935 (Herdtmann). 

Achillessehne b. Kontraktion d. Waden- 
muskulatur 33* (H. H. Hirsch), 300* 
(E. Müller). 

Achillorhaphie 494 (Bayer). 

Achsendrehung 1210 (Torok). 

— des Blinddarmes 142 (Zoege v. Man- 
teufel. 

—— des S romanum 144 (Haeckel). 

—— des Magens 915 (Berg). 

Actol und Itrol 898 (Tarnawski). 

Adenom des Gaumensegels 469 (Escat). 

-— d Nasenscheidewand 844 (Eichler). 

Adenoma melignum 988 (Rotter). 

Aderlass und Infusion 662 (Strauss). 

ée 351 (Sommer). 

gesellschaft in Innsbruck 416. 

—— in Wien 418, 1156. 

Ather 10 (Popop). 

Äther- und Chloroformathmung, Pneu- 

d monis neh 1109 Come 

Athermaske 1193* (Wa, 4 ard). 

Athernarkose 478 (Adi, 339 (Hölscher). 

Athertod 536 (Smith, Collis). 

Athylenchlorid 185 (Ludwig). 

Affektionen d. Harnleiter 566 (Winslow, 
Haushalter, Jacques), 567 (Mikule). 

After, künstlicher 983 (v. Mayer). 

Airol 445 (Clemmer). 

Akromegalie mit Demens 837 (Jofroy). 

Aktinomykose 127 (Frey), 433 (Berestnew), 

1187 (Alissow, Skwozzow). 

—— der Lungen 892 (Karewski). 

—— der Zunge 289 (Claisse). 

Alkoholdesinfektion 764 (Saul). 


Amputation des Mastdarmes 745 (Quenu). 
—— des Unterschenkels 1051 (Storp). 
Amp. fem. intercondylica 685 (Abrasha- 


now). 

Amputationen 152 (Soupart), 320 (Brei- 
tung, Brunner). 

—— osteoplastische 856 (Spassokukorky). 

Amputationsstümpfe 400 (Hordtmann), 

Amputationstechnik Bier’s 499* (Payr). 

Anastomose der Sehnen 343 (Piöchaud, 
Bergonie). 

Anastomosenbildung 204 (Jayle), 205 
Large), 

Anatomie des Ohres 
Siebenmann). 

Anästhesie 413 ( Warren). 

—— regionäre und Blutleere 1065* (H. 
Braun). 

Anästhetica 66 (Müller). 

Aneurysma d. Arteria oarot. int. 
(Hinde). 

— —— femoralis 587 (Nasse). 

— —— mar. int. 363 (Browne). 

— —— poplitea 195 (Beck). 

—— der Carotis 1227 (Morelli). 

—— cirsoides 32 (Beaumont), 339 (Re- 
verdin). 

—— racemosum 420 (Lieblein). 

Aneurysmen 493 (Habs, Zahn, Willis), 

872 (Zahn), 909 (Heath). 

Angiom d. Parotis 540 (Bidone). 

Angioma art. racemosum 246 (Engel- 
brecht). 

Angiome 999 (Ribbert). 

Angiosarkom durch Elektrolyse geheilt 

an (P. Pedal): an S 

iotripsie zur Blutstillung 756* (a 

„Schulten). d 

Ankylose der Fußwurselknochen 703 
(Tichomiroff). 

—— d. Kiefergelenks 122° (K. Roser). 

Annexitis, eitrige 1107 (Hartmann, Monod). 

Anomalien und Absonderlichkeiten in 
der Medicin 807 (Gould, Pyle). 


1079 (Schwalbe, 


194 


XXX 


Anthrax 664 (Kossel. 

Antiseptik und Technik 1026 (Bumm). 

Antistreptokokkenserum 84 (Ziemacki), 
818 (Hubert). 

Anurie 1286 (Gnesda). 

Apparat s. Bestimmun, 
keit von chirurg. 
(C. Stich). 

—— gymnastischer 313 (Sachs). 

Apparate, orthopädische, 1096 (Turner), 
1237 (Krukenberg, Schulze), 1238 ( Drees- 
mann, Zenker), 1294 (Schanz), 1305 


der Zugfestig- 
ähmaterial 583* 


(Thomas) 

Appendicitis 71 (Gusnard), 73 (Krüger), 
74 (Sonnenburg), 389 (Armstrong), 390 
(Cousins, Ball, d, Fergusson, Gor- 
don), 391 (Deaver), 514 (Brun), 625 
(Letulle, Weinberg), 626 (Brun, Letulle), 
627 (Borchardt), 628 (Barling), 637 (van 
Lennep), 134 (Sonnenburg), 736 (Deaver, 
Bernays), 741 (Meusser), 748 (Schwarz), 
902 ( y, Heddaeus), 910 (v. Bons- 
dorff, af Schultén, Krogius), 951 ( Hal- 
liday), 1116 (Beck), 1118 (Brun), 1119 
(Briddon), 1128 (Elliot), 1129 (Rendu, 
Glantenay, Berthier, Milian), 1130 (af 
Schultén, Carlston), 1197 (Monod, Van- 
verts). 

— i. Bruchsack 515 (Gross). 

—— oder Epityphlitis 1245* (Küster). 

Appendiecitisperforation 1057 (Sonnendurg). 

Apoplexie, traumatische 1189 (Schloffer). 

Arbeitsklaue 635 (Köhler). 

Arrosionsblutungen 1108 (Bittner). 

Art. anonyma-Unterbindung 193 (Gay). 

—— axillaris-Unterbindung 859 (Soupart).) 

—— carot. com., Unterbindung der 195 
(Ricketts). 

max. int., Aneurysma d. 363 (Browne). 

— Verletzung 1038 (Wöhrlin). 

—— poplitea, Aneurysma d. 195 (Beck). 

—— Ruptur d. 195 (Schulz). 
—— Zerreißung der 1064 (Mulert), 1311 


(Bötticher). 
—— subelavia, Verletzung der 490 
, Lamy). 


(Thoman). 
Arterienvernarbung 802 (Du; 
Arterienserreißungen 1247 (Lejars). 
Arteriitis obliterans 937 (Wwedensky). 
Arthrodese d. Fußgelenks 494 (Hübscher). 
Asepsis 31 (Landerer), 660 (Vulpius). 
Atheromcyste d. Halses 423 (Detzler). 
Atherome 164* (Trnka). 
Atmokausis 1276 (Pinkus). 
Athmung,künstliche 239 (Brosch, Schüller). 
Atlas der gerichtlichen Medicin 126 (v. 
Hofmann). 
Augenerkrankungen 580 (Winckler). 


Backe, Fremdkörper in der 845 (Kas- 
parki). 

Bacterium coli, Septhämie durch 81 (Ales- 
sandrı). 

—— —— Toxine bei Tuberkulose 149 
(Morrihy). 


Sachverseichnis. 


Bakterien der Nase 532 (Park, Wright). 

Bakteriendichtigkeit der Darmwand 900 
(Austerlitz, Landsteiner). 

Bakterienfund b. Leichen 347 (Hausser). 

Bakterienfundeb. Phthisikern 572 ( Micha- 
elis, Meier). 

Bakterienresorption frischer Wunden 5 
(Nötzel). 

Bakteriologie 849 (Heim). 

Basedow 562 (Jaboulay, Chauffard, 
Quenu), 563 (Jonnesco, Gerard-Mar- 
chant, Abadie, Cerkez, Juvara), 1040 
(Wolf), 1284 (Booth). 

Basedow’'sche Krankheit 340 
472 (Marchant). 

Bauchbrüche 733 (Cange). 

Bauchfelldrainage 1252 (Clark). 

Bauchfellerguse, chylöser 1254 (de Pace). 

Bauchfellentzündung 358 (v. Winckel). 

—— eitrige 625 (Körte). 

—— tuberkulöse 911 (Firchau). 

Bauchfelltuberkulose 637 (Duran), 734 
(Nassauer), 1119 (Jaffé). 

Bauchgeschwülste 397 (Mulder), 1288 
(de Quervain). 

—— falsche 1127 (Brault, Rouger). 

Bauchhöhle, Evisceration d. 333 (Tizier). 

—— Fremdkörperin der 973 ( Hirschberg). 

Bauchhöhlendrainage 1114 (Delageniöre). 

Bauchhöhlenechinokokken 25 (Karewskı), 
788 (Alezinski), 992 (Most). 

Bauchhöhlenneubildungen 1255 (Lewa- 
schow). 

Bauchnaht 189 (Kingsbury). 

Bauchschnitt 90* (Zennander). 

Bauchschnittwunde, Narbenfestigkeit d. 
55 (Abel). 

Bauchschnittwundenheilung 69 (Fritsch). 

Bauchschuss 110 (Poppert). 

Bauchverletzungen 197 (Lotheisen). 

Bauchwandfibrome 69 (Noiret). 

Bauchwunden 513 (Ziegler, Budinger), 
901 (Siegel). 


(Doyen), 


Beckenbindegewebsdermoide 949 (de 
Quervain). 

Beckenbruch 492 (Snegirew). 
Beckenknochengeschwülste 233* (W. 


Kramer). 
Beckenmyome 933 (Berger). 
Beckenresektionen 1152 (Wolf. 
Beokenstellung 681 (Henggeler). 
Beckenverbände 717* (Grosse). 
Behandlung, orthopädisch-ambulatori- 
sche 1046 (Riedinger). 
Beinbade- und Dampfbadewanne 169 
(Löwenthal). 
Beingeschwür, Resektion der Saphena 
28 (Heintze). $ 
Beingeschwüre 496 (Köhler, Heintze), 
872 (Ruini), 930 (Tallquist). 
Belastungsdeformitäten 14 (Bähr). 
Bericht 488 (Kirmisson, Sainton), 
(Gallet). S 
—— klinischer 568 (Buschi), 791 (Socin, 
Heusler, Suter, Hägler), 940 (Slobet). 


536 


Sachverzeichnis. 


Bericht, orthopädisch -chirurgischer 170 
(Vulpius). 

Berufskrankheit, eigenartige 171 (Rose). 

Beschneidung 354 (Pott). 

Bildung putrider Gase 1014 (Cesaris- 
Demel). 

Blasenabscesse 440 (Rochet). 

Blasenbrüche 630 (Lotheissen). 

Blasenektopie 50 (Duret). 

Blasenexstirpation 809 ( Tuffier, Dujarier), 
1278 (Turetta). 

Blasengeschwülste 53 (Malherbe, Desnos), 
447 (Albarran), 1285 (Rochet, Martel, 
Spangaro). 

Blasenleiden 808 (Nogués). 

Blasennaht 1102 (Rasumowsky). 

Blasenresektion 364 (Curtis). 

Blasenruptur 819 (Fratkin). 

Blasensarkom 261 (Dibbern). 

Blasen-Scheidenfistel 365 (Jovanović), 725 
(Berger). 

Blasenschnitt 52 (Tailhefer). 

—— hoher 1269 (Delore). 

Blasensteine 261 (Krylow, Milton), 565 
(Filatow), 1009 (Marc), 1269 (Keyes). 

Blasenverletzungen 364 (Alsberg). 

Bleispitzengeschosse 1023 (v. Bruns). 

Blinddarmachsendrehung 142 (Zoege v. 
Manteuffel). 

Blinddarmkrebs 640 (Franzke). 

—— u. Blinddarmtuberkulose 981 (Obrast- 
zow). 

Blinddarmsarkom 142 (Homans). 

Blinddarmtuberkulose 744 (Conrath), 981 
(Obrastzow). 

Blutegel im Rachen 1241 (Gundrum). 

Blutergelenke 315 (Shaw). 

Blutgefäßendotheliome der Struma 1303 
(Limacher), 1304 (Borrmann). 

Blutlaufstörungen 1098 (Talma). 

Blutleere als Lokalanästhesie 993* (S. 
Kofmann). 

—— regionäre, Anästhesie und 1065* 
(H. Braun). 

Blutplättchen 572 (ran Emden). 

Blutstillung durch Angiotripsie 756* (af 
‚Schulten). 

Blut Tuberkulöser 347 (Brown). 

Blutungen, Calciumhyperphosphat b. 351 
(Silvestri). 

Blutuntersuchungen bei Magenleiden 905 


(Zez). 
Brachydaktylie 1049 (Joachimsthal). 
Brandwunden 877 (Caliano). 
Bromäthyl-Chloroformnarkose 1095 (Eber- 

mann). 

Bruch des Beckens 492 (Snegirew). 

— d. Ellbogengelenkes 17* (Steinthal). 

—— der Kniescheibe 168 (Rosenberger). 
175 (Lejars), 702 (Annequin), 1298 (Mac- 


donald). 
—— der Knöchel 636 (Pont). 

—— des Oberarms 1160 (Rammstädt). 
—— des Schenkels 946 (.Bähr). 

—— des Schulterblatts 1159 (Morestin). 


XXXI 


Bruch d. Sprungbeins 494 (Naumann), 929 
(Destot). 

— der Wirbel 103 (Trapp), 118 (Go- 
stynski). 

Brucheinklemmung 
(Dowd). 

Bruchring, retrograde Netzincarceration 
mit Stieltorsion über d. 462* (C. Bayer). 

Bruchsack, Appendicitis 515 (Gross). ~i 

Bruchsackruptur 515 (Bennecke), 516 
(Sick). 

Bruchsacktuberkulose 1198 (Broca). 

Bruch, spontaner bei Syringomyelie 1241 
(Kofend). 

Brüche, brandige 134 (v. Bramann). 

—— d. Blase 630 (Lotheissen). 

—— d. Darmwand 628 (Föderl). 

— der Harnblase 713 (Brunner). 

—— der Kniescheibe 384 (Sonnenburg). 

—— der Knochen 698 (Hinsderg), 1143 
(anghel), 1144 (Juvara), 1148 (Wolf). 

—— der Wirbelsäule 656 (Rouz de Bri- 
gnoles). 

—— d. Brustbeins 118 (Kreis). 

—— des Ellbogens 484 (Rouz de Bri- 
gnoles). 

des Felsenbeins 286 (Scheibe). 

—— des Hirns 1168 (Lindfors), 1169 
(Bolle). 

— des Oberschenkels 174 (Graff), 175 
(Monsehr). 

—— des Oberschenkelhalses 1308(GiWette). 

—— des Radius 306 (Kahleyss). 

—— des Unterkiefers 832 (Seelhorst). 

—— des Vorderarms 929 (Destot). 

eingeklemmte 516 (Neugebauer, 
Gelpke). 

—— im Unterschenkel 862 (Sell). 

—— Kothverstopfung d. 88 (Rose). 

—— Radikalbehandlung von 975 (Thiele). 

—— Radikaloperation von 1199 (Drobnik, 
Selmi), 1200 Tasllens). 

—— subkutane 415 (Ransohof). 

Brustbeinfraktur 118 (Kreis). 

Brustbeinsarkom 544 (Rosa). 

Brustdrüsencysten107 (.Pedotti),364 ( Lanne- 

, Vitrac). 

Brustdrüsenplastik 1003 (Graeve). 

Brustdrüsentuberkulose 1015 (.Lotheissen). 

Brust- u. Bauchersohütterung 410 (Para- 
scandolo). 

Brust- und Bauchhöhlenerguss, chylöser 
513 (Bayer). 

Brustfell- und Mittelfellraumeserkran- 
kungen 1001 (Schede). 

Brustklemmen, orthopädische 118 (Joseph). 

Brustkorbgeschwülste895(Quenu, Longuet). 

Brustkorbplastik 535 (Sudek). 

Brustkrebs 32, 896 (Dowd). 

Brustwunde 672 (Moingeard). 

Bubonen 313 (Hahn), 647 (Nagel), 648 
(Waelsch). 


751 (Schuld), 975 


Calciumhypophosphat bei Blutungen 351 
eech 


XXXII 


Callusbildung 1023 (Kapsammer). 
Calot’sches Redressement 705* (L. Wull- 
stein). 
Carcinom und Sarkom 544 (Coley). 
Careinomfälle, geheilte 1136 (Frank). 
Cardiaresektion 1203 (Krukenberg). 
Caries v. Hammer u. Ambos 578 (Kretsch- 
mann). 
—— d. Process. coracoideus b. Tuber- 
kulose i, Schultergelenk 146* (O! Wolf). 
—— des Zungenbeins 1038 (Ullmann). 
Carotisaneurysma 1227 (Morelli). 
Celluloidverbände 150 (Maass). 
Centralnervensystem, antitoxische Eigen- 
schaften des 898 (Bomstein). 
Centralnervensystemschirurgie 529 (Glan- 


eat, 

Cephalhämatom 107 (Marks). 

Ceyssatit 1290 (Vegrieres). 

Chelidonium gegen Krebs 819 (Kosso- 
budeki) 


a. 

Chemie des Colloids der Kröpfe 545* 
(G. Reinbach). 

Chinosol 66 (Giovannini), 237 (Barsz- 
csewski). 

Chirurgenkongress, amerikanischer 413 
(Willard). 

Chirurgie 125, 452 (le Dentu, Delbet), 673 
(Albert). 

—— allgemeine 237, 596 (Gross, Roh- 
mer, Rit 158 (Landerer). 

— specielle 759 (König). 

— des Centralnervensystems 529 (Glan- 


tenay). 

rar Gallenblase 613 (Kanzel, Hall, 
Ferguson). 

—— des Gehirns 1* (E. Braatz). 

—— des Gesichts 1029 (Terrier, Guille- 
main, Malherbe). 

— der Harnwege 1004 (Krogius). 

—— der Kreusbeingegend 776 (Clutton). 

— d Leber 132 (Weber, Adler, Lange), 
133 (Kümmell), 143 (Faure, Kummer, 
Franke), 144 (Thomson, Segond). 

und Gallenwege 148 (Petersen), 

150 (Poppert), 151 (Haasler), 153 (He- 

denhain), 154 (Holländer), 786 (Quenu), 

187 (Steinthal), 788 (Baudouin), 797 

Ciechomski), 198 (Bobrow), 799 (Wo- 


lynzew, D ière, Broca, Ward), 
800 (Wegele, jars). 


Er der Lungen 12 (Tuffier), 105 (Quenu, 

‚onguet). 

—— des Magens 80 (Ewald), 203 (Hahn), 
204 (Hartmann, Schlatter). 

—— des Mastdarmes 139 (Nélaton, Re- 
clus, Csesch), 140 (Boeckel). 

—— der Milz 130 (Stierlin), 131 (Cordero, 
Jonnesco), 140 (v. Beck, Nannotti). 

—— des Nervensystems 941 (Lyssenkow). 

—— des Sinus sphenoidalis 113 (Spiess). 

—— von Speiseröhre und Kehlkopf 196 
(Narath). 

Chloroform 9 (Ettinger), 362 (Solowie- 
jezyk). 


Sachverzeichnis. 


Chloroformnarkose 434 (Grube), 1155 
(Mader). 

Chlorsinkätsung des Uterus 264 ( Pfannen- 
stiel, Jung). 

Choanenverschluss 540 (Gradenigo). 

Cholecystitis 1110 (Richardson). 

Choleoystektomie 1097 (de Voogt). 

—— und Ovariotomie 1288 (Freund). 

Cholecystostomie 141 (Homans). 

Choledochusoperationen 382 ( Langenbuch). 

Chylothorax 893 (Henssen). 

Ciroumeision 51 (Guinard). 

Clitorisgeschwülste 811 (Lambret). 

Cocain 899 (Unna). 

Cocainanästhesie 401* (P. Arendt). 

—— regionäre 177* (Manz). 

Cocainvergiftung 552 ( Weigand). 

Coecumachsendrehung 986 ( Weinreich). 

Corpus cavernosum, Zerreißung 446 
(Wilson). 

Cowper sche Drüsen 437 (Englisch). 

Coxa vara 308 (Charpentier), 318 (Bayer), 
860 (Hofmeister), 1049 (Joachimsthal) 
1082 (Brauer), 1145 (Alsberg). 

Cranio-cerebrale Topographie 1167 (Krön- 
lein). 

Cranium bifidum und Spina bifida 1262 
(Isnardi). 

Cylindrom der Zunge 363 (Ewald). 

Cyste, retrosternale 1244 (Rothschild). 

Cysten der Brustdrüse 107 (Pedotti). 

—— d. Genitoperinealrhaphe 447 (TAöle). 

—— der Nieren 1274 (Houzel). 

Cystenbildung 999 (Ribbert). 

Cystenganglion 585 (Riese). 

Cystitis 931 (Molteni). 

—— und Epididymitis 966 (Dessy, Fa- 
tichi). 

— EI gp Garry 565 (Kedrowski). 

—— und Pyelitis 1271 (Rosenfeld). 

Cystoskop 566 (Kelly). 

Cystoskopie 39 (v. Fedoroff) 1016 (Bois- 
seau du Rocher). 


Darmausschaltung 632 (v. Eiselsberg). 

Darmbrand 1198 (Bégoin). 

Darmchirurgie 1114 (Jeannel), 1266 (d An- 
tona). 

Darmceysten 917 (Anderson). 

Darmdrehung und Resektion 416 (Ri- 


chardson). 
Darmenge 395 (Riether, Atherton, 
McGraw), 396 (Lennander, Carwar- 


dine), 1209 (Ssokolow, Gally, Wani- 
tschek, Libow). 
—— nach Brucheinklemmung 751 (Schulz). 
Darmgeschwülste 1201 (Graser). 
Darmimplantation 1211 (Akerman). 
Darmklemme 175 (Graser). 
Darmknopf 192 (Frank), 
hövel). 
Darmkrebs 519 (Benissowitsch). 
Darmnaht 75 (Kuzmik), 76 Meyer, Boarı), 
77 (Dubourg, 78 (Frank), 19 (Souligouz). 
—— cirkuläre 740 (Halsted). 


1204 (Geist- 


Sachverzeichnis. 


Darmperforation 991 (Kummer). 

Darmresektion 511 (Card), 1204 (Drees- 
mann). 

—— bei brandigen Brüchen 134 (v. Bra- 
mann). 

—— wegen Krebs 139 (v. Bramann). 

— und Naht 26 (König). 

Darmrohr 206 (Kuhn). 

Darmruptur 986 (Greme). 

Darmsarkom 206 (Heinze). 

Darmschirm 297* (K. Roser). 

Darmschuss 388 (Mannaberg). 

Darmtuberkulose 1211 (Pantaloni). 

Darm- u. Leberresektion 142 (Heberlein). 

Darmverschluss 377 (Bargez), 518 (Zeid- 
ler, 947 (Heidenhain, Bayer). 

—— durch appendicitischen Abscess 632* 
(Christel). 

—— Nierenstörung b. 377 (Ferrio, Bosio). 

—— und Darmenge 395 (Riether, Ather- 
ton, McGraw), 396 (Lennander, Car- 
wardine). 

Darmverengung 1201 (Graser). 

Darmwand, Bakteriendichtigkeit der 900 
(Austerlitz, Landsteiner). 

Darmwandbrüche 628 (Föder!). 

Daumenplastik 15 (Nicoladons). 

Daumenverrenkung 680 ( Hutchinson jun.). 

Daumenverrenkungen 1295 (Vitrac). 

Decorticatio pulmonis 1279 (Pascale). 

Dermatitis medicamentosa 325 (Fricken- 
berg). 

Dermatomyiasis migrans 537 (Kumberg). 

Dermatotherapie, Röntgen in der 663 
(Schiff. 

Dermoideysten 649 (Ribbert). 

—— des Eierstocks 366 (Leenen). 

—— des Mediastinum anticum 460 (Eke- 
horn). 

—— des Ovarium 1283 (Betagh). 

Dermoide des Beckenbindegewebes 949 
(de Quervain). 

des Mundbodens 115 (Klapp). 

Desinfektion 184 (Blumberg), 1196 (Tschi- 
rikow). 

—— des Operationsfeldes 209* (Landerer, 
Krämer). 

Diastase der Linea alba 504 (Büdinger). 

Dickdarmdivertikel 140 (Graser). 

Dickdarmresektion 752 Heidenhain). 

Diphtherie 405 (Murawjeffj, 424 (Clubbe), 

2 (Gouguenheim, Dutertre), 883 (Mar- 

tin), 889 (MeCollom, Hibbard), 890 
(Thomas, Pearce, Suttle). 

—— mit Serum 93 (Krönlein). 

Diphtherieheilserum 29 (Rose). 

Diphtherieimmunität 116 (Bertelsmann). 

Dissemination der Neubildungen 793 
(Sklsfossowsky). 

Distarsionen im Fußgelenk 1299 (.Rein- 


di). 
Doppelharnblase 725 (Ljunggren). 
Douglas’scher Raum 189 (Prager). 
Drahtsäge bei temporärer Schädelresek- 

tion 425* (L. Gigh). 


Centralbl. f. Chir. 


XXXII 


Druck im Gehirn 877 (Adamkiewicz). 

Drucklähmung des N. vin, 1061 (Julie). 

Dünndarm-Gebärmutterfistel 1212 Mjass- 
nikow). 

Dünndarmgeschwulst 518 (Petrow). 

Dünndarmhämatom 517 (Wollheim). 

Dünndarminvagination 839* (deQuervain). 

Dünndarmkrebs 640 (Dempel). 

Dünndarmverschluss, angeborener 132 
(Franke). 

Ductus choledochus - Verstopfung 718 
(Rose). 

—— omphalo-entericus 135 (Walzberg). 

—— —— -mesersicus 518 (Galeazzi). 

—— —— -mesentericus 751 (Körte). 

— —— —— Exstirpation 281 (Körte). 

Durchlöcherung des Trommelfells 1080 
(Kayser, Miot). 

Duodenalgeschwür 640, 1209 (Wanach), 
976 (Lennander). 

Dystrophia musculorum progrediens 1060 
(v. Eiselsberg). 


Echinococcus 362 (Seudakow). 

—— der Leber 119 (Bucalosi), 1057 (Son- 
nenburg), 1110 (‚Pallerons). 

—— der Lungen und Leber 23 (Steiner). 

—— der Milz 991 (Jakowlew). 

—— à. Muskeln 82 (Scholtz), 296 (.Baietta, 
Rizzins). 

—— der Nieren 448 (Szerapin). 

—— der Wirbelsäule 670 (Wilms). 

Echinokokken 905 (v. Alezinsky), 906 (.Bo- 
brow), 1032 (Bouyer), 1033 (Matwejew). 

—— an den Gefäßen 871 (Most). 

—— der Bauchhöhle 25 (Karewsk:), 788 
(Alezinski), 992 (Most). 

—— der Muskeln 1087 (Garulanos). 

—— der Nieren 727 (Houzel). 

—— des Beokenknochens 968 (Dobbelin). 

Eetopia ventriculi 1208 (Weber). 

—— vesicae 1052 (Sonnenburg). 

Eichel-Hypospadie, Operation 1192 (von 
Hacker). 

Eierstocks-Dermoideyste 366 (Leenen). 

Eierstocksdermoid, perforirtes 160(Grosse). 

Eierstooksdermoide 264 (Herzog). 

Einklemmungen, innere 1055 (Schwalbach). 

Eiterbecken 1013 (Majewski). 

Eiterung, chemische 1075 (Meyer). 

—— der Nasennebenhöhlen 1029 (Ho- 
ward, Ingersoll). 

—— im Harnapparat 41 (Harrison). 

Eiterungen, posttyphöse 560 (Loew), 864 
(Takaki, Werner). 

Ektomie des II. Trigeminusastes 1084 
(v. Friedländer). 

Elektrolyse sur Heilung von Angiosarkom 
813 (P. Videbech). 

— bei Stenosen 561 (Fort). 

Elephantiasis cartilaginosa Nasi 
(Briau). 

—— congenita 668 (‚Reinbach). 

—— der männlichen Geschlechtstheile 
356 (Le Dentu). 


467 


e 


XXXIV 


Ellbogenbrüche 484 (Rouz de Brignoles). 

Ellbogengelenksfraktur 17* (Steinthal). 

Ellbogenverrenkung 491 (Herbet), 700 
(Cuhorst). 

Embryome 1233 (Müller). 

Eminentia capitata, Fraktur im Ellbogen- 
gelenk 17* (Steinthal). 

Empyem 97, 353 (Perthes), 410, 883 (Ce- 
stan), 1186 (Thiel). 

—— d. Pleura und Leberechinococcus 
119 (Bucalosss). 

—— der Stirnhöhle 963 (Gerber). 

Ensephalocele 353 (Bayer). 

Eneyklo ädie der Medicin 825 (Sajous). 

Endotheliom 1305 (Pupovac). 

—— u. Carcinom des Magens 1133 (Fick). 

—— v. Pleura u. Perikard 544 (Modze- 
jewski). 

Endotheliome des Hodens 1302 (Krom- 
pecher). 

Enterektomie 88 (Lauwers). 

Enteroanastomosen 981 (Podres). 

Enteropexie 951 (Villemin). 

Entwicklungsstörungen 315 (Mercière), 
316 (Mihajlović). 

Entzündung der Highmors- und Stirn- 
höhle 287 (Heimann). 

—— der Zungentonsille 270 (Bar). 

Epi-Akromion 858 (Struthers). 

Epidermiszellen, Lebensfähigkeit 7, 1093 
(Wentscher). 

Epidermoide der Finger und Hohlhand 
369* (F. Franke). 

Epididymitis 966 (Dessy, Fatichi). 

Epiglottiscareinom 1242 (Harmer). 

Epilepsie 942 (Winkler), 956 (Braun), 
1028 (Raehford, McCosh), 1116 (Schede), 
1189 (Adenot, Carrier, McCosh), 1190 
(Donath). 

—— traumatische 108 (Jurka), 878 (Sivén). 

Epispadie 258 (Bayer). 

Ebitheleyaten, traumatische 165* (Roelen), 
361* (O. Vulpius). 

Epithel- u. Dermoidcysten 649 (Ribbert). 

Epitheleinfluss auf Bindegewebe 256 
(Steinert). 

Epitheliom des Hodensacks 822 (Ponne). 

—— verkalktes 875 (Thorn). 

Epityphlitis 1245* (Küster). 

Erguss, chylöser, in Brust- und Bauch- 
höhle 513 (Bayer). 

Erstickung 199 (Stokes). 

Erwerbsfähigkeitabschätzung 577 (Rei- 
chel). 

Erysipel- und Marmorek’scher Strepto- 
coccus 126 (Courmont). 

Erythem 667 (Andry). 

Essigsäure 1025 (Unna). 

Eucaine 150 (Reclus). 

Eventration 1254 (Faure). 

Evisceration der Bauchhöhle 333 ( Tixser). 

Exanthem 344 (Juliusberg). 

Exantheme der Tuberkulose 651 (Bosck). 

Exkursionsfähigkeit der Gelenke 482 
(Leibold, Bähr). 


Sachverzeichnis. 


Exophthalmus, pulsirender 854 (Zasarev). 

Exosplenopexie 1215 (Houzel). 

Exstirpation bei Mastdarmkrebs 338 
(Boeckel), 339 ( Willems). 

—— der Gebärmutter 606 (Strauch), 615 
(Gellhorn), 616 { Terrier, Wickerhauser), 
824 (Schwarz). 

—— der Nieren 967 (Braatz). 

—— der Oberextremität 1294 (Berger). 

—— der Scheidenhaut 1105 (Rolando). 

—— der Tunica vaginalis testis 44 
(Alessandri). 

—— des Ductus omphalo- mesentericus 
281 (Körte). 

— des Gangl. Gasseri 466 (Mugnai). 

— des Magens 750 (Hofmann), 

—— des Schulterblattes 1047 (Berger). 

—— und Resektion der Harnblase 1103 
(Wundel). 

—— von Kehlkopf und Speiseröhre 747 
(G@arre). 

Exstirpatio uteri 55 (Mackenrodt). 

Extensionsapparate 866 (Eichel, Haus- 
mann). 

Extra-uterin-Schwangerschaft 967 (Ro- 
chard). 

Extremitätenmissbildungen 1151 (Pläcker). 

KEE obere 935 (Kıp- 
Pi 


F'edernde Finger 485 (Schulte). 

Felsenbeinbrüche 286 (Scheibe). 

Festschrift für Durante 1140. 

Fettembolie 590 (Zberth). 

—— nachK.ontrakturstreckung 1064( Payr). 

Fettgewebsnekrose 1110 (Meyer). 

Fettnekrose 156 (Hildebrand). 

—— traumatische 1257* (O. Lang). 

Fibrome d. Bauchwand 69 (Norrot). 

Fibromyom im Muskel 1157 (Zagato). 

Fibrosarkom, von d. Milzkapsel ausgehend 
607* (G. Heinricius). 

Fieber, aseptisches, traumatisches 265 
(Pillon). 

Fingermangel, Ursache zur Rückenmarks- 
atrophie 540 (Souques, Marinesco). 

Fingermissbildungen 1307 (Tissot, Guer- 
rini, Martinelli, Meuciere). 

Fingerverrenkung 491 (Paci). 

Fingerverrenkungen 1307 (Mouchet). 

Fingerversteifung 867 (Lauenstein). 

Fingertumor 1303 (Stahr). 

Fistula colli congenita mediana 1155 
(Preindlsberger). 

Fliegenlarven im menschlichen Organis- 
mus 181* (Gückel). 

Flüssigkeit im Knie 861 (Fiske). 

Foramina emissaria 385 (Zangenbuch). 

Formalin u. Paraform 899 ( Unna). 

Formol u. Parachlorphenol 900 (Le Dentu). 

Fossa poplitea, Messerklinge in d. 1058 
(Sonnenburg). 

Frakturverbände 480 (Nimier). 

Fremdkörper in der Backe 845 (Kasparkı). 

—— in der Bauchhöhle 973 (Hirschberg). 


Sachverzeichnis. 


Fremdkörper in den Luftwegen 294 ( Rad- 
ziszewski, Szuman, Peyrissac) 1182 
(Sprengel, Arnolds). 

—— im Mastdarm 952 (Broussin, Delbet). 

—— im thierischen Organismus 1281 
(Binaghi). 

Fremdkõrperbestimmung mittels Röntgen- 
durchleuchtung 473* (Angerer), 617° 
erte) 

Fremäkörperlagerung 876 (Sehrwald). 

Frontallappengeschwülste 1260 (Carle). 

Frostbeulen 327 (Binz). 

Fußgelenksdistorsionen 1299 (Reinhardt). 

Fußgelenkverrenkung 320 (Knust). 

Fußgeschwulst 310 (Schulte), 320 (Stechow), 
690 (Kirchner). 

Fußgewölbebau 16 (Jeanne). 

Fuß- u. Kniegelenksverrenkung 1063 
(Graff). 

Fußlipome 486 (Kleinknecht). 

Fußresektion 495 (Pulliet). 

Fußumknicken 494 (Golebiewski). 

Fußverrenkung 688 (Wendel), 870 Quenu, 
Steffen). 

Fußwurzelknochenankylose 703 (Ticho- 
mof), 


Geallenblasenchirurgie 613 (Kanzel, Hall, 
Fer: ), 919 (Franke), 991 (Toeplitz). 

Gallenblasenfistel 603 (Jones). 

Gallenblasensolitärstein 588 (Reichard). 

Gallensteine 1096 (Exner), 1097 (Kehr). 

Gallensteinkolikanfall 983 (Riedel). 

Gallenwegechirurgie 148 (Petersen), 150, 
(Poppert), 151 (Haasler), 153 (Heiden- 
hain), 154 (Holländer), 186 (Quönu}, 787 
(Steinthal), 788 (Baudouin), 297 (Cie- 
chomski), 199 (Bobrow), 798 (Wolynzew, 
Delageniere, Broca, Ward), 800 (Wegele, 
Lejars), 1266 (Carle). 

Gallenwegeoperationen 379 (Baudouin). 

Ganglion Gasseri, Exstirpation des 466 
(Mugnas). 

—— —— Resektion d. 1037 (Depage), 
1171 (Keen, Spiller). 

Gangrän der Lungen 1183 ( Wiemer). 

—— Gefäßverschluss bei 621 (v. Zoege- 
Manteuffel). 

—— periphere 343 (Lochte). 

—— spontane 997 (Haga). 

—— symmetrische 1059 (Briese). 

Gastritis 87 (Hemmeter, Ames). 

Gastroduodenostomie 753 (A. Henle). 

Gastroenteroplegie 744 (Turazza). 

oenterostomie 341 (Faure), 376 

(Chlumsky), 508 ( Rouz), 510 (Defontaine), 
631 (Sykow), 905 (Weir), 1125 (Peham), 
1210 (Schischegolew) 1256 (Menciöre), 
1264 (Parta, Martins). 

Gastro- u. Enteroanastomosen 981 (Podres). 

Gastroplicatio 639 (Casati). 

Gastroskopie 86 (Rewidzoff, Kuttner). 

Gastrostomie 1123 (Trojimow),, 

—— weg. Fremdkörper in Ösophagus- 
stenosen 282 (Herzfeld). 


XXXV 


Gaumengeschwulst 1240 (Berkeley). 
Gaumenmandel u. infektiöse Processe 101 
(Goodale). 
Gaumenresektion, temporäre 75 (Partsch). 
Gaumensegeladenom 469 (Escat). 
Gebärmutterblutungen 169 (Dührssen). 
Gebärmutterexstirpation 606 (Strauch), 
615 (Gellhorn), 616 (Terrier, Wicker- 
hauser), 824 (Schwarz). 
Gebärmutterlageveränderung 1280(.Ruggs). 
Gebärmutterretrodeviation 255 (Jonnesco). 
Gebärmuttersarkom 824 (Vögler). 
Gebärmutterschussverletzung 1287 ( Wrzes- 
niowski). 
Gebärmutterventrofixation 359 (Edebohls). 
Gebiss i. d. Speiseröhre 196 (Levy). 
Gefäßechinokokken 871 (Most). 
Gefäßkompression b. Bauchoperationen 
374 (Lennander). 
Gefäßnaht 589, 908 (Lindner). 
Gefäßunterbindung bei Uterusmyomen 
993 (Martin), 934 (Gottschalk, Hart- 
mann, Fredet). 
Gefäßunterbindungen bei 
Krankheiten 339 (Tuffier). 
Gefäßvarietäten 818 (Funke). 
Gefäßverschluss b. Gangrän 621 (v. Zoege- 
Manteuffel). 
Gehirnabscesse 1058 (Merkens). 
—— multiple 1058 (Israël). 
Gehirnbrüche 419 (Tenner). 
Gehirneiterungen 1261 (de Gaetano). 
Gehirnerkrankungen, infektiöseitrige, so 
wie des Rückenmarks 841 (Macewen- 
Rudloff). 
Gehirnkrankheiten 827 (de Paoli, Mori). 
Gekröseyste 396 (Gabszewicz), 397 (She- 
Äerd, 820 (Anufrüen), 1111 (Spaeth). 
Gekröseysten 136 (Berkeley), 147 (Müller, 
Haeckel). 
Gekrösegeschwülste 142 (Harris, Herzog, 
Schwarz). 
Gelenke überzähliger Finger 1062 (Sel- 
dawitsch). 
Gelenkentzündung 348 (Fronz, Kaijser). 
—- durch Pneumokokken 1157 (Boise). 
Gelenkentzündungen, experimentelle 266 
(Arcoles). 
—— gonorrhoische 793 (Mühsam). 
Gelenkerkrankungen 678 (Hofbauer). 
—— syphilitische 455 (Pielicke). 
Gelenkexkursionsfähigkeit 482 (Leibold, 
Bähr). 
Gelenkkörper 702 (Kaposi), 854 (Barth). 
Gelenkleiden 1034 (Strauss). 
Gelenkmaus, traumatische 173 (Köppen). 
Gelenkneuralgien 456 (Thio). 
Gelenkrheumatismus, chronischer 1045 
(Bier). 
Gelenksteifigkeit 490 (Schüller). 
Gelenktuberkulose 561 (Sendler). 
Gelenkverbindung 1060 (Ollier). 
Genitalien, weibl., u.Bauchfellentsündung 
358 (v. Winckel). 
Genitoperinealrhapheoysten 447 (Thöle). 


ep 


infektiösen 


XXXVI 


Genu recurvatum 175 (Staffel), 494 ( Gérard- 
Marchant). 

—— valgum 160 (Bähr), 319 (‚Footner), 
688 (Gross), 1050 (Morton). 

Gerüche des menschlichen Körpers 1078 
(Monin). 

Geschlechtskrankheiten u. Volksgesund- 
heit 301 (Lesser). 

Geschlechtsorgane, weibl. 812 (Ruggi). 

Geschoss in der Zungenbeingegend 1241 
ehwulstätiologte 781 (M 

Geschwulstätiologie 781 (Maffucci, Sirleo), 
182 (Coley). E SÉ 

Geschwulstlehre 1302. 

Geschwulst, angeborene 536 (HWinogra- 
dow). 

Geschwülste, bösartige 801 (Nason), 1304 
(Winkler). 

— —— des Kehlkopfs, Zunge, Nase 
1243 (Costinin). 

-— d. Gland. submax. 115 (Zotheissen). 

—— d. Leber 399 (Depage, Elliot), 400 
(Rouz). 

—— d. Mastdarmes 128 (Bose, Belin). 

—— d. Naseninnern 532 (Tissier). 

— d. Nervensystems 186 (Bruns). 


—— d. Submaxillarspeicheldrüse 272 
(Löwenbach). 
—— retrobulbäre 96 (Bullinger), 1191 


(Ssokoloro). 
Geschwür, weiches 782 (Unna). 
Geschwäüre, syphilitische 1252 (Ohmann- 
Dumesnil). 
Gesichtscareinom 73 (Grosse). 
Gesichtschirurgie 1029 (Terrier, Guille- 
main, Malherbe). 
Gesichtskrebs 289 (Pekoslawski). 
Gesichtslupus 1181 (Schultze). 
Gesichtsneuralgie 1037 (Friedrich). 
Gesichtsspalte 466 (Bischof). 
Gewebseinpflanzung, lebende 241 (Ales- 
sandrı). 
Gewohnheitslähmung 936 (Jacoby). 
Gland. submax.-Geschwülste 115 (Lot- 


heissen). 

Glasdrains 526 (Ikawitz). 

Glieder, künstliche 1238 (Straeter). 

Gliederstarre, spastische 155 (Lorenz), 
647 (Hoffa), 1141 (Schulthess). 

Glossitis 540 (Stetter). 

Gonokokken als Phlegmonenerreger 20* 
(Meyer). 

—— und Gonorrhoe 247 (Wassermann, 
Nikolaysen), 248 (Schäffer), 249 (Rind- 

jeisch, Stark, Barlow). 

Gonorrhoe 247 (Wassermann, Nikolaysen), 
248 (Schäffer), 249 (Rindfleisch, Stark, 
Barlow), 924 (Niebergall, Werler), 999 
(Weinrich), 1000 Noguès, Desnos), 1024 
(Broese, Schiller), 1250 (Chassaignac, 
Pezzoli), 1268 (Peroni). 

Granulationsinfektion 571 (Noetzel). 

Granuloma trichophyticum 665 (Pini). 

Guineawurm, Hodensackgeschwulst durch 
822 (Esprit). 


Sachverzeichnie. 


Gummihandschuhe für Operationsswecke 
449* (P. L. Friedrich). 

Gymnastik, medicinische 153 ( Wide). 

Gynäkologie 46 (Schmeltz), 253 (Veit). 


Hlaargeschwulst (af 
ú an 

allux valgus 163 (Heubach), 310 (S: 

720 (Heubach). 3 (Syma), 
Hals, Atheromeyste des 423 (Detzler). 
Halschirurgie 835 (Bottini-Arkel), 944 

(Terrier, Guillemain, Malherbe). 

Halscysten 115 (Verchère). 
—— und -Fisteln 1085 (Sultan). 
Halsdrüsenmelanom 950 (Berger). 
Halsdrüsenschwellung bei Zahnleiden 102 

(Koerner). 

Halskrebs 340 (Berger). 

Halslipome 856 (Völcker), 1242 (Preyss). 
Halslymphangiom 293 (Power). 
Halsphlegmone 1039 (Kusnetzow). 
Halsrippe 292 (Alderson), 587 (Nasse), 

1242 (Grounauer). 

Halsverletzung 469 (Rubinstein). 

Halsverletsungen 1283 (Voss). 

Hämatom des Dünndarms 517 (Woll- 
heim). 

—— intradurales 108 (Schulz). 

—— verknöchertes 591 (Faivre). 

Hämaturie 565 (Frank), 714 (Gerhardt), 
1011 (Albarran). 

Hämorrhoiden 512 (Lafourcade). 

ma und Fußaponeurose 162 (Ledder- 

se). 

Handasepsis 349 (Menge). 

Handgelenktuberkulose 491 (Brigel). 

Handverletzung 867 (Delamare). 

Handwörterbuch 212 (Villaret). 

Handwurzelknochen - Verrenkung 

(Tilmann). 

Harnapparat-Eiterung 41 (Harrison). 
Harnblase, abnorme Lage der 1008 (Bloch). 
Harnblasenbrüche 713 (Brunner). 
Harnblasencysten 1103 (Marckwald). 
Harnblasendivertikel 448 (Hofmokl). 
und Resektion 


im Magen 203 


1306 


Harnblasenexstirpation 
1103 (Wundel). 

Harnfistel 721 (Moty). 

Harnleiter, doppelter 820 (Delbet). 

—— überzähliger 448 (Albarran). 

Harnleiteraffektionen 566 ( Winslow, Haus- 
halter, Jacques), 567 (Mikule). 

Harnleiterchirurgie 252 (Bovee), 
(Gerster). 

Harnleitereinpflanzung in den Mastdarm 
820 (Fowler). 

Harnleiter-- und Harnblasencysten 1103 
(Marckwald). 

Harnleitererweiterung 1270 (Englisch, 

Harnleiterkatheterismus 39 (Holländer), 
20 (Casper), 49 (Albarran), 365 (Hölscher), 
808 (Imbert). 

Harnleiterverletzungen 1103 (Blumenfeld). 

Harnorgane-Krankheiten, infektiöse 603 
(Rovsing). 


262 


Sachverzeichnis. 


Harnorgan-Operstionen 446 (Alapyı. 
Harnröhre, Sequester in der 259 (Grosglik). 
Harnröhrenbildung 1111 (Froelich). 
Harnröhrencyste 1111 (Lübbe). 
Harnröhrendefekte 777* (H. Wagner). 
Harnröhrenfisteln 250 (Fabrikant). 
Harnröhrenkrebs 52 (Binaud, Chavannaz), 
1005 (Sandelin). 

Harnröhrenneubildung 1277 (Ingianns). 

Harnröhrenpathologie 51 (Eraud). 

Harnröhrenplastik 722 (Ljunggren), 930 
(Mrha). 

Harnröhrenpolypen 54 (Janet). 

Harnröhrenquerleiste u. Prostatitis acuta 
gonorrhoica 136* (B. Goldberg). 

Harnröhren-Scheiden-Eiterung 48 (Hart- 
mann, Reymand). 

Harnröhrensteine 564 (Jaswitzki), 565 
(Treuberg). d 

Harnröhrenstriktur 721 (Bazy, Baum- 
garten). 

Harnröhrenstrikturen 250 (Fabrikant), 556 
(Schmidt). 

Harnröhren- und Penis-Implantation in 
die Blase bei Harnröhrendefekten 777* 
(H. Wagner). 

Harnröhrenverengerung 355 (Hottinger, 
Lang), 356 (Audry). 

—— beim Weibe 436 (Pasteau). 

Harnröhrenvorfall 259 (Scholtz). 

Harnröhrenserreißungen 1005 (Walther). 

Harnrückstauung 46 (Guyon, Albarran). 

Harnverhaltung 259 (Bogdanow). 

Harnwegechirurgie 1004 (Krogius). 

Harnwegeverletzung 819 (Poroschin). 

Harzstift 327 (Unna). 

Hasenscharten, doppelseitige 407 (Wolff), 
844 (Abbe). 

Hautatrophie 344 (Jordan). 

Hautdesinfektion 763 (Binaghi). 

Hauthorn 665 (Spietschka). 

Hautimplantation 242 (Lusk). 

Hautkrankheiten 1292 (Serenin). 

—— und Syphilis, Heilanstalten 793 
(Eichhoff). 

Hautkrebs 666 (Kreidisch, Ginestons). 

Hautläppchenanheilung 1043 (.Enderlen). 

Hautlappen zum Verschluss von Knochen- 
defekten 1137* (v. Mosetig- Moorhof). 

Hautmaulwurf 654 (v. Samson- Himmel- 
stjerna). 

Hautnaht 765 (Calmann). 

Hautnähte 1281 (Ceccherelli). 

Hautparasiten 664 (Malherbe, Cannarsa). 

Heutpfropfungen, Einheilung der 148 
(Enderlen). 

Hautsarkom 257 (Semenow, Tandler). 

Hautsarkomatose 245 (de Amicis), 
(Tommasoh). 

Hauttrantplantátion 649 (Ljunggren). 

Hauttuberkulose 664 (Naegeh). 

Haut- und Schleimhautleiden 925 (Kock- 
wei), 926 (Oudin), 927 (Brocy). 

Hautveränderungen durch Röntgen- 
strahlen 1026 (Behrend). 


538 


XXXVII 


Hefemykosen 1073 (Buschke). 

Heilanstalten für Hautkrankheiten und 
Syphilis 793 (Eichhof). 

Heilanstaltsbericht, chirurgisch-mechano- 
therapeutischer 169 (.Dumstrey, Bessler). 

Heilmethoden, mechan. 152 (Krukenberg). 

Heilserum, Immunität und Disposition 
803 (Froehlich). 

Heilung per primam 6 (Schlofer). 

Heißluft gegen Nieren- u. Leberblutungen 
1013 (Schneider). 

Hemianopsie, traumatische, horizontale 
538 (de Lapersonne, Grand). 

Hernien 189 (Hermes), 191 (Gautier), 391 
(Mohr, Tubby),392 (de Garmo, Borchardt, 
de Voogt), 505 (Ochsner, Reille, Bernhard), 
148 (Fischer), 1121 (Selcke, Hiller, Phocas), 
1131 (Sternberg, Tuffier, Muchard), 1132 
(Vincent, Souligouz, Lebensohn). 

—— des Wurmfortsatzes 1266 (Jaia). 

Herniendisposition 1120 (Kocher). 

Hernienradikaloperationen 341 (Villar, 
Froelich). 

Herniologie 903 (Albertin, Schnitzler, Ede- 
bohls, Slajmer), 912 (Ssawitzki, Me- 
leschko, Merlin, Schnitzler), 913 (Bart, 
Nelaton, Ombredanne), 914 (Mintz). 

Herniologisches 199 (v. Brackel, Champlin), 
200 (Cordier, Schilling, Kaufmann, Za- 
mazal, Knüpfer), 201 (Morisani, Audet), 
202 (Veslin, Nasi, Courtin). 

Herzchirurgie 1232 (Cestan). 

Herznaht bei Herzwunden 1071* (C. A. 
Eisberg). 

Herzwunden 893 (Hill), 894 (‚Parrozzant, 
Podres). 

—— und Herznaht 1071* (C. A. Elsberg). 

Heteroplastik; temporäre, zur Behandlung 
des irnprolapses 1161* (F. Franke). 

Highmors- u. Stirnhöhlenentzündung 287 
(Heimann). 

Hirnabscess 
(Müller). 

Hirnabscesse, otitische 592 (Meier). 

Hirnbrüche 1168 (Lindfors), 1169 (Bolle). 

Hirnchirurgie 66 (Doyen), 7711 (Henschen, 
Lennander, Stenbeck), 1189 (Hitzig). 

—— Röntgenverfahren b. Kugelextraktion 
1* LE Braatz). 

Hirncysticercus 962 (Pförringer). 

Hirndruck und. Druck im Gehirn 877 
(Adamkiewicz). 

Hirnerschütterung 884 (Bouvet). 

Hirngeschwulst 772 (Kosinski). 

—— operirte 418 (v. Friedländer, H. 
Schlesinger). ` 

Hirngeschwülste 109 (Janz), 268 (v. Berg: 
mann), 530 (Bruns), 842 (Brauneck), 
1170 (Eberson). 

— nach Kopfverletzungen 459 (Adler). 

Hirnkompression 950 (Dubujadouc). 

Hirnoperationen 772 (Thoele). 

Hirnprolapsbehandlung 1161* ( F. Franke). 

Hirnschuss 1028 (v. Bergmann), 1036 
(Henschen). 


110 (v. Bergmann), 713 


XXXVIII 


Hirnschüsse 64 (Tilmann). 

Hirnsyphilis 1035 (Friedländer, Schle- 
singer). 

Hodenendotheliome 1302 (Krompecher). 

Hodengeschwulst 568 (Porges). 

Hodengeschwülste 157 (Wilms). 

Hodensackepitheliom 822 (Ponne). 

Hodensackgeschwulst 822 (Esprit). 

Hodentuberkulose 823 (Koenig). 

Hodentumoren 1056 (Mühsam). 

Hohlgänge in der Steiß-Aftergegend 398 
(Prochnow). 

Holocain 270 (Coosemans), 579 (Bussenius). 


Hüftenentzündung, tuberkulöse 1308 
(Port). 

Hüftenverrenkung 1297 (Kummer). 
Hüfterkrankung, tabische 1348 (Lot- 
heissen). 


Hüftexartikulation, 701 (Braun). 

Hüftgelenksresektion, totale 1151 (Barden- 
heuer). 

Hüftgelenksskiaskopie 1049 (Hofmeister). 

Hüftgelenkstuberkulose 701 (Menard). 

Hüftkontraktur 159 (Hofmeister), 682 
(Lorenz). 

Hüftluxation, kongenitale mit der un- 
blutigen Reposition 1041* (Th. Kölliker). 

Hüftresektion 28 (Benneke), 868 (Sprengel). 

Hüftverrenkung 859 (Endlich), 1062 (De- 
mons, Begouin). 

angeborene 157 (A. Lorenz), 158 
(Ghillin), 159 (Heusner), 165 (Doyen), 
308 (Hirsch), 318 (Bradford), 683 
(Schanz, Ghillini, Lange), 1145 (Vogel), 
1160 (Hinsberg), 1235 (Lorenz), 1281 
(Ghillini). 

Hydarthros, intermittirender 1306 (Fere). 

Hydrocele 811 (Bloch). 


—— communicans funiculi spermatici 
823 (Feleki). 

Hydrocelen, Radikaloperation der 1092* 
(Winkelmann). 


—— —— unter Lokalanästhesie 521* 
(Lammers). 

Hydrencephalocele 963 (Möller). 

Hydronephrose 51 (Bernard), 115( Wagner), 
727 (Heidenhain), 821 (Schwartz), 1286 
(Zeller). 

—— traumatische 588 (Zeller). 

—— und Wanderniere 1273 (Hildebrand, 
Haga). 

Hydronephrosis 416 (Richardson). 

Hydrorrhoea nasalis 269 (Jankelevitch). 

Hyperkeratose der Mundachleimhaut 832 

\Ducrey, Respighi). 

Hyperphalangie 1049 (Joachimsthal). 

Hyperthermie bei Hirnoperationen 772 
(Thoele). 

Hypertrophie der Prostata 48 (Carlier, 
Albarran, Legueu), 49{ Chevalier, Desnos), 
260 (Freudenberg, Hoffmann, Erdberg), 
605 (Rochet), 606 (Englisch), 711 (Meyer), 
712 (Floderus), 123 (Sacchi, Witte, 
Derinschinski), 124 (Korlowski), 965 
(Wodarz, Böhm), 1006 (af Schulten), 


Sachverzeichnis. 


1007 (Floderus, Nogues), 1015 (Hand', 
1100 (v. Stockum), 1101 (Freudenberg), 
1112 (Sanesi, Simon), 1268 (Motz), 1285 
(Keyes, Morton). 

Hypertrophie der Speicheldrüse 
(Braquehaye, Sabrazès). 

Hypospadie 810 (Nove-Josserand), 1099 
(v. Hacker). 

—— der Eichel 1059* (Breuer), 1192 
(v. Hacker). 

Aysterektamie 413 (Homans), 961 (Riche- 
ot). 

vaginale 1287 (Ruggi). 

Hysterie nach Trauma 1158 (Gossner). 


950 


Ichthalbin 326 (Sack). 

Ichthyol 326 (Unna). 

Ileus 192 (Berger), 205 (Carle, Charvet, 
Kummer), 206 (Rogers, Reimers), 638 
(Murphy), 639 (Riedel), 982 (Jeannel). 

Immunität 266 (Wassermann). 

—— und Disposition für Heilserum 803 
(Froehlich). 

Improvisationsarbeiten 622 (Port). 

Incarceration, retrograde 990 (Kupfstein). 

Incontinentia urinae bei der Frau 357 


(Guigues). 
Infektion 105 (Noetzel). 
Infektionen, extragenitale syphilitische 


1033 (Sternthal). 
Infektionsübertragung 152 (Germano). 
Infektionskrankheiten 571 ( Wassermann). 
Infiltrationsanästhesie 185 (Ried), 550 

(Schleich, Briegleb), 

Infusions- und Punktionstherapie 662 

(Krönig). 

Innervation der Schilddrüse 274 (Brian). 
Institutsbericht, orthopädischer 169 (Zü- 
ning, Schulthess). 

Instrument für die externe Urethrotomie 
bei Perineslabscess 411* (Ingianni). 
Intubation 944 (v. Stockum), 1243 (Bonain, 

Wolkowitsch). 

Invagination 81 (Monod). 
—— des Colons nach Pylorusresektion 

1136 (Schmidt). 

Irrigatorständer 175 (Senger). 

Ischiadieusdurchschneidung 676 (Kap- 
sammer). 

Ischias 923 (Minor). 


Jahrbücher, encyklopädische 212 ( Eulen- 
burg). 

Jahresbericht 216 (Roth), 362 (Gold), 372 
(Hildebrand), 465 (Hinterstoisser), 501 
(v. Baumgarten, Tang), 192 (Maffei). 

—— englischer 451. 

Jejunostomie 1201 (Maydl}, 1211 (Scholz). 

Jodlaryngitis 116 (Erankenberger), 

Jodoformeinfluss auf Riesenzellenbildung 
9 {Meyer). 

Jodoformogen 502 (Kromayer). 


Marbolanwendungsgefahren 479 Leger), 
Karbolgangrän 212 (Honsell). 


Sachverzeichnis. 


Karotiden und Jugularvenenunterbindung 
421 (Thomas). 

Kastration, abdominale 255 (Jonnesco). 

—— bei Prostatahypertrophie 48 (Carlier, 
Albarran). 

Kasuistik 141 (Homans). 

EN in der Zahnheilkunde 833 
(Morton). 

Katgut 765 (Bloch, Larrabec), 
(Harrington). 

Katheterismus des Harnleiters 39 (Hol- 
länder), 40 (Casper). 

Kathetersterilisation 1004 (Ruprecht). 

Kehldeckelgeschwulst 891 (Winkler). 

Kehlkopfchirurgie 471 (Pantaloni). 

Kehlkopfendoskop 535 (Mermod). 

Kehlkopfenge 1228 (Sargnon). 

Kehlkopfgeschwülste 117 (Semon), 891 
(v. Stein, Juschzenkoff, Railton, Barth). 

Keblkopfkrebs 424 (v. Bergmann), 964 
(Chiari). 

Kehlkopfmyxom 1242 (Gaudier). 

Kehlkopfpapillome958 (Baumgarten), 1229 
(Massei). 

Kehlkopfspiegel 116 (Körner). 

Kehlkopf- und Speiserðhrenexstirpation 
747 (Garrè). 

Keilbeincaries 1038 (Schech). 

Keimgehalt und Heilungsverlauf acciden- 
teller Wunden 1074 (Brunner). 

Keloid, multiples, spontanes, der Zehen 
189* (S. B. Ranneft). 

Keratom 655 (Neumann). 

Keratosis circumscripta und Krebs 256 
(Jastrebow). 

follieularis 667 (Bowen). 

Kieferankylose 288 (Bilezynski), 592 
(Tschmarke). 

Kiefergelenksankylose 122* (K. Raser). 

Kieferklemme 847 (Braun, Alexander), 
1240 (v. Friedländer). 

Kieferosteomyelitis 846 (Moty, Lichtwitz, 
Reboul). 

Kiefersperre 114 (Chavasse). 

Kleinhirnexstirpation 1261 (Roncali). 

Klumpfuß 161 (Sprendel), 869 (Wiener), 
1146 (Heusner), 1311 (Funke). 

Knieankylose 687 (Koch). 

Kniebundscheibenverrenkung 319 (Bar- 
Ger) 

Kniegelenksverletzungen 686 (Vollbrecht). 

Kniehygromen 1160 (Goldscheider). 

Kniekontrakturen 688 (Gross). 

Kniescheibenbruch 188 (Rosenberger), 175 
(Lejars), 702 (Annequin), 1298 (Mac- 
donald). 


1044 


Kniescheibenbrūche 384 (Sonnenburg). 
Koiescheibenstarre 703 (Lejars). 
Knochen, ausgeglühter, zur Deckung von 
Schädeldefekten 969* (J. Grekof). 
freie, in den Gelenken 720 (Rose). 
Konochenabscesse 138 (Müller). 
Knochenbefund in der Plantarfascie 693* 
(Riedinger), 697* (Borst). 
Knochenbruchstruktur 698 (Hinsbderg). 


XXXIX 


Knochenbrüche 171 (Socht), 590 (Golja- 
chowski), 1143 (Anghel), 1144 (Juvara), 
1148 (Wolff). 

—— und Verletzungen 675 (Helferich, 
Lossen). 

—— und Verrenkungen 1046 (Mencière). 

Knochenbrüchigkeit 698 (Hunter). 

Knochendefektsverschluss durch Haut- 
lappen 1137* (v. Mosetig-Moorhof). 

K. onhenechinokokken des Beckens 968 
(Dobbelin). 

Knocheneinpflanzung 419 (Ricard). 

Knochenerkrankung nach Typhus 65 
(Möller). 

Knochenfragmente in den Harnwegen 

1112 (Schmidt). 

Knochengeschwulst des Beckeninnern 
233* (W. Kramer). 

Konochengeschwülste, oystische677( König). 

Knochenklammern 1294 (Parkhill). 

Knochenoperationen, Schutzhebel b. 746* 
(Th. Kölliker). 

Knochensarkom 660 (Reinhardt), 1310 
(Karewskı). 

Knochenspaltung, osteoplastische 1234 
(Cramer). 

Knochen- u. Gelenktuberkulose 456 (Kir- 
misson, Ardouin). 

—— u. Knorpelgeschwülste 49 (v. Kryger). 

Knöchelbruch 936 (Pont). 

Knorpelgeschwülste 49 w. Kryger). 

Kolostomie 378 (v. Mosetig-Moorhof), 416 
(Matas). 

Kombinationsileus 510 (Hochenegg). 

Komplikationen, chirurgische, d. Typhus 
851 (Keen). 

Kongress französischer Chirurgen 337. 

—— italienischer Chirurgen 1260. 

—— der Italiäner 1276. 

—— französischer Urologen 46. 

Kontraktion der Wadenmuskulatur, 
Achillessehne bei 33* (H. H. Hirsch). 

Kontrakturstreckung, Fettembolie nach 
1064 (Payr). 

Kopfbrüche, angeborene 465 (Kehrer). 

Kopfverletzung 1036 (Masse). 

Kopfverletzungen 459 (Adler). 

Korsettteohnik 660* (W. Mints). 

Kothverstopfung d. Brücke 88 (Rose). 

Kraftbestimmungen 1023 (Thilo). 

Krampfgeschwulstt des Magens 
(Schnitzler). 

Kraniektomie64 (v. Fedoroff), 712 (Baudet). 

— explorative 429* (Codivilla). 

Krankenhausbericht 1154 (Preindlsberger). 

Krankheiten, angeborene chirurgische 
597 (‚Kirmisson). 

—— d. Unterextremitäten 307 (Nasse). 

——infektiösed. Harnorgane603(.Rovsing). 

Krankenpflegeversammlung 590 (Mendei- 
sohn). 

Krankenvorstellung 384 (Sonnenburg). 

Krankenwagen 1014 (Helferich). 

Krebs 256 (Jastrebow), 1042 (Park), 1136 
(Frank). 


915 


XL 


Krebs am Halse 340 (Berger). 

—— Chelidonium gegen 819 (Kossobutzki). 

— d. Brust 32, 896 (Dowd). 

— d. Epiglottis 1242 (Harmer). 

—— d. Harnröhre 52 (Binaud, Chavannaz), 
1005 (Sandelin). 


— d. Haut 666 (Kreidisch, Ginestons). 


—— d. Lippen 113 (Teske). 

— d. Lungen 1244 (Rubinstein). 

— d. Mamma 987 (Rotter). 

—— d. Mandel 1227 (Fraenkel). 

—— d Zunge 833 (Butlin), 1225 (Bozzi, 
Ortuani). 

—— d. Blinddarms 640 (Franske), 981 
(Obratzow). 

d. Darmes 139 (v. Bramann), 519 
(Benissowitsch). 

—— d. Dünndarms 640 (Dempel). 

—— d. Gesichts 73 (Grosse), 289 (Pekos- 
ere ue 

—— d. Kehlkopfes 424 (v. Bergmann) 
964 (Chiari). z 

—— d. Lungenbrustfells 884 (de Renzi). 

—— d. Magens 979 (Guinard), 1133 (Fick). 

—— d. Mastdarms 146 (Prutz), 338 
(Quenu, Hartmann, Péan, Boeckel), 379 
(Quenu, Laudel), 519 (Hochenegg), 948 
(Quenu), 1113 (Osesch). 

Krebsbeeinflussung 1218 (Williams). 

Krebsbehandlung 8 (Massey). 

Krebsmetastasen 1282 (Syambatı). 

Krebsübertragung 56 (Rosinski). 

Kreuzbeingegend 776 (Clutton). 

Kreuzbeinosteomyelitis 1160 (Dehler). 

Kreuzbeinsarkom 120 (Peham). 

Kriegschirurgie, allgemeine 218 (Köhler). 

—— b. d. Griechen u. Türken 228 (Senn). 

—— japanisch-chinesische 229 (Haga). 

Kriegsgeschosse, inhumane 38 (v. Bruns). 

Kropf 118 (Goris), 293 (Bang, Depage, 
Lejars), 409 (Gaibissc), 541 (Krecke, 
v. Hofmann), 542 Goebel, Paul), 887 
(Zaun, Hofmeister, Cerkez, Juvara, 
Durand), 951 (Walther). 

Kropfmetastasen 104 (Jaeger). 

Kropfoperationen 838 (Wormser), 839 
(Wölfler). 

Kropf,Organotherapiedes.1031( Reindach). 

—— syphilitischer 1251 (Küttner). 

Kröpfe, Chemie d. Colloids der 545* 
(@. Reinbach). 

—— retroviscerale 835 (Reinbach). 

Kryptorchismus 263( Parona), 959( Ziebert). 

Kugelextraktion a. d. Gehirn 1* (E. Braatz). 

Kyphose 1241 (Marie, Astié). 


Lage, abnorme, der Harnblase 1008 
(Bloch). 

Lagerungsapparat für Beckenverbände 
T17* (Grosse). 

Lageveränderung der Gebärmutter 1280 
(Ruggi). 

Lähmung nach Narkose 339 (Schwartz). 

—— der Peronealmuskeln 486 (Ehret). 

Laminektomie 290 (Mayer), 1263 (Mugnai). 


Sachverzeichnis. 


Längsfrakturen der Röhrenknochen 641* 
(F. Bähr). 

Lannelongue’sche Methode, Resultate d. 
339 (Coudray). 

Laparotomie337 (Le Dentu), 338 (Michaux', 

68 (Lewerenz), 968 (Ruggi). 

Laryngektomie 424 (Depage). 

Laryngitis desquamativa 117 (v. Stein). 

Lateralsklerose, traumat. 669 (Goldberg‘. 

Leberabscess 399 (Jasiński), 415 Johnston‘, 
602 (Farganel). 

Leberchirurgie 132 (Weber, Adler. Lange), 
133 (Kümmel), 143 (Faure, Kummer, 
Franke), 144 (Thomson, Segond), 148 
(Petersen), 150 (Poppert), 151 (Haasler), 
163 (Heidenhain), 154 (Holländer), 786 
(Quenu), 787 (Steinthal), 788 (Baudouin), 
797 (Ciechomski), 198 (Bobrow), 799 
(Wolynzew, Delagenitre, Broca, Ward), 
800 (Wegele, Lejars). 

Lebercysten 1216 (Chrobak). 

Leberechinococeus 119 (Bucalossı), 1057 
(Sonnenburg), 1110 (Pallerons). 

Lebergeschwülste 399 (Depage, Elliot), 
400 (Rouz), 1256 (Terrier, Auvray). 

Leberinfektion 1216 (Madelung). 

Leberresektion 612 ( Ullmann). 

Leberwunde 612 (Brin). 

Leichen, Bakterienfund bei 347 (Hausser). 

Leistenbruch 749 (Gallant). 

Leistenhernienradikaloperationen 
(4A. Brenner). 

Lepra 329 (Baelz), 330 (Unna), 528 (Al- 
varez), 537 (Brown), 650 (Unna), 651 
(Laverde), 663 (Crespin, Long, Valenig). 

Lichen ruber 668 (Meyer). 

Ligaturen u. Suturen 576 (Moore, Tho- 
malla) 939 (Moore). 

Linea alba, Diastase d. 504 (Büdinger). 

Lipome des Samenstrangs 559 (Gabry- 
szewski). 

Lippenepitheliome 831 (Dowd). 

Lippenkrebs 113 (Teske). 

Lithotripsie 47 (Pousson, Chevalier, Al- 
barran). 

Lithotriptor 415 (Forbes). 

Littlesche Krankheit 343, 591 (Lebrun). 

Lokalanästhesie 43 ( H. Braun), 45 Hacken- 
bruch), 46 (Rubinstein), 818 (Sudeck), 
1265 (Lilienthal, Custer jr.). 

—— bei Hydrocelenradikaloperation 526* 
(Lammers). 

Lokalanästhesirung bei Zahnextraktionen 
879 (Salog, Scheuer). 

Lufteintritt in das Knie 1063 (Prutz). 

Luftembolie, arterielle 996 (Zeller, Mayer, 
v. Schrötter). 

Luftröhrenformveränderungen 274 (Sim- 
monds). 

Luftröhrengeschwulst 543 (Koschter). 

Luftwege, Erkrankung nach Athernarkose 
939 (Hülscher). 

—— Fremdkörper i. d. 294 (Radziszewski, 
Szuman, Peyrissac), 1182 (Sprengel, Ar- 
nolds). 


1017* 


Sachverzeichnis. 


Lumbalpunktion 671 (Stadelmann), 770 
í Wentworth). 

Lumbalschmerz und Ischias 923 (Minor). 

Lungenabscess 119 (Clarke, Morton). 

Lungenaffektionen, tuberkulöse 1279 (Sa- 
lomoni). 

Lungenekticonirkons 892 (Karewski). 

Lungenbrustfellkrebs 884 (de Renzi). 

Lungenchirurgie 12 (Tuffier), 105 (Quenu, 
Longuet). 

Lungen- und Pleurachirurgie 103 (Ka- 
rewski). 

Lungen mit Leberechinococcus 23 (Steiner). 

Lungenendotheliom 893 (Briese). 

Lungengangrän 1183 ( Wiemer). 

Lungenhernie 543 ( Wightman). 

Lungenhernien, traumatische 892 { Vogler). 

Lungenkrebs 1244 (Rubinstein). 

Lungensafttherapie 893 (Arnozan). 

Lungentuberkulose und Echinokokken 
1032 (Bouyer). 

Lupus 527 (Lang), 537 (Cumpana), 538 
(Albers-Schönberg), 664 Auseherge), 1034 
(Gavello, de Simons), 1035 (Lang), 1292 
(Kaczanowski), 1293 ( Albers-Schönberg), 
1305 (Tauffer). 

—— des Gesichts 1181 (Schultze). 

—— mit Röntgenstrablen 52 (Kümmel), 
384 (Sonnenburg). 

Luxation, doppelseitige, d. Peroneussehne 
25 (König), 584 (Riese). 

des Sesambeins d. Zeigefingers 277* 
(A. Steudel. 

Luxationen 1300* (Marcuse). 

Lux. E talo 704 (Bouvart). 

L angioma circumsceriptum eut 666 
VE 

Lymphangiome, umschriebene 1311(.Brocg, 
Bernard). 

Lymphangiosarkom 258 (Schwalbe). 

Lympheysten, traumatische 909 p angar: 

Lymphdrüsen, tuberkulöse 900 (Goodale). 

Lymphome nach Trauma 1109 ( Wilmans). 

Lymphorrhagie 591 (Fiebiger). 


M. adductor med., Osteom 1309 (Eymeri. 

Magenachsendrehung 915 (Berg). 

Magencarcinom 1133 (Fick). 

Magenchirurgie 80 (Ewald), 203 (Hahn), 
204 (Hartmann, Schlatter), 393 Drob- 
nik, Ekehorn), 394 (.Porges), 138 ( Lindner, 
Kuttner), 1133 (Schwarz), 1134 (Rom- 
merskirch), 1135 (Meyer, Monprofit, 
Schlatter), 1136 (Kövesi), 1265 (Code- 
villa). 

Magen-Darmchirurgie 584 (Lindner). 

Magen- u. Tayar 917 (Anderson). 

Magen-Darmkanalsmyome 1255 (Steiner). 

Magen- u. Darmoperationen 281 (Körte). 

—— und Duodenalgeschwür 976 (Len- 
nander). 

Magendurchleuchtung 1122 (Starck). 

Magenexstirpation 750 (Hofmann). 

Mı gengeschwür 631 (Leube, Mikulicz), 141 
(Savariaud). 


XLI 


Magengeschwür, perforirtes 515 (Adam- 
son, Renton). 

Magengestalt 1122 (Bettmann). 

Magen, Haargeschwulst i. 203 (af Schulten). 

Krampfgeschwulst 915 (Schnitzler). 

Magenkrebs 979 (Guinard). 

Magenleiden 506 (Carle, Fantino). 

—— Blutuntersuchungen 905 (Zez). 

Magenoperationen 113 (Krönlein), 115 
(Schuchard), 117 (Steudel), 118 (Miku- 
licz), 122 (Heidenhain, Stern, Doyen), 
126 (Karg), 915 (Shaw), 916 (Hemmeter, 
Krumm, Oliva). 

Magenprobeschnitt 750 (Delagénière). 

Magenresektion 87 (Reichard), 1125 (Pa- 
rozzoni), 1156 (Albert). 

Magensaftfluss 975 (Banti). 

Magen- und Quercolonsresektion 417 
(v. Hacker). 

Malariamils 919 (Parona). 

Mal perforant 343 (Chipault\, 692 (Du- 
play), 1147 (Chipault). 

Mammacarcinom 987 (Rotter). 

Mandelabscesse 271 (Hugues). 

Mandelbedeutung 582 (Pluder). 

Mandelkrebs 1227 (Fraenkel). 

Mandeln 582 (Hessler). 

Marlysterilisation 497* (Hellat). 

Masern und Scharlach, Periostitis nach 
1188 (Strubell). 

Massage 155 (Hoffa). 

Massagetherapie 806 (Zabludowsk:). 

Mastdarmamputation 745 (Quenu). 

Mastdarmchirurgie 139 (Nelaton, Reclus, 
Csesch), 140 (Boeckel). 

Mastdarmeysten 918 (Mathews). 

Mastdarm, Fremdkörper im 952 (Broussin, 
Delbet). 

Mastdarmgeschwülste 128 (Rose, Bélin), 
1202 (Longuet). 

Mastdarm, Harnleitereinpflanzung in den 
820 (Fowler). 

Mastdarmkrebs 146 (Prutz), 379 (Quenu, 
Laudel, 519 (Hochenegg), 948 (Quenu), 
1213 (Csesch). 

Mastdarmkrebsoperationen 338 (Quenu, 
Hartmann, Pean, Boeckel). 

Mastdarmoperationen 129, 359*, 1204 
(Liermann). 

Mastdarmresektion 398 (Depage). 

Mastdarmspiegel 635 (Otis). 

Mastdarmstrikturenbehandlung 619* (N. 
A. Sokoloff), 1212 (Berndt). 

Mastdarmvorfall 127 (Bryant). 

Mastitis 30 (Mays). 

Mastoidoperationen 346* (Zaalberg). 

Mastopexie 951 (Pousson). 

Maul- und Klauenseuche 184 (Stutzer, 
Hartleb). 

Meckel’sches Divertikel 137 (v. Stuben- 
rauch, 377 (Kelynack), 521* ( W. Kramer), 
917 (Gildersleeve, Küttner). 

—— — zur Dünndarminvagination 839* 
(F. de Quervain). 

Mediastinaleyste 895 (Bergmann). 


XLII 


Mediastinum anticum, Dermoideysten d. 
460 (Ekehorn). 

Medicin, Anomalien und Absonderlich- 
keiten in der 807 (Gould, d. 

—— gerichtliche, Atlas d. 126 (v. Hof- 
mann). 

Meißelsonde 1088 (Kiär). 

Melanom der Halsdrüsen 950 (Berger). 

Meningitis nach Orbitaloperation 591 (de 
Lapersonne). 

tuberkulöse 268 (Romme), 
(Marfan). 

Metallnaht aus Aluminiumbronze 458 
(Haegler- Passavant). 

Metastasen nach Typhus 699 (Hübener). 

Migräne und E EN 1028 (Raehford). 

Mikrobrenner 635 ( Unna). 

Mikroorganismenausscheidung 850 (Biedl, 
Kraus). 

Mikrosporie 655 (Trachster). 

Militärchirurgie 216 (Coustan). 

Militärspital, römisches 718 (Rose). 

Milzchirurgie 130 (Stierlin), 131 (Cordero, 
Jonnesco), 140 (v. Beck, Nannotti). 

Milchechinococeus 991 (Jakowlew). 

Milzexstirpation 142 (Homans), 1207 
(Krabbel). 

Missbildung d. Wirbelsäule 118 (Schmid). 

Mittelfußknochen, Osteoperiostitis ossif. 
der 487 (Basquet). 

Mittelhandknochen, Verrenkung der 162 
(Schütz). 

Mittelohreiterung 68 (Ludewig), 
(Moure), 828 (Leitzbach). 

Mittelohrentzündungen 531 (Gradenigo). 

—— und Mandeln 582 (Hessler). 

Mittelohrfreilegung 578 (Müller). 

Morbus Addisonii 933 (Schwyzer). 

Mundbodendermoide 115 (Klapp). 

Mundkrankheiten 99 (Mikulicz, Kümmel). 

Mundschleimhaut, Hyperkeratose d. 832 
(Duerey, Respighi). 

Mundspeicheldrüsenerkrankung 406( Küm- 
mel), 1224 (Hirsch). 

Murphyknopf 129 (Storp), 1126 (.Borelius). 
Muskelechinococeus 82 (Scholtz), 296 
(Baietta, Rizzin:), 1087 (Garulanos). 

Muskelentartung 173 (Curschmann). 
Muskelentzündungen, primäre 679( Kader). 
Muskelfibromyom 1157 (Zagato). 
Muskelhernie 315 (Lehmann). 
Muskelinterposition bei Knochenbrüchen 
172 (Kruse). 
Muskellappentransplantation 458 (Rydy- 
ser). 
Möskeirheumatismus 921 (Erben). 
Muskelschwiele, rheumatische 457 
(Strauss), 1157 (Bertelsmann). 
Muskelschwund 479 (Firgan). 
Muskelveränderung b. Rekurrenslähmung 
117 (Friedrich). 
Muskelzugverletzungen 1157 "Porges). 
Mutterbandgeschwulst 812 (Guinard). 
Myelom des Schlüsselbeins 489 (Ewald). 
Myiasis dermatosa oestrosa 83 (Wilms). 


1168 


827 


Sachverzeichnis. 


Mykose 339 (Poncet, Dor). 

Myome des Magen-Darmkanals 
(Steiner). 

Myomotomie 928 (Hofmeier). 

Myositis ossificans 82!Bremig), 172 (Boks), 
573 (Salman), 1141 (Stempel), 1148 (Mo- 
rian\, 1305 (Roth) 

Myxödem 564 (Briquet), 836 (Hertoghe). 


1255 


Nabelbruch 133 !Lanenstein). 

Nabelgeschmäre 588 (Reichard). 

Nadelhalter 172 (Graser). 

Naevus pilosus 327 (Bircher). 

Nageltrokar 846 (Kirstein). 

Nähmaterial, chirurg., Zugfestigkeitsbe- 
stimmung 583* (C. Stich). 

Nahrungskanalsoperation., 188 (Maylord). 

Naht 238 (Marcy), 375 (Edebohls), 376 
(Gigli, Baroni). 

—— Zwirnfäden sur 938 (Aleksinski). 

Nahtmaterial 1095 (Klemm). 

Nahtträger 174 (Graser). 

Narkose 1266 (Rodman), 1267 (Thomson, 
Kemp). 

Nerkosenlährming 908 (Boucht). 

Nasenabscess 422 (Ardenne). 

Nasenathmung 12 (Mendel). 

Nasenbakterien 532 (Park, Wright). 

Nasengeschwülste 288 (Noguet), 421 
(Egger), 1083 (Tissier, Martuscelli). 

Nasenhöhlencysten 831 (Brindel). 

Nasenkrankheiten und Psychiatrie 269 
(Ziem). 

Nasenmuschel-Nekrose 963 (Delie). 

Nasennebenhöhlen 581 (Moure, Meyjes, 
Herzfeld). 

Nasennebenhöhleneiterung 1029 ( Howard, 
Ingersoll). 

Nasennebenhöhlenerkrankungen 98 
(Winckler, Kunert). 

Nasenöffner 635 (Jankau). 

Nasenplastik 1224 (Monks). 

Nasenpolypen 96 | Wright), 539 (Martha), 
830 (Okada). 

Nasen-Rachengeschwulst 468 (Habs). 

Nasenscheidewandadenom 844 (Eichler). 

Nasenscheidewandoysten und Perichon- 
dritis 113 (Theissing). 

Nasenschere 844 (Fein). 

Nasenschleimhaut, Reizung der 1083 


( Guder). 
Nasenspalten 844 (Kredel). 
Nasen- und Augenerkrankungen 580 
(Winckler). 
Natr. sozojodolicum gegen Blutung 998 
(Cohn). 
Nebenhöhleneiterung 829 (Lindt). 
Nebenhöhlenentsündung 1239 (Bernard). 
Nekrose der Nasenmuschel 963 (Delie). 
Nekrotomien 489 (Neugebauer). 
Nephrektomie 49 (Carlier), 365 (Coelho), 
821 (Twynom), 1104 (Ratynski). 
—— en 342 (Albarran). 
Nephrolithiasisdiagnose durch Röntgen- 
bilder 1221* (Ringel). 


Sachverszeichnis. 


Nephrolithotomie 932 (Denecke). 


Nephropexie 251 (Reed, Senn), 1013 
(Sottocasa). 

Nephrotomie 50 (Chevalier). 

Nervenanastomosirung 1172 (Faure, 
Furet). 


Nervencentren, antitoxische Wirkung der 
1166 (Widal, Nobécourt). 
Nerveneinfluss auf Knochenwachsthum 
151 (Ghilini). 
Nervenleiden, traumatische 1247 (Diller). 
Nervennaht und Nervenplastik 417 (Hahn). 
Nervensystemschirurgie 941 (Lyssenkow). 
Nervensystemsgeschwülste 186 (Bruns). 
Nervenverletzungen 1289 (Levings). 
N. ischiadieus-Dehnung 174 (Lewinsohn). 
N. lacrymalisneuralgie 843 (Martynow). 
Netzincarceration, retrograde, mit Stiel- 
torsion über den Bruchring 462* (C. 
Bayer). 
Netzsarkom, primäres 609* (G. Hein- 
ricius). 
Neubildung und Trauma 1195 (Ribberi). 
Neubildungen 793 (Sklifossowski). 
Neuralgie des N. lacrymalis 843( Martynow). 
Neuralgie bei Schiefhals 671 (Kader). 
Neurofibrom d. Medianus 492 (Sick). 
Neurofibromatose 1303 (‚Strube). 
Neurofibrome 998 (Feindel, Oppenheim). 
Neuroma ganglio-cellulare 1302 (Busse). 
Neurome, maligne 1034 (Habermann). 
Neurosen, traumatische 1059 (Flatau). 
Nierenblutung 557 (Grosglik). 
—— nach Nephrolithotomie 932 ( Denecke). 
Nierenchirurgie 715 (Pinner), 927 (Morris). 
Nierenceysten 1274 (Houzel). 
Nierenechinocoecus 448 (Sserapin), 727 
(Houzel). 
Nierenexstirpation 967 (Braatz). 
Nierengeschwulst 47 ( Boeckel), 50 (Carlier). 
— —— Varicocele b. 50 (Legueu), 261 
(Minervini). 
Nierengeschwülste 1277 (d Antona). 
Nieren- und Harnleiterchirurgie 
(Gerster). 
Nierenkrankheiten 604 (Freitag). 
—— chirurgie 442 (Güterbock). 
Nierenlage 1104 (Becher, Lennhoff). 
Nieren- und Leberblutungen, heiße Luft 
gegen 1013 (Schneider). 
Nierenresektion 1273 (Bloch). 
Nierenschuss 966 (Payr). 
Nierensteine 50 (.Begouin), 253 (Cumston), 
567 (Fenwick). 
Nierenstörung bei Darmverschluss 377 
(Ferio u. Bosio). 
Nierensyphilis 1251 (Greene). 
Nierentuberkulose 23, 1286 (Israël) 252 
(Goldberg),567(Bangs),727,1012(.Puffier). 
bei Nephrektomie 342 (Albarran). 
Nierenuntersuchungen 1277 (Alessandri). 
Niereuverschiebung 931 (.Betcke). 
Nierenzerquetschung 932 (Zink). 
Nierenzerreißung 385 (Zöhlein), 
(Nasse). 


262 


1272 


XLII 


Noma 466 (Manguli, 1240 (Freimuth, 
Petruschky). 


Oberarmbruch 1160 (Rammstädt). 
Oberarmknochensarkom 384 (Rotter). 
Oberextremitätsexstirpation 1294 (Berger). 
Oberkieferresektion 288 (Schulz). 

—— temporäre 363 (Depage). 

Oberschenkelamputation 1298 (Jacobson). 

Oberschenkelbrüche 174 (Graff), 175(Mon- 
sehr). 

Oberschenkelhalsbrüche 1308 (Gilette). 

Oberschenkelknickung, angeborene 174 
ern ehlelkopfepiph 

Oberschenkelkopfepiphyse 164 (Sprengel). 

Oso hagoskopie g9 Se Hacker), 
386 (Einhorn), 832 (Ebstein), 1113 (Kir- 
stein). 

Oesophagotomia ext. 1127 (Abramowitsch, 

„ Kanzel, Okladnych'. 

Ösophagotomie 386 (Lemaitre), 637 (Herr- 

„ mann), 889 (Gorski), 1058 (Sonnenburg). 

Osophagusruptur 385 (Lohse). 

Osophagusstenose 356 (Lewerenz). 

Ösophagusstenosen, Fremdkörper in 282 
(Herzfeld). 

Ohranatomie 1019 (Schwalbe, Siebenmann). 

Ohrkrankheiten 352 (Hartmann). 

Ohrleiden 94( Teichmann, Winkler, Arslan), 
95 (Broca), 285 (Grunert, Moure), 286 
(Burnett), 539 (Bychowski, Lichtwitz, 
Szenes, Carette, Heile), 774 (Bonain, R. 
Müller), 175 (Brühl). 

—— und ihre Komplikationen 110, 112 
(Moure), 110 (Grunert), 111 (Kümmel), 
112 (Hessler), 113 (Teichmann). 

Ohrsklerose 1081 (Grant). 

Ohrverletsungen 1088 (Szenes). 

Olekranonbruch 1306 (Beck). 

Operation von Sehnen- u. Muskelkontrak- 
turen 276* (C. Bayer). 

Operationen an den Gallenwegen 379 
(Baudouin). 

—— chirurgische 138 (Curri). 

—— gynäkologische 254 (Hofmeier), 1105 
(Doyen). 

—— Indikation und Grenzen ders. 55 
(Baumm). 

—— kriegschirurgische 1140 (Imbriaco). 

—— vaginale 55 (Döderlein). 

Operationsberichte 414 (Powers). 

Operationshandschuhe 32 (Perthes), 33 
(Döderlein). 

Operationslehre 213 (Kocher), 214 (Rotter), 
215 (Zuckerkandl). 

Operationssaal, Forderung f. d. asep- 
tischen 121* (H. Strehl). 

Orbitalangiome 775 (Kumbery). 

Orbitaloperation 591 (de Lapersonne). 

Orchidotomie 1275 (Deore). 

Organotherapie 1024 (Gilbert, Carnot). 

—— des Kropfes 1031 (Reinbach). 

Orthoform 508 (Kallenberger). 

—— bei Blasenleiden 808 (Noguès). 

Orthopädie, Hessing’s 481 (Lange). 


XLIV 


Osteoarthropathie 305 (Teleky). 

Osteom des M. adductor med. 1309 (Ey- 
meri). 

Osteomalakie 304 (Rissmann). 

Osteomyelitis 172 (Swentzitzkt),314(Perutz, 
Singer, Swoboda), 698 (Herzog, Krent- 
wig), 953 (Kudriaschow), 962 (Blecher). 
1062 (Birch-Hirschfeld), 1063 Hahn), 
1156 (Marz). 

—— chronische 1032 (Delcourt). 

—— der Kiefer 846 (Moty, Lichtwitz, 
Reboul). 

— der Rippe 895 (Tailhefer). 

—— der Wirbel 585 (Riese). 

—— des Kreuzbeins 1160 (Dehler). 

Osteoperiostitis ossificans der Mittelfuß- 
knochen 487 (Basquet). 

Osteosarkom 865 (Leo). 

Osteotom 313 (Cryer). 

Ostitis, sekundäre, hyperplastische 445 
(Obermayer). 

Ovariotomie 1288 (Freund). 

Oxytuberkulin 350 (Lane, Ellinwood, Bar- 
kan, Flummer, Gibsons). 

Osaena 97, 352 (Gradenigo), 269 (Brindeh), 
287 (Mouret), 957 (Cholewa, Cordes). 


Pachyvaginalitis 810 (Demons, Begouin). 

Pankreaschirurgie 984 (Takayasu). 

Pankreasentzündung 134 (Körte). 

Pankreaskrankheiten 380 (Körte), 
(Klippel, Page). 

Pankreasnekrose 614 (Ehrich, Simmonds), 
1208 (Morian). 

Pankreastumor 383 (Nasse). 

Pankreatitis und Fettnekrose 156 (Hilde- 
brand). 

Papillome des Kehlkopfes 958 (Baum- 
garten), 1229 (Massei). 

Paranephritis 821 (Michailow). 

Paraplegie b. Laminektomie 1263 ( Mugnas). 

—— bei Pott’scher Krankheit 1263 (Is- 
nardi). 

Parosmie 1239 (Noguet). 

Parotisangiom 540 (Bidone). 

Parotistuberkulose 289, 467 (Bockhorn). 

Paukenhöhlenepitheliom 420 (du Fou- 


906 


geray). 
Pemphigus 312 (Manchot), 344 (Ohmann- 
Dumesnil), 669 (Kirchner). 
Penisresektion 965 (Hildebrand). 
Penistuberkulose 568 (Gaston). 
Perforation bei Typhus 748 (Deaver). 
Perforationsperitonitis 85 (Monod). 
Perichondritis und Cysten der Nasen- 
scheidewand 113 (T’heissing). 
Perikarditis 106, 1231 (Schuposchnikof), 
276, 414 (Roberts), 279, 1230 (Brentano), 
1232 (Devoto), 1243 (Jessen). 
Perinealabscess, Instrument f. d. externe 
Urethrotomie bei 411* (Ingianns). 
Periostitis nach Masern und Scharlach 
1188 (Strubell). 
Periosttransplantation 284 (Subbotic). 
Periperitonitis 84 (Franke). 


Sachverzeichnis. 


Peritonealflüssigkeit 197 (d Anna). 

Peritoneumsauswaschung bei Peritonitis 
tuberculosa 1267 (Seganti). 

Peritonitis 69 (Finney), 70 (Mc Cosh, El- 
ting, Calvert), 198 (Brun), 335 (Senn), 
388 (Dahlgren), 389 (v. Erlach, v. Beck), 
503 (Siron, Gesselewitsch, Wanach), 514 
( Gesselewitsch), 824 (Fabricius), 1208 
(Brault). 

—— chronische 109 (Riedel). 

— eitrige 989 (Lebrun), 1128 (Stoops). 

—— tuberculosa 1267 (Isnardi, Seganti). 

Perityphlitis 85 (Herzog). 

—— recidivirende 974 (Kümmell). 

Perkussion bei Gehirnkrankheiten 827 
(de Paoli, Mori). 

Peronealmuskellähmung 486 (Ehret). 

Peroneussehne, doppelseitige Luxation der 
25 (König), 584 (Riese). 

Pflastersuspensionsbinde 357 (Gerson). 

Phlebitis 855 (Robineau). 

Phlebolithen des Samenstranges823 (Mazi- 
mow). 

Phlegmone 1187 (Chour). 

— Del ere 20* (Meyer). 

—— der Zungentonsille 885 (Crouzillac). 

Physiologie und Pathologie der Nasen- 
athmung 12 (Mendel). 

Pikrinsäure 223 (Robert). 

Pirogofl’sche Amputation 869 (Kern). 

Plantarfascie, Erkrankung der 166* (Hoffa). 

—— Knochenbefund in der 693* (Rie- 
dinger), 697* (Borst). 

Plastik 70 (Loew). 

—— endorale 114 (Biondi). 

Plattfuß 870 (v. Dembowski). 

—— paralytischer 689 (Bakradze). 

—— statischer 689 (Steudel). 

Pleurachirurgie 103 (.Karewski). E 

Pleuraempyem 30 (Simon), 461 (Kopfstein). 

Pleuraexsudate 295 (Bergonie, Carrière). 

Pleuralfisteln 13 (Duplay). 

Pleura und Perikard, Endotheliom 544 
(Modzejewski). 

Pleurotomie 295 (Nicodemi, Wolkowitsch), 
296 (Beck). 

Plica polonica 528 (Fronizak). 

Pneumokokken 1157 (Boise). 

Pneumonie nach Äther- u. Chloroform- 
athmung 1109 (Schulze). 

Pneumothorax 13 (Bernard). 

Pneumotomie 104 (Hadra), 1015 (Bozzolo). 

Polyarthritis deformans 853 (Tschernow). 

Polymyositis 865 (Martinotti). 

Polyposis recti 988 (Rotter). 

Pott’scher Buckel 103 (Jonnescu, Melun), 
340 (Culot), 290 (Murray), 460 (Ssubotin), 
532 (Chipault), 533 (Wolff, Gayet), 658, 
7170 (Ménard), 716 (Aue), 885 (Schanz), 
886 (Jonnesco, Huhn). 

Präparatdemonstration 383 (Nasse), 385 
(Lohse), 386 (Lewerenz). 

Präparate 987 (Kunkel). 

Processus coronoides ulnae 935 (Herdt- 
mann). 


Sachverzeichnis. 


Prostata 446 (Heimer, Verhoogen). 

Prostatahypertrophie 36 (Caminiti, Salo- 
moni), 48 (Carlier, Albarran, Legueu), 
49 (Chevalier, Desnos), 260 (Freudenber. 
g "mann, Erdberg), 437, 606 glich, 


(Delore), 605 (Roche), 711 (Me Sch 


Gei 1007 (‚Floderus), 723 1 (Sacchi, 
Derinschinski), 724 (Korlowskı), 965 
(Wodarz, Böhm), 1006 (af Schulten), 
1007 (Noguès), 1015 (Hand, 1100 
{v. Stockum), 1101 (Freudenberg), 1112 
(Sanesi, Simon), 1268 (Mota. 1285 
(Keyes, Morton). 


Prostatitis 959 (Cohn). 

—— acuta gonorrhoica 136* (B. Goldberg). 

—— gonorrhoische 793 (Picard). 

Prostatotom, galvanokaustisches 177 (Zye- 
decke). 

Droa igo 1027 (Dohi). 

Pseudarthrose, angeborene 1309(Meucière). 

Pseudarthrosenbildung 1142 (Snévé;. 

Pseudarthrosis humeri 987 (Scheuer). 

Pseudohermaphroditismus 263 (Alexander). 

Pseudotetanusbacillus 901 (Tavel). 

Psoriasis 328 (Grube), 667 (Gassmann), 
1027 (Szadek). 

u. Gelenkleiden 1034 (Strauss). 

Psychiatrie 269 (Ziem). 

Puerperal- u. Wundinfektion, Verhütung 
ders. 1166 (Starzewski). 

Punktionstherapie 662 (.Krönig). 

Pyämie vom Ohr aus 420 (Bojew). 

Pyelitis 1271 (Rosenfeld). 

Pylorektomie 743 (Morison). 

Pyloroplastik 25 (Sonnenburg). 

—— und Gastroplicatio 639 (Casati). 

Pylorusenge 750 (Selenkoffj, 1123 (Paul), 
1124 (Monprofit). 

—— und Magensaftfluss 975 (Banti). 

Pylorusgeschwülste u. Leber 743 (v. Kun- 
drat, Schlesinger). 

Pylorusresektion 1136 (Schmidt), 1156 
(Frank). 

Pylorusstenose 517 (Selenkow, Krassno- 
bajew). 

Dee? 1002 (Beck). 


ZRachenlupus 423 (Gouguenheim,Guinard). 

Rachenmandel 101 (Hartmann, Beckmann), 
115 (Barth), 408 (Moure). 

Rachenringmesser, galvanokaustisches 176 
(Riedel). 

Rachitis 598 (Babeau). 

Radialislähmung 161, 1061 (Franke), 483 
(Gerulanos). 

Radikalbehandlung von Brüchen 975 
(Thiele). 

Radikaloperation von Brüchen 1199 (Dro- 
bnik, Selmi), 1200 (Taillens). 

—— der Hydrocele 1092* ( Winkelmann). 

der Schenkelhernien 548* (G. Loth- 
eissen), 159* (A. Codivilla). 

Radio-Ulnargelenk, Verrenkung des 161 
(Hoffa). 

Radiusbrüche 306 (Kahleyss). 


XLV 


Rankenaneurysma 776 (Rouz. 

Rankenangiom 1166 (Berger). 

Ranula 272 (v. Hippel). 

Raynaud’sche Krankheit 537 (Durante). 

Rei. -Eneyklopädie der gesammten Heil- 
kunde 212, 758, 1139 (Eulenburg). 

Rectopexie 1266 (Ghedini). 

Rectoskopie 145 (v. Fedoroff) 

Reflexneurosen, nasale 829 (Spiess). 

Rekurrenslähmung 117 (Friedrich), 1242 
(Lermoyez). 

Reposition, unblutige, bei kongenitaler 

üftluxation 1041 (Th. Kölliker). 

Resektion der Blase 364 (Curtis). 

—— der Cardia 1203 (Krukenberg). 

—— der Harnblase 1103 (Wundel). 

der Hüfte 28 (Benneke), 868 (Sprengel). 

der Leber 612 (Ullmann). 

—— der Nieren 1273 (Bloch). 

— der Saphena bei Beingeschwür 28 
(Heintze). 

—— der Schilddrüse 476* (W. Zoege 
v. Manteu ffel). 

— deröpeheröhe 89 (Garre), 881 (Levy). 

—— der V. saphena und Beingeschwüre 
496 (Köhler, Heintze). 

—— des Darmes 511 (Card), 1204 Drees- 
mann). 

— — —— wegen Krebs 134, 139 
(v. Bramann). 

— —— —— und der Leber 142 (Heber- 
lein). 5 

—— des Dickdarmes 752 (Heidenhain). 

—— des Fußes 495 (Vulliet). 

—— des Ganglion Gasseri 1037 (Depage), 
1171 (Keen, Spiller). 

—— des Gaumens 75 (Partsch). 

—— d. Hüftgelenks, totale 1151 (Barden- 
heuer). 

—— des Magens 87 (Reichard), 
(Parozzon:), 1156 (Albert). 

—— des Mastdarmes 398 (Depage). 

—— d. Oberarmknochens weg. Sarkom 
384 (Rotter). 


—— des Oberkiefers 288 (Schulz), 363 
(Depage), ` E 

—— des Penis 965 (Hildebrand). 

—— des Pylorus 1136 (Schmidt), 1156 


(Frank). 

—— des Schädels 425* (L. Gigli). 

—— des Unterkiefers 459 (Berndt), 468 
(Faure). 

—— d. Vas deferens 439 (Ingianni). 

Resektionen des Beckens 1152 (Wolff. 

Resectio tibio-calcanea 1052 (Roth). 

Resorein 527 (Kellogg). 

Resorption, peritoneale, und Infektion 
105 (Noetzel). 

Retrodeviation d. Gebärmutter 225 (Jon- 
nesco). 

Retroflexio uteri-Operationen 54 (Dührs- 
sen). 

Retroperitonealbruch 749 (Neumann). 

Retroversion der Gebärmutter 
(Turretta). 


1279 


XLVI 


Rhabdomyom der Zunge 422 (Pend)). 

Rhinitis caseosa 830 ( Wroblewski). 

— hypertropbicans, 580 (Blocbaum). 

Rhinolith 1088 (Miot). 

Rhinoplastik 1180 (Lossen). 

Riesenwuchs 316 (Sawicki). 

Rippenimplantation bei Pseeudarthrosis 

umeri 987 (Scheuer). 

Rippenosteomyelitis 895 (Tailhefer). 

Rippenresektion bei Peripleuritis 25 (Ka- 
rewski). 

—— bei Pleuraempyem 30 (Simon). 

Röhrenknochenlängsfrakturen 641* (F. 
Bühr). 

Röntgenbild bei Coxitis 485 (König). 

Röntgenbilder 588 (Schwarz). 

—— zur Diagnose der Nephrolithiasis 
1221* (Ringel). 

Röntgendurchleuchtung 232 (Law), 473* 
(Angerer), 552 (Barjon), 553 (.Buguet), 
@ascard, Perree, Gocht), 554 (Appunu, 
Oberst, Jankau), 555 (Cowe), 617 (Levy- 
Dorn). 

Röntgenstrahlen 11 (Deyke, Albers-Schön- 
berg, Büttner, Müller), 243 (Oudin, 
Barthélemy, Darier), 413 (White), 434 
(White, Williams), 435 (Küttner), 452 
(Dumstrey, Metzner), 453 (Davidson), 
560 (Siedentopf, Geroulanus, Gasur, 
Londe), 622 (Küttner), 853 (Tonta), 1026 
(Behrend). 

—— b. experimenteller Tuberkulose 383 
(Mühsam). 

—— bei Hirmchirurgie 771 (Henschen, 
Lennander, Stenbeck). 

—— gegen Lupus 52 (Kümmel), 384 
(Sonnenburg)- 

—— in der Dermatotherapie 663 (Schiff). 

Röntgenverfahren zur Kugelextraktion 1* 
(E. Braatz). 

Rotz 183 (Babes, Riegler, Podasca). 

Rückgratsverkrümmungen 272 (Pfeiffer), 
1262 (Ghillins), 1263 (Burci). 

Rückenmarksatrophie wegen Fingerman- 
gel 540 (Sougues, Marinesco). 

E E infektiös-eitrige 
841 (Macewen- Rudloff). 

Rückenmarkserschütterung 459 (Kirch- 
gaesser). 

Rückenmarks- u. Wirbelgeschwulst 768 
(Schlesinger). 

Rückenmarksverletzungen 469 (Trapp, 
Reinhardt), 470 (Lambret), 657 (Laehr), 
1191 (v. Arz). 

Ruptur d. A. poplitea 195 (Schulz). 


Samenstranggeschwulst bei Kryptorchis- 
mus 263 (Purona). 

Samenstranglipom 568 (Porges). 

Samenstranglipome 559 (Gabryszeweki), 
1287 (Litzenfrey). 

Samenstrang-Phlebolithen 823 ( Maximow). 

Sanitätsdienst im Gefecht 224 (Nicolas). 

Saphenaresektion bei Beingeschwür 28 
(Heintze). 


Sachverzeichnis. 


Sarcine und Magengärung 743 (Ehret). 

Sarcoma femoris 588 (Reichard). 

Sarkom 544 (Coley). 

—— der Blase 261 (Dibbern). 

—— der Gebärmutter 824 (Vögler). 

— der Haut 257 (Semenow, Tandler). 

—— der inneren Organe 207 (Schapiro). 

— der Zunge 847 (Lichtwstz). 

—— des Kreugbeins 120 (Peham). 

Sarkome der Zungentonsille 1030 (Prota, 
Martuscellı). 

Sarkombehandlung mit Toxinen 
(Coley). 

Scapulahochstand 1159 (Pitsch). 

Schädeldefektsdeckung mit ausgeglühtem 
Knochen 969* (J. Grekoff). 

Schädelgeschwülste 1036 (Depage, Mazi- 


mow). 
Schädelgrundgeschwulst 767 (Jordan, 


1290 


Hi nn). 
Schädelhöhlenskiagramme 529 (Glover). 
Schädellückenverschluss 1170 (David), 
1191 (Berndt). 


Schädeloperationen 414 (Tiffany), 842 
(Trnka, Jonnesco, Moullin). 
Schädelresektion, temporäre, mit Draht- 
säge, Technik der 425* (L. Gigli). 
Schädelschüsse 231 (Seggel, Fattie), 232 
(Duprez, Patry, Le Dentu), 1167 (Graf). 
Schädelstücke, eingeheilte 577 (David). 
Schädeltrepanation 57* (E. Braatz), 211* 
(C. Lauenstein). 
Schädeltuberkulose267 (Minard, Bumper), 
Schädelwunde 1188 (Michelis). 
Schambeindurchtrennung 358 (Gigli). 
Schanker und syphilitische Geschwüre 
1252 (Ohmann-Dumesnil). 
Scheidenafter 1203 (Jeannel). 
Scheiden-Harnröhrenfistel-Operation 
geet 
Scheidenhautexstirpation 1105 (Rolando). 
Schenkelbeugencyste 174 (Schrank). 
Schenkelbruch 946 (Bähr). 
Schenkelhernien 548 (G. Lotheissen), 729* 
(4. Codivilla). 
Schiefhals 272 (Wolkowicz), 292 (Hilde- 
brand). 
—— Neuralgie bei 671 (Kader). 
Schilddrüsenentzündung 836 (Tailhefer). 
Schilddrüseninnervation 274 (Brian). 
Schilddrüsenpräparate 946 (Lanz). 
Schilddrüsenresektion 476 (W. Zoege von 
Manteuffel). 
Schilddrüsensaft bei Skleroderma 1283 
(Osler). 
Schleimbeutel 699 


53 


am Schlüsselbein 


(Wegner). 
Schleimhautleiden 925 (Rockwell, 926 

(Oudin), 927 (.Brocg). 
Schlüsselbeinexstirpation 700 (Vaughan). 
Schlüsselbeinnekrose 173 (Greeske). 
Schlüsselbeinverrenkung 482 (Krecke), 

489 (Rhoads), 699 (Sternberg). 
Schulterblattbruch 1159 (Morestin). 
Schulterblattexstirpation 1047 (Berger). 


Sachverzeichnis. 


Schulterblatthochstand 160 (Kölliker), 317 
(Pischinger, Kirmisson). 

Schulterverrenkung 342 (Demons), 489 
(Bähr), 866 (Bergmann, Scudder), 1048 
(Dural, Guillain), 1144 (Francke). 

—— habituelle 161 (Müller), 173 ( Weill), 
318 (Burrell, Lovett). 

Schussverletsung der Gebärmutter 1287 
( Wrzesniowsks). 

Schussverletzungen 865 (Seelhorst), 910 
(Freund). 

Schusswunden 454 (Müller, Koller). 

Schusswundeninfektion 403 (Karlinski). 

Schutzhebel bei Knochenoperationen 746* 
(Th. Kölliker). 

Schwangerschaft, ektopische 56 (Rossier). 

Schweißfuß 692 (Gerdeck). 

Schwertfortsatzverrenkung 895 (Giordano). 

Semiotik, chirurgische 67 (Farlavecchio). 

Sehnennaht 700 (Gedeon). 

Sehnennähte 1307 (Delamare). 

Sehnenplastik 414 (Bradford), 417 (v. 
Hacker). 

Sehnen- und Muskelkontrakturen, Ope- 
ration von 276* (C. Bayer). 

Sehnenscheidenmyelom 871 (Venot). 

Sehnenüberpflansung 51 (Vulpius), 318 
(Kirsch), 481 (Vulpius). 

Seidenfadeneiterung 575 (‚Poppert). 

Seitenkettenimmunität 478 (Wassermann). 

Selbstladepistole 221 (v. Bruns). 

Septhämie durch Bacterium 81 
(Alessandri). 

Sequester i. d. Harnröhre 259 (Grosglik). 

Serotherapie 66 (Rebuschini), 168 (Tho- 


coli 


mas, Skultecki, Weischer, Radinger), 
169 (Ashmead). 

—— der Tuberkulose 1281 (di Vestea, 
Maffucai). 


Serum, antidiphtherisches 350 (Orlandi). 
—— baktericides 873 (van de Velde). 
Serumtherapie 1024 (Petruschky). 
Sideroskop 803 (Asmus). 
Sigmoideo-Rectostomie 988 (Rotter). 
Silber, 149 (Cred). 

—— und Silbersalze 1025 ( Wolfram). 

—— lösliches, als Heilmittel 805 (Credd). 

Singultus bei Cystitis 931 (Molteni). 

Ser? sphenoidalis, Chirurgie des 113 
(Spiess). 

Skiagramme d. Schädelhöhlen 529 ( Glover). 

Skiaskopie 169 (Levy), 170 (Levy- Dorn), 
232 (Law), 406 (Reynier, Glover). 

—— bei Hirnschuss 1036 (Henschen). 

des Hüftgelenks 1049 (Hofmeister). 

von Knochenbrüchen 171 (Socht). 

Skleroderma 1283 (Osler). 

Sklerose des Ohres 1081 (Grant). 

—— tertiäre 312 (Deyckej. 

Skoliose 104 (Schulthess), 118 (Lange), 
273 (Hoffmann), 541 (Smith, 658 
(Steiner), 659 (Erben, Dolega). 

Scoliosis ischiadica 534 (Bähr). 

Skrofulose 68 (Aeumann). 

Sondirung ohne Ende 732 (v. Eiselsberg). 


XLVII 


Sosojodol 941 (Fasano). 

Speicheldrüsenhypertrophie 950 (Braque- 
haye, Sabrazes). 

Speiseröhren- 
196 (Narath). 

Speiseröhrendivertikel 623 (Butlin), 731 
(‚Reitzenstein). 

Speiseröhrenexstirpation 147 (Garre). 

Speiseröhrenoperationen 90 (Rehn). 

Speiseröhrenresektion 89 (Garre), 881 
(Levy). 

Speiseröhrenschanker 194 (Bailey). 

Speiseröhrenstriktur 1114 (Russel). 

Sphincter internus vesicae 439 (Versarı). 

Spina bifida 291 (Parascandolo, Maass), 
670 (Maass), 1191 (Rochet, Hugot), 1262 
(Isnardi). 

—— —— occulta 22 (Maass). 

—— —— u. Encephalocele 353 (Bayer). 

Spiraldrehung d. S romanum 752 (Koch). 

Spiritusverbände 42 (Salzwedel). 

Spitalbericht 635 (Bogdanik), 909 (Bur- 
well, Bottomley). 

Spitzfußoperation 1156 (Frank). 

Splenektomie 601 (Vanverts), 612 (Lac- 
cetti), 786 (Jonnesco), 797 (Mihailoweki, 
Ballune), 1214 (Subbotie), 1263 (Jova- 
novic). 

Splenopexie 1276 (Burci, Anzillotti). 

Spondylitis 76 (Hoffa), 77 (Landerer), 78 
(Lorenz), 80 (Vulpius), 81 ( Wullstein), 
321* (F. Lange), 423 (Hattemer), 880 
(Anders), 1173 (rencont) ran), 
1175 (Cha , Phocas), 1179 (Vulpius, 
1192 re 

Spontanfraktur 176 (Gnesda). 

—— bei Syringomyelie 1241 (Kofend). 

Spontanverrenkungen in der Hüfte 1297 
(Kummer). 

Sprungbeinbruch 494 (Naumann), 929 
(Destot). 

S romanum-Achsendrehung 144 (Haeckel). 

te e pyogenes 432 (Raoult- 

jelongchamps). 

Staphylokokkhänmse 1035 (Lesné). 

Starrkrampf bei Strychninvergiftung 852 
(Brunner). 

Statistikd. Knappschafts-Berufsgenossen- 
schaft 170. 

Status thymicus und Chloroformnarkose 
1155 (Mader). 

Steinanurie 820 (Albertin). 

Steinschnitt 931 (Ssergejero). 

Steißgeschwulst 120 (Phocas). 

Sterilisatoren im Operationssaal 224* 
(Karewskı). 

Sterilität beim Mann 558 (Finger, Sänger). 

Sternocleidomastoidei-Verlust 96 (Hel- 
ferich). 

Stichkanalinfektion 1197 (Troller). 

Stirnbeins-Depressionsfraktur 416 (Zoth- 
eissen). 

Stirnhirngeschwulst 284 (Cohn). 

Stirnhöblenempyem 73 (Barth), 
(Gerber). 


und Kehlkopfschirurgie 


963 


XLVIII 


Stirnhöhlenerkrankung 1037 (Schenke). 

Stirnhöhlenosteom 775 (Tauber). 

Stoffwechselprodukte 183 (Bail). 

Stomatitis mercurialis 796 (Zevin). 

Streptococcus 545 (Lanz). 

—— Erysipel- und Marmorek’scher 126 
(Courment). 

Striktur der Harnröhre 721 (Bazy, Baum- 
garten). 

—— der Speiseröhre 1114 (Russel). 

—— des Mastdarms 1212 (Berndt). 

Struktur von Knochenbrüchen 698 (Hins- 


berg). 
Strumaendotheliome 1303 (Limacher). 
Struma cystica mit Amöben 1058 (Mer- 


—— syphilitica 86 (Küttner). 

Strumitis 561 ( Honsell), 886( Lanz, Lüscher). 

Strychninvergiftung und Starrkrampf 852 
(Brunner). 

Subdiaphragmalraumes - Eröffnung 
(Wanach). 

Sublimatwirkung 1095 (Popow). 

Submaxillarspeicheldrüsen - Geschwülste 
272 (Löwenbach). ` 

Suggestion bei Nasenleiden 421 (Taptas). 

Suturen 576 (Moore, Thomalla), 939 ( Moore). 

Syphiliden 1268 (Gaucher, Barbe, Spill- 
mann, Etienne). 

Syphilis 301 (Tarnowsky, Jakowlew), 302 
(Neisser, Piccardi), 303 (Kirmisson, Ja- 
cobson), 183 (Rieder), 784 (Kuttner, 
Sprecher), 185 (Unna, Grouven), 795 
(Beran, Sterling, Pellizzari, Legrain), 
196 (Martel). 

—— hereditaria und Pemphygus 312 
(Manchot). 

—— der Nieren 1251 (Greene). 

Syphilisoperationen 1249 (Michailow). 

Symphysenlähmung 701 (Cholmogorov). 

Synchondrosencaries 681 (Rieder). 

Synechien, intranasale, 957 (Lavrand). 

Synovitis tuberculosa 935 (Legueu). 

Syringomyelie 330 (Schlesinger), 
(Kofend). 


"T'algdrüsen, rudimentäre 649 (Pinkus). 

Talusfrakturen 343 (Kummer). 

Talusverrenkung 1310 (v. Schiemann). 

Tarsalgie 690 (Merkel, Lange). 

Tätowirung, medieinische 662 (Foguet). 

Taubstumme 286 (du Fougeray). 

Taubstummheit in Norwegen 1081 (Ucher- 
mann). 

Technik, chirurgische 761 (Brewer), 826 
(v. Mosetig-Moorhof). 

Tendovaginitis 859 (Rubez). 

Teratom, doppeltes 1014 (Lowett, Council- 
man 


387 


1241 


A 

Terebenglycerin 238 (Kossobudzki). 

Tetanie 1040 (Meinert). 

Tetanus 347 (Caillaud), 488 (Moeller, Rein- 
hard, Schubert), 644 (Knorr), 645 (Hed- 
daeus), 1014 (Koch), 1155 ( Preindlsberger), 
1165 (Stintzing). 


Sachverseichnies. 


Tetanusantitoxinwirkung 267 (Wasser- 
mann, Takakı). 

Tetanusbacillen 1094 (Sacharjan). 

Tetanusgiftbindung 973 (Müchner). 

Tetanusheilserum 29 (Rose). 

Thorakoplastik 98 (Jordan), 296 (Bom- 
nüter). 
Thränen- und Mundspeicheldrüsenerkran- 
kung 406 (Kümmel), 1224 (Hirsch). 
—— u. Speicheldrüsenvergrößerung 843 
(Osler). 

Thymustod 965 (Avellis). 

Thyreoidinbehandlung 888 
Weber). 

Tbyreoiditis 1039 (Barbiere, Ulmann). 

Thyroidektomie 1230 (Rolando). 

—— bei Basedow 1284 (Booth). 

Thyroidis 472 (Tailhefer). 

Tinea Gruby 668 (Mibelli). 

Tod. plötzlicher, nach Operationen 452 
(Hamant). 

Tonsillitis 964 (Raoult, Thyri). 

Tortieollis 470 (Mirallie, Chaput), 471 
(Kuss), 1172 (Redard). 

Toxinen bei Sarkomen 1290 (Coley). 

Trachealresektion 672 (v. Bruns). 

Tracheotomie 1031 (Fraenkel). 

Trage für Verletzte 697 (Nicolas). 

Transplantation nach Thiersch 27 (Köhler). 

Trauma 1109 (Wilmans), 1195 (Ribbert). 

—— Hysterie 1158 (Gassner). 

Trepanation 766 (Graf). 

— des Schädels 57* (E. Braatz). 

Trepanationsinstrument 1260 (Zuccaro, 
Codevilla). 

Trepanationslücken 879 (Sworykin). 

Trigeminusoperationen 287 (Depage). 

Tripper 598 (Behaegel), 599 (Wood-Rug- 
gles, Bloch), 600 (Behrend, Neisser), 610 
(Collan, Grosz), 611 (Colombini, Bieck), 
194 (Strauss, Krzystalowicz, Neuhaus). 

Trommelfelldurchlöcherung 1080 (Kayser, 
Mint). 

Trommelfellrupturen 1239 (Stankowski). 

Tubenachsendrehung 967 (af Forselles). 

Tuben- und Peritonealtuberkulose 55 
(Bulius). 

Tuberkelbaeillen 874 (Czaplewski). 

Tuberkelbacillus 65 (Friedrich). 

Tuberkulin 83 (Morris, Whitfield). . 

—— R 661 (Scheuber). 

Tuberkulose, Bacterium eoli-Toxine bei 
149 (Morrihy). 

—— der Brustdrüse 1015 (Zotheissen). 

—— der Gelenke 561 (Sindler). 

—— der Haut 664 (Naegeli). 

—— der Hoden 823 (Koenig). 

—— der Knochen u. Gelenke 456 (Kır- 
misson, Ardouin). 

—— der Niere 567 (Bangs). 

der Nieren 23, 1286 (Israël), 252 
(Goldberg), 342 (Albarran), 127, 1012 
(Tuffer), 3 

—— der Parotis 289, 467 (Bockhorn). 

—— der Zunge 1084 (Berger). 


(Wolfstein, 


Sachverzeichnia. 


Tuberkulose des Bauchfells 637 (Duran), 
134 (Nassauer), 1119 (Jaffé). 
—— des Blinddarms 744 (Conrath). 
—— des Bruchsacks 1198 (Broca). 
—— des Darmes 1211 (Pantaloni). 
—— des Handgelenks 491 (Brigel). 
des Hüftgelenks 701 (Ménard). 
—— des Penis 568 (Gaston). 
—— des Schädels 267 (Minard, Bufvorr). 
— im Schultergelenk 146* (O. Wolf). 
—— Tuben- und Peritoneal- 55 (Bulus). 
— Versuche mit Röntgenstrahlen 333 
(Mühsam). 
a 332 


Tuberkulosen 331 (Johnston, 
(Hijmans), 555 (Jordan, Henke) 

Tuberkulosenbehandlung nach Bier 1025 
(Chlumsky). 

Tuberkulosenexantheme 651 (Boeck). 

Tuberkulosenserotherapie 1281 (di Vestea, 
Maffucei). 

Tumor im Corpus cavernosum 29 (Hilde- 
br andi). 

Tunica vaginalis testis, Exstirpation 44 
(Alessandri). 

Typhus, Knochenerkrankung nach 65 
(Möller). 

Typhusabscesse 818 (Bartoszewicz). 

Typhusgeschwür, perforirendes 199 
(Panton). 

Typhuskomplikationen 851 (Keen). 

Typhusmetastasen 699 (Hübener). 

Typhusperforation 748 (Deaver). 


Ulcus rotundum ventriculi 1264 (Tricomi). 
Unfallerkrankungen 674 (Thiem, Cramer). 
Unfallfolgen 674 (Ledderhose). 
Unfallheilkunde 315 (Maillefert). 
Unfallverletste-Untersuchung 305 (Hahn). 
Unfallverletzungen 373 (Kaufmann). 
Unterbindung der Vena jugularis com- 
munis 889 (Grekon). 
—— von Karotiden u. Jugularvenen 421 
(Thomas). 
Unterextremitätenkrankheiten 307 (Nasse). 
—— Varicen 862 (Holtzmann). 
Unterextremitätsfrakturen 1309 (War- 
basse). 
Unterkisterbräche 832 (Seelhorst). 
Unterkieferresektion 459 (Berndt), 468 
(Faure). 
Unterleibsverletzungen 1115 (Eichel, 
Schmitt). 
Unterschenkel, federnder 569* (Müller). 
Unterschenkelamputation 1310 (Hahn), 
1051 (Storp). 
osteoplastische 176 (Spassokukotaki). 
Unterschenkelbrüche 862 (Seil). 
Unterschenkelverlängerung, osteoplasti- 
sche 311 (v. Levschin). 
Untersuchungen, bakteriologische, bei 
chirurg. Operationen 138 (Curry). 
Urachusfistel 959 (Lezer). 
Uranoplastik 114 (Süssmuth). 
Uretereinpfanzung 56 (Amann). 
Ureterektomie, totale 342 (Hartmann). 


XLIX 


Ureterenverletzungen 1054 (Krüger). 

Ureterocystoskop 177 (Caspar). 

Uretero-cysto-neostomia 593* (A. Podres). 

Urethritis, gonokokkenfreie 51 (Noguès, 
Janet), 52 (Guiard). 

— der Frau 250 (Kolischer), 

Urethrocele 1015 (Duplay). 

Urethrocystoplastik 724 (Bazy). 

me 564 (Crosti), 1053 (Sonnen- 

rg). 

Urin in der Bauchhöhle 624 (Willgerodt, 
Klink). 

Urinauffangung, getrennte 39 (Neumann). 

Urineinspritzungen 1267 (Rizzo). 

Urogenitaltuberkulose 1233 (Goldberg). 

Uterus, Chlorzinkätsung d. 264 (Pfannen- 
stiel, Jung). 

Uterusmyome 933 (Martin), 934 (Gott- 
schulk, Hartmann, Fredet). 

Uterusretrodeviationen 54 (Baumm). 


Vaginalitis testiculi chronica 1278 ( Pas- 

cale). 

Vagusdruck 1229 (Newman). 

Vagusverletzung 964 (Tilman). 

Varicen 1299 (Krämer). 

—— der Unterextremitäten 862 (Holtz- 
mann). 

Varicenoperation 1016 (Franz). 

Varicocele 263 (de Sanctis), 365 (Natoli), 
615 (Morer), 1274 Liewe), 1273 
(Krone). 

Vas deferens-Resektion 439 (Ingianns). 

Veliretraktor 1039 (Hopmann). 

Vena jugularis communis, Unterbindung 
889 (Grekow). 

—— —— interna, Verletzungen 1039 
(Oppel). 

Venae varicosae 1282 (Janni). 

Ventrofixation d. Gebärmutter 359 (Ede- 
bohls). 

Verbandstoffe, aseptische 222 (Morgen- 
roth, Dupard). 

Verbrennungen 1291 (Bardeen). 

Vereinigung der Berliner Chirurgen 22. 
279. 382. 584. 718. 986. 1052. 

Vergrößerung der Thränen- und Speichel- 
drüsen 843 (Osler). 

Verletzung der Art. max. int. 1038 
(Wöhrln). 

—— der Art. subclavia 490 (Thoman). 

—— der Harnwego 819 (‚Poroschin). 

—— à. Ductus thoracicus 1086 (Wendel). 

Verletzungen 1150 (Piücker). 

—— der V. jug. int. 1039 ch, 

— intraabdoninelle 910 (‚Parlavecchio). 

—— Nachbehandlung von 674 (Müller). 

Verrenkung der Schulter 866 (Bergmann, 
Seudd, 


ler). 
—— des Fuß- und Kniegelenks 1063 
(Graf). 
— des Radiusköpfchens 700 (Mathes). 
— d. Schlüsselbeins 482 (Krecke), 489 
(Rhoads). Á 
—— des Schwertfortsatzes 895 (Giordano). 


d 


L 


Verrenkungen 1046 (Meuciere). 

—— im Fuß 870 (Quenu, Steffen). 

—— Reposition veralteter 14 (Engel). 

70. Versammlung der Arste und Natur- 
forscher 1148. 1176. 1203. 1233. 

Versammlung der Deutschen Gynäko- 
logen 54. 

Verschluss v. Schädellücken 1191 (Berndt). 

Verwachsungen, peritoneale 990 (Perman). 

—— zwischen Pylorusgeschwülsten und 
Leber 743 (v. Kundrat, Schlesinger). 

Verwundete vor Tananariva 226 (Pitot. 

Vibrationsmassage 1239 (Zöhnberg). 

Vorderarmbrüche 929 (Destot). 

Vorfall der weiblichen Geschlechtsorgane 
812 (Ruggi). 

—— der weibl. Harnröhre 259 (Scholtz). 

Vorfußdefekt, angeborener 177 (Janz). 

Vulvovaginitis klein. Mädchen 45 ( Comby). 


Weachsthumsbehinderung des Armes 567 
(de Megalheies). 
Wachsthumsstörung 317 (Blamenser). 
Wadenbeinmangel 703 (Kirmisson). 
Wadenmuskulatur, Achillessehne b. Kon- 
traktion d. 300* (E. Müller). 
Wandermilz 796 (Franke). 
Wanderniere 41 (Wolkow, Delitzin‘, 43 
(Wolff), 1273 (Hildebrand, Haga). 
—— tuberkulöse 931 (Thümmel). 
Wärmebehandlung, lokale 50 ( Wilms). 
Wearzenfortsatzgellen 1080 (Malherbe). 
Wasserbad, permanentes 84 (Zuschlag). 
Wiederbelebungsmethoden 897, 1268 


(Herzog). 
Wirbelbruch 118 (Costynsks). 
Wirbelbrüche 103 (Trapp), 656 (Roux de 

Brignoles). 

Wirbelgeschwulst 768 (Schlesinger). 
Wirbelkanalserðffnung 886 (Cavicchia). 
Wirbelsäulenechinococcus 670 (Wilms). 
Wirbelsäulenmissbildung 118 (Schmid). 
Wirbelsäulenverletzungen 408 (Kocher). 
Wirbelschuss 1228 (Cushing). 
Wirbeltuberkulose 705* (L. Wullstein). 
Wladimirow-Mikuliez’sche Operation 193* 

(E. Müller). 

Wucherungen, adenoide 271 (Cholewa), 


Sachverseichnis. 


836 (Hertoghe), 885 (Hartmann, Lauffs), 
1030 (Hellat, Hertoghe), 1226 (Hellat). 
Wundbehandlung 349 (Wölfler\, 646 
(Berndt), 647 (Fessler). 
aseptische 9 (Mikulicz). 
Wunddesinfektion 998 (Fabris). 
Wunden, aceidentielle 1074 (Brunner). 
Wundenkeimgehalt 453 (Riggenbach). 
Wundheilung 802 (Weber). 
Wundinfektion 759 (Brunner), 1166 (Star- 
zewski). 
Wundnaht 1044 (Reverdin). 
Wundschutz 1078 (Cohn). 
Wundstarrkrampf 1187 (Bandisch). 
Wundenschorfungen 148 (Cohn). 
Wundversorgung, aseptische 2( Friedrich). 
Wundfortsatz-Hernien 1266 (Jaia. 


X eroderma pigmentosum 245 (Reiss). 
Xerostomie 845 (Harris). 


Zahnextraktionen 879 (Saloy, Scheuer) 
1225 (Dzierzawski). 
Zahnfleisch, Primäraffekt am 311 ( Werner). 
Zahnheilkunde 833 (Morton). 
Zahnkrankbheiten 579 (Drenkhahn). 
Zahnleiden und Halsdrüsenschwellung 
102 (Koerner). 
Zehenkeloid 789* (S. B. Ranneft). 
Zeigefinger, Luxation des Sesambeins d. 
277* (H. Steudel). 
ZerreiBung der Art. poplitea 1064 (Mu- 
lert), 1311 (Bötticher). 
Zungenaktinomykose 289 (Claisse). 
Zungenbeincaries 1039 (Ullmann). 
Zungeneylindrom 363 (Ewald). 
Zungenkrebs 833 (Butlin), 1225 (Bozzi, 
Ortuans). 
Zungenmandeln 958 (Browne). 
Zungenrhabdomyom 422 (Pend}). 
Zungensarkom 847 (Lichtwitz). 
Zungentonsille 885 (Crouzillac). 
Zungentonsillenentsündung 270 (Bar). 
Zungentonsillensarkome 1030 (Prota, Mar- 
tuscelli). 
Zungentuberkulose 1084 (Berger). 
Zwerchfellverletzung 387 (Kayser). 
Zwirnfäden zur Naht 938 (Aleksınskı). 


Er Centralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 


E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


in Berlin. in Berlin, in Breslau. 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 1. Sonnabend, 8. Januar. 1598. 


Inhalt: Braatz, Beitrag zur Hirnchirurgie. Kugelextraktion aus dem Gehirn mit 
Hilfe des Röntgenverfahrens. (Originalmittheilung.) 

1) Wentscher, Lebensfähigkeit der Epidermiszellen. — 2) Massey, Krebsbehandlung. 
— 3 Meyer, Riesenzellenbildung unter Jodoformeinfluss. — 4) Ettinger, Chloroform. — 
5) Popoff, Äther. — 6) Deyke und Albers-Schönberg, 7) Büttner und Müller, Röntgen- 
strahlen. — 8) Mendel, Physiologie und Pathologie der Nasenathmung. — 9) Tuffier, 
Lungenchirurgie. — 10) Bernard, Pneumothorax. — 11) Duplay, Pleuralfistein. — 12) Bähr, 
Belastungsdeformitäten. — 13) Engel, Reposition veralteter Verrenkungen. — 14) Nico- 
ladoni, Daumenplastik. — 15) Jeanne, Bau des Fußgewülbes. 

$teinthal, Die isolirte Fraktur der Eminentia capitata im Ellbogengelenk. — R. Meyer, 
Zur Kasuistik der durch Gonokokken hervorgerufenen paraartikulären Phlegmonem (Ori- 
SE ) 

16) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlin. — 17) Rose, Heilgerumtherapie. _ 
18) Mays, Mastitis. — 19. Simon, Rippenresektion beim Pleuraempyem. — 20) Dowd, 
Brustkrebs. — 21) Beaumont, Apeurysma cirsoidee. 


I, Beitrag zur Hirnchirargie', Kugelextraktion aus dem 
Gehirn mit Hilfe des Röntgenverfahrens. 
Von 2 ` 
Privatdocent Dr. Egbert Braatz. 


M. H. Ich möchte Ihnen kurz über folgenden, von mir operirten 
Fall berichten. Einem jungen Mann war vor 2 Jahren, den 
5. November 1895, — er war damals erst 16'/, Jahre alt — eine 
Revolverkugel vom Kaliber;7 mm in die rechte obere Schläfengegend 
eingedrungen. (Fig. 1.) (Vor dem Photographiren wurden auf dem 
Kopf mehrere Orientirungslinien mit den Dermatographen [rothem 
Fettstift] gezogen, und eben so die Eintrittsstelle der Kugel [Narbe] 
gekennzeichnet.) Es handelte sich um ein Conamen suicidii: Die 
nächste Folge war Benommenheit, Störung der Sprache und Lähmung 
des Facialis und Hypoglossus. 

1 Vortrag, gehalten den 6. December 1897 in dem Verein für wissenschaft- 
liche Heilkunde zu Königsberg i/Pr. 

1 


2 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


Diese Störungen besserten sich im Verlauf der nächsten 4 Wochen 
und schwanden dann, die Wunde war ohne Störung verheilt. Er 
hatte ein halbes Jahr hindurch keine weiteren Beschwerden. Da be- 
kam er im April 1896 ganz plötzlich ohne nachweisbare Ursache 
heftigen Kopfschmerz in der linken Seite, so dass er den Kopf 
nicht gerade halten konnte. Ich sah ihn zum ersten Mal im De- 
cember 1896. Seine Klagen waren die früher erwähnten. Es wurden 
verschiedene Röntgenaufnahmen gemacht. Legte man die Platte 
unter den Hinterkopf, so bekam man kein Bild von der Kugel. 


Fig. 1. 


Die erste gelungene Röntgenaufnahme (Platte unter der linken 
Kopfseite) im hiesigen R.-Institut des Herrn Opticus Gscheidel zeigte 
folgendes Bild: Man sah die Kugel etwa in der Höhe des Joch- 
bogens, vor dem Ohre (Fig. 2). 8cm nach vorn und oben war eine 
dunkle, scharf gezeichnete, mondsichelähnliche Figur zu sehen. Hier 
hatte offenbar lie Kugel zuerst angeschlagen und war von hier ab- 
geprallt. Ich wartete nun zunächst ab, ob sich die Beschwerden 
des Pat. nicht ohne Operation bessern würden. 

So verging auch der Sommer, aber die Klagen des Pat. steigerten 
sich nur noch mehr. Hielt er den Kopf ziemlich stark nach 
vorn und links übergeneigt, so war der Schmerz noch zu ertragen, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 3 


wollte er aber den Kopf gerade nach oben halten, so steigerte sich 
der Kopfschmerz bis ins Unerträgliche. Der Kranke wünschte immer 
dringender die Operation, denn er war in seiner Arbeitsfähigkeit 
als Droguist sehr erheblich gehindert. Vorher wurde noch zur 
näheren Orientirung eine Aufnahme nach Röntgen gemacht, nach- 
dem ihm ein Eisendraht dicht über dem Ohr um die Stirn gelegt 
war und unter diesen Draht senkrecht zu ihm vor dem Ohr ein Cen- 
timetermaß, dessen Eintheilung nicht durch Striche, sondern durch 
quere Drähte gekennzeichnet war. Danach konnte man sich auf 
dem Bilde die Lage der Kugel in einer Ebene konstruiren. 

Bei der Operation bildete ich an der linken Schläfenseite einen 
Lappen, trennte den Jochbogen doppelt mit der Gigi schen Draht- 
säge durch und trug mit dem Meißel zur Osteoplastik eine dünne 
Knochenschicht ab. Dann klappte ich den Lappen nach unten und 
legte ein etwa 2 cm breites und 3 cm langes Trepanationsloch an. 
Ich bohrte dazu Löcher in den Knochen und verband sie (nach Oba- 


Fig. 2. 


Stirn, 


Vor der 1. Operation. 


linski) mit der Drahtsäge. Dann vergrößerte ich noch die Öffnung mit 
der beißenden Knochenzange. Die Dura mater lag nun in gewünschter 
Ausdehnung frei vor, die Messungen stimmten ganz mit den 
Richtungen und Maßen, wie es das Röntgenbild lieferte, überein, 
aber — die Kugel war nicht da. 

Die Dura wurde noch weit über die Trepanationsöffnung abgelöst, 
der Finger konnte aber beim Betasten nichts von der Kugel wahr- 
nehmen. War unter solchen Umständen überhaupt das Tasten nicht 
lange fortzusetzen, so bestimmte mich dazu noch ein anderer Um- 
stand: die schlechte Athmung des Pat. Schon von Anfang der Nar- 
kose an athmete er trotz Vorziehen des Unterkiefers nur auf Zureden 
oder meist auf künstliche Nachhilfe. Jetzt wurde die Athmung noch 
schlechter, ich brach daher die Operation ab und nähte die Wunde 
wieder zu. Dabei hatte ich noch die Hoffnung, dass die Trepanation 
an sich vielleicht die Beschwerden des Kranken günstig beeinflussen 
würde. Die Heilung ging glatt vor sich, und 14 Tage darauf wurde 

1 


4 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


er nach Hause entlassen. Die nächsten 14 Tage blieben die Be- 
schwerden allerdings fort, kehrten dann aber wieder, und wir standen 
wieder vor der Operationsfrage. Vorher wurden wieder einige Auf- 
nahmen gemacht. Ich legte dem Pat. diesmal einen Bleidraht um 
den Kopf. Das hatte den Vortheil, dass dieser Draht sich ungemein 


Fig. 3. 


Vor der 2. Operation. 
Fig. 4. 


Vor der 2. Operation. 


viel leichter den Kopfformen anschmiegte, und dann lässt Blei die 
X-Strahlen noch weniger durch als Eisen. Auch die Operations- 
narbe auf der linken Gesichtsseite belegte ich genau mit 
einem entsprechend passenden Bleidraht und klebte diesen 
mit gummirtem Papier fest auf die Haut (Fig. 3). 


ee Google 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 5 


Die Aufnahme zeigte, dass sich die Kugel in der That innerhalb 
meines ersten Operationsgebiets befand. Nur musste sie tiefer im 
Gehirn stecken. Um mir darüber vielleicht einen näheren Anhalt zu 
verschaffen, versuchte ich wieder ein Bild zu bekommen, während die 
Platte unter dem Hinterhaupt lag. Das gab aber auch diesmal kein 
Resultat, und ich legte eben daher die Platte so von der linken Seite 
her an die Stirn, dass das Gesicht mehr der Platte zugewandt war. 
Da ich den Bleidraht genau in der Mitte der Stirn dicht unter 
der Nasenwurzel geknotet hatte, so war auf der Platte genau die 
Mittellinie des Gesichts zu finden. Das Ergebnis dieser Aufnahme 
war ein sehr interessantes (Fig. 4). ` 

Die geringe Drehung hatte schon hingereicht, um die Schatten- 
projektion der Kugel vollständig aus der durch den Bleidraht mar- 
kirten Operationsnarbe heraustreten zu lassen; sie befand sich außer- 
halb des mit Bleidraht umlegten Hautlappens nach vorn und oben 
von der Bleidrahtfigur. Außerdem war jener mondsichelförmige 
Bleischatten, von welchem ich zuerst angenommen, dass er sich 
ebenfalls auf der linken Seite des Kopfes befand, weiter von dem 
Schatten der Kugelabgerückt, von ca. 8 bisauf ca. 12 cm. (Auf 
der Platte ganz deutlich sichtbar, auf der Originalkopie weniger gut, 
was ja ganz gewöhnlich so ist.) Das konnte nur geschehen, wenn jene 
Anschlagstelle der Kugel sich auf der rechten Kopfseite befand. 
Denn dann hatte bei der ersten Aufnahme (Platte unter der linken 
Kopfseite) die Verbindungslinie zwischen Kugel und Anschlagstelle 
schräg zu Lichtstrahlen und Platte gestanden und stand jetzt bei 
dieser letzten Aufnahme parallel zu ihr, erschien also verlängert, d.h. 
in ihrer vollen Länge. Wäre die Anschlagstelle und die Kugel auf 
derselben linken Seite gewesen, so hätte ihre scheinbare Entfernung 
von einander bei der Gesichtsdrehung verkürzt erscheinen müssen. 
Die Kugel musste also ziemlich tief stecken, wenn auch nicht so 
tief, als es auf den ersten Blick erschien. Denn der Anschlag der 
Drehung wird dadurch größer, dass der Kopf seinen Drehpunkt 
nicht wie eine Kugel in der Mitte, sondern als Oval und im Foramen 
magnum hat. Die beiden Schenkel des Bleidrahts, welche die Narbe 
bezeichneten, waren der schrägen Richtung entsprechend näher an 
einander gerückt. 

Nach dieser Vorbereitung schritt ich zur abermaligen Opera- 
tion am 27. November, also vor 9 Tagen. Ich umschnitt in der 
früheren Narbe auf der linken Seite des Kopfes denselben Haut- 
Muskel-Periost-Knochenlappen, durchtrennte dann wieder das Jochbein 
und klappte den Lappen zurück. Nur im hinteren Theil der Narbe 
war ich noch näher ans Ohr herangelangt, um ihn noch etwas breiter 
zu erhalten. Die Dura war an dem Knochen festgewachsen und 
kam gleich mit. 

Die Athmung war auch diesmal wieder schlecht und aussetzend, 
„doch gelang es, durch wiederholte Zungentraktionen die Athmung 
so in Gang zu bringen, dass sie nichts zu wünschen übrig ließ. 


6 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


Ich ging nun mit einer langen stumpfen Nadel als Sonde 
in die bloßliegende Hirnsubstanz in der Richtung ein, wo die Kugel 
liegen musste. In 5 cm Tiefe, vom Knochenrande der Trepanations- 
öffnung gerechnet, stieß ich auf einen harten nicht rauhen Widerstand. 
Doch war das nicht die Kugel, sondern die Schädelbasis. Erst nach 
längerem Nachfühlen kam ich zu der Überzeugung, dass ein anderer 
harter Widerstand, der etwas weiter nach rechts von dem ersten lag, 
von der Kugel herrührte. S 

Um nun möglichst schonend vorzugehen, schob ich in der 
Richtung der Kugel ein stumpfes Messer vor, bis dasselbe auf den 
Widerstand stieß. Ich hatte dazu ein Messer mit einer Bronzeklinge 
(»Uchatiusbronze«) gewählt, wie die Obstmesser sie besitzen, und 
hatte die ohnehin stumpfe Schneide noch besonders geglättet. 

Diese Vorsicht gebrauchte ich, damit das Messer keine Gefäße 
verletzen sollte. Die weiche Gehirnsubstanz zu durchdringen, war 
es trotz seiner vollständigen Stumpfheit noch immer sehr geeignet. 
Jetzt ging ich mit einer geschlossenen Kocher’schen kleinen Arterien- 
zange ein, die bis zum Schloss eindrang, und nach einigen vergeb- 
lichen Versuchen gelang es mir, die Kugel zu fassen und glück- 
lich zu Tage zu fördern. Die Kugel war stark deformirt, ihre Spitze 
gestaucht und so verändert, dass sie vorn breiter war als das Kaliber- 
maß. Auch schon das Röntgenbild ließ diese Form der Kugel 
erwarten. 

Hier sehen sie die Stelle, wo die Kugel lag, an einem alten 
aufgesägten Schädel bezeichnet, es ist das dicht am Foramen rotundum. 

Der Lappen wurde nun wieder zurückgeschlagen und in seinem 
vorderen und einem Theil seines hinteren Umfanges angenäht. Der 
hintere untere Wundwinkel wurde klaffend gelassen, und nur ein 
Faden zur späteren Sekundärnaht durchgelegt. Am nächsten Tage 
hatte Pat. bei leichten Hustenstößen etwas Schmerzen, war aber vom 
2. Tage an wohl und schmerzfrei. Die Temperatur war nur am 
2. Tage Abends bis auf 37,8 gestiegen, sonst bewegte sie sich 
zwischen 36,8—37,2. Am 4. Tage zeigte sich beim Verbandwechsel 
nur sehr geringe Wundsekretion, die Wunde hatte sich auch schon 
ohne Zuziehen jener Sekundärnaht fast geschlossen; der Faden wurde 
geknüpft, am 5. Tage die Nähte entfernt, und der Kranke stand 
am 8. Tage auf. Er fühlt sich so außerordentlich wohl und frei 
von irgend welchen Beschwerden, dass ich ihn hier Ihnen vorstellen 
kann, trotzdem seit der Operation erst 9 Tage vergangen sind. Die 
Operationswunde ist vollständig verheilt. 

Die Wundbehandlung war, wie ich kaum zu erwähnen brauche, 
eine durchaus aseptische, es ist weder in die Wunde, noch in den 
Verband etwas von einem Antisepticum hineingekommen. 


3 Von da bis zur äußeren Hautoberfläche kommen wegen der Dicke des 
Temporalmuskels noch 2 weitere cm hinzu, so dass die Kugel im Ganzen 7cm 
tief saß. Die Kugel hatte also in der untersten (3.) Windung des linken Schlä- 
fenlappens gelegen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 7 


Die extrahirte Kugel wiegt 2,7 g; eine gleich große Kugel, 
ich aus einer neuen Patrone herausgenommen hatte, wiegt 3,6, so 
dass an jener mondsichelförmigen Anschlagstelle am Schädelknochen 
nicht ganz 1g (0,9) Blei haften geblieben ist. Diese Kugeln haben 
in ihrer hinteren Hälfte eine Aushöhlung. 

Der Fall ist ein weiterer Beweis, wie manchmal in komplicirten 
Fällen die richtige Deutung der Röntgen-Schattenbilder nicht leicht 
ist. Man kann sich da durch mehrfache Aufnahmen helfen und vor 
Allem durch Aufkleben und Umbinden von Bleidraht. Hätte ich 
zu der letzten Aufnahme (Fig. 4) nicht den Bleidraht vorn an der 
Stirn geknüpft, so hätte man wohl kaum genau sagen können, wo 
die Mittellinie des Kopfes zu suchen sei. 

Zugleich dient unser Fall als ein guter Beweis für den hohen 
Werth des Röntgenverfahrens. Die Kugel war in die rechte Kopf- 
seite eingedrungen und konnte mit Hilfe dieses Verfahrens von der 
linken Seite her aus der Tiefe herausgezogen werden. Ohne die 
Röntgenbilder hätte man wohl nicht an diese Operation gehen dürfen. 
Sie hatte auch trotzdem noch ihre Schwierigkeiten 


1) J. Wentscher (Thorn). Wie lange und unter welchen 
Umständen bleibt die Lebensfähigkeit der menschlichen 
Epidermiszellen außerhalb des Organismus erhalten ? 
{Bericht über die Naturforscherversammlung in Braunschweig.) 

Seit der vor 3 Jahren erfolgten Veröffentlichung über die Ver- 
wendbarkeit konservirter Hautlappen bei der zweizeitigen Ausführung 
der Thiersch’schen Transplantation hat Ref. principiell, und zwar mit 
sehr gutem Erfolge, nach dieser Modifikation operirt. Im Anschluss 
daran entstand die mehr biologisch als praktisch wichtige Frage, 
‚welche den Gegenstand des Vortrages auf der diesjährigen Natur- 
forscherversammlung bildete. Um sie näher zu untersuchen, wurden 
Thiersch’sche Hautläppchen verschieden lange entweder in steriler 
physiologischer Kochsalzlösung oder trocken auf sterilem Gazepolster 
aufgehoben und dann (die pergamentartig eingetrockneten Stücke 
nach vorheriger Aufweichung in Kochsalzlösung) auf größere Defekte 
verpflanzt, welche gewöhnlich einen Tag vorher durch tiefe Excision 
gut granulirender Gesch würsflächen (meist alte Ulcera cruris) hergestellt 
worden waren. Der Verlauf wurde in der überwiegenden Mehrzahl 
der Fälle histologisch kontrollirt, und die dazu nöthigen Proben stets 
aus dem Centrum der Lappen entnommen. 

Von 59 Versuchen fielen 30 positiv im biologischen Sinne aus; 
darunter wurde 18mal auch der klinische Zweck erreicht. Das 
älteste mit Erfolg transplantirte Läppchen war 22 Tage alt. In 
diesem Falle fanden sich schon 4 Tage p. tr. in den wiederbelebten 
Epithelstrecken Mitosen, nach weiteren 3 Tagen war das Läppchen 
fest angeheilt und enthielt in den basalen Reteschichten zahlreiche, 
oft dicht beisammen liegende Kerntheilungsfiguren. 


8 Gentralblatt für Chirurgie No. 1. 


In Läppchen, welche 25 und 34 Tage eingetrocknet waren, trat 
eine Wiederbelebung von Epidermisclementen nicht ein. Dagegen 
ist es Liunggren gelungen, Epithelstückchen in sterilem flüssigem 
Serum 6 Monate lang lebensfähig zu erhalten und theilweise mit 
Erfolg zu verpflanzen. Versuche mit der eingetrockneten Wand von 
Vesikatorblasen (nach Lusk) und mit Haarwurzeln von verschiede- 
nem Alter waren ergebnislos. 

Sehr tolerant erwies sich die Haut gegen Kälte. Von einem 
14 Stunden lang bei einer Mindesttemperatur von 5° C. hartgefrore- 
nen und danach vorsichtig aufgethauten Läppchen heilte der weitaus 
größte Theil in idealer Weise an. Schon 4 Tagen p. ir. fanden sich 
Mitosen in stark wucherndem Epithel, und 5 Tage p. tr. wimmelten 
einzelne Theile desselben geradezu davon. 

Höhere Wärmegrade werden anscheinend nicht so gut vertragen, 
doch war eine viertelstündige Erwärmung auf 50° C. in einem Falle 
nicht im Stande, die vitalen Eigenschaften der Epidermiszellen 
wesentlich zu beeinträchtigen. 

Gegen chemische Schädigurgsu sind die Läppchen sehr empfind- 
lich. Versuche mit antiseptischen Lösungen verschiedener Art fielen 
bis auf einen negativ aus. (Selbstbericht.) 


2) G. B. Massey. The treatement of cancers by a new 
method, viz., the electrical diffusion of nascent oxychlorides 


of mercury and zinc. 
{New York med. record 1897. Juli 31.) 

‚Bösartige Geschwülste werden nach folgenden 2 Methoden 
behandelt: 

1) Die breite negative Elektrode kommt auf irgend eine indiffe- 
rente Stelle des Körpers, die positive Elektrode in die Geschwulst, 
bis 500 Milliamperes Stromstärke. Allgemeine Anästhesie. 2—3mal 
wöchentliche Anwendung. Die positive Elektrode besteht aus Zink, 
welches mit Quecksilber amalgamirt ist. Der Hauptpunkt der 
Methode soll in einer vollständigen und raschen Durchsättigung der 
Knoten und ihrer Ausläufer mit Quecksilberoxychlorid bestehen. 
Dasselbe geht von obiger Elektrode kataphoretisch durch und wird 
am positiven Pol gebildet. 

Die zweite Methode besteht darin, dass ein Dutzend oder mehr 
lanzettförmige amalgamirte Zinkelektrodennadeln um den Knoten 
herum eingestochen werden. Der negative Pol, eine Platte, umhüllt 
von einem in einer Jodkalilösung oder irgend einem Salz mit elektro- 
negativer Basis getränkten Wattebausch, wird auf das Centrum des 
Knotens selbst gebracht. Es ist nöthig, in die Haut oder die 
Schleimhaut für die Zinklanzetten kleine Einschnitte zu machen. 
Mit einem Strom von 1000 Milliamperes wird bei 5—15 Minuten 
langer Einwirkung der Knoten sogleich zerstört. Trockener Ver- 
band. Von den 8 Fällen wurden 2 geheilt, 2 wahrscheinlich geheilt, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 9 


2 gebessert und 2 blieben ungeheilt. Leider fehlen genügende patho- 
logisch-anatomische Beigaben. Merkwürdig war Fall 2, ein Sarkom- 
recidiv des linken Gaumenbogens von Gänseeigröße: Zerstörung 
durch Elektrolyse, Recidiv nach 1 Jahr. 6wöchentliche Behandlung 
mit der »milden« Zinkamalgam-Methode. Seit 3 Jahren recidivfrei. 
Loewenhardt (Breslau), 


3) R. Meyer. Beiträge zur Frage der Riesenzellenbildung 
um Fremdkörper unter dem Einfluss des Jodoforms. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 3.) 

M. hat auf das genaueste an sehr umfangreichen Versuchen die 
Entdeckung von E. Marchand geprüft, dass durch das Jodoform die 
Bildung von Riesenzellen gehindert werde, eine Lehre, die v. Büngner 
bestritt. Die an Meerschweinchen und Kaninchen vorgenommenen 
Prüfungen ergaben, dass der Einheilungsprocess steriler Fremdkörper 
sich im Bauchfell der ersteren schneller vollzieht als bei den letzteren 
und schneller als im Unterhautgewebe beider Thierarten. Das Jodo- 
form hindert nach seinen Ergebnissen bei der Einheilung von Fremd- ` 
körpern eine bindegewebige Organisation derselben und damit zu- 
gleich die Bildung von Fremdkörperriesenzellen, die mit Recht nach 
Weigert von den tuberkulösen Riesenzellen zu unterscheiden sind. 
Jodoformirte Schwämmchen wurden jedes Mal von dem aus der Um- 
gebung sich entwickelnden Bindegewebe umwachsen, während der- 
selbe in sterilisirte und karbolisirte Schwämme hineinwucherte. Die 
von v. Büngner angenommene positive chemotaktische Wirkung 
des Jodoforms konnte M. nicht bestätigen, so dass ihm eine besondere 
entzüngungserregende Fähigkeit nicht zukommt; dagegen bringt das 
Jodoform die in den Fremdkörper eingewanderten Exsudatzellen zu 
raschem Zerfall. Verf. nimmt ebenfalls eine Jodwirkung als wesent- 
lichen Erfolg des Jodoforms an. Als praktisches Resultat zieht er 
den Schluss, dass die Tamponade mit Jodoformgaze auch bei asepti- 
schen Operationen der mit steriler Gaze vorzuziehen sei, da die 
Jodoformgaze nicht selbst mit der Umgebung verklebe, da sie nur eine 
Verklebung der Serosablätter im Peritoneum herbeiführe und sich 
daher leicht entfernen lasse. Die lesenswerthe Arbeit ist in dem 
früheren Wirkungskreis von Jadassohn angefertigt worden. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


4, L. Ettinger. Some practical points on the administration 
of chloroform. 
iNew York med. record 1897. Oktober 16.) 

Verf. ist fanatischer Anhänger der Chloroformnarkose. Allenfalls 
lässt er noch die A.-C.-E.-Mischung (im Verhältnis von 1—2—3) 
in besonderen Fällen zu. Vor der Operation soll bei Erwachsenen 
stets eine Spritze von 2 cg Morphium, 1/19 mg Atropin und 1 cg Chloral 
gegeben werden. Dadurch wird weniger Chloroform gebraucht, das 
Morphium wirkt tonisch auf das Herz und das Atropin auf die Re- 

bé 


10 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


spiration. Während der Narkose liegt eine Spritze mit einer 0,4 % igen 
Salpeterstrychninlösung bereit. In jeder Spritze ist etwa 1—1!/3 mg 
Digitalin aufgelöst (in Tabletten), außerdem ist Kampherspiritus vor- 
räthig zu halten. Wenn eine allgemeine Narkose absolut nothwendig 
ist, aber weder Chloroform noch Ather zulässig sein sollte, wird, falls 
weder Nieren- noch Lungenaffektion eine Kontraindikation schaffen, 
die A.-C.-E.-Mischung verwendet. Gleichzeitig soll ein beständiger 
Strom entweder von Sauerstoffgas oder einer 25%igen Mischung von 
Stickoxyd und Oxygen angewendet werden. Verf. konstruirt eine 
Maske, welche im unteren Theile die Anwendung von Oxygen 
erlaubt, während darüber die Chloroformaufträufelung statthaft ist. 
Vorher soll Strychnin angewendet werden, während der Operation 
Nitroglycerin (1%). Eine andere Erfindung ist die abwechselnde 
Verwendung von Chloroform und reinem Stickoxydgas. 
Loewenhardt (Breslau). 
5) W. Popoff. Contribution à létude de l’albuminurie 
après l’etherisation. 
Thèse Genève, F. Taponnier, 1896. 42 8. 

Verf. wiederholte an 140 Pat. der Juillard’schen Klinik in 
Genf die in letzter Zeit vielfach gemachten Untersuchungen über 
den Einfluss der Äthernarkose auf die Nierenfunktion und kommt 
zu folgenden Ergebnissen: 

1) Bei keinem der 140 Pat., Nephritiker eingeschlossen, wurde 
nach der Narkose eine Verschlimmerung des Allgemeinbefindens 
beobachtet. 

2) Eine schon bestehende Albuminurie wird durch den Äther 
oft vermehrt. 

3) Es kann durch die Äthernarkose Albuminurie hervorgerufen 
werden, doch ist dieselbe nur vorübergehend. 

4) Der Äther kann ebenfalls Cylindrurie hervorrufen. 

5) Wenn solche schon besteht, so wird sie durch die Äther- 
narkose vermehrt. 

Die Befunde P.’s stehen demnach im Einklang mit den Resul- 
taten der meisten Untersuchungen der letzten Zeit. Was die Br- 
klärung der Albuminurie betrifft, so weicht P. in so fern von der 
Ansicht mehrerer Autoren ab, als er nicht eine Reizung des Nieren- 
parenchyms durch den Äther annimmt, sondern die Eiweißausschei- 
dung als Folge des durch den Äther im Anfang der Narkose be- 
dingten Gefäßkrampfes ansieht, der (nach Grützner) zu einer 
Ischämie der Niere führen soll. Der Umstand, dass nur ein geringer 
Procentsatz der narkotisirten Pat. Eiweiß zeigt, wird auf individuelle 
Disposition zurückgeführt. Die Cylindrurie wird als physiologisch 


aufgefasst — ohne weitere Erklärung. 
de Quervain (Chaux de Fonds). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 11 


6, Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Heraus- 
gegeben von Dr. Deyke und Dr. Albers-Schönberg. 
Hamburg, Lukas Graefe Sillen, 1897. 

Die erste Nummer der neuen, unter Mitwirkung zahlreicher 
Autoritäten herausgegebenen Zeitschrift wurde in Braunschweig auf 
der 69. Naturforscherversammlung vertheilt. Das stattliche Heft ist 
vornehm ausgestattet, Format, Papier, Druck und namentlich die 
dem Heft angefügten Reproduktionen von Röntgenbildern sind vor- 
züglich. Die Reproduktionen sind photographische Abbildungen der 
Originalkopien und wirken, abgesehen von dem nicht zu vermeiden- 
den Glanz der Tafeln, besser als die sonst zu Veröffentlichungen 
gern benutzten Autotypien; auch scheint es durch dieselben ziemlich 
gelungen zu sein, die verschiedenen Feinheiten der Originalien gut 
zur Anschauung zu bringen. Es war ja bisher bei der Veröffent- 
lichung von Röntgenbildern die größte Schwierigkeit, dass man die 
feinen und feinsten Feinheiten, auf die es oft genug ankam, nicht 
so gut in der Reproduktion zur Anschauung bringen konnte. Die 
Nummer enthält zahlreiche instruktive Beiträge, so von Hoffa »Über 
den Stand des Schenkelkopfes bei der angeborenen Hüftluxation mit 
2 Tafeln, von Hofmeister »Über Störungen des Knochenwachs- 
thums bei Kretinismus« mit 1 Tafel, von Forster »Über die klein- 
sten Massen metallischer Fremdkörper, welche durch Skiagraphie im 
menschlichen Körper nachweisbar sind, und die hierzu nöthige Expo- 
sitionsdauer«, von Gocht »Über therapeutische Verwendung von 
Röntgenstrahlen, von Wolff »Über die Bedeutung der Röntgenbilder 
für die Lehre von der angeborenen Hüftverrenkung« mit 2 Tafeln, 
und außerdem noch zwei Beiträge physikalischen resp. technischen 
Inhalts. Sehr werthvoll ist die am Schlusse des Heftes angefügte, 
namentlich von den Herausgebern gemachte Zusammenstellung der 
bisherigen Journallitteratur, die, so weit wir kontrolliren konnten, 
und so weit sie fertig gestellt ist, vollständig zu sein scheint. 

Dumstrey (Leipzig). 


7) Büttner und Müller. Technik und Verwerthung der 
Röntgen’schen Strahlen im Dienste der ärztlichen Praxis 
und Wissenschaft. 

Halle a/S., Wilhelm Knapp, 1897. 

Während in dem ersten Theil über Gesetze und Technik sehr 
dankenswerthe Aufschlüsse und Rathschläge gegeben werden, inter- 
essirt uns hier mehr der zweite, klinische Theil. Es ist die bisherige 
Litteratur in genügender Weise berücksichtigt, und so weit sich die 
Ausführungen der Autoren auf die Verwendung der X-Strahlen in 
der Chirurgie erstrecken, dürften sie wohl kaum in einem Punkte 
Widerspruch erfahren. Für sehr dankenswerth halten wir den Hin- 
weis darauf, dass bei Fremdkörpern auch trotz des guten Bildes das 
Auffinden derselben nicht immer leicht ist, und die daran geknüpfte 

D 


12 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


Warnung, zu oft und ohne Noth zu operiren. Anders erscheint es uns 
mit den Ausführungen in Betreff der inneren Medicin. In diesem 
Punkte scheinen uns die Verff. etwas zu sanguinisch zu sein, und wir 
vermissen die gerade hier sehr nöthige strenge Kritik der bisherigen 
Veröffentlichungen. Ob die von den Ver gewählte Bezeichnung 
Pyknoskopie, Pyknographie für die Untersuchung mit Röntgenstrahlen 
eine glückliche ist und Bürgerrecht erwerben wird, möchten wir 
bezweifeln; wir halten die von anderer Seite vorgeschlagene Dia- 
skopie und Diagraphie für zweckmäßiger, da sie das Wesen der 
Sache besser bezeichnen und schlagen auch an dieser Stelle vor, sie 
allgemein zu acceptiren. Dumstrey (Leipzig). 


8) Mondel. Physiologie et pathologie de la respiration nasale. 
(Med. moderne 1897. No. 74.) 

Zur Erklärung des Einflusses, welchen die verschiedenen die 
Athmung beeinträchtigenden, von den Physiologen mit großer Sorg- 
falt studirten Erkrankungen der Nase auf den Gesammtorganismus 
ausüben, wird gewöhnlich die Reflextheorie von Hack (1882) heran- 
gezogen. Verf. macht eine direkte Sauerstoffverarmung des Blutes 
dafür verantwortlich. Mit Hilfe eines von ihm konstruirten elektri- 
schen Apparates kann er genau das Verhältnis zwischen der durch 
Mund- und Nasenathmung eingezogenen Luftmenge feststellen. Er 
fand für die Norm 4:5. Ein Mehr in der Nasenathmung — wie bei 
durch Atrophien in der Nase erzeugter größerer Kanalweite — erregt 
Angstgefühl. Ein Mehr in der Mundathmung ist nur durch darauf 
gerichtete Willensthätigkeit möglich. Im Schlafe und ohne besondere 
Intention ist in Folge der anatomischen Verhältnisse stets eine un- 
genügende Luftaufnahme und damit ungenügende Oxydation des 
Blutes vorhanden. Die operative Freimachung der Nase ist dess- 
halb von höchster Bedeutung, und nur wenn diese aus irgend welchen 
Gründen unmöglich oder ungenügend durchführbar erscheint, ist 
durch Sauerstoffeinathmung, Ernährung etc. nachzuhelfen. Die Wir- 
kung des Cocains erklärt sich so weniger durch seine narkotisirende 
Kraft als durch Einwirkung auf die Gefäße. Die dadurch bedingte 
Volumenverminderung von Geschwülsten und der Schleimhaut macht 
direkt den Luftkanal weiter und somit das aufgenommene Luft- 
quantum größer. EE Roesing (Hamburg). 

9) Tuffier. Chirurgie du poumon. 
(Med. moderne 1897. No. 66.) 

Die Lungenchirurgie ist zu sehr vernachlässigt. Genaue Dia- 
gnostik und frühzeitiger Eingriff würden ihr die Zukunft sichern. 
Incision und Resektion der Lunge sind bei Anwendung der Anti- 
sepsis und genauer Blutstillung in weiten Grenzen ausführbar. 
Nach der Thorakotomie ist, wenn die Pleurablätter nicht, wie das bei 
septischen Erkrankungen die Regel, schon mit einander verwachsen 
sind, zunächst die Pleura visceralis an die costalis anzunähen. Auch 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 13 


akuter Pneumothorax ist so zu beseitigen. Dann ist die Resektion 
der erkrankten Partie, weite Eröffnung und gute Drainage der Eiter- 
höhle oder die Exstirpation der Geschwulst vorzunehmen. Man 
kann sich des Messers oder des Paquelins bedienen. Die Blutung 
wird durch Tamponade gestillt. T. verfügt über 306 Operationen. 
29 waren aseptische, 215 septische, darunter 36 tuberkulöse Kavernen; 
zwischen beiden stehen 61 Echinokokkencysten. Geheilt wurden im 
Ganzen 70,9%. Bei traumatischen Blutungen hält T. die temporäre 
Abklemmung oder Unterbindung der Lungengefäße für zulässig. 
Wegen Tuberkulose wurde zuerst von ihm, Lowson und Doyen 
operirt. (Ref. weiß aus mündlicher Mittheilung, dass v. Herff schon 
früher dies versuchte) Hinsichtlich der einzelnen Krankheitsgruppen 
muss auf das Original verwiesen werden. Im Ganzen erscheinen die 
Resultate T.’s, wie schon die geringe Mortalität von noch nicht 30% 
ergiebt, durchaus ermuthigend. Gewiss hat er Recht, dass noch 
mancher Kranke durch frühzeitigeren Eingriff hätte gerettet werden 
können. Roesing (Hamburg). 


10) Bernard (Paris). Faut-il admettre un pneumothorax 
favorable? 
(Méd. moderne 1897. No. 57.) 

Während Potain das Auftreten eines Pneumothorax für ein oft 
günstiges Ereignis für Phthisiker erklärte, sind neuere Autoren, wie 
Robin, der Ansicht, dass er stets als ungünstig anzusehen sei. B. 
fand durch die Beobachtungen Czernicki’s bestätigt, dass thatsäch- 
lich unter dem Drucke eines Pneumothorax Kavernen zur Verödung 
und Vernarbung kommen können. Trotz des klinisch gewöhnlich 
ungünstigen Verlaufs ist nach anatomischer Überlegung die eventuelle 
Vortheilhaftigkeit des Pneumothorax zuzugeben. Dieser Vortheil 
wird nur dann eintreten, wenn die andere Lunge im Stande ist, 
die Respiration genügend aufrecht zu erhalten. In diesen Fällen 
räth Vert, auch einen Versuch mit der Potain’schen Stickstoff- 
einblasung in den Pleuraraum zu machen. Dieselben Bedingungen 
gelten natürlich auch für den Chirurgen bei allen Eröffnungen der 
Pleurahöhle. Roesing (Hamburg). 


11) Duplay (Paris). Des fistules pleurales. 
(Méd. moderne 1897. No. 81.) 

Im Verlauf einer klinischen Vorlesung bespricht Verf., zufolge 
dem Bericht von Clado, die verschiedene Behandlung der nach 
Thorakocentese wegen Empyems zurückbleibenden Fisteln. Er giebt 
der unter dem Namen Estlander’s gebräuchlichen Operation, die 
übrigens bereits früher von Letievant in Lyon geübt, aber all- 
gemein in Deutschland erst seit 1879 eingeführt sei, den Vorzug. D. 
bildet für seine Person keine eigentlichen Hautlappen, sondern be- 
gnügt sich mit einem langen, nach vorn konkaven Schnitt in der 


14 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


vorderen Axillarlinie, von dem aus er bequemer als von den viel- 
fachen Incisionen des Erfinders, 6—8 Rippen in einer Ausdehnung 
von 10—12 cm entfernen kann. Bei sehr starken Schwartenbildungen, 
wo die Knochenresektion nicht genügt, kann man zwischen ver- 
schiedenen Methoden schwanken. Die Totalresektion der Wandung 
nach Schede giebt schlechte Resultate, mehrzeitige Operation nach 
L.-Championniöre scheint günstiger. Qu&nu empfiehlt zwischen 
2 parallelen Schnitten einen ganzen Wandtheil beweglich zu machen 
und durch Narbenzug zum Einsinken zu bringen. Delorme end- 
lich will von der äußeren Wunde aus die Lunge manuell aus ihren 
Verwachsungen lösen. Letzteres Verfahren wäre theoretisch ideal, 
hat aber praktisch schlechte Resultate ergeben. Beide letztere Ver- 
fahren sind aber noch ungenügend erprobt, und ein definitives Ur- 
theil desshalb nicht möglich. Bei der Estlander’schen Operation 
ist ausgiebige Resektion nöthig. Ein Zuviel ist weniger zu fürchten, 
als ein Zuwenig. Boeing (Hamburg). 


12) F. Bähr (Hannover). Zur Entstehung der Belastungs- 
deformitäten. - 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 194. Leipsig, Breitkopf & Härtel, 1897.) 

Der Inhalt dieses Vortrages ist den Lesern des Centralblattes 
aus den früheren, auch in vorliegender Abhandlung wiederholten 
polemischen Auseinandersetzungen B.’s mit J. Wolff, dem gegen- 
über Verf. energisch für die Drucktheorie eintritt, zur Genüge be- 
kannt. Es sei nur ein Schlusssatz hier wiedergegeben. Die Ent- 
stehung der Belastungsdeformation zeigt folgende Abschnitte: 

1) Mangelhafte Funktion der Versteifungen (Wirbel, Bänder etc., 
geringere Widerstandsfähigkeit des Knochens. 

2) Ungünstige Druckwirkung, Deformation der Epiphyse (Höhen- 
reduktion, vielleicht auch primäre Atrophie mit sekundärer Hyper- 
trophiefan der konkaven Seite), der Diaphyse (Verbiegung) oder beider 
gleichzeitig in verschiedenen Verhältnissen. 

3) Anpassung des deformirten Knochens an die neuen statischen 
Beziehungen, Heilung, welche wesentlich im Sinne des Wolff’schen 
Transformationsvorganges vor sich geht. Kramer (Glogau). 


13) H. Engel. Zur Frage der blutigen Reposition veralteter 

Luxationen in großen Gelenken. 

(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 3.) 
Repositionshindernisse für frische Verrenkungen sind Brüche, 
welche die Verrenkung kompliciren, oder die Interpositionen von 
Weichtheilen, Kapselresten, Muskeln, Sehnen, ferner ein sehr enger 
Kapselriss. Hat die Verrenkung schon längeren Bestand, so kommen 
Kapselschrumpfungen hinzu mit Verwachsungen und Verknöche- 
zungen, dann sekundäre Muskelverkürzungen und Verödung der ver- 
lassenen Gelenkpfanne durch Bindegewebswucherungen; des Weiteren 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 15 


kann der ausgetretene Gelenktheil durch Bindegewebsneubildung 
oder Osteophytenwucheruug festgehalten werden, ja es kann sich 
nach Weinlechner und Volkmann gar eine neue Pfanne bilden. 
Eine Reihe von Repositionen gelingt übrigens noch nach langer Zeit. 
Bostock veröffentlicht einen Fall, bei dem die Einrenkung noch 
nach 8 Jahren gelang. Ein Zeitpunkt, von dem an die Reposition 
veralteter Verrenkungen missglückt, kann nicht angegeben werden. 
Vor Anwendung roher Kraft beim Repositionsverfahren wird streng 
gewarnt. Einzelne bei solchen vorgekommene Ereignisse, wie Aus- 
reißen des Armes, Gefäß- und Nervenabreißungen, finden Erwähnung. 
Auch Todesfälle sind vorgekommen. Aus der genau zusammen- 
gestellten Litteratur zeigt E., wie man allmählich die Methoden der 
blutigen Reposition modificirt hat, wie man anfänglich Muskeln, 
Sehnen und Bänder durchschnitt, um schließlich nach besonderer 
Bevorzugung der Resektion der idealen einfachen blutigen Resektion 
nach genügender Freilegung des Gelenks den Vorzug zu geben, wo- 
fern diese überhaupt noch technisch möglich ist. Von 6 Schulter- 
verrenkungen konnten 3 noch blutig reponirt werden. Unterlassung 
der Kapselnaht und Atrophie des Deltoides spielten bezüglich des 
Endresultats keine Rolle. Von 7 Ellbogenverrenkungen wurde bei 
4 aseptisch verlaufenden Fällen ein vorzügliches Resultat erzielt, 
welches bei 3 Fällen mit schwerer Infektion ausblieb. Die Durch- 
sägung des Olekranon nach Völker und Trendelenburg mit fol- 
gender Wiedervereinigung durch Silberdrahtnaht bewährte sich vor- 
züglich und garantirt auch eine kurze Heilungsdauer. 2 veraltete 
Hüftgelenksverrenkungen ergaben in Folge von Infektion nach dem 
operativen Eingriff ein wenig befriedigendes Resultat. Verf. giebt 
noch die Indikationen und Kontraindikationen für die blutige Repo- 
sition an und betont zum Schluss die äußerst günstigen Resultate 
bei frühzeitiger blutiger Einrichtung irreponibler Verrenkungen. Die 
Arbeit enthält die ausführlichen und interessanten Krankengeschichten 
der oben citirten Fälle aus der v. Bergmann’schen Klinik und 
liefert einen werthvollen Beitrag zur Erkenntnis der Grenzen unserer 
Leistungen auf dem wichtigen behandelten Gebiet. 
E Siegel (Frankfurt a/M.). 


14) Nicoladoni. Daumenplastik. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 28.) 

Ein vor 6 Jahren mittels besonderer Plastik von N. erfolgreich 
behandelter Fall von maschineller Abschälung der Haut des ganzen 
Daumens der rechten Hand, von seiner Spitze bis über die ganze 
Hand, bei völliger Erhaltung des mit den Sehnen verbundenen 
Skeletts des betreffenden Gliedes, wobei der Pat. eine sehr befrie- 
digende Arbeitsfähigkeit erlangt hatte, veranlasste N. in zwei neuer- 
dings von ihm beobachteten analogen Fällen von ausgiebiger Zer- 
störung (Karbolgangrän) der Weichtheile des Daumens, dieselbe Me- 
thode wieder aufzunehmen und weiter auszubilden. 


16 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


Nach Abtragen aller Granulationen, guter Desinfektion wird die 
Haut von der Basis des Daumens bis in die Hälfte des Thenars hinein 
abgetragen, parallel jener Linie, in welcher sich die Naht des 
Daumentheils eines Lederhandschuhes bewegt. Aus der Brusthaut 
wird ein breitbasiger Lappen von einer dem Lederstück des Hand- 
schuhdaumens nachgeformten Gestalt genommen, in sich daumen- 
förmig zusammengerollt, nach Art des Handschuhdaumens zusammen- 
genäht (die Schlussnaht auf die Ulnarseite!), über den wunden Finger 
geschoben und an dem Hautrand der Thenar- und Metacarpuswunde 
durch sauber schließende Nähte befestigt. Fixirender Verband, ev. Gips. 

Wo, wie in den Karbolgangränfällen, die Endphalanx oder noch 
ein Theil der Grundphalanx zerstört ist, schlägt N. vor, vom peri- 
pheren Ende der »häutigen Daumenwalze« einen centralen Tunnel- 
schnitt bis zu dem erhaltenen Knochen zu machen und in diesen 
ein passendes, mit Periost überkleidetes Stück von der Tibia ein- 
heilen zu lassen. Nach erfolgter Einheilung und solider Vereinigung 
mit der Grundphalanx soll in der Gegend des Interphalangealgelenks 
eine Fraktur gesetzt und eine für die Opposition geeignete Stellung 
geschaffen werden. Das Endresultat sei ein im Interphalangealgelenk 
steifer Daumen. Dieses osteoplastische Verfahren gelangte indess an 
den erwähnten Fällen nicht zur Ausführung, da die Pat. mit dem 
erreichten Resultat bereits ganz zufrieden waren. 

Als »ideale Methode« der Daumenplastik (Daumen mit Finger- 
nagel und beweglichem Gelenk aus der zweiten Zehe gleichseitigen 
Fußes), die auch noch nicht zur praktischen Ausführung gelangt ist, 
schlägt N. folgendes Verfahren vor: Bildung einer zweckmäßigen 
Manschette am verletzten Daumen, die knapp vom Knochen los- 
präparirt ist und Sehnen und Gefäße enthält. Am Fuß derselben 
Seite Abtrennung der ersten Phalanx der zweiten Zehe nahe der 
Basis unter zweckentsprechender Durchschneidung der dorsalen Sehne 
und Belassung eines gut ernährten plantaren Weichtheillappens. 
Dies gehörig weit von Haut entblößte proximale Ende der Zehe 
sammt Sehnen werde dann in die Daumenmanschette gut adaptirt 
(Knochenflächen!). Sehnennaht; Hautnaht; Gipsverband. Durch 
eine klare anschauliche Zeichnung wird das Verständnis der etwas 
komplieirten Operation sehr erleichtert. N. hält diesen »etwas nach 
Zukunftschirurgie klingenden« Vorschlag für ausführbar und besonders 
angebracht bei Personen, welchen ein funktionsfähiger Daumen den 
Lebensunterhalt bedeutet, und die noch Beweglichkeit genug haben, 
die gezwungene Haltung während der Heilung zu ertragen. 

Hübener (Breslau). 


15) A. Jeanne (Paris). De la voùte plantaire et du pied 
creux congenital par malformations osseuses. 
Thèse de Paris, 6. Steinheil, 1897. 
Eine umfangreiche, sorgfältige, anatomische und experimentell- 
pathologische Studie über den Bau des Fußgewölbes und die Funk- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 17 


tionen seiner Elemente, so wie über den aus knöchernen Missbildungen 
hervorgegangenen angeborenen Hohlfuß (Pes excavatus). 

Die Untersuchungen über die Fußwurzelknochen bestätigen in 
Allem die derzeitigen Ansichten und bringen nichts Neues vor. Da- 
gegen schreibt J. den Muskeln eine große Rolle bei der Bildung und 
Veränderung der Fußwölbung zu. Eine Reihe sorgfältig aufgenom- 
mener und trefflich reproducirter Fußspuren bei auf einander fol- 
gender Durchschneidung der Mm. peroneus longus, tibialis posticus, 
der Fascia plantaris und der tiefen Ligamente stellen dies gut dar. 

Der zweite Theil der These bringt den genauen Bericht über 
drei anatomisch untersuchte Fälle dieser noch wenig studirten Miss- 
bildung. Der »Index der Fußwölbung«, das Verhältnis zwischen 
Höhe und Länge des Bogens, betrug 0,40, 0,46 und 0,50 gegen 
0,27—0,30 der Norm. Der äußere Fußrand berührte nirgends den 
Boden. In diesen beiden Thatsachen liegt die klinische Charakteristik 
der Erkrankung. Die anatomischen Details der Knochendeformitäten 
können auszugsweise nicht wiedergegeben werden; sie betreffen be- 
sonders das Os naviculare und cuboideum. Die intakte Funktion 
der Muskeln, die Erscheinungen der Gelenkflächen etc. ließen am 
intra-uterinen Entstehen der Missbildung keinen Zweifel zu. (Ref. 
möchte im Anschluss einer von ihm beobachteten Familie erwähnen, 
in welcher der Großvater, zwei Söhne und drei Kinder eines der 
letzteren angeborene Pedes excavati, zum Theil beiderseits, aufweisen.) 

J. Sternberg (Wien). 


Kleinere Mittheilungen. 


(Aus dem Evang. Diakonissenhaus in Stuttgart.) 


Die isolirte Fraktur der Eminentia capitata im Ellbogengelenk. 
Von 
Dr. Steinthal. 


Wenn am unteren Humerusende die Eminentia capitata abgebrochen wird, 
so pflegt dies fast immer im Zusammenhang mit dem Epicondylus externus zu 
geschehen. Der isolirte Bruch der Eminentia capitata dagegen scheint eine un- 
geheuer seltene Verletzung zu sein. Bo weit mir die Litteratur zur Verfügung 
steht, habe icb nur einen einzigen derartigen Fall auffinden können, der merk- 
würdigerweise vor langen Jahren ebenfalls in Stuttgart zur Beobachtung kam. In 
der Zeitschrift für Wundärzte und Geburtshelfer aus dem Jahre 1853 hat Hahn 
diesen Fall mitgetheilt. Der Fall findet sich dann bei Gurlt und bei Barden- 
heuer in ihren bekannten Monographien angeführt, bei Bardenheuer, dem die 
seltene Originalarbeit kaum vorgelegen haben dürfte, als doppelter Fall aufge- 
zählt. Ich gebe desshalb noch einmal die Hahn’sche Beobachtung etwas aus- 
führlicher wieder. 

Eine 63jährige Hospitalitin war in betrunkenem Zustande auf der Straße ge- 
funden worden. Am anderen Morgen fand Hahn den Arm in der Eilbogengegend 
beträchtlich geschwollen, heiß und in einem fast rechten Winkel gebogen. Die 
aktiven Bewegungen des Armes waren unmöglich, die passiven verursachten heftige 
Schmerzen. Nach Abnahme der Schwellung ließ sich bei einer zweiten Unter- 
suchung Folgendes feststellen: der Vorderarm konnte weder ganz gestreokt noch 


18 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


ganz gebeugt werden; das Olekranon aber war an seiner normalen Stelle und mit 
dem Körper der Ulna fest vereinigt, von einer Lageveränderung des Kronenfort- 
satzes nichts zu bemerken, und beide Kondylen waren an ihren normalen Stellen 
ebenfalls fest vereinigt mit dem Körper des Oberarmbeins, vor dem Condylus 
externus war eine abnorme, rundliche, harte Erhabenheit bemerkbar, welche Hahn 
zuerst für das ausgerenkte Capitulum radii hielt; weil aber dieser Erhabenheit 
während der passiven Pro- und Supination keine, dagegen einer anderen unter 
der ersteren gelegenen Erhabenheit eine deutliche Bewegung mitgetheilt wurde, 
und sich während der Pro- und Supination zwischen diesen beiden Erhabenheiten 
Krepitation wahrnehmen ließ, so nahm Hahn eine Fraktur des Halses des Radius 
an, indem er die vordere Erhabenheit für das obere und die hintere für das untere 
Fragment hielt. Nach 5wöchentlicher Behandlung blieb als Endresultat: die 
beiden Vorsprünge vor und unter dem Condylus externus unverändert; Beugung 
und Streckung des Vorderarmes sehr beschränkt, die Pro- und Supination aber 
völlig frei. 

Als die Pat. nach 4 Jahren starb, kam Hahn in den Besitz des Präparates, 
das ich mit abbilde und von dem er folgende Beschreibung giebt: 

Die Eminentia capitata ist an 
ihrer Basis vom Condylus externus 
und vom äußeren Rande der Trochlea 
abgebrochen, nach vorn und oben 
gerückt und, mit dem Condylus ext. 
fast einen rechten Winkel bildend, 
mit seinem oberen Rand in der für 
die Aufnahme des Scheibenrandes 
des Capitul. radii bestimmten Grube 
durch Callusmassen befestigt. Die 
Flächen dieser Fraktur, d. h. die hin- 
tere der Eminentia capitata und die 
vordere des Condylus externus, bil- 
den eine tiefe, elfenbeinartig geglät- 
tete Höhle, in welcher das Capitulum 
radii aufgenommen ist. Capitulum 
radii in normaler Verbindung mit der Cavitas semilunaris, eben so die Ulna mit 
der Trochlea. 

Der von mir beobachtete Fall hat sich nun ähnlich verhalten: 

Ein 20jähriger Tagelöhner fiel am 28. Mai v. J. beim Überspringen eines Zaunes 
derart auf den gebeugten rechten Ellbogen, dass er zunächst mit dem Olekranon 
aufschlug, dann aber auf den Condylus externus humeri zu liegen kam. Er ar- 
beitete noch einige Stunden weiter, musste aber wegen Schmerzen bis zum 31. Mai 
mit der Arbeit aussetzen, machte zu Hause kalte Umschläge, arbeitete wieder vom 
1.—9. Juni, an welchem Tage beim Tragen einer Last ein plötzlicher Schmerz im 
rechten Ellbogengelenk ihn zwang, einen Arst aufzusuchen. Dieser glaubte einen 
Bruch des Radiusköpfchens annehmen zu sollen, legte zunächst einen Gipsverband 
an, um später zur Massage so wie passiven Bewegungen überzugehen. Es blieb 
aber eine mangelhafte Beweglichkeit im rechten Ellbogengelenk zurück, derent- 
wegen der Pat. im Diakonissenhaus Aufnahme fand. 

Status am 11. September 1897. Großer, etwas graciler junger Mann. Ganz 
unbedeutende Schwellung an der Radialseite des rechten Elibogengelenks. Aktiv 
kann das Gelenk nur bis zu einem Winkel von 135° gebeugt und zu einem solchen 
von nur 150° gestreckt werden. Bei der Streckung kommt eine leichte Valgus- 
stellung zum Ausdruck. Das Olekranon, der Proc. coronoides, die Kondylen und 
Epikondylen in ihrer normalen Lage zu einander, dagegen fühlt man in der 
Ellbogenbeuge vor dem Condylus externus eine deutliche haselnussgroße knöcherne 
Erhabenheit, die dem Radius sicher nicht angehört; denn man fühlt bei der un- 
behinderten Pro- und Supination das Radiusköpfehen deutlich an seiner normalen 
Stelle. Dagegen fühlt man bei der Pro- und Supination deutliche Krepitation vor 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 19 


dem knöchernen Körper in der Ellbogenbeuge. Dieser Körper scheint das Hin- 
dernis für die unvollkommene Flexion und Extension abzugeben. 

Eine Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen zeigte, wie der Radius sich an 
einem in die Ellbogenbeuge hineinragenden knöchernen Vorsprung des Condylus 
externus anstemmte; die Photographie hat dann diese Verhältnisse fixirt. 

Da der Radius mit dem Maßband eine Verkürsung nicht nachweisen ließ, 
nahm ich statt einer Radiusfraktur eine Absprengung am Condylus externus an, 
welche das Hindernis für die Flexion und Extension abgab, und beschloss das- 
selbe auf operativem Wege zu entfernen. 

Operation 22. September 1897. Chloroformnarkose, Blutleere. Eröffnung des 
Radio-Humeralgelenks von einem äußeren 10 cm langen Längsschnitt zeigt, dass 
das Capitulum radii unversehrt ist, aber nicht mit der Gelenkfläche der Eminentia 
capitata in Berührung steht; diese ist vielmehr nach vorn und oben am Condylus 
externus disloeirt und an ihrem neuen Standort durch Callusmassen festgehalten. 
Auf der hinteren Gelenkkapsel liegen einige granulöse Wucherungen. Die Rei- 
bung bei Pro- und Supination kommt dadurch zu Stande, dass der Radiuskopf 
an dem Callus unterhalb der dislocirten Eminentia reibt. 

Meißelresektion der dislocirten Eminentia so wie des Radiusköpfchens, sg 
dass ein Knochenzwischenraum von 2 cm entsteht und damit einer Ankylose vor- 
gebeugt wird. Tamponade des Gelenks mit steriler Gase, Schluss der Wunde mit 
Seidennähten. 

Der Wundverlauf war ein völlig ungestörter, am 30. September wurde schon 
vorsichtig mit aktiven und passiven Bewegungen begonnen; nach einigen unbedeu- 
tenden Zwischenfällen, wie leichte Schmershaftigkeit und Schwellung im Gelenk, 
ist das derzeitige Resultat, dass der Arm über einen rechten Winkel hinaus flek- 
tirt werden kann, während die Streckung bis zu 160° geht, also eine wesentliche 
Verbesserung gegen früher. 

Hahn giebt als Erkennungsmerkmale für diese isolirte Absprengung der 
Eminentia capitata an: 

1) Beide Kondylen, das Olekranon und der Processus coronoides befinden sich 
an ihrer normalen Stelle und sind mit den Schäften der betreffenden Knochen fest 
vereinigt. 

2) Passive Beugung und Streckung des Vorderarms sind nicht ganz gehindert. 
Die Pro- und Supination der Hand ist frei. 

3) Vor dem Condylus externus ist eine abnorme rundliche, harte Erhabenheit, 
welche, wie bei Pro- und Supination wahrzunehmen ist, dem Radius nicht an- 
gehört. 

4) Das Capitulum radii steht hinter dieser Erhabenheit. 

5) Während der Pro- und Supination ist mittels der an die abnorme Erhaben- 
heit und das Capitulum radii gelegten Finger eine Krepitation wabrzunehmen. 

Alle diese Merkmale waren in dem von mir beobachteten Falle da, und ich 
habe die ganz genaue Diagnose nur desswegen nicht gestellt, weil ich die Hahn- 
sche Arbeit erst nachträglich gelesen habe. Ich bin allerdings der Diagnose etwas 
näher gekommen wie Hahn und der Kollege, welcher den 2. Fall vor mir unter- 
sucht hat. Beide hatten eine Fraktur des Radiusköpfchens angenommen, ich wurde 
vor diesem Irrthum durch die genaue Palpation, die Messung des Radius und die 
Durchleuchtung des Gelenkes bewahrt. Da beide Beobachter eine Radiusfraktur 
anzunehmen sich berechtigt glaubten, so ist wohl damit ein Wink gegeben, dass 
diese Verletzung in erster Linie differentialdiagnostisch in Betracht kommt. Die 
Entscheidung kann bei frischer Verletzung, wenn ein Abtasten durch Schwellung 
verhindert ist, zunächst unmöglich werden. Nach Ablauf der Schwellung würde 
man neben genauer Messung und Palpation vielleicht folgende Anhaltspunkte 
haben: 

1) Bei Bruch des Capitulum radii liegt das abgesprengte Knochenstück mehr 
oder weniger in der Achse des Radius. 


20 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


2) Bei Bruch des Radiushalses kommt es auch vor, dass man in der Ellbogen- 
beuge eine knöcherne Hervorragung findet, aber die Pro- und Supination ist be 
hindert. 

Da mein Fall ganz dieselben Merkmale wie der Hahn’sche Fall dargeboten 
hat, so ist man gewiss berechtigt, die von Hahn angegebenen Merkmale als 
pathognomonisch anzusehen und von einer typischen Fraktur der Eminentia capi- 
tata zu sprechen. 

Bei meinem Pat. ist die Verletsung dadurch zu Stande gekommen, dass er 
bei gebeugtem Ellbogengelenk auf den Condylus externus fiel. Hahn vermuthet, 
dass seine Kranke bei ganz gestrecktem Arm auf die Hand gefallen ist, dass der 
Stoß auf das Capitulum radii übertragen wurde, und dieses mit dem hinteren Theil 
seines Scheibenrandes gegen den hinteren Rand der liminentia capitata so stark 
anstieß, dass diese durch die Gewalt des Stoßes vom Condylus getrennt und nach 
vorn und oben getrieben wurde. Es scheint mir nicht ganz wahrscheinlich, dass 
eine total Betrunkene in dieser Weise hinfällt, so dass ich, nicht um die völlige 
Analogie des Hahn’schen Falles mit dem meinigen herzustellen, sondern aus 
Gründen größerer Wahrscheinlichkeit, behaupten möchte, auch die Hahn’sche 
Pat. ist mit gebeugtem Arm hingefallen: wenn dann der Stoß von außen und 
hinten kommt, wird das abgesprengte Knochenstück nach vorn und oben in die 
Ellbogenbeuge getrieben. 

Hahn hält es nicht für möglich, das so verschobene Knochenstück zurückzu- 
bringen und an seiner richtigen Stelle durch einen passenden Verband festzuhalten. 
Ich würde gegebenen Falles doch den Versuch in Narkose machen, natürlich bei 
stark flektirtem Ellbogen, um das Gelenk an seiner Vorderfläche zu entspannen. 
Bei fruchtlosen Versuchen ist die blutige Entfernung des abgesprengten Knochen- 
stückes geboten, da sonst eine schwere Funktionsstörung entsteht. 

Noch ein Punkt scheint mir an meinem Fall erwähnungswerth. Der Pat. hat 
unmittelbar nach der Verletzung weiter gearbeitet, dann für einige Tage ausgesetzt, 
um wieder für 9 Tage die Arbeit aufzunehmen; dann musste er sie plötzlich ein- 
stellen wegen Bewegungsbehinderung des Armes. Die einzige Erklärung hierfür 
ist, dass das losgesprengte Knochenstück zuerst noch Bewegungen durch seine 
eigene Beweglichkeit gestattete und dann erst sich festgekeilt hat. 


(Aus der chirurg. Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals zu Breslau. Primärarzt: 
Sanitätsrath Dr. Riegner.) 


Zur Kasuistik der durch Gonokokken hervorgerufenen para- 
artikulären Phlegmonen. 
Von 
Dr. Rudolf Meyer, Assistenzarzt. 

Durch vielfache Beobachtungen, erst in jüngster Zeit wieder von Rind- 
fleisch und Nasse, ist der Gonococcus als der Erreger der die Gonorrhoe so 
häufig komplieirenden Gelenk- und Sehnenscheidenentzündungen nachgewiesen 
worden. Seltener, aber nicht minder theoretisch wichtig ist der Nachweis, dass 
der Gonococcus auch im Stande ist, im Bindegewebe zur Abscessbildung zu führen. 
Allein in vielen diesbezüglichen Fällen handelt es sich um Pseudoabscesse, um 
Eiteransammlungen in präformirten epithelbekleideten Höhlen, wie Jadassohn 
nachgewiesen hat. Als einen Fall, in welchem eine derartige Täuschung auszu- 
schließen ist, und der Gonoeoccus allein im Bindegewebe zur phlegmonösen Ge- 
webesinschmelzung geführt hat, erlaube ich mir folgende Beobachtung mitzu- 
theilen ` 

Der 31jährige Arbeiter Carl M. wurde am 5. Mai 1897 in die chirurgische 
Abtheilung des Allerheiligen-Hospitals aufgenommen. Pat. war früher angeblich 
stets gesund, hat nie Lues, nie Gonorrhoe gehabt. Die Eltern sind an unbe- 
kannter Ursache gestorben; Pat. selbst ist verheirathet, hat 3 lebende gesunde 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 21 


Kinder. Die Frau habe nie abortirt. Die Kinder hatten bei der Geburt kein 
Augenleiden. 

Das jetzige Leiden des Pat. begann am 26. April damit, dass die schon seit 
mehreren Tagen existirenden leichten Schmerzen im linken Arme so stark wurden, 
dass er nicht weiter arbeiten konnte. Eine Behandlung in einer hiesigen Poli- 
klinik war ohne Erfolg. 


Status: Ziemlich erhebliche Schwellung der Gegend des linken Ellbogens. 
Oberhalb des Gelenkes, an der Innenseite des Oberarmes, ist die Haut ödematös, 
leicht geröthet. An dieser Stelle auf Druck lebhafter Schmerz. Fluktuation nicht 
deutlich fühlbar. Die Knochenvorsprünge sind gut abtastbar, doch erscheint der 
Condylus internus etwas verdickt und auf Druck empfindlich. Erguss im Gelenk 
ist nicht nachweisbar, alle Bewegungen im Gelenk sind allerdings unter Schmerzen 
ausführbar. 

Temperatur subfebril. 

Die Untersuchung der inneren Organe ergiebt völlig normalen Befund. Aus 
der Urethra, auch auf Druck, kein Ausfluss. 

Da unter feuchten Verbänden und Ruhigstellung keine Besserung erzielt wird, 
vielmehr das Ödem zunimmt, und deutliche Fluktuation in der Tiefe fühlbar wird, 
wird unter Schleich’scher Anästhesie eine 8 cm lange Incision an der Innenseite 
des Oberarmes gemacht. Man kommt auf gelblich verfärbte, schmierige Granula- 
tionen, die mit einzelnen Eitertröpfchen durchsetzt sind. Kein direkter Zusam- 
menhang mit dem Gelenk nachweisbar. Ausschabung der Granulationen, Tam- 
ponade, Schienenverband. 

Im Ausstrichpräparat aus diesen Granulationen fanden sich nun zahlreiche, 
gelapptkernige Leukocyten, welche dicht mit Diplokokken erfüllt waren. Diese 
letsteren erwiesen sich nach Form und Färbbarkeit (Entfärbung nach Gram) als 
typische Gonokokken. Es gelang ferner, aus diesen Granulationen auf Rindermilz- 
Hydrocelenagar typische Reinkulturen von Gonokokken zu züchten, während 
Ausstriche auf Agar und Glycerinagar steril blieben. Die Gonokokken ließen sich 
mehrere Generationen hindurch in Reinkultur weiterzüchten. 

Ein Theil der Granulationen wurde in Alkohol gehärtet und, in Celloidin ein- 
gebettet, geschnitten. Färbung mit dünner Thiosinlösung, so wie mit Borax- 
Methylenblau. Das mit zahlreichen Blutungen durchsetzte Granulationsgewebe 
enthielt vielfache große epithelioide Zellen und Leukocyten mit gelappten Kernen, 
aber keine Riesenzellen. Die Gonokokken fanden sich nie frei im Gewebe, son- 
dern stets in den gelappte Kerne enthaltenden Leukocyten. 

Die nun abermals vorgenommene Untersuchung der Urethra ergab auch hier 
bei fehlendem Ausfluss doch vereinzelte gonokokkenhaltige Eiterkörperchen. Nach 
einigen irritirenden Injektionen in die Urethra trat florider, massenhaft gonokokken- 
haltender Ausfluss ein, der später mit Argonineinspritzungen zum Schwinden ge- 
bracht wurde. 

Der weitere klinische Verlauf war unkomplieirt. Der Abscess heilte langsam 
aus, und es blieb bei der Entlassung des Pat. am 12. Juli 1897 nur eine geringe 
Bewegungsstörung. Die Temperatur hatte nie 38,6 überschritten. Als ich den 
Pat. mehrere Monate später nachuntersuchte, fand ich eine glatte, verschiebliche 
Narbe; die Bewegung war kaum behindert. Die Röntgen-Durchleuchtung ergab 
absolut normale Verhältnisse im Gelenk. 


Der Fall lässt wohl nur die Deutung zu, dass es sich um eine Gonokokken- 
metastase im Ellbogengelenk handelte; aus dem Gelenk sind dann die Gonokokken 
in das paraartikuläre Gewebe hineingewachsen und haben hier im Bindegewebe zur 
Einschmelzung und Granulationsbildung geführt. Auf die Häufigkeit der para- 
artikulären Phlegmonen bei gonorrhoischer Arthritis hat König hingewiesen; 
dass diese Phlegmonen nicht sekundäre sind, sondern selbst den Gonokokken, und 
zwar den Gonokokken allein ihre Entstehung verdanken können, dafür bietet 
unser Fall ein Paradigma. 


22 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


16) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 
89. Sitzung am Montag, 12. Juli, 1897 im kgl. Klinikum. 
Vorsitzender: Herr J. Israel. 


1) Herr Maass: Vorstellung einer operativ behandelten Spina 
bifida occulta. 

Ein 3 Jahre altes Mädchen zeigt eine seit der Geburt bestehende spastische 
Parese beider Beine; dieselben stehen in den Hüftgelenken abdueirt und nach 
außen rotirt; die Motilität links beeinträchtigt, Stehen und Gehen nur bei Unter- 
stëtzung unter den Armen möglich, beide Füße stehen in starker Valgusstellung. 

Am linken Bein bestehen trophische Störungen: der linke Fuß und Unter- 
schenkel ist im Wachsthum surückgeblieben, die Haut ist kühl und blauroth. Die 
grobe Sensibilität ist nicht gestört, die elektrische Reaktion der Muskeln und 
Nerven für beide Stromarten gut erhalten. 

Als wahrscheinliche Ursache der Lähmung findet sich eine Spaltbildung der 
Wirbelbögen, die äußerlich durch eine dem 12. Brustwirbel entsprechende Hyper- 
trichosis gekennzeichnet ist. Hier fühlt man sehr deutlich den 1 cm breiten, 
genau median gelegenen Spalt des Wirbelbogens. Die Lendenwirbelsäule ist von 
hinten her durch eine flache, über thalergroße, solide Geschwulst bedeckt, von 
der sich die Haut des Rückens leicht abheben lässt; die letztere zeigt keinerlei 
narbige Veränderung. 

Im Übrigen ist das Kind gesund und körperlich wie geistig gut entwickelt. 
Die bisherige Behandlung der Lähmung (Massage und Elektrisiren) blieb erfolglos. 
Naheliegend ist die Annahme einer Kompressionsmyelitis; es wird desshalb die 
probatorische Freilegung des Wirbelspaltes beschlossen. 

Operation am 5. Oktober 1896. 

Lappenschnitt vom 12. Brust- bis 1. Kreuzbeinwirbel. Exstirpation der vorher 
erwähnten Geschwulst; dieselbe liegt subkutan und erweist sich als reines Lipom; 
sie ist durch eine breite fibrösmuskulöse Platte von dem eigentlichen Defekt der 
Wirbelsäule getrennt; dieser Defekt erstreckt sich vom 12. Brustwirbel bis sum 
5. Lendenwirbel und klafft in der Mitte fast 3cm. Die in dieser Ausdehnung den 
Rückgratkanal nach hinten abschließende fibrösmuskulöse Platte (Membrana reuniens 
posterior?) zeigt mehrere querverlaufende tiefe Furchen, die tiefste in der Mitte 
des Defekts, da wo sie am straffsten die klaffenden Wirbelbögen überbrückt. 

Das Band wird der Länge nach am linken Rande des Defekts durchtrennt, 
bis sich die Furchen vollkommen ausgleichen; die unsichtbaren Rückenmarkshöhlen 
werden nicht eröffnet. — Hautnaht über Jodoformtampon. Glatter Wundverlauf. 
Heilung in 14 Tagen. 

Jetzt — As Jahr nach der Operation — ist als Effekt derselben zu konstatiren: 
die spastische Parese ist vollkommen gewichen, und das Kind kann ohne jede 
Unterstützung stehen und gehen, ohne in den Kniegelenken einzuknicken; die 
Stellung der Beine ist freilich noch keine gans normale, hat sich aber auch ge- 
bessert. 

Keine Besserung zeigen die trophischen Störungen am linken Bein; die 
Wachsthumsdifferenz zwischen beiden Füßen ist sogar deutlicher als früher. 
Wahrscheinlich bestand neben der Kompression des Rückenmarkes eine Läsion 
der trophischen Centren in den Vorderhörnern, worauf die Operation keinen Ein- 
fluss haben kann. 

Ein analoger Eingriff wie im vorliegenden Falle ist bereits von Jones (Brit. 
med. journ. 1891) bei einem 22jährigen Manne wegen spastischer Lähmung beider 
Beine in Folge Spina bifida occulta — ebenfalls mit gutem Erfolge — ausgeführt 
worden. 

Es dürfte daher in den Fällen von Spina bifida occulta, wo die Symptome auf 
eine Rückenmarkskompression deuten, ein operatives Vorgehen indicirt sein. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 23 


2) Herr Steiner: Vorstellung eines operativ geheilten Falles von 
doppelseitigem Lungenechinococous mit Leberechinococcus. 


Ein junges Mädchen, seit 3 Jahren magenleidend, fühlte seit etwa 1/, Jahr 
Druck in der Lebergegend, litt an Husten und Auswurf. Die Leber reichte bis 
zur Nabelhorisontalen, war druckempfindlich; über der Lunge links hinten Däm- 
pfung, das Athemgeräusch abgeschwächt, über der übrigen Lunge verschärft; das 
Hers nach rechts verdrängt. Bei geöffnetem Munde war ein schwirrendes Geräusch 
synchron mit der Hersthätigkeit hörbar. 

Die Probepunktion links hinten ergab eine die charakteristischen Echino- 
kokkenhäkchen enthaltende Flüssigkeit. Pat. war vom Lande und vielfach mit 
Hunden in Berührung gekommen. 

Bei der vor 11/2 Jahre vorgenommenen Operation (Prof. Israël) wurde nach 
Spaltung der Bauchdecken der Leberechinococcus eingenäht, incidirt; dabei ge- 
langte man in eine zweite Blase und nach deren Eröffnung in den subphrenischen 
Raum. 

Resektion der 7. und 8. Rippe links hinten, Annähen der kostalen an die 
pulmonale Pleura in Kreisform und Incision der Lunge innerhalb der Nahtgrenge. 
— Nunmehr wurde aus dem linken Lungenflügel eine Echinokokkenblase von 
Harnblasengröße entfernt; die Höhle füllte sich bald mit Lunge. Das früher vor- 
handen gewesene akustische Phänomen war sofort verschwunden. 6 Wochen später 
bekam die Pat. Stiche und eine Dämpfung rechts hinten unten; eine Punktion 
ergab Echinococcusflüssigkeit, hatte aber eine äußerst bedrohliche Athemnoth zur 
Folge, in deren Anschluss die Pat. Echinococcusflüssigkeit aushustete. Schließlich 
bekam die Pat. eine langdauernde Bronchopneumonie des rechten Unterlappens, 
mit deren Heilung auch der Echinococcus verschwunden war. — Interessant war 
an dem Fall das durch Verwachsung des Hersbeutels mit dem Eohinococoussack 
erzeugte akustische Geräusch. 

Bei der sich anschließenden Vorstellung der Pat. macht Herr Israöl darauf 
aufmerksam, dass die rechte Thoraxhälfte, wo nicht operirt, sondern punktirt 
wurde, etwas geschrumpft ist, während dies an der operirten Seite nicht zu be- 
merken ist, 


3) Herr J. Israël: Pathologie und Therapie der primären Nieren- 
tuberkulose. 

In der Frage der Nierentuberkulose galt lange Zeit allgemein der Satz, dass 
die Erkrankung der Niere von der Blase aufsteige (Guyon). 

Neuerdings hat sich indess als zweifellos erwiesen: es giebt eine primäre 
Nierentuberkulose. Unter 21 von I. operirten Nierentuberkulosen waren 16 sichere 
primäre. Es kommt sogar neben Hodentuberkulose eine primäre Nierentuberkulose 
vor — ohne Blasentuberkulose, wie L an 3 Fällen nachweisen konnte. 

Primäre Nierentuberkulose ist sogar häufig — 10% aller Nierenoperationen 
wurden von L vorgenommen wegen dieser Erkrankung. Beweis dafür: sofortige 
Gesundheit nach Exstirpation der erkrankten Niere. 30% aller eitrigen Processe 
der Niere sind tuberkulöser Natur, vielleicht ist ihre Zahl noch größer; auffallend 
häufig sind Frauen davon befallen, unter 16 Pat. befanden sich 12 Frauen. 

Am häufigsten findet sich die Erkrankung zwischen dem 3. und 4. Decennium. 
Gegenstand der Operation sind nur die chronischen Fälle; wichtig ist die That- 
sache des vorwiegend einseitigen Auftretens; nur selten (12%) ist die Erkrankung 
doppelseitig. 

I. unterscheidet mehrere Formen, zunächst eine käsig-kavernöse Form (81%). 
Demonstration von Präparaten. Unterschied von einfachen Pyonephrosen. In 
späten Stadien der Erkrankung allerdings verwischen sich leicht die Unterschiede, 
und es ist dann schwer, die tuberkulösen Formen von der Pyelonephrose zu unter- 
scheiden; denn auch bei nicht tuberkulösen Erkrankungen kommen ja eitrige Ein- 
schmelzungen des Parenchyms vor (Steine etc.). 

Der Ort der ersten Entstehung ist die Grense zwischen Mark und Rinden- 
substanz, besonders an den Polenden, meist am unteren Pol, als Partialerkrankung 


24 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


beginnend und da lange Zeit stationär bleibend; daher genügt in manchen Fällen 
die Amputation einzelner Partien der Niere (von I. mit dauerndem Erfolge aus- 
geführt). Die kavernöse Erkrankung giebt die besten Erfolge. Mit ihr kombinirt 
sich häufig eine Sklerosirung der Hüllen; die dadurch entstehende Schwarte kann 
so stark werden, dass sie als Tumor imponirt, sie führt zur Aufhebung der respi- 
tatorischen Verschieblichkeit der Niere. Das Parenchym der Niere lässt sich aber 
in allen Fällen von der Kapsel leicht trennen; daher ist selbst bei ausgedehntesten 
Verwachsungen die subkapsuläre Enukleation möglich. 

Perinephritische Abscesse können entweder durch Einbruch eines Nierenherdes 
in das perinephritische Gewebe entstehen, oder bei intakter Capsula propria auf 
dem Wege der Lymphgefäße. Es ist somit nothwendig, bei allen » Perinephritiden« 
die Niere frei zu legen und genau nach einem Herde im Parenchym zu suchen. 

Eine zweite Form wird mitunter angetroffen als primäre tuberkulöse Ulcera- 
tion der frei in die Kelche hineinreichenden Papillenspitzen, eine Form, die be- 
sonders gern zu profusen Nierenblutungen führt. 

Eine dritte sehr seltene Erkrankungsform zeigt zahlreiche Knoten von Sand- 
korn- bis Erbsengröße, welche die ganze Niere durchsetzen, ohne Erweichung zu 
verursachen, in ihrer reihenweisen Anordnung makroskopisch dem Bilde der als 
surgical kidney bekannten Form sehr ähnelnd. Die Prognose dieser Art ist un- 
günstig, die Pat. sterben in der Regel an Tuberkulose entfernter Organe. Ist die 
Erkrankung sich selbst überlassen, so greift sie auf die harnableitenden Organe 
weiter; die Ureterwandung zeigt dann sklerotische und Verdickungszustände. Bei der 
sekundären Blasentuberkulose wird, wie cystoskopisch nachweisbar, zuerst in der 
Regel das Ostium uretericum befallen. Unter 21 Operationen von Nierentuber- 
kulose fand I. die Blase 11mal erkrankt. — Die Blasentuberkulose giebt keine 
absolute Kontraindikation gegen die Nephrektomie, um so mehr, da durch die Eli- 
mination des Nierenherdes die Blasenbeschwerden oft günstig beeinflusst werden. 
Von großer Wichtigkeit ist die Beschaffenheit der anderen Niere (unter 16 Fällen 
fand sich 2mal eine doppelseitige Erkrankung). — Amyloid und Nephritis stehen 
dabei im Vordergrunde. Die Frage der Miterkrankung auch der anderen Niere ist 
durch den Ureterkatheterismus nicht mit großer Sicherheit lösbar, denn s. B. wird 
Eiweiß bei krankhaftem Zustand einer Niere (Eiterstauungen) auch von der an- 
deren abgesondert. Da bei Nierentuberkulose nur wenig Eiweiß im Urin erscheint, 
lässt sich aus dem Eiweißgehalt ein unanfechtbarer Schluss nicht ziehen — 
höchstens kann der Befund von Tuberkelbacillen Nierentuberkulose mit Wahr- 
scheinlichkeit annehmen lassen; leider findet man aber bei primärer Nierentuber- 
kulose ohne Blasentuberkulose gehr selten Bacillen. — Das Zusammenvorkommen 
von Tuberkulose der Nieren und der Hoden bei intakter Blase und Ureter zeigt, 
dass die Erkrankung auf hämatogenem Wege entstanden ist, nicht durch direkte 
Propagation. 

Die klinischen Symptome bestehen in mannigfachen Störungen der Urinent- 
leerung (gewöhnlich als Blasenkatarrh gedeutet), und zwar in gesteigerter Häufig- 
keit der Miktion und gebieterischem Drang zum Urinlassen, außerdem in leichtem 
Brennen bis zur Schmerzhaftigkeit bei der Urinentleerung; seltener finden sich 
Schmerzen in der Nierengegend selbst, oder fieberhafte Nierenkoliken,; unter 
16 Fällen fand sich 4mal Hämaturie, meist nur von kurzer Dauer, imal aber 
in dem Falle primärer Ulceration der Papillenspitzen 4 Wochen lang in profuser 
Weise anhaltend. 

Die Blasenstörungen haben ihren Grund nicht immer in der Erkrankung der 
Blase, sondern sind als Irradiationserscheinungen seitens der Niere zu deuten; 
eine etwaige Gesetzmäßigkeit zwischen den Blasenbeschwerden einerseits und der 
Schwere der Erkrankung der Nieren andererseits besteht nicht. 

I. verfügt über 21 operirte Fälle (Nephrektomien und Resektionen) mit 8 Todes- 
fällen, unter denen die 3 unmittelbaren Todesfälle auf Rechnung von Shock, 
Amyloid, chronische Nephritis der anderen Niere, die 5 entfernten Todesfälle auf 
Tuberkulose anderer Organe zu setzen sind, welche nach Heilung der Operation 
zum tödlichen Ausgange führte. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 25 


Die Nephrotomie (nach Guyon) schafft nur temporäre Besserung, erfordert 
meist doch sekundäre Nephrektomie, zeigt fast dieselbe Mortalitätsziffer wie die 
primäre Nephrektomie und sollte nach La Ansicht nur vorgenommen werden bei 
doppelseitiger Erkrankung, ferner da, wo ein schnelles Operiren geboten ist. 

Alle Fälle Le, bei denen der Process noch auf die Niere beschränkt war, sind 
dauernd geheilt geblieben (Beobachtung bis zu 9 Jahren). 

Herr Karewski: ` 

1) Ausgedehnte Rippenresektion bei Peripleuritis. 

Die vorgestellte Pat. hatte seit Jahren über linksseitige Schmerzen im Thorax 
geklagt, ohne dass objektiv eine Ursache auffindbar gewesen wäre. Vor 1'/ Jahre 
Pleuritis sinistra, die zwar zur Ausheilung kam, aber eine Dämpfung links hinten 
unten zurückließ. Dauernde Schmerzen. Wiederholte Probepunktionen negativ. 
Vor 1 Jahre Bildung einer kleinen fluktuirenden Geschwulst vorn im 10. Inter- 
kostalraum in der Mammillarlinie. 

Die Operation zeigt ausgedehnte peripleurale käsige Wucherungen, die die 
Resektion der 11., 10., 9. und 8. Rippe fast in ganzer Länge nöthig machen und 

schließlich in eine kleine Lungenkaverne führen, von der aus der ganze Process 
seinen Ausgang genommen hatte. Nirgends war flüssiger Eiter nachweisbar, 
überall lagen die krankhaften Massen direkt den Muskeln, in welche sie auch 
hinein sich erstreckten, so wie den Rippen auf. 

Nach wiederholter Auskratzung dauernde Heilung. 

2) Echinokokken der Bauchhöhle. 

K. stellt 2 Fälle von geheilten Echinokokken der Bauchhöhle vor. Er hat in 
den letzten Jahren 7 Fälle von Echinococcus der Leber und Bauchhöhle operirt, 
über die er demnächst anderweit zu berichten gedenkt. 


90. Sitzung am 8. November 1897 in der kgl. Charite. 
Vorsitzender: Herr König. 


1) Herr Sonnenburg: Vorstellung eines Knaben, an dem die Pyloro- 
plastik vorgenommen wurde. 

Der Knabe war bis zum 5. Jahre gesund gewesen, hatte dann Masern, 
Scharlach und danach einen sehr schweren Magenkatarrh durchgemacht, der mit 
häufigem, oft stundenlang anhaltendem Erbrechen und allmählich sich ausbildender 
Magenerweiterung einherging. Er war mit Magenausspülungen behandelt, gastro- 
skopisch (von Dr. Rosenheim) untersucht, und eine Pylorusstenoge mit starker 
Magenektasie — der aufgeblasene Magen füllte beinahe die ganze Bauchhöhle aus 
— festgestellt worden, nur war es fraglich, welcher Natur dieselbe sei (Narbe, 
Geschwür, Knickung oder dgl.). y 

Bei der Operation zeigte sich in der Gegend des Pylorus eine 6—8 cm breite, 
dicke, tumorartige Schicht ohne Verwachsungen in der Umgebung, keine Narben- 
bildung im Innern oder Geschwüre in der Schleimhaut, dagegen eine starke mus- 
kuläre Hypertrophie, die Schleimhaut zu dicken Wülsten verändert. Der Pylorus 
war nur für eine feine Sonde durchgängig. — Nach der Operation, Pyloroplastik, 
bildete sich die Ektasie zurück, nur ist der Bauch immer noch sehr stark. (Vor- 
gestellt 2 Monate nach der Operation.) In so jugendlichem Alter ist die Opera- 
tion, wie es scheint, noch nicht ausgeführt worden. In diesem Falle muss es sich 
um eine angeborene Pylorusstenose gehandelt haben, die allerdings erst spät Er- 
scheinungen machte. i 

2) Herr König ist in der Lage, ein Unicum — einen Fall von doppel- 
seitiger Luxation der Peroneussehne — vorzustellen. 

Ein Officier erlitt durch eine Verdrehung des Fußes eine Luxation der Sehne 
des Peroneus der einen Seite und, als sie geheilt war, auch — beim Reiten — 
der anderen Seite. 

Beide Male wurde von K. nach seiner Methode unter Anwendung einer 


26 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


Knochenlappenbildung für die Sehnen eine neue Lage geschaffen, in der sie sich, 
gut funktionirend, auch erhielten. 


3) Danach stellt K. mehrere Pat. vor, bei denen Darmresektion und 
Naht unter ungewöhnlichen Verhältnissen vorgenommen worden war. 

An einer 50jährigen Frau, bei der das Vorhandensein von tuberkulösen Strik- 
turen vermuthet wurde, nahm K. eine Laparotomie vor: ein vorliegendes, kolossal 
gefülltes Darmstück schien mit Scherben gefüllt, die Striktur aber war keine harte 
Geschwulst, nicht tumorartig. K. resecirte ein 20 cm langes Stück Darmrohr, das 
mit Massen von allen nur möglichen Kernen: Pflaumen, Äpfeln, Kirschen, Birnen, 
erfüllt war. An dem exstirpirten Stück konnten tuberkulöse Veränderungen nicht 
nachgewiesen werden, die zahlreich vorhandenen polypösen Wucherungen — De- 
monstration des Präparats — hält K. für entzündlicher Natur. K. hebt hervor, 
dass er bei der Darmnaht Knöpfe irgend welcher Art nicht anwendet, sich der 
Czerny’schen Methode der Vereinigung der Darmenden bedient und sein Haupt- 
augenmerk auf Exaktheit der Naht des Mesenterialtheiles legt. 

In einem anderen Falle (30jährige Frau, die vor 2 Jahren wegen Gallenstein- 
kolik operirt war, wobei 70—80 Steine entfernt wurden) sah sich K. veranlasst, 
erneut eine Laparotomie vorzunehmen, da die wieder auftretenden Beschwerden 
eine Stenose des Darmes resp. einen Tumor vermuthen ließen. 

Nach Lösung zahlreicher Adhäsionen zwischen Gallenblase (dieselbe war leer), 
Leber, Colon, Nets, fand K., dem Colon aufsitzend, einen Tumor {Carcinom), der 
entfernt wurde. Die Frau wird, geheilt, vorgestellt. 

Interessant sind die 2 nachfolgenden Fälle wegen der Frage der Nachbehand- 
lung, d. h. ob Schluss oder Tamponade der Bauchwunde angezeigt ist? 

Eine an Gallensteinkoliken leidende Frau war von K. wegen eines gänseei- 
großen, mit den Bauchdecken verwachsenen Tumors operirt worden: man war 
dabei in eine mit Eiter und Gallensteinen gefüllte Höhle gelangt, aus der sich 
beinahe Ve Jahr lang fortdauernd Steine entleerten. Als die Fistel nahe daran 
war, sich zu schließen, entleerte sich aus ihr Koth (Diekdarmkoth). Die operative 
Entfernung derselben war wegen der zahlreichen Verwachsungen und der Tiefe — 
sie reichte bis nahe an die Wirbelsäule — äußerst mühsam; nach Umschneiden 
der Fistel und Naht der Diekdarmwunde nahm K. nur eine Tamponade der Bauch- 
wunde vor; die Gefahr eines eventuell entstehenden Bauchbruches erachtet er für 
durchaus nicht bedeutend. 

Ein 30jähriger Pferdeknecht erlitt einen Huftritt gegen einen seit Jahren be- 
stehenden Leistenbruch. Bei der Operation — 2 Stunden nach der Einklemmung, 
resp. nachdem die Verletzung stattgefunden — entleerte sich ein entsetglicher 
Geruch aus dem Bruchsack, der Darm war aber völlig intakt. Sollte nun die 
Schlinge versenkt werden oder nicht? K. that das Erstere. 4 Wochen lang ganz 
guter Verlauf. 

Allmählich indess stellten sich Stenosenerscheinungen, Kolikanfälle, hart- 
näckige Verstopfung ein, so wie Auftreten eines Tumors am Poupart’schen Bande. 

Laparotomie über der Höhe der Geschwulst, von der Symphyse über den 
Rectus nach dem Rippenrande. 

Nach Durchtrennung einer derben Schwarte Entleerung eines Abscesses mit 
kothigem Eiter; die Sonde dringt in ein Darmstück; Lösung der Schlinge, Um- 
schneiden der stenotischen Stelle, Resektion eines 20 cm langen Stückes (Dick- 
darm). 

Auch in diesem Falle ließ K. die Bauchwunde offen und ist mit dem gün- 
stigen Resultat äußerst zufrieden. 

In der Diskussion erwähnt Herr v. Bergmann, dass der unlängst von 
Dr. Frank aus Chicago in der Berliner medicinischen Gesellschaft demonstrirte 
Knopf aus einem decaleinirten Knochenstück mit einem darüber gezogenen Drain- 
rohr bestehe. — Thierversuche, die zur Zeit von seinen Assistenten angestellt 
würden, würden den Werth oder Unwerth dieses Knopfes rerp. dieser Methode 
klarstellen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 27 


Er ist ebenfalls der Meinung, dass die Tamponade der Bauchwunde in zahl- 
reichen Fällen sehr vortheilhaft sei und erwähnt, dass sie von ihm auch geübt 
werde — wie das überzeugend Fälle bewiesen, in denen sich beim Verbandwechsel 
mit Entfernung des Tampons Koth aus der Wunde, d. h. undichten Stellen des 
resecirten Darmes entleerte. 

Herr Israël hat die Tamponade ebenfalls häufig geübt und ersetzt das ver- 
loren gegangene Peritoneum mit Prolaps der Därme durch Ausbreiten einer Jodo- 
formschürze. 

Herr Sonnenburg ist gleichfalls Anhänger der Bauchtamponade und wendet 
ebenfalls bei drohendem Prolaps die Schürzentamponade an. Er benutst dazu die 
von Cred& angegebene Silbergaze mit gutem Erfolg. 

Herr v. Bergmann meint, dass bei ausgedehnten Darmvorfällen die Schürze 
nicht viel helfen könn e. 


4) Herr A. Köhler: Überpflanzung granulirender Flächen mit 
Lappen nach Thiersch. 

K. berichtet über die auf der Nebenabtheilung für äußerlich Kranke in der 
Charité gemachten Erfahrungen mit der Thiersch’schen Transplantation. Zuerst 
mehr zufällig, seit 1 Jahr, nachdem Schnitzler, Ewald, Auerbach, Jott- 
kowits und Schultheis ihre Erfolge berichtet hatten, wurde planmäßig so 
transplantirt, dass die abgeschälten Streifen direkt auf die nicht angefrischte Ge- 
schwürsfläche gelegt wurden. Trotz der großen Zahl von Unterschenkelgeschwären, 
die auf der genannten Abtheilung zur Behandlung kamen (jährlich ca. 350) giebt 
es doch nur wenige Fälle, die sich zur Transplantation eignen; es ist aber nöthig, 
sich auf diese su beschränken, weil man sonst Misserfolge erlebt. Die Läppchen 
heilen entweder gar nicht an, oder die Narbe des so verheilten Geschwürs bricht 
bald wieder auf. Geschwüre nach Verbrennungen sind oft der starken Sekretion 
wegen nicht dazu geeignet, eben so die varikösen Ulcera mit dicken kallösen Rän- 
dern; bei diesen muss erst ein Stück aus der Vena saphena resecirt, etwaige 
Varixknoten exstirpirt und das Ulcus tüchtig eircumeidirt werden. Will man in 
derselben Sitzung transplantiren, dann müssen die Granulationen und die Ge- 
schwürsränder in großer Ausdehnung abgetragen werden. 

K. hat gewöhnlich abgewartet; viele Ulcera heilten jetzt nach Beseitigung der 
Stauung, der Unnachgiebigkeit und schlechten Ernährung der umgebenden Haut 
von selbst. War es nicht der Fall, dann wurde transplantirt, die Streifen direkt 
den gereinigten und abgetrockneten Granulationen aufgelegt und mit einem Mull- 
bausch aufgedrückt. Darüber Salben, Pulver oder einfach steriler Mullverband. 
In 14 Fällen (8 Männer, 6 Frauen) kein Misserfolg; einige Male brach die Narbe 
bei su frühem Aufstehen wieder auf, wie es bei jeder Behandlung vorkommt. 
Beobachtungsseit zum Theil 1, Ue und 1 Jahr. — Da das Verfahren in den über- 
haupt für die Transplantation geeigneten Fällen eben so sicher ist, wie die Trans- 
plantation auf frische oder angefrischte Wundflächen und doch immerhin eine 
Vereinfachung ursprünglicher Methoden darstellt, glaubt K. berechtigt zu sein, 
es su weiteren Versuchen zu empfehlen. 

(Im Anschluss an den Vortrag Vorstellung von 3 früher operirten Kranken. 
Mehr waren von den 14 nicht mehr aufzufinden gewesen.) 

. In der Diskussion erwähnt Herr Karewski, dass nach seinen Erfah- 
rungen sich nach diesem Verfahren die Läppchen häufig verlören, es zweifelhaft 
sei, ob die zurückbleibende feine Haut als Anheilung anzusehen sei, und dass 
Recidive häufig seien. Er bezweifelt, dass das Anfrischen mit einem scharfen 
Messer genügend schmerzlos sei, man solle also gleich bei Unterbindung der Vena 
saphena die Geschwüre anfrischen und transplantiren. Die Narbenkontraktion sei 
größer bei Transplantation auf granulirende Flächen als auf frische Wundflächen. 

Herr Hildebrandt erwähnt, dass — in Jena — vor den Thiersch'schen 
Veröffentlichungen die Aufpflanzung nach Reverdin geübt wurde, und mit gutem 
Erfolg. 


N 


28 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


5) Herr Benneke: Ungewöhnliche Fälle von Hüftresektion. 


Eine 39jährigeFrau litt seit 1 Jahr an Schmerzen in der Hüfte, hinkte stark 
und schonte das rechte Bein auffällig. Dasselbe war nach auswärts rotirt und ver- 
kürzt, das Gelenk kaum beweglich, der Trochanter aufgetrieben. Die Differential- 
diagnose schwankte zwischen Sarkom und Arthritis deformans; bei der Resektion 
seigte sich die letztere Erkrankung. Der Schenkelkopf war subluxirt und stand 
auf dem Pfannenrand. 

Pat. geht mit einer Verkürzung von 4 cm ohne Stock und Schmerzen. 

Bei einer 42jährigen Frau mit kongenitaler Hüftgelenksluxation, die bereits 
an beiden Mammae wegen Carcinom operirt war, stellten sich seit 1 Jabr Schmerzen 
in der Hüfte ein. Man vermuthete Metastasen im Femur, extendirte das Bein — 
ohne Erfolg. Daher wurde die Resektion vorgenommen, wobei festgestellt wurde, 
dass keine Metastase, sondern eine Arthritis deformans vorlag. Der Femurstumpf 
wurde an das Becken angenagelt mit dem Erfolg, dass die Frau zur Zeit ohne, 
wenn auch mit zeitweise auftretenden Schmerzen, gehen kann. 


6) Herr Heintze: Resektion der Saphena bei Beingeschwür. 


H. berichtet über 79 Resektionen der Vena saphena magna, welche bei 
der Behandlung variköser Unterschenkelgeschwüre auf der chirurgischen Neben- 
abtheilung der kgl. Charité seit December v. J. ausgeführt wurden. 

Unter 35 Frauen und 28 Männern war die Operation 27mal am linken Ober- 
schenkel, 20mal am rechten und 17mal beiderseits gemacht worden. Die meisten 
Pat. standen im mittleren Lebensalter, die jüngste war 20, die älteste 58 Jahre 
alt. In 4 Fällen war kein einheitlicher Stamm der Saphena vorhanden, sondern 
dieser war durch swei ziemlich parallel verlaufende, mittelstarke Venen ersetst. 
!9mal wurden gleichzeitig größere Konvolute von Varicen an den Unterschenkeln 
entfernt, und 7mal wurde außer der Resektion der Saphena oberhalb der Mitte 
noch ein variköser Knoten ihres Stammes dicht oberhalb oder unterhalb des Knies 
exstirpirt. 

Die Operation war nicht nur auf diejenigen Fälle beschränkt worden, in denen 
die Saphena selbst äußerlich sichtbare, stark erweiterte variköse Knoten aufwies, 
sondern die Resektion wurde vorgenommen, sobald neben dem Ulcus ausgedehnte 
Varicenbildung vorhanden war. In der Regel war allerdings wenigstens im unteren 
Drittel des Oberschenkels ein Varixknoten oder eine gleichmäßige Erweiterung 
der Saphena zu bemerken, und in diesen Fällen gelang es auch stets, durch den 
Trendelenburg’schen Kompressionsversuch die Insufficienz der Klappen nach- 
zuweisen. 

Der Einfluss der Operation war verschieden. Bei den einfachen varikösen 
Geschwüren war der Erfolg häufig überraschend. Bei den kallösen Geschwüren, 
bei denen der Grund und die Umgebung in weitem Bezirk in ein derbes, schwie- 
liges, äußerst gefäßarmes Narbengewebe umgewandelt war, erwies sich die Opera- 
tion, wie nach ihrer Wirkungsweise nicht anders zu erwarten war, als einflusslos 
auf die Heilung. Sehr wesentlich schien die vorhergegangene Resektion der 
Saphena den Erfolg und die Wirkung der verschiedenen kleinen Hilfsoperationen, 
wie Circumeision der kallösen Ränder und Transplantation, zu fördern. Bei 6 Per- 
sonen, welche sich zu einer Nachuntersuchung eingefunden hatten und welche im 
Januar bez. Februar v. J. operirt worden waren, waren die Geschwüre nicht 
wieder aufgebrochen. Unter diesen befanden sich 2, bei welchen Thiersch’sche 
Transplantationen auf die granulirende Geschwürsfläche mit Erfolg ausgeführt 
worden waren. 

In der Diskussion erwähnt Herr Rotter, dass die Resultate seiner Kranken 
bei der Nachprüfung sich doch nicht als so vorzüglich erwiesen hätten, etwa 60% 
guten Resultaten ständen ca. 40% Recidive gegenüber. Die letzteren waren 
häufiger da, wo zu tief und zu kleine Stücke excidirt worden waren, der Erfolg 
ein guter in der Regel da, wo das Trendelenburg’sche Phänomen vorhanden 
gewesen. s 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 29 


7) Zum Schluss berichtet Herr Hildebrandt über einen 68 Jahre alten Pat., 
den er wegen eines harten, kirschkerngroßen Tumors im Corpuscaver- 
nosum, am Schaft des Penis operirte. H. exstirpirte den Tumor, da eine 
Amputation verweigert wurde, unter Blutleere durch einen Längsschnitt; dabei 
wurde ein (is em langes Stück der Harnröhre mit resecirt; danach vernähte H. 
den Längsschnitt quer. Heilung ohne Fistel, ein Katheter wurde nicht eingelegt. 

Der Tumor war ein Sarkom; wenn auch die Prognose nicht günstig ist, war 
es doch auffällig, dass das vordere Stück sich lebensfähig erhielt. 

Sarfert (Berlin). 


17) E. Rose. Die Erfolge der Heilserumtherapie in Bethanien. Eine 
vergleichende Studie. 


(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 583.) 


I. Bericht über die Diphtheriebaracke in Bethanien für das 
Jahr 1896. 


R.’s höchst skeptischer Standpunkt dem Heilserum gegenüber ist bereits be- 
kannt; er kommt in diesem Bericht wieder gründlich zur Aussprache. Zwar sind 
die Heilungsergebnisse während der Serumgebrauchszeit nicht schlecht, doch zieht 
R. sur Erklärung hierfür wesentlich andere Gründe heran. Wir reprodueiren nur 
die wichtigsten Zahlen : 

Zahl der 1896 aufgenommenen Kranken 182, davon 39 + = 21,4% 

darunter operirt 65,» 27 + = 45,16% 

darunter nicht operirt II, e 12 + = 10,68%. 
Dagegen betrug die Zahl der in den vorletzten 12 Jahren insgesammt Behandelten : 
4475, davon 2392 + = 53,4%. Indess ist nicht zu vergessen, dass auch in früheren 
Jahren zeitweise die Genesungsziffer eben so gut war wie 1896, so dass »bei den 
Nichtoperirten die Serumtherapie eigentlich kaum viel mehr geleistet hat, als auch 
schon in den bösesten Jahren in der Baracke 1886 gelegentlich ohne Serumtherapie 
erreichtiste. Auffälliger ist der Unterschied, wenn die Ausgänge der Tracheotomien 
verglichen werden. Die Sterblichkeit derselben erreichte in der Serumanwendungszeit 
noch nicht 50%, während das beste frühere Jahr (1896) noch 63,5% hatte. {Der Durch- 
schnittsprocentsatz der Heilung ist um 31% gestiegen, selbst bei Kindern unter 
3 Jahren noch um 22%. Auch diese Zahlen sind aber noch nicht einwandafrei 
beweiskräftig für die Serumwirksamkeit. R. hält dafür, dass die Diphtherie sich 
in Berlin quantitativ und an Bösartigkeit in Abnahme befände, während gleich- 
zeitig in Folge der größeren Aufmerksamkeit ihr gegenüber jetzt ungleich mehr 
leichte Fälle zur Behandlung und Spitalaufnahme kämen, und swar auch früh- 
zeitiger als vordem, wodurch die bessere Statistik resultire. Übrigens verhüte die 
Injektion auch, frühzeitig angewandt, nicht die Verbreitung der Diphtherie auf 
Kehlkopf und Bronchien, im Gegentheil berechnet R., dass die in der 2. Krank- 
heitswoche Injieirten bessere Resultate hatten als die der ersten. Auch fand er, 
dass im Jahre 1896 mehr Neben- und Nachkrankheiten bei Diphtherie stattfanden 
als früher. Jedenfalls bedarf es noch weiterer Beobachtungen, um über die Wirk- 
samkeit des Serums ins Reine zu kommen. 


U. Die Erfolge des Tetanusheilserums in Bethanien. 


1) Ein Fall von reinem Starrkrampf, geheilt beim Gebrauch von Tetanus- 
antitoxin. 

Die genau geführte Krankengeschichte wird von R. wie folgt rekapitulirt. 
Ein 10jähriger Knabe erkrankt, ohne eine Verletzung gehabt zu haben und ohne 
einer Erkältung ausgesetzt gewesen zu sein, an reinem Starrkrampf. Am 1. Tage 
entsteht Kieferstarre jund danach leichte Nackenstarre.e Am 2. Tage bildet sich 
volle Rückenstarre mit Bauchstarre aus. Nach 60 Stunden beginnt das 3. Stadium 
der freiwilligen Stöße. Am 5. Tage kommt er in die Spitalbehandlung und er- 


30 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


hält 400 Antitoxinnormaleinheiten intravenös injieirt und, da keine sichtliche Bes- 
serung eintrat, nach 2 Tagen noch 100 Einheiten. Am 6. Tage entwickelt sich 
das 4. Stadium der Reflexstöße, welches 1 Woche lang anhält. Ein 5. Stadium 
der Erschöpfung verräth sich schon am 11. Tage mit Lungenödem und macht 
sich am 13. mit Herzschwäche geltend. Je mehr die Starre nachlässt, desto mehr 
treten die Folgekrankheiten entgegen. Eine allgemeine Bronchitis, die Anfangs 
kaum zu bemerken, sich immer mehr am 6. Tage gesteigert hatte, führt am 
15. Tage zu einer rechtsseitigen Bronchopneumonie, die sich aber bei fortschreitender 
Heilung und Erholung schnell zertheilt. Dazwischen erfolgt am 17. 'fage ein 
masernähnlicher Ausschlag über den ganzen Körper, der jedoch in 24 Stunden ver- 
schwindet, ohne Abschuppung oder Folgen zu hinterlassen. Nachdem sich am 
25. Tage die Urinsekretion in gesunder Weise wieder hergestellt, hält dann noch 
einige Zeit ein 6. Stadium anchyloticum mit starkem Hunger an; im Laufe eines 
Monats sind alle Starrkrampferscheinungen vorbei. — Der Verlauf des Falles war 
in keiner Weise anders, als auch sonst bei leichten in die Lunge siehenden Fällen 
beobachtet wird. Eine erkennenswerthe Wirkung des Serums fehlt durchaus. Da- 
gegen ist R. geneigt, die wenig angenehmen Nebenerkrankungen an der Pneumonie 
und dem masernähnlichen Exanthem dem Serum zur Last zu legen. 

2) Ein Fall von Starrkrampf der Neugeborenen. 

Pat. zeigte am 6. Lebenstage die ersten Tetanuserscheinungen. Am 7. Tage 
Spitalaufnahme und subkutane Injektion von 500 Tetanusantitoxineinheiten an 
verschiedenen Stellen. + 2 Stunden später. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


18) Mays (Chibrikit, Ägypten). Ein Fall von chronischer Mastitis, 
Gangrän der Warze und deren Umgebung, und Ausgang in Heilung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 43.) 


Nach der Krankengeschichte ist die sich an eine puerperale Mastitis an- 
schließende Gangrän wahrscheinlich durch eine septische Infektion veranlasst 
worden, zu der die Verwendung unsauberer Mittel zu Umschlägen (Kamels- 
mist etc.) seitens der Pat. geführt hatte. Kramer (Glogau). 


19) R. Simon. Die Erfolge der Rippenresektion beim Pleuraempyem 
und ihre Abhängigkeit von den Komplikationen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 276.) 

Ein Bericht über das einschlägige von Rose während der letzten 16 Jahre 
in Bethanien (Berlin) operirte Material, im Ganzen 146 Fälle zählend. Dieser Be- 
richt ist sehr weitläufig angelegt, auf ca. 200 Seiten ausgedehnt und durch die 
Wiedergabe sämmtlicher Krankengeschichten belastet, die wohl schwerlich gv- 
nügend ausdauernde Leser finden werden. Dabei wird das Gesammtmaterial in 
nicht weniger als 20 verschiedene Gruppen von Empyemarten eingetheilt, die 
gekünstelt und unnöthig erscheinen. Dessenungeachtet ist der Bericht an sich als 
statistische Übersicht über ein so großes, nach denselben Grundsätzen gleich be- 
handeltes Material sicher von Werth. 

Wenn nicht besondere Kontraindikationen vorliegen, macht Rose die Ope- 
ration unter Narkose; und zwar wird oft der Äther bevorzugt. Zur Resektion 
wird eine tiefe Rippe gewählt (8. oder 9.), und von dieser stets 8—10 cm in all- 
bekannter Weise subperiostal resecirt. Finden sich bei der Exsudatentleerung 
fibrinöse Schwarten, so wird die Pleurahöhle mit einem großen, scharfen Löffel 
(34 cm lang, Länge des Löffels selbst 21/3 cm) ausgeschabt. Dann werden stets 
noch Ausspülungen mit reichlichen Mengen antiseptischer Lösungen (Chlorzink, 
Salieyl ete.) hinzugefügt, und zwar in starkem, raschem Strahl, um die Fibrin- 
massen ab- und aufzulösen. Nachbehandlung: Drainage, antiseptischer Verband, 
bei dessen Wechsel ebenfalls wieder gespült wird. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 31 


Ein Überblick über die Resultate wird am besten durch folgende am Ende 
der Originalarbeit mitgetheilte Tabelle gegeben: 


| Ungeheilt! 
1) Metapneumonisch | 18 2 i 1 l 21 
2) Potatorenempyem o 6 1 H 
3) Metabronchitisch? 2 | 9 | 1 N 12 
4) Typhus 4 3 ` 0 | 7 
5) Lungenabscess 3 | 5 v | 8 
6) Septische3 v | 8 v l 8 
%) Lungengangrän i 0 2 e H t 2 
8) Puerperale l 2 0 | 1 3 
9) Speeifisch 4 H 0 2 2 
10) Simplex mobile5 i 22 0 3 25 
11) » ` eircumseriptum 5 D h 0 5 
12) » redux 2 0 a 0 2 
13) D putridum i 10 v ! 1 11 
14) Tuberculosum”? j 0 v | 1 1 
15) Tuberculosorum8 d 5 1 | D 6 
16) Metapneumon. in phthisico 2 v v 2 
17) Pulmonis tuberculosi g 0 10 | 0 10 
18) Pulmonis tuberculosi in pleu- l | 

ram perforans® 1 H | 0 10 
19) Senkung 1 i 2 1 | D 3 

20) Herniae diaphragmat. | 1 0 | 0 
Summa | 79 = 54,2% | 56 = 38,3% | 11=7,5% | 146 


59mal saß die Krankheit rechts, 87mal links, 105mal war das männliche, 
41 mal das weibliche Geschlecht betroffen. Zu Rubrik 18 möchte Ref. bemerken, 
dass die Subsummirung des phthisischen Pyopneumothorax unter den Begriff der 
Empyeme ihm sehr ungebräuchlich und im Gansen eben so wenig nachahmens- 
werth erscheint, wie auch die Rippenresektion bei dem Leiden, deren Aus- 
sichten fast stets nur kläglich sein können. Die Krankengeschichte des einen 
hier als geheilt verrechneten Falles zeigt, dass Phthise weder nachgewiesen noch 


1 Größtentheils Pat., die schon fast geheilt, aber mit noch nicht völlig ge- 
schlossener Wunde abgingen. 

2 Nach Bronchitis und Katarrhalpneumonien. 

3 Bei Pyämie etc. 

4 Die betreffenden Pat. waren luetisch. 4 

5 Als Empyema simplex sind diejenigen gezählt, deren Anamnese und Ätio- 
logie unklar war. 

8 Sich wiederholende Pleuraergüsse. 

1 Mit Bacillen im Pleuraeiter. 

8 Die Pat. waren nur hereditär belastet. 

9 Pyopneumothorax. 

% Sekundär nach Peritonitis in Folge von Magengeschwür bezw. Pylorusresek- 
tion und bei Wirbelcaries. 


32 Centralblatt für Chirurgie. No. 1. 


auch nur wahrscheinlich war. Bei dem unter Rubrik 20 (Zwerchfellbruch; ge- 
zählten Falle heißt es im Bericht: »Bei der Empyemoperation fiei nach der 
Rippenresektion bei Eröffnung der Pleura Netz und Magen vor«, wonach die 
artificielle Entstehung dieser »Hernie« wohl nicht ausgeschlossen erscheint. (Ref. 
bezweifelt auch, dass die erörterte Empyemoperation mit Narkose, Rippenresektion 
Auslöffelung und Spülungen stets empfehlenswerth ist. Dass ohne alle diese Zu- 
thaten, die, jede für sich eingreifend, Gefahr bringen können, eine einfache inter- 
kostale Incision mit nachfolgender Drainage und gut deckenden Verbänden zum 
Ziel führen kann, habe ich wiederholt gesehen, zuletzt noch bei dem großen 
Empyema eines 80 Jahre alten Mannes.) Meinhard Schmidt {Cuxhaven;. 


20) C. N. Dowd. Is pain a valuable sign in diagnosis of cancer of 
the breast? 
‘New York med. record 1897. August 7.) 

Seit Januar 1859 hat D. 331 Fälle von Brustkrebs behandelt. » Vom prak- 
tischen Standpunkt ist es sehr zu bedauern, dass die beginnende Erkrankung 
meist ohne Schmerzen einhergeht«, wie sich auch aus genauer Anamnese obiger 
Fälle ergiebt. Die Kranken kommen dadurch erst später auf den Gedanken, zum 
Arst zu gehen. In 190 Fällen kamen die Schmerzen erst in dem späteren Stadium 
zum Vorschein, in 20 Fällen dagegen schon frühzeitig. Nur in 6% aller Fälle 
waren die Schmerzen stark genug, um die Pat. schon so zeitig zu beunruhigen, 
dass die Diagnose gerade gemacht werden konnte, und der Erfolg der Operation 
ein günstiger zu werden versprach. Von 37 fibrösen Geschwülsten waren 19 als 
schmerzhaft im frühen Stadium vermerkt. Bei dieser Erkrankung scheint also 
bemerkenswerth, dass, wenn ein kleiner Knoten schon schmerzhaft ist, die Wahr- 
scheinlichkeit gegen ein echtes Carcinom spricht. Loewenhardt (Breslau). 


21) W. M. Beaumont. Cirsoid aneurysm of the orbit, forehead and 
scalp. 
(Brit. med. journ. 1897. Juli 31.) 

22jähriges Mädchen, angeborenes — in letzter Zeit wachsendes — Aneurysma 
eirsoides, das, vom inneren oberen Theil der linken Augenhöhle entspringend, sich 
über Lid, Augenbraue und linke Stirnhälfte nach hinten zieht bis in die Gegend 
hinter der Coronarnaht in einer Ausdehnung von 7 zu 5 Zoll. In letzter Zeit 
Vortreibung des Auges, Herabsetzung der Sehschärfe, Kopfschmerzen. 

29. Juli 1894 Operation ; Unterbindung (ohne vorherige Isolirung, ohne nach- 
folgende Durchschneidung) von 7 zuführenden, lebhaft pulsirenden Arterien, dar- 
unter der Stamm der Art. temporalis, angularis, suporarbitalis und occipitalis. Auf 
der gesunden Seite wurden nur die beiden Stammäste der Temporalis und die 
Art. angularis unterbunden. Dann elektrolytische Behandlung der Geschwulst 
selbst, nach der Reihe in 4 Absätzen, die 4 Quadranten. (Subkutane Einführung 
der Nadeln; 100 Milliamperes 10 Minuten lang.) In der folgenden Woche noch- 
malige Unterbindung zweier stark pulsirender Arterien an der hinteren äußeren 
Partie der Geschwulst und entsprechende elektrolytische Behandlung. 

Das Endresultat war durchaus befriedigend: starke Verkleinerung der Ge- 
schwulst, Glättung der Oberfläche, beim Anfühlen solide Konsistenz — kein Pul- 
siren, Verschwinden der Kopfschmerzen, Zurücksinken des Auges in seine normale 
Lage. Die Heilung hat bis Mai 1897 Stand gehalten. 

Der Mittheilung sind Photographien der Pat. vor und nach der Behandlung 
beigefügt, aus denen aber leider recht wenig zu ersehen ist. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


| 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmam, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


ee 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 2. Sonnabend, 15. Januar. 1898. 


Inhalt: H. H. Hirsch, Das Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion der Waden- 
muskulatur. (Original-Mittheilung.) 
+4 4) Caminiti und Salomoni, Prostatahypertrophie. — 2) v. Fedoroff, Cystoskopie. — 
3) Neumann, Methode getrennter Urinauffangung. — 4) Holländer, d Casper, Harn- 
leiterkatheterismus. — 6) Harrison, Eiterung im Harnapparat. — 7) Wolkow und De- 
Iitzin, 8) Wolfl, Wanderniere. — 9) Alessandri, Exstirpation der Tunica vaginalis testis. 
— 10) Comby, Vulvovaginitis kleiner Mädchen. — 11) Schmeltz, Gynäkologie. 
KI ig Französischer Urologen-Kongress. — 13) Deutsche Gesellschaft für Gynäko- 
logie. 


Das Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion der 
Wadenmuskulatur, 


Von 


Dr. Hugo Hieronymus Hirsch in Köln. 


»Der Fersenhöcker steht in der ruhigen Mittellage des Fußes 
am weitesten von der Längsachse des Unterschenkels entfernt; sowohl 
bei der Plantar- als bei der Dorsalflexion nähert er sich derselben, 

` und es werden dadurch die an ihm befestigten Muskeln nur noch 
mehr an die Unterschenkelknochen angedrückt.« 

Gemäß diesen Ausführungen, welche E. Müller in diesem 
Centralblatt! gemacht hat, müsste die Achillessehne bei Kontraktion 
der Wadenmuskulatur das Bestreben haben, sich dem Schienbein zu 
nähern; das Verhalten der Sehne wird durch das Verhalten ihres 
Ansatzpunktes eben so bestimmt wie dasjenige der zugehörigen Mus- 
kulatur. — Die betreffende Auffassung der Sachlage veranschau- 
licht die Fig. 1: der Fuß befindet sich in ruhiger Mittellage. Die 
Längsachse des Fußes (die aus der Großzebenspitze nach dem Fersen- 
höcker bezw. nach der Gegend der Ansatzstelle der Achillessehne 
gezogenen Linie (ab) und die Längsachse des Unterschenkels (cd) 


1 1896. No. 30. 


34 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


schneiden sich im Punkte s ziemlich unter rechtem Winkel. Wenn 
bei Plantarflexion die Linie «5 sich in die Richtung ai Ai einstellt, 
so wird der Winkel zwischen dem hinteren Abschnitt der Längs- 
achse des Fußes und der Längsachse des Unterschenkels ( disc) 
ein spitzer; die Linie ġie ist somit kleiner als die Linie ds, und 
der Punkt A liegt näher zur Unterschenkelachse als der Punkt b. 
So scheint in der That der Fersenhöcker bezw. die Ansatzstelle der 
Achillessehne (und weiterhin die Sehne selbst) bei Plantarflexion des 
Fußes den Unterschenkelknochen näher zu rücken. 

Wenn man aber die Gestaltung der Skeletttheile und den Mecha- 
nismus des Fußgelenks berücksichtigt, so ergiebt sich eine Sachlage, 
wie sie die zweite Figur veranschaulicht. Der im Talus gelegene 


Fig. 1. Fig. 5. 


E 


DEE, A 


EN * Ansatszstelle der Achilles- 


sehne. 
SC ** Bursa mucosa. 


Drehpunkt des Fußgelenks (Fig. 2,s) liegt beträchtlich höher als 
der Schnittpunkt der Längsachse des Fußes mit der Längsachse des 
Unterschenkels (Fig. 1,8). Der körperliche Hebelarm, an welchem 
die Achillessehne angreift, wird durch das Corpus tali und durch 
den hieran in der Richtung nach hinten unten sich anschließenden 
Theil des Calcaneus (Corpus und Tuber calcanei) gebildet. So er- 
hält die Verbindungslinie 5s des Ansatzpunktes der Achillessehne 
mit dem Drehpunkt des Fußgelenks — der sogenannte mathemati- 
sche Hebelarm der Achillessehne — für die ruhige Mittellage des 
Fußes eine ausgesprochen stumpfwinklige Lage. Bei Plantarflexion 
des Fußes bewegt sich der Punkt 5 nach oben; dabei wird der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 35 


Winkel zwischen dem mathematischen Hebelarm der Achillessehne 
und der Schienbeinachse (<% bsc) stetig kleiner. Bei hochgradigster 
Plantarflexion rückt der Hebelarm As in die zur Schienbeinachse 
rechtwinklige Lage von 5!s; — bie ist offenbar erheblich größer als 
bd, d. h. der senkrechte Abstand des Ansatzpunktes der Achilles- 
sehne von der Längsachse des Schienbeins ist bei starker Plantar- 
flexion des Fußes erheblich größer als bei ruhiger Mittellage. 

Es erhellt, dass bei genauerer Untersuchung die Sachlage sich 
als die geradezu entgegengesetzte herausstellt, wie sie bei jener ober- 
flächlichen Art der Untersuchung gegeben zu sein scheint: Bei Plan- 
tarflexion des Fußes rückt der Fersenhöcker nicht näher an die 
Unterschenkelachse heran, sondern, im Gegentheil, weiter weg; die 
Achillessehne hat bei Kontraktion der Wadenmuskulatur 
nicht das Bestreben, gegen das Schienbein anzudrängen, 
sondern sich weiter davon zu entfernen. Hiervon kann 
man sich übrigens auch leicht durch einen einfachen Versuch an 
sich selber überzeugen. Man braucht nur ein Bein emporzuheben, 
dasselbe in der Gegend des Fußgelenks mit einer Hand zu umspan- 
nen und dann kräftig, ruckweise, den Fuß plantarwärts zu flektiren. 
Man fühlt dann deutlich die Achillessehne bei jedem Ruck gegen 
die Finger andrängen, — nicht fühlt man dieselbe zurückweichen. 

Die richtige Erkenntnis des Verhaltens der Achillessehne bei 
Kontraktion der Wadenmuskulatur muss gewiss sowohl ein theore- 
tisches wie auch ein praktisches Interesse besitzen. Was das physio- 
logische Interesse betrifft, so möchte ich nur kurz darauf hinweisen, 
dass so auch für die Wadenmuskulatur — ähnlich, wie es in diesem 
Centralblatt? für den Biceps brachii geschehen ist — die Möglich- 
keit nachgewiesen ist, sich bei ihrer Kontraktion zu verdicken, ohne 
dass durch eine stärkere Druckwirkung der Muskeln in seitlicher 
Richtung gegen das Schienbein ein erheblicher Theil der erzeugten 
Kraft für den bezweckten mechanischen Effekt verloren ginge; wenn 
bei Kontraktion der Wadenmuskeln die Achillessehne vom Schien- 
bein weiter abrückt, so gewinnt ja doch die Muskulatur gleichsam 
von selber Raum für die bei ihrer Kontraktion stattfindende Quer- 
schnittsvergrößerung. Wäre jene andere Auffassung von dem Ver- 
halten der Achillessehne bezw. der Wadenmuskulatur zutreffend, so 
würde letztere bei ihrer wichtigen Arbeit sehr behindert sein. 

Ein klinisches Interesse besitzt die Feststellung der in Rede 
stehenden Thatsache in so fern, als sich die Nothwendigkeit ergiebt, 
dass bei festen Gehverbänden die Achillessehne einen gewissen Spiel- 
raum erhalten muss. (Allerdings mag diese Forderung in praxi auch 
früher meistens erfüllt worden sein, Dank der vorspringenden Lage 
des Fersenhöckers und der klinischen Erfahrung, dass letzterer nicht 
dauernd einem stärkeren Druck ausgesetzt sein darf). Dass sich 
auch noch in anderer Weise therapeutische Maßnahmen ergeben 


2 1896. No. 25. 
EM 


36 . Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


können, mag der folgende, wenn auch an sich geringfügige Fall 
darthun. 

Ein sonst gesunder junger Mann, bei welchem Tags zuvor nach mehrstündigem 
Radfahren starke Schmerzen in der Gegend der rechten Achillessehne aufgetreten 
waren, klagte darüber, dass beim Umhergehen die Schmerzen immer, und allmäh- 
lich sich steigernd wiederkehrten, während er beim Sitzen und auch beim Stehen 
keine Sohmersen mehr empfinde. Pat. trug ein Paar ihm sonst bequeme, über 
das Fußgelenk hinaufreichende Stiefel mit seitlichen Gummisügen, ein Paar so- 
genannte Zugstiefel. Objektiv fand sich an der Rückseite des Beines in der 
Gegend des Fußgelenks eine schwache diffuse Schwellung und Röthung und eine 
große Druckschmerzhaftigkeit der Achillessehne. Ordination: niedrige Schuhe. 
Nach 3 Tagen waren die krankhaften Erscheinungen völlig geschwunden, trotsdem 
der Pat. den Fuß nicht weiter geschont hatte, sondern viel umhergegangen war. 

Eine durch übermäßige Inanspruchnahme leicht entzündlich 
gereizte Achillessehne, welche das beim Gehen stattfindende schwache 
Andrängen gegen einen sonst bequemen Zugstiefel nicht mehr vertra- 
gen konnte, erholte sich ohne besondere Schonung des Fußes wieder, 
als durch Anordnung niedriger, nur den Fersenhöcker umfassender 
Schuhe jene Druckwirkung unmöglich gemacht war. Der mitge- 
theilte Fall liefert somit auch gewissermaßen den klinischen Beweis 
für die Richtigkeit des Satzes, dass die Achillessehne bei der Thätig- 
keit der Wadenmuskulatur sich von den Unterschenkelknochen zu 
entfernen strebt. 


1) Caminiti und Salomoni. Über Prostatahypertrophie. 
Mailand, F. Vallardi, 1897. 

Die Arbeit zerfällt in 2 Theile, in eine Doktordissertation von 
C. und einen für die Examenskommission bestimmten Bericht des 
Prof. S. hierüber, der die nöthigen Ergänzungen giebt. 

In der ersten Hälfte des Werkes bespricht C. die Pathogenese 
der Krankheit, indem er die verschiedenen Theorien und Ansichten 
hierüber in historischer Reihenfolge aufzählt. Verf. selbst sieht das 
wesentlichste ätiologische Moment in dem mangelnden Gleichgewicht 
zwischen der funktionellen Inanspruchnahme der Genitalien und der 
Drüsenthätigkeit; insbesondere ist hier ein verspäteter, erst in höheren 
Jahren stattfindender Gebrauch der Zeugungsorgane so wie ferner der 
Coitus reservatus zu berücksichtigen. Bezüglich der pathologischen 
Anatomie der Erkrankung theilt Verf. die Ansicht, dass es sich in 
der That um eine wahre Hypertrophie der Gewebselemente der Pro- 
stata handle, dass aber die Betheiligung der verschiedenen Gewebe 
an dem Process sehr variabel sei; jedenfalls handelt es sich nicht 
um eine wahre, geschwulstartige Neubildung. Nach den Symptomen 
lässt sich die Krankheit, wenn auch etwas schematisch, in 3 Stadien 
eintheilen, eine prämonitorische Periode, eine Periode der Harn- 
retention, und eine Periode der Inkontinenz. — Der größte Theil 
der Abhandlung ist der Therapie gewidmet. Nach Anführung der 
verschiedensten, innerlichen und äußerlichen, Mittel aus alter und 
neuer Zeit kommt Verf. auf die modernsten Methoden zu sprechen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 37 


Ziemlich günstig lautet sein Urtheil über die galvanokaustische Me- 
thode von Bottini; dieselbe ist besonders geeignet für mäßige 
Vergrößerungen des mittleren Lappens, und wenn die Kontraktions- 
fähigkeit der Blase noch erhalten ist. Das Hauptinteresse des Verf. 
gipfelt jedoch in der Anwendung der Kastration so wie der Vasotomie 
(Resektion des Vas deferens). Um die Wirkungsweise und Indikation 
dieser Operationen zu erforschen, unternahm Verf. eine Reihe von 
Thierversuchen. Dieselben ergaben folgende Resultate: 

1) Die doppelseitige Orchektomie hat ausnahmslos bei allen 
Thieren eine Volumabnahme der Prostata zur Folge, so wie eine 
Abnahme des Wassergehaltes und der mineralischen Bestandtheile 
derselben. 

2) Die doppelseitige Resektion der Vasa deferentia ergab stets 
Verkleinerung der Prostata, beträchtliche Verminderung der Zahl der 
Drüsenschläuche, Zunahme des interstitiellen Bindegewebes. 

3) Einseitige Kastration kann unter Umständen ebenfalls Atrophie 
der Prostata zur Folge haben, namentlich nach längerer Zeit. 

4) Einseitige Vasotomie erzeugt bisweilen auch Atrophie der 
Prostata auf der entsprechenden Seite; doch ist dieser Befund nicht 
konstant. Die beiden letzten Operationsmethoden sind demnach un- 
sicher im Erfolg. Weiterhin folgen 5 Beobachtungen am Menschen: 
mehrere Fälle von Hodenatrophie und -Degeneration, die von Atrophie 
der Prostata gefolgt waren, so wie 1 Fall von Prostatahypertrophie, 
in welchem die beiderseitige Resektion der Vasa deferentia eine be- 
trächtliche Volumenabnahme des Organs zur Folge hatte. 

Eine Erklärung für den Mechanismus dieser Wirkung ist sehr 
schwer zu geben; wahrscheinlich handelt es sich um nervöse Ein- 
flüsse. Die Mortalität der Operation an sich ist gering. Die Potentia 
coeundi braucht, wenigstens bei der Vasotomie, nicht immer verloren 
zu gehen. Zweifellos besitzen wir in der Kastration und der Resektion 
des Vas deferens ein sehr wirksames Mittel zur Bekämpfung der 
Prostatahypertrophie; doch sollen diese Operationen auch nach des 
Verf. Meinung nur bei strenger Indikation, d. h. nur in den schwersten 
Fällen, wo die Bottini’sche Operation und die Prostatektomie un- 
möglich sind, vorgenommen werden. Den Beschluss macht eine 
Statistik aus den letzten Jahren. Unter 140 Fällen von doppelseitiger 
Kastration ergaben sich 93 Heilungen, 7 Besserungen, 7 mit nega- 
tivem Erfolg, 20 Todesfälle. Dagegen waren unter 61 Fällen von 
Vasotomie 41 Heilungen, 9 Besserungen, 5 ungebessert, 2 Todesfälle. 

Die zweite Hälfte der Arbeit ($.) enthält eine Kritik, in der 
Verf. gleich zu Beginn hervorhebt, dass er der Kastration bei Pro- 
statahypertrophie keineswegs so sympathisch gegenüberstehe. Hin- 
sichtlich der Ätiologie bringt Verf. nicht viel Neues; insbesondere 
weist er, wie auch C., auf Störungen im funktionellen Leben der 
Prostata hin (sexuelle Unthätigkeit im kräftigsten Mannesalter, über- 
mäßige Thätigkeit in reiferen Jahren). Bei der pathologischen Ana- 
tomie hebt er den häufigen Befund von Venenerweiterungen hervor. 


38 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


Die histologischen Verhältnisse werden vom Verf. so aufgefasst, dass 
es sich vor Allem um ein Wachsthum der glatten Muskelelemente 
handelt; das Drüsengewebe und das Bindegewebe sind erst in zweiter 
Linie betheiligt. Und zwar sind die Muskelfasern nicht nur ver- 
größert, sondern wahrscheinlich auch vermehrt. Verf. hält die Be- 
zeichnung Tumor (Prostatom) für besser als Hypertrophie. 

In der Therapie vertritt Verf. folgenden Standpunkt: Bisweilen 
genügt die palliative Behandlung. Unter den operativen Maßnahmen 
kann die Cystotomie, wenn die Blase erschlafft ist und Urämie droht, 
von Nutzen sein. Die eigentliche Radikaloperation (Prostatotomie, 
Prostatektomie) kommt dann in Frage, wenn die Allgemeinkonstitu- 
tion noch nicht zu sehr gelitten hat, die Nieren gesund sind, und 
die Blase noch kontraktionsfähig ist. Die Prostatotomie kann be- 
stehen in der galvanokaustischen Methode Bottini’s oder in der 
perinealen Operation. Die Bottini’sche Methode ist ziemlich leicht 
auszuführen, aber schützt nicht vor Recidiven; bei starker Cystitis 
ist sie nicht ungefährlich. Immerhin aber bringt sie oft Erleichte- 
rung. Dagegen ist die perineale Prostatotomie von geringem Werth 
und dient eigentlich nur zu palliativen Zwecken. Sehr warm em- 
pfiehlt Verf. die Prostatektomie, die bei allen Formen der Vergröße- 
rung anwendbar ist, sogar noch bei starker Cystitis und selbst be- 
ginnender Pyelitis. Man kann dieselbe als perineale, als suprapubica 
so wie als kombinirte Methode ausführen. Die perineale Methode ist 
nicht besonders schwer; es empfiehlt sich hierbei, nicht die ganze 
Prostata wegzunehmen; bisweilen können die Blutungen erheblich 
sein. Die P. suprapubica ist weniger gefährlich als die vorausgehende 
und sehr zu empfehlen, besonders wenn die Prostatavergrößerung 
sich in Form von Exkrescenzen zeigt. Als ideale Operations- 
methode erscheint jedoch dem Verf. die sogenannte kombinirte Pro- 
statektomie, d. h. eigentlich eine Verbindung von perinealer Operation 
mit Cystotomie; die Blasenschleimhaut soll hierbei vom Damm aus 
nicht verletzt werden. Nach des Verf. Meinung ist diese kombinirte 
Methode in der Mehrzahl der Fälle vorzuziehen; je nach den Um- 
ständen ist dann die eigentliche Exstirpation mehr von oben oder 
von unten zu machen. 

Dagegen können die Orchektomie und die Vasotomie nicht als 
Radikaloperationen gelten, obwohl sie in Ausnahmefällen wohl zu- 
lässig sind. Die theoretische Basis dieser Operationsmethoden ist zu 
wenig gesichert; zumal die angenommene Analogie zwischen Prostata 
und Uterus hat sich als falsch erwiesen. Auch die Thierversuche 
sind nicht beweisend, da sie an gesunden Organen vorgenommen 
wurden. Endlich sind auch die klinischen Resultate keineswegs ein- 
wandsfrei, da die Sterblichkeit nach der Kastration eine relativ hohe 
ist. Die Vasotomie ist allerdings weniger gefährlich, aber auch 
weniger wirkungsvoll. Wenn auch der Procentsatz der Heilungen 
durch die Kastrationsmethoden ein relativ guter ist, so handelt es 
sich doch stets nur um klinische Heilung, während ein anatomischer 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 39 


Nachweis der Heilung noch nicht erbracht ist. Verf. hält es für 
sehr wohl möglich, dass ein Theil der nach der Operation auf- 
getretenen Besserungen gar nicht auf die Kastration, sondern auf 
die begleitenden therapeutischen Maßnahmen zurückzuführen sei. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


2) S. v. Fedoroff. Zur Cystoskopie bei blutigem Harn nebst 
einigen Betrachtungen über den Katheterismus der Ureteren. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 33.) 

In einer Reihe von selbst beobachteten Fällen hat v. F. die Über- 
zeugung gewonnen, dass alle klinischen, chemischen und mikrosko- 
pischen Methoden, die zur Diagnose der Stelle der Blutung aus dem 
Urogenitaltrakt führen sollen, im Stiche lassen können, und dass 
nur die Cystoskopie und der Ureterenkatheterismus in der Lage sind, 
schnell und sicher die Quelle der Blutung zu bestimmen, und speciell 
bei der Differentialdiagnose der Blasen- und Nierenblutungen die 
größte klinische Bedeutung aufweisen. Auf diesem Wege, den er 
bei Blutungen aus dem Urogenitaltractus immer und ehebaldigst zu 
betreten empfiehlt, konnte er jahrelang schwankende Diagnosen rasch 
und sicher stellen. Er erachtet das Nitze’sche Cystokop und das 
zum Ureterenkatheterismus von Casper angegebene für die besten 
und bequemsten Instrumente. Gold (Bielits). 


3) A. Neumann. Eine einfache Methode, den Urin beider 
Nieren beim Weibe gesondert aufzufangen. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 43.) 

Von der Idee ausgehend, dass es gelingen müsse, mittels einer 
künstlichen Scheidewand einen wasserdichten Abschluss im unteren 
Theil der Blase beim Weibe herzustellen, der die Blase sagittal in 
2 seitliche Abschnitte zerlegt und zu gleicher Zeit sich zwischen 
vorderer und hinterer Blasenwand durch Druck festhalten lässt, hat 
N. ein (bei Engmann in Berlin für 6 Æ käufliches) Instrument 
konstruirt, das in zweckmäßiger Weise diesem Princip genügt, im 
Sitzen der Pat. an der Tischkante eingeführt wird und in seinem 
Falle die Diagnose einer einseitigen Niereneiterung aus dem geson- 
dert ablaufenden Urin zu stellen erlaubte. 

Die Methode ist bequem, gefahrlos und handlich. 

R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


4) E. Holländer. Über den diagnostischen Werth des 
Ureterenkatheterismus für die Nierenchirurgie. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 34.) 

H. wendet sich in dieser Abhandlung gegen die von L. Casper 
über die diagnostische Bedeutung des Katheterismus des Harnleiters 
aufgestellten Thesen und warnt vor einer Überschätzung und Ver- 
allgemeinerung dieser Methode, welche nach seiner Ansicht keinen 


40 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


indifferenten Eingriff darstellt, vielmehr auch zu folgenschweren Irr- 
thümern in der Diagnose und Therapie Veranlassung geben kann. 
Bezüglich der Gefährlichkeit des Eingriffes hebt H. hervor, dass 
ein Instrument, welches in 50% der Fälle schon bei seiner Einführung 
in gesunde Harnleiter eine Blutung hervorruft, als nicht ungefährlich 
bezeichnet werden kann, abgesehen davon, dass es wegen seines 
Materials und wegen der engen Lichtung der Desinfektion schwer 
zugänglich ist und selbst im sterilisirten Zustand vor seiner Ein- 
führung in den Harnleiter in einer erkrankten Blase inficirt werden 
kann. Wenn auch der Eingriff in einer Reihe von Fällen ohne 
Schaden ertragen wird, so entzieht es sich andererseits der Beurthei- 
lung, wie oft er schädigend wirkt. Der Intervall zwischen gesetzter 
Verletzung mit nachfolgender Blutung und der deutlich gewordenen 
Infektion kann ein großer sein. So führt H. beispielsweise an, dass 
bei einseitiger Blasen- und Nierentuberkulose der bisher gesunde 
Harnleiter der anderen Seite durch den Katheterismus infieirt werden 
kann. Bei dem schleichenden Process der Tuberkulose wird derselbe 
in dem Harnleiter vielleicht erst nach Monaten in Erscheinung treten. 
Bezüglich der Differentialdiagnose, ob die Blase oder die Niere oder 
ob beide Sitz der Erkrankung sind, und für die Frühdiagnose spe- 
cifischer Erkankungen, vor Allem der Geschwülste und der Tuber- 
kulose, leistet der Harnleiterkatheterismus nach H.’s Ansicht eben so 
wenig Wesentliches und Nützliches, wie für die sichere Diagnose 
eines Hindernisses im Harnleiter. H. betont, dass er weit davon 
entfernt sei, der Methode jeden Werth abzusprechen, er wolle nur 
beweisen, dass die Bedeutung des Harnleiterkatheterismus auf dia- 
gnostischem Gebiet weit überschätzt wird, und dass ihm nicht die 
souveräne Rolle zukommt, die ihm von Specialistenseite zugemessen 
wird. Gold (Bielitz). 


5) L. Casper. Über den diagnostischen Werth des Ure- 
terenkatheterismus für die Nierenchirurgie. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 38.) 

Entgegnung auf den vorstehenden Aufsatz. C. widerlegt die 
Behauptungen Holländer’s auf Grund der Erfahrungen, welche er 
durch die Ausführung des Harnleiterkatheterismus in über 200 Fällen 
gewonnen hat und hält seine Behauptung aufrecht, dass die Methode, 
von berufener Seite und kundiger Hand angewendet, dem Kranken 
niemals Schaden zufügen wird, andererseits Dinge lehrt, welche auf 
andere Weise bisher nicht erfahren werden konnten. C. betrachtet 
den Harnleiterkatheterismus als eine Untersuchungsmethode, welche 
die anderen nicht verdrängt, sondern dieselben ergänzt. 

Gold (Bielitz). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 41 


6) R. Harrison. Clinical remarks on some suppurations 
of the urinary apparatus. 
(New York med. record 1897. Juli 3.) 

Die interessanten Erörterungen, welche H. über gewisse Eite- 
rungsprocesse in den Harnwegen anstellt, betreffen zunächst die Be- 
hauptung, dass manche Ausflüsse aus der Harnröhre von einer 
Reinfektion aus der Blase herzuleiten seien. Wenn letztere 
infieirt ist, so sind besonders während der Nacht günstige Bedin- 
gungen für Bakterienwachsthum vorhanden; ein Umstand, welcher 
die Häufigkeit des Morgentropfens erklären soll. Bei Verdacht einer 
Blaseninfektion soll sofortige genaue Untersuchung stattfinden, und 
zwar mit dem Katheter. Blaseninfektionen behandelt H. durch anti- 
septische Ausspülungen nach bekannten Methoden von Janet und 
Anderen. Er füllt etwa 120 g hinein, entfernt den Katheter und 
lässt dann den Pat. die Flüssigkeit entleeren. In besonders sorg- 
fältiger Weise werden durch kleine Hilfsgriffe Versuche gemacht, die 
seitlichen Ausbuchtungen, Lakunen etc. mit zu behandeln. Nach 
Sublimatausspülungen empfiehlt Verf. zur Beseitigung der 
Schmerzhaftigkeit die Applikation einer Eiweißlösung. Die- 
selbe wird hergestellt, indem man ein Hühnereiweiß in !/, Liter 
warmes Wasser durchseiht. Großer Werth wird auf die innerliche 
Desinfektion gelegt, besonders wenn die Eiterung direkt von der 
Infektion herrührt, und Santalöl, Kopaivabalsam und Kubeben em- 
pfohlen. Die Eiterungen bei Prostatikern werden nicht mit obiger 
Autoirrigation behandelt, weil der atonische Zustand der Blase selten 
dieses Vorgehen gestattet. Gegen den Urethralfrost wird prophylak- 
tisch Chinin und Salol empfohlen, ferner Borsäure innerlich; eine 
Mischung von Natron salicylicum und Natron benzoatum je 0,9 
mehrmals in Chloroform wasser. Loewenhardt (Breslau). 


7) M. M. Wolkow und S. N. Delitzin. Die Pathogenese 
der Wanderniere. 
St. Petersburg, 1897. XXIV u. 621 8. nebst Atlas u. 36 Tafeln. (Russisch.) 

Die werthvolle Arbeit bildet die Frucht 4!/,jähriger Unter- 
suchungen. Verf. mussten zunächst einen Apparat konstruiren, der 
ihnen die Möglichkeit exakter Messungen an der Leiche bot. Die 
Lösung dieser Aufgabe muss als sehr gelungen bezeichnet werden, 
und der in der Arbeit beschriebene und abgebildete Kinematometer 
(so nennen Verf. ihren Apparat) wird sicher bei allen ähnlichen 
Forschungen sehr willkommen sein. Der Kinematometer besteht aus 
einer Tafel, auf welcher die Leiche mittels Riemen an Armen und 
Beinen und zweier Schrauben an den Beckenknochen unbeweglich 
fixirt wird. Die Tafel ist um eine horizontale Achse drehbar, so 
dass man die Leiche in stehender oder liegender Lage fixiren kann. 
Ein System beweglicher Messstäbe giebt die Möglichkeit, jeden be- 
liebigen Punkt an der Leiche in allen 3 Ebenen genau zu bestim- 

2 


42 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


men. Um die Lage der Nieren bei verschiedenen Körperbewegungen 
zu markiren, bedienen sich Verf. (unabhängig von Hertz) langer, 
hohler Nadeln, die mit geriebener Ölfarbe gefüllt wurden und so 
deutlich sichtbare Stichkanäle in den Nieren zurückließen. — Um 
die Form der paravertebralen Nischen, in denen die Nieren ruhen, 
zu bestimmen, machten W. und D. nach Entfernung der Nieren 
Gipsabgüsse bei verschiedenen Körperstellungen; ein eigener Appa- 
rat (Messkamm) diente zur Zeichnung beliebiger Durchschnitts- 
konturen dieser Abgüsse. Ferner wurden eine ganze Reihe Metho- 
den ausgearbeitet, um die einzelnen Momente des intraabdominalen 
Gleichgewichts zu modificiren: Verdünnung der Bauchwand, künst- 
liche Zwerchfellsenkung, künstliche Athmung, Änderungen im Ge- 
wicht des Magens, in der Füllung des Darmes; Bildung künstlicher 
Prolapse, Vergrößerung des Nierengewichts mittels extraperitonealer 
Injektionen von Hg in das Nierenbecken; extraperitoneale Abschnü- 
zung des Duodenums etc. An 100 Leichen wurden die verschiedenen 
Experimente vorgenommen, und die anatomische Lage der Nieren 
bestimmt. Von den reichhaltigen Resultaten sollen hier nur die 
wichtigsten, im Schlusskapitel zusammengestellten angeführt werden. 

Die paravertebralen Nischen, in denen die Nieren befestigt sind, 
bilden normal tiefe, nach unten trichterförmig verjüngte Räume. Bei 
Wanderniere sind diese Räume mehr cylinderförmig und seicht. 
Diese Missbildung ist eine angeborene Abnormität des Körperbaues 
und erblich übertragbar. Ein Hauptmoment in der Fixation der 
Nieren bildet das intraabdominale Gleichgewicht. Die Bauchwand 
bildete eine Bandage, die Baucheingeweide eine elastische Pelotte 
für die Nieren. Dieser Vergleich macht die Bedeutung der ver- 
schiedenen Veränderungen des genannten Gleichgewichts für die 
Nieren verständlich: Nachgiebigkeit der Bauchwand begünstigt, Ver- 
größerung des Bauchinhalts hemmt die Entstehung der Wanderniere. 
So entsteht z. B. sehr häufig die Wanderniere nach dem Geburts- 
akt. Ein sehr specielles Moment in der Nierenfixation ist der Band- 
apparat der Nierenkapsel (einzelne Bindegewebsfasern). Dieser Band- 
apparat wird gedehnt bei transitorischer Hyperämie der Nieren 
(Menstruationen.. Die Nierengefäße und Harnleiter spielen eine 
untergeordnete Rolle in der Befestigung der Niere. — Die Niere ist 
normal beweglich beim Athmen, bei Veränderungen der Körperlage. 
Feste Schnürung iu der Höhe der 9.—10. Rippe (Korsett) vermin- 
dert die Tiefe der Nierennische und begünstigt so die Entstehung 
der Wanderniere. Tiefe Schnürung (12. Rippe und tiefer) bewirkt 
das Gegentheil. — Als beste Bezeichnung für die Wanderniere em- 
pfehlen Verf. den Ausdruck: Nephroptosis. Die Nephroptose ist 
nur das am leichtesten konstatirbare Symptom des gestörten intra- 
abdominalen Gleichgewichts und stellt nicht nur klinisch, sondern 
auch anatomisch einen pathologischen Typus vor. Die oben ge- 
nannten Momente machen es verständlich, dass die Nephroptose 
hauptsächlich bei Frauen vorkommt: normal schon ist bei ihnen die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 43 


Nierennische nicht so tief und mehr cylinderförmig; dazu kommen 
nun Menstruation, Geburt und Kleidung. — Wichtig ist eine frühe 
Diagnose. Genaue Untersuchung der Konfiguration der Lenden- 
gegend, der Erblichkeit, der Bauchmuskulatur macht sie möglich. 
Cylindrische Form der Lendengegend ist ungünstig. — Prophylak- 
tisch muss man wo möglich Lendenlordose anstreben, den Gürtel 
tief schnüren, orthopädische Apparate anwenden (um die Lenden- 
gegend auszuhöhlen).. Das Tragen des Korsets im Mädchenalter ist 
zu bekämpfen, bei schlaffer Bauchmuskulatur eine Bauchbandage zu 
empfehlen. Ruhe während der Menstruation und im Wochenbett 
verhüten die Entstehung der Wanderniere. Bei Senkung des Zwerch- 
fells (Husten, Exsudate im Pleurasack) ist die Ursache zu beseitigen. 
— Bei der Behandlung schon ausgebildeter Wandernieren sind die- 
selben Grundsätze zu befolgen: Bauchbandage, orthopädische Aus- 
höhlung der Lendengegend, und nur in speciellen Fällen die Nephror- 
rhaphie oder gar Nephrektomie. — Das sind die Hauptfolgerungen 
der gediegenen Arbeit. Das Litteraturverzeichnis enthält 260 Num- 
mern. Zu bedauern ist nur, dass die Arbeit in einer verhältnis- 
mäßig wenig zugänglichen Sprache erscheint. 
Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


8) R. Wolff. Über die Erfolge der Nephrorrhaphie auf 
Grund der nach dem Verf. von Herrn Prof. Rose in 
Bethanien operirten Fälle. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 533.) 

Rose verfährt bei der Nephrorrhaphie so, dass er nach Trennung 
der Fett- und der fibrösen Kapsel 2 oder 3 starke Katgutfäden durch 
die Niere legt, eine etwa fingerbreite Schicht derselben fassend. Die 
Nähte werden unterhalb der 12. Rippe am vertebralen Hautwund- 
rand befestigt. Naht der äußeren Wunde mit Einlage von Drains. 
Im Anfang häufiger Verbandwechsel, Aufstehen erst nach fester Ver- 
narbung, etwa 5 Wochen post operat. 

Die Zahl der von Rose nephrorrhaphirten Pat. beträgt 20, deren 
Krankengeschichte in aller Breite mitgetheilt wird, und an welche 
eine allgemeine Besprechung der auch in diesem Material ziemlich 
buntscheckigen und durch sonstige Enteroptose, Hysterie, Magen- 
leiden etc. komplicirten Symptomatologie angeknüpft wird. Die Er- 
folge variirten je nach Reinheit oder Komplicirtheit des vorhandenen 
Zustandes. Zusammenfassend äußert sich W. dahin: 1) Die Opera- 
tion ist gefahrlos und führt zu einer festen dauernden Befestigung 
der Niere an der hinteren Bauchwand. 2) Wo einfache Wander- 
niere besteht, wird dauernde Beseitigung der Beschwerden erreicht; 
bei hysterischen Personen bedarf es einer entsprechenden psychischen 
Beeinflussung, um den Erfolg der Operation auch bezüglich der 
hysterischen Klagen dauernd zu erhalten. 3) Alle komplicirten Fälle 
von Wanderniere werden durch die Operation geheilt, so weit die 


44 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


Schmerzen in der Niere in Betracht kommen. Für die kompliciren- 
den Erkrankungen werden durch die Operation für die Heilung 
günstige Verhältnisse geschaffen. Nach derselben bedarf es einer 
ärztlich geleiteten weiteren Behandlung des komplicirenden Leidens. 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


9) R. Alessandri. Über die Exstirpation der Tunica vaginalis 
des Hodens und die Verödung des Cavums. 
(Polielinico 1897. April 1.) 

Verf. beobachtete einen Fall, wo nach Radikaloperation der Hy- 
drocele durch Excision der Scheidenhaut der betreffende Hoden bis 
auf die Hälfte verkleinert war. Dies veranlasste ihn, Umschau in 
der Litteratur zu halten, um die Frage nach der Veränderung des 
Hodens durch Verödung des Scheidenraums zu klären. Es ergab 
sich, dass die Meinungen hierüber sehr getheilt waren. Was dagegen 
die Veränderungen des — künstlich oder kongenital — verlagerten 
Hodens anbetrifft, so scheint aus den bisherigen Versuchen mit Sicher- 
heit hervorzugehen, dass der in früher Jugend verlagerte Hoden an 
Wachsthum zurückbleibt, und dass der später verlagerte erheblich 
atrophirt. Um die Frage derartiger Hodenveränderungen weiter zu 
erforschen, unternahm Verf. eine Reihe von Experimenten an Hunden. 

1) Exstirpation der Scheidenhaut: Danach ist das Volumen des 
Hodens der betreffenden Seite entschieden geringer als auf der ge- 
sunden Seite; mikroskopisch findet man Degeneration der Epithelien 
im Centrum der Samenkanälchen, trübe Schwellung etc.; Verlust der 
Samenfäden; Verdickung der Albuginea; in der Peripherie Vermeh- 
rung des interstitiellen Bindegewebes; im Nebenhoden weniger er- 
hebliche Veränderungen. 

2) Exstirpation der Tunica vaginalis und oberflächliche Ab- 
schabung der Albuginea: Derselbe Befund wie bei 1). 

3) Exstirpation der Vaginalis und Verpflanzung des Hodens in 
das Unterhautzellgewebe der entsprechenden Leistengegend: Hier 
finden sich sehr erhebliche Veränderungen; dieselben sind zum Theil 
auf die Verlagerung des Hodens, zum größeren Theil jedoch auf die 
Exstirpation der Vaginalis zurückzuführen; denn im letzteren Falle 
sind sie stets stärker ausgeprägt. Es lässt sich immer eine sehr be- 
deutende Volumenverminderung des Organs so wie eine Zunahme der 
Konsistenz nachweisen. Mikroskopisch findet man hochgradige De- 
generation und Zerstörung der Epithelien der Samenkanälchen, be- 
sonders im Centrum derselben, völligen Verlust der Samenfäden, 
mäßige Verdickung und Vermehrung des interkanalikulären Binde- 
gewebes, Verdickung der Albuginea. 

4) Verlagerung des der Vaginalis beraubten Hodens in die Bauch- 
höhle: Hier sind die Veränderungen am Hoden geringer als in den 
vorhergehenden Experimenten; es tritt ebenfalls, wenn auch langsam, 
Hodenatrophie auf. Der Hoden liegt frei in der Bauchhöhle, die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 45 


Konsistenz ist weicher als sonst. Mikroskopisch findet man auch 
hier Untergang und Degeneration der Epithelien der Samenkanälchen, 
vornehmlich im Centrum derselben, leichte Verdickung des Binde- 
gewebes; keine Spermatozoen. 

5) Exstirpation der Vaginalis und Verödung der Höhle durch 
Eiterung: Hier kommt es zu festen Adhäsionen zwischen der Albuginea 
und den äußeren Umhüllungen. Beträchtliche Volumenabnahme des 
Organs. Mikroskopisch dieselben Veränderungen wie bei 3; dieselben 
treten jedoch noch schneller ein. 

Die Ursachen dieser anatomischen Veränderungen nach Exstir- 
patio vaginalis sieht Verf. theils in Ernährungsstörungen des Hodens, 
theils in einer Kompression und verminderten Beweglichkeit desselben. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


10) Comby. Traitement de la vulvo-vaginite chez les 
petites filles. 
(Med. moderne 1897. No. 76.) 

C. betont zunächst, dass in der Ätiologie dieser überaus häufigen 
Affektion neben den akuten Infektionskrankheiten des Kindesalters, 
Ekzem, Varicellen und Impetigo contagiosa, die Hauptrolle die Gono- 
kokkeninfektion spiel. Es kommt diese weit weniger durch Stu- 
prum, als vielmehr durch unabsichtliche Übertragung zu Stande 
mittels der Wäsche, der Schwämme, der gemeinsamen Bettbenutzung 
der Kinder und ihrer älteren Geschwister und Mütter. Auf diese 
letztere Ätiologie hat daher auch die Therapie besonders Rücksicht 
zu nehmen. C. bewährte sich bei der Behandlung besonders das 
Kaliumpermanganat 1: 1000, neben Silbernitrat 1:100. Einfache 
Ausspülungen mit lauwarmer Lösung genügen vollkommen und 
geben, mehrere Wochen hindurch 1—2mal täglich ausgeführt, bes- 
sere Resultate, als die früher geübte Einführung von medikamen- 
tösen Stiften. Die Spaltung des Hymens zum besseren Sekretabfluss, 
wie Jacobi will, hält C. für überflüssig. Von den Komplikationen 
erfordert die gewöhnlich gutartige Peritonitis absolute Bettruhe; der 
Vorfall der Harnröhrenschleimhaut ist gewöhnlich durch Ätzung mit 
Argentum nitricum zu beseitigen, erfordert aber gelegentlich chirur- 
gisches Eingreifen. Die Cystitis wie der »Rheumatismus« weichen 
auch gewöhnlich nur exspektativem Verfahren. In der Prophylaxe 
ist die Vermeidung gemeinsamer Bäder, Thermometer etc. wichtig. 
Die katarrhalische Vulvitis ist lokal mit Borwasser und dann durch 
Leberthran, Seebäder etc. zu beheben. Die infektiösen Vulvitiden 
durch Erysipel, Diphtherie etc. erfordern die gewöhnliche antisepti- 
sche Behandlung. Wichtig ist vor Allem ihre Prophylaxe durch 
sorgfältige Säuberung der an diesen Krankheiten schwer danieder- 
liegenden Kleinen. Boesing (Hamburg). 


46 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


11) Schmeltz. Gynécologie clinique et opératoire. Avec 


84 figures intercalées dans le texte. 
Paris, Société d’6ditions scientifiques, 1897. II u. 150 S. 

Das Büchlein ist ein anspruchsloses Vademecum der Gynäko- 
logie für Studirende und Ärzte, das in 4 Kapiteln die Topographie 
der Beckenorgane, die gynäkologische Untersuchung, die hauptsäch- 
lichsten Genitalerkrankungen des Weibes und die Missbildungen der 
weiblichen Geschlechtstheile enthält. Eine Anzahl Figuren des ge- 
bräuchlichsten Instrumentariums und der häufigsten Affektionen (letz- 
tere in schematischer Form) erleichtern das Verständnis. Dem 
deutschen Leser werden manche der in Frankreich üblichen Ope- 
rationsmethoden neu sein. Auch die Reverdin’sche Hakenzange 
zur Fixirung großer Myome mittels eines an der Decke des Ope- 
rationszimmers angebrachten Apparates, den Schultze auf dem 
letzten Gynäkologen-Kongress empfahl, findet sich beschrieben. Die 
Doyen’sche Hysterektomie ist mit seinen eigenen Worten eitirt, 
eben so seine vaginale Hysterektomie bei Beckeneiterungen. Als 
kurzes Kompendium der zeitgenössischen französischen Gynäkologie 
kann das Büchlein empfohlen werden. — Preis 5 fr. 

Jaft6 (Hamburg). 


Kleinere Mittheilungen. 


12) Association frangaise d’urologie. 
Deuxième session, tenue à Paris du 21 au 23 octobre 1897. 
(Separatabdruck, eingegangen ohne Angabe der Zeitschrift.) 


Wir geben im Folgenden eine kurze Übersicht über die im II. französischen 
Urologenkongress gemachten Mittheilungen. 


F. Guyon et J. Albarran: Physiologie pathologique des r&tentions 
rénales. 

In der für die konservative Nierenchirurgie bedeutungsvollen Mittheilung 
berichten G. und A. über ihre bezüglich der Folgen der Harnrückstauung ge- 
machten Untersuchungen und Erfahrungen. 

Sie unterscheiden zwischen vollständiger und unvollständiger Rückstauung. 

Bei der ersteren tritt anfänglich Nierenödem auf, mit Verminderung der Harn- 
absonderung und besonders mit Abnahme der Harnstoffausscheidung. Bei längerer 
Dauer stellt sich Atrophie der Nierenepithelien ein, mit beständiger Abnahme der 
Harnstoffmenge. Wird der Harnabfluss wieder hergestellt, so nimmt die Niere 
ihre Thätigkeit wieder auf, und zwar um so vollständiger, je kürzer die Dauer 
der Rückstauung war. Endgültige Aufhebung der Nierenthätigkeit ist selten, 
selbst bei Pyonephrosen, wo die Schädigung des Parenchyms den höchsten Grad 
erreicht. K 

Bei von vorn herein unvollständiger Rückstauung hängt der Grad der funktio- 
nellen Schädigung ebenfalls von dem Grad des Drucks und damit von den anato- 
mischen Veränderungen des Nierenparenehyms ab. Dieselben sind bei der Pyo- 
nephrose am hochgradigsten. Es geht daraus hervor, dass die Dicke der Cystenwand, 
welche bei Pyonephrose bekanntlich größer ist als bei reiner Hydronephrose, keine 
zuverlässigen Anhaltspunkte für die Leistungsfähigkeit des Organs abgeben kann. 
Hervorzuheben ist bei allen Formen von Retention der in Rücksicht auf die 
scheinbare Gewebszerstörung hohe physiologische Werth der Pyo- und [Hydro- 
nephrosensäcke. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 47 


Die vergleichenden Untersuchungen der Leistungen der beiden Nieren bei 
2 Pat. ergaben, dass die gesammte tägliche Harnstoffmenge erheblich schwankt, 
und dass diese Schwankungen hauptsächlich auf Rechnung der gesunden Niere 
su stellen sind. Die kranke Niere liefert meist 1/—t/s3, ja bisweilen fast die 
Hälfte des gesammten Harnstoffs. 

Die Ausscheidung der Phosphate schwankt in ähnlicher Weise und ist in der 
kranken Niere ebenfalls vermindert. Die Ausscheidung der Chloride in der 
kranken Niere übertrifft dagegen diejenige der gesunden Niere erheblich, indem 
sie im Mittel 2/5 der Gesammtmenge beträgt. Die Kalisalze werden von der 
kranken Niere in erheblich geringerer Menge ausgeschieden als von der gesunden. 
Die Untersuchung auf die Toxieität ergab, dass der Harn der kranken Niere 
giftiger ist. 

Bezüglich der Ausscheidung von Medikamenten erscheint Jodkalium beinahe 
eben so rasch im Harn der kranken wie der gesunden Niere. Eisen passirt eben- 
falls beide Nieren, wenn auch verschieden schnell. Nur für die Ausscheidung 
des Methylenblaus blieb die kranke Niere erheblich hinter der gesunden zurück 
und ließ in einem Falle den Farbstoff gar nicht durch. 

Die Vortr. schließen aus diesen Untersuchungen in erster Linie, dass Harn- 
rückstauung auszuschließen ist, so bald beide Nieren einen Harn von gleicher 
Zusammensetzung liefern, und ferner, dass die genaue vergleichende Untersuchung 
der beiden Harne es erlaubt, einen Schluss auf den physiologischen Werth der 
kranken Niere zu ziehen und damit die Frage zu entscheiden, ob das erkrankte 
Organ zu erhalten sei oder nicht. 


J. Boeckel (Straßburg): N&phrectomie transp£ritoneale; guérison 
opératoire. 

B. berichtet über einen Fall von kindskopfgroßer Nierengeschwulst, eine 
mehrkammerige, im Anschluss an eine Pyelitis aufgetretene Hydronephrose mit 
völligem Verschluss des Harnleiters darstellend. Die Kranke erholte sich von 
der Operation, erlag aber 3 Monate später einer analogen Erkrankung der anderen 
Niere. Atiologisch ließ sich nichts in Erfahrung bringen. 


Pousson (Bordeaux): Récidive postop&ratoire des calculs de la 
vessie. 

P. vertheidigt die Lithotripsie gegenüber dem Steinschnitt, auch in Bezug auf 
die Recidive. Er sah nämlich bei 5 Fällen der letzteren Operation 2mal Rückfälle, 
während er auf 35 Lithotripsien nur 11 Recidive zählt. Die Ursache der Rückfälle 
liegt nicht in erster Linie im Zurücklassen von Steintrümmern, sondern haupt- 
sächlich im Fortbestehen der Stoffwechselanomalie bei den primären Harnsteinen 
und der anatomischen Verhältnisse der Blase bei den Phosphatsteinen. Der 
Steinschnitt ist nur da angezeigt, wo gleichzeitig ein Blasendivertikel oder ein 
großer Mittellappen der Prostata beseitigt werden können, welche beide P. neben 
der Cystitis als wichtige Ursachen der Recidive von Phosphatsteinen ansieht. 


E. Chevalier (Paris): Taille et lithotritie. 

C. vertheidigt ebenfalls die Lithotripsie und weist dem Steinschnitt nur die 
Fälle von zu großen, zu harten oder zu zahlreichen Steinen zu, so wie diejenigen, 
bei denen der Allgemeinzustand oder der Zustand der Blase sehr ungünstig ist. 

Albarran ist derselben Ansicht; er empfiehlt eine Nachuntersuchung der 
Blase mit dem Cystoskop 8 Tage nach der Lithotripsie. 

Malherbe (Nantes) empfiehlt ebenfalls die Lithotripsie. 

Tedenot (Montpellier) räth, gleich nach der Steingerträmmerung, und in 
gleicher Weise einige Tage später eine Nachuntersuchung mit einem kleinen 
Lithotriptor vorzunehmen. 

Guiard empfiehlt die Nachuntersuchung mit dem Lithotriptor und besonders 
mit dem Aspirateur, während er von dem Cystoskop in dieser Beziehung nicht 
viel hält. Er räth, sur Verhütung der Recidive regelmäßige Spülungen der Blase 
mit Aspiration vorsunehmen. 


48 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


Loumeau schließlich empfiehlt, die Nachuntersuchung mit Lithotriptor und 
Cystoskop auszuführen. 


Hartmann et Reymond (Paris): De la suppuration des canaux ac- 
cessoires de l’ur&tre chez la femme. 

H. und R. theilen 2 Fälle mit, bei denen sich in der Scheidewand zwischen 
Harnröhre und Scheide eine Eiterung entwickelte, die im einen Falle su mehr- 
facher Abscessbildung führte. Bei genauerer Untersuchung zeigte es sich, dass 
der Sitz der Eiterung in zwei feinen Gängen gelegen war, welche in der genannten 
Scheidewand verliefen und direkt nach außen mündeten. Die hirtologische Unter- 
suchung ergab, dass die Struktur der Wand dieser Gänge derjenigen der Harn- 
röhre gleicht. 


Diskussionsthema: Die Kastration bei Prostatahypertrophie. 

Carlier (Lille) giebt als Ref. eine Übersicht über den gegenwärtigen Stand 
der Frage. 

Albarran et Motz: Opérations expérimentales, pratiquées sur 
l'appareil génital pour amener l’atrophie de la prostate. 

Die Vortr. theilen ihre am Pferd, Ochsen und Hund gewonnenen Erfahrungen 
über den Einfluss der Kastration auf die Prostata mit. Bei allen drei Thieren 
bewirkte die Kastration eine mehr oder weniger ausgesprochene Atrophie des 
Drüsengewebes. Die einseitige Entfernung eines Hodens, so wie die beiderseitige 
Resektion des Vas deferens ergaben keine konstanten Resultate. Die einseitige 
Resektion des Vas deferens blieb ohne Erfolg. 

Die Vortr. empfehlen statt der unsicheren Resektion des Vas deferens die Re- 
sektion des Gefäß-Nervenbündels des Samenstrangs mit Stehenlassen des Vas 
deferens. (»Angioneurectomie du cordone.) 

Desnos (Paris) hat in einem Falle mit gutem Erfolg die Venen des Samen- 
strangs sammt einem Stück Hodensack resecirt. f 


Albarran: La castration et l’angioneurectomie du cordon dans 
V’hypertrophie de la prostate. 

A. hat bei seinen 6 Fällen von Kastration sehr befriedigende Resultate ge- 
sehen (3 Heilungen, 3 Besserungen). Der Resektion des Vas deferens, die er 
übrigens nie ausgeführt hat, schreibt A. bloß eine Einwirkung auf die Blutfülle, 
eine Verminderung der Kongestion der Prostata, zu. Was die von ihm vorge- 
schlagene Resektion des Gefäß-Nervenbündels betrifft, so ist der einzige in dieser 
Weise operirte Pat. noch zu kurse Zeit beobachtet, um einen Schluss auf den 
Werth der Operation zu gestatten. 


Motz: Structure histologique des prostates hypertrophi6es, après 
les opérations sur l'appareil testiculaire. 

M. weist darauf hin, dass auch beim Fehlen jeglicher Verminderung des 
Volumens der Prostata die Kastration zu völligem Verschwinden der Beschwerden 
führen kann. 


Legueu (Paris): Des indications des opérations sur les testicules 
dans le traitement de l’hypertrophie prostatique. 

L. stellt folgende Indikationen auf: Bei akuter Harnverhaltung, wo es sich 
meist um Kongestion der Prostata handelt, kommt man in der Regel mit dem 
regelmäßigen Katheterismus aus. Ein operativer Eingriff ist in der Regel un- 
nöthig und hätte nur prophylaktische Bedeutung. 

Beim chronischen Prostatismus bildet eine derbe Konsistenz des Organs, als 
Zeichen einer fibrösen Hypertrophie, eine völlige Kontraindikation gegen jede 
Operation am Genitalapparat. Angezeigt sind diese Eingriffe dagegen bei der 
weichen Form der Hypertrophie, welche zur Annahme einer Vermehrung der 
drüsigen Theile der Prostata berechtigt. 

Nicht zu unterschätsen ist ferner die Bedeutung der Blasenkontraktilität. 
Ist diese seit langer Zeit verloren gegangen, so ist jeder operative Fingriff 
nutzlos. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 49 


Was die Wahl des Verfahrens betrifft, so schreibt L. der Resektion des Vas 
deferens eine langsamere Wirkung zu als der Kastration, ohne sie desswegen je- 
doch zu verwerfen. 


Chevalier (Paris): A propos des opérations pour l’hypertrophie 
prostatique. 

C. theilt 3 Beobachtungen mit, von denen wir die letzte erwähnen, bei wel- 
cher der Erfolg einer doppelseitigen Vasektomie, nämlich eine erhebliche Atrophie 
der Prostata, erst nach Entfernung eines Blasensteins auftrat. 

Loumeaux und Carlier berichten über weitere Fälle. 

Desnos sah von doppelseitiger Vasektomie keinen Erfolg, jedoch einmal er- 
hebliche Verschlimmerung: der Pat. konnte seit der Operation gar nicht mehr 
uriniren. 

Mots stellt an der Hand der im Hôpital Necker gemachten Beobachtungen 
fest, dass Prostatiker nicht nur bei Genitaloperationen, sondern auch überhaupt 
eine hohe Mortalität zeigen. 


Desnos: Relation entre le volume de la prostate et le degré de 
la rétention d’urine. 

D. stellt fest, dass die Hauptrolle bei der Harnverhaltung nicht der diffusen 
Prostatahypertrophie, sondern den in die Blase vorspringenden, mehr oder weniger 
gestielten Lappen zukommt, auf welche die Kastration so zu sagen ohne Ein- 
fluss ist. 

Loumeau sieht von der Vasektomie keinen anderen Nutzen als den einer 
Prophylaxe gegen die bei Anlass des Katheterismus auftretenden Entzündungen 
der Samenwege. 

Nicolich (Triest) dagegen sah auf 27 Vasektomien 8 Heilungen. 


Carlier: De l’intervention chirurgicale dans la tuberculose 
durein. 

C. hält die Nephrektomie für kontraindieirt bei ernstlichem Ergriffensein der 
Blase, warnt aber davor, aus schweren subjektiven Blasenstörungen in jedem Falle 
auf eine organische Schädigung dieses Organs zu schließen, da die subjektiven 
Erscheinungen nach Nephrotomie oft auffallend nachlassen. 

Duret und Pousson bestätigen die letztere Beobachtung. 


Jullien et Sibut (Paris): La blennorrhagie, maladie générale, 

J. und S. besprechen an der Hand von 2 eigenen Beobachtungen die Ver- 
allgemeinerung der Gonorrhoe auf dem Blutweg. In dem einen der Fälle gelang 
es, den Gonococcus im Blut nachzuweisen. 


Loumeau: Pyon&phrose ou congestion rénale. 

L. berichtet über einen Fall von Blasenstein mit gleichzeitigen Erscheinungen 
von beiderseitiger Pyelitis. Da die Entfernung des Steins (durch die Scheide) 
nicht die erwartete Erleichterung brachte, so wurde rechts die Nephrotomie ge- 
macht. Dieselbe ergab nichts als eine große, hyperämische Niere ohne Pyelitis. 
Darauf Heilung der Operationswunde und Verschwinden der Nierenanschwellung 
auf beiden Seiten. 


Albarran: Nouvelles observations de catheterismecystoscopique 
des uretères. 

A. weist an der Hand von 3 neuen Beobachtungen auf die Bedeutung des 
Harnleiterkatheterismus hin. Im 1. Falle war auf Grund der äußeren Unter- 
suchung und der Anamnese eine rechtsseitige Hydronephrose angenommen worden. 
Der Katheterismus des Harnleiters ergab aber normale Nierenfunktion, so dass 
eine Hydronephrose auszuschließen war. Die Laparotomie erwies das Vorhanden- 
sein eines großen, multilokulären Ovarialkystoms. Im 2. Falle konnte ein Stein 
im Nierenbecken direkt gefühlt werden. Im 3. Falle gab der Harnleiterkathete- 
rismus die Gewissheit normaler Funktion der einen, gesunden, Niere und damit 
die Indikation zur Exstirpation der anderen, wie sich später herausstellte, gleich- 
zeitig von Carcinom und Tuberkulose befallenen Niere. 


50 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


Carlier: Des grosses tumeurs du rein. 

C. theilt die Beobachtung eines Falles von mannskopfgroßer Nierengeschwulst 
mit, die schon im Jahre 1887 von Guyon als inoperabel erklärt worden war, und 
die noch jetst als einziges Symptom eine alle 7—8 Monate auftretende mehrtägige 
Hämaturie aufweist. 

Malherbe berichtet über einen Fall von gleichzeitigem Vorhandensein einer 
Ovarialeyste und einer Hydronephrose. 


Legueu: Valeur pronostique du varicoctle dans les tumeurs 
du rein. 

L. ist der Ansicht, dass die bei Nierengeschwülsten beobachtete Varicocele 
die Folge der Kompression der V. spermatica nicht durch die Geschwulst, sondern 
durch geschwollene Lymphdrüsen ist, und dass ihr desshalb nicht nur in dia- 
gnostischer, sondern auch in prognostischer Beziehung eine große Bedeutung zu- 
kommt. In therapeutischer Hinsicht empfiehlt L., bei Vorhandensein von Varico- 
cele entweder von einer Operation abzusehen, oder dann die Drüsen mit zu 
exstirpiren. 


Chevalier et Mauclaire (Paris): Nephrotomie pour anurie chez une 
femme ayant un rein unique. 

Eine wegen rechtsseitiger Pyonephrose der Nephrektomie unterzogene Pat. 
erkrankte 1 Jahr später an Pyonephrose der linken Niere, die zu totaler Anurie 
führte. Die rasche Ausführung der Nephrotomie — wobei 1 Liter trüben Harns 
entleert wurde, verhinderte den Ausbruch der Urämie. Seit der Operation ent- 
leert sich aller Urin durch die Fistel. 


Be&gouin (Bordeaux): Deux cas d’anurie calouleuse. Nécessité de 
l’operation précoce. 

B. berichtet über 2 Fälle von Urämie in Folge von Nierensteinen. Die 1. Pat. 
verweigerte jeden Eingriff und starb am 11. Tage nach Beginn der Anurie. Im 
2. Falle wurde am 5. Tage nach Beginn der Anurie die Nephrotomie ausgeführt. 
Trots anfänglicher Besserung erlag Pat. nach 8 Tagen unter Delirien und nach- 
folgendem Koma. B. glaubt, es handle sich um Urämie und erklärt dieselbe 
durch die Annahme, dass die Operation zu spät kam, um die Harnintoxikation 
des Organismus zu verhindern. Er empfiehlt desshalb, bei Anurie in Folge von 
Nierenstein nicht 5 und mehr Tage zuzuwarten, wie dies bisher die Regel war, 
sondern nach 48 Stunden, wenn die interne Behandlung nutslos bleibt, sur Opera- 
tion zu schreiten. 

Legueu betont ebenfalls die Nothwendigkeit frühzeitiger Operation. 

Loumeau berichtet über eine ähnliche Erfahrung wie Bég ouin. 

Boursier ist der Ansicht, man müsse sich nicht nach der Dauer der Anurie, 
sondern nach der Schwere der Allgemeinerscheinungen richten. 


Duret (Lille): Sur la cure des extrophies v£&sicales par la suture 
marginale. 

D. beschreibt sein Operationsverfahren bei Ektopie der Blase, das der Haupt- 
sache nach in Folgendem besteht: 1) Ablösung und Anfrischung der Blase. 2) Ein- 
stülpung derselben und Naht der Ränder. 3) Anfrischung und Naht der epi- 
spadischen Harnröhre. 4) Autoplastischer Verschluss der Bauchwand (Haut und 
Muskeln) als Halt für die reponirte Blase. D. empfiehlt, so früh wie möglich zu 
operiren. 

Pousson empfiehlt, das Segond’sche Verfahren in folgender Weise zu ver- 
ändern: Der obere Blasenumfang wird nicht einfach von der Bauchwand abpräpa- 
rirt, was einen zu dünnen Lappen giebt, sondern es wird ein die ganze Dicke der 
Bauchwand enthaltender Blasenlappen gebildet, der nach unten geschlagen wird. 
Die dadurch eröffnete Bauchhöhle wird durch Etagennaht geschlossen. 


Sorel (Havre): Neurasth£nie urinaire; crises de rétention d’urine. 
S. berichtet über einen mit chronischem Tripper behafteten Pat., bei dem in 
wechselnden Zwischenräumen akute Harnverhaltung auftritt, ohne dass eine orga- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 51 


nische Veränderung des Harnapparats zu finden wäre. Der Katheterismus genügt 
jedes Mal, um die Harnverhaltung zu heben. 
Boursier empfiehlt für solche Fälle die Anwendung von Bädern. 


Guiard (Paris): Sur la technique de la circoncision. 

G. stellt für ideales Gelingen der Circumeision folgende Regeln auf: 1) Ersatz 
der Cocainanästhesie durch Chloroformnarkose. 2) Ersatz der Antisepsis durch 
Asepsis. Als Desinficientien sind nur Borlösungen und sehr verdünnte Sublimat- 
lösung zulässig. 3) Es ist möglichst viel Haut zu belassen. Der Schnitt ist schräg 
von hinten oben nach vorn unten zu führen, um eine weite Öffnung zu erhalten. 
4) Es ist nur wenig vom inneren Blatt des Präputiums, nur etwa ein Saum von 
4—5 mm Breite, zu erhalten. 5) Die Naht soll mit Serre-fines nach dem Modell 
des Vortr. angelegt werden. 6) Die Anlegung derselben ist durch 4 an den 
4 Hauptpunkten der Naht anzubringenden Haltnähten zu erleichtern. 7) Jeder 
Verband ist wegsulassen. Die Nahtlinie ist einfach dicht mit Salol zu bestreuen. 

Carlier ersetzt die Chloroformnarkose durch eine Cocaininjektion an der 
Wurzel des Penis. Zum Zweck der Desinfektion vor der Operation wird die Vor- 
haut stark erweitert. Die Naht wird mit feinem Katgut angelegt. 

Pousson operirt unter künstlicher Blutleere, vermittels eines um die Wurzel 
des Penis geschnürten weichen Katheters. Die Naht wird mit Crin de Florence 
ausgeführt und die Nahtlinie mit einer Salol-Jodoformpaste bedeckt. 


L. Bernard (Paris): Sur l’hydron&phrose calouleuse de la première 
enfance. 

B. berichtet über 4 Fälle von mehr oder weniger ausgrsprochener Hydro- 
nephrose, die er zufälligerweise bei der Autopsie von an Darmkatarrh gestorbenen 
Säuglingen gefunden hat. In allen Fällen fand sich als einziger Grund für die 
Entstehung der Erweiterung des Nierenbeckens feiner Uratsand. B. glaubt, diese 
Befunde seien geeignet, die bisher dunkle Entstehung mancher Hydronephrosen 
zu erklären. 


Diskussionsthema: Die nicht auf Gonokokken beruhende Urethritis. 


J. Eraud (Lyon) giebt als Berichterstatter eine Übersicht über dieses noch 
sehr dunkle Kapitel der Pathologie der Harnröhre. 

Noguès (Paris) bespricht als zweiter Berichterstatter dieselbe Frage. 

Er wendet sich zuerst gegen die Aufstellung eines sogenannten »Pseudo- 
gonococeus« und theilt sodann die gonokokkenfreie Urethritis in 2 Kategorien, 
je nachdem der Eiter Mikroorganismen enthält oder nicht. Jede Kategorie zerfällt 
in 2 Gruppen, von denen die eine die primären, die andere die sekundären 
Affektionen der Harnröhre darstellt. Von der interessantesten dieser 4 Formen, 
der primären bakteriellen nicht gonorrhoischen Urethritis, hat der Vortr. 26 Fälle 
gesammelt, bei denen die verschiedensten Mikroorganismen gefunden worden 
waren. Eine nicht bakterielle primäre Urethritis hat der Vortr. nie gesehen und 
hält sie für ein gang ungewöhnliches Vorkommnis. 


Janet (Paris): Quelques cas d’ur&trites aseptiques et infectieuses 
primitives. 

J. theilt je 4 Fälle von aseptischer und von nicht gonorrhoischer, infektiöser 
Urethritis mit. Bei 2 Pat. der 1. Gruppe handelte es sich um Herpes urethralis, 
bei den beiden anderen um nicht erklärliche Urethritiden mit völlig sterilem Eiter. 
Von den 4 Fällen der 2. Gruppe stellte der erste ein Übergreifen einer infektiösen 
Balanoposthitis auf die Harnröhre dar; der zweite war durch einen kleinen Diplo- 
hacillus »le bacille fourmi« bedingt, während die beiden letzten einen identischen 
Diplococcus-ähnlichen Bacillus aufwiesen. 

Reymond hält die gonokokkenfreien Urethritiden nicht für infektiöe. 

Hogge (Liège) verwundert sich darüber, dass Noguès die Heirathsbewilligung 
auf bloße mikroskopische Untersuchung des Harnröhrensekrets, ohne Anlegung 
von Kulturen, geben will. Im Übrigen weist er auf die Bedeutung der chronischen 


52 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


Eiterung der Prostatadrüsen für die sogenannte aseptische Urethritis hin und 
stützt sich dabei auf 12 eigene Beobachtungen. 

Genourville berichtet über einen Fall von »primitiver, gonokokkenfreier Ure- 
thritis« bei einem Pat., der 2 Monate vorher Gonorrhoe durchgemacht. (Das 
»primitiv« dürfte wohl in Frage su stellen sein. D. Ref.) 

Noguès theilt mit, dass die von ihm mit Harnröhrensekret angelegten Kul- 
turen stets resultatlos blieben, wenn die direkte mikroskopische Untersuchung 
die Abwesenheit von Gonokokken ergeben hatte. 

Bezüglich der Ansteckungsfähigkeit hält er daran fest, dass der geschlecht- 
liche Verkehr zu untersagen sei, so lange der Ausfluss überhaupt Mikroorganismen 
enthalte. 

Eraud will den Ausdruck »aseptische Urethritis« durch vmikrobenfreie Ure- 
thritis« (sur&trite amicrobienne«) ersetzt wissen. 

Guiard bemerkt im Gegensatz su Eraud, dass Komplikationen bei nicht 
gonokokkischer Urethritis selten seien und sich in der Regel auf traumatische 
Einflüsse, wie auf schwierigen Katheterismus oder ungeschickte Einspritzungen 
surückführen lassen. 

Besüglich der Ansteckungsfähigkeit ist G. weniger pessimistisch als Noguès, 
in so fern er nicht jeden Mikroorganismen enthaltenden Ausfluss für gefährlich hält. 

Den Ausdruck »aseptische Urethritis« will G. beibehalten wissen, voraus- 
gesetst, dass zugestanden wird, dass sich bei derselben immerhin vereinselte 
Kokken oder Bacillen finden können. 

Janet glaubt, die Heirath sei, abgesehen von den mit Gonokokken behafteten 
Pat., auch da su verbieten, wo eine sekundäre Urethritis mit reichlicher Entwick- 
lung eines anderen Organismus als des Gonococcus besteht. _ 

Kraus schlägt vor, die »ur&trite aseptique« lieber als »ur&trite oligocooeique« 
zu bezeichnen. 

Guiard findet, dass die meist vorgeschlagenen Spülungen mit schwachen 
Sublimatlösungen bei der gonokokkenfreien Urethritis nicht immer zum Ziel führen, 
und dass das Argentum nitricum in manchen Fällen bessere Dienste leistet, wäh- 
rend freilich umgekehrt durch Silbernitrat nicht gebesserte Pat. durch Sublimat- 
spülungen geheilt werden. 

Was die bei frisch verheiratheten Frauen beobachteten Entzündungen der 
Genitalien betrifft, so bemerkt G., dass dieselben durchaus nicht immer auf In- 
fektion von Seiten des Mannes surücksuführen seien, sondern dass es sich oft 
einfach um Pathogenwerden der Scheidensaprophyten in Folge der durch [den 
ersten geschlechtlichen Verkehr bedingten Kongestion handelt. 


Tailhefer (Toulouse): Cystotomie suspubienne et r&section des 
canaux déférents chez un prostatique. Suites éloignées. 

T. konstatirt bei einem mit Blasenschnitt und Vasektomie behandelten Pro- 
statiker nach 14 Monaten eine merkliche Verkleinerung der Prostata, während die 
Hoden ihre frühere Größe behalten haben. Der Erfolg der Behandlung war sehr 
befriedigend. 


Binaud et Chavannaz (Bordeaux): Sur une forme singulière de 
cancer de l’ur£tre. 

B. und C. berichten über einen Fall von Harnröhrenkrebs, der Anfangs zu 
einer auffallenden Knickung des Penis geführt hatte. Das Hauptsymptom bestand 
in einer erheblichen Verhärtung im Gebiet der beiden hinteren Drittel der Pars 
pendula. Das Übel führte su Harninfiltration und erforderte eine Urethrotomie. 
Bei der Autopsie fand sich, dass das Careinom sich bis in die Prostata erstreckte. 


Mariachess (Odessa): Sarcome de l’uretre. Emasculation totale. 

M. theilt einen Fall mit von Sarkom der äußeren Genitalien, vom Penis aus- 
gehend, bei einem 22jährigen Pat., welches die völlige Emaskulation erforderte. 
Pat. war nach 3 Monaten noch recidivfrei. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 53 


Hartmann et Reymond: Un cas de collection r&trov&sicale à point 
de départ appendioulaire ayant déterminé le passage du bactérium 
coli à travers les parois de la vessie. 

Die Vortr. fanden im Urin eines vorher nie katheterisirten 16jährigen Pat., 
der einen retrovesikalen Abscess perityphlitischen Ursprungs hatte, während 6 Tagen 
das Bacterium coli im Urin. Der Abscesseiter enthielt neben dem genannten 
Mikroorganismus noch Streptokokken, so wie andere Kokken. 


Reblaud denkt eher an Ausscheidung des Bacterium coli durch die Nieren. 


Nioolich: Calcul enchatonne& de la vessie. 
N. fand bei der Autopsie eines 72jährigen Pat. einen großen, zu 2/3 in einem 
Blasendivertikel sitzenden Stein. Das Divertikel war hinter der Prostata gelegen. 


Loumeau: Traitement des fistules v&sico-vaginales par le pro- 
cédé de »d&doublemente«. 

L. schloss in 3 Fällen mit Erfolg Blasen-Scheidenfisteln durch Ablösung der 
Blasenschleimhaut von der Scheidenschleimhaut und getrennte Naht der beiden 
Schichten. Er empfiehlt dieses Verfahren als einfach, leicht und sicher. 


Malherbe: Sur quatre tumeurs de la vessie. 

M. theilt seine an 4 Blasengeschwülsten gemachten Erfahrungen mit. In 
3 Fällen handelte es sich um Papillome. Bemerkenswerth ist der 4. Fall, bei dem 
es sich um eine gut abgegrenste Geschwulst in der vorderen Blasenwand, ober- 
halb der Harnröhrenmündung, zwischen Blasenschleimhaut und Symphyse gelegen, 
handelte. Die histologische Untersuchung der operativ entfernten Neubildung 
zeigte, dass ein Scohleimdrüsenadenom vorlag, dessen Ausgangspunkt nicht ‘sicher 
zu entscheiden war. Die Hämaturie bei intakter Schleimhaut musste als Kon- 
gestionserscheinung aufgefasst werden. 


Desnos: Fragmentation et expulsion spontanées des tumeurs de 
la vessie. 

D. konnte bei 4 Pat. mit Hilfe des Cystoskops die Zertheilung und successive 
Ausstoßung von Blasengeschwülsten verfolgen, die bis zum völligen Verschwinden 
der Neubildung ging. Er stellt die Frage auf, ob es sich vielleicht sum Theil 
um eine Einwirkung des in allen 4 Fällen angewendeten Methylenblaus handeln 
könnte. 


Nicolich: Tumeur développée dans un énorme diverticule de la 
vessie. 

N. fand bei der Autopsie eines 66 Jahre alten Pat. ein Blasendivertikel, dessen 
Ausdehnung diejenige der Blase selbst übertraf, und das eine große Zotten- 
geschwulst enthielt. 


Piqué (Paris): Corps étrangers de la vessie. 

P. fand in der Blase einer Frau ein 10 cm langes Stūck eines Elfenbein- 
federhalters, an dessen einem Ende sich ein großer Stein gebildet hatte. — Bei 
einem Manne fand er einen Stein, um den sich die Führungssonde eines Urethro- 
toms aufgewickelt hatte. 


Legueu: De la voie sous-symphysaire pour aborder l’urttre 
féminin. 

L. schlägt vor, zur Vermeidung von Scheiden-Harnröhrenfisteln die weibliche 
Harnröhre von vorn her freizulegen. Er löst sie von einem vor dem Orificium 
externum gelegenen Schnitt aus von der Symphyse ab und drängt sie sammt der 
Scheide nach hinten. Auf diese Weise ist sie bis zur Blase zugänglich. Nach 
Beendigung der Operation wird die Harnröhre durch Naht geschlossen und so- 
dann die Wunde durch Etagennähte vereinigt. 


Forgue empfiehlt dieses Vorgehen auch für plastische Operationen an der 
Hamröhre. 


54 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


Janet: Cinq cas des polypes ur£traux. 

J. berichtet über 5 Fälle von Harnröhrenpolypen beim Manne. Dieselben 
waren entweder solitär und zeigten in diesem Falle Wurmform und eine glatte 
Oberfläche, oder sie waren papillomatös und in diesem Falle multipel in der vor- 
deren Harnröhre zerstreut. Die ersteren wurden mit der Schlinge, die letzteren 
mit scharfem Löffel und dem Galvanokauter entfernt. 


Gloutenay (Paris): Syphilome diffus de la verge. 

G. berichtet über einen der seltenen Fälle von diffuser tertiär-syphilitischer 
Affektion der Harnröhre, deren Natur durch die Anamnese und den Erfolg der 
Behandlung durchaus sichergestellt war. 


Hogge: Anatomie et développement de l'urètre d’après des pro- 
jections de préparations microscopiques. 

H. betont auf Grund seiner Präparate, dass es nicht gerechtfertigt sei, von 
dem Verhalten der Prostata der Thiere auf dasjenige der menschlichen Prostata 
zu schließen. 

Albarran bestätigt die Angaben Hogge’s und geht auf einige Einsel- 
heiten in der Entwicklung der Prostata ein. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


13) Aus den Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynä- 
kologie. 7. Versammlung. 
Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897. 


Im Anschluss an die Referate von Schultze und Olshausen über Retro- 
flexio uteri entstand eine sehr lebhafte Diskussion, aus der wir nur die für 
die Chirurgie wichtigen Ausführungen von Dührssen und Baumm hervorheben 
wollen. 


1) Dührssen (Berlin): Über vaginale Operationsmethoden der 
Retroflexio uteri. D. ist noch Anhänger der Vaginofization geblieben; aber 
er verlangt für die Operation 4 Dinge: a. Hohe Fixation des Uterus, b. Eröffnung 
der Peritonealhöhle, c. isolirte Nabt der peritonealen Öffnung und d. ausschließ- 
lichen Gebrauch von Silkwormfäden, die später entfernt werden. Von seinen 
Resultaten berichtet D., dass er unter 281 intraperitonealen Vaginofixationen nur 
6 Recidive zu verzeichnen hatte. Die späteren Geburtsstörungen lassen sich ver- 
meiden, wenn man die Öffnung im Bauchfell der Plica für sich wieder susammen- 
näht. Unter 164 so operirten Fällen kamen D. 4 Geburten sur Kenntnis, die 
sämmtlich ohne Kunsthilfe verlaufen sind. Die schlechten Resultate der früheren 
Zeit führt D. auf die ältere Methode zurück, wo der Uterusgrund direkt mit dem 
Bindegewebe der Scheide verwuchs. Die Mortalität der 281 Vaginofixationen be- 
trug nur 3, also etwas über 1%. — Vesioofixationen wegen Retroflexio hat 
D. 6mal ausgeführt. Diese Operation gilt nur für jabsolut bewegliche, durch 
einen Ring zu korrigirende Retroflexio. Neuerdings macht D. die Annähung 
eines oder beider Ligamenta rotunda an die Scheide und bezeichnet 
diese Operation als die beste Methode der Vaginofization. In allen bisher aus- 
geführten 29 Fällen war und blieb die Lage des Uterus ausgeseichnet. 


2) Baumm (Breslau): Operative Behandlung der Retrodeviationen 
des Uterus. B. ist ebenfalls Anhänger der Vaginifixur geblieben, betont aber 
auch, wie wichtig die richtige Ausführung der Operation sei. Vor Allem kommt 
es darauf an, den Uterus nicht zu hoch (wegen der Geburtsstörungen) und nicht 
zu niedrig (wegen der Recidive) zu fixiren. Der beste Punkt liegt unterhalb der 
Mitte des Corpus uteri, so tief wie möglich, aber doch so hoch, dass der obere 
Hebelarm nicht das Übergewicht gewinnen kann. Unter weit über 100 Fällen 
hatte D. keinen Todesfall. Die Dauerresultate konnte er bei 81 Operirten er- 
mitteln. Hiervon waren 11 wieder schwanger geworden. 7 davon haben regel- 
mäßig ausgetragen, 2 waren 3. Z. der Berichterstattung noch schwanger, 2 waren 


Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 55 


vorzeitig niedergekommen. Nachweislich mit der Vaginifixur zusammenhängende 
Störungen von Schwangerschaft oder Geburt sah B. nicht. Von den sonstigen 
Resultaten sei hervorgehoben, dass die wegen Vorfalls operirten Frauen in fast 
1 der Fälle Recidive hatten, während die wegen Retroflexio Operirten in der 
Mehrsahl geheilt blieben. 


3) G. Abel (Leipzig): Welche Umstände beeinflussen die Narben- 
festigkeit der Bauchschnittwunde. A. hat die in der Zweifel'schen 
Klinik ausgeführten Laparotomien nachuntersucht und dabei für die Narbenfestig- 
keit folgende Thatsachen gefunden. Die Festigkeit hängt in erster Linie von der 
Wundnaht ab: bei einfacher Knopfnaht fanden sich 29% Brüche, bei Etagen- 
und isolirter Fasciennaht 9%. In zweiter Linie kommt die Wundheilung in 
Betracht. Die meisten Brüche wurden nach Wundeiterung beobachtet, aber auch 
hier überwiegen die Fälle bei einfacher Knopfnaht um 37% die bei isolirter 
Fasciennaht. Die Beschaffenheit der Bauchdecken und die Konstitution beein- 
flussen die Narbenfestigkeit wenig oder gar nicht. Dagegen ist nicht nur die 
Zahl, sondern auch die Größe der Brüche von Wundnaht und Wundheilung 
abhängig. 


4) Bulius (Freiburg i/B.): Zur Diagnose der Tuben- und Peritoneal- 
Tuberkulose. B. weist auf ein von Hegar zuerst erwähntes differential-dia- 
gnostisch wichtiges Zeichen von Neuem hin, das von Schauta als nicht verwerth- 
bar erklärt worden war. Es ist dies bei der Bauchfelltuberkulose der Nachweis 
kleiner Knötchen im kleinen Becken, die besonders für die sogenannte 
trockene Form der Peritonitis nahezu als typisch zu beseichnen sind. Ähnliche 
Knötchen kommen freilich auch bei Carcinose der Bauchorgane, papillären Eier- 
stockskystomen und bei entzündlichen Zuständen der Geschlechtsorgane vor, doch 
sollen Verwechslungen bei aufmerksamer Untersuchung nicht möglich sein. Für 
die Tuberkulose der Tuben hat Hegar die Rosenkranzform der letzteren 
(Salpingitis nodosa isthmica) für charakteristisch erklärt, und auch dieses Zeichen 
halt B. für sehr beachtenswerth. 


5) Döderlein (Groningen): Über die vaginalen Operationswege. D. 
bespricht die Indikationen vorwiegend der Colpotomia anterior und posterior. Die 
von Frankreich aus empfohlene »Radikaloperation«, d. h. präliminare Uterus- 
exstirpation zur Entfernung der Adnexa, ist nur zulässig, wo der ganze Genital- 
tractus, Uterus, Tuben und Ovarien erkrankt sind, dagegen auch bei bösartigen 
Geschwälsten verfehlt, wenn der Uterus gesund ist. Hier gebührt der Laparotomie 
der Vorsug. Von Colpotomia anterior und posterior zieht D. letztere vor: weniger 
eingreifende Voroperation, leichtere Zugänglichkeit zu den Adnexen sind ihre 
Hauptvortheile. 


6) Baumm (Breslau): Über Indikation und Grensen der vaginalen 
Operationen. B. schränkt neuerdings die Indikation für den vaginalen Weg 
zu Gunsten der Laparotomie wieder mehr ein. Bei Uteruscarcinom bleibt in der 
Regel die vaginale Totalexstirpation zu Recht bestehen; nur in Fällen, wo die 
Parametrien ergriffen sind, und man noch operiren will, ist der Weg von oben 
vorzusiehen. Sonst macht B. die vaginale Köliotomie: a. bei Uterusmyomen, 
b. bei Geschwülsten der Adnexa und c. zur Vaginofixation. Bei Adnexgeschwülsten 
ist der vaginale Weg nicht zu empfehlen, wenn es sich um große Geschwülste 
oder um Verwachsungen handelt, Die Gefahren liegen dabei hauptsächlich in un- 
beabsichtigten Verletzungen (der Gefäße, der Blase und des Darmes) und in 
der Infektion. B. stellt daher den Satz auf, dass nur solche Geschwülste vaginal 
entfernt werden sollen, die gut stielbar erscheinen, nicht zu stark verwachsen sind, 
nicht zu weit hinten seitlich sitsen und klein oder gut verkleinerungsfähig er- 
scheinen. 


7) Mackenrodt (Berlin): Über Exstirpatio uteri. Mi Vortrag be- 
spricht die jetzt üblichen Methoden der Uterusexstirpation mit specieller Berück- 
sichtigung seiner eigenen Vorschläge. Die von ihm modifieirte Doyen’sche Ope- 


56 Centralblatt für Chirurgie. No. 2. 


ration, d. h. die Exstirpation des Uterus mit Schere und Messer ohne präventive 
Blutstillung, erlaubt es, auch ganz unbewegliche Uteri ohne nennenswerthen Blut- 
verlust zu entfernen. Die Methode ist jedoch bei bösartigen Erkrankungen nicht 
ansuwenden und vorwiegend bei Beckenabscessen und Myomen zu verwerthen. 
Bei bösartigen Geschwülsten, speciell beim Uteruscarcinom, kommt es neben radi- 
kaler Entfernung alles Erkrankten vor Allem darauf an, die Wundfläche vor 
Impfinfektion su schützen. Dies geschieht am sichersten durch das Feuer, und 
darum exstirpirt M. die carcinösen Uteri jetzt mit dem Glühplatin. Er bedient 
sich hiersu entweder eines Galvanokauters, zu dessen Stromquelle jedoch eine 
elektrische Centrale nöthig ist, oder, wo letstere fehlt, eines durch Stichflammen 
erhitsten Glühmessers. Den Paquelin hat M. als unbrauchbar für seine Zwecke 
wieder verlassen. Die gegen seine Methode erhobenen Bedenken, dass sie zu 
unbeabsichtigten Nebenverletsungen führe und die Blutstillung erschwere, lässt 
M. nicht gelten. Auf die Einzelheiten seiner Technik kann hierorts nicht näher 
eingegangen werden. Seine Dauerresultate bei Carcinom hält M. für so verbessert, 
dass er die Igni-Exstirpation hierbei für die Operation der Zukunft hält. Er hat 
dieselbe neuerdings auch zur Entfernung des septischen Uterus empfohlen und 1mal 
mit Erfolg ausgeführt. - 


8) Rosinski (Königsberg): Zur Lehre von der Übertragbarkeit des 
Carcinoms. R. sah bei einer 38jährigen Frau, die wegen Retroflexio uteri ein 
Pessar getragen, welches kleine Decubitalgeschwüre gemacht hatte, später ein 
Adenocaroinom des Corpus uteri auftreten und dieselbe Neubildung in den Ge- 
schwüren entstehen. Er deutet dieselben als direkte Überimpfung des Caroinoms 
auf die Wunden. R.'s weitere Sohlussfolgerungen aus seinem Falle können wir, 
als rein theoretisch, übergehen. 

9) Rossier (Lausanne): Behandlung der ektopischen Schwanger- 
schaft. R. bespricht 18 Fälle ektopischer Schwangerschaft, die von Roux ope- 
rirt wurden. Hiervon betrafen 17 die 1. Hälfte und 1 die 2. Hälfte der Schwanger- 
schaft. Geheilt wurden 16; es starben 2 Operirte. R. bevorzugt die Laparotomie 
und will den Scheidenschnitt nur in besonders günstigen Fällen ausführen. Ab- 
warten bei Hämatocele hält er wegen der Gefahr einer plötzlichen tödlichen Blu- 
tung stets für gefährlich; auch hier zieht er wegen der Möglichkeit einer gründ- 
licheren Operation die Laparotomie vor. Bei bestehender Infektion und bei 
Abscessbildung dagegen ist der vaginale Weg indieirt, jedoch mit Schonung des 
Uterus (Martin). 

10) J. A. Amann jr. (München): Über Uretereneinpflanzung in die 
Blase auf abdominalem Wege zur Heilung von Ureterenfisteln. In 
solchen Fällen von Harnleiterfisteln, wo man durch Narbenverengerung der Scheide 
nicht an die Fistel herankommen kann, oder wenn die Fistelgegend in zu starres 
Gewebe eingebettet ist, hat man die Wahl, die Nierenexstirpation zu machen oder 
die Harnleiter vom Bauch aus in die Blase einsupflanzen. Letztere Ope- 
ration, welche von Novaro, Krause, Kelly u. A. mit Erfolg ausgeführt wurde, 
ist auch von A. in 2 Fällen von Uretercervicalfisteln, die auf vaginalem Wege 
nicht zu operiren waren, mit Glück gemacht worden. Die Einpflansung des Harn- 
leiters in die Blase geschah extraperitoneal. Dies erreichte A. dadurch, dass 
er den unteren Harnleiterabschnitt durch den Bauchfellschlitz an der Kreuzungs- 
stelle mit der Art. iliaca nach oben herauszog und in die bis zur Darmbeingrube 
heraufgeschobene und hier an die Beckenwand mit Nähten fixirte Blase einpflanste. 
Die extraperitoneale Implantation hat den Vortheil, dass man bei etwa ausbleiben- 
der Prima intentio leicht ankommen kann, während bei intraperitonealer Ein- 
pflanzung die Pat. in solchen Fällen sicher verloren ist. Jaff6 (Hamburg). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 


E. von Bergmann, F. Kinig, E. Richter, 


in Berlin. in Berlia. in Breslau. 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


mm en 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 3. Sonnabend, 22. Januar. 1898. 


Inhalt: E. Braatz, Zur Schädeltrepauation. (Original-Mittheilung.) 

a) Friedrich, Tuberkelbacillus.. — 2) Möller, Knochenerkrankung nach Typhus. — 
3) Giovannini, Chinosol. — 4) Rebuschini, Serotherapie. — 5) Müller, Anästhetica. — 
6) Parlavecchio, Chirurgische Semiotik. — 7) Neumann, Skrofulose. — 8) Noirot, Fi- 
brome der Rauchwand. — 9) Fritsch, Heilung der Bauchschnittwunde. — 10) Finney, 
41) McCosh, 12) Elting und Calvert, Peritonitis. — 13) Guinard, 14) Krüger, 15) Sonnen- 
burg, Appendicitis. — 16) Kuzmik, 17) Meyer, 18) und 19) Boari, 20) Dubourg, 
21) Frank, 22) Souligoux, Darmnaht. — 23) Ewald, Magenchirwgie. — 24) Monod, 
Invagination. 

25) Alessandri, Septhämie durch Bacterium coli. — 26) Bremig, Myositis ossiflcans. 
— 27) Scholtz, Muskelechinococcus. — 23) Wilms, Myiasis dermatosa oestrosa. 
29) Morris und Whitfield, Tuberkulin. — 30) Ziemackl, Antistreptokokkenserum. — 
sl Zuschlag, Permanentes Wasserbad. — 32) Franke, Periperitonitis. — 33) Monod, 
Perforationsperitonitis. — 34) Herzog, Perityphlitis. — 35) Rewidzoft, 36) Kuttner, 
Gastroskopie. — 37) Hemmeter und Ames, Gastritis. — 38) Reichard, Magenresektion. 
— 39) Lauwers, Enterektomie. — 40) Rose, Kothverstopfung der Brüche. 


Zur Schädeltrepanation. 
Von 
Privatdocent Dr. Egbert Braatz in Königsberg i/Pr. 


Je mehr sich die moderne Hirnchirurgie entwickelt hat, desto 
unmöglicher wurde die alte Trepankrone, welche die Trepanations- 
technik seit undenklichen Zeiten beherrscht hat. Um große Stücke 
aus dem Schädel zu entfernen, und namentlich zur Bildung der 
osteoplastischen Lappen griff man zu Hammer und Meißel. Die 
Vorwürfe gegen dieses Verfahren sind seit Galen immer wieder auf- 
getaucht. Mit Recht wurde darauf hingewiesen, dass so starke Er- 
schütterungen des Kopfes nicht gleichgültig sein können; von den 
Splitterungen, die man beobachtet, ganz abgesehen. Jetzt, wo wir 
die Chloroformnarkose haben, können wir uns beim Trepanirten 
nicht erkundigen, was er bei der Operation empfunden, aber aus den 
Schilderungen der Chirurgen, die noch ohne Chloroform operiren 
mussten, wissen wir, wie äußerst eingreifend eine Trepanation 

3 


58 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


empfunden wurde, wenn auch nur die sägende 'Trepankrone am 
Schädel arbeitete. Es kann nicht von der Hand gewiesen werden, 
dass man beim Bilden großer Lappen mit Hammer und Meißel das 
Gehirn am schwersten erschüttert. Es ist aber gewiss nicht richtig, 
anzunehmen, dass die Anwendung der rotirenden Radsäge, die in 
neuester Zeit mit Vorliebe an die Stelle der Meißeltrepanation ge- 
treten ist, ein besonders zartes Verfahren ist. Jeder, der sich ein- 
mal einen Zahn hat plombiren lassen, weiß, wie kräftig erschütternd 
schon die winzige Krone des zahnärztlichen Instruments wirkt. Um 
wie viel mehr muss eine Radsäge erschüttern, und zumal wenn sie 
von einem dröhnenden elektrischen Motor getrieben wird. Und trotz 
des Effektes, den die elektrische Säge macht, wird ihr auch von 
ihren Fürsprechern nicht immer die ganze Durchtrennung der 
Knochen anvertraut. Vorsichtige Chirurgen haben gerathen, den 
letzten Rest der Knochenwand lieber mit dem Meißel zu durch- 
trennen, wenn es auch an verschiedenen Vorrichtungen nicht fehlt, 
die den Zweck haben, das Gehirn vor dem unerwünschten Hinein- 
fahren der Säge zu schützen. 

Ganz wider Erwarten des eigenen Erfinders ist es der Gigli- 
schen Drahtsäge beschieden gewesen, ihre außerordentliche Vielseitig- 
keit auch auf dem Gebiet der Gehimnchirurgie zu beweisen. Noch 
am 24. Juli v. J. schreibt Gigli in diesem Blatte von der Draht- 
säge: » .... wurde es bald das bevorzugte Instrument bei vielen 
Knochenoperationen, abgesehen natürlich von denjenigen der Hirn- 
schale«, und am 14. August veröffentlicht ebendaselbst Prof. Oba- 
lihski seinen für den Moskauer Kongress bestimmten Vortrag, in 
welchem er nach seinen Erfahrungen bei aller Anerkennung der vor- 
züglichen Dahlgren’schen Zange die Gigli’sche Drahtsäge auch 
für die Schädeltrepanation empfiehlt. Diese Verwendung der Drahtsäge 
erscheint mir als ein großer Fortschritt in der Technik der Tre- 
panation. Ich habe das Verfahren theils am Lebenden angewandt, 
theils an der Leiche geübt, und möchte durch diese Zeilen nicht 
nur zu einer allgemeinen Würdigung, sondern auch in mancher 
Hinsicht zu seiner Erleichterung und Vervollkommnung beitragen. 

Ganz einzig steht diese Methode da durch die Feinheit des 
Schnittes, der Rinne, die sie im Knochen macht. Er sieht aus, als 
ob ihn nur eine feine Fissur durchziehe. Der durch die ganze 
Schüdeldicke gehende Knochenlappen passt in die gemachte Öffnung 
und schließt so dicht an, wie ein genau gearbeiteter Deckel. 

Man kann ihn, was ebenfalls in dieser Vollkommenheit bei an- 
deren Verfahren nicht möglich ist, an seinen Rändern zum Theil 
schräg durchtrennen, so dass die äußere Fläche der Platte größer 
ist, als die der Glastafel. Als weitere Vortheile möchte ich hier vor- 
läufig noch nennen die Schnelligkeit der Operation und die Leich- 
tigkeit, mit welcher man die ursprüngliche Öffnung im Schädel in 
beliebiger Richtung vergrößern kann, wenn sich die Nothwendigkeit 
dazu herausstellt, wie namentlich bei der Aufdeckung von Gehirn- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 59 


geschwülsten oder bei Unterbindung der blutenden Äste der Meningea 
media. 

Zum Bohren der Löcher, deren Zwischenräume mit der Draht- 
säge durchtrennt werden sollen, empfiehlt Obalinski den Collin- 
schen Perforateur mit seinen kleinen Trepankronen. 

Das Collin’sche Instrument hat 4 Trepankronen (Schwabe’s 
Katalog von 1890 u. A.) verschiedener Größe. Welche Größe Oba- 
linski gebraucht, ist nicht angegeben. 

Jedenfalls ist der Gebrauch so kleiner Trepankronen mit noch 
größeren technischen Misslichkeiten verbunden, als die Arbeit mit 
den gewöhnlichen größeren. 

Was den Collin’schen Perforateur selbst betrifft, so ist er zwar 
ein sehr hübsch konstruirter, zierlicher Apparat. Dabei besitzt er 
aber doch auch solche Unvollkommenheiten, dass er nicht geeignet 
ist, zur allgemeinen Anwendung bei Schädeltrepanationen empfohlen 
zu werden. 

Die Übertragung der Kraft durch 2 zu einander rechtwinklig 
stehende konische Räder erfordert, dass die Kurbel sich parallel der 
Längsachse des Instruments bewegt. Geht der Hebel nach unten, 
so summirt sich die bewegende Kraft zu dem Druck der linken 
Hand, die das Instrument hält, geht der Hebel von unten nach oben, 
so verringert sich letzterer. Diese Druckschwankungen werden durch 
die linke Hand nach Kräften ausgeglichen, immerhin ist diese An- 
ordnung ein Mangel im Princip, hat außerdem zur Folge, dass das 
Instrument schwächlich bleiben muss. Nicht der kleinste Mangel ist 
an ihm, dass bei jener Konstruktion der Gedanke ganz fern gelegen 
hat, dass es zu seiner leichteren Reinigung aus einander genommen 
werden könnte. 

Was besitzen wir noch außerdem an chirurgischen Bohrinstru- 
menten? 

Es ist auffallend, wie mangelhaft unser Arsenal hier ist, wenn 
es gilt, etwas größeren Anforderungen zu genügen; denn wie wir 
sehen werden, müssen wir zur Trepanation mit der Drahtsäge Bohr- 
löcher von etwa 9 mm Durchmesser haben und im Stande sein, ohne 
zu große Anstrengung deren 4, 5, 7 und in manchen Fällen noch 
mehr derselben anzulegen. Von selbst fallen hier schon alle die ein- 
fachen Handbohrer fort, die mit ihrem geringen Hin und Her der 
Pro- und Supinationsbewegungen der Hand solcher Aufgabe nicht 
gewachsen sind. Auch die Drillbohrer eignen sich nur für feinere 
Bohrlöcher, wie z. B. zur Knochennaht. Außerdem haben sie u. A. 
denselben gerügten Fehler, wie der Collin’sche Apparat, dass sich 
die drehende Kraft nicht von derjenigen, die den Druck von oben 
her ausübt, trennen lässt. 

Dann bliebe noch der alte Trepanbogen oder der ihm nach- 
gebildete v. Langenbeck sche Knochenbohrer, die beide den 
Tischlerbohrer zum Vorbilde haben. Dieses Princip hat für die 
Schädeltrepanation den großen Vortheil, dass sich seine Wirkung 

2 


60 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


besonders gut beherrschen lässt, und zwar dadurch, dass 
die drückende Kraft (linke Hand) und die drehende Kraft 
‘rechte Hand; ganz unabhängig von einander, jede für 
sich, wirkt. Auf diese Weise kann man es bei hinreichender Vor- 
sicht und Übung vermeiden, dass er vielleicht unverhofft weiter 
dringt, als er darf. Nur ist der Trepanbogen ein gewaltig großes 
Instrument, das ganz seine ursprüngliche Größe als Tischlerwerk- 
zeug beibehalten hat, als welches es übrigens auch solche feine 
Rücksichten, wie der chirurgische Trepan, nicht zu nehmen hat. 
Handlicher und besser zu beherrschen wäre es, wenn man es kürzer 
herstellen könnte, so dass die drückende und die bewegende Kraft 
näher ihrem Angriffspunkte läge. Mir ist es nun gelungen, ein 
solches Instrument zu konstruiren. Ich habe die drehende Hand 
durch einen Hebel ersetzt. Dadurch ist die Handhabe, an welcher 
die ganze Handbreite reichlich Platz haben musste, jetzt auf 2 cm 
verringert worden, anstatt der ganzen Handbreite dreht ihn 
ein Hebel, der an seiner Angriffsstelle nur 1 cm breit ist. 


Fig. 1 stellt das erste Exemplar, das die hiesige Firma Heldt 
& Wien! nach einem ihr von mir gegebenen Drahtmodell angefer- 
tigt hat, dar. Es ist ca. nur halb so lang (15 cm hoch), als der 
v. Langenbeck’sche Trepanbogenbohrer. Die Länge des Kurbel- 
armes ist 4,5 cm, der drehende Hebel 13 cm. Die Höhe des ganzen 
Instruments mit dem 4 cm langen Bohrer beträgt 19 cm. Dadurch, 
dass seine beiden Endpunkte einander so erheblich näher 
gerückt sind, ist seine Lenkbarkeit eine leichtere, als 
beim alten Trepanbogen. Die Reibung, welche bei der Füh- 
rung entsteht, ist hier, wo der schmale Hebel die Drehung ausführt, 
viel geringer als dort, wo die ganze Hand unmittelbar angreift. Der 
Seitenhebel sitzt nicht ganz eng, sondern etwas locker auf seiner 
Achse, um unbeabsichtigten Seitenschwankungen doch noch in einem 


1 Königsberg i/Pr., Steindamm 55. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 61 


gewissen Grade nachzugeben. Man lernt es aber bald, letztere zu ver- 
meiden. Der Seitenhebel ist dabei zugleich eine gute Richtschnur 
für die Gleichmäßigkeit, mit welcher man das Instrument beherrscht. 
Trotz seiner geringen Dimensionen entwickelt das Instrument eine 
große Kraft, eine viel größere, als z. B. der Collin’sche Perfora- 
teur. Man hat es eigentlich ganz in seiner Gewalt, wie schnell man 
vordringen will, man wird aber, namentlich je näher man der Lamina 
interna kommt, die Schnelligkeit mäßigen. Auch erhitzt sich der 
Bohrer bei sehr schnellen Umdrehungen, wie z. B. 200—250 in der 
Minute. Fig. 2 veranschaulicht die Handhabung meines Bohrers. 
Auf leichte Reinigungsfähigkeit ist bei der Konstruktion möglichst 
Rücksicht genommen. 

Alles in Allem vereinigt dieser neue Bohrer in sich eine Summe 
von Vortheilen, wie sie keinem der bisherigen chirurgischen Bohr- 
werkzeuge zukommen. Auf die Art der Ansätze, welche man am 
besten anwendet, kommen wir gleich zu sprechen. 

Über die Art, in welcher die Trepanation mit der Drahtsäge 
vorgenommen werden soll, sagt Obalinski (dieses Blatt p. 858): 
»Man umschneidet in den weichen Schädeldecken einen zungen- 
förmigen Lappen, hebt die Beinhaut etwas ab und bohrt nun mittels 
der feinen Krone des Collin’schen Perforateurs je nach der Größe 
des Hautlappens 5—7 Öffnungen durch die ganze Dicke des Schädel- 
knochens bis zur harten Hirnhaut hindurch, von denen 2 an der 
Basis des Lappens, eine an dessen Scheitel, die übrigen Öffnungen 
gleichmäßig vertheilt an dessen Seiten zu liegen kommen. Sodann 
hebelt man in der Richtung von einer zur anderen Öffnung die harte 
Hirnhaut mit einem feinen Elevator vom Schädelknochen ab, leitet 
von einer Öffnung zur anderen eine dicke Öhrsonde oder eine ent- 
sprechend gebogene Deschamp’sche Nadel oder endlich eine halb- 
kreisförmig gebogene Kanüle durch und führt mittels dieser leicht 
die feine biegsame Drahtsäge nach Gigli durch, mit der man nun 
ohne jede Kraftanstrengung und Erschütterung den Schädelknochen 
von innen nach außen durchsägt.« 

So verdienstvoll der Hinweis Obalinski’s auf die Drahtsäge 
als Trepanationsinstrument ist, so reichen diese allgemeinen Vor- 
$Chriften doch nicht aus, um mit der Drahtsäge eine Trepanation 
möglichst sicher, möglichst schonend und möglichst schnell auszu- 
führen. Es kommt darauf an, dass das Instrument, welches man zu- 
erst zwischen innerer Schädelwand und Dura hindurchführt, sich 
möglichst nahe an den Knochen hält und sicher durch das nächste 
Loch hindurchgeht. Hierbei ist es nicht gleichgültig, welche Krüm- 
mung das Instrument besitzt, welche Größe die Bohrlöcher haben 
und in welcher Entfernung sie sich von einander befinden. Weiß 
man nicht im Voraus, in welchem Verhältnis diese gegenseitigen 
Beziehungen zu einander stehen, so giebt es in jedem neuen Falle 
immer wieder ein neues Ausprobiren, welches unnütze Zeit kostet 
und außerdem der Sicherheit des Verfahrens Eintrag thut. Ein halb- 


62 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


kreisförmiges Instrument z. B., wie es Obalinski im Allgemeinen 
erwähnt, lässt sich nur unter bestimmten Bedingungen hindurchführen. 
Bei einem Abstand der Löcher von 2 cm geht es leicht durch und 
hält sich nahe an dem Knochen, aber auch nur dann, wenn es 
einen bestimmten Krümmungsradius hat. Ist der Durchmesser der 
Löcher z. B. 3 mm und ihr Abstand 3 cm, so muss es schon sogar 
mehr als einen Halbkreis betragen und weicht 1,5 cm von der in- 
neren Knochenwand ins Innere des Schädels hinein ab. 

Ich habe daher an der Leiche genau die Krümmungen der 
Sonde bestimmt, wie sie zu dem jeweiligen Abstand der Bohrlöcher 
nothwendig sind. Fig. 3 stellt sie dar: 


II entspricht einem Abstand von 2 cm 


DI > > > » 3> und 
IV > > > » 4> 
R Fig. 3. 


1/3 natürlicher Größe. 


No. IV entfernt sich mit ihrer Krümmung von der inneren 
Schädelfläche nur ca. 5 mm. No. III u. II noch weniger, 2—3 mm. 
Die Spitze der Sonde liegt auf dem Wege der Knochenwand un- 
mittelbar dicht an. 

Zugleich sind die angegebenen Abstände die brauchbarsten?, und 
ich habe daher solche 3 Sonden (wie Fig. 4) anfertigen lassen, welche 
wohl für alle Fälle ausreichen dürften. Man nimmt, nachdem man 
schon vor dem Bohren die Distanz der Bohrlöcher abgemessen hat, 
gleich diejenige Sonde, welche von vorn herein die passende Krüm- 
mung hat. 

So braucht man sich nicht erst mit dem Ausprobiren aufzuhalten. 
Ich habe zu der Sonde eine genügend feste Drahtschlinge genommen 
und ihr eine Form gegeben, die mit meiner Zangensonde?, die ich 
an Stelle der Kocher’schen Kropfsonde empfohlen, und meinem 
Hohlsondengriff* Ähnlichkeit hat. 


2 5em Abstand ist nicht mehr günstig. 

3 o, Illustrirte Monatsschrift für ärztl. Polytechnik. 1891. December. 

4 Neues chirurgisches Taschenbesteck. Deutsche med. Wochenschrift 1897. 
No. 19. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 63 


Und zwar mit gutem Grund. Denn die Gigli’sche Drahtsäge 
schneidet nicht nur Knochen, sondern in ausgezeichneter Weise auch 
Weichtheile. Liegt nun die Dura dem Knochen an, so liegt die 
Gefahr vor, dass die Drahtsäge schon beim ersten Durchziehen un- 
nütz die Dura anschneidet. Um das zu verhindern, muss die Dura 
geschützt werden, und diesen Schutz findet sie dadurch, dass meine 
Schädelsonde vorher durchgeführt wird, und die Säge beim 
Durchführen zwischen die Drähte der Schlinge zu 
liegen kommt. Zugleich dient meine Sonde zum Durchführen des 
Fadens, mit welchem die Drahtsäge hindurchgezogen werden soll. 
Die Krümmung der Sonde II entspricht einem Halbkreis von 2,5 cm 
Durchmesser. Sonde III ist 140° eines Kreisbogens von 5,3 cm und 
Sonde IV 93° eines Bogens von 8 cm Kreisdurchmesser. 

Zum Bohren der Löcher nehme ich einen einfachen Knochen- 
bohrer von 9 mm Breite (No. 28 der franz. Katheterskala). Es bohrt 


Fig. 4. Fig. 5. 


sich mit ihm leicht und schnell, man kann dabei den Grund der 
Öffnung frei übersehen, was bei einer eben so kleinen Trepankrone 
nicht so leicht möglich ist. Sieht man, dass die Spitze des Instru- 
ments eben beginnt, die Lamina interna zu durchdringen, so nimmt 
man statt seiner eine ungefähr eben so dicke Sfächerige Fraise 
(Fig. 5) und räumt die unteren Ränder des Bohrloches aus. Die 
Fraise, welche wesentlich mit den Seitenrändern arbeitet, kann sehr 
schwer unvermuthet Etwas verletzen. Bevor man mit der Fraise 
in die Tiefe geht, ist es sehr vortheilhaft, dass man den 
oberen Rand der Öffnung, welcher dem nächsten Bohr- 
loch abgewandt ist, zuerst etwas abschrägt, weil sich dann 
das spätere Durchführen der Sonde noch glatter gestaltet. 

Was die Drahtsäge selbst betrifft, — ich habe die meinige von 
Georg Haertel bezogen —, so giebt es deren eine dickere und 
eine dünnere Nummer. Gerade für Schädeltrepanation wird sich die 
dünnere Nummer wegen ihrer besonderen Geschmeidigkeit und Fein- 
heit ganz besonders empfehlen. Sie schneidet ganz ausgezeichnet. 


64 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


Die Zahl und die Anordnung der Bohrlöcher kann man ganz nach 
dem vorliegenden Falle wählen. Braucht man größere Lappen, so 
ist 4 cm Abstand am vortheilhaftesten; denn ein solches Quadrat ist 
z. B. reichlich so groß, wie ein regelmäßiges Fünfeck von 3 cm Seiten- 
länge, und ist dabei schneller hergestellt als dieses. Man braucht 
sich bei der Form der osteoplastischen Lappen nicht immer an eine 
geometrische Figur zu halten und kann mit großer Leichtigkeit 
solche Lappen durch Dazunahme seitlicher Partien vergrößern, wenn 
sich der ursprüngliche als zu klein erweist. Die Bohrlöcher dienen 
zugleich als gute Drainageöffnungen. 

Will man nicht alle offen lassen, so kann man, bevor man zum 
Bohrer greift, mit einem 1 cm breiten Meißel sich an jeder Bohr- 
stelle einen kleinen Periost-Knochenlappen abheben, wozu man dicht 
dabei die Weichtheile durch einen kleinen entsprechenden Schnitt 
einkerben kann. Dieses wird man nach Umschneiden des großen 
Lappens am besten gleich hinter einander an allen Stellen vor- 
nehmen, an welchen man nachher bohren will. 


Die Basis derselben liegen nach außen von dem großen Haupt- 
lappen, abgewandt von diesem in der angrenzenden Haut, so dass 
sich die Enden der kleinen Deckläppchen dem Umriss des großen 
Lappens zukehren. Dieses Abtragen der oberflächlichen Knochen- 
schicht an der Bohrstelle wird zugleich das leichtere Fassen des 
Bohrers in der Spongiosa befördern, das man sich sonst, wenn man 
will, auch durch oberflächliches Vorbohren mit einem kleineren Bohrer 
erleichtern kann. 


Man bohrt am einfachsten gleich alle Löcher hinter einander, 
bis der Bohrer eben durchzudringen anfängt, wechselt dann diesen 
gegen die Fraise aus und räumt wieder hinter einander alle Bohr- 
löcher aus. Erst nachdem Alles klar ist, geht man mit der Sonde 
vor, zieht mit ihr einen einfachen oder doppelten Faden durch, führt 
die Sonde wieder zurück, zieht dann die feine Säge durch und sägt 
nun in schonenden Zügen den Knochen durch. Man kann dabei 
gleich an einigen Stellen schräg nach außen sägen, damit man beim 
Verschluss den Deckel nicht durchdrücken, sondern fest andrücken 
kann. 

Es liegt auf der Hand, dass wenn man erst einmal die Draht- 
säge durchgezogen hat, das Sägen selbst in ein paar Augenblicken 
spielend leicht erledigt ist. 

Was also noch am meisten Zeit beansprucht, ist das Bohren der 
Löcher und das Durchziehen der Säge. Durch die Konstruktion des 
neuen Bohrers und durch den methodischen Gebrauch der oben be- 
schriebenen Schädelsonde ist der schwierigere Theil der Operation 
so weit erleichtert, dass man bei einiger Übung nicht nur sehr 
schnell vorwärts kommt, sondern auch mit großer Sicherheit eine 
unabsichtliche Verletzung der Dura mater oder gar des Gehirns zu 
vermeiden im Stande ist. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 65 


Nach alledem ist wohl anzunehmen, dass die Drahtsägentrepana- 
tion unter den Chirurgen im Frieden und im Kriege auch die ihr 
gebührende Verbreitung finden wird. 


1) Friedrich. Über strahlenpilzähnliche Wuchsformen des 
(uberkelbacillus im Thierkörper. (Aus dem chirurgisch- 
poliklinischen Institut der Universität Leipzig.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 41.) 


F. infieirte Kaninchen durch die Carotis mit geringen Mengen 
in Kochsalzlösung aufgeschwemmter Tuberkelbacillen. Bei der Ob- 
duktion, die Miliartuberkulose des Rindenparenchyms, tuberkulöse 
Iritis und disseminirte der Lungen ergab, fand er, wenn die Thiere 
innerhalb 25 Tagen verschieden waren, an den Präparaten von Niere, 
Lunge und Iris die Bacillen inmitten eines schönen Kranzes strahlig 
angeordneter und so gestalteter Keulen, wie sie für den Aktinomyces 
charakteristisch sind. 

Der positive Versuchsausfall ist abhängig von der Zeit der Unter- 
suchung und der Technik des Färbeverfahrens. Uber 30 Tage nach 
der Infektion gelingt der Nachweis der Keulen nicht mehr. 

In seinem Falle gelang der Nachweis der strahligen Bildungen 
auch bei der Infektion durch die Jugularis. 

Weitergehende Schlussfolgerungen aus seinen interessanten Ver- 
suchsresulaten unterlässt F. Übrigens ist auch von Babes bereits 
Ähnliches beobachtet worden. R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


2) @. Möller. Zur Kasuistik der Knochenerkrankungen 


nach Typhus abdominalis. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Ausgehend von 5 in der Greifswalder Klinik beobachteten Fällen 
obiger Affektion und gestützt auf weitere Litteraturangaben in dieser 
Frage, kommt Verf. zu folgenden Resultaten: Die meisten Knochen- 
erkrankungen in Folge von Typhus treten in der Rekonvalescenz 
auf; sie sind solitär oder multipel und sitzen meist in den Diaphysen 
der langen Röhrenknochen; sie beginnen mit rheumatischen Be- 
schwerden und gehen meist mit Fieber einher. Der Ausgang der 
sich bildenden Abscesse ist entweder Resorption oder weitere Ein- 
schmelzung, Durchbruch mit Neigung zur Fistelbildung. Über die 
Häufigkeit der Sequesterbildung sind die Ansichten getheilt. Die 
bakterielle Untersuchung des Abscessinhaltes war oft negativ, oft hat 
man Eiterkokken oder virulente Typhusbacillen (selbst noch 7 Jahre 
nach der Allgemeinerkrankung), oder beide gemeinsam gefunden. 

Happel (Darmstadt). 


66 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


3) Giovannini. Über das Desinfektionsvermögen des Chi- 
nosols. (Aus der Universitätsklinik für Dermatologie und 
Syphilis in Turin.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 37.) 

Die Versuche, die an Menschen ausgeführt wurden, denen auf 
kleine abgeschabte Hautstellen Schankergift gebracht wurde, ergaben, 
dass das Desinfektionsvermögen des Chinosols dem Schankergift 
gegenüber nicht nur weit gegen dasjenige des Sublimats zurücksteht, 
sondern nicht einmal dem der Karbolsäure gleichkommt. 

R. Wagner (Mülbeim a. d. R.). 


4) E. Rebuschini. Sieroterapia. 
Mailand, Ulrico Hoepli, 1898. 

Das vorliegende Werk unterscheidet sich wesentlich von den 
bisher vorliegenden »Manuali Hoepli«c. Während die letzteren in 
kurzen Rissen ein knappes Bild von dem allgemein Anerkannten 
auf dem speciell behandelten Gebiete entwarfen, hat R. das noch von 
den Kampfeswogen umspülte Kapitel der Serumtherapie mit einer 
so umfassenden Ausführlichkeit behandelt, dass sein Buch als Nach- 
schlagewerk dienen könnte, wenn die Litteraturangaben nicht fehlten. 

Eine kurze Aufzählung des Inhalts möge das andeuten: Immunität 
und Serumtherapie, Serumtherapie der Diphtherie, des Tetanus, der 
Tuberkulose, der Streptokokkenkrankheiten, der Lungenentzündungen, 
der Cholera, des Typhus abdominalis, der Hundswuth, der Syphilis, des 
Carcinoms, der Pocken, der Lepra, der Beulenpest, des gelben Fiebers, 
des Milzbrandes, des Rotzes, der Schlangenbisse, der Bacillus coli- 
Erkrankungen, des akuten Gelenkrheumatismus, der Malaria, der 
Masern, des Morbus Basedowi, des Alkoholismus und der Gonorrhoe. 

Diese überraschende Reichhaltigkeit rechtfertigt, wenn wir an- 
führen, dass bei der Serumtherapie der Lepra zwar ausführlich die 
Versuche Carasquilla’s angeführt sind, dagegen von den Experi- 
menten Dyer’s nichts erwähnt ist. Letzterer hat bei 5 Leprösen 
das Antivenene Culmette’s angewandt mit dem Erfolge erheblicher 
Besserung in 3 Fällen, nachdem Carreau die Beobachtung gemacht 
hatte, dass 1 Lepröser nach einem Schlangenbiss sich rapid besserte. 

Dreyer (Köln). 
5) J. Müller. Anästhetic. Über die verschiedenen ge- 
bräuchlichen Anästhetica, ihre Wirkungsweise und die Ge- 
fahren bei ihrer Anwendung. Welches Anästheticum eignet 
sich am besten für den Gebrauch im Felde? 
Berlin, Nitscher & Röstell, 1897. 

Nach einem kurzen geschichtlichen Überblick, nach Besprechung 
der Lokal- und Infiltrationsanästhesie geht Verf. die allgemeinen Be- 
täubungsmittel: Chloroform, Äther, Bromäther, Pental, Lachgas, die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 67 


Narkose mit gemischten Dämpfen und die sog. gemischte Narkose 
nach ihrer Wirkungsweise, dem Verhalten des Blutdrucks und der 
Herzleistung, der Beeinflussung der Athmung, des Nahrungskanals 
durch. Nach Erörterung der üblen Zufälle, der tödlichen Gefahren, 
wird die Anwendungsweise des Chloroforms und Athers noch genauer 
geschildert, und ein großer Theil der zum Gebrauch empfohlenen 
Apparate und Masken durch Illustrationen erläutert. e 

Bei Gegenüberstellung der Vor- und Nachtheile des Athers und 
Chloroforms kommt Verf. zu dem Schluss, dass das Chloroform sich 
am besten für den Gebrauch im Felde eigne. — Für die Zahnärzte 
hält er Lachgas für das beste Narkoticum. 

Aus den am Schluss der Arbeit zusammengestellten 15 Folge- 
rungen ist zu bemerken: Kälte und Wärme bewirken bei chloro- 
formirten Thieren eine stärkere Temperaturveränderung als bei nicht 
chloroformirten. Für chirurgische Eingriffe giebt die Chloroformirung 
in Form der Tropfmethode die beste Anästhesie. Wenn die Narkose 
bei Fettherz, Endokarditis und nicht komplieirtem Klappenfehler 
unvermeidlich ist, so ist es rathsam, dieselbe mit einer Mischung von 
Äth. 9 : Chlor. 1 einzuleiten. Bei längerer Dauer ist nach der Tropfen- 
methode weiter zu chloroformiren. Die Gefahren des Athers sind 
mindestens so groß wie die des Chloroforms, für dessen Anwendung 
sich am besten die Esmarch’sche Maske eignet. 

Borchard (Posen). 


6) Parlavecchio. Istituzioni di semiotica chirurgica fisica, 
chimica, microscopica, parassitologica per studenti e chirurgi. 
Roma, Societa editrice Dante Alighieri, 1897.' 

Der durch seine Studien über Geschwülste und eine Anzahl 
von Publikationen über Operationsverfahren, besonders bei Operationen 
an den Bauchorganen, bekannte Autor behandelt in dem vorliegenden 
Werke sämmtliche in der Chirurgie in Frage kommenden physi- 
kalischen, chemischen, mikroskopischen und parasitologischen Krank- 
heitszeichen mit einem Fleiß und einer Ausführlichkeit, wie sie selbst 
die entsprechenden Werke der inneren Medicin meist nicht darbieten. 
Freilich zeigt gerade das Studium dieses Buches, dass die betreffen- 
den Zeichen und Methoden sich nur unwesentlich in ihrer Gesammt- 
heit von dem unterscheiden, was die Leitfäden der inneren Medicin 
aufweisen. Trotzdem bleibt die Bearbeitung eine Neuheit, die sicher 
im Original oder in Übersetzungen, welche nicht ausbleiben werden, 
in die Bibliotheken der chirurgischen Laboratorien übergehen wird, 
wie in denen der inneren Klinik das Werk eines anderen Italieners, 
Bizzozero’s, eine große Verbreitung erlangt hat. 4 Tafeln mit Kry- 
stall-, Zell- und Bakterienformen unterstützen den didaktischen Werth 
des Buches. Dreyer (Köln). 


68 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


7) H. Neumann. Die klinische Diagnose der Skrofulose. 
(Veröffentlichungen aus der Poliklinik für Kinderkrankheiten des Privatdocenten 
Dr. H. Neumann in Berlin.) 

Stuttgart, Union, Deutsche Verlagsgesellschaft, 1897. 

Auf Grund der Beobachtung von 624 skrofulösen Kindern ge- 
langt Verf. zu einer in manchen Punkten neuen Auffassung dieses 
Leidens. 

Da in seiner Poliklinik sämmtliche Specialfächer vertreten sind, 
so ist sein Material ein durchaus vielseitiges. Skrofulose definirt er 
als Tuberkulose mit ihren Folgeerscheinungen, die man Paratuber- 
kulose nennen könnte. 

Zu letzteren rechnet er die größere Menge der adenoiden 
Wucherungen, Tonsillarhypertrophien, den chronischen Schnupfen, 
die granulirte Pharyngitis. Als Folgen dieser letzteren Affektionen 
schließen sich die Mittelohrerkrankungen und die Ekzeme um Nase 
und Mund an. Seborrhoische und andere Ekzeme, so wie die Rhinitis 
atrophica und Ozaena rechnet er nicht hierzu. 

Die Halsorgane sind beim Kinde überaus selten die Eintritts- 
pforten der Tuberkulose. Sehr häufig gilt N. die primäre Invasion 
in die Bronchialdrüsen durch die gesund bleibenden Lungen. Der 
Vorgang wird durch die Häufigkeit der hauptsächlichen Erkrankung 
der genannten Drüsen wahrscheinlich gemacht, wie N. auch im Leben 
nachzuweisen sich bemüht. 

Von den Bronchialdrüsen aus erkranken rückläufig die Hals- 
drüsen. Das Wurzelgebiet des Lymphsystems, dessen Drüsen erkrankt 
sind, steht — etwa durch Lymphstauung — unter ungünstigen Be- 
dingungen, besonders bei Erkrankungen aus anderen Ursachen, z. B. 
Schnupfen. Es kommt zu chronischem Katarrh, zur Hyperplasie des 
Rachenringes. Letztere disponirt zu neuen Entzündungen, die zur 
nicht tuberkulösen Schwellung der Halsdrüsen führen, aber dadurch 
die ruhende Tuberkulose wieder anfachen können. 

Nur in diesem Sinne betrachtet N. die gute Wirkung der Ent- 
fernung der hypertrophischen Organe auf die Skrofulose. 

Da er aber zugeben muss, dass Halslymphdrüsenschwellung und 
Hyperplasie des Schlundringes nicht parallel gehen, zudem von 
162 Kindern, die an letzterem Leiden litten, doch 33 gar keine 
Lymphdrüsenschwellung boten, so ist zum mindesten seine Vorstellung 
über den kausalen Zusammenhang der beiden Leiden nicht genügend 
gestützt. 

Über den Verlauf der Tuberkulose kommt N. zu folgender An- 
schauung: Den ersten drei Lebensjahren gehören vor Allem die 
eigentlich tuberkulösen Erkrankungen der Drüsen, Knochen, Haut 
an. Dasselbe wies Hoffa (Orthopädische Chirurgie p. 243) für die 
Pott’sche Kyphose und'Wohlgemuth (Dissert., Berlin 1889) für die 
chirurgischen Drüsenaffektionen nach. In der folgenden Zeit treten 
die »paratuberkulösen« Erscheinungen in den Vordergrund, um vom 
8. Lebensjahr an wieder mehr zurückzugehen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 69 


Für die Diagnose der Skrofulose ist das Thermometer ein sehr 
wichtiges Hilfsmittel. 

Verf. fand in 62% von 394 Fällen von Hals- und veränderter 
Bronchialdrüsenschwellung Temperatursteigerung — im After ge- 
messen — über 37,7%, und zwar nicht gelegentlich, sondern er sagt 
ausdrücklich: man kann sich, wenn das Körpergewicht zunimmt, 
trotzdem »aus der Temperaturmessung leider Jahre hindurch die 
Gewissheit verschaffen, dass der tuberkulöse Process selbst nicht aus- 
geheilt ist«. 

Es ist zu wünschen, dass Verf. über diesen Punkt ausführlichere 
Angaben aus seinem großen Material veröffentlichen möge. 

Göppert (Breslau). 


8) Noirot. Traitement des fibromes de la paroi abdominale 
anterieure. 
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1897. 
Eine sehr fleißige und ausführliche, mit 30 Krankengeschichten 
illustrirte Arbeit, die dem Thema sowohl nach der pathologischen wie 
therapeutischen Seite gerecht wird. Boesing (Hamburg). 


9) Fritsch. Die primäre Heilung der Bauchschnittwunde. 
(Aus der Universitäts-Frauenklinik in Bonn.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 43.) 

F. hat unter seinen Bauchschnittwunden früher immer gelegent- 
lich Eiterungen erlebt. 

Er hält zur Vermeidung dieser folgende Maßregeln für geboten, 
die er des Näheren ausführt. 

1) Die Vorbereitung der Kranken muss eine intensivere sein, 
als vielfach gebräuchlich: Sodabad, 12 Stunden lang nasse Um- 
schläge vor der Operation etc. 

2) Niemals darf eine Bauchwunde mit den Fingern aus einander 
gezogen werden. S 

3) Ehe die Naht angelegt wird, schneidet man die gelockerten, 
herabhängenden, aus der Verbindung theilweise ausgelösten Fett- 
massen mit der Cooper’schen Schere ab. 

4) Man nähe principiell von der Tiefe der Wunde aus mit dop- 
pelt eingefädeltem Faden. 

Auf glatte und spitze Nadeln ist gleichfalls Werth zu legen. 

Zur Wundbedeckung empfiehlt F. Dermatol und einen Winter- 
schen Kollodiumverband darüber. RB. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


10) Finney (Baltimore). Five successful cases of general 
suppurative peritonitis treated by a new method. 
(Johns Hopkin’s Hospital Bulletin 1897. Juli.) 

Pis Methode der operativen Behandlung der allgemeinen eitrigen 
Peritonitis ist folgende: Nach Anlegung eines ausreichend langen 


70 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


Bauchschnitts werden die sämmtlichen Dünndärme ausgepackt und 
in heiße Tücher gehüllt. Hierauf wird die ganze Bauchhöhle syste- 
matisch mit sorgfältiger Berücksichtigung des Beckentheils mittels 
in heißer Salzlösung ausgedrückter Gazestücke energisch ausgewischt. 
Eben so werden die Dünndarmschlingen außerhalb der Bauchhöhle 
unter beständiger Berieselung mit Kochsalzlösung energisch gereinigt. 
Nach Reposition des Darmes wird die Bauchhöhle geschlossen bis 
auf eine Stelle, durch welche ein Gazedrain zu der am schwersten 
erkrankten Darmschlinge geleitet wird. 

Mittels dieser Methode gelang es F., sämmtliche 5 behandelten 
Fälle (es handelte sich um 1 Fall von Typhusperforation und 4 
an Appendicitis anschließende Fälle) zur Heilung zu bringen. In 
einem 6. Falle, der fast hoffnungslos operirt wurde, schien die Opera- 
tion den Eintritt des Todes wesentlich zu verzögern. 

Strauch (Braunschweig). 


11) McCosh. The treatment of general septic peritonitis. 
(Annals of surgery 1897. Juni.) 

Verf. hat innerhalb von 7 Jahren 43 Pat. an allgemeiner sep- 
tischer Peritonitis operirt. Von diesen sind 36 gestorben, 7 geheilt 
worden. Leider giebt er keinen ausführlichen Bericht über sein 
Material, sondern er beschränkt sich auf einige sehr kurz gehaltene 
Bemerkungen. Er ist ein eifriger Anhänger der peritonealen Aus- 
spülungen, die er sehr anhaltend und energisch ausführt (heißes ab- 
gekochtes Wasser, Borsäure, Wasserstoffsuperoxyd etc... Wo es der 
Kräftezustand des Pat. zulässt, packt er die Därme aus, um alle 
Nischen des Bauchraumes gründlich zu säubern. Bei allzu stark ge- 
blähten Darmschlingen werden dieselben durch Einschnitt entleert. 
Von dieser Überfüllung der Därme mit septischem Material droht 
den Pat. die Hauptgefahr, und da dig Entleerung der Därme durch 
einen Einschnitt an einer Stelle doch nur sehr unvollkommen erfolgt, 
so spritzt Verf. jetzt bei der Operation in den Dünndarm mittels 
einer großen Spritze eine Lösung von schwefelsaurer Magnesia, um 
dadurch von vorn herein die Peristaltik anzuregen. Im Übrigen ver- 
fährt er wie die meisten anderen Autoren, d. h. er näht die Bauch- 
wunde nicht und drainirt nach verschiedenen Richtungen. Seine 
Resultate haben sich in letzter Zeit — wie er glaubt in Folge seiner 


Darmeinspritzungen — außerordentlich gebessert. 
Tietze (Breslau). 


12) Elting and Calvert (Baltimore). An experimental study 
of the treatment of perforative peritonitis in dogs by a new 
method of operation. 

(Johns Hopkin’s Hospital Bulletin 1897. Juli.) 

Angeregt durch die Erfolge der Finney’schen Operationsmethode 
der eitrigen Allgemeinperitonitis, unternahmen die Verff. eine An- 
zahl von Thierversuchen, indem sie an Hunden eine Perforations- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 71 


peritonitis durch Ätzen des Darmes mit Ätzkali hervorriefen. Ab- 
gesehen von einer Versuchsreihe, in der sich die Verf. darauf 
beschränkten, die Därme mit Gazetupfern energisch abzureiben, um 
die durch diesen Reiz hervorgerufenen Verwachsungen zu studiren, 
wurde in allen Fällen die Wand des Blinddarms durch die Einwir- 
kung des Ätzkalis zum Durchbruch gebracht. Wurde die Bauch- 
höhle dann geschlossen, so trat nach 12—20 Stunden der Tod ein. 
Bei der Obduktion fand sich eine stark hämorrhagische Allgemein- 
peritonitis. Anders war der Verlauf, wenn 5—7 Stunden nach Ein- 
tritt des Durchbruchs der Leib wieder geöffnet und nach der 
Finney’schen Operationsmethode mit energischem Ausreiben der 
Bauchhöhle mittels in heiße Kochsalzlösung getauchter Gazetupfer 
behandelt wurde. Von 12 auf diese Weise behandelten Hunden 
starb nur 4, während 8 die Peritonitis überstanden. Allerdings 
starben später ein großer Theil dieser Hunde an den Folgen der 
inficirten Laparotomiewunde. Wurde endlich nicht nach der Finney- 
schen Methode verfahren, sondern wurde nur die Durchbruchstelle 
im Blinddarm ausgeschnitten und vernäht, so blieb der Erfolg aus. 
Sämmtliche 6 Hunde, bei denen der Eingriff 6—6!/, Stunden nach 
dem Durchbruch vorgenommen wurde, starben. 

Die Ergebnisse werden in folgenden Schlusssätzen zusammen- 
gefasst: 

1) Mechanische Reizung des Bauchfells führt zu der Bildung 
von Verwachsungen. 

2) Bei Hunden hat die Peritonitis, welche sich an einen Durch- 
bruch des Darmes anschließt, einen stark hämorrhagischen Charakter 
und führt, sich selbst überlassen, rasch zum Tode. 

3) Eine derartige Peritonitis bei Hunden kann bis zu 6'/, Stunden 
nach Eintritt der Perforation durch die Finney’sche Methode zur 
Heilung gebracht werden. 

4) Das Verschließen der Durchbruchstelle allein wird selten, 
wenn überhaupt, einen Fall von allgemeiner Peritonitis bei Hunden 
zur Ausheilung bringen. Strauch (Braunschweig). 


13) Guinard. Réflexions sur l’appendicite à propos d'une 
hernie étranglée de l’appendice. Rapport par M. Routier. 
— Discussion sur l’appendicite. 

(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 744—843.) 

Dieulafoy hat auf Grund von Experimenten und klinischer 
Beobachtung die Theorie aufgestellt, die Appendicitis sei die Folge 
der Stagnation von Darminhalt im Wurmfortsatz in Folge eines 
Verschlusses desselben. Diese Stagnation schädige die Gewebe 
einmal in analoger Weise, wie die Retention von Eiter, bedinge 
andererseits eine Zunahme der Virulenz der im Wurmfortsatz vor- 
handenen Bakterien; beides zusammen führe zum Einwandern der 
Bakterien in die Wandung der Appendix, zu ihrer Entzündung und 
schließlichen Gangrän und Perforation. 


12 Gentralblatt für Chirurgie. No. 3. 


G. beobachtete nun folgenden Fall: Eine 45jährige Frau, seit 
2 Jahren an einer reponiblen Schenkelhernie leidend, bemerkt eines 
Tages, dass sie den Bruch nicht zurückbringen kann, hat zwar ge- 
ringe Schmerzen, arbeitet aber weiter und sucht erst nach 6 Tagen 
ärztliche Hilfe auf. Es bestanden weder Störungen des Allgemein- 
befindens, noch des Pulses, noch Erbrechen, noch Auftreibung des 
Leibes; auch hatte Pat. noch am Tage vor der Aufnahme ins Kranken- 
haus Stuhlgang. G. diagnosticirte einen Netzbruch. Bei der Hernio- 
tomie fand er als Bruchinhalt den Wurmfortsatz, 15 cm lang, 2 ring- 
förmige Drucknarben an der Stelle der Einklemmung zeigend, nicht 
brandig, ohne Spur einer Entzündung ringsum. Resektion. Heilung. 

G. erblickt in diesem Falle einen Beweis gegen die Richtigkeit 
der oben skizzirten Theorie Dieulafoy’s.. Der Berichterstatter 
Routier will diesen Gegenbeweis nicht gelten lassen, ist vielmehr 
der Ansicht, dass in dem Falle G.’s ein vollständiger Verschluss des 
Wurmfortsatzes gar nicht vorgelegen habe, zumal ja klinisch alle 
Einklemmungserscheinungen fehlten. Er stützt sich auf die Ver- 
suche Klecki’s und Gervais de Rouville’s, welche zeigen, dass 
ein unvollständiger Verschluss der Appendix keine Reaktion hervor- 
ruft, ein vollständiger jedoch alle Zeichen der Appendicitis und 
begleitenden Peritonitis herbeiführt. 

Die sich im Anschluss hieran in der Pariser chirurgischen Ge- 
sellschaft entspinnende Diskussion verdient bei dem lebhaften Inter- 
esse, welches man auch in Deutschland dem Studium der Appendicitis 
entgegenbringt, in ihren Hauptpunkten eine Erwähnung. Brun, 
Walther, Jalaguier, Broca, Bazy, Reclus, Reynier halten 
die Dieulafoy’sche Anschauung, wenigstens in ihrer Ausschließ- 
lichkeit, auch für unrichtig. Als hauptsächliche Gegengründe machen 
sie geltend: 1) das Vorkommen zahlreicher Fälle, in denen die Re- 
sektion des Wurmfortsatzes nicht von vollkommener Heilung gefolgt 
war, da der Blinddarm gleichfalls erkrankt war; 2) das gleichzeitige 
Vorkommen von Ulcerationen im Blinddarm und im Anhang; 
3) Heilungen nach einfacher Entleerung perityphlitischer Abscesse, 
ohne dass man bei der Operation den Wurmfortsatz oder Kothsteine 
finden konnte; 4) das häufige Fehlen eines Verschlusses oder einer 
Verengerung bei der anatomischen Untersuchung des resecirten An- 
hangs. Brun erklärt desshalb den Verschluss, wo man ihn findet, 
für sekundär; das Primäre sei stets die Entzündung der Wand des 
Wurmfortsatzes, die vermöge ihres Reichthums an Drüsen- und Lymph- 
elementen, ähnlich wie die Mandeln, zu infektiös entzündlichen 
Processen neige. Eine vorausgegangene Enteritis oder Kolitis gebe 
oft die eigentliche Ursache der Appendicitis ab. Walther schließt 
sich dieser Ansicht an. Auch er fand in keinem der Fälle akuter 
Appendicitis, die er untersuchte, einen Verschluss, immer aber eine 
mehr oder weniger ausgesprochene Follieulitis, die sich manchmal 
bis zur Bildung eines Abscesses in die Wand des Wwurmfortsatzes 
steigerte. Jalaguier sieht in manchen Fällen von Appendicitis 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 73 


nur den Ausdruck einer Allgemeininfektion; das Vorhandensein 
eines Kothsteines, einer Verengerung oder eines Verschlusses des 
Wurmfortsatzes bilde nur ein prädisponirendes Moment. Bazy ver- 
ficht energisch die alte Lehre der Typhlitis; es sei falsch, den Aus- 
gangspunkt der Krankheit immer nur im Wurmfortsatz suchen zu 
wollen, der Blinddarm erkranke oft genau in der gleichen Weise; 
schon aus diesem Grunde müsse er die Dieulafoy’sche Theorie 
zurückweisen. Tuffier hält die Stagnation im Wurmfortsatz nicht 
für so gleichgültig, hebt hervor, dass er Gangrän desselben nament- 
lich bei großen Kothsteinen in ihm gefunden habe, und macht 
darauf aufmerksam, dass die nach einer Appendicitis auftretenden 
Störungen nur zum Theil Recidive, zum Theil durch Darmverenge- 
rung in Folge von Narbensträngen bedingt seien. Pozzy nimmt einen 
vermittelnden Standpunkt ein, giebt zwar zu, dass Verschluss der 
Appendix nicht die alleinige Veranlassung der Appendicitis sei, aber 
doch eine häufige, und macht aufmerksam, dass ja die einfache 
Schleimhautschwellung, eine dicke Schleimflocke genüge, ihre 
Lichtung zu verlegen. Die Kothsteine, Knickungen und Narben- 
verengerungen des Wurmfortsatzes betrachtet er als prädisponirende 
Momente, die eigentliche Ursache der Appendicitis sieht er in der 
Infektion, mag diese nun primär den Wurmfortsatz befallen oder 
sich vom Dünn- oder Blinddarm auf ihn fortgepflanzt haben. Cham- 
pionnière schuldigt als hauptsächliche Ursache der Appendicitis 
eine chronische Verstopfung an in Folge unzweckmäßiger Diät, 
insbesondere auch zu reicher Fleischkost, empfiehlt den Gebrauch 
von Abführmitteln und wendet sich gegen eine zu weite Ausdehnung 
der Indikation zur Operation. Auch er hält, wie Bazy, die alte 
Lehre der Typhlitis zum Theil aufrecht. Hiergegen wendet sich 
Brun scharf; die wurstförmige Geschwulst, die man ja so häufig 
fühlt und früher stets für den Blinddarm gehalten habe, sei nicht 
der durch Darminhalt gedehnte Blinddarm, sondern habe sich bei 
allen seinen Operationen stets als eitriges Exsudat herausgestellt; 
der Darm erkranke nur sekundär. Routier stimmt ihm hierin im 
Allgemeinen bei, hat jedoch manchmal die scheinbare Geschwulst 
lediglich als Kontraktion der Bauchmuskeln nachweisen können; im 
Übrigen hält er trotz aller Einwände an seiner oben angeführten 
Anschauung und an der Behauptung fest, dass die Pat. durch Re- 
sektion des Wurmfortsatzes auch wirklich geheilt würden. 
Beichel (Breslau). 


14) Krüger. Appendicitis und ihre Beziehungen zu den 
weiblichen Genitalorganen. 
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 401.) 

K. bringt auf Anregung seines Chefs Prof. Sonnenburg eine 
allgemeine Besprechung der diagnostischen Unterscheidungsmerkmale 
zwischen Appendicitis und gynäkologischen Entzündungsaffektionen, 
wonach er zur Erläuterung ein reichliches, 21 Fälle zählendes kasu- 


74 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


istisches Material aus Sonnenburg’s Krankenhausabtheilung bei- 
fügt. Auch Sonnenburg fand in seiner Praxis die Perityphlitis 
im Allgemeinen beim weiblichen Geschlechte seltener als beim 
Manne (im Verhältnis von 40,67% :59,33% des Gesammt-Beobach- 
tungsmaterials).. K. schließt sich der Ansicht von Fowler, Wal- 
deyer u. A. an, dass der weibliche Wurmfortsatz vor dem männ- 
lichen noch eine peritoneale Befestigung mehr, nämlich durch das 
Ligamentum appendiculo-ovaricum, voraus hat, aus welchem er auch 
noch eine Arterie erhält, und dass diese anatomischen Eigenthüm- 
lichkeiten zur Erklärung des Häufigkeitsunterschiedes in der Erkran- 
kung an Appendicitis heranziehbar sind. Bei Besprechung der 
Diagnose werden nach einander die einzelnen von Sonnenburg 
unterschiedenen Appendicitisformen durchgegangen. Die Appen- 
dicitis simplex könnte besonders mit Pelveoperitonitis verwechselt 
werden, beide können eine allgemeine peritonitische Reizung veran- 
lassen; kommt es aber zu einer abgekapselten Exsudatbildung, so 
wird diejenige der Beckenperitonitis zumeist im Douglas sitzen. 
Einer Appendicitis perforativa könnte besonders eine puerperale 
Parametritis ähneln, während abgesackte und eingedickte 
Herde nach einer Appendicitis suppurativa am meisten mit 
alten para- oder perimetritischen Abscessen und Pyosalpinx ver- 
wechselbar erscheinen. Im Allgemeinen aber werden bei genauer 
Würdigung der Anamnese und präciser Lokaluntersuchung die 
Krankheitszustände richtig erkennbar sein, falls es sich nur um die 
Erkrankung eines Organs, entweder des Processus oder der Geni- 
talien, handelt; sind dagegen beide Theile gleichzeitig erkrankt, 
wag auch gar nicht selten beobachtet wird, so kann die diagnostisch 
richtige Deutung völlig unmöglich werden. 

Von der interessanten Kasuistik seien nur 2 Fälle von geplatzter 
Tubenschwangerschaft hervorgehoben, bei deren Operation eine Ver- 
wachsung zwischen Wurmfortsatz und Fruchtsack gefunden wurde. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


15) Sonnenburg. Beiträge zur Differentialdiagnose der 

Entzündungen und Tumoren der Ileocoecalgegend mit be- 

sonderer Berücksichtigung rechtsseitiger Adnexerkrankungen. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 40.) 

S. weist auf die nicht seltene Schwierigkeit der Unterscheidung 
von Perityphlitis und Tuberkulose des Blinddarms bezw. des Wurm- 
fortsatzes hin. In einem seiner Fälle, wo perityphlitische Erschei- 
nungen bestanden hatten, und nie Abscess vermuthet wurde, ward 
bei der Operation ein in mächtige Schwarten eingebettetes, von Eiter 
umgebenes Fibromyom, dessen Ausgangspunkt nicht festgestellt wer- 
den konnte, vorgefunden. Ferner weist S. darauf hin, dass Invagi- 
nationen des Darmes das Bild der Perityphlitis vortäuschen können, 
dessgleichen Einklemmungen von Darmabschnitten in Bauchfell- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 57 


taschen. Anhaltendes Erbrechen ohne Abgang von Koth und Win- 
den spricht jedoch gegen eine Appendicitis. 

Eine von S. angeführte Krankengeschichte spricht dafür, dass 
intramuskuläre oder Bauchdeckenabscesse sich von den partiellen 
Peritonitiden durch Abwesenheit von Verstopfung und Erbrechen, 
so wie durch Meteorismus auszeichnen. 

Schwierig bleibt die Differentialdiagnose von Gallenblasen- und 
Leberleiden. Lokalisation des Schmerzes und Art des Erbrechens 
können hier bisweilen einen Fingerzeig geben, abgesehen von einer 
großen Reihe sonstiger differentialdiagnostischer Momente. S. be- 
schreibt einen eigenthümlichen Fall von Gallensteinileus, der eine 
Appendicitis vortäuschte. 

Veranlassung zur Verwechslung mit Appendicitis giebt ferner 
bei Weibern die Pelveoperitonitis mit ihren Theilerscheinungen, der 
akuten Perimetritis, Perisalpingitis und Perioophoritis. Doch gelingt 
in der Regel eine präcise Abtastung der tubaren Geschwulst von der 
Linea innominata aus. Auch das Fehlen der charakteristischen Stö- 
zungen der Darmfunktionen kann diagnostisch wichtig sein, eben so 
der mehr oder minder hohe Sitz des Exsudats. Auch kapselt sich 
das pelveoperitonitische Exsudat am häufigsten im Douglas’schen 
Raume ab. 

Wenn die klinischen Erscheinungen bei den Adnexerkrankungen 
auch gleichfalls mit Erbrechen und Singultus plötzlich auftreten 
können, so werden die Schmerzen doch von vorn herein tiefer in 
der Gegend des Poupart’schen Bandes lokalisirt. 

In einer Reihe von Fällen, in denen S. operirte, war eine ver- 
kehrte Diagnose gestellt worden. In einigen Fällen waren Appen- 
dix und Adnexorgane gleichzeitig erkrankt. 

R. Wagner (Mülheim a. d. Bi 


16) P. Kuzmik. Zur Kritik der Darmnaht. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 300.) 

Verf., klinischer Adjunkt der E. R&czey’schen Universitäts- 
klinik in Budapest, bringt zunächst eine Zusammenstellung der 
wichtigsten Darmnahtmethoden, in der wir nichts Neues gefunden 
haben, sodann einen Bericht über eigene Darmoperationsexperimente 
an Hunden, bei welchen Darmresektionen, Darmausschaltungen und 
Darmanastomosen gemacht wurden, deren Hauptinteresse indess in 
der nach verschiedenen Methoden, Maunsell-Ullmann, Lembert, 
Murphy, Landerer, Kummer, v. Baracz, und auch nach einer 
eigenen Methode des Verf. ausgeführten Darmnaht liegt. K. hat seine 
Methode 5mal mit befriedigendem Resultat probirt. Sie benutzt 
nach dem Beispiel von Senn und v. Baracz zwei gelochte Scheiben, 
die in die zu vereinigenden Darmstümpfe eingelegt werden, herge- 
stellt aus gelben Rüben oder Horn. Die Form derselben ist aber 
nicht platt, wie bei Senn, sondern eher knopfförmig, wie die Knopf- 
hälften bei Murphy. Ähnlich wie beim Murphy’schen Verfahren 


76 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


werden die Darmenden über die Ringe mit der Serosa nach außen 
umgelegt und dann mit 6 Nähten, welche die beiden Ringe nebst 
den zwischen ihnen sich mit der Serosa berührenden Darmenden 
an einander drängen, vereinigt. Eine Abbildung erläutert diese 
»Sutura intestini secundum Kuzmik« im Original. Auf letzteres 
sei auch Betreffs K.’s kritischer Beurtheilung der verschiedenen 
Nahtmethoden hingewiesen. Erwähnt sei noch, dass der Arbeit ein 
sorgfältiges und wie uns scheint recht vollständiges Litteraturverzeichnis 
der Darmnaht angehängt ist. M. Schmidt (Cuxhaven). 


17) W. Moyer. The place of the Murphy button in gastro- 
enterostomy. 
(Annals of surgery 1897. Juli.) 

Verf. vertritt in seiner ausführlichen Arbeit ähnliche Anschau- 
ungen, wie sie nun auch von einer ganzen Anzahl deutscher Autoren 
bekannt gegeben worden sind; d. h. er spricht sich über die Ver- 
wendung des Knopfes im Ganzen sehr günstig aus. Bei der auf 
breitester Grundlage geführten Diskussion dürfte sich ein Referat 
über diese neue Arbeit erübrigen, doch sei auf dieselbe wegen ihrer 
Vollständigkeit besonders hingewiesen. Tietze (Breslau). 


18) A. Boari (Ferrara). Modificazioni al metodo anasto- 
motico di Murphy. (XI. Kongress der italienischen chir. 
Gesellschaft.) 

(Clinica chirurgica 1897. No. 4.) 

Die vorliegende Arbeit ist die ausführliche Zusammenstellung 
aus der Diskussion auf dem oben genannten Kongress (cf. Referat im 
Centralblatt für Chirurgie 1896 p. 1174). Eine genaue Beschreibung 
der bisher angegebenen Modifikationen des Murphy-Knopfes, unter- 
stützt durch gute Abbildungen, leitet den Aufsatz ein. Es sind dies 
die Instrumente von Ramaug£, Garbarini, Chaput, Duplay- 
Gazin, Hayes, Bonomo-Rho, Hagopoff, ferner die vegetabilisch- 
organischen Röhren (zum Theil in den letzten Jahrgängen referirt). 

Bis eigene Modifikation besteht erstens darin, dass er die Ein- 
richtung des männlichen Theiles ändert. Er schlitzt ihn mehrfach 
der Länge nach nach Art der Kluppenfedern und versieht ihn am 
Ende an der Außenfläche mit 2 Schraubengängen, die in die des 
weiblichen Stückes eingreifen. Dadurch wird das Anlegen erleichtert, 
etwaige Fehler (Torsionen etc.) können durch rasches Öffnen noch 
korrigirt werden, ohne die Festigkeit des Verschlusses für später zu 
gefährden, und die Subtilität der kleinen Federn fällt weg. Ferner 
lässt B. die breiten Ringe, welche die Darmenden bezw. Magen- und 
Darmwände aufzunehmen haben, aus halbentkalktem Elfenbein her- 
stellen. Dieses Modell, in den Dimensionen des Murphy-Knopfes, 
wiegt bedeutend weniger, 11,5—16g gegen 15—29 g je nach der 
Größe; der Abgang wird bedeutend erleichtert, da ja der breite Theil 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 77 


des Knopfes arrodirt und selbst ganz verdaut werden kann. Dies 
tritt aber auch nicht zu früh ein, wie ein geheilter Fall von Gastro- 
enterostomie und zahlreiche Thierexperimente bewiesen. 

B. ist nun noch weiter gegangen und hat den ganzen Knopf 
aus Knochen (Elfenbein) herstellen lassen. Bei diesem Modell trägt 
der männliche ungeschlitzte Theil auf der ganzen Oberfläche der 
Röhre ein Schraubengewinde, welches schräg (sägezahnartig) ein- 
geschnitten ist, die weibliche Röhre ist der Länge nach geschlitzt 
und trägt innen 2 Schraubengänge von entgegengesetzter Zahnung. 
Jeder Theil ist aus einem Stück angefertigt. Die Knöpfe wiegen 
in den gleichen Größen nur 5,4—9 g. Auch dieses Modell wurde 
bei einer Gastroenterostomie und zahlreichen Thierexperimenten mit 
gutem Erfolg angewendet. Die Arrosion begann am 3. Tage, und 
es war am 12. die Verdauung beendet. Freilich wirkt der Magen- 
saft der Hunde bedeutend intensiver. J. Sternberg (Wien). 


19) A. Boari (Acqua pendente). Tabloide anastomotico. Nuovo 
processo di gastroenterostomia. 
(Clinica chirurgica 1897. No. 7.) 

B. hat, in weiterer Verfolgung der Versuche Postnikow’s, Ba- 
stianelli’s, Souligoux’ und Chaput’s, bei Gastroenterostomien die 
Vereinigung der Wände auf die Serosa und Muscularis zu beschrän- 
ken und die Eröffnung der Schleimhaut beider Eingeweide durch 
Abbinden, Quetschen, Kauterisiren derselben bloß einzuleiten, ähn- 
liche Experimente an Hunden angestellt. Er nähte die Wände beider 
Intestina unversehrt über einer Tablette aus entsprechend dosirter 
kaustischer Substanz (welcher Zusammensetzung, ist nicht gesagt, 
Ref.) zusammen. »Langsam ätzt das Mittel die Wandungen an, es 
bildet sich ein Wall von Verwachsungen und nach einigen Tagen eine 
Passage.<c Nach 3 und 4 Monaten konnte er an seinen Hunden, von 
denen je zwei der Gastroenterostomie und der Enterostomie unter- 
zogen worden waren, »die schönsten Mündungen, umsäumt von nar- 
biger Schleimhaut« nachweisen. Weitere Versuche müssen die Brauch- 
barkeit der Idee erhärten. J. Sternberg (Wien). 


20) Dubourg. De l’emploi du tube de caoutchouc dans 
les anastomoses intestinales. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 667.) 

Zur Anlegung einer Anastomose zwischen 2 Därmen oder Darm 
und Magen resp. Gallenblase bedient sich D. kurzer, dicker Gummi- 
röhren, deren eines, in den Darm zu liegen kommendes Ende ge- 
wulstet ist, deren anderes in den Magen resp. die Gallenblase ge- 
legt wird; 2 Katgutnähte fixiren das kurze Rohr, rings um welches 
die Serosen durch exakte Naht vereinigt werden. Den Vortheil dieses 
Verfahrens glaubt D. in 4 Punkten zu sehen: 1) der Kothweg wird 
durch das Rohr in den ersten Tagen sicher offen gehalten; 2) die 


78 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


Naht soll leichter ausführbar sein; 3) die Weite der Öffnung lässt 
sich genau bestimmen; 4) die Ausstoßung des Gummirohrs erzeugt 
später keine Gefahr. Beichel (Breslau). 


21) J. Frank. Pathological histology of intestinal end-to- 
end approximation after the use of the Frank coupler. 
(New York med. record 1897. September 18.) 

Die Experimente an Hunden sind mit Rücksicht auf eine frühere 
Publikation (Med. record Oktober 1896) ausgeführt worden und be- 
treffen den von F. erfundenen entkalkten Knochenknopf. Die mikro- 
skopischen Untersuchungen von Prof. Evants und Dr. Zapffe be- 
treffen Präparate vom 10., 60., 90. Tage und von 11 Monaten, in 
einem Falle auch nach Einlegung eines Murphyknopfes, und ergaben 
Folgendes: 

Die Schleimhaut zeigte in allen Fällen ein Entropium, welches 
als passiver Vorgang aufgefasst werden musste und allein der Zu- 
sammenziehung des unterliegenden Narbengewebes seine Entstehung 
verdankte. Im Übrigen ist diese Schicht vollkommen regenerirt. 
Die für Murphy früher von Hertoen angestellten Untersuchungen 
ergaben übrigens dasselbe Resultat, während Garbarini keine Re- 
generation fand. 

Die Submucosa ist gefäßreicher und dichter am Vereinigungs- 
punkt. Sonst ist kein Unterschied von der entsprechenden normalen 
Partie festzustellen. 

Die Muscularis zeigt in keinem Präparat Regeneration. An 
den Schnittflächen des Muskels waren je einige proliferirende Muskel- 
zellen und unvollständige Regenerationsversuche jedes Mal zu be- 
obachten, aber nicht genügend zur Füllung des Zwischenraums. 
Durch Abreißen bei Anlegung des Knopfes waren zweifellos einige 
Muskelfasern mit abgerissen, und auf diese Weise in die Narbe 
hineingekommen. Das ist aber nicht als ein Regenerationsversuch 
aufzufassen. 

Dr. Hertoen stellte dagegen bei Murphy bereits am 30. Tage 
völlige Wiederherstellung der Längsmuskelschicht und komplete Ver- 
einigung der transversalen Muskulatur durch Bindegewebe fest. Am 
60. Tage sollten völlig normale Verhältnisse vorhanden sein, nur 
hin und wieder waren einige Bindegewebsfasern und kleine, den 
Blutgefäßen entsprechende Räume festzustellen. 

Die Submucosa ist verdickt. 

Mit bloßem Auge kann auf dem Querschnitt jede Schicht 
erkannt werden; besonders sieht man ein weißes Band, die Muscu- 
laris, scharf abgegrenzt, welches durch eine dunklere Linie, das 
Narbengewebe, unterbrochen wird. 

Die Serosa ist stets vollständig vereinigt und dicht an die Mus- 
cularis geheftet, etwas verdickt und gefäßreicher, im Übrigen aber 
unverändert. Die Fasern des Narbengewebes haben eine gekreuzte 
Richtung von der Serosa der einen Seite zu der Vereinigungslinie 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 79 


der Muskulatur der entgegengesetzten Partie und bilden ein Netz- 
werk. 

Verf. erklärt, dass das Bindegewebe von den gefäßreicheren 
Schichten schnell den Raum zwischen den Muscularisenden ausfülle, 
ehe noch diese die Möglichkeit zur Regeneration hätten. 

Loewenhardt (Breslau). 


22) Souligoux. Gastro-entero-anastomose, entero-anastomose, 
chol&cyst-ent&ero-anastomose sans ouverture préalable de la 


cavité des organes à anastomoser. — Rapport par Plicque. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 596.) 

8. hat folgendes Verfahren zur Verminderung der Infektions- 
gefahr bei Anlegung von Darmanastomosen ersonnen: 

Eröffnung der Bauchhöhle. Vorziehen der beiden mit einander 
zu vereinigenden Darmschlingen, resp. des Magens und einer Darm- 
schlinge. Während ein Assistent die Schlinge abplattet, fasst der 
Operateur den freien Rand derselben in entsprechender Ausdehnung 
mit einer besonders konstruirten kräftigen Klemme und quetscht sie 
durch starkes Zusammendrücken der Griffe bis zur Mortifikation des 
Gewebes. Nur das Bauchfell widersteht, die Muskeln und Schleim- 
haut werden durch die Quetschung zertrümmert; die gequetschte 
Partie bildet nur noch eine dünne transparente Membran, die zwar 
noch mechanisch den Ausfluss von Darminhalt verhindert, aber dem 
Absterben geweiht ist. Nunmehr werden erst die hinteren Ränder 
der beiden zerquetschten Zonen durch Naht vereinigt, die gequetschte 
Partie selbst noch mit Ätzkali geätzt — unter vorsichtigstem 
Schutze der Umgebung —, dann auch die vordere Umrandung mit 
sero-serösen Nähten versorgt. Die ganze Operation ist in ca. 
20 Minuten beendet. S. hat das Verfahren, nachdem er es an Hunden 
wiederholt probirt hatte, bereits 5mal beim Menschen angewendet, 
4mal mit Erfolg. Ein Operirter mit einem Carcinom des Colon 
ascendens, der bereits Zeichen eines subakuten Darmverschlusses 
zeigte, starb. Derartige Fälle, bei denen die Herstellung eines freien 
Kothweges eilig ist, eignen sich, wie Verf. selbst zugiebt, nicht für 
die neue Methode, die sonst sehr der Nachprüfung werth erscheint. 

Chaput hat die Methode S.’s etwas modificirt: anstatt die Ge- 
webe zu zerquetschen, mortificirt er sie mit dem rothglühenden Eisen; 
am Magen trägt er vorher die Tunica muscularis in entsprechender 
Ausdehnung ab. Bisher hat er dies Verfahren erst am Thier ver- 
sucht. In analoger Weise führt er auch die cirkuläre Darmnaht aus: 
jedes der beiden zu vereinenden Darmenden wird mit einem Faden 
fest umbunden, die vorquellende Schleimhaut mit der Schere ab- 
getragen, dann jedes Ende mit dem T'hermokauter in querer Richtung 
mortificirt; darauf werden beide Enden durch sero-seröse Nähte jen- 
seits der gebrannten Partie vereinigt. Reichel (Breslau). 


80 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


23) C. A. Ewald. Erfahrungen über Magenchirurgie, vor- 
nehmlich bei malignen Geschwülsten. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 37 u. 38.) 

In der Abhandlung, welche sich mit dem auf dem XII. inter- 
nationalen Kongress in Moskau (Innere Sektion) gehaltenen Vortrag 
des Verf. deckt, theilt E. die Erfahrungen mit, welche er im Laufe 
der letzten 2!/, Jahre auf dem Gebiet der Magenchirurgie gewonnen 
hat. Dieselben interessiren um so mehr, als sie wohl die größte 
Serie von Fällen betrifft, welche bisher von einem Internisten beob- 
achtet und zur Operation übergeben worden ist. Die Beobachtungen 
E.’s erstrecken sich auf 29 Fälle von Gastroenterostomie, 17 Fälle 
von Resektion (eventuell mit Gastroenterostomie) und 22 Fälle von 
Gastrostomie. Zumeist handelte es sich um Carcinome, in 3 Fällen 
um Pylorusstenosen, 2mal um floride Geschwüre. Bis auf 3 Fälle 
war der operative Erfolg an sich ein tadelloser. Dennoch ergiebt 
sich folgende Statistik: Gastroenterostomien mit 55,5%, Magen- 
resektionen mit 69,2%, Gastrostomien mit 54,5% Sterblichkeit. 

Dieses statistische Ergebnis stellt sich ungünstiger heraus, als 
die von bedeutenden Chirurgen, namentlich von Mikulicz veröffent- 
lichten Resultate. Es kommen hier eben verschiedene Momente in 
Betracht, in erster Linie die Grenzen für die Indikation zur Ope- 
ration und die Deutung der Rubrik »Geheilt«. (Verbesserung der 
Statistik durch Ausschluss scheinbar ungünstiger Fälle) Die Haupt- 
ursache der schlechten Erfolge muss aber in Umständen gesucht 
werden, welche außerhalb des Könnens der Chirurgen liegen und 
diesem durch die Natur der Dinge unüberwindliche Schranken setzen. 
Für die Prognose bezw. den Ausfall der Operationen kommen folgende 
Umstände in Betracht: 1) Sitz und Ausbreitung des Carcinoms am 
Magen selbst. 2) Die Ausbreitung des Carcinoms auf die Nachbar- 
organe. 3) Die allgemeine Kachexie und die dadurch bedingte 
mangelnde Resorptions- und Ernährungsfähigkeit nach der Operation. 

Was die beiden ersten Punkte anbelangt, so ist man vor Eröff- 
nung der Bauchhöhle nicht in der Lage, sich ein genaues Bild von 
den herrschenden Verhältnissen zu entwerfen. Andererseits reicht 
die chemische Untersuchung des Magensaftes zur Stellung der so- 
genannten Frühdiagnose für sich allein nicht aus, ja es tritt weitaus 
in der Mehrzahl der Fälle die Milchsäurebildung später auf, als die 
tastbare Geschwulst, sie ist überhaupt kein specifisches Symptom des 
Magencarcinoms, sondern hängt von verschiedenen Faktoren ab. E. 
theilt daher die Ansicht, dass der Chirurg nicht sowohl auf Grund 
einer Frühdiagnose, als vielmehr desshalb früh operirt, weil sich die 
Pat. heute überhaupt schneller zu einem operativen Eingriff ent- 
schließen. Andererseits hängt nach wie vor die Frühoperation von 
der frühzeitigen Erkenntnis einer Geschwulst ab. 

Die Gastrostomie ist nach E.’s Ausspruch nichts mehr als eine 
Art Euthanasie, nichtsdestoweniger muss sie aus humanen, wenn 
nicht aus anderen Gründen unternommen werden. 


Gentralblatt für Chirurgie. No. 3. SI 


E. betont schließlich: »Dass jeder Fall, mag er scheinbar auch 
noch so günstig für die Operation liegen, zunächst eine zweifelhafte 
Prognose giebt, und dass sich die Aussichten des chirurgischen Ein- 
griffs im Vorhinein nicht bemessen lassen; nichtsdestoweniger wird 
und muss man immer wieder in allen geeignet erscheinenden Fällen 
den operativen Eingriff in Vorschlag bringen und Alles daran setzen, 
denselben so früh als möglich erfolgen zu lassen«. @old (Bielitz). 


24) Monod (Paris). De l’invagination intestinale. 
These de Paris, &. Steinheil, 1897. 
Verf. kommt in seiner Arbeit zum Schluss, dass die Invagination 
die Methode der Wahl bei allen Darmverbindungen sein solle, und 
besonders für die Anlegung des neuen Afters nach Mastdarmexstir- 


pation stets der Inguinalafter angewandt werden müsse. 
Roesing (Hamburg). 


Kleinere Mittheilungen. 


25) R. Alessandri. Tödliche Septhämie durch Bacterium coli, mit 
Lokalisation auf einer Operationswunde. 
(Policlino 1897. Mai 1.) 

Verf. berichtet folgenden Fall: 

Eine 60jährige Frau litt seit 8 Monaten an einem Careinom der linken 
Mamma; im Übrigen war nichts Wesentliches an der Pat. zu finden, insbe- 
sondere war die Darmfunktion anscheinend normal. Es wurde desswegen die Am- 
putatio mammae nebst Ausräumung der Achselhöhle vorgenommen, nachdem die 
Kranke am Tage vorher ein Abführmittel (30 g Natr. sulf.) erhalten hatte. Am 
2. Tage nach der Operation traten sebr heftige Teibschmerzen auf, mit reich- 
lichen, bisweilen blutigen, übelriechenden Durchfällen. Da bei der Operation 
Sublimat in mäßiger Stärke zur Anwendung gekommen war, so lag der Ver- 
dacht einer Hg-Intoxikation nahe, zumal da auch eine leichte Stomatitis bestand, 
Aber während die letztere sehr rasch verschwand, blieben die Durchfälle trotz 
aller Therapie bestehen; die Temperatur war normal. Beim ersten Verband- 
‘wechsel (nach 8 Tagen) fand sich die Wunde zwar oberflächlich verheilt, aber in 
der Tiefe bestand ein großes Blutextravasat. Es wurden die Nähte entfernt und 
ein neuer Verband angelegt. Am folgenden Tage plötzliche Unruhe, Blässe, 
kleiner Puls von 160. Wegen Verdacht auf Blutung wurde der Verband entfernt 
und das Coagulum ‘ausgeräumt; jedoch fand sich keine frische Blutung. Tampo- 
nade, - Verband, Exeitantien. Hierauf besserte sich der Zustand wieder, aber die 
Durchfälle bestanden fort, und es zeigte sich eine starke Darmblutung, die den 
vorausgegangenen Collaps erklärte. In den folgenden Tagen bekam die Wunde 
einen graugelben, »diphtherischen« Belag. Trotz antiseptischer Ausspülungen 
besserte sich dieser Zustand nicht; es trat sogar ein Weiterschreiten der Infektion 
nach hinten auf, sodass eine Gegenöffnung angelegt wurde. Allmählich ver- 
schlechterte sich der Zustand; die Diarrhöen bestanden weiter, bisweilen mit 
Blutspuren, es trat ein typhöser Zustand ein, weiterhin Decubitus, meningeale 
Reizerscheinungen, Collapstemperatur und Tod. 

Die Autopsie ergab reichliches, schmieriges Exsudat in der Wundhöhle, fibri- 
nöse Auflagerungen in den Meningen, schwere hämorrhagische Enteritis des 


Colons (mit zahlreichen Geschwüren). 
Mikroskopisch fand sich Nekrose der Wundränder; in denselben eine große 


Menge kurzer, dicker Bacillen (3—4 u) Die Darmgeschwüre zeigten ebenfalls 


82 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


Nekrose des Epithels, Infiltration der benachbarten Partien, mäßige Menge 
kurzer Baeillen. Es wurden Kulturen angelegt sowohl vom Blut als vom »diph- 
therischen« Wundbelag; in beiden Fällen entwickelten sich reichliche Kolonien 
auf Agar, Bouillon und Gelatine. Es fand sich stets ein kurzer Bacillus mit ab- 
gerundeten Enden, nicht färbbar nach Gram, mäßig beweglich. Derselbe Bacillus 
fand sich auch in den von Milz und Cerebrospinalflüssigkeit der Leiche angelegten 
Kulturen. Nach Ansicht des Verf. handelt es sich um Bacterium coli (B. coli dis- 
enterieum). Die Thierversuche ergaben Folgendes: Bei Meerschweinchen erzeugte 
die subkutane Einspritzung von Reinkulturen lokale Nekrose; bei großen Dosen 
kam es zum Tod der Thiere. Die intraperitoneale Einspritzung ergab stets sero- 
fibrinöse Peritonitis, die zum Tode führte. Bei Katzen bekam man ähnliche 
Resultate, namentlich starke Hyperämie des Darmes, speciell des Colons, bisweilen 
mit blutigem Koth. Auch mit den bakterienfreien Toxinen machte Verf. Thier- 
versuche; er erzeugte durch fortgesetzte Einspritzung des Giftes bei Meer- 
schweinchen und Kaninchen den tödlichen Ausgang, aber ohne charakteristischen 
Befund. Bei Katzen jedoch gelang es auf diese Weise, Diarrhöen mit Hämor- 
rhagien zu erzeugen, die ebenfalls zum Tode führten. Bei der Autopsie findet 
sich dann starke Hyperämie des Oolons, mit Erosionen und Geschwüren. 

Zum Schluss bringt Verf. eine kritische Übersicht der einschlägigen, die Vi- 
rulenz und die pathogenen Eigenschaften des Bacterium coli betreffenden Litte- 
ratur. Es handelt sich dabei um eine stattliche Reihe von Krankheitszuständen, 
von denen man mit mehr oder weniger Sicherheit annehmen kann, dass sie durch 
das Bact. coli veranlasst werden; insbesondere kommen hier in Betracht: Peri- 
tonitis, Perityphilitis, Dysenterie, Cholera nostras, Abscesse, Gangrän, Cystitis und 
Sepsis. H. Bartsch (Heidelberg). 


26) 8. Bremig. Über Myositis ossificans, nebst Mittheilung von drei 
Fällen solitärer Myositis ossificans. (Aus der Greifswalder chirurg. 
Klinik.) 

Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Nach Aufzählung der in der Litteratur bekannt gegebenen Fälle von Myosi- 
tis ossificans einzelner Muskeln führt Verf. 2 hierher gehörige Fälle an (Ver- 
knöcherung im Triceps und Vastus med.), die beide nach Traumen entstanden und 
durch operative Entfernung der Knochenneubildung geheilt wurden. Im Gegen- 
satz zu Anderen pflichtet Verf. nach Untersuchung eines 3. Falles (Verknöcherung 
des Quadriceps) der Grawitz’schen Ansicht bei, dass der Process in den Muskel- 
zellen, nicht in dem Bindegewebe beginne, und dass es sich um einen entzünd- 
lichen Vorgang, nicht aber um eine Neubildung handle. Ob die Knochenbildung 
aus verlagerten embryonalen Keimen oder durch Metaplasie des normal vorhandenen 
Gewebes entsteht, bleibt unentschieden. Happel (Darmstadt). 


27) Scholtz. Ein Fall von multiplem Muskelechinococcus, kom- 
binirt mit Eingeweideechinokokken. 

(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 2.) 

Die Lokalisation des Echinococcus in den Muskeln gehört zu den Aus- 
nahmen. Bisher überhaupt noch nicht beschrieben ist ein Fall wie der vorliegende, 
mit multiplen Herden in der Muskulatur. Eine 38jährige Frau aus Mecklen- 
burg war 1891 mit Anschwellung am rechten Ober- und Unterschenkel, Nieren- 
vergrößerung und Milsschwellung erkrankt; damals wurde eine walnussgroße 
Hydatide am Unterschenkel exstirpirt. Die Nierengeschwulst zeigte sich eben- 
falls durchsetzt mit multiplen Echinococeusblasen,; es wurde von Kümmell eine 
partielle Resektion der Niere gemacht. (Der Fallist im Archiv für klinische Chi- 
rurgie Bd. XXVI beschrieben.) Jetzt hat die Frau sich von der Geschwulst am 
rechten Oberschenkel befreien lassen, welche bis Zweifaustgröße gewachsen war. 
Bei der Exstirpation des derben, fibrösen Sackes musste mehrfach Muskelgewebe 
mit fortgenommen werden, Heilung durch Granulation. Unter dem linken Rippen- 
bogen fühlte man der Milz angehörend eine faustgroße Geschwulst, die nach des 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 83 


Anamnese auch als Echinococcus angesprochen wird, und davon getrennt in der 
Bauchhöhle eine walnussgroße,; da dieselben aber keine Beschwerden machen, 
wollte die Frau sich nicht daran operiren lassen. Die Geschwulst am Ober- 
schenkel soll nach einem Stoß plötzlich stark gewachsen sein. Die Diagnose 
war in diesem Falle gegeben. Beide Blasen saßen an der der großen Gefäßscheide 
entgegengesetzten Seite, welcher Umstand der sonst als richtig angenommenen An- 
sicht, dass sich die Embryonen durch eine selbständige Bewegung im perivasku- 
lären Zellgewebe zum Rumpf und den Extremitäten begeben, entgegensteht. Im 
Anschluss hieran beschreibt Verf. noch einen Fall von einfachem Muskelechino- 
coccus, der vor mehreren Jahren von Kümmell im Marien-Krankenhause operirt 
wurde. Hier hatte die hühnereigroße Geschwulst ihren Sitz im Pectoralis major; 
auch hier war es schwer, den Sack, der vor der Operation seiner Natur nach er- 
kannt war, aus dem Muskel auszulösen. Tschmarke (Magdeburg). 


28) Wilms. Myiasis dermatosa oestrosa. (Aus der chirurgischen 
Universitätsklinik in Leipzig. Direktor: Geh. Med.-Rath. Prof. Dr. 
Trendelenburg.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 33.) 


W. erwähnt zunächst, dass die durch Dipterenlarven hervorgerufenen Er- 
krankungen der Thiere und der Menschen durch Musciden und Oestriden hervor- 
gerufen werden. Doch sind die durch letstere bedingten krankhaften Affektionen 
weit seltener. Josef konnte bis 1887 nur 5 Fälle an Menschen sammeln. In 
Europa sind nur Hypoderma bovis und Hypoderma Diana beobachtet worden. Am 
meisten verbreitet ist die Myiasis in Amerika. 

Eine interessante Beobachtung hat nun W. in der Leipziger Klinik gemacht, 

Bei einem 18jährigen Manne, der aus Brasilien kam, war eine geröthete 
Stelle an der Vorderfläche des Unterschenkels entstanden, die alsbald ulcerirte. 
Bei der Aufnahme war ein 5pfennigstückgroßer geschwüriger Defekt vorhanden, 
daneben eine halbkirschgroße röthlichblaue Schwellung; in der Tiefe des Ge- 
schwürs befand sich eine rundliche feine Öffnung, in der sich ein weißliches Ge- 
bilde bewegte. Nach Spaltung des Kanals ließ sich eine Fliegenlarve von 2 cm 
Länge und 6 mm Breite herausheben. 

Es handelte sich, wie die Untersuchung ergab, um die Larve einer Derma- 
tobia noxialis Gondot. 

Interessant ist, dass die Larve mindestens 2 Monate im menschlichen Körper 
ihr Leben gefristet haben muss. R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


29) M. Morris and A. Whitfield. Six cases of lupus vulgaris treated 
by Koch’s new tuberculin. 
(Brit. med. journ. 1897. Juli 24.) 


Die Verf. berichten in vorläufiger Mittheilung über die Erfolge, die sie in 
6 Fällen mit dem neuen Koch’schen Tuberkulin (TR) bei Lupus vulgaris gehabt 
haben. 

Sie sahen allmähliche Abnahme des die Lupusknötchen umgebenden rothen 
Hofes, leichte Depression der Knötchen im Centrum, Rungelung und Abschilfe- 
rung der Haut, stetiges Abheilen geschwüriger Partien, allmähliche Abnahme des 
begleitenden Odems an Lippen, Lidern etc. 

In keinem Falle sahen sie einen Fortschritt des Leidens nach Beginn der Be- 
handlung. 

Manchmal zeigten sich nach den Injektionen flüchtige Erscheinungen von 
Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, lokal Schwellung und Röthung, was Alles 
rasch wieder vorüberging, ohne je bedenklich zu erscheinen. Verff. sprechen aus- 
drücklich nicht von Heilungen, aber durchweg haben sie gute Erfolge, in ein- 
zelnen Fällen sogar »ausgezeichneter gesehen. F. Krumm (Karlsruhe). 


84 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


30) Ziemacki. Über die Resultate der Behandlung von 20 Fällen 
bösartiger Neubildungen mittels Injektionen von Antistreptokokken- 
serum. 

(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 35.) 


Diese Behandlung erwies sich als absolut erfolglos; im Gegentheil traten bei 
geschwächten Personen schwerste Intoxikationssymptome auf; in einem Falle von 
Lymphosarkom schien die Dissemination der Neubildung dadurch beschleunigt zu 
werden. Die einzige gute Wirkung war öfters Stillung der Schmerzen dadurch, 
dass die Kranken durch die Injektionen in eine psychische und körperliche De- 
pression versetzt wurden, welche 2 bis 3 Tage währte. Haeckel (Stettin‘. 


31) Zuschlag. Die Anwendung des permanenten Wasserbades im 
Neuen Allgemeinen Krankenhause zu Hamburg-Eppendorf. 
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 2.) 
Nach einem kurzen Überblick über die Einrichtungen des permanenten Bades, 

die Wasserversorgung und Lagerung der Kranken geht Verf. auf die einzelnen 

chirurgischen Leiden ein, welche mit demselben behandelt wurden. Es wurden 
keine unangenehmen oder schädlichen Einflüsse auf die physiologischen Vor- 
gänge, wie Schlaf, Appetit, Stuhlentleerung beobachtet; nur während der Menses 
wurden ängstliche Pat. aus dem Wasserbett herausgenommen. Die an- 
genehmste Temperatur war 28—29° R. Die Dauer betrug oft mehrere Monate; 
ein Pat. lag 15 Monate Tag und Nacht im Wasser. Zu Anfang auftretende 

Schmerzen an den Fußsohlen und Händen und ein mehrfach beobachtetes klein- 

papulöses Ekzem gab keine Veranlassung zur Unterbrechung des Bades. — Es 

würde den Rahmen eines Referates überschreiten, auf die 7 vom Verf. gusammen- 
gestellten Krankheitsgruppen einzeln näher einzugehen. Außer Decubitus bei 

Krankheiten des Centralnervensystems und Marasmus senilis kamen Fälle ausge- 

dehnter Knochen- und Gelenktuberkulose, Phlegmonen, Vereiterung von 

Operationswunden, Gangrän und Sepsis, widernatürlicher After und Kothfisteln, 

Urinfisteln und Infiltrationen, und Verbrennungen zur Behandlung. »Trotz der 

hohen Mortalität — es starben von 186 Patienten 132! — sind die Segnungen des 

permanenten Wasserbades fast unschätzbare.« 

(Dass bei ausgedehnten Verbrennungen im Stadium der Eiterung das perma- 
nente Wasserbad eine Wohlthat ist, giebt Ref. gern zu; in frischen Fällen aber 
wird nach Sonenburg’s Theorie vom Tode nach ausgedehnten Verbrennungen 
durch das warme Wasser der Gefäßtonus erst recht herabgesetzt und dadurch die 
Herzlähmung beschleunigt, resp. herbeigeführt.) Tschmarke (Magdeburg. 


32) Franke. Periperitonitis (purulenta). 
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.) 


Mit diesem Namen, der nach Analogie der Peripleuritis gebildet ist, bezeichnet 
F. eine Eiterung, welche extraperitoneal liegt, d. h. zwischen Bauchfell und Faseia 
transversa. Umschriebene derartige Eiterungen sind lange bekannt als Pericolitis, 
Paranephritis, Eiterung im subumbilikalen Raum und im Cavum Retzii. Dagegen 
sind diffuse derartige Eiterungen, d. h. also Ausbreitung der extraperitonealen 
Eiterung um den gansen Bauchraum herum, bisher nicht beschrieben. F. glaubt 
nun, das neue Krankheitsbild einer Periperitonitis diffusa auf Grund folgender zweier 
Fälle aufstellen zu dürfen: 

1) 13jähriges Mädchen. Unter Annahme einer allgemeinen Peritonitis, viel- 
leicht tuberkulöser Natur, Schnitt von Symphyse bis etwas über den Nabel. F. 
»gerieth unmittelbar nach Durchtrennung der Linea alba in die Eiterhöhle, ohne 
das Bauchfell zu Gesicht zu bekommen, und gelangte beim Abtasten der Höhle mit 
dem Finger weit nach oben scheinbar an das Zwerchfell beiderseits, rechts über 
die obere Leberfläche hingleitend; an den Seiten drang er leicht nach hinten 
herum bis nahe an die Wirbelsäule.« Drainage nach den Seiten, Naht bis auf 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 85 


Lücke für einen Tampon. Später noch Gegenöffnung nach der Scheide hin und 
sur Entleerung des subphrenisch gelegenen Eiters noch größerer Eingriff nöthig. 
Tod. Sektion nicht gestattet. F. vermuthet, dass der ganze Process von einer 
Appendicitis ausging. 

2) 14jähriger Knabe. Vom Empyem der Brusthöhle aus senkte sich der Eiter 
nach Durchbohrung des Zwerchfells weit nach unten, so dass Längsschnitt nach 
oben und unten vom Nabel nothwendig. »Es entleert sich eine große Menge grünen 
Eiters. Die genauere Untersuchung zeigt, dass die Eiterhöhle sich extraperitoneal 
befindet und nach oben bis gegen das Zwerchfell, nach unten bis in das kleine 
Becken und in beiden Seiten bis nach hinten herum sich erstreckt.« Drainage 
nach allen Seiten hin. Heilung. 

[Leider fehlen in beiden Fällen Sektionsbefunde, da in dem einen Falle Sek- 
tion nicht gestattet wurde, im anderen Heilung eintrat. Und doch wäre das für die 
Aufstellung eines so eigenartigen, neuen Krankheitsbildes dringend zu wünschen. 
Ich habe vor Kurzem eine Eiterung von ganz ähnlichem Umfang wie im ersten 
Eischen Falle bei einer Puerpera operirt; dass es sich nur um eine abgekapselte 
eitrige Peritonitis handelte, dass also der Eiter intraperitoneal lag, erkannte ich 
erst, als ich in der Tiefe des Beckens die Fimbrien beider Tubenenden frei in 
die Höhle hineinragen sah. Drainage beiderseits an der 12. Rippe und in der 
Mittellinie. Heilung. Hat man bei der Autopsie in vivo eine große Höhle mit 
pyogener Membran vor sich, so ist es außerordentlich schwer zu sagen, wie das 
Bauchfell sich dazu verhält. Wenn F. sagt: »das Bauchfell lag, indem es die 
hintere bezw. innere Wand der Eiterhöhle bildete, unmittelbar als etwas dicke 
Haut den Därmen auf, mit denen es fest verklebt zu sein schien, und deren 
Schlingen zum Theil sich deutlich abhoben«, so zeigt das die Schwierigkeit der 
Beurtheilung bei der Operation; denn genau dasselbe Bild bot sich bei meinem 
Falle von intraperitonealer Eiterung dar. Ref.) Haeckel (Stettin). 


33) C. Monod. De l’intervention chirurgicale dans les peritonites 
par perforation au cours de la fievre typhoide. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 719.) 

10 Stunden nach Perforation eines typhösen Darmgeschwürs, in der 4. Woche 
nach Beginn des Typhus, schritt M. bei dem 3öjährigen Pat. zur Laparotomie. 
Es entleerte sich serös-eitrige Flüssigkeit. Das Bauchfell war allenthalben in- 
tensiv geröthet und mit Pseudomembranen bedeckt. Die Perforation wurde sofort 
gefunden und durch Etagennaht geschlossen. Über eine zweite Stelle, die der 
drohenden Perforation verdächtig schien, wurde eine Appendix epiploica aufgenäht. 
Ausspülung des Bauches mit gekochtem Wasser. Drainage mittels Drain und 
Jodoformgaze. Bauchnaht. Tod am 3. Tage in Folge Fortschreitens der Peri- 
tonitis. 

M. hält die Aussichten der I,.aparotomie nach Durchbruch eines typhösen Ge- 
schwürs für sehr gering, aber gleichwohl die Operation als einziges Aussicht ver- 
eprechendes Heilmittel für durchaus gerechtfertigt. Von den bisher veröffentlichten 
Heilungen nach Laparotomie glaubt er einige bei Aufstellung einer zuverlässigen 
Statistik außer Acht lassen zu müssen, da bei ihnen die Diagnose » Typhus« nicht 
sichergestellt sei. Er selbst zählt 32 Operationen mit 5 Heilungen. — In der 
Diskussion berichten noch Routier, Brun über je 1, Lejars über 2 von ihnen 
ohne Erfolg operirte Fälle. Reichel (Breslau). 


34) L. Herzog. Die Perityphlitis vom chirurgischen und internen 
Standpunkte beurtheilt. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 114.) 

Verf. hat das einschlägige Material von Bethanien-Berlin aus den Jahren 1880 
bis 1897, sowohl das der inneren als das der chirurgischen Station, im Ganzen 
346 Fälle, bearbeitet. Ziemlich eingehende allgemeine Durchsprechungen des 
Krankheitsbildes, der Ätiologie, der anatomischen Verhältnisse, der Diagnostik, 
des Verhaltens von Puls, Temperatur, Athmung etc. sind hier zu übergehen, zumal 


86 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


neue Gesichtspunkte nicht aufgestellt werden. Einige statistische Daten werden 
indess interessiren. Die Fälle vertheilen sich auf 38 Kinder und 211 männliche 
(68,5%) und 97 weibliche (31,5%) erwachsene Personen. Recidiverkrankungen 
fanden sich in den Krankengeschichten 65; und zwar war notirt: 


37mal 1 Recidiv, ferner fanden statt: 
10mal 2 D 39mal Recidive in 1 Jahre, 
6mal 3 » 10mal H »2 e 
iml4 » 4mal » »3 
Imal 5 H Amal » »4 >» 
10mal mehrere Recidive Imal » » >» 
ohne bestimmte Zahl, je 2mal » » 7 resp. 10 Jahren, 


EY 


je imal » » » 9, 11 Jahren. 
5mal hatte das Recidiv zu allgemeiner Peritonitis oder, wie Verf. sagt, zu Peri- 
typhlitis diffusa geführt. Über die Ausgänge der Krankheit giebt folgende Tabelle 
Aufschluss: 
I. Perityphlitis circumscripta. 
Innere Station 249 Fälle, davon + 4 = 1,6% Mortalität 
Chirurgische Station 44 » 2 +4=9% » 
Summa 293 Fälle, davon + 8 = 2,7% Mortalität. 
II. Perityphlitis diffusa (mit Peritonitis). 


Innere Station 36 Fälle, davon -- 36 = 100:7 Mortalität 
Chirurgische Station 11 » » + 11= 100% D 
Summa 47 Fälle, davon + 47 = 100% Mortalität. 
Ferner 


III, »Retro- resp. Antetyphlitis«. 
6 Fälle, davon + 5. 
Im Ganzen also 60 Todesfälle = 17% Sterblichkeit. Die operirten Fälle (65) sind 
größtentheils in ihren Krankengeschichten mitgetheilt. Meist handelte es sich um 
Eröffnung größerer Abscesse in akuten Krankheitsstadien, wobei die Operations- 
indikation zur Beseitigung momentaner Gefahr gestellt wurde. Der Regel nach 
wurde nach dem Wurmfortsatz, falls er nicht frei lag, nicht gesucht. Bevorzugt 
wurden große Schnitte. Nachbehandlung wie gewöhnlich. Kasuistisch interessant 
sind verschiedene Fälle mit Komplikationen, so mit Eitersenkung nach dem Ober- 
schenkel (p. 133), mit Perforation in Scheide und Mastdarm (p. 146 — beide nicht 
operirt), mit Durchbruch in die Pleura (p. 148, nicht operirt +), 4mal mit subphre- 
nischen Abscessen (p. 149—151, 3 davon operirt, sämmtlich +), 2mal mit Pyle- 
phlebitis, imal mit Leberabscess (p. 153—154, sämmtlich ohne Operation +, Imal 
mit Brucheinklemmung des Processus (p. 159, nach Operation geheilt!. 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


35) Rewidzoff. Zur Technik der Gastroskopie. Eine Modifikation 
des Rosenheim’schen Gastroskops. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 41.) 
Um einerseits die Gefahr und andererseits die sehr unangenehme Empfindung 
im Ösophagus, besonders in der Cardia, bei der unmittelbaren Einführung eines 
geraden metallischen Rohres wie beim Rosenheim’schen Gastroskop zu besei- 
tigen, hat R. die äußere starre Röhre durch eine biegsame ersetzt und hofft, dass 
die Gastroskopie in der von ihm gegebenen Form in Bezug auf Umständlichkeit 
und Gefahr einer einfachen Sondirung gleichkommen werde. Bezüglich der Details 
der durch R. modifieirten Konstruktion des Rosenheim’schen Gastroskops 
wird auf das Original hingewiesen. Gold (Bielitz). 


36) L. Kuttner. Über Gastroskopie. Ein gegliedertes Gastroskop, 
das durch Rotation gestreckt werden kann. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 42 u. 43.) 


Die Besprechung des Instruments, welches aus einzelnen Gelenken besteht, 
welche durch Scharniere mit einander verbunden sind und durch eine Drehvor- 


ba. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 87 


richtung gerade gestellt werden können, würde den Rahmen eines Referats weit 
überschreiten. Es sei daher auf das Original hingewiesen, welches eine genaue 
Beschreibung der Konstruktion und Anwendung des Apparats giebt und überdies 
eine Zeichnung enthält, welche das Verständnis der Konstruktion wesentlich er- 
leichtert. Gold (Bielitz). 
37) J. C. Hemmeter and D. Ames. Phlegmonous gastritis following 
ulcus carcinomatosum of the pylorus-dilatation, perforation and peri- 
tonitis. — A clinical history of fourteen months with chemical, bac- 
teriological an histopathological study. 
{New York med. record 1597. September 11.) 
Eine Krankheit, welche verhältnismäßig so selten vorkommt, dass Verf. nur 
56 Fälle in sehr sorgfältiger Zusammenstellung der gesammten Litteratur finden 
konnte, ist zweifellos von großem Interesse, besonders wenn der Pat. 14 Monate 
lang in Behandlung war und die letzten zwei Monate unter beständiger Beobach- 
tung blieb, auch eine genaue Autopsie veranstaltet werden konnte. Die anato- 
mische Diagnose lautete: Akute allgemeine Peritonitis in Folge von Perforation 
des Magens und Austritt von Mageninhalt. Geheiltes Magengeschwür mit 
Pylorusstenose. Perforation des Magens durch einen frischen geschwürigen 
Process, der auf einem alten eingesetst hatte. Krebsige Infiltra- 
tion der Ränder und des alten Geschwürsgrundes. Gastrektasie. Aus- 
geheilte beiderseitige Spitzentuberkulose. Residuen einer früheren Pleuritis am 
rechten Unterlappen. Bemerkenswerth ist in diesem Falle, dass eine ausge- 
eprochene, progressive Kachexie vorhanden war, und der Oppler-Boas'- 
sche Bacillus konstant im Mageninhalt gefunden wurde, Milchsäure 
dagegen nur 1 mal, Salzsäure aber beständig. Die Abwesenheit der 
Milchsäure wird erklärt durch die Art der Ernährung (tbeils durch den Mast- 
darm, theils — und zwar hauptsächlich — durch Ei und gewiegtes Fleisch seine 
Methode, welche die Salzsäure nicht verbraucht«; »die erste Bedingung für die 
Produktion von Milchsäure bleibt aber die Unterdrückung der Salzsäuresekretion «'. 
Von Werth ist ferner die Entwicklung eines Magencareinoms auf der Basis eines 
gutartigen Geschwürs. Die diffuse, phlegmonöse Gastritis wurde erst bei der 
Sektion diagnostieirt in Gestalt von zahlreichen miliaren Abscessen der Schleim- 
haut, am Boden und an den Rändern der Neubildung. Die Temperatur war 
während des Lebens normal. Mintz (Deutsches Archiv für klin. Mediein 
Bd. XXXIX p. 489) berichtet über Fälle von phlegmonöser Gastritis im Zusammen- 
hang mit Magencarecinom. Zum Schluss wird eine ausgedehnte L.itteraturübersicht 
über phlegmonöse Gastritis und Ulcus carcinomatosum gegeben. 
Löwenhardt (Breslau). 


38) E. Reichard. Erfahrungen an 16 Magenresektionen. 
{Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 45.) 

R. theilt die Erfahrungen mit, die sich aus 16 Magenresektionen ergeben 
haben, welche auf der chirurgischen Abtheilung des Augusta-Hospitals zu Berlin 
von Lindner in den Jahren 1892—1897 ausgeführt wurden. Während in den 
Jahren 1892—1896 alle Operirten starben, erzielten die seit 1896 ausgeführten 
10 Resektionen eine Heilungsziffer von 50%. R. erörtert das Princip, welches 
bei der Behandlung der Magengeschwülste in der genannten chirurgischen Abthei- 
lung aufgestellt wurde und welches sich auf die Indikationen und Kontraindika- 
tionen bezüglich des radikalen Eingriffs einerseits, auf die technischen Beobach- 
tungen bei und nach der Operation andererseits bezieht. 

Hinsichtlich der Operation selbst wird nach R. so aktiv verfahren, als es nur 
möglich ist. Eine gewisse Widerstandsfähigkeit des Körpers ist für das Gelingen 
der eingreifenden Operation nöthig, eben so wie eine längere vorhergehende Beob- 
achtung des Pat. und die Einschränkung der Dauer der Operation, so wie des 
Verbrauches des Anästheticums. Kontraindikationen für den Eingriff bilden Meta- 
stasen und reichliche Drüsenentwicklung, vorgeschrittene Verwachsung und Über- 


S8 Centralblatt für Chirurgie. No. 3. 


wuchern der bösartigen Geschwulst auf die umgebenden Gewebe. Als Operations- 
methode hat sich auf der Abtheilung Lindner’s die sogenannte zweite Bill- 
roth’sche Art eingebürgert und bewährt: Resektion der erkrankten Magenpartie, 
Verschluss der Lichtungen, Gastroenterostomie. Bezüglich der Nachbehandlung 
legt R. ein Hauptgewicht auf die sofortige Ernährung durch den Mund, um 
Kräfteverfall und Erschöpfung zu verhindern. Bei — auf Grund von zunächst 
aufgehobener motorischer Kraft des Magens — erfolgter Flüssigkeitsansammlung 
im Magenrest, welche sich durch Unruhe von Seiten des Kranken, durch Schmerz- 
äußerung und erhöhte Pulsfrequenz kundgiebt, ist durch schleunige Ausheberung 
des Mageninhalts Abhilfe zu schaffen. Anschließend an seine Ausführungen 
giebt R. die Krankengeschichten der 16 Operirten im Auszuge wieder. 
Gold (Bielitz‘. 


39) E. Lauwers. Enterectomie et suture intestinale. 
(Bull. de l’acad. royale de méd. de Belgique T. XI. No. 7.) 

Verf. berichtet über 15 Operationen am Darm mit 3 Todesfällen, nämlich 
3 Resektionen des Dickdarms (+2), 1 cirkuläre Naht desselben, eine ebensolche 
des S romanum, 6 Enterektomien wegen widernatürlichen Afters (+1), 2 Darm- 
resektionen im Verlauf von Köliotomien, 1 Enteroanastomose, 1 Pylorusresektion 
wegen Carcinom. Die 3 ersten Fälle betrafen Carcinome; in einem derselben, 
welcher tödlich verlief, war Murphy’s Knopf angewendet worden. Der 4. Fall, 
eirkuläre Diekdarmnaht, betraf ein Fibrosarkom des rechten Ovariums mit Ver- 
wachsungen, bei deren Lösung das Colon transversum verletzt wurde. Die 
Kranke starb 8 Monate später. In dem 5. geheilten Falle von Naht des Sro- 
manum lag eine Extra-uterin-Schwangersthaft im 5 Monat vor. Der 6. Fall, En- 
terektomie, betraf einen widernatürlichen After, dessen Darmöffnung so hoch auf- 
wärts saß, dass Mageninhalt herausfloss; auch bestand eine Kommunikation 
zwischen 2 benachbarten Dünndarmschlingen, welche durch die Naht geschlossen 
wurde. Der 12. Fall war ein tiefer Stercoralabscess in der Bauchhöhle, in 
welcher 2 Dünndarmenden, ein zuführendes und ein abführendes, einmündeten; 
Resektion, eirkuläre Vereinigung der Enden; Heilung. — Der 13. Fall betraf 2 
intraligamentäre Cysten mit Verwachsungen; 12 cm Dünndarm wurden reseecirt. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 


40) E. Rose. Über Incarceratio stercoralis, die Kothverstopfung 
der Brüche (der angeblich erste Grad der Einklemmung). 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 109. 

R. verwirft die Annahme einer »Kotheinklemmung« der Brüche neben der- 
jenigen der gewöhnlichen (elastischen) Einklemmung. Das Wesen der Einklemmung 
bestände in Strangulation, Cirkulationsstörung und deren weiteren Folgen, 
während der Ileus bez. Darmverschluss durch ein allmählich wachsendes Hinder- 
nis ohne die genannten Begleiterscheinungen zu Kothbrechen und zum Tode 
durch Erschöpfung führe. Er berichtet 3 Fälle großer Hernien, deren Sektion 
diese Ansicht belegt. Fall 1 und 2 betreffen große Nabel- (bez. Bauch-) Brüche 
bei Frauen, Beiläufig noch dadurch interessant, dass im 1. im Bruchsack sich 
außer zahlreichen anderen Eingeweiden auch das Pankreas (das ganze oder nur 
Theile? Ref.) befand, und im 2. der Pylorustheil des Magens. 

Fall 3 betrifft einen neugeborenen Knaben, dessen Hodensack anscheinend 
eine kindskopfgroße Hodengeschwulst enthielt. Indess lehrte die Operation so wie 
die bald nachfolgende Sektion, dass es sich um einen Bruch des S romanum han- 
delte, welches von einem Dutzend walnussgroßer, steinharter Kothknollen prall 
gefüllt war. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 


E. von Bergmann, F Kinig, E. Richter, 


in Berlin. in Berlin. in Breslau. 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


End 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 4. Sonnabend, 29. Januar. 1898. 


Inhalt: K. G. Lennander, Über den Bauchschnitt durch eine Rectusscheide mit Ver- 
schiebung des medialen oder lateralen Randes des Musculus rectus. (Original-Mittheilung.) 

1) Teichmann, 2) Winkler, 3) Arsian, 4) Broca, Ohrleiden. — 5) Bullinger, Retro- 
bulbäre Geschwülste. — 6) Wright, Nasenpolypen. — 7) Gradenigo, Ozaena. — 8) Winck- 
ler, 9) Kunert, Erkrankungen der Nasennebenhöhlen. — 10) und 14) Mikulicz und 
Kümmel, Mundkrankheiten. — 12) Hartmann, 13) Beckmann, Rachenmandel. — 14) Good- 
ale, Gaumenmandel und infektiöse Processe. — 15) Koerner, Zahnleiden und Hals- 
drüsenschwellung. — 16) Trapp, Wirbelbrüche. — 47) Jonnescu und Melun, Pott’scher 
Buckel. — 18) Schulthess, Skoliose. — 19) Jaeger, Kropfmetastasen. — 20) Qu6nu und 


Longuet, Zur Lungenchirurgie. — 21) Schaposchnikofl, Perikarditis. — 22) Pedottl, 
Brustdrüsencysten. 

23) Marks, Cephalhämatom. — 24) Schulz, Intradurales Hämatom. — 25) Jurka, 
Traumatische Epilepsie. — 26) Janz, Himgeschwülste. — 27) A. v. Bergmann, Hirn- 


abscess. — 28) Moure, 29) Grunert, 30) Kümmel, 31) Moure, 32) Hessler, 33) Teich- 
mann, Ohrleiden und ihre Komplikationen. — 94) Theissing, Perichondritis und Cysten 
der Nasenscheidewand. — 35) Spiess, Zur Chirurgie des Sinus sphenoidalis. — 36) Teske, 
Lippenkrebs. — 37) Biondi, Endorale Plastik. — 38) Chavasse, Kiefersperre. — 39) Süss- 
muth, Uranoplastik. — 40) Klapp, Dermoide des Mundbodens. — 41) Lotheissen, Ge- 
schwülste der Gland. submax. — 42) Barth, Rachenmandel. — 43) Verchöre, Halscysten. 
— 44) Körner, Kehlkopfspiegel. — 45) Bertelsmann, Diphtherieimmunität. — 46) Fran- 
kenberger, Jod-Laryngitis. — 47) v. Stein, Laryngitis desquamativa. — 48) Friedrich, 
Muskelveränderungen bei Rekurrensläihmung. — 49) Semon, Kehlkopfgeschwülste. — 
60) Goris, Kropf. — 51) Kreis, Brustbeinfraktur. — 52) Gostynskl, Wirbelbruch. — 
53) Schmid, Wirbelsäulenmissbildung. — 54) Lange, Skoliose. — 55) Joseph, Ortho- 
pädische Brustklemmen. — DÉI Clarke und Morton, Lungenabscess. — 57) Bucalossi, 
Empyem der Pleura und Leberechinococens. — DÉI Peham, Sarkom des Kreuzbeins. — 
59) Phocas, Steißgeschwulst. 


90 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


(Aus der chirurgischen Klinik zu Upsala.) 


Über den Bauchschnitt durch eine Rectusscheide mit 
Verschiebung des medialen oder lateralen Randes des 
Musculus rectus. 

Von 
Prof. Dr. K. @. Lennander. 


I. Laterale Köliotomien. 


Bei Operationen wegen Appendicitis während des freien Inter- 
valles begann ich 1893 oft einen Längsschnitt durch den rechten 
M. rectus anzuwenden. Dadurch, dass dieser Schnitt in manchen 
Fällen näher an den lateralen Rand des Muskels, in anderen näher 
an dessen Mitte angelegt wurde, so wie manchmal höher nach oben 
zu, manchmal tiefer nach unten in der Bauchwand, je nachdem man 
die Lage der Appendix in den einzelnen Fällen gefunden zu haben 
glaubte, wird diese Schnittführung in der Mehrzahl der Fälle an- 
wendbar. Sie ist indessen stets ungeeignet, wenn die Appendix fest- 
gewachsen in der Lumbalgegend liegt, und eben so, wenn sie im 
lateralen Theil der Fossa iliaca angewachsen liegt, und wenn gleich- 
zeitig die Veränderungen solche sind, dass man Drainage nöthig 
haben kann. 

Bei Operationen wegen Appendicitis im freien Intervall gilt es 
nämlich, sich vor der Operation eine möglichst exakte Vorstellung 
von der Lage und Beschaffenheit der Appeudix und von den Ver- 
hältnissen in deren Umgebung zu machen, so dass man in allen den 
Fällen, in denen man stärkere Adhäsionen zu erwarten hat, und in 
denen Drainage wünschenswerth werden kann, den Schnitt gerade 
über der Appendix machen kann. Je mehr lateral nach der Spina 
ilei und der Lendengegend man die Drainage anlegen kann, desto 
besser ist es für die Vermeidung zukünftiger Adhärenzen und Her- 
nien. Stets wird der Schnitt in der Richtung der Nerven in der 
Bauchwand angelegt und mit Erhaltung derselben. 

In allen Fällen mit beweglichem Coecum und beweglicher 
Appendix, oder wenn die Appendix mit dem medialen Theile des 
Coecum oder im kleinen Becken etc. festgewachsen ist, kann man 
indessen den erwähnten Längsschnitt durch den M. rectus anwenden, 
der auch den Vortheil mit sich bringt, dass man bei Frauen gleich- 
zeitig die rechten Gebärmutteranhänge genau untersuchen kann und 
möglicherweise auch die linken. Bei chronischer Appendicitis sind 
die rechten Adnexe, wie jetzt allgemein bekannt ist, so oft verändert, 
dass eine Untersuchung und eventuelle Behandlung derselben stets 
vorgenommen werden muss. Durch Lösung von Adhärenzen, durch 
Ignipunktur oder Excision von Cysten etc. können oft Menstruations- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 91 


störungen gehoben werden. Wie großen Antheil die Exstirpation 
der Appendix und des Mesenteriolum derselben an diesen Resultaten 
hat, zu diskutiren, ist hier nicht der Ort. 

Der Schnitt durch den M. rectus hat indessen einige Unge- 
legenheiten : 

1) wird es in manchen Fällen nothwendig, die Vasa epigastrica 
inferiora doppelt zu unterbinden; 

2) ist es schwer, sehr oft unmöglich, Durchschneidung der 
Nerven im M. rectus zu vermeiden, wesshalb man fürchten muss, 
dass ein Theil des Muskels median vom Schnitte zur Atrophie 
kommt; und 

3) liegen die Schnitte in den verschiedenen Lagen der Bauch- 
wand gerade vor einander. 

Näht man einen solchen Bauchschnitt mit 3 Reihen versenkter 
Katgutsuturen (ich benutze in Wärme trocken sterilisirtes Katgut 
und lege eine Reihe Suturen für das Peritoneum und die hintere 
Rectusscheide, eine für den Muskel und eine für die vordere Rectus- 
scheide an), so kann es sich ereignen, dass die Katgutknoten durch 
gewaltsames Erbrechen gelöst werden. Die Naht am Peritoneum 
und im Muskel kann dann aus einander springen, und eine Darm- 
schlinge sich zwischen den Rändern des Muskelschnittes, so wie 
zwischen dem Muskel und der Aponeurose hervordrängen und dort 
festwachsen. Das geschah bei einer jungen Frau, die ich im De- 
cember 1894 operirte, und die danach 3 Tage lang Tag und Nacht 
Erbrechen bekam. Es entstand eine »Hernie« ohne Bruchsack und 
mit zeitweise wiederkehrenden, recht beschwerlichen Incarcerations- 
symptomen. Die Operation wegen des Bruches war ein viel ernsterer 
Eingriff, als die erste Operation wegen Appendicitis und Oophoritis 
gewesen war. 

Mit Hinsicht auf die erwähnten Ungelegenheiten habe ich wäh- 
rend der letzten 2!/, Jahre in wohl 40 Fällen eine Schnittführung 
angewendet, die ich für empfehlenswerth halte. Sie besteht in 
einem Schnitt durch die Rectusscheide mit Verschiebung des M. 
rectus nach der Mittellinie. 

Der Schnitt in der Haut und in der vorderen Rectusscheide 
wird !/— 11/, (höchstens 2) cm medial vom Rande des M. rectus 
dexter angelegt je nach der Auffassung, die man von der Lage des 
Coecum, der Appendix und der rechten Adnexe hat. In der Wunde 
wird so wenig wie möglich getrocknet und getastet, um das lockere, 
Gefäße führende Bindegewebe an der Vorderseite der Rectusscheide 
nicht unnöthig zu beschädigen. Danach wird der Rand des M. rec- 
tus frei gemacht und nach der Mittellinie zu verschoben. Nun sieht 
man 1 oder 2 Nerven, von Gefäßen begleitet, schräg über das Ope- 
rationsfeld zum Muskel verlaufend. Die Gefäße werden zerschnitten 
und mit feinem Katgut unterbunden. Die Nerven können bei allen 
leichteren Operationen gelöst und leise gedehnt werden. Sie werden 
dann nach oben oder unten an das Ende der Wunde geführt. Dann 

A 


92 Centralblatt für Chirurgie. No, 4. 


wird die hintere Rectusscheide und das Peritoneum in sagittaler 
Ebene, ziemlich dem Hautschnitt entsprechend, getheilt. Wird das 
Peritoneum mit ein paar Suturen nach vorn in den Wundwinkeln 
angeheftet, so liegen die gedehnten Nerven während der Operation 
gut verwahrt. Bei der Bauchnaht wird das Peritoneum und die 
hintere Rectusscheide fortlaufend mit Katgut No. 2 oder 3 genäht; 
dabei werden die Nerven wieder in ihre Lage gebracht. Danach 
wird der Muskelrand wieder nach außen gezogen und durch 
dicht angelegte Knotensuturen aus Katgut No. 3 am Rande seiner 
Scheide fixirt. Dann wird mit fortlaufender Naht aus Katgut No. 3 
oder 4 die vordere Rectusscheide zusammengenäht, die sich stets in 
2 Blätter spaltet, deren Ränder genau an einander gepasst werden 
müssen. Die fortlaufende Naht wird oft mit einer Schlinge nach 
hinten fixirt. Die Haut wird mit tiefen und oberflächlichen Nähten 
aus Silkwormgut genäht, von denen die tiefen auch die Rectusscheide 
fassen. Wenn das Fettlager besonders mächtig ist oder mehr als 
gewöhnlich kontundirt worden ist, kann man die Hautwunde mit 
steriler Gaze tamponiren und sekundär nähen oder an ein paar 
Stellen mit steriler Gaze oder Drainröhren (»Schornsteinen«) drai- 
niren. Bei leichter Operation dürfte man mit einem (5) 6, höchstens 
7 (8) em langen Bauchschnitt auskommen können, wenn er in der 
richtigen Höhe an der Bauchwand angebracht wird. Sobald man so 
hoch nach oben kommt, wie bis zur Inscriptio tendinea, die sich 
ungefähr in gleicher Höhe mit der transversalen Nabelebene befindet, 
wird die Verschiebung des Rectus und die Zusammennähung der 
hinteren Scheide desselben ziemlich beschwerlich. 

Die Vortheile, die dieser Bauchschnitt durch die Rectus- 
scheide mit Verschiebung des Muskels gegen die Mittel- 
linie mit sich bringt, sind: 

1) eine sehr große Wundfläche; 

2) die Möglichkeit, in allen leichten Operationen die zum M. 
rectus gehenden Nerven zu schonen; 

3) dass zwischen die zusammengenähten Schnitte in der vorde- 
ren Aponeurose und im Peritoneum ein kräftiger Muskel zu liegen 
kommt, mit fast ungestörter Blutcirkulation, indem die Vasa epi- 
gastrica inferiora nicht durchschnitten zu werden brauchen; 

4) dass der ganze Bauchschnitt durch reichlich mit Gefüßen 
versehene Theile gemacht wird, was hingegen bei dem am häufigsten 
angewendeten Schnitt, seitlich vom Rectus am lateralen Rande des- 
selben, nicht der Fall ist, wesshalb es sich auch ereignet, dass nach 
einem solchen Schnitt die hier befindlichen Aponeurosen absterben 
und abgestoßen werden. 


II. Mediane Köliotomien. 
Während der letzten 3—4 Monate habe ich eine gleiche Schnitt- 
führung bei medianen Köliotomien angewendet: Schnitt durch 
die rechte oder linke Rectusscheide, !/„—2 cm (oder mehr) 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 93 


von der Linea alba entfernt, jenachdem es am besten für 
die Operation passt, und mit Ablösung und Verschiebung 
des medialen Randes des Rectus nach außen. Unter den so 
ausgeführten Operationen kann eine angeführt werden, die wegen 
einer großen rechtsseitigen Parovarialcyste vorgenommen wurde, wo- 
bei ein Gefäße führender isolirter Strang die distalen Theile des 
Mesenteriolum der Appendix mit dem Hilus des Ovariums verband, 
wesshalb ich auch die Appendix mitnahm (das Präparat ist Herrn 
Prof. E. Clason zur Aufbewahrung im anatomischen Museum in 
Upsala überlassen worden). Ferner habe ich diesen Schnitt ange- 
wendet bei einer Ovariotomie wegen Stieltorsion und Peritonitis bei 
einer 68 Jahre alten Virgo mit äußerst dünner Bauchwand; bei einer 
Totalexstirpation des Uterus wegen Myomen; bei 2 chronischen Appen- 
dieitiden, wo man Herabhängen der Appendix in das kleine Becken 
mit weit ausgedehnten Verwachsungen diagnosticiren konnte; so wie 
einmal bei Ablösung des Duodenum von der vorderen Bauchwand 
wegen Ulcus duodeni mit chronischer Peritonitis, und in verschie- 
denen anderen Fällen. Eine entsprechende Schnittführung habe ich 
auch am seitlichen Rande des linken M. rectus angewendet in einem 
Falle von eingeklemmter gangränöser Hernia praeperitonealis sinistra. 

Bei medianen Köliotomien mit dieser Schnittführung näht man 
erst das Peritoneum und die hintere Rectusscheide, dann wird der 
Rand des M. rectus nach der Mittellinie zurückgezogen und durch 
dicht gelegte Knotensuturen genau an der Linea alba fixirt; dann 
wird die vordere Rectusscheide sehr genau genäht. Lauter versenkte 
Nähte mit resorbirbarem Katgut. In der Haut Silkwormgut. Die 
Vortheile dieser Schnittführung sind: 

1) eine mehrfach größere Wundfläche, was bei atrophischer 
Bauchwandung zu beachten ist; 

2) dass der M. rectus vollständig unbeschädigt zwischen den zu- 
sammengenähten Schnitten in der Aponeurose und im Peritoneum 
liegt; 

3) dass die Linea alba mit ihrer Kreuzung von Sehnenfäden un- 
berührt ist. 

Da keine Bauchnaht diese Kreuzung annähernd wieder her- 
stellen kann, so dürften die natürlichen Verhältnisse in der Bauch- 
wand und damit deren Stärke und Festigkeit nach dem hier vor- 
geschlagenen Schnitt durch die Rectusscheide mit lateraler Ver- 
schiebung des Muskels in weit höherem Grade wieder hergestellt 
werden, als nach einem Schnitt in der Linea alba. Dieser erstere 
Schnitt ist auch besser als der von Fr. Howitz und Anderen vor- 
geschlagene Längsschnitt durch den M. rectus, weil er weniger blutig 
ist, und vor Allem, weil bei diesem zuletzt genannten Schnitt der 
mediale Theil des M. rectus von dem Zusammenhang seiner Nerven 
und Gefäße mit dem übrigen Muskel getrennt wird und desshalb 
wahrscheinlich atrophirt; ein Umstand, den ich beobachtet zu haben 
glaube bei der Untersuchung einer Pat., die ich mehr als 3 Jahre 


94 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


vorher mittels dieses Schnittes wegen Sarcoma uteri operirt hatte. 
Sie hatte keinen Bauchbruch, aber die Bauchwand war an der 
Stelle, die dem abgetrennten medialen Theil des M. rectus entsprach, 
schwach. Findet sich eine größere Diastase zwischen den M. recti, 
der man gleichzeitig durch die Operation abhelfen will, so ist es am 
besten, in der Mittellinie zu schneiden und dann beide Rectusscheiden 
zu öffnen und beide M. recti zusammenzunähen (3 oder 4 Reihen 
versenkter Katgutnähte und Silkwormgut in der Haut), eine Methode, 
die ich seit mehr als 3 Jahren anwende, und die, so weit ich ge- 
sehen habe, gute Resultate giebt. 


1) Teichmann. Die Prognose der Ohrenkrankheiten in ihrer 
Bedeutung für die ärztliche Sachverständigenthätigkeit. 
(Arstliche Sachverständigen-Zeitung 1897. No. 22.) 

Verf. schildert in knappen, klaren Ausführungen die Prognose 
von Erkrankungen und Verletzungen des Gehörorgans, wobei er in 
anerkennenswerther Weise auf ein vorsichtiges Urtheil in der Schätzung 
späterer Folgen hinweist. Bähr (Hannover). 


2) E. Winkler (Bremen). Zur Nachbehandlung der Mittel- 
‘ohrräume nach ihrer Eröffnung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 48.) 

W. empfiehlt bei der Nachbehandlung nach Freilegung der 
Mittelohrräume und Herstellung einer glattwandigen Knochenhöhle, 
sich nach der Art der Erkrankung selbst zu richten, bei Cholesteatom, 
Tuberkulose und bösartigen Neubildungen die Höhle und retro-auriku- 
läre Öffnung zunächst offen zu halten und erst später, wenn kein Re- 
cidiv erfolgte, den Schluss durch Plastik vorzunehmen, bei chronischer 
Mittelohreiterung dagegen diese letztere, sofern die Weichtheile am 
Warzenfortsatz gesund sind, sofort nach der Ausräumung des Mittel- 
ohrs und Antrums auszuführen. Hierzu hält W. die Körner’sche 
Lappenbildung nicht immer für geeignet, während sich ihm die 
Passow’sche Methode — Verwendung des hinteren und unteren 
Abschnitts des Gehörgangsschlauches zur Deckung der oberen Wand 
der Knochenhöhle; Deckung der unteren und hinteren Wand der 
letzteren durch einen Hautlappen vom Halse — ev. unter Zuhilfe- 
nahme Thiersch’scher Transplantationen etc. — in den meisten 
Fällen bewährte. Kramer (Glogau). 


3) Y. Arslan. Chirurgie des Warzenfortsatzes bei chroni- 
scher Eiterung der Paukenhöhle und Caries des Felsenbeins 
— endokranielle Komplikationen. 

(Policlinico 1897. Juni 1.) 

Nach einem Bericht über 10 einschlägige Fälle eigener Be- 
obachtung und Besprechung der einzelnen Krankheitssymptome 
kommt Verf. zu folgenden Schlüssen ` 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 95 


1) In Fällen, wo reichliche andauernde Otorrhoe, Abflachung 
des Gehörgangs, Caries der Gehörknöchelchen oder des Atticus be- 
steht, und wo der Eiter von grünlicher, übelriechender Beschaffen- 
heit ist, kann man mit Sicherheit auf eine Betheiligung des Warzen- 
theils schließen; in diesem Falle ist die Radikaloperation indieirt, 
doch kann man vorher noch die anderweitigen, auch operativen 
Mittel vom Gehörgang aus versuchsweise in Anwendung bringen. 

2) Wenn zu den genannten Symptomen noch der Schmerz von 
einer gewissen Dauer, Fieber, allgemeine Blässe etc. hinzukommen, 
so muss man an eine Eiterverhaltung in den Zellen des Warzentheils 
oder auch an die Betheiligung der Sinus denken; letzteres besonders 
dann, wenn Schüttelfröste oder Anschwellung entlang der Jugularis 
auftreten. 

3) Wenn außerdem noch psychische Veränderungen, sehr starkes 
lokalisirtes Kopfweh, Neuritis optica u. dgl. hinzukommen, so ist die 
Diagnose intrakranieller Komplikationen sicher. — In den beiden 
letzten Kategorien von Fällen (2 und 3) ist ein operativer Eingriff 
dringend indicirt. 

Den Schluss der Arbeit bilden anatomische Untersuchungen. 
Aus denselben geht hervor, dass die topographischen Verhältnisse 
dieser Gegend sehr variabel sind, indem z. B. der Sinus mehr oder 
weniger weit nach vorn gerückt sein kann; auch das Antrum zeigt 
große Verschiedenheiten in Bezug auf seine Dimensionen. Zur 
Aufsuchung des Antrums dient ein Vierseit, dessen hintere Be- 
grenzungslinie jedoch nicht weiter als 8 mm von der hinteren Wand 
des Gehörgangs entfernt sein darf. H. Bartsch (Heidelberg). 


4) A. Broca. Les complications intracraniennes des otites. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 651.) 

Unter Mittheilung einer Anzahl zum Theil recht interessanter 
Fälle, die genauer hier nicht wiedergegeben werden können, bespricht 
B. die chirurgische Behandlung intrakranieller Komplikationen eitriger 
Otitis, des extraduralen Abscesses, der Sinusthrombose, der Hirn- 
abscesse. Als obersten Satz stellt er auf: Das Auftreten von Hirn- 
symptomen bei einem mit eitrigem Mittelohrkatarrh behafteten Indi- 
viduum verlangt in erster Linie die Trepanation des Warzenfortsatzes 
und der Paukenhöhle. Das weitere Vorgehen macht er erst von dem 
Befunde bei dieser Operation abhängig. Er hält es für unrichtig, in 
jedem Falle sogleich auch die Schädelhöhle zu eröffnen, sondern 
thut dies nur, wenn die Knochenwand der weit eröffneten Höhle 
noch krank erscheint oder gar von einer Fistel durchbrochen ist, 
nicht aber wenn er auf harten, gesunden Knochen trifft. In allen 
seinen Fällen, in denen extradurale Eiterung bestand, wurde er beim 
Ausschaben des cariösen Knochens darauf hingeleitet; wo dies nicht 
der Fall war, fand er auch bei ev. späterer Autopsie keinen extra- 
duralen Abscess. — Eine als nothwendig erkannte Eröffnung der 


96 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


Schädelhöhle nimmt B. nun stets von der ersten Trepanationswunde 
aus vor, nicht nur bei extraduralen Abscessen und Sinusthrombose, 
sondern auch bei Verdacht auf einen Abscess des Temporallappens 
oder des Kleinhirns: einmal sitzen diese Abscesse gewöhnlich ober- 
flächlich in der Hirnrinde, sodann ist die Diagnose des Abscesses 
an sich, wie seines Sitzes oft recht unsicher; von der erwähnten 
Trepanationswunde aus kann man aber relativ leicht an beide Stellen 
herankommen. Bei Thrombose des Sinus lateralis hält B. die Ligatur 
der Vena jugularis für vortheilhaft, wenn sie auch eine Pyämie in 
Folge Verschleppung eitriger Thromben nicht immer verhindern kann; 
ist die Diagnose sicher, so beginnt er die Operation mit dieser Unter- 
bindung. Reichel (Breslau). 


5) Bullinger. Über die Resultate der Exstirpation retro- 
bulbärer Tumoren nach Krönlein’s Methode. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 

Die Zusammenstellung von 13 meist der ophthalmologischen 
Litteratur entnommenen Fällen, so wie eine eigene Beobachtung aus 
der Straßburger Klinik führt B. zu einer warmen Empfehlung der von 
Krönlein in Band IV der Beiträge zur klin. Chirurgie beschriebenen 
temporären Resektion der äußeren Orbitalwand zum Zweck der Frei- 
legung des retrobulbären Raumes. Insbesondere wurde in allen 
Fällen, wo dies überhaupt möglich war, die Lebens- und Sehfähig- 
keit des Auges gerettet. Außer für Geschwülste empfiehlt B. die 
Krönlein’sche Operation im Anschluss an Braunschweig auch 
für die Behandlung der Orbitalphlegmonen. Hofmeister (Tübingen). 


6) J. Wright. Papilläre ödematöse Nasenpolypen und ihre 
Beziehungen zu Adenomen und Adenocarcinomen. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 1.) 

Histologische Untersuchungen papillärer ödematöser Nasenpolypen 
haben Verf. zu der Annahme geführt, dass durch Wucherung des 
Oberflächen- und Drüsenepithels aus gewöhnlichen »Schleimpolypen« 
das Ödem ausgepresst werden und eine solide Geschwulst vom Cha- 
rakter des Adenoms oder Adenocarcinoms entstehen könne. Er fand 
zwischen den gewucherten Epithelzellen zahlreiche Mastzellen mit 
häufigen Mitosen und erinnert an die Ähnlichkeit der durch Epithel- 
proliferation entstandenen echten Papillome (Virchow) mit gewissen, 
chronischen Entzündungen, z. B. der Pachydermia verrucosa des Kehl- 
kopfs. Eben so sollen nach seiner Ansicht aus den Schleimpolypen 
der Nase, die er für Produkte einer chronischen Entzündung hält, 
unter gewissen Umständen Geschwülste entstehen, welche, zunächst 
gutartig, doch den Keim einer bösartigen Entwicklung in sich 
tragen. Teichmann (Berlin. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 97 


7) G. Gradenigo. Über die Behandlung der Ozaena. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 10.) 


Nachdem Verf. sich hat überzeugen müssen, dass die Behandlung 
der Ozaena mit Serum antidiphthericum keine Dauerresultate giebt, 
empfiehlt er nunmehr intramuskuläre Jodinjektionen, wie sie sich 
ihm schon vorher bei gewissen Mittelohraffektionen als wirksam er- 
wiesen haben. Er spritzt alle 2—3 Tage 1—3 cg Jod ein, was ziemlich 
schmerzhaft sein soll; danach beobachtet er Abnahme und Verflüssi- 
gung der Sekretion, Verminderung und zuweilen völliges Verschwin- 
den des Geruches. Es bleibt abzuwarten, ob nicht auch diese 
Behandlungsmethode, wie alle bisher gegen Ozaena empfohlenen, nur 
so lange wirksam ist, wie die Nasenschleimhaut sich durch die Be- 
handlung selbst im akuten Reizzustande befindet. 

Teichmann (Berlin). 


8) E. Winckler. Zur Chirurgie der oberen Nasenneben- 
höhlen. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 1.) 

Die Operationsmethode, welche Verf. bei einseitiger Erkrankung 
des Siebbeins und der Stirnhöhle empfiehlt, stellt sich als Kombi- 
nation der Killian’schen temporären Resektion des Nasenbeins mit 
der alten Roser’schen Methode zur Entfernung hochsitzender Nasen- 
polypen dar. Der Gang der Operation ist nach der Beschreibung 
We folgender: Von der oberen Grenze der Stirnhöhle werden in 
der Mittellinie mit einem Schnitt die Weichtheile bis zur Nasenspitze 
gespalten. Das Periost wird dann nur so weit zurückgeschoben, dass 
die Naht zwischen Stirn- und Nasenbein erkennbar ist. Diese wird 
gelöst, und subperiostal die Verbindung des Proc. nasalis ossis maxil- 
laris mit dem Stirnbein durchgemeißelt. Bei jungen Individuen ge- 
lingt es jetzt, die laterale Nasenwand einzuknicken und so nach der 
Seite umzulegen, dass der obere Nasenraum mit reflektirtem Licht 
gut zu übersehen ist. Bei älteren Personen muss erst der Oberkiefer- 
fortsatz intranasal mit einer Stichsäge eingekerbt werden. Man hat 
nun die mittlere Muschel und, wenn man diese medianwärts luxirt, 
das Siebbein vor sich. Hat man sich über die hier vorliegende Er- 
krankung orientirt, so empfiehlt es sich zunächst, um nicht durch 
Blutung gestört zu werden, eine Sonde in den Sinus frontalis ein- 
zuführen und seine Größe, besonders seine Ausdehnung nach der 
Mittellinie festzustellen. Bei kleineren Hohlräumen nimmt man dann 
nahe der Mittellinie ein Stück der vorderen Wand subperiostal fort, 
genügend groß zur Kontrolle des Sinus. Bei großem Sinus kann 
man mit der Kreissäge von hier aus einen Knochenlappen mit der 
Basis nach oben und außen bilden, wozu unter Umständen noch ein 
Querschnitt im Augenbrauenbogen angelegt werden muss. Nach Er- 
öffnung des Sinus in der einen oder anderen Weise hat man den 
Theil des Stirnhöhlenbodens, in welchem das Ostium liegt, unmittel- 

Ass 


98 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


bar vor sich. Darauf wird der dicke Theil von der Spina nasalis 
des Stirnbeins mit der Knochenzange abgekniffen oder abgemeißelt; 
dann geht man nach außen und nimmt den ganzen nasalen Abschnitt 
der unteren Wand fort. Man erzielt dadurch Gänge, welche min- 
destens Kleinfingerumfang haben. Nun hat man das Siebbein über- 
sichtlich vor sich: unter künstlicher Beleuchtung kann man es bis 
an die laterale Wand und die Lamina cribrosa ausräumen und nach 
Entfernung der mittleren Muschel auch an die hintersten Zellen, 
so wie an die vordere Wand der Keilbeinhöhle gelangen. Die ziemlich 
starke Blutung steht auf Tamponade. Hat man Zweifel, ob alles 
Erkrankte entfernt ist, so lässt man zunächst Alles offen, um erst 
nach 3—4 Tagen sekundär die laterale Nasenwand zu reponiren und 
zu nähen. Die Stirnhöhle wird aber offen gehalten, bis die Sekretion 
annähernd normal geworden ist. Das kosmetische Resultat ist günstig, 
man hat nur in der Mitte der Nase und Stirn eine lineare Narbe, 
vorausgesetzt, dass die Offnung in der vorderen Stirnhöhlenwand nicht 
zu groß angelegt war. 

Bei Erkrankung der beiderseitigen oberen Nebenhöhlen, die einen 
extranasalen Eingriff erfordert, empfiehlt Verf. die Freilegung nach 
Gussenbauer durch Heraufklappen der Nase. Sie giebt ein bes- 
seres kosmetisches Resultat, als die alte Ollier’sche Methode durch 
Herunterklappen des knöchernen Nasengerüstes. 

Teichmann (Berlin). 


9) A. Kunert. Über die Differentialdiagnose zwischen Cysten 
und Antrumempyem. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 1.) 

In Bezug auf die Differentialdiagnose zwischen Zahncysten und 
Empyem der Kieferhöhle hält Verf. den bloßen Nachweis, dass in 
der Gegend der Kieferhöhle Eiter vorhanden sei, sei er durch Aus- 
fluss aus der Nase oder durch Probeausspülung erbracht, nicht für 
genügend zur Diagnose des Kieferhöhlenempyems, da bei einer nach 
dem Antrum zu entwickelten Cyste mit eitrigem Inhalt und even- 
tueller Spontanperforation nach dem Antrum oder der Nase zu die- 
selben Erscheinungen auftreten können. Dagegen lässt das Austreiben 
von Eiter durch eine Fistel mittels des Luftstromes vom Ostium 
maxillare her, so wie das Eindringen einer Sonde durch eine Fistel 
einige Centimeter nach der Gegend der Kieferhöhle zu mit ziemlicher 
Sicherheit, Aufblähung der Knochenwände mit Erhaltung der Kon- 
turen aber und dadurch bedingte scheinbare Weichtheilschwellung 
mit voller Sicherheit auf eine Cyste schließen. In zweifelhaften 
Fällen soll die mikroskopische Untersuchung, so wie das Verhalten 
des eitrigen Sekrets, das bei Cysten mehr krümelig-eitrig durch 1- 
oder 2malige Ausspülung bei breiter Eröffnung endgültig beseitigt 
wird, bei Empyem mehr zähschleimig-eitrig ist und einer oft sehr 
langwierigen Behandlung bedarf, endgültigen Aufschluss geben. Die 
mikroskopische Untersuchung soll sich auf die exeidirte Cystenwand 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 99 


erstrecken; das setzt voraus, dass die Diagnose »Cyste« bereits ge- 
stellt sei; bei Eröffnung von Antrumempyemen gewinnt man nur in 
den Fällen von Polypenbildung überhaupt ein Objekt für die mikro- 
ekopische Untersuchung. Auch die wiederholt beschriebenen Fälle 
von »Hydrops antri Highmori«e mit Entleerung eines mehr oder 
weniger wässrigen Inhalts hält Verf. für Cysten, und darin mag er 
wohl Recht haben. Teichmann (Berlin). 


10) J. Mikulicz and W. Kümmel (Breslau). Diseases of the 
mouth. 
(Twentieth century practice of med. Vol. VIII.) 
11) Dieselben. Local diseases of the mouth. 
(Ibid. Vol. IX.) 

Für die ausgezeichnete amerikanische Sammlung medicinischer 
Abhandlungen, welche schon manche treffliche Arbeit deutscher 
Autoren gebracht hat — so v. Noorden’s Diabetes —, haben M. und 
K. die Darstellung der Erkrankungen der Mundhöhle beigetragen. 
Diese Schriften sind für die Bedürfnisse des praktischen Arztes be- 
stimmt, und damit ist ihnen von vorn herein zwar die Beschränkung 
auf wohlbegründete Thatsachen auferlegt, aber Übersichtlichkeit und 
Freibleiben von kasuistischer Detaillirung gesichert. 

Die vorliegende Abhandlung zerfällt (auch äußerlich) in zwei 
Theile. Der erste umfasst die Krankheiten der Mundschleimhaut als 
solcher und als Lokalisationen allgemeiner Erkrankungen, der zweite 
die specielle Pathologie der Organe der Mundhöhle. 

Eine kurze anatomische Übersicht eröffnet die Arbeit. In ge- 
drängter Darstellung folgen die Störungen der Aussprache (Nasal-, 
Gutturalsprache), der Nahrungseinfuhr, der Speichelsekretion als All- 
gemeinsymptome dieser Krankheit überhaupt. Die Pathologie der 
Mundschleimhaut beginnt mit den lokalen Erscheinungen bei Ver- 
giftungen durch Alkaloide und metallische Gifte. Herpes, Petechien 
bei den akuten Infektionskrankheiten, bei den verschiedenen Formen 
der hämorrhagischen Diathese, die Erscheinungen der Maul- und 
Klauenseuche werden geschildert. Ihnen schließen sich die Traumen, 
die Verätzungen rein thermischen und chemischen Ursprungs an. 
Ausführlicher folgen die entzündlichen Affektionen, die einfachen und 
ulcerösen Stomatitiden, die Aphthen in ihren verschiedenen Formen 
(chronisch recidivirende, Bednar’sche AL Erysipel, Noma und go- 
norrhoische Stomatitis, die letzteren besonders eingehend besprochen, 
schließen dieses Kapitel. In Bezug auf die Ätiologie der Noma ist 
bemerkenswerth, dass die Verff. die Schimmelbusch’schen Befunde 
zwar erwähnen, ihnen aber eben so wie der »neuritischen« Theorie 
Woronichin’s nicht absolute Gültigkeit zumessen. 

Ein breiterer Raum ist den Manifestationen der Syphilis ge- 
widmet. Es werden die Primäraffekte, direkt und indirekt übertragen, 
beschrieben. Die Exstirpation lehnen M. und K. ab. Die sekun- 

H 


100 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


dären und besonders die tertiären Formen finden nach der Lokali- 
sation genaue Besprechung, zumeist gemäß den Fournier’schen 
Ansichten. Eben so eingehend sind die selteneren tuberkulösen Af- 
fektionen geschildert: Lupus der Mundschleimhaut, Ulcera des weichen 
Gaumens, der Zunge, multiple Destruktionen bei vorgeschrittener 
Phthise, welch letztere freilich den Chirurgen seltener vor Augen 
kommen, aber um so mehr dem Internisten, im Hospital wie in der 
Praxis. M. empfiehlt die gründliche Entfernung alles Krankhaften 
mit dem scharfen Löffel oder dem Thermokauter in allen Fällen, 
welche durch den Allgemeinzustand noch Aussicht auf einigermaßen 
dauernde Linderung der peinlichen Beschwerden beim Schlingen und 
Sprechen bieten. Lepra, Rhinosklerom (die Verff. bezeichnen es als 
»Sclerodermia«), Aktinomykosis, Soor, thierische Parasiten werden 
sodann abgehandelt und die Lokalerscheinungen bei einigen subakuten 
und chronischen Dermatosen (Erythema bullosum, multiforme, Pem- 
phigus, Lichen ruber). Leukoplakia und die interessanten Lähmungen 
und Neurosen (Neuralgien, Geschmacksstörungen, Glossodynie) be- 
schließen diese Abtheilung. 

Der zweite Theil beginnt mit den Entzündungsprocessen der 
Zunge, den oberflächlichen Glossitiden (Gl. simplex, geographica, 
papulosa, exfoliativa), der haarigen Zunge, den Zungenabscessen und 
traumatischen Geschwüren der Zunge, erwähnt einige Erkrankungen 
des Mundhöhlenbodens, die Eiterungen und Konkrementbildungen 
in den sublingualen Speichelgängen, die Angina Ludovici, ferner die 
Gingivitis ulcerosa, eben so die Entzündungen der Lippen, bezw. der 
Schleimdrüsen derselben (Cheilitis) — und wendet sich dann zu den 
Geschwülsten, welche den weitaus größten Abschnitt bilden. 

Den selteneren gutartigen Geschwülsten der weichen Mund- 
gebilde reihen sich die anatomisch gutartigen, die Gefäßgeschwülste, 
an, von welchen das Angioma cavernosum, das Lymphangiom, die 
Makroglossie und Makrochilie ausführlicher behandelt sind. Eben so 
die wichtigen cystischen Geschwülste, deren anatomischer Bau und 
Genese besonders betont ist. 

Die Beschreibung der bösartigen Neubildungen der Weichtheile, 
der Sarkome der Zunge und Lippen, der Carcinome dieser Organe 
ist besonders eingehend. Die Verff. acceptiren hier im Allgemeinen 
die bekannten Wölfler’schen Ansichten. Die Kiefergeschwülste bil- 
den das letzte Kapitel. 

Dieser reichhaltige Stoff ist übersichtlich gegliedert, die Dar- 
stellung bei aller Kürze klar und vollständig. 

Eine größere Anzahl scharfer Illustrationen, zum Theil aus dem 
M.’schen Atlas, stellen die Typen gut dar. 

Es ist zu erwarten, dass die wohl in Bälde erscheinende deutsche 
Ausgabe des Werkchens nicht bloß beim Praktiker, sondern auch bei 
Lehrern und Schülern in propädeutischen und Repetitionskursen in 
vielfachem Gebrauch stehen wird. J. Sternberg (Wien). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 101 


12) Hartmann. Die Operation adenoider Wucherungen 
unter direkter Besichtigung mit gerader Zange. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 41.) 

H. bedient sich zur Entfernung der adenoiden Wucherungen 
einer geraden Zange bei direkter Besichtigung unter Anwendung des 
Gaumenhakens. Die Zange wird erst rechts, dann links angelegt, 
und H. rühmt ihr eine ausgiebigere Entfernung des Kranken so- 
wohl, wie auch den Vortheil nach, dass die abgeschnittenen Stücke 
nicht in den Hals hinunterfallen, sondern mit der Zange heraus- 
genommen werden. Die Schmerzhaftigkeit ist nicht größer, die 
Blutung im Allgemeinen etwas geringer als bei Anwendung des 
Gottstein’schen Messers. R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


13) H. Beckmann. Zur Pathologie und Therapie der Rachen- 
mandel. 
. (Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 9.) 

Mittheilung der Erfahrungen und Anschauungen, welche Verf. 
an mehr als 5000 operirten Fällen gewonnen hat. Bezeichnend für 
die erweiterte Indikationsstellung B.’s zur Operation ist der Umstand, 
dass diese Zahl ca. 50% seiner gesammten poliklinischen Klientel 
darstellt, während der Procentsatz der wegen Rachenmandel Operirten 
bei anderen Operateuren zwischen 1% (Gruber) und 7,4% (Wilh. 
Meyer) schwankt. Auf die theoretischen Ausführungen B.’s über 
die Rolle der Rachenmandel im Organismus kann hier eben so wenig 
eingegangen werden, wie auf die technischen Besonderheiten seiner 
Operationsweise. Wenn man aber seine Bemerkungen liest über die 
Beziehungen der Rachenmandel nicht bloß zum gewöhnlichen infek- 
tiösen Schnupfen, sondern auch zur Koryza syphilitischer Neugeborener, 
ferner zur Rachitis und zum Laryngospasmus der ISäuglinge, zur 
Skrofulose der älteren Kinder, zur Ozaena und zu den chronischen 
Rachen- und Kehlkopfkatarrhen der Erwachsenen, so kommt man 
doch zu der Frage, ob nicht Verf. zu einer gewissen Überschätzung 
der pathologischen und klinischen Bedeutung der Rachenmandel ge- 
langt sei. Übertreibende Ansichten über die Nothwendigkeit und die 
günstigen Folgen einer Operation können aber durch Herausforderung 
des Widerspruchs der Verbreitung der Operation nur hinderlich sein, 
und es wäre sehr bedauerlich, wenn B.’s auch an anderen Stellen 
ausgesprochene Anschauungen diesen gewiss nicht beabsichtigten Er- 
folg hätten. Teichmann (Berlin). 


14) J. L. Goodale. Über die Absorption von Fremdkörpern 
durch die Gaumentonsillen des Menschen mit Bezug auf die 
Entstehung von infektiösen Processen. 

(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 1.) 

Der Arbeit liegt folgender in 12 Fällen ausgeführter Versuch zu 
Grunde: In die Krypten menschlicher Tonsillen, welche wegen 


102 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


Hypertrophie entfernt werden sollten, wurde eine wässrige Karmin- 
aufschwemmung hineingebracht. Nach verschieden langer Zeit, 2mal 
sofort, sonst zwischen 20 Minuten und 10 Tagen, wurden die Ton- 
sillen exceidirt und die Krypten an Serienschnitten mikroskopisch 
untersucht, zunächst auf die Resorption von Karminkörnern, außer- 
dem aber auf Bakterien. Außerdem wurden 4 Fälle von akuter 
lakunärer Tonsillitis auf den Bakteriengehalt des Mandelgewebes 
untersucht. Die Versuche ergaben, dass normalerweise eine Auf- 
saugung von Fremdkörpern in den Tonsillen durch die Schleimhaut 
der Lakunen stattfindet. Der Weg der aufgenommenen Körperchen 
führt durch die interfollikulären Lymphräume in der Richtung der 
größeren Bindegewebszüge. Während des Aufsaugungsvorganges 
unterliegen die Fremdkörper der phagocytischen Thätigkeit der viel- 
kernigen Neutrophilen, die in und neben der Schleimhaut liegen. 
Bakterien sind normalerweise in den Lakunen vorhanden, aber für 
gewöhnlich im Tonsillargewebe nicht nachweisbar. Dem Verf. er- 
scheint die Annahme möglich, dass die Bakterien ihren Weg beständig 
in die Tonsillargewebe nehmen, aber im Augenblick des Eintritts 
auf ungünstige Lebensbedingungen stoßen und bald zu Grunde gehen. 
Er vermuthet, dass die Entzündung des Mandelgewebes auf der Auf- 
saugung reizender Toxine aus den Bakterienkolonien der Lakunen 
beruht, und sieht in seinen Versuchen den Beweis für die Möglich- 
keit einer Infektion der Tonsillen unmittelbar durch die Mund- 
füssigkeit. Teichmann (Berlin). 


15) H. Koerner (Halle). Über die Beziehungen der Er- 
krankungen der Zähne zu den chronischen Schwellungen 
der regionären Lymphdrüsen. 

Berlin, Gottentag, 1897. 

Verf. hat sich der dankenswerthen Aufgabe unterzogen, theils 
auf dem Wege des Thierexperiments, theils an der Hand eines 
großen klinischen Materials (ca. 4000 Fälle) Untersuchungen über 
die Resorptionsfähigkeit der Zahnpulpa und über die Beziehungen 
der Zahnkrankheiten zu den hyperplastischen Lymphomen am Halse 
anzustellen. Auf Grund von Injektionsversuchen an den Pulpen 
von Thierzähnen gelangt K. zu der Überzeugung, dass in der leben- 
den Zahnpulpa präformirte Lymphräume, Lymphkapillaren oder 
Lymphgefäße nicht vorhanden sind. Dennoch findet seitens der 
Pulpa eine Resorption statt, die sich sogar auf feste Stoffe (Farb- 
stoffe) erstreckt. Diese Resorption erfolgt nicht in vorgebildeten 
Lymphbahnen, sondern wird durch den intercellulären Flüssigkeits- 
strom vermittelt. So erklärt sich die Thatsache, dass Lymphdrüsen- 
schwellungen nicht nur veranlasst werden durch todte Zähne mit 
offener Pulpahöhle und Wurzelkanälen, sondern auch durch Zähne, 
deren Pulpa noch lebt, aber freiliegt, so dass sie den Schädlichkeiten 
der Mundhöhle ausgesetzt ist. Unter 3161 Kindern mit Schwellungen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 103 


der Submaxillardrüsen fanden sich 2334, also 73,8%, mit erkrankten 
Zähnen. Boennecken (Prag). 


16) Trapp. Zur Kenntnis der Wirbelbrüche. Eine Studie 
über die klinische Diagnose des Sitzes einer Wirbelfraktur 
aus den nervösen Ausfallserscheinungen. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 434.) 

Um die Diagnose des Ortes eines Wirbelbruches zu stellen, ge- 
nügt, falls es sich um eine gleichzeitige schwere Verletzung des 
Rückenmarkes handelt, eine genaue Würdigung der bestehenden Aus- 
fallserscheinungen im Bereich der spinalen Nerven, da bekanntlich 
jedem Wirbel ein bestimmtes Spinalnervenpaar bezw. ein bestimmter 
Markabschnitt entspricht. Die Ermöglichung solcher Diagnosen ohne 
direkte Untersuchung der verletzten Skelettstelle hat aber besonderen 
Werth, da man bei ihr das Aufrichten, Drehen und sonstiges Be- 
wegen des Pat., das weitere Dislokationen der Bruchstücke und ver- 
mehrte Markschädigungen zur Folge haben kann, vermeidet. T. hat 
auf Anregung seines Chefs Prof. Helferich und dem Beispiel einer 
Arbeit von Dennis folgend nun zur Erleichterung der fraglichen 
Diagnosen symptomatische Übersichtstafeln der Wirbelsäule zusammen- 
gestellt, auf welchen auf einen Blick ersichtlich ist, welche Nerven- 
wurzeln jedem einzelnen Wirbel entsprechen, und welche Ausfall- 
erscheinungen an Motilität, Sensibilität, Reflexen etc. auf eine in 
entsprechender Höhe erfolgte quere Markverletzung entfallen. Zur 
Konstruktion der Tafel sind nur solche Fälle gewählt, die zur Sektion 
gekommen sind, und deren klinischer Befund einige Tage nach der 
Verletzung notirt ist, wo also die Erschütterungserscheinungen ge- 
schwunden, sekundäre Degeneration aber noch nicht vorhanden waren. 
Der gelieferten Tafel ist nachzurühmen, dass sie in der That sehr 
kompendiös und gut übersichtlich ist und für die Praxis einen aus- 
kömmlichen Anhalt zur wenigstens vorläufigen Diagnose jedenfalls 
leicht gewähren kann. Einige nähere klinisch-symptomatologische, 
so wie anatomisch-physiologische Bemerkungen im Text der Arbeit 
dienen zur Vervollständigung der Daten in der Tabelle, außerdem 
publieirt Verf. kurz 13 Krankengeschichten aus der Greifswalder 
Klinik, über die hier hinweggegangen werden kann. 

Der Werth der T.’schen Arbeit kann sich mit dem neuen meister- 
haften Werke Kocher’s über Wirbel- und Markverletzungen freilich 
nicht messen, doch hält Ref. die hier gelieferte Übersichtstafel für 
so zweckmäßig, dass sie auch neben Kocher zum praktischen Ge- 
brauch zu empfehlen ist. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


17) T. Jonnescu und N. Melun (Bukarest). Die Reduktion 


des Pott’schen Buckels. 
(Revista de chir. 1897. No. 5.) 
Die Autoren führten bei dem Verfahren in der schnellen Re- 
duktion des Pott’schen Buckels, so sehr gerühmt von Chipault und 


104 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


verbreitet von Calot, folgende Veränderungen ein: Bei der Exten- 
sion Ersatz der Hände durch Streckapparat, der oben am Kinn und 
Hinterhaupt, unten am Becken angreift. Ein Kraftmesser ist da- 
zwischen eingeschaltet. Nach J. wirkt dieser mechanische Zug lang- 
samer, ohne Erschütterungen und kontinuirlich und befreit uns von 
einer großen Zahl von Gehilfen. Er kann ohne Unterbrechung bis 
zum Trockenwerden des Gipsverbandes erhalten werden, der sich 
dazu sehr leicht anlegen lässt. Die Autoren legen diesen direkt auf 
dem Körper an, ohne Zwischenlage von Watte. 
Gerota (Bukarest). 


18) Schulthess. Messung und Röntgen’sche Photographie 
in der Diagnostik der Skoliose. (Aus dem orthopädischen 
Institut von Dr. A. Lüning und Dr. W. Schulthess in 
Zürich.) 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hit. 2 u. 3.) 

S. wendet sich gegen verschiedene Bedenken, welche gegen sein 
Messungsverfahren seitens Joachimsthal und Wolff auf dem letz- 
ten Chirurgenkongress zu Gunsten der Röntgen’schen Photographie 
geäußert wurden. Da das Röntgen’sche Verfahren werthvolle Auf- 
schlüsse geben kann über einzelne Veränderungen an der Wirbel- 
säule und an den Rippen, aber noch keine Übersicht gestattet, so 
ist seine Bedeutung darin zu suchen, dass es neben den Messungen 
als Ergänzung dienen kann. S. ist nicht geneigt, von der Berech- 
tigung seiner Methode auch nur einen Schritt zurück zu weichen. 

J. Biedinger (Würzburg). 


19) Jaeger. Über Strumametastasen. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 

J. konnte aus der Litteratur 31 einschlägige Fälle zusammen- 
stellen und fügt denselben eine weitere Beobachtung aus der Krön- 
lein’schen Klinik hinzu. Bei einer 69jährigen Frau, welche mit 
einem seit Jahren gleich gebliebenen, taubeneigroßen, derben Kropf 
behaftet war, entwickelten sich 2 Geschwülste der Wirbelsäule, eine 
in der Nackengegend, die andere in der Höhe des 3. und 4. Lenden- 
wirbels. Letztere erwies sich bei der Operation als weiche, stark 
blutende Masse, die mit dem scharfen Löffel entfernt wurde (Tam- 
ponade wegen heftiger Blutung). Die histologische Untersuchung 
(Prof. Ribbert) zeigte stellenweise das Bild der in embryonaler Ent- 
wicklung begriffenen, stellenweise das der vollständig entwickelten 
Schilddrüse resp. Struma, ohne Anhaltspunkt für Bösartigkeit. 

Unter 31 am Menschen gemachten Beobachtungen zeigen in 
9 Fällen die Metastasen bösartiger Kröpfe neben dem Krebsgewebe 
auch Schilddrüsengewebe, in 6 Fällen scheinbar gutartiger Kröpfe 
fanden sich in den Metastasen neben dem Schilddrüsengewebe auch 
krebsige Partien. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 105 


In 12 Fällen (unter denen Limal der primäre Kropf klinisch und 
anatomisch als gutartig, imal als bösartig zu bezeichnen war) ließ 
sich in den Metastasen nur Schilddrüsengewebe nachweisen. 3 Fälle 
sind zweifelhaft. 

Am häufigsten sind weitaus die Knochen- und dann die Lungen- 
metastasen. Atiologisch ist von Interesse, dass in 6 Fällen die Stelle 
der Metastasenbildung von einem Trauma betroffen worden war. 
Hinsichtlich der Operation ist die Thatsache beachtenswerth, dass 
von allen Operateuren über heftige Blutungen berichtet wird. 

Hofmeister (Tübingen). 


20) Quönu et Longuet. Recherches expérimentales et étude 
critique sur la chirurgie du poumon. — Discussion. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 787.) 

Die Verff. halten die von manchen Chirurgen unterschätzte Ge- 
fahr des Entstehens eines akuten Pneumothorax bei intrapleuralen 
Operationen auf Grund klinischer und experimenteller Beobachtungen 
für recht erheblich. Durch zahlreiche Versuche an Hunden suchten 
sie daher zu vermitteln, auf welchem Wege man, um dieser Gefahr 
vorzubeugen, feste Verwachsungen der beiden Pleurablätter erzeugen 
könne. Ein weiterer Vortheil einer derart bewirkten Befestigung 
der Lunge an der Brustwand ist darin zu sehen, dass ein Rück- 
weichen des durch Perkussion und Auskultation vorher genau fest- 
gestellten Lungenherdes bei Eröffnung der Brusthöhle unmöglich 
gemacht wird. Alle Versuche, durch Reizung der Pleura durch 
Ignipunktur, Akupunktur, auf die Oberfläche des parietalen Blattes 
gelegte Fremdkörper, chemische Irritantien oder durch subkutane 
Durchstechung der Lunge mit feinen Nadeln solche Verwachsungen 
hervorzurufen, schlugen fehl. Auch direkte Vernähung beider Brust- 
fellblätter hatte keinen Erfolg, da die dünne Pleura stets einriss. 
Etwas bessere Resultate ergaben Nähte, die nicht nur die Pleura- 
blätter fassten, sondern um die Rippen herum und durch das 
Lungengewebe selbst gestochen waren. Aber selbst diese Nähte 
riefen, falls die Asepsis absolut gewahrt blieb, keine Adhäsionen 
rings um sich hervor. — Die Verf. kommen daher zu dem Schluss, 
dass pleurale Verwachsungen, ja überhaupt Verwachsungen seröser 
Häute stets nur die Folge einer abgeschwächten Infektion seien. — 
An der Möglichkeit, Adhäsionen sicher und ohne Gefahr zu schaffen, 
verzweifelnd, sind sie gegenwärtig mit Versuchen beschäftigt, das 
Zurückweichen der zu eröffnenden Lunge durch Erhöhung des intra- 
bronchialen Druckes vermittels Athmung komprimirter Luft zu ver- 
hindern. 

Über gleiche Versuche berichtete in der sich anschließenden Dis- 
kussion Tuffier. Es genügte ein intrabronchialer Druck von 6 mm 
Quecksilber, um eine Retraktion der Lunge, ein Entfernen der Pleura 
pulmonalis von der Pleura parietalis bei breiter Eröffnung derselben 


106 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


zu verhüten. Während aber Q. für diese Einwirkung komprimirter 
Luft den Luftröhrenschnitt für nöthig hielt, um eine Kanüle ein- 
zuführen, bediente sich Tuffier der Intubation des Kehlkopfes. 
Zunächst verfügen beide Autoren nur über Experimente an Hunden; 
die klinische Bestätigung steht noch aus. Beide geben übrigens zu, 
dass sie nur die breite akute Eröffnung der freien Pleurahöhle für 
gefährlich halten, das Eindringen kleiner Luftmengen bei sofortigem 
Wiederverschluss einer kleinen Pleurawunde für bedeutungslos er- 
achten. Bazy bestreitet überhaupt eine wesentliche Gefahr der 
Pleurotomie bei freier Pleurahöhle und hält den Werth der von L. 
früher empfohlenen extrapleuralen Palpation der Lungen nach breiter 
Ablösung der Pleura parietalis für recht mäßig. Für den geringen 
Werth dieser Methode führt Lejars 2 eigene Beobachtungen an. 
a Reichel (Breslau). 

21) Schaposchnikoff. Zur Frage über Perikarditis. 

(Mittheilungen aus den Grensgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2. 

Für operative Eingriffe bei flüssigen Exsudaten im Herzbeutel 
ist es von großer Wichtigkeit zu wissen, wo in dem weiten Raume 
das Herz liegt, damit man dasselbe bei Punktionen nicht verletze. 
Die deutschen Autoren behaupten fast einstimmig, dass das Herz als 
specifisch schwerer Körper im Exsudat nach unten und hinten sinke; 
nach Anderen wird es nach oben außen und links verdrängt. 

Um diese Frage zu entscheiden, führt S. zunächst zwei von ihm 
selbst beobachtete Obduktionsbefunde an, in denen das Herz der 
vorderen Perikardialwand unmittelbar anlag, obwohl es nicht ver- 
wachsen war, und obwohl die Perikardialflüssigkeit (ix Liter betrug. 

Weit verbreitet ist ferner die Ansicht, dass bei flüssigem Ex- 
sudat das perikardiale Reibegeräusch fehle, da das Herz von der 
vorderen Brustwand durch das Exsudat entfernt werde; es gilt also 
vielfach Vorhandensein des Reibegeräusches als Zeichen fehlender 
Flüssigkeit. Diese Ansicht weist S. als falsch nach durch 2 Fälle, 
in denen er bei sehr deutlichem Reibegeräusch durch Punktion 300 
resp. 500 g seröser Flüssigkeit entleerte. Besonders beweisend ist ein 
3. Fall: bei vorhandenem Reibegeräusch ergab Punktion '/, Liter 
Flüssigkeit. Als nach 3 Wochen sich der Zustand verschlimmerte, 
Herzshock und Reibegeräusche fehlten, musste eine Wiederansamm- 
lung der Flüssigkeit viel sicherer angenommen werden, als bei der 
ersten Punktion. Allein bei der Punktion kam man direkt ins Herz. 
Der Kranke überstand das gut; Obduktion nach 2 Wochen ergab nur 
winzige Mengen einer Flüssigkeit im Perikard. Ähnliche Fälle aus 
der Litteratur belegen das weiter. 

Ganz besonders lehrreich sind die Leichenversuche, welche S. 
anstellte. Er injicirte Wasser, Gelatine und Paraffin. Die Paraffin- 
versuche sind nicht verwerthbar, da das Paraffin zu schnell gerinnt 
und specifisch zu leicht ist. Mit Wasser und Gelatine dagegen 
wurde ganz konstant gefunden, dass die Hauptmasse der Injektions- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 107 


flüssigkeit hinter, unter und neben dem Herzen sich ansammelte, 
dass dagegen die vordere Herzfläche entweder ganz frei blieb oder 
nur durch eine sehr dünne Flüssigkeitsschicht von der vorderen 
Brustwand getrennt war. Dies geschah, trotzdem das Herz der spe- 
cifisch schwerere Körper ist; denn warf man das völlig abgeschnittene 
und isolirte Herz in ein Gefäß mit der Injektionsmasse, so sank es 
unter. Der Grund dafür, dass das Herz in der Leiche oben auf der 
Injektionsmasse schwimmt, ist in der Elastieität der großen Gefäße 
zu suchen, welche die Tendenz haben, das Herz nach oben und 
vorn zu ziehen. 

Als Stelle der Punktion ist bei großen Exsudaten der linke 
6. Interkostalraum zu empfehlen, falls hier absolute Dämpfung 
herrscht. Außerdem ist aber der 3. oder 4. Interkostalraum rechts 
vom Brustbein dafür geeignet, falls hier absolute Dämpfung herrscht, 
und die Perkussion ergiebt, dass links das Zwerchfell nicht erheblich 
nach unten gedrängt ist. S. hat mehrfach mit Erfolg bei seinen 
Kranken hier punktirt. Haeckel (Stettin). 


22) A. Pedotti. Über Mammacysten. 
Inaug.-Diss., Zürich, Orell Füssli, 1897. 35 8. 

Verf. kommt auf Grund der histologischen Untersuchung von 
3 Mammacysten zu dem Resultat, dass die Cystenbildung in der 
Brustdrüse nicht lediglich auf Sekretstauung beruht, sondern dass es 
sich vielmehr um eine Wucherung des Bindegewebes handelt, durch 
welche die Wandfläche der Drüsengänge vergrößert wird. 

Er stützt sich dabei hauptsächlich auf das Vorhandensein einer 
Bindegewebsvermehrung, so wie auf den Umstand, dass das Epithel 
der Cystenwand meist hoch kubisch oder cylindrisch ist, und ver- 
gleicht die Entstehung der Cysten mit derjenigen physiologischer 
Hohlorgane, wie Gallenblase und Bronchien. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


Kleinere Mittheilungen. 


23) P. Marks. Ein Fall von Cephalhaematoma regionis frontalis. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Bei einem sonst gesunden Manne stellte sich 7 Wochen nach einem Trauma 
— Fall auf den Vorderkopf mit kleiner Wunde — dicht unterhalb der damals ver- 
letsten Stelle spontan eine schnell wachsende, fluktuirende Geschwulst ein, die 
kein Zeichen eines Zusammenhanges mit dem Schädelinnern aufwies. Eine zwei- 
malige Punktion und nachfolgende Kompression hatten keinen Erfolg; desshalb 
breite Incision der Geschwulst. Man fand ein Cephalhaemat. subapeunor., das dann 
ur Heilung kam. Bei den hier vorliegenden zeitlichen Verhältnissen etc. sieht 
Verf. nicht in dem Trauma die Ursache der Affektion, sondern nach Gosselin in 
einer spontan auftretenden rarefieirenden Ostitis und führt sum Beweis hierfür 
2 zähnliche Fälle von Gosselin an. Happel (Darmstadt). 


108 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


24) O. Schulz. Ein Fall von intraduralem Hämatom. 
Inaug.-Diss., Breslau, Breslauer Genossenschafts-Buchdruckerei, 1897. 23 8. 


Verf. bespricht auf Grund eines von Henle in der chirurgischen Klinik in 
Breslau operirten Falles das klinische Bild und die operative Behandlung der 
intraduralen Blutergüsse. 

Der 31jährige Pat. war in Folge eines Sturses auf den Kopf während 12 Stun- 
den bewusstlos. Darauf Herabsetsung der Sehkraft auf dem rechten Auge und 
Parese des linken Beines. Die 2 Wochen nach dem Unfall vorgenommene Unter- 
suchung ergab Parese des unteren linken Facialisastes, Freisein des linken Armes, 
Parese mit leichter Reflexsteigerung der linken unteren Extremität, rechtsseitige 
leichte Ptosis und Beschränkung der Blickbewegung nach links. Beide Augen 
seigen Stauungspapille, die rechts stärker ist als links. Dabei besteht rechts 
hochgradige Amblyopie. Rechtsseitige Anosmie. 

Die Diagnose wurde auf ein wahrscheinlich intradurales Hämatom in der 
rechten vorderen Schädelgrube und im Bereich der Centralwindungen gestellt. 

Bei der Operation, die in temporärer Resektion des Stirnbeins bestand, fand 
sich, in Bestätigung der Diagnose, ein ca. 200 g enthaltendes subdurales Häma- 
tom. Tamponade, glatter Verlauf, völlige Wiederherstellung. 

Verf. bespricht im Anschluss daran die Entstehung und den Verlauf dieser 
Blutungen und hebt hervor, dass sie nicht selten ohne jede Schädelfraktur vor- 
kommen. Bezüglich der Symptome ist, wie bei jeder traumatischen Blutung des 
Schädelinneren, das »freie Intervalle von Bedeutung. Dasselbe kann länger sein, 
als dies gewöhnlich bei den extraduralen Blutungen der Fall ist. Auch der weitere 
Verlauf ist langsamer, als bei den letzteren, so dass der operative Eingriff weniger 
rasch dringend wird. Die allgemeinen und Herdsymptome sind im Ganzen bei 
intra- und extraduralen Ergüssen dieselben. Für intradurale Blutung spricht je- 
doch das hauptsächliche Ergriffensein eines Beines, weil die anatomischen Ver- 
hältnisse der Art. meningea media, die bei extraduralen Blutungen in Frage 
kommt, eine solche Lokalisation nicht erklären würden. Von diagnostischer Be- 
deutung ist ferner das gleichzeitige Ergriffensein mehrerer von einander getrennter 
Centren, das sich bei der diffuseren Ausbreitung der intraduralen Hämatome 
leichter erklärt, als bei den mehr auf einen Herd koncentrirten Ergüssen zwischen 
Dura und Schädel. 

. Die Behandlung muss operativ sein, sobald lebenbedrohende Erscheinungen 
auftreten. Sobald dagegen nur lokale Symptome vorhanden sind, ist Verf. eher 
für ein abwartendes Verhalten, in Anbetracht der Thatsache, dass durch Resorp- 
tion Spontanheilung eintreten kann. Im vorliegenden Falle hatte die Stauungs- 
papille mit Gefahr der Opticusatrophie zur Operation gedrängt. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


25) Jurka. Über einen durch Kopfverletzung hervorgerufenen Fall 
von Reflexepilepsie, der durch Abmeißelung eines Knochenvorsprunges 
zur Heilung gebracht worden ist. 

(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1897. No. 11.) 


Pat. hatte am 8. April 3 kleine Wunden auf der linken Seite des Hinter- 
hauptbeines bei einer Schlägerei acquirirt. Die Wunden waren am 15.3April fast 
völlig geheilt. An diesem Tage machte Pat. einen gestörten Eindruck und zeigte 
dem Arzt seine wundgebissenen Lippen und eine Verletzung der Zunge. Am 
gleichen Tage wurde ein epileptischer Anfall konstatirt. Die eine Narbe war auch 
in der Benommenheit druckempfindlich. Bei der am nächsten Tage vorgenommenen 
Operation fand sich eine ca. 1 cm lange Fissur; nach Abmeißelung eines 2mark- 
stückgroßen Knochenstückes hörte der Sprung in 2 mm Tiefe auf. Es wurde dess- 
halb von der Bloßlegung des Gehirns bei Offenlassen der Wunde Abstand ge- 
nommen. Pat. war nach der Narkose sofort wieder bei klarem Bewusstsein. Epi- 
leptische Anfälle sind nicht mehr beobachtet worden. Verf. bemerkt, dass er 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 109 


einen Fall, in dem eine so geringfügige Fissur der Tabula externa epileptische 
Krämpfe hervorgerufen hat und diese durch den kleinen Eingriff beseitigt wurden, 
in der ihm zugängigen Litteratur nicht habe finden können. 

Bähr (Hannover). 


26) Janz. Zur chirurgischen Behandlung der Kleinhirntumoren. 
(Mittheilungen aus den Hamburgischen Staatskrankenenstalten Bd. I. Hft. 2.) 


Die beiden Fälle, welche Verf. ausführlich beschreibt, bieten trotz ihres un- 
glücklichen Ausganges in diagnostischer und therapeutischer Besiehung manches 
Interessante. Bei dem 1. Falle handelt es sich um einen 21jährigen Mann, dessen 
Krankheit sich sehr schnell entwickelt hatte. Er erkrankte mit Schwindel, Kopf- 
schmersen, Doppeltsehen, Abnahme des Seh- und Hörvermögens, Ohrensausen und 
zuletzt mit heftigem Erbrechen. Puls 52 in der Minute; fortwährender Schwindel 
auch beim Liegen und Sitzen, taumelnder Gang; Reflexe herabgesetzt. Pupillen- 
reaktion aufgehoben; Parese des M. externus oculi; bei extremen Bewegungen 
nach außen Nystagmus. Papillen vergrößert, geschwollen, mit verwischten Rän- 
dern, Gefäße stark gefüllt, vielfach aus dem Niveau verschwindend, zahlreiche 
frische und alte Hämorrhagien. Beklopfen des Schädels am Hinterkopf, besonders 
rechts, schmerzhaft. Zu diesem Krankheitsbild gesellten sich im weiteren Verlaufe 
noch andere Augenmuskellähmungen, Ungleichheit der Pupillen, Vermehrung der 
Ataxie, Singultus, zeitweise Unklarheit des Sensoriums. Schon um eine Druck- 
entlastung des Gehirns herbeizuführen, wurde von Schede noch eine Operation 
gemacht: Hautlappen mit der Basis nach unten in der rechten Hinterhauptsgegend, 
Trepanation des Hinterhauptbeins, Eröffnung der Dura: keine Geschwulst zu finden. 
Weichtheillappen mit einigen Nähten wieder zurückverlagert. Nach einer schein- 
baren Besserung wurde der Kranke allmählich dement und apathisch, erbrach 
häufig, bekam Incontinentia urinae und klonische Krämpfe. Bei einer zweiten 
Operation an der linken Seite findet man im Kleinhirn eine härtere Masse, die 
als Geschwulst erkannt wird, aber nicht exstirpirt werden kann. Am nächsten 
Tage Tod. Obduktion ergab hämorrhagische Erweichung beider Kleinhirnhälften, 
Geschwulst im Oberwurm, eine andere im Thalamus opticus links vom Septum 
pellucidum. Ventrikel stark erweitert; Geschwulst 8 cm lang, 4 cm breit; über die 
Art derselben findet sich keine Angabe. 


Der 2. Fall betraf ein Kind, das ebenfalls mit Kopfschmerz und Schwindel er- 
krankte und »das Gehen verlernt hatte«. Völlige Apathie, weinerliche Stimmung, 
Ataxie, Taumeln, Pupillenreaktion verlangsamt, Stauungspapille beiderseits; keine 
Augenmuskellähmungen; Puls zwischen 60 und 120 schwankend; Erbrechen, häu- 
figes Aufseufsen und Gähnen; Abnahme des Sehvermögens; Kniereflexe fehlen, 
Beine werden in leichter Flexionsstellung gehalten. — Operation (Kümmell): 
Bildung eines Haut-Knochenlappens mit unterer Basis auf der linken Hinterhaupts- 
hälfte, mittels Dahlgren’scher Zange: keine Geschwulst zu finden. Darauf 
Freilegung der rechten Kleinhirnhälfte, ohne dass eine Knochenbrücke gelassen 
wird. Auch hier keine Geschwulst zu finden. Punktion der Ventrikel ergiebt 
serös-blutige Flüssigkeit. Daher Zurückklappen beider Lappen und Naht. Noch 
am selben Tage Tod unter Krämpfen in Gesicht und Extremitäten, zeitweisem 
Aussetzen der Athmung. — Obduktion: Erweiterung sämmtlicher Ventrikel, be- 
sonders des 4. durch hühnereigroße Geschwulst, die theils aus der Ventrikelwand, 
theils aus der linken Kleinhirnhemisphäre entspringt, glatt ist, von derber Kon- 
sistens und grauweißer Farbe. Auch über die Art oder mikroskopischen Bau 
dieser Geschwulst fehlt eine Angabe! 


In beiden Fällen wurde die Diagnose auf Kleinhirngeschwulst vor der Opera- 
tion gestellt und durch die Obduktion bestätigt; beide Male aber lag die Ge- 
schwulst zu tief, um erreicht werden zu können. Die Operationsmethode Küm- 
mells gestattet einen guten Überblick und hinreichende Freilegung des Opera- 
tionsterrains. Tschmarke (Magdeburg). 


110 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


27) A. v. Bergmann. Zur Diagnose und Therapie des Hirnabscesses. 
(Sep.-Abdruck ohne Angabe der Zeitschrift.) 

Verf. theilt in vorliegender Arbeit seine an 19 Fällen gemachten Erfahrungen 
über die Diagnose und die chirurgische Behandlung des Hirnabscesses mit. In 
Bezug auf die Indikationsstellung hielt er sich an die von E. v. Bergmann auf- 
gestellten Regeln, deren Bedeutung er, trots einselner Ausnahmen, betont. Her- 
vorgehoben sei, dass Verf. im Gegensatz zu Oppenheim den entsündlichen Er- 
weichungsherd auch in den Bereich der operativen Therapie sieht und seine An- 
sicht durch die an mehreren Fällen gewonnenen Erfahrungen stützt. Erwähnt sei 
hier nur ein Fall, wo die einige Tage nach einem Kopftrauma aufgetretenen 
Hirnsymptome: Stauungspapille, Pulsverlangsamung, Kopfschmerz, lokale Tem- 
peratursteigerung bis 39,7°, nach anscheinend resultatloser Trepanation schwanden, 
nachdem sie 14 Tage angedauert hatten. Der Fall wird als entsündlicher Er- 
weichungsherd gedeutet. Bemerkenswerth ist in einem anderen Falle, wo ein 
traumatischer Erweichungsherd mit ausgesproohenen Drucksymptomen durch Tre- 
panation freigelegt wurde, das Auftreten eines sich an die Operation anschließen- 
den und nach einiger Zeit spontan wieder verschwindenden Diabetes insipidus. 

Anhangweise werden 2 Fällen von Schussfrakturen mitgetheilt, bei denen die 
Geschosse reaktionslos einheilten, ohne die Arbeitsfähigkeit der Verletzten zu be- 
einträchtigen. 

Verf. spricht sich bei der Besprechung dieser Fälle gegen das neuerdings 
von Bayer vorgeschlagene aktive Vorgehen aus und hält an der von E. v. Berg- 
mann begründeten abwartenden Behandlung fest. Für weitere Einzelheiten sei 


auf das Original verwiesen. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 

28) Moure. Sur 34 cas d’ouverture de l’antre mastoidien, dont 16 

avec ouverture large de la caisse et de ses annexes. — Rapport par 
M. Peyrot. 


(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 737.) 

Den Hauptinhalt seiner Arbeit fasst Verf. in folgenden Schlussfolgerungen 
zusammen: Hat man es mit einer alten stinkenden Ohreiterung su thun, die den 
gewöhnlichen Behandlungsmethoden trotzt, und vermuthet man die Existens einer 
Knochenerkrankung oder gar cholesteatomatöser Massen, so darf man mit einer 
Operation nicht bis zum Auftreten einer Komplikation warten. Man muss breit 
die Warzenhöhle, den Canalis tympano-mastoideus und die Paukenhöhle öffnen 
und diese 3 Theile in freie direkte Verbindung bringen, indem man alle zwischen 
ihnen gelegenen Massen fortnimmt, um auf diese Weise die Ursache der Eiterung 
zu entfernen. Vorsichtig ausgeführt, darf diese Operation als gefahrlos gelten. 

M. giebt für die Technik der Operation genaue Vorschriften und macht dar- 
auf aufmerksam, dass man nur bei Kindern auf ein ziemlich konstantes anato- 
misches Verhalten rechnen darf, bei Erwachsenen auf die größten Verschieden- 
heiten gefasst sein muss. Bei !/3 seiner 34 Operirten hatte die Warzenhöhle 
nicht ihre normale Lage; 2mal war sie durch den bei Apophyseneiterungen so 
häufigen sklerosirenden Process auf minimale Ausdehnung redueirt. M. zieht vor, 
zuerst die Höhle des Warzenfortsatzes zu eröffnen und von hier nach der Pauken- 
höhle vorzudringen, anstatt nach dem Vorschlage von Stacke, dem sich auch 
Broca anschließt, in umgekehrter Richtung vorzugehen. 4mal trat nach der 
Operation eine Facialislähmung ein, die erst nach mehreren Monaten, aber doch 
ausnahmslos heilte. Wird unglücklicherweise während der Operation der Sinus 
transversus unabsichtlich eröffnet, so verstopft M. die Öffnung sogleich mit steri- 
lisirtem Jodoformwachs; dies Verfahren stillt nicht nur die Blutung, sondern 
erlaubt auch, die Operation fortszusetzen. Reichel ` Breslau), 


29) C. Grunert, Über extradurale Abscesse und Eiterungen. 
(Archiv für Ohrenheilkunde Bd. XLIII.) 
Von den extraduralen Eiterungen, welche nach Einschmelzung des trennenden 
Knochens in breitem Zusammenhang mit der ursächlichen Schläfenbeineiterung 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 111 


stehen, trennt G. sehr zweckmäßig die eigentlichen Abscesse, die durch noch ge- 
sunden Knochen abgeschlossen sind. Während die Eiterungen sich bei der opera- 
tiven Freilegung gans von selbst, oft als nebensächlicher Befund ergeben und 
weder vorher noch nachher besondere Erscheinungen machen, erfordern die Ab- 
scesse specielle Aufmerksamkeit. In der Haller Ohrenklinik wurden 65 freie 
Eiterungen und 35 abgeschlossene Abscesse beobachtet, von denen 20 keine 
‚weiteren intrakraniellen Komplikationen aufwiesen. Diese sind der Arbeit zu 
Gmunde gelegt, am Schluss kurz aufgeführt und durch 2 Fälle ergänzt, die als 
eben beginnende Abscesse aufzufassen sind. 

In Übereinstimmung mit Jansen fanden sich die Abscesse vorwiegend bei 
akuten Knochenerkrankungen und auffallenderweise wieder gerade bei solchen, 
wo die Ohreiterung rasch geheilt war — in 2 Fällen war überhaupt nur ein ein- 
facher Katarrh vorhanden gewesen — und wo im Warzenfortsatz nur minimale 
Veränderungen getroffen wurden. Meist handelte es sich um Pneumokokken- 
infektion. Den Weg, den die Eiterung genommen— von G. kurz Wegleitung genannt 
— konnte man nur selten noch erkennen, dann in Gestalt feiner Fisteln oder 
hinter einander liegender Zellen, deren Schleimhaut eitrig infiltrirt oder mit Granu- 
lationen besetzt war. Umgekehrt wiesen die chronischen Fälle meist schwerere 
Erkrankungen der Mittelohrräume auf und ließen deutliche Fistelgänge als Weg- 
leitung erkennen. 

Der Sitz der Abscesse war unterschiedslos bei akuten und chronischen Fällen 
meist (70%) die hintere Schädelgrube, und zwar das Gebiet der Fossa sigmoidea, 
‚das nur in 1 Falle von etwa handtellergroßer jauchiger Eiteransammlung über- 
schritten wurde. Sonst schwankte die Größe, so weit sich das schätzen lässt, bis zu 
Wealnussgröße. 

Was nun die Diagnose der unkomplicirten Abscesse anbelangt, so erhebt sie 
sich niemals über den Rang einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose: Fieber wurde nur 
in 20% konstatirt, lokalisirbare Hirnsymptome, Stauungspapille fehlten stets — 
2mal allerdings Pulsverlangsamung —; nur der immer vorhandene Kopfschmerz 
zusammengenommen mit dem zuweilen kaum nennnenswerthen Ohrbefund, zu- 
weilen wieder mit der sehr härtnäckigen und sachgemäßer Behandlung trotsenden 
Obreiterung, lässt an das Vorhandensein eines Abscesses denken. Die Diagnose 
ist erst zu sichern durch die durch das Grundleiden so wie so erforderte Opera- 
tion. Prognose gut. G. Zimmermann (Dresden). 


30) W. Kümmel. Weitere Beiträge zur Pathologie der intrakraniellen 
Komplikationen von Ohrerkrankungen. 
(Zeitschrift für Ohrenheilkunde Bd. XXXI.) 

K. hat schon früher in der Zeitschrift für Ohrenheilkunde je 1 Fall von 
otogenem extraduralem Abscess und von sweikammerigem Schläfenlappenabscess 
publieirt. Diesen beiden Fällen fügt K. 3 weitere bei, die eben so exakt be- 
obachtet sind und dadurch nicht an Interesse verlieren, dass sie tödlich endigten. 

A Im 1. Falle war bei einem 30jährigen Mann eine seit Kindheit bestehende 
Mittelohreiterung durch das Tegmen gebrochen, hatte einen Schläfenlappenabscess 
indueirt und trots dessen operativer Eröffnung durch eine Basalmeningitis den 
Tod herbeigeführt. 

Der 2. Fall, wo ein relativ geringer Trommelfellbefund mit schwersten Hirn- 
symptomen einherging, zeigte eine Eiterung im Warsenfortsats, eine große extra- 
durale Eiteransammlung und einen Abscess im Schläfenlappen, der in dem Strange 
des fötalen Durafortsatses aller Wahrscheinlichkeit nach seinen Weg genommen 
hatte. Pat. erlag einer septischen Pneumonie. 

Im 3. Falle, bei einem 12jährigen Jungen mit Cholesteatom, hatten eine aus- 
gedehnte Sinusphlebitis und ein faustgroßer Hirnabscess bis 3 Tage vor dem 
durch ‚sie bedingten Tode so geringe Erscheinungen gemacht, dass man von einem 
operativen Eingriff Abstand genommen hatte. 

Alle diese — hier nur kurz skiszirten — Fälle verdienen im Original nachgelesen 


112 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


zu werden, nicht nur wegen des Interesses, das sie an sich bieten, sondern auch 
wegen der mancherlei Erwägungen, zu denen sie K. Veranlassung wurden. 
6. Zimmermann (Dresden). 


31) Moure. Sur trois cas de complications intracraniennes d’origine 
otique. 
Bordeaux, 1897. 


M. ist der Ansicht, dass die Kenntnis von den otitischen Gehirnkomplikationen 
in Frankreich noch recht gering sei; er selbst hat 3 Fälle behandelt, die — 
allerdings ungewollt — diese Ansicht berechtigt erscheinen lassen. 

Der 1. Fall betraf einen 4jährigen Jungen, bei dem recidivirende Otitis unter 
schweren meningitischen Erscheinungen zu einer Schwellung des Warzenfortfatses 
geführt hatte. Trotsdem M. beim Öffnen dieses periostalen Abscesses auf cariösen 
Knochen stieß, begnügte er sich mit der einfachen Incision. 8 Tage später, 
als man diese Incısion erweitern und die cariöse Stelle abtragen wollte, fand sich 
der ganze Warsenfortsatz bis in den Sinus vereitert und voller Granulationen. 
Chlorsinkätzung, Drainrohr, 4 Nähte in den Hautschnitt. Das Drainrohr wurde 
nach 3 Wochen entfernt, das Kind nach 6 Wochen mit einer »troekenen Kruste« auf 
der Drainfistel als geheilt entlassen. Neu — wenn auch nicht nachahmenswerth 
(Ref.) — sind noch die Anwendung der Ignipunktur, um eine Periostitis zurück- 
zubringen, und die Verwendung des Stacke’schen Schütsers, um eine Fistel im 
Warzenfortsatz zu verfolgen. 

Im 2. Falle bestanden Kopfschmerz, Delirium, Fieber und rechtsseitige Stauungs- 
papille; eine Eiterung und sequestrirter Knochen im rechten Ohr, starker Druck- 
schmerz über dem Proc. mast. und ein Abscess vor dem Ohr. Bei der Operation 
fand sich im Verfolg eines Fistelgangs ein extraduraler Abscess und eine nicht 
pulsirende Dura. M. machte desshalb eine Probepunktion in die Substanz des 
Schläfenlappens; leider nur 11/3 cm tief und ohne Erfolg; 1 cm tiefer hätte man, 
wie die Sektion dann ergab, einen großen Abscess eröffnet; daneben wies die 
Sektion eine rechtsseitige Sinusphlebitis nach. 

Der 3. Fall betraf einen 21/sjährigen Knaben mit Mittelohrentsündung; die 
Eiterung hatte nachgelassen, statt deren hohes Fieber und Schüttelfrost eingesetst. 
Erst als eine Paracentese und eine einfache Aufmeißelung ohne jeden Einfluss auf 
die Fieberkurve blieben, wurde die Diagnose auf eine Sinuserkrankung gestellt 
und — vom 14. Tage nach dem ersten Schüttelfrost — durch die Operation in aus- 
giebigster Weise bestätigt. Tod an Sepsis. 6. Zimmermann (Dresden). 


32) Hessler. Über rareficirende Ostitis des Warzenfortsatzes nach 
Otitis externa ex infectione. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 29.) 

Die in Betracht kommende Erkrankung war in den von H. mitgetheilten 
Fällen Folge einer umschriebenen Entzündung des äußeren Gehörganges, die in 
Folge Selbstverletsung mit Instrumenten entstanden war und einen von der ge- 
wöhnlichen Gehörsgangsfurunkulose wesentlich abweichenden Verlauf hatte; die 
Infektion hatte auf das Innere des Warsenfortsatzes übergegriffen, ohne dass es 
zu einer eigentlichen Vereiterung des Warsenfortsatses kam. 

In 2 Fällen waren charakteristisch: eine rasche Verschlechterung des Aus- 
sehens und des Allgemeinbefindens; Eisbeutel steigerten eher die Schmerzen. Der 
Warsenfortsatz war äußerlich geschwollen und infiltrirt, aber nicht empfindlich 
beim Perkutiren; nach der Operation trat ein auffallend langsamer Heilungsverlauf 
bei den jugendlichen, sonst gesunden Individuen ein. 

Therapeutisch besteht das rettende Mittel in der ausgiebigen operativen Ent- 
fernung des gansen kranken Knochens im Warzenfortsatz, um intrakraniellen 
Komplikationen und dem tödlichen Ausgang vorzubeugen; in leichteren Fällen 
genügt die Entfernung des kranken Warzenfortsatzstückes. 

RB. Wagner (Mülheim a, d. R.). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 113 


33) Teichmenn. Über akute Mittelohrerkrankung im Verlauf akuter 
Entzündungen der kindlichen Respirationsorgane. 
(Veröffentlichungen aus der Poliklinik für Kinderkrankheiten des Priv.-Doc. Dr. 
H. Neumann in Berlin.) 

Stuttgart, Union, Deutsche Verlagsgesellschaft, 1897. 

Verf. hat während zweier Jahre sämmtliche an akuten Katarrhen oder Pneu- 
monie behandelten Kinder der Neumann’schen Poliklinik in Bezug auf ihren 
Obhrbefund beobachtet, im Ganzen 268. 

Nur 30,2% seigten dauernd normalen Ohrbefund. 134 = 50% hatten akute 
Mittelohrkatarrhe. Davon kam es 44mal sur Perforation, 4mal nur musste para- 
centesirt werden. 

Wohl nicht als Zufall darf angesehen werden, dass von 44 Perforationen 37 
dem Katarrh der oberen Luftwege sur Last fallen. 

In über der Hälfte der Fälle hatten die Mütter Zeichen bemerkt, die auf eine 
Ohrerkrankung hinwiesen; aber dies setzt, wie Verf. hervorhebt, sehr viel Auf- 
merksamkeit von Seiten der Mütter voraus. 

Interessant ist, dass die an Katarrh leidenden Kinder meist am 5.—6. Krank- 
heitstage ohrenkrank wurden, seltener am 8. Die an Pneumonie leidenden fast 
stets erst am 8. 

Die Häufigkeit und Gutartigkeit der meisten Ohrerkrankungen bei sonst 
kräftigen Kindern bis über 4 Jahre lässt die viel diskutirten Ohrbefunde bei 
elenden Säuglingen viel weniger seltsam erscheinen. 

Die Therapie bestand in Einträuflung von 5—10%igem Karbolglycerin und 
hydropathischen Umschlägen. Bei Ohreneiterung wurde Ausspülung angewendet. 
Größere Eingriffe waren nicht nöthig. F. 6öppert (Breslau). 


34) H. Theissing. Perichondritis und seröse Cysten der Nasen- 
scheidewand. 
Inaug.-Diss., Breslau, 1897. 
Unter den mitgetheilten 5 Krankengeschichten sind besonders bemerkenswerth 
1 Fall von doppelseitiger seröser Septumcyste mit Perforation des Knorpels und 
1 Fall von einseitigem traumatischem Septumabscess. {Zur Eröffnung der Septum- 
abscesse wird ein Kreusschnitt empfohlen, jedoch auch eine lineäre Incision an 
der unteren Circumferens der Geschwulst für ausreichend erachtet. Dagegen wird 
bei beiderseitigem Abscess Eröffnung auf beiden Seiten für nothwendig erklärt. 
Teichmann (Berlin). 


35) @. Spiess. Zur Chirurgie des Sinus sphenoidalis. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VIL Hft. 1.) 

Um die elektromotorisch getriebene Trephine auch zur Eröffnung der Keil- 
beinhöhle zu benutsen ohne die Gefahr, dabei auch die Hinterwand der Höhle 
su durchbohren, hat 8. eine Vorrichtung konstruiren lassen, die er »Sonden- 
trephine« nennt. Sie besteht in der gewöhnlichen Trephine und einem genau über 
dieselbe passenden Rohr, an dessen vorderem Ende ein ca. 1 cm langes Stäbchen 
von der Dicke einer Sonde angebracht ist. Die Trephine kann nur so weit aus 
dem Rohr herausgeschoben werden, dass ihre Krone in gleiche Höhe mit dem 
feinen Sondenende gelangt. Da dieses nur bis an die Hinterwand der Höhle 
reicht, kann die Krone in diese nicht mehr eindringen. 8. empfiehlt, mit diesem 
Instrument stets mehrere Bohrlöcher unter oder neben einander anzulegen, auch 
in Fällen, wo nur eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose vorhanden ist. 

Teichmann (Berlin). 


36) H. Teske. Zur Kasuistik der Unterlippencarcinome. 
Inaug.-Dise., Greifswald, 1897. 


Verf. stellt 25 Fälle obiger Affektion zusammen unter Vergleichung mit an- 
deren kasuistischen Aufstellungen. Prineipiell soll jeder Wegnahme des Careinoms 


114 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


eine gründliche Entfernung der Submaxillar- und Submentaldrüsen folgen, nach- 
dem durch einen Medianschnitt, weloher von der Spina mentalis bis sum Kehlkopf 
sieht, und auf welchen sich seitlich je ein Längsschnitt dem Kieferrande entlang 
anschließt, die Gegend freigelegt ist. Dies gründliche Vorgehen wird belohnt durch 
die seltenen Recidive. Happel (Darmstadt). 


37) D. Biondi (Cagliari). Contributo alla plastica endorale. 
(Clinica chirurgica 1897. No. 9.) 

B. hat in 1 Falle von Tonsillenepitheliom, welches auf einen Theil der 
Rachenschleimhaut, auf das Zahnfleisch des Oberkiefers und die Wangenschleim- 
haut übergegriffen hatte, die ganze Neubildung sammt dem Oberkiefer entfernt 
und den entstandenen, überaus großen Defekt durch eine doppelte Plastik ge- 
schlossen, außen mit einem Hautlappen vom Nacken, innen mit einem gestielten 
Lappen aus der Zunge. 

Dieser letztere Eingriff ist sehr bemerkenswerth und rechtfertigt die ausführ- 
lichere Wiedergabe. 

Die Zunge wurde kräftig (durch den nach Resektion des aufsteigenden Kiefer- 
astes erweiterten seitlichen Zugang) herausgesogen, und das äußere Drittel des 
Organs parallel der Längsachse von vorn nach hinten bis auf 1 cm von der Basis 
abgelöst. Die Ablösung geschah schrittweise, und die Zungenränder wurden sofort 
wieder vereinigt. (Die Art. lingualis war gleich bei der Ausräumung der Lymph- 
drüsen unterbunden worden.) Der Lappen wurde nun so gedreht, dass die innere 
blutende Fläche nach außen sah, und oben an die Rachen- und Gaumenwunde, 
unten an den Rest der Wangenschleimhaut, vorn an die Lippe genäht. Auf die 
Wundfläche wurde der Hautlappen fixirt. Der Stiel wurde erst viel später durch- 
schnitten; Nekrose trat nirgends ein. Anfangs waren Mitbewegungen des trans- 
plantirten Stückes beim Gebrauche der Zunge vorhanden, welche indessen bald 
aufhörten, und es bestand eine gewisse Schwierigkeit, flüssige Nahrung im Munde 
zu behalten. 

Nach 2 Jahren ungestörten Wohlbefindens sah B. den nun 50jährigen Mann 
wieder; die Neubildung machte sich jetzt an den Choanen bemerkbar. Das trans- 
plentirte Stück ist glatter, ohne deutliche Papillen, lichter und entbehrt vollständig 
der Geschmacksempfindung. 

Leichen- und Thierversuche waren der Operation vorangegangen. 

J. Sternberg (Wien). 


38) Chavasse. Constriction absolue des mâchoires par double ankylose 
temporo-maxillaire. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 815.) 

Es handelte sich um einen 30jährigen Mann mit knöcherner rechts-, fibröser 
linksseitiger Ankylose des Kiefergelenkes, entstanden nach einem 6 Jahre vorher 
gemachten Selbstmordversuch, bei welchem sich Pat. in jedes Ohr geschossen 
hatte. C. resecirte das rechte Kiefergelenk, so wie den Processus coronoideus 
mit Meißel und Hammer, drängte jetzt gewaltsam die Kiefer aus einander, wobei 
die fibröse linke Ankylose nachgab, und erzielte durch konsequente Nachbehand- 
lung mittels Dilatatoren ein sehr befriedigendes Endresultat. Den Schnitt führte 
er in Form eines P, indem er das Ende des horizontalen Schenkels ein wenig 
nach aufwärts bog. Beichel (Breslau). 


39) A. Süssmuth. Beitrag zur Kasuistik der Uranoplastik. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

13 Krankengeschichten aus der Greifswalder Klinik mit genauer Beschreibung 
der Operationsmethode, die keine besonderen Abweichungen bietet. Der plastische 
Schluss des Defekts gelang meist völlig, die Schluckstörungen wurden gehoben, 
nicht aber die Sprachstörungen, für deren Beseitigung eine Prothese noch nöthig 
erscheint. Happel (Darmstadt). 


Centralblatt. für Chirurgie. No. 4. 115 


40) Klapp. Zur Kasuistik der Dermoide des Mundbodens, 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 


4 Beobachtungen aus Wölfler's Klinik liegen der Arbeit su Grunde; außer- 
dem konnte Verf. 51 Fälle aus der Litteratur zusammenstellen. Je nachdem die 
Geschwulst sich nach außen oder nach innen von der Mundbodenmuskulatur 
entwickelt, unterscheidet K. extra- und intraorale Mundbodendermoide; beide 
hängen mit dem Zungenbein in der Regel durch festere Adhäsionen zusammen. 
Die Exstirpation vom Munde aus empfiehlt Verf. nur für solche Geschwülste, 
welche mit ihrem größten Umfang in die Mundhöhle vorragen; eventuell sind 
die Adhäsionen am Zungenbein durch einen besonderen äußeren Schnitt freizu- 
legen, wenn, wie öfters beobachtet, der Zug an denselben Asphyxie auslöst. 

Hofmeister (Tübingen). 


41) Lotheissen. Über Geschwülste der Glandula submaxillaris. 
{Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 

L. vermehrt die Kasuistik um 2 Beobachtungen aus der Innsbrucker Klinik, 
deren erste in so fern besonders interessant ist, als es sich um einen der seltenen 
Fälle von echtem primärem Sarkom handelt (teleangiektatisches Rundzellensarkom). 
Im 2. Falle lag eine Mischgeschwulst endothelialen Ursprungs vor, die als 
Chondro-myxosarcoma endotheliale bezeichnet wird. Auf Grund des histologischen 
Nachweises von Geschwulstelementen in der Geschwulstkapsel bei seinem 1. Pat. 
tritt Verf. für die Totalexstirpation der Glandula submaxillaris ein auch in den 
Fällen, wo eine Enukleation möglich erscheint. (1 Textabbildung, 1 Tafel.) 
$ Hofmeister (Tübingen). 


42) A. Barth. Rachenmandel und Ohr. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 11.) 

Unter der poliklinischen Klientel eines Jahres litten von 202 mit Rachen- 
mandel Behafteten nur 29—30% an Erkrankungen des Mittelohres.. Von den 
202 Fällen sind 151 als operirt verzeichnet. Verf. empfiehlt zur Stellung der 
Diagnose besonders die Rhinoscopia anterior, welche nicht nur über das Vor- 
handensein, sondern auch über die Größe der Rachenmandel und, durch Beob- 
achtung der unter dem Druck der Gaumensegelkontraktion eintretenden Form- 
veränderung, auch über ihre Konsistenz Auskunft giebt, während die Rhinoscopia 
posterior, wenn überhaupt ausführbar, nur ein perspektivisch verkürztes Bild 
liefert, und die Digitaluntersuchung außer ihrer Peinlichkeit den Fehler hat, dass 
weiche Wucherungen dem tastenden Finger ausweichen. Verf. ist zu diesen gün- 
stigen Ergebnissen der Rhinoscopia anterior wahrscheinlich dadurch gelangt, dass 
über 80% seiner an Rachenmandel leidenden Kranken im Alter von mehr als 
5 Jahren standen. Bei Kindern unter 5 Jahren reicht nach den Erfahrungen des 
Ref. die Rhinoscopia anterior nur ganz ausnahmsweise aus, um das Vorhandensein 
einer pathologischen Rachenmandel dem Auge deutlich su machen, und da auch 
die Rhinoscopia posterior hier meist unausführbar ist, bleibt nur die Digital- 
untersuchung übrig, wenn man nicht, wie B. es zuweilen thut, auf das bloße 
Symptomenbild hin operiren und erst im Augenblick der Operation mit dem 
tastenden Instrument die Diagnose stellen will. Teichmann (Berlin). 


43) F. Verchöre. Contribution à l’&tude du traitement des kystes 
du cou à propos d'un kyste séreux cong£nital chez un enfant de 
1 an, occupant le cou et le mediastin anterieur. Ablation partielle. 
Guerison. — Rapport par M. Walther. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 711.) 


Von der beabsichtigten Totalexstirpation der serösen Halscyste musste V. in 
seinem Falle Abstand nebmen wegen inniger Verwachsung der dünnen Sackwand 
mit dem großen Gefäß-Nervenbündel und einer Fortsetzung der Cyste in das 


116 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


Mediastinum hinein bis an den Herzbeutel. Er begnügte sich desshalb mit 
partieller Resektion, Spaltung, aller von dem in den Hauptsack eingeführten 
Finger gefühlten Zwischenscheidewände, Einnähung der Umrandung des Cysten- 
restes in die Wunde und Tamponade. Eine zunächst offen bleibende kleine Fistel 
schloss sich definitiv nach 3 Monaten; es erfolgte völlige Heilung. 

Auf Grund dieses Erfolges betrachtet V. das von ihm eingeschlagene Verfahren 
als das der Wahl für alle serösen Halscysten und widerräth die totale Exstirpa- 
tion wegen zu großer Schwierigkeit und Gefahr. — Der Berichterstatter Walther 
giebt zu, dass Vin Vorgehen für seinen Fall das richtigste war, betont aber, dass 
die Verwachsungen der Cystenwand mit den großen Gefäßen durchaus nicht immer 
sehr feste sind, sondern sich oft über Erwarten leicht lösen lassen, und empfiehlt 
desshalb für solche Fälle die völlige Exstirpation als das bessere Verfahren, zu- 
mal recht häufig kleine Cysten dem Hauptsack an- oder aufsitzen, die Scheide- 
wände sich dann aber von letzterem aus nicht sicher durchtrennen lassen. 

Reichel (Breslau). 


44) Körner. Das Auskochen der Kehlkopfspiegel. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 10.) 


Durch einen Zufall ist K. darauf geführt worden, dass seine Kehlkopfspiegel 
das Auskochen vertragen; er hat dann selbst von !/sstündigem Kochen in Soda- 
lösung keine Beschädigung des Spiegels gesehen. Wichtig scheint es zu sein, 
den Spiegel in das bereits kochende Wasser zu legen und nach dem Heraus- 
nehmen sofort abzutrocknen. Die Spiegel K.’s haben nicht den früher üblichen 
Zinn-Amalgam-, sondern Silberbelag, gedeckt durch eine Kupferschicht. Ref. 
glaubt, dass diese Kupferschicht, welche das Eindringen von Wasser in den 
Spiegel hindern soll, auch das Auskochen ermöglicht, welches er übrigens schon 
seit 2 Jahren mit Erfolg anwendet. Teichmann (Berlin). 


45) Bertelsmann. Ein kasuistischer Beitrag zur Frage der aktiven 
und passiven Diphtherieimmunität. 
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten 1897. Bd. I. Hft. 2.) 


Nach einer sorgfältigen Zusammenstellung aller bisher veröffentlichten Diph- 
therie-Reinfektionen theilt Verf. swei weitere Fälle aus der chirurgischen Abthei- 
lung des Neuen Allgemeinen Krankenhauses mit. Das eine Kind erlebte eine 
schwere Reinfektion nach überstandener leichter Diphtherie und Einspritzung 
von 600 Behring’schen Immunisirungseinheiten nach 60 Tagen; ein anderes 
nach überstandener schwerer Diphtherie und Einspritzung von 3000 Immunisirungs- 
einheiten eine leichte Wiedererkrankung an Diphtherie nach 62 Tagen. Beide 
Kinder waren wegen nachträglicher interkurrenter Krankheiten — das eine bekam 
Brochopneumonie und Panaritium, das andere eine hartnäckige Bronchitis; beide 
mussten tracheotomirt werden — die ganze Zeit über im Diphtheriepavillon ge- 
wesen, ein Beweis, dass die Annahme Kossel’s, welcher schnellere Ausschei- 
dung der Antitoxine durch nachträgliche Erkrankungen annimmt, richtig ist. 

Tschmarke (Magdeburg). 


46) O. Frankenberger. Akute Laryngitis nach innerem Jodkali- 
gebrauch. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 11.) 


Während von den meisten Autoren die toxische Einwirkung des Jodkalium 
auf den Kehlkopf als Ödem des Kehlkopfeinganges beschrieben wird, fand Verf. 
bei seinem Pat., zu welchem er wegen starker Athemnoth gerufen wurde, hoch- 
gradige Hyperämie der Schleimhaut und Infiltration derselben, welche nach dem 
Aussetzen des Mittels swar von selbst zurückging, aber bei einem neuen Versuch 
sofort wiederkehrte. Kleinere Dosen wurden endlich ohne Reaktion vertragen. 

Teichmann (Berlin). 


. Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 117 


47) S. v. Stein. Ein bisher noch nicht beschriebener Fall einer 
Kehlkopferkrankung mit Entwicklung und Abstoßung von Schuppen 
aus verhornten Epithelialzellen (Laryngitis desquamativa). 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 9.) 

Der Fall betraf einen 57jährigen Mann; er nahm einen chronischen Verlauf, 
indem die kalkweiße Auflagerung 'auf dem rechten Stimmband nach der Ab- 
stoßung sich immer wieder erneuerte. Bei mikroskopischer Untersuchung erwies 
sie sich als zusammengesetzt aus verhornten Epithelien. Wegen des abweichen- 
den laryngoskopischen Bildes will Verf. den Fall nicht zur Pachydermia laryngis 
rechnen, sondern schlägt den Namen Laryngitis desquamativa vor. Die Therapie 
bestand in milder Lokalbehandlung mit Einblasungen und Pinselungen. Vor 
schärferem Vorgehen scheute sich Verf. wegen des Charakters der Affektion und 
des Alters des Kranken. Teichmann (Berlin). 


48) E. P. Friedrich. Muskelveränderungen bei Rekurrenslähmung. 
(Fortschritte der Medicin 1897. No. 20.) 

Bei der mikroskopischen Untersuchung der Kehikopfmuskeln eines an Aorten- 
aneurysma verstorbenen Mannes, welcher 3 Jahre lang eine linksseitige Rekurrens- 
lähmung gehabt hatte, fand Verf. die atrophische Degeneration der Muskeln auf 
der gelähmten Seite in verschieden hohem Grade ausgebildet: am stärksten war 
der M. crico-arytaenoideus posticus degenerirt, stark auch der M. vocalis, weniger 
der M. thyreo-arytaenoideus und M. crico-arytaenoideus lateralis, gar nicht der 
M. interarytaenoideus und crico-thyreoideus. Verf. stellte fest, dass die Muskeln 
in derselben Reihenfolge und in einer ihr entsprechenden zunehmenden Stärke 
betroffen waren, wie es bei Anerkennung des Semon’schen Gesetzes zu erwarten 
war, will aber vor Beendigung seiner hierauf gerichteten Thierversuche keine Er- 
klärung des Semon’schen Gesetzes daraus herleiten. Es sei hier kurz bemerkt, 
dass neuerdings Grabower die Nervenendigungen in den verschiedenen Kehl- 
kopfmuskeln zu dem Zweck untersucht hat, um aus etwa vorhandenen Differenzen 
eine Erklärung des Semon’schen Gesetzes betr. die zuerst auftretende Posticus- 
lähmung herzuleiten. Er fand im M. posticus weit einfachere, primitivere Nerven- 
endigungen, als in den Adduktoren, welche mit richtigen Nervenendplatten ver- 
sehen sind. Teichmann (Berlin). 


49) F. Semon. Zur Frage der Radikaloperation bei bösartigen Kehl- 
kopfneubildungen mit besonderer Berücksichtigung der Thyreotomie. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VI. Hft. 3.) 

Mit vorliegender Arbeit verfolgt 8. den Zweck, in der Radikalbehandlung der 
bösartigen Kehlkopfneubildungen der Thyreotomie diejenige Stellung zu erobern, 
welche sie nach seinen Ansichten und Erfahrungen verdient. Zu diesem Zweck 
wendet er sich einerseits gegen die bisherigen Statistiken, in so fern sie die mit 
der einfachen Thyreotomie behandelten Fälle unterschiedslos von den 50er Jahren 
an bis in die Gegenwart hinein zusammenfassen, und zeigt, dass zu einer richtigen 
Würdigung dieser Methode nur diejenigen Fälle aus der neueren Zeit herangezogen 
werden dürfen, welche auf Grund einer verbesserten frühseitigen Diagnosenstellung 
und nach den Erfahrungen und Errungenschaften der modernen Operationstechnik 
operirt worden sind. Andererseits berichtet er über seine eigenen Ergebnisse an 
13 Thyreotomirten. Von diesen starben 3 in Folge der Operation, in einem 
10 Monate nach der Operation verstorbenen Falle blieb es zweifelhaft, ob der 
Tod in Folge eines Recidivs eingetreten sei; von den übrigen 9 Fällen sind 5 
länger als 3 Jahre geheilt, 1 länger als 2 Jahre und 3 länger als 1 Jahr recidiv- 
frei. Die Stimme lässt nur in einem Falle zu wünschen übrig, sonst ist sie nach 
der Operation besser geworden, als sie vorher war. Gegenüber der intralaryn- 
gealen Behandlung verhält sich 8. nach wie vor äußerst skeptisch und will sie 
nur für ganz besonders günstige Verhältnisse zulassen, für die Totalexstirpation 
kann er sich, ohne ihre Berechtigung zu bestreiten, wegen des qualvollen Folge- 
sustandes, den sie schafft, nicht erwärmen. Teichmann (Berlin). 


118 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


50) ©. Goris. Sur un cas de goitre retro-sternal profond, opéré. 
(Bull. de l’acad. royale de méd. de Belgique T. XI. No. 7.) 

Der Fall betrifft eine 50 Jahre alte Frau. Es musste die Totalexstirpation 
vorgenommen werden, weil die ganze Geschwulst cystisch und fettig degenerirt 
war. Die Geschwulst ragte bis auf den Herzbeutel hinab, wo sich Verwachsungen 
fanden, die vorsichtig gelöst wurden. Der Puls war vor der Operation stets 
über 100, nach derselben ging er allmählich auf 84 herunter. Heilung ohne 
Zwischenfall. Bis jetzt sind 9 Monate verflossen, ohne dass etwa Myxödem ent- 
standen wäre. Pat. hat in der Rekonvalescenz kleine Dosen Thyreoidin bekommen. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 
51) M. Kreis. Zur Kasuistik der Fractura sterni mit Beschreibung 
eines seltenen Präparats aus der Sammlung der pathologisch-ana- 


tomischen Anstalt zu Greifswald. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Die Brüche verlaufen meist quer, zwischen Manubrium und Corpus; sie sind 
meist einfach. Von den seltenen mehrfachen Brüchen beschreibt Verf. einen Fall, 
bei dem der obere und untere Theil des Brustbeins sich hinter das losgesprengte 
Mittelstück geschoben hatten. Happel (Darmstadt). 


62) F. Gostynski. Über die Kasuistik der Frakturen der Processus 
transversi der Lendenwirbel. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Die gesicherte Lage etc. der Proc. transv. macht isolirte Frakturen derselben 
zur Seltenheit, erschwert aber auch deren Diagnose. Verf. führt 2 Fälle dieser 
isolirten Fraktur an, von denen der erste durch Operations-, der zweite durch 
Sektionsbefund festgestellt wurde; beide waren durch Fall entstanden. Zahlreicher 
sind die Frakturen der Proc. transv. in Verbindung mit Frakturen der Wirbel- 
körper selbst; hierfür giebt Verf. mehrere Beispiele. Am Schluss folgt eine 
3. Krankengeschichte, die von der Nekrose eines Proc. transv. und dessen Ent- 
fernung handelt. Happel (Darmstadt). 


53) H. Schmid. Ein Fall von Wirbelsäulenmissbildung (Cranio- 
rachischisis). (Aus dem orthopäd. Institut von Dr. A. Lüning und 


Dr. W. Schulthess in Zürich.) 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 

S. berichtet sehr eingehend über die Untersuchung eines weiblichen Fötus 
aus dem Ende der Schwangerschaft, der vielfache Missbildung zeigt, namentlich 
1) Spaltung der Wirbelbogen und des Hinterhauptbeins: Craniorachischisis, 
2) Verkrümmung der Wirbelsäule: Lordoskoliose im lumbodorsalen Theil, Rechts- 
drehung oben, Linksdrehung in den unteren Partien, 3) Spaltung der Wirbelkörper 
im cervicalen und oberen dorsalen Theil der Wirbelsäule, 4) Versprengung von 
Wirbelbogen im lumbodorsalen Theil der Wirbelsäule. 

Aus einer Zusammenstellung der in der Litteratur beschriebenen Fälle geht 
hervor, dass keiner von diesen völlig mit dem von S. untersuchten übereinstimmt. 

J. Biedinger (Würzburg). 
54) Lange. Zur Atiologie der Skoliose. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 

L. theilt kurz die Krankengeschichten von 4 Kindern mit, bei denen‘im Ge- 
folge von Herzhypertrophie Skoliose auftrat. Nach seiner Anschauung ist die 
Herzhypertrophie die mechanische Ursache der Skoliose gewesen. 

J. Riedinger (Würzburg). 
55) J. Joseph (Berlin). Eine neue orthopädische Brustklammer. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 41.) 

J. hat die Klammer des Hoffa-Schede’schen Skoliosenapparates, welche 

sich schwer handhaben lässt, und mit welcher man in der Praxis nicht gut aus- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 119 


kommt, durch eine neue ersetzt. Die genau beschriebenen Einzelheiten der Kon- 
struktioun sind durch eine der Mittheilung beigegebene Zeichnung veranschaulicht, 
auf welche der Leser verwiesen sei. Die Vortheile des Apparates bestehen in 
erster Linie darin, dass durch wenige Kurbelumdrehungen die Fixation des Pat. 
einerseits sicher herbeigeführt, andererseits eben so schnell wieder aufgehoben 
werden kann. Durch die sichere Fixation kann die obere Brustpartie selbst bei 
starkem Druck auf den Buckel keine augweichenden Achsendrehungen mehr 
machen, und es kann ein Redressement des Buckels durch Druck nicht mehr vor- 
getäuscht werden. Die bisherigen Bemühungen und Versuche, die stark redressirte 
Gestalt in dieser verbesserten Stellung durch Geradehalter und Korsetts dauernd 
festzuhalten, hat J. dahin modifloirt, dass er den durch einfache Suspension ge- 
wonnenen Gipsabguss so weit umformt, wie sich die Körpergestalt durch das lange 
Zeit hindurch geübte Redressement im Hoffa-Sch ede’schen Apparat verbessern 
ließ. Das Redressionskorsett wird erst auf die durch Abtragen der abnormen 
Vorwölbungen und durch Ausfüllen der abnormen Vertiefungen mit Gips stark 
korrigirte Form des Gipsabgusses gearbeitet. 2 Photogramme eines jungen 
Mannes mit Skoliose III. Grades, ohne und mit Korsett dargestellt, illustriren 
den Grad der auf diese Weise erreichten Gestaltverbesserung vortrefflich. 
Qold (Bielitz). 


56) J. M. Clarke and C. A. Morton. A case of operation for abscess 
of the lung due to localised necrosis. 
(Brit. med. journ. 1897. September 25.) 

Ein 45jähriger Kanalarbeiter, seit Jahren an epileptischen Anfällen leidend, 
erkrankte subakut unter Übelkeit, Erbrechen, an Husten, der sich anfallsweise 
einstellte, Dyspno&, übelriechendem Auswurf. 

Es bildete sich schließlich auf der rechten Lunge hinten von der Höhe des 
4. Brustwirbels bis unterhalb des Schulterblattes eine Dämpfung heraus mit bron- 
ehialem Athmungsgeräusch, Rasselgeräuschen, erhöhtem Stimmfremitus, nach 
außen vom 5. und 6. Brustwirbel amphorisches Athmen, Bronchophonie. Auf 
Grund dieser Symptome, abendlicher Temperatursteigerungen, fötiden Auswurfes 
wurde die Diagnose auf Lungengangrän und Abscess gestellt. 

Chloroformnarkose. Lagerung auf die erkrankte Seite! Probepunktion in 
dem Dämpfungsbesirk, mehrmals erfolglos, ergiebt schließlich an einer Stelle 
stinkenden Eiter. Bildung eines Haut-Muskellappens, Resektion der beiden der 
Punktionsstelle benachbarten Rippen, Pleura adhärent. Incision in die Lunge 
unter Leitung der Punktionsnadel, geringe Blutung, kleine Abscesshöhle. — Tam- 
ponade mit Jodoformgaze. — Besserung des Allgemeinbefindens, Nachlassen des 
Hustens, vor Allem Auswurf nicht mehr übelriechend. 

12 Tage nach der Operation 6 schwere epileptische Anfälle und Tod im 
Koma. 

Die Autopsie ergab außer dem schon bei der Operation konstatirten gangrä- 
nösen Herd im rechten Unterlappen nichts Wesentliches. Nur ist erwähnenswerth, 
dass die kleine Abscesshöhle mit einem erweiterten, verdickten, ulcerirten Bronchus 
in direkter Kommunikation stand. 

Die Ursache für die Erkrankung, deren Prognose nach der Operation eine 
gute gewesen ist, sieht M. bei dem Fehlen von Bronchiektasien in den Lungen 
in der Schädigung, der Pat. bei seiner Arbeit durch die Einathmung von Kanal- 
gasen längere Zeit ausgesetzt gewesen ist. F. Kramm (Karlsruhe), 


57) A. Bucalossi. Bakteriologische Untersuchungen bei einem Em- 
pyem der Pleurahöhle und bei einer vereiterten Echinococcuscyste 
der Leber. 

(Policlinico 1897. Juni 1.) 

Verf. berichtet über folgenden Fall: Ein 40jähriger Mann leidet seit seinem 
25. Jahre an Magen-Darmstörungen, Aufstoßen, Schmersen, Verstopfung und 
Diarrhde. In der letsten Zeit akut erkrankt mit Knochen- und Muskelschmerzen, 


120 Centralblatt für Chirurgie. No. 4. 


heftiger Diarrhöe, gastrischen Störungen, Fieber. Starke Schmerzen in der Leber- 
gegend. Das Fieber nahm einen intermittirenden resp. remittirenden Typus an. 
Auf der rechten Thoraxhälfte ließ sich eine von der 3.—4. Rippe abwärts reichende 
Dämpfung (Exsudat) nachweisen; die sich hieran anschließende Leberdämpfung 
geht beträchtlich über den Rippenbogen hinaus. Die Leber erweist sich druck- 
schmershaft; keine Fluktuation. Es wurde die Diagnose gestellt auf: Angio- 
cholitis, vermuthlich mit multiplen Leberabscessen, rechtsseitige eitrige Pleuritis. 
Das Pleuraexsudat wurde operativ (durch Schnitt) entleert, wobei etwa 6 cm der 
7. Rippe resecirt wurden. Das Exsudat erwies sich als vorwiegend serös; es 
zeigte sich jedoch, dass die Pleurahöhle kommunieirte mit einem unter dem 
Zwerchfell liegenden Sack, aus welchem sich alsbald etwa 1 Liter gelblichen 
Eiters entleerte. Ausspülung, Drainage. Zunächst Nachlass des Fiebers, dann 
Wiederanstieg; erneute Eiterentleerung. Weiterhin Austritt von Galle durch die 
Fistel. Eines Tages Ausstoßung eines cystischen Sackes, der an den charakte- 
ristischen Haken als Echinococcus erkannt wurde. Heilung mit Hinterlassung 
einer Gallenfistel. 

Sowohl von dem serösen als auch von dem eitrigen Exsudat und von der 
Galle wurden Kulturen in der üblichen Weise angelegt. Dabei fand sich stets 
ein Bacillus mit abgerundeten Enden, sehr gut zu färben mit Karbolfuchsin, nicht 
färbbar nach Gram. Derselbe hatte in mancher Beziehung (keine Verflüssigung 
der Gelatine, keine Milchcoagulirung, keine Indolreaktion ete.) Ähnlichkeit mit 
dem Typhusbaeillus; da er jedoch in Anderem wieder von dem Verhalten dieses 
Bacillus abwich (Fehlen der Widal’schen Reaktion), so will ihn Verf. dem Bact. 
coli zurechnen. Er zeigte sich pathogen für Meerschweinchen und Kaninchen. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


58) H. Peham. Riesenzellensarkom des Kreuzbeins. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 241.) 


Als Riesenzellensarkom bestimmt wurde eine etwa kindskopfgroße Geschwulst 
des unteren Kreuzbeinendes, welches in der Albert schen Wiener Klinik einem 
17jährigen Manne exstirpirt wurde. Die Geschwulst war unter ziemlich starken 
Schmerzen binnen etlichen Monaten entstanden und, da sie fluktuirte, für einen 
kalten Abscess gehalten. Die Operation mittels J,ängsschnittes ergab das Vor- 
handensein der Geschwulst, welche von der Beckenmuskulatur scharf abpräparirt 
werden musste, vom Mastdarm aber leicht auf stumpfem Wege lösbar war und 
nach oben mittels Meißelschnitt etwa in der Höhe des 3. Kreuzwirbels abgenom- 
men wurde. Provisorische Wundtamponade der gesetzten Höhle, später sekun- 
däre Naht. Heilung ohne nervöse Ausfallserscheinungen. Der Mastdarm bildete 
danach in der Stelle der Knochenlücke eine große Blase, und machte die gauze 
Steißbeingegend hier die Athembewegungen mit (Vorwölbung bei der Inspiration). 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


59) Phocas (Lille). Deux cas de tumeurs sacro-coccygiennes. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 847.) 

Der erste Fall betraf ein 5jähriges Kind mit einer Geschwulst von 12 em 
Breite, 11 cm Höhe, die zweite ein solches von 22 Monaten mit einer Geschwulst 
von 43cm Umfang, deren Stiel 9 cm breit war, 25 cm im Umfang maß. Beide 
Geschwülste waren mehrkammerig cystisch und zeigten die verschiedensten Ge- 
websbestandtheile. Exstirpation in beiden Fällen von Erfolg begleitet. P. räth, 
mit einer Operation zu warten, bis die Kinder ein Alter erreicht haben, in welchem 
sie etwas widerstandsfähiger geworden sind, und bei großen Geschwülsten die 
Exstirpation in mehreren Sitzungen stückweise vorzunehmen. 

Reichel (Breslau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


E mm Burgaam, F Küng, LC 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


A 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 5. Sonnabend, 5. Februar. 1898. 


Inhalt: I. H. Strehl, Eine Forderung für den aseptischen Operationsssal. — II. K 
Roser, Zur Behandlung der Kiefergelenksankylose. (Original-Mittheilungen. ) 

1) le Dentu und Delbet, Chirurgie. — 2) v. Hofmann, Atlas der gerichtlichen Me- 
diein. — 3) Courmont, Erysipe|- und Marmorek'scher Streptococcus. — 4) Frey, Aktino- 
mykose. — DI Bryant, Mastdarmvorfall. — 6) Rose, 7) B6lln, Mastdarmgeschwülste. — 
8) Liermann, Vaginale Mastdarmoperationen. — 9) Stierlin, 10) Cordero, 11) Jonnesco, 
Zur Milzchirurgie. — 12) Weber, 13) Adler, 14) Lange, 15) Kümmell, Zur Leberchirurgie. 
— 16) Körte, Pankreasentzündung. — 17) Berkeley, Gekröscysten. 

B. Goldberg, Querleiste der Harnröhre und Prostatitis aouta gonorrhoica. (Orig.-Mitth. 

18) Curry, Bakteriologische Untersuchungen bei chirurgischen Operationen. — 19) MUl- 
ler, Knochenabscesse. — 20) Nélaton, 21)"Reclus, 22) Csesch, 2) Boeckel, Zur Mast- 
darmchirurgle. — 24) v. Beck, 25) Nannottl, Zur Milzchirurgie. — 26) Homans, Ka- 
suistik. — 27) Harris und Herzog, 28) Schwarz, Gekrösgeschwülste. — 29) Heberlein, 
Darm- und Leberresektiin. — 30) Faure, 31) Kummer, 32) Franke, 33) Thomson, 
34) Segond, Zur Leberchirurgie. 


(Aus der Königsberger chir. Universitäts-Klinik.) 


I. Eine Forderung für den aseptischen Operationssaal. 
Von 
Dr. Hans Strehl, 


Assistenzarzt der Klinik. 


Schon v. Langenbeck macht in seiner Akiurgie auf die Ge- 
fahren des Chloroformirens bei Gaslicht aufmerksam. Während der 
Jahre 1889 und 1890 ist die Frage der Chloroformzersetzung vielfach 
besprochen und experimentell nachgewiesen worden. Jedoch ist 
immer nur die Gefahr des Gases als Leuchtquelle erwähnt worden, 
was ganz natürlich ist, da man das Gas früher nur zur Beleuchtung 
des Operationssaales brauchte. 

Bei der heutigen aseptischen Operationsmethode ist es jedoch 
nothwendig, entweder im Operationssaale selbst oder jedenfalls un- 
mittelbar daneben Sterilisationsapparate für Instrumente, Seide und 
eventuell auch Kochsalzlösung in Betrieb zu haben. Dass an den 
meisten Orten dazu Gasheizung verwendet wird, ist wohl voraus- 

5 


122 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


zusetzen. Es stellt sich nun der Gasverbrauch dieser Apparate be- 
deutend höher als der der eventuellen Gasbeleuchtung. Dadurch 
werden eine Menge schädlicher Verbrennungsgase, obwohl es Bunsen- 
brenner sind, in der Atmosphäre des Saales, die an und für sich 
schon mindestens als nicht vortheilhaft für einen Pat. zu bezeichnen 
sind, verbreitet. Da ferner auch die Gefahr der Chloroformzersetzung 
(wenn auch nicht so groß wie bei Gasbeleuchtung, weil diese meist 
in größerer Nähe des Operationstisches angebracht ist) vorhanden ist, 
ist es wohl die Pflicht des Arztes, die Gefahr für den Pat. zu be- 
seitigen. Es wird wohl jedem Operateur bisweilen schon die mangel- 
hafte Atmosphäre in den feuchtwarmen Operationssälen aufgefallen sein. 

Durch genügende Ventilation ließe sich Abhilfe schaffen, jedoch 
lässt sich wohl technisch schwer eine genügende Ventilation und 
genügendes Warmhalten des Operationssaales besonders in kalten 
Gegenden vereinigen. Jede Verunreinigung der Atmosphäre ist da- 
gegen bequem dadurch zu vermeiden, dass man die nothwendig 
während der Operation arbeitenden Sterilisationsapparate unter Ab- 
zügen aufstellt, wie sie in chemischen Laboratorien schon längst ver- 
wendet werden. Die Einrichtung dieser Abzüge dürfte wohl in 
keinem Operationssaale auf bauliche Schwierigkeiten stoßen, auch 
würde der Preis nicht hoch zu stehen kommen. Jedenfalls kann 
man sich dann bewusst sein, eine Gefahr für den Pat., die doch 
überall mehr oder minder sicher vorhanden ist, vollständig beseitigt 
zu haben. In der Königsberger chirurgischen Universitätsklinik ist 
man im Begriff, diese nothwendigen Änderungen zu treffen. 


II. Zur Behandlung der Kiefergelenksankylose', 
Von 


Karl Roser in Wiesbaden. 


Nach den Gelenkresektionen, die wegen narbiger Kieferklemme 
oder wegen Ankylose ausgeführt werden, entstehen bekanntlich leicht 
Recidive. Um dem vorzubeugen, habe ich in einem solchen Falle 
mit gutem Erfolg eine Goldplatte in das resecirte Gelenk 
eingelagert. 


Ein 22jähriger Kaufmann E. H. aus Alsens ist vor 16 Jahren von einem 
Wagenrad an der linken Gesichshälfte schwer gequetscht worden. Das Jochbein 
und der Schädel sei gebrochen und in der Wange sei eine tiefe Wunde gewesen. 
Eine Hornhautverletzung führte zum Verlust des Auges. Der Unterkiefer und 
das Gelenk scheinen unbetheiligt geblieben zu sein. Desshalb war Anfangs die 
Beweglichkeit des Unterkiefers noch eine ganz gute. Dann aber nahm die Kiefer- 
klemme immer mehr zu, und seit 4 Jahren können die Schneidezähne nicht mehr 
von einander entfernt werden. Seit der Zeit hat der Pat. nur noch breiige und 
flüssige Nahrung zu sich genommen. Da außerdem auch die Sprache siemlich 
behindert war, wünschte der Pat. von seinem Leiden befreit zu werden. 


1 Nach einem im ärztlichen Verein zu Wiesbaden gehaltenen Vortrage. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 123 


Ich fand in der Gegend des linken Masseters eine breite strahlige, mit der 
Unterlage fest verwachsene Narbe und fühlte, dass im Gelenk links sowohl wie 
rechts noch ganz geringe Verschiebungen vor sich gingen. Es handelte sich dem- 
nach nicht um eine knöcherne Ankylose. Trotsdem musste die Resektion des 
Gelenkfortsatzes vorgenommen werden, weil ohne sie an eine Mobilisirung des 
Unterkiefers nicht zu denken war. 

Am 2. December 1897 machte ich diese Operation, indem ich die Gelenk- 
gegend durch den von König angegebenen T-Schnitt freilegte, dabei aber, wie 
es Kraske? empfohlen, den horizontalen Schnitt im Bogen über der Ohrmuschel 
hin fortführte, so dass dieser Schnitt im Ganzen 8cm lang wurde. Die Tempo- 
ralis musste durchschnitten und unterbunden werden. Der Facialis blieb intakt. 
Nur mit großer Mühe ließen sich die narbigen Schwarten, die das Gelenk deokten, 
nach unten hin zurückschieben. Der Gelenkfortsats wurde durch einen geraden 
Meißel in 2 Portionen 1 cm weit unterhalb der Gelenklinie durchgeschlagen und 
mit einem Löffel herausgehoben. Dabei wurde auch ein dünner Zwischenknorpel, 
auf dessen Vorhandensein gar nicht mehr gerechnet werden durfte, entfernt. Der 
Gelenkfortsats selbst trug nur noch an einer kleinen Stelle einen knorpeligen 
Überzug, war aber nicht deformirt. 

Die Wunde wurde zunächst tamponirt und nun zur Öffnung des Mundes 
geschritten. Es gelang, zwischen die Backenzähne der rechten Seite einen 
W. Roser’schen Dilatator einzuschieben und, nachdem dieser etwas gewirkt hatte 
auch auf der linken Seite einen ebensolchen, aber sehr stark gebauten Dilatator 
zur Anwendung zu bringen. Durch deren gleichzeitiges Öffnen wurden unter 
großer Kraftentfaltung die Zahnreihen nach und nach so weit von einander ent- 
fernt, dass ein Daumen zwischen die Schneidezähne geschoben werden konnte. Um 
das so mühsam Erreichte gut auszunutzen, wurde ein Cbampagnerpfropfen zwischen 
die rechten Backenzäbne geklemmt. 

Nun schritt ich zu der schon angedeuteten Einlagerung einer Goldplatte in 
das resecirte Gelenk. Ich schnitt aus einer ungefähr 10markstückdicken Platte 
von Feingold, wie sie von den Scheideanstalten an die Goldarbeiter verkauft wird, 
mit einer starken Schere ein nierenförmiges, 2 cm langes und 11/4 om breites Stück 
aus, rundete seine Ecken ab und bog es mit einer Zange leicht napfförmig zurecht, 
so dass es in die Gelenkgrube passte. Diese Platte wurde dann in die Resektions- 
lücke eingelagert, und zwar so, dass ihr e Age sagittal gestellt war. 
Versenkte Naht der tieferen Weichtheile Behr genaue Hautnaht. Verband aus 
feuchtem Sublimatmull. 

Die Wunde war in 8 Tagen unterm Schorf geheilt. Kein Fieber. Das Ge- 
sperrtsein des Mundes verursachte Anfangs großes Unbehagen, wurde dann aber 
geduldig ertragen, weil eine um so schnellere Wiederkehr der Beweglichkeit des 
Gelenks in Aussicht gestellt werden konnte. 

Am f0. Tage wurde der zwischen die Zähne geschobene Kork weggelassen 
und mit den aktiven und passiven Übungen angefangen. Die aktive Bewegung 
betrug zunächst nur i cm. Durch die Dilatation mit einem knieförmig abgeboge- 
nen Heister’schen Mundsperrer dagegen konnten die Schneidezähne 21/3 cm von 
einander entfernt werden. Der Mundsperrer wurde während der nächsten 14 Tage 
täglich 4mal eingelegt, Anfangs unter ziemlich beträchtlichen Schmerzen in der 
Gelenkgegend, später ohne wesentliche Beschwerden. 

Am 19. December, also am 17. Tage nach der Operation, wurde der Pat. aus 
dem Krankenhaus entlassen. 

Am 3. Januar 1898 stellte er sich mir wieder vor. Er kann jetzt die Zahn- 
reihen spontan 13/4 om weit öffnen. Mit dem Mundsperrer bringt er es auf Zi om, 
Kauen und Sprechen sidd ungehindert. 

Wenn ich diese neue Behandlungsweise, gestützt auf den einen 


erst vor einigen Wochen operirten Fall jetzt schon veröffentliche, 


2? Baumgärtner, Über die wahre Ankylose des Kiefergelenks. Beiträge sur 
klin. Chirurgie 1896. Bd. XVII. p. 185. 


5* 


124 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


wird mir vielleicht der Vorwurf gemacht, dass es zu früh sei, von 
einem guten Resultat zu sprechen. Ich glaube aber erstens, dass 
der energische und intelligente Pat. das, was erreicht ist, nicht ver- 
loren gehen lassen, sondern sich gehörig üben wird, und zweitens liegt 
mir daran, dass mein Vorschlag von anderen Operateuren nachgeprüft 
wird. Ich bin nämlich der Ansicht, dass sich die Interposition einer 
Goldplatte namentlich bei den arthrogenen Kiefergelenksankylosen 
gut bewähren und da noch mehr leisten wird, als in meinem Falle, 
bei dem es sich im Wesentlichen um eine narbige Kieferklemme 
handelte, die der Nachbehandlung ganz besondere Schwierigkeiten 
bieten musste. 

Auf die Frage, wesshalb ich gerade eine Goldplatte und nicht 
irgend eine anderes Material gewählt habe, antworte ich, dass es 
mir darauf ankam, eine biegsame Scheibe zu verwenden, die sich der 
Gelenkgrube genau anschmiegen und immer glatt bleiben sollte. Ich 
rechne sogar damit, dass die Goldplatte leichte Verschiebungen, ähn- 
lich dem Zwischenknorpel, der in das normale Gelenk eingefügt ist, 
mitmachen und dem Nach-vorne-Gleiten des Kiefers Vorschub leisten 
wird. 

Es bleibt mir noch übrig, auf die jüngsten von anderen Chirurgen 
empfohlenen Operationsmethoden hinzuweisen und sie mit meiner 
Interpositionsmethode zu vergleichen. 

Helferich hat auf dem 23. Chirurgenkongress® im Jahre 1894 
ein Kind gezeigt, bei dem er vor 8 Monaten die Interposition eines aus 
dem Temporalmuskel gebildeten Lappens zur Verhütung des Recidivs 
ausgeführt hatte. Das Kind konnte die Schneidezähne »um reichlich 
2'/, cm von einander entfernen«. Dieses für ein Kind ausgezeichnete 
Resultat ist aber wohl nur zum kleineren Theil auf die Interposition, 
zum größeren dagegen auf die recht ausgiebige Resektion zurück- 
zuführen. Helferich hat nämlich außer 1!/, cm vom Unterkiefer 
auch noch die Wurzel des Jochfortsatzes* fast in der ganzen Aus- 
dehnung der Gelenkgrube reseciren müssen, weil sich der Temporal- 
lappen sonst nicht hätte interponiren lassen. Auch Kraske ist 
der Ansicht, dass in dem Helferich’schen Falle die ausgiebige 
Resektion das Wesentliche gewesen sei. Er hat desshalb Helferich’s 
Vorschlag der Interposition nicht adoptirt, sondern hat es »für das 
Wichtigste erklärt, dass ein möglichst großes Stück vom Gelenkfort- 
satz entfernt werde«. Diese ausgiebige Resektion kann ganz ge- 
wiss zum Ziele führen, sie sollte aber, wenn irgend möglich, 
vermieden werden; denn sie erzeugt eine Inkongruenz der Zahn- 
stellung, die das Kauen sehr erschwert, indem die hintersten Backen- 
zähne sich an einander stemmen, ohne dass die vorderen sich be- 
rühren können. Auch wirkt die Asymmetrie des Gesichts, die auf 
die weitgehende einseitige Resektion hin entsteht, sehr entstellend. 


3 Verhandl. p. 504. 
4 Vgl. 1. c. Taf. VIII, Fig. 1. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 125 


Außer Helferich und unabhängig von ihm hat auch Roche 
die Muskelinterposition bei der Behandlung der Kiefergelenksankylosen 
empfohlen. Er verlangt aber die Resektion eines großen Keils aus dem 
aufsteigenden Kieferast und interponirt einen Theil des Masseters. 
Rochet behauptet, dieses Verfahren sei technisch weit leichter und 
ungefährlicher, als die bisher gewöhnlich geübte Resektion des Ge- 
lenkfortsatzes.. Dem ist zu entgegnen, dass diese Operation aller- 
dings bei narbiger Verdickung der Weichtheile oder starker Knochen- 
deformation und Ankylose recht schwierig sein kann, dass aber die 
Gefahr einer Facialisverletzung ganz sicher zu vermeiden ist, wenn 
man den Kraske’sche Schnitt über der Ohrmuschel hin führt und 
dadurch die Weichtheile über und hinter dem Gelenk so verschieb- 
lich macht, dass man die unteren Weichtheile, ohne bis zum Facia- 
lis hin schneiden zu müssen, nach unten ziehen kann. Gegen das 
Rochet’sche Verfahren ist ferner einzuwenden, dass eine Pseud- 
arthrose im aufsteigenden Kieferast ganz unmöglich funktionell das- 
selbe leisten kann wie eine Nearthrose an der Stelle des alten Ge- 
lenks. `. 

Wenn man das Alles neben einander abwägt, wird man wohl 
zu der Überzeugung kommen, dass der Weg, den ich hier empfohlen 
habe, der einfachste, am wenigsten verstümmelnde ist und nament- 
lich am sichersten einem Recidiv vorbeugt. 

Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass ich beabsichtige, 
auch bei Ankylosen anderer Gelenke die, eventuell nur temporäre, 
Interposition von Metall- oder Gummiplatten zu versuchen. 


1) A. le Dentu und P. Delbet. Traité de chirurgie cli- 
nique et opératoire. Tome IV und V. 
Paris, 1897. 

Der IV. Band des an dieser Stelle schon mehrfach besprochenen 
französischen Lehrbuches befindet sich schon seit längerer Zeit in 
den Händen der dafür interessirten Leser. Dieselben haben sich 
daher selbst überzeugen können, dass derselbe vollständig dem Rah- 
men des Ganzen entspricht und eine höchst sorgfältige und ge- 
diegene Arbeit darstellt, in welcher namentlich mit großer Sorgsam- 
keit auch die auswärtige Litteratur benutzt worden ist. Einzelne 
Kapitel in demselben sind vollständige kleine Monographien für sich, 
die, klar und anziehend geschrieben, anregend und belehrend zu- 
gleich auf uns wirken müssen. Den Inhalt des Bandes bilden: 

Schwartz, Chirurgische Krankheiten der Nerven, Delbet, 
Erkrankungen der Arterien, Schwartz, diejenige der Venen, Bra- 
dier, Erkrankungen des Lymphgefäßapparats, Chipault, Erkran- 
kungen des Schädels und des Gehirns, der Wirbelsäule und des 


5 Arch. prov. de chir. T. V. p. 125. 


126 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


Rückenmarks. Namentlich letzterer Verf. ist bereits weiteren Kreisen 
durch seine Arbeiten auf dem gleichen Gebiet bekannt. 

Der V. Band enthält die Darstellungen der Krankheiten des 
Ohres, des Auges, der Nase, des Schädels und Gesichts aus der 
Feder von Terson, Castex, Le Dentu, Nimier. So weit wir auf 
diesen Gebieten zu einem Urtheil berufen sind, können wir auch 
hier nur die früheren Worte der Anerkennung wiederholen. 

Tietze (Breslau). 


2) E. Ritter v. Hofmann. Atlas der gerichtlichen Medicin, 


nach Originalen von Maler A. Schmitson. 
Lehmann’s medicinische Handatlanten Bd. XVII. München, J. F. Lehmann, 1897. 
Mit 56 farbigen Tafeln und 193 schwarzen Abbildungen. 


Zweifellos ist wohl v. H.’s Lehrbuch der gerichtlichen Medicin, 
das in verhältnismäßig kurzer Zeit 8 Auflagen erlebt hat, das beste 
Buch über das genannte Fach. Neben ihm und als Ergänzung zu 
ihm hat der leider vor Kurzem gestorbene Autor nun noch obigen 
Atlas herausgegeben, »um den Studenten und praktischen Arzt in 
den Stand zu setzen, sich ohne große Auslagen — 15.4 — über die 
wichtigsten gerichtlich-medicinischen Vorkommnisse im Bilde zu in- 
formirene. Er bringt aus dem reichen Schatz seiner Erfahrung eine 
große Anzahl trefflicher, zum nicht geringen Theil farbiger Bilder, 
deren jedes mit einem Begleitwort, nicht selten einem längeren Be- 
richt versehen ist, der auf das Specifische des Einzelfalles hinweist, 
hier und da auch einmal eine allgemeine Frage kurz berührt. Der 
Chirurg findet in reicher Zahl interessante Verletzungen durch die 
verschiedensten Instrumente, namentlich auch durch Schusswaffen 
erzeugt, abgebildet. Aber auch die übrigen Theile des Buches müssen 
jedem Arzt hohes Interesse abgewinnen. Dasselbe wird Manchem 
in einem Gerichtsfall, dem er etwa zum ersten Mal in seiner Praxis 
begegnet, ein gewissenhafter Rathgeber sein. Das Alles dürfte 
danach bald eine weite Verbreitung sichern. Richter (Breslau). 


3) J. Courmont. Le streptocoque de l’Erysipele et celui 
de Marmorek sont des especes microbiennes differentes. 
(Province méd. 1897. No. 34.) 

Nach seinen bakteriologischen Prüfungen hält C. an der Schei- 
dung des Erysipeleoccus von dem hochvirulenten Streptococcus Mar- 
morek’s fest. Äußerlich unterscheiden sie sich etwas in der Be- 
ständigkeit ihrer Form. In Bezug auf die Virulenz lässt sich der 
Erysipelcoccus nicht über eine bestimmte Höhe hinaus züchten, welche 
hinter der Virulenz des Marmorek’schen Coccus weit zurücksteht. 
Der fundamentale Unterschied besteht aber darin, dass selbst der 
abgeschwächte Marmorek’sche Coccus nie die Wirkung des Erysipel- 
coccus hervorbringt, ein wirkliches Erysipel. Bringt man die Viru- 
lenz beider Kokken ungefähr auf die gleiche Höhe, so ist ihre Wir- 
kung doch stets verschieden. Der Marmorek’sche Coccus hat 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 127 


blutiges Exsudat im Bauchfell oder Herzbeutel, große Milz, allgemeine 
Kongestion bei rascher tödlicher Wirkung zur Folge. Der Erysipel- 
coccus bringt es nie zum blutigen Exsudat in den serösen Höhlen, 
sondern nur zu krupösen Membranen, dagegen zu lokalem Erysipel; 
die Milz bleibt klein, etc. Herm. Frank (Berlin). 


4) Frey. Klinische Beiträge zur Aktinomykose. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 

An der Hand der Litteratur und des Materials der Czerny- 
schen Klinik (25 Fälle) schildert F. das klinische Bild der Aktino- 
mykose. Nach dem Verlauf unterscheidet er 3 Formen: 1) die akute, 
unter dem Bilde einer Infektionskrankheit verlaufende (pyämische 
Form), 2) die subakute, ähnlich dem Bilde einer chronischen Phleg- 
mone, 3) die chronische Form, in ihrem Verlauf einer Kachexie, 
die etwa einer echten Infektionsgeschwulst zu folgen pflegt, gleichend. 
Zwischen den einzelnen Formen kommen Übergänge vor; die häufigste 
(»typische«) Form ist die zweite. Sie bietet im Allgemeinen eine 
günstige Prognose, während diese bei den anderen, namentlich der 
3. Form, schlechter ist. Übrigens findet sich unter den Heidelberger 
Beobachtungen kein Todesfall. Therapeutisch tritt F. für möglichst 
radikale Operation ein, bei welcher dem scharfen Löffel die Haupt- 
rolle zufällt. Derselbe wird unterstützt durch den Thermokauter und 
chemische Desinficientien. Auch die interne Jodkalimedikation wird 
empfohlen. Von anderen nicht operativen Behandlungsmethoden 
weist F. noch besonders auf die parenchymatösen Alkoholinjektionen 
hin, welche durch die energische Gewebsneubildung, die sie veran- 
lassen, wirksam sein sollen. Hofmeister (Tübingen). 


5) Bryant. Colopexy for the relief of prolapsus of the 
rectum. 
(Annals of surgery 1897. August.) 

Zur Heilung hochgradiger und hartnäckiger Fälle von Mast- 
darmvorfall ist im Jahre 1889 von Jaennel die Methode der Kolo- 
pexie angegeben worden, die darin besteht, dass von einem Schräg- 
schnitt über dem linken Poupart’schen Bande aus das Bauchfell 
eröffnet und die Flexur ergriffen und so stark angezogen wird, dass 
dadurch der Vorfall verschwindet. In dieser Lage wird der Darm 
in der Bauchwunde durch Nähte befestigt. In den meisten Fällen 
aber würde bei diesem Verfahren sehr bald zum mindesten ein 
Schleimhautvorfall wieder eintreten, wenn nicht vorher die Konti- 
nenz des Schließmuskels wieder hergestellt würde. Man erreicht 
dies am besten durch elektrische Behandlung desselben, nachdem 
man nach Anlegung eines künstlichen Afters für einige Zeit den 
Mastdarm außer Funktion gesetzt hat. Die Anlegung eines Kunst- 
afters ist also die Voroperation, welcher sich gewöhnlich nach Mo- 
naten der operative Verschluss der Kothfistel und die eigentliche 
Kolopexie anschließt. In dem Falle des Verf. blieb die Kothfistel 


128 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


übrigens bestehen. Trotz dieses komplicirten und gewiss nicht un- 
gefährlichen (Ref.) Vorgehens schildert Verf. die Resultate der Ope- 
Tation als sehr gute. Unter 29 ihm bekannt gewordenen Fällen war 
kein Todesfall zu verzeichnen, in 22 Fällen erfolgte kein Recidiv, in 
3 Fällen ein partielles, in 4 ein vollständiges. Auch die Gefahr 
eines Bauchbruches scheine in solchen Fällen nicht groß zu sein. 
Tietze (Breslau). 


6) W. Rose (London). Early colotomy in the treatement 
of malignant diesease of the rectum. 
(Practitioner 1897. Juli.) 

Auf Grund eigener Erfahrungen so wie der Statistiken räth R. von 
einer Radikaloperation der Mastdarmcarcinome ab. Nur wenn sich 
die Erkrankung auf einen geringen Theil der Darmwand beschränkt, 
ist die Exstirpation angezeigt. Dagegen spricht sich Verf. sehr für 
die möglichst frühzeitige Anlegung eines Leistenafters aus. Nicht 
erst wenn Erscheinungen der erschwerten Kothbeförderung eingetreten 
sind, und der Kranke von Kräften gekommen ist, sondern sobald die 
Diagnose auf Mastdarmkrebs gestellt wurde, soll der künstliche 
After angelegt werden. Die Unbequemlichkeiten, welche dadurch 
herbeigeführt werden, kommen wenig in Betracht gegenüber der 
Verzögerung, welche das Wachsthum der Geschwulst erfährt, gegen- 
über der Verminderung der Schmerzen und der Möglichkeit einer 
reichlicheren Nahrungszufuhr. Selbst wenn die Exstirpation beab- 
sichtigt wird, räth R. vorher einen künstlichen After anzulegen, um 
den Gefahren einer Sepsis, einer sekundären Blutung und der Er- 
schöpfung durch länger dauernde Eiterung und Schmerzen vor- 
zubeugen. 

Die Operation führt R. in der Weise aus, dass er den Schnitt 
senkrecht auf eine vom Nabel zur Spina anterior superior gezogene 
Linie und etwas unterhalb der Mitte derselben, anlegt. Die Flexur 
wird möglichst nahe dem Colon descendens hervorgezogen in einer 
Länge von mindestens t Zoll. Die Befestigung des Darmes in dieser 
Lage wird lediglich durch eine Seidennaht, welche durch alle 
Schichten des Wundrandes, durch das Mesenterium so wie die 
Schichten des anderen Wundrandes und auf umgekehrtem Wege 
zurückgeführt und dann geknüpft wird, ausgeführt. Nach 4—5 Tagen 
findet die Abtragung des vorstehenden Darmes statt. Verf. zieht 
diese Methode der Spornbildung allen anderen vor. 

Strauch (Braunschweig). 


7) Belin. De lanus iliaque dans la cure radicale du can- 
cer du rectum (Procédé de A. Reverdin). 
(Progrès med. 1897. No. 40.) 
Auf Grund einer eigenen Operation empfiehlt Verf. ein Ver- 
fahren, das Reverdin zuerst in dieser Form vorgeschlagen hat. 
Nach Durchtrennung der freigelegten Flexur wird nämlich das peri- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 129 


phere Ende mit Invagination und sero-seröser Naht verschlossen 
versenkt; das centrale Ende wird, nachdem in dasselbe ein Glasrohr 
mit cirkulärer Einschnürung fest eingebunden ist, sero-serös und mit 
durchgreifenden Nähten im oberen Wundwinkel eingenäht. Dann 
wird die Bauchwunde geschlossen. Durch einen übergezogenen 
Gummischlauch — Verf. bediente sich eines abgeschnittenen Rea- 
gensglases und eines Luftschlauches aus einem Bicycle! — wird der 
Darminhalt abgeleitet, und nun sogleich oder besser einige Tage 
später die Exstirpation des Mastdarms angeschlossen. B. hält den 
vorderen After für angenehmer für den Pat., die damit verbundene 
Laparotomie für besser für den Operateur, als die üblichen Sacralafter. 
Boesing (Hamburg). 


8) Liermann. Über die vaginale Methode bei Mastdarm- 
operationen. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 

Vier weitere von Rehn nach seiner vaginalen Methode operirte 
Fälle (Exstirpatio recti 1) wegen luetischer Striktur, 2) wegen Car- 
cinom, 3) Amputation und Torsion des Mastdarmes wegen Vorfall 
und Inkontinenz, 4) Exstirpation von Mastdarm und Gebärmutter 
wegen Carcinom) geben L. Veranlassung zur ausführlichen Beschrei- 
bung der Methode und zu einer Vergleichung derselben mit der 
sacralen nach Kraske. Abgesehen davon, dass sie weniger ein- 
greifend ist als die letztere, rühmt Verf. ganz besonders die Übersicht- 
lichkeit und freie Zugänglichkeit des Operationsfeldes, welche es 
ermöglicht, rings herum, in erster Linie aber an der vorderen Mast- 
darmwand unter Leitung des Auges zu operiren. Er kommt zu dem 
Schluss, »dass für eingreifendere Mastdarmoperationen beim Weibe 
bei Abwägung der sacralen gegen die vaginale Methode die Ent- 
scheidung stets zu Gunsten der letzteren ausfallen wird«. 

Diese weitgehende Schlussfolgerung vermag Ref. nach seinen 
Erfahrungen mit der vaginalen Methode nicht ohne Weiteres zu 
unterschreiben. Gewiss wird in Fällen wie die mitgetheilten, wo es 
sich um Amputatio recti handelt, durch die an den Scheidenschnitt 
sich unmittelbar anschließende Umschneidung des Afters ein pracht- 
voll freier Zugang geschaffen. Ganz anders liegen aber die Ver- 
hältnisse, wenn ein hochsitzendes Carcinom eine Resectio recti in- 
dieirt, bei der die Rücksicht auf die Ernährung des zurückbleibenden 
Sphinktertheils paraanale Schnitte höchstens in beschränkter Aus- 
dehnung gestattet. . Dann bleibt der Zugang wenigstens für die höher 
gelegenen Partien doch recht eng, und gerade die hintere Circum- 
ferenz des oberen Mastdarmtheils, wo man zu scharfer Durchtrennung 
der natürlichen Anheftungen, ev. sogar zur Incision des Mesoromanum 
genöthigt ist, wo außerdem relativ häufig Drüsen gefunden werden, 
kann unerreichbar bleiben, und bleibt es ziemlich sicher, wenn man 
sich nicht von vorn herein zur queren Durchtrennung des Darmes 
entschließt und damit auf eine Vollendung der Ausschälung am 

ad 


130 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


geschlossenen Darm verzichtet. Ref. sah sich unter solchen Um- 
ständen 2mal genöthigt, bei Carcinomen, welche allerdings erst in 
Höhe des hinteren Scheidengewölbes begannen, deren obere Grenze 
jedoch erreichbar war, im Laufe der Operation zur sacralen Methode 
überzugehen, wodurch die vorher unmögliche Herabholung der oberen 
Darmpartien sofort leicht ausführbar wurde. In diesem Sinne bedarf 


meines Erachtens der obige Schlusssatz des Verf. eine Einschränkung. 
LEER Hofmeister (Tübingen). 
9) R. Stierlin. Über die chirurgische Behandlung der 
Wandermilz. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 382.) 

S. hat selbst eine hypertrophische Malariawandermilz mit Glück 
exstirpirt, an welchen Fall er eine statistische Prüfung der chirur- 
gischen Operationsprognose des Leidens knüpft, hierbei zu einem 
recht günstigen Resultat für die Splenektomie gelangend. 

Bis Pet, eine 30jährige Frau, hatte nach jahrelanger Tertiana Milshyper- 
trophie erworben und zeigte bei starkem Hängebauch und allgemeiner Splanchno- 
ptosis die vergrößerte Milz als harte, glatte, mit Randeinkerbungen versehene, 
mannskopfgroße, äußerst bewegliche Geschwulst, die nicht druckempfindlich war, 
aber beim Stehen und Gehen unaufhörliche dumpfe Leibschmerzen verursachte. 
Allgemeinzustand: blass, schwach, leidend. Die Ausführung der Splenektomie 
bot technisch keine Schwierigkeit, war aber von einem schweren Collaps, der 
Kochsalzlösungklystiere erforderte, gefolgt, so wie weiterhin von einem vorüber- 
gehenden paralytischen Ileus, der durch Ol. rieini beseitigt werden konnte. 
Schließlich völlige Genesung. 

S. führt aus, dass die Beweglichkeit der Milz fast nur stark 
hypertrophische Milzen befällt, und dass aus diesem Grunde die 
Brauchbarkeit der an sich sehr ingeniösen Splenopexis nach Rydy- 
gier oder Bardenheuer wohl stets nur eine beschränkte sein wird, 
da zur Milznaht nur nicht allzu sehr vergrößerte Milzen geeignet 
sein werden. Einer chirurgischen Behandlung bedarf aber der Zu- 
stand schon wegen der nicht selten vorkommenden Achsendrehung 
der Wandermilz mit Stieldrehung, die lebensgefährlich werden kann. 
Die Prognose der Splenektomie beweglicher Milzhypertrophien ist 
nun nach den von S. gesammelten Daten eine recht günstige. Wäh- 
rend S. bei Splenektomie bei idiopathischer, nicht beweglicher, hyper- 
trophischer Milz fast 48% Sterblichkeit unter; 23 Fällen fand, 
und bei der gleichen Operation wegen Malariahypertrophie ohne Be- 
weglichkeit = 43% unter 42 Fällen, zeigt die Sterblichkeit bei 
beweglicher Milz unter 32 Fällen nur 6,25%. Seit 1879 sind 
28 Fälle nach einander geheilt. Zu bemerken ist, dass fast sämmt- 
liche Fälle (31) auf Frauen entfallen — im 32. ist das Geschlecht 
nicht erwähnt —, dass ferner die Pat. meist im 3. und 4. Lebens- 
jahrzehnt standen. Das Durchschnittsgewicht der entfernten Milz 
betrug nach den Angaben in 20 Fällen 1535 g. Die Folgen der 
Milzausrottung für den Gesammterganismus waren gering und be- 
schränkten sich auf eine vorübergehende Abnahme der rothen und 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 131 


Zunahme der weißen Blutkörperchen, so wie auf erhöhte blutbildende 
Thätigkeit der multipel anschwellenden Lymphdrüsen, der Schild- 
drüse und des Knochenmarkes. Diese Folgeerscheinungen scheinen 
um so geringer auszufallen, je weiter die Milzhypertrophie vorge- 
schritten war. Meinhard Schmidt /Cuxhaven). 


10) A. Cordero. Über Splenopexie. 
(Poliolinico 1897. Juli 1.) 

Da die Exstirpation der Wandermilz eine nicht unbedeutende 
Sterblichkeit besitzt, und da außerdem noch eine Reihe sekundärer 
Störungen nach diesem Eingriff beobachtet worden sind, so hat man 
in neuerer Zeit der Erhaltung und Festlegung des beweglichen Or- 
gans den Vorzug gegeben. Hierbei ist die Frage, ob man ohne 
wesentliche Gefahr (Blutung) Nähte durch das Milzparenchym legen 
dürfe, noch nicht völlig geklärt. Verf. unternahm desswegen eine 
Reihe von (8) Versuchen an Hunden. Es wurde dabei eine größere 
Zahl von Seidenfäden (bis zu 20) quer durch das Milzparenchym ge- 
legt; in den meisten Fällen trat gar keine Blutung auf, in anderen 
war sie minimal. Sämmtliche Thiere überstanden die Operation gut. 
Bei der Sektion der später getödteten Thiere fand man die Milz 
mehr oder weniger in Bindegewebsmembranen eingebettet; auf dem 
Durchschnitt erwies sich das Organ als völlig normal, nirgends hämor- 
rhagische Herde. In der Bauchhöhle weder Blut noch Exsudat. 
Auch mikroskopisch fanden sich keine anatomischen Veränderungen 
der Milz; nur hier und da kleine Schollen von Blutpigment. 

Bo fern diese Thierexperimente auch für den Menschen gültig 
sind, kann man behaupten, dass die Naht der Milz gefahrlos ist und 
die Funktion dieses EE in keiner Weise behindert. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


11) T. Jonnesco. Über Splenektomie. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 2.) 

Seit Februar 1896 hat J. die stattliche Zahl von. 9 Splenekto- 
mien ausgeführt, und zwar 7mal wegen Splenomegalia malarica und 
Imal wegen einer Echinokokkencyste der Milz. Verf. giebt die 
Krankengeschichten und beschreibt genauer das von ihm befolgte 
Operationsverfahren. Der Operateur steht zur besseren Übersicht 
rechts, die Laparotomie wird in der Mittellinie ausgeführt. Die 
nächste Aufgabe ist die Lösung der Verwachsungen, welche so stark 
sein können, dass man auf die Fortführung des Eingriffes verzichten 
muss. Die Zerreißung der Milz muss vermieden werden. Das un- 
regelmäßige Lig. splenophrenicum ist zu unterbinden. Die Frei- 
machung der Gefäße besorgt J. mit dem Finger, damit er beim Ein- 
reißen derselben sofort komprimiren kann. Arterie, Vene und 
Schwanz des Pankreas werden in einem Bündel zusammengeschnürt, 
das Lig. gastro-splenicum wird ebenfalls in mehreren Partien abge- 
bunden. Zum Schluss wird das Milsbett revidirt, die Blutung ge- 


132 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


stillt, was bei starken Verwachsungen nicht ganz leicht ist, und nach 
Einlegung einer Gazekompresse die Bauchhöhle verschlossen. Die 
Kompresse wird allmählich ganz entfernt. Kompressivverband. Einige 
Tage lang wird Opium gegeben. Lungenkomplikationen sind häufig. 
2mal öffnete sich die Bauchwunde, uud es trat der Darm heraus, 
wodurch (mal tödliche Peritonitis verursacht ward. 

Asepsis und Wahl der geeigneten Fälle haben die Sterblichkeit 
der Splenektomie stark herabgesetzt, von 50% auf 15%. Verf. ver- 
lor von seinen 8 Operirten nur einen. 

Die Indikation zur Operation ist bei Splenomegalie in der Er- 
folglosigkeit lang andauernder innerer Behandlung zu sehen. Die 
Kontraindikationen beschränkt Verf. sehr. Erleichtert ist der Ein- 
griff und gebessert die Prognose bei mobiler Milz. Abnorme Ver- 
wachsungen trüben dieselbe. Bei Cysten ist die Splenektomie aus- 
schließlich indieirt. 

Von Wirkungen der Operation auf den Gesammtorganismus ist 
hervorzuheben, dass die Urintoxicität danach abnahm. Kontroll- 
versuche an Hunden ergaben das gleiche Resultat. Verf. glaubt, 
dass die Milz »ein Laboratorium für Toxine sei«, und dass die Hypo- 
toxicität des Urins nach der Splenektomie sich durch die Ausrottung 
des Organs erklärt. Rothe und weiße Blutkörperchen vermehren sich 
rasch. Vorübergehend tritt Leukocytose ein, um aber bald wieder 
zu schwinden. Drüsenhypertrophie oder Hypertrophie eines hämato- 
poetischen Organs wurde nicht beobachtet. Fieberanfälle nach der 
Splenektomie weisen auf Wiedererwachen der Malaria oder Lungen- 
komplikationen hin. Verf. empfiehlt bei seinen guten Resultaten 
auch gegen hypertrophische Milz ohne lokale wichtige Symptome als 
vorbeugende Behandlung der malarischen Infektion mit Bedrohung 
der Kachexie die Splenektomie, da nach Laveran die Hämato- 
zoaren von der Milz aus in den Kreislauf gerathen. 

RS E. Siegel (Frankfurt a/M.). 
12) Weber. Klinische Betrachtung der Gallensteinkrank- 
heiten vom Standpunkt der inneren Medicin. 
(New Yorker med. Monatsschrift 1897. Januar.) 


13) Adler. Gallensteinerkrankungen ohne Ikterus. 
(Ibid.) 
14) Lange. Die chirurgischen Gesichtspunkte der Gallen- 
steinerkrankungen. 
(Ibid.) 

In der Novembersitzung der Deutschen Medicinischen Gesell- 
schaft der Stadt New York stand die Frage der Gallensteinkrank- 
heiten auf der Tagesordnung. Den einleitenden Vortrag hielt W., 
welcher 11 ziemlich schwere Fälle aus seiner Praxis mittheilte, bei 
denen durch Diät, Karlsbader Kur, Öleingießungen, heiße Umschläge 
Heilung von Gallensteinleiden beobachtet wurde. Er steht in Bezug 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 133 


auf die Operation auf dem Standpunkt Langenbuch’s, dass das 
Gallensteinleiden nur in Ausnahmefällen der chirurgischen Behand- 
lung bedarf. — Bei Karlsbader Kuren muss wenigstens 30 Tage 
lang 1 Liter pro Tag getrunken werden, neben strenger Diät. Von 
Öleingießungen oder Öleinnehmen hat er keine großen Vortheile er- 
lebt. Heiße Breiumschläge dagegen haben ihm oft die Morphium- 
spritze entbehrlich gemacht. Nur häufige Wiederholungen der 
Anfälle, Eiterbildung in der Gallenblase, Verschlechterung des All- 
gemeinbefindens sind ihm Indikationen zur Operation. 

A. berichtet über seine Erfahrungen an Gallensteinerkrankungen 
ohne Ikterus. Er kann auf Grund einer Obduktion bestätigen, dass 
trotz zahlreicher Steine im Choledochus und Hepaticus der Gallen- 
abfluss nicht behindert zu sein braucht. Im Allgemeinen gehen alle 
Fälle, wo Steine in der Blase oder im Cysticus allein sitzen, ohne 
Ikterus einher, was die Diagnose zuweilen recht schwer macht; 
manchmal enthält aber trotzdem der Urin geringe Spuren von 
Gallenfarbstofen. Auch A. sieht die Indikation zur Operation in 
der Häufung der Kolikanfälle, den Druckschmerzen und in dem all- 
mählich sich steigernden Fieber. Zum Glück sei die Peritonitis 
nach Perforation, aber auch ohne solche, meist eine umschriebene, 
da durch voraufgegangene Entzündungen Verwachsungen mit den 
Nachbarorganen zu Stande gekommen sind. (Diese Ansicht erscheint 
Ref. etwas zu optimistisch; jedenfalls soll man sich nicht zu sehr 
auf diesen »glücklichen« Zufall verlassen |) 

L. stellt als Chirurg seine Indikationen etwas strenger. Zunächst 
sei sie gegeben durch die Gallenstauung. Er macht dabei besonders 
auf die Gefahr der zuweilen tödlichen Blutungen bei Cholämie auf- 
merksam. Eine gestaute Galle sei auch der Infektion mehr zugäng- 
lich als eine fließende, was wieder ernste Komplikationen, Cholan- 
gitis und Abscess, zur Folge haben könnte. Ferner verlange der 
Stein an sich ein chirurgisches Eingreifen, wegen der Ulceration der 
Gewebe des Gallengangssystems. Viele Eingriffe werden erst ge- 
fährlich, wenn sich das Leiden lange hingezogen hat. L.' hat Chol- 
angitiden zurückgehen sehen, wenn das Grundübel, der Stein, ent- 
fernt war. Zum Schluss seiner kurzen Ausführungen macht er auf 
die Verwechslung mit Appendicitis aufmerksam. 

Tschmarke (Magdeburg). 


15) Kümmell. Chirurgische Erfahrungen über Gallenstein- 
erkrankung und ihre Behandlung durch die ideale extra- 
peritoneale Operationsmethode. 

(Mittheilungen aus den Hamburgischen Staatskrankenanstalten 1897. Bd. I. Hft. 2.) 

In vorliegender Arbeit giebt Verf. einen dankenswerthen Über- 
blick über seine reichen Erfahrungen in der Gallensteinchirurgie 
(60 Fälle). Die Diagnose ist ja häufig leicht, wenn nach plötzlichem, 
heftigem Kolikanfall und vorübergehendem Ikterus Steine im Stuhl 


134 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


gefunden werden. Aber gerade die schwereren Fälle, die oft ohne 
Ikterus einhergehen, machen zuweilen Schwierigkeiten in der Er- 
kennung. K. macht besonders auf die Fälle aufmerksam, in welchen 
bei länger bestehendem Cysticusverschluss eine Schrumpfung der 
Gallenblase stattgefunden hat; gute Dienste hat ihm dabei der 
Riedel’sche zungenförmige Fortsatz des rechten Leberlappens ge- 
leistet. Differentialdiagnostisch kommt vor Allem das Carcinom in 
Betracht, das aber wohl immer in Folge des Reizes vorhandener 
Steine entstanden ist. Auch der Krebs des Pankreaskopfes täuscht 
ev. einen Choledochusverschluss durch Steine vor. Eben so kann 
Lebersyphilis zu Verwechslung Anlass geben. Als Beleg für die 
beiden letzten Vorkommnisse führt Verf. je eine interessante Kranken- 
geschichte auf. — Was die Therapie anlangt, so steht K. nicht auf 
dem radikalen Standpunkt, dass jede diagnosticirte Cholelithiasis ope- 
rirt werden müsse. Wo aber alle internen Mittel und Karlsbader 
Kur im Stich lassen, da soll man nicht allzu lange zögern, um ev. 
die Steine erst in die Gänge zu treiben, aus denen sie schwieriger 
zu entfernen sind, als aus der Gallenblase. K.’s Operationsverfahren 
besitzt die Vortheile der idealen Cholecystotomie ohne ihre Gefahren; 
die Operation ist eine einzeitige und besteht darin, dass die Gallen- 
blase, sorgfältig mit Peritoneum umnäht, geöffnet wird, die Steine 
und sonstiger Inhalt entleert, die Gallenblasenwunde und darüber 
die Bauchdecken durch die Naht geschlossen werden. Diese Ope- 
rationsmethode, schon von Courvoisier und Langenbuch em- 
pfohlen, hat bisher noch wenig Anklang gefunden. Verf. hat sie 
24mal angewandt und nur einen Fall von septischer Peritonitis ver- 
loren, wo die Naht sich während der Operation beim Herausholen 
eines großen Steines gelöst hatte, und ein minimaler Theil des in- 
fektiösen Inhalts der Gallenblase sich in die Bauchhöhle ergoss. Nur 
in wenigen Fällen trat eine vorübergehende Fistelbildung ein. 10 Pat. 
heilten per primam. Zur Vermeidung der Fisteln räth K. eine 
gründliche Revision der Gallengänge an. Eine Choledochotomie 
rechnet er zu den technisch schwierigsten Operationen. 
Tschmarke (Magdeburg. 


16) W. Körte. Beitrag zur chirurgischen Behandlung der 
Pankreasentzündungen, nebst Experimenten über Fettgewebs- 
nekrose. 

(Berliner Klinik 1896. Hft. 102.) 

K., dessen eigene Beobachtungen über die Entzündungen des 
Pankreas sich seit seinem bekannten Vortrag auf dem Chirurgen- 
Kongress 1894 um 2 weitere Fälle vermehrt haben — es sind jetzt 
im Ganzen 7 —, giebt unter gleichzeitiger Berücksichtigung der 
übrigen Kasuistik zunächst eine kurzgefasste Schilderung der Krank- 
heitsbilder der beiden für den Chirurgen wichtigsten Formen der 
Pankreasentzündungen, der eitrigen und der nekrotisirenden 
Pankreatitis, nebst Bemerkungen über deren eventuelle chirur- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 135 


gische Behandlung, ohne wesentlich Neues den Ausführungen seiner 
früheren Arbeit hinzuzufügen. Er geht dann näher auf die Frage 
von dem Zusammenhang der Pankreaserkrankungen mit 
der abdominalen Fettgewebsnekrose ein. Die über die letz- 
tere beim Menschen gewonnenen Beobachtungen werden verschieden 
gedeutet. Nach Einigen ist die Fettgewebsnekrose die Ursache, 
nach Anderen die Folge der Pankreaserkrankung. In einzelnen 
Fällen ist die Fettnekrose beobachtet, ohne dass eine Erkrankung 
der Bauchspeicheldrüse bestand. Auch Thierexperimente, die am 
Pankreas angestellt wurden, brachten über diesen Punkt wenig Klar- 
heit, da nirgends Fettgewebsnekrose in einer den Verhältnissen beim 
Menschen analogen Form auftrat. 

Der Verf. hat nun selbst eine Reihe von Versuchen an Katzen 
und Hunden vorgenommen, von denen 29 verwerthbar sind. Die- 
selben zerfallen in 3 Hauptreihen, in deren erster mechanische Ver- 
letzungen des Pankreas (Quetschung, Zerreißung, Durchtrennung) 
oder seiner Gefäße gesetzt, auch Stücke der Drüse ausgeschnitten 
und in die Bauchhöhle überpflanzt wurden; in der 2. wurde eine 
Entzündung des Pankreas durch Injektionen reizender (Terpentinöl) 
oder infektiöser Substanzen (Darminhalt, Perityphlitiseiter, Staphylo- 
kokkenkulturen, Bacterium coli-Bouillon) hervorzurufen gesucht; in 
einer 3. wurde das Verhalten des künstlich (durch Terpentininjektion) 
in Entzündung versetzten Pankreas gegenüber später — nach 4 bis 
5 Wochen — vorgenommenen Verletzungen untersucht. 

Die Resultate dieser Versuche waren in Kürze: 

Das gesunde Thierpankreas verträgt starke Verletzungen ohne 
nennenswerthe Reaktion. Die Resorption von Blutergüssen erfolgte 
prompt ohne Zersetzung und ohne Cystenbildung. An der Stelle 
der Verletzung entstand Bindegewebswucherung, die bei den Ver- 
suchen der 3. Reihe besonders stark war. 

Fettgewebsnekrose wurde in 10 Fällen erzeugt. Sie trat sowohl 
bei Verletzungen und künstlich erregten Entzündungen des Pankreas, 
als auch nach Einpflanzung ausgeschnittener Stücke der Drüse in 
die Bauchhöhle ein. Jedoch waren auch hier die erzielten Ver- 
änderungen immer nur schwache Anklänge an die beim Menschen 
beobachteten. 

Auf Grund seiner eigenen Experimente und der anderer Autoren 
so wie nach den Erfahrungen beim Menschen hält K. es für höchst 
wahrscheinlich, dass die zusammen mit Pankreaserkrankungen ge- 
fundenen Fettnekrosen als Folge der ersteren anzusehen sind. Je- 
doch kommen Fettnekrosen auch ohne gröbere Veränderungen am 
Pankreas vor, und es ist anzunehmen, dass das Entstehen von Ent- 
zündungen, Blutungen und Nekrose der Drüse dadurch begünstigt 
werden kann. 

Welche Rolle die mehrfach in nekrotischen Herden des Fett- 
gewebes bei Pankreatitis gefundenen Bakterien spielen, ist zur Zeit 
noch nicht mit annähernder Sicherheit zu entscheiden. Für Ope- 


136 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


rationen am menschlichen Pankreas empfiehlt es sich jedenfalls, das 
Drüsensekret von der Berührung mit der Bauchhöhle fern zu halten. 
Braem (Chemnits). 


17) G. A. Berkeley (Moynihan). Mesenteric cysts. 
(Annals of surgery 1897. Juli.) 

Gekröscysten haben sich häufig als Nebenbefund sowohl bei 
Operationen als auch bei der Sektion ergeben. Es existiren aber 
auch eine ganze Reihe diagnosticirter und klinisch behandelter Fälle. 
Verf. hat die zerstreuten Mittheilungen gesammelt und versucht, eine 
geschlossene klinische Darstellung zu geben. Danach kann man rein 
seröse, chylöse, Blutcysten und Dermoidcysten unterscheiden. Eine 
besondere Stellung nehmen außerdem die Echinokokkenblasen ein. 
Die Entstehung der Cysten ist keine einheitliche. Handelt es sich 
in der einen Reihe der Fälle um wirkliche, meist bei der Geburt 
angelegte Neubildungen, so spielen in den übrigen Fällen eine Reihe 
von Zufälligkeiten, Traumen und entzündliche Zustände eine große 
Rolle; namentlich handelt es sich in einem Theil der serösen und 
chylösen Cysten um einfache Stauungserscheinungen. Es spricht für 
diese Ätiologie, dass die Gekröscysten häufiger bei Frauen als bei 
Männern beobachtet werden. Dermoidcysten sind allerdings auch 
nur bei Frauen beobachtet worden. Begreiflicherweise schwankt das 
Alter der betroffenen Pat. innerhalb weiter Grenzen. Klinisch mar- 
kiren sich die fraglichen Geschwülste meist als rundliche, im Meso- 
gastrium gelegene Geschwülste, die das Gefühl mehr oder weniger 
starker Spannung bezw. Fluktuation bieten, die betheiligte Bauch- 
gegend stärker hervortreten lassen, nie aber den Nabel — etwa wie 
ein intraperitonealer Abscess — hervortreiben. 

Ganz besonders charakteristisch ist die starke Verschieblichkeit 
dieser Geschwülste, die man nicht selten vollständig um ihre Achse 
drehen kann. Sind sie auch noch so groß, so sinken sie bei Tren- 
delenburg’scher Lage stark zurück und lassen sich so gegen die 
Beckenorgane abgrenzen. Ihre intraperitoneale Lage wird durch 
unsere gewöhnlichen Methoden der Untersuchung leicht festgestellt. 
Ihr klinischer Verlauf ist in so fern noch bemerkenswerth, als sie 
zuweilen Kompressionserscheinungen auf die benachbarten Organe 


ausüben. Die Therapie richtet sich nach bekannten Grundsätzen. 
Tietze (Breslau). 


Kleinere Mittheilungen. 


Querleiste der Harnröhre und Prostatitis acuta gonorrhoica. 
Von 
Dr. Berthold Goldberg, Specialarzt für Harnkrankheiten ‘in Köln. 
Umfangreiche Taschen, Falten und Leisten in der männlichen Harnröhre sind 


nicht gerade häufig Gegenstand ärztlicher Beobachtung geworden. Es liegt 
das einerseits daran, dass diese Bildungen selten sind und für gewöhnlich keine 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 137 


Beschwerden verursachen, andererseits daran, dass die Endoskopie der Harnröhre, 
welche die Erkennung ihrer Natur ermöglicht, selten ausgeübt wird. 

Der Bericht einer derartigen Abnormität dürfte aber um so mehr von Inter- 
esse sein, wenn sie als Anlass diagnostischer Irrthümer folgenschwere praktische 
Bedeutung gewinnt. 

So war es in folgendem Falle meiner Beobachtung. 


N., 21 Jahre alt, leidet seit 1/2 Jahre an der ersten Gonorrhoe. Er hat Ein- 
spritzungen gemacht und keine besonderen Beschwerden verspürt. In der 3. Mai- 
woche empfand er Schmersen am Schluss des Urinirens und hatte Mühe, den 
Urin zu entleeren. Diese Beschwerden erreichten schnell einen sehr hohen Grad; 
am 17. Mai versuchte der Arzt, zu welchem sioh Pat. begab, einen sehr dünnen 
Katheter einzuführen; aber schon 1—2 Zoll vom Eingang stockte derselbe und ließ 
sich nicbt weiterführen. Es trat eine leichte Blutung aus der Harnröhre ein, aber 
keine Erleichterung. Pat. fuhr nunmehr in seine Heimat; er wurde mir von dem 
betreffenden Kollegen mit der Diagnose: Hochgradige Striktur im Anfangstheil 
der Harnrühre, Prostatitis chronica, Behufs sofortiger Operation der Striktur 
überwiesen. 


18. Mai Abends ist Pat., ein kräftiger, im Übrigen gesunder Mensch, fieber- 
frei. Per rectum fühlt der Finger unmittelbar über der Afteröffnung die Prostata 
sehr groß, prall elastisch, die ganze Ampulle des Reotums ausfüllend. Eine 
Gummibougie Charriêre 8 passirt, nachdem sie zuerst vorn im Anfangstheil der 
Harnröhre vor ein Hindernis gestoßen und gestookt hatte, und wird 1/3 Stunde 
liegen gelassen. Darauf urinirt Pat. eine kleine Menge; unmittelbar danach führe 
ich einen elastischen Katheter Charrière 7 ein und entleere 200 ccm klaren, 
sauren, eiweißfreien, nur ein wenig muddligen Restharn. Ich verordne Bettruhe, 
protrahirte sehr heiße Sitzbäder und mache 2mal täglich Rectalirrigationen mit 
sehr heißen 2%igen Ichthyollösungen. Sofort lassen die Schmerzen nach; bereits 
nach 24 Stunden kann Pat. in gutem Strahl uriniren, die Blase vollständig ent- 
leeren und den Harn mehrere Stunden anhalten. Nach 5 Tagen hatte sich die 
Prostata bis auf Citronengröße verkleinert und war nur noch an einigen Stellen 
hart, im Übrigen weich und nioht druckschmerzhaft. 


Schon dieser Verlauf wies darauf hin, dass das konstatirte Hindernis des 
Katheterismus nicht das Hindemis der Harnentleerung und nicht die 
Ursache der hochgradigen Harnbeschwerden gewesen war. Eine akute Retentio 
urinae in den ersten Monaten und Quartalen einer erstmalig erworbenen 
Gonorrhoe hat ihren Grund so gut wie nie in einer chronischen Veränderung, in 
einer Striktur, sondern in einer akuten Entzündung, sei es der Harnröhre, sei es 
der Prostata; die Prostataschwellung kann enorm sein und doch ohne Fieber 
verlaufen. 


Nicht gerade in dieser zwar siemlich banalen, aber doch noch recht oft ver- 
kannten Thatsache liegt das Interesse unseres Falles, sondern in der Art der 
Harnröhrenabnormität. Da der Katheter zunächst bei der Einführung stockte, 
nachdem man ihn sodann aber etwas zurückgesogen und anders gerichtet hatte, 
leicht einging, auch gar nicht umklammert war, so kam ich gleich auf die Ver- 
muthung, dass hier nicht eine Verengerung, sondern eine Art Klappe vorliege. 
In der That konnte ich am 23. einen Dittelstift Charriere 21 ohne Schwierigkeit, 
ohne Blutung einführen, indem ich die Spitze, als sie an dem Hindernis ange- 
langt war, fest nach unten drückte; nach oben gerichtet war sie nicht weiterzu- 
bringen. Beim Zurückziehen hatte man das Gefühl, als ob der Stift über einen 
Vorsprung an der oberen Wand stolpere. Am 28. sah ich im Urethroskop (Pane- 
lektroskop Reiniger, Gebbert und Schall, Tub. 22), nachdem die Harnröhre mit 
10 eem 1%iger Cocainlösung 2 Minuten angefüllt gewesen war, 21 em von der 
unteren, 3 cm von der oberen Kommissur des Orificium externum urethrae entfernt, 
einen transversal verlaufenden, glatten, harten, mattrothen, 3 mm hohen Wulst der 
oberen Wand der Harnröhre. Bemerkenswerth ist, dass ein ganz leichter Grad 
von Hypospadia glandis bestand. 


138 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


Dieser Umstand, so wie die Möglichkeit, auf Grund des urethroskopischen 
Befundes gonorrhoische infiltrative oder polypöse Wucherungen auszuschließen, 
sprechen dafür, dass dieser Querwulst eine kongenitale Anomalie darstellte. Es 
handelte sich nicht um die Schleimhauttasche am oberen Rand der Fossa navi- 
cularis, diese ist höchstens 11 cm vom Eingang entfernt; auch haben wir ja keine 
Tasche, sondern einen Querwulst vor uns. 

Die Prostatitis und Urethritis — nach Rückgang der Prostataschwellung 
sonderte die Harnröhre wieder gonokokkenhaltigen Eiter ab — wurde durch 
Massage der Prostata und darauffolgende Harnröhrenspülung mittels Irrigator- 
druck ohne Katheter in 14 Tagen beseitigt. Bei der Entlassung ragt die Prostata 
nur 1/3 cm ins Rectum vor; ihr Sekret ist glasigweiß, ohne Gonokokken. Am 
rechten Seitenrande ist noch eine längliche, etwas härtere Verdiekung durchsu- 
fühlen. Eine Operation des Querwulstes war, da er keinerlei Beschwerden verur- 
sachte, nicht indieirt. Hätte man sie, in der irrthümlichen Deutung der Er- 
scheinungen, im Höhestadium der Prostatitis vorgenommen, so wären üble Folgen 
sehr wahrscheinlich gewesen. 


18) J. J. Curry. A report on the bacteriological investigations of sur- 
gical infection. 
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 8. Ser. Boston 1897. p. 111.) 


Verf. hat in 312 Fällen chirurgischer Infektionskrankheiten bakteriologische 
Untersuchungen über das Vorkommen der einzelnen Mikroorganismen an- 
gestellt. Um einiges besonders Erwähnenswerthes aus dem Bericht heraus- 
sugreifen, führe ich an, dass unter 115 gewöhnlichen Abscessen 78mal eine ein- 
fache Infektion (39% Streptokokken, 41% Staphylococcus aureus, 10% Staphylo- 
coccus alb.), 37mal eine Mischinfektion, dass in 3 Fällen von Karbunkel jedes 
Mal das Vorhandensein von Staphylococcus aureus, in 35 Fällen von Phlegmonen 
19mal Streptococcus, 10mal Staphylococe. aureus, 7mal albus, 3mal pyooyaneus 
festgestellt werden konnte. 

Die bakteriologische Untersuchung von 50 Appendicitisfällen ergab 28 Misch- 
infektionen, 20 reine Infektionen, 2mal sterilen Eiter. — (15mal Streptokokken, 
imal Staphylocooc. aureus, 46mal Bact. coli.) Das Bact. coli erwies sich selten 
allein als Erreger der Peritonitis. Verf. betont, dass die Gegenwart des Strepto- 
coccus die Prognose jedes Mal wesentlich verschlechtert; auch in Bezug auf den 
Heilungsverlauf ist der ungünstige Einfluss desselben unverkennbar. Vor Allem 
wurden in keinem Falle von Appendicitis, in dem es zu einer 2. Operation kam, 
Streptokokken vermisst. 

Auch die Fälle von Pyosalpinx, Otitis media, Empyem werden ausführlicher 
besprochen. Bei den Empyemen zeigen auch die Streptokokkenempyeme die 
schlechteste Prognose (43% Todesfälle). 

Unter den Mischinfektionen ist eine Phlegmone von Hand und Vorderarm, 
bei der sich Staphylococe. alb. und B. megaterium vorfand, wegen ihrer Bösartig- 
keit hervorzuheben. Verf. nimmt an, dass die Anwesenheit von Megaterium einen 
erheblich fördernden Einfluss auf die Virulenz des sonst nicht sehr bösartigen 
Staphylococcus albus hatte. 

In einem Falle von Pustula maligna im Nacken fand sich außer Bac. anthracis 
noch Staphylococe. citreus, der sich durch besondere Virulenz auszeichnete und, 
wie Verf. durch Thierexperimente feststellen konnte, auf das Wachsthum und die 
Virulenz des Bao. anthracis eine ähnlich hemmende Wirkung ausübte, wie sie 
Emmerich für Streptokokken, andere Beobachter für Staphylococcus aureus 
und den Friedländer’schen Kapselbacillus nachgewiesen haben. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


19) K. Müller. Über Knochenabscesse. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 4.) 
M. beschreibt einen neuen Fall, welcher die Möglichkeit langjähriger Latenz 
virulenter Staphylokokken beweist. Es handelt sich um einen 50 Jahre alten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 139 


Knochenabsoess, der als Rest einer im 13. Jahre von dem Pat, durchgemachten 
Osteomyelitis femoris vom Verf. angesehen wird. Es wurde vollkommen lebens- 
fähiger Staphylococcus aureus bakteriologisch nachgewiesen. Besonders hinzu- 
weisen ist auf die Größe der Abscessbildung, die sich bei dem 64jährigen Mann 
vorfand. Die Eiterbildung erstreckte sich durch Oberschenkel, Knie und obere 
Tibishälfte. Es wird namentlich darauf hingewiesen, wie einschlägige Fälle lange 
unter der Diagnose »Rheumatismus« laufen. Auch die Knochenneuralgie der 
Franzosen ist nichts Anderes als ein osteomyelitischer Process, wenn man auch 
oft nichts weiter findet als eigenartige Vakuolen, die mit gallertartiger Masse 
erfüllt sind, aus denen ebenfalls Staphylokokken gezüchtet wurden. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


20) Nölston. Sur le prolapsus du rectum. — Discussion. 
(Bull et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 684.) 

Weil ihn alle sonst üblichen Verfahren in ihrem Dauererfolge nicht befrie- 
digten, entschloss sich N., einen großen Mastdarmvorfall bei einem 60jährigen 
Manne in folgender Weise su operiren: Laparotomie, Vorziehen der Flexur und 
Durehtrennung ihres Mesenterium zwischen Ligaturen auf eine größere Strecke, 
Reposition, Bauchnaht. Sodann: eirkuläre Umschneidung des Vorfalls 1 em vom 
After entfernt, Eröffnung des Bauchfells, Hervorziehen der Flexur und Resektion 
eines 26 cm langen Stückes, Annähen des oberen Darmendes an die Haut des 
Afters. — Durch diese Entfernung der Flexur, deren zu große Länge und Beweg- 
lichkeit den Vorfall verschulden soll, hofft N. Recidive sicher zu verhüten. Sein 
Pat. starb. - 

In der Diskussion fand der Vorschlag N.’s bei den Pariser Chirurgen wenig 
Gegenliebe. F&lizet betonte, dass bei Kindern ein Mastdarmvorfall überhaupt 
nur in den seltensten Fällen eine Operation erforderee Basy, Gérard- 
Marchant, Schwartz sind mit den Erfolgen der Behandlung des Vorfalls beim 
Erwachsenen durch Reotopexie und Sphinkterorrhaphie im Allgemeinen zufrieden 
und theilen interessante Beobachtungen mit. Genaueres ist im Original nachzu- 
lesen. Erwähnt sei nur, dass in einem Falle Basy’s von enormem Mastdarm- 
vorfall mit gleichzeitiger Enteroptosis und Wanderniere nach der Rectopexie und 
Bildung eines neuen Dammes auch die abnorme Beweglichkeit der Niere bei Ent- 
lassung der Kranken aus dem Hospital nicht mehr konstatirt werden konnte. 

Reichel (Breslau). 


21) P. Reclus. Traitement des rétrécissements non cancereux du 
rectum par la dilatation progressive. — Discussion. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 626.) 

R. berichtet über 2 Fälle luetischer Mastdarmstrikturen, in denen er durch 
Dilatation mit Hegar’schen Sonden nach vorgängiger Cocainisirung der Mast- 
darmschleimhaut und Ausspülungen mit Theerwasser eine auffallend rasche Bes- 
serung aller Beschwerden und Erweiterung der Verengerung ersielt hatte, so rasch, 
wie er es früher nie gesehen hatte. Wesentlich glaubt er den schnellen Erfolg 
der Anwendung des Cocains zuschreiben zu müssen. 

In der Diskussion tritt Berger auch sehr warm für die Behandlung mit 
allmählicher Dilatation, ev. in Verbindung mit der lineären Rectotomie ein, während 
er die Resektion der strikturirten Partien nur für Ausnahmefälle reservirt wissen 
will; denn auch sie schütse, wie mehrfache Beobachtungen beweisen, durchaus 
nicht gegen Recidive. Beichel (Breslau). 


22) Csesch. Beitrag zur Statistik der Rectumcareinome und ihrer 
operativen Behandlung. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 
C. hat das Material der Mikulicz’schen Klinik in sorgfältiger Weise szu- 
sammen gestellt und statistisch bearbeitet. Hervorzuheben ist der relativ hohe 
Procentsatz jugendlicher Careinomkranker (8,3% standen’ zwischen 20. und 30. Le- 


140 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


bensjahr, einer zählte erst 18 Jahre). Von 109 Pat. wurden 66 radikal operirt, 
5 kolostomirt, 10 mit Auskratsung behandelt, 28 ohne operativen Eingriff ent- 
lassen. Die überwiegende Mehrzahl der Radikaloperationen wurde auf sacralem 
Weg mit definitiver oder seit 1894 mit temporärer Resektion des Kreusbeins (Ry- 
dygier) ausgeführt. 

Die Resultate der einzelnen Operationsmethoden sind in sehr genauer und 
übersichtlicher Weise wiedergegeben, so dass sie wirklich ein objektives unge- 
schminktes Bild dessen, was beim Mastdarmcareinom im Allgemeinen zu erreichen 
ist, geben. Ref. muss sich auf die Anführung des Gesammtresultats beschränken. 
Von 66 radikal operirten Pat. leben 19 (28,78%), von diesen sind recidivfrei über 
ijz Jahr p. op. 14 (21,21%), über 1 Jahr 11 (16,6%), über 3 Jahre 4 (6,06%); es 
sind also nur 6,06% aller radikal operirten Pat. als dauernd geheilt im konven- 
tionellen Sinn zu betrachten. Was die palliativen Behandlungsmethoden anbelangt, 
so ist Mikulics von der Auskratzung der Neubildung ganz zurückgekommen, 
wegen der im Vergleich zu dem zu hoffenden Nutzen unverhältnismäßig großen 
Gefahr des Eingriffs, wohingegen die Kolostomie erheblich bessere Resultate er- 
gab. — Das Studium des Originals, welches in Text und Krankengeschichten eine 
Fülle interessanter Details bietet und namentlich auch genaue Angaben über die 
Einzelheiten der von M. geübten Technik (inkl. Vor- und Nachbehandlung) enthält, 
ist sehr zu empfehlen. Hofmeister (Tübingen). 


23) J. Boeckel. Procédé sacro-iliaque pour l’extirpation totale du 
rectum et de l’S iliaque dans les tumeurs cancereuses. 
(Bull. et m&m. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 646.) 

Die in Frankreich zuerst von Gaudier angegebene, doch ohne Erfolg aus- 
geführte Operation, die totale Exstirpation des Mastdarms durch Kombination der 
Kraske’schen Operation mittels Laparotomie, wandte B. in etwas modificirter 
Form mit günstigem Ausgang zur Entfernung eines sehr hoch hinaufreichenden 
Mastdarmcareinoms an. Die obere Grenze der Geschwulst vorher zu bestimmen 
war unmöglich gewesen. B. begann daher mit der Kraske’schen Operation. Als 
sich die radikale Entfernung auf diesem Wege als unausführbar zeigte, schritt er 
sogleich zur Eröffnung des Bauches mittels eines dem linken Poupart’schen Bande 
parallelen Schnittes, durchtrennte das Colon descendens zwischen 2 Ligaturen, 
löste das untere Ende nun so weit als möglich aus, nähte das obere Ende als Anus 
iliacus im oberen Wundwinkel ein, und vollendete die Operation nun vom sacralen 
Wege aus. Es ließ sich der Rest des Mastdarms jetzt leicht von der Sacralwunde 
aus im Ganzen entfernen. Dabei wurde eine Dünndarmschlinge vorgezogen, die 
mit dem Careinom verwachsen und von ihm infieirt war; die erkrankte Schlinge 
wurde in einer Länge von 9 cm reseeirt, durch cirkuläre Naht geschlossen und 
versenkt. — Der bis dahin durch Ligatur verschlossen gehaltene widernatürliche 
After wurde am 3. Tage geöffnet, funktionirte dauernd gut. — Glatte Rekonvalescenz. 

Reichel (Breslau). 


24) B. v. Beck. Subkutane Milzruptur, Milzexstirpation, Heilung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 47.) 

Der einen 19jährigen Mann betreffende Fall von Milsruptur, die durch Über- 
fahrenwerden des Pat. zu Stande gekommen war, bot bei der Aufnahme am Abend 
des Unfallstages die Zeichen profuser abdomineller Blutung und wesentlich ver- 
breiterter Milzdämpfung. Bei der Laparotomie, der eine intravenöse Kochsalz- 
infusion vorausgeschickt worden war, fand sich nach Ausräumung massenhafter 
Gerinnsel die Milz an mehreren Stellen stark zerrissen und wurde ohne Sohwierig- 
keit exstirpirt. Heilung ohne weitere Folgen. Kramer (Glogau). 


25) A. Nannotti. Beitrag zum Studium der Indikationen der Milz- 
exstirpation bei Malaria. 
(Policlinico 1897. Juni 1.) 
Um die Indikationen zur Entfernung der Malariamilz des Näheren festzustellen, 
berichtet Verf. über 3 klinische Beobachtungen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 141 


I. 22jährige Frau. Seit 4 Jahren Malaria. Milsschwellung, Kachexie, Bron- 
chial- und Darmkatarrh; allgemeine Schwäche, Anämie (Hämoglobingehalt 55 x), 
Schmerzen im Leib. — Splenektomie; Medianschnitt in der Linea alba, Vorwälzen 
des Organs, Unterbindung des Stiels, sorgfältige Blutstillung, Hautnaht. Die Milz 
wog 3,4 kg. — Am sechsten Tag nach der Operation trat eine Bronchopneumonie 
auf, der die Kranke erlag. Die Sektion ergab völlig normale Verhältnisse der 
Bauchhöble. 

II. 37jährige Frau. Vor 20 Jahren erster Anfall von Malaria; weiterhin 
Wohlbefinden bis vor 5 Jahren. Seitdem öfters schwere Anfälle, Entwicklung 
einer großen Milzgeschwulst; Schmerzen im Leib (Gastralgien, Koliken), große 
Anämie (Hämoglobingehalt 60 %). — Splenektomie: Incision in der Linea alba, 
Trennung der zahlreichen Verwachsungen, Abbinden des Stiels, Entfernung des 
Organs, Bauchdeckennaht. Die Milz wog 2,5 kg. Nach anfänglich schlechtem 
Befinden war der weitere Verlauf sehr günstig; die Kranke genas vollständig von 
der Operation und fühlte sich während einiger Monate ganz wohl; dann trat aber- 
mals Fieber auf, und gleichzeitig damit erhebliche Hypertrophie der Leber. Auf 
fortgesetzten Chiningebrauch verschwand beides, und die Kranke war von nun 
an völlig gesund. 

II. 22jährige Frau. Beginn der Malarisinfektion in früher Jugend. Im 
Alter von 20 Jahren bestand bereits eine enorme Milsgeschwulst. Große Be- 
schwerden, Leibschmerzen, doch keine Kachexie. Operation wie oben. Die exstirpirte 
Mils wog 1,5 kg. Die Rekonvalescenz war ungestört, das spätere Befinden aus- 
gezeichnet. 

Hieran reiht Verf. noch einen vierten Fall, in dem jedoch die völlige Ent- 
fernung der Mils nicht möglich war. Es handelte sich um einen 34jährigen Mann, 
der eine große Milsgeschwulst besaß und an sehr heftigen Kolikanfällen litt; 
dabei abwechselnd Diarrhöe und Verstopfung. Bei der Operation fanden sich 
sahlreiche Verwachsungen mit Magen und Colon, die leicht gelöst werden konnten. 
Dagegen waren die Verwachsungen am Zwerchfell so fest, dass von einer Exstir- 
pation der Milz abgehen werden musste. Trotzdem war der Erfolg ein ausgezeich- 
neter, indem die Schmerzen völlig aufhörten. 

Verf. sieht die Indikation zum operativen Eingreifen nicht sowohl in der 
Hypertrophie der Milz an sich, als vielmehr in den Beschwerden und Gefahren, 
die dieselbe im Gefolge hat. Aus diesem Grunde ist bei Ektopie der hypertro- 
phischen Milz die Exstirpation angezeigt, dagegen bei fixirter Mils nur unter be- 
sonderen Umständen gerechtfertigt. Bei sehr vorgeschrittener Kachexie, bei Leuk- 
ämie und bei sehr ausgedehnten Adhäsionen ist jeder operative Eingriff verboten. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


26) J. Homans (Boston). Recurrent gall-stones. Angioma of spleen. 
Excision of coecum. 
(Separatabdruck.) 

3 kurze kasuistische Mittheilungen. 

1) 38jährige Frau mit mannigfachen Magenbeschwerden. Operation 6. April 
1895. Es findet sich neben Verwachsungen im Becken und Retroversio uteri eine 
mit Steinen gefüllte Gallenblase. Cholecystostomie. Heilung nach 5 Wochen, Be- 
schwerden vollständig beseitigt. Im December 1896 wieder die alten Klagen. 
Neue Operation 18. Januar 1897. Es finden sich 7 Steine in der Gallenblase. 
3 davon, von Bohnengröße und -Form, hängen an einem Seidenfaden aufgereiht, 
der in der Achse jedes der 3 Steine verläuft, 2 andere, die ebenfalls durch einen 
Seidenfaden verbunden sind, sitsen demselben mehr seitlich auf, die beiden letsten 
sind frei. Es handelte sich zweifellos um Fäden, mit denen die Gallenblase am 
Bauchfell befestigt gewesen war. H. meint, dass nicht die Anwesenheit der Fäden 
die Gallensteinbildung veranlasst habe (?!), wohl aber, bei vorhandener Neigung 
su solcher, wie Fremdkörper als Kern gedient haben. 

2) 22jähriges Mädchen. Seit über 2 Jahren Anschwellung des Leibes. Im 
März 1895 werden 7 Quart einer blutigen Flüssigkeit entleert und eine solide 


142 Centrelblatt für Chirurgie. No. 5. 


Geschwulst der rechten Seite konstatirt. In der Folge noch 4mal Entleerung 
größerer Mengen gleicher Flüssigkeit. 16. April 1896 Laparotomie: Es wird eine 
swischen Flexura hepatica und splenica coli liegende, von Netz bedeckte, vielfach 
mit der Nachbarschaft verwachsene Geschwulst nebst einer überzähligen Mils mit 
großer Mühe entfernt, sehr bedeutende Gefäße müssen unterbunden werden. Am 
12. August 1896, also ca. 4 Monate nach der 1. Operation, 2. Operation: Ent- 
fernung größerer Mengen blutiger Flüssigkeit und Exstirpation der vergrößerten 
Milz nebst anhängenden, die Stelle der früheren Geschwulst einnehmenden Ge- 
schwulstmassen. Tod im Collaps 20 Stunden p. op. Die mikroskopische Diagnose 
lautete auf kavernöses Angiom. 

3) 5jähriges Mädchen. Seit einigen Monaten Schmerzen im Leibe und rapide 
Abmagerung bei gutem Appetit. In der Regio appendicularis bewegliche Ge- 
schwulst von der Größe einer Schafsniere, auf Druck wenig empfindlich. Opera- 
tion am 20. März 1896 in Trendelenburg’scher Lagerung: Schnitt zwischen 
Nabel und Symphyse in der Linea alba. Geschwulst wird als Sarkom erkannt, 
das einen kleinen Theil der Vorderwand des Blinddarmes mit ergriffen hat. Ex- 
stirpation und partielle Resektion der Darmwand. Heilung. Diagnose: Spindel- 
zellensarkom, ausgehend von dem Bindegewebe in der Umgebung des Blinddarmes. 
1,Jahr nach der Operation volles Wohlbefinden, kein Recidiv. 

H. Lindner (Berlin). 


27) Harris and Herzog. Solid mesenteric tumors with report of case. 
(Annals of surgery 1897. Juli.) 

Die Verf. berichten über einen glücklich verlaufenen Fall eines plexiformen 
Gekrössarkoms, das durch Exstirpation unter gleichzeitiger Resektion einer Darm- 
schlinge geheilt wurde. Pat. war ein 5jähriger Knabe. Des Weiteren be- 
richten sie über 57 Fälle aus der Litteratur, welche die verschiedensten Formen 
von Geschwülsten zeigten. In dieser Zusammenstellung beruht der Hauptwerth 
der Arbeit: dieselbe entzieht sich somit einem eingehenden Referat. 

Tietze (Breslau). 


28) D. Schwarz (Agram). Sarcoma mesocoli; excissio sarcomatis et 
resectio flexurae hepaticae coli et cystidis felleae ad sarcoma acretae. 
(Lieönicki viestnik 1897. No. 12. [Kroatisch.]) 

Der 42jährigen Pat. wurde vor 6 Jahren eine incarcerirte Inguinalhernie operirt. 
Am 15. April 1897 operirte ihr S. eine adhärente Epiplocele, und am 3. Mai ex- 
stirpirte er ihr ein Sarkom des Mesocolon, welches mit der Flexura hepatica coli 
und der Gallenblase verwachsen war. Bei Gelegenheit der Geschwulstexstirpation 
wurde der angewachsene Dickdarm reseeirt und nach Kocher cirkulär vernäht. 
Auch die Gallenblase wurde resecirt, der Stumpf an das Peritoneum parietale an- 
genäht und dann vernäht (Kümmell’s ideale extraperitoneale Cholecystotomie). 
Verlauf afebril. In der oberen Wundecke bildet sich eine Gallenfistel, welche 
nachträglich erfolgreich vernäht wurde. Die Pat. wurde am 20. Juli geheilt ent- 
lassen. Caökovi6 (Agram). 


29) J. Heberlein. Operation eines Coloncarcinoms mit partieller 
Leberresektion, nebst epikritischen Bemerkungen und einer Zu- 
sammenstellung analoger Fälle. (Aus der Greifswalder Klinik des 
Geheimrath Helferich.) 
Inaug.-Diss. 1897. 

Das Carcinom (primäres) der Flexura coli d. war durch starke Adhäsionen so 
innig mit der erkrankten Gallenblase und den angrenzenden Leberpartien ver- 
wachsen, dass außer dem erkrankten Darmabschnitt sowohl die Gallenblase als 
auch ein Theil der Leber mit entfernt werden mussten. Die Gallenblase, die, 
kaum als solche erkennbar, in hartes und dickes Gewebe verwandelt war, machte 
durchaus den Eindruck von Geschwulstmasse, während die Untersuchung nur 
chronisch verdicktes fibröses Gewebe ergab. Die Resektion des Leberstückes ge- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 143 


schah mit messerförmigem Thermokauter und Schere. Die heftige — auch ar- 
terielle — Blutung stand erst durch andauernde Kompression und Tamponade mit 
Penghavar Djambi, die liegen blieb und aus der Bauchwunde herausgeleitet wurde. 
Keine Nachblutung. Tod 2 Tage nach der Operation. Sektion ergab u. A. 
Emphysem der Leber, Milz, Nieren, welches durch Infektion mit gasbildenden 
Bakterien verursacht sein soll und im Verein mit dem schlaffen, chronisch de- 
generirten Hersen als Todesursache angegeben wird. Die Geschwulst war ein 
Adenocarcinom. Keine Metastasen. 6. Mohr (Hamburg). 


30) J.-L. Faure. Contusion de ’abdomen par coup de pied de che- 
val. Decollement de la vésicule biliaire et h&morrhagie du foie. La- 
parotomie. Gu6rison. 

(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 620.) 

Der von F. 3 Stunden nach der Verletzung durch einen Hufschlag laparoto- 
mirte Pat. zeigte die seltene Verletzung einer fast totalen Abreißung der Gallen- 
blase von der Leber, an welcher sie nur noch durch einen flottirenden Bauchfell- 
lappen befestigt war. Die Gallenblase selbst, wie der Duotus oysticus, waren 
unversehrt, dessgleichen der Darm, dessen Wand nur einige kleine Ekchymosen 
zeigte. Das kleine Netz war durch Blut ausgedehnt; solches war auch hinter das 
Duodenum und in das retroperitoneale Zellgewebe eingedrungen. Eine ziemlich 
starke Blutung aus einer kleinen Leberarterie wurde durch eine liegenbleibende 
Klemmpincette gestillt, die Leberwunde dort, wo die Gallenblase losgerissen war, 
mit steriler Gaze tamponirt. Heilung. Beichel (Breslau). 


31) E. Kummer. Un cas de cholecystotomie extraperitoneale avec 
marsupialisation préalable du hile du foie. 
(Revue med. de la Suisse rom. 1897. No. 5.) 

Bei der 56 Jahre alten Pat. wird eine 15 cm lange, mit Konkrementen aus- 
gefüllte Gallenblase konstatirt, die nach unten mit dem Quercolon verwachsen ist 
und von einem abgeschnürten, mit dem parietalen Bauchfell fest verwachsenen 
Leberlappen bedeckt wird. Nach Trennung dieser Verwachsungen wird wegen 
der Unmöglichkeit, die brüchige Gallenblase zu Biren, ein durch Adhäsivprocesse 
gebildeter Kanal von außen nach innen und unten hergestellt. Nach 12 Tagen 
wird die Gallenblase am Grunde des 7 cm langen Kanals stumpf eröffnet, von 
ihrem Inhalt — 32 Konkrementen — befreit. An ihrer oberen Wand, gegen die 
Leber zu, fand sich eine Perforation. 18 Tage nach dem 2. Eingriff wird die 
Kranke entlassen. Kronacher (München), 


32) F. Franke. Beiträge zur Chirurgie der Gallenwege (nebst Mit- 
theilung eines Falles von Gallensteinileus). (Aus dem Diakonissen- 
haus Marienstift zu Braunschweig.) 

(8.-A. aus: Beiträge zur wissenschaftl. Medicin. Festschrift zur 69. Versammlung 
Deutscher Naturf. und Arste. Braunschweig 1897.) 

Verf. hat an 20 Kranken (19 Frauen und 1 Manne) 23 Operationen vor- 
genommen, nämlich: 14 Choleoystotomien, 1 mit Lithotripsie, 1 Cholecystendyse, 
4 Choleoystektomien, 2 Choledochotomien, 1 Lösung von Verwachsungen, 1 Probe- 
laparotomie. Es starben 3 Pat., doch konnten die betreffenden Todesfälle nicht 
der Operation zugeschrieben werden, sondern waren durch unheilbare Leiden 
veranlasst. Verf. konnte an seinem Material die Angaben der bisherigen wich- 
tigeren Arbeiten nur ganz bestätigen. Er bevorzugt die Cholecystotomie, operirt 
sweizeitig. Um die Einwirkung auf die erkrankte Innenfläche der Gallenblase 
zu erhöhen, kann man, ähnlich wie bei Endometritis, die Schleimhaut abschaben. 
Was die Atiologie der Cholelithiasis betrifft, so wird besonders das Schnüren 
beschuldigt. 

Ein interessanterer Fall wird p. 179 berichtet: Bei einem 64jährigen Herrn 
fanden sich Ileuserscheinungen, ein linksseitiger, sonst leicht reponibler Leisten- 


144 Centralblatt für Chirurgie. No. 5. 


bruch war nicht ordentlich surücksubringen, auch außen vom Leistenkanal Re- 
sistens im Leibe und Dämpfung. Hohe Eingießungen. Am nächsten Mittag 
Resistens und Dämpfung verschwunden, der Wärter sagt aus, dass er mit dem 
Darmrohr im Mastdarm auf etwas Hartes gestoßen sei. F. entfernte aus dem 
Mastdarm einen hochsitsenden, 6 cm langen, 5cm dicken, nach dem Trocknen 
31,4 g wiegenden Kothstein, dessen Kern 3 Gallensteine bilden. Nachträglich 
wurde festgestellt, dass Pat. 2 Monate vorher Leberschmersen und Gelbsucht ge- 
habt hatte. H. Lindner (Berlin). 


33) Thomson. Zur Frage der Gallenblasenoperation. 
(Mittheilungen a. d. Grensgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.) 


T. eröffnete bei 14 Monate lang bestehenden, sehr heftigen Schmerzanfällen 
mit Fieber und Ikterus unter der Diagnose Gallensteine eine Gallenblase; er fand 
keine Steine; die Gallenblase war schlaff, sehr groß, ohne irgend welche Ver- 
wachsungen. Eine große Menge dunkler, mit Schleim untermischter Galle fließt 
aus; die Schleimhaut fühlt sich sehr weich an und blutet leicht bei Berührung. 
Die Gallenblase wird 17 Tage lang drainirt. Die ersten Tage nach der Operation 
treten noch starke Schmerzanfälle in der Lebergegend auf; dann schwinden sie 
völlig, die Fistel schließt sich langsam. Nach 1/2 Jahre völliges Wohlbefinden. 

T. glaubt hieraus die Indikation ableiten zu dürfen, dass auch die rein ent- 
sündlichen Gallenerkrankungen unter Umständen, wenn auch selten, eine Opera- 
tion gerechtfertigt erscheinen lassen. Haeckel (Stettin). 


34) P. Segond. Sur un cas de cancer primitif du foie traité par 
Yablation. — Discussion. 
(Bull. et m&m. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 764.) 


Die 34jährige Pat. kam mit der Diagnose »Uterusmyome« zur Laparotomie. 
Ihre Beschwerden deuteten ausschließlich auf eine Endometritis. Man fühlte im 
Bauch 2 durch eine Einschnürung getrennte Geschwülste, von denen die untere 
mit dem Uterus susammenhing, Pseudofluktuation zeigte und für ein eystisches 
Fibrom angesprochen wurde, die obere harte Konsistenz besaß, sich nach der 
rechten Seite erstreckte und um 4 Querfinger die Nabellinie überragte. Bei der 
Laparotomie fand man, dass der untere Theil der Geschwulst der Gebärmutter 
nur kappenartig aufsaß und an ihr durch leicht trennbare Verwachsungen be- 
festigt war, der obere vom scharfen unteren Leberrand in einer Breite von gut 
3 Querfingern ausging. Der übrige Theil der Leber und die Gallenblase waren 
ganz frei. Excision der Geschwulst mit der Schere. Blutstillung mittels zweier 
liegen bleibender Klemmen. Die untere Geschwulsthälfte war breiig erweicht, 
die obere hart, abgekapselt, grenste sich scharf gegen das Lebergewebe ab. Die 
histologische Untersuchung stellte ein alveoläres Epitheliom mit polymorphen 
Zellen fest. — Pat. starb am 3. Tage nach der Operation an Erschöpfung. 

In der Diskussion berichten Routier, Qu&önu über Beobachtungen cystisch 
zerfallener Lebercareinome, die sie zunächst für Echinokokken angesprochen hatten. 
Ricard macht auf die Gefahr der Blutung aus solchen Geschwülsten nach ein- 
facher Punktion aufmerksam und theilt, eben so wie Broca, je einen tödlich 
verlaufenen Fall mit. Zur Sicherung der Diagnose hält Tuffier den Nachweis 
geschwollener Lymphdrüsen am Hilus der Leber nach der Probelaparotomie für 
wichtig; doch kann Michaux an der Hand einer Beobachtung den Werth dieses 
Zeichens nicht anerkennen, indem er in einem Falle wegen der starken Drüsen- 
schwellung von der Operation Abstand nahm, und die Kranke später völlig ge- 
sund wurde, also sicher kein Carcinom hatte. Beichel (Breslau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 6. Sonnabend, 12. Februar. 1898. 


Inhalt: 0. Wolff, Tuberkulose im Schultergelenk und Caries des Processus coracoideus. 
(Original-Mittheilung.) 

1) Enderlen, Einheilung von Hautpfropfungen. — 2) Cohn, Wundverschorfungen. — 
3) Cred6, Silber. — A) Morrihy, Bacterium coli-Toxine bei Tuberkulose. — 5) Reclus, 
Encaine. — 6) Maass, Oelluloidverbände. — 7) Ghillini, Nerveneinfluss auf Knochen- 
wachsthum. — 8) und 9) Soupart, Amputationen. — 10) Krukenberg, Mechanische 
Heilmethoden. — 11) Wide, Medicinische Gymnastik. — 12) Hoffa, Massage. — 13) Lo- 
renz, Spastische Gliederstarre. — 14) Lorenz, 15) Ghillini, 16) Heusner, Angeborene 
Hüftverrenkung. — 17) Hofmeister, Hüftkontraktur. — 18) Bähr, Erwiederung, — 
19) Sprendel, Klumpfuß. — 20) Ledderhose, Zur Pathologie der Hand- und Fuß- 
aponeurose. — 21) Heubach, Hallux valgus. 

Trnka, Eine seltene Prädilektionsstelle von Atheromen. — Roelen, Über traumatische 
Epithelcysten. — A. Hoffa, Ein Beitrag zu den Erkrankungen der Plantarfascie. (Original- 
Mittheilungen.) 

22) Thomas, 23) Skultecki, 24) Welscher, 25) Radinger, 26) Ashmead, Serotherapie. 
— 27) Löwenthal, Beinbade- und Dampfbadewanne. — 28) Dumstrey und Bessler, 
29) Lüning und Schulthess, 30) Vulpius, Berichte. — 31) Statistik der Knappschafts- 
Berufsgenossenschaft. — 32) Rose, Eigenartige Berafskrankheit. — 33) Socht, Skia- 
skopie von Knochenbrüchen. — 34) Kruse, Muskelinterpositon bei Knochenbrüchen. — 
35) Swentzitzki, Osteomyelitis. — 36) Boks, Myositis ossiflcan.. — 37) Curschmann, 
Schwielige Muskelentartung. — 38) Greeske, Nekrose des Schlüsselbeins. — 39) Weill, 
Babituelle Schulterverrenkung. — 40) Köppen, Traumatische Gelenkmaus. — 41) Lewin- 
sohn, Dehnung des N. ischiadicus. — 42) Schrank, Schenkelbeugencyste. — 43) Ranneft, 


Angeborene Oberschenkelknickung. — 44) Graff, 45) Monsehr, Oberschenkelbrüche. — 
46) Lejars, Kniescheibenbruch. — 47) Staffel, Genu recurvatum. — 48) Gnesda, Spontan- 
fraktur. — 49) Spassokukotzki, Osteoplastische Unterschenkelamputation. — 50) Janz, 


Angeborener Defekt des Vorfußes. 


146 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


Tuberkulose im Schultergelenk und Caries des Pro- 
cessus coracoideus, 


Von 
Dr. Oscar Wolff, 
Assistenzarzt an der chir. Abtheilung des Kölner Bürgerhospitals 
(Geheimrath Bardenheuer). 

Im XLV. Band! der Deutschen Zeitschrift für Chirurgie habe 
ich schon darauf hingewiesen, dass bei der Tuberkulose des Schulter- 
gelenks nicht selten der Processus coracoideus scapulae mit afficirt 
ist; der Fortsatz erkrankt zunächst immer an seiner Basis. Wie 
häufig beide Theile, Gelenk und Fortsatz, gleichzeitig betheiligt sein 
können, ergiebt sich aus folgenden Zahlen: Unter 9 Resektionen des 
Schultergelenks, die von Bardenheuer in den beiden letzten Jahren 
wegen Tuberkulose ausgeführt wurden, war die Basis des Processus 
3mal cariös. 

Solche Herde dürfen bei der Operation nicht übersehen und 
zurückgelassen werden, weil sonst die Heilung ausbleibt resp. der 
cariöse Process fortschreitet. Der Resektionsschnitt muss also nicht 
nur das Schultergelenk, Kopf und Cavitas glenoidalis, sondern auch 
den Rabenschnabelfortsatz übersichtlich frei legen. Der Barden- 
heuer’sche Querschnitt entspricht beiden Anforderungen. 

Leider ist die Beschreibung des Schnittes in meiner oben er- 
wähnten Arbeit dem Referenten nicht klar geworden?; ich würde 
es aber bedauern, wenn Er und andere Fachgenossen aus demselben 
Grund nicht in der Lage wären, die Bardenheuer’sche Methode 
der Schulterresektion anzuwenden und nachzuprüfen; denn dieselbe 
hat sich vorzüglich bewährt: Alle nach ihr operirten Fälle heilten 
primär ohne Fistel und mit funktionell gutem Resultat; ein Re- 
cidiv ist bisher in keinem Falle aufgetreten. 

Der Schnitt beginnt — Herr Dr. Wildt vom hiesigen Bürger- 
hospital hatte die Güte, nebenstehende Zeichnung anzufertigen — 
am Processus coracoideus, dringt lins Akromio-claviculargelenk ein, 
überschreitet die Schulterhöhe und läuft dann nach hinten und ab- 
wärts; er endigt 2 cm unterhalb der Stelle, wo sich der Processus 
acromialis von der Schulterblattschaufel erhebt. Die äußeren Partien 
vom Musculus cucullaris werden vom Knochen losgelöst und nach 
oben geschoben. Der Deltoides wird, so weit er in Betracht kommt, 
nach außen und armwärts verlagert, so dass die Gelenkkapsel zu 
Tage tritt. Dann wird der Processus acromialis entweder dauernd 
oder nach Kocher’s Vorgang? temporär resecirt und im letzten Falle 


1 Wiolff, »Beiträge zur Resektion der tuberkulösen Gelenke«. Deutsche Zeit- 
schrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 172. 

2 Siehe Centralblatt für Chirurgie 1897. No. 50. 

3 Kocher, » Mittheilungen aus der chirurgischen Klinik zu Berne. v. Langen- 
beck’s Archiv Bd. XXXVII. p. 781. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 147 


im Akromio-claviculargelenk luxirt. Unter entsprechender Außen- 
resp. Innenrotation des Armes werden der Subscapularis und Teres 
major vom Tuberculum minus, der Supraspinatus, Infraspinatus und 
Teres minor vom Tuberculum majus losgelöst. Jetzt erfolgt die Re- 
sektion des Gelenks, wobei dem Zustand der Cavitas glenoidalis be- 
sondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Pfanne ist erfahrungs- 
gemäß sehr häufig mit afficirt und lässt sich bei der Anwendung 
des obigen Verfahrens mit Leichtigkeit genau übersehen, ausmeißeln 
oder total entfernen. 

Ist die Resektion des Gelenks vollendet, so thut man stets gut, 
die Basis des Processus coracoideus zu besichtigen und mit dem 
Finger abzutasten. Nöthigenfalls wird sie bis ins Gesunde aus- 
gemeißelt, oder besser noch werden Cavitas glenoidalis, Collum und 
Processus coracoideus in toto mit dem Meißel von der Schaufel ab- 
geschlagen und entfernt. 


Der Processus coracoideus wird sekundär von dem tuberkulösen 
Gelenkprocess ergriffen; die Tuberkulose dringt durch die Cavitas 
glenoidalis in den Hals des Schulterblatts und gelangt so zur Basis 
des Rabenschnabelfortsatzes.. Finden sich also bei der Operation 
Cavitas und Processus erkrankt, so ist sehr wahrscheinlich auch das 
Collum krank; eine gründliche Ausmeißelung oder totale Entfernung 
ist in diesem Falle nothwendig. 

Anfangs dieses Jahres wurde bei einer Schulterresektion ein 
Präparat gewonnen, an dem sehr deutlich der Weg zu erkennen war, 
den die Tuberkulose in 7 Jahren — so lange bestand der Process — 
gegangen war. An der Rückseite des Oberarmkopfes fand sich eine 
baumnussgroße, mit käsiger Masse angefüllte Höhle. Dieser offenbar 
primäre Herd hatte die Gelenkkapsel infieirt und eine Synovial- 
tuberkulose hervorgerufen, welche ihrerseits wieder den Knorpel des 
Pfannenbodens an mehreren Stellen zerstört hatte. Durch die Lücken 
im Knorpel waren Granulationen ins Collum scapulae gedrungen 
und zur Basis des Processus coracoideus gelangt, wo ihrer Wande- 
rung durch die Operation Einhalt gethan wurde. 


1, 
‚VOOQIE 
e 


148 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


1) Enderlen. Histologische Untersuchungen über die Ein- 


heilung von Pfropfungen nach Thiersch und Krause. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 453.) 


Die außerordentlich fleißigen Untersuchungen wurden an mannig- 
faltigem Material aus den Kliniken in Greifswald und Marburg vor- 
genommen, und hat Verf. über die wesentlichsten Resultate derselben 
bereits selber auf dem Chirurgenkongress 1897 kurzen Bericht er- 
stattet, auf dessen Referat in Beilage zu No. 28 dies. Bl. v. J. vor 
Allem zu verweisen ist. Vorliegende Abhandlung bringt die genauen 
Protokolle über die Ergebnisse der einzelnen Untersuchungen, worauf 
nicht eingegangen werden kann. Außerdem sind Tafeln mit 5 vor- 
züglichen mikroskopischen Abbildungen beigegeben, welche die ver- 
schiedenen Stadien der De- und Regeneration im gepfropften Läpp- 
chen nach Thiersch und Krause darstellen und anschauliche und 
gut verständliche Bilder der hier sich abspielenden biologischen Vor- 
gänge liefern. Als in praktischer Hinsicht interessant sei noch her- 
vorgehoben, dass die Thiersch’schen Läppchen erst nach zi: bis 
11/2 Jahr eine reichliche Versorgung mit elastischen Fasern zeigen. 
Das Epithel bleibt bei dem Thiersch’schen Verfahren im Großen 
und Ganzen besser erhalten; schon nach 7 Tagen kann ein voll- 
kommener oder nahezu vollkommener Ersatz der Epitheldecke kon- 
statirt werden. Die subepitheliale Schicht ist als Narbe zu betrachten, 
hervorgegangen aus dem vom Mutterboden !aufschießenden Granu- 
lationsgewebe. Die völlige Heilung bei den Krause’schen Lappen 
ist ungleich später vollendet als bei dem Thiersch’schen Verfahren. 
Der größere Theil der Krause’schen Lappen geht zu Grunde, wird 
aber so allmählich und vollständig durch neugebildetes Gewebe er- 
setzt, welches sich der alten Form sogar bis zur Wiederherstellung 
der Hautpapillen anpasst, dass ein sehr vollkommener Ersatz dadurch 
herbeigeführt wird, ein sehr wesentlicher Unterschied im Vergleich 
mit einer gewöhnlichen Narbe. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


2) P. Cohn (Heringsdorf-Leipzig). In wie weit schützt der 
Brand- und Ätzschorf aseptische Wunden gegen eine Infek- 
tion (mit Hühnercholera und Milzbrand) ? 

(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 52.) 

Die diesbezüglichen Studien und Versuche C.’s, welche er im 
Hallenser hygienischen Institut an Kaninchen anstellte, ergaben, 
dass der Höllensteinschorf die mit ihm in Berührung kommenden 
Bakterien sofort vernichtet, somit die Thiere gegen jede Infektion 
schützt, während sich der Brandschorf als weniger zuverlässiges Mittel 
erwies. Immerhin bildet auch er, so lange er unverletzt bleibt, einen 
Schutzwall, auf dem die empfindlichen Bakterien wegen mangelhafter 
Nahrung absterben. Versuche mit dem schwefelsauren Kupferschorf 
zeigten, dass er die gleiche Schutzwirkung wie der Höllensteinschorf 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 149 


ausübte, wenngleich in bei Weitem geringerer Intensität. Der Alaun- 
schorf endlich zeigte nur sehr schwache Wirkung und ist diesbezüg- 
lich dem Brandschorfe an die Seite zu stellen. Gold (Bielitz). 


3) Crede. Silber als äußeres und inneres Antisepticum. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 4.) 

Die Arbeit enthält in ihrem 1. Theil eine Rekapitulation früherer 
Erfahrungen des Verf. und eine Bestätigung seiner Erfolge durch 
weitere Versuche. Verf. hält seine Methode für eben so leistungs- 
fähig wie die komplicirtere Asepsis. Weiter erprobte C., »ob er durch 
Silbersalze den [ganzen Körper desinficiren könne«, erreichte aber 
wenig durch die subkutane Injektion des Actols (Argentum lacticum), 
da es örtlich festgehalten wurde und sogar zu Erweichungsherden 
Veranlassung gab. Eine Wirkung im Sinne des Verf. wäre also nur 
durch metallisches Silber möglich, wenn es gelänge, es im Blut und 
im Lymphstrom kreisen zu lassen. Die chemische Fabrik von 
Heyden in Dresden-Radebeul stellte nun ein Silberpräparat her, 
welches sich in destillirtem Wasser fast völlig auflöst und auch in 
eiweißhaltigen, speciell in lebenden thierischen Flüssigkeiten sich ge- 
löst hält. Salze und Säuren beeinflussen es in eiweißhaltigen Lösungen 
weniger als in wässrigen, was natürlich für die Therapie wichtig ist. 
Es löst sich in Wasser im Verhältnis von 1:20 und kann in 1 %iger 
Lösung und stärker subkutan injieirt werden ohne jede Schmerz- 
haftigkeit. Die Aufnahme 'des Präparats durch die Haut in Salben 
hält C. durch Untersuchungen für erwiesen. Er empfiehlt es für 
Lymphangitiden, Phlegmonen, Fälle von Septhämie und solche sep- 
tische Processe, die bei anderen Infektionskrankheiten, wie Schar- 
lach, Diphtherie etc. auftreten. Die erste Einreibung mit der Salbe, 
die nur bei schweren Fällen erprobt wurde, fand stets Abends statt, 
und zwar immer nur an gesunden Körpertheilen, um nachzuweisen, 
dass die Wirkung durch die Blutcirkulation stattfand. Wenn sich 
die Krankheit noch im akuten Stadium befand, genügte fast stets 
eine einzige Einreibung, um innerhalb 24—36 Stunden die Infektion 
vollständig oder größtentheils zu beseitigen. In chronischen Fällen 
wurden 2 Einreibungen täglich verordnet. 

Man wird zur weiteren Kritik der Erfolge mit dem Präparat 
den in Aussicht gestellten Versuchen mit subkutanen und innerlich 
gegebenen Lösungen an der Hand von Krankengeschichten gern 
entgegensehen. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


4) C. B. Morrihy. Untersuchungen über die Heilkraft der 
Bacterium coli-Toxine bei experimenteller Tuberkulose. 
(Policlinico 1897. Juli 1.) 

Verf. geht von der Erwägung aus, dass die Darmtuberkulose 
selten primär auftritt, dagegen meistens sekundär im Verlauf von 
sehr langdauernder, chronischer Lungentuberkulose. Bei akut auf- 


150 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


tretender Allgemeininfektion (Miliartuberkulose) pflegt die Darm- 
affektion ebenfalls zu fehlen. Aus diesen Thatsachen schließt Verf., 
dass im Darm besondere Bedingungen vorliegen, die einer Ansiede- 
lung des Tuberkelbacillus nicht günstig sind. Zu diesen Bedingungen 
gehören die Schnelligkeit der Fortbewegung des Darminhalts, die 
Unversehrtheit des Darmepithels, vielleicht auch die Anwesenheit 
und Thätigkeit der im Darm vorhandenen Bakterien. Unter den 
letzteren kommt besonders das Bacterium coli in Betracht. Verf. 
benutzte zu seinen Versuchen die Toxine dieses Mikroorganismus, 
die von hochvirulenten Bacterium coli-Kulturen gewonnen wurden. 
Die Experimente wurden so angeordnet, dass je ein Paar möglichst 
gleichartiger Versuchsthiere (fast stets Meerschweinchen) in genau 
der gleichen Weise mit demselben tuberkulösen Material intraperi- 
toneal inficirt wurde; das infektiöse Material hierzu stammte entweder 
von hochvirulenten Tuberkelbacillenreinkulturen oder von tuberkulös 
erkrankten Menschen (Bauchfelltuberkulose, Drüsenerkrankung). Das 
eine der Thiere wurde weiterhin mit den Toxinen des Bacterium 
coli behandelt (ebenfalls intraperitoneal), während das andere als 
Kontrollthier diente. Das Resultat war, dass sämmtliche nur mit 
tuberkulösem Material geimpften Thiere an typischer Tuberkulose 
(des Bauchfells so wie der Brustorgane) erkrankten und starben, 
während von den sowohl mit Tuberkulose- als mit Colitoxinen ge- 
impften Thieren nicht ein einziges erkrankte; auch bei der Sektion 
der nachher getödteten Thiere fand sich nichts von Tuberkulose. 
Dabei rief die Injektion der Toxine weder lokale noch allgemeine 
Reaktionen hervor. 

Eine Erklärung für diese merkwürdigen Resultate zu geben, fühlt 
sich Verf. selbst nicht berufen; jedenfalls wäre es sehr zu wünschen, 
dass die Versuche bald an einem größeren Material nachgeprüft würden. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


5) Reclus. Eucaïne. 
(France méd. 1897. No. 8.) 

Die Erfahrungen, welche R. mit dem}Eucain gemacht hat, lassen 
dasselbe dem Cocain durchaus nicht gleichwerthig erscheinen. Er 
fand, dass nicht nur die Injektionen schmerzhafter sind und das 
Operationsfeld häufig durch blutige Färbung unklar, sondern vor- 
nehmlich, dass die Schmerzlosigkeit weniger vollkommen und von 
kürzerer Dauer ist. Überdies erwies es sich durchaus nicht weniger 
giftig als das Cocain. König (Wiesbaden). 


6) H. Maass. Über Celluloidverbände. 
{Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 45.) 

Das von Landerer und Kirsch angegebene Verfahren (siehe 
Centralblatt für Chirurgie 1896 No. 29), welches sich auf die Ver- 
wendung des Celluloids zur Anfertigung von Kontentivverbänden 
gründet, hat M. in ca. 100 Fällen unausgesetzt in Anwendung ge- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 151 


zogen und ein sehr günstiges Urtheil über diese Verbandmethode 
gewonnen. Die Anlegung dieser Verbände geschieht in der Weise, 
dass auf dem Gipsmodell straff umwickelte Mullbinden mit dem 
Celluloidbrei (Lösung von Celluloid in Aceton im Verhältnis von 1:3) 
eingerieben werden, so dass immer eine Lage Mull mit einer solchen 
von Celluloidbrei abwechselt, bis der ganze Verband eine Stärke von 
ca. 6—8 Lagen hat. Die äußerste Lage bildet reichlich aufgetragener 
Celluloidbrei. Nach 12 Stunden sind die Verbände genügend starr 
geworden, um vom Modell abgenommen werden zu können. Ab- 
gesehen von einem gefälligen Außeren zeichnen sich die Celluloid- 
Mullverbände durch ihre erstaunliche Leichtigkeit aus und zeigen 
gegenüber anderem Material noch Vorzüge in Bezug auf Festigkeit, 
Elasticität und Dauerhaftigkeit. Endlich kommt zu ihren Gunsten 
noch die verhältnismäßig einfache Technik in Betracht. Bei der An- 
fertigung von artikulirten Verbänden benutzt M. an Stelle von Stahl- 
schienen aus Celluloid gefertigte Gelenke, deren Herstellung aus 
Celluloidplatten mittels einer Laubsäge sehr einfach ist. Ein anderer 
technisch bedeutsamer Punkt betrifft die Möglichkeit, die Form des 
fertigen Verbandes jederzeit beliebig ändern zu können, indem durch 
starkes Erhitzen die Verbände weich und biegsam werden. Als Nach- 
theile dieser Art Verbände hebt M. hervor: die Feuergefährlichkeit 
des Celluloids, die Undurchlässigkeit des Materials für Feuchtigkeit, 
so dass die Verdunstung der Körperabsonderung gehindert ist, falls 
man nicht durch reichliches Durchlochen des Verbandes dafür Sorge 
trägt; endlich der Umstand, dass man den Verband wegen seines 
langsamen Erstarrens nicht unmittelbar auf den Körper des Kranken, 
sondern auf dem Gipsmodell herstellen muss. Gold (Bielitz'. 


7) Ghillini. Untersuchungen über den Einfluss der Nerven- 
verletzung auf das Knochenwachsthum. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 

Bei Durchschneidung des Nervus ischiadicus junger Kaninchen 
fanden Kassowitz und Nasse eine Verlängerung der gelähmten 
Extremität. 

G. wiederholte die Experimente und fand keinen bemerkens- 
werthen Unterschied in der Länge der Hinterbeine, ja sogar eine 
Verkürzung des gelähmten Beins, wenn die Thiere in Freiheit ge- 
lassen waren. Die in Käfigen gehaltenen Kaninchen hingegen zeig- 
ten alle eine Verlängerung des gelähmten Beins. 

Gleiche Resultate erzielte G. bei 2 jungen Kaninchen mit Läh- 
mung eines Hinterbeins in Folge von Verletzung des Rückenmarks. 
2 Monate nach der Operation war das gelähmte Bein bei dem in 
Freiheit gelassenen Kaninchen kürzer, bei dem im Käfig eingesperrten 
länger als das gesunde. 

Das vermehrte Längenwachsthum erklärt G. durch den ver- 
minderten Druck. Einen Beleg hierfür findet er in der von Verneuil, 


152 Centralblatt für Chirurgie. No, 6. 


Reclus und Karewski festgestellten Verlängerung des Beins nach 
paralytischer Luxation im Hüftgelenk. J. Riedinger (Würsburg). 


8) G. Soupart. Nouveaux modes et procédés pour lampu- 
tation des membres. 
Brüssel, Tischer, 1847. 


9) Derselbe. Coup d'oeil retrospectif et commentairs sur 
son travail intitulé nouveaux modes et procédés pour lam- 
putation des membres. 

Brüssel, Engelke, 1897. 

Die zweite Arbeit des Verf. verfolgt den Zweck, auf jene erst- 
genannte, wenig bekannte Veröffentlichung hinzuweisen und zu be- 
tonen, dass in dem langen Zwischenraum keine Ursache vorhanden 
gewesen wäre, von dem zuerst aufgestellten Grundsatz abzuweichen. 
Die beiden obersten Grundsätze der Amputationsmethode sind, mög- 
lichst viel von dem Gliede zu erhalten und eine einfache, in Form 
und Ausdehnung genau mathematisch präcisirte Wunde zu setzen. 
Letzteren Anforderungen wird am meisten gerecht die schräge Me- 
thode — im Gegensatz zur transversalen —, die wiederum in 5 Unter- 
arten zerfällt, die je nach Art des Hautschnittes als T-förmige, ellip- 
tische, ovalaire, V-förmige und rautenförmige bezeichnet sind. 

Verf. weist besonders auf die Vorzüge des von ihm angegebenen 
elliptischen Schnittes hin. p Zur Bedeckung genügt die Haut mit der 
Fascia superficialis, die, wie seine anatomischen Untersuchungen be- 
weisen, eine ausreichende Gefäßversorgung habe. 

In der ersten, trotz des Alters noch sehr lesenswerthen Arbeit 
ist das Vorgehen an den einzelnen Gliedern genauer geschildert, und 
die einzelnen Arten der schrägen Methode durch Illustrationen er- 
läutert. Borchard (Posen). 


10) H. Krukenberg. Lehrbuch der mechanischen Heil- 
methoden. Mit 147 Abbildungen. 
Stuttgart, Ferdinand Enke, 1896. 

Verf. hätte sein Werk selber gern anders betitelt, nämlich: 
»Lehrbuch der Behandlung der Bewegungsstörungene. Der aus 
äußeren Gründen gewählte Titel deckt sich in der That nicht durch- 
weg mit dem Inhalt. 

Alle die Heilmethoden, welche in medico-mechanischen Insti- 
tuten angewendet zu werden pflegen, sind hier zusammengefasst: 

Zunächst wird die Massage hinsichtlich ihrer Technik wie 
physiologischen Begründung kurz und klar geschildert. Eine Reihe 
von neuen Abbildungen veranschaulichen die Handgriffe, welche 
Verf. bei v. Mosengeil erlernt hat. e 

Umfangreicher ist das der Gymnastik gewidmete Kapitel, in 
welchem neben allgemeinen Bemerkungen über Einfluss und Aus- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 153 


führung der Übungen aktive und passive Bewegungen eingehend be- 
schrieben werden. 

Der nächste große Abschnitt beschäftigt sich mit den redres- 
sirenden Manipulationen, insbesondere mit der Behandlung der 
Kontrakturen. Hier wird der Rahmen des Buches allerdings viel- 
fach überschritten durch Besprechung chirurgischer Eingriffe, der 
Tenotomie, der Osteotomie etc. 

Mit größter Sorgfalt ist das Gebiet der maschinellen Heil- 
gymnastik bearbeitet. 

Ohne seine Meinung, seine Verdienste und Erfindungen in den 
Vordergrund zu drängen, giebt hier Verf. in schlichter Bescheiden- 
heit erstmals eine ausführliche Beschreibung seiner Pendel- und 
Rollenapparate und seiner interessanten Studien über Gelenk- 
bewegungen und Muskelmechanik, auf welche sich die Konstruktion 
seines Systems gründet. 

Die beiden letzten Kapitel geben in allerdings sehr komprimirter 
Form einen Überblick über die Wirkung und Anwendung der 
Elektrotherapie und Hydrotherapie. 

Wer die mechanischen und physikalischen Heilmethoden erlernen 
will, wird in dem Buch vielleicht nicht überall genügend Anleitung 
finden. Wer aber mit der Behandlung von Bewegungsstörungen 
sich zu beschäftigen hat, der wird manch wichtige Anregung dem 
Werke entnehmen, das von dem wissenschaftlichen Arbeiten des 
Verf. wie von seinem praktischen Sinn Zeugnis ablegt. 

Vulpius (Heidelberg. 


11) A. Wide (Stockholm). Handbuch der medicinischen 
Gymnastik. 

Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1897. Mit 1 Titelbild und 94 Abbildungen. 

Seit der Begründung der schwedischen Heilgymnastik durch 
Pehr Henrik Ling ist man in Schweden unablässig bestrebt ge- 
wesen, die Methode praktischer und wissenschaftlicher zu gestalten. 
Auf dieses Bestreben ist auch die Ausbildung der mechanischen 
Gymnastik durch G. Zander zurückzuführen, welche in Deutschland 
weitere Verbreitung gefunden hat als die ältere, seit Ling geübte, 
sogenannte manuelle Gymnastik. Letztere wurde fast verdrängt 
durch die Massage, welche auf deren Kosten einen allzu weiten 
Umfang anzunehmen drohte. 

Um der manuellen Gymnastik in Deutschland wieder größeres 
Ansehen zu verschaffen, sind in letzter Zeit das Lehrbuch von 
Hughes und das Handbuch von W. erschienen, zwei sehr ver- 
schiedenartig angelegte Werke. Während Hughes in seinem Lehr- 
buch die schwedische Heilgymnastik zu einem vollständigen wissen- 
schaftlichen System verarbeitet hat und sich möglichst nahe an die 
deutsche Nomenklatur hält, vertritt W. im besten Sinne des Wortes 
den empirischen Standpunkt, wesshalb sein Lehrbuch hauptsächlich 

6 


154 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


für Gymnasten geschrieben ist, und zwar für diejenigen, welche im 
kgl. gymnastischen Centralinstitut in Stockholm ausgebildet werden. 
In zweiter Linie soll das W.’sche Handbuch ein Lehrmittel abgeben 
für Ärzte und Studirende, welche die manuelle Gymnastik als Heil- 
mittel anzuwenden geneigt sind. 

Wie die manuelle Gymnastik zur Zeit in Schweden ausgeübt 
und gelehrt wird, wie sie zu erlernen ist, welche allgemeine und 
lokale“Wirkung sie auf den menschlichen Organismus ausübt, welche 
Erfolge nach den bisherigen Erfahrungen bei den einzelnen Krank- 
heiten zu erwarten, so wie welche Krankheiten von der gymnasti- 
schen Behandlung auszuschließen sind, das Alles ist in dem vor- 
liegenden Handbuch übersichtlich, klar und verständlich und, wo es 
nöthig erscheint, mit eindringlichen und kritischen Worten geschildert. 
Die Ausgangsstellungen und Bewegungen werden durch gute Ab- 
bildungen illustrirt. Überall spricht die Erfahrung und sind die 
Grenzen, über die der Gymnast nicht hinausgehen darf, scharf ge- 
zeichnet. Freilich ist darin auch Manches enthalten, was nicht all- 
gemeinen Beifall finden wird. So sagt Vert, dass die Behandlung 
der Finger sehr ermüdend und zeitraubend sei, wesshalb man kaum 
verlangen kann, dass ein Arzt seine Zeit dafür opfern soll. 

Die gymnastische Terminologie ist im Allgemeinen beibehalten, 
wie sie sich eingebürgert hat. Da sie sowohl die Ausgangsstellungen 
als die Bewegungen genau präcisirt, so ist ihr eine praktische Seite 
und damit eine Berechtigung nicht abzuerkennen. Sie ist übrigens 
viel einfacher und kürzer behandelt als in dem Hartelius’schen 
Lehrbuch. 

Wenn die Benennungen und die zahllosen Modifikationen der 
schwedischen Schule Schuld daran waren, dass die manuelle Methode 
der Gymnastik sich unter den Ärzten in Deutschland nicht viele 
Freunde erwerben konnte, so darf sie jetzt auf eine größere Beach- 
tung rechnen. 

Die geeigneten Bewegungen sind im speciellen Theil bei den 
einzelnen Krankheiten angegeben. Dabei ist die Wiedergabe von 
Bewegungsrecepten auf das äußerste Maß beschränkt, um alles 
Schablonenhafte fernzuhalten. Die eingeflochtenen Krankengeschich- 
ten sollen dem Gymnasten zeigen, wie in gegebenen Fällen ver- 
fahren wurde. 

Es ist selbstverständlich, dass die Manipulationen der Massage, 
welche von jeher einen Theil der schwedischen Heilgymnastik aus- 
gemacht haben, entsprechend hervorgehoben werden. 

Aus der Litteratur hat das Wichtigste Berücksichtigung erfahren. 
So hat z. B. die Behandlung der Skoliose am Wolm nach Lorenz 
Aufnahme gefunden. 

Ob die manuelle schwedische Gymnastikmethode im Stande ist, 
den Vorsprung, den die mechanische Methode gewonnen hat, einzu- 
holen, wird die Zukunft lehren. Jedenfalls verdient das vorliegende 
Werk vom Gesichtspunkt der praktischen Therapie volle Beachtung. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 155 


Der Text ist noch an manchen Stellen der Korrektur bedürftig 
(z. B. »die Radialfraktur beträgt ungefähr !/,; aller Beinbrüchee). 
J. Riedinger (Würzburg). 


12) Hoffa. Technik der Massage. 2. Auflage. 
Stuttgart, F. Enke, 1897. 

Die streng wissenschaftliche Form, in welcher H. die Massage 
schon in der 1. Auflage dieses Buches abgehandelt hatte, hat sich 
bewährt. Schon nach kurzer Zeit ist die vorliegende 2. Auflage 
nöthig geworden; diese zeigt wie die 1. die gleiche kurze und doch 
in jeder Hinsicht klare Darstellung bei scharfer Trennung des 
Wesentlichen vom Unwesentlichen. Als neue Kapitel sind Örtel’s 
Herzmassage und die Massage bei Ohrenkrankheiten hinzugekommen, 
das Kapitel »Massage bei Neuralgien« hat durch die Beschreibung 
der Naegeli’schen Handgriffe eine Erweiterung erfahren. Während 
die Muskelmassage schon in der 1. Auflage durch eine große Zahl 
sehr instruktiver Abbildungen sehr wohl verständlich gemacht war, 
hat H. jetzt auch bei der Gelenkmassage mehrere Abbildungen der 
größeren Gelenke eingefügt, welche das anatomische Verhalten der 
Gelenkkapseln aufs beste illustriren. Wullstein (Halle a/8.). 


13) Lorenz. Über die chirurgische Behandlung der ange- 
borenen spastischen Gliederstarre. 
{Wiener klin. Rundschau 1897. No. 21—27.) 

Nach einem historischen Überblick über die frühere Behandlung 
der spastischen Gliederstarre, der des Positiven und Eirfreulichen 
recht wenig bieten kann, giebt L. eine genaue Schilderung des viel- 
gestaltigen Krankheitsbildes, wobei er sich an die Darstellung von 
Freud anlehnt. Dasselbe wird in erster Linie durch die enorm 
gesteigerten Muskel- und Sehnenreflexe beherrscht und beruht nach 
der auch heute noch annähernd gültigen Erklärung von Little in 
einer Störung des Gleichgewichts in dem Antagonismus der spinalen 
und cerebralen Innervation der Muskeln. 

Von den infantilen Cerebrallähmungen bieten für den Ortho- 
päden das Hauptinteresse die allgemeine Starre und die paraplegi- 
sche Starre oder spastische Spinalparalyse, bei denen die unteren 
Extremitäten besonders befallen sind, und die Aufgabe besteht, den 
Pat. auf die Beine zu bringen. 

Die Neurologie ist dem Leiden gegenüber machtlos; desto mehr 
Beachtung verdienen die Bemühungen L.s, die zwar keine radikale 
Therapie ausheben können, wohl aber symptomatisch und funktionell 
Bedeutendes leisten. Vorsicht ist geboten bei der Auswahl der zu 
behandelnden Fälle; Komplikation mit Idiotie und mit spastischen 
Lähmungen des Rumpfes, Kopfes oder der Arme machen die Auf- 
gabe unlösbar. Dagegen ist bei alleiniger Erkrankung der Beine, 
mag sie auch noch so schwer sein, viel zu erreichen. 

+ 


156 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


Die Hindernisse liegen in der zu stürmischen, zügellosen Aktion 
gewisser Muskeln und in der Kontraktion der Gelenke, die eine 
Folge des Übergewichts dieser Muskeln ist. Das Übergewicht be- 
stimmter Muskelgruppen — es handelt sich hauptsächlich um die 
an der Hinterseite des Beins gelegenen so wie um die Adduktoren 
— lässt sich durch die Tenotomie derselben ausgleichen; es wird 
dadurch der schädliche, zu große Bewegungseffekt derselben ver- 
ringert. 

Es ist der Tenotomie der Vorwurf gemacht worden, dass sie 
den Muskel schwäche und desshalb unrationell sei. Das ist aber 
nach L. nicht der Fall; denn der spastisch kontrahirte Muskel lässt 
an dem kontrakten Gelenk gar nichts; wenn er durch die Tenotomie 
geschwächt wird, so wird ihm doch nur das schädliche Übermaß 
seiner Leistungen entzogen, während durch die künstliche Ver- 
längerung seiner Sehne das Gelenk und dadurch auch ein Theil der 
Kraft des Muskels zu nützlicher Leistung frei gemacht wird. Das 
Resultat ist also ein Gewinn. 

L. vindieirt der operativen Orthopädie bei der spastischen Para- 
lyse die absolute Überlegenheit gegenüber der Apparatbehandlung. 
Zwar lässt sich der Spasmus leicht durch eine Maschine überwinden; 
aber je stärker der Spasmus ist, desto stärker muss auch der Gegen- 
zug sein, desto stärker wird aber auch die Pressung, unter der das 
Gelenk steht. So resultirt günstigen Falles, so lange der Apparat 
getragen wird, eine Ankylose des betreffenden Gelenks. Sobald der 
Apparat fortgelassen wird, sind der Spasmus und die Kontraktur 
wieder da. 

Von größter Wichtigkeit ist die Nachbehandlung, die eine mög- 
lichst bedeutende Verlängerung der Sehne erreichen soll durch Über- 
korrigirung der Kontraktur. L. hat nie beobachtet, dass eine Ver- 
einigung der Sehnenstümpfe ausblieb, selbst wenn er ein Stück aus 
der Sehne ausschnitt. Im Allgemeinen reicht die subkutane Teno- 
tomie aus. 

Es wird dann im Einzelnen die Tenotomie der Achillessehne, 
der Beuger des Kniegelenks, so wie der Adduktoren besprochen. 
Bei letzteren hat L. gelegentlich die Myorrhexis, d. h. die unblutige 
Dehnung der Muskeln bis zum Einreißen der Muskelbündel, in 
schweren Fällen auch die Neurektomie des Nerv. obturatorius ge- 
macht. Nach letzterer übernimmt dann der Musc. sartorius die 
Adduktion des Oberschenkels. 

In der Regel werden an mehreren Gelenken gleichzeitig Teno- 
tomien nöthig sein; L. hat deren bis zu 16 in einer Sitzung aus- 
geführt. 

Nach der Operation folgt der fixirende Verband in überkorri- 
girter Stellung, der 6—8 Wochen liegen bleibt. Während dieser 
Zeit brauchen die Pat. nicht das Bett zu hüten. 

Die schwerste Aufgabe bietet nach Abnahme des Verbandes die 
Kräftigung der Antagonisten der tenotomirten Muskeln durch 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. ` 157 


Elektricität, Massage und besonders durch aktive Gymnastik. Das 
Ziel dieser ganzen Behandlung ist, dem Pat. die Lokomotion ohne 
orthopädischen Apparat zu ermöglichen. 

Den Schluss bilden einige ausgewählte Krankengeschichten, die 
den Erfolg der von L. eingeschlagenen Methode in das hellste Licht 
rücken. Grisson (Hamburg). 


14) A. Lorenz. Allgemeine Erfahrungen über die mecha- 
nische Reposition der angeborenen Hüftverrenkung. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 44.) 

L. hat über diesen Gegenstand auf dem XI. internationalen medi- 
cinischen Kongress in Moskau (1897) in gedrängter Form vorgetragen 
und sein Verfahren demonstrirt. Seine 3jährigen Erfahrungen auf 
diesem Gebiet basiren auf 160 Fällen, in welchen er die unblutige 
Reposition der angeborenen Hüftverrenkung über den hinteren 
Pfannenrand ausgeführt hat. Das jüngste Kind zählte 11/,, das 
älteste stand im 12. Lebensjahr. Der Versuch, Kinder jenseits des 
10. Lebensjahres seinem Verfahren zu unterziehen, ist 5mal gescheitert, 
und zwar, wie die nachträglich ausgeführte blutige Reposition zeigte, 
in Folge der sehr verdickten und engen Kapsel. L. glaubt daher, 
dass das 10. Lebensjahr der mechanischen Einrenkung eine gewisse 
Grenze setzt. Nichtsdestoweniger soll der Versuch auch bei älteren 
Kindern unternommen werden; die operative Reposition kann bei 
Misslingen desselben bei einseitigen Verrenkungen folgen, niemals 
jedoch bei doppelseitigen Luxationen in Frage kommen, da die 
operirten Gelenke bei älteren Kindern keine ausreichende Beweg- 
lichkeit erlangen. In solchen Fällen käme die Methode von Paci 
in Betracht. Der oberste Grundsatz der Fixationsbehandlung ist 
die Verhinderung einer Reluxation nach hinten. L. empfiehlt daher 
als primäre Stellung eine Abduktion, welche um den rechten Winkel 
schwankt, verbunden mit Auswärtsrollung und accentuirter Über- 
streckung, durch welche der Schenkel etwas hinter die Frontalebene 
zu liegen kommt. In solcher Stellung wird das Bein durch einen 
Verband fixirt, welcher von oberhalb des Darmbeinkammes bis 
zu den Oberschenkelkondylen reicht. Die Kinder erlernen es, un- 
geachtet dieser Beinstellung, nach 1—2 Wochen sich frei zu bewegen, 
ja zu laufen, wenn man die durch das ge! engt gehaltene Knie be- 
dingte Verkürzung des kranken Beines durch eine entsprechend 
hohe Sohle ausgleicht. Nach 4—5 Monaten erfolgt unter Beibehalt 
leichter Überstreckung eine geringe Verminderung der Abduktion; 
nach weiteren 3—4 Monaten kann die Abduktion so weit vermindert 
werden, dass die Beine parallel eingestellt werden können. Diese 
3. Fixationsperiode dauert 2—3 Monate. Nach Ablauf von 9 bis 
12 Monaten also wird das Bein vollständig freigegeben, und nun 
tritt eine mehrmonatliche energische Massage verbunden mit Gym- 
nastik in ihre Rechte. Bei bestehender doppelseitiger Luxation 
nimmt L. die gleichzeitige Einrenkung nur vor, wenn es sich um 


158 ` Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


ganz junge Kinder handelt, im Übrigen verwandelt er die doppel- 
seitige Verrenkung durch Reposition der einen Seite zunächst in 
eine einseitige und nimmt erst nach Heilung des einen Gelenkes 
das zweite in Angriff. Schließlich giebt L. einige Winke bezüglich 
der Technik der Einrenkung nach seinem Verfahren. 

Gold (Biet. 


15) Ghillini (Bologna). Über die unblutige Behandlung der 


angeborenen Hüftgelenksverrenkung. 
Vortrag, gehalten auf dem XII. Kongress der italienischen chirurgischen Gesell- 
schaft in Rom am 28.—30. Oktober 1897. 

G. erklärt, in wie fern eine Übereinstimmung herrsche zwischen 
Lorenz und Paci bei Anwendung der Repositionsmethode von 
Fabbri bei Luxatio iliaca posterior traumatica, während dieselben 
nicht einig sind über das Verfahren bei der Nachbehandlung, indem 
Lorenz seine Kranken sofort gehen lässt, während Paci die seinigen 
im Bett hält. 

Auf dem I. Kongress bewies er, dass man nicht in allen Fällen 
das Verfahren, das man bei Luxatio traumatica anwendet, auch 
bei Luxatio congenita anwenden kann, da bei jener die Gelenks- 
oberflächen normal, in dieser fehlerhaft sind. 
~ Mit dem Verfahren von Paci erhalte man schwerlich eine 
Nearthrose, aus Mangel an beständiger Reibung der Knochenober- 
flächen, welche bei der Methode von Lorenz stattfindet. 

G. hat 14 Repositionen mit unblutigem Verfahren ausgeführt, 
3 nach dem Vorgang Paci’s ohne Erfolg, 11 nach der Methode von 
Lorenz mit befriedigendem Erfolg. Die Art der Reposition hat er 
jedoch je nach den verschiedenen Deformitäten des Schenkelkopfes 
abgeändert. Ist der Schenkelkopf nach oben verschoben, so bringt er 
den Oberschenkel in eine übertriebene Abduktionsstellung; wenn nach 
unten, in Adduktionsstellung; wenn nach vorn, so führt er mit dem 
Bein eine Innenrotation aus; wenn nach hinten: eine Außenrotation. 
Ist die Verschiebung des Schenkelkopfes nach oben eine bedeutende, 
so hält er die Kranken vor der Operation im Bett und legt denselben 
einen Zugapparat an. Die Nachbehandlung dauert 6 Monate bis zu 
1 Jahr. 

Die Resultate waren jedoch nur zum Theil befriedigend; denn 
wenn er auch in allen Fällen eine Fixirung des Schenkelkopfes, in 
einem Falle sogar eine Ankylose aufweisen konnte, so bemerkte man 
doch beim Gehen eine leichte seitliche Beugung des Rumpfes, 
welche von der Schwäche der Musculi intertransversarii und Quadratus 
lumborum herrührte. 

G. gelangt zu der Schlussfolgerung, dass bei der angeborenen 
Hüftgelenksverrenkung das Hinken nicht nur von der Verschiebung 
des Oberschenkels nach oben abhängt, sondern auch von Ursachen, 
die durchaus unabhängig vom Hüftgelenk sind, d. h. von den Thelen, 
welche die Wirbelsäule stützen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 159 


Bei der heutigen Behandlung wird man desshalb auch nur theil- 
weise befriedigende Resultate erreichen, aber niemals eine perfekte 
Heilung. SS (Selbstbericht.) 
16) Heusner. Über Ursachen, Geschichte und Behandlung 

der angeborenen Hüftluxation. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 

Verf. schließt sich der Ansicht Paletta’s an, dass das Leiden 
als Vitium primae formationis aufzufassen ist. Der Anfang fällt in 
den Beginn des 3. Fötalmonats. 

Bei der Untersuchung von 14 männlichen und 12 weiblichen 
Föten verschiedenen Alters fand H., dass bei den weiblichen Föten 
das Hüftgelenk schlaffer und verschieblicher war als bei den männ- 
lichen, was für das häufigere Vorkommen der angeborenen Hüft- 
verrenkung beim weiblichen Geschlecht eine Erklärung abgeben 
kann und auch diejenigen Fälle erklärlich macht, in denen das Bild 
der Verrenkung sich erst nach der Geburt aus mannigfachen Stö- 
rungen entwickelt. 

Nach kurzer Besprechung der Diagnose, der Prognose der un- 
blutigen Einrenkung und der Geschichte der Erkrankung beschreibt 
H. den von ihm benutzten Einrenkungsapparat. 

Wenn das Kind horizontal gelagert ist, wird das verrenkte Bein 
elevirt, nach außen rotirt und abducirt. Ein Zug wird in der Rich- 
tung des Beins ausgeübt, ein weiterer Zug greift rechtwinklig zu 
diesem am Oberschenkel an. J. Biedinger (Würzburg). 


17) F. Hofmeister. Über Wachsthumsstörungen des Beckens 
bei frühzeitig erworbener Hüftgelenkskontraktur. Ein Bei- 
trag zur Lehre vom coxalgischen Becken. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 2.) 

Verf. giebt in vorliegender Arbeit den Beweis dafür, dass die 
Beugekontraktur des Hüftgelenks nicht allein, wie bisher angenommen 
wurde, durch Neigung des ganzen Beckens und dem entsprechend 
vermehrte Lordosenstellung der Lendenwirbelsäule, sondern zum Theil 
auch durch kompensatorische Formveränderung des Beckens selbst 
ausgeglichen wird. Er fand nämlich durch die radiographische Unter- 
suchung eines fast Sjährigen, mit fast völliger Ankylose der rechten 
Hüfte in Adduktions-, Innenrotations- und Flexionsstellung behafteten 
Knaben, dass sich die rechte Beckenschaufel steil gegen den Bauch 
aufgerichtet hatte, und dass überhaupt die ganze rechte Beckenhälfte 
im Vergleich zu der linken stark vornüber geneigt war. Diese 
Drehung der rechten Beckenhälfte erklärte, wesshalb die Flexion des 
Oberschenkels im Vergleich zur Adduktion verhältnismäßig wenig 
ausgesprochen war. Diese geringe Flexion war bei der ersten Unter- 
suchung des Pat. um so auffallender, als derselbe für seine osteo- 
myelitische Coxitis nie mit Streckverbänden behandelt worden war. 
Das Skiagramm ergab also, dass in Wirklichkeit eine stärkere Flexion. 


160 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


bestand, als die Messung ergeben hatte, dass dieselbe aber nicht 
durch Neigung des ganzen Beckens, sondern durch Neigung der 
kranken Beckenhälfte zum Theil ausgeglichen war. Diese Beobach- 
tung wurde bestätigt durch die Vergleichung mit einem u. A. von 
Litzmann beschriebenen coxalgisch schräg verengten Becken, das 
völlig analoge Verhältnisse aufweist. Geringere Grade dieser Becken- 
verbildung sind in der geburtshilflichen Litteratur mehrfach be- 
schrieben. Was die mechanischen Bedingungen zu ihrer Entstehung 
betrifft, so hält H. die von den Geburtshelfern meist als alleinige 
Erklärung herbeigezogene Übertragung der Rumpflast auf die ge- 
sunde Hüfte nicht für ausreichend. Nach den an seinen Pat. ge- 
machten Beobachtungen handelt es sich vielmehr um den Einfluss 
der Schwere der hängenden Extremität auf die entsprechende Becken- 
hälfte. 5 

Dieser Einfluss wird nicht durch die mehr oder weniger feste 
Verbindung des erkrankten Oberschenkelkopfes mit dem Becken ver- 
mittelt, sondern durch die gespannten Weichtheile: Kapseln, Bänder 
und Muskeln der Vorderseite, denen auf der Rückseite des Gelenks 
keine Kräfte entgegenwirken. Das Fehlen des Gegendruckes vom 
Kopf auf die Pfanne und die einseitige Wirkung der Rumpflast auf 
die gesunde Beckenhälfte kommen hierbei als unterstützende Momente 
in Betracht. 

Zwei weitere Fälle, die H. zu untersuchen Gelegenheit hatte, 
bestätigten seine Auffassung. 

Bei der einen Pat. kam, ebenfalls in Folge von Oberschenkel- 
osteomyelitis, eine rechtwinklige Flexionskontraktur der linken Hüfte 
zu Stande mit sekundärer Umformung der kranken Beckenhälfte im 
Sinne einer vermehrten Neigung, wie im 1. Falle. 

Bei der anderen Pat., deren Coxitis nach Streckung in Narkose 
mit Gipsverbänden behandelt worden war, zeigte sich die Becken- 
verbildung viel weniger deutlich als in den beiden anderen Fällen, 
eben weil durch die Behandlung die Ausbildung einer stärkeren 
Beugekontraktur verhindert worden war. 

Zum Schluss macht H. auf den Umstand aufmerksam, dass in 
Folge der beschriebenen Beckenveränderungen die Roser-N&laton- 
sche Linie verschoben wird, so dass die Messungsresultate bezüglich 
der Stellung des großen Trochanters unrichtig ausfallen müssen. 
Eben so fallen die in üblicher Weise nach der Stellung der Spinae 
ilei ant. sup. berechneten Werthe für die Adduktionskontraktur zu 
gering aus, weil die Spina der kranken Seite verschoben ist. 

de Querrain (Chaux-de-Fonds). 


18) F. Bähr. Erwiederung an Julius Wolff. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 
Verf. wendet sich gegen die scharfen Ausfälle J. Wolff’s, zu 
welchen eine frühere Veröffentlichung B.’s Veranlassung gegeben hat 
(Cbl. f. Chir. 1897 No. 37). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 161 


B. vermisst den Beweis dafür, dass bei der Entstehung des Genu 
valgum der Belastungsdruck in den Gelenken ein minimaler ist, dass 
sich der Einfluss der Belastung vor Allem in der Mitte der Diaphyse 
des Femur geltend macht, so wie dass das sich kreuzende Kurven- 
system im oberen Abschnitt des Femur einen Kran im Sinne von 
Wolff darstellt. Das Transformationsgesetz beschäftigt sich nur mit 
den excentrischen, nicht mit den direkten Druckwirkungen. 

J. Riedinger (Würzburg). 
19) Sprendel. Zur Behandlung des angeborenen Klumpfußes. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 

Verf. veröffentlicht einen Vortrag, den er bereits im Februar 1896 
in der Gesellschaft für Natur- und Heilkunde zu Dresden gehalten 
hat, noch ehe ihm die Arbeit von Lorenz: »Heilung des Klump- 
fußes durch das modellirende Redressement« (Wiener Klinik 1895 
No. 11 u. 12) zugegangen war. 

Die Klumpfußfrage war noch nicht »spruchreif«, als S. daran 
ging, seine Erfahrungen zu sammeln und eine feste Methode auszu- 
bilden. Er hatte sehr verschiedene Resultate, je nachdem er es mit 
Kindern der gebildeten und besser situirten Klassen oder mit Kin- 
dern aus der poliklinischen Praxis zu thun hatte. Auch aus der 
Litteratur geht hervor, dass in der besseren Praxis im Allgemeinen 
auch bessere Resultate zu erzielen waren. Von dieser Erfahrung 
ausgehend, hielt es S. für zweckmäßig, verschiedene Wege bei der 
Behandlung des angeborenen Klumpfußes einzuschlagen. Bei Kin- 
dern, bei denen es nicht so sehr darauf ankommt, einen schnellen 
Erfolg zu erzielen, besteht das Verfahren in frühzeitig begonnener, 
zwar von den Müttern oder Pflegerinnen auszuübender, aber beständig 
kontrollirter Massage und in allmählichem manuellem Redressement. 
In hartnäckigen Fällen werden für zweckmäßig befundene Apparate 
verwendet, oder es wird ein sogenannter »elastischer Verband« appli- 
cirt, welcher in der Hauptsache darin besteht, dass mittels einer 
elastischen Schlinge ein Zug auf die Außenseite eines genau zu 
fixirenden Fußbrettes ausgeübt wird. Der Gipsverband kann in jedem 
Stadium der Behandlung zur Anwendung kommen und dient dazu, 
das Erreichte festzuhalten. 

In der poliklinischen Praxis muss im Allgemeinen eine Besserung 
möglichst bald erkennbar sein. Desshalb tritt hier das gewaltsame 
Redressement (nach König) mit nachfolgendem Gips- oder elastischem 
Verband in sein Recht. S. gesteht in schwierigen Fällen sogar dem 
blutigen Verfahren eine Berechtigung zu. Es kommen, abgesehen 
von der Achillotenotomie, 3 Operationen, ev. eine Kombination der- 
selben, in Betracht, und zwar: 1) die sog. große Phelps’sche Ope- 
ration, 2) die offene Durchschneidung der Plantarfascie, 3) die Ent- 
fernung des Proc. anter. calcanei. 

Die Behandlung soll möglichst frühzeitig beginnen. Es kann 
aber in der poliklinischen Praxis unter Umständen geboten sein, die 


162 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


Behandlung einige Monate hinauszuschieben. Für die Frage, ob ein 
Klumpfuß definitiv geheilt ist, kann nur eine länger dauernde Kon- 
trolle entscheidend sein.. Wenn kleinere Kinder beim Reiz der Fuß- 
sohle Adduktionsbewegungen machen, so besteht noch eine Neigung 
zum Recidiv. 

Am Schluss seiner Arbeit referirt S. über 30 behandelte Fälle 
unter Hinweis auf die beigegebenen Abbildungen. 

J. Biedinger (Würsburg). 


20) Ledderhose. Zur Pathologie der Aponeurose des Fußes 
und der Hand. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 3.) 

Verf. sah nach Frakturen des Unterschenkels Entzündungs- 
processe in der Plantarfascie, welchen Bildung von Knoten gefolgt 
war. Er glaubt, dass während der Fixation durch Gipsverbände eine 
Entzündung der Plantaraponeurose entsteht, welche auch mikrosko- 
pisch von ihm nachgewiesen ist durch den Befund proliferirender 
Zellen und Gefäße und seltener Rundzellenanhäufung. Durch Trau- 
men beim Aufstehen kommt es dann zu Dehnungen und Einrissen 
an der Fascie und zur Entwicklung von Callusmassen. Auch in der 
gesunden Fascie kann sich übrigens der Process nach den Erfah- 
rungen des Verf. etabliren, natürlich wohl auch nach vorhergegan- 
genen Traumen. Wiederholt heilten die Beschwerden und ent- 
standenen Kontrakturen durch Excision der Geschwulstknoten, doch 
war einige Mal schließlich noch die Exartikulation von Zehen noth- 
wendig, um die Gehfähigkeit zu bessern. Auch nach Osteomyelitis 
und Masern sah L. die beschriebenen Knoten. Die von Noble, 
Smith und Madelung angeführten Beobachtungen, dass bei Du- 
puytren’scher Kontraktur an der Hand ähnliche Processe an der 
Palmarfascie vorkommen, veranlassten L. zum Studium der Frage 
nach der Identität der Dupuytren’schen Erkrankung und seiner 
Beobachtung an der Plantaraponeurose. Er fand nun, dass von 
Langhans mikroskopische Untersuchungen über die Dupuytren- 
sche Kontraktur gemacht worden sind, deren Ergebnis mit seinen 
Befunden übereinstimmt. Es ist desshalb zu vermuthen, dass auch 
an der Hohlhandfascie die Entstehung knotiger Anschwellungen auf 
traumatische Ursachen zurückzuführen ist. Überhaupt kommen jeden- 
falls solche Knotenbildungen bei dem Dupuytren’schen Leiden wohl 
regelmäßig vor, und auch bezüglich der consecutiven Schrumpfung 
und Kontraktur der Zehen und Finger besteht zwischen der Fasciitis 
palmaris und plantaris kein principieller Unterschied; und auch die 
Ätiologie ist für beide Erkrankungen keine verschiedene, wie L. aus 
seinem Material nachweist. Die knötchenförmigen Gebilde an der 
Hohlhand schaffen seiner Ansicht nach erst das Gewebe, welches die 
Fingerkontrakturen bedingt. Aus anatomischen und physiologischen 
Gründen tritt eine solche Kontraktur an den Zehen seltener auf. So 
besteht also eine weitgehende Analogie zwischen den Erkrankungen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 163 


der Hohlhand- und Fußsohlenfascie ihrem Wesen, ihrem Verlauf 
und ihren Folgezuständen nach. E. Siegel {Frankfurt a/M.). 


21) F. Heubach. Über Hallux valgus und seine operative 


Behandlung nach Edm. Rose. 
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 210.) 

Die Arbeit ist besonders wegen ihrer trefflichen anatomischen 
Untersuchungen an zahlreichen Rose’schen Resektionspräparaten 
von Hallux valgus mit großer Anerkennung hervorzuheben. Die 
Resultate der Untersuchungen werden zu einer eigenen überzeugend 
begründeten pathologischen Analyse der Krankheit verwendet, und 
frühere Lehrsätze über sie, namentlich von v. Volkmann, wider- 
legt. Bekanntlich stellte dieser das Leiden als eine primäre Arthritis 
deformans dar, bei welcher durch intrakapsuläre Knochenwucherung 
medialerseits eine Verschiebung der Arthrodiefläche der Metatarsi 1 
nach außen erzeugt würde und hiernach die große Zehe sekundär 
in Abduktion geriethee H. führt das Leiden dagegen auf Druck 
schlechten Fußzeuges zurück und charakterisirt es als eine statische 
Deformität im Sinne von J. Wolff. Von Arthritis deformans ist 
keine Rede. Denn Knorpelschwund und Schliffflächen fehlen bei 
den seitlich verschobenen Gelenktheilen des Hallux valgus durch- 
aus. Nur auf dem medialen Theil des Gelenkköpfehens, der aber 
nicht mehr artikulirt, ist der Knorpelbezug atrophisch oder fehlt so- 
gar. Auch die verbreitete Beurtheilungsart über die sog. Exostose 
an der Innenseite des Metatarsus ist nicht richtig. Der mediale 
Theil des Gelenkköpfchens wird nicht vergrößert, sondern atrophirt, 
dagegen wird das hinter demselben sitzende, dem Gelenkseitenband 
zur Insertion dienende Tuberculum allerdings durch die stärkere 
Bandspannung zu einer auffälligen Hervorragung vergrößert. Eben 
so vergrößert sich der laterale Theil des Gelenkköpfchens durch den 
hier stärker vorhandenen Belastungsdruck, was sich in einer kom- 
pakteren Konstruktion der Rinde sowohl wie der Spongiosa hier be- 
merkbar macht. An der Subluxation der Halluxphalanx nach außen 
nehmen nun auch die Sesambeine Theil, und in sehr interessanter 
Weise weist Verf. die Folgen dieser Dislokationen an den Gelenk- 
flächen des Metatarsalköpfchens nach. Dasselbe hat bekanntlich 
einen oberen kugeligen Theil (Arthrodie) für die Zehenphalanx und 
einen unteren, welcher mit 3 sagittalen Firsten und 2 dazwischen- 
liegenden tiefen Furchen für die Sesambeine versehen ist (Gingly- 
mus). Bei den Präparaten sieht man nun, dass der mediale Arthro- 
dietheil, von der Artikulation ausgeschaltet, sich von dem lateralen 
durch eine tiefe Furche (»Sagittalfurche«) scheidet, welche nach 
unten sich in die mediale Sesambeinfurche fortsetzt. Sehr auffällig 
sind sodann die Veränderungen auf dem unteren (Ginglyums-) Ge- 
lenktheil. Mit der Außenwanderung der Sesambeine füllen sich die 
Gelenkfurchen für dieselben aus, dagegen wird der sie trennende 


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164 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


mittlere Knochenfirst breiter und flacher, und die knorpeltragenden 
Partien, wo die Sesambeine artikuliren, rücken mit zunehmender 
Dislokation dieser immer mehr nach außen, wodurch ein dreifacher 
Entwicklungsgrad der Difformität unterschieden werden kann. Näm- 
lich: a. Das mediale Sesambein artikulirt mit der medialen Seite der 
Mittelleiste des Ginglyums. b. Unter Abflachung der Leiste artiku- 
lirt es auf der Höhe derselben. c. Das mediale Sesambein liegt in 
der Furche für das laterale und das letztere ist in das Spatium inter- 
metatarsale gedrängt. Eine große Anzahl Photogramme der Resek- 
tionspräparate, deren Studium nebst dem ihrer Beschreibung an- 
gelegentliche Empfehlung verdient, beweist schlagend diese Vorgänge, 
die mit solcher Genauigkeit bislang wohl noch nicht verfolgt sind. 

Über die therapeutisch-klinische Seite der Arbeit können wir 
uns kürzer fassen. Rose ist der totalen Gelenkresektion bei dem 
Leiden treu geblieben und legt bei seinen höheren Graden Werth 
auf die Exstirpation der verrenkten Sesambeine. Höhere und höchste 
Grade der Difformität hält er nur auf diesem \Vege für heilbar, und 
bei leichteren steht die Wirksamkeit der Resektion den neueren 
schonenderen Verfahren nach Riedel u. A. nicht nach. Plattfuß- 
entstehung nach der Operation ist nicht beobachtet. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Kleinere Mittheilungen. 


Eine seltene Prädilektionsstelle von Atheromen. 
Von 
Stabsarzt Dr. Trnka in Prag. 


Im Jahre 1896 sind mir in nicht zu langen Zwischenräumen 5 Fälle von 
knorpelharten, haselnussgroßen, zwischen der Haut und den Beugesehnen unbeweg- 
lich situirten, kugligen Geschwülsten an der Beugeseite der II. Phalange des 
Mittel- oder Goldfingers der Hände von Soldaten auf die chirurgische Abtheilung 
zugewachsen. Bei den ersten Fällen musste die Diagnose aus dem Befund, ins- 
besondere der großen Härte und des Sitzes wegen, auf Fibrom oder Enchondrom 
gestellt werden, erst in den späteren nach den gemachten Erfahrungen stets mit 
Sicherheit, trots der hohen Resistenz und demjWiderspruch der Ärzte meiner 
Umgebung, die die ersten Fälle nicht gesehen, — auf Atherom. 

Bei der Exstirpation sämmtlicher Geschwülste dieser Art wurden nämlich 
jedes Mal typische Atherome mit dicken Wandungen vorgefunden. Diese saßen 
der Sehnenscheide auf, waren mit ihrer äußeren Partie in festem, bindegewebigem 
Zusammenhang, der sich jedoch glatt ohne Verletzung der Scheide lösen ließ. 
Sonst bot der Befund nichts Ungewöhnliches. 

Auch im Jahre 1897 kam mir ein gleicher Fall bei einem Soldaten — also 
der 6. — zur Operation. Ich erinnere mich aus meiner langjährigen Spitalpraxis 
keines ähnlichen Vorkommnisses, doch kann das nur Zufall sein. Die zu Gebote 
stehende Litteratur ergab nichts Einschlägiges — sie kann wegen Zeitmangel nicht 
genügend ausgenutzt worden sein. Vielleicht haben beschäftigte Chirurgen Gleiches 
erfahren. Der Veröffentlichung scheint mir die Sache dennoch werth zu sein, da 
man gerade auf diesem Wege von berufener Seite über die Ätiologie der be- 
schriebenen Geschwülste Aufklärung erhoffen darf. Die Entwicklungsgeschichte 
des Menschen, welche das Entstehen und häufige Vorkommen der Balggeschwülste 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 165 


an anderen Körperstellen erklärt, kann jedenfalls auch hier zu Rathe gezogen 
werden. Sie kann den nur durch das von mir beobachtete, gehäufte Vorkommen 
und nicht auch die jedenfalls bis jetst nur geringe Zahl der Fälle — also nur be- 
dingungsweise — gewählten Titel dieser Mittheilung rechtfertigen. 

Es braucht wohl nicht hervorgehoben zu werden, dass Balggeschwülste an 
dieser Stelle in hohem Grade funktionsbehindernd sind und nicht bloß entstellend, 
wie an anderen Orten des Körpers. Auch war bei allen große Druckempfindlich- 
keit zu beobachten, was sich von selbst erklärt, bei anderweitig vorkommenden 
Geschwülsten dieser Art jedoch fehlt. 


(Aus der chirurgischen Abtheilung des St. Josefs-Hospitals in Elberfeld. Ober- 
arzt: Dr. Rincheval.! 


Über traumatische Epitheleysten. 
Von 
Dr. Roelen, Assistenzarzt. 


Unter Hinweis auf die in den Beiträgen zur klin. Chirurgie Bd. XVIII Hft. 3 
von Dr. Woerz veröffentlichte Zusammenstellung von 55 aus der Litteratur ge- 
sammelten Fällen von »traumatischen Epitheleysten« neben einer genaueren Be- 
schreibung 3 neuer Fälle aus seiner eigenen Beobachtung möge hier die kurze 
Mittheilung zweier solcher Fälle Platz finden, welche in genanntem Krankenhaus 
kurz nach einander zur Behandlung kamen. 

Fall 1: O. S., 18 Jahre, Schmied, giebt an, vor ca. 1 Jahre eine Entzündung 
an der Innenseite des4. rechten Fingers gehabt zu haben, die er selbst durch Auf- 
stechen mit einer Nadel behandelt habe, Nachher sei an derselben Stelle ein 
kleines Knötchen entstanden und allmählich gewachsen. 

Status (12. Juli 1897): An der Volarseite der Innenseite des 4. rechten Fingers 
besteht eine ca. doppelterbsengroße Geschwulst von praller Konsistenz, deutlich fluk- 
tuirend, spontan und auf Druck empfindlich. Dieselbe ist auf der Unterlage be- 
weglich; die bedeckende Haut ist schwielenartig verdickt und zeigt auf der Höhe 
der Geschwulst eine kleine narbige Einziehung. 

In Narkose ellipsoide Circumcision der verhornten Partie der bedeckenden 
Haut und mit derselben geschlossene Ausschälung der Cyste. Naht. Glatte 
Heilung. 

Die Geschwulst bestand aus einer derben, weißen, zwiebelschalenartig lamel- 
lösen Kapsel und einer geringen Menge breiigen, weißlichen Inhalts. — Eine 
mikroskopische Untersuchung wurde nicht vorgenommen. 

Fall 2: E. 8., 35 Jahre, Magd, hat, ohne dass sie sich einer früheren Ent- 
sündung su erinnern weiß, vor mehreren Monaten am linken 4. Finger ein Knöt- 
chen bemerkt, welches sie damals, Eiterung annehmend, angestochen habe; es 
soll jedoch keine Flüssigkeit ausgetreten, das Knötchen selbst allmählich etwas 
gewachsen sein. 

Status (13. August 1897): An der Volarseite der I. Phalanx des linken 4. Fingers 
besteht eine wenig vorgewölbte, derbe, schwielenartige Verdiekung, unter welcher 
ein ca. erbsengroßes Knötchen zu fühlen ist. Fluktuation ist nicht nachweisbar. 
Auf der Kuppe der Vorwölbung besteht eine kleine Einsenkung der bedeckenden 
Haut. 

Unter Schleich’scher Infiltrationsanästhesie Exstirpation nach ellipsoider 
Circumcision der bedeckenden Schwiele. Das runde, von derber, weißer Kapsel 
umgebene Knötchen erstreckte sich ca. (is em in die Tiefe. 

Die nähere, erst nach einigen Tagen vorgenommene und dadurch vielleicht 
nicht mehr einwandsfreie Untersuchung des in feuchter Umhüllung aufbewahrten 
Präparats ergab, dass auf dem senkrechten Durchschnitt keine Höhle su kon- 
statiren war. Es zeigten sich vielmehr, stabbündelartig neben einander gelagert, 


166 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


Fasern von Zwirnsfadendicke, welche sich mit der Pincette einzeln ausziehen 
ließen und, wie die mikroskopische Untersuchung der Zupfpräparate ergab, durch- 
weg aus Plattenepithelien bestanden. Die in einigen derselben makroskopisch 
sichtbaren feinen braunen Streifen stellten sich dabei als kleinste Blutgefäßchen 
dar. Im Zupfpräparat der Kapsel sah man vereinzelte mehrkernige Zellen. 

In wie weit den aus diesem Befund erkennbaren Abweichungen von sonstigen 
Schilderungen der in Frage stehenden Geschwülste — Mangel einer nachweisbaren 
Höhle, Fasern- statt Zwiebelschalenanordnung, Vorhandensein von Blutgefäßchen 
— eine Bedeutung beigelegt werden kann, oder aber dieselben zum Theil der ver- 
späteten Untersuchung zur Last fallen können, soll dahingestellt bleiben. 

Das praktische Interesse dieser traumatischen Epitheleysten ist begründet vor 
Allem in den Fragen der Ätiologie und der Häufigkeit. Beide Fragen sind durch 
die Woers’sche Zusammenstellung beleuchtet worden, und zwar mit dem Re- 
sultat, dass solche Geschwülste erheblich häufiger sind, als man früher angenommen 
hat, und dass die Ursache derselben in »den verschiedensten, meist geringfügigen 
Verletzungen« su suchen ist. 

Unsere beiden neuen Fälle können Betrefis der Häufigkeit natürlich nur eine 
Erweiterung jener Statistik und mithin eine Bekräftigung der aus derselben ge- 
zogenen Schlussfolgerung bieten. Betreffs der Ätiologie und der hiermit in Zusam- 
menhang stehenden Fragen über Sitz, histologischen Bau u. dgl. schließen sie sich 
ebenfalls, so weit diese Punkte ins Auge gefasst worden sind, im Wesentlichen 
den früheren Ergebnissen an. ` 


Ein Beitrag zu den Erkrankungen der Plantarfascie. 
Von 
Prof. Dr. Albert Hoffa in Würzburg. 

In einer interessanten Arbeit hat Ledderhose in jüngster Zeit wieder unsere 
Aufmerksamkeit auf die Erkrankungen der Plantarfascie gelenkt und die bezüg- 
liche Litteratur zusammengestellt. Nach dieser Zusammenstellung wissen wir 
eigentlich recht wenig von diesen Sachen. »Es kommt«, so sagt Ledderhose, 
»eben so wie an der Hohlhand, so auch an der Fußsohle durch mannigfache all- 
gemeine und lokale Ursachen häufig eine Erkrankung der Fascie zu Stande, welche 
man als Fasciitis plantaris resp. palmaris bezeichnen kann. Es handelt sich dabei 
im Wesentlichen um einen Proliferationsprocess der Zellen und Gefäße mit Nei- 
gung zu Schrumpfung. Diese Erkrankung bildet sich meist, zumal wenn sie nach 
lokalen Einwirkungen entstanden ist, zurück. Häufig kommt es in der erkrankten 
Faseie, sowohl am Fuß als an der Hand, zur Entwicklung kleiner Knoten und 
Schwielen, welche als hyperplastische Narbenmassen aufzufassen sind, an Stellen 
entstanden, wo durch traumatische Einflüsse partielle Zerreißungen der erkrankten 
Fascie erfolgt waren. Diese Bildungen scheinen besonders die Tendens der Fascie 
zur Retraktion und damit die Entstehung einer Beugekontraktur der Zehen und 
der Finger zu bedingen. Aus anatomischen und physiologischen Gründen treten 
derartige Kontrakturen an den Zehen nur sehr selten auf, an der Hand, bezw. 
an den Fingern schon häufiger; hier ist dann die Bezeichnung Dupuytren’sche 
Kontraktur am Platze.« 

Die von Ledderhose beobachteten Fälle waren sämmtlich traumatischen 
Ursprungs. Es giebt nun aber auch, wie ich zu beobachten Gelegenheit hatte, 
Erkrankungen der Plantarfascie, die mit einem Trauma sicher nichts zu thun 
haben. Ich erlaube mir, in Folgendem kurz die Geschichte eines solchen Falles, 
der auch in histologischer Hinsicht von großem Interesse ist, hier vorzuführen 
und möchte darauf hinweisen, dass die ausführliche Publikation in der Dissertation 
von Dr. Klein-Würzburg erfolgen wird. 

Die Krankengeschichte des Falles ist folgende: 

Frl. J. K., 20 Jahre alt, aus Frankfurt. Pat. machte mit 15 Jahren Lungen- 
entzündung durch. Bis vor 5 Jahren will sie stets ohne jegliche Beschwerden 
beim Gehen gewesen sein, auch will sie vorher nie irgend eine Erkrankung der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 167 


Füße durchgemacht haben. Seit dieser Zeit stellten sich stechende Sohmerzen auf 
der Fußsohle ein, die hauptsächlich nach längerer Anstrengung auftraten. All- 
mählich verschlimmerten sich die Beschwerden; es traten auch Schmerzen in der 
Achillessehne auf, und zwar hauptsächlich auf mechanische Reize hin, oder nach 
längeren Bewegungen des Fußes. Die Schmerzen sind beiderseits jetst so be- 
deutend, dass Pat. kaum noch gehen kann. Seit etwa einem Jahre bemerkt Pat. 
eine Anschwellung im Bereich der schmerzhaften Stelle. Behandlung mit Ein- 
reibungen und verschiedenen Bädern blieb ohne Erfolg. Nach längeren Geh- 
versuchen verspürt Pat. auch Schmerzen und starke Ermüdung in den Unter- 
schenkeln, ja die Schmersen strahlen nicht selten bis in die Oberschenkel aus. 

Status praes.: Innere Organe ohne Abweichungen von der Norm. Die Füße 
der Pat. sind beiderseits wohlgeformt und gestellt und zeigen keinerlei Abweichungen 
im Bau; besonders sind die Fußwölbungen gut ausgebildet. Auf der Fußsohle 
sieht man beiderseits einen in der Höhe der Tuberositas oalcanei am inneren Fuß- 
rand beginnenden, deutlich vorspringenden Strang, der schräg nach außen verläuft 
und in der Mitte der Fußsohle in der Höhe des Lisfranc’schen Gelenks endigt. 
Der Strang entspricht dem inneren Rand der Plantarfascie. Bei der Palpation 
fahlt man deutlich, dass nicht nur dieser Rand der Fascie, sondern die Fascie in 
toto beträchtlich verdickt ist. Die ganze verdickte Partie ist dabei auf die leiseste 
Berührung hin äußerst schmerzhaft, so dass Pat. bei jedem stärkeren Druck laut 
aufschreit. Weitere druckempfindliche Stellen sind die innerste Partie der Achilles- 
sehne so wie die Gegend des Condylus internus tibiae. 

Es wird zunächst durch Wochen hindurch versucht, durch Massage und durch 
Einlagen in die Schuhe, welche die schmerzhaften Partien vom Druck entlasten 
sollen, eine Besserung su erzielen. Da diese jedoch nicht erfolgt, wird die Ex- 
stirpation der Plantarfascie beschlossen. 

Am 5. November 1897 Operation: Längsschnitt über der Höhe des Stranges. 
Beiderseits wird die Plantarfascie bis auf die Muskeln in einer Länge von 3 bis 
4 em exeidirt. Naht der Wunde, Verband. 

Die Heilung erfolgt per primam. 

Der Erfolg der Operation war der, dass die Beschwerden der Pat. vollständig 
gehoben wurden. 

Die excidirte Plantarfascie erwies sich als sehr verdickt, so dass sie in der 
Mitte nahesu 3/4 cm an Ausdehnung besaß. Dabei fühlte sie sich sehr derb, hart 
an, so swar, dass es beim Durchschneiden mit dem Messer ordentlich knirschte. 

Sehr interessant ist nun der histologische Befund, der von Herrn Privatdocent 
Dr. Borst, I. Assistent am pathologisch-anatomischen Institut unserer Universität, 
erhoben wurde. Die Hauptmasse des Gewebes besteht aus einem straffen parallel- 
faserigen Gerüst, in welchem Blutgefäße mit verdickten Wandungen und umgeben 
von reichlichen Spindelsellen von Strecke zu Strecke eingelagert sind und parallel 
mit den Fasern siehen. Die Kerne des strafffaserigen Gerüstes sind außerordent- 
lich in die Länge gezogene schmale Spindeln. In das so beschaffene Gerüst ein- 
gelagert sind massenhaft Knoten von knorpelartigem Gewebe, von welchen nach- 
gewiesen werden kann, dass sie direkt aus dem strafffaserigen Gewebe hervorgehen, 
indem die Kerne dieses letsteren sich reichlich vermehren und alle Übergänge 
zeigen zu größeren rundlichen und ovalen Knorpelgebilden, die Protoplasma um 
sich ansammeln und sehr häufig in kapselartigen Hohlräumen liegen; zugleich 
tritt eine beträchtliche Vermehrung der Intercellularsubstanz auf, die ihrerseits 
aber meist eine leicht faserige Beschaffenheit beibehält, so dass das Bild des 
Faserknorpels entsteht. Diese massenhaft eingelagerten Faserknorpelknoten scheinen 
einer weiteren Entwicklung fähig, denn es findet sich an einer Stelle ein rich- 
tiges Knochenstückchen dem sehnigen Gewebe einverleibt. 

Es handelt sich also um eine Entzündung der Plantarfascie, die su 
einer direkten Metaplasie des Bindegewebes in Knorpel- und 
Knoshengewebe geführt hat. 

er die Atiologie kann ich leider gar nichts aussagen und will nur noch- 
mals hervorheben, dass es sich um eine symmetrische Erkrankung gehandelt hat. 


168 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


22) C. P. Thomas (Spokane). Antistreptococcusserum. 
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 25.) 

Verf. theilt kurs 8 sehr schwere Fälle der verschiedensten Infektionen (Phleg- 
monen, Erysipel, Peritonitis, puerperaler Sepsis) mit, bei welchem er Marmo- 
rek’sches Antistreptokokkenserum anwandte mit stets glücklichen Erfolg. Er 
giebt zu, dass möglicherweise einige Fälle ohne Serum durchgekommen wären, 
betont aber den großen Werth desselben namentlich bei allgemeiner Peritonitis. 

Martens (Berlin). 


23) E. Skultecki. La sieroterapia applicata alle tubercolosi chirur- 
giche. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 121.) 

Auf Grund einer Statistik von 7 Fällen chirurgischer Tuberkulose empfiehlt 
Verf. lebhaft die Anwendung des Maragliano’schen Serums in Verbindung mit 
der üblichen chirurgischen Behandlung. Die Einspritzungen wurden in der Menge 
von 1 ccm einen Tag um den anderen in die Gegend zwischen den Schulter- 
blättern verabfolgt. Fiebersteigerungen oder sonstige Nebenerscheinungen kamen 
nicht sur Beobachtung. In allen Fällen glaubt Verf. eine günstige Einwirkung 
auf das Allgemeinbefinden durch das Serum erreicht zu haben; bei den fiebernden 
Pat. trat Nachlass des Fiebers schon nach der ersten Einspritzung ein. 

Die angeführten Krankengeschichten dürften doch wohl Zweifel zulassen, 
ob die Erfolge wirklich durch das Serum bedingt gewesen sind, oder ob sie nicht 
vielmehr auf Rechnung der Hospitalverpflegung und der chirurgischen Eingriffe 
zu setzen sind. W. Schultz (Eutin). 


24) Th. Weischer. Über 2 mit Behring’schem Serum behandelte 
Fälle von Trismus und Tetanus, nebst einer kurzen Übersicht über 
die vom Jahre 1881 bis heute in der med. Abtheilung des Bürger- 
hospitals zu Köln beobachteten Tetanusfälle. 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 46.) 

In dem 1. Falle von Tetanus traten die ersten Erscheinungen 4 Tage nach 
einer Holssplitterverletzung am Fingernagel ein, steigerten sich innerhalb der 
nächsten 6 Tage bis zur Aufnahme zu mittelschweren Symptomen, gingen aber 
erst nach der 2. Injektion des Serums No. 100 rasch zurück. Heilung 9 Tage 
später. 

Pat. II hatte 2 Jahre vorher bereits einen »Starrkrampf« durchgemacht, der 
sich erst nach vielen Wochen vollständig verlor; die neue, gleichfalls auf eine 
Erkältung zurückgeführte Erkrankung begann 2 Tage vor der Aufnahme ins 
Hospital, bei welcher das Bild andauernden Trismus und Tetanus vollständig aus- 
gesprochen war; von »universeller Tetanie« wich en in mehreren Zügen ab (Fehlen 
des Trousseau’schen Phänomens etel Eine 2 Wochen später ausgeführte 
Seruminjektion hatte keinen Erfolg. Allmähliches Schwinden der Erscheinungen 
bis zur Heilung. 

Die Zusammenstellung der übrigen im genannten Hospital ohne Heilserum 
behandelten Tetanusfälle — 16 mit 10 tödlich verlaufenen (62,5% Sterblichkeit) 
— bietet nichts Besonderes und eignet sich nicht, in ihren Resultaten mit den 
aus der Litteratur gesammelten, mit Serum behandelten — 98 mit 41,8% Sterb- 
lichkeit — verglichen zu werden. Kramer (Glogau). 


25) J. Radinger. Versuche mit Cancroin. 
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 40.) 

1. Fall: Careinoma uteri. Im Lauf der Behandlung Nachlass der Schmerzen, 
Ausfluss verliert den Geruch, Verkleinerung der Geschwulst. Nach 3/, Jahr Tod. 
— 2. Fall: Careinoma uteri. Nachlass der Schmerzen in den Unterextremitäten, 
der Schlaflosigkeit, des Appetitmangels. Besserung des Allgemein- und subjek- 
tiven Befindens. Fortdauerndes Abstoßen bis nussgroßer Geschwulsttheile. Zu- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 169 


nahme des Körpergewichts um 10 kg. — 3. Fall: Plattenepithelcareinom der Nase. 
Behandlung periodenweis, während welcher jedes Mal der Process stationär blieb 
oder sich besserte. In der Zwischenzeit jedes Mal Weiterschreiten des Zerfall- 
processes. Zuletzt ausgesprochene Besserung. Aber Heilung nie! 

Herm. Frank (Berlin). 


26) Ashmead (New York). FCarrasquilla’s Serum sub judice. 
(St. Louis med. and surg. journ. 1897. November.) 

A. bat das ‚ihm vom [Erfinder übersendete Antilepraserum an mehrere Le- 
prosenasyle gesendet. Die Berichte derselben sind wenig befriedigend; nur Ha- 
velburg in Brasilien und Smith in Canada glauben einigen günstigen Einfluss 
auf die Infiltration der Haut bemerkt su haben, welche schwächer geworden zu 
sein schien. Allein auch diese Ärzte sind noch nicht im Stande, ihr Votum zu 
Gunsten des Serums abzugeben, sie wollen noch weitere Versuche abwarten. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


27) Löwenthal. Über eine“ horizontale Beinbade- und Dampfbade- 
wanne. 
(Ilustrirte Monatsschrift für ärztl. Polytechnik 1897. August.) 

Zur Heilung aller möglichen Krankheiten der Beine hat L. eine beinladen- 
ähnliche Wanne aus Zinkblech verfertigt, welche in horizontaler Beinhaltung 
Wasser- und Dampfbäder liefert. Die Wanne jhat für den Oberschenkel}einen 
Ausschnitt. Die Abdichtung der Wanne an dieser Stelle findet durch eine Gummi- 
manschette statt. Die Wanne kann im Bett und außerhalb desselben gebraucht 
werden. Für letzteren Fall sind abnehmbare Füße vorgesehen. 

E. Fischer (Straßbusg i/E.). 


28) F. Dumstrey und @. Bessler. Bericht [über die Thätigkeit der 
chirurgischen, mechanotherapeutischen Heilanstalt zu Leipzig etc. 
Leipzig, 1897. 268. 3 Tafeln. 

Während des Zeitraums etwa eines Jahres wurden von den stationären Pat. 
111 chirurgisch, 109 unter Benutzung Hönig’scher Apparate mechanisch behan- 
delt. Verf. schildern vorwiegend ihre Erfahrungen bei der Behandlung und Unter- 
suchung Unfallverletzter. Einzelne Krankengeschichten sind ausführlicher mit- 
getheilt. J. Biedinger (Würzburg). 


29) Mittheilungen aus dem orthopädischen Institut von Dr. A. Lü- 
ning und Dr. W. Schulthess in Zürich. VII. Ärztlicher Bericht 
über den Zeitraum vom 31. December 1890 bis zum 31. December 
1894. Erster Theil. Rückgratsverkrümmungen 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 

Der Bericht bringt im 1. Abschnitt einige Bemerkungen über die Unter- 
suchungsmethode, welche von den Autoren seit längerer Zeit geübt und mehr und 
mehr ausgebildet wurde. Das Verfahren selbst ist bereits früher beschrieben 
worden. 

In einem weiteren Abschnitt wird über die Bebandlungsmethode eingehend 
berichtet. Es findet sich hier die ausführliche Beschreibung und Abbildung zweier 
sogenannter » Detorsionsapparatea nach W. Schulthess, welche in sich verschie- 
dene Principien koncentriren: Detorsion, Redressement durch Pelottendruck und 
regulirbare Hebel, Suspension und Fixation. Zur Ermöglichung redressirender 
aktiver Bewegungen sind zwei Apparate konstruirt, welche ebenfalls genau be- 
schrieben und abgebildet sind, nämlich ein mit einem Pendel versehener »Rumpf- 
beugeapparat« und ein »Rotationrapparut«, in welchen ein federnder Widerstand 
eingeschaltet ist. Wenn beim Vergleich dieser Apparate mit eingelnen Zander- 
schen Apparaten behauptet wird, dass letztere den Grundsätzen der funktionellen 
Orthopädie (worunter man ja auch die durch Muskelkraft zu bewirkende Korrektur 
einer Stellung verstehen soll) nicht zu entsprechen vermögen, so muss man aller- 


170 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


dings sugeben, dass Ermüdungsproceduren in den Heilplan der Zander’schen 
Gymnastik nicht aufgenommen sind. Auch wirken nicht alle Zander’schen 
Apparate symmetrisch, wie man aus der Kritik derselben entnehmen könnte. 

Der letzte Abschnitt, die Statistik der einselnen Formen der Rückgratsver- 
krümmungen und der Behandlungsresultate, enthält eine sehr sorgfältige und 
streng objektive Bearbeitung des klinischen Materials. Im Ganzen kamen 482 Fälle 
zur Behandlung. Zur Erläuterung des Textes dienen mehrere durch Messungen 
gewonnene Bilder. J. Biedinger (Würzburg). 


30) ©. Vulpius. Aus der orthopädisch-chirurgischen Praxis. 
Leipzig, 1898. 60 8. 16 Abbildungen. 

In 11 Kapiteln werden die aktuellen Fragen der modernen Orthopädie abge- 
handelt, nicht nach einem bestimmten Plan, sondern nach momentanen Eindrücken 
und Erlebnissen in der Praxis. Dabei entwickelt Verf., indem er zeigt, was in seiner 
Anstalt geleistet wird, gleichsam ein wissenschaftliches Programm in Form eines 
Jahresberichts. Es liegt in der Tendenz des Geschriebenen, wenn es dabei nicht 
abgehen kann, ohne des »Kurpfuschers« Hessing zu gedenken, der doch ein 
neues Arbeitsgebiet erschlossen hat und etwas gnädiger behandelt werden sollte, 
und ohne hervorzuheben, dass bei der Behandlung der Skoliose die Zander- 
schen Apparste überflüssig sind. »Das System unserer Behandlung besteht einzig 
und allein in der Intensität. Ein Tagesplan schreibt die Verwendung aller Tages- 
stunden vor, und dauernde Überwachung von Arzt und Gehilfen sichert dieselbe.« 

Interessant ist, dass V. Gipsverbände häufig, sogar in der Narkose, anlegt, 
während die Kinder an den Füßen suspendirt sind. Das Verfahren soll ein be- 
quemes sein. 

Aus dem sonstigen Inhalt möge Folgendes angeführt werden. Beim para- 
lytischen Klumpfuß hat V. 13mal, beim paralytischen Plattfuß 4mal Sehnentrans- 
plantation vorgenommen mit gutem Erfolg. Das modellirende Redressement 
wurde auch beim statischen Plattfuß angewendet, und zwar in 9 Fällen. Beim 
paralytischen Plattfuß wurde 2mal die Arthrodese im Sprunggelenk ausgeführt. 

Mit Recht betont Verf., dass bei der ambulanten Behandlung der Coxitis eine 
gute Fixation im Verband der wichtigste Faktor ist, so wie dass bei der ambu- 
lanten Behandlung der Unterschenkelbrüche häufig ein hypertrophischer Callus 
entsteht. 

Als unangenehme Ereignisse (in Folge des Systems der Intensität?) werden 
beklagt 1 Todesfall bei der Behandlung des Gibbus nach Calot und die in 
2 Fällen eingetretene Infraktion des Unterschenkels rachitischer Kinder bei dem 
modellirenden Redressement des angeborenen Klumpfußes. 

J. Biedinger (Würzburg). 


31) Statistik der Knappschafts-Berufsgenossenschaft für das Deutsche 
Reich. 1. Oktober 1885 bis 1. Januar 1895. Herausgegeben vom 
Genossenschaftsvorstand. 

Berlin, 1897. 160 8. 

Dieser über 91/4 Jahre gusammengestellte Bericht gewährt uns einen vortreff- 
lichen Einblick in den Umfang eines kleinen Theiles der Unfallversicherung. Von 
3623175 versicherten Personen wurden 278371 durch Unfall betroffen, wovon 
31679 in ihren Folgen die 13. Woche überdauerten. Die Belastung, welche die 
Genossenschaft durch die Unfälle erfuhr, beträgt rund 100 Millionen Mark, wovon 
nicht ganz 3 für das Heilverfahren, einschließlich der Angehörigenrente für die 
im Krankenhaus Untergebrachten aufgewendet wurden. 

Das weibliche Geschlecht partieipirt nur mit 0,8% an den Unfällen. Bezüglich 
des Alters vertheilen sie sich: 

unter 16 Jahren (es waren überhaupt nur 

2,8% jugendlicher Arbeiter) 1,5% 
16—20 12,8% 
21—30 27,3% 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 171 


31—40 27,8% 

41—50 19,8% 

51—60 8,7% 

über 60 2,0% 

Die Folgen der Verletzung vertheilen sich: 

Tod 7721 
dauernd völlig erwerbsunfähig 1427 
» ` theilweise » 14367 
vorübergehend D 8164 


Die Arten der Verletzungen beziehen sich mit 8,4% auf die Arme, 1,9 auf die 
Beine, 6,0 auf die Augen, 0,2 auf die Ohren, 21,9 Knochenbrüche ohne Verlust 
von Gliedmaßen, 1,3 Leistenbrüche, 14,6 mehrfache Verletzungen, 45,7 sonstige 
Verletzungen (wie erstickt, ertrunken etc.). 

Außerdem enthält der Bericht noch Zusammenstellungen über Veranlassung, 
Ort, Zeit der Unfälle etc., besondere Bedingungen, wie Schuld des Unternehmers 
oder des Arbeiter. Die Grundlagen, aus denen sich der Bericht aufbaut, würden 
jedenfalls auch ein vorzügliches Material abgeben für die Herstellung einer engeren 
medicinischen Bearbeitung. Dem Arzte aber, welcher sich einmal einen ungefähren 
Begriff von der Ausdehnung der Unfallversicherung machen will, können wir die 
Durchsicht dieser Statistik nur angelegentlich empfehlen. 

Bähr (Hannover). 


32) E. Rose. Eine förmliche Art von Berufskrankheit. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 76.) 

R. eifert gegen den bei Näherinnen herrschenden Leichtsinn beim Umgehen 
mit Nähnadeln. Zur Illustrirung der Gefahr, welche in den Körper gelangte 
wandernde Nadeln bergen, ersählt er 2 tödlich geendete Fälle, wo die Nadel (mal, 
ans Berg gedrungen, durch Blutung ins Perikard, das andere Mal durch Ver- 
letzung des Duralsackes der Wirbelsäule und Meningitis verhängnisvoll geworden ist. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


33) Socht. Seltenere Frakturen in Röntgen’scher Durchleuchtung, 
(Aus der chirurgischen Abtheilung des Neuen Allgemeinen Kranken- 
hauses.) 

(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten 1897. Bd. I. Hft. 2.), 

Die Arbeit führt 10 Bilder nach Röntgen von solchen Frakturen auf, die 
zum Theil wohl früher häufig verkannt und als Distorsionen angesehen wurden. 
Es handelte sich 2 mal um einen Bruch des Os naviculare des Handgelenks. 
Ferner ein Bild eines Olekranonquerbruches, welcher wegen jeden Mangels 
typischer Symptome vorher als Kontusion angesehen wurde. Ein als Metatarsal- 
bruch diagnostieirter Fall wurde durch die Röntgenaufnahme als Fraktur 
eines Sesambeines unter dem Köpfchen des I. Metatarsus erkannt. 

Unter 243 Frakturen wurden durch Skiagraphie 7 Talus- und 8 Calcaneus- 
brüche, also 6,8% festgestellt, wohl ein Beweis dafür, dass solche Brüche 
früher häufig verkannt wurden. (Nach der Statistik von Bruns bilden die 
Frakturen aller Fußknochen zusammen nur 2%!) Verf. bespricht dann noch die 
Erfolge bei Hüftgelenkserkrankungen, wo die Durchleuchtung wiederholt vor 
diagnostischen Irrthümern geschützt hatte. Die beigefügten Bilder leiden, wie 
fast alle derartigen Vervielfältigungen, an ziemlicher Undeutlichkeit, so dass aus 
ihnen allein kaum die betreffenden Diagnosen ohne den begleitenden Text ge- 
stellt werden können. Als einen besonders wichtigen Vortheil der »Röntgographie« 
fübrt Verf. die Kontrolle der Reposition, des Heilungsverlaufs im Verbande und 
des gewonnenen Resultats an. Wiederholt wurde dadurch ein Verbandwechsel 
zur Korrektion der Stellung nöthig, andererseits aber auch den Kranken bei 
noch nicht geheilter Fraktur Bewegungsversuche und Erneuerung des Verbandes 
erspart) Tschmarke (Magdeburg). 


172 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


34) E. Kruse. Über die genetische Bedeutung der Muskelinter- 
position bei Frakturen. 
Diss., Greifswald, 1897. 

Mittheilung von 4 Fällen von subkutanen Knochenbrüchen (2 Humerus, Ober- 
schenkel und Unterschenkel), bei denen durch Muskelinterposition Pseudarthrosen- 
bildung eingetreten war und durch Operation Heilung herbeigeführt wurde. 
Sämmtliche Brüche waren durch direkte Gewalt entstanden. Ein praktisch wich- 
tiges Symptom ist das Fehlen der Krepitation. Wenn dies der Fall ist, leitet 
Helferich immer Narkose ein, um die Bruchenden auf diese Weise in direkte 
Berührung zu bringen, da nach seiner Ansicht (im Gegensatz zu Gurlt) Muskel- 
interposition ein absolutes Hindernis für die Heilung ist, stets zu Pseudartbrosen- 
bildung führt, die nur durch Operation geheilt werden kann. 

Sudeck (Hamburg). 


35) W. A. Swentzitzki. Über atypische Formen von Osteomyelitis. 
(Aus der chirurgischen Fakultätsklinik Prof. Bobroff’s.) 
(Die Chirurgie 1897. No. 9. [Russisch.]) 

3 Krankengeschichten von jenen Fällen, wo die Diagnose eher auf Geschwulst 
(Sarkom), Syphilis etc. als auf Osteomyelitis gestellt werden möchte, und es sich 
doch nur um eigenthümlich verlaufene Osteomyelitis handelt. In den beiden 
ersten Fällen brachte, nachdem eine antiluetische Kur erfolglos geblieben, die 
Aufmeißlung des Knochen Heilung, der 3. Kranke konnte sich zu der vorgeschla- 


genen Sequestrotomie noch nicht entschließen. 
Egbert Braatz (Königsberg i/Pr.). 


36) B. Boks. Beitrag zur Myositis ossificans progressiva. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1697. No. 41—43.) 

Es handelte sich um ein 21/; Jahre altes, angeblich von gesunden Eltern 
stammendes Kind, welches in der Utrechter Klinik v. Eiselsberg’s Aufnahme 
fand. Aus der Anamnese ging hervor, dass im Anschluss an wiederholte Ver- 
letzungen (Sturs des Kindes) unter Schmerzen und Fiebererscheinungen Geschwülste 
an den verschiedensten geschädigten Körperstellen entstanden, welche wohl wieder 
verschwanden,” jedoch eine [Funktionsstörung in den davon tetroffenen Körper- 
stellen zurückließen. Die genaue Untersuchung und Beobachtung des Kindes 
konstatirte vor Allem eine vermehrte Resistenz |in einzelnen Muskeln, in welchen 
‚stellenweise harte, druckempfindliche Knoten verschiedener Größe zu tasten waren; 
andere Muskelgruppen fanden sich wieder in Knochenplatten oder knochen- 
harte Massen umgewandelt. Um die besonders eingeschränkte Beweglichkeit im 
linken Schultergelenk herzustellen wurde der M. pectoralis freigelegt. Nach Durch- 
trennung seiner oberflächlichen Schicht kam man auf eine Knochenplatte, welche 
nichts Anderes darstellte als jdie tieferen Theile dieses Muskels. Durch keil- 
förmige Resektion’ der Platte konnten im Schultergelenk [Bewegungen ausgeführt 
werden. Die mikroskopische Untersuchung des reseeirten Stückes zeigte gewöhn- 
liches Knochengewebe; stellenweise waren mitten im Knochenbalken große Osteo- 
blasten mit Howship’schen Lakunen zu sehen. In einigen Präparaten war der 
Übergang von Bindegewebe in Knochengewebe zu sehen. Nirgends war Muskel- 
gewebe wahrzunehmen, eben so wenig zellige Infiltration oder Entzündungs- 
erscheinungen. Während des Aufenthaltes des Kindes in der Klinik traten unter 
Fieber und Schmerzen Anschwellungen in der Gegend der Kopfnicker auf, welche 
sich im weiteren Verlauf in einen derben, strangartigen Wulst beziehungsweise harte 
walnussgroße Geschwulst umwandelten. In diesem Zustande entlassen, starb das 
Kind zu Haus an Scharlach. Leider wurde die Obduktion nicht gemacht. 

Im Anschluss an seine Publikation bespricht B. unter eingehender Berück- 
sichtigung der einschlägigen Litteratur die Ätiologie der Myositis ossificans 
progressiva und vertritt die Ansicht, dass neben dem Trauma, als sicherste und 
häufigste Ursache, der Krankheit eine angeborene Prädisposition zu Grunde liegt, 
wofür die bald nach der Geburt auftretenden Geschwulstbildungen und die oft 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 173 


als Begleiterscheinung der Krankheit konstatirte angeborene Mikrodaktylie be- 
weisend sprechen. Die Umformung der Muskulatur in Knochengewebe fasst B. 
anatomisch und klinisch als die Folge von Entzündungsprocessen auf. 

Was die Therapie anbelangt, so giebt es bisher kein Mittel, das Fortschreiten 
der Krankheit su hemmen. Die Behandlung derselben kann nur eine prophy- 
laktische und symptomatische sein, indem man einerseits Traumen vorzubeugen, 
andererseits durch Anästhetica die Schmerzen zu lindern sucht. 

ö Gold (Bielitz). 


37) Curschmenn (Leipzig). Über eine besondere Form von schwie- 
liger Muskelentartung. 
‚(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 47.) 

C. beschreibt einige interessante, mit einander in ihrem klinischen Bild fast 
völlig übereinstimmende Fälle von essentieller Muskelentartung, die durch sym- 
metrisches Auftreten, vorzugsweise an den Oberarmen, und durch Entwicklung 
und Steigerung des Leidens im Laufe vieler — 12—40 — Jahre ausgezeichnet 
waren. Die Untersuchung kleiner ausgeschnittener Muskeltheile brachte Klarheit 
über die Entstehung, indem in allen 3 Fällen abgekapselte Trichinen in großer 
Zahl gefunden wurden. Die Beobachtungen beweisen somit, dass die Invasion 
dieser Parasiten noch nach langen Jahren sur Bildung einer chronischen Myositis 
mit Muskelschwund ‚und Schwielenbildung Anlass geben kann, und lassen ver- 
muthen, dass ein Theil der sog. rheumatischen Muskelschwielen oder der ätio- 
logisch unaufgeklärt gebliebenen Fälle von schwieliger Muskelentartung auf die 
Folgen der Trichinose zurückzuführen sind. Kramer (Glogau). 


38) W. Greeske. Ein Fall von Totalnekrose der Clavicula mit 
Rücksicht auf die Ätiologie und das funktionelle Endresultat. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1896. 

Mittheilung jeines Falles von Totalnekrose des Schlüsselbeins im Anschluss 
an einen Nackenfurunkel, der als Ursache für die Osteomyelitis beschuldigt wird. 
Das Resultat der Heilung war vollkommene aktive Beweglichkeit des Armes im 
Schultergelenk, trotsdem der knöcherne Ersatz des Schlüsselbeins kein vollständiger 
war. Dass diese Thatsache das Gewöhnliche list, wird des Weiteren durch Fälle 
aus der Litteratur belegt. 6. Mohr (Hamburg). 


39) L. Weill (Straßburg i/E.). Apparat zum Zurückhalten frischer 
und zur Vermeidung habitueller Luxation. 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 48.) 

Der Apparat besteht aus einem breiten Ledergurt, der quer über den Rücken, 
unter den Achselhöhlen durch, über die Sohultern hinwegläuft, um hinten von den 
beiden Schultern aus mit seinen Endstücken wieder an das Querstück befestigt su 
werden; die kranke Schulter wird von oben her von dem zur Kappe verbreiterten 
Gurt umfasst, der sich in der Achselhöhle zu einem eine Pelotte tragenden Riemen 
verschmälert. Kleine, an den Querstücken angebrachte Riemen ersetzen die 
Hosenträger. Kramer (Glogau). 


40) Köppen. Traumatische Gelenkmaus? 
(Ärstliche Sachverständigen-Zeitung 1897. No. 22.) 

Der 21jährige Schleifer war von einer Welle mehrmals herumgeschleudert 
worden, hatte äußerlich aber nur einige Hautabschürfungen davongetragen. In 
der Folge, nachdem Pat. wieder gearbeitet hatte, schwoll das rechte Ellbogengelenk 
an, und nach 4 Monaten fand sich ein freier Gelenkkörper zwischen Olekranon 
und Oondylus internus. Nach nahezu 5 Monaten wurde der 13 mm lange, 10 mm 
breite und 4 mm dicke Körper operativ entfernt. Er bestand aus hyalinem Knorpel 
mit einer Hülle von bindegewebiger Struktur und einem Kern von osteoidem 
Gewebe. Aus der Art desselben so wie seiner Form schließt K., dass es sich um 
ein abgesprengtes Stück der Gelenkfläche handelt, welches anfänglich noch mit 


174° Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


einer bindegewebigen Ernährungsbrücke im Zusammenhang mit dem Knochen 
blieb. Die Brücke ist später abgerissen, und es entstand ein freier Gelenkkörper. 
Bähr (Hannover). 


41) S. Lewinsohn. Die blutige Dehnung des Nervus ischiadicus 
wegen Neuralgie. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Verf. berichtet über 6 Fälle blutiger Dehnung, die intern erfolglos behandelt 
waren. Der operative Eingriff hatte bei 4 Fällen sofort einen auffallend günstigen 
Erfolg; beim 5. kam er später, beim 6. nach vorübergehender starker Steigerung 
der Beschwerden. Die Freilegung des Nerven soll möglichst central erfolgen. 

Happel (Darmstadt). 


42) W. Schrank. Uber Cystenbildung in der Schenkelbeuge. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 2.) 

Verf. beobachtete einen Fall von Cyste in der Schenkelbeuge bei einem 6- 
jährigen Knaben. Sie wurde für einen komplieirten Netzbruch gehalten, lag aber, 
wie durch die Operation ersichtlich ward, zwischen Bauchhaut und Fascie des 
Muse. obliquus externus und erstreckte sich mit und in dem Samenstrang tief in 
den Hodensack hinein. Eine Kommunikation mit der Umgebung bestand nicht. 
Der Balg hatte an manchen Stellen Cylinderepithelbelag, an anderen war kein 
Epithel zu konstatiren. Der Inhalt war blutig, der der kleineren Nebencysten serös. 
S. hält die Geschwulst für eine Neubildung des Giraldes’schen Organs, der Para- 
didymis. Die Arbeit enthält neben der Motivirung dieser Ansicht die Besprechung 
der gesammten einschlägigen Litteratur seit Verneuil. Die in der Schenkel- 
beuge vorkommenden Cysten sind mannigfaltiger Art, oft klärt erst die Operation 
über den wirklichen Befund auf. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


43) Ranneft. Angeborene Knickung des Femurs beiderseits. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 

Die Missbildung, welche ein 6 Monate alter Knabe zeigt, besteht in einer 
Verkürzung beider Oberschenkel und in einer Knickung derselben 3 cm unterhalb 
des Troch. major. Der Gipfel des Knickes ist nach hinten und außen gerichtet. 
Über demselben ist die Haut mit dem Periost narbig verwachsen. Das Kind hat 
außerdem eine partielle Spaltung im Gaumen und 2 Leistenbrüche. 

R. fand kein zweites Beispiel in der Litteratur beschrieben und ist geneigt, 
die Missbildung nicht auf ein lokal wirkendes Trauma, sondern auf eine Krank- 
heit des Amnion zurückzuführen. J. Biedinger (Würzburg). 


44) Graff. Über die Behandlung der Oberschenkelbrüche mit 
Gehverbänden. 
(Mittheilungen aus den Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 2.) 
- Im Neuen Allgemeinen Krankenhause sind seit 1895 10 Oberschenkelbrüche 
mit Gehverbänden erfolgreich behandelt worden. Die Technik entsprach im All- 
gemeinen der von v. Bardeleben empfohlenen. Nur wurden die Gipsverbände 
möglichst früh, innerhalb der ersten 5 Tage, über Trikotschlauch angelegt und 
öfter gewechselt. Eine Beschleunigung der Konsolidation durch Gehverbände hat 
Verf. nicht konstatiren können; die durchschnittliche Konsolidationszeit betrug 
47 Tage, bei einem beginnenden Tabiker und einem Alkoholisten beträchtlich 
länger. 6mal konnte eine Verkürzung des Beines nicht verhindert werden; die- 
selbe betrug aber nur 1/—3 cm, ließ sich also durch Beckensenkung oder Er- 
höhung der Sohle leicht ausgleichen. Auch G. hält es für besser, in den ersten 
Tagen einen Extensionsverband anzulegen, um die Muskelspannung zu beseitigen 
und die Dislokation besser ausrichten zu können. In letzter Zeit wurde der 
Schede’sche Extensionstisch mit Vortheil angewendet. Der erste Theil des Ver- 
bandes reicht gleich bis zur Frakturstelle, was den Vortheil hat, dass bei der 
Distraktion die Knieseitenbänder nicht zu sehr gelockert werden. Das Gips- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 175 


Kataplasma um das Tuber ischii wurde nur halb so breit genommen, als es Albers 
angiebt. Die Extension soll mit Hilfe eines Flaschenzuges bewirkt werden. Die 
Beobachtung v. Bardeleben’s, dass die Fortschritte im Gehen schnellere sind, 
wenn ein Kranker im Saale ist, der mit demselben Verbande schon gehen kann, 
wurde wiederholt bestätigt. Beim Wechseln des Verbandes sollen leichte passive 
Bewegungen im Kniegelenk ausgeführt, und das Bein gründlich gewaschen werden, 
»was die Kranken als große Wohlthat empfinden«. Iu letzter Zeit wurde der 
Gehverband auch bei Schenkelhalsfrakturen und Osteotomien des Oberschenkels 
mit gutem Erfolge angewendet. Wie aus den mitgetheilten Krankengeschichten 
ersichtlich ist, sind die Resultate bei sämmtlichen Kranken ganz vorzügliche, so 
dass Verf. mit gutem Recht die Methode angelegentlichst empfehlen kann. 
Tschmarke (Magdeburg). 


45) F. Monsehr. Zur Kasuistik der traumatischen Epiphysentrennung 
am unteren Femurende. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Anschließend an einen Fall traumatischer Epiphysenlösung am unteren Femur- 
ende, der durch Ankylosenoperation zu heilen versucht wurde, nachdem eine 
längere Schienenbehandlung erfolglos war, zählt Verf. 22 Fälle derselben Ver- 
letzung auf, deren Ausgänge (mal Tod und 14mal Amputation des Gliedes) die 
Schwere der Verletzung vor Augen führen. Am Schluss theilt Verf. einen Fall 
mit, wo nach nicht erkannter Epiphysenfraktur sich im Laufe der Jahre ein 
Schlottergelenk von unglaublicher Beweglichkeit gebildet hatte. 

ž Happel (Darmstadt). 

46) Lejars. Le cerclage de la rotule. 
(Presse méd. 1897. No. 23.) 

Verf. beschreibt an der Hand verschiedener Fälle von Kniescheibenbruch ein 
Verfahren der primären Vereinigung, das zuerst Prof. Berger 1892 angewendet 
hatte. Dasselbe besteht in Eröffnung des Kniegelenks durch einen bogenförmigen 
Schnitt unterhalb der Kniescheibe, Entleerung des Blutergusses und der Ge- 
rinnsel, sorgfältige Reinigung des Gelenks. Ein starker Silberdraht wird sodann 
durch die Sehne des »Triceps« von innen nach außen mit dem gefensterten Col- 
lin’schen Perforateur oder einer starken Nadel unmittelbar oberhalb der Basis 
der Kniescheibe hindurchgeführt. Das andere Ende des Drahtes wird in dem- 
selben Sinne durch das untere Fragment, resp. durch das Ligamentum patellare 
geleitet. Der Draht muss ganz genau zwischen der vorderen und hinteren Fläche 
der Sehne dieselbe durchbohren. Ehe man den Draht an der Außenseite zusam- 
mendreht, werden die Fragmente genau an einander gepasst und durch einen 
Assistenten in ihrer Lage fixirt. Eine Katgutnaht vereinigt die fibrösen periostalen 
Elemente vor der Kniescheibe und die Haut; Gipsverband. Am 12. Tage etwa 
sind die Weichtheile geheilt, der Verband wird abgenommen; die Patella fühlt 
sich dann schon sehr solid an. Bald darauf beginnen Mobilisationsübungen, sorg- 
fältige Massage und Elektrisiren des Oberschenkels. Schon am 25. Tage konnten 
die Kranken theilweise gehen. Auch bei einer Splitterfraktur der Kniescheibe 
übte Verf. das.Verfahren mit Glück aus, indem er durch einen starken Silberdraht 
5 Fragmente der Kniescheibe mosaikartig an einander brachte: vollständige Hei- 
lung in 6 Wochen. 

Bei genauer Beobachtung aller Vorschriften, peinlichster Asepsis und sorg- 
fältigster Ausführung erzielt man wohl auf diesem Wege vorzügliche Resultate. 
Verf. hat bei seinen 6 Fällen keine Eiterung erlebt! 

Tschmarke (Magdeburg). 


47) Staffel. Ein fernerer Beitrag zur Kasuistik des Genu recur- 
vatum. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 2 u. 3.) 
8. beschreibt unter Berufung auf einen früher mitgetheilten Fall von Genu 
recurvatum einen schief geheilten Unterschenkelbruch, bei dem die Dislokation 


176 Centralblatt für Chirurgie. No. 6. 


derart ist, dass das Schienbein 13 cm unterhalb der Kniegelenklinie einen starken 
Knick aufweist, wodurch ein nach vorn offener Winkel von etwa 160° gebildet 
wird. In Folge Anpassung an die Unterschenkeldeformität wird das Kniegelenk 
beim Gehen nicht durchgedrückt. Da man aber von einem Genu recurvatum nur 
bei Überstreckung des Kniegelenks reden kann, so findet es 8. für passender, die 
Deformität als Crus recurvatum mit habitueller Beugung des Kniegelenks zu be- 
zeichnen. J. Riedinger (Würzburg). 


48) Gnesde. Über Spontanfraktur bei Syringomyelie. 
(Mitheilungen a.’d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 3 u. 4.) 

Ein 39jähriger Mann brach sich beim Gehen zu ebener Erde, ohne dass er 
eine besondere Bewegung gemacht hätte, ausgeglitten wäre o. dgl., einen Unter- 
schenkel 3 Querfinger über dem Fußgelenk. Die Fraktur war absolut schmerzlos. 
Konsolidation erfolgte etwas langsam, aber vollständig. Die Diagnose auf Sy- 
ringomyelie wurde gestellt aus der Analgesie der unteren Extremitäten und ge- 
störter Wärmeempfindung, während die taktile Sensibilität erhalten war; ferner 
bestand gesteigerter Patellarreflex und eine leichte trophische Störung. Von den 
obligaten Symptomen fehlte also nur die Muskelatrophie. 

In der Litteratur finden sich nur 5 Fälle von Spontanfraktur bei Syringo- 
myelie. Wie im vorliegenden Falle handelte es sich meist um eine reine Quer- 
fraktur. Wesshalb Spontanfrakturen bei dieser Krankheit vorkommen, ist dunkel; 
in einem ‚Falle von Schultze ergab die Sektion derben, kompakten Knochen, 
ohne jede Spur von Porose oder Malakie. Haeckel (Stettin), 


49) 8. J. Spassokukotzki. Osteoplastische Amputation des Unter- 
schenkels mit Bildung eines Lappens aus dem Fußrücken und Er- 
haltung der Zehen. 

(Die Chirurgie 1897. No. 9. [Russisch.)) 

Die Operation, ähnlich der Wladimirow-Mikulics’schen, nur dass hier 
der Lappen aus dem Fußrücken genommen und noch mehr vom Fuß entfernt 
werden musste, welche Prof. Lewschin S. überließ, hatte, wie die Kranken- 
geschichte, photographische Abbildung und Röntgenbild zeigen, einen sehr guten 
Erfolg. Egbert Braatz (Königsberg i/Pr.). 
50) Janz. Fin Fall von kongenitalem Defekt des Fußes. 

(Mittheilungen aus den Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd.I. Hft. 2.) 

Die seltene Missbildung betrifft einen 47jährigen Mann, der statt des rechten 
Fußes einen Stumpf zeigt, welcher auf den ersten Blick den Eindruck eines 
Chopart’schen Amputationsstumpfes macht. Mittelfuß und Zehen fehlen voll- 
ständig. Der nicht verkürzte, etwas atrophische Unterschenkel bildet einen gleich- 
mäßig abgerundeten und abgeplatteten Stumpf mit einer seichten, sichelförmigen 
Einziehung an der Vorderseite. Eine Aufnahme nach Röntgen bestätigte das 
Vorhandensein zweier, nur wenig verschieblicher, aber verkümmerter Fußwurzel- 
knochen, die ihrer Lage nach dem Calcaneus und Talus entsprechen. Beide 
Knöchel entbehren ihrer Spitze. Bis jetzt ist nur ein ähnlicher Fall in der Lit- 
teratur beschrieben von W. Schaefer, aus der Bruns’chen Klinik, Beiträge sur 
klin. Chirurgie 1892 Bd. VIII, bei welohem aber nur ein formloser Knochen vor- 
handen war. Nach des Verf. Ansicht handelt es sich um eine Hemmungsmiss- 
bildung, nicht um eine Spontanamputation. Zwei Bilder, davon ein gutes 
Röntgenbild, veranschaulichen die interessante Missbildung. 

Tschmarke (Magdeburg). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


Ra Deras F. Chu, LSG 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


ememr 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 7. Sonnabend, 19. Februar. 1898. 


Inhalt: I. 0. Manz, Über regionäre Oocainanästhesie. — II. E. Gückel, Über Fliegen- 
larven im menschlichen Organismus. (Original-Mittheilungen.) 

4) Germano, Infektionsübertragung. — 2) Ball, Stoffwechselprodukte. — 3) Babes, 
Riegier und Podasca, Rotz. — vi $tutzer und Hartleb, Maul- und Klauenseuche. — 
5) Blumberg, Desinfektion. — 6) Ried, Inflitrationsanästhesie. — 7) Ludwig, Äthylen- 
chlorid. — 8) Bruns, Die Geschwül«te des Nervensystems. — 9) Maylerd, Operationen 
am Nahrongskanal. — 10) Kingsbury, Bauchnaht. — 11) Traeger, Der Douglas’sche 
Raum. — 12) Hermes, 13) Gautier, Hernien. — 14) Frank, Darmknopf. — 15) Berger, 
Ileus. 

E. Müller, Zur Technik der Wladimirow-Mikulicz’schen Operation. (Original-Mitthlg.) 

19) Gay, Unterbindung der A. anonyma. — 17) Hinde, Aneurysma der A. oarot. int. 
— 18) Ricketts, Unterbindung der A. carot. com. — 19) Beck, Aneurysma der Art, 
poplitea. — 20) Schulz, Ruptur der A. poplitea. — 21) Levy, Gebiss in der Speiseröhre. 
— 22) Narath, Zur Chirurgie von Speiseröhre und Kehlkopf. — 23) Lotheisen, Bauch- 
verletzungen. — 24) d'Anna, Peritonealflüssigkeit. — 25) Brun, Peritonitis. — 26) Pan- 
ton, Perforirendes Typhusgeschwür. — 27) Stokes, Erstickung durch aspirirten Magen- 
inhalt. — 28) v. Brackel, 29) Champlin, 30) Cordier, 31) Schilling, 32) Kaufmann, 
33) Zamazal, 34) Knüpfer, 35) Morisanl, 36) Audet, 37) Vesitn, 33) Nasi, 39) Courtin, 
Herniologisches. — 40) af Schult6n, Haargeschwulst im Magen. — 41) Hahn, 42) Hart- 
mann, 43) Schiatter, Zur Magenchirurgie. — 44) Jayle, Ab \ Luria, Anastomosenbildung. 
— 46) Carle und Charvet, 47) Kummer, 48) Rogers, 49) Reimers, Ileus. — 50) Heinze, 
Darmsarkom. — 51) Kuhn, Darmrohr. — 52. Schapiro, Sarkom der inneren Organe. 

XXVII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. 

XVI. Kongress für innere Medicin. 


(Aus der Freiburger chirurgischen Klinik des Prof. Dr. Kraske.) 


I. Über regionäre Cocainanästhesie, 
Von 
Dr. Otto Manz, Assistenzart. 


Ein im vergangenen Jahre erschienener Aufsatz Braun’s (Leipzig)! 
schildert eine bis dahin kaum gekannte, wohl aber kennenswerthe 


1 Centralblatt für Chirurgie 1897. No. 17. Siehe dort die spärliche weitere 


Litteratur. Vgl. auch Honigmann, Zur Lokalanästhesie. Centralblatt für Chi- 
rzurgie 1897. No. 51. 


7 


178 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


Form lokaler Narkose, welche er als »regionäre Cocainanästhesie« 
den anderen, geläufigen Verwendungsweisen dieses Mittels, speciell 
der lokalen Infiltrationsmethode gegenüberstell. Nicht nur die 
Nervenenden nämlich, auch der Nervenstamm ist der Cocainwirkung 
zugänglich, nur braucht sie hier Zeit, und müssen wir, um sicher zu 
gehen, ihr mit einem Kunstgriff zu Hilfe kommen, müssen dem 
leicht diffusiblen Medikament durch eine Esmarch’sche Binde 
den Weg verlegen. So ist es 1887 Corning gelungen, durch In- 
jektion in die Nähe eines sensiblen Nerven dessen ganzes Quellgebiet 
unempfindlich zu machen, und, auf dieser Beobachtung fußend, übt 
Oberst (Halle) schon seit geraumer Zeit ein praktisches Verfahren, 
welches nur in verhältnismäßig engen Grenzen anwendbar, inner- 
halb derselben aber absolut zuverlässig sein soll und zweckmäßiger 
als die Infiltration. 

Eine größere Zahl von Finger- und Zehenoperationen der ver- 
schiedensten Art, bei denen ich gemäß Braun’s Vorschriften ver- 
fuhr, überzeugte mich von der Berechtigung seines Lobes. Wenn 
wir einen Kranken bei den Injektionsstichen heftig zusammenzucken 
sehen und hierauf nach einer kleinen, überaus einfachen Manipulation 
beliebig lange mit Messer, Schere und Nadel, selbst Knochenschere 
und Hohlmeißelzange arbeiten können, ohne die geringste Schmerz- 
äußerung zu vernehmen, so hat das in der That etwas Verblüffendes, 
und es regt sich der Wunsch, solche Vortheile möchten uns nicht 
nur in verhältnismäßig spärlichen Fällen gegönnt sein, die Frage, 
ob wir dieser Methode wirklich die engen Schranken setzen müssen, 
welche die genannte Arbeit verlangt. 

Sämmtliche Nervenanastomosen des Operationsgebietes zu be- 
herrschen, d. h. sämmtliche sensiblen Nervenstämme, die auch nur 
in entferntester Verbindung mit ihm stehen, mit unserer Spritze er- 
reichen zu können, erkennt Braun als unerlässliche Bedingung eines 
sicheren Erfolges. Diese Möglichkeit aber besteht nach seiner Über- 
zeugung nur bei Fingern und Zehen. Legen wir ein elastisches 
Band um deren Basis, machen volar wie dorsal je 2 subkutane Ein- 
spritzungen (zu !/4—'/2 cg Cocain) in ihre Seitenränder, so haben wir 
den gesammten nervösen Apparat des kranken Gliedabschnitts der 
Cocainwirkung unterworfen und können nach wenigen Minuten ope- 
riren, was uns gefällt, ohne wehe zu thun. Auch die allernächste 
Nachbgrschaft der Finger und Zehen — die ja in Rücksicht ihrer 
Nervenvertheilung eigentlich ihnen zugerechnet werden muss — auch 
sie soll zur Noth noch in den Bereich des Verfahrens fallen — mehr 
aber nicht. 

Wir wollen uns ganz auf den Boden der Braun’schen Voraus- 
setzung stellen, wollen die von ihm betonte Bedeutung der Anasto- 
mosen in vollem Umfange anerkennen — immer noch werden wir 
uns dann fragen müssen: warum soll es nur an Fingern und Zehen 
möglich sein, diese Anastomosen auszuschalten, der ganzen Nerven- 
versorgung Herr zu werden? In der Gegend des Handgelenks z. B. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 179 


liegen alle sensiblen, bezw. gemischten Nervenstämme recht ober- 
flächlich; wir dürfen wohl voraussetzen, dass subkutan eingespritzte 
Flüssigkeit leicht in ihre Nähe vordringen wird: wenn wir nur hier 
— etwas oberhalb des Gelenks — abschnüren, den Medianus, den 
Ulnaris nebst seinem dorsalen Zweige, den oberflächlichen Radialis 
— der tiefe ist ja rein motorisch — peripher von der Ligatur cocai- 
nisiren — warum soll nicht die ganze Hand derselben Narkose 
anheimfallen, die uns bei den Fingern so leicht gelingt? Und wenn 
nicht, muss die Ursache in der Methode als solcher und nicht viel- 
mehr in Unzweckmäßigkeiten des technischen Details gesucht werden, 
die sich möglicherweise ohne Schwierigkeit korrigiren lassen ? 

Bei einem Verletzten, der sich die Sehne des langen Daumen- 
streckers bereits im metakarpalen Gebiete durchschnitten hatte, ver- 
suchte ich zum ersten Mal, in der angedeuteten Weise zu anästhe- 
siren. Dass ich hier, wo es immerhin in etwas größere Tiefe vor- 
zudringen galt, und gröbere Gebilde anzugreifen waren, dem Cocain 
mehr Zeit lassen musste, erschien a priori wahrscheinlich; zufällige 
Umstände schoben, wenn ich mich recht erinnere, den Anfang der 
kleinen Operation noch weiter, als beabsichtigt war, hinaus: als ich 
aber dann die Sehnenstümpfe durch Längsschnitte aufdeckte, mobili- 
sirte, vereinigte und die Hautwunden durch eine Reihe von Knopf- 
nähten schloss, versicherte der Verletzte, von all’ diesen Vorgängen 
nichts zu empfinden. Nur der Druck der Gummibinde belästigte ihn 
auf die Dauer. 

Dieser Erfolg lud zu neuen Versuchen ein, bei denen ich zu- 
nächst freilich nicht viel Glück hatte, keine oder nur unzureichende 
Anästhesie erzielte. Als ich aber bei weiteren Operationen die bis 
dahin auf etwa 10 Minuten bemessene Wartezeit noch mehr ver- 
längerte, erst 20—30 Minuten nach erfolgter Einspritzung zum Messer 
griff, war im Wesentlichen das Spiel gewonnen. 

Die Reihe meiner seitherigen Beobachtungen ist noch verhältnis- 
mäßig kurz, aber lang genug, um den Werth des Verfahrens außer 
Frage zu stellen. In den 3 einzigen Fällen, bei welchen es ganz 
oder theilweise versagte, ließ sich jeweils ein besonderer, nicht der 
Methode zur Last fallender Grund des Misslingens mit großer Wahr- 
scheinlichkeit nachweisen. Unter den positiven Resultaten aber finden 
sich Fälle von durchaus überzeugender Prägnanz. Wie vollkommen 
z. B. gerade die tieferen Gewebsschichten anästhesirt werden, voran 
das durch seine besondere Sensibilität berüchtigte Periost, das er- 
kannte ich zum ersten Mal bei einer Frau, bei der ein Nadelfragment 
erst nach langem Suchen unmittelbar dem Knochen aufliegend ge- 
funden und entfernt wurde, ohne dass die Pat. die leiseste Empfin- 
dung dieser Manipulationen hatte; andere Gelegenheiten (Finger- 
exartikulation, Phalangenamputationen) bewiesen dasselbe. 

Was an der Hand so wohl gelungen war, versprach auch für 
den Fuß Erfolg. Wiederholt habe ich auch hier unter regionärer 
Anästhesie gearbeitet und fand meine Erwartung nicht getäuscht. 

7* 


180 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


2 Fälle metatarsaler Caries, die in den letzten Tagen zur Operation 
kamen, bedeuten sogar die Spitze dessen, was bisher mit dieser 
Methode erreicht wurde. Es sei mir erlaubt, dem 2. derselben, 
dem schwereren, einige Worte zu widmen. Die Gummibinde war 
unmittelbar über den Knöcheln angelegt, in die Umgebung des 
Peroneus profundus, des Superficialis und des Tibialis (bei letzterem 
der Sicherheit halber an 3 verschiedenen Stellen seines Verlaufs) 
1%iges Cocain eingespritzt. Nach etwa ®/, Stunde begann die Ope- 
ration. Die Zerstörung war so weit vorgeschritten, dass die ganze 
große Zehe nebst ihrem Metatarsalknochen entfernt, auch die Keil- 
beine ausgelöst werden mussten. Die Unterbindung der Arteria 
tibialis antica, Auslöffelung verschiedener Weichtheilsherde, Ver- 
nähung des großen inneren Hautlappens kamen hinzu. Während 
der Stunde, welche vom ersten Hautschnitt bis zur letzten Naht ver- 
strich, lag der Kranke, wie ein tief Chloroformirter, regungslos. Auf 
eine während der Operation an ihn gerichtete Frage gab er klare 
Antwort, und als ihm schließlich die Decke von den Augen ge- 
nommen wurde, bestätigte er, von Allem, was mit seinem Fuß ge- 
schehen war, keine Ahnung zu haben. 2—3 Minten, nachdem die 
Ligatur gelöst war, empfand er die Berührung seiner Zehen wieder. 

Wer auch nur diese eine Operation, die ja an ihre Narkose 
größere Ansprüche stellte, als selbst ein Lisfranc oder Chopart, 
mit angesehen hat, wird kaum mehr Bedenken tragen, der regio- 
nären Cocainanästhesie einen beträchtlich größeren Wirkungskreis 
zuzuerkennen, als man gemeint hat, ihr zuerkennen zu dürfen. Hand 
und Fuß jedenfalls lassen sich ohne besondere Schwierigkeit durch 
ihren ganzen Querschnitt anästhesiren; nur muss man zu warten wissen. 
Wie lange? Ein absolutes Maß wird sich selbstredend nicht fest- 
stellen lassen; von Fall zu Fall wird man durch Nadelstiche u. dgl. 
den Zeitpunkt der erreichten Unempfindlichkeit ermitteln müssen. 
Immerhin glaube ich, dass man unter 15—20 Minuten kaum jemals 
auskommen wird. 

Diese geringe Unbequemlichkeit fällt gegenüber den Vorzügen 
des Verfahrens, die einer besonderen Beleuchtung wohl nicht be- 
dürfen, selbstverständlich außer Betracht. Innerhalb eines klinischen 
oder poliklinischen Betriebes, der eine vorherige Disposition seiner 
Arbeit gestattet, wird sie sich überhaupt kaum fühlbar machen. Der 
praktische Arzt aber, der so häufig nur sich selbst als Assistenten 
hat, auch der Chirurg im Felde, er wird sie gern in Kauf nehmen, 
wenn ihm eine Procedur, deren Aneignung keinerlei Studium, deren 
Ausübung keine besondere Fertigkeit erheischt, den Gehilfen ent- 
behrlich macht, ihm gestattet, an einem Narkotisirten zu arbeiten, 
relativ bedeutende Eingriffe an ihm vorzunehmen, ohne sich um die 
Narkose im geringsten mehr kümmern zu müssen. 

Auch der Missstand, welcher sogleich bei dem erzählten ersten 
Versuch hervorgetreten war, das lästige Druckgefühl der elastischen 
Ligatur, habe ich späterhin ganz oder doch fast ganz zu verhüten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 181 


gelernt, indem ich bei ihrer Anlegung vorsichtig zu Werke gehe, 
Knochenprominenzen vermeide, die ersten Touren möglichst glätte 
und beim Anziehen der Binde durch Festhalten der bereits gelegten 
Touren eine Zerrung der Haut im Sinne der Furchung ausschließe; 
aber fest muss die Umschnürung natürlich sein, je fester, desto 
besser. 

Bisher habe ich die von Braun empfohlene 1%ige Lösung auch 
für Hand und Fuß verwendet, dort im Ganzen 0,02—0,025 g, hier 
0,05—0,06 g — ohne jemals Intoxikationserscheinungen oder irgend 
welche nachträgliche Schädigung zu bemerken — in der oben präci- 
sirten Vertheilung eingespritz. Doch sind dies selbstredend nur 
vorläufige Recepte. Erst durch reichere Erfahrung wird das Detail 
der Anwendung einigermaßen festgestellt werden. Ob z. B. durch 
Einspritzung stärkerer Koncentrationen oder, was ich für wahrschein- 
licher halte, größerer Quantitäten Zeit gespart werden kann, dies und 
vieles Andere müssen weitere Beobachtungen lehren. 

Eins aber dürfte feststehen — und dies festzustellen ist der ein- 
zige Zweck gegenwärtiger Zeilen —: die »regionäre Cocainanästhesie« 
verdient nicht nur bei Fingern und Zehen unser Vertrauen, ist nicht 
nur hier eine erfolgreiche Konkurrentin der Infiltration. Für Hand 
und Fuß scheint mir ihre Brauchbarkeit erwiesen, aber auch damit 
werden wir kaum am Ende sein. Es wird sich nur darum handeln, 
besondere, zweckmäßige Applikationsweisen für die einzelnen Glied- 
abschnitte ausfindig zu machen — dann werden wir — nach meiner 
Überzeugung wenigstens — die elastische Binde noch weiter central- 
wärts schieben, noch weiteres Terrain diesem bequemen Verfahren 
zugänglich machen können. 

Einer späteren, eingehenderen Mittheilung möchte ich es vor- 
behalten, von seinen theoretischen Grundlagen zu sprechen, die Fragen 
zu beleuchten, wie viel des Endeffekts dem Medikament an sich, wie 
viel der Abschnürung zugeschrieben werden muss, welche Rolle etwa 
dabei die direkte Kompression der Nervenstämme spielt, welche 
Stellung der »regionären Cocainanästhesie« ihren Verwandten gegen- 
über zuzuweisen ist u. A. m. Ich zweifle nicht, dass gerade hier 
der fortschreitenden Theorie hinwiederum praktische Früchte nicht 
fehlen werden. 

Für die gütige Erlaubnis, meine Versuche an den Kranken 
seiner Klinik anstellen zu dürfen, spreche ich meinem hochverehrten 
Chef, Herrn Hofrath Kraske, den verbindlichsten Dank aus. 


II. Über Fliegenlarven im menschlichen Organismus. 
Von 
Dr. E. Gückel, Landarzt in Russland. 
In einer im Centralblatt für Chirurgie 1897 No. 51 referirten 
Arbeit sagt L. Car, es seien in der Litteratur nur 3 Fälle von 


182 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


Fliegenlarven im menschlichen Organismus sichergestellt: imal in 
der Harnröhre, 2mal im eitrigen Ohr. Hier in Russland ist diese 
Krankheit gar keine Seltenheit: ich habe z. B. jeden Sommer 3 bis 
5mal Gelegenheit, Fliegenlarven im eitrigen Ohr zu finden; eben so 
oft sehe ich Larven in alten Geschwüren und Wunden. Ein Kollege 
von mir, Dr. Nikolajew, sah vor einiger Zeit einen Kranken mit 
geschwüriger Gingivitis, wo zwischen Zahnfleisch und Oberlippe 
mehrere Fliegenlarven saßen. Ein anderer Kollege behandelte einen 
Pat. wegen seines Nasenleidens und fand in der Nase eine Menge 
Würmer. Besonders im Ohr finden sich so häufig Fliegenlarven, 
dass die Dorfbevölkerung schon selbst ein Mittel dagegen kennt, 
nämlich Phenollösung, die speciell zu diesem Zweck in vielen Hand- 
lungen zu haben ist. Dann behandeln auch viele Pat. ihre vernach- 
lässigten Geschwüre vor Eintritt der Sommerhitze viel sorgfältiger: 
sie wissen, dass in dieser Zeit sehr leicht Fliegenlarven hineinkommen. 
— In der russischen Litteratur finden sich mehrere Arbeiten über 
diese Krankheit. So bringt die russische Übersetzung von Eulen- 
burg’s Realencyklopädie 2 Aufsätze: von Bianki und von Cholod- 
kowski. Eine hervorragende Monographie über Sarcophila magnifica 
Wohlfahrti lieferte Portschinski (Horae Societ. Entomolog. Russ. 
1883—1884 Bd. XVIII). Larven der Calliphora vomitoria in der 
Nase sah Mankewitsch. — Über Sarcophaga carnaria berichtet 
Cloquet: in seinem Falle fraßen die Larven den Pat. fast buch- 
stäblich auf. Lallemand sah Würmer in der Scheide. Ein reich- 
haltiges Litteraturverzeichnis in der Frage bringt endlich Blanchard 
in seinem Traité de zoologie médicale 1890 Vol. II p. 496—525. 


1) E. Germano. Die Übertragung von Infektionskrankheiten 
durch die Luft. 
(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten Bd. XXVI. Hft. 1.) 


Von den im Bonner hygienischen Institut unter Kruse’s 'Lei- 
tung angestellten Untersuchungen G’s seien hier nur die die Über- 
tragung des Erysipels und anderer Streptokokkenerkrankungen be- 
treffenden wiedergegeben. Dieselben beschränken sich ausschließ- 
lich auf die Lebensdauer des Streptococcus bei Trocknung im 
Staub, also; gerade unter Bedingungen, die nach G. für die in 
Rede stehende Frage entscheidend sind. 

Danach wechselt die Widerstandsfähigkeit des Streptococcus 
gegen den Process der Eintrocknung mit der Art (Varietät) des- 
selben, mit dem Material, in welchem er zur Eintrocknung gelangt, 
so wie mit der Menge des letzteren, das ihn vor der direkten Einwir- 
kung der Luft (und des Lichts, Ref.) schützt. (Auf Geweben scheint 
er nicht lange zu leben, dagegen sehr lange z. B. in getrocknetem 
Sputum.) Diese Widerstandsfähigkeit ist stets eine ziemlich hohe 
und kann eine Reihe von Monaten währen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 183 


In Anbetracht dieses Umstandes und der zahlreichen natürlichen 
Fundorte, an denen der Streptococcus in ständiger Berührung mit 
der Außenwelt steht, ist seine Übertragung durch die Luft nicht 
allein möglich, sondern erscheint auch so leicht und natürlich, dass 
man der Luft zweifelsohne einen wesentlichen Antheil an der Über- 
tragung von Streptokokkeninfektionen zuweisen darf. 

Hübener (Breslau). 


2) O. Bail. Über leukocide Substanzen in den Stoffwechsel- 
produkten des Staphylococcus pyogenes aureus. 
(Archiv für Hygiene Bd. XXX. Hit. 4.) 

B. hat die merkwürdigerweise ganz in Vergessenheit gerathenen 
Untersuchungen v. d. Velde’s, der im Pleuraexsudat von intrapleural 
mit Staph. aur. inficirten Kaninchen ein von ihm Leukocidin genanntes 
Gift nachgewiesen hatte, welches lebende Leukocyten unter eigenthüm- 
lichen Absterbeerscheinungen in kürzester Zeit vernichtet, unter Zuhilfe- 
nahme einer hochvirulenten Kultur des Staphylococcus pyogenes aureus 
Dia Öse tödtete ein Kaninchen in 20 Stunden) einer Nachprüfung 
und Erweiterung unterzogen. Er bestätigt die Ergebnisse v. d. V.’s. 
Die Einwirkungen des Leukocidins, welches durch Erhitzen auf 60° 
zu Grunde geht, auf die weißen;Blutkörperchen kann man direkt unter 
dem Mikroskop studiren. Sie treten in blasiger Degeneration der- 
selben zu Tage, es kommt zu einer Art Auflösung der Leukocyten, 
von der die Granula und der Kern am sinnfälligsten betroffen wer- 
den. Hierbei gehen aber die nach Buchner-Schattenfroh in den 
Leukocyten enthaltenen baktericiden Stoffe nicht verloren, sondern 
treten in die umgebende Flüssigkeit über. B. konnte die baktericide 
Fähigkeit solcher Flüssigkeiten einer ganzen Reihe von Bakterien 
gegenüber (Staphylococcus pyogenes aureus, Typhus, Cholera, Pyocya- 
neus, Prodigiosus, Coli) wenn auch in quantitativ verschiedenem 
Grade, nachweisen. Hübener (Breslau). 


3) V. Babes, P. Riegler, C. Podasca. Sur les toxines de 
la morve et leur rapport avec les bacilles morveux et le 
serum anti-morveux. 

(Arch. des sciences méd. 1897. No. 3.) 

Verff. haben an Kaninchen, Meerschweinchen, Esel experimentirt. 
Die abgestorbenen Rotzbacillen haben wie die der Tuberkulose die 
Eigenschaft, einen gewissen Theil ihrer pathogenen Kraft zu behalten. 
Ihre Wirkung bleibt jedoch zum Unterschied vom lebenden Bacillus 
auf den Inokulationsort‘ beschränkt. Das Mallein erzeugt bei rotz- 
kranken Thieren selbst in geringen Dosen Fieber und unter Umständen 
den Tod, während gesunde Thiere enorme Dosen vertragen. Dagegen 
macht dasselbe widerstandsfähig gegen die Wirkungsweise der ab- 
gestorbenen Bacillen. Thiere, besonders der Esel, die mit steigenden 
Dosen von Mallein oder Morvin und darauf mit abgestorbenen Ba- 


184 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


cillen behandelt sind, liefern ein Serum, das den Rotz beim Meer- 
schweinchen verhüten und sogar ihn heilen kann. 
Borchard (Posen). 


4) Stutzer und Hartleb. Das Bacterium der Maul- und 
Klauenseuche. 
(Archiv für Hygiene Bd. XXX. Hft. 4.) 

Die Vert haben gelegentlich zweier Epidemien von Maul- und 
Klauenseuche einen bestimmten für Mäuse und Meerschweinchen 
exquisit pathogenen Mikroorganismus züchten können, welcher die 
Eigenschaft hat, seine Gestalt zu ändern. Das Bacterium erscheint 
theils als ovales Stäbchen, dessen Länge kaum das 1!/,fache der Breite 
beträgt, theils sind die Stäbchen auch länger. Unter anderen Ver- 
hältnissen (Wechsel der Ernüährungsbedingungen, Erzeugung von auf 
die Entwicklung einwirkenden Stoffen) finden sich Formen von Kok- 
ken, Diplokokken, Streptokokken, welche stets in eine Schleimhülle 
eingebettet liegen. Nicht selten treten hefeartige Gebilde auf mit 
rundlichen Auswüchsen, die als Zoogloea zu betrachten sind. Unter 
wieder anderen Bedingungen verwandelt der Organismus sich in 
eine Streptothrix und letztere in einen Fadenpilz. Diese Umwand- 
lungen lassen sich verfolgen, wenn man von einer einheitlichen 
Bakterienkultur ausgeht und Nährmedien verschiedener Zusammen- 
setzung gebraucht. 

Auf den Pleomorphismus ihres Erregers führen die Vert die 
negativen Ergebnisse der anderen Forscher zurück, die wahrschein- 
lich denselben Organismus beobachteten, doch zum Theil in anderer 
Gestalt und unter verschiedenen Lebensbedingungen. 

(Die höchst interessanten und überraschenden Ergebnisse von 
S. und H. bedürfen jedenfalls noch der weiteren Bestätigung und 
Nachprüfung, um so mehr als bekanntlich die Krankheit auf den 
Menschen übertragbar ist, eine Thatsache, die in neuster Zeit von Bus- 
senius und Siegel an der Hand eines überaus umfangreichen stati- 
stischen Materials und von Stierlin als nicht gar so selten betont 
wird, wenngleich man nicht so weit zu gehen braucht wie Ebstein, 
dem alle Fälle von Stomatitis aphthosa auf Infektion mit Maul- und 
Klauenseuche verdächtig sind.) Hübener (Breslau). 


5) M. Blumberg. Experimentelle Untersuchungen über 
Desinfektion im Gewebe thierischer Organe. 
Inaug.- Diss., Breslau, 1897. 

Da die mit den bislang allgemein geübten Desinfektionsmetho- 
den erhaltenen Resultate sich auf die praktischen Verhältnisse nicht 
direkt übertragen lassen, weil die chemische Umsetzung der Desin- 
fektionsmittel im Organismus und ihre Tiefenwirkung dabei nicht 
berücksichtigt werden, hat B. in der Neisser’schen Klinik Desin- 
fektionsprüfungen an von Mikroorganismen reichlich durchsetzten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 185 


Organstückchen vorgenommen. Die von Schäffer angegebene Me- 
thode besteht in der Verarbeitung von Milzen weißer, mit Milzbrand 
oder Tetragenus inficirter Mäuse, die nach bestimmt langem Verwei- 
len in der Desinfektionsflüssigkeit und Abspülen in Wasser total 
zerkleinert, nochmals abgespült und sodann auf Nährböden verbracht 
werden. 

Bei dieser Versuchsanordnung entfalten viele Silbersalze im Ge- 
webe eine außerordentliche Desinfektionskraft und sind dem Subli- 
mat weit überlegen, welches durch chemische Umsetzung im Gewebe 
viel von seiner Desinfektionskraft verliert, während die Phenole im 
organischen Gewebe eine sehr hohe Desinfektionskraft beibehalten. 
Zusatz von Kochsalz zum Sublimat verhindert einen großen Theil 
des Verlustes an Desinfektionswirkung. Unter den Silbersalzen er- 
wies sich Argentamin, Actol und Itrol als dem Arg. nitric. und Ar- 
gonin überlegen. Hübener (Breslau.) 


6) Ried. Zur Infiltrationsanästhesie. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 


R. berichtet über die Erfahrungen, welche v. Hacker, der 
schon seit 1893 die Schleich’sche Methode acceptirt hat, mit dieser 
erzielt hat. Die beigegebene Tabelle enthält 161 der verschiedensten 
Operationen. 

In der allgemeinen Empfehlung des Verfahrens einerseits, in der 
Bestimmung der Grenzen seiner Anwendbarkeit andererseits befindet 
sich Verf. in voller Übereinstimmung mit den vom Ref. (Beiträge 
zur klin. Chirurgie Bd. XV) publicirten Anschauungen. Besonders 
beachtenswerth erscheint der Vorschlag, bei Exartikulationen, so wie 
zum Zweck der Lösung von Synechien die Gelenke durch direkte Injek- 
tion der Schleich’schen Lösung in die Gelenkhöhle zu anästhesiren. 

Hofmeister (Tübingen). 


7) Ludwig. Über Narkose mit Äthylchlorid. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 

Auf Grund von 66 in v. Hacker’s Klinik ausgeführten Nar- 
kosen empfiehlt L. in Anlehnung an Soulier das Äthylchlorid 
»Kelen«) für kurzdauernde Narkosen. Besonders betont wird das 
überraschend schnelle Eintreten der Anästhesie, die geringe Ent- 
wicklung des Excitationsstadiums und das rasche Erwachen der Pat., 
so wie das Fehlen von Nachwirkungen. Nicht anwendbar ist die 
Kelennarkose, wo es sich um Erreichung vollständiger Muskel- 
erschlaffung handelt. In einzelnen Fällen hat die Kombination der 
Kelennarkose mit der Schleich’schen Infiltrationsanästhesie (da wo 
die letztere für einzelne Operationsakte nicht ausreichte) gute Dienste 
geleistet. Zur Ausführung der Kelenisirung bedarf man einer dampf- 
dicht schließenden Maske (Modifikation der Julliard’schen Maske). 
Im Übrigen kann ein Eingehen auf die technischen Details der 


7%% 


186 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


Narkose um so weniger Aufgabe des Ref. sein, als derjenige, welcher 
dieselbe praktisch auszuüben gedenkt, das Studium des Originals 
nicht wird entbehren können. Hofmeister (Tübingen). 


8) L. Bruns. Die Geschwülste des Nervensystems. 
Berlin, 8. Karger, 1897. 

Der Vert, dem wir schon so manche Förderung unserer Kennt- 
nisse von den Geschwülsten des Nervensystems verdanken, hat hier 
in monographischer Bearbeitung unter Verwerthung einer außer- 
ordentlich reichen persönlichen Erfahrung ein wirklich ausgezeich- 
netes Werk geliefert. Der bei Weitem größte Theil des Buches ist 
naturgemäß von den Abschnitten über Symptome und Diagnose ein- 
genommen, und das hier Gebotene gehört zweifellos zu dem Besten, 
was unsere Litteratur über diesen Gegenstand aufweist. Ist das 
Werk durch die Klarheit und Übersichtlichkeit dieser Auseinander- 
setzungen auch für den Chirurgen sehr werthvoll, so wird es das 
noch besonders durch den Abschnitt über die Behandlung der Hirn- 
geschwülste, in dem ohne Voreingenommenheit das Pro und Contra 
eines chirurgischen Eingriffes sorgfältig abgewogen wird. 

Die hauptsächliche Forderung für einen chirurgischen Eingriff 
ist, dass die Allgemein- und Lokaldiagnose denjenigen Grad von 
Sicherheit besitzt, der heute überhaupt zu erreichen ist. Weiter ist 
zu fragen: ist die diagnosticirte Geschwulst für das Messer zu er- 
reichen, und bedingt ihre Entfernung keine unmittelbare Lebens- 
gefahr? In dieser Beziehung sind auszuscheiden die Geschwülste 
des Pons, der Medulla oblongata, der Vierhügel, auch wohl die 
meisten Geschwülste der Basis. Die Kleinhirngeschwülste dürften 
sich auch kaum zu einer operativen Inangriffnahme eignen; von 
13 Fällen Allen Starr’s gelang es nur in einem, das Leben zu er- 
halten, während Pat. blind und taub blieb. Für die Geschwülste 
des Centrum semiovale, der Centralganglien und des Balkens trifft 
Unsicherheit der Diagnose und Unzugänglichkeit zusammen. 

Es bleiben somit nur die oberen und seitlichen, der Schädel- 
kapsel anliegenden Theile der Großhirnrinde und ihre subcorticalen 
Markmassen übrig. In Bezug auf Zugänglichkeit und Frühdiagnose 
stehen in erster Linie die Centralwindungen, dann folgen 2) Sprach- 
gebiete, 3) Stirnlappen, 4) Occipitallappen, 5) Schläfenlappen. 

Von 51 lokaldiagnosticirten Fällen des Verf. kommen auf unzu- 
gängliche Theile, somit inoperable Fälle, 31. Von 24 Fällen, in 
denen die Diagnose durch Autopsie bezw. Operation bestätigt wurde, 
saßen 15 an operativ angreifbaren Stellen. Unter Verwerthung der 
Zahlen Allen Starr’s kommt Verf. zu dem Schluss, dass von 100 Ge- 
schwülsten im Ganzen nur etwa 32 genau zu diagnosticiren und 
chirurgisch angreifbar sind. 

Wenn eine exakte Diagnose gemacht ist, so können sich bei der 
Operation immer noch viele Überraschungen ergeben, die von der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 187 


Art der Geschwulst, ihrer Größe, ihrem corticalen oder subcorticalen 
Sitz, ihrer etwaigen Multiplicität abhängen. Außerdem bedingt die 
Operation selbst erhebliche Gefahren, so namentlich die oft bedeu- 
tenden Blutungen und die Shockwirkung. 

So ist es zu verstehen, dass von 7 Fällen, die Verf. mit be- 
stimmter Allgemein- und Lokaldiagnose zur Operation gebracht hat, 
bei keinem eine Heilung erzielt ist. 

Bei 4 lag klar in Art und Sitz die Geschwulst begründet; bei 
3 war der Misserfolg chirurgischer Natur: 1 starb an eitriger Menin- 
gitis, die beiden anderen an enormem Blutverlust und Shock der 
Operation. Den Verhältnissen nach wäre in diesen 3 Fällen ein 
dauernder Erfolg möglich gewesen, eben so in 2 der übrigen 8 nicht 
operirten Fälle. Also bei 5 von. 15 ausgesucht günstigen Fällen wäre 
bei günstigsten äußeren Umständen ein dauernder Erfolg erreichbar. 

Das würde für die Gesammtmasse der Hirngeschwülste etwa 
10—11% machen, eine Zahl, die sicher aber noch zu hoch ist. 8% 
dürfte richtiger sein. Wenn man dann noch 4% auf Kosten chirur- 
gischer Unglücksfälle abzieht, so bleiben 4% (Oppenheim) übrig. 

Wenn sich unter dieser Sachlage die Begeisterung für die Ope- 
ration der Hirngeschwülste wesentlich abgekühlt hat, so beantwortet 
B. doch die Frage, ob man überhaupt operiren soll, mit einem ent- 
schiedenen »Ja«. Denn erstens ist das Leiden ein. so furchtbares, 
für jede andere Behandlung unerreichbares, dass immer wieder der 
Versuch seiner Beseitigung gemacht werden muss. Zweitens ist zu 
bedenken, dass auch in den Fällen, wo die radikale Entfernung der 
Geschwulst nicht gelang, die Allgemeinsymptome meist rasch zurück- 
gingen, während die Herdsymptome bestehen blieben. 

Vor allen Dingen ließ sich durch die Trepanation der Übergang 
der Stauungspapille in Sehnervenatrophie verhüten. Dadurch haben 
wir das Recht, in geeigneten Fällen immer wieder zur Operation zu 
rathen. 

Dieser letztere Umstand führt weiter zu der Frage, ob man auch 
eine Linderung der Beschwerden durch die Trepanation in solchen 
Fällen versuchen soll, wo eine Lokaldiagnose nicht zu stellen, wo 
die lokaldiagnosticirte Geschwulst unerreichbar ist. Verf. glaubt, 
dass auch diese Frage zu bejahen ist, dass sogar die Pflicht zur ein- 
fachen Trepanation besteht, wenn bei vorhandener Stauungspapille 
die Gefahr der Erblindung nahe rückt. 

Der zweite Theil des Werkes behandelt die Rückenmarks- 
geschwülste und gliedert sich naturgemäß in die Abschnitte über 
Wirbelsäulengeschwülste und intervertebrale Geschwülste. Den letz- 
teren als den bei Weitem wichtigeren ist naturgemäß der größere 
Raum zugemessen; gehört doch die Diagnose einer intervertebralen 
Geschwulst zu den schwierigsten Aufgaben, die die Medicin kennt. 
Mit außerordentlicher Klarheit werden die diagnostischen Anhalts- 
punkte für die allgemeine und die noch schwierigere Segment- 
diagnose entwickelt, so dass auch der Ungeübte im gegebenen Falle 


188 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


die B.’schen Auseinandersetzungen mit Erfolg zu Rathe ziehen wird. 

Die chirurgische Behandlung von intervertebralen Rückenmarks- 
geschwülsten ist bisher in 20 Fällen ausgeführt worden. Für eine 
chirurgische Behandlung günstig liegen nur die Geschwülste der 
Häute und speciell wieder die intraduralen. Die Exstirpation der- 
selben wird durch eine Reihe von Umständen begünstigt, durch die 
geringe Ausdehnung und leichte Überblickbarkeit des in Betracht 
kommenden Raumes, durch die Thatsache, dass es sich fast immer 
um primäre und isolirte Geschwülste handelt, und dass eine eigent- 
liche Strukturveränderung des Markes auch bei langjähriger Kom- 
pression nicht einzutreten pflegt. 

In 18 von den 20 Fällen war die als richtig diagnosticirte Ge- 
schwulst durch die Operation entfernt. In 6 von diesen Fällen wurde 
eine erhebliche Besserung bis Heilung erreicht, in 2 eine gewisse 
Besserung erzielt, in 12 Fällen trat der Tod ein, 9mal bald nach der 
Operation an deren Folgen, 3mal später in Folge Recidivs, Marasmus. 
Die Operation der Wirbelsäuleneröffnung wird immer eine sehr ein- 
greifende, langdauernde und gefährliche Operation bleiben. Und 
wenn wir auch unsere therapeutischen Hoffnungen nicht allzu hoch 
spannen dürfen, so haben wir doch das Recht, den Kranken und 
seinen Angehörigen in allen Fällen von sicherer Diagnose zur Ope- 
ration zu rathen.? 

Zu bedenken giebt B., dass in 2 Fällen nach der Operation die 
Kranken, die noch lange lebten, nicht im Stande waren, aufrecht zu 
sitzen oder ihren Kopf aufrecht zu halten. Ferner ist darauf hinzu- 
weisen, dass sich in einem tödlich verlaufenen Falle oberhalb der 
Kompressionsstelle sehr ausgedehnte frische Blutungen fanden, jeden- 
falls bedingt durch das Meißeln und Hämmern an der Wirbelsäule. 

In dem dritten, die Geschwülste der peripheren Nerven 
behandelnden Theil werden nicht nur die eigentlichen Nerven- 
geschwülste, die Neurome, sondern auch die sogenannten paraneu- 
ralen Geschwülste erörtert. Die entsprechenden klinischen Bilder 


sind vom Verf. in außerordentlich klarer Weise gezeichnet. 
Krecke (München). 


9) Maylord. A plea for a revised nomenclature of opera- 
tions upon the alimentary canal. 
(Annals of surgery 1897. September.) 

Verf. bedauert die Verschiedenheit der technischen Ausdrücke 
zur Bezeichnung unserer Magen-Darmoperationen und empfiehlt eine 
internationale Verständigung; gleichzeitig giebt er eine Anleitung zur 
Benennung der verschiedenen Operationen. Das Schema enthält 


im Wesentlichen die in Deutschland gebräuchlichen Namen. 
Tietze (Breslau). 


‚Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 189 


10) Kingsbury (St. Louis). Neue Nahtmethode für den 
Bauchschnitt. 
(St. Louis med. and surg. journ. 1897. November.) 

Eine gekrümmte und mit irgend einem Nahtmaterial armırte 
Nadel wird etwa 1 cm vom Wundrand entfernt durch alle Schichten 
der Bauchwand durchgeführt, so dass sie das Bauchfell etwa in 
4 cm Entfernung vom Rand durchbohrt. Darauf wird die Nadel 
wieder an derselben Seite, aber nur durch das Peritoneum, etwa 
nur 1 cm vom Rand entfernt, hindurch und auf der Wundfläche 
zwischen Peritoneum und Muskelschicht herausgebracht, auf der 
anderen Seite eben so ein- und an der Innenseite des Bauch- 
fells ausgestoßen und schließlich in 4 cm Abstand vom Rand von 
innen nach außen durch die ganze Dicke der Bauchwand schräg 
durchgestochen, so dass der Faden außen wieder nur 1 cm vom 
Rand entfernt austritt. Die doppelte Durchstechung des Bauchfells 


an jeder Seite soll wohl die Hauptsache darstellen. 
Lühe (Königsberg i/Pr.). 


11) Traeger. Über abnormen Tiefstand des Bauchfells im 
Douglas’schen Raume beim Manne. (Aus der anatomi- 
schen Anstalt zu Leipzig.) 

(8onder-Abdruck aus Archiv für Anatomie u. Physiologie 1897.) 

An der Leiche eines 65jährigen, kräftig gebauten Individuums 
fand sich hinter der Blase und Prostata zwischen diesen und dem 
Mastdarm ein spaltförmiger Raum, dessen blindsackförmiges Ende 
bis zur Spitze der Prostata herunterreichte, und in den der Finger 
nur nach Überwindung eines gewissen Widerstandes eindrang. Die 
Untersuchung am gehärteten Präparat ergab ein taschenförmiges 
Herabsteigen des Bauchfells von der hinteren Blasenfläche und Vor- 
derfläche des Mastdarms, zwischen diesem und der Prostata, und ein 
blindsackförmiges Umschlagen derselben in einer Höhe von 2!/, cm 
über dem vorderen Umfange der Afteröffnung. Der Recessus war 
leer. Zeichen von Entzündung fehlten. Verf. kommt nach Prüfung 
der Stimmen in der Litteratur und dem Ergebnis seiner Unter- 
suchung zu dem Resultat, dass es sich meistens um eine präexi- 
stirende Abnormität handeln wird, veranlasst durch ein Stehenbleiben 
auf dem Standpunkt eines gewissen embryonalen Stadiums. (Es ist 
klar, dass die Möglichkeit eines häufigeren Vorkommens einer der- 
artigen Abnormität von Wichtigkeit ist für die Erklärung des Zu- 
standekommens von Perinealhernien. Ref.) H. Lindner (Berlin). 


12) Hermes. Beitrag zur Kenntnis der Blasenhernien. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 245.) 
H. vermehrt nicht nur die Kasuistik der Blasenhernien — oder 
vielleicht besser gesagt die des Antreffens der Blase bei Herniotomien 
— um 4 neue aus Sonnenburg’s Abtheilung im Krankenhause zu 


190 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


Berlin-Moabit stammende Beobachtungen, sondern liefert hier auch 
in sehr dankenswerther Weise eine Sammlung aller in neuerer Zeit 
veröffentlichten Operationsfälle, deren Eigenthümlichkeiten nach ana- 
tomischer so wie klinischer Richtung hin gründlich besprochen werden, 
so dass seine Arbeit einen völligen Abriss unseres heutigen Wissens 
über dieses Kapitel der Herniologie darbietet. 

Die Begegnung der Blase bei Bruchoperationen ist gegen früher 
ungleich häufiger geworden, seitdem die Radikaloperation der Brüche 
zu den täglich vorkommenden Eingriffen geworden ist. H.’s kasuisti- 
sche Sammlung, eine Fortsetzung derjenigen von Aue, die bis zum 
Jahre 1890 reichte, enthält, von diesem Jahre beginnend, 58 Fälle, 
von denen nur ‚einer ein 5jähriges Kind, die übrigen erwachsene 
Leute von 20 bis über 70 Jahren betreffen, und zwar 43 Männer 
mit 42 Leisten- und 1 Schenkelbruch, gegenüber 15 Weibern mit 
5 Leisten- und 10 Schenkelbrüchen. Nur 3mal konnte aus vor- 
handenen Störungen der Urinentleerung die Gegenwart der Blase 
im Bruche vor der Operation erkannt werden, 13mal wurde sie 
während der Operation entdeckt, und demgemäß ihre Verletzung 
vermieden; dagegen wurde die Blase bei der Operation nicht weniger 
als 40mal theils durch Schnitt, theils durch Ligatur, theils durch 
Einreißen beim stumpfen Präpariren verletzt, was allerdings 25mal 
sofort erkannt wurde, während 15mal die Verletzung bei der Opera- 
tion unerkannt blieb und sich theils im Wundheilungsverlauf, theils 
gar erst bei der Sektion herausstellte. Nur ein einziges Mal handelte 
es sich um eine, wie H. sagt, intraperitoneale Blasenhernie, d. h. um 
Vorfall eines ganz von Serosa bekleideten Blasengipfels (»hernie par 
bascule«, Duret); sonst lagen nur Blasentheile vor, die bald gar 
nicht, bald nur partiell serös bedeckt, aber fast regelmäßig an der 
medialen Seite des Bruchsackes mehr oder weniger fest adhärent 
waren. Wie Kocher, Lardy und Lantz zuerst angegeben haben, 
sind diese zum Schluss unserer heutigen Radikaloperation beim 
Anziehen des Bruchsackes Behufs Ligatur erscheinenden Blasentheile 
aber meist gar nicht als echte Brucheingeweide anzuerkennen, sondern 
sind Kunstprodukte, entstanden durch Zerrung am Bruchsack. 
Außerdem aber kommen auch alte peritonitische Verwachsungen 
zwischen Blase einer- und Bruchsack oder Netz etc. andererseits als 
Ursache für die ungewöhnliche Blasenlagerung in Betracht. Sowohl 
in den 16 Fällen, wo die Blasenverletzung vermieden werden konnte, 
als in noch 22 weiteren ist für den vorgefallenen Blasentheil als 
charakteristisch dessen Bedeckung mit Fettgewebe beschrieben, das 
dichte Schichten, manchmal förmliche Lipome bildete, und das da- 
her für die Diagnose der Blase im Verein mit der Katheterunter- 
suchung vor Allem zu berücksichtigen ist; des Weiteren kann an die- 
sem Theil öfter der Balkenbau der Blasenmuskulatur nachgewiesen 
werden. Der Zusammenhang mit dem Bruchsack ist meist recht 
innig und bedarf scharfer Schnitte zur Ablösung. Ist letztere gut 
gelungen, so kann die Radikaloperation in gewohnter Weise voll- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 191 


endet werden. War dagegen die vorgefallene Blasenpartie brandig 
gewesen (Imal beobachtet), oder wurde die gesunde Blase verletzt, 
so scheint unbeschadet einer Blasennaht offene Nachbehandlung mit 
Tamponade angezeigt, obwohl 3mal nach Vornahme der Naht der 
angeschnittenen Blase ihre Reposition und Versenkung mit Naht 
des Bruchschnittes erfolgreich gewagt wurde. Todesfälle wurden im 
Ganzen 11 gezählt, wovon 4 in direkter Folge der Blasenverletzung 
an Peritonitis und Shock bez. Blutverlust. Kleine nach außen 
mündende Urinfisteln haben die Heilung nie beeinträchtigt. 


Es erübrigt noch, kurz H.'s neue Fälle zu erwähnen. 1) Radikaloperation 
einer rechten Leistenhernie eines 40jährigen Mannes. Die Blase findet sich als 
kirschgroße fettige Geschwulst an der medialen Bruchsackseite am inneren Bauchring. 
Abpräparirung und Reposition nach richtig gestellter Diagnose. In Fall 2 und 3, 
Schenkelbrüchen bei Frauen, wurde die Blase fälschlich für einen aocessorischen 
Bruchsack gehalten und eröffnet, worauf Urinentleerung den Sachverhalt aufklärte. 
Trotz Blasennaht eine Zeit lang Urinabgang durch die Wunde, indess schließ- 
liche Heilung. In Fall 4 trat nach Herniotomie eines eingeklemmten Schenkel- 
bruches einer Frau, wobei ein brandiges Stück Nets resecirt wurde, der Tod ein. 
Sektion: Peritonitis; in der hinteren Blasenwand ein bleistifidickes Loch, von der 
Operation herrührend. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


13) Gautier. Hernie diaphragmatique congénitale. 
Thèse de Paris, 6. Steinheil, 1897. 

Die Zwerchfellhernien sind sehr seltene Missbildungen, aber 
ihre Existenz ist gewöhnlich verhängnisvoll für die Träger. Der 
Tod tritt entweder sofort nach der Geburt oder später je nach der 
Größe des Bruches auf, aber stets unter klinischen Erscheinungen, 
die gewöhnlich eine Diagnose während des Lebens ausschlossen. G. 
hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Diagnostik zu fördern. Es 
gelang ihm, im Ganzen 102 Berichte aufzufinden, die ausführlich mit- 
getheilt werden. Aus diesen ergab sich, nicht in Übereinstimmung 
mit früheren kleineren Statistiken, dass am häufigsten der Dünndarm, 
dann der Magen oder beide, endlich Colon, Milz, Leber, Nieren in 
absteigender Reihe der Häufigkeitsskala als Inhalte des Bruchsackes 
sich fanden. Stets ist die Lunge im entprechenden Grade kompri- 
mirt, und die dadurch bedingte Athmungsbehinderung ist die Ursache 
des Todes. Am häufigsten sitzen die Hernien links. Entwicklungs- 
geschichtliche Studien zeigen, dass primäre Missbildung des Zwerch- 
fells für die angeborenen Hernien die typische Ursache ist. Gründe 
für diese lassen sich weder in Schädigung der Mutter noch 
des Fötus durch Traumen auffinden. Gewöhnlich fehlt der Bruch- 
sack! Der Bruchsack sitzt meistens an der Hinterseite. Eine genaue 
Diagnose während des Lebens ist nicht möglich. Für die Wahr- 
scheinlichkeitsdiagnose kommen die Erscheinungen der Verdrängung 
anderer Organe in erster Linie in Betracht. Das Herz wird z. B. 
nach rechts verdrängt. Die Einführung einer Tube für die Luft- 
einblasung wird durch Verlagerung der Bronchen erschwert oder 
unmöglich. Der Lungenschall wird durch Dämpfung abnormer Art 


192 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


ersetzt. Das Athemgeräusch fehlt etc. Zuweilen ist Missbildung 
des Brustkorbes und Abplattung des Leibes durch die Hernie be- 
dingt. Bei Bestehen dieser Veränderungen soll man desshalb an 
Zwerchfellshernie denken. Die Prognose ist im Ganzen schlecht, die 
Therapie machtlos. Boeing (Hamburg). 


14) J. Frank (Chicago). Über den resorbirbaren Darmknopf. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 51.) 

F. beschreibt einen Knopf, der aus den dekalcinirten Knochen 
der Vorderfüße eines 4jährigen Ochsen hergestellt wird und zu den 
Vorzügen des Murphyknopfes noch neue hinzubringt, andererseits die 
Schattenseiten des letzteren vermissen lassen soll. Der Knopf besteht 
aus 2 dekalcinirten Ringen, die an den beiden oberen Schnittflächen 
mit 6 feinen Öffnungen in Nadelstichgröße versehen sind und durch 
ein centrales Gummiröhrchen, an dessen beiden Enden sie aufgereiht 
sind, fest an einander gehalten werden. Bezüglich der Art der Be- 
festigung und Form des definitiven Knopfes sei auf das Original 
verwiesen; die beigegebenen instruktiven Abbildungen veranschau- 
lichen die Operationstechnik und ihre Details. Die Vortheile seines 
Knopfes gegenüber dem Murphy’schen fasst F. dahin zusammen, 
dass seine Anastomose die Schleimhaut und Muskelschicht nie 
schädige, dass das Gummiröhrchen gegen Ende der 1. Woche regel- 
mäßig mit dem Koth abgehe, dass man in der Lage ist, dem centralen 
Gummirohr eine beliebig weite Lichtung zu geben, und dass bei seiner 
Darmvereinigungsmethode eine spätere Stenosirung unmöglich ist, da 
die Theile in Juxtaposition an einander heilen. 

Die von F. an Thieren geprüfte Methode wurde bereits an 
7 Menschen in Anwendung gezogen, und zwar mit gutem Heilungs- 
erfolge, bei einer Gastroenterostomie, einer Ileocolostomie und 
5 Enteroanastomosen. Geld (Bielits). 


15) P. Berger. Sur le traitement des occlusions intestinales 
a forme aiguë. 
(France méd. 1897. No. 47.) 

Die ungünstigen Resultate der Ileusoperationen in Frankreich 
(60—70 % Todesfälle) führt B. auf die Schwierigkeit und Mangelhaf- 
tigkeit der Diagnosenstellung zurück. Von einem weiteren Ausbau 
derselben sind nach seiner Ansicht die künftigen Erfolge abhängig 
in viel höherem Maße, als von neuen Operationsmethoden. Die 
Laparotomie bevorzugt B. bei jungen Individuen, kräftigem Ernäh- 
rungszustand, kurzer Dauer der Krankheit und besonders auch dann, 
wenn ein Anhalt dafür vorliegt, dass das Hindernis sehr hoch sitzt; 
anderenfalls soll ein Kunstafter angelegt werden, namentlich auch, 
wenn das Colon aufgetrieben ist, da hier das Vorhandensein eines 
Carcinoms wahrscheinlich ist. Ganz besonders betont Verf., dass sehr 
häufig auch funktionelle Störungen (paralytische oder spastische) 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 193 


akuten Ileus vortäuschen können, die eine operative Behandlung 
nicht erfordern. König (Wiesbaden). 


Kleinere Mittheilungen. 


Zur Technik der Wladimirow-Mikulicz’schen Operation. 
Von 
Dr. Ernst Müller in Stuttgart. 


Bei der osteoplastischen Fußresektion nach Mikulioz liegt die Befürchtung 
sehr nahe, dass in Folge der Durchtrennung des Nervus tibialis posticus am Fuß- 
ballen Ernährungsstörungen eintreten könnten, und es wurde desshalb von Roser 
die Nervennaht, von Berger eine andere Schnittführung (T-Schnitt am Außenrand 
des Fußes) vorgeschlagen. 

Für gewöhnlich scheint die Gefahr gering zu sein, indem Anastomosen vom 
Tibialis antious her eintreten. In einem Falle aber, den ich letsten Sommer zu 
operiren hatte, konnte ich mich nicht auf diese Aushilfe sicher verlassen. Es 
handelte sich um einen 6jährigen Knaben, der 4 Wochen ehe er in meine Be- 
handlung kam eine schwere Zertrümmerung des Fußes erlitten hatte. Als ich ihn 
zuerst sah, war die ganze Fersengegend in eine granulirende Masse verwandelt, 
in der noch Reste des nekrotischen Calcaneus steokten, eben so war die Haut 
fast des ganzen Fußrückens abgestoßen; erhalten war also nur die Haut der 
Zehen und der Fußsohle in der Ausdehnung, wie sie bei der Mikulicz’schen 
Operation erhalten bleibt. Unter diesen Umständen musste daran gedacht werden, 
es könnte die Ausgleichung der Innervation durch die zu erwartende Narben- 
bildung Noth leiden, und ich beschloss daher, den Tibialis posticus zu erhalten. 
Zu diesem Zweck begann iob die Operation damit, dass ioh den Nerven hinter 
dem Malleol. int. aufsuchte und ihn mit den Gefäßen als zusammenhängendes 
Packet durch das ganze Operationsgebiet stumpf freipräparirte. Dann wurde er 
als lange Schlinge während des weiteren Verlaufs der Operation, die in gewöhn- 
licher Weise ausgeführt wurde, zur Seite gehalten. Dies gelang leichter als ich 
vorher gedacht hatte; die Rücksicht auf den Nerven hinderte bei der Ausführung 
der Operation so gut wie gar nicht. 

Nachdem die Resektion beendet und die Knochenwundflächen an einander 
gestoßen waren, war der Nerv natürlich viel zu lang; aber er konnte in Schleifen 
gelegt swischen Knochen und Haut so gebettet werden, dass er keinen Druck 
erfuhr. 

Nach der Heilung, die ungestört, aber durch die Wundfläche auf dem Fuß- 
rücken versögert erfolgte, war von dem Nerven nichts mehr zu fühlen, und nirgends 
«ine auf Berührung empfindliche Stelle. 


16) G. W. Gay. A case of ligature of the innominate artery for 
aneurysm. 
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 8. Ser. Boston 1897. p. 296.) 
39jähr. Wittwe seit 2 Jahren erkrankt; allmähliche Entwicklung von Schluck- 
beschwerden, Dyspnoë, Schmersen am Hals, ausgehend von einer pulsirenden Ge- 
schwulst oberhalb des rechten Sterno-claviculargelenks, nach rechter Axilla und 
dem Rücken ausstrahlende Schmerzen. Blasendes systolisches Geräusch über dem 
gansen Herzen, am lautesten an der Spitze, über Aorta und Geschwulst sich hin- 
ziehend. 

Diagnose: Fusiformes Aneurysma der Art. anonyma. Durch Anwendung der 
Röntgenstrahlen konnte festgestellt werden, dass das Aneurysma den unteren 
Rand des rechten Schlüsselbeins nach unten nicht überragte. Wegen der hoch- 
gradigen Beschwerden der Pat. auf deren Verlangen: Operation. Hautschnitt 


194 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


über dem rechten Muse. stern.-eleid.-mast., über das rechte Sterno-elavioulargelenk 
abwärts bis aufs Brustbein und dann aufwärts zum linken Schlüsselbein. Bildung 
eines dreieckigen Haut-Muskellappens mit Basis am Hals (Fascie, Platysma). 
Durchtrennung des Ansatzes des rechten M. sterno-cleido-mastoid. am Knochen. 
Entfernung des rechten Sterno-olaviculargelenkes sammt anliegenden Theilen von 
Schlüssel- und Brustbein. Die Art. anonyma war nun sehr gut zugänglich. Nach 
Trennung ihrer Scheide mit dem Zeigefinger — doppelte Unterbindung mit Beide, 
zuerst 2/4 Zoll oberhalb der Aorta, die 2. Ligatur und 3. Verstärkungsligatur 
4/3 Zoll höher; Seidennaht, Drainage — aseptischer Verband. (Operationsdauer 
11/3 Stunde, Äthernarkose) Puls nach der Operation 84 Schläge; Respiration 
regelmäßig, Gesichtsfarbe gut. Unmittelbar nach Applikation der Ligatur Aufhören 
der Pulsation in der Geschwulst, Carotis und rechter Axillaris. Nach 7 Stunden 
leichte Pulsation in der Art. radialis. 

Normaler Verlauf in den nächsten Tagen: Keine Schluckbeschwerden, keine 
Dyspno&, keine Kopfschmerzen mehr. Temperatur und Puls normal. Am 4. Tage 
Verbandwechsel, Entfernung der Drainage. Am 6 Tage Fieber, Wunde infieirt. 
Irrigation mit Wasserstoffsuperoxyd. Am 14. Tage Puls und Temperatur wieder 
normal. Am 19. Tage Pulsation in der rechten Carotis comm. Am 32. Tage ge- 
ringe Blutung aus einer an der Spitze des Lappens zurückgebliebenen Fistel. 
Äthernarkose — da vermuthet wird, dass die Blutung von der distalen Seite 
herrührt, wegen der Pulsation der Carotis — Unterbindung der rechten Carotis 
comm. Nach mehrmaligen weiteren Blutungen unter Anstieg von Temperatur und 
Puls Tod am 41. Tage nach der Operation. 

Die Autopsie ergab Ruptur der Art. anonyma unterhalb der Ligaturstelle, 
Verwandlung des ursprünglichen Aneurysmasackes in eine Abscesshöhle. Bei der 
mikroskopischen Untersuchung zeigte die Arterienwand hochgradige arteriosklero- 
tische Veränderungen, an der Ligaturstelle Aufrollung der Arterienwand, Ruptur, 
blutige und eitrige Infiltration, mit Invasion zahlreicher Staphylokokken. Aus 
Herz, Leber, Milz und Nieren wurde kulturell Staphylococcus aureus gezüchtet. 

Verf. sieht als Ursache des Misserfolges der Operation, die er für durchaus 
berechtigt hält, und welche die Pat. von ihren Beschwerden völlig befreite, die 
Infektion an. Die Infektionsquelle waren, wie sich herausstellte in Folge eines 
schlecht funktionirenden neuen Sterilisationsapparates, die Seidenligaturen, in 
deren Nähe sich auch die reichlichsten Kokkenanhäufungen bei der histologischen 
Untersuchung fanden. 

Neben der strengsten Asepsis legt Verf. für das Gelingen der Operation einen 
Hauptwerth auf die doppelte Unterbindung. Eine Durchtrennung des unterbun- 
denen Gefäßes hält Verf. für unnöthig. F. Krumm (Karlsruhe). 


17) A. Hinde (Chicago). A rare case of circumscribed traumatic 
aneurysm of the right internal carotid artery within the cranium, 
with recovery after operation. 

(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 23.) 

Ein 36jähriger Chinese war aufs Hinterhaupt gefallen ohne sofortige schwerere 
Erscheinungen. Erst nach 7 Monaten begannen sich beide Augen zu röthen, das 
rechte in stärkerem Grade, und wenige Tage später trat rechts ein in den nächsten 
Monaten mehr und mehr sunehmender Exophthalmus auf. Etwa 16 Monate nach 
dem Fall bekam Verf. den Kranken zu sehen und fand erheblichen rechtaseitigen 
Exophthalmus, keine Pulsationen, aber ein lautes blasendes, mit den Hersschlägen 
synchrones Geräusch über dem rechten Auge, welches nach Kompression der Ca- 
rotis verschwand. Das Geräusch wollte der Kranke seit 6—7 Tagen nach dem 
Falle bemerkt haben und sehr darunter leiden. Außerdem bestand eine geringe 
Anästhesie der Cornea, eine Parese des Externus und eine unbedeutende Herab- 
setzung der Sehachärfe auf der rechten Seite. Nach vergeblicher Jodkalikur unter- 
band N. Senn die rechte Carotis communis. Das erwähnte Geräusch verschwand 
sofort, der Exophthalmus und die Parese des Externus nahmen zunächst erheb- 
lich zu, gingen aber in den nächsten Monaten weg, bezw. zurück. 4 Monate nach 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 195 


der Operation bestanden keinerlei pathologische Erscheinungen mehr außer ge- 
ringer Externusparese (nun ohne Doppelbilder) und mäßiger Herabsetsung der 
Sehschärfe auf der rechten Seite. Martens (Berlin). 


18) B. M. Ricketts (Cincinnati). Ligation of the common carotid 
ertery for trifacial neuralgia with experiments and observations upon 
dogs. 

(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 16.) 

Im Anschluss an einen eigenen durch Unterbindung der Carotis geheilten 
Fall von Trigeminusneuralgie stellt Verf. 17 andere aus der Litteratur susammen. 
2mal erfolgte der Tod (in Folge von Verblutung am 3. Tage und von Erysipel), 
9mal trat Heilung ein, in den übrigen Fällen kein oder zweifelhafter Erfolg. R. 
experimentirte dann an (6) Hunden, welche fast dieselben anatomischen Verhält- 
nisse wie der Mensch zeigen sollen. Er unterband die Carotis communis und 
tödtete die Thiere nach 2—8 Wochen. Vor der Sektion wurden die Arterien in- 
jieirt. Eine Verkleinerung der Gefäße auf der operirten Seite war nie zu kon- 
statiren, 2mal eine Erweiterung derselben auf der anderen Seite. Das Ganglion 
Gasseri zeigte auf beiden Seiten auch mikroskopisch denselben Befund. 

R. erklärt sich den Erfolg der Operation durch Abnahme des Blutdrucks auf 
der betreffenden Seite. Er hält die Unterbindung der Carotis communis für relativ 
ungefährlich und bei Trigeminusneuralgie für schonender und sicherer, als die intra- 
kraniellen Operationen. | Martens (Berlin). 


19) C. Beck. Ein Fall von partieller Gangrän nach Exstirpation 
eines Aneurysma popliteum dissecans. 
{New Yorker med, Monatsschrift 1897. Juni.) 

Ein 61jähriger Weinküfer mit beginnender Arteriosklerose bekam nach einer 
starken körperlichen Anstrengung plötslich eine Geschwulst in der rechten Knie- 
kehle, welche im Laufe eines Jahres apfelgroß, hart und unbeweglich war. Ex- 
stirpstion des Aneurysma nach Antyllus, unter zeitweiliger Konstriktion. 
Der Versuch, den Sack von der Vene zu lösen, misslang, so dass auch diese 
unterbunden werden musste. 4 Tage nach der Operation trat in der Gegend 
der Art. tib. ant. und am nächsten Tage auch in der Gegend der Art. tib. 
post. und peronea eine leichte Verfärbung auf, mit stellenweiser blasenförmiger 
Abhebung der Epidermis. Im weiteren Verlaufe deutliche Demarkation, Fieber, 
Verschlechterung des Allgemeinbefindens. Bei der Operation zeigte sich der 
M. tib. ant. völlig anämisch, eben so stellenweise der Muskelbauch des Ext. digit. 
comm., Tibia und Fibula von Periost entblößt. Ein Theil des Gastroonemius und 
Soleus und die fleischigen Theile des Peroneus longus und brevis ebenfalls blut- 
leer. Alle diese Theile wurden exeidirt. Sehr langsame Heilung. 

Interessant ist das Stationäre und die genaue Demarkation des gangränösen 
Processes. Die ausgedehnten und dicken Verwachsungen lassen auf ein längeres 
Bestehen des Leidens schließen; das angegebene Trauma hat vielleicht nur die 
Zerreißung und partielle Loslösung der Intima und Media zur Folge gehabt. Die 
äußere Wand des Aneurysma wurde nur durch Adventitia gebildet, was durch 
mikroskopische Untersuchung der fetsigen Membran festgestellt werden konnte. 

Tschmarke (Magdeburg). 


20) K. Schulz. Die totalen Rupturen der Arteria poplitea. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVI. p. 476.) 

Auf Rose’s Abtheilung in Bethanien-Berlin kam ein 32jähriger Kutscher, 
starker Trinker, wegen Überfahrung durch seinen Lastwagen in Behandlung. Be- 
fund außer sonstigen Nebenverletsungen und Bruch des rechten Unterschenkels 
eine enorme Schwellung der blauschwars verfärbten, brettharten rechten Kniekehle 
nebst großen Schmerzen daselbst, bei auffallend blassem, gans kaltem Unter- 
‚schenkel, dessen Sensibilität stark herabgesetzt ist. Am nächsten Tage Zeichen 


196 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


beginnender Gangrän; Oberschenkelamputation, da die zuerst beabsichtigte Knie- 
exartikulation wegen zu starker Weichtheilserquetschung in der Kniekehle nicht 
angängig war. Heilung nach partieller Lappenrandgangrän per Ila. Das Amputa- 
tionspräparat zeigte eine totale quere Zerreißung der gesunden Art. poplitea, der 
Vene und des Nerven ohne Knochenverletsung und ohne Knieverrenkung. Unter 
der Haut und in den Muskelinterstitien befanden sich massenhafte Blutgerinnsel. 

8. bringt aus der Litteratur 37 Parallelfälle bei. In keinem einzigen gelang 
die Erhaltung des Beines. 22 Pat. sind nach Amputation des gangränösen Gliedes 
geheilt, 15 gestorben. Die Veranlassung der Verletzung bestand bald in direkter 
Gewalt (Tmal Überfahrung, 1mal Quetschung zwischen Baumstämmen etc.), bald in 
indirekter Gewalt (11mal Knieverrenkung, 5mal Frakturen), bald in einer gewalt- 
samen Streckung einer spitswinkligen Knieankylose Goal. Die klinischen Er- 
scheinungen sind charakteristisch und ziemlich typisch: Schwellung des gansen 
Gliedes, besonders in der Kniekehle, wo sich das ergossene Blut am ersten an- 
häuft, um von hier in die Muskelinterstitien sich einsuwühlen, so eine Kompres- 
sion der Collateralen herbeiführend und die Möglichkeit einer Cirkulationsaus- 
gleichung abschneidend. Weiterhin Kälte, Hautverfärbung und Anästhesie am 
Unterschenkel, Pulslosigkeit seiner Arterien. Gefäßgeräusche in den vorhandenen 
Hämatomen sind bei völliger Gefäßdurchtrennung nach v. Wahl’s Lehren nicht 
zu erwarten. Ist solche vorhanden, so kann therapeutisch einstweilen nur von 
einer Amputation die Rede sein. Bei theilweiser Poplitealarterienserreißung kann 
dagegen erfahrungsgemäß Heilung mit Erhaltung des Gliedes erreicht werden, 
eben so bei Zerreißung einer der beiden Tibialarterien. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


21) A. Levy. Künstliche Gebisse im Digestions- und Respirations- 
tractus. 
Inaug.-Diss., Straßburg i/E., Müh & Cie., 1897. 68 8. 

Verf. giebt in der vorliegenden Arbeit, angeregt durch einen an der Eich- 
horst’schen Klinik in Zürich beobachteten Fall, eine Übersicht über die bisher 
veröffentlichten Beobachtungen von Verschlucken künstlicher Gebisse. 

Der vom Verf. mitgetheilte Fall ist besonders in diagnostischer Besiehung 
von Interesse. Der 35jährige Pat. hatte vor ca. 5 Jahren Lues durchgemacht, mit 
sehr frühen tertiären Erscheinungen. Einige Zeit vor seinem Eintritt in das 
Spital trat Heiserkeit auf, verbunden mit Schluckbeschwerden und stinkendem 
Auswurf. Die Untersuchung des Pat. wies außer einer ausgesproohenen Sattelnase 
an verschiedenen Stellen des Körpers Narben und in Vernarbung begriffene Ge- 
schwüre auf. Das rechte falsche Stimmband und der ganze obere Theil der Luft- 
röhre zeigten einen gelblichgrauen, schmierigen Belag. Bei der Sondirung der 
Speiseröhre stieß man auf einen unüberwindlichen Widerstand am Eingang des 
Ösophagus. Bei wiederholter Sondirung passirte die Sonde das Hindernis leicht. 
Die Diagnose wurde begreiflicherweise auf Lues des Kehlkopfes und der Speise- 
röhre gestellt. Pat. starb 12 Tage nach dem Spitaleintritt. Die Autopsie ergab 
außer den beschriebenen luetischen Erkrankungen das Vorhandensein eines Ge- 
bisses mit 4 Zähnen in der Speiseröhre, deren Wand an der dem Kehlkopf an- 
liegenden Seite einen Defekt zeigte. 

Im Anschluss an diese Beobachtung giebt Verf. eine übersichtliche Darstel- 
lung der wichtigsten diesbezüglichen Vorkommnisse und schließt seine Arbeit mit 
einem 179 Nummern zählenden Litteraturverzeichnis ab, das Jedem von Werth 
sein wird, der sich eingehender über diese Frage su unterrichten wünscht. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


22) A. Narath. Beiträge zur Chirurgie des Ösophagus und des 
Larynx. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 4.) 
N. hatte Gelegenheit, 2mal die Resektion von Ösophaguspartien vorzunehmen. 
Bei dem 1. Falle handelte es sich um ein Carcinom des Halstheiles der Speise- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 197 


zöhre mit hochgradiger Verengerung, Übergreifen auf die Luftröhre und schon 
bestehender Aspirationspneumonie. Pat., der auch schon Metastasen hatte, starb. 
Glücklicher war N. bei einer 2. Kranken, bei welcher er nach der Resektion der 
Speiseröhre noch eine Plastik vornahm, um ein Speiserohr wiederhersustellen. 
Er benutste dasu je 2 thürflügelförmige Lappen, die er seitlich von der offenen 
Rinne bildete und über einander susammennähte. Nach mancherlei Zwischenfällen 
gab es ein sehr gutes Resultat. Ungefähr 1'/2 Jahre nach der Plastik starb Pat. 
durch ein Recidiv, welches die Carotis arrodirt hatte. Es war übrigens auch der 
Kehlkopf total exstirpirt worden, wodurch, nach des Verf. Ansicht, die Plastik 
erleichtert wurde. Die Einzelheiten der sehr interessanten Operation können im 
Referat nicht wiedergegeben werden; man wird sie mit Belehrung im Original 
lesen. N. bespricht die verschiedenen Arten bisher geübter Plastiken an der 
Speiseröhre, ihre Erfolge, und giebt eine Beschreibung des von ihm modifieirten 
künstlichen Kehlkopfes, den er unter Benutzung des Wolff’schen und anderer 
konstruirt hat. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


23) G. Lotheisen. Zur Kasuistik der Verletzungen des Bauches. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 1.) 


L. berichtet aus der v. Haoker’schen Klinik über 2 derartige Fälle. 

Der 1. Fall betraf einen 25jährigen Pat., der mit voller Wucht auf dem Zwei- 
zade in die Deichsel eines stehenden Wagens hineinfuhr, so dass die Deichsel 
abbrach. Der Stoß traf die Gegend dicht über dem Nabel. Keine äußere Ver- 
letsung, doch bestanden Schmerzen. Stuhl und Flatus gingen ab. Pat. lag die 
ersten Tage im Bett, stand dann wieder auf. Am 7. Tage nach dem Unfall trat 
galliges Erbrechen ein, Stuhlverhaltung, starker Verfall. Einlieferung in die 
Klinik. Etwas nach rechts und oberhalb vom Nabel eine apfelgroße Vorwölbung, 
Haut darüber geröthet. Da die Bauchmuskulatur brettartig gespannt war, konnte 
man sich nicht genau über die Lage der Mm. recti orientiren. Es machte aber 
den Eindruck, als wäre der rechte Rectus zerrissen und an dieser Stelle Darm 
ausgetreten und eingeklemmt. Nach halbvollendeter Operation plötslicher Tod. 

Bei der Obduktion zeigten sich die Mm. recti auf etwa 4 cm aus einander 
gewichen. Zwischen beiden Muskeln an dieser Stelle war durch einen Riss der 
Fascie das Bauchfell vorgestülpt. Das große Netz darin zum Theil adhärent; 
eben so die vordere Wand des Colon transversum als etwa walnussgroße Vor- 
buckelung. Das umgebende Gewebe schwielig derb und in Folge der Hämor- 
rhagien schwars pigmentirt. Es bestand kein völliger Verschluss des Colon, son- 
dern nur eine Striktur. Keine Kontinuitätstrennungen des Zwerchfells, jedoch 
geringfügige Blutung in die Leber, das vordere Mediastinum und am unteren Pol 
der rechten Niere. 


Im 2. Falle handelte es sich um eine perforirende Bauchwunde bei einem 
22jährigen Manne in Folge eines Messerstiches, die 215 em nach links von der 
Mittellinie saß, 11/3 cm lang war, und aus welcher ein 5 em langes Stück Netz 
heraushing. Etwa 1/2 Stunde nach der Verletzung Operation. Incision in der 
Mittellinie. Der Stichkanal verlief schräg zwischen Haut und Fascie von links 
nach rechts und hatte erst in der Medianlinie Fascie und Bauchfell durch einen 
Querschlitz eröffnet. Nach Spaltung desselben und der Peritonealwunde wurde 
das Nets etwa 5 cm vom Quercolon abgebunden. Keine Darmverletzung etc. 
Reaktionsloser Verlauf. Nach 3 Wochen Heilung. 

L. weist im Anschluss an Madelung’s Ausführungen auf die Wichtigkeit 
einer sofortigen Krankenhausbehandlung hin, da die dauernde aufmerksamste Be- 
obachtung nothwendig ist, um den einigermaßen richtigen Moment zum Handeln 
nicht zu versäumen, und sieht als Beweis für diese Forderung den 1. Fall an, der 
bei rechtzeitiger operativer Hilfe wahrscheinlich am Leben geblieben wäre. 

Hübener (Breslau). 


198 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


24) E. d’Anna. Bakteriologische Untersuchungen der Peritoneal- 
flüssigkeit. 
(Policlinico 1897. Juni 1.) 


In 9 Fällen von Unterleibsgeschwülsten (Uterusmyome und Eierstooks- 
geschwülste) wurde die Peritonealflüssigkeit untersucht; alle Fälle waren fieberlos. 
Die untersuchte Flüssigkeit erwies sich 8mal als steril. Nur in 1 Falle erhielt 
Verf. Kulturen von Bact. coli; dieser Mikroorganismus war jedoch (bei Thierver- 
suchen) nicht pathogen und wenig lebensfähig. Es handelte sich in diesem Falle 
um ein enormes Ovarialkystom, das die ganze Bauchhöhle ausfüllte. Verf. glaubt, 
dass in derartigen Fällen eine Behinderung und Verlangsamung der Darmbewegung, 
also eine Kothstauung, eintrete, und dass alsdann das Bact. coli durch die ge- 
sunde Darmwand hindurchtrete Durch einen ähnlichen Vorgang sucht sich Verf. 
gewisse Fälle von Spätshock nach Laparotomie (Tod am 4. oder 5. Tage im Col- 
laps) zu erklären; es kommt hier durch die fast stets eintretende Darmlähmung, 
die auch schon vor der Operation bestehen kann, zu einem Durohtritt des Bact. 
coli; das letztere ist an sich zwar nicht virulent, kann es aber leicht werden durch 
die nach der Operation oft vorhandenen Bedingungen (Gegenwart von Gerinnsel, 
Gewebsdetritus, Blutverlust ete.). Es handelt sich also auch in diesen Fällen um 
Infektion, um eine Art von Peritonitis. Verf. sieht ferner den praktischen Schluss 
aus seinen Untersuchungen, dass es in gewissen Fällen nach gynäkologischen La- 
parotomien gerathen ist, nach der Scheide hin su drainiren. 


Vielleicht ist auch in manchen Fällen von primärem, eigentlichem Shock das 
Vorhandensein des Colibakterium in der Peritonealflüssigkeit von ätiologischer 
Bedeutung neben den anderen Ursachen (Chloroform, Blutverlust, Kachexie). 


H. Bartsch (Heidelberg). 


25) Brun. P£ritonite à pneumocoques chez l'enfant. 
(Presse méd. 1897. No. 17.) 


Zur Bekräftigung der schon in einer füheren Arbeit niedergelegten Ansicht, 
dass die Pneumokokkenperitonitis bei Kindern ein für sich abgeschlossenes Krank- 
heitsbild darstellt, dessen Diagnose man auf Grund eigenartiger anatomischer und 
klinischer Symptome stellen kann, und dass ein rechtzeitig vorgenommener chirur- 
gischer Eingriff nothwendig sei, führt Verf. 3 neue Fälle auf. Bei allen dreien 
bestanden mehr oder weniger lange Zeit Bronchitis und Husten, dann Erbrechen, 
Fieber, Diarrhöe und heftige Schmerzen im Bauch. Allmählich entwickelte sich, 
gewöhnlich unter Abnahme des Fiebers und Besserung des Allgemeinbefindens, 
ein Abscess in der Bauchhöhle unterhalb des Nabels. Jedes Mal wurde derselbe 
durch einen Schnitt in der Mittellinie zwischen Nabel und Brustbein eröffnet, 
sehr viel geruchloser, mit Betzen untermischter Eiter und zahlreiche Abscess- 
membranen entleert. Nach Auswaschen mit abgekochtem Wasser und Tamponade 
heilten die oft großen, meist bis zur Blase heranreichenden, aber abgekapselten 
Abscesshöhlen aus. Jedes Mal wurden bakteriologisch Pneumokokken nachgewiesen. 
Verf. hat nunmehr 14 ähnliche Fälle gesammelt; davon waren 11 bei kleinen 
Mädchen. Das Überwiegen des weiblichen Geschlechts lässt den Verf. darauf 
schließen, dass in der Mehrzahl der Fälle die Infektion der Bauchhöhle, wie auch 
bei anderen Peritonitiden nachgewiesen ist, durch das Cavum uterinum entweder 
auf dem Wege der Lymphbahnen oder der Tuben stattgefunden hat. Als be- 
sonderes diagnostisches Hilfsmittel giebt B. noch an, dass bei diesen Abscessen 
frühzeitig Neigung besteht, dass der Nabel »berstet« und sich Fisteln bilden. 

Von den 14 Kranken sind 3 gestorben, eine nach Spontandurchbruch nach 
außen und in die Scheide, die übrigen nach Laparotomie, welche sich häufig su 
einer einfachen Abscessöffnung gestaltet, geheilt. (5 eigene Beobachtungen mit 
1 Todesfall.) Tsohmarke (Magdeburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 199 


26) Panton. A case of perforating typhoid ulcer, with recovery, 
after operation. 
(Annals of surgery 1897. August.) 

Perforation eines Typhusgeschwürs am Ende der 3. Woche eines mittelschweren 
Typhus. Starker Kollaps, rasch einsetsendes hohes Fieber mit ausgesprochenen 
schweren peritonealen Erscheinungen. Operation etwa 22 Stunden später. Schnitt 
über dem rechten Poupart’schen Bande wie sur Exstirpation des Processus ver- 
miformis. Die Bauchhöhle enthält Gas und eine dünnflüssige kothige Masse; starke 
Blähung der Darmschlingen, nirgends Verklebungen. Perforation etwa 12—18 Zoll 
über der Valvula Bauhini. Naht derselben. Ausspülung der Bauchhöhle mit 
heißem Wasser. Drainage durch Jodoformgasestreifen. Heilung. 

Tietze (Breslau). 


27) Stokes. A report of two cases of anteoperative asphyxia, follow- 
ing acute intestinal obstruction. 
(Annals of surgery 1897. September.) 

Verf. beriehtet über 2 Fälle von Erstickung in der Narkose durch erbrochenen 
Magen-Darminhalt bei 2 Fällen von Ileus. Er räth, in solchen Fällen eventuell 
vorher den Magen aussuspülen. Es ist dies eine Vorsichtemaßregel, welche in 
solchen Fällen wohl die meisten Chirurgen anwenden; an der Klinik von Mi- 
kulicz ist dieselbe jedenfalls schon seit Jahren in Gebrauch. 

Tietze (Breslau). 


28) v. Braokel. Über Hernientuberkulose. 
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 42.) 

1) Bei einem 38jährigen Manne, dem wegen eines irreponiblen Bruches die 
Redikaloperation gemacht wurde, fand sich zufällig Tuberkulose des Bruchsackes 
und des allein in ihm enthaltenen, angewachsenen Netzes. Da der Kranke sonst 
keine Tuberkulose, insbesondere auch keinen Ascites hatte, ferner gleich oberhalb 
des inneren Leistenringes die Knötohen auf dem Bauchfell abnahmen und sich nur 
ganz vereinzelt auf 2 oder 3 Kuppen von Darmschlingen fanden, die unmittelbar 
der Bruchpforte angelegen hatten, so dürfte dieser Fall eine der seltenen primären 
Bruchsacktuberkulosen darstellen. 

Im 2. Falle war die Bruchsacktuberkulose nur Theilerscheinung einer allge- 
meinen Bauchfelltuberkulose. Bei einer 28jährigen Dame, die früher recidivirende 
Pleuritis und langwierige Durchfälle gehabt, bildete sich allmählich ein Leisten- 
bruch heraus, welcher siemlich empfindlich war, sich nicht reponiren ließ. Daneben 
bestand etwas Ascites. Es ließ sich also vor der Operation mit siemlicher Wahr- 
scheinlichkeit die Diagnose auf Bruchsacktuberkulose stellen. Bei der Operation 
fand sie sich in der That. Der Bruchsack hängt nur mit einem federkieldicken 
Gang mit der Bauchhöhle zusammen, enthält nur Serum und ist innen mit Tu- 
berkeln besät. An seinem unteren Ende trägt er eine kleine selbständige Cyste 
mit 2 linsengroßen Reiskörperchen und klarer, gelblicher, fadensiehender Gallerte, 
wie man sie sonst nur in Sehnenscheidenhygromen findet. Peritoneum viscerale 
und parietale fühlen sich glatt an, eine vorgesogene Dünndarmschlinge erweist sich 
als gesund. Radikaloperation. Danach Durchfälle, Ansteigen des Ascites. Dann 
schwindet Beides, Heilung. Haeckel (Stettin). 


29) 8. H. Champlin. Hernia in an infant ten weeks of age. 
(New York med. record 1897. Oktober 16.) 

Mit Bezug auf einen von Dowd publieirten Fall von eingeklemmter Hernie 
bei, einem 4 Monate alten Kinde (Med. record 1897 Juni 12) berichtet C. über 
ein Kind von 10 Wochen, zu dem er wegen Urinverhaltung gerufen wurde. Es 
handelte sich um einen rechtsseitigen Leistenbruch, den C. nach vielen vergeb- 
lichen Versuchen endlich dadurch reponirte, dass er den kleinen Pat. über das 
linke Knie streckte, während er seinen Kopf und Füße etwas herunterdrückte. 

Löwenharät (Breslau). 


200 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


30) Cordier. A case of diaphragmatic hernia. 
(Annals of surgery 1897. September.) 

Kurser Bericht über eine Hernia diaphragmatica. Pat. war nach dem Rollen 
eines schweren Fasses mit Schmerzen im Leibe und Erbrechen erkrankt, erholte 
eich wieder etwas, ging aber nach 5 Tagen unter zeitweiligem Erbrechen und bei 
zunehmender Erschöpfung zu Grunde. Eine Diagnose war nicht gestellt worden. 
Bei der Sektion fand sich durch eine große, ihrer Entstehung nach nicht zu er- 
klärende Lücke in der linken Zwerchfellhälfte der größte Theil des Magens und 
des Netzes in den Brustraum getreten. Der Magen war siemlich fest strangulirt. 

Tietze (Breslau). 


31) F. Schilling (Nürnberg). Enorm großer Nabelbruch — abnorm 
viel Bruchwasser — Decubitusgeschwür — Erysipel — Perforation — 
rasche Heilung. 

(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 44.) 

Dem im Titel Gesagten ist hinzusufügen, dass der Bruch vor der Perforation 
in dem Decubitalgeschwür und der dabei erfolgten Entleerung von 8 Liter Bruch- 
wasser bis zu den Knieen herabhing und nach Abheilung des Erysipels und Ge- 
schwürs durch einen Stützapparat geschützt werden konnte, ohne dass es zu einer 
neuen Wasseransammlung in dem irreponiblen Bruch im Lauf des folgenden Jahres 
kam. Eine andere Herkunft des kolossalen Transsudats, etwa von einer Carcinose 
des Bauchfells etc., erscheint bei dem weiteren guten Verlauf und Befinden der 
ö1jährigen Pat. ausgeschlossen. Kramer (Glogau). 


32) O. Kaufmann. Über abnorme Bauchfelltaschen und einen Fall 
von Hernia interna paravesicalis incarcerata. 
Inaug.-Dise., Greifswald, 1897. 

Nach Besprechung der verschiedenen bekannten abnormen Bauchfelltaschen, 
in denen sich Därme einklemmen können, führt Verf. einen in der Greifswalder 
Klinik operirten Fall an, wo der Bruchsack der rechten Harnblasenseite dicht an- 
gelagert war. Happel (Darmstadt). 


33) F. Zamasel. Beitrag zur Ätiologie der Darmblutungen nach 
Herniotomie. 
(Wiener med, Wochenschrift 1897. No. 38.) 

Die nach Herniotomien auftretenden Darmblutungen sind in verschiedener 
Weise erklärt worden (Ullmann, Schnitzler). Für die von dem Autor bei 
seinem Fall beobachteten Erscheinungen scheint ihm die Ullmann’sche Erklärung 
(Thrombosenwirkung) die passendere zu sein. Allerdings ist dieser Fall siemlich 
sonderbar: Bei einer 58jährigen Frau mit hühnereigroßem eingeklemmtem Bruch 
wird der Bauchschnitt nach 15 Stunden ausgeführt (also bei kleinem Bruch und 
im Verhältnis zu den Schnitzler’schen Fällen späterer Lösung). Nach 11 Tagen 
Abgang von 1/2 Liter reinen Blutes durch den After, gleichzeitig Bildung eines 
Konvolutes von Kindskopfgröße in der anderen Bauchseite, mit den Därmen ver- 
schieblich, welches für eine mesenteriale Blutung gehalten werden musste, und 
Abgang reinen Blutes aus der Drainöffnung. Die Blutung führt su deutlicher 
Anämie, Collapserscheinungen, der Ausgang war aber günstig. Der Autor führt 
die Blutung auf Thrombosen zurück und die Wirkung plötzlioher Steigerung der 
Herzthätigkeit und des Blutdrucks durch Alcoholica. H. Frank (Berlin). 


34) F. Knüpfer. Über die Radikaloperation der Unterleibsbrüche. 
Diss., Greifswald, 1897. 


K. bringt eine ausführliche statistische Behandlung von 168 Fällen von 
Herniotomie aus der Greifswalder Klinik aus den Jahren 1892 bis 1896. Davon 
waren 44 reponibel, 124 irreponibel, hiervon 87 eingeklemmt. — Es starben 20 Pat. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 201 


D mit nicht eingeklemmten, 18 mit eingeklemmten Brüchen). Die Radikalopera- 
tion wurde nach der Methode von Kocher und Maoewen ausgeführt. In 
21 Fällen waren nach 1/—11/, Jahren Recidive zu verzeichnen. 

Hier mögen nur noch einige interessante Daten Erwähnung finden. 

Bei gangränösem Darm wurde 8mal Kunstafter angelegt mit sekundärer 
Darmresektion ; hiervon endeten 7 tödlich an Marasmus; die primäre Darmresek- 
tion wurde 12mal ausgeführt, daran starben 6 Pat. Der Erfolg war also weit 
günstiger. — Als besonders gefährlich erwiesen sich die eingeklemmten Darm- 
wandbrüche, da alle Pat. (4) starben. Sudeck (Hamburg). 


35) D. Morisani. Sulle lesioni accidentali della vescica urinaria du- 
rante la cura operativa della ernia inguinale. 
(Clinica chirurgica 1897. No. 7.) 


Bei der Operation beiderseitiger freier Leistenbrüche bei einem 42jährigen 
Manne wurde — offenbar beim Abscohnüren des rechten, derben Bruchsackes — 
ein Blasenzipfel mitgefasst. Tod nach schweren Blasen- und Wundblutungen am 
4. Tage. Bei der Sektion wurde ein 3 em breites, kreisrundes Loch mit gangrä- 
nösen Rändern in der Blase gefunden. Den tödlichen Ausgang erklärt M. durch 
eine »Cachexie hömorrhagique« (Duplay). J. Sternberg (Wien). 


36) Audet (Bourges). Observations générales au sujet de 37 cures 
radicales de hernie, 15 cures radicales de varicocèle et de 6 cas 
d’appendicite. 

(Arch. de med. et de pharm. militaire 1897. August u. September.) 


In 37 Fällen hat A. die Radikaloperation des Leistenbruchs nach Lucas- 
Championnidre ausgeführt und die Mannschaften nach ihrer Genesung den 
Dienst in vollem Umfang wieder aufnehmen lassen, ohne dass sich wieder ein 
Bruch ausgebildet hätte. Nur Einzelne empfinden einen leichten Sehmerz in der 
Gegend des inneren Leistenrings nach ermüdender Arbeit, jedoch ohne sie aus- 
setsen zu müssen. Dies ist jedenfalls ein sehr bemerkenswerther Erfolg. 

Bei 7 der operirten Fälle fand sich der Canalis peritoneo-vaginalis noch 
durchgängig. Ein direkter Bruch wurde bei den jungen Soldaten überhaupt nicht 
beobachtet. Häufig fand sich im Bruchsack auch Nets, welches in mehreren 
Portionen abgebunden und abgetragen wurde. Einer dieser letzteren Fälle 
ist dadurch bemerkenswerth, dass das vorgefallene Netz so wie auch der noch 
weiter hervorgezogene Theil desselben durch eine gelatinöse Masse verkittet und 
mit miliaren Tuberkelknötchen besetzt war. Beim MHervorziehen des Netzes 
lief auch Ascitesflüssigkeit aus. Auch hier wurde das Netz abgetragen und er- 
folgte die Genesung anstandslos; nur einer der Fäden eiterte; auch dieser Mann 
wurde dem Dienst erhalten. Erscheinungen von Seiten der Lunge wurden weder 
vor noch nach der Operation bsobachtet. 

Für die Varicooele wird stets die ausgedehnte Resektion des Hodensacks nach 
Forgues und R&olus geübt, welche sich bei den jungen Angehörigen des Heeres 
stets als ausreichend erwiesen hat. A. unterscheidet 2 Kategorien, nämlich 
Krampfaderbrüche mit und ohne erheblichere Atrophie der Scheidenhaut, und fand 
bei letzteren nie, bei ersteren recht häufig Hämatom. Unter den sämmtlichen 
Operirten trat nur einmal ein theilweises Recidiv ein, indem sich die Haut auf 
Kosten des Dammes wieder ausdehnte; hier war von vorn herein die Resektion 
nicht ausgedehnt genug gewesen. Eine geringe Wiederausdehnung der Serotal- 
haut trat nach einigen Monaten allerdings stets ein, so dass die Hoden nicht mehr 
so prall an den Leistenringen angedrückt waren, wie anfänglich; stets bildeten die 
Venen dann ein deutlich erkennbares, aber nicht schmershaftes Packet am Samen- 
strang. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


202 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


37) L. Veslin (Evreux). Sur un cas de hernie inguino-scrotale double 
avec fistule cutanée appendiculaire droite chez un enfant de 28 mois. 
— Rapport par Michaux. 

(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 827.) 


Die Vorgeschichte des Falles ist leider unbekannt. Das Kind war Träger 
eines doppelseitigen faustgroßen Hodensackbruches. Die linksseitige Hernie war 
reponibel und wurde zunächst durch Radikaloperation erfolgreich behandelt. Die 
rechte ließ sich nur sum Theil zurückbringen; an ihrem oberen Ende öffnete sich 
eine Fistel, aus der eitrige Flüssigkeit floss. V. diagnostieirte einen irreponiblen 
Coecalbruch, der durch eine Appendicitis adhärent geworden war. Die Operation 
gab ihm Recht: Lösung der Verwachsungen, Resektion des Wurmfortsatzes, Re- 
position des Darmes, Schluss der Bruchpforte führte zur radikalen Heilung. 

Reichel (Breslau). 


38) C. Nasi (Modena). Ernia inguinale dell’ ovaio, della salpinge e 
di un corno d’utero rudimentale. 
(Clinica chirurgica 1897. No. 7.) 


Bei der Operation eines sum Theil reduktiblen, rechtsseitigen Leistenbruches 
bei einer 36jäbrigen Jungfrau zeigte es sich, dass der getastete, unbewegliche, 
derbe Antheil das fixirte rudimentäre Horn des Uterus war, während die bezüg- 
liche Tube und der Eierstock frei im Bruchsack lagen. Die vorgefallenen Theile 
wurden abgetragen; glatte Heilung. Der Eierstock war oystisch degenerirt, die 
Tube war durchgängig und mit Cylinderepithel ohne Flimmerfäden ausgekleidet; 
das Uterushorn hatte keine Lichtung. J. Sternberg (Wien). 


39) Courtin (Bordeaux). Cure radicale de hernie inguinale gauche 
du coecum avec résection de l'anse il&ocolique et entörorrhaphie par 
implantation latérale. — Rapport par P. Reynier. 

(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXII. p. 697.) 


Während der Radikaloperation eines großen linksseitigen Hodensackbruches 
eines 62jährigen Mannes, und swar beim Versuch, den Bruchinhalt aus der Bruch- 
hülle zu lösen, verletste C. an 2 Stellen den Darm. Erst nach Ausschälung der 
ganzen Bruchgeschwulst bis zum Leistenkanal hin gelang es ihm, in den Bruch- 
sack einzudringen; er zog die im Kanal gelegene Darmschlinge vor, resecirte die 
ganze Bruchmasge nach Kompression des Darmes durch 2 Klemmen, und nun erst 
entdeckte er, dass die resecirte Bruchschlinge aus der untersten Dünndarmschlinge 
und dem Blinddarm bestand. Er verschloss den Dickdarm durch Etagennaht und 
pflanste den Dünndarm seitlich in ihn ein. Anschluss der Radikaloperation. Hei- 
lung ohne Störung. 


Man kennt bis jetzt 36 Beobachtungen linksseitiger Blinddarmbrüche; nach 
Hedrich (Gazette medicale de Strasbourg 1889) entfallen von 100 Blinddarm- 
brüchen 28 auf die linke Seite. Vorzugsweise beobachtete man diese Bruchart bei 
Personen über 50 Jahren mit großen Brüchen, doch 4mal auch bei kleinen Kindern. 
Bezüglich ihrer Entstehung schließt sich Reynier der Theorie Scarpa’s an, 
dass der Blinddarm erst durch den Zug der zuerst in den Bruchsack gefallenen 
Dünndarmschlingen in diesen nachgesogen werde. Da die Taxis auch nach Er- 
öffnung des Bruchsacks fast nie gelingt, rh Reynier nach breiter Spaltung des 
Bruchkanals, also einer Art Herniolaparotomie, das Peritoneum parietale sammt 
Mesocolon möglichst hoch hinauf lossulösen und nun die Eingeweidemasse sammt 
Bauchfell zu reponiren. Das Mesocolon zu durchschneiden und nun den Dickdarm- 
für sich zu reponiren, gefährdet su sehr die Lebensfähigkeit des Darmes. 

Reichel (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 203 


40) af Schulten. Über Haarbalggeschwülste im Magen nebst Mit- 
theilung eines glücklich operirten Falles. 
(Mittheilungen a. d. Grensgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 3 u. 4.) 


Die Geschwulst war rechts vom Nabel zu fühlen und verschwand beim Liegen 
unter dem rechten Rippenbogen. Da klinische Erscheinungen von Seiten des 
Magens oder Darmes völlig fehlten, so erschien Ausgang der Geschwulst von der 
Niere am wahrscheinlichsten. Die sehr heftigen Schmerzen indicirten die Opera- 
tion. Lumbalschnitt. Die Geschwulst saß in einem schleimhautausgekleideten 
Organ, das sich als Magen erwies; derselbe konnte ohne Eröffnung der Peritoneal- 
höhle inoidirt werden, da ausgedehnte Adhäsionen vorhanden waren. Ein Theil 
der missfarbigen und verdünnten Magenwand wird resecirt, der Magen geschlossen, 
die Wunde tamponirt. Heilung. Die Geschwulst, 7,66 cm im Durchmesser, 120 g 
schwer, bestand aus Kuhhaaren; Pat. beschäftigte sich mit Spinnen von Bändern 
aus Kuhhaaren, um daraus Schuhe zu fertigen. Wahrscheinlich befeuchtete sie 
hierbei oft die Finger an den Lippen, wobei Haarfragmente im Munde blieben und 
verschluckt wurden. Der Haarball hatte eine divertikelartige Ausbuchtung nahe 
dem Pylorus gebildet; ohne Zweifel wäre die Magenwand bald perforirt worden. 
Die adhäsive Peritonitis erklärt die Schmersen. — Es werden im Anschluss die 
in der Litteratur niedergelegten analogen Fälle beschrieben: 6 Fälle wurden ope- 
rirt mit 1 Todesfall; nur in einem dieser Fälle war vorher die Diagnose gestellt 
worden. 9 nicht operirte Fälle endeten sämmtlich mit dem Tode durch unstill- 
bares Erbrechen oder Perforationsperitonitis. Haeckel (Stettin). 


41) Hahn. Über einige Erfahrungen auf dem Gebiete der Magen- 
chirurgie. (Aus der chirurgischen Abtheilung des städtischen allge- 
meinen Krankenhauses am Friedrichshain in Berlin.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 41—43.) 


H. hat nicht weniger als 66mal den Murphyknopf bei Operationen am Magen- 
Darmkanal verwendet. Die Knöpfe hatten einen Durchmesser von 1,70 bis 3 cm; 
sie stammten meist aus der Fabrik zu Tuttlingen. Die Naht wurde ohne Nadel- 
halter mit langer Nadel und seidenem Faden No. 3 angelegt. 

Der hineinsuschiebende Cylinder muss so genau in den anderen Theil 
passen, dass die Weichtheile surückgeschoben werden und sich nicht dazwischen 
klemmen können. 

Einige Male wurden durch den scharfen Rand des Knopfes Verletsungen der 
Schleimhaut und Blutungen hervorgerufen. Einmal hielt bei einer Gastroentero- 
stomie die Verbindung durch den Knopf nicht völlig sicher. Andere Nachtheile 
warden nicht beobachtet. Meist wurde über den Knopf noch eine sorgfältige 
Serosanaht angelegt. H. wendet gleichwohl den Knopf nur nothgedrungen bei der 
Gastroenterostomoie an, bei anderen Operationen die Naht bevorzugend. Der 
Knopf kann sowohl in den Darm wie in den Magen fallen, was gefährlich. Auch 
wenn er in den zuführenden Darmschenkel fällt, können große Beschwerden die 
Folge sein. Der Knopf kam nur im 4. Theil aller Gastroenterostomien, wenn die 
Operation schnell beendigt werden musste, zur Verwendung. 

Weit mehr als für die Gastroenterostomie empfiehlt H. den Knopf für die 
Ausführung der Darmresektion nach der Operation brandiger Brüche. Die Vor- 
theile liegen hier nach H. 1) in der schnellen und sicheren Ausführung, 2) in der 
geringeren Gefahr der Infektion und 3) in der sofort nach der Operation ein- 
tretenden Fortbewegung des stagnirenden Darminhalts. 

Von der Gesammtzahl der 63 Operirten wurden 41 geheilt, resp. gebessert, 
23 starben. Bei den Gastroenterostomien konnte selbstverständlich stets nur von 
einer Besserung die Rede sein. Relativ selten ließ sich der Abgang des Knopfes 
nachweisen. Von den 9 Todesfällen bei Gastroenterostomien war nur 2mal der 
Knopf die direkte oder indirekte Ursache. Von 18 Pat. mit gangränösen Hernien 
starben 5. Die Krankengeschichten werden ausführlich sämmtlich mitgetheilt. 


204 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


Besondere Schwierigkeiten boten zum Theil die Fälle von Geschwülsten des 
Dickdarms, bei denen der Knopf angewandt wurde. imal ließ sich der Knopf 
nicht susammenschieben ; er musste herausgeschnitten und die Operation durch 
die Naht beendet werden. imal, wo nach Resektion des Coecums und Ileums 
nicht genäht wurde, stieß sich der Knopf durch die Wunde ab und ließ einen 
widernatürlichen After zurück. Am sweckmäßigten wird nach Resektion von Dick- 
darmcareinomen eine Tamponade bis sum Knopf angelegt, damit für den Fall 
einer Insufficiens sich eine nach außen mündende Kothfistel bildet. 

Wo Inkongruenz der Darmenden vorlag, hat H. sie in der kleinen Lichtung be- 
festigt, dann in das größere hineingelegt und in einem Winkel durch eine Knopf- 
naht, welche durch Serosa und Schleimhaut auf beiden Seiten geht, befestigt. 
Die übrig bleibende lange schlitsförmige Öffnung wird durch eine fortlaufende 
Sohleimhaut- und dann durch eine Serosanaht vereinigt; dann werden die Knopf- 
theile zusammengeschoben. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


42) M. Hartmann. Re£sections gastriques. 
(France méd. 1897. No. 47.) 

In beiden von H. mitgetheilten Fällen wurde die Operation wegen Caroi- 
noms ausgeführt, in dem einen reichlich 3/4 des gesammten Magens entfernt, so 
dass der Pylorus fast direkt an die Cardia genäht wurde. Beide Male trat Heilung 
und erhebliche Zunahme der Körperkräfte ein. König (Wiesbaden). 


43) Schlatter. Über Ernährung und Verdauung nach vollständiger 
Entfernung des Magens — Ösophagoenterostomie beim Menschen. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 

B. hat die genannte Operation am 6. September 1897 bei einer 56jährigen Frau 
wegen eines den ganzen Magen einnehmenden Carcinoms ausgeführt. Dass wirk- 
lich die Resektion außerhalb der Grenzen des Magens stattgefunden, wurde durch 
die histologische Untersuchung der beiden Enden des Präparats erhärtet; die- 
selben wurden von Prof. Ribbert als Osophagus resp. Duodenum diagnostieirt. 
Technisch ist von Bedeutung, dass durch kräftigen Zug am Magen die Speiseröhre 
sich beträchtlich herabholen und dadurch der subdiaphragmatische Theil derselben 
sich erheblich verlängern ließ. 2 Monate nach der Operation hat die Pat. um 
4,400 kg zugenommen. 

Die nach erfolgter Heilung an der Pat. vorgenommenen Stoffwechselunter- 
suchungen ergaben eine normale Ausnutzung der Eiweißnahrung durchaus in 
Übereinstimmung (mit analogen Thierversuchen. Demnach kommt 8. zu dem 
Schluss, dass der Magen hauptsächlich ein Schutzorgan für den Organismus ist, 
welches eventuelle schädliche Eigenschaften der Nahrung mildert oder beseitigt, 
während der Darm bei geeigneter Nahrung im Stande ist, für die chemische Ar- 
beit des Magens völlig aufzukommen. Hofmeister (Tübingen). 


44) Jayle. Un cas de gastroenterostomie avec ent&roanostomose par 
la méthode de Souligoux. 
(Presse med. 1897. No. 18.) 

Verf. hat bei einer Frau das Verfahren Souligoux’ (cf. Centralblatt 1896 
No. 51 p. 1219), welches die Gefahr der Peritonitis vollständig zu vermeiden 
strebt, mit Erfolg angewendet: künstliche Nekrose an den zu vereinigenden Darm- 
absohnitten, Vereinigung in der Umgebung der gequetschten und mit dem Paquelin 
verschorften Partie durch sorgfältige Naht; die Anastomose öffnet sich auf diese 
Weise erst, wenn die Darmschlingen im gesunden Gewebe verheilt sind, nach 
2—3 Tagen. Das Verfahren ist bei der Gastroenterostomie nur anwendbar, wenn 
es sich, wie im vorliegenden Falle, um verhältnismäßig gut genährte, kräftige 
Personen handelt, welche noch ein 2- bis 3tägiges Fasten vertragen. Um ferner 
den Rückfluss der Galle zu verhüten, hat J. der ersten Operation noch eine Entero- 
anastomose nach demselben Operationsverfahren angeschlossen. Heilung ohne 
jeden Zwischenfall. Tschmarke (Magdeburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. ` 205 


45) A. Luria (Chicago). Neue Erfahrungen auf dem Gebiete der 
Darmchirurgie. 
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 35 u. 36.) 

Der Aufsats enthält eine warme Empfeblung der von J. Frank ersonnenen 
Modifikation des Murphy-Knopfes; dieselbe besteht bekanntlich darin, dass swei 
resorbirbare Knochenringe durch ein Gummirohr nach Analogie des Knopfes ver- 
bunden werden. Zur Sache kann auf die Referate in diesem Centralblatt 1897 
No. 25 p. 661 (J. Frank), 1897 No. 40 p. 915 (Luria) und 1898 p. 192 verwiesen 
werden. Die vorliegende Arbeit L.’s enthält genaue technische Details über die 
Herstellung und Anwendung der Frank’schen Knöpfe und erleichtert das Ver- 
ständnis des Verfahrens durch gute Abbildungen. @risson (Hamburg). 


46) Carle et Charvet. Occlusion intestinale aiguë. Etranglement 
d'une anse de l'intestin grêle par le diverticule de Meckel adhérent. 
(Province méd. 1897. No. 39.) 

Der berichtete Fall von Darmabschnürung durch ein Meckel'sches Diver- 
tikel bei einem 16jährigen Knaben, bei welchem sogar eine Laparotomie abge- 
brochen wurde, weil der Anblick der Bauchhöhle das Vorhandensein einer, wie 
angenommen wurde, tuberkulösen Peritonitis allein vortäuschte, zeigt, wie schwierig 
unter Umständen Differentialdiagnose swischen akutem Darmverschluss und Peri- 
tonitis sein kann. Allerdings fand sich eine ziemlich erhebliche Menge klaren 
serösen Ergusses in der Bauchhöhle. Herm. Frank (Berlin). 


47) E. Kummer. Occlusion intestinale aiguë par £tranglement 
herniaire. Herniotomie. Occlusion intestinale chronique par brides 
péritonéales. Anastomose iléocolique. Nouvelle occlusion intestinale 
chronique. Mort. 
(Revue méd. de la Suisse rom. 1897. No. 3.) 

Die 58jährige Pat. zog sich vor 15 Jahren einen nicht mehr reponibeln Leisten- 
bruch rechterseits zu. Ohne besondere Veranlassung plötzlich Incarceration. Bei 
der Tags darauf vorgenommenen Herniotomie findet sich im Grunde des Sackes 
eine bläulich verfärbte, aufgeblähte Dünndarmschlinge, die nach Loslösung in die 
Bauchhöhle reponirt wird; — auf der Konvexität dieser Schlinge fand sich ein 
kleiner, nicht perforirender Substanzverlust, der vor der Reposition mit 2 Seiden- 
nähten geschlossen wurde. — Erbrechen und Schmerzen im Leibe bestehen fort, 
desshalb 2 Tage später Wiedereröffnung der Wunde, der eingeklemmte Bruch 
nicht mehr auffindbar; trübe, seröse Flüssigkeit entleert sich aus der Bauchhöhle; 
Drainage mittels Jodoformdochtes durch den Schenkelkanal. 6 Wochen nach 
der Operation Entlassung in die Heimat; von Zeit su Zeit noch Erbrechen, 
eben so häufige Schmerzen in der rechten Darmbeingrube mit Aufblähung des 
Leibes; Wunde geheilt. Wegen Zunahme der Erscheinungen von Darmverschluss 
31/2 Monate später medianer Bauchschnitt. 

In der rechten Darmbeingrube, ungefähr der Stelle der früheren Hernie ent- 
sprechend, findet sich ein Knäuel zusammengeballter Darmschlingen, deren Tren- 
nung unmöglich ist. Es wird desshalb eine Enteroanostomose gemacht, indem 
man die Partie des oberhalb des Hindernisses gelegenen Ileums mit dem Colon 
transversum in Kommunikation bringt. Zwischen den durch Serosanaht fixirten Darm- 
partien wird eine 4 cm lange Incision gemacht. Sofortiges Aufhören des Er- 
brechens, keinerlei Reaktion; die Kranke kehrt nach 10 Tagen allgemein gebessert 
nach Hause zurück. Aber schon nach einigen Wochen Wiederbeginn der alten 
Erscheinungen. Ein weiterer Eingriff verweigert. Tod unter den Symptomen 
von chronischem Darmverschluss. Alterationen des Darmes haben hier offenbar 
schon vor der Einklemmung bei der 15 Jahre alten, nicht reponibela Hernie 
‚bestanden. Das Centrum der susammengeballten, nicht trennbaren Darmschlingen 
war sehr wahrscheinlich die reponirte, inoarcerirt gewesene Schlinge. So weit 


206 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


erklärt Verf. die kausalen Momente für den Darmverschluss nach der Hernio- 
tomie bis sur medianen Laparotomie. Das Recidiv nach der Enteroanastomose, 
nach der die Kranke geheilt schien, glaubt er in der zu kurzen Ineision der 
fixirten Darmpartien — 4 cm — suchen zu müssen. "Dach dem Eingriff schwanden 
die Symptome des Verschlusses, mit der sich einstellenden narbigen Retraktion 
kehrten sie wieder; letztere führte zweifelsohne eine Insuffoienz der ileoooecalen 
Öffnung herbei. Selbst ohne von der Autopsie — sie konnte nicht gemacht 
werden — Gewissheit erlangt zu haben, würde Verf. in einem analogen Falle eine 
breitere Öffnung anlegen. (Vielleicht wäre es in vorliegendem Falle auch besser 
gewesen, die eingeklemmte Darmschlinge nicht sofort zu reponiren. Ref.) 
Kronacher (München). 


48) Rogers. A successful operation for intestinal obstruction in an 
infant sixty-four hours old. 
(Med. news 1897. Oktober 2.) 
Ein übrigens gesundes Kind wurde, als nach 64 Stunden noch keine Darm- 
entleerung erfolgt war, und Erbrechen auftrat, laparotomirt. Es fand sich ein von 
der hinteren Bauchwand ausgehendes Band, welches den Dünndarm etwa in 


seiner Mitte komprimirte. Durohtrennung des Bandes, Heilung. 
Strauch (Braunschweig). 


49) Reimers. Beitrag zur Lehre des Volvulus der Flexura sigmoidea. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Bei der Operation eines wegen Ileuserscheinungen intern erfolglos behandelten 
Mannes findet man eine Drehung der Flexura sigm. um 360°. Trotz gelungener 
Operation folgt bald der Tod. Bei der Sektion findet man die Fußpunkte der 
Flexur durch einen Narbenstrang ihres Mesenteriums sehr genähert: offenbar ein 
prädisponirendes Moment für das Auftreten von Volvulus, welches Verf. auf eine 
chronische umschriebene Peritonitis z. B. in Folge eines Traumas oder auf das 
Übergreifen entzündlicher Prooesse von der Darmwand her zurückführt. Sodann 
führt Verf. 25 Fälle obiger Affektion aus der Litteratur an, bespricht deren Sym- 
ptome, Diagnose, Prognose etc. und fordert zum Schluss ein frühzeitiges Überweisen 
dieser Erkrankung an den Chirurgen. Happel (Darmstadt). 


50) R. Heinze. Zur Kasuistik der primären Dünndarmsarkome. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Einer der immerhin seltenen Fälle von Dünndarmsarkom wird hier ausführlich 
mitgetheilt. Bei dem 45jährigen Mann fand sich der Tumor im oberen Theil des 
Jejunums; die Ausdehnung der Geschwulst machte die Resektion eines 45 om langen 
Stückes Dünndarm nothwendig, der sofort die Resektion eines weiteren Stückes 
von 60 cm folgen musste, dessen Ernährung gefährdet schien. Operation und 
Heilung verliefen günstig. Am Schluss zieht Verf. noch 15 von Baltzer zu- 
sammengestellte Fälle derselben Erkrankung heran und bespricht Prognose, Sym- 
ptome, Diagnose eto. speciell im Vergleich zum Carcinom.} 

Happel (Darmstadt). 


51) Kuhn(Gießen). Ein neues Darmrohr. Spiralgummi-Mastdarmsonde 
und Mastdarmsondirung. 
(Allg. med. Central-Zeitung 1897. No. 71 u. 72.) 

K. giebt die Beschreibung einer von ihm konstruirten Mastdarmsonde, die 
den Vortheil bietet, bei genügender Biegsamkeit doch sicher dirigirt werden zu 
können, und erörtert den Modus ihrer Anwendung für die Untersuchung des Mast- 
darmes und der über ihm gelegenen Theile des Darmes. Die sich für die Sache 
Interessirenden verweisen wir auf die Lektüre des Originals und die Artikel ähn- 
lichen Inhalts, die Verf. neuerdings in verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht hat, 

H. Lindner (Berlin). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 207 


52) @. A. Schapiro. 2 Fälle von Sarkom der inneren Organe mit 
eigenartiger Lokalisation und klinischem Verlauf. 
(Wratsch 1897. No. 42—43. [Russisch.)) 

1) Primäres Spindelsellensarkom im Duodenum mit Lebermetastase. 23jähriger 
Mann, etwas über 1 Jahr krank. Beständig zunehmende Schwäche, im Anfang 
kolikartige Schmerzen in der Lebergegend, leichter Ikterus, später geringe Magen- 
Darmstörungen. HCI fehlt, ziemlich viel Milobsäure. Die Geschwulst über dem 
Nabel wuchs rasch und wurde faustgroß. In der letzten Zeit einige Mal Tempe- 
ratursteigerungen bis 40°. Probelaparotomie (Prof. Tiling), wobei man scheinbar 
ein Pankreascaroinom oder -Sarkom fand, das inoperabel war; Tod an zunehmender 
Schwäche. Sektion: Duodenum zwischen Magen und Gallengang erweitert, hintere 
und obere Wand sarkomatös entartet. Im rechten Leberlappen eine kindskopf- 
große, im Centrum zerfallene Metastase. Drüsen unbetheiligt. In einer Nach- 
schrift berichtet 8. über einen bald darauf angetroffenen ähnlichen Fall: 36jährige 
Frau, 2 Monate krank. Schwäche, Stuhlverhaltung; Ikterus, Erbrechen seit einer 
Woche. Höchste Temperatur 38°. Tod nach 18 Tagen. Sektion: primäres exul- 
cerirtes Lymphosarkom im Duodenum, unter dem Vater’schen Gang, thalergroß; 
Metastasen in Pankreas, Lymphdrüsen, im Gallengang, in Nieren, Becken, Media- 
stinum, Lungen, unter der Kopfhaut. In der russischen Litteratur fand Verf. 
2 Fälle von Duodenumsarkom bei Eiger (Botkin’s Hospitalzeitung 1895 
No. 42—43, russisch); dooh ist der Ursprung vom Duodenum zweifelhaft, da in 
beiden Fällen viele andere Organe befallen waren. 

2) Multiple Sarkomatose mit beiderseitigem hochgradigem Exophthalmus, 
Lidödem und Sehschwäche, verursacht durch symmetrische Geschwulstknoten in 
beiden Augenhöhlen. 17jähriger Jüngling, 3 Monate krank. Vor 6 Jahren Schnitt- 
wunde am Vorderarm mit starker Blutung, darauf Anämie; die letsten 2 Jahre 
litt Pat. an einem Bandwurm, von dem er erst vor 1 Monat befreit wurde. Bei 
der Sektion fand man viele Knoten unter der Haut, in der Dura, im Mediastinum, 
unter dem visceralen Perikard (doch keine einzige Metastase unter dem parietalen 
Perikard) und in einigen Drüsen. Das primäre Sarkom glaubt 8. in der Glan- 
dula thymus gefunden zu haben. Güekel (B. Karabulak, Saratow). 


XXVII. Kongress 
der 


Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. 


Der XXVII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie findet vom 
13. bis 16. April in Berlin statt. 

Die Begrüßung der zum Kongresse sich versammelnden Mitglieder geschieht am 
Dienstag den 12. April, Abends von 8 Uhr ab, im Hótel de Röme (Charlottenstr. 
No. 44/45). 

Die Eröffnung des Kongresses findet Mittwoch, den 13. April, Vormittags 
10 Uhr, im Langenbeck- Hause statt. Während der Dauer des Kongresses 
werden Morgensitzungen von 10—1 Uhr und Nachmittagssitzungen von 2—4 Uhr 
daselbst gehalten. 

Die Vormittagssitzung des Mittwoch (13. April) und die Nachmittagssitzung des 
Freitag (15. April) sind zugleich Sitzungen der Generalversammlung. 

Die Generalversammlung wird in ihrer ersten Sitzung über eine auf dem vor- 
jährigen Kongress in Aussicht genommene Statutenänderung zu beschließen haben 
(vgl. Verhandlungen der deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 26. Kongress, I. p. 8). 
Die vorgeschlagene Abünderung besteht darin, dass in § 8 der Statuten hinter den 
Worten »6. einen Kassenführer« die Worte eingeschoben werden sollen xg. den frühe- 
ren Vorsitzenden«. 


208 Centralblatt für Chirurgie. No. 7. 


In der zweiten Sitsung der Generalversammlung, am Freitag Nachmittag, fin- 
det die Wahl des Vorsitzenden für das Jahr 1899 statt. 

Von auswärts kommende Kranke können im Königl. Klinikum (Berlin N., 
Ziegelstraße No. 5—9) Aufnahme finden; auch können Präparate, Bandagen, In- 
strumente etc. ebendahin gesandt werden. Wenn ausreichende Anmeldungen einlau- 
fen, wird eine Ausstellung von ‚Röntgen- Photogruphien stattfinden. 


lich dem ständigen 1. Schriftführer, Herrn Geh. Med.- Rath Prof. Dr. Gurlt 


Herr Anders ist beauftragt und ermächtigt, Beiträge zum Besten des Langen- 
beck- Hauses, Zuwendungen für die Bibliothek, so wie die regelmäßigen Zahlungen 
der Mitglieder entgegenzunehmen. 

F. Trendelenburg, 
Vorsitzender für das Jahr 1898. 


Der XVI. Kongress für innere Medicin 


‚findet vom 13.—16. April 1898 in Wiesbaden statt. Das Präsidium übernimmt 
Herr Geh. San.- Rath Prof. Dr. Moritz Schmidt (Frankfurt a/M.). 


Folgende Themata sollen zur Verhandlung kommen : 

Am ersten Sitzungstage, Mittwoch den 13. April: Über den Mmedicinisch- 
klinischen Unterricht. ‚Referenten: Herr Geh.-Rath Prof. Dr. v. Ziempßen 
(München) und Herr Prof. Dr. R. v. Jaksch (Prag). 


Am dritten Sitzungstage, Freitag den 15. April: Über intestinale Auto- 
intoxikationen und Darmantisepsis. Referenten: Herr Prof. Dr. Müller 
(Marburg) und Herr Prof. Dr. Brieger (Berlin). 

Auf besondere Aufforderung des Geschäftskomités hat sich Herr Prof. Dr. Leo 
(Bonn) bereit erklärt, einen Vortrag über den gegenwärtigen Stand der 
Behandlung des Diabetes mellitus zu halten. 

Folgende Vortrüge und Demonstrationen sind bereits angemeldet. 

Herr Schott (Nauheim): Über chronische Herzmuskelerkrankungen. 
— Herr van Niessen (Wiesbaden: Der Syphilisbacillus (Demonstration). — 
Herr B. Lagquer (Wiesbaden): Über den Einfluss der Milchdiät auf die 
Ausscheidung der gepaarten Schwefelsäuren. — Her Determann 
(St. Blasien): Klinische Untersuchungen über Blutplättchen. — Herr 
Weintraud (Wiesbaden): Über experimentelle Magenektasien. 


Weitere Anmeldungen von Vorträgen nimmt der stündige Sekretär des Kon- 
gresses, Herr San.-Rath Dr. Emil Pfeiffer, Wiesbaden, Parkstraße 9, 
entgegen. 

Mit dem Kongresse ist eine Ausstellung von neueren ärztlichen 
Apparaten, Instrumenten, Präparaten etc., so weit sie für die innere 
Medicin von Interesse sind, verbunden. Besondere Gebühren werden dafür den Aus- 
stellern nicht berechnet. Hin- und Rückfracht, Aufstellen und Wiedereinpacken, 
so wie etwa nöthige Beaufsichtigung sind üblicher Weise Sache der Herren Aus- 


steller. Anmeldungen und Auskunft bei Herrn San.-Rath Dr. Emil Pfeiffer 
(Wiesbaden), Parkstraße 9b, 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmam, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 8. Sonnabend, 26. Februar. 1898. 


Inhalt: A. Landerer und C. Krämer, Die Desinfektion des Operationsfeldes. — II. C. 
Lauenstein, Zur Technik der Schädeltrepanstion mit Hilfe des Collin’schen Perforateurs 
und der Giel schen Säge. (Original- Mittheilungen.) 

1) Villaret, Handwörterbuch. — 2) Eulenburg, Encyklopädische Jahrbücher. — 
3) Eulenburg, Real-Encyklopädie der gesammten Heilkunde. — 4) Kocher, D) Rotter, 
6) Zuckerkandl, Operationslehre. — 7) Roth’s Jahresbericht. — 8) Coustan, Militär- 
chirurgie. — 9) Köhler, Allgemeine Kriegschirurgie. — 10) v. Bruns, Selbstladepistole. 
— 11) Morgenroth, 12) Dupard, Herstellung aseptischer Verbandstoffe. — 13) Robert, 
Pikrinsäure. — 14) Nicolai, Sanitätsdienst im Gefecht. 

Karewski, Über »Abzüge« für Sterilisstoren im Operationssaal. (Original-Mittheilung.) 

15) Pitot, Die Verwundeten vor Tananariv.. — 16) Senn, Kriegschirurgie bei den 
Griechen und Türken. — 17) Haga, Kriegschirurgisches aus dem japanisch-chinesischen 
Kriege. — 18) Seggel, 19) Fattie, 20) Duprez und Patry, 21) Le Dentu, Schädelschüsse. 
— 22) Law, Skiaskopie. — Berichtigung. 


(Aus dem Karl-Olga-Krankenhause in Stuttgart.) 


I. Die Desinfektion des Operationsfeldes. 
Von 


Prof. A. Landerer, und Dr. C. Krämer, 
Oberarzt. Volontärarzt. 


Die Aufgabe, das Operationsfeld steril zu gestalten, hat bis jetzt 
eine befriedigende Lösung nicht gefunden. So hat z. B. Lauen- 
stein (Chirurgenkongress 1896), trotz mühsamer und umständlicher 
Maßregeln, von 124 Fällen nur 49mal die Haut steril gefunden, also 
in etwa 40%. 

Wir nehmen an, dass die Mikroorganismen der Haut, in den 
Hautfetten suspendirt, auf der Haut festgehalten werden. Diese 
Annahme findet ihre Bestätigung darin, dass die Fett lösenden Des- 
infektionsmittel sich — trotz mancher theoretischer Bedenken — in 
der Praxis allein auf die Dauer bewährt haben. So behauptet 
zweifellos die mechanische Entfernung der Hautbakterien mit Hilfe 
fettlösender Mittel — das Abscheuern mit Seifenwasser, das Rasiren, 

8 


210 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


das Abreiben mit in Äther getauchter Watte — den ersten Rang in 
der Desinfektion des Operationsfeldes, und es bleibt fraglich, ob der 
meist üblichen Abwaschung des Operationsfeldes mit antiseptischen 
Flüssigkeiten, Sublimatlösung u. dgl., eine wesentliche Bedeutung 
zukommt. Die Bedeutung der Haut für das Zustandekommen der 
Wundinfektion wird bisher entschieden unterschätzt. Ich gedenke 
an anderem Orte darauf zurückzukommen. Die bisherige Haut- 
desinfektion ist nur eine Oberflächendesinfektion. Nun wissen wir 
aber, dass die Mikroorganismen nicht nur auf der Oberfläche der 
Haut sich finden, sondern zum Theil ziemlich tief in die Drüsen der 
Haut hinein vordringen. (Garre u. A.) Die hierin enthaltenen 
Mikroorganismen machen sich besonders bei reichlicher Wundabson- 
derung geltend durch Infektion der Wunde. Auch hierüber gedenke 
ich an anderem Orte mich ausführlicher zu äußern. Diese in der 
Tiefe sitzenden Hautmikroorganismen können nur durch ein Des- 
inficiens getroffen werden, das auch in Gasform wirkt. Es lag nahe, 
sich hierzu des Formalins zu bedienen. So haben wir seit August 
1897 die Desinfektion der Haut mit 1%iger Formalinlösung geübt. 

Nachdem einige praktische Versuche sofort die Brauchbarkeit 
des Verfahrens gezeigt haben, gingen wir auch zur bakteriologischen 
Prüfung über. Diese wurde von Dr. C. Krämer ausgeführt an bis 
jetzt etwa 30 Fällen. Hiervon hat sich nur in 4 Fällen Wachsthum, 
und zwar 3mal nur in einzelnen Kolonien gezeigt. Man kann sagen, 
dass in etwa 80—90% die Haut ganz steril blieb. Über die Methode 
der bakteriologischen Untersuchung etc. wird Dr. Krämer noch 
ausführlich berichten. Dem entsprechend haben wir in über 60 so 
vorbereiteten Fällen nur 3mal eine Störung der Prima intentio ge- 
habt, alle 3 Male bei Radikaloperation alter großer Hernien, wo sich 
zurückgelassene Stücke des dicken, schwieligen Bruchsacks später 
fieberlos aus dem Drainkanal abstießen. 

Die Technik ist eine sehr einfache. Nach dem üblichen Rei- 
nigungsbad und Seifenabreibung des ganzen Körpers wird die be- 
treffende Stelle mit einer in 1%ige Formalinlösung getauchten Kom- 
presse bedeckt, darüber kommt ein wasserdichter Stoff. — Schon von 
6 Stunden an lässt sich die keimtödtende Wirkung erkennen; im 
Durchschnitt haben wir die Umschläge 12—36 Stunden (unter 1- bis 
2maligem Wechseln) liegen lassen. Lässt man das Formalin über 
2 Tage wirken, so bekommt man eine Härtung der Haut, die sich 
beim Hautschnitt bemerkbar macht. Auch scheint dann die prima 
reunio sich zu verzögern. — Vor der Operation wird die übliche 
Seifenabscheuerung, Rasiren und Ätherabreibung mit folgendem Ab- 
waschen mit Sublimatlösung gemacht. Diese letztere Desinfektions- 
methode allein hat uns nur ausnahmsweise Keimfreiheit der Haut 


ergeben. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 211 


II. Zur Technik der Schädeltrepanation mit Hilfe des 
Collin’schen Perforateurs und der Gigli’schen Säge. 


Von 
Oberarzt Dr. Carl Lauenstein, Hamburg. 


Die Braatz’schen Vorschläge zu der Schädeltrepanation nach 
Obalinski mit dem Perforateur nach Collin und der Gigli’schen 
Säge (No. 3 dieses Blattes) kann ich noch durch ein zweckmäßiges 
Verfahren ergänzen. Es betrifft die Durchführung des Fadens resp. 
der Säge von einem Trepanationsloch zum anderen. Da alle präfor- 
mirten Drähte, Sonden oder Kanülen zu viel Raum beanspruchen 
innerhalb des Schädels, d. h. die Dura zu weit abdrängen, nament- 
lich wenn die Trepanationslöcher weiter aus einander liegen, so em- 
pfehle ich zu diesem Zweck die »Uhrfeder«, deren peripheres Ende 
abgerundet und mit einem Ohr versehen ist. Man schiebt die Uhr- 
feder, mit dem Faden versehen, die Konkavität nach aufwärts ge- 
richtet, von dem einen Trepanloch in der Richtung zum andern. 
Die Eigenschaft der Uhrfeder, dass sie nach der Fläche zu äußerst 
biegsam ist, aber seitliche Deviationen nicht zulässt, macht sie so 
geeignet, sich zwischen Knochen und Dura in gerader Richtung vor- 
schieben zu lassen. Um die Richtung von dem ersten Trepanloch 
nach dem andern einzuschlagen, bedarf es eben so wie bei der Ver- 
wendung anderer Instrumente des Augenmaßes. Das Fadenende 
wird mit der Pincette in dem zweiten Trepanloch in Empfang ge- 
nommen und dazu benutzt, das Uhrfederende mit dem Öhr der 
Gigli’schen Säge zu verknüpfen und diese beim Zurückziehen der 
Feder mitzunehmen. Wenn man die Gigli’sche Säge langsam 
durchzieht, bedarf man keiner Schutzvorrichtung für die Dura. Übri- 
gens kann man auch mit Hilfe der Uhrfeder die Säge ganz gedeckt 
durchführen, indem man im Verlauf der Uhrfeder noch ein Loch 
anbringen lässt, sie dann weit aus dem zweiten Trepanloche heraus- 
schiebt und die Säge mit dem Faden an jenes Loch geknüpft und 
auf der konkaven Seite der Feder gelagert durchzieht. Mit Hilfe 
der Uhrfeder gelingt es leicht, die Verbindung zwischen weit ent- 
fernten Trepanlöchern — bis zu 7 und mehr Centimeter — herzu- 
stellen. n 

Die Einwände, die Braatz gegen den Collin’schen Perforateur 
erhebt, habe ich ebenfalls als richtig empfunden. Ich habe mir 
daher die an und für sich praktische Trepankrone des Collin’schen 
Instruments mit dem Griff des alten Bogentrepans, der dem prakti- 
schen Griff des Drillbohrers der Zimmerleute entspricht, in Verbin- 
dung briugen lassen und habe mir dadurch das relativ theuere In- 
strument nicht bloß praktischer, sondern noch um die Hälfte billiger 
gestaltet. 


Se 


212 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


1) A. Villaret. Handwörterbuch der Medicin. 2. gänzlich 
neubearbeitete Auflage. Lfg. 1—4. 
Stuttgart, F. Enke, 1897. 

Schon in der 1. vor 10 Jahren erschienenen Auflage hatten die 
Verff. und der Herausgeber es verstanden, eine Fülle thatsächlichen 
Materials in knapper Kürze zu geben und so auf verhältnismäßig 
geringer Bogenzahl einen Gesammtüberblick des ärztlichen Wissens 
in encyklopädischer Form darzubieten. Die neue Auflage erscheint 
in kleinerem, handlicherem Format, ohne aber an Bogenzahl wesent- 
lichen Zuwachs zu gewinnen. Sonach mussten einzelne Artikel ganz 
fortbleiben, die meisten anderen aber noch knapper zugeschnitten 
werden, um so mehr, als doch eine große Menge neuen Materials 
Aufnahme findet. Auch das ist den zum Theil neu hinzugetretenen 
Mitarbeitern geglückt, und man darf sagen, dass, wer überhaupt an 
so kurzen Darstellungen Genüge findet, hier gut berathen ist. Stößt 
ihm in der Praxis, in der Litteratur ein unbekannter Name auf, be- 
gegnet er einem neuen Mittel, wünscht er kurze Auskunft über irgend 
eine Frage aus unserer Wissenschaft, so wird er in dem Handwörter- 
buch eine präcise, natürlich relativ kurze Auskunft erhalten, die den 
Standpunkt des Wissens unserer Tage repräsentirt. Innerhalb von 
etwa 2 Jahren soll das Werk vollendet vorliegen, dessen Ausstattung 
eine gute ist. Richter (Breslau). 


2) A. Eulenburg. Encyklopädische Jahrbücher der gesamm- 


ten Heilkunde. VII. Jahrg. 
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1897. 
3) Derselbe. Real-Encyklopädie der gesammten Heilkunde. 
Dritte, gänzlich umgearbeitete Auflage. Bd. XV. 
Ibid. 1897. 

Es ist gewiss richtig, beide Werke gleichzeitig anzuzeigen, nicht 
nur weil sie von demselben Herausgeber geleitet werden, und weil 
die Jahrbücher eine Ergänzung der 2. Auflage der Real-Encyklopädie 
sind, sondern namentlich auch, weil mancher Artikel — z. B. ein 
sehr fleißiger über Mediastinalgeschwülste — gleichzeitig in beiden 
Werken erscheint, wie ganz recht: er ist nothwendig in der neuen 
Auflage der Encyklopädie und vervollständigt den Wissensschatz der 
2. Auflage. 

Die Jahrbücher sind wieder bemüht, neben kürzerer Registrirung 
neuester . Fortschritte in dem ganzen Gebiet der Medicin einige 
größere zusammenfassende Artikel über brennende Fragen zu geben. 
z. B. Autoskopie, Frakturverbände, Magenchirurgie, Naht, Organ- 
therapie, Reichsversicherungswesen, Röntgenstrahlen (mit einer An- 
zahl guter Abbildungen ausgestattet). Eben so aber sind die Be- 
arbeiter der Encyklopädie bemüht gewesen, die ihnen anvertrauten 
Abschnitte weiter bezw. neu zu bearbeiten und in ihnen unser 
zeitiges Wissen zu deponiren. Nennen möchte ich nur die Artikel 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 213 


Mechanotherapie, Mikrocephalie und Missbildungen, letztere beide aus 
der Feder Marchand’s, Milzchirurgie, Minenkrankheiten, Mittelohr- 
affektionen. Richter (Breslau). 


4; Th. Kocher. Chirurgische Operationslehre. 3. vielfach 


umgearbeitete Auflage. 
Jena, Gustav Fischer, 1897. 412 S. Mit 213 theilweise farbigen Holzschnitten 
im Text. 

Die vorliegende 3. Auflage des K.'schen Lehrbuches stellt aber- 
mals eine wesentliche Erweiterung und, so weit es möglich war, auch 
Verbesserung der früheren Auflagen vor. Was wir Rühmliches von 
der 2. Auflage (s. dieses Centralblatt 1895 No. 12) gesagt haben, 
können wir von der 3. in vollem Umfang wiederholen. Das Buch 
hat trotz der Erweiterungen seinen streng subjektiven Charakter be- 
halten. K. selbst hebt hervor, dass es ihm fern liegt, über alle Ope- 
rationsmethoden, welche Empfehlung verdienen, Auskunft zu geben, 
sondern es sei vielmehr seine Absicht, bloß diejenigen zu schildern, 
welche er durch eigene Erfahrung als völlig bewährt und empfehlens- 
werth erfunden habe. So larf man dem Autor keinen Vorwurf 
machen, wenn er auch in der neuen Auflage eine Reihe von Ope- 
rationen, die von der Mehrzahl der Chirurgen anerkannt und geübt 
werden, nicht berücksichtigt. 

Von den Neuerungen auf technischem Gebiet findet der Murphy- 
sche Knopf volle Anerkennung; im Ganzen und Großen zieht K. 
eine gut angelegte, doppelte, cirkuläre Naht immer noch einem 
Murphyknopf vor; er giebt aber zu, dass der Murphyknopf sich noch 
da sicher anlegen lasse, wo die Darm- und Magennaht zu große 
Schwierigkeiten bietet. Dies ist ein Standpunkt, den heute wohl 
die meisten auf diesem Gebiet erfahrenen Chirurgen einnehmen. 

Eine eingehendere Berücksichtigung hätte nach unserer Meinung 
in dem Kapitel über Anästhesirung die Infiltrationsanästhesie 
nach Schleich verdient. K. übt zwar, wie wir auch selbst gesehen 
haben, die lokale Anästhesirung durch Injektion von 1%iger Cocain- 
lösung in Haut und Unterhautzellgewebe der Schnittlinie. Es giebt 
dies Verfahren aber lange nicht die Resultate, welche wir erreichen, 
wenn wir genau nach den Schleich’schen Vorschriften vorgehen 
und größere Gebiete mit einer ungleich schwächeren Lösung (0,1%) 
infiltriren. Die Schleich’sche Infiltrationsanästhesie ist nach der 
Erfahrung des Ref. die einzige Methode der lokalen Schmerzbetäu- 
bung, welche in ausgedehntem Maße innerhalb bestimmter Grenzen 
die Inhalationsanästhesie vollkommen zu ersetzen vermag. Während 
K. räth, die Lokalanästhesie da anzuwenden, wo in Folge von hoch- 
gradigen Störungen der Herz-, Lungen-, Leber- und Nierenthätigkeit 
so wie anderer Momente die Inhalationsnarkose besonders gefährlich 
wird, möchten wir derselben einen viel breiteren Wirkungskreis zu- 
weisen und Schleich vollkommen beistimmen, wenn er verlangt, 
dass die lokale Anästhesie als das absolut ungefährliche Verfahren 


214 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


überall da angenendet werde, wo es überhaupt mit Erfolg anzu- 
wenden ist. Nur wo die lokale Anästhesie undurchführbar ist, kommt 
die Inhalationsnarkose als das gefährliche Verfahren in Betracht. 

Ref. übt nun seit bald 2 Jahren das Schleich’sche Verfahren 
und hat damit wohl mindestens in !/ der Fälle — es handelt sich 
vorwiegend um größere Eingriffe — die Inhalationsnarkose erspart. 
Leider ist die Zahl der Fälle, in welchen wir doch zum Chloroform 
oder Äther greifen müssen, immer noch groß genug. 

Wir können uns nicht versagen, zum Schluss einen Passus aus 
der Vorrede des K.’schen Buches anzuführen, der den vornehmen 
Standpunkt des Autors kennzeichnet und von manchem der allzu 
schneidelustigen Kollegen beherzigt werden sollte: »Seit der Chirurg 
durch die antiseptische Wundbehandlung und zumal durch den Fort- 
schritt von dieser zur aseptischen in den Stand gesetzt ist, die meisten 
Operationen ohne Gefahr für das Leben durchzuführen, ist demselben 
die andere Aufgabe wieder näher gelegt, viel mehr als früher der 
Indikation eine Genüge zu leisten, eine rasche Ausheilung und ein 
funktionell vollkommeneres Resultat zu erzielen. Die Technik 
der Operationen hat in dieser Richtung eine erhöhte Bedeutung be- 
kommen. Gerade weil zur Stunde Operationen selbst bei falscher 
Beurtheilung eines Falles ungestraft ‘ausgeführt werden können, so 
weit es sich um das Leben des Kranken handelt, wird man einen 
strengeren Maßstab anlegen müssen in Beurtheilung der Indikation 
für bestimmte Operationsmethoden und des funktionellen Erfolges 
derselben. Wenn die Ärzte nicht daran festhalten, so läuft die 
Chirurgie Gefahr, wieder auf den Standpunkt des Handwerks zur 
Zeit der Bruchschneider und Staarstecher herabzusinken, wofür in 
einzelnen Ländern schon recht bedenkliche Anzeichen vorhanden sind.« 

Mikuliez (Breslau). 


5) E. Rotter. Die typischen Operationen und ihre Übung 
an der Leiche. 5. Aufl. 
München, 1898. XI u. 380 S. Mit 115 Abbildungen. 

Das anerkannt gute Buch erscheint in etwas größerem, immer 
noch sehr handlichem Format und ist ein wenig gesperrter gedruckt 
als bisher. Wo es erforderlich, sind Neuerungen aufgenommen wor- 
den — z. B. betr. Arteriennaht, Blutstillung, Amputationen, Lokal- 
anästhesie, Lumbalpunktion, Deckung von Kehlkopf- und Tracheal- 
defekten, Brust- und Herzwunden, Kastration bei Prostatahyper- 
trophien; fortgelassen ist das veraltete Ogston’sche Verfahren bei 
Genu valgum. Bei den Hämorrhoiden wird allein die Behandlung 
mit der Glühhitze berücksichtigt, bei der Hüftexartikulation das 
Verfahren von Wyeth, das auch bei uns gute Erfolge erzielt, nicht 
erwähnt, bei der Herniotomie vermisst man die Durchtrennung des 
Schnürringes von der Bauchhöhle aus unter der Leitung des Auges. 
Kleine Mängel, die in Auflage 6 ausgeglichen werden dürften. 

Richter (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 215 


6) O. Zuckerkandl. Atlas und Grundriss der chirurgischen 


Operationslehre. 
(Lehmann’s med. Handatlanten Bd. XVI. 400. S., 24 farbige Tafeln, 207 Abbil- 
dungen im Text. München 1897.) 


Das Buch soll dem elementaren Unterricht der Operationslehre 
dienen und daher diejenigen Operationsgruppen, deren Übung an 
der Leiche das Fundament des praktischen Unterrichts bilden, aus- 
führlich erörtern und in ihren markanten Phasen bildlich darstellen. 
Bei den sonstigen Operationen, deren Ausführung lediglich dem 
Chirurgen von Fach anheimfällt, und deren Übung am Kadaver 
minder wichtig erscheint, hat sich Verf. absichtlich mit einigen orien- 
tirenden Bemerkungen beschieden. 

Die Abbildungen, ein Haupttheil des Buches, lassen wenig zu 
wünschen übrig. Immerhin ist es fraglich, ob die den Preis er- 
höhenden bunten Tafeln der Gefäßunterbindungen mehr leisten, 
als gute Holzschnitte; ich möchte das bezweifeln. v. Esmarch, der 
in der 1. Auflage seiner kriegschirurgischen Technik bunte Tafeln 
brachte, hat sie in den späteren Auflagen durch Holzschnitte ersetzt. 
Verzeichnet erscheint in Fig. 97 (Gritti’sche Amputation) die Lage 
der Oberschenkelsägefläche, und in Fig. 158, Rhinoplastik, ist die 
Stirnwunde entschieden zu klein gerathen. 

Eigenartig ist die Anordung des Stoffes. Die Unterbindungen 
handelt Verf. nicht hintereinander ab, sondern gemeinsam nur die 
an den Extremitäten, während er die übrigen erst bei der Behand- 
lung der einzelnen Körperabschnitte bringt, was man immerhin gelten 
lassen kann. Weniger folgende Reihenfolge bei den Operationen 
an den Bauch- und Beckenorganen: 1) Operationen an Magen und 
Darm; 2) am Gallensystem, 3) am Blinddarm und Wurmfortsatz, 
4) an den Harnorganen, 5) an der Prostata, den Samenbläschen 
und dem Vas deferens, 6) an den Hernien, 7) an den Nieren, 
8) am Mastdarm. 

Den Text im Ganzen betreffend, so erscheint derselbe da, wo 
er nur in orientirenden Bemerkungen bestehen soll, nicht selten so 
kurz, dass der Anfänger sich daraus kein klares Bild von der Opera- 
tion machen kann; beispielsweise bei der temporären Oberkiefer- 
resektion. Die Beschreibung der Pylorusresektion fehlt ganz, während 
die Exstirpation der Samenblasen genauer beschrieben wird. 

Auf einzelne Kleinigkeiten sei noch hingewiesen: die Ver- 
wechslung der Plattennaht mit der Schrotkugelnaht; — dass nach 
Eröffnung eines Hirnabscesses der austrepanirte Knochen wieder in 
den Defekt eingefügt und die Wunde durch Naht verschlossen werden 
soll; — dass es eine alte Regel sei, beim Bauchstich niemals die 
gesammte im Bauchraum angesammelte Flüssigkeit ablaufen zu lassen; 
— dass man als Urethrotomia externa die Eröffnung der Harnröhre 
durch Schnitt von den Bauchdecken her bezeichne! — Letzteres sicher 
ein Lapsus calami. Diese geringen Ausstellungen wollen nur als 
Wünsche für Änderungen in einer 2. Auflage angesehen werden. 


216 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


Die Konkurrenz ist gerade auf diesem Felde schwer; denn wir be- 
sitzen in Deutschland eine Anzahl trefflicher, auch mit Abbildungen 
gut ausgestatteter Operationslehren angesehenster Chirurgen, neben 
denen sich den Platz zu erobern und bewahren nicht leicht fällt. 
Richter (Breslau), 


7) W. Roth’s Jahresbericht über die Leistungen und Fort- 
schritte auf dem Gebiet des Militär-Sanitätswesens. XXII. Jhrg. 
Bericht über das Jahr 1896. Hrsg. von der Redaktion der 


Deutschen militärärztl. Zeitschrift. 
Berlin, Mittler & Sohn, 1897. 211 S. 

Etwas später als sonst ist der genannte Jahresbericht erschienen, 
welcher wieder eine große Zahl von Arbeiten bespricht, die in mehr 
oder weniger engem Zusammenhang mit den an die Militärärzte im 
Speciellen herantretenden Aufgaben stehen. Namentlich in dem 
Kapitel »Chirurgie« findet sich auch Vieles von allgemeinerem Inter- 
esse, wie auch in dem mehr statistischen Theile und dem mehr über 
organisatorische Fragen handelnden Abschnitte. 

Ber Lühe (Königsberg i/Pr.). 
8) Coustan. Aide mémoire de chirurgie militaire. 
(Manuel du méd. militaire 1897. Vol. II.) 

In 2 getrennten Abschnitten behandelt C. die äußerlichen Krank- 
heiten des Soldaten und die Traumen seines Berufes. Er beginnt 
die Darstellung der ersteren mit der der Ampoule, des »Wundlaufens« 
des deutschen militärztlichen Rapportschemas, weiß aber natürlich 
eben so wenig, wie andere Schriftsteller, zur Vermeidung dieses die 
Heere im Kriege oft so furchtbar schädigenden Leidens durchschlagende 
prophylaktische Maßregeln anzugeben. Gutsitzende, wechselbare Fuß- 
bekleidung und peinliche Sauberkeit vermögen das »\Wundlaufen« 
nicht völlig aus der Welt zu schaffen. 

Hinsichtlich der übrigen durch das Marschieren erzeugten Krank- 
heiten des Fußes und Unterschenkels unterscheidet C. 5 Arten: die 
.Talalgie, die Tarsalgie, die Syndesmitis metatarsea, entorse metatar- 
sienne, die Tenositis oder Ai crepitant und endlich noch eine Perio- 
stitis am Schienbein durch Anstrengung. Während sich die erstere 
aus einer Summe geringer Kontusionen der Ferse zusammensetzt, hat 
die Tarsalgie eine doppelseitige Form, die bei jungen Leuten auf- 
tretende Schwäche der plantaren Bänder und eine für den Militär- 
arzt wichtigere einseitige Form, welche durch schlechte Haltung des 
Fußes, meistentheils in Folge von Wundlaufen, hervorgebracht wer- 
den und durch Schmerz und Schwellung in der Mitte der Fußsohle 
bezeichnet sein soll. Die Syndesmitis metatarsea soll eine entzünd- 
liche Anschwellung der 3 mittelsten Metatarsalknochen, am häufig- 
sten des zweiten unter Freibleiben des 1. und 5., darstellen. End- 
lich wird die Tenositis und Synovitis tendinea oder Ai cröpitant als 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 217 


eine Synovitis geschildert, welche ihren hauptsächlichen Sitz ober- 
halb der Sehnenscheiden des Fußgelenks vorn am Unterschenkel 
haben soll. Diese Darstellung lässt das Verhältnis des Plattfußes zu 
den Marschkrankheiten ganz unberücksichtigt, erscheint sehr sche- 
matisch; das, was in Deutschland als »entzündlicher Plattfuß« be- 
zeichnet wird, findet in ihr nur schwer eine Unterkunft. Der Platt- 
fuß selbst erfährt keine Beschreibung. 

Die Hernien scheinen in der französischen Armee erheblich 
weniger häufig zu sein, als in der deutschen, und gilt dies in wohl 
noch höherem Grade von den Varicen der unteren Gliedmaßen und 
namentlich den Varicocelen, welche letztere auch in Amerika und 
England eine weit größere Zahl von Dienstunbrauchbarkeitserklärungen 
veranlassen, als in Frankreich. C. ist geneigt, die Rasse dafür ver- 
antwortlich zu machen. 

Bei Erörterung der Furunkulose und des Ekthyma des Kavalle- 
risten begegnen wir der durchaus richtigen Auffassung, dass eine 
wichtige Schädlichkeit für den letzteren der Pferdestaub ist, und dass 
Unreinlichkeit des Körpers und der militärischen Bekleidungsstücke, 
zumal auch der Halsbinden, der Entstehung dieser Hautleiden wesent- 
lich Vorschub leisten. Ausgehend von den gleichen Voraussetzungen, 
ist das Streben der deutschen Militärärzte, abgesehen von den auch 
von C. empfohlenen Bädern im Sommer und Winter, besonders auf 
die Durchführung sorgfältigster Desinfektion der den neueingestellten 
Soldaten übergebenen Kleider gerichtet. 

Gegen den in Afrika häufigeren Biss der Viper wird neben dem 
sofortigen Ausbrennen und der kreuzweisen Incision durch die Biss- 
wunde die subkutane Anwendung einer Lösung 1:100 von hyper- 
mangansaurem Kali als wirksam empfohlen. Für so gefährlich, wie 
die Araber annehmen, hält C. den Biss der Viper nicht, doch muss 
jegliche Behandlung spätestens 10—15 Minuten nach der Verletzung 
beginnen. Verf. hofft, dass es gelingen werde, ein immunisirendes 
Gegengift herzustellen oder durch allmählich steigende Einspritzung 
des Giftes Gewöhnung zu erreichen. Auf beiden Wegen haben fran- 
zösische Forscher in neuester Zeit Erfolge gehabt, indem sie theils 
erwärmtes Schlangengift selbst, theils erwärmtes Blut der Thiere zu 
Einspritzungen verwandten. 

Zuweilen gerathen Soldaten besonders in wärmeren Gegenden 
dadurch in Gefahr, dass sie in unreinem Wasser junge Individuen 
der Pferdeigel verschlucken, diese sich im Schlund oder in den 
oberen Luftwegen festsetzen, durch Aufnahme von Blut sich ver- 
größern und Erstickungsanfälle veranlassen. Kann man die Thiere 
nicht abreißen oder durch Einblasen von chlorsaurem Kali zum Los- 
lassen zwingen, so kann gelegentlich auch Veranlassung zu einer ope- 
rativen Eröffnung der Luftwege vorliegen. 

Bei Besprechung der Traumen im militärischen Leben weist C. auf 
die große Zahl der durch solche veranlassten Todesfälle und dauern- 
den Schädigungen hin, welche jährlich den Ergebnissen einer kleinen 


ger 


218 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


Schlacht gleichkommen. Es würde zu weit führen, auf die Statistik 
dieser Verletzungen des Näheren einzugehen; nur auf die der Frak- 
turen und Luxationen sei hingewiesen, welche sich über Jahre er- 
streckt und daher über größere Zahlen — nämlich 3157 Frakturen, 
564 Luxationen — verfügt. Sie werden nach ihrer Veranlassung, 
nach ihrem Sitz, ihrer Vertheilung auf die verschiedenen Truppen- 
gattungen betrachtet. Die Thatsache, dass sich aus anscheinend ge- 
ringfügigen Verletzungen der Gelenke, Verstauchungen, oft schwere 
Gelenkkrankheiten entwickeln, wird mehrfach hervorgehoben. 
Lühe (Königsberg i/Pr.). 


9) R. Köhler. Die modernen Kriegswaffen. Ihre Entwick- 
lung und ihr gegenwärtiger Stand, ihre Wirkung auf das 
todte und lebende Ziel. Ein Lehrbuch der allgemeinen 
Kriegschirurgie. I. Theil. 
Berlin, 1897. VIII u. 207 8. 

Wir haben es hier mit dem 1. Abschnitt eines breit angelegten 
Werkes zu thun; denn es ist nicht nur eine allgemeine, sondern auch 
eine specielle Kriegschirurgie in Aussicht gestellt. Entschieden ist 
Verf. durch seine langjährige Wirksamkeit gerade auf diesem Felde — 
als Professor der Kriegsheilkunde an der Wilhelms-Akademie für, das 
militärärztliche Bildungswesen in Berlin — wie durch seine reichen 
chirurgischen Erfahrungen besonders geschickt für eine solche Ar- 
beit und hat sich durch fleißige Litteraturstudien dazu in gelehrtester 
Weise vorbereitet. 

Verf. beginnt sein Werk mit einigen historischen Kapiteln über 
die Entwicklung der treibenden Kräfte bei den Fernwaffen und über 
die Entwicklung der Handfeuerwaffen, um dann über das neueste 
Gewehr und sein Geschoss und im 4. Kapitel über die Entwicklung 
der Artilleriewaffe bis in die Gegenwart zu sprechen. Ref. hält das 
genaue Eingehen auf diese historische Seite für durchaus im Inter- 
esse eines Jeden, der sich intensiver mit der Lehre von den Schuss- 
verletzungen beschäftigen will, weil das verletztende Moment nament- 
lich in unserem Jahrhundert die gewaltigsten Änderungen in der 
Gestalt, dem Durchmesser, der Härte, Bewegungsform und -Größe 
durchgemacht hat, die natürlich die durch dasselbe gesetzten Ver- 
letzungen charakteristisch verändern mussten, so dass Schusswunden 
aus dem Krimkriege solchen aus dem Kriege 1870/71 oder gar aus 
der neuesten Zeit durchaus nicht gleichwerthig zu achten sind, pro- 
gnostisch wie therapeutisch ganz anders beurtheilt werden wollen. 
Namentlich die Verhältnisse der ersten Hilfe auf dem Schlachtfeld 
haben sich durchaus verändert, wie Jedem verständlich, der sich nur 
klar macht, dass noch in den Freiheitskriegen die wirksame Schuss- 
weite der Gewehre nur bis 160 m gerechnet wurde, in der Mitte 
des Jahrhunderts bis auf höchstens 250 m geschossen wurde, dass 
die Kugel aus Weichblei von etwa 15 mm Kaliber der bestimmten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 219 


Führung entbehrte, dass auch das Geschoss des dann eingeführten 
Zündnadelgewehrs, mit dem Preußen seine letzten Kriege geführt 
hat, von 13,6 mm Kaliber und einer Anfangsgeschwindigkeit von 
300 m! nur eine wirksame Schussweite von 600 m hatte. Und dem 
gegenüber jetzt Gewehre, mit denen man in der Minute bis 25 Schüsse 
zielend abgeben kann, deren cylindrisch ogivalen gepanzerten Hart- 
bleigeschosse ein Kaliber von 8—6,5 mm, eine Anfangsgeschwindig- 
keit von 600—700 m und mehr haben, die, indem sie sich in der 
Sekunde mehr als 2500mal um ihre Längsachse drehen, eine große Stetig- 
keit des Fluges, bedeutende Rasanz, eine Schussweite bis zu 4000 m 
und noch auf über 2000 m eine gewaltige Zerstörungskraft besitzen. 
Obwohl diese Änderungen in dem ätiologischen Moment der Schuss- 
verletzungen klarer vor Augen liegen und genauer studirt sind, als 
auf irgend einem anderen Gebiet der Chirurgie, werden die Ab- 
schnitte der Bücher, die diese Verhältnisse behandeln, doch als histo- 
rischer Ballast leider viel zu wenig beachtet und studirt; und nicht 
viel anders steht es mit den Kapiteln über »die Lehre vom Geschoss- 
fluge« (Kapitel V), so nothwendig auch deren Kenntnis namentlich 
für den Militärarzt ist. 

Die größte Beachtung dürfte dem 6., interessantesten Kapitel ent- 
gegengebracht werden, das die Theorie der Geschosswirkung behandelt. 
Auf die Bearbeitung dieser ist von den Kriegschirurgen der ver- 
schiedensten Länder seit den Beobachtungen von sogenannten Explo- 
sionsschüssen viel Mühe verwendet worden, wesentlich also seit der 
Einführung des Chassepotgewehrs, von dem man bei Nahschüssen 
gewaltige, zunächst schwer erklärliche Zerstörungen der getroffenen 
Körpertheile hervorbringen sah. Nur vereinzelt hatte man solche 
auch im Krimkrieg und dem Italienischen des Jahres 1859 beob- 
achtet, gekannt waren nur schon seit viel längerer Zeit die umfang- 
reichen Zerstörungen, die der Schädel bei Schüssen auf geringe 
Entfernung erlitt. Es ist bekannt, wie namentlich die letzteren Er- 
fahrungen zu Schießversuchen gegen flüssigkeitsgefüllte Gefäße Ver- 
anlassung gaben, und als deren Folge die Theorie von der Wirkung 
des Stoßes in Flüssigkeit Annahme fand, die man als eine modificirte 
hydraulische Wirkung bezeichnete, in so fern der Stoß bezw. Druck der 
Flüssigkeit in der Richtung des Geschossfluges heftiger sei als seit- 
lich oder gar ihr entgegen. Da der Ausdruck hydraulischer Druck 
der exakten Anschauung des Physikers nicht entspricht, ist es sicher 
richtig, wenn er durch einen anderen, etwa hydrodynamische Druck- 
wirkung oder auch feuchte Sprengung, hydrodynamische Sprengung 
ergetzt wird. Es ist nur immer im Auge zu behalten, dass — wie 
natürlich — sich die Erscheinungen dieser Wirkung mit den zu den 
Experimenten verwendeten Gewehren und Geschossen auch geändert 
haben, dass es unter Anderem nicht richtig ist, wenn man neuer- 
dings behauptet, beim Schießen gegen solche Aüssigkeitsgefüllte Ziele 


1 Auf p. 117 irrthümlich auf 430—460 m angegeben. 


220 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


werde immer ein Ein- und ein Ausschuss gefunden, dass vielmehr 
bei der Verwendung langsamer fliegender Geschosse das Ziel an der 
dem Einschuss gegenüber liegenden Seite schon aus einander gerissen 
war, ehe das Geschoss sie erreichte, offenbar in Folge des verhältnis- 
mäßig langsamen Vordringens des relativ großen, durch Deformirung 
sich wohl noch verbreiternden Geschosses. 

Verf. analysirt genau die verschiedenen bei der Geschosswirkung 
in Thätigkeit tretenden Kräfte, sowohl die des zerstörenden Geschosses 
wie die des getroffenen Zieles, welch beide ja eine reciproke Wirkung 
auf einander ausüben. Er kommt dabei zu der Ansicht, dass bei 
schnellst einwirkender Gewalt die — in einer Kapsel eingeschlosse- 
nen — Wassertheilchen nicht die nothwendige Zeit zum Ausweichen 
finden, so dass sich die Labilität der kleinsten Theilchen nicht be- 
thätigen kann, und somit die Stoßwelle durch das Wasser wie durch 
einen festen inkompressibeln Körper hindurchgeht, nur ungleich 
schneller und intensiver, da Wasser ein sehr homogener Körper sei. 
Anders ausgedrückt: ein Geschoss, mit einer gewissen Geschwindig- 
keit begabt, hebt beim Auftreffen auf Wasser dessen physikalische 
Eigenschaft, d. h. die leichte Labilität seiner Theilchen, auf und 
stempelt es gleichsam — ohne Änderung seines Aggregatzustandes 
— zum festen Körper. In Ausführung dieses allgemeinen Satzes 
schließt Verf. dann: »die Explosiverscheinungen bei Schädelschüssen 
beruhen auf keilförmiger Zerstörung desselben durch ein mit sehr 
hoher Geschwindigkeit begabtes Geschoss; ermöglicht wird dieser 
Vorgang dadurch, dass gegenüber der Geschwindigkeit des Geschoss- 
fluges die Wassertheilchen des Schädelinhalts ihre Labilität nicht be- 
thätigen können«. Die Richtigkeit der hier wiedergegebenen Hypo- 
these des Verf. wie ihrer Anwendung speciell zur Erklärung von eigen- 
artigen Schädelschüssen kann durchaus zugegeben werden — Physiker 
müssen erforschen, ob sie volle wissenschaftliche Gültigkeit hat —; 
immerhin kann sie aber nur zur Erklärung der Wirkung allerschnellst 
fliegender Geschosse herangezogen werden, wie sie bis vor Kurzem 
noch gar nicht zur Anwendung kamen, während die kolossalsten 
Zersprengungen des Schädels durch Kleingewehrgeschosse doch recht 
alten Datums sind, sicher erzeugt wurden durch Geschosse, deren 
Geschwindigkeit geringer als die der Fortpflanzung des Schalles war. 
So lange das Geschoss diese nicht erreicht, dürfte zur Erklärung 
seiner mechanischen Wirkung auf den Schädelinhalt der hydro- 
dynamische Druck seinen Werth behalten. 

Jedenfalls müssen wir dem Autor dankbar dafür sein, dass er 
auch diese theoretische Seite der Schusswirkungen weiter zu führen 
gesucht, überhaupt seinem im Erscheinen begriffenen Werk das 
hier vorliegende gediegene wissenschaftliche Fundament gegeben hat, 
auf dem er das Gebäude der praktischen Kriegschirurgie sicher und 
harmonisch in hoffentlich rascher Arbeit aufbauen wird. 

Richter (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 221 


10) v. Bruns. Über die Wirkung und kriegschirurgische 


Bedeutung der Selbstladepistole System Mauser. 
(Sonder-Abdruck aus Beiträge der klinischen Chirurgie red. von P. Bruns 
Bd. XIX. Hft. 2. Tübingen 1897. 52 8. 6 Abb. im Text. 11 Tafeln.) 


Der bis jetzt in der deutschen Armee eingeführte Revolver ent- 
spricht nicht den Ansprüchen, die man an eine moderne kurze Hand- 
feuerwaffe zu stellen berechtigt ist. Zwar ist nach Schießversuchen 
des Verf. sein Geschoss im Stande, aus der Nähe sehr schwere 
Verletzungen mit ausgedehnter Zersplitterung der stärksten Knochen 
und Zerreißung der Weichtheile zu erzeugen, ja selbst auf 100 m 
Entfernung noch starke Knochen des menschlichen Knochens zu 
durchschlagen. Aber schon auf kurze Entfernung ist die Treffsicher- 
heit der Waffe eine geringe, was allein sie wenig brauchbar macht, 
ganz abgesehen von einer Anzahl anderer ihr anhaftender Nachtheile. 
Sie zu ersetzen, hat Mauser eine sogenannte Selbstladepistole herge- 
stellt, d. h. einen Mehrlader mit Kastenmagazin, bei dem die gesammte 
Bedienung der Waffe selbstthätig geschieht, nur das Magazinfüllen, 
das Zielen und Abziehen der willkürlichen Thätigkeit des Schützen 
vorbehalten bleibt. Der Lauf der Pistole — von der die Arbeit eine 
Anzahl sehr genauer Abbildungen giebt — ist 14 cm lang, hat ein 
Kaliber von 7,61 mm und 4 Züge. Ein geübter Schütze kann aus 
ihr in der Sekunde 6—7 Schuss verfeuern, einschließlich der wieder- 
holt nothwendigen Füllung des Magazins mit je 10 Patronen, in der 
Minute 80 gezielte Schüsse. Die zu ihrem Tragen bestimmte hölzerne 
Anschlagetasche lässt sich mit der Pistole zu einer Art Karabiner 
vereinen, wodurch die Trefffähigkeit der Waffe eine ungemeine 
Steigerung gewinnt. Das Geschoss besteht aus Hartbleikern und 
Stahlmantel, wiegt 5,5 g. Seine Anfangsgeschwindigkeit beträgt 
425 m, seine Endgeschwindigkeit auf 1000 m noch 115 m. Im All- 
gemeinen entspricht die Geschossarbeit der Pistole an der Mündung 
etwa der unseres Gewehres Modell 88 auf 1000 m Entfernung; 
die auf 200 m der des Gewehres auf 2000 m. Die Trefffähigkeit ist 
eine verhältnismäßig sehr große, eben so die Durchschlagskraft 
der Geschosse, wovon sich B. durch viele, stets mit voller Ladung 
ausgeführte Schießversuche überzeugt hat. So wurden bei einem 
eben getödteten Pferde noch auf 50—100 m Entfernung alle getrof- 
fenen Knochen durchschlagen und zersplittert, und selbst auf 200 m 
Entfernung drang das Geschoss durch einen Brustwirbel und die 
starke Rückenmuskulatur hindurch. Die sich an diese erste Reihe 
anschließende zweite Reihe von Versuchsschüssen — gegen die Ex- 
tremitäten menschlicher Leichen — erhält dadurch ein ganz be- 
sonderes Interesse, dass hier zum ersten Mal die Ergebnisse mittels 
Durchleuchtung der gewonnenen Präparate durch Röntgenstrahlen 
festgestellt wurden; treffliche Skiagramme solcher Untersuchungen 
sind der Arbeit beigegeben, neben 6 weiteren Tafeln mit vorzüglichen 
Abbildungen gewonnener Knochenpräparate. Auch bei diesen Ver- 
suchen ergab sich wieder die Übereinstimmung mit den s. Z. von der 


vigiizes sy Google 


222 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


Medicinalabtheilung des Preussischen Kriegsministeriums mit voller 
Ladung angestellten Schießversuchen dahin, dass die Wirkung der 
Selbstladepistole gegenüber den Extremitätenknochen auf 10—200 m 
der des Infanteriegewehrs auf 1000—2000 m entsprach. Zeichen 
von hydraulischer Sprengwirkung — mit Rückwirkung auch in der 
Richtung gegen den Schützen hin — hat das Skiagramm nie ergeben. 
Bei den Schüssen bis auf 50m Entfernung fand sich in der Mehr- 
zahl der Fälle unmittelbar hinter den Knochen gegen den Ausschuss 
hin ein Zertrümmerungsherd in den Muskeln, erzeugt durch Knochen- 
splitter, doch höchstens walnussgroß; sie fehlte stets bei den Schüssen 
auf 100—200 m; hier war die Ausschussstrecke glatt und eng oder 
etwas erweitert und enthielt nur zuweilen feinsten Knochengruß, 
wie bei den Gewehrschüssen auf 1600—2000 m Entfernung. 

Epiphysenschüsse zeigten meist erhebliche Splitterung, nur 
einige setzten Lochschüsse, die noch dazu fast immer am Ausschuss 
durch Randsplitterung auf 20—40 mm Durchmesser erweitert waren. 

Schüsse auf den nicht enthirnten Schädel wiesen bis auf 100 m 
Distanz Sprengwirkung auf; im Ganzen entsprach auch hier die 
Wirkung der Pistole auf 10—100m der des Gewehres auf etwa 
1000—1600 m. 

Endlich ist, zum Beweis der. gewaltigen Durchschlagskraft der 
Pistole, zu erwähnen, dass das Geschoss auf 10—50 m Entfernung 
den Rumpf zweier hinter einander aufgestellter Leichen durchbohrte, 
um erst im dritten stecken zu bleiben, wie dass es auf 400 m Ent- 
fernung den Oberarm mit Zerschmetterung des Knochenschaftes durch- 
schlug und in der zweiten Leiche noch die Lendenmuskeln durch 
einen i cm langen Schusskanal durchbohrte, ohne stecken zu bleiben. 

Nach alledem ist die Selbstladepistole vermöge ihrer Handlich- 
keit, ihrer bequemen Verwendbarkeit, des kaum wahrnehmbaren Rück- 
stoßes, der Möglichkeit für den Schützen, während 10 Schüssen das 
gewonnene Ziel unverrückt im Auge zu behalten, vor Allem aber der 
Trefffähigkeit, Treffsicherheit und Durchschlagskraft eine Handwaffe 
ersten Ranges. Im Übrigen ist ceteris paribus die Übereinstimmung 
der B.’schen Schießresultate mit denen der preußischen Medicinal- 
abtheilung des Kriegsministeriums hervorzuheben. 

Richter (Breslau). 
11) Morgenroth (Tilsit). Über improvisirtes Sterilisiren von 
Verbandstoffen. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1897. November.) 
12) Dupard. De l’asepsie et de l’antisepsie dans les in- 
firmeries r&gimentaires. 
(Arch. de med. et de pharm. militaires 1897. Oktober-November.) 

Beide Arbeiten bemühen sich, einfache, womöglich improvisirbare 
Apparate zur Zubereitung aseptischer Verbandstoffe herzustellen, wobei 
allerdings die Ziele verschieden sind. Während nämlich der franzö- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 23233 


sische Militärarzt hauptsächlich die Friedenseinrichtung der Truppen- 
infirmerie zu aseptischer Behandlung der Verletzten in Stand setzen 
und ihren Wirkungskreis erweitern will, hat der deutsche Sanitäts- 
officier in erster Linie Feldverhältnisse im Auge. Jener erzeugt mit 
einem Petroleumkocher Erhitzung der Verbandstoffe in trockener Luft 
bis zu 150° C., dieser benutzt einen großen Kessel, wie er zu Wasch- 
zwecken in jeder größeren Haushaltung zu finden ist, zur Erzeugung 
von Dampf, durch welchen die Sterilisation der Stoffe leicht zu be- 
wirken ist. Da es M. nach den Untersuchungen von Frosch und 
Clarenbach besser erscheint, den Dampf von oben in die zu sterili- 
sirenden Stoffe hinein zu leiten, so konstruirt er eine Blechtrommel 
mit Löchern am oberen Rand und einem Rohr am Boden, welches 
den durch jene einströmenden Dampf nach außen ableitet. 

Nach Ansicht des Ref. ist es, wenn man die Asepsis in die 
Kriegsthätigkeit einführen will, von der größten Wichtigkeit, eine 
Art der Verpackung sterilisirten Verbandmaterials zu erfinden. 
welche, ohne Gewicht und Raumbedürfnis allzusehr zu erhöhen, die 
aseptische Beschaffenheit der verpackten Stoffe für längere Zeit sicher- 
stellt, etwa nach Art der Dührssen’schen Verbände. Denn ab- 
gesehen von der schon längst bekannten Möglichkeit, jeden beliebigen 
Topf oder Kessel zum Sterilisationsapparat umzugestalten, können 
einfache Apparate ohne zu große Vermehrung des Gepäcks auf den 
Sanitätswagen leicht mitgeführt werden, wie solche ja auch die oberste 
deutsche Militär-Medicinalbehörde bereits eingeführt hat. Allein die 
für die erste Behandlung Verwundeter bestimmten Anstalten müssen 
eben sofort verwendbares Material mit sich führen, sie haben nicht 
die Zeit, sich ihre Verbandstoffe vor der Anwendung erst zu sterili- 
siren. Es wird demnach eine dankbare Aufgabe sein, zu unter- 
suchen, ob, wie lange und welche einfache und leichte Verpackungen 
im Stande sind, ihren Inhalt steril zu erhalten. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


13) Robert (Paris). Rapport sur l’emploi dans l’armée de 
la solution saturée d’acide picrique dans le traitement des 
brülures, de l’hyperidrose et des plaies superficielles. 
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. No. 3 u. 4.) 

In Folge der lebhaften Empfehlung durch Thiéry sah sich die 
französische Militär-Sanitäts-Leitung veranlasst, Versuche mit gesättig- 
ter Lösung (etwa 1:100) von Pikrinsäure bei Verbrennungen, Schweiß- 
fuß und oberflächlichen Hautgeschwüren anzuordnen. Diese Ver- 
suche sind nicht günstig ausgefallen. Bei den Verbrennungen wurde 
die Behandlungsdauer wenigstens nicht abgekürzt, wenn auch mehr- 
fach eine schmerzstillende Wirkung erreicht. Bei Schweißfuß wurde 
nur eine zeitweilige Besserung erreicht. Die Hautgeschwüre endlich 
wurden keineswegs rasch zur Heilung gebracht. Als üble Folge 
langdauernder Umschläge mit der Lösung wurde das Auftreten von 
Ekzemen, Abstoßung der Epidermis etc. wahrgenommen, besonders 


224 Centralblatt für Chirurgie. No. 8.7 


da, wo durch Einschalten eines Stückes undurchlässigen Stoffes in 
den Verband die Verdunstung der Flüssigkeit behindert, oder der 
Verband auf andere Weise, z. B. durch häufiges Erneuern der Um- 
schläge, dauernd feucht erhalten wurde. Vergiftungserscheinungen 
sind niemals aufgetreten. Als recht lästige Zugabe wird auch noch 
erwähnt, dass eine unangenehme Gelbfärbung der Epidermis und der 
Nägel bei allen Denen eintritt, welche mit der Anlegung der Ver- 
bände zu thun haben, also Wärtern, Ärzten etc.; nur durch an- 
dauerndes Waschen ist diese Färbung zu beseitigen. Die antiseptische 
und baktericide Kraft der Pikrinsäure ist gering. 
Lühe (Königsberg i/Pr.). 


14) Nicolai (Frankfurt a/O.). Der Sanitätsdienst im Gefecht 
und die kriegsmäßige Übung desselben im Frieden. 
(Deutsche militärstl. Zeitschrift 1897. Hft. 8 u. 9.) 

Eine immer weitere Verbreitung gewinnt in militärärztlichen 
Kreisen die Ansicht, dass es zweckmäßig, ja nöthig sei, bei den 
Friedensübungen der Truppen auch solche im Sanitätsdienst vor- 
nehmen zu lassen, und zwar nicht allein zum Zweck der Ausbildung 
der Militärärzte selbst, sondern auch, um die Truppenführer an die 
Verwendug, Aufstellung etc. der Sanitätseinrichtungen zu gewöhnen. 
N. hat sich um diese EE schon mehrfach verdient gemacht 
und seine Ansichten auch publicistisch dargelegt. Auch diesmal 
liegt eine Studie dieser Art vor, auf welche aufmerksam zu machen 
wir nicht unterlassen wollen, wenn wir es uns auch versagen müssen, 
des Näheren auf sie einzugehen. Mit besonderem Nachdruck wird 
mit Recht betont, dass die Begleitung der Truppe durch einen Arzt 
bis in die Feuerlinie eines wirklichen Werthes entbehrt. Bei der 
Wahl des Verbandplatzes, und zwar sowohl des Truppen- als des 
Hauptverbandplatzes, muss vor Allem die Sicherung vor dem feind- 
lichen Feuer Ausschlag geben, und zeigt N., wie wichtig es ist, die 
gebotenen Terrainverhältnisse zu benutzen für die Stelle des Ver- 
bandplatzes selbst, so wie für Zu- und Abfahrtsstraßen zu ihnen hin. 
Eben so wird mit Recht davor gewarnt, die Deckung in oder bei 
Häusern zu suchen, welche sich schon im Kriege 1870/71 als gefähr- 
lich erwiesen haben, bei der heutigen Entwicklung der Artillerie- 
waffe in allen Armeen aber noch weit gefährlicher geworden sind. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


Kleinere Mittheilungen. 


Über »Abzüge« für Sterilisatoren im Operationssaal. 
Von 
Dr. Karewski in Berlin. 
Die von Herrn Dr. Strehl aufgestellte Forderung, im aseptischen Operations- 


saal für die Sterilisatoren »Abzüge« herzustellen, veranlasst mich, mitzutheilen, 
dass in dem Operationssimmer meiner Privatklinik seit 3 Jahren eine sehr ein 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 225 


fache derartige Einrichtung zu meiner vollsten Zufriedenheit funktionirt. Da der 
Wasser- und Verbandstoffdesinfektor luftdicht schließend hergestellt werden können, 
außerdem aber bei mir in dem Vorbereitungszimmer neben dem aseptischen Raum 
untergebracht sind, schließlich auch nur ausnahmsweise während der Operation in 
Thätigkeit gehalten werden, erübrigte es nur für den Instrumentensterilisator, 
welcher in dem relativ kleinen Raum (76 qm) geradezu unerträgliche Wasser- 
dämpfe verbreitete, einen Abzug herzustellen. Dies geschah folgendermaßen: In 
die eine Breitwand des Zimmers, welche von einem Korridor begrenzt ist, und in 
der sich ein Kamin für den Ofen befindet, wurde 0,95 m über dem Fußboden ein 
Loch von 1,00 m Breite, und 0,6 m Höhe geschlagen. Da die Wanddicke nur 
0,38 m beträgt, als Tiefe der Grundfläche für den Sterilisator aber 0,6 m benöthigt 
sind, so wurde eine eiserne Platte von 0,6 m >< 1,00 m in das Loch so eingefügt, 
dass sie nach dem Korridor hin übersteht. Hier wurde alsdann mit Rabitzwand 
der erforderliche Abschluss um das Loch herumgebaut, die Decke des neu ge- 
schaffenen Raumes aber von einem Eisenblechhelm (ähnlich dem in alten Küchen 
über dem Kachelherd befindlichen) gebildet. Dieser Helm trägt ein starkes Rohr 


Fig. 2. 


Rabitzwand 


(0,20 m Durchmesser, gewöhnliches Ofenrohr), das direkt in den Kamin gefügt ist. 
Um den Luftsug zu verstärken, ist an der Deckenöffnung des Helmes eine Gas- 
flamme angebracht (s. Abbild.). 

Die Innenfläche des Absuges ist eben so wie die Wände meines Operations- 
saales mit Kacheln bekleidet. Seine gesammten Herstellungskosten betrugen 200 M. 
Er funktionirt, wie gesagt, seit 3 Jahren vortrefflich. Ich hatte ursprünglich ge- 
glaubt, dass es nöthig sein würde, ihn eben so wie die gleichen Einrichtungen in 
chemischen Laboratorien nach dem Operationszimmer zu durch eine bewegliche 
Glaswand abzuschließen. Aber dieser in verschiedener Hinsicht für die Zwecke 
des Chirurgen unbequeme Abschluss hat sich als völlig unnöthig erwiesen. So 
glaube ich eine Nachahmung des beschriebenen und eben so wie bei mir in jedem 
Privathause leicht anzubringenden » Abzuges« empfehlen zu können. 


nio na 


226 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


Bei dieser Gelegenheit möchte ich auch einen zweiten, allerdings nur für 
Privatkliniken in Miethshäusern erwünschten, von mir benutzten und zu vollster 
Zufriedenheit erprobten Apparat beschreiben, der zur Beseitigung der »Abfallstoffe« 
‘gebrauchtes Verbandmaterial, abgesetzte Körpertheile etc.) dient, und welchen ich 
mir nach fehlgeschlagenen anderen Versuchen habe konstruiren lassen. Es handelt 
sich um einen Ofen, welcher nicht nur diese Abfallstoffe schnell, vollkommen und 
ohne Belästigung verbrennt, sondern auch die dabei verbrauchte (Gas-) und erzeugte 
Hitze nutzbringend verwerthet, indem er zur Erhitzung von Wasser dient. 

Dieser Ofen ist ganz aus Kupfer getrieben, hat doppelte Wände und trägt in 
seinem Innenraum eine kupferne Wasserschlange, die jedoch so angebracht ist, 
dass sie den Raum innerhalb der Wände möglichst wenig beengt. Die Maße des 
eylinderförmigen, oben mit einer Wölbung abschließenden Apparates betragen 
0,75 m Höhe, 0,45 m Durchmesser, 0,05 m Dicke der Doppelwand. In 0,45 m Höhe 
befindet sich eine mit Asbest belegte Thür zur Einführung des zu verbrennenden 
Materials (0,2 m Höhe, 0,35 m Breite). Die Kuppel ist von dem 0,15 m starken 
Rauchrohr durchbrochen. Das Wasserzufuhrrohr ist eben so wie dasjenige zur 
Abfuhr des Wassers mit einem Reservoir verbunden, welches in bekannter Weise 
dauernd die Füllung des Ofens und die Aufnahme des erhitzsten Wassers besorgt. 
Die Heizung geschieht mit Gas. Damit die Asche nicht den Brenner verstopft. 
hat derselbe seitliche Austrittsöffnung für das Gas, ist oben völlig geschlossen, 
Er befindet sich in der Mitte eines runden Herdes, welcher oben auf einem 
schmiedeeisernen, sehr weitmaschigen Rost den Ofen trägt, unten einen Asche- 
kasten enthält. Auch dieser Apparat ist seit über 2 Jahren bei mir in Thätigkeit, 
er hat bisher ohne jede Störung funktionirt und zeichnet sich durch seinen ge- 
ringen Gasverbrauch aus. Er hat mir sogar zu erheblichen Ersparnissen verholfen, 
weil seine enorme Heizkraft für die Warmwasserleitung verbraucht wird. Man 
kann in ihm ganze amputirte oder exartikulirte Glieder verbrennen, er verzehrt 
auch feuchte Verbandmaterialien. Dieselben werden zunächst durch den Gas- 
brenner getrocknet und beginnen alsdann von selbst zu brennen, so dass der Gas- 
brenner ausgelöscht werden kann. 

Der nach meinen Angaben gefertigte Apparat ist von Herrn S. Moses in 
Berlin zu beziehen. 


15) Pitot. Les blesses de la prise de Tananarive. 
(Arch. de med. et de pharm. milit. 1897. No. 3 u. 4.) 

Die wenig zahlreichen Verwundungen, welche die französischen Streitkräfte 
bei der Einnahme von Tananariva zu erleiden hatten, waren sämmtlich durch 
Kleingewehr erzeugt. Das von den Hovas geführte Gewehr war gezogen, Hinter- 
lader; das Bleigeschoss ist eylindro-ogival, hat einen Durchmesser von 14,5 mm, 
eine Länge von 25mm und ein Gewicht von 32 g. Die Durchschlagskraft ist 
nicht erheblich, oft blieb das Geschoss in Weichtheilen oder vor einem nicht szer- 
brochenen Knochen stecken, ohne dass die Entfernung erheblich gewesen wäre. 
2mal handelte es sich um Verwundungen durch ein vorher aufgeschlagenes und 
deformirtes Geschoss, und zwar hatte es einmal einen handtellergroßen Gewebs- 
verlust in der Beugefalte des Ellbogens hervorgebracht, offenbar, während derselbe 
stark gebeugt gehalten worden war, so dass gleichzeitig die Oberfläche des Ober- 
und Unterarms getroffen werden konnte. Im 2. Falle war ein Hautstück von der 
Form eines gleichschenkeligen Dreiecks losgerissen, an dessen Spitze es noch 
haftete; das Geschoss war vorher auf das unter dem Arm getragene Gewehr auf- 
geschlagen. Beide Verwundungen hätten auch sehr wohl durch grobes Geschütz 
entstanden sein können, doch wurden durch solches herbeigeführte nicht beob- 
achtet. Dagegen war ein Theil der Hovas mit kleinkaliberigen Mehrladern be- 
waffnet, und gelangten such 2 dadurch bedingte Verwundungen zur Beobachtung. 

Einen Einfluss des Sumpfmiasmas auf den Wundverlauf konnte Verf. nicht 
feststellen, obgleich sich ein solcher wohl a priori erwarten ließ und sich auch 
anderweit geltend machte, zumal durch Auftreten schwerer Lymphangitiden bei 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 227 


kleinen Oberflächeneiterungen, wodurch 1 Mann in Folge weitverbreiteten Brandes 
der Haut sein Bein, 1 anderer sein Leben einbüßte. 

- Die Hauptsumme der Verwundungen, 30, trat am 30. September 1895, dem 
letzten Tage ein, und hatte nur einen kurzen Transport nach dem gut ausgestatteten 
und als Lazarett benutzten englischen Hospital (2 km von der Stadt) zu überstehen. 
während die übrigen 16 Verwundeten in früheren Gefechten am 26., 28. und 29. 
verletzt und längeren Transporten mittels Tragen und Cacolets auf Maulthieren 
ausgesetzt gewesen waren, ehe sie in demselben Krankenhaus untergebracht werden 
konnten. Leider fehlt uns eine nähere Mittheilung über die Unterbringung der 
letzteren Reihe in der Zwischenzeit zwischen ihrer Verwundung und ihrer end- 
gültigen Lagerung; anscheinend wurden die Verwundeten vorläufig mit der Truppe 
mitgeführt, eine Maßregel, welche etwas bedenklich erscheint. 

Die Verwundungen werden eingetheilt in: 


Einfache Weichtheilwunden 26, davon geheilt 25, todt 1 
Weichtheilwunden mit Nervenverletzung 2 e » E dg 
» » Arterienverletzung 1 ` o — » l 
Knochenverletsungen 10 D D 9.01 
Gelenkverletzungen 4 D » Jo — 
Penetrirende Brustwunden 2 » » 2 » — 
» Bauchwunden 1 ` ` — » | 
Verletzungen des dorsalen Rückenmarks 1 » | 


Summa 47, davon geheilt 42, todt 5 

Unter den einfachen Weichtheilwunden befanden sich 10 Haarseilwunden und 
16 blind endende Schussröhren, in deren Tiefe sich meist das Geschoss vorfand, 
während dieses in ganz oberflächlichen Wunden auch zuweilen fehlte; 2mal war 
der Knochen erreicht, aber nicht gebrochen, vom Periost entblößt. In 1 Falle war 
das Geschoss in der etwas hinter dem großen Rolihügel gelegenen Schussröhre 
nicht aufzufinden, nur ein Stück Seife, das der Verwundete in der Hosentasche 
getragen, wurde herausgezogen; es entwickelte sich eine schwere Phlegmone, deren 
Beseitigung trotz der gemachten großen Einschnitte nicht gelang; Tod am 20. Tage. 
Dieser Kranke gehörte zu den ersten Verwundeten und war 5 Tage lang auf der 
Trage transportirt worden, ehe er im Lazarett zur Ruhe kam. Abwaschung der 
Wunde und ihrer Umgebung mit Sublimatlösung, Verband mit Jodoformgaze und 
hydrophiler Watte, Nichtsondiren der Wunde waren die gewöhnlichen Maßregeln, 
welche meist in 13—20 und oft zuweilen erst in ca. 30 und mehr Tagen die Hei- 
lung bewirkten. 

Bei einem Haussa-Sergeanten lag ein Weichtheilschuss durch beide Ober- 
schenkel vor, und zwar befand sich die Einschussöffnung links in der Mitte der 
Vorderfläche etwa 4 cm von der Stelle entfernt, an welcher man zur Ausführung 
der Unterbindung einschneidet. Stärkere Blutung war anscheinend Anfangs nicht 
vorhanden, am 12. Tage trat aber eine arterielle Blutung auf, welche zwar sofort 
durch Digitalkompression gestillt wurde, dennoch aber in kürzester Frist den Tod 
durch Lungenembolie, wie P. annimmt, herbeiführte. Die Arterie trug an ihrer 
vorderen Fläche eine lineare Wunde von halbzirkelförmiger Gestalt, welche eine 
Art Klappenventil umgrenzte, und war angeblich durch einen Thrombus fest ver- 
schlossen. 

Bei einer Wunde der Kniegegend traten erst am 10. Tage nach Verwundung 
heftige neuralgische Schmerzen nebst Lähmungserscheinungen auf, welche, offenbar 
auf eine traumatische Neuritis des Ischiadicus zu beziehen, nach etwa 21/3monat- 
licher Behandlung gänzlich beseitigt waren. Dagegen wurde bei einem Manne 
mit Absprengung des Epicondyl. intern. und ausgedehnter Weichtheilwunde der 
Ellbogenbeuge, in deren Tiefe der N. ulnaris bloßgelegt, aber scheinbar unver» 
letzt sichtbar war, schon am 1. Tage Lähmung der Motilität und Sensibilität fest- 
gestellt, welche auch nach der Heilung, 3 Monate später, noch fortbestand. 

Bei sämmtlichen 4 Gelenkwunden, 2 des Knie-, 2 des Fußgelenks, wurde die 
erhaltende Behandlung verfolgt, musste aber bei einer der Kniegelenkwunden auf- 
gegeben werden, da die Zertrümmerung der Knochenenden für. eine Resektion sich 


228 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


doch zu ausgedehnt erwies, und erschöpfende Eiterung eintrat; daher Sekundär- 
amputation, Heilung. In den anderen Fällen wurde trotz der vorhandenen 
Knochenverletzungen Heilung ersielt: der Zustand der Gelenke ist nicht be- 
schrieben. 

Unter den 10 Knochenbrüchen befinden sich 5 des Oberschenkelschaftes, wo- 
von 1 nach 25 Tagen tödlich endete, die übrigen geheilt wurden. Auch hier wurde 
konservativ verfahren, die Wunden nicht untersucht, mit Jodoformgazeverband ver- 
sehen, dann Distraktion angewandt. Beide penetrirenden Brustwunden führten zu 
Pleuritis, einmal verbunden mit Pneumonie, die aber schon am 5. und 6. Tage 
zurückzugehen begannen; Heilung. Dagegen endete die einzige durchbohrende 
Bauchwunde schon am 3. Tage tödlich, ohne dass ein Eingriff versucht worden, 
obgleich der Verwundete bald nach der Verwundung eingebracht wurde: das anfäng- 
liche Fehlen alarmirender Zeichen ließ annehmen, dass es sich um eine nicht 
durchbohrende Wunde handele. Gleichfalls am 3. Tage starb der Mann mit Ver- 
letzung des dorssalen Rückenmarkes, welcher tagelang auf der Trage hatte mit- 
geführt werden müssen. 

Die geringe Zahl der Verwundeten konnte dem Sanitätsdienst an sich gar 
keine Schwierigkeiten bereiten, welche zudem noch dadurch herabgemindert wurden, 
dass unmittelbar am Ort der verhältnismäßig blutigsten Aktion das völlig ein- 
gerichtete, gut gebaute und gesund gelegene englische Hospital zu sofortiger Be- 
nutzung bereit stand. Dass die Verwundeten der ersten kleineren Gefechte, statt 
sogleich gesammelt und irgend wie untergebracht zu werden, tagelang zu ihrem 
Unheil auf Tragen und Cacolets herumgeschleppt wurden, wie schon erwähnt, ist 
eine unverständliche Maßregel. Warum wurden sie nicht alsbald nach dem Etappen- 
hauptort an der Küste zurückgeschafft? Man sollte annehmen, dass ein solcher 
Transport von Haus aus vorbereitet sein musste und sich leicht hätte bewerk- 
stelligen lassen, trotz schlechter Straßen. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


16) N. Senn (Chicago). Military surgery in Greece and Turkey. 
(Sonderabdruck aus Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. August 28 u. Sept. 18. 

In der 2. Hälfte, Juli und August, bereiste S. den griechisch-türkischen 
Kriegsschauplats, konnte jedoch nur diejenigen Verwundeten selbst sehen, welche 
noch in den großen Lazaretten der zweiten Linie, hauptsächlich in Athen und 
Konstantinopel, lagen, wogegen er im Übrigen auf die Mittheilungen Anderer an- 
gewiesen war. Beide kriegführenden Parteien waren im Wesentlichen mit groß- 
kalibrigen Gewehren ausgerüstet, die Griechen mit dem Gras-, die Türken mit 
dem Henry-Martini-Gewehr; nur eine einzige Brigade der Türken soll nach 
S. ein kleinkalibriges Mausergewehr geführt haben. Dem entspricht der Charakter 
der Wunden, indem nur ein 'Theil der griechischen Verwundeten enge Schuss- 
kanäle aufwies. Diese letzteren heilten, wenn Weichtheilwunden, rasch ohne 
Eiterung. Selbst Knochen- und Gelenkwunden, von denen S. noch eine größere 
Zahl gesehen hat, zeigten ein auffallend gutes Heilungsergebnis, viele derselben 
heilten ohne jede oder mit nur minimaler Eiterung. Diese günstigen Erfolge der 
Griechen schreibt S. neben dem Klima besonders der gesunden Körperbeschaffen- 
heit und den mäßigen Lebensgewohnheiten der Griechen zu, glaubt aber doch 
auch der durch den griechischen Generalstabsarst Skonfas angeordneten frühen 
Anwendung antiseptischer Maßregeln eine wichtige Rolle dabei zuerkennen zu 
sollen. Die Haut sollte sogleich rasirt und mit Sublimatlösung gereinigt, die 
Wunde mit Jodoform bestäubt und mit einem antiseptischen. Verband bedeckt 
werden, wobei Drahtschienen zur Immobilisirung verwendet wurden. Erst im 
Feldlazarett wurden Gipsverbände angelegt. Eine größere Zahl steckengebliebener 
Geschosse war stets stark deformirt, von dem größeren Kaliber der türkischen 
Armee. 

Bei den Türken war trots der gleich günstigen körperlichen und örtlichen 
Verhältnisse der Wundverlauf weit weniger günstig; Eiterung trat gewöhnlich ein, 
Pyämie und Septhämie waren weniger selten. S. glaubt hierfür vornehmlich das 
durchweg größere Kaliber der griechischen Armee verantwortlich machen zu sollen, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 229 


außerdem aber auch die unzureichenden, ja ganz primitiven Einrichtungen für den 
Transport der Verwundeten. Denn während bei den Griechen hierzu 3000 Kranken- 
träger zur Verfügung standen, hatten die Türken nur 100 Tragbahren und mussten 
die meisten ihrer Verwundeten durch weite Strecken auf Eseln, Maulthieren und 
rohen Karren fortschaffen, sowohl zu den Feldlasaretten als auch von diesen zu 
den Einschiffungsstellen nach Konstantinopel. Obgleich 8. von den türkischen 
Ärzten behauptet, dass sie zu abwartenden Methoden geneigt seien, scheinen sie 
dooh durch die Verhältnisse zu Eingriffen gezwungen worden zu sein. Auffallend 
ist die größere Zahl von typischen und atypischen Resektionen, von denen S. an- 
giebt, dass sie schon in den Feldlazaretten ausgeführt worden seien, ja eine der- 
selben ist sogar angeblich primär gemacht worden. Sehr günstige Erfolge wurden 
durch den Prof. Behrdjet bei Verwundungen der Augen und Augenhöhle erzielt 
und kam bei 22 gänslichen Zerstörungen eines Auges keine eingige sympathische 
Miterkrankung des anderen vor, obgleich vielfach die Enukleation verweigert 
wurde. Perforirende Bauchwunden scheinen auf beiden Seiten meist tödlich ge- 
wesen zu sein, doch sah S. sowohl in Athen als in Konstantinopel einzelne ge- 
heilte oder in Heilung begriffene derartige Verletzungen; bei. einzelnen derselben 
war offenbar der Darm unverletzt geblieben. Sehr gut heilten Lungenschüsse; die 
Geschosse ließ man im Lungengewebe stecken; doch kamen auch Empyeme vor. 

Blutstillungsmethoden scheinen auf beiden Seiten kaum in Anwendung ge- 
kommen zu sein. Die Griechen scheinen primär bei Schussbrüchen der Diaphysen 
ein ausgedehntes Döbridement ausgeübt zu haben; Pseudarthrosenbildung in Folge 
dessen wird erwähnt. Zum Auffinden von Geschossen wurden auch X-Strahlen 
verwendet. 

Ausgedehnter Gebrauch wurde auf beiden Seiten von der Transportirung Ver- 
wundeter zu Schiff gemacht, doch erfahren wir leider nichts über die Einrichtung 
der dasu benutsten Fahrgeuge. Die Einrichtung der weiter zurückgelegenen La- 
sarette in den Hauptstädten wird als vorzüglich geschildert. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


17) Haga. Kriegschirurgische Erfahrungen aus dem japanisch-chine- 
sischen Kriege 1894—95. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 2.) 

H. hat als Stabsarzt der japanischen Armee den Krieg mitgemacht. Er stand 
in einem Feldlazarett der 3. Division, welche größtentheils im Norden von Korea 
und in Lyao-Tang, einem Theil der Mandschurei, kämpfte. Sein Feldlazarett be- 
fand sich während des ganzen Feldzuges bei der Division. Nach beendetem Feld- 
zuge war Verf. auch in der glücklichen Lage, die Behandlung der frisch Verwun- 
deten wieder aufzunehmen und im Reservelasarett fortzusetzen. Der Bericht ist 
sehr ausführlich, interessant geschrieben und giebt in jeder Zeile wissenswerthe 
Daten, aus deren Fülle ein Referat nur Einiges hervorheben kann. 

Die benutzten Geschosse waren nicht einheitlicher Art. Die Japaner ge- 
brauchten Hinterlader von 11 und 8 mm Kaliber, während die Chinesen fast alle 
bis jetst bekannten Gewehre ältester und neuester Konstruktion anwendeten. 
Außer diesen spielten bei den Verwundungen eine Rolle die Mitrailleusen und 
Sehnellfeuerkanonen von 57 mm Kaliber, von blanken Waffen breite Degen, spitze 
Lanzen, Bajonette ete. Bezüglich der Erwärmung abgefeuerter Geschosse war oft 
eine Einschmelsung an der Spitze derselben zu konstatiren. Geschosse, welche 
gespannte Muskeln oder Sehnen trafen, hatten oft an der Spitze einen leichten 
Eindruck oder bisweilen eine röhrenförmige Rinne. Die Einzelheiten sind an den 
schönen Abbildungen deutlich zu erkennen. 

Von 12959 kampffähigen Mannschaften der 3. Division wurden 210 auf dem 
Schlachtfelde sofort getödtet, 1105 verwundet, was einen Verlust von 10,2% dar- 
stellt. Die Verletzungen vertheilen sich wieder derart auf die einselnen Körper- 
theile, dass 13% auf Kopf und Hals, 24,4% auf den Rumpf, 26,7% auf die oberen 
und 34,7% auf die unteren Extremitäten fallen. Wenn man die Zahl der direkt 
Gefallenen und der in ärztlicher Behandlung gewesenen und verstorbenen Ver- 


230 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


wundeten mit der Zahl der an Krankheiten Verstorbenen vergleicht, so verhalten 
sich diese wie 100:180. Es starben nämlich an Verletzungen 318, an Krankheiten 
592 Mann. Die Verhältnisse zu anderen Feldzügen der letzten 40 Jahre sind aus 
beigegebenen Tabellen zu ersehen. 


Die Ein- und Ausschussöffnungen des 8 mm-Geschosses waren meist sehr klein, 
etwa 4—5 mm. Der- Verlauf der damit gesetzten Weichtheilwunden war glatt, 
Heilung per primam in kurzer Zeit. Die Knochensplitterung war dabei eine ge- 
ringe, die Sekretion mäßig. Bei Schüssen, welche die Diaphyse des Oberschenkels 
trafen, war die Zeısprengung des Knochens eine sehr hochgradige. In der Epi- 
physe dagegen gab es Lochschüsse mit zahlreichen strahlenföormigen Fissuren. 
Der Anwendung der Aseptik schreibt es H. zu, dass die leichter Verwundeten nur 
kurze Zeit kampfunfähig waren und bereits nach einigen Wochen zur Truppe 
zurückkehren konnten. 


Von 1105 behandelten Verletzten wurden während des Feldzuges wieder 
kampffäbig 358 Soldaten. — Die Entfernungen, in welchen die Verletzungen ge- 
setzt wurden, betrugen 2—1500 m, die Verletzungen durch grobe Geschütze er- 
folgten durchschnittlich in 313 m Abstand, die Verletzungen durch die Wallbüchse 
mit eingerechnet. j 


Der Krankentransport bot außerordentliche Schwierigkeiten. Der Verkehr su 
Lande konnte nur durch Menschen, Pferde und Wagen vermittelt werden. Die 
Krankenträger waren nicht eigens dazu ausgebildet, sondern gemiethete Arbeiter. 
Sie trugen die Bahre auf den Schultern. Außerdem förderten den Transport 
chinesische Bauernwagen, die von 4—6 Pferden, Eseln oder Rindern gezogen 
wurden. 

Der Eisenbahntransport kam nur in Japan zur Anwendung. Eigens zum 
Krankentransport eingerichtete Wagen besaß man nicht. Der Transport zur See 
auf Lazarettdampfern wurde durch die große Kälte eingeschränkt, da die Häfen 
von Korea und Lyao-Tang zugefroren waren. Die große Kälte übte natürlich auch 
auf den Wundverlauf einen bedeutenden Einfluss ungünstiger Art. 


Diesen Betrachtungen allgemeiner Natur schließt Verf. einen speciellen Theil 
an, in dem die Verletzungen nach ihrer Lokalisation besprochen werden. Aus 
diesem möchte ich hervorheben, dass der Verlauf der Schussverletzungen des Ge- 
sichts ein außerordentlich glatter war, Eiterungen selbst bei Perforation in die 
Highmorshöhle nicht beobachtet wurden. Dagegen führte die Kommunikation mit 
der Mundhöhle zur Eiterung. Unter 5 Verletzungen der oberen Luftwege wurde 
3mal die Tracheotomie nothwendig. Der Wundverlauf war trotz widriger äußerer 
Umstände gut, doch traten bei den Tracheotomirten narbige Strikturen ein, so dass 
die Kanüle dauernd getragen werden musste. 

Kontusion der Brust führte imal zu vorübergehender Lungenblutung. Von 
89 Brusttraumen waren 46 penetrirend.. Die Lungenschüsse nahmen meist 
günstigen Verlauf, namentlich wenn die Verletzung oberfächlich oder an der 
Peripherie saß. Verletzungen am Hilus waren meist tödlich. Bei traumatischer 
Pleuritis wurde punktirt, bei Empyem die Rippenresektion gemacht. Von allen 
Brustschüssen zusammen endeten 50,3% tödlich, einschließlich der auf dem 
Schlachtfelde Gestorbenen. Noch ungünstiger ist das Sterblichkeitsverhältnis bei 
den penetrirenden Bauchschüssen. Es beträgt 70,2%, d. h. von 47 starben 33. 
Verletzt gefunden wurden dabei Magen, Leber, Gekröse, Lendenwirbelsäule, Blase. 
5—6mal war bloß das Bauchfell verletzt, ohne Schädigung der Bauchorgane. Die 
Laparotomie wurde dabei Mangels strikter Asepsis nur 2mal vorgenommen, beide 
Male ohne Erfolg. 14 heilten ohne Laparotomie. Übrigens starben noch 40 Bauch- 
verletzte auf dem Schlachtfelde. 

Die Verletzungen der oberen Extremitäten nahmen einen günstigen Ausgang. 
Die Sterblichkeit derselben ist eine sehr geringe. Ungünstiger sind die Ober- 
schenkelschüsse mit und ohne Knochenverletzung. Pyämie, Ödem, Frostbrand 
führten imal den Tod herbei. Eine Amputation war bei den 190 Fällen nie 
nöthig. Von 116 Unterschenkelverletzten starben 5. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 231 


Von 47 Gelenkschusswunden führten 4 des Kniegelenks, 1 des Hüftgelenks 
sum Tode, das sind 10,6% — gegenüber früheren Kriegen, welche eine viel 
größere Sterblichkeit aufweisen, ein sehr günstiges Resultat. 

Wundinfektion war nicht immer zu vermeiden; an sich erklärt durch die un- 
genügende Zahl von Ärzten und durch die langen Transporte. Es kamen vor 
8 Fälle von Septhämie und Pyämie, 4 von akutem purulentem Ödem und 1 Fall 
von Trismus. Erysipel wurde nicht beobachtet. Die Aseptik war im Ganzen eine 
sehr befriedigende. Die Wunden wurden möglichst unberührt gelassen. Die 
Verwundeten waren selbst im Stande, auf dem Schlachtfeld durch mitgeführte 
antiseptische Verbandpäckchen sich die Wunden zu verbinden oder verbinden zu 
lassen. Verf. schätst diesen Umstand sehr hoch. Auf dem Hauptverbandplatz 
wurde nur das Nothwendigste, Blutstillung, Tracheotomie, fixirende Verbände, ge- 
macht. Im Lasarett wurde als Desinficiens das Sublimat 0,5—1%/yig angewendet, 
für Instrumente 2%ige Karbollösung. Jodoform erschien dem Verf. bei infieirten 
Wunden wenig nützlich. Als Verbandstoff dienten 1%/yige Sublimatgase, Watte 
und die billige Reisstrohkohle. Absolute Aseptik, wie in gut eingerichteten 
Kliniken, war im Feldlasarett natürlich nicht zu erzielen. Typische Operationen 
wurden selten ausgeführt, die konservative Behandlung möglichst umfangreich 
erstrebt. 

Die äußerst interessanten Berichte geben ein Zeugnis von den theilweise 
vorzüglichen Einrichtungen der Krankenpflege der Japaner im letzten Kriege. Sie 
lehren, wie im Kriegsfall durch geeignete Schutzmaßregeln ungemessenes Gute 
geschaffen werden kann, sie weisen auch darauf hin, wo zur Verbesserung der Er- 
folge die Hebel noch anzusetzen sind. Da ‚stoßen uns so manche Punkte auf, 
deren Hervorhebung dem Lesen des Originals überlassen bleiben möge. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


18) Seggel. Zur Kasuistik der Schussverletzungen des Schädels. 
(Sep.-Abdruck aus den » Annalen der städtischen allgemeinen Krankenhäuser zu 
München« 1895.) 

Verf. bespricht die 29 penetrirenden Schädelschussverletzungen der Münchener 
chirurgischen Klinik aus den Jahren 1890—97, namentlich in Rücksicht auf deren 
primäre Therapie und unter fleißiger Heranziehung der das Thema der Schädel- 
und Hirnschussverletzungen behandelnden Arbeiten der letsten Jahre. Von jedem 
der von ihm beobachteten Fälle, so weit es sich wenigstens um perforirende 
Schüsse handelt, wird die Krankengeschichte kurz gegeben und kritisch besprochen ; 
ihr specielles Studium im Original ist interessant und lehrreich. Die aus ihnen 
gesogenen Schlüsse stimmen im Allgemeinen mit den zeitigen Anschauungen der 
Chirurgen überein, namentlich dahin, dass die Geschosse nicht als Infektionsträger 
anzusehen sind; dass, wenn ein Schädelschuss zu voller Bewusstlosigkeit geführt 
hat, ein größerer chirurgischer Eingriff als aussichtslos zu bezeichnen ist; dass 
endlich den Schussverletzungen des Schädels — auch seiner Basaltheile — gegen- 
aber im Allgemeinen ein abwartendes Verhalten des Arztes zu Recht besteht. 

Richter (Breslau). 


19) Fattie. A case of gunshot wound of the brain, causing paralysis 
of the arm; recovery. 
(Med. riews 1897. August 28.) 


9jährıger Knabe erhielt einen Revolverschuss in die rechte Stirnseite, 1 Zoll 
über der Augenbraue und eben so weit von der Medianlinie entfernt. Starker 
Shock, Bewusstlosigkeit, allgemeine Krämpfe mit Ausnahme des linken Armes, 
der gelähmt war. Eine Sonde wurde 31/2 Zoll weit in die Wunde geführt, ohne 
das Geschoss zu erreichen. Am 5. Tage kehrte das Bewusstsein, am 7. Tage die 
Bewegungsfähigkeit des linken Armes wieder.  Völlige Wiederherstellung mit 
Ausnahme einer bleibenden leichten Schwäche im linken Arm. 

Strauch (Braunschweig). 


232 Centralblatt für Chirurgie. No. 8. 


20) Duprez et Patry (Genève). Plaie par balle de revolver intéres- 
sant l'orbite gauche, le plafond des fosses nasales et la lobe frontal 
droit. Guėrison. 

(Revue de chir. 1897. No. 10.) 

Bei dem aus einer Entfernung von 80 cm mit einem gewöhnlichen Revolver 
(7,5 mm Kaliber) abgegebenen Schuss drang das Kupfermantelgeschoss durch die 
linke Schläfe, den großen Keilbeinflügel in die Augenhöhle hinter dem Bulbus 
ein, durchsetste die Lamina cribrosa des Siebbeins, gelangte in die Schädelhöhle, 
durchbohrte den Stirnlappen und kam, ohne wesentliche Deformation erfahren 
su haben, oberhalb der rechten Augenbraue wieder heraus. Die Verletzung war 
von vollständiger Heilung gefolgt; nachdem nur kurze Zeit Diplopie und Anosmie 
bestanden, blieben schließlich keinerlei Funktionsstörungen zurück. 

Kramer (Glogau). 


21) Le Dentu. Recherche des projectiles dans le cräne. 
(France méd. 1897. No. 48.) 

Verf. hatte sich früher auf das entschiedenste gegen jeden chirurgischen Ein- 
griff ausgesprochen, der das Aufsuchen eines Geschosses im Schädelinneren be- 
zweckte. In der vorliegenden Arbeit vertritt er den entgegengesetsten Standpunkt, 
und zwar auf Grund der Mittheilungen von Rémy und Contremoulin, denen 
es in einer Reihe von Fällen gelungen war, mittels Röntgenstrahlen die Lokali- 
sation des Geschosses jedes Mal exakt zu bestimmen. König (Wiesbaden). 


32) A. A. Law (Minneapolis). The application of the X-rays to 
surgery. 
(Northwestern Lancet 1897. Oktober 1.) 

L. bespricht die Anwendung der X-Strahlen in der Chirurgie und theilt auch 
einige Fälle im Auszug mit, von denen einzelne unser Interesse beanspruchen : 

No. 16 (mit Abbildung). Eingeheiltes Geschoss von 0,22 Zoll Kaliber in dem 
Kniegelenk; da die Erscheinungen nur gering sind, wird von operativer Ent- 
fernung abgerathen. 

No. 18. Schrotschuss in den Fuß, Amputation der großen Zehe, Heilung mit 
eiterndem Sinus. Das Skiaskop zeigte 5 Schrotkörner und Frakturen des II. und 
III. Metatarsus. Entfernung von 2 Schrotkörnern, Heilung. 

No. 19. Schussverletsung des rechten Ellbogens; es wurde mit der Sonde 
kein Geschoss in der Wunde gefunden, eben so wenig mit dem Skiaskop. 

No. 34. Alte Verrenkung der Vorderarmknochen nach hinten, Fraktur des 
Olekranon und Verödung des Gelenks durch fibröse Massen. Operative Heilung. 

No. 55. Durch die Untersuchung wird bewiesen, dass eine Gelenkaffektion 
nicht auf Arthritis deformans beruhe, sondern auf einer anderen, anscheinend 
centralen Erkrankung. 

No. 62. Tuberkulöser Herd im Fersenbein (mit Abbildung) durch Auskratzen 
nicht sur Verheilung gebracht, daher Resektion des Fußgelenks. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


Berichtigung: In dem Berichte über meine Arbeit » Beiträge zur Chirurgie 
der Gallenwege« in No. 5 d. Bl. wird angegeben, dass ich die Gallenblasenoperationen 
zweizeitig vornehme. Das Gegentheil ist der Fall, Ich gehe sogar noch weiter. Ich 
habe nicht nur stets einzeitig operirt, sondern habe nicht einmal die Gallenblase vor 
ihrer Eröffnung mit Bauchfell umsüumt, weil der einzige mit vorheriger Umsäumung 
behandelte Fall mich nicht recht befriedigte. Meine weiteren Erfahrungen an den 
neu hinzugekommenen Operationen (im Ganzen jetzt 34) haben mein Vorgehen bisher 
gerechtfertigt. Dr. Felix Franke. 


Originalmittheilungen, . Monographien und Separstabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf $ Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmam, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


ud 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 9. Sonnabend, 5. März. 1898. 


Inhalt: W. Kramer, Beitrag zur Operation großer Knochengeschwülste des Becken- 
innern, (Original-Mittheilung.) 

2 Gross, Rohmer und Vautrin, Allgemeine Chirurgie. — 2) Barszczewski, Chinosol. 
— 8) Kossobudzki, Terebenglycerin. — 4) Marcy, Naht. — 5) Brosch, 6) Schüller, 
Künstliche Athmung. — 7) Alessandri, Einpflanzung lebender Gewebe. — 8) Lusk, 
Hautimplantation. — 9) Honsell, Karbolgangrän. — 10) Oudin, Barthélemy und Darier, 
Röntgenstrahlen. — 11) Reiss, Xeroderma pigmentosum. — 12) de Amicis, Hautsarko- 
matose. — 13) Engelbrecht, Angioma art. racemosum. — 14) Wassermann, 15) Niko- 
laysen, 18) Schäffer, 17) Rindfleisch, 18) Stark, 19) Barlow, Gonokokken und Gonorrhoe. 
— 20) Kolischer, Urethritis der Frau. — 21) Fabrikant, Harnröhrenstrikturen und Harn- 
röhrenfisteln. — 22) Reed, 23) Senn, Nephropexie. — 24) Goldberg, Nierentuberkulose. 
25) Bov6e, Zur Harnleiterchirurgie. — — 26) Cumston, Nierensteine. — 27) Veit, 
Handbuch der Gynäkologie. — 28) Hofmeler, Gynäkologische Operationen. — 29) Jon- 
nesco, Retrodevistion der Gebärmutter. — 30) Jonnesco, Abdominale Kastration. 

31) Steinert, Einfluss des Epithels auf das Bindegewebe. — 32) Jastrebow, Keratosis 
circumscripta und Krebs. — 33) Semenow, 34) Tandler, Hautsarkom. — 35) Schwalbe, 
Lymphangiosarkom. — DÉI Bayer, Epispadie. — 37) Scholtz, Vorfall der weiblichen 
Harnröhre. — 88) Grosglik, Sequester in der Harnröhre. — 39) Bogdanow, Harnverhal- 
tung. — 40) Freudenberg, 41) Hoflmann, 42) Erdberg, Prostatahypertrophie. — 43) Kry- 
low, 44) Milton, Blasensteine. — 45) Dibbern, Blasensarkom. — 46) Minervini, Nieren- 
geschwülste, — 47) Gerster, Zur Nieren- und Harnleiterchirurgie- — 48) de Sanctis, 
Variocele. — 49) Parona, Samenstranggeschwulst bei Kryptorchismus. — 50) Alexander, 
Pseudohermaphroditismus. — 51) Pfannenstiel, 52) Jung, Chlorzinkätzung des Uterus. 
— 53) Herzog, Eierstocksdermoide. 

Berichtigung. 


Beitrag zur Operation grolser Knochengeschwülste des 


Beckeninnern. 
Von 
Dr. W. Kramer in Glogau. 


Exstirpationen von Geschwülsten, die von den Knochen des 
Beckenkanals ausgehen, gehören zu den seltenen Operationen. Ein 
großer Theil dieser Neubildungen bleibt wegen ihres ungünstigen 
Sitzes, ihrer Größe und Unbeweglichkeit für das Messer unzugäng- 
lich. So stellen die bisher operirten, mit Ausnahme des Billroth- 

9 


234 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


schen Falles, in welchem sich der Tumor vom Scham- und Sitzbein 
aus entwickelt hatte, auch fast nur solche dar, die verhältnismäßig 
günstig — an der Darmbeinschaufel, am Kreuzbein und in der Nähe 
der Symphysis sacro-iliaca — gelegen waren und keine größeren 
Voroperationen am Knochen zu ihrer Freilegung bedurft hatten. Aber 
auch die erreichten Resultate haben sich nicht besonders ermuthigend 
erwiesen, indem fast alle sarkomatösen Geschwülste, so z. B. in den 
Fällen von v. Volkmann, Gussenbauer etc., kurze Zeit nach der 
Operation wiederkehrten. Nur die Exstirpationen von Enchondromen, 
Exostosen und Fibromen scheinen, so weit die betreffenden Mitthei- 
lungen darüber Aufschluss geben, durch Ausbleiben eines Recidivs 
einen günstigen Erfolg gehabt zu haben; aber es sind ihrer nur 
wenige — die Fälle von v. Bergmann, Gussenbauer, Hadra!, 
v. Heineke? —, bei denen die Operation ausführbar war. 

Angesichts dieser spärlichen Kasuistik dürfte die Veröffentlichung 
eines von mir beobachteten Falles einer an der hinteren Fläche des 
Schambeins entwickelten großen Exostose von Interesse sein, um so 
mehr als derselbe durch seine eigenartigen Komplikationen eine be- 
sondere Art operativen Vorgehens zur Entfernung der Geschwulst noth- 
wendig machte. 


Es handelte sich um eine bisher stets gesunde 21jährige Ipara, Frau W. 
aus Neusalz, welche am 15. Oktober 1896 Abends kreißend in das Elisabeth- 
krankenhaus zur Ausführung des Kaiserschnitts eingebracht wurde, nachdem 
18 Stunden vorher die ersten Wehen aufgetreten waren. Die Geschwulst, von der 
die Frau selbst vorher niemals etwas gemerkt hatte, war erst am Nachmittag des 
Aufnahmetages entdeckt worden, als nach dem Blasensprung wegen Vorfalls der 
Nabelschnur die hinzugerufenen Ärzte die innere Untersuchung und Reposition 
der Schnur vorzunehmen versuchten. — Die knochenharte, mit kleinen Höckern 
versehene, rundliche Neubildung saß, von außen nicht fühlbar, an der ganzen 
hinteren Fläche des rechten horizontalen und oberen Theils des absteigenden 
Schambeinastes breit und unbeweglich auf und ragte mannsfaustgroß in das 
Beckeninnere nach hinten, unten und medianwärts so weit vor, dass nach links 
hin nur eine enge Spalte frei blieb, durch die die Spitze des per vaginam einge- 
führten Fingers kaum zu passiren, Muttermund und Kindestheile nicht zu er- 
reichen vermochte. Frucht in II. Schädellage; Herstöne deutlich. 

Da die Beendigung der Geburt auf natürlichem Wege unmöglich war, von 
der Exstirpation der als Exostose erscheinenden Geschwulst schon in Rücksicht 
auf die Möglichkeit des Vorhandenseins noch eines oder mehrerer, wenn auch 
kleinerer, die Geburt hindernder gleichartiger Tumoren an der hinteren und seit- 
lichen Beckenwand abgesehen werden musste, schritt ich Abends 10 Uhr sur 
Sectio caesarea. Die Placenta saß an der vorderen Uteruswand, wurde von 
dieser nach Eröffnung der Gebärmutter rasch unverletzt abgelöst; die Nabelschnur 
lag zum Theil im oberen Abschnitt der Vagina. Der vor die Bauchwunde ge- 
hobene Uterus zog sich nach Entwicklung eines 3,5 kg schweren, asphyktischen, 
aber bald zum Leben gebrachten Knaben außerordentlich schnell zusammen, so 
dass keine einzige Gefäßunterbindung nothwendig wurde. Außer der oben be- 
schriebenen Geschwulst waren keine weiteren Knochenwucherungen an dem an 
und für sich nicht verengten Becken erkennbar, wesshalb ich mich entschloss, den 


1 Siehe Domke, Langenbeck’s Archiv Bd. L. 
2 Pfeiffer, Inaug.-Diss., Erlangen, 1890. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 235 


Uterus zu erhalten. Tiefgehende und oberflächliche Katgutnähte des letzteren, 
eben solche mit Seide des Bauchschnitts. Dauer der Operation 1 Stunde. 

Der Verlauf war völlig fieberfrei, nur in den ersten Tagen p. op. durch die 
Folgen einer schweren Koprostase (Erbrechen) etwas gestört. Pat. erholte sich 
rasch und wurde am 18. November 1896 geheilt entlassen. 

Obwohl ihr gerathen worden war, baldmöglichst zur Entfernung der Becken- 
geschwulst wiederzukommen, stellte sie sich hierzu doch erst am 24. September 
1897 ein — am Ende des 6. Monats einer zweiten Schwangerschaft 
stehend. Aus später zu erörternden Gründen entschied ich mich, die Exstir- 
pation der anscheinend noch etwas gewachsenen, die Pat. im Übrigen in keiner 
Weise belästigenden Exostose vom Beckenausgang aus vorzunehmen. 

Operation am 26. September 1897 in Steinschnittlage. Schnitt, etwas 
oberhalb der Symphysis pubis beginnend, parallel und 2,5 cm nach außen vom 
rechten Labium majus, 15 cm lang nach abwärts verlaufend. Nach Abmeißelung 
der Muskelansätze des Gracilis und der Adduktoren vom rechten Schambein 
stumpfes Vordringen in die Tiefe des Beckens unter Schonung der stark ekta- 
tischen Venen und Scheidenwand und Ablösung der letzteren von dem medianen 
Theil des Tumors, die nur an den höckrigen Partien desselben erschwert war. 
Nachdem die Geschwulst nach allen Seiten hin bis zu ihrer Basis freigelegt worden 
war, allerdings so, dass nur ein kleiner Theil von ihr übersehen werden konnte, 
nahm ich, während die Wundhöhle durch breite stumpfejHaken so weit als mög- 
lich aus einander gehalten wurde, die wegen der fast elfenbeinernen Härte der 
Geschwulst recht schwierige Abmeißelung der ‚Exostose vor, nach deren Entfer- 
nung die 5—6 cm im Durchmesser messende spongiöse Knochenwundfläche an der 
hinteren Schambeinfläche noch mit [dem scharfen Löffel geglättet wurde. Die 
mäßige Blutung aus dem Knochen kam durch Tamponade bald zum Stillstand; 
es war auch sonst keine einzige Ligatur erforderlich. Ausstopfung der Wund- 
höhle mit Jodoformgasestreifen, deren Ende zum unteren Theile der im Übrigen 
durch Nähte geschlossenen Wunde herausgeführt wurde. — Keine Nachblutung. 
Ungestörter fieberloser Verlauf bei bestem Allgemeinbefinden der Pat. und glatter 
Wundheilung. Geheilt entlassen am 31. Oktober 1897. Die vaginale Untersuchung 
ergab normale Kontouren des Beckenkanals. — Am 8. Januar 1898 wurde die 
Frau ohne ärztliche Hilfe von einem kräftigen Kinde entbunden und hat 
ein normales Wochenbett durchgemacht. Kein Recidiv. 

Die entfernte, kuglige, stellenweise mit bis haselnussgroßen Höckern ver- 
sehene Geschwulst, 24‘cm im Umfang, an der Basis 5—6 cm im Durchmesser mes- 
send und mannsfaustgroß, bestand aus mit gelbem Marke gefülltem, sehr hartem 
spongiösem Knochen und war mit einer 2 mm dicken Schicht hyalinen Knorpel- 
gewebes überzogen. Sie stellte also eine isolirte, wahrscheinlich vom Symphysen- 
knorpel aus einer Ekchondrose entstandene Exostose, (dar. Wann und durch 
welchen Anlass (Trauma?) sich dieselbe entwickelt, ob sie unter dem Einfluss der 
ersten Schwangerschaft und der tdadurch bewirkten starken Blutzufuhr zu den 
Genitalien besonders gewachsen, darüber war anamnestisch nicht das Geringste fest- 
stellbar gewesen. Ahnliche Geschwülste waren an dem übrigen Knochensystem 
der Pat. nicht vorhanden, [auch bei den Eltern und Geschwistern der letzteren 
niemals zur Beobachtung gekommen. 


Dass Beckengeschwülste ein Geburtshindernis abgeben können, 
ist seit Langem bekannt. Goder?’ hat aus der Litteratur allein 
81 derartige Fälle gesammelt, welche eine operative Entbindung 
nothwendig gemacht hatten, nachdem vorher v. Swiecicki? im 
Jahre 1890 eine Zusammenstellung von 12 Fällen von Becken- 


3 Von dem Becken ausgehende Tumoren als Geburtshindernis. Inaug.-Diss., 
Halle, 1895. 
4 Siehe »Der Frauenarst« 1890. No. 12. 


D 


236 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


enchondrom, in denen die Sectio caesarea — 5mal mit glücklichem 
Erfolge — ausgeführt worden, Rissmann® später noch einen 
weiteren, tödlich verlaufenen mitgetheilt und Vaille® dieses Thema 
unter Berücksichtigung der verschiedenen Arten das Becken ver- 
engender Tumoren eingehend erörtert hatten. In dieser Hinsicht 
bietet somit der beschriebene Fall, in dem der konservative Kaiser- 
schnitt vollzogen werden musste, nicht etwas Besonderes. Solches 
kommt ihm erst dadurch zu, dass es gelang, im Laufe einer zwei- 
ten, bis zum Ende des 6. Monats fortgeschrittenen Schwan- 
gerschaft, ohne dieselbe zu unterbrechen, die den Becken- 
kanalstark verengerndeGeschwulst vollständig zu entfernen. 
Ein Analagon ist in der Litteratur nicht zu finden. Schauta? 
schreibt hierüber zwar: »Man kann wohl wie bei anderen Ge- 
schwülsten im Beckeninnern, so auch bei den von den Beckenknochen 
ausgehenden, an deren radikale Entfernung während der Schwanger- 
schaft oder Geburt denken. Meist stehen aber der Operation un- 
überwindbare Hindernisse im Wege. Bei Tumoren mit flüssigem 
Inhalt kann durch Punktion das bestehende Geburtshindernis beseitigt 
werden. In allen übrigen Fällen ist die Behandlung eine rein ge- 
burtshilfliche ...... < Aber der Versuch, die die in Aussicht 
stehende Geburt behindernde Geschwulst schon während der Schwan- 
gerschaft zu beseitigen, ist bisher noch in keinem Falle gemacht 
worden. Freilich lagen die Verhältnisse in dem vorliegenden durch 
den Sitz des Tumors hinter dem Schambein, durch seinen nicht 
allzugroßen Umfang und seine Gutartigkeit relativ günstig für eine 
Operation. Aber ich möchte doch annehmen, dass zu ihrer erfolg- 
reichen Ausführung ohne Störung der bestehenden Gravidität die 
besondere Art des operativen Vorgehens beigetragen habe. Für 
letzteres wäre der Weg von oben her, ein längs der Symphysis pubis 
über das rechte Schambein hinziehender Querschnitt sicherlich der 
bequemere gewesen, da er direkt auf den Ausgangspunkt der Ex- 
ostose geführt hätte. Dass ich ihn trotzdem nicht wählte, dazu veran- 
lasste mich in erster Linie die Erwägung, dass zur Zurückhaltung 
des graviden Uterus nach oben vom Beckeneingang vielleicht un- 
günstig wirkende Manipulationen an jenem nicht zu umgehen sein 
würden. Auch wollte ich die Schaffung einer Narbe im unteren 
Theile der Bauchwand in Rücksicht auf die Schwangerschaft ver- 
meiden und hätte auch noch einen zweiten Schnitt, eine Gegenöff- 
nung am tiefsten Punkte der sich nach dem Beckenausgang hin 
erstreckenden Wundhöhle anlegen müssen. Aus diesen Gründen 
entschloss ich mich, die Exstirpation vom Beckenausgang her zu ver- 
suchen, was allerdings mit nicht geringen Schwierigkeiten einherging, 
da sich das Operationsfeld in der Tiefe nicht vollständig übersehen 


5 Zeitschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie 1894. 

6 Über Beokenenge in Folge von Tumoren der Beckenwände. Paris, J. B. 
Baillière et fils, 1891. 

1 Lehrbuch der gesammten Gynäkologie 1896. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 237 


ließ, nicht das Auge, sondern nur die tastenden Finger die Stellung 
des Meißels kontrolliren konnten. Trotzdem war es möglich, den 
Tumor ohne jede Nebenverletzung vollständig zu exstirpiren und da- 
durch einen normal weiten Beckenkanal wieder herzustellen, 
durch den !/, Jahr später, nachdem die Wunde längst fest 
vernarbt war, die Geburt eines ausgetragenen Kindes un- 
behindert und ohne Kunsthilfe vor sich gehen konnte. 

Wenn nun auch der im vorliegenden Falle zur Entfernung der 
Schambeinexostose eingeschlagene, durch die Eigenart desselben ge- 
botene Weg zum Ziel geführt hat, so kann er doch nicht zur Ex- 
stirpation weniger gutartiger Neubildungen gleicher Lokalisation 
empfohlen werden, da er der bei Geschwulstoperationen im Allge- 
meinen unerlässlichen Forderung nicht genügt, das Operationsfeld 
dem Auge nach allen Richtungen hin zugänglich zu machen. 


1) F. Gross, S. Rohmer et A. Vautrin. Nouveaux élé- 
ments de pathologie chirurgicale générale. 
Paris, 1898. 

Das 674 Seiten umfassende Buch bildet den 1. Band einer 
allgemeinen chirurgischen Pathologie und erscheint als Vervoll- 
ständigung der vor einigen Jahren von denselben Verff. erschienenen 
Éléments de pathologie et de clinique chirurgicales. Der 1. Band 
umfasst die traumatischen Verletzungen, seien sie durch mechanische 
oder physische Ursache entstanden, und die Geschwülste. Der 
2. Band soll die chirurgischen Erkrankungen der Haut, Gefäße, 
Muskeln etc. umgreifen. Die einzelnen Abhandlungen sind außer- 
ordentlich gründlich, die Litteratur, deren genaue Angabe jedem 
kleineren Abschnitt folgt, besonders auch unsere deutsche, ist in 
umfassender Weise berücksichtigt. Seinem Zweck, dem Studenten ein 
gutes Handbuch, dem Specialisten eine schnelle Übersicht zu ver- 


schaffen, wird dieser 1. Band in vorzüglicher Weise gerecht. 
Borchard (Posen). 


2) C. Barszczewski. Chinosol als Antisepticum. 
(Gas. lekarska 1897. No. 41.) 

Verf. hat das Chinosol auf seine chemischen (gemeinsam mit 
Nencki) und bakteriologischen Eigenschaften, so wie auch am 
Krankenbett geprüft. Dasselbe stellt ein fein krystallinisches, gelb- 
liches, angenehm nach Safran riechendes Pulver dar. In warmem 
Wasser ist es in jedem Verhältnis, in kaltem etwa zu 60% löslich. 
In Bezug auf seine baktericide Wirkung steht es den Karbol- und 
Sublimatlösungen nicht nach und übertrifft selbige sogar, da es 
1) Eiweißlösungen nicht fällt, 2) keine toxischen Eigenschaften be- 
sitat und 3) auf Haut und Schleimhäute nicht reizend wirkt. Es wird 
zu Irrigationen in Lösungen von 1—2:1000 verwendet, so wie bei 
Eiterungen und atonischen Geschwüren als Salbe, Paste, Streupulver etc. 


238 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


Außerdem kann es als Gurgelwasser so wie zu Inhalationen ver- 
wendet werden. Bei Darmleiden wird es innerlich verabreicht. 
Zur primären Desinfektion der Hände eignet es sich sehr gut, ist 
dagegen wegen seines hohen Säuregrades zur Desinfektion der In- 
strumente nicht zweckmäßig. Trzebicky (Krakau). 


3) S. Kossobudzki. Zur Behandlung inficirter, namentlich 
gangränöser Wunden mit Terebenglycerin. 
(Medycyna 1897. No. 34 u. 35.) 

Verf. empfiehlt die von Radutowicz seiner Zeit empfohlenen 
Terebenpräparate, und zwar Terebenwasser und Terebenglycerin sehr 
warm als Verbandmittel bei inficirten Wunden. Die Zubereitung der 
Präparate erfolgt auf folgende Weise. Will man Terebenwasser zu- 
bereiten, so wird eine 3—6 Liter haltende, mit einem Glashahn am 
Boden versehene Flasche zur Hälfte mit Wasser und Tereben (er- 
halten aus Terpentin durch Hinzufügen von (ie Theil Schwefelsäure 
und nachherige Destillation) gefüllt und zugekorkt. Der Stöpsel 
wird durch 2 Glasrohre perforirt, deren eines fast bis zum Boden 
reicht, das andere aber oberhalb des Flüssigkeitsspiegels endigt. Von 
Zeit zu Zeit wird durch das erstere Luft mittels eines Gummiballons 
in die Flüssigkeit getrieben, wodurch sich daselbst durch Oyxdation 
des Terebens Wasserstoffsuperoxyd bildet. Die Zubereitung von 
Terebenglycerin erfolgt auf ähnliche Weise, indem man 7 Theile 
Glycerin, 4 Theile Tereben und 1 Theil destillitten Wassers mischt 
und ebenfalls von Zeit zu Zeit Luft durch das Gemisch schickt. 
Nach einigen Tagen nimmt die unterste Schicht (wasserhaltiges Gly- 
cerin) in Folge Ansammlung von Wasserstoffsuperoxyd ein trübes 
Aussehen an. In dem Augenblicke, wenn eine Probe dieser untersten 
Schicht, gemengt mit Äther- und Chromsäure (bezw. doppelt chrom- 
saurem Kali und Schwefelsäure), eine tiefblaue Reaktion giebt, ist 
das Präparat fertig und wird in wohl verschlossenen Gefäßen auf- 
bewahrt. 

Die Anwendung des Mittels geschieht auf die Art, dass die 
Wunden mit in Terebenglycerin getränkter Gaze bedeckt bezw. tam- 
ponirt werden, worauf ein gewöhnlicher Deckverband kommt. Andere 
Antiseptica werden nur ganz ausnahmsweise benutzt. Einige Kranken- 
geschichten illustriren die Anwendungsweise des Mittels, für das 
u. A. namentlich der absolute Mangel einer Intoxikationsgefahr spricht. 

Trzebicky (Krakau). 


4) H. Maroy. The animal suture; its preparation and 
technique of application. 
(Journ. of the Amer. med assoc. 1897. No. 14.) 
Um die lästigen Stichkanaleiterungen zu vermeiden, hat Verf. 
nach verschiedenen Versuchen, welche bewiesen, dass die Eiterung 
stets von der Haut ausging, seit lange versenkte » subkutikulare« 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 239 


Nähte angelegt, die Wunden nicht drainirt und mit Jodoformkollo- 
dium bedeckt. Von 600 Wunden heilten 98% per primam. M. weist 
besonders darauf hin, dass die Wundränder und Gewebe möglichst 
wenig gequetscht und verletzt, dass möglichst wenig Nähte und 
Knoten angelegt werden dürfen, und empfiehlt daher den aus- 
gedehnten Gebrauch der fortlaufenden Naht. Dem Katgut, das na- 
mentlich bei großen Wunden nicht genügend lange halte, zieht er 
die Sehne vom Künguruhschwanz als Nahtmaterial vor. Die Sehnen 
werden getrocknet, in Liege Sublimat-, dann in 2%ige Formalin-, 
darauf in Chromsäurelösung gelegt und schließlich in sterilisirtem 
Leinöl mit Karbol aufbewahrt. Je länger sie in Öl liegen, desto 
besser werden sie, Martens (Berlin). 


5) Brosch. Theoretische und experimentelle Untersuchungen 
über die künstliche Athmung Erwachsener. 
(Virchow’s Archiv Bd. CXLIX, Hft. 2 u. 3.) 


6) Schüller. Zur künstlichen Athmung. 
(Ibid. Bd. CLI. Hft. 1.) 

Es werden in der sehr eingehenden obigen Arbeit von B. zu- 
nächst ausführliche, durch Litteraturbeläge gestützte Angaben darüber 
gemacht, bei welchen verschiedenen Krankheiten die künstliche Ath- 
mung als lebensrettende Operation empfohlen worden ist. Bisher 
ist eine Messung der Werthgrößen der einzelnen Methoden nur an 
Kinderleichen oder Föten vorgenommen worden, während über die 
gleichen Verhältnisse bei Erwachsenen einschlägige Untersuchungen 
ganz fehlten. Letztere unternahm nun Vert, und zwar wurden 
speciell geprüft die Methoden von Marshall Hall, Silvester, 
Pacini, Howard, Schüller, Flashar und Brosch. i 

Die künstliche Athmung bezweckt, einen Menschen, dessen 
automobile (reflektetorische) Respiration durch irgend einen Einfluss 
gestört oder aufgehoben ist, durch Erzeugung künstlichen Luftwechsels 
so lange am Leben zu erhalten, bis die Störung behoben und der 
Mensch wieder im Stande ist, selbständig zu athmen. Für eine 
gute Methode ist nach Howard erforderlich: Freie Bahn für die 
ein- und ausströmende Luft, größtmögliche Erweiterung und Ver- 
engerung des Brustkorbs, letzteres in rhythmischem Wechsel. Auf 
Grund geometrischer, aber sehr einleuchtender Überlegungen über 
die Thoraxform und den Mechanismus der Rippenbewegungen ist 
nun Verf. zu den Schlüssen gelangt, dass die größte Erweiterung 
des Brustkorbs durch Verlängerung des sagittalen Durchmessers, die 
größte Verengerung durch Verkürzung desselben erfolge. Um das 
größte Maß der Inhaltsveränderungen zu erzielen, müssten die Ver- 
längerungen und Verkürzungen sich gleichmäßig auf den ganzen 
Brustkorb erstrecken, d. h. proportional den Größen des sagittalen 
Durchmessers seiner einzelnen Abschnitte (die auch empfohlene künst- 
liche Zwerchfellathmung hat nach den Untersuchungen des Verf. 


240 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


weder eine theoretische Berechtigung noch einen praktischen Werth). 
Verf. führt aus, dass der Brustquerschnitt eine Art Ellipse bilde, 
deren Inhalt um so größer werde, je mehr sie sich der Kreisform 
nähere. Dieses letztere werde durch Druck auf die seitlichen Partien 
der Brust bewirkt, während ein Druck von vorm nach hinten eine 
Entfernung der Brennpunkte der Ellipse, also eine Verkleinerung des 
Flächeninhalts bedinge. Eine weitere Vergrößerung des sagittalen 
Durchmessers komme dann noch durch die Schamierbewegung der 
Rippen in den Kostovertebralgelenken in am Original näher geschilder- 
ter Weise zu Stande. Verf. schildert nunmehr die einzelnen Methoden, 
kritisirt sie auf Grund obiger Überlegungen und kommt zu dem 
Schluss, dass seine Methode allen Anforderungen am ehesten gerecht 
wird. Dieselbe möge daher mit den Worten des Verf. hier wieder- 
gegeben werden: »Man lagere den Körper des Scheintodten rücklings 
auf den Boden und setze dann unter den Brustkorb einen 25—30 cm 
hohen und 40—50 cm breiten Schemel. Der Kopf hängt über den 
Rand des Schemels frei herab. Die Arme werden in den Ellbogen- 
gelenken stark flektirt und zu beiden Seiten des Brustkorbs auf den 
Schemel gelegt. Zu Häupten des Scheintodten stehend, ergreift man 
die beiden Ellbogen desselben von innen her und führt sie in einem 
horizontalen Halbkreis nach rückwärts möglichst nahe an den Kopf 
heran. Sobald man fühlt, dass sich die horizontale Bewegung der 
Arme nicht mehr steigern lässt, drückt man die Arme nach abwärts 
(Inspiration). Hierauf legt man die Ellbogen dem Scheintodten auf 
die Brust, so dass sie sich berühren und übt nun, sich auf dieselben 
stützend und das eigene Körpergewicht ausnützend, einen allmählich 
stärker werdenden, intensiven, möglichst sagittalen Druck auf den 
Brustkorb des Scheintodten (Exspiration) aus«. Durch die Erhebung 
der Arme wird eine ausgiebige Scharnierbewegung der Rippen und 
damit eine Erweiterung des Brustkorbs in sagittaler Richtung, durch 
das Abwärtsdrücken der erhobenen Arme eine noch stärkere Hebung 
des Brustbeins bewirkt. Auch die Exspiration muss sehr ausgiebig 
sein, da sie ähnlich wie bei Howard den ganzen Thorax betrifft. 
Die Methode des Letzteren hält Verf. für eine schlechte Respirations-, 
aber sehr gute Expektorationsmethode. 

Diese seine Ansichten begründet B. nunmehr durch sehr aus- 
gedehnte Experimentaluntersuchungen der Leiche, welche unter allen 
Kautelen, um Fehlerquellen möglichst auszuschließen, vorgenommen 
wurden. Auch hierbei ergab die Methode des Verf. stets die größten 
Respirationswerthe. Eingehend besprochen wird dann noch der Ein- 
fluss pathologischer Veränderungen auf die Größe des Luftwechsels 
bei der künstlichem Athmung, die künstliche (passive) Respiration 
im Verhältnis zur natürlichen (aktiven), die Grundzüge einer zweck- 
entsprechenden therapeutischen Verwerthung der passiven Athmung, 
endlich das Verhältnis der passiven Athmung zu den Sauerstoff- 
inhalationen bei Asphyxien. Der Inhalt der Arbeit ist ein so reich- 
haltiger— sie umfasst über 100 Seiten — dass ein auch nur einigermaßen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 241 


den Gegenstand erschöpfendes Referat unmöglich ist. Es sei daher 
nur auf die verschiedenen, in klarer Weise besprochenen Punkte 
aufmerksam gemacht. 

Dem gegenüber weist S. darauf hin, dass ähnliche ausführliche 
Untersuchungen schon von Djelitzin in russischer Sprache, jedoch 
ausführlich referirt in diesem Centralblatt 1893 p. 841—845 veröffent- 
licht worden seien, und dass die Resultate dieses Autors mit denen 
von Brosch in manchen Punkten nicht übereinstimmten. Die Ver- 
suche von Brosch hält S. nicht für voll beweiskräftig, da Jener in 
vielen Fällen an mit schweren Veränderungen der Athmungsorgane 
behafteten Leichen experimentirt habe. Endlich warnt er davor, die 
an Leichen gewonnenen Resultate unmittelbar auf die Praxis zu 
übertragen. So z. B. lasse beim Scheintodten die Methode von Sil- 
vester, von der doch die Brosch’sche nur eine Modifikation sei, 
häufig in Stich. Pels Leusden (Göttingen). 


T) R. Alessandri. Einpflanzung lebender Gewebe in ver- 
schiedene Organe des Körpers. 
(Policlinico 1897. Juli 1.) 

Verf. berichtet über die Resultate seiner diesbezüglichen Thier- 
versuche. Es handelt sich hier um die Folgen der Überpflanzung 
von Nierengewebe in folgende Organe: Niere, Milz, Leber und Hoden. 
Das Ergebnis war bei den drei letztgenannten Organen ein durchweg 
negatives; der ganze überpflanzte Gewebspfropf ging durch Nekrose 
zu Grunde. Nur bei der Übertragung von Nierengewebe in ein 
homologes Gewebe (Niere) blieb ein geringer Rest von vitaler Funk- 
tion bestehen. Allerdings kommt es auch hier zu einer fast völligen 
Nekrose des eingeimpften Stückes; diese Nekrose beginnt im Centrum 
und betrifft die Glomeruli in geringerem Grade als die Harnkanäl- 
chen. Aber während die Nekrose im Centrum des Impflings immer 
weiter fortschreitet und hier zu einem völligen Untergang sowohl 
der Glomeruli als der Harnkanälchen führt, schreitet dieselbe in der 
Peripherie langsamer vor; zwar kommt es auch hier zur Degenera- 
tion, doch in geringerem Grade; man erkennt noch einigermaßen die 
Epithelien der Harnkanälchen und besonders deutlich die Glomeruli. 
Das Gewebe geht also in der Peripherie nicht völlig zu Grunde; die 
degenerativen Vorgänge sistiren, und es kommt schließlich zu einer 
Neubildung von Nierengewebe. Man kann eine aktive Proliferation 
der Gefäßendothelien, so wie kleinzellige Infiltration wahrnehmen. 
Aus den erhalten gebliebenen Resten des Kanälchenepithels bilden 
sich neue Harnkanälchen, so dass es schließlich zu einer Regenera- 
tion des Gewebes kommt. Weiterhin bildet sich eine fibröse Narbe 
zwischen dem Impfling und der Niere. 

Auch in den an den eingepflanzten Keil angrenzenden Theilen 
der gesunden Niere kommt es in der ersten Zeit zu einem degenera- 
tiven Untergang von Harnkanälchen. Da nun die Gefüßbündel der 
Glomeruli nicht der Zerstörung anheimfallen, so erscheint eine 

ger 


242 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


relative Vermehrung derselben. Späterhin kommt es hier ebenfalls 

zur Proliferation der Gefäßendothelien, kleinzelligen Infiltration und 

zur Neubildung von Harnkanälchen. An die Stelle des durch Nekrose 

untergegangenen Theils des Impflings tritt narbiges Bindegewebe. 
H. Bartsch (Heidelberg). 


8) Z. J. Lusk (Warschau). Some additional facts relating 
to skin grafting. 
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 16.) 

L. glaubt die Thiersch’sche Methode der Hauttransplantation 
dadurch zu verbessern, dass er die Läppchen nicht mit dem Messer 
schneidet, sondern die Epidermis durch Anwendung von Vesikantien 
abhebt. Die Läppchen sollen noch nach beliebig langer Zeit an- 
wachsen, wenn man sie an der Luft trocknet und, in sterile Gaze 
gepackt, vor jeder Feuchtigkeit bewahrt. Erst vor dem Auflegen auf 
die Granulationsfläche werden sie angefeuchtet, nachher mit Gaze 
bedeckt, die von Perubalsam und Ricinusöl durchtränkt ist. Der 
Verband soll in der Regel 10—15 Tage liegen bleiben. Verf. bringt 
die Krankengeschichten von 5 Fällen, bei denen die Haut nach 23, 
40, 48, 164 und 418 Tagen noch anwuchs. Der letzte Fall ist zur 
Empfehlung der Methode unglücklich gewählt, da von einer 11, Qua- 
dratzoll großen, nicht angeheilten Stelle > die Granulationen sich aus- 
dehnten und die neue Haut zerstörten «. Martens (Berlin.) 


9) Honsell. Über Karbolgangrän. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 9.) 

H. berechnet aus den Angaben von Levai und aus dem Material 
des Ambulatoriums der Tübinger Klinik, dass auf etwa 1000 chirur- 
gisch Kranke 1 Fall von Karbolgangrän kommt. 

In der Litteratur konnte Verf. 43 genauer beschriebene Fälle 
auffinden. In 30 der mitgetheilten Fälle betrug die Koncentration 
der angewandten Karbollösung nur 1—5%. Eine besondere Prädis- 
position von Weibern und Kindern lässt sich aus der Kasuistik nicht 
herausrechnen. Die überwiegende Mehrzahl der Fälle betrafen Finger 
und Zehen. 

Um über das Wesen der Karbolwirkung Aufschluss zu gewinnen, 
hat H. eine Reihe von Thierexperimenten angestellt, unter ver- 
gleichender Benutzung von Schwefel- und Essigsäure, so wie Kali- 
lauge. Im Gegensatz zu Frankenburger hält er die gefundenen 
Thrombosen nicht für die Ursache, sondern nur für eine Begleit- 
erscheinung der Nekrose. Der Vergleich mit den anderen Chemi- 
kalien führt H. zu dem Schluss, dass die von der Karbolsäure in 
dünneren Lösungen hervorgerufene Gangrän nichts Specifisches, der 
Karbolsäure Eigenthümliches ist. Eine besondere Bedeutung für die 
Entstehung der Gangrän legt H. der unter dem Einfluss der Karbol- 
säure sich entwickelnden starken Transsudation ins Unterhautzell- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 243 


gewebe bei, welche zu Cirkulationsstörungen führen muss (vor Allem 
in den straffen Weichtheilen der Finger). Für die Praxis fordert 
Verf. in Übereinstimmung mit anderen Autoren das Verbot des 
Handverkaufs der Karbolsäure als wirksamste Prophylaxe. Auf einen 
Punkt, der meines Erachtens für die Häufigkeit tiefgreifender Karbol- 
gangrän nicht ohne praktische Bedeutung ist, hat Verf. nicht hin- 
gewiesen: das ist die anästhesirende Wirkung der Karbolsäure, welche 
dem Pat. die Gefahr, die ihm droht, verhüllt. (Ref.) 
Hofmeister (Tübingen). 


10) Oudin, Barthölemy und Darier. Über Veränderungen 
an der Haut und den Eingeweiden nach Durchleuchtung 


mit X-Strahlen. 
(Monatshefte für Dermatologie 1897. Bd. XXV. No. 9.) 


Die Verff. haben unter 400 Aufnahmen mit X-Strahlen, bei 
welchen sie die Röhren immer in 15—20 cm Entfernung aufstellten 
und nie höhere Stromstärken als 6—8 Ampère anwendeten, nur 
5mal Folgeerscheinungen unangenehmer Art beobachtet: 2mal ober- 
flächliche Brandschorfe, 2mal erysipelatoides Erythem (davon imal 
mit 2 Monate anhaltender Alopecie), imal bei einem Kinde eine 
plötzlich auftretende Verdauungsstörung mit kleinen Kolikanfällen 
noch 2 Monate hindurch. Sie stellen dann das in der Litteratur 
veröffentlichte Material zusammen (im Ganzen 48 Fälle). Die Ver- 
änderungen an der Haut sind außerordentlich mannigfaltig; sie treten 
meist erst spät nach der Bestrahlung auf, oft erst nach mehreren 
Sitzungen, und charakterisiren sich als Röthung, Entzündung, Pig- 
mentirung, einfache Abschuppung, Blasen und Pusteln, Schwellung, 
Brandschorfe, Ulcerationen; sie sind — besonders an den Händen — 
schmerzhaft und heilen meist langsam; sie treten in akuter Form 
bei den durchleuchteten Pat., in chronischer namentlich bei den die 
Bestrahlung oft vornehmenden Personen ein. An sich kranke Stellen 
werden schwerer betroffen; auch die individuelle Disposition spielt 
zweifellos eine große Rolle. In einzelnen Fällen fielen nur die 
Haare (und die Nägel) aus, ohne dass es zur Entzündung kam; die 
Hoffnung, auf diese Weise Haare wenn auch nur zeitweilig immer 
wieder entfernen zu können, hat sich wenigstens vorläufig als trüge- 
risch herausgestellt; denn man konnte bei dahin zielenden Versuchen 
Röthung, Verbrennung etc. nicht sicher vermeiden; auf der anderen 
Seite blieben die Wollhaare an den entzündlichen Stellen meist 
erhalten. 

Neben den Störungen auf der Haut wurden in einzelnen Fällen 
nach der Bestrahlung noch andere Erkrankungen beobachtet: Brechen, 
Koliken, Herzklopfen, unregelmäßiger Puls, Sehstörungen; in einem 
Falle wurde sogar eine akute Verschlimmerung einer Lungentuber- 
kulose, in einem anderen multiple Abscessbildung auf Radiographie 
zurückgeführt. Von einem aber keineswegs Baba Einfluss 


244 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


auf das Zustandekommen der Hautveränderungen sind zu starke 
Ströme, zu geringe Entfernung der Haut von der Röhre, die Dauer 
der Durchleuchtung, zu rasche Wiederholung der Sitzungen. Den 
Hauptwerth legen die Verff. auf den Röhrenabstand; war er nur 
5 cm groß, so trat selbst bei schwach bewaffneten Röhren Reizung 
auf, während bei großen Röhren mit 50 cm Funkenlänge und 9 bis 
10 Ampere bei mindestens 50 cm Röhrenabstand nie eine Schädigung 
erfolgte: der Grad der Verletzung scheint im umgekehrten kubischen 
Verhältnis zur Entfernung zu stehen. 

Die kritische Besprechung der verschiedenen Hypothesen, welche 
zur Erklärung der auf die Haut ausgeübten Wirkung der X-Strahlen 
aufgestellt worden sind, können wir hier nicht wiedergeben. Die 
Verff. sind geneigt, dieselben zurückzuführen 1) auf das »elektro- 
statische beständig oscillirende Feld in der Umgebung der Röhre«, 
welches »in sozusagen brutaler Weise das elektrostatische Potential 
der Zellen verändern« kann, und 2) auf die die Röhre umgebende 
»oscillirende magnetische Zone«, welche, wie d'Arsonval nach- 
gewiesen hat, >tiefergreifende Störungen in den organischen Ge- 
weben« hervorrufen können. Endlich wird noch die Hypothese auf- 
gestellt, dass die Haut nicht direkt geschädigt wird, sondern dass, 
wie in Versuchen von Brian und Morat, nach Durchschneidung 
der hinteren Wurzeln des Lumbalnerven trophische Störungen 
2 Monate später auftraten, so auch die verspäteten Schädigungen 
nach Radiographie auf eine Beeinflussung trophischer Nerven zu- 
rückzuführen sind. Dafür spräche nicht bloß das verspätete Auf- 
treten, sondern auch die Langsamkeit der Heilung, die Neigung zu 
Rückfällen, die Lokalisation von Ulcerationen an der direkten 
Wirkung der Röntgenstrahlen nicht ausgesetzten Stellen, die aber 
ins Gebiet des betreffenden Nerven fallen, die peripheren Cirkula- 
tionsstörungen, die der Entzündung vorausgehen, das Zittern, die 
Veränderungen des Tastgefühls, die Paraplegien, die bei mit 
X-Strahlen behandelten Meerschweinchen auftraten. 

Die Verff. vergleichen dann die »aktinographische Dermitis« 
mit der elektrischen Verbrennung, von der sie 3 Fälle berichten. 
Diese richten sich nach der Spannung des elektrischen Bogens, nach 
der Dauer der Einwirkung und nach dem Widerstande der Haut. Die 
Stärke des Stromes steht auch hierbei nicht immer im Verhältnis 
zu seiner Wirkung; auch sie erscheint erst nach einiger Zeit; sie 
können sehr tief sein, stellen kleine runde oder polygonale, graue, 
scharf abgesetzte Flecke dar, sind nicht schmerzhaft und heilen sehr 
langsam. 

Zum Schluss der ausführlichen Arbeit wird noch über einige 
Versuche bei Kaninchen, Meerschweinchen berichtet; die X-Strahlen 
erzeugen bei Meerschweinchen eine 1—2 Monate nach der Bestrah- 
lung ohne Verbrennung eintretende Alopexie, die von D. auch histo- 
logisch untersucht worden ist. Jadassohn (Bern). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 245 


11) W. Reiss. Xeroderma pigmentosum (Kaposi). 
(Przegląd lekarski 1897. No. 50—52.) 

Verf. gelangt auf Grund seines eigenen sehr präcis beobachteten 
und genau untersuchten, so wie der 74 in der Litteratur bekannten 
Fälle von Xeroderma pigmentosum zu folgenden Schlüssen: 1) Das 
Leiden beginnt zwar zumeist in der Kindheit, kann aber auch aus- 
nahmsweise später den Pat. heimsuchen. — 2) Es gilt keinesfalls als 
allgemeine Regel, dass die Krankheit immer als akute, diffuse Der- 
matitis beginnt, welche durch häufige Recidive und Nachschübe zu 
chronischen Veränderungen und zu Infiltraten, Pigmentablagerung, 
Hyperplasie und späterer Atrophie führt; sondern oft setzen die 
Atrophie und die anderen Symptome ohne irgend welche vorherige 
Symptome ein. — 3) Die Pigmentansammlung gehört keineswegs zu 
den Kardinalsymptomen der Krankheit, eben so wie dieselbe auch 
durchaus nicht immer ihr Entstehen der übermäßigen Einwirkung 
der Sonnenstrahlen verdankt. — 4) Das Hauptsymptom der Krank- 
heit bildet die Atrophie der Haut, und zwar des Papillarkörpers und 
der Epidermis, so wie das Eindringen des Malpighi’schen Netzes in 
das eigentliche Hautgewebe, die Ektasie der Gefäße und Hypertrophie 
der Talgdrüsen. — 5) Alle diese Veränderungen präpariren den 
Boden für eine allgemeine Carcinose. Trzebicky (Krakau). 


12) P. T. de Amicis. Die Sarkomatose der Haut. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. No. 7.) 

Die vorliegende Arbeit wurde als Referat in der dermatologi- 
schen Sektion des Moskauer internationalen Kongresses vorgetragen. 
Verf. sieht von einer Besprechung der metastatischen Hautsarkome 
ab; die primären theilen sich ein in 1) das nicht pigmentirte, 2) das 
melanotische, 3) das multiple idiopathische hämorrhagische Hautsar- 
kom. Zu der ersten und zweiten Gruppe bringt er je ein charakte- 
ristisches Beispiel; im 1. Falle war der Arm, im 2. das Bein außer- 
ordentlich stark befallen; beide Pat. starben ohne Operation. Den 
Haupttheil der Abhandlung macht die Besprechung des Sarcoma 
multiplex idiopathicum pigmentosum aus; hierzu giebt A. 4 Kranken- 
geschichten; im 1. Falle waren Extremitäten und Nase, im 2. Extre- 
mitäten, Scrotum, Mund, im 3. auch Mundhöhle und Gesicht, im 
4. auch Kopfhaut, Gesicht, Ohren, Mund- und Rachenhöhle und 
Kehlkopf befallen. 3 Phasen sind im Verlauf zu unterscheiden: 
1) die Periode der Flächeninfiltration mit rothblauen Flecken, 2) die 
der teleangiektatischen und angiomatösen Neubildung (mit roth- 
braunen harten oder weichen Knötchen, mit Schwellung und schmerz- 
batter Spannung der befallenen Regionen); 3) die »nekrobiotische und 
kachektische Periode mit Aussaat in die inneren Organe und töd- 
lichem Ausgang«. Der Verlauf kann akut oder sehr chronisch 
(selbst über 20 Jahre) sein. Die einzelnen Herde können spontan 
oder durch die Therapie zurückgehen und hinterlassen dann harte 


246 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


schwärzliche, oft abnorm stark verhornte Flecke. In Bezug auf die 
Benennung und Klassificirung dieser Fälle steht A. auf dem Stand- 
punkt Kaposi’s, dass der Ausdruck »Sarcoide« der passendste wäre, 
weil diese Geschwulstform zwar in Vielem, aber keineswegs in Allem 
den Sarkomen gleicht. 

Unter den 50 Fällen A. betraf keiner eine Frau; die meisten 
waren Erwachsene, einer ein 5jähriges Kind, einer ein junger Mensch 
von 15 Jahren. Die Erkrankung ist in den nördlichen Provinzen 
Italiens sehr häufig; die Untersuchung auf Mikroorganismen, auch 
auf Blastomyceten, so wie Thierimpfungen waren ganz resultatlos. 
Die Erwägungen über die Pathogenese dieser Geschwülste bewegen 
sich auf ganz hypothetischem Boden; auch A. ist geneigt, an einen 
Nerveneinfluss zu denken. Differentialdiagnostisch kommt Lepra, 
Syphilis, Mycosis fungoides in Frage; meist ist die Diagnose sehr 
leicht. Die Prognose ist immer zweifelhaft; während der ersten 
Periode kommt eine Rückbildung leichter zu Stande; durch die 
Narbenbildung kann eine Elephantiasis entstehen. Auch völliges 
Verschwinden kommt vor. 

Nur beim einfachen, nicht pigmentirten Hautsarkom hat die 
chirurgische Behandlung Aussicht auf Erfolg; »beim melanotischen 
Sarkom sind die durch die Exstirpation gesetzten traumatischen 
Reize von den traurigsten Folgen«. Beim idiopathischen hämor- 
rhagischen Sarkom dürfen nur isolirte Herde mit dem Messer ent- 
fernt werden — oder auch solche, welche an sich Beschwerden machen; 
JK und Hg sind erfolglos; A. hat schon früher berichten können, 
dass von 11 Fällen, die er mit subkutanen Injektionen von Arsen 
behandelte, 5 keine nennenswerthe Besserung zeigten, 2 wurden 
wesentlich gebessert, 4 wurden geheilt. Jetzt kann der Verf. noch 
2 Fälle hinzufügen, von denen einer durch 100 Einspritzungen von 
Solutio arsenicalis Fowleri vollständig geheilt wurde; bei dem 2., 
bei welchem wegen der Kehlkopferkrankung und der durch sie be- 
dingten Erstickungsanfälle bereits eine I'racheotomie in Aussicht 
genommen war, wurde ebenfalls durch im Ganzen 120 Injektionen 
von Solutio Fowleri eine fast vollständige Heilung erzielt. 

Jadassohn (Bern). 


13) H. Engelbrecht. Angioma arteriale racemosum. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 2. Mit 1 Taf.) 

Verf. giebt einen eingehenden Überblick über die Litteratur des 
Rankenangioms. Aus demselben ist ersichtlich, dass alle Autoren 
den Anfang des Leidens, wie schon zuerst Virchow, als einen Ge- 
schwulstprocess ansehen. Einige, wie Heine und Schück, er- 
klären ihn für identisch mit dem des einfachen Angioma plexiforme, 
während Andere sich über den Charakter des Geschwulstprocesses 
nicht äußern. Die Ansichten über die späteren Veränderungen des 
Angioma racemosum sind sehr verschieden, zum Theil sich wider- 
sprechend. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 247 


Die Grundlage der Untersuchungen bilden 3 auf der v. Berg- 
mann’schen Klinik beobachtete Fälle, von denen 2 zur Vorderarm- 
amputation führten. Die Krankengeschichten sind neben ausführ- 
lichem mikroskopischen Befund ausführlich wiedergegeben. Aus 
Hautschnitten an der Grenze der Teleangiektasie ist ersichtlich, dass 
der Process nicht zuerst in Neubildung von Gefäßen besteht, sondern 
in Umbildung von Gefäßen niederer Ordnung in solche einer höhe- 
ren Stufe. Auch werden jedenfalls Gefäße neu angelegt, doch nach- 
weisen lässt es sich nicht. Das Ursprüngliche bleibt eine Vermehrung 
der Wandelemente bestehender Gefäße. Diese Neubildung findet in 
allen Geweben statt von der Cutis bis auf den Knochen. Der Sitz 
der ersten Querschnittvermehrung der Gefäße ist die Übergangsstelle 
der kleinsten Arterien in die Kapillaren und deren Anfangsgebiet. 
Die wechselnden Druckverhältnisse bedingen eine allerdings un- 
genügende Muskelhypertrophie. Das Zwischengewebe atrophirt in 
Folge des andauernden Reizes, welcher die Neubildung von Binde- 
gewebe hervorruft. Das Fortschreiten der Erweiterung auf größere 
Gefäße ist aus physiologischen Gesetzen zu erklären. Sie tritt nach 
vorangegangener Wandhypertrophie ein. Die Folge der Erweiterung 
der größeren Gefäße ist nun schließlich auch eine Dilatation der 
Venenkapillaren und Venen selbst. Verf. glaubt, dass das Angioma 
simplex, aus welcher das Angioma racemosum hervorgehe, einen 
anderen Charakter habe als die gewöhnliche angeborene Teleangi- 
ektasie. In der Entwicklung der Geschwulst spielen fluxionäre Mo- 
mente, wie Pubertät, Plethora, Schwangerschaft, örtliche Entzündung 
eine Rolle. Der Sitz der Erkrankung ist auf Kopf und Extremitäten 
beschränkt. Ein Trauma kann die Neubildung auslösen. E. sieht 
in den Gefäßgeschwülsten eine Bestätigung der Cohnheim’schen 
Theorie über die Entstehung der Neubildungen. 

Die interessante Arbeit beschließen klinische Betrachtungen der 
von E. beobachteten Fälle, aus deren Symptomatologie speciell die 
durch Kompression der Art. brachialis bedingte Pulsverlangsamung 
hervorzuheben ist. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


14) A. Wassermann. Über Gonokokkenkultur und Gono- 


kokkengift. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 32.) 


15) L. Nikolaysen. Zur Pathogenität und Giftigkeit des 
Gonococcus. 
(Centralblatt für Bakteriologie Bd. XXII. Hft. 12 u. 13.) 

W. beschreibt einen neuen, bequem darzustellenden Nährboden 
für Gonokokken. Man gebe in ein Erlenmeyer’sches Kölbchen 
15 ccm Schweineserum, verdünne dies mit 30—35 ccm Wasser (Hämo- 
globingehalt stört nicht), füge 2—3 cem Glycerin und endlich 0,8 g, 
also 2% Nutrose hinzu. Nach Umschütteln auf der freien Flamme 
zum Kochen erhitzen. Hierbei tritt völlige Klärung ein, da die 


248 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


Nutrose die Eigenschaft besitzt, die Coagulation des Serums beim 
Kochen zu verhindern. Nun noch 20—30 Minuten, am besten auf 
2 Tage vertheilt, auch im strömenden Dampfe, sterilisiren. Zum 
Gebrauch mische man verflüssigte (auf 50—60° abgekühlte !) 2%ige 
Peptonagarröhrchen mit dem gleichen Volumen der Serumflüssigkeit 
und gieße mit dem Gemisch Platten. Nach Erstarrung sind dieselben 
zum Gebrauch fertig. Das Wachsthum ist das bekannte. 

Eben so hergestellte Bouillonkulturen verschafften W. die Mög- 
lichkeit, das in den Leibern der Gonokokken (nicht in der Nähr- 
flüssigkeit) enthaltene Gift zu studiren. Kleinste Mengen erzeugen 
Entzündung an der Applikationsstelle, Fieber, Schwellung der nächst- 
gelegenen Lymphdrüsen, starke Muskel- und Gelenkschmerzen. 
Immunisirungsversuche misslangen vollständig. W. verspricht über 
diesen Theil seiner Experimente weitere und eingehendere Mit- 
theilungen. 

Aus der Debatte, die sich an den der obigen Mittheilung zu 
Grunde liegenden Vortrag in der Berliner medicinischen Gesellschaft 
am 14. Juli 1897 anschloss, sei noch erwähnt, dass Buschke über 
Versuche von Schäffer-Breslau Bericht erstattete, nach denen es 
Schäffer gelang, gleichfalls toxische Eigenschaften an Gonokokken- 
kulturen nachzuweisen, in so fern die Injektion von Gonokokken- 
toxinen in die männliche Harnröhre eine mehrere Tage anhaltende 
akute eitrige bakterienfreie Sekretion verursachte. 

N. konnte in Übereinstimmung mit Finger, Ghon und Schlagen- 
haufer durch Injektion von in sterilem Wasser aufgeschwemmten 
Gonokokken eine eitrige Gonitis bei Kaninchen hervorrufen ohne 
jemals im Eiter Gonokokken durch Deckglaspräparate oder Kultur- 
verfahren nachweisen zu können. Dasselbe Ergebnis erzielte er durch 
Injektion von Kulturen, die durch Istündiges Erhitzen auf 70° oder 
durch Kochen abgetödtet waren. Gonokokken in das Bauchfell von 
Mäusen gebracht, wirkten tödlich, ohne Lokalaffektionen hervorzurufen 
(wie dies auch Wassermann nachgewiesen). Auch hier war es 
wieder gleichgültig, ob mit lebenden oder abgetödteten Kulturen 
operirt wurde. Nach N. beruht diese Wirkung der Gonokokken 
nicht auf einer Vermehrung der eingebrachten Kokken, sondern auf 
einem in den Bakterienleibern enthaltenen Toxin. Lösliches Toxin 
wird in den Kulturen nicht gebildet. Das in den Bakterienleibern 
enthaltene Toxin wird durch Trocknen oder Erhitzen bis 120° nicht 
zerstört. Hübener (Breslau). 


16) Schäffer. Beitrag zur Frage der Gonokokkentoxine. 
(Fortschritte der Medicin 1897. No. 21.) 

Durch Einspritzung des Filtrates einer 4—5tägigen Gonokokken- 
kultur in die Harnröhre dreier an Urethritis chronica leidenden Pat. 
gelang es Verf., eine Urethritis acuta von nicht progredientem Ver- 
lauf hervorzurufen. Er weist auf die Möglichkeit hin, solche Toxin- 


injektionen in therapeutischem Sinne zu verwerthen. 
Teichmann (Berlin). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 249 


17) W. Rindfleisch. Bakteriologische Untersuchungen über 
Arthritis gonorrhoica. 
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LV. Hit. 2.) 

Die Untersuchungen, die Verf. an 10—15 Fällen von Gelenk- 
erkrankungen vornahm, sollten feststellen, welche verschiedenartige 
Mikroorganismen in gleichzeitig vorhandenem Trippersekret vorkom- 
men. Er fand dabei 4—5 Arten Stäbchen, 4 Arten Kokken und 
2 Arten Diplokokken, welche im Einzelnen nicht näher beschrieben 
sind. 

Bei der bakteriologischen Untersuchung von 30 (14 gonorrhoi- 
schen! Gelenkerkrankungen akuter Natur wurden im Exsudat häufig 
Gonokokken, einige Male auch Staphylococcus aureus und albus 
gefunden. Verf. glaubt nach seinen mikroskopischen Untersuchungen 
nicht, dass die Gonokokken sich im Exsudat vermehren. Bei Reci- 
diven fand W. 7mal Gonokokken in der Gelenkflüssigkeit, dagegen 
konnte er diese bei chronischen Gelenkergüssen nicht nachweisen. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


18) Stark. Zur Behandlung der Blennorrhoe. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. Hft. 12.) 

Verf. berichtet, dass er bei der Blennorrhoea anterior acuta mit 
Airol günstige Erfolge nicht erzielt habe — die Gonokokken ver- 
schwanden nicht aus den Fäden, trotzdem der Ausfluss versiegte; 
auch die gerühmte Reizlosigkeit kommt dem Präparat nicht zu; es 
soll ziemlich heftige Schmerzen machen; interessant ist, dass ein 
Pat. nach Airolinjektionen sehr aufgeregt wurde, Schnupfen und 
starke Schwellung der Augenlider bekam — alle diese Symptome 
seien nach Aussetzen der Injektionen zurückgegangen. Mit Ichthyol 
ist S. zufrieden gewesen; eine Idiosynkrasie dagegen, wie sie der Ref. 
beschrieben, hat er einmal gesehen. Für das beste Antigonorrhoicum 
hält er — das Protargol hat er noch nicht genügend versucht — das 
Argonin, das die Gonokokken sehr schnell beseitigte und nie reizte. 
Die Janet’schen Irrigationen haben besondere Vortheile nicht er- 
geben. Es giebt einzelne Fälle von Blennorrhoea anterior chronica, 
welche allen Behandlungsversuchen zu trotzen scheinen. 6 solche 
Pat. hat Verf. mit einer Kombination Faust’scher Spülungen (1: 
2000—1000) täglich imal und Injektionen von Argonin (2%) täglich 
3mal in sehr kurzer Zeit geheilt. Er meint, dass die Janet’schen 
Spülungen durch Auflockerung der Schleimhaut der Tiefenwirkung 
des Argonins Vorschub leisten. Jadassohn (Bern). 


19) R. Barlow (München). Zur Behandlung der akuten 
Gonorrhoe mit Protargol, nebst einer Besprechung der Irri- 
gationsbehandlung beim frischen Tripper. 

(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 45 u. 46.) 

B. bestätigt das günstige Urtheil Neisser’s über den Werth des 
Protargols, sowohl in Bezug auf das rasche Schwinden der Gono- 


250 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


kokken aus dem Sekret, als auch hinsichtlich des Fehlens stärkerer 
Reizwirkung, und giebt weiterhin noch an, dass er bei der Protargol- 
behandlung ein Beschränktbleiben des Trippers auf die vordere Harn- 
röhre allein häufiger als nach Injektionen anderer Mittel beobachten 
konnte. Eben so wie Neisser hält B. die Spülung mittels Irrigator- 
drucks bei der akuten Gonorrhoe der vorderen Harnröhre für ent- 
behrlich, dagegen bei Tripper auch des hinteren Theils der Harn- 
röhre für die beste Behandlungsmethode, ohne jemals Nachtheile von 
ihr gesehen zu haben; auch hierbei fand er Protargollösungen in 
schwacher Koncentration (1: 1—2000) von guter Wirkung. Die 
Spülungen lässt B. durch eine leicht desinficirbare, in das Orificium 
ext. urethrae gut passende Glasolive aus einer Druckhöhe von 1,50 
bis 2 m täglich Imal vornehmen, außerdem noch einige Male spritzen. 
Kramer (Glogau). 


20) oO. Kolischer (Wien). Zur Behandlung der Urethritis 
beim Weibe. 
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 31.) 

Bei der Behandlung der Urethritis beim Weibe erfreuen sich 
mit Recht die Stäbchen aus Kakaobutter mit Jodoform oder Argent. 
nitric. einer besonderen Beliebtheit. Um die Masse besser formbar 
zu machen, fügen die Apotheker gern etwas weißes \Vachs hinzu. 
Dieser Zusatz hat den Nachtheil im Gefolge, dass das Wachs, wenn 
es in die Blase gelangt, sich in Form von Klümpchen am Blasen- 
scheitel festsetzt und dort so fest haftet, dass es durch die Blasen- 
waschung nicht entfernt werden kann, sondern die Anwendung der 
Curette erfordert. Die Ansammlung dieser Fremdkörper führt zu 
Reizerscheinungen und kann Steinbildung veranlassen. 

K. empfiehlt desshalb, wenn man lange Stäbchen verwenden 
will, dieselben ohne Wachs anfertigen zu lassen, oder aber dieselben 
höchstens 4 cm lang zu machen und nur bis eben hinter die Harn- 
röhrenmündung einzuschieben. Auf alle Fälle ist bei Verwendung 
wachshaltiger Stäbchen häufige Kontrolle der Blase mit dem Cysto- 
skop erforderlich. 

In ähnlichen Anhäufungen von Fremdkörpern kann die Ver- 
wendung schlecht gehaltener Spritzen zu Blaseninfektionen führen; 
aus solchen gelangen schwarze Flocken in die Blase (Ultzmann) 
und verursachen Reizzustände und Steinbildung. Das Gleiche ist 
beobachtet mit Partikeln von Katheterlack. @risson (Hamburg). 
21) M. B. Fabrikant. Die Sectio alta als Heilverfahren 
bei impermeablen Strikturen des Harnkanals und bei Harn- 

fisteln. 
(v. Langenbeck's Archiv für klin. Chirurgie Bd. LV. Hft. 4.) 

Verf. schildert zuerst die Methode des hohen Blasenschnittes, 
die von Prof. Grube gehandhabt wird, und bespricht den Vortheil 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 251 


und Nachtheil der Anfüllung von Blase und Mastdarm mit Wasser 
oder Luft. Ferner schildert er die geschichtliche Entwicklung des 
Katheterismus posterior von der Zeit an, in der man zufällige Fisteln 
über der Schamfuge zu dem Zwecke benutzte, bis heute, wo als Vor- 
operation die Sectio alta gemacht wird. Einige Chirurgen, wie Gold- 
mann, empfehlen auch heute noch den Blasenstich speciell für den 
praktischen Arzt, doch kann F. auf Grund von Belegen aus der 
Litteratur den Blasenstich nicht für ungefährlich halten, zumal 
die anatomischen Verhältnisse oft durch Entzündung und Narben- 
gewebe wesentlich verändert seien. Indicirt ist der Katheterismus 
posterior bei impermeablen Strikturen, ob sie nun durch Trauma 
oder Blennorrhoe veranlasst sind. Eine sofortige Kombination mit 
der Urethrotomia externa ist zweckmäßig. Auch bei frischen Ver- 
letzungen, wo der letztgenannte Eingriff nicht zum Ziele führt, ist 
nach F.’s Ansicht der Katheterismus von der Blase aus erforderlich. 
Die beigefügte Kasuistik aller publieirten Fälle ist bezüglich des 
Erfolges eine günstige. Weiter hält Verf. die Sectio alta für an- 
gezeigt bei unheilbaren Fisteln, bei denen die ursprünglich die 
Krankheit veranlassende Striktur mehr in den Hintergrund tritt. 
Während sie meist nach der Urethrotomie nicht ausheilen, findet 
dies nach dem hohen Blasenschnitt in kurzer Zeit statt, da der Reiz 
des abfließenden Urins fortfällt. Eigene Erfahrungen bestätigen die 
Erörterungen des Verf. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


22) H. Reed (Columbus). Anchoring the kidney. 
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 13.) 

Verf. empfiehlt eine neue Methode der Nephrorrhaphie; er incidirt 
auf beiden Seiten vorn die Bauchdecken, reponirt die Nieren und stößt 
dann zwei 6 Zoll lange Nadeln an den Enden eines Fadens beliebigen 
Nahtmaterials durch Nieren und hintere Bauchwand zwischen 11. und 
12. Rippe, knotet dann die Fadenenden über einer Gazekompresse 
auf der Rückenhaut. In den meisten Fällen hat R. nur eine, in 
wenigen 2 derartige Nähte gelegt, die nach 10—14 Tagen entfernt 
wurden. Über die Anzahl der so ausgeführten Operationen, so 
wie über ihre Dauererfolge wird nichts berichtet. 

Martens (Berlin). 
Lumbar nephropexy without suturing. 
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 21.) 

S. bespricht kurz die bisherigen Methoden der Nephrorrhaphie 
und deren Nachtheile und empfiehlt dann eine von ihm in 4 Fällen 
erprobte Art der Befestigung der beweglichen Niere. Die Niere wird 
durch den Simon’schen Schnitt freigelegt, an die normale Stelle 
gedrängt, ihre Fettkapsel in Ausdehnung der Wunde exstirpirt, ihre 
fibröse Kapsel mit einer Nadel skarificirt. Dann legt S. das untere 
Drittel der Niere stumpf ganz frei, zieht einen kräftigen Jodoform- 
gazestreifen unter demselben hindurch, tamponirt die ganze Wunde 


252 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


und besonders den unteren Wundwinkel, knotet schließlich die 
beiden Enden des oben erwähnten Streifens über dem Tampon. 
Genäht wird überhaupt nicht. Von der Bauchseite aus wird die 
Niere durch einen komprimirenden Verband noch möglichst nach 
oben und hinten gedrängt; Pat. muss mindestens 4 Wochen liegen 
mit etwas erhöhtem Becken; die Tampons werden nach 5—6 Tagen 
entfernt, die Wunde allmählich durch Heftpflaster zusammengezogen 
und ist nach 3—4 Wochen geheilt. Martens (Berlin). 


24) D. Goldberg. Über Nierentuberkulose. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. VIII. Hft. 9.) 

Nach Mittheilung dreier Krankheitsfälle von Nierentuberkulose, 
von denen 2 von Bardenheuer mit Erfolg mit Nephrektomie be- 
handelt wurden, bespricht G. die Frühdiagnose der Nierentuberkulose. 
Er betont besonders, dass im Frühstadium derselben auch eine reine 
renale Hämaturie zur Beobachtung kommen kann. Meist allerdings 
zeigt sich eine Kombination mit Pyurie, Nierenkoliken oder lokali- 
sirten Nierenschmerzen. Die Anamnese, Cystoskopie und der Ka- 
theterismus der Harnleiter sind für die Diagnose beizuziehen. Man 
muss sich aber gegenwärtig halten, dass auch die durch Anwendung 
letzterer Mittel konstatirte Absonderung klaren, eiweißfreien Urins 
nicht immer ein untrüglicher Beweis für die Gesundheit der ab- 
sondernden Niere ist. Dieselbe kann trotz Allem tuberkulös erkrankt 
sein. Einen besonderen Werth legt G. auf das Zahlenverhältnis des 
Zellengehalts des Urins mit dem -Gehalt des Filtrats an Eiweiß 
(Posner). In therapeutischer Beziehung hält G. bei frühen Fällen 
auch eine interne Therapie für berechtigt (diätetische Behandlung, 
Kreosot, Ichthyol sulf. ammon.). Für die operative Therapie kommen 
Nephrotomie, sekundäre und zweizeitige, und primäre Nephrektomie 
in Betracht. 

Komplicirende Tuberkulose an einer anderen Stelle der Harn- 
organe ist auch nach Ansicht Gs nicht unter allen Umständen und 


absolut als Kontraindikation für die Nephrektomie zu betrachten. 
F. Krumm (Karlsruhe). 


25) Bovöe. A contribution to the experimental surgery of 
the ureter. 
(Annals of surgery 1897. September.) 

Auf Grund von (2) Thierexperimenten empfiehlt Verf. bei dem 
Verlust eines Theiles vom Harnleiter (Trauma, Operation), die Niere 
aus ihrer Kapsel zu lösen und sie so weit herabzuschieben, dass die 
Harnleiterstümpfe mit einander vereinigt oder der obere in die Blase 
eingepflanzt werden können. Die Niere wird mit einigen Nähten 
an ihrem neuen Standort festgeheftet. Tietze (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 253 


26) Cumston. Incision of the kidney in cases of uncompli- 
cated nephrolithiasis. 
(Annals of surgery 1897. September.) 

Die kurze Mittheilung des Verf. enthält im Wesentlichen die 
Empfehlung einer scherenförmigen gebogenen Klammer zur tempo- 
rären Kompression der Stielgefäße bei der Nephrektomie. 

Tietze (Breslau). 


27) J. Veit (Leiden). Handbuch der Gynäkologie. Bd. II. 
Wiesbaden, Je F. Bergmann, 1897. VI und 814 8. 

Dem I. Band dieses vortrefflichen Werkes ist der II. rasch ge- 
folgt. Derselbe enthält die Krankheiten der Blase und einen Theil 
der Uteruskrankheiten, deren Bearbeitung wiederum den bewährtesten 
Händen anvertraut worden ist. Es übernahmen in diesem Band 
Fritsch (Bonn) die Krankheiten der weiblichen Blase, Viertel 
(Breslau) die physikalischen Untersuchungsmethoden der Blase, 
Döderlein (Leipzig) die Entzündungen und die Atrophie des Uterus, 
Gebhard (Berlin), Veit (Leiden), R. Schaeffer (Berlin) und Ols- 
hausen (Berlin) die Myome. Dieser Abschnitt war ursprünglich 
einem einzigen Bearbeiter übertragen worden, der aber durch Er- 
krankung hieran behindert wurde. In seine Arbeit haben sich die 
genannten Autoren der Art getheilt, dass Gebhard die Anatomie 
und Histologie der Myome, Veit ihre Ätiologie, Symptomatologie, 
Diagnostik und Prognose, Schaeffer ihre elektrische Behandlung, 
Veit ihre palliative Behandlung und die vaginalen Operationen, 
Olshausen die abdominalen Myomoperationen und das Verhältnis 
zwischen Myom und Schwangerschaft übernommen haben. 

Schon aus diesem kurzen Inhaltsverzeichnis ist ersichtlich, welch 
großer Schatz von Wissen und Erfahrung in diesem Band aufge- 
speichert ist Von besonders aktuellem Interesse ist in vorliegendem 
Band das Kapitel über Endometritis von Döderlein und die elek- 
trische Myombehandlung von Schaeffer. Ersterer unterscheidet rein 
ätiologisch 2 scharf von einander zu trennende Formen der Gebär- 
mutterentzündung: 1) eine durch Bakterien erregte Metro-Endo- 
metritis mit einer Anzahl von Unterabtheilungen, je nachdem es 
sich um septische oder saprophytische Bakterien, um Gonokokken, 
Tuberkelbacillen, Syphilis oder Diphtheriebacillen handelt, und 2) eine 
nicht auf Infektion beruhende, hyperplastische, einfache, chro- 
nische, fungöse Endometritis. Die alte Eintheilung von Metritis und 
Endometritis lässt Döderlein fallen und handelt die »Gebärmutter- 
entzündungen« als eine einheitliche Krankheit ab. Diese Schilde- 
rung entspricht der Wirklichkeit weit mehr als die bisherige Ein- 
theilung der Schule in akute und chronische Metritis, akute und 
chronische Endometritis, und kann nur dringend zur Nachahmung 
empfohlen werden. Aus dem eingehenden therapeutischen Theil sei 
nur hervorgehoben, dass Döderlein die Injektion ätzender Mittel 
nach der Ausschabung des Uterus verwirft, dagegen eine Tamponade 


254 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


mit Jodoformgaze, die 12—24 Stunden im Uterus liegen bleibt, für 
zweckmäßig erklärt. Die aus Frankreich stammenden Chlorzinkstifte 
sollten wegen ihrer großen Gefahren ganz verlassen werden. Von 
der Apostoli’schen Methode hält Döderlein bei Endometritis nicht 
viel. Er erkennt die Wirkung konstanter Ströme nur als Heilfaktor 
in der Nachbehandlung zur Besserung der Metritis an. Nach den 
Erfahrungen des Ref. ist die Apostoli’sche Methode noch im Stande, 
Endometritiden zu beseitigen, die allen anderen Eingriffen bisher 
widerstanden hatten. 

R. Schaeffer hat die Apostoli’sche Behandlung der Uterus- 
myome einer eingehenden Besprechung unterzogen. Er lässt die 
Freunde und Gegner der Methode zu Worte kommen und zieht als 
nüchterner Beobachter das Facit. Damit die Methode Erfolg habe 
und nicht schade, müssen eine Reihe von Vorbedingungen erfüllt 
sein. Es giebt, wie für jede typische Operation, Indikationen und 
Kontraindikationen, die man kennen muss, um sich vor Misserfolgen 
möglichst zu schützen. Sind diese Bedingungen jedoch erfüllt, dann 
kann man die Apostoli’sche Methode als ein für viele Fälle wirk- 
sames, bei richtiger Indikationsstellung völlig ungefährliches Ver- 
fahren zur symptomatischen Heilung der Uterusmyome bezeichnen. 
Es ist erfreulich, dass das Vache Handbuch der Apostoli’schen 
Methode wieder den ihr gebührenden Platz anweist und sie nicht, 
wie neuerdings beliebt wurde, zum alten Eisen wirft. Operative und 
elektrische Behandlung, wie Schaeffer richtig sagt, schließen sich 
nicht aus, sondern ergänzen einander. 

Auf den III. Band, dessen 1. Hälfte bereits vorliegt, kommen 
wir nach seinem vollständigem Erscheinen zurück. 

Jaff6 (Hamburg). 


28) M.Hofmeier. Grundriss der gynäkologischen Operationen. 
Dritte, vielfach vermehrte und umgearbeitete Auflage. 
Wien, Franz Deuticke, 1898. Mit 153 Holzschnitten. 

Der bekannte Grundriss von H. erscheint hier in neuer, gegen 
die zweite um 37 Seiten und 5 Holzschnitte vermehrter Auflage. 
Der schon in der letzten, vor 6 Jahren erschienenen Auflage be- 
gonnene Umschwung von der Antisepsis zur Asepsis hat sich in dem 
vorliegenden Werk endgültig vollzogen. Das frühere Kapitel von der 
»Antisepsis bei gynäkologischen Operationen« heißt nunmehr »die 
Reinlichkeit bei gynäkologischen Operationen«. Auch sonst hat 
H. überall den großen Fortschritten Rechnung getragen, welche be- 
sonders die Indikationen und Technik der gynäkologischen Eingriffe 
in den letzten Jahren erfahren haben. So erscheinen die Kapitel 
über die operative Behandlung der Lageveränderungen des Uterus, 
der Geschwülste des Uterus und der sogenannten entzündlichen 
Adnexerkrankungen durchweg neu bearbeitet. Neu hinzugekommen 
ist ein Kapitel über die Eröffnung der Bauchhöhle, und unter den 
bei Vorfall der Scheide in Betracht kommenden Operationen sind 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 255 


die zum Ersatz der Bauchfellbefestigungen des Uterus bestimmten 
Eingriffe, wie Vaginaefixation, Ventrifixation, Cystopexie, so wie die 
Radikaloperationen mit aufgeführt. 

H.’s Grundriss ist für Schüler, nicht für Lehrer geschrieben. 
Ursprünglich hervorgegangen aus der Schroeder’schen Klinik und 
bestimmt, dessen Methoden größeren Kreisen bekannt zu machen, 
ist H. seinem ursprünglichen Plan in so fern treu geblieben, als er 
nur ganz bestimmte und von ihm als zuverlässig erprobte Methoden 
darstellt und auf eine Kritik anderer Operationsverfahren und über- 
haupt specialistischer Litteratur verzichtet. Mit Recht verweist er den 
Fachkollegen desswegen auf die bekannten größeren Werke dieser Art, 
unter denen das seiner Vollendung entgegengehende große Handbuch 
von Veit jetzt wohl die erste Stelle einnimmt. Dagegen wird der 
Student und praktische Arzt aus H.’s Werk viel lernen können, 
das durch seine klare, anschauliche und lichtvolle Darstellung sein 
Studium zum Genuss macht, und dessen Führung sich beide un- 
bedingt anvertrauen können. 

Die Ausstattung ist gut; die Holzschnitte erfüllen durch Deut- 
lichkeit und Schärfe ihren Zweck vollkommen. Wir wünschen dem 
Werk unter Studirenden und Ärzten eine recht weite Verbreitung. 

Jaffé (Hamburg). 


29) Jonnesco. Traitement opératoire des retro-deviations 
uterines. Cun&o-hysterectomie antérieure, combinée avec le 
raccourcissement des ligaments ronds et la plicature des 
ligaments larges. 
(Arch. des sciences m&d. 1897. No. 4.) 

Nach Eröffnung des Bauches, Lösung der Verwachsungen wird 
aus dem vor die Bauchhöhle gezogenen Uterus auf der Höhe seiner 
Knickung nach hinten ein 5 cm hoher, die ganze Breite des Uterus 
umfassender Keil geschnitten, dessen Spitze an der unversehrten 
Schleimhaut liegt und 1 cm hoch resp. lang ist. Die Uteruswunde 
wird durch 3 tiefe Nähte geschlossen und darüber die Lappen des 
Bauchfells vereinigt. Dann folgt Anfrischung und Verkürzung des 
Lig. rotundum, Faltung des Lig. latum. Beide Bänder werden durch 
die centralste der 5 anzulegenden Nähte einander genähert. 

Borchard (Posen). 


30) T. Jonnesco. Totale abdominale Kastration bei sep- 
tischen Verwundungen der Uterusannexe. 
(Revista de chirurgie 1897. No. 1 u 9.) 

Auf Grund 35 beobachteter Fälle hält Verf. in allen Fällen von 
septischer Verletzung der Adnexe und bei Fibromen die abdominale 
Hysterektomie für vortheilhafter als die vaginale. Jene gewährt 
sichere, erfolgreiche und gründliche Heilung, erlaubt die vollständige 
Entfernung der kranken Organe und schützt mehr vor Blutungen 


256 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


und Verletzungen der Harnleiter, der Blase und der Därme. Der 
vaginale Weg sollte nur in Fällen chronischer diffuser Beckeneiterung 
angewendet werden. 

Die Grundsätze, die Verf. bei der Operation anwendet, sind 
folgende: 

1) Nichtanwendung der hämostatischen Klemmen, da Verf., um 
jeden Blutverlust zu verhindern, A. utero-ovarica, Lig. rotundum 
und A. uterina vor ihrer Bifurkation vor der Durchtrennung unter- 
bindet. 

2) Er öffnet zuerst die vesico-uterine Peritonealausbuchtung, um, 
nachdem er auf der vorderen Fläche die Scheide geöffnet hat, erst 
nachher die seitliche und die hintere Peritonealausbuchtung zu 
durchtrennen. 

3) Die durch das Durchschneiden der Uterin- und Ovarialarterien 
entstandenen Stümpfe befestigt er unter dem Bauchfell und schließt 
darauf die Scheide und alle blutenden Theile des Bauchfells durch 
Nähte in der ganzen Ausdehnung der Durchtrennung. 

Im Falle der Eitersack während der Operation zerreißt, lässt er 
die innere Öffnung der Scheide offen und legt eine Drainage des 
Beckens ein. 

Hauptsache des Verfahrens ist, dass der Uterus mit seinen Ad- 
nexen, ohne eines von den anderen zu theilen, gemeinsam entfernt 
wird, wodurch eine mögliche Infektion leichter vermieden wird. 

Falls die Adnexe beider Seiten entfernt werden müssen, entfernt 
Verf. auch den Uterus, selbst wenn dieser gesund zu sein scheint, 
da nach der Entfernung der beiden Adnexe der Uterus als ein 


schlecht fixirtes, unnützes und gefährliches Organ zurückbleibt. 
Gerota (Bukarest). 


Kleinere Mittheilungen. 


31) Steinert. Neue Beispiele für den fórmativen Einfluss des Epithels 

auf das Bindegewebe; Entstehung papillärer Bildungen auf wunden 

Flächen unter dem Einfluss darüber gewucherten, von normal pa- 

pillenführender Oberfläche stammenden, oder papillomatösen Epithels. 
(Virchow’s Archiv Bd. CXLIX. p. 307.) 


An der Hand dreier interessanter Fälle werden die in der Überschrift näher 
bezeichneten Punkte genau besprochen. Pels Leusden (Göttingen). 


32) G. A. Jastrebow. Über Keratosis circumscripta s. cornu cuta- 
neum und ihre Beziehung zu einigen Arten von Hautkrebs. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1897. Hft. 6.) 

Im 1. Falle saß an der ulnaren Seite des rechten Handgelenks eines 57- 
jährigen Landmannes ein 8—9 cm langes Horn, das vor 37 Jahren nach einem 
Trauma dieser Gegend zu wachsen anfing. Operative Entfernung bis zum Periost. 

Der 2. Fall betraf eine 65jährige Frau, die seit 5—6 Jahren krank ist. Car- 
cinoma corneum planum seu ulcus rodens et Keratosis circumscripta secundaria 
der linken Wange. Entfernung der erkrankten Theile. Langsame Bedeckung mit 
Epidermis. Nach einem Jahre noch größeres Recidiv; Operation abgelehnt. Wei- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 257 


teres Schicksal unbekannt. Interessant war in diesem Falle, dass das Geschwür 
unter dem Horn 2 Jahre nicht größer wurde; dann riss Pat. das Horn ab, und nun 
begann der Krebs rasch zu wuchern. 
Im 3. Falle saß das 6 cm lange Horn am Halse einer 79 Jahre alten Frau seit 
7 Jahren. — In der Litteratur fand J. 175 Fälle. 
@üekel (B. Karabulak, Saratow). 


33) Th. V. Semenow. Zehn Fälle des Sarcoma idiopathicum pig- 
mentosum multiplex cutis. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1897. No. 11.) 

Die vor 25 Jahren beschriebene Krankheit ist so selten, dass die Zahl von 
10 Fällen, die in den Jahren von 1891 bis 1896 auf der Klinik des verstorbenen 
Prof. Stonkowenkoff beobachtet wurden, als sehr groß bezeichnet werden 
muss. S. giebt die Krankengeschichten kurz wieder und bemerkt auf Grund seiner 
Beobachtungen, dass die Krankheit vorzugsweise Männer betrifft (alle 10 Fälle 
waren Männer), dass sie nach dem 45. Lebensjahre am häufigsten ist (swischen 12 
und 64 Jahren), dass von Heredität, Lues oder anderen Infektionskrankheiten 
nichts nachzuweisen ist. Das Leiden beginnt fast immer mit einem Ödem einer 
Extremität, es folgen dann dunkelblaue Flecke oder Knoten, oder die gleiche Ver- 
färbung tritt diffus auf, meist unter starkem Jucken, Brennen oder Schmerzen; 
auch andere Körpertheile (Ohrmuscheln, Nase, Gesicht und Brust) wurden ergriffen. 
Bei 2 an interkurrenten Krankheiten gestorbenen Pat. fanden sich Knoten auch 
im Magen, Leber, Pankreas, Nieren und besonders im Dickdarm. Die histologi- 
sche Untersuchung ergab Anhäufungen runder oder ovaler Zellen, Vermehrung, 
Erweiterung und Wandverdickung der Gefäße, Hämorrhagien und Pigment. Ob 
die Pigmentirung in den Spinalganglien, die Schwellung der Neurogliakerne und 
die Wucherung des Bindegewebes in den peripheren Nerven, welche der Verf. 
zugleich mit der symmetrischen Vertheilung, dem Ödem, dem Jucken, der neural- 
gischen Schmerzen für einen Zusammenhang der Erkrankung mit dem Nerven- 
system verwerthen möchte, eine solche Bedeutung haben, muss dahingestellt 
bleiben. Atiologisch hält 8. eine starke andauernde Kältewirkung für wichtig. 
Von Arsen hat er besondere Erfolge (im Gegensatz zu anderen Autoren) nicht ge- 
sehen. Jadassohn (Bern). 


34) G. Tandler. Beitrag zur Kenntnis der Sarcomatosis cutis. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 2.) 

Bei einem 12jährigen, sonst gesunden Kinde fanden sich zuerst an den Händen, 
und besonders an den Fingern unförmliche Verdiekungen, welche durch »sahlreiche 
erbsen- bis kirschkerngroße, den tieferen Partien der Haut angehörige und mit 
letzterer von ihrer Unterlage nur wenig verschiebliche Knoten« bedingt waren; 
die Haut darüber cyanotisch und hier und da etwas verdünnt, sonst nur bucklig 
vorgewölbt, auf der Kuppe der Höcker manchmal eine flache Einziehung. Wäh- 
rend die Beugeseiten der Finger stark ergriffen sind, sind die Handteller wenig 
betheiligt. Die Beweglichkeit der Finger ist auffallend frei. Die Knoten sind 
derb-elastisch, nicht druckempfindlich. An den Handrücken ist die Haut dunkel- 
braun, eben so ein Streifen an den Vorderarmen. An den Ellbogen mehrere 
Knoten und im subkutanen Gewebe liegende Knötchen — wie »ein mit Schrot- 
körnern gefülltes schlaffes Beutelchen«; über den Kniescheiben dunkelbraune 
Pigmentirung. Lymphdrüsen normal; Hämoglobin 70 (von (Fleischl), Blut- 
körperchen normal. Allgemeinbefinden gut. 

Die an den Händen in der Cutis, an den Ellbogen subkutan gelegenen Ge- 
schwülste zeigten an der letzteren Stelle das Bild eines reinen, sehr zellreichen 
Spindelsellensarkoms, zum Theil mit Gefäßen mit gewucherter Intima; an den 
Fingern waren neben den Spindelsellen zahlreiche Rundzellen und zum Theil 
schleimige Degeneration vorhanden. 

War also die klinisch nur schwer zu stellende Diagnose durch den histo- 
logischen Befund von Sarkomgewebe unzweifelhaft gemacht, so fragte es sich 


258 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


welcher Typus der verschiedenen Sarkome der Haut hier vorlag. Das melanotische 
Sarkom konnte ohne Weiteres ausgeschlossen werden. Von dem »idiopathischen 
multiplen Pigmentsarkom« Kaposi's unterschied sich der Fall dadurch, dass die 
Knoten selbst blass und nur die Haut violett war, dass die Knoten ganz un- 
empfindlich und die Bewegungen frei waren, dass die Rückbildung ohne Narben 
resp. narbige Gruben vor sich ging. Dagegen war die Art der Ausbreitung, der 
Ausgang von den Fingern, das Freibleiben der Drüsen analog den beim Pigment- 
sarkom beobachteten. 
Arsen (in der Form subkutaner Injektionen von Solutio Fowleri, dann intern) 
führte eine fast vollständige Heilung der beschriebenen Erkrankung herbei. 
Jadassohn (Bern). 


35) Schwalbe. Ein Fall von Lymphangiosarkom, hervorgegangen aus 
einem Lymphangiom. 
(Virchow’s Archiv Bd. CXLIX. p. 451.) 

Seit 12 Jahren bestehende, in den letsten Monaten rascher gewachsene, ab- 
gekapselte, derbe, hühnereigroße Geschwulst von der Scheitelgegend einer 50jährigen 
Frau, die an der Peripherie den Bau eines Lymphangioms, mehr im Centrum den 
eines Lymphangiosarkoms besaß. Wahrscheinlich hat sich das letztere auf der 
Basis des ersteren entwickelt. Den Ausgangspunkt der sarkomatösen Wucherung 
bildeten hauptsächlich die Endothelien der Saftkanälchen, in zweiter Linie auch 
die der Lymphkapillaren; ob auch die der Blutkapillaren, konnte nicht mit 
Sicherheit entschieden werden. Verf. vermuthet, dass die Lymphangiosarkome 
häufiger das Vorstadium eines Lymphangioms haben. 

Pels Leusden (Göttingen). 


36) C. Bayer. Ein Beitrag zur Operationstechnik der Epispadie. 
(Centralblatt für Kinderheilkunde 1898. No. 1.) 

Alle bisherigen Operationsmethoden der Epispadie sind recht komplieirt und 
langwierig, die Resultate lassen zudem meist viel zu wünschen übrig. Die Haupt- 
schwierigkeit aber bietet stets der solide Verschluss des offenen Trichters an der 
Wurzel des Gliedes bei Epispadia penis; derselbe gelingt selten, und es bleibt in 
der Regel eine Fistel. 

Diese aus eigener Praxis und aus der Litteratur gewonnene Erfahrung, so 
wie die Erwägung, dass die nach welcher Methode immer hergestellte Harnröhre 
doch eigentlich nur eine Röhre darstellt, die den Zweck hat, die störende Samen- 
entleerung hinter der Wurzel weiter nach vorn an das Ende des Gliedes zu ver- 
legen, bewogen B., auf eine Harnröhrenbildung von vorn herein gans zu verzichten 
und die Operation so auszuführen, dass jener Trichter zum Zweck der Deckung 
gleichzeitig ausgenutzt wird. Das Erstere war erreicht, wenn es gelang, die Penis- 
rinne, die weiter nicht berührt wird und Rinne bleibt, auf einmal bis nach vorn 
su tüberdachen; gelang es nun, gleichzeitig su dieser Überdachung den Penis- 
trichter selbst heranzuziehen, so war auch der 2. Theil des Planes erfüllt, und 
die ganze Operation in einer Sitzung vollendet. 

Nach diesem Entwurf operirte nun B. am 2. November 1896 einen 4jährigen 
Knaben folgendermaßen. 

1) Spitzbogenschnitt ca. 2 cm über dem Trichter durch Haut und subkutanes 
Fettgewebe; Unterminirung des Lappens so weit, wie er sich abschieben ließ. 
Durch quere Naht der Ränder des Substansverlustes unterhalb der Symphyse 
wurde der heruntergeschobene Lappen noch mehr abwärts gedrängt, so dass er 
sich schließlich gleich einem Brückenlappen über den Trichter legte, dessen Haut 
zu seinem Abwärtsgleiten eben ausgenutst worden war. 

2) Breite Anfrischung der freien Lappenfalte, Fortsetzung des Anfrischungs- 
schnittes längs der Eichel beiderseits rings um den freien Rand der Vorhaut, 
Fensterung der letzteren nach Thiersch. 

3) Die Eichel wurde durch den Schlitz in der Vorhaut hindurchgesteckt, die 
Vorhaut aufwärts geschlagen und ihr angefrischter Rand an den angefrischten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 259 


Rand des Lappens genäht. Die untere Hälfte der Vorhaut deckte nun gleich 
einem zweiten Brückenlappen den Rest der Penisrinne und die Glansumsäumung 
des Schlitzes der Vorhaut. 

Der so operirte Fall heilte glatt bis auf 2 kleine Lücken in der Nahtlinie 
swischen Vorhaut und Trichterlappen, welche durch Anfrischung und Naht im 
Oktober v. J. geschlossen wurden. Offenbar war die Naht nicht überall gleich 
dicht, was B. später zu vermeiden hofft. Das kosmetische und funktionelle Re- 
sultat muss aber als sehr gutes bezeichnet werden, so dass B. die Methode als 
ein nicht komplicirtes und rasch zum Ziel führendes Verfahren empfehlen zu 
dürfen glaubt. Grätzer (Sprottau). 


37) Scholtz. Über den Prolaps der weiblichen Urethra. 
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Heft 2.) 
Verf. hat von der immerhin seltenen Erkrankung 9 Fälle aus dem Neuen 
Allgemeinen Krankenhause zusammenstellen können, von denen Kümmell 
7 operirt hat. Die Krankheit befällt vorwiegend jugendliche Individuen und 
ältere Frauen. Vorangehende Verstopfung und Blasenkatarrh mit starkem Urin- 
drang scheinen ätiologisch wichtig zu sein. Vielleicht ist auch hereditäre abnorme 
Weite der Harnröhre Schuld an dem Vorfall, wie Guilini angeben kann. Die 
Vorfälle bei Kindern sind meist totale. Die Symptome bestehen in mehr oder 
weniger starken Schmerzen, erschwertem Wasserlassen und theilweise in Blutungen. 
Wiederholt war die vorgefallene Schleimhaut brandig geworden. Der Blasenkatarrh 
ist wohl meist erst die Folge des Vorfalls. Die Therapie bestand in Abtragung 
der vorgefallenen Schleimhaut mit dem Paquelin bei 2 cirkulären und 2 partiellen 
Vorfällen, 3mal in Abtragung mit der Schere und nachfolgender Naht. Alle 
Fälle wurden geheilt. Wichtig ist das Einlegen eines Dauerkatheters. 
Tschmarke (Magdeburg). 


38) S. Grosglik. Ein Sequester in der Harnröhre. 
(Kronika lekarska 1897. No. 17.) 

Ein 26jähriger Mann, welcher nie an einer venerischen Affektion gelitten hat, 
verpürte plötzlich nach einem mit seiner Frau gepflogenen Beischlaf heftige 
Schmerzen in der Harnröhre. Am nächsten Tage stellte sich eine mäßige Blutung 
aus der Harnröhre ein, vom 3. Tage an eitriger Ausfluss. Als eine mehrmonat- 
liche antigonorrhoische Kur ohne Einfluss blieb, suchte Pat. beim Verf. Rath. 
Die Untersuchung der Genitalien ergab eine Verhärtung des Gliedes an der Über- 
gangsstelle seiner Haut in den Hodensack. Aus der Harnröhre reichlicher eitriger 
Ausfluss, jedoch ohne Gonokokken. Mit Metallsonde No. 18 traf man an der der 
Verhärtung entsprechenden Stelle auf einen harten, fest eingekeilten Körper. Eine 
dünne elastische Sonde gelangte an dem Fremdkörper vorbei mit Mühe in die 
Blase. Extraktionsversuche mit Collin’scher Zange blieben erfolglos. Nach 
einigen Tagen wurde in Narkose ein erneuerter Extraktionsversuch mittels einer 
Curette gemacht und hierbei eine Us Zoll lange und 1/4 Zoll breite Knochen- 
lamelle entfernt. Die eine Seite derselben war spiegelglatt, die andere uneben, 
rauh; die Kanten waren scharf und spitzig. Es erfolgte komplete Heilung. 

Eine nunmehr vorgenommene genaue anamnestische Untersuchung ergab, dass 
Pat. vor 12 Jahren aus mäßiger Höhe gestürst war und im Anschluss hieran eine 
Osteomyelitis zahlreicher Knochen überstanden hatte. Der nunmehr extrahirte Se- 
quester dürfte einer solchen Osteomyelitis der Beckenknochen sein Entstehen 
verdankt haben. Trzebieky (Krakau). 


39) P. F. Bogdanow. Akute Harnverhaltung. (Aus der androlo- 
gischen Klinik Prof. Ssinitzin.) 
(Die Chirurgie 1897. No. 9. [Russisch.)) 
Ein besonders schwerer, sehr sorgfältig und eingehend beschriebener Fall von 
Harnverhaltung giebt B. Veranlassung, genauer auf dieses Leiden einsugehen. Der 
betreffende Kranke hatte sich früher mehrfach mit Gonorrhoe infioirt, bekam öfter 


260 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


Harnverhaltungen, die Anfangs durch warme Bäder etc. gehoben wurden. Spätere 
Versuche, die Verengerung zu beseitigen, führten zu der traurigen Reihenfolge 
von falschen Wegen, Urininfiltration, sur vollständigen Harnverhaltung, nachdem 
der Urin schon lange übelriechend und bluthaltig geworden war. Bei dem elenden 
Zustand des Kranken und der Unmöglichkeit, den Sits der Striktur su bestimmen, 
wurde von dem äußeren Blasenschnitt Abstand genommen. Eben so wenig konnte 
die Punetio vesicae hier viel versprechen. Ssinitzin entschloss sich daher zum 
hohen Blasenschnitt. Von der Blase aus wurde, da es unmöglich war, auch von 
hier aus irgend ein Instrument durch die Enge zu bringen, eine gefurchte Stein- 
sonde bis an das Hindernis in der Pars membranacea geführt und jetzt im infil- 
trirten Gewebe von außen in der Raphe durchtrennt und nach Tamponade der 
Wunde mit Jodoformmarli ein weiter Katheter eingelegt. Der Kranke lebte nach 
der Operation förmlich auf und erholte sich bis zur vollständigen Gesundheit. 

B. weist sum Schluss noch besonders eindringlich darauf hin, dass die Be- 
handlung der Gonorrhoe und namentlich der beginnenden Striktur noch vielfach 
viel zu leicht genommen wird. Das Resultat davon sind dann solche Harnverhal- 
tungen und Urininfiltrationen, durch welche der Kranke in die höchste Lebens- 
gefahr geräth. Von großem Werth ist in solchen Schwächezuständen die Opera- 


tion unter Lokalanästhesie. Egbert Braatz (Königsberg i/Pr.). 
40) A. Freudenberg. Zur Bottini’schen Operation bei Prostata- 
hypertrophie. 


(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 46.) 

F. theilt die Krankengeschichte eines 63jährigen Mannes mit, der wegen 
Prostatahypertrophie und Cystitis durch lange Zeit ärstlich behandelt wurde, nach- 
dem er schon seit Jahren an quälendem Urindrang gelitten hatte. Die Behandlung 
hatte keine Besserung zur Folge, Pat. konnte ohne Katheter keinen Tropfen Urin 
mehr entleeren. Es wurde in der Folge von Casper ohne Erfolg die doppel- 
seitige Kastration ausgeführt. 3 Jahre darauf machte F. die Operation mit dem 
Bottini’schen, von ihm selbst modificirten (Centralbl. f. Chir. 1897 p. 788) Incisor. 
Bereits 51/2 Stunden nach dem Eingriff konnte Pat. spontan Urin entleeren, der 
Residualharn wurde geringer, der Urin wurde goldklar, die bestehende hartnäckige 
Verstopfung machte einem normalen Stuhlgang Plats. Das Allgemeinbefinden 
besserte sich rasch. Gold (Bielitz). 


41) Hoffmann. Beiträge zur operativen Behandlung der Prostata- 
hypertrophie. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3.) 

Mikulios hat in 24 Fällen von Prostatahypertrophie sexuelle Operationen 
ausgeführt. Von 24 Operirten (18 Duotusresektionen, 2 Kastrationen, 4 Unterbin- 
dungen resp. Durchschneidungen der Samenstränge) sind 4 innerhalb eines Monats 
nach der Operation gestorben, 11 sind ungeheilt, 9 gebessert, keiner geheilt. Die 
»Besserungen« sind zum Theil recht geringfügiger Art. Verf. hält sich nach diesen 
wenig günstigen Erfahrungen zwar noch nicht für berechtigt, über die sexualen Ope- 
rationen bei der Prostatahypertrophie gans den Stab zu brechen; immerhin em- 
pfiehlt er, unter starken Zweifeln an der Berechtigung der jenen Methoden zu 
Grunde liegenden physiologischen Anschauungen, weitere Beobachtungen in Bezug 
auf den Erfolg gedachter Operationen mit möglichst skeptischem Auge zu prüfen 
und jedenfalls in der Praxis mit großer Reserve vorzugehen. 

Hofmeister (Tübingen). 


42) Erdberg. Ein Fall von Resektion des ganzen Samenstrang es be 
Prostatahypertrophie. 
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 33.) 
72jähriger Mann, leidet erst seit 3 Wochen an wachsenden Harnbeschwerden, 
konnte sich schließlich nicht mehr katheterisiren, Cystitis. Da das Vas deferens 
sich nicht isoliren ließ, so wurde beiderseits der Samenstrang in toto in 8cm 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 261 


Länge resecirt. Nach 15 Tagen etwas, 25 Tage nach der Operation aller Harn 

spontan gelassen, was bei Schluss der Beobachtung — 45 Tage nach der Opera- 

tion — anhält. Die Hoden wurden nicht gangränös, auch nicht kleiner. 
Haeckel (Stettin). 


43) N. Krylow. Lithiasis, Cystitis und Phlegmone scroti. (Aus dem 
Kemetz’schen Semstwo-Krankenhause im Kreise Waldai.) 
(Die Chirurgie 1897. No. 9. [Russisch.)) x 

Der 17jäbrige Kranke, der entschieden in Abrede stellt, früher an Harn- 
beschwerden gelitten zu haben, trat mit stark geröthetem und ödematösem Hoden- 
sack, urininfiltrirtem Damm und mit Klagen über sehr behinderte und schmerz- 
hafte Harnentleerung in die Behandlung. Es wurden durch 2 Querschnitte am 
Damm sersetster Urin und nekrotische Fetzen entleert, ein in die Blase eingeführter 
Metallkatheter stieß auf einen Stein, der dann durch den hohen Steinschnitt ent- 
leert wurde. Der (Phosphat-) Stein war bohnengroß und hatte 3 spitze Fortsätze. 
Diesen Stacheln schreibt K. auch die außergewöhnlichen Erscheinungen zu, die der 
Stein mit einem Male hervorgerufen hat. Heilung nach vorübergehenden Tem- 
peratursteigerungen. Egbert Braatz (Königsberg i/Pr.). 


44) H. Milton. On lithotrity as the best method of treating large 
vesical calculi. 
(New York med. record 1897. September 18.) 

Verf. berichtet in Moskau über eine neue Reihe von 100 großen Blasensteinen 
(550 hat er in Ägypten seit 1892 behandelt). In der neuen Reihe sind 82 Litho- 
tripsien mit 6, 13 hohe Blasenschnitte mit 4, 4 Laparotomien mit 3 Todesfällen, 
so wie 1 Fall, in dem der Stein halb in der Harnröhre und halb in der Blase 
saß, der eine besondere Operation erforderte. Bei Kindern und kleinen Steinen (?) 
sieht Verf. die Sectio alta vor und hat 30mal mit unmittelbarer, vollständiger 
Blasennaht so operirt, ohne einen Pat. zu verlieren. Die Erfahrungen mit der 
Laparotomie sind dagegen traurig. 

Die 82 Fälle von Lithotripsie sind einzutheilen in 47 klassische Bigelow- 
sohe Operationen mit 3 Todesfällen und in 35 Fälle mit 3 Todesfällen, in denen 
der Lithotriptor durch den Dammschnitt eingeführt wurde. Letstere Maßnahme 
wird jetst möglichst eingeschränkt wegen der langen Heilungsdauer und der nach- 
folgenden Urinfisteln. M. ist jetzt so für die einfache Litholapaxie eingenommen, 
dass er weder die Erkrankung der Blasenschleimhaut länger als Kontraindikation 
gelten lassen will, noch die Größe und Härte der Steine bei Anwendung beson- 
ders kräftiger Instrumente für ein unüberwindliches Hindernis hält. 

Loewenhardt (Breslau). 


45) W. Dibbern. Ein Fall von einem primären Blasensarkom aus 
der Greifswalder chirurg. Klinik. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 

Unter den bei obigem Leiden in Betracht kommenden Operationsmethoden sind 
Seetio alta und mediana, beide getrennt oder in Verbindung, speciell bei Männern 
vorzuziehen, während bei Frauen auch die Operation von einer künstlichen 
Blasen-Scheidenfistel aus in Frage kommt. Verf. berichtet ausführlich über einen 
Fall obiger Erkrankung, dessen sehr ausgedehnte Operation leider erfolglos war. 
Den gleichen tödlichen Ausgang finden wir auch bei der Mehrzahl der 67 weiteren 
Fälle, die Verf. in einer Tabelle am Schluss anführt. Happel (Darmstadt). 


46) B. Minervini (Genua). Über die embryonalen Geschwülste der 
Nieren bei Kindern. 
(8.-A. aus der Clinica chirurgica 1897. No. 5.) 
Diese Geschwülste sind meistens Mischgeschwülste, weder den einfachen 
Barkomen noch den Careinomen zururechnen; sie sind außerordentlich bösartig. 


262 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


Verf. beschreibt einen diesbezüglichen Fall, ein Kind von 3 Jahren betreffend. 
Die Geschwulst war als Myoadenosarkom zu bezeichnen. 

Im Übrigen bringt Verf. eine Zusammenstellung von weiteren 84 Fällen. 
Unter diesen rechnet er 54% zu den »embryonalen Tumoren«.. Am häufigsten 
sind diese Geschwülste in den 3 ersten Lebensjahren, bei Knaben etwas häufiger 
als bei Mädchen. Die klinischen Symptome betreffen hauptsächlich die Vergröße- 
rung des Unterleibes durch die Geschwulst, die Kachexie, bisweilen Schmerzen. 
Die Progndse ist quoad reeidivum bei den Operirten so schlecht, dass Verf. sogar 
die Berechtigung der Exstirpation in Zweifel zieht. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


47) A. G@. Gerster. Einige Beiträge zur Chirurgie der Niere und 
des Harnleiters. 
(New Yorker med. Monatsschrift. 1897. April.) 


Verf. theilt 13 interessante Fälle, welche er in den letzten 2 Jahren im Mount 
Sinai-Hospital zu operiren Gelegenheit hatte, mit. 

Eine durch Striktur des Harnleiters nach einem Trauma entstandene Hydrone- 
phrose wurde durch eine Plastik am Harnleiter geheilt. Dieselbe lässt sich nicht 
kurz und ohne die beigefügten Abbildungen wiedergeben. Eine hydronephrotische 
Wanderniere, die außerdem hochgradig cystisch entartet war, wurde exstirpirt. — 
Bei einem 21jährigen Mann war 1893 wegen Pyonephrose die linke Niere exstir- 
pirt worden; später bildete sich in dem zurückgelassenen Harnleiter ein Eiterungs- 
process und ein Empyem, welches operirt wurde: Freilegung des Harnleiters in 
seinem ganzen Verlauf, Herausschälen desselben aus dicken, narbigen Schwarten, 
Entfernung dicht an seiner Einmündung in die Blase. Heilung. — Eine doppel- 
seitige Pyelitis mit intensiver Cystitis erfuhr durch Nephrotomie und Drainage 
der gespaltenen Nierenbecken vorübergehende Besserung. — Außerordentlich interes- 
sant ist ein Fall von Echinococcus der rechten Niere, wo Tochterblasen unter großen 
Schmersen mit dem Harn abgegangen waren: die im sechsten Monat schwangere 
Frau trug in der rechten Seite eine glatte, zum Theil harte, wenig bewegliche, 
bis zum Nabel reichende, kokosnussgroße Geschwulst. Nach Freilegung derselben 
gelang es nur mit dem Knochenmesser, durch die verknöcherte und verkalkte 
Sohale ein Loch zu schneiden, aus dem eine Unszahl Blasen mit dem scharfen Löffel 
entfernt wurden; starke Blutung; Tamponade. Die Hoffnung, dass sich die Knochen- 
schale, wie in einem ähnlichen Falle von Simon, nekrotisch abstoßen und der Sack 
dann kollabiren würde, erfüllte sich nicht; letsterer musste schließlich stückweise 
herausgetrennt und entfernt werden, wobei Pleura- und Peritonealhöhle eröffnet 
wurden. Trotzdem und trotz eintretenden Abortes völlige Heilung. — Ein Fall 
von embolischer multipler Eiterung beider Nieren heilte nach doppelseitiger 
Nephrotomie, wobei eine Anzahl cortioaler Abscesse mit breitem Nierenschnitt 
eröffnet wurden. — Eine akute, parenchymatöse Nephritis mit Eiterung und sep- 
tischen Erscheinungen heilte erst nach Exstirpation des Organs. — Ein 10jähriger 
Knabe war an Gonorrhoe erkrankt und im Anschluss daran unter hohem Fieber 
an akuter doppelseitiger Nephritis: Harn blutig, mit Eiter vermischt, sehr ver- 
mindert, beide Nieren schmerzhaft. Es sollte auf beiden Seiten Nephrotomie 
gemacht werden; die rechte Niere erwies sich aber als derart krank und mit un- 
zähligen Abscessen durchsetzt, dass von weiteren Eingriffen Abstand genommen 
wurde; Tod. Einen anderen Todesfall erlebte Verf. bei einer Pyonephrose, wo 
erst die Niere freigelegt wurde und später zur Entfernung kam: Tod an Suppressio 
urinae. Zwei Fälle von eitriger Steinniere heilten, der eine nach vergeblicher 
Nephrotomie, durch Entfernung des Organs. 

Verf. ‘bevorzugt den schrägen Lendenschnitt, der auch das Auffinden des 
Harnleiters sehr erleichtert, Tamponade und Sekundärnaht; zur Massenligatur be- 
währte sich ihm stets ein elastischer Gummischlauch. Zur Diagnosenstellung be- 
diente er sich stets auch der Cystoskopie und des Katheterismus des Ureters. 

Tschmarke (Magdeburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 263 


48) L. de Sanctis. Sul processo di resezione scrotale nella cura 
del varicocele. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 142.) 

De 8. berichtet aus dem Ospedale civile di Cavarzere in Venedig über fünf 
durch Scrotalresektionen geheilte Fälle von Varicocele. Die Venen werden zu- 
nächst durch Hochlagerung des Hodensackes oder durch Digitalkompression ent- 
leert. Das Scrotum wird noch einmal gehoben, die Hoden so nach dem Leisten- 
kanal gedrängt und unterhalb derselben lange, konkav gebogene Schieber angelegt, 
mit der konkaven Seite nach oben. Zwischen Hoden und Schieber wird jetzt eine 
Naht durchgelegt, die ihrerseits die Hoden zurückhält. Dann wird allmählich, 
ohne die Naht zu berühren, zwischen ihr und den Schiebern das Serotum durch- 
trennt. Naht ohne Drainage. Entfernung der Nähte am 6. Tage. Dauer der 
Bettruhe 8—10 Tage. Doch kann man auch nach dem 2. oder 3. Tage die Kranken 
aufstehen lassen. Ein geeigneter Verband oder ein Suspensorium müssen die junge 
Narbe schützen. Dreyer (Köln). 


49) F. Parona. Ektopie des Hodens (Kryptorchismus), cystische 


Geschwulst des Samenstrangs und Torsion desselben. 
(Policlinico 1897. Juli 1.) 

Eine 16jähriger Bursche hatte von Kindheit an eine etwa kastaniengroße Ge- 
schwulst in der rechten Leistengegend. Dieselbe war in den letzten Tagen ange- 
scohwollen und etwas schmerzhaft; es bestand leichtes Fieber. Kein Erbrechen, 
regelmäßiger Stuhlgang. Rechte Scrotalhälfte leer. Bei der Operation fand man 
die Geschwulst aus 2 Hälften bestehend, nämlich aus einer hühnereigroßen Cyste 
und aus dem durch hämorrhagischen Infarkt schwärzlich gefärbten Hoden und 
Nebenhoden; der Samenstrang zeigte dicht über dem Hoden eine spiralige Dre- 
hung, und zwar 21 Windungen auf einer Strecke von 1 om. 

Die Geschwulst wurde entfernt, der straff gespannte Samenstrang unterbunden 
und durchschnitten;; glatte Heilung. — Die Entstehung der Drehung ist in diesem 
Falle wohl mit der allmählichen Entwicklung der Cyste in Zusammenhang zu 
bringen. H. Bartsch (Heidelberg). 


50) Alexander. Über einen Fall von Pseudohermaphroditismus. (Aus 
der chirurgischen Abtheilung des städtischen allgemeinen Kranken- 
hauses am Friedrichshain in Berlin.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 38.) 

Bei einer 16jährigen »Pat.«, die wegen linksseitigen Leistenbruches 
zur Operation kam, wurde anstatt eines Darmbruches ein 5 om langes sack- 
artiges Gebilde, das sich mit relativ dünnem Stiel bis in den Leistenkanal fort- 
setzte, gefunden. Ein ovoides etwa kirschgroßes und 2 kleinere rundliche Ge- 
bilde von drüsenartiger Konsistenz fanden sich am hinteren oberen Theil des 
Bruchsacks. 

Die von Hansemann ausgeführte mikroskopische Untersuchung ergab zum 
Theil Hodenkanälchen, zum Theil mit Cylinderepithel ausgekleidete Hohlräume, 
auch Epididymiskanälchen. 

Eine genauere weitere Untersuchung ergab äußere Genitalien weiblich. 
Zwischen Clitoriewurzel und Harnröhre befand sich ein kleines, gleich einem feinen 
Stecknadelstich großes Loch, das in einen 3 mm langen Kanal führte. Die 
Scheide war nur 3 cm lang und endigte blind. Von Uterus, Tuben und Ovarien 
war nichts festzustellen. Das Becken zeigte einen mehr männlichen Habitus. 

Eine weitere Nachforschung ergab, dass bereits früher einmal bei demselben 
Individuum von Erasmus in Crefeld eine rechtsseitige Herniotomie gemacht war, 
bei welcher gans derselbe Bruchinhalt sich fand. 

Das Individuum erkrankte später nach dem Versuch eines Coitus an Tripper, 
wobei die in den Operationsnarben fühlbaren, zum Theil als Vasa deferentia auf- 
zufassenden Stränge stark anschwollen. Der Tripper heilte. 


264 Centralblatt für Chirurgie. No. 9. 


Nach Allem handelt es sich also um ein männliches Individuum, dessen 
äußere Genitalien eine in hohem Grade weibliche Form zeigten, um sogenannten 
Pseudohermaphroditismus masculinus externus. 

E. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


51) Pfannenstiel (Breslau). Über die Chlorzinkstiftbehandlung des 
Uterus bei klimakterischen Blutungen. 
(Centralblatt für Gynäkologie 1896. No. 41.)} 


P. berichtet über einen Misserfolg, den er mit der Chlorzinkätzpaste in einem 
Falle von unstillbaren klimakterischen, nicht careinomatösen Blutungen erlebte. 
Trotsdem ein Sequester von der Größe und Gestalt eines senilen Uterus aus- 
gestoßen wurde, hielt die Amenorrhoe nur 1/4 Jahr an; dann musste wegen er- 
neuter heftiger Blutungen die Totalexstirpation gemacht werden. An dem ex- 
stirpirten Uterus fand sich im Fundus eine Höhle mit neugebildeter Schleimhaut, 
während die übrige Uterinhöhle bis auf einen fistulösen Gang verödet war. Der 
Fall beweist die enorme Regenerationskraft der Uterusmucosa aus kleinsten zurück- - 
gebliebenen Schleimhautresten und lehrt die Unsuverlässigkeit der Chlorsinkpaste 
in solchen Fällen. Jaffé (Hamburg). 


52) Jung (Breslau). Über die Regeneration der Uterusschleimhaut 
nach Verätzung mit Chlorzinkpaste nach Dumontpellier. 
(Centralblatt für Gynäkologie 1897. No. 18.) 


J. hat vorstehenden Fall genau mikroskopisch untersucht. Als Ursache der 
Blutungen ergab sich ein Myom der vorderen Wand. Das Resultat der histolo- 
gischen Untersuchung war, dass, trotz scheinbar vollständiger Verödung des Uterus, 
auf einem beschränkten Gebiet seiner Höhle bereits wieder eine Regeneration der 
Schleimhaut stattgefunden hatte, und dass diese Schleimhaut dieselben patholo- 
gischen Veränderungen aufwies, wie die früher vorhandene. J. schließt sich dess- 
halb den Autoren an, welche, wie Sänger u. A., die Anwendung des Chlorzinks 
sowohl als intra-uterine Injektionen wie als Pasten verwerfen. Nur bei gonorrhoi- 
schen Affektionen kann es mit der Playfair’schen Sonde ohne Gefahren und 
mit Nutzen intra-uterin applieirt werden. Jaffé (Hamburg). 


53) L. Herzog. Beitrag zu den Eierstocksgeschwülsten im kind- 
lichen Alter. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 51.) 


Es handelte sich um ein 14jähriges Mädchen, welches an doppelseitiger Der- 
moidoyste des Eierstockes litt und in Folge Stieltorsion der rechtsseitigen Cyste 
schwere Krankheitasymptome bot. Laparotomie, Ovariotomie. Heilung ohne jegliche 
Beschwerden. Die rechtsseitige mannsfaustgroße Geschwulst war 3mal fest um 
ihre Achse gedreht und bildete eine Kombination von Dermoideyste mit Haaren 
und einem multilokulären Kystom. Die linksseitige war eine reine Dermoideyste 
mit Haaren in Apfelgröße. H. konnte in der Litteratur keinen analogen Fall 
von doppelseitiger Dermoidgeschwulst der Ovarien angeführt finden. 

Gold (Bielitz). 


Berichtigung: In No. 7 p. 179 Z.3 v. o. lies nun statt nur und p. 181 Z. 4 
v. o Drehung statt Furchung. 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
Lion P. Kinig, E, Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


eeng 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. (o Sonnabend, 12. März. 1898. 


Inhalt: 1) Pillon, Aseptisches traumatisches Fieber. — 2) Arcoles, Experimentelle 
Gelenkentzündungen. — 3) Wassermann, Immunität. — 4) Wassermann und Takaki, 
Tetanusantitoxinwirkung. — 5) Minard und Bufvoir, Schädeltuberkulose. — 6) Romme, 
Tuberkulöse Meningitis. — 7) v. Bergmann, Hirngeschwülste. — 8) Ziem, Nasenkrank- 
heiten und Psychiatrie. — 9) Jankelevitch, Hydrorrhoea nasalis. — 10) Brindel, Ozaena. 
— 11) Coosemans, Holokain. — 12) Bar, Entzündung der Zungentonsille. — 13) Hu- 
gues, Mandelahscesse. — 14) Cholewa, Adenoide Wucherungen. — 15) v. Hippel, Ra- 
nula. — 16) Löwenbach, Geschwülste der Submaxillarspeicheldrüse. — 17) Wolkowicz, 
Schiefhals. — 18) Pfeiffer, Rückgratsverkrümmung. — 19) Hoffmann, Skoliose. — 
20) Brian, Innervation der Schilddrüse. — 21) Simmonds, Formveränderungen der Luft- 
röhre. — 22) Roberts, Perikarditis. 

C. Bayer, Zur Operation von Sehnen- und Muskelkontrakturren. — H. Steudel, Luxa- 
tion des Sesambeins des Zeigefingers. (Original-Mittheilungen.) 

23) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 24) Subbotic, Periosttransplantation. 
— Si Cohn, Stirnhirngeschwulst. — 26) Grunert, 27) Moure, 28) Burnett, Intrakranielle 
Komplikationen von Ohrleiden. — 29) Scheibe, Felsenbeinbrüche. — 30) du Fougeray, 
Taubstumme. — 31) Depage, Operationen am Trigeminus. — 32) Heimann, Entzündung 
der Highmors- und Stirnhöhle. — 33) Mouret, Ozaena. — 34) Noquet, Geschwülste der 
Nase. — 35) Schulz, Oberkieferresektionen. — 36) Bilczynskl, Kieferankylose. — 37) Pe- 
koslawski, Gesichtskrebs. — 38) Claisse, Zungenaktinomykose. — 39) Bockhorn, Pa- 
rotistuberkulose. — 40) Mayer, Laminektomie. — 41) Murray, Streckung des Pott'schen 
Buckels. — 42) Parascandolo, 43) Maass, Spina bifida. — 44) Hildebrand, Schiefhals. 
— 45) Alderson, Halsrippen. — 46) Power, Lymphangiom des Halses. — 47) Bang, 
48) Depage, 49) Lejars, Kropf. — 50) Radziszewski, 51) Szuman, 52) Peyrissac, Frend- 
körper in den Luftwegen. — 53) Bergoni6 und Carrière, Pleuraezsudate. — 54) Nico- 
demi, 55) Wolkowitsch, 56) Beck, Pleurotomie. — 57) Bomnüter, Thorakoplastik. — 
58) Balefta und Rizzinl, Muskelechinocoscus. 


1) Pillon. Fievre traumatique aseptique. 
(Presse med. 1897. No. 25.) 

Von den Theorien, die zur Erklärung des aseptischen Fiebers 
aufgestellt sind, lässt Verf. nur zwei gelten, welche die Hyperthermie 
als Reflexerscheinung und als Folge der Resorption pyrogener Sub- 
stanzen hinstellen. Verf. hat an zahlreichen Thierexperimenten und 
klinischen Beobachtungen die Richtigkeit derselben beobachten 
können. Danach hängt der Grad der Temperaturerhöhung von der 
Zersetzung des ausgetretenen Blutes, von seinem Gehalt an fieber- 
erregenden Stoffen, von der Schnelligkeit der Resorption und von 

10 


266 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


dem Grad und der Art der Störung der peripheren Nervenendigungen 
ab. Aber auch der Satz Volkmann’s, dass die fiebererregenden 
Substanzen von der Elimination anatomischer Elemente herrühren, 
deren Vitalität durch das Trauma gewaltsam gestört worden sei, be- 
steht zu Recht; je heftiger die Kontusion, um so größer die Tem- 
peratursteigerung. — Eine neuere Theorie von Gangolphe, der die 
verletzten Zellen pyrogene Substanzen absondern lässt, deren Resorp- 
tion das Fieber hervorruft, konnte ebenfalls experimentell bestätigt 
werden. Verf. hat ferner experimentell konstatirt, dass die weißen 
Blutkörperchen fiebererzeugende Stoffe absondern, indem er Pferde- 
blut centrifugirte und die so gewonnenen Zellen mit Kochsalzlösung 
Hunden einspritzte: je längere Zeit nach der Isolirung der weißen 
Blutzellen eingespritzt wurde, um so höher stieg die Temperatur. 
Ob die wirksame Substanz nun Fibrinferment oder Harnsäure oder 
das Nuclein ist, bleibt unentschieden. Tsehmarke (Magdeburg). 


2) Arcoles. Sulle artriti sperimentali da bacillo di Eberth 
e bacterium coli. 
(Gass. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 154.) 

Verf. hat im Ospedale Civico in Palermo eine Reihe von Ex- 
perimenten an jungen Kaninchen angestellt, indem er Typhusbacillen 
oder Bacterium coli in Bouillonkultur in Gelenke oder Venen ein- 
spritze. Immer wenn durch ein Trauma ein Locus minoris resisten- 
tiae in einem Gelenk geschaffen war, erhielt er eine eitrige Gelenk- 
entzündung, eben so stets bei direkter Injektion der Bakterien in die 
Gelenke auch ohne Trauma derselben. In der Gelenkflüssigkeit 
fanden sich die betreffenden Bakterien wieder. Die Anzahl der Ex- 
perimente betrug 10 (je 5). Dreyer (Köln). 


3) Wassermann. Über eine neue Art von künstlicher 
Immunität. (Aus dem Institut für Infektionskrankheiten zu 
Berlin.) 

(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 1.) 

Die Grundlage der diesbezüglichen Untersuchungen W.’s war 
die Ehrlich’sche Theorie der Antitoxinbildung. Ehrlich nimmt 
nämlich an, dass zur Vergiftung eines Thieres, z. B. mit Tetanusgift, 
die Zellen des Rückenmarkes mit dem Gifte eine Verbindung ein- 
gehen, dasselbe an sich ziehen, das Tetanusantitoxin nichts Anderes 
sei als in Lösung gegangene Bestandtheile der normalen Rücken- 
markszellen. W. ging demnach von dem Gedankengang aus, dass 
bereite im normalen Rückenmark derartige Stoffe präformirt vor- 
handen sein müssen, man also mit dem Rückenmark normaler Thiere 
gegen Tetanusgift zu immunisiren im Stande sei. W. hat Gehirn 
und Rückenmark mit physiologischer Kochsalzlösung zerrieben, diese 
Emulsion mit Tetanusgift gemischt weißen Mäusen injicirt. Das 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 267 


Resultat der Experimente war, dass jedes Rückenmark, besonders 
aber das Gehirn von einer ganzen Reihe untersuchter Thierspecies 
nicht nur antitoxische Eigenschaften gegenüber dem Tetanusgift be- 
sitzt, sondern auch, 24 Stunden vorher injicirt, den Organismus diesem 
Gift gegenüber schützt. Ja selbst mehrere Stunden nach der Ein- 
verleibung des Giftes ist die Injektion von normaler Gehirnmasse 
im Stande, Thiere am Leben zu erhalten. Im Hinblick auf die Aus- 
einandersetzungen Ehrlich’s schlägt W. für die neue Art der künst- 
lichen Immunität die Bezeichnung der Seitenkettenimmunität vor. 
Ehrlich nennt nämlich den Theil der Zelle, an den das Gift heran- 
geht, die toxophore Seitenkette. Gold (Bielitz). 


4) Wassermann uud Takaki. Über tetanusantitoxische 
Eigenschaften des normalen Centralnervensystems. (Aus dem 
Institut für Infektionskrankheiten zu Berlin.) 

(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 1.) 

Die Verff. haben im Anschluss an die vorstehende Mittheilung 
W.’s die Prüfung des Rückenmarkes und Gehirns normaler Thiere 
auf ihre Wirkung gegenüber dem Tetanusgift untersucht und an 
200 Mäusen diesbezügliche Versuche angestellt. Sie konnten in jedem 
Falle nachweisen, dass das normale Gehirn und Rückenmark tetanus- 
antitoxische Wirkung hat, während kein anderes untersuchtes Organ 
des Thieres diese Eigenschaft zeigt. Die Wirkung des Gehirns von 
normalen Meerschweinen ist so ausgesprochen, dass 1 ccm Gehirn- 
emulsion bis zur 10fach tödlichen Dose Tetanusgift beim Mischen 
neutralisit. Das Rückenmark erweist sich in dieser Beziehung 
schwächer, indem I ccm Rückenmarkemulsion nur die 3fach tödliche 
Dosis zu neutralisiren im Stande ist. — Verff. stellen die konstatirte 
wichtige Thatsache als rein wissenschaftliche hin; praktische Erfolge 
für die Therapie des Tetanus können daraus nicht abgeleitet werden, 
auch sind die Experimentatoren der Ansicht Ehrlich’s, dass die 
antitoxische Kraft des Centralnervensystems auf eine den Zellen 
innewohnende Eigenschaft zurückzuführen ist. Gold (Bielitz). 


5) V. Minard et M. Bufvoir. Tuberculose des os du 
cräne. 
(Revue d’orthopedie 1897. No. 6.) 

Die Autoren berichten über 12 klinische Beobachtungen von 
Schädelknochentuberkulose aus dem Seehospiz zu Berck und fügen 
die Beschreibung zweier Sektionspräparate hinzu. Nur in 2 Fällen 
war das Stirnbein nicht betroffen; am Stirnbein selbst ist der Orbital- 
rand am häufigsten Sitz der Tuberkulose. Nächst ihm kommt das 
Os parietale und occipitale, sehr selten ist die Basis cranii primär 
betheiligt. Meist sind die Herde vielfach, in dem einen Präparat 
sind 29 Herde zu zählen. In der Regel sind die Herde nach außen 

10* 


268 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


aufgebrochen, etwas seltener nach innen, aber auch volle Perfora- 
tionen sind vertreten. Die Affektion kann sich ferner auf eine Tafel 
beschränken, und auch in der Diplo kommen primäre Herde vor. 
Klinisch findet sich die Schädelknochentuberkulose in der Regel ver- 
gesellschaftet mit anderweitigen visceralen oder ossalen Lokalisationen. 
Das Leiden beginnt schleichend und wird meist erst beim Auftreten 
des Abscesses diagnostieirt, überhaupt ist der Verlauf ein lokal mil- 
der und kann vollkommen mit und ohne Sequesterbildung, auch 
ohne größeren Eingriff ausheilen. Eine unmittelbar an die Schädel- 
caries sich anschließende Meningitis haben die Autoren an ihrem 
Material nicht beobachtet. Herm, Frank (Berlin). 


6) R. Romme. Le traitement chirurgical de la méningite 
tuberculeuse chez l'enfant. 
(Revue mensuelle des maladies de l'enfance 1697. December.) 

Verf. wendet sich gegen jegliche operative Behandlung der 
kindlichen Meningealtuberkulose und sucht durch Kritik der bekannt 
gewordenen Beobachtungen nachzuweisen, dass es sich mit der 
größten Wahrscheinlichkeit bei diesen Fällen gar nicht um Tuber- 


kulose gehandelt habe; namentlich verwirft er die Spinalpunktion. 
König (Wiesbaden). 


7) E. v. Bergmann. Die chirurgische Behandlung der 
Hirngeschwülste. 
Sammlung klin. Vorträge. N. F. No. 200. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897.) 
Obwohl der Inhalt dieses von v. B. auf dem letzten internatio- 
nalen Kongress zu Moskau gehaltenen Vortrags den Lesern des 
Centralblattes aus dem auf p. 1044 Jahrg. 1897 gegebenen Referat 
bekannt sein dürfte, sei nicht unterlassen, auf die vorliegende bedeu- 
tungsvolle Abhandlung nochmals besonders hinzuweisen. Es ist von 
großem Interesse, v. Bis Ausführungen zu folgen, in denen er sich 
mit eindringlichen Worten gegen die probatorischen Kraniotomien und 
Encephalotomien wendet und, unter Hervorhebung der mancherlei 
Gefahren der Infektion, des Blutverlustes, des Shocks, des frischen 
Hirnvorfalls, der postoperativen Epilepsie und kontralateralen Hemi- 
plegie, welche nach den temporären Schädelresektionen auftreten 
können, nachweist, dass nur die relative Sicherheit der Diagnose, 
welche allein an den Geschwülsten in und neben den Central- 
windungen möglich ist, das Recht zu einem gefahrvollen Eingriff 
giebt. In der That betrafen auch fast alle glücklich operirten Hirn- 
geschwülste solche, die in der motorischen Region saßen, für deren 
‚erfolgreiche chirurgische Behandlung die Möglichkeit, sie früh, so 
lange sie noch klein sind, mit verhältnismäßiger Sicherheit zu er- 
kennen, besonders ins Gewicht fällt. 
Indem v. B. des durch außerordentliche Regelmäßigkeit und 
Gleichheit der Symptome ausgezeichnete klinische Bild der primären 
Geschwülste der Centralwindungen schildert, zeigt er, wie sie auch 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 269 


darin, dass sie mit geringeren differentielldiagnostischen Schwierig- 
keiten als fast alle anderen Hirngeschwülste zu kämpfen haben, eine 
Ausnahmsstellung einnehmen. — Wir begnügen uns mit diesem 
kurzen Hinweis auf den Vortrag, dessen genaues Studium wohl kein 
Chirurg versäumen wird; es wird ihm eine Fülle von Anregungen 
und Belehrungen bieten. Kramer (Glogau). 
8) C. Ziem. Über Beziehungen der Nasenkrankheiten zur 
Psychiatrie. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 11 u. 12.) 

In einem interessant geschriebenen und an wichtigen Anregungen 
reichen Aufsatze sucht Vert, von seiner eigenen Leidensgeschichte 
ausgehend, die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhanges nachzu- 
weisen zwischen Nasenerkrankungen, besonders Nebenhöhlenaffek- 
tionen, einerseits und gewissen Geisteskrankheiten, besonders solchen, 
für deren Entstehung Cirkulationsstörungen im Stirnhirn in Betracht 
kommen, andererseits. Eine Wiedergabe seiner Ausführungen im 
Referat erscheint unmöglich, ohne die logische Entwicklung seiner 
Beweisführung zu beeinträchtigen. Es sei aber ausdrücklich die 
Lektüre des Originals empfohlen, auch um der Selbstverleugnung 
willen, mit welcher Verf. dem Leser tiefe Einblicke in sein privates 
Leben gewährt, um ihm dafür weite Ausblicke auf eine zukünftige 
aktivere Behandlung gewisser Geistesstörungen zu eröffnen. 

ee Teichmann (Berlin). 
9) Jankelevitch. De l’hydrorrhee nasale. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 51.) 

Zur Behandlung dieser quälenden Affektion in Fällen, wo sich 
keine lokale Erkrankung der Nase oder der Nebenhöhlen findet, 
empfiehlt Verf. die Dekortikation der Nasenmuscheln oder die Ent- 
fernung der ganzen Muscheln zur Verkleinerung der secernirenden 
Fläche. Zu solchen eingreifenden Methoden, welche leicht andere, 
nicht minder unangenehme und dauernde Folgezustände herbei- 
führen, wird man sich jedenfalls nur in den schwersten Fällen ent- 
schließen. Wo der Verdacht auf larvirte Malaria besteht, ist Chinin 
zu versuchen, welches auch in anderen Fällen von Hypersekretion 
der Nasenschleimhaut günstig wirkt. Teichmann (Berlin). 
10) Brindel. Du traitement de l’ozene par l’electrolyse 

interstitielle. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 34 u. 35.) 

Die von verschiedenen Autoren enthusiastisch empfohlene Be- 
handlung der Ozaena mit interstitieller Elektrolyse hat dem Verf. in 
einer größeren Anzahl sorgfältig beobachteter Fälle keine glänzenden 
Resultate geliefert. Von 30 Fällen hat er nur 2 wirkliche, 8 schein- 
bare Heilungen gesehen, 13mal bemerkenswerthe Besserungen und 
Imal gar keinen 'Erfolg. In allen Fällen, wo gleichzeitig eine 


270 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


Pharyngo-Laryngitis vorhauden war, wurde diese Komplikation in 
keiner Weise durch die Behandlung beeinflusst, eben so wenig wie 
die Atrophie der Muscheln und Eiterungen der Nebenhöhlen. Verf. 
ist der Überzeugung, dass die Elektrolyse bei der Behandlung der 
Ozaena nicht mehr leistet, als andere anerkannte Methoden, beson- 
ders die Vibrationsmassage der Schleimhaut mit nachfolgender Ein- 
stäubung von Argent. nitric. Das erscheint auch ganz richtig; denn 
die Elektrolyse stellt hier auch nichts Anderes dar, als einen scharfen 
Reiz für die erkrankte Schleimhaut, ganz eben so wie die Schleim- 
hautmassage, und die Dauer der - Heilung « resp. Besserung ist gleich 
der Reaktionsdauer auf diesen Reiz. Das Endresultat ist aber in 
jedem Falle ein Fortschritt der Atrophie, und entgegenstehende 
Wahrnehmungen, dass aus der Atrophie eine Hypertrophie der 
Schleimhaut sich entwickle, was auch B. in 1 Falle gesehen haben 
will, beruhen gewiss auf einem Beobachtungsfehler; denn histopatho- 
logisch sind sie undenkbar. Teichmann (Berlin). 


11) E. Coosemans. L’holocaine en oto-laryngologie. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 50.) 

Wenn Verf. das Holocain ein vollkommenes, jeder schädlichen 
Eigenschaft bares Anästheticum nennt, so ist es nicht überflüssig, 
anzuführen, bei welchen Gelegenheiten er es angewendet hat: Da sind 
Extraktionen von Ohrpolypen mit nachfolgender Auskratzung, Inci- 
sionen von Gehörgangsfurunkeln, Erweiterung von akuten Trommel- 
fellperforationen, Ätzungen und Galvanokauterisation der Nasen- 
schleimhaut, Elektrolyse einer Verbiegung des Septums, Auskratzung 
des Rachens wegen Pharyngomykosis, Zahnextraktionen, Beseitigung 
der Schlingbeschwerden bei ulceröser Kehlkopftuberkulose auf Tage 
hinaus (!), Alles mit einer 1%igen Lösung. Zu dieser anästhesirenden 
Wirkung, die allerdings, wenn sie sich bestätigt, eine ideale genannt 
werden muss, kommen noch einige werthvolle mehr negative Eigen- 
schaften: das Holocain brennt nicht, ist nicht so bitter und nicht 
so theuer wie Cocain; verursacht weder Übelkeit noch Fremdkörper- 
gefühl im Halse, noch sonstige Intoxikationserscheinungen, und 
wirkt auf die Gewebe nicht ischämisirend. Teichmann (Berlin). 


12) L. Bar. Inflammations de l’amygdale linguale. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 36.) 

An der Hand von 10 eigenen Beobachtungen bespricht Verf. die 
Ätiologie und Pathologie der Entzündungen der Zungentonsille. Als 
beste Behandlung empfiehlt er nach Ablauf des akuten Stadiums bei 
hypertrophischem Gewebe die Zerstörung desselben mittels des Gal- 
vanokauters oder Abtragung mit der Schlinge. Hierbei erwähnt er, 
dass Kranke, welchen gewöhnliche Cocainlösungen schädlich sind, 
eine gleich starke Lösung in Aqua laurocerasi ohne Gefahr der 
Synkope vertragen. Teichmann (Berlin). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 271 


13) P. Hugues. Des abcès chroniques des amygdales. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 44.) 

Der chronische Tonsillarabscess entwickelt sich nicht in einer 
Mandelkrypte, sondern wahrscheinlich aus einem oder mehreren unter 
der Schleimhaut liegenden Lymphfollikeln in Folge häufig recidiviren- 
der Mandelentzündungen. Häufig kommt es dabei zu Fistelbildungen, 
welche gewöhnlich im Niveau der Gaumenbögen sich öffnen. Zur 
Behandlung ist es nothwendig, diese Fistelgänge in ihrer ganzen 
Länge zu spalten. Das hervorstechendste Symptom sind wochenlang 
dauernde leichte Schlingbeschwerden, welche plötzlich nach Ent- 
leerung einer gewissen Eitermenge verschwinden, aber nach kürzerer 
oder längerer Zeit immer wiederkehren. Gegen die Verwechslung 
mit syphilitischen Mandelaffektionen, die ebenfalls durch länger dau- 
ernde Schlingbeschwerden sich zu erkennen geben, schützt das Fehlen 
von Drüsenschwellungen beim chronischen Mandelabscess. Findet 
sich kein Fistelgang, durch welchen man sich zur Abscesshöhle Zu- 
gang verschaffen kann, so ist die Abtragung der den Abscess ent- 


haltenden Mandelpartie die geeignetste Behandlung. 
Teichmann (Berlin). 


14) R. Cholewa. Einiges über die Technik der Operation 
der adenoiden Wucherungen. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1897. No. 12.) 

Die Ausführungen Beckmann’s zur Pathologie und operativen 
Entfernung der Rachenmandel, gegen deren weitgehende Schlüsse 
schon Ref. Verwahrung einlegen zu müssen glaubte, geben nun auch 
C. Anlass zu einer Reihe kritischer Bemerkungen. Besonders wendet 
er sich gegen Beckmann’s Hypothese von der primären Entzün- 
dung der Rachentonsille und gegen die Operation derselben im 
floriden Stadium der eitrigen Mittelohrentzündung. Gegenüber der 
jetzt fast allgemeinen Anwendung des Ringmessers spricht er sich 
für die Brauchbarkeit der Hartmann’schen Curette in manchen 
Fällen, besonders bei ganz jungen Kindern mit niedrigem Cavum 
nasopharyngeum aus. Wenn die Wucherungen nach vorn weit in 
die Choanen eindringen, empfiehlt er, zuerst die vordersten Zapfen 
mit der Schlinge durch die Nase zu entfernen und dann mit einem 
Ringmesser, welches nun zwischen Septum und Hauptmasse der 
Tonsille eingeführt werden kann, zu operiren. Eindringlich warnt 
er vor dem Gebrauch des Cocains unmittelbar vor der Operation, 
wegen der Gefahr der Nachblutung; wenn eine Anästhesie durchaus 
gewünscht wird, soll die Schleich’sche Mischung (Aether. sulf. 60, 
Chloroform 15, Aether petroli 5) in Anwendung kommen, bei welcher 
die Reaktionsfähigkeit erhalten bleibt. Teichmann (Berlin). 


272 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


15) R. v. Hippel. Die Operation der Ranula. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LV. Hft. 5.) 

v. H. empfiehlt, die Ranula von außen her zu exstirpiren. Er 
legt den Schnitt unterhalb des Unterkiefers an, lässt die Glandula 
sublingualis und den vorderen Biventerbauch seitwärts abziehen und 
dringt durch die Fasern des Musculus mylohyoideus auf die Ge- 
schwulst los. Der Ductus Whartonianus wird unterbunden und 
durchschnitten, was ohne Nachtheil geschiebt. Die Mundschleim- 
haut ist in den meisten Fällen nicht zu schonen. Es folgt Drainage 
und Naht. Die Narbe ist später kaum sichtbar. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 
16) Löwenbach. Beitrag zur Kenntnis der Geschwülste 
der Submaxillar-Speicheldrüse. 
(Virchow’s Archiv Bd. CL. p. 73.) 

Auf Grund der mikroskopischen Untersuchung zweier Ge- 
schwülste der Submaxillar-Speicheldrüse hält sich Verf. für berech- 
tigt, außer von cylindromatösen Sarkomen resp. Endotheliomen noch 
von cylindromatösen Carcinomen oder carcinomatösen Cylindromen 
der betreffenden Drüse zu sprechen. Den Beweis, dass es sich in 
dem ersten Falle um einen epithelialen Tumor gehandelt hat, halten 
wir für nicht erbracht, und ob die kleinen, in Verbindung mit Aus- 
führungsgängen stehenden epithelialen Wucherungen im Bereich 
wohl erhaltenen normalen Speicheldrüsengewebes bei Fall II wirklich 
als junge Stadien der cylindromatösen Neubildung aufzufassen sind, 
erscheint uns mindestens zweifelhaft. Pels Leusden (Göttingen). 
17) M. Wolkowicz. Ein neues Verfahren zur operativen 

Behandlung des muskulären Schiefhalses. 
(Nowiny lekarski 1897. No. 8 u. 9.) 

Das vom Verf. empfohlene Verfahren besteht in einer Verlän- 
gerung des verkürzten Muskels auf folgende Weise: Von einem 
Hautschnitte aus wird der Muskel in schiefer Richtung von oben 
und vorn nach unten und rückwärts durchschnitten, eben so auch 
alle sich etwa anspannenden Bindegewebsstränge. Nach Freipräpa- 
rirung der Muskelwundränder wird der laterale Rand des oberen 
Stückes mit dem medialen des unteren zusammengenäht, während 
der mediale Theil des oberen und der laterale des unteren unvereint 
bleiben. Auf diese Art kann man eine beliebige Verlängerung des 
Muskels erzielen. RK Trrebicky (Krakau). 


18) L. Pfeiffer (Weimar). Die planimetrische Darstellung 
der Rückgratsverkrümmungen. 
{Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 5.) 
An der Hand einer Reihe von Planzeichnungen menschlicher 
Wuchsformen und Wuchsfehler erörtert P. das obige Verfahren und 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 273 


empfiehlt es für die frühe Diagnose beginnender Seitenkrümmungen 
der Wirbelsäule als eine leicht erlernbare, auch als Unterrichts- 
gegenstand werthvolle, zweckmäßige Methode. Interessenten mögen 
darüber in der nichts weniger als leicht verständlichen Abhandlung 
selbst nachlesen. Kramer (Glogau). 


19) E. Hoffmann. Zur Behandlung der beweglichen Skoliose. 
{Berliner Klinik 1897. Hft. 106.) 


Verf. will, wie er selbst am Beginn der Arbeit hervorhebt, dem 
praktischen Arzte eine kurzgefasste Anleitung geben, in welcher 
Weise er mit einfachen Mitteln dem Anfangsstadium der Skoliose 
begegnen kann. Nach kurzer Erwähnung der Ätiologie bespricht er 
genauer die Diagnose und die für die einzelnen Grade der Skoliose 
charakteristischen Symptome und Veränderungen am Skelett und 
geht dann näher auf die Behandlung der beweglichen Skoliose ein. 
Nur die letztere ist für die Behandlung des praktischen Arztes ge- 
eignet, während die Skoliose 3. Grades und die schwereren Skoliosen 
2. Grades orthopädischen Instituten zur Behandlung überwiesen 
werden müssen. 

Bei der Behandlung des 1. Grades der Skoliosen — der Neigung 
zur falschen Haltung ohne anatomische Veränderungen — kommt 
es besonders auf prophylaktische Maßnahmen an, d. h. Vermeidung 
der die skoliotische Haltung begünstigenden Einflüsse und Kräftigung 
der Körpermuskulatur durch Turnen, Zimmergymnastik, Rudern, 
Schwimmen; sehr wichtig und wirksam ist die Massage. Die zweite 
Aufgabe besteht darin, den Kindern die Störungen im Muskelgefühl 
zu nehmen, d. h. sie zu lehren, sich wieder richtig zu halten. Sind 
jedoch, wie leider bei den meisten der zur Behandlung kommenden 
Fälle, schon anatomische Deformitäten vorhanden, so wird die Lösung 
der Fixationen, die Mobilisirung und Korrektion der Wirbelsäule 
und des Brustkorbes durch gymnastische Behandlung und manuelle 
Redression nothwendig. Zu diesem Zwecke giebt Verf. Übungen an, 
welche außer der Mobilisirung und Korrektion zugleich die hierzu 
erforderlichen Muskeln kräftigen und den Pat. in Stand setzen sollen, 
seine Stellung selbst zu korrigiren resp. die Korrektion zu erhalten. 
Die durch eine Reihe von Abbildungen illustrirten Übungen, auf 
deren Einzelheiten wir hier jedoch nicht näher eingehen können, 
haben außer dem Vorzug der Einfachheit und leichten Erlernbarkeit 
noch das für sich, dass bei ihnen durch die in vorgeschriebener und 
für den speciellen Fall passender Weise einwirkende Hilfe des 
Arztes Widerstände geschaffen werden, deren Überwindung gerade 
diejenigen Muskeln kräftigt, die zur Korrektion der Skoliose die 
wirksamsten sind. Wulistein (Halle a/S.). 


10** 


274 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


20) E. Brian. Linnervation du corps thyroïde. 
Paris, Bailliöre et fils, 1898. 65 8. Mit 11 Figuren. 

Die noch verhältnismäßig wenig zahlreichen Arbeiten über die 
Innervation der Schilddrüse erfahren durch die Untersuchungen von 
B. eine werthvolle Bereicherung. 

In Bezug auf die grob-anatomischen Verhältnisse kommt Verf., 
gestützt auf die bisherigen Angaben und seine eigenen Untersuchungen, 
zu dem Resultat, dass die Schilddrüse hauptsächlich vom Hals- 
sympathicus versorgt wird, und zwar besonders aus der Höhe des mitt- 
leren Halsganglions. Auch die nach Henle vom N. laryngeus sup. 
und nach Lindemann vom N. recurrens ausgehenden Schilddrüsen- 
ästchen konnte Verf. regelmäßig nachweisen, während er die von 
anderer. Seite beschriebenen, vom Hypoglossus und Glossopharyngeus 
abgehenden Schilddrüsennerven nie auffinden konnte. Im Innern 
der Schilddrüse ist zwischen Gefäß- und Drüsennerven zu unter- 
scheiden, von denen letztere an der Außenfläche der Epithelzellen 
enden, ohne zwischen dieselben einzudringen. Ganglienzellen kommen 
im Innern der Schilddrüse nicht vor. À 

Im 2. Theil seiner Arbeit untersucht Verf. den Einfluss der 
Nervenreizung und Nervendurchtrennung auf das histologische Ver- 
halten der Drüsen. Es gelingt ihm nicht, durch irgend einen Ein- 
griff an den Schilddrüsennerven (wie elektrische Reizung etc.) eine 
mikroskopisch nachweisbare Veränderung der Epithelzellen zu ver- 
anlassen. Verf. erklärt diese Thatsache durch den Umstand, dass 
die Schilddrüse eine Drüse mit langsamer Sekretion sei. 

Im 3. Theil der Arbeit untersucht Verf. das plethysmographische 
Verhalten der Schilddrüse bei Reizung der Halsnerven. Es zeigt 
sich, dass von allen Halsnerven einzig der Sympathicus die Gefäß- 
verhältnisse der Schilddrüse beeinflusst. Reizung oberhalb des unteren 
Halsganglions hat Gefäßverengerung, Reizung unterhalb dieses Gan- 
glions Gefäßerweiterung zur Folge. Wurde der Halssympathicus auf 
einer Seite durchschnitten, so fand sich auf dieser Seite nach Pilo- 
karpinvergiftung die Schilddrüse stets größer und dunkler gefärbt 
als auf der entgegengesetzten Seite. 

In klinischer Beziehung schließt Verf. aus diesen letzteren Ver- 
suchsergebnissen die Berechtigung der von Jaboulay bei Basedow- 


scher Krankheit vorgeschlagenen Sympathicusdurchtrennung. 
de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


21) Simmonds. Die Formveränderungen der Luftröhre. 
(Mittheilungen aus den Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.) 
Die Formveränderungen der Luftröhre, so fern sie nicht durch 

Geschwülste von außen her bedingt sind, waren bisher nur in sehr 

spärlicher Weise Gegenstand der Untersuchung. Verf. führt die 

wenigen oberflächlichen Angaben, welche sich in den anatomischen 

Lehrbüchern finden, auf. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 275 


S., welcher Prosektor am alten allgemeinen Krankenhause ist, 
hat sich an der Hand eines großen Materials mit der Frage beschäf- 
tigt und ist zu sehr interessanten Resultaten gelangt. Er verfuhr 
in der Weise, dass er die Luftröhre mit den Hauptbronchien mög- 
lichst unversehrt der Leiche entnahm, die Bronchien mit Kork ver- 
schloss, die Luftröhre am Kehldeckel aufhing und mittels eines 
Trichters mit Gips ausgoss. Nach mehrstündigem Trocknen wurde 
die Hinterwand aufgeschnitten. S. erhielt so sehr instruktive Aus- 
güsse der Luftröhre, des Kehlkopfes und der Bronchien mit allen 
kleinsten Abnormitäten. Die vorgefundenen Formveränderungen sind 
Verbiegungen, Verengerungen und Erweiterungen, welche aber oft 
untermischt vorkommen. — Die Skoliose der Trachea wird etwa bei 
einem Viertel aller Erwachsenen angetroffen, häufiger bei Männern, 
meist an der unteren Grenze des mittleren Drittels, fast ausschließ- 
lich nach links. Gleichzeitig oder auch unabhängig davon hat Verf. 
häufig bei Männern mit weiten, dickwandigen Gefäßen eine von 
links vorn unten nach rechts oben hinten verlaufende seichte Furche 
an der vorderen Luftröhrenwand konstatiren können, deren Ent- 
stehung er auf den Druck durch die Arteria anonyma zurückführt, 
welche die Luftröhre etwas unterhalb der Mitte kreuzt und ihr meist 
eng anliegt. Dieselbe Ursache nimmt er für die Entstehung der 
Skoliose nach links an, wohl nicht mit Unrecht. Einen weiteren 
Druck erfährt die Luftröhre älterer Individuen mit sklerosirten Ge- 
fäßen oft durch den Arcus aortae an der linken Seite. 

Die Verengerungen der Luftröhre sind einmal bedingt durch 
benachbart gelegene Gebilde, wie Aneurysmen, Geschwülste, Kröpfe; 
ferner durch entzündliche Veränderungen und Geschwülste der 
Schleimhaut. Eine dritte, bisher noch nicht hinreichend gewürdigte 
Bedingung ist die Verknöcherung der knorpeligen Wandung, beson- 
ders auch bei älteren Männern. Verf. hat bei diesen Untersuchungen 
feststellen können, dass die Annahme, die Luftröhre älterer Per- 
sonen sei erweitert, falsch ist; man trifft recht häufig enge, seitlich 
abgeplattete und ausgesprochene Säbelscheidenformen an. In. solchen 
ausgesprochenen Fällen fand Verf. 8mal intensive chronische Bronchitis 
und Emphysem der Lungen, welche Erkrankungen er in ursächlichen 
Zusammenhang mit der Formveränderung der Luftröhre bringt. Stets 
war diese Missbildung mit einer hochgradigen Verknöcherung der 
Trachealknorpel verbunden; Verf. schlägt hierfür den Namen »senile 
Säbelscheidentrachea« vor. Bedeutend seltener ist die Verengerung 
in sagittaler Richtung, vorwiegend bei jugendlichen Individuen, mit 
weichen, kalkfreien Trachealknorpeln. Ganz außerordentlich oft 
wurden Verengerungen mäßigen Grades schon durch leichte Ver- 
größerungen der Schilddrüse angetroffen, welche im Leben symptomlos 
verlaufen waren. 

Allgemeine Erweiterungen sind seltener; eine allgemeine hoch- 
gradige Ektasie hat S. nur imal gefunden, welche Mangels jeder 
anderen erkennbaren Ursache wohl als angeborene Anomalie an- 

LH 


276 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


zusehen ist. Partielle Ektasien sind dagegen recht häufig, fast 
ausschließlich an der hinteren Wand und im mittleren Abschnitt, 
selten im oberen, nie im unteren Drittel, vorwiegend auch bei älteren 
Leuten, wo sich auch mikroskopisch eine Atrophie der hinteren 
Trachealwand nachweisen ließ. 

Der Arbeit sind zahlreiche Abbildungen von Luftröhrenausgüssen 
und entsprechenden Querschnitten beigefügt. Gerade an letzteren 
sieht man besonders schön die mannigfachen Abweichungen und die 
zum Theil recht wunderlichen Formen der verschiedenen Luftröhren. 
Die bei unserer bisherigen Sektionstechnik unmögliche Erkenntnis 
dieser Abweichungen hat durch die einfache Methode des Verf. ent- 


schieden in dankenswerther Weise und ungemein gewonnen. 
Tschmarke (Magdeburg). 


22) J. B. Roberts. The surgical treatment of suppurative 
pericarditis. 
(Amer. journ. of med. sciences 1897. December.) 

Verf. stellt eine interessante Kasuistik von 35 Fällen aus der 
Litteratur zusammen, in denen die Perikardotomie gemacht wurde. 
15mal trat Heilung ein. Er bespricht ferner den Modus der Opera- 
tion und bildet seine eigene » chondroplastische Methode der Peri- 
kardotomie « in einer Buntdrucktafel ab: Lappenbildung mit oberer 
Basis; der hufeisenförmige Lappen enthält Theile der 4. und 
5. Rippenknorpel und die daran hängenden Weichtheile; er wird 
nach oben umgeklappt. Die Mammaria interna und der Vorderrand 
der linken Lunge sammt der zugehörigen unverletzten Kostalpleura 
werden nach außen gezogen. 

Um die verschiedenen Vorschläge zur Punktion des Perikards 
mit einander zu vergleichen, füllte R. einen Herzbeutel an der Leiche 
mit Gipsbrei und führte an den entsprechenden Stellen Nadeln ein. 
In einer Lichtdrucktafel bildet R. das Skiagramm eines mit 740 eem 
Gipsbrei gefüllten Herzbeutels und sein Lageverhältnis zur Brust- 
wand ab. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


Kleinere Mittheilungen. 


Zur Operation von Sehnen- und Muskelkontrakturen. 


Von 
Prof. Dr. Carl Bayer in Prag. 


In einer kleinen Mittheilung: »Die plastische Tenotomie der Achillessehne bei 
paralytischem Spitzfuß« (Prager med. Wochenschrift 1897 No. 45 u. 46) habe ich 
auf Grund der günstigen Resultate dieser Operation, welche in "j_förmiger Dis- 
cision der Sehne besteht, zum Schluss die Bemerkung gemacht, dass wohl auch 
Sehnenkontrakturen anderer Art und anderer Körperstellen einer ähnlichen Be- 
handlung zugänglich sein dürften, und habe mir zugleich erlaubt, auf die Vortheile 
dieses einfachen Verfahrens vor anderen komplieirteren Methoden aufmerksam zu 
machen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 277 


Beitdem hatte ich Gelegenheit, eben dieses Verfahren u. A. auch an einem Falle 
von Dupuytren’scher Kontraktur und an einem Falle von muskulärem 
Schiefhals su erproben. 

Der Fall Dupuytren’scher Kontraktur betraf den linken Ringfinger eines 
Brauers, und zwar sowohl die Palmarfascie im Bereich der Beugesehne des ge- 
nannten Fingers, als auch die Sehne des Flexor sublimis selbst. 

Längsschnitt, seitliche Ablösung der Haut bis zum Verschwinden der Falten; 
quere Trennung der Fascie und Bloßlegung der Sehne; Bemessung der nöthigen 
Länge der letzteren zur vollständigen Streckung; "j_förmige Discision, Streckung 
des Fingers, Naht der mit ihren Querschnitten sich berührenden Sehnenhälften, 
Hautnaht. Heilung mit Herstellung der Streckung und normalen Funktion des 
Fingers. 

In dem anderen Falle war der hochgradig kontrahirte rechte Kopfnicker eines 
8 Wochen alten männlichen Kindes zu myotomiren. Der Beginn der Kontraktur 
wurde von der Mutter gleich in den ersten Tagen nach der Geburt, die ohne 
Schwierigkeiten verlaufen war, bemerkt. (Der Fall ist seiner interessanten 
Schädelasymmetrie wegen von meinem Sekundärarzt, Herrn Dr. W. Bittner, in 
der Sitzung des Vereins deutscher Ärzte in Prag am 22. Oktober v. J. vorgestellt 
worden. Prager med. Wochenschrift 1897 No. 46.) Die Kontraktur war so hoch- 
gradig, dass das rechte Ohr buchstäblich der gleichseitigen Clavicula auflag. 

Ich beschloss die “j_förmige Diseision, um einmal ausgiebig zu myotomiren 
und zweitens die Kontinuität des Muskels dabei zu wahren. Sonst wäre in dem 
Falle nichts übrig geblieben, als die von Mikulicz (dieses Centralblatt 1895 No. 1) 
vorgeschlagene Exstirpation des gansen Muskels vorsunehmen, wozu ich mich schon 
mit Rücksicht auf die folgende Entstellung nicht entschließen konnte; auch war 
das Kind wegen seiner Schwächlichkeit zu eingreifenden Operationen nicht ge- 
eignet. 

Längsschnitt auf die Mitte des Muskels; von der abwärts verschobenen Wunde 
aus quere Durchtrennung der Clavioularportion, nachher Verschiebung aufwärts 
und quere Durchschneidung der sternalen resp. vorderen Hälfte des Muskels auf 
der Hohlsonde; longitudinale, zwischen beiden Portionen präparirend vertiefte In- 
eision; Geraderichtung des Kopfes, welche überraschend leicht und vollständig 
gelingt; Naht der Hautwunde. 

(Als interessanter pathologisch-anstomischer Befund, den wir Gelegenheit 
hatten während der Operation zu konstatiren, wäre die schon bekannte »fibröse« 
Beschaffenheit des Kopfnickers, der auch in unserem Falle ganz das Aussehen 
eines »ischämisch gelähmten Muskels« [Mikulicz] darbot, und eine auffällige 
Enge der rechten Carotis communis und Vena jugularis zu erwähnen.) 

Das Resultat war unvergleichlich besser, als wir es sonst nach den üblichen 
Myotomien des Sternooleidomastoideus zu sehen gewohnt waren, und blieb es auch 
nach Abnahme des Verbandes. Leider starb das schwächliche Kind später su 
Hause an Darmkatarrh; ein Dauerresultat liegt also nicht vor. Die Einfachheit 
des Eingriffs jedoch, der rasche, orthopädisch vollständige und auch kosmetisch 
befriedigende Erfolg ermuthigt mich, das Verfahren den Herren Kollegen zur Nach- 
prüfung zu empfehlen. 

Prag, 10. Februar 1898. 


(Aus dem Rekonvalescentenhause in Hannover.) 


Luxation des Sesambeins des Zeigefingers. 
Von 
Dr. H. Steudel, Assistenzarzt. 


Der 23 Jahre alte Arbeiter W. R. fiel am 7. November 1897 Abends in einen 
etwa 4 m tiefen Keller auf die vorgestreckte linke Hand. Die Finger will er 
während des Falles geschlossen gehalten haben bis auf den Zeigefinger, der ge- 
streckt gewesen sein soll. Am nächsten Tage wurde nach der Erzählung des Pat. 


278 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


der volarwärts luxirte Zeigefinger eingerenkt, dann wurden einige Tage kühlende 
Umschläge gemacht und darauf ein Gipsverband angelegt. Nachdem derselbe 
während 6 Wochen verschiedene Male gewechselt worden war, wurde daran eine 
wöchentliche Massagekur angeschlossen, da die Beweglichkeit des Fingers sich 
nicht wieder herstellen wollte. Am 5. Februar 1898 Aufnahme in hiesige Anstalt. 
Aufnahmebefund: Der Pat. kann den linken Zeigefinger nur etwa 20—30° im 
Metacarpophalangealgelenk beugen, auch passiv bekommt man den Finger nicht 
weiter. Die übrigen Fingergelenke normal beweglich, eben so das Handgelenk. 
Es findet sich eine Verdickung in der Gegend des Metacarpophalangeslgelenks 
des linken Zeigefingers auf der volaren Seite, der Daumenseite des Köpfchens des 
II. Metacarpus entsprechend. Auf der dorsalen Seite fühlt man ein siemlich 
starkes Klaffen des Gelenks. In seitlicher Richtung ist der Zeigefinger in 
größeren Exkursionen, wie man gewöhnlich bei Arbeitern findet, beweglich. Am 
Metacarpus selbst und an den Phalangen etwas Abnormes nicht zu fühlen. Die 
Diagnose wurde zunächst auf Bruch des Capitulum des II. Metacarpus gestellt. 
Eine einige Tage später vorgenommene Röntgenaufnahme zeigte untenstehendes 
Bild: Von der volaren Seite des Köpfchens des II. Metacarpus ist allerdings ein 
Stück ab- oder eigentlich eingebrochen; in der Mitte des Metacarpophalangeal- 
gelenks liegt aber das luxirte Sesambein des Zeigefingers, daneben noch ein kleines 
Stückchen abgesprengten Knochens. Bis zu einem gewissen Grade wurde also die 


palpatorische Diagnose bestätigt, so weit es sich um das gebrochene Köpfchen des 
II. Metacarpus handelte. Das Klaffen des Gelenks lag aber nicht an einer Dis- 
lokation des gebrochenen Stücks, sondern an der Luxation des an und für sich 
schon seltenen Sesambeins des Zeigefingers. Der Pat. hat auch auf der gesunden 
rechten Seite ein solches Sesambein, das man im Röntgenbilde deutlich auf der 
radialen Seite des Capitulum des rechten II. Metacarpus erkennt. Ohne Röntgen- 
aufnahme wäre man wohl schwerlich auf die rechte Diagnose gekommen; selbst 
der Gedanke an einen freien Fremdkörper im Gelenk würde nicht zu den nächst- 
liegenden gehört haben. Den Mechanismus der Entstehung der Fraktur kann man 
sich vielleicht so vorstellen, dass die dorsale Kante der volarwärts luxirten Grund- 
phalange des Zeigefingers das Capitulum des Metacarpus wie ein Keil aus einander 
getrieben hat. Prognostisch ist die Aussicht auf Wiederherstellung der vollen 
Funktionsfähigkeit des Gelenks auch nach Entfernung des Sesambeins und des 
anderen abgesprengten Knochenstückchens nicht besonders gut, da das gespaltene 
Capitulum wohl nicht wieder eine ganz glatte Gelenkfläche bilden wird. Am ersten 
Gliede des rechten Mittelfingers ist übrigens in Folge einer Verletzung der Mittel- 
phalange im Jahre 1896 mit nachfolgender Knochenhautentzündung eine Ankylose 
im ersten Gelenk eingetreten, die das Bild auch sehr hübsch ad oculos demonstrirt. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 279 


23) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 
91. Sitzung am Montag, 13. December 1897 
im städtischen Krankenhaus am Urban. 


Vorsitzender: Herr Körte. 


Herr Brentano: Zur chirurgischen Behandlung der Perikarditis. 

Chirurgische Behandlung erfordert in erster Linie die eitrige Form der 
Perikarditis, nächstdem die Fälle mit serösem, serofibrinösem und san- 
guinolentem Ergusse, bei denen das Exsudat durch seinen Umfang das Leben 
bedroht. Die Diagnose der Krankheit ist an und für sich schwierig, die Be- 
schaffenheit des Exsudats im einzelnen Falle kann oft nur durch eine Probe- 
punktion festgestellt werden, die der Vortr. für berechtigt hält. Abgesehen von 
der Schwierigkeit der Diagnose verzögert der Umstand eine frühzeitige chirur- 
gische Behandlung, dass sich selbst große Ergüsse spontan resorbiren können. 
Vortr. kommt dann auf die Vorzüge und Nachtheile der zur Entleerung des Ex- 
eudats gebräuchlichen Operationsmethoden zu sprechen, und zwar 

1) Der Punktion. Sie wird mit einem einfachen Trokar oder einem der 
üblichen Aspirationsapparate vorgenommen. 

Vortheile: einfache Technik, die keine besonderen chirurgischen Fertig- 
keiten voraussetzt. 

Nachtheile: Die Wahl der Stelle, wo der Trokar eingestoßen werden soll, 
macht meist große Schwierigkeiten. Eine allgemein gültige Regel, wo man punk- 
tiren soll, lässt sich nicht aufstellen, die Punktionsstelle ist daher nach den Be- 
sonderheiten des vorliegenden Falles zu wählen. 

2) Die Gefahr der Nebenverletzungen ist viel größer als gemeinhin an- 
genommen wird. Besonders gefährdet ist das Herz und die Pleura. 

Das Herz kann bei der Punktion verletzt werden in Folge einer falschen 
Diagnose (Verwechslung mit Herzerweiterung) und seiner Lagerung im Exsudat. 
Es bleibt nämlich auch im Exsudat der vorderen Brustwand anliegen, so fern es 
nicht durch Verwachsungen anderswo fizirt ist. (Eigene Erfahrungen am Lebenden.) 

Die Pleura reicht nach anatomischen Untersuchungen des Vortr. in mehr wie 
2); aller Fälle mit ihrer Umschlagsfalte auch in der Höhe der 5. und 6. Rippe noch 
hinter das Sternum und kann desshalb bei der Punktion gar nicht geschont werden. 
Die Vorstellung, dass die Umschlagsfalte zur Seite rücke, in dem Maße als der 
Perikardialsack gedehnt wird, ist falsch. 

(Leichenversuche: Anfüllung des Herzbeutels von oben her nach Resektion 
des Manubrium sterni.) 

3) Eine vollständige Entleerung des Hersbeutels gelingt so gut wie nie 
durch die Punktion. Unter 80 Fällen der West schen Statistik musste dieselbe 
23mal wiederholt werden. 

4) Die Gefahr der Infektion des Herzbeutels. 

Der Incision durch einen Interkostalraum haften nicht minder große 
Nachtheile an; nämlich: 

1) Die Gefahr der Pleuraverletzung. 

2) Die Gefahr der Verletzung der Vasa mammaria, deren Größe nicht 
unterschätzt werden darf. i 

3) Die Übersicht in der Tiefe ist ungemein erschwert, da sich die Rippen nicht 
aus einander ziehen lassen, weil man in der Nähe ihres Ansatzes am Sternum 
operiren muss. Außerdem sind die bei der Incision in Frage kommenden Inter- 
kostalräume besonders eng. 

Vortr. empfiehlt daher für alle Fälle, in denen die Entleerung eines Ergusses 
aus dem Herzbeutel in Frage kommt, die Incision nach vorausgeschickter 
Rippenresektion. 

Operationsverfahren: Resektion des 5. linken Rippenknorpels ohne Schonung 
des Perichondriums, dessen Lösung meist nur in stark zerfetstem Zustande mög- 
lich ist. Unterbindung der Vasa mammaria, stumpfe Durchtrennung der Fasern 
des Musculus triangularis sterni. Beiseiteschieben der in eine mehr oder weniger 


280 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


ausgebildete Fettlage eingeschlossenen Pleurafalte. Eröffnung des Perikards ent- 
weder stumpf mit der Hohlsonde oder scharf nach Aufhebung einer Falte. Aus- 
spülungen nur bei eitrigem Exsudat. Dagegen in jedem Falle thunlichste Ent- 
fernung aller Gerinnsel und Fibrinniederschläge. 

Drainage mittels Jodoformgase. 

Vortr. hält die Radikaloperation nicht nur für weniger gefährlich wie die 
beiden anderen Operationsverfahren, sondern er glaubt auch, dass die nach Hei- 
lung der Wunde zu Stande kommenden Verwachsungen innerhalb des Herzbeutels 
weniger intensiv sind, als wenn sich das Exsudat spontan resorbirt. 

Er stellt einen von ihm so operirten Fall von sanguinolentem Exsudat vor, 
das sich im Anschluss an eine Endocarditis rheumatica gebildet hatte. Es be- 
trifft ein 9jähriges Mädchen, das sich nunmehr über 1 Jahr des besten Wohl- 
befindens erfreut. 

Weiter berichtet er über 2 mittels Rippenresektion (von Körte) operirte Fälle 
von eitriger Perikarditis, Kinder im Alter von 7 Jahren betreffend, bei denen 
sich die Herzbeutelentsündung im Anschluss an eine schwere Osteomyelitis 
entwickelt hatte. Beide Fälle endeten letal. Sektion: Pyämie, multiple Abscesse 
in der Herzmuskulatur. 

Noch 2 andere Kranke mit sanguinolentem Exsudat, bei denen die beschrie- 
bene Radikaloperation gemacht worden war (Körte), männliche Individuen im 
Alter von 15 resp. 31 Jahren, starben gleichfalls, ohne dass aber der Operation an 
dem unglücklichen Ausgang eine Schuld beisumessen war. Beide fielen einer 
schon lange bestehenden Endokarditis zum Opfer, in deren Verlaufe es zu einer 
serofibrinösen, sanguinolenten Perikarditis gekommen war. Da sich hier bei der 
Operation schon starke Auflagerungen auf beiden Perikardialblättern und partielle 
Verwachsungen feststellen ließen, so wäre das Hers ganz außerordentlich gefährdet 
gewesen, wenn die Punktion gemaoht worden wäre. 

Die letzten beiden Fälle geben dem Vortr. Veranlassung, ausdrücklich zu 
warnen vor der Operation solcher Kranken, bei denen schon wiederholte Anfälle 
von Perikarditis vorausgegangen oder aus der Anamnese zu vermuthen sind. Viel- 
mehr will Vortr. die Radikaloperation für die eitrige Perikarditis und solche Fälle 
von serösem etc. Ergusse reservirt wissen, bei denen die Perikarditis akut auf- 
getreten ist und rasch zur Bildung eines lebensbedrohenden Exsudats geführt hat. 


In der Diskussion bemerkt 


Herr Stadelmann, dass sich die Behandlung der Perikarditis anscheinend 
zu einem »Örenzgebiet« auswachsen wolle. Als Bedingung zu operativen Eingriffen 
hätte seither gegolten, dass die Perikarditis eine eitrige sei; dies zu diagnostieiren 
sei aber unmöglich. Auch bei vorsichtigster Punktion gelange man ins Hers 
hinein; die Annahme, dass das Hers bei Perikarditis (in Rückenlage) zurücksinke, 
sei eine irrige. — Unmöglich sei es ferner, den genauen Zeitpunkt festzustellen, 
bei dem ein operativer Eingriff vorzunehmen sei — die schwersten Perikarditiden 
mit grossen Ergüssen werden resorbirt unter Genesung der Pat. 

Dann lässt sich nicht feststellen, ob alte Verwachsungen vorhanden sind oder 
nicht. 


Herr Körte hat 2mal wegen eitriger Perikarditis (bei gleichzeitiger Osteo- 
myelitis) das Pericardium geöffnet, nachdem er durch Punktion die Beschaffenheit 
des Exsudats festgestellt, und wünscht die chirurgische Behandlung auch nur auf 
diese Fälle beschränkt zu sehen. Wichtig erscheint ihm die Frage, ob das Herz 
gesund ist oder nicht?, mit anderen Worten: Herzvergrößerung oder Er- 
guss? Die Entscheidung darüber ist aber in sehr vielen Fällen unmöglich, die 
Ergüsse häufig nicht so groß, als man angenommen. 

Bei dicken Thoraxwandungen ist lokale Anästhesie nicht am Platze: es sind 
viele Schichten zu durchtrennen; andererseits verwischt sich bei Durchtränkung 
mit der Injektionsflüssigkeit das anatomische Bild. Die Operation muss unter 
sorgfältigster schichtenweiser Trennung vorgenommen werden. Das Perikard ist 
oft sehr verdickt, das Herz liegt demselben unmittelbar an. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. - 281 


Herr Körte: Ein Fall von Exstirpation des persistirenden Ductus 
omphalo-mesentericus. 

Der Dottergang obliterirt bekanntlich in den späteren Fötalmonaten, und bei 
der Geburt finden sich nur noch Reste als solide Stränge in der Nabelschnur; 
schließt er sich nicht, so entstehen Hemmungsbildungen von 3 Graden, die als 
Diverticulum Meckelii, Nabelteratome oder als offene Kommunikationen zwischen 
Ileum und Nabel nach Abfall des Nabels sich zeigen. Die Gefahren der letzteren 
Erscheinung liegen in einem Darmprolaps, der sich beim Sohreien und Pressen 
des Kindes vergrößert und zu völligem Darmverschluss führt in Fällen, wo 
der Darm völlig in die Öffnung hineingezogen ist. 

Es ist rathsam, alle diese Fälle zu operiren, bevor Prolaps eingetreten ist. 
Früher hat man die Fisteln geätst oder gebrannt; man erzielte dadurch nur einen 
oberflächlichen Verschluss. Auch Abbindungen sind zu verwerfen, weil dadurch 
eine dauernde Fixation des Darmes an der Bauchwand erhalten wird. Das Ra- 
tionellste bleibt die Exeision (Barth). 

Das von K. operirte 15monatliche Kind hatte an häufigen Darmkatarrhen ge- 
litten und hatte einen fingerlangen Prolaps von der Gestalt eines Penis. 

Operation: Umschneidung des Nabels auf der linken Seite, — der Ansatz des 
Dotterganges war hart am Mesenterialrande des Darmes; Abbindung des Ductus, 
Übernähung, Excision des Tumors, Etagennaht der Bauchwunde. Demonstration 
des Präparats. 

Diskussion: Herr Karewski hat 3 Fälle dieser Art beobachtet. Der erste 
imponirte als Nabelfistel, der zweite (Operation verweigert) ging mit Darmprolaps 
und Ileus einher, der dritte, welcher als »Nabelfortsats« von einem Arste abge- 
bunden worden war, zeigte Kothabgang und später einen kolossalen Darmprolaps 
mit Intussusception. Tod trots Darmresektion. 

Herr Lindner operirte einen derartigen Fall (3jähriger Knabe), bei dem sich 
starke Sekretion aus einer Nabelüstel mit Verdauung der umgebenden Haut eta- 
blirt hatte. Bei der Laparotomie fand sich hinter dem Nabel — ohne Kommuni- 
kation mit irgend einem Darmstück, nur ein feiner Strang ging nach der Leber 
— ein Tumor von Walnussgröße, den er excidirte. Derselbe war mit Schleimhaut 
ausgekleidet, die der Magenschleimhaut ganz ähnlich war und auch als solche 
sich dokumentirte. 

Auch Herr Tillmanns konnte an einem von ihm operirten Teratom Pylorus- 
schleimhaut und Magensekret nachweisen — ohne dass der Tumor irgend wie mit 
Darm oder Magen in Kommunikation stand. 

Herr Körte: Vorstellung von Kranken mit Magen- und Darm- 
operationen. 

I. Bei einer 37jährigen Frau, die an Magenbeschwerden litt, eine Resistenz 
in der Magengegend hatte, die von ihm als Ulcus der vorderen Magenwand ge- 
deutet wurde, fand K. bei der Operation die vordere Magenwand verdickt. Er 
nahm eine Querresektion des Magens vor — das herausgenommene Stück zeigte 
ein Adenocareinom. Die Frau hat seither 20 Pfund zugenommen. 

Diskussion: Herr Lindner plaidirt ebenfalls für ausgedehnte Resektion 
— da es in sehr vielen Fällen, bei ausgedehnten Geschwürsflächen ohne mikro- 
skopische Untersuchung sehr schwierig sei, zu entscheiden, ob man ein Ulcus oder 
ein Carcinom vor sich habe. 

II. Eine andere Pat. litt seit 3/4 Jahr an Verstopfung, Abmagerung, blutigem 
Stuhl, dasu einer höckerigen Geschwulst am linken Leberlappen, die anscheinend 
mit der Leber nicht susammenhing und den Verdacht auf einen Tumor des Colous 
nahe legte. Bei der Operation fanden sich nach Durchtrennung zahlreicher Ver- 
wachsungen auf dem linken Leberlappen mehrere Tumoren, die man für Car- 
einome halten musste. Schluss der Bauchwunde. Heilung. 

Nach 5/, Jahre hatte sich eine erhebliche Gastrektasie entwickelt; eine er- 
neute Operation stellte seltsamerweise das Verschwundensein der Lebergeschwülste 
— es waren also wohl Gummata — fest. Am Pylorus dagegen fand sich eine 


282 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


deutliche Härte, die den Eindruck eines Carcinoms machte. Resektion des Pylorus 
nach Billroth mit nachfolgender Gastroenterostomie — guter Erfolg. Die aus- 
geschnittene Verdickung wies mikroskopisch nur Narbengewebe auf. 

III. Bei einem 36jährigen Manne musste K. vor 11/3 Jahre wegen starker 
Verwachsungen eines am Pylorus ansitzenden Tumors auf die Resektion verzichten 
und sich auf die Gastroenterostomie beschränken. Ebenfalls guter Erfolg. Ge- 
wichtsezunahme: 14 Pfund. 

Trotz der Vergrößerung des Magens hält derselbe doch Wasser und Luft 
zurück, es hat sich also ein gut funktionirender Sphinkter herausgebildet. Ein 
Tumor ist nicht mehr zu fühlen. Es hat sich also um ein Ulcus und Perigastritis 
gehandelt. 

In der Diskussion fügt 

Herr Stadelmann diesen Ausführungen hinzu, dass der betreffende Pat. von 
seiner Abtheilung stamme und wegen fortdauernden Erbrechens und kolossaler Ab- 
magerung transferirt worden sei. Die Magenausspülung, bei welcher 3 Liter ent- 
leert wurden, habe kaffeesatzähnliche Massen mit Häminkrystallen (also Blutbestand- 
theilen) ergeben. 

IV. Bei einem 4. Pat. (63 Jahr alt) mit Carcinom der Flexura coli hat 
K. wegen chronischen Darmverschlusses zunächst die Kolostomie, danach auf 
Drängen des Pat. die Entfernung der Geschwulst mit gutem Erfolg vorgenommen. 
Das exstirpirte Stück zeigte geschwürigen Zerfall und eine Striktur von Bleistift- 
dicke (Adenocareinom). 

V. Ein anderer vorgestellter Pat. (20jähriger Mann) wurde von K. wegen 
Achsendrehung der Flexura coli und Ileus operirt. Die Flexur war um 
360° von rechts nach links torquirt, der Darm kolossal aufgebläht. Da er sich 
nicht reponiren ließ, machte K. die Enterotomie, wonach die Darmschlinge kolla- 
birte. Naht der Darmwunde. Um eine Wiederholung der Erkrankung zu ver- 
hüten, nähte K. das Colon an die Bauchwand an. 

Zum Schluss berichtet er über einen Fall von ulceröser Proktitis, bei 
der er genöthigt war, einen Anus praeternaturalis anzulegen. Er wendet dabei 
die Methode von Frank an (Zipfelbildung und Muskelsphinkter) und nimmt einen 
völligen Verschluss des distalen Endes vor. Die Pat. hat einen gut verschließ- 
baren Colonafter. Beschwerden geschwunden. Zunahme der Ernährung. 

Herr Herzfeld: 2 Fälle von Gastrostomie wegen Fremdkörper 
in Ösophagusstenosen. 

Ein 19jähriger Arbeiter hatte als Kind von 3 oder 4 Jahren eine ätzende 
Flüssigkeit getrunken, seitdem aber nur selten bei eiligem Essen Schluck- 
beschwerden gehabt. Eines Tages konnte er plötzlich beim hastigeren Verzehren 
von Hammelfleisch nicht weiter essen und hatte das Gefühl, als habe er einen 
Knochen verschluckt. Mit dieser Angabe kam er ins Urban-Krankenhaus, am 
8. Tage danach, nachdem er sich in der Zwischenzeit ausschließlich mit Flüssig- 
keit hatte nähren können. Bei der Sondenuntersuchung wurde 32 cm hinter der 
Zahnreihe ein harter Fremdkörper — der verschluckte Knochen — gefühlt, ohne 
dass es gelang, daneben mit dem Instrument vorbeizukommen. In Anbetracht des 
tiefen Sitzes konnte an eine Entfernung des Fremdkörpers nur durch den Magen 
hindurch gedacht werden. Es wurde daher von Körte die Gastrostomie ge- 
macht, mit vieler Mühe die Cardia abgetastet und eine durch den Mund einge- 
fübrte Haarbougie sum Magen herausgeleitet, mit einem mit 2 Seidenfäden ar- 
mirten dünnen Stück Drainrohr versehen — Methode nach Hacker — und 
wieder zum Munde heraus zurückgezogen, so dass der Drain in die verengte 
Stelle zu liegen kam. Ursprünglich in ausgezogenem Zustande eingeführt, sollte 
er durch seine eigene Elssticität sich verkürzen, dabei an Umfang zunehmen und 
eine allmähliche Dilatation der Stenose bewirken. Beim Einlegen des Drains 
wurde zum Munde heraus ein Fremdkörper geschleudert, der sich aber nicht als 
ein Knochen, sondern als eine kleine Schraubenmutter erwies. An dem einen 
zum Magen herausgeleiteten Faden wurden in Zwischenräumen von mehreren 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. ` 283 


Tagen immer dickere Drains angeknüpft, die einfach so weit nachgesogen wurden, 
bis sie an die Stelle der Striktur zu liegen kamen (Sonde ohne Ende). Als die 
Verengerung ganz beseitigt war, wurde die Magenfistel zum Verschluss gebracht, 
was ohne Nachoperation gelang. Pat. ist seitdem, bald 2 Jahre, völlig frei von 
Beschwerden und kann Alles schlucken. 

Ein zweiter Pat. (22jähriger Schlosser) leidet seit etwa 14 Jahren an jährlich 
wiederkehrenden Schluckbeschwerden, die einige Tage anhalten und dann jede 
Nahrungsaufnahme unmöglich machen. Irgend eine ätzende Flüssigkeit hat er 
früher nie getrunken. Ende März 1897 konnte er wieder plötzlich beim Wurst- 
essen nicht mehr weiter schlucken und ist seitdem nicht im Stande, auch nur 
Flüssigkeit su sich zu nehmen. Nach 8 Tagen wurde er ins Krankenhaus aufge- 
nommen, und hier wurde 39 cm hinter den Schneidezähnen ein Hindernis fest- 
gestellt, das für alle eingeführten Sonden unpassirbar war; jeder Versuch der 
Nahrungsaufnahme misslang; eine kleine Apomorphindose, die Brechreiz auslösen 
und zur Herausbeförderung des Fremdkörpers dienen sollte, hatte nur den Erfolg, 
dass Pat. schwer kollabirte. Als er sich dann erholt hatte, wurde, damals bei 
einem sehr elenden Zustande des Kranken, von Körte die Gastrostomie ge- 
macht und die Erweiterung der Stenose in derselben Weise unternommen wie in 
dem anderen Falle. Am Abend des Operationstages erbrach Pat. plötzlich und 
förderte dabei einen etwa 6 cm langen Zipfel einer sogenannten Knoblauchswurst 
heraus, der in fauliger Zersetzung begriffen war. 

Danach war die Passage sofort durchgängig, und es trat ohne Zwischenfälle 
sowohl vollkommenes Schluckvermögen, wie Heilung der Magenfistel ein. Pat. ist 
seitdem ohne alle Beschwerden. 

Es muss sich hier um ein Divertikel gehandelt haben, in welches der Wurst- 
zipfel hineingerathen war; dadurch hatte er es ausgedehnt, und auf diese Weise 
war das Lumen des Ösophagus verlegt worden. 3 

Da keine Geschwulst nachweisbar ist, weder im Ösophagus noch in seiner Um- 

gebung, die Anamnese absolut nichts erbringt, was zur Annahme eines Traumas 
berechtigte, erscheint die Annahme eines Divertikels gerechtfertigt. 
R Danach stellt H. einen 22jährigen Schlosser vor, der im August 1895 mit den 
Erscheinungen von fötider Bronchitis, die seit 5 Wochen bestand und sich im An- 
schluss an ein Trauma entwickelt hatte, in die innere Abtheilung des Urban- 
krankenhauses aufgenommen wurde. Hier koncentrirten sich die Anfangs diffusen 
bronchitischen Erscheinungen zu einer Infiltration in der rechten Spitze, und da 
das Sputum unverändert fötid und dreischichtig blieb, niemals Tuberkelbacillen 
enthielt, wurde hier eine bronchiektatische Kaverne vermuthet. 

Es wurde demgemäß von Körte nach Resektion der 2. und Auskneifen eines 
Stückes der 1. Rippe und Vernähung der beiden Pleurablätter mit dem Thermo- 
kauter ohne nennenswerthe Blutung eine Incision in die Lunge gemacht (Januar 
1896). Dabei wurde jedoch nur eine kleine Kaverne eröffnet. Der Zustand änderte 
sich zunächst wenig, und in der Annahme, dass noch weitere Höhlen in der Um- 
gebung wären, wurde die Ignipunktur nach 8 Tagen wiederholt. Zunächst ver- 
schlechterte sich das Befinden des Pat., er bekam häufige dyspnoische Anfälle; die 
Wunde kommunicirte mit einem größeren Bronchus, und das Sputum änderte sich 
nicht. Im März trat eine Besserung ein, die Wunde verschloss sich, und das 
Sputum nahm ab. 

Doch schon im April brach unter gleichzeitiger Verschlechterung des Allgemein- 
befindens und Wiederkehr kopiösen, fötiden Auswurfs die Fistel wieder auf. Das 
hielt einige Monate an, wurde im Mai und Juli durch das Auftreten bedrohlicher 
Hämoptysen noch verschlechtert; doch allmählich, vom August an, trat Besserung 
und schließlich Heilung ein, so dass Pat. Ende September 1896 entlassen werden 
konnte. 

“Der Allgemeinsustand hat sich jetst sehr gehoben, die Fistel ist verschlossen, 
und Sputum besteht gar nicht. Über der rechten Lungenspitse ist eine Induration 
durch Schrumpfung eingetreten; doch ist die früher vorhandene Dämpfung jetst 
nicht mehr nachweisbar, wahrscheinlich in Folge kompensatorischen Emphysems, 


284 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


Pat. ist seit seiner Entlassung dauernd arbeitsfähig. Aller Wahrscheinlichkeit 
nach hat es sich in dem Falle um multiple, bronchiektatische Kavernen gehandelt, 
die durch reaktive Entzündung des umgebenden Gewebes, angeregt durch den 
traumatischen Reis des Thermokauters, zum Schrumpfen gebracht sind. 


In der Diskussion erwähnt 

Herr Körte, dass die Hacker’sche Methode — in 4 Fällen von ihm an- 
gewendet — nicht in allen Fällen günstige Erfolge ergeben habe: in 1 Falle 
stellte sich die Striktur wieder ein (der Knabe starb), in einem anderen trat wäh- 
rend der Behandlung der Tod ein, und es fanden sich Geschwüre im Ösophagus. 

Herr Lindner erwähnt, dass er bei Gastrostomien der Frank’schen Methode 
den Vorzug vor der Fenger'schen gäbe — wenn auch bei längerem Bestehen- 
bleiben der Magenwunde in Folge des Ausfiießens von Magensaft die günstige 
Wirkung bald nachlasse. 

Darauf erwiedertHerr Körte,dasser bei Gastrostomie wegen inoperabler Striktur 
(Carcinom) die Bildung eines Muskelsphinkters mittels stumpfer Durchtrennung 
der Reotusfasern und Bildung einer Schrägfistel nach Witzel oder Marwedel 
bevorzuge. Bei der Anlegung einer Magenöffnung zum Zwecke der Behandlung 
von Narbenstrikturen des Ösophagus durehtrennt er den Rectus ebenfalls stumpf 
in der Längsrichtung und näht den Magen möglichst nahe der Cardia ohne Falten- 
bildung ein, bildet eine einfache Magenfistel, in die ein starker Drain eingelegt 
wird, Sarfert (Berlin). 


24) V. Subbotic. Deckung eines Knochendefektes durch entfernte 
Periosttransplantation. 
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1897. No. 9. [Serbisch.)) 


Vor 1 Jahre operirte S. einem 2°/yjährigen Kinde eine nussgroße Encephalo- 
cele an der Nasenwurzel. Die Knochenöffnung, so groß, dass der kleine Finger 
leicht eindringen konnte, wurde in der Weise gedeckt, dass ein Periostlappen von 
der Tibia des Kindes auf den Defekt aufgepflanst wurde. Das Kind ist voll- 
kommen geheilt, der Periostlappen hat Knochen produeirt und die Öffnung ver- 
schlossen. v. Cačković (Agram). 


25) Cohn. Symptomatisches und Forensisches über einen Fall von 
Stirnhirntumor. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 1.) 


Verf. bespricht eingehend die Krankengeschichte eines 49jährigen Mannes, bei 
dem nach einem Falle aufs Gesicht sich rasch nach einander eine linksseitige 
Hemiplegie mit starken Spasmen, doppelseitige Neuritis optica und Gehörsstörung, 
Kopfschmerz, Schwindel, große Unsicherheit beim Gehen und Stehen entwickelten; 
später Urininkontinenz, zunehmende Benommenheit, Singultus, Schluckstörungen, 
gelegentliches Erbrechen; nach mehrtägiger Temperatursteigerung Tod. Bei der 
Sektion fand sich ein hühnereigroßes Fibrom im vordersten Drittel zwischen 
rechter und linker Großhirnhemisphäre. Die mediale Hälfte der rechten Großhirn- 
hemisphäre war stark zusammengepresst, die Windungen abgeplattet. Den Aus- 
gangspunkt der Geschwulst bildete der piale Überzug des rechten Gyrus frontalis 
superior. 

Verf. führt verschiedene differentialdiagnostische Merkmale zwischen Stirnhirn- 
und Balkengeschwülsten auf und berührt zum Schluss die Frage, in welchem Zu- 
sammenhang die Geschwulst mit dem vorhergegangenen Unfall steht. Da die 
Symptome sich so rasch nach dem Unfall entwickelt haben, ist ein Einfluss des- 
selben auf das Wachstham der vorher vielleicht latenten Geschwulst wohl n ch 
ganz von der Hand zu weisen. Steudel (Hannover). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 285 


26) Grunert. Anatomische und klinische Beiträge zur Lehre von den 
intrakraniellen Komplikationen der Otitis. (Aus der kgl. Universitäts- 
Ohrenklinik zu Halle.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 49 u. 50.) 


G. bespricht zunächst kurs die Möglichkeiten des Zustandekommens tiefer 
otogener Extraduralabscesse und erwähnt hierbei eines in der Schwartze’schen 
Klinik beobachteten Falles, wo der Eiter auf dem Wege eines feinen Fistelkanals 
zwischen Paukenhöhle und Canalis caroticus in den letzteren und von hier aus zur 
Pyramidenspitze gelangt war. In einem anderen Falle, in dem die Entstehungs- 
weise unsicher blieb, bestand eine sich bis in die Pyramide erstreckende Ostitis, 
die sich latent von einer scheinbar harmlosen Otitis und Mastoiditis aus entwickelt 
hatte, während in einem weiteren, nach der Operation günstig verlaufenen der 
an der vorderen Fläche der Pyramidenspitze gelegene Abscess durch eine Fistel 
mit einer Labyrintheiterung in Verbindung stand, ohne dass klinische Erschei- 
nungen für die schwere intrakranielle Komplikation sprachen. Auch G.’s Beob- 
achtungen erweisen von Neuem die Schwierigkeit der Diagnose tiefer Extradural- 
abscesse. Im Weiteren erörtert Verf. an der Hand dreier günstig und 1 tödlich 
verlaufenen Falles von otogener Sinusphlebitis die bei denselben angewandte Be- 
handlung, um die Unterbindung der V. jugularis int. als Voroperation sur Ver- 
hütung der Verschleppung von Thromben in die Blutbahn, ev. auch die Luft- 
aspiration bei der nachfolgenden breiten Eröffnung und Tamponade des Sinus 
sigmoideus nach unten bis in den Bulbus, nach oben bis über die Einmündungs- 
stelle des Sinus petros. sup., zu empfehlen. Freilich kann diese Therapie nur 
dann, wenn die tieferen Sinus, besonders die Sinus petrosi, noch frei von Thrombose 
sind, und wenn frühzeitig operirt wurde, von Erfolg sein; die pyämischen Folgen 
der Sinusthrombose können nur bei noch günstigem Kräftezustand des Pat. über- 
wunden werden. — Für die Diagnose intrakranieller Komplikationen der Otitis 
hat sich, wie schon Leutert hervorgehoben (s. ds. Blatt 1897 p. 675), in der 
Schwartze’schen Klinik die Lumbalpunktion bewährt, theils dass der negative 
Ausfall derselben das Vorhandensein einer diffusen eitrigen Leptomeningitis aus- 
schloss, theils dass das positive Ergebnis das Bestehen einer solchen sicherte, im 
ersteren Falle eine operative Behandlung gerechtfertigt, in letzterem zwecklos 
wurde. Indess sind in der genannten Klinik 2 Todesfälle nach der Punktion 
beobachtet worden, wenn auch nicht sicher festgestellt werden konnte, ob letztere 
daran Schuld war. 

Die Arbeit ist wegen ihrer ausgezeichneten epikritischen Besprechung des 
ihr zu Grunde gelegten Materials besonderen Studiums werth. 

Kramer (Glogau). 


27) E. J. Moure. Sur trois cas de complications intracraniennes 
d’origine otique. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 43.) 


Der 1. Fall betraf einen 5jährigen Knaben, welcher an Mittelohreiterung litt. 
Nach Entfernung adenoider Wucherungen hörte die Eiterung auf, trat aber drei 
Monate später während einer Masernerkrankung wieder ein. 8 Monate nach den 
Masern meningitische Erscheinungen und Periostitis mastoidea. Nach Eröffnung 
des Warsenfortsatses fand sich ein großer extraduraler Abscess, nach dessen Ent- 
leerung Heilung eintrat. — Im 2. Falle wurde die Operation an einer Wöchnerin 
vorgenommen; auch hier fand sich ein extraduraler Abscess, die krankhaft ver- 
färbte Dura wurde punktirt, es entleerte sich aber kein Eiter. Die Kranke starb, 
und bei der Sektion ergab sich ein großer Hirnabscess, welchen die Punktion 
wegen starker Verdickung der Hirnhäute nicht erreicht hatte. — Auch der 3. Fall, 
bei einem 2!/sjährigen Kinde, endete tödlich trotz Operation, in Folge eitriger 
Sinusthrombose. Teichmann (Berlin). 


286 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


28) ©. H. Burnett. Otitic epidural abscess in the middle cranial 
fossa associated with abscess of the temporal lobe of the brain. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. November.) 

Im Anschluss an chronische Otorrhoe traten ziemlich plötzlich Hirnerschei- 
nungen auf, bestehend in Kopfschmerz, Bewusstseinstrübungen, Paraphasie. Zuerst 
wurde das Antrum mastoideum, der Aditus und das Mittelohr freigelegt; es fanden 
sich nur spärliche Granulationen, keine Verbindung am Tegmen tympani mit der 
Schädelhöhle. Die Trepanation, 1 Zoll hoch über dem Meatus audit. ext., zeigte 
die Dura pulsirend, an dem vorderen Umfang der Trepanationsöffnung etwas ge- 
röthet. Eine an dieser Stelle zwischen Dura und Knochen gegen das Tegmen 
tympani eingeführte Hohlsonde ließ einige Kubikoentimeter Eiter hervorquellen. 
Drainage. Verband. In den nächsten Tagen nahmen trotzdem die Hirnerschei- 
nungen zu; eine weitere Aufmeißelung und Herstellung einer Kommunikation 
zwischen Abscesshöhle und Mittelohr durch das Tegmen tympani brachten auch 
keine Besserung. Nach weiterer Spaltung der Dura und Punktion des Schläfe- 
lappens entdeckte man erst den Hirnabscess. Trotz ausgiebiger Drainage erfolgte 
nach einigen Tagen der Tod. 

Der Fall ist lehrreich genug, um seine Mittheilung zu rechtfertigen. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


29) Scheibe. Zwei Fälle von Felsenbeinfraktur. 
(Verhandlungen der deutschen otologischen Gesellschaft 1897.) 

Die beiden Fälle wurden in der Angerer’schen Klinik beobachtet und gingen 
17 resp. 21 Tage nach dem Unfall durch Meningitis zu Grunde; beide Male waren 
es Querbrüche gewesen, von denen der eine allerdings erst nach der Entkalkung 
sichtbar wurde. Die Bruchlinien verliefen vom inneren Gehörgang entlang dem 
Facialiskanal mit mehrfachen Nebensplitterungen. Die Schnecke selbst war nur 
in dem Falle der stärkeren Gewalteinwirkung eröffnet, während im anderen Falle 
die Bruchfläche der Schnecke ausgewichen und nach dem Vorhof zu gegangen 
war. Das histologische Bild der reinen Fraktur war stark verwischt durch die 
vorherrschenden entzündlichen Veränderungen; doch ließ sich gut — im Gegensatz 
zu anderen Beobachtungen — eine auffallend rasche Heilungstendenz der Fraktur- 
stellen feststellen ; nicht nur bindegewebige und solide Vereinigung, sondern auch 
eine knöcherne Konsolidation war auf weiten Strecken nachzuweisen. 

6. Zimmermann (Dresden). 


30) H. du Fougeray. Note sur les diverses lésions de l’oreille, du 
nez et du pharynx que l'on trouve chez les enfants places dans les 
institutions de sourds-muets; importance de leur traitement. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 37.) 

Unter 45 vom Verf. untersuchten taubstummen Kindern hatten 22 noch Reste 
von Gehör; von diesen zeigten 14 ausschließlich Veränderungen des Mittelohrs, 
und zwar nur 2 die Reste einer geheilten Eiterung, die übrigen 12 chronisch- 
katarrhalische Veränderungen, außerdem 6 von diesen 14 Kindern eine stärkere 
oder geringere Tubenverstopfung. Von den Krankheiten des Halses und der Nase 
seien erwähnt 6 Fälle adenoider Wucherungen und 3 Fälle starker Gaumen- 
mandelhypertrophie bei diesen 14 Kindern. 6mal gelang es Verf., die Einwilligung 
der Eltern zu operativen Eingriffen zu erlangen, und zwar entfernte er 3mal die 
adenoiden Wucherungen, 3mal die Gaumenmandeln. Der Erfolg der Operation 
war für die Respiration in allen Fällen ein vollkommener, für die Artikulation 
2mal ein sehr bedeutender, 4mal geringer, aber noch allmählich sich steigernd. 
Das Gehör wurde durch die Operation in 1 Falle sehr gebessert, in 4 Fällen we- 
niger, in 1 gar nicht. Die übrigen Behandlungsmethoden (Luftdusche, Sondirung) 
brachten aber für das Gehör noch in 8 Fällen erhebliche, in 5 weniger deutliche 
Besserung. Die neuerdings von Urbantschitsch aufgenommene Behandlungs- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 287 


methode der Taubstummheit war noch nicht in Anwendung gekommen. Die 
Arbeit liefert einen werthvollen Beitrag zu der noch lange nicht energisch genug 
betriebenen lokalen Behandlung der Taubstummen. Teichmann (Berlin). 


31) Depage. Un cas de résection du ganglion de Gasser. — Un cas 
de résection de la troisième branche du trijumeau à la sortie du 
trou ovale. 

(Bull. de Y’acad. royale de méd. de Belgique 1897. No. 9.) 

D. resecirte bei einer 56 Jahre alten Dame das rechte Ganglion Gasseri nach 
Krause. Der Erfolg war günstig Betrefis der neuralgischen Anfälle, aber vom 
8. Tage an begann eine Ulceration der Cornea, welche nicht mehr heilen will, so 
dass die Enukleation nöthig werden dürfte. Rose und J,aguaite beobachteten 
dasselbe, während Doyen, Krause und Richardson keine trophischen Stò- 
rungen am Auge erhielten. 

Der 2. Fall betrifft eine 67 Jahre alte Person, der D. den 3. Ast am Ausgang 
des Foramen ovale nach Salzer — temporäre Resektion des Arcus zygomaticus — 
resecirte. Guter Erfolg. D. hält diese Operation für schwieriger als die Krause- 
sche endokranielle. E. Fischer (Straßburg i/E.). 


32) T. Heimann. Ein Fall von eitriger Entzündung der Highmors- 
und der Stirnhöhle. 
(Medycyna 1897. No. 50.) 

Verf. berichtet über folgenden äußerst seltenen Fall von Hirnabscess im An- 
schluss an eine Eiterung der Nase besw. deren Nebenhöhlen. Pat. wurde wegen 
Kopfschmersen und intermittirenden Fiebers in die interne Abtheilung auf- 
genommen, von dort aber nach einigen Tagen wegen Ohrenschmerzen nach Verf. 
Abtheilung verlegt. Daselbst in bester Laune angelangt, verlor er plötzlich das 
Bewusstsein und starb bald darauf. Es konnte bloß mäßiger Exophthalmus, 
Cyanose, fadenförmiger Puls bei normaler Temperatur konstatirt werden. Die 
Sektion ergab folgenden Befund: Die harte Hirnhaut in der rechten Stirngrube 
stark verdickt, zwischen derselben und dem Knochen daselbst dicker Eiter. Der 
rechte Stirnlappen abgeflacht, schwarz verfärbt. In einer Tiefe von etwa (a em 
von der Hirnfläche daselbst ein taubeneigroßer Abscess, welcher mittels einer 
dünnen Fistel mit der Hirnoberfläche kommunieirte. An der Hirnbasis ebenfalls 
dicker Eiter. Beide Stirn- und Highmorshöhlen mit grünlichem, geruchlosem 
Eiter erfüllt, eben so die Siebbeinzellen. Eine Kommunikation zwischen den 
Knochenhöhlen und der Schädelhöhle nicht vorhanden. Die Knochen eben so wie 
der Gehörgang ganz normal. Trzebicky (Krakau). 


33) Mouret. Contribution à l’etude du traitement de l’ozene. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 38.) 

Eine einsige Krankengeschichte, aber typisch für alle Ozaenafälle, in welchen 
Arzt und Pat. die nöthige Ausdauer beweisen. Die Behandlung nahm folgenden 
Verlauf: 2mal täglich Salswasserspülungen mit nachfolgender Einblasung von 
Aristol; daneben abwechselnd 2 Wochen lang innerlich glycerinphosphorsaurer 
Kalk, 2 Wochen lang Solutio arsen. Fowleri. Außerdem 3mal wöchentlich Vi- 
brationsmassage der Nasenschleimhaut mit Jodjodkaliumlösung. Nach 4 Wochen 
statt der einfachen Massage »Elektromassage« mit nachfolgender Mentholöleinbla- 
sung. Nach 11/2 Monat statt der Mentholbehandlung Atzungen der Schleimhaut 
mit Chlorzinklösung. 4 Monate nach Beginn der Behandlung wurde mit der 
Massage aufgehört und die Behandlung mit Antidiphtherieserum eingeleitet, weil 
sich in den Krusten unter anderen Bakterien auch die Löffler’schen Bacillen 
fanden. Jetzt folgten 28 Seruminjektionen, trotz einer ausgebreiteten Urticaria 
nach der 5. Einspritzung und vorübergehender Glykosurie. Hierauf verlor Pat. 
nicht bloß den Appetit, sondern auch den Muth und ging auf 4 Wochen nach 


288 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


Vichy. Von hier kam er anscheinend geheilt surück, aber nach kaum 3 Wochen 
war ein Rückfall zu verzeichnen. Es dauerte nun 4 Monate, bis man sich zu 
einer neuen Behandlung entschloss, nämlich zur Elektrolyse. Von dieser wurden 
innerhalb von Lie Monat 3 Sitzungen applieirt ohne merkliches Resultat. — 
Auffallend ist, dass die Affektion nur einseitig war; vielleicht lag eine Neben- 
höhlenerkrankung vor; die Erfolglosigkeit der Behandlung allein spräche zwar 
nicht gegen die Richtigkeit der Diagnose »Ozaenas. Teichmann (Bern, 


34) Noquet. Un cas de tumeur papillaire du cornet inferieur et de 
la cloison. 
(Revue de laryngol. 1897. No. 38.) 

Die Geschwülste waren multipel, saßen breitbasig der Schleimhaut an der 
unteren Muschel und der gegenüberliegenden Septumpartie auf und zeigten alle 
ein papilläres Aussehen. Die Entfernung erfolgte mit der kalten Schlinge ohne 
zu starke Blutung. Nach 10 Monaten Recidiv, jetzt ausgiebige Anwendung des 
Galvanokauters auf die Implantationsstellen, worauf dauernde Heilung eintrat. 
Mikroskopisch zeigte sich nur das Epithel zu Papillom gewuchert, das binde- 
gewebige Stroma war nicht papillär angeordnet, enthielt zahlreiche weite Blut- 
gefäße und interstitielle Blutergüsse, aber nur kleine cystische Hohlräume. Be- 
züglich der papillären Anordnung des Epithels nimmt Verf. eine Hypothese von 
Lapersonne an, dass sie vielleicht eine Folge der unaufhörlichen Luftstöße 
sei, von welchen die im unteren Nasengang sitsenden Geschwülste getroffen werden, 
ähnlich wie die meisten Blasengeschwülste im Niveau der Harnleitermündungen 
wahrscheinlich in Folge der ihnen von dem vorbeifließenden Urin mitgetheilten 
kleinen Bewegungen ein zottiges Aussehen erhalten. Teichmann (Berlin). 


35) Schulz. Über Oberkieferresektionen. 
Diss., Greifswald, 1897. 

S. bespricht die Geschichte der Oberkieferresektionen und berichtet über die 
seit 1887 in der Greifswalder Kliinik ausgeführten Resektionen. 

Von 18, fast alle wegen bösartiger Neubildung ausgeführten Totalresektionen 
endigten 4 mit Tod, 4 Fälle recidivirten noch vor der Entlassung, 10 wurden ge- 
heilt entlassen. Von diesen 10 sind 8 an nicht genau anzugebenden Krankheiten 
gestorben, 2 sind noch am Leben, wovon 1 ein Recidiv hat, 1 nach 1/,"Jahr sicher 
reeidivfrei ist. 

Die Resultate der partiellen, ebenfalls meist wegen bösartiger Neubildungen 
ausgeführten Resektionen sind günstiger. Von 16 Pat. starb 1, die übrigen 
wurden geheilt entlassen. Bei der Nachfrage waren 5 Pat. nicht zu ermitteln, 
4 sind gestorben, die übrigen (6) sind gesund und recidivfrei. 

2 temporäre Resektionen verliefen günstig. S. empfiehlt die von N&laton- 
Fergusson modifieirte Dieffenbach’sche Schnittführung. 

Sudeck (Hamburg). 


36) L. Bilczyński. Über die operative Behandlung der Kiefer- 
ankylose. 
(Przegląd chirurgiczny Bd. IIL Hft. 4.) 

Ein 13jähriges Mädchen hat vor 7 Jahren eine schwere Variola überstanden. 
Im Anschluss hieran stellte sich ein langwieriger linksseitiger Ohrenfluss ein, 
welchem Ankylose des linken Kiefergelenks folgte. Die Untersuchung zeigte, 
dass der Unterkiefer und das Kinn stark nach rückwärts verdrängt waren, so dass 
die unteren Zähne direkt auf den harten Gaumen drückten. Das Öffnen des 
Mundes war absolut unmöglich. 

Krajewski führte die Operation der Ankylose nach Helferich aus. Senk- 
rechter Hautschnitt vor der Ohrmuschel, wovon 4cm ober- und 2 em unterhalb 
des Jochbogens zu liegen kamen. Von einem 2., hierzu senkrechten Schnitt aus 
wurde der Jochbogen in einer Ausdehnung von 3 cm resecirt. Vorsichtig in die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 289 


Tiefe vordringend, stieß Krajewski schließlich auf die neugebildete Knochen- 
masse, welche die Schädelbasis so wie den Gelenks- und Rabenfortsatz zu einem 
Ganzen verband. Resektion der Knochenmasse in einer Ausdehnung von etwa 
2em. In den hierdurch entstandenen Spalt wurde ein dem M. temporalis ent- 
nommener Lappen eingepfianst. Die Zähne konnten unmittelbar nach der Ope- 
ration 3cm weit von einander entfernt werden. Glatte Heilung. Dauernder 
Erfolg. Trzebicky (Krakau). 


37) L. Pekoslawski. Ein durch Extractum chelidonii majoris ge- 
heilter Fall von Gesichtskrebs. 
(Medycyna 1897. No. 32.) 


Eine ö3jährige Bäuerin litt seit mehreren Jahren an einem exulcerirten Epi- 
thelialkrebs der linken Gesichtshälfte, welcher einen Theil des unteren Augenlides, 
die Wange und den Nasenflügel einnahm, überall bis auf den Knochen bezw. die 
Schleimhaut dringend. Zahlreiche operative Eingriffe erwiesen sich bei der Hart- 
näckigkeit des Leidens erfolglos, und erst die vom Verf. 6mal binnen 20 Tagen 
ausgeführte parenchymatöse Injektion sowohl in die Neubildung als auch deren 
Umgebung von je 1 g einer Lösung von Extr. chelidonii majoris Ferreini, Aquae 
dest., Glycerin & brachte völlige Heilung. Der Wundverband wurde mit in Lösung 
von Extr. chelidonii und Glycerin & getauchte Gage gemacht. 

Trzebicky (Krakau). 


38) Claisse. L’actinomycose linguale primitive. 
(Presse méd. 1897. No. 26.) 


Verf. theilt einen Fall von primärer Aktinomykose der Zunge mit, welche 
ganz anders verläuft als die sonstigen, besonders sekundären Aktinomykosen in 
der Mundhöhle oder am Unterkiefer. Er betont die außerordentliche Schwierigkeit 
der Differentialdiagnose zwischen dieser Erkrankung, Geschwülsten und Syphilis. 
Im vorliegenden Falle war zuerst nur eine Rhagade an der Zunge gegenüber einem 
cariösen Zahn bemerkt. Einen Monat später wurde eine kleinnussgroße harte 
Schwellung in der Zungenmuskulatur konstatirt, ohne Fluktuation, ohne Schmerzen, 
nur das Sprechen und Essen behindernd. Die Schleimhaut darüber war völlig 
intakt, die Schwellung nicht deutlich abgrenzbar. Damals wurde die Diagnose 
auf Syphilis gestellt trotz Ableugnens von Seiten des Kranken und jeglichen 
Mangels irgend welcher verdächtiger Erscheinungen. Eine Jodkalikur besserte 
auch das Leiden. Jedoch 5 Monate darauf war die Schwellung wieder größer und 
fluktuirte. Eine Probepunktion entleerte mit Körnern vermischten Eiter, der sich 
mikroskopisch als von Strahlenpilzen herrührend erwies. Eine nunmehr energisch 
eingeleitete innere Therapie mit Jodkali führte zur vollkommenen Heilung! 

So lange eine solche Geschwulst keine Fluktuation zeigt, besteht keine andere 
Möglichkeit, ihren wahren Charakter zu erkennen, als die Beobachtung und die 
versuchsweise Anwendung des Jodkali, deren eventueller Erfolg aber immer noch 
nicht die Unterscheidung zwischen Aktinomykose und Syphilis gestattet. 

Tschmarke (Magdeburg). 


39) M. Bockhorn. Ein Fall von Tuberkulose der Parotis. 
Inaug.-Diss., Berlin 1897. 268. 

Den Speicheldrüsen wurde bekanntlich von jeher eine gewisse Immunität gegen 
Tuberkulose zugeschrieben, und es gehören in der That die Speicheldrüsentuber- 
kulosen zu den größten Seltenheiten. Dass sie aber immerhin vorkommen, be- 
weist, außer dem von Stubenrauch veröffentlichten Falle, die von B. mitgetheilte 
Beobachtung. 

Die 49jährige, sonst nicht tuberkulös afficirte Pat. bemerkte 1/4 Jahr vor ihrer 
Aufnahme eine innerhalb 8 Tagen schmerslos ihr Maximum erreichende Schwellung 
der linken Wange. Im weiteren Verlauf traten starke Schmerzen und in letster 
Zeit auch Zunahme der Schwellung auf. Die Untersuchung ergab starke Schwel- 


290 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


lung der linken Wange mit stärkster Vorwölbung, 2fingerbreit, vor dem Ohransats. 
Pralle Konsistenz ohne deutliche Fluktuation. Keine Anhaltspunkte für Speichel- 
retention. Es besteht ausgesprochene Kiefersperre. 

Bei der 1. Operation wurde der obere Theil der Parotis entfernt. Derselbe 
enthielt einen kirschkerngroßen Käseherd und im Übrigen graues, körniges Ge- 
webe. Die 2. Operation bestand in Entfernung des größten Theils der brüchigen 
Parotis mit dem scharfen Löffel. Das Gewebe hatte einen gummaähnlichen Cha- 
rakter, so dass Jodkali verabreicht wurde. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab jedoch, dass es sich um zweifellose Tuberkulose handelte. Dieselbe hatte 
ihren ursprünglichen Sitz nicht in den Drüsenszellen, wie Stubenrauch für seinen 
Fall annimmt, sondern im Bindegewebe der Drüse. Dass es sich aber nicht um 
eine von den auf und in der Parotis sitsenden Lymphdrüsen ausgehende Tuber- 
kulose handelte, schließt Verf. aus dem Umstand, dass die Parotis in ganzer Aus- 
dehnung diffus erkrankt war. 

Bezüglich der Ätiologie stellt Verf. folgende 4 Möglichkeiten auf: 

1) Reizung der Wangenschleimhaut durch einen cariösen Zahn und Fort- 
pflansung der Entzündung durch den Ductus Stenonianus. 

2) Direkte Infektion durch einen cariösen Zahn. (Durch Vermittlung der 
Blut- oder Lymphbahn, nicht auf dem Weg der Speichelausführungsgänge.) 

3) Fortpflanzung der Infektion von dem entzündeten Zahnfleisch aus. 

4) Verletzung der Mundschleimhaut durch einen cariösen Zahn und Fort- 
pflanzung von da aus durch die Blut- oder Lymphbahn. 

B. neigt zu der Ansicht, dass die Infektion der Parotis von der Mundhöhle 
aus auf dem Lymphweg in einer der unter 2-4 beschriebenen Modifikationen 
stattgefunden habe. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


40) Mayer. Remarks on laminectomy with report of a case done 
sixteen months after fracture. 
(Annals of surgery 1897. August.) 

Verf. berichtet über einen von ibm mit relativ günstigem Erfolge operirten Fall 
von Fraktur der Bögen des ersten und zweiten Lendenwirbels, 16 Monate nach 
der durch Verschütten erfolgten Verletzung. Es hatten ursprünglich vollkommene 
Anästhesie der unteren Körperhälfte, Paraplegie der Unterextremitäten, Lähmung 
der Blase und des Mastdarms bestanden. Allmählich waren die Erscheinungen 
allerdings zurückgegangen, doch befand sich Pat. sur Zeit der Operation noch 
in einem sehr elenden Zustand. Durch einen Längsschnitt wurden die Wirbel- 
bogen bloß gelegt, als mit leichter Dislokation geheilt gefunden und abgekniffen. 
Die Dura war mit dem Rückenmark verwachsen und nicht eröffnet. Eine Ein- 
schnürung oder sonstige äußerlich sichtbare Veränderung war am Mark nicht vor- 
handen. Nach der Operation kehrten allmählich die Funktionen von Blase und 
Mastdarm zurück, eben so besserten sich die motorischen und sensiblen Ausfalls- 
erscheinungen im Bereiche der Extremitäten. Eine vollkommene Heilung trat 
aber nicht ein, offenbar weil nur der geringere Theil der Störungen durch die 
mechanische Kompression des Markes durch die dislocirten Fragmente bedingt war. 

Tietze (Breslau). 


41) R. W. Murray. Forcible straightening of the spine in Pott’s 
disease. 
(Brit. med. journ. 1897. December 4.) 

M. hatte Gelegenheit, in 2 Fällen von Pott’schem Buckel, bei denen er das 
Redressement vorgenommen hatte, durch Autopsie 2—3 Monate nach der gewalt- 
samen Reduktion des Buckels den Zustand der Wirbelsäule und den Einfluss der 
Operation festzustellen. 

Im 1. Falle handelte es sich um einen 4jährigen Knaben, der seit 3 Jahren 
erkrankt war und eine winklige Krümmung im Bereich der unteren Brustwirbel- 
säule aufwies. Ein Abscess, so wie paralytische Erscheinungen waren nicht vor- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 2391 


handen. Die Reduktion wurde in Chloroformnarkose vorgenommen. Nach 2 Mo- 
naten Tod in Folge einer rechtsseitigen Lungenentzündung: Bei der Sektion zeigten 
sich 3 Brustwirbel von der Caries betroffen, 1 völlig zerstört, die durch die Re- 
duktion entstandene Lücke ausgefüllt mit käsigen Massen und erkranktem Gewebe 
— kein Abscess, keine allgemeine Tuberkulose, aber auch nicht das geringste 
Anzeichen von reparativen Vorgängen; die Todesursache — ausgedehnte rechts- 
seitige Lungenentzündung — konnte mit der Operation nicht in Zusammenhang 
gebracht werden. 

Im 2. Falle war ein 31/,jähriges Mädohen ca. 2 Jahre an Spondylitis erkrankt; 
es war ebenfalls eine winklige Krümmung der Brustwirbelsäule vorhanden. Re- 
duktion des Buckels. 3 Monate später Tod unter meningitischen Erscheinungen. 
Zustand der Wirbelsäule bei der Sektion — wie im 1. Falle; allgemeine Tuber- 
kulose, tuberkulöse Meningitis. 

Die Beobachtungen M.’s sind wichtig und interessant: ; 2—3 Monate nach der 
Reduktion des Buckels konnten keinerlei Heilungsvorgänge an den erkrankten 
Wirbeln wahrgenommen werden. Die durch die Streckung der Wirbelsäule ent- 
standene Lücke war mit käsigen, fungösen Massen ausgefüllt, Anzeichen von 
Knochenneubildung nicht vorhanden. 

Der kleinen Mittheilung sind gute Photographien zur Illustration beigegeben. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


42) Parascandolo. Contributo alla cura della spina bifida. 
(Gazz. degli ospedali e delle olin. 1897. No. 139.) 

Die Hydromeningocele der 16 Jahre alten Kranken wurde nach dem Berger- 
schen Verfahren operirt, d. h. nach Öffnung des Sackes wurden die nervösen 
Theile reponirt, ein Knochenstück aus dem Schulterblatt des Kaninchens im- 
plantirt und genäht. 2 Jahre spăter war der Knochen swar resorbirt, doch war 
Pat. geheilt: man fühlte nur den derben Narbenstrang an der betreffenden Stelle 
im Lendentheil der Wirbelsäule. Dreyer (Köln). 


43) H. Maass. Kasuistische Mittheilungen aus der äußeren Ab- 
theilung. I. Zur operativen Behandlung der Spina bifida occulta. 
II. Kongenitale Cyste des Peritoneums. 


(Veröfentlichungen aus der Poliklinik für Kinderkrankheiten des Privatdocenten 
Dr. H. Neumann in Berlin.) 


I. Verf. bespricht im Anschluss an einen eigenen Fall diejenige Form der 
Misebildung, bei der das Rückenmark selbst im Wesentlichen normal sich verhält, 
und nur eine Wirbelspalte besteht, durch deren Verschluss das Rückenmark eine 
Kompression erfährt. 

Diese Kompression erfolgte durch Geschwulstentwicklung in den Fällen von 
v. Recklinghausen (Virchow’s Archiv Bd. CV p. 243), Bohnstedt (Virchow’s 
Archiv Bd. XLVII), Muskatello (Langenbeck's Archiv Bd. XLVII). In dem 
bis dahin einzigen operirten Falle wurde die Cauda equina durch einen horizontalen 
Strang in der verschließenden Membran eingeschnärt. (Jones Brit. med. journ. 
1891). Verf. operirte ein 3jähriges Kind. 

Dasselbe zeigte schon im 3. Lebensmonat starke Spreisung und Außenrotation 
der Beine, die es wenig bewegte; linker Fuß marmorirt und kalt, häufiger Mast- 
darmvorfall, Uriosekretion ungestört. Das Kind lernte nie allein stehen. Vor 
der Operation fand sich außerdem: beiderseits starker Pes valgus, links leichte 
Equinusstellung und Verkürzung um 1 cm. Spastische Widerstände bei passiver 
Bewegung. Bei guter Unterstützung ein spastisch-paretischer Gang. Patellar- 
reflexe links ganz erloschen, rechts noch erhalten. Die elektrische Erregbarkeit 
und die Sensibilität beiderseits völlig normal. Ein großes Lipom markirte die 
Stelle der Missbildung. 

Die Operation zeigte einen Wirbelspalt vom untersten Brust- bis zum 
1. Kreuzbeinwirbel, durch eine fibrinds-muskuläre Platte gedeckt. Letztere wurde 
an ihrer linksseitigen Insertion durchtrennt, der Wirbelkanal nicht eröffnet. In 


292 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


2 Wochen Heilung der Wunde. 10 Tage nach der Operation fangen die Spasmen 
an zu verschwinden. Nach 4 Wochen erste selbständige Gehversuche. Nach 
1/2 Jahre konnte das Kind stundenlang gehen. Das rechte Bein verhält sich mit 
Ausnahme eines Pes valgus fast völlig normal Links sind die früheren Er- 
scheinungen noch vorhanden, aber auch wesentlich geringer, dagegen hat die 
Verkürsung zugenommen, und die linke Ober- und Unterschenkelmuskulatur 
zeigt träge Zuckung auf faradische und galvanische Reizung, keine Entartungs- 
reaktion. Die Patellarreflexe fehlen auf beiden Seiten. 

II. Verf. fand bei einem 7 Monate alten Mädchen, das nach einer Probelaparo- 
tomie seinem Grundleiden erlag, eine 680 g schwere cystische Geschwulst. Die- 
selbe ging breit vom Bauchfell der rechten Lendengegend aus, hatte die Niere 
nach unten, den gesammten Darm nach links gedrängt und su einem abgesackten 
Ascites geführt. 

Sie besteht aus einer centralen Cyste, von zahllosen kleineren umgeben. In 
der Wand, die aus welligen Bindegewebssügen gebildet ist, befinden sich zahl- 
reiche zum Theil solide Sprossen, die Cysten waren von mehrschichtigem Flimmer- 
epithel ausgekleidet. Die Geschlechtsorgane waren normal. Verf. glaubt die Ge- 
schwulstbildung weder auf Epoophoron noch auf Paroophoron beziehen zu können. 
Er erklärt nach Waldeyer (Eierstock und Ei p. 125 und 142) dieselbe als 
Bildung des Keimepithels, das ja in früherer Zeit größere Strecken des Bauch- 
fellas noch einnimmt. Im Leben schwankte die Diagnose zwischen Nieren- und 
Lebergeschwulst oder einem 3. Ursprung. F. Göppert (Breslau). 


44) Hildebrand. Über doppelseitiges Caput obstipum. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 584.) 


Den 1. Fall dieser Art beobachtete H. an einem in der Berliner Charité in 
Steißlage geborenen Kind, dessen Kopf durch Expression herausbefördert war, 
Etwa 4 Woohen nach der Geburt zeigte sich abnorme Kopfhaltung, nämlich 
Beugung nach hinten und Fixirung in dieser Stellung. In der Mitte beider 
Kopfnicker fanden sich zwetschengroße, harte, knollige Schwellungen, an deren 
Exstirpation sich Eiterung und binnen 4 Wochen Tod an Atrophie und Broncho- 
pneumonie anschloss. Die mikroskopische Untersuchung der Geschwülste ergab 
eine Myositis interstitialis, wie sie bei analogen einseitigen Fällen von Köster 
beschrieben ist. Die vorhandene Kopfhaltung ist durch die Insertionsstelle der 
Kopfnicker hinter dem Atlanto-Oceipitalgelenk leicht erklärlich. 

Verf. bespricht im Anschluss an den Fall die Atiologie des Leidene, bei dem 
bekanntlich Muskelzerreißungen des Kopfnickers in der Geburt eine Rolle spielen. 
6 Fälle von doppelseitigem Kopfnickerries bei der Geburt sind bekannt, eben so 
4 doppelseitige sog. Kopfnickerhämatome ohne Kopfhaltungsanomalie, denen H. 
einen 5. Fall aus eigener Beobachtung anreiht. Da übrigens bekanntlich nicht 
alle Kopfnickerrisse bezw. »Hämatome« zu Schiefhals führen, kann der letztere 
keine rein traumatische Affektion sein. Aus diesem Grund ist auch von früh- 
zeitigen Operationen dieser Muskelgeschwülste abzustehen und zunächst Massage 
und passive Bewegungen zu versuchen. Welches Agens aber, zu dem vorhandenen 
Muskeltrauma hinzutretend, die zu Schiefhals führende Myositis veranlasst, ist 
noch unklar. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


45) H. Alderson. A case of cervical ribs. 
(Brit. med. journ. 1897. December 4.) 

A. wurde von einem 2ljährigen Mädchen wegen einer sie kaum belästigenden 
Geschwulst der rechten Halsseite konsultirt. Er konnte durch Aufnahme mit 
Röntgenstrahlen nachweisen, dass die Geschwulst in einer ausgewachsenen, mit 
dem 7. Halswirbel artikulirenden Halsrippe bestand, die unter dem Schlüsselbein 
weg eine wahrscheinlich knorplige Vereinigung ihres Schaftes mit der 2. Rippe 
einging. Auch auf der linken Seite war eine rudimentäre, nur aus Köpfchen, 
Hals und Tubereulum bestehende Rippe nachzuweisen. Die Röntgenphotographie 
ist beigegeben. F. Krumm (Karlsruhe). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 293 


46) D’Arcy Power. A case of spontaneous disappearance of a con- 
genital cystic Iymphangioma. 
(Brit. med. journ. 1897. December.) 

P. berichtet von einem Pat., bei dem es zu einem »spontanen Verschwinden 
eines großen, oystischen Lymphangioms am Hals« kam. Die Geschwulst war an- 
geboren, begann nach 6 Monaten zu wachsen, so dass sie 11 Monate nach der 
Geburt des Kindes die ganze linke Halsseite — von der Gegend hinter dem Ohr 
bis sur Mittellinie des Halses — einnahm. In den folgenden 7 Jahren wurde sie 
ca. 150mal an den verschiedensten Stellen punktirt, ohne dass sie kleiner wurde 
oder sich sonst veränderte. Im 8. Jahre hat P. einen Theil der aus sahlreichen 
Cysten bestehenden Geschwulst (den im hinteren Halsdreieck gelegenen Theil) 
entfernt. 14 Tage nach der Operation Lymphangitis, Heilung per prim. — Nach 
2 Monaten wurde noch eine Ausdehnung der Geschwulst vom Ohr bis zur Gegend 
des 2. oder 3. Trachealringes konstatir. Im nächsten Halbjahr mehrfache At- 
tacken von Lymphangitis in der Geschwulst, nach denen sie jedes Mal kleiner 
wurde. Nach 9 Monaten war sie auch im vorderen Halsdreieck völlig verschwunden, 
ohne eine Schwiele oder dergl. zurückzulassen. Die Untersuchung des exstirpirten 
Geschwulststückes ergab tieferliegende große, mit Blut gefüllte und oberflächliche 
kleinere, mit klarer Flüssigkeit gefüllte Cysten in den tiefen Lagen des Corium 
und des Unterhautzellgewebes — die Auskleidung bestand aus einer einfachen 
Endothelschicht. Die blutige Färbung der tieferen Cysten soll nach der Meinung 
des Verf. von den Punktionen herrühren. (!) F. Krumm (Karlsruhe). 


47) Bang. Über die Ausscheidung des Jodothyrins durch die Milch. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 52.) 

Bei der Behandlung einer mit Kropf behafteten säugenden Frau zog B. durch 
3 Wochen Jodothyrin in Anwendung (21 Jodothyrinpulver à 0,3 mg) und erzielte 
eine Verkleinerung des Halsumfanges um 3 cm. Gleichzeitig bemerkte er eine 
auffallende Verkleinerung der angeborenen Struma des Säuglings um weniger als 
A cm. Interessant ist es ferner, dass hier die Wirkung, gleich wie bei der Mutter, 
im Anfang der Medikation am größten war, wo man doch hätte erwarten sollen, 
dass zu diesem Zeitpunkt, in Folge der Inanspruchnahme des Jodes durch den 
mütterliohen Kropf, die Wirkung des Thyrojodins beim Kinde sich hätte kleiner 
oder nur gering offenbaren sollen. Die rapide und bedeutende Wirkung beim 
Kinde, welche übrigens noch ein Jahr nachher zu konstatiren war, gerade im 
Lauf der Behandlung der Mutter kann B. selbstverständlich nur aus einer Ab- 
scheidung des Jodothyrins durch die Milch erklären. Gold (Bielits). 


48) A. Depage. Du goitre en Belgique. 
(Ann. de la soc. belgique de chir. 1897. No. 9.) 

Auf Grund von 7 selbst operirten Fällen (der Kropf scheint in Belgien recht 
selten zu sein) bespricht Verf. die Therapie des Kropfes im Allgemeinen und 
macht besonders gegen die von Thiriar befürwortete Injektionstherapie Oppo- 
sition. Dieselbe sollte nur bei operationsscheuen Pat., und auch da nur bei 
hyperplastischen und Gefäßkröpfen angewendet werden. (Auch die letztere Kate- 
gorie bietet wohl eine strikte Kontraindikation gegen die Injektionstherapie! Ref.) 

Anhangsweise wird ein Fall von Basedow mitgetheilt, bei dem 10 Stunden 
nach der völlig normal verlaufenden partiellen Exstirpation des Kropfes plötzlich 
ohne nachweisbare Ursache der Tod eintrat. de Querrain (Chaux-de-Fonds). 


49) Ch. Lejars. Intervention opératoire dans le goitre exophthal- 
mique. 
(France méd. 1897. No. 7.) 


L. operirte eine 18jährige Pat. mit Basedow’scher Krankheit. Er entfernte 
obne Schwierigkeit in Äthernarkose den rechten Lappen. Am Abend trat Dys- 
pno& und der Tod ein. Da durch die Sektion die Todesursache nicht festgestellt 


294 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


werden konnte, nimmt Verf. an, dass eine Autointoxikation mit Schilddrüsensaft 
stattgefunden habe, welcher in Folge des Reizes der Operation in stark vermehrter 
Menge abgesondert worden sei. Koenig (Wiesbaden). 


50) S. Radziszewski. Zwei Fälle von langem Verweilen von Fremd- 
körpern in den Luftwegen. 
(Kronika lekarska 1897. No. 15.) 
Verf. theilt 2 Fälle mit, in welchen aspirirte Fremdkörper 35 Tage bezw. 
5 Monate in den Bronchien verblieben waren. Das eine Mal handelte es sich um 
ein 10jähriges Mädchen, welches ein etwa kleinfingerdickes, 3—31/3 cm langes 
Spielseug in die Luftwege aspirirt hatte. Unmittelbar hierauf folgte ein Anfall 
von heftiger Athemnoth, welcher sich jedoch bald legte. Im Anschluss hieran 
entwickelte sich eine chronische Bronchopneumonie des rechten Unterlappens, 
welche erst nach 35 Tagen, nach Expektoration des Fremdkörpers, schwand und 
in vollständige Heilung überging. Das 2. Mal betraf der Unfall eine 37jährige 
schwangere Frau, welcher ein Knochen in die Trachea gelangt war. Es entwickelten 
sich Symptome einer beiderseitigen chronischen Pneumonie, welche sogar von ver- 
schiedenen Ärsten als tuberkulöse Phthise gedeutet wurden. Erst nach 5 Monaten 
expektorirte Pat., welche mittlerweile von einem gesunden Kinde entbunden worden 
war, ein keilförmiges, scharfkantiges Knochenstück. Nunmehr erfolgte rasch 
vollständige Genesung. Trsebicky (Krakau), 


51) L. Szuman. Ein Beitrag zur Tracheotomie Behufs Entfernung 
von Fremdkörpern aus den Bronchien. 
(Nowiny lekarskie 1897. No. 47.) 

Ein 9jähriger Knabe hat zufällig ein kleines Pfeifchen, welches er gerade im 
Munde hielt, nach seiner Angabe »verschluckte. Von da an verfiel er bedeutend 
an Kräften, fieberte hoch und wurde von heftigen Athembeschwerden und Husten 
gequält. Verf. bekam den Pat. 5 Woohen nach dem Unfall su Gesicht. Die 
Sondirung der Speiseröhre ergab ein negatives Resultat, war aber von einem hef- 
tigen, krampfartigen Hustenanfall gefolgt. Die Auskultation des Brustkorbes 
zeigte, dass die linke Lunge und namentlich deren oberer Theil an der Athmung 
gar nicht theilnahm; der Perkussionsschall war über derselben gedämpft. Die 
laryngoskopische Untersuchung ergab keinen Anhaltspunkt über das Verbleiben 
des Fremdkörpers, und nur die physikalische Untersuchung des Brustkorbes ließ 
eine Einkeilung desselben im linken Bronchus vermuthenr. Da sowohl die Lage- 
rung des Pat. mit herabhängendem Kopf als auch heftige Erschütterungen des 
Rückens ohne Erfolg blieben, wurde die tiefe Tracheotomie ausgeführt. Von der 
Wunde aus wurden die Bronchien sondirt, wobei im linken Bronchus, 11 cm von 
der Incisura sterni entfernt, ein harter Gegenstand angetroffen wurde. Mittels 
eines entsprechend gebogenen Volkmann’schen Löffels wurde derselbe etwas ge- 
lockert, worauf er, beim nächsten starken Hustenanfall zur Wunde expektorirt, 
sich als eine 2,4 cm lange und 1 cm breite Signalpfeife entpuppte. Glatte Heilung. 
An die Mittheilung dieses Falles schließt Verf. die sehr interessante Kranken- 
geschichte einer Pat. eines befreundeten Kollegen an. Es handelte sich um eine 
66jährige, bisher gesunde Person, welche einen kleinen Knochen »verschluckt« 
hatte und von da an Symptome einer chronischen Entzündung des Mittellappens 
der rechten Lunge darbot. Nach 2jährigem Bestand dieses Leidens wurde das 
2 em lange und 1 cm breite Knochenstückchen expektorirt, worauf alle Krankheits- 
symptome schwanden. Trzebicky (Krakau). 


52) E. Peyrissac. Corps étranger des voies aériennes; noyau de 
prune dans la bronche gauche, expulsion sans trach6otomie à la suite 
d’injections intratrach6ales d'eau froide. 

(Revue de laryngol. 1898. No. 1.) 


Der Titel sagt eigentlich schon Alles: Verf. war vorbereitet, falls seine Me- 
thode su bedrohlicher Asphyxie führen sollte, sofort die Tracheotomie vorsu- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 10. "295 


nehmen. Er spritzte erst I ocm Wasser in die Luftröhre, und als dies noch nicht 
genügte, noch 2—3 ccm, bis der heftige Hustenanfall eintrat, bei welchem der 
Pflaumenkern ausgeworfen wurde. Verf. betont wiederholt, dass er dem Kranken 
eingeschärft hatte, bei diesem Hustenanfall möglichst flach einzuathmen, damit der 
Fremdkörper nicht noch tiefer aspirirt werde, aber möglichst kräftig auszuhusten. 
Es gehört wohl schon eine mehr als gewöhnliche Gelehrigkeit dasu, in einem 
heftigen Hustenanfall seine Inspirationen derartig in der Gewalt zu behalten. 
Auch erscheint es nicht gerade rationell, wegen eines bereits vorhandenen Fremd- 
körpers noch andere fremde Massen in die tiefen Luftwege hineinzuschicken, von 
denen man nicht weiß, in weloher Vollständigkeit sie der Kranke wieder los wird. 
Aber der Erfolg hat ja dem Verf. Recht gegeben: der Kranke ist vor einer blu- 
tigen Operation bewahrt geblieben, und die Kaltwasserbehandlung hat ein neues 
Gebiet erobert. Teichmann (Berlin). 


53) Bergonis et Carrière. Sur quelques résultats comparatifs des 
méthodes cliniques et de l'examen fluoroscopique dans les &panchements 
pleur&tiques. 

(Compt. rend. de l’acad. 1897. II. No. 23.) 

Anschließend an die Arbeit von Bouchard über die Untersuchung von intra- 
thoracischen Brustverletsungen mit Röntgenstrahlen machten die Verf. ihre ver- 
gleichenden Untersuchungen an pleuritischen Ergüssen nach den gewöhnlichen 
klinischen Methoden (Perkussion, Auskultation) und Durohleuchtung der Brust 
mit X-Strahlen. 

Mit größter Sorgfalt, viel Mühe, in den verschiedensten Stellungen wurden 
die Beobachtungen an 11 Kranken angestellt, von denen 5 den Erguss rechts, 
5 links und 1 ihn doppelseitig hatte. 

Die Resultate waren im Großen und Ganzen gering. Wesentlich Neues 
wurde mit der neuen Methode nicht gefunden. A. Henry (Breslau). 


54) C. Nicodemi. Sopra un caso di echinococco primitivo del pol- 
mone. Pneumotomia. Guarigione. 
(Gazs. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 142.) 

Die 23 Jahre alte Kranke leidet seit 2 Jahren an heftigen Hustenanfällen, 
Schmerzen in der Brust, farb- und geruchlosem Auswurf, der einen salzigen Ge- 
schmack im Munde hinterlässt, Dyspnoë, seltenem, blutig gefärbtem Auswurf, 
großer Müdigkeit und Marasmus. Obwohl eine Urticaria und Hydatidenschwirren 
fehlten, wurde die Diagnose Lungenechinococcus gestellt, nachdem die Punktion 
swar keine geformten Bestandtheile, aber eine wasserklare Flüssigkeit ergeben 
hatte. Die mit Resektion der 7. Rippe begonnene Operation, die durch den 
Übergang des Cysteninhalts in Eiterung erzwungen wurde, entleerte 2 Liter der 
Flüssigkeit. Die Membran wurde durch Zug leicht entfernt. Heilung nach etwa 
3 Monaten. Dreyer (Köln). 


55) N. W. Wolkowitschh Zwei Fälle von operativ behandelter 


Lungengangrän. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1897. Hit. 6.) 

1) 35jähriger Pat., seit 2 Wochen an Pneumonie oder Pleuritis erkrankt. Re- 
sektion der 5. Rippe rechts vorn und der 9. hinten. Vorn gelangte W. in eine 
Höhle in der diffus gangränösen Lunge, hinten in ein Pleuraempyem mit Gasen. 
Langsame Heilung, wobei sich die Lunge so gut ausdehnte, dass keine Deformität 
zurückblieb. 

2) 46jähriger Bauer, 16 Monate krank. Eitrige Pleuritis. Resektion der 6. 
und 7. Rippe hinten rechts. Entfernung des Eiters und einiger Blutgerinnsel, 
unter denen sich ein großes Stück abgestorbenen Lungengewebes — ein ganser 
Lappen — fand. Später stieß sich noch ein Stück ab. Tod an Erschöpfung. Bei 


296 Centralblatt für Chirurgie. No. 10. 


der Sektion fand man den oberen Lungenlappen gans susammengedrückt, vom 
unteren einen kleinen Rest. Das Perikard total mit dem Herzen verwachsen. 
Darin sieht W. die Ursache: Das Herz ließ die Ausdehnung der erkrankten Brust- 
hälfte nicht su, und so kam es in Folge des Druckes sur Gangrän eines großen 
Theiles der Lunge. @ückel (B. Karabulak, Saratow). 


56) C. Beck (New York). On the technique of pneumotomie. 
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 14.) 


ES 
B. hat 5 Fälle von Lungenabscess operativ behandelt und geheilt. Die Dia- 
gnose war nur imal vor der Operation richtig, sonst auf Empyem oder subphre- 
nischen Abscess gestellt. Unter strenger Asepsis reseoirt Verf. 2—4 Rippen, er- 
öffnet dann die Pleura. Wenn die Lunge ganz kollabirt, wartet er mit weiterem 
Vorgehen. Das Annähen der Lunge an die Pleura costalis will er durch Tam- 
ponade ersetzt wissen. Durch Punktion der Lunge mittels einer Hohlnadel oder 
noch besser eines dünnen Paquelinbrenners, den er mit einer dünnen Hülse nach 
Art eines Trokars versieht, sucht er den Abscess auf, erweitert vorsichtig die 
Zugangsöffnung mit einer Kornzange und tamponirt die Höhle mit Jodoformgaze. 
Chloroform wendet B. nur bei relativ kräftigen Pat. an, sonst Lokalanästhesie. 
Zum Schluss werden von 2 Fällen die Krankengeschichten mitgetheilt. 
Martens (Berlin). 


57) W. Bomnüter, Über Thorakoplastik. 
Inaug.-Diss., Greifswald, 1897. 


B. beschreibt 3 Fälle von Thoraxplastik, die von Helferich ausgeführt 
wurden. Der Ausgang war in allen Fällen wegen Tuberkulose ungünstig. 

Helferich hat 2 von der Schede’schen Methode abweichende Modifika- 
tionen angewendet. 

Er durchschneidet, um Zeit zu sparen, ohne vorherige subperiostale Resektion 
der Rippen die ganze Thoraxwand (außer der Haut) mit einer von ihm an- 
gegebenen Knochenschere auf einmal, wobei man die Blutung gut beherrschen 
kann. Ferner bildet er nicht den großen nach oben gestielten Schede’schen 
Lappen, sondern 2 laterale Lappen, die vorn und hinten gestielt sind, nachdem 
die Haut in der Axillarlinie durchtrennt ist. Sudeok (Hamburg). 


58) B. Baiette und A. Rizzini. Sopra un caso di echinococco mus- 
colare. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 4.) 


Die Verff. berichten aus der chirurgischen Abtheilung des Dr. Turazza im 
Ospedale civile in Verona über eine 59 Jahre alte Frau, die im 32. Lebensjahr mit 
einer Anschwellung der linken Hüfte und Erschwerung der Bewegung der linken 
unteren Extremität erkrankte. Als die Symptome sich verschlimmerten, wurde die 
Geschwulst punktirt und eine klare, citronengelbe Flüssigkeit entleert. Dann 
waren die Beschwerden verschwunden, sind jetzt aber seit 2 Jahren zurückgekehrt. 
Eine Diagnose kann vor der Operation nicht gestellt werden. In der punktirten 
Flüssigkeit sind weder Scolices noch Haken vorhanden, auch giebt die Geschwulst 
kein Hydatidenschwirren. Trotzdem erweist sie sich nach der Struktur der Mem- 
bran als eine Echinokokkencyste, die den M. glutaeus maximus zum großen Theil 
usurirt hat und mit dem M. glutaeus medius und der Fascia lumbodorsalis stark 
verwachsen ist. Nach dem Eingriff schnelle Heilung. Dreyer (Köln). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & HArtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


E. vm Bagman, F Kini, E Rite, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Jahrgangs, 20 Mark, bei halbjähriger 
bandlungen und Postanstalten. 


Wöchentlich eine Nummer. Preis des 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Bue 


No, 11. Sonnabend, 19. März. 1898 


Inhalt: I. K. Roser, Der Darmschirm. — II. E. Müller, Das Verhalten der Achilles- 
sehne bei Kontraktion der Wadenmuskulatur. (Original-Mittheilungen.) 

4) Lesser, Geschlechtskrankheiten und Volksgesundheit. — 2) Tarnowsky und Ja- 
kowiew, 3) Neisser, A) Piccardi, 5) Kirmisson und Jacobson, Syphilis. — 6) Rissmann, 


Osteomalakie. — 7) Teleky, Osteoarthropathie hypertrophiante pneumique. — 8) Hahn, 
Zur Untersuchung von Unfallverletzten. — 9) Kahleyss, Radiusbrüche. — 10) Nasse, 
Krankheiten der Unterextremitäten. — 11) Hirsch, Angeborene Hüftverrenkung. — 


12) Charpentier, Coxa vara. — 13) Schulte, Die Fußgeschwulst. — 14) Syms, Hallux 
valgus. — 15) v. Levschin, Osteoplastische Unterschenkelverlängerung. 

16) Werner, Primäraffekt am Zahnfleisch. — 17) Deycke, Tertiäre Sklerose. — 
18) Manchot, Syphilis hereditaria und Pemphygus. — 19) Hahn, Bubonen. — 20) Cryer, 
Osteotom. — 21) Sachs, Gymnastischer Apparat. — 22) Perutz, 23) Singer, 24) Swo- 
boda, Osteomyelitis. — 25) Shaw, Blutergelenke. — d Lehmann, Muskelhernie. — 
27) Maillefert, Zur Unfallheilkunde. — 28) Merciäre, 23) Mihajlović, Entwicklungs- 
störungen. — 29 Sawicki, Riesenwuchs. — 31) Blamenser, Wachsthumsstörnng. — 
32) Pischinger, 38) Kirmisson, Schulterblatthochstand. — 34) Burreli und Lovett, Habi- 
tuelle Schulterverrenkung. — el Kirsch, Sehnentransplantation. — 36) Bradford, An- 
geborene Hüftverrenkung. — ) Bayer, Coxa vara. — 38) Barker, Verrenkung der 
Kniebandscheiben. — 39) Footner, Genu valgum. — 40) Knust, Fußgelenkverrenkung. 
— 41) Stechow, Die Fußgeschwulst. — 42) Breitung, 43) Brunner, Amputationen. 


I. Der Darmschirm. 
Von 
Karl Roser in Wiesbaden. 


Es wird wohl jedem Operateur willkommen sein, einen Apparat 
zu besitzen, der ihm bei Operationen in der Bauchhöhle die Därme 
zurückhält. Ich glaube, dass der elastisch federnde Darmschirm, 
den ich nach vielem Überlegen ersonnen habe, diesem Zweck ent- 
spricht. 

Ich ließ aus einem 62 cm langen und 2 mm dicken Stahldraht 
einen ovalen Ring von 25 cm Länge und 10 cm Breite löthen, zog 
einen 8 cm breiten Trikotschlauch, der an beiden Enden des Ovals 
abgebunden und abgeschnitten wurde, darüber und bog diesen Ring 

11 


298 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


über seine Fläche ungefähr halbkreisföormig zusammen, so dass er 
untenstehende Form bekam. 

Dieser federnde Ring soll nun bei 
Operationen im Bauch so in die Bauch- 
höhle eingelagert werden, dass er, wie 
ein Diaphragma wirkend, das Opera- 
tionsfeld isolirt und die Därme zurück- 
drängt. Bei Operationen im kleinen 
Becken z. B. wird der eine Schenkel 
Die eine Figur stellt den zurecht des Apparates durch die Bauchwunde 

bogenen Drabt dar; die an- . . Se S 
Gere giebt den gebrauchsfertigen in das kleine Becken hineingeführt. 
Darmschirm wieder. Die Därme werden mit ihm nach oben 
zurückgeschoben und dann der ganze 
Ring in den Bauch versenkt, so dass er nach oben vom Rande des 
kleinen Beckens aufsitzt und sich mit seinen Polen gegen die seitlichen 
Bauchwandungen von innen her anstemmt. Etwa hinter dem Schirm 
noch hervorquellende Därme werden mit der Hand hinter die Barriere 
zurückgedrängt. Auf diese Art kann man ohne Assistenz und ohne 
Beckenhochlagerung das kleine Becken eventriren, so dass man mit 
2 Händen in ihm arbeiten kann, ohne im mindesten durch Därme 
gestört zu werden. 

Nach demselben Princip verfährt man bei Operationen in der 
Gegend des Blinddarmes oder der Gallenwege. Durch den ein- 
gelagerten Schirm kann man sich die Unterseite der Leber und das 
Duodenum vollständig freilegen. Man bekommt gar keine Därme 
mehr zu Gesicht und hat eine 2—3faustgroße Höhle vor sich, die sich 
namentlich mit Hilfe eines Stirnreflektors bequem übersehen lässt. 

Das war das Wesentlichste, was ich über die Konstruktion und 
Verwendung des Darmschirmes zu sagen hatte. Ich habe nur noch 
einige ergänzende Bemerkungen zu machen. 

Der Apparat soll aus biegsamem, aber doch elastisch federndem 
Draht gemacht werden, damit er sich selbstthätig einklemmt und 
gar nicht gehalten zu werden braucht. Die Federkraft des Drahtes 
darf nur eine leichte sein, weil sonst Decubitus entstehen könnte. 
Dieser Gefahr kann man aber auch dadurch begegnen, dass man 
den Draht mit Gummi überziehen lässt. An Stellen, wo trotzdem 
ein zu starker Druck zu befürchten wäre, wird man eine Mullkom- 
presse einlagern. 

Der Schirm muss natürlich vor jedem Gebrauch sterilisirt werden. 
Weil er sich in trockenem Zustande nicht gut in die Bauchhöhle 
einführen lässt, muss man ihn zuvor in schwacher Sublimatlösung 
oder in steriler Kochsalzlösung anfeuchten. 

Die Form des Schirmes kann durch Biegen mit den Händen 
beliebig verändert werden. Man kann ein längeres oder breiteres 
Oval aus dem Ring formen. Man wird sich einen um 5 cm und einen 
um 10 cm längeren Ring, als er vorhin beschrieben, vorräthig halten. 
Wo ein Schirm nicht genügen sollte — der Fall ist nur bei sehr 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 299 


stark aufgetriebenen Därmen denkbar —, kann man zwei Schirme 
neben oder über einander lagern. Man wird die Krümmung über 
die Fläche je nach Bedürfnis mehr wie ein stumpf- oder recht- 
winkelig gebogenes Knie gestalten etc. 

Der Darmschirm stemmt sich, wie gesagt, gegen die seitlichen 
Bauchwandungen von innen her an. Dadurch bringt er auch die 
Bauchwunde selbst zum Klaffen, so dass in manchen Fällen, also 
namentlich bei ganz schlaffen Bauchwandungen, auch hier gar keine 
Wundhaken oder Hände nöthig sein werden, um das Operationsfeld 
zugänglich zu machen. Vielleicht lässt sich eine Modifikation des 
Apparates konstruiren derart, dass er, direkt in der Wunde an- 
greifend, auch diese breit aus einander hält. Darüber stelle ich noch 
Versuche an. 

Bei Darmverwachsungen wird der Schirm erst etwas leisten 
können, nachdem diese Verwachsungen ganz oder doch zum größten 
Theil gelöst worden sind. Aber auch wenn man ihn noch nicht in die 
Bauchhöhle versenken kann, wird man ihn doch als breiten Wund- 
haken verwerthen, indem man den einen Schenkel als Griff benutzt. 

Bei den meisten Operationen im kleinen Becken kann man be- 
kanntlich durch extreme Beckenhochlagerung die Därme vollständig 
aus der unteren Hälfte des Bauches eliminiren. Die Beckenhoch- 
lagerung ist aber für den Operateur so unbequem und sie erschwert 
die Narkose zuweilen in so hohem Grade, dass es wohl zu wünschen 
wäre, wenn man sich mit Hilfe des Darmschirms von ihr emancipiren 
könnte. 

Bei Operationen, wo die Beckenhochlagerung nichts leistet und 
demgemäß das Operationsterrain durch 2 oder 3 Assistentenhände 
freigehalten werden muss, macht der Darmschirm geradezu einen 
Assistenten entbehrlich, und dazu noch nimmt er weniger Raum und 
weniger Licht weg als die assistirenden Hände. Ein Assistent 
weniger bedeutet eine Verringerung der Infektionsgefahr. Diese 
Gefahr ist aber bei Gebrauch des Darmschirmes auch desshalb herab- 
gesetzt, weil der Schirm die nicht in Betracht kommenden Theile 
der Bauchhöhle, indem er wie ein Diaphragma wirkt, vollständig 
ausschaltet. Bei der Übersichtlichkeit des Operationsfeldes, die der 
Darmschirm schafft, kann sich nicht so leicht ein Tupfer zwischen 
den Därmen verlieren und in der Bauchhöhle vergessen werden; 
das verdient wohl auch noch gewürdigt zu werden. 

Ganz unentbehrlich dürfte der Darmschirm für die Operationen 
an den Gallenwegen sein. Meine Bemühungen, dies durch eine 
Photographie in überzeugender Weise zur Geltung zu bringen, sind 
bisher nicht gelungen. Durch einen Versuch an der Leiche kann 
sich aber Jeder davon überzeugen, dass der Darmschirm einen tech- 
nischen Fortschritt bedeutet. 

Damit der Apparat nicht durch minderwerthige Nachahmungen 
in Misskredit komme, habe ich ihn der Medicinisch-Polytechnischen 
Union, Berlin N, Ziegelstr. 3, zur alleinigen Fabrikation übertragen 

11* 


300 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


und beim Patentamt zum Musterschutz anmelden lassen. Die ge- 
nannte Firma liefert den unüberzogenen Ring für 0,60 Æ, mit Gummi 
überzogen für 1.4. 


II, Das Verhalten der Achillessehne bei Kontraktion 
der Wadenmuskulatur, 
Von 
Dr. Ernst Müller, Stuttgart. 


Auf die in dem gleichlautenden Artikel von Dr. H. Hirsch in 
diesem Centralblatt 1898 No. 2 gemachten Ausführungen möchte ich 
Folgendes erwiedern: 

Es ist richtig, dass der Fersenhöcker bei der Plantarflexion sich 
weiter von der Längsachse des Unterschenkels entfernt als bei der 
Mittellage des Fußes. Es ist aber nicht richtig, das Hervortreten 
der Achillessehne bei Kontraktion der Wadenmuskulatur allein auf 
diese größere Entfernung ihrer Insertionsstelle zurückzuführen. Denn 
der Betrag, um den sich die letztere bei Plantarflexion von der 
Längsachse des Unterschenkels entfernt, ist ein geringerer, als der, 
um den sich die Achillessehne oberhalb der Insertion bei der Kon- 
traktion entfernt. Der Unterschied beträgt, wie ich durch wiederholte 
Messung an einigen Individuen gefunden habe, mehrere Millimeter. 

Bei einem erwachsenen Manne z. B. betrug die Entfernung eines 
Punktes im Bereich der Insertion der Achillessehne bei rechtwink- 
liger Stellung des Fußes von einer durch die Mitte des inneren 
Knöchels entlang der Längsachse des Unterschenkels gelegten Geraden 
5,2 cm, bei Plantarflexion 5,7 cm. 

Dagegen betrug die Entfernung eines 8 cm über dem inneren 
Knöchel am hinteren Umfang des Unterschenkels gelegenen Punktes 
von einer durch die Längsachse des Unterschenkels gedachten 
Frontalebene bei rechtwinkliger Stellung des Fußes und erschlaffter 
Muskulatur 4,8 cm, bei plantarflektirtem Fuß und kontrahirter 
Wadenmuskulatur 5,6—5,7 cm. 

Die Differenz betrug also an der ersten Stelle 0,5 cm, an der 
letzten 0,8—0,9 cm; d. h. die Achillessehne entfernte sich an 
jener 8cm über dem inneren Knöchel gelegenen Stelle 
0,3—0,4 cm weiter von der Längsachse des Unterschenkels 
als der Fersenhöcker. Dies kann nur dadurch verur- 
sacht sein, dass die Sehne durch die bei der Kontrak- 
tion an Dicke zunehmende Wadenmuskulatur abgehoben 
wird, und dass es dabei ohne Seitendruck des Muskels 
auf die Unterschenkelknochen nicht abgeht, ist physika- 
lisch selbstverständlich. 

Es hätte übrigens dieser Messungen nicht bedurft, um zu dem 
gleichen Resultat zu kommen; schon die einfachste Beobachtung ge- 
nügt dafür. Man darf nur den Fuß in rechtwinkliger Stellung bei 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 301 


erschlaffter Muskulatur halten und dann die gesammte Unterschenkel- 
muskulatur stark kontrahiren und zwar so, dass der Fuß seine vorige 
Stellung genau beibehält, dann sieht und fühlt man deutlich, wie 
die Achillessehne hervorspringt. — Hier bleiben also die End- 
punkte des Muskels unverrückt, und doch springt die Sehne bei 
Kontraktion des Muskels stark hervor; also wieder ein Beweis, dass 
die Sehne nicht, oder nicht allein, durch die veränderte Lage ihrer 
Insertionsstelle, sondern durch den an Umfang zunehmenden Muskel- 
bauch abgehoben wird. 

Dieselbe Beobachtung kann man an einer ganzen Reihe von 
Muskeln machen, von denen ich nur den Biceps brachii anführen 
will, weil sich Hirsch hauptsächlich auf ihn beruft, um den Seiten- 
druck der Muskeln auf den Knochen zu leugnen. Auch seine Sehne 
springt bei rechtwinklig gebeugtem Ellbogen stark hervor, wenn man 
den Muskel mit sammt seinen Antagonisten plötzlich kontrahirt. 
Hirsch hätte also nicht leicht eine Beobachtung anführen können, 
die mehr zu Ungunsten seiner eigenen Theorie, dass die Muskeln 
keinen Seitendruck auf den Knochen ausüben, sprechen würde, als 
gerade die Beobachtung vom Hervorspringen der Sehnen. 


1) E. Lesser. Geschlechtskrankheiten und Volksgesundheit. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 43 u. 44.) 

L. hebt die große und allgemeine Bedeutung, welche die Ge- 
schlechtskrankheiten für die Volksgesundheit haben, hervor, schildert 
die erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit des Einzelnen durch 
die Infektion mit Tripper oder Syphilis, die socialen Folgen einer 
venerischen Infektion und die Syphilis als eine der verbreitetsten 
und verderblichsten Volksseuchen. Die erhebliche Schädigung der 
Volksgesundheit durch diese Krankheiten fordert die dringende Noth- 
wendigkeit, durch Vorbeugungsmaßregeln die Ausbreitung derselben 
einzuschränken. Unter diesen nennt L. als die wichtigsten: Assa- 
nirung der Prostitution, sorgfältige ärztliche Untersuchung, Behand- 
lung der erkrankten Prostituirten in geeigneten Krankenabtheilungen 
in sachgemäßer Weise, hinreichende Ausbildung der Ärzte in der 
Lehre von den Geschlechtskrankheiten, welche als obligatorisches 
Fach in den Studienplan aufgenommen werden sollte, endlich die 
Informirung des Publikums über die Gefahren, welche von Seiten 
dieser Krankheiten drohen. Gold (Bielitz). 


2, B. Tarnowsky und $S. Jakowlew. Die Behandlung der 
Syphilis mit Serum merkurialisirter Thiere. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 2.) 

Nachdem T. schon früher konstatirt hat, dass Pferdeserum ent- 
gegen den Publikationen anderer Autoren auf den Verlauf der Syphi- 
lis einen günstigen Einfluss nicht ausübt, hat er jetzt eine Versuchs- 
reihe mit Serum von Fällen unternommen, die durch Einspritzungen 


302 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


von Kalomel energisch merkurialisirt waren. 16 Fälle von primärer, 
sekundärer und tertiärer Syphilis sind durch Injektionen von diesem 
Serum in großen Dosen und in längerer Zeit nicht geheilt worden; 
die sypbilitischen Erscheinungen sind nur vorübergehend und nur 
in so fern beeinflusst worden, als durch die Behandlung Fieber auf- 
getreten war; die meisten Pat. sind unter den Einspritzungen in 
ihrem Allgemeinbefinden herabgekommen; die Blutuntersuchung bat 
ungünstige Resultate ergeben. Diese Behandlung also (deren theo- 
retische Grundlage übrigens eine sehr schwache ist) ist absolut nicht 
zu empfehlen. Jadassohn (Bern). 


3) A. Neisser. Die Einreibungskur. 
(Sammlung klin Vorträge. N. F. No. 199. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897.) 
Indem N. nachweist, dass unsere moderne Schmierkur, aufgebaut 
auf einer großen Reihe von wissenschaftlichen Arbeiten und Erfah- 
zungen, wenn auch in modificirter Form, nur die Wiederholung der 
durch die Empirie schon in den vergangenen Jahrhunderten gelehrten 
Methode ist, bespricht er die Bedingungen, welche, um auf eine ge- 
nügend große, reichliche Resorption des Quecksilbers unter allen 
Umständen rechnen zu können, erfüllt werden müssen, von der 
zweifellosen Thatsache ausgehend, dass die Aufsaugung des von der 
Körperoberfläche her verdunsteten Quecksilbers durch die Lungen- 
athmung den wesentlichsten Modus der Quecksilberwirkung bei der 
Schmierkur darstelle. Da diese vornehmlich eine Einathmungskur 
ist, muss die ganze Lebensweise des Pat. darauf zugeschnitten, die 
Einreibung oder Verstreichung auf eine genügend große Fläche ge- 
macht, für genügende Erwärmung des Körpers gesorgt werden, der 
Kranke sich möglichst lange in demselben Luftraum aufhalten. In 
welcher Weise diesen Forderungen zu entsprechen ist, möge in der 
Abhandlung selbst nachgelesen werden. Sie bringt Denen viel Neues, 
welche sich damit zu begnügen pflegen, den Pat. eine gewisse Anzahl 
von Salbenpäckchen zu verschreiben und ihre Verreibung in bestimm- 
tem Turnus zu empfehlen, ohne auf die sorgfältige Durchführung 
jener allein eine sichere Heilung der gesammten Krankheit garan- 
tirenden wesentlichen Bedingungen zu achten. Kramer (Glogau). 


4) @. Piccardi. Über die Resorption der Kalomelinjektionen. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 2.) 

Die Frage, wie bei den Injektionen ungelöster Hg-Präparate 
diese resorbirt werden, hat ein zweifelloses Interesse für das Ver- 
ständnis der Wirkung dieser Behandlungsmethode. Der Verf. hat 
sich wesentlich histologisch mit dieser Frage beschäftigt (auch vom 
chemischen Standpunkt wäre hier noch viel zu thun!); er hat ge- 
funden, dass das Kalomel eine positiv chemotaktische Wirkung auf die 
Leukocyten ausübt, und dass diese die Kalomelkörnchen wie andere 
corpusculäre Elemente aufnehmen, so lange deren Umsetzung in Subli- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 303 


mat noch nicht begonnen hat; die Leukocyten, welche Kalomelkörn- 
chen enthalten, verlieren ihre Bewegungsfähigkeit; weiterhin hört 
ihre phagocytäre Wirkung unter der Einwirkung des Sublimats ganz 
auf; diese Thatsachen aber lassen sich bloß dort beobachten, wo 
die Cirkulationsverhältnisse sehr günstige sind, und die Leukocyten 
sehr schnell an das Kalomeldepöt herantreten, d. h. im Bauchfell, 
nicht aber im Unterhautzellgewebe und in der ‘Muskulatur, wo die 
Leukocyten das Kalomel einfach umgeben, aber nicht in sich auf- 
nehmen, wo also Umwandlung des Kalomels und Weiterbeförderung 
des Sublimats ausschließlich durch die Körperflüssigkeiten bedingt 
wird. Daher findet aus dem Bauchfell auch ein Transport der 
Kalomelkörnchen in die Lymphdrüsen statt, während nach intra- 
muskulären und subkutanen Injektionen das Hg nur in gelöstem 
Zustand in den Drüsen zu finden ist. Jadassohn (Bern). 


5) E. Kirmisson et M. G. Jacobson. Contribution à l'étude 
des arthropathies dans la syphilis héréditaire. 
(Revue d’orthopédie 1897. No. 5 u. 6.) 

Die Autoren vermehren die Kasuistik hereditär-syphilitischer 
Gelenkaffektionen um 3 eigene Beobachtungen: 

1) 4t/2jähriger Knabe. Vater syphilitisch seit 5—6 Jahren. Auch die Ge- 
schwister tragen Anzeichen von Syphilis. Seit einem Jahr Anschwellung eines 
Knies, nie Schmerzen, Auftreibung des Tibiakopfes, mäßiger Erguss ins Gelenk. 
Vollkommene Schmerslosigkeit bei passiven, unbeschränkt möglichen Bewegungen. 
Heilung durch Hg und JK. Nach Abbruch der Behandlung kleines Recidiv. 
Vollendete Heilung nach Wiederaufnahme der Behandlung. 

2) 2!/jähriger Knabe. Vater hat einen Schanker gehabt. Kind hinkt etwas, 
erregt‘ zwar Verdacht auf Coxitis wegen großer Anschwellung am Ansatz des 
Beines, dabei aber weder fehlerhafte Stellung noch nennenswerthe Schmerzen noch 
Einschränkung der Beweglichkeit. Auch in Chloroformnarkose fühlt man nur 
neben dem Gelenk die starken Knochenauftreibungen. Einleitung einer anti- 
syphilitischen Behandlung ohne Immobilisation. Volle Heilung, Verschwinden der 
Knochenschwellung. 

3) (?) 11tägiger Knabe. Starke Anschwellung oben und hinten um das Hüft- 
gelenk, Bein balbrechtwinklig gebeugt, anscheinend reflektorisch mit Schmerzhaftig- 
keit. Keine deutlichen Zeichen von Lues. Aber auf antisyphilitische Behandlung 
vollkommene Wiederherstellung zur Norm. 


Die Autoren gruppiren die bisher publicirten Fälle in 2 Kate- 
gorien je nach akutem (subakutem) oder chronischem Verlauf. Den 
akuten Verlauf kennen sie nur nach Schüller und glauben, dass 
das Vorkommen einer primären akuten hereditär syphilitischen Ge- 
lenkaffektion noch nicht bewiesen ist. Gewisse Fälle mit subakutem 
Verlauf können anscheinend mit Syphilis in Zusammenhang gebracht 
werden. Der chronische Verlauf ist die Regel und für hereditäre 
Syphilis typisch in 3 Formen, als einfache Osteoarthropathie, als 
doppelseitige Hydrarthrose und als deformirende Osteoarthropathie. 
Der Sitz der ersteren Affektion ist nicht so regelmäßig das Knie, 
wie man annimmt; das Alter der beobachteten Fälle schwankt von 


304 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


11 Tagen bis 17 Jahren. In der Symptomatologie sind 2 Zeichen 
von fundamentaler Bedeutung, die Volumenszunahme der knöchernen 
Gelenkkörper und der eben so ausgesprochene Mangel irgend welcher 
Funktionsbehinderung, das Fehlen eigentlicher »Gelenksymptome«. 
Die Knochenauftreibung kann sich auf einen oder beide Knochen 
erstrecken, sich von der Epiphyse auf die Diaphyse, häufig entlang 
einer Knochenleiste, fortsetzen, sie kann sich dann auch scharf gegen 
das normale Knochenniveau absetzen. Vom Tumor albus unter- 
scheidet sie sich durch ihre Beschränkung auf den Knochen, während 
der Gelenksack höchstens vorübergehend mit anschwellen kann. Am 
auffälligsten ist die pathognostische funktionelle Indolenz, die selbst 
bei gewisser örtlicher Druckempfindlichkeit und Schmerzen unberührt 
bleibt. Zu diesen konstanten Symptomen kommt als inkonstantes, 
aber häufiges Zeichen ein mäßiger und wechselnder Gelenkerguss, 
der sich in der Regel bei größeren Auftreibungen des Knochens zu- 
gesellt, so wie eine totale oder noch charakteristischer auf bestimmte 
Punkte der Gelenkkapsel beschränkte Verdickung derselben, von 
zuweilen knorpeliger Härte (so besonders an den Umschlagsfalten der 
Kapsel). Freilich ist das Wichtigste zur Stellung der Diagnose, dass 
man überhaupt daran denkt, dass das Leiden hereditär-syphilitischer 
Natur sein kann. Die Wirkung der Therapie ist eine so evidente, 
dass bei Fehlschlagen derselben es sich wahrscheinlich nicht darum 
handelt. Die doppelseitige Hydrarthrose ist von Clutton beschrieben 
als seltenere, in vorgerücktem Kindesalter auftretende Knieaffektion, 
für welche charakteristisch ist die Symmetrie, wiederum die funktio- 
nelle Indolenz, das Freibleiben der Knochenantheile am Gelenk und 
die Wirksamkeit der specifischen Therapie. Von der deformirenden 
Osteoarthropathie existiren nur 2 Beobachtungen; das Charakteristische 
liegt in der zuweilen ganz sonderbar gestalteten multiplen, nicht 
massiven Osteophytenwucherung an der Epiphyse. — Aus den bis- 
her veröffentlichten und von den Autoren meist im Auszug wieder- 
gegebenen Beobachtungen ist für sie der Schluss unabweislich, dass, 
wenn es überhaupt eine primäre hereditär-syphilitische Gelenkentzün- 
dung giebt, diese jedenfalls noch nicht klar gezeichnet worden ist. 
Anatomische Beweise fehlen, nur der klinische Verlauf spricht un- 
zweideutig dafür, dass die hereditäre Syphilis in den Epiphysen und 
im Epiphysenknorpel ihre primären Veränderungen schafft, nicht im 
Gelenk selbst. Herm. Frank (Berlin). 


6) P. Rissmann. Die Initialsymptome der Osteomalakie. 
(Monatsschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie.) 

Verf. beobachtete 2 Fälle von Osteomalakie und stellt charakte- 
ristische Symptome der beginnenden Erkrankung hin: 1) Druck- 
empfindlichkeit von Knochen, meist der Wirbelsäule im Bereiche des 
Lendentheils, 2) Lähmungserscheinung an verschiedenen Muskeln 
des Beckens und des Oberschenkels, 3) eigenthümliche subjektive 
Beschwerden ostalgischer oder neuritischer Natur. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 305 


Verf. hat mit gutem Erfolg Phosphor 0,01—0,03—0,05:100 
Leberthran 3mal täglich 1 Theelöffel nehmen lassen. 
Borchard (Posen). 


7) Teleky. Beiträge zur Lehre von der »Östeoarthropathie 
hypertrophiante pneumique«. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 6.) 

T. bereichert die Litteratur über das von Pierre Marie unter 
dem obigen Namen aufgestellte Krankheitsbild durch 2 interessante 
Fälle. Im Gegensatz zu M., der die Ätiologie in dem Worte »pneu- 
mique« zum Ausdruck bringen wollte (Entwicklung der Knochen- 
veränderungen im Anschluss an Erkrankungen des Respirationstraktes), 
kommen nach T. auch noch andere Ursachen in Frage, die auf Grund 
des vorhandenen Materials und seiner Beobachtungen folgende Grup- 
pirung der Fälle erlauben. 

Das Bild der Osteoarthropathie hypertrophiante pneumique ent- 
steht: 

1) Nach solchen Erkrankungen, bei welchen es zu eitriger und 
jauchiger Zersetzung im Organismus kommt: Tuberculosis pulmonum 
(mit Kavernenbildung), Bronchiektasien, Empyem, Cystopyelonephritis, 
Dysenterie. 

2) Nach Infektionskrankheiten und chronischen Intoxikationen: 
Pneumonie, Pleuritis, Lues, Alkoholismus (?). 

3) Bei Herzfehlern, besonders angeborenen. 

4) Bei bösartigen Geschwülsten: Lungensarkom, Lungencareinom, 
Parotissarkom. 

5) Bei Erkrankungen des Nervensystems: Syringomyelie, Neu- 
ritis (?). 

In Übereinstimmung mit Arnold befürwortet T. die Abänderung 
des von Marie gewählten Namens in »sekundäre hyperplastische 
Ostitis«. Hübener (Breslau). 


8) Hahn. Zur Untersuchung von Unfallverletzten. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 1.) 

Verf. empfiehlt 2 äußerst einfache Vorrichtungen, um einiger- 
maßen zuverlässige Werthe für die Kraft der Arme und Hände zu 
bestimmen. Um die Kraft der Extensoren oder Flexoren des Armes 
zahlenmäßig anzugeben, lässt H. die Pat. einen Zug an der bekannten 
Salter’schen Federwage ausüben. Den Druck der Hand bestimmt 
er, indem durch Druck auf eine Gummibirne eine mit letzterer ver- 
bundene Quecksilbersäule zum Anschlag gebracht wird. 

Stendel (Hannover). 


11** 


306 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


9) M. Kahleyss. Beitrag zur Kenntnis der Frakturen am 
unteren Ende des Radius. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 531.) 

K. hat in Prof. Oberst’s Krankenhaus Bergmannstrost in Halle 
60 größtentheils frische Fälle von sogenannter typischer Radiusfraktur 
mittels Röntgenstrahlen untersucht, eben so einige durch Leichen- 
versuche gewonnene Präparate, worüber hier Bericht erstattet wird. 
Die K.’sche Untersuchung hat mittels des genannten Verfahrens in 
mehrfacher Hinsicht unsere Kenntnis der Radiusbrüche erweitert und 
kann als Hinweis darauf dienen, wie mannigfache Aufklärungen im 
Gebiete der Knochenverletzungen wir von demselben noch erwarten 
dürfen. K.’s wesentlichste Resultate sind folgende: 

Reine Epiphysenlösungen (Chondro-Epiphysenlösungen) kommen 
im vorgeschrittenen Kindesalter nicht mehr vor, sind dann fast immer 
mit Diaphysenfraktur komplicirt. 

Fissuren sind nicht so häufig, als bisher angenommen wurde; 
sie treten bei Fall auf den Handrücken leichter ein, als bei Fall auf 
die Hohlhand. 

Die vollständigen Brüche durchsetzen entweder die ganze Breite 
und Dicke des Knochens oder nicht. Im 1. Falle sind sie entweder 
einfach oder mehrfach. 

A. Die den ganzen Knochen durchsetzenden Brüche be- 


tragen von allen Fällen ... 2.2.2222 00. 89%. 
I. Darunter einfache Brüche in... ...... . 60> 
und zwar war die radio-ulnare Bruchrichtung 
BLAUER IN EE e SE ner d 30 > 
p. Behrag me Ke ea . 26> 
e winkelig m 2:22 2er. war Zeg 
Tl. Die mehrfachen Brüche machen aus. . . . . . . 29>. 
Die radio-ulnare Begrenzung des unteren Fragments war 
BÖQUERS ebe ne a ante ne ine ee 4 > 
EE E a ner 2> 
c. winkelig (Y-Fraktur) ... 22222000. 23 >. 
B. Die nicht die ganze Breite und Dicke durchsetzenden 
Knochenbrüche betragen. `... une Le 


Sie bestehen in Abbruch eines mehr oder weniger großen Theils 
vom Proc. styl. radii; ein Theil zeigte gleichzeitig auch Abbruch des 
dorsalen Gelenkflächenrandes. 

Ins Handgelenk penetrirte der Bruch in 42% der Fälle Die 
meisten Splitterbrüche waren mit Einkeilung komplieirt. Das untere 
Fragment wird gewöhnlich im Ganzen nach O. H. A. geschoben, so 
dass es oft um seine frontale, nicht aber um seine sagittale Achse 
gedreht wird. In 78% aller Fälle findet sich ein komplicirender 
Bruch des Proc. styloideus ulnae. Den Entstehungsmechanismus 
betreffend glaubt K., dass der Bruch am unteren Radiusende mit- 
unter ausschließlich durch Abreißen, mitunter auch ausschließlich 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 307 


durch direkten Stoß und Gegenstoß hervorgerufen wird, dass aber 
der typische Schrägbruch durch kombinirte Wirkung beider genannter 
Kräfte zu Stande kommt. 

16 genau nach Röntgenaufnahmen gezeichnete Abbildungen 
zeigen die Bruchspalten in besonders lehrreichen Fällen. Außerdem 
sind die wichtigsten Typen derselben in 9 schematischen Figuren 
skizzirt. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


10) Nasse. Chirurgische Krankheiten der unteren Extremi- 
täten. Deutsche Chirurgie Lfg. 66. I. Hälfte. 
Stuttgart, F. Enke, 1897. Mit 136 Abbildungen. 

Es ist dankbar anzuerkennen, dass das Erscheinen der noch 
ausstehenden Lieferungen des großen Sammelwerks der Deutschen 
Chirurgie in letzter Zeit in lebhafterem Tempo erfolgt, als in den 
früheren Jahren, in denen nur ab und zu einmal ein neuer Band 
dargeboten wurde. Kann auch damit nicht mehr gut gemacht wer- 
den, dass ein großer Theil der zuerst erschienenen Monographien 
bereits längst veraltet ist, so wollen wir uns dadurch doch nicht 
die Freude an den frisch herauskommenden verkümmern lassen. 
Und mit solcher darf auch die vorliegende Bearbeitung N.’s in ihrer 
ersten, die Krankheiten des Fußes, Unterschenkels und Knies um- 
fassenden Hälfte aufgenommen werden; denn sie stellt ein tüchtiges 
Stück sorgfältiger, das betreffende Gebiet erschöpfend, knapp und 
präcis behandelnder Arbeit eines pathologisch-anatomisch wie prak- 
tisch-chirurgisch gleich ausgezeichnet geschulten und auf reichen, in 
v. Bergmann’s Klinik gesammelten Erfahrungen fußenden Autors 
dar, der uns die letzteren neben den durch gründliches Litteratur- 
studium gewonnenen Lehren und Beobachtungen anderer Chirurgen 
in leicht verständlicher Darstellung bietet. Es war gewiss keine 
kleine Arbeit, die N. zu leisten hatte, Angesichts der Fülle von 
Litteratur über die einzelnen angeborenen und erworbenen Leiden 
der unteren Extremität überall in der Schilderung die richtige Mitte 
zu halten, dass sie nicht mit zu vielen Details belastet wurde und 
doch ein erschöpfendes Bild unseres gegenwärtigen Wissens und 
Leistens auf jenem Gebiet der Chirurgie gab. Aber diese Arbeit ist 
N. aufs beste gelungen. Wir verweisen in dieser Hinsicht z. B. auf 
die Kapitel über den Klumpfuß, die Tuberkulose des Fuß- und Knie- 
gelenks etc. — Zahlreiche gute Abbildungen erläutern in zweck- 
mäßiger Weise pathologisch-anatomische Befunde, klinische Bilder 
und Apparate. — Möge die 2. Hälfte der Monographie bald folgen! 

Kramer (Glogau). 


308 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


1i) H. Hirsch (Köln). Zur Frage der Entstehung der an- 


geborenen Hüftverrenkung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 49.) 

In vorliegender Mittheilung sucht Verf. die gegen seine Er- 
klärung, dass die angeborene Hüftverrenkung auf mechanischem Wege 
durch ein chronisch wirkendes intra-uterines Trauma entstehe, von 
A. Alsberg (s. ds. Bl. 1897 p. 1130. Ref.) erhobenen Einwände zu 
bekämpfen und darzuthun, dass in den Fällen, wo primär eine hin- 
reichend tiefe Pfanne vorhanden sei, und die unblutige Reposition 
zum Ziele führe, die Theorie einer originären Entwicklungsstörung 
der Hüftpfanne nicht denkbar sei. Indem er dann weiter den Mecha- 
nismus der traumatischen Entstehung des Leidens entwickelt, davon 
ausgehend, dass beim Fötus noch keine Beckenneigung besteht, und 
der Theil der Pfannenumrandung, welcher mit Ausbildung der ersteren 
nach hinten zu liegen kommt, nach hinten unten gerichtet sei, glaubt 
H., dass das öftere Vorkommen der angeborenen Hüftverrenkung 
beim weiblichen Geschlecht durch die bereits Ende des 5. Fötal- 
monats nachweisbare besondere Gestaltung des weiblichen Beckens 
hegünstigt werde. Was schließlich noch die »Erblichkeit«< des Leidens 
betrifft, so hält H. das sehr seltene Zusammentreffen desselben bei 
Vater und Kind als ein zufälliges und bemerkt bezüglich der schein- 
baren Vererbung durch den mütterlichen Theil, dass man hier eben 
so gut wie eine direkte Vererbung der Missbildung eine vererbte 
Neigung zu mangelhafter Fruchtwasserabsonderung annehmen könnte. 

Kramer (Glogau). 


12) E. Charpentier. De l’incurvation du col f6moral attri- 


buée au rachitisme (ou coxa vara). 
These de Paris, &. Steinheil, 1897. 

Es lag in der Natur der Sache, dass der Coxa vara, wie fast 
jeder neu aufgestellten Krankheit, im ersten Eifer mehrfach Fälle 
zugetheilt wurden, welche sich bei ruhiger Betrachtung als etwas 
Anderes herausstellen mussten — wenn man wenigstens nicht jede 
aus beliebiger Ursache entstandene Schenkelhalsverbildung als Coxa 
vara bezeichnen wollte. Dieses Streben musste aber nothwendig eine 
für die Erkenntnis der wirklichen Verhältnisse übrigens nur förder- 
liche Reaktion hervorrufen, wie sie besonders in den Veröffent- 
lichungen von Kirmisson und in der hier vorliegenden Arbeit 
seines Schülers C. zum Ausdruck kam. 

Kirmisson hatte bekanntlich schon 1894 vor Verwechslung von 
Schenkelhalsverkrümmung und den Folgen gewisser Formen von 
tuberkulöser Coxitis gewarnt und hat auch seither, bei der Be- 
sprechung der Arbeit von Zehnder, so wie in einer neueren Mit- 
theilung über angeborene Coxa vara an einzelnen mitgetheilten Fällen 
eine strenge, aber nicht unberechtigte Kritik geübt. C. fasst nun 
in seiner gründlich geschriebenen Dissertation die verschiedenen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 309 


Argumente zusammen, welche gegen die Auffassung der Coxa vara 
als einer einheitlichen, spätrachitischen Affektion geltend gemacht 
werden können und unterwirft bei dieser Gelegenheit noch einmal 
eine Anzahl der bisher veröffentlichten Fälle einer kritischen Be- 
sprechung. 

Wir können dem Verf. nur beistimmen, wenn er einzelne dieser 
Fälle auf Grund eingehender Besprechung aus dem Rahmen der 
Schenkelhalsverkrümmungen im strengen Sinne ausscheidet. Unter 
den Quellen irrthümlicher Diagnosen sei zuerst die Tuberkulose er- 
wähnt. Dieselbe spielt — von dem vielerwähnten Fall von Roeser 
weg — bis in die letzte Zeit eine Hauptrolle bei den Fehldiagnosen, 
wie unter Anderem aus einem Falle von Zehnder hervorgeht. Auch 
für einzelne der von Hofmeister mitgetheilten Fälle will Verf. (wie 
übrigens vor ihm Kocher) die Möglichkeit einer tuberkulösen Affektion 
nicht fallen lassen. Andere Fälle (z. B. von Müller und von Kocher) 
will Verf. einer rheumatischen Arthritis und Ostitis und speciell 
der Arthritis deformans zuweisen, was uns immerhin noch sehr des 
Beweises zu entbehren scheint. Mit Recht macht er dagegen auf 
die Gefahr aufmerksam, Schenkelhalsfrakturen des Kindesalters und 
ihre Folgen für Coxa vara zu halten und beruft sich dabei auf die 
neuesten Mittheilungen von Whitman!'. 

Auch die Verwechslung mit angeborener Hüftgelenksverrenkung 
kommt vor, und Verf. sieht z. B. eine solche in Übereinstimmung mit 
Kirmisson in einem der Fälle von Zehnder. (Es ist zu bedauern, 
dass Zehnder in diesem operirten Falle keine Angaben über das Ver- 
halten des Schenkelhalses macht. D. Ref.) 

Bis dahin hat die Arbeit von C. einen vorwiegend negativen 
Charakter. Es besteht nun aber schon eine große Zahl genau unter- 
suchter, unter keine der genannten Kategorien von Fehldiagnosen 
fallender Beobachtungen von Schenkelhalsverkrümmungen. Mit diesen 
hat Verf. mehr Mühe, sich abzufinden. Was die Rachitis betrifft, so 
wird zugegeben, und selbst durch mehrere Präparate aus dem Musée 
Dupuytren illustrirt, dass dieselbe Schenkelhalsverkrümmungen be- 
dingen kann. Doch sind dieselben nach C. verhältnismäßig wenig 
ausgesprochen und gehen selten bis zum rechten Winkel. Für die 
höheren Grade — die typische Coxa vara adolescentium — stellt 
Verf. die Rachitis als alleinige oder Hauptursache in Abrede und ist 
geneigt, dieselben eher, zum Theil wenigstens, dem Rheumatismus 
und der Arthritis deformans zuzuweisen. Für einzelne Fälle freilich 
wird Spätrachitis zugestanden. Verf. kommt auf diese Weise zu dem 
Schluss, dass der Schenkelhalsverkrümmung im Wachsthumsalter 
trotz der sich immer mehr oder weniger gleichbleibenden Sympto- 
matologie verschiedene Ursachen zu Grunde liegen. 


1 Es sei auch auf eine in dieser Hinsicht sehr instruktive, von Kocher 
(Beiträge zur Kenntnis einiger wichtiger Frakturformen Bd. III p. 48) mitgetheilte 
Beobachtung hingewiesen. D. Ref. 


310 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


Bezüglich der Behandlung wird mit Recht betont, dass ein 
blutiger Eingriff erst in dem Stadium in Frage komme, wo die Ver- 
biegung stationär geworden ist. Über das zu wählende Operations- 
verfahren sich auszusprechen hält Verf. noch für verfrüht. 

Es geht aus dem Gesagten hervor, das die Arbeit von C. zwar 
nichts wesentlich Neues bringt — Verf. scheint selbst noch keinen 
typischen Fall von Coxa vara gesehen zu haben —, dass sie aber 
eine nützliche Reaktion darstellt gegen voreilige Aufstellung der 
Diagnose: »Coxa vara« und damit die ganze Frage mehr fördert, als 
durch die Beschreibung einiger neuer Fälle. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


13) Schulte. Die sogenannte Fußgeschwulst. 
(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie.) 

Verf. glaubt, dass die sogenannte Fußgeschwulst, als deren 
Ätiologie Entzündung der Sehnenscheiden und Bänder, oder Mittel- 
fußgelenkentzündungen und Periostitis der Mittelfußknochen bisher 
angesehen wurde, einen Einbruch oder eine vollkommene Fraktur 
darstelle. Genauere Untersuchungen an 59 Fällen brachten ihn zu 
dieser Ansicht. Es handelte sich immer um einen Bruch des 2., 3. 
oder 4. Mittelfußknochens. Es war stets gut ein Callus zu fühlen. 
An einem aufgenommenen Skiagramm war nichts zu sehen, aber der 
Callus deutlich zu fühlen. Die Krankheitsdauer betrug im Mittel 
40 Tage. Bei 6 Pat. war Krepitation und abnorme Beweglichkeit 
zu konstatiren. Einige Röntgenphotographien dieser Fälle zeigen 
deutlich die Frakturstelle. Mehrere Male waren die Geheilten dienst- 
unfähig. Die verschiedenen früheren Erklärungen der Krankheit 
werden einer Kritik unterzogen und der Mechanismus ihrer Ent- 
stehung erklärt. Auch Mikulicz schließt sich in dem Falle, den 
er gesehen hat, der Ansicht S.’s an. Die Therapie besteht in Bett- 
ruhe, Massage, feuchten Umschlägen, später Pinselung mit Jodtinktur. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


14) P. Syms. Bunion: its aetiology, anatomy and operative 
treatment. 
(New York med. journ. 1897. Oktober 2.) 

Die Bezeichnung »Bunion« gebraucht man in Amerika für den 
Symptomenkomplex des Hallux valgus; eigentlich bedeutet Bunion 
nur die Entzündung des Schleimbeutels an der Innenseite des Meta- 
carpophalangealgelenkes. Die Ursache des Hallux valgus sieht Verf. 
ausschließlich in schlecht passendem Schuhwerk. Die anatomischen 
Veränderungen bei der Affektion bestehen in einer Verdickung der 
Knochen und aller das Gebiet umgebenden Weichtheile. Der Grad 
der Valgusstellung ist ein sehr wechselnder. 

Die Beschwerden, wie sie durch schlimme Formen des Leidens 
bedingt werden, lassen sich nur durch einen operativen Eingriff be- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 311 


seitigen. Worin derselbe zu bestehen hat, hängt von dem Grad des 
Leidens ab. Im Allgemeinen gilt Folgendes: Die Operation soll 
nicht während eines akuten Anfalles vorgenommen werden. Dieselbe 
soll sich immer gegen die Deformität und nicht gegen die Erkran- 
kung des Schleimbeutels richten. Man soll sich hüten, die Narbe 
auf die Seite der Zehe zu verlegen, wo der Schuh drückt. Von 
Blutleere ist Abstand zu nehmen, die Wunde soll vollständig ohne 
Naht geschlossen werden. 

Der Hautschnitt liegt demnach auf dem Rücken der Zehe, etwa 
3 cm lang. Bei leichteren Fällen werden alle Vorragungen an der 
Innenseite des Metatarsus weggemeißelt. Bei schwereren Fällen 
resecitt man das Metatarsusköpfchen. Ein gut liegender Verband 
hält die Zehe in der richtigen Stellung; derselbe bleibt 14 Tage. In 
der 3. Woche sollen die Pat. aufstehen. Krecke (München). 


15) L. v. Levschin. Über eine neue Methode der osteo- 
plastischen Verlängerung des Unterschenkels nach Exartiku- 
lation des Fußes. 

(v. Langenbeok’s Archiv Bd. LV. Hft. 5.) 

In einem Falle, bei dem Verf. weder die Pirogoff’sche noch 
Mikulicz-Wladimiroff’sche Operation ausführen konnte, operirte 
er folgendermaßen: 

1) Die Schnitte begannen am unteren Ende des Unterschenkels 
und liefen längs des äußeren und inneren Randes des Fußes. Sie 
wurden in der Mitte des Metatarsus durch einen Querschnitt ver- 
einigt. 

2) Quere Durchsägung der Metatarsalknochen. 

3) Unter Beugung der Fußspitze nach unten wird das 1. Os 
cuneiforme und die Basis metatarsi I abgetragen. 

4) Durchsägung der kleinen Knochen parallel der Oberfläche der 
für den Lappen bestimmten Knochen bis zum Chopart’schen Gelenk. 

5) Operation nach Chopart und Bildung des Lappens bis zum 
unteren Ende des Unterschenkels. 

6) Die übrigen Weichtheile werden durch einen Querschnitt an 
der hinteren Seite, d. h. am Ende des Unterschenkels abgeschnitten und 

7) Die Unterschenkelknochen im Bereich der Epiphysen (wie bei 
Pirogoff) durchsägt. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


Kleinere Mittheilungen. 


16) Werner. Ein Fall von Primäraffekt am Zahnfleisch. 
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.) 

Die Lokalisation eines Primäraffektes am Zahnfleisch ist sehr selten; unter 
383 extragenital entstandenen Infektionen, die seit 1878 im alten Hamburger 
Staatskrankenhaus beobachtet wurden, ist dies der einzige Fall. Sonst sind noch 
7 Fälle aus der Litteratur bekannt, die ausführlich angegeben sind. 


312 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


Es handelte sich um eine 38jährige Frau; unter dem Frenulum der Oberlippe 
ist das Zahnfleisch exquisit schinkenfarben, hart und verdickt; daswischen mehrere 
flache, grau belegte Ulcerationen, stellenweise konfluirend. Gegenüber an der 
Schleimhaut der Oberlippe ein Abklatschgeschwür, kirschkerngroß, vorspringend. 
Submentaldrüsen sind nicht vergrößert, dagegen Nacken- und Leistendrüsen. In 
der linken Nasolabialfalte, am Mundwinkel und Kinn sieht man schuppende 
Papeln; über den ganzen Körper verbreitet sich ein dichtes lentikuläres, makulöses 
und papulöses Syphilid; Psoriasis palmaris beiderseits; Plaques &rosives an den 
Schamlippen und am After. — Nach einer Schmierkur Heilung. — Eine Prä- 
disposition war durch ein falsches Gebiss gegeben, das eine Gingivitis hervor- 
gerufen hatte mit Auflockerung der Schleimhaut, Röthung und Entzündung der 
Ränder. Über den Modus der Infektion konnte nichts eruirt werden. Die Dia- 
gnose ist nicht immer leicht, so dass die Annahme vielleicht gerechtfertigt ist, 
dass die Affektion doch öfters in dieser Lokalisation vorkommt, jedoch verkannt 
wurde. Tschmarke (Magdeburg). 


17) Deycke. Ein Fall von tertiärer Sklerose. 
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.) 


Diese interessante, seltene Form einer syphilitischen Tertiärerkrankung wurde 
bei einem 24jährigen Kommis beobachtet, der vor 3 Jahren zuerst erkrankt und 
wiederholt mit Hg-Injektionen behandelt worden war. Es zeigte sich bei der 
Aufnahme eine Infiltration der Nase und Oberlippe, welche auf die Wangen über- 
griff, mit oberflächlichen Ulcerationen der Haut, von opaker Farbe; hinter dem 
linken Ohr 2 gleiche runde Exkoriationen. Trots der Anamnese wurde die Dia- 
gnose auf Lupus vulgaris gestellt. Aber sowohl die erfolglose Behandlung, als 
das Fehlen einer Reaktion selbst bei hohen Tuberkulingaben, und die Besserung 
auf Jodkali ließen den wahren Charakter der Erkrankung bald erkennen. Es 
zeigte sich im Laufe der Behandlung nun ein von Mauriac zuerst beschriebenes 
Syphilome balano-pr&putial, eine harte, 2cm lange und 1 cm breite, scharf be- 
grenste Induration am Präputium, mit oberflächlichen Exkoriationen, die einem 
Primäraffekt zum Verwechseln ähnlich sah. Nach eingeleitetem Traitement mixte 
heilte der syphilitische Lupus sehr schnell ab, während die Sklerose am Penis 
Zeichen regressiver Einschmelsung bot und hartnäckig widerstand, so dass schließ- 
lich die Geschwulst exstirpirt wurde; danach primäre Heilung. Die mikroskopische 
Untersuchung des exstirpirten Stückes erwies bedeutende Unterschiede von dem 
Bild einer Initielsklerose; die histologische Struktur hat frappante Ähnlichkeit 
mit der Tuberkulose: Ausgedehnte Zellenneubildung, diffuse Bindegewebsentwick- 
lung, die zahlreichen miliaren Gummata, zum Theil im Centrum verkäst, waren, 
abgesehen von dem Fehlen der Deelen, nicht von Miliartuberkeln zu unter- 
scheiden. Nur die mikroskopische Untersuchung vermag den tertiären Charakter 
der Geschwulst festzustellen. Tschmarke (Magdeburg). 


18) Manchot. Über einen Fall von Syphilis hereditaria kombinirt 
mit einem durch den Staphylococcus pyogenes aureus hervorgerufenen 
akuten Pemphigus gangraenosus. 

(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hit. 3.) 


Ein 4 Monate altes Kind mit deutlichen Zeichen hereditärer Syphilis — Coryza, 
nässenden Papeln im Munde, an den Lippen und Hodensack, papulo-squamöse Sy- 
philide an Stirn, Wange und Armen — zeigte linsengroße Pemphigusblasen, da- 
neben größere, mit Eiter gefüllte Blasen und Geschwüre fast über den ganzen 
Körper vertheilt. Der Pemphigus wurde bald als eine von der Syphilis un- 
abhängige Komplikation erkannt. Die Blasen nahmen nämlich ein blau-schwarzes, 
sanguinolentes Aussehen an; nach 24 Stunden bildeten sich auf dem Grund der 
geplatzten Blasen derbe, schnell wachsende, scheibenförmige Infiltrate der Cutis, 
die diphtherisch belegt waren, und nach Abstoßung dieser nekrotischen Massen 
blieben runde, scharfrandige, die ganze Cutis durchsetzende Geschwüre zurück. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 313 


Im Eiter wurde Staphylococcus aureus gefunden; es gelang mit einer Reinkultur 
genau dieselben Blasen mit ihren Metamorphosen an bisher intakten Hautstellen 
hervorsurufen. Das Kind starb schließlich an Erschöpfung: die Syphilis, die stets 
mit hohem Fieber einhergehenden Nachschübe des Pemphigus und eine allgemeine 
akute Tuberkulose wirkten bei dem tödlichen Ausgang zusammen. 

Das bisher noch nicht beobachtete Zusammentreffen des akuten infektiösen 
Pemphigus mit floriden Erscheinungen hereditärer Syphilis machen den Fall 
zu einem interessanten und der Mittheilung werthen. 

Tschmarke (Magdeburg). 


19) Hahn. Die Aspirationsbehandlung der Leistenbubonen. 
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.) 

Veranlasst durch 2 Beobachtungen von elephantiastischen Veränderungen an 
Penis und Scrotum nach doppelseitiger Ausräumung der Leistendrüsen wurde die 
Aspirationsbehandlung der Bubonen in 190 Fällen vorgenommen und hat zu sehr 
ermuthigenden Resultaten geführt. Nach Aspiration des Eiters wurden die Drüsen- 
abscesse Anfangs mit 0,6%iger Salicyllösung so lange ausgespült, bis die Flüssig- 
keit klar abfloss; später wurden die Ausspülungen mit physiologischer Kochsalz- 
lösung gemacht. Die Einstichöffnung wurde mit Jodoformgaze und Zinkpflaster 
bedeckt, und mittels eines Mauersteins und eines Handtuches ein Druckverband 
angelegt, letzteres, um den theueren Beckenverband zu sparen. Die Aspiration 
wurde beliebig wiederholt, wenn nicht Komplikationen, die Lage und Konsistenz 
der Drüsen, doch eine Operation nöthig machten. 

Von 190 Fällen wurden über 70% geheilt mit 1—5 Aspirationen, von 75 Fällen 
aus dem Jahre 1896 50 nach einer einzigen Aspiration. Aber auch bei Drüsen, 
welche schließlich zur Operation kommen, soll die Methode von Nutzen sein, 
indem nach Entfernung des Eiters die Ausschälung »auffallend leicht« von statten 
gehen soll. 2mal verwandelte sich die Einstichöffnung in einen typischen harten 
Schanker; 3mal blieb eine kleine, wenig secernirende oder störende Fistel surück. 
Der Drüseninhalt wurde stets steril befunden. Bei oberflächlichen Bubonen mit 
deutlicher Fluktuation ist die Methode indieirt; nur wenig eingeschmolzene oder 
tief gelegene Drüsen erfordern eine operative Entfernung. 

Tschmarke (Magdeburg). 


20) M. Cryer (Philadelphia). The surgical engine and its use in 
bone surgery. 
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 14.) 

C. empfiehlt ein neues »spiral« Osteotom namentlich für die Durchtrennung der 
Schädelknochen. Es wird durch den üblichen Motor in Umdrehung versetzt und 
ist im Ganzen aterilisirbar; es besteht aus einem kurzen, starken, rotirbaren Stift 
mit 3 seitlichen, spiralig gewundenen, scharfen Kanten, und einem abnehmbaren 
Tutor am unteren Ende, welcher s. B. zwischen Schädel und Dura zu liegen 
kommt und letztere vor Verletzung schützt. Zur Resektion des Schädels muss 
nach Durchtrennung der Weichtheile erst eine kleine Trepanöffnung angelegt 
werden, in die das Osteotom eingesetzt wird. Die nöthigen Abbildungen mögen 
im Original nachgesehen werden. Martens (Berlin). 


21) S. Sachs. Ein Apparat für Zimmergymnastik. 
(Ärstliche Polytechnik 1897. December.) 

Der ganze Apparat besteht aus 4 Stäben, sog. Fußplatten, und beschwerenden 
Gewichten. Letztere dienen zur Dosirung der bei den Übungen anzuwendenden 
Kraft. Dadurch bietet der Apparat, ähnlich dem Dynamometer, ein genaues Maß 
der Muskelkraft eines zu Untersuchenden; er gestattet fast alle in der Gymnastik 
vorzunehmenden Übungen, kann sogar als Ruderapparat gebraucht werden. Eine 
Menge Zander’sche Maschinen werden durch ihn in der einfachsten Weise ersetst. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 


314 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


22) Perutz. Zur Kasuistik der durch Pneumokokken bedingten akuten 
eitrigen Osteomyelitis. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 3.) 

Der in Kronacher’s Ambulatorium (München) von P. beobachtete Fall be- 
traf einen 11 Monate alten Knaben, der im Anschluss an eine recidivirende Pneu- 
monie eine akut eitrige, durch den Fränkel-Weichselbaum’schen Diplocoocus 
veranlasste, typische Knochenmarkentsündung an der Grenze zwischen Dia- und 
Epiphyse des Humerus bekam. 

Die Beobachtung bestätigt somit, dass Pneumokokken nicht bloß Ostitis, Peri- 
ostitis und Gelenksentzündungen, sondern auch Osteomyelitis im engeren Sinne 
hervorzubringen vermögen. Kramer (Glogau). 


23) Œ. Singer. Rheumatismus und Osteomyelitis. 
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 39.) 


In dem berichteten Falle sieht der Autor den »zwingenden« Beweis für die 
Richtigkeit der Auffassung, dass akuter Gelenkrheumatismus und Osteomyelitis 
identische Processe mit durchaus einheitlichem Agens darstellen. Es handelt sich 
um einen 17!/gjährigen Tischlergesellen, welcher im 7. Jahre eine anscheinend 
primäre Osteomyelitis der rechten Tibia mit Sequesterbildung und Aufbruch durch- 
gemacht hat. Jahrelange Eiterung mit centralem Knochenabscess. 5 Jahre nach 
Beginn der Erkrankung Schwellung des linken Knies mit baldiger Wiederherstel- 
lung. Ein Jahr später akuter Gelenkrheumatismus, beginnend im Sprunggelenk 
und dann typisch auf alle Gelenke überspringend. Im nächsten Jahre Reoidiv mit 
Endo-Perikarditis und doppelseitiger Pleuritis. In dieser Zeit secernirte die Knochen- 
wunde nicht, nur eine unbedeutende Hyperostose zeigt an der rechten Tibia die 
Reste der überstandenen Osteomyelitis. Der Rheumatismus heilte nach 6 Wochen. 
Dann in Folge eines Stoßes an der rechten Tibia wieder Aufbruch der alten 
Eiterstelle, an deren Grund ein Sequester gefühlt wird. — Den Zusammenhang 
der Affektionen will der Autor darin erkennen, dass in dem alten Tibiaherde der 
latente Infektionsherd für die Gelenkentzündungen lag. » Während die Knochen- 
wunde geschlossen ist, die Knocheneiterung scheinbar sistirt, kommt es zu einem 
exquisiten polyartikulären Rheumatismus mit serösen Komplikationen; nach der 
Heilung dieses Rheumatismus kommt neuerlich die Osteomyelitis zur Geltung.« 
Die bakteriologische Begründung des Zusammenhanges beschränkt sich auf die 
Angabe, dass während des Rheumatismus reichlich Staphylokokken im Harn nach- 
weisbar waren. Die bakteriologische Prüfung des Sequesters war geplant, ist aber 
unterblieben, da die Operation nicht ausgeführt wurde. So bestechend die Theorie 
auch sein mag, es wird Manche geben, welche sich durch den obigen Beweis nicht 
zwingen lassen. Herm. Frank (Berlin). 


24) N. Swoboda. Uber Osteomyelitis im Säuglingsalter. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 4.) 

Nach einem Hinweis auf die größere Zahl der Eingangspforten für Infektions- 
erreger beim Neugeborenen und Säugling gegenüber der späteren Lebensperiode 
resumirt S. aus der Betrachtung der bislang publicirten einschlägigen Fälle den 
klinischen Verlauf der Osteomyelitis bei Säuglingen, der durch folgende Momente 
ausgezeichnet ist: 1) Die Multiplicität der Knochenherde, 2) die Häufigkeit der 
Epiphysenlösung, 3) die häufige Betheiligung der Gelenke, 4) der akute, meist 
tödliche Verlauf. 

Es folgt die Mittheilung eines selbst beobachteten Falles bei einem 3 Monate 
alten Kinde, der unter hohem Fieber mit einem Abscess am Hals begann. Nach 
Eröffnung desselben stieß man erst beim Vordringen bis an die Wirbelsäule auf 
Eiter, in dem Staphylokokken (aureus? Ref.) nachgewiesen wurden. Im Anschluss 
daran kam es zu multiplen Herden in der linken Tibia. Die Verkürzung des er- 
krankten Unterschenkels, die 2 Monate nach Beginn 11/4 cm betrug, hatte sich 
4 Monate später bereits völlig ausgeglichen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 315 


Besüglich der Ätiologie erwähnt Verf., dass die Mutter, die das Kind bis 
dahin gestillt hatte, am Tage nach dem Auftreten der ersten Temperatursteigerung 
bei dem Kinde an einem schweren akuten Gelenkrheumatismus erkrankte. Er 
hält die Möglichkeit nicht für ausgeschlossen, dass die beiden Erkrankungen 
durch Infektionskeime, die das Kind mit der Milch in sich aufnahm, in direktem 
Zusammenhang stehen. Hübener (Breslau). 


25) Shaw. A case of haemophilia with joint-lesions. 
(Bristol med.-chir. journ. 1897. September.) 

Bei einem 30jährigen Hämophilus zeigte sich eine Verdickung beider Ellbogen- 
und Kniegelenke. Diese Verdiekung war vom 2. Lebensjahre ab beobachtet 
worden. Aus 2 Gelenken waren einmal Blutergüsse aspirirt worden. Die Ver- 
dickung betraf im Wesentlichen die Knochen, die Beweglichkeit war in allen Ge- 
lenken eine verminderte. Von Zeit zu Zeit traten akute Schwellungen in den 
Gelenken ein, denen stechende Empfindungen in den betreffenden Fingern oder 
Zehen und Hitsegefühl in dem Gelenk vorausgingen. Krecke (München). 


26) Lehmann. Beitrag zur Kasuistik der Muskelhernien. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1897. No. 12.) 

Beschreibung einer Muskelhernie am rechten Unterschenkel. Zwischen den 
Bruchenden des durch einen Schrotschuss verletzten Wadenbeins liegt eine 10 cm 
lange, 8 om breite, eiförmige Muskelmasse, die aus der Unterschenkelfascie heraus- 
tritt und nur von der äußeren Haut bedeckt ist. Pat. hat von der Hernie, die 
vor 10 Jahren entstanden ist, nicht die geringsten Beschwerden. 

Steudel (Hannover). 


27) Maillefert. Einige kasuistische Beiträge zur Unfallheilkunde aus 
Dr. Dumstrey’s Anstalt in Leipzig. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 1.) 

I. Nach angeblichem komplicirtem Schädelbruch, durch einen Fall vom Dach 
eines Astöckigsn Hauses in den gepflasterten Hof, waren Kopfschmerzen, leichte 
Reizbarkeit, Schlaflosigkeit und Appetitlosigkeit zurückgeblieben. Bei der Ope- 
ration zeigte sich der Knochen an der Stelle der größten Druckempfindlichkeit, 
links oben auf dem Scheitel, an einer Smarkstückgroßen Stelle bläulichroth ver- 
färbt und sehr weich. Eine Fraktur des Schädeldaches lag nicht vor. Das Stück 
wurde heraustrepanirt, die darunter liegende Hirnhaut zeigte sich intakt, doch lag 
in der Mitte des Defektes, in der Dura eingebettet, ein 1 cm langes, 1/3 cm breites 
Stück der Tabula vitrea. Herausnahme desselben. Reaktionsloser Wundverlauf. 
Heilung. Die Kopfschmerzen sind verschwunden, Pat. hat in kurzer Zeit 8 Pfund 
zugenommen; Pat. fühlt sich körperlich und geistig wohl. 

U. Zur Beseitigung einer festen Verwachsung im Schultergelenk, die nach 
einer Verstauchung des Oberarmes zurückgeblieben war, wurde in einem Kranken- 
hause ein Brisement forcé gemacht; darauf entstand eine habituelle Luxation des 
Schlüsselbein-Brustbeingelenks nach vorn und oben. In der Anstalt Naht mit Silber- 
draht. Heilung. 

IIL Das retrahirte periphere Sehnenende des durchschnittenen Flexor poll. 
long. wurde an die verlängerte Sehne des Flex. carp. rad. genäht. Nachdem Pat. 
nach Heilung der Wunde einige Wochen Fingerübungen gemacht hatte, wurde er 
mit nahezu vollständig gebrauchsfähiger Hand entlassen. Steudel (Hannover). 


28) L. Merciöre. Serie d’arr&t de développement, tous situés du côté 
droit (Malformation de l’oreille, de la main, du pied et kyste du 
cordon). 

(Revue d’orthopedie 1897. No. 5.) 


Für die eigenthümliche Beschränkung der Anomalien auf die eine Seite bringt 
der klinische Bericht keine Erklärung. Der 2t/sjährige Knabe trägt ein Dar- 


316 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


win’sches Spitzohr, ein Rückschlag, welcher in anatomischen Verhältnissen bei 
gewissen Affen, auch am Langohr, seine Anomalie, beim Embryo sich aber kon- 
stant finde. Am Rumpf ist der Proc. vaginalis zu mehrfachen Cysten missbildet. 
Oberhalb der geschlossenen Tunica vaginalis findet sich eine größere, darüber eine 
kleinere Cyste, welche an ihrer Wand eine langgestielte kleinste Cyste sitzen hat. 
Der oberste Theil ist hernienförmig ausgeweitet, an seiner Wand sitzt ebenfalls 
eine kleine Cyste. An den Extremitäten besteht an der oberen eine Ektrodak- 
tylie; es fehlt der ulnare Antheil an der Handwurzel, Mittelhand und Finger. 
Die Ulna selbst ist stark verkümmert, 4—5 cm lang, nach unten sich bleistiftdick 
verlierend. Der Radius ist herumgebogen, bei Supinationsbewegungen entsteht 
zwischen den Knochenverbindungen Krepitiren. An der unteren Extremität ist 
der Metatarsus III atrophisch, die 3. Zehe hat nur eine verkümmerte Phalanx. Die 
große Zehe ist mit der zweiten bis auf die Endphalanx verwachsen, die Phalanx 
der 3. Zehe hängt seitlich ihrem Nachbar an. Herm. Frank (Berlin). 


29) Z. Mihajlovi6. 2 Fälle anomaler Entwicklung der Extremitäten. 
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1897. No. 11. [Serbisch.)) 

M. berichtet über 2 Fälle, ein Mädchen von 23 und einen jungen Mann von 
25 Jahren, welche beide ohne untere Extremitäten geboren wurden. Gleich unter 
der Hüfte sieht man Stümpfe, ähnlich denen nach einer Amputation; beim 
Mädchen ist der rechte Stumpf etwas schwächer, als der linke. Die oberen Ex- 
tremitäten sind beim Manne vollkommen normal, beim Mädchen in so fern ab- 
norm, als an einer Hand der Mittelfinger, an der rechten Hand der 3. Meta- 
carpalknochen fehlt. Die übrigen Organe in beiden Fällen normal. Die Eltern 
beider normal, und hat vorher die Mutter des Mädchens 6, die des Mannes 4 nor- 
male Kinder geboren. v. Catkovi6 (Agram). 


30) B. W. Sawicki. Ein Fall von Riesenwuchs der linken unteren 
Extremität. 
(Gaz. lekarska 1897. No. 52.) 

Verf. beobachtete einen Riesenwuchs der linken unteren Extremităt bei einem 
10jährigen Knaben, dessen Mutter an Epilepsie litt. Das Kind kam anscheinend 
normal entwickelt zur Welt. Im 2. Lebensjahre begann es zu gehen, ohne dass 
man etwas Auffälliges bemerkt hätte. Erst seit einigen Jahren begann die linke 
untere Extremität rapid an Länge und Dicke zuzunehmen. Die Untersuchung 
des hochgradig nervösen Knaben zeigte, dass die Hypertrophie hauptsächlich den 
Unterschenkel betraf. Die Differenz der Dimensionen erhellt aus folgenden 
Zahlen: 


Entfernung der Spina ant. sup. vom äußeren Knöchel 63,5 67,5 cm 
» » » » vom Capitul. fibulae 38 38 >» 

H des Capit. fibul. von der Spitze des äußeren Knöchels 28 30 >» 
Fußlänge von der Ferse bis zur Spitze der großen Zehe 20 2 » 
Breite des Fußes in der Höhe der Metatarsalköpfchen 8 8 a 
Umfang über den Rist 20 215 » 
D um die Knöchel 19,8 25,5 » 

H im unteren Drittel des Unterschenkels 18 25,3 » 

H um die Mitte des Unterschenkels 20,8 27» 

H im oberen Drittel des Unterschenkels 24 28,5 » 

H über die Kniescheibe 27 29,5 » 

H im unteren Drittel des Oberschenkels 28 32 » 

H im oberen Drittel des Oberschenkels 33 34,5 » 


Die Länge und Größe der Zehen so wie jene der oberen Extremitäten war 
eine gleiche. 

Die Hypertrophie der linken unteren Extremität betraf gleichmäßig Knochen 
und Weichtheile. Im Unterhautzellgewebe an der inneren Seite des Unterschenkels 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 317 


waren zahlreiche bohnen- bis taubeneigroße, auf Druck nicht empfindliche, harte 
Knoten zu spüren. 

Dieselben sollen nach Angabe der Eltern des Pat. seit einem Jahre bedeutend 
an Größe zugenommen haben. Gefühl und elektrische Reizbarkeit so wie die 
Funktion der Extremität waren normal. Trzebicky (Krakau). 


31) Blamenser. Kasuistischer Beitrag zur Kenntnis von den nach 
Nekrose an der Diaphyse auftretenden Störungen im Längen- 
wachsthum. 

Diss., Greifswald, Juli 1897. 


B. berichtet über 2 Fälle, wo nach in der Jugend überstandener Osteomyelitis 
Verlängerungen der betreffenden Diaphyse resultirten. Bei einem Falle von 
Osteomyelitis der Tibia waren Tibia und Fibula um 3 om verlängert, in einem 
zweiten Falle das Femur um 6 cm. 

Aus den Versuchen von Helferich, Flourens, Humphry, Ollier, 
Langenbeck und Haab geht hervor, dass eine Verlängerung der Diaphyse nur 
bei noch wachsenden Individuen zu Stande kommen kann und durch das an den 
Epiphysengrenzen durch die Nekrose gesetzte Irritament bewirkt wird. 

Sudeck (Hamburg). 


32) Pischinger. 3 Fälle von angeborenem Hochstand der Scapula 
(Sprengel’sche Deformität). 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 51.) 


P. hat in Krecke’s Privatklinik (München) 3 Fälle obiger Deformität linker- 
seits beobachtet, die Kinder im Alter von 2—4 Jahren betrafen. Bei dem einen 
bestand Hyperplasie des Schulterblattkörpers, bei diesem und dem 3. Falle auch 
Schrägstellung des Schlüsselbeins mit Erhöhung des distalen Endes, in allen 3 
Verdickung und Verkürzung des Halses durch wulstiges Vorspringen des oberen 
Cuoullarisrandes, Vertiefung der linken Achselhöhle, Abflachung der Supra- und 
Infraclaviculargrube, im 1. Falle besonders ausgeprägte scheinbare Verkürzung des 
linken Armes und eben so wie im 3. leichte Dextrokonvex- Skoliose der oberen 
Brustwirbelsäule. Rotation und Hebung des Armes bis zur Horizontalen waren 
unbehindert. — Zur Erklärung der Entstehung der Deformität erscheint P. die 
von Sprengel gegebene am wahrscheinliohsten. — Anhangsweise berichtet er noch 
über 1 Fall von erworbenem Tiefstand des Schulterblatts nach abgelaufenem Empyem, 

Kramer (Glogau). 


33) E. Kirmisson. Nouvel exemple de malformation congénitale 
de l’omoplate (Ascension de l’omoplate avec exostose de son bord 
Supérieur), 

(Revue d’orthopedie 1897. No. 5.) 


31/gjähriger Knabe; das linke Schulterblatt steht 3 cm höher als das rechte, 
zeigt einen Auswuchs am oberen inneren Randwinkel, welcher bis zum 7. Hals- 
wirbeldornfortsatz reicht. Dorsalskoliose mit linksseitiger Konvexität mäßigen 
Grades. Der Arm kann nur bis zum rechten Winkel erhoben werden. Der Fall 
ist der 17. bis jetzt beschriebene. 10mal betraf die Affektion die linke Seite, 
7mal die rechte, Ilmal war sie mit Skoliose vergesellschaftet, deren Konvexität 
9mal nach der kranken Seite gerichtet war. Die Pathogenese ist durch den vor- 
liegenden Fall auch nicht klarer gestellt worden als sie bisher war; K. hält die 
Annahme einer primären Entwicklungsstörung für am meisten befriedigend. Der 
Knochenauswuchs am inneren oberen Winkel des Schulterblattes macht den be- 
schriebenen Fall am meisten dem Kölliker’schen äbnlich. 

Herm. Frank (Berlin). 


318 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


34) H. L. Burrell und R. W. Lovett (Boston). Habitual or recurrent 
dislocation of the shoulder. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. August.) 

Nach einer Analyse von 6 Fällen habitueller Schulterluxation gelangen die 
Verff. su folgendem Modus der Behandlung des Leidens: 

1) Massage und methodische Übung abwechselnd mit Fixationsverbänden. 
Wenn dies nach 3 Wochen nicht zum Ziele führt, 

2) Operation, bestehend in Freilegung der vorderen Kapselwand, partieller 
Excision derselben und Verschluss durch die Naht. 

In einem Falle dauert die Beobachtungszeit, während welcher keine neue 
Luxation auftrat, bereits 1 Jahr 10 Monate. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


35) Kirsch. Zur Sehnentransplantation. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1897. No. 12.) 

Im Anschluss an einen von Duplay in den Bull. et mém. de la soc. de chir. 
de Paris berichteten Fall beschreibt K. das Resultat einer von ihm ausgeführten 
Sehnentransplantation. Unter Infiltrationsanästhesie nähte er einem Pat, dem 
durch eine Schnittverletzung die Sehnen der Daumenextensoren vor 6 Monaten 
durchtrennt waren, das periphere Ende des Ext. poll. brev. 2 cm oberhalb der In- 
sertion des Rad. ext. long. in dessen Sehne ein. Der Daumen wurde in einem 
Pappverbande in Streckstellung fixirt; reaktionsloser Wundverlauf. Das End- 
resultat war, dass Pat. sowohl bei dorsal- wie plantarflektirter Hand das Daumen- 
grundglied gut strecken konnte. Beim Strecken der Hand wurde der Daumen 
stark nach der Volarseite gezogen, zugleich fand beim Strecken des Daumens eine 
starke Opposition seines Metacarpus statt. K. führt dies darauf zurück, dass 
durch den Opponens poll. die zwischen Ext. poll. und Ext. carpi geschaffene 
Sehnenbrücke gespannt würde, und so erst die Streckung des Daumens ausgeführt 
werden könnte. Abschätzung der Erwerbseinbuße vor der Operation 50%, 4 Mo- 
nate nach derselben 20%. Steudel (Hannover). 


36) E. H. Bradford (Boston). Congenital dislocation of the hip. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. November.) 

Verf. theilt seine Erfahrungen in der Behandlung der angeborenen Hüftver- 
renkung in 3 Klassen: 

1) Die mechanische Behandlung: 3 Jahre lang Extensionsbehandlung, später 
Korsett, brachten in keinem Falle (von 8) ein befriedigendes Resultat. 

2) Operative Behandlung nach Hoffa mit Schnittführung nach v. Langen- 
beck. Die Endresultate waren nicht zufriedenstellend. Bei 3 Kindern, die längere 
Zeit am Leben blieben (3 starben an interkurrenten Krankheiten), war der Kopf 
anscheinend in der Pfanne nicht fixirt; ein gewisser Grad von Lordose blieb 
zurück. 

3) Operation mit Lorenz’ vorderem Schnitt. In 4 Fällen von 5 blieb der 
Kopf reponirt; in einem 5. Falle trat Eiterung ein, das Endresultat war aber doch 
ein brauchbares Bein. 

Die Arbeit B.’s ist, trotz der wenigen Beobachtungen und geringen Resultate, 
reich an belehrenden Einzelheiten, mit zahlreichen guten Abbildungen und um- 
fassender Zusammenstellung der Litteratur versehen. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


37) J. Bayer. Zur Therapie der Coxa vara. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 562.) 

B.'s Bemerkungen zu dem Gegenstand stützen sich, abgesehen von Benutzung 
einschlägiger Litteratur, über welche zum Schluss der Arbeit ein Verzeichnis ge- 
geben wird, auf 2 von Bardenheuer im Kölner Spital behandelte Fälle. Der 
erste, ein mittelschwerer Fall, betrifft ein 19jähriges Dienstmädchen, das, sonst 
gesund und nur unbedeutende Spuren von Rachitis tragend, seit 4 Jahren nach 


Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 319 


Anstrengungen über Schmerzen und Schwäche in der linken Hüfte klagte. Linkes 
Bein relativ um 11/2 cm verkürst, Trochanter 1 cm zu hoch und nach hinten ver- 
lagert, das ganze Bein nach außen rotirt. Beugung, Abduktion, Adduktion be- 
hindert. Bei Ruhelage Schmerzfreiheit. Im Röntgenbild ist der linke Schenkel- 
hals mäßig verkürst. Behandlung: 4 Wochen lang permanente Beinextension mit 
Querzug am oberen Oberschenkelende nach oben außen unter gleichzeitiger Ro- 
tation nach innen, worauf Pat. beschwerdefrei entlassen werden konnte. Der 
Erfolg ist jedenfalls der Entspannung der Muskeln und Bänder durch die Exten- 
sion zu danken. 

Fall 2, ungleich schwerer, betrifft einen 16jährigen Pat., der, mit 14 Jahren 
in Fabrikarbeit eingetreten und hier gleich zu sehr schweren Anstrengungen ge- 
nöthigt, erkrankte. Auch hier starke Auswärtsrotation beider Beine, beide Trochan- 
teren 1!/z—2 cm zu hoch und nach hinten verschoben. Beweglichkeit der Hüften 
beschränkt und nur mit Schmerzen. Gang sehr schlecht und watschelnd. Pat. 
wurde beiderseits im Schenkelhalse osteotomirt, und zwar in der 1. Sitzung rechts 
mittels Keilexeision (Kraske’sches Verfahren), in der 2. links mittels lineärer 
Knochendurchmeißelung (Büdinger’s Verfahren). Die Wunden heilten aseptisch, 
indess trat trotz sorgfältiger orthopädischer Nachbehandlung beiderseits völlige 
Hüftankylose ein. Immerhin ist in so fern Besserung zu konstatiren, als die 
Außenrotation der Beine gehoben, und der Gang auch gebessert wurde. Der 
Grund für das Eintreten der Ankylose ist jedenfalls in einer Eröffnung des Hüft- 
gelenks au suchen, die bei einer Schenkelhalsosteotomie nur selten zu vermeiden 
sein dürfte. Man wird desshalb bei schweren Fällen der Difformität häufig der 
Osteotomie nach dem Vorgang von Kocher u. A. die Gelenkresektion vorziehen 
müssen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


38) Barker. Partial and complete dislocation of the semilunar 
cartilage of the knee. Operation on six cases. 
(Lancet 1897. September 18.) 


B. hat 6mal Gelegenheit gehabt, wegen Luxation des inneren Semilunar- 
knorpels das Kniegelenk zu eröffnen. In allen Fällen handelte es sich um den 
inneren Meniscus, alle Verletzungen betrafen Männer. Der erste Unfall ereignete 
sich fast immer bei unbedeutenden Veranlassungen (Sprung aufs Pferd, aufs Fahr- 
rad), in der Regel bei leicht gebeugtem Knie. Nach der ersten Verletzung trat 
gewöhnlich Besserung ein, dann aber erfolgte ein neues Trauma und so fort bei 
immer kürzer werdenden Zwischenräumen und zunehmenden Beschwerden. Palpa-. 
torisch war nie etwas Sicheres nachzuweisen. 

Nach Eröffnung des Gelenks konnte bei 4 von den 6 Kranken der abgerissene 
Meniscus zunächst nicht sichtbar gemacht werden. Er zeigte sich erst, als das 
Knie bis zum rechten Winkel gebeugt war, in der Fossa interoondyloidea. Mit 
einem scharfen Haken wurde der Knorpel wieder in seine richtige Stellung ge- 
zogen und dort durch Seidennaht befestigt. In allen Fällen ergab sich eine prima 
reunio und ein gutes funktionelles Resultat. 

Verf. folgert aus seinen Beobachtungen, dass ohne Operation eine Reduktion 
des verschobenen Knorpels unmöglich ist. Wird der Knorpel nicht reponirt, so 
erleidet derselbe solche Form- und Gewebsveränderungen, dass daraus dauernde 
Störungen hervorgehen. Der operative Eingriff ist darum immer dringend angezeigt. 

Krecke (München). 


39) J. B. Footner. The pathology of genu valgum. 
(Brit. med. journ. 1897. December 4.) 

F. konnte durch Aufnahme mit Röntgenstrahlen die pathologisch-anatomischen 
Veränderungen bei Genu valgum (3jähriges Kind) in vollendeter Weise zur Dar- 
stellung bringen. Außer einer deutlichen Krümmung im oberen Schaftende der 
Tibia und Fibula, auf die Morton (Brit. med. journ. 1897 Mai 29) schon hin- 
‚gewiesen hat, ist die beträchtliche Verlängerung des unteren Schaftendes des Fomurs 


320 Centralblatt für Chirurgie. No. 11. 


deutlich zu erkennen. 2 Skiagramme, die den Zustand vor und nach der Opera- 


tion zeigen, illustriren die kurze Mittheilung. F. Krumm (Karlsruhe). 
40) W. Knust. Über die Fußgelenksluxation durch Rotation nach 
außen. 


Diss., Greifswald, Juni 1897. 

Ein 52jähriger Pat. fiel, während sein rechter Fuß in einer Krippe fixirt war, 
nach hinten mit gleichzeitiger Rotation seines Körpers nach innen (»links uma). 
Der Fuß war vollständig aus dem Tarsalgelenk nach außen herausgedreht, ohne 
Bruch der Malleolen, ohne Dislokation nach vorn oder hinten, und ohne Weich- 
theilschwellung. 

K. fand in der deutschen Litteratur nur noch einen derartigen Fall (mit 
Fibulabruch) und in der französischen Litteratur drei. 

Bei Leichenversuchen konnte K. die Luxation ohne Fraktur nicht herstellen. 
Er nimmt desswegen an, dass zur Entstehung der Verrenkung gewisse anatomische 
Bedingungen gegeben sein müssen, wie ein abnormes Verhältnis zwischen Talus- 
rolle und Gelenkgabel oder zu schwache Bandmassen zwischen Tibia und Fibula. 
K. nennt die Verletzung Luxatio per eversionem. Sudeek (Hamburg). 


41) Stechow (Berlin). Fußödem und Röntgenstrahlen. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1897. No. 11.) 

Bei 3 Kranken mit chronischem »Fußödem« wies die Untersuchung durch 
Röntgenstrahlen nach, dass ein Querbruch eines Mittelfußknochens vorlag, welcher 
zwar in guter Stellung, aber mit einiger Calluswucherung verheilt war. Als Ver- 
anlassung des Bruches wurden unbedeutende Traumen nachgewiesen, welche den 
vorderen Theil des Mittelfußes getroffen hatten, und zwar vorwiegend im mittleren 
Abschnitt desselben. Da nämlich die Köpfchen der IL, II. und IV. Mittelfuß- 
knochen gegenüber den äußeren I. und V. weiter vortreten, so werden jene beim 
Anstoßen des Fußes an eine Unebenheit oder beim steilen Aufsetzen desselben beim 
Laufschritt stärker gefährdet. Daher waren die gebrochenen Knochen auch 2mal 
der II., imal der IV. Nicht unwesentlich erscheint es, dass der eine Kranke, im 
Civilberuf Pferdeknecht, auch an dem anderen, jetzt ganz unempfindlichen Fuß 
eine spindelförmige Auftreibung des Metacarpale III aufwies, für welche er keine 
Veranlassung angeben konnte, welche aber bei der Abwesenheit einer Bruchlinie 
als Resultat einer schleichend verlaufenen und durch Fortleitung von den Weich- 
theilen aus entstandenen Periostitis angesehen werden musste. 

Verf. lenkt die Aufmerksamkeit hierauf und giebt an, dass nunmehr auch 
anderwärts ähnliche Befunde festgestellt worden sind, so dass es sich wohl um 
ein häufigeres Vorkommnis handeln muss und also jedes hartnäckige Fußödem die 
Untersuchung mit X-Strahlen erfordern dürfte. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


42) Breitung. Ein amputirter Radfahrer. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 1.) 


43) F. Brunner (Zürich). Das Radfahren der Amputirten. 
(Ibid. No. 5.) 

Beide Autoren bringen eine kurze Notiz über je einen sich vorzüglich auf dem 
Zweirad fortbewegenden, unterhalb des Knies, bezw. am Oberschenkel Amputirten. 
Nach Brunner kommt es beim Radfahren auf die Konstruktion des künstlichen 
Beines weniger an, — so fern es nur im Fuß- und Kniegelenk gut beweglich 
ist —, als auf die Energie und Geschicklichkeit des Pat. Es unterliegt keinem 
Zweifel, dass das Radfahren für Amputirte der unteren Extremitäten von hohem 
Werth ist. Kramer (Glogau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf E Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. m Bam, F. Kiis RA, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


u m 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No, 12. Sonnabend, den 26. März. 1898. 


Inhalt: Lange, Zur Behandlung der Spondylitis. (Original-Mittheilung.) 

1) Unna, Ichthyol. — 2) Sack, Ichthalbin. — 3) Unna, Harzstift. — 4) Binz, Frost- 
beulen. — 5) Bircher, Naevus pilosus. — 6) Frickenberg, Dermatitis medicamentosa. 
— 7) Grube, Psoriasis. — 8) Baelz, 9) Unna, Lepra. — 10) Schlesinger, Syringomyelie, 
— 11) Johnston, 12) Sack, 13) Hijmans, Tuberkulosen. — 14) Tixier, Evisceration der 
Bauchhöhle, — 15) Senn, Peritonitis. 

16) Französischer Chirurgenkongress. — 17) Lochte, Periphere Gangrän. — 18) Jordan 
Hautatrophie. — 19) Jullusberg, Eigenartiges Exanthem. — 20) Ohmann-Dumesnil, Pem- 
phygus. 

Berichtigung. 


(Aus dem orthopädischen Ambulatorium der kgl. chirurg. Klinik zu 
München.) 


Zur Behandlung der Spondylitis, 
Von 
Privatdocent Dr. Fritz Lange. 


In No. 16 der Münchener med. Wochenschrift 1897 habe ich 
das Calot’sche Redressement des Buckels auf Grund meiner Erfah- 
rungen kritisch besprochen und die Principien und die Technik des 
Kopf-Rumpfverbandes, welche Calot in seiner ersten Mittheilung 
nicht veröffentlicht, die ich aber durch eigene Versuche gefunden 
hatte, mitgetheilt. Meine Arbeit war die erste von deutscher Seite, 
welche Stellung zu dem kühnen Vorgehen Calot’s nahm. Ich habe 
die Freude gehabt, dass die Autoren, die später das gleiche Thema 
behandelt haben, sich meinen Ausführungen fast vollständig — zum 
Theil freilich ohne Quellenangabe — angeschlossen haben. 

Zur Zeit der Veröffentlichung meiner Arbeit glaubte ich, dass 
der große Kopf-Rumpfverband trotz seiner Schwere und Unannehm- 
lichkeit gut vertragen würde und nicht zu entbehren sei. 

Wenige Wochen später — im Mai v. J. — wurde ich eines 


Anderen belehrt. SEN 
12 S 


322 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


Ich batte auf Wunsch der Eitern bei einem sehr schweren Gibbus das Re- 
dressement versucht, aber nur zum Theil erreicht. Die Wirbelsäule federte, sich 
selbst überlassen, in die alte kyphotische Stellung zurück; ich versuchte trotsdem - 
die durch Extension erreichte Stellungsverbesserung im Gipsverband zu fixiren 
und legte, weil ich Decubitus befürchtete, den Kopfverband besonders sorgsam 
an. Die Scylla des Decubitus vermied ich, aber der Charybdis entging ich 
trotzdem nicht. Die unter starkem gleichmäßigen Druck eng anschließenden 
Stirn-Nackentouren des Verbandes hemmten die Bluteirkulation der behaarten 
Kopfhaut. Ein starkes Ödem der gesammten Scheitelgegend nöthigte mich, den 
Stirntheil aufsuschneiden und dadurch den Erfolg des Redressements zum großen 
Theil zu opfern. 


Noch unangenehmer war die folgende Erfahrung, die den 
kleinen Pat. betrifft, welchen ich in meiner ersten Arbeit abgebildet 
habe. 

Fig. 1. Er hatte etwa 8 Wochen den Ver- 
band ohne Beschwerden getragen und 
sich ausgezeichnet erholt. Da stellte 
sich ein Eksem der einen Ohrmuschel 
ein, die Drüsen hinter dem Ohr und 
am Nacken schwollen an und eine der- 
selben vereiterte.e Dadurch wurde ich 
gezwungen, den Verband zu entfernen 
und auf den Stützpunkt, den der Calot- 
sche Verband am Nacken hat, zu ver- 
zichten. Um wenigstens so viel als mög- 
lich von der erzielten Stellungsverbes- 

- serung zu erhalten, versuchte ich eine 
neue Verbandtechnik. 

Ich brachte die gesammte Wirbel- 
säule in die stärkste lordotische Stellung, 
die möglich war, und legte dann einen 
Gipsverband an. welcher Kopf und Hals 
frei ließ, den Rumpf aber vollständig 
von der Clavicular- bis zur Leisten- 
gegend umfasste. Um die Lordosen- 
stellung der Wirbelsäule im Verband 
zu erhalten, modellirte ich den Verband 
besonders eng, vorn an der oberen 
Hälfte des Sternums und dem vorderen 
Ende der Darmbeinschaufel, hinten 

an der Gegend der unteren Rippen an, weil er an diesen Stellen seinen Angriffs- 
punkt hat (s. Fig. 1, Pfeil a, b und c). 


Auf diese Weise sind die vorderen Bänder der Brust- und 
Lendenwirbelsäule in Spannung versetzt, die betreffenden Wirbel 
fixirt und gleichzeitig die Wirbelkörper, welche fast stets der Sitz 
der Tuberkulose sind und desshalb bei der orthopädischen Behand- 
lung besonders berücksichtigt werden müssen, entlastet. 

Der Calot’sche Kopf-Rumpfverband fixirt und entlastet — indem 
er das obere Ende der Wirbelsäule möglichst von dem unteren zu 
entfernen strebt — durch Anspannung der vorderen und hinteren 
Bänder die ganze Wirbelsäule, während die Wirkung meines Ver- 
bandes auf die Brust- und Lendenwirbelsäule beschränkt ist. — 
Über die Technik meines Rumpfverbandes theile ich Folgendes mit: 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 323 


Der Rumpf des Kranken wird mit Trikot bekleidet und dicker Polsterwatte 
umwickelt, die im Allgemeinen in einfacher Lage, an dem Sternum, der Spin. il. 
ant. sup. und in der Buckelgegend in dreifacher Schicht liegt. Die Wattepolsterung 
wird durch Mullbindentouren gleichmäßig fest szusammengezogen, so dass sie, auch 


wenn sie später vom Schweiß durchdrungen werden sollte, nicht weiter zusammen- 
sinken kann. 


Als Tisch benutze ich das früher beschriebene Gasrohrgestell. Der Kranke 
liegt in Bauchlage auf 2 quergespannten Gurten, der eine verläuft dicht unterhalb 
des Jugulum, der andere unterhalb der Spina il. ant. sup. Die Wirbelsäule stellt 
sich bei dieser Lagerung ohne Weiteres in Totallordose ein. Dann werden Gips- 
binden unter starkem, gleichmäßigem Zug herumgeführt. Die Gegend des Darm- 
beinkammes wird sorgfältig herausmodellirt, so dass der Verband Taille hat. — 
Damit der Verband an dem oberen Theil des Sternums sich eng anschmiegt, 
empfiehlt es sich, Touren, welche sich unterhalb des Jugulum kreuzen, über die 
Schultern zu führen. Wenn der Verband hart ist, kann die Gipsbindenschicht, 
die dem Schultergürtel aufliegt, entfernt werden, um die freie Bewegung der Arme 
zu gestatten. — In der Bauchgegend wird ein großes rundes Fenster in den er- 
starrten Gipsverband geschnitten, damit die Athmung völlig unbehindert ist. Die 
Ränder des Verbandes werden sorgsam mit einem Skalpell beschnitten; die Watte 
und der vorstehende Trikot werden umgelegt, so dass jeder Druck durch den 
Rand des Verbandes ausgeschlossen ist. Endlich wird über die ganze äußere 
Schicht des Verbandes eine Stärkebinde gelegt, um das Bröckeln des Gipses zu 
verhindern. 


Der gute Erfolg, den ich bei dem erwähnten Kinde mit diesem 
Verband erzielt habe, hat mich veranlasst, bei anderen Fällen von 
vorn herein nur die Brust- und Lendenwirbelsäule zu fixiren. Ich 
habe seit Mai v. J. — abgesehen von einem Falle — nur noch von 
diesem Rumpfverband Gebrauch gemacht und habe mich überzeugt, 
dass man sowohl bei frischen Spondylitiden, wie nach dem Re- 
dressement des Gibbus — falls nicht gerade die obersten Brust- oder 
die Halswirbel erkrankt sind — den Calot’schen . :band völlig 
entbehren kann. 


Dass man selbst bei schweren Fällen das Resultat des Redresse- 
ments in meinem Rumpfverband erhalten kann, dürften die Ab- 
bildungen 2 und 3 beweisen. Sie sind beide nach Gipsabgüssen 
des Rückens einer stark rachitischen Kyphose bei einem 3jährigen 
Kinde angefertigt und geben beiderseits die Strecke vom Steißbein 
bis zum 7. Halswirbel wieder. Fig. 2 zeigt die Stellung und Lage 
der Wirbelsäule vor dem Redressement — September 1897; — Fig. 3 
nach der Abnahme des Verbandes — Februar 1898. 

Ich hoffe, dass dieser einfach anzulegende und für die Kranken 
nicht lästige Verband (er lässt sich auch aus Wasserglas sehr leicht 
und gefällig herstellen) künftig schon im Anfangsstadium der Spon- 
dylitis allgemeine Verwendung finden wird. Es darf nicht unsere 
Aufgabe bleiben — wie ich schon in meiner ersten Arbeit betont 
habe —, Buckel zu operiren, sondern die Buckelbildung zu verhüten. 
Ich halte es für die Pflicht des Arztes, bei einem so ernsten Leiden, 
wie die Spondylitis darstellt, auch die Behandlung ernst zu nehmen 
und nicht durch Anfertigung eines Korsettchens oder einer Bandage 
kostbare Zeit zu verlieren und es darauf ankommen zu lassen, ob 

12* 


324 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


der kranke Wirbelkörper völlig zusammensinkt, und das Kind da- 
durch zum Krüppel wird. 

Unsere Heilmittel sind fürdie Knochentuberkulosen: Ruhe und Ent- 
lastung des kranken Körpertheils und Hebung des Allgemeinbefindens 
durch täglichen Genuss der frischen Luft und zweckentsprechende Er- 
nährung. Wir erreichen damit um so schnellere und sicherere Resultate, 
je weniger wir die Anwendung derselben unterbrechen. Desshalb sind 
— genau wie beiCoxitisund anderen tuberkulösen Gelenkerkrankungen, 
— auch bei der Spondylitis alle Verbände, die monatelang liegen bleiben 
können und den kranken Knochen sicher fixiren und entlasten, dabei 
aber gleichzeitig dem Kranken täglich das schmerzlose Umhergehen im 
Freien gestatten, auch der bestgearbeiteten Bandage überlegen. 


Fig. 2. Fig. 3. 


Die Haut- und Muskelpflege, die immer für Korsett und Lager- 
stätte zu sprechen scheint, ist, so lange der Kranke in der Gefahr 
schwebt, zum Krüppel zu werden, völlig nebensächlich. Ist der Pat. 
3 Monate in seinem Verband völlig schmerzfrei gewesen, und hat 
sich sein Allgemeinbefinden gekräftigt, dann kann man zu abnehm- 
baren Korsetten aus Wasserglas, Cellulose oder Celluloid übergehen, 
die ich in derselben Form und nach denselben Principien wie die 
Verbände arbeiten lasse; dann ist der Zeitpunkt gekommen, um die 
Haut- und Muskelpflege nachzuholen. Hält man endlich die Aus- 
heilung des Knochenherdes für gesichert, so kann man die Hessing- 
schen Korsette anwenden, welche die Wirbelsäule zwar nicht so 
sicher fixiren als die flächenförmig angreifenden Wasserglaskorsette, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 325 


aber luftdurchlässiger und desshalb angenehmer für den Kranken 
sind. Stellt man die Achselkrücken an denselben möglichst weit 
nach hinten, so greift man indirekt durch Vermittlung der Clavicula 
ebenfalls am oberen Theil des Sternums an und kann die Wirbel- 
säule annähernd in Lordosenstellung erhalten. 

Das Calot’sche Redressement des Gibbus wird hoffentlich künftig- 
hin recht wenig Verwendung finden. Die Knochenneubildung ist 
nicht so groß, wie man nach den Calot’schen Photographien Anfangs 
annehmen musste und wie ich zur Zeit meiner ersten Veröffent- 
lichung irrthümlicherweise angenommen habe. 

Die Calot’schen Pat., welche 
sich unter den denkbar günstig- ` 
sten hygienischen Verhältnissen 
an der See befinden, wiesen — 
nach der Mittheilung Calot’s in 
Moskau — im Röntgen’schen 
Skiagramm neugebillete Kno- 
chenspangen von nur I—1!/, cm 
Länge auf. Bei unseren Kran- 
ken, welchen meistens nicht die 
Segnungen eines Aufenthalts im 
Gebirge oder an der See zu Theil 
werden können, dürfen wir nicht 
einmal so viel Knochenneu- 
bildung, wie Calot erzielt hat, 
erwarten. Wir brauchen aber 
nach einem Redressement neue 
Knochenbalken von 3—6—8 cm 
Länge, je nach der Ausdehnung 
des tuberkulösen Processes. Dess- 
halb stehe ich auf dem Stand- 
punkt, dass der Gibbus selbst womöglich nicht anzutasten ist, und 
nehme statt dessen die Stellungsverbesserung im gesunden Theil der 
Wirbelsäule, wenn möglich ohne Narkose, vor. Dieses paragibbäre 
Redressement, das ich schon in meiner’ersten Veröffentlichung gegen- 
über dem gibbären Redressement Calot's beschrieben und empfohlen 
habe, ist frei von all den Gefahren, die dem Calot’schen Redresse- 
ment anhaften, dem Aufflackern der Entzündungen, dem Durch- 
bruch von Abscessen, der Ausbreitung der Tuberkulose u. A. Man 
kann, wenn der Process nicht schon sehr lange besteht, und die 
Wirbelsäule in der kyphotischen Stellung noch nicht völlig versteift ist, 
außerordentlich viel mit diesem Redressement nützen und besonders, 
wenn man später die Resektion der vorstehenden Dornfortsätze des 
Gibbus anschließt, erreichen, dass der Gibbus am bekleideten Körper 
nicht wahrzunehmen ist. Zum Beweis gebe ich die Abbildungen 
einer Pat., — Fig. 4 in der gewöhnlichen und Fig. 1 in der redres- 
sirten Haltung. 


326 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


Nach den in den verschiedenen Publikationen mitgetheilten 
Abbildungen ist es für mich zweifellos, dass in vielen Fällen, wo 
das Calot’sche Redressement vorgenommen werden sollte, in Wirk- 
lichkeit das paragibbäre Redressement ausgeführt ist. 

Ob man die Operation als Calot’sches Redressement oder ob man 
dieselbe als paragibbäres Redressement bezeichnet, ist an sich nicht 
von Belang. Es ist aber nicht gleichgültig, ob man in der Absicht, 
ein Calot’sches Redressement auszuführen, den Kranken unnöthiger- 
weise den Gefahren der Narkose aussetzt, die bei derartigen Opera- 
tionen sehr groß sind, oder ob man sich von vorn herein darüber 
klar ist, dass man nur ein paragibbäres Redressement erreichen kann 
und will, und dadurch dem Pat. die Narkose erspart! Dos Calot’sche 
Redressement des Gibbus halte ich nur für indicirt bei schweren, 
aber noch nicht vollständig verknöcherten rachitischen Kyphosen und 
bei allen Lähmungen in Folge von Spondylitis, die keine Neigung 
zum Rückgang zeigen. In solchen Fällen kann es in der That da- 
durch, dass es das Rückenmark vom Druck der Exsudatmassen ent- 
lastet, sehr segensreich wirken und Lähmungen, die schon 1 Jahr 
und länger bestanden haben, zum Rückgang bringen. 

Aber auch diese Komplikation der Spondylitis wird künftighin 
— nach meiner Überzeugung — keine Rolle spielen, wenn bei den 
ersten Zeichen einer beginnenden Spondylitis der beschriebene Rumpf- 
verband zur Entlastung und Fixirung des kranken Wirbelsäulentheils 
angelegt wird. 


1) P. o Unna. Über Ichthyol. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1897. Bd. XXV. No. 11.) 

Die chemische Untersuchung des Ichthyols, welche bisher noch 
nicht ganz klare Resultate ergeben hatte, hat U. und Helmers 
gezeigt, dass 3 Körper darin enthalten sind, von denen 2 in Wasser 
unlöslich sind; der lösliche, die Ichthyolsulfonsäure, löst das Ichthyol- 
sulfon und dieses wieder den 3. Körper. Die chemischen Details 
müssen im Original nachgelesen werden. Die Ichthyolsulfonsäure 
wirkt gelind schälend, sie und das Ichthyolsulfon entzündungswidrig. 
Es ist jetzt ferner gelungen, auch die reducirende Wirkung des 
Ichthyols und seiner beiden Hauptkomponenten in zweifelloser Weise 
darzuthun. Therapeutisch also und chemisch kann man das Ichthyol 
als ein schwächeres, aber analog wirkendes Mittel dem Chrysarobin 
zur Seite stellen. Jadassohn (Bern). 


2) A. Sack. Über weitere Erfahrungen mit Ichthalbin 


(Ichthyoleiweiß). 
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. Hft. 8.) 


Ichthalbin ist eine Verbindung von Eiweiß mit Ichthyol, welche 
ein geruch- und geschmackloses Pulver darstellt und sich erst im 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 327 


alkalischen Darmsaft löst, den Magen daher gar nicht belästigt; im 
Darm wird es allmählich in seine Bestandtheile zerlegt. Es soll das 
Ichthyol, so weit dasselbe bisher innerlich gebraucht worden ist, voll- 
ständig ersetzen und hat nach dem Verf. die Fähigkeit, »alle mit 
Gefäßdilatation einhergehenden Entzündungs- und Exsudations- 
zustände« auch der peripherischen Gefäßbezirke zu beeinflussen, die 
Peristaltik zu regeln, den Appetit anzuregen, das Allgemeinbefinden 
und das Körpergewicht zu heben. Neben den sich aus diesen aus- 
gezeichneten Eigenschaften ergebenden Indikationen für den inneren 
Mediciner hat das Ichthalbin, da bei ihm Schwefel in ausgezeichneter 
Weise zur Resorption kommt, für den Dermatologen besonderen 
Werth. Es leistet — zum Theil in Kombination mit externer Be- 
handlung — gute Dienste bei Rosacea, bei »Stauungsdermatosen« 
(Ekzemen fetter Kinder), bei Urticaria ex injectis, Pruritus, Strophulus, 


hebt den schwächenden Einfluss antisyphilitischer Kuren auf etc. 
Jadassohn (Bern). 


3) P. G. Unna. Harzstifte (Stili resinosi) zum Enthaaren. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXVI. Hft. 1.) 

Zum Enthaaren — bei Favus, kokkogener Sycosis, Naevis — 
empfiehlt Verf. aus Kolophonium und gelbem Wachs bestehende 
Stifte (Schwanenapotheke, Hamburg), welche in der Flamme rasch 
erwärmt und im Augenblick des Schmelzens sanft auf die Haut auf- 
gesetzt werden; man zieht den Stift nach dem Erkalten rasch in der 
Haarrichtung ab und hat dann alle Haare an dem Stiftende haften. 
Die Methode ist wesentlich bequemer als die Epilation mit der 
Cilienpincette. Jadassohn (Bern: 


4) C. Binz (Bonn). Über Behandlung der Frostbeulen. 
(Zeitschrift für praktische Arste 1897. No. 19.) 

Zur Behandlung der Frostbeulen wird empfohlen: Calcar. chlo- 
rat. 1,0, Unguent. paraff. 9,0. M. f. unguent. subtiliss. D. in vitro 
fusco S. Außerlich nach Bericht. Hiervon wird Abends erbsen- oder 
bohnengroß die betreffende Stelle etwa 5 Minuten lang leicht ein- 
gerieben und dann mit einem wenig durchlässigen Stoff bedeckt. 
Da der wirksame Komponent des Chlorkalkes sehr schnell in Schweine- 
fett und Lanolin verschwindet, so ist derselbe mit dem schwer an- 
greifbaren Paraffin zu vermischen. Über das Vorhandensein des 
Chlorkalkes in dem Präparat hat der Arzt zu wachen und kann sich 
davon leicht durch den Geruch überzeugen. Borchard (Posen). 


5) M. O. Bircher. Zur Ätiologie des Naevus pilosus pig- 
mentosus congenitus extensus. 
(Archiv für Dermatologie und Syphylis 1897. Bd. XLI.) 
Verf. beschreibt genau einen Fall von thierfellähnlichem Naevus 
am Nacken, der außer durch seine seltene Lokalisation interessant 


328 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


dadurch ist, dass zugleich eine mit größter Wahrscheinlichkeit als 
Cephalocele zu deutende Geschwulst am Hinterhaupt vorhanden war. 
Er stellt dann aus der Litteratur 34 thierfellähnliche Naevi zusam- 
men; aus dieser Übersicht geht hervor, dass von diesen monströsen 
Naevis die untere Gegend des Rückens, Bauch, Gesäß und die 
oberen Drittel der Oberschenkel bevorzugt werden (»schwimmhosen- 
artiger Naevus«); häufiger sind dann noch solche »in Westenform «. 
Neben der Prädilektion für den Rumpf ist dann noch die Neigung 
zur symmetrischen Anordnung hervorzuheben. 

Bei der Diskussion der Ursache dieser Naevi im Allgemeinen 
und in seinem Falle im Besonderen kommt Verf. zu der Anschauung, 
dass die Annahme einer sogenannten »fötalen Transplantation« die 
beste Erklärung abgebe; es würde hier zu weit führen, die ganze 
Deduktion des Verf. wiederzugeben — sein Resumé lautet: »Ein 
Mensch, welcher ein behaartes pigmentirtes Riesenmal mit auf die 
Welt bringt, trägt ein Stück seines untergegangenen Zwillingsge- 
schwisters auf seiner Oberfläche «. Jadassohn (Bern). 


6) A. Frickenberg. Notiz zur Behandlung der Dermatitis 
medicamentosa. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. Hft. 10.) 

F. behandelt das bei ihm selbst durch Karbol und Sublimat 
entstehende Ekzem damit, dass er die frischen Bläschen mit Salmiak- 
geist oder verdünnter Kalilauge (Liquor Kal. caustici und Aqua &) 
betupft und nach dem Verdunsten Kollodium aufpinselt. Sobald 
der zunächst sofort nachlassende Juckreiz wiederkehrt, wird das Ver- 
fahren wiederholt; nach einigen Tagen tritt Abschuppung ein. 

Jadassohn (Bern). 


7) K. Grube (Neuenahr). Über Psoriasis (Schuppenflechte) 
im Zusammenhang mit Gicht und Diabetes. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 52.) 

Die Frage nach einem Zusammenhang zwischen Psoriasis und 
Gicht bezw. Diabetes hat in der Litteratur bisher wenig Berück- 
sichtigung gefunden. G. tritt derselben in der Veröffentlichung 
selbst beobachteter einschlägiger Fälle näher, unter Hinweis auf 
die Ansichten und Hypothesen verschiedener Autoren über die 
Wechselbeziehungen dieser Affektionen. Die Krankengeschichten 
der 9 von G. beobachteten Fälle unterstützen seine Anschauung, 
dass die Psoriasis ohne Zwang auf die Gicht respektive auf den 
Diabetes als Grundleiden zu beziehen ist. Gold (Bielitz). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 329 


8) E. Baelz (Tokyo). Zur Lehre von der Lepra und ihrer 
Behandlung. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 46.) 


B. theilt die Erfahrungen und Resultate seiner mehr als 
20jährigen Beobachtung dieser Krankheit mit. Er vertritt heute 
noch seine schon vor 12 Jahren ausgesprochene Ansicht, dass die 
Lepra eine kontagiöse Affektion sei. Wenn die Kontagiosität der 
Lepra so gering ist, so kommt, abgesehen von der geringen Dispo- 
sition der meisten Menschen, der Umstand in Betracht, dass nach 
B.s Erfahrungen — /, der Leprösen frei von Geschwürsprocessen 
sind, die Bacillen also unter einer schützenden Epitheldecke liegen. 
Die Leprabacillen gelangen an die Oberfläche nur durch Geschwüre 
und gewähren dann die Gefahr einer Infektion. 

Die Diagnose der Lepra ist in den meisten Fällen leicht zu 
stellen, und dem Geübten genügt in der Regel ein Blick zur richtigen 
Beurtheilung. Unter den Symptomen der Erkrankung führt B. an 
einen eigenthümlichen blassen wachsigen Glanz der Haut, das Aus- 
fallen der Augenbrauen und Cilien, welches allerdings nur davon 
abhängt, ob dieser Theil des Gesichtes befallen ist und in welcher 
Ausdehnung. Eines der wichtigsten und nicht selten das geradezu 
ausschlaggebende Symptom erblickt B. in der Verdickung der Nerven- 
stämme, welches gegenüber der Beri-Berierkrankung und Syringo- 
myelie von differentialdiagnostischer Bedeutung ist. Unter den 
Nerven kommen natürlich nur die oberflächlich liegenden diagnostisch 
in Betracht, so namentlich Ulnares und Peronei, welche in dieser 
Beziehung vom Nervus auricularis magnus übertroffen werden, der 
bei Lepra bis zur Bleistiftstärke anschwillt und sich wie ein ent- 
zündeter Lymphstrang anfühlt. Die Sehnenreflexe sind bei Leprösen 
ganz auffallend gesteigert, hingegen beobachtete B. äußerst selten 
Schmerzempfindung bei Druck auf die Nerven. Im Gegensatz zu 
anderen Autoren negirt B. die Ansicht, dass die Lepra vom Klima 
unabhängig sei und unter allen Himmelsstrichen gleichmäßig verlaufe, 
und behauptet andererseits, dass nicht nur keine besondere Vulnera- 
bilität der leprösen Theile bestehe, dass vielmehr Wunden »geradezu 
verblüffend« gut heilen, welche Thatsache er mit der verminderten 
Sensibilität in Zusammenhang bringt. 

Auch kann B. nicht zugeben, dass die Lepra als solche zur 
Kachexie führt. Gegenüber der Morvan’schen Krankheit und der 
Syringomyelie unterscheidet sich die Lepra in erster Linie durch 
die Nervenverdickung, durch die Pigmentirung der Flecke, durch 
die Knoten, durch die ganz irreguläre Vertheilung der hyperästheti- 
schen Herde, durch die Betheiligung des Gefühls, durch den Gesammt- 
eindruck und durch das Dasein oder Fehlen der Leprabacillen. 

Bezüglich der Behandlung hat B. gute Resultate erreicht durch 
lokale Applikation von 20 % igem Salicylsäure-Lanolin-Vaselin, welcher, 
in dicker Schicht aufgetragen, täglich erneuert wird. Gleichzeitig wird 


12** 


330 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


Gynokardiaöl in großen Dosen (15g und mehr pro die) verabreicht 
und die Mineralthermen von Kusatzu (45—53° C.) benutzt, welche 
eine beträchtliche Entzündung der Haut verursachen. (Das Nähere 
bezüglich der Bäder sei im Original nachgesehen.) Bei leprösen 
Geschwüren leichter Art ist Salicylsäurekalk oder Salicylsäureamylum 
(1,0—5,0:20,0) sehr nützlich. Gold (Bielitz). 


9) P. G, Unna. Die Zusammensetzung des Leprabacillen- 
schleims. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXVI. Hft. 1.) 

Es ist dem Verf. gelungen, nachzuweisen, dass in dem sogenannten 
Bacillenschleim der Lepraknoten neben den durch Karbolfuchsin sich 
roth färbenden, säurefesten Bacillen sehr reichlich durch Methylen- 
blau färbbare Bacillen vorhanden sind, die als abgestorben angesehen 
werden. Die gleiche Beobachtung kann man an Tuberkelbacillen- 
kulturen machen. Das Princip der Methode, deren Details eben so 
wie die weiteren histologischen Bemerkungen hier nicht wieder- 
gegeben werden können, beruht darauf, dass die Präparate zuerst in 
1%/voige Salpetersäure gebracht und erst dann in Alkohol gehärtet 
werden. Jadassohn (Bern). 


10) H. Schlesinger. Pathogenese und pathologische Ana- 
tomie der Syringomyelie. Korreferat, erstattet auf dem inter- 
nationalen Kongress zu Moskau, August 1897. 

(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 38 u. 39.) 

Die Ähnlichkeit der klinischen Erscheinungen bei Lepra und 
Syringomyelie berechtigt nicht zur Annahme desselben anatomischen 
Grundprocesses. Nach den anatomischen Befunden ist es bisher 
nicht bewiesen, dass der Lepra eine Rolle in der Ätiologie der 
Syringomyelie zukommt. 

Der »Morvan’sche Symptomenkomplex« ist nicht eine Krank- 
heit für sich, sondern kann bei centralen Erkrankungen (Syringo- 
myelie), wie auch bei peripheren Nervenerkrankungen (lepröser Art) 
sich einstellen. Halbseitige Bulbärerscheinungen, spastische Parese 
der unteren Extremitäten, Rigidität und Krämpfe derselben, Steige- 
rung der Patellarreflexe, Nystagmus, heftige Schwindelanfälle und 
segmentale Anordnung der Sensibilität- und Motilitätsstörungen 
kommen dem Symptomenbild der Syringomyelie zu, periphere Facialis- 
lähmung, druckempfindliche, geschwellte Nerven, typische Augen- 
und Kehlkopfstörungen, zerstreute charakteristische Pigmentflecke, 
universelle Blaseneruptionen und bestimmte Handdeformationen sind 
der Lepra eigenthümlich. Bei der mutilirenden Form der Lepra 
sind einwandsfreie Beobachtungen von Höhlenbildungen im Rücken- 
mark nicht gemacht worden. Die Ätiologie der bulbären Syringo- 
myelie ist anscheinend keine einheitliche. Die median gelegenen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 331 


Hohlräume im Rückenmark zeigen zumeist wenigstens partielle Epen- 
dymbekleidung und sind wahrscheinlich durch entwicklungsgeschicht- 
liche Störungen bedingt. Dagegen hängen die seitlich gelegenen 
Spalträume anscheinend nicht mit kongenitalen Anomalien des Bul- 
bus zusammen, sondern beruhen auf im Extra-uterin-Leben er- 
worbenen Schädigungen, wahrscheinlich vaskulärer Art, indem es 
durch Läsion der zuführenden Arterie zu ischämischen Blutungen 
und sekundärem Gewebszerfall kommt. Herm. Frank (Berlin). 


11) J. C. Johnston. The cutaneous tuberculoses in child- 
hood. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. November.) 

J. theilt die hierher gehörigen Affektionen ein in 1) Tuber- 
kulosen, 2) Paratuberkulosen. 

Bei den ersteren wird der Tuberkelbacillus stets in größerer oder 
geringerer Anzahl in den Geweben gefunden: Lupus vulgaris, Scro- 
phuloderma, Tuberculosis verrucosa, Tuberculosis vera, Miliartuber- 
kulose. 

Der Ausdruck » Paratuberkulosen « ist den » parasyphilitischen 
Affektionen« Fournier’s nachgebildet; sie umfassen diejenigen 
Hauterkrankungen, bei denen der Bacillenbefund ein höchst seltener 
ist, die aber doch auf tuberkulösem Boden entstehen, meist bei Per- 
sonen, die auch an anderen tuberkulösen Affektionen leiden. Hierher 
rechnet J.: 1) Das kleinpustulöse Skrofulid, das großpustulöse Skro- 
fulid, gewisse eitrige Formen der Folliculitis. 2) Den Lichen scro- 
Phulosorum, die Acne cachecticorum, das Erythema induratum scrophu- 
losorum, Lupus pernio. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


12) A. Sack. Zur Frage der Tuberculosis verrucosa. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1897. Bd. XXV. No. 10.) 

Verf. diskutirt die Frage, ob die Abgrenzung der Tuberculosis 
verrucosa cutis vom Lupus nothwendig und berechtigt ist. Trotzdem 
sich S. ausdrücklich dagegen wehrt, können wir doch diese Erörte- 
rung nur als eine akademische betrachten, für die Klinik brauchen 
wir kurze Bezeichnungen für Krankheitsbilder, die so weit verschie- 
den sind, dass die Diagnose jedes einzelnen speciell gelehrt und 
gelernt werden muss, und das ist bei der Tuberculosis verrucosa 
cutis dem Lupus gegenüber thatsächlich nothwendig. Wichtiger ist 
die Besprechung der Gründe, warum die Infektion durch Tuberkel- 
bacillen bald die eine, bald die andere Form annimmt. Über diese 
Gründe haben wir thatsächlich bisher nur sehr allgemeine Vor- 
stellungen. S. meint, dass die Tuberculosis verrucosa cutis ihre 
Eigenart verdankt 1) der Oberflächlichkeit der Infektion, und 2) den 
Eigenthümlichkeiten der Stellen, an denen sie sich mit Vorliebe 
lokalisirt, speciell der Streckseite der Hände. Beide Argumente sind 


332 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


wohl nicht ganz zutreffend; es giebt typischen Lupus, bei dem die 
Läsion nicht tiefer reicht, als bei manchen Fällen typischer Tuber- 
culosis verrucosa, und es giebt Fälle der letzteren Erkrankung, 
welche über Rumpf und Extremitäten disseminirt sind, wie auch 
typische Lupusfälle an den Handrücken. Zum Zustandekommen 
des eigenartigen Bildes der verrukösen Tuberkulose müssen noch 
andere uns unbekannte Faktoren zusammenkommen. Verf. meint, 
dass diese Form (im Gegensatz zum Lupus) meist exogen entstände, 
berichtet aber einen der seltenen Fälle, in denen man eine Entstehung 
der Herde von unter der Haut liegenden Organen (Knochen und 
Lymphgefäße) annehmen muss. Im Anschluss an ein suspektes Pa- 
naritium entstand ein erster Herd, dann traten entsprechend dem 
Verlauf der oberen Lymphgefäße weitere Plaques auf; es folgte 
Lymphdrüsentuberkulose und Phthise. Jadassohn (Bern). 


13) H. M. Hijmans. Over de operatieve therapie der tuber- 
culeuse Iymphomen. 
Inaug.-Diss., Leiden, 1897. 

Noch immer herrscht in der Frage der therapeutischen Maß- 
nahmen zur Behandlung der tuberkulösen Lymphome keine Einigkeit 
zwischen den Vertheidigern des operativen Verfahrens und den Ver- 
tretern der konservativen Methode. Diese Uneinigkeit war im An- 
fang die Folge der verschiedenen Vorstellungen, die man sich über 
das Wesen dieser Krankheit machte. Je nachdem die Lehre eines 
konstitutionellen Leidens oder die einer specifischen Infektion vor- 
herrschte, feierte die konservative Richtung oder die blutige Methode 
ihre Triumphe. Später, als der Tuberkelbacillus als der Erreger des 
krankhaften Zustandes erkannt war, schien das Recht der operativen 
Methode auf fester Grundlage gesichert, und hat wohl die Mehrzahl 
der Chirurgen die blutige Entfernung des krankhaften Gewebes als 
Normalverfahren geübt. 

Auch haben die Vertheidiger der radikalen Methode mit Sta- 
tistiken das gute Recht des Messers zu beweisen versucht. Verf. 
hat solche in der Litteratur vorgefunden von Krisch, Garr& und 
von Schnell. Da aber eine Parallelstatistik von nicht operativ be- 
handelten Fällen nach Verf. nicht besteht, so hat er das Material 
der Leidener chirurgischen Klinik aus den Jahren 1896—1897 zu 
einer solchen benutzt. 

In dieser Zeit sind dort 145 Fälle zur Behandlung gekommen, 
die, ohne dass eine Auswahl stattgefunden haben soll, das eine Mal 
exspektativ, das andere Mal operativ behandelt sind. Verf. hat sie 
tabellarisch in 3 Gruppen geordnet, je nachdem das konservative 
Verfahren befolgt, die Exstirpation oder die Exkochleation ausgeführt 
worden ist, und bei jeder Gruppe die Procentzahl der nachher tuber- 
kulös Erkrankten oder Verstorbenen berechnet. Um den Werth 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 333 


jeder Behandlungsart nur mit Hinsicht auf die Gefahren einer spä- 
teren tuberkulösen Erkrankung richtig beurtheilen zu können, sind 
bei der Berechnung die Fälle, wo eine andere Todesursache als die 
Tuberkulose — deren Diagnose übrigens nur auf klinischen Gründen 
beruht — vorgefunden ist, nicht mit in Rechnung gebracht, obwohl 
sie in der Gesammtzahl der Fälle figuriren bleiben. So ist wohl 
nicht zum Vortheil der konservativen Methode gearbeitet. 

Von den 55 nicht operativ behandelten Kranken sind 4 später 
einem tuberkulösen Leiden der inneren Organe (Lungen) erlegen; 
das macht eine Mortalität von 7,24%. Dagegen sind von den 58 
mit Exstirpation behandelten 9 = 15,46%, und von den 32 mit Ex- 
kochleation behandelten 6 = 18,75% der Lungentuberkulose zum 
Opfer gefallen. 

Hieraus folgert Verf., dass die operative Entfernung der erkrank- 
ten Drüsen sowohl durch Exstirpation als besonders durch Exkochlea- 
tion unverdient als die beste Behandlungsweise allgemein bevorzugt, 
vielmehr das konservative Verfahren ihr weit überlegen sei. 

Wenn hier bei der Behandlung der Fälle wirklich nicht eklektisch 
vorgegangen ist, darf das Resultat dieser Statistik, so relativ klein sie 
sein möge, doch weitere Kreise interessiren. Eine methodische Ver- 
theilung der Fälle, so dass auch jede unwillkürliche Auswahl aus- 
geschlossen ist, hat aber nicht stattgefunden. 

G. Th. Walter Ce Gravenhage). 


14) L. Tixier. Pratique de l’Evisceration en chirurgie abdo- 
minale. Du shock abdominal. 
Thèse de Lyon, Baillère et fils, Paris 1897. 351 S. 

Die unter der Leitung von M. Pollosson geschriebene Disser- 
tation geht nicht nur in Bezug auf den Umfang (351 Seiten), sondern 
auch auf die Bedeutung des Inhalts weit über das Mittelmaß der 
gewöhnlichen Doktorandenarbeiten hinaus und beweist, dass Verf. 
als Assistent von Fochier, Ollier, Poncet, Jaboulay und Pol- 
losson reichlich Gelegenheit gehabt hat, über den Gegenstand seiner 
Arbeit eigene Beobachtungen zu sammeln. Die Aufgabe, die sich 
T. stellte, war das Studium der Evisceration als Operationsmanöver, 
ihre Indikationen und Kontraindikationen, so wie ihr Zusammenhang 
mit dem Shock. Im ersten Theil der Arbeit wird die Evisceration 
als Hilfsmittel bei. den verschiedenen Eingriffen in der Bauchhöhle 
besprochen. Bei allen wegen Kontusionen und penetrirenden Bauch- 
verletzungen ausgeführten Operationen zieht Verf. eine rasche Evis- 
ceration zu sicherer Orientirung jedem anderen Verfahren vor, vor- 
ausgesetzt, dass die Operation frühzeitig vorgenommen wird, und also 
weder Meteorismus noch Adhäsionen bestehen, und ferner, dass der 
Pat. sich nicht schon mehr oder weniger im Collaps befindet. 

Bei chronischem Ileus wird man selten einer ausgedehnten Evis- 
ceration bedürfen, da man meist den Sitz des Hindernisses kennt. 


334 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


Sollte dieses Hilfsmittel aber doch nöthig werden, so braucht man 
vor demselben nicht zurückzuschrecken, da der Darm, außer während 
akuten Schüben, nicht sehr empfindlich ist. Bei akutem Darmver- 
schluss, wo oft der Sitz des Hindernisses nicht bekannt ist, stellt 
das Auspacken des ganzen Darmkonvoluts die am raschesten und 
sichersten zum Ziel führende Methode dar und wird vom Verf. dem 
Absuchen des Darmes mit Vorziehen von je einer einzelnen Schlinge 
bei Weitem vorgezogen. Freilich ist andererseits die Evisceration in 
akuten Fällen wegen der erhöhten Reizbarkeit des Darmes viel ge- 
fährlicher und kann aus diesem Grund nur in Anwendung kommen, 
wenn möglichst frühzeitig operirt wird. Die diesem Operationsakt 
folgenden kurativen Eingriffe müssen möglichst kurz und einfach 
sein. Bei Operation im vorgerückten Stadium wird nach Poncet, 
Pollosson und Vallas die Anlegung eines künstlichen Afters 
empfohlen, abgesehen natürlich von den Fällen, wo eine innere Ein- 
klemmung oder eine Invagination besteht. Bei akuter Peritonitis 
ist die Evisceration zu vermeiden, außer wenn es sich um die Auf- 
suchung einer frischen Magen- oder Darmperforation handelt. Bei 
tuberkulöser Peritonitis ist das Auspacken der Därme angezeigt, um 
die Heilwirkung der einfachen Laparotomie zu erhöhen. So weit 
in kurzer Zusammenfassung die hauptsächlichen klinischen Indika- 
tionen. Bezüglich der Technik sei hervorgehoben, dass Verf. auf 
Grund von Beobachtungen am Menschen und Thier Anhänger der 
feuchten Asepsis ist. Für die Narkose wird Äther bevorzugt. Bei 
einem gewissen Grad von Meteorismus ist, wie sich aus Leichen- 
versuchen des Verf. ergab, einzig der Schnitt in der Linea alba zu 
empfehlen, während bei schlaffem Darm die Evisceration auch von 
einem seitlichen Schnitt aus ausgeführt werden kann. Für die Re- 
position des Darmes wird in erster Linie die von Kümmell zuerst 
angegebene und allgemein benutzte Methode der Bedeckung mit einer 
großen Kompresse empfohlen, für Ausnahmefälle auch die temporäre 
Enterotomie nach Madelung und Boeckel. 

Zum Schluss der Bauchwunde zieht Verf. der Raschheit wegen 
die Anlegung von durchgreifenden Nähten der dreischichtigen 
Etagennaht vor. (Wenn auch dieses Verfahren in Fällen von 
drohendem Collaps angezeigt sein mag, so dürfte doch andererseits 
in der Mehrzahl der Fälle, wenn Pat. einen guten Puls aufweist, 
mit der Anlegung einer sorgfältigen Etagennaht kein Schaden ge- 
stiftet werden. Dieselbe lässt sich ebenfalls rasch ausführen, erfordert, 
nach Schluss des Bauchfells, meist keine Fortsetzung der Narkose 
mehr und hat unter Anderem den großen Vortheil, dass man den 
Pat. viel rascher auf die Beine bringen kann. D. Ref.) 

Was endlich den Shock betrifft, so führt ihn Verf., entsprechend 
der allgemein getheilten Ansicht, auf Bauchfellreflexe zurück, welche 
auf die Cirkulation und Respiration einwirken. Die Wirkung dieser 
Reflexe wurde im Einzelnen an Versuchen am Hunde studirt. Es 
zeigte sich bei denselben erstlich, dass ein gesundes Bauchfell kaum 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 335 


reagirt, wenn die Evisceration nicht länger als 10 oder 15 Minuten 
dauert, während bei einem entzündeten oder sonst geschädigten 
Bauchfell die Reflexwirkung sofort eintritt und sehr heftig ist. Die 
Einwirkung auf die Athmung ist unabhängig von der auf das Herz. 
Das Einhüllen des Darmes in trockene Gaze ruft heftigere Reflexe 
hervor, als das Bedecken mit feuchter, warmer Gaze. 

Auf die Einzelheiten der Versuche kann hier nicht eingegangen 
werden. Dieselben sind im Original nachzulesen, das wir über- 
haupt zum Studium der Evisceration empfehlen können. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


15) N. Senn (Chicago). Classification and surgical treat- 
ment of acute peritonitis. 
(Read by invitation in the General Session of the international Medical congress, 
at Moscow 1897. 20. August.) 
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1897. No. 10 u. 11.) 

Nachdem S. einen tabellarischen Überblick über die verschie- 
denen Formen der akuten Peritonitis je nach ihrer Anatomie, Ätio- 
logie, Pathologie, Bakteriologie und ihren klinischen Erscheinungen 
gegeben hat, bespricht er sie nach dem letzten Eintheilungsprineip. 
Zunächst behandelt er kurz die »Ektoperitonitis« und giebt den 
Rath, die akuten Abscesse (z. B. die paranephritischen, prävesikalen) 
frühzeitig zu eröffnen und zu drainiren, die tuberkulösen Senkungs- 
abscesse zu punktiren und mit Jodoformglycerin zu behandeln. Wird 
ein Abscess erst durch Eröffnung der Bauchhöhle zugängig, so soll 
man die Bauchfellblätter zunächst vernähen oder auf einige Tage 
tamponiren. 

Die allgemeine septische Peritonitis hält S. für so gut als stets 
tödlich; sie beruht wesentlich auf Streptokokkeninfektion. Seine 
vielen Versuche, sie operativ zu behandeln, sind stets ohne Erfolg 
gewesen, während andere Chirurgen glücklicher gewesen sein wollen. 
Krecke stellt so 119 Fälle von allgemeiner Peritonitis zusammen, 
von denen 51 durch Laparotomie geheilt wurden. McCosh operirte 
43mal mit 6 Heilungen. S. bezweifelt, dass es sich wenigstens bei 
allen geheilten Pat. um allgemeine Peritonitis gehandelt hat. — Die 
medicinische Behandlung besteht in flüssiger Diät und, wenn nöthig, 
in Darreichung von Stimulantien. Der quälende Durst kann durch 
hohe Eingießungen und subkutane Infusionen gelindert werden. Die 
Anwendung von salinischen Abführmitteln oder von Kalomel kann 
eine drohende Peritonitis koupiren, ist aber bei Perforationsperitonitis 
streng verboten, bei der Opium am Platze ist. — Die operative Be- 
handlung ist gerechtfertigt, da ohne sie der Tod sicher eintritt, sie 
kann im Beginn vielleicht die weitere Ausbreitung verhindern. Früh- 
zeitige Diagnose und schnelles Eingreifen sind aber unbedingt er- 
forderlich, eben so strenge Asepsis, Rücksicht auf die Herzschwäche 
(S. bevorzugt daher den Äther für die Narkose) und Verhinderung 


336 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


von Wärmeverlust während der Operation. Die Geschichte der ope- 
rativen Behandlung knüpft sich an die Namen von Mears (1875), 
Treves (1885), Péan (1885), Oberst (1885) und Lawson Tait 
(1886). — S. bevorzugt, außer bei Ausgang der Peritonitis vom 
Wurmfortsatz, in der Regel den Schnitt in der Mittellinie, und zwar 
soll er so groß sein, dass man übersehen kann, von wo die Entzün- 
dung ihren Ausgang genommen hat. Ausgedehnte Eventration der 
Därme ist wegen der Gefahr ihrer Verletzung und von Shock ängst- 
lich zu vermeiden. Der Werth von Irrigationen ist fraglich, jeden- 
falls dürfen außer sterilem Wasser oder physiologischer Kochsalz- 
lösung nur schwache Desinficientien, wie Lösungen von Borsäure 
oder essigsaurer Thonerde, und zwar nur genügend erwärmt, ange- 
wandt werden. Die kontinuirliche Irrigation der Bauchhöhle wird 
wegen Bildung von Adhäsionen nicht lange möglich sein, verdient 
aber weitere Versuche. Austupfen der Bauchhöhle mit Schwämmen 
muss sehr vorsichtig ausgeführt, das Lösen von Verklebungen in der 
Regel vermieden werden. Entleerung der übermäßig angefüllten 
Därme durch Schnitt oder Punktion kann nöthig werden; bei An- 
wendung mehrerer Schnitte mag man den Darm ausspülen. — Die 
Drainage der Bauchhöhle durch Röhren, Tampons oder Kombination 
beider hält S. für unvermeidlich. Die Gummi- und Glasdrains um- 
wickelt S. mit Jodoformgaze Zwecks Vermeidung des Druckes auf 
die Eingeweide. Bei Anwendung des Mikulicz’schen Tampons 
muss man die Jodoformwirkung beachten; Verf. benutzt daher sterile 
Gaze mit äußerer Lage von Jodoformgaze. So bald als möglich soll 
man die Drainage entfernen, damit möglichst wenig Adhäsionen ent- 
stehen, und die Wunde zur Verhütung von Bauchbrüchen sekundär 
genäht werden kann. — Die Injektion koncentrirter salinischer Ab- 
führmittel in den Darm verdient, außer bei Perforationsperitonitis, 
weitere Versuche. Das Marmorek’sche Antistreptokokkenserum 
macht zwar die Operation nicht überflüssig, ist aber sowohl vor wie 
nach derselben ein werthvolles Mittel. Opium ist während der Nach- 
behandlung nur mit großer Vorsicht anzuwenden. 

Die Perforationsperitonitis erfordert in der Regel sofort chirur- 
gische Behandlung. Kurz bespricht S. die Geschichte und die Er- 
folge bei der Behandlung der Magen-, Duodenal- und Typhus- 
geschwüre. Die Excision des Geschwürs ist nicht nöthig, es genügt 
die Einstülpung und Naht nach Lembert quer zur Längsachse des 
Darmes, eventuell mit Übernähung eines Netzstückes. 

In den nächsten Abschnitten werden die circumscripte, die hä- 
matogene und die »viscerale« Peritonitis kurz abgehandelt, zum 
Schluss die des Beckens, die puerperale und die subphrenische. 

Bei hartnäckigen tuberkulösen Bauchfellentzündungen, welche 
durch Laparotomie nicht geheilt worden sind, empfiehlt S. wieder- 
holte Punktionen und Injektionen von Jodoformglycerin. Die akute 
Appendicitis operirt er nur bei Perforation oder Gangrän des Wurm- 
fortsatzes, forcirt aber nicht die Resektion desselben, sondern be- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 337 


schränkt sich unter Umständen auf Incision und Drainage. Bei all- 
gemeiner Peritonitis im Anschluss an Appendicitis empfiehlt er das 
Verfahren von McBurney, welcher von 24 derartigen Fällen 14 
heilte: Schnitt in der Gegend des Wurmfortsatzes, Entleerung des 
Eiters, Irrigation und Drainage der Bauchhöhle. 

Bei Durchbruch eines Abscesses in den Dünndarm soll nicht 
operirt werden, da die Heilung meist spontan erfolgt. Von 4 ope- 
rirten Pat. verlor S. 2. Martens (Berlin. 


Kleinere Mittheilungen. 


16) Congrès français de chirurgie. XI. session, tenue a Paris du 
18 au 23 Octobre 1897. 
(Revue de chir. 1897. No. 11. Supplément.) 

Aus dem trotz der Kürze der einzelnen Referate 100 Seiten umfassenden Be- 
richt seien nur die wichtigeren ‚Vorträge kurz hervorgehoben. Zur Diskussion 
waren 2 Themata 1) über die Kontusionen des Abdomens, und 2) über die opera- 
tiven Indikationen und die Behandlung des Mastdarmkrebses gestellt; an der 
Debatte betheiligten sich zahlreiche namhafte Chirurgen. 

r I. Des contusions de l’abdomen. 

Demons (Bordeaux), als Berichterstatter, unterscheidet 1) Fälle, bei denen 
nur die Bauchwand betroffen ist, 2) solche, bei denen hinter dieser oder mit ihr 
ein oder mehrere Organe verletzt sind und 3) solche, bei denen letztere allein 
ohne erstere Schaden erlitten haben. Die Hauptfrage ist stets, ob eine Verletzung 
der Eingeweide vorhanden oder ob sie nicht erfolgt ist. Von Wichtigkeit für das 
Entstehen einer solchen ist der Grad der Widerstandsfähigkeit der Bauchwand, 
die Richtung der Gewalteinwirkung, indem senkrechtes Auftreffen derselben leichter 
zu Schädigung der tiefen Organe geführt haben wird, ferner der anatomische, 
physiologische oder pathologische Zustand der Eingeweide, in so fern z. B. ein 
hohles, ausgedehntes viel leichter verletzbar ist. Unter den Symptomen hält D. 
die Spannung der Bauchwand unter Fingerdruck für Verletzung eines Eingeweides, 
besonders für Ruptur eines Hohlorgans, charakteristisch; Fehlen des Shocks spricht 
nicht gegen eine solche. D. erörtert genau die verschiedenen klinischen Erschei- 
nungen bei Verletzung der einzelnen Organe. In einer ziemlichen Anzahl von 
Fällen ist die Diagnose nicht nur möglich, sondern sogar leicht, z. B. bei Zer- 
reißungen der Leber, Niere, Milz etc. Für Probelaparotomie ist D. in den Fällen, 
wo die voraussichtlichen Vortheile derselben die durch den Eingriff bedingten Un- 
ennehmlichkeiten überwiegen. Zuwartende Behandlung empfiehlt sich bei sehr 
leichten Symptomen oder sehr schwerem Shock. Der beste Moment zum Ein- 
greifen ist nach D. der zwischen den primitiven und consecutiven Erscheinungen, 
d.h. in den ersten 20 Stunden nach dem Unfall; Gegenanzeige gegen sofortige 
Operation ist nur starker Shock. 

Le Dentu (Paris) hält die Diagnose nur bei Ruptur der Niere oder Blase 
für leicht, während sie bei den anderen Organen wegen der Komplicirtheit der 
Symptome unsicher bleibe. lie Hyperästhesie der Bauchhaut ist von großer Be- 
deutung und kann allein schon die Laparotomie rechtfertigen, der Kontraktur der 
Bauchwand kommt nur bei Vorhandensein anderer Zeichen (eingefallenes Aussehen, 
Alteration der Stimme, des Pulses), besonders bei Vermehrung der Athmungs- 
frequeng, Kühle der Extremitäten, Verzögerung oder Fehlen der Urinausscheidung, 
die aber nicht mit Harnretention zu verwechseln sind, ein diagnostischer Werth zu. 
Le D. ist für möglichst rasches Eingreifen bei Shock durch innere Blutung; im 
Allgemeinen soll man eher die Operation wagen, als zu leicht auf sie verzichten. 
Unter 33 Fällen hat Le D. in 16 konservativ verfahren (12 geheilt), in 12 wegen 
innerer Verletzungen operirt und nur 3mal Heilung erreicht. 


338 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


Michaux (Paris) halt die Laparotomie sowohl für die Feststellung der Dia- 
gnose als auch für die Behandlung als das geeignetste Mittel, da weder die Art 
der Gewalteinwirkung, noch die klinischen Erscheinungen einen sicheren Schluss 
auf die Schwere der Verletzung zulassen. Er empfiehlt so früh als möglich nach 
Aufhören des Shocks, und thunlichst schnell die Operation auszuführen und nach 
derselben den Bauch, mit Jodoformgaze bedeckt, offen zu lassen, um ihn aus- 
waschen zu können. 

Auch Moty (Lille) ist für frühzeitige Operation mit lokaler Anästhesie. 

Doyen (Paris) bespricht Einzelheiten der operativen Technik, empfiehlt den 
Dampfstrahl (Sneguireff) sur Stillung parenchymatöser (Leber, Mils) Blutungen 
und zur Desinfektion und zur Drainage eine neue Art von Glasdrains, die an 
einem Ende eine leichte Auftreibung haben, um nicht durch Darmschlingen ver- 
legt su werden. 

Nimier (Paris) tritt für die sekundäre Laparotomie ein, Février (Nancy) 
Guinard (Paris, Rioblane (Lyon), T&denat (Montpellier) ete. berichten über 
einzelne interessante Fälle. S 


IL. Indications opératoires et traitement du cancer du rectum. 

Die Berichterstatter Qu&nu und Hartmann (Paris) sprechen sich zu Gunsten 
der radikalen Operation des Mastdarmkrebses aus, halten die Höhe des Sitzes 
nicht für eine Gegenanzeige, die nur durch Generalisation des Krebses und durch 
Übergreifen des Leidens auf die Nachbarorgane gegeben ist. Um über die Aus- 
dehnung desselben auf letztere und besonders auf das Bauchfell Klarheit zu be- 
kommen, ist oft ein iliacaler Probebauchschnitt nothwendig, der auch die Mög- 
lichkeit gewährt, einen künstlichen After, sei es wegen Unausführbarkeit der 
Radikaloperation, sei es als 1. Akt dieser letzteren Behufs wirksamer Desinfektion 
des Mastdarms und gründlicher Entleerung des Darmes, anzulegen. Für die 
Operation halten Q. und H. die breite Freilegung und Exstirpation des Krebses 
in der Weise, dass der kranke Mastdarm wie ein mit septischem Inhalt gefüllter 
Sack entfernt werde, und die Fernhaltung des Stuhlgangs während der ersten Tage 
für das Wesentliche. Voroperationen am Knochen suchen sie möglichst zu ver- 
meiden und beim Manne auf dem perinealen prärectalen, beim Weibe auf dem 
vaginalen Weg zum Ziel zu kommen. Wo die Herstellung eines Kunstafters 
nach der Exstirpation nicht ausführbar ist, ziehen sie die eines iliacalen der eines 
sacralen vor — mit Exstirpation oder Umstülpung des restirenden Mastdarmtheils 
in den iliacalen After (sretournement, par invagination du bout rectal à travers 
Vorifice de l'anus iliaque«). 

Juillard (Genf) tritt für die Kolostomie als präliminare oder palliative Ope- 
ration ein; im ersteren Falle lässt er die Exstirpation nach 15 Tagen folgen, die 
er bei Frauen für erfolgreicher hält. 

Auch Pollosson (Lyon) empfiehlt ein derartiges Vorgehen der vorherigen An- 
legung eines definitiven künstlichen Afters vor der Exstirpation. 

Péan (Paris) bespricht die Arten des operativen Vorgehens, je nachdem es 
sich um tief, in mittlerer Höhe {Ampulle) oder hochsitzende Mastdarmkrebse 
handelt. Er hat die Entfernung des kranken Darmes stets auf dem perinealen 
Weg oder par la voie pubo-perin&o-ischiatique ou pubo-vagino-ischiatique vor- 
nehmen können und zieht desshalb diese der sacralen Methode oder der Laparo- 
tomie vor, die er nur bei Krebs des obersten Theils des Mastdarms und der an- 
grensenden Flexur zum Zweck der Exstirpation macht. 

J. Boeckel (Straßburg) hat unter 43 Fällen von Exstirpation oder Resektion 
nur 3 verloren, im 3. Theil derselben Freibleiben von Recidiv noch nach dem 
3. Jahre (bis 6—12 Jahre p. op.) beobachtet. In 1 Falle handelte es sich um das 
prognostisch sehr ungünstige Sarkom. B. tritt für die perineale und sacrale Me- 
thode ein, empfiehlt aber auch ein dem von Qu&nu vorgeschlagenen ähnliches 
Vorgehen bei hochsitsenden Carcinomen. 

Heydenreich (Nancy) bespricht die Vortheile der vaginalen Methode bei 
Frauen, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 339 


Doyen (Paris) die palliative Kolotomie in nicht operablen Fällen und die 
präliminare vor der Exstirpation des Krebses. 

Willems (Gand) hat sich mit der Perineotomie à lambeau guten Zugang zur 
Exstirpation schaffen können; der /"\-förmige Lappen enthält das untere ge- 
sunde Mastdarmende, sein Querschnitt verläuft vor dem After. Bei hochsitzenden 
Krebsen sieht W. den sacralen Weg vor. Erneut empfiehlt er die Herstellung 
eines glutäalen Afters bei Fortfall des Sphincter ani. 

An der Diskussion betheiligten sich außerdem noch M. Berger, Moulonguet, 
Tailhefer, Depage ete. 

Poncet et Dor (Lyon): De la botry mycose humaine. 

Die in 4 Fällen beobachtete Affektion stellte sich als eine Art entzündlicher 
Neubildung in der Form einer pilzähnlich gestielten, ulcerirten, schmerslosen 
Masse, aus Granulationsgewebe bestehend, dar und saß an den Fingern, einmal 
auch an der Schulter. Die bakteriologische Untersuchung ergab die bei dem sog. 
»Champignon de castration« der Pferde vorkommenden identischen Mikroben, die 
bei Impfung gleichartige Processe an der Impfstelle erzeugten. 


M. Schwartz (Paris): Les paralysies post-anesth&siques. 

Der mitgetheilte Fall betraf einen A6jährigen Neurastheniker, der beim Er- 
wachen aus der Chloroformnarkose (Radikaloperation eines Bruches) über Ameisen- 
kriechen in der rechten Hand, besonders im Daumen und Zeigefinger, die unbe- 
weglich waren, klagte, am folgenden Tage eine Lähmung des langen Daumen- 
beugers und des Flexor indicis und schließlich auch des M. triceps cruralis darbot. 
Die Störungen verschwanden unter Massage und Elektricität. S. sieht den Fall 
als funktionelle centrale Lähmung arteriosklerotischen Ursprungs an. 

Chipault (Paris) beobachtete einen Fall von Hemiplegie nach der Narkose 
als Folge einer Blutung in den Ventrikel, 

Reboul (Nantes) eine Hemiplegie nach hohem Blasenschnitt. 


J. Reverdin (Genève) An&vrisme cirsoide d'origine infectieuse. 

Die im Bereich der Augenbrauengegend eutstandene Neubildung hatte sich 
bei dem 31jährigen Manne im Anschluss an eine schwere gastroenteritische In- 
fektion, während welcher bereits an der Nasenwurzel Ödem und Druckempfindlich- 
keit aufgetreten war, gebildet. R. nimmt an, dass letstere Erscheinungen die 
Folge einer infektiösen Arteriitis gewesen, und von dieser eine Thrombose zurück- 
geblieben sei, welche als Ursache des Aneurysma aufgefasst werden müsse. Eine 
gleiche Entstehungsweise will R. auch anderen Fällen von Aneurysma cirsoides 
zu Grunde legen. 


M. Tuffier (Paris): Essai sur les ligatures vasoulaires danslestumeurs 
inope&rables et dans certaines infections. 

Die Gefäßunterbindungen bieten bei Organen, die nur von wenigen Haupt- 
gefäßen versorgt werden, günstigere Aussichten als bei reich vaskularisirten. So 
hat T., während er in einem Falle von Zungenkrebs durch doppelseitige Unter- 
bindung der Art. lingualis, bezw. Carotis ext. nur temporäres Aufhören der 
Schmerzen und Blutungen beobachtete, bei einem Uteruscareinom eine ganz auf- 
fallende und langandauernde Besserung nach Unterbindung der Gefäße der Ligg. 
lata gesehen. Auch bei lokal infektiösen Krankheiten, s. B. bei einem Falle von 
miliaren multiplen Abscessen der Niere, in dem er den Gefäßstiel unterband, war 
der Erfolg ein günstiger. 

Hartmann (Paris) hat von der Unterbindung bei Krebs keinerlei, bei Uterus- 
fibroiden jedoch ausgeseichnete Resultate gehabt. 

Coudray (Paris): Résultats éloignées de la méthode sclörog&ne de 
Lannelongue. 

C.’s Erfahrungen mit der L,annelongue’schen Methode beziehen sich auf 
100 Fälle, unter denen 63 große Gelenke betrafen; für diese letzteren — am we- 
nigsten für das Hüftgelenk (3 Heilungen unter 10 Fällen) — hat sich das Ver- 
fahren besonders bewährt. Unter 18 nicht eitrigen Kniegelenkstuberkulosen s. B 


340 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


trat 9mal Heilung ohne weitere operative Eingriffe, 8mal bei gleichzeitiger Vor- 
nahme von Ausschabungen oder partieller Arthrektomie ein; 7 Fälle von eitriger 
Gonitis tuberculosa heilten unter 10 solcher nach Evidement etc. Ähnlich waren 
die Erfolge bei anderen größeren Gelenken, freilich bei Kombination des Ver- 
fahrens in einem Theil der Fälle mit verschiedenen operativen Eingriffen! — Auch 
bei Hernien sah C. Günstiges von den Injektionen; eben so in 1 Falle von Scirrhus 
mammae. 


Bauby (Toulouse): Nouvelle considération sur le traitement des tu- 
berculoses chirurgicales par Peau bouillante. 

B. hat in 12 Fällen von kalten Abscessen und Knochen- und Gelenktuber- 
kulosen dauernde Heilung durch Applikation heißen Wassers auf den durch Schnitt 
eröffneten Krankheitsherd erzielt. Gegenanzeige für das Verfahren bildet die 
Nachbarschaft großer Gefäße, wichtiger Nerven, der Sehnen und der serösen 
Häute. 


M. Berger (Paris): Epitheliomes branchiogenes du cou et &pithe- 
liomes aberrants de la thyroide, 

B. berichtet über einen Fall von ulcerirtem Careinom am Halse, das mit der 
V. jugul. int. weithin verwachsen war, so dass letztere bei der Operation resecirt, 
die Carotis und der Vagus ausgedehnt freigelegt werden mussten. Die Unter- 
suchung ergab den von Cornil bei Epitheliom der Schilddrüse beschriebenen 
Befund. B. fasst die Geschwulst als von abgesprengten Schilddrüsenkeimen aus 
entstanden auf; klinisch imponirte er als ein branchiogenes Epitheliom, von dem 
er nur durch die histologische Untersuchung zu unterscheiden war. 


Faure (Paris): Sur la r&section totale du grand sympathique cervical 
dans le goitre exophtalmique. 


Jonnesco (Bucarest): Traitement chirurgical dugoitreexophtalmique. 


Doyen (Paris): Traitement chirurgical du goitre exophtalmique. 

F. hat in 2 Fällen von totaler Sympathicusresektion wegen Base dos scher 
Krankheit sehr günstige Resultate — Verbesserung des Allgemeinbefindens, Ver- 
minderung des Exophthalmus und Rückbildung des Kropfes — beobachtet; ein 
3. Kranker starb während der Operation an Chloroformsynkope, die auch bei dem 
2. Falle vorübergehend aufgetreten war. Fast gar nicht wurde die Tachykardie 
durch die Operation beeinflusst. F. will in Zukunft letztere in Athernarkose und 
nicht auf beiden Seiten zugleich — wie bei jenen 2 Pat. — ausführen. 

J. bespricht die bei Morbus Basedowi bisher ausgeführten Operationen und 
sucht an der Hand von Statistiken nachzuweisen, dass 1) die partiellen Strum- 
ektomien und ähnliche Operationen schwere und unwirksame, häufig von Recidiv 
gefolgte Eingriffe darstellen, 2) die Unterbindung der Artt. thyreoideae etwas 
bessere Resultate ergebe, 3) aber die Resektion des Halssympathicus als leicht 
ausführbare und ungefährliche Operation der ad 1) und 2) genannten vermöge 
ibrer günstigen Erfolge weit überlegen sei, was noch besonders für die doppel- 
seitige Totalresektion gelte. 

D. hält die Thyreoidektomie für eine einfache und im Vergleich zur Exstir- 
pation großer parenchymatöser Kröpfe ungefährliche Operation. Er räth, sie vor- 
zunehmen, wenn die Durchtrennung oder Resektion des Sympathicus nicht zur 
Heilung geführt hat, und empfiehlt letztere Eingriffe da, wo die Thyreoidektomie 
nicht erfolgreich war. D. selbst hat mit der Strumektomie bei Morbus Basedowi 
sehr gute — in 2 Fällen seit Jahren andauernde — Resultate gehabt. 

Auch Sorel (Le Havre) bestätigt dies auf Grund von 5 Fällen von Thyreoid- 
ektomie, während 

Abadie (Paris) für die einfache Durchschneidung des Syınpathicus eintritt. 

Calot (Berck-sur-Mer): Traitement du mal de Pott. 

C. hält sein Verfahren für ungefährlich, verlangt aber, von demselben sehr 
kachektische Kinder, ferner solche mit sehr großen Abscessen, mit Fisteln und 
solche, wo ein Zug von 60-30 kg Stärke erfolglos bleibt, auszuschließen. In 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 341 


letzterem Falle sei es besser, die Widerstand leistenden Knochenspangen oflen zu 
durchtrennen und erst nach der Wundheilung die Korrektion vorzunehmen. 

Auch Redard (Paris) bestätigt auf Grund von 35 Beobachtungen den großen 
Werth der Calot’schen Methode, die nur bei ankylotischen Gibbositäten, großen 
Senkungsabscessen, Thoraxdeformität und allgemeiner Tuberkulose kontraindieirt 
sei. Die Reduktion sei frei von Gefahren, wenn sie nicht brüsk geschehe. Auch 

Phocas (Lille und Bilhaut (Paris; sprechen sich in gleichem Sinne aus, 
während Chipault (Paris) für die ankylotischen Fälle entweder zur Verhütung 
weiterer Verschlimmerung die operative Fixation der Dornfortsätze oder in ab- 
gelaufenen die Resektion derselben empfiehlt. 


Calot (Berck-sur-Mer): Sur la correction opératoire des scolioses graves. 

C. empfiehlt ein dem bei Malum Potti ähnliches Redressementsverfahren auch 
für schwere, auf andere Weise nicht zu bessernde Skoliosen. 

Faure (Paris): Sur un nouveau procédé de gastroent&rostomie. La 
gastro-ent&rostomie par invagination. 

Das Verfahren besteht in einer Invagination des Magens durch eine knopfloch- 
artige Öffnung in den Darme in der Weise, dass die in der eingestülpten und 
eingenähten Magenfalte angelegte und umsäumte Öffnung nach dem abführenden 
Darmende hin gerichtet ist, um die bei den sonst üblichen Methoden der Gastro- 
enterostomie leicht eintretende Stauung der Speisen in dem oberen Theil zu ver- 
hüten; Galle etc. vermögen dabei leicht die gebildete Klappe zu überwinden und 
in das untere Darmende überzutreten. Vorbedingung für die Ausführbarkeit des 
Verfahrens ist genügende Beweglichkeit und Weite des Magens, wie sie besonders 
bei den nicht krebsigen Stenosen vorhanden ist. Auch nach der Pylorusresektion 
ist die Invaginationsmethode leicht anwendbar, eben so bei der Cholecyst- 
enterostomie empfehlenswerth. 


Doyen (Paris): Gastro- et ent&ro-anastomose aseptique. 

Das beschriebene Verfahren bezweckt, jede Spur von Darminhalt vom Ope- 
rationsfeld fernzuhalten und besteht in einer besonderen Art der Enterorrhaphie, 
deren Einzelheiten sich nicht ohne vollständige Wiedergabe des D.'schen Selbst- 
berichts >erstehen lassen würden; es sei desshalb auf letzteren selbst ve wies 


Duret (Lille): Sur le traitement chirurgical des abcès r&tro-coecalea 
dans les appendicites. 

Zur Verhütung der Infektion der Bauchhöhle bei Eröffnung retrocoecaler 
Abscesse empfiehlt D. bei Fehlen von abschließenden Verwachsungen, mittels einer 
Kürschnernaht das Peritoneum parietale an den Blinddarm anzunähen und die 
beiden Enden der Bauchwunde mit Jodoformgaze zu verschließen, sodann den 
Abscess mittels Sonde oder Finger an der äußeren Seite des Blinddarms zu er- 
öffnen, zu drainiren und ev. eine lumbale Gegenöffnung anzulegen; danach folgt 
Etagennaht der Bauchwand. 

Picqué et Guillemont: Des suppurations du diverticule de Meckel 
simulant l’appendicite. 

Der mitgetheilte Fall kam wegen Erscheinungen, die auf eine Appendicitis 
hindeuteten, zur Operation; hierbei fand sich der Proc. vermiformis gesund, da- 
gegen eine in einem Meckel’schen Divertikel entstandene und allgemeine Peri- 
tonitis veranlassende Eiterung. Pat. starb. 


Reboul (Nimes): Prolapsus du rectum ches un enfant de cinq ans. 
Gangrene et perforation large de l’intestin hernie. Resection. 
Gu&rison. 

Das Wesentliche des interessanten Falles ist in dem Titel wiedergegeben. 
Villar (Bordeaux): Les nouveaux procédés de cure radicale des 
hernies inguinales. 

V. empfiehlt bei der Radikaloperation nach Bassini's Methode den Samen- 
strang hinter die Bauchwand zu lagern und auf diese Weise den Leistenkanal 
vollständig zu beseitigen. 


342 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


Faure’s (Paris) Bestreben geht darauf aus, versenkte Nähte zu vermeiden; 
er operirt nach Duplay’s und Cazin’s Verfahren. Nimier hat mit der sklero- 
genen Methode Lannelongue's gute Resultate erzielt, hält dabei Bettlage einen 
Monat hindurch für nothwendig. 

Froelich (Nancy) bespricht die blutige Radikaloperation bei Hernien der 
Säuglinge; er verzichtet darauf, den Bruchsack zu eröffnen und zu exstirpiren und 
begnügt sich mit der Naht des Halses. Broca dagegen, sich auf eine umfang- 
reiche Zusammenstellung eigener Fälle von 117 Hernienoperationen bei 99 Kindern 
im Alter von 4—24 Monaten — 2 + — stützend, tritt für möglichst hohe Isolirung 
und Entfernung des Bruchsackes ein. Er macht die Operation in weniger als 
10 Minuten und erachtet die Gefahr der Peritonitis gleich Null; seine beiden 
Todesfälle waren durch Darmkatarrh und Bronchopneumonie veranlasst. 


Albarran (Paris): Indications opératoires dans la tuberculose rénale 

A. hat nach 8 lumbaren Nephrektomien wegen Nierentuberkulose Tmal größten- 
theils seit über 11/2 Jahre andauernde “Heilung und 1 Todesfall an Meningitis 
beobachtet, dagegen von 11 Nephrotomirten mit gleicher Krankheit, von denen 10 
die Operation zunächst überstanden hatten, 7 nach 3—7 Monaten zu Grunde gehen 
sehen. Er hält die Nephrotomie für einen einfachen palliativen Eingriff, der nur 
bei sehr ausgedehnten Verwachsungen der kranken Niere oder bei vorgeschrit- 
tener allgemeiner Tuberkulose angezeigt sei, während sonst die Nephrektomie in 
Betracht kommen müsse, falls durch den Harnleiterkatheterismus das Vorhanden- 
und Gesundsein der anderen Niere nachgewiesen werden konnte. 


Schwartz (Paris): Sur l’ur&t&rocyston&ostomie immédiate pour re- 
medier à une section de l’uret&re, pendant une hystörectomie ab- 
. dominale totale pour fibromes. 
Dem in der Überschrift Gesagten ist nur hinzuzufügen, dass während der 
Nachbehandlung ein Harnleiterkatheter 5 Tage lang ljegen gelassen wurde, und 
vollständige Heilung erfolgte. 


Hartmann (Paris): Ur&t&rectomie totale. 

Bei der betreffenden Pat. war zuerst eine Nephropexie, dann eine Nephrotomie 
ohne Erfolg gemacht worden. H. fand den Harnleiter derselben Niere fingerdick 
erweitert und entfernte nun zunächst die letztere, in einer weiteren Sitzung den 
ganzen Harnleiter von einem Schnitt aus, wie er zur Unterbindung der Iliaca an- 
gelegt wird. H. empfiehlt, bei Nephrektomien wegen Pyonephrose das Harnleiter- 
ende in der Wunde zu befestigen, wie er es in obigem Falle gethan, um ev. später 
ihn, wenn seine Exstirpation nothwendig, leicht auffinden zu können. Nach Nieren- 
exstirpation zurückbleibende Fisteln erheischen oft die Entfernung des kranken 
Harnleiters. 

Regnier (Paris): De l’elytrotomie postérieure dans le traitement du 
prolapsus ut£rin. 

Seine Absicht, periuterine Verwachsungen zur Fixirung der Gebärmutter zu 
schaffen, hat R. in einem Falle von vollständigem Vorfall nach Hysteropexie da- 
durch erreicht, dass er den hinteren Douglas mit Jodoformgazestreifen drainirte. 


Demons (Bordeaux): Procédé d’arthrotomie pour la cure des luxations 
d'épaule. 

D. empfiehlt bei veralteter Schulterverrenkung einen transversalen Schnitt, der 
von der Höhe des Akromion, bezw. etwas nach hinten von ihm bis zum Processus 
coracoideus verläuft. Das Gelenk wird auf diese Weise breit eröffnet, so dass die 
Reposition nach Durchtrennung der an letzterem Knochen inserirenden Muskeln 
oder nach temporärer Resektion desselben möglich wird. 

Reboul (Nimes): Section complete du nerf sciatique poplit& interne 
par coup de fusil. Suture de ce nerf au sciatique poplit& externe. 
Gue&rison avec rétablissement des fonctions du membre. 

Die Nervennaht konnte in dem Falle erst einige Monate nach der Schuss- 
verletzung wegen Ausbruch von Tetanus ausgeführt werden und ergab im Verlauf 
von 9 Monaten p. op. vollständigen funktionellen Erfolg. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 343 


Kummer (Genève): Recherches expérimentales sur la production des 
fractures astragaliennes. 

Bei den Experimenten wurden zur Erzeugung von Talusfrakturen verschiedene 
Gewalteinwirkungen angewandt, die verschiedene Bruchformen und Bruchlokali- 
sationen ergaben. 

Destos (Lyon) hat innerhalb 10 Monaten allein 22 Talusfrakturen gegenüber 
4 Luxationen des Knochens beobachtet, erinnert an die häufige Verkennung dieser 
Brüche und empfiehlt zur Diagnose die Skiaskopie. 


Pi&chaud et Bergoni& (Bordeaux): De l’anastomose tendineuse dans les 
d&viations du pied, consécutives à la paralysie infantile. 

Auf Grund von 4 erfolgreich durch Anastomose der Sehnen der gelähmten 
Muskeln mit dem Großzehenstrecker operirter Fälle besprechen P. und B. die 
Methode der Anastomosenbildung, zu welcher sie breite Anfrischung und seitliche 
Fixation in der ganzen Dicke der Sehnen mit nachfolgender Einscheidung in das 
umgebende Zellgewebe empfehlen. 

Chipault (Paris): 14 cas de mal perforant traités par l’&longation 
des nerfs. 

C. hat 9mal an den N, plantaris int. und ezt., je imal an ersterem allein, 
bezw. an dem Großzehenaste desselben und 3mal am Saphenus ext. die Dehnung 
ausgeführt und außerdem die trophischen Geschwüre unter Entfernung neurotischer 
Knochen ausgeschabt. 12 Heilungen, 2 Misserfolge. 

Lebrun (Namur): Contribution à l’&tude de traitement chirurgical de 
la maladie de Little. 

L. durchtrennte in 3 Fällen der Krankheit die kontrakten Muskeln, resp. deren 
Sehnen etc., legte in guter Stellung des Gliedes für 10—12 Tage einen Gipsverband 
auf und wandte danach Massage und passive Bewegungen etc. an. Wesentliche 
Besserung in Bezug auf den Gang und das Allgemeinbefinden. 

Kramer (Glogau). 


17) Lochte. Ein Fall von allgemeiner Gefüßneurose mit peripherer 
Gangrän (sog. Raynaud’sche Krankheit). 
(Mittheilungen a. d. Hamburger Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.) 

Ein 53jähriger, bisher gesunder Mann erkrankte im Anschluss an eine heftige 
Gemüthsbewegung unter Erscheinungen einer symmetrischen Asphyxie mit einem 
Gefühl von Kriebeln, Frieren und Abgestorbensein in den Fingern, Abschälung 
der Epidermis an den Endphalangen aller Finger, mit Ausnahme des Daumens, 
peripherer Nekrose der beiden Mittel- und des 4. linken Fingers. An Vorderarm 
und Beinen, besonders an der Streckseite, befanden sich zahlreiche livide, unregel- 
mäßig umgrenste, das Niveau der Haut nicht überragende Flecke. 6 Wochen 
nach Abstoßung der Nekrosen Wiedererkrankung mit Cyanose und oberflächlicher 
Nekrose der linken 2. Zehe; endlich 3 Wochen nach Heilung dieser Affektion 
erneuter Anfall unter Schmerzen und Cyanose des linken Zeige- und 4. Fingers, 
dann auch der Zehen ohne Blasenbildung oder Nekrose. Sonst war nichts Ab- 
normes im Nervensystem nachzuweisen, Harn stets frei von Eiweiß und Zucker. 

Besonders bemerkenswerth war noch das mehrfache Auftreten von Ödemen der 
Unterschenkel und der blassen , cyanotischen, feinfleckigen Marmorirungen der Haut. 

Um festzustellen, in wie weit ein gehinderter venöser Abfluss dieser Erschei- 
nung zu Grunde liege, wurde die elastische Umschnürung einer Extremität vor- 
genommen: dieselbe wurde bald kühler, nahm eine matt graublaue Verfärbung an, 
die umschriebenen cyanotischen Flecke verschwanden in dem gleichmäßigen Ko- 
lorit der Haut. Wurde die Binde aber abgenommen, so trat nicht, wie bei einem 
gesunden Menschen, schnell eine rosenrothe Färbung der Haut ein, sondern die 
Haut bot ein buntes Aussehen: cyanotische Stellen wechselten mit ischämischen 
ab. Verf. erklärt sich diese Erscheinung durch eine Störung des Tonus der Haut- 
gefäße. Es handelt sich also um eine Angioneurose. Der Versuch mit der Ligatur 
gelang nur zur Zeit der Anfälle, in der Zwischenzeit verhielt sioh die Haut normal. 


344 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


Da jede andere Ätiologie im vorliegenden Falle unzutreffend ist, hält Verf. es 
für möglich, dass der psychische Affekt zu einer centralen Schädigung im Mecha- 
nismus des Gefäß-Nervenapparates geführt habe. Der interessanten Abhandlung 
sind 2 kolorirte Bilder von dem eigenthümlichen Aussehen des Unterschenkels 
unmittelbar nach Abnahme der elastischen Binde angefügt. 

Tschmarke (Magdeburg). 


18) A. Jordan. Ein Fall von diffuser seniler Atrophie und Hyper- 
pigmentose der Haut. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXV. No. 8.) 

Bei einer 75 Jahre alten Frau fand sich — als Nebenbefund — eine Atrophie 
und Pigmentirung der Haut au den verschiedensten Körperstellen, die viel hoch- 
gradiger war, als es der gewöhnlichen Altersatrophie entspricht; zum Theil war 
die Haut geschrumpft, zum Theil hing sie in weiten Falten herab. Eine Ursache 
für diese Veränderung fand sich auch bei der Sektion nicht; die Pat. hat an sehr 
starkem Jucken gelitten. (Auffallend sind die »starren Wülste« der Haut an den 
Extremitäten; dabei könnte man doch auch an Sklerodermie denken, die nicht 
bloß zu Schrumpfung, sondern, wie der Ref. in einem Falle gesehen hat auch, 
wie es scheint sehr selten, zu einer Art starker Faltenbildung der Haut führen 
kann.) Jadassohn (Bern). 


19) Fr. Juliusberg. Über einen Fall von psoriasiformem und liche- 
noidem Exanthem. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 2.) 

Verf. beschreibt ein sehr eigenartiges Exanthem, das sich aus Flecken von 
fast orangerother Farbe und weichen schuppenden Papeln zusammensetzt, die 
nicht jucken und beim Abheben der Schuppe nur wenig bluten. Der Verlauf ist 
sehr chronisch, Beschwerden, Störung des Allgemeinbefindens nicht vorhanden. 
J. glaubt Psoriasis, Ekzem, Lichen ruber ausschließen zu können und vergleicht 
seinen Fall mit einem von dem Ref. publicirten, mit dem er manches Gemeinsame 
hat — in manchen Punkten aber weicht er auch erheblich von dem vom Ref. 
gesehenen ab. Es handelt sich hier zweifellos um ganz eigenartige, noch nicht 
rubrieirbare, gegen die Therapie sehr hartnäckige Hautkrankheiten, auf welche 
die Aufmerksamkeit mehr gerichtet werden müsste, als es bis jetzt geschehen. 

Jadassohn (Bern). 


20) Ohmann-Dumesnil. Eine schleunige Heilungsmethode des Pem- 
phygus. 
(St. Louis med. and surg. journ. 1897. Juni.) 

Die an 2 Fällen erprobte Behandlung des Pemphygus besteht in innerlicher 
Darreichung von Arsenik in steigender Dosis, womit die Eröffnung der Blasen 
und Bedeckung mit einer Salbe von Pulvis campho-phenicosus 1:16 verbunden 
wird. Schon nach 1 Woche konnte die eine Kranke als geheilt angesehen werden. 
Auch bei Herpes zoster und Herpes simplex ist dieselbe Behandlung von bestem 
Erfolg. ER Sr Lühe (Königsberg i/Pr.). 

Berichtigung. P. 250, der Anfang des letzten Absatzes im Referat über 
Kolischer muss lauten: Zu ähnlichen Anhäufungen von Fremdkörpern kann die 
Verwendung schlecht gehaltener Spritzen zu Blaseninjektionen führen. 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf £ Hürtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
Laien ie, A, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


gd 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 13. Sonnabend, den 2. April. 1898. 


Inhalt: XXVII. Chirurgenkongress. 

P. J. Zaalberg, Zur Technik der Mastoidoperstionen. (Original-Mittheilung.) 

1) Hausser, Bakterienbefund bei Leichen. — 2) Caillaud, Tetanus. — 3) Brown, 
Blut Tuberkulöser. — 4) Fronz, 5) Kaljser, Gelenkentzündung. — 6) Wëller, Wund- 
behandlung. — 7) Menge, Handasepsis. — 8) Orlandi, Antidiphtherisches Serum. — 
9) Lane u. A., Oxytuberkulin. — 40) Silvestri, Caleiumhypophosphat bei Blutungen. — 
41) Sommer, Adhäsivam. — 12) Hartmann, Ohrkrankheiten. — 13) Gradenigo, Ozaena. 
— 14) Bayer, Spina bitida und Encephalocele. — 15) Perthes, Empyem. — 16) Pott, 


Beschneidung. — 17) Hottinger, 18) Lang, 19) Audry, Harnröhrenverengerung. — 
20) Le Dentu, Elephantiasis der männlichen Geschlechtstheile. — 21) Gerson, Pflaster- 
suspensionsbinde. — 22) Guigues, Incoutinentia urinae bei der Frau. — 23) Gigli, 


Schambeindurchtrennung. — 24) v. Winckel, Weibliche Genitalien und Bauchfellentzün- 
dung. — 25) Edebohls, Ventroflxation der Gebärmutter. 

W. Liermann Zur vaginalen Methode bei Mastdarmoperationen. — 0. Vulpius, Zur 
Kasuistik der traumatischen Epithelcyste. (Original-Mittheilungen.) 

26) Gold, Jahresbericht. — 27) Sofowiejczyk, Chloroform. — 28) Ssudakow, Echino- 


coccus. — 29) Depage, Temporäre Oberkieferresektion. — 30) Browne, Aneurysma der 
A. max, int. — 31) Ewald, Cylindrom der Zunge. — 32) Lannelongue und Vitrac, 
Brustdrüsencyste. — 33) Alsberg, Blasenverletzungen. — 34) Curtis, Blasenresektion. 
— 36) Hölscher, Harnleiterkatheterismus. — 36) Coelho, Nephrektomie. — 37) Natoli, 
Varicocele, — 38) Jovanović, Blasen-Scheidenfistel. — 39) Leenen, Dermoidcyste des 
Eierstocks. 

Chirurgenkongress. — Kongress für innere Medicin. — Deutsche dermatologische 
Gesellschaft. 


XXVII. Chirurgenkongress. 

Um möglichst rasch nach alter Weise im Centralblatt einen sach- 
lich richtigen Bericht über die Ergebnisse des Kongresses bringen zu 
können, bitte ich die Herren, welche auf demselben Vorträge halten 
werden, mir recht bald nach der Sitzung einen Selbstbericht über solche 
in Berlin zu übergeben oder nach Breslau, Kaiser Wilhelmstraße 115, 
einzusenden. Richter. 


13 


346 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


Zur Technik der Mastoidoperationen. 
Von 
Dr. P. J. Zaalberg in Amsterdam. 


Es ist bekannt, dass man bei den Mastoidoperationen, gleich- 
viel ob es sich um akute oder chronische, einfache Antrumauf- 
meißelungen oder Radikaloperationen handelt, nachdem die Weich- 
theile durch einen retro-aurikulären Schnitt bis auf den Knochen 
durchtrennt sind, um mit Bequemlichkeit den Knochentrichter bis 
in die Paukenhöhle anzulegen, die Weichtheile stark aus einander 
halten lassen muss. 

Dies geschieht meistenstheils von einem oder zwei Assistenten, die 
mit scharfen oder stumpfen, langen, gestielten Haken die Weich- 
theile bei Seite ziehen. 

Ich habe mir, um diese Hilfe entbehren zu können, neulich 
3 kurze Haken anfertigen lassen, einen mit gerade angebrachten 
gebogenen Zähnen und 2 Haken, deren Zähne so angebracht sind, 
dass sie in einer Ebene arbeiten, welche mit der Zuglinie einen 
Winkel von 30° bilden, und zwar eine für rechtsseitige, eine für links- 
seitige Operationen. 


Fig. 1. 


Wenn die Haken angelegt sind, werden die stumpfen umgebo- 
genen Enden durch einen Kautschukschlauch, welcher an seinen 
Enden mit zwei Schifferknoten versehen ist und über Hinterhaupt 
und Stirn läuft, mit einander verbunden. Es stellte sich heraus, 
dass, wenn man an den vorderen Wundtheil einen geraden Haken an- 
legt, dieser nunmehr dem Zug nachgiebt und nach dem oberen Theil 
der Wunde hinaufrückt. 

Das ist nun mit den Haken, deren Zähne unter einem Winkel 
angefertigt sind, überwunden. Sie verharren in der einmal angegebe- 
nen Stellung. 

Was man bloß zu vermeiden hat, ist Druck des Schlauches auf 
das dem Operationsfelde nahe liegende Auge. Das kann der Nar- 
kotiseur durch leisen Druck verhüten. So kann man einen Assisten- 
ten entbehren, dem es wohl nie gelingt, die Haken fortwährend rich- 
tig zu halten, weil eine Ermüdung durch das Halten in derselben 
Stellung unbedingt eintreten muss. 

Die Operation wird dadurch vereinfacht, der Chirurg kann ruhig 
fortfahren, braucht nicht immer die abgleitenden Haken neu einzu- 
stellen, wird befreit von der dadurch immer eingeleiteten Blutung. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 347 


1) A. Hausser. Bakterienbefunde bei Leichen. Zur Frage 


der Verwerthbarkeit postmortaler Bakterienbefunde. 
(Zeitschrift für Heilkunde Bd. XVII. Hft. 5 u. 6.) 

Das Ergebnis der ungemein sorgfältig angestellten diesbezüg- 
lichen Untersuchungen an einem reichen Material der Prosektur des 
Krankenhauses » Rudolfstiftung < in Wien (Prof. Paltauf) fasst 
H. dahin zusammen, dass eine rein postmortale Wanderung von 
Bakterien innerhalb solcher Zeiträume, wie sie zwischen eingetrete- 
nem Tod und Obduktion gewöhnlich verfließen, in ausgiebigem 
Maße stattfinden kann, und dass man desshalb bakteriologischen 
Befunden, welche ausschließlich an der Leiche ohne vergleichende 
bakteriologisch-histologische Befunde, ohne Rücksichtnahme auf die 
Menge der Keime erhoben worden sind, bezüglich der Lokalisation 
der nachgewiesenen Mikroorganismen mit einer gewissen Vorsicht 
begegnen muss. Gold (Bielitz). 


2) Caillaud. Vrai et faux tetanos. 
(Méd. moderne 1897. No. 181.) 

Nach genauer Besprechung der Symptome kommt C. zum 
Schluss, dass nur das Fieber ernsteren differentielldiagnostischen 
Werth habe. Tetanus ist nur echt, wenn erhöhte Temperatur besteht. 

Boesing (Hamburg). 


3) P.K. Brown (San Francisco). A study of the blood in 
73 cases of bone tuberculosis in children with reference to 


diagnosis and treatment. 
(Occidental med. times 1897. August.) 


Abnahme der rothen Blutkörperchen findet sich im Allgemeinen 
nicht bei Gelenktuberkulose, außer in den späteren Stadien der 
Krankheit bei sehr langem Bestehen, bei sehr jungen Kindern und 
bei Sepsis. Dagegen ist die Menge des Hämoglobins im Blut 
stets herabgesetzt, ganz besonders unter denselben Umständen, unter 
denen die Zahl der rothen Blutkörperchen vermindert wird. Bei 
Beginn der Genesung zeigt sich auch alsbald eine Neigung des 
Blutes zur Rückkehr normaler Verhältnisse. Selbst die Bildung von 
Abscessen ist nicht nothwendig von Leukocytose begleitet, langsame 
Entwicklung derselben aber deutet auf ein Aufflackern des tuber- 
kulösen Processes, während ihr rasches Auftreten auf sekundäre 
Infektion mit Eitererregern hinweist. Ein Abscess kann aber selbst 
ohne Auftreten der Leukocytose wieder resorbirt werden. Bei sep- 
tischer Wundinfektion tritt zuerst Leukocytose auf und steigt oder 
fällt je nach dem Zustand des Kindes. Falls die Abnahme der 
Leukocytose mit Zunahme der Anämie verbunden ist, so ist dies 
ein Zeichen von Herabsetzung der Vitalität. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


13* 


348 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


4) E. Fronz. Über eitrige Gelenkentzündungen im Verlauf 
der Meningitis cerebrospinalis epidemica. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 15.) 

Der von Jaeger gefundene Erreger der Meningitis cerebro- 
spinalis epidemica, der Meningococcus intracellularis, kann sich als 
Metastase auch in Gelenken ansiedeln und Exsudation bewirken. 
Diese Gelenkerkrankung hat eben so die Neigung zur Ausheilung 
wie die Erkrankung der Meningen, im Gegensatz zu den durch 


Strepto- und Staphylokokken bedingten Gelenkeiterungen. 
Hübener (Breslau). 


5) F. Kaijser. Bidrag till kännedomen om serösa artriter 
beroende pä staphylomycosis. 
(Hygiea Bd. LIX. Hit. 1.) 

Verf. behandelt die Frage von den nicht eitrigen Gelenkentzün- 
dungen, welche auf Staphylomykosis (Kocher und Tavel) beruhen. 
Diese Krankheitsformen sind bisher gewöhnlich als rheumatische 
Gelenkerkrankungen beschrieben worden. Nach einer geschicht- 
lichen Übersicht der Fälle, welche der in dieser Weise begrenzten 
Krankheitsgruppe angehören und in der Litteratur veröffentlicht sind, 
erwähnt Verf. zuerst die klinischen Symptome, theils bei der pri- 
mären Kapselerkrankung unter Berücksichtigung sowohl akuter als 
chronischer Formen, theils auch bei primären ostalen Herden. Da- 
nach folgen die bakteriologischen Untersuchungen, welche Verf. so- 
wohl in akuten als chronischen Fällen nebst kontrollirenden Thier- 
versuchen ausgeführt hat. In einem folgenden Kapitel erörtert Verf. 
die Ätiologie, die pathologische Anatomie und die Prognose. Ursache 
für die Lokalisation der im Kreislauf befindlichen Bakterien in einem 
Gelenk ist oft ein Trauma. Die Veränderungen in den Gelenken 
scheinen vorzugsweise der Kapsel anzugehören: nämlich chronische 
Entzündung mit vermehrtem Blutgehalt, perivaskuläre Rundzellen- 
infiltration und gesteigerte Exsudation. Auch im Knorpel kommen 
pannöse Verdickungen und Zerfransungen vor. Im Knochen werden 
Blutüberfüllungen und Erweichungen beobachtet. Die Heilungs- 
möglichkeit ist im Großen und Ganzen als gut zu betrachten, ob- 
schon die Behandlung in einzelnen Fällen längere Zeit beansprucht. 
Bei der Diagnose sind auszuscheiden die gonorrhoischen, rheuma- 
tischen, tuberkulösen, luetischen und deformirenden Arthritiden, von 
welchen Verf. die charakteristischen Merkmale aufzählt. Die Be- 
handlung ist theils eine allgemein roborirende, theils Punktion mit 
Injektion antiseptischer Flüssigkeiten, theils in geeigneten Fällen 
Arthrotomie. Der Arbeit liegt eine Kasuistik von 17 detaillirten 
Krankengeschichten zu Grunde. A. Hansson (Cimbrishamn). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 349 


6) A. Wölfler. Über die Methoden und Erfolge der Wund- 


behandlung. 
(Prager med. Wochenschrift 1897. No. 35 u. 37.) 

In diesem sehr lesenswerthen Vortrag bespricht W. den heu- 
tigen Stand der Wundbehandlung und schildert die von ihm bevor- 
zugten Methoden derselben. Wir erfahren aus demselben, dass W. 
schon seit einem Decennium sterile Handschuhe beim Operiren 
gebraucht, dass er zur Desinfektion der Instrumente und Verband- 
stücke kochendes Wasser und Dampf verwendet und für die Bauch- 
höhle nasse Kompressen, die in Tavel’scher Kochsalz-Sodalösung abge- 
kocht sind, bevorzugt. Zur Wunddrainage hat sich der Vorschlag 
von Mac-See bewährt, welcher das Ausleiten der Drainröhren durch 
die Verbände empfahl. Die genähte Wunde wird nach Bruns’ 
Vorschlag zweckmäßig mit Airolpaste bedeckt. 

Von Resultaten erwähnt W. u. A., dass die heutige Sterblich- 
keit der Amputationen an Extremitäten sich zu jener vor 2 Decennien 
wie 1:3, die der Mammaamputationen sogar wie 1:4 verhält. Die 
Gesammtsterblichkeit aller Operationen in der Prager Klinik schwankte 
in den letzten 4 Jahren zwischen 6,2 und 8,8%. 

Der Vortrag enthält noch mannigfache interessante Einzelheiten, 
wegen deren auf das Original verwiesen sei. Jaffé (Hamburg). 


7) C. Menge. Zur Vorbereitung der Hände vor aseptischen 
Operationen. (Aus der Universitäts-Frauenklinik in Leipzig.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 4.) 


Ausgehend von der Annahme, dass bei dem Gebrauch des 
Alkohols zur Händedesinfektion die obersten Schichten der Haut 
durch die Spirituseinwirkung schrumpfen, die einzelnen Bestandtheile 
derselben enger an einander geschlossen und dadurch die in der Epi- 
dermis zurückgebliebenen bakteriellen Dauerformen von ihr fest- 
gehalten werden, dass es bisher also eine absolut sichere Desinfektions- 
methode für die Hände noch nicht giebt, bespricht M. zunächst die 
auf der Empfehlung von Operationshandschuhen beruhenden modernen 
Verbesserungsvorschläge, sowohl hinsichtlich ihrer großen Vortheile, 
als auch in Bezug auf ihre Nachtheile durch Beeinträchtigung des 
Tastgefühls, der Schädigung des lebenden Gewebes durch die rauhe 
Handschuhoberfläche etc. Er erwähnt dann weiter seiner eigenen 
Versuche mit dünnen, engmaschigen, mit einer Paraffin-Xylol- oder 
Paraffin-Atherlösung getränkten Handschuhe, die allerdings auch nicht 
allen, von Wölfler an gute Operationshandschuhe gestellten Forde- 
rungen entsprechen, indem sie für Wundflüssigkeit noch immer etwas 
durchgängig sind, und empfiehlt schließlich, in folgender Weise die 
Hände vor operativen Eingriffen vorzubereiten: Zunächst gründliche 
mechanische Reinigung mit heißem Wasser, Kaliseife, Bürste etc., 
und möglichst lange Wassererweichung der Haut; hierauf sorgfältige 


350 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


Desinfektion in einer wässrigen oder spirituösen Desinfektionslösung 
von geringem Alkoholgehalt, welche im Stande ist, auch bakterielle 
Dauerformen in kurzer Zeit abzutödten; dann Durchtränkung mit 
70%igem Alkohol und Trocknung mit sterilem Tuche. Hierauf 
Übergießung der Hände mit einer sterilisirten Paraffin-Xylollösung 
und abermals Trocknung, ev. Anlegung von mit gleicher Flüssigkeit 
imprägnirten aseptischen Handschuhen. Eigene Erfahrungen über die 
praktische Bedeutung dieses Verfahrens hat M. noch nicht, empfiehlt 
aber letzteres den Fachgenossen zur Prüfung. Kramer (Glogau). 


8) Orlandi. Sull’ azione fisiopatologico del siero antidifterico. 
(Gas. med. di Torino 1897. No. 44.) 


Zur Entscheidung der Frage, ob die von vielen Autoren be- 
schriebenen, zum Theil auch experimentell studirten Nebenwirkungen 
des antidiphtherischen Serums vorhanden und auf Besonderheiten die- 
ses Serums zu beziehen seien, stellte O. 2 Reihen von Experimen- 
ten an: 

In der ersten wurden bei 3 Personen, von 8, 10, 15 Jahren, die 
als gesund zu betrachten waren, normales Pferdeblutserum und später 
antidiphtberisches in größeren Quantitäten von 18—35 ccm mehr- 
fach injieirt. Bei allen traten allerlei unangenehme Erscheinungen auf, 
Übelkeit, Kopfschmerz, masernähnliches Exanthem, Gelenkschwel- 
lungen etc., Temperatursteigerung bis 38,5, welche bei dem Jungen 
von 10 Jahren zum sofortigen Abbruch der Injektionen nöthigten. 
Bei allen zeigten sich ferner Erscheinungen von Seiten des Herzens 
(Irregularität). Die Zahl der Erythrocyten und des Hämoglobins sank 
von 4,8 auf 4,1 Millionen. Da außerdem Steigerung der Stickstoff- und 
Chlorausscheidung erfolgte, so erklärt O. sich für die Annahme einer 
zu Anämie neigenden Blutveränderung (Hämolyse). 

Dass das Heilserum toxische Eigenschaften auf das Herz besitzt, 
zeigt eine 2. Experimentalreihe: Legt man Frosch- resp. Schildkrö- 
tenherzen in Menschen- oder Pferdeserum, so schlagen sie darin 
11/2 resp. 2'/, Stunden weiter, in Heilserum nicht länger als 20 resp. 
15 Minuten. Im letzteren Falle kann man aber durch Auswaschen 


mit Kochsalzlösung die Kontraktionen wieder beleben. — Das ver- 
wandte Serum stammte aus dem Laboratorium des Hygieneamtes 
zu Turin. E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


9) Lane, Ellinwood, Barkan, Flummer, Gibsons (San Fran- 
cisco). Report of a committee of the faculty of Cooper 
medical college, upon the oxytuberculine treatment of 
tuberculosis of Dr. J. O. Hirschfelder. 

(Occidental med. times 1897. November.) 

Im Februar 1896 hatte J. O. Hirschfelder in San Francisco ein 
neues Präparat vorgelegt und als Ersatz für das Tuberkulin K och’s 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 351 


empfohlen. Er nannte es Oxytuberkulin und hatte es in einer Reihe 
von Fällen als höchst nützlich befunden, besonders falls es sich um 
Initialstadien der Tuberkulose handelte. Dasselbe wurde so herge- 
stellt, dass zunächst ein Koch’sches Tuberkulin dargestellt und dann 
mit Wasserstoffsuperoxyd erhitzt wurde. Es sollte so eine Art höhe- 
rer Oxydationsstufe des Tuberkulins erzeugt werden, indem H. von der 
Theorie ausging, dass im Körper die von den Keimen ausgeschiede- 
nen Giftstoffe durch Oxydation unschädlich gemacht würden, und 
dass die Keime selbst durch die so hervorgebrachten Oxytoxine ge- 
tödtet würden. Es war dies also eine eigene neue Theorie H.’s über 
die Immunisirung. Dass sein »Oxytuberkulin« die Tuberkelbacillen 
tödte, hatte H. durch Versuche festgestellt. 

Das obengenannte Komite hatte sich die Aufgabe gestellt, H.’s 
Versuche nachzuprüfen. Es fand nun, dass in der That die Ent- 
wicklung der Tuberkelbacillen in Bouillonreinkultur durch Oxy- 
tuberkulin gehemmt wurde. Bei der therapeutischen Anwendung ist 
zunächst hervorzuheben, dass irgend wie ungünstige oder giftige 
Nebenwirkungen sich niemals geltend machten. In 15 Fällen wurde 
das Präparat versucht, und es ergab sich bei allen Kranken eine erheb- 
liche nachweisbare Besserung, obgleich sich bei einigen noch die 
alten vorher bestandenen Kavernen fanden. Mit Ausnahme von 2, 
die erst kürzlich in Behandlung getreten waren, erschienen alle völ- 
lig gesund, ohne Auswurf, Husten oder Blutung; Appetit, Gewicht 
und Lebenskraft waren wiederhergestellt. Einige hatten schon seit 
Monaten jeder Behandlung entbehren können, und selbst in vorge- 
rückten Stadien, wenn auch nicht in den letzten, hat sich das Oxy- 
tuberkulin bewährt und kann den Ärzten zu weiteren Versuchen 
durchaus empfohlen werden. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


10) Silvestri. Noto preliminare sull’ azione emostatica dei 
sali di calcio. 
(Gass. degli ospedali e delle olin. 1898. No. 1.) 

Verf. knüpft an die Gerinnungstheorie von Freund an, um bei 
Blutungen das Caleiumhypophosphat zu empfehlen, das er in der 
Dosis von 1,2 g 2stündlich bei Metrorrhagien, Nieren-, Nasen-, 
Haut- und Darmblutungen mit Erfolg angewandt hat. 13 Kranken- 
geschichten erläutern diesen Erfolg. Dreyer (Köln). 


11) E. Sommer. Adhaesivum. 
(Ärstliche Polytechnik 1897. December 8.) 

Adhaesivum ist eine dickflüssige, röthliche Substanz, welche an 
der Luft rasch erstarrt und alsdann unlöslich ist. Es ist aseptisch. 
Schüttet man es auf die zu vereinigende oder von der Luft abzu- 
schließende Wunde, so trocknet es sofort zu einer zähen Kruste ein 
und vereinigt die Wunde oder schließt sie nach Art des Schorfes zu. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 


352 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


12) A. Hartmann. Die Krankheiten des Ohres und deren 
Behandlung. Sechste Auflage. 
Berlin, Fischer’s Buchhandlung, 1897. 

Das wohlbekannte Lehrbuch H.’s hat in 1!/, Decennien nunmehr die 
sechste Auflage erlebt: ein Beweis, dass es immer noch das belieb- 
teste der otiatrischen Lehrbücher ist. Das verdient es auch in seiner 
neuen Form zu sein, die von der früheren in vielen Punkten ab- 
weicht. Die Zahl der Abbildungen ist um 17, die der Seiten trotz 
der zahlreichen Erweiterungen und Umarbeitungen einzelner Kapitel 
nur um 26 vermehrt, was dem Talente des Verf., mit wenig Worten 
viel zu sagen, nur zu danken ist. Ganz neu sind u. A. die Ab- 
schnitte über Rhinoskopie, über Hörübungen und Absehunterricht, 
über Mittelohrentzündungen der Säuglinge, über die Radikalopera- 
tion bei chronischer Mittelohreiterung. Vollständig umgearbeitet bezw. 
neu ist namentlich der Abschnitt über die intrakraniellen Komplikationen 
und die Septhämie und Pyämie nach Ohreiterung. In allen Ände- 
rungen erkennt man beim Vergleich mit der fünften Auflage den 
Wunsch des Verf., seinem Buche alle neu erworbenen Kenntnisse 
und Erfahrungen zu Gute kommen zu lassen. Wenn dabei Verf., 
als einer der thätigsten und erfolgreichsten Arbeiter im Gebiete der 
Otiatrie, vielfach sich in erster Linie auf eigene Erfahrung stützt, so 
giebt das dem Buche nur ein höchst erfreuliches individuelles Ge- 
präge; doch hat er, so weit es mit der Knappheit der Darstellung 
verträglich ist, die Litteratur der letzten Jahre vollständig verwerthet. 
Wegen der sorgsamen Auswahl des praktisch Bedeutungsvollen und 
wegen der Klarheit und Knappheit der Darstellung dürfte das Buch 
namentlich denen ein guter Berather sein, die vim Nebenamt« mit 
Ohrenkrankheiten zu thun haben: aber auch der Specialist kann, 
wie aus den früheren Auflagen, so aus dieser eine ganze Menge 
lernen. — Nicht recht einverstanden ist Ref. damit, dass H. die 
Reihenfolge und Zahlenbezeichnung der von ihm aufgestellten Schwer- 
hörigkeitstypen geändert hat: das dürfte nanchmal zu Unklarheiten in 
späteren Arbeiten Anlass geben. Die von H. neu empfohlene Zange 
zur Entfernung der hypertrophischen Rachentonsille möchte Ref. dem 
Praktiker nicht empfehlen: es operirt sich damit nicht leicht, und 
jedenfalls leicht mit ungenügendem Erfolge! — Sonstige Aussetzungen 
wüsste Ref. nicht zu machen und möchte das Buch auch namentlich 
den Chirurgen aufs wärmste empfehlen. Kümmel (Breslau). 


13) G. Gradenigo. Sur le traitement de l’ozene. 
(Ann. des malad. de Forelle T. XXIII. Fase. I.) 

Die bedeutenden Besserungen der Ozaena auf Diphtherieserum 
hin sind meist vorübergehend, und das Mittel selbst nicht frei von 
Unannehmlichkeiten. Dauerndere Erfolge erzielte G. mit intramusku- 
lären Injektionen von Jod (0,01—0,03 mit Jodkali und Wasser gelöst) 
nach Durante; die Injektionen werden aber öfters wegen Schmerzen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 353 


nicht vertragen. Die Ozaena (wie die etwa begleitenden Ohrerkran- 
kungen) besserte sich bedeutend, aber die vorhandenen Mikroorganis- 
men behielten ihre Virulenz, woraus G. schließt, dass eine Heilung 
damit noch nicht garantirt werden kann. Kümmel (Breslau). 


14) C. Bayer. Über die Endresultate der in der chirurgi- 
schen Abtheilung des Kaiser Franz Joseph-Kinderhospitals 
in Prag seit dem Jahre 1888 operirten Fälle von Spina 
bifida und Encephalocele. 
(Zeitschrift für Heilkunde Bd. XVII. Hft. 5 u. 6.) 

Die Endresultate sind im Allgemeinen schlecht. 59% jener 
Fälle von Spina bifida, welche die Operation überstanden, starben 
kurz oder länger nachher. Noch ungünstiger stellt sich das Sterb- 
lichkeitsprocent der operirten Encephalocelen heraus. Betrachtet 
man andererseits jene Fälle, welche nicht operirt worden sind, so 
ergiebt sich, dass fast alle rasch zu Grunde gingen. B. resumirt 
dahin: ohne Operation Tod; durch Operation Erhaltung in 38% bei 
Encephalocele und in 41% bei Spina bifida. Von den ersteren 
2 Fälle, von den letzteren ebenfalls nur 2 Eälle ohne Schädigung, 
mit Lähmungen 4, mit Hydrocephalus 1. Ein tadelloses Resultat 
ist also nur in Fällen zu erzielen, welche weder Hydrocephalus noch 
Lähmungen aufweisen, und in welchen keine wichtigen Theile des 
Centralnervensystems in defektem Zustande vorhanden sind. B. operirt 
nur Fälle, welche keines dieser Symptome nachweisen lassen. 

In Bezug auf die Technik der Operation empfiehlt B. neuerdings 
seine doppelte Wandbildung (Deckung des verkleinerten und für 
sich genähten Meningensackes mit einem Fascien- oder Muskellappen, 
am Schädel Periostlappen, mit folgender Hautlappennaht), welche sich 
in Bezug auf Vermeidung eines Recidivs bewährt hat. Das Bestreben, 
einen knöchernen Verschluss herzustellen, erachtet B. als zwecklos, 
weil derselbe in der Mehrzahl der Fälle wegen Materialmangels un- 
möglich oder zum mindesten unzureichend ist und — wie das Ver- 
fahren von Bobrow und Postnikow (Centralblatt für Chirurgie 
1897 No. 28) — die ohnehin eingreifende Operation nur komplicirt. 

Gold (Bielitz). 


15) Perthes. Über ein neues Verfahren zur Nachbehand- 
lung der Operation des Empyems und zur Beseitigung des 
Pneumothorax, so fern er auf einem Defekt der Thoraxwand 
beruht. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.) 

An der Hand statistischer Erhebungen über die Resultate der 
Empyemoperation weist P. zunächst nach, dass eine frühzeitige Opera- 
tion allein noch keine Sicherheit für die prompte Wiederentfaltung 
der Lunge gewährt und hält es daher für zweckmäßig, die auf die- 

13+* 


354 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


ses Ziel hinwirkenden natürlichen Kräfte durch eine dauernde und 
beliebig regulirbare Kraft zu ersetzen. Zu dem gleichen Schluss 
führen die Erörterungen des 2. Kapitels » Über die Ursache des 
spontanen Verschwindens des Pneumothorax nach der Empyem- 
operation «, während der 3. Abschnitt betreffend » die bisherigen Mittel, 
um die Wiederentfaltung der Lunge nach der Empyemoperation zu 
begünstigen oder zu veranlassen «, den Nachweis führt, dass es ein in 
der gedachten Richtung sicher wirkendes Mittel bisher nicht giebt. 

Des Verf. neue Vorrichtung bezweckt, durch dauernde Aspira- 
tion einen dauernden negativen Druck in der Pleurahöhle zu unter- 
halten. Sie besteht aus 3 Theilen: 1) Einer besonders eingerichteten, 
die Wunde luftdicht deckenden Kappe, durch welche eine Magen- 
Sonde in die Empyemhöhle hineinragt. 2) Einer mit der Wasser- 
leitung in Verbindung stehenden Saugpumpe. 3) Einem mit Mano- 
meter versehenen Sammelgefäß für den abgeleiteten Eiter, welches 
zwischen Saugpumpe und Kappe eingeschaltet ist. 

P. hat seinen Apparat bis jetzt in 6 Fällen (3 frischen Empy- 
emen, 2 alten Empyemfisteln, 1 akuten Pneumothorax, durch trans- 
pleurale Operation eines subphrenischen Abscesses bedingt) erprobt; 
die Details der Anwendung eignen sich nicht fürs Referat. Die 
physikalischen und physiologischen Darlegungen des Verf. sowohl 
als seine klinischen Resultate sind sehr geeignet, zu Versuchen mit 
der neuen Vorrichtung anzuregen. Hofmeister (Tübingen). 


16) R. Pott (Halle a/S.). Über die Gefahren der rituellen 
Beschneidung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 4.) 

P. stellt zunächst fest, dass die rituelle Beschneidung durchaus 
keine in sanitärer Beziehung nützliche Maßregel sei, und bespricht 
dann die den jüdischen Kindern durch jene Sitte erwachsenden 
Gefahren der, selbst tödlich verlaufenden, Blutungen, besonders bei 
dazu disponirten Kindern, wodurch eine bis dahin latente Hämo- 
philie geweckt, resp. die bereits manifeste hämorrhagische Diathese 
gesteigert werde, ferner die Gefahren accidenteller Wundkrankheiten, 
der Intoxikation mit Sublimat, Karbol, Jodoform etc., der Einimpfung 
von syphilitischem Kontagium oder von Tuberkulose etc, Auf Grund 
dieser, durch selbst gemachte Beobachtungen erläuterten Ausführungen 
empfiehlt P., die rituelle Beschneidung nicht, wie üblich, am 7. bis 
13. Tage, wo die Neigung zu Blutungen am größten ist, sondern 
an einem späteren Termin vorzunehmen, und fordert vor Allem eine 
durchgreifende Reform in dem Sinne, dass nur in ihrem Fache 
ausgebildete und staatlich geprüfte, bei Fahrlässigkeit einer straf- 
rechtlichen Verfolgung unterliegende Mohelim die Berechtigung zur 
Beschneidung erhalten sollten. Kramer (Glogau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 355 


17) R. Hottinger (Zürich). Über erworbene Verengerung 
des Orif. ext. urethrae und des vorderen Theils der Harn- 
röhre. 

(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane Bd. VIII. Hp. 10.) 

Unter Bei-Seite-Lassen aller gewöhnlichen erworbenen Verenge- 
rungen der Harnröhrenmündung, wie sie in Folge eines narbigen 
Processes nach Ulcus, Gonorrhoe, Trauma der verschiedensten Art 
häufiger vorkommen, bespricht H. eine Form der Verengerung, für 
die eine gleichzeitige Erkrankung der Eichel und ihrer Bedeckung, 
so wie eine Betheiligung des Anfangstheils der Harnröhre das Charak- 
teristische ist. 

Die Erkrankung entwickelt sich aus normalen oder annähernd 
normalen Verhältnissen heraus. Phimose kommt dabei vor, spielt 
aber keine ursächliche Rolle. Die verschiedensten Altersstufen sind 
von der Erkrankung betroffen, die mit einer Verwachsung der Vor- 
haut mit der Eichel oder einer Retraktion derselben einhergeht. Das 
Wesentliche des Krankheitsbildes ist eine Verdickung der Haut der 
Eichel, die in Folge eines sklerotischen Processes eine schwartige, 
lederartige, rigide Beschaffenheit annimmt. Ferner ist wesentlich, 
dass dieser Process kontinuirlich auch auf den Anfangstheil der Harn- 
röhre übergreift, so dass diese als harter Strang durch die verdickte 
Eichel hindurch zu fühlen ist. Es kommt dadurch zu unter Um- 
ständen äußerst hochgradigen Verengerungen des Orif. ext. 

H. nimmt als Ursache des Processes eine Balanoposthitis an, die 
er in 2 von 3 beobachteten Fällen anamnestisch feststellen konnte. 

Therapeutisch kommt bei dem hartnäckigen und in seinen Folge- 
zuständen nicht unbedenklichen Leiden zunächst die Behandlung der 
Balanitis und Phimose in Betracht, Reinlichkeitsvorschriften, Circum- 
cision etc. 

In den schweren Fällen von hochgradiger Erkrankung der Harn- 
röhre handelt es sich darum, die vorhandene Enge je nach ihrem 
Grad durch unblutige Erweiterung, ev. durch eine Urethrotomie mit 
ausgiebiger hypospadischer Spaltung des Orificiums zu beseitigen. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


18) Lang. Die therapeutische Verwendung der Elektrolyse, 
insbesondere bei Strikturen der Harnröhre. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 7.) 

L. empfiehlt unter Anführung einiger auf diese Weise geheilter 
Fälle die elektrolytische Behandlung von Haznröhrenstrikturen. Das 
Instrumentarium besteht aus einer Leitbougie, der Strikturenelektrode 
und der Leitbougieklemme und wird durch Abbildungen veranschau- 
licht. Die Stromstärke braucht nach L.’s Erfahrungen meist nicht 
über wenige Milliampöres gesteigert zu werden. Am meisten springt 
der Werth des elektrolytischen Verfahrens in die Augen, wenn es 
sich um hochgradige Strikturen handelt. Selbst solche, die für No. 5 


356 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


oder 6 Charriere eben noch passirbar sind, lassen sich auf diese 
Weise mitunter schon nach wenigen Minuten auf die respektable 
Weite von No. 21 Charrière bringen. Der Eingriff, der sich unter 
Cocainanästhesie zu einem vollkommen schmerzlosen gestaltet, ist 
nach L. im Stande, unter allen Umständen der Urethrotomia interna 
vorgezogen zu werden, schon im Hinblick auf die Gefahr der Infek- 
tion nach dem inneren Harnröhrenschnitt. Bezüglich der Einzel- 
heiten sei auf das Original verwiesen. Hübener (Breslau). 


19) Andre (Toulouse). Urethrotomies et ur&threctomies. 
(Progrès méd. 1898. No. 4 u. 5.) 

A. will alle permeablen Strikturen zunächst mit der Urethro- 
tomia interna behandeln. Ist die Striktur undurchgängig oder mit 
Eiterung komplicirt, kann man das Verfahren von Otis versuchen, 
sonst sofort zu der meist für solche Fälle indicirten U. externa über- 
gehen. Bei dieser lässt A. den Verweilkatheter bis 10 Tage liegen. 
Hatte man nur mit alten Narben zu thun, so kann man über dem 
Katheter die Wunden primär durch Etagennaht schließen (! Ref.). 
Mehrmonatliches Bougieren nach der Heilung ist nöthig. Sind 
größere Partien der Harnröhre erkrankt, so werden dieselben resecirt. 
lst der Defekt nicht größer als 25 mm, so können die Ränder trans- 
versal vernäht werden, und der Wundtrichter wird geschlossen. Diese 
ideale Urethrektomie ist aber wohl nur nach Traumen möglich. Eben 
so genäht wird bei aseptischen frischen Rupturen (! Ref.), während 
bei Harninfiltration die Wunde breit offen bleibt. Für die Ham- 
röhrenplastik werden die auch in Deutschland üblichen Verfahren 
von Thiersch, Dieffenbach, Duplay etc. vorgeschlagen, andere, 
wie das von Bruisson, weniger empfohlen, andere, wie die von 
Rosenberg, nicht erwähnt. Fisteln bieten besondere Schwierig- 
keiten bei Verbindung von Harnröhre und Mastdarm. Nach breiter 
Anfrischung und Naht vom Damme her ist zur Erzielung einer 
Heilung die Torsion des Mastdarms, wie Ziembicki vorgeschlagen, 
wohl kaum nöthig. In seltenen Fällen ist die Anlage einer Urethro- 
stomie nöthig, wie sie Poncet bei ausgedehnten Strikturen vorge- 
schlagen. Boesing (Hamburg). 
20) Le Dentu. Lymphanziome inguino-scrotal et intraabdo- 
minal. Varicocele lymphatique avec hydrocele filarienne. 

Des accidents testiculaires se rattachant à l’el&phantiasis. 
(Revue de chir. 1898. No. 1.) 

In der interessanten Studie, die vom Verf. auf dem internatio- 
nalen Kongress zu Moskau zum Vortrag gebracht wurde (s. Ref. 
1897 p. 1037 d. Bl.) giebt Le D. zunächst die ausführliche Kranken- 
geschichte des durch obigen Titel bezeichneten und in seinen ver- 
schiedenen klinischen und pathologisch-anatomischen Erscheinungen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 357 


durch die Filaria sanguinis hervorgerufenen Falles, unter sorgfältigem 
Bericht über die histologischen Befunde in demselben. Im Weiteren 
sucht er auf Grund dessen und vielfacher Erfahrungen über die 
von ihm zuerst beschriebene, von Elephantiasis scroti unabhängige, 
in anatomischer Hinsicht aber gleichartige, chronisch verlaufende 
Elephantiasis des Hodens, Nebenhodens und Samenstrangs, welche 
ihre Entstehung der Filaria verdankt, in die Frage Licht zu bringen, 
ob auch die sog. Orchite paludienne (»Orchite speciale aux pays 
chauds«), welche akut oder subakut aufzutreten pflegt, die nämliche 
Ätiologie habe oder miasmatischen Ursprungs sei. Verf. unterzieht 
alle gegen oder für die erstere oder letztere Annahme von den ver- 
schiedenen Autoren ins Feld geführten Gründe einer scharfen Kritik. 
Angesichts der anatomischen Identität dieser Affektion mit der Or- 
chite filarienne hält er es für wahrscheinlich, dass erstere durch die 
gleiche Ursache veranlasst werde, aber auch für möglich, dass die 
durch klimatische Einflüsse hervorgerufenen Veränderungen im 
Lymphsystem den Boden für die Filaria sanguinis vorbereiten. 
II Kramer (Glogau). 
21) K. Gerson. Die elastische Pflastersuspensionsbinde, ein 
Suspensoriumersatz. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 3.) 

Als Ersatz des Suspensoriums empfiehlt G. eine weiche, elastische 
Binde, die mit einem reizlosen Zinkkautschukpflaster auf einer Seite 
bestrichen ist und unter den Hoden in mäßiger Spannung um den 
rasirten leeren Hodensack in Cirkeltouren herumgelegt wird (siehe 
das beigegebene Photogramm). Als Vorzüge dieser Binde, welche in 
der Poliklinik Joseph mit bestem Erfolg in Anwendung steht, hebt 
G. hervor: 1) höhere Suspension der Testikel, 2) größere Ruhig- 
stellung derselben, 3) natürliche Fixation, 4) gleichmäßigen Druck 
auf den Testikel und seine Häute, 5) Verhinderung von Dermatitis 
und Ekzem an Oberschenkeln und Inguinalfalten, 6) größere Billig- 
keit (die von P. Beiersdorf hergestellte, für 4 Wochen ausreichende 
Binde kostet 80.2). a Gold (Bielitz). 
22) Guigues. De l’incontinence d’urine vraie et essentielle 

chez la femme. 
Thèse de Paris, Bailliöre fils, 1897. 

Nach sorgfältiger Darstellung der Pathologie und Therapie des 
Leidens kommt Verf. zum Schluss, dass unter den meist doch 
nöthigen Operationen dem Verfahren von Pousson, Kombination 
von Torsion mit Verlagerung der Harnröhre, der Vorzug zu geben sei. 

Boesing (Hamburg). 


358 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


23) Gigli. Taglio lateralizzato del pube. Suoi vantaggi. 
Sua tecnica. 
(Ann. di ost. e gin. 1897. Oktober.) 

Die seitliche Durchtrennung des Schambeins hat vor dem 
Symphysenschnitt den Vortheil, dass die starken Blutungen aus 
Clitoris und den venösen prävesikalen Plexus, so wie die Gewebs- 
verletzungen der Clitoris, Harnröhre und Blase, endlich auch Infek- 
tionen leichter vermieden werden. Entzündungen des Parametriums 
betrachtet Verf. als Kontraindikationen. Dreyer (Köln). 


24) F. v. Winckel. Über die chirurgische Behandlung der 
von den weiblichen Genitalien ausgehenden Bauchfellent- 


zündung. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 201. Leipsig, Breitkopf & Härtel, 1897.) 


v. W. empfiehlt in diesem auf dem internationalen Kongress zu 
Moskau gehaltenen Vortrag die chirurgische Behandlung der von 
den weiblichen Sexualorganen ausgehenden allgemeinen Bauchfell- 
entzündung in größerer Ausdehnung, als bisher, und bespricht die 
je nach den Ursachen der diffusen Peritonitis verschiedenen Arten 
der in Betracht kommenden operativen Eingriffe. 

1) Die tuberkulöse Peritonitis ist in allen ihren Formen durch 
die Koeliotomia abdominalis heilbar; doch dürfe man erst dann von 
Heilung sprechen, wenn ca. 5 Jahre p. op. von Sachverständigen 
nirgend wo Recidive gefunden werden. Einschnitt am besten unter- 
halb des Nabels in der Mittellinie oder parallel derselben durch den 
Rectus sin. Resektion einzelner Organe nur bei umschrieben 
erkrankten, leicht entfernbaren Theilen (Tuben, Ovarien) rathsam. 
Keine Drainage. 

2) Die gonorrhoische Peritonitis erfordert nur bei vorhandenen 
größeren Pyosalpinxsäcken die Exstirpation derselben und bei Per- 
foration solcher die Koeliotomia abdominalis; die vaginale ist bei 
kleineren, im Becken befindlichen Exsudaten angezeigt. Schnitt wie 
bei 1), Exstirpation der Tuben, eventuell Resektion der Ovarien. 
Austupfung der Bauchhöhle. Drainage durch das hintere Scheiden- 
gewölbe bei der in Folge Durchbruchs eines parametranen Abscesses 
entstandenen Perforationsperitonitis. 

3) Die postoperative Peritonitis diffusa indicirt die theilweise 
Wiedereröffnung des ursprünglichen Wundweges, bezw. Schnitt an 
der Stelle deutlicher Fluktuation. Drainage. 

4) Die puerperale diffuse Peritonitis macht die Koeliotomia ab- 
dominalis nothwendig, wenn das eitrige Exsudat beträchtlich ist, 
Pleura und Pericardium noch frei sind; eventuell bei stark ins kleine 
Becken herabgedrängtem Eiter Koeliotomia vaginalis posterior. Drai- 
nage. Nur bei Salpinx- oder Ovarialabscessen Exstirpation der Ad- 
nexa; Totalexstirpation der inneren Genitalien per vaginam bei 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 359 


nachfolgenden ausgedehnten Beckeneiterungen. Ausspülungen zu- 
lässig. 

5) Die anderweitigen Perforationsperitonitiden in Folge von Ber- 
stung sexueller Organe oder von Torsion und Gangrän oder durch 
Verjauchung erfordern baldmöglichste Koeliotomia abdominalis. Drai- 
nage nur bei Resten von Jaucheherden, die nicht vollständig entfernt 
werden konnten. Kramer (Glogau). 


25) Edebohls (New York). The indications for ventral 
fixation of the uterus. 
(Med. news 1896. März.) 

E. verwirft bei noch schwängerungsfähigen Frauen im Princip 
alle vaginalen Fixationen. Bei denselben will er auch die ventrale 
nur bei schweren Komplikationen angewandt wissen; sonach giebt 
er der Alexander-Operation den Vorzug. Die ventrale ist aber 
anzuschließen an abdominale Kastration, ist nöthig bei bestimmten 
Fällen von Uterus unicornis und ausnahmsweise zulässig bei fixirter 
und mobiler Retroflexio, wo die Verkürzung der Bänder misslingt. 
In praxi ist ihm aber kein Fall der letzteren Kategorie vorgekommen. 

Boesing (Hamburg). 


Kleinere Mittheilungen. 


Zur vaginalen Methode bei Mastdarmoperationen. 


Von 
Dr. W. Liermann in Frankfurt a/M. 


Das in diesem Blatte (1898 No. 5) von Hofmeister erstattete Referat über 
meine Abhandlung, die vaginale Methode bei Mastdarmoperationen betreffend 1, 
giebt mir Veranlassung, die Kasuistik der vaginslen Mastdarmoperationen durch 
folgenden, vor Kurzem operirten Fall zu vervollständigen. 

Frau Ph. K., 59 Jahre alt, wurde am 2. Januar 1898 auf die chirurgische 
Abtheilung des Städt. Krankenhauses aufgenommen. 

Anamnese: Seit 1 Jahre Mastdarmbeschwerden, Stuhlverhaltung, Blutungen 
aus dem After. 

Befund: Die Digitaluntersuchung des Mastdarms ergiebt einen Tumor, der 
5cm oherhalb der Analöffnung beginnt. 

Die unteren gewulsteten Ränder des Tumors ragen portioartig in das Darm- 
innere hinein. Der Tumor ist im Centrum zerfallen, stenosirt jedoch das Lumen 
des Rectums fast vollständig. Die obere Grenze des Tumors lässt sich erst 
durch die Untersuchung per vaginam feststellen. Der Tumor erweist sich über 
hühnereigroß und ist in Folge derber Verwachsungen, vor Allem nach 
dem Promontorium hin, nicht beweglich. 

Am 12. Januar 1898 wurde von Herrn Prof. Rehn die Resektion des Mast- 
darms auf vaginalem Wege vorgenommen. 

Der Operstionsverlauf gestaltete sich wie folgt: 

Steinschnittlage, Tamponade des Rectums. Maximale Spannung der seitlichen 
Vaginalwände durch Haken. Schnitt in der Medianlinie der Scheide vom Fre- 
nulum labiorum bis dicht an die Portio. Auseinanderziehen der Wundränder und 


1 Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XIX. Hft. 3. 


360 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


Vertiefung dieses Sohnittes bis sur vorderen Mastdarmwand, vor Allem auch seit- 
lich nach den Tubera ischii hin. Die erste ringförmige Umgehung des Rectums 
dicht oberhalb des Sphinkters gelingt leicht. Eben so lässt sich der Mastdarm 
weiterhin durch meist scharfes Vorgehen leicht bis zur Höhe des unteren 
Pols des Tumors mobilisiren. Weiter nach oben, an der hinteren Peritonealfalte, 
ergaben sich feste, derbe Verwachsungen nach dem Promontorium hin, die eine 
Eröffnung des Peritoneums und eine Durchschneidung der strang- 
artigen Verwachsungen mit der Schere nothwendig machen. 

Die Lösung dieser Verwachsungen findet ohne nennenswerthe Blutung statt. 
Das auf diese Weise mobilisirte Rectum lässt sich jetst beliebig weit herunter- 
ziehen, so dass auch der obere Pol der Geschwulst zu Tage tritt. Der von der 
Geschwulstmasse eingenommene Mastdarmtheil wird nunmehr am oberen und 
unteren Pol vermittels Gazestreifen abgebunden und exeidirt. Beide Schnittflächen 
des Darmes werden sofort mit Kompressen umhüllt. Die eingeschnittene Peri- 
tonealfalte wird durch Nähte geschlossen, wobei der obere Rectalstumpf unter die 
Symphyse gezogen wird. Da sich dieser ohne wesentliche Spannung bie vor die 
Analöffnaung herunterziehen lässt, wird in Anbetracht der Kürze des unteren 
Rectalstumpfes von einer Cirkulärnaht des Darmes abgesehen. Der untere.Stumpf 
wird vielmehr, unter sorgfältiger Schonung der Sphinkterenfasern exeidirt, worauf 
der obere Rectalstumpf durch die Analöffnung durchgezogen und unter leichter 
Torsion eirkulär eingenäht wird. 

Naht der hinteren Vaginalwand, Tamponade der Vagina, Drainage des retro- 
und prärectalen Raumes. 

Der weitere Verlauf des Falles war ein völlig normaler. 

Die Wundheilung erfolgte reaktionslos, ohne die geringste Temperatursteige- 
rung. Bereits am 25. Januar sind Nähte und Drains entfernt. 

Die Kranke vermag zur Zeit festen Stuhl zurücksuhalten. 

„Dass für eingreifendere Mastdarmoperationen beim Weibe, bei Abwägung 
der sacralen gegen die vaginale Methode, die Entscheidung stets zu Gunsten der 
letsteren ausfallen dürfte so lautete der Schlusssatz meiner oben erwähnten Ab- 
handlung über die vaginale Methode. 

Hofmeister vertritt in dem Referat der Arbeit die Ansicht, dass meine 
Schlussfolgerungen zu weitgehende seien und einer Einschränkung bedürften. 

Gestützt auf Erfahrungen bei Resektionen hochsitzender Mastdarmcareinome 
glaubt Hofmeister, dass die Rücksicht auf die Ernährung des zurückbleibenden 
Sphinkterentheile und die hierdurch bedingte Einschränkung der paraanalen 
Schnitte eine Ausschälung des geschlossenen Darmes unmöglich mache und ein 
Übergehen zur sacralen Methode gebiete. Vor Allem sei beim Operiren auf rein 
vaginalem Weg der Zugang zu den höher gelegenen Partien des Rectums sehr 
enge, und gerade die hintere Circumferenz des oberen Mastdarmtheiles, wo man 
zur scharfen Durchtrennung des Mesorectums ev. zur Incision des Mesoromanums 
genöthigt sei, könne unerreichbar bleiben. 

Durch den oben geschilderten Fall glaube ich den Beweis erbracht zu haben, 
dass mein Schlusssatg auch für die Operation hochsitsender Mastdarmcarcinome 
auf vaginalem Weg eine Einschränkung nicht erleidet. 

Das Carcinom begann in unserem Falle erst in der Höhe der Peritonealfalte. 
Die Verwachsungen nach hinten hin waren derbe und feste. Wir hatten also mit 
all den Schwierigkeiten zu kämpfen, die nach Hofmeister’s Ansicht der Durch- 
führung der Operation auf rein vaginalem Weg entgegen stehen. 

Unsere seitherigen Erfahrungen haben uns belehrt, dass es nicht nothwendig 
ist, aus Rücksicht auf die Ernährung des restirenden Darmtheils bei der vaginalen 
Methode die paraanalen Schnitte allzu sehr einzuschränken. . 

Eine mangelhafte Ernährung des Darmes ist besonders desshalb nicht zu 
fürchten, weil uns ja die vaginale Methode erlaubt, wie ich das durch die in der 
Abhandlung beschriebenen Fälle zur Genüge dargethan habe, unter steter Kon- 
trolle der Augen und unter Beherrschung der Blutung den Darm bis zur beliebigen 
Höhe vor Allem auch auf scharfem Weg auszuhülsen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 361 


Ob die Nothwendigkeit vorliegt, den Darm in jedem Falle bis zur völligen 
Aushülsung und Herabholung geschlossen zu halten, dürfte nach unseren Er- 
fahrungen ebenfalls in Zweifel zu ziehen sein. 

Warum sollen wir auf den Vortheil verzichten, bei starken Verwachsungen 
nach dem Promontorium hin, nach Amputation oder Resektion des Rectums, durch 
Hinaufsiehen des centralen Stumpfes unter die Symphyse, die hintere Peritoneal- 
falte unseren Augen und unseren Händen besser zugänglich zu machen? 

Der Verlauf aller unserer Fälle hat bewiesen, dass unter den nöthigen Kau- 
telen (Schützen der Schnittflächen des Darmes durch Kompressen, ausgiebige 
Drainage des retro- und prärectalen Raumes) die Methode ein aseptisches Operiren 
in vollem Maße zulässt. 

Einer Cirkulärnaht des Darmes hätte in dem eben geschilderten Falle tech- 
nisch durchaus nichts im Wege gestanden. Die Gründe, die uns zur Exeision des 
Sphinkterentheils unter Schonung des Sphinkters veranlassten, sind ja oben an- 
gegeben. Sie sind sicher nicht in der Befürchtung einer mangelhaften Ernährung 
des Sphinkterentheils zu suchen. 

Weitere Erfahrungen werden für uns ausschlaggebend sein, ob nicht in den 
meisten Fällen von Mastdarmresektionen eine derartige Excision des restirenden 
Sphinkterentheils, als das sicherere, radikalere und einfachere Verfahren, der Cir- 
kulärnaht des Darmes vorzuziehen ist. 


(Aus der orthopädisch-chirurgischen Privatklinik von Dr. Vulpius zu Heidelberg. 


Zur Kasuistik der traumatischen Epithelcyste. 
Von 
Privatdocent Dr. 0. Vulpius. 


Die kleinen Mittheilungen über Vorkommen und Entstehung von Atheromen 
von Trnka und Roelen in No. 6 d. Bl. bilden einen allerdings nur von dem 
zweitgenannten Autor beabsichtigten kasuistischen Zusats zu der ausführlichen 
Arbeit von Wörz in den Beiträgen zur klin. Chirurgie Bd. XVIII p. 753 ff. 

Diese Publikationen geben mir die Anregung, über ein ähnliches Vorkommnis 
an der unteren Extremität zu berichten, das ich vor wenig Wochen zu beobachten 
Gelegenheit hatte. 

Ein jetzt 31/2 Jahre alter Knabe wurde mir vor etwa Jahresfrist zugeführt. Er 
war einige Tage vorher eine Treppe herunter auf das linke Schienbein gefallen. 
Dieses war bei völlig unversehrter Haut zwischen mittlerem und unterem Drittel 
mäßig verdickt und recht empfindlich, Gehen und Stehen wurde verweigert. Es 
lag eine starke Quetschung und vielleicht eine leichte Infraktion der Tibia vor. 
Unter fixirendem Verband verschwanden die subjektiven und objektiven Symptome 
innerhalb einiger Wochen. 

Jetzt, 11 Monate nach dem Unfall, wurde der kleine Pat. wieder in die An- 
stalt gebracht wegen einer seit einigen Wochen bemerkten Anschwellung am 
gleichen Schienbein. Genau an der Stelle der früheren Verletzung fand sich ein 
prallelastischer Tumor von Form und Größe einer Haselnuss, ohne Beziehung zur 
Haut, festsitzend an der Innenfläche der Tibia. Bei der operativen Entfernung 
entpuppte sich die Geschwulst als unzweifelhaftes Atherom mit sehr derber Kapsel, 
die an der Basis sehr innige Verbindung mit dem Periost aufwies. Die Tibia 
besaß eine seichte Delle als Folge des Druckes. 

Die mikroskopische Untersuchung von Sack und Inhalt wurde leider versäumt, 
doch war die Diagnose durchaus sicher. Der zeitliche wie räumliche Zusammen- 
hang zwischen Trauma und Geschwulstbildung machen den kausalen Konnex gc- 
wiss höchst wahrscheinlich. 


362 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


26) Gold. Jahresbericht des Kaiser Franz Josefs-Spitals in Diels 


für die Jahre 1895 und 1896. 
Bielitz, 1897. 222 8. 

Verf., ein Schüler Wölfler’s, berichtet über seine vielseitige ärztliche 
Thätigkeit. 

Aus den zahlreichen chirurgischen Einzelmittheilungen seien folgende hervor- 
gehoben: 

Schlag auf den Kopf; keine nachweisbare Schädelverletzung; Aphasie; keine 
Lähmungen oder Bewusstseinsstörung. Nach 4 Tagen Besserung der Sprache und 
Auftreten von Krampfanfällen, die mit Bewusstlosigkeit einhergehen. 3 Wochen 
später sistiren diese Krämpfe. Heilung. Beobachtungsdauer 2 Monate. 

Offene Impressionsfraktur des Stirnbeins; leichte corticale Reizerscheinungen, 
dann Bewusstlosigkeit, Pulsverlangsamung, weite reaktionslose Pupillen. Auf- 
nahme am 6. Tage; sekundäre Trepanation. Heilung. 3 Monate nachher plöts- 
lich Tod an Hirnabscess. 

Offene Impressionsfraktur des Stirnbeins und der Schläfeschuppe. Trepana- 
tion. Einlegen einer Celluloidplatte, die später wegen Eiterung und cerebraler 
Erscheinungen entfernt werden musste. Nach 5 Wochen Erbrechen, Pulsverlang- 
samung, Bewusstlosigkeit, Hemiparese. Annahme eines Hirnabscesses, der auch 
gefunden und drainirt wird; gebessert entlassen. 

Von 29 Unterleibsbrüchen (Nabel-, Schenkel- und Leistenbrüchen) theils frei, 
theils eingeklemmt, wurden 25 operativ behandelt (2 Darmresektionen). Die Ra- 
dikaloperation wurde meist nach Wölfler’s Methode ausgeführt. 

Ileus in Folge innerer Incarceration durch einen Netsstrang, durch Laparo- 
tomie geheilt (Cocainanästhesie). 

Von 5 Empyemen der Pleura, die mit Bühlau’scher Drainage behandelt 
wurden, konnten 4 nach mehreren (bis 12) Wochen geheilt entlassen werden. 

In der Therapie der Tuberkulose lässt G. neben starren Verbänden bei Ge- 
lenkerkrankungen, Extension bei Coxitis, und Jodoformbehandlung ein nach Thun- 
lichkeit erhaltendes operatives Verfahren eintreten. Es handelt sich vielfach um 
vorgeschrittene Fälle, und desshalb sind G.’s Heilerfolge verhältnismäßig günstige 
zu nennen. 

In Bezug auf eine Reihe anderer Fälle und Operationen muss auf das Original 
verwiesen werden. Aber es soll hervorgehoben werden, wie anerkennenswerth 
und verdienstvoll es ist, wenn auch in nicht klinischen Spitälern kleinerer Städte 
unter einer oft wenig geschulten Assistenz große Operationen mit gutem Erfolg 
ausgeführt werden, und zeitgemäße chirurgische Behandlungsmethoden so weit- 
gehende Anwendung finden, wie dies in dem unter G.'s Leitung stehenden, nach 
modernen Grundsätzen erbauten und eingerichteten Krankenhaus der Fall ist. 

Schloffer (Prag). 


27) A. Solowiejezyk. 1000 Chloroformnarkosen mit dem von Krohne 
und Sesemann verbesserten Junker’schen Apparat. 
(Medycyna 1897. No. 32 u. 33.) 

Verf. berichtet über 1000 Narkosen aus der Tauber’schen Klinik mit dem 
im Titel erwähnten Apparat. Das Quantum des während der ganzen Operation 
verbrauchten Chloroforms betrug durchschnittlich bei Männern 18,73, bei Frauen 
14,96 g, wovon 11,25 bezw. 10,4 g auf die Zeit der kompleten Toleranz entfielen, 
welche bei Männern durchschnittlich nach 12,96 Minuten, bei Frauen nach 10 Mi- 
nuten zu erfolgen pflegte. Bei Männern dauerte die ganze Operation 50,4 Minuten, 
bei Frauen 44,3 Minuten im Durchschnitt. Trzebicky (Krakau). 


28) J. W. Ssudakow. 11 Fälle von Echinococcus. 
(Wratsch 1897. No. 44. [Russisch.]) 


Die Fälle wurden im Militärlazarett von Tschita (Ostsibirien) beobachtet und 
betrafen in der Mehrzahl Burjaten, einen Viehzucht treibenden Volksstamm. 9mal 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 363 


waren es Frauen. Der Process lokalisirte sich 8mal in der Leber; 2mal waren 
mehrere Organe zugleich befallen; imal saß eine Blase hinter dem Schlüsselbein, 
eine andere am Oberarm. Interessant waren außer dem letztgenannten Falle 
folgende: aus der Blase eines Leberechinococcus wurden 48 Pfund Flüssigkeit auf 
imal entleert; bei einer 2. Pat. täuschten die vielfachen stark gespannten Blasen 
ein Uterusfibromyom vor; im dritten fanden sich freie Blasen in der Hamblase bei 
normalen Nieren. Operirt wurde nach Volkmann. Von 11 Pat. starben 4, meist 
nach gelungener, aber verspäteter Operation an Kräfteverfall. 
@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


29) Depage. Resection temporaire du maxillaire par le procédé de 
Kocher pour polypes naso-pharyngiens. 
(Extrait du bull. publié par la soc. roy. des scienc. méd. et nat. de Bruxelles, 
séance du 1. janvier 1897.) 

Bei einem 20jährigen Kranken, welcher große polypöse Wucherungen im 
Nasen-Rachenraum hatte, die ein erhebliches Respirationshindernis darstellten und 
zu einer wesentlichen Beeinträchtigung seiner Intelligenz geführt hatten, sah sich 
Verf. veranlasst, da die Geschwulst weder von der Nase noch vom Mund aus zu- 
gänglich war und durch wiederholte, sehr starke Blutungen eine radikale Ent- 
fernung unbedingt indicirte, nach vorausgeschickter Tracheotomie die temporäre 
Oberkieferresektion nach Kocher vorsunehmen. Darauf Exstirpation der Ge- 
schwulst, die nun bequem zugänglich war, Tamponade, glatte Heilung. 

Bei einem früher von ihm operirten Kranken hatte Verf. zu gleichem Zweck 
die temporäre Oberkieferresektion nach Roux ausgeführt. Welche dieser beiden 
Methoden zu bevorzugen sei, könne bei der großen Seltenheit der Operation, die 
anscheinend erst 4mal gemacht worden ist, nicht entschieden werden. 

Sultan (Göttingen). 


30) H. L. Browne. Traumatic aneurysm of internal maxillary treated 
by ligature of common carotid. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.) 

Der 32jährige Pat. hatte einen Hufschlag ins Gesicht bekommen und kam 
wegen seiner Verletzungen: Schädelwunden, Oberkiefer- und doppeltem Unter- 
kieferbruch, Blutung aus rechtem Ohr und Nase, Gehirnerschütterung in Hospital- 
pflege. Vom 8. Tage nach der Verletzung ab traten abendliche Temperatursteige- 
rungen auf, in der 3. Woche wurde durch eine Incision im Nacken ein Abscess 
eröffnet. Eine Schwellung im Gesicht ging jedoch nicht zurück, sondern wuchs 
sichtlich; es war deutliche Pulsation über der Schwellung der rechten Wange zu 
fühlen, der weiche Gaumen war rechts stark. heruntergedrückt, und auch hier 
Pulsation zu fühlen; es traten Blutungen aus dem Mund und aus der Incisions- 
wunde im Nacken auf. Es wurde desshalb die Carotis communis rechts unter- 
bunden. Nach 4 Wochen wurde Pat. geheilt entlassen. 

2 Photogramme illustriren das Aussehen des Pat. vor und nach der Operation. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


31) K. Ewald. Cylindrom der Zunge. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 14.) 

Den 3 in der Litteratur niedergelegten Fällen von Cylindrom der Zunge fügt 
E. einen neuen aus der Albert’schen Klinik hinzu. 

36jährige Frau aus Russisch-Polen. Vor 2 Jahren an der rechten Zungenhälfte 
nahe dem Zungengrund erbsengroße Geschwulst, die allmählich wuchs. Die 
Schwellung auf der rechten Hälfte des Zungengrundes war nicht scharf begrenzt 
und reichte vom Zungengrund bis etwa in die Gegend der Backsähne nach vorn, 
etwas über die Mittellinie. Oberfläche nirgends ulcerirt, Schleimhaut über der 
Höhe der Geschwulst stark verdünnt und durchscheinend. In der Fossa oarotioa 


364 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


eine bohnengroße, harte Drüse. Nach vorausgegangener Probeexeision, die die 
Diagnose Cylindrom ergab, Entfernung der Geschwulst mittels Langenbeck’schen 
Schnittes und temporärer Durchtrennung des Unterkiefers mit Unterbindung der 
Art. maxillaris und lingualis. Die geschwollene Drüse wurde mit entfernt. Glatte 
Heilung. 1/ Jahr später Recidiv am Boden der rechten Mundhöhlenseite von fast 
Kirschengröße, am Zungengrund diffuse Verhärtung, so wie an der rechten Rachen- 
wand eine haselnussgroße, harte, rundliche Geschwulst, schwer verschieblich, doch 
nirgends exulcerirt. In der Regio carotica geschwollene Lymphdrüsen. 2. Opera- 
tion nach Kocher’s Methode mit Entfernung alles Erkrankten. Der histologische 
Befund war der gleiche wie bei der primären Geschwulst. 

Die klinischen Eigenthümlichkeiten des Cylindroms der Zunge sind nach E.: 
1) Sits am Zungengrunde. 2) Mangel des Durchbruchs und der Exulceration. 
3) Schmerglosigkeit der Geschwulst, bei irradiirten Schmerzen. 4) Das langsame 
Wachsthum. Hübener (Breslau). 


32) Lannelongue et Vitrac. Kyste hydatique du sein. 
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 1.) 

Zu den immerhin seltenen Fällen von reinen Echinokokkencysten der Brust 
fügen die Verf. ausführlich einen von ihnen beobachteten und operirten hinzu. 
Wie bei den meisten Beobachtungen handelt es sich auch hier wieder um eine 
junge Frau. Die Geschwulst entstand bei ihr im Anschluss an ein Stillen, das 
sie fast 2 Jahre fortgesetzt hatte. Anamnestisch war kein interessantes Accidenz 
vorhanden. Ein Hund war nicht im Hause. 

Die Affektion betraf die linke Brust. Die Diagnose lautete auf Fibrom oder 
eystisches Adenomfibrom, wegen der Herkunft der Pat. (St. Julien) war aber vor 
der Operation das Wort »Kyste hydatique« gefallen. Eine Punktion war vorher 
nicht gemacht worden. 

Die Operation war leicht, der Verlauf ein guter. A. Henry (Breslau). 


33) A. Alsberg (Hamburg). Extra- und intraperitoneale Blasen- 
verletzung durch Pfählung. Operation. Heilung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 3.) 

Die Verletzung war bei dem jährigen Knaben durch Aufspießung desselben 
auf einem eisernen Gitter zu Stande gekommen, von dem ein an der Spitse etwas 
abgestumpfter Stab dem Jungen an der Innenseite des rechten Oberschenkels ein- 
drang, 10 cm unterhalb der Inguinalfalte, nach oben bis weit über das Poupart- 
sche Band, das Schambein durchbohrend und die Blase an der vorderen 
und hinteren Wand, hier dicht neben dem Scheitel, verletzend. Die Operation 
wurde 25 Stunden nach dem Unfall vorgenommen; die Bauchhöhle enthielt große 
Mengen trüben Urins und Klumpen glasig gequollenen Fibrins; das Bauchfell war 
vielfach mit letzterem bedeckt und geröthet. Naht der intraperitonealen Blasen- 
wunde, Jodoformgaze- und Gummirohrdrainage der Bauchhöhle, Naht der Lapa- 
rotomiewunde, Tamponade der über dem Lig. Pouparti angelegten; Drain in Blase 
und Verweilkatheter. Guter Verlauf und Heilung. Kramer (Glogau). 


34) B. F. Curtis. Partial resection of the bladder for ulcer caused 
by the distoma haematobium. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.) 

Bei einem 29jährigen Mann war nach lange bestehender Hämaturie, Tenes- 
mus etc. durch Cystoskopie eine Geschwulst in der Nähe der rechten Harnleiter- 
mündung diagnostieirt worden. Bei der Cystotomia suprapubica wurde die er- 
krankte Schleimhautpartie der Blase sammt der anliegenden Muskelschicht ezeidirt. 
Die Untersuchung ergab, dass es sich um eine Ulceration der Blase handelte, die 
durch ein Depöt von Distoma haematobium verursacht war. Der Pat. wurde durch 
die Operation von seiner jahrelangen Hämaturie und seinen übrigen Beschwerden 
befreit. F. Krumm (Karlsruhe). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 365 


35) R. Hölscher. Über Katheterisation der Ureteren. (Aus der 
kgl. chirurg. Klinik zu Kiel.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 50.) 

In der Kieler Klinik wird seit 1 Jahre der Harnleiterkatheterismus mit Er- 
folg geübt und hierzu sowohl das Nitze’sche, als auch das Casper’sche Instru- 
ment benutzt, durch welche beide die Einführung des Katheters zunächst in die 
eine und nach erfolgter Uringewinnung aus dieser in die andere Harnleitermün- 
dung möglich war. Nur in 2 Fällen unter im Ganzen 28 Katheterisationsversuchen 
gelang es nicht, den zweiten Harnleiter zu finden, weil sich die zur Füllung der 
Blase eingeführte Borlösung durch Blut, bezw. Eiterflocken getrübt hatte. Meist 
genügte es, den Katheter nur wenige Centimeter weit in den Harnleiter vorzu- 
schieben; einige Male war es nothwendig, ihn bis ins Nierenbeoken zu leiten. 
Irgend welche nachtheilige Folgen von längerer Dauer — Infektionen, tiefere Ver- 
letzungen — kamen nicht zur Beobachtung. Bemerkenswerth ist, dass in dem 
durch den Harnleiterkatheterismus gewonnenen, sonst normalen Urin auffallend 
sahlreiche Epithelien, theils einzeln, theils in Häuten, gefunden wurden, die durch 
das Instrument von der Harnleiterwandung abgestreift worden waren; rothe Blut- 
körperchen rührten von kleinen Verletzungen derselben her. — Mehrere inter- 
essante Krankengeschichten illustriren den Werth des in Rede stehenden Unter- 
suchungsverfahrens, theils zur Feststellung, welche Niere krank, bezw. ob die 
andere Niere gesund sei, theils durch den Nachweis der Art der Erkrankung; in- 
dess ließ in 1 Falle auch die Hamleiterkatheterisation im Stich, und konnte erst 
durch die Operation entschieden werden, dass es sich nicht um Komplikation 
einer Wanderniere mit Steinkrankheit handelte. Bei einer Pat. wurde mittels 
Nierenbeckenspülungen und -Jodoforminjektionen durch den Harnleiterkatheter 
hindurch erhebliche Besserung der bestehenden Pyelitis erreicht. 

Kramer (Glogau). 


36) 8. Coelho. Trois cas de n&phrectomie dans les py&lo-nephrites 
suppur6es, suivis de guérison. 
(Revue de chir. 1897. No. 11.) 


In den durch die lumbare Nephrektomie erfolgreich operirten 3 Fällen war die 
Niere durch Eiterung fast vollständig zerstört, so dass die Nephrotomie nicht in 


Betracht kommen konnte, Kramer (Glogau). 
37) Natoli. Varicocele del plesso pampiniforme di sinistra. — Ini- 
ziale atrofia del testicolo. — Disturbi nervosi e psichici. 


(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1897. No. 154.) 

Pat., ein 29jähriger Schneider, klagte seit etwa 1 Jahr über Schmerzen im 
ganzen Körper, namentlich im Kopf, Müdigkeit, Trockenheit der Haut, Angst- 
gefühl, Schlaflosigkeit und Schmerzen in der Gegend des Samenstranges, die in 
die Leiste und in die Lenden ausstrahlten. Er wurde hypochondrisch und machte 
Selbstmordversuche. Als Grund für diese Erscheinungen fand sich eine Hydro- 
SE des linken Samenstranges und eine geringe Atrophie des Hodens derselben 

eite. 

Die Operation bestand in der Massenligatur der erweiterten Venen. Nach 
2 Monaten war der nervöse Zustand bereits gebessert. Später ist vollkommene 


Heilung und Arbeitsfähigkeit eingetreten. Dreyer (Köln). 
38) J. Jovanovi6. Blasen-Scheidenfistel mit Vorfall der Blase durch 
dieselbe. 


(Srpski arhiv sa celokupno lekarstvo 1897. No. 10. [Serbisch.]) 

Der Fall ist in so fern interessant, als sich durch die Fistel die obere Hälfte 
der Harnblase in die Vagina und Vulva vordrängte, wo sie eine apfelgroße Ge- 
schwulst bildete. Dieselbe, intensiv geröthet, weich, bei Berührung sehr empfind- 
lich, ließ sich durch die 4cm lange, ovale, kallöse Fistel reponiren. 

v. Cačković (Agram). 


366 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


39) R. Leenen. Dermoidcyste des rechten Ovariums, Stieldrehung. 
Exstirpation nach 14 Monaten. Rekonvalescenz, komplicirt durch 
Empyem und Bauchdeckenphlegmone. 

(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 52.) 

In dem von Krecke operirten Falle waren die auf Stieldrehung kinweisenden 
Erscheinungen 14 Monate vor der Operation aufgetreten, und !/; Jahr später ein 
Durchbruch des Jaucheinhalts der mit der Bauchwand breit verwachsenen Cyste 
durch erstere nach außen erfolgt. Die Operation bot in Folge dessen große 
Schwierigkeiten; die Stieldrehung erwies sich, 180° betragend, als eine unvoll- 
ständige. Die p. op. entstandenen Komplikationen rührten von dem infektiösen 
Cysteninhalt her und wurden durch Operation zur Heilung gebracht; zu einer Peri- 
tonitis war es nicht gekommen. Kramer (Glogau). 


XXVII. Kongress 
der 
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. 


Vorläufige Tagesordnung: 

Nachdem eine Reihe von Vorträgen angemeldet worden ist, theile ich den Herren 
Kollegen ergebenst mit, dass ich an die Spitze jeder Sitzung (zunächst der ersten 
3 Kongresstage) ein Thema zu stellen beabsichtige, von dem sich annehmen lässt, 
dass es von allgemeinerem Interesse und für eine Diskussion besonders geeignet sein 
wird. Die auf das betreffende Thema bezüglichen Vorträge eröffnen die Sitzung. 
Die übrigen Vorträge und Demonstrationen werden dann je nach Umständen in das 
so gebildete Gerüst der Tagesordnung eingefügt. Um auch dabei Zusammengehöriges 
möglichst zusammenlegen zu können, bitte ich die noch ausstehenden Anmeldungen 
bald an unseren 1. Schriftführer, Herrn Geheimrath Gurit (Berlin W., Keith- 
straße 6), gelangen zu lassen. — Folgende Themata werden zur Verhandlung 
kommen: 

Mittwoch, Vormittag: Asepsis, Wundinfektion, peritoneale Infektion, Behand- 
lung der komplieirten Frakturen. 
Nachmittag: Lokale Anästhesie. 
Donnerstag, Vormittag: a) Magenresektionen und ihre Resultate. 
b) Darmoperationen (Achsendrehung des Coscum, der 
Fiezura sigmoidea). 
c) Operationen an der Leber und den Gallenwegen. 
Nachmittag: Operationen bei Spondylitis. 
Freitag, Vormittag: Operation des Empyems, Thorakoplastik, Lungen- 
chirurgie. 
Nachmittag: Serumtherapie bei Diphtherie. 

Leipzig, den 15. März 1898. 

Trendelenburg. 


16. Kongress für innere Medicin 
Wiesbaden 13.—16. April. 


Über den medicinisch-künischen Unterricht (Referenten die Herren 
v. Ziemssen-München und v. Jaksch- Prag); über den gegenwärtigen Stand 
der Behandlung des Diabetes mellitus (Vortrag des Herrn Leo- Bonn); 
über intestinale Autointoxikationen und Darm-Antisepsis (Referenten 
die Herren Müller- Marburg und Brieger- Berlin). 

Außerdem haben folgende Herren Einzelvorträge angemeldet: Kobert (Görbers- 
dorf), Thema vorbehalten. van Niessen (Wiesbaden), Der Syphilisbacıllus (Demon- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 367 


stration). B. Laquer (Wiesbaden), Über den Einfluss der Milchdiät auf die Aus- 
scheidung der gepaarten Schwefelsüuren. Determann (St. Blasien), Klinische 
Untersuchungen über Blutplättichen. Weintraud (Wiesbaden), Über experimentell 
erzeugte Magenektasien. Th. Schott (Nauheim), Über chronische Herzmuskeler- 
krankungen. v. Mering (Halle a/S.), Zur Funktion des Magens. Ad. Schmidt 
(Bonn), Über den Ablauf der Gärungsprocesse im Darme und über die diagnosti- 
sche Bedeutung derselben für die Funktionsstörungen des Darmes. Schubert 
(Wiesbaden), er den jetzigen Stand der Aderlassbehandlung und deren allgemeine 
Indikationen. Max Immelmann (Berlin), Die Frühdiagnose der Lungentuber- 
kulose mittels Rüntgen-Durchleuchtung. K. Grube (Neuenahr), Über die verschie- 
denen Formen der bei Diabetes mellitus vorkommenden Albuminurie. Paul Jacob 
(Berlin), Duralinfusion. H. Pässler (Leipzig), Beiträge zur Therapie der Kreis- 
laufstörungen bei akuten Infektionskrankheiten. C. S. Engel (Berlin), Die Zellen 
des Blutes und der blutbildenden Organe bei der perniciösen Anämie verglichen mit 
denen menschlicher Embryonen (mit Demonstration mikroskopischer Präparate). 
Mazimilian Sternberg (Wien), Über die Lähmungen des äußeren Accessorius- 
astes. Krehl (Jena), Beobachtungen über Wärmeproduktion im Fieber. O. Wyss 
(Zürich), Über akute hümorrhagische Myelitis. H.Quincke (Kiel), Zur Behandlung 
der Bronchitis. J. Trumpp (München), Die Beziehungen der Agglutination zur 
Immunität. M. Sänger (Magdeburg), Über die Schutzwirkung einer gesunden 
Nase gegen Schüdlichkeiten, welche in der Inspirationsluft enthalten sein können, 
Matthes (Jena), Über die Reaktion des Dünndarminhalts. J. Gad (Prag), Phy- 
siologisches zur Neuronlehr. Aug. Hoffmann (Düsseldorf), Skiametrische 
Untersuchungen. Gumprecht (Jena), Experimentelles zur subkutanen Zuckerer- 
nährung. Wewer (Kohigrub), Erfahrungen über Diabetes mellitus. Badt (Wies- 
baden), Über die Ätiologie der Arthritis deformans. Mor. Mayer (Simmern), 
Chemische Eiterung in der Bekämpfung infektiöser Eiterung und lokaler tuberku- 
löser Processe. Kohlrausch (Hannover), Reihenphotographien vom Gange nerven- 
kranker Personen. Feliz Hirschfeld (Berlin), Beiträge zur Lehre vom Dia- 
betes mellitus. Bornstein (Landeck), Experimentelle Untersuchungen über die 
Wirkung des Saccharins. Friedel Pick (Prag), Zur Kenntnis des Preumonie- 
harnes. H. Rosin (Berlin), Über Behandlung der Bleichsucht mit heißen Bädern. 

Theilnehmer für einen einzelnen Kongress kannjeder Arzt werden, 
Die Theilnehmerkarte kostet 15 Æ. Die Theilnehmer können sich an Vorträgen, 
Demonstrationen und Diskussionen betheiligen und erhalten ein im Buchhandel ca. 
11 M kostendes Exemplar der Verhandlungen gratis. 

Mit dem Kongress ist in einem Nebenraume des Sitzunsgssaales eine Ausstel- 
lung von neueren ärztlichen Apparaten, Instrumenten, Präparaten 
Etc., so weit sie für die innere Medicin Interesse haben, verbunden. Anmeldungen 
für dieselbe sind an San.-Rath Dr. Emil Pfeiffer (Wiesbaden, Parkstraße 9) 
zu richten. 


Deutsche dermatologische Gesellschaft. 


Sechster Kongress am 31. Mai, 1. und 2. Jumi 1898 
in Strassburg (UR 


Provisorisches Programm. 


Hauptthema: Acne: Pathologie und Therapie. Referenten: Touton (Wies- 
baden) und Hotel (Cannstatt). — Zur Diskussion haben sich gemeldet: Isaac (Ber- 
lin), Petersen (St. Petersburg), Ullmann (Wien), W. A. Freund (Straßburg (E) 

Wolff (Straßburg dE) 
Angemeldete Vorträge und Demonstrationen. 

Dermatologie: Buschke (Berlin), Über Erkrankungen, hervorgerufen durch 
Hefe und andere Sprosspilse (Blastomykosis) mit Demonstrationen. Caspary 
(Königsberg i| Pr.), Über Dermatitis ezfoliativa universalis. Wolff (Straßburg GEI 


368 Centralblatt für Chirurgie. No. 13. 


Demonstration eines Falles von Acanthosis nigricans; zweier Fälle von Lepra; eines 
Falles von Pemphigus; eines Falles von Porokeratosis; trophoneurotischen Ekrems; 
eines Falles von Lichen planus im Verlauf des Radialis, u. A. Madelung (Straß- 
burg iJE.\, Behandlung der Karbunkel mit Demonstration. Isaac (Berlin), Thema 
vorbehalten. Kromayer (Halle a 81 Einige neue reducirende Heilmittel. Neu- 
mann (Wien), Über idiopathische Atrophie der Haut. Joseph (Berlin), Über 
Hautsarkomatose (mit Demonstrationen unter dem Mikroskop und mit dem Projek- 
tionsapparat,. Heller (Charlottenburg, 1. Zur pathologischen Anatomie einiger 
Nagelerkrankungen; 2. Die Pathologie der Nägel imit Projektionen). C. Herz- 
heimer (Frankfurt a/M.), Über die Struktur des Protoplasmas der menschlichen 
Epidermiszelle. v. Zeiss! (Wien), Thema vorbehalten. Tauffer (Budapest), 
1. Über Prurigo Hebras: 2. Vergleichende histologische Untersuchungen über Lymph- 
drüsenschwellungen bei einigen Dermutosen. Lassar (Berlin), Die Behandlung der 
Acne (mit Projektionen). Brandt (Magdeburg), Demonstration eines dermatolo- 
gischen Falles. Rona (Budapest), Thema vorbehalten. W. H. Freund (Straß- 
burg dE), Die Haut bei Schwangeren und genitalkranken Frauen. Eichhoff 
(Elberfeld), Thema vorbehalten. Rille (Wien), Über Psoriasisbehandlung. Chotzen 
(Breslau), Thema vorbehalten. Touton (Wiesbaden), Über Darier's Tuberkulide mit 
Demonstrationen. Fabry (Dortmund), Demonstration eines Falles von Purpura 
haemorrhagica nodulosa. Blaschko (Berlin), Über Jodacne. Arning (Hamburg), 
Eine eigenthümliche Veründerung an den Nervenstümmen bei einzelnen Füllen von 
Lepra. Jakobs (Freiburg), Krankendemonstration. Kulisch (Halle a/S.\, Zur 
Frage der medikamentösen Dermatiden. Krösing (Stettin), Thema vorbehalten. 
Scharff (Stettin), Über die Behandlung der Psoriasis. Jadassohn (Bern), 1. De- 
monstration zur Histologie der Lepra; 2. Krankendemonstration zur Behandlung der 
Tuberkulide. Heuss (Zürich), 1. Über abnorme Formen von Ichthyosis (mit De- 
monstrationen) : 2. Demonstration von Xeroderma pigmentosum. Reichel (Straßburg 
s/E.), 1. Zur Therapie des Lupus erythematodes; 2. Demonstralion von Ichthyosis- 
füllen mit abnormer Lokalisation. Adrian (Straßburg iJE.), Krankenvorstellungen: 
Dermatolysis bullosa; Lichen ruber; Xanthelasma, Folliculitis nuchae scleroticans; 
Scleroderma unilateralis. Friedheim (Leipzig), Mikroskopische Demonstrationen. 
v. Marschalko (Klausenburg), Zur Histologie der Hautnerven. Neuberger 
(Nürnberg), Zur Symptomatologie und Diagnose des Lichen ruber. Wolff (Strafi- 
burg dE, Demonstration einer neuen Vaccinationslanzette. 

Syphilidologie: Kromayer (Halle a/S.\, Vorschläge zu einem Syphilisgesetz. 
Neumann (Wien), Über syphilitische Primäraffekte der Vaginalportion (mit mikro- 
skopischen Demonstrationen). Blaschko (Berlin, Verbreitung der Syphilis in 
Deutschland. 

Venereologie: Neisser (Breslau), Weitere Mittheilungen über die Protargol- 
verwendung. Schuster (Aachen, Zur Behandlung des gonorrhoischen Rheuma- 
tismus. Millitzer (Erfurt), Demonstration einer Einrichtung, die leicht an jedem 
Casper'schen Endoskop angebracht werden kann, wodurch eine wesentlich erhöhte 
Leuchtkraft erzielt wird. Sedlmayr (Straßburg i/E.), Fortschritte der Gonorrhoe- 
behandlung seit dem Prager Kongress. Kuznitzky (Köln), Plattenmodell der Urethral- 
schleimhaut eines 6 Monate alten männlichen Fütus. Blaschko (Berlin), Sollen die 
Prostituirten auf Gonorrhoe untersucht und behandelt werden? Harttung (Breslau), 
Gonorrhoische Epididymitis. Arning (Hamburg), Zur Therapie des Ulcus molle. 
Lesser (Berlin), Ischias gonorrhoica. Kulisch (Halle a/S.), Protargolbehandlung 
der Gonorrhoe. Saalfeld (Berlin), Über die Tyson’schen Drüsen. Westberg 
(Hamburg), Über Behandlung der Prostatahypertrophie. Neuberger (Nürnberg), 
Über Filamentenuntersuchungen bei chronischer Gonorrhoe. Wolff (Straßburg (UE, 
Demonstration eines neuen Irrigators zu Blasenspülungen. 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


== 


Druck und Verlag von Breitkopf & Bärtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


d 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


eege 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu besiehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 14. Sonnabend, den 9. April. 1898. 


Inhalt: F. Franke, Zur Frage nach der Entstehung der Epidermoide der Finger 
und Hobhlhand. (Original-Mittheilung.) 

71) Hildebrand, Jahresbericht. — 2) Kaufmann, Unfallverletzungen. — 3) und 
4).v. Hacker, Ösophagoskopie. — 5) Lennander, Gefäßkompression bei Bauchoperationen. 
— DI Edebohls, 7) Gigli und Baroni, Naht. — 8) Chlumski], Gastroenterostomie. — 
9) Ferrio und Bosio, Nierenstörung bei Darmverschluss. — 10) Baracz, Darmverschluss. 
— 11) Kelynack, Meckel's Divertikel. — 12) v. Mosetig-Moorhof, Kolostomie. — 
13) Quénu und Laudel, Mastdarmkrebs. — 14) Baudouin, Operationen an den Gallen- 
wegen. — 15) Körte, Pankreaskrankheiten. 

16) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 17) Einhorn, Ösophagoskopie. — 
18) Lemaltre, Ösophagotomie. — 19) Kayser, Zwerchfellverletzung. — 20) Wanach, 
Eröffnung des Subdiaphragmalraumes. — 21) Mannaberg, Darmschuss. — 22) Dahlgren, 
23) v. Erlach, 24) v. Beck, Peritonitis. — 25) Englischer Ärztekongress, 26) Deaver, 
Appendicitis. — 27) Mohr, 28) Tubby, 29) de Garmo, 30) Borchardt, 31) de Voogt, 
Hernien. — 32) Drobnik, 33) Ekehorn, 34) Porges, Zur Magenchirurgie. — 35) Riether, 
36) Atherton, 37) McGraw, 38) Lennander, 39) Carwardine, Darmverschluss und Darm- 
enge. — 40) Gabszewicz, 41) Shepherd, Gekröscyste. — 42) Mulder, Bauchgeschwäülste, 
— 43) Depage, Mastdarmresektion. — 44) Prochnow, Hohlgänge in der Steiß-Aftergegend. 
— 45) Jasinski, Leberabscess. — 46) Depage, 47) Elliot, 48) Roux, Lebergeschwülste. 
— 49) Herdtmann, Amputationsstümpfe. 


Zur Frage nach der Entstehung der Epidermoide 
der Finger und Hohlhand. 


Von 


Dr. Felix Franke, 


Oberarzt des Diakonissenhauses Marienstift zu Braunschweig. 


Die jüngsten Veröffentlichungen, welche den durch obige Über- 
schrift gekennzeichneten Gegenstand betreffen, insbesondere die in 
No. 6 d. Bl. enthaltenen von Roelen und Trnka nöthigen mich, 
nochmals kurz auf jene Frage einzugehen, da ich gesehen habe, dass 
mein Versuch nicht geglückt ist, durch meine Arbeit im XL. Band 
der Deutschen Zeitschrift für Chirurgie »Über die Epidermoide (so- 
genannte Epitheleysten)« die Untersuchung der Entstehung der Epi- 

14 


370 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


dermoide der Finger, die in Folge der verdienstlichen Arbeit Garr&’s! 
einseitig zu werden drohte, wieder in rein objektiv wissenschaftliche 
Bahnen zu lenken. Der von Garrè so glücklich gewählte Ausdruck 
»traumatische« Epithelcysten, den auch ich für eine Gruppe der 
Epidermoide (fälschlich Epitheleysten genannt, da die Geschwülste 
in manchen Fällen durchweg fest sind, keinen breiigen oder flüssigen 
Inhalt besitzen) gelten lasse, hat bei den folgenden Bearbeitern des 
Gegenstandes eine gewisse Befangenheit erzeugt. Sie suchen auf 
jede mögliche Weise das Trauma als alleinige Ursache der Entstehung 
der Epidermoide der Finger nachzuweisen, übersehen aber dabei die 
in manchen Fällen jener Annahme entgegenstehenden Gründe, oder 
übergehen sie stillschweigend, selbst wenn sie ihnen bekannt sein 
müssten. So hat sich z. B. Wörz?, der in dem seiner Arbeit an- 
hängenden Litteraturverzeichnis meine den Gegenstand betreffenden 
Arbeiten außer einer (Wiener klin. Wochenschrift 1890 No. 36) 
anführt, sich nicht für bemüßigt gefunden, überhaupt meine Gegen- 
gründe zu erwähnen, geschweige denn zu erörtern. Und doch bin 
ich nicht der Einzige, der für gewisse Fälle das Trauma als Ent- 
stehungsursache zurückweist. Ich erinnere an Labougle, auf den 
ich schon in meiner oben erwähnten Arbeit mich berufen konnte. 
Er hat die Frage in unbefangener Weise untersucht und giebt ein 
dem entsprechendes Urtheil: nur in 16 von 42 Fällen giebt er die 
Möglichkeit bezw. Wahrscheinlichkeit einer traumatischen Entstehung 
zu, für die übrigen 26 Fälle muss er sich nach einer anderen Ent- 
stehungsweise umsehen. Ich selbst habe nur ein paar Fälle unter- 
sucht. Aber in einem (s. Virchow’s Archiv Bd. CXXI 1890: Bei- 
träge zur Geschwulstlehre) ist eine Verletzung mit voller Sicherheit 
auszuschließen. Um solche Thatsachen und um Gründe, wie ich sie 
in der oben erwähnten Arbeit verwerthet habe, darf man nicht herum 
gehen und kommt man schließlich auch nicht herum. 

Die Ironie des Schicksals hat es nun gefügt, dass in derselben 
Nummer d. Bl. (6), in der Roelen für 2 von ihm beobachtete Fälle 
von Fingerepidermoiden deren traumatische Entstehung meiner Ansicht 
nach etwas gewaltsam zu beweisen sucht, ein Artikel steht?, der sich 
für eine andere Entstehungsweise verwerthen lässt. Die betreffenden 
Epidermoide, welche Trnka bei 6 Soldaten von der 2. Phalanx des 
Mittel- oder Ringfingers entfernte, saßen zwischen Haut und Sehnen- 
scheide der Volarseite und waren mit der Sehnenscheide verwachsen. 
Ihre Entstehungsweise war unklar. Ein Trauma derart, dass Epi- 
dermisstückchen hätten in die Tiefe verpflanzt werden können, scheint 
nicht vorgelegen zu haben. An und für sich wäre es aber auch 
unwahrscheinlich; denn es müsste doch ganz merkwürdig zugehen, 


1 Garrè, Über traumatische Epitheloysten der Finger. Beiträge zur klin. 
Chirurgie 1894. Bd. XI. p. 524. 

2 Wars, Über traumatische Epitheleysten. Beiträge zur klin. Chirurgie 
1897. Bd. XVIII. p. 753. 

3 Trnka, Eine seltene Prädilektionsstelle von Atheromen. 


Centralblatt für Chirurgie. No, 14. 371 


dass durch die Verletzung das Epidermisstückchen jedes Mal gerade 
bis auf die Sehnenscheide verlagert würde. Diese Tieflagerung wäre 
aber nöthig zur Erklärung des jedesmaligen Verwachsenseins der 
Geschwülste mit der Sehnenscheide. Schafft alle Schwierigkeiten der 
Erklärung nicht mit einem Schlage die von mir für die subkutanen 
Epidermoide in meiner ersten Arbeit und für die Epidermoide der 
Finger in den späteren Aufsätzen aufgestellte und mit gewichtigen 
Gründen gestützte, übrigens von einer ganzen Anzahl Autoren als 
richtig angenommene Behauptung hinweg, dass diese Epidermoide 
kongenital bei der Bildung der Epithelgebilde der Haut angelegt 
sind? Es ist mir der Einwurf gemacht worden, dass die Epidermis- 
zapfen bei der Bildung der Schweißdrüsen an der Hohlhand und 
den Fingern gar nicht so tief in das subkutane Gewebe eindringen, 
außerdem, dass noch gar nicht eine Entstehung einer »atherom«artigen 
Geschwulst aus Schweißdrüsen beobachtet sei. Der betreffende Gegner 
hat meine Ausführungen nicht richtig gelesen oder nicht richtig ver- 
standen, obwohl ich mich sehr klar ausgedrückt zu haben glaube. 
Ich habe gesagt, dass schon nach Thiersch’s Beobachtungen gerade 
bei der Bildung der Schweißdrüsen die Epidermiskeime sehr tief 
dringen und abgeschnürt werden können, und weiter ausgeführt, dass 
zu jenem Zeitpunkt die Zellen noch gar nicht differenzirt sein mögen, 
so dass sehr wohl aus einem solchen versprengten Epidermiskeim 
ein Epidermoid, keine Schweißdrüsengeschwulst entsteht. Als Ana- 
logon dazu habe ich erwähnt, dass im Zahnfleisch und Kiefer Epi- 
thelgeschwülste (Cysten) beobachtet sind, die ohne Zweifel aus kon- 
genital versprengten und abgeschnürten Epithelzapfen entstanden sind, 
die noch nicht als Zahnkeime differenzirt waren. 

Dass bei der Entstehung der Epidermoide in den Fällen Trnka’s 
ein Trauma oder wiederholte Traumata mitgewirkt haben mögen, 
erscheint mir nicht unwahrscheinlich, doch betrachte ich hier das 
Trauma nur als Gelegenheitsursache. 

Ich stehe da auf dem Standpunkt, den ich seit jeher in der Frage 
nach der traumatischen Entstehung der Geschwülste, die ja jetzt für 
die Unfallpraxis eine gewisse Bedeutung erlangt hat, eingenommen 
habe. Für die Trnka’schen Fälle huldige ich der Ansicht, dass das 
Gewehrgreifen, bei dem die 2. Phalanx des 3. und 4. Fingers beson- 
ders gedrückt wird, durch den damit verbundenen wiederholten Druck 
die schlummernden Epithelkeime zur Vermehrung, zum Weiter- 
wachsen gebracht hat. 

Es ist unmöglich, an dieser Stelle auf die ganze Frage näher 
einzugehen, ich müsste das in meiner früheren Arbeit Gesagte wieder- 
holen und erlaube mir daher, die sich für die Sache Interessirenden 
auf meine Arbeiten zu verweisen. 

Was die 2 Fälle Roelen’s betrifft, so finde ich es etwas kühn, 
vom zweiten ohne Weiteres zu behaupten, er sei auf ein Trauma 
zurückzuführen; nicht kühner wäre meine Behauptung, es handle 
sich um ein kongenital angelegtes Epidermoid. Hier war nur ein 

14* 


372 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


non liquet am Platze. Auch für den 1. Fall wäre eine strengere 
Kritik vielleicht nützlich gewesen. Könnte nicht die von dem 
Kranken durch Stechen mit einer Nadel behandelte Entzündung schon 
ein Epidermoid gewesen sein? Was bezeichnet das Volk nicht Alles 
als Entzündung! 

Eine wissenschaftliche Kritik vermisse ich auch in der Arbeit 
von Wörz. Von 55 Fällen wurde nur in 24 ein Trauma als vorher- 
gegangen erwähnt. Dieses wird aber sogleich zur Ursache der Ge- 
schwulst gestempelt, sogar ein einfacher Hammerschlag. Wie dieser 
ein Epidermisstückchen in die Tiefe treiben soll, nota bene ohne Ver- 
wundung, ist mir trotz lebhaften Nachdenkens unklar geblieben. Aber 
selbst wenn ich mich entschließen könnte, in jenen 24 Fällen das 
Trauma als die Ursache der Geschwulstbildung ungeprüft hinzu- 
nehmen, würde es mir doch schwer werden, zu glauben, dass auch 
in den übrigen 31 Fällen eine Verletzung die Geschwulstbildung 
verursacht hätte, obgleich in den Krankengeschichten von einer vor- 
hergehenden Verletzung nicht die Rede ist. Und das ist doch etwas 
auffallend bei einem so großen Procentsatz. 

Mein kritischer Muth fand heute wieder Unterstützung durch die 
Exstirpation eines wahren, nicht traumatischen Epidermoids von der 
Mitte einer Gesäßbacke einer jungen Frau. Die kleinapfelgroße Ge- 
schwulst saß subkutan, überzogen von der normal dicken Cutis und 
Epidermis des Gesüßes, ohne Zusammenhang mit der Cutis: kein 
Atherom, kein Dermoid, das dort, nebenbei gesagt, nicht vorkommen 
kann. 

Das Gesäß hat keine Haare bezw. Haarfollikel, eben so wenig 
wie die Hohlhandseite der Hand und Finger. Was aber dem Einen 
recht ist, ist dem Anderen billig. Kommen am Gesäß wahre Epi- 
dermoide vor, warum soll die Hohlhand darauf verzichten? 

Meine Ausführungen gipfeln, um das noch einmal zu betonen, 
darin, dass man bei der Beurtheilung der Natur der Epidermoide der 
Finger und Hohlhand in Zukunft etwas mehr Kritik und weniger 
Glauben anwende; dann wird man, dessen bin ich gewiss, von der 
jetzigen Gewohnheit abkommen, sie ohne Weiteres auf eine Ver- 
letzung zurückzuführen. 


1) Hildebrand. Jahresbericht über die Fortschritte auf dem 
Gebiete der Chirurgie. II. Jahrg. Bericht über das Jahr 1896. 
Wiesbaden, 1897. 1241 8. 

In gleicher Anordnung, auch etwa demselben Umfang wie der 
erste, ist der 2. Band des H.’schen Jahresberichts gegen Ende des 
vor. Jahres erschienen. Eine Neuerung finden wir darin, dass in den 
alphabetisch geordneten Litteraturverzeichnissen der einzelnen Ab- 
schnitte eine größere Anzahl von Arbeiten mit einem * versehen sind, 
als Zeichen, dass sie nicht referirt worden. Die Referate selbst sind, 
wie einzig richtig, fast immer inhaltlich geordnet; in einigen wenigen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 373 


Abschnitten haben die Bearbeiter sich leider der Mühe einer solchen 
Anordnung überhoben und die Arbeiten nach der alphabetischen 
Namensfolge der Autoren gebracht, was die Orientirung recht er- 
schwert und künftig unterbleiben müsste. Eben so wäre es wünschens- 
werth, wenn alle Referate so rechtzeitig eingingen, dass bei der 
speciellen Chirurgie die altbeliebte Reihenfolge der Einzelkapitel inne- 
gehalten werden und die Lieferung von Nachträgen unterbleiben 
könnte, die den Leser zu sehr auf das Register verweist. Gerade 
durch das geschickte Zusammenordnen des zusammengehörigen Stoffes, 
wie es einzelne Referenten des vorliegenden Werkes sehr gut zu 
leisten verstanden haben, müssen sich diese Jahresberichte über 
Einzelabschnitte der Medicin auszeichnen. Richter (Breslau). 


2) C. Kaufmann. Handbuch der Unfallverletzungen. 2., neu 
bearbeitete und vermehrte Auflage. 
Stuttgart, 1897. XX u. 468 S. 

Das Buch gehörte schon in seiner 1. Auflage zu den besten 
seiner Art. Seit seinem Erscheinen ist Verf. ununterbrochen bestrebt 
gewesen, die entsprechende Litteratur zu verfolgen, dazu eine reiche 
Zahl von Unfallverletzten eigener Behandlung genau zu prüfen, und 
hat dadurch in dieser 2. Auflage ein Buch geliefert, das in der 
That einem jeden Arzt, der sich mit Unfallsachen beschäftigen muss, 
als trefflicher Rathgeber dienen kann. Er hat es verstanden, ein 
ungemein reiches Material in knappster Form wiederzugeben, und zwar 
derartig, dass man jeden in kurzem Auszug angeführten Fall der 
umfangreichen Kasuistik leicht im Original aufzufinden und sich so 
ohne Schwierigkeit aus der großen Fülle der Rechtssprüche Deutsch- 
lands, Österreichs und der Schweiz maßgebende Urtheile heraus- 
zusuchen vermag. Ref. hat vielfach die Probe darauf gemacht und 
das Buch fast nie unbefriedigt aus der Hand gelegt. 

Die gleiche Anerkennung wie die specielle Lehre der Unfall- 
verletzungen und ihrer Folgen beansprucht aber mit vollem Recht 
auch der 1. Theil des Werkes, der die allgemeinen Gesichtspunkte 
für Untersuchung und Begutachtung der Unfallverletzungen auf Grund- 
lage der Unfallversicherungsgesetzgebung Deutschlands, Österreichs, 
Norwegens und der Schweiz behandelt. Denn auch hier wirdmit großem 
Geschick der reiche Inhalt des weiten Gebietes in klarer, knapper 
Form wiedergegeben, so dass man in der That das Buch einem jeden 
Kollegen um so mehr zur Anschaffung empfehlen kann, als es nicht 
einseitig nur die Verhältnisse des Deutschen Reiches behandelt, sondern 
auch die derjenigen anderen Staaten, welche die sociale Gesetzgebung 
in der bezeichneten Richtung pflegen, auf der allmählich die meisten 
eivilisirten Völker nachfolgen dürften. Richter (Breslau). 


374 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


3) v. Hacker. Die Ösophagoskopie und ihre klinische Be- 
deutung. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.) 
4) Derselbe. Die Ösophagoskopie beim Krebs der Speise- 
röhre und des Mageneingangs. 
(Ibid. Hft. 2.) 

v. H. benutzte ausschließlich das von Mikulicz angegebene 
Ösophagoskop, das er für reflektirtes Licht eingerichtet hat. (Als 
Lichtquelle dient ein Leiter’sches Panelektroskop). Die Anästhesie 
wird mit 20%iger Cocainpinselung erreicht, der Kranke in Rücken- 
lage untersucht; für Untersuchung und operative Eingriffe gebraucht 
v. H. das gleiche Instrument und erblickt darin wohl mit Recht 
einen Vortheil seiner Methode gegenüber anderen. Die Voraus- 
setzung für eine diagnostische Verwerthung der Ösophagoskopie ist 
die Kenntnis der Bilder, welche die gesunde Speiseröhre in ihren 
verschiedenen Abschnitten bietet. Dieses normale Bild und seine 
durch physiologische Vorgänge bedingten Veränderungen werden in 
der ersten Abhandlung eingehend beschrieben und im Anschluss 
daran eine Reihe von Krankheitsprocessen, für welche die Ösophago- 
skopie von Bedeutung ist, erörtert unter Anführung von praktischen 
Fällen, welche diese Bedeutung zu illustriren vermögen (entzünd- 
liche Processe und deren Folgen, Verengerungen, Erweiterung, Diver- 
tikelbildung, Neubildungen und Fremdkörper). Die zweite Publi- 
kation ist ausschließlich dem Carcinom gewidmet. Einen ganz 
besonderen Werth erhalten die beiden Publikationen dadurch, dass 
v. H. es verstanden hat, das, was er gesehen, auch den Blicken der 
Fachgenossen zu zeigen durch eine große Zahl bunter Abbildungen 
von wunderbarer Schönheit. (Taf. I u. XIIL) 

Hofmeister (Tübingen). 


5) K. G. Lennander. Om intra-abdominel temporär kom- 
pression af aorta eller nägon af dess största grenar vid vissa 
bäcken- eller bukoperationer. 

(Upsala Läkarefören. Förhandl. N. F. Bd. II. p. 433.) 

Veranlasst durch die Operation eines mit den benachbarten 
Beckeneingeweiden (Blase, Flexura sigmoidea u. A. m.) verwachsenen 
papillären Kystoms erörtert Verf. die Frage, ob es nicht möglich 
wäre, bei solchen Becken- resp. Bauchoperationen, wo aller Wahr- 
scheinlichkeit nach profuse Blutung den operativen Eingriff erschweren 
werde, eine temporäre, intraabdominelle Kompression systematisch 
auszuführen. Zwar werde eine solche Kompression wohl nicht oft 
in Anwendung kommen, bei dafür geeigneten intraabdominellen 
Operationen aber stelle sie eine wahre Bereicherung unserer Technik 
dar. So bald sie sich im Laufe einer Operation also als nöthig 
zeigt, soll der Assistent sie ausführen, so besonders bei der Exstirpa- 
tion von Myomen, die in das Mesosigmoideum hineingewachsen sind. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 375 


Unter Hinweis auf die temporäre Kompression der Art. renalis bei 
Nephrolithotomien bespricht Verf. die Möglichkeit, auch die Art. 
hepatica und Art. lienalis zu komprimiren. Da gewöhnlich bei allen 
diesen Operationen die Beckenhochlagerung angewendet wird, fließt 
das venöse Blut ziemlich schnell weg. 

L. schließt folgendermaßen: 

1) Legt man eine breite Kompression über die Aorta oberhalb 
der Theilung, so wird das ganze kleine Becken fast blutleer. 

2) Wird die Art. iliaca communis gegen die Wirbelsäule oder 
das Kreuzbein oberhalb der Artic. sacro-iliaca angepresst, so kann 
man in der einen Beckenhälfte fast blutleer operiren. 

3) Die Kompression der Aorta wurde in Verte Fall fast °/, Stunde 
fortgesetzt, ohne dass Unannehmlichkeiten folgten. Ein solcher fort- 
gesetzter Druck ist in ähnlichen leichteren Fällen völlig unnöthig. 

4) Wenn die Kompression aufhört, ist wegen der vasomotorischen 
Parese in ausgedehnten Gefäßgebieten eine schnelle Verschlechterung 
der Herzthätigkeit zu erwarten. Desshalb muss Alles für eine intra- 
venöse Kochsalzinfusion vorbereitet sein. 

5) Bei Resektion der Milz oder Exstirpation einer nicht beweg- 
lichen Milz kann man an eine Kompression der Art. lienalis am 
oberen Rande des Pankreas gegen die linke Seite der Wirbelsäule 
denken. 

6) Bei besonders schweren Nierenexstirpationen, wo man wohl 
immer die Peritonealhöhle öffnet, darf man gute Dienste von einer 
Kompression der Nierengefäße gegen die Wirbelsäule erwarten. 

Verf.s Arbeit war schon zum Druck geliefert, als Madelung’s 
Vortrag über einige Grundsätze der Behandlung von Verletzungen 
des Bauches ihm in die Hände kam. Der in diesem Vortrag er- 
wähnte Vorschlag Senn’s, die Aorta dicht unterhalb des Diaphragmas 
zu komprimiren, bezieht sich hauptsächlich auf die digitale Kom- 
pression der Aorta bei profusen intraabdominellen Blutungen, deren 
Quellen schwer zu finden sind. Ein Druck auf die Aorta in dieser 
Gegend hemmt die Blutzufuhr nach fast allen Organen des Bauches. 
Da aber besonders wichtige Nervenplexus und Ganglien an dieser 
Stelle liegen, darf ein solcher Druck nur von sehr kurzer Dauer sein. 

A. Hansson (Cimbrishamn). 


6) Edebohls (New York). What is the best method of 
making and of closing the coeliotomy incision ? 
(Amer. gynecol. and obstetr. journ. 1896. Mai.) 

Ris Antwort gipfelt in der Empfehlung eines besonders be- 
handelten Chromkatguts. Mit diesem legt er in 3 Etagen fort- 
laufende Naht an. Ist die Rectusscheide > zufällig« beim Schnitt nicht 
eröffnet, so wird dieselbe besonders gespalten, um Muskel an Muskel 
zu nähen. Mit Recht verwirft Verf. Känguruhsehnen und Fil de 
Florence. Er hat in den letzten 2 Jahren stets gute Erfolge von 
seiner Methode gehabt. Boesing (Hamburg). 


376 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


7) Gigli e G. Baroni. Suture profonde amovibili. Cura 
delle ernie inguinali (Metodo Bassini) senza fili perduti. 
Firenze, Stabilimento tipografico fiorentino, 1897. 

Die Verff. haben folgende Naht angewandt, um die versenkten 
Nähte zu vermeiden. Die auf der einen Seite der Haut bis fast zur 
Tiefe der Wunde geführte Nadel wird 

auf der anderen Seite in den Wund- 

rand eingestochen und verdeckt am 

anderen Wundrand herausgeführt, um 

schließlich durch den zweiten Wund- 

rand an der Haut dieser Seite zu 

endigen. 8 nach Bassini operirte 

Hernien wurden so genäht. Veranlassung zur Veröffentlichung wurde 
durch den Bericht der Professoren Duplay, Cazin und Jonnesco 
auf dem internationalen Kongress in Moskau gegeben. 
b Dreyer (Köln). 


8) Chlumskij. Über die Gastroenterostomie. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1 u. 2.) 

Trotz der großen Zahl von Gastroenterostomien, welche seit 
ihrem Bekanntwerden ausgeführt sind, lassen die Resultate noch 
immer zu wünschen übrig. Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, 
durch Sammlung und kritische Sichtung des bisher publicirten und 
unter Verwerthung des reichen Materials der Mikulicz’schen Klinik 
über die Ursachen der Misserfolge der fraglichen Operation möglichste 
Klarheit zu schaffen. Eine werthvolle Ergänzung erfährt dieser 
klinisch-statistische Theil, der mit außerordentlicher Gründlichkeit 
und Umsicht bearbeitet ist, durch die experimentellen Unter- 
suchungen des Verf., welche im zweiten Theil niedergelegt sind. 
Den Details der umfangreichen Arbeit (über 100 Seiten) gerecht zu 
werden, kann nicht Aufgabe des Referates sein; nur einige der 
wichtigsten Resultate seien erwähnt. Auf Grund seiner Erfahrungen 
tritt C. entschieden für die Wölfler’sche G. anterior antecolica ein, 
welche neuerdings aus Mikulicz’s Klinik die jahrelang allein- 
herrschende v. Hacker’sche Methode wieder verdrängt hat. Letz- 
terer wirft Verf. vor, dass ihre theoretische Begründung von falschen 
Voraussetzungen ausgeht, und dass sie praktisch verschiedene Nach- 
theile besitzt, ohne im Allgemeinen ersichtliche Vortheile zu bieten. 
Als bedeutungsvoll für das funktionelle Resultat wird besonders betont 
die Nothwendigkeit, den zuführenden Dünndarmschenkel genügend 
lang (60—75 cm) zu wählen. Um das Einfließen von Mageninhalt 
in das zuführende Ende möglichst zu verhüten, fixirt C. dieses etwas 
höher oben und nach links von der Anastomose unter gleichzeitiger 
Torsion. Ganz besondere Aufmerksamkeit schenkte Verf. dem Ein- 
fließen von Galle und Pankreassaft in den Magen. Durch eine 
Reihe von Versuchen an Hunden, bei denen Ausschaltungen und 
Anastomosen in der Art vorgenommen wurden, dass entweder nur 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 377 


die Galle oder nur der Pankreassaft oder beide sicher in den Magen 
gelangen mussten, wurde festgestellt, dass (beim Hunde) das Ein- 
fließen von Galle und Pankreassaft kein Erbrechen hervorruft, ferner 
dass das Einfließen von Galle allein keinen dauernden Schaden 
bringt, während der Pankreassaft im Magen eine Verdauungsstörung 
verursacht, welche für die Versuchsthiere bald tödlich wird. 

Um die häufigste Todesursache nach Gastroenterostomie, den 
Collaps, mehr und mehr einzuschränken, empfiehlt C., da es sich ja 
allermeist um herabgekommene Pat. handelt, mit der Narkose mög- 
lichst sparsam zu sein. Die meisten Gastroenterostomien lassen sich, 
wie er mit Recht betont, ohne Bedenken unter Infiltrationsanästhesie 
ausführen. Den Schluss bildet die Zusammenstellung aller bis 1896 
publicirten Gastroenterostomien. Hofmeister (Tübingen). 


9) Ferrio und Bosio. Alterazioni renali nell’ occlusione 
intestinale. 
(Sperimentale 1898. No. 2.) 

Bei künstlichem Verschluss der untersten Portion des Meer- 
schweinchendarmkanals stellen sich im secernirenden Epithel der 
Niere Degenerationen ein. Die Glomeruli blieben intakt. Diese 
Veränderungen müssen als toxische betrachtet werden. Eine Bak- 
terieninvasion findet erst später statt, wenn eine Peritonitis etc. in 
Gang gekommen ist, und die Darmwand Bakterien durchgelassen 
hat. E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


10) R. Bargoz. Zur Ätiologie der Darmocclusion nach Re- 
sektion und totaler Ausschaltung des Dickdarms und des 
` Dleocoecums. 

(Przegląd chirurgiesny Bd. III. Hft. 4.) 

Verf. berichtet über 5 Experimente an Hunden, welchen er ent- 
weder 30—45 cm des Ileocoecums resecirte, oder das Quercolon aus- 
schaltete, ohne den Gekrösspalt zu vernähen. In allen diesen Fällen 
schlüpfte, ähnlich wie in den Fällen Heidenhain’s, eine Darm- 
schlinge durch diesen Spalt und erlitt daselbst eine Incarceration, 
welche stets tödlich verlief. In den weiteren Experimenten hat B. 
stets den Spalt durch Naht geschlossen. Trzebicky (Krakau). 


11) T. N. Kelynack. On Meckel’s Diverticulum. 
(Brit. med. journ. 1897. Aug. 21.) 

Nach Untersuchungen an dem Material des pathol. Instituts der 
Manchester Royal Infirmary fand sich ein Meckel’sches Divertikel 
bei 1446 Leichen 18mal, Limal bei männlichen, 7mal bei weib- 
lichen Individuen. Ernste Störungen scheinen durch das Divertikel 
in der Regel nicht verursacht zu werden; denn das Durchschnitts- 
alter der 18 Betroffenen war 38 Jahre, und die Ursache des Todes 

Lëns 


378 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


war in keinem Falle mit der Anwesenheit des Divertikels in Verbin- 
dung zu bringen. Seine Entfernung von der lleocoecalklappe betrug 
15—501/3 Zoll (341/5 im Durchschnitt), seine Länge 61/,—1/, Zoll 
(2!/ im Durchschnitt), sein Durchmesser im Durchschnitt (is Zoll. 
Stets war die Kommunikation mit dem Darm eine freie, eine 
Klappenbildung war nie zu konstatiren; der Abgang vom Darm 
war stets an der dem Gekrösansatz entgegengesetzten Seite, gewöhn- 
lich rechtwinklig. Der Inhalt bestand meist aus Luft, einige Male 
aus etwas Koth; ein Fremdkörper fand sich nie. In keinem Falle 
setzte sich die Lichtung bis Nabel oder Bauchwand fort. Einige Male 
fanden sich Besonderheiten: Seilartige Struktur, Fixirung an der 
Bauchwand in Form einer Schlinge, Spaltungen am Ende und bul- 
böse, sackartige Erweiterung der Enden. F. Krumm (Karlsruhe). 


12) v. Mosetig-Moorhof. Kolostomie mit querem Doppel- 
wandverschluss. 
(Wiener med. Presse 1898. No. 3.) 

Wenn es sich nur um den temporären Bestand eines künstlichen 
Afters handelt, so ist die inguinale Kolostomie an der Flexura iliaca 
nach der Methode von Littre das beste und einfachste Verfahren. 
Soll aber ein bleibender Anus inguinalis angelegt und der Mastdarm 
ausgeschaltet werden, so macht man die Kolostomie nach Madelung 
oder besser noch nach König-Sonnenburg, oder man operirt mit 
Spornbildung nach Verneuil. Zu jeder Spornbildung muss als 
Vorbedingung die Möglichkeit vorhanden sein, eine genügend lange 
Darmschlinge aus der Bauchhöhle ohne Gefahr einer Schädigung 
hervorziehen zu können. Für solche Ausnahmefälle, wo Kolotomie 
nicht räthlich und Schlingenvorziehung nicht möglich ist, hat v. M.-M. 
eine neue Verschlussmethode oder, richtiger gesagt, Verengerungs- 
methode des Zugangs zum distalen Darmsegment in Anwendung 
gebracht, die eine relative Ausschaltung der kranken Darmpartie be- 
wirkt, bezw. die Kothabfuhr dem Kunstafter allein zuweist und dabei 
auch die Reinhaltung des ausgeschalteten Antheils erleichtert. 

Das Operationsverfahren nimmt folgenden Gang: Nach beendeter 
Laparotomie wird zunächst die Flexur abgetastet, um sich über die 
Ausdehnung des Leidens Klarheit zu verschaffen. Unweit der 
Grenze, bezw. an der tiefst erreichbaren und vorziehbaren Stelle 
wird der Darm mittels eines festen Seidenfadens, den man an einer 
gefäßlosen Stelle des Mesocolonansatzes durchzieht, abgebunden, die 
Fadenenden kurz abgeschnitten. Der eingeschnürte Darmtheil wölbt 
seine Nachbarwandungen auf, so dass sie sich über der Schnürfurche 
wechselseitig berühren. Nun vernäht man die gegenständigen, senk- 
recht gewölbten Wandungen mit einer Doppelreihe seromuskulärer 
Kranznähte und formt damit in der Darmlichtung eine widerstands- 
fähige kreisförmige Doppelwand, einem Schirm vergleichbar, der nur 
an jener Stelle, wo der Schnürfaden die Schleimhaut in Gestalt von 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 379 


radiären Falten zusammendrängt, eine winzige Lücke trägt. Der also 
sicher verschlossene Darm wird in die Bauchhöhle versenkt und zu- 
nächst der Verschlussstelle am proximalen Theile im Littre’schen 
Sinne kolostomirt. 
Der Verlauf der bisher mit querer Doppelwandbildung kolosto- 
mirten Fälle war ein durchaus befriedigender. 
P. Wagner (Leipzig). 


13) Quönu et Laudel. Histologie pathologique des cancers 
du rectum. 
(Revue de chir. 1897. No. 11 u. 1898. No. 1.) 

Die Verff. stellen 3 Arten von Mastdarmkrebs auf: 1) das Cylinder- 
epitheliom, 2) das Plattenepitheliom, und 3) das Epitheliom mit schlei- 
miger Degeneration der Zellen, und unterscheiden bei 1) typische 
(à forme glandulaire) und atypische, und bei 2) lobulöse (à globes épi- 
dermiques) und tubulöse Formen, deren Histologie sie auch mit Hilfe 
zahlreicher Abbildungen im Text beschreiben. Bei der Fülle von 
Details, welche diese Schilderungen bieten, müssen wir uns ver- 
sagen, Einzelnes daraus hervorzuheben. Sie ergänzen in willkom- 
mener Weise Q.’s frühere, über die pathologische Anatomie und 
klinischen Bilder des Mastdarmcarcinoms veröffentlichte Studien, die 
mit dem von diesem Autor auf dem letzten französischen Chirurgen- 
kongress gehaltenen Vortrag über die Indikationen zur Operation 
und Behandlung des Leidens ihren Abschluss finden. 

Kramer (Glogau). 


14) M. Baudouin. Les opérations nouvelles sur les voies 
biliaires. 
Paris, Institut international de bibliographie soientifique, 1897. 204 S. 

Die von Terrier eingeleitete Monographie Dis ist nicht nur 
eine von genauester Litteraturkenntnis zeugende Zusammenstellung 
der bisher an den Gallenwegen ausgeführten Eingriffe, sondern — 
und dies ist der Hauptvorzug der vorliegenden Arbeit — eine ein- 
gehende kritische Besprechung und eine logische Klassifieirung der- 
selben. Wie die einzelnen Operationen nach einem einheitlichen 
Princip geordnet werden, so wird auch die bisher oft etwas will- 
kürliche Nomenklatur in systematischer Weise modificirt. 

Verf. zieht in den Bereich seiner Zusammenstellung sämmtliche, 
an dem Ductus hepaticus und seinen Verzweigungen, am Ductus 
eysticus und am Ductus choledochus ausgeführten Eingriffe, mit 
Ausnahme der einfachen Choledochotomie und Choledochostomie, 
welche von Terrier selbst an anderer Stelle ausführlich besprochen 
wurden. Wie aus dem Gesagten ersichtlich ist, wird auch die 
Chirurgie der Gallenblase selbst nicht berührt. 

Es ist hier nicht der Ort, auf Einzelheiten einzugehen; wir 
können nur so viel sagen, dass es dem Verf. vorzüglich gelungen 
ist, in das Chaos der vielfachen an den Gallenwegen vorgenommenen 

D 


380 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


Operationen Ordnung zu bringen. Wir bezweifeln denn auch nicht, 
dass er seinen Hauptpunkt, die französischen Ärzte mit diesem großen- 
theils der deutschen Chirurgie entstammenden Gebiet bekannt zu 
machen, erreicht hat, und glauben, dass seine Monographie überdies 
Jedem von Nutzen sein wird, der sich eingehender mit dem genannten 
Gebiet zu beschäftigen wünscht. 

Der am Schluss der Arbeit gemachte Versuch, ein auf einem 
internationalen Ziffersystem (Dewey-Baudouin) beruhendes In- 
haltsverzeichnis aufzustellen, hätte, um verständlich zu sein, eine 


Erklärung von Seiten des Verf. erfordert. 
de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


15) W. Körte. Die chirurgischen Krankheiten und die Ver- 
letzungen des Pankreas. 
(Deutsche Chirurgie Lfg. 45d. Stuttgart, F. Enke, 1898.) 

Obwohl die Chirurgie erst seit wenigen Jahren auch das Pan- 
kreas in Angriff genommen hat, ist die Litteratur über seine Krank- 
heiten und Verletzungen doch schon eine recht umfangreiche geworden, 
so dass sich K.’s Bearbeitung derselben bereits zu einem stattlichen 
Bande von über 230 Seiten ausgestaltet hat, der ohne Weitschweifig- 
keiten in sorgfältiger Darstellung und Kritik alles bisher auf diesem 
Gebiete der Bauchchirurgie Geleistete, freilich noch weiterer Aus- 
dehnung und Vertiefung Bedürfende zusammenfasst. K. [giebt zu- 
nächst einen kurzen Abriss der Anatomie und chirurgischen Topo- 
graphie der Bauchspeicheldrüse, um an der Hand derselben auf die 
Wege, welche von ihr ausgehende Geschwülste und entzündliche 
Exsudate einschlagen, und welche der Chirurg zur Inangriffnahme 
der letzteren zu nehmen hat, hinzuweisen. Daran schließt Verf., 
nachdem er das Wesentliche aus der Physiologie der Drüse hervor- 
gehoben, eine allgemeine Besprechung der Symptomatologie und 
Ätiologie ihrer Erkrankungen, freilich ohne nach beiden Beziehungen 
Bestimmtes angeben zu können. Denn wenn auch in ersterer Hin- 
sicht das Bestehen von Fettausscheidung mit dem Koth — bei nicht 
abnorm fettreicher Nahrung — und von Diabetes auf sehr schwere 
Erkrankung des gesammten Pankreas hindeuten, so lässt doch das 
Fehlen dieser Symptome noch keinen Schluss gegen eine Affektion 
der Drüse zu. Es folgt nun eine sehr eingehende Abhandlung über 
die verschiedenen Erkrankungen des Pankreas, der gleichsam als 
Grundlage eine tabellarische Übersicht über die bei 3018 Sektionen 
im Krankenhause am Urban innerhalb dreier Jahre 79mal gefundenen 
Bauchspeicheldrüsenaffektionen dient. Dass hierbei die Schilderung 
der Pankreascysten den größten Umfang einnimmt, liegt in dem 
besonderen Interesse begründet, welches dieselben durch die Mög- 
lichkeit ihrer erfolgreichen operativen Behandlung bei den Chirurgen 
gefunden haben, so dass V. bereits 121 operirte Fälle, darunter 
2 eigener Erfahrung, verwerthen konnte. Von Wichtigkeit ist hier 
der Nachweis, dass die Probepunktion auch bei den Pankreascysten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 381 


schwere Nachtheile bringen kann, und dass ihr Nutzen für die Dia- 
gnose durchaus nicht absolut feststeht, so wie ferner das Ergebnis, 
dass gegenüber der Einnähung der Cyste an die Bauchwand und 
nachfolgenden ein- (84 Fälle, 4 H oder zweizeitigen (17 Fälle, 0 A 
Eröffnung die Exstirpation als schwierigerer, übrigens auch nur in 
selteneren Fällen ausführbarer Eingriff erheblich gefahrvoller ist 
(21 Fälle, 6 }). K. gruppirt die Pankreascysten — mit Ausschluss 
der peripankreatischen — als 1) Retentionscysten des Ausführungs- 
gangs, 2) Proliferationscysten des Pankreasgewebes, 3) Retentions- 
cysten der Drüsenbläschen und kleinen Ausführungsgänge, und 
4) als Pseudocysten, die, von entzündlichen oder traumatischen Affek- 
tionen des Pankreas ihren Ausgang nehmend, Ergüsse hämorrhagi- 
scher oder entzündlicher Natur in die Bursa omentalis direkt oder 
unter das die Drüse bedeckende Bauchfellblatt darstellen. Beweisen die 
bei der Behandlung der Cysten gemachten Erfahrungen, dass es mög- 
lich ist, Geschwülste aus der Drüsensubstanz herauszuschälen und 
Theile derselben abzutragen, so sind doch der Exstirpation der festen 
Geschwülste des Organs — Carcinome, Sarkom, Adenom, Lymphom, 
Tuberkulose, Gummiknoten — schon desshalb, weil die Totalexstir- 
pation der Drüse mit dem Fortbestehen des Lebens unverträglich ist, 
sehr enge Grenzen gezogen; es sind nur partielle Ausschneidungen 
des Pankreaskopfes, bezw. Auslösungen von abgekapselten Geschwül- 
sten aus der Substanz desselben, unter Schonung mindestens eines 
der Ausführungsgänge, so wie des Gallengangs, zulässig und bisher 
auch nur 9mal mit 3maligem tödlichen Ausgang vorgenommen 
worden. Die Methode des Vorgehens und der Versorgung der Wunde 
im Pankreas wird von K. auf Grund des gesammelten kasuistischen 
Materials geschildert, wobei Verf. die versenkte Naht der Wundhöhle 
empfiehlt, bei wahrscheinlicher Verletzung des Drüsenhauptganges 
aber die Tamponade anräth. Für die nicht exstirpirbaren Geschwülste 
können bei quälenden Symptomen event. eine Cholecystenterostomie 
oder eine Gastroenterostomie etc. als symptomatische Mittel in Be- 
tracht kommen. 

Unter den übrigen Affektionen des Pankreas sind nur die 
Eiterungen in diesem und in seiner Umgebung, ferner gewisse 
Folgezustände der Blutung und hämorrhagische Entzündung — 
die Nekrose — und die chronische indurative Entzündung des Kopfes, 
in so fern durch dieselbe Kompression des Ductus choledochus und 
sekundäre Gallenstauung erzeugt wird, von chirurgischer Bedeutung. 
Ihnen gelten denn auch die folgenden Ausführungen K.’s, die bei 
dem Interesse, welches die heutige Chirurgie an diesen Affektionen 
nimmt, zu besonders eingehendem Studium veranlassen werden. Da 
K.’s Standpunkt in den sich hier aufdrängenden Fragen aus seinen 
früheren Arbeiten bekannt ist, begnügen wir uns mit diesem Hin- 
weis auf die auch die einschlägige Litteratur sorgfältigst berück- 
sichtigenden Kapitel. Zukünftigen Forschungen und Erfahrungen 
bleibt es vorbehalten, die frühzeitige richtige Diagnose der genannten 


382 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


Krankheitszustände zu fördern, um ein chirurgisches Eingreifen er- 
folgreicher als bisher zu gestalten und dadurch auch den schweren 
Folgen dieser Affektionen vorzubeugen. Dasselbe gilt von der Er- 
kenntnis der im Weiteren besprochenen Konkremente im Pankreas 
und den Verletzungen der Drüse, welchen noch 2 Schlusskapitel 
über Lageveränderungen der letzteren und über Diabetes bei Er- 
krankungen derselben angeschlossen sind. 

Die ausgezeichnete Monographie, deren Studium durch gesperrten 
Druck der sich K. aus seinen Studien der Litteratur und seinen 
eigenen Erfahrungen ergebenden Schlussfolgerungen, wie überhaupt 
‚durch übersichtliche Anordnung des Inhalts erleichtert ist, wird ge- 
‚wiss allseitigen Beifall finden. Kramer (Glogau). 


Kleinere Mittheilungen. 


16) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 
92. Sitsung am Montag den 10 Januar 1898 im kgl. Klinikum. 
Vorsitzender: Herr Langenbuch. 


1) Herr Langenbuch: Über Operationen am Choledochus mit 
Krankenvorstellung. 

Der zuerst vorgestellte Pat. — 56jähriger Destillateur — war mit typischen 
Schmersen im Leib und in der Schulter, Erbrechen, Ikterus etc. erkrankt. Dia- 
gnose: Verschluss des Ductus choledochus durch Steine. 

Bei der Operation fand sich die Gallenblase klein, geschrumpft, adhärent, riss 
ein und entleerte eitrigen Inhalt; im Duodenum ein haselnussgroßer Stein. Drai- 
nage resp. Tamponade; Bauchwunde offen gelassen. Am 7. Tage wird Drain und 
Tampon entfernt. 

Die 2. Pat., eine 39jährige Frau, ist seit ca. 8 Jahren »gallenleidend«. Bei 
der Aufnahme findet sich der rechte Leberlappen geschwollen, hinter ihm die prall 
gefüllte Gallenblase fühlbar. Bei der Operation musste sich L. wegen der sahl- 
reichen Netsadhäsionen einen Trichter resp. einen künstlichen Leberkanal aus- 
schneiden. Steine nicht auffindbar. Die Bauchwunde heilte, brach aber wieder 
auf und entleerte fortdauernd Galle. — In der Annahme, dass jetzt ein Stein im 
Ductus choledochus eingeklemmt sei, machte L. einen Querschnitt zwischen Pro- 
cessus xiphoideus und Nabel; er fand die Gallenblase geschrumpft, verdickt, in 
ihr ein kirschkerngroßes Konkrement. Entfernung unter Zerbröckelung, Tampo- 
nade, am 6. Tage Entfernung des Tampons. Die Frau hat bis jetzt 60 Pfund 
zugenommen. e 

Der 3. Pat., ein 58jähriger Ingenieur, schon vor 15 Jahren einmal ikterisch 
gewesen, hatte Hunderte von Steinen verloren. Auch hier fand L. bei der Operation 
die Gallenblase geschrumpft und die Wand verdickt — nach Vorsiehen des Duo- 
denums zeigte es sich, dass der Stein schon in der Darmwand saß. Incision in 
den Darm, Entfernen des Steines. Darmnaht. 

Nach L.’s Beobachtungen ergeben sich, wenn man sich vor die Aufgabe ge- 
stellt sieht, eine Operation am Ductus choledochus vorsunehmen, naturgemäß 
23 Möglichkeiten, ihm beizukommen; einmal während seines Verlaufs entlang der 
Leber (der »hepatische« Weg), ferner kurs vor der Einmündung in den Darm 
der »pylorische« Weg). Der letztere Weg ist der günstigere, und für ihn am 
geeignetsten der Querschnitt zwischen Schwertfortsats und Nabel etwas nach links 
von der Mitte. Es ist, nach Anlegen dieses Schnittes, empfehlenswerth, den 
Ductus choledochus mit 2 Fingern zu fassen und vorsichtig stumpf heraus zu 
präpariren; er kann danach sehr leicht bis vor die Bauchwunde gesogen werden. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 383 


Es ist nicht vortheilhaft, zu nähen, sondern einen Drain einzuführen, den man 
mit Jodoformgase umpackt. Derselbe resp. der Tampon wird nach 5 Tagen ent- 
fernt. Nach L.’s Ansicht ist es eine Komplikation, die ganz gut vermieden werden 
kann, die Gallenblase zu incidiren und zu entleeren; denn in den meisten Fällen 
ist die Gallenblase ohnehin geschrumpft. Mit dem erwähnten ge kann 
die Operation geradezu extraabdominell vorgenommen werden. 

2) Herr Nasse: Demonstration eines Präparates (Leber etc.) von einer 
53jährigen Frau, die er vør Kurzem operirt. Dieselbe war an Appetitlosigkeit, 
Magenkatarrh, Schmerzen im Kreuz, Fieber, Ikterus erkrankt. Der Stuhl war re- 
tardirt, abwechselnd dunkel und thonfarbig gefärbt gewesen. 

Bei der Operstion wölbte sich die Gallenblase vor, der Inhalt war trüb-serös, 
an der Papille ein kirschkerngroßer, harter Knoten; der Ductus choledochus, aus- 
gedehnt, omtleerte bei der Incision auch nur seröse Flüssigkeit. An der Leber 
fanden sich nunmehr kleine gelbe Flecken — Abscesse. 

N. beschränkte sich auf die Cystotomie, in der Hoffnung, die Sekretion wieder 
herzustellen; in der Nacht stellte sich auch wieder Gallenausfluss ein; Pat. starb 
aber doch am nächsten Tage unter Erbrechen und Kräfteverfall. 

N. nimmt an, dass es sich gehandelt habe um einen partiellen Verschluss des 
Duetus choledochus durch einen Tumor, ausgehend vom Pankreas, mit Erweiterung 
des ganzen Gallengangsystems. 

Herr Langenbuch fügt noch kurs seinem Vortrag hinzu, dass man, um bei 
der von ihm geübten Methode zum Ductus choledochus zu gelangen, das kleine 
Nets mit dem Finger stumpf durchbohren müsse. 

Diskussion: Herr Körte hat beobachtet, dass der Ductus choledochus 
durch das Pankreas hindurchging, und dass man in Fällen, wo die Rippen starr, 
unbeweglich sind, und die Leber nur schwer sich aufklappen lässt, geneigt sein kann, 
einen Tumor des Pankreas anzunehmen, — einmal fand er im Pankreas einen 
kirschkerngroßen Stein. Er hat stets einen Drain in die Gallenblase eingelegt, aus- 
genommen in Fällen, wo sie verödet war — nur muss der Drain »gallendicht« 
angelegt werden. K. macht gewöhnlich einen schrägen Längsschnitt, keinen Quer- 
schnitt, giebt indess zu, dass ein Querschnitt unter Umständen vortheilhafter sei - 
— Fragt, ob bei der Langenbuch’schen Schnittführung nicht auch das Liga- 
mentum teres durchtrennt werde. Herr Langenbuch bejaht dies. 

Herr Israël ist gegen den Vorschlag Langenbuch’s, immer ein Drainrohr 
in den Ductus choledochus einzulegen, wegen der Neigung Oholämischer zu Blu- 
tungen. Ein von ibm operirter Fall zeigte bei der Sektion, dass der Druck bei 
der Expression eines im Griet vom Ductus choledochus in den Darm gelegenen 
Steines genügt hatte, eine tödliche Schleimhautblutung zu machen. 

Herr Langenbuch erwiedert, dass dann jeder Schnitt in die Gallenblase 
oder eine Blutung aus einer Nahtstelle tödlich werden könne. 

Herr Lindner sieht den Längsschnitt (durch den M. reotus) vor, schon um 
desswillen, weil es in vielen Fällen vor der Operation zweifelhaft sei, ob der 
Ductus choledochus erkrankt sei. Er trägt kein Bedenken, den Ductus chole- 
dochus zu nähen. 

Herr Langenbuch fügt sum Schluss hinzu, dass er nicht in allen Fällen 
drainire; es sei indess in den meisten Fällen wünschenswerth, den Ductus chole- 
dochus offen zu halten. 

3) Herr Mühsam: Versuche mit Röntgenstrahlen bei experimen- 
teller Tuberkulose. 

M. hat, ausgehend von der Beobachtung, dass Bakterien durch Lichtstrahlen, 
besonders durch unmittelbare Bestrahlung durch die Bonne, in ihrer Entwicklung 
beeinträchtigt werden, analoge Versuche mit Röntgenstrahlen an Meerschweinchen 
gemacht. Er hat 28 Thieren eine Tuberkelbacillenaufschwemmung in die Bauch- 
höhle, Leistenbeuge, Kniegelenk, Haut injieirt. — 16 Thiere wurden durchleuchtet, 
12 dienten als Kontrollthiere, 1 starb vor der Beobachtung. an Peritonitis (die 
Kanüle hatte Nets und Pankreas verletst). 


384 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


Bei intraperitonealer Impfung starb das Kontrollthier nach 19 Tagen, während 
die durchleuchteten Thiere bis zu 64 Tagen, also bis 45 Tage länger, lebten. Ihre 
durchschnittliche Lebensdauer betrug 35%/3 Tage, also 162/; Tage mehr als die des 
Konttrollthieres. a 

In die Inguinalbeuge wurden 12 Thiere injicirt, davon 6 durchleuchtet. Bei 
sweien von ihnen wurde nach 39 Tagen die Durchleuchtung unterbrochen, da lokal 
jede Schwellung der Lymphdrüsen geschwunden war, während die Kontrollthiere 
ausgedehnte Eiterungen in der Inguinalgegend aufwiesen. 

Die beleuchteten Thiere starben indess bald darauf, fast gleichzeitig mit 
den Kontrollthieren. — Die lokale Infektion war bei den durchleuchteten Thieren 
auf ganz unbedeutende abgekapselte Herde beschränkt, während bei den nicht 
durchleuchteten Thieren große Zerstörungen der Drüsen und Weichtheile vorlagen. 
Von den übrigen in die Inguinalbeuge geimpften Thieren lebte eines 37 Tage 
länger als das Kontrollthier, bei 2 noch in Behandlung befindlichen übertrifft die 
Lebensdauer im Durchschnitt die der Kontrollthiere bis jetzt um 13 Tage. 

Bei der Impfung ins Kniegelenk hat sich ein Unterschied nicht herausgestellt; 
die Thiere starben mit 4 Tagen Differens. 

$ Das günstigste Resultat wurde erzielt mit den in die Haut geimpften Thieren: 
ein beleuchtetes Thier hat das nicht beleuchtete bis jetst um über einen Monat 
überlebt. Die Impfstelle scheint seit einem Monat abgeheilt zu sein. Das ge- 
storbene Kontrollthier zeigte eine 3markstückgroße, dem Lupus ähnliche Zerstörung 
der Haut, welche sich mikroskopisch als tuberkulös erwies. Außerdem hatte es 
ausgedehnte Tuberkulose der Lungen, Milz, Leber. 

Von den 26 in Betracht kommenden Thieren haben demnach in allen Fällen, 
wo größere Zeitunterschiede sich herausstellten, die durchleuchteten Thiere eine 
von 7—45 Tage längere Lebensdauer gehabt als die Kontrollthiere. 

M. zieht aus alledem den Schluss: dass die Röntgenstrahlen die allgemeine 
Tuberkulose beim Meerschweinchen nicht aufhalten, dagegen bis su einem gewissen 
Grade eine lokale Tuberkulose abhalten. Ob sie eine Heilung derselben herbei- 
führen, ist nicht erwiesen. 

(Erscheint ausführlich in der Deutschen Zeitschrift für Chirurgie.) 


4) Herr Sonnenburg: Krankenvorstellungen. 

8. steht einer Heilung mittels Röntgenstrahlen skeptisch gegenüber — um sich 
aber ein eigenes Urtheil bilden zu können, hat er 2 Pat. mit Gesichtslupus 
mittels Röntgenstrahlen behandelt. Es entstand auf der Haut eine weißliche 
Marmorirung, die allerdings wie Besserung aussieht. Ob durch die Behandlung 
nun eine Entzündung der Haut, Abtödtung oder Abschwächung der Virulenz der 
Tuberkelbacillen hervorgerufen werde, lässt er dahingestellt. 

Darauf stellt er 2 Pat. mit veralteten Kniescheibenbrüchen vor, die 
beweisen, dass trotz einer ganz bedeutenden (beinahe handbreiten) Diastase der 
Frakturenden und Atrophie des Quadriceps die Gebrauchsfähigkeit — Treppen- 
steigen, Beugung und Streckung bis zum rechten Winkel — eine recht gute sein 
kann. Das Röntgenbild des 2. Pat., der eine 2malige Fraktur erlitt, zeigt 
3 Knochenstücke. 


5) Herr Rotter: Ein Fall von Resektion des ganzen Oberarm- 
knochens wegen Sarkom. 

Die vorgestellte 47jährige Pat. erlitt vor 16 Jahren eine Fraktur des rechten 
Oberarmes, 10 Jahre später fiel sie auf die gebrochene Stelle, eine Er- 
höhung blieb zurück; nach einem Jahre brach sie den Arm nochmals. Seither 
allmähliche Vergrößerung des Callus bis zu einer vom Collum chirurgicum bis sur 
Ellbogenbeuge reichenden Geschwulstbildung. 

Die mikroskopische Diagnose eines ausgeschnittenen Stückes ergab : Knochen- 
geschwulst mit Überwiegen des fibrösen Gewebes. R. machte einen Längsschnitt 
entlang den großen Gefäßen, präparirte diese und den Nervus radialis, den er su 
2 Drittel resecirte, heraus und legte die Haut in Falten; der Vorderarm hing jetzt 
nur noch mit der Haut und dem Gefäßnervenbündel mit der Schulter zusammen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 385 


Die Frau ist sur Zeit im Stande, leichte Gegenstände mit der Hand zu halten. 
R. fügt hinzu, dass er die Amputation gemacht haben würde, wenn nicht die 
mikroskopische Untersuchung eine relative Benignität der Geschwulst ergeben 
hätte. 


6) Herr Löhlein stellt einen Pat. vor, der in Folge eines Sturzes aus ge- 
ringer Höhe auf einen eisernen Träger eine Zerreißung der Niere sich zugezogen 
hatte. 

Erst am Tage nach der Verletzung zeigte sich Brechneigung, aufgetriebener 
Leib, Anurie, Empfindlichkeit der Nierengegend. 

Bauchschnitt, Eröffnung der Nierenkapsel, Entleerung von Blutmassen aus 
derselben, so wie eines gänzlich abgerissenen Nierenstückes. Stillung der Blutung 
aus dem centralen Stück durch ein Schürzenband. 

Derselbe demonstrirt eine exstirpirte Gallenblase, in der sich 3845 Steine 
befanden. 


7) Herr Langenbuch zeigt einen seltsam geformten Schädel, der den Ein- 
druck macht, als hätte der einstige Besitzer desselben 4 Augen gehabt, 2 vorn, 
2 hinten. 

Es handelt sich um Foramina emissaria, einen Bildungsfehler, dessen Ursache 
— nach Virchow — entzündliche Veränderungen der Dura mater sind. 


8) Herr Lohse: Demonstration von Präparaten. 

Das Präparat stammt von einem 17jährigen Schmiedelehrling, der angeblich 
ohne Ursache plötzlich mit heftiger Brustbeklemmung, Athemnoth und mehrmaligem 
Erbrechen erkrankt war. Hohes Fieber, über 120 Pulse. Pat. bot das Bild einer 
schweren Pneumonie. Die Untersuchung ergab in beiden Pleurasäcken ein nicht 
sehr hoch stehendes Exsudat. Auf der rechten Seite wurden 200 ccm serös- 
blutiger, auf der linken eben so viel eitriger, höchst übelriechender Flüssigkeit 
entnommen. Rippenresektion links. 

Die Diagnose einer Ösophagusruptur wurde sicher, als sich in der geöffneten 
Pleurahöhle Speisereste, wie Weintraubenschalen und Semmelbrocken, vorfanden 
und in reichlicher Menge ans Tageslicht gefördert wurden. Pat. gab dann auch 
an, dass er schon längere Zeit sich geübt hatte, einen selbstverfertigten Degen 
tief in die Speiseröhre einzuschieben. Pat. wurde einige Tage künstlich ernährt. 
Dann stellte sich heraus, dass bei seitlich einfallendem Licht in der Tiefe der 
Resektionswunde in der Nähe der Wirbelkörper ein ca. 2cm langer Schlitz su 
sehen war. Der Gedanke, durch Fortnahme mehrerer Rippen das Operationsfeld 
bloß zu legen und eine Sekundärnaht am Ösophagus zu versuchen, lag nahe. 
Allein es zeigte sich nach Resektion der nächstbeiden unteren Rippen, dass der 
sondirende Finger durch den Schlitz in einen Hohlraum gelangte, der sich als das 
hintere Mediastinum erwies und der mit dem durchbohrten Ösophagus kommuni- 
ciren 'musste. Man konnte die eingeführte Magensonde deutlich den Ösophagus 
passiren fühlen, die eigentliche Perforation der Speiseröhre war dagegen mit dem 
Finger nicht zu erreichen, sondern musste weiter oben vermuthet werden. Ein 
direkter Verschluss der Wunde war unter diesen Umständen nicht zu ersielen. 
Die Pleurahöble wurde tamponirt und Pat. weiter künstlich ernährt. 

Am Morgen einer 'geplanten Gastrostomie verfiel Pat., dessen Kräftesustand 

bisher immer leidlich geblieben war, schließlich in äußerste Schwäche und verstarb 
in wenig Stunden. 
„ Bei der Obduktion stellte sich heraus, dass sich das vermuthete Loch im 
Ösophagus ca. 13 cm unter den Stimmbändern und etwa 2 em unter der Bifurka- 
tion der Trachea befand. Von dort gelangte man nach links in das verjauchte 
Mediastinum posticum, dessen Öffnung nach der linken Pleura hin durch die 
Thoraxwunde sichtbar gewesen war. Das Instrument war offenbar diesem Befund 
gemäß durch den Ösophagus und diesen durchschreitend in die Pleurahöhle ein- 
gedrungen. Nach rechts bestand gleichfalls eine Kommunikation, die nur halb so 
groß war als links und sum Theil als sekundär auf dem Wege der Mediastinal- 
uloeration zu deuten ist. 


386 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


9) Herr Lewerens: Vorzeigung von Präparaten. 

Das zuerst demonstrirte Präparat (Fötus) gewann L. durch eine Operation, 
welche an einer mit peritonitischen Erscheinungen erkrankten Pat. vorgenommen 
worden war. Aufgetriebensein des Leibes, Schmerzempfindlichkeit (die Menses waren 
angeblich immer ganz regelmäßig gewesen) hatten auf einen perforativen Vorgang 
hingedeutet. Bei der Laparotomie fand sich, der linken Seite des kleinen Beckens 
anhaftend, ein kleinapfelgroßer, membrands eingehüllter Tumor, darin eingekapselt 
ein hühnereigroßer sulsiger Klumpen, der sich von hinten den linken Adnexen 
anlegte. Die Geschwulst konnte ohne größere Blutung stumpf herausgelöst werden. 
Die Kranke ist völlig geheilt. h 

Es wurde auf diese Weise ein menschlicher Fötus in einem selten frühen 
Entwicklungsstadium gewonnen. Derselbe misst vom Nacken- bis sum Schwans- 
höcker 24cm. Die Himblasen sind deutlich ausgebildet. Man erkennt, wenn 
auch undeutlich, das Augenbläschen und die Anlage des Ohres. Die oberen Ex- 
tremitäten sind angedeutet, während sich die hinteren Gliedmaßen noch kaum be- 
merkbar machen. An der Bauchseite tritt die Allantois deutlich hervor. 

I. Ein 57jähriger Kansleidiener, seit vielen Wochen an Schlingbeschwerden 
leidend, konnte ohne Beschwerden nur flüssige Nahrung zu sich nehmen, war 
außerhalb des Krankenhauses mehrfach schon mit der Schlundsonde untersucht 
worden; nur eine ganz feine Sonde gelangte in den Magen. Bei erstmaligem 
Sondiren — im Lasaruskrankenhause — gelangte selbst die feinste Sonde nicht 
weiter hinab, als oa. 27 cm; dort stieß sie auf ein unüberwindliches Hindernis. 
Bei weiteren Sondirungen gelangte sie nur wenig weiter, es wurde daher eiae 
Gastrostomie mit Gastroenterostomie vorgenommen. Schon vor der Operatien be- 
stehende bronchitische Beschwerden verschlimmerten sich, Pat. ging an putrider 
Bronchitis und Pneumonie zu Grunde. 

Bei der Sektion fand sich im Ösophagus 12,5 cm unterhalb des unteren Randes 
des Schildknorpels ein ca. 5markstückgroßes, ringförmiges Geschwür, entsprechend 
der Bifurkationsstelle der Trachea. Am oberem Rande zeigt das Geschwür einen 
ziemlich dioken Wall. Unterhalb dieses besteht eine ca. 50pfennigstückgroße 
Kommunikation mit dem Anfangstheil des linken Bronchus. 

L. fügt zum Schluss die Bemerkung hinzu, dass er der Gastrostomie die 
Gastroenterostomie hinzugefügt, um eine schnellere Magenentleerung zu erzielen 

Sartfert (Berlin). 


17) Einhorn. Die Besichtigung der Speiseröhre und der Cardia. 
(New Yorker med. Monatsschrift 1897. December.) 

Verf. hat mit Hilfe eines New Yorker Instrumentenmachers mehrfach Öso- 
phagoskope konstruirt, welche gekrümmt eingeführt und dann mittels eines Ob- 
turators gerade gerichtet werden können: so ein spiraliges Instrument, ein anderes, 
das durch Drähte und Schraubenvorrichtungen beliebig biegsam und gerade ge- 
macht werden kann. Er ist aber von allen diesen Versuchen wieder abgekommen, 
da die Geraderichtung oft nicht ganz genau war, und wendet wieder das ursprüng- 
liche Instrument von Mikulicz und v. Hacker an. Die Modifikation Rosen- 
heim’s hält er für unwesentlich. Er hat an dem Obturator einen Wattehalter 
angebracht; die Watte schließt die untere Tubenöffnung schön rund ab und ist 
sauberer. Verf. führt das Ösophagoskop im Sitzen ein, ohne jede allgemeine oder 
lokale Anästhesirung. 

Das neuerdings von Kelling angegebene biegsame Instrument hat er noch 
nicht angewendet. Tschmarke (Magdeburg). 


18) Lemaitre. Oesophagotomie externe chez un enfant de 6 mois. 
(France med. 1896. No. 49.) 


Die Operation wurde ausgeführt 14 Tage nachdem das Kind eine Brosche ver- 
schluckt hatte, und die Speiseröhre sofort wieder genäht. 3 Jahre später konnte 
eine Schluckbehinderung nicht konstatirt werden. Das Interessante dieser Beob- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 387 


achtung liegt, abgesehen von dem glücklichen Ausgang der Operation in so 
jugendlichem Alter, auch noch in der nachgewiesenen ganz außerordentlichen 
Dehnbarkeit und Elastieität der kindlichen Speiseröhre. 

Koenig (Wiesbaden). 


19) Kayser. Ein Fall von Stichverletzung des Zwerchfells. 
(Mittheilungen a. d. Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd. I. Hit. 3.) 
Ein Arbeiter wurde mit mehreren frischen Stichwunden in Hals und Rücken 

und einer 3cm langen horisontalen Wunde jim 6. Interkostalraum in der Mam- 

millarlinie eingeliefert, aus welcher ein Stück des großen Netzes 4 om weit heraus- 
hing. Dasselbe wurde noch weiter vorgesogen und am Zurückschlüpfen durch 
eine Naht verhindert, später mit dem Thermokauter abgetragen. Der Kranke 
wurde nach 2 Monaten als geheilt, völlig frei von Beschwerden entlassen. Es lag 
also eine Verletzung des Zwerchfells vor, eine Kommunikation der Brust- und 

Bauchhöhle. Der spätere Vorschlag, das Loch im Zwerchfell aufzusuchen und su 

nähen, wurde vom Pat. zurückgewiesen. — 2 Monate darauf wurde derselbe Mann 

schwer krank mit den Erscheinungen des Ileus wieder aufgenommen: Schmerzen, 

Durst, Erbrechen, Collaps, Cyanose und Kälte der Extremitäten; Bauch nicht auf- 

"getrieben, nirgend schmerzhaft, keine Peristaltik. Bei der Operation zeigte sich, 

dass ein Netzstrang nach dem Zwerchfell hinzog und dort durch einen 2 cm langen 

Schlitz in der Brusthöhle verschwand, und außerdem noch ein Strang, der sich 

als ein Theil des Magens erwies. Naht des Zwerchfellloches, Schluss der Bauch- 

höble. Trotz der gut gelungenen Operation und anfänglich guten Allgemein- 
befindens Tod 3 Tage später. Die Sektion ergab keine Peritonitis, aber eine 
doppelseitige fibrinöse Pneumonie. Der Tod ist durch die Weigerung des Pat., 
sich nachträglich operiren zu lassen, herbeigeführt. Verf. zieht für sich die Lehre 
daraus, in äbnlichen Fällen sofort auf einer Operation su bestehen; unter dem 

Eindruck ihrer Verletzung würden sich die Kranken leichter dasu verstehen, als 

später, wenn sie sehen, dass die Heilung auch ohne Operation scheinbar ganz gut 

vor sich geht. 

(Es würde sich aber auch wohl empfehlen, schon aus rein technischen und 
wissenschaftlichen Gründen, bei Vorfall von Bauchinhalt stets sofort operativ vor- 
zugehen, als die Heilung einem höchst unsicheren Zufall zu überlassen. Ref.) 

Tschmarke (Magdeburg). 


20) R. C. Wanach. Die operativen Methoden der Eröffnung des 
Subdiaphragmalraums und ihre Indikationen. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. No. 1. [Russisch.)) 

9 Fälle aus dem Petri-Pauli’schen Hospital in Petersburg. 1) Peritonitis dif- 
fusa ex appendicite. Eröffnung der Bauchhöhle rechts und links in der Leisten- 
gegend, Fortsetzung des Schnittes rechts bis zur Leber, Tamponade. Processus 
vermiformis nicht aufgefunden. Bei einem Verbandwechsel fand man 2 Kothsteine. 
Heilung. 2) Leberabscess. Resektion der 10. Rippe, Pleurablätter, Zwerchfell und 
Leber verwachsen. Tod nach 19 Tagen. Sektion: Außer der eröffneten Eiterhöhle 
noch einige kleinere in der Leber. 3) Appendieitis gangraenosa, Eröffnung der 
Eiterhöhle, Tamponade. Nach 3 Tagen Eröffnung eines subphrenischen Absoesses, 
wobei die Pleurablätter verwachsen gefunden wurden. Nach 6 Wochen Operation 
eines Bruches in der Narbe des Leistenschnittes. Heilung. 4) Darmtyphus, Milz- 
abscess, Abscessus subphrenicus. Pleurablätter verwachsen. Eröffnung des Abscesses 
mit Rippenresektion. Tod nach (Dh Monat an vereitertem, in die Bronchien ein- 
gebrochenem Lungeninfarkt. 5) Stichwunde in der hinteren Axillarlinie rechts, an 
der 10. Rippe. Transpleurale Leberwunde, Pneumothorax, subphrenischer Abscess. 
Resektion der 9. und 10. Rippe, Entleerung des Eiters. Im weiteren Verlauf 
seröses Exsudat und später abgesackte Eiterhöhle im Pleuraraum. Heilung. 
6) Leberabsoesse (2), von denen einer in die Pleura perforirte. Pleurotomie, Er- 
weiterung der Öffnung im Zwerchfell. Tod nach 14 Tagen. Sektion: Noch eine 
große Höhle in der Leber, vereiterte Infarkte in der Mils. 7) Subphrenischer 


388 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


Abscess, Pleuritis serosa. Zweiseitige Eröffnung, Heilung. 8) Subphrenischer 
Echinococcus; Schnitt durch die Pleura, Vernähung mit dem Zwerehfell. Ent- 
leerung des Eiters und der Blasen. Die Wunde sonderte viel Galle ab; das seröse 
Pleuraexsudat wurde eitrig. Drainage, Heilung. 9) Appendicitis gangraenosa, 
Entfernung des Processus; keine Besserung. Nach 2 Monaten Leberabsoess konstatirt. 
Schnitt durch die nicht verwachsene Pleura; Leber nicht verwachsen. Tampons 
swischen Leber und Zwerchfell, Hervorziehen des letsteren durch die Wunde; Er- 
öffnung des Absoesses, der 2 om tief in der Leber saß. Tamponade, Heilung. In 
solchen Fällen muss äußerst sorgfältig tamponirt werden. 
G@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


21) Mannaberg. Zur Kasuistik der vielfachen Schussverletzungen 
des Dünndarms. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.) 


Wölfler hat durch operatives Eingreifen 6 Stunden nach der Verletzung ein 
günstiges Resultat ersielt in einem Falle von Bauchschuss, der besonders durch 
die große Zahl der Darmverletsungen interessant ist. Das 6 mm-Revolvergeschoss, 
aus 2 m Entfernung abgefeuert, hatte 17 Verletsungen den unteren Ileums 
(16 Perforationen, 1 Streifschuss) erzeugt, welche sämmtlich in querer Richtung 
genäht wurden. Zur Freilegung der am Gekrösansatz gelegenen Ausschüsse war 
mehrfach Spaltung des Mesenteriums nöthig. Außerdem musste ein starker Ast 
der A. mesent. superior, welcher durchschossen war, unterbunden werden. — Die 
Bearbeitung des Falles giebt dem Verf. Gelegenheit su kritischen Bemerkungen 
über die Verwerthung der Statistik der Heilresultate für die Indikationsstellung 
und zur Präcision seiner Anforderungen an eine brauchbare Statistik. Mit der 
Empfehlung der sofortigen Laparotomie für alle Fälle, in denen eine Perforation 
des Darmes sicher oder wahrscheinlich ist, vorausgesetzt, dass der Zustand des 
Verletzten eine solche noch erlaubt, dürfte wohl jeder Chirurg einverstanden sein. 
Bei zweifelhaften Fällen wird zu diagnostischen Zwecken die präparatorische Er- 
weiterung des Einschusses unter Schleich’scher Infiltrationsanästhesie empfohlen. 


Hofmeister (Tübingen). 


22) K. Dahlgren. Fall af diffus purulent peritonit efter gangränös 
appendieit. — Ovarialkystom. — Helsa. 
(Upsala Läkareforen. Förhandl. N. F. Bd. II. p. 274.) 


Verf. theilt die detaillirte Krankengeschichte eines Falles mit, wo eine reci- 
divirende Appendicitis su Gangrän des Proc. vermiformis mit diffuser, eitriger 
Peritonitis führte, und Pat. außerdem eine Ovarialeyste hatte. Unmittelbar nach 
dem Auftreten der allgemeinen Bauchfellentzündung wurde zuerst mittels Incision 
in dem hinteren Scheidengewölbe ein von der Bauchhöhle abgekapselter Eitersack 
entleert. Die obere Wand des Sackes wurde von einer Ovarialeyste gebildet; diese 
wurde in derselben Sitsung punktirt. Wasserklarer Inhalt. Am folgenden Tage 
wurde die Laparotomie gemacht, wobei ausgedehnte Verlöthungen zwischen den 
Därmen getrennt und große Mengen von Exsudat, theilweise von eitrigem Charakter, 
durch Ausspülung mit physiologischer Kochsalzlösung entfernt wurden. Die im 
kleinen Becken festgelöthete Appendix wurde mit der Schere abgetrennt. Das 
abgetrennte Stück war perforirt und völlig gangränds. — 2 Wochen nachher musste 
wegen erneuter Temperatursteigerung noch einmal operirt werden. Verf. entfernte 
dann von der Vagina aus die obengenannte Ovarialcyste sammt der rechten Tube. 
Nach einer temporären Kothfistel wurde Pat. zuletzt völlig gesund entlassen. 

In der Epikrise des Falles weist Verf. auf den Gedanken der Kontagiosität 
der Appendicitiden hin. Pat, hatte eine Zeit lang mit einem anderen vom Verf. 
kurz zuvor wegen akuter gangränöser Appendicitis mit diffuser Peritonitis ope- 
rirten Mädchen zusammengewohnt. A. Hansson (Cimbrishamn). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 389 


23) v. Erlach. Zur Behandlung der operativen Peritonitis. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 3.) 

Der diesen Betrachtungen zu Grunde liegende Fall ist folgender: 

Ovariotomie bei einem 20jährigen Mädchen wegen rechtsseitiger Eierstocks- 
geschwulst mit Stieldrehung, nach Punktion der Cyste bei eröffnetem Bauchfell. 
Bauchhöhle in gewöhnlicher Weise durch Seidennaht in 3 Etagen geschlossen. 

Verlauf in den ersten Tagen scheinbar reaktionslos. Am 3. Tage Abgang von 
Winden. Am 4. Tage auf Klysma 3 ausgiebige Stuhlentleerungen. In der Nacht 
vom 4. sum 5. Tage mehrmaliges Erbrechen, keine Winde mehr. Leib aufgetrieben, 
links druckempfindlich, 140 kleine Pulse. Im Lauf der Nacht (5.—6. Tag) wird der 
Puls unregelmäßig, aussetzend, endlich Radialpuls kaum mehr fühlbar. Sensorium 
stets frei. Am 6. Tage p.o. 4 Uhr Morgens Relaparotomie. Nach Eröffnung der 
p. p. geheilten Bauchwunde quoll 1/4 Liter Flüssigkeit aus der Bauchhöhle, zuerst 
von trüber, seröser Beschaffenheit, dann nach leichtem Druck auf die linke Seite 
ungefähr ein Esslöffel voll Eiter. Jodoformgazetamponade. Kognakklysmen mit 
Milch. Im Verlauf des Tages mehrmals spontan Stuhl. Nach 3 Tagen sistirte das 
Erbrechen. Glatte Heilung. Hübener (Breslau). 


24) v. Beck. Zur operativen Behandlung der diffusen eitrigen Per- 
forationsperitonitis. 
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.) 

v. B. berichtet über 12 Fälle von eitrig jauchigen, durch Organperforationen 
bedingten Peritonitiden, welche er im Laufe von 6 Monaten behandelt hat. 11 Fälle 
kamen zur operativen Behandlung, und von diesen genasen 4. Die Ursache der 
Perforation war in den geheilten Fällen imal Appendicitis, 1 subkutane Zerreißung 
des Ileums, 1 vereitertes Ovarialkystom, 1 purulente Parametritis. Von entschei- 
dendem Einfluss erwies sich die Zeit, welohe swischen Perforation und Operation 
verstrichen war. Bei den geheilten Fällen setste die Peritonitis sehr stürmisch 
ein, so dass sie frühzeitig in Behandlung kamen; 2mal wurde mit glücklichem 
Erfolg operirt 6 Stunden, imal 1 Tag und imal 2 Tage nach der Perforation; alle 
später Operirten starben. Die Behandlung bestand in ausgiebigem Bauchschnitt 
und Ausräumung des Exsudats meist mittels reichlicher Kochsalsspülung. Deen 
kamen die nach Lage der Einzelfälle indioirten Eingriffe an der Perforationsstelle. 
Auf Grund seiner Erfahrungen räth Verf. zu möglichst frühseitiger chirurgischer 
Therapie, Hofmeister (Tübingen), 


25) Annual meeting of the Brit. med. association, held in Montreal 
august 1897. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.) 
A discussion on appendioitis. 

In dem die Diskussion über Appendicitis einleitenden Vortrag berichtet 
G. E. Armstrong zunächst über eine Sammelstatistik von Appendicitisfällen aus 
3 Hospitälern; von 517 seit 1889 sur Behandlung gekommenen Pat. betrafen 
340 männliche, 174 weibliche, also nahezu ein Verhältnis von 2:1. Bemerkens- 
werth ist ferner das Anwachsen der Erkrankung in den 3 ersten Lebensdecennien 
und dann der allmähliche Abfall. 

389 Pat. wurden operirt, 128 wurden ohne Operation behandelt; von diesen 
letzteren starben nur 4 (3,12%) in Folge von septischer Peritonitis; sumeist waren 
es so milde Erkrankungsformen, dass eine Operation gar nicht in Frage kam. 

Von den 389 Operirten wurden 84 im Intervall operirt (ohne einen Todesfall), 
von 305 im akuten Stadium Operirten starben 63 (20,65%) — es waren dies su- 
meist ganz schwere Erkrankungen, 36mal handelte es sich dabei um allgemeine 
septische Peritonitis, 2mal um tuberkulöse Appendicitis und Peritonitis, 18mal um 
einfache Absoesse, 5mal um septische Infektion der Mesenterialvenen und Leber- 
abscess. 2mal waren pneumonische Affektionen die Todesursache. Hauptsächlich 


390 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


die Fälle von allgemeiner Peritonitis und Abscessbildung erhöhen die Mortalitäts- 
ziffer. Intervalloperationen gaben die allerbesten Aussichten. 

Abführmittel werden von A. vermieden, Opium nur gegeben, wenn das Bild 
ganz klar ist, und der Behandlungsplan feststeht, oder wenn Erbrechen oder Peri- 
staltik eine Verschleppung der Infektionskeime befürchten lassen — vor der 
Operation. 

Ausgebildete Fälle, wo Schmerzen, Empfindlichkeit, Erbrechen, Muskel- 
spannung, Fieber, Pulsbeschleunigung und ängstlicher Gesichtsausdruck bestehen, 
werden von A. der Operation untersogen. In milderen Fällen wird, wenn nach 
24—36 Stunden keine deutliche Besserung eingetreten, die Operation angerathen, 
wenn am 3. Tage kein entschiedener Nachlass da ist, aufs energischste darauf ge- 
drängt. 

Bei der operativen Technik hebt A. den Vortheil von Spülungen mit physio- 
logischer Kochsalslösung bei allgemeiner Peritonitis und ausgiebiger Drainage 
besonders hervor. Im Aufsuchen des Processus vermiformis nach Eröffnung von 
Abscessen empfiehlt er keine zu große Zurückhaltung. Bei der Suche nach der 
Appendix werden oft Abscesse eröffnet, die sonst vergessen worden wären. Die 
Gefahr der allgemeinen Peritonitis nach der Operation ist gering, es bilden sich 
rasch wieder schützende Verklebungen (9mal unter den referirten Fällen beobachtet) 
Seit 1 Jahr beobachtet A. diese Grundsätze: In dieser Zeit wurden von 28 Pat. 
(7 genasen so und lehnten Intervalloperation ab) 22 operirt, 8 im Intervall, 14 im 
akuten Stadium; die Appendix wurde stets entfernt; Amal war allgemeine Peri- 
tonitis vorhanden, 10mal Abscesse — sämmtliche Pat. genasen —, 15mal kam es 
zur Kothfistel, welche 8mal spontan, Imal nach Operation heilte, in 2 Fällen ist; 
das Resultat noch nicht fest, 4 Pat. starben. 

W. Cousins hebt das wechselvolle Bild der Appendicitis hervor, so dass bei 
der Entscheidung zur Operation Klassifikation und Statistik allzu oft im Stich 
lassen. Er ist für Frühoperation bei allen schweren Fällen. In Bezug auf die 
Technik warnt er vor einer zu ausgedehnten Durchwühlung der Abscesswand beim 
Aufsuchen der Appendix. i 

Ball (Dublin) hält bei allgemeiner Peritonitis, bei Abscedirung, bei häufigen 
quälenden Anfällen die Indikation für die Operation unbedingt gegeben — die 
Fälle von erstmaligem Anfall und Fälle im Frübstadium bieten allein die Schwie- 
rigkeiten. Einen bestimmten Zeitraum des Zuwartens festzulegen, geht nicht an. 
Jeder Fall muss für sich beurtheilt werden. 

J. Lloyd unterscheidet die Fälle, wo die Entzündung auf das Innere des 
Wurmfortsatzes beschränkt ist — sie heilen bei interner Behandlung aus — von 
den Fällen, in denen das Bauchfell betheiligt ist. Die letzteren führen zumeist 
zu einer Schwellung, die operativ eröffnet werden soll. Bei allgemeiner Peritonitis 
ist sofortige Operation etc. angezeigt. Recidivfälle sollten stets operirt werden, 
und swar im Intervall. 

W. Hingston war nur in 10% der Fälle, zu denen er zugesogen wurde, 
genöthigt, zum Messer zu greifen. Er ist für Einschränkung der Operations- 
indikation. 

Van der Veer weist besonders auf die Fälle hin, wo der 1. Anfall schwer 
ist; sie sollten operirt werden im Intervall; denn der 2. Anfall sei gefährlich und 
könne schlecht ausgehen. 

A. H. Fergusson (Chicago) operirt nicht bei einfacher Kolik des Proc. 
vermiformis, nicht während der Höhe der Entzündung bei unklarer Diagnose oder 
sonstigen schweren Komplikationen. Bei ausgesprochener Erkrankung zieht er 
Operation in den ersten 3 Tagen vor; bei deutlicher Schwellung, Perforation und 
Recidiv wird gleichfalls operirt. 

Gordon (Portland) sieht keinen Unterschied bei Peritonitis, die von der Ap- 
pendix oder anderwärte ausgeht. Er behandelt die Appendicitis wie eine andere 
Peritonitis. Er giebt zunächst salinische Abführmittel oder ev. Klystiere und 
kommt damit in 90% der Fälle über den 1. Anfall hinweg. Dann räth er zur 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 391 


Intervalloperation. Wenn nach Stuhlentleerung, Absinken der Temperatur und 
Nachlass der Schmersen bei seiner Behandlung das Fieber wieder ansteigt, räth 
er ebenfalls sofortige Operation an. F. Krumm (Karlsruhe). 


26) J. B. Deaver. Some mooted points in the pathology of appendicitis. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. August.) 


D. bespricht die Ätiologie der Appendieitis an der Hand von 40 gut studirten 
Fällen. 20mal enthielt der erkrankte Wurmfortsatz ein Kothkonkrement;; 25mal 
bestand an einer oder mehreren Stellen ein partieller Verschluss der Lichtung; 
nur imal bestand »Appendieitis obliterans«, in 7 Fällen lag Ruptur vor, 3mal 
Abscesse in der Wand der Appendix, imal ein Fremdkörper. 

In 3 Fällen von akuter Appendicitis mit Abscessbildung wurde Blut entnommen 
und die Probe nach Durham (»On special action of serum on immunized animals«, 
Rede in der Royal Medical Society London 1896 Janusr) mit dem Bacterium ooli 
gemacht. Die Bacillen verloren ihre Beweglichkeit und zeigten Klumpenbildung; 
Kontrollversuche mit normalem Blut fielen negativ aus. Nach Eröffnung der 
Absoesse zeigte sich in denselben der Colonbacillus nahezu in Reinkultur. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


27) Mohr. Akuter Darmwandbruch der Linea alba. 
(Mittheilungen a. d. Hamburgischen Staatskrankenanstalten Bd. I. Hft. 3.) 


Ein solcher, bisher noch nicht in der Litteratur beschriebener Fall betraf ein 
5/4 Jahr altes Kind, das in Folge starken Pressens einen Darmwandbruch durch 
einen Schlitz der Fascia transversa etwas unterhalb des Nabels bekam: nur einmal 
Erbrechen su Anfang, Schmerzen, Unbehagen, Fieber. Nach 3 Wochen entleerte 
sich in der Gegend des Nabels eine reichliche Menge geruchlosen Eiters; darauf 
Abfall der Temperatur. Nach Aufhören der Eiterung wieder Fieber. 6 Wochen 
nach der plötslichen Erkrankung wurde das Kind ins Krankenhaus gebracht, wo 
eich 3 Tage später an derselben Stelle wieder geruchloser Eiter entleerte. Nach 
Spaltung der Fistel und des weit nach abwärts reichenden Abscesses kommt die 
Darmfistel im oberen Wundwinkel zum Vorschein, ohne dass Koth austritt. 
10 Tage später Vorfall von 10 cm Darm und von nun an Entleerung sämmtlichen 
Kothes durch die Fistel, welche offenbar dem Jejunum angehörte. Einen Tag 
nach der Darmresektion Tod an Collaps. Die Sektion zeigte ein 5pfennigstück- 
großes rundes Loch gegenüber dem Gekrösansatz ohne jede Andeutung einer 
Divertikelbildung. — Es drängt sich die Frage auf, ob es nicht sweckmäßiger 
gewesen wäre, gleich die Darmschlinge zu lösen und die Fistel su schließen? 
Leider fehlt die Angabe, wie viel Tage nach dem Vorfall das Kind operirt wurde; 
durch die Kothentleerung aus der sehr hoch sitzenden Schlinge kam das Kind 
nach den Angaben der Krankengeschichte »rapid herunter«! Ref. 

Tschmarke (Magdeburg). 


28) A. H. Tubby. Some unusual forms of hernia. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.) 

Die berichteten Fälle zeigen Besonderheiten nach Form und Inhalt der ope- 
rirten Hernien und auch wegen des jugendlichen Alters der Pat. 

Im 1. Falle handelte es sich um ein 3jähriges Kind mit eingeklemmtem an- 
geborenem linksseitigen Leistenbruch; in der linksseitigen Hernie fand sich bei 
der Operation der Blinddarm sammt Proo. vermiformis, wie benachbarter Dick- 
und Dünndarm. Radikaloperstion. Heilung. 

Auch im 2. Falle bei einem 12 Monate alten Kind fanden sich die gleichen 
Darmabschnitte in einem rechtsseitigen eingeklemmten Hodensackbruch. 

Der 4. Fall zeichnete sich dadurch aus, dass eine interstitielle Hernie (swischen 
Muse. obliq. int. und Transversus abdominis) bei einem 4 Monate alten Kind 
vorlag; dieselbe war irreponibel und entzündet; T. hat desshalb die Operation 
ausgeführt, bei der sich beide Ovarien und Tuben vorfanden — nur zum Theil 


392 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


war eine peritoneale Bedeckung vorhanden. Ein cystisch entartetes Ovarium wurde 
entfernt, das Übrige reponirt. Das Kind ging 4 Wochen später an einer Phleg- 
mone zu Grunde. F. Krumm (Karlsruhe). 


29) de Garmo (New York). Two hundred and fifty Bassini opera- 
tions for the cure of inguinal hernia; without mortality. 
(Journ. of the Amer. med. assoo. 1897. No. 14.) 

Verf. operirte bei 216 Pat. (34mal doppelseitig), und zwar 52 weiblichen, 
164 männlichen Geschlechts des verschiedensten Lebensalters. 93mal bestand ein 
Hodensaokbruch, 17mal Einklemmung, in 55 Fällen war der Bruch irreponibel. 
Bei einem 53jährigen Mann maß der Umfang der Hernie 2 Fuß, dieselbe reichte 
fast bis sum Knie und enthielt außer Nets und Darm die ausgedehnte Blase. 
Uriniren konnte der Mann vor der Operation nur, wenn er den Bruch mit beiden 
Händen komprimirte. Nach der Operation trat Urinverhaltung ein, und da es 
nicht gelang, den Katheter einsuführen, wurde die sehr ausgedehnte Blase durch 
Laparotomie geöffnet und drainir. Nach schneller Heilung ist innerhalb von 
2 Jahren kein Recidiv eingetreten. — Im Bruchkanal wurde 3mal ein Ovarium, 
9mal ein Hode gefunden, häufig erweiterte Venen, 4mal Cysten. 207mal heilten 
die Wunden per primam, die Pat. standen nach 10 Tagen auf und wurden meist 
nach 14 entlassen. Die längste Heilungsdauer erforderte 28 Tage. — Als Naht- 
material benutzte Verf. meist Silkwormgut mit wenig befriedigendem Erfolg (Imal 
stieß sich ein Faden noch 1 Jahr nach der Operation aus), später ausschließlich 
Känguruhsehne. — Ein Bruchband ließ Verf. nie nach der Operation anlegen. 
6mal trat ein Recidiv ein, bei 3 Pat. steht ein solches zu erwarten; bei 3 von den 
6 wurde die Operation — anscheinend mit Erfolg — wiederholt. Die Beobach- 
tungsdauer betrug längstens 3 Jahre. Martens (Berlin). 


30) Borohardt. Osteoplastischer Verschluss großer Bruchpforten. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.) 

Körte hat 4mal Gelegenheit gehabt, den Verschluss großer Bruchpforten nach 
dem Vorgang von Trendelenburg und Kraske durch einen nach oben ge- 
klappten Periost-Knochenlappen aus dem horizontalen Schambeinast zu bewerk- 
stelligen. Von den 4 Pat. ist die erste 31/,, die zweite 21/,, die dritte 13/4 Jahre 
und die letzte 4 Monate recidivfrei. Im 1. Falle ist nur ein Theil der Knochen- 
platte erhalten geblieben und bewirkt eine Erhöhung des Beckenrandes auf der 
operirten Seite (cf. die beigegebene Röntgentafel); in den übrigen Fällen sind die 
Knochenplatten noch zu fühlen. Verf. empfiehlt demnach den osteoplastischen 
Verschluss für alle die Fälle, wo die Naht der Bruchpforte unmöglich oder nur 
unter großer Spannung ausführbar ist; im Allgemeinen eignet sich das Verfahren 
besonders für Schenkelbrüche. j Hofmeister (Tübingen). 


31) @. N. de Voogt. Over de radicale behandeling van Navelbreuken 
volgens Dauriac. 
(Geneesk. Bladen 1897. No. 9.) 

Auf radikale Beseitigung von [Nabelbrüchen können nur die Methoden An- 
spruch erheben, bei denen gleichzeitig mit dem Bruchsack auch der Nabel ex- 
stirpirt (wird. Dieser Bedingung haben die in den letsten Jahren publieirten 
Verfahren Rechnung getragen, u. A. die Omphalektomie und die Operation nach 
Dauriac (L’entrecroisement partiel des droits). Bei beiden Methoden wird die 
ganze Bruchwand mittels 2 bogenförmigen Schnitten, die gleichzeitig die Scheiden 
der Recti eröffnen, entfernt. Während aber bei der Omphalektomie die verschie- 
denen Schichten mit Etagennaht einfach an einander genäht werden (die Schichten- 
eintheilung ist vielfach modifieirt), ist die Methode Dauriac’s komplieirter. Bei 
dieser wird durch Kreuzung der zugeschittenen innersten Drittel der Mm. reoti 
abdom. versucht, dem Locus minoris resistentiae, der Pforte eines Bruches des 
Nabels oder der Linea alba, eine gans besondere Verstärkung zu verleihen. Verf. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 393 


giebt an der Hand einiger Abbildungen eine getreue Beschreibung des Operations- 
verfahrens mit der eigenthümlichen Muskelnaht (eine Art durchlaufender Matratzen- 
naht) und die Krankengeschichten von 7 Fällen aus der Leidener Klinik, durch 
Prof. v. Itterson operirt. Von diesen 7 — mit Ausnahme eines Falles, wo es sich 
um eine Hernia epigastrica handelte — alle Nabelbrüche betreffend, sind 5 nach 
Dauriac behandelt und 2 mit einfacher Omphalektomie. Obwohl regelmäßig 
Heilung eintrat, war der Wundverlauf in den 5 erstgenannten nur imal ungestört, 
in 1 anderen komplieirt durch multiple Abscesse und Aufgehen der ganzen Wunde, 
in den 3 übrigen nur von geringeren Störungen begleitet. Von den 2 Fällen mit 
Omphalektomie verlief Imal die Wundheilung reaktionslos, das andere Mal mit 
nur geringfügigen Komplikationen. 

Mit den Dauerresultaten ist Verf. sehr zufrieden: »die Pat. sind alle frei von 
Recidiv und frei von Beschwerden geblieben«. Sieht man sich näher die Kranken- 
geschichten an, so fällt auf, dass nur in 2 Fällen, beide nach Dauriac und 
größtentheils p. p. i. geheilt, die Beobachtung über längere Zeit läuft, 2 Jahre 
resp. 91/3, Monate. Im 1. Falle, wo inzwischen noch eine Entbindung durch- 
gemacht ist, ohne Spur von Recidiv zu zeigen, ist das Resultat wohl endgültig 
glänzend. In den 5 übrigen Fällen dagegen scheint die Publikation in Bezug auf 
einen derartigen Anspruch etwas verfrüht, da nur 3 Monate — in einem Falle 41/3 
— seit der Entlassung verstrichen waren. 

Verf. beschließt seine Arbeit mit einer warmen Empfehlung der Dauriac- 
schen Methode, die wohl besser als jede andere im Stande sei, die Bauchwand zu 
verstärken. Nur in den Fällen, wo eine möglichst kurzdauernde Operation indi- 
eirt ist oder wo die graden Bauchmuskeln atrophisch sind, würde man besser da- 
von Abstand nehmen und sich auf einfache Omphalektomie beschränken. 

Andere werden wohl der Meinung bleiben, dass im Allgemeinen die Omphal- 
ektomie ihrer Einfachheit, Bequemlichkeit und guten Dauerresultate wegen den 
Vorzug verdient. G. Th. Walter (s Gravenhage). 


32) T. Drobnik. Zur operativen Behandlung des Magengeschwürs 
und dessen Folgen. 
(Nowiny lekarskie 1897. No. 6.) 

An eine kurze, aber übersichtliche Darstellung des gegenwärtigen Standes der 
Chirurgie des Magengeschwürs schließt Verf. die Mittheilung des folgenden inter- 
essanten eigenen Falles. Ein 22jāhriges Mädchen leidet seit 5 Jahren an Magen- 
geschwür. Seit einem Jahre fühlt sie im linken Hypochondrium eine faustgroße, 
namentlich nach dem Essen schmerzhafte Geschwulst. Die Untersuchung ergab 
unter dem Rippenbogen zwischen der Parasternal- und Mammillarlinie eine faust- 
große, mäßig harte, bei Druck von außen unter dem Rippenbogen verschwindende 
Geschwulst. In den Bauchdecken kein Infiltrat. Da die Geschwulst mit dem 
sicher diagnosticirten Geschwür in kausalen Zusammenhang gebracht werden 
musste, machte Verf. den Bauchschnitt. Nach Eröffnung der Bauchhöhle kon- 
statirte er eine breite feste Verwachsung zwischen der Vorderwand des Magens 
und den Rippen. Dieselbe wurde zum Theil mit der Hand, zum Theil mit Schere 
"und Zange gelöst, worauf sich im hervorgezogenen Magen eine handgroße Lücke 
‘zeigte, die mittels Naht verschlossen wurde. Zwischen Magen und vordere Wand 
des Brustkorbes wurde ein Jodoformgazestreifen eingeführt. Glatte Heilung. 

Trzebicky (Krakau). 


33) o, Ekehorn. Ytterligare några fall af magkräfta, med särskildt 
afseende pä mjölksyrereaktion. 
(Upsala Läkareforen. Förhandl. N. F. Bd. II. p. 332.) 

Verf. ergänzt seine früher veröffentlichten Beobachtungen über die Milchsäure- 
probe beim Magenkrebs (cfr. Referat im Centralblatt für Chirurgie 1897 No. 3) 
durch einige neue Fälle, bei welchen die Milchsäureprobe positiv ausfiel, und die 
Diagnose sowohl palpatorisch als durch Probelaparotomie resp. Pylorusresektion 


394 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


bestätigt wurde. Auf die Einzelheiten näher einzugehen verbietet der enge Rahmen 

eines Referats. Dem Verf. scheint die Milchsäureresktion immer eine sehr werth- 

volle, wenn auch keine pathognomonische Stütze der Diagnose des Carcinoms zu 

bieten. In welcher Ausdehnung diese Probe Indikationen zu frühseitigen Opera- 

tionen geben wird, kann nur eine gesammelte chirurgische Erfahrung entscheiden. 
A. Hansson (Cimbrishamp). 


34) Porges. Chirurgisch-kasuistische Mittheilungen aus der Praxis 
und dem Spital. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 13.) 


Bericht über 13 von Hochenegg operirte Magenfälle, worunter 3 Probe- 
laparotomien, 4 Pylorusresektionen ohne Todesfall und 6 Gastroenterostomien mit 
1 Todesfalle (Blutung aus einem Duodenalgeschwür). Die Resektionen des Pylorus 
wurden 3mal wegen Carcinoms vorgenommen, imal wegen einer am Pylorus auf- 
sitzenden Narbenmasse, welche während der Operation als Carcinom imponirte, und 
deren Natur erst die mikroskopische Untersuchung feststellte. Im letzteren Falle 
erfolgte Dauerheilung, während in 2 anderen Fällen nach 1 resp. 2 Jahren Recidiv 
und Tod eintrat, und im 4. Falle die weiteren Schicksale des Pat. unbekannt sind. 
In allen 4 Fällen wurde nach Kocher das Duodenum in die hintere Magenwand 
eingepflanst. Anlegung von Klemmen zur Kompression wurde wegen der Gefahr 
von Gangrän und Nachblutung aus dem komprimirten Gewebsstück nach Wieder- 
herstellung der Cirkulation möglichst vermieden. Das Komprimiren von Magen 
und Darm wird durch Assistentenhand besorgt. Jedes Mal primärer Verschluss 
der Bauchdecken durch 3fache Etagennaht. Als Nahrung wurde in den ersten 
3Tagen Milch, Kognak und etwas Suppe, daneben täglich 2mal 15 Tropfen Opium 
verabreicht, Nährklystiere nur bei sehr herabgekommenen Kranken. Vom 4. Tage 
ab konsistentere Nahrung, nach 8—10 Tagen die übliche leichte Spitalskost. Verf. 
ist geneigt, das »absolut günstige Resultat der 4 Pylorektomien sum größten Theil 
auf die gewählte (Kocher’sche) Methode zu schieben e. 

Die Gastroenterostomien wurden 3mal wegen Carcinom vorgenommen und 3mal 
wegen narbiger Stenose, wo wegen ausgedehnter Verwachsungen die Resektion 
unmöglich oder zu eingreifend erschien. In allen Fällen wurde die Methode von 
v. Hacker in Anwendung gezogen, Imal mit Murphyknopf. Von den wegen 
Carcinom gastroenterostomirten Pat. erlag 1 einer profusen Blutung aus einem Duo- 
denalgeschwür; ein Operirter zeigte Gewichtszunahme um 8 Pfund. Bei den Pat. 
mit narbiger Stenose wurden »vorzügliche Dauerresultate« erzielt. 

Bezüglich der Technik der Gastroenterostomien empfiehlt es sich nach P., ein 
möglichst hochgelegenes Stück des Dünndarms zu wählen. »Wenn das Darmstück, 
welches zwischen Pylorus und der Magen-Dünndarmfistel liegt, möglichst kurz ist, 
wenn dasselbe also in der Ruhelage des Pat. nicht hogenförmig nach abwärts 
hängt, sondern sich in seiner Richtung der geradlinigen Verbindung dieser Punkte 
nähert, dann liegt gewiss nicht das zuführende Stück in der Richtung der Peri- 
staltik des Magens, sondern das abführende, und ein Rückfluss des Mageninhalts 
wird vermieden werden. 

Was die Wahl zwischen Resektion und Gastroenterostomie anlangt, so em- 
pfiehlt P. die erstere überall da, wo die Geschwulst nicht allsu sehr mit der Um- 
gebung verwachsen ist, im Netz keine ausgesprochen carcinomatösen Drüsen sind, 
keine Carcinomatose des Bauchfells besteht, und der Kräftezustand des Pat. es 
erlaubt. 

Die Gastroenterostomie ist nicht nur als Palliativoperation von Bedeutung, 
sondern soll (nach Lauenstein) auch als Voroperation bei der Radikaloperation 
des Carcinoms in Anwendung gezogen werden, in so fern stark herabgekommene 
Pat., die dem größeren Eingriff der Pylorektomie nieht gewachsen sind, nach An- 
legung der Gastroenteroanastomoge sich erst kräftigen und zur Radikaloperation 

eeigneter werden sollen. P. weist auf den analogen Vorgang bei Mastdarm- 

carcinomen hin und möchte die Begründung dieses Vorganges bei letsterer Er- 

krankung als Empfehlung der Methode auch für das Magenoarcinom hervorheben. 
Hilbener (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 395 


35) G. Riether. Darmverschluss durch einen Kothtumor bei einem 


3 Tage alten Kinde. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 4.) 

Das Wesentliche des seltenen Falles ist in der Überschrift enthalten. Während 
des Lebens fehlte für die Art des Verschlusses jeder Anhaltspunkt. Beobachtungs- 
dauer 6 Tage. Erst die Obduktion ergab, dass der Dickdarm durch im Coecum, 
‚Colon ascendens und transversum dickbreiige, im Colon descendens und in der 
Flexura sigmoidea harte Kothmassen auf 2- bis 3-Fingerdicke erweitert war. 
Mastdarm leer, kontrahirt, Schleimhaut etwas geröthet. Dünndarm durch Gase 
auf Daumendicke gebläht. Nirgends sonst abnorme Verhältnisse. 

Hübener (Breslau). 


36) A. B. Atherton. Case of strangulation of a loop of ileum through 
a.hole in the mesentery with a Meckel’s diverticulum attached. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.) 

A. hat bei einem 14jährigen Knaben wegen Ileus operirt und bei der Laparo- 
tomie ein Meckel’sches Divertikel, das an seinem distalen Ende breit und aus- 
gedehnt, am Darmende fingerdick und etwas gedreht war, als Ursache der Stran- 
gulation des Darmes exstirpirt. Tod nach 2 Tagen. Bei der Sektion zeigte sich, 
dass außer der Knickung durch das Divertikel auch noch eine Einschnürung einer 
Dünndarmschlinge durch ein Loch im Gekröse stattgefunden hatte, die bei der 
Operation übersehen worden war. F. Krumm (Karlsruhe). 


37) T. A. McGraw. On intussusception of the vermiform appendix 
and coecum. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.) 

Ein 7jähriger Knabe erkrankte nach überstandener Cholera an intermittirenden, 
oft mehrere Tage aussetzenden heftigen Kolikanfällen; die Stuhlentleerungen waren 
dabei stets normal, höchstens nach dem Anfall hier und da eine geringe Bei- 
mischung von Schleim und etwas Blut; die Anfälle dauerten mehrere Stunden, 
Fieber bestand dabei nie, auch kein Erbrechen ete. Da die Koliken im Verlauf 
von 4 Monaten immer häufiger und schwerer wurden, und der Pat. in seinem 
Kräftezustand herunterkam, entschloss sich McG., obwohl weder in der Fossa 
iliaca, noch im Mastdarm, noch in der Linea alba eine Geschwulst nachsuweisen 
war, und eine Diagnose nicht gestellt werden konnte, zur Laparotomie. Er fand 
neben einer entzündlichen Injektion des Colons eine Invagination des ungewönlich 
langen Blinddarms und seines Anhangs in das Colon asc. bezw. Coecum. Die 
Einmündestelle des Ileums war völlig frei. Die invaginirten Stücke bildeten eine 
walnussgroße Geschwulst im Darm. McG. entschloss sich zur Resektion des in- 
vaginirten Darmes; seitlich von der Einmündungsstelle des Dünndarms konnte 
dabei ein zollbreites Stück des Blinddarms erhalten werden. Die Vereinigung 
durch die Naht war leicht, da die Darmwand stark verdickt war. Der Heilungs- 
verlauf ungestört. 

McG. hält diese Form der Invagination — des äußersten Endes des Coecums 
und des Proc. vermiformis in das Coecum — ohne Betheiligung des lleums für 
äußerst selten. Beim Zustandekommen derselben müssen unregelmäßige heftige 
Muskelkontraktionen der longitudinalen und eirkulären Muskelfasern des Colons 
und Coecums eine Rolle spielen, ev. unter Hinsutreten eines Traumas. 

Für das Symptomenbild charakteristisch ist das Fehlen aller Erscheinungen 
von Darmverschluss, das Fehlen von Fieber, die Heftigkeit der Kolikanfälle, bei 
völligem Wohlbefinden — mehrere Tage lang — in dem freien Intervall. 

Differentialdiagnostisch kommen Hernien, insbesondere die kleinen der Linea 
alba, dann chronische partielle Darmobstruktion in Folge von Enge und chronische 
Appendicitis in Betracht. Bei Stenosen sind aber gewöhnlich die Schmerzen nicht 
so stark, das freie Intervall nicht so lang; die Anfälle treten da meist nach der 
Mahlseit ein. Bei Appendicitis ist gewöhnlich Fieber und Schwellung vorhanden, 
so wie Empfindlichkeit bei der Tastung. Gegenüber den Hernien der Linea alba, 


396 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


wenn dieselben so klein sind, dass sie durch die Abtastung nicht nachgewiesen 
werden können, ist die Differentialdiagnose schwierig. Untersuchung in Narkose 
kann bei der Diagnose sehr viel helfen. Meist wird man erst bei der Probe- 
laparotomie Sicherheit bekommen. Jedenfalls verdient die Thatsache einer Invagi- 
nation des Coecums ohne Betheiligung des Dünndarms und ohne Erscheinungen 
von Darmverschluss Aufmerksamkeit. F. Krumm (Karlsruhe). 


38) K. G. Lennander. Ett fall af multipla stenoser i ileum — tarm- 
resektion — läkning. 
(Upsala Läkareforen. Förhandl. N. F. Bd. II. p. 442.) 

Veranlasst durch die Mittheilung Hofmeister’'s in Beiträgen zur klin. Chi- 
rurgie Bd. XVII über multiple Darmstenosen tuberkulösen Ursprungs theilt Verf. 
einen seltenen Fall von vielfachen Stenosen tuberkulösen Ursprungs des Dünn- 
darms mit. Der Fall wurde durch Resektion und Enteroanastomose geheilt. In 
keinen anderen Organen als dem Dünndarm und den entsprechenden Gekrösdrüsen 
schien bei der 37jährigen Pat. Tuberkulose vorhanden zu sein. Die bei der Ope- 
ration entfernten Stenosen waren entstanden aus in Heilung begriffenen eirkulären 
tuberkulösen Geschwüren. Eine katarrhalische Appendicitis hatte während längerer 
Zeit die Krankheitssymptome beherrscht und veranlasste 1/2 Jahr vorher die Exstir- 
pation des Proc. vermiformis. Die Symptome nach dieser Operation waren Schmerzen 
im Magen, Erbrechen und Verstopfung, endlich bedeutende Minderung der Kräfte 
der Pat. Nach Durchtrennung der Bauchwand traf man auf eine bedeutend er- 
weiterte, dickwandige und injieirte Dünndarmschlinge, welche, etwa 1 m oberhalb 
der Valvula Bauhini, distal in eine sehr verengte Stelle überging. Noch weiter 
unten fanden sich 3 weniger enge Stenosen mit entsprechenden Veränderungen in 
der Darmwand. Blind- und Dickdarm schienen gesund. In entsprechender Aus- 
dehnung war das Mesenterium mit vergrößerten, käsig degenerirten Lymphdrüsen 
übersät. — Etwa 50 cm Darm mit zugehörigem Mesenterium, dessen Lymphdrüsen 
sämmtlich verändert waren, wurden resecirt. Murphyknopf und Ausspülung der 
Bauchhöhle mit Kochsalzlösung. Bauchnaht, In den ersten Tagen etwas Fieber. 
Heilung p. p. — Der Knopf ging nicht ab; man kann ihn von der rechten Fornix 
vaginae aus in einer Dünndarmschlinge freiliegend fühlen. 

Verf. erörtert die Nothwendigaeit, bei den recidivirenden Appendieitiden nach 
Erkrankung der benachbarten Theile des Darmkanals zu forschen. Abnorme Ver- 
wachsungen zwischen den Därmen, Lageveränderungen des Uterus, Krankheiten 
in den rechten Adnexen, Wanderniere, Nierensteine, Gallensteine, Verlöthungen 
der Gallenblase sind Veränderungen, welche Verf. nach einer Appendieitisopera- 
tion zu einer 2. Operation veranlasst haben. A. Hansson (Cimbrishamn). 


39) T. Carwardine. Volvulus of Meckel’s diverticulum. 
(Brit. med. journ. 1897. December.) 

Bei einem Neugeborenen wurde am 2. Tage wegen völliger Darmobstruktion, 
Erbrechen etc. Laparotomie gemacht und ein künstlicher After angelegt, da das 
Hindernis nicht gefunden werden konnte. — Bei der Sektion ergab sich Perito- 
nitis, die, wie ziemlich feste Adhäsionen zeigten, schon vor der Geburt eingesetzt 
haben musste. Eine Meconium haltende Cyste, entstanden durch einen Volvulus 
(3malige Umdrehung) eines Meckel’schen Divertikels, war bei der Operation er- 
öffnet worden; oberhalb der Abdrehungsstelle war das Ileum mit Meconium an- 
gefüllte — unterhalb der Darm leer. 

Der Volvulus muss demnach erst im späteren fötalen Leben (Meconium im 
cystischen Theil des Divertikels und im oberen Ileum!) entstanden sein. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


40) A. Gabszewioz. Seröse Cyste des Mesenteriums, Nekrose des 
Dünndarms. 
(Gaz. lekarska 1897. No. 33.) 


Ein 24jähriger Mann wurde ins Spital wegen seit 8 Tagen bestehenden Darm- 
verschlusses aufgenommen. Ähnliche Anfälle sollen in letzter Zeit wiederholt auf- 


Centralblatt für Chirurgie. No, 14. 397 


getreten sein und jedes Mal 5—6 Tage gedauert haben. Nach Eröffnung der 
Bauchhöhle ergoss sich aus derselben ziemlich viel seröses Transsudat. Nach- 
dem das Netz und der ganze Dünndarm in die Höhe geschlagen worden, gewahrte 
man in der Mittellinie eine kindskopfgroße, stark gespannte, dünnwandige Cyste. 
Dieselbe reichte längs der Wirbelsäule bis ins kleine Becken und war sehr wenig 
beweglich. Da eine Entwicklung der Cyste unmöglich war, wurden vorerst mittels 
Punktion etwa 500 ccm einer blassgelben, serösen Flüssigkeit aus derselben ent- 
leert. Danach konstatirte Verf., dass längs der oberen Wand eine winkelig ge- 
knickte Darmschlinge verlief. An der kopfwärts gekehrten Mesenterialseite befand 
sich eine 2. orangengroße, mit der bereits beschriebenen kommunieirende Cyste. 
Der Darm war zwischen beiden Geschwülsten eingeswängt. Da derselbe bereits 
an einer Stelle brandig war, musste die ganze Schlinge mit dem cystenhaltigen 
Mesenterium resecirt werden. Anlegung eines Kunstafters. Tod im Collaps nach 
einigen Stunden. — Die Untersuchung beider mittels eines für den Finger passir- 
baren Ganges kommunicirenden Cysten ergab, dass die Wände derselben äußerst 
dünn waren. Die mit Endothel ausgekleidete Innenwand zeigte zahlreiche, in 
verschiedenen Richtungen verlaufende Leisten und Vorsprünge, als Beweis, dass 
es sich ursprünglich um multilokuläre Cysten gehandelt haben mochte. 
Trzebicky (Krakau). 


41) F., J. Shepherd. Successful removal of an enormous mesenteric 
tumour and nearly eight feet of intestine. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 9.) D 
Verf. hat bei einem 28jährigen Mann eine große, die ganze Bauchhöhle aus- 
füllende Gekrösgeschwulst exstirpirt. Dabei mussten 8 Fuß Dünndarm (234 cm) 
— Deum — entfernt werden, theils wegen Verwachsung mit der Geschwulst, theils 
wegen fehlender Ernährung. Die mikroskopische Untersuchung der auf der Schnitt- 
fläche grauen, etwas durchscheinenden, glänzenden Geschwulst ergab ein Fibro- 
ımyxom. Erwähnenswerth ist noch, dass der Pat. seit der Operation meist dünnen 
Stuhl hat, und dass er ca. 40 Pfund an Körpergewicht zugenommen hat. 
F. Kramm (Karlsruhe). 


42) G. H. Mulder. Kasuistische Bijdrage tot de diagnose der boven- 
buikstumoren. 
Inaug.-Diss., Amsterdam, 1897. 


Wie schon der Titel angiebt, und Verf. es in der Einleitung selbst nochmals 
hervorhebt, enthält die Schrift »keine Diagnostik, sondern nur einen kasuistischen 
Beitrag zur Diagnose der Geschwülste der Oberbauchgegend«. Er hat dazu 10 
ausgewählte Krankengeschichten zusammengetragen, die verschiedensten Krank- 
heiten und die verschiedensten Organe dieser Gegend betreffend, wie aus folgender 
kurzer Aufzählung sich ergiebt. 

Sie betreffen gutartige und carcinomatöse Magenaffektionen, Sarkome des Colon 
transversum und ascendens, Carcinome des Dickdarms, des Pankreas und des 
Duct. cysticus, Echinokokken der Milz, der Niere und einen vereiterten der Leber, 
schließlich eine Wandermils. Nur die Pankreascysten fehlen, indem diese schon 
vorher publieirt waren. 

Besondere Erwähnung verdienen 2 Fälle ihrer großen Seltsamkeit wegen: ein 
Fibroma lymphangiectaticum retroperitoneale wahrscheinlich von der Fascie des 
Diaphragma, und zwar des Crus vertebrale sin. ausgegangen, und eine. Blutoyste 
in der Leber, die ihre Entstehung der Berstung einer aneurysmatischen Erweite- 
rung der Art. hepatica verdankt. So selten als in der Litteratur Aneurysmen der 
Art. hep. verzeichnet sind (Drasche konnte deren nur 9 sammeln), so ist dieses 
noch besonders dadurch ausgezeichnet, dass das erkrankte Gefäß intraparenchy- 
matös, der konvexen Leberseite zugekehrt, gelegen war und demgemäß bei der 
Berstung eine Leberoyste veranlasste, während in den sämmtlichen übrigen Fällen 
der Gefäßsack in der Gegend der Porta hepatis vorgefunden wurde, und demgemäß 
die intraperitoneale Verblutung regelmäßig die Todesursache wurde. 


398 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


In allen 10 Fällen ist die Diagnose durch die Autopsie (bei der Operation 
oder im Kadaver) kontrollirt und jedes Mal kritisch beleuchtet. 
Verf. hat Vieles gebracht; er wird wohl auch Manchem etwas bringen. 
G. Th. Walter (s Gravenhage). 


43) Depage. Résultats éloignés de la résection du rectum pour can- 
cer. Quelques considérations sur la technique opératoire. 
(Journ. méd. de Bruxelles 1898. No. 1.) 

Verf. theilt in vorliegender Arbeit das Endresultat — so weit man bei der 
sum Theil verhältnismäßig kurzen Beobachtungsseit von einem solchen sprechen 
kann — mit, das er bei 10 von 1891 ab operirten Fällen von Mastdarmkrebs er- 
sielt hat. 

Von 2 im Anfangsstadium operirten Fällen reeidivirte 1 nach 4 Jahren. Das 
kleine Recidiv konnte leicht entfernt werden. Ein 2., vaginal operirt, ist seit 
2 Jahren noch recidivfrei. Von 4 mittelschweren Fällen, mit Drüseninfiltration, 
aber noch beweglicher Geschwulst, starben 2 an Recidiven, 1 nach einigen Mo- 
naten an Hirnblutung, und ein weiterer endlich ist, vor 1 Jahre operirt, noch 
recidivfrei. 2 noch vorgerücktere Fälle starben an Recidiv, einer nach 6, der 
andere nach 14 Monaten. Von 2 seit einem Jahre operirten Fällen endlich ist 
der eine noch recidivfrei, trotzdem die ausgedehnte Geschwulst eine Resektion 
von Blase und Prostata erfordert hatte. In dem letsten der 10 Fälle, wo gleich- 
zeitig von einem paragacralen Schnitt aus der fibromyomatöse Uterus und ein 
hochsitzendes Mastdarmcarcinom entfernt worden war, erlag Pat. nach 2 Monaten, 
wahrscheinlich an Lebermetastasen. 

Was die Technik betrifft, so hat Verf. verschiedene Methoden benutzt. Das 
centrale Darmende wird, wo möglich, in die Afteröffnung heruntergezogen. Von 
der Anlegung eines künstlichen Afters als vorbereitender Operation wurde nur im 
Nothfall Gebrauch gemacht. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


44) Prochnow. Zur Atiologie der Hohlgänge in der Steiß-Aftergegend. 
(Pester med.-chir. Presse 1897. No. 52.) 

Es handelte sich bei einem Manne um Fistelbildung in der Analgegend, wie 
auch in der Mitte der Steißgegend, welche mäßig secernirten. Die Fisteln kom- 
munieirten unter einander und ließen die Sonde nur wenig in die Tiefe eindringen. 
Über die Entstehung dieser Öffnungen konnte der Kranke keine Angaben machen. 
Nach Spaltung der Hohlgänge entfernte P. ein Knäuel von schwarzen Haaren. 
Es handelte sich nach P.’s Ansicht um Dermoide in Form von £chläuchen, welche 
eich mit der Zeit in Folge durch mechanische Reize (Druck, Reibung) bedingter 
entzündlicher Processe vereinigten und zur Fistelbildung in der Analgegend führten. 

Gold (Bielitz). 


45) R. Jasinski. Abscess der Leber wahrscheinlich tuberkulösen 
Ursprungs. — Operation. Heilung. 
(Gaz. lekarska 1897. No. 47.) 

Ein 17jähriges, hereditär belastetes Mädchen hat im Laufe von 5 Jahren eine 
Kniegelenksresektion und mehrfache Exkochleationen durchgemacht. In der letsten 
Zeit stellten sich hektisches Fieber, Schüttelfröste, heftige, zum Theil lienterische 
Diarrhöe und Erbrechen ein. Gleichzeitig klagte Pat. über heftige Bauchschmerzen. 
Bei der Untersuchung der Bauchhöhle konstatirte Verf. rechts von der Mittellinie 
eine bis zur Wirbelsäule, so wie vom Rippenbogen bis zum Nabel reichende ver- 
mehrte Resistens. Der leiseste Druck verursachte daselbst empfindlichen Schmerz. 
Der Perkussionsschall über der empfindlichen Stelle überall gedämpft, von der 
Leberdämpfung nicht zu unterscheiden. Im Harn Spuren von Eiweiß und sehr 
viel Indikan. Da eine Eiterung angenommen werden musste, schritt Verf. zur 
Operation. Die Bauchhöhle wurde entsprechend der größten Hervorwölbung in 
einer die rechte Mammilla mit dem vorderen Darmbeinstachel verbindenden Linie 


Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 399 


eröffnet, worauf Verf. eine halbkugelförmige fluktuirende Hervorwölbung des 
rechten Leberlappens konstatirte. Die untere Leberfläche war mit den Därmen 
fest verwachsen. Durch Vernähung des parietalen Bauchfellblattes mit dem die 
Leber bedeckenden wurde der hervorragendste Theil der Geschwulst extraperitoneal 
gelagert. 

Eine daselbst ausgeführte Probepunktion förderte zwar keinen Eiter zu Tage, 
nach Extraktion der Nadel erwies sich aber deren Spitze mit käsigen Massen ver- 
stopft. Nach 4 Tagen wurde der vorliegende Lebertheil ineidirt, und in einer 
Tiefe von 1!/;—2 em eine walnussgroße, käsigen Eiter und nekrotisches Gewebe 
enthaltende Höhle eröffnet. Exkochleation mit scharfem Löffel, Tamponade mit 
Jodoformgaze. ` 2 

Der weitere Verlauf war ein idealer und nur noch durch die Eröffnung eines 
2. kleineren, mit dem vorigen durch eine dünne Fistel kommunicirenden Abscesses 
gestört. Vollständige Heilung. Trzebicky (Krakau). 


46) A. Depage. Note sur un cas de résection du foie pour kyste 
hydatique. 
(Journ. med. de Bruxelles 1897. No. 50.) 


Verf. theilt in vorliegender Arbeit einen Fall von Leberresektion mit, welcher 
durch die Ausdehnung des Eingriffes bemerkenswerth ist. 

Es handelt sich um eine 22jährige Pat., bei der 2 Jahre früher durch Probe- 
punktion das Vorhandensein eines Leberechinococcus festgestellt worden war. 
Schmersen, Abmagerung und Erbrechen waren die Symptome, welche zu einem 
operativen Eingriff veranlassten. Bei der Operation zeigte sich nach medianem 
Bauchschnitt eine faustgroße Echinococouseyste im Lobus quadratus. Die weitere 
Untersuchung ergab das Vorhandensein von 3 eben so großen Blasen im linken 
Leberlappen. Verf. entschloss sich unter diesen Umständen zu einer Leberresek- 
tion. Dem medianen Bauchschnitte wurde ein querer nach links hin angefügt und 
sodann das Lig. suspensorium und coronarium hepatis durchtrennt. Damit wurde 
es möglich, den linken Leberlappen vor die Bauchwunde zu bringen. Der die 
Cysten enthaltende Theil wurde nun mit dem Thermokauter ohne nennenswerthe 
Blutung entfernt. Für die im Lobus quadratus sitzende Geschwulst schien die 
Resektion zu gefährlich, so dass Verf. sich für die Ausschälung entschied. Da 
die an sich mäßige Blutung durch die gewöhnlichen Mittel: Thermokauter, Liga- 
turen ete. nicht gestillt werden konnte, so tamponirte Verf. die Fläche und legte 
ein Drainrohr ein. 

Der Heilungsverlauf war günstig, abgesehen von einem mehrere Tage anhalten- 
den kollapsähnlichen Zustand mit sehr frequentem Puls, aber ohne deutlich peri- 
tonitische Erscheinungen. Verf. glaubt, einen infektiösen Process mit Sicherheit 
ausschließen zu können und nimmt eine lang anhaltende »Shock«-Wirkung an. 
Er spricht sich bei diesem Anlass für diejenige Theorie aus, nach der der Shock 
eine reflektorische Lähmung der Darmvasomotoren mit daraus entstehender Über- 
füllung der Unterleibsvenen und entsprechender Anämie des peripheren Gefäß- 
systems ist. 

Es sei noch bemerkt, dass im vorliegenden Falle die Gallenabsonderung wäh- 
rend einiger Tage beinahe aufgehoben war, was Verf. auf nervöse Einflüsse zurück- 
führt, de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


47) Elliot. Surgical treatment of tumor of the liver, with the report 
of a case. 
(Annals of surgery 1897. Juli.) 

Verf. bringt eine sehr sorgfältige Zusammenstellung der bisher operirten Fälle 
von Lebergeschwülsten und bespricht vor Allem die Art der Behandlung, der 
Blutstillung, der Versorgung der Wunde. In seinem Falle handelte es sich um 
eine 40 Jahre alte Frau, welche vor 6 Monaten mit Schmerzen in der Leber- 
gegend und Unbehagen erkrankt war. Sie war niemals, gelb gewesen und hatte 


400 Centralblatt für Chirurgie. No. 14. 


nie Koliken, magerte aber ab. Bei der Aufnahme der Pat. fand man eine mit der 
Leber zusammenhängende Geschwulst, die, sich hart anfühlend, bis nahe an den 
Darmbeinkamm heranreichte und die Mittellinie überschritt. Bei der Operation 
zeigte sich eine vom Leberrande ausgehende, nicht sehr scharf abgegrenste, 
immerhin aber in ihren Randpartien durch die verschiedenartige Färbung vom 
Lebergewebe unterscheidbare Geschwulst, welche mit den benachbarten Darm- 
schlingen und der Gallenblase vielfache Verwachsungen eingegaugen war. Die 
Geschwulst wurde mit dem Thermokauter abgetragen, eben so die Gallenblase 
entfernt. Die Blutung war trotzdem ziemlich erheblich, ließ sich aber durch 
Gazetamponade stillen. Die Bauchwunde wurde dem entsprechend nur theilweise 
genäht, die Tamponade liegen gelassen. Heilung. Die Geschwulst erwies sich als 
ein alveoläres Sarkom. Tietze (Breslau). 


48) Roux. Un cas de cancer primitif du foie avec pericholecystite 
calculeuse. Perforation intestinale. H&mostase hepatique. 
(Revue méd. de la Suisse rom. 1897. No. 2.) 

54 Jahre alte Pat. Symptomenkomplex und der bei der physikalischen Unter- 
suchung gewonnene Zustand weichen von dem bei der Operation erhaltenen 
Bilde erheblich ab. Status: Im Bauch rechterseits eine 2 cm lange Hervorragung, 
welche mit einer fast vertikal stehenden, 4 Finger breiten Geschwulst korrespon- 
dirt. Untere Grense 3 cm über dem Darmbeinstachel, oberer Pol 1 Finger breit 
vom Rippenrand entfernt; darüber dumpfer Schall, zwischen Geschwulst und 
Rippenrand eine schmale Luftzone; in den oberen Partien ist die Geschwulst 
höckerig, sonst ist ihre Oberfläche regelmäßig. Tiefstand des Magens. 

Diagnose: Vermuthlich carcinomatöse Geschwulst des Queroolons. 

Bei der Operation zeigt sich, dass die gut abgegrenzte Geschwulst vom Leber- 
gewebe gebildet wird und sich in einem Lobus pendulus entwickelt haben dürfte. 
An ihrer hinteren und unteren Fläche ist sie mit dem Colon transversum innig 
verwachsen; in diesen Verwachsungen finden sich zwei erweichte Stellen, von 
denen die eine bis zur Darmmuskulatur reicht, die andere penetrirend mit dem 
Dickdarm und der Geschwulst durch eine francstückgroße Öffnung kommunieirt. 
Die erweichten Darmpartien werden durch Naht bezw. Anfrischung und Naht 
geschlossen. Die Geschwulst wird emporgehoben, hängt an der Leber durch ein 
flaches Band, geht unter der Gallenblase durch, in einen geschlossenen Kanal 
endigend. In der Blase, nahe dieser Mündung, ein Stein, ein zweiter und zwei 
kleinere in der Geschwulst. Der untere Pol der losgelösten Blase wird reseeirt und 
letztere durch Nähte normal geformt. Der Stiel wird so weit als möglich von der 
Leber entfernt. Die sehr staske Blutung wird durch doppelte Katgutnaht gestillt, 
eine Methode, die sich dem Verf. des öftern bewährt hat. Die doppelt armirte 
gebogene oder gerade Nadel wird quer durch das Leberparenchym geführt. Die 
Untersuchung der exstirpirten Geschwulst zeigt, dass es sich um eine am Lobus 
pendulus glücklich abgegrenzte und gut gestielte carcinomatöse Lebergeschwulst 
handelt; die komplete Exeision war hierdurch gesichert. 

Kronacher (München). 


(49) Herdtmann. Über tragfähige Amputationsstümpfe nebst 3 Fällen 
von Amputationen nach Bier. 
Diss., Greifswald, Juli 1896. 
Die Leistungsfähigkeit der Bier’schen Amputationstechnik wird an 3 Fällen 
2mal Oberschenkel, imal Unterschenkel) demonstrirt, mit deren Verlauf und End- 
resultat Helferich sehr zufrieden war. Sudeck (Hamburg). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatsbdrücke wolle 
man an Prof. E Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


z= 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


dE 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


ed 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjāhriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 15. Sonnabend, den 16. April. 1898. 


Inhalt; P. Arendt, Weitere Beiträge über regionäre Cocainanästhesie. (Orig.-Mitth.) 

14) Karlinski, Infektion von Schusswunden. — 2) Murawjefl, Diphtherle. — 3) Rey- 
nier und Giover, Skiaskople. — 4) Kümmel, Symmetrische Erkrankung der Thränen- 
und Mundspeicheldrüsen. — 5) Wolff, Hasenscharte. — 6) Moure, Rachenmandel. — 
T) Kocher, Wirbelsäulenverletzungen. — 8) Galbissl, Kropf. — 9) Costan, Empyem. — 
10) Parascandolo, Brust- und Baucherschütterung. 

Inglanni, Über die Anwendung eines neuen Instruments für die externe Urethrotomie 
bei Perinealabscess nach chronischer Urethritis und veralteter Striktur. (Orig.-Mittheilg.) 

11) Willard, Amerikanischer Chirurgenkongress. — 12) Wissenschaftliche Ärzte- 
gesellschaft in Innsbruck. — 13) Hahn, Nervennsht und Nervenplastik. — 14) Aus der 
Gesellschaft der Ärzte in Wien. — 15) Tenner, Gehirnbrüche. — 16) Ricard, Knochen- 
einpflanzung. — 17) du Fougeray, Epitheliom der Paukenhöhle. — 18) Bojew, Pyämie 
vom Ohr aus. — 19) Liebiein, Aneurysma racemosum. — 20) Thomas, Unterbindung 
der Karotiden und Jugularrenen. — 21) Taptas, Suggestion bei Nasenleiden. — 
22) Egger, Nasengeschwulst. — 23) Ardenne, Abscess in der Nase. — 24) Pendl, Rhabdo- 
myom der Zunge. — 25) Hattemer, Spondylitis. — 26) Detzier, Atheromcyste des Halses. 
— 27) Gouguenheim und Guinard, Rachenlupus. — 28) Clubbe, Diphtherie. — 29) De- 
page, Laryngektomie. — 30) v. Bergmann, Kehlkopfkrebs. 


Weitere Beiträge über regionäre Cocainanästhesie. 
Von 


Dr. Paul Arendt, 
Chirurg am Dispensaire maritime in Antwerpen. 


Angeregt durch die Veröffentlichungen von Honigmann im 
Centralblatt für Chirurgie 1897 No. 51, die Lokalanästhesie nach 
Oberst betreffend, habe auch ich diese vortrefflliche Methode im 
hiesigen chirurgischen Marineinstitut, das täglich von vielen ver- 
wundeten Seeleuten und Hafenarbeitern aufgesucht wird, angewandt, 
und sind meine Versuche zu meiner völligen Befriedigung in Bezug 
auf die Zuverlässigkeit des Verfahrens ausgefallen. Das Cito, tuto, 
jucunde tritt bei dieser Methode in toto hervor; denn wenn man 
berechnet, dass man bei der Chloroformnarkose, auch bei voran- 
geschickter Morphium-Atropininjektion, doch durchschnittlich 10 Mi- 

15 


402 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


nuten bis zur vollständigen Narkose nöthig hat (bei der Tropfmethode 
habe ich, hauptsächlich bei Männern, öfters schon noch längere Zeit 
bis zum Erlöschen des Cornealreflexes gebraucht), so bilden die 5 bis 
10 Minuten Wartezeit, welche bei der regionären Cocainanästhesie 
erforderlich sind, um vollständig schmerzlos operiren zu können, 
keine erschwerenden Umstände des Verfahrens. 

Die ersten persönlichen Versuche mit Lokalanästhesie nach 
Oberst habe ich im Journ. med. de Bruxelles 1898 No. 8 ausführ- 
lich beschrieben. Auch ich sehe dieselbe als eine Erweiterung der 
Schleich’schen Infiltrationsanästhesie an, und haben meine bisherigen 
weiteren Versuche auf diesem Gebiete mir gezeigt, dass die regionäre 
Cocainanästhesie eben so vortheilhaft auf andere Körpertheile aus- 
gedehnt werden kann. Oberst, Braun, Honigmann bedienten 
sich derselben bei chirurgischen Eingriffen an Fingern und Zehen; 
Manz (Centralblatt für Chirurgie 1898 No. 7) beschreibt 2 Fälle 
metatarsaler Caries, welche er unter Zuhilfenahme dieser Methode 
mit schönem Erfolg operirte. Manz betont aber, dass er 15—20 bis 
30 Minuten bis 3/, Stunde nach der Cocaininjektion verstreichen ließ, 
ehe er zur Operation schritt; ich werde später auf diesen Punkt 
zurückkommen. 

Zweck dieser Zeilen ist, mehrere neue Fälle zu beschreiben, auf 
die ich die Oberst’sche Lokalanästhesie ausgedehnt habe: Das sind 
einige Operationen am Penis, unter Anderem die Verödung einer para- 
urethralen Fistel gonorrhoischen Ursprungs, so wie 2 Phimosen- 
circumeisionen; diese Eingriffe nahm ich unter Mitwirkung meines 
hiesigen verehrten Kollegen, Dr. P. Dietz, vor. 


In dem einen Falle, para-urethrale Fistel, verlief der fistulöse Gang, direkt 
am unteren seitlichen Theil der Harnröhrenmündung beginnend, geschlängelt 
nach hinten, wo er einige Millimeter über den Sulcus coronarius hinweg, in einer 
ebenfalls am unteren Theil der Urethra gelegenen vereiterten Drüse blind endete. 
Nach den Vorschriften Janet’s versuchten wir nun diese Fistel mittels galvano- 
kaustischen Drahts unter Zuhilfenahme der Lokalanästhesie nach 
Oberst zu zerstören, was uns auch vollkommen gelang: Ich applicirte den 
dünnen Gummischlauch /(entsprechend der No. 14 der Charridre’schen Skala) 
2 cm centralwärts der Corona glandis, das Princip von Honigmann im Auge be- 
haltend, dass man die Konstriktion so peripher als möglich machen muss, um ein 
desto kleineres, der Anästhesie unterbreitetes Gebiet zu erhalten, da die letstere 
um so früher eintritt, ein je kleinerer Theil anästhesirt wird. (Bo lässt sich auch 
die Behauptung von Manz erklären, dass er bei seinen Fällen metatarsaler Caries, 
wo dieGummibinde unmittelbar über den Knöcheln angelegt wurde, 
15—20 Minuten bis zur erreichten Unempfindlichkeit warten musste. Bei meinen 
Versuchen, wo es sich um viel kleinere Abschnitte handelte, konnte ich stets nach 
5 Minuten operiren.) — Um die Schmerzhaftigkeit beim Einstich der Pravaz- 
nadel zu vermeiden, ließ ich den Äthylchloridstrahl vorher einwirken; sodann 
injieirte ich 1/4 Pravag einer 1%igen frisch bereiteten (ist absolut erforderlich) 
Cocainlösung, indem ich die Nadel, mit nach der Peripherie gerichteter 
Spitze, tief ins Gewebe der Glans penis einsenkte und bei langsamem Zu- 
rückziehen die Flüssigkeit herausbeförderte. Es wurden im Ganzen 4 solcher 
Einstiche längs der Fistel gemacht. Die sodann nach Ablauf von 5 Minuten 
erfolgte Einführung des Glühdrahts wurde vom Kranken, der ruhig seine Cigarre 
weiter rauchte, nicht empfunden. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 403 


Bei dem Phimosefall, wo ich zum ersten Male die regionäre Cocain- 
anästhesie in Anwendung brachte, vollsog ich die Umschnürung ebenfalls einige 
Centimeter centralwärts von der Corona glandis; dann machte ich 4 1/4-Pravas- 
einspritsungen einer 1%igen Cocainlösung (also 1 cg auf 4mal vertheilt); 1 volar 
und dorsal, und 2 auf den Kanten; diese Einstiche wurden, mit ebenfalls peripher 
gerichteter Spitze, durch das äußere und innere Blatt des Präputiums dirigirt. 
Nach 10 Minuten Abwarten nahmen wir dann den Längsschnitt, gefolgt von der 
Circumcision des hypertrophirten Lappens vor, ohne die geringste Schmerzempfin- 
dung von Seiten unseres sehr furchtsamen Pat. Da die Anästhesie ganz 
genau auf die beiden Präputialblätter begrenst war, und wir beim 
Vernähen die Nadel dicht an der Ansatzstelle des Folium internum mit der Co- 
rona glandis einstachen, so klagte der Pat. hierbei über ein dumpfes Schmersz- 
gefühl; der Einstich in das äußere Blatt war absolut schmerslos. 

Ich suchte nun bei einer anderen Phimosenoperation, die ich einige Tage 
später bei einem Seemann im Sprechzimmer ganz allein vornahm, auch die Co- 
rona glandis unempfindlich zu machen, indem ich ebenfalls je 2 Theilstriehe Pravaz 
einer 1%igen Cocainlösung tief in die Corona glandis injicirte; und dies Mal ver- 
lief die ganse Operation absolut schmerslos. 


Die Anwendung der regionären Cocainanästhesie bei Phimose- 
operationen bietet außerdem den großen Vortheil, dass man Dank 
der Konstriktion absolut reinlich operiren kann, da das Glied voll- 
ständig ischämisch ist; sodann wird die rasche Resorption des in- 
jieirten Cocains in das säftereiche Gewebe durch die Umschnürung 
vereitelt, so dass hier üble, etwa das Leben bedrohende Folgen, wie 
ich solche nach Injektion eines cg Cocains während meiner 
Hospitalstage schon erlebt (es bg hier wahrscheinlich Idiosynkrasie 
vor) nicht zu befürchten sind. Übrigens bin ich bis jetzt bei einer 
großen Zahl Exartikulationen und Resektionen an Fingern und Zehen 
immer mit 1—1!/; cm Cocain ausgekommen. — Der Schmerz, den 
die Gummibinde verursacht, ist sehr gering, auch wenn man, worauf 
Manz ebenfalls aufmerksam macht, durch Festhaltung der bereits 
gelegten Touren eine Furchung der Haut vermeidet. — Die Injek- 
tionen selbst habe ich, wie oben schon bemerkt, durch Äthylchlorid, 
vollständig schmerzfrei machen können. 

Somit setzt das Oberst’sche Verfahren uns in den Stand, auch 
die verschiedenen blutigen Interventionen am Penis ohne Anwen- 
dung des Chloroforms, und sehr leicht ohne Assistenz, schmerz- 
los auszuführen. 

Hoffentlich wird es uns durch weiter angestellte Versuche ge- 
lingen, diese Methode auch anderwärts, zum Nutzen und Frommen 
der leidenden Menschheit, anwenden zu können. 


Antwerpen, im April 1898. 


1) Karlinski. Zur Frage der Infektion von Schusswunden 
durch mitgerissene Kleiderfetzen. 
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXII. No. 12—15.) 
Zur Entscheidung dieser noch immer nicht vollkommen ge- 
klärten Frage stellte Verf. eine größere Reihe von Versuchen an 
15* 


404 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


Kaninchen an. Als die passendste Stelle zur Anbringung von Schuss- 
wunden ohne Verletzung wichtigerer Organe wurde die Muskulatur 
der Oberschenkel gewählt, woselbst sich namentlich bei stärkeren 
Thieren unter zweckentsprechender Lagerung ein Schusskanal bis 
zu 4 cm Länge anbringen ließ. Thiere, bei welchen nur die Haut 
und das Zellgewebe verletzt wurde, oder bei welchen der Oberschen- 
kelknochen bei unverletzter Schenkelarterie getroffen waren, wur- 
den aus den Versuchen eliminirt. K. benutzte das 8 mm-Mann- 
lichergewehr. Geschossen wurde stets mit der vorschriftsmäßigen 
Patrone, ohne Herabminderung der Pulverladung (rauchschwaches 
Pulver). Das Geschoss wurde unmittelbar vor dem Hineinlegen in 
den Laderaum mit sublimatgetränkter Watte abgerieben, während 
die Züge des Rohres vor jedem Schuss mittels eines in Formalin 
getränkten Wischers gereinigt wurden. Die Entfernung betrug meist 
100, seltener 200 m. In den meisten Fällen wurden die Oberschenkel 
vorher auf beiden Seiten rasirt und desinficirt. Die Wunden wur- 
den theils direkt oder nach vorangegangener Desinfektion mit Subli- 
mat durch Jodoformkollodium fest verklebt. 
I. Versuche mit künstlich inficirtem Tuch. 

Tuch von 0,8 mm Dicke, das nach vorheriger Sterilisation mit 
einer für Kaninchen stark virulenten Kultur von Staphylococcus 
aureus durchtränkt war, wurde über den Schenkel gebunden, und die 
Stelle, in die das Geschoss fallen sollte, mit sterilem weißem Läpp- 
chen markirt. 

Diese an 14 Thieren vorgenommenen Versuche ergaben, dass 
das sonst sterile Stahlmantelgeschoss (Kaliber 8 mm) beim Passiren 
des künstlich inficirten Tuches in das darunterliegende lebende Ge- 
webe infektionsfähige Keime hineinzubefördern vermag, welche so- 
wohl eine Allgemeininfektion, wie auch lokale Abscessbildung 
veranlassen, wie endlich zu Abscessen in der Peripherie des 
Schusskanals führen können. Die Anzahl der mitgerissenen Keime 
(verschiedene Verdünnung der Aufschwemmung) ist jedenfalls für 
den Ausfall des Effektes maßgebend. Die Ausspülung des Schuss- 
kanals unmittelbar nach der Verletzung mit 1°/,,iger Sublimatlösung, 
die Ausfüllung desselben mit Sublimatgaze und Abschliessen der 
Offnung mit Jodoformkollodium ist weder im Stande, die Bil- 
dung der Abscesse in der Peripherie des Schusskanals, noch die 
Allgemeininfektion zu verhüten. 


U. Versuche mit altem getragenen Uniformhosentuch. 

Dasselbe wurde in gleicher Weise über die Schenkel gebreitet, 
nachdem vorher ein !/, gem großes Stückchen zur bakteriologischen 
Untersuchung herausgeschnitten war. 5 Versuche mit Ausspülen 
durch Sublimat im Strahle. Eben so lokale Abscesse (Staph. aur., 
Streptococcus, Bact. coli) und Allgemeininfektion (Staph. aur.). 3 Ver- 
suche, in denen Sublimat nur tropfenweiße eingeträufelt wurde, er- 
gaben dieselben Resultate. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 405 


III. 5 Versuche mit getragenem Uniformunterhosenstoff eben- 
falls mit Sublimatausspülung führten ebenfalls zu lokaler Infektion 
mit Staph. aur., Streptococcus, Pyocyaneus, Bact. coli. Nur in einem 
Falle (dem einzigen der gesammten Versuche) verlief die Schussver- 
letzung steril. (Aus dem betreffenden Leinwandstreifen wurden außer 
einigen Schimmelpilzen nur sehr vereinzelte Staph. aur. gezüchtet.) 

IV. Versuche, mit einem cylinderförmigen Paquelin den ganzen 
Schusskanal auszubrennen, erzielten ein negatives Resultat. 

V. Versuche mit einem 9 mm-Flobert-Warnant- (Weichblei-) 
Geschoss in 4 Fällen mit Sublimatspülung ergaben zum Theil sterile 
Wundflüssigkeit oder serös-eitrige Exsudate ohne Abscesse, im Ganzen 
sehr günstige Heilungsverhältnisse gegenüber den Stahlmantelge- 
schossen. 

Verf. hat in 41 Untersuchungen niemals Stofffasern in der un- 
verletzten Umgebung des Schusskanals vermisst; bei den durch Ver- 
blutung aus der verletzten Arteria femoralis verendeten Thieren 
wurden dieselben durch Gefrierschnitte nachgewiesen. Er sieht sich 
daher genöthigt, den mitgerissenen feinen, manchmal weit von dem 
Schusskanal in die Gewebe hineingejagten Stofffasern, an denen 
Eitererreger haften, die Entstehung der disseminirten Abscesse in 
der Umgebung des Schusskanals zuzuschreiben. Gegen diese kann 
selbst die sorgfältigste Desinfektion des Schusskanals nicht aufkom- 
men. Das Vorhandensein von Eitererregern an Kleidungsstücken 
gehört im Gegensatz zu Pfuhl nach K.s Untersuchungen keines- 
falls zu den Seltenheiten. 

Eine Übertragung dieser Verhältnisse vom Thier auf den Men- 
schen erscheint K. sehr wohl möglich, da er mit im Allgemeinen 
nur wenig gegen Eitererreger empfindlichen Thieren experimentirt hat. 

Hübener (Breslau). 


2) Murawjeff. Die diphtherischen Toxine und Antitoxine 
in ihrer Wechselwirkung auf das Nervensystem der Meer- 
schweinchen. 

(Fortschritte der Medicin 1898. No. 3.) 

Die Nervenzelle erwies sich als ein sehr feines Reagens auf die 
Wirkung der Diphtherietoxine und Antitoxine. In vergleichenden 
Versuchen ließ sich an den charakteristischen Veränderungen des 
centralen und peripheren Nervensystems eine unzweifelhaft wohl- 
thätige Wirkung des Antitoxins darthun, aber auch die Nothwendig- 
keit, die Antitoxininjektion so früh wie möglich vorzunehmen. Ein- 
spritzungen eine Woche nach der Toxininjektion ließen den Nutzen 
sehr zweifelhaft erscheinen. Aber auch das Antitoxin an sich zeigte 
sich durchaus nicht indifferent für den thierischen Organismus; es 
ist ebenfalls im Stande, die Nervenzellen und Nervenfasern zu ver- 
ändern. Desshalb hält es Verf. für rathsam, das Antitoxin mehr- 
mals in kleineren Mengen einzuspritzen, damit kein zu großer Über- 


406 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


schuss an Antitoxin eingeführt und jedes Mal das neu sich bildende 
Toxin gebunden werde. Teichmann (Berlin). 


3) P. Reynier et J. Glover. Recherches anatomo-chirurgi- 
cales au moyen de la radiographie; topographie cranio-ence- 
phalique, topographie des cavites osseuses de la face et du 
cräne; sinus veineux de la dure-mere dans leurs rapports 
avec la paroi cranienne. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 3.) 

Aus dem langen Titel geht zur Genüge hervor, auf welche 
Punkte alle sich die skiagraphischen Untersuchungen der Verff. er- 
streckt haben. Ihre Resultate müssen, wenn sie sich bestätigen, als 
hervorragend bezeichnet werden; sie wollen z. B. am Kinderschädel 
in vivo den Seitenventrikel des Großhirns mit seinen 3 Hörnern zur 
Darstellung gebracht haben, besonders schön in Fällen von patho- 
logischer Ausdehnung desselben durch meningitische oder hydro- 
cephalische Flüssigkeitsansammlung. Zur Herstellung der topogra- 
phisch-anatomischen Bilder wurde der uneröffnete Schädel von den 
Arterien aus mit Formol injicirt, nach vollkommener Härtung des 
Gehirns ein Medianschnitt durch den Schädel angelegt, die Gehirn- 
hälfte zur Entfernung der Piahülle herausgenommen und dann wie- 
der in ihre Lage zurückgebracht. Die venösen Sinus der Hirnhaut 
wurden mit einer Aufschwemmung von Bronzepulver in gelöstem 
Wachs injicirt. Teichmann (Berlin). 


4) Kümmel. Weitere Beiträge zur Lehre von der symme- 
trischen Erkrankung der Thränen- und Mundspeicheldrüsen 
(Mikulicz). 

(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft.1 u. 2.) 

K. bringt 6 neue Fälle, welche in mehr oder minder vollständiger 
Weise die Symptome der merkwürdigen Krankheit darbieten. Be- 
sonders werthvoll sind die mikroskopischen Untersuchungen von 
excidirten Theilen; es wird das drüsige Gewebe vom lymphatischen 
substituirt. In Bezug auf die Ätiologie ist man auf Vermuthungen 
angewiesen. Am wahrscheinlichsten scheint, dass ein infektiöses 
Agens von außen her in die Drüsen eindringt; dieses Agens müsste 
eine Verwandtschaft haben mit demjenigen, welches zum malignen 
Lymphom, Lymphosarkom und leukämischen Lymphomen führt, nur 
dass die Infektion nicht wie bei letzteren hämatogen ist, sondern 
von den Ausführungsgängen aus in die Drüsen gelangt. 

In Bezug auf die Symptomatologie bestätigen die neuen Fälle 
die früher gemachten Beobachtungen: langsam erfolgende, schmerz- 
lose Anschwellung der Speichel- und Thränendrüsen; die Schwellung 
kann im Laufe der Jahre sehr beträchtlich werden, bleibt aber dann 
stillstehen; nie überschreitet die Erkrankung die Grenzen der Drüsen- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 407 


kapsel und verursacht nie ernstere allgemeine Gesundheitsstörung. 
Arsen scheint in manchen Fällen zu helfen. 

Da das Wesen des Processes im Ersatz des Drüsengewebes durch 
leukocytäres Gewebe besteht, und da der Name Leukocytose schon 
vergeben ist, so schlägt K. den Namen »Achroocytoge« für die Krank- 
heit vor. Haeckel (Stettin). 


5) J. Wolff. Über die Operation der doppelten Hasen- 
scharte mit rüsselartig prominirendem Zwischenkiefer und 
Wolfsrachen. 

(Berliner klin. Wochenschrift 1897. No. 47—49.) 

Auf Grund seiner Erfahrungen empfiehlt W. für die operative 
Behandlung der oben im Titel genannten Spaltbildungen das von 
ihm geübte Verfahren, nämlich die Vereinigung der Lippe über dem 
unverletzten Mittelstück durch die in 2 Zeiten auszuführende Lippen- 
saumverziehung und Zickzacknaht, und zweitens die frühzeitige, mög- 
lichst vor Ablauf des ersten Lebensjahres des Kranken auszuführende 
Urano-Staphyloplastik. Die bisher eingeschlagenen Operationswege 
in Fällen von doppelter Hasenscharte mit rüsselartig bis zur Höhe 
der Nasenspitze vorragendem Zwischenkiefer, nämlich die Resektion 
bezw. Reposition desselben, verwirft er. Abgesehen von der Ent- 
stellung, welche die Resektion des Zwischenkiefers durch Einsinken 
der Oberlippe nach mehr oder weniger großen Zeiträumen bedingt 
(Langenbeck’s »Vogelgesicht«), erschwert sie auch späterhin das 
gehörige Zerbeißen fester Speisen, wie die gehörige Aussprache der 
Lippenlaute. Die operative oder unblutige Reposition andererseits 
bringt es mit sich, dass der Zwischenkiefer Zeit Lebens wacklig bleibt, 
und selbst die verschmälernde Wundmachung und fixirende Knochen- 
naht keine knöcherne Einheilung ergiebt. Aus einer Reihe von Be- 
richten geht hervor, dass der rückgelagerte Zwischenkiefer schrumpft, 
wacklig bleibt und somit beim Essen eher hinderlich als förderlich 
ist. Auch in kosmetischer Hinsicht konnte die Gestaltung des Ge- 
sichtsprofils nicht befriedigen. Die Annahme, dass dem Zwischen- 
kiefer eine nur geringe Bedeutung in funktioneller und kosmetischer 
Beziehung für den Pat. eigen ist, stellt W. als irrthümliche hin, 
misst vielmehr dem unberührt gelassenen für den Kranken einen 
hohen Werth bei und vernäht daher die Lippe über ihm, um diese 
selbst die allmähliche Zurücklagerung des Rüssels bewirken zu lassen. 
Mehrere dem Text beigegebene schematische Zeichnungen veran- 
schaulichen das Verfahren, ein Photogramm zeigt den sehr schönen 
bleibenden Erfolg bei einem vor 6 Jahren so operirten Knaben. 
Den günstigen Verlauf und das Wohlbefinden des operirten Kleinen 
schreibt W. der bei der Operation ausgeübten Digitalkonstriktion 
und temporären Wundkompression zu, bei deren Verwendung man 
nahezu blutlos operirt. Die Sterblichkeit nach Hasenschartenopera- 
tionen, welche in der Tübinger Klinik 34%, in der Göttinger 39,2% 


408 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


betrug, sinkt bei Anwendung des Verfahrens auf Null herab, und der 
Rath, die Operation in den 3 ersten Lebensmonaten zu unterlassen, 
wird damit ein hinfälliger. Dasselbe gilt von der Uranoplastik und 
Staphylorrhaphie, deren frühzeitige Ausführung die Störungen von Seiten 
der Athmung und Verdauung, denen in vielen analogen Fällen die 
Kinder erliegen, verhütet, andererseits die frühe vortheilhafte Ent- 
wicklung der für die Sprache in Betracht kommenden Gaumen- 
muskeln ermöglicht. Gold (Bielitz). 


6) E. J. Moure. Des adenoidites chez les adultes. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 5.) 

M. weist auf die relative Häufigkeit akuter Entzündung von 
Rachenmandelresten bei Erwachsenen hin, beschreibt ihre Sympto- 
matologie und erörtert ihre Diagnose. Zur Behandlung empfiehlt er 
während des akuten Stadiums Einathmung von Dämpfen und Ein- 
führung von Cocain-Borsäurestäbchen in die Nase, Vermeidung von 
Nasenspülungen und von Lufteinblasungen in die Paukenhöhle; zur 
Verhütung von Recidiven und späteren Erkrankungen operative Ent- 
fernung der Rachenmandelreste. Teichmann (Berlin). 


7) Kocher. Die Verletzungen der Wirbelsäule, zugleich als 

Beitrag zur Physiologie des menschlichen Rückenmarks. — 

Die Läsionen des Rückenmarks bei Verletzungen der Wirbel- 
säule. 

(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. I. Hft. 4. 


K. giebt seine reichen, seit dem Jahre 1872 gesammelten Erfah- 
rungen über obenbezeichnetes Thema in ausführlicher Darstellung 
unter Mittheilung von 70 Krankengeschichten von Wirbelsäulen- 
verletzungen. Anhangsweise sind beigefügt die Beobachtungen, welche 
über Funktionsstörungen des Rückenmarks bei einigen Fällen von 
Sarkom und Entzündung der Wirbelsäule von ihm gemacht worden 
sind. Zahlreiche, zum Theil vorzügliche Abbildungen der verletzten 
Wirbelsäulen, so wie reichliche schematische Figuren über die Stö- 
rungen von Motilität und Sensibilität sind der sich über 245 Seiten 
erstreckenden Abhandlung beigefügt. Der überreiche Inhalt, welcher 
zu einem kurzen Referat sich nicht eignet, gliedert sich in folgende 
Abtheilungen: Unter den Wirbelverletzungen werden zuerst die par- 
tiellen geschildert, als Kontusionen und Distorsionen (dabei Mitthei- 
lung eines der seltenen Fälle von isolirter Bandscheibenzertrümmerung 
mit Sektionsbefund), isolirte Brüche der Wirbelbogen und -dornen, 
isolirte Verrenkungen der Seitengelenke und isolirte Brüche der 
Wirbelkörper. Sodann folgen die Totalverrenkungsbrüche der Wirbel, 
bei denen unterschieden werden Luxationskompressionsfrakturen mit 
Verschiebung bloß in beiden oder einem der Seitengelenke bei reiner 
Kompressionsfraktur des Wirbelkörpers, die Totalluxationen der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 409 


Wirbel mit Luxation in den Seitengelenken und Verschiebung im 
Bereich der Zwischenwirbelscheibe und Totalluxationsfrakturen mit 
Verschiebung sowohl in den Seitengelenken als an der Frakturstelle 
des Wirbelkörpers. 

Von besonderem physiologischen Interesse ist der zweite Theil 
der Abhandlung, welcher die Läsionen des Rückenmarks bei Ver- 
letzungen der Wirbelsäule behandelt. K. scheidet streng die par- 
tiellen Markläsionen von der traumatischen Querläsion des Rücken- 
marks. Die ersteren kommen ausnahmsweise ohne Verletzung der 
Wirbelsäule, häufiger als Begleiterscheinung von Kontusionen, Dis- 
torsionen, isolirten Frakturen und Luxationen der Wirbelsäule vor. 
K. verhält sich ablehnend gegen die Aufstellung einer bloßen Com- 
motio medullae spinalis beim Menschen; der sogenannten Commotio 
lägen stets Blutergüsse zu Grunde. Die Halbseitenläsion wird be- 
sonders ausführlich besprochen. — Die traumatische Querläsion des 
Rückenmarks als häufige Theilerscheinung partieller Schädigungen 
der Wirbelsäule und als konstante Begleiterin der Totalluxationen 
und Totalluxationsfrakturen wird Schritt für Schritt in ihren Sym- 
ptomen in den verschiedenen Höhen des Rückenmarks geschildert; 
stets werden die Erfahrungen anderer Beobachter und die Resultate 
der Thierexperimente zur Beurtheilung herangezogen. 

Besonders werthvoll ist die Beigabe von spinalen Sensibilitäts- 
und Motilitätstafeln. Haeckel (Stettin). 


8) Gaibissi. Le moderne cure del gozzo. 
(Gasz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 22.) 

G. hält das frische Parenchym der Schilddrüse für wirksamer 
als andere Präparate. Hier müssen die englischen Präparate in der 
Praxis verwandt werden. Man thut gut, nach einer Periode von 
6—7 Tagen in der Behandlung einen Zwischenraum zu lassen, dessen 
Größe sich nach der individuellen Empfänglichkeit richte. Man 
beginnt mit einer Tablette und steigt bis auf 4 pro Tag. Jede Herz- 
störung 'gebietet Unterbrechung der Kur. Resultate wurden stets 
erreicht, einmal bei einem sehr schweren Kropf eine vollständige 
Heilung, die noch besteht. Die Thymustherapie des Kropfes nach 
Mikulicz brachte keine Veränderung der Kröpfe. Am besten ist 
die gleichzeitige Anwendung der Schilddrüsen- und Thymuspräparate. 
Man kann auf solche Weise die Behandlungsperiode verlängern, ohne 
Nebenwirkungen fürchten zu müssen. Denn dass die beiden Präpa- 
rate antagonistisch wirken, geht auch aus physiologischen Versuchen 
hervor, in denen die ersteren zu einer Vermehrung, die letzteren zu 
einer Verminderung der Stickstoffausscheidung führten. Die Dosen 
der Schilddrüse müssen doppelt so groß sein wie die der Thymus. 

Dreyer (Köln). 


15% 


410 Oentralblatt für Chirurgie. No. 15. 


9) E. Cestan. Les accidents nerveux au cours de l’empyeme. 
(Gas. des hôpitaux 1898. No. 12.) 

In dieser äußerst fleißigen und sorgfältig bearbeiteten Studie 
bespricht C. auf Grund von 87, meist der französischen Litteratur 
entnommenen Fällen die nervösen Zufälle, welche im Gefolge 
des Empyems, gewöhnlich nach der Operation, auftreten können. 
Das Verdienst, auf diese im Allgemeinen wenig bekannten Zufälle 
zuerst aufmerksam gemacht zu haben, gebührt Bouveret und Jean- 
selme. C. unterscheidet 3 Hauptgruppen solcher Zufälle: 1) Die 
synkopale 2) die konvulsive, 3) die reine hemiplegische Form. 
Jede Gruppe zerfällt wieder in mehrere Unterabtheilungen, die wir 
kurz berühren wollen. ` 

Die synkopale Form tritt entweder als reine Synkope auf 
(20 Fälle mit 16 Todesfällen) oder als Synkope mit leichten Kon- 
vulsionen (9 Fälle mit 3 Todesfällen). 

Die konvulsive Form erscheint a. ohne Komplikationen: reine 
Form. Es handelt sich hierbei um richtige epileptische Anfälle mit 
Aura, tonischen und klonischen Krämpfen, zuletzt Koma. Später 
werden auch cerebrale Störungen verschiedenster Art beobachtet. 
Von 29 derartigen Kranken starben 13, während 16 geheilt wurden. 

b. mit Hemiplegie, wofür C. 13 Fälle mit 3 Todesfällen auffin- 
den konnte. 

Die reine hemiplegische Form (ohne vorausgegangene Epilepsie) 
erscheint entweder mit Synkope (5 Fälle) oder ohne Synkope mit 
vorübergehenden Störungen der Motilität (6 Fälle), oder ohne Syn- 
kope mit langsam sich entwickelnden Motilitätsstörungen (4 Fälle). 

Endlich hat C. noch 3 Beobachtungen gefunden, wo sich Geistes- 
störungen nach Empyem der Pleura entwickelt hatten. 

Zur Erklärung dieser Zufälle sind die verschiedenartigsten Theo- 
rien aufgestellt worden, die aber meist nur den Werth einer mehr oder 
weniger wahrscheinlichen Hypothese haben. Wir erwähnen hiervon die 
Annahme einer Urämie, einer septischen Intoxikation, einer Verän- 
derung am Herzen, einer Embolie, und die Reflextheorie. Keine 
dieser Hypothesen reicht aus, um alle Arten der beschriebenen Zu- 
fälle zu erklären, und wird es weiteren Beobachtungen überlassen 
bleiben müssen, hier das gemeinsame ätiologische Band aufzufinden. 

Jaft6 (Hamburg). 


10) Parascandolo. Ricerche sulla commozione toracica e 


addominale. 
(Arch. intern. di med. e chir. 1898. No. 1. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 
1898. No. 22.) 

Aus den Untersuchungen Pia an Thieren, die ein heftiges Trauma 
der Brust oder des Bauches erlitten hatten, geht hervor, dass das 
Blutserum dieser Thiere starke toxische Eigenschaften besitzt. Wenn 
‚es in großer Dosis Thieren derselben Art injieirt wird, so sterben 
‚dieselben unmittelbar. In geringerer Dosis führt es den Tod erst 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 411 


nach längerer Zeit herbei. Die Untersuchung des Blutes selbst ergiebt 
eine vermehrte Gerinnungsfähigkeit, verminderte Oxydationsfähigkeit, 
geringe Verminderung der Anzahl der rothen Blutkörperchen und 
der Alkalescenz des Blutes. Der Urin der an Commotio thoracis et 
abdominis leidenden Thiere hat einen vergrößerten urotoxischen 
Koefficienten. 

Die bakteriologischen Untersuchungen an diesen Thieren haben 
zu keinen definitiven Resultaten geführt. Dreyer (Köln). 


Kleinere Mittheilungen. 


(Aus der chirurgischen Klinik der kgl. Universität in Genua, geleitet von Prof. 
A. Casselli.) 


Über die Anwendung eines neuen Instruments 
für die externe Urethrotomie bei Perinealabscess nach 
chronischer Urethritis und veralteter Striktur. 

2 Von 
Dr. Ingianni, Assistent. 


Der Zweck des Instruments ist, die nach der äußeren Urethrotomie oft sehr 
schwierige Auffindung der Harnröhrenöfinung su erleichtern und in die Harnröhre 
eine aus einzelnen Stücken bestehende Leitung einzuführen, über welche man 
leicht einen amerikanischen, biegsamen, an beiden Enden offenen Katheter hinüber- 
schieben und somit sicher in die Blase einführen kann. 

Das Instrument besteht aus 3 Theilen: 

I. Einer kurzen, dünnen, am Ende etwas gebogenen Stahlsonde, ungefähr 
11 em lang, entsprechend der Charriöre’schen Filière No. 8 (s. Fig. S). Längs 
der konvexen Seite der Sonde befindet sich eine kleine Rinne. Ein kleines Metall- 
stück (s. Abbildung z) dient als Griff zur leichteren Handhabung der Sonde und 
ist mit einer Schraube abnehmbar befestigt. Das eine Ende der Sonde ist ab- 
gerundet, das andere ausgebohrt. In dieses Schraubengewinde schraubt man den 
2. Theil des Instruments: 

II. einen dünnen, ungefähr 18 cm langen Metallstift (s. Fig. 4). 

Um die Hamröhrenwände beim Einführen des Metallstäbchens A nicht zu 
verletsen, schraubt man auf den Zapfen des Stäbchens A eine kleine, am Ende 
abgerundete Metallhülse (s. Abbildung g) von gleichem Durchmesser, das man ab- 
nimmt, sobald das Stäbchen A bis zur Dammwunde eingeführt ist. 

Das Metallstäbchen A ist am anderen Ende ebenfalls ausgebohrt, um den 
hineinpassenden Zapfen des 3. Theils des Instruments, 

LI. einen dünnen Metallstift von gleichem Durchmesser wie A (s. Abbil- 
dung B) von der Länge eines gewöhnlichen amerikanischen Katheters (ca. 30 cm) 
aufzunehmen. ý 

Ein bereits erwāhnter amerikanischer Katheter, der über den ganzen Kon- 
duktor (S -+ A + B) hinweggesogen wird, vervollständigt das Instrument. 

Man bedient sich des Instruments, indem man die Sonde durch die Damm- 
wunde in die centrale Harnröhrenmündung einführt. Das Instrument ersetst somit 
die gewöhnliche Sonde, welche zur Auffindung des Kanals in den Perinealgeweben 
gebraucht wird. Außerdem erhält man eine größere Sicherheit, die Blase gefunden 
zu haben, da der Urin in die kleine Rinne des ersteren gebogenen Metallstäb- 
chens resp. Sonde eintritt, abfließt und somit dem Arst zeigt, dass das Instrument 
wirklich in die Blase eingedrungen ist. 


412 $ Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


Der Vortheil besteht darin, dass man den gebogenen Theil des Instruments S 
von der Dammwunde aus nach der Blase einführen kann, während man Theil A 
durch die Harnröhre einführt. Sind beide Theile Sund A an einander geschraubt, 
so entfernt man die kleine Schraube z, worauf man Theil B auf Theil A auf- 


schraubt. Man zieht /alsdann über alle 3 Theile 
den schon beschriebenen Katheter und gelangt 
so in die Harnblase, ohne den Harnkanal verletst 
zu haben. 

Dann sieht man die Metallstäbchen heraus. 

In der hiesigen Klinik wurden die besten 
Resultate mit dem Instrument ersielt. Davon 
ein Beispiel: 

Am 30. Februar wurde der Kranke H. H. 
aufgenommen. Derselbe, 30 Jahre alt, erwarb 
vor 15 Jahren eine Urethritis, von der eine chro- 
nische Entzündung zurückblieb. Seit 3 Jahren 
verspürte er Schwierigkeiten und Schmersen beim 
Uriniren. Einige Tage vor Eintritt in die Kli- 
nik hatte Pat. ein großes Gewicht gehoben und 
empfand seit dieser Zeit große Schmerzen in der 
Dammgegend, fühlte sich unwohl und fieberte. 
Während das Perineum anschwoll, wurden die 
Schmerzen heftiger. 

Status praesens: Der Kranke fühlte sich 
matt und sehr leidend, hatte 39° Temperatur; 
Perineslschwellung hinter dem Hodensack; bei 
Druck auf dieselbe fließt Eiter aus der Harn- 
röhre. 

Operation: Lokalanästhesie mit Cocain, 
Lage des Kranken wie beim Perinealschnitt, 
Einführung einer Rinnensonde bis sur Striktur. 
Schnitt in der Mittellinie 7 cm lang. Man öffnet 
die Beule, in der sich Eiter und Urin befinden 
und nekrotisirte Gewebe. Nach sorgfältiger Des- 
infektion sucht man die Centralmündung der 
Haroröhre, ohne sie zu finden. Daher Anwen- 
dung des oben beschriebenen Instruments. Mit 
der feinen Rinnensonde gelang es, die centrale 
Öffnung der Harnröhre su finden, indem der aus- 
fließende Urin den Beweis lieferte, dass die Sonde 
wirklich in die Blase vorgedrungen sei. Man 
führte darauf durch den Penis das 1. Metall- 
stäbchen ein, schraubte es an die Sonde, und 
sodann das 2. Stäbchen auf ersteres auf. Man 
zog endlich einen Katheter über den so gewon- 
nenen Kondukteur und entfernte dann diesen. 

Der Kranke konnte nach 4 Wochen die 
Klinik geheilt verlassen. 


Das sorgfältigst ausgeführte Instrument ist 
aus der chirurgischen Instrumenten-Fabrik von 
Baldinelli in Mailand zu beziehen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 413 


11) Willard (Philadelphia). Transactions of the American surgical 
association. 
Philadelphia, Dornau, 1897. 

Der stattliche, vorzüglich ausgestattete und mit zahlreichen, leider nicht immer 
vorsüglichen Stichen und Holzschnitten versehene Band enthält eine lange Reihe 
von Einzelarbeiten aus allen Gebieten der Chirurgie. 

Als erster und gewissermaßen als Einleitung steht die Ansprache des der- 
seitigen Präsidenten: 


C. Warren: The influence of anaesthesia on the surgery of the 

nineteenth century. 

Nach einem kursen historischen Überblick über die Entwicklung der Chirurgie 
als Zweig der medicinischen Wissenschaft giebt er eine lebendige Schilderung der 
Qualen der Pat. und mitfühlenden Chirurgen vor Entdeckung der Anästhesie. 
Eine Reihe von Versuchen war vorausgegangen und fehlgeschlagen, ehe es 
Morton gelang, den Äther in die chirurgische Praxis einzuführen. Eine Reihe 
von Jahren musste gekämpft werden, ehe seine Einführung allgemeiner wurde. 
Die in Folge der Überfüllung der Spitäler eintretende große Zahl von septischen 
Erkrankungen wurde theilweise dem Äther zugeschoben. Thatsächlich stieg die 
Zahl der Operationen überall auf mehr als das Doppelte, die für die chirurgische 
Abtheilung des Londoner Hospitals stieg auf das Achtfache; denn auch sog. Luxus- 
operationen wurden unter dem Schutz der Anästhesie unternommen. Aber die 
Sterblichkeit stieg mancherorts von 20 auf 30%; trotz der größeren Gründlichkeit 
wurde eben das Operiren gefährlicher, weil man sich mehr Zeit dabei lassen konnte 
und damit die Infektionsgefahr steigerte. Erst Lister’s Entdeckung beseitigte 
diese neue Gefahr. 

Des Chloroforms wird in dem Aufsatz gar nicht gedacht und der Äther überall 
selbstverständlich als Anästhesirungsmittel angenommen. 


Homans (Boston): The indications for and the technique of hyster- 
ectomy. 

Die Indikationen sind die auch in Deutschland üblichen, doch soll die Ent- 
fernung des Uterus wegen entzündlicher Beckenorganerkrankung erst dann vor- 
genommen werden, . wenn die Salpingektomie ohne Erfolg ausgeführt war. H. 
bevorzugt im Allgemeinen die vaginale Operation und will zur abdominalen nur 
schreiten, 'wenn die Verhältnisse es aus technischen Gründen indieiren. Für die 
erstere Methode verwendet er Klemmen und Ligaturen: bei der letzteren zieht er 
neuerdings die radikale Entfernung des Uterus nach Doyen vor, hat aber am 
meisten nach Scohröder’s Methode operirt. Mehrere interessante Kranken- 
geschichten sind mitgetheilt im Text. In der folgenden Diskussion sprechen sich 
die Redner, theils für theils gegen die Ligaturmethode aus. Lange (New York) 
nimmt die Priorität des nach Schuchardt (Stettin) benannten Hilfsschnittes für 
sich in Anspruch. 


W. White (Philadelphia): The Roentgen rays in surgery. 

Verf. berichtet in dem sehr citatenreichen und auf zahlreiche eigene in Ge- 
meinschaft mit Leonard ausgeführte Untersuchungen gestütsten Vortrag ein- 
gehend über den heutigen Stand unserer Kenntnisse und die Bedeutung der 
Röntgenstrahlen für Diagnose und Therapie. Er sucht die Ursache für die Ver- 
änderung der Cutis nach Farbe und Beschaffenheit des Gewebes in den Strahlen 
selber und nicht in elektrischen Einflüssen. Genauer lässt sich der interessante 
Vortrag wegen der vielen Details nicht referiren. In der Diskussion ergeben sich 
Meinungsversohiedenheiten hinsichtlich der Frage, ob die direkte Beobachtung mit 
dem Fluorescenzschirm, wie W. will, oder das Skiagramm vorzuziehen sei. Zwei 
Redner betonen die Unsicherheit, Frakturen mit Röntgenstrahlen zu diagnostioiren. 
Endlich wird angeregt, eine Kommission su wählen zur Prüfung der gansen An- 
gelegenheit, nachdem eine Reihe von Skiagrammen und ein Apparat zur Röntgen- 
aufnahme der Blasensteine im Mastdarm von Williams in Boston demonstrirt ist. 


414 Gentralblatt für Chirurgie. No. 15. 


Bradford (Boston): Tenoplastio surgery. 

Auf Grund seiner eigenen 27 Operationserfahrungen empfiehlt B. die Sehnen- 
plastik besonders bei Kinderlähmung. Er sah im Ganzen nur gute Erfolge, warnt 
aber vor der Ausführung bei Kindern unter 4 Jahren. Eine Reihe von Plastiken 
sind mit genauerem akiurgischen Detail geschildert. 

Roberts (Philadelphia): The surgical treatment of suppurative peri- 
carditis. 

Auf Grund der mit 35 kurzen Krankengeschichten versehenen Kasuistik em- 
pfiehlt R. die Behandlung der eitrigen Perikarditis mit breiter Eröffnung und 
Drainage. Er schildert ein von ihm an der Leiche ausgeführtes Verfahren, mit 
Bildung eines Weichtheil-Knorpellappens das Perikard freizulegen, genau. 2 Tafeln 
eind in klarer Ausführung beigegeben. Er hält sein Verfahren für sicherer und 
weniger gefährlich als die einfache Punktion. Im Anschluss berichten 

Shattuck und Porter (Boston) über einen Fall von Purulent pericarditis 
following pneumonia. Derselbe, nach ähnlicher Methode drainirt, verlief günstig 
trots schwerer Komplikationen. 

In der nachfolgenden Diskussion sprechen auch Gaston und Allen sich für 
die breite Incision und Drainage aus. Die Kasuistik wird dabei noch erweitert. 
Tiffany (Baltimore): The technique ofintracranial surgery. 

T. legt den größten Werth auf strenge Antisepais. Wunden will er mit Seife, 
Bürste, Alkohol-Ather und Sublimat reinigen, die Haare in weitem Umkreis ra- 
siren. Bei beabsichtigter Eröffnung nimmt er all dieses am Tage vor der Opera- 
tion vor. Er öffnet am liebsten mit dem Meißel. Blutung beherrscht er mit Tam- 
ponade oder Klemmen. Er zieht Chloroform dem Äther vor. Die Hirnregion 
wird durch elektrische Reizung bestimmt. 

In der Diskussion empfiehlt Keen die Bohrmaschine bedingt und zur Füllung 
des Defektes nach größerer Knochenzerstörung die einfache Auflagerung von 
Knochenstückohen auf die Dura, welche gut anheilten. Wie Tiffany empfiehlt er 
ev. zweiseitiges Operiren. Auch Parmenter empfiehlt den Hohlmeißel. Eben 
so Miater. Die elektrische Säge ist wenig benutzt. 'Tamponade wird als Hämo- 
staticum bevorzugt. Alle sind für Einschränkung der Indikationen, außer bei 
Traumen. 

Weeks (Portland-Maine): Removal of the Gasserian ganglion. 

Giebt eine genaue Krankengeschichte des nach Hartley-Krause erfolgreich 
operirten Falles. 

Gaston (Atlanta): Successful treatment of sarcoma by electrolysis 
and oataphoresis combined with the internal use of Donovan's s0- 
lution. 

Vortr. empfiehlt unter genauer Anführung eines glücklich behandelten Falles 
die gleichzeitige Behandlung inoperabler Geschwülste mit Elektrolyse und einer 
Kombination von Jod und Arsenik mit Pflanzensyrupen. 


Powers (Denver): A preliminary comparison of methods and results in 
operative surgery at the sea-level and in places of high altitude. 

P. führt auf Grund seiner Erfahrung in Denver (1800 m) aus, dass im Hoch- 
lande Operationen von neu zugereisten Personen, namentlich Lungen- und Hers- 
kranken, schlechter vertragen werden. Sind die Pat. aber acclimatisirt, so ertragen 
sie die Eingriffe besser als in der Ebene, besonders die Lungenkranken. Die 
Blutung scheint geringer, Shock ist weniger zu fürchten, die Erholung ist rascher. 
Bei der Narkose ist Äther mehr zu fürchten als Chloroform. Etwaige Infektion 
verläuft milder. Bei Tuberkulösen ist die Heilung von längerer Dauer. Die Er- 
fahrungen beziehen sich auf 248 in ca. 2 Jahren operirte Fälle. 


Thompson (Washington): A case of exstirpation-of popliteal aneuriem, 
with remarks upon the subjeet. 

Bericht über den trotz — durch Verletzung bedingter — Mitunterbindung der 

Vene günstig verlaufenen Fall. Es wurde nach Fehlschlagen der Hunter-Behand- 
lung operirt, und empfiehlt Vortr. stets sofortige Operation. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 415 


Ransohoff (Cincinnati): The operative treatment of irreducible sub- 
cutaneous fractures. 

Anschließend an den Bericht mehrerer glücklich behandelter Fälle formulirt 
R. das Resultet seiner Erfahrungen dahin: Die Freilegung einer subkutanen 
Fraktur ist zulässig, wenn andere Mittel, eine gute Heilung zu erzielen, fehl- 
schlagen; bei Diaphysenbrüchen mit unkorrigirbarer Dislocatio ad longitudinem ist 
sofortige oder sekundäre Operation indieirt, bei Epiphysenbrüchen soll frühzeitig 
eingegriffen werden. Atrophie des Gliedes ist an sich keine Gegenanzeige, wohl 
aber ausgedehnte Zerquetschung. Überhaupt ist peinlichste Asepsis nöthig, und 
kritikloses Eingreifen streng zu verwerfen, da nirgends in der Chirurgie größere 
Verantwortlichkeit für den blutigen Eingriff besteht. Auch ist die Sekundärnaht 
und primäre Tamponade der sofortigen Naht oft vorzuziehen wegen der Infektions- 
gefahr. 


Harte (Philadelphia): Epiphyseal separation of the head of the femur 
with report of a case. 
Der Vortrag enthält eine sorgfältige Schilderung der anatomischen Verhält- 
nisse, der Symptome, der konservativen Therapie und Prognose, aber bringt nichts 
wesentlich Neues. 


B. Johnston (Richmond): Symptoma and treatment of hepatic abscess. 

J. bespricht eingehend Symptome und Indikationsstellung dieser schwierig zu 
behandelnden Erkrankung. Er kommt auf Grund seiner langjährigen Erfahrung 
sum Schlusse, dass die Diagnose sich stützt auf eine Anamnese von Darmerkran- 
kung, schweres Gesammtleiden, Schmerz und Empfindlichkeit in der Lebergegend, 
Vergrößerung der Leber, hektisches Fieber mit Schweißen, Lagerung auf der 
rechten Seite, unregelmäßige Temperatur mit subnormalen Graden, Abmagerung, 
Verdauungsstörungen. Er verlangt baldiges, kühnes und gründliches Eingreifen, 
breite Eröffnung mit dem Messer, großen Hautschnitt, ergiebige Rippenresektion. 
Blutstillung durch Naht und Tamponade. Seine angeführten, ausführlich mit- 
getheilten 18 Fälle sprechen für die Vorzüge dieses Verfahrens gegenüber Punktion 
und längerem Abwarten, wie früher üblich. 


Parkhill (Denver): A new apparatus for the fixation of bones after 
resection and in fractures with a tendenoy to displacement. 
Abbildung und genaue Beschreibung der Konstruktion und Anwendung einer 

versilberten, originell und anscheinend recht brauchbar konstruirten Fixations- 

klammer nebst Bericht über 9 glücklich verlaufene Fälle. 


Elliot (Boston): Surgical treatment of tumor of the liver. 

E. berichtet über einen eigenen geheilten Fall, giebt dann unter fleißiger Be- 
nutzung namentlich der deutschen Litteratur eine Kasuistik von 46 Operationen 
und schließt daraus, dass die Diagnose meist vor der Operation unmöglich, die 
Operation öfters, als früher geglaubt, gewagt und die Blutung am sichersten durch 
Tamponade beherrscht werden kann. Das Operationsgebiet soll durch » Umwallung« 
mit Gaze gegen die Bauchhöhle abgeschlossen, aber intraperitoneal bleiben. 


Forbes (Philadelphia): Removal of stones in the bladder. 
Beschreibung seines verbesserten Lithotriptors. F. hat 28 Fälle damit glück- 
lich operirt und verfügt im Gansen über 300 Fälle. Die Sterblichkeit von nur 
4,92% spricht zu Gunsten der in Deutschland noch wenig beliebten Litholapaxie, 
besonders mit Berücksichtigung der raschen Wiederherstellung der Pat. 


Shattuck, Porter, Wright (Boston): Atonio dilatation of stomach. 
Gastrorrhaphy. 

Die Vortr. berichten über einen gemeinsam beobachteten Fall. P. machte die 
Faltung des Magens, welche glatt heilte und die Beschwerden des Pat. rasch be- 
seitigte. Derselbe aoquirirte aber eine septische (2) Pneumonie, der er 15 Tage 
p- op. erlag. Die Autopsie zeigte den guten Erfolg der Operation. Die Atonie 
war Folge der Narbenbildung eines Ulcus ventriculi. 


416 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


Burrell und Lovett (Boston): Habitual or recurrent dislocation of the 
shoulder. 

Auf Grund eingehenden Studiums der Litteratur und ihrer Erfahrung an 
1 Beobachtungen empfehlen die Autoren in Fällen habitueller Schulterluxation, 
bei denen Massage, Elektrieität und lange Ruhigstellung erfolglos blieben, die 
Verkürzung der Kapselfalten durch Excision und Naht in einer Klammer. 
Souchon (New Orleans): Operative treatment of irreducible disloca- 

tions of the shoulder-joint, recent or old, simple or complicated. 

Dem Inhalt nach bereits anderorts veröffentlicht (ofr. Ref. im Centralblatt für 
Chirurgie 1897 p. 107.) 

Matas (New Orleans): The surgical treatment of congenital ano-rectal 
imperforation considered in the light of modern operative proce- 
dures. (2 Tafeln.) 

Die ausführliche Arbeit giebt eine erschöpfende Darstellung unserer Kenntnis 
über das wichtige Kapitel. Anatomie, besonders die historische Entwicklung der 
Operationsmethoden und Akiurgie sind eingehend dargestellt. Mehrere Tabellen 
geben die schon im Text sorgsam berücksichtigte Kasuistik in übersichtlicher Zu- 
sammenstellung. Ein sorgfältiges Litteraturverzeichnis vervollständigt am Schluss 
die bereits im Text reichlich verstreuten Nachweise. Der Vortr. kommt zum 
Schluss, dass in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle der Darmblindsack unter 
Resektion von Steißbein und ev. Theilen des Kreuzbeins von unten aufzufinden 
ist. Auch wenn die Kolostomie durch die Schwäche des kleinen Pat. bedingt war, 
ist gewöhnlich durch kombinirtes Verfahren noch nachträglich der Sacralafter zu 
erreichen. Intendirte sofortige Kolostomie verwirft er. 

Richardson (Boston): A successful case of ureteroplasty for inter- 
mittent hydronephrosis. 

Durch transversale Vernähung eines frontalen Schnittes wurde die Harnleiter- 
mündung des Nierenbeckens verlagert und dadurch ein bestehender Klappen- 
verschluss aufgehoben. Die Diagnose war nur durch Probelaparotomie möglich 
gewesen. Die Heilung erfolgte prompt und dauert bereits über ein Jahr. 

D. P. Allen (Cleveland): Origin of appendicitis. 

Auf Grund zahlreicher Operationen und ausführlich mitgetheilter histologischer 
Untersuchungen kommt Vortr. zur Annahme, dass die primäre Ursache der Appen- 
dieitis meist in einer Knickung des Processus zu suchen ist. Dieselbe wird durch 
die angeborene ungenügende Weiterentwicklung seines Mesenteriolums bewirkt. 
Richardson (Boston): A case of chronic intestinal obstruction from 

incomplete volvulus of the sigmoid flexure. 

Der 47jährige taubstumme Pat. wurde 2mal wegen Achsendrehung operirt. 
Zuerst wurde der Darm zurückgedreht und fixirt. 5 Monate später erneute Dre- 
hung. Jetzt Resektion der ganzen Flexur. Dieselbe hatte 44 cm größten Umfang. 
Glatte Heilung. 

Walker (Cincinnati): A floating kidney containing three dermoideysts 
and several serous cysts. Laparotomy. Recovery. 

W. ist der Meinung, dass streng geschieden werden solle zwischen beweg- 
licher und wandernder Niere. Letztere sei stets angeboren, liege intraperitoneal 
und müsse durch Laparotomie entfernt werden, wenn ihr Verhalten den Eingriff 
indieire, da dieselbe vom Lumbarschnitt nicht zugängig sei. So verfuhr auch er 
in seinem interessanten Falle. Boesing (Hamburg). 


12) Wissenschaftliche Arztegesellschaft in Innsbruck. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 1.) 
7 Aus der Sitzung vom 6. November 1897. 

Dr. Lotheissen stellt einen Pat. vor mit einer vor 2 Tagen durch einen 
Hammerschlag erlitttenen komplieirten Depressionsfraktur am rechten 
Stirnbein. Dieselbe betrug 3:4om und war 1cm tief. Primäre Trepanation. 
v. Hacker operirte in der Weise, dass er die Depression umschnitt, so dass ein 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 417 


sungenförmiger Haut-Periostlappen entstand, dessen Basis nach hinten lag. Die 
später beabsichtigte Müller-König’sche Osteoplastik sollte dann mit einem an 
diesen Lappen ohne zwischenliegende Hautbrücke sich direkt anschließenden, nach 
vorn gestielten Haut-Periost-Knochenlappen ausgeführt werden, um beim Meißeln 
von dem Defektrand aus die Dicke des Knoohenlappens leichter bestimmen zu 
können. Bei der ohne Meißel, nur mit Elevatorium und Kneipzange ausgeführten 
Operation fand sich ein 1 cm langer, querer Schlitz in der Dura. Gehirn in der 
Nähe etwas gequetscht. Feiner Jodoformgazestreifen eingelegt. Nach einigen Tagen 
klagte Pat. über Kopfschmerzen, wurde stuporös, ließ Fäces und Urin unter sich 
und musste genährt werden. Druckempfindlichkeit der Halswirbelsäule und der 
Muskulatur der unteren Extremität; keine Störung im Bereich der motorischen 
Hirnnerven. Kein Hirmabscess. Keine Meningitis. Da die Wunde sehr üppig 
granulirte, wurde eine in Jodoformgaze eingewickelte Celluloidplatte aufgelegt und 
ein leicht komprimirender Verband angelegt. Erfolg war ausgezeichnet. Senso- 
rium des Pat. wurde freier, und nach wenigen Wochen war er wieder ganz normal, 
L. nimmt als Ursache Cirkulationsstörungen im Gehirn an. Die 2. Operation 
wurde von L. in der obengenannten Weise nach 21/2 Monaten mit befriedigendem 
Erfolg ausgeführt. 
Aus der Sitzung vom 27. November 1897. 

v. Hacker berichtet über ein von ihm ausgeführtes neues Verfahren der 
Sehnenplastik, durch welches die nach einer Verletzung verloren gegangene 
Streckfähigkeit des Zeigefingers wieder hergestellt wurde, und demonstrirt die be- 
treffende Pat. in geheiltem Zustand. Durch den Unfall war 8 Wochen vorher über 
dem 1. Interphalangealgelenk des Zeigefingers dieses eröffnet und die darüber 
liegende Streckaponeurose sammt der sie bedeckenden Haut verloren gegangen, 
und ein Defekt von 5 cm Länge und 2 cm Breite entstanden. 

Zur Sehnenplastik, an welche sich sofort eine Hautplastik mit einem Brücken- 
lappen aus der Brusthaut anschloss, wurde die Indikatorsehne verwendet. Die- 
selbe wurde nach aufwärts auf dem Handrücken freigelegt, quer durchtrennt, über 
die klappenartig den Knöchel bedeckende Streckaponeurose in einer Länge von 
"ls em nach vorn über das eröffnete Gelenk geschlagen und an der Nagelphalanx 
des Fingers unter das Periost eingepflanzt. Nach der Heilung beherrscht die 
Sehne ähnlich wie die normale Streckaponeurose dadurch, dass sie auch an allen 
Phalangen angriff, alle 3 Fingergelenke. Das Verfahren ist in gleicher Weise bei 
Zerstörung des Streckapparates am Daumen oder Kleinfingerrückens, die beide zwei 
wie die Zeigefingersehnen !über dem Metacarpophalangealgelenk verschmelzende 
Sehnen haben, durch Umschlagen einer derselben nach vorn ausführbar. Beim 
Mittel- und Ringfinger könnte ein solches Umschlagen nach vorn mit der einen 
Hälfte der der Länge nach gespaltenen Extensorsehne ausgeführt werden. 

v. Hacker stellt hierauf eine Frau vor, bei welcher er wegen eines mit dem 
Quercolon verwachsenen Magencareinoms die Resektion des Magens und 
Quercolons mit Erfolg ausgeführt hat. Es ist dies der 7. in einer ununterbrochenen 
Reihe glücklich verlaufene Fall von Magenresektion, über den der Vortr. berichten 
kann. Hübener (Breslau). 


13) B. Hahn. Über Nervennaht und Nervenplastik. 
Diss., Leipzig, 1897. 

In übersichtlicher Weise stellt H. Alles zusammen, was bisher über dieses 
Thema publieirt worden ist. Danach ist die Nervennaht im Ganzen jetzt in 
196 Fällen ausgeführt worden, 94mal primär und 102mal sekundär. So weit genaue 
Nachbeobachtungen existiren, ist »bei der reichlichen Hälfte der mit Anwendung 
der Naht geheilten Fälle eine vollkommene Wiederherstellung der Funktion, wenn 
auch mitunter erst nach längerer Zeit« konstatirt worden. Er selbst berichtet über 
einen interessanten, von Braun-Leipzig operirten Fall. Es handelte sich um ein 
walnussgroßes, im N. ulnaris gelegenes Fibrom, bei dessen Exstirpation der ge- 
nannte Nerv resecirt wurde, so dass zwischen centralem und peripherem Ende eine 
Distanz von 4 cm bestand. Trotz starker Dehnung der Nervenenden blieb immer 


418 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


noch ein Raum von 1!/2 om zwischen ihnen übrig. Die Ausfüllung dieses Raumes 
wurde nach Assaky durch zahlreiche Katgutfäden bewerkstelligt, welche rings 
am Neurilemm der beiden Nervenstümpfe befestigt wurden. Gleich nach der Ope- 
ration bestand vollständige sensible und motorische Lähmung im Gebiet des N. 
ulnaris, aber schon nach wenigen Tagen war in geringem Grade wieder Sensibi- 
lität vorhanden, und nach 3 Wochen hatte sich Sensibilität und Motilität schon 
vollkommen wieder hergestellt. Mit Recht nimmt Verf. an, dass eine Heilung des 
Nerven per prim. int., wie sie bei so schneller Wiederherstellung der Funktion 
nach direkter Nervennaht für möglich gehalten wurde, hier auszuschließen sei, 
dass vielmehr in allen diesen Fällen in dem Vorhandensein von Anastomosen die 
Ursache der schnellen Heilung gelegen sein müsse. Sultan (Göttingen). 


14) Aus der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien. 
(Officielles Protokoll in Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 4.) 
Aus der Sitzung vom 21. Januar 1898. 


v. Friedländer und H. Schlesinger demonstriren einen Fall von ope- 
rirter Hirngeschwulst (Gumma der Dura mater). 

43jähriger Mann. Beginn der Affektion vor 2 Jahren mit heftigen, oft anfalls- 
weisen Kopfschmerzen. Allmählich zunehmende Apathie, Mattigkeit, Gedächtnis- 
schwäche, Sprachstörungen. 3 Monate vor der Spitalsaufnahme Anfälle typischer 
Rindenepilepsie, die sich späterhin mehrmals wiederholten. Nach einem brennen- 
den Gefühl in der Zungenspitze traten Parästhesien in der rechten Zungenbhälfte, 
dann in der rechten Wange, rechten Hand und ganzen oberen Extremität auf, 
nach welchen sich klonische Krämpfe in derselben Reihenfolge einstellten. Dauer 
der Anfälle höchstens 2 Minuten. Bewusstsein bei ihrem Ablauf erhalten ; öfters 
im Anschluss daran kurz währende motorische Aphasie. Lues negirt, doch bestand 
schwerer Verdacht. Schmierkur und dann Jodnatriumbehandlung. 

Untersuchung ergab doppelseitige Stauungspapille, rechtsseitige Hypoglossus- 
parese, Ataxie und Muskelsinnstörungen an der rechten oberen Extremität. Deut- 
liches Silbenstolpern. Scheitelbein links sehr druckempfindlich, besonders auf 
Klopfen, an einer Stelle anscheinend etwas prominirend. 

In den nächsten Wochen rapides Fortschreiten der Erscheinungen, Parese des 
rechten Mundfaeialis, der rechten oberen Extremität, ein Anfall von Rinden- 
epilepsie. Völlige Apathie, wüthende Kopfschmerzen, Verweigerung der Nahrungs- 
aufnahme, Erbrechen. N 

Die Geschwulst wurde an das untere Ende der vorderen Centralwindung, viel- 
leicht noch ein wenig mehr nach vorn hin reichend, lokalisirt; die Knochenauf- 
treibung und exquisite perkutorische Empfindlichkeit machten eine Duralgeschwulst 
wahrscheinlich. 

Operation in der Albert’schen Klinik. Die als erkrankt angenommenen 
Hirnpartien (linken Centralwindungen) durch Bildung eines Wagner’schen 
Lappens freigelegt. Sofort trat die erkrankte, guldenstückgroße Stelle zu Tage. 
Die nicht pulsirende und gelb verfärbte Dura, der gegenüber der Knochen usurirt 
war, hing mit einer eben so großen, fest mit dem Gehirn verwachsenen Geschwulst 
zusammen, die nach Umschneidung des erkrankten Duraabschnittes theils stumpf, 
theils scharf aus der Hirnsubstanz ausgelöst wurde. Dabei traten rechts Facialis- 
zuckungen auf, und die rechte Thoraxhälfte blieb beim Athmen zurück. Puls 
regelmäßig, kräftig, 80 pro Minute. Nach dem Erwachen aus der Narkose rechts- 
seitige Hemiplegie mit Aphasie. Drainage. Wundverlauf reaktionslos. Exstir- 
pirte Geschwulst erwies sich, wie vermuthet, als Gumma. 

Die p. o. aufgetretene Hemiplegie ging bald surück; zuerst verschwand die 
Facialislähmung, dann die des Beines, zuletzt die des Armes. Zur Zeit besteht 
nur noch eine rechtsseitige Hypoglossuslähmung (sehr seltenes Symptom, da oor- 
ticaler Natur). Auf der ganzen rechtsseitigen Körperhälfte ist Berührungsempfin- 
dung erhalten, Schmerzempfindung wenig, Temperatursinn hochgradig geschädigt, 
besonders der rechten oberen Extremität; hochgradige Ataxie des rechten Armes, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 419 


vasomotorische Störungen. Anfangs komplete Aphasie, später lernte der Kranke 
sehr rasch und gut sprechen. 

Die Vortr. stellen folgende Indikationen zum chirurgischen Eingriff bei Hirn- 
syphilis auf: 

1) Bei Geschwülsten mit stationären Erscheinungen, die einer antiluetischen 
Behandlung nicht weichen, chirurgisch leicht zugänglich sind und vermuthlich 
geringen Umfang haben. 

2) Bei ausgesprochenem Fortschreiten der Geschwulstsymptome trotz energi- 
scher antiluetischer Behandlung. 

3) Bei vorhandener Jackson’scher Epilepsie auch nach sonstigem Rückgang 
der Erscheinungen. 

Als Kontraindikationen gelten Zeichen einer basalen oder ausgedehnten spi- 
nalen Lues, schwerer Kräfteverfall, Amyloidosis. 

8. berichtet im Anschluss daran über einen vor 8 Jahren auf der Schrötter- 
schen Klinik beobachteten, von Albert und Hochenegg operirten Fall, den er 
demonstrirt: 

Jackson’sche Epilepsie im 17. Lebensjahre. Auf Brom 6 Jahre Pause. Dann 
neuerliches Auftreten derselben mit zunehmender Zahl der Anfälle Allmähliche 
Parese der linken Körperhälfte. Bei der Operation wurde eine walnussgroße, 
schwielige Duralgeschwulst entfernt. Es bestand gleichfalls bedeutende Knochen- 
verdickung. Die nach einem Monat wieder auftretenden Krampfanfälle schwanden 
völlig nach Abtragung des Prolapses. Gegenwärtig besteht Parese des linken 
Beines, des rechten Armes, besonders der Finger. Sensibilität linkerseits mit 
Ausnahme der Berührungsempfindlichkeit herabgesetzt. Cerebrale Ataxie, be- 
sonders an den distalen Theilen der linken oberen Extremität, Schmers- und Tem- 
peratursinn, wie Muskelsinn geschädigt. Lokalisationsvermögen links hochgradig 
gestört. Sehnenreflexe sehr gesteigert. 

In einem 3. Falle von Hirngeschwulst aus der Schrötter’schen Klinik war 
ebenfalls wegen Rindenepilepsie Geschwulst der Centralwindungen angenommen 
worden. Bis 200 Anfälle an einem Tage. Parese der linken Körperhälfte (auch 
des Facialis) und doppelseitige Stauungspapille, starker Kopfschmerz. 

Die Operation (Ewald) zeigte keine siohtbare Geschwulst der Dura oder des 
Gehirns. Sehr starker Hirnvorfall. Die Knochenlücke wurde nicht geschlossen, 
sunchmender Vorfall. Danach Besserung; Pat. kehrte indess nach 5 Monaten 
unter fast denselben Erscheinungen (ohne Krämpfe und Kopfschmerz) wieder. Tod. 
Die Sektion ergab, dass die ganse rechte Hemisphäre von Gliosarkom durchsetzt 
war, welches bis zur Rinde der Centralwindungen reichte. Hübener (Breslau). 


15) K. Tenner. Ein Fall von Gehirnbruch bei einem 4 Stunden 
alten Kind mit Erfolg operirt. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 21.) 

Das Wesentlichste des in der Chrobak’schen Klinik von Ludwig operirten 
Falles ist in der Überschrift enthalten. Die Geschwulst hatte Apfelgröße, ihr 
größter Umfang betrug 10 cm, der des Stieles 8cm. Ein etwa kastaniengroßer 
Vorfall von Gehirnmasse, die später als dem Kleinhirn angehörig erkannt wurde, 
musste abgeschnürt und abgetragen werden, da wegen der Enge der Knochenlücke 
eine Reposition unmöglich war. 4 Wochen nach der Operation Gewichtszunahme 
um 500 g neben unbedeutender Vergrößerung des Hydrocephalus. Normaler Augen- 
spiegelbefund. Eine umfassende Litteratursusammenstellung bildet den 2. Ab- 
schnitt der Arbeit. Hübener (Breslau). 


16) A. Ricard. Des greffes d’os vivants. 
(Gaz. des höpitaux 1898. No. 14.) 
Im Jahre 1891 hatte R. eine Knochenlücke im Stirnbein, die nach Exstirpa- 


tion eines Osteosarkoms bei einer 40jährigen Frau entstanden war, durch einen 
frisch exstirpirten Hüftknochen eines Hundes gedeckt und Heilung erzielt. 5 Jahre 


420 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


später kam Pat. mit multiplen Recidiven an den Röhrenknochen wieder, dagegen 
war lokal kein Recidiv aufgetreten. 

Neuerdings hatte R. eine 28jährige Frau mit einer Sattelnase zu operiren. Es 
war bereits 2mal durch Implantation eines Platinstücks die Korrektion versucht 
worden, aber jedes Mal misslungen. R. frischte den Nasenrücken an und pflanzte 
in die Rinne den 4. Metatarsalknochen, welchen er durch Resektion von der Pat. 
selbst gewonnen hatte. Die Enden des Knochens waren zuvor abgeschliffen worden. 
Über dem Knochen wurden die Weichtheile der Nase vernäht. Die Heilung er- 
folgte vollständig. Nach 18 Monaten war das Knochenstück allerdings vollständig 
resorbirt und durch elastisches Gewebe ersetzt, aber das kosmetische Resultat war 
und blieb gut, wie aus den beigegebenen Photogrammen ersichtlich ist. 

Jaffé (Hamburg). 


17) H. du Fougeray. Un cas d’&pithelioma primitif de la caisse du 
tympan etc. 
(Ann. des malad. de l’oreille 1897. No. 2.) 

Bei einer 43jährigen Frau bildeten sich nach 12jährigem Bestand einer Mittel- 
ohreiterung anfallsweise Schmerzen, unvollkommene Facialisläihmung und an der 
hinteren oberen Gehörgangswand und im Bereich der Paukenhöhle Granulationen 
aus, die leicht und stark bluteten. Kieferbewegungen frei. Operation erst nach 
4 Monaten zugegeben, als bereits unter sehr heftigen Schmerzen und Fieber Per- 
foration der Granulationsmassen an der Basis des Warzenfortsatses eingetreten 
war. Tegmen tympani bereits in großer Ausdehnung durchbrochen, der ganze 
Knochen und die Mittelohrräume von Geschwulstmassen durchsetzt. Anfangs 
guter Verlauf, aber 6 Wochen später Störungen der Intelligenz, der Sprache; leb- 
hafte Schmerzensäußerungen; Kräfteverfall, während gleichzeitig neue Granula- 
tionen aus der Wunde wucherten. 1 Monat später Tod: keine Autopsie. Mikro- 
skopische Untersuchung ergab Plattenepithelcarcinom. Kümmel (Breslau). 


18) J. Bojew. Quelques cas de pyoh&mie d'origine otitique. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 8.) 

Kurze Mittheilung der Krankengeschichte von 8 Fällen, in welchen die oti- 
tische Pyämie theils durch den Operationsbefund am Sinus transversus, theils 
durch die Nekroskopie festgestellt werden konnte. (2 Fälle sind allerdings so 
lückenhaft berichtet, dass sie als beweiskräftig nicht angesehen werden können.) 
In allen Fällen bestand eine ausgesprochene Schmerzhaftigkeit im Zuge der Vena 
jugularis, ohne nachweisbare Infiltration der seitlichen Halsgegend. Verf. hält 
diese Schmerzhaftigkeit für sehr charakteristisch und stellt folgende Indikationen 
zur Eröffnung des Sinus transversus auf: 1) Bei akuten Eiterungen der Pauken- 
höhle, wo trotz freien Eiterabflusses hohe Temperaturen und Schmerzen im Zuge 
der V. jugularis und des M. sternocleidomastoideus bestehen; 2) bei den Folge- 
erscheinungen der Pyämie (Fröste, Schweiße etc.). Das normale Aussehen und die 
Schmerzlosigkeit der Warzenfortsatzgegend dürfen, wo die beschriebenen Indika- 
tionen bestehen, nicht von der sofortigen Ausführung der Operation zurückhalten. 
Die Operation ist nur kontraindicirt, wenn bereits deutliche Zeichen von Meningitis 
vorhanden sind. Teichmann (Berlin). 


19) Lieblein. Über einen durch Alkoholinjektionen vollständig ge- 
heilten Fall von Aneurysma arteriale racemosum des Kopfes. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.) 

Wölfler hat ein arterielles Rankenangiom, welches vom Kieferwinkel über 
das ganze Ohr und die Schläfe bis sur Mitte swischen Ohrläppchen und Pfeilnaht 
hinaufreichte, nach dem Vorgang von Plessing und Thiersch mit Injektionen 
von Alkohol (30%igem, 60%igem, später 95%igem) behandelt. Durch 402 Injek- 
tionen im Verlauf von 6 Jahren wurde vollkommene Heilung erzielt. Bemerkens- 
werth ist, dass die Injektionen erst von dem Augenblick an sich deutlich wirksam 


Ce 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 421 


erwiesen, wo mit der Nadel bis tief ins Periost eingestochen wurde, während die 
Einspritsungen ins perivaskuläre Gewebe keinen befriedigenden Effekt hatten. 
Hofmeister (Tübingen). 


20) W. T. Thomas. Description of conditions found in the head 
and neck two years and a quarter after ligature of all the carotid 
arteries, jugular veins etc. of the left side. 

(Brit. med. journ. 1897. August 21.) 

Im Oktober 1894 waren einem Pat., der wegen einer Schnittwunde des Halses 
in Behandlung kam, die Carotis communis, später die Carotis ext. und int., die 
Vena jugularis interna, externa und anterior der linken Seite unterbunden worden. 
(Brit. med. journ. 1895 December 7.) Der damalige Patient ging dann 21/, Jahr 
gesund seinem Beruf nach, bis er im Januar 1897 einer Lungenentzündung er- 
legen ist. 

T. hatte Gelegenheit, bei der Sektion die Cirkulationsverhältnisse der Hals- 
gefäße su studiren und fand Folgendes: der Stamm der Carotis comm. eng, 5 Zoll 
vom Aortabogen entfernt plötzlich endigend in Narbengewebe, in dem auch die 
sympathischen und Cervicalnerven mit aufgingen. Oberhalb dieser Stelle eine 
kleine Arterie, die kleine Äste als Maxillaris, Lingualis und Thyreoidea superior 
abgiebt; sie repräsentirt die Carotis externa. Von der Carotis interna und Jugu- 
laris interna bis zur Schädelbasis hinauf keine Spur vorhanden. Thyreoidea in- 
ferior kleiner, Art. vertebralis um die Hälfte weiter wie rechterseits. Arteria 
cervicalis profunda viel kleiner wie rechts. Auf der rechten Seite erschien nur 
die Carotis communis ganz wenig erweitert, alle übrigen Gefäße zeigten die nor- 
malen Verbältnisse, dessgleichen die Gefäße des Circulus arteriosus Willisii. Der 
erhobene Befund illustrirt nach Ansicht T.’s, welch geringer Verlass auf die kol- 
laterale Blutsufuhr durch die normalen anatomischen Anastomosen, die theoretisch 
immer eine so große Rolle spielt, in der That zu setzen ist. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


21) Taptas. La suggestion hypnotique dans les affections nasales. 


(Revue de laryngol. 1898. No. 5.) 

Bei einer Pat., welche dauernd an behinderter Nasenathmung mit den Folge- 
zuständen derselben litt, wollte Verf. die galvanokaustische Behandlung der an- 
scheinend hypertrophischen Nasenschleimhaut vornehmen. Gelegentlich einer Hyp- 
nose, welche zur suggestiven Beseitigung einer habituellen Obstipation vor- 
genommen wurde, suggerirte er der Pat., dass sie nach dem Erwachen frei durch 
die Nase athmen werde, und hatte damit so dauernden Erfolg, dass er von jeder 
örtlichen Behandlung der Nase Abstand nehmen konnte. Er empfiehlt die Sug- 
gestion in der Hypnose desshalb bei nervösen Personen, bei welchen die Nasen- 
verstopfung weniger auf einer Hypertrophie der Schleimhaut, als auf einer vaso- 
motorischen Störung in dem Schwellgewebe der Nasenmuscheln beruht. 

Teichmann (Berlin). 


22) L. Egger. Contribution à l'étude des tumeurs vasculaires de la 
cloison nasale. 
(Ann. des malad. de l'oreille 1897. No. 1.) 

71jährige Dame, Schnupferin, gleichzeitig mit Uterusfibromen behaftet, hat eine 
leicht blutende, ziemlich harte Geschwulst in der linken Nasenhöhle, mit ziemlich 
kurzem und schmalem Stiel etwas über und hinter der Spina nas. ant. befestigt. 
Abtragung mit kalter Schlinge, an der Wundstelle besteht noch längere Zeit 
starke Neigung zu Blutungen. Nach mehreren Ätsungen dauernde Heilung. — 
Das mikroskopische Bild gleicht bei oberflächlicher Betrachtung völlig dem eines 
Sarkoms, E. deutet es aber — mit vollem Recht, wie Ref. an einigen eigenen 
Fällen der Art sah — als Granulom. An dieser besonders prädisponirten Stelle 
seien Blutungen aufgetreten, das Gerinnsel hätte sich organisirt, aus den zarten, 


422 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


jungen Gefäßen seien wieder Blutungen erfolgt, u. s. f., so dass sich schließlich 
die Geschwulst entwickelt habe. E. verlangt, dass solche Affektionen von den 
wahren Angiomen, von Sarkomen und anderen gefäßreichen Geschwülsten scharf 
unterschieden werden. Kümmel (Breslau). 
23) Ardenne, Sur un cas d’abce&s chronique de la voute du naso- 
pharynx. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 7.) 

Ein 59jähriger Mann litt seit einem Jahre an Verstopfung der Nase; das Leiden 
hatte sich allmählich und schmerzlos entwickelt. Im Nasen-Rachenraum fand sich 
eine walnussgroße, unbewegliche, schmerslose und fluktuirende Geschwulst von 
glatter Oberfläche, welche den weichen Gaumen nach vorn und unten verdrängte. 
Bei der Digitaluntersuchung entleerte sich durch Nase und Mund etwas Eiter. 
Die breite Eröffnung des Abscesses erfolgte dann mit dem galvanokaustischen 
Messer. Die Abscesshöhle war von Granulationen ausgekleidet, ließ aber nirgends 
bloßliegende Knochen fühlen. Innerhalb von 14 Tagen trat völlige Heilung ein. 
Die mikroskopische Untersuchung eines Stückes der Abscesswandung ließ erkennen, 


dass es sich nicht um eine Cyste handelte. Teichmann (Berlin). 
24) F. Pendil. Über ein kongenitales Rhabdomyom der Zunge. Mit 
1 Tafel. 


(Zeitschrift für Heilkunde Bd. XVIII. Hft.5 u. 6.) 

Es handelte sich um einen 8 Wochen alten Knaben, bei welchem bald nach 
der Geburt eine taubeneigroße Geschwulst an der Zunge bemerkt wurde. Dieselbe 
ist seit der Geburt nur um ein Geringes gewachsen. 

Bei der Aufnahme des Kindes (Klinik Hofrath Albert) beobachtete man eine 
Geschwulst von Taubeneigröße, welche die linke Zungenhälfte einnahm und knapp 
bis an den linken Zungenrand reichte. Die Geschwulst war von einer zarten, 
blassrothen Schleimhaut überzogen, fühlte sich ziemlich hart an und zeigte elasti- 
sche Konsistens. Auf der Höhe der Geschwulst war ein unregelmäßiger Substans- 
verlust mit graurothem Grund wahrzunehmen. Exstirpation der Geschwulst mit 
Scherenschlägen, Naht, Heilung und Entlassung nach 14 Tagen. 

Interessant ist das Ergebnis der ungemein sorgfältig angestellten histologi- 
schen Untersuchung des Gebildes, dessen Verhalten in dieser Richtung sich von 
allen bisher beschriebenen Geschwülsten der Zunge wesentlich unterscheidet. Um 
den Rahmen des Referates nicht ungebührlich zu überschreiten, sei aus dem histo- 
logischen Befund P.’s hervorgehoben, dass die Geschwulst zusammengesetzt war aus 
in allen möglichen‘'Richtungen unter einander verschlungenen und sich kreugenden 
Bündeln von Muskelfasern verschiedenster Beschaffenheit. Neben solchen Fasern, 
welche auf der Höhe der Entwicklung standen und von reinem dichten Binde- 
gewebsnetz getragen wurden, fanden sich unter einander verkittete Spindelzellen 
und zarte junge Fasern. An einzelnen Stellen sah man die Spindelsellen in die 
Spalten zwischen den Fasern hineinwachsen und Gesichtsfelder, in denen alle 
Entwicklungsstadien der quergestreiften Muskelfaser vertreten waren, und welche in 
der beigegebenen Tafel festgehalten wurden. 

P. vergleicht die in seinen Schnittpräparaten gemachten Befunde mit den 
Untersuchungen Kölliker’s, Scheffer’s, Ribbert’s u. A., welche sich zum 
großen Theil decken. P. fasst die Geschwulst als Rhabdomyom auf, da seine 
Hauptmasse von quergestreifter Muskelsubstanz in allen Entwicklungsstadien ge- 
bildet war; das Bindegewebe deutet er als Stützgewebe. Besüglich der Differential- 
diagnose der Geschwulst (eine ähnliche Geschwulst der Zunge wurde bisher nicht 
beschrieben) berücksichtigt P. Makroglossie, halbseitige Hypertrophie, Myosarkom, 
welche schon durch den histologischen Aufbau im konkreten Falle auszu- 
schließen sind. 

Die Herkunft der Geschwulst leitet P. als aus einer irregulären Anlage der 
Zungensubstanz entstanden ab, in der Weise, dass ein Theil der Anlage abgetrennt 
wurde und nicht der gemeinsamen Entwicklung folgte, wobei seiner Entwicklung 
kein Wachsthumsgesetz entgegenstand. Gold (Bielitz). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 423 


25) Hattemer. Über traumatische Spondylitis und sekundäre trau- 
matische Kyphose. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.) 

Unter eingehender Berücksichtigung der Litteratur giebt H. eine Schilderung 
des zuerst von Kümmell als typisch beschriebenen Krankheitsbildes. Die Ver- 
anlassung dazu boten 2 in Garrd's Klinik zu gleicher Zeit beobachtete Fälle. 

1) 19jähriger Knecht fiel mit einem 11/3 Centner schweren Sack auf den 
Schultern 2 m hoch herab, so dass er mit der Mitte der Wirbelsäule auf die Ecke 
einer Kiste aufschlug. Er konnte noch allein nach Hause gehen; nach 6wöchent- 
licher Behandlung mit Bettruhe und Einreibungen wieder für ein Jahr arbeits- 
fähig. Dann 2. Trauma bestehend in einem heftigen Druck im Rücken, welcher 
dadurch hervorgerufen wurde, dass Pat. eine Kuhkrippe, die er mit einem Anderen 
zusammen trug, und die dieser fallen ließ, festhalten wollte. Danach allmähliche 
Entwicklung eines Gibbus mit starken Beschwerden. Besserung der letzteren 
durch Korsettbehandlung. 

2) 25jähriger Knecht; Fall aus 5—6 m Höhe führt zu Bewusstlosigkeit und 
Lähmung des linken Being, Aus dem starken Vorspringen des 1. Lendenwirbels 
diagnostieirt der Arzt eine Fraktur des letzteren. Nach 2monatlicher Bettbehand- 
lung noch Schmerzen im Rücken und Sensibilitätsstörungen in den Beinen; 
1/2 Monat später war Pat. beschwerdefrei bei mäßiger Ausbiegung der Lenden- 
wirbelsäule. 14 Tage später, durch den Versuch zu graben, bedeutende Schmerzen, 
welche sich sunehmend steigern; bei der damals vorgenommenen Untersuchung 
wurde nur eine Kyphose der untersten Brustwirbel gefunden, 2 Monate später 
aber eine starke Kyphose der ganzen Brustwirbelsäule mit deutlicher Knickung 
auf der Höhe des 12. Brustwirbels. Behandlung fand nicht statt. 

Hofmeister (Tübingen). 


26) Detzler. Beitrag zur Kenntnis der sog. tiefen Atheromcysten am 
Halse. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 9.) 

Die genaue histologische Beschreibung einer großen, von Schönborn ex- 
stirpirten Kiemengangscyste ist der Hauptzweok der Mittheilung. Die Cystenwand 
setzt sich aus 3 Schichten zusammen: 1) der rein bindegewebigen, 2) der adenoiden, 
gefäßhaltigen und 3) der Plattenepithelschicht. In der adenoiden Schicht finden 
sich ausgebildete Lymphfollikel mit typischen Keimceentren. Von diesen aus kann 
man ein massenhaftes Durchwandern von Leukocyten durch das Epithel in das 
Innere der Cyste erkennen. Als Ausgangspunkt der Cyste nimmt D. Reste des 
2. Kiemengangs, und zwar des endodermalen Theils, an; letsteres wegen der Über- 
einstimmung des histologischen Baues der Wand mit der Schleimhaut und be- 
sonders im Hinblick auf die dem physiologischen Process in den Tonsillen ent- 
sprechende Leukooytenauswanderung. Den schlecht passenden Namen »tiefe 
Atheromeyste« möchte D. durch » Dermoid (Entodermoid) des Vorderdarms« ersetzen. 

Hofmeister (Tübingen). 


27) A. Gouguenheim et A. Guinard. Traitement chirurgical du lupus 


du larynx. 
(Ann. des malad. de l’oreille 1897. No. 2.) 

Während die Verf. bei Behandlung der eigentlichen Kehlkopfphthise mittels 
Laryngofissur recht schlechte Erfolge hatten, glauben sie bei einem Lupus des 
Kehlkopfeinganges (von einem 10jährigen Knaben) eine volle Heilung erzielt zu 
haben. Nach sehr ausgedehnter Laryngofissur sah man die Hauptveränderungen 
am Kehlkopfeingang bis zu den Stimmbändern hinab. Abtragung der Epiglottis, 
Ausschabung der erkrankten Partien, auch der Morgagni’schen Ventrikel, dann 
Thermokauterisation, Blutstillung mit Wasserstoffsuperoxyd, Pinselung mit Naph- 
tholkampher, Naht des Kehlkopfs. Eine kleine Drüse swischen Schild- und Ring- 
knorpel mit exstirpirt; Kauterisation der außerdem vorhandenen kleinen lupösen 


424 Centralblatt für Chirurgie. No. 15. 


Stelle an einem Nasenflügel. Kanüle am folgenden Tage entfernt. Nur 8 Tage 
lang leichte Schluckbeschwerden, Stimme wird fast normal. Nach 6 Monaten (der 
Fall anscheinend nicht länger beobachtet) kein Recidiv. 

Die histologische Untersuchung ergab eine leukocytäre Degeneration der 
Schleimdrüsen; typische tuberkulöse Veränderungen werden in der mikroskopi- 
schen Beschreibung nicht geschildert. Kümmel (Breslau). 


28) C. P. B. Clubbe. Diphtheria treated with serum. 

g (Brit. med. journ. 1897. Oktober 23.) 

C. berichtet über die Erfahrungen, welche er selbst im Sydney-Kinderhospital 
mit dem Diphtherieheilserum gemacht hat. Die Fälle wurden sämmtlich bakterio- 
logisch untersucht, solche, in denen sich der Klebs-Löffler'sche Bacillus nicht 
fand, wurden ausgeschlossen; im Übrigen war die Behandlung eine ganz gleich- 
mäßige, nur mit dem Unterschied, dass in der einen Reihe Serum nicht gegeben 
wurde. 

Von 300 nicht mit Serum behandelten Fällen betrug die Sterblichkeit 

bei Tracheotomie 199 Fälle 67,8% 
bei einfacher gew. Diphtherie 101 » 22,7% 
ohne Serum 300 Fälle Sterblichkeit 52,7% 
Von 300 mit Serum behandelten Fällen ergab sich 
bei Tracheotomie 129 Fälle 37,9% 
bei einfacher Diphtherie 171 e 6,4% 
mit Serum 300 Fälle Sterblichkeit 20% 

Eine weitere Tabelle zeigt, dass, je früher das Antitoxin gegeben wurde, um 
so besser die Resultate waren. Die Nothwendigkeit der Tracheotomie wird we- 
sentlich verringert. 

Üble Zufälle wurden nicht beobachtet. F. Krumm (Karlsruhe). 


29) A. Depage. De la laryngectomie totale et partielle. Deux ob- 
servations. 
(Ann. de la soc. Belge de chir. 1897. Extrait.) 

Beide Operationen wurden wegen Carcinom des Kehlkopfs ausgeführt, und 
bei der totalen Exstirpation wurde nach Bardenheuer-Rotter durch Naht 
der vorderen Rachenwand mit der Basis der zurückgelassenen Epiglottis der Ab- 
sobluss der Wunde von der Mundhöhle erzielt. Sultan (Göttingen). 


30) A. v. Bergmann. Über den Kehlkopfkrebs und seine Behandlung. 
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 46.) 

v. B. berichtet über seine I5jährige Erfahrung auf diesem Gebiet. Von 
5 totalen Kehlkopfexstirpationen wegen Carcinom endete 1 Fall tödlich. Einer 
seit 12 Jahren heil! Von 3 partiellen Resektionen starb einer nach 6 Tagen an 
Pneumonie, ein zweiter nach 2 Monaten an Lungenabscess, ein dritter nach einigen 
Monaten an Recidiv, nachdem er Totalexstirpation abgelehnt hatte. Ein Pat. mit 
Laryngotomie ist noch nach 43/4 Jahren recidivfrei. — v. B. wendet keine Tampon- 
kanülen an, sondern tamponirt um eine gewöhnliche Kanüle durch kleine, mit 
langen Seidenfäden versehene Tampons. Vollständiges Vernähen des Raohens hält 
er für sehr wichtig, doch gelingt es selten ganz. 

Der Wolff’sche künstliche Kehlkopf wurde von sämmtlichen Kranken wegen 
der Respirationsbehinderung zurückgewiesen; sie zogen Flüsterstimme bei völlig 
unbehindertem Respirationsstrom vor. Haeckel (Stettin). 


Originslmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 145), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
Lian, P, Kini, E Ridt, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


eg] 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 16. Sonnabend, den 23. April. 1898. 


Inhalt: 1. L. Gigli, Zur Technik der temporären Schädelresektion mit meiner Drahtsäge. 
— 11. Codivilla, Zur Technik der explorativen Kraniektomie. (Original-Mittheilungen.) 
1) Raoult-Deiongchamps, Staphylococcus pyogenes. — 2) Berestnew, Aktinomykose. 
9 


— 3) Grube, Chloroformnarkose. — 4) White, 5) Williams, 6) Küttner, Röntgenstrahlen. 
Pasteau, Harnröhrenverengerung beim Weibe. — 8) Englisch, Cowper’sche Drüsen. 
Englisch, 10) Delore, Prostatahypertrophie. — 11) Inglannl, Resektion des Vas 
deferens. — 12) Versari, Sphincter internus vesicae. — 13) Rochet, Blasenabscesse. — 
14) Güterbock, Die chirurgischen Krankheiten der Nieren. 

15) Lanz, Streptococcus. — 16) Obermayer, Sekundäre hyperplastische Ostitis. — 
17) Ciemmer, Airol. — 18) Alapy, Operationen an den Harnorganen. — 19) Wilson, 
Zerreißung eines Corpus cavernosum. — 20) Heiner, 21) Verhoogen, Prostata. — 
22) Thöle, Cysten der Genitoperineairhaphe. — 23) Albarran, Blasengeschwülste. — 
Er Hofmokl, Harnblasendivertikel. — 25) Albarran, Überzähliger Harnleiter. — 26) 8se- 
rapin, Nierenechinococcus. 


I, Zur Technik der temporären Schädelresektion 
mit meiner Drahtsäge. 


Von 


Dr. Leonardo Gigli in Florenz. 


Durch Professor Obalinski’s Aufsatz in No. 32 (1897) ds. Bl. 
auf die Leistungsfähigkeit meiner Säge für die Schädeltrepanation 
hingewiesen, habe ich selbst mir auch die Ausbildung des Verfahrens 
angelegen sein lassen in der Überzeugung, dass man mit keinem 
anderen Instrument so sicher einen osteoplastischen Lappen von be- 
liebiger Größe auszuschneiden und so auf breitem Felde jeden Punkt 
des Gehirns anzugreifen im Stande ist. 

Die größte Schwierigkeit der Technik der Kraniektomie mit 
meiner Säge besteht darin, letztere unter den Knochen des Schädels 
durchzuführen, und zwar ohne Ausübung von Druck und ohne Ver- 
letzung der Hirnhäute. 

Ich habe zu dem Zweck eine Art rinnenförmiger Sonde aus- 
führen lassen, die an ihrem Ende fast rechtwinklig gekrümmt ist (s. 
Fig. la, b). 

16 


426 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


In der Rinne dieser Sonde kann man ein Fischbein von 8 bis 
9 mm breit gleiten lassen und in der Richtung weiterdrängen, die 
ihm das Ende der Sonde gegeben hat, parallel der Oberfläche des 
Hirns. 

Ich habe Fischbein, obwohl es den modernen Forderungen nicht 
ganz entspricht, vorgezogen, weil es das Sicherste ist. Stahlfedern, 
wenn zu dick, sind zu wenig biegsam und nachgiebig; wenn zu 
dünn, schneiden sie leicht. Uhrfedern, wie sie neuerdings Lauen- 
stein und Trnka empfohlen haben, die scharf sind, werden, wenn 
sie mit ihrem Ende die Dura nicht parallel berühren, oder gegen 


Fig. 1. 
Die Sonde, ?/; natürlicher Größe. 
A 
| 
i 
a. Vorderseite. b. Im Profil. c. Das Fischbein mit Faden. 


die hintere Fläche des Knochens anstoßen, im Vorwärtsgleiten Hem- 
mung finden. Mit dem Fischbein sind wir dagegen sicher, keine 
Verletzung hervorzubringen, selbst wenn wir das Instrument forciren, 
um irgend einen Widerstand zu überwinden oder eventuell Verwach- 
sungen zu zerreißen; dazu kann man es weithin vorschieben. 

Zur Schädeldurchbohrung verwende ich, wie Obalinski, den 
Collin’schen Perforateur mit einer Trepankrone von 1 cm Durch- 
messer und einer Fraise von 5 mm, wie sie von Doyen und Braatz 
empfohlen wurde. 

Die Operation verläuft folgendermaßen: Nach Feststellung des 
Ortes und der Größe des zu bildenden Lappens schneidet man. an 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 427 


dessen oberer und hinterer Ecke bis auf den Knochen und legt 
diesen so weit frei, dass man die Krone ansetzen kann. 

Nach Entfernung der Knochenscheibe lockert man die Dura und 
führt den Schnabel der Sonde zwischen sie und den Schädel in der 
Richtung des zu bildenden — dreiseitigen — Lappens. Die Sonde 
selbst wird mit der auf den Schädel sich stützenden Linken unent- 
wegt festgehalten und in ihre Rinne das Fischbein eingeschoben, in 
das man einen dünnen starken und langen Faden eingefädelt hat. 

In den seltensten Fällen begegnet man Schwierigkeiten bei dem 
weiteren Vorschieben desselben; manchmal konnte ich das Fischbein 
auf der Oberfläche der Hirnhemisphären vom Hinterhauptsbein bis 
zum oberen Augenhöhlenrande vorgleiten lassen. 


Fig. 2. Fig. 3. 


Die Lage der Fäden und der Schleife, 
welche die Verwachsungen eventuell 
losmachen kann. 


Begegnet man irgend pathologischen Verhältnissen, die Schwierig- 
keiten gewähren, so kann man solche durch geeignete forcirte Be- 
wegungen der Sonde zu überwinden sicher sein, da es ganz unmög- 
lich ist, dadurch irgend eine Verletzung zu erzeugen. Am inneren 
Ende des eingeschobenen Fischbeins, dessen Lage durch Messung leicht 
sicherzustellen ist, legt man eine zweite Trepanöffnung an, ergreift 
mit Pincette oder Haken den am Fischbein befestigten Faden und 
zieht ihn und mit ihm das Fischbein vor. Von dem vorgezogenen 
schleifenartigen Doppelfaden schneidet man einen Theil doppelt so 
lang, als die Knochenstrecke, die zwischen den 2 Trepankronen 
liegt, fasst die beiden Enden dieses Fadens in eine Quetschpincette 
und lässt den anderen Theil des viel längeren Fadens in situ frei. 
Jetzt führt man die Sonde noch einmal in das erste Bohrloch ein, 
ihre Krümmung nach unten in der Richtung des anzulegenden 
Lappenrandes, lässt in das Fischbein das entsprechende Ende des 

16* 


428 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


längeren Theils des oben erwähnten Fadens einfädeln und schiebt 
dann das Fischbein wieder in die Sondenrinne und weiter nach unten 
hin vor. Wo sich sein Ende befindet, bohrt man in den freigelegten 
Knochen mit der kleinen Fraise ein kleines Loch, zieht durch dieses 
den Faden heraus, schneidet auch hier einen Theil ab im Verhältnis 
zur Länge des entsprechenden Randes, macht die Fäden frei und 
zieht Sonde und Fischbein zurück. 

Dasselbe Manöver wiederholt man an der anderen Trepanöffnung 
zur Bildung des dritten Knochenrandes. So haben wir mit 4 ein- 
fachen Bohrungen, von denen 2 ganz klein sind, einen seidenen 
Faden unter die zu schneidenden 3 Lappenränder geführt und haben 
einen kontinuirenden anderen Faden unter allen diesen Rändern mit 
den beiden Enden durch die kleinen letzten Bohrungen heraus- 
kommen lassen. Jetzt zieht man, während man aufpasst, dass die bei- 
den Fäden sich nicht kreuzen, die Fadenenden unter den Knochen- 
abschnitt zwischen den 2 letzten Bohrungen, wo die Basis des Lappens 
zu liegen kommt. Man trennt so die möglichen Verwachsungen der 
Dura mit der Innenfläche des osteoplastischen Lappens, um zu ver- 
meiden, dass bei der späteren Bildung des Lappens ausgedehnte Zer- 
reißungen der Hirnhäute zu Stande kommen. 

Nun werden von Bohrloch zu Bohrloch die Weichtheilschnitte 
geführt, natürlich ohne Durchtrennung der Basis des Lappens, die 
Seidenfäden durch die Drahtsäge und das schützende Fischbein er- 
setzt und die entsprechende Knochenstrecke der Ränder vollständig, 
die Basis theilweise durchsägt, um zuletzt durchbrochen zu werden. 

Damit erhält man einen osteoplastischen Lappen von beliebiger 
Größe, der leicht wieder vollständig anwachsen kann. 

Man kann übrigens auch allein mit der einfachen Fraise von 
5 mm Durchmesser operiren, muss dann nur statt der Krone 2 oder 
3 Bohrungen der Fraise — eine neben der anderen — ausführen, um 
durch die so hergestellte größere Öffnung die Sonde einführen zu 
können. 

Dieses in Hauptzügen die von mir vorgeschlagene rapide, einfache 
und vollkommene Technik. Ich hätte gern mit dieser Publikation bis 
nach Operationen an Lebenden gewartet, aber die schnell auf ein- 

` ander folgenden Arbeiten ähnlichen Inhalts und die große Wichtig- 
keit der Sache nöthigen mich schon jetzt zu dieser Veröffentlichung, 
bei der ich von meinen Lehrern Ermuthigung und Förderung gefun- 
den, für die ich ihnen meinen besten Dank ausspreche. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 429 


II. Zur Technik der explorativen Kraniektomie. 


Von 


Dr. A. Codivilla, 
Chirurg des Hospitals in Imola. 


Die weiten Eröffnungen des Schädels zu explorativem Zweck 
werden gegenwärtig im Allgemeinen mittels osteoplastischer Lappen- 
bildung vorgenommen. 

Der Knochen wird getrennt mit Meißel und Hammer, oder mit 
Knochenzangen, oder mit gewöhnlichen Sägen, oder mit Kreissägen 
und Fraisen, die mit der Hand oder durch elektrische Triebkraft in 
Bewegung gesetzt werden. 

In Italien hat man zirkelartige Instrumente konstruirt, die es 
möglich machen, eine Knochenscheibe aus dem Schädel zu entfernen, 
ohne die äußeren Weichtheile von ihnen auszulösen, und somit zur 
temporären Resektion dienen. 

Solcher Art sind die Kraniotome von Zuccaro, Padula und 
Secchi, welche, auf demselben Princip wie der Zirkel von Paré 
begründet, den Knochen trennen, indem sie in denselben eine 
Furche eingraben. 

Aber diese noch unvollkommenen Instrumente haben keinen aus- 
gedehnten Eingang in die Praxis gefunden, wurden nur in sehr 
wenig Fällen am Lebenden angewandt, 

Vor Kurzem habe ich Gelegenheit gehabt, 3 explorative Krani- 
ektomien auszuführen, deren 2 von solcher Ausdehnung, dass, nach 
der von Doyen vorgeschlagenen Benennung, sie als Hemikraniektomien 
zu bezeichnen wären: bei der dritten hatte die Schädelöffnung einen 
Durchmesser von etwa 12cm. Zur Ausführung dieser Operationen 
verwandte ich mit bestem Erfolg das in Fig. 1 abgebildete Instrument. 

Dieses Kraniotom! besteht aus 2 Stücken: das eine dient zum 
Festhalten des Apparats auf dem Schädel, das andere, um das erste 
sich drehende, schabt die Furche in den Knochen. 

Das erste Stück besteht aus einer starken, in den Knochen ein- 
zusteckenden Schraube und aus einer Art Dreifuß, dessen 3spitzige 
Enden, die Weichtheile durchstechend, am Schädel ihren Halt finden 
und so die Schraube mehr fixiren, indem sie jede Bewegung der- 
selben verhindern. 

Um diesen festen Theil dreht sich in horizontaler Richtung ein 
Cylinder, der durch 2 Spindeln mit einem 17 cm langen Stiel ver- 
bunden ist, der in einen Griff endet. 

Auf diesem horizontalen Stiel kann, bis auf 6 cm von seinem 
centralen Ende, eine Metallzunge verschoben und festgestellt werden, 
die die Furche in den Knochen zieht. 


1 Von Lollini zu Bologna konstruirt. 


430 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


Eine an demselben Theil befestigte Schraube schränkt das Ein- 
dringen der Zunge in den Knochen auf die vom Chirurgen er- 
wünschte Tiefe ein. Endlich lässt sich in das Fenster des Stiels 
ein kleines Messer einspannen zur Durchtrennung der Schädelweich- 
theile, 1 cm außerhalb des Umkreises, an welchem das Osteotom 
arbeiten soll. 

Die zur Feststellung des ganzen Apparats dienende Schraube 
soll die volle Dicke des Knochens durchdringen, ohne aber die Dura 
mater zu verletzen. Das lässt sich erreichen durch Einfügung einiger 
Metallringe zwischen Schraubenkopf und Dreifuß. Bei Anwendung 


Fig. 1. Fig. 2. 


dieses Apparats kann der Operateur sich mehrerer Osteotomzungen 
von verschiedener Schrägheit bedienen, jede zum Schneiden für einen 
Kreis von bestimmtem Durchmesser konstruirt. 

Das beschriebene Instrument ist leicht zu handhaben und trennt 
den Knochen mit Schnelligkeit, ohne Stöße und ohne Gefahr. Binnen 
weniger Minuten stellt man mit ihm eine Öffnung von beliebigem 
Umfang her: innerhalb 1: Stunde wird eine Hemikraniektomie voll- 
endet. 

Zur Eröffnung solcher weiten Schädelöffnung verfuhr ich in folgen- 
der Weise: Vor der Operation werden auf die Schädelhaut Linien 
gezogen, welche dem Sinus longitudinalis, dem Sinus transversus und 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 431 


der Arteria temporalis superficialis entsprechen. Letztere muss an 
der Basis des Lappens erhalten bleiben. Dann bestimmt man die 
Durchmesser der 3 Umkreise, welche zusammentreffen sollen, um die 
ovale Figur der zu gewinnenden Scheibe zu bilden, und bezeichnet 
danach die Punkte, wo die Schraube aufzusetzen ist. 

Nach sorgsamer Antisepsis und Anlegung eines Gummischlauches 
zur Esmarch’schen Blutleere durchtrennt man zunächst an einem 
dieser Punkte in etwa 1 cm Länge die Schädelweichtheile, durch- 
bohrt mit einem Bohrer den Knochen in seiner ganzen Dicke senk- 
recht zur Schädeloberfläche und senkt dann in dieses Bohrloch die 
Schraube des Kraniotoms fest ein. 

Mit diesem durchtrennt man dann zunächst die Weichtheile, 
darauf den Knochen in einem Halbkreise, der das vordere Ende des 
ovalären Lappens der Hemikraniektomie bilder soll. Nach völliger 
Durchtrennung des Knochens wird das Instrument weggenommen, 
und in derselben Weise ein halbkreisförmiger Lappen am hinteren 
Ende des Ovals umschnitten. Endlich vereint man die einander 
gegenüber stehenden Enden der Weichtheilschnitte durch einen 
Messerschnitt mit einander und durchtrennt darauf nach Fixirung 
des Instruments an richtiger Stelle noch die obere Knochenbrücke, 
wie es Fig. 2 zeigt. Nun wird die Knochenbrücke an der Basis des 
Lappens durch einen feinen, zwischen Knochen und Periost ein- 
geführten Meißel verdünnt, und der ganze osteoplastische Lappen 
unter Bruch der noch stehengebliebenen Knochentheile mittels 
Hebeln emporgehoben. Nach Vollendung des endokraniellen Ein- 
griffe reponirt man den resecirten Lappen an seine Stelle und ver- 
einigt die Weichtheile mit wenigen Nähten. Abnahme des Esmarch- 
schen Schlauches und leicht komprimirender Deckverband. 

In den 3 Fällen, in welchen das Instrument gebraucht wurde, 
war die Operation leicht und rasch auszuführen, und der Verlauf 
wurde von keiner Komplikation gestört. Das Instrument erzeugte 
keine Verletzung der Dura mater oder der Äste der Art. meningea; 
der Blutverlust war minimal; die Pat. (darunter 2 schwächliche Mäd- 
chen im Alter von etwa 10 Jahren) erwachten ohne subjektive Be- 
schwerden; 7 Tage nach der Operation waren die Wunden gut verheilt. 

Das beschriebene Operationsverfahren besitzt außer den Vor- 
zügen der Leichtigkeit und Schnelligkeit der Ausführung noch die 
des geringen Substanzverlustes am Knochen. Die Trennung des 
Knochens kann als eine durchaus lineäre bezeichnet werden, und die 
Vereinigung wird fast die normalen anatomischen Verhältnisse der 
das Gehirn schützenden Hüllen wieder herstellen: das Ideal der 
explorativen Kraniektomie. 


432 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


1) L. R. Raoult-Delongchamps. Le staphylocoque pyogene. 
Etude experimentale et clinique. 
These de Paris, @. Steinheil, 1897. 268 8. 


Die unter dem Einfluss von Arloing und Courmont ausgeführte 
Monographie bringt im ersten Theil eine eingehende Darstellung der 
Lebenseigenschaften der verschiedenen Staphylokokken, wobei Verf. 
im Kapitel der Nährböden, der Zerstörung des Staphylococcus durch 
Austrocknung, der Einwirkung des Staphylococcus auf den thieri- 
schen Organismus auch eigene Versuche verwerthet. In dem Streit 
über die Identität oder Nichtidentität des Staphylococcus aureus 
und albus verhält sich Verf. neutral. Bezüglich der Färbetechnik 
sei erwähnt, dass Verf. statt des ursprünglichen Gram’schen Ver- 
fahrens die Modifikation von Nicolle empfiehlt, welche hauptsäch- 
lich auf Abkürzung der Färbung abzielt und weniger als 5 Minuten 
in Anspruch nimmt. (Ref. verwendet bei orientirenden Untersuchun- 
gen zu chirurgischen Zwecken seit 5 Jahren stets eine Abkürzung 
des Gram’schen Verfahrens, die erlaubt, in Zeit von höchstens 
2 Minuten gute Doppelfärbungen zu erhalten. Für Dauerpräparate da- 
gegen dürfte das ursprüngliche Gram’sche oder Gram-Weigert’sche 
Verfahren den Schnellfärbungen doch vorzuziehen sein.) Mehr als 
mangelhaft sind die beigefügten Abbildungen von Eiter- und Kultur- 
präparaten. Bei der Besprechung der Einwirkung der Körperflüssig- 
keiten auf den Staphylococcus (Speichel, Galle, Magensaft etc.) ist 
der Vaginalschleim übergangen worden. Die Einwirkung der Silber- 
präparate und der Formoldämpfe ist noch nicht in den Rahmen der 
Untersuchungen einbezogen worden, und über die Art der Jodoform- 
wirkung wird sehr kurz hinweggegangen. Der Widerstandsfähigkeit 
gegen Austrocknung hat Verf. besondere Versuche gewidmet, aus 
denen hervorgeht, dass, wie übrigens bekannt, der Staphylococcus 
Trockenheit lange aushält. Bei Zimmertemperatur waren die Kokken 
in 110 Tagen getöltet, bei Brutschranktemperatur in 90 Tagen. 

Eingehend behandelt Verf. die Immunisirungsfrage, welche frei- 
lich noch keine für die menschliche Pathologie verwerthbaren Resul- 
tate gezeitigt hat. Bei Anlass der Injektionsversuche von Staphylo- 
kokkenkulturen an Thieren wird ein Fall mitgetheilt, in dem 1896 
von Rochet der Versuch gemacht wurde, durch Injektion von sehr 
abgeschwächten Staphylokokken ein großes Halsdrüsenpacket (der Be- 
schreibung nach ein Fall von Leukämie?) zur Vereiterung zu bringen. 
Es erfolgte nach jeder Einimpfung eine Temperatursteigerung auf 
40,3° mit nachfolgender Abscessbildung. Dass in Anbetracht der zu- 
nehmenden Kachexie der Kranke weiteren Injektionen von seinen 
Angehörigen entzogen wurde, ist nicht unbegreiflich. Der Staphylo- 
coccus ist, auch abgeschwächt, ein zu gefährlicher Gast, als dass uns 
eine Wiederholung dieses Experiments angezeigt schiene. 

Im zweiten Theil seiner Arbeit giebt Verf. eine sehr fleißige 
Zusammenstellung und Besprechung aller Affektionen, bei denen bis 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 433 


jetzt Staphylokokken gefunden wurden. Dabei scheint ihm aber die 
klassische Darstellung der Staphylomykosis von Kocher und Tavel 
nicht bekannt gewesen zu sein, so gut sonst im Ganzen die nicht- 
französische Litteratur benutzt ist. Es liegt in der Natur der Sache, 
dass R. nicht ein abgerundetes klinisches Bild der Staphylokokken- 
infektion geben konnte und wollte, wie es Kocher und Tavel ge- 
than, sondern mehr eine Zusammenstellung der bisher gemachten 
Beobachtungen, wobei chirurgische und nichtchirurgische Staphylo- 
mykosen in gleicher Weise berücksichtigt werden. Immerhin be- 
müht er sich, den klinischen Unterschied zwischen Staphylokokken- 
erkrankungen und anderweitigen, besonders Streptokokkeninfektionen 
möglichst hervorzuheben. Die bei diesem Anlass geäußerte Annahme, 
dass der Streptococcus nicht wie der Staphylococcus im Stande sei, 
eine gewisse Zeit sich im Organismus latent aufzuhalten, dürfte wohl 
in dieser Form nicht so leicht zu begründen sein; es sei nur auf 
das häufige Vorhandensein von Streptokokken im Darmkanal und 
den weiblichen Geschlechtsorganen hingewiesen. Bei der Besprechung 
der Staphylokokkenosteomyelitis wird merkwürdigerweise die von 
Garr&, Kocher und Tavel, Jordan etc. beschriebene chronische, 
oft sarkomähnlich aussehende Form gar nicht erwähnt. Die Frage 
der Ätiologie des akuten Gelenkrheumatismus wird noch offen ge- 
lassen. 

Es würde zu weit führen, auf jedes Kapitel des klinischen 
Theiles einzugehen, und es sei nur noch so viel gesagt, dass die 
Arbeit trotz der gemachten Ausstellungen eine sehr tüchtige Be- 
arbeitung des in Frage stehenden Gegenstandes darstellt und unsere 
gegenwärtigen Kenntnisse von den Staphylokokkenerkrankungen in 
übersichtlicher und verhältnismäßig vollständiger Weise wiedergiebt. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


2) N. M. Berestnew. Die Aktinomykose und ihre Erreger. 
Diss., Moskau, 1897. 206 S. (Russisch.) 

Auf Grund der Litteratur und eigener Forschungen kommt B. 
zu folgenden Schlussfolgerungen: 1) Nicht alle Arten des Aktinomy- 
kosepilzes bilden Kolben im Organismus; es giebt zweierlei Kolben: 
nach Gram färbbare und solche, die sich nicht färben. 2) Einige 
Arten bilden typische Körner im Eiter, andere nicht, daher 2 Formen 
der Aktinomykose: typische und atypische. Der pathologische Process 
ist bei beiden Formen der gleiche. 4) Die Anäerobiose hilft nicht immer 
Aktinomykosekulturen von Kranken zu erhalten. — 5) Die häufigste 
Infektionsursache ist die Berührung mit Futtergräsern. 6) Es giebt 
Eiterungen, die ganz wie Aktinomykose verlaufen und Körner geben, 
doch von anderen Mikroben hervorgerufen werden — Pseudo- 
aktinamykose. — Am Schluss der Arbeit finden sich 5 photographische 
Tafeln, die den Aktinomyces und seine Kulturen abbilden. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


ep 


434 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


3) W. Grube. Zur Lehre von der Chloroformnarkose. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.) 

G. verfügt über eine 45jährige chirurgische Erfahrung. Er ist nach 
vorübergehendem Äthergebrauch immer wieder auf die Chloroform- 
narkose zurückgekommen, und zwar wegen der nach Beendigung der 
Betäubung auftretenden Komplikationen beim Äther. Unter 40.000 Chlo- 
roformnarkosen sah G. nur 3 Todesfälle, darunter einen 2 Tage nach 
der Betäubung. Die Narkose wird stets von einem Assistenten über- 
nommen. Es wurden 5—6% Asphyxien beobachtet; Erbrechen kam 
in 20% der Fälle vor. Als Reizmittel für das Herz wird im Noth- 
fall die subkutane Injektion von physiologischer Kochsalzlösung em- 
pfohlen, ferner Koffein, Strychnin, Digitalis, dagegen nicht Alkohol- 
präparate. Bei Narkosen von 40—50 Minuten wurden 15—40 g 
Chloroform gebraucht. Die Kombination mit Morphininjektionen 
verwirft Verf. als unzweckmäßig und meist nutzlos. Ausscheidung 
von Eiweiß, Glykosurie und Hämoglobinurie sind nach Chloroform- 
einwirkung sehr selten. Den späten Chloroformtod sieht G. als Er- 
scheinung einer vermehrten endogenen Autointoxikation an. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


4) J. W. White. Surgical application of the Röntgen rays. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Januar.) 

In einer sehr anziehend geschriebenen kleinen Arbeit, die über 
den viel besprochenen Gegenstand nichts wesentlich Neues bringt, 
bespricht Verf. zuerst seine Erfahrungen über die Skiaskopie der 
Knochenbrüche und Verrenkungen, dann die Erkrankungen von 
Knochen und Gelenken, Fremdkörper und die Durchleuchtung der 
Körperhöhlen. Mit einigen Worten streift er schließlich auch die 
chemische Einwirkung der Röntgenstrahlen auf das normale Gewebe, 
so wie auf Krankheitsherde. Er bespricht die hierauf bezügliche 
deutsche, englische und französische Litteratur und erwähnt seine 
eigenen, allerdings gänzlich negativen Versuche, eine Heilwirkung 
auf den Krebs mittels Röntgenstrahlen zu erzielen. Um so mehr 
wundert sich Verf., und mit Recht, über eine französische Mittheilung, 
welche von einer beträchtlichen Besserung eines Falles von Magen- 
krebs nach Durchleuchtung berichtet. W. will trotzdem die Ver- 
suche bei sonst inoperablen Leiden, besonders der Haut (Naevus 
pilosus, Keloid u. A.), fortsetzen. W. Sachs (Mülhausen AIR) 


5) F. H. Williams (Boston). The Röntgen rays in thoracic 
diseases. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1897. December.) 
Die Arbeit Wie enthält eine interessante Zusammenstellung der 
Ergebnisse der Skiaskopie von mehr als 500 Pat. 
Um einen Begriff zu bekommen von der Durchlässigkeit der 
verschiedenen Körperkonstitutionen für X-Strahlen, stellte W. Skia- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 435 


gramme gleicher Mengen verschiedener Substanzen her, welche sich 
im großen Ganzen an der Zusammensetzung des Körpers betheiligen. 
In der Einleitung bildet er eine solche Skala von 20 Schattenbildern 
ab, welche durch Skiagraphie gewonnen sind und herrühren von 
Magnesiumkarbonat, Stearinsäure, Oleinsäure, Gelatine, Natrium- 
karbonat u. A. als Repräsentanten sehr durchlässiger Körper, von 
Kaliumchlorid, Kaleiumkarbonat, Fluorkalcium als Repräsentanten 
sehr undurchlässiger Körper. 

Im Einzelnen führt dann W. an Beispielen (zum Theil mit Illu- 
strationen) aus, wie sich mittels der Skiaskopie Verdichtungen des 
Lungengewebes (Tuberkulose, Pneumonie, Infarkte, Ödem, Aneurys- 
men, Neubildungen) oder Flüssigkeiten im Pleural- und Perikardial- 
sack nachweisen lassen. Auch will W. eine Verminderung der Dich- 
tigkeit des Lungengewebes resp. vermehrten Luftgehalt (Emphysem, 
Pneumothorax) skiaskopisch erkannt haben. 

Ausführliche Beobachtungen theilt W. mit über den Stand und 
die Exkursion des Zwerchfells bei Lungentuberkulose, Pneumonie etc. 

Einen besonderen Werth der Skiaskopie der Brustorgane erblickt 
W. hinsichtlich der Prognose darin, dass sich die Ausdehnung eines 
Krankheitsprocesses besser beurtheilen lässt als durch irgend eine 
andere Methode. 

Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir die Skiaskopie der Brust- 
organe als eine werthvolle Unterstützung der Stethoskopie ansehen, 
dagegen der Meinung sind, dass die erstere allein nur sehr zwei- 
deutige Ergebnisse liefern würde. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


6) Küttner. Über die Bedeutung der Röntgenstrahlen für 
die Kriegschirurgie. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.) 

K., welcher der unter Führung Prof. Nasse’s nach der Türkei 
gesandten Expedition des Rothen Kreuzes als zweiter Arzt beigege- 
ben war, giebt in der vorliegenden Abhandlung einen Überblick über 
die reichen Erfahrungen, zu denen ihm seine Thätigkeit im Yildiz- 
Hospital Gelegenheit bot. Zunächst schildert er die technische Seite 
desVerfahrens, die nach Lage der Verhältnisse begreitlicherweise manche 
Schwierigkeiten und Besonderheiten darbot, welche der Röntgenphoto- 
graph im Friedensspital nicht zu kosten bekommt. Was die erzielten 
Resultate anlangt, so bedauert er (und wir mit ihm), dass Aufschlüsse 
über die Wirkungsweise moderner Geschosse nicht zu gewinnen waren, 
da die Griechen durchweg mit Weichbleigeschossen großen Kalibers 
(11mm) ausgerüstet waren. Immerhin hat auch dieses unmoderne Mate- 
rial hochinteressante Beobachtungen ermöglicht, die wohl ein Urtheil 
über den Werth des Röntgenverfahrens für die Kriegschirurgie ge- 
statten. Im Einzelnen ist dieses Urtheil motivirt durch zahlreiche, 
kritisch verarbeitete Krankengeschichten, welche die wissenschaft- 
liche und praktische Bedeutung der Methode nach den verschieden- 


436 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


sten Richtungen beleuchten. Große Dienste leistete das Röntgen- 
verfahren für die Feststellung des Sitzes steckengebliebener Geschosse, 
deren Extraktion zum mindesten technisch sehr erleichtert wird. 
Vor Allem gilt das für die Fälle, wo das Geschoss vom Einschuss 
weit ab liegt und (wie das an einigen Beispielen gezeigt ist) sich in 
ganz ungeahnter Richtung verirrt hat, dessgleichen da, wo bei ver- 
narbtem Schusskanal durch das eingeheilte Geschoss hochgradige 
Beschwerden verursacht wurden. Bei Verletzungen des Nerven- 
systems können die Röntgenstrahlen sehr schätzenswerthe Aufschlüsse 
geben über die Natur dieser Verletzungen, speciell über die Frage, 
ob die klinisch nachgewiesenen Funktionsstörungen auf Kompres- 
sion der nervösen Organe (sei es centraler oder peripherer) durch 
Knochensplitter oder ein liegen gebliebenes Geschoss verursacht sind; 
daraus ergeben sich für den Einzelfall eventuell wichtige Anhalts- 
punkte für Prognose und Therapie. Bei den Schussfrakturen steht 
der wissenschaftliche Werth des Verfahrens im Vordergrund, doch 
lieferte dasselbe in manchen Fällen auch praktisch wichtige Resul- 
tate. Was schließlich die Verwendbarkeit der Methode im Kriege 
anlangt, so ist Verf. zu dem Ergebnis gekommen, dass schon aus 
rein technischen Gründen hier nur die Reserve- und Festungslaza- 
rette in Betracht kommen können, nicht aber die Feld- und Kriegs- 
lazarette. Sein Schlussurtheil lautet dahin, dass wir in den Röntgen- 
strahlen ein neues Hilfsmittel besitzen, welches für gewisse Fälle im 
Kriege so werthvolle Dienste zu leisten vermag, dass die Verwunde- 
ten ein unbedingtes Recht auf seine Verwendung haben. In diesem 
Sinne ist das Verfahren für die Reservelazarette als unentbehrlich 
zu bezeichnen. Hofmeister (Tübingen). 


7) O. Pasteau. Étude sur le retrecissement de l’urethre 
chez la femme. 
(Ann. des malad. des org. genito-urin. 1897. No. 8—10.) 

Die vorliegende ausführliche Arbeit über Harnröhrenstrikturen 
beim Weibe stützt sich auf im Ganzen 112 Beobachtungen, darunter 
12 eigene und 5 noch nicht veröffentlichte von Albarran (2), Michon, 
Legueu und!Janet. Ausgeschlossen von der Betrachtung sind 
spastische Strikturen, Strikturen durch Polypen und andersartige Neu- 
bildungen, so wie Kompressionen der Harnröhre durch äußere Ge- 
schwülste. 

Die Harnröhrenstrikturen beim Weibe sind bisher wenig beachtet 
worden; sie sind aber jedenfalls häufiger, als man bisher geglaubt hat. 
Sie sind sowohl angeboren als erworben. Die erworbenen Strikturen 
sind entweder traumatischer Natur, namentlich in Folge Verletzungen 
und Zerreißungen bei schweren Geburten; sie sitzen dann meist im 
hinteren Theil der Harnröhre. Oder sie sind entzündlicher, meist 
gonorrhoischer Natur und sitzen dann meist im vorderen Theile der 
Harnröhre, gleich hinter der Öffnung. Die narbige Striktur hat patho- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 437 


logisch-anatomisch nichts Besonderes, die entzündliche ist das Er- 
gebnis einer »urethrite sclereuse totale «. 

Die Symptome der Harnröhrenstriktur bestehen in vermehrter 
Häufigkeit des Urinirens, in erschwertem und verlangsamtem Harn- 
strahl, in Schmerzen, die nach den Schenkeln etc. ausstrahlen. 
Wegen der größeren Schwäche der Blasenmuskulatur kommt es beim 
Weibe rascher zu einer Blasendilatation, als beim Manne. Die häufig 
vorhandene Infektion kann, eben so wie beim Manne, zu schweren 
Komplikationen führen. Die Diagnose wird mittels Knopfsonde und 
Endoskop gesichert. Die gewöhnliche Behandlung besteht in lang- 
samer progressiver Dehnung; selten ist die Urethrotomia interna an- 
gezeigt. Bei sehr engen Strikturen kann man auch Verweilsonden 
einlegen. P. Wagner (Leipzig). 


8) J. Englisch. Zur Exstirpation der Cowper’schen Drüsen. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. VIII. Hft. 7.) 
Erkrankungen der Cowper’schen Drüsen sind nach E. viel 
häufiger als gemeinhin angenommen wird; die Mehrzahl derselben tritt 
akut auf, doch kommen auch nicht selten chronische, verhältnis- 
mäßig häufig tuberkulöser Natur vor, alle vielfach in Fistelbildung 
ausgehend. Der Durchbruch kann nach außen, aber auch nach der 
Harnröhre oder dem Mastdarm hin stattfinden, nicht selten auch 
nach 2 Seiten, wodurch sich die mannigfachsten Kombinationen er- 
geben können. Die Fisteln heilen gewöhnlich sehr schwer, weil 
Reste der Drüsen die Eiterung unterhalten; man muss sie daher 
meistens breit spalten und die Drüsenreste entfernen oder zerstören; 
bei Fisteln, die in die Harnröhre oder den Mastdarm führen, darf 
man sich vor ausgedehnten Spaltungen nicht scheuen, wenn man 
etwas erreichen will. Besteht noch keine Fistelbildung, so thut man 
gut, die Drüse im Ganzen auszuschälen, was unter Vordrängung 
derselben durch den in den Mastdarm eingeführten Finger von 
einem Schnitt, der mehr oder weniger parallel der Rhaphe perinei 
läuft, oder von einem Lappenschnitt, dessen Basis dem aufsteigenden 
Schambeinast entspricht, geschieht. Man mache nicht zu kleine 
Schnitte und vermeide Verletzungen der Harnröhre, was bei einiger 
Vorsicht unschwer gelingt. 4 Krankengeschichten sind der sehr 
lehrreichen Arbeit beigegeben. H. Linäner (Berlin). 


9) J. Englisch. Über die neueren Behandlungsmethoden 
der Prostatahypertrophie (Kastration, Ligatur des Samen- 
strangs, Organotherapie). 

(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 42—52.) 

Die Stellung E.’s zu den neueren — sexuellen — Behandlungs- 
methoden der Prostatahypertrophie kennzeichnet sich aus folgenden 
Schlusssätzen. In allen leichten Fällen palliative Behandlung mit 
Unterstützung durch die Organotherapie, welche auch bei allen 


438 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


übrigen Methoden mit zur Verwendung kommen kann. Seinen 
eigenen Erfahrungen nach an 8 Fällen, welche ein Urtheil erlauben, 
und bei welchen Tabletten aus der Prostata junger Stiere angewendet 
wurden, scheinen die subjektiven Erleichterungen im Vordergrund 
zu stehen. Von den Operationen am Samenstrang verdient die Re- 
sektion eines 3—4 cm langen Stückes neben Erhaltung des Hodens 
den Vorzug. Die doppelseitige Kastration hat allerdings einen rasche- 
ren Erfolg, sie wirkt aber meist deprimirend auf das Gemüth, wenn 
auch die von Einzelnen hervorgehobenen schweren psychischen Er- 
scheinungen nicht der Operation zur Last gelegt werden können. 
Andererseits erweist eine vom Autor mit möglichst großen Zahlen 
aus der Litteratur aufgenommene Statistik, dass die Resektion des 
Samenleiters bei gleichem Erfolg weniger gefährlich als die Doppel- 
kastration ist, wobei allerdings zu bedenken wäre, dass sich auch 
nicht so verzweifelte Fälle zu dieser milderen Operation viel eher 
entschließen, als zur Kastration. Hinwiederum liegt in diesem psy- 
chologischen Umstand ein für jene Operation sprechendes Moment, 
da dem Kranken damit eben auch die schweren Zufälle späterer Zeit 
erspart bleiben. Bleibt der Erfolg der genannten Operationen aus, 
so hat die Anlegung einer Blasenfistel (Cystostomie) den Vorzug vor 
den eingreifenderen Prostatomien und Prostatektomien mit ihrer viel 
schlechteren Prognose. Mit der Operation ist die Behandlung aber 
noch nicht abgeschlossen, sie muss palliativ noch lange fortgesetzt 
werden, um die Aufsaugung der Drüsensubstanz zu fördern. 
Herm. Frank (Berlin). 


10) X. Delore. De la fonction de l’urethre hypogastrique 
chez les prostatiques cystostomises. 
Paris, Bailliöre et fils, 1898. 164 S. 

Eine recht interessante und zeitgemäße Arbeit! Verf. hat an 
einem großen eigenen und aus der Litteratur gewonnenen Material 
die Frage studirt, wie sich der Zustand der wegen Prostatahyper- 
trophie mittels Anlegung einer Harnröhre oberhalb der Symphyse 
Operirten gestaltet. Bei 18 Pat., die nur temporär den künstlichen 
Weg trugen, obliterirte derselbe, sobald die Entleerung auf dem 
normalen Wege wieder von statten ging. Bei 34 Pat. blieb die 
neue Harnröhre dauernd erhalten; von ihnen hatten 13 überhaupt 
keine, 7 partielle und 14 volle Kontinenz. Diejenigen, welche par- 
tielle Kontinenz zeigten, waren bald in aufrechter, bald in horizon- 
taler Haltung, bald am Tage, bald bei Nacht kontinent, konnten je 
nach ihrem Verhalten bald länger, bald kürzer den Urin zurück- 
halten. Von denen, die volle Kontinenz besaßen, urinirte ein Theil 
auf normalem Wege, hielt sich aber den künstlichen als Sicher- 
heitsventil offen, ein anderer benutzte beide Wege, der Rest urinirte 
ausschließlich durch den suprapubischen Kanal, und zwar theils ohne, 
theils mit Einführung eines Katheter. Die Funktion wird mehr 
oder weniger vollkommen sein je nach der Länge der künstlichen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 439 


Harnröhre, ihrer verschiedenen Weite, dem Zustand ihrer Umgebung, 
dem Vorhandensein oder Fehlen von Klappen in ihrem Inneren, der 
Widerstandsfähigkeit der Musculi recti. Bei 30 vom Verf. unter- 
suchten Pat. fanden sich 3mal Steine in der Blase, die kürzere oder 
längere Zeit nach der Operation entstanden waren. Es ist aus dieser 
Beobachtung nicht auf eine Begünstigung der Steinbildung durch die 
Operation zu schließen, im Gegentheil muss man annehmen, dass 
die Neigung zu derselben durch die prompte Entleerung der Blase, 
die bessere Desinfektion etc. herabgesetzt wird. Die Technik "der 
Operation soll so einfach als möglich gestaltet werden: die Pat. sind 
alt, durch ihre Krankheit erschöpft, die Blase ist mit infektiösem 
Material gefüllt (s. u). Gegen die Beschwerden der Inkontinenz 
wird ein von Poncet angegebener Apparat empfohlen, der Be- 
schreibung nach ein sinnreich konstruirtes Urinal. 

[Im Ganzen wird die Anlegung einer Urethra arteficialis supra- 
pubica immer ein etwas zweifelhafter Nothbehelf bleiben, aber es 
lässt sich nicht leugnen, dass man recht gute Resultate damit erzielen 
und den Leidenden wesentliche Dienste leisten kann, besonders, wo 
neben der Prostatahypertrophie hartnäckige Steinbildung vorliegt. 
Wir haben es für das Beste gehalten, den Kanal in schräger Rich- 
tung nach außen verlaufen und ihn ebenfalls schräg durch die Fasern 
eines Rectus hindurchtreten zu lassen; man kann ihn auf diese Weise 
genügend lang anlegen, ohne die Blase zu tief nach dem Halse hin 
anschneiden zu müssen, was doch im Interesse der geringeren Gefähr- 
lichkeit und schnelleren Vollendung der Operation nicht ohne Be- 
deutung ist. Auch die Bildung eines Sphinkters wird durch diese 
Operationsmethode befördert. Ref.) H. Lindner (Berlin). 


11) Ingianni. Esiti della sutura dell dotto deferente. 
(Policlinico 1898. Ref. nach Gazs. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 16.) 

I. hat an 26 Hunden experimentirt, um die Durchgängigkeit 
des Vas deferens nach Resektion und Naht desselben festzustellen. 
Er fand, dass durch jede Naht eine vollständige Vereinigung, aber 
stets mit Obliteration der Lichtung erzielt wurde. Das Erhalten- 
bleiben des Volumens des entsprechenden Hodens ist kein genügen- 
des Kriterium, um die Durchgängigkeit des Vas deferens daraus ab- 
zuleiten, zumal wenn das Gefühl durch andere Gewebe hindurch die 
Größe des Organs bestimmen musste. Denn der Hoden funktionirt 
fort, und die Canaliculi täuschen, indem sie sich cystisch erweitern, 
ein normales Volumen des Hodens auch bei Atrophie desselben vor. 

Dreyer (Köln). 


12) R. Versari. Recherches sur la tunique musculaire de la 
vessie et spécialement sur le muscle sphincter interne. 
(Ann. des malad. des org. g£nito-urin. 1897. No. 10 u. 11.) 

Die Schlussfolgerungen der im anatomischen Institut zu Rom 
ausgeführten Untersuchungen sind folgende: Der M. sphincter int. 


440 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


(Henle) ist nicht nur bei den Erwachsenen wohl ausgebildet vor- 
handen, sondern auch bei Kindern und Neugeborenen. Er findet 
sich überhaupt bei den Säugethieren. Von der Tunica muscular. der 
Blase unterscheidet sich der Sphincter int. durch die eigenthümliche 
Anordnung seiner Fasern, die Dicke und geringe Größe der einzelnen 
Bündel so wie durch’ das spärliche, dazwischen gelagerte Binde- 
gewebe. Der Muskel ist in seiner ganzen Ausdehnung nicht gleich- 
mäßig entwickelt. Beim Menschen — eben so auch bei den Säuge- 
thieren überhaupt — kann man einen Blasenhals unterscheiden, der 
sich vom oberen bis zum unteren Rande des M. sphincter internus 
erstreckt. Der Blasenhals wird aber nicht allein durch cirkuläre glatte 
Muskelfasern gebildet, die dem Sphincter int. angehören, sondern 
auch durch radiäre und schiefe glatte Fasern, die zwischen die Faser- 
bündel des Sphinkters eindringen, und denen V. den Namen M. dila- 
tator colli vesicae gegeben hat. P. Wagner (Leipzig). 


13) Rochet (Lyon). Les abces de la vessie chez les vieux 
urinaires. 
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 9 u. 10.) 

R. unterscheidet parietale Abscesse (Cystitis interstitialis suppur.) 
und perivesikale (Pericystitis suppur.). Die ersteren sind multiple 
kleine Herde, selten bis Haselnuss große Eiteransammlungen in 
allen Theilen der Blasenwand und sitzen entweder submukös oder 
intramuskulär. Die submukösen Abscesse erreichen keine erhebliche 
Größe, da sie beim Wachsen sehr bald in die Blase einbrechen. Sie 
heilen so mit einer Narbe aus. Die intramuskulären brechen selte- 
ner in die Umgebung der Harnblase durch und führen so zu einer 
Pericystitis suppurativa, die sich abkapseln oder aber in das Bauchfell 
bezw. in den Darm einbrechen kann. 

Die perivesikalen Abscesse sind meist sekundär nach einem Pa- 
rietalabscess, seltener primär bei alten Prostatikern. Sie sind oft 
von erheblicher Größe, bis 1 Liter Eiter enthaltend. Sie sitzen ent- 
weder an der vorderen oder hinteren Fläche, nie am Grunde, und 
an den Seiten der Blase nur, wenn die Eiteransammlung so groß 
ist, dass sie von hinten her seitlich heraufreicht. Sitzen sie in der 
Nähe des Blasenhalses, so können sie mit Prostataabscessen ver- 
wechselt werden. Auch eitererfüllte Ausstülpungen der Blasenwand 
können noch auf dem Secirtisch zu Verwechselungen Veranlassung 
geben. Doch findet sich in solchen immer die Kommunikation mit 
der Blase, und im schlimmsten Falle giebt die mikroskopische 
Untersuchung der Wand darüber Aufschluss. Die als Phlegmone bezw. 
Abscess des Cavum Retzii in der Litteratur beschriebenen Fälle sind 
zum Theil perivesikale Abscesse an der vorderen Blasenwand. 

Die Abscesse an der hinteren Blasenwand sind weniger leicht 
erkennbar. Sie machen oft lokale Peritonitis im Cavum Douglasii 
(Synechien). Gelegentlich steigt die Entzündung an den Harnleitern 


-Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 441 


aufwärts zu den Nieren, seltener am Urachus entlang bis zum Nabel- 
ring hin. 

Die gefährlichsten Abscesse sind diejenigen, welche mit dem 
Inneren der Blase kommuniciren; sie sind meist besonders groß 
und ziehen oft die Nachbarorgane in Mitleidenschaft. Durch die 
so entstehenden Verwachsungen wird die Kontraktionsfähigkeit der 
Blase eingeschränkt, es bilden sich Divertikel und schließlich alle 
Folgen der Urinstagnation. 

Man kann 3 Grade der eitrigen Pericystitis unterscheiden. 
Beim ersten ist das Exsudat gering, es liegt in dem der Blase eng 
anliegenden chronisch entzündlichen Bindegewebe. Beim zweiten ist es 
schon größer und ruft eine entzündliche Reaktion der Nachbarschaft 
hervor; es bleibt aber noch latent. Der 3. Grad ist gekennzeichnet 
durch eine Eiterung mit Neigung zum Durchbruch, sei es in den 
Dünn- oder Dickdarm, sei es nach außen durch die vordere Bauch- 
wand an der Leistenbeuge hervor. Ein Durchbruch am Damm 
spricht meist für Prostataabscess. Die Diagnose ist verhältnismäßig 
leicht bei den prävesikalen Abscessen. Je nach dem Grade der Ein- 
schmelzung ist die suprasymphysäre Gegend bretthart oder fluktuirend. 
Im letzteren Falle kann eine gefüllte Blase vorgetäuscht werden. Dann 
entscheidet der Befund nach Entleerung derBlase. Über den Ausgangs- 
punkt einer solchen Phlegmone im Cavum Retzii giebt freilich nur 
die Anamnese, und auch noch nicht immer ganz sichere Auskunft. 
Die Eiterungen hinter der Blase fühlt man als schmerzhafte An- 
schwellung bei der Tastung durch den Mastdarm hinter der Pro- 
stata, ausgenommen sie sitzt allzu hoch oder sie ist in ganz dünner 
Schicht ausgebreitet. Jedenfalls sollte man bei allen Pat. mit alter 
‚chronischer Cystitis diese Untersuchung vornehmen. Ulcerationen 
der Blase sind oft die Ursache von Abscessen, aber keineswegs Vor- 
aussetzung für dieselben; eine einfache Cystitis reicht hin. 

Was die Behandlung betrifft, so kommen in der Blasenwand 
selbst gelegene Eiterungen gar nicht in Frage, da man sie klinisch 
nicht diagnosticiren kann und während des Lebens nur zufällig bei 
Operationen aus einer anderen Indikation auf sie stößt. Die peri- 
vesikalen Abscesse sind einer operativen Behandlung nur zugänglich, 
wenn sie nicht gar zu klein sind (III. Grad) und sich entweder nach 
dem Mastdarm oder den Bauchdecken hin entwickeln. Wenn sie 
hier bereits zum Durchbruch gekommen sind, dann hat man zur 
Erzielung eines genügenden Abflusses nur zu erweitern oder eine 
Gegenincision anzulegen. Hat man einen Abscess geöffnet, so ist es 
nicht immer leicht festzustellen, ob er von der Blase ausgeht oder 
gar mit deren Höhle kommunicirt. Harngeruch kann auch in letzerem 
Falle dem Eiter fehlen. Auch die kombinirte Untersuchung mit dem 
in die Abscesshöhle eingeführten Finger und dem in der Blase liegenden 
Katheter führt oft nicht zum Ziel. Dann wirkt wohl noch eine 
Injektion in die Blase unter starkem Druck aufklärend über die 
Situation. Findet man eine Kommunikation zwischen Blase und 


442 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


Abscess, und ist sie sehr weit, so hat man sie spontaner Vernarbung 
zu überlassen. Eine enge Fistel muss man erweitern, um eine Re- 
infektion und eine Dauerfistel zu vermeiden. Abscesse, welche sich 
nach dem Mastdarm hin entwickeln, öffnet man mittels Trokars 
oder durch Incision. Hochsitzende Abscesse kann man auch vom 
Damm her angreifen. Stolper (Breslau). 


14) P. Güterbock. Die chirurgischen Krankheiten der Harn- 
organe. IV. Theil: Die chirurgischen Krankheiten der 
Nieren. 

Wien, F. Deutike, 1898. 308 S. Mit 50 Holzschnitten 

Mit diesem vor wenigen Wochen erschienenen Bande, der die 
chirurgischen Krankheiten der Nieren enthält, ist das vom 
Verf. begonnene Werk einer vollständigen Darstellung der chirur- 
gischen Krankheiten der Harnorgane vollendet. Den ursprünglichen 
Plan, diesem Werke einen Band über die Krankheiten der männ- 
lichen Geschlechtsorgane folgen zu lassen, hatte der Verf. aufgege- 
ben, weil die Chirurgie dieser Organe zu einem großen Theile be- 
reits in den bisher erschienenen Abschnitten dieses Buches berück- 
sichtigt worden ist, dagegen die Bearbeitung der funktionellen Stö- 
rungen in der Geschlechtssphäre im Wesentlichen der inneren Medi- 
ein und der Neurologie zufällt. 

Der 1. Theil des Buches: Die Krankheiten der Harnröhre 
und der Prostata erschien 1889 (s. ds. Centralbl. 1859 No. 46.); 
der 2. Theil: Die Krankheiten der Harnblase 1890 (s. ds. Cen- 
tralblatt 1590 No. 50.); der 3. Theil Ende 1593; in diesem wurden 
die Steine und Fremdkörper der Harnblase und der Harnröhre so 
wie die chirurgischen Krankheiten der Harnleiter besprochen o ds. 
Centralbl. 1894 No. 5.) 

G. ist kurz vor dem Erscheinen .dieses vorliegenden letzten 
Theiles gestorben. »Eine tückische Krankheit setzte seinem uner- 
müdlichen wissenschaftlichen Streben ein jähes Ende — mit dem 
letzten Federstrich an diesem Buche war seine Schaffenskraft ge- 
brochen.« 

Über die früher erschienenen Theile dieses Werkes haben wir 
uns nach jeder Seite hin lobend aussprechen können; Verf. hat 
es in ausgezeichneter Weise verstanden, die einzelnen Krankheits- 
processe klar und übersichtlich zu schildern und den Beobachtungen 
anderer Autoren seine eigenen reichen praktischen Erfahrungen an- 
zufügen. Auch die Bearbeitung der chirurgischen Nierenerkran- 
kungen zeigt alle die gerühmten Vorzüge. I. Israel hat sich der 
durch Freundespflicht gebotenen Aufgabe unterzogen, die hinterlas- 
senen Manuskripte zu ordnen und die Drucklegung zu überwachen. 
Wäre Verf. nicht so plötzlich von seiner Arbeit abberufen worden, 
so hätte er wohl noch Manches überarbeitet und gefeilt; I. Israel 
hat sich nicht für befugt erachtet, Änderungen vorzunehmen, selbst 
da, wo er glaubte, dass sie im Sinne des Verf. gewesen wären. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 443 


Die Einleitnng enthält allgemeine anatomische und physio- 
logische Bemerkungen; die Befestigungsmittel und die Topo- 
graphie der Nieren, so wie ganz besonders auch die Untersuchung 
dieser Organe wird eingehend besprochen. Das 2. Kapitel enthält 
die angeborenen! Krankheiten der Niere (Missbildungen und 
Lageveränderungen); das 3. Kapitel die abnorme Lage und Beweg- 
lichkeit der Niere. In einem Anhang wird das Vorkommen 
der Nieren in Hernien erwähnt. Der therapeutische Standpunkt, 
den G. bei der Wanderniere einnimmt, ist folgender: Die nicht ope- 
rative Behandlung ist angezeigt in allen Fällen mit sehr geringen 
oder mit ganz vagen Beschwerden; in den Fällen mit vorwiegend 
nervösen bezw. psychischen Störungen; bei den meisten Kranken mit 
Störungen des Darmkanals, speciell mit Enteroptose, wofern die Niere 
nicht selbst direkte Ursache von krankhaften Erscheinungen bildet, 
in Fällen von allgemeiner Erschlaffung des Unterleibes. Anzeigen zur 
operativen Befetigung sind sehr erhebliche Störungen, die von der 
nicht operativen Behandlung nicht beseitigt werden konnten; wieder- 
holte Einklemmungserscheinungen; das Auftreten von intermittirender 
Hydronephrose, so wie endlich Fälle, in denen die aus ihrem nor- 
malen Lager versetzte bewegliche Niere in Folge anderweitiger Ver- 
wachsungen nicht mehr zurückzubringen war und Ursache von Stö- 
rungen namentlich seitens des Darmkanals wurde. 


Die Verletzungen der Niere bilden den Inhalt des 4. Kapi- 
tels. G. hat sich in früheren Arbeiten gerade mit diesem Theile der 
Nierenchirurgie besonders eingehend beschäftigt, namentlich hat er 
uns wichtige Aufschlüsse über die Entstehungsweise der subkutanen 
Nierenverletzungen gegeben. 


In dem nächsten Abschnitt werden die eitrigen Entzündun- 
gen der Nieren und ihrer Umgebung abgehandelt: die Pyo- 
nephrosen, die Abscesse’des Nierenparenchyms, die Eiterun- 
gen in der Umgebung der Nieren, die meist mehr paranephriti- 
scher, als perinephritischer Natur sind. Bei der Pyonephrose wirft 
G. die eigentliche oder primäre Pyonephrose, d. h. die Ansammlung von 
Eiter oder mit Urin gemischtem Eiter im vereiterten Nierenbecken, 
mit der sekundären Pyonephrose zusammen. Unter letzterer versteht 
man das Endstadium der eitrigen Pyelonephritis, in dem das Nieren- 
parenchym durch eitrige Schmelzung mehr oder weniger vollkommen 
zerstört worden und durch das Zusammenfließen der Eiterherde schließ- 
lich auch ein einziger großer Eitersack entstehen kann. Die sekun- 
däre Pyonephrose indicirt für gewöhnlich die primäre Nephrektomie, 
die primäre Pyonephrose zunächst die Nephrotomie. Trotz des abfäl- 
ligen Urtheils von G. erscheint es uns vom praktischen Standpunkt 
aus richtiger, die primäre Pyonephrose zusammen mit der Hydro- 
nephrose als Sackniere (Cystonephrosis Küster) abzuhandeln. 


Einen Anhang zum 5. Kapitel bilden die Fisteln der Niere 
und ihrer Umgebung. 


444 Centralblat: für Chirurgie. No. 16. 


Das 6. Kapitel handelt von der Hydronephrose, die bei ihrer 
außerordentlichen praktischen Wichtigkeit eine besonders eingehende 
Besprechung erfahren hat. Bezüglich der Therapie nimmt G. einen 
vermittelnden Standpunkt zwischen den Anhängern der Nephrotomie 
und primären Nephrektomie ein. Cystengeschwülste der Niere 
lautet die Überschrift des 7. Kapitels, das eine Beschreibung der 
polycystischen Nierenentartung, der solitären Nierencysten, 
der perirenalen Cysten so wie des Nierenechinococcus enthält. 

Bei der Tuberkulose der Niere vermissen wir unter den dia- 
gnostischen Zeichen das von W. Meyer beschriebene Frühsymptom 
der primären Nierentuberkulose: scharf umschriebene, entzündliche 
Höfe, die die Blasenmündung des entsprechenden Harnleiters umgeben, 
während die übrige Blasenschleimhaut, besonders auch die Partien 
zwischen den Entzündungsringen, vollkommen normal erscheint. Im 
Anschluss an die Nierentuberkulose werden kurz die chirurgischen 
Erfahrungen über Nierensyphilis angeführt. 

Der Abschnitt über die Neubildungen der Niere enthält alles 
Wissenswerthe in übersichtlicher Form; ganz besonders ist G. auch 
bemüht gewesen, die etwas verwickelte pathologische Anatomie der 
bösartigen Nierengeschwülste klar zu legen. Die anhangsweise be- 
schriebenen perirenalen und pararenalen Neubildungen sind etwas 
kurz weggekommen. 

Die im 10. Kapitel besprochenen nervösen Erkrankungen der 
Niere, die sogen. Nierenneuralgie u. A., stellen noch ziemlich 
seltene Vorkommnisse dar, über die wir zum Theil noch recht we- 
nig unterrichtet sind. Alles Wissenswerthe hat G. mit großem Fleiß 
zusammengetragen. 

In dem 11. Kapitel sind die Erkrankungen der Blutgefäße 
der Nieren enthalten: das Aneurysma der Nierenarterie, die 
spontanen Nierenblutungen, so wie. ein Anhang über die) Er- 
scheinungsweise der Nierenblutungen. Entschieden viel zu kurz 
weggekommen sind hier die sog. spontanen Nierenblutungen, d. h. 
die Nierenblutungen bei gesunden Nieren, die G. auf nicht ganz 
einer Druckseite abhandelt. So ist z. B. die wichtige Arbeit von 
Klemperer und die an diese sich anschließenden Bemerkungen 
von Nitze u. A. gar nicht erwähnt. Jedenfalls hätte die diagno- 
stische Seite dieser essentiellen Nierenblutungen eine besondere Wür- 
digung verdient. Hier ist entschieden oft gefehlt worden und wird 
auch noch viel gefehlt. 

Ganz ausgezeichnet wiederum ist die im 12. Kapitel abgehandelte 
Steinkrankheit der Niere; nur in dem Abschnitt über Diagnose 
der Nierenkonkremente vermissen wir einen Hinweis auf die Unter- 
suchung mittels Röntgenstrahlen. 

Den Schluss des Buches bildet ein besonderes Kapitel über die 
an den Nieren auszuführenden Operationen. G. hat sich hier- 
bei auf die Nephrotomie und Nephrektomie beschränkt. Prak- 
tischer wäre es wohl gewesen, dieses Kapitel an den Anfang des 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 445 


Buches zu stellen und auch die anderen Nierenoperationen: Punk- 
tion, Nephropexie, Nephrolithotomie, in die allgemeinen Besprechun- 
gen einzubeziehen; es hätten dann bei den einzelnen Kapiteln Wieder- 
holungen vermieden werden können. Auch ein einleitendes Kapitel 
über die allgemeinen diagnostischen Verhältnisse bei den Nieren- 
geschwülsten wäre von Vortheil gewesen. 

Abgesehen von diesen verhältnismäßig geringen Ausstellungen 
bietet die G.’sche Nierenchirurgie des Vortrefflichen so viel, dass wir 
ihr Studium nur aufs wärmste empfehlen können. Gleich den 
übrigen Abtheilungen des Werkes ist auch die vorliegende von der 
Verlagsbuchhandlung sehr gut ausgestattet worden. 

P. Wagner (Leipzig). 


Kleinere Mittheilungen. 


15) O. Lanz (Bern). Erysipel im Anschluss an Osteomyelitis strepto- 
mycotica femoris. 
(Korrespondensblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 13.) 

Verf. meißelt einem Kinde einen alten, niemals zur Perforation gelangten 
osteomyelitischen Herd im Femur auf. Im Anschluss daran typisches Erysipel, 
das in klassischer Weise über die ganze Extremität wanderte. In Kulturen aus 
dem Knochenabscess entwickelten sich Streptokokken in Reinkultur. 6 Tage nach 
dem Abblassen des Erysipels entwickelte sich ein vielleicht schon latent gewesener 
tiefer Streptokokkenabscess am Fuß. In schönerer Weise kann die Beweiskette 
von der nicht specifischen Natur des Erysipelerregers, der im Knochenabscess be- 
ginnt, dann durch Infektion der Hautlymphspalten bei der Operation ein Erysipel 
zum Ausbruch bringt und schließlich sich wiederum in einen Abscess koncentrirt, 
wohl kaum auf natürlichem, nur auf experimentellem Weg gemacht werden. 

Hiuterstoisser (Teschen). 


16) Obermayer. Knochenveränderungen bei chronischem Ikterus. 
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 38 u. 39.) 

In der Nothnagel’schen Klinik wurden 5 Fälle von chronischem Ikterus 
beobachtet, welche Auftreibung der Endphalangen der Finger und Zehen, so wie 
schmerzhafte Verdickung der Vorderarm- und Unterschenkelknochen-Epiphysen 
darboten, veranlasst durch Periostitis mit Osteophytwucherung. Es handelt sich 
um die Erkrankung, die zuerst von E. Bamberger und P. Marie bei chroni- 
schen Lungen- und Herserkrankungen beschrieben und von Letsterem als Osteo- 
arthropathie hypertrophiante pneumonique benannt ist. Zutrefiender bezeichnet 
man das Leiden nach Arnold als sekundäre hyperplastische Ostitis, da es auch 
bei anderen Erkrankungen (jauchigen und eitrigen Processen, Infektionskrank- 
heiten, Herzfehlern, malignen Tumoren, Nervenleiden) beobachtet ist. 

In den vorliegenden Beobachtungen muss die chronische Cholämie als Ursache 
betrachtet werden. @risson (Hamburg). 


17) E. Clemmer (Basel. Ein Fall von Wismuthintoxikation durch 
Airol. 
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 16.) 

Unter den zahlreichen Ersatsmitteln für das Jodoform hat sich keins so rasch 
Eingang verschafft wie das Airol (Wismuthoxyjodidgallat. Bezüglich der dem 
Airol nachgerühmten Ungiftigkeit weiß Verf. das Gegentheilige zu berichten. Bei 
einem Falle von Psonsabscess hatte er etwa 35g einer 10%igen Airolemulsion 
(mit Glycerin und Ol. olivar. &) injieirt. Nach 3 Tagen kam es zu eklatanten 


446 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


Wismuthintoxikationserscheinungen (Nausea, Stomatitis mit Schwarzfärbung der 
Mundschleimhaut etc), welche erst nach Spaltung des Abscesses und Abfluss der 
Airolemulsion wichen. Die im Anschluss an diesen Fall vom Verf. ausgeführten 
Untersuchungen ergaben, dass Airol nur eine relativ ungifiige Substanz sei; es 
löst sich in Glycerin. Diese Airol-Glycerinlösung war im vorliegenden Falle 
direkt resorbirt worden. Vor der Verwendungsform von Airol-Glycerinemulsionen 
ist daher in Anbetracht ihrer Resorptionsfähigkeit und der darauf basirten toxi- 
schen Eigenschaften zu warnen. Hinterstoisser (Teschen). 


18) H. Alapy (Budapest). Fünf Operationen an Blase und Harnröhre 
von Knaben. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 2.) 

A. hat bei einem 10jährigen und bei einem 12jährigen Knaben die Lithola- 
paxie mit Erfolg ausgeführt; er war überrascht über das große Kaliber der kind- 
lichen Harnröhre, das übereinstimmend mit der Harnröhre des Erwachsenen in 
einem ganz bestimmten Verhältnis zum Umfang des Gliedes steht. 

In 3 weiteren Fällen bei Knaben von 10—12 Jahren hat er wegen Harnröhren- 
strikturen, die 2mal gonorrhoischen Ursprungs waren, operirt. imal genügte die 
Urethrotomia interna, 2mal wurde diese mit der Urethrotomia externa kombinirt. 
In allen Fällen wurde radikale Heilung erzielt. F. Krumm (Karlsruhe, 


19) N. O. Wilson. External rupture of one corpus cavernosum. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 30.) 

Der 15jährige Pat. Wie fühlte beim Radfahren plötzlich einen stechenden 
Schmerz im Penis, der aber bald wieder vorüberging. 11/5 Stunden später, beim 
Uriniren, das nicht behindert war, bemerkte Pat. eine starke Schwellung des Penis, 
die während des Urinirens anwuchs; gleichzeitig schoss im Strahl Blut hervor. W. 
fand den Pat. leicht kollabirt, rechts auf dem Rücken des Penis eine 11/2 Zoll 
lange, scharfrandige Wunde, aus deren Tiefe Blut hervorquoll. Die Urinentleerung 
war schmerzlos, durch die Wunde entleerte sich kein Urin, ein Zusammenhang der 
Wunde mit der Harnröhre konnte ausgeschlossen werden. 

In Chloroformnarkose wurde nach Umschnürung der Peniswurzel die Wunde 
erweitert, eine etwa 1 cm lange Wunde des Corpus cavernosum mit fortlaufender 


Naht, darüber die Hautwunde vernäht. Heilung ungestört. 
F. Krumm (Karlsruhe). 


20) V. Heiner. Über die Operationen an den Sexualorganen bei 
Prostatahypertrophie. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft.1 u. 2.) 
H. giebt die ausführlichen Krankengeschichten von 8 Pat., bei denen 7mal 
die doppelseitige Kastration, imal die doppelseitige Resektion des Vas deferens 
wegen Prostatahypertrophie und ihrer Folgen gemacht worden war. Es handelte 
sich stets um Pat., bei welchen die üblichen Behandlungsmethoden erschöpft waren. 
Außer in einem einzigen Falle, in dem eine Rückbildung des Mittellappens der 
Prostata und eine bedeutende Besserung der Funktion ersielt wurde, waren die 
Resultate durchaus unbefriedigende. F. Krumm (Karlsruhe). 


21) J. Verhoogen. Über einen Fall von Totalexstirpation der Pro- 
stata wegen maligner Neubildung. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 1.) 
53jähriger Mann, seit einem Jahr an einer Schwellung um den After erkrankt. 
Bei der Untersuchung fand V. eine halbkugelförmige Geschwulst, ca. 12 em im 
Durchmesser; an ihrem linken Rand, wo sich der After befindet, eingedrückt, 
schmerzlos, beinahe knochenhart, Haut unbetheiligt. Durch den Mastdarm wurde 
die Fortsetzung der Geschwulst in die Ischiorectalhöhle festgestellt. Ein inniger 


Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 447 


Zusammenhang mit. der Prostata bestand unzweifelhaft, die Mastdarmwand war 
frei. — Stuhlgang, Urinentleerung normal. 

Operation: Bogenförmiger Schnitt um den After. Lösung der Geschwulst von 
der Mastdarmwand und der äußeren Wand der Ischiorectalhöhle leicht. Da sie 
direkt in die Prostata übergeht, Exstirpation der Prostata — Durchtrennung der 
sich anheftenden Muskeln, Lösung vom Blasenhals mit der Schere, Durchschnei- 
dung der Pars membranacea urethrae. Blutung gering. Zwischen Blasenöffnung 
und Pars membranacea Naht, durch Herunterziehen der nun leicht beweglichen 
Blase ermöglicht. Verweilkatheter in die Harnröhre bis zur Blase, Tamponade 
und Drainage der Wunde. Operationsdauer 11/4 Stunde. 

Nach 3 Tagen Naht durchgeschnitten — Entleerung der ganzen Urinmenge 
durch die Wunde. Kein Fieber. Entfernung des Verweilkatheters, tägliche Ein- 
führung eines Nölatonkatheters zur Bildung eines Kanals in der gut granulirenden 
Wunde. Mit dem weiteren Verschluss der Wunde, Kontinenz für 2—3 Stunden, 
Urinentleerung theils durch Harnröhre, theils durch eine Fistel am After. Ent- 
lassung des Pat. nach 2 Monaten (p. op.). ‘Die mikroskopische Untersuchung der 
Geschwulst ergab ein Myxosarkom der Prostata, in dessen unteren Abschnitten 
sich reichliche Kalkablagerungen vorfanden. 

Erfolg auch in diesem Falle nicht andauernd. Nach 9 Monaten starb Pat., 
wahrscheinlich unter den Erscheinungen eines Reeidivs in der Narbe. Autopsie 
fand nicht statt. F. Krumm (Karlsruhe). 


22) Thöle. Angeborene Cysten der Genitoperinealrhaphe. 
$ (Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.) 


Bei einem 5ljährigen Manne exstirpirte Garrè eine in der Rhaphe penis ge- 
legene, 5cm lange, 3/5 cm dicke Cyste. An der oberen (urethralwärts gelegenen) 
Wand bestand die Auskleidung aus Cylinderepithel, an der unteren aus geschich- 
tetem Plattenepithel, welches an einer Stelle direkt in die Epidermiszellen über- 
ging. Die ausführlichen entwicklungsgeschichtlichen Darlegungen, welche die 
Entstehung solcher Cysten und ihre Auskleidung mit zweierlei Epithel erklären, 
können nicht Gegenstand des Referats sein. Hofmeister (Tübingen). 


23) Albarran. Résultats de l’intervention chirurgicale dans les 
tumeurs. 
(Ann. des malad. des org. génito-urin. 1897. No. 8.) 


Statistische Untersuchungen ergeben, dass die Sterblichkeit nach der Exstir- 
pation gutartiger Blasengeschwülste 6—7%, nach der bösartiger 45% beträgt 
Diese Zahlen sind sich in den letzten Jahren ungefähr gleich geblieben, dagegen 
haben sich die Verhältnisse der Recidive in den letzten Jahren immer günstiger 
gestaltet; sie betrugen 1892 bei den bösartigen Geschwülsten noch 60%, sind dann 
in einigen Jahren aber bereits auf 31% gefallen. Diese entschiedene Besserung 
ist zum großen Theil auf eine ausgedehntere Exstirpation des Geschwulstbodens 
begründet. 

A. hat im Ganzen 29 Blasengeschwülste operirt: 6 Papillome, 22 Epitheliome, 
1 Sarkom; von diesen Operirten starben 6 (20%'. Sämmtliche Papillomoperirte 
genasen; bei keinem trat ein Reeidiv ein. A. führt diesen Umstand mit vollstem 
Recht wohl darauf zurück, dass er die Blasenschleimhaut in größerer Ausdehnung 
rings um den Ausgangspunkt der Geschwulst mit entfernte. 

Von den wegen bösartiger Geschwülste Operirten starben 6, theils an Infektion 
und Blutung, theils an der Schwere des Eingriffs (Symphyseotomie mit aus- 
gedehnter Blasenresektion). 

Von den 17 Kranken, die den Eingriff überstanden, konnte A. 7 noch 3 bis 
7 Jahre nach der Operation beobachten. 4 Kranke sind ohne Recidiv geblieben, 
darunter der Sarkomkranke. 

Einselne Krankengeschichten werden von A. ausführlich mitgetheilt. 

P. Wagner (Leipzig). 


448 Centralblatt für Chirurgie. No. 16. 


24) Hofmokl. Ein Fall eines selten großen Divertikels der Harn- 
blase beim Weibe. Mit 1 Tafel. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.) 

Nach Besprechung der verschiedenen Arten von Blasendivertikeln, wahrer 
und falscher, erworbener und angeborener, beschreibt H. einen Fall, bei dem es 
sich um ein kindskopfgroßes Blasendivertikel handelt. Auffällig ist es durch seine 
Größe, durch die mächtigen papillären, kolbenförmigen Auswüchse im Innern des 
Divertikels, durch sein höchst seltenes Vorkommen beim Weibe, wo, wie in diesem 
Falle, die gewöhnlichen prädisponirenden Momente fehlen, nämlich Striktur der 
Harnröhre, Steinbildung, Neubildung, Zug an der Blase durch seitliche Anhef- 
tungen derselben im Becken. Nach dem pathologisch-anatomischen Befund und 
den histologischen Untersuchungen ist das Divertikel als angeboren zu betrachten. 
Erst eine Cystitis führte auch zur Infektion des Divertikels. Die Therapie be- 
steht bei kräftigen Individuen in der Exstirpation desselben. Hier musste diese 
wegen Marasmus aufgegeben werden. Wichtig ist die cystoskopische Unter- 
suchung. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


25) Albarran. Überzähliger Ureter. 
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 43.) 

Ein 20jähriges Mädchen litt seit Geburt an Harnträufeln, hatte nebenher aber 
Entleerungen von normalen Harnmengen in regelmäßigen Intervallen. In der 
Vulva unterhalb der Harnröbre und an der vorderen Scheidenwand fand sich je 
eine kleine Urin entleerende Fistel. Wurde in die Blase gefärbte Flüssigkeit in- 
jieirt, so floss aus den Fisteln ungefärbter Urin ab; cystoskopisch wurden 2 nor- 
male Harnleiter konstatirt; in die Fisteln ließ sich eine Sonde 20cm weit ein- 
schieben, ohne dass sie cystoskopisch in der Blase sichtbar wurde: es musste also 
ein überzähliger Harnleiter durch die Fisteln ausmünden. 

Die entwicklungsgeschichtliche Erklärung dieser Abnormität muss im Original 
gelesen werden. 

In der Litteratur hat Verf. nur 4 derartige Beobachtungen gefunden. 

A. heilte das Mädchen, indem er per laparotomiam den überzähligen Harnleiter 
mit einem Stück Scheidenschleimhaut loslöste und letzteres in eine Blasenineision 
einnähte; es bildete sich eine Vesico-Vaginalfistel, die durch eine 2. Operation ge- 
schlossen wurde. Grisson (Hamburg). 


26) K. P. Sserapin. Der Nierenechinococcus und seine chirurgische 
Behandlung. 
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. No. 1. [Russisch.)) 

42jährige Frau, 1 Jahr krank; die Geschwulst fing schnell an zu wachsen, 
nachdem Pat. aus dem Wagen gefallen war. Diagnose: Cyste der rechten Niere, 
Hydronephrose oder Echinococcus. Bei der Operation (Prof. Weljaminow) — 
Lendenschnitt — fand sich eine einzelne Eohinococcusblase, die leicht ausgeschält 
wurde. Da die Nierenfunktion aufgehoben schien, beschloss man die Nephrek- 
tomie, doch musste ein kleiner Theil des Sackes, der mit der unteren Hohlvene 
verwachsen war, zurückgelassen werden. Tamponade. Nach 8 Wochen völlig ge- 
heilt. Die Blase saß im hinteren Theil der Niere am Hilus. — Bei der mikro- 
skopischen Untersuchung erwies sich die Vorderfläche der Niere und deren äußerer 
Theil, eben so das Becken und die Kelche als intakt. — In der Litteratur fand 
S. 13 Nephrektomien (5 +) und 31 Cystotomien, alle genesen, davon 16 transperi- 
toneale und 15 extraperitoneale Operationen. Daher spricht sioh S. für extra- 
peritoneale Cystotomie als für das Normalverfahren aus, und reservirt die Nephrek- 
tomie nur für besondere Fälle und sekundäre Operationen. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bargnam, F, Kinig, E, Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


=m 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjāhriger 
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 17. Sonnabend, den 30. April. 1898. 


Inhalt: P. L. Friedrich, Kurze Bemerkungen zum Gebrauch dünner nahtloser Gummi- 
handschuhe für gelegentliche Operationszwecke. (Original-Mittheilung.) 

4) Jahresbericht. — 2) Le Dentu und Delbet, Chirurgie. — 3) Hamant, Plötzlicher 
Tod nach Operationen. — 4) Dumstrey und Metzner, 5) Davidson, Röntgenstrahlen. — 
6) Riggenbach, Keimgehalt acoidenteller Wunden. — 7) Müller, 8) Koller, Schusswunden. 
— 9) Pielicke, Syphilitische Gelenkerkrankungen. — 10) Thilo, Gelenkneuralgien. — 
41) Kirmisson und Ardouin, Knochen- und Gelenktuberkulose. — 12) Strauss, Rheu- 
matische Muskelschwiele. — 13) Rydygier, Transplantation von Muskellappen. — 
14) Haegler-Passavant, Metallnaht aus Aluminiumbronze. — 15) Adler, Hirngeschwülste 
nach Kopfverletzungen. — 16) Berndt, Unterkieferresektion.. — 17) Kirchgaesser, 
Rückenmarkserschütterung. — 18) $subotin, Pott’scher Buckel. — 19) Ekehorn, Der- 
moideysten des Mediastinum anticam. — 20) Kopfstein, Pleuraempyem. 

C. Bayer, Retrograde Netzincarceration mit Stieltorsion über dem Bruchring. (Orig.- 
Mittheilung.) 

21) Hinterstoisser, Jahresbericht. — 22) Kehrer, Angeborene Kopfbrüche. — 
23) Mugnai, Exstirpation des Gangl. Gasser, — 24) Bischoff, Gesichtsspalte. — 25) Man- 
guli, Noma. — 26) Briau, Elephantiasis cartilsginosa Nasi. — 27) Bockhorn, Parotis- 
tuberkulose. — 28) Faure, Unterkieferresektion. — 29) Habs, Nasen-Rachengeschwulst. 
— 30) Escat, Adenom des Gaumensegels. — 31) Rubinstein, Halsverletzung. — 32) Trapp, 
33) Reinhardt, 34) Lambret, Rückenmarksverletzungen. — 35) Miralli& und Chaput, 
36) Kuss, Torticollis. — 37) Pantaloni, Zur Kehlkopfchirurgie. — 33) Tailhefer, Thy- 
roidis. — 39) Marchant, Basedow. d 


Kurze Bemerkungen zum Gebrauch dünner nahtloser 
Gummihandschuhe für gelegentliche Operationszwecke, 


Von 
Prof. P. L. Friedrich in Leipzig. 


Um auf die während des Chirurgenkongresses mehrfach an mich 
ergangenen Anfragen wegen der Gebrauchs- und Sterilisationstechnik 
der von mir vorgelegten Gummihandschuhe eine Antwort zu geben, 
erlaube ich mir ganz kurz die betreffenden Einzelheiten, wie sie sich 
mir als praktisch erwiesen haben, hier zu schildern. 

Die Firma, welche den betreffenden Handschuh liefert, heißt 
Zieger & Wiegand, Leipzig-Neuschleußig, Seumestraße 10. 

17 


450 Centralblatt für Chirurgie. No, 17. 


Die Handschuhe werden jetzt nahtlos, mit einem Ausdehnungs- 
koefficienten des Gummis von etwa 1:7, von ziemlicher Feinheit, 
bei noch leidlicher Haltbarkeit hergestellt. Die Angaben, so weit sie 
die chirurgisch-technische Seite betreffen, stammen zwar von mir, 
die eigentliche Herstellungstechnik ist Fabrikgeheimnis. 

Der Gebrauch der Handschuhe erscheint mir nur empfehlens- 
werth innerhalb der Grenzen, wie sie von v. Zöge-Manteuffel 
schon gezogen und gelegentlich der Diskussion am 1. Sitzungstage 
des Kongresses neuerlich erörtert worden sind; innerhalb dieser 
Grenzen wird man aber geradezu verpflichtet sein, den Handschuh- 
schutz zu verwenden. Ich möchte ganz besonders ihren Gebrauch für 
den Fall empfehlen, wo der Operateur oder Assistent durch eine ge- 
ringe, nicht mehr infektionsfreie Läsion ihrer eigenen Hand ein 
aseptisches Wundgebiet gefährden könnten, während sie andererseits 
zum Operiren durch die Umstände gezwungen sind. Ein bloßer Finger- 
schutz dürfte da selten als ausreichend zu betrachten sein. 

Will man den Gebrauch der Handschuhe verallgemeinern, wozu mir 
eine Berechtigung nicht vorzuliegen scheint, so ist zu bemerken, dass er 
der Raschheit des Operirens auf alle Fälle schadet, den aseptischen 
Apparat unnöthig komplieirt, die allgemein menschliche Seite des 
eventuellen Vertrauens auf seinen Schutz die Strenge der sonstigen 
Händesterilisationsmaßnahmen gefährdet. 

Die Handschuhe werden in der Form, wie sie von der Fabrik 
geliefert werden, in eine 6fache Lage von Verbandmull eingeschlagen 
und so dem Verbandmaterial des zu sterilisirenden Verband- oder 
Tupfer-) Kessels beigelegt bezw. nach Belieben für sich im Dampf- 
sterilisator durch 1 Stunde sterilisirt, wobei naturgemäß vorausgesetzt 
wird, dass der Kessel bei Einbringung sich bereits auf der Höhe der 
Dampfentwicklung befindet. (Wer es vorzieht, die Sterilisirung in 
chemischen Lösungen vorzunehmen, ersetze den Dampf durch ent- 
sprechende Einwirkung dieser.) Sie werden sodann unmittelbar vor 
dem Gebrauch der Schimmelbusch’schen Trommel entnommen; 
mit sterilisirter Pincette werden die Mulltheile zurückgeschlagen und 
an die nach den sonstigen Regeln exakt operationsbereit gemachte 
sterilisirte Hand des Operateurs angezogen, nachdem sie mit sterili- 
sirtem Wasser zur Hälfte gefüllt worden sind. Durch diese Füllung 
entfalten sich die einzelnen Theile des Handschuhs leicht, und gleitet 
derselbe nunmehr ohne Mühe über die Hand, wobei die andere Hand, 
nur mit sterilisirtem Mullstück bekleidet, dem Anziehen nachhilft, 
nicht mit den unbedeckten Fingern, um auch noch jegliche Gefähr- 
dung der Operationsfläche des anzuziehenden Handschuhs durch 
Reiben der, wenn auch sterilisirten, anderen Hand des Operateurs 
gegen dieselbe auszuschalten. Zum Anziehen nehme man sich etwas 
Zeit. Es empfiehlt sich, für das Instrumentenauskochen vorher aus- 
gekochtes und nunmehr nur noch eines geringen Sodazusatzes be- 
nöthigendes Wasser zu verwenden, da gerade der Sodahauch der 
Instrumente eine unbequeme Glätte der. Handschuhflächen zur Folge 


Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 451 


haben kann, und Soda, wie es scheint, auch die Haltbarkeit des 
Stoffes ungünstig beeinflusst. Werden die Handschuhe während des 
Operirens an der Operationsseite feucht — und das macht sich 
technisch viel unangenehmer und empfindlicher, als bei der ent- 
blößten Hand, bemerkbar —, so genügt natürlich kurzes Trocknen 
mit sterilem Tuch. Gleitet Serosa aus, so schalte man eine einfache 
Mulllage zwischen Handschuh und Darm (bezw. Magen) oder (halten- 
der Assistent) ziehe über Daumen und Zeigefinger noch einen feinen 
baumwollenen sterilisirten Fingerling. Versehentliche Berührung mit 
der Zacke eines scharfen Hakens, Schwierigkeit beim Unterbinden, 
Hingleiten an scharfen Knochenkanten bieten die häufigste Möglich- 
keit zur Lädirung des Gummis. Bei Nothwendigwerden feinsten. 
Gefühls in den Fingerspitzen genügt einfaches nochmaliges energi- 
sches Streichen des Handschuhs an dem betreffenden Finger von 
der Spitze gegen das Grundglied, wodurch sich der Gummi an der 
Fingerspitze noch beträchtlich verdünnen lässt. Nach Operationen 
auf aseptischem Wundgebiet und von nicht zu langer Dauer wurde - 
die nachmalige Sterilisation nur 30—40 Minuten lang zur Schonung 
des Handschuhs ausgeführt. Das Ausziehen erfolgt am besten unter 
Flüssigkeit im Waschbecken: es genügt, den Handschuh am oberen 
Ende zu fassen; er streift sich da im Nu über die ganze Hand ab. 
Ich benutze hierbei Sublimatlösung (wässrig 1:500), die dem Stoff 
nicht zu schaden scheint, womit ich aber gleichzeitig den Vortheil 
verbinde, dass die durch das Umstülpen nunmehr nach außen ge- 
kehrte, bisher der Hand des Operateurs angeschmiegt gewesene 
Innenfläche des Handschuhs gleich im Anschluss an die Operation 
20—30 Minuten in der Berührung mit der Sublimatlösung bleibt, 
wobei es doch noch einmal mit erwähnt sei, dass der infektiöse 
Charakter einer gut sterilisirtten Hand im Verlauf einer Operation 
jetzt von mancher Seite weit überschätzt wird. Beim Operiren eitriger 
Processe empfiehlt es sich, dem Ausziehen des Handschuhs ein sofor- 
tiges Abspülen und Abscheuern mit Seife und Bürste folgen zu lassen. 


1) The medical annual and practitioners index. 
Bristol und London, 1898. 

Der 16. Band der an dieser Stelle bereits mehrfach lobend be- 
sprochenen Jahrbücher verdient gleichfalls volle Anerkennung; die 
Verf. werden ihren Aufgaben innerhalb der von ihnen selbst ge- 
steckten Grenzen vollkommen gerecht. Die kurzen zusammenfassen- 
den Referate berücksichtigen doch in genügender Weise die Litte- 
ratur, und speciell der deutsche Leser findet manche interessante 
Notiz aus englischen und amerikanischen Journalen, die ihm bisher 
vielleicht entgangen war. Besonders ausführlich werden diesmal die 
unblutige Einrenkung der angeborenen Hüftverrenkung besprochen, 
so wie die Streckung des Pott’schen Buckels nach Calot. Letzteres 


Verfahren ist durch eine große Menge von Abbildungen illustrirt. 
Tietse (Breslau). 


Dr 


452 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


2) Le Dentu et Delbet. Traité de chirurgie clinique et 
opératoire. Tome VI. 
Paris, J. B. Bailliere et fils, 1597. 

Der 6. Band der Chirurgie von Le D. und D. enthält in be- 
kannter Ausführung die Krankheiten des Mundes, des Pharynx, der 
Speiseröhre, des Kehlkopfes, der Luftröhre, der Schilddrüse, des 
Halses und der Brust aus der Feder von H. Morestin, M. Gan- 
golphe, F. Lubet-Barton, C. Lyot, J. Arrou und Ch. Souligoux. 

Tietze (Breslau). 


3) H. Hamant. La mort subite post-op£ratoire. 
Paris, 1897. 

Nach kurzer Besprechung der hauptsächlichen Ursachen, welche 
überhaupt einen plötzlichen Tod veranlassen können, geht Verf. 
speciell auf solche Todesfälle ein, welche nach operativen Eingriffen, 
‚unabhängig von der Schwere der Operation und ohne alle Kompli- 
kationen, wie Blutungen, Septhämie etc. eintreten können. Auf 
Grund eigener Beobachtungen und solcher aus der Litteratur — 
Verf. hat im Ganzen 16 Fälle zusammengestellt — kommt er zu dem 
Schluss, dass der Tod entweder ganz plötzlich in Folge einer Herz- 
synkope oder innerhalb einiger Minuten durch Gehirn- oder Lungen- 
alteration bedingt sei. Meist handle es sich um alte Personen, auf- 
fallenderweise hauptsächlich um Männer, und besonders um solche, 
deren Gesundheit schon aus irgend einer Ursache geschwächt ist, sei 
es durch eine Herzkrankheit, durch Alkoholismus, Diabetes, Albu- 
minurie, Arteriosklerose oder Obliteration der Pleurablätter. Nach 
Möglichkeit soll man desshalb Operationen an solchen Individuen 
überhaupt vermeiden; bei plötzlich eintretendem Shock aber seien 
Stimulantien in großen Dosen zu verabreichen; auch sah Verf. sehr 
günstige Resultate durch Injektionen »künstlichen Serums«. 

Se Sultan (Göttingen). 
4) Dumstrey u. Metzner. Die Untersuchung mit Röntgen- 
strahlen. Eine kritische Studie. 
(Separatabdruck der Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen Bd. I. 

Die Arbeit kann fast als eine Instruktion für Denjenigen be- 
trachtet werden, welcher die gröbste Technik des Verfahrens hinter 
sich hat. Es werden am Schluss bestimmte Anforderungen für die 
Wiedergabe von Bildern aufgestellt, um für eine Prüfung derselben, 
etwaiges Kontrolliren behaupteter Resultate, möglichst genaue Grund- 
lagen zu haben, Forderungen, welche man Angesichts gewisser Kunst- 
produkte nur energisch befürworten kann. Auch zu den Anschau- 
ungen über den Werth des Verfahrens in der inneren Medicin kann 


Ref. nur seine rückhaltlose Zustimmung betonen. 
Bähr (Hannover). 


Centralblatt für Chirurgie No. 17. 453 


5) J. M. Davidson. Roentgen rays and localisation. 
(Brit. med. journ. 1898. Januar 1.) 


D. hat zur genauen Lage- und Größebestimmung von Fremd- 
körpern durch Röntgenstrahlen einen Apparat konstruirt, der es ihm 
ermöglicht, durch einfache Abstandsmessungen und Umrechnung die 
genauesten Zahlen über Größe und Entfernung des Fremdkörpers 
von der Haut zu erhalten. Das Princip der Methode besteht in der 
Entwerfung zweier Schatten des Fremdkörpers auf einem Negativ 
durch horizontale Verschiebung der in bestimmtem vertikalen Ab- 
stand von der Platte fixirten Lichtquelle (Anode der Vacuumröhre!. 
Die Einzelheiten der ausführlich beschriebenen Methode, die sich 
in der Praxis hoffentlich einfacher giebt, wie in der Beschreibung, 
mögen von Interessenten im Original nachgesehen werden. Die 
Methode hat sich schon in einigen Fällen praktisch bewährt. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


6) H. Riggenbach. Über den Keimgehalt accidenteller' 
Wunden. 
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 32.) 


R. hat in der chirurgischen Poliklinik von Basel 24 Fälle kleinerer 
Verletzungen, die ambulant behandelt wurden, in kunstgerechter, 
fleißiger Weise bakteriologisch untersucht. Die frische Wunde wurde 
mit kleinen sterilen Wattebäuschchen ausgewischt, deren Keimgehalt 
dann durch Einbringung in Nährgelatineplatten festgestellt wurde. 
Dessgleichen weiterhin bei dem Verbandwechseln Entnahme und Ver- 
arbeitung des Wundsekrets. Prüfung, Isolirung und Weiterzüchtung 
der gefundenen Keimarten, deren Pathogenität, so weit sie deren 
verdächtig waren, durch subkutane Injektion bei Kaninchen geprüft 
wurde. 

Mit nur einer Ausnahme ergab schon die erste Untersuchung 
der Wunde zahlreiche Keime, und zwar meistentheils auch pathogene. 
Am häufigsten fand sich der Staphylococcus pyogenes albus (in 62,5% 
der Fälle), den R. für einen zweifellosen, wenn auch nicht so viru- 
lenten Eitererreger wie den aureus hält. Der Mikrococcus tetragenus 
fand sich 4mal, also in 16%; auch ihm vindieirt R. pyogene Viru- 
lenz. In 11 Fällen, also nahezu der Hälfte, fanden sich Strepto- 
kokken, deren Pathogenität indess, in 6 Fällen durch das Thier- 
experiment geprüft, ungleich, und zwar meistens gering war. 2mal 
fand sich — und dies ist besonders interessant — der Nikolaier’sche 
Tetanusbacillus, dessen Kulturen Versuchsthiere in typischer Weise 
tödteten, dessen Gegenwart in der Wunde der Pat. aber die Heilung 
nicht beeinträchtigte. Außerdem wurden zahlreiche andere Keim- 
formen: Kokken, Spirillen, Sarcinen etc. von nebensächlichem Inter- 
esse konstatirt. 

R. führt aus, dass sämmtliche Keime in erster Linie der Körper- 
hautoberfläche entstammen, von wo sie durch den Mechanismus der 


454 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


Verletzung in die Wunde gelangen. Der Keimreichthum der Wunde 
wächst mit der Zeit, die verstreicht, bevor Pat. in ärztliche Behand- 
lung kommt. Da bei antiseptisch behandelten Wunden sich eine 
geringere Keimzahl fand, als bei bloß aseptisch behandelten, ist Verf. 
geneigt, die Antisepsis der Asepsis vorzuziehen. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


7) A. Müller. Experimentelle Untersuchungen über die 
Infektion von Kaninchen durch Geschosse. Mitgetheilt von 
Prof. Dr. Tavel. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 199.) 

Die im bakteriologischen Institut in Bern vorgenommenen Ex- 
perimente studiren die Fragen, unter welchen Bedingungen Geschosse 
Infektionen vermitteln können, und ob pathogene Keime, welche ein 
Geschoss trägt, durch die Hitze, der das Geschoss im Gewehrlauf 
ausgesetzt ist, unschädlich gemacht werden können. Als Infektions- 
material dienten Marmorek’sche Streptokokken, die schon in mini- 
malen Dosen Kaninchen tödlich inficiren. Die Kokken wurden auf- 
getragen bald auf die Stahlspitze, bald auf den Bleitheil des Geschosses, 
bald in den Gewehrlauf, bald auch auf Soldatentuch, womit das zu 
verletzende Thier bedeckt war. In allen Fällen wurden die Thiere 
tödlich infieirt, auch wenn eine größere Anfangsgeschwindigkeit des 
Schusses (600 m) benutzt wurde, oder der Schuss nach Abgabe eines 
Magazinfeuers von 12 Patronen vorgenommen wurde, also in beiden 
Fällen eine erhöhte Erhitzung des Geschosses beim Passiren des 
Laufs vorangegangen war. Auch durch Bedecken des Schussziels 
mit sterilem Tuch ließ sich die Infektion nicht vermeiden. Eben so 
wenig verhinderte die sofort nach der Verletzung vorgenommene 
Behandlung mit Jodtinktur, noch Drainage oder Kauterisation ‚des 
Schusskanals die Infektion. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


8) H. F. Koller. Experimentelle Versuche über die Therapie 
inficirter Schusswunden. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII p. 211.) 

Die Versuche K.’s schließen sich an diejenigen von Müller an 
und sind wie diese im Berner bakteriologischen Institut vorgenommen. 
Infieirt wurden die Geschossspitzen, und zwar mit Bakterienkulturen, 
die für Kaninchen virulent sind, doch aber nicht so hochgradig, dass 
eine nothwendig tödliche Infektion resultirt. Als hierzu geeignet 
wurden benutzt schwache Kulturen von Staphylococcus aureus, ferner 
von Pyocyaneus und ein Streptococcus capsulatus. Die Versuchs- 
schüsse wurden den Kaninchen mittels exakt eingestelltem Gewehr 
in den Oberschenkel ohne Verletzung von Knochen, Nerven und 
Gefäßen beigebracht. Die Nachbehandlung der Wunden bestand 
nun in den jedesmaligen Versuchsserien bei den verschiedenen Thieren 


EE Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 455 


derfReihe nach: 1) bei dem Kontrollthiere in einem einfachen Ver- 
bande mit oder ohne Naht, 2) in energischer Thermokauterisation, 
3) in Wundauspinselung mit starker Jodtinktur, 4) in Wunddrainage 
mit Jodoformgaze, 5) in Glasdrainage, 6) in Wunddesinfektion mit 
5%igem Karbolwasser. Die sehr interessanten und praktisch be- 
achtenswerthen Resultate ergaben, dass nur die einfach behandelten 
Kontrollthiere, ferner die mit Glasdrain oder Jodoformgazedrainage 
behandelten Thiere und eins, mit Pyocyaneus inficirt, welches mit 
5%iger Karbolsäure behandelt war, geheilt wurden. Dagegen starben 
an der Infektion alle übrigen mit Karbolsäure und alle mit Glüh- 
eisen und Jodtinktur behandelten Thiere. Die voraufgegangenen 
starken Wunddesinfektionen haben also trotz der jedenfalls voraus- 
zusetzenden Vernichtung von Keimen in der Wunde durch Gewebs- 
schädigungen nachtheilig gewirkt. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


9) Pielicke. Die syphilitischen Gelenkerkrankungen. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 4. u. 5.) 


Die Eintheilung der syphilitischen Gelenkerkrankungen nach 
Virchow in einfach entzündliche Affektionen ohne specifische 
Neubildungen und in solche, die mit der Bildung der für Syphilis 
charakteristischen Veränderungen einhergehen, stellt P. als die 
natürlichste und ungezwungenste, als einheitlich und ohne Wider- 
spruch hin. 

Die ersteren Affektionen kommen fast nur in den großen 
Körpergelenken vor, am häufigsten in den Kniegelenken. Sie treten 
sowohl mono- als auch polyartikulär auf und zeichnen sich durch 
einen deutlichen Gelenkerguss und durch große Schmerzhaftigkeit 
aus. Sie pflegen in dem sogenannten sekundären Stadium der 
Syphilis aufzutreten in Verbindung mit anderen Symptomen dieser 
Krankheit. Sie wurden aber auch bei Kindern in Fällen angeborener 
Lues beobachtet. Die Erscheinungen sind hier, entsprechend dem 
ganzen Verlaufe der kongenitalen Syphilis, viel stürmischer, so dass 
häufig eine Eiterung des Gelenks vorzuliegen scheint. In Folge 
dessen sind schon mehrfach eingreifende Operationen vorgenommen 
worden, wo die antiluetische Behandlung am Platze gewesen wäre. 

P. führt einen selbst beobachteten Fall mit einer recidivirenden 
syphilitischen Schultergelenksentzündung bei einem 30jährigen Manne 
an, in welchem nach verschiedenen vergeblichen therapeutischen 
Versuchen eine Sublimatspritzkur in 3 Wochen vollständige Heilung 
herbeiführte Eine eitrige syphilitische Gelenkentzündung ohne 
primäre Betheiligung der Nachbarorgane kommt sehr selten vor, am 
häufigsten noch bei hereditär luetischen Kindern. In Folge von 
Vernachlässigung und mangelhafter Behandlung gehen die akuten 
und namentlich die subakuten Formen dieser Gelenkaffektionen in 
die des chronischen Gelenkrheumatismus über mit chronischen 
Gelenksergüssen und Kapselschwellungen, welche die Beweglichkeit 


456 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


im Gelenk beeinträchtigen, Krepitation erzeugen und in schweren 
Fällen zu Pseudoankylose führen können. 

Die specifischen syphilitischen Gelenkentzündungen treten sekun- 
där auf in Folge und unter Bildung gummöser Entzündungen und 
Neubildungen der Gelenkkapseln und der Knochen. Sie kommen 
natürlich meist nur im tertiären Stadium der Syphilis vor und 
pflegen häufiger chronisch zu verlaufen als die idiopathischen Ent- 
zündungen: 

Die Therapie bei syphilitischen Gelenkentzündungen hat zweierlei 
zu berücksichtigen: einmal ist das Allgemeinbefinden zu behandeln, 
und zweitens muss man sich der Behandlung der lokalen Affektionen 
widmen. Das Hauptmittel ist und bleibt das Quecksilber, in zweiter 
Linie das Jodkalium. Bei schweren chronischen Gelenkentzündungen 
sind die bei solchen Affektionen üblichen therapeutischen Hilfsmittel 
in Anwendung zu ziehen. In den selteneren Fällen von Eiter- und 
Fistelbildung tritt die Chirurgie in ihre Rechte. Gold (Bielitz). 


10) Thilo. Zur Behandlung der Gelenkneuralgien. 

(St, Petersburger med. Wochenschrift 1898. No. 6.) 
. T. tritt warm für die Bewegungstherapie dabei ein, besonders 
Übungen an Apparaten, erst passive, dann aktive. Aber die Behand- 
lung muss sehr lange fortgesetzt werden, auch geraume Zeit, wenn 
Heilung schon eingetreten zu sein scheint, da sonst Rückfälle kaum 
ausbleiben. Haeckel (Stettin). 


11) E. Kirmisson und P. Ardouin. Traitement conservateur 
des tuberculoses osseuses et articulaires de l'enfant. 
(Revue d’orthopedie 1897. No. 4—6; 1898. No. 1.) 

In ausführlicher Darstellung entwickeln die Autoren die kon- 
servativen Behandlungsmethoden, welchen die K.’sche Schule beim 
Kinde unterschiedslos den Vorzug giebt, nach Gesichtspunkten, wie 
sie wohl allgemein anerkannt werden. Es ist auch die übliche All- 
gemein- und örtliche Behandlung mit Ruhigstellung im Gipsverband, 
Kompression, Ignipunktur und Punktion mit Injektion der Abscesse, 
in der Regel mit Jodoformäther. In gewissen Fällen haben die 
Autoren auch von der Durchbohrung der Gelenkknochen (Tunneli- 
rung), am Knie durch Femur- und Tibiakondylen, am Fuß durch den 
Talus, mittels »Ignipunktur« und Auslöffelung gute Erfolge gesehen; 
die »Stollen« werden durch immer dünnere Drains, zuletzt durch 
Seidenfäden durchgängig gehalten, und es treten aus ihnen einige 
kleine Sequester heraus. Zur Bekräftigung der Behandlungsgrund- 
sätze ist eine Kasuistik angehängt von 90 Beobachtungen mit ab- 
gekürzten Krankengeschichten, welche noch überzeugender gewirkt 
hätten, wenn der Enderfolg statt der gewöhnlichen summarischen 
Schlussbemerkung »geheilt« etwas auch in Einzelheiten ausführlicher 
wiedergegeben wäre. Herm. Frank (Berlin). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 457 


12) H. Strauss. Über die sogenannte »rheumatische Muskel- 
schwiele«. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 5 u. 6.) 

Den Begriff »Muskelschwiele« dahin definirend, dass man darunter 
eine mehr oder weniger umschriebene Bindegewebsentwicklung in 
den Skelettmuskeln versteht, theilt S. die bisher unter dem Namen 
»rheumatische Muskelschwielen« mitgetheilten Fälle in 3 Gruppen 
ein. 1) Fälle, in welchen ohne erkennbaren Grund eine breite 
Schwellung von Muskelgruppen entstand, deren anatomische Grund- 
lage eine Bindegewebswucherung in den Muskeln und in den diese 
unmittelbar umgebenden Geweben bildete, die zur »Verbackung« 
mehrerer benachbarter Muskeln unter einander und mit der Um- 
gebung geführt hat. 2) Fälle, bei denen die Erkrankung sich nur 
auf einen Muskel, jedoch in seiner ganzen Ausdehnung beschränkt 
hat, ohne das paramuskuläre Gewebe zu berühren. 3) Fälle, bei 
welchen sich stets umschriebene Knoten im Verlauf eines einzelnen 
Muskels gefunden haben, ohne dass seine Nachbarschaft in Mitleiden- 
schaft gezogen worden wäre. Im Anschluss an die bisher beschrie- 
benen Fälle dieses Leidens theilt S. 8 Fälle der eigenen Beobachtung 
mit. Ein Fall erscheint besonders dadurch interessant, als bei dem- 
selben die nur auf dem Wege der Tastung gestellte Diagnose auf 
»Muskelschwiele« durch Excision und mikroskopische Untersuchung 
derselben zweifellos sichergestellt wurde. Die Operation hatte über- 
dies einen überraschenden Erfolg, indem Pat. von seinen Beschwerden 
völlig geheilt entlassen werden konnte. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigte sich, dass der 
Knoten aus wellig verlaufenden, unregelmäßig angeordneten Binde- 
gewebszügen bestand, zwischen denen stellenweise nur wenig degene- 
rirte Muskelfasern, so wie einige gut erhaltene Gefäße verliefen. An 
einzelnen Stellen fand sich zerstreut junges Granulationsgewebe. 

In den übrigen 7 Fällen wurde die Diagnose nur auf dem Weg 
der Tastung gestellt, und tritt auf Grund dessen S. der Frage näher, 
ob und in wie weit die palpatorische Diagnose auch stets als ein- 
wandsfrei betrachtet werden kann. Sämmtliche Pat. gehörten den 
mittleren Altersklassen an, sie klagten durchweg über reißende 
Schmerzen und Schwäche in den befallenen Körpertheilen (Extremi- 
täten), welche eine bedeutende Beeinträchtigung der aktiven Be- 
weglichkeit aufwiesen. Trauma, syphilitische Infektion, Trunksucht 
konnten für die Ätiologie nicht festgestellt werden. Die Tastung der 
erkrankten Muskeln ergab in allen Fällen eine umschriebene, holz- 
harte, nicht elastische, gegen die Umgebung verschiebliche, auf 
Druck empfindliche knotige Verdickung mit: glatter oder leicht 
höckeriger Oberfläche. Therapeutisch empfiehlt S. lokale Muskel- 
massage, nach vorausgegangenen warmen Lokalbädern. In ganz ver- 
zweifelten Fällen, in welchen die genannten Behandlungsmethoden 
im Stiche lassen, könnte die Ausschneidung der Schwiele in Betracht 

179* 


458 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


kommen. X. ist mit lokalen Beeinflussungen unter Erzielung von 


Heilung oder bedeutender Besserung bisher gut ausgekommen. 
Gold (Bielits). 


13) Rydygier. Über Transplantation von gestielten Muskel- 
lappen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 314.) 

R. hat an 2 Versuchshunden mit Erfolg einen gestielten Muskel- 
lappen transplantirt. Das erste Mal wurde die untere Hälfte des 
Sternocleidomastoideus durch die Clavicularportion des Pectoralis major 
ersetzt, das zweite Mal der Musculus tibialis anticus und Extensor 
digitorum durch einen Muskellappen aus dem Rectus femoris. Nament- 
lich das erste Mal wurde ein sehr gutes funktionelles Resultat erzielt. 
Die Operation könnte praktisch in Frage kommen nach Exstirpation 
des Kopfnickers bei Torticollis nach Mikulicz und an Stelle der 
Sehnentransplantation bei Muskellähmungen. Um gute Einheilung 
der Muskellappen zu erreichen, ist auf die Herstellung genügender 
Ernährungsbedingungen für dieselben zu achten, also auf tadellose 
Asepsis, Anlegen des Hautschnitts neben den Lappen, nicht über ihm, 
möglichst geringe Misshandlung des Muskels, Benutzung vorhandener 
Bindegewebssepta zur Abtrennung, — möglichst geringe Drehung des 
Stiels, — Legung des Stiels nach der Seite, woher die Nerven und 
Gefäße kommen, — Schnittführung parallel dem Verlauf von diesen, 


— Konservirung der Bindegewebshüllen des Muskellappens. 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


14) ©. Haegler-Passavant (Basel). Über die Metallnaht mit 
Aluminiumbronze und über eine leicht zu sterilisirende Naht- 
büchse. 

(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 7.) 

Socin hat eine Legirung für einen chirurgischen Draht zu- 
sammengestellt, welche die Nachtheile der Metallnaht — Sprödig- 
keit und Brüchigkeit — völlig beseitigt und sich bei mehrjährigem 
Gebrauche in der Baseler Klinik und Poliklinik vorzüglich bewährt 
hat. Die Legirung besteht aus 95 Theilen Kupfer und 5 Theilen 
Aluminium. Die Dicke des dort gebräuchlichen Aluminiumbronze- 
drahtes beträgt 0,22 mm; der kupferfarbige Draht besitzt eine außer- 
ordentliche Geschmeidigkeit, lässt sich leicht knoten und ist sehr 
fest. Die Metallnaht mit diesem Material hat mannigfache Vortheile; 
seine Feinheit ermöglicht die Verwendung auch feinster Nadeln, das 
Einfädeln ist rasch und mühelos, auch die übliche Nahttechnik ge- 
lingt leicht. Die Metallnähte reizen die Stichkanäle nur sehr wenig 
und können daher ohne Schaden auch längere Zeit belassen werden. 
Das Gebiet der Metallnaht ist hauptsächlich die Oberflächennaht; 
dies, so wie die leichte Sterilisirbarkeit empfehlen die Aluminium- 
bronzenaht besonders für den praktischen Arzt. Verf. illustrirt 


Centralblatt für Chirurgie. No, 17. 459 


durch eine ganze Reihe von Kontrollversuchen die Vorzüge der 
Metallnaht in Bezug auf Sterilisation. Dabei zeigte sich auch, dass 
dem Aluminiumbronzedraht selber keimvernichtende oder wenigstens 
entwicklungshemmende Eigenschaften innewohnen. Schließlich 
empfiehlt Verf. noch eine handliche, einfache, kompendiöse Nadel- 
büchse von der Form einer Taschenuhr, welche Raum für Nadeln 
und eine Faden- resp. Drahtspule bietet. Hinterstoisser (Teschen). 


15) Adler. Über das Auftreten von Hirngeschwülsten nach 
Kopfverletzungen. 
(Archiv für Unfallheilkunde etc. Bd. II. p. 189.) 

Verf. bringt eine Zusammenstellung über das Verhältnis von 
traumatischen zu nichttraumatischen Hirngeschwülsten und berech- 
net für erstere 8,8% aus 1086 Fällen. Auch nach Geschlecht, 
Lebensalter, Art der Geschwulst, Sitz sind Nachforschungen ange- 
stell. A. hat hierin keinen erheblichen Unterschied zwischen trau- 
matisch und nichttraumatisch finden können. Für die Entscheidung 
als Gutachter werden einige, leider noch sehr unsichere Schlüsse 
gezogen, was ja nicht zu vermeiden ist. Angeschlossen ist eine 
ausführliche tabellarische Übersicht über 118 Fälle »traumatischer« 
Hirngeschwulst. Bähr (Hannover.) 


16) F.Berndt. Improvisirter Ersatz des Knochendefekts nach 
halbseitiger Unterkieferresektion (Exartikulation). 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hit. 1.) 

Verf. verwendete zum Ersatz für Unterkieferhälften den bekannten 
Celluloidring, der gewöhnlich zu Pessaren gebraucht wird. Er wird 
in Wasser gekocht, sterilisirt und entsprechend der Form des Unter- 
kiefers gebogen. Die leichte Sterilisirbarkeit, das geringe spec. Ge- 
wicht werden als Vortheile erwähnt. Die Heilung erfolgt ohne 
Fistelbildung. Hauptsache ist Abschluss der Wunde gegen die Mund- 
höhle. Trotz der günstigen Erfolge sieht Verf. als richtigen Ersatz 
für resecirte Unterkiefer indess nur Knochenstücke, eventuell aus 
der Tibia an. Dagegen ist der Celluloidring eventuell eine gute, 
leicht zu beschaffende provisorische Prothese. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


17) G. Kirchgässer. Zur pathologischen Anatomie der 
Rückenmarkserschütterung. (Aus dem Laboratorium der ` 
medicinischen Klinik in Bonn.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 6.) 

K. hat die Versuche von Schmaus einer Nachprüfung unter- 
zogen, wobei er dieselben in fast der nämlichen Weise anordnete. Die 
Ergebni®se stimmten in jeder Hinsicht mit den von letzterem Autor 


460 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


erzielten überein, so dass also kein Zweifel mehr bestehen kann, 
das reine, unkomplicirte Erschütterungen des Rückenmarks weit- 
gehende Zerstörungen der Achsencylinder und Markscheiden zu 
Stande bringen können, somit der Erschütterung ein hervorragender 
Platz in der Atiologie der Rückenmarkserkrankungen zukommt. 
Es darf hiernach auch die Möglichkeit, dass irgend welche nervöse 
Störungen die unmittelbaren Folgen eines mit einer lokalen oder 
allgemeinen Erschütterung einhergehenden Unfalls seien, nicht mehr 
bestritten werden. Kramer (Glogau). 


18) M. S. Ssubotin. Über die Einrichtung des Buckels bei 
Spondylitis tuberculosa nach Calot’s Methode. 
(Wratsch 1898. No. 1. [Russisch.)) 

S. hat 8 Fälle behandelt und schließt daraus Folgendes: 1) Schon 
Hippokrates richtete den Buckel ganz wie Calot ein (natürlich 
ohne Narkose und ohne darauffolgenden Verband); in Narkose machte 
Chipault die Einrenkung noch vor Calot. 2) Die gewaltsame Ein- 
richtung giebt gute Resultate in frischen Gibbusfällen: sie beseitigt 
die Entstellung und den gegenseitigen Druck der erkrankten Wirbel. 
In alten Fällen mit vollendetem Process führt sie nicht zum Ziele. 
3) Die Methode heilt die Tuberkulose nicht; sie ist nur eins von den 
Mitteln, die die Heilung begünstigen. 4) Der Gipsverband darf bloB 
6—8 Wochen ohne Schaden liegen bleiben, dann muss er durch ab- 
nehmbare Korsetts ersetzt werden, sonst entstehen Lähmungen und 
andere irreparable Veränderungen. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


19) G. Ekehorn. Die Dermoidcysten des Mediastinum anticum. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1. Mit 1 Taf.) 

Verf. veröffentlicht die ausführlichen Krankenberichte und Sek- 
tionsprotokolle zweier Fälle von Dermoidcysten im vorderen Media- 
stinum und fügt die Krankenjournale sämmtlicher in der Litteratur 
auffindbaren gleichen Erkrankungsformen bei. Bezüglich der Ent- 
stehung dieser seltenen Geschwülste nimmt Virchow an, dass sie 
durch Versprengung fötaler Keimanlagen entständen, und zwar durch 
Verlagerung von Hauttheilen nach innen und von Theilen der 
Respirationswege aus ihrem Zusammenhang nach außen. E. hält 
diese Ansicht für zu komplieirt und unwahrscheinlich. Collenberg 
ist der Ansicht, dass diese mediastinalen Dermoideysten von einer 
Hautausstülpung aus der Zeit der Kiemenspalten herrühren, indem 

` sich hier bei der Verödung der Spalten epitheliale Reste in der 
Tiefe des Halsgewebes erhalten und zu Primordialdermoiden weiter 
entwickelt hätten, anstatt wie gewöhnlich zu veröden. Marchand 
und Pinders nehmen nach Lage und mikroskopischem Befund einen 
Zusammenhang mit der Thymusdrüse an. Verf. theilt die Anschau- 
ung, dass die komplicirteren Dermoide hier wie anderwärts dadurch 
entstehen, dass eine Doppelmissbildung vorliege nach Analogie der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 461 


Thoracopagen. Es sei desshalb anzunehmen, dass ein Fötus unter- 
drückt und als ein Acardiacus amorphus umwachsen und eingeschlossen 
werden könne. 

Die Krankheitserscheinungen einer Dermoidcyste im Mediastinum 
anticum treten am häufigsten in den jugendlichen Perioden des 
Lebens, zumeist in der Pubertät auf. Der Verlauf des Leidens er- 
streckt sich im Gegensatz zu anderen Geschwülsten am häufigsten 
durch mehrere Jahre hindurch und ist viel langsamer als bei den 
anderen Geschwülsten. Am meisten charakteristisch und geradezu 
pathognomonisch ist für das Leiden das Aushusten von Haaren, was 
natürlich einen Durchbruch der Cyste in einen Bronchus voraussetzt. 
Wichtig ist ferner für die Diagnose eine stärkere Hervorwölbung der 
Brustwand und eventuell Auftreten einer Geschwulst durch die obere 
Brustöffnung. Aufschlüsse kann natürlich auch die Durchleuchtung 
mit Röntgenstrahlen geben. Weitere Hilfsmittel sind Untersuchung 
der punktirten Flüssigkeit, abnorme Schalldämpfung und über dem 
Dämpfungsgebiet Verschwinden des Athemgeräusches. Subjektiv treten 
hervor Athembeschwerden und Schmerzen in der Schulter, im Hinter- 
kopf und in den Armen. Die Prognose ist ohne Eingriff schlecht; 
desshalb ist jederzeit die Totalexstirpation angezeigt, sofern eine 
Möglichkeit für dieselbe vorliegt; sonst muss man sich mit Incision, 
Entleerung des Inhalts und Kauterisation der Wände begnügen. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


20) Kopfstein (Jungbunzlau). Über Senkungsabscesse bei 
Perforation von Pleuraempyemen nebst einem Bericht über 
zwei Thoraxresektionen. 

(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 37 u. 38.) 

Außer dem bekannten Durchbruch eines Empyems in benach- 
barte Organe kommen in seltenen Fällen weitgehende Senkungen 
und Durchbrüche an entfernten Stellen zu Stande, die leicht zu 
diagnostischen Irrthümern Veranlassung geben. Der Hergang ist 
der, dass der Eiter entweder zwischen den hinteren Schenkeln des 
Zwerchfells, oder durch dessen Centrum tendineum, oder an dessen 
Ansatz am Processus ensiformis sterni sich einen Ausweg bahnt. 
Der Eiter tritt dann am häufigsten am Ligamentum Pouparti zu 
Tage oder er perforirt in ein Bauchorgan, Darm, Blase, Niere, wo- 
für Verf. Beläge aus der Litteratur beibringt. 

Außerdem kommt es aber auch vor, dass durch das Gewicht 
des Eiters das Zwerchfell konvex in die Bauchhöhle vorgewölbt 
wird und mit der Bauchwand verwächst. Erfolgt dann an dieser 
Stelle ein Durchbruch, so entsteht eine Fistel scheinbar unterhalb 
des Zwerchfells, die direkt in das Innere des Thorax führt. 

Endlich kann der Eiter nach Perforation eines Interkostalraumes 
subkutan sich weithin senken und multiple subkutane Abcesse bil- 
den. Auch dieser Vorgang giebt leicht zu falschen Diagnosen Ver- 
anlassung. 


462 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


K. beschreibt je einen interessanten Fall der ersten und dritten 
Kategorie. 
In der zweiten Hälfte der Arbeit wird für möglichst frühzeitige 


operative Behandlung der Empyeme eingetreten. 
@risson (Hamburg). 


Kleinere Mittheilungen. 


Retrograde Netzincarceration mit Stieltorsion über dem 
Bruchring. 
Von 
Prof. Dr. Carl Bayer. 


Die retrograde Incarceration ist eine Beobachtung recenten Datums. In den 
herniologischen Werken bis zum Jahre 1895, wo Maydl! als Erster auf diese 
eigenthümliche Form der Einklemmung aufmerksam gemacht hat, findet man 
keinen Fall verzeichnet. 

Unter retrograder Incarceration versteht Maydl jenen Modus der Ein- 
klemmung, bei welchem der incarcerirte Theil des Bruchinhalts nicht peripher vom 
incarcerirenden Ring — also nieht im Bruchsack selbst —, sondern centralwärts 
hinter dem Ring, in der freien Bauchhöhle sich befindet. Das Vorkommen dieser 
Einklemmungsart ist nur an Gebilden möglich, welche eine gewisse Länge und 
freie Beweglichkeit haben, zugleich röhrenförmig, anhang- oder zapfenartig ge- 
staltet sind, und am Netz. 

Bald nach Maydl’s Veröffentlichung seiner Beobachtungen haben auch andere 
Operateure ähnliche Befunde mitgetheilt. 

Bo konnte noch im selben Jahre Kukula3 über einen Fall berichten, wo 
außen im Bruchsack eine Dünndarmschlinge lag, und hinter dem Bruchring in 
der Bauchhöhle eine der Darmwand kurz gestielt aufsitzende Geschwulst (Leio- 
myom), welche deutliche Incarcerationserscheinungen darbot. 

Bald darauf (1896) hatte J. Schnitsler* in der k. k. Gesellschaft der Ärste 
in Wien einen Fall vorgestellt, in welchem bei der Operation einer irreponiblen 
Netzhernie im Bruchsack nicht ein Zipfel des Netzes, sondern eine Netzschlinge 
vorlag, deren Ende in die Bauchhöhle wieder zurückführte und im Zustand be- 
ginnender Gangrän begriffen war, während der im Bruchsaok selbst befindliche 


1 Maydl: Ȇber retrograde Incarceration der Tuba und des Processus vermi- 
formis etc.e (Wiener klin. Rundschau 1895 No. 2 u. 3); ferner: Mardi: »Die 
Lehre von den Unterleibsbrüchen« 1898 p. 319. 

2 Es ist dies um so auffälliger, als sich jetzt, seit die Aufmerksamkeit auf 
dieses Vorkommnis gelenkt worden ist, die Beobachtungen mehren. Entweder hat 
man diesen Befunden keine Aufmerksamkeit geschenkt, oder man hat sie als un- 
wesentliche Zufälligkeiten ignorirt. Leise Anklänge, welche an diese Incaroerations- 
form entfernt erinnern, finden sich bloß in Streubel’s »Scheinreduktionen« p. 165 
bis 166, wo der Autor vom »Umschlagen, Auf-sich-Zurückschlagen des Darmes« 
spricht (Fall Cooper p. 166); doch begieben sich alle diese Angaben bloß auf 
diese Zustände noch innerhalb des Bruchsackhalses. Bezeichnend ist such 
die von Benno Schmidt »Unterleibsbrüche« 1896 p. 268 gemachte Bemerkung: 
»Das waren die Fälle, wo der Verschluss, die Achsendrehung, im Bauch lag 
und durch die Operation nicht erreicht wurde«; doch hat Schmidt bloß die 
Achsendrehung vor Augen. 

3 Dr. O. Kukula: Ȇber einen Fall von retrograder Incarceration, welche 
durch einen gestielten Tumor des Dünndarmes bedingt war« (Sep.-Abdr. aus Wiener 
klin. Rundschau 1895 No. 20). 

4 Wiener klin. Rundschau 1896. No. 6. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 463 


Theil normales Aussehen hatte. Einen ähnlichen Fall erwähnt auch Mardi in 
seinem Buch über Hernien. 

Einen weiteren Beitrag zu dieser interessanten Einklemmungsart lieferte so- 
dann Kopfsteind, 

Hier war es ein bandförmiger Strang, von einer eirkulären »Narbe« der 
inneren Bruchsackwand ausgehend, welcher als Schlinge bauchwärts umgeschlagen, 
von demselben Narbenring, von dem er entsprang, und der gleichzeitig eine 
Dünndarmschlinge in gewöhnlicher Weise einklemmte, abgeschnürt war. Dieser 
Fall ist desswegen besonders bemerkenswerth, weil es sich also um Incarceration 
im Bruchsack selbst durch eine narbige Leiste desselben gehandelt hat, und zwar 
um Darmincarceration im gewöhnlichen Sinne und Strangincarceration retrograd, 
und weil der Fall ein Kind von 5 Jahren betraf. 

Zu dieser noch jungen Litteratur kann ich einen neuen Fall hinzufügen. 


Frau F., 54 Jahre alt, hatte nach ihrer letzten Entbindung vor 15 Jahren eine 
linksseitige labiale Hernie zurückbehalten. Ein Bruchband, welches sie nachher 
eine Zeit lang trug, wurde bald insufficient, wohl hauptsächlich durch den un- 
gewöhnlich fettreiohen Hängebauch der Frau. Es wurden andere Bänder ange- 
schafft, die zur Noth hielten. Nach und nach machte aber die Frau die Wahr- 
nehmung, dass ihr die Sicherheit darüber, ob der Bruch draußen oder reponirt sei, 
abgehe; da sie jedoch keine namhaften Beschwerden dabei hatte, ließ sie die 
Sache gehen. 

Am 5. März 1. J. ließ sie mich rufen und erzählte mir Folgendes. Tags zuvor 
hätte sie in Folge eines heftigen Hustens plötslich große Schmerzen in ihrem 
Bruch verspürt und dabei die Empfindung gehabt, als drehe sich ihr irgend 
ein kugeliger Gegenstand darin herum. Nachdem sie die Nacht schlecht 
geschlafen, auch im Liegen Schmerzen gehabt habe, sei sie besorgt geworden, um 
so mehr, als im Vorjahre ihre Schwester an einem eingeklemmten Bruch rasch zu 
Grunde gegangen sei. 

Ich fand keine Erscheinungen, welche auf eine Incarceration hingedeutet 
hätten; auch hatte die Frau am selben Tage Stuhl gehabt. Auch bei der Unter- 
suchung des Bruches selbst konnte ich nicht den Eindruck gewinnen, dass eine 
Bruchgeschwulst vorliege; die Bruchgegend fühlte sich genau so fettreich-lappig 
an wie die schlaffe Bauchhaut der Umgebung. Nur bei der Untersuchung des 
Leistenkanals selbst gab die Frau Schmerzen an; es war mir aber wegen der 
großen Dicke der Fettschicht nicht möglich, etwas Positives nachzuweisen. Ich 
rieth Bettruhe an und Umschläge. 

Gleich am nächsten Tage zeitig früh verständigte man mich, dass die Nacht 
noch schlechter gewesen sei als die vergangene, ich möge bald kommen. 

Jetzt brauchte es keiner langen Untersuchung, um eine Bruchgeschwulst zu 
finden; man sah sie deutlich. Auch hatte die Frau einige Male Brechneigung 
gehabt. 

Nachdem ein leichter Taxisversuch misslungen war, rieth ich zur sofortigen 
Vornahme der Operation. 

Dieselbe wurde um 11 Uhr Vormittags in der Heilanstalt des Herrn Dr. Bloch 
in Chloroformnarkose vorgenommen. 

Der äußere Schnitt musste wegen der Fettleibigkeit recht lang angelegt 
werden, um die Verhältnisse genau übersehen zu können. Er reichte vom Labium 
sinistrum bis nahe an die Spina a. s. ilei. 

Nach Spaltung des verdickten, derbwandigen Bruchsackes und des ganzen 
Leistenkanals, dessen vordere Wand stark vorgewölbt war, fanden wir als Bruch- 
inhalt ein großes Stück Netz vorgelagert, welches, von angestauten Venen durch- 
sogen, ein hochgradig cyanotisches Aussehen darbot. Die Untersuchung der 
Bruchpforte ergab, dass neben dem Netsrand der Zeigefinger in die Bauchhöhle 
vordringen konnte und dort wieder auf Netz stieß; es ließ sich jedoch die vor- 


5 »Über einen Fall von retrograder Incarceration eines bindegewebigen Stranges« 
(Wiener klin. Rundschau 1898 No. 14). 


464 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


gelagerte Partie trotsdem nicht vorsiehen; auch sah man keinen freien Zipfel des 
Netses im Bruchsack, sondern es lag einer wulstförmigen Schleife oder Schlinge 
ähnlich da, von deren innerem Rande ein schnurförmiger, wie ein Strickstück ge- 
drehter, bindegewebig-narbig aussehender Strang abging, sum unteren Pol der 
oval gestalteten Apertura interna canalis inguinalis hinzog und hier fest ange- 
wachsen war. 

Um Klarheit zu verschaffen, spaltete ich den inneren Leistenkanal durch Ver- 
längerung des Leistenkanalschnittes auf die äußere Bauchwand. Jetzt lag Alles 
übersichtlich da. Man fand den centralen — hier äußeren — Schenkel der Nets- 
schlinge über dem inneren Leistenring, — also noch in der Bauchhöhle, einige 
Male (ich zählte 4—5 Umdrehungen) um seine Achse gedreht, und den peripheren 
Schenkel, den eigentlichen Netszipfel, durch die innere (mediale) Hälfte der Apertur 
in die Bauchhöhle hineingeschoben, woselbst sein freies, kolbig angeschwollenes 
Ende braunschwarz verfärbt, nahe der Gangrän war. Auch über die Torsionsstelle 
hinaus waren auf ca. 5cm Länge am suführenden Netzschenkel schwere Cirkula- 
tionsstörungen su sehen; es waren deutlich thrombosirte Venen zu sehen 
und zu fühlen. Der Stiel der Torsion war auf Fingerdicke susammengedreht. 


Die beigegebene Zeichnung veranschaulicht 
die vorgefundenen Verhältnisse. 

Das Nets wurde nach Lösung des ange- 
wachsenen Stranges detorquirt und im gesun- 
den Gewebe abgetragen, nachdem eine Anzahl 
Umstechungsligaturen centralwärts angelegt 
worden waren. 

Um die ohnehin schon recht tiefe und 
große Wunde nicht noch mehr zu kompliciren, 
wurde der mit seiner Umgebung durch chroni- 
sche Bindegewebsverdichtung fest zusammen- 
hängende derbwandige Bruchsack nicht exstir- 
pirt, sondern von seinem Halse aus der innere 
Leistenring und der Bauchwandschnitt zuge- 
näht, hierauf über einem eingelegten Drain 
der Leistenkanal sammt Bruchsack mit tiefen, 
das Lig. Pouparti mitfassenden Nähten ver- 
schlossen, und endlich über zwei zu beiden 
Wundwinkeln herausgeleiteten Jodoformdoch- 
ten die Hautwunde vereinigt. Bei dem enor- 
men Fettreichthum schien diese ausgiebige 
Drainage vorsichtshalber geboten. 

Es folgte auch tadellose Heilung. 

Die Frau verließ am 28. April gesund das 
Sanatorium. 


Fragen wir uns nun, wie in unserem Falle die retrograde Einklemmung des 
Netzzipfels su Stande gekommen war, so ist die Antwort nicht schwer. Ein Blick 
auf die Zeichnung giebt sie: »durch die Hustenstöße drehte sich das in den Bruch- 
sack herabgestoßene Netz, welches mittels des stielrunden Stranges am Bruchsack- 
halse fixirt war, um diesen dünnen Strang einerseits und den eigenen intra-abdo- 
minalen Stiel andererseits, gleich einem um beide spitzen Enden gedrehten drei- 
eckigen Tüchelchen, einige Male herum und schwoll in Folge der Strangulation 
und Anstauung stetig an. Der, sei es bei der letsten Umdrehung gleich schon 
in die Bauchhöhle zurückgeschlüpfte, sei es erst durch die beginnende Anschwel- 
lung dorthin zurückgepresste freie Netszipfel schwoll hinter dem inneren Leisten- 
ring in Folge der stetig zunehmenden Anstauung immer mehr an, bis er den 
ganzen noch freien Raum der Bruchpforte ausfüllte und darüber hinaus in der 
freien Bauchhöhle noch mehr anschwoll, so dass er nicht mehr in den Bruchsack 
zurück konntee, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 465 


Der wiederholten Drehung des Netzes im Bruchsack entsprach auch voll- 
kommen die Empfindung der sich drehenden Kugel, welche die Kranke 
während des Hustens hatte. 

Die Kombination von Netztorsion mit retrograder Incarceration ist eine große 
Seltenheit, und eben desswegen ist der Fall besonders bemerkenswerth, — um so 
mehr, als auch die Torsion nicht im Bruchsack selbst, sondern über dem Bruch- 
ring in der freien Bauchhöhle vor sich gegangen war. 


21) Hinterstoisser. Jahresberichte der chirurgischen Abtheilung im 
allgemeinen Krankenhause zu Teschen 1894—1896. 
Teschen 1897, 123 S. 


Das unter der Leitung H.’s stehende Krankenhaus verfügt über einen Normal- 
belagraum von 110 Betten, wovon 50 der chirurgischen Station zukommen. 

In den 3 Berichtsjahren wurden 1600 stationäre Pat. auf der chirurgischen 
Abtheilung behandelt und einschließlich der Ambulanten 1586 Operationen in 
1095 Narkosen ausgeführt, und zwar in 692 Chloroform-, 363 Ather- und 40 ge- 
mischten Narkosen (Beginn mit Chloroform und Fortsetzung mit Äther), was sicher- 
lich, im. Verhältnis zur Größe des Spitals, große, ein schönes chirurgisches Ma- 
terial repräsentirende Zahlen sind, welche, besonders wenn man die guten Resultate 
berücksichtigt, zur Genüge beweisen, was sich auch unter kleineren und nicht 
durchweg idealen Verhältnissen leisten lässt. Hervorgehoben sei die genaue, 
objektive und streng wissenschaftliche Abfassung der Berichte, welche sich an die 
klassischen Vorbilder der klinischen Berichte Billroth’s anlehnen. Über alle 
wichtigeren Fälle wird in kurzen Krankengeschichten referirtt. Um den Rahmen 
des Referates nicht zu überschreiten, seien nur einige Fälle aus der vielseitigen 
Thätigkeit H.’s besonders erwähnt. 

Carcinoma pylori bei einer 48jährigen Frau. Pylorektomie mit Gastro- 
duodenostomie nach Kocher. Heilung mit einer Gewichtszunahme von 17 kg 
in 3 Monaten und frei von Recidiv und jeglichen Beschwerden bis 1897. — 
Eingeklemmter Nabelbruch. Resektion eines 185 em langen Dünndarm- 
stückes. Heilung. — Retroflexio uteri libera, walnussgroßer Nabel- 
bruch. Ventrofixatio, Excision des Nabels, Radikaloperation. Heilung p. pr. 
1 Jahr nach der Operation normale Drillingsgeburt ohne Beschwerden und ohne 
Störung der Ventralüxation. — Ösophagusstriktur ohne nachweisbare Ursache. 
37jähriger Mann, mit mühsamer, flüssiger Nahrungsaufnahme und hochgradiger 
Abmagerung. Ösophagotomie. Da die Verengerung weit hinunter reicht, wird 
dieselbe durch systematische Sondirung erweitert, bis es gelang, ein Schlundrohr 
No. 23 einzuführen. Pat. erholt sich rasch, nimmt in 12 Wochen 14 kg an Ge- 
wicht zu. Heilung nach 4 Monaten, nachdem Pat. gelernt hat, mit Sonde No. 23 
sich zu sondiren. — Trigeminusneuralgie. Wegen recidivirender Schmerzen 
trotz vorausgegangener Operationen, temporäre Resektion der Schläfenschuppe, 
intrakranielle Exstirpation des Ganglion Gasseri nach Krause. Heilung. — Im 
Übrigen seien die Berichte, welche noch viel des Interessanten bieten und in wel- 
chen H. auch mehrfach Veranlassung nimmt, seine Prineipien in gewissen Fragen 
darzulegen, dem Leserkreis empfohlen. 

Von der in früheren Jahren in großem Maßstabe angewandten Äthernarkose 
ist H. seit 1894 abgekommen, nachdem er übereinstimmend mit anderen Beob- 
achtern im Gefolge dieses Narkosemittels relativ häufig katarrhalische Lungen- 
erkrankungen auftreten sah. Gold (Bielitz). 


22) F. A. Kehrer. Die operative Behandlung angeborener Kopf- 
brüche, insbesondere der Hirnwasserbrüche. 
iv. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.) 


Die Arbeit enthält eine Zusammenstellung der einschlägigen Litteratur und 
eine Aufzeichnung der verhältnismäßig nicht allzu erfreulichen Erfolge, die ein- 


466 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


zelne Operateure erzielt haben. K. operirte selbst einen Fall, indem er den Stiel 
der vorgefallenen Hirnmasse abtrug und die Haut mit Silberdraht vernähte. Der 
Hirnvorfall gehörte dem Occipitallappen an, der Verlauf war, abgesehen von einigen 
vorübergehenden Zwischenfällen, gut. Eine später vorgenommene Untersuchung 
ergab neben blödem Gesichtsausdruck vor Allem, dass vorgehaltene Gegenstände 
nicht gesehen wurden. Die Sehnervenpapillen waren atrophisch verfärbt. Gefühl 
und Gehör waren normal. Funktionell befriedigende Resultate sind nur zu er- 
zielen bei reiner Meningocele und bei frontaler Hydrencephalocele ohne Kompli- 
kation durch angeborenen Hydrocephalus internus. 

` E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


23) A. Mugnsi. Exstirpation des Ganglion Gasseri wegen Trigeminus- 
neuralgie. 
(Policlinico 1897. September 1.) 

Frau von 52 Jahren, leidet seit mehreren Monaten an schwerer rechtsseitiger 
Trigeminusneuralgie. Zunächst die totale Resektion des N. maxillaris sup. aus- 
geführt vom Foramen infraorbitale bis zum For. rotundum. Danach blieben die 
Schmerzanfälle etwa 1 Jahr lang fort, um sodann von Neuem aufzutreten. Daher 
Exstirpation des Ganglion Gasseri nach Krause-Hartley. Guter Erfolg; nach 
5 Monaten Pat. wohl und schmerzfrei. — Die Sterblichkeit nach der Operation 
beträgt nur noch 10%. H. Bartsch (Heidelberg). 


24) C. W. Bischoff. Ein Fall von angeborener medianer Spaltung 
der oberen Gesichtshälfte. 
Diss., Bonn, 1898. 

Die bemerkenswerthesten Anomalien des beschriebenen Falles bestanden in 
einer starken Depression der unteren Stirnpartie, so dass die Gegend der Stirn- 
höhlen muldenförmig vertieft war. Die Distanz der inneren Augenwinkel betrug 
bei dem 6 Jahre alten Kinde A1 cm, und die Breite der Nasenwurzel entsprach 
fast einem Drittel der ganzen Gesichtsbreite, während die untere Nasenhälfte 
scharf abgeknickt erschien und gegen die obere 1/2 cm weit vorsprang. Das rechte, 
normal weite Nasenrohr war plattgedrückt, das linke, mit rundem Nasenloch ver- 
sehene endete in einer Tiefe von 1 cm vollständig blind. Es hatte bei der Geburt 
eine oberhalb des linken oberen Orbitalrandes herabhängende, trichterförmige Ge- 
schwulst sich befunden, die bereits 4 Wochen später durch eine Operation zur 
Wiederherstellung des linken Nasenrohrs benutzt worden war. Der linke innere 
Augenwinkel war nach unten und lateral verzogen, es bestand Dakryocystitis. 

Die von Witzel ausgeführte Operation bezweckte zunächst, die obere Nasen- 
hälfte besser zu gestalten, und dann, die Verzerrung des Augenwinkels zu be- 
seitigen. Ersteres wurde durch die Implantation eines gestielten Lappens von der 
Stirn her erreicht, letzteres durch bogenförmige Umschneidung des inneren Augen- 
winkels und Fixation desselben durch die Naht. Einige später vorgenommene 
Korrekturen vervollständigten das Resultat. 

Die genaueren Einzelheiten des interessanten Falles lassen sich im Referat 


schlecht wiedergeben und müssen im Original eingesehen werden. 
Sultan (Göttingen). 


25) S. M. Manguli. Noma bei einem Erwachsenen. 
(Wratschebnyja Sapisski 1898. No. 1—2. [Russisch.]) 
18jähriger Pat., seit 4 Tagen an Abdominaltyphus erkrankt. Nach 15 Tagen 
Otitis media dext., nach 17 Tagen auch links; am 28. Tage — starker Foetor ex 
ore, linke Wange wachsartig infiltrirt. Es entwickelte sich typische Noma, die 
am 39. Tage zum Tode führte. 5 Tage vor dem Tod Ruptur eines metastatischen 
Abscesses der rechten Lunge in die Pleura und daher Pneumothorax. — In der 


Litteratur fand M. nur 54 Fälle von Noma bei Erwachsenen. 
@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 467 


26) E. Brian (Lyon). Elephantiasis cartilagineuse du nez. 
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1897. No. 49.) 

Der von Poncet operirte Fall betrifft einen 5öjährigen Mann, der seit 
15 Jahren eine allmähliche Zunahme der ganzen knorpligen Nase bemerkte. Die- 
selbe bekam zuletzt eine fast kuglige Gestalt von durchschnittlich 6 em Durch- 
messer. Da die Geschwulst am linken Nasenloch exkoriirt war und zu häufigen 
profusen Blutungen Veranlassung gab, bestand Pat. selbst, der sonst durch die 
Geschwulst nicht erheblich belästigt war, auf der Operation. Diese bestand im 
Wesentlichen in Incision und Entfernung gelatinöser Massen mit Finger und 
Curette, so wie Abtragung eines Theils des Nasenknorpels und der überschüssigen 
Haut. Die Geschwulstmassen waren chondro-myxomatöser Natur. Der kosmetische 
Effekt war zufriedenstellend. 

Im Anschluss an diesen Fall theilt B. 2 interessante Beobachtungen aus alter 
Zeit mit. Die eine stammt aus dem Jahre 1732 von Theulot (Chalons-sur-Saone) 
und ist mitgetheilt von Civadier-in den Mém. de l’acad. de chir. T. V p. 57: 
Die Geschwulst reichte bis zum Kinn, wurde in mehreren Sitzungen entfernt und 
wog 5 (!) Pfund. Die andere Beobachtung rührt von Delonnes her und wird 


Fig. 1. Fig. 2. 


Le Cit. Perier Gurat ancien maire d'angouleme agé Le Cit. Perier Gurat, tel qu'il est depuis le 1. Nivose 

de 55 ans peint par le Cit. Boze, tel qu'il etait le an 7 guéri de sa cruelle maladie par l'opération 

15 Brum. an 7 opéré sans aucune espece d'accident du Cit. Imbert Delonnes officier de santé superieur 
le 16 du memo mois, des armées. 


am besten durch Wiedergabe der beiden vom Verf. beigebrachten Abbildungen 
illustrirt. Die Geschwulst in diesem Falle wog etwa 1 kg. 
W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


27) M. Bockhorn. Ein Fall von Tuberkulose der Parotis. (Beitrag 
zur chirurgischen Pathologie der Parotis.) 
iv. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.) 
Die chronischen Entzündungen der Parotis sind noch wenig bekannt, am 
ehesten noch die auf Iuetischer Basis beruhenden. Ein Fall von Tuberkulose des 
Organs ist bisher nur von Stubenrauch beschrieben. Verf. giebt die Kranken- 


468 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


geschichte und den mikroskopischen Befund von einer 2. derartigen Erkrankung, 
die in der Klinik des Herrn v. Bergmann beobachtet wurde. Es fanden sich 
in den Schnitten Riesenzellen, epitheloide Zellen und Tuberkelbacillen. Gegen 
Syphilis sprach der mangelnde Befund von Hypertrophien der Gefäße, während 
Verf. an einigen Stellen typische Tuberkel vorfand. Nach seiner Ansicht ist die 
Entzündung im Bindegewebe entstanden, da dasselbe im Gegensatz zum Epithel 
überall krankhaft verändert war. Es ist anzunehmen, dass sich die Tuberkulose 
nicht auf dem Weg der Ausführungsgänge, sondern auf dem intraacinösen Weg, 
vermuthlich durch Vermittlung der Lymphbahnen entwickelt hat. Die Lymph- 
drüsen in der Parotis waren nicht erkrankt. B. erörtert genauer noch die Diffe- 
rentialdiagnose zwischen Aktinomykose und Lues gegenüber der Tuberkulose. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


28) J. L. Faure. Sur le dédoublement du maxillaire inférieur dans 
Textirpation des tumeurs malignes adhérentes à cet os. 
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1897. No. 53.) 


F. empfiehlt, wenn es sich ohne Gefahr eines zu befürchtenden Recidivs aus- 
führen lässt, in den entsprechenden Fällen eine Spange des Unterkiefers stehen zu 


Fig. 1. Fig. 2. 


Portion de maxillaire enlevé dans l'obs. I. Arc osseux résultant du dédoublement du maxıl- 
laire dans l'obs. II. 


lassen. Die beiden Abbildungen demonstriren ohne weitere Erläuterung, wie F. 
in 2 Fällen, die er in extenso veröffentlicht, vorgegangen ist. (Altes Verfahren 
von v. Langenbeck. Red.) W. Sachs (Mülhausen i E.. 


29) Habs. Exstirpation eines von der Schädelbasis ausgehenden 
Angiomyxofibroms des Nasen-Rachenraumes mittels temporärer Re- 
sektion des harten Gaumens (Chalot). 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 100.) 


Die Trägerin der operirten Geschwulst, welche, pflaumengroß, seit 2 Jahren 
die Nasenathmung sehr erschwerte, war eine 32jährige Pat., die sich erst nach 
langem Zögern zur Operation verstand und auch nur unter der Bedingung, dass 
keine Narben im Gesicht hinterlassende Schnitte ausgeführt würden. H. ging 
desshalb mittels temporärer Resektion des harten Gaumens vor, wie sie vor ihm 
schon Chalot erdacht hat. In sitzender Stellung wird die Oberlippe bis in die 
Nasenöffnung blutig vom Knochen gelöst, durch die Nasengänge wird eine Draht- 
eäge eingeführt und um die Hinterkante des Septums geschlungen, dieses dann 
von hinten bis vorn .durchtrennt. Ferner Extraktion beider Oberkiefereckzähne. 
Bei hängendem Kopf wird dann mittels Meißels beiderseits von der Mundseite 
her der harte Gaumen von der Zahnlücke an bis zum Ansatz des weichen Gaumens 
durchtrennt unter enormer Blutung. Dann noch schnell Durchmeißelung der 
Alveolarfortsätze zwischen Zahnlücke und Nasenhöhle, wonach der ganze harte 
Gaumen wie eine Fallthür auf die Zunge niederklappbar war, und das Operations- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 469 


feld, äbnlich wie bei einem Wolfsrachen, freilag. Exstirpation der Geschwulst 
mit Schere, Messer, Löffel und Galvanokauter. Reposition und Befestigung des 
Gaumens mit 2 rechts und links angebrachten Silberdrahtknochennähten. Außer- 
dem Schleimhaut- und Periostnaht mit Katgut. Glatte Heilung. Der harte 
Gaumen ist fest eingeheilt, nur bei starkem Druck federt der Alveolartheil der 
Schneidezähne etwas. Recidivfreiheit bislang, d. h. 4 Monate p. op. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


30) Escat (Toulouse). Adenome du voile du palais. 
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 5.) 

Eine 6 jährige Frau bemerkte seit einigen Jahren ein Hindernis beim Schlingen 
und schließlich auch bei der Athmung. Es erwies sich als eine hühnereigroße, 
breitgestielte, derbe Geschwulst, die der rechten Seite des Gaumensegels aufsaß 
und von gesunder Schleimhaut überzogen war. E. suchte dieselbe ohne Narkose 
mit der galvanokaustischen Schlinge abzutragen, schnitt sie aber dabei mitten 
durch. Die Folge davon war eine überaus bedrohliche Blutung, die sich durch 
nichts stillen ließ, bis der Operateur mit dem Finger stumpf den stehen gebliebenen 
Rest herausschälte. Nun erst ließen sich durch Klemmen die Hauptgefäße fassen. 
Nach Verschorfung der Wundfläche heilte dieselbe mit mäßiger Narbenbildung. 

Die Geschwulst erwies sich als das, als was man sie schon nach dem klini- 
schen Bild eingedenk der Arbeit von Larabrio (Arch. gener. de med. 1890) und 
von Defontaine (Arch. prov. de chir. 1893) angesprochen hatte: als ein von den 
Schleimhautdrüsen ausgehendes Adenom mit colloider Entartung der Epithelien 
und einem deutlich bindegewebigen Gerüst der Drüsenschläuche. 

Stolper (Breslau). 


31) Rubinstein. Eine seltene Verletzung mit ungewöhnlichen Kom- 
plikationen. 
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1897. No. 50.) 

Am rechten Unterkieferrand dringt ein Holzstab tief ein, wird mit Mühe 
herausgezogen. Alsbald tritt subkutanes Emphysem links auf dem Rücken ein, 
schwere pneumonische Erscheinungen; trotz Abscessineisionen nach 4 Wochen Tod. 
Autopsie zeigt, dass der Stab vom rechten Kieferrand nach unten gedrungen war, 
die Speiseröhre perforirt und links von ihr im Mediastinum posterius dicht ober- 
halb der Aorta descendens ein Holzstück surückgelassen hatte. Septische Gangrän 
der linken Lunge, die wahrscheinlich primär angestochen worden war, obwohl bei 
der Autopsie eine Durchtrennung der Pleura sich nicht mehr nachweisen ließ. 

Haeckel (Stettin). 


32) Trapp. Zur Kasuistik der Rückenmarksverletzung bei Wirbel- 
frakturen. 
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 302.) 

T. berichtet 2 von ihm in der Greifswalder Klinik beobachtete Fälle von 
Wirbelbruch am 6. und 7. Halswirbel, in denen sich seine in der Deutschen Zeit- 
schrift für Chirurgie Bd. XLV veröffentlichte und auch im Centralblatt besprochene 
Tafel sur Diagnose des Wirbelfraktursitzes aus den medullären Ausfallserschei- 
nungen bestens bewährt hat. Beide Fälle zeigten übrigens die bemerkenswerthe 
Komplikation mit Fraktur des Brustbeins. Der 2. Fall wurde, da eine Depression 
des hinteren Wirbelbogens vorlag, einer nutzlosen Laminektomie untersogen. Über 
den nicht uninteressanten Operationsverlauf und alle sonstigen Details s. Original. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


33) Reinhardt. Ein Fall von halbseitiger Verletzung des Halsmarkes. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 89.) 

Der Fall betrifft einen in der Berliner Charité behandelten Mann, welcher im 

trunkenen Zustand auf unaufgeklärt gebliebene Weise einen Stich in den Nacken 


470 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


bekommen hatte. Die einen auffallend günstigen Verlauf nehmenden medullären 
Störungen waren folgende: 1) Rasch sich bessernde Lähmung der linken Körper- 
hälfte von der Schulter an abwärts, einschließlich linker Zwerchfellhälfte. 2) Schwere 
Lähmung der Mm. rhomboidei und des mittleren und unteren Theiles des Cucul- 
laris. 3) Verengerung der linken Pupille und der linken Lidspalte. 4) Sehr 
schnell vorübergehende Urinverhaltung und Stuhlträgheit. 5) Störungen der 
Schmerz- und Temperaturempfindung auf der gekreuzten Seite von der Schulter 
und der 2. Rippe an abwärts, mit wenig ausgesprochener hyperalgischer Zone 
oberhalb der betroffenen Partien. 6) Nach einigen Wochen Erhöhung der Sehnen- 
reflexe auf der gelähmten Seite. 7) Herabsetzung der Schweißsekretion auf der 
ganzen linken, der Temperatur auf der gekreuzten (meist feuchten) Körperhälfte. 
Pat. gewann im Verlauf eines Vierteljahres seine Erwerbsfähigkeit wieder; zurück 
blieb der Hauptsache nach nur die Lähmung der genannten Schultermuskeln, 
leichte Verengerung der linken Pupille und Lidspalte und aufgehobener Tem- 
peratursinn der rechten Körperhälfte. Nach alle dem ist anzunehmen: eine durch 
Stich erzeugte, der Hauptsache nach auf einen komprimirenden Bluterguss zurück- 
zuführende Schädigung der linken Hälfte des Halsmarkes in der Höhe des 3. bis 
5. Cervicalsegments. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


34) Lambret (Lille). Des réflexes dans les traumatismes de la moëlle 
épinière. 
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 9.) 

Die Arbeit wendet sich gegen die jetzt fast allgemein angenommene Lehre 
von Bastian, dass bei Wirbelsäulenbrüchen mit totaler Querschnittszerstörung 
des Rückenmarks, entgegen den von der Physiologie bis dahin aufgestellten Ge- 
setzen, eine totale schlaffe Lähmung der unteren Extremitäten die Regel ist. Ins- 
besondere hatte Bowlby an 32 Fällen von Brüchen im cervicodorsalen Abschnitt 
der Wirbelsäule bestätigen können, dass bei totaler Querschnittsverletzung die 
Patellarreflexe dauernd erloschen bleiben. Das ist eine für die Frage der opera- 
tiven Behandlung der Wirbelbrüche überaus wichtige Thatsache. Denn man 
hat für das Rückenmark bei derart Verletzten nichts zu erwarten, da eg erwiesen 
ist, dass ein völlig zerstörtes Mark eine Regeneration auch im funktionellen Sinn 
sicher nicht mehr erfährt. 

L. sucht nun zu erweisen — an der Hand eines einzelnen Falles —, dass 
auch bei partiellen Schädigungen die Patellarreflexe vollständig fehlen können. 
Ein Kärrner war kopfüber von seinem Wagen gestürzt und bot am folgenden 
Tage eine schlaffe Lähmung der Beine, ohne dass man an der Wirbelsäule außer 
einer geringen Schmerzhaftigkeit zwischen den Schultern etwas nachweisen konnte. 
Trotzdem beschloss man die Trepanation der Wirbelsäule! Doch der Pat. starb 
unter Temperatursteigerung, noch bevor man dazu schritt, in der Nacht unter 
Dyspno@ und Krämpfen. Bei der Obduktion fand man einen extraduralen Blut- 
erguss in der Höhe des 3.—5. Brustwirbels, unterhalb dessen die meningeslen 
Venen prall gefüllt waren. Verf. nimmt eine Kompression des Marks an und er- 
klärt den unerwarteten Tod für eine Folge der Rückenmarkserschütterung. 

(Weder über eine mikroskopische Untersuchung des Marks, noch über den 
groben Befund von Querschnitten verlautet etwas. Auch ist es schwer denkbar, 
dass eine erhebliche Markschädigung und extradurale Blutung in der Höhe des 
3. Brustwirbela ohne eine Wirbelfraktur oder Dislokation zu Stande kommen 
sollte. Der Fall ist offenbar nicht sorgfältig genug obdueirt und daher nicht ge- 
eignet, die Bastian’sche Lehre zu erschüttern. Ref.) Stolper (Breslau). 


35) C. Miralli6 et Chaput. Scoliose et torticolis hysteriques. 
(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.) 

Zu den äußerst seltenen Fällen einwandsfreier hysterischer Wirbelsäulever- 
biegung fügen die Verff. eine sehr bezeichnende Beobachtung hinzu bei einem 
45jährigen Fräulein mit ausgesprochenen hysterischen Vorerlebnissen: Schwäche 
der Beine, Paraplegien, nervösen Krisen (geheilt durch eine Fahrt nach Lourdes), 


‚Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 471 


Lidkrampf, Speiseröhrenkrämpfen mit Erbrechen, Stimmlosigkeiten, verschieden- 
fachen Kontrakturen. Als hysterische Kennzeichen konnten festgestellt werden: 
Störungen des Empfindungsvermögens für Gefühl, Schmerz, Wärme, hysterogene 
Zonen, Gesichtsfeldverengerung. Die hysterische Skoliose (nach der Beschreibung 
aufzufassen als einseitige Rückenmuskelkontraktur, welche die Wirbelsäule zu einem 
einsigen Bogen von starker Krümmung herumzieht) trat in 3 Perioden auf. Her- 
vorgerufen wurde sie auf suggestivem Weg, als der Arst, wegen eines heftigen 
Anfalls von Lidkrampf konsultirt, scheinbar nur zu klinischer Belehrung für den 
Assistenten die allgemeine Bemerkung hinwarf, dass auf solche Augenleiden häufig 
eine Skoliose folge mit Demonstration durch Drehung an der Kranken selbst. 
8 Tage hatte sie sich prompt eingestellt. Nach völler Wiederherstellung ein 2. An- 
fall, wiederum vorbereitet durch den Blepharospasmus, dies Mal aber durch Auto- 
suggestion, ohne dass der Arzt dazu verhalf; beim 3. Mal bedurfte es nicht einmal 
der Einleitung durch den Blepharospasmus. Heilung jedes Mal in kurzer Zeit. 
Herm. Frank (Berlin). 


36) M. Kuss. Autopsie d'un cas de torticolis musculaire congenital 
du sterno-cleido-mastoidien (Etude des lésions musculaires). 
(Revue d’orthop£die 1898. No. 1.) 

Der Autor hatte Gelegenheit, von einem 6jährigen Knaben mit linksseitigem 
angeborenem Schiefhals, welchem 5/4 Jahr zuvor der Sternalantheil des Muskele 
durehschnitten, und welcher an Diphtherie gestorben war, die Präparate beider 
Sterno-cleido-mastoidei zu untersuchen. Der linksseitige Muskel war um 1/3 kürzer 
und schmäler als der rechte, und zwar in beiden, im clavicularen wie im sternalen 
Ansatztheil; dagegen bestand in der Dicke beider Muskeln kein Unterschied. 
Mikroskopisch zeigte sich auch am äußerlich gesunden rechten Muskel in der 
Mitte eine leichte Myositis interstitialis. Am linken Muskel ist der Nevenapparat 
intakt, keine Spur eines Hämatoms, kein Anhalt für die Annahme eines intra- 
uterinen Muskelrisses. Die Gewebsveränderungen, welche sich kurs als diffuse, 
sklerosirende Myositis interstitialis charakterisiren, nehmen nicht den ganzen 
Muskel in Anspruch, wohl aber einen großen Theil; und zwar sind sie besonders 
in den beiden unteren Dritteln und mehr im Centrum als in den äußeren Theilen 
ausgeprägt. In den am stärksten betroffenen Partien sind auch das fibröse Ge- 
webe, die Muskelfasern ganz zum Schwinden gebracht, an manchen Stellen nur das 
Sarkolemm und die Kerne sichtbar, an den noch erhaltenen Fasern ist aber keine 
Degeneration des Muskelgewebes zu erkennen, noch Verfettung. 

Herm. Frank (Berlin). 


37) Pantaloni (Marseille). Trois cas de chirurgie du larynx. 
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 9.) 

Gestützt auf 3 Fälle von geheilten Kehlkopfgeschwülsten redet P. der Thy- 
reotomie (Laryngofissur) das Wort. 1) Ein 55jähriger Mann hatte eine langsam 
wachsende, wohlbegrenzte Geschwulst ohne periphere Infiltration auf dem rechten 
Stimmband. Nach der Untersuchung eines durch Probeexeision gewonnenen Stück- 
chens stellte man die Diagnose auf Plattenepithelkrebs (Epithelioma pavimenteux 
végétant). Nach voraufgegangener Tracheotomie wurde der Schild- und Ring- 
knorpel in der Mittellinie gespalten, die Geschwulst exstirpirt, der Grund ver- 
schorft und der Kehlkopf durch Nähte, welche nur die perichondralen Weichtheile 
fassten, zusammengehalten. 11/2 Jahr später war der Pat. noch recidivfrei. Die 
Stimme war zwar heiser, aber deutlich. P. glaubt, dass durch eine Operation auf 
natürlichem Weg eine gründliche Entfernung der Geschwulst nicht möglich ge- 
wesen wäre. ` 

Bei einer 38jährigen Frau, die seit 4 Jahren heiser war, ließ sich wegen hoch- 
gradiger Dyspno& die Ursache derselben, eine haselnussgroße, gestielte, polypöse 
Geschwulst, auf natürlichem Wege nicht entfernen. Nach Laryngofissur fand man 
eine gestielte polypöse Geschwulst, die der vorderen Insertion der Stimmbänder 
aufsaß. Diese waren durch die wiederholten Insulte seitens der flottirenden Ge- 


472 Centralblatt für Chirurgie. No. 17. 


schwulst leicht ulcerirt. Nach der sehr leichten Entfernung kauterisirte man die 
Stimmbänder vorsichtig. Die Kanüle konnte schon am 3. Tage entfernt werden. 
Die Heilung war eine vollständige, die Stimme nicht verändert. Die Geschwulst 
erwies sich als ein gestieltes Angiom, also ein endolaryngeales (im Gegensatz zu 
den extralaryngealen im Sinus pyriformis), von denen überhaupt nur 11 beschrieben 
sind. Für diese Geschwülste, die sich in ihrer histologischen Eigenart nicht sicher 
diagnosticiren lassen, bleibt in erster Linie die Ablösung auf natürlichem Weg. 
Nur wenn diese unmöglich, ist es erlaubt, zur Eröffnung des Kehlkopfes von außen 
zu schreiten. 

Ein 3. Mal gab ohne Weiteres zu einer solchen die Indikation eine Laryngo- 
cele, eine Schleimhauthernie dicht über der Glottis. Ein 2öjähriger Bäcker hatte 
beim Heben einer schweren Last plötzlich Schmerzen am Kehlkopf gefühlt. Bald 
darauf fühlte er, wie beim Pistonblasen eine Geschwulst an der Seite des Kehl- 
kopfs erschien, die sich zwar leicht wegdrücken ließ, aber immer wieder bildete. 
Auch hier hinterließ der Eingriff, zum Zweck der Abbindung des ausgestülpten 
Sackes, keinerlei Beeinträchtigung der Stimme. Stolper (Breslau). 


38) Tailhefer (Toulouse). Variété très rare de thyroidite chronique. 
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 4.) 

Ein 30jähriger Fleischer hatte eine harte Geschwulst an der linken Seite des 
Halses, die der Schilddrüse angehörte, und zwar langsam, aber stetig wuchs. Eine 
durch Rekurrenslähmung bedingte mehrmonatliche Stimmlosigkeit führte ihn end- 
lich zum Arst. Man diagnostieirte eine bösartige Geschwulst und exstirpirte sie. 
Die histologische Untersuchung indess lehrte, dass es sich um eine Affektion der 
Schilddrüse handelte, wie sie bisher nur Wölfler und Riedel beschrieben haben. 
Die eigenartige Verwachsung der Geschwulst mit der Umgebung und das Aussehen 
der Schnittfläche sprachen schon makroskopisch für die entzündliche Natur der- 
selben. Im mikroskopischen Bild aber fehlten die für irgend eine Geschwulstart 
specifischen Zellen, und das zum großen Theil degenerirte Parenchym war von 
fibrösem Bindegewebe ersetzt. Für ein Fibrom war die Geschwulst nicht isolirt 
genug. 

Die Verwachsung mit der großen Gefäßscheide hatte eine erst am 2. Tage 
eintretende Blutung aus der linken Carotis zur Folge. Trotzdem kam der Pat. mit 
dem Leben davon, aber nicht ohne schwere cerebrale Lähmungserscheinungen. 
Erörterungen über die Natur derselben und über die Folgen der Carotisunter- 
bindung überhaupt bilden den 2. Theil dieser Arbeit. Stolper (Breslav). 


39) ŒG. Marchant, De la résection bilaterale du grand sympathique 
cervical dans le goitre exophthalmique. 
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1897. No. 53.) 

M. berichtet über einen Fall von Struma exophthalmica, der nach doppel- 
seitiger Resektion des Halssympathicus einigermaßen gebessert wurde. Nach der 
Durchschneidung des linken Halssympathieus, welche zuerst erfolgte, trat während 
der Operation ein subeonjunctivaler Bluterguss am rechten Auge auf. M. erwähnt 
die Übereinstimmung dieses Phänomens mit der Beobachtung, die von Dastre 
und Morat bei Reizung des centralen Stumpfes des durchschnittenen Halssym- 
pathicus am Hunde gemacht wurde. Diese Forscher konstatirten eine Varodilata- 
tion der Lippe und Wange der einen Seite, wenn das centrale Ende des Sympa- 
thicusstumpfes der entgegengesetzten Seite gereizt wurde. In Mis Falle hatte sich 
dieser physiologische Reiz zu der schon bestehenden pathologischen Väsodilatation 
der gegenüberliegenden Seite addirt und die Extravasation im subconjunctivalen 
Gewebe hervorgebracht. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf E Hürtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


Leien LI Le 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 18. Sonnabend, den 7. Mai. 1898. 


Inhalt: I. Angerer, Die Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels Röntgen-Durch- 
leuchtang. — II. W. Zoege v. Manteuffel, Zur Technik der Resektion aus der Schilddrüse. 
(Original-Mittheilungen.) S 

1) Wassermann, Seitenketten-Immunität. — 2) Arnd, Äthernarkose. — 3) Firgan, 
Muskelschwund. — 4) Levai, Gefahren der Karbolanwendung. — 5) Nimier, Fraktur- 
verbände. — 6) Lange, Hessing und Orthopädie. — 7) Vulpius, Sehnenüberpflanzung. 
— 8) Leibold und Bähr, Exkursionsfähigkeit der Gelenke. — 9) Krecke, Schlüsselbein- 
verrenkung. — 10) Geruianos, Radialislähmung. — 11) Roux de Brignoles, Ellbogen- 
brüche. — 12) Schulte, Federnde Finger. — 13) König, Röntgenbild bei Coxitis. — 
14) Ehret, Lähmung der Peronealmuskeln. — 15) Kleinknecht, Fußlipome. — 16) Basquet, 
Osteoperiostitis ossificans der Mittelfußknochen. 

17) Moeller, 18) Reinhard, 19) Schubert, Tetanus. — 20) Kirmisson und Sainton, 
Bericht. — 21) Neugebauer, Nekrotomien. — 22) Rhoads, Schlüsselbeinverrenkung. — 
23) Bähr, Schulterverrenkungen. — 24) Ewald, Myelom des Schlüsselbeins. — 25) Tho- 
man, Verletzung der Art. subclavia. — 26) Schüller, Gelenksteifigkeit. — 27) Herbet, 
Elibogenverrenkung. — 28) Brigel, Handgelenktuberkulose. — 29) Paci, Fingerverrenkung. 
— 30) Sick, Neurofibrom des Medianus. — 31) Snegirew, Beckenbruch. — 32) Habs, 
33) Zahn, 34) Willis, Aneurysmen. — 35) G6rard-Marchant, Genu recurvatum. — 
36) Bayer, Achillorhaphie. — 37) Hübscher, Arthrodese des Fußgelenks. — 38) Gole- 
biewski, Umknicken des Fußes. — 39) Naumann, Bruch des Sprungbeins. — 40) Vulliet, 
Resektion im Fuß. — 41) Köhler, 42) Heintze, Resektion der V. saphena und Bein- 
geschwüre. 


I, Die Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels 
- Röntgen-Durchleuchtung. 
Von 
Prof. Angerer in München. 


Die Anwesenheit eines Fremdkörpers mittels Durchleuchtung 
zu konstatiren, ist leicht; schwierig aber ist es, dessen genaue Lage 
im Körper zu bestimmen. Mancher Kollege wird dies bei Extraktions- 
versuchen erfahren haben, wo der Fremdkörper trotz des guten 
Röntgenbildes nicht da gefunden wurde, wo er dem Bilde nach liegen 
musste, ja wo das Röntgenbild geradezu zu falschen Einschnitten 


Veranlassung gab. Der Grund für solche Irrthümer liegt darin, dass 
18 


474 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


sowohl bei der Röntgenphotographie als auch bei Anwendung des 
Durchleuchtungsschirmes sich der Fremdkörper je nach der gegen- 
seitigen Lage von Röhre, Objekt und Platte, bezw. Schirm an ganz 
verschiedenen Stellen projicirt. Ein einfaches Beispiel macht dies 
leicht verständlich. 

Stellen die Punkte 2, 3, 4 und 5 (Fig. 1) die Querschnitte von 
4 Rippen dar, und liegt beispielsweise ein Fremdkörper X zwischen 
und hinter der 3. und 4. Rippe, so erscheint das Bild X auf dem 
Schirm zwischen 2. und 3. Rippe bei 2’ und 3’, wenn der Ausgangs- 
punkt der Röntgenstrahlen, also die Vacuumröhre, in A steht. Da- 
gegen projicirt sich das Bild zwischen 4. und 5. Rippe bei 4’ und 5’, 


Fig. 1. 


wenn die Röhre bei B ist. In Wirklichkeit aber befindet sich der 
Fremdkörper zwischen 3. und 4. Rippe. 

Diese Fehler in der Lagebestimmung von Fremdkörpern werden 
nun durch ein Verfahren vollständig vermieden, welches Herr 
Dr. phil. Rosenthal von der Elektricitätsgesellschaft »Voltohm« hier 
ersonnen hat. Die Methode wurde in meiner Klinik geprüft, modi- 
fieirt und ist nun in der That so einfach und sicher, dass ich das 
Verfahren allen Kollegen auf das wärmste empfehlen kann. 

Die Methode besteht darin, dass wie bisher der Fremdkörper auf 
dem Durchleuchtungsschirm projieirt wird. Nehmen wir an, es handle 
sich um eine in der Hand sitzende Kugel, so werden 2 an langen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 475 


schmalen Stäbchen! aufsitzende Metallringe so auf der Haut des Hand- 
rückens und der Hohlhand angelegt, dass das Bild der Kugel genau 
in die Bilder der Ringe zu liegen kommt. Der eine Ring liegt also 
beispielsweise auf Seite der Vacuumröhre auf dem Handrücken auf, 
der andere auf Seiten des Schirmes auf der Hohlhand, also an den 
Endpunkten eines Diameters, in welchem die Kugel zweifellos liegt. 
Ein Druck auf einen an den Handgriff des Stäbchens angebrachten 
Knopf lässt in das Centrum des Ringes einen Farbstift hervorspringen, 
der die gefundenen Punkte anzeichnet. 

Jetzt macht man eine zweite Durchleuchtung unter einem ande- 
ren Beleuchtungswinkel, indem man die Vacuumröhre oder den be- 
treffenden Körpertheil verschiebt. Befand sich (s. Fig. 2) z. B. bei 
der ersten Aufnahme die Vacuumröhre bei A, so steht sie jetzt bei 
der zweiten Aufnahme bei B. Die Kugel projicirt sich an anderer 


Fig. 2. 


Stelle; ihr Bild wird wieder in Metallringe gefasst und in gleicher 
Weise, wie oben angegeben, auf der Haut markirt. Man erhält einen 
zweiten Diameter, und im Schnittpunkt dieser beiden Diameter muss 
die Kugel liegen. Auf der Haut selbst aber sind am Handrücken 
und in der Hohlhand je 2 Punkte angezeichnet; die korrespondiren- 
den sind durch die gleiche Farbe leicht kenntlich gemacht. 
Nehmen wir an, die beiden Punkte am Handrücken liegen viel 
näher bei einander, als die Punkte in der Hohlhand, so weiß man 
von vorn herein, dass die Kugel viel näher der Oberfläche des 


1 Die hiersu konstruirten Stäbchen wurden »Punktographen« genannt und 
sind von der Elektrieitätsgesellschaft »Voltohm« in München sum Preis von 
40 Æ das Paar zu besiehen. 

18* 


476 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


Handrückens liegen muss, und da man auch die Richtungslinien 
kennt, so genügt diese einfache Überlegung, um richtig auf den 
Fremdkörper zu kommen, weil die Fehler in der Projektion fort- 
gefallen sind. Doch lässt sich die Tiefenlage des Fremdkörpers in 
einfachster Weise auch ganz exakt bestimmen, indem man die Ent- 
fernung der beiden Punkte auf der Innen- bezw. Außenseite mittels 
eines Maßstabes misst. Ist beispielsweise die Entfernung a (s. Fig. 2) 
gleich 20 mm und 5 gleich 20 mm, so liegt die Kugel von der einen 
Handfläche eben so weit entfernt wie von der anderen, d. h. die 
Kugel liegt genau in der Mitte zwischen beiden. Ist dagegen z. B. 
a = 10 mm und ò = 20 mm, so liegt die Kugel von a halb so weit 


entfernt als von A, d. h. mit anderen Worten R der Dicke des 


2 E . 
Körpers von a und n3 von 5 entfernt; ganz allgemein liegt sie von 
en Kä 1 
== 3 Nto + 20 3 


a um ) una von b um 1 (nm = 3 
a+5\0 +20 ` 3) 
entfernt. 
Dieses Rechenexempel ist gewiss einfach und erleichtert uns die 


Auffindung von Fremdkörpern ganz außerordentlich. 


II, Zur Technik der Resektion aus der Schilddrüse. 
Von 
W. Zoege von Manteuffel in Dorpat. 


Wir verdanken Rocher, Reverdin, Socin, Wölfler, Miku- 
licz eine Reihe von Methoden, die verschiedenen Formen der 
Kröpfe operativ anzufassen, die im Allgemeinen genügen. Cysten- 
kröpfe, Kropfknoten schälen wir aus. Aus den parenchymatösen 
reseciren wir Stücke nach Wölfler oder Mikulicz, oder exstirpiren 
die eine Hälfte. Ich habe mir eine Methode der Resektion aus- 
gebildet für parenchymatöse Strumen, die ich der Mittheilung werth 
halte, weil sie mit sehr geringem Blutverlust beliebig große Stücke 
aus dem Kropf auszuschneiden gestattet und keine Massenligatur 
hinterlässt. Bogenschnitt nach Kocher oder, bei einseitiger Struma, 
Längsschnitt am inneren Rande des Kopfnickers. Sollte dieser 
Muskel nicht hinten absinken: Durchschneidung desselben und des 
Sternohyoideus und Sternothyreoideus. Spaltung der tiefen Hals- 
fascie. Jetzt lässt man den Kropf vortreten und streicht bei intakter 
Kapsel namentlich lateral von der Drüse das lockere Gewebe siumpf 
zurück, unter Vermeidung der Kapselgefäße, so dass man gut an 
die Basis der Struma ankommen kann. Ist der Isthmus sehr breit 
und enthält augenscheinlich größere Gefäße, oder komprimirt er die 
Trachea, so habe ich ihn doppelt unterbunden und durchschnitten. 
Sofort fasst der Assistent das Gefäßbündel der Thyreoidea superior 
mit Daumen und Zeigefinger der rechten, das der Inferior mit den- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 477 


selben Fingern der linken und komprimirt dreist. Man kann nun 
beliebig große Stücke wie Melonenscheiben aus der Drüse heraus- 
schneiden ohne nennenswerthe Blutung, muss sich aber hüten, durch 
das Parenchym der Drüse hindurch bis auf die hintere Kapselwand 
oder gar durch. dieselbe zu schneiden, weil dann sehr unangenehme 
Blutungen nach hinten, hinter die theilweise zu erhaltende Drüse 
stattfinden, wohl auch der Recurrens verletzt werden könnte. Da- 
gegen kann man den zu excidirenden Keil nach beiden Seiten be- 
liebig breit anlegen. Blutet es jetzt, so hat der Assistent nicht die 
Gefäße, sondern die Basis der Geschwulst gefasst. Nach der Excision 
entgleitet ihm dann natürlich der Stiel. Manchmal ist es bequemer, 
wenn der Assistent die Gefäße zwischen 2. und 3. Finger nimmt, 
weil dann seine Hände flacher liegen. 

Nach der Excision folgt sogleich fortlaufende Parenchymnaht 
der zurückgebliebenen Drüse. Die Nadel fasst bis fast an den 
Boden der keilföürmigen Wunde. Ich nähe zumeist mit Seide, doch 
habe ich auch Katgut dazu verwandt. Die Naht muss fortlaufend 
sein, da sonst eine Blutstillung nicht zu Stande kommt. Ligaturen 
an der Struma selbst habe ich gar nicht nöthig gehabt, oder nur, 
wenn zwischen den Suturen ein größeres Kapselgefäß nicht durch 
den Faden der Naht komprimirt wurde. Der Stumpf wird versenkt, 
die Muskeln darüber genäht, eben so die Haut. Meist habe ich den 
unteren Wundwinkel offen gelassen. 

Diese Operation lässt sich sehr rasch ausführen; bei kindsfaust- 
großen Strumen habe ich nicht mehr als 12—15 Minuten dazu gebraucht, 
bei größeren etwas mehr. Sehr große Strumen — über manns- 
faustgroße oder kindskopfgroße — habe ich noch nicht Gelegenheit 
gehabt, nach dieser Methode zu operiren. Struma parenchymatosa 
vasculosa lässt sich ebenfalls in der oben geschilderten Weise rese- 
eiren. Klammern statt der Assistentenfinger zur Kompression der 
Gefäße zu verwenden, halte ich für bedenklich, da man, wenn man 
die Gefäße nicht völlig frei legt, dabei den Recurrens beschädigen 
kann, wie Rocher’schen bemerkt. Die Digitalkompression ist schon 
von Greene und später von Mikulicz angewandt worden, aber in 
anderer Weise an der Thyreoidea inferior. Eben so ist wohl auch 
schon die Naht namentlich nach Enukleationen angewandt worden. 
Ich habe aber nicht gefunden, dass Naht und Kompression in der 
von mir geschilderten Weise für die Resektion verwandt worden sind. 

Man muss bei der Operation noch bedenken, dass das von der 
Naht gefasste Gewebe später schrumpft, vielleicht zum Theil zu 
Grunde geht; daher soll außerhalb der Naht noch genügend Gewebe 
nachbleiben, um die Funktion zu erhalten. Das ist natürlich von 
wesentlicher Bedeutung bei doppelseitiger Operation. 

Ich habe in der geschilderten Art mehrere Resektionen aus- 
geführt und habe allemal glatten Verlauf verzeichnen können; 
namentlich bildeten sich keine Hämatome. 

Berlin, 17. April 1898. 


478 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


1) Wassermann. Weitere Mittheilungen über »Seitenketten- 
Immunität«. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 10.) 

Im Anschluss an seine früheren Versuche über diesen Gegen- 
stand (referirt in diesem Blatte 1898 No. 10) hat W. wieder gemein- 
sam mit Takaki die Beziehung zwischen bestimmten Zellsystemen 
und dem Auftreten der künstlichen Immunität an Typhus, Schweine- 
rothlauf und Diphtherie studirt. Von vorn herein schien ihm der 
Typhusbacillus zu seinen Versuchen besonders geeignet, nachdem W. 
mit Brieger und Kitasato schon das Zustandekommen der künst- 
lichen Immunitätsgrade bei dieser Infektion studirt hatte. W. richtete 
sein Hauptaugenmerk auf das regenerationsfähige Knochenmark, 
welches er von verschiedenen normalen Thieren prüfte, ohne jedoch 
zu einem klaren Resultat zu gelangen. Wurden jedoch diese Expe- 
rimente bei Thieren gemacht, denen vorher Typhusbacillen injieirt 
worden waren, so zeigte sich nun das Knochenmark, die Milz, das 
Lymphdrüsensystem bezw. die Thymusdrüse als in hohem Grade 
specifisch schutzverleihend gegen Typhus, während die anderen Organe 
zu gleicher Zeit keine specifische Immunisirungswirkung darboten. 
W. zieht aus dieser Thatsache das Resultat, dass auch beim Zustande- 
kommen der Typhusimmunität zwischen bestimmten Organen und 
dem Typhusbacillus konstante biologische Reaktionsgesetze vorhanden 
sind, Bindungsbeziehungen bestehen, welche zur Anhäufung speci- 
fischer schützender Stoffe in den betreffenden Organen führen, sobald 
diese von Produkten des Typhusbacillus oder diesem selbst getroffen 
werden. Diese Stoffe gelangen von hier aus in das Blut, womit die 
vollständige Immunisirung des Körpers vollendet ist. Der die weißen 
Blutkörperchen regenerirende Apparat stellt somit dem Körper die 
antityphösen Schutzstoffe zur Verfügung, welche den Ablauf der 
typhösen Infektion besorgen, wodurch auch die seinerzeitige Behaup- 
tung Brieger’s Bestätigung findet. Gold (Bielitz). 


2) Arnd (Bern). Ein Beitrag zur Technik der Äthernarkose. 
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 19.) 


Verf. ist Anhänger der Äthernarkose; in seinen Ausführungen 
wendet er sich hauptsächlich gegen die Kontraindikation für den 
Gebrauch des Äthers bei Operationen im Gesicht, am Kopf und am 
Halse. Die Anwesenheit der Maske stört den Operateur bei Gesichts- 
operationen; störend ist ferner die flüchtige Wirkung des Äthers, 
die den Pat. nach Entfernung der Maske wieder erwachen lässt, so 
dass die Operation häufig unterbrochen werden muss. Will man 
diesen Übelstand beseitigen, so muss man dem Pat. Äther ohne 
Maske zuführen. Zunächst soll Pat. mittels Maske bis zum völligen 
Eintritt der Narkose ätherisirt werden. Erst nach Eintritt voller 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 479 


Narkose wird auf den Gebrauch der Maske ganz verzichtet und der 
in Kocher’s Operationslehre abgebildete Apparat zur Ätherzufuhr 
angewendet. Er besteht aus einer Glasflasche mit doppelt durch- 
bohrtem Gummizapfen, die den Äther enthält. Ein Tretgebläse 
(Gummidoppelgebläse) treibt Luft durch ein in den Äther tauchen- 
des Metallrohr. Die mit Ätherdampf gesättigte Luft entweicht durch 
ein anderes kurzes Rohr aus der Flasche und wird durch einen 
Gummischlauch, der ein drittes hakenförmig umgebogenes Rohr trägt, 
das sich in den Mundwinkel des Pat. einfach einhängen lässt, dem 
letzteren beständig zugeführt, ohne Verwendung irgend einer Maske. 
Es lässt sich mit diesem Apparat die Narkose beliebig lange unter- 
halten, ohne dass der Operateur im geringsten gestört würde. Es 
ist anzurathen, besonders wenn der Pat. viel Äther braucht, die 
Flasche in ein Becken mit Wasser von ca. 35° zu stellen. Um den 
Ätherverbrauch zu verringern, soll der Narkotiseur den zuführenden 
Schlauch bei der Exspiration zusammendrücken. 
Hinterstoisser (Teschen). 


3) Firgan. Über »Muskelschwund« Unfallverletzter mit 
besonderer Berücksichtigung der oberen Extremität. 
(Archiv für Unfallheilkunde etc. Bd. II. p. 167.) 

Die F.’sche Arbeit stellt eine Fortsetzung der Caspari’schen 
(dieses Centralblatt 1896 p. 1090) dar, mit dem Unterschied, dass F. 
mehr Gewicht auf die Entstehung der Atrophie (»Atonie«) durch 
Inaktivität legt, Aufhebung nicht allein der grobsinnlicheu Kontrak- 
tion des Muskels, sondern auch Abschwächung und Aufhebung jeg- 
licher motorischen Impulse (ein Moment, welches übrigens meines 
Wissens zuerst vom Ref. 1895 geltend gemacht wurde). Die Atrophie 
führt Verf. im Allgemeinen zurück auf direkte Schädigung des Mus- 
kels oder der motorischen Terminalfasern, Läsion in‘ den nervösen 
Centren, direkt oder durch Fortleitung im Sinne der von Thiem 
besprochenen Poliomyelitis, oder funktionell durch Autosuggestion be- 
dingte Ausschaltung motorischer Impulse; hier habe ich den Namen 
Sachs vermisst. Es werden zuletzt noch die charakteristischen Er- 
scheinungen der Volumen-, Konsistenzminderung, Formveränderung 
etc. besprochen. Bähr (Hannover). 


4) Levai. Karbol in der Unfallheilkunde und die erste 
Hilfeleistung bei Verletzungen der Arbeiter. ` 
(Archiv für Unfallheilkunde etc. Bd. II. p. 245.) 
Die Arbeit giebt auf Grund mancher unangenehmen Erfahrun- 
gen ein Bild von den Gefahren der Karbolanwendung, die Verf. 
beseitigt wissen möchte. Weiterhin macht L. manche beachtens- 


werthe Vorschläge für die erste Behandlung von Verletzungen. 
Bähr (Hannover). 


480 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


5) Nimier (Paris). Des appareils les plus pratiques pour le 
premier traitement des fractures par coup de feu. 
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. November.) 

Auf dem Kongress zu Moskau, hat N. die Schussbrüche der 
ersten Linien im Kriege besprochen; dieser Vortrag liegt hier nun- 
mehr gedruckt vor. Vor Allem wird mit Recht betont, dass den 
Krankenträgern nur die einfachsten Fixationsmethoden überlassen 
und zugemuthet werden können: Schussbrüche der oberen Glied- 
maßen müssen in Tuchverbänden nach Art einer Mitelle befestigt 
werden, wozu allerlei Bekleidungsgegenstände Verwendung finden 
können; Schussbrüche der unteren Gliedmaßen finden ihre haupt- 
sächliche Fixation durch ihre eigene Schwere auf der Trage, auf 
welcher sie durch Zuhilfenahme des gesunden Gliedes durch Riemen, 
Binden und dgl. festgehalten werden können. Nur im Gebirgskrieg 
bietet sich eher die Möglichkeit für die Träger, geschützte Stellen 
zu finden und dort bessere Verbände anzulegen, was auch wegen 
der oft weiteren Entfernungen bis zum Arzt wünschenswerth er- 
scheint. Hierfür empfiehlt N. am meisten die Trage Malgat’s, 
welche aus einem stellbaren Theil für Kopf und Rumpf und einem 
festen horizontalen Theil besteht, der eine Längstheilung besitzt, so 
dass sich 2 getrennte Rinnen für jedes Bein bilden. Die Verwun- 
deten müssen dabei stets mit dem Gesicht nach der Höhe getragen 
werden, was entschieden richtig ist, da ihr Eigengewicht auf diese 
Weise eine Art von Kontraextension ausübt, während es im ent- 
gegengesetzten Falle die Bruchenden gegen einander schiebt. 

Für den Transportverband, d. h. denjenigen, welcher auf dem 
Hauptverbandplatz anzulegen ist, will N. dem Chirurgen den größ- 
ten Spielraum lassen; er muss das benutzen, was er erlangen kann 
und damit das thunlichst Beste zu erreichen suchen. Im Allge- 
meinen stehen nur 2 Grundformen zur Verfügung: die der cirkulären 
und die der rinnenförmigen Verbände. Wegen der durch erstere 
nahegelegten Gefahr der Einschnürung zieht N. die rinnenartigen 
(gouttiere) Verbände im Allgemeinen vor. Alle möglichen Materialien 
können hierbei Verwendung finden, doch müssen einige Principien 
stets im Auge behalten werden. Solche Verbände müssen nämlich: 

1) entweder im Augenblick leicht herzustellen oder, falls fertig 
mitgeführt, leicht transportabel sein; 

2) ohne große Polsterung angelegt werden können; 

3) einmal angelegt, haltbar sein, aber nicht viel Platz und Ge- 
wicht beanspruchen; 

4) amovo-inamovibel sein. 

Diesen Forderungen können wir unbedingt zustimmen. Die 
Anwendung des Gipses in Form der Einwicklung oder der Schiene fin- 
det weder im Allgemeinen in Frankreich noch bei Verf. besonderen 
Anklang; er giebt Schienen aus allen Arten von Drahtgeflechten den 
Vorzug. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


Centralblatt für Chirurgie, No. 18. 481 


6) Lange. Friedrich Hessing und die wissenschaftliche 
Orthopädie. (Aus dem orthop. Ambulat. der kgl. chir. Klinik 
zu München.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 10. [Illustr.)) 

L. zeigt in dem Vortrag, dass die wissenschaftliche Orthopädie 
die Verbesserungen in der Bandagentechnik — Lederhülsenapparate 
und Beckenring —, welche Hessing geschaffen hat, und welche 
einen unverrückbar festen Sitz der orthopädischen Bandage und da- 
durch eine sichere Wirkung derselben ermöglichen, rückhaltlos an- 
erkennt und sich nutzbar macht, wenn das Leiden die Anwendung 
von Apparaten erfordert. »Wir sind aber nicht dabei stehen ge- 
blieben, sondern wir haben gelernt, die kostspieligen und komplicirten 
Hessing’schen Apparate durch einfache Gehverbände zu ersetzen 
und dadurch die Gelenkentzündungen in schneller und billiger Weise 
zur Heilung zu bringen. Aber ein noch größerer Fortschritt, den 
die moderne Orthopädie in den letzten Jahren gemacht hat, besteht 
darin, dass wir gelernt haben, Leiden, die bisher jeder Apparat- 
behandlung spotteten, wie die schweren Platt- und Klumpfüße, die 
Schiefhälse und Hüftgelenksverrenkungen, die starren Kontraktu- 
ren u. A. — auf schnelle und ungefährliche Weise zu heilen.«e In 
welcher Art wir hierbei verfahren, wir die früher üblichen Knochen- 
operationen bei Deformitäten, bei tuberkulösen Gelenkentzündun- 
gen etc. mehr und mehr eingeschränkt haben, bei Lähmungen durch 
Sehnenverpflanzung Erfolge erzielen etc., wird von L. durch Vor- 
führung zahlreicher Krankheitsfälle dargethan. Kramer (Glogau). 


7) O. Vulpius. Über die Heilung von Lähmungen und 
Lähmungsdeformitäten mittels Sehnenüberpflanzung. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 197. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1897.) 

Während in der Litteratur nur 33 Fälle von Sehnenüberpflanzun- 
gen zur Heilung von Lähmungen und Lähmungsdeformitäten mit- 
getheilt sind, hat V. allein 21 derartige Operationen ausgeführt, so 
dass er wohl in der Lage ist, über ihre Technik und Indikations- 
stellung sich zu äußern und ein Urtheil über den Werth des Ver- 
fahrens abzugeben, nachdem mit wachsender Erfahrung seine Ein- 
griffe ausgedehntere, in ihrer Berechnung und Technik vollkommenere 
geworden sind. Wie aus früheren diesbezüglichen Arbeiten des Verf. 
bekannt (s. besonders das Referat über den von V. auf der letzten 
Naturforscherversammlung gehaltenen Vortrag in ds. Bl. 1897 p. 1140), 
unterscheidet V. zwischen auf- und absteigenden und beiderseitigen 
Überpflanzungsmethoden, für welche eine Reihe von schematischen 
Zeichnungen zur Erläuterung gegeben werden, hält aber die absteigende 
Modifikation für die empfehlenswertheste, weil dadurch eine gewisse 
Selbständigkeit für den Kraftempfänger geschaffen wird, und sich die 
gesunde dicke Sehne leichter und sicherer auf die dünne paretische 

18+* 


482 Centralblatt für Chtrurgie. No. 18. 


befestigen lässt. — Von Vis Operationen wurden 20 am Unter- 
schenkel und 1 am Oberschenkel (Transplantation des Sartorius auf 
den gelähmten Quadriceps) ausgeführt; von den ersteren beschäftigten 
sich 15 mit der Beseitigung des paralytischen Klump- bezw. Spitz- 
fußes, die übrigen 5 mit der des paralytischen Plattfußes. In den 
meisten Fällen waren mehrfache Sehnenüberpflanzungen nothwendig. 
Im Ganzen hatte V. nur 3 Misserfolge, während bei den anderen 
Fällen das Resultat ein durchaus gutes, oft mit der Zeit immer 
besseres wurde. Die Pat. standen im Alter von 2—18 Jahren, die 
Dauer der Lähmung betrug 1—17 Jahre. Beim Überblicken seiner 
Fälle hat V. den Eindruck erhalten, »dass die Disposition und Ver- 
theilung der Sehnen und Muskeln allmählich unter seinen Händen 
komplieirter geworden sei, dass er gelernt habe, die Kraftsumme der 
vorhandenen Muskelreste als ein Ganzes zu betrachten, das sehr ver- 
schiedener Theilung fähig ist, und dass dem entsprechend auch die 
Aussicht auf Erfolg sich gesteigert habe«. — Bezüglich der Technik 
sei hier nur hervorgehoben, dass nach Beseitigung einer bestehenden 
Deformität mit Hilfe des modellirenden Redressements die Freilegung 
der Sehnen bis zum Muskelbauch durch ausgedehnte Längsschnitte 
in Blutleere vorgenommen wird. Alsdann werden die Sehnenscheiden 
geöffnet, die zu überpflanzenden, subfascial vorgezogenen durch 1 
oder 2 Knopflöcher in der paralytischen hindurchgeführt und mit 
Katgut oder Seide festgenäht. Der über der verschlossenen Wunde 
in leicht überkorrigirter Stellung angelegte Gipsverband bleibt 4 bis 
7 Wochen liegen; Pat. darf indess schon nach 8 Tagen aufstehen. 
Von Wichtigkeit für den Erfolg ist die spätere Anwendung von 
Massage, Gymnastik, Elektrieität etc.; ev. kommen noch orthopädische 
Apparate in Anwendung. — Wer Sehnenüberpflanzungen zur Heilung 
von Lähmungen vornehmen will, wird in Vie Abhandlung einen ge- 
eigneten Rathgeber finden. Kramer (Glogau). 


$) Leibold und Bähr. Über die Exkursionsfähigkeit der 
Gelenke, besonders des Hand- und Fußgelenks. 
(Archiv für Unfallheilkunde ete. Bd. II. p. 267.) 
Im Gegensatz zu den üblichen Angaben, welche sich auf Unter- 
suchungen an Leichen beziehen, geben die Verff. für das Handgelenk 
die Dorsalflexion auf 55—75°, die Volarflexion auf 60—80° an, am 


Fußgelenk auf 10—15° resp. Plantarflexion auf 30—35°. 
Bähr (Hannover). 


9) Krecke (München). Zur Naht bei der Luxatio claviculae 
supraacromialis. 
(Münchener med. Wochenschrift 1897. No. 50.) 
K. nimmt an, dass die Heilung der in Rede stehenden Ver- 
renkung mit oder ohne Funktionsstörung bei zurückgebliebener 
Deformität davon abhänge, wie viel von den Bändern zwischen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 483 


Schlüsselbein und Schulterblatt noch erhalten war, um bei ent- 
sprechender Muskelbewegung eine Fixirung des Schulterblatts an 
den Stamm gewährleisten zu können. Da hierüber durch die Unter- 
suchung keine Gewissheit zu erlangen ist, also auch die Wiederherstel- 
lung der Funktion von vorn herein nicht garantirt werden könne, müsse 
die Behandlung darauf ausgehen, die Heilung mit völliger Beseitigung 
der Difformität und Wiederherstellung der Funktion anzustreben, 
was in durchaus sicherer und gefahrloser Weise allein die blutige 
Naht der von einander gerissenen Knochenenden verbürge. K. hat 
desshalb in 2 Fällen, eben so wie früher schon Cooper, Paci u. A. 
dieses Verfahren angewandt und damit vollständigen Erfolg erzielt. 
Er empfiehlt es auf Grund dessen zu öfterer Ausführung. 
Kramer (Glogau). 


10) Gerulanos. Über das Vorkommen von Radialislähmung 
nach einer heftigen Kontraktion des Musculus triceps brachii. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 1.) 

Radialislähmungen in unmittelbarer Folge einer kräftigen Kon- 
traktion des Triceps sind bereits durch Gowers und Oppenheim 
veröffentlicht. G. berichtet aus der Greifswalder chirurgischen Klinik 
einen neuen derartigen Fall, betreffend einen 42jährigen Arbeiter, 
welcher, mit einer Erdschaufel grabend, plötzlich mit dieser auf einen 
harten Gegenstand stieß und sofort von der Lähmung befallen wor- 
den war; hieran anschließend liefert G. eine anatomische Erörterung, 
wie in solchen Fällen die Beschädigung des Nerven durch den 
Muskeldruck zu Stande kommen mag. In der spiraligen Furche, in 
welcher der Radialnerv sich um die Außenfläche in der Mitte des 
Humerus herumwindet, ist er überbrückt von einem Sehnenbogen des 
Ligamentum intermusculare ext. und bedeckt vom äußeren Triceps- 
kopfe, dessen Muskelfasern von oben außen schräg nach unten innen 
gehen und im Kontraktionszustand einen dem Nervenverlauf paral- 
lelen Wulst bilden. Querschnitte durch den Oberarm ganz frischer 
noch schlaffer Leichen zeigen, dass bei schlaffen Muskeln der Triceps 
einige Millimeter vom Oberarmknochen entfernt ist. Der Nerv liegt 
dann zwischen Knochen und Muskel. Ein gleicher Querschnitt, bei 
Todtenstarre gemacht, zeigt dagegen den jetzt fest kontrahirten 
Triceps dicht an den Knochen geschmiegt. Der Nerv ist nun seit- 
lich nach außen geschlüpft und hat unter dem Lig. intermusculare 
im Raum zwischen Triceps und Brachialis int. Platz gefunden. 
(Vgl. 2 Abbildungen.) Ganz gleiche Platzänderungen sah man den 
Nerven an der bloßgelegten Umschlagsstelle ausführen, wenn man 
bei Leichen bald nach dem Tode vor Eintritt der Starre den Triceps 
elektrisch zur Kontraktion reizte, Durch diese Verschiebung bei 
Aktion des Triceps wird offenbar normalerweise der Nerv vor Kom- 
pression geschützt, der er ohne sie jedes Mal ausgesetzt sein würde. 
Die Exkursion, die er zu machen im Stande ist, beträgt 1 cm und 
„mehr. Dass zwischen Muskel und Knochen ein dazwischen liegen- 


484 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


der Gegenstand überall eine Kompression erfährt, beweist G. auch 
durch ein Leichenexperiment, indem er ein Wachsstäbchen in den 
Radialsulcus einlegte, an welchem dann nach elektrischer Reizung 
und Kontraktion des Triceps eine deutliche Druckdelle hinterblieb. 
Dass gelegentlich nun eine Radialisdrucklähmung durch Triceps- 
kontraktion zu Stande kommt, dazu sind besondere Umstände, etwa 
Fixation des Nerven durch die Vorderarmmuskulatur, plötzlich ein- 
setzende Tricepskontraktion etc. als erforderlich vorauszusetzen, in 
Folge deren der Nerv am Entschlüpfen behindert ist. Möglich dass 
die Bleilähmung des Nerven auch manchmal Drucklähmung ist, und 
dass chronische Infektionen und Intoxikationen das Zustandekommen 
derselben erleichtern, dass ferner die sogenannten rheumatischen 
Lähmungen und die nach Überanstrengung und Ermüdung auftreten- 
den auf Muskeldruck zurückzuführen sind. Eine Lähmung durch 
Radialiszerrung hält G. anatomisch für unmöglich, da bei der Be- 
wegungsmechanik der Oberextremität eine Dehnung des Radialis 
nicht zu Stande kommen kann. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


11) Roux de Brignoles (Marseille). Traitement des fractures 
de l’ol&cräne par la suture sous-periostee. Avantages de 
cette methode. 

(Arch. prov. de chir. Bd. VI. Hft. 7 u. 8.) 

An der Hand von 4 Fällen wird die Behandlung der Olekranon- 
brüche durch subperiostale Naht empfohlen. Im 1. Falle handelt es 
sich um Fraktur des linken Olekranons bei einem 35jährigen Arbeiter. 
Das distale Fragment war in 3 Stücke gespalten. Operirt wurde am 
7. Tage nach dem Unfall (Verschüttung). 3 Wochen nach dem Ein- 
griff war knöcherne Heilung eingetreten. Innerhalb von 7 Wochen 
wurde auch komplette funktionelle Heilung erzielt. Im 2. und 
3. Falle wurde bei einer 40jährigen Frau am 5. Tage, bei einem 
16jährigen Matrosen am 11. Tage operirt, mit demselben günstigen 
Erfolg. Im 4. Falle handelte es sich um eine Rissfraktur bei einem 
38jährigen Packträger. Hier wurde am 7. Tage operirt und inner- 
halb 25 Tagen schon eine völlige funktionelle Heilung erzielt. 
Wesentlich ist die Erhaltung des Periosts, dessen regenerative Eigen- 
schaft zur Callusbildung man ausnutzen muss. Asepsis ist um so 
mehr oberste Bedingung, weil alle Bedingungen zur Vereiterung ge- 
geben sind. Wann soll man nun operiren? Jedenfalls nicht sofort, 
da die Blutung erst zum Stillstand gekommen sein muss; auch sind 
die Blutgerinnsel nach Ablauf einiger Tage leichter entfernbar, und 
die Gewebe haben bereits ihre Lebensfähigkeit wieder gewonnen. 
Bei zu langem Zuwarten kann es zur Atrophie des Triceps kommen. 
Machen sich entzündliche Erscheinungen im Gelenk bemerkbar, so 
muss natürlich sofort operirt werden. R. empfiehlt einen geraden 
Längsschnitt und bei verschiedener Stellung des Gelenks eine sehr 
ausgiebige Auswaschung, die schmerzstillend wirkt und alle üblen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 485 


Zufälle verhindert. Interponirte Kapseltheile sind zu entfernen. 
Zurückgelassene Gerinnsel führen leicht zu Arthritis und Ankylose. 
Zur Spülung benutzt R. starke Karbollösung, die antiseptisch und 
durch ihre kaustische Wirkung auf die gequetschten Weichtheile 
wieder anregend wirke. Um sie aber nicht zu lange einwirken zu 
lassen, nimmt er die grobe Reinigung mit warmer sterilisirter Koch- 
salzlösung vor. Zur Vermeidung von Mortifikation kleiner Knochen- 
trümmer sind die Bruchstücke mit dem scharfen Löffel zu glätten. 
Misserfolge seien manchmal auf diese Unterlassung zu schieben. R. 
näht den Knochen mit Silberfäden, die aber keinesfalls bis ins Ge- 
lenk dringen dürfen. Drainage wird nur erforderlich, wenn eine 
starke Weichtheilquetschung vorliegt. Der Arm wird zunächst in 
Extensionsstellung fixirt. Aber schon am 7.—12. Tage darf man mit 
leichten Bewegungen beginnen und zur halben Beugestellung über- 
gehen. Stolper (Breslau). 


12) Schulte (Breslau). Federnde Finger in der deutschen 
Armee. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1897. Hft. 12.) 

Nachdem schon in den letzten Jahren mehrfach in den Sani- 
tätsberichten der deutschen Armee Fälle von federnden Fingern auf- 
geführt waren, hat S. in verhältnismäßig kurzer Frist 5 weitere 
Fälle derselben beobachtet, und zwar stets bei Einjährig-Freiwilligen, 
also bei Leuten, welche eine zarte, weiche Haut an der Innenfläche 
der Hand, keine rauhe schwielige Arbeiterhand hatten. Seine Unter- 
suchungen führten ihn zu der Überzeugung, dass in seinen Fällen 
hauptsächlich das Erfassen des Gewehrkolbens so wie das Festhalten 
desselben bei übergenommenem Gewehr die Veranlassung zur Ent- 
wicklung der Abnormität abgegeben habe; die äußerst scharfe Kante 
des Gewehrkolbens trifft in der Gegend der Fingerlinie die Beuge- 
sehnen und begünstigt das Auftreten von Ausschwitzungen in den 
Synovialsack oder knotigen Verdickungen der Sehnen selbst. Diese 
Veränderungen der Sehnen oder ihrer Scheide mit dem Sitze in der 
Nähe der Sublimisgabel genügen bei der physiologischen Enge 
des Scheidenrings, die übrigens pathologisch gleichfalls gesteigert 
sein kann, vollständig zum Entstehen des Federns. Prophylaktisch 
schlägt S. vor, die scharfe Kolbenkante abzurunden. 
> Therapeutisch ist meist 'mit warmen Bädern, hydropathischen 
Umschlägen u. dgl. nebst Massage und methodischen Bewegungen 
wenig auszurichten, und es muss zur blutigen Spaltung der Sehnen- 
scheide geschritten werden. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


13) König. Die Bedeutung des Röntgenbildes für die ope- 
rative Behandlung der tuberkulösen Coxitis. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 281.) 

Bei aller Berechtigung der heute beliebten konservativ-ortho- 
pädischen Therapie der Gelenktuberkulosen bleiben operative Ein- 


486 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


griffe unumgänglich nothwendig bei chronischen Eiterungen und 
schweren Knochenherden. Zur Erkennung der letzteren können 
Röntgenaufnahmen die nöthige diagnostische Aufklärung unter Um- 
ständen leisten. Beläge sind hierfür 2 kurz beschriebene Fälle, der 
eine ein 5jähriges Kind betreffend, wo die Röntgenplatte eine Herd- 
erkrankung im Schenkelkopf zeigte, der zweite einen Erwachsenen 
betreffend, wo eine kranke Stelle am Darmbein bei der Pfanne zu 
sehen war. Der zweite Pat. wurde operirt und dabei die Richtig- 
keit des Befundes bestätigt. Eine dritte Röntgenaufnahme zeigt das 
Becken eines 10jährigen Knaben, dessen Hüfte mit gründlicher Aus- 
meißelung der Pfanne mit schönem Resultat resecirt worden war. 
Bei der Gelegenheit spricht K. wiederum seine Abneigung gegen die 
von Bardenheuer und H. Schmid empfohlene radikale Resektion 
der Pfannengegend aus, empfiehlt dagegen die Meißelbehandlung in 
einer Ausdehnung, entsprechend den jedesmalig vorhandenen Grenzen 
der Erkrankung. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


14) Ehret. Über eine funktionelle Lähmungsform der 
Peronealmuskeln traumatischen Ursprungs. 
(Archiv für Unfallheilkunde etc. Bd. 1I. Hft. 1.) 

Verf. giebt in einer gründlichen Arbeit das Bild einer besonderen 
Art von Lähmungen, die er als funktionelle Gewöhnungslähmungen 
bezeichnet. Er fasst seine Beobachtungen in folgenden Sätzen zu- 
sammen: 

1) Es giebt funktionelle Lähmungen, die am häufigsten die 
Peronealmuskeln befallen, nicht von hysterischen Symptomen be- 
gleitet sind und von den gewöhnlichen hysterischen Lähmungen sich 
wesentlich durch Entwicklung und Verlauf unterscheiden. 

2) Ihre Ursache ist in schmerzhaften Zuständen zu suchen, die 
zunächst Gewöhnung an eine pathologische Fußstellung bedingen. 

3) Das Einsetzen der Lähmung ist schleichend, ihre Entwicklung 
auffallend langsam, aber stetig fortschreitend. Dadurch ist die Dia- 
gnose oft sehr erschwert. 

4) Die Prognose ist eher ungünstig. Je früher die Therapie ein- 
greift, um so größer ist die Aussicht auf einen gewissen Erfolg. 

Die Arbeit enthält zahlreiche interessante Einzelheiten, die sich 
jedoch nicht zum Referat eignen und im Original nachgelesen wer- ' 
den müssen. Steudel (Hannover). 


15) Kleinknecht. Über die Lipome des Fußes, im Besonderen 
der Fußsohle. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.) 

Entgegen den bisherigen Anschauungen hält K. die Lipome des 
Fußes nicht für so extrem selten. Aus der Litteratur konnte er 
27 Fälle umschriebener Lipombildung am Fuß zusammenstellen, 
denen sich 3 weitere Beobachtungen aus der Straßburger bezw. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 487 


Rostocker Klinik anreihen. Ein verhältnismäßig großer Theil der 
Geschwülste war angeboren. An 3 verschiedenen Stellen treten die 
Fußlipome auf: 1) Unterhalb des Knöchels neben dem Calcaneus 
(5mal), 2) am Fußrücken (5mal) und 3) am häufigsten an der Sohle 
(17mal). Die überwiegende Mehrzahl hat subfascialen Ursprung; 
speciell gilt das für die plantaren, die aus dem Fettgewebe zwischen 
Plantarfascie und Muskeln resp. Sehnen der Sohle hervorgehen. 
Beim weiteren Wachsthum quellen sie nach vorn, nach innen und 
selbst zwischen den Metatarsi hindurch nach dem Fußrücken vor. 
Besonders innig ist der Zusammenhang mit den Sehnenscheiden; 
zuweilen entwickelten sich die Geschwülste sogar innerhalb derselben. 
Von klinischen Erscheinungen ist die Thatsache hervorzuheben, dass, 
nachdem die Geschwülste einmal das Spatium intermetatarsale durch- 
drungen haben, oft ein rapides Vorquellen am Fußrücken erfolgt, 
so dass eine rasch wachsende bösartige Neubildung vorgetäuscht 
werden kann. Die Exstirpation gelingt in der Regel leicht. Diffuse 
Lipome des Fußes sind bisher nur in den ersten Lebensmonaten 
als angeborene Leiden beobachtet worden. Hofmeister (Tübingen). 


16) P. Basquet. De l’ost&o-periostite ossifiante des méta- 
tarsiens. 
(Revue de chir. 1897. No, 12.) 

Die vornehmlich bei Fußsoldaten beobachtete, von den einzelnen 
Autoren mit den verschiedensten Namen belegte Affektion, welche 
Weisbach zuerst als Syndesmitis tarsea aufgefasst hatte, ist von B. 
in 20 Fällen beobachtet worden. Sie tritt fast immer einseitig, 
häufiger rechts als links auf, beginnt mit einem Odem an der Dorsal- 
seite des Fußes im Bereich der mittleren Metatarsalknochen, meist 
des 3., welches nur selten auch auf die Plantarfläche übergreift; 
die Haut hat gewöhnlich normale Färbung und Temperatur. Die 
Schmerzen sind heftig, besonders beim Gehen, zuweilen aber auch 
in der Ruhe, so dass sie selbst den Schlaf stören können und vor 
Allem das Auftreten erschweren. Bei Druck auf den befallenen 
Metatarsalknochen werden sie gesteigert; letzterer erscheint durch 
zunehmende Knochenneubildung verdickt. Zuweilen sind auch die 
angrenzenden Gelenke in Mitleidenschaft gezogen. Bei Schonung 
bildet sich die das Periost und die oberste Knochenschicht betreffende 
Entzündung innerhalb einiger Wochen vollständig zurück, so dass 
die Pat. wieder dienstfähig werden; Recidive sind selten. Eine be- 
sondere Behandlung ist kaum nöthig; neben absoluter Ruhe kommen 
Bäder, Massage und Jod in Betracht. B. führt das Leiden auf direkte 
oder indirekte Verletzungen, unter Mitwirkung nicht passenden Schuh- 
werks, von Exkoriationen am Fuß, Überanstrengungen, so wie außer- 
dem auf Allgemeinkrankheiten (Rheuma, Tuberkulose etc.) zurück 
und unterscheidet somit zwischen »P£riostoses traumatiques directes 
(dues à un choc léger et repete), indirectes (dues a une déchirure ou 


488 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


à une hyperextension fibro-periostiques, resultant d'un choc ou d'un 
surmenage locomoteur), und diathesiques«. Der Beziehungen der 
Affektion zum Plattfuß, wie sie von Düms (s. d. Centralblatt 1896 


p. 874) mit Recht angenommen wurden, thut B. keine Erwähnung. 
Kramer (Glogau). 


Kleinere Mittheilungen. 


17) J. Moeller. Zur Serumtherapie des Tetanus. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 9.) 

Die Inkubationsdauer betrug in dem mitgetheilten Falle von traumatischem 
Tetanus 13 Tage; die Symptome entwickelten sich schrittweise innerhalb 6 Tagen 
bis zum vollen Bild. 8 Stunden nach der 1. Injektion von Tiszoni’schem Anti- 
toxin (6 Tage nach Beginn des Tetanus) auffällige Milderung aller Symptome, die 
nach 2 weiteren Einspritsungen und vorübergehender Verschlimmerung allmählich 
zurückgingen. Langsame Heilung unter gleichzeitiger Morphinbehandlung. 

Kramer (Glogau). 


18) M. Reinhard (Pretoria). Kurze Mittheilung über 2 Fälle von 
Tetanus traumaticus, wovon der eine behandelt mit Heilserum. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 9.) 

Nur der 2. Fall ist von Interesse, in so fern bei demselben 5—6 Stunden 
nach jeder Injektion von Serum antitetanique aus dem Institut Pasteur, deren 
erste ca. 24 Stunden nach dem — 10 Tage nach einer Amputation und 23 Tage 
nach der ursächlichen Verletzung erfolgten — Auftreten des ersten Symptoms des 
Tetanus stattgefunden, eine merkliche Besserung in allen Symptomen etc. zu kon- 
statiren war. Indess hielt diese Besserung nie lange Zeit an; allmählich aber, 
nachdem’ im Ganzen 120 com des Serums eingespritzt worden, gingen die Erschei- 
nungen zurück und trat Heilung ein. Kramer (Glogau). 


19) M. Schubert. Zwei mit Behring’s Antitoxin No. 100 behandelte, 
letal verlaufene Tetanusfälle. (Aus der chirurg. Abtheilung des all- 
gemeinen Krankenhauses in Mannheim.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 8.) 

Im 1. Falle war die intravenöse Antitoxineinspritsung 2 Tage nach Auftreten 
der ersten deutlichen Tetanussymptome gemacht worden; der Tod erfolgte 5 Stunden 
später. Im 2. Falle fand die subkutane Einspritsung bereits 10 Stunden nach 
Beginn des ebenfalls traumatischen Tetanus statt, war jedoch ohne Wirkung. Tod 
nach 60 Stunden. Kramer (Glogau). 


20) E. Kirmisson et R. Sainton. Compte rendu du service chirur- 
gical et orthopédique des enfants assistés du 1. décembre 1896 au 
1. décembre 1897. 

(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.) 

Von wissenschaftlicher und praktischer Bedeutung ist die Vervollkommnung 
der Einrichtungen der Anstalt durch die Anlage eines Röntgenkabinetts, welches 
sich besonders für die Extremitäten und angeborenen Missbildungen zur Auf- 
hellung manches pathologisch-anatomischen Dunkels von Werth erwies. In der 
Poliklinik meldeten sich im Ganzen 1061 neue Fälle, 555 weibliche, 506 männliche, 
davon 18 über 20, 75 15—20 Jahre alte. Von den wichtigsen Krankheitsgruppen 
seien erwähnt 152 Skoliosen (121 Mädchen, 31 Knaben), davon 80 im Alter von 
10—15 Jahren. Ätiologisch sind 13 hereditäre bemerkt, 31 bei Schiefstellung des 
Beckens, 3 nach Pleuritis, 1 bei respiratorischen Störungen, 1 bei Herzanomalie; 
3mal fand sich Ungleichheit der Beine, 2mal neurogene Entstehung ala Ätiologie. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 489 


— Von 33 angeborenen Hüftverrenkungen betrafen 30 Mädchen, 3 Knaben; 16 
waren doppelseitig, 17 (8 rechts, 9 links) einseitig, 3mal auf hereditärer Basis. — 
Klumpfüße kamen 49mal vor, 29mal angeboren, 20mal erworben. — Spondylitis wurde 
64mal bemerkt, eine ziemlich große Anzahl davon auch bei älteren Kindern bezw. 
Individuen, mit Abscessen 14mal verbunden, imal mit doppeltem Herd. — (Be- 
züglich der beschriebenen interessanteren Einzelfälle muss auf das Original ver- 
wiesen werden.) Die Operationsstatistik begreift 325 Operationen mit 7 Todesfällen. 
Herm. Frank (Berlin). 


21) F. Neugebauer. Zur Kasuistik der Nekrotomie. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 11.) 
Verf. bespricht die verschiedenen Methoden, die zur Ausfüllung der nach 
Nekrotomien entstandenen Knochenhöhlen bisher angewendet worden sind, und 
kommt zu dem Schluss, dass die günstigsten Resultate durch die osteoplastische 
Operation nach Lücke-Bier oder nach af Schultön zu erreichen sind. Die 
große Zugänglichkeit des Operationsfeldes erlaubt, sicher alles Kranke zu ent- 
fernen, und die Heilungsdauer wird wesentlich abgekürzt. Von 7 so behandelten 
Fällen aus der Grazer Klinik Nicoladoni’s wurde 6mal nach Bier die im Zu- 
sammenhang mit der bedeckenden Haut belassene Vorderwand der Knochenlade 
— es handelte sich meist um Nekrose der Tibia, Imal um eine solche des Cal- 
caneus — abgeklappt, und dann wurden nach Entfernung der Sequester und Gra- 
nulationsmassen die Seitenränder der Lade mit Hammer und Meißel möglichst 
abgeflacht, um so weit als angängig die Entstehung einer Knochenhöhle zu ver- 
“meiden. In einem Falle ist der osteoplastische Verschluss mit gutem Erfolg nach 
af Schult&ön durch Mobilisirung und Verschiebung der seitlichen Wandungen 
der Knochenlade erzielt worden. Sultan (Göttingen). 


22) Rhoads. Treatment of acromial-clavicular dislocation. 
(Annals of surgery 1898. Januar.) 

Verf. beschreibt eine Bandage zur Heilung des fraglichen Leidens, hauptsäch- 
lich bestehend aus einem elastischen Gurt, welcher um Schlüsselbein und den im 
Ellbogen gebeugten Arm parallel mit der Achse des Oberarms geschnallt wird. 
Ein weiches Polster schütst die Haut an beiden Stellen vor Druck, das Abgleiten 
wird durch einen Seitenzug verhindert, der von der gesunden Achselhöhle aus 
wirkt. Tietze (Breslau). 


23) F. Bähr. Irreponirte Luxatio axillaris, Fraktur des Tuberculum 
majus mit vollkommener Funktion. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 270.) 

Der Fall betrifft eine 23jährige Turnlehrerin, die ihre Luxatio axillaris 1/4 Jahr 
bevor sie zu B. kam, erwarb. Schon jetzt bestand eine recht gute Beweglichkeit, 
wesshalb von Reposition abgesehen wurde. Bei unermüdlicher Übung erreichte 
Pat. in weiterem 2/, Jahre wieder vollkommene Funktion bis auf eine geringe 
Erschwerung des Zurückbringens des Unterarmes auf den Rücken. In dem auf- 
genommenen Röntgenbild, dessen Knochenumriss abgebildet ist, findet sich am 
oberen Humerusende eine »Auskratzung nach außen«, wohl das abgesprengte Tu- 
berculum majus. In der Nearthrose bildet der Gelenkfortsats der Scapula den 
Kopf, der Humerus die Pfanne. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 

24) K. Ewald. Ein chirurgisch interessanter Fall von Myelom. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 7.) 

Zahn stellte im Jahre 1885 zuerst das Krankheitsbild des Myeloms auf. Seit- 
dem sind nur spärliche Beiträge zu demselben geliefert worden. 

E. berichtet aus der Albert’schen Klinik über einen von ihm beobachteten 
und operirten Fall. 

Ein 62jähriger Pat. wies eine angeblich in direktem Zusammenhang mit einem 
Fall aufgetretene Geschwulst von Faustgröße auf, die auf der äußeren Hälfte des 


490 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


rechten Schlüsselbeins saß, die ganze Regio supraolavicularis ausfüllte, bis auf 
den Hals hinauf und zum Cucullaris nach rückwärts reichte. Ziemlich scharfe 
Grenzen, elastische Konsistens. Druckschmershaftigkeit; das Schlüsselbein zeigte 
abnorme Beweglichkeit. Auf Grund dieses Befundes wurde zunächst die Diagnose 
auf Hämatom mit einem Bruch oder einer Verrenkung des akromialen Endes des 
Schlüsselbeins gestellt. Eine Probepunktion förderte frisches Blut zu Tage, welches 
sich aus der Einstichöffnung synchron mit dem Puls entleerte. Daher Annahme 
eines Aneurysmas oder einer gefäßreichen Knochengeschwulst. Im Anschluss an 
die Punktion wurde sofort die Exstirpation der Geschwulst angeschlossen, die mit 
den Muskeln des Brustkorbs fest verwachsen war. Die Geschwulst selbst war von 
einer vielfach durchlöcherten, überall leicht einbrechenden Knoohenschale begrenzt. 
An den Bruchstellen außerordentlich blutreiches körniges Gewebe, das im aus- 
gebluteten Zustand grauroth aussah. Wegen der großen Brüchigkeit und der 
siemlich innigen Verlöthung mit der Umgebung konnte die Geschwulst nur stück- 
weise exstirpirt werden. Das akromiale Ende des Schlüsselbeins war völlig in sie 
aufgegangen, das mittlere Drittel mit dem zackigen Ende tief in weiche Ge- 
schwulstmassen eingedrungen. Die Diagnose auf centrales Knochensarkom fand 
sich durch die mikroskopische Untersuchung nicht bestätigt, vielmehr ergab die- 
selbe das Vorhandensein eines Myeloms, welches histologisch dem Gewebe des 
Knochenmarks ausnehmend gleich sieht. "Tod 5 Wochen später, nach fast völliger 
Verheilung der Operationswunde. 

Der Mittheilung dieses Falles schließt E. eine eingehende Besprechung des 
Krankheitsbildes dieser seltenen Erkrankung nebst der gesammten, sehr spärlichen 
Litteratur über diesen Gegenstand an. Hübener (Breslau). 


25) Thoman. Ligatur der Arteria subclavia dextra unterhalb des 
Schlüsselbeins nach Stichverletzung. — Heilung. 
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 1—3.) 

Säbelduellverletzung, durch das unmittelbare Eingreifen des anwesenden 
Arstes vor dem verhängnisvollen Ausgang bewahrt. Der Kämpfer rennt in die 
Säbelspitze des Gegners, welche 1 cm oberhalb der rechten vorderen Achselfalte 
unter Durchbohrung des vorderen unteren Randes des M. pectoralis schräg von 
unten außen nach innen oben dringt. Heftige Blutstrahlen. Der heranstürzende 
Arst schiebt dem Sinkenden einen Stuhl unter, umgreift seinen Hals von hinten 
und verhält das Blut durch Kompression in der Wunde mit der einen Hand und 
Zudrückung der Subclavia außen vom Tubercul. Lisfranci mit dem Daumen der 
anderen Hand. Aus der Kaserne, wo das Duell stattfand, ist ein Bett sofort zur 
Stelle. Unter Fortdauer der Kompression, während das Bewusstsein des Verletzten 
nicht verloren "geht, und nur vorübergehend Zeichen der Hirnanämie auftreten, 
Unterbindung der Subelavia in der Kontinuität unterhalb der Clavicula mit dop- 
pelten Fäden. 

Blutung steht vollkommen, Puls fehlt an der Operationsseite. Mäßige aktive 
Bewegungen des Armes sind möglich. Naht beider Wunden. 

Heilung nicht vollkommen glatt. Enderfolg: Vollkommene Diensttauglichkeit. 
Sensibilität und Mobilität der Extremität bis auf eine unwesentliche Einschrän- 
kung der letsteren beim Erheben des Armes über den Kopf vollkommen normal. 
— Zu den 15 Rotter’schen Fällen von Subeclaviaverletsungen kommen noch 2 
hinzu. Von sämmtlichen operirten Verletzten sind 4 (33,3%) geheilt ohne nach- 
folgende Störungen, 2 mit solchen geheilt (16,6%), 6 (650%) gestorben. Gegen diese 
50% dürfen natürlich die 20% nicht operirt Gestorbenen nicht verblüffen! 

Herm. Frank (Berlin). 


26) M. Schüller. Operative Wiederherstellung der Beweglichkeit bei 
ungünstig geheilter Gelenkfraktur. 
(Ärstlicher Praktiker 1897. No. 20.) 


Die Ellbogengelenkverletsung, über die 8. berichtet, bestand in dem Abbruch 
des inneren Theils der Trochlea und in einem Schrägbrucn durch das untere Hu- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 491 


merusende, durch welchen die Eminentia capitata zusammen mit dem Rest der 
Trochlea nach außen und oben verschoben war. Das Verhältnis des Radius zur 
Eminentia capitata war nicht gestört, der Proc. coron. ulnae an normaler Stelle. 
Das Hindernis für die Beweglichkeit lag in dem etwas nach vorn umgedrehten, 
nach innen hinten dislocirten und dort mit dem Humerusende fest verwachgenen 
Trochleafragment. Entfernung dieses Knochenstücks, Glättung der Humerusfläche. 
Dauernde Heilung mit guter Beweglichkeit. 8. legt besonderen Werth darauf, 
solche Operationen ohne Blutleere auszuführen, um nachträgliche Blutungen in 
das Gelenk su vermeiden. Sultan (Göttingen). 


27) H. Herbet. Luxation en arrière de la tête radiale consécutive 
à une fracture double de cubitus. — Impossibilite du mouvement de 
flexion. — Résection de la tête radiale. — Récupération des mou- 
vements de flexion et d'extension. 
(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.) 

Sturz aus einem Wagen bei durchgehendem Pferd. 7 Wochen später zeigt 
sich eine Auftreibung an der Ulna, welche als gebrochen erkannt wird, die Ver- 
renkung des Radiusköpfchens nach hinten, eine feine Fistel, welche auf den Kopf 
führt. Wegen der auffällig beschränkten Beweglichkeit im Cubitalgelenk und der 
Verkürzung der Ulna um 2cm wird ein Röntgenbild aufgenommen, welches die 
Knochenverhältnisse klarstellt. Das Cubitalgelenk unversehrt, die Ulna 2mal ge- 
brochen mit einem 3—4 cm langen Mittelstück, durch die Gewalt, welche die 
Fraktur bewirkt hatte, im gleichen Sinne das Köpfchen des Radius nach hinten 
hinausgestoßen. Gleichzeitig zeigt das Röntgenbild den einzigen Weg zur Besse- 
rung der Beweglichkeit — Resektion des Radiusköpfchens—, da bei der Verkürzung 
der Ulna der Versuch einer Reposition natürlich keinen Sinn hatte. 

Herm. Frank (Berlin). 


28) Brigel. Die Jodoformbehandlung der Handgelenkstuberkulose 
und ihre Dauerresultate. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 1.) 

Verf. berichtet über die in der Bruns’schen Klinik von 1890—95 mit Jodo- 
formölinjektionen behandelten Fälle von Handgelenktuberkulose, 39 an der Zahl. 
Die Mehrzahl der Erkrankungen (48,64%) gehören den ersten 2 Decennien an. 
Meist handelte es sich um diffuse Ausbreitung des Processes, Abscesse waren in 
11, Fisteln in 4 Fällen vorhanden; 13mal fanden sich noch anderweitige Lokali- 
sationen der Tuberkulose. Dauernd geheilt wurden 24 = 61,44%, ungeheilt blieben 
4, nachträglich amputirt wurde 1, resecirt 2; gestorben sind 7. In den ersten 
2 Decennien betrug das Heilungsprocent sogar 78,9%, nach dem 20. Lebensjahre 
nur 45%. Die funktionellen Resultate sind überraschend gut, ja in mehr als der 
Hälfte der geheilten Fälle 'geradezu ideale. Die Vergleichung der bisher vor- 
liegenden Statistiken über die Resultate der Handgelenksresektion mit denen der 
Jodoformbehandlung ergiebt für jene 63,7%, für diese 64,86% Heilungen. (Immer- 
hin muss dabei berücksichtigt werden, dass unter den Resecirten sich vermuthlich 
eine größere Zahl schwerer Erkrankungen befanden, welche zum Theil ohne Er- 
folg konservativ behandelt waren. Ref.) 

B. empfiehlt auf Grund seiner statistischen Erhebungen die Jodoformbehand- 
lung der Handgelenkstuberkulose als beste und erfolgreichste Behandlungsart unter 
besonderem Hinweis auf die Einfachheit des Verfahrens, welche seine Anwendung 
auch dem praktischen Arzt ermöglicht. Hofmeister (Tübingen). 


29) Paci. Sulla lussazione metacarpo-falangea posteriore completa 
del dito mignolo della mano destra. 
(Arch. di ortoped. 1897. No. 6.) 


Nach Fabbri bildet bei der typischen Luzxatio pollicis das Haupthindernis 
der Reposition die interponirte volare Kapsel, welche von den beiden Köpfen des 


492 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


Flexor pollicis brevis, zwischen denen der Kopf des Metacarpus hindurchtritt, ge- 
spannt erhalten wird. Die Reposition gelingt erst, wenn der Metacarpus stark 
gegen die Hand gebeugt, so die Muskeln entspannt, die Grundphalanx hyper- 
flektirt und angezogen und dadurch die Kapsel über den Kopf herühergehoben 
wird. Das gleiche anatomische Verhältnis liegt nach Fabbri und Galvagni bei 
den sehr seltenen Luxationen des Kleinfingers nach dem Dorsum vor. Da aber 
hier einerseits der Metacarpus kaum beweglich ist, andererseits der Flexor brevis 
dem Metacarpus parallel verläuft, so ist hier das geschilderte Manöver unwirksam 
resp. unmöglich, eine Entspannung der Muskeln nicht zu erreichen, und die Luxa- 
tion daher stets irreponibel. In P.’s Fall bestand sie außerdem seit 24 Tagen. 
Bei dem blutigen Repositionsversuch fand sich die volare Kapsel in der That 
interponirt, die Reposition gelang erst, nachdem der gespannte Kapsellappen 
medial gespalten und die Basis der Phalanx so zum Herüberheben über das Caput 
metatarsi freigemacht war. Die Luxation stellte sich aber bei Freilassen des 
Fingers stets wieder her, nach P. wegen der inzwischen eingetretenen Verkürzung 
und Verlagerung der Muskulatur. Resektion des Köpfchens führte zum Ziel. Das 
funktionelle Resultat war ein gutes. — Die Luxation entsteht wohl meist durch 
Stoß gegen die Vola des Kleinfingers bei festgehaltenem Metacarpus. Auch in 
seinem Falle nimmt er diesen Vorgang an, obwohl der Pat. augab, einen Schlag 
mit einem Gewehrkolben gegen das Dorsum der Hand erhalten zu haben. 
E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


30) P. Sick. Zur Lehre von den Gewebshypertrophien mit Bethei- 
ligung des Nervensystems. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 16.) 

Die litterarischen Hinweise auf einschlägige Publikationen, die Verf. bringt, 
mögen im Original eingesehen werden; hier genüge der Bericht über die aus der 
Greifswalder Klinik stammende neue Beobachtung. Ein 22jähriger, sonst gesunder 
Mediciner, dem als 5jährigem Knaben der kongenital vergrößerte und späterhin 
unverhältnismäßig weiter gewachsene linke Zeigefinger amputirt war, zeigte auf 
der Hohlhand zwischen Daumen- und Kleinfingerballen unter der Haut eine derbe 
kolbig-wulstige Geschwulst, so groß etwa wie ein Daumenballen, ziemlich gleich- 
mäßig elastisch, etwas pseudofluktuirend. Keine Schmerzhaftigkeit auf Druck, 
Nervenfunktionen ungestört. Die Geschwulst war in ihrem ersten Anfang wenige 
Jahre nach der Fingeramputation aufgetreten und seitdem allmählich gewachsen. 
Diagnose unklar; am ersten wurde an Lipom gedacht. Bei der Operation wird 
ein unregelmäßiges derbes Gebilde aus derben Bindegewebsbefestigungen heraus- 
präparirt, mit Zotten und Lappen besetzt, welches sich etwa in der Mitte des 
Metacarpus in eine Art glattwandigen, eylindrischen Stiel, bleifederdick und nerven- 
ähnlich fortsetzt. Die Verfolgung des letzteren führt unter das Lig. carpi volare, 
das getrennt wird, weiter zwischen die Beugesehnen, wo er sich unzweideutig als 
N. medianus herausstellt. Dieser wird nun thunlichst hervorgezogen und 2—3 cm 
im Gesunderscheinenden amputirt. Die Heilung, per pr. misslingend (trophische 
Störungen?), erfolgte durch Granulation. Das interessante, gewonnene Präparat 
ist abgebildet. Nach 3 Monaten hatte Pat. eine gute, schmerzfreie Narbe, bot 
aber die zu erwartenden Ausfallserscheinungen im Medianusgebiet. Die histo- 
logische Untersuchung ergab »Neurofibrom«, in allen Einzelheiten entsprechend 
den Befunden, die von Herczel beschrieben sind. 

Als theilweises Analogon des Falles wird noch kurg die Makrodaktylie am 
Zeigefinger eines 5jährigen Knaben beschrieben unter Beigabe von Photographie 
und Röntgenbild. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


31) K. W. Snegirew. Ein Fall von unkomplicirtem Beckenbruch. 
(Medicinskoje Obosrenje 1898. No. 2.) 


Ein 59jähriger Arbeiter fiel 3m von einem Dache auf die linke Seite. Bis 
zum Abend Harnverhaltung, dann normale Entleerung, ohne Blutbeimengung. Aus 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 493 


dem Os ilei ist ein dreieckiges Stück abgebrochen, mit der Spitze an der Sp. ant: 
sup., hinten an der Crista ilei 9 cm lang, vorn unten bis 1!/g cm unter der Sp. 
ant. sup.; größte Höhe Bu: em. Das Stück wurde reponirt. Ruhelage, später 
Massage. Nach 12 Tagen ist das Stück gut fixirt; nach weiteren 9 Tagen geheilt 
entlassen. 6ückel (B. Karabulak, Saratow). 


32) Habs. Aneurysma spurium der Femoralis, kombinirt mit Varix 
aneurysmaticus. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIV. p. 97.) 

Träger der seltenen Gefäßerkrankung war ein 19jähriger Kaufmann, der sich 
5 Monate vor seiner Spitalaufnahme versehentlich in den linken Oberschenkel 
gestochen hatte. Nach Stillung der fast tödlichen Blutung durch Kompressiv- 
verband heilte die Wunde p. p., doch begann sich 4 Wochen später das Aneurysma 
zu bilden, welches zur Zeit der Spitalaufnahme apfelgroß war. Deutliches Schwirren 
fühlbar, brausendes Geräusch über ihm, das aber auch unterhalb der Geschwulst 
weithin verfolgbar war. Aus diesem Grund, und weil die Venen des linken Unter- 
schenkels erweitert waren, wurde außer dem arteriellen Aneurysma ein Varix 
aneurysmaticus mit Wahrscheinlichkeit angenommen. 

Die Operation wurde ohne Blutleere, aber mit Anlegung einer provisorischen, 
nicht geknüpften Ligatur des Femoralisstammes oberhalb der Geschwulst ausgeführt 
und bestand in einer völligen Herauspräparirung des Gefäßsackes, die mühsam war 
und zur Mitnahme von Muskel- und Fascienstümpfen nöthigte. Die sehr stark 
ausgedehnte Vene pulsirte fast so stark wie die Arterie, womit die vermuthete 
Kommunikation zwischen beiden bewiesen war. Zur Bestimmung der Lage der 
Kommunikationsöffnung wird unter Femoraliskompression das Aneurysma gespalten 
und seine Gerinnselmassen ausgeräumt; ein Nachlass der Kompression erlaubt ein 
kurzes Spritsen aus dem Arterienloch, wonach dicht über und unter diesem Arterie 
und Vene doppelt unterbunden und resecirt werden. Naht, Heilung p. p. Eine 
schematische Zeichnung erläutert die anatomischen Verhältnisse des gewonnenen 
Präparats. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


33) o Zahn. Zwei Fälle von operativ geheilten Aneurysmen der 
unteren Extremität. 
Diss., Erlangen, 1897. 

Der Überschrift wäre nur hinzuzufügen, dass Verf. zur Vermeidung der nach 
der Operation möglichen Cirkulationsstörungen und Behufs allmählicher Ausbildung 
genügender kollateraler Blutzufuhr die zuerst von Ferrari angegebene, präpara- 
torisch angewandte Kompression des zuführenden Arterienrohres eindringlich em- 
pfiehlt. Sultan (Göttingen). 


34) W. M. Willis. Case in which the sac of a popliteal aneurysm 
refilled five years after ligature of the femoral artery. 
(Brit. med. journ. 1897. December 25.) 

In einer kurzen Mittheilung berichtet W. über einen 49jährigen Mann, bei 
dem vor 5 Jahren wegen eines Aneurysmas der Art. poplitea die Unterbindung der 
Art. femoralis im Scarpa’schen Dreieck gemacht worden war. Es war Heilung 
eingetreten. Pat. kam nun nach 5 Jahren wieder zur Aufnahme wegen einer 
kokosnussgroßen Geschwulst im unteren Drittel des Oberschenkels, hinten in der 
Kniekehle; die Geschwulst war prall, elastisch, an verschiedenen Stellen ver- 
schieden hart, die Haut normal, nicht verwachsen; Pulsation fehlt. Es wurde ein 
Sarkom angenommen. Bei der Operation aber kam man in den alten, mit kon- 
centrisch geschichteten alten Blutgerinnseln ausgefüllten Aneurysmasack, der auch 
frisches Blut und frische Gerinnsel enthielt und sich, wie festgestellt wurde, von 
dem distalen Ende der Art. poplitea aus wieder gefüllt hatte, während das proxi- 
male Ende verlegt war. Es wurde die Exstirpation ausgeführt. Heilung. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


494 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


35) Görard-Marchant. Un cas rare de genu recurvatum acquis. 
(Revue d’orthopedie 1898. No. 1.) 

Eine Überstreokkontraktur des Unterschenkels mit leichter Varumstellung und 
Verkürsung um 6cm durch Narbenzug bei einem 17jährigen Menschen, welcher 
im Alter von 5 Jahren wegen eines fistulösen Leidens am Oberschenkel operirt 
worden war. Der narbige Strang, welcher der unteren Hälfte der Oberschenkel- 
muskulatur entsprach, hatte die Kniescheibe nach oben gezogen, damit den Unter- 
schenkel in die schiefe Lage gebracht, aber auch den Oberschenkelknochen ver- 
bogen. Heilung durch subkutane Durchtrennung. Im Knie wurde dadurch eine 
gewisse Beweglichkeit erzeugt, die Verkürzung auf 2 cm zurückgeführt. 

Herm. Frank (Berlin). 


36) C. Bayer. Die plastische Tenotomie der Achillessehne bei para- 
lytischem Spitzfuß. 
(Prager med. Wochenschrift 1897. No. 45 u. 46.) 

B. lenkt die Aufmerksamkeit der Chirurgen nochmals auf die von ihm im 
Jahre 1891 zuerst angegebene Achillorhaphie bei paralytischem Spitsfuß, für die 
er seither schon wiederholt eingetreten ist (s. die Reff. in diesem Bl. 1891 No. 50 
p. 983; 1895 No. 52 p. 1206; 1896 No. 3 p. 72). Neu ist in der vorliegenden Ar- 
beit nur eine kurze Tabelle über die ferneren Resultate der von B. operirten 
17 Fälle, so weit dies zu ermitteln war. Danach sind 6 Fälle von reinem Spits- 
fuß als tadellos zu bezeichnen, 4 Nachfragen blieben unbeantwortet. In 3 Fällen 
trat Misserfolg ein, weil die Apparate nicht rechtzeitig erneuert wurden; nur in 
1 Falle trat Pat. später doch wieder mit der Fußspitze auf. Die unmittelbaren 
Erfolge nach der Operation waren fast immer gut. Jaff6 (Hamburg). 


37) C. Hübscher. Über Arthrodese des Fußgelenks. 
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärste 1897. No. 2.) 

Nach eingehender Besprechung der orthopädischen Behandlung der paraly- 
tischen Kontrakturen des Fußgelenks geht Verf. zur Methodik der Arthrodesen 
über. Die Arthrodese des Fußgelenks soll erst nach vollständiger Korrektion der 
Kontrakturstellung vorgenommen werden. Diese letztere erreicht man durch lang- 
sames modellirendes Redressement, Tenotomie der Achillessehne und subkutane 
Durehtrennung der Plantarfascie. Der 2. Akt, die Arthrodese, soll so einfach als 
möglich vorgenommen werden, alle komplieirten Schnitte, Nebenverletzungen von 
Knochen, Gefäßen und Nerven sollen vermieden werden. Der idealste Schnitt 
zur Eröffonng des Fußgelenks ist der äußere seitliche Querschnitt von Reverdin- 
Kocher. Nach Eröffnung des Gelenks erfolgt die Entknorpelung der Gelenk- 
flächen mit dem scharfen Löffel. Nahtverschluss der Hautwunde, Gipsverband. 
Verf. hat die ganze Operation poliklinisch ausgeführt. 

Hinterstoisser (Teschen). 


38) Golebiewski. Ein kasuistischer Beitrag zur Pathogenese der 
Unfälle nach » Umknicken.«. 
(Archiv für Unfallbeilkunde Bd. IL p. 274.) 


Unter 87 Fällen kommen allein 42 Fälle von Knöchelbruch vor, nur 27 Dis- 
torsionen. 74mal war der Fuß, 12mal das Knie, darunter in 1 Fall Fuß und Knie, 
1mal Knie und Hüftgelenk verletzt. Einige Fälle haben specielleres Interesse, wie 
eine Subluxation der Kniescheibe mit Einriss der Kniescheibensehne, wenn die 
beigefügte Skizze nach einer Röntgenphotographie einwandafrei ist. 

Bähr (Hannover). 


39) G. Naumann. Ett sällsynt fall af fraktur å astragalus. 
(Hygiea Bd. LIX. Hit. 1.) 


Verf. theilt die ausführliche Krankengeschichte eines in der II. Versammlung 
nordischer Chirurgen (in Christiania im Jahre 1895) zuerst veröffentlichten Falles 


Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 495 


einer seltenen Fraktur des Sprungbeins mit. Der Fall ist um so interessanter, als 
die klinische Diagnose 11/3 Jahr später durch Röntgenaufnahmen von Prof. Blix 
völlig bestätigt worden ist. Aus der Beschreibung des Falles verdient Folgendes 
hervorgehoben zu werden: 

Pat., 17 Jahre alt, stürzte Ende Mai 1895 mit dem Pferde, so dass er mit dem 
rechten Bein unter das links überstürzende Thier zu liegen kam. — Bei der Unter- 
suchung zeigte sich neben allgemeiner Anschwellung des Unterschenkels, besonders 
am Fußgelenk, nur eine rechtwinklige Plantarflexion der großen Zehe. Weder 
Tibia 'noch Fibula noch die Knöchel zeigten eine Fraktur. Im Fußgelenk war 
ein bedeutender Erguss, und hinter und unter dem inneren Knöchel fühlte man 
einen harten, eckigen Körper etwa von der Größe einer Pflaume. Die Beweglich- 
keit des Gelenks war nicht beschränkt und bei Flexion und Extension wenig 
schmerzhaft; Adduktions- und Abduktionsbewegungen rufen aber lebhafte Schmerzen 
hervor. — Bei Versuchen, die große Zehe zu strecken, steigerten sich diese be- 
sonders; dieselben wurden in die Gegend des inneren Knöchels verlegt. Auch der 
obengenannte, hier gelegene Körper war sehr schmerzhaft. Bei besonderen Be- 
wegungen des Fußgelenks fühlte man an dieser Stelle Krepitation. Endlich 
wurde auch eine etwas schärfere Biegung des Fußgewölbes der erkrankten Seite 
konstatirt. Keine Verkürzung der Extremität. 

Durch diesen Symptomenkomplex veranlasst und besonders mit Rücksicht auf 
die rechtwinklige Biegung der großen Zehe — die Verf. nirgends in der Litteratur 
erwähnt gefunden hat — stellte Verf. die Diagnose auf eine Fraktur des Sprung- 
being mit Verschiebung nach hinten, so dass die über die hintere Furche des Talus 
verlaufende Sehne des Flexor hallucis longus gedehnt, und dadurch die große 
Zehe rechtwinklig gebeugt wurde. 

Alle Repositionsversuche blieben erfolglos. — Konservative Behandlung. — 
Im weiteren Verlauf wurde noch ein Symptom beobachtet, das die obengenannte 
Diagnose sicherte: eine bedeutende Herabsetzung der Sensibilität des Hohlfußes, 
offenbar durch die gewaltsame Dehnung des N. tibialis posticus bedingt, der ja 
auch über dem nach hinten verschobenen Knochenstück verlief. 

An den Skiagrammen sieht man sehr deutlich ein großes Knochenstück hinter 
dem äußeren Fußknöchel am unteren Ende des Schienbeins. Letzteres ist etwas 
nach vorn verschoben. Die von verschiedenen Seiten aufgenommenen Röntgen- 
bilder zeigen, dass der hintere Theil des Astragalus bis unten zum Sinus tarsi 
und sum vorderen Rand des Sustentaculum tali losgesprengt und nach hinten aus 
dem Gelenk verschoben ist. Wahrscheinlich ist das frakturirte Stück an einem 
Theil des Lig. deltoideum hängen geblieben. Da somit eine Verschiebung des 
Sohienbeins nach vorn aufs Collum astragali stattgefunden haben muss (sonst wäre 
die relativ freie Beweglichkeit des Gelenks unmöglich), musste der Abstand vom 
inneren Fußknöchel bis zur Fußspitze an der kranken Seite verkürst sein. Dies 
bestätigte sich auch bei der 11/, Jahr später vorgenommenen Messung: der Unter- 
schied betrug mehr als 1 om. 

Im Laufe der Zeit ist beinahe völlige Restitutio ad integrum eingetreten. 
Das abgebrochene Knochenstück scheint zu atrophiren. 

A. Hansson (Cimbrishamn). 


40) Vulliet (Lausanne). De l’incision dorsale transverse dans les ré- 
sections étendues tarso-mötatarsiennes. 
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 11.) 

Verf. hält die Heilung der Gelenktuberkulose durch die konservativen Me- 
thoden überhaupt, besonders aber bezüglich der komplioirten Gelenke am Fuß für 
sehr problematisch. Desshalb empfiehlt er die möglichst frühzeitige Resektion, 
die überdies in ästhetischer wie in funktioneller Hinsicht gerade an den Füßen 
überraschend gute Resultate ergebe. Bei den Resektionen im Talo-Metatarsal- 
gebiet hat er ein eigenes Verfahren angewandt, welches darin besteht, dass er mit 
einem transversalen Schnitt über den Fußrücken sogleich sämmtliche Weichtheile, 


496 Centralblatt für Chirurgie. No. 18. 


also auch die Sehnen, bis auf den Knochen durchtrennt und nach Entfernung der 
cariösen Massen die in Frage kommenden Theile resecirt. Er erläutert seine be- 
züglich des ästhetischen Effekts den Bildern nach vorzüglichen Erfolge an 7 Be- 
obachtungen. Auch das funktionelle Resultat ist anscheinend ein gutes, doch 
sind die Fälle durchweg noch allzu kurze Zeit beobachtet. Stolper (Breslau). 


41) A. Köhler. Über die Transplantation der Ulcera nach Thiersch 
ohne Entfernung der Granulationen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 102.) 
42) Heintze. Über den Einfluss der Resektion der Vena saphena 
auf die Heilung der Unterschenkelgeschwüre. 
(Ibid. p. 107.) 

Beide Arbeiten sind aus der Berliner Charité hervorgegangen, in welcher an 
Geschwürskranken stets überreichliches Material vorliegt. Die Saphenaresektion 
diente oft als Voroperation für die Transplantationen, um den Geschwüren gute 
Granulationsflächen zu verschaffen. Sind solche erst vorhanden, so bedarf es nach 
K.’s Erfahrungen einer Anfrischung der Wunde mittels scharfen Löffels oder 
Messers nicht, die Hautläppchen heilen, wie eine 14malige Beobachtung lehrte, 
auch bei Auflagerung direkt auf die Granulation sicher an. Es macht auch nichts 
aus, wenn das Granulationsfeld hoch über die Umgebung hervorragt; denn schon 
beim 1. Verbandwechsel kann man eine Niederdrückung der Stelle, ein Ver- 
schwinden der Vorragung vorfinden. Die schließlich resultirenden Narben pflegen 
sich ganz bedeutend zusammenzuziehen, bis auf den 4. Theil des ehemaligen Ge- 
schwürs. Die Operation wird ohne allgemeine oder örtliche Anästhesie vor- 
genommen, nur empfindliche Personen äußerten bei dem Abschälen der Haut- 
läppchen Schmerz. 

Was die Operationen an der Saphena betrifft, so wurde statt der ursprünglich 
von Trendelenburg empfohlenen einfachen Unterbindung der Vene in der Nähe 
des Knies, da hiernach bekanntlich in Folge von Ausbildung venöser Kollateral- 
bahnen zwischen den varikösen Unterschenkelvenen und dem Stamm der Femoralis 
Recidive und Misserfolge beobachtet sind, ein 5—10 em langes Stück des Gefäßes 
resecirt, und zwar in oder über der Mitte des Oberschenkels. Geschwulstähnliche 
Massen dicker Venenstränge wurden am Unterschenkel gleichzeitig exstirpirt. 
Heilung und Erfolge waren — in 79 Fällen — meist so gut, dass H. den Eingriff 
für unbedeutend und unter aseptischer Wundbehandlung für gang gefahrlos erklärt. 
Doch darf Folgendes nicht verschwiegen werden. 4mal war eine stärkere An- 
sammlung von Lymphflüssigkeit unter der p. p. verheilten Wunde beobachtet, und 
in 2 Fällen hielt die Lymphorrhoe einige Tage an. War neben der Resektion 
der Saphena in der Mitte des Oberschenkels noch ein variköser Knoten ihres 
Stammes am Knie entfernt worden, so wurde mehrmals beobachtet, dass der da- 
zwischenliegende Abschnitt thrombosirte. Ferner entwickelte sich bei einem 
Manne, bei welchem wegen gleichzeitiger Drüsenexstirpation die Saphena in der 
Fossa ovalis resecirt und außerdem 2 Varicen am Unterschenkel exstirpirt worden 
waren, und bei dem sich eine mehrere Tage anhaltende Lymphorrhoe eingestellt 
hatte, eine ausgedehnte Thrombose und chronische Schwellung des Beines, welche 
durch Einwicklungen nicht behoben wurde. Ein Gummistrumpf beseitigte die 
subjektiven Beschwerden. 

Die Nachbehandlung betreffend, wäre zu erwähnen, dass sämmtliche Pat. 
3 Wochen lang nach der Operation das Bett hüten mussten. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlage- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Deeg 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 19. Sonnabend, den 14. Mai. 1898. 


Inhalt: I. P. Hellat, Über die Sterilisation der Marly im Ambulanzzimmer des Arztes. 
— Il. E Payr, Beiträge zu Bier’s neuer Aupntationstechnik. 

1) v. Baumgarten und Tangl, Jahresbericht, — 2) Kromayer, Jodoformogen. — 
3) Kallenberger, Orthoform. — 4) Siron, D) Gesselewitsch und Wanach, Peritonitis. — 
6) Bidinger, Diastase der Linea alba. — 7) Ochsner, 2 Reille, 9) Bernhard, Hernien. — 
10) Carle und Fantino, Magenleiden. — 11) Roux, 12) Defontaine, Gastroenterostomie. 
— 13) Hochenegg, Kombinationsileus. — 14) Card, Darmresektion. — 15) Lafourcade, 
Hämorrhoiden. 

16) Bayer, Chylöser Erguss in Brust- und Bauchhöhle. — 17) Ziegler, 18) Büdinger, 
Bauchwunden. — 19) Brun, Appendicitis. — 20) Gesselewitsch, Peritonitis. — 21) Adam- 
son und Renton, Perforirtes Magengeschwür. — 22) Gross, Appendicitis im Bruchsack. 
— 23) Bennecke, 24) Sick, Bruchsackruptur. — 25) Neugebauer, 26) Gelpke, Ein- 
geklemmte Brüche. — 27) Selenkow, 28) Krassnobajew, Pylorusstenose. — 29) Woil- 
heim, Hämatom des Dünndarms. — 30) Petrow, Dünndarmgeschwulst. — 31) Galeazzi, 
Duct. omphalomeseraicus. — 32) Zeldier, Darmverschluss. — 33) Benissowitsch, Darm- 
krebs. — 34) Hochenegg, Mastdarmkrebs. 


I. Über die Sterilisation der Marly im Ambulanzzimmer 


des Arztes, 
Von 
Dr. P. Hellat in St. Petersburg. 


Seit der Einführung der Sterilisation vermittels überhitzten 
Dampfes kann die Frage der Aseptik in Bezug auf Verbandmate- 
rialien für Kliniken und Krankenhäuser als gelöst betrachtet werden. 
Anders steht es um den praktischen Arzt auf dem Lande und wohl 
auch um viele freiprakticirende Chirurgen in den Städten. Um 
keimfreies Verbandmaterial bei der Hand zu haben, stellen sich 
ihm nicht selten unüberwindliche Hindernisse in den Weg. Sterili- 
satoren sind nicht überal zu haben, Transport und Aufbewahrung 
von aseptischen Materialien kostspielig; Verunreinigung bei längerer 
Aufbewahrung und theilweiser Entnahme schwer vermeidbar; un- 
glückliche Zufälle erfordern Eingriffe in Abwesenheit von nicht nur 
sterilisirtem, sondern jeglichem gangbaren Verbandmaterial. Für 

19 


498 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


solche Fälle möchte ich eine Methode, Marly zu desinficiren, in Vor- 
schlag bringen, die sich in meiner Praxis seit mehreren Jahren 
bewährt hat und gestattet, das vorhandene Material gerade im 
Augenblick des Verbindens genügend zu reinigen. Man braucht 
dazu nur ein Lampen- oder anderes Feuer bei der Hand zu haben. 
Das Verfahren ist folgendes: Man schneidet Marly, eventuell auch 
einen anderen Stoff, in Streifen, benetzt sie mit Wasser, ergreift mit 
zwei Pincetten und führt jeden Streifen über der Flamme hin und her, 
jede Seite und jede Stelle genügend lange der Hitze aussetzend. Die 
Dauer der Hitzeeinwirkung varirt nach der Höhe der Temperatur 
des Feuers, und kann der Streifen in kürzerer oder längerer Zeit 
bis zur Verkohlung geführt werden. Dass auf diese Weise die 
meisten Mikroorganismen in dem Stoffe vernichtet werden, kann 
man a priori annehmen. Auf die genannte Art habe ich, wie gesagt, seit 
mehreren Jahren bei kleineren chirurgischen Verbänden während der 
Empfangsstunden, namentlich aber in der rhinologischen und otologi- 
schen Praxis die Marly hergerichtet und bin stets mit dem Wund- 
verlauf zufrieden geblieben. In der .Ophthalmologie dürfte diese 
Methode wohl auch zu empfehlen sein. Der einzige Übelstand ist 
der, dass größere Verbände etwas zu viel Zeit in Anspruch nehmen, 
namentlich wenn man keinen Gehilfen hat. 

Trotzdem dass die theoretische Überlegung und praktische 
Erfahrung dieser Methode eine gewisse Berechtigung auf größere 
Verbreitung zuerkennt, schien es mir doch zweckentsprechend, die 
Resultate einer Kontrolle zu unterwerfen. Auf meine Bitte war 
Dr. Ucke so freundlich, die bakteriologische Untersuchung in dem 
von ihm und Mag. Thal eingerichteten bakteriologisch-chemischen 
Laboratorium auszuführen. Der Gang der Untersuchung war folgender: 
Es wurden von ganz gewöhnlichem im Hausbedarf vorräthigen Leinen- 
zeug, von unpräparirter und endlich von ausgekochter Marly, nach- 
dem dieselbe auf Lampenfeuer sterilisirt waren, etwa 1 cm große Stücke 
abgeschnitten und in Bouillon und auf Gelatine gethan. Jeder 
Versuch wurde doppelt angelegt, und zur Kontrolle ein gleiches 
Stückchen von denselben Verbandstoffen auf die genannten Nähr- 
böden gebracht. Das Resultat der Untersuchung war: Die Bouillon 
blieb in den ersten Tagen klar, nur gegen den 3. und 4. Tag trat 
eine Trübung ein; 2mal blieb sie bis zum 5. Tage klar. 

Die Gelatine blieb entweder steril, oder es schossen Schimmel- 
pilze neben einigen wenigen Kolonien auf. Einmal Kartoffelbacillus. 
In den Kontrollversuchen war dagegen jedes Mal sofortige Trübung 
und Wucherung von mehreren Hunderten Kolonien zu konstatiren. 

Diese Untersuchung hat nun erwiesen, dass bei der beschriebenen 
Art zu sterilisiren die Schimmelpilze und mehrere andere Sporen in 
der Marly nicht vollständig vernichtet werden. Trotzdem wird man 
mir zugeben, dass die Methode desshalb ihren praktischen Werth 
nicht verliert, da für obengenannte Zwecke die relative Reinheit der 
Marly bereits ausreichend oder mindestens ein bedeutender Gewinn ist. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 499 


(Aus der chirurgischen Universitätsklinik Hofrath Prof. Dr. C. Nico- 
ladoni’s in Graz.) 


II, Beiträge zu Bier’s neuer Amputationstechnik. 
Von 
Dr. Erwin Payr, Assistent der Klinik. 


Seit einer Reihe von Jahren hat sich Bier mit der Erzielung 
tragfähiger Amputationsstümpfe des Unterschenkels beschäftigt. Zu- 
erst versuchte er dies durch Ausschneidung eines aus Weichtheilen 
und Knochen bestehenden Keiles aus dem fertigen Stumpfe und 
Umknickung des unteren Endes nach Art eines Fußes zu erzielen, 
führte jedoch später eine Modifikation des Verfahrens ein, welche 
einer von Gleich! mitgetheilten Modifikation der osteoplastischen 
Diaphysenoperation ähnelt und von ihm in diesem Blatte 1897 
No. 31 publicirt wurde. 

Seit dieser Zeit wurden an der hiesigen Klinik nach der neuen 
von Bier angegebenen Methode 3 Unterschenkelamputationen aus- 
geführt, zwei davon von Herrn Hofrath Prof. Nicoladoni und eine 
von mir, und möchte ich mir erlauben, einige Erfahrungen, welche 
bei dieser Operation gewonnen wurden, mitzutheilen. 

Die Hautlappenbildung wurde zweimal von der vorderen äußeren 
oder vorderen inneren Seite des Unterschenkels, einmal bloß von 
der Vorderseite vorgenommen. Nach Bloßlegung der Innenfläche 
des vorstehenden Schienbeinstückes wird ein Querschnitt durch das 
Periost der Tibia gemacht, und an denselben zwei Längsschnitte an 
der vorderen und inneren Kante angefügt, so dass dadurch ein recht- 
eckiger Periostlappen von genügender Länge zur Umklappung der 
Tibia und Fibula deckenden Knochenplatte gewonnen wird. Um 
nun die Sägefläche vollkommen parallel der inneren Tibiafläche zu 
erhalten, wurde folgendermaßen vorgegangen: 

An der Stelle des Querschnittes durch das Periost wird eine 
schmale Blattsäge senkrecht zur Achse des Knochens aufgesetzt und 
eine 2!/,—3 mm tiefe Rinne in die Tibia gesägt. Nachher wird das 
Periost der Tibia mit dem Raspatorium von der Sägefurche peri- 
pheriewärts auf etwa 11/—2 cm weit zurückgeschoben, eine 
schmale Bogensäge nach Helferich flach auf die Tibiaoberfläche 
angelegt und in einem nach vorn zu konkaven leichten Bogen bis 
zum Grund der oben genannten Sägefurche gesägt, so dass ein an- 
nähernd keilförmiges Knochenstückchen ausfällt (s. Fig. 1 æ b c). 
Nach Entfernung dieses Knochenstückchens kann man mit einer 
schmalen Blattsäge bequem in paralleler Richtung (a z) zur Innen- 
fläche der Tibia eine Knochenplatte aussägen. Es wird so weit ge- 
sägt, bis man an der gewünschten Durchtrennungsebene der beiden 
Knochen angelangt ist. 


1 Beitrag zur Bildung tragfähiger Amputationsstümpfe nach A. Bier, Wiener 
klin. Wochenschrift 1894. No. 30. 


19* 


500 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


Nun muss centralwärts, wo die Knochenplatte der Tibia recht- 
winklig umgelegt wird, um dies zu ermöglichen, ein Stück der 
Platte entfernt werden, welches groß genug ist, um bei der Umlegung 
auch die geringste Spannung der die Ernährung des Plättchens be- 
sorgenden Periostbrücke (z y) zu verhüten. Hierbei wurde folgender- 
maßen vorgegangen. 

Es wird etwas peripheriewärts von z (s. Fig. 2) das Periost 
mittels eines dünnen Kautschukröhrchens an den Knochen angebun- 
den und nun unter der Periostbrücke (z y) vorsichtig eine flache 
Hohlsonde zwischen Periost und Tibia durchgeführt, und mit der- 
selben das Periost auf oben genannter Strecke sanft vom Knochen 


Fig. 1. Fig. 3. 


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abgelöst. In der Rinne der Hohlsonde wird nun eine Gigli’sche 
Drahtsäge zwischen Periost und Knochen durchgezogen und mit ihr 
bei z die Knochenplatte bis ins Niveau des Horizontalschnittes 
durchsägt. Nun wird die übrige Amputation vollendet und die 
Tibia von hinten her in der Ebene y z bis zur Periostbrücke durchsägt, 
bei welchem Akt man vortheilhaft den Kranken auf den Bauch legt, 
so dass nun die Knochenplatte mit genügendem Spielraum an der 
Periostbrücke z y hängt. Es ist nun vortheilhaft, um auch während 
der nun folgenden Blutstillung eine Ablösung der Beinhaut vom 
Knochenplättchen zu vermeiden, sowohl peripher- (b) als central- 
wärts (z), dieselbe mit ganz wenig angespannten Gummischläuchen 
anzubinden. Nun folgt das Hinüberschlagen des Periostknochen- 
lappens über die neue Sägefläche von Schien- und Wadenbein und 
die Naht desselben nach der Angabe von Bier. Ich möchte mir 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 501 


nun erlauben, zu diesem an der Klinik geübten Verfahren noch einen 
Vorschlag betreffend die Bedeckung der Knochenplatte und des 
Stumpfes mit Weichtheilen zu machen, welcher dahin geht, einen 
größeren Haut-Muskellappen an der Hinterseite der Wade abzu- 
präpariren und zur Deckung der Wundfläche zu verwenden. Es ist 
dabei ebenfalls vermieden, dass die Hautnarbe in die Unterstützungs- 
fläche des Stumpfes fällt, obwohl dies nach Bier's Erfahrungen 
keinen großen Nachtheil bieten soll, und es für die Tragfähigkeit 
des Stumpfes, viel mehr aber noch für die Anheilungszeit des Periost- 
Knochenlappens wünschenswerth ist, dass derselbe nach außen hin 
vor Jageveränderungen möglichst geschützt bleibe. Wenngleich 
zwei von den von uns nach Bier’s neuer Methode operirten Fällen 
von vorn herein nicht sehr günstig waren (sehr abgemagerte tuberkulöse 
Individuen), so sah man doch, dass das Erhaltenbleiben des ganzen 
Periost-Knochenlappens nicht immer leicht, und vor Allem ein 
tadellos aseptischer Verlauf Grundbedingung für die Anheilung des 
Knochenlappens ist. Ein derartiges am 16. December vergangenen 
Jahres operirtes Mädchen zeigte uns bei aseptischem Wundverlauf 
das Verbleiben des Knochenlappens, und kam ich auf den Gedanken, 
mich über sein Verhalten durch Aufnahme eines Röntgenbildes zu 
überzeugen, und bietet das wohlgelungene, von meinem Kollegen 
Herrn Dr. Luksch hergestellte Bild folgenden aus der nebenstehen- 
den Reproduktion ersichtlichen Befund: s. Fig. 3 (9 Wochen nach 
der Amputation). Der Stumpf zeigt eine schön abgerundete Gestalt. 
Tibia und Fibula konvergiren ein wenig, und ist der periphere Theil 
der Fibula beträchtlich verdickt. Die distalen Enden sowohl der 
Tibia, als auch der Fibula sind mit einander durch ein rechteckiges, 
ihnen enge anliegendes Plättchen verbunden, und ist die seitliche 
Ansicht eine derartige, dass man den Eindruck gewinnt, dass Tibia 
und Fibula auf demselben stehen. Aus der Intensität der betreffen- 
den Stellen lässt sich entnehmen, dass das Plättchen überall von 
nahezu gleicher Dicke ist. Leider gestattet die Röntgenaufnahme 
keinen sicheren Schluss darüber, wie dick das Plättchen geblieben 
ist. Eine solide Anheilung dieser Platte an Tibia und Fibula ist 
nach diesem Befunde wohl sicher eingetreten. 

Auch funktionell ist das Resultat ein sehr gutes, und geht Pat. 
mit ihrer Prothese ohne jedwede Beschwerden. 


1) v. Baumgarten und Tangl. Jahresbericht über die 
‘ortschritte in der Lehre von den pathogenen Mikroorga- 
nismen. XI. Jahrgang 1895. 

(Braunschweig, Harald Bruhn, 1897. 794 S. u. mehrere Abbild. im Text.) 

Wieder liegt ein Jahrgang (1895)! der B.’schen Jahresberichte 
in altbewährter Reichhaltigkeit und Mustergültigkeit vor uns, der 
1 Anmerkung des Ref. Durch ein Versehen der Verlagsbuchhandlung ist 


mir der Jahresbericht für 1894 nicht zugänglich geworden und daher in diesen 
Blättern nicht referirt. 


502 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


unentbehrlich für jeden auf diesem Gebiete Arbeitenden geworden 
ist. Wenngleich der Zeitraum von 2 Jahren, der zwischen dem Er- 
scheinen der einzelnen Arbeiten und den Referaten liegt, ein ver- 
hältnismäßig großer ist, so entschädigt dafür wieder die ungemein 
übersichtliche und vollständige Anordnung des Stoffes und die Zu- 
sammenstellung der einzelnen Specialgebiete und dahin gehörigen 
Arbeiten. 

An der Form der Berichterstattung ist gegen früher nichts ge- 
ändert. Noch immer erfreuen uns die überaus werthvollen Bemer- 
kungen B.'s in Fußnoten zu den einzelnen Referaten, die entweder 
eine Zustimmung zum betr. Referat oder eine genau begründete 
Abweichung in der Auffassung zum Inhalt haben. 

Von früheren Mitarbeitern schieden aus: Lüpke (Stuttgart) und 
Th. Weyl (Berlin. An ihre Stelle traten: Eber (Dresden) und 
Eppinger, so wie als neue Mitarbeiter: Preisz (Budapest), von Rätz 
(Budapest) und Sentinon (Barcelona). 

Außer Jahrbüchern, Kompendien und gesammelten Abhandlungen 
sind die Originalabhandlungen in 3 Abschnitten (Parasitische Orga- 
nismen, allgemeine Mikrobiologie, so wie allgemeine Methodik, Des- 
infectionspraxis und Technisches) insgesammt in 1685 Referaten 
wiedergegeben. Hübener (Breslau). 


2) Kromayer. Jodoformogen, ein geruchloses Jodoform- 
präparat. S 
(Berliner klin. Wochenschrift. 1898. No. 10.) 

Jodoformogen stellt ein Jodoformeiweißpräparat dar, welches das 
in ihm vorhandene Jodoform derart festgebunden hält, dass dieses 
durch die üblichen Jodoformlösungsmittel nur allmählich ausziehbar 
ist. Es stellt ein hellgelbes, staubfeines, trockenes, nicht zusammen- 
ballendes, in Wasser unlösliches Pulver dar, dessen Hauptvortheil 
darin gelegen ist, dass sein schwacher, nicht wahrnehmbarer Geruch 
Niemandem lästig wird. Die Erfahrungen K.’s erstrecken sich auf über 
100 mit Jodoformogen behandelte Kranke. Er hat die Überzeugung 
gewonnen, dass das Präparat entschieden eine ausgesprochene Jodo- 
formwirkung besitzt, die sich in der Anregung zur gesunden Granu- 
lationsbildung und in der raschen epithetialen Überhäutung doku- 
mentirte. K. stellt das Jodoformogen vorläufig als das beste jetzt 
existirende Wundstreupulver hin, das in Folge seiner Geruchlosig- 
keit die zweckmäßigste Gebrauchsform des Jodoforms in seiner äußeren 
Anwendung darstellt. Gold (Bielitz). 


3) Kallenberger. Über Orthoform. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 12.) 

K. berichtet über die Erfahrungen, welche er bei der Anwen- 
dung des Orthoforms an der chirurgischen Poliklinik Klaussner's 
(München) gewonnen hat. Die an einer Reihe von angeführten 
Fällen angestellten Untersuchungen über Wirkungsweise und An- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 503 


wendungsgebiet des Orthoforms ergeben, dass dasselbe anästhesirend 
einwirkt, d. h. dass es, mit bloßliegenden sensiblen Nervenendigungen 
zusammengekommen, dieselben unempfindlich macht, dass es weiter 
antiseptisch wirkt, indem es Gärung und Fäulnis vollkommen ver- 
hindert. Niemals trat bei Orthoformbehandlung Eiterung auf; war 
eine solche bereits vorhanden, sistirte sie unter Orthoformanwendung. 
Zu diesen Vorzügen rechnet K. noch die sekretionsbeschränkende 
Eigenschaft des Mittels, welche sich bei Transplantationswunden, 
carcinomatösen Geschwüren etc. besonders gezeigt hat. Was dem 
Orthoform seine ausgedehnte Anwendung namentlich sichert, ist 
eine absolute Ungiftigkeit, welche K. durch seine Versuche außer 
jeden Zweifel gestellt haben will. 

K. stellt Orthoform nicht als Ersatzmittel für irgend einen alt- 
bekannten Körper, sondern als ein neues Mittel sui generis hin und 
empfiehlt dasselbe auf das Wärmste. Gold (Bielitz). 


4) Siron. De l’intervention précoce dans les peritonites 
aigues diffuses d’origine appendiculaire. 
These de Paris, @. Steinheil, 1898. 

Die Arbeit stützt sich auf 39 Beobachtungen, die zum kleineren 
Theil schon an anderen Stellen publieirt sind. Nur der baldmög- 
lichste operative Eingriff ist im Stande, Heilung der diffusen, akuten 
Peritonitis, die vom Wurmfortsatz ausgeht, herbeizuführen. Je früher 
man eingreift, desto mehr Aussicht hat man, einen vollständigen Er- 
folg zu erhalten. \Velcher Art auch der Eingriff sei, ob die Appen- 
dix resecirt wird oder nicht, die Operation muss schnell gehen; man 
muss alle septische Flüssigkeit entfernen, das Bauchfell säubern und 

` sorgfältig drainiren. Borchard (Posen) 

5) Gesselewitsch und Wanach. Die Perforationsperitonitis 
beim Abdominaltyphus und ihre operative Behandlung. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.) 

Mittheilung von 5 eigenen operirten Fällen, darunter 3 mit 

Resektion eines Darmstücks bis zu 30 cm Länge. Alle endeten 
tödlich. Die sehr genaue, wohl erschöpfende Zusammenstellung der 
bisher gemachtem Operationen aus gleichem Anlass ergiebt das über- 
raschende Resultat, dass unter 63 Operationen schon 11 Heilungen 
erzielt worden sind. Wovon in den einzelnen Fällen die Heilung 
abhing, lässt sich nicht erkennen: ob die Operation Stunden oder 
Tage nach der Perforation gemacht wurde; ob man spülte oder nicht; 
ob man die Perforationsstelle fand oder nicht; ob man die Bauch- 
` höhle vernähte oder offen ließ; ob man in der Bauchhöhle Gas und 
Koth fand, oder nicht — keins dieser Momente hatte einen sicht- 
baren Einfluss auf den weiteren Verlauf. Es muss also die Heilung 
als ein nicht seltener glücklicher Zufall beim Zusammentreffen glück- 
licher Umstände angesehen werden. 


504 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


Allgemeine Narkose für die ganze Dauer der Operation ist zu 
verwerfen. Lokalanästhesie und kurze Chloroformnarkose ist am 
besten. Man soll möglichst nicht eventriren. Die Statistik spricht 
eher zu Gunsten von Spülungen. Die Perforationsöffnung soll man 
suchen und nähen. Sind die Geschwüre sehr zahlreich, aber nur 
auf eine kleine Strecke des Darms beschränkt, und sind mehrere 
davon so tief, dass sie baldige Perforation befürchten lassen, oder 
sind schon mehrere Perforationen vorhanden, so ist die Resektion 
der erkrankten Darmpartie zu erwägen. Ein Fall von Trojanow, 
mit Resektion eines 4 cm langen Darmstücks, ist geheilt. Tampo- 
nade und Öffenlassen der Bauchhöhle ist zu empfehlen. 

Haeckel (Stettin). 


6) Büdinger. Über Diastasen der Linea alba der Kinder 
mit Incarcerationserscheinungen. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 21.) 

Bei Kindern beiderlei Geschlechts findet man die beiden ge- 
raden Bauchmuskeln sehr häufig mehr oder weniger von einander 
abstehend, doch verschwindet dies Phänomen in der Regel lange vor 
der Pubertätszeit. Diese kindlichen Diastasen betreffen den oberen 
Theil der Bauchwand vom Proc. xiphoideus bis zum Nabel oder noch 
etwas weiter abwärts, wobei durchaus nicht gleichzeitig ein Nabel- 
bruch zu bestehen braucht. Diese Art der Diastase ist angeboren 
und beruht auf mangelhaftem oder vielmehr verspätetem Verschluss 
der tiefen Schichten der Bauchwand. Es können dieselben zu ernsten 
Beschwerden für ihren Träger führen, welche zunächst in anfalls- 
weise auftretenden Einklemmungssymptomen bestehen, im weiteren 
Verlaufe aber zu tiefgreifenden Störungen im Gesammtzustande des 
Pat. Veranlassung geben können. In diesen Fällen entsteht ein un- 
gemein charakteristisches, fast typisches Krankheitsbild, welches nach 
B. bisher völlig unbeachtet geblieben sei, im Gegensatz zu den 
eigentlichen Brüchen der Linea alba, und das durch 4 mitgetheilte 
Krankengeschichten illustrirt wird, die eine überraschende Ähnlich- 
keit unter einander aufweisen. 

Es möge als Beispiel die erste angeführte Krankengeschichte 
dienen. 

61/,jähriger Knabe, bis vor 11/2 Jahre von blühender Gesundheit, begann zu 
dieser Zeit in den Speisen wählerisch zu werden und Brot, Semmeln, Kartoffeln, 
Gemüse zurückzuweisen. Er magert zusehends ab, wird stiller und nimmt selten 
an den lebhaften Spielen anderer Kinder Theil. Am meisten fällt es der Mutter 
auf, dass er häufig nach einer starken Bewegung mitten im Laufen oder Spielen 
stehen bleibt, den Oberkörper vorbiegt und die Hände gegen die Magengrube 
drückt, wobei er plötzlich ganz blass wird. Schon nach einigen Sekunden erholt 
er sich, klagt aber noch eine Zeit lang über Magenschmerzen. In den letzten 
Monaten Häufung der Anfälle. Pat. nimmt fast nur noch flüssige Speisen zu sich, 
da nach Genuss von festen Nahrungsmitteln sofort Schmerzen im Magen auftreten. 

Der Befund weist die oben beschriebene Diastase der Mm. recti auf. Bei 


starker Anspannung derselben tritt der Bauchinhalt zwischen denselben außer- 
ordentlich stark hervor, aber ohne dass hierdurch Schmerzen ausgelöst werden. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 505 


Die Therapie bestand in Applikation von fingerbreiten Streifen amerikanischen 
Heftpflasters, welche, sich dachziegelförmig deckend, die ganze vordere Bauchseite 
umfassen, so weit der Spalt reicht. 

Bereits nach 2—3 Tagen waren sämmtliche Beschwerden gewichen und blieben 
dauernd aus. Das gleiche Resultat wird in den 3 anderen Fällen erzielt. 


B. verwirft in solchen Fällen ein operatives Eingreifen, da der 
Heftpflasterverband die Muskeln regelmäßig zusammenhält, bis der 
organische Verschluss von selbst erfolgt. Hübener (Breslau). 


7) Ochsner (Chicago). The treatement of hernie in old men. 
(Internat. journ. of surgery 1897. December.) 

Da bei alten Männern die Vergrößerung der Prostata die Harn- 
und Stuhlentleerung erschwert und so größere Anforderungen an die 
Bauchpresse stellt, das Entstehen und Wachsen der Hernien also 
begünstigt, so soll bei der Radikaloperation gleich die Resektion bei- 
der Vasa deferentia bei alten Männern vorgenommen werden. 

Borchard (Posen). 


8) Beie, Cure radicale de la hernie inguinale par le pro- 
cédé de l’abaissement. 
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1898. 

Zur Behandlung kleiner und mittelgroßer Leistenbrüche wird 
die oben bezeichnete Methode empfohlen und deren Einfachheit und 
Zuverlässigkeit auf Grund von 72 Beobachtungen bewiesen. Das 
Verfahren besteht darin, dass nach Abtragung des Bruchsackes in 
der Höhe des äußeren Leistenringes der Obliquus externus ein wenig 
gespalten wird, um den Rand der Obliquus internus und transversus 
frei zu legen. Der Samenstrang wird nach abwärts gezogen, und die 
Pfeiler des Obliquus externus und transversus durch Seidennähte, die 
nur Platz für den durchtretenden Samenstrang lassen, an die untere 
Wand des Leistenkanals, den zum Schenkel ziehenden Faserbogen, 
genäht. Dann folgt die Naht des durchschnittenen Obliquus externus. 
Die Dauerresultate sind gut. Bei größeren Hernien, und wenn Pat. 
vielen körperlichen Anstrengungen ausgesetzt ist, ist es zweckmäßig, 
eine Bandage tragen zu lassen. Bei großen Brüchen empfiehlt sich 
die Methode nach Bassini. Borchard (Posen). 


9) O. Bernhard (Samaden). Eine neue Methode der Ra- 
dikaloperation der Leistenhernie. 
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärste 1897. No. 21.) 

Um die Vortheile der Kastration bei der Herniotomie zu er- 
reichen, ohne kastriren zu müssen, will Verf. mit dem Bruchsack- 
stumpf den Hoden sammt Samenstrang durch die Bruchpforte in 
die Bauchhöhle transplantiren und letztere wie bei einer Laparotomie 
definitiv schließen. 

19** 


506 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


Schnitt auf der Höhe der Bruchgeschwulst etwas oberhalb des 
Lig. Pouparti und parallel demselben; schichtweise Durchtrennung 
der für Bruchsack und Samenstrang gemeinschaftlichen Hüllen. 
Hierauf wird der Hode aufwärts in die Schnittwunde hinein ge- 
schoben und der Bruchsackstumpf von den Samenstranggebilden 
abgetrennt, nach oben durch Spaltung des Leistenkanals bis in den 
inneren Leistenring verfolgt und daselbst mit einer Klammer fixirt. 
Am Hoden wird die Tunica vaginalis exeidirt. Dann wird am inneren 
Leistenringe der Bruchsack weit eröffnet, und nun der Hode mit 
dem Vas deferens und den Gefäßen durch diese Öffnung in die Bauch- 
höhle transplantirt. Bei weiter Bruchpforte fallen die Organe von 
selbst leicht in den Bauch hinein. Bei enger Pforte ist dieselbe 
durch einen lateralen Schnitt zu erweitern. Nun wird der Bruch- 
sack fest heruutergezogen, mit Seidenfäden durchstochen und nach 
2 Seiten hin kräftig abgeschnürt. Den Stumpf lässt man in die 
Bauchhöhle zurückgleiten. Darauf wird der innere Leistenring mit 
einigen festen tiefgreifenden Nähten geschlossen. Eben so verschließt 
man den Leistenkanal durch tiefgreifende Nähte der ganzen Länge 
nach. Hautnaht ohne Drainage. Verf. hat bei 2 Fällen diese Me- 
thode prakticir. Es mag sein, dass diese Methode in einzelnen 
Fällen ihre Anzeige finden dürfte. Einer Verallgemeinerung dieser 
Art Radikaloperation stehen wohl verschiedene ersichtliche Gründe 
entgegen. Hinterstoisser (Teschen). 


10) A. Carle und G. Fantino. Beitrag zur Pathologie und 
Therapie des Magens. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1 u. 2. Mit 2 Taf.) 

Verff. besprechen zuerst die gutartigen Verengerungen des Pylorus. 
Diese sind bedingt durch echte fibröse Narbenbildungen am Pylorus 
selbst oder in seiner Umgebung in Folge von Peripyloritis, die ein sehr 
häufiges Vorkommnis auch auf Basis latent verlaufender Geschwüre 
darstellt. Eine weitere große Rolle spielt der Krampf des Pförtners. 
Die Verff. theilen hier im Allgemeinen die bekannten und ziemlich 
weit gehenden Anschauungen Doyen’s und sehen mit ihm gerade 
in dem Krampfzustande der Pylorusmuskulatur auch ohne gleich- 
zeitige anatomische Veränderungen eine sehr oft wiederkehrende ` 
Ursache für die Magenstauungen. Bald ist es gewissermaßen eine 
idiopathische Hyperästhesie, bald ein Reiz, der durch Spalten und 
Fissuren hervorgerufen wird nach Analogie gleicher Erkrankungen 
am Anus und an der Blase. Die reine Atonie des Magens, hervor- 
gerufen durch Muskelschwäche, ist ihrer Ansicht nach selten, und 
operative Eingriffe frommten hier wenig. Bezüglich der Hyperchlor- 
hydrie lässt sich oft nicht sagen, ob sie die Ursache der Stauung 
oder ob umgekehrt die Stauung der Anlass der vermehrten Salzsäure- 
produktion ist. Jedenfalls ist hier ein Circulus vitiosus anzunehmen. 

Was die vordere Gastroenteroanastomose anlangt, so sehen die 
Verff. in einem bei ihr zwischen beiden Schlingen auftretenden Vor- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 507 


sprung in der Länge der oberen Schlinge, dem Abfluss und der 
Stauung der Speisen in ihr und in der Häufigkeit der Verwachsung 
der Schlingen mit dem Netze Missstände, welche sie die v. Hacker- 
sche Methode in Verbindung mit dem Murphyknopf als das ideale 
Verfahren anwenden ließen. 

Die Roux’sche Methode verwirft C. schon wegen ihrer langen 
Dauer. Auch bei der Anastomose nach v. Hacker fand man in 
allen Fällen Rückfluss von Galle in den Magen bei Sondenausheberung. 

Die funktionellen Resultate waren gut. Im Allgemeinen trat 
in späterer Zeit rasche Entleerung ein, der auch nun Verminderung 
der Magengröße entsprach. Konstant ward ferner ein Aufhören der 
Hyperchlorhydrie nachgewiesen, ja es trat sogar einmal Anachlor- 
hydrie ein. Bestand letzterer Zustand dagegen vor der Operation, 
so kam es nicht zu Rückkehr zur Norm. Bringen auch diese Ver- 
suche im Ganzen nichts Neues, so bestätigen sie doch in willkomme- 
ner Weise die bekannten Resultate citirter und nichteitirter Autoren. 

Die Resultate nach Pyloroplastik sind im Allgemeinen sehr gute, 
doch empfiehlt es sich bei Hyperchlorhydrie mit Atonie des Magens 
die hintere Anastomose anzulegen, welche zu prompter Magenentleerung 
führt. Nach der Pyloroplastik geht die freie Salzsäure quantitativ 
niemals bedeutend unter die Norm herab im Gegensatz zur Ana- 
stomose. Die Verff. sehen dies durch die schnelle Entleerung und 
den fehlenden Gallenrückfluss bedingt an. Die Kapacität des Magens 
nimmt immer ab, kehrt aber selten ganz zur Norm zurück, der 
Pylorus wird wieder völlig schlussfähig. 

Auf Grund der zahlreichen aufgenommenen Befunde erklären 
sich die Verf. zu der Ansicht, dass mit Ausnahme der Formen von 
nervöger Hyperchlorhydrie (z. B. bei Tabikern) die primäre Hyper- 
chlorhydrie sehr selten, und der Zustand durch die Stauung bedingt 
ist und mit gegebener Entleerungsmöglichkeit des Magens zur nor- 
malen Sekretion zurückkehrt. 

Verff. beurtheilen die Fälle vom Magensaftfluss sehr skeptisch 
und nehmen gewöhnlich eine spasmodische Pylorusverengerung an. 
Jedenfalls rathen sie, und zwar wohl mit Recht, bei langwierigen 
rebellischen Fällen zum operativen Eingriff. Gegenüber Mikulicz 
empfehlen sie nicht die Pyloroplastik, sondern die Anastomose und 
stellen die Indikation für dieselbe weiter als Jener. 

Des Weiteren wird die operative Technik und Wahl der Methode 
abgehandelt, besonders der Murphyknopf empfohlen. Verff. sahen 
ihn im Gegensatz zu Marwedel oft in den Magen fallen, aber ohne 
dass Beschwerden daraus gefolgt wären. Eine Perforation ist bei gut 
gearbeiteten Knöpfen nicht leicht möglich. Eine Verstärkungsnaht 
wird von C. immer angelegt. 

Im zweiten Theil der Arbeit werden die Krebsstenosen des 
Magens abgehandelt. Bezüglich der Diagnose wird auf eine früh- 
zeitige Stauung Gewicht gelegt, die eintritt, auch wenn der Pylorus 
noch unversehrt ist. Von 15 Resektionen genasen 12 Pat. Einer 


508 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


davon lebte noch 5 Jahre lang. Die Resultate bezüglich der Funk- 
tion und des allgemeinen Wohlbefindens waren gut; doch sahen 
Verff. noch nach 5 Jahren Recidiv auftreten. Nach bei Carcinom 
angelegter Gastroenteroanastomoge betrug die längste Lebensdauer 
bis jetzt 15 Monate. Die funktionellen Resultate sind bei den Fällen 
der Autoren ebenfalls besser nach Resektion des Pylorus als nach 
der Anastomose. Die Indikationen, die für beide Operationsarten 
gestellt werden, sind von den im Allgemeinen üblichen nicht ver- 
schieden. 

82 Krankengeschichten vervollständigen die interessante Arbeit 
der Verff. Im Großen und Ganzen sind die geschilderten Operations- 
weisen und die recht guten Statistiken der erzielten Resultate über- 
einstimmend mit den jüngeren Berichten der deutschen Chirurgie. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


11) C. Roux. De la gastroenterostomie. Etude, basée sur les 


opérations pratiquées du 21. Juin 1888 au 1. September 1896. 
(Revue de gyn£col. et de chir. abdom. 1897. No. 1.) 

R. bringt in der vorliegenden Arbeit eine Zusammenstellung der 
50 von ihm seit 1888 ausgeführten Gastroenterostomien. Giebt schon 
dieses reiche Material der H schen Mittheilung eine besondere Be- 
deutung, so wird diese noch erhöht durch die originelle Art, mit 
der der Gegenstand behandelt ist. — Verf. hat in 8 Fällen die 
Wölfler’sche Methode, 7mal die v. Hacker’sche Gastroenterostomia 
retrocolica, 2mal die Gastroenterostomia retrocolica mit Kocher’scher 
Klappenbildung, 29mal die Gastroenterostomia retrocolica posterior 
in Y-Form, 2mal dieselbe Form als Gastroenterostomia antecolica 
anterior, Imal dieselbe als Gastroenterostomia retrocolica anterior und 
imal endlich die Courvoisier’sche Gastroenterostomia retrocolica 
anterior ausgeführt. Die Gesammtsterblichkeit betrug 30%, die Sterb- 
lichkeit bei den 29 Fällen der von R. bevorzugten Gastroenterostomia 
retrocolica posterior in Y-Form 20,7%. R. bemerkt zu dieser Mor- 
talitätsstatistik — und die mitgetheilten Krankengeschichten beweisen 
es —, dass sich ein geringerer Procentsatz hätte erreichen lassen 
durch eine strengere Auswahl der Fälle, d. h. durch Abweisen von 
weit fortgeschrittenen Carcinomen, bei denen aber immerhin die Gastro- 
enterostomie noch Erleichterung in Aussicht stellte. 

Das von R. allen anderen vorgezogene und von ihm als 
»Gastroenterostomie r&trocolique postérieure en Ye bezeichnete Ver- 
fahren, das von ihm ursprünglich irrthümlicherweise Courvoisier 
zugeschrieben wurde, scheint schließlich auf Wölfler zurückzureichen. 
Dasselbe hat bis jetzt nirgends Anklang gefunden, trotz seiner un- 
bestreitbaren Vorzüge, die R. folgendermaßen charakterisirt: »Eine 
genügende Öffnung an der tiefsten Stelle des Magens, gerade am 
rechten Ort für später, durch welche der Mageninhalt seinen Weg 
ohne Wegweiser findet, um 20—40 cm weiter unten durch eine ge- 
nügend weite Vater’sche Ampulle den Gallenzufluss zu erhalten. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19, 509 


Keine Zögerung in der Stromrichtung, kein Rückfluss, weder Sporn 
noch Knickung, noch Klappe, weder Kompression des Colon noch 
Gangrän, noch Koprostase, und schließlich keine technische Schwie- 
rigkeit.« 

Da die Methode, obwohl theoretisch bekannt, doch so zu sagen 
nirgends geübt wird, so sei der Gang der Operation kurz angedeutet: 
Nach Eröffnung der Bauchhöhle und rascher Orientirung wird das 
Colon transversum vorgezogen, sein Mesenterium angespannt und 
mit Schonung der Gefäße stumpf durchtrennt, und nun durch diese 
Öffnung die ausgedehnte Regio praepylorica des Magens vorgezogen, 
deren Hinterfläche mit Leichtigkeit vor die Bauchwunde zu bringen 
ist. Sodann wird mit dem Socin’schen Griff das Jejunum vor- 
gezogen und 20—40 cm unter seiner Kreuzungsstelle mit dem Dick- 
darm quer durchtrennt. Das obere Ende wird mit einer Klammer 
verschlossen und vom Assistenten nach links gehalten, und das untere 
Ende in den tiefsten Theil des Magens, so nahe der großen Cur- 
vatur als möglich, durch eine dreischichtige Naht eingepflanzt. So- 
dann wird das obere Ende des Jejunum von links her, also in seiner 
natürlichen Lage, seitlich in das untere eingepflanzt, ebenfalls mit 
dreischichtiger Naht, oder, wenn Eile nöthig ist, mit dem Murphy- 
knopf, für den jedoch R. keine besondere Vorliebe hat. 

Der einzige Vorwurf, den man dieser Methode gemacht hat, ist 
der der zu langen Dauer. R. hebt dem gegenüber hervor, dass die 
Dauer einer mit Enterostomose kombinirten Wölfler’schen Gastro- 
enterostomie zum mindesten nicht kürzer ist, und dass die Y-Methode 
von ihm in 40—60 Minuten zu Ende gebracht wird, d. h. in der Zeit, 
welche vielerorts gebraucht wird, um die einfache Wölfler’sche 
Methode auszuführen. 

Bezüglich der Indikationsstellung sei hervorgehoben, dass R., 
gestützt auf seine reichen Erfahrungen, der Gastroenterostomie eine 
bedeutende Stelle in der Behandlung der nicht carcinomatösen Pylorus- 
stenosen anweist und dieselbe den Operationen am Pylorus selbst 
bei Weitem vorzieht. 

Bemerkenswerth ist die bei diesem Anlass mitgetheilte Beobach- 
tung, dass R. bei den wegen angeblich reiner Magenatonie und Dila- 
tation und in Folge dessen vorhandener Unterernährung stets palpable 
Veränderungen des Pylorus fand. Er schlägt denn auch, gestützt 
auf die von Yersin an den für gutartige Stenose Operirten nach 
der Gastroenterostomie vorgenommenen Untersuchungen über die 
Funktionen des Magens vor, alle mit Gastroptose, Dilatation und 
Pylorusstenose behafteten Pat. der Gastroenterostomie zu unterwerfen, 
sobald ihr Ernährungszustand trotz Diät, Bettruhe und Leibbinde 
nach Glenard sich immer verschlimmert — aber nur unter dieser 
Bedingung. 

Es würde uns zu weit führen, wenn wir auf die zahlreichen 
aus der Praxis geschöpften Bemerkungen eingehen wollten, welche 
R. in dieser Arbeit über Vorbereitung der Pet, Narkose, Nach- 


510 - Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


behandlung etc. niedergelegt hat, und wir beschränken uns darauf, 
das Studium des Originals zu empfehlen, das wohl den wichtigsten 
Beitrag zur Gastroenterostomiefrage darstellt, den das letzte Jahr 
gebracht hat. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


12) Defontaine (Le Creusot). De la gastro-entrostomie pour 
dyspepsies ou gastrites rebelles. 
(Arch. prov. de chir. Bd. VI. Hft. 3.) 

D. empfiehlt die Gastroenterostomie auch bei chronischem Magen- 
katarıh, wenn dieser trotz interner Behandlung hartnäckig fortbesteht 
und das Leben bedroht, und bei hartnäckigem Erbrechen in Folge 
von nichtkrebsiger Pylorusstenose. Den an 4 Fällen mit bestem Er- 
folg erreichten Zweck der Operation sieht er nicht bloß in der Be- 
seitigung der funktionellen Störungen; er glaubt auch dem nach 
seiner Erfahrung auf alten Magengeschwüren besonders häufig sich 
entwickelnden Carcinom vorbeugen zu können. An hochgradig Er- 
schöpften soll nicht mehr operirt werden. Bezüglich der Technik 
bringt er nichts Neues; nur ist zu bemerken, dass er die Anwendung 
des Murphyknopfes vollständig verwirft. Stolper (Breslau). 


13) Hochenegg. Über eine neue Form des Ileus. (Kom- 
binationsileus.) ; 
(K. k. Gesellschaft der Ärste in Wien.) 
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 51.) 

Verf. hat 4 Fälle von Ileus beobachtet, die sich in die übliche 
Eintheilung nicht einfügen ließen und ihn desshalb veranlassten, 
obige neue Kategorie aufzustellen. Man unterscheidet bekanntlich 
dynamischen und mechanischen Ileus; letzterer zerfällt in die Unter- 
abtheilungen: Obturations- und Strangulationsileus. 

Dis Fälle haben das Gemeinsame, dass sich zunächst sehr lang- 
sam die Erscheinungen einer Stenose des Dickdarms entwickelten. 
Dann setzte akut der Ileus ein unter Blähung des Dünndarms und 
unter allen Erscheinungen, die auf eine Strangulation des Dünn- 
darms hinwiesen. Das Hindernis wurde am Dünndarm bei der 
Operation gesucht, gefunden und zunächst mit Erfolg beseitigt. 
Dann trat nach längerer oder kürzerer Frist wieder lleus auf, und 
als Ursache fand man ein langsam gewachsenes Carcinom des Dick- 
darms. 

H. erklärt den Zusammenhang folgendermaßen: Die Dickdarm- 
stenose bedingt Blähung und Wandhypertrophie des Colon. Durch 
die Stauung wird bei bestehender Disposition (Hernie, peritoneale 
Stränge, Verwachsungen) die Entstehung einer Dünndarmobstruktion 
begünstigt. So lange nun Dünn- und Dickdarm gebläht und gefüllt 
sind, kann man das Vorhandensein von 2 Hindernissen entdecken. 
In einem weiteren Stadium entleert der hypertrophische Dickdarm 
retroperistaltisch seinen Inhalt in den Dünndarm; ersterer erscheint 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 511 


dann leer und kontrahirt, und das tiefer sitzende und wichtigere 
Hindernis wird leicht übersehen. 

Die Diagnose ist möglich aus folgenden Momenten: Lokalisation 
der Schmerzen zunächst links oben, dann rechts unten; anfänglich 
Dickdarm-, dann plötzlich alleiniger Dünndarmmeteorismus; bei der 
Operation würde die Hypertrophie des Colons auf ein zweites, tiefer 
sitzendes Hindernis deuten. 

Die Operation ist zweizeitig zu machen. Zuerst Hebung des 
Hindernisses am Dünndarm und Kolostomie; später Resektion des 
Dickdarms. 

Beherzigung verdient die Vorsichtsmaßregel H.’s, bei Dünndarm- 
ileus nach Hebung des Hindernisses die oberhalb gelegene Schlinge 
in die Bauchwunde einzunähen. Man kann dann im Nothfalle dort 
punktiren und giebt durch Entleerung der aufgestauten Massen dem 
kollabirten Darm Zeit zur Erholung und verhütet den Übertritt des 
zersetzten Darminhalts in das gut resorbirende Colon. (Diskussion 
über den Vortrag: Wiener klin. Rundschau 1898 No. 1.) 

Grisson (Hamburg). 


14) A. Card. Contribution à l'étude de la résection de 
lanse il&o-coecale. 
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1897. 112 8. 

Die Resektion der ileo-coecalen Schlinge ist in neuerer Zeit 
immer häufiger gemacht worden. Indikation dazu geben: Neu- 
bildungen, Tuberkulose, widernatürlicher After, Gangrän, Narben- 
strikturen. Carcinome an dieser Stelle gehören, mit Ausnahme derer 
des Mastdarms und der Flexura sigmoidea, zu den häufigsten am 
ganzen Darmkanal, Resektionen wegen derselben dürfen nur da ge- 
macht werden, wo Aussicht auf volle Heilung besteht; daher ist ge- 
naueste Diagnose anzustreben. Die Tuberkulose des Blinddarms 
wird oft mit Krebs verwechselt werden können, wenn sie in der 
Form einer mehr oder weniger begrenzten Geschwulst auftritt, wie 
es häufig der Fall ist; nicht selten erscheint sie unter der Form einer 
»Typhlite à repetition«, eventuell mit Fistelbildung vergesellschaftet. 
Hier wird von der Resektion weniger die Ausdehnung der Ver- 
wachsungen als der Gesammtzustand und das Vorhandensein anderer 
tuberkulöser Affektionen im Körper zurückhalten können. Bei den 
sonstigen Erkrankungen des Blinddarms, die etwa hier und da zur 
Frage der Resektion Anlass geben könnten, wird ebenfalls besonders 
auf den Allgemeinzustand des Kranken wie aut die Beziehungen der 
kranken Partien zur Nachbarschaft Rücksicht zu nehmen sein. — 
(Bei allen Affektionen, welche die Resektion indiciren können, wird 
die totale Darmausschaltung in Konkurrenz mit dieser treten, wo es 
sich um Verhältnisse handelt, welche die radikale Operation über- 
haupt oder temporär als unausführbar erscheinen lassen; man wird 
manchen sonst verloren gegebenen Kranken dadurch noch eine große 
Wohlthat erweisen können. Ref.) 


512 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


Für die Freilegung des Operationsgebiets dürfte bei feststehen- 
der Diagnose wohl ausschließlich die seitliche Laparotomie in Frage 
kommen. Nach. Entfernung der Geschwulst wird entweder die Kon- 
tinuität des Darms sofort hergestellt (end to end-Vereinigung [Knopf 
oder Naht] oder die verschiedenen Methoden der Enteroanastomose), 
oder aber man legt zunächst einen Kunstafter an, den man sekundär 
schließt, oder drittens man resecirt in 2 Zeiten. Die Erfolge der 
Operation haben sich entschieden gehoben. Die verschiedenen Me- 
thoden der Vereinigung der Darmenden geben nicht sehr ver- 
schiedene Resultate. Die Knopfoperation wird wegen lokaler Schwierig- 
keiten häufig nicht gut anwendbar sein und öfters Misserfolge ergeben, 
die Operation mittels resobirbarer Platten ist fast ganz verlassen. Die 
Anwendung der Operation in 2 Zeiten, die bei akutem Darmverschluss 
segensreich wirken kann, darf durchaus nicht kritiklos verallgemeinert 
werden. Eine Zusammenstellung von 42 Fällen bildet den Schluss 
des Werks. H. Lindner (Berlin). 


15) Lafourcade (Bayonne). Sur un procédé d’excision des 
..  hemorrhoides. 
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 5.) 

Seit 1892 hat L. 17 Fälle von Hämorrhoiden nach einem eige- 
nen Verfahren excidirt, das sich von demjenigen von Whitehead 
oder von Quénu wesentlich unterscheidet. Er schickt der Opera- 
tion, zu der er Äther- oder Chloroformnarkose vor der Lokalanästhesie 
bevorzugt, eine gründliche Erweiterung des Afters mittels des 
Trelat’schen Speculums oder der Finger voraus. Die Dehnung 
macht er von vorn nach hinten. Ist dies genügend geschehen, so 
treten die Knoten gut hervor. Diese werden nun mit Klemmen so 
weit herabgezogen, dass man mit einer großen gekrümmten Klemme, 
über sie hinweggreifend, außen die Haut und innen die gesunde 
Schleimhaut fasst. In der Regel reichen 2 solche Klemmen aus. 
Oberhalb derselben wird nun mit starken Katgutfäden in genügen- 
der Zahl von der Schleimhaut zur äußeren Haut durchgestochen. 
Die zusammengehörigen Fäden werden mit Péans vorläufig gefasst, 
die Knoten abgetragen, dann — nach Entfernung der großen Klemme 
— rasch geknüpft. So geht ohne erhebliche Blutung die Vereinigung 
der Schleimhaut mit der Haut vor sich. Zwischen den so erhaltenen 
beiden Wundnähten bleibt vorn und hinten eine schmale Brücke von 
Afterhaut stehen, auf der etwaige Reste von Hämorrhoiden von selbst 
atrophiren. Unter dem allgemein gebräuchlichen Verband (Mastdarm- 
sonde — Jodoformgaze) heilten die Wunden bei angehaltenem Stuhl 
so, dass die Pat. am 12. Tage aufstehen konnten. Die Dauer- 
erfolge waren gute. Recidive wurden bei den über 3 Jahre lang 
beobachteten Pat. nicht bemerkt. Die in der Praxis so beachtens- 
werthe Retentio urinae, die man so oft nach Mastdarmoperationen 
beobachtet, kam auch bei den Pat. des Verf. öfter vor. 

Stolper (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 513 


Kleinere Mittheilungen. 


16) Bayer. Uber chylösen Erguss in Brust- und Bauchhöhle. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 1 u. 2.) 
Bei einem 19jährigen Kranken wurde in der Zeit von 4 Monaten der Bauch 
3mal, die rechte Brusthöhle 2mal punktirt; aus ersterem 4050, 8300, 10 700 ccm 
aus letzterer 870 und 1660 cm Flüssigkeit entleert; die Untersuchung ergab, dass 
es sich um chylösen Hydrops, nicht etwa bloß um Hydrops adiposus handelte. 
Es trat Heilung ein; der Bericht schließt 21/2 Monate nach der letzten Punktion. 
Als Ursache wird angenommen Druck tuberkulöser Lymphdrüsen auf den Ductus 
thoracicus. In der Litteratur sind 20 Fälle von kombinirtem Ascites und Hydro- 
thorax chylosus niedergelegt; nur 1 davon heilte. Haeckel (Stettin). 


17) P. Ziegler. Zur Behandlung perforirender Stich- und Schuss- 
bauchwunden. (Aus der chirurg. Universitätsklinik zu München.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 10.) 

Z. erörtert die in der Münchener Klinik, wie wohl überhaupt bei den deutschen 
Chirurgen jetzt übliche Art operativen Vorgehens bei den im Titel angegebenen 
Verletzungen und giebt im Weiteren einen Bericht über 7 Bauchschuss- und 
22 Bauchstichverletzungen, die von 1891—1897 in jener Klinik operativ behandelt 
worden sind. Während von 30 Bauchstichverletzungen der letzteren aus den 
Jahren 1876—1890 unter konservativer Therapie 14 (46,6%) zu Grunde gegangen 
waren, hatten von den 22 Fällen operativer Behandlung nur 4 (18,1%) dieses 
Schicksal, das in 3 derselben vielleicht auch noch vermeidbar gewesen wäre; 
unter den geheilten finden sich andererseits zahlreiche von mehrfacher Darm- 
verletzung ete. — Ungünstiger waren die Resultate bei den Fällen von Schuss- 
verwundung, von denen die Gestorbenen sehr schwere Komplikationen, aber auch 
die glücklich Davongekommenen 3 — darunter 1 Fall mit 9 Darm- und 5 Gekrös- 
perforationen — sehr ernste Verletzungen dargeboten hatten. — Des genaueren 
werden dann noch unter Anderem die Zwerchfellwunden besprochen, deren Naht 
Z. von einem Bauchschnitt aus vorsunehmen empfiehlt, um auch die Organe der 
Bauchhöhle auf etwaige Verletzungen untersuchen zu können. — Bei Erörterung 
der Frage, was man thun solle, wenn eine Stich- oder Schussverletsung erst am 
2. oder 3. Tage oder noch später bei vollkommen normalem Befinden in unsere 
Behandlung gelangt, weist Verf. darauf hin, dass der Kranke bei konservativer 
Therapie selbst am 20. Tage noch nicht außer jeder Gefahr der Darmperforation 
sei, und hält den Zeitpunkt von 24 Stunden für die Fortsetzung der exspektativen 
Behandlung für zu kurz bemessen. Kramer (Glogau). 


18) K. Büdinger. Über Stichverletzungen des Bauches. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.) 

B. veröffentlicht einen für die Beurtheilung von Eingeweideverletsungen sehr 
bemerkenswerthen Fall. Ein Mann erhält einen Stich in den Leib. Eine be- 
stimmte Diagnose auf Penetriren in die Bauchhöhle konnte allerdings zur Zeit der 
Aufnahme nicht gestellt werden. 7 Tage besteht Wohlbefinden, dann tritt plötz- 
lich eine ganz akute Verschlechterung ein unter den Symptomen einer Darm- 
perforation. Sofortige Operation. Am Magen zeigt sich eine 11/2 cm lange Wunde. 
Der Bauch ist mit Gasen gefüllt. Gans umschriebene Peritonitis. Naht. Glatte 
Heilung. 

Es hatten sich also hier keine genügenden Verwachsungen gebildet, die einen 
Verschluss der Magenwunde herbeiführen konnten. Merkwürdig ist der späte 
Durchbruch, der wahrscheinlich durch eine Zerreißung der dünnen Verwachsungen 
bedingt ist. Verf. betont die Schwierigkeit der Bestimmung, wie lange man in 
solchen Fällen exspektativ behandeln darf. Bei ‚Schussverletzungen des Bauches 
hält er sofortige Laparotomie indieirt, bei den Stichverletzungen glaubt er unter 


514 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


Umständen warten zu dürfen, bis irgend welche Anhaltspunkte für das Vorhanden- 
sein einer Komplikation greifbar werden, und dass die Aussichten einer sekun- 
dären Laparotomie nicht schlechter wären als die der primären. Wichtig ist die 
genaue Beobachtung solcher Pat. unter dauernder ärztlicher Kontrolle. 

E. Siegel (Frankfurt a MI. 


19) Brun. Appendicite chronique. Resection à froid de l’appendice. 
(Presse méd. 1897. No. 38.) 


Verf., ein entschiedener Anhänger der prophylaktischen Resektion des Wurm- 
fortsatzes im anfallsfreien Stadium, hat diese Operation jetzt 21mal ausgeführt. 
Er theilt seine Erfahrungen kurs mit unter Beifügung von Abbildungen der re- 
seeirten Appendices, welche sehr lehrreich sind und wiederum beweisen, dass 
eben Jeder, der einen Anfall durchgemacht hat, fortwährend in Gefahr schwebt, 
von Neuem einen solchen zu erleben, dessen Ausgang nicht abzusehen ist. 

Unter die 1. Gruppe seiner Fälle fasst B. diejenigen susammen, bei welchen 
pathologische Veränderungen am Processus vermiformis (Verödung, Verdiekung, 
Empyem) allein vorgefunden wurden, und welche allgemein als Appendicitis 
simplex (5 Fälle) bezeichnet werden können. — Schwerere Veränderungen fand er 
in solchen Fällen, wo die Anfälle auch unter stürmischeren und länger dauernden 
Erscheinungen aufgetreten waren, also bei Appendicitis mit cireumseripter Peri- 
tonitis; hier war das Auffinden und die Befreiung des Wurmfortsatzes schwerer 
wegen zurückgebliebener Verwachsungen (7 Fälle). 

Die letzte Gruppe umfasst 9 Fälle von Appendieitis, welche von vorn herein 
einen chronischen Verlauf genommen hatten und oft verkannt waren. Es handelte 
sich hierbei stets um Kinder, die von Zeit zu Zeit mit Schmerzen in der rechten 
Bauchseite, mit oder ohne Erbrechen, mit nur leichten Temperatursteigerungen 
erkrankten, wo die Krankheit oft schon in wenigen Stunden verschwand und kaum 
ein Niederlegen nothwendig machte. Die scheinbare Geringfügigkeit der Erkran- 
kung steht nach B.’s Erfahrungen im Widerspruch mit den pathologischen Ver- 
änderungen, die man in solchen Fällen an den Wurmfortsätzen fand. Dieselben 
waren zwar immer frei beweglich und ohne Verwachsungen, aber stets vergrößert, 
mit verdickten, vaskularisirten Wandungen, mit Ekchymosen, Ulcerationen und 
sehr veränderter histologischer Struktur. Auch solche, scheinbar leichte Fälle 
können durch Perforation und Gangrän zur Peritonitis und zum Tode führen, wie 
Verf. 2mal erlebt hat. Er hält daher, besonders bei der Gefahrlosigkeit des Ein- 
griffs, gerade hier die prophylaktische Resektion für unbedingt indieirt. — Verf. 
hat bei diesen 21 Fällen keinen tödlichen Ausgang erlebt. 

Tschmarke (Magdeburg). 


20) Gesselewitsch. Zwei Fälle von Peritonitis bei Abdominaltyphus. 
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1898. No. 3.) 

Nach Veröffentlichung der oben (p. 503) referirten Abhandlung beobachtete 
G. noch 2mal Peritonitis bei Typhus. 

In dem 1. Falle traten plötzlich die Symptome der diffusen Peritonitis auf. 
Der Kranke lehnte die vorgeschlagene Laparotomie ab; das Befinden besserte sich, 
doch blieb in der rechten Regio iliaca Dämpfung und Druckempfindlichkeit zurück. 
Eine Incision 4 Wochen nach Beginn der Krankheit ergab hier Eiter. Heilung. 
Es handelte sich also um eine umschriebene Peritonitis nach Typhus; ob eine 
Perforation des Darmes bestanden hatte, ist nicht sicher zu sagen, aber unwahr- 
scheinlich. 3 ähnliche Fälle finden sich in der Litteratur. 

Im 2. Falle wird bald nach Eintreten der Symptome allgemeiner Peritonitis 
laparotomirt; Schnitt in der Medianlinie vom Nabel bis zur Symphyse. Man 
findet eine geringe Menge serös-eitriger Flüssigkeit mit Flocken vermischt, ohne 
Geruch. Ein Geschwür ist perforirt, ein zweites in Perforation begriffen. Beide 
Geschwüre werden übernäht; nach allen Richtungen der Bauchhöhle werden zahl- 
reiche Tampons geführt, die Wunde bleibt offen. Tod 43 Stunden nach der Ope- 


H 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 515 


ration. Die Sektion zeigte, dass die Peritonitis umschrieben war; die Operation 
hatte das Ihrige gethan, sie hatte die Peritonitis auf die Umgegend der Perforation 
beschränkt, überall sonst war die Bauchhöhle ganz trocken und. das Bauchfell 
glänzend. Der Tod erfolgte durch Vergiftung mit dem Typhusgift. Dass ähnliche 
Fälle durch Operation heilen können, zeigen noch 2 nach der oben erwähnten 
Arbeit publieirte Fälle. Haeckel (Stettin). 


21) R. O. Adamson and J. C. Renton. The signs and symptoms of 
perforated gastric ulcus, with notes of two cases, in one of which 
operation was successful. 

(Brit. med. journ. 1897. August 21.) 


Die Hauptsymptome, welche auf eine Perforation eines Magengeschwürs hin- 
weisen, sind nach den Erfahrungen der Verff. folgende: Plötzlicher Schmerz (nach 
vorhergehenden Magenbeschwerden) im Epigastrium verbunden mit Collaps, rascher 
Puls, 'rigide Spannung der Bauchmuskeln, Empfindlichkeit auf Druck, ev. noch 
Verschwinden der Leberdämpfung und Schmerzen in den Supraclavicular- und 
Scapulargegenden, welche auf die Beziehungen des N. splanchnicus zu den Inter- 
kostalnerven und sympathischen Spinalganglien, so wie des N. phrenicus zum 
Plexus cervicalis zurückgeführt werden können. Außerdem fand sich noch in den 
beiden referirten Fällen ein deutliches klingendes Geräusch bei der Auskultation 
des Epigastriums. 

Von den 2 laparotomirten Pat. genas die erste, bei der 2—3 Stunden nach 
Eintreten der Perforationssymptome operirt und die Perforationsstelle durch Naht 
geschlossen werden konnte. Bei der 2. Pat. konnte eine Perforation nicht ge- 
funden werden; die Pat. starb. Bei der Sektion zeigte sich eine Verklebung der 
Cardia mit dem Zwerchfell, wodurch eine kleine umschriebene Höhle zu Stande 
gekommen war, in die ein Geschwür der hinteren Magenwand durchgebrochen 
war. Die Verff. treten für möglichst frühzeitige Operation ein. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


22) H. Gross. Ein Fall von Appendicitis perforativa im inguinalen 
Bruchsack. Operation. Heilung. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 260.; 


Der Fall wurde im Altonaer Spital beobachtet und betrifft einen schwächlichen 
41jährigen Mann, seit 26 Jahren mit einem rechtsseitigen reponiblen Leistenbruch 
behaftet. Eine Gonorrhoe führt zu heftiger rechtsseitiger Epididymitis und Funi- 
eulitis, welche rückgängig werden unter Verödung der Bruchpforte am Leistenring, 
aber eine Verdickung am Samenstrang hinterlassen. Als Pat. unter Wieder- 
anlegung seines Bruchbandes die Arbeit wieder aufnimmt, tritt schmerzhafte, ent- 
gündliche Anschwellung ein, die für Tuberkulose angesprochen und operirt wird. 
Nach Spaltung des Leistenkanals zeigt sich der Samenstrang in dicke Schwielen 
gehüllt; am inneren Bruchring wird das Bauchfell geöffnet. Hier wird der Blind- 
darm angetroffen, von dem aus der Wurmfortsatz sich durch den Bruchring in die 
Samenstrangschwiele begiebt. Abtrennung des Wurmfortsatzes vom Blinddarm; 
seine Auslösung vom Samenstrang war der starken Schwielenbildung wegen un- 
möglich, desshalb Kastration. Der Wurmfortsatz hatte unveränderte Schleimhaut, 
eine starke Verdiekung sämmtlicher Schichten, keinen Inhalt, aber 2 Perforationen, 
welche Verf. als Druckgeschwüre in Folge der Applikation des Bruchbandes 
ansieht. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


23) E. Bennecke. Zur Frage der forcirten Taxis. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 12.) 
B. liefert in der vorliegenden Mittheilung aus der Universitätsklinik der Charité 
a Berlin ein Beispiel von der Gefährlichkeit übertriebener Taxis bei eingeklemmten 
ernien. 


516 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


Es handelte sich um einen 4ljährigen, seit vielen Jahren an einem rechts- 
seitigen Leistenbruch leidenden Mann. Nach einer leichten Anstrengung, 2 Tage 
vor der Krankenhausaufnahme, trat der Bruch heraus und war nicht mehr zu re- 
poniren gewesen. 3 Stunden nach der Einklemmung wurden von 2 Ärzten Taxis- 
versuche an dem narkotisirten Kranken gemacht, über deren Art, Dauer und Stärke 
nichts su erheben war, die aber anscheinend von Erfolg begleitet waren, indem 
der Bruch zurückging. Winde und Stuhl stellten sich jedoch nicht ein, überdies 
litt der Kranke an unerträglichen Schmerzen, welche Umstände die Ärzte erst 
2 Tage später bewogen, ihn an die Klinik abzugeben. 

Die sofort vorgenommene Operation zeigte, dass bei den forcirten Repositions- 
versuchen in der Narkose der Bruchinhalt stark in den Leistenkanal gedrückt, 
der Bruchsack gesprengt wurde, worauf Darm und Netz sich eine Höhle zwischen 
Peritoneum parietale und Fascia transversa bezw. Beckenfascie wühlten. Die Ein- 
klemmung blieb natürlich bestehen. Der Mann starb 12 Stunden nach der Ope- 
ration unter den Erscheinungen der Herzschwäche. B. entwickelt schließlich die 
Grundsätze für die Anwendung der Taxis, wie sie in der Klinik König’s geübt 
wird, welche sich mit den allgemein gültigen Regeln für dieses Verfahren im 
Großen und Ganzen decken. Gold (Bielitz). 


24) P. Sick. Ein Fall von Bruchsackruptur durch Trauma. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 265.) 

Eine Beobachtung aus der Greifswalder Klinik. 49jähriger Pat., seit langen 
Jahren Träger eines faustgroßen, reponiblen, nie belästigenden Bruches, stößt sich 
diesen, als er sich bei der Arbeit gegen eine Kiste stemmt. Sofort starker Schmerz, 
Bruch ums Doppelte vergrößert, irreponibel geworden. Da der Zustand unver- 
ändert blieb, ohne dass eigentliche Einklemmungserscheinungen eintraten, Zugang 
in die Klinik Zwecks Operation. Bei dieser zeigt sich der herniöse Darm theils 
in einem eigentlichen peritonealen Bruchsack liegend, theils in einem Pseudo- 
bruchsack ohne Bauchfell, nur von bindegewebigen Hüllen gebildet. Beide Säcke 
kommunieiren durch ein ca. thalergroßes Fenster. Jedenfalls bekam der alte 
Bruchsack bei dem Trauma einen Riss, durch den der von ihm beherbergte Darm 
austrat und sich zwischen den Blättern der Scheidenhaut ein neues Lager bildete. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


25) Neugebauer. Vorübergehende Glykosurie bei incarcerirter Hernie. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1896. No. 37.) 

Verf. beobachtete 2 einschlägige Fälle. Durch weitere Thierexperimente und 
eingehendes Studium der Litteratur kommt er zu dem Schluss, dass die Incarcera- 
tionen oder Abschnürungen des Duodenums, Jejunums allein oder die Incarcera- 
tionen von Brüchen, bei denen ein großer Theil des Dünndarms ausgeschaltet 
wurde, beim Menschen vorübergehende Glykosurie zur Folge haben können. Nach 
Aufhebung des Darmverschlusses verschwindet die Zuckerausscheidung in wenigen 
Stunden. Sie hat keinen schädigenden Einfluss auf den Wundverlauf, und macht 
sich auch die Narkose und deren Folgen nicht in schädlicher Weise geltend. (Die 
interessante Mittheilung dürfte für die Diagnose des Sitzes der Einklemmung 
nicht ohne Werth sein. D. Ref.) Borchard (Posen). 


26) L. Gelpke (Liestal. Gangränöse Hernien, Behandlung derselben 
durch Resektion mittels Murphyknopf — oder Einstülpung und 
Darmnaht. ` 
(Korrespondensblatt für schweizer Ärzte 1897. No. 9.) 
Verf. berichtet über 6 Fälle von Darmbrand wegen Einklemmung, welche er 
im Krankenhaus zu Liestal im Lauf der letzten 9 Monate operirt hatte. 2mal 
wurde der Murphyknopf verwendet (1 Fall, einen 77jährigen kollabirten Mann mit 
Darmperforation betreffend, endete tödlich), bei den übrigen 4 Pat. (umschriebene 
Gangrän von 1-Franc- bis etwa Thalergröße oder streifenförmige Gangrän am 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 517 


Einklemmungsring) wurde einfache Einstülpung der brandigen Partien und Über- 
nähung durch 1 oder 2 Etagen einer fortlaufenden Naht gemacht. Bei der In- 
vagination ist jeder Kontakt mit der Innenwand des Darmes und seinem Inhalt 
absolut ausgeschlossen. Die Gefahr der Darmstenose oder Darmknickung scheint 
bei Innehaltung einer streng abgegrenzten Indikation nicht zu bestehen. Von den 
4 Fällen sind 3 genesen, ohne geit der Operation irgend welche Störung zu zeigen; 
eine 82jährige Greisin verstarb 10 Tage nach der Operation an einer zufälligen 
Komplikation (Pneumonie). Bei der Sektion war in der Bauchhöhle Alles in 
Ordnung, die eingestülpte, 1-Francgroße Darmwand abgestoßen, die betreffende 
Stelle der Darmwand geglättet, die Darmlichtung nicht verändert. Gestütst auf 
seine Erfahrungen, möchte Verf. bei wenig ausgedehnter Gangrän, wie z. B. bei 
Littre'scher Hernie, in Zukunft die brandige Partie, zumal wenn noch keine Per- 
foration vorhanden ist, nicht mehr ausschneiden, sondern einfach einstülpen und 
übernähen. Hinterstoisser (Teschen). 


27) A. P. Selenkow. Über operative Behandlung der Pylorusstenose. 
(Wratsch 1898. No. 8—9.) 

12 Operationen an 11 Kranken. 4 Gastroenterostomien, 2 bei Krebs, 1 bei 
Sarkom, 1 bei motorischer Insufficienz des Magens (+). Tmal Pyloroplastik nach 
Heineke-Mikulics, 5mal wegen Verätzung (1 +), imal wegen Geschwürs (+). 
imal wegen eines chronischen Magenleidens ohne bedeutende Stenose. Im letzten 
Fall wurde zuerst erfolglos nach Loreta operirt. Die Operation nach Loreta 
verwirft S. jetzt vollständig, eben so hält er die partielle Resektion nach C sern y- 
Maurer für überflüssig. Bei Narbenstenose muss die Pyloroplastik gemacht 
werden, in allen übrigen Fällen bei Unmöglichkeit radikaler Entfernung die Gastro- 
enterostomie (nach Hacker). Leichte Nabrung kann (und muss — bei großer 
Schwäche) schon am 2. Tage verabreicht werden. — (2 Fälle von diesen 12 sind 
schon früher ausführlich veröffentlicht worden — von 8. und von Westphalen.) 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


28) T. P. Krassnobajew. Ein Fall von Gastroenterostomie in Folge 
Narbenstriktur des Pylorus bei einem 7jährigen Mädchen. 
(Medicinskoje Obosrenje 1898. No. 1.) 

Anamnese unbekannt, — wahrscheinlich Ulcus rotundum. Eine 6 Monate 
lange interne Behandlung (Magenausspūlungen) brachte bedeutende Besserung, 
doch nur während der Behandlung. Daher schritt K. zur Operation. Der Pylorus 
fand sich weit nach unten verlagert und an der hinteren Bauchwand fixirt. In 
der Pylorusgegend eine ringförmige, kleinfingerdicke Narbengeschwulst. Gastro- 
enterostomie nach Kocher. Der weitere Verlauf ungestört, Heilung nach 2 Wochen. 
Das Körpergewicht war beim Eintritt ins Krankenhaus 15,2 kg, vor der Operation 
18,2 kg, 2 Monate später 20,3 kg. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


29) P. Wollheim (Cairo). Ein seltener Fall von Darmerkrankung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 6.) 

Der in ätiologischer Hinsicht unklar gebliebene Fall betraf einen 42jährigen 
Mann, der, früher stets gesund, plötzlich heftige Schmerzen in der Magengegend 
und Erbrechen theilweise blutig gefärbter Massen bekommen, nach mehreren Mo- 
naten wieder gesund geworden, dann nach längerer Zeit gleiche Erscheinungen mit 
nachfolgender Besserung dargeboten und schließlich abermals erkrankt war, indem 
Schmerzen im Rücken, Gefühl von Vollsein im Leibe, hartnäckige Verstopfung, 
Erbrechen und Aufstoßen auftraten. Jetzt ließ sich bei dem stark abgemagerten 
und geschwächten Pat. in der epigastrischen Gegend eine cystische Geschwulst 
nachweisen, die nach der bräunliche Flüssigkeit ergebenden Punktion und auch 
nach spontanem Verschwinden immer rasch wiederkehrte, ohne dass peritonitische 
Erscheinungen kinzukamen, und bei der schließlich ausgeführten Lnparotomie des 
immer elender gewordenen Mannes sich als ein hämorrhagischer Erguss heraus- 


518 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


stellte, der aus einem 5 cm langen Serosariss einer hinten verwachsenen Dünn- 
darmschlinge am Gekrösansatz stammte. Die Serosa war »enorm erweitert und 
verdünnt, glashell durchsichtig, im Übrigen weder auf der Innen- noch Außenfläche 
pathologisch veränderte, von der Darmmuscularis fast vollständig cirkulär ab- 
gehoben, welch letztere tiefroth, sammetartig und verdickt erschien und an einer 
Stelle nach Wegnahme eines frischen Gerinnsels stark blutete. Umstechung und 
Naht derselben, ohne Naht der sehr rissigen Serosa. Jodoformgazetamponade der 
Bauchhöhle, Naht der Bauchwunde. Rasche Besserung im Befinden des Pat. in 
der ersten Zeit: nach der Operation, dann langsame Erholung nach einem durch 
Koprostase gestörten Verlauf. Heilung. 

Es handelte sich also um einen ätiologisch unklaren Fall von subserösem 
Hämatom des Dünndarms. Kramer (Glogau). 


30) N. W. Petrow. Zur Kasuistik der Dünndarmgeschwülste (Lym- 
phosarkome und Myome). 
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 1. [Russisch.]) 

1) Lymphosarkom des Duodenums und Jejunums. 34jähriger Mann, Krank- 
heitsdauer 4 Monate, Probelaparotomie. Sektion: Geschwulst 17—13 cm groß, be- 
weglich, zwischen die Blätter des Dünndarmgekröses hineingewachsen. Ausgangs- 
punkt: retroperitoneale Lymphdrüsen; dann griff die Geschwulst auf den unteren 
horizontalen Duodenumschenkel über und durchwucherte die Darmwand, so dass 
zuletzt Magen und Jejunum durch einen Hohlraum in der Geschwulst mit einander 
verbunden waren. 

2) Myoma ilei. 37jähriger Mann, 4 Wochen krank. Vielfache Schüttelfröste, 
Tod nach 21 Wochen. 227 cm von der Valvula Bauhini sitst ein gänseeigroßes 
Myom an der Darmwand und ist mit der Wand des kleinen Beckens verwachsen. 
In der Geschwulst findet sich ein Hohlraum, der mit der Darmlichtung durch 
einen fingerdicken Kanal verbunden ist. Metastatische Abscesse in Leber und 
Lungen. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


31) Galeazzi. Ileo acuto da persistenza del dotto onfalo-mesenterico. 
(Gazz. med. di Torino 1898. No. 9.) 

Innere Einklemmung in einem vom Meckel’schen Divertikel und dem Ileum 
gebildeten Ring führte zu Gangrän und tödlicher Peritonitis. Das Divertikel war 
21cm lang, am Ansatz am Darm verengt, weiter ampullenförmig erweitert und 
enthielt hier in eiterähnlicher Flüssigkeit einen Kothstein. Die Wand zeigte 
mikroskopisch die Reste abgelaufener Entzündungen: bereits 3mal vorher waren 
Anfälle von Schmerzen, Erbrechen etc. aufgetreten. G. weist auf die Parallele 
dieser »Divertieulitis« mit einer Appendicitis hin — begründet in der gleichen 
Situation, in welcher Divertikel und die Appendix sich befinden. 

E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


32) G. F. Zeidler. Beiträge zur Pathologie und Therapie des akuten 
Darmverschlusses. 
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 1. [Russisch.)) 

17 Fälle aus der Frauenabtheilung des Petersburger Obuchowhospitals aus 
den letzten 2 Jahren. 8 Strangulationen mit 3 Todesfällen, 7 Obturationen, 4 ge- 
storben; 2 Invaginationen, beide gestorben. Verf. kommt zu folgenden Schlüssen : 
Strangulationen müssen sofort operirt, Obturationen können konservativ behandelt 
werden, doch nicht über 2 Tage. Shock kontraindieirt die Operation nicht, Col- 
laps in späterer Periode nicht immer. Peritonitis ist auch keine Kontraindikation. 
In einigen Fällen von Obturation kann man sich im Anfang mit Anlegen eines 
Kunstafters begnügen. Punktion des geblähten Darmes mit nicht zu dünnem 
Trokar und Entleerung des Darminhaltes durch ein langes Drainrohr erleichtert 
die Operation oft ungemein. Im Gegensatz zu Schlange, der die Peristaltik in 
fixirter Schlinge als Zeichen der Strangulation ansieht, weist Z. auf Peristaltik 


Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 519 


in der am meisten geblähten, auch fixirten Schlinge als auf ein Zeichen des Ortes 
der Obturation hin. So war es in mehreren seiner Fälle. Das Symptom von 
Schlange sah Z. bei Strangulation nie. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


33) N. M. Benissowitsch. Ein Fall von Krebs des S romanum; 
Entfernung der Geschwulst, Bildung einer seitlichen Darmanastomose 
mit Kartoffelplatten, Heilung. 

{Wratsch 1898. No. 4.) 

Der Überschrift ist nur hinzuzufügen, dass bei dem 36jährigen Pat. die Ge- 
schwulst anfänglich für eine solche der Niere gehalten, und daher die Operation 
mit einem Lendenschnitt begonnen wurde. Nach Aufklärung des Sachverhalts 
beschloss man die Darmausschaltung zu machen; da aber der Zustand des Pat. 
nach der Anastomose ein befriedigender war, wurde die Geschwulst mit einem 
20 cm langen Stück Darm resecirt. Anatomische Diagnose: Adenocareinom. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


34) Hochenegg. Zur Therapie des Rectumcarcinoms. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 32.) 

In der ursprünglich als Vortrag für den Moskauer Kongress bestimmten Arbeit 
legt H. seine reichen Erfahrungen auf dem Gebiet des Mastdarmcareinoms nieder. 
Wir entnehmen daraus, dass er im Ganzen 129 Fälle operativ behandelt hat, 34mal 
kolostomirte, in 89 Fällen die sacrale Exstirpation und 6mal die perineale Ampu- 
tation ausführte Die Thatsache, dass die meisten seiner Pat. aus der Provinz 
resp. dem Auslande stammten, giebt dem Verf. Gelegenheit, seiner Genugthuung 
darüber Ausdruck zu verleihen, dass von Seiten der Ärzte etwas mehr für die 
Diagnose der Mastdarmcarcinome gethan wird als früher, wenngleich immer noch 
von besagter Seite grobe Fehler und Versäumnisse zu verzeichnen sind. Die Scheu 
der meisten praktischen Ärzte vor der Digitaluntersuchung des Mastdarmes ist 
meist Schuld daran, wenn bei der vorgeschrittenen Technik gerade dieses Gebietes 
noch so wenig Dauerheilungen seitens der Chirurgen erzielt werden. 

Bezüglich der Diagnostik verweist H. bei den hochsitzenden, oft nur schwer 
abzutastenden Carcinomen auf ein Symptom, welches er noch nirgends angeführt, 
aber dennoch ungemein charakteristisch fand. 

Dasselbe beruht darin, dass man in derartigen Fällen die Ampulle des Mast- 
darmes leer, aber nicht kontrahirt findet, im Gegentheil meist ad maximum bis 
zum Verstreichen der Schleimhautfalten ausgedehnt. Es sei desshalb charak- 
teristisch, weil er es bisher nur bei hohen Mastdarm- und tiefen Flexurcareinomen 
bei bereits beträchtlicher Verengerung gefunden habe. Nach Maßnahmen, die den 
Gasen Abgang verschaffen oder die Muskulatur des Mastdarmes zur Kontraktion 
bringen, kann es auf kurze Zeit verschwinden. 

Bezüglich der Indikationsstellung ist zu erwähnen, dass H. nicht mehr operirt, 
wenn das Carcinom im Becken fixirt ist, und wenn bei Drüseninfektion deren 
obere Grenze mit dem Finger nicht mehr abgetastet werden kann. Verwachsungen 
mit Prostata und Blase, so wie mit Scheide und Uterus geben für ihn keine 
Kontraindikation, da diese Organe im Bedarfsfalle mit exstirpirt werden können. 
Starker Kräfteverfull und Symptome innerer Metastasen schließen den Fall selbst- 
verständlich von der Operation aus. 

Für die Fälle, in denen eine Fixation des Carcinoms besteht, diese aber als 
entzündlich imponirt, schlägt H. erst die Kolostomie vor. In 2 solchen Fällen, 
in denen die Fixation gewichen, machte er in zweiter Sitzung die Exstirpation. 
Symptome des akuten Darmverschlusses geben für ihn auch bei sonst operablem 
Carcinom immer eine Kontraindikation zur Exstirpation und Indikation für Kolo- 
stomie ab. Erst nach vollständigem Verschwinden der Ileussymptome wird das 
Careinom in zweiter Sitzung entfernt, da H. eine Exstirpation bei schr stark ge- 
fülltem, geblähtem oder paralytischen Darm für sehr gefährlich hält. 


520 Centralblatt für Chirurgie. No. 19. 


Was die Technik der Operation anlangt, so wurde ünter 95 Fällen von ope- 
rablem Mastdarmcarcinom 6mal nach Lisfranc operirt; alle Fälle heilten aus, 
1mal Heilung von über 3 Jahren, 2 Operirte starben nach 1 resp. 11,,Jahren an inter- 
kurrenten Krankheiten, von 1 Fall lief keine Antwort ein, 2 Pat. wurden recidiv 
und wurden nach sacraler Methode wieder operirt. Dieselhen sind unter den nach 
letzterer Methode behandelten Fällen wieder mit aufgenommen. 

Sonst wurde stets die sacrale Methode bevorzugt, wie sie H. in einer früheren 
Veröffentlichung (Wiener klin. Wochenschrift 1888 No. 11—16 und 1889 No. 26—30) 
empfohlen hatte, d. h. Verzichtleistung auf die osteoplastische Resektion. Bei 
linker Seitenlage nach rechts konvexer Bogenschnitt, der von der Mitte der linken 
Symphysis sacro-iliaca sum rechten lateralen Rand des Steißbeins sieht. Im Be- 
reich dieses Schnittes wird nach Durchtrennung der Haut bis auf den Knochen 
das Steißbein entfernt und der linke Flügel des Kreuzbeins abgemeißelt, gezwickt 
oder gesägt. Bei tiefsitzenden kleinen und sehr ausgedehnten hohen Carcinomen 
Schnitt in der Mittellinie von der Mitte des Kreuzbeins bis unter das Steißbein, 
Entfernung desselben und bei hoher Lokalisation quere Resektion des Kreuzbeins. 
130 in solcher Weise ausgeführte Sacraloperationen ließen keinerlei Nachtheile 
der Methode erkennen. Bezüglich der sacralen Hernien konnte H. in 2 kon- 
statirten Fällen andere, nicht der Operation zur Last zu legende Momente auf- 
finden. Das centrale Ende wird entweder an Stelle des umschnittenen Afters oder 
knapp unter der Abbeugungsstelle des Kreuzbeins (sacraler After) eingenäht. Der 
Verschluss wird durch eine Pelotte bewerkstelligt, die indess bei sehr fetten 
Leuten im Stich lässt. Unter seinen 89 Fällen sind 46 mit Anus praeternaturalis 
sacralis, davon 42 geheilt, 4 gestorben = 8,7% Mortalität. 

Bei 2 Fällen, in denen der centrale Darmabschnitt nach Witzel resp. Ger- 
suny versorgt wurde, erlebte H. Misserfolge.e Wenn angängig, implantirt er den 
centralen Theil in die künstlich von Schleimhaut entblößt stehen gebliebene 
Analportion, und befestigte denselben durch 2 Nahtreihen, eine von dem After und 
eine zweite von der Wunde aus, oder er evertirt die stehen gebliebene Anal- 
portion, zieht den centralen Theil hindurch und näht außerhalb des Afters. 

Bezüglich der Resultate ist zu erwähnen, dass von 89 innerhalb 10 Jahren 
operirten sacralen Mastdarmexstirpationen 8 Pat. starben = 8,9% Gesammtmorta- 
lität. 3 Fälle davon können nach H.'s Ansicht ausscheiden, da die Todesursache 
in keinem direkten Zusammenhang mit Operation und Wundheilung stand (Bron- 
chitis, Blutung aus Duodenalgeschwür, Embolie am 18. Tage). 3 Fälle von den 
testirenden 5 gingen an Sepsis, 1 an Incarceration, so wie 1 an innerer Ver- 
blutung zu Grunde. Es bleibt dann eine Mortalität von 5 auf 86 Fälle = 5,8%. 

32 Fälle waren recidivfrei, darunter 11 4—10 Jahre, je 3 2 und 3 Jahre, 9 
1 Jahr. Bei 38 recidiv gewordenen Fällen wurden 5mal heftigere Kompressions- 
erscheinungen von Seiten des Darmes beobachtet, die zur Kolostomie zwangen. 
Die Recidive zeigten die Carcinombilder immer im periproktalen Zellgewebe, im 
Darm selbst nur imal eine Wiederholung der Krebsbildung, doch weit oberhalb 
der Nahtstelle. Ein Mann starb an Zungencarcinom, nachdem 11/2 Jahr früher 
das Mastdarmcarcinom exstirpirt worden war. 

Die Dauer von der Operation bis zum Tode durch Recidive betrug 6 Monate 
bis 31/2 Jahre. In einem Falle musste 4 Jahre nach der Resektion wegen Recidivs 
kolostomirt werden. 

H. glaubt nicht, dass in der nächsten Zukunft operativ viel mehr geleistet 
werden kann. »Der Fortschritt muss in der Diagnosenstellung gemacht werden; 
nur die Frühdiagnose des Mastdarmcareinoms wird uns in den Stand setzen, mehr 
Dauerheilungen zu verzeichnen.« Hübener (Breslau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 145), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


dE 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Wöchentlich eine Nummer. ` Preis des Jahrgängs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen aurch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 20. Sonnabend, den 21. Mai. 1898. 


Inhalt: I. W. Kramer, Beitrag zur Pathologie des Meckel’'schen Divertikel.. — 
II. Lammers, Radikaloperation der Hydrocele unter Lokalanästhesie. (Original-Mittheil.) 
1) Ikawitz, Glasdrains. — 2) Kellogg, Resorcin. — 3) Lang, Lupus. — 4) Alvarez, 


Lepra. — DI Fronizak, Plica polonica. — 6) Glover, Skiagramme der Schädelhöhlen. 
— 7) Glantenay, Chirurgie des Centralnervensystems. — 8) Bruns, Hirngeschwülste. — 
9) Gradenigo, Mittelohrentzündung. — 10) Tissier, Geschwülste des Naseninnern. — 


11) Park und Wright, Bakterien der Nase. — 12) Chipault, 13) Wolff, 14) Gayet, Pott- 
scher Buckel. — 15) Bähr, Scoliosis ischiadica. — 16) Mermod, Kehlkopfendoskop. — 
17) Sudek, Brustkorbplastik. 

18) Gallet, Bericht. — 19) Winogradow, Angebotene Geschwulst. — 20) Smith und 
Collis, Äthertod. — 21) Durante, Raynaud’sche Krankheit. — 22) Kumberg, Dermato- 
myiasis migrans. — 23) Brown, Lepra. — 24) Campana, 25) Albers-Schönberg, Lupus. 
— 26) Tommasoil, Hautsarkomatose. — 27) de Lapersonne und Grand, Traumatische 
horizontale Hemianopsie. — 28) Bychowski, 29) Lichtwitz, 30) Szemes, 31) Carette, 
32) Helle, Ohrleiden und ihre Folgen. — 33) Martha, Nasenpolypen. — 34) Gradenigo, 
Choanenverschluss. — 35) Stetter, Glossitis. — 36) Bidone, Angiom der Parotis. — 
37) Souques und Marinesco, Rückenmark:atrophie wegen Fingermangel. — 38) Smith, 
Skoliose. — 39) Krecke, 40) v. Hofmann, 41) Goebel, 42) Paul, Kropf. — 43) Gouguen- . 
heim und Dutertre, Diphtherie. — 44) Koschier, Luftröhrengeschwulst. — 45) Wightman, 
Lungenhernie. — 46) Mlodzejewskl, Endotheliom von Pleura und Perikard. — 47) Rosa, 
Brustbeinsarkom. — 48) Coley, Carcinom und Sarkom bei demselben Individuum. 


I. Beitrag zur Pathologie des Meckel’schen Divertikels, 
Von 
Dr. W. Kramer in Glogau. 


Unter den durch ein Meckel’sches Divertikel veranlassten patho- 
logischen Zuständen sind, abgesehen von den Fällen von eingeklemm- 
ten Divertikelbrüchen, besonders diejenigen bekannter geworden, bei 
welchen es durch Incarceration einer Darmschlinge in einem von 
dem Divertikel durch Verwachsung seines freien Endes mit dem 
Mesenterium, Darm, der Bauchwand etc. gebildeten Ring, durch 
Umschlingung oder Achsendrehung einer Darmschlinge um ein der- 
artig adhärentes Divertikel, durch Abknickung des Darmes durch den 

20 


522 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


Zug eines solchen oder durch Inversion des Divertikels in das Darm- 
lumen zu dem klinischen Bild des Darmverschlusses zu kommen 
pflegt. Wie aus einer kürzlich erschienenen Dissertation von L. Hof- 
mann! ersichtlich, der allein aus der neueren Litteratur ca. 36 der- 
artige Beobachtungen zusammenstellen konnte, sind dies auch in 
der That nicht ganz seltene Vorkommnisse. Auffallenderweise sind 
dagegen in bezw. von einem Divertikel aus entstehende, nach 
Art der Appendicitis des Wurmfortsatzes in ihren verschiedenen 
Formen und Folgezuständen verlaufende entzündliche Processe 
bisher so gut wie unbekannt geblieben. Denn die von Körte? vor 
einiger Zeit berichteten 2 Fälle, in deren einem durch Abklemmung 
eines Meckel’schen Divertikels und nachfolgende Nekrose desselben 
in einem Knäuel von Darmschlingen ein abgekapselter Abscess ge- 
bildet worden, während in dem zweiten durch das Platzen eines mit 
Kirschkernen angefüllten Divertikels allgemeine Peritonitis aufgetreten 
war, sind nicht hierher zu rechnen. — So musste mir ein vor ca. 
21/2 Jahren von mir behandelter Fall in seinem einer eitrigen Peri- 
typhlitis ähnelnden Krankheitsbild geradezu als ein Unicum erschei- 
nen. Ich wurde an denselben wieder erinnert, als ich im Januar 
d. J. einen weiteren Fall zu Gesicht bekam, in welchem das Be- 
stehen einer Eiterung in einem Meckel’schen Divertikel durch die 
Symptome des Ileus vollständig verdeckt war, der durch Hindurch- 
treten einer Darmschlinge durch einen von dem Divertikel gebildeten 
Ring und durch Abknickung an selbigem hervorgerufen war. Zu dieser 
Zeit ersah ich auch aus dem Bericht über den letzten französischen 
Chirurgenkongress, dass Picqué und Guillemot? einen meinem 
ersten in klinischer Hinsicht ähnlichen, in pathologisch-anatomischer 
indess mehr dem eben erwähnten entsprechenden, durch allgemeine 
Peritonitis zum Tode gekommenen Fall beobachtet hatten, ohne 
gleichfalls in der Litteratur weiteres einschlägiges Material gefunden 
zu haben. — Es erscheint mir desshalb angezeigt, meine beiden 
Fälle bekannt zu geben, die in verschiedener Beziehung das Inter- 
esse in Anspruch nehmen dürften. 


Der den ersteren betreffende Pat., ein 40jähriger Arbeiter, war einige 
Tage nach einem (18. August 1895) gegen die rechte Unterbauchgegend erhaltenen 
Pferdehufschlag, nach welchem er zunächst noch weiter gearbeitet hatte, unter 
Erbrechen, zunehmenden Leibschmerzen und Fieber bis 39,5° erkrankt und dess- 
halb dem Krankenhause überwiesen worden (31. August). Allmählich wurde an 
jener Stelle unter den normal erscheinenden Bauchdecken eine ziemlich harte, 
stark druckempfindliche und gedämpften Perkussionsschall darbietende Geschwulst 
fühlbar, welche, einwärts von der Ileoeoecalgegend gelegen, nach oben bis 
2querfingerbreit unter eine durch den Nabel gezogen gedachte Horisontale, median 
bis fast an die Mittellinie und nach unten bis zum Poupart'schen Bande unver- 
sohieblich reichte; im Übrigen erwies sich der nur leicht meteoristisch aufgetriebene 
Leib schmerzfrei. Während das Erbrechen nachließ, dauerten das Fieber und die 


1 Beiträge zur Pathologie des Diverticulum Meokelii. Inaug.-Diss., Kiel, 1897. 
2 Berliner klin. Wochenschrift 1894.®No. 40—42. 
8 Revue de chir. 1897. No. 11. Supplément. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 523 


Schmerzen, durch Eisblase und Opium nur wenig gemildert, fort, obwohl die 
Geschwulst kleiner und weicher wurde und bald deutliche, auchfvom Rectum aus 
nachweisbare Fluktuation erkennen ließ; der Stuhlgang war allmählich durch 
Kiystiere mit geregelt worden. 

Die dem Pat. nunmehr vorgeschlagene Operation wurde von ihm abgelehnt, 
und der Kranke auf seinen dringenden Wunsch am 25. September 1895 nach Hause 
entlassen. Erst als die Geschwulst in die bis dahin über ihm verschieblich ge- 
wesenen Bauchdecken durchgebrochen war und die Haut vorwölbte, gestattete Pat. 
dem ihn weiter behandelnden Arzt einen kleinen Einschnitt in dieselbe, durch den 
sofort in großer Menge schwach fäkulent riechender Eiter abfloss und während 
der folgenden Monate, nachdem das Fieber gesohwunden war, sich weiter entleerte. 
Zu dieser Zeit — März 1896 — erst kehrte der Mann von Neuem ins Kranken- 
haus zurück, wo von mir eine ausgiebige Spaltung der Bauchdecken zur breiten 
Freilegung der Abscesshöhle ausgeführt wurde, ohne dass es dabei gelang, eine 
Kommunikation derselben mit einem Darmtheil nachzuweisen. Der Eiter war in- 
zwischen vollständig frei von fäkulentem Geruch und -Beimischung gewesen. Die 
mit Gase ausgestopften Wunden heilten bei ziemlich reichlicher Sekretion per 
granulationem bis auf einen kurzen fistulösen Gang, der allen Versuchen, ihn zur 
Vernarbung zu bringen, trotste; er verlief 2querfingerbreit oberhalb der Mitte des 
Poupart’schen Bandes nach oben ca. 6 cm lang. 

Es blieb schließlich nichts Anderes übrig, als zur Beseitigung der eit ernden 
Fistel nochmals eine Operation vorzunehmen. Bei dieser (2. Mai 1896) wurde zu- 
nächst Mie Bauchwand längs des sie durchsetsenden Ganges gespalten, der auf 
das stark verdickte Bauchfell führte; nach längerem Suchen gelang es, in lets- 
terem eine kleine fistulöse Öffnung zu entdecken, durch welche die Sonde einige 
Centimeter weit in der Richtung nach oben medianwärts eindrang, um endlich 
auf einen harten Widerstand zu stoßen. Nachdem das Peritoneum im Bereich der 
Fistel vorsichtig eröffnet worden, konnte der eingeführte Finger nachweisen, dass 
die Sonde in einem oa. bleistiftdicken Strang steckte, der mit seinem Ende in 
einer Ausdehnung von 4cm an der Serosa fixirt war und in der Richtung nach 
oben medianwärts verlief; ihn weiter zu verfolgen, war zunächst unmöglich, da 
in seiner Umgebung auch Darmschlingen an dem Bauchfell angewachsen waren. 
Nach Erweiterung der in letzterem angelegten Öffnung und vorsichtiger Ablösung 
der in der Nähe anhaftenden Dünndärme ließ sich ermitteln, dass der erwähnte 
Strang, 10 cm lang, nach der Konvexität einer Dünndarmschlinge hinzog und an 
ibr in letztere überging, ein echtes Meckel’sches Divertikel darstellend; 
dass es sich nicht um den Processus vermiformis handelte, war mit Sicherheit 
zu erkennen, indem dieser am Coecum nach außen oben umgeschlagen und fixirt 
vorgefunden wurde. Ablösung des Divertikels von der parietalen Serosa, doppelte 
Ligatur an seinem Halstheil, Resektion; Übernähung des Stumpfes mit Bauch- 
fell, Einstülpung ia die Konvexität der Darmwand mit nachfolgender Anlegung 
einer 2reihigen Lembert’scohen Serosanaht über ihm. Naht des Bauchfells und 
der Bauchdeckenwunde bis auf eine kleine Stelle an ihrem unteren Theil. Un- 
gestörte Heilung innerhalb 3 Wochen. Andauernd gutes Befinden des Mannes. 

Die Untersuchung des reseoirten Divertikels ergab starke Schwellung und 
Röthung der ihn auskleidenden, alle Charaktere der Darmschleimhaut aufweisenden 
Schleimhaut, auf welcher stellenweise etwas Eiter lag, und in sie fest eingebettet, 
das enge Lumen des Divertikels vollständig verschließend, einen glatten Apfel- 
oder jBirnenkern; die enge Fistelöffnung, welche mit der äußeren Wunde 
kommuniecirt hatte, lag 2 cm von der Spitze des Divertikels entfernt, die etwas 
kolbig aufgetrieben war. 


Dass in dem vorliegenden Falle das Krankheitsbild mit dem 
einer PerityphlitisgroßeÄhnlichkeiten hatte, bedarf wohl keines 
weiteren Nachweises. Durch Gegenüberstellung der einzelnen Symptome 
des ersteren und der letzteren. Allerdings musste Angesichtsdessen, dass 

Zus 


524 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


ein dierechte Unterbauchgegend treffendes Trauma vorausgegangen, nach 
welchem sich die ersten Erscheinungen lokaler exsudativer Peritonitis 
allmählich entwickelten, auch an die Möglichkeit gedacht werden, 
dass dieselbe von einer kleinen Kontusionsstelle irgend einer anderen 
Darmpartie aus ihren Ursprung genommen habe. Aber der weitere 
Verlauf bis zur Entleerung nur schwach fäkulent riechenden Eiters 
aus dem nach außen durchgebrochenen Abscess sprach zu Gunsten 
der Annahme, dass der letztere von dem kontundirten Wurmfortsatz 
aus entstanden sei. Dass auch diese Vermuthung nicht richtig 
war, sondern ein Meckel’sches Divertikel den Ausgangspunkt dar- 
stellte, erwies erst der zweite operative Eingriff, der zugleich auch 
erkennen ließ, dass die Heilung der nach dem ersten zurückgebliebe- 
nen Fistel durch einen in dem Divertikel eingebetteten, aus dem 
Dünndarm in ihn hineingelangten kleinen Fremdkörper verhindert 
wurde. Ohne diesen wäre wahrscheinlich der Verschluss der durch 
Nekrose der Quetschungsstelle in der Divertikelwand gebildeten, mit 
den Bauchdecken verwachsenen Öffnung in jener von selbst erfolgt 
und es zu der aufklärenden letzten Operation nicht gekommen. 

Konnte bei dem Pat. der vorstehenden Krankheitsgeschichte die 
Entwicklung der intraperitonealen Eiterung, freilich ohne die rich- 
tige Diagnose ihrer Herkunft von einem Meckel’schen Divertikel, 
fast von Anfang an verfolgt werden, so wies in meinem 2. Falle 
nichts auf das gleichzeitige Vorhandensein einer solchen neben den 
das Krankheitsbild beherrschenden Ileuserscheinungen hin. 


Der 18jährige Pat, ein Handlungsgehilfe, war zu Ende v. J., früher stets 
gesund, wenn auch von jeher an Obstipation leidend, plötzlich ohne Fieber mit 
kolikartigen Schmersen im Leibe erkrankt, su denen nach einigen Tagen Erbrechen 
hinzutrat; auf hohe Eingießungen war weder Stuhlgang, noch Abgang von 
Blähungen zu erzielen gewesen. Als der junge Mann ins Krankenhaus aufgenom- 
men wurde, erwies sich das Erbrechen bereits als fäkulent, der Schmerz auf die 
rechte Unterbauchgegend beschränkt, die Temperatur, wie vorher, normal, der 
Puls kräftig, mäßig beschleunigt. An der genannten Stelle, einwärts von der 
Ileocoecalgegend, war eine vermehrte, schmerzhafte, leicht gedämpften Schall 
zeigende Resistenz zu tasten; die Peristaltik war in den umgebenden Därmen 
deutlich nachweisbar, der etwas aufgetriebene Leib, abgesehen von jener Partie, 
nicht druckempfindlich, Rectum und Bruchpforten frei. 

Bei der Erfolglosigkeit der angewandten Magenausspülungen und hohen 
Klystiere ete. wurde, in der Annahme, dass der Sitz des bestehenden Darm- 
verschlusses in der reohten Unterbauchgegend zu suchen sei, bei dem in gutem 
Kräftezustand gebliebenen Pat. am 5. Januar d. J. sur Laparotomie, rechts von 
der Linea alba, geschritten und sofort an jener Stelle das Hindernis entdeckt. Es 
war durch einen in der Tiefe unbeweglich fixirten, weiten Ring eine lange, mäßig 
aufgetriebene Dünndarmschlinge hindurchgetreten, nicht eingeklemmt, um einen 
den ersteren bildenden Strang herumgeschlagen und dadurch abgeknickt. Die Ab- 
knickung ließ sich leicht beseitigen, die sonst gesund aussehende, nar mäßige 
Injektion der Seroga zeigende Schlinge aus dem Ring hervorsiehen und nun fest- 
stellen, dass der letztere von einem 12 cm langen Meckel’schen Divertikel 
gebildet wurde, das von der Konvexität einer Dünndarmschlinge ausging und mit 
seinem ampullenförmigen, prall gefüllten Ende durch frische fibrinöse und 
durch alte derbe Verlöthungen an der Radix mesenterii adbärirte. Eine Schnür- 
furche war am Darm nicht erkennbar; es bestand keine allgemeine Peritonitis. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 525 


Nach Trennung jener frischen Adhäsionen wurde das Divertikelende am Mesen- 
terium umsohnitten und vorsichtig ausgelöst, die. an letzterem gesetzte Wunde 
durch Nähte vereinigt, sodann, nach doppelter Unterbindung am Darm und Durch- 
schneidung, das ganze Divertikel entfernt, sein Stumpf in die Darmwand ein- 
gestülpt und durch mehrere Serosasuturen ühernäht. Sohluss der Bauchwunde. — 
Pat. erholte sich von der kaum istündigen Operation rasch, war frei von allen 
Beschwerden, hatte am 3. Tage spontan Stuhlgang, niemals mehr Erbrechen und 
konnte nach pr. int.-Heilung der Wunde und fieberlosem Verlauf am 9. Februar 
d. J. entlassen werden. 

Das exstirpirte Divertikel bot nun folgenden auffallenden Befund: Aus seinem 
peripheren Ende, welches den Umfang einer großen Pflaume hatte, und dessen 
Berosa stark injioirt und mit einer zarten Fibrinschicht bedeckt war, entleerte sich 
beim Einschnitt dicker gelber Eiter von etwas fäkulentem Geruch, reichlich 
Bacterium coli enthaltend. Die Schleimhaut war stark geröthet und geschwollen, 
nicht uloerirt, an der Stelle, wo die ampullenförmige Auftreibung begann, narbig 
verändert, das Lumen hier völlig verschlossen; der übrige, ca. 7 cm lange Ab- 
schnitt des Divertikels war bleistiftdick, seine Schleimhaut von fast normalem 
Ce und Beschaffenheit der Darmschleimhaut, ein Fremdkörper nicht vor- 
handen. 


Der geschilderte Fall ist in zweifacher Hinsicht interessant: ein- 
mal dadurch, dass es in ihm durch Hindurchtreten einer Dünn- 
darmschlinge durch einen von einem Meckel’schen Diver- 
tikel gebildeten Ring und durch Abknickung an selbigem zu 
einem sich langsam entwickelnden Ileus gekommen war, und weiterhin 
durch den Befund eines partiellen Empyems des Divertikels, 
ohne dass dadurch besondere klinische Erscheinungen gesetzt waren. 
Wie lange diese Eiteransammlung bestanden haben mochte, darüber 
ist somit auch nichts Sicheres anzugeben; es kann nur vermuthet 
werden, dass die vorgefundene Verlöthung des Divertikellumens, als 
Folge früherer Geschwürsbildung an der Stelle, zu Sekretstauung n 
dem seit Längerem schon adhärenten Ende des Divertikels, un. 
wahrscheinlich wenig virulente Keime (Colibacillen) zu einer eitrigen 
Umwandlung des Sekrets geführt haben. Es handelte sich also um 
einen dem Empyem des Wurmfortsatzes ähnlichen pathologisch-ana- 
tomischen Befund, wie er auch in dem von Picqué und Guillemot 
beschriebenen Falle gemacht worden ist. Während in diesem aber 
das ganze Krankheitsbild, eine Appendicitis processus vermiformis 
vortäuschend, sich als abhängig von der Eiterung im Divertikel und 
der, sich daran anschließenden ‚allgemeinen Peritonitis er- 
wies, lag für die Annahme einer solchen in meinem Falle Angesichts 
seines völlig fieberlosen Verlaufs nicht der geringste Anhaltspunkt 
vor, und bestanden nur die Symptome des sich allmählich entwickeln- 
den Darmverschlusses. Andererseits ist nicht zu bezweifeln, dass die 
durch letztere veranlasste rechtzeitige Operation den Pat. von der 
weiteren Gefahr des Platzens der Eitereyste des Divertikels be- 
wahrt hat. 

Fassen wir das sich aus den von mir mitgetheilten Beobachtungen 
und der der französischen Autoren Ergebende zusammen, so beweisen 
sie, dass auch das Meckel’sche Divertikel der Ausgangspunkt von 
eitrigen Processen zu sein vermag, die unter dem Bild einer akuten 


526 Centrafblatt für Chirurgie. No. 20. 


Entzündung des Wurmfortsatzes, aber auch latent, wie manche sich 
chronisch entwickelade Entzündung des letzteren, verlaufen und zu 
den nämlichen Zuständen, wie die Appendicitis, führen können. 

Auch mit diesen neuen Erfahrungen stellt sich mithin das- 
Meckel’sche Divertikel als eine des öftern nichts weniger als un- 
schuldige Abnormität dar, als welche es nach den Befunden von 
Kelynackt, in denen ein solches Divertikel in zahlreichen Fällen 
keinerlei Störungen verursacht hatte, erscheinen könnte. 


II. Radikaloperation der Hydrocele unter Lokal- 


anästhesie, 
Von 
Dr. Lammers in Herde. 


Die Operation der Hydrocele mit Ausschälung der Tunica vagi- 
nalis bis an den Hoden lässt sich wohl schmerzlos nach dem Ver: 
fahren Schleich’s ausführen. Die ziemlich zeitraubende Infiltration 
um den Scheidenhautsack herum kann man jedoch entbehren, wenn 
man die Innenfläche des Sacks mit einer stärkeren Cocainlösung 
einfach überspült. Irgend wie bedeutende Mengen Cocain werden: 
dabei nicht aufgenommen, und Vergiftungserscheinungen treten 
nicht auf. 

Bei einer Reihe von Kranken führte ich die Operation in fol- 
gender Weise ganz schmerzlos aus: Nach Infiltration der Scrotalhaut 
mit Schleich’scher Lösung II wird die Haut in genügender Aus- 
dehnung bis auf die Tunica vaginalis gespalten; die Tunica etwa 
3 cm lang durchtrennt, das Wasser abgelassen; in den leeren Sack 
10 ccm einer 4%igen (2% event. auch stark genug) Cocainlösung ein- 
gegossen und unter Zuklemmen der Eingussöffnung 2 Minuten die 
Innenfläche gleichmäßig bespült, indem man den Sack bewegt, aber 
keinen Druck ausübt. Dann wird die Flüssigkeit ausgegossen, und 
nach gänzlicher Spaltung der Tunica der Rest abgewischt. Die Aus- 
schälung der Scheidenhaut lässt sich danach schmerzlos machen. 

Es fließt kaum weniger Cocainlösung ab, als man eingegossen 
hatte und sicherlich dringt bei dieser Operation viel weniger ins 
Blut als bei jeder Anästhesirung der Blase vor einem galvanokau- 
stischen Eingriffe. 


1) Ikawitz. Über abgeschlossene Glasdrainröhren. 
(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LVI. Hft 2.) 
Verf. rügt an den Chassaignac’schen Gummidrains und auch 
an den von Kocher empfohlenen Glasabflussröhren mancherlei 
Nachtheile und empfiehlt die von ihm erfundenen Sekretauffänger 


4 Brit. med. journ. 1897. August 21. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 527 


aus Glas, welche geraden oder gebogenen Reagensröhrchen ähnlich 
sehen und event. mit seitlichen Öffnungen versehen sind. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


2) Kellogg (New Orleans). Resorcin in dermotherapy, histo- 
logical researches upon its action on the healthy skin. 
(St. Louis med. and surg. journ. 1897. Beptember.) 

K. bat an Thieren und Menschen histologische Untersuchungen 
über die Einwirkung von Resorein auf die Haut gemacht, indem er 
es in alkoholischer Lösung mehrmals täglich einrieb. Es zeigt sich 
zunächst, dass selbst bei energischer Anwendung das Resorcin nur 
eine mäßig tiefe Wirkung hat, nur eine oberflächliche Nekrose er- 
zeugt. Diese erstreckt sich stets über die Hornschicht und durch 
sie hindurch, ändert die Kömerschicht und selbst noch die ober- 
sten Theile der Riffzellenschicht in eine hornartige gleichmäßige 
Masse, welche aber doch von der wirklichen Hornschicht verschieden 
ist. Dieser nekrotische Vorgang begrenzt sich von selbst, indem 
sich an der Oberfläche unter jenen nekrotisch gewordenen Abschnitten 
eine normale Horn- und Körnerschicht bildet. Dabei wird auf die 
Cutis nur ein mäßig entzündlicher Reiz ausgeübt, im Gegensatz zu 
anderen Mitteln, z. B. der Pyrogallussäure. Alle diese Eigenschaften 
bewirken, dass das Resorein das ideale Desquamationsmittel ist, 
welches Sicherheit mit Milde der Wirkung vereint. Daher ist es in 
starken Dosen angezeigt bei trocknen Ekzemen, besonders des Ge- 
sichts, bei Psoriasis, Epitheliom u. dgl., und zwar allein oder mit 
Salicylsäure zusammen in Form einer 10—50%igen Zinkpaste. In 
schwacher Dosis aber, als 1—2,5 iger Zusatz zu Mitteln gegen Ekzem 
erzeugt es nur Abstoßung der oberflächlichen Hornlamellen und wird 
daher zweckmäßig angewendet bei Seborrhoe und nässendem Ekzem 
zumal im Gesicht bei Alopecia pityrodes und rosacea u. dgl., wobei 
es auch ganz geruch- und farblos ist. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


3) Lang. Der Lupus und dessen operative Behandlung. 
Wien, Josef Šafář, 1898. 

Wie wenig die Nothwendigkeit der Exstirpation des Lupus bis 
vor einiger Zeit in das allgemeine chirurgische Bewusstsein über- 
gegangen war, erhellt deutlich aus der an den Vortrag Volkmann’s 
auf dem Chirurgenkongress 1885 angeschlossenen Diskussion. Verf. 
hat jetzt 6 Jahre fleißiger Arbeit der Ausarbeitung der Exstirpations- 
methoden des Lupus gewidmet. Nachdem er bereits in vielfachen 
Publikationen über seine Erfolge berichtet, bietet das vorliegende 
Buch eine Zusammenfassung und Erweiterung dieser Berichte. Aber 
es beschränkt sich nicht auf das, was der bescheidene Titel verspricht. 
Eine neue Klassificirung der Tuberkulose (Scrophuloderma, Lupus, 
Tuberculosis cutis verrucosa, Tuberculosis cutis miliaris, tuberkulöse 
Geschwülste der Haut, von welch letzteren einige klassische Bei- 
spiele mit aufgeführt werden) bietet das 5. Kapitel. Geschichte, 


528 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


Pathogenese und Histologie des Lupus, von dem Verf. die infiltrirende 
und die Herdform unterscheidet, werden ausführlich besprochen. L. 
hat bisher 52 Fälle operirt, von denen 35 als lange genug beobachtet 
verwerthet werden können. 24 Pat. blieben recidivfrei; 4 bekamen 
neuerlich zwar Lupus, aber kein lokales Recidiv. Frühere Behand- 
lungsmethoden erzielten auch nicht annähernd gleich günstige Resultate. 

Die Arbeit enthält in Kasuistik und Schilderung viel werth- 
volles Detail. . 

Obwohl die nicht operativen Behandlungsweisen des Lupus kurz 
aufgeführt werden, geschieht der von dem belgischen Arzte Assel- 
berghs inaugurirten Behandlung mit Kalomelinjektionen, deren. Er- 
folge auch von französischer und italienischer Seite bestätigt sind, 
keine Ewähnung. Dreyer (Köln). 


4) Alvarez. A new method of bacteriological diagnosis of 
leprosy. 
(Pacific med. journ. 1898, Januar.) 

Ein kleines Stückchen Haut wird in physiologischer Kochsalz- 
lösung abgespült und dann in einem Mörser verrieben, wobei "zur 
Verhinderung des Austrocknens die Kochsalzlösung tropfenweise zu- 
gesetzt wird. Die erhaltene feine Vertheilung thut man gut, zum 
Absetzen der festen Theile entweder zu centrifugiren oder etwa 
24 Stunden stehen zu lassen, zumal wenn spärlicher Bacillengehalt 
vorauszusetzen ist. Von dem Bodensatz macht man Ausstrichpräparate, 
trocknet sie an der Luft, fixirt.noch über einer Flamme und färbt 
mit Karbolfuchsin, indem man es 2—3 Minuten lang erwärmt, 
wäscht mit Wasser aus, entfärbt und bewirkt Grundfärbung mittels 
der Gabbet’schen Lösung von Methylenblau mit Schwefelsäure für 
30 Sekunden, wäscht wieder aus, trocknet mit Filtrirpapier und 
bettet nun in Kanadabalsam ein. Die Bacillen erscheinen dann 
roth in blauem Grunde. Ist ein in Spiritus aufbewahrtes Präparat zu 
untersuchen, so muss man es in Wasser vorher auswaschen. In zweifel- 
haften Fällen kann man die Bacillen auch besser finden, wenn man 
das Präparat vor dem Verreiben kocht oder ihm Verdauungsfermente 
zusetzt. Diese Methoden ermöglichen oft noch Bacillen aufzufinden, 
wo man sie in einfachen Schnittpräparaten nicht mehr findet. Da- 
bei sind sie oft kürzer und dicker, etwas unregelmäßig geformt und 
gefärbt, zeigen nicht selten Hohlräume; sie sind wohl als abgestorben 
anzusehen. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


5) Fronizak (Buffalo). Plica polonica; a review of the 
literature on plica polonica. 
(St. Louis med. surgery journ. 1897. December u. 1898. Januar.) 

Der vorliegende Artikel giebt eine sehr ausführliche Darstellung 
der Anschauungen über die sogenannte Plica polonica, welche sehr 
lesenswerth und mit Abbildungen ausgestattet ist. Schließlich stellt 
Verf. in Aussicht, später eigene Untersuchungen zu veröffentlichen, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 529 


da er über ein nicht unerhebliches, von ihm selbst angesammeltes 
Material verfüge, wohl geeignet, der Plica polonica den ihr zu- 
kommenden Platz unter den Krankheiten anzuweisen. 
TEN Lühe (Königsberg i/Pr.). 
6) J. Glover. Radiographie des cavités craniennes. 
(Arch. intern. de laryngologie 1898.) 

Verf. geht von der bekannten Thatsache aus, dass es zwar leicht 
ist, einen Fremdkörper, z. B. ein Geschoss, im Schädelinnern nach- 
zuweisen, dagegen außerordentlich schwierig, ihn nachher darin so 
genau zu lokalisiren, dass er von der Hand des Chirurgen ohne Um- 
stände gefunden werden kann. Er hat sich, um dies in Zukunft 
durch ein genaues Studium zu erleichtern, der Mühe unterzogen, 
11 verschiedene Aufnahmen von einem präparirten Schädel zu 
machen und vier davon zu veröffentlichen. Diese wohlgerathenen, 
sehr instruktiven Bilder zeigen sehr gut das anatomische Verhalten 
der verschiedenen Schädelhöhlen zu einander und zu den einzelnen 
Schädelknochen, z. B. des Sinus frontalis, Antrum Highmori ete. 

H eg Dumstrey (Leipzig). 

7) Glantenay. Chirurgie des centres nerveux. 
Paris, Bailliöre et fils, 1897. 300 p. 

Das Buch ist ein Theil des von oben genannter Buchhandlung 
herausgegebenen Sammelwerkes »Therapeutique chirurgicale« und 
soll in erster Linie für den Praktiker sein, der in ihm alles Wissens- 
werthe und den jetzigen Stand unserer Kenntnisse auf diesem Ge- 
biete kurz zusammengefasst finden soll. Verf. ist daher auch auf 
die Erörterung von Streitfragen, Hypothesen oder Theorien nicht 
eingegangen. Das Buch zerfällt in 2 Theile, deren 1. das Gehirn 
behandelt; der andere ist dem Rückenmark gewidmet. Die aus- 
ländische, speciell die deutsche neuere Litteratur ist nur in sehr be- 
schränkter Weise berücksichtigt worden. Eigenartig berührt es, 
dass jeder Theil mit einer ausführlichen Beschreibung der Operations- 
technik eingeleitet wird, und dass dann erst die einzelnen Krank- 
heiten durchgesprochen werden, bei denen jene zur Anwendung 
kommen soll. Bei der Trepanationstechnik finden die von Doyen 
angegebene temporäre Hemikraniektomie und die Instrumente von 
Farabeuf-Collin zur Vergrößerung der Trepanationsöffnung ein- 
gehende Besprechung. Das akute Gehirnödem nach Trepanation 
wird vom Verf. nur als ein in Ausnahmefällen vorkommendes Er- 
eignis bezeichnet. 

Den breitesten Raum des 1. Theils nehmen die traumatischen 
Veränderungen ein, während die intrakraniellen entzündlichen Er- 
krankungen und die Epilepsie sehr kurz behandelt werden. Besonders 
stiefmütterlich wird stets die pathologische Anatomie bedacht. Über 
Schussverletzungen ist auch nur wenig gesagt. Ein etwas breiterer 
Raum ist wieder den Hirngeschwülsten gegönnt, bei ihnen sind auch 

20** 


530 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


werthvolle statistische Angaben gemacht. Sehr übersichtlich und 
klar ist das Kapitel über die Symptome, welche Verf. in psychische 
und funktionelle eintheilt, über die Lokalisation und Differentialdiagnose. 
Der palliativen Trepanation bei inoperablen oder unauffindbaren Ge- 
schwülsten redet Verf. das Wort. 

Im ı. Kapitel über die Chirurgie des Rückenmarks wird die 
Technik der Punktion des Wirbelkanals nach Quincke sehr aus- 
führlich und klar dargestellt, ferner die hintere Tepanation nach 
Ollier und die seitliche nach Chipault. Den breitesten Raum 
nehmen auch hier die Brüche und Verrenkungen ein; für die Loka- 
lisation der Rückenmarkverletzungen ist eine gute Tabelle beigefügt. 
Von den nicht traumatischen Erkrankungen ist am besten und ein- 
gehendsten die Spina bifida behandelt. 

Es kann nicht in der Aufgabe des Referates liegen, noch mehr 
Einzelheiten anzuführen. Im Allgemeinen giebt die Darstellung der 
Erkrankungen des Gehirns und ihrer operativen Therapie ein Bild 
des jetzigen Standes der Wissenschaft, so dass das Buch in der That 
zur schnellen Orientirung wohl geeignet erscheint. Denjenigen aber, 
welche sich mit Gehirnchirurgie, besonders in Bezug auf die Ope- 
ration der Geschwülste, Epilepsie, Mikrocephalie, Hydrocephalus etc. 
befassen, müssen ausführlichere und bessere Specialwerke, an denen 
es nicht fehlt, zu Gebote stehen. 

Im Übrigen ist das Buch gut ausgestattet, die Abbildungen sind 
einfach, aber klar und schematisch gehalten. 

Tschmarke (Magdeburg). 


8) L. Bruns (Hannover). Über einige besonders schwierige 
und praktisch wichtige differentielldiagnostische Fragen in 
Bezug auf die Lokalisation der Hirntumoren. 

(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 45 u. 46.) 

Im 1. Theil wird die Differentialdiagnose zwischen Stirnhirn- 
und Kleinhirngeschwülsten besprochen, die bekanntlich zu den häufig- 
sten gehören. Eine möglichst sichere Differentialdiagnose gerade 
dieser Geschwülste ist praktisch wichtig, da erstere eine relativ gute 
Prognose für die Operation geben, letztere vorläufig als inoperabel 
zu gelten haben, einmal aus rein technischen Gründen, dann aber 
auch, weil die Entscheidung unmöglich ist, ob die Geschwulst den 
Hirnstamm nur komprimirt oder in denselben hineingewachsen ist. 

Die Schwierigkeit der Differentialdiagnose liegt darin, dass nicht 
nur die Kleinhirngeschwülste Gleichgewichtsstörungen bedingen, wie 
man vielfach annahm, sondern, dass die gleichen Symptome (Ataxie, 
Schwindel) auch den Stirnhirngeschwülsten zukommen. Die Diagnose 
muss desshalb auf die Nachbarschafts- und Allgemeinsymptome ge- 
gründet werden; das ist aber bei genügender Sorgfalt sehr wohl 
möglich. Diese Symptome im Einzelnen wiederzugeben, würde den 
Rahmen eines Referats weit überschreiten, und ein Auszug ohne die 
nöthige Begründung würde unverständlich bleiben. Die Symptome 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 531 


sind vom Verf. in außerordentlich klarer, übersichtlicher Weise 
tabellarisch neben einander gestellt. Es kann nur empfohlen werden, 
vorkommenden Falles diese Tabelle zu Rathe zu ziehen. 

Im 2. Theil bespricht B. die lokaldiagnostische Bedeutung der 
homonymen Hemianopsie. An sich ist dieselbe gering, da jede Stö- 
rung auf der ganzen Länge der optischen Leitungsbahn vom Chiasma 
bis zur Oceipitalhirnrinde Hemianopsie bedingen kann. Eine ganz 
unkomplicirte Hemianopsie, ev. auch eine mit optischen Reizerschei- 
nungen, Hallucinationen, Seelenblindheit komplicirte, ist charakte- 
ristisch für den Oceipitallappen selbst. Ist sie rechtsseitig und von 
vorn herein mit Alexie und optischer Aphasie komplicirt, so sitzt 
die Geschwulst im Mark des linken Occipitallappens, ist also absolut 
inoperabel. 

Im 3. Theil bespricht Verf. die Bedeutung der Schädelperkussion, 
Empfindlichkeit, Tympanie, Bruit de pot fele. Sind diese Symptome 
ausgeprägt und ausgedehnt, so sind sie für die Allgemeindiagnose 
»Geschwulst«, sind sie circumscript, für dessen Lokaldiagnose von 
großer Bedeutung. Grisson (Hamburg). 


9) G. Gradenigo. Sur les complications endocraniennes des 
otites moyennes purulentes. 
(Ann. des malad. de l'oreille. 1898. p. 129.) 

Zusammenfassung der Ansichten, die G. über Diagnostik und 
Behandlung dieser Erkankungen sich gebildet hat. ` Die Details 
lassen sich im Referat kaum wiedergeben, nur einige Bemerkungen 
seien hier referirt. Bei der Sinusthrombose findet G. als die häu- 
figsten Symptome, von denen jedes einzelne aber gelegentlich fehlt, 
das pyämische Fieber, Nackenstarre, bisweilen Steifigkeit der Mus- 
keln auf der betreffenden Seite, Schwindel und Erbrechen, Schling- 
störungen: letztere sind bei Fehlen entzündlicher Veränderungen am 
Rachen sehr wichtige Zeichen, von denen G. annimmt, dass sie von 
sekundären tiefen Halsabscessen herrühren (? Ref., wohl eher kolla- 
terale entzündliche Processe am Glossopharyngeus!). Leptomeningitis 
ist häufig durch Labyrintherkrankung bedingt. G. ist in Fällen von 
Labyrinthitis gegen eine Operation, die nach seinen Erfahrungen eher 
die Infektion der Meningen fördert. — Was die operative Technik 
angeht, betont G., dass gelegentlich eine wandständige oder auf den 
Bulbus jugularis beschränkte Thrombose auch bei der Probepuuktion 
oder Probeincision des Sinus unentdeckt bleiben kann: man müsse 
dann, wenn pyämisches Fieber den Verdacht auf Thrombose nahe 
legt, die Jugularis unterbinden, auch wenn kein Thrombus im frei- 
gelegten Sinus gefunden wurde. — Beim Hirnabscess sei, wenn ein 
sehr komplicirter Eingriff dem Pat. nicht zugemuthet werden könnte, 
die sofortige Schädeleröffnung zunächst zu machen, das Schläfenbein 
eventuell erst später operativ zu behandeln. Kümmel (Breslau). 


532 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


10) P. Tissier. Tumeurs du nez et des sinus. 
(Ann. des malad. de Y'oreille 1898. p. 1.) 

T. giebt eine sehr sorgfältige und wegen ihrer reichen Littera- 
turangaben werthvolle Übersicht dessen, was über Geschwülste des 
Naseninneren bekannt ist. Zum Referat eignet sich die interessante 
Arbeit wegen der vielen Details nicht. Kümmel (Breslau). 


11) W. H. Park et J. Wright. Les microbes du nez. 
(Ann. des malad. de l'oreille 1898. p. 113.) 

Verff. konstatiren, dass über den Bakteriengehalt der gesunden 
Nasenhöhle die widersprechendsten Mittheilungen vorliegen. Da 
früheren Experimenten von W. der Vorwurf gemacht werden konnte, 
dass der bakterienreiche Naseneingang die damals in jedem Falle 
vorgefundenen Organismen geliefert hätte, haben die Verf. unter 
sorgsamsten Vorsichtsmaßregeln Schleim aus dem Naseninneren von 
36 gesunden Individuen entnommen; es ergaben sich nur in 6 Fällen 
keine Kulturen, in den übrigen eine verschieden große Menge lebens- 
fähiger Organismen. Streptokokken dabei nicht gefunden; dagegen 
bei 60% einer Reihe von Kindern in einem Asyl, deren Nasen- 
schleim untersucht wurde. Gegen die baktericide Kraft des Nasen- 
schleims spricht nach den Verff. die Thatsache, dass Diphtherie- und 
Pseudodiphtheriebacillen in der Nase von Rekonvalescenten lange 
nach der Krankheit noch vorgefunden werden können; auch 3 der 
erwähnten 36 Individuen (und zwar Studenten der Medicin, die mit 
Diphtheriekranken zu thun gehabt hatten) hatten Diphtheriebacillen. 
Eine für Kaninchen hochvirulente Streptokokkenkultur, in die Nase 
von Kaninchen gebracht, tödtete diese in 2 bis 3 Tagen durch Sept- 
hämie. AufStreptokokken, Staphylokokken, Diphtherie- und Pseudo- 
diphtheriebacillen wirken steril aufgefangener, bezw. bei 55° C. fraktio- 
nirt sterilisirter Nasenschleim nicht ein, während er Milzbrandkul- 
turen stark schädigte. Kümmel (Breslau). 


12) Chipault (Paris). La reduction des gibbosites Pottiques. 
(Presse med. 1897. No. 43.) 

C. nimmt im vorliegenden Artikel die Priorität des Verfahrens 
für sich in Anspruch. In den weiteren Ausführungen zeigt er seine 
von Calot abweichenden Ansichten. Er hält durchaus nicht alle 
Fälle von Gibbus für geeignet zur Reduktion, z. B. die ankylosirten 
und sehr ausgedehnten Fälle; eine entstehende Höhle von 15—20 cm 
wird sich nicht wieder knöchern ausfüllen. Ferner weicht seine 
Methode darin ab, dass er die Dornfortsätze nicht resecirt, wie Calot 
will, sondern mit Silberdrähten näht und so in ihrer Festigkeit zu 
unterstützen sucht. — Den ersten von ihm so behandelten Fall 
hat C. im März 1895 in der Médecine moderne veröffentlicht. 

Tschmarke (Magdeburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 533 


13) J. Wolff. Über das Redressement des Buckels bei 
Spondylitis. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 7 u. 8.) 

Nach einer ausführlichen Beschreibung des Calot’schen Ver- 
fahrens und der damit von Diesem und Anderen erzielten Resultate 
erfährt dasselbe durch W. eine ungünstige Kritik. Die vielen üblen 
Zufälle und Misserfolge, eine Reihe von konstatirten Todesfällen, 
welche mit der Calot’schen Methode in Zusammenhang stehen, 
sprechen gegen dieselbe, und warnt W. vor Nachahmung, welche 
gleichbedeutend mit der weiteren Gefährdung vieler Menschenleben 
. wäre. Andererseits haben die Orthopäden aus dem kühnen Vor- 
gehen Calot’s so viel gelernt, dass der spondylitische Buckel er- 
heblich schärfer angefasst werden darf und muss, als es bisher für 
erlaubt und zulässig gegolten hatte. 

W. schildert nun sein Redressementsverfahren beim Buckel der 
an Spodylitis Leidenden. Er redressirt nicht mit einem Schlage, 
sondern in mehreren Etappen und fixirt die jedes Mal erzielte Kor- 
rektion durch einen Gipsverband. Er erzielt damit nicht nur eine 
sehr wesentliche Besserung der Rückenkurven, sondern auch eine 
außerordentlich günstige Einwirkung auf den Allgemeinzustand des 
Kranken, so wie auf bestehende Kontrakturen. Zum Beweis dessen 
legt W. seiner Abhandlung eine Reihe von Photogrammen bei, 
welche die nach und nach erzielten Erfolge am Gipsabgusse wieder- 
geben und zeigen sollen, dass es möglich ist, die Krankheit günstiger 
als bisher zu beeinflussen, wenn man die statischen Verhältnisse, 
unter welchen sich die erkrankten Wirbel befinden, verbessert, ohne 
dabei zugleich die kranken Wirbel selbst zu zerreißen und zu zer- 
brechen. 

Bezüglich der Technik des W.’schen Verfahrens sei auf das 
Original hingewiesen. Gold (Bielitz). 


14) Gayet. La gibbosite dans le mal de Pott. 
Paris, B. Bailliöre et fils, 1897. 160 8. 

Die Ursache des Pott’schen Buckels beruht in der Zerstörung 
eines oder mehrerer Wirbelkörper. Dieselbe bedingt gewöhnlich eine 
Kyphose, zuweilen eine Skoliose. Die Betheiligung der Knorpel ist 
sekundär. Dieselbe führt an und für sich niemals zu einer Defor- 
mität. Die Störungen seitens des Rückenmarks sind nicht bedingt 
durch eine Kompression in Folge etwaiger Verengerung des Kanals, 
sondern durch die Krümmung des Rückenmarks, welches sich auf 
der scharfen Kante, auf der es aufliegt, erweicht. Die Krümmung 
der Wirbelsäule nach vorn ist bedingt durch die Schwere, durch die 
größere Kraft der Beuger und durch den Kontraktionszustand der 
Muskeln. Die kompensatorischen Krümmungen sind häufiger bei 
Kindern als bei Erwachsenen. 

Die Affektion der Wirbelkörper heilt, und der Buckel wird fest 
1) durch intermediären Callus der Wirbelkörper an den Berührungs- 


534 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


stellen, 2) durch seitliche Periostitis und Verknöcherung, 3) durch 
Verlöthung der hinteren Bogen in Folge Verknöcherung der Bänder. 

In der Behandlung ist die Methode von Chipault (einzeitiges 
Redressement unter Chloroform und Ligatur der Dornfortsätze) logisch, 
da sie die Ankylose der hinteren Bogen begünstigt. Bei frischen, 
mobilen, kleinen Verkrümmungen mit gutem Allgemeinzustand kann 
sie angezeigt sein. Ihr Nachtheil ist das Belassen eines Fremdkörpers 
in der Wunde. Außerdem aber wird in diesen Fällen sehr häufig 
die einfache Immobilisation mit Extension zur Heilung genügen. 

2) Die Methode Calot ist nach ihrem Erfinder in allen Fällen 
anwendbar. Nach den Erfahrungen des Verf. und Ollier’s, unter 
dessen Leitung die sehr fleißige und lesenswerthe Arbeit entstanden 
ist, ist das Redressement möglich in allen nicht ankylotischen Fällen, 
in den Fällen mit Ankylose nur in Verbindung mit einem blutigen 
Eingriff oder recht gefährlicher Gewaltanwendung. Das Redresse- 
ment lässt sich nur ermöglichen durch Verstärkung der kompensato- 
rischen Krümmungen iParagibbäres Redressement Lange’s, d. Ref.). 
In einem großen Theil der ersterwähnten Fälle hält sich das 
Redressement nicht. Das Verfahren ist gefährlich wegen der Kom- 
plikationen von Seiten der Abscesse, der großen Gefäße, des Rücken- 
marks und der Verallgemeinerung der Tuberkulose (Broncho- 
pneumonien sind oft beobachtet). Der große Verband hat Nachtheile 
für die lokale Affektion (Decubitus, subkutane Abscesse) und für das 
Allgemeinbefinden. Die rationelle Behandlung ist die der Immobili- 
sation in dorsaler oder abdominaler Lage in der Bonnet-Ollier- 
schen Lagerungsvorrichtung. Man kaun mit derselben durch Schief- 
stellung eine Extension verbinden und außerdem auf den Buckel 
einen direkten Druck ausüben. Der ankylotische Buckel ohne Kom- 
plikation seitens des Rückenmarks ist kein Objekt für therapeutische 
Maßnahmen. Borchard (Posen). 


15) F. Bähr. Kritische Bemerkungen zur Scoliosis ischiadica. 
(Yv. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.) 

Die Arbeit enthält eine Kritik der Vulpius’schen Ansichten 
über die Scoliosis ischiadica, gegen welche Verf. mancherlei Wider- 
spruch erhebt. B. schließt sich den Anschauungen Erben’s mit 
einer gewissen Erweiterung an. Die sich vorfindenden Variationen 
der Rückgratsverkrimmungen bei dem besagten Nervenleiden und 
ihre Begleitsymptome stehen mit der verschiedenen Lokalisation der 
Nervenerkrankung in Verbindung, welche es speciell durch die 
Schmerzhaftigkeit mit sich bringt, dass in dem einen Falle dieser, in 
dem anderen Falle jener Körpertheil vor Druck geschützt werden muss. 
Es kommt also wesentlich darauf an, wie sich der Kranke mit den 
schmerzhaften Stellen in seiner Statik zurechtfindet. Zugleich spielen 
Muskel- und Gelenkprocesse eine Rolle. B. konstatirt, dass es noch 
eine Reihe Skoliosen giebt, welche aus dem Streben entstehen, 
schmerzhafte Stellen zu entlasten. Zum Schlusse empfiehlt er nach 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 535 


Albert’s Vorgang zweckmäßig die Begriffe wie linkskonvexe 
und rechtskonvexe Lumbalskoliose fallen zu lassen, da diese Be- 
zeichnung Irrthümer veranlasst, wie aus Beispielen ersichtlich ge- 
macht wird. E. Siegel (Frankfurt a/M). 


16) Mermod. Un miroir laryngendoscopique. 
(Ann. des malad. de l’oreille 1897. p. 137.) 

M. will (wie Andere vor ihm) die mit dem Spiegel nicht sicht- 
baren Kehlkopftheile (Reg. interaryt. und hypoglott.) durch einen 
zweiten Spiegel sichtbar machen. Er verwendet einen Spiegel mit 
dünnerem biegsamen, an einem gleich einer Kehlkopfsonde gebogenen 
Draht drehbar befestigten Stiel, den er nach Cocainisirung in den 
Kehlkopf, ev. bis unter die Rima glottidis einführt, und mit dem er 
in einzelnen Fällen wichtige Aufschlüsse erhielt. Kümmel (Breslau.) 


17) Sudek. Eine Modifikation der Schede’schen Thorax- 
plastik bei Totalempyemen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 255.) 

Der Schede’sche Schnitt zur Thoraxplastik besteht bekanntlich 
in Bildung eines großen vertikalen, oben gestielten Haut-Muskel- 
lappens aus der Seitenfläche des Brustkorbes, mit dem nach Resek- 
tion der ganzen Brustwand bis zur 2. Rippe inkl. die kollabirte Lunge 
gedeckt wird. 

S. wandte bei einem Pat. im alten allgemeinen Krankenhaus zu 
Hamburg folgende Schnittführung an: 2 Transversalschnitte, der 
erste vom 4. Rippenknorpel beginnend nach hinten über den unteren 
Scapulawinkel bis dicht an die Wirbelsäule, der zweite parallel in 
der Höhe der untersten Stelle der Empyemhöhle. Ein 3. Vertikal- 
schnitt in der mittleren Axillarlinie verbindet die horizontalen 
Schnitte, wonach die beiden resultirenden, seitlich gestielten, thür- 
fügelförmigen Lappen abgelöst und die Rippen X—II inkl. resecirt 
wurden. Es ergab sich eine gute Deckbarkeit der Lunge, doch starb 
der heruntergekommene Pat. bald an Herzschwäche. S. rühmt seinem 
Verfahren nach, dass die 2. Rippe konservirt werden könne, und 
glaubt, dass zunächst ungedeckt bleibende Thoraxwinkel am Zwerch- 
fell und an der Lungenspitze durch Nachoperationen würden ge- 
deckt werden können. In Helferich’s Klinik hat eine analoge 
Schnittführung sich schon seit Jahren bewährt. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


536 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


Kleinere Mittheilungen. 


18) Gallet. Service chirurgical. Hôpital Saint Jean. Bruxelles. 
Année 1896. 


Ia der Poliklinik wurden 2215, in der stationären Klinik 647 Kranke, an 
denen 307 Operationen vorgenommen wurden, behandelt. An den tabellarischen 
Bericht schließen sich verschiedene größtentheils kasuistische Mittheilungen. An- 
schließend an einen Todesfall in Narkose hebt Verf. als wichtig hervor, allmählich 
mit der Darreichung des Chloroforms zu beginnen und die Operation nicht eher 
anzufangen als nach völligem Eintritt der Narkose. Es folgen in den nächsten 
Aufsätzen Bemerkungen über den Shock, über temporäre Rhinotomie (Methode 
Ollier), über Zungenkrebs (Verf. empfiehlt hierbei eine Kompressionszange, in 
der gleich zur Blutstillung die Naht angelegt werden kann), über 2 Fälle von Tre- 
panation bei Epilepsie. In der Besprechung der Indikationen zur Rippenresektion 
wird auch die zur Beseitigung des skoliotischen Rippenbuckels erwähnt. Verf. 
hat mehrere derartige Fälle operirt, ist aber mit dem Erfolg nicht sehr zufrieden. 
Sehr interessant ist ein Aufsatz über Appendicitis. Verf. unterscheidet nur zwischen 
einer Appendicitis mit allgemeiner und lokalisirter Peritonitis. Bei recidivirender 
Perityphlitis ist mit einer Operation nicht zu zögern; doch soll man sich die Ge- 
fahr des Eingriffes vor Augen halten. Es folgt dann die Beschreibung der Hyster- 
ektomie bei Vorfall, Mittheilung eines Falles von Beckengeschwulst, einzelner 
Nierengeschwülste, sekundärer Laparotomien, Harnleiternaht, Besprechung der 
Behandlung der großen Verletzungen der Extremitäten. In letzterer Besiehung 
wird ein sehr konservativer Standpunkt beobachtet. Den Schluss des Jahres- 
berichts bildet eine Untersuchung über den Krebs in Belgien hinsichtlich seiner 
Ätiologie und Behandlung. Im Allgemeinen sind die zahlreichen kasuistischen 
Mittheilungen nicht geeignet für ein ausführlicheres Referat. 

Borchard (Posen). 


19) N. F. Winogradow. Ein Fall von angeborener bösartiger Ge- 
schwulst im frühen Kindesalter. 
(Mediciuskoje Obosrenje 1898. Hft. 3. [Russisch.)) 

Bei der Geburt war die Geschwulst am Rücken walnussgroß, beim Tode — 
nach 6 Wochen — kindskopfgroß. Sie erwies sich als Angiosarcoma globoparvi- 
cellulare telangiectodes haemorrhagicum. Innerhalb dreier Jahre fand W. unter 
3000 Sektionen im Petersburger Findelhause nur noch 4 weitere Geschwülste bei 
Neugeborenen: Thymusmyxom, 182,0 schwer; kindskopfgroßes, komplieirtes Te- 
ratom in der Steißbeingegend; Angiosarcoma globoparvicellulare haemorrhagicum 
am Halse, 81,0 sohwer; Gummata cerebri, cerebelli et pulmonis. 

6ückel (B. Karabulak, Saratow). 


20) H. H. Smith and E. L. Collis. A death following ether an- 
aesthesia. 
(Brit. med. journ. 1898. Januar 8.) 

Bei einem 39jährigen Mann war wegen Versteifung des Kniegelenks nach 
Oberschenkelbruch in Athernarkose die Mobilisirung des Gelenks ausgeführt 
worden. Die Narkose selbst, die mit Clover’s Inhalator ausgeführt wurde, war 
nach kurzem Excitationsstadium gut verlaufen; insbesondere war keinerlei Störung 
von Seiten der Athmung aufgetreten. Pat. war noch nicht völlig erwacht ins 
Bett zurück verbracht worden; Hornhautreflexprüfung löste aber Flucht- und Ab- 
wehrbewegungen aus. 20 Minuten später fand der ab- und zugehende Wärter 
den Pat. schwer athmend, das Gesicht war eyanotisch. Erbrechen war nicht voran- 
gegangen. Die herbeigerufenen Arzte fanden den Pat. todt. — Der Ather zeigte 
sich bei chemischer Analyse rein. Die Nekropsie ergab außer einer hochgradigen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 537 


venösen Hyperämie besonders der Lungen und des Gehirns keinerlei Anhalts- 
punkte. Insbesondere waren keine pathologischen Veränderungen am Hersen, 
keine Verstopfung der Pulmonargefäße, keine Veränderungen in den Luftwegen 
vorhanden. Der Magen wurde leer befunden. F. Krumm (Karlsruhe). 


21) Durante. Due osservazioni di malattia del Raynaud. 
(Pediatria 1898, No. 1. Ref. nach Gazs. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 22.) 


D. berichtet über lokale Asphyxie bei 2 Neugeborenen, deren Eltern syphili- 
tisch waren. Die Affektion war beide Male symmetrisch: in dem einen Falle waren 
die Oberschenkel und die unteren Bauchpartien befallen, und es war nur ein 
Grad der Cyanose vorhanden, während in dem anderen Falle beide Füße brandig 
wurden. Veränderungen an den Blutgefäßen waren nicht vorhanden. 

Dreyer (Köln). 


22) N.J. Kumberg. Ein Fall von Dermatomyiasis linearis migrans 
oestrosa. 
(Wratsch 1898. No. 2.) 


So nennt K. die zuerst von Samson beschriebene Krankheit (s. Centralblatt 
für Chirurgie 1896 No. 21) K. sah den Gang des Parasiten an der Wange; nach 
Entfernung der Larve verschwand sofort das Jucken. Die Form des Ganges und der 
Larve wird in 3 Figuren zur Anschauung gebracht. — Außer Samson und Sso- 
kolow sahen diese Krankheit noch Olissow (1 Fall), Kuschew (2 Fälle) und 
Petrow (1 Fall). (Ref. sah einen Fall 1895, vor Erscheinen der Beschreibung 
Samson’s; der Gang. befand sich am Handrücken eines erwachsenen Land- 
mannes; der Parasit wurde nicht bemerkt.) @lckel (B. Karabulak, Saratow). 


23) Brown (San Francisco). Eine Studie über das Blut bei Lepra. 
(Occidental med. times 1897. September.) 5 


B. untersuchte das Blut von 16 Leprösen zu verschiedenen Malen. Nicht ein 
einziges Mal war ausgesprochene Leukocytose, nur in vorgeschrittenen Fällen 
Anämie vorhanden. Nur 2mal aber zeigte sich eine deutliche Abnahme der rothen 
Blutkörperchen, und nur Imal konnte man von hochgradiger sekundärer Anämie 
sprechen. In 5 Fällen waren jahrelang keine Zeichen von Krankheit bemerkbar 
gewesen, und 3 Kranke, die anscheinend hergestellt waren, zeigten normales Blut; 
bei diesen 5 männlichen Kranken betrug das Hämoglobin im Durchschnitt mehr 
als 90%, die Erythrocyten waren nicht vermindert, die Leukocyten weder in Zahl 
noch in Beschaffenheit verändert und zeigten keinerlei degenerative Veränderungen. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


24) R. Campana (Rom). Das Tuberkulin R bei Lupus und einigen 
anderen tuberkulösen Affektionen. 
(Poliolinico 1897. Oktober 1.) 

Bericht über 3 Kranke. 1) Knötebenförmiger Lupus des Gesichts, Beginn 
mit i/o mg. Sehr günstiger Erfolg; Abnahme der Schwellung und Infiltration; 
keine Weiterverbreitung des Processes. 2) Verruköse Hauttuberkulose und Knochen- 
tuberkulose; hier wurde das TR nur kurz angewendet; ‚Heilung mit Unterstützung 
durch chirurgische Verfahren. 3) Knotig-ulceratives Scrophuloderma an der Nase; 
hier war keine günstige Wirkung zu konstatiren, da gleichzeitig eine chronische 
Rhinitis bestand. 

Verf. bestätigt die Unschädliohkeit des Mittels so wie das Fehlen einer spe- 
eifischen Reaktion (in mäßiger Dosirung). Das TR soll hiernach die Rückbildung 
des lupösen Infiltrats befördern und sein Fortschreiten verhindern (ähnlich dem 
Quecksilber bei der Syphilis). H. Bartsch (Heidelberg). 


538 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


25) Albers-Schönberg. Beitrag zur therapeutischen Verwendung der 
Röntgenstrahlen in der Behandlung des Lupus. 
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 72.) 


A-B. veröffentlicht 2 Krankengeschichten mit 4 guten Photographien, in denen 
er im Verlauf von mehreren Monaten recht ermuthigende Resultate bei Lupus er- 
sielt hatte. Er warnt auf Grund seiner Beobachtungen vor der Anwendung zu 
hoch gespannter Ströme, da diese leicht Dermatitis und Eiterung !erzeugen und 
damit die Heilung des Lupus aufhalten können. Dumstrey (Leipzig). 


26) Tommasoli. Sulla sarcomatosi cutanea. 
(Gazs. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 19.) 


28jähriger Mann leidet an schweren Nasenblutungen. In der Intrascapular- 
gegend befindet sich ein Naevus vasculosus, der seit einem Jahre wächst und zu 
Blutungen Veranlassung giebt. Die nach Abbinden reeidivirende Geschwulst wurde 
exstirpirt. In der Zwischenzeit verschwanden die Nasenblutungen. Seit 3 Monaten 
trat ein Knoten in der Nähe des Nabels auf und seitdem täglich neue Geschwülste, 
mit denen jetzt der ganze Rumpf übersät ist. Seit einem Monat besteht Husten 
mit schleimig-blutigem Auswurf und Dämpfung über der linken Lunge so wie 
Parese des rechten Beins, seit 8 Tagen Blasenlähmung und seit 4 Tagen Decu- 
bitus. Die Geschwülste liegen im subkutanen Gewebe, sind hart, schmerszlos und 
beweglich. Ihre Größe schwankt zwischen einem Hirsekorn und einem Hühnerei. 
Ihre Struktur ist die der alveolaren Rundzellensarkome. 

Bei einem 74jährigen Manne begann die Krankheit mit Röthung und Schwel- 
lung ohne Schmerzen am rechten Handrücken vor 3 Jahren. Dann traten tief- 
greifende blutig-seröse Blasen auf. Allmählich griff das Ödem auf die Vola, die 
andere Hand und schließlich auf die Füße über. Der Gesundheitszustand blieb 
gut, nur Abends trat gelegentlich ein Frost auf. Die Schwierigkeit der Diagnose 
von Sarkomatose erhellt hieraus. Dann aber traten oberflächliche, weinrothe, 
teigige, theils flache, theils runde und tiefergreifende Knoten auf, die im Laufe 
der Zeit Neigung zu regressiver Involution zeigten, wobei aber der Kranke stark 
abmagerte. Augenblicklich sind nur Kinn und Extremitäten befallen. An den 
Händen sieht man noch die harten Ödeme, kleine zerstreute Narben, breite 
Streifen atrophischen Narbengewebes, kleine Blasen, einige Granulationen und 
Knoten von verschiedener Größe. Spindelzellen setzen die Knoten zusammen. T. 
weist auf die Verschiedenheit der Hautsarkomatosen hin. Der 1. Fall betrifft eine 
primäre, multiple Sarkomatose nach dem Typus Perrin, der zweite stellt eine 
primäre sarkoide hämorrhagische Geschwulst nach dem Typus Kaposi vor. Arsen 
war in dem 2. Falle ohne Nutzen, vielleicht nützt es nur bei jugendlichen Indi- 
viduen. Dreyer (Köln). 


27) de Lapersonne et Grand. Sur un cas d’hemianopsie horizontale 
inférieure d’origine traumatique. 
(Presse méd. 1897. No. 29.) 

Bei einem 42jährigen Zugführer, der vom Wagen geschleudert war und einen 
komplieirten Schädelbruch in der Gegend des Scheitels mit ausgedehntem Blut- 
erguss unter der Dura erlitten hatte, entwickelte sich im unmittelbaren Anschluss 
an die Verletzung eine symmetrische horizontale untere Hemianopsie. Verff. er- 
klären sich das Entstehen derselben durch Zerstörung der oorticalen Herde im 
Oceipitallappen. Nach der Hypothese von Munck werden die Projektionsfasern 
des oberen Theiles der Netzhaut im vorderen Theil des Hinterhauptlappens, die 
des unteren Theiles der Netzhaut in der hinteren Sphäre vereinigt; im vorliegen- 
den Falle, wo eine untere Hemianopsie, also eine Aufhebung des Behvermögens 
im oberen Theil der Retina eintrat, wären durch den intraduralen Bluterguss die 
vorderen Theile des Occipitallappens zerstört. — Der Fall stelit einen inter- 
essanten Beitrag zur Gehirnchirurgie dar, der auch eventuell zur Lokalisation 
anderer Erkrankungen des Gehirns dienen kann. Tschmarke (Magdeburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 539 


28) G. B. Bychowski. Über extra- oder epidurale, die Mittelohr- 
erkrankungen komplicirende Abscesse. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.) 

6 Fälle (unter 25 Trepanationen des Warsenfortsatzes) alle nach akuten Ohr- 
affektionen. Außerdem entfernte B. bei einem 12jährigen Mädchen nach Scharlach 
einen Sequester, der den ganzen Warzenfortsatz durchsetzte und so die Dura be- 
rührte. 5 Pat. waren 29—45 Jahre alt, 2 10—12. Amal war das linke Ohr be- 
fallen, 3mal das rechte. Alle wurden geheilt (nach breiter Eröffnung). 

Gtickel (B. Karabulak, Saratow.) 


29) Lichtwits. Cholestéatome volumineux du temporal. 
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 6.) 

Trotz der relativen Häufigkeit der Cholesteatome des Schläfenbeins findet 
man nur selten Fälle, wo die cholesteatomatösen Massen durch den knöchernen 
Gehörgang zu Tage treten. 

Von dieser Art ist der vorliegende, ausführlicher mitgetheilte Fall, der auch 
sonst gewisses Interesse bietet. A. Henry (Breslau). 


30) 8. Szenes. Sur les lésions traumatiques de l'organe auditif. 
(Ann. des malad. de l’oreille T. XXIV. p. 34.) 

Interessant ist von den 7 berichteten Fällen meist indirekter Verletzungen 
namentlich Fall IV: 32jähriger Mann, nach Sturz unter einen Tramwaywagen und 
Verletsung durch Hufschlag rechts Ruptur des Trommelfells und Fraktur des 
Hammergriffs oberhalb seiner Mitte. Heilung des Hammers in stumpfwinkliger 
Stellung, trotz mehrwöchentlicher Eiterung aus dem Ohr. Allmähliche Rück- 
bildung der Anfangs erheblichen Hörstörung. Keine wesentliche Labyrinthaffektion. 

Kümmel (Breslau). 


31) Carette. Contribution à l'étude des corps étrangers du conduit 
auditif. 
(Ann. des malad. de loreille T. XXIV. p. 123.) 

Einem 33jährigen Mann war ein alter Revolver versehentlich losgegangen, sein 
9 mm-Geschoss ohne Schmerz in das rechte Ohr gedrungen. Am Anfang des 
Gehörganges vorn oben ein unvollkommen cirkulärer Einriss, im knöchernen 
Gehörgang das Geschoss luftdicht eingekeilt, Gehör für Luft- und Knochenleitung 
auf dem rechten Ohr vollständig aufgehoben; keine Störungen anderer Art. 2 Tage 
später wieder Spuren von Gehörwahrnehmung. Am 3. Tage Ablösung der Ohr- 
muschel und des häutigen Gehörganges und stückweise Entfernung des fest ein- 
gekeilten Geschosses. Nach Abstoßung einiger gangränöser Flecken des Gehör- 
gangs prompte Heilung: das Trommelfell war unverletzt geblieben. Hörschärfe 
bald nach Entfernung des Geschosses erheblich; herabgesetzt, stellt sich aber rasch 
wieder her. Kümmel (Breslau). 


32) B. Heile. Über maligne Geschwülste der Ohrmuschel. 
Diss., Göttingen, 1897. 

Während Carcinome der Ohrmuschel relativ häufig beobachtet worden sind, 
konnte Verf. in der Litteratur im Ganzen nur 8 Fälle von Sarkom des äußeren 
Ohres auffinden. Desshalb mag der neu hinzugefügte, in der Göttinger Klinik 
operirte Fall kurse Erwähnung finden: Das linke Ohrläppchen des 9 Jahre alten 
Knaben war in eine taubeneigroße, "blauroth gefärbte Geschwulst verwandelt, 
welche, wie die mikroskopische Untersuchung ergab, alle Charaktere eines Lympho- 
sarkoms besaß. Exstirpation im Gesunden. Glatte Heilung. Sultan (Göttingen). 


33) Martha. Recherches statistiques sur les polypes muqueuses des 
fosses nasales dans l’enfance et chez l’adulte. 
(Ann. des malad. de l'oreille 1898. No. 3.) 


Auf 133 Fälle von Nasenpolypen aus den Jahren 1892—1895 nur 2 bei Kindern 
von 13—15 Jahren, 9 bei solchen von 15—19; Maximum der Häufigkeit im 30. bis 


540 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


50. Jahre. Auf 90 Männer kommen 43 weibliche Pat.: ein Verhältnis, das auch 
für jedes einzelne Jahr der Statistik zutrifft, also wobl konstant ist. Die 2 Fälle 
von Polypen bei Kindern werden kurs berichtet. Kümmel (Breslau). 


34) G. Gradenigo. Sur un nouveau cas d’imperforation osseuse con- 
genitales de la choane droite. 
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. No. 3.) 

Die relative Seltenheit der Affektion (einige 40 Fälle bisher beobachtet) ver- 
anlasst Verf., über einen 18jährigen Mann zu berichten, der die Verstopfung seiner 
rechten Nase erst seit 5 Jahren bemerkt hat. Vollständiger Abschluss dieser 
Choane, bedingt durch eine trichterförmige Verengerung des hinteren Nasen- 
abschnittes, während gegen den Nasopharynx hin eine glatte rothe Fläche an Stelle 
der Choane lag. Perforation des siemlich dünnen Septums mit einem starken 
Trokar; durch dessen Hülse eine Drahtschlinge durchgeführt, mit der ein koni- 
scher Tampon fest in die Öffnung hineingezogen wird. Nach 24 Stunden die Öff- 
nung mit Zwickzange und Messer erweitert; die Passage jetzt frei, soll aber durch 
längere Zeit noch mittels der Tampons frei erhalten werden. 

Kümmel (Breslau). 


35) Stetter. Beitrag zur Glossitis papillaris und tuberculosa. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.) 

8. sah in der Gegend der Papillae coircumvallatae in der Zunge einige Papil- 
lome der Zungenschleimhaut, einen immerhin !seltenen Befund. Eben so wenig 
häufig ist die Beobachtung einer Zungentuberkulose, von der sich nicht reoht ent- 
scheiden lässt, ob sie primär oder sekundär auftrat. Zur Zeit der ersten Beob- 
achtung bestanden wenigstens noch keine deutlichen Zeichen von Lungentuber- 
kulose, welche später sicher nachgewiesen wurde, und an der der Pat. starb. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


36) Bidone. Angioma della glandola parotide. 
(Arch. di ortoped. 1897. No. 6.) 

Als Angiome der Parotis sind in der Litteratur einige Fälle beschrieben, von 
denen jedoch nach B. nur einer von Hartmann (Revue de chir. 1889) diesen 
Namen mit Recht verdient. Während H. eine Dilatation vorhandener Kapillaren 
annimmt, verlangt B. mit Recht eine Neubildung. In seinem Falle handelte es 
sich um ein Kind von 15 Monaten mit einer nussgroßen, blaurothen, leicht kom- 
pressiblen Geschwulst der linken Wange. Unter starker Blutung wurde sie aus 
der Substanz der Parotis losgeschält. Histologisch bot sie das typische Bild eines 
subkutanen Angioms, zeigte aber hier und da noch Reste von Drüsensubstans. 

E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


37) A. Souques et S. Marinescoo. L&sions de la moëlle épinière 
dans un cas d’amputation congénitale des doigts. 
(Presse med. 1897. No. 45.) 

Verff. fanden bei einer 60jährigen Frau, welche einen angeborenen Mangel 
der 3 Mittelfinger der rechten Hand aufwies, im 1. rechten Dorsal- und 8. Cer- 
vioalsegment des Rückenmarks eine hochgradige Atrophie der grauen Substanz. 
Speciell war die hintere Wursel atrophisch mit interstitieller Bindegewebsproli- 
feration. Die Kollateralbahnen zu den motorischen Zellen des Vorderhorns waren 
weniger zahlreich auf der Seite der Amputation. Die vorderen Wurzeln waren 
ebenfalls atrophisch, aber ohne interstitielle Proliferation. Im Vorderhorn der 
grauen Substanz waren die Veränderungen mit unbewaffnetem Auge zu erkennen, 
weniger scharf abgegrenzt und blass. Die mittlere Gruppe der motorischen Zellen 
war vollständig geschwunden, die äußere seitliche schwächer ausgebildet. Die 
sensitiv-motorische Innervation der Finger hat also ihr Centrum in der Höhe des 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 541 


1. dorsalen und 8. cervicalen Segments der grauen Substanz des Rückenmarks. 
Eine gute Abbildung veranschaulicht die histologischen Verhältnisse des Quer- 
schnitts. Tschmarke (Magdeburg). 


38) N. Smith. Forced reduction of lateral curvature of the spine. 
(Brit. med. journ. 1898. Januar 8.) 


8. hat in einem Falle von hochgradiger seitlicher Verkrümmung der Wirbel- 
säule bei einem 17jährigen jungen Manne durch gewaltssme Reduktion in meh- 
reren Sitsungen (ohne Narkose) in kurzer Zeit eine beachtenswerthe Besserung 
erzielt. Der jeweils erreichte Erfolg wurde in den Intervallen durch einen Stütz- 
apparat festgehalten. Durch 2 beigefügte Photographien wird der Erfolg recht 
gut illustrirt. F. Krumm (Karlsruhe). 


39) Krecke (München). Über Strüma intrathoracica. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 8.) 


In dem mitgetheilten Falle fanden sich von den Zeichen des intrathoracischen 
Kropfes Athembeschwerden, geringe Kropfgeschwulst am Halse, Pulsation der- 
selben, Druckgefühl in der oberen Brustpartie, Vorwölbung des entsprechenden 
Brustabschnittes, Dämpfung an dieser Stelle, Rekurrenslähmung, seitliche Ver- 
drängung und Abplattung des tiefstehenden Kehlkopfes und der Luftröhre, Er- 
weiterung der Venen an der vorderen Brustwand; nicht vorhanden waren Symptome 
von Seiten des Sympathicus, Veränderungen des Pulses an den entsprechenden 
Arterien. — Erfolgreiche Enukleation der cystischen Geschwulst aus der Kropf- 
kapsel nach Ligatur der Thyreoidea sup. unter Infiltrationsanästhesie; Tamponade 
der Wundhöhle; Sekundärnaht. Glatte Heilung. Kramer (Glogau). 


40) v. Hofmann. Vier Fälle von Strumametastasen im Knochen. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 46.) 


Der 1. Fall betraf eine 69jährige Frau mit Fraotura colli fem. et humeri sin. 
Tod an Bronohopneumonie. Die Sektion wies ein bis dahin nicht bemerktes 
Adenocarcinom der Schilddrüse mit Metastasen in der Lunge und dem linken 
Humerus nach. Im Bereich dieser faustgroßen, schon makroskopisch als Schild- 
drüsengewebe imponirenden Geschwulst war der Knochen gebrochen. Im Bereich 
der Schenkelhalsfraktur keine Geschwulst. 

Im 2. Falle handelte es sich um das seltene Vorkommen einer solchen Kom- 
plikation bei einer Frau im Alter von 26 Jahren. Die Metastasen waren hier im 
Jochbein lokalisirt. Exstirpation der Metastasen, 4 Wochen später des Kropfes. 
Mikroskopische Untersuchung ergab auch hier Adenocareinom für beide Ge- 
schwülste. 

Im 3. Falle war bei der 43jährigen Pat. die Metastase im Schulterblatt loka- 
lisirt. Erst eine 2malige Operation (zuletzt totale Exstirpation des Schulterblattes 
unter Zurücklassung des Proc. coracoideus und des Akromion) führte zur dauernden 
lokalen Heilung. Vor dem Auftreten der Knochengeschwulst war von Albert ein 
Kropfknoten intrakapsulär enukleirt worden mit partieller Entfernung der Kapsel 
wegen Verdacht auf Bösartigkeit. Die mikroskopische Untersuchung des Kropf- 
knotens ergab keine Anzeichen von Bösartigkeit, die der Knochengeschwulst 
Adenom der Schilddrüse. Pat. ging außerhalb des Krankenhauses 4 Jahre später 
unter Erscheinungen von Anschwellung des Kropfes zu Grunde, so dass v. H. 
den Tod auf Rechnung der Struma maligna setsen zu müssen glaubt. 

Der 4. Fall (ö6jähriger Pat.) bietet dadurch ein besonderes Interesse, dass das 
Foramen ovale offen geblieben war. Nach Ansicht von Hinterstoisser können 
die Kropfmetastasen auf diese Weise in den großen Kreislauf gelangen. Hier- 
dureh erklärt v. H. auch die rasche und massenhafte Entwicklung der Metastasen, 
die in der Lunge, Myokard, Nieren und im rechten Os ilei in großer Anzahl auf- 
getreten waren. Die primäre Geschwulst betraf den rechten Lappen der Schild- 
drüse und reichte bis unmittelbar an die Wirbelsäule. In diesem Falle handelte 
es sich um ein Sarcoma fibrocellulare. 


542 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


Im 1. und 4. Falle wurde nicht operirt, in den beiden anderen nur die Knoten 
enukleirt. Hübener (Breslau). 


41) C. Goebel. Über eine Geschwulst von schilddrüsenartigem Bau 
im Femur. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 348.) 


Der Fall, aus der Greifswalder Klinik stammend, betrifft eine 54jährige Frau, 
die vor 21/3 Jahren den rechten Oberschenkel im unteren Theile gebrochen hatte. 
Der Bruch heilte, doch brach der Schenkel 1/4 Jahr später nochmals an derselben 
Stelle, um jetzt nicht wieder zu konsolidiren. Die mit Schmersen verbundene 
nun eingetretene Pseudarthrose führte Pat. in die Klinik, wo ein Probeschnitt in 
die kranke Stelle weiche, sarkomähnliche Geschwulstmassen hervorquellen ließ, 
und desshalb die Oberschenkelexartikulation ausgeführt wurde. G. liefert die 
genaue histologische Beschreibung der Geschwulst. Hinsichtlich der Details der- 
selben ist auf das Original zu verweisen. Hier genügt der Bericht, dass die Ge- 
schwulst als kropfartig gebaut gefunden wurde. Wahrscheinlich handelte es sich 
um eine weiche Kropfmetastase, die, möglicherweise schon in ihren ersten An- 
fängen vor der 1. Fraktur vorhanden, diese vermittelte. (Pat. hatte einen mäßig 
großen, beiderseits entwickelten Kropf von ziemlich fester Konsistenz, seit cirka 
30 Jahren.) 

An den eigenen Fall fügt Verf. die Zusammenstellung der bislang publicirten 
Parallelfälle. Es sind im Ganzen 11 operirte und 4 palliativ behandelte. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


42) F. T. Paul. A fatal case of thyroidectomy. 
(Brit. med. journ. 1898. Januar 1.) 


Bei einem 15jährigen Mädchen "ott doppelseitigem parenchymatösem Kropf 
wurde der linke Lappen und der Isthmus exstirpirt. Die Operation verlief rasch 
und normal. Schon in der folgenden Nacht bildete sich aber ein Zustand von 
Ruhelosigkeit und Hustenanfällen unter Anstieg von Temperatur und Puls aus, 
der trotz Zufuhr von Reizmitteln ete. bedenklich wurde. — Der Puls wurde un- 
zählbar, Temperatur und Athmungsfrequenz stiegen immer mehr an; dabei zeigte 
sich die Wunde von gutem und normalem Aussehen. — 21/2 Tage nach der Ope- 
ration starb Pat. unter Zunahme der Erscheinungen. 

In einem 2. Falle, in dem wegen Basedow’scher Krankheit ein Kropf der 
rechten Seite exstirpirt wurde, entwickelte sich ganz dasselbe Bild. Auch hier 
war die Wunde in völlig reaktionslosem Zustand, zeigte nur etwas wässriges Se- 
kret; durch offene Wundbehandlung und häufigen Verbandwechsel wurde hier die 
Gefahr beseitigt. 

P. ist der Ansicht, dass die Krankheitserscheinungen durch Resorption von 
Thyreoideasekret hervorgerufen werden und eine Art von Thyroidismus darstellen, 
der begünstigt wird durch Drücken des Drüsenlappens bei der Operation und nicht 
Abbinden des Isthmus. P. empfiehlt zur Vermeidung zarte, sorgfältige Behand- 
lung der zu exstirpirenden Drüse, frübzeitiges Abbinden des Isthmus. Bei den 
geringsten Anzeichen der Vergiftung — Eröffnung der Operationswunde, Aus- 
spülung und offene Wundbehandlung. F. Krumm (Karlsruhe). 


43) A. Gouguenheim et J. Dutertre. La diphtherie en 1897 au pa- 
villon Davaine. 
(Ann. des malad. de l'oreille 1898. No. 3.) 


Von '151 im Isolirpavillon aufgenommenen Pat. (nur erwachsene weibliche!) 
fanden sich bei 98 »Löffler’sche Bacillen«, immer in Verbindung mit anderen 
Organismen. Ein Fall, der sich nachher als Scharlach herausstellte, hatte Lö ff- 
ler’sche Bacillen und Streptokokken. — Hauptsächlich spricht der Aufsatz über 
die »langen« und »kurzen oder mittleren Löffler’schen Bacillen«; die Autoren 
halten auch die letzteren, in Deutschland wohl zumeist als Pseudodiphtheriebacillen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 543 


angesehenen Organismen für echte, wenn auch sehr wenig virulente Diphtherie- 
baeillen. Die höchst geringfügige Virulenz wird durch einige Thierexperimente 
bestätigt; die Lieferanten der kurzen Bacillen haben aber zum Theil sehr schwere 
klinische Erscheinungen gehabt. Verf. denken desswegen an eine besondere Dis- 
position dieser Individuen. Kümmel (Breslau). 


44) Koschier. Beitrag zur Kenntnis der Trachealtumoren. 
(Wiener klin, Wochenschrift 1897, No. 46.) 


A1jährige Pat. leidet seit 2/, Jahr an Husten, Auswurf und Athembeschwerden, 
die ständig sunahmen. Expektoration schließlich sehr erschwert. Zunehmende 
Athemnoth und Abmagerung führten die Pat. in die Stoerk’sche Klinik. Der 
Allgemeinbefund ergab nichts Pathologisches, der laryngoskopische folgendes Bild: 

Nase, Rachen, Kehlkopf völlig normal. In der Lufiröhre unmittelbar unter 
dem 4. Trachealring eine breitbasig auf dem rechten hinteren Segment der Tra- 
chealwand aufsitsende Geschwulst von glatter Oberfläche und blassröthlicher Farbe, 
die die Lichtung bis auf eine schmale Spalte vollständig verschließt. Sie wurde 
mit der galvanokaustischen Schlinge entfernt, ihr Durchmesser betrug 9 mm, Kon- 
sistenz war hart. Eine starke Blutung stand auf protrahirte kalte Alauninhala- 
tionen. Nun konnte man eine 2., noch etwas größere Geschwulst von derselben 
Beschaffenheit in der Höhe des 6. Trachealringes erblicken, die am folgenden 
Tage in derselben Weise entfernt wurde, und deren Durchmesser 11 mm betrug. 
Die Insertionsstelle beider Geschwülste wurde mit Galvanokauter verschorft. An- 
standslose Heilung. Die mikroskopische Untersuchung ergab ein Endotheliom, 
welches wahrscheinlich von den Lymphgefäßen ausgegangen war. 

f Hübener (Breslau). 


45) C. F. Wightman. Report of a case of hernia of the lung, with 
remarks. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 5.) 

W. berichtet über folgenden räthselhaften Fall von »Lungenhernie«: Ein 41- 
jähriger Mann, Posaunenbläser, fühlte, ohne dass ein Trauma vorhergegangen, 
plötzlich einen stechenden Schmerz im Rücken, der ihn zwang, das Bett aufzu- 
suchen. Kein Husten, kein Blutepeien, kein Erbrechen, aber Fortbestehen des 
ursprünglichen Schmerzes. Bei der Untersuchung fand sich eine ungefähr 31/3 Zoll 
lange, 2 Zoll breite Schwellung in der Höhe des 7.8. Processus spinosus der 
Brustwirbelsäule, ca. 11/3, em nach links vom Dornfortsatz. Die Geschwulst war 
beweglich, schmerzhaft, gelappt, zeigte einen deutlichen Rand, der unter den 
Fingern hin und her schlüpfte. 

In Chloroformnarkose wurde die Geschwulst, die unter dem M. trapesius und 
Erector spinae ihren Sitz hatte, freigelegt. Dieselbe sah aus wie der freie Lungen- 
rand, hatte eine schmutzig-braune Farbe und war gelappt. Die Geschwulst wurde 
ringsherum freigemacht, ohne dass eine Kommunikation mit der Brüusthöhle oder 
eine Öffnung in der Thoraxwand gefunden werden konnte (!). Sie war völlig ab- 
gegrenzt und mit einer dünnen glänzenden Membran bedeckt; bei Druck kein 
Knistern. Die Heilung war eine ungestörte, die Schmerzen verschwanden jedoch 
nicht. 

Die mikroskopische Untersuchung der Geschwulst ergab kollabirtes normales 
Lungengewebe. 

Der Verf. unterscheidet traumatische, angeborene und spontane Lungenbrüche, 
für welch letztere er als Ursache der Entstehung starkes oder lange fortgesetstes 
Pressen und Drücken, z. B. beim Husten, bei der Geburt, beim Spielen eines 
Blasinstruments anführt. 

Bei dem referirten Falle !glaubt Verf. das Posaunenblasen als Ursache der 
Lungenhernie anschuldigen zu dürfen. Eine weitere Erklärung, insbesondere über 
die merkwürdige Thatsache, dass sich das eingeklemmte Lungenstück völlig von 
der Lunge losgetrennt haben soll, giebt W. nicht. F. Kramm (Karlsruhe). ;! 


__ 


544 Centralblatt für Chirurgie. No. 20. 


46) W. K. Mlodzejewski. Ein Fall von Endotheliom der Pleura und 
des Perikards. 
(Medieinskoje Obosrenje 1898. No. 2.) 

Eine 32jährige Bäuerin überstand vor 3 Wochen eine fibrinöse Pneumonie, 
wonach Schwäche und Husten nicht vergingen. Auf der ganzen linken Seite der 
Brust Dämpfung, die oben tiefer ist als im Traube’schen Raum. Herz und Mils 
wenig verdrängt. Athemgeräusche abgeschwächt, eben so Fremitus pectoralis. 
Probepunktion: seröse Flüssigkeit. Man nahm eine Geschwulst und unbedeuten- 
des seröses Exsudat an. Nach 3 Tagen werden 850 com Exsudat entleert; 10 Tage 
darauf rasche Vergrößerung des Exsudats, Athemnoth. Entleerung von 1650 eem 
reiner Flüssigkeit. 3 Tage später etwas Blut im Auswurf, nach weiteren 3 Tagen 
wieder plötzliche Verschlimmerung, neues Ansammeln von Flüssigkeit. Es werden 
2100 com entleert, dies Mal stark mit Blut vermischt. Nach einigen Tagen neue 
Verschlimmerung und Tod 6 Wochen nach Aufnahme ins Krankenhaus. Sektion: 
Linke Pleura verdickt, Lunge zusammengedrückt; der parietale Theil des Peri- 
kards verdickt. Keine Geschwulstknoten an der Pleura oder dem Perikard. Vor- 
dere und hintere Mediastinaldrüsen hart, weiß. Mikroskopische Diagnose: von 
den inneren Pleuraschichten ausgehendes Endotheliom, das sich am Perikard mehr 
herdweise ausbreitet. 

In der Litteratur der letsten 10 Jahre fand M. nur einen ähnlichen Fall von 
Krupetzki (Medicina 1896 No. 40 [russ.]): der 28jährige Pat. ist seit 4 Mo- 
naten krank, erst Husten, dann vor einem Monat plötzliches Ansammeln von 
blutigem Exsudat. Sektion: Riesenzellensarkom der linken Pleura costalis und 
diaphragmatica, theils diffus, theils in Form von Knoten. In der Pleura pulmo- 
nalis ähnliche Knoten, doch in geringerer Anzahl. Linke Bronchialdrüsen sarko- 
matös entartet, scheinen der Ausgangspunkt gewesen zu sein. — Als primäre 
Pleurageschwulst gehört M.’s Fall zu den Seltenheiten. Interessant waren das 
lange Fehlen (bis 3 Wochen vor dem Tod) von Blut im Transsudat und das 
Fehlen'von Reiben in Pleura und Perikard. G@iückel (B. Karabulak, Saratow). 


47) U. Rosa. Sarkom des Sternum. 
(Policlinico 1897. Oktober 1.) 

Das Leiden ist relativ selten, die Diagnose nicht immer ganz leicht. Verf. 
stellt die bisher veröffentlichten Fälle zusammen, um sodann einen eigenen zu 
beschreiben: Ein 16jähriges Mädchen leidet seit 9 Monaten an Schmerzen in der 
Brustbeingegend und einer allmählich wachsenden Geschwulst daselbst. Die 
letztere hatte bei der Aufnahme in die Klinik einen Durchmesser von 10 om, die 
Konsistenz war im Centrum weich, in der Peripherie knochenhart, Pat. war sehr 
schwach und anämisch; es bestanden harte Anschwellungen der Supraclavieular- 
drüsen; Athemnoth. Eine palliative Behandlung mit Leberthran, Eisen und Jod- 
kali brachte vorübergehende Besserung des Allgemeinbefindens; 3 Monate nach 
dem Verlassen der Klinik starb die Kranke. fa der Ätiologie dieser Sarkome 
scheint das Trauma eine erhebliche Rolle zu spielen. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


48) Coley. Carcinoma of the breast with a round celled sarcoma in 
the submaxillary region in the same individual. 
(Annals of surgery 1898. Januar.) 
Das Interesse an dem mitgetheilten Falle beruht in dem gleichzeitigen Vor- 
kommen der genannten Geschwulstarten an demselben Individuum. Die klinische 


Diagnose wurde durch mikroskopische Untersuchung erhärtet. 
Tietze (Breslau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatsbdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


E. vm Began, F Kine E Rw, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


nl 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 21. Sonnabend, den 28. Mai. 1898. 


Inhalt; I. G. Reinbach, Zur Chemie des Colloids der Kröpfe. — II. G. Lotheissen, 
Zur Radikaloperation der Schenkelhernien. (Original-Mittheilungen.) 

1) Schleich, 2) und 3) Briegieb, Infiltrationsanästhesie. — 4) Welgand, Cocainvergiftung. 
— 5) Barjon, 6) Buguet und Gascard, 7) Perrée, 8) Gocht, A Appunu, 10) Oberst, 
11) Jankau, 12) Cowl, Röntgendurchleuchtung. — 13) Jordan, 14) Henie, Tuberkulose. 
— 15) Schmidt, Harnröhrenstrikturen. — 16) Grosglik, Nierenblutung. — 17) Finger 
und Sänger, Sterilität beim Mann. — 18) Gabryszewskl, Lipome des Samenstranges. 

19) Siedentopf und Geroulanus, 20) Gasur und Londe, Röntgenstrahlen. — 21) Loew, 
Posttyphöse Eiterung. — 22) Sendler, Gelenktuberkulose. — 23) Fort, Elektrolyse bei 
Stenosen. — 24) Honsell, Strumitis. — 25) Jaboulay, 26) Chauffard und Quénu, 27) Jon- 
nesco, 28) G6rard-Marchant und Abadie, 29) Cerkez und Juvara, Basedow. — 30) Briquet, 
Myxödem. — 31) Crosti, Urethrotomie. — 32) Jaswitzkl, 33) Treuberg, Harnröhrensteine. 
— 34) Filatow, Blasensteine. — 35) Frank, Hämaturie. — 36) Kedrowski, Cystitis 
emphysematosa. — 37) Kelly, Cystoskop. — 38) Winslow, 39) Haushalter und Jacques, 
40) Mikule, Harnleiteraffektionen. — 41) Bangs, Nierentuberkulose. — 42) Fenwick, 
Nierensteine. — 43) Gaston, Tuberkulose des Penis. — 44) Porges, Hodengeschwulst 
und Lipom des Samenstranges. — 45) Buschi, Klinischer Bericht. 


(Aus dem chemischen Laboratorium des physiologischen Instituts und 
der chirurgischen Klinik zu Breslau.) 


I, Zur Chemie des Colloids der Kröpfe. 


Von 
Dr. Georg Reinbach, 


Assistenzarzt der kgl. chirurgischen Klinik. 


Die Frage, in welcher Beziehung das Colloid der Kröpfe zu 
demjenigen der normalen Schilddrüsen jugendlicher Individuen steht, 
wird immer noch von verschiedenen Autoren verschieden beantwortet. 
In einer vor mehreren Jahren aus Ziegler’s Institut hervorgegange- 
nen Arbeit suchte ich den histologischen Nachweis zu führen, dass 
es sich im Gegensatz zu dem Colloid normaler Drüsen, welches ein 
Sekret darstellt, bei dem Kropfcolloid im Wesentlichen um ein 
Degenerationsprodukt handelt. Diese Anschauung, von deren 
Richtigkeit ich auch nach späteren Untersuchungen noch überzeugt 

21 


— 


546 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


bin, wird von einer Reihe von Forschern nicht getheilt; dieselben 
sehen in dem Kropfcolloid nichts weiter als ein in besonders reichem 
Maß gebildetes Sekret. 

In der Hoffnung, dass es vielleicht gelingen werde, durch che- 
mische Untersuchungen eine Entscheidung des strittigen Punktes 
herbeizuführen und in der Meinung, dass der Versuch berechtigt sei, 
auf diesem Weg ein näheres Verständnis für den noch wenig präcisen 
Begriff »Colloid« überhaupt zu gewinnen, habe ich mich mit der 
Chemie des Kropfcolloids beschäftigt. 

Seit über Jahresfrist bin ich Dank der Güte meines hochverehrten 
Chefs, des Herrn Geheimraths v. Mikulicz, in der Lage, das Kropf- 
material sowohl der königlichen wie der Privatklinik für diese 
Arbeiten benutzen zu dürfen. Dieselben sind sämmtlich in dem 
chemischen Laboratorium des physiologischen Instituts zu Breslau 
unter der Leitung des Herrn Prof. Röhmann ausgeführt worden, 
welchem ich für die beständige gütige Unterstützung und Beleh- 
rung zu aufrichtigstem Dank verpflichtet bin. Zu der vorliegen- 
den Mittheilung, welche nur kurz die Resultate meiner bisherigen 
Untersuchungen anführen soll, sehe ich mich veranlasst, weil ich 
glaube, dass die Kenntnis der angewandten Methode und die Ergeb- 
nisse auch für andere Autoren fruchtbringend sein können. 

Ein frisch exstirpirter Colloidkropf, durch die Fleischmaschine 
zerkleinert, liefert in einer Flüssigkeit einen Gewebsbrei, welcher 
unter anderen die colloiden Massen enthält; die Flüssigkeit reagirt 
schwach alkalisch. Extrahirt man diesen Brei in der Kälte mit 
Wasser, so erhält man eine durch Blutfarbstoff röthlich gefärbte 
Flüssigkeit, welche, mit 10%iger Salzsäure 2 Stunden gekocht, ent- 
eiweißt, Kupferoxyd in alkalischer Lösung reducirt. Es ist 
also im menschlichen Colloidkropf eine in Wasser lösliche Substanz 
enthalten, aus welcher sich beim Kochen mit starken Säuren eine 
reducirende Substanz abspaltet. 

Neutralisirt man das ursprüngliche, alkalisch reagirende Wasser- 
extrakt des Kropfes mit je Normalsalzsäure, so tritt eine Trübung 
ein, welche sich bei weiterem Zusatz der Säure in einen fein- 
flockigen Niederschlag verwandelt. Derselbe wird centrifugirt, 
durch 2mal wiederholte Lösung in !/,, Normalammoniak mit darauf 
folgender Fällung durch (lo Normalessigsäure gereinigt und liefert, 
mit Alkohol und Äther behandelt, ein fleischfarbenes Pulver. 

Es lässt sich nachweisen, dass die in den Kröpfen vorhandene, 
durch Säuren abspaltbare, reducirende Substanz lediglich in den 
Niederschlag übergeht; im Filtrat ist sie nicht mehr zu finden. Da 
aun allen colloiden Substanzen die Eigenschaft zukommt, eine redu- 
cirende Substanz zu liefern, so wollen wir jenes Pulver als Kropf- 
colloid (im chemischen Sinne) bezeichnen, ohne damit behaupten 
zu wollen, dass es ein einheitlicher Körper ist. 

Eine Probe des Colloidpulvers, mit wenigen Tropfen dünner 
Ammoniaklösung versetzt, quillt zu einer gelblichen, gallertigen, zähen 


= 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 547 


Masse auf, welche lebhaft an die colloiden Massen erinnert, die auf 
der Schnittfläche einer frischen Struma colloides sichtbar sind. Ge- 
legentlich zahlreicher Jodbestimmungen menschlicher Kröpfe, die ich 
ausführte, wurde auch das Colloidpulver als stark jodhaltig ge- 
funden. Das Resultat ist durch wiederholte Kontrolluntersuchungen 
anderer jodfreier Substanzen als einwandsfrei zu betrachten. Im 
Übrigen besteht nach meinen Erfahrungen kein Parallelismus 
zwischen dem Colloidreichthum eines Kropfes und seinem Jod- 
gehalt. 

Von ganz besonderem Interesse war es, die reducirende Sub- 
stanz näher zu untersuchen. Kocht man eine Probe des Colloid- 
pulvers mit 10%iger Salzsäure 2 Stunden lang, neutralisirt vorsichtig 
mit Natronlauge, dampft dann die wieder schwach angesäuerte Lösung 
ein und extrahirt mit Alkohol, in welchen die reducirende Substanz 
übergeht, so erhält man schließlich einen Alkoholrückstand, welcher, 
in Wasser gelöst, die reducirende Substanz birgt. Aus dieser 
Lösung lassen sich mit essigsaurem Phenylhydrazin Kry- 
stalle darstellen, welche aus feinen, zu Büscheln oder zu 
Rosetten angeordneten, gelben Nadeln bestehen. 

Die Reinigung dieser Krystalle von den sich mit ihnen bilden- 
den Schmieren machte große Schwierigkeiten. Schließlich gelang 
es, im Wesentlichen durch Umkrystallisiren aus siedendem Alkohol, 
die Krystalle chemisch rein darzustellen, so dass der Schmelzpunkt 
nach mehrmaligem Umkrystallisiren konstant blieb. Das chemisch 
reine Osazon schmilzt bei 193° unter Zersetzung. Dieser aus 
Kröpfen zum ersten Mal dargestellte Körper stimmt auch sonst mit 
keinem der bekannten Osazone überein, speciell ist er sicherlich von 
dem Notkin’schen Osazon, welches aus normalen Schilddrüsen ge- 
wonnen wurde (Schmelzpunkt 160°, so wie demjenigen, welches 
Blumenthal aus den Nucleoalbuminen auch der Glandula thyreoidea 
darstellen konnte (Pentosazon vom Schmelzpunkt 153— 158°) different; 
seinem Schmelzpunkt nach am nächsten steht das Müller’sche 
Mucosazon (Schmelzpunkt 198°). Ich möchte die Substanz zunächst 
als Strumosazon bezeichnen, vorbehaltlich einer nach erfolgter 
Analyse möglichen, mehr die Konstitution berücksichtigenden Ände- 
rung dieses Namens». 

Die Darstellung des Strumosazons aus Colloidkröpfen kann auch 
ohne Vermittlung des Colloidpulvers direkt durch Kochen der zer- 
kleinerten Drüsenmasse mit Salzsäure ‘erfolgen. 

In allen Fällen von Colloidkropf wurde die reducirende Substanz 
gefunden, jedoch gelang es nicht stets, genügend große Mengen des 
Osazons, dessen Ausbeute noch sehr gering ist, darzustellen, um die 
Identität der Osazone in allen Fällen sicher festzustellen. 

Über die Beziehungen zwischen dem Bau des Kropfes und dem 
Vorkommen der reducirenden Substanz müssen weitere Untersuchun- 
gen Aufklärung schaffen; ich habe über einen interessanten Befund 
in dieser Richtung zu referiren. Bei einem frisch exstirpirten Kropf- 

21* 
_—— 


548 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


knoten trennte ich mechanisch sorgfältig das eigentliche centrale 
Adenom vom Umhüllungsgewebe; das erstere enthielt keine 
reducirende Substanz, das letztere ergab starke Reduktion. 

Die sehr nahe liegende Frage, ob der in menschlichen Kröpfen 
gefundene Stoff auch in normalen Schilddrüsen zu finden sei, oder 
ob eine Differenz zwischen dem Kropf- und Schilddrüsencolloid auch 
in chemischer Hinsicht bestände, suchte ich zunächst durch die Unter- 
suchung frischer thierischer Schilddrüsen (Kalb) zu lösen. Wieder- 
holt wurde in Mengen von je 125—150 g sorgfältig rein präparirter 
Drüse keine Spur einer reducirenden Substanz gefunden, 2mal 
Spuren einer Reduktion; jedoch will ich hieraus noch nicht den 
Schluss ziehen, dass die oben beschriebene, aus Kröpfen dargestellte 
Substanz in normalen Schilddrüsen nicht enthalten sei. 

Die Untersuchungen werden fortgesetzt. 


II. Zur Radikaloperation der Schenkelhernien. 


Von 


Dr. Georg Lotheissen, 
Assistent an Prof. v. Hacker’s Klinik in Innsbruck. 


Die Radikaloperation der Schenkelhernien ist beim Publikum 
noch lange nicht so beliebt, wie die der Leistenhernien. Und doch 
wäre sie gerade hier am Platz, weil die anatomischen Verhältnisse, 
der enge Kanal, durch den die Hernie hervortritt, es mit sich bringen, 
dass es hier besonders leicht zu Incarceration kommt. Man hat daher, 
seitdem überhaupt die Radikaloperationen der Hernien häufiger aus- 
geführt werden, auch für die Schenkelbrüche verschiedene Methoden 
zum dauernden Verschluss angegeben, die alle mit größeren oder 
geringeren Modifikationen (Bassini, Fabricius, Kocher u. A. m.) 
eine Vernähung des Schenkelkanals darstellen. Da hier aber stets 
nur ein fibröser Abschluss erzielt wird, der eher nachgeben kann, 
als ein muskulärer, und man in der That nicht selten danach Reci- 
dive auftreten sieht, möchte ich an dieser Stelle eine Methode be- 
schreiben, mit der wir jetzt schon in einer Reihe von Fällen recht 
schöne Resultate hatten. 

Im Mai 1897 wollte ich bei einer 45jährigen Frau wegen einer 
recidiven Inguinalhernie, die außerhalb der Klinik bereits 2mal operirt 
worden war, die Radikaloperation nach Bassini ausführen. Bei der 
Excision der Narbe musste ein Theil des Poupart’schen Bandes ge- 
opfert werden, der typische Verschluss nach Bassini war daher nicht 
mehr möglich. Ich nähte desshalb die Muskulatur an das Periost 
des horizontalen Schambeinastes, das sogenannte Ligamentum Cooperi, 
an; dies gelang überraschend leicht. Da der Effekt sehr gut war, 
verwendete ich diesen Verschluss in der Folge auch zur Radikal- 
operation der Cruralbhernien. Wie mir mein Freund, Prof. Narath 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 549 


in Utrecht, mittheilt, wurde auch er durch die Verhältnisse zum 
gleichen Verfahren geführt und hat damit ebenfalls guten Erfolg 
gehabt. 

Der Hautschnitt wird direkt über dem Poupart’schen Bande 
gemacht, dann die Fascie des Musc. obliq. ext. etwa 1—2 mm ober- 
halb dieses Ligaments gespalten, wobei man selbstverständlich in den 
äußeren Leistenring kommt. Hat man gleichzeitig eine Inguinal- 
hernie derselben Seite, so isolirt man den Bruchsack und trägt ihn 
ab wie beim Bassini’'schen Verfahren. Das Isoliren des cruralen 
Bruchsacks kann man von oben her vornehmen, man kann aber 
auch, zumal wenn festere Verwachsungen bestehen, unterhalb des 
Poupart’schen Bandes den Bruchsack isoliren, abbinden und nun 
den Stumpf nach oben schieben. Man drängt ihn so weit nach oben, 
bis man das Periost des horizontalen Schambeinastes (Lig. Cooperi) 
deutlich sieht. 

Nun legt man die Muskelnähte, etwa 4—5, an. Wir nehmen 
dazu halbkreisförmige Trokarnadeln und starke Seide Die Nadeln 
werden medial eingestochen und unter Leitung eines unter der 
Muskelschicht liegendeä Fingers innerhalb des Muskelfleisches vor- 
geschoben bis an den freien lateralen Rand, wo sie ausgefädelt 
werden. Die beiden Fadenenden werden einstweilen mit Schieber- 
pincetten gefasst. 

Liegen diese Muskelnähte, so kommt der schwierigste Akt, das 
Durchziehen durch das Lig. Cooperi. 

Um mehr Raum zu gewinnen, wird, wie bei dem Verfahren von 
Fabricius, die Vena femoralis etwas frei gemacht und mit einem 
stumpfen Haken lateralwärts gezogen. Nun werden mit einer ge- 
stielten Nadel, die stark gekrümmt ist, Fadenschlingen am Ligam. 
Cooperi angelegt, die dazu bestimmt sind, die Fäden der Muskel- 
naht hier durchzuziehen, wie es bei der Fergusson’schen 
Gaumennaht gemacht wird. Erst wenn alle Nähte liegen, soll ge- 
knüpft werden. Am besten ist es, medial anzufangen, wo die Span- 
nung am geringsten ist, und nach außen vorzuschreiten. Ist die 
letzte Naht geschlossen, so wird der die Vene haltende Haken ent- 
fernt. Zur Sicherheit kann man nun noch oberhalb eine Naht 
zwischen Muskel und Poupart’schem Band anlegen. Dies empfiehlt 
sich besonders bei Männern, wo der Samenstrang nunmehr gerade 
über der Vene austritt und durch diese Naht wie in einen Sphinkter 
gefasst wird. 

Nun wird die Fascia obliqua wieder vernäht, dann folgt die 
Hautnaht. Im Anfang hefteten wir auch das Poupart’sche Band 
mit einigen Stichen an das Schambeinperiost, doch haben wir dies 
aufgegeben, da es nicht nöthig ist, und da durch die zahlreichen 
Nähte leicht Nekrose an dem Lig. Cooperi entstehen könnte. 

Nothwendig ist ein guter Kompressivverband, am besten mit 
einem dicken Gaze- oder Wattebausch, der an die Stelle der ehemals 
bestandenen Hernie angedrückt wird. So wird Sekretansammlung 


550 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


verhindert und eine völlige Heilung per primam ermöglicht. Übrigens 
haben wir in einem Falle (eine alte Frau, die ihren Verband stets 
mit Urin durchtränkte und an Acnepusteln litt) starke Eiterung ge- 
habt, so dass die Haut- und Fasciennaht ganz geöffnet werden musste; 
der muskuläre Verschluss blieb aber intakt, wie wir auch bei den 
wenigen Fällen von nach Bassini operirten Inguinalhernien, welche 
vereiterten, niemals bemerken konnten, dass die Muskelnaht selbst 
dadurch ergriffen wurde. 

Der Erfolg nach der Heilung ist sehr schön; man sieht, wenn 
die Pat. husten, keine Vorwölbung, sondern, weil sich der am 
Knochen fixirte Muskel kontrahirt, eine leichte Einziehung. Nach 
7—8 Tagen werden die Hautnähte entfernt zugleich mit dem primären 
Verband; am 9. oder 10. Tage lassen wir die Kranken aufstehen, 
und nach 14 Tagen gehen sie nach Hause mit der Weisung, sich 
noch durch etwa 3 Wochen schwerer Arbeit zu enthalten. 

Wir haben dieses Verfahren bisher in 12 Fällen angewendet; 
davon betrafen 7 Männer; imal war die Hernie bilateral. Die Ver- 
lagerung des Samenstrangs machten wir immer analog der Bassini- 
schen Methode für Inguinalhernien nach oben; man könnte aber ev. 
den Funiculus auch unten herausleiten, wie bei der Methode Ferrari’s. 
In einem weiteren Falle handelte es sich um tuberkulöse Lymph- 
drüsenpackete bei einer Frau, die von außen durch den Schenkelring 
hindurch bis ans Peritoneum reichten. Da nach deren Exstirpation 
eine Disposition für einen Schenkelbruch zurückgeblieben wäre, 
machte Herr Prof. v. Hacker prophylaktisch den Verschluss durch 
eine Muskelnaht in der angegebenen Weise. (Das wäre der 13. Fall.) 

Recidive haben wir nicht gesehen {speciell nicht bei einem Pat., 
der vorher schon einmal nach Fabricius operirt wurde und schon 
nach 4 Wochen an der gleichen Stelle einen Schenkelbruch aufwies;. 
Allerdings ist seit den ersten Operationen erst ein Jahr verflossen. 


1) Schleich. Schmerzlose Operationen. Örtliche Betäubung 
mit indifferenten Flüssigkeiten. Psychophysik des natür- 
lichen und künstlichen Schlafes. III. verbesserte und ver- 
mehrte Auflage. 
Berlin, G. Springer, 1898. 276 8. 

Die Thatsache, dass das Buch des Verf. schon die 3. Auflage 
erlebt hat, ist ein Beweis, dass seine Methode der Infiltrations- 
anästhesie mehr und mehr Anklang, Nachahmer und Anhänger ge- 
funden hat. Verf. hat dieselbe Eintheilung beibehalten, wie in der 
ersten Auflage, so dass auch jetzt noch dasselbe gilt, was der Ref. 
im Centralblatt 1894 No. 43 über den ersten Theil gesagt hat. Was 
die scharfe Polemik des Verf. anbetrifft, so hat das Buch leider keine 
Verbesserung erfahren. Auf die sehr zweifelhaften theoretischen 
Auseinandersetzungen Sie über den physiologischen Schlaf und den 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 551 


Schlaf in Narkose, welche wohl als geistreiche Hypothesen bezeich- 
net werden können, ist keine Veranlassung, hier näher einzugehen. 

Über die lokale Anästhesirung sind aber allmählich, auch von 
sehr berufener Stelle aus, so viel anerkennende und ermuthigende 
Stimmen laut geworden, dass man den Verf. zu diesem Erfolg nur 
beglückwünschen kann, zumal Anfangs die Stimmung nicht ganz 
ohne seine Schuld gegen ihn zu sein schien. Jetzt wird bald kein 
Arzt oder Chirurg mehr umhin können, sich mit der Methode ver- 
traut zu machen. Die Technik im Einzelnen muss sich freilich Jeder 
erst aneignen. Es ist daher Jedem, der noch keine Versuche mit 
der Infiltrationsanästhesie gemacht hat, solche aber anstellen will, 
zu rathen, ja die vom Verf. klar und anschaulich geschilderte Technik 
zu studiren. 

In einer weiteren Auflage wird wohl auch der Besprechung der 
sogenannten regionären Anästhesie, wie sie von Oberst und neuer- 
dings von Manz mit gutem Erfolg ausgeführt worden ist, etwas 
Raum gegönnt werden! 

Auffallend erscheint es dem Ref., dass noch von keiner anderen 
Seite Versuche mit dem Narkosengemisch, dessen Siedepunkt sich 
nach der jeweiligen Körpertemperatur richten soll, veröffentlicht sind. 
Man darf gespannt sein, ob unsere allgemeinen Narkotica durch die 
von S. angegebene Mischung wirklich an Gefahr verlieren. 

Im Interesse der Vermeidung vieler unnöthiger Allgemeinnarkosen 
können wir dem Buche $.’s und der Anwendung seiner Anästhe- 
sirungsmethode nur recht weite Verbreitung wünschen. 

Tschmarke (Magdeburg). 


2) Briegleb (Worms). Für Schleich. 
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1897. No. 9.) 
3) Derselbe. Über Schleich’s Infiltrationsanästhesie. 
(Kinderarst 1897. No. 11 u. 12.) 

Verf. ist ein begeisterter Anhänger der Schleich’schen Methode, 
geht aber in seiner Begeisterung wohl zu weit. So vergleicht er 
das Schicksal seines Freundes mit dem Gallilei’s und reiht die 
Infiltrationsanästhesie den drei von Baas sogenannten Großthaten 
der Humanität, der Einführung der Inhalationsanästhesie, der Blut- 
sparung und der Antisepsis als vierte an. 

Ohne die Verdienste Schleich’s auch nur im mindesten an- 
tasten zu wollen, so glaube ich doch, dass eine derartige Anpreisung 
von Seiten seiner Freunde eher geeignet ist, der guten Sache zu 
schaden als zu nützen. In dem ersten Artikel droht Verf. sogar mit 
dem Staatsanwalt, indem er ausruft, derselbe werde bei einem 
künftigen Narkosentodesfall nicht mehr fragen, ob alle Vorsichts- 
maßregeln in Anwendung gezogen worden sind, sondern: » war hier 
überhaupt Narkose nöthig? resp. konnte sie nicht durch ein wissen- 
schaftlich festgestelltes, praktisch bewährtes Verfahren umgangen 


552 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


werden, das bei derselben Schmerzlosigkeit in diesem Falle die 
Operation ohne Gefahr für das Leben ermöglicht hätte? «! 

Dass bei Kindern die Anwendung der Infiltrationsanästhesie be- 
sonderen Schwierigkeiten begegnet wegen der Unruhe und des Sträu- 
bens derselben, giebt Verf. selbst zu. Interessant ist noch die Mit- 
theilung, dass er nach Unterbindung der Arteria lingualis einmal 
schmerzlos eine halbseitige Zungenexstirpation wegen Krebs nach 
Schleich mit Erfolg ausgeführt hat. Sonst ist nichts Bemerkens- 
werthes in den beiden feuilletonistisch gehaltenen Artikeln enthalten. 

Tschmarke (Magdeburg). 


4) Weigand. Über akute Cocainvergiftungen. 
Inaug.-Diss., Leipzig, 1897. 

Die Arbeit stellt eine sehr lehrreiche und interessante Zusammen- 
stellung von allen bisher veröffentlichten Fällen akuter Cocainver- 
giftung dar. Verf. hat 250 einzelne Fälle in einer Tabelle gesammelt, 
von denen 21 einen tödlichen Ausgang genommen hatten. Es ist 
nicht möglich, eine Maximaldosis für Cocain aufzustellen, da das- 
selbe höchst verschieden zu wirken scheint. Rufen bei einzelnen 
Personen schon geringe Dosen von wenigen Milligramm Intoxikations- 
erscheinungen hervor, so vertragen Andere große Gaben. Am ge- 
fährlichsten scheint es zu sein, größere Dosen auf die Schleimhäute 
zu bringen. Dahingegen hält Verf. die Infiltrationsmethode nach 
Reclus und Schleich mit ihren verhältnismäßig kleinen Gaben 
für gänzlich ungefährlich. Von den Todesfällen traten 7 nach inner- 


lichem Gebrauch, 2 nach Applikation im Mastdarm ein. 
Tschmarke (Magdeburg). 


5) F. Barjon. La radiographie appliquée à l’etude des 
arthropathies deformantes. 
Paris, Bailliöre et fils, 1897. 

B. macht auf Grund seiner klinischen und anatomischen Unter- 
suchungen einen Unterschied zwischen den verschiedenen rheuma- 
tischen und pseudorheumatischen Gelenkentzündungen, zu welch 
letzteren er auch die auf gonorrhoischer, diphtherischer etc. Basis 
rechnet. Außer diesen durch eine von außen in den Körper ge- 
langte Noxe bewirkten Entzündungen bestimmt er noch eine beson- 
dere Form von Gelenkentzündungen, die auf nervöser Basis beruhen 
und stets ganz besondere anatomische Befunde in den Gelenken 
machen lassen, und glaubt, dass die Anwendung der Untersuchung 
mit Röntgenstrahlen die Diagnose erleichtern und für die Differential- 
diagnose von besonderer Wichtigkeit sein werden. Die zahlreichen, 
der Arbeit beigegebenen, gut gerathenen Bilder werden zum Beweis 
dieser Theorie verwendet. Dumstrey (Leipzig). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 553 


6) A. Buguet et A. Gascard. Application des rayons de 
Röntgen à l’analyse des calculs. 
(Presse méd. 1897. No. 41.) 

Um die chemische Zusammensetzung oder einen eventuell vor- 
handenen Kern in Steinen erkennen zu können, ohne dieselben zer- 
stören zu müssen, haben Verf. von den verschiedensten Steinen 
Röntgenbilder angefertigt, wobei sich zeigte, dass die einzelnen che- 
mischen Substanzen thatsächlich Unterschiede in der Transparenz 
für X-Strahlen besitzen, ganz abgesehen davon, dass auch wiederholt 
festgestellt werden konnte, wenn ein Knochen- oder Metallstück den 
eigentlichen Kern des Steines ausmachte. Im Allgemeinen besitzen 
Gallensteine ein größere Transparenz, wenn sie aus reinem Chole- 
stearin bestehen, eine weniger große, ja mehr Kalksalze und Gallen- 
pigment enthalten sind. Bei gemischten Steinen heben sich die 
Unterschiede auf den Bildern deutlich ab. Harnsaure Steine sind 
weniger opak als Kalk oder Magnesiasalze. Phosphorsaure Ammoniak- 
Magnesia steht zwischen Kalksalzen und Harnsäure. Man kann also 
durch die X-Strahlen die Homogenität und Struktur der Steine, in 
gewissen Fällen ihre chemische Zusammensetzung und den genauen 
Sitz und die Natur des Kernes, der ihre Bildung hervorgerufen hat, 
erkennen. 12 Skiagramme sind der interessanten Mittheilung bei- 
gegeben. Tschmarke (Magdeburg). 


7) A, Perröe. Étude des rayons de Roentgen appliqués 
aux expertises medico-legales. 
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1898. 

P. bespricht in ausführlicher Weise die Verwendbarkeit der 
Untersuchung mit Röntgenstrahlen. Die Darstellung von der Tech- 
nik, die er angewendet hat, ist die übliche. Er weist hauptsächlich 
auf die Benutzung der neuen Methode bei Fremdkörpern und bei 
Knochenverletzungen hin und lässt hier unseres Erachtens sehr zu 
Unrecht eine größere Anzahl chirurgischer Erkrankungen, in denen 
die X-Strahlen mit Nutzen angewendet werden können und oft auch 
schon angewendet worden sind, außer Acht, betont aber dann mit 
Recht ihre Wichtigkeit in vielen kriminellen Fällen, für Versiche- 
rungsgesellschaften, für militärische Untersuchungen u. dgl. 

Dumstrey (Leipzig). 


8) Gocht. Die Herstellung von Knochenstrukturbildern 
mittels Röntgenstrahlen. 
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 57.) 

G. beschreibt die Herstellung von Knochenstrukturbildern mit 
Diagraphie und weist nach, dass die Methode eben so sicher, aber 
viel bequemer, leichter und einfacher ist, als die mühsame Her- 
stellung der Schliffe. Dumstrey (Leipsig). 


HL 


554 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


9) F. Appunu. Über die Methodik der Photographie mit 
X-Strahlen zu medicinisch-diagnostischen Zwecken. 
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 41.) 

A. giebt in ausführlicher Weise an, wie in der Halleschen 
chirurgischen Klinik die Methode technisch angewendet wird. Seine 
Mittheilungen über Induktor, Röhren, Leuchtschirm, Photographie, 
Tisch, Platten, Entwicklung sind präcis und korrekt. Die von A. 
ertheilten Winke dürften für Manchen, der sich über das Verfahren 
genauer informiren will, von Nutzen sein und sind am besten im 
Original nachzulesen. Dumstrey (Leipzig). 


10) M. Oberst. Die Grenzen der Leistungsfähigkeit des 
Röntgenverfahrens in der Chirurgie. 
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 65.) 

O. ist bekanntlich einer der Ersten gewesen, der mit Über- 
zeugung für die neue Methode eingetreten ist. Auch in dieser 
Publikation erklärt er mit warmen Worten, dass er die Diagraphie 
als ein nicht mehr entbehrliches diagnostisches Hilfsmittel betrachte; 
und wenn er dennoch die Grenzen seiner Anwendbarkeit klar darlegt, 
so ist ihm das nicht genug zu danken. Gerade im Hinblick auf die 
allzu enthusiastischen Publikationen muss die Warnung O.’s mit 
Freuden begrüßt werden: Hoffentlich trägt sie dazu bei, die allzu 
hoch gespannten Hoffnungen auf ein vernünftiges und richtiges 
Maß zurückzuführen. O. hatte vielfach Gelegenheit zu beobachten, 
dass ihn die Methode völlig im Stich ließ; so z. B. bei verschiedenen 
tuberkulösen Gelenkentzündungen, bei Fremdkörpern, die sich in 
großen Körperhöhlen befanden, bei Osteomyelitiden in den ersten 
8 Tagen, bei Knochengeschwülsten, Gallensteinen, ach bei gewissen 
Blasensteinen etc. Dagegen hatte er ihr wichtige Aufschlüsse in 
Bezug auf die Diagnose und die einzuschlagende Therapie zu ver- 
danken bei Knochenbrüchen, Verrenkungen, Deformitäten, Fremd- 
körpern, bei verschiedenen tuberkulösen Knochenentzündungen, bei 
osteomyelitischer Nekrose, Arthritis urica, deformirenden Gelenkent- 
zündungen, zuweilen bei Gelenkkörpern, einmal bei metastatischen 
Sarkomknoten in der Lunge etc. Er leugnet auch nicht die Mög- 
lichkeit, größere Abscesse in Brust- oder Bauchhöhle diagraphisch zu 
finden. Er weist aber auch auf die Möglichkeit hin, dass man ge- 
wisse Befunde falsch deute und auffasse und empfiehlt zur Sicher- 
heit stets Kontrollplatten zu machen. Das Nähere ist im Original 
nachzulesen. Dumstrey (Leipzig). 


11) Jankau. Die schädlichen Nebenwirkungen der Rönt- 
genstrahlen bei Durchleuchtung und Photographie. 
(Internationale photographische Monatsschrift für Mediein. Separatabdruck.) 

J. bespricht in einfacher und klarer Weise die Gefahren, die in 
Folge von zu lange und zu oft fortgesetzten Bestrahlungen entstehen 


S Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 555 


können und stellt aus der Litteratur die bekannten Fälle zusammen, 
in denen Herzklopfen, Hautentzündung, heftige Schmerzen, Beein- 
flussung der Körpertemperatur, Übelkeit, Erbrechen, Erythem, Haar- 
ausfall beobachtet worden sind. Nach seiner Meinung sind die Ur- 
sache zu lang wirkende hochgespannte elektrische Ströme, und die 
Wirkung der Beleuchtungen ist ungefähr die gleiche wie bei der 
Elektrolyse. N Dumstrey (Leipzig). 

12) Cowl. Ein Sagittal- nebst Frontalbild eines anormalen 

coxalen Femurendes. 
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 136.) 

C. weist darauf hin, dass es nicht immer gelingt, aus einem 
Bilde von angeborener Hüftverrenkung über die Beschaffenheit des 
Kopfes ins Reine zu gelangen und empfiehlt zur genaueren Er- 
kennung der Deformität 2 Aufnahmen, ähnlich wie es seiner Zeit 
König schon gethan hat. Nur glaubt C. einfacher zum Ziele zu 
kommen, wenn er ein Sagittal- und ein Frontalbild anfertigt. Die 
2 der Arbeit beigefügten Bilder illustriren den Werth dieser Methode. 

Dumstrey (Leipzig). 


13) Jordan. Weitere Beiträge zur Tuberkulose der Lymph- 
gefäße. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 

J. vervollständigt in der vorliegenden Publikation seine frühere 
Mittheilung über denselben Gegenstand durch die genaue Beschrei- 
bung des mikroskopischen Befundes, den er an den damals ver- 
wertheten Fällen erhoben, und der ihm den direkten Beweis gestattet, 
dass die Erkrankung in der That an den Lymphgefäßen sich ab- 
spielte. Daran schließen sich 2 neue Fälle an, eine Lymphangitis 
luposa des Vorderarms, welche von einem lupösen Fingergeschwür 
aus entstanden war, und eine gleichfalls am Vorderarm lokalisirte 
Lymphgefäßtuberkulose, die noch dadurch interessant ist, dass der 
primäre Herd am Finger auf direkte Infektion einer Stichwunde sich 
zurückführt. Tafel XVI—XVII zeigen die klinischen Bilder, XVIII bis 
XX den mikroskopischen Befund eines Theils der Fälle. 

Hofmeister (Tübingen). 


14) Henle. Die Behandlung der tuberkulösen Gelenkerkran- 
kungen und der kalten Abscesse an der chirurgischen Klinik 
zu Breslau in den Jahren 1690—1896. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft 3.) 

Ausgehend von dem Satz, dass eine länger dauernde Behand- 
lungsmethode nur dann gewählt werden darf, wenn wir überzeugt 
sind, durch dieselbe bessere Resultate zu erzielen, hat H. das große 
Material der Mikulicz’schen Klinik statistisch bearbeitet, um da- 
mit einen Beitrag zu liefern zur Beantwortung der Frage nach der 


556 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


Zweckmäßigkeit der verschiedenen Behandlungsmethoden der Gelenk- 
tuberkulose. Zunächst werden die konservativen Behandlungsmetho- 
den, vor Allem die Jodoforminjektionsbehandlung (Entwicklung der- 
selben, Gefahren, Folgen, Wirkung auf Bakterien und Gewebe, 
Wirkung der suspendirenden Flüssigkeiten, endlich die Anwendung 
des Jodoforms bei Gelenktuberkulosen an der Breslauer Klinik), so- 
dann die venöse Stauung eingehend besprochen. Es folgt die Ab- 
handlung der operativen Eingriffe, von denen nur die Knieresektion 
ausführlicher erörtert wird, sodann die orthopädische Therapie, die 
Allgemeinbehandlung, kurze Bemerkungen über die Indikations- 
stellung und endlich als das Wichtigste die Berechnung der Resul- 
tate der verschiedenen Behandlungsmethoden. Da es selbstverständ- 
lich nicht möglich ist, den Einzelheiten der umfangreichen Arbeit 
im Referat gerecht zu werden, beschränke ich mich auf die Wieder- 
gabe der vom Verf. aus seinen Ergebnissen gezogenen Schluss- 
folgerungen: 

1) Die konsequent durchgeführte konservative Behandlung der 
Gelenktuberkulosen (Stauung, Jodoformglycerin, orthopädische Maß- 
nahmen etc., eventuell auch atypische Operationen) steht bezüg- 
lich der Anzahl der erreichten Heilungen der operativen Therapie 
nicht nach. 

2) Die funktionellen Resultate der konservativen Therapie sind 
erheblich besser als die der operativen. 

3) Die Mortalität ist im Ganzen bei konservativem Vorgehen 
geringer als bei operativem. 

4) Nur für das Kniegelenk Erwachsener ist bei fixirter Patella 
die Resektion der konservativen Therapie vorzuziehen. 

Das verwerthete Material (333 Fälle) ist in Tabellenform der 
Arbeit angehängt. Hofmeister (Tübingen). 


15) Meinhard Schmidt. Zwei technische Bemerkungen zur 


Harnröhrenstrikturbehandlung. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 113.) 

a. »Zur Aufsuchung des vesikalen Harnröhrenendes nach 
der Extra-Urethrotomie« wird empfohlen, wenn der Ort dieses 
Endes zwar durch den herausgepressten feinen Urinstrahl kenntlich 
gemacht, die Lichtung der Harnröhre aber nicht deutlich sichtbar 
und desshalb auch nicht für eine feine Sonde zugänglich ist, an der 
Stell, wo der Harnstrahl heraussprudelt, mit der Hakenpincette 
kleine Gewebsstückchen, die den engsten Strikturtheil enthalten, 
emporzuheben und quer abzutragen. Hiernach wird die Harnröhren- 
lichtung als feines Loch sichtbar, und hat die Beendigung der Ope- 
ration keine Schwierigkeit mehr. Das Verfahren hat sich in 3 Fällen 
impermeabeler gonorrhoischer Striktur bewährt. Um Harn auspressen 
zu können, muss die Blase voll sein. Man schreitet desshalb bei 
solchen Fällen am besten sofort zur Boutonniere und vermeidet 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21 557 


eine vorgängige Blasenpunktion, da bei leerer Blase die Bestimmung 
der Strikturstelle unmöglich werden kann. 

b. Benutzung von Uterindilatatoren als Harnröhren- 
bougies. 

Die langen blanken Metallsonden mit Uterussondenkrümmung 
zur Uterindilatation sind sehr schön zum Bougiren zu benutzen und 
leichter einführbar als Roser’sche Sonden. Namentlich die Meister- 
tour lässt sich gut mit ihnen machen, wobei der Sondenspitze eine 
schraubenförmige Bewegung mitgetheilt wird, sehr geeignet, in seit- 
lich verlagerte Striktureingänge einzudringen. Ist eine Extra-Urethro- 
tomiewunde vorhanden, so erleichtert sich das Passiren des centralen 
Endes, wenn von der Wunde eine gefurchte Sonde in die Blase ge- 
steckt wird, auf deren Rinne man das durch die Pars pendula ein- 
geführte Stahlbougie treffen und weiter gleiten lässt. 
S (Selbstbericht.) 


16) S. Grosglik. Über Blutungen aus anatomisch unver- 
änderten Nieren. 
(Sammlung klin. Vorträge. N. F. No. 203. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 

Dem Aufsatz liegen 17 aus der Litteratur gesammelte Fälle, bei 
denen die Integrität der Niere entweder durch die Operation oder 
auf dem Wege klinischer Beobachtung festgestellt werden konnte, so 
wie ein von G. beobachteter Fall zu Grunde, bei welchem Symptome 
von Hämophilie lange Zeit vor Auftritt der Hämaturie bestanden 
hatten. Es ergiebt sich aus diesem Material die zweifellose That- 
sache, dass neben symptomatischen die verschiedensten Nieren- 
veränderungen, wie Geschwülste, Steine, Tuberkulose etc. begleiten- 
den Blutungen, auch essentielle, in einer anatomisch unveränderten 
Niere entstehende Blutungen vorkommen können. Die Ursachen 
der letzteren können mannigfaltig sein; die Niere kann bluten bei 
vererbter hämophiler Konstitution, bei vasomotorischen Störungen 
oder nach körperlicher Überanstrengung, vielleicht auch aus anderen, 
bisher unerforschten Ursachen. Für die Diagnose ist, wenn weder 
eine Vergrößerung der Niere, noch die Harnbeschaffenheit und die 
begleitenden Symptome für ein organisches Leiden sprechen, von 
Wichtigkeit der Nachweis einer hereditären Disposition zu Hämo- 
philie, einer vorausgegangenen Anstrengung oder das Bestehen von 
Störungen im Gebiet des Nervensytems (Hysterie, Neurasthenie etc.), 
durch welche das Vasomotorencentrum für die Niere in Mitleiden- 
schaft gezogen sein kann. Ergiebt die Anamnese etwas Positives, 
so wird die Diagnose einer essentiellen Hämaturie wahrscheinlich. 
Sicher wird sie aber erst nach langer Beobachtungszeit, wofern in- 
zwischen keine deutlichen Symptome einer anatomischen Veränderung 
aufgetreten sein werden. Die voreilige Diagnose einer vasomotorischen 
oder hämophilen Blutung könnte den Kranken der Wohlthat eines 
frühzeitigen chirurgischen Eingriffs berauben. Einen solchen hält Verf. 
indess auch bei schwerem, lebensgefährlichem Verlauf der Blutungen 


558 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


für zulässig; selbst die Exstirpation des Organs wird bei hämophilen 
zur Rettung des Kranken in Betracht kommen dürfen, während bei 
vasomotorischen zunächst der Sektionsschnitt mit nachfolgender Naht 
und Reposition der Niere zu versuchen sein wird —, Operationen, 
die in der That in einigen Fällen dauernden Erfolg gebracht haben. 
Kramer (Glogau). 


17) E. Finger und M. Sänger. Die Pathologie und Therapie 
der Sterilität beider Geschlechter. I. Thl. E. Finger: Die 
Pathologie und Therapie der Sterilität beim Mann. 
Leipzig, 1898. 96 8. 

In Bezug auf die Ursachen der Unfruchtbarkeit der Ehe herr- 
schen heute Anschauungen, die den früheren zum Theil gerade ent- 
gegengesetzt sind. Während nämlich früher die Ursache ausnahmslos 
in der Frau gesucht wurde, wissen wir jetzt, dass in der Mehrzahl 
der Fälle der Mann der schuldige Theil ist. Auf dieser Grund- 
anschauung basirt die Darstellung Pis, oder vielmehr seine Schilde- 
rung ist ein fortwährender Beweis für die ausgesprochene Ansicht. 
Nach einer alles Wissenswerthe in klarer, knapper Darstellung ent- 
haltenden physiologischen Einführung theilt der Autor den Stoff in 
die 2 Hauptabschnitte: Impotentia coeundi und Impotentia generandi. 

Die Ursachen der ersteren sind entweder in pathologisch-anato- 
misch nachweisbaren Veränderungen (Missbildungen, Anomalien der 
Hoden, Erkrankungen der die Erektion vermittelnden Leitungsbahnen, 
Katarrhe) oder in funktionellen Störungen (Gehirn-, Rückenmarks- 
erkrankungen, psychische Impotenz) zu suchen. 

Die Symptome dieser ersten Form lassen sich gruppiren sie nach 
der Art, in der das Erektionscentrum afficirt ist, und je nach dem 
Gesichtspunkt, ob und in welcher Weise das Ejakulationscentrum an 
dem Processe mitbetheiligt iste. Auf diese Weise stellt F. 3 wohl- 
charakterisirte Krankheitsbilder neben einander: A. Ungenügende 
oder fehlende Erektion. B. Reizbare Schwäche. C. Paralytische 
Impotenz. 

-Die pathologische Anatomie anlangend, so liegen für die erstere 
Form der Impotenz Untersuchungen in so weit vor, als sie von peri- 
pheren Ursachen (Reizung und Entzündung des Colliculus seminalis) 
abhängt. In diesem Abschnitt berichtet F. über seine eigenen werth- 
vollen Untersuchungen der Urethritis posterior chronica in allen 
Stadien der Erkrankung (12 Fälle). 

Den Schluss des ersten Theils bildet die für den Praktiker 
wichtige Besprechung der Prognose und Therapie der Impotentia 
coeundi. Für Einleitung einer Lokaltherapie verlangt F. den siche- 
ren Nachweis lokaler Veränderungen mittels mikroskopischer Unter- 
suchung der verschiedenen Sekrete, Endoskopie und Sondirung. 

Die Impotentia generandi ist diejenige Form, bei welcher der 
Samen eines sonst kopulationsfähigen Mannes entweder seine Be- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 559 


fruchtungsfähigkeit verloren hat oder bei sonst normaler Beschaffen- 
heit beim Coitus nicht zur Deposition in die Scheide gelangt. Hier- 
aus ergiebt sich als erste Hauptform die männliche Sterilität aus 
pathologischen Veränderungen des Sperma: 

1) Azoospermie: In dem ejakulirten Samen fehlen die Sperma- 
tozoen oder sind in so geringer Menge vorhanden, dass die Befruch- 
tung erschwert ist (Oligospermie). 

2) Nekrospermie: Die entleerten Spermatozoen sind entweder 
todt, bewegungslos oder im Absterben begriffen. Sie ist bedingt 
durch eine Herabsetzung der Funktionstüchtigkeit der Hoden oder 
häufiger dadurch, dass die dem Hodensekret beigemischten anderen 
Komponenten, das Samenblasen- und Prostatasekret, krankhaft ver- 
ändert sind (Vesiculitis seminalis acuta und chronica, Prostatitis glan- 
dularis chronica). 

Die zweite Hauptform, männliche Sterilität aus Störung der 
Samenentleerung, sogenannter Aspermatismus, lässt sich in den mecha- 
nischen oder organischen Aspermatismus und den nervösen oder 
psychischen Aspermatismus eintheilen. 

Den Schluss der lesenswerthen Abhandlung bildet ein kurzer 
Hinweis auf das noch dunkle Gebiet der relativen Sterilität und 
ein reiches Litteraturverzeichnis. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


18) A. Gabryszewski. Über Lipome des Samenstranges. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 317.) 

G. theilt einen einschlägigen Fall der Krakauer Klinik mit, an 
den er mit Benutzung einer Pariser These von Sarazin eine Zu- 
sammenstellung der bisher publieirten, im Ganzen nur 30 Beobach- 
tungen zählenden Kasuistik knüpft und dann eine monographieartige 
klinische Besprechung des Samenstranglipoms nach allen Richtungen 
hin, Anatomie, Pathogenese, Symptomatologie, Diagnose, Prognose, 
Therapie liefert. 

G.'s Pat. war 57 Jahre alt, hatte den Beginn seiner ohne jede Veranlassung 
entstandenen rechtsseitigen Hodensackgeschwulst vor 2 Jahren bemerkt. Schnelles 
Wachsthum bis zur jetsigen Größe von der eines Kindskopfes. Die Geschwulst 
Auktuirte deutlich, war von dem vorbehandelnden Arst als Hydrocele angesehen 
und mehrfach vergeblich punktirt. Auch in der Klinik resultatlose Probepunktion. 
Daher Diagnose auf Geschwulst — welcher Art, blieb fraglich — und Operation. 
Bei letzterer zeigte sich die Geschwulst als Lipom, welches vom Hoden und den 
Samenstrangbestandtheilen sauber trennbar war. Die Heilung wurde durch einen 
Bluterguss im Scrotum gestört, welcher eine 1 Jahr lang fühlbar bleibende Ver- 
härtung hinterließ. Die Geschwulst wog fast 5 Pfund, war lappig gebaut und in 
ihrem Centrum in Folge von Durchwachsung mit Bindegewebszügen härter als in 
den Randpartien. 

G. rekapitulirt die topographische Anatomie vom Hodensack 
nebst Inhalt und hebt hervor, dass zwischen dem perivaskulären 
losen Bindegewebe um den Processus vaginalis peritonei makro- 
skopisch stets sichtbare Fettlappen vorhanden seien, welche im ununter- 
brochenen Zusammenhang mit dem subperitonealen Fett (der Bauch- 


560 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


höhle) stehen, und welche als Ursprungsstätte der primär am Samen- 
strang wachsenden Lipome figuriren können. Das Verhalten dieser 
primären Samenstranglipome kann verschieden sein, je nachdem sie 
sich auf den Samenstrang beschränken oder die Tunica vaginalis 
communis durchbrechen und Hoden und Nebenhoden umgeben, oder 
in den Leistenkanal hineinwachsen und selbst bis zum Bauchfell 
dringen. Als sekundäre Samenstranglipome sind solche zu bezeichnen, 
die ihren Anfangsstandort in der Nachbarschaft des Samenstrangs 
haben, im Unterhautzellgewebe des Bauches und Hodensacks, an der 
Außenseite der Scheidenhaut und des Kremasters, im subperitonealen 
Fett des Bauches. Hierher gehören fettreiche Netzbrüche, lipomatöse 
Bruchsäcke u. dgl. Die Größe der Samenstranglipome schwankt von 
haselnussgroßen bis zu monströsen Geschwülsten von 20 Pfund. Bis- 
wollen waren die Geschwülste nicht reine Lipome, sondern vermischt 
mit Myxom- oder Sarkomelementen. Ihre Ätiologie ist dunkel, ihre 
Frequenz sehr gering, obwohl sie verhältnismäßig noch die häufigsten 
der am Samenstrang vorkommenden Geschwülste sind. Beschwer- 
lich fallen sie fast nur durch ihre gelegentlich vorkommende starke 
Größenentwicklung. Die Geschwulst kann wie eine Hydrocele fluk- 
tuiren und durchscheinend sein. Die Diagnose ist nicht leicht, Ver- 
wechslungen mit Brüchen sind häufig vorgekommen. Prognose gut, 
falls nicht bösartige Umwandlung vorhanden. Therapie operativ, 
wobei Hoden und Samenstrang meist zu konserviren möglich sein 
wird. (6 Figuren, auf welche im Text der Arbeit hingewiesen wird, 
fehlen!) Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Kleinere Mittheilungen. 


19) Siedentopf und Geroulanus. Bewegung von Fremdtheilen im 
Körper während der Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen. 
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen 1898. p. 141.) 

Die Verf. sahen im Durchleuchtungsbild, dass sich im Inneren der Hand eines 
Pat. ein Fremdkörper bei Lageveränderungen der Hand bewegte, und es fand sich 
in der That bei der Operation, dass der Fremdkörper, ein Stein, sioh in einer 
Eiteransammlung befand, in der er nach seiner Schwerkraft ungefähr von der 
Handmitte bis zum Handrand an der Daumenseite sich bewegte. 

Dumstrey (Leipzig). 


20) G. Gasur et A. Londe. Application de la radiographie à l'étude 
d’un cas de myxoedem. 
$ (Compt. rend. de l'acad. 1898. I. No. 12.) 
Die Verff. haben das Röntgenverfahren bei einem Falle von Myxödem benutzt, 
bei dem 'Thyreoidealbehandlung angewandt wurde. Die Strahlen erlaubten, dem 


Gang der Ossifikation und dem Einfluss der Behandlung bei dieser Krankheit zu 
folgen. A. Henry (Breslau). 


21) L. Loew. Über posttyphöse Eiterung. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 51.) 
18jährige Pat., die vor einem Jahre Typhus überstanden hatte, kam mit einem 
umfangreichen Abscess am Oberschenkel ins Spital. Bei Spaltung des Abscesses 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 561 


entleerten sich 350 ccm gelben, nicht übelriechenden Eiters. Knochen unversehrt. 
Aus dem Eiter wurden Typhusbacillen in Reinkultur gewonnen, die sowohl auf 
dem Weg der üblichen Methoden, als auch der serodiagnostischen Prüfung als 
echter Typhus identificirtt wurden. Das Serum der Pat. gab noch in der Verdün- 
nung 1: 150 das Phänomen der Agglutination. Aus Koth, Blut und Harn konnten 
— wie su erwarten (Ref.) — Typhusbaeillen nicht gezüchtet werden. Die Virulenz 
der gewonnenen Kultur war schwach (3 Ösen frischer Agarkultur tödteten nach 


24 Stunden ein Meerschweinchen). Hübener (Breslau). 
22) Sendler. Therapeutische Bestrebungen auf dem Gebiete der 
Gelenktuberkulose. 


(Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens d. med. Gesellschaft zu Magdeburg.) 
Magdeburg 1898. 

Verf. berichtet über 337 klinisch behandelte Fälle von Gelenktuberkulose. 
Von 57 rein konservativ behandelten Kranken wurden 16 geheilt, 18 wesentlich 
gebessert, 9 blieben ungeheilt, 1 starb, der Rest ist unsicher. Die besten Resul- 
tate ergab die Methode an der Hüfte. Von 25 Koxitiden heilten 12, 9 wurden 
gebessert und 4 blieben ungeheilt. Der Tuberkulinbehandlung wurden in 5/4 Jahr 
18 Kranke unterworfen, von denen keiner geheilt und nur einige vorübergehend 
gebessert wurden. Verschlimmerungen des Allgemeinbefindens und des lokalen 
Zustandes waren häufig. Wenige Fälle wurden ohne ermuthigende Erfolge — 
imal vereiterte ein Handgelenk — mit Stauungshyperämie nach Bier behandelt. 

Intraartikuläre Injektionen von Karbol und Jodoform wurden in Kombination 
mit Ruhigstellung, methodischem Druck und Gewichtsbehandlung bei 42 Kranken 
ausgeführt, von denen 14 seit 1—5 Jahren geheilt, 13 gebessert, 14 nachträglich 
operirt sind, während 1 gestorben ist. Unter den Heilungen beansprucht eine seit 
1892 abgeschlossene Behandlung einer Caries sicca des Sohultergelenks, die mit 
nahesu normaler Funktion ausgeheilt ist, besonderes Interesse. Besonders brauch- 
bar erwies sich die Methode bei Spondylitis und Senkungsabscessen bei Spon- 
dylitis. 

194 Operationen wurden an den größeren Körpergelenken ausgeführt, die 
159 Heilungen, 11 Besserungen erzielten, während 16 ungeheilt blieben und 
S starben. An der oberen Extremität trat in 14% der Fälle, an der unteren in 
22,2% Recidiv auf. Unter 49 dauernd geheilten Kniegelenksarthrektomien sind 
14 mit guter, 6 mit beschränkter Beweglichkeit ausgeheilt. 

Verf. befürwortet die Operation für schwerere Fälle, namentlich Eiterungen, 
und auch für leichtere dann, wenn nach 2—3 Monaten eine augenfällige Besserung 
nicht erreicht ist. Auch bei alten Leuten will er zuweilen schonend operiren, um 
nicht nur die Erhaltung des Gliedes, sondern auch die mögliche Wiederherstel- 
lung der Funktion des Gelenks als Endziel zu erstreben. Dreyer (Köln). 


23) Fort. De la destruction du tissu des stenoses par les courants 
continus. 
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 5.) 

F. theilt seine reichen Erfahrungen über Zerstörung von Harnröhrenstrikturen 
durch Elektrolyse mit und bringt gleichzeitig 5 komplete Heilungen von Speise- 
röhrenengen nach Ätzung durch dieselbe Methode bei. Die Beseitigung des pa- 
thologischen Gewebes gelingt mit schwachen Strömen rasch. Unter 100 Fällen 
operirte F. įp 25 nur 20 Sekunden, bei 16 nur 25 und bei 15 nur 30 Sekunden. 
Ein Strom von 10 Milliamperes genügte. Die Ursache der guten Resultate liege 
in der Form des Instruments. Ringsherum isolirt wirkt der von ihm konstruirte 
Elektrolysor nur an einer schmalen Platte, die gleichsam eine »lineäre Furche« 
mache. A. Henry (Breslau). 


24) Honsell. Metapneumonische Strumitis. 
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 


H. fügt den 7 in der Litteratur enthaltenen Beobachtungen eine achte aus der 
Bruns’schen Klinik hinsu. Bei einer 29jährigen Frau trat kurze Zeit nach Ab- 


562 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


lauf einer typischen Pneumonie schmerzhafte Anschwellung eines schon 10 Jahre 
lang bestehenden Kropfes auf. Nach ca. 10 Wochen Aufnahme in die Klinik und 
Spaltung des nachgewiesenen Abscesses. Die bakteriologische Untersuchung des 
Eiters ergab Pneumokokken in Reinkultur. Der klinische Verlauf gestaltete sich 
wie in sämmtlichen Fällen der Litteratur relativ günstig; stets erfolgte nach 
imaliger Incision Heilung. Hofmeister (Tübingen). 


25) Jaboulay (Lyon). Le traitement du goitre exophthalmique par 
la section du sympathique cervical. 
(Presse med. 1898. No. 14.) 

Verf. hat jetzt (mal die »Sympathikotomie« ausgeführt, von denen die meisten 
im Lyon méd. und Bulletin med. der Jahre 1896—97 veröffentlicht sind. Er fügt 
jetzt den 11. Fall an, bei dem es sich um eine 37jährige kachektische Frau handelte 
mit Tachykardie (160 Pulsschläge in der Minute), hochgradigem Exophthalmus, 
Ödem und großem Kropf. Nach doppelseitiger Resektion des oberen Halsganglions 
des Sympathious verschwanden alle Symptome. Ein in den ersten Tagen nach der 
Operation eintretendes hohes Fieber erklärt Verf. als Resorptionsfieber von Schild- 
drüsensekret. 10 Tage nachher starb Pat. an einseitiger Pneumonie, die also wohl 
nicht auf Rechnung einer eventuellen vasomotorischen Störung zu setzen ist. Verf. 
giebt dann einen Überblick über seine Resultate, welche ihn durchaus befriedigen. 
Die Sympathikotomie ist bei allen Fällen Basedow’scher Krankheit mit oder 
ohne Struma indieirt; bei vorhandener Struma hält er die Operation für eine gute 
Vorbereitung zur Strumektomie. Die Resektion des oberen Ganglions ist hin- 
reichend; die größeren Gefahren der totalen Resektion werden nicht durch größere 
Vortheile aufgewogen; dieselbe schützt auch nicht vor Recidiven, die eintreten 
können durch Verschmelzung des Sympathicus mit dem Trigeminus und Vagus. 
J. kann bei einigen seiner Operirten auf eine Zeit von 3—31% Jahren zurück- 
blieken, während welcher jene kein Recidiv bekommen haben. 

Tschmarke (Magdeburg). 


26) Chauffard et Quönu. Résection bilaterale du sympathique cer- 
vical dans un cas de goitre exophthalmique. 
(Presse med. 1897. No. 54.) 


Der Fall betrifft einen 24jährigen Mann mit typischem Morbus Basedofi, der 
den Beginn seines Leidens auf das Jahr 1894 zurückdatirt, wo er nach körper- 
licher Anstrengung und seelischer Erschütterung Herszpalpitationen und Dyspno& 
bekam, ferner Ödem im Gesicht und ein Heraustreten der Augen bemerkte. Bald 
nahm auch sein Hals an Volumen zu. Bei der Aufnahme hochgradiger Exoph- 
thalmus, Tachykardie (110), Tremor der Hände und Arme, allgemeine Unruhe, 
leicht erregbarer und heftiger Charakter; zuerst erfolglose Behandlung mit täg- 
lichen kalten Duschen und Natr. salicyl. Nach einer heftigen Gemüthsbewegung 
auffallende Verschlimmerung aller Symptome, so dass sich der Kranke zu jedem 
Eingriff bereit erklärte. Qu&nu resecirte beiderseits das obere Halsganglion und 
etwa 4cm des Sympathicus. Die erste Folge der Operation war Beschleunigung 
und Unregelmäßigwerden des Pulses, welche sich jedoch bald verloren. 14 Tage 
nach der Operation ist der Allgemeinzustand des Kranken etwa derselbe wie vor 
derselben; der Kropf und Exophthalmus »scheinen« sich zu verringern, wovon man 
auf den beigedruckten Bildern nichts sieht. Der Kranke kam bald mit einem 
hysterischen Anfall ins Krankenhaus zurück. Aber alle Erscheinungen sind un- 
verändert; Pat. hat 3kg von seinem früheren Gewicht verloren und bekam zu- 
weilen paroxysmusartige Steigerungen seiner Herzthätigkeit. Während eines 
solchen Anfalls erhielt er von einem Arzt Digitalisgranules, aß eine große Anzahl 
davon auf und starb an akuter Digitalisintoxikation. Verf. haben also von der 
gepriesenen Operation Jaboulay’s so gut wie keinen Erfolg gesehen; sie sind 
eher geneigt, anzunehmen, dass der Zustand des Kranken durch dieselbe ver- 
schlechtert sei. Wenn sie auch nicht aus diesem einen Falle Schlüsse ziehen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 563 


wollen, so, können sie doch nicht umhin, vor allzu großen Erwartungen der neuen 
Behandlungsweise des Morbus Basedowi zu warnen. 
Tschmarke (Magdeburg). 


27) Jonnesco (Bukarest). Traitement chirurgical du goitre exoph- 
thalmique. 
(Presse méd. 1597. No. 88.) 

Verf. ist, wie bekannt, ein großer Anhänger der Resektion des Sympathicus. 
Nach kurzer Kritik der übrigen chirurgischen Maßnahmen gegen Morbus Basedowi 
kommt er zu der Durchschneidung des Sympathicus nach Jaboulay und zu der 
totalen Resektion des Nerven, für welche er die Priorität für sich in Anspruch 
nimmt. Er resecirt jetzt alle 3 Ganglien des Halstheil.. Die unmittelbaren 
Folgen der Operation sind vorübergehende Kongestion im Gesicht, geringer 
Thränenfluss und reichliche Sekretion der Nase, was Alles bald verschwindet. Die 
Resultate aber sind nach seinen Erfahrungen glänzende: in allen Fällen hat er 
eine schnelle Besserung aller Symptome gesehen; der Exophthalmus verschwand 
stets sehr schnell; noch an demselben Tag des Eingriffs sah er die Augen in die 
Orbitae zurücktreten und das obere Lid sich senken. Die Tachykardie verminderte 
sich ebenfalls, die Pulszahl sank zuweilen unter die Norm. Der Kropf ver- 
kleinerte sich, und der Allgemeinzustand besserte sich zusehends. Die Herz- 
thätigkeit wurde regelmäßig. 

Die erste seiner Kranken ist nach 14 Monaten recidivfrei, die zweite auch 
über 1 Jahr, die dritte, welche die schlimmsten Erscheinungen darbot, ist erst seit 
1/3 Jahre operirt. 

Den Misserfolg Qu&nu’s (Presse med. 1897 No. 54) erklärt J. damit, dass 
Jener nur das obere Halsganglion resecirt hatte. — Die Bilder seiner 3 Operirten 
vor und nach der Operation lassen in der That in Bezug auf den Exophthalmus 
vorzügliche Resultate erkennen. Tschmarke (Magdeburg). 


28) Gerard-Marchant et Abadie. Goitre exophthalmique traité par 
la résection des deux sympathiques cervicaux. 
(Presse med. 1897. No. 54.) 

In No. 18 derselben Zeitschrift d. J. hat A. seine Theorie von der Base- 
dow’schen Krankheit veröffentlicht (cf. Centralblatt No. 205), wonach er alle Er- 
scheinungen auf Reizung des Sympathicus, speciell seiner vaso-dilatatorischen 
Fasern surückführt. Er erklärte damit auch die Erfolge, welche Andere bereits 
mit der Resektion des Sympathicus gehabt hatten. Jetzt fügen die Verff. folgen- 
den neuen, geheilten Fall von Morbus Basedow hinzu: 29jährige Frau, bis vor 
2 Jahren im Allgemeinen gesund, nur an »Nervosität« leidend, bekam zunächst 
Exophthalmus, was sie auf eine gleichzeitig bestehende Gravidität bezog. Bald 
darauf wurde ein Kropf, Tachykardie und Tremor konstatirt, im weiteren Verlauf 
fortschreitende Abmagerung; das hervorstechendste Symptom aber war der Ex- 
ophthalmus. Es wurden beiderseits etwa 4cm des Sympathicus resecirt. Schon 
am nächsten Tage machte sich eine bedeutende Abnahme des Exophthalmus be- 
merkbar; diese Besserung schritt fort, so dass die Kranke nach 9 Tagen »voll- 
ständig geheilt« entlassen wurde. — Die Technik ist bekannt. Die Auffindung 
des feinen Nerven ist nicht leicht; um ihn wirklich als den gesuchten zu erkennen, 
soll man stets sein oberes Halsganglion aufsuchen. 2 Abbildungen lassen den 
Zustand der Kranken vor und nach der Operation erkennen. 

Tschmarke (Magdeburg). 


29) Cerkez und Juvara (Bukarest). Exstirpation double du sym- 
pathique cervical pour un cas de forme fruste de maladie de Ba- 
sedow. 

(Presse med. 1897. No. 108.) 


Bei dem 21jährigen Mädchen fehlten 2 Kardinalsymptome, der Exophthalmus 
und die Tachykardie. Dagegen waren eine sehr große hypertrophirte Schilddrüse 


564 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


und ausgesprochene nervöse Symptome vorhanden, Oppressionsgefühl auf der Brust 
und Dyspnoe. Es wurde durch die doppelseitige Resektion des Sympathicus eine 
bedeutende Besserung erzielt; alle nervösen Symptome schwanden, der Kropf ver- 
kleinerte sich um ein Drittel seines Volumens, die Augen traten noch etwas in 
die Orbitae zurück. (Es scheint also doch, wenn auch ein geringer Grad von Ex- 
ophthalmus bestanden zu haben. Ref.) Beide resecirten Nervenstücke mit dem 
oberen Ganglion, besonders das rechtsseitige, waren stark vergrößert. Die Er- 
kennung des Nerven selbst war nicht leicht. Verf. empfehlen daher, den Stamm 
bis sum oberen Ganglion zu verfolgen, da wo seine innige Verbindung mit der 
Carotis interna besteht. 2 beigegebene Bilder geben einen sehr guten topographi- 
schen Überblick über die Anatomie des in Frage kommenden Operationsfeldes. 
Tschmarke (Magdeburg). 


30) Briquet. Myxoedöme de l’adulte. 
(Presse méd. 1897. No. 83.) 

Das spontane Myxödem bei Erwachsenen ist außerordentlich selten. Verf. 
theilt einen sehr interessanten Fall mit, der eine 47jährige Frau betraf, die 19 Jahre 
lang an der Krankheit gelitten hat. Sie führt den Beginn des Leidens auf eine 
Zeit zurück, wo sie übermäßig lange ihr Kind selbst genährt, viele Nachtwachen 
bei einer kranken Schwester außer ihrer Fabrikarbeit gehabt und ihre Periode 
definitiv verloren hatte. Die sehr ausführliche Beschreibung und eine beigefügte 
Photographie giebt ein typisches Bild des Myxödems. Besonders auffallend ist 
dabei ein unlöschbarer Durst, starke und anhaltende Diarrhöen, zu Anfang der 
Krankheit vikariirende Blutungen aus Nase und Mastdarm, herabgesetzte Tem- 
peratur von 34,6 und Pulsverlangsamung bis 48. Der Appetit war fast ge- 
schwunden, Fleischkost konnte Pat. überhaupt nicht mehr essen. Eine Schilddrüse 
war nicht zu fühlen. 

Durch eine systematisch eingeleitete Kur mit verschiedenen Thyreoidin- 
präparaten, von denen erst das Thyrojodin-Baumann gut vertragen wurde, ist die 
Kranke von ihrem langwierigen Leiden befreit. Auf einer 3 Monate später auf- 
genommenen Photographie ist sie kaum wiederzuerkennen. An Gewicht hat sie 
während der Behandlung 35 Pfund abgenommen. Tschmarke (Magdeburg). 


31) Crosti. Uretrotomia con uretrotomi nuovi. 
Milano, Coglioti, 1897. 
(Ref. nach Morgagni 1898. P. II. No. 15.) 

Der Autor beschäftigt sich mit 2 neuen Urethrotomen, über welche er eine 
große Erfahrung besitzt, und die ihm wesentliche Dienste geleistet haben, eins 
von Albarran und das andere von Bulhoes. Beide werden genau beschrieben. 
Das erste eignet sich namentlich für weitere Strikturen mit beträchtlicher Infil- 
tration des Bindegewebes. Das zweite bietet folgende Vortheile: 

1) Der Kranke sieht die im Instrument verborgene Schneide nicht und wird 
nicht beunruhigt. 

2) Die Schneide kann die gesunde Harnröhre nicht verletzen, ohne das kranke 
Gewebe zu durchschneiden. 2 

3) Die Schneide liegt fester als bei dem Maisonneuve’'schen Instrument in 
der Leitbougie und kann keine seitlichen Exkursionen machen. 

4) Die metallische Leitbougie dient gleichzeitig auch zur Dilatation und zur 
Entleerung des Urins. 

5) Assistens ist beim Gebrauch des Instruments nicht nöthig. 

Dreyer (Köln). 


32) J. J. Jaswitzki. Zur Kasuistik der Harnröhrensteine. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.) 
Der 48jährige Bauer trägt seit seinem 10.—13. Jahre im Serotum am Über- 
gang ins Glied einen Stein. In Folge Phlegmone des Scrotums suchte er das 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 565 


Krankenhaus auf; hier enfernte J. einen 42g schweren weichen Stein, der mit 


einem schnabelförmigen Fortsats in die Harnröhre hineinragte. 
@tickel (B. Karabulak, Saratow). 


33) J. J. Treuberg. Über Steine der männlichen Harnröhre. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.) 

Der 55jährigd Pat. trug seine Steine über 20 Jahre. 2 Schnitte in der Rhaphe: 
vor und hinter dem Serotum. Es werden 6 Steine entfernt, die zu einander passen, 
susammen 7 cm lang und 2 cm dick sind und 27 g wiegen. — Außer den von 
Lieblein (Brun’s Beiträge Bd. XVII) beschriebenen Divertikelsteinen fand T. in 
der russischen Litteratur noch folgende Fälle: Kostylew (der Stein war As zu 
3 zu 2!/2 Zoll groß und wog 13 Unzen 3 Drachmen); ein anderer Stein fiel aus 
einem gangränösen Scrotum spontan heraus; er wog 14 Unzen. Woskressenski 
entfernte einen Stein von 9 Unzen. Tesjakow: bei einem 18jährigen Baschkiren 
entleert eine Fistel seit 15 Jahren bis nussgroße Steine; T. fand 20 Steine, bis 
hühnereigroß, im Ganzen 5 Ungen. Bereskin: Stein von 8%, Unzen, 7,5 cm im 
Durchmesser (von Prof. Bobrow entfernt bei einem 24jährigen Mann). 

6tickel (B. Karabulak, Saratow). 


34) P. F. Filatow. Beitrag zum Studium der Steinkrankheit im 
Gouvernement Simbirsk. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.) 

Von 1851—1897 wurden im Simbirsker Hospital 668 Steinkranke behandelt. 
Die verschiedenen Volksstämme wurden nicht gleich häufig befallen: unter 
1682 Russen fand sich je 1 Kranker, eben so je 1 unter 13785 Mordwinen, 
25500 Tschuwaschen und 71000 Tataren. Dieser Unterschied hängt zum Theil 
von der Ernährung der Kinder ab, — bei den Tataren schon früh Fleischnahrung, 
bei den Russen saures Brot und ungegorener, schlechter Kwas —, zum Theil vom 
geologischen Bau des Wohnorts: auf Kreideformation sind Steine am häufigsten, 
auf Jura am seltensten. Von 500 Pat. waren 224 unter 10 Jahre alt, 168 10 bis 
20 Jahre, 108 über 20 Jahre. Davon starben 31 — 27 — 36. Unter 668 waren 
nur 6 Frauen. Von 668 wurden 532 operirt: Steinschnitt 500 (geheilt 373, unvoll- 
ständig — mit Fistel, Inkontinenz etc. — 33, gestorben 94), Lithotripsie 6, Ure- 
throtomie 26. Sterblichkeit vor der Antiseptik 22,3%, nachher 12,8%. 

@tickel (B. Karabulak, Saratow). 


35) J. Frank (Chicago). Ein Fall von Hämaturie und eine merk- 
würdige Ursache derselben. 
(Wiener klin. Rundschau 1897. No. 48.) 

In einem Falle von ungemein hartnäckiger und reichlicher vesikaler Hämaturie 
stellte F. als Ursache derselben cystoskopisch eine Inkrustation der Blase mit sehr 
scharfkantigen Harnsäurekrystallen fest. Mit gewöhnlichen Auswaschungen ließen 
sich die festhaftenden Fremdkörper nicht entfernen; es wurde desshalb in Narkose 
der Bigelow’sche Evakuator angewandt, und die Pat. vollständig und dauernd 
geheilt. @risson (Hamburg). 


36) W. J. Kedrowski. Pathologisch-anatomische und bakteriologische 
Untersuchung eineg Falles von Cystitis emphysematosa. 
(Medicinskoje Obosrenje 1898. Hft. 3. [Russisch.]) 

Es handelt sich um eine 28jährige Frau, die an Eklampsie im 8. Monat der 
Schwangerschaft erkrankte und, künstlich entbunden, nach 5 Tagen starb. Bei 
der Sektion fand K. in der Blase Veränderungen, die vollständig den von Fränkel 
im Magen beobachteten (s. Virchow’s Archiv Bd. CXVIII: Über einen Fall von 
Gastritis acuta emphysematosa) glichen. Der einzige Unterschied bestand darin, 
dass die Entzündung sich in der Schleimhaut lokalisirte (bei Fränkel in der 


566 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


Submucosa). Als Krankheitserreger erwies sich ein stäbchenförmiger Mikroorga- 
nismus, der dem Fränkel’schen sehr ähnelte, sich aber von Anfang an viel 
resistenter gegen Sauerstoff erwies. Im Thierversuch rief er hämorrhagische Ent- 
zündung hervor. K. glaubt, die Cystitis sei die primäre Erkrankung; aufsteigend 
und die Nieren in Mitleidenschaft ziehend, rief sie Urämie und daher die eklam- 
ptischen Anfälle hervor. @tckel (B. Karabulak, Saratow). 


37) Kelly. A preliminary report upon the examination of the bladder 
and the catheterization of ureters in men. 
(Annals of surgery 1898. Januar.) 

Verf. hat zur Untersuchung der männlichen Blase neuerdings ein von ihm 
ursprünglich für die weibliche Blase konstruirtes gerades Rohr benutzt, welches, 
mit einem Obturator versehen, eingeführt, und durch welches dann Luft in die 
Blase eingelassen wird. Die Beleuchtung des Blaseninneren geschieht vermittels 
eines Stirnreflektors durch eine elektrische Lampe. In dem einen Falle, in dem 
das Instrument bisher angewandt wurde, gelang es, den linken Harnleiter zu Ge- 
sicht zu bekommen und das Austreten von blutigem Urin aus demselben zu kon- 
statiren. Tietze (Breslau). 


38) Winslow. Note on the repair of wounds of the ureter. 
(Annals of surgery 1898. Januar.) 

In einem Falle hat W. den bei einer Myomoperation theilweise durchschnit- 
tenen Harnleiter einfach genäht (mit Seide?) und anscheinend primäre Heilung 
erzielt. In einem 2. Falle wurde bei gleichem Anlass der rechte Harnleiter quer 
durchtrennt. Verf. schlitste darauf das untere Ende seitlich und invaginirte dann 
das obere. Nunmehr wurde der Längsschnitt geschlossen und die Invagination 
durch einige, beide Theile fassende Knopfnähte gesichert. Wie es scheint, wurde 
auch hier Seide benutzt. Es kam auch hier anstandslose Heilung zu Stande. 

Tietze (Breslau). 


39) Haushalter et Jacques. Des accidents consécutifs à l’imperfora- 
tion de l'extrémité vesicale de l’ur&töre et spécialement des urétères 
surnumeraires. 

(Presse méd. 1897. No. 42.) 


Von der in der Überschrift angegebenen angeborenen Missbildung, Verdoppe- 
lung und blindes Ende eines Harnleiters, sind bis jetzt nur wenig Fälle bekannt 
geworden (cf. Schwarz, Beiträge zur klin. Chirurgie 1895 Bd. XV Hft. 1). Verf. 
fügen einen neuen Fall an, der sich in seinen Einzelheiten mit den bisher be- 
kannten deckt, und schildern die Folgen dieser Affektion, wie sie sie bei einem 
21/3 Jahre alten Mädchen beobachtet haben, das unter den Zeichen heftigster 
Cystitis, Blasensteins und Pyelonephritis in das Hospital eingeliefert wurde und 
dort wenige Tage darauf an Urämie starb. — Die Autopsie ergab Hypertrophie 
der Blase, die stinkenden Urin und einen großen Phosphatstein enthielt. Beide 
Nieren waren vergrößert, die linke hydronephrotisch, mehrere kleine Steine ent- 
haltend. Von der linken Niere gingen 2 Harnleiter ab, welche wie auch der 
rechte erweitert und verdickt waren. Der eine Harnleiter, von den unteren zwei 
Dritteln der Niere ausgehend, mündete an normaler Stelle, der andere, vom oberen, 
eystisch entarteten Theil der Niere entspringend, endete unterhalb des Lieutaud- 
schen Dreiecks in einer ampullenartigen Vorwölbung blind, die Harnröhre und die 
normalen Harnleitermündungen verlegend. Die Clitoris war 8 mm lang und trug 
eine rudimentäre Glans. — Durch die Verlegung der Harnleitermündungen traten 
Stauung, Dehnung, Hydronephrose ein, in Folge der Stauung durch Infektion mit 
Bact. coli Cystitis und aufsteigende Pyelonephritis mit Steinbildung. 

Tschmarke (Magdeburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 567 


40) O. Mikule. Ein Beitrag zur Chirurgie der Ureterverletzungen. 
(Aus der Breslauer chirurgischen Klinik.) 
Inaug.-Diss., Breslau, 1897. 45 S. 

Nach einer Besprechung der Topographie der Harnleiter, wie der Ätiologie 
ihrer Fisteln, wird die Diagnose dieser Fisteln erörtert. Für die frische Harn- 
leiterverletgung ist, entgegen dem Urtheil von Cabot und Thomson, das sicherste 
Mittel die Naht. Es folgt Besprechung der verschiedenen Methoden der Naht- 
vereinigung. Bei Harnleiterdefekten, deren Vereinigung nicht gelingt, soll man 
so lange als möglich versuchen, die Nephrektomie zu umgehen; das Mittel dazu 
ist in vielen Fällen die Uretrocystostomie. Die verschiedenen Fälle werden auf- 
gezählt, die von anderer Seite ausgeführte Einpflanzung in den gesunden Harn- 
leiter, den Mastdarm, den Dickdarm abfällig beurtheilt. Mikulicz operirte eine 
46jährige Frau, bei der bei Exstirpation einer Harnleitergeschwulst das untere 
Drittel des linken Harnleiters mit entfernt worden, die sofortige Einpflanzung des 
centralen Endes in die Blase nicht gelungen war. Uretero-Vaginalfiste. Miku- 
licz machte den Israel’schen Schnitt zur Freilegung des Harnleiters; in der Höhe 
der Spina ossis ilei ant. sup. wird der verdickte Harnleiter gefunden und in einer 
Länge von 5—6 cm freigelegt; der unterste Theil entsprach der Kreugungsstelle 
des Harnleiters mit der Art. iliaca comm. Die Sondirung nach der Scheide ge- 
lingt nicht, der durch die künstlich erweiterte Harnröhre in die Blase geführte 
Finger fühlt das Ende der Sonde. Durchstoßung eines Trokars nach der Blase, 
Einlegung eines Drains, welcher nach oben bis in die Nähe des Nierenbeckens 
hinaufgeschoben wird; der Harnleiter wird darüber vernäht. Zuerst heftige Er- 
scheinungen von Seiten der Niere. Rechte Niere erweist sich als nicht ganz 
gesund. Der Urin der linken Niere läuft vom 4. Tage au durch die Wunde ab. 
Es werden immer. wieder Drains von der Wunde aus durch den Harnleiter nach 
der Blase hin geführt. Ca. 5 Monate p. op. ist Pat. geheilt und bis jetzt (3 Jahre) 
geheilt geblieben. 

Im Anschluss an den beschriebenen Fall bespricht Verf. die in der Litteratur 
niedergelegten Fälle von Operationen bei Harnleiter-Scheiden- resp. Gebärmutter- 
fisteln. Schließlich referirt er einen 2. Fall von Mikulicz, in welchem dieser 
bei einer Harnleiter-Scheidenfistel dicht neben dieser eine Blasen-Scheidenfistel 
anlegte, durch ein der Dupuytren’schen Darmklemme ähnliches Instrument, 
dessen eine, hohle Branche in den Harnleiter, dessen andere, solide Branche in 
die Blase eingeführt wurde, die Gewebsbrücke zwischen Harnleiterfistel und Blase 
zur Nekrotisirung brachte und schließlich die Blasen-Scheidenfistel schloss. Rasche 
Heilung. Eine Abbildung des betreffenden Instruments ist der Arbeit beigegeben. 

H. Lindner (Berlin). 


41) Bangs. The remote results after operations for renal tuberculosis. 
(Annals of surgery 1898. Januar.) 

Verf. kommt zu folgenden statistischen Ergebnissen: Von 135 ihm bekannt 
gewordenen Pat. sind gestorben 27, und zwar 2 an Erschöpfung, 2 an allgemeiner 
Tuberkulose, 11 an Urämie, 12 an verschiedenen Zufällen im Anschluss an die 
Operation. Innerhalb der ersten 9 Monate nach der Operation starben 40. Über 
1 Jahr (bis su 8 Jahren) blieben gesund 45, bei 31 anderen, die zur Zeit der Ver- 
öffentlichung noch kürzere Zeit als 1 Jahr operirt waren, schien die Prognose 
günstig. Die Operationen bestanden theils in Nephrotomien, theils in Exstir- 
pationen; nach diesem Gesichtspunkt sind die Resultate aber nicht gesondert, 

Tietze (Breslau). 


42) E. H. Fenwick. The Roentgen rays and the fluoroscope as a 
means of detecting small, deeply placed stones in the exposed kidney. 
(Brit. med. journ. 1897. Oktober 16.) 


F. hat die Röntgenstrahlen mit Erfolg zum Nachweis kleiner, in den Nierın- 
kelchen versteckter Steine während der Operation, an der freigelegten und her- 


568 Centralblatt für Chirurgie. No. 21. 


vorgesogenen, aber uneröffneten Niere verwendet. Er benutzte dazu einen be- 
sonders geformten Fluorescensschirm, der aseptisch gemacht werden kann und 
nahe an die Niere herangebracht werden muss. Natürlich ist das Verfahren nur 
anwendbar, wenn die Niere so beweglich gemacht werden kann, dass sie sich vor 
die Wunde herausbringen lässt. 2 Radiogramme eines Oxalatsteines und eines 
Phosphat-Uratsteines, die im Nierengewebe eingebettet sind, illustriren die Brauch- 
barkeit des Verfahrens. F. Krumm (Karlsruhe). 


43) Gaston. Tuberculose ulcereuse chancriforme de la verge. 
(Presse méd. 1897. No. 108.) 

Bericht über einen Fall von Geschwür am Penis, das alle Charaktere eines 
harten Schankers darbot. Die Anamnese ergab jedoch, dass das Leiden, ohne 
dass irgend welche Allgemeinerscheinungen luetischer Natur aufgetreten wären, 
bereits 7 Jahre bestand, und dass der Kranke noch andere tuberkulöse Affektionen 
gehabt hatte. Die mikroskopische Untersuchung eines ausgeschnittenen Stückes 
ließ die wahre Natur des Ulcus erkennen trotz des Fehlens von Tuberkelbacillen. 
Heilung durch Ablatio penis. Ein später auftretender Lupus an der Hand machte 
die Diagnose » Tuberkulose« noch sicherer. 3 gute farbige Abbildungen illustriren 
die kurse Mittheilung. Tschmarke (Magdeburg). 


44) Porges. Ein teratoider Tumor am Hoden (Lipom des Samen- 
stranges). 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 27.) 

Eingehende mikroskopische Untersuchungen an der einem 73 Jahre alten Pat. 
von Hochenegg entfernten, in der Überschrift bezeichneten Geschwulst bilden 
den Hauptwerth der vorliegenden Mittheilung außer der großen Seltenheit des 
Vorkommens derartiger Missbildungen des Hodens. Aus der mitgetheilten Kranken- 
geschichte sei Folgendes entnommen. 

In der linken Serotalhälfte mehr als 2faustgroße Geschwulst. Haut darüber 
leicht verschieblich, nur über der vorderen Partie stark gespannt. Diese ist zu 
einem knochenharten, orangegroßen, auf der Hauptmasse der Geschwulst fest auf- 
sitzenden Knoten vorgewölbt. Hode hinter und unter demselben undeutlich tast- 
bar. Die übrige Masse der Geschwulst, von »flaumig-weicher« Konsistenz, verjüngt 
sich gegen den Leistenkanal und lässt sich in denselben hinein als fingerdicker 
Strang verfolgen. Beim Husten kaum Veränderungen. Leerer Perkussionsschall. 
Diagnose: Chondrom oder Osteom des Hodens; die weiche obere Partie wurde 
für eine fixirte Netzhernie gehalten. Durch die Operation (Kastration wegen Ver- 
wachsung der harten Geschwulst mit dem Hoden) wurde das Irrthümliche der Dia- 
gnose Hernie dahin aufgeklärt, dass es sich um ein Lipom des Samenstranges 
handelte. Die harte Geschwulst erwies sich als ein zum großen Theil verkalktes 
Teratom (Prof. Kolisko) mit großen Mengen von glatten Muskelfasern, welches 
in der mittleren Partie in sarkomatöser Umwandlung begriffen war. 

Hübener (Breslau). 


45) Buschi. Bericht aus der chirurgischen Klinik zu Bologna für 
das Studienjahr 1896/97. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 

Vom 1. November 1896 bis 15. Juni 1897 wurden 650 Kranke aufgenommen 
und davon bei 580 operativ eingegriffen. Die Zahl der Todesfälle betrug 13. Von 
letzteren Fällen sind kurze Journalauszüge mitgetheilt; im Übrigen beschränkt 
sich der Berichterstatter in der Hauptsache auf die Aufzählung der vorgenommenen 
Operationen, nebst kurzen Bemerkungen über Indikationsstellung, Technik und 
Resultate. Hofmeister (Tübingen). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


E. vm Bam, (Lu E t 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


eegend 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen aurch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 22. Sonnabend, den 4. Juni. 1898. 


Inhalt: 6. Müller, Zur Behandlung des federnden Unterschenkels. (Orig.-Mitth.) 

1) Wassermann, Infektionskrankheiten. — 2) Noetzel, Granulationsinfektion. — 
3) van Emden, Blutplättchen. — 4) Michaelis und Meler, Bakterienbefunde bei Phthi- 
sikern. — 5) Salman, Myositis ossiflcans. — 6) Poppert, Seidenfadeneiterung. — 7) Moore, 
8) Thomalla, Ligaturen und Suturen. — 9) Reichel, Abschätzung der Erwerbsfähigkeit. 
— 10) David, Eingeheilte Schädelstücke. — 11) Kretschmann, Caries von Hammer und 
Ambos. — 12) Müller, Freilegung des Mittelolrs. — 13) Drenkhahn, Zähnkrankheiten. 
— 14) Bussenius, Holocain. — 15) Winckler, Nasen- und Augenerkrankungen. — 
16) Blocbaum, Rhinitis hypertrophicans. — 17) Moure, 18) Meyjes, 19) Herzfeld, Nasen- 
nebenhöhlen. — 20) Hessler, Mittelohrentzündungen und Mandeln. — 21) Pluder, Be- 
deutung der Mandeln. 

C. Stich, Apparat zur Bestimmung der Zugfestigkeit von chirurgischem Nähmaterial. 
(Original-Mittbeilung.) 

22) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 23) Mendelsohn, Krankenpflege- 
sammlung. — 24) Eberth, Fettembolie. — 25) Goljachowskl, Knochenbruch. — 26) Faivre, 
Verknöchertes Hämatom. — 27) Fiebiger, Subkutane traumatische Lymphorrhagie. — 
28) Lebrun, Little'sche Krankheit. — 29) de Lapersonne, Meningitis nach Orbitslope- 
ration. — Am Meler, Otitische Hirnabscesse. — 31) Tschmarke, Kieferankylose. 


Zur Behandlung des federnden Unterschenkels, 
Von 
Dr. Georg Müller in Berlin. 


Im Laufe der letzten Jahre hatte ich wiederholt Gelegenheit, 
nach geheilten Unterschenkelfrakturen einen eigenthümlichen Zu- 
stand des Unterschenkels zu beobachten. Die Fraktur war zumeist 
fest verheilt, der Callus mäßig entwickelt und wenig oder auch gar 
nicht schmerzhaft. Das Bein war nicht verkürzt, und die Deformität 
hielt sich stets in sehr mäßigen Grenzen; und doch wurde von den 
Pat. übereinstimmend geklagt, sie könnten das Bein fast gar nicht 
gebrauchen, sie könnten nur mit Krücke und Stock gehen, »das Bein 
trüge sie nicht«. Im Anfang schienen mir die starken subjektiven 
Beschwerden mit den geringen objektiven Erscheinungen in einem 


22 
e? 


570 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


gewissen Widerspruch zu stehen. Die nunmehr regelmäßig vor- 
genommene Durchleuchtung mittels Röntgenstrahlen ergab nun in 
diesen Fällen fast übereinstimmend eine Dislocatio der Tibiafragmente 
ad latus derart, dass dieselben nur mit einem Theil, etwa einem 
Drittel ihrer Bruchflächen sich berührten, während die übrigen zwei 
Drittel frei endigten. Der Callus hatte denn allerdings die so ent- 
standenen Winkel etwas abgerundet, aber noch nicht ausgefüllt. Auf 
diese Weise war an der Bruchstelle die Dicke des Tibiaschaftes auf 
ein Drittel verschmächtigt, während die ad latus verschobenen Frag- 
mente der Fibula gewöhnlich durch eine 1—1,5 cm breite Callus- 
brücke mit einander vereinigt waren. 

Fasste man nun das proximale Fragment dicht über der Bruch- 
stelle mit der einen Hand fest an und versuchte, den Fuß mit der 
anderen erfassend, mit diesem resp. dem distalen Fragment seitliche 
Bewegungen auszuführen, so gelang es immer, eine 
bei einem gesunden Unterschenkel niemals zu fin- 
dendeElasticität zu konstatiren: das Fragment federte. 
Dieses Federn musste natürlich auch dann eintreten, 
wenn der Pat. beim Gehen, während das gesunde 
Bein am kranken Bein vorbeipendelte, die ganze 
Körperlast auf das kranke Bein verlegte. Dem Pat. 
musste dieses Federn ein Gefühl hervorrufen, als 
wollte das Bein an der Bruchstelle wieder ein- 
knicken, so dass er zu dem Schluss kam, das Bein 
trüge ihn nicht. 

De facto ist wohl kaum anzunehmen, dass, wenn 
der Pat. nicht außerordentlich schwere Lasten trägt 
oder auf sehr unebenem Boden geht, das Bein an 
der Bruchstelle wieder einknickt, so dass die Un- 
fähigkeit zu gehen und das Bein nach Möglichkeit 
zu benutzen, nur als eine psychische, von dem Gefühl 
des Federns diktirte Unfähigkeit aufzufassen ist. 
Ich habe desshalb in einer Anzahl von Fällen 
neben der üblichen Nachbehandlung der Unterschenkelfrakturen dem 
Pat. eine Lederhülse mit Stahlschienen verordnet. Diese wurde 
genau wie die Hessing’schen Schienenhülsenapparate nach Gips- 
modell aus plastischem Leder hergestellt. 2 seitliche Stahlschienen, 
welche oben und unten durch einen rückwärts liegenden Stahlbogen 
vereinigt sind, geben der Hülse noch größere Festigkeit. Vorn wird, 
wie aus der Abbildung ersichtlich ist, eine doppelte Verschnürung 
angebracht, welche es ermöglicht, bei Zu- oder Abnahme der Waden- 
muskulatur sich diesen veränderten Volumensverhältnissen zu acco- 
modiren; denn wenn beim Tragen einer solchen Hülse nicht regel- 
mäßige Massage angewandt wird, so ist bald eine Volumensabnahme 
der Wadenmuskulatur zu konstatiren. 

Dieser kleine Apparat, welcher von der Medicinisch-Polytech- 
nischen Union sehr leicht und elegant hergestellt wurde, gab den 


> 


es“ 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 571 


Pat. ein solches Gefühl der Sicherheit, dass sie zumeist sofort gut 
geben konnten. 

Nach meiner Meinung ist die Wirkung des Apparats vorwiegend 
eine psychische, indem das lästige Gefühl des Federns wegfällt, in 
zweiter Reihe unterstützt er aber zweifellos die Konsolidirung des 
Bruches, welche dann vollendet ist, wenn die oben erwähnten Winkel 
durch feste Callusmassen ausgefüllt sind. 


1) Wassermann (Berlin). Experimentelle Untersuchungen 
über die individuelle Disposition zu Infektionskrankheiten. 
(Aus dem Institut für Infektionskrankheiten.) 
(Charite-Annalen Jahrg. XXII. p. 798.) 

Durch eine Reihe mühsamer Untersuchungen, die eingehend zu 
beschreiben hier nicht der Ort ist, weist W. nach, dass der Organis- 
mus folgende Schutzmittel gegen Infektionen besitzt: 1) Kreisen von 
Antitoxin im Blut; 2) mangelnde Reaktionsfähigkeit zwischen Zelle 
und specifischer Schädlichkeit. Diese beiden Arten sind bis jetzt 
nicht herabzusetzen. Dagegen ist dies wohl der Fall bei der sehr 
labilen Widerstandsfähigkeit aus 3) bisher noch nicht festgestellten 
anderen Ursachen. Es ist dies ein Versuch, dem dunklen Gebiet 
der individuellen Disposition näher zu treten. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


2) W. Noetzel. Über die Infektion granulirender Wunden. 
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 5 u. 6.) 

Das Verhalten granulirender Wundflächen gegen Invasion von 
Bakterien hat Verf. an Milzbrandbacillen, ihr Verhalten gegen Ab- 
sorption von Bakterientoxinen an Tetanusbacillen geprüft. Seine 
Resultate fasst er in folgenden Sätzen zusammen: Von intakten 
Granulationsflächen aus können Bakterien nicht in die Lymph- und 
Blutbahn gelangen. Vollvirulenter Milzbrand erregt von denselben 
aus keine Erkrankung der Versuchsthiere. Es scheint, dass auch die 
Stoffwechselprodukte der Bakterien von intakten Granulationsflächen 
nicht resorbirt werden. Für vollvirulente Tetanusbouillonkulturen 
lässt sich dieser Satz beweisen. Die Ursachen dieses Impfschutzes 
sind mechanischer Natur: Die oberflächliche, die Blut- und Lymph- 
bahnen bedeckende Zellenschicht wirkt analog der intakten Epi- 
dermis und hält die Infektionserreger zurück. Auch die Entfernung 
derselben von der Wunde erfolgt im Wesentlichen mechanisch durch 
die Exsudation, welche die Bakterien wegschwemmt, durch die 
»Reinigung der Wunde«. Dieselbe ist in der Regel innerhalb 2 bis 
4 Tagen vollendet. Die innerhalb dieser Zeit auf den granuliren- 
den Wunden noch vorhandenen Milzbrandbacillen haben von ihrer 
Virulenz nichts eingebüßt. Bakterientödtende Eigenschaften des 
Granulationssaftes lassen sich nicht sicher nachweisen und haben 

22* 


572 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


jedenfalls nur eine untergeordnete Bedeutung für die Eliminirung 
der Infektionserreger sowohl, wie für den Impfschutz der Granu- 
lationen im Allgemeinen. Die Phagocytose ist auf inficirten Granu- 
lationen regelmäßig zu beobachten; für den Impfschutz kommt ihr 
ebenfalls nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Eine lokale Re- 
aktion der Granulationsfläche auf die Milzbrandinfektion lässt sich 
bei empfänglichen Thieren nicht nachweisen. Durch die erfolglose 
Impfung granulirender Wunden wird weder eine allgemeine, noch 
eine lokale Immunität der Versuchsthiere gegen die betreffenden 
Bakterien erzielt. Teichmann (Berlin). 


3) J. E. G. van Emden. Klinische Untersuchungen über 
die Blutplättchen. 
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 7 u. 8.) 

Verf. hat eine eigene Methode zur Zählung der Blutplättchen 
im menschlichen Blute erfunden und damit die von Hayem u. A. 
angegebene Durchschnittszahl von 245000 pro Kubikmillimeter be- 
stätigen können. Seine auf die wechselnde Menge bei verschiedenen 
Krankheitszuständen gerichteten Untersuchungen haben ergeben, 
dass die »Crise h&matoblastique« (Hayem) nach vielen Infektions- 
krankheiten auftritt. Das Fieber als solches hat keinen Einfluss auf 
die Plättchenzahl; bei den akuten Exanthemen und der Malaria ist 
sie herabgesetzt, bei Pneumonie, Erysipelas und septischer Infektion 
öfters erhöht, nur ausnahmsweise in schweren Fällen vermindert. Ver- 
minderung der Plättchen findet sich auch, außer bei sehr schweren 
Infektionen, bei der perniciösen Anämie und gegen das Ende des 
Lebens; eine Vermehrung wurde bei verschiedenen Anämien und 
kachektischen Zuständen, so wie am Ende der Schwangerschaft ge- 
funden. Bei Zuständen, welche mit allgemeiner und portaler Blut- 
stauung einhergehen, ist die Plättchenzahl verringert, eine eventuelle 


Vermehrung wird durch Komplikationen bedingt. 
Teichmann (Berlin). 


4) M. Michaelis und F. Meier (Berlin). Bakterienbefunde 
im Blut von Phthisikern. 
(Charite-Annalen Jahrg. XXII. p. 150—158.) 

Die Verff. haben bakteriologische Untersuchungen des Blutes von 
10 Phthisikern gemacht, welche sich in vorgeschrittenen Stadien der 
Krankheit befanden und an schweren fieberhaften Zuständen litten. 
Zur Gewinnung des Blutes wurde die Venaepunctio intra vitam ge- 
wählt, und durch sofortige und reichliche Beschickung der einzelnen 
Nährböden dafür gesorgt, dass durch das Kulturverfahren das Vor- 
handensein von Bakterien noch nachgewiesen werden konnte, wo es 
durch die direkten mikroskopischen Untersuchungen nicht mehr mög- 
lich gewesen wäre. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 573 


Mittels dieses Verfahrens wiesen nun die Verff. nach, dass bei 
8 von 10 untersuchten Kranken Bakterien im Blute kreisten, und 
zwar waren es bei 6 Staphylokokken, die in einem Falle mit Strepto- 
kokken, in einem anderen mit Diplobacillen verbunden auftraten. 
In je einem Falle wurde nur eine Reinkultur von Streptokokken 
bezw. Diplokokken gefunden, auf Tuberkelbacillen wurde niemals 
gefahndet. Es konnte nun ferner nachgewiesen werden, dass das 
Vorhandensein der Bakterien überall da festgestellt wurde, wo zu- 
gleich im Harn die Diazoreaktion stark ausgesprochen war. Bezüg- 
lich dieser Diazoreaktion glauben Verf. behaupten zu können, dass 
sie auch bei anderen Krankheiten stets nur gleichzeitig mit Über- 
schwemmung des Blutes mit Infektionsträgern auftritt, also wohl an 
einen gewissen Zusammenhang beider Erscheinungen gedacht werden 
müsse. Sie stellen daher bezüglich der Phthise den Satz auf, dass 
»weitaus die größte Anzahl von Phthisen, welche Diazoreaktion im 
Harn zeigen, kulturell den Nachweis von Bakterien im Blute ge- 
stattene. Daher seien diese Fälle »den durch Mischinfektion be- 
dingten Krankheiten zuzurechnen«. 

Es erscheint nicht überflüssig zu bemerken, dass zur Prüfung der 
Sicherheit des Verfahrens nicht nur an Gesunden, sondern auch an 
anderen Kranken (Masern, Scharlach, Gelenkrheumatismus, W eil’sche 
Krankheit, Miliartuberkulose, Endocarditis gonorrhoica (! Ref.), Me- 
ningitis tuberculosa) Kontrollversuche angestellt wurden, welche stets 


ein völliges Sterilbleiben der Nährböden ergaben. 
Lühe (Königsberg i/Pr.). 


5) Salman (Straßburg, inzwischen +). Klinische und ana- 
tomische Beiträge zur Myositis ossificans. 
(Deutsche militärärstliche Zeitschrift 1898. Hft. 2.) 

Gleich den bisherigen Schriftstellern über dieses Thema theilt 
S. das Gebiet der Myositis ossificans, und zwar sowohl der progres- 
siven als der solitären Form, in 2 Gruppen ein, nämlich 1) in die 
Gruppe der vom Periost ausgehenden oder von ihm aus in den 
Muskel hineinwuchernden und 2) in die Gruppe der primär im 
Muskel entstandenen Knochenneubildungen, welche entweder dauernd 
unabhängig vom Periost verbleiben oder erst sekundär mit ihm in 
Verbindung treten. Auf die erstere Gruppe passt Alles, was durch 
die bekannten Versuche Berthier’s schon lange als feststehend gilt: 
durch ein Trauma wird ein Periostlappen abgesprengt, geräth zwischen 
die Muskelbündel, und dort bildet sich, ausgehend vom Periost, eine 
Knochenneubildung. Nach Berthier’s Ansicht ist dies die einzige 
Entstehungsweise für die Myositis ossificans; er leugnet auch die 
früher allgemein angenommene Möglichkeit, dass nach einer Muskel- 
zerreißung sich aus dem entstandenen Bluterguss durch einfache 
Organisation und Verknöcherung eine solche Geschwulst bilden könne. 
Allein S. hat Fälle gesehen, welche in Berthier’s Schema nicht 
hineinpassen, und bei welchen namentlich schon der traumatische 


574 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


Ursprung fehlte. Plötzlich tritt bei einem Knaben Schmerz in der 
Leiste auf, in dem unbeweglich gewordenen Oberschenkel entwickelt 
sich eine Geschwulst, von 2 Querfingern unterhalb des Ligament. 
Poupart. bis etwa handbreit oberhalb desselben. 


Die Operation zeigt, dass es sich um den erweichten Ileopsoas 
handelt, in welchem Knochenmassen von Linsen- bis Markstückgröße 
eingelagert sind; diese ganze Masse wird stumpf ausgeschält, es tritt 
Heilung p. p. ein, und 2!/, Jahre später ist der Knabe noch völlig 
gesund. Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass zunächst eine 
Trübung und Verdickung der Muskelfasern wahrzunehmen ist, dann 
die Querstreifung verloren geht und Zerfall eintritt, und zwar in 
verschiedenen Formen, nämlich als fibrilläre Längszerklüftung, ähn- 
lich dem Knorpel bei der Arthritis deformans, ferner als »schollige 
Zerklüftung«, als feinkörniger Zerfall, und endlich als wachsartige 
Entartung, welche letztere am seltensten wahrzunehmen ist. Alles 
dies sieht man neben einander, die zerfallenden Fasern werden dabei 
korkzieherartig gewunden und erhalten hierdurch ein schlangenartiges 
Aussehen. Die Kerne der Muskelfasern gerathen dabei theilweise in 
starke Wucherung; nach Untergang der Fasern werden sie frei und 
ordnen sich zu Riesenzellen ähnlichen Gebilden, die aus einer mit 
Eosin schwach röthlich gefärbten Masse und mehreren Kernen mit 
Kernkörperchen bestehen. Im interstitiellen Bindegewebe findet eine 
mehr oder weniger ausgesprochene Wucherung statt, welche die 
sulzige, dem embryonalen Gewebe ähnliche Beschaffenheit des Ganzen 
bedingt. Zwischen den wuchernden Bindegewebszellen eingestreut 
finden sich Knorpelzellen, welche sich dann häufen und zu einem 
Knorpel formen; und in diesem bildet sich dann nach endochondralem 
neoplastischem Typus Knochensubstanz durch Eindringen von Osteo- 
blasten, die ihrerseits wieder aus Spindelzellen des Bindegewebes in 
der Umgebung hervorgehen. Andererseits vollzieht sich aber die 
Knochenbildung auch nach einem anderen, metaplastischen Typus, 
indem die Knorpelzellen selbst allmählich eine zackige Gestalt an- 
nehmen und unmittelbar zu Knochenzellen werden. Die Knorpel-, 
wie auch die Knochenbildung geschieht in Form von Balken, zwischen 
denen ein weiches, der Gruppe der Bindesubstanzen angehöriges 
Gebilde entsteht, welches wenigstens in dem weiteren Sinne Virchow’s 
als Mark aufgefasst werden kann. Man bemerkt hier alle Formen 
neben einander und allmählich in einander übergehend. Die Ver- 
änderungen am Bindegewebe sieht S. als primär, diejenige an den 
Muskelfibrillen als sekundär an. 

Ähnlich gestaltete sich das mikroskopische Bild in einem ande- 
ren Falle von Exercierknochen im M. brachialis int., der nach einem 
akuten Anfangsstadium in 4 Wochen entstanden war und bei der 
Operation in fibröser Verbindung mit dem Periost gefunden wurde. 
Nur fehlte hier der Knorpel, was S. durch die Annahme erklärt, 
dass es sich um einen älteren Vorgang gehandelt habe. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 575 


Die mit dem Periost verbundenen Osteome neigen nach der 
Operation zu Recidiven, die selbständigen nicht. Die Operation er- 
scheint als die einzig rationelle Behandlung, da die Behandlung mit 
Massage zwar Timann zur annähernden Heilung geführt hat, aber 
doch zu unsicher und zeitraubend ist. 

Im Ganzen genommen erscheint durch die Untersuchungen Se 
die Kenntnis der in Rede stehenden Krankheit erheblich gefördert, 
ohne dass sie jedoch schon ein völlig abschließendes Urtheil gestatten. 
Auch für die Lehre von der Knochenbildung sind sie von Wichtigkeit. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


6) P.Poppert. Über Seidenfadeneiterung nebst Bemerkungen 
zur aseptischen Wundbehandlung. (Aus der chirurgischen 
Universitätsklinik in Gießen.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 49.) 

P. steht auf dem von Manchem nicht völlig getheilten Stand- 
punkt, für welchen er aber den Beweis erbracht zu haben glaubt, 
dass die hier und da beobachtete Eiterung des sterilisirten Katguts 
nicht auf der Anwesenheit von Bakterien beruhe, sondern ein che- 
mischer Vorgang sei, für den der Chirurg nicht verantwortlich ge- 
macht werden könne; wirklich infektiösen, schweren Wundeiterungen 
hingegen müssten andere Fehlerquellen zu Grunde liegen. 

Für ganz unabhängig von Bakterien hält P. auch die Eiterung, 
welche bei der Ausstoßung von versenkten Seidennähten bei der 
Radikaloperation des Leistenbruchs eine Rolle spielt. 

Diese Art nichtinfektiöser Eiterung beobachtete P. durchschnitt- 
lich auf 3—4 Fälle imal; einen besonders typischen Fall derselben, 
der trotz peinlichster Asepsis auftrat, theilt er ausführlich mit. 

Die Eiterung hatte in den meisten Fällen einen ungefährlichen 
Charakter, wie solches auch vielfach von anderen Autoren erwähnt 
wird; bei tadelloser prima intentio kann sich nachträglich ein Abscess 
bilden, durch welchen die Fäden ausgestoßen werden. In typischen 
Fällen beobachtete P., da” s Sekret Anfangs nicht eitrig, sondern 
serös war. In der Annahme, dass möglicherweise das allzu feste Zu- 
schnüren der zahlreichen versenkten Seidennähte eine Ernährungs- 
störung der Gewebe mit nachfolgender Nekrose bedinge, und diese 
Nekrose alsdann Anlass zur Sekretbildung und Aufbruch der Wunde 
gebe, war nun P. darauf bedacht, die den Bruchkanal verengenden 
Nähte nur mäßig dicht zuzuschnüren und nicht allzu dicht anzulegen; 
in 30 so operirten Fällen trat kein einziges Mal eine Störung der 
Heilung ein. 

P. gründet darauf die Ansicht, dass in Folge der ungünstigen 
Resorptionsverhältnisse das abgestorbene fibroseröse Gewebe nicht 
aufgesaugt würde, sondern eine stärkere demarkirende Entzündung 
in der Tiefe mit Sekretbildung zur Folge habe; das gestaute Sekret 
bräche durch die zarte Narbe nach außen durch und würde dann 


576 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


sekundär mit Bakterien inficirt. Aus der einmal inficirten Wunde 
werden dann die versenkten Seidennähte als septische Fremdkörper 
durch die Eiterung nach außen befördert. Auch anderen Annahmen 
bleibt Thür und Thor geöffnet. 

Bei der Radikaloperation des Schenkelbruchs und des Leisten- 
bruchs bei Kindern hat P. niemals Eiterung beobachtet. 

P. schließt des weiteren aus seinen interessanten Beobachtungen, 
dass alle Operationsmethoden des Leistenbruchs zu verwerfen sind, 
bei denen der aus seiner Umgebung losgelöste Bruchsack zurück- 
gelassen wird (MacEwen), da derselbe zu leicht nekrotisch wird. 

P. vindicirt also einer rein mechanischen Schädlichkeit die Mög- 
lichkeit, unter dem Bild der Eiterung zu verlaufen. 

Von der Beschaffenheit der Wunde, ihrer Ausdehnung und ihrem 
Sitz ist die Disposition zur Eiterung entschieden in nicht geringem 
Grade abhängig. 

Bezüglich der Keimfreiheit der Wunden kommt Verf. zu dem 
Schluss, dass bei den nach landläufigen Begriffen als rein aseptisch 
aufzufassenden Wunden nur eine relative, nicht eine absolute Keim- 
freiheit garantirt werden kann, wir somit darauf angewiesen bleiben, 
uns auf die Waffen, die der Organismus im Kampfe gegen die Bak- 
terien besitzt, mehr oder weniger zu verlassen; eine Hauptwaffe liegt 
aber in einer derartigen Gestaltung der Wundverhältnisse, dass die 
Mikroben keine geeigneten Bedingungen für ihre Entwicklung vor- 
finden. B. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


7) Moore (Minneapolis, Minn.). Ligaturen und Suturen. 
(Philadelphia med. journ. 1898. Januar 22.) 

M. wendet mit stets gleich gutem Erfolg ein nur durch Hitze 
sterilisirtes Katgut an. Nicht jedes Katgut aber verträgt hohe Wärme- 
grade, und muss man sich erst davon überzeugen, dass es nicht da- 
durch brüchig wird. Das Rohkatgut wird in Stücke zerschnitten, in 
Pergamentpapier eingewickelt und dann in einem Sterilisator inner- 
halb von 3 Stunden auf 100°C. gebracht und noch weitere 4 Stun- 
den auf 100—110° erhalten. Man kann es dann in Papierhüllen 
im Besteck bei sich führen. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


8) Thomalla. Über eine vollkommen antiseptische Näh- 
seide und antiseptisches Katgut. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15.) 

T. legt sterile Seide und Katgut in eine Gelatin-Formalinlösung, 
trocknet das Nahtmaterial, welches die Lösung aufgesaugt hat, im 
sterilen Raum und wickelt es auf. Bei der Naht mit solchen im- 
prägnirten Fäden beginnt im Stichkanal die sofortige Auflösung der 
Formalingelatin durch die lebenden Zellen, so dass das Formalin 
frei wird und etwaige vor der Operation auf die Seide gekommene 
Bakterien im Stichkanal vernichtet. T. hat derartiges Nahtmaterial 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 577 


an Thieren und an mehr als 100 Pat. in Anwendung gebracht und 
nicht ein einziges Mal in den Stichkanälen Eiter gefunden, obgleich 
er die Fäden nie mit antiseptischer Flüssigkeit reinigte, sondern die 
trockene Gelatin-Formalinseide und -Katgut zum Nähen verwandte. 
T. hat zur Aufbewahrung solchen Nathmaterials einen kleinen, 
leicht transportablen Apparat konstruirt, dessen Beschreibung im 
Original nachzusehen ist, und der bei Warmbrunn, Quilitz & Co. 
in Berlin C. bezogen werden kann, während das Nahtmaterial Paul 
Hartmann in Heidenheim i. W. liefert. Gold (Bielitz). 


9) P. Reichel. Die Abschätzung der Erwerbsfähigkeit. 
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 37 S. 

Verf. hat eine Reihe von Fragen aufgeworfen, deren Wichtig- 
keit zum Theil schon von Anderen gelegentlich betont ist, die aber 
in ihrer speciellen Behandlung zum Theil neu sind. Obwohl die- 
selben uns Medicinern als mehr akademischer Art erscheinen mögen, 
so handelt es sich dabei doch um Dinge, mit denen sich der Gut- 
achter in der Praxis täglich beschäftigen muss; es sind von diesem 
Gesichtspunkt aus praktische Erörterungen über die Faktoren, welche 
sich bei der Beurtheilung der Erwerbsfähigkeit geltend machen. 
Der Schwerpunkt der Abhandlung liegt jedenfalls in ihrer social- 
politischen, vielleicht nationalökonomischen Seite, worin wir aber 
unsere Kenntnis vertiefen müssen, wenn wir diesen modernen An- 
forderungen gewachsen sein wollen. So wird der Fachmann manche 
Anregung, der weniger Erfahrene eine treffliche Anleitung gewinnen 
aus der Lektüre. Der Titel wäre vielleicht besser anders gewählt, 
da die Abhandlung nur mehr allgemeine Betrachtungen über die 
Abschätzung der Erwerbsfähigkeit enthält. Bähr (Hannover). 


10) David. Zur Frage des Verhaltens austrepanirter und 
wieder eingeheilter Schädelstücke. (Aus der Universitäts- 
poliklinik für orthopädische Chirurgie in Berlin.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 47.) 

D. greift die von Barth vertretene und auf sehr sorgfältige 
Untersuchungen gestützte Ansicht an, dass Knochenpartien, die aus 
ihrer Verbindung mit der Umgebung losgelöst, aber in ihre normale 
Lage zurückgebracht werden, ausnahmslos dem Tode verfallen. Er 
hat bei Versuchen, welche er im physiologischen Institut der thier- 
ärztlichen Hochschule anstellte, das allmähliche Schwächer- und 
dann Wieder-stärker-Werden der Färbung des Fragments und seiner 
Zellen gefunden, ein völliges Schwinden und Zugrundegehen, wie 
dies Barth beobachtete, aber niemals feststellen können. Er ver- 
neint desshalb die Barth’sche Substitutionstheorie und hält dafür, 
dass der replantirte Knochen als solcher erhalten bleiben könne. 

R. Wagner (Mülheim a. d R.). 


ERT? 


578 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


11) Kretschmann. Klinische und pathologische Beiträge 
zur Caries von Hammer und Amboß. 
(Festschrift sur Feier des 50jährigen Bestehens der med. Gesellschaft zu Magdeburg.) 
Magdeburg, 1898. 

Von den beiden äußeren Gehörknöchelchen ist der Amboß weit- 
aus am häufigsten Sitz cariöser Processe. Die Caries lokalisirt sich 
zuerst an Stellen, welche durch ihre Lage oder durch den Mangel 
schützender Bandmassen etc. einen günstigen Angriffspunkt für de- 
struirende Processe bilden. Bei Caries der im oberen Paukenhöhlen- 
raum befindlichen Theile der Gehörknöchelchen spielt die Hammer- 
Amboßbucht eine wesentliche Rolle. Die Diagnose der Erkrankung 
der beiden äußeren Knöchelchen an Caries ist ziemlich sicher. Die 
Annahme einer isolirten Erkrankung derselben ist nur bis zu einem 
gewissen Grade wahrscheinlich. Caries der Ossicula kann ohne Ope- 
ration heilen. Ist ein operativer Eingriff erforderlich, so kommt die 
Hammer-Amboßextraktion vom Gehörgang aus, als das am wenigsten 
eingreifende Verfahren, zur Anwendung, wenn die Wahrscheinlichkeit 
für Caries, die auf dieOssicula sich beschränkt, spricht, die Stack e’sche 
Methode der Extraktion, wenn mit Wahrscheinlichkeit der Process 
sich weiter ausgedehnt hat. Dreyer (Köln). 


12) R. Müller (Berlin). Die chirurgische Freilegung des 
Mittelohrs und ihre Bedeutung für den Militärarzt. 
(Charite-Annalen 1897. Jahrg. XXII. p. 417—453.) 

Indem wir von der hier ausführlich besprochenen Technik der 
beiden in Frage kommenden Operationen absehen und auch auf 
Indikationen etc. nicht eingehen, beschränken wir uns auf Das, was 
in dem Aufsatz über die militärarztliche Bedeutung hinsichtlich der 
militärischen Dienstfähigkeit gesagt ist. Leute, die schon länger als 
6 Monate nach Antrumaufmeißelung mit guter Funktion geheilt sind, 
können in den Militärdienst anstandslos eingestellt werden; bei kür- 
zerer Dauer der Heilung oder vor ihrer Vollendung muss Zurück- 
stellung erfolgen. Eben so können Leute, denen während ihrer 
Dienstzeit die Aufmeißelung gemacht worden ist, im Dienst bleiben. 
Nicht dagegen trifft dies zu bei der Radikaloperation, nach welcher 
jeder Mann als unfähig zum Dienst mit der Waffe anzusehen ist, 
selbst wenn er völlig geheilt ist und eine gute Hörfühigkeit behalten 
hat. Als Grund für diese Ansicht führt M. an, dass die zurück- 
gebliebene Wundhöhle — sei es mit, sei es ohne retroaurikuläre 
Öffnung — eine fortdauernde ärztliche Überwachung und zeitweiliges 
ärztliches Eingreifen erfordert, dass der Operirte stets einer gewissen 
Schonung bedarf und den Schädlichkeiten des Dienstes nicht aus- 
gesetzt werden kann. Ilöchstens könne bei sonst günstigen Verhält- 
nissen der Dienst ohne Waffe als Handwerker, Krankenwärter etc. 
in Frage kommen, was wir jedoch auch bezweifeln müssen. So lange 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 579 


die Wunde nicht geheilt ist, müssen die Operirten als verstümmelt 
gelten. Da selbst eine Spätheilung noch möglich ist, muss aber jeder 
Grad der Erwerbsunfähigkeit, welcher sich im Übrigen nach der 
Funktion zu richten hat, als zeitig angesehen werden, 2 Jahre lang 
wenigstens. Ähnlich wird es sich auch bei Beurtheilung von Unfall- 
verletzungen und Arbeitsunfähigkeit in civilen Verhältnissen verhalten. 
Lühe (Königsberg i/Pr.). 


13) Drenkhahn (Hamburg). Schwere Folgen von Zahn- 
krankheiten in der Armee und ihr Zusammenhang mit Zahn- 


extraktionen. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. No. 2.) 


An der Hand des großen Materials, welches in den Sanitäts- 
berichten über die Armee niedergelegt ist, sucht Verf. die Frage zu 
lösen, in wie weit es nöthig sei, möglichst antiseptische Maßregeln 
bei und nach der Zahnextraktion zu befolgen, so wie ob es zweck- 
mäßig sei, während des Bestehens einer Parulis die Operation vor- 
zunehmen. D. kommt zu dem Schluss, dass das letztere im All- 
gemeinen vorzuziehen und dass das erstere unnöthig sei. Nament- 
lich erscheint die Ansicht H. Fischer’s, die er in seinem Aufsatz 
über Osteomyelitis purulenta der Kiefer niedergelegt hat, dass durch 
unsaubere Zahnextraktion und das Ziehen von Zähnen bei Parulis 
häufig Veranlassung zu jener schweren Krankheit gegeben werde, 
nicht hinreichend bewiesen. Vielmehr dürfte der Zahnschmerz, wel- 
cher die Kranken zur Extraktion treibt, oft nur der Anfang der 
Osteomyelitis sein. Dagegen kann ja gewiss nicht in Abrede gestellt 
werden, dass cariöse Zähne die Eingangspforte für allerlei Krank- 
heitserreger sein können; Ref. erinnert z. B. an die Aktinomykose. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


14) Bussenius (Berlin). Über den Werth des Holocains für 
rhino-laryngologische Operationen. 
(Charite-Annalen 1897. Jahrg. XXII. p. 458—468.) 

Da das Holocainum muriaticum sich in der Augenheilkunde 
bewährt und einige Vorzüge vor dem Cocain gezeigt hat, wurde es 
auch bei rhino-laryngologischen Operationen versucht und erzeugte 
in Dosis bis 10 Tropfen einer 2!/,%igen Lösung eine sichere lokale 
Anästhesie ohne sonstige unangenehme Nebenwirkungen, wie sie dem 
Cocain eigen sind. Dagegen ist es ein starkes Gift, 5mal stärker 
als Cocain, muss also noch vorsichtiger angewendet werden, was aber 
wegen der energischer anästhesirenden Wirkung eben auch möglich 
ist. Auch zur Schleich’schen Infiltrationsanästhesie scheint das 
Präparat in 1%iger Lösung anwendbar; bei einer solchen wurde 
0,0045 Holoc. mur. verbraucht und wurden auch noch 4 Tropfen 
der 2'/,%igen Lösung = 0,005, also im Ganzen etwa 0,010 zum Be- 


580 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


tupfen einer Wundhöhle vertragen, als das Auskratzen derselben zu 
schmerzhaft war. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


15) E. Winckler. Über den Zusammenhang von Nasen- und 
Augenerkrankungen. 
Halle, K. Marhold, 1898. 

In das Wesen des lange bekannten Zusammenhangs zwischen 
Nasen- und Augenerkrankungen hat Ziem einige Klarheit zu bringen 
gesucht, indem er vor Allem der Reflextheorie, die auch hier Alles 
erklären sollte, ihre Schranken wies und sich mehr auf den Boden 
der anatomischen Thatsachen stellte. Hierin folgt ihm W. und 
macht für die Kombination der Nasen- und Augenerkrankungen 
folgende 3 Momente verantwortlich: die Anastomosen im Blut- und 
Lympbhgefäßsystem beider Organe, die Verbindung des Augenhöhlen- 
zellgewebes mit demjenigen der Flügelgaumengrube und die Innerva- 
tion beider Organe durch den Trigeminus und Sympathicus. Dazu 
kommt noch rein topographisch die Nachbarschaft der Nasenneben- 
höhlen, deren eitrige Erkrankungen in ihrer gefährlichen Bedeutung 
für den Inhalt der Augenhöhle vom Verf. nach Gebühr gewürdigt 
werden. Hinsichtlich der Therapie bei gleichzeitig bestehendem 
Augen- und Nasenleiden ist in den Fällen, wo die Augenerkrankung 
sofortiges Eingreifen verlangt, z. B. Ulcus corneae, Hypopyon, oder 
wo jede intraokulare Drucksteigerung Schaden bringen könnte, von 
allen energischen intranasalen Eingriffen zunächst abzusehen. Sonst 
ist, besonders bei alten Nasenstenosen, vor Beginn einer energischen 
Augenbehandlung erst die Nasenbehandlung zu erledigen. 

FRE Teichmann (Berlin). 
16) F. Blocbaum. Die submuköse Kauterisation mittels der 
galvanokaustischen Glühnadel zur Behandlung der Rhinitis 
hypertrophicans nebst Beschreibung und Abbildung des neu 
aseptisch konstruirten allgemeinen Platinbrenners. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 4.) 

Die auch von anderer Seite schon geübte submuköse Galvano- 
kauterisation der Nasenmuscheln wird vom Verf. in der Weise aus- 
geführt, dass er in das nach Schleich infiltrirte Gewebe eine be- 
sonders fein konstruirte Nadel glühend einsticht und parallel der 
Muscheloberfläche vorschiebt. Durch die narbige Schrumpfung des 
Gewebes wird die Schleimhaut, die selbst intakt bleibt, dann dicht 
an den Knochen herangezogen. Auf diese Weise wird auch die In- 
fektionsgefahr auf ein Minimum reducirt. Den gewöhnlichen Brenner 
hat Verf. in der Weise modificirt, dass er statt des isolirenden Seiden- 
überzuges die beiden Zuleitungsschenkel des Brenners durch Elfen- 
bein, Horn oder Porcellan isolirt. Dadurch wird eine bessere Reini- 
gung und Asepsis erzielt. Teichmenn (Berlin). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 581 


17) E. J. Moure. Sur le traitement des sinusites (maxillaire 
excepté). 
(Revue de l’aryngol. 1898. No. 10—12.) 

Veröffentlichung eines auf dem Moskauer Kongress gegebenen 
Berichtes über den jetzigen Stand der chirurgischen Behandlung bei 
den Erkrankungen der Nasennebenhöhlen; für den Fernerstehenden 
zur Orientirung über das Nothwendige und Erreichbare auf diesem 
schwierigen Gebiet sehr geeignet. Teichmann (Berlin). 


8) Meyjes, W. Posthumus. Die Behandlung des Empyems 
des Oberkiefers. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 1.) 


19) J. Herzfeld. Über eine einfache Methode des Ab- 
schlusses und gleichzeitigen Offenhaltens der künstlich an- 
gelegten Kieferhöhlenöffnungen. 

(Ibid.) 

Um den durch die Alveole in die Kieferhöhle geführten 
Bohrkanal offen zu halten und doch einen Abschluss gegen die 
Mundhöhle zu erzielen, hat der holländische Autor Röhrchen aus 
Gold oder vergoldetem Silber mit einer federnden Verschlussklappe 
konstruiren lassen. Die Klappe trägt an ihrer Innenfläche einen 
kurzen Zapfen, welcher genau die Lichtung der Röhre abschließt. 
Zur Vornahme der Ausspülung kann die Klappe vom Pat. selbst mit 
leichtem Druck des Fingernagels aufgeschlagen werden, sie schlägt 
dabei nach der Mittellinie zu. Das Röhrchen wird am benachbarten 
Zahn durch einen Kautschukring befestigt. — 

Den gleichen Zweck erreicht H., jedenfalls einfacher, durch 
Kautschukstöpsel, welche in den Bohrkanal hineingesteckt werden, 
so dass sie weit in die Kieferhöhle noch frei hineinragen. Ein 
Hineinschlüpfen in die Kieferhöhle wird durch eine Fußplatte ver- 
hindert, welche sich dem Alveolarrande und den benachbarten Zähnen 
anschmiegt. Platte und Stöpsel sind aus einem Stück gearbeitet. 
Zur Ausspülung wird der Stöpsel einfach herausgezogen, nach der- 
selben wieder eingeführt. Man kann solche Stöpsel in verschiedenen 
Stärken und auch in verschiedenen Formen, wie z. B. als Doppel- 
stöpsel für die Kanäle zweier benachbarter Alveolen, vorräthig halten. 
Ähnliche Stöpsel benutzt H. auch für die Trepanationsöffnung in 
der Vorderwand der Kieferhöhle. Reizerscheinungen hat er auch 
bei längerem Gebrauch nie gesehen. Teichmann (Berlin). 


582 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


20) Hessler. Über den Zeitpunkt und die verschiedenen 
Methoden der Operation der Rachenmandel und der Gaumen- 
mandeln bei akuten Mittelohrentzündungen. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 2.) 

Während die meisten älteren Ohrenärzte gegen eine Mandel- 
hyperplasie bei gleichzeitiger akuter Mittelohrentzündung erst nach 
Ablauf der letzteren operativ einzuschreiten rathen, schließt sich Verf. 
Denjenigen an, welche unter gleichen Umständen in der schleunigen 
Abtragung der vergrößerten Mandeln ein wirksames Mittel für die 
rasche Heilung der Ohraffektion erblicken. Er operirt sofort nach 
dem Verschwinden der stürmischen Initialerscheinungen seitens des 
Ohres, eventuell nachdem er durch Paracentese des Trommelfells 
dem Eiter in der Paukenhöhle Abfluss nach außen geschaffen hat. 
Die Operation der akut-entzündlich geschwollenen Mandeln hat nach 
ihm außerdem den Vortheil, dass man mehr von dem Gewebe in 
den Ring des Tonsillotoms bekommt. Zur Entfernung der Rachen- 
mandel empfiehlt er von Neuem das durch ihn modificirte Pharynx- 
tonsilloetom von Schütz. Er operirt stets ohne Narkose. 

Teichmann (Berlin). 


21) F. Pluder. Über die Bedeutung der Mandeln im Or- 


ganismus. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 4.) 


Der Artikel wendet sich gegen die Auffassung des Iymphatischen 
Rachenrings als Schutzorgan für den Körper und erblickt die Rolle 
desselben mehr in einem theilweisen Ersatz der zurückgebildeten 
Thymus innerhalb des hämatopoetischen Systems. Andererseits kann 
sich Verf. der Hopmann’schen Ansicht von der Bedeutung der 
Mandelhyperplasie als Degenerationszeichen nicht anschließen, da er 
gerade bei schwach befähigten und sonst minderwerthigen Kindern 
häufig kleine Tonsillen gefunden hat. Darin kann Ref. nach seinen 
Untersuchungen an Schulkindern ihm nur beistimmen, ohne damit 
die Versuche, den jetzt auffallend häufigen Symptomenkomplex der 
Mandelhyperplasie in evolutionistischem Sinne zu deuten, für aus- 
sichtslos zu halten. Dagegen kann Ref. nicht zugeben, dass, wie 
Verf. behauptet, die Meinung Virchow’s, die Tuberkelbacillen fän- 
den im tonsillären Gewebe keinen günstigen Entwicklungsboden, 
sich als haltlos erwiesen habe. Ganz im Gegentheil scheinen die 
neueren Befunde von Tuberkulose in den Tonsillen, so weit sie 
überhaupt der Kritik Stand halten, mit ihrer mangelnden Tendenz 
zur Verkäsung und zum Zerfall die Virchow’sche Lehre zu be- 
stätigen. Von einem Organ, das, wie die Tonsillen, zur Entwicklung 
sowohl der Schleimhaut- wie der Drüsentuberkulose besonders be- 
fähigt erscheint, müsste man ganz andere tuberkulöse Degenerationen 
erwarten, als spärliche Riesenzellen mit noch spärlicheren Bacillen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 583 


Die klinische Bedeutung der Mandelhyperplasie ist übrigens heute so 
unbestritten, dass ihre chirurgische Bekämpfung keiner theoretischen 
Entschuldigung mehr bedarf. Teichmann (Berlin). 


Kleinere Mittheilungen. 


Apparat zur Bestimmung der Zugfestigkeit von chirurgischem 
Nähmaterial. 


Von 


Dr. Conrad Stich, 
Oberapotheker am städtischen Krankenhaus St. Jakob zu Leipzig. 


Die Prüfung des chirurgischen Nähmaterials auf Zugfestigkeit lässt sich leicht 
mit dem in der obigen Abbildung wiedergegebenen Festigkeitsprüfer, wie er in 
einfacherer Form bereits in der Textilindustrie verwandt wird, erreichen. 

Der zu prüfende Faden wird am Angriffspunkt a des belasteten Hebels be- 
festigt, 2mal über eine kleine seitlich angebrachte Stahlrolle b gewunden und mit 
dem anderen Ende an einer 
Stahlwalse am Fuß des Prü- 
fersangebracht. Durch Drehen 
der Walze wird der Faden auf- 
gewickelt und der belastete 
Hebel an der Skala gehoben, 
welche mit 2 Eintheilungen 
versehen ist. Die obere Ein- 
theilung ist für weniger festes 
Material bestimmt und ent- 
spricht einer Belastung bis 3kg, 
die Fortsetzung ist auf dem 
anderen Skalentheil gegeben 
und auf Belastung bis 10 kg 
bezogen. Den beiden Skalen- 
theilen entsprechen 2 Ge- 
wichte p, die auf einen Metall- 
stift aufgesteokt sind. Die Be- 
nutzung des Apparats erfor- 
dert ein gleichmäßig schnelles 
Aufwickeln des Fadens auf 
die Walze. Bei Seidenprü- 
fungen kann das oben be- 
festigte Ende noch gewachst 
werden, um die Erhaltung des 
Fadens am Befestigungspunkt 
zu sichern. 

Die Bestimmungen geben 
bei gleichmäßig gearbeitetem 
Material Werthe mit einer Be- 
lastungsdifferenz von 100 bis 
200g. Von 4 Prüfungen erhält e 
man im Mittel einen brauchbaren Werth. 

’ Der Apparat erweist sich zweckmäßig bei der Prüfung von Rohmaterial und 
giebt einen guten Aufschluss über die Einwirkung der Präparation auf die Zug- 
festigkeit. Die Bestimmung der Torsionsfestigkeit kann leicht durch Anbringung 


584 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


einer Schraubenvorriohtung am Angriffspunkt des Hebels erreicht werden, doch 
hat diese Prüfung keine allgemeine Bedeutung. 

Der Apparat ist in dem mechanischen Institut von F. R. Poller (Inhaber 
E. Kindt) Leipzig, Plagwitser Str., ausgeführt. 


22) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 
93. Sitzung am Montag den 14. Februar 1898 im kgl. Klinikum. 
Vorsitzender: Herr Lindner. 
Tagesordnung: 

1) Herr Lindner: Demonstrationen zur Magen-Darmchirurgie. 

Bei der ersten vorgestellten Pat. hat L., nach dem Vorgang Langenbuch’s, 
der Gastrostomie eine Gastroenterostomie hinzugefügt, um ein Ausfließen des 
Mageninhalts zu verhüten, 

An der nächsten Pat. war eine segmentäre Resektion des Magens vorgenommen 
worden. Bei dieser Pat. fand sich ein Tumor in der Magengegend, der mit der 
Bauchwand anscheinend verwachsen war. Bei der Incision wurde entzündliches 
Gewebe freigelegt und mit großer Schwierigkeit der Magen von der Leber frei 
präparirt; erst von einer freigelegten Höhle aus gelangte man in den Magen (also 
Ulcus ventriculi perforatum). Resektion eines Stückes, so dass vom Magen nur eine 
ganz enge Höhle zurückblieb. Naht. 

Bei den demnächst vorgestellten 4 Pat. war nur eine Wahrscheinlichkeits- 
diagnose (auf Carcinom resp. Tumor am Pylorus) gestellt. Bei diesen Pat. wurden 
2/z—*/5 des Magens resecirt. 

In einem Falle gelang es nur nach vielem Suchen, das Carcinom zu finden; 
im 4. Falle, der vor der Operation den Anschein einer leichten Erkrankung machte, 
fand sich ein schweres Carcinom. L. hält es demnach für empfehlenswerth, in 
unsicheren Fällen immer die Probelaparotomie zu machen. 

Die neuerdings (besonders von Mikulicz) empfohlene Pyloroplastik hält er 
nicht für rationell, da man gutartig aussehende Tumoren übersehen könne, ferner 
es ja bald Recidive gäbe, außerdem der größte Theil der Magencareinome von 
alten Geschwüren seinen Ausgang nähme. Das Bestreben soll dahin gehen, von 
dem Geschwür alle Reize fern zu halten, da sie eben sehr leicht die Entwicklung 
des Carcinoms begünstigen, und durch Resektion möglichst jeden Tumor zu ent- 
fernen. Bei ganz elenden Personen ist die Gastroenterostomie am Platse, der 
dann später die Resektion zu folgen hat. 


In der Diskussion hebt Herr Sonnenburg die Schwierigkeiten einer 
exakten Diagnosenstellung bei Magenkrankheiten hervor — auch die Röntgen- 
strahlen lassen im Stich, ja verleiten vielleicht gar zu falschen Auffassungen. Er 
hatte Gelegenheit, eine Frau zu operiren, bei welcher das Röntgenbild in der 
Gegend des Magens einen großen dunklen Schatten gab, der von anderer Seite als in- 
operables Careinom des Magens gedeutet worden war. Einen Tumor konnte S. 
selber nicht palpiren, entschloss sich aber auf Drängen der Angehörigen zur 
Probelaparotomie. Magen und Darm erwiesen sich als völlig gesund. 


2) Herr Riese: Vorstellung eines Falles von Luxation der Pero- 
neussehnen, nach der König-Kraske’schen Methode operirt. 

Bildung einer neuer Sehnenscheide durch Ablösung eines Periost-Knochen- 
lappens von dem unteren Ende der Fibula und Anheftung des Lappens an das 
Periost des Calcaneus durch Seidennaht. Die Heilung erfolgte p. p.i. Die Funk- 
tion ist gut. Ein Skisgramm zeigt die Verhältnisse nach der Operation sehr 
deutlich. Die Verletzung entstand bei dem 34jährigen Stubenmaler nach mehr- 
fachem Umkippen des Fußes beim Absteigen von der Leiter; eine heftige Ver- 
stauchung hat Pat. nicht erlitten. Sehr erwähnenswerth im Hinblick auf die An- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 585 


nahme, dass die Luxation der Peroneussehnen durch Muskelaktion entstehe, und 
nicht durch Bänderzerreißung (in Folge einer heftigen Distorsion), wie Volkmann 
annahm, scheint dem Vortr. die Angabe des Pat., dass er gleichzeitig mit den 
Schmerzen und dem Sehnenknacken am äußeren Knöchel eine kleine Geschwulst 
an der Außenfläche der Wade bemerkt und bis an den äußeren Kniegelenksspalt 
ausstrahlende Schmerzen bekommen habe, als deren Ursache eine Hernie der 
Musculi peronei etwas unterhalb der Mitte der Wade angesprochen werden musste. 
Das Loch in der Fascie wurde gleichzeitig bei der Operation der Luxation genäht. 
Was die Verhältnisse an der Peroneussehnenscheide betrifft, so war als Rest von 
dem zerrissenen Retinaculum superius — wie in dem K rask e’schen Falle — nur noch 
ein fimbrienartig ausgefranstes Läppchen am Calcaneus zu entdecken. Eine Be- 
festigung des Knochenlappens mit Stiften am Calcaneus, wie Cousmine vor- 
schlägt, hält der Vortr. für überflüssig. 


3) Derselbe: Fall von ausgedehntem Cystenganglion, ausge- 
gangen vom Kniegelenk. 

Der 64jährige Pat. will vor 4 Jahren zuerst an der Außenfläche des Knie- 
gelenks eine kleine Geschwulst entdeckt haben, die ohne vorhergegangene Ver- 
setzung entstanden sein soll, sich allmählich nach unten vergrößert und den Pat. 
schließlich wegen der Schmerzen zu einer Operation gedrängt habe. Vor der 
Operation fand sich an der Außenseite der Wade unter der Haut eine weiche 
Geschwulst, die aus einzelnen zusammenhängenden fluktuirenden Knoten bestand. 
Die Exstirpation war wegen fester Verwachsung mit der Fascia cruris sehr müh- 
sam. Der Stiel ging zwischen der Sehne des Biceps und dem äußeren Kopf des 
Gastrocnemius bis an die Kapsel. Der Sack, über gänseeigroß (Demonstration), 
besteht aus einer großen Zahl großer und kleiner Cysten, die alle klare Gallerte 
enthalten. Die Höhlung im Stiel hört vor der Anheftung an die Kapsel auf. 

Nach Ansicht des Vortr. entwickeln sich die Ganglien als heterotope Bildungen 
namentlich in der Umgebung bestimmter Gelenke durch Einschmelzung des de- 
generirenden Bindegewebes. Es sind also wahre Cystengeschwülste, keine aus den 
Kryptes synovipares hervorgehende Retentionsgeschwülste. 

Die Gallerte entsteht aus den Bindegewebszellen durch gallertige Degeneration 
derselben. Die bei den diesbezüglichen mikroskopischen Untersuchungen stets 
gefundene Endarteriitis obliterans der Gefäße dürfte in ursächlicher Beziehung 
sur Degeneration des Bindegewebes stehen. 

Die klinischen Erfahrungen des Vortr. über Kniegelenksganglien erstrecken 
sich auf 8 Fälle. Der eine wurde von Schönborn, 3 andere von dem Vortr. 
radikal operirt, ein 5. von ihm punktirt, 3 andere Pat. mit zweifelloesem Knie- 
ganglion wollten sich einer Operation nicht unterziehen. 

Was die Häufigkeit der Kniegelenksganglien betrifft, so wurden in der Würs- 
burger Klinik und Poliklinik (Oelze) in 5 Jahren 58 Ganglien beobachtet, von 
denen 50 der Hand, 4 dem Fuß und 4 dem Knie angehören. In dem auf diesen 
Zeitraum folgenden 1/2 Jahr wurden in Würzburg dann noch 3 Ganglien am Knie 
beobachtet, so dass sich die Procentzahl noch zu Gunsten der Kniegelenksganglien 
verschiebt. Diese 8 Ganglien fanden sich zum größten Theil an Pat. von 20 bis 
40 Jahren, 1 bei einem 10jährigen Knaben, 1 bei einem 64jährigen Mann. 2 von 
den 8 Ganglien kamen bei Frauen vor. Von den 8 Pat. wollte nur einer die Er- 
krankung auf ein Trauma zurückführen. 

Die einzig sichere Behandlung besteht in der Exstirpation. 

Diskussion: Herr Gluck erwähnt, dass er bei einem Kinde, das er wegen 
eines Ganglion operirte, ebenfalls das Kniegelenk eröffnen musste, dass das Re- 
sultat aber ein gutes war. 


4) Derselbe: Fall von durch Radikaloperation geheilter primärer, 
akuter infektiöser Osteomyelitis der Wirbel. 

Der 17jährige Arbeiter fühlte sich bis zum 14. Juli 1897 völlig gesund, nur 
hatte sich in den letzten Tagen vor diesem Termin eine eitrige Nagelbettentzün- 
dung am 3. Finger entwickelt. Am 14. Juli, nach dem Tragen eines schweren 


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eisernen Trägers, heftige Schmersen im Kreuz. Am 16. suchte er das Bett auf 
wegen heftigen Fieber. Am 19. Juli Urinretention. Am 20. Juli aufgenommen, 
ist Pat. somnolent, kann sich nicht selbst aufrichten. 


In der Gegend der unteren Lendenwirbel ödematöse Schwellung, excessive 
direkte Druckschmershaftigkeit der unteren Wirbel, keine Schmerzen bei Druck 
auf die Wirbelsäule durch Schlag auf den Kopf. Undeutliche Fluktuation in der 
Tiefe links neben den unteren Lendenwirbeln. Blase gefüllt, muss mit Katheter 
entleert werden. Temperatur 38,4. Keine Lähmungen außer der Blasenlähmung. 


21. Juli, 7 Tage nach dem muthmaßlichen Beginn der Erkrankung, Operation. 
Schnitt von der Articulatio sacroiliaca links 1 cm neben der Darmfortsatslinie 
10 em nach aufwärts. Rückenstrecker nach außen abgeschoben. Am Bogen des 
4. Lendenwirbels entleert sich unter dem Periost ein Esslöffel grüngelblichen, nicht 
riechenden, dioken Eiters, der steril aufgefangen wurde. Mit der Knochenzange 
wurde die ganze linke und die Hälfte der rechten Hälfte des Bogens mit dem 
Dornforteatz entfernt. Punktion des Duralsacks ergiebt Eiter, daher 2 cm langer 
Sohnitt in die Dura, worauf sich ein Esslöffel Eiter entleert. Darauf noch Ent- 
fernung des ebenfalls arrodirten Querfortsatzes. 


Am 27. Juli erschien auch der Bogen des 3. Lendenwirbels von Periost ent- 
blößt. Blasenlähmung war sehr bald nach der Operation verschwunden. 16. August 
Entfernung von 3 kleinen Knochensplittern vom Bogen des 3. Lendenwirbels. Am 
13. November, nachdem Pat. bisher Korsett getragen, Entlassung in poliklinische 
Behandlung mit kaum secernirender Haarfistel. Aus dem Eiter wurde eine Rein- 
kultur von Staphylococcus pyogenes aureus gewonnen. Diagnose: Primäre akute 
Osteomyelitis des 3. und 4. Lendenwirbelbogens mit Eiterung im Duralsack. Die 
Eintrittspforte für die Eitererreger bildete wohl die Nagelbetteiterung. Von 21 
bisher veröffentlichten Fällen von akuter Wirbelosteomyelitis starben 15, gesund 
wurden nur 3. Diesen 21 Fällen kann der Vortr. außer dem eben erwähnten 
3 andere von ihm beobachtete hinzufügen. 


Den ersten sah er bei Schönborn: ?21jähriger Mann, am 14. Tage nach dem 
Beginn der Erkrankung von Schönborn operirt: Incision, 5. Lendenwirbelbogen 
rauh. Am 16. Tage Exstirpation der 4 oberen Sacralwirbelbogen und des Bogens 
vom 5. Lendenwirbel; Dura freigelegt, Abscesse vor dem Kreuzbein gespalten. 
Nachmittags +. Sektion ergiebt Rückenmarkshöhle bis zum 5. Brustwirbel mit 
Eiter gefüllt. Den 2. Fall operirte der Vortr. am 8. Tage nach Beginn der Er- 
krankung ebenfalls in der Würzburger Klinik. Es handelte sich um Osteomyelitis 
des 5. und 6. Halswirbelbogens bei einem 12jährigen Mädchen. Die Bogen und 
ein Querfortsats wurden entfernt. Eiter enthielt Staphylococcus pyogenes aureus 
in Reinkultur. Im Verlauf der Krankheit noch Herde an den Extremitätenknochen 
operirt. Pat. erholte sich nach langer Zeit und kam wieder auf die Beine. Sie 
wurde schließlich mit Paresen entlassen. Einen 3. Fall operirte der Vortr. in 
einem kleineren Kreiskrankenhaus. Es handelte sich um einen 16jährigen Schorn- 
steinfeger. Auch hier starke lokale Druckempfindlichkeit, ohne Schmersen bei 
Kompression der Wirbelsäule von oben. Es wurde am 14. Krankheitstage ein 
Abscess eröffnet und ein Knochenherd an der rechten Seitenfläche des 1. Lenden- 
wirbelkörpers mit dem Löffel ausgeschabt. Pat. wurde geheilt. 


Die Diagnose der akuten Wirbelsäulenosteomyelitis ist schwierig, weil die 
Kranken bald somnolent werden, und die Allgemeinerscheinungen gegenüber den 
lokalen in den Vordergrund treten, außerdem die verschiedensten inneren Organe 
in Mitleidenschaft gezogen werden. Daher wurde die Diagnose bisher zuerst 
häufig auf Meningotyphus, auf Pneumonie, Pleuritis, Peritonitis, ja auf Landry- 
sche Paralyse gestellt. Trotzdem gelingt es, die Diagnose aus den Lokalsymptomen 
zu stellen, wenn auch je nach dem Sitg der Erkrankung verschieden schnell, am 
ersten bei Erkrankung der Bogen, Dornfortsätze und Querfortsätze. Besonders 
wichtig ist die excessive Schmerzhaftigkeit der betreffenden Wirbel auf direkten 
Druck gegenüber der Schmerzlosigkeit bei vertikaler Kompression der ganzen 
Wirbelsäule. Der Abscess erscheint am 7.—14. Tage. 


Centralblatt für Chirurgie. _No. 22. 587 


Der Eingriff soll nach Ansicht des Vortr. möglichst radikal sein und mög- 
lichst bald vorgenommen werden; vor Allem ist auf Eiterung in der Rückenmarks- 
höhle zu achten. 


Diskussion: Herr Israël berichtet über einen von ihm operirten Fall, 
dessen Krankengeschichte wesentlich von dem Riese’'schen abweicht. 

Eine 27jährige Frau erkrankte mit unbestimmten Erscheinungen, Schmerzen 
in der rechten Lumbalgegend — die als Nierenkolik mit Lumbalneuralgie gedeutet 
wurden —, später Fieber, Ikterus, pleuritisches Reiben, Schwellung in der rechten 
Sacrolumbalgegend. 

Bei der Incision fand sich eine phlegmonöse Erkrankung zwischen 9. und 
10. Rippe und eine peripleurale Höhle; ein Gang zur Wirbelsäule konnte noch 
nicht festgestellt werden. Fieber und Schmerzen blieben bestehen, dazu hämor- 
rhagische Sputa, und trotz Auffinden eines prävertebralen Abscesses änderte sich 
in dem Bild der chronischen Pyämie nichts. Nach 21/2 Monaten noch konnte man 
auf usurirte Wirbelkörper kommen, schließlich war die Pat. im Stande, mit Kor- 
sett zu gehen. Außerdem entwickelte sich ein Morbus Basedowi. 

Herr Körte ist der Meinung, dass das Anbohren der Wirbelkörper nicht recht 
durchführbar sei, und man mit Eröffnung des Abscesses sich begnügen könne. 


5) Herr Nasse: Demonstrationen. 

a. Fall von Halsrippe. 

Eine 37jährige Hebamme bemerkte seit 2 Jahren in der rechten Supraolavicular- 
grube eine kleine Geschwulst, Schmerzen im Arm, besonders im Gebiet des N. 
ulnaris, Taubsein in den Fingern. 

Die fühlbare Geschwulst, die nur eine Exostose oder eine Halsrippe sein 
konnte, ergab sich — im Röntgenbild — als das letztere. 

N. präparirte die Halsrippe frei und exstirpirte sie unter Schonung der stumpf 
bei Seite gehaltenen Nerven, ohne die Pleura zu eröffnen. N. verzichtete aller- 
dings darauf, das Periost mit wegzunehmen, die Befürchtung eines Recidivs liegt 
wohl auch kaum vor, wegen der geringen knochenbildenden Kraft des Periosts. 

Schmerz und Taubsein in den Fingern sind geschwunden. 


b. Bericht über ein Aneurysma der Arteria femoralis. 

N. hat die betreffende Pat. in einer früheren Sitzung dieser Vereinigung bereits 
vorgestellt und späterhin — obwohl er die Operation für aussichtslos hielt — 
doch in Anbetracht der enormen Schmerzen der Pat. operirt (doppelte Unter- 
bindung). 

Der Erfolg war nicht günstig, die Schmerzen blieben bestehen, es entwickelte 
sich eine Gangrän, und aphasische Störungen traten ein. 

Bei der Obduktion bestätigte sich die Diagnose eines mykotischen Aneurysmas; 
an der Art. iliaca dextra fand sich ein adhärenter Thrombus, der bis zur Unter- 
bindungsstelle reichte, das Aneurysma war sum Theil mit Coagulis gefüllt, in der 
linken Art. iliaca ein Embolus, in der Art. hypogastrica dextra ebenfalls ein 
Aneurysma. Außerdem Infarkte in Mils und Niere, Embolie der Art. fossae 
Sylvii, Bakterien in allen Thromben. 

Auffällig ist, wie wenig Symptome die Verstopfung der beiden Art. iliacae 
communes gemacht hat. 


6) Herr Reichard: Demonstrationen. 

Bei einem 5jährigen Kranken, der im Augusta-Hospital vor einem Jahre 
operirt wurde, hatte seit der Geburt die Nabelgegend ständig genässt; die recht 
reichliche Sekretion war unter heftigem Pressen und kolikartigen Schmerzen er- 
iolgt, dazwischen völliges Wohlbefinden an manchen Stunden des Tages. 

4 Monate vor der Aufnahme ins Hospital Entwicklung eines geschlängelten 
Geschwürs von der Nabelgegend abwärts, das keine Heilungstendenz zeigte. 

Untersuchung ergiebt: Ziemlich elendes, blasses Kind, in der Nabelgegend 
ein gut haselnussgroßer Tumor in der Bauchwand zu fühlen, außen sichtbar feine 
Fistelöffnung, aus der sich klares Sekret entleert. Von der Fistelöffnung nach 
unten verlaufend 6 cm langes, typisch durch » Verdauung« entstandenes Geschwür, 


588 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


tief, mit kallösen Rändern. Operation: Herausschneiden der befallenen Stelle, 
Eröffnung des Peritoneums, wobei sich zeigt, dass die gefühlte Verhärtung sich 
als ein cystischer, bläulich durchschimmernder, scharf abgegrenzter Tumor erweist, 
von dem ein ganz dünner Stiel nach oben in den Bauchraum führt. Unterbindung 
und Durchschneidung dieses Stieles, der wegen seiner Zartheit nicht erst verfolgt 
wird, dann Herausnahme der gangen Stelle, Schluss des Peritoneums etc., reaktions- 
lose Heilung. 

Der Tumor erweist sich aufgeschnitten als ein mit Schleimhaut ausgekleideter 
Hohlraum; mikroskopische Untersuchung (im anatomischen Institut) ergiebt mit 
großer Wahrscheinlichkeit Magenschleimhaut. 

Der Fall erinnert an den Tillmanns’schen, nur mit dem Unterschied, dass 
es nicht gu Inversion und Prolaps des Tumors gekommen war. 


b. Fall von Sarcoma femoris bei einem 19jährigen Mädchen, bemerkens- 
werth durch 2 sehr schöne Röntgenbilder, die, in einem Zwischenraum von 6 Wochen 
aufgenommen, mit großer Deutlichkeit das Wachsthum der Geschwulst und das 
Fortschreiten des auch im oberen Theil des Femurs bereits vorhandenen Krank- 
heitsprocesses demonstriren. 

c. Einen mächtigen Solitärstein der Gallenblase von sehr eigenthüm- 
licher Gestalt, durch Cholecystotomie entfernt. 


7) Herr Schwarz zeigt einige — von Prof. Grunmach angefertigte — 
Röntgenbilder interessanter Krankheitsfälle. 

1) Bild eines älteren Mannes, der vor 12 Jahren den Abgang gallertiger Häute 
mit dem Stuhl, neuerdings beim Uriniren bemerkte. Es gingen Hunderte soloher 
Häute ab, besonders nachdem er gelegen hatte. Bei der cystoskopischen Unter- 
suchung konnte einmal das Abgehen einer Echinococcusblase aus dem erweiterten 
rechten Ureter beobachtet werden. 

Von 2 anderen demonstrirten Bildern zeigt das eine den Befund vor der 
Operation (Tumor der Leber, resp. verjauchter Echinococcussack), das andere das 
Verschwundensein desselben nach dem operativen Eingriff. 

Ein ferneres Röntgenbild lässt ein minimales Gelenkkörperchen im Ellbogen- 
gelenk erkennen. Der betreffende Pat. litt seit 1/3 Jahre an Schmerzen und Un- 
fähigkeit, das Ellbogengelenk zu bewegen. — Resektion des Radiusköpfchens und 
des Gelenkkörperchens. 


8) Herr Zeller zeigt das Präparat einer traumatischen Hydronephrose, 
welches er durch Nierenexstirpation gewonnen hat. 

Die Trägerin, ein 6jähriges Mädchen, war im Oktober 1897 von einem schweren 
Wagen überfahren worden, und zwar auf dem Rücken liegend, quer über den 
Bauch. Sie war wieder aufgesprungen, nach ein paar Schritten aber zusammen- 
gebrochen. 

Etwa 10 Stunden fast völlige Bewusstlosigkeit; kurze Zeit nach der Verletzung 
blutiger Urin, (mal Erbrechen, Stuhlgang angehalten, keine äußere Verletzung. 
Behandlung: Bettruhe und Kühlung mit Eis. 

Urin nach 2 Tagen wieder blutfrei; Urinmengen normal, kein Fieber. 

Bald entwickelte sich in der rechten Seite ein praller Tumor, der sich nicht 
veränderte; das Kind lief nach 8 Tagen wieder umher. 

25. Januar: Unterhalb der Leber ein kindskopfgroßer, prall-elastischer Tumor, 
der sich bis zur Mittellinie erstreckt und sich deutlich mit der Athmung bewegte, 
der aber nach Aufblähen des Dickdarms von diesem überlagert wurde und sich von 
der Leber abzugrenzen schien. Bei Druck von vorn und von der Nierengegend 
hatte man das Gefühl der Fluktuation. 

26. Januar: Nierenexstirpation vom extraperitonealen Schrägschnitt aus. Um 
die Muskeldurchtrennung nicht zu weit nach vorn auszudehnen, Punktion des 
Sackes, der 800 cem einer klaren, gelben Urinflüssigkeit mit ganz spärlichen weiß- 
grauen Gerinnseln enthielt; dadurch wurde aber die Auslösung der außerordent- 
lich fest mit der Umgebung, besonders dem Peritonealüberzug verwachsenen Ge- 
schwulst erschwert. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 589 


An der medialen, unteren Seite wurde ein streichholsdicker Strang mit Lich- 
tung (Ureter?) doppelt unterbunden und durchtrennt. Die Nierenarterie und -Vene 
traten von der medialen Seite an das oberste Ende der Geschwulst heran. Hier 
fand sich in der Wand des Sackes ein gut daumenballengroßes Stück anscheinend 
normaler Nierensubstanz. Die Wunde wurde theilweise tamponirt; das Kind ist 
zur Zeit geheilt. 

Die nach der Operation aufgetretene leichte Albuminurie dauerte 3 Tage. 

An dem Präparat sieht man den von hinten aufgeschnittenen Sack, an seinem 
oberen Ende in der hinteren und lateralen Wand das stark gelappte Stück er- 
haltener Nierensubstanz, dessen Kelche in offener Verbindung mit dem Sack stehen, 
und in welches von der medialen Seite her die Gefäße eintreten. 

Am unteren Ende findet sich in der medialen vorderen Wand des Sackes ein 
kleineres gelbes Stück Nierensubstanz, dessen Konvexität nach dem Innern des 
Sackes schaut. Nach Durchschneidung dieses Stückes zeigte sich zwischen ihm 
und der Wand des Sackes ein mit blasser, glänsender Haut ausgekleideter, leerer 
Hohlraum, der, wie die Sonde erwies, vom!Innern des Sackes völlig abgeschlossen 
war. Seine einsige Öffnung bildete der bei der Operation durchtrennte Strang, 
der in der Wand des Sackes ein Stück nach oben lief, sich dann im Bogen nach 
unten wandte. 

Das untere, gelbe Stück ist somit offenbar das völlig abgerissene, aus jeder 
Verbindung mit den Blutgefäßen gelöste, daher der Fettmetamorphose verfallene 
untere Nierenende, das aber mit dem Nierenbecken und Harmnleiter in Zusammen- 
hang geblieben ist. 

Das obere Nierenende hingegen hat seine Gefäßversorgung behalten und aus 
den abgerissenen Kelchen seinen Harn in einen Sack entleert, der sich zum Theil 
aus der allmählich verdichteten und reaktiv verdickten Fettkapsel gebildet hat. 

Andererseits ist der Übergang dieses Sackes aus den Kelchen und seine Be- 
ziehungen zu der erhaltenen Nierensubstanz so innig, dass man den Fall als wahre 
traumatische Hydronephrose auffassen muss, im Gegensatz zu jenen Fällen trau- 
matischer Pseudohydronephrose, in denen sich ohne Zusammenhang mit der Niere 
eine Urinansammlung in deren Umgebung in der Fettkapsel gebildet hat. 


9) Herr Lindner: Über Gefäßnaht. 


Bei der Entfernung eines Anus praeternaturalis, der wegen eines inoperablen 
Mastdarmcareinoms angelegt war, passirte das Unglück, dass die Vena femoralis 
angerissen, und bei dem Bestreben, sie doppelt zu unterbinden, auch die Arterie 
verletzt wurde. S 

L. vernähte die Öffnung mit feiner Seide und legte darüber noch eine 2. Nahtreihe 
an. Nach Aufheben der Kompression der Arterie stand die Blutung. L. vollendete 
die Operation; der Mann wird geheilt vorgestellt. 

L. knüpft daran folgende Bemerkungen: Die Sorge vor der nach Unterbindung 
großer Gefäße eintretenden Gangrän ist zwar nicht immer berechtigt, wenn auch 
bei alten Leuten mitunter Erweichungsherde im Gehirn auftreten; aber trotzdem 
ist doch, wenn möglich, eine Gefäßnaht vorzuziehen. Nach Versuchen von 
Küster, Schede u. A. ist dieselbe ja möglich, wenn auch die seitliche Ligatur 
der Vene oder Blutstillung durch Liegenlassen von Péans die meist geübte Me- 
thode ist. 

Auch die Arteriennaht ist nicht allzu schwierig, wie der demonstrirte Fall 
und andere schon früher mit Erfolg ausgeführte Operationen (so u. A. von Israël, 
welcher bei einer Durchtrennung von 2/3 des Lumens der Arteria femoralis nähte) 
beweisen. Neuerdings ist außerdem über interessante Thierversuche Murphy's 
mit einer Invaginationsmethode berichtet worden. Es wäre zu wünschen, dass 
noeh weitere möglichst zahlreiche Versuche in dieser Richtung gemacht würden. 


Diskussion: Herr Gluck berichtet über solche von ihm vorgenommene 
Versuche. Er hat bei Thieren die Carotis durchschnitten, danach decaleinirte 
Elfenbeinröhrchen so wie Gummidrains eingefügt und darüber die beiden Enden 
quer vernäht. Diese Fremdkörper heilten bei Thieren ohne Schaden ein. 


590 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


Ferner hat er aus der Carotis Stücke resecirt und dafür solche aus der Vena 
jugularis implantirt, auch mit gutem Erfolg. 
Diese Versuche werden von ihm weiter fortgesetzt. Sarfert (Berlin). 


23) M. Mendelsohn. Die Krankenpflegesammlung im kgl. Charité- 
krankenhaus. 
(Charit&-Annalen 1897. p. 811—830.) 

Geleitet von dem Wunsch, eine Ausstellung von Gegenständen zur Kranken- 
pflege zu Lehrzwecken zu bilden, hat die Direktion des Charit&krankenhauses mit 
der Einrichtung einer Krankenpflegesammlung begonnen und sie dem Verf. unter- 
stellt. Als Grundstock dieser Sammlung diente ein Theil der bei der Berliner 
Gewerbeausstellung 1896 vorgeführten einschlägigen Apparate eto. Die Sammlung 
umfasst bereits über 1000 einzelne Stücke, einschließlich der doppelt oder in ver- 
schiedenen Formen vorhandenen, und enthält der Katalog 429 Nummern. Es ist 
hiermit ein sehr nützliches Institut begründet. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


24) J. C. Eberth. Zur Kenntnis der Fettembolie. 
(Fortschritte der Mediein 1898. No. 7.) 

Bei einem kräftigen und gesunden Arbeiter, welcher 24 Stunden nach einer 
komplicirten Oberschenkelfraktur gestorben war, fand Verf. ausgedehnte Fett- 
embolien in Gehirn, Lunge, Herz und Nieren. Die Embolien und Blutungen der 
Lunge waren nicht so zahlreich, wie nach der Schwere der Verletzung zu erwarten 
gewesen wäre, dagegen war das Gehirn von einer ungeheuren Zahl meist punkt- 
förmiger bis stecknadelkopfgroßer frischer Extravasate durchsetst; in den Kapil- 
laren und feinen Arterien des Gehirns waren überall reichliche Fettmassen zu 
konstatiren. Den Grund für die relativ geringe Betheiligung der Lunge an den 
embolischen Processen sieht Verf. in ihrem sonst normalen Verhalten, welches bei 
dem Fehlen anderweitiger, die Stauung begünstigender Störungen eine gewisse 
Ausgleichung der Cirkulationsstörung ermöglichte. Das Fett passirte zum größten 
Theil die Lungen und wurde bei der horizontalen Körperlage des Verletzten vor- 
zugsweise dem Gehirn zugeführt. — In einem anderen Falle, bei einem 19jährigen 
Mädchen, trat 20 Stunden nach einem Brisement forcé unter starkem Bluthusten 
der Tod ein. Hier zeigten sich die Lungen sehr blutreich und von konfluirenden 
Blutungen ganz durchsetzt; die mikroskopische Untersuchung ergab außerordent- 
lich zahlreiche Fettemboli, deren Material aus einer Impression der Femurkondylen 
und theilweisen Absprengungen der Tibiaepiphyse stammte. Die Veränderungen 
der anderen Organe traten gegen den Lungenbefund sehr zurück. Verf. meint, 
dass durch die lange Zeit vor der Operation innegehaltene Bettlage sich eine 
Stauung in den Lungen ausgebildet hatte, welche dem angeschwemmten Fett den 
Durchtritt erschwerte. Das Mikroskop ergab auch Verdickung der interlobulären 
Septa durch kleinzellige Infiltration und Anhäufungen von Blutpigment als Zeichen 
für eine ältere Cirkulationsstörung. Die Verhaltungsmaßregeln, welche Verf. aus 
den bisherigen Erfahrungen über tödliche Fettembolie in Bezug auf die Operationen 
an Knochen zieht, werden sich in der Praxis schwerlich innehalten lassen. 

Teichmann (Berlin). 


25) 8. J. Goljachowski. Vergleichende Beurtheilung der verschie- 
denen Behandlungsweisen der Knochenbrüche. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.) 

G. vergleicht aus der chirurgischen Klinik in Charkow 88 Fälle von Frakturen 
der unteren Extremität, mit Gipsverband behandelt, 9 Fälle mit Massage und 
31 Fälle mit Gehverband. Die mittlere Behandlungsdauer war für Unterschenkel- 
brüche 58,3—30,6—32,4 Tage, für Tibia 48—?—?, für Fibula 39—34,5—24, für 
Metatarsus 32,5—21—24,5, endlich für Femurbrüche 86,3—61—50,7 Tage. G. giebt 
der Behandlung mit Gehverband den Vorzug: sie ist die leichteste, schütst vor 
Komplikationen (Pneumonie) und bringt am raschesten zur Heilung. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 591 


26) Faivre. Hö&matome ossifi& de la région antérieure de l’avant-bras. 
(Arch. de med. et de pharm. militaire 1897. November.) 

Bei einer Turnübung entstand plötzlich eine Geschwulst im Supinator longus, 
welohe innerhalb einiger Monate gans hart wurde und die Größe einer Walnuss 
hatte. Da erhebliche Behinderung dadurch veranlasst, wurde die Exstirpation ge- 
macht, welche aber nicht ohne Zerstücklung der sehr zerbrechlichen Geschwulst 
gelang. Zusammenhang mit dem Periost bestand nicht, wohl aber hing die Ge- 
schwulst fest mit dem Muskelgewebe zusammen. Die mikroskopische Untersuchung 
zeigte eine große Zahl von Osteoblasten und von Zellen mit großen Kernen 
(Riesensellen? Ref.), dagegen kein Knorpelgewebe. Liühe (Königsberg i/Pr.). 


27) Fiebiger. Ein Fall von subkutaner traumatischer Lymphor- 
rhagie. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 17.) 

52jähriger Pat. wurde von einem schweren Wagen zu Boden geworfen, das 
eine Hinterrad rollte zwischen seine Beine hinein, derart, dass die Schamtheile 
maximal in die Höhe geschoben und der ganse Körper zum Theil durch die Ge- 
walt des breiten Rades, sum Theil durch die impulsive Rückbewegung des Körpers 
auf der Unterlage weiter geschleift wurde. Nach 5 Tagen bestand eine schwap- ` 
pende Geschwulst vom linken Rippenbogen bis sur Mitte des linken Oberschenkels 
nach vorn bis zur Symphyse, nach hinten bis zum Kreusbein (45 cm lang, 32 cm 
breit, also über 1000 gem groß). Durch Aspiration wurden 1150 ocm dünner, rother 
Flüssigkeit entleert, die sich beim Stehen in minimalen rothen Bodensatz (rothe 
Blutkörperchen) und eine gelbe Flüssigkeit scheidet. Kompressivverband. Noch 
2malige Entleerung geringerer Mengen (280 und 100 ccm). Nach der letsten Aspi- 
ration Injektion von 80 com 5%iger Jodlösung nach Gussenbauer, die nach 
einiger Zeit wieder abgelassen wurde. Danach kehrte der Erguss nicht wieder. 
Völlige Heilung. Hübener (Breslau). 


28) P. Lebrun (Namur). Contribution a l'étude du traitement chi- 
rurgical de la maladie de Little. 


(Revue mensuelle des maladies de l’enfance 1898. Februar.) 

Verf. hat 3 typische Fälle der Little’schen Krankheit mit Tenotomie theils 
der Achillessehne allein, theils auch noch der Adduktoren und der Patte d’oie 
behandelt. 

Es gelang, sämmtliche Kinder, die 4—6 Jahre alt waren, zum Laufen zu 
bringen. 

Im Gegensatz zu Vincent — Revue d’orthopedie 1896 November — empfiehlt 
z selbstverständlich, die Glieder nach der Operation nicht länger als 14 Tage zu 

iren. 

Interessant ist, dass sich nach Hebung der Hauptbewegungshindernisse der 
Beine auch die Krämpfe der oberen Extremitäten erheblich besserten. 

Dieselben oharakterisiren sich wohl dadurch als Miterregungen, die ja auch 
beim normalen Kinde bei jeder forcirten Bewegung in anderen Muskelgruppen 
auftreten. 

Erwähnenswerth ist auch, dass der 2. und 3. Pat. Erscheinungen aufweisen, 
die auf Betheiligung des Gehirns schließen lassen. Göppert (Breslau). 


29) de Lapersonne. M£ningites à pneumocoques après l’enucl&ation 
et les opérations orbitaires. 
(Presse méd. 1897. No. 56.) 

Verf. hatte einem 12jährigen Knaben wegen einer Panophthalmie das Auge 
enukleirt. Der Knabe starb 10 Tage darauf an akuter, eitriger Meningitis, welche 
besonders die Gehirnbasis und die Gegend des Chiasmas eingenommen hatte, und 
deren Eiter Pneumococeus Talamon-Fraenkel enthielt; derselbe Coccus wurde in 
der Scheide des Sehnerven gefunden. Dieser Fall hat den Verf. sowohl zu Ex- 


592 Centralblatt für Chirurgie. No. 22. 


perimenten an Hunden veranlasst, denen er in die Sehnervenscheide oder in die 
vordere Kammer Reinkulturen von Pneumokokken einimpfte, als auch zur syste- 
matischen Untersuchung aller eitrigen Erkrankungen an den Augen. Die Experi- 
mente zeigten, dass die Bacillen sich auf dem Weg der Lymphbahnen des Opticus 
verbreiten, die Untersuchungen an Menschen, dass in zahlreichen Fällen Pneumo- 
kokken im Eiter, aber auch zuweilen im normalen Conjunctivalsekret gefunden 
werden. — Trots des oben angeführten, unglücklich verlaufenen Falles ist Verf. 
ein Anhänger der Enukleation bei Panophthalmie. Tschmarke (Magdeburg). 


30) E. Meier. Kasuistische Mittheilungen zur Kenntnis der Patho- 
logie und Therapie otitischer Hirnabscesse. 
(Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens d. med. Gesellschaft zu Magdeburg.) 
Magdeburg, 1898. 

Im ersten der aufgeführten Fälle machten sich am 17. Tage der nach Kopf- 
erysipel aufgetretenen Otitis media die ersten Gehirnsymptome bemerkbar. My- 
driasis trat anfallsweise auf. Der Schläfenlappenabscess wurde in Folge dieser 
kurzen Zeit nicht diagnosticirt und führte zu Meningitis und Tod. 

Im 2. Falle handelte es sich um rechtsseitige chronische Mittelohreiterung mit 
Cholesteatombildung, die zu jauchiger Thrombose des Sinus transversus und der 
Jugularis, zu extraduralem Abscess und Pachymeningitis der hinteren Schädel- 
grube so wie jauchiger Encephalitis des Kleinhirns mit centraler Erweichung ge- 
führt hatte. Die Lumbalpunktion ergab eine von Mikroorganismen mikroskopisch 
freie Flüssigkeit. Kulturell wurden nach der Operation Streptokokken in der- 
selben nachgewiesen. Wichtig ist vielleicht die Gerinnselbildung im Reagensglas. 
Getäuscht durch den mikroskopischen Befund, wurde aufgemeißelt, der Sinus 
transversus und die Jugularis eröffnet, letztere resecirt und das Kleinhirn eröffnet. 
Der Tod erfolgte an eitriger Meningitis, ausgehend von Schneckennekrose. 

Der 3. Fall war eine alte Mittelohreiterung. Bei der Radikaloperation wurden 
Nekrose und Durchbruch des Tegmen antri neben Osteosklerose und Caries des 
Warzenfortsatzes gefunden. Eröffnung von der Schädelbasis. 2. Schläfenlappen- 
abscess wird von der Basis eröffnet. Gegenöffnung von der Schuppe. Tod unter 
Hirndruckerscheinungen ohne nachweisbare Ursache. 

Im letzten Falle, der jetzt seit 11/2 Jahre kontrollirt und geheilt ist, handelte 
es sich um eine alte Mittelohreiterung mit Caries und Cholesteatom. Radikal- 
operation, wobei eine Fistel im horizontalen Bogengang entdeckt wird, die zu einer 
Pachymeningitis über dem Tegmen tympani und einem bisher gans symptomlos 
verlaufenen Schläfenlappenabscess führt. Derselbe wird von der Schädelbasis aus 
eröffnet. Dreyer (Köln). 


31) Tschmarke. Ein Fall von knöcherner Kieferankylose. 
(Festschrift zur Feier des 50jährigen Bestehens d. med. Gesellschaft zu Magdeburg.) 
Magdeburg, 1898. 

Pat. hat als Kind von 2 Jahren einen schweren Unfall (Überfahren) erlitten. 
Damals bestand wahrscheinlich eine Fraktur oder Luxation des Unterkiefers. Jetzt 
besteht bei dem 11jährigen Mädchen eine knöcherne Kieferankylose. Ein vertikaler 
Schnitt vor dem äußeren Gehörgang legt den Gelenkkopf frei, der mit der vor- 
deren und unteren Fläche des Jochbeins verwachsen ist. Die Verbindung wird 
durchgesägt und der Gelenkkopf mit Luer’scher Zange abgetragen sammt dem 
Proc. condyloideus. Die Gelenkpfanne war mit Bindegewebe ausgefüllt und ver- 
strichen. Prima intentio der Naht. Nach 4 Tagen besteht noch leichte Facialis- 
parese mit Lagophthalmus und Verstrichensein der Naso-Labialfalte. Nach 7 Mo- 
naten kein Recidiv. Dreyer (Köln). 


Originslmittheilungen, Monographien und Separatsbdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Centralblatt 
CHIRURGIE 


Lui, (mm RA 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


poe rer 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 23. Sonnabend, den 11. Juni. 1898. 


Inhalt: A. Podres, Uretero-cysto-neostomia. (Original-Mittheilung.) 


1) Gross, Rohmer, Vautrin, Allgemeine Chirurgie. — 2) Kirmisson, Angeborene 
chirurgische Krankheiten. — 3) Babeau, Rachitis. — A Behaegel, 5) Wood-Ruggles, 
) Vanverts, Splenektomie. — 


9 Bloch, 9) Behrend, 10) Nelsser, Tripper. — 
12) Farganel, Leberabscess. — 13) Jones, Gallenblssenfistel. — 14) Rovsing, Infektiöse 
Krankheiten der Harnorgane. — 15) Freitag, Nierenkrankheiten. — 16) Rochet, 17) Eng- 
lisch, Prostatahypertrophie. — 18) Strauch, Gebärmutterexstirpation. 

G. Heinricius, Ein Fall eines von der Milzkapsel ausgehenden Fibrosarkoms. — 
G. Heinriclus, Primäres Sarkom im Netz. (Original-Mittheilungen.) 

19) Collan, 20) Grosz, 21) Colombini, 22) Bleck, Tripper. — 23) Laccetti, Splen- 
ektomie. — 24) Brin, Leberwunde. — 25) Ullmann, Leberresektion. — 26) Kanzel, 
27) Hall, 28) Ferguson, Zur Chirurgie der Gallenblase. — 2%) Ehrich, 30) Simmonds, 
Pankreasnekrose. — 31) Morer, Varicocele. — 32) Gellhorn, 33) Terrier, 34) Wicker- 
hauser, Gebärmutterexstirpationen. 


Uretero-cysto-neostomia. 
Von 


Prof. A. Podres in Charkoff. 


Die Verletzungen und Rupturen des Harnleiters mit nachfolgen- 
der Bildung von Harnleiterfistel kommen heute nicht selten vor, 
besonders seitdem die Vaginaloperationen in Folge von verschiedenen 
Uterus- und deren Nebenorganerkrankungen von den Gynäkologen 
larga manu geübt werden. Die meisten Kranken gehen nach einer 
solchen Verletzung bald zu Grunde, was entweder durch die Peri- 
tonitis in Folge von Trauma oder durch den Einfluss des Harns auf das 
Peritoneum bedingt wird. Die Kranken aber, welche diese Verletzung 
überleben, gelangen zu spät in die Hände der Chirurgen, weil die 
Bildung von einer Harnleiterfistel nicht sofort nach der Verletzung 
konstatirt wird; weil außerdem, bevor eine solche Kranke einem 
Chirurgen übergeben wird, eine Reihe von Eingriffen gemacht werden, 
die Fistel zu schließen. Alle diese »indirekten Operationen « 
endigten gewöhnlich bis heut zu Tage mit Exstirpation der betreffen- 
den Niere. 

23 


594 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


Der Zustand der Kranken mit einer Scheiden-Harnleiterfistel war 
bis zu der letzten Zeit ein wahrhaft hoffnungsloser; alle die sogenannten 
indirekten Operationen, wie 1) die direkte Schließung der Fistel 
seitens der Vagina (Simon, Dührssen, Landau, Schede), 2) die 
Schließung derselben nach vorläufiger Spaltung der Harnblasen- 
wandung (Pozzi), 3) Transplantation des Harnleiterorificiums in 
die Harnblasenwand von der Seite der Vagina (Segond und Pozzi) 
so wie alle anderen Operationen, die eher eine kosmetische als kura- 
tive Bedeutung hatten, heilten die Kranken nicht; denn es blieb 
immer nach einer solchen, wenn auch gut gelungenen Operation 
eine Harnkloake in der Beckenhöhle, die eine allgemeine Afficirung 
der Harnorgane hervorrief, wobei die Kranken nach einer gewissen 
Zeit untergingen. Auf solche Weise kamen die meisten Chirurgen 
zu der traurigen Überzeugung, dass es nur eine radikale Operation für 
die Heilung der Scheiden-Harnleiterfistel gebe: die Exstirpation der 
betreffenden Niere. Wir wollen hier nicht die Indikation zu dieser 
unnatürlichen Operation beurtheilen, welche der modernen Idee der 
Chirurgie nicht entspricht und nur die Hilflosigkeit und Unvoll- 
kommenheit derselben zeigt; wir wollen aber darauf hinweisen, dass 
die Entfernung dieses lebenswichtigen Organs manchmal den Tod 
herbeiführt; denn es ist nicht immer möglich, die Lebensfähigkeit 
des Organismus bei Anwesenheit nur einer Niere zu beweisen, selbst 
mit Hilfe der Harnleiterkatheterisation, wie der vor Kurzem mit- 
getheilte Fall von Gersuny zeigt. Desshalb muss die Chirurgie 
ein Heilmittel finden, durch das die Niere nicht berührt wird. Die 
Ehre der Erfindung eines solchen Mittels gehört Bazy, der zu- 
sammen mit Novaro eine neue Idee für das Operiren dieses schweren 
Leidens gab und als Erster mit Erfolg diese Operation ausführte. 
Sie ist von dem Autor (Bazy) »Uretero-cysto-neostomia« genannt 
und von ihm in Paris im Jahre 1893 ausgeführt worden. Die ver- 
hältnismäßig wenigen Kranken, welche den schweren Zustand der 
Harnleiterruptur überleben und dann chirurgisch behandelt werden, 
bieten, vom Gesichtspunkt der neuen Operation, sehr ungünstige 
Umstände für die Ausführung dieser technisch schweren Operation; 
denn diese Kranken erscheinen gewöhnlich erschöpft, mit Pyelitis, 
manchmal auch Nierenerkrankung und dazu mit einer solchen 
narbigen und eitrigen Zerstörung im Beckenbereich versehen, dass 
die Topographie der letztgenannten Theile ganz umgeändert wird. 
Das Operiren unter solchen Umständen verspricht scheinbar um so 
weniger Erfolg, als das Aufsuchen und die Zusammenfügung der 
atrophischen Harnleiterenden unmöglich erscheint. Man muss also, 
wie es Bazy gemacht hat, das Nierenende des Harnleiters in der 
Bauchhöhle aufsuchen und dasselbe an einer neuen Stelle in die 
Harnblase einfügen. 

Diese einfache Idee ist bis in die letzte Zeit nicht realisirt 
worden, nicht nur wegen der technischen Schwierigkeiten, sondern 
weil man (Thompson) bis in die neueste Zeit glaubte, eine solche 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 595 


Einfügung des Harnleiters in die Harnblase könne nicht per primam 
heilen, was allerdings für den Erfolg der Operation erforderlich. 
Diese Anschauung wurde aber durch eine ganze Reihe von Experi- 
menten von Paoli und Bursachi widerlegt. Danach haben am 
lebenden Menschen zuerst fast gleichzeitig Bazy und Novaro die 
Operation mit Erfolg im Jahre 1893 ausgeführt. Meines Wissens 
sind bis heute nur 6 Fälle von Uretero-cysto-neostomia mit einem 
gewissen Erfolg operirt worden, und zwar 2 Fälle von Bazy, 2 von 
Novaro, 1 von Bouffard, 1 von Pozzi. Dazu kommt mein Fall, 
den ich im vorigen Jahre (1897) unter folgenden Umständen operirt 
habe: 


Am 8. December 1897 wurde in die von mir geleitete chirurgische Klinik 
der Charkoff’schen Universität die Kranke E. E. mit einer Scheiden-Harnleiter- 
fistel aufgenommen, der Folge einer Scheidenoperation, der sich die Kranke in 
der gynäkologischen Abtheilung des Stadtkrankenhauses im September desselben 
Jahres unterworfen hatte. 

Pat. stammt von gesunden Eltern, war immer gesund und entschloss sich zu 
der erwähnten Operation in Folge großen Blut- und Eiterverlustes aus den Genitalien, 
welche ein ganzes Jahr erfolglos behandelt worden. Die Fistel erschien bald nach 
der Operation, begleitet von schweren Erscheinungen, von welchen sich Pat. kaum 
erholt hat. Die äußere Untersuchung ergiebt: krankhafte Schwellung des Bauches, 
und Dämpfung im Bereich des Beckens. Die Untersuchung per vaginam ent- 
deckt auf der rechten Seite des hinteren Scheidengewölbes eine eingezogene 
Fistelöffnung, in welche die Sonde 5—7 cm weit eindringt. Die Öffnung entleert 
ungefähr einen Esslöffel trüber Flüssigkeit, die Harncharakter hat. Methylenblau- 
lösung, in die Harnblase eingeführt, färbt die aus der Fistel fließende Flüssigkeit 
nicht. Dasselbe Präparat per os eingeführt färbt den Harn so wie die erwähnte 
Flüssigkeit. Am 7. December wurde in Narkose die Harnröhre nach Simon 
erweitert und beide Harnleiter katheterisirt. Die Katheterisation zeigte, dass der 
linke Harnleiter vollständig durchgängig war und normalen Harn lieferte, während 
der rechte die Sonde nur auf 2 cm weit einließ und nichts lieferte; die letzte Sonde 
begegnete derjenigen nicht, welche durch die Scheidenöffnung der Fistel ein- 
eingeführt wurde. Diagnose: Scheiden-Harnleiterfistel, Bildung einer umfang- 
reichen Kloake in der Beckenhöhle, Obliteration der Harnblasenenden des Harn- 
leiters, Erweiterung des rechten Nierenbeckens. 

Am 12. December wurde die Uretero-eysto-neostomie unter Äthernarkose 
unternommen, wobei viele Abweichungen von Bazy’s Methode stattfanden. Die 
letzteren bestanden im Folgenden: a. die vorläufige Cystotomia supra- 
pubica ist aufgegeben, da sie in unserem Falle ganz überflüssig ist, den Fall 
komplieirter macht und nichts Neues der Diagnose hinzufügt; anstatt dieser vor- 
läufigen Operation wurde, wie schon erwähnt, die Harnröhre nach Simon er- 
weitert; b. anstatt des lineären Schnitts längs der Linea alba (Bazy), 
welcher für die Betrachtung der beiden lateralen Partien des Beckens zu wenig 
Raum schafft, ist ein halbkreisförmiger Schnitt von einer Crista ilei 
anterior inferior durch das Schambein zu demselben Punkt auf 
der anderen Seite geführt worden; dabei wurde ein schürzenförmiger Lappen 
gebildet, bei dessen Abtrennung nach oben die beiden Beckenhöhlen und der prä- 
vesikale Raum bloßgelegt werden; man ist dabei im Stande, die beiden Harnleiter weit 
nach oben zu verfolgen und an denselben zu manipuliren. Nachdem wir die Bauch- 
und Prävesikalhöhle eröffnet hatten, waren wir im Stande, uns leichter über den 
Charakter der Störung und den Umfang der vorzunehmenden Operation zu orientiren: 
nach längerem Durchforschen der Kloake unter Kontrolle der Sonde, die in das Ori- 
ficium des zerrissenen Harnleiters eingeführt worden war, gelang es endlich, das vesi- 
kale Ende des letzteren su finden, welches ganz entartet und obliterirt erschien 

23* 


596 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


Dann wurde nach Trennung des Bauchfells in der Höhle des großen Beckens das 
Nierenende des Harnleiters aufgesucht und in Gestalt eines fast kleinfingerdicken 
Kanals gefunden, der gegen die Kloake allmählich dünner wurde und im unteren 
Ende dieser Höhle in der Tiefe eines Grübchens, von der Narbe gedeckt, endigte. 
Als die beiden Enden freilagen, erschien der untere Theil nicht verwendbar, von 
dem oberen aber musste man noch ein 2!/, cm langes atrophisches Stück abtragen. 
Der ganze Defekt betrug also beinahe 6—7 cm: der abgetragene atrophirte Theil 
21/3 cm und das Harnblasenende 3!/, em. Die dritte Abweichung von Bazy’s 
Methode bestand in dem Verfahren der Beseitigung dieses Defekts. Ich entschloss 
mich, die Harnblase gar nicht aus ihrer Lage zu bringen, um jede Anomalie der 
letzteren bei ihrer Kontraktion zu vermeiden. Desshalb wurde der ganze Defekt 
durch Debnung des Harnleiters gedeckt. Derselbe wurde aus dem Peritoneum 
nach oben ungefähr 7—8 om ausgetrennt, wonach seine Dehnung fast ohne jede 
Mühe gelang; denn er ließ sich nun gans leicht bis zur Harnblasenwandung herab- 
ziehen. Die Stelle, wo die Verbindung mit dieser hergestellt wurde, befand sich 
ungefähr 4 cm höher als die normale; hier wurde in die Blase ein Schnitt ge- 
macht unter Kontrolle der durch die Harnröhre eingeführten Sonde, die später durch 
einen Nelatonkatheter No. 21 mit Endöffnung vertauscht wurde. Der Katheter 
wurde in den Harnleiter geschoben und dann über ihm Verbindungsnähte angelegt, 
um ein Orificium zu bilden. Die 4. Abweichung betraf das Verfahren, wie 
zwischen Harnblasen- und Harnleiterwandurgen die Verbindung hergestellt wurde. 
Bazy und die meisten anderen Chirurgen, die diese Operation ausgeführt haben, 
empfehlen eine zweistöckige Naht, wobei die erste die Schleimhäute der beiden 
Organe verbindet, während die zweite nach Lembert nur die seröse und Muskel- 
haut fasst. Ich halte die Schleimhautnähte für überflüssig, sogar gefährlich, weil 
dieselben einen Weg für Harnimbibirung bilden, und weil ihr langer Aufenthalt 
in den Harnorganen überhaupt gefährlich ist. Desshalb habe ich anstatt einer 
2- eine 3stöckige Naht nach Lembert angelegt. 

Der weitere Gang der Operation bestand in der Resecirung der Harnkloaken- 
wände, in der Naht des Peritoneums, um die isolirten Stellen des Harnleiters zu 
decken und die Kloake zu schließen, in dem Ausschaben des Fistelgangs und 
Schließung der Bauchhöhle mit Nähten. Die letzteren wurden längs des ganzen 
Schnittes angelegt, nur in die Seitenwinkel Tampons eingelegt, welche zu dem 
neuen Orificium emporgingen. Die Harnblase wurde mit einem Verweilkatheter 
zur Ableitung des Harns nach außen versehen. 

Im weiteren Verlauf trat komplieirend eine Jungenaffektion auf, die aber 
ohne wesentlichen Einfluss auf die Nachoperationsperiode vorüberging; nach 
3 Wochen war Pat. geheilt. Die Tampons wurden am 6. Tage, der Katheter aus 
dem Harnleiter am 8. Tage, der aus der Harnblase am 14. Tage entfernt. 
Da aus dem kranken Harnleiter stark eitriger Harn abgesondert wurde, wurden 
während der ersten Woche tägliche Auswaschungen des Nierenbeckens und des 
Harnleiters durch den einliegenden Ne£latonkatheter vorgenommen; der Harn 
wurde dabei allmählich reiner, und das Becken begann, wie es schien, sich zu 
verkleinern: das Flüssigkeitsquantum, das im Anfang der Auswaschungen bis 
2 Unzen betrug, erreichte in den letsten Tagen kaum 1 Unze. 

Die Kranke ist gegenwärtig vollkommen gesund, die Harnabsonderung ist 
regelmäßig, die Harnqualität ist beinahe normal, der Fistelgang hat sich ge- 
schlossen, die Pat. ist zu ibrer täglichen Beschäftigung zurückgekehrt. 


1) Gross, Rohmer, Vautrin. Nouveaux éléments de patho- 
logie chirurgicale générale. 
Paris, Baillière & fils, 1898. 


In kurzer Aufeinanderfolge ist der II. Band der allgemeinen 
chirurgischen Pathologie erschienen. Er umfasst im 4.—10. Kapitel 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 597 


die Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes, der 
Lymphgefäße und Lymphdrüsen, der Nerven, der Blutgefäße, der 
Muskeln, Sehnen, Schleimbeutel, Sehnenscheiden, der Knochen und 
der Gelenke. Die einzelnen Besprechungen geben, wenn auch in 
kurzer Weise, ein klares Bild über den einschlägigen französischen 
Stand der Pathologie und Therapie. Zuweilen erscheint ein genaueres, 
tieferes Eingehen auf den Gegenstand, so wie weitere Berück- 
sichtigung besonders der Ätiologie und der neuesten Ergebnisse der 
pathologisch-anatomischen Untersuchungen (Phlegmone, Gelenkkörper) 
nicht unerwünscht, und auch in der Therapie sind einzelne An- 
sichten, z. B. über die Behandlung des Lupus mit Excision, die nur 
für ganz wenig ausgedehnte Formen verwandt werden soll, die nicht 
alle gut geheißen werden können. Es ist jedoch auch dieser Band 
als eine gute allgemeine Chirurgie zu bezeichnen und seinen Vor- 
gänger nicht unebenbürtig. Borchard (Posen). 

2) Kirmisson. Traité des maladies chirurgicales d’origine 

congénitale. 
Paris, Masson & Cie., 1898. 

Das 767 Seiten umfassende, mit zahlreichen guten, theils farbigen 
Abbildungen illustrirte Werk giebt den Inhalt der Vorlesungen 
wieder, welche Verf. in den Jahren 1890—1898 über diesen Gegen- 
stand gehalten hat. Wie K. betont, sind vor allen Dingen seine 
eigenen reichen Erfahrungen darin niedergelegt und verleihen dem 
Ganzen ein subjektives Gepräge. Zahlreiche Krankengeschichten 
und Beobachtungen erläutern die Anatomie und Therapie. Daneben 
ist die in- und ausländische Litteratur in der umfassendsten Weise 
berücksichtigt. 

Der Titel des Werkes soll besagen, dass nicht allein Defor- 
mationen, welche gleich bei der Geburt, sondern auch solche, welche 
erst im extra-uterinen Leben später in Erscheinung treten, aber auf 
eine fehlerhafte kongenitale Anlage zurückzu führen sind (Hernien, 
berücksichtigt werden. 

K. hat vor, gewissermaßen als II. Band eine Besprechung der 
erworbenen Deformitäten erscheinen zu lassen. Der Stoff ist in 
4 große Abschnitte getheilt, deren 1. die Erkrankung der Wirbel- 
säule, des Kopfes und der Haut, deren 2. die des Rumpfes, deren 
3. die der Extremitäten und deren 4. die kongenitalen Neubildungen 
umfasst. Jedem einzelnen Kapitel dieser Abschnitte geht eine aus- 
führliche, alle wesentlichen Punkte besonders berücksichtigende Be- 
schreibung der Entwicklungsgeschichte voraus. 

Auf die Einzelheiten des ausgezeichneten Werkes kann an dieser 
Stelle nicht weiter eingegangen werden. Jedenfalls verdient dasselbe 
unser Interesse im höchsten Maße und wäre werth, durch eine gute 
Übersetzung auch weiteren deutschen Kreisen zugänglich gemacht zu 
werden. Borchard (Posen). 


598 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


3) J. Babeau. Des differents modes d’elimination de la 
chaux chez les rachitiques et des diverses periodes du 
rachitisme. 

(Compt. rend. de l’acad. 1898. I. No. 11.) 

2 Jahre lang beschäftigte sich B. im großen Hospital von Mont- 
pellier, wo jährlich 3—4000 Kinder zur Beobachtung kommen, mit 
dem Studium der Art der Ausscheidung des Kalkes bei Rachitischen. 
Die Unähnlichkeit der erhaltenen Resultate bei dem gewaltigen 
Material fesselte namentlich Anfangs die Aufmerksamkeit. 

Bei gewissen Fällen — es waren dies meist ältere Kinder, die 
zum normalen Zustand zurückgekommen waren — zeigte keine Ex- 
kretion, weder Urin noch Koth, anormalen Kalkverlust, bei anderen 
enthielt der Urin eine gleiche Menge Kalk, wie im Urin eines ge- 
sunden, gleichaltrigen, unter identischen Verhältnissen lebenden 
Kindes existirt, aber der Koth hatte eine viel größere Menge als 
normal; endlich bei dritten Fällen war der Urin sehr reich an Kalk, 
der Koth normal. 

Die Vergleichung der numerischen Resultate bei den zahlreichen 
Analysen führte zu folgenden Schlussfolgerungen: 

1) Die rachitischen Deformationen können in der Mehrzahl der 
Fälle auf 2 verschiedene Arten der Kalkelimination zurückgeführt 
werden. Entweder der Kalk wird im Übermaß durch den Urin aus- 
geschieden, — dies entspricht einer Desassimilation des Kalkes, die sich 
in der Konstitution des Knochengerüstes ausspricht, — oder durch 
den Koth, — dies entspricht einem Mangel der Absorption des Kalkes. 

2) Man kann beim Rachitismus 3 Perioden unterscheiden: 
Erstens eine Periode (die »rachitisirende«), in der das Kind im 
Übermaß Kalk eliminirt; dieser Verlust führt zum Stadium der De- 
formationen und spontanen Frakturen der Knochen — der zweiten 
Periode, der Periode der »konstituirten Rachitise —; und schließlich 
eine dritte, wo kein anormaler Kalkverlust mehr stattfindet, wo nur 
die Deformationen noch bestehen als Zeichen einer früheren Rachitis 
bei einem Individuum, dessen Ernährung zur Norm zurückgekehrt ist. 

3) Gewisse rachitische Deformationen lassen ohne Zweifel einen 
besonderen pathologischen Process erkennen, denjenigen, der zum 
Ansetzen und Missbildung durch Mehrung des Knochenvolumens 
führt. Natur und Ursache dieser werden gesucht. 

A. Henry (Breslau). 


4) Behaegel. Über die Ausspülungen in der Behandlung 
der Urethritis. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 8.) 

Statt des Irrigators, bei welchem der Widerstand des Schließ- 
muskels schwer zu kontrolliren ist, benutzt B. für die Janet’schen 
Ausspülungen eine 125 g fassende Spritze »mit sanfter Reibung « 
und mit dicker Olive aus Metall (die ausgeglüht wird); man muss 
zuerst mit leichtem Druck die Urethra anterior ausspülen; bei der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 599 


Einspritzung in die Urethra posterior muss man die Relaxationen 
des Sphinkters sorgfältig beobachten und zur Einspülung benutzen. 
Die Spülungen sind bei dieser Methode schmerz- und gefahrloser. In 
manchen Fällen muss man sich eines weichen Katheters bedienen. 
Jadassohn (Bern). 


5) E. Wood-Ruggles. Protargol, ein neues Anigonorrhoicum. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane Bd. VIII. Ergänzungs- 
heft p. 708.) 


Das Protargol, das vor dem Argonin den Vorzug leichterer Lös- 
lichkeit und größerer Haltbarkeit in der Lösung hat, wurde in der 
Poliklinik von Frank und Lewin bei Gonorrhoe mehrfach angewandt 
Das Mittel wurde nach der Neisser’schen Vorschrift gegeben, erwies 
sich reizlos und brachte die Gonokokken rasch und, mit Ausnahme 
von 2 Fällen von Prostatagonorrhoe, auch definitiv zum Verschwinden. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


6) J. Bloch. Zur Behandlung der blennorrhoischen Harn- 
röhrenentzündung. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 3.) 
7) Derselbe. Nachtrag zu diesem Aufsatz. 
(bid. No. 4.) 

8) Derselbe. Über die Wirkung des ostindischen Sandel- 
holzöls beim Tripper, nebst einigen allgemeinen Bemer- 
kungen. 

(Ibid. No. 6.) 

Die Gonorrhoebehandlung ist neuestens wieder außerordentlich 
energisch diskutirt, die Gegensätze sind scharf betont worden. Es 
kann hier nicht in meiner Absicht liegen, in eine Kritik der 3 vor- 
liegenden Mittheilungen des Verf. einzutreten; nur eins sei betont: 
nicht mit Philosophie wird die Frage der Gonorrhoetherapie gelöst 
werden, sondern mit statistischen Zusammenstellungen großer Reihen 
nach den verschiedenen Methoden behandelter Fälle. In eine Dis- 
kussion mit dem Verf. einzutreten wird dann Zeit sein, wenn er 
solche Versuchsreihen publicirt haben wird. 

In den 3 oben genannten Mittheilungen tritt B. für die Janet- 
sche Behandlung, für die bekannten diätetischen Vorschriften und 
für die Anwendung des ostindischen Sandelholzöls in großen (2—4 g 
pro die), lange Zeit fortzugebenden Dosen ein. Von Protargol hat er 
günstige Wirkungen nicht gesehen (in 7 Fällen. Der eine von B. 
für die Wirkung des Sandelholzöls speciell angeführte Fall wäre, das 
glaube ich versichern zu dürfen, von jedem vernünftigen Anhänger 
der aktiven Gonorrhoetherapie ebenfalls nur intern oder nur diätetisch 
behandelt worden; denn bei gonokokkenfreien Ausflüssen lange 


maltraitirter Harnröhren ist Ruhe die allererste Indikation. 
Jadassohn (Bern). 


600 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


9) Behrend. Über die Gonorrhoebehandlung Prostistuirter. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 6.) 

B. hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Frage zu beantworten, 
in wie weit es zweckmäßig erscheint und in wie weit man berechtigt 
ist, den mikroskopischen Befund bei eitrigen Genitalausflüssen Pro- 
stituirter zum Ausgangspunkte und zur Grundlage der Behandlung 
zu machen. Handelt es sich doch hier um Individuen, welche ge- 
setzlich der Zwangsbehandlung im Krankenhause unterliegen, bei 
welchen also zur wissenschaftlichen Frage der Behandlung noch die 
Rechtsfrage hinzutritt. Alle diese Umstände riefen aber die weitere 
Frage hervor, wann eine Gonorrhoe bei dem Weibe überhaupt als 
geheilt betrachtet werden kann. Während Neisser eine Gonorrhoe 
schon dann für erloschen hält, wenn trotz des Vorhandenseins 
klinischer Krankheitssymptome Gonokokken nicht mehr nachgewiesen 
werden können, hält B. mit den Gynäkologen den Gonokokken- 
befund für einen schwankenden, daher unzuverlässigen Faktor 
bei der Beurtheilung der Heilung einer Gonorrhoe und vertritt bei 
der Behandlung chronischer Formen den rein klinischen, nicht den 
bakteriologischen Standpunkt. Die bakteriologische Untersuchung 
bei solchen Formen ergab keineswegs bei allen, im Gegentheile ver- 
hältnismäßig nur bei wenigen Personen Gonokokken im Sekret; in 
anderen Fällen war der Befund wieder ein schwankender. Nach 
seinen Erfahrungen vertritt B. bei dem so häufig intermittirenden 
Auftreten der Gonokokken im Verlauf des gonorrhoischen Processes 
die Ansicht, dass eine große Anzahl von Prostituirten von der Be- 
handlung im Spital ausgeschlossen werden muss, die, nach den 
klinischen Erscheinungen als gonorrhoisch erkrankt, der Kranken- 
hausbehandlung unterworfen worden wären, ferner, dass viele Pro- 
stituirte, die an unzweifelhafter Gonorrhoe im Hospital behandelt 
werden, frühzeitig aus demselben entlassen werden müssen, weil ein 
nur vorübergehendes Schwinden der Gonokokken eingetreten ist, und 
eine gesetzliche Grundlage für die weitere Zurückhaltung im Kranken- 
haus fehlt. B. glaubt, dass die Behandlung der Gonorrhoe bei 
Prostituirten viel ausgiebiger gestaltet werden könnte, wenn die 
klinischen Erscheinungen zur Grundlage derselben gemacht werden 
würden. 

Bezüglich der Therapie beschränkt sich B. im Allgemeinen auf 
Adstringentien, zumeist auf Alaun und Chlorzink, nachdem sich die 


neueren Mittel bisher nicht sein Vertrauen erwerben konnten. 
2 Gold (Bielitz). 
10) Neisser. Über die Gonorrhoebehandlung Prostituirter. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 10.) 

In entschieden gehaltener Entgegnung nimmt N. gegen die An- 
sichten Behrend’s in dessen gleichlautendem Aufsatze, welcher in 
der Berliner klin. Wochenschrift (1898 No. 6) erschien, Stellung. 
Die Gonokokkenuntersuchung ist nach Verf.s Behauptung weder der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 601 


Gegensatz, noch ein Ersatz der klinischen Untersuchungsmethoden 
und der klinischen Befunde, sie ist vielmehr der wesentliche und 
unentbehrliche Bestandtheil derselben und in zweifelhaften Fällen 
der einzige und beste diagnostische Wegweiser. Da die klinischen 
Erscheinungen der Gonorrhoe einen sicheren Anhaltspunkt für die 
Beurtheilung etwa bestehender Infektiosität nicht geben, so ist die 
Gonokokkenuntersuchung des Genitalsekrets Prostituirter von ganz 
eminenter Wichtigkeit. Diesbezügliche positive Befunde sind ohne 
Weiteres entscheidend und machen die Internirung im Krankenhaus 
nothwendig; eine große Anzahl sonst unbekannter Fälle werden so 
entdeckt. Bei negativen Befunden muss mehrfach untersucht werden 
mit Berücksichtigung der klinischen Erscheinungen, um ein Urtheil 
gewinnen zu können, ob eine solche Prostituirte als gemeingefährlich 
hingestellt werden muss oder nicht. Wenn für die Therapie der 
weiblichen Gonorrhoe die Gonokokkenuntersuchung bisher auch 
keinen wesentlichen Fortschritt gebracht hat, so besteht doch bei 
Prostituirten, wenn bei solchen regelmäßig wöchentliche Gonokokken- 
untersuchungen vorgenommen werden, die Möglichkeit, die Gonorrhoe 
rechtzeitig zu entdecken und in erfolgreiche Behandlung zu nehmen. 
Gold (Bielitz). 


11) Vanverts. De la splenectomie. 
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1897. 440 S. 

Sehr fleißige, auf 279 Fälle (davon 13 bis jetzt noch nicht ver- 
öffentlicht) gestützte Arbeit. Verf. untersucht zunächst eine Anzahl 
von Vorbedingungen für die Exstirpation der Milz und kommt zu 
folgenden Resultaten: Die Fortnahme der Milz an sich wirkt niemals 
tödlich. Ein wesentlicher Einfluss auf die Cirkulation ist beim 
Menschen nicht nachgewiesen, wenn gesunde Milzen entfernt werden; 
wurden stark vergrößerte fortgenommen, die oft bis zu 2 Liter Blut 
enthielten, so blieb der Ausfall einer so großen Blutmasse natürlich 
nicht ohne Einfluss, wie auch der plötzliche Verschluss eines so 
großen Reservoirs gewisse Veränderungen hervorrufen musste. Verf. 
registrirt die Beobachtung, dass nach Unterbindung der Milzgefäße 
bei Hypertrophie plötzlich eine starke Blutung aus den Gefäßen der 
Wunde entstand. Nachweisbar ist bekanntlich nach Fortnahme der 
Milz eine Abnahme der rothen und Zunahme der weißen Blut- 
körperchen im Blute, daneben Abnahme des Hämoglobingehalts. In 
den Fällen beim Menschen traten diese Erscheinungen in sehr 
wechselnder Stärke und mit sehr wechselnder Dauer — von wenigen 
Tagen zu mehreren Monaten — auf. Eine Vergrößerung der Lymph- 
drüsen, die von vielen Beobachtern notirt worden ist und in den- 
jenigen Fällen gefehlt haben soll, wo starke pseudoleukämische 
Zustände nach der Operation auftraten, scheint nach V. nicht die 
Wichtigkeit zu haben, die ihr von Vielen beigelegt worden ist. Der 
Organotherapie nach Milzausfall steht Verf. skeptisch gegenüber. 


Eine Vergößerung der Schilddrüse nach Splenektomie kommt vor, 
oare 


602 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


ist aber nicht konstant. Ein Einfluss der Entmilzung auf die Ent- 
wicklung des Individuums, analog der Cachexia strumipriva, ist nie- 
mals nachweisbar gewesen. Die Versuche, ob Fortnahme der Milz 
eine Veränderung des Verhaltens des betreffenden Körpers gegenüber 
Infektionsstoffen erzeugt, führten zu keinen sicheren Resultaten. Ob 
eine Regeneration der Milz nach der Exstirpation stattfindet, ist nicht 
nachzuweisen, aber sehr stark in Zweifel zu ziehen. — Verf. geht 
hierauf die verschiedenen Indikationen durch, aus denen die Splen- 
ektomie gemacht worden ist: Verletzungen der Milz, einschließlich 
Hernien, Abscesse des Organs und seiner Umgebung, Cysten, Hyper- 
trophien (Leukämie, Malaria, Verwachsungen, Wandermilz, Torsion 
des Stiels), Entartungen (Syphilis, Tuberkulose) und bespricht kritisch 
die berichteten Fälle. Daneben werden die anderweitigen Eingriffe, 
welche vorkommenden Falls mit der Exstirpation konkurriren könnten 
(Punktion resp. Incision von Cysten, Unterbindung der Milzgefäße 
u. A. m.), eingehend gewürdigt. Die Resultate der Milzexstirpation 
sind recht ermuthigende. Es ergab sich folgende Statistik: 

Splenektomie wegen 

1) Verletzungen: 18, } 10. 2) Abscess: 4, +1. 3) Cysten: 18, +3. 
4) Hypertrophien: a. Leukämie 29, } 26. b. Malaria: 79, + 23. 
c. Andersartige Vergrößerungen: 94, } 38, unbekannt 1. 

Es wird also berichtet über im Ganzen 242 Exstirpationen mit 
101 Todesfällen, 1 unbekanntem Erfolg; das bedeutet eine Gesammt- 
sterblichkeit von ca. 41,7%. 

Bei allen Affektionen, welche noch andere Operationsverfahren 
zulassen neben der Exstirpation, ist diese entschieden allen über- 
legen, bei der Leukämie wird sie nur ausnahmsweise, ganz im Be- 
ginn der Erkrankung versucht werden dürfen. — Ein ausführliches 
Verzeichnis der bisher bekannten Fälle und ein außerordentlich reich- 
haltiges Litteraturverzeichnis bilden den Schluss der Abhandlung, 
die, mit bewundernswürdigem Fleiß und größter Sorgfalt gearbeitet, 
dankbar begrüßt werden muss als sehr werthvoller Beitrag zur Auf- 
klärung auf dem wichtigen Gebiet der Milzchirurgie. 

H. Lindner (Berlin). 


12) Farganel. Note sur le traitement des abces du foie par 
la suture pleuro-diaphragmatique et le curettage de la poche, 
d’apres la methode de Fontan. 

(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1898. Hft. 1.) 

Jeder Leberabscess sollte mit Incision und Drainage behandelt 
werden. Um aber dabei das Einlaufen von Eiter in die Brust- und 
Bauchhöhle zu vermeiden, ist es zweckmäßig, Pleura und Zwerchfell 
mit der Oberfläche der Leber einer- und der Haut andererseits zu 
vernähen, ehe man den Einschnitt in die Eiterhöhle selbst macht. 
Fraglicher erscheint dem Verf. das von Fontan gleichfalls vor- 
geschlagene Ausschaben der Höhle; vielleicht könnte durch dasselbe 
doch einmal ein größeres Gefäß eröffnet und eine Blutung erzeugt 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 603 


werden, deren Stillung durch Gefäßunterbindung in dem weichen 
Gewebe oft schwer fallen möchte. F. erzielte gute Erfolge in Algerien. 
Lühe (Königsberg i/Pr.). 


13) Jones. An improved technique for the avoidance of 
fistula after cholecystostomy. 
(Annals of surgery 1898. Januar.) 

Verf. schlägt vor, in den Fällen, wo wir auf einen primären 
Verschluss der Gallenblase verzichten, die Wundränder des Organs 
durch passend angelegte Nähte so einzustülpen, dass ein schmaler 
Randsaum nach innen geschlagen wird, und Serosaflächen an einander 
bezw. sich gegenüber liegen. Wird dann das eventuell zuerst ein- 
geführte Drainrohr entfernt, so verkleben — wie bei der Entfernung 
des Drains aus der Witzel’schen Fistel — "die Serosaflächen mit 
einander und garantiren die solide Heilung der Gallenblasenwunde. 
Tietze (Breslau). 


14) Rovsing. Klinische und experimentelle Untersuchungen 
über die infektiösen Krankheiten der Harnorgane. Autori- 


sirte Übersetzung aus dem Dänischen. 
Berlin, ©. Coblentz, 1898. 330 8. 

Während nach der Guyon’schen Schule das Bacterium coli die 
Ursache fast aller infektiößsen Harnwegeleiden, sei es nun Pyelitis, 
Pyelonephritis oder Cystitis, ist, hat R. auf Grund genauer klinischer, 
bakterieller und experimenteller Untersuchungen wesentlich andere 
Schlussfolgerungen aufgestellt. Die hauptsächlichsten sind folgende: 
Das Bacterium coli trifft man sehr häufig bei den infektiösen Harn- 
wegeleiden an, aber es veranlasst in der Regel nur leichtere Erkran- 
kungen, nämlich in den meisten Fällen nur einfache Bakteriurie, 
dann auch in einer recht ansehnlichen Zahl von Fällen Pyelitis, na- 
mentlich wenn Nierensteine oder eine Hemmung im Ablauf des 
Harns die Entwicklung einer solchen begünstigen, und endlich in 
einzelnen seltenen Fällen Cystitis. 

Auch der Niere scheint das Bacterium coli in der Regel un- 
schädlich zu sein. 

Diese Gutartigkeit der Coliinfektion scheint mit der Thatsache 
zusammen zu hängen, dass der normal im Darm vorhandene Colon- 
bacillus in keinem nachweisbaren Grade pathogen ist, und gerade 
vom Darm gehen die meisten Infektionen in den Harnorganen mit 
dem Bacterium coli aus. In der weit überwiegenden Anzahl von 
Cystitisfällen und in einer bedeutenden Anzahl von Pyelonephritis- 
fällen wird die Entzündung durch harnstoffzersetzende Mikroben ver- 
ursacht. Die pyogenen Formen dieser sind in ihren Wirkungen 
durchgehends weit heftiger und für den Körper gefährlicher, als das 
Bact. coli, und namentlich sind ihre Einwirkungen auf das Nieren- 
gewebe sehr schädlich und oft verhängnisvoll. 


604 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


Gleich wie das Bact. coli in großen Mengen allein im Harn vor- 
handen sein kann, ohne die Harnorgane anzugreifen, eben so kann es 
sich auch als eine zufällige und unschädliche Beimischung bei einer 
von anderen Mikroben verursachten Entzündung zeigen. Wenn es 
in solchen Fällen also mit einem anderen pathogenen Mikroben zu- 
sammen auftritt, so darf man nicht schließen, dass es die Ursache 
der Krankheit sei; ja selbst, wenn man bei den gangbaren Unter- 
suchungsmethoden nur das Bact. coli antrifft, hat man keineswegs 
Sicherheit dafür, dass es die Krankheit ursprünglich und wirklich 
veranlasst hat; denn es kann entweder die vorhandenen spärlichen 
pathogenen Mikroben verdecken oder es kann sie getödtet haben. 

P. Wagner (Leipsig). 


15) G. Freitag. Vorträge über die Nierenkrankheiten. 
Leipzig, J. A. Barth, 1898. 524 8. 

Verf. hat als praktischer Arzt das gewiss nur sehr lobenswerthe 
Bedürfnis empfunden, sich mit den Krankheiten der Harnorgane und 
speciell der harnbereitenden Organe näher zu beschäftigen. Er hat 
zu diesem Zweck die neuere Litteratur durchstudirt und sich schrift- 
liche Bemerkungen und Auszüge gemacht. »Diese wurden schließ- 
lich so umfangreich, dass aus ihnen vorliegende Vorträge über die 
Nierenerkrankungen entstanden sind. In ungezwungener und hoffent- 
lich auch nicht zu ermüdender Form soll in diesen Vorträgen aus 
der Litteratur besonders der letzten Jahre ein dem heutigen Stand- 
punkt der Wissenschaft entsprechendes, möglichst klares Bild der 
Nierenerkrankungen entrollt werden.« 

Ob ein Bedürfnis für die Veröffentlichung dieser kompilatori- 
schen Arbeit vorgelegen hat, erscheint uns mehr als fraglich; das 
entscheidende Wort hierüber wird schließlich der Verleger zu spre- 
chen haben. 

In wie weit die Darstellung der »inneren« Nierenerkrankungen 
dem jetzigen Standpunkt der Wissenschaft entspricht, können wir 
nicht beurtheilen; wir haben uns hier nur mit dem chirurgischen 
Theil zu beschäftigen. Alles in Allem genommen hat uns die Dar- 
stellung nicht besonders gefallen; ganz besonders ist sie für eine 
solche zusammenfassende Bearbeitung viel zu weitläufig, nebensäch- 
liche Dinge werden oft zu ausführlich behandelt, wichtige Thatsachen 
nicht genügend hervorgehoben. Auch die Eintheilung des Stoffes 
ist keine sehr glückliche. Alle Anerkennung für den großen Fleiß 
und die große Belesenheit des Verf.! Aber sie genügen doch nicht 
allein, um ein so schwieriges und noch immer nicht abgeschlossenes 
Gebiet der Chirurgie allgemein verständlich und übersichtlich dar- 
zustellen. 

Die äußere Ausstattung des Buches ist nach jeder Richtung hin 
vortrefflich. P. Wagner (Leipzig). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 605 


16) V. Rochet. Traitement chirurgical des prostatiques 
retentionnistes. 
(Ann. des malad. des org. g£nito-urin. 1898. No. 1.) 

Die operativen Eingriffe, die bei der Harnretention der Prosta- 
tiker in Frage kommen, lassen sich in 2 große Hauptgruppen ein- 
theilen, nämlich in solche, die das Hindernis selbst in Angriff 
nehmen und solche, die dem Urin einen neuen Abflussweg zu ver- 
schaffen suchen, ohne dabei das Hindernis selbst zu beseitigen. 

Zu der ersteren Gruppe gehören die galvanokaustische Behand- 
lung der Prostata nach Bottini, die Prostatectomia suprapubica, 
die perineale Drainage, die doppelseitige Kastration und Vasektomie. 
Von diesen Verfahren empfiehlt Verf. ganz besonders die perineale 
Drainage nach Harrison, die ev. mit der perinealen Prostatektomie 
verbunden werden kann. Die Boutonniere muss so groß angelegt 
werden, dass man bequem mit einem Finger eindringen kann. Der 
tiefe Theil der Harnröhre muss möglichst weit dilatirt werden, wozu 
sich Verf. des Par&’schen Afterspeculums bedient. Durch die peri- 
neale Drainage wird die erkrankte Blase ruhig gestellt, der Urin 
findet ausgiebigen, raschen Abfluss, die Blasenbeschwerden und 
namentlich die schmerzhaften Krampfzustände am Blasenhals ver- 
schwinden. 

Zu den Methoden der 2. Hauptgruppe gehören die hypogastrische 
Blasendrainage nach Méry und Lejars so wie die Poncet’sche 
Cystostomia suprapubica. Das erstgenannte Verfahren ist sehr ein- 
fach und jederzeit leicht ausführbar, namentlich wenn man sich 
des vom Verf. konstruirten » Trocart porte-drain« bedient, eines In- 
struments, das in sehr bequemer Weise mit der Punktion sofort 
die Drainage verbindet. Dieser Blasendrainage haften aber auch 
gewisse Nachtheile an, sie kann durch Lockerung des Drains zu 
Urininfiltration führen; bei sehr dickem, stark eiterhaltigem Harn 
kann trotz weitem Drainrohr der Abfluss ungenügend sein; bei s0- 
genannter membranöser Cystitis wird die Punktion vollkommen er- 
folglos sein. In allen diesen Fällen und namentlich auch dann, 
wenn es sich um schwere infektiöse Cystitiden handelt, ist die 
Blasenpunktion durch die Cystostomia suprapubica zu ersetzen. 

Zum Schluss formulirt Verf. die Behandlung der Urinretention 
der Prostatiker in folgenden Sätzen: 

Die Basis der Behandlung bildet der wiederholte Katheterismus, 
vorausgesetzt dass er leicht ist und nicht zu oft wiederholt zu werden 
braucht; anderenfalls muss zeitweise ein Verweilkatheter eingelegt 
werden. Wird der Katheterismus zu schwierig, bleibt der Harnabfluss 
ungenügend, treten Fieber, Schmerzen, Blutungen etc. ein, so werden 
wiederholte Blasenpunktionen oder die temporäre Blasendrainage 
vorgenommen. Die Kongestivzustände können hierdurch verschwinden, 
der normale Harnabfluss kann sich wieder einstellen, oder es kann 
wenigstens der Katheterismus wieder leicht ausgeführt werden. Bei 
vorgeschrittenem Leiden und bei Kranken, die schon lange an das 


606 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


»Katheterleben« gewöhnt sind, ist die perineale Drainage und Dila- 
tation, event. in Verbindung mit perinealer Prostatektomie, am Platze. 
Für die ganz schweren Fälle mit infektiöser eitriger Cystitis bleibt 
die Cystostomia suprapubica das einzige Hilfsmittel. 

P. Wagner (Leipzig). 


17) Englisch. Zur Behandlung der Harnverhaltung bei Pro- 
statahypertrophie. 
(Wiener Klinik 1897. Hft. 4.) 

Obwohl in den letzten Jahren die Neigung, die Prostatahyper- 
trophie operativ anzugreifen, erheblich gewachsen ist, darf die nicht- 
operative Therapie der Harnverhaltung doch nicht gering geachtet 
werden. Verf. giebt aus seiner reichen Erfahrung heraus eine Reihe 
von Winken für die Behandlung der genannten so einschneidenden 
Erscheinung. Von großer Wichtigkeit ist die rechtzeitige Beachtung 
der prämonitorischen Beschwerden; bei jeder Störung der Blasen- 
funktion bei alten Leuten muss eine ganz genaue Untersuchung, und 
zwar immer bimanuell vom Mastdarm und Bauchdecken aus statt- 
finden. — Es folgen lehrreiche Anweisungen über die Wahl eines 
Katheters. Die Entleerung der Blase mittels desselben darf niemals 
sehr rasch hinter einander vorgenommen werden, sondern muss ab- 
satzweise erfolgen, damit die Blase sich anpassen kann. »Je länger 
die Harnverhaltung bestand, um so langsamer muss die Entleerung 
vorgenommen werden.« Unter schwierigen Verhältnissen, bei stär- 
kerem Fieber, falschen Wegen etc. Verweilkatheter. Ein Apparat 
zur regelmäßigen Ausspülung der Blase wird beschrieben. Der Ver- 
weilkatheter bleibt nach Bedürfnis liegen, gewöhnlich bis reichlich 
Harn neben ihm vorbeifließt. Später muss der Pat. oder Jemand 
aus seiner Umgebung den Katheterismus lernen. Auch wenn spon- 
tane Harnentleerung wieder erreicht wird, muss auf die Weiter- 
behandlung große Sorgfalt verwendet werden. — Wir empfehlen das 
lehrreiche Schriftchen dem Studium der Praktiker. 

H. Lindner (Berlin). 


18) M. A. Strauch. Eine einfache Methode der Exstirpatio 
uteri per vaginam. 
(Medicinskoje Obosrenje 1898. II. [Russisch.) 

Für gutartige Uterusgeschwülste und Adnexerkrankungen em- 
pfiehlt S. auf Grund 23 eigener Fälle statt der Seidenfäden oder 
Klemmpincetten die elastische Ligatur: dieselbe wird um das zu ent- 
fernende angespannte breite Mutterband geschlungen, fest angezogen; 
dann legt man einen starken Seidenfaden um die Ligatur und knotet 
ihn fest. Jodoformgazetamponade der Scheide. Die Kranken können 
selbst uriniren, bekommen am nächsten Tage ein Abführmittel und 
stehen nach 9—10 Tagen auf. Am 15. Tage werden der Gazestreifen 
und die Ligaturen durch leichtes Anziehen mit sammt den Stümpfen 
des Mutterbandes entfernt. — Beim Krebs bedient sich S. der Klemm- 
pincetten und des Paquelins. @üickel (B. Karabulak, Saratow). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 607 


Kleinere Mittheilungen. 


Ein Fall eines von der Milzkapsel ausgehenden Fibrosarkoms. 
Von 
Prof. 6. Heinricius in Helsingfors (Finland). 


In meiner Praxis als operativer Gynäkolog habe ich einige Male Gelegenheit 
gehabt, Laparotomien bei Bauchgeschwülsten auszuführen, deren wahre Natur nicht 
mit Sicherheit diagnostieirt werden konnte, und die nach dem Bauchschnitt sich 
als nicht von den Genitalorganen ausgehend erwiesen. Ein solcher Fall ist fol- 

ender: 

S W. S., Dienstmädchen, 19 Jahre alt, wurde am 3. Mai 1890 in die gynäko- 
logische Klinik in Helsingfors aufgenommen. Anamnese: Erste Menses mit 
15 Jahren, ziemlich unregelmäßig, Zwischenzeit gewöhnlich über 1 Monat. Ohne 
Menses von Anfang Mai 1889 bis Oktober desselben Jahres, wo eine unbedeutende 
Blutung stattfand. Von Ende December 1889 regelmäßig jeden Monat wieder- 
kommende Menses von einer Dauer von 3—4 Tagen. Letzte Menses vor 2 Wochen. 
Da im Mai 1889 die Menses wegblieben, vermuthete die Pat., dass sie schwanger 
sei, glaubte Bewegungen des Kindes von Ende August 1889 bis zum 23. April 1890 
gefühlt zu haben. Weihnachten 1889 Milch in den Brüsten. Ende December 1839 
und Anfang Januar 1890 wehenähnliche Schmersen. Im Januar Schmerzen im 
Kreuz und Unterleib während einer kürzeren Zeit, im Februar ähnliche Schmersen. 
Im April 1890 Erbrechen. 

Status praesens: Die Pat. von normalem Körperbau und gesundem Aus- 
sehen. Bei Palpation des Bauches lässt sich eine Geschwulst fühlen, deren Grenze 
sich von 3 Finger breit über der Symphyse nach rechts bis 3 Finger breit von 
der Spina ilei ant. sup. in beinahe gerader Richtung aufwärts bis 3 Finger breit 
unter den rechten Rippenrand erstreckt, sich von dort etwas gegen die Mittel- 
linie senkt, wieder aufwärts bis zum linken Rippenrand steigt, weiter nach links 
gegen Regio lumbalis streckt, bis zu einer geraden, aufwärts von Spina ilei ant. 
sup. gezogenen Linie und schließlich bis 11/3 Finger breit von der erwähnten 
Spina. Der untere Theil der Geschwulst scheint beweglicher und verschiebbarer 
zu sein als der obere. Die Geschwulst erscheint gleichförmig fest. Theile eines 
Fötus können nicht apart palpirt werden, auch kann man keine Kindsbewegungen 
hören. Die Bauchdecken, welche sich aufheben lassen, sind mehr nach rechts 
aufwärts und links nach unten vom Nabel ungleichmäßig erhöht. Die Nabelgrube 
ist verwischt. Bei jedem Herzschlag deutliche Rückwirkung auf die Geschwulst. 

Die Messung des Bauches ergab: Umfang über dem Nabel 80 cm, eine Hand- 
breite unter dem Nabel 78, eben so viel über demselben 81, die Entfernung von 
der Symphyse bis sum Nabel 18, vom Nabel bis Proc. xiph. 20, vom Nabel bis 
Spina ant. sup. d. 15,5, bis sur entsprechenden Stelle nach links 17. Portio vag. 
virginal; Uterus klein, Corpus palpabel durch die vordere Scheidenwand. Das 
rechte Scheidengewölbe bedeutend freier als das linke. Die Länge des Uterus 
7,5 cm. Per rectum nichts Bemerkenswerthes. Der Urin normal. 

Diagnose: Tumor abdominis. Behandlung: Laparotomie wurde ausgeführt 
am 1. November 1890. Bauchschnitt in Lines alba von ca. 10 cm über dem Nabel 
bis 4cm unter demselben. In der Wunde zeigte sich die grau-weiß-rothe glatte 
Wand einer Geschwulst von ziemlich weicher Konsistens. Bei der Untersuchung 
durch die Schnittöffnung zeigte sich, dass die Geschwulst sich nach unten bis zum 
Promontorium und Fossa iliaca sin. erstreckte und aufwärts gegen und unter den 
linken Rippenrand reichte, an einigen Stellen adhärent an dem Nets. Der Schnitt 
wurde nach unten und auch etwas nach oben verlängert; theils durch Ziehen mit 
einem scharfen Haken, theils durch Emporheben des unteren Theils der Geschwulst 
mit Hilfe der in die Bauchhöhle eingeführten Hände, theils durch äußeren Druck 


608 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


auf die Bauchdecken glückte es, die große, weiche Geschwulst herauszubekommen. 
Viele Adhärenzen an dem Nets wurden theils mit den Fingern gelöst, theils 
unterbunden und abgeschnitten. Links unten wie oben war der Dünndarm an 
3 Stellen durch feste Adhärenzen mit der Geschwulst vereinigt; theils mit den 
Fingern, theils mit Messer und Schere wurden diese gelöst, wobei starke Blutung 
aus der Geschwulst entstand, die aber durch Massenunterbindung und Kauteri- 
sation mit Paquelin gestillt wurde. Die Geschwulst war nun nach allen Seiten 
frei, nur aufwärts links war sie durch einen armdicken, harten Stiel mit der Milz 
fest verbunden; die Milz zeigte normale Größe und Farbe. Die Geschwulst von 
der Milz zu lösen war nicht möglich; bei Versuchen, dies zu thun, wurde die Mils 
lädirt, wesswegen die Geschwulst mit dem Messer so abgeschnitten wurde, dass 
eine flache, dünne Schicht von ihr auf der unteren Fläche der Milz zurückblieb. 
Die Wundfläche, von sehr fester, fibröser Beschaffenheit, blutete stark aus einigen 
Gefäßen, die mittels Ligaturen en masse unterbunden wurden; mit 5 Suturen aus 
dicker Seide, die unter die Wundfläche geführt und zugebunden wurden, wurde 
die übrige Blutung gehemmt. Umschriebene starke Blutung aus der Milz, ent- 
standen durch die Versuche, die Geschwulst von ihr zu trennen, hörte auf nach 
Umstechung mit Katgut. Die Milz mit an ihr haftendem Theil der Geschwulst 
wurde versenkt. Reinigung der Bauchhöhle. Die Bauchwunde wurde durch 7 tiefe 
Metallsuturen und fortlaufende äußere Seidensutur vereinigt. Gegen Ende der 
Operation waren Injektionen von Ather und 1 Kampherlösung nöthig geworden. 
Die Geschwulst wog 3500 g. Bei mikroskopischer Untersuchung erwies sie sich 
als ein Fibrosarkom mit myxomatöser Umwandlung im peripheren Theil. In dem 
gegen die Milz gewendeten Theil der Geschwulast fibrilläres Bindegewebe in reich- 
licher Menge, so dass dieser Theil der Geschwulst knorpelhart ist. Der Verlauf 
nach der Operation: 1. November Menses, at. 38,5 p. 102, Kognak 1 Esslöffel 
jede 3. Stunde. 2. November Schlaf ruhig bis 3 Uhr Morgens, dann unruhig, 
Husten, Übelkeiten, 3mal Erbrechen nach der Operation, mt. 39,5 p. 160, at. 39,4, 
unbedeutende Empfindlichkeit im Epigastrium. 3. November mt. 39,2 p. 116, 
Schlaf ruhig, Gesichtsausdruck ruhiger, Flatus abgegangen, at. 39,8 p. 104,0, Er- 
brechen während des Tages. 4. November mt. 38,5, at. 38,4 p. 88. 5. November 
mt. 38,2, at. 37,5. 6. November Laxans, Ricinusöl. 9. November. Die äußere 
Sutur wurde entfernt, am 11. November und 13. November die tiefen Metallsuturen ; 
die Bauchwunde gut geheilt. 28. November Menses. 30. November die Pat. darf 
aufstehen. Reiste nach ein paar Wochen heim. 

Im December 1892 kam sie wieder in die gynäkologische Klinik. Sie fühlte 
sich gesund bis vor 2 Monaten, wo sie eine äußere Geschwulst an der rechten 
Seite des Bauches merkte. Am 10. December wurde sie untersucht, und es erwies 
sich eine faustgroße, runde, harte Geschwulst in den Bauchdecken rechts unter 
dem Nabel. Bei Palpation des oberen Theils des Bauches lässt sich nichts Ab- 
normes in der Gegend der Milz merken. Die Pat. ist von gesundem Aussehen, 
gut genährt. Am 14. December wurde die 170 g schwere Geschwulst, welche von 
der Scheide des M. obliquus externus ausging, enukleirt. Am 15. Januar 1893 ist 
die Wunde geheilt. Am 13. Februar verließ die Pat. die Klinik. 

Wieder aufgenommen am 14. Februar 1895. Im September 1894 hatte die 
Pat. auf der rechten Seite der Bauchdecken eine Geschwulst von der Größe einer 
halben Faust gemerkt, welche seitdem gewachsen ist. Im December fühlte sie 
eine kleinere Geschwulst in der linken Seite der Bauchdecken. Status praesens: 
In den Bauchdecken werden 4 mit einander verbundene harte Geschwülste palpirt. 

Die Pat. erhielt Sol. Fowleri in wachsender Dosis von 2—7 Tropfen 4mal 
täglich bis zum 8. April, später Jodkali 0,5 3mal täglich. Verließ die Klinik am 
7. Mai als unheilbar. 

Wieder aufgenommen am 9. April 1896. Der Nahrungszustand ziemlich gut, 
nicht merklich verändert seit 1891. Die Geschwülste in der Bauchwand sind ge- 
wachsen, die Haut unverändert. Die Pat. erhielt Injektionen von Emmerich’s 
Serum, doch ohne Erfolg. 


Centralblatt für Chirurgie.- No. 23. 609 


Sie lebte dann im Armenhaus noch bis zum Juli 1897, wann sie starb. Leider 
konnte die Obduktion nicht gemacht werden. 

Dieser Fall eines von der Milzkapsel ausgehenden, den größten Theil der 
Bauchhöhle ausfüllenden Fibrosarkoms steht einzig da. Beim Durchsehen der 
Litteratur der pathol. Anatomie und Chirurgie habe ich keinen ähnlichen Fall an- 
getroffen. Aus den von B. Cred£!, Adelmann?, Asch, Ledderhose®, Fi- 
lippow und Kusnezow35, Lindfors®, Dandolo, Lennander®, Vulpius®, 
Jonnesco!%, Schalita!! publieirten Zusammenstellungen über Milzexstirpation 
geht nicht hervor, dass die Milz jemals wegen einer von der Milzkapsel ausgehen- 
den Geschwulst exstirpirt worden sei. 

Hätte ich während der Operation meines Falles gewusst, dass diese von der 
Milskapsel ausgehende Geschwulst sarkomatöser Art war, wäre es richtiger ge- 
wesen, auch die Mils zu exstirpiren, obgleich das Organ selbst gesund erschien 
und es wahrscheinlich auch war. Die Ähnlichkeit der Geschwulst mit einem 
Fibrom und insbesondere ihre knorpelharte Beschaffenheit nach der Milz hin ver- 
ursachten, dass ich die Operation bloß auf die Exstirpation der Geschwulst be- 
schränkte. 


Primäres Sarkom im Netz. 
Von 
Prof. &. Heinricius in Helsingfors (Finland). 


öjähriges Mädchen wurde am 14. März 1897 in die gynäkologische Klinik 
aufgenommen. Nach der Aussage der Mutter ist das Kind, außer dass es seit 
einigen Jahren über gelinde Schmerzen bei Bewegung geklagt hat, bis zum Februar 
1897 gesund gewesen, wo der Bauch an Umfang zu wachsen begann. Kein Er- 
brechen. Stuhl und Urin normal. Keine hereditären Anlagen zur Geschwulst- 
bildung. Der Vater seit einiger Zeit leidend an universellem Eksem. Status 
praesens: Die Pat. von gesundem Aussehen, blühend; normaler Körperbau und 
Nahrungszustand. Im Bauch eine harte, bewegliche Geschwulst von der Größe 
eines kleinen Menschenkopfes; die Geschwulst erstreckt sich von ein Paar Finger- 
breiten über dem Schambein bis in die Nähe des Proc. xiph.; nach den Seiten 
hin reicht sie bis an die Spina ilei a. s. Matter Perkussionston über der Ge- 
schwulst. Die Hautvenen in den Bauchdeoken etwas erweitert. Bei Untersuchung 
per rectum kann ein Zusammenhang zwischen der Geschwulst und dem Uterus 
nicht konstatirt werden. Der Urin normal. Stuhl von normalem Aussehen. Lungen 
und Herz gesund. Diagnose: Tumor abdominis, unsicher welcher Art. La- 
perotomie am 17. März 1897. Der Bauchschnitt in der Mittellinie je 7 em 


1 Über Exstirpation der kranken Milz am Menschen. Archiv für klin. Chirurgie 
1883. Bd. XXVIII. 

2 Die Wandlungen der Splenektomie seit 30 Jahren. Archiv für klin. Chirurgie 
1887. Bd. XXXVI. 

3 Zwei Fälle von Milzexstirpation. Archiv für Gynäkologie 1888. Bd. XXXIII. 
Hit. 1. 

1 Die chirurgischen Krankheiten der Milz. Deutsche Chirurgie 1889. Bd. XLVb. 

5 Chirurgitscheski Westnik 1890. Juli—September. 

6 Fall af splenektomie etc. Nord. med. Arkiv 1892. No. 29. 

7 Lo stato presente della chirurgia della milza. Gazs. med. Lombardo 1893. 
No. 1—9. 

8 En fall af mjeltexstirpation. Upsala Läkarefören. Förhandl. N. F. Bd. XXVIII. 
Hft. 6. p. 397. 

® Beiträge zur Chirurgie etc. der Milz. Beiträge zur klin. Chirurgie 1894. 
Bd. XI. p. 633. g 

10 Über Splenektomie. Archiv für klin. Chirurgie 1897. Bd. LV. p. 330. 

11 Über Milzexstirpation. Archiv für klin. Chirurgie 1895. Bd. XLIX. p. 629. 


610 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


über und unter dem Nabel. Die Geschwulst, unmittelbar unter dem Peritoneum 
parietale liegend, ging vom Omentum majus aus, das nur ein kleines Stück oben 
frei war. Die Geschwulst, von weicher Beschaffenheit, grau-rother Farbe, konnte 
nicht in toto herausgehoben werden, sondern wurde in Stücken ohne Schwierigkeit 
herausgenommen. Die unter der Geschwulst liegenden Gedärme schienen gesund, 
ihre Serosa glatt. Der wie es schien gesunde obere Theil des Netzes wurde mit 
Katgut in einigen Portionen unterbunden. Sorgfältige Reinigung der Bauchhöhle 
von kleinen Resten der Geschwulst, die beim Herausnehmen derselben abgerissen 
wurden. Die Blutgefäße des Netzes auffallend erweitert. Die mikroskopische 
Untersuchung von Theilen der Geschwulst zeigte ein ziemlich zellenreiches Sarkom, 
zum überwiegenden Theil bestehend aus spindelförmigen und runden Zellen. Einige 
Zeit nach der Operation guter Appetit und gesundes Aussehen. Die Pat. entlassen 
Mitte April. Anfang Mai fing die Pat. über Schmerzen im Bauch zu klagen an. 
Anfang Juni Diarrhöe, bedeutende Verschlimmerung, schlechter Appetit, unruhiger 
Schlaf, Schmersen im Bauch, schwer sich su bewegen. Im Bauch wurden Knoten 
getastet. Am 17. Juni wurde Pat. von einem Arst untersucht, der die Bauchnarbe 
gut geheilt fand; der Bauch war bedeutend geschwollen (Ascites), empfindlich 
gegen Druck links etwas unter dem Rippenrand. Viele knollige Unebenheiten auf 
der linken Seite des Bauches. Am 17. Juli hatte ich Gelegenheit, die Pat. zu 
untersuchen. Sie war bedeutend abgemagert und von kachektischem Aussehen. 
Kann weder gehen noch stehen. Der Bauch stark geschwollen, sein Umfang beim 
Nabel 53 cm. In ihm können unegale, größere und kleinere Knollen und Aseites- 
flüssigkeit palpirt werden. Das Kind starb am 3. August. Bei der Obduktion 
erschien das Peritoneum ganz glatt und unbeschädigt. Die kolossale Geschwulst 
war nur von Resten des Netzes ausgegangen. Eine kleinere Menge von Ascites- 
flüssigkeit (Angabe des Arztes). Die mikroskopische Untersuchung von mir zu- 
gesandten Theilen der Geschwulst zeigte ein äußerst zellenreiches Sarkom, be- 
stehend aus dieht neben einander liegenden kleinen runden Zellen. 
Dieser Fall scheint sehr seltener Art zu sein. 


19) Collan. Zur Frage der Pathogenese der gonorrhoischen Epidi- 
dymitis. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 48.) 
C. gelang es, wie schon vor ihm Routier und Grosz, in der Punktions- 
flüssigkeit einer gonorrhoischen Epididymitis eine Reinkultur von Gonokokken 


auf Kiefer’schem Nährboden zu gewinnen. 
Hübener (Breslau). 


20) 8. Gross. Zur Ätiologie der Epididymitis bei Gonorrhoe. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 4.) 


Für die Entzündungen der Prostata und der Samenbläschen als Komplika- 
tionen der Gonorrhoe ist der Nachweis ihrer Entstehung durch den Gonococous 
Neisser erbracht worden. Bezüglich der Erkrankungen des Hodens, Nebenhodens 
und deren Hüllen stand bislang ein solcher Beweis noch aus. 

G. konnte nun in einem Falle von Epididymitis gonorrhoica (Ausfuss seit 
4 Jahren) aus dem durch Punktion gewonnenen dünnflüssigen, schmutzig-gelblichen 
eitrigen Inhalt der akut entstandenen Hydrocele nicht nur mikroskopisch den 
Nachweis von Neisser’schen Gonokokken erbringen, sondern durch ihr charak- 
teristisches Wachsthum auf dem Wassermann’schen Nährboden bei Sterilbleiben 
des gewöhnlichen Agars des Weiteren erhärten. (Leider fehlen Angaben, ob eine 
Weiterzüchtung auf dem Wassermann’schen Nährboden durch einige Genera- 
tionen hindurch gelungen ist, doch scheint auch ohne diesen Nachweis die Iden- 
tität der gefundenen Kokken mit den echten Neisser’schen Gonokokken ge- 
nügend sichergestellt. Ref.) Hübener (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 611 


21) P. Colombini. Il diplococco di Neisser nelle adeniti blenor- 
ragiche. 

(Riforma med. 1898. No. 21. Refer. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898 
No. 19.) 

C. untersuchte den eitrigen Inhalt von 4 nach Gonorrhoe entstandenen Bu- 
bonen bakteriologisch. 2mal fand er Reinkulturen von Gonokokken, je imal waren 
Gonokokken plus Staphylococcus pyogenes albus und Sterilität vorhanden. C. 
vermuthet, dass in letzterem Falle die Gonokkoken bereits abgestorben waren. 

Dreyer (Köln). 


22) Bieck (Berlin). Beiträge zur Behandlung des weiblichen Trippers 
und seiner Komplikationen. 
(Charit6-Annalen 1897, p. 777.) 


Den »Beiträgen« liegt das Material des letsten Jahres zu Grunde, welches 
408 Fälle umfasst. Der Scheidentripper kommt zwar stets bei dem frischen 
(106 Fälle), selten dagegen bei dem chronischen Tripper vor, bei letsterem nur in 
8,6%. Und zwar ist dann stets die Cervix und vorwiegend der obere Theil der 
Scheide erkrankt, woraus wohl mit Recht geschlossen werden kann, dass es sich 
hier um Infektion der Scheide vom Cervicalkanal aus handle. In der akuten 
Periode werden alle Ausspülungen vermieden, um die Krankheitskeime nicht gegen 
den Muttermund hin zu spülen, sum Zweck des Austrocknens der Scheide und 
des Schaffens ungünstiger Lebensbedingungen für die Gonokokken wird nur nach 
4—5 Tagen ein Ichthyolglycerintampon von 10% eingeführt. Dagegen werden im 
subakuten und chronischen Stadium unter Einführung des Speculums antiseptische 
Ausspülungen vorgenommen, jedoch so, dass der Strahl nicht gegen den Mutter- 
mund gerichtet ist. Erosionen an letzterem werden durch Einlegen von Tampons 
mit Ichthyolglycerin und Nosophen behandelt, welch letzteres als mild wirkendes 
Antisepticum empfohlen wird. 

Auch die Harnröhre wird bei frischen Fällen stets, bei chronischen seltener, 
in 39,3%, ergriffen gefunden. Hier werden in frischen Fällen Einspritzungen von 
1—2%iger Argonin- oder 1—3%iger Ichthyollösung unter schwachem Druck ge- 
macht. In den älteren Fällen wird das Auswischen der Harnröhre mit Höllen- 
steinlösungen, in letster Zeit wegen der geringeren Reizwirkung mit Argonin- 
lösungen, unter Benutzung des Endoskops vorgezogen. 

Akuminaten fand B. in 24,5% seiner Tripperkranken, während er sie ohne 
Tripper überhaupt nur 6mal gesehen hat. Dieselben werden entweder unter An- 
wendung der Schleich’schen Infiltrationsmethode abgebrannt oder abgeschnitten, 
oder die Warzen werden mit Athylchlorid zum Gefrieren gebracht. Dies hat 
desshalb Vortheile, weil die weichen Massen der Akuminaten rascher frieren, als 
die härteren Schleimhautfalten der Karunkeln und daher leicht von ihnen zu unter- 
scheiden sind. 

Bartholinitis wurde in 13,2% beobachtet, gleich häufig bei alten und 
frischen Fällen. Bei letzteren wird der Abscess einfach vom Ausführungsgang 
aus gespalten und tamponirt, wodurch in etwa 14 Tagen Heilung ersielt wird; in 
chronischen Fällen empfiehlt sich das Ausschaben der ganzen Drüse, was suweilen 
nicht leicht ist. 

Mastdarmtripper war in 9,5% vorhanden, und zwar war in 7,3% die 
Gegend des Afters bis sum Schließmuskel, in 2,2% die Schleimhaut oberhalb 
dieses erkrankt. Nur in letzteren Fällen dürfte man Coitus posterior annehmen 
können, während die Aftergegend durch Herablaufen der Tripperabsonderung aus 
der Scheide erkrankt. Ekzem der Aftergegend ist sehr häufig, Strikturen selten, 
eben so Mastdarmfisteln und periproktitische Abscesse. Bei den tieferen Formen 
sind den sonst meist ausreichenden Bädern und Waschungen noch Mastdarm- 
ausspülungen hinzuzufügen, wosu Borsäure-, Chlorzink- oder Argoninlösungen 
verwendet wurden, danach Suppositorien mit Jodoform, Argent. nitrie. oder Airol. 
Gegen das Ekzem bewährte sich neben Puderung eine Ösypussalbe mit Zinc. oxyd. 


612 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


Bei Fehlen einer Erkrankung an Schanker ist Lymphdrüsenentzündung 
sehr selten, unter 200 derartigen Fällen nur in 4% zur Beobachtung gekommen. 
Zuweilen wurden die Drüsenanschwellungen durch Einspritzungen von Hydrarg. 
benzoic. (1%) sum Schwinden gebracht. Meist aber musste unter örtlicher Be- 
täubung eingeschnitten werden. 

Tripperrheumatismus kam in 3,9% vor, 2mal waren auch die benach- 
barten Sehnenscheiden betroffen. Innerlich wurde Ol. Santali 3mal täglich 15 Tropfen 
gegeben, außerdem wurden die Gelenke fixirt und heiße Sandbäder gegeben, welch 
letztere sich sehr bewährten. 

Blasenerkrankungen kamen nicht vor. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


23) F. Laccetti. Splenectomia per milza malarica. 
(Giorn. internaz. delle science med. 1898. Fasc. 1. Ref. nach Gazz. degli ospedali 
e delle clin. 1898. No. 13.) 

L. beobachtete nach einer Exstirpation einer Malariamilz 2 auffallende Er- 
scheinungen. Am 6. Tage nach der Operation stieg die Temperatur plötzlich auf 
39,6°. Man vermuthete einen Malariaanfall und machte eine Chinininjektion, die 
das Fieber vollkommen beseitigte. Außerdem wurden in sämmtlichen Knochen, 
namentlich in den langen Diaphysenknochen, lebhafte Schmerzen empfunden, die 
auf die vikariirende Funktion des Knochenmarks nach der Splenektomie zurück- 
geführt wurden. Gewöhnlich übernehmen die Drüsen diese Funktion und 
schwellen an, was in diesem Falle nicht geschah. Dreyer (Köln). 


24) Brin. Plaie du foie par instrument tranchant. 
(Presse méd. 1898. No. 14.) 

Verf. hat Gelegenheit gehabt, bei einer frischen Stichverletzung der Leber 
operativ und mit Erfolg einzugreifen. Es handelte sich um einen jungen Mann, 
der bei einem Streit in den Bauch gestochen war und mit Zeichen zunehmender 
Anämie ins Spital gebracht wurde; eine 2 cm lange Wunde rechts von der Mittel- 
linie, 2 Querfinger vom Rippenbogen entfernt, führte in die Bauchhöhle, wie 
mittels einer Sonde konstatirt wurde. (!) Bei der Inspiration floss regelmäßig etwas 
Blut aus. In dem Erbrochenen war kein Blut; Collaps. Die Laparotomie zeigte 
einen frischen Bluterguss unter der Leber, der sich immer wieder von Neuem er- 
setste. Man entdeckte sodann auf der konvexen Seite des linken Leberlappens 
eine 5—6 cm lange und 2 cm Gate Wunde, die durch Seidennähte leicht geschlossen 
werden konnte. Nach sorgfältiger Entfernung der Blutgerinnsel vollständiger 
Schluss der Bauchhöhle: in den ersten Tagen Resorptionsfieber bis 38,7 Abend- 
temperatur. Heilung per primam. 

Verf. glaubt, dass man eine Verletzung der großen Gefäßstämme nur an- 
nehmen kann, wenn die Zeichen der Verblutung sehr schnell eintreten, während 
Verletzungen des Leberparenchyms nur zu einer sich langsamer entwickelnden 
Anämie führen, und dass man in ähnlichen Fällen stets operiren soll. Die Blutung 
aus glatten Leberwunden sei meist durch die Naht zu stillen, sonst durch Kau- 
terisation oder Tamponade, in neuerer Zeit auch mit Erfolg durch hochgespannten 
Wasserdampf (v. Sn&guireff) oder durch Übergießen der Wunde mit geschmol- 
zener Gelatine. Tschmarke (Magdeburg). 


25) E. Ullmann. Über Leberresektion. 
(Wiener med, Wochenschrift 1897. No. 47—52.) 

Aus der referirenden Besprechung der in der Litteratur bisher bekannt ge- 
wordenen Fälle von Leberresektion nach ihrer diagnostischen, operativ-technischen 
und pathologisch-anatomischen Seite hin heben wir hier nur die eigene Beobach- 
tung des Autors heraus. 54jährige Frau mit harter, höckeriger, sehr beweglicher 
Geschwulst im rechten Hypochondrium, die erst seit 14 Tagen Erscheinungen und 
Beschwerden macht. Die Diagnose lautete auf Carcinom der Leber. Bei der Ope- 
ration seigt sich, dass die Geschwulst die vergrößerte, verhärtete Gallenblase dar- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 613 


stellt, mit eingeschlossenen Steinen. Die Verbärtung greift auch auf die benach- 
barte Leberpartie über und schließt den Ductus hepaticus mit ein. Keine sekun- 
däre Geschwulst, keine Drüseninfiltration zu fühlen. Unterbindung des Ductus 
cysticus, eben so des Ductus hepaticus mit Resektion beider und Exstirpation der 
Leber-Gallenblasengeschwulst. Die starke Blutung lässt sich weder mit Paquelin 
noch mit ausreichenden Umstechungsnähten nuch durch Kompression stillen, steht 
aber auf Faltung der Leber in der Richtung senkrecht auf den Verlauf der Ge- 
ffe und Kompression mittels steriler Gaze, welche um durchgestoßene große 
»Myomnadeln« geschlungen wird. Ausstopfung mit extraperitonealer Versorgung 
der Leberwunde und Heransiehung des Duodenums Behufs später vorzunehmender 
Hepatoduodenostomie. Die abgetragene Lebergeschwulst ist 111/g em lang, 9cm 
breit, 4cm dick, die Gallenblase 17 cm lang, 9 cm breit, mit 51 erbsen- bis hasel- 
nussgroßen Steinen; im Ductus cysticus, welcher gekpickt ist, noch 3 fest ein- 
gekeilte Steine. Während der Nachbehandlung steter Abfluss der Galle nach 
außen, 400—900,0 täglich, gallenloser Stuhl, dabei aber Zunahme an Kraft und 
Körpergewicht in den ersten 3—4 Wochen. Erst nach 2—3 Monaten Auftreten 
von Ikterus, Verfall, Recidiv und Tod. — Die Nothwendigkeit, den Ductus hepa- 
ticus fortzunehmen, gilt sonst leicht als Kontraindikation gegen die Operation. Die 
üblen Folgen des Gallenverlustes lassen sich aber durch eine sofortige oder später 
auszuführende (wenn die Gallengänge sich ausgedehnt haben) Hepatoduodenostomie 
wieder ausgleichen. Eine Schrumpfung und Nekrose des Lebergewebes, analog 
den Ergebnissen Nasse’s nach Hepaticusunterbindungen, war hier nicht zu be- 
merken, da ja eine Gallenstauung in der Leber nicht stattfinden konnte. 
Herm. Frank (Berlin). 


26) E. S. Kanzel. Zur Kasuistik der typhösen Cholecystitis. Chole- 
cystostomie. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.) 

Die russische Litteratur enthält bloß 30 Fälle aus der Chirurgie der Gallen- 
wege. K. bringt einen neuen, recht seltenen Fall; er fand nur 4 ähnliche. Die 
33jährige Pat. litt seit 2 Jahren an leichter Gallensteinkolik. Nach Überstehen 
eines leichten Abdominaltyphus verschlimmern sich die Schmerzen, und 2 Monate 
darauf findet man serög-eitrige Cholecystitis und Peritonitis. Laparotomie, Lösung 
der Darmverwachsungen, Eröffnung der Gallenblase, in der 2 kirschengroße Steine 
sich finden, ein 3. im Ductus cysticus. Im Bauchfell Staphylococcus pyogenes 
aureus, in der Gallenblase Typhusbacillen. Heilung. 

Güickel (B. Karabulak, Saratow). 
27) A. Hall. Primärer Krebs der Gallenblase. 
(Northwestern lancet 1897. December 1.) 

Eine hochgradig neurasthenische Frau litt an gänzlicher Appetitlosigkeit und 
Unfähigkeit, Nahrungsmittel zu sich zu nehmen, ohne dass irgend eine krankhafte 
Veränderung nachgewiesen werden konnte. Plötzlich traten Darmblutungen ein, 
welche nach etwa 3 Wochen den Tod der schon lange Zeit hindurch bettlägerigen 
und sehr schwachen Frau herbeiführten. Bei der Obduktion fanden sich ganz 
gesunde Organe, nur die Gallenblase war bis zur Größe eines Gänseeies vergrößert 
und mit Colon und hinterer Magenwand fest, mit der Leber leicht verwachsen. In 
ihr befand sich ein Stein von etwa 2,5 cm Durchmesser, ihre Wandung war erheb- 
lich verdickt und carcinomatös erkrankt. Die Kranke hatte häufig über Schmerzen 
in der Lebergegend geklagt, allein es war niemals eine Geschwulst fühlbar ge- 
wegen. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


28) A. H. Ferguson. Personal observations on the surgery of the 
gall bladder and bile ducts. 
(Brit. med. journ. 1897. November 6.) 


F. giebt in diesem Bericht seine Erfahrungen über die chirurgische Behand- 
lung der Gallenblasen- und Gallengangkrankheiten. Er hat in 46 Fällen operirt 


614 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


u. A. 2mal wegen eines Krankheitszustandes, den er in der Litteratur nicht er- 
wähnt gefunden hat, einer Abknickung der Gallenblase, die su häufigen Kolik- 
anfällen, Vergrößerung und Tastempfindlichkeit der Gallenblase geführt hatte. Bei 
der Laparotomie konnte F. in beiden Fällen den Abfluss der Galle feststellen, 
sobald die Gallenblase etwas gehoben und gedrückt wurde, Gallensteine waren 
nicht vorhanden. Durch eine einfache Aufrichtung und Streokung der Gallenblase 
bei der Operation wurde Heilung erzielt. In einem Falle sieht F. den Grund für 
die Knickung in einer Verdrängung der Gallenblase durch einen zungenförmigen 
Fortsats der Leber, in anderen Fällen soll das Vorkommen eines peritonealen 
Aufhängebandes zwischen Leber und Gallenblase die Knickung verursachen. — 
Es ist leider nicht möglich, im Referat auf alle Einzelheiten des interessanten Be- 
richts einzugehen. 

Erwähnen möchte ich nur noch, dass F. die Cholecystotomie 38mal (2 Todes- 
fälle) ausgeführt hat, und swar stets einzeitig. In einfach erscheinenden Fällen 
bevorzugt er einen vertikalen Schnitt vom 11. Rippenknorpel abwärts parallel den 
Rectusfasern; bei Vorhandensein von Ikterus und Fehlen einer tastbaren Gallen- 
blase scheint ihm die Schnittführung parallel dem Rippenbogen mehr Plats zu 
schaffen. 

Die Durchgängigkeit der Gallengänge wurde durch Sondirung oder Injektion 
sterilen Wassers festzustellen gesucht. Steine in den Gängen versuchte F. von 
der Gallenblase aus zu exstirpiren; gelingt dies nicht, wird die Extraktion nach 
Längsinceision des Ganges vorgenommen. 

Die Cholecystoduodenostomie wurde von F. 4mal mittels Murphyknopfes mit 
gutem Erfolg ausgeführt. Die Indikationen zur Operation waren aber in diesen 
Fällen nicht strikte gesogen. Nach seinem heutigen Standpunkt würde F. die 
Choledochotomie ausführen. 5 Fälle von Choledochotomie, welche sämmtlich ge- 
heilt wurden, werden ausführlich referirt. Die nachträgliche Naht der Chole- 
dochotomiewunde hält F. für den Erfolg für unwesentlich, wohl aber für schädlich, 
in so fern sie die Operation verlängert und pathologisch veränderte Gänge be- 
schädigt. Er zieht Drainage mit Glas- oder Gummirohr und Gazetampons vor. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


29) Ehrich, Beitrag zur Kenntnis der Pankreasnekrose. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 2.) 

E. theilt 2 einschlägige Fälle aus der Rostocker chirurgischen Klinik aus- 
führlich mit. Im ersten derselben wurde auf die Operation verzichtet wegen des 
schlechten Allgemeinzustandes, im zweiten unter der Diagnose Ileus laparotomirt. 
Die Operation wurde nicht vollendet, da die gefundene Geschwulst sich nicht an 
die Bauchdecken heranbringen ließ, und die Prognose ohnehin absolut schlecht 
war. — In beiden Fällen ergab die Sektion als Hauptbefund Nekrose des Pan- 
kreas und ausgedehnte abdominale Fettnekrose. Bezüglich der interessanten kli- 
nischen und anatomischen Einzelheiten muss auf das Original verwiesen werden. 
Die Fettnekrose führt E. nicht auf eine Einwirkung des Pankreasgekrets zurück, 
sondern fasst sie als primäre Veränderung auf. Hofmeister (Tübingen). 


30) M. Simmonds. Zur Atiologie der Fettgewebsnekrose. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 6.) 

Dem kurzen Aufsatz liegen 2 interessante Fälle zu Grunde, von denen der 
eine die Anschauung zu bestätigen geeignet ist, dass eine Erkrankung des Pan- 
kreas häufig den Ausgangspunkt für die Fettgewebsnekrose bildet. Der betreffende 
Pat., ein äußerst fetter 33jähriger Mann, war 36 Stunden nach einem Schuss in 
die Bauchhöhle, trotz frühzeitiger Laparotomie, bei der die Quelle der inzwischen 
versiegten starken Blutung nicht zu finden war, im Collaps zu Grunde gegangen, 
die Sektion ergab eine schwere Verletzung des Pankreas und ausgedehnte Fett- 
gewebsnekrosen des Bauchfells, das in der Nähe der quer durchschossenen Bauch- 
speicheldrüse vielfach wie macerirt aussah. — Auch in dem anderen Falle, der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 615 


eine 28jährige fette Frau betraf, welche plötzlich mit heftigen Schmerzen im Leibe, 
Meteorismus und Druckempfindlichkeit desselben, ohne Erbrechen, Singultus und 
Temperatursteigerung erkrankt und am 3. Tage gestorben war, vermuthet 8. die 
hämorrhagische Nekrose des Pankreas als Ursache der gleichfalls bei der Sektion 
nachgewiesenen ausgedehnten Fettgewebsnekrose in der Bauchhöhle. Für die Ent- 
stehung der Bauchspeicheldrüsenerkrankung nimmt S., wie Ponfick, einen ba- 
eillären Ursprung an, da das Bestehen parenchymatöser Degeneration in Leber, 
Nieren, Herz und von Milsschwellung auf eine Infektion hinwies. 
Kramer (Glogau). 


31) Morer. Note sur treize observations de cure du varicocöle par 
resection du scrotum. 
(Arch. de méd. et pharm. militaire 1898. Märsheft.) 

Die 13 Operirten sind vollkommen gesund geworden. Nur 7 aber ließen sich 
später auffinden und zeigen eine tadelloses Ergebnis, sowohl was die ästhetische 
Seite als auch die Ausübung der Geschlechtsfunktionen angeht; Recidive sind nicht 
eingetreten, eben so waren die Schmerzen, welche den Wunsch nach der Operation 
waohgerufen hatten, nicht wieder aufgetreten. Unter sorgfältigem Einhalten der 
aseptischen Grundsätse ist eine Lebensgefahr überhaupt so gut wie ausgeschlossen. 
Höchstens ist die Möglichkeit gegeben, dass sich unter der Haut ein Hämatom 
entwickelt, indem bei der Blutstillung sich ein Gefäß hinter die straff gespannte 
Tunica zurücksieht und der Unterbindung entgeht. Durch sorgfältige Gefäß- 
unterbindung wird sich diese an und für sich nur geringe Gefahr noch vermeiden 
lassen. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


32) G. Gellhorn. Über die Resultate der Radikalbehandlung des 
Gebärmutter-Scheidenkrebses mit dem Glüheisen. 


(Arbeiten aus der Privat-Frauenklinik von Dr. A. Mackenrodt in Berlin Hft. 2.) 
Berlin, 8. Karger, 1898. 

G.’s Arbeit umfasst die Resultate der letzten 3 Jahre, in denen Macken- 
rodt 39 Igniexstirpationen von Uteruscareinomen vorgenommen hat. Macken- 
rodt geht bei seiner Methode von der Voraussetzung aus, dass die häufigsten 
aller Carcinomrecidive Impfreeidive sind, und nimmt für sein Verfahren als Haupt- 
ziel in Anspruch: 1) das Auftreten von Recidiven durch sorgfältige Vermeidung 
von Impfinfektion zu verhüten, und 2) so radikal zu sein, dass surückgelassene 
Krebskeime nicht die Ursache für einen Rückfall bilden können. Wir können die 
Technik der Operation für die Leser des Centralblattes wohl als bekannt voraus- 
Setzen. erwähnt sei nur, dass Mackenrodt den Paquelin gans verlassen hat und 
statt dessen sich eines Galvanokauters, bezw. eines Glüheisens bedient, das durch 
eine Gasstichflamme erhitzt wird. 

Sehen wir uns Maokenrodt’s Resultate etwas näher an. Was zunächst die 
Operabilität betrifft, so hat M. unter 42 Frauen nur 3 als inoperabel abgewiesen, 
was einer Operabilität von fast 93% gleichkommt, während die meisten Opera- 
teure nur 10—25%, höchstens 40% erreichen. G. erklärt dies günstige Verhältnis 
aus der Thatsache, dass die Igniexstirpation die Operation noch erlaubt, wo andere 
Methoden versagen. Mackenrodt's Mortalität betrug 17,9%, während der 
Durchschnitt bei den anderen Methoden jetzt 8% beträgt. Von Nebenverletzungen 
sind 7 Harnleiterfisteln (2 doppelseitige), 4 Blasenfisteln und 3 Darmverletzungen 
zu verzeichnen. Eine der letztgenannten führte durch Peritonitis zum Tode. Die 
Dauerresultate sind im Vergleich mit anderen Operateuren als günstig zu be- 
seichnen. Lokale Recidive im Bereich der Narbe wurden niemals beobachtet. Im 
Übrigen erkrankten von den 32 geheilt Entlassenen nur 3 wieder an Carcinom, 
1 starb an einer anderen internen Krankheit. Von den noch restirenden 27 == 
87,1% Geheilten sind 7 mehr als 2 Jahre und 7 mehr als 1 Jahr bis jetst recidiv- 
frei geblieben. Diese Resultate sind allerdings bei Weitem günstiger, als die in 


616 Centralblatt für Chirurgie. No. 23. 


der Litteratur verzeichneten, nach anderen Methoden operirten Fälle, aus denen 
Mackenrodt und Kümmell etwa gleichzeitig und unabhängig von einander 
nur ca. 7% radikale Heilungen herausrechnen konnten. 

G. glaubt daher zu dem Ausspruch berechtigt zu sein, dass die Igniexstirpa- 
tion die Dauerresultate, sowohl was die Operationsmöglichkeit, als auch was die 
radikale Heilung betrifft, wesentlich verbessert habe. 

Ref. will es scheinen, als wenn für eine endgültige Entscheidung die Zahl der 
bisherigen Erfabrungen doch noch zu gering sei, dass die Methode jedoch verdient, 
in größerem Maßstabe nachgeprüft und weniger, als es bisher den Anschein hat, 
ignorirt zu werden. Jaff6 (Hamburg). 


33) F. Terrier. De l’hsyterectomie abdominale totale et partielle 
(supra-vaginale). 
(Revue de chir. 1897. No. 11 u. 12.) 

T. hat die totale abdominale Hysterektomie, bei welcher er die Scheidenwunde 
vollständig und einen ante-uterinen Bauchfelllappen darüber näht, in 19 Fällen 
ausgeführt; von den Operirten starben 3 — je 1 an Pneumonie, intraperitonealer 
Blutung und septischer Peritonitis. Die Fälle betrafen 14mal einfache oder kom- 
plieirte (Ovarialeyste, Pyo-, Hämosalpinx etc.) Fibrome (3 +), 4mal Epitheliome 
des Uterus und imal eine Extra-uterin-Gravidität. Die supravaginale abdominale 
Hysterektomie, bei welcher T. gleichfalls einen vorderen Bauchfelllappen bildet, 
kam in 26 Fällen, 4mal mit tödlichem Ausgang (chronische Nephritis, peritoneale 
Sepsis, Pneumonie), zur Ausführung; in 22 gaben Fibrome (2 +) die Indikation. 
— Nach T. ist die letztere Operation, wo möglich, als die einfachere und schneller 
zu vollendende der totalen Hysterektomie vorzusiehen. 

Die Krankengeschichten sind am Schluss der vom Verf. auf dem letzten 
französischen Chirurgenkongress vorgetragenen Abhandlung mitgetheilt. 

Kramer (Glogau). 


34) T. Wickerhauser. Fibromyoma uteri. Exstirpatio uteri vagi- 
nalis et abdominalis. 
(Liečnički viestnik 1898. No. 2. [Kroatisch.]) 

Der Fall gewinnt besonders dadurch an Bedeutung, dass sich der Fortsetzung 
der vaginalen Exstirpation des Uterus nach Unterbindung der Parametrien unüber- 
windliche Widerstände entgegensetzten. Der Uterus lässt sich absolut nicht herab- 
ziehen, auch nicht nach Eröffnung des Douglas mit Kletterzangen retroflektiren. 
Die Ligg. lata fühlen sich stark gespannt, lassen sich weder mit Péans fassen, noch 
mit Deschamps umgehen. Nach I!/stündigem resultatlosem Bemühen machte W. 
die abdominale Köliotomie und fand, dass der Uterus wie mit einer Kappe dicken 
perimetranen organisirten Exsudats überzogen war, welches Adhäsionen mit dem 
Netz und Darm bildete. Die Exsudatschicht ließ sich sehr schwer von der Blase 
und von den Verwachsungen loslösen. Schließlich gelang dies, die Ligg. lata 
wurden unterbunden und der Uterus leicht entfernt. Naht der Bauchdeoken, Drai- 
nage durch die Scheide. Dauer der Operation 21/2 Stunden. Der exstirpirte Uterus 
ist kleinkindskopfgroß, ganz von perimetranem bis 0,5 cm diekem Exsudat über- 
zogen. Die Geschwulst ist ein interstitielles Myom, die Ligg. lata sind stark ver- 
kürst. 

Die schon vor der Operation durch große und langwierige Blutverluste sehr 
geschwächte, fast pulslose Pat. war danach sehr kollabirt. begann aber nach 
2 Tagen sich zu erholen. Weiter glatter Verlauf. v. Cačković (Agram). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmam, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


m La me rer 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen uurch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 24. Sonnabend, den 18. Juni. 1898. 


Inhalt: I. M. Levy-Dorn, Die L.agebestimmung von Fremdkörpern mittels Röntgen- 
durchleuchtung. — II. N. A. Sokoloff, Eine neue Modifikation der operativen Behandlung 
syphilitischer Mastdarmstrikturen. (Original-Mittheilungen.) 

1) v. Zoege-Manteuffel, Gefäßverschluss bei Gangrän. — 2) Küttner, Röntgenstrablen 
in der Kriegschirurgie. — 3) Port, Improvisationsarbeiten. — 4) Butlin, Speiseröhren- 
divertikel. — DI Willgerodt, 6) Klink, Urin in der Bauchhöhle. — 7) Körte, Eitrige 
Bauchfellentzündung. — 8) Letulle und Weinberg, 9) Brun und Letulle, 10) Borchardt, 
11) Barling, Appendicitis. — 12) Föderl, Darmwandbrüche. — 13) Lotheissen, Blasen- 
brüche. — 14) Leube, 15) Mikulicz, Magengeschwür. — 16) Sykow, Gastroenterostomie. 
— 17) v. Elselsberg, Darmausschaltung. 

Christel, Ein Darmverschluss durch appendicitischen Abscess. (Original-Mittheilung.) 

18) Unna, Mikrobrenner. — 19) Jankau, Nasenöffner. — 20) Otis, Mastdarmspiegel. 
— 24) Köhler, Arbeitsklaue. — 22) Bogdanik, Spitalbericht. — 23) Herrmann, Öso- 
phagotomie. — 24) Duran, Bauchfelltuberkulose. — 25) van Lennep, Appendicitis. 
— 26) Murphy, 27) Riedel, Ileus. — 28) Casati, Pyloroplastik und Gastroplicatio. — 
29) Wanach, Duodenalgeschwür. — 30) Dempei, Dünndarmkrebs. — 31) Franzke, 
Blinddarmkrebs. 


I. Die Lagebestimmung von Fremdkörpern mittels 
Röntgendurchleuchtung. 


Von 
Dr. M. Levy-Dorn in Berlin. 


Die von Herrn Angerer in d. Bl. 1598 No. 18 mitgetheilte 
Methode, die Lage von Fremdkörpern mittels Röntgenstrahlen zu 
bestimmen, stammt, was dem Herrn Verf. entgangen zu sein scheint, 
in allen wesentlichen Punkten von mir! und ist bereits am 
26. März 1897 in der physiologischen Gesellschaft zu Berlin?, so wie 
auf dem vorletzten Chirurgenkongress® beschrieben und demonstrirt 
worden. 


t Das Gleiche gilt von der etwas später erschienenen Mittheilung des Herrn 
Sehrwald in No. 19 der Deutschen med. Wochenschrift. 
2 Vgl. die diesbezüglichen Verhandlungen im Archiv für Physiologie. 
3 Vgl. den Kongressbericht und mein Autoreferat in diesem Centralblatt. 
24 


618 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


Es freut mich, dass Herr Angerer auf dem von mir gezeigten 
Wege gute Resultate erzielt hat. Doch möchte ich davon abrathen, 
die dabei nöthigen Markirungen stets auf dieselbe Weise ausführen 
zu wollen. Die Schablone bewährt sich eben hier so wenig, wie in 
anderen Dingen. 

Es ist vor Allem nöthig, die Marken, mit welchen man den 
Fremdkörper auf dem Fluorescenzschirm zur Deckung bringt, der 
Größe des Körpertheils anzupassen. Während die dem Schirm nahen 
Marken immer sehr klein sein können, müssen die entfernteren bei 
umfangreicheren und schwer durchgängigen Körpertheilen eine be- 
trächtlichere Größe erreichen, um überhaupt noch auf dem Schirm 
zu erscheinen. Das Resultat, welches man schließlich erreicht, fällt 
natürlich um so genauer aus, je kleiner die Marke ist. 

In der Wahl der Marken und der Art ihrer Befestigung bin ich 
seit meiner Publikation (l. c.) sehr verschieden vorgegangen. Durch- 
lochte Stückchen Blei, Haltunge aus demselben Metall, wie ich sie 
früher beschrieben habe, wechselten mit kugelförmigen und würfel- 
oder kreuzähnlichen Metallstücken und dergleichen ab, wie sie gerade 
zur Hand waren und den Zwecken zu genügen schienen. Oft wurde 
die Metallmarke nicht mit Heftpflaster oder Wachs befestigt, sondern 
nur an Ort und Stelle gehalten, bis ein Punkt mit Farbstift oder 
chinesischer Tusche gemacht war. Öfter begnügte ich mich damit, 
einen Messingstift mit der schmalen Seite gegen die zu fixirende 
Hautstelle zu pressen; der Abdruck auf der Haut wurde dann später 
mit Farbe benetzt. 

Der von Herrn Angerer empfohlene Punktograph von Dr. 
Rosenthal scheint für eine Anzahl von Fällen nicht schlecht zu 
sein. Doch können wir mit einfacheren Mitteln unser Ziel er- 
reichen. 

Aus dem Abstand der Marken von einander auf den Sitz des 
Fremdkörpers schließen zu wollen, wie es Herr Angerer empfiehlt, 
kann leicht zu Irrthümern führen. Denn wir erfahren auf diesem 
Wege nichts von der Ebene, in welcher die Marken liegen. Diese 
Ebene steht ja durchaus nicht immer lothrecht zur Körperoberfläche, 
nimmt vielmehr leicht eine schräge Richtung an. Die Konstruktion, 
wie ich sie l. c. empfohlen, beseitigt diesen Mangel. Doch hat sich 
mir dabei der biegsame Draht oft nicht bewährt, weil er sich leicht 
aus der zu bestimmenden Ebene herausbiegt. Ich habe dafür wieder- 
holt mit gutem Erfolg die sogenannte Schubleere* gebraucht, d. h. 
ein Rechtwinkel, an dessen einer Seite sich ein der anderen Seite 
paralleler Arm verschieben lässt. Man bringt den zu untersuchenden 
Körpertheil in Höhe der Marken zwischen die gegen einander ver- 
schiebbaren Arme, bezeichnet auf ihnen die Berührungspunkte mit 
den Marken und hat nun Alles, was zur Konstruktion gebraucht wird. 


4 In.allen größeren Eisenwarenhandlungen käuflich. Man muss mindestens 
2 Größen besitzen, einen für kleinere, einen für größere Körpertheile. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 619 


Es sind noch eine Reihe anderer Wege denkbar, auf welchen 
man aus der Lage der Marken auf den Sitz des Fremdkörpers 
schließen kann’. Eine wesentliche Bedeutung kommt aber weder 
dieser, noch jener Modifikation für mein Lokalisationsverfahren zu. 


(Aus der chirurgischen Abtheilung des Alt-Katharinenspitals in 
Moskau.) 


II. Eine neue Modifikation der operativen Behandlung 


syphilitischer Mastdarmstrikturen. 
Von 
N. A. Sokoloff. 


Auf dem 26. deutschen Chirurgenkongress ist von Sonnenburg 
{Langenbeck’s Archiv Bd. LV) ein neuer Behandlungsmodus hoch- 
sitzender Mastdarmstrikturen vorgeschlagen worden, welcher in einem 
Einschneiden derselben von außen nach innen unter gleichzeitiger 
Wegnahme von Theilen des Steiß- und Kreuzbeins, ähnlich wie bei 
der Exstirpation von Mastdarmgeschwülsten, besteht, wobei aber der 
Sphinkter erhalten bleibt. Durch meine an Exstirpationen von 
Strikturen gewonnenen Resultate wenig befriedigt, beschloss ich, 
dieses von vorn herein anziehende Verfahren an dem ersten sich 
mir bietenden Falle zu versuchen. Eine Analyse der allgemein 
üblichen Behandlungsweisen der Mastdarmstrikturen lässt eigentlich 
nur 2 derselben mit einander konkurriren: die Exstirpation und die 
Rectotomie nach Sonnenburg; die übrigen geben nicht das ge- 
wünschte Resultat. Die Exstirpation hat jetzt eine gewisse Ancien- 
nität für sich, aber Jeder, der eine solche auszuführen Gelegenheit 
gehabt hat, wird zugeben, dass die Operation bei den entzündlichen 
Processen in der Umgebung der Striktur zum mindesten äußerst 
schwer, manchmal unmöglich ist. Ohne die Erfolge anderer Chirurgen 
nach derartigen Exstirpationen streifen zu wollen, muss ich für 
meinen Theil gestehen, dass ich mit den meinigen keinen Staat 
machen kann, und berührte mich die von Sonnenburg vor- 
geschlagene einfache Operation darum um so angenehmer. Das 
Verfahren ist jetzt allerdings noch jung und hat noch wenig zahl- 
reiche Erfolge aufzuweisen, immerhin beschloss ich, es in meinem 
Falle anzuwenden. Unangenehm erschien mir nur das weite Klaffen 
der durchschnittenen Striktur und die dadurch bedingte Kommuni- 
kation zwischen Wund- und Darmhöhle. Wesshalb sollte man da 
nicht nach Lüngsincision an der Hinterwand des Darmes die Wund- 
ränder in querer Richtung nach dem von Heineke-Mikulicz für 
die Pylorusstrikturen vorgeschlagenen Schema vereinigen? Die Idee 
einer solchen queren Vereinigung war mir vor Kurzem gelegentlich 

5 Vgl. z. B. die Mittheilung des Herrn Sehrwald Le 

EM 


620 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


der Operation eines retrorectalen tuberkulösen Abscesses, der in den 
Mastdarm durchgebrochen war, gekommen. Ich hatte mir das Opera- 
tionsfeld nach Kraske zugänglich gemacht und fand eine breite 
Perforationsöffnung im Darm, welche ich vernähte, und ich erzielte 
trotz der augenscheinlich ungünstigen Bedingungen eine prima in- 
tentio. Der Vergleich ist gewiss nicht ganz passend gewählt, da in dem 
genannten Falle die Rectalwand nicht sehr infiltrirt war, wodurch das 
Nähen in vollkommener Weise möglich war. Anders musste es bei den 
luetischen Strikturen sein, bei denen die Rectalwand primär befallen, 
infiltrirt und brüchig ist. Immerhin riskirte ich bei der Naht nichts 
— im schlimmsten Falle würden die Nähte durchschneiden, die Wund- 
ränder würden aus einander gehen, und als Resultat ein Heilungs- 
verlauf, wie ihn die Sonnenburg’sche Operation nach sich zieht, 
die Folge sein. Hielt die Naht, dann waren die Pat. der Kommuni- 
kation zwischen Wunde und Darm überhoben. Die Unmöglichkeit 
einer exakten Naht und genauer Adaptirung der Wundränder konnte 
keine besondere Bedeutung haben; früher oder später würden die 
Granulationen die hier und da bestehenden Öffnungen in der Darm- 
wand verlegen und etwaige Einstülpungen der Wundränder nivelliren. 
Die nach den oben dargelegten Principien ausgeführte Operation 
hat mich in meinen Erwartungen durchaus nicht getäuscht, und 
wenn ich den erst kürzlich operirten Fall schon jetzt mittheile, so 
geschieht es nur, um anderen Chirurgen die Möglichkeit zu bieten, 
dieses Verfahren auszuprobiren und ihrer Ansicht nach dieser oder 
jener Richtung hin Ausdruck zu geben. Natürlich liegt mir nichts 
ferner, als die angegebenen Modifikationen für alle Fälle von Mast- 
darmstrikturen anzupreisen, da man ja nicht immer in der Lage 
sein wird, die beiden Enden des Längsschnitts, namentlich bei langen 
Strikturen und sehr verdickter Darmwand, an einander zu bringen. 
Für solche Fälle wäre ein Abwarten der narbigen Zusammenziehung 
der Striktur in Anschluss an eine intensive antiluetische Kur am 
Platze. Ich gehe zur Beschreibung meines Falles über. 

M. M., 31 Jahre alte Sängerin, tritt am 31. December 1897 ein. Gesund bis 
1892, zu welcher Zeit zuerst in der Nähe des Afters ein Abscess auftritt, der in 
einem Provinzialspital incidirt wird. Ein Jahr später stellen sich Defäkstions- 
beschwerden ein, welche sich dazwischen bis zur vollkommenen Stuhlverhaltung 
steigern. Die dadurch nothwendig gewordenen Drastica hatten zuletzt, trotz fort- 
schreitender Steigerung der Dosis, eine nur ungenügende Wirkung. In letzter 
Zeit entleert sich nur flüssiger Darminhalt, und Pat. kommt immer mehr herunter. 
Der Zustand, in welchem sie sich präsentirt, ist der folgende: mager, blass, grün- 
liche Gesichtsfarbe; Meteorismus, Stuhlverhaltung wegen eines schmerzhaften 
Hindernisses im Mastdarm. Eine Untersuchung per rectum ist nur in Narkose 
möglich und ergiebt das Vorhandensein einer stark ausgesprochenen Striktur, 
welche bereits 4cm über dem Sphincter externus beginnt. Die Mastdarmwand 
zwischen Sphinkter und Strikturstelle ist infiltrirt. Der Finger dringt nur um 
ein Weniges in die strikturirte Stelle ein und wird im Vordringen durch ein festes 
Gewebe gehindert. Eine dünne Bougie passirt die Striktur mit Leichtigkeit, und 
durch ein hierauf eingeführtes weiches Mastdarmrohr lässt sich eine große Menge 
mit Blut und Fäkalmassen untermischten Eiters herausspülen. Die Abendtempe- 
ratur erreicht 38°. Systematisches Bougieren und interne Applikation von Jodkali 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 621 


brachten eine rasche Veränderung hervor, indem eine rasche Kräftigung und ein 
ziemlich guter Ernährungszustand eintrat. Darüber verging eine geraume Zeit, 
die Pat. befand sich bei dieser Behandlungsweise sehr gut. Wurde mit dem Bou- 
gieren aufgehört, so verengte sich die Striktur und erforderte eine Rückkehr zu 
dünneren Bougienummern. Die Striktur als solche wurde fester, und das Infiltrat 
in ihrer Umgebung verschwand. Es war mithin klar, dass es sich um einen 
großen Substanzverlust in der Darmwand handelte, und dass mit Bougierungen 
ein Dauerresultat nicht zu erreichen war. Die Indikation für ein operatives Vor- 
gehen war vorhanden, und ich entschloss mich für die oben aus einander gesetzte 
Modifikation der Rectotomie mit Naht, um so mehr, da die Pat. selbst die Opera- 
tion dringend forderte. Am 18. April 1896 unter Morphium-Chloroformnarkose 
Schnittführung nach Kraske; Entfernung des Steißbeins und des linken Seiten- 
theils des Kreuzbeins bis zum 3. Sacralloch, Vordringen gegen die Striktur. Ein 
Auslösen der Darmwand erwies sich als unmöglich wegen fester Verbackung der- 
selben mit dem umgebenden Gewebe. Nach Einführung eines Dilatators per anum 
wurde die Rectalwand in die Wunde vorgestülpt und von außen nach innen — also 
von hinten nach vorn — durchschnitten. Die sehr starke Blutung gestattete ein nur 
äußerst umsichtiges Vordringen. Die Striktur war 2,5 om dick, das Gewebe der- 
selben nach oben hin fester; es knirschte unter dem Messer. Der Schnitt durch 
die Striktur wurde 5cm lang, der obere Rand der Striktur entsprach dem Rand 
des Kreuzbeins. Nach Durchschneidung der Striktur passirte sowohl der Finger 
als auch eine dicke Bougie per anum und durch die Wunde anstandslos in den 
Mastdarm. Trotz der sehr starken Verdickung war die ganze Masse der incidirten 

ewebe beweglich, und nach Durchlegung eines dicken Seidenfadens durch die 
ganze Dicke derselben konnte ich mich überzeugen, dass die Enden des Schnittes 
sich durch starken Zug an einander bringen ließen. Nach einigen missglückten 
Versuchen — die Fäden schnitten fortwährend durch und mussten tiefer durch- 
gelegt werden — brachte ich zuletzt die Ränder der Längsineision in querer 
Richtung an einander. Nachdem ich mich noch einmal von der mehr als genügen- 
den Durchgängigkeit des Rectallumens für die dicke Bougie überzeugt hatte, 
tamponirte ich die ganze Höhle. Der weitere Verlauf war ein regelmäßiger. 
9 Tage später granulirte die ganze Wundhöhle. Nach 14 Tagen trat zum ersten 
Mal Stuhl ein, und nur bei Einspülen einer gefärbten Flüssigkeit ins Reotum 
bemerkte man ein langsames Durohsickern derselben durch eine unsichtbare 
Öffnung in der Darmwand. Am 9. Mai, also 3 Wochen post operationem, mäßiger 
Stuhlgang; Einspülung von Flüssigkeit ins Rectum zeigt, dass sich auch die 
minimale Kommunikationsöffnung geschlossen hat. Die Pat. fühlt sich sehr wohl, 
Diät und Bettruhe werden beibehalten. Am 11. Mai 1898 passirt eine 2 cm dicke 
Bougie anstandslos per rectum die Strikturstelle. Dickere Nummern werden vor- 
sichtshalber noch nicht eingeführt. 


1) W. v. Zoege-Manteuffel. Über die Ursachen des Gefäß- 
verschlusses bei Gangrän. 
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 461.) 

Verf. tritt von Neuem für seine Lehre ein, dass die Obliteration 
von Gefäßen bei angiosklerotischer Gangrän wesentlich auf Thromben- 
bildung und Thrombenorganisation beruhe, eine Lehre, die bekannt- 
lich von Weiss an von v. Z.-M. gewonnenen Amputationspräparaten 
durch histologische Untersuchungen begründet wurde (cf. d. Central- 
blatt 1595 p. 550), die aber von Borchard angegriffen ist (cf. d. 
Centralblatt 1897 p. 190). 

v. Z.-M. sucht in vorliegender Arbeit nun besonders Borchard's 
Angriffe zu widerlegen. Dieser hatte das Vorkommen und die Or- 


622 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


ganisiruug der Thrombenbildungen zwar zugegeben, aber behauptet, 
sie fänden nur dort statt, wo Endothelwucherungen der Intima zu 
Taschenbildung in der Gefäßlichtung geführt hätten. Dem entgegen 
beschreibt v. Z.-M. Präparate, die Thromben deutlich ohne solche 
Taschenbildung zeigen. Auch Bilder, wo eine knopfförmige Endothel- 
wucherung vorhanden sei, schlössen die Entstehung aus Thromben- 
bildung nicht aus. v. Z.-M. verfügt über Präparate, die auch der- 
gleichen zeigen, glaubt aber, dass hier Stellen getroffen sind, wo das 
Gefäß sich verästelt. Übrigens sind solche Zapfenbildungen sehr 
selten. 

Details der histologischen Erörterungen mögen im Original er- 
sehen werden, das mit 9 tadellosen kolorirten Präparatabbildungen 
ausgestattet ist. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


2) H. Küttner. Über die Bedeutung der Röntgenstrahlen 
für die Kriegschirurgie nach Erfahrungen im griechisch-tür- 
kischen Kriege 1897. 

"übingen, Laupp’sche Buchhandlung, 1897. 

K. ist der Erste, der über die Verwendung und Verwerthbarkeit 
der Röntgenstrahlen im Kriege Erfahrungen sammeln konnte. Er 
giebt genauen Aufschluss über die Art, wie die Verwendung erfolgte, 
kommt aber schließlich zu dem Schluss, dass nur die Reserve- und 
Festungslazarette, nicht aber die Feld- und Kriegslazarette mit einem 
Röntgenapparat ausgerüstet werden können, dass in den meisten 
Fällen eine Durchleuchtung genügt, dass zum Photographiren nicht 
Zeit und Platz vorhanden sein werden. Unter diesen Voraussetzungen 
hat sich ihm die Methode durchaus bewährt, so dass die Verwundeten 
ein unbedingtes Recht auf ihre Verwendung haben, und in diesem 
Sinne das Verfahren für die Reservelazarette als unentbehrlich zu 
bezeichnen ist. Die der Arbeit beigegebenen Diagramme beweisen, 
dass auch trotz der vielen Arbeit, die der Krieg dem Chirurgen 
bringt, und trotz fehlenden Raumes es gelingt, anschauliche und 
beweiskräftige Bilder zu machen. Dumstrey (Leipzig,. 


3) J. Port (München). Anleitung zu ärztlichen Improvisa- 
tionsarbeiten. Im Auftrag des kgl. Bayr. Kriegsministeriuns. 
Zweite vermehrte Auflage. 

Stuttgart, F. Enke, 1898. 83 S. Mit 70 Abbildungen. 

Von der 1. Auflage, welche im Jahre 1892 erschienen und auf 
p- 371 desselben Jahrgangs dieses Centralblattes besprochen worden 
ist, unterscheidet sich die hier vorliegende 2. Auflage erheblich, schon 
durch ihren Umfang, indem sie fast die doppelte Seitenzahl und statt 
41 Figuren deren 70 im Text enthält. Allein diese 2. Auflage ist nicht 
nur eine »vermehrte«, sondern auch wesentlich verbesserte und ver- 
änderte. Verändert ist z. B. die Einrichtung eines gewöhnlichen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 623 


Stallkarrens als Krankenfahrbahre. Ganz neu sind die Abschnitte 
über die Einrichtung eines fußlosen ?2räderigen Handkarrens und 
des Radgestells eines Pfluges als Krankenfahrbahre, eines bespannten 
2räderigen Karrens für den Verwundetentransport nach Harritsch, 
eines Leiterwagens nach Ellbogen, so wie von Fischerkähnen zu 
demselben Zweck. Der Transport von Schwerverwundeten zwischen 
zwei hinter einander gespannten Kavalleriepferden wird beschrieben, 
doch könnte hinzugefügt werden, dass auch eben so gut Zugthiere 
dazu verwendbar sind, an deren Geschirr sich die Stangen zum Auf- 
hängen der Tragen eben so gut anbringen lassen. Neu ist auch 
der Vorschlag zum Transport in Hängematten, zu deren Herstellung 
auch die Zeltbahnen der Mannschaften verwendet werden können. 
Zumal für den Gebirgskrieg ist die vorgeschlagene Herrichtung von 
Tragstühlen gewiss vortheilhaft. Sehr beherzigenswerth ist das bei 
der freiwilligen Sanitätskolonne Straubing eingeführte Verfahren, 
2 Fahrräder zum Krankentransport zu verbinden. Nicht erwähnt ist 
die sehr zweckmäßige Umänderung eines einzelnen Fahrrades zur 
Krankentrage durch einige mitgeführte Vorrichtungen, wie sie von 
Wenniger in Allmannshausen vorgeschlagen worden ist. Eben so 
muss die gänzliche Nichtberücksichtigung der Feldeisenbahnen als 
eines der wichtigsten Hilfsmittel der Neuzeit für den Verwundeten- 
transport hervorgehoben werden, wogegen der Herrichtung von Eisen- 
bahngüterwagen zum Transport Verwundeter und Kranker wenigstens 
flüchtig gedacht ist. 

Ganz besonders ausführlich und mit der dem Verf. eigenen 
Anschaulichkeit und Umsicht werden die »Bandeisenverbände« be- 
handelt. Freilich ist das Mitführen von Flachkopfnieten, welche zur 
Herstellung von Verbänden aus dem überall erhältlichen Bandeisen 
nöthig sind, ein Übelstand, wie ihn auch unleugbar das Verlöthen 
der einzelnen Theile selbst darstellt. Jedenfalls wäre ein Kapitel 
über alle möglichen Arten von Verbandimprovisationen sehr aus- 
gedehnt gewesen, und muss eben dem Scharfsinn und dem Erfindungs- 
geist des einzelnen Feldchirurgen überlassen sein, jedes erreichbare 
Material für seine Zwecke dienstbar zu machen. Unleugbar aber ist 
es ein großes Verdienst des Schriftchens, dass die Feldärzte auf 
mancherlei hingewiesen und aufmerksanı gemacht werden und dass 
sie, geübt in Dechen Improvisationsarbeiten, befähigter sein werden, 
im Drang des Augenblicks sich jeweilig selbst das Nöthige zu >im- 
provisiren«. Lühe (Königsberg i/Pr.}. 


4) H. T. Butlin. On a second case of removal of a »pres 
sure pouch« of the oesophagus. 
(Brit. med. journ. 1898. Januar 1.) 
Einem schon im Jahr 1893 (Transact. of the R. med. and chir. 
society) veröffentlichten Fall von Radikaloperation eines Pulsions- 
divertikels der Speiseröhre fügt B. seine weiteren Erfahrungen an. 


624 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


Er hat nun im Ganzen bei 6 Pat. die Erkrankung gesehen 
und diagnostieirt, in 2 Fällen hat er selbst das Divertikel durch 
Operation entfernt, in einem dritten Falle, bei dem er auch die 
Diagnose gestellt hatte, wurde die Operation von einem anderen Lon- 
doner Chirurgen vorgenommen. In diesem Falle war der Verlauf in 
Folge Suppressio urinae ein ungünstiger, während sonst in allen 
Fällen Heilung eintrat. 

B. hält nach seinen Erfahrungen die Erkrankung, die am 
häufigsten zu Verwechslung mit Strikturen des Ösophagus Ver- 
anlassung giebt, nicht für so sehr selten, wie bisher angenommen. 
Der Sitz des Divertikels ist nach B. stets an der Hinterwand der 
Speiseröhre, die Kommunikation mit dem Schlund findet gewöhnlich 
in der Mittellinie an der Übergangsstelle vom Schlund in die Speise- 
röhre durch eine längliche zolllange Öffnung statt. Das männliche Ge- 
schlecht ist häufiger betroffen, meist handelt es sich, bei dem außer- 
ordentlich langsamen Verlauf der Erkrankung, um vorgerücktere 
Lebensalter (über 45 J.). Die Hauptsymptome des Pulsionsdivertikels 
sind: Wiederkehr von Speiseresten durch Würgen oder Husten 
stundenlang nach der Mahlzeit (oft tagelang); Flüssigkeiten werden 
im Allgemeinen besser genommen. Durch Druck im hinteren Hals- 
dreieck, gewöhnlich auf der linken Seite, wo das Divertikel eine 
Vorwölbung verursachen kann, werden oft Flüssigkeitsreste oder 
Gase zur Rückkehr in den Mund veranlasst. Die Hervorwölbung 
fehlte meistens. Bei der Sondirung gelangte die Sonde gewöhnlich 
9 Zoll von der Zahnreihe entfernt im Divertikel auf einen Wider- 
stand und kann hier, wie in dem 2. Falle Dia am Hals gefühlt 
werden. Das Körpergewicht leidet erst in den letzten Stadien der 
Erkrankung Noth. Für die Behandlung empfiehlt B. die Radikal- 
operation von der seitlichen Halsgegend aus. (Schnitt am vorderen 
Rand des Kopfnickers mit seinem Centrum in der Höhe des Ring- 
knorpels, Excision des Divertikels, Seidennaht der Speiseröhrenwund- 
ränder.) Vor der Operation in der Narkose empfiehlt sich eine 
gekrümmte Metallsonde in das Divertikel einzuführen und event. 
durch Vorbeiführen einer Ösophagussonde in den Magen eine Striktur 
auszuschließen. F. Krumm (Karlsruhe). 


5) Willgerodt. Über das Verhalten des Peritoneums gegen 
den künstlich in die Bauchhöhle geleiteten Urin und über 
die experimentelle Erzeugung der Urämie. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Chirurgie u. Medicin Bd. II. Hft. 3 u. 4.) 
6) Klink. Experimente betreffend die Folgen des Ein- 


dringens von Urin in die Peritonealhöhle. 
(Ibid.; 
Unabhängig von einander bearbeiteten W. und K. das von der 
Straßburger Fakultät als Preisarbeit gestellte Thema und kamen dabei 
zu theilweise sich widersprechenden Resultaten. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 625 


W. geht davon aus, dass das Einfließen von Urin in die Bauch- 
höhle nach klinischen und experimentellen Erfahrungen bedeutungs- 
los ist, wenn diesem Einfließen innerhalb der ersten 40 Stunden ein 
Ziel gesetzt wird. Er will nun die Frage beantworten, wie sich die 
Verhältnisse gestalten, wenn der Urin längere Zeit hindurch in die 
Bauchhöhle gelangt. Er laparotomirte Hunde, durchschnitt einen 
Harnleiter dicht an der Blase, band sein peripheres Ende zu und 
ließ das centrale frei in den Bauch münden. Stets erbrachen die 
Thiere in den ersten Tagen, blieben dann aber gesund. Eine inten- 
sive lokale, adhäsive Peritonitis verschloss alsbald den Harnleiter. 

In einem Falle bildete sich in ihm ein abgekapselter Abscess bei 
sonst normalem Bauchfell. 

Um diese rasche Verlöthung des Harnleiters zu verhindern, ließ 
W. in demselben entweder ein Stück Blasenwand oder legte eine 
Kanüle in den Harnleiter, die den Urin in die Bauchhöhle laufen 
ließ. Ein Theil dieser Thiere bekam echte Urämie; zugleich ent- 
standen ausgedehnte retroperitoneale Abscesse. 

K. bestätigt zunächst die von anderen Experimentatoren gefundene 
Thatsache, dass auch wiederholtes Einspritzen frischen menschlichen 
Urins in die Bauchhöhle von Kaninchen und Hunden, abgesehen 
von vorübergehenden Schädigungen, ohne Gefahr ertragen wird. 

Ließ er dauernd Urin in die Bauchhöhle fließen durch Spaltung 
und breite Einnähung des Harnleiters, so blieben die Hunde am 
Leben, wenn es gelungen war, die Asepsis zu erhalten. Tödtete man 
die Thiere, so fand sich, dass bis zu 21 Tagen der Harnleiter offen 
geblieben war. Kaninchen, eben so behandelt, starben meist an 
peritonealen Abscessen. 

K. schließt aus seinen Untersuchungen, dass weder vorüber- 
gehendes noch dauerndes Vorhandensein von Harn in der Peritoneal- 
höhle dauernde schwere Schädigungen des Organismus bewirke, 
vorausgesetzt, dass die Möglichkeit der Ausfuhr des Urins aus dem 
Körper nicht aufgehoben ist, und dass jede Infektion sorgfältig fern 
gehalten wird. Haeckel (Stettin). 


7) Körte. Weitere Beiträge über die chirurgische Behand- 
lung der diffusen eitrigen Bauchfellentzündung. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft.1 u 2.) 

Ausführlichere Wiedergabe des auf dem Chirurgenkongress 1897 
gehaltenen und in diesem Centralblatt 1897, Bericht über den Chi- 
rurgenkongress p. 60, referirten Vortrags. Haeckel (Stettin). 


8) Letulle und Weinberg. Appendicitis: recherches histo- 
pathologiques. 
(Arch. des sciences méd. 1897. No. 5. u. 6.) 
In der sehr umfangreichen und fleißigen Arbeit bringen die 
Verff. ihre mikroskopischen wie makroskopischen Untersuchungen über 
HRZ 


626 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


die verschiedenen Formen der Appendicitis. Die specifischen Formen 
(Aktinomykose und Tuberkulose) sind nur sehr kurz behandelt. Die 
Arbeit bringt nach einem guten Überblick über die normale Histo- 
logie des Processus vermiformis und eine kurze Besprechung der 
allgemeinen Pathologie die Schilderung der Gewebsveränderungen 
bei den akuten Entzündungen, der Appendicitis follicularis chronica 
und acuta, welch erstere sehr häufig zur Hypertrophie der Wandung 
führt, welch letztere als einfache hämorrhagische oder ulceröse Form 
auftritt. Es folgt die Beschreibung der auf einer follikulären Ent- 
zündung und auf einer Nekrose beruhenden Perforationen der durch 
chronische Processe bedingten Obliteration des Processus mit ihren 
Folgezuständen, der entzündlichen Stenosen, der chronischen Appen- 
dieitis, die als entzündliche Atrophie, Ektasie, Ulceration, Obliteration, 
Hypertrophie verlaufen kann. Der Umfang der Arbeit, so wie die 
eingehende anatomische Beschreibung der einzelnen Formen und 
Beobachtungen gestatten leider eine genauere Wiedergabe für ein 
Referat nicht; die Arbeit verdient jedoch gelesen zu werden. 
Borchard (Posen). 


9) Brun et Letulle. Le&sions histologiques de l’appendice. 
(Presse med. 1897. No. 63.) 

Die histologische Untersuchung bei Appendicitis ist bisher sehr 
vernachlässigt worden. Die vorliegende Arbeit bietet interessante 
Aufschlüsse über die pathologischen Veränderungen in den Wan- 
dungen des Processus vermiformis bei akuter und chronischer Form 
der Entzündung. Danach ist die schwere Infektion, wie sie zur 
Operation führt, niemals primär, sondern stets nur eine Komplikation 
der chronischen Appendicitis. Die Veränderungen bei der akuten 
Form sind mehr umschrieben und können von Anfang bis zu Ende 
auf einen mehr oder weniger großen Abschnitt des \Wurmfortsatzes 
beschränkt bleiben; diejenigen der chronischen Form der Infektion, 
von Pilliet, Costes u. A. als follikuläre bezeichnet, sind diffus und 
über den ganzen lymphoiden Apparat des Organs zerstreut. 

Verf. haben 4 Fälle von prägnanten Formen der Appendicitis 
genau histologisch untersucht und beschrieben, welche gewissermaßen 
als Schema für alle akuten und chronischen Entzündungen gelten 
können. Die Befunde, deren Verständnis durch sehr gute farbige 
Abbildungen wesentlich erleichtert wird, im Einzelnen hier wieder- 
zugeben, würde zu weit führen; wer sich dafür interessirt, mag die 
Arbeit im Original lesen. 

In sämmtlichen 4 Fällen fanden sich hochgradige Zeichen chro- 
nischer Entzündung in allen Schichten der Wand: kleinzellige In- 
filtration, Hypertrophie und Hyperplasie der Follikel und tubulösen 
Drüsen, erweiterte Blut- und Lymphgefäße, Sklerose des interstitiellen 
Gewebes. An denjenigen Stellen des Wurmfortsatzes, wo destruktive 
Processe vor sich gegangen waren, wie Ulceration, Gangrän, Per- 
foration, ließen sich Veränderungen nachweisen, welche auf eine 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 627 


akute Infektion und Entzündung zurückzuführen sind, wie Epithel- 
verlust, Leukocyteninvasion in die drüsigen Elemente, ausgedehnte 
Lymphangitis, eitrige Einschmelzung der geschwollenen Follikel. Am 
Bauchfell Bildung von Pseudomembranen; eine gangränöse Partie ist 
in eine dichte fibrinöse Substanz verwandelt, fast wie eine diphthe- 
rische Membran, mit wellenförmig angeordneten, durch Karmin gut 
färbbaren Lamellen. 

Der 4. Fall ist auch klinisch dadurch interessant, dass bei einer 
ersten Operation des Kindes der Wurmfortsatz nicht gefunden wurde; 
es blieb eine Fistel, so dass ein zweiter Eingriff nöthig wurde, be- 
sonders da man mit einer Sonde in der Tiefe einen harten Gegen- 
stand fühlte; die Appendix wurde mit großer Mühe ausgelöst, war 
in der Mitte geknickt und enthielt in dem ampullenartig erweiterten 
Ende einen großen harten Stein. An der Knickungsstelle war eine 
Perforation. Tschmarke (Magdeburg). 


10) Borchardt. Die Behandlung der Appendicitis. 
(Mittheilungen a. d. Grensgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 3 u. 4.) 

B. giebt die Erfahrungen, welche in den letzten 7 Jahren auf 
der inneren und äußeren Station des Krankenhauses am Urban zu 
Berlin gemacht worden sind und sich auf die gewaltige Zahl von 
398 Fällen erstrecken. In einem Vorwort dazu setzt Körte selbst 
kurz seine Principien aus einander: Die Mehrzahl der Fälle wird der 
inneren Therapie verbleiben, so weit sie mit geringer Eiterung oder 
mit vorwiegend entzündlicher Infiltration der Gewebe verlaufen. Die 
schwereren Fälle mit ausgedehnterer Eiterung gehören dem Chirurgen. 
Eine besondere Appendicitis simplex aufzustellen sei unrichtig, da 
man sie nicht diagnosticiren könne. 

B. bespricht zuerst die akute Appendicitis: Erörterung der ana- 
tomischen Verhältnisse, der Ätiologie; in Bezug auf letztere wird 
der Koprostase für eine Minderzahl von Fällen eine Bedeutung ein- 
geräumt. Eben so werden die Kotlisteine für das Zustandekommen 
der Appendicitis als wichtiger betrachtet, als von Vielen geschieht; 
echte Fremdkörper dagegen spielten nur eine geringe Rolle. Von 
Abscessen werden nur 2 große Gruppen unterschieden, die intra- 
peritonealen perityphlitischen und die extraperitonealen paratyphliti- 
schen; eine genauere Einfügung in ein komplicirteres Schema war 
nicht möglich. Hinsichtlich der Entstehung der perityphlitischen 
Geschwulst schließt sich B. Sahli an. Für die Diagnose auf Abscess 
wird in schwierigen Fällen die Probepunktion empfohlen; Verletzung 
des Darms dabei sei ungefährlich. Fehlendes Fieber spricht durch- 
aus nicht gegen Abscess. Kleine perityphlitische Abscesse können 
resorbirt werden. 

Hinsichtlich der Therapie wird die sogenannte Frühoperation 
nicht empfohlen, vielmehr zunächst exspektatives Verfahren mit Opium 
und Eis. Operation ist indicirt, wenn trotzdem hohes Fieber länger 
als 3—5 Tage besteht, oder das Allgemeinbefinden während dieser 


628 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


Zeit sich verschlechtert, oder ein vorhandenes Exsudat sich vergrößert, 
und die Symptome des Abscesses vorhanden sind. — Die Operation 
besteht in der Regel nur in Eröffnung des Abscesses. 100mal wurde 
nach diesen Grundsätzen ein Abscess eröffnet; nur 1 Kranker starb 
an schwerem phlegmonösem Erysipel. Die Mehrzahl der Fälle blieb 
nach der Abscessbildung definitiv heil. 8 Kranke bekamen ein Re- 
cidiv der Perityphlitis; 3 behielten chronische Beschwerden, die zur 
sekundären Exstirpation der Appendix nöthigten, und 12 behielten 
Fisteln, zu deren Heilung gleichfalls der Wurmfortsatz entfernt wurde. 
Trotzdem wird als Grundsatz festgehalten: Bei der Abscesseröffnung 
wird die Appendix primär nur entfernt, wenn es ohne Gefahr mög- 
lich ist, d. h. Verwachsungen nicht gelöst werden dürfen. 

Die Gesammtmortalität aller intern und chirurgisch behandelten 
398 Fälle betrug 14,3% (inkl. aller Peritonitiden). 

Bei der chronischen Appendicitis, über deren Behandlung 
ja nicht mehr so große Meinungsverschiedenheiten bestehen, wurde 
52mal der Wurmfortsatz exstirpirt ohne Todesfall. Diese Operation 
ist eine der segensreichsten Errungenschaften der modernen Chirurgie. 

Zum Schluss werden 3 Fälle von Appendicitis tuberculosa an- 
gefügt. Haeckel (Stettin). 


11) OG Barling. [Interval operations in appendicitis for re- 
lapse, with a table of cases. 
(Brit. med. journ. 1898. Januar 29.) 

B. hat 23 Intervalloperationen wegen recidivirender Appendicitis 
ausgeführt. Sämmtliche Pat. genasen und blieben von ihren frühe- 
ren Beschwerden befreit. 

B. empfiehlt die Operation bei Pat., die schwer arbeiten 
müssen oder, obgleich fieberfrei, doch sich nicht völlig wohl fühlen, 
schon nach dem ersten Anfall. Sonst räth er bei Erwachsenen erst 
nach dem zweiten Anfall zur Operation, während er bei Kindern 
wegen der größeren Gefahr der Gangrän und Perforation ebenfalls 
nach dem ersten Anfall operiren will. 

Der günstige Zeitpunkt für die Operation ist ungefähr 3 Wochen 
nach Beginn der Erkrankung, wenn Temperatur und Puls zur Norm 
zurückgekehrt sind. Die Verwachsungen sind dann noch nicht zu 
fest. Zur Vermeidung von Hernien sucht B. die Drainage mög- 
lichst einzuschränken und lässt die Pat. mindestens 4 Wochen zu Bett 
liegen. F. Krumm :Karlsruhe). 


12) O. Föderl. Über Darmwandbrüche. Eine experimentelle 
Studie. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.) 
Zu den experimentellen Versuchen wurde Verf. veranlasst durch 
den sehr seltenen Befund eines Darmwandbruches in der sekundären 
Bruchsackausstülpung eiuer Nabelhernie, welche wegen Einklemmung 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 629 


zur Operation kam. Zu den Versuchen wurden vornehmlich lebende 
Meerschweinchen in Narkose verwendet, und zur Herstellung eines 
Bruchringes Stücke einer 1 mm dicken Kautschukbinde genommen, 
in welche Löcher von 3—4!/; mm Durchmesser geschlagen wurden. 
Außerdem wurden noch papierdünne Celluloidplatten verwendet, 
welche durch ihre Rigidität und Durchsichtigkeit besonders brauch- 
bar erschienen. F. kommt auf Grund seiner sehr schönen und 
interessanten genauen Versuche zu folgenden Schlussfolgerungen: 


1) Es giebt freie Partialbrüche, welche an sich ganz temporärer 
Natur sind und wieder vergehen können, sobald ihrem Entstehungs- 
mechanismus entgegenwirkende Momente einsetzen (direkt reponirende 
Kraft, Innervationsvorgänge, Dehnung der Lateralbruchschlinge). 
Bei dem Ausfall derartiger Vorgänge können sie mit ihrer Ver- 
größerung stationär werden und zu Einklemmungserscheinungen 
führen. 


2) Es giebt akute Einklemmungen von Partialhernien, welche 
in den selteneren Fällen eine elastische Einklemmung darstellen, 
meist aber nach dem Typus der Kotheinklemmung entstehen. Durch 
die Füllung, Stagnation, Dehnung der Wand des Partialbruchs ist 
die Einleitung von Veränderungen gegeben, welche im weiteren 
Verlaufe eine sekundäre elastische Einklemmung zur Folge haben. 
Für ihre Entstehung scheint ein präexistirender Bruchsack nothwendig 
zu sein. 


3) Es giebt auch chronische Partialhernien. Bei diesen findet 
sich immer eine Verwachsung mit jenem Peritonealtheil, welcher 
der Bruchpforte resp. dem -Sack entspricht. Entzündliche Ver- 
änderungen bilden zwar eine konkurrirende Ursache, scheinen aber 
nicht das primäre Moment für ihre Entstehung abzugeben. 

Sie können von akuten Brüchen hervorgehen, indem diese unter 
entzündlichen Vorgängen zur Verwachsung mit ihrer Peritonealtasche 
führen. Für die Erklärung der weiteren Konsequenzen müssen die 
dauernd oder wiederholt wirkenden Schädlichkeiten, Mangel der 
Peristaltik, Stagnation, Dehnung der Wand herangezogen werden. 

4) Für die Entstehung von Lateralhernien überhaupt kommt 

a. bei entsprechender Bruchpforte und entsprechendem Bruch- 
sack neben dem Widerlager insbesondere die Wirkung der Bauch- 
presse in Betracht. 

b. Eine maximale, plötzliche Füllung der vorliegenden Darm- 
schlinge ist der Bildung der Partialbrüche direkt hinderlich und kann 
bei bereits bestehender Darmwandhernie dieselbe zur Reduktion 
bringen. 

c. Für die Entstehung einer elastischen Einklemmung scheint ein 
leerer Darm einer kleinen, sehr nachgiebigen Bruchpforte gegenüber 
liegen zu müssen. 

5) In der Mehrzahl der Brüche besteht Anfangs eine Kommuni- 
kation zwischen Parietalhernie und Lateralbruchschlinge, welche 


630 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


später durch eine sekundäre elastische Umschnürung aufgehoben 
werden kann. 

6) In der Lateralbruchschlinge selbst ist durch die Partial- 
hernie eine Stenose gesetzt, welche bei sonst gleichen Verhältnissen 
von der Größe der Darmwandblase abhängig ist und bis zur Imper- 


meabilität der Schlinge gesteigert werden kann. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


13) Lotheissen. Die inguinalen Blasenbrüche. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 

Gestützt auf 7 Beobachtungen der Innsbrucker Klinik unterzieht 
L. die in den letzten Jahren aktuell gewordene Frage nach dem 
Vorkommen der Harnblase in Leistenhernien einer eingehenden Be- 
sprechung. Während früher auf 455 Radikaloperationen nach Bassini 
und 60 nach Kocher keine Cystocele kam, entfallen, seit auf diese 
Komplikation extra geachtet wird, auf 187 Bassinioperationen 6 Cysto- 
celen. Verf. erklärt diese Zunahme der Häufigkeit mit Recht aus 
der Art, wie der Bruchsack freipräparirt wird. Je sorgfältiger man 
das Lipom, welches so häufig an der medialen Seite erscheint, unter- 
sucht, desto häufiger findet man Blasenbrüche. Von besonderem 
Interesse ist das Kapitel über die Anatomie der Cystocele. L. unter- 
scheidet 3 Formen: a. C. intraperitonealis, b. C. extraperitonealis, 
c. C. mixta, von denen a. und c. stets lateral, b. medial von den 
Vasa epigastrica durch die Bauchwand tritt. Durch schematische 
Abbildungen sind die fraglichen anatomischen Beziehungen in in- 
struktiver Weise erläutert. Die gemischte Cystocele hält L. wohl 
mit Recht für die häufigste Form. Wichtig ist das auch von anderen 
Autoren hervorgehobene prävesikale Lipom, das übrigens sehr ver- 
schiedene Mächtigkeit zeigt. Die Blasenwand ist in dem vorgefalle- 
nen Theil entweder normal oder (namentlich bei der gemischten 
Form) verdünnt, selten hypertrophisch. 

Die Ätiologie der Cystocele bietet der Erklärung am wenigsten 
Schwierigkeiten bei der gemischten Form. Sie entsteht durch direkten 
Zug des nach außen tretenden Bruchsacks. Diejenigen Fälle, bei 
denen es während der Operation gelingt, durch starken Zug am 
Bruchsack einen Zipfel der leeren Blase vorzuziehen (worauf Cardy 
und Kocher aufmerksam gemacht haben), schließt L. ausdrücklich 
vom Begriff der Cystocele aus. Weniger einfach ist die Erklärung 
der extra- und intraperitonealen Form (cf. Original). — Die Diagnose 
anlangend, so ist man meistens erst bei der Operation im Stande, 
die Cystocele zu erkennen. Den sichersten Aufschluss bietet in 
zweifelhaften Fällen die Untersuchung mit dem Katheter während 
der Operation, welche L. daher principiell empfiehlt. In praktischer 
Beziehung ist die rechtzeitige Erkennung der Blase von größter Be- 
deutung; früher wurde sie meist erst nach geschehener Verletzung 
erkannt. Bei den 6 Fällen von L. und eben so bei 2 weiteren in 
einem Nachtrag erwähnten Beobachtungen der Innsbrucker Klinik 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 631 


ist es jedes Mal gelungen, die Blase während der Operation zu er- 
kennen und eine Verletzung zu vermeiden. Die interessanten Aus- 
führungen des Verf. finden ihre volle Bestätigung in den Erfahrungen, 
welche Ref. an 8 in den letzten 16 Monaten beobachteten Fällen 
von Cystocele zu machen Gelegenheit hatte, wo es gleichfalls immer 
gelang, die Diagnose während der Operation zu stellen und eine 
Blasenverletzung zu vermeiden. Hofmeister (Tübingen). 


14) Leube. Über die Erfolge der internen Behandlung des 
peptischen Magengeschwürs und die Indikationen zum chi- 


rurgischen Eingreifen in dieselbe. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft.1 u. 2.) 


15) Mikulioz. Die chirurgische Behandlung des chronischen 
Magengeschwürs. 
(Ibid.) 
Der L.’sche Vortrag, auf dem Chirurgenkongress 1897 gehalten, 
ist in diesem Centralblatt 1897, Bericht des Chirurgenkongresses p. 66 
referirt, eben so p. 69 der Vortrag von M., der hier in ausführlicherer 
Bearbeitung unter Anfügung von zahlreichen Krankengeschichten, 


Tabellen und vollständigem Litteraturnachweis erscheint. 
Haeckel (Stettin). 


16) Sykow. Über ein neues und weniger gefährliches Ver- 
fahren von Gastroenterostomie. (Aus der chirurgischen Ho- 
spitalklinik der Moskauer Universitätsklinik). 
(Chirurgie 1897. p.406. [Russisch.]) 

Es ist S. besonders darum zu thun gewesen, den Rückfluss der 
Galle in den Magen durch eine besondere künstliche Klappenbildung 
zu verhindern, als es den bisherigen, darauf gerichteten Bemühungen 
gelungen ist. 

Er näht, so viel aus der Beschreibung hervorgeht, Darm und 
Magen zunächst uneröffnet zusammen und schneidet dann den Darm 
von außen ein, um die Verbindung zwischen Magen und Darm mit 
Scherenschnitten herzustellen. Beim Zunähen der äußeren (queren) 
Schnitte legt S. die Naht so an, dass dabei eine nach der Darm- 
lichtung sehende Klappe gebildet wird, welche den Rückfluss der 
Galle verhindern soll. 

Ein Kranker, den S. nach seinem Verfahren operirt hat, genas 
ohne weitere Störungen. Sehr erwünscht wäre experimentelle Prü- 


fung des Verfahrens auf seine Leistungsfähigkeit. 
E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


632 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


17) v. Eiselsberg. Über die Behandlung von Kothfisteln 
und Strikturen des Darmkanals mittels der totalen Darm- 
ausschaltung. 

(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.) 

Verf. verfügt neben den schon früher veröffentlichten und hier 
referirten Fällen jetzt im Ganzen über 12 Fälle von totaler Darm- 
ausschaltung. Indikation für diese Operation, Technik und Verlauf 
bieten je nach dem Grundleiden gegen die ersten Fälle keine nennens- 
werthen Besonderheiten. 

Eine Unannehmlichkeit der totalen Darmausschaltung ist die oft 
starke Sekretion aus der angelegten Darmfistel. Allein sie nimmt 
gewöhnlich doch rasch ab, belästigt den Pat. wenig mehr und kann 
auch ganz versiegen. Jedenfalls verlor sie immer ihren kothigen 
Charakter. Über einzelne Komplikationen ist im Original nach- 
zulesen. 

Hört die Sekretion nicht auf, so kann man sekundär die Ge- 
schwulst und das ausgeschaltete Darmstück reseciren oder die Schleim- 
haut verätzen resp. exstirpiren. Es genügt oft auch einfache Ver- 
nähung der Fistel nach Wiesinger. 

v. E. widerräth dringend den vollständigen Verschluss der aus- 
geschalteten Partie. Die Fistel stellt ein nothwendiges Sicherheits- 
ventil dar. 

Wenn die zuführende Schlinge und die abführende nicht von 
einander unterschieden werden können, zieht Verf. die partielle 
Darmausschaltung vor. Vor Eröffnung latenter Abscesse soll man 
sich bei der Operation sehr hüten. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


Kleinere Mittheilungen. 


Ein Darmverschluss durch appendicitischen Abscess. 
Von 
Dr. Christel in Metz. 


Die Kasuistik der Appendicitis, und eben so des Darmverschlusses hat sich 
im letsten Jahrzehnt ins Unübersiohtliche vermehrt; trotzdem möchte ich die nach- 
folgende Beobachtung bringen, da sie mehrfach Interessantes bietet. 

Herr N., Schankwirth, 40 Jahre alt, hat vor etwa 9 Jahren an Gonorrhoe und 
rechtsseitiger Epididymitis gelitten, war sonst gesund. Im September 1897 er- 
krankte er in gleicher Weise. Noch mit der betreffenden Kur beschäftigt, spürte 
er am 3. Oktober heftige Schmersen in der rechten Seite des Leibes. Unter 
mäßigem Fieber entwickelte sich bier schmerzhafte Spannung der Bauchdecken; 
der Urin zeigte dabei Gehalt an morphologischen Bestandtheilen und Eiweiß. 
Wiederholtes Erbrechen, anhaltende Verstopfung, Fehlen der Flatus, zunehmende 
Spannung des Leibes, deutliche, nach innen vom rechten Darmbein auftretende 
Resistenz von doppelter Faustgröße mussten die Anfangs gestellte Diagnose Pyelo- 
nephritis und Perinephritis hinfällig machen, und dafür wurde appendieitischer 
Abscess und Darmverschluss angenommen. Schon willigte Pat. in die vorgeschlagene 
Operation, da trat in der Nacht, nach palliativ unternommener Magenspülung, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 633 


Stuhlgang ein. In den grauen, krümeligen Massen fand sich ein Kothstein von 
2,2 cm Länge, 1,0—1,2 em Durchmesser, cylindrisch mit abgerundeten Enden. Er 
enthielt im Wesentlichen pflanzliche Partikel, Spiralgefäße, prosenchymatische 
Gewebstheile ete. 

Pat. erholte sich gut; im Laufe von etwa 4 Wochen bildete sich der Tumor 
fast völlig zurück, und die wiederholte Aufforderung zur Operation wurde natürlich 
abgewiesen. 

Am 12. März 1898 Morgens erkrankte Pat. wiederum, unvermittelt, beim Auf- 
stehen mit plötzlichen durchdringenden Schmerzen rechts vom Nabel, die nach 
dem Hypochondrium ausstrahlten. Der Leib war gespannt, es bestand Brech- 
neigung (Pat. war nüchtern), Puls 90, Temperatur normal, Leberdämpfung erhalten. 
Eis, Opium, Nahrungsenthaltung wurden vorläufig auferlegt. Am Abend war der 
Leib noch empfindlicher, Puls 120, Temperatur 38,5. Die nächsten Tage zeitigten 
wieder den intraabdominalen Tumor, dies Mal näher der Mittellinie, der sich unter 
steigendem Puls (132) und mäßigem Fieber, mehrfachem Erbrechen ausbildete. 
Die Behandlung blieb die gleiche, Pat. schluckte einige Eisstückchen und erhielt 
Nähreinläufe; Temperatur und Puls gingen herunter auf 37,1—37,5 bezw. 96—110, 
doch blieb das Erbrechen bestehen; Stuhlgang erfolgte weder auf hohe Einläufe 
noch auf Extr. Belladonnae (auf Vorschlag des konsultirten Kollegen). Der Tumor 
blieb sich gleich, und es zeichnete sich eine stark geblähte Darmschlinge, quer 


Fig. 1. 


Geblähte Dänn- 
darmschlinge 
Geblähte Dünn- 
darmschlinge 


Incision, 


Colon ascendes 
(Coecum) j * Stelle der Eiaschürung 
am unteren Ende der 


Dünndarmkonvolut über dem Kollabirter Dann- Hraix mesenteril, 


appendicitischen Abscess darm 


Darmverschluss durch Strangbildung bei appendicitischem Abscess. 


oberhalb des Nabels nach links herunterziehend, deutlich ab. Peristaltik konnte 
an derselben nicht beobachtet werden; Koliken waren selten. In der Nacht vom 
16./17. März setzten diese heftiger ein, das Erbrechen wiederholte sich trotz Magen- 
ausspülungen und nahm unter steigenden Schmerzen zuletzt fäkaloiden Geruch an. 
Nun widerstand Pat. der dringenden Aufforderung zur Operation nicht mehr. 

Entsprechend den 3 Stadien der Erkrankung musste die Diagnose lauten: 
Perforation eines kleinen Darmtheils (Proc. vermif. oder Divertikel) mit nach- 
folgendem intraabdominalem Abscess und anschließendem Darmverschluss. Welcher 
Darmtheil abgeschnürt war, konnte nicht entschieden werden; dem Verlauf nach 
konnte die geblähte Darmschlinge sowohl Colon als Dünndarm sein; vom Rectum 
aus war nichts festzustellen; vielleicht hätte man aus der verhältnismäßig geringen 
Auftreibung des Leibes eher auf hohen Sitz der Stenose schließen können. 

Am 18. März kam Pat. mit 37,2 Temperatur und 100 Pulsen, noch wenig 
verfallen, zur Operation. Bauchschnitt am äußeren Rand des rechten Rectum, 
vom Rippenbogen bis zum Schambein. Nach Eröffnung der Bauchhöhle quere 
Resektion des brüchigen, schwartig verdickten, mit den bedeckten Darmtheilen fest 
verklebten Netzes, so weit es nicht zurückgeschlagen werden konnte. Es liegt 
ein doppeltfaustgroßes Konvolut kaum kenntlicher Darmschlingen vor, die extrem 
kontrahirt und derb in ca. 5 mm dicke Schwarten eingebettet sind. In der An- 
nahme, dass in dieser Verbackung und Verlöthung der Därme das Hindernis zu 
suchen sei, werden die Schlingen, so gut es geht, gelöst (dabei reichlich flächen- 


634 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


hafte Blutung und plötzliche Eröffnung des Abscesses; stinkender Eiter quillt vor 
und. wird durch warme Borwasserspülung entfernt. Sterile wasserdichte Kom- 
pressen isoliren Bauchhöhle und Darm von der besudelten Umgebung. Es gelingt 
auch jetzt noch nicht, Anfang und Ende des Darmschlingenpacks zu finden, und 
die Eventration und Absuchung des übrigen Darmes wird nöthig. Die besonders 
stark geblähte Darmschlinge tritt völlig heraus und erweist sich als Dünndarm. 
Zwischen ihr soheinbares Ende und den Abscess ist eine große Strecke völlig 
kollabirten, gut aussehenden Darmes eingeschaltet, und es zeigt sich jetzt, dass 
die Schlinge unter dem Ende der Radix mesenterii verschwindet. Hier ist sie 
durch eirkuläre Verwachsung (keine Inkarceration!) festgehalten und abgeknickt. 
Die Loslösung gelingt ohne Verletzung und lässt den umschnürten Darmtheil als 
lebensfähig erkennen; die ca. 1—11/2 cm lange bis zum Verschwinden des Lumens- 
verengte Stelle erweitert sich unter den Augen, und es lässt sich Darminhalt aus 
dem geblähten Darm in den kollabirten übertreiben. 

Nach Hebung des Darmverschlusses galt der 2. Theil des Eingriffs der Auf- 
findung der Perforationsöffnung, die nach Lage des Abscesses eben so wohl im. 
Duodenum wie im Proc. vermiformis liegen konnte. Letzterer wird in der Tiefe der 
faustgroßen Abscesshöhle im Winkel zwischen Colon und Ileum aufwärts ziehend 
entdeckt, so gut es geht abgebunden und entfernt (Manschettenbildung unmöglich) 


Fig. 2. Fig. 3. 


KO) 
Sa, 
Aufgeschnittener Processus vermiformis mit Kothsteine (mit Querschnitt). 
Perforationsöffnung und knotig verdicktem 
Mesenteriolum. 


(Narbe der ersten Perforationsöffnung nicht 
aufzufinden (vgl. Sonnenburg].) 


Beuteltampon in die Abscesshöhle; das Colon ascendens war beim Lösen der Ver- 
wachsungen tief quer eingerissen — es schien, bis auf die Muscularis — ; die etwa 
1 em lange Strecke wurde in Jodoformgaze gehüllt; Schließung der Wunde bis 
auf 7 om, nachdem die geblähte Dünndarmschlinge durch Einschnitt so weit ent- 
leert war, dass ihre Versenkung möglich wurde. 

Die Heilung erfolgte ohne größere Temperatursteigerungen (am 1. Abend 37,8, 
110 Pulse). Stuhlgang zeigte sich wenig am folgenden Tag, 2mal diarrhoisch am 
20. März. Seither fortschreitende Besserung, so dass N. seit dem 5. Mai seinem. 
Beruf nachgeht. 

Was der Beachtung werth ist, braucht nur noch kurz angedeutet zu werden. 
Es ist 1) der Wiedereintritt der Perforation (welche deutlich am Präparat zu sehen 
ist), trotzdem 5 Monate vorher ein Kothstein (durch Perforation) abgegangen war. 
Durch diesen Akt der Naturheilung war doch das Gleiche geschaffen, wie durch 
die einfache Abscessentleerung im Anfall: ein erneuter Beweis, dass die Entfernung 
der Appendix nöthig ist zur Dauerheilung, dass dieser an sich die Causa irritans 
für die Anfälle abgiebt. 

2) ist die Beobachtung ein Beitrag zur Behandlung des Darmverschlusses im 
Allgemeinen ohne Laxantien durch frühzeitige Laparotomie. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 635 


18) P. @. Unna. Der Mikrobrenner. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 8.) 

Verf. hat den von ihm konstruirten Mikrobrenner — von anderen Kleinig- 
keiten abgesehen — durch Ersatz der Kupferspitze durch eine Platin-Iridium- 
spitze, welche genügend hart, biegsam und haltbar ist, ersetzt; sie ist 6—8 mm 
lang, sehr fein und durch einen Kupferbolgen mit dem Platinbrenner verbunden; 
dadurch wird eine zu große Erhitzung verhindert. U. benutzt das Instrument vo 
Allem zur Behandlung der isolirten Venen bei der »Rosacea seborrhoica« und 
anderen Rosaceaformen, beim Lupus erythematodes, bei den Kapillarvaricen, bei 
den weichen Naevis, bei gestielten Schleimhautpolypen (einschließlich der Hämor- 
rhoiden), bei Xanthom der Augenlider, bei kleinsten Lupusknötchen, Lichenflecken, 
bei hartnäckigen Follikulitiden (auch Furunkeln) und bei Pigmentirungen, speciell 
für einzelne dunklere Flecke solcher. Jadassohn (Bern). - 


19) L. Jankau. Ein neuer Nasenöffner und Inspirator. 
(Ärztliche Polytechnik 1898. März.) 

Obiges Instrument ist 1,25 cm lang, 3/,—1 cm breit, aus ausgehöhltem Hart- 
gummi fabrieirt, wiegt etwa 1 g. Es wird so in das Nasenloch eingeschoben, dass 
man außen nichts mehr davon sieht. Es dient sowohl zum Offenhalten des Nasen- 
lochs, als zur Inhalation flüchtiger Stoffe, Menthol, Guajakol etc., welche, auf 
hygroskopisches Papier geträufelt, ins Innere des Instruments gebracht werden. 

E, Fischer (Straßburg i/E.). 


20) W. J. Otis (Boston). Instrumente zur Inspektion des Rectums. 
(Ärztliche Polytechnik 1897. November.) 

Nach anatomischen Erörterungen über die Längs- und Quermuskeln des Mast- 
darms, die Sphinkteren, die Plicae und Haustra desselben beschreibt O. seine Specula 
für die einzelnen Mastdarmabschnitte. Für den Sphinkterenabschnitt, für Fissuren, 
Geschwüre etc. am After hat O. 2 gefensterte Spiegel aus Metall, vernickelt, mit 
Obturator. Für den mittleren Theil des Mastdarms dienen 2flügelige Dilatatorien, 
ferner eine dicke stumpfe Bougie. Für den oberen Abschnitt kommt das Kelly’sche 
»Longproctoscope« in Anwendung. Eine kleine elektrische Lampe beleuchtet das 


Innere. Die Instrumente sind im Original abgebildet. 
E. Fischer (Straßburg i/E.). 


21) Köhler. Arbeitsklaue als Ersatz der oberen Gliedmaßen. (Aus 
der orthopädischen Heilanstalt von Dr. Jilling und Dr. Köhler in 
Aue.) 

(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 4.) 

Es handelt sich um 2 ringförmig geschlossene, sich etwas überkreuzende 
Klauen, von denen die eine feststeht, die andere um ein am hinteren Ende be- 
findliches Scharnier beweglich ist und durch Federkraft dem gegenüberliegenden 
Ende genähert wird. Das Ganze dreht sich im Sinne der Pronation und Supi- 
nation. Es können Arbeitsklauen verschiedener Größe in die Prothese eingesetzt 
werden. J. Biedinger (Würzburg). 


22) J. Bogdenik. Zehnjähriger Spitalbericht (1887—1896) aus dem 
allgemeinen öffentlichen Krankenhause in Biala. 
Selbstverlag des Verf., 1897. 

In den 10 Jahren wurden 32 eingeklemmte und 86 freie Brüche operirt. Von 
ersteren sind 30 genesen, 2 gestorben. Jeder eingeklemmte Bruch sollte sofort 
operirt werden, Taxisversuche sind zu unterbleiben. Bei den freien Brüchen hat 
sich die Methode von Bassini besonders bewährt. Verf. macht darauf aufmerk- 
sam, dass Gefäße, Nerven und Samenstrang nicht immer gemeinschaftlich ver- 
laufen, sondern dass letzterer zuweilen abgesondert von den Gefäßen und Nerven 
verläuft. Jeder Herniotomie wird die Radikaloperation (Bassini) angeschlossen. 


636 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


Bei brandigen Brüchen wird der Darm stets primär reseeirt. Der Infektion bei 
brandigen Brüchen, besonders bei denen von kürzerer Einklemmungsgeit, sucht 
Verf. dadurch vorzubeugen, dass er noch vor Eröffnung des Bruchsackes den 
Bruch in eine reine Wunde verwandelt. Dabei verfährt er folgendermaßen: »Es 
wird beim Eindringen in die Tiefe das brandig infiltrirte Gewebe entfernt, bis das 
eingeklemmte Darmstück resp. Netz zu sehen ist. Die Bruchpforte wird sodann 
nur so weit behutsam eingekerbt, dass man das vorgefallene Stück nur ein wenig 
vorziehen kann, um es regeciren zu können. Wenn nun nach vorgenommener 
Resektion und Naht das Operationsfeld gut desinfieirt wird, können wir weiter so 
verfahren, als wenn wir eine reine Wunde vor uns hätten, was auch in der That 
der Fall ist. Die Infektion des Bauchfells kann somit vermieden werden. Bei 
der Darmnaht werden nie Senn’s Platten oder Murphyknopf verwendet. Bei der 
Operation nach Bassini schützt Verf. den Samenstrang durch eine von ihm er- 
dachte Metallplatte, wodurch eine Verletzung desselben bei der Naht unmöglich 
ist. — 6 Fälle von Mastdarmvorfall wurden operativ behandelt. Bei einem 1jäh- 
rigen Knaben war ein 8cm langes Darmstück resecirt worden; die nachfolgende 
Striktur wurde später mit Laparotomie und Incision des Darmes und, da erfolg- 
los, noch mit Kolostomie behandelt. Das Kind starb. 

Von Careinomen sind bemerkenswerth: 

Ein 68 Jahre alter Pat., mit exulcerirtem Carcinom der rechten Nasenseite, 
verschied kurz nach seiner Aufnahme ohne Operation. Es fanden sich u. A. bei 
der Sektion Metastasen im Myokardium. Einem 2jährigen Knaben wurde der 
linke’ Augapfel wegen Careinom enukleirt. — Unter anderen Neubildungen ist ein 
Myom der Zunge bemerkenswerth, das die Amputation bedungen hatte. Ein Jahr 
später Recidiv auf der rechten Halsseite, bis in die Wirbelsäule und Umgebung rei- 
chend. Pat. erlag dem operativen Eingriff. — Unter 26 beobachteten Uteruscareinomen 
fanden sich 20 inoperable. 5mal wurde von der Scheide aus total operirt, imal die 
Cervix amputirt. Eine 32jährige Pat. wurde wegen doppelseitigen Ovarialsarkoms 
in einer Sitzung mit Erfolg operirt. Unter den operirten Uterusmyomen trat in 
2 Fällen von totaler Exstirpation der Tod ein, darunter Imal wegen Anämie. imal 
wurde ein Myom durch Torsion entfernt; ein Fall von totaler Exstirpation von der 
Scheide aus genas; in einem Falle von Hypertrophie mit starken Blutungen bei 
einer 44jährigen Pat. wurde die Totalexstirpation gemacht. — Bei einem 53 Jahre 
alten Pat. mit sehr ausgedehntem Sarkom des rechten Unterkiefers und Drüsen- 
metastasen musste die Jugul. ext. so wie die Ven. subclavia unterbunden werden. 
Der Kranke genas. 

36 Kröpfe mit einem Todesfall wurden operirt. Die Mehrzahl der operirten 
Fälle kommt auf die letzten 3 Jahre. Meist wurde enukleirt. — 12 Fälle von Phosphor- 
nekrose wurden beobachtet. Es waren meist Arbeiter, welche mit dem Eintauchen 
der Hölzer in die warme Masse beschäftigt waren; oder solche, welche die Phospor- 
zündhölzchen einzupacken hatten. 

Bei den tuberkulösen Erkrankungen der Metatarsalknochen und des Tarsus 
wurde theilweise konservativ nach der Methode von Obalinski operirt. Bei 
Erkrankung des Talus, Calcaneus bezw. Talo-Cruralgelenkes wurde theils der 
vordere Längsschnitt nach Hüter, theils die schräge Durchsägung des Calcaneus 
mittels eines hinteren, unteren Schrägschnittes in Anwendung gebracht. Bei 
keinem der Osteomyelitisfälle ist ein Bakterienbefund mitgetheilt. 

5mal wurde die Ventrofixation, angeblich mit Heilung (allerdings direkt nach 
der Entlassung), vorgenommen. In einem Falle wurde der im 3. Monat schwangere 
Uterus an die vordere Bauchwand fixirt; die Pat. hat später ein ausgetragenes 
gesundes Kind zur Welt gebracht. 

Ein durch Trauma entstandener Fall von Hemiplegia dextr., Aphasie, Para- 
lysis nerv. facial. dextr. et hypogloss. wurde durch temporäre Resektion eines 
Koochenlappens aus dem linken Seitenwandbein mit folgender Eröffnung des Ge- 
hirosg behandelt. Außer einem spritzenden Gefäß an der Dura kein Befund. 
Dennoch trat Besserung, nahezu Heilung ein. — Ein Fall von Trauma der Jugul. 
extern. endete 12 Tage später durch eine tödliche Blutung aus der Vena sublingual. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 637 


Unter den Schussverletzungen sind die mit Mannlicher-Gewehren (Stahlmantel- 
geschosse) von Interesse; ihre Wirkung ist entgegen anderen Anschauungen eine 
sehr verheerende. Verf. verfügt hierin über große Erfahrungen. 

Kronacher (München). 


23) Herrmann (Beuthen). Ösophagotomie wegen eines Fremdkörpers. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15.) 

Es handelte sich um einen 29jährigen Idioten, welcher einen Pfeifenabguss 
verschluckte. Versuche, den Fremdkörper zu extrahiren oder in den Magen herab- 
zustoßen, misslangen, daher Vornahme der Ösophagotomie, Extraktion des im 
Brusttheil steckenden 6,5 em langen, 4cm breiten, 1,8cm dicken Pfeifenabgusses 
aus schwarzem Horn, an dessen unterem Ende sich vorn und hinten je eine nach 
oben gekrümmte, hakenförmige und spitzige Verzierung befand. (Vgl. die bei- 
gegebene Abbildung.) Naht des Ösophagus und der äußeren Wunde. 

Die Ernährung erfolgte während der ersten beiden Tage vom Mastdarm aus, 
während der nächsten 5 Tage mit der Schlundsonde; später war der Pat. in der 
Lage, selbständig Nahrung zu sich zu nehmen. Baldige Entlassung nach Heilung 
ohne Verengerung der Speiseröhre. Gold (Bielitz). 


24) J. Duran! (Barcelona). Die Behandlung der tuberkulösen Bauch- 
fellentzändung durch Bauchschnitt mit nachfolgender Lufteinblasung. 
(Chirurgie 1897. p. 284. [Russisch.)) 

D. hatte 1893 2 Fälle von Heilungen bei Bauchfelltuberkulose durch Schnitt 
mitgetheilt. Jetzt hat er weitere 3 gleiche Fälle nur punktirt und mit der Luft- 
einblasung ebenfalls gute Heilungen beobachtet. Unter Hinweis auf einschlägige 
gleichzeitige Veröffentlichungen von v. Mosetig-Moorhof und Nollen hebt D. 
die Vortheile hervor, welche in der weniger eingreifenden Punktion gegenüber 
dem Schnitt liegen, wenn, wie er überzeugt ist, die Resultate beider Verfahren 
gleich gute sind. D. lässt die einzublasende Luft zuerst in einem einfachen Ap- 
parat durch Kalilauge und Watte hindurchtreten, um sie zu trocknen und keim- 
frei zu machen. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


25) W. B. van Lennep. Appendicitis. 
(Reprint from the Hahnemannian Monthly 1897. September. 33 S.) 

Interessant sind die Ergebnisse, die L. erhielt, als er die Instruktion einer 
der bedeutendsten Lebensversicherungsgesellschaften Amerikas für ihre Vertrauens- 
ärzte studirte: Bei Fällen, in denen ein primärer Anfall ohne periappendikuläre 
Eiterung und ohne operative Entfernung der Appendix konstatirt wird, tritt in 
90% innerhalb zweier Jahre ein Rückfall auf; nach Verlauf dieser Zeit ohne Rück- 
fall werden noch 10% Risiko berechnet; bei Fällen von chronischer wiederkehren- 
der Appendicitis müssen 3 Jahre nach einem Anfall verflossen sein, ehe man an- 
nehmen kann, dass die Appendix obliterirt (? Verf.) ist. In Fällen von unregel- 
mäßig sich wiederholender Appendicitis sind 5 Jahre ohne Anfall im Minimum nöthig 
vor voller Aufnahme. Dagegen wird bei Aufnahmeheischenden, die operirt worden 
sind, 1 Jahr, bei einigen 6 Monate gefordert, wenn eine vollständige Operation 
ausgeführt wurde, während man bei unvollständiger Operation und etwa vorhanden 
gewesenen Komplikationen peinlicher ist. — Verf. berichtet über 119 Fälle, die 
er vom 1. Januar 1895 bis 1. Juli 1897 operirt hat; seine Gesammterfahrung über 
Appendieitisoperationen umfasst 261 Fälle. 

Von den 119 Operirten, über die hier berichtet wird, starben 14, davon 1 ohne 
extraappendikuläre Eiterung, 1 mit umschriebener Peritonitis, 12 mit mehr oder 
weniger diffuser Peritonitis, alle im Anfall operirt; die im Intervall Operirten 
wurden sämmtlich geheilt. H. Lindner (Berlin). 


1 D. war verhindert, diesen Vortrag in Moskau auf dem Kongress zu halten. 


638 Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 


26) J. B. Murphy. Tleus. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLV. p. 507.) 
Der berühmte Chirurg von Chicago liefert eine kurze, aber den erfahrenen 


Meister verrathende Besprechung der verschiedenen Ileusformen, die er nach fol- 
gendem allgemeiner Kenntnisnabme werthen Schema gruppirt. 


1) Operationen am Mesenterium t, 
2) Lang anhaltende Strangulation?, 
3) Pathologische Veränderungen im Rückenmark 3. 
4) Läsion der zuführenden Nervenbahnen 4, 
a. Abgeklemmtes Netz. 

| b. Gallensteine. 
5) Reflex c. Nierensteine. 
d. Kompression des Ovariums. 
e. Diaphragmale Pleuritis. 
a. Lokale Peritonitis. 
b. Allgemeine Peritonitis. 
c. Embolie. 
d. Thrombophlebitis. 


Adynamischer 


6) Septischer 


7) Urämischer 
IS Bleivergiftung. 
Dynamischer { Tayrotoxinvergituung. 
a. Leisten. 
Externer b. Schenkel. 
(Hernien) c. Nabel. 
d. Bauch. 


. Peritonealtaschen. 

. Zwerchfellhernien. 

. Leistenhernien. 

. Nabelhernien. 

Durch Adhäsionen entstandene 

Pseudoligamente. 

Divertikel. 

, Volvulus. 

. Intussusception. 
Neubildungen. 

. Narbenkontrakturen. 
Verhärtete Kothmassen. 

m. Fremdkörper (Enterolith). 


Ileus 


pp ep 


Mechanischer 


Interner 


FS rr Pm Ca 


In die Besprechung sind kurze Berichte einiger Thierexperimente und interes- 
santer klinischer Beobachtungen eingestreut. Von letzteren heben wir hervor: 
Darmlähmung verursacht durch Blutung in den dorsalen Duralsack nach Schuss- 
verletzung (p. 509). Starke Brechanfälle bei Cholelithiasis (p. 516). Tetanische 
Darmkontraktur mit Brechen und Obstipation bei Bleivergiftung (p. 517). 2 Fälle 
eitriger allgemeiner postperityphlitischer Peritonitis, geheilt durch Iaparotomie 
(p. 519, 520). Glückliche Operation einer Hernia inguino-properitonealis (p. 522). 


1 Mit die Darmeirkulation gefährdenden Gefüßläsionen. 
2 Nach Reposition eingeklemmter Hernien. 

3 Mit Lähmung des Darmes. 

4 Darmlähmungen nach Kontusion des Bauches. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 24. 639 


Eine eingeklemmte Zwerchfellhernie ohne Erfolg operirt (p. 522). Volvulus, mit 
Erfolg operirt (p. 523). Glückliche Resektion einer eirkulären Darmnarbenstenose 
{p. 524). Erfolgreiche Darmdesinvagination nach Laparotomie (p. 524). Entfernung 
eines Enterolithen (p. 525) etc. 

Zum Schluss beschreibt M. seine »Handtuchmethode« zur Reduktion auf- 
gequollener Därme nach Laparotomie, wie sie auch bei uns seit Jahren angewandt 
wird. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


27) Riedel. Ileus in Folge von etwas außergewöhnlichen Strang- 

bildungen, Verwachsungen und Achsendrehungen, so wie von Darm- 

syphilis. Ileus bedingt durch Schrumpfung der Mesenterien vom 

Coecum sammt unterem Ileumende, dessgleichen vom Mesenterium 
S romani. 

(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft.3 u. 4.) 


R. giebt 22 instruktive Krankengeschichten mit epikritischen Erörterungen: 
Innere Einklemmung durch den langgezogenen Stiel einer Appendix epiploica; die 
Appendix selbst hatte sich vollständig abgeschnürt und lag frei im Bauch. — 
Ileus durch Verwachsung des Mesenteriums des S romanum mit einer tuberkulösen 
Drüse des Dünndarmgekröses. — Mehrere Fälle von Achsendrehung des Dünn- 
darms, davon einer kombinirt mit theilweiser Einlagerung des gedrehten Darms 
in einem Nabelbruchsack, ein anderer mit Knickung um einen gedrehten Ovarial- 
stiel. — Besonders{bemerkenswerth, weil ein chirurgisch kaum bearbeitetes Gebiet 
betreffend, sind einige Fälle von Syphilis des Dünn- und Dickdarms: 3 Beobach- 
tungen von Perforationsperitonitis durch ein syphilitisches Dünndarmgeschwür; 
sehr komplieirt war ein Fall von mehrfachen luetischen Strikturen am Pylorus, 
unterem Ileumende, Quercolon und an der Flexura coli sinistra; da daneben 
Lungentuberkulose und Gallensteine mit Verwachsungen der Gallenblase bestanden, 
so war die Diagnose außergewöhnlich schwierig. Sehr auffallend waren dabei um- 
schriebene, enorme Auftreibungen des Darms zwischen 2 Strikturen. — Akute 
Peritonitis, ausgehend von Dickdarmgeschwüren, welche durch subkutane Queck- 
silberinjektionen entstanden waren — Peritonitis durch 3 stecknadelkopfgroße 
Eiterherde im Jejunum bei akuter Enteritis. 

‚Ein besonderer Abschnitt ist den Schrumpfungsprocessen des Mesenteriums 
am Übergang des Ileums in das Coecum so wie des Mesenteriums des S romanum 
gewidmet; diese Schrumpfungsprocesse sind als Produkte einer ganz chronisch 
verlaufenden Mesenteriitis aufzufassen und führen meist im Laufe der Zeit zu 
ileusartigen Erscheinungen, ferner zu hartnäckigen Perioden chronischer Obstipation, 
durch Übergreifen auf die Blasenserosa zu Blasenbeschwerden und schließlich 
manchmal zu vollständigem Ileus, der zur J,aparotomie nöthigt. Der Ileus kann 
auch akut, ohne vorhergegangene Beschwerden einsetzen, wie durch einen Fall 
illustrirt wird, während 2 andere Fälle die Leidensgeschichte zweier mit chroni- 
schen Beschwerden Behafteter und wiederholt Operirter wiedergeben. — Häufiger als 
die Mesenteriitis coeci ist diejenige des Gekröses des S romanum, von welcher 
4 Fälle mitgetheilt werden; 3 davon machten mehr chronische Erscheinungen, 
während der 4. zur Achsendrehung des S romanum führte; Resektion der Schlinge, 
partielle Darmnaht, Tod durch Gangrän an der Nahtstelle. Ganz besonders wird 
betont, dass diese Fälle von Mesenteriitis am S romanum zu derjenigen Form von 
Ileus führt, welche durch wiederholte Wassereinläufe ohne Operation zur Heilung 
gebracht werden kann. Haeckel (Stettin). 


28) Casati. Piloroplasticae gastroplicatio combinate. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898.) 


C. schlägt, gestützt auf einen glücklichen Erfolg, vor, bei starker Magen- 
erweiterung in Folge von gutartiger Pylorusstenose die Pyloroplastik nach Mi- 
kulicz und in derselben Sitzung die Gastroplicatio oder Gastrostenoplastik nach 


640 Centralblatc für Chirurgie. No. 24. 


Tricomi auszuführen. Der Nutzen der Kombination liegt darin, dass auch bei 

Kestörter Motilität des Magens der Inhalt desselben sich leicht entleert, indem 

die große Curvatur fast auf gleiche Höhe mit dem Pylorus zu liegen kommt. 
Dreyer (Köln). 


29) R. Wanach. Ein Beitrag zur chirurgischen Behandlung des Duo- 
denalgeschwürs. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.) 


W. bekam einen 22jährigen Fabrikarbeiter in Behandlung unter den Erschei- 
nungen einer akuten Peritonitis, welche er auf Perforation des Wurmfortsatzes 
zurückführte. Bei der sofort vorgenommenen Laparotomie zeigte sich dieser aber 
unversehrt. Die in den oberen Theilen der Bauchhöhle stärkere Injektion des 
Darmes wies auf eine höher oben gelegene Perforationsstelle hin. Nach einem 
zweiten in der Mittellinie angelegten Schnitt fand sich an der Vorderwand des 
Duodenums dicht am Ansatz des Ligamentum hepato-duodenale eine 2—3 mm große 
Perforationsöffnung inmitten eines harten flachen Infiltrates. Die Exeision des- 
selben war unmöglich, desshalb wurde das Loch vernäht. Der Pat. wurde geheilt. 

Verf. stellt die in den letzten Jahren in der Litteratur veröffentlichten Fälle 
zusammen. Die Prognose des Leidens ist bisher auch nach geglückter Operation 
noch keine sehr günstige, da man meistens nur die Perforationsperitonitis geheilt 
hat, das Geschwür dagegen nicht angreifen konnte, so dass einige Pat. an sekun- 
dären weiteren Durchbrüchen zu Grunde gingen. Bei Peritonitiden unbekannten 
Ursprungs ist nächst dem Processus vermiformis der Dünndarm abzusuchen und 
auf einen Durchbruch daselbst zu fahnden. Wichtig ist nach des Verf. Ansicht 
die Reaktion des Eiters, der beim Duodenalgeschwür sauer reagirt. Die diagnosti- 
schen Mittel, die W. vor der Operation anführt, sind leider ziemlich wenig cha- 
rakteristisch, so dass man sich nach ihnen kaum der Hoffnung hingeben kann, 
dass einstweilen die Diagnose häufiger präciser gestellt werden wird, was zu 
glauben Verf. sehr geneigt scheint. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


30) Dempel. Fall von Krebs des Dünndarms. 
(Chirurgie 1897. p. 460. [Russisch.]) 


Wegen der verhältnismäßig seltenen Dünndarmkrebse giebt D. wesentlich die 
Beschreibung eines durch Sektion von einem 3ljährigen Kosaken gewonnenen Car- 
einompräparates. Die Geschwulst saß ca. 2m vom Magen entfernt, hatte nicht 
die gewöhnliche Ringform, sondern Kugelform mit breit aufsitzender Basis. 

Bemerkenswerth ist auch das jugendliche Alter des Kranken. 

E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


31) E. P. Franzke. Resektion des carcinomatösen Blinddarms. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.) 


41 Fälle aus der Litteratur und 3 aus Prof. Wassiljew’s Klinik in War- 
schau. 1) 58jähriger Mann, 3 Jahre krank. Geschwulst stark mit Dünndarm- 
schlingen verwachsen, kindskopfgroß. Resektion, Kunstafter. Tod nach 5 Tagen 
an Erschöpfung. 2) 50jähriger Mann, 1 Jahr krank. Geschwulst apfelgroß, stark 
mit Darmschlingen verwachsen, Resektion, Enterorrhaphie. Tod nach 4 Tagen. 
3) 48jähriger Mann, 1 Jahr krank. Geschwulst faustgroß, frei. Resektion, Enteror- 
rhaphie (eine Reihe Lembert-Czerny’scher Nähte). Heilung. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf $ Hürtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bm, (mp. Re 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


eege EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen üurch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 25. Sonnabend, den 25. Juni. 1898. 
Inhalt: F. Bähr, Zur Kenntnis der Längsfrakturen der Röhrenknochen. (Orig.-Mitth.) 
4) Knorr, 2) Heddaeus, Tetanus. — 3) Berndt, 4) Fessler, Wundbehandlung. — 


5) Hoffa, Spastische Gliederstarre. — 6) Nagel, 7) Waelsch, Bubonen. — 8) Pinkus, 
Rudimentäre Talgdrüsen. — Y) Ljungren, Hauttransplantation. — 10) Ribbert, Epithel- 
und Dermoideysten. — 41) Unna, 12) Laverde, Lepra. — 13) Boeck, Exantheme der 
Tuberkulose. — 14) v. Samson-Himmelstjerna, Hautmaulwurf. — 15) Trachster, Mikro- 
sporie. — 16) Neumann, Keratom. — 17) Roux de Brignoles, Wirbelbruch. — 18) Laehr, 
Folgen von Rückenverletzungen. — 19) Mönard, Pott’scher Buckel. — 20) Steiner, 
21) Erben, 22) Dolega, Skoliose. 
W. Mintz, Zur Korsetttechnik. (Original-Mittheilung.) 

* 23) Vulpius, Asepsis. — 24) Reinhardt, Knochensarkom. — 25) Scheuber, Tuber- 
kulin R. — 26) Krönig, Infusions- und Punktionstherapie. — 27) Strauss, Aderlass und 
Infusion. — 28) Fouquet, Medicinische Tätowirung. — 29) Schiff, Röntgenstrahlen in 
der Dermatotherapie. — 30) Crespin, 31) Long und Valenig, Lepra. — 32) Naegell, 
Hauttuberkulose. — 33) Asselbergs, Lupus. — 34) Malherbe, 35) Cannarsa, "Hautpara- 
siten. — 36) Kossel, Anthrax. — 37) Pini, Granuloma trichophyticum. — 38) Spietschka, 
Hauthorn. — 39) Kreibisch, 40) Ginestons, Hautkrebs. — 41) Freudweller, Lymph- 
angioma circumscriptum cutis. — 42) Gassmann, Psoriasis. — 43) Bowen, Keratosis 
follicularis. — 44) Andry, Erythem. — 45) Meyer, Lichen ruber. — 46) Mibelli, Tinea 
Gruby. — 47) Reinbach, Elephantiasis congenita. — 48) Kirchner, Pemphigus. — 
49) Goldberg, Traumatische Lateralsklerose. — 50) Wilms, Echinococcus der Wirbelsäule. 
— 51) Maass, Spina bifida. — 52) Stadelmann, Lumbalpunktion. — 53) Kader, Neu- 
ralgie bei Schiefhals. — 54) v. Bruns, Trachealresektion. — 55) Moingeard, Brustwunde. 


Zur Kenntnis der Längsfrakturen der Röhrenknochen. 
Von 
Ferdinand Bähr in Hannover. 


Die Existenz der Längsfrakturen der Röhrenknochen, derjenigen, 
bei welchen die Bruchspalte sich durch die ganze Länge des Knochens 
bis durch die Gelenkenden erstreckt, ist auch heute für Manchen 
vielleicht noch nicht über alle Zweifel erhaben. Die eigentliche 
Klarstellung der Frage verdanken wir Krönlein!, der zu dem un- 


1 Über die Längsfrakturen der Röhrenknochen. Deutsche Zeitschrift für 
Chirurgie. Bd. IlI. 


25 


642 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


sicheren, mühevoll zusammengetragenen Material der Litteratur einen 
Fall von Längsfraktur des Humerus beibrachte, der jedenfalls be- 
weisender war als die früheren Mittheilungen. Krönlein hat später- 
hin in dem Bericht über die v. Langenbeck’sche Klinik etc. in 
Bd. XXI des Archivs für klin. Chirurgie 3 weitere Fälle von Längs- 
frakturen (2mal der Grundphalanx des vierten, imal des Kleinfingers) 
zur Kenntnis gebracht. Es wären also diese 4 Fälle mit einiger 
Sicherheit hierher zu rechnen; weitere sind mir nicht bekannt ge- 
worden. Der exakte anatomische Beweis für die Existenz ist noch 
nicht geliefert. Ich persönlich würde mich allerdings mit der Krön- 
lein’schen Diagnose zufrieden geben, aber es giebt Leute, für welche 
unter solchen Umständen auch dann noch Zweifel vorhanden sind. 
So habe ich unlängst eine Bennett’sche Fraktur (Monatsschrift für 
Unfallheilkunde 1897) mitgetheilt, war aber damals nicht in der 
Lage, die Diagnose durch ein Röntgenbild zu bestätigen. Schon 
wollte man die Sicherstellung durch ein solches verlangen. Ab- 
gesehen davon, dass ich die Diagnose später durch ein Röntgenbild 
erhärten konnte, wäre es um unsere Diagnostik schlecht bestellt, 
wenn wir immer auf das Röntgenverfahren angewiesen wären. 

Verstehe ich Krönlein recht, so hat es sich in seinen Fällen 
um Frakturen in der sagittalen Ebene gehandelt, also um sagittale 
Längsfrakturen, wobei ich den Begriff sagittal etwas allgemeiner 
fassen möchte als Längsfrakturen, bei denen die Bruchspalte jeweils 
in der zur Flexionsachse der Gelenke senkrechten Ebene gelegen ist, 
Das scheint mir auch bei Knochen von durchschnittlich größerem 
Breiten- als Tiefendurchmesser, wie z. B. die Phalangen, das Näher- 
liegende. Dass es in der so von der Beuge- zur Streckseite ziehen- 
den Bruchspalte Abweichungen geben mag, liegt auf der Hand, also 
derart, dass die Bruchspalte aus der Sagittalebene heraus um die 
Längsachse des Knochens mehr oder weniger, oder aber in sich selbst 
gedreht ist (Torsionsbruch). In diesen Varianten liegen Übergangs- 
formen zu frontalen Längsfrakturen, Frakturen, deren Lage bei 
zwei benachbarten Scharniergelenken durch die Achsen dieser Gelenke 
annähernd bestimmt ist. Solche Frontalfrakturen sind als unvoll- 
ständige Längsfrakturen beispielsweise die Bennett’schen Knochen- 
brüche, bei welchen die Bruchspalte sehr verschieden weit distal 
reichen kann, vielleicht gelegentlich auch durch das Capitulum hin- 
durch geht. Gerade der Metarcarpus I eignet sich seiner Form nach 
mit den central und distal volaren Ausladungen zu einer solchen 
Längsfraktur. 

Der nachfolgende Fall dürfte als »anatomischer Beleg« für eine 
Längsfraktur, so wie aus anderen Gründen seine Mittheilung recht- 
fertigen. 


Der 62jährige Arbeiter D. hat sich im Alter von 15—16 Jahren mit der 
Futterschneidemaschine geschnitten. Der Schnitt, dessen Narbe am linken Zeige- 
finger noch deutlich kenntlich ist, begann etwas über der Mitte der Grundphalanx 
ulnar, mehr nach dem Dorsum hin, zog nach vorn über die Höhe des 1. Inter-, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 643 


phalangealgelenks und endete radial in der Mitte der Phalanx. Die Stellung der 
einzelnen Phalangen ist aus der Photographie ersichtlich. (Negativ einer Auf- 
nahme von der ulnaren Seite) Das Metacarpophalangealgelenk ist bis 70° aktiv 
beugbar, das 1. Interphalangealgelenk ist steif, das 2. passiv wenig beweglich. 
Der Finger hat einen dorsovolaren Durchmesser von 3,5 cm in der vorderen 
Hälfte. Das volare Bruchstück zeigt im vorderen Abschnitt eine Abweichung 
ulnarwärts, so dass es hier unter der Haut sichtbar hervortritt (Dislocatio ad 
latus). Die Photographie lässt eine knöcherne Ankylose zwischen dem vorderen 
Ende des volaren Bruchstücks und der 2. Phalanx erkennen; auf der Platte lässt 
sich die Fortsetzung der Frakturlinie durch die Basis der Phalange deutlich sehen. 


Es handelt sich hier um eine typische frontale Längsfraktur. 
Wenn auch die Totalität der Bruchspalte auf der Kopie nicht ganz 
deutlich ist, so wird die Trennung des Knochens in ganzer Länge 
anderweitig erwiesen. Die vorhandene Dislocatio ad latus des vorderen 
volaren Bruchendes ist nur dann möglich, wenn das volare Bruchstück 
sich um eine dorso-volare Achse drehen kann, d. h. wenn eine völlige 
Kontinutitätsrennung vorliegt. Das Messer hat bei seiner als bekannt 
vorausgesetzten Form nach der Narbenanordnung die Phalanx am 
vorderen Ende angeschnitten, ist nur zum Theil in den Knochen 
eingedrungen und hat den Rest mit der Keilwirkung aus einander 
gesprengt, also thatsächlich »Os ut lignum finditur in longitudinem« 
(Celsus nach Krönlein). Bei dem geringen dorso-volaren Durch- 
messer des Knochens ist es erstaunlich, dass das volare Bruchstück 
nicht einfach abgebrochen ist. Dass der Modus der Entstehung ein 
anderer war, ist nach anderen Röntgenaufnahmen ausgeschlossen. 
Die Prognose dieser frontalen Längsfrakturen dürfte weit ungünstiger 
sein als die der sagittalen, wie uns der vorliegende Heilungstypus 
zeigt, und Erfahrungen bei der Bennett’schen Fraktur. 

Therapeutisch dürften sich einige praktische Nutzanwendungen 
aus meinem Fall von selbst ergeben. 


644 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


1) Knorr. Das Tetanusgift und seine Beziehungen zum 
thierischen Organismus. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 11 u. 12.) 

In der Abhandlung beantwortet K., zum Theil auf der Grund- 
lage neuer, von ihm im hygienischen Institut zu München angestellter 
Versuche, zahlreiche, für das Verständnis des inneren Wesens von 
Krankheit und Heilung des Tetanus wichtige Fragen in folgender 
Weise. Die Tetanusbacillen produciren einen chemischen Stoff, der 
im Stande ist, höher organisirtes Eiweiß, Zelleiweiß, dadurch zu zer- 
legen, dass der eine Theil der Eiweißverbindung durch starke Af- 
finität zum Bakterienprodukt, zum »Gift«, dem Gesammteiweiß- 
komplex entzogen und an das Gift gebunden wird. Der übrig 
bleibende Theil wird dadurch in der Ausübung der dem ganzen 
Komplex eigenthümlichen Funktion im Körper verändert oder ganz 
behindert, der Körper erkrankt. Diese Erkrankung kommt um so 
leichter zu Stande, je leichter der betreffende Eiweißkomplex zu 
spalten ist, also je zugänglicher der specifisch empfindliche Stoff dem 
neu zutretenden ist, was abhängt einerseits von der chemischen 
Energie des eindringenden Stoffes, andererseits von der chemischen 
Festigkeit der vorhandenen Verbindung. Ist jener zu schwach, die 
letztere zu sprengen, so übt er doch eine gewisse Anziehung, einen 
Reiz aus, der die organische Verbindung zu einer Neuproduktion 
des angelockten Stoffes veranlassen kann. Derselbe wird -von der 
Zelle abgegeben und tritt in Blut gelöst als Antitoxin auf. Zunächst 
wird er da noch von dem Bakterienstoff in Beschlag genommen. Ist 
die Neuproduktion aber eine reichliche und andererseits die Menge 
des vorhandenen oder neu zufließenden Giftes eine verhältnismäßig 
geringe, so ist ein Antitoxinüberschuss im Blut nachzuweisen. Die 
Fähigkeit, das Antitoxin hervorzubringen, kann durch systematisch 
fortgesetzte Reizung der Zellen, gewissermaßen durch Übung, erhöht 
werden. 

Der Verlauf der Krankheit hängt demnach von zweierlei Fak- 
toren ab: einmal kann die Menge des Giftes zu klein sein, um das 
Thier zu tödten; das Thier wird nur lokal krank und erholt sich 
ohne wesentliche Antitoxinbildung allmählich wieder. Dieser Fall 
kommt nur bei sehr empfindlichen Thieren vor und ist, wie die 
Sterblichkeitsstatistik zeigt, sehr selten. Meistens tritt der zweite 
Faktor in Geltung. Die der Gifteinführungsstelle näher oder ent- 
fernter liegenden Theile des Körpers werden durch das eindringende 
Gift zur Antitoxinproduktion angeregt. Von der größeren oder ge- 
ringeren Möglichkeit einer starken und schnellen Neuproduktion des 
Antitoxins hängt dann der Verlauf und Ausgang der Krankheit ab. 
Kann genügend Antitoxin gebildet werden, so wird das Fortschreiten 
der tetanischen Symptome zunächst gehindert, der Tetanus wird 
chronisch. Dann lösen sich allmählich die Kontrakturen, zunächst 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 645 


in den zuletzt, also am leichtesten erkrankten Theilen. Es ist wohl 
anzunehmen, dass auch die schwer geschädigten sich aus eigener 
Kraft wieder herstellen, da nach Überstehen der Krankheit keinerlei 
Defekte zurückbleiben. Jedenfalls bedarf es dazu aber sehr langer 
Zeit. Diese Zeit erfährt eine erhebliche Verkürzung, wenn man den 
verloren gegangenen specifischen Stoff in Form großer Mengen Anti- 
toxin dem Körper zuführt. — Die Anwendung von Antitoxin, die 
Heilserumtherapie Behring’s stellt somit die denkbar vollkommenste 
Heilmethode dar. Vor Eintritt der Krankheit dem Körper einver- 
leibt, schützt das Antitoxin die dem Körper nothwendige specifische 
Substanz vor dem Gift und vermag letzteres in seiner Wirkung völlig 
zu hindern oder in eine auch für empfindliche Thiere immunisirende 
Modifikation zu verwandeln. Nach Ausbruch des Tetanus vermag 
es, in genügender Koncentration angewandt, das Fortschreiten der 
Krankheit zu hemmen und die bereits vom Gift gesetzten Schäldi- 
gungen günstig zu beeinflussen. Kramer (Glogau). 


2) A. Heddaeus. Über den heutigen Stand der Therapie 
des Tetanus traumaticus. (Aus der chirurgischen Klinik zu 


Heidelberg.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 11—13.) 

Die Arbeit, die einen guten Überblick über die beim trauma- 
tischen Tetanus in Anwendung kommenden therapeutischen Maßnahmen 
gewährt, beschäftigt sich naturgemäß besonders mit den Erfolgen der 
Heilserumbehandlung dieser Krankheit und ergänzt die früher von 
Engelmann et d. Centralblatt 1897 p. 1090) gebrachten Zusammen- 
stellungen über die mit dem Tizzoni’schen und dem Behring- 
schen Präparat behandelten Fälle aus den seitdem erschienenen be- 
züglichen Publikationen und aus dem Material der Heidelberger 
Klinik. ln letzterer ist bisher in 3 Tetanusfällen Serum, in 2 das 
Behring’sche Trockenpräparat und in 1 Falle das neue flüssige der 
Höchster Farbwerke injieirtt worden, worüber in ausfühılichen 
Krankengeschichten berichtet wird. 2 derselben werden von H. zu 
den schwersten Fällen gerechnet, der dritte als mittelschwerer be- 
trachtet; von den ersteren war einer ein Fall von Kopftetanus. 
Während dieser und der mittelschwere zur Heilung gelangten, nach 
Dis Ansicht durch die günstige Einwirkung des Antitoxins, ging 
der andere, wie Verf. glaubt, in Folge unvollkommener Anwendung 
des Mittels, und zwar im Höhestadium der Erkrankung, sehr rasch 
zu Grunde. Diesen mit Serum behandelten Fällen steht ein weiterer, 
den schwersten einzureihender Fall gegenüber, in welchem nach sub- 
kutanen Einspritzungen von Tinct. opii simpl. (mehrmals 3 Tropfen) 
auffallende Besserung erfolgt war. 

H. stellt schließlich folgende Sätze auf: 

1) Das Behring’sche Tetanusantitoxin ist nach den bisherigen 
Erfahrungen ein zweifellos wirksames Mittel von specifischem Cha- 


646 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


rakter bei der Behandlung des Tetanus traumaticus und verdient in 
allen Fällen von Tetanus angewandt zu werden. Von Bedeutung ist 
möglichst frühzeitige Anwendung. 

2) Die Lokalbehandlung, die in möglichster Zerstörung des pri- 
mären Herdes bestehen soll, darf nicht außer Acht gelassen werden, 
weil ihre Vernachlässigung eine permanente Zufuhr von Toxinen 
und damit eine Beeinträchtigung der Antitoxinwirkung bedingt. 

3) Die symptomatische Behandlung mit sedativen Mitteln (Nar- 
koticis etc.) muss mit der Serumtherapie Hand in Hand gehen, da 
sie noch wirksam ist, wo die letztere versagt. (Sahli.) 

4) Die bisherigen Methoden zur Elimination des Tetanusgiftes 
aus dem Körper sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. 

5) Die Präventivbehandlung verdient weitere Berücksichtigung. 

Kramer (Glogau). 


3) F. Berndt (Stralsund). Über Auswüchse der modernen 


Wundbehandlung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 19.) 

B. fühlt sich durch die »Beunruhigung, die das fortwährende 
Hasten nach Neuerungen und Verbesserungen bei den praktischen 
Arzten hervorrufen muss, (!? Ref.), veranlasst, gegen die modernen 
»Auswüchse« der aseptischen Wundbehandlung (Kopfkappe, Mund- 
und Nasenbinde, Handschuhe etc.) aufzutreten und hält es für an- 
gemessen, all diese Bestrebungen ins Lächerliche zu ziehen. Wenn 
er — und es ist wohl bei vielen Chirurgen der Fall — diese Neue- 
rungen für entbehrlich erachtet und ohne sie gute Resultate« er- 
reicht, so war er gewiss im Recht, seine abweichende Meinung zu 
begründen und zu sagen, mit welchen einfacheren Mitteln er zum 
Ziel kommt; aber er durfte dies nicht in einer dem Ernst des Gegen- 
standes so gänzlich zuwiderlaufenden Art thun. Sollen doch alle 
jene von ihm bespöttelten Bestrebungen nur dem Interesse des zu 
Operirenden dienen, um für ihn jegliche Gefahr, so weit sie aus 
einer auch noch so geringfügigen, in ihren Folgen aber eventuell 
verhängnisvollen Wundinfektion erwachsen könnte, auszuschließen! 
Die Diskussion auf dem letzten Deutschen Chirurgenkongress konnte 
dem Verf. zeigen, wie man diese Versuche, die aseptische Wund- 
behandlung zu verbessern, in sachlicher, wissenschaftlicher Kritik 
abweisen, bezw. ihren Werth bezweifeln kann. — Was B. im Übrigen 
bietet, ist für den Fachchirurgen nicht neu, für den praktischen Arzt 
zum Theil wohl beachtenswerth. Wenn Verf. es aber als ausreichend 
bezeichnet, sich vor septischen Operationen die Hände »einfach nur 
in warmem Wasser zu waschen« (und zu ihrem Schutze mit gelber 
Vaseline einzureiben), so könnte die Befolgung dieses praktischen 
Ärzten gegebenen Rathes doch leicht dazu führen, manche Phleg- 
mone noch mehr zu inficiren. Kramer (Glogau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 647 


4) J. Fessler (München). Über sterile Verbände für den 


praktischen Arzt. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 14.) 

F. empfiehlt für die Sterilisation von Verbandstoffen Umhüllung 
derselben mit gewöhnlicher Baumwolle, da bei Verwendung von 
Blechbüchsen oder Pergamentpapier leicht Luft und dadurch Keime 
zurückbleiben können. Die Verbandstoffe werden zunächst in Filtrir- 
papier eingewickelt, um Kondenswasser aufzusaugen; hierauf in eine 
reichlich große Lage von Baumwolle eingepackt und mit Bindfaden 
kreuzweise verschnürt, nach beendeter Sterilisation und Austrocknung 
— während 2 Stunden mittels heißen Luftstromes — in Pergament- 
papier und Pappschachteln verpackt; Jodoformgaze wird bei gewöhn- 
licher Temperatur getrocknet, um die Abspaltung von Jod zu verhüten. 

Kramer (Glogau). 


5) A. Hoffa. Über die angeborene spastische Gliederstarre 


und ihre Behandlung. 
{Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 15.) 

H. entwirft auf Grund einer größeren Reihe von Beobach- 
tungen ein sehr anschauliches Bild der Little’schen Krankheit, um 
aus den klinischen Erscheinungen derselben die Aufgaben der frei- 
lich nur symptomatischen Behandlung herzuleiten. Da die willkür- 
liche Erregung der Muskeln nur abgeschwächt ist, die Flexoren und 
Adduktoren über die Extensoren und Abduktoren überwiegen, muss 
versucht werden: 1) die willkürliche Erregung der Muskeln durch 
Übung und Schulung zu stärken, und 2) die Flexoren und Adduk- 
toren zu schwächen, die Extensoren und Abduktoren zu kräftigen. 
Letzteres kann durch Massage und gymnastische Bewegungen er- 
reicht werden, während zur Schwächung der erstgenannten Muskel- 
gruppen das krampflösend wirkende Tapotement der betreffenden 
Sehnenenden oder die Tenotomie resp. Tendektomie in Betracht 
kommt. Nach letzterer sind dann Gipsverbände in überkorrigirter 
Stellung der Gelenke anzulegen, später — nach 4—6 Wochen — ge- 
eignete Gymnastik und Massage, Lagerung der Pat. in einem von 
H. zweckmäßig befundenen Apparat — zur Erhaltung der Über- 
korrektur der Gelenke — und Gehübungen in Anwendung zu ziehen. 
Mit Hilfe dieser Behandlungsmethode, die H. näher beschreibt, ist 
es ihm gelungen, recht gute Resultate in all seinen Fällen zu er- 
zielen, z. B. in dem einen in dem Grade, dass Pat. stundenlang ohne 
Stock zu gehen, selbst zu tanzen vermochte Einige Kranken- 
geschichten erläutern die erzielten Erfolge. Kramer (Glogau). 


6) O. Nagel. Klimatische Bubonen. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 9.) 
N. hat in verschiedenen Gegenden von Deutsch-Ostafrika Fälle 
von Leistendrüsenentzündungen zu beobachten Gelegenheit gehabt, 


648 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


in denen alle sonstigen bekannten Entstehungsursachen — venerische 
Erkrankungen, Verletzungen an den unteren Extremitäten, Tuber- 
kulose etc. — auszuschließen waren. Die Fälle betrafen Beamte 
oder Pflanzer, welche bereits längere Zeit in Ostafrika sich aufhielten 
und zum kleineren Theil an Malaria gelitten hatten, resp. noch litten. 
Die Drüsenschwellungen entwickelten sich meist rasch unter mäßigem 
Fieber bis 39° und waren mehr oder weniger schmerzhaft; nur in 
2 Fällen trat Eiterung ein, während die übrigen, durch Chinin un- 
beeinflusst, in Bettruhe, unter Umschlägen, Einreibung von Ungt. 
mercur. cin. und Druckverband zur Heilung kamen. N. weist dess- 
halb, eben so wie Ruge, die Malaria als Entstehungsursache zurück 
und sieht die Bubonen als zuweilen rein zufällig neben der Malaria 
einhergehende Erkrankungen an, die vielleicht durch das Klima, 
d. h. durch einen ihm eigenthümlichen, noch unbekannten Ent- 
zündungserreger hervorgerufen werden. Kramer (Glogau). 


7) L. Waelsch. Beiträge zur Abortivbehandlung der Bu- 
bonen. 
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLII. Hft. 3.) 

Die Urtheile über die verschiedenen in den letzten Jahren em- 
pfohlenen Behandlungsmethoden der Bubonen sind noch sehr getheilt. 
Die zur Injektion empfohlenen Mittel theilt der Verf. in 3 Gruppen: 
die antiseptischen (Karbol, Sublimat), die antiseptisch und sekretions- 
behindernd wirkenden (Argentum nitricum und Jodoform), die stark 
reizenden (Terpentinöl. Das Hydrargyrum benzoicum (Welander) 
ist er geneigt zu den letzterwähnten zu rechnen. Da W. auf Grund 
theoretischer Erwägungen zu der Anschauung gelangt, dass von einer 
antiseptischen Wirkung der empfohlenen Mittel nicht wohl die Rede 
sein könne, und da die Reizwirkung etwas bedenklich sei, da aber 
Erfolge der verschiedenen Methoden nicht wohl bezweifelt werden 
können, kam er auf die Idee, ob nicht »bei der Abortivbehandlung 
der Bubonen die Injektion der Flüssigkeiten als solche die Haupt- 
sache, ob es nicht ganz gleichgültig sei, was wir injieiren«. In Ver- 
folgung dieses Gedankens behandelte er an der Pick’schen Klinik 
in Prag 25 Fälle mit 27 Bubonen (ohne Auswahl) mit Injektionen 
von physiologischer Kochsalzlösung in die Abscesshöhlen und in die 
Drüsensubstanz. 

Die Einspritzungen wurden gut vertragen, machten keine oder 
nur geringe und kurzdauernde Schmerzen und sehr unbedeutende 
Temperaturerhöhung. Von den erwähnten Fällen wurden 20 = 74% 
in durchschnittlich 15,4 Tagen geheilt (außer den Injektionen wurden 
nur Umschläge mit essigsaurer Thonerde gemacht); bei 2 strumösen 
Bubonen wurde die Behandlung aus äußeren Gründen nicht zu 
Ende geführt, doch trat eine wesentliche Besserung ein. 5 Fälle 
= 14,8% mussten nachträglich noch operirt werden, doch waren 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 649 


2 davon zu spät in die Spitalbehandlung eingetreten. Die Opera- 
tionen waren sehr leicht. 

Die Resultate dieser Methode waren also so günstig wie bei den 
gebräuchlichsten Abortivmethoden nach Lang und Welander. Diese 
sehr interessanten Resultate W.’s beweisen wohl wieder, wie viel auf 
dem Gebiet der Bubonenbehandlung durch exspektative Therapie 
erreicht werden kann, und dass zu frühzeitige Eingriffe jeder Art 
nicht berechtigt sind. Jadassohn (Bern). 


8) F. Pinkus. Über eine Form rudimentärer Talgdrüsen. 
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLI. Hft. 3.) 

In einer sehr sorgfältigen anatomischen Arbeit beschreibt Verf. 
eine eigenthümliche Art von Haaren, welche »an Stelle des gewöhn- 
lichen Talgdrüsenkranzes von einem mehr oder minder ausgebildeten 
ceylindrischen Epithelrohr umgeben sind« und welche sich vorzugs- 
weise an Stellen der Haut finden, an denen durch pathologische 
(Naevi etc.) oder durch normale Gebilde (behaarte Kopfhaut) eine 
hochgradige Raumbeschränkung vorhanden ist. Die genauere Be- 
schreibung dieser interessanten Bildungen muss im Original nach- 
gelesen werden. Jadassohn (Bern). 


9) C. A. Ljungren. Von der Fähigkeit des Hautepithels, 
außerhalb des Organismus sein Leben zu behalten, mit Be- 
rücksichtigung der Transplantation. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 608.) 

L. berichtet über recht interessante Versuche mit Hautstückchen, 
die in steriler Ascitesflüssigkeit aufgehoben wurden. 1) wurden 
solche Hautläppchen nach einer Aufhebung von 2 Tagen bis zu mehr 
als 3 Monaten mikroskopisch untersucht. Es ergab sich der be- 
merkenswerthe Befund, dass die Epithelzellen ihre Kernfärbbarkeit 
bewahrt hatten. 2) wurden 22 konservirte Läppchen verschiedenen 
Alters zu Transplantation auf Granulationsflächen benutzt. Davon 
heilten 16 Stücke zunächst an, doch gingen deren noch 5 nachträg- 
lich zu Grunde. Bei den restirenden 11 Läppchen kommt es L. 
vor«, dass sie bleibende Haut bildeten, welche Fälle etwas eingehen- 
der berichtet werden. 3) wurde von 2 Hautläppchen, 6 Tage und 
1 Woche alt, welche transplantirt und angeheilt waren, Stückchen 
zur mikroskopischen Untersuchung entnommen. Die letztere bewies, 
dass das Epithel in der That lebendige Proliferation entwickelt hatte. 
(Kerntheilungsfiguren). 5 Präparate sind abgebildet. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


10) H. Ribbert. Experimentelle Erzeugung von Epithel- 
und Dermoidcysten. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 575.) 
R. hat, wie er schon früher mitgetheilt, experimentell Epithel- 
cysten dadurch erzeugen können, dass er bei demselben Thier völlig 
25%% 


650 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


abgetrennte Hautstückchen in einen Stichkanal einer Lymphdrüse, 
in die vordere Augenkammer, unter die Haut und in die Bauchhöhle 
brachte. Hier berichtet er kurz über einige Resultate seiner zahlreich 
angestellten Experimente hinsichtlich der Entstehungsbedingungen 
der Cysten und über histologische Veränderungen des fortwuchernden 
Epithels derselben. Es hat sich gezeigt, dass eine Entwicklung der 
fraglichen Geschwülste nur dann eintritt, falls außer Epithel auch 
Bindegewebe mit transplantirt wird. Ist das der Fall, so ist der Er- 
folg gleich gut, gleichviel, ob äußere Haut, Mundschleimhaut, Con- 
junctiva oder Epithel der Hornhaut und Luftröhre (letzteres wenig- 
stens bei Einbringung in Lymphdrüsen) verwendet wird. Während 
das transplantirte Epithel selbst an seinem neuen Standort seine ur- 
sprüngliche Beschaffenheit beibehält, erfährt das von ihm auf die 
Nachbarwundfläche fortwuchernde eine »Rückbildung in dem Sinne, 
dass es auf eine frühere Entwicklungsstufe, auf einen weniger diffe- 
renzirten Zustand zurückkehrt, also eine einfachere Form annimmt«. 
Details mögen in dem selbst schon kurz gehaltenen Original ersehen 
werden; nur das sei erwähnt, dass in den durch Hornhautepithel 
erzeugten Cysten sich desquamirte Zellen zeigten, welche Verände- 
rungen darboten, wie sie in Carcinomen vorkommen. Aus allen 
diesen Befunden ergiebt sich, dass man dem Epithel der fertigen 
Cyste in Folge sekundärer Veränderungen nicht immer mehr mit 
Sicherheit seine Abkunft ansehen kann. 

Einige Dermoideysten erhielt R. auf folgende Weise. Die Haut 
des Kaninchenschwanzes wurde von der Spitze auf eine Strecke von 
1—2 cm entfernt, dann dieser wunde Abschnitt in eine durch Ein- 
stich hergestellte Hauttasche auf dem Rücken des Thieres nahe der 
Basis des Schwanzes gebracht und durch Nähte befestigt. Bei Nach- 
untersuchung nach Monaten fanden sich gewöhnlich einzelne oder 
mehrere stecknadelkopf- bis erbsengroße Dermoide. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


11) P.G. Unna. Die Zusammensetzung des Leprabacillen- 
schleims. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie Bd. XXVI. No. 1.) 

Unter Leprabacillenschleim versteht U. die Masse, in welcher 
die Bacillen bei tuberöser Lepra vielfach liegen. Durch Vorbehand- 
lung mit Salpetersäure (Details siehe im Original) hat Verf. den 
Nachweis geliefert, dass dieser Schleim sich in Bacillen auflösen 
lässt, die bei dieser Behandlung eine Affinität zu Methylenblau haben, 
während der Rest der Bacillen das Fuchsin festhält. Die letzteren 
hält U. für die lebenden, die ersteren für die abgestorbenen Indi- 
viduen. Dieser Schleim ist es, der nach U. die Irrlehre von der 


intracellulären Lagerung der Bacillenhaufen bedingt hat. 
Jadassohn (Bern). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 651 


12) O. Laverde. La lepre et son traitement par la sero- 
therapie. (Bucaramanga, Columbia.) 
(Gaz. med. de Paris T, I. Nr. 6, 7, 13.) 

Obgleich es nicht möglich ist, die Lepra auf Thiere zu über- 
impfen, wurde der Versuch gemacht, von Eseln, Ziegen und Schafen 
antilepröses Serum zu erlangen. In 2 Versuchsreihen wurden diesen 
Thieren 1) 80—100 g Serum Lepröser, 2) durch Zerreiben von Le- 
promen gewonnener Gewebssaft (ca. 20 ccm) injicirt; nach bereits 
8 Tagen wurde den so vorbereiteten Thieren Blut entzogen, dessen 
Serum auf seine Wirksamkeit an Leprösen geprüft. Injieirt wurden 
alle 2—8 Tage etwa 5—20 ccm Serum nach sorgfältigster allgemein 
hygienischer Vorbereitung, Untersuchung und Desinfektion der 
Kranken, gewöhnlich am Schulterblattwinkel. Das Serum der 
2. Versuchsreihe erwies sich sehr wirksam, Stets trat nach der ersten 
Einspritzung Reaktion auf mit Fieber, Frösteln, Übelbefinden, 
Schmerzen in Lenden und Bauch; eben so regelmäßig fehlte sie 
nach den weiteren Injektionen. Die Heilerfolge »depassent toute 
predision< und erstreckten sich gleichmäßig auf alle Erscheinungen; 
die Bacillen selbst schwinden nachweisbar. 

Von den 60 Beobachtungen werden 3 mitgetheilt, in welchen 
die Kranken bis auf einige rothe Fleckchen völlig geheilt wurden, 
und nach 19—33 Injektionen ihrer gewohnten Thätigkeit wieder 
nachgehen konnten. In noch schwereren Fällen, »dont le tegument 
ext. n'était quun vaste leprome« wurden vorzügliche Erfolge mit 
gleichzeitiger Anwendung der Kauterisation erzielt. 

Die Einfachheit der Methode und die Zuversicht des Autors 
lassen nichts zu wünschen übrig. Christel (Metz). 


13) C. Boeck. Die Exantheme der Tuberkulose. 
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLII. Hft. 1 ff.) 

Die vorliegende sehr ausführliche Arbeit ist einer Gruppe von 
Krankheiten gewidmet, welche zum Theil schon seit langer Zeit 
bekannt sind, zum Theil erst in den letzten Jahren die Aufmerksam- 
keit auf sich gelenkt haben. Das Moment, das diese Krankheitsgruppe 
nach der Ansicht des Vert zusammenbält, ist der Umstand, dass alle 
diese Infektionen bei tuberkulösen Individuen vorkommen, ohne dass 
es aber bisher auch nur bei einer von ihnen gelungen wäre, den Nach- 
weis zu erbringen, dass sie wirklich im eigentlichen Sinne tuberkulös 
sei. Desswegen ist Verf. der in neuester Zeit auch in Frankreich 
mehrfach vertretenen Anschauung, dass diese Infektionen nicht durch 
den Tuberkelbacillus als solchen, sondern nur durch seine Toxine 
hervorgerufen werden. In diesem Sinne nennt er sie »die Exantheme 
der Tuberkulose«, während in Frankreich der Ausdruck »Tuberkulide« 
für die so definirten Krankheiten vorgeschlagen worden ist. 

Von gut bekannten Dermatosen zählt hierher der Lichen sero- 
phulosorum, bei welchem bisher der Nachweis von Bacillen trotz des 

* 


652 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


tuberkelähnlichen Baues noch nicht mit Sicherheit geglückt ist, und 
der Lupus erythematosus discoides, welcher von den meisten deutschen 
Dermatologen von den tuberkulösen Erkrankungen scharf gesondert 
wird, von dem aber auch wieder speciell viele französische Autoren 
auf Grund ihrer klinischen Beobachtungen mit mehr oder weniger 
großer Bestimmtheit annehmen, dass auch er ganz wesentlich nur bei 
Tuberkulösen vorkommt. 

Dieser Ansicht ist auch B. seit sehr langer Zeit, und er giebt 
in der vorliegenden Arbeit zum 1. Mal eine Statistik über 36 Fälle 
von Lupus erythematosus discoides, unter denen nur bei 16—17% 
nichts von Tuberkulose bei den Kranken selbst oder bei ihren 
nächsten Angehörigen gefunden werden konnte. Sehr viel weniger 
bekannt ist eine andere Hautkrankheit, welche B. schon im Jahre 
1880 unter dem Namen Lupus erythematosus disseminatus beschrieben 
und in nähere Beziehungen zu der von Kaposi abgesonderten Form 
des Lupus erythematosus gebracht hat. Sehr ähnliche oder auch 
gleiche Erkrankungen sind in den letzten Jahren unter sehr verschie- 
denen Namen beschrieben worden (Folliculis, Hydradenitis, Folliculitis 
exulcerans, Granulome innominé). 

B. giebt nun auf Grund einer größeren Anzahl einzelner Beob- 
achtungen ein sehr detaillirtes Bild dieser Erkrankungen, aus dem 
hervorzuheben ist, dass bei Personen mit ausgesprochenen skrofu- 
lösen Symptomen, speciell mit Drüsentumoren mit oder ohne Fieber- 
bewegungen, meist in einzelnen Schüben und oft mit einem außer- 
ordentlich chronischen Gesammtverlauf bald in der Tiefe der Haut, 
bald mehr oberflächlich schmerzlose Knötchen auftreten, die sich 
entweder ohne Eröffnung zurückbilden oder zu einer centralen Ne- 
krose eventuell mit Eiterpustel führen. Sie heilen mit recht charak- 
teristischen, scharf geschnittenen, flachen Narben nach längerer Zeit 
spontan ab. In anderen Fällen können sie zur Bildung tieferer, 
scharf geschnittener und sehr lange Zeit bestehender Geschwüre 
führen. Sie lokalisiren sich mit Vorliebe am Ulnarrand der Unter- 
arme, an den Handgelenken, den Händen und Ohren, welche letz- 
tere durch die vielen Narben eine starke Verbildung erleiden können. 
Nur selten sind sie gruppirt, meist ganz unregelmäßig verbreitet. 
Dieses Krankheitsbild kann sich, wie Verf. an einzelnen Beispielen 
nachweist, kombiniren mit jener eigenthümlichen, scharf begrenzten, 
akut auftretenden, aber durch lange Zeit hindurch bestehenden 
Röthung, welche Kaposi bei seiner Form des akuten Lupus ery- 
thematosus als Erysipelas perstans bezeichnet hatte, während wir sie 
jetzt, da wir wissen, dass es sich hier nicht um eine Streptokokken- 
infektion handelt, besser als Erythema perstans bezeichnen. Sie kom- 
biniren sich aber ferner auch mit der chronischen Form des Lupus 
erythematosus und mit Lichen scrophulosorum. 

Die histologischen Untersuchungen des Verf. haben bei dieser 
Erkrankung Veränderungen ergeben, die nicht irgend wie specifischer 
Natur sind, von den Gefäßen ausgehen und zu entzündlicher Infil- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 653 


tration und Nekrose führen. Riesenzellen und Bacillen hat B. nie 
gefunden (im Gegensatz zu Befunden bei der Folliculitis exulcerans 
und anderen hierher gehörigen Krankheiten, im Gegensatz auch zu 
einem Befund des Ref.). 

Weiterhin beschreibt B. noch eine Form von Eczema scrophulo- 
sorum, welche wesentlich bei jugendlichen Individuen vorkommt, in 
ihrer Lokalisation am Rumpf und an den unteren Partien der Ex- 
tremitäten mit dem Lichen scrophulosorum sehr viel Analogien auf- 
weist, durch hellröthliche, schuppende und vielfach gyrirte Flecke 
charakterisirt ist, sich am behaarten Kopf in Form einer Pityriasis 
findet, aber durch eine große Neigung zu nässen ausgezeichnet ist. 
Auch diese Erkrankung findet sich, oft allerdings nur in lokalisirten 
Herden, bei skrofulösen Individuen und gelegentlich kombinirt mit 
dem Lichen scrophulosorum. 

Zur Behandlung der verschiedenen Affektionen empfiehlt B. 
außer der allgemeinen Therapie, besonders mit Chinin, Eisen und 
Leberthran, örtlich die Anwendung von Bleisalbe, Bleiwasserumschlägen 
und Bleiwasserliniment. 

Wie aus dem Gesagten hervorgeht, ist B. geneigt, alle die hier 
genannten Krankheiten nur als Varianten einer Grundkrankheit auf- 
zufassen, und er glaubt, dass die verschiedenen Formen auf indivi- 
duellen Verschiedenheiten, Alter, Geschlecht etc. beruhen. Wegen 
der hervorragenden Symmetrie aller dieser Erkrankungen nimmt er 
eine centrale vasomotorische Störung (durch das Tuberkulotoxin) als 
die Ursache dieser Affektionen an. Er ist überzeugt, dass auch ge- 
wisse andere Erkrankungen, wie Lupus pernio., Erythema induratum 
etc. in dieselbe Gruppe gehören, ohne das aber bislang beweisen zu 
können. Die verschiedenen Erkrankungen haben speciell eine Be- 
deutung als »prämonitorische« Zustände, da sie immer auf eine 
manifeste oder latente Tuberkulose hinweisen. 

Ref. möchte sich zu dieser interessanten und verdienstvollen 
Arbeit Bis nur in aller Kürze die folgenden Bemerkungen er- 
lauben. 

Von den erwähnten Krankheiten gehört der Lichen scrophulo- 
sorum zweifellos zur Tuberkulose, wenn auch seine Entstehung 
durch die bacilläre Infektion bisher nicht mit Sicherheit bewiesen 
ist. Das von B. als Eczema scrophulosorum bezeichnete Krankheits- 
bild ist mir sehr wohl bekannt, und ich habe es immer nur als eine 
ıorphologische Abart des Lichen scrophulosorum aufgefasst, auch auf 
dem Londoner Kongress auf diese Form hingewiesen, und kann nach 
älteren und neueren Beobachtungen behaupten, dass diese Form, wie 
der Lichen scrophulosorum, auf Tuberkulin lokal reagirt, und dass man 
auch bei ihr Riesenzellen findet. Dagegen habe ich ein Nässen 
dieser Form im Allgemeinen nur selten und speciell an der schon 
von Hebra hervorgehobenen Prädilektionsstelle, der Inguinalgegend, 
gesehen. Was den Lupus erythematosus discoides angeht, so stehen 
sich hier die Erfahrungen in auffallender Weise gegenüber, und ich 


654 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


hoffe bald Gelegenheit zu haben, zu beweisen, dass die statistischen 
Angaben B.’s jedenfalls eine Verallgemeinerung nicht vertragen. Der 
wichtigste Theil der Arbeit ist zweifellos derjenige, welcher sich mit 
dem Lupus erythematosus acutus beschäftigt. Das Krankheitsbild, 
das B. hier entwirft, und das sich mit den neueren, speciell franzö- 
sischen Erfahrungen in auffallender Weise deckt, scheint in der That 
mit der Tuberkulose in einem kaum zu bestreitenden Zusammenhang zu 
stehen. Ich habe das selbstan einem dem B.’schen Bilde im Ganzen sehr 
gut entsprechenden Falle beobachten können, doch glaube ich, dass es 
zunächst vortheilhafter sein wird, die doch noch keineswegs bewie- 
senen Beziehungen dieser Erkrankungen zu dem gewöhnlichen Lupus 
erythematosus nicht so sehr in den Vordergrund zu stellen. 

In jedem Falle wird die zusammenfassende Darstellung Bi den 
Ausgangspunkt einer die ganze Frage. hoffentlich fördernden Bearbei- 
tung aller einschlägigen Fälle bilden, und damit wird nicht bloß die 
Dermatologie, sondern auch die allgemeine Pathologie und die prak- 
tische Medicin wesentlich gewinnen. Jadassohn (Bern). 


14) C. v. Samson-Himmelstjerna. Ein »Hautmaulwurf«. 
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLI. Hft. 3.) 

In dankenswerther Weise giebt Verf. Bericht über eine sehr 
merkwürdige, speciell in Ost-Russland schon seit längerer Zeit be- 
kannte, von der wissenschaftlichen Dermatologie bisher aber nur 
wenig berücksichtigte Affektion, welche Crocker vor einigen Jahren 
als »Creeping disease« bezeichnet hat. Das Krankheitsbild ist das 
folgende: In der heißen Jahreszeit tritt plötzlich, meist an den un- 
bedeckt getragenen Körpertheilen, Jucken und Brennen auf — man 
bemerkt eine rothe, wenig erhabene, unregelmäßig geschlängelte, nie 
verzweigte Linie (bisher wurde immer nur eine solche beobachtet); diese 
verlängert sich (1—15 cm in 24 Stunden) und heilt an ihrem Anfangs- 
theil — bei Brünetten mit einer weißen Verfärbung — in einigen 
Tagen ab; sie ist also in sehr verschiedener Länge sichtbar. Manch- 
mal entstehen viele Windungen auf einer beschränkten Hautpartie, 
in anderen Fällen werden große Strecken der Haut durch- 
wandert. Das Jucken findet sich immer nur in den frischen Partien 
des Ganges. Die Krankheit wird bedingt durch eine der Gattung 
Gastrophilus angehörige Larve; die Species ist noch nicht genau 
bestimmt; auch die Infektionsart ist noch unbekannt. v. S. nimmt 
an, dass die Larve von Thieren aus in die Haut des Menschen ein- 
dringt. Oft ist es schwer, die Larve zu finden; sie kann 1: cm vom 
Ende des sichtbaren Ganges in der noch normalen Haut sitzen und 
dort als ein schwarzes Pünktchen mit der Lupe entdeckt werden (am 
besten nach Druck mit dem Objektträger). Sie wird dann natürlich 
einfach herausgeschnitten, und die Krankheit geheilt. 

Jadassohn (Bern). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 655 


15) Trachsler. Das Vorkommen der Mikrosporie in Hamburg. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 6.) 

Die Verfasserin veröffentlicht aus Unna’s Klinik die ersten 
Fälle der Gruby-Sabouraud’schen Krankheit »Mikrosporie«, die 
in Hamburg zur Beobachtung gekommen sind. Die (11) Fälle waren 
klinisch charakteristisch: scharfe Begrenzung, gleichmäßige Bedeckung 
mit grauweißen Schuppen, Erhaltenbleiben von 2—3 mm langen 
dicken weißlichen Haarstümpfen, kleinere » Tochterherde « und größere 
Mutterherde, bedeutende Kontagiosität, Indolenz, auffallende Chroni- 
eität, Schwierigkeit der Behandlung, Beschränkung auf das Kindes- 
alter; dabei aber hatten die Hamburger Erkrankungen eine große 
Neigung, nicht bloß bei den Kindern selbst, sondern auch bei den 
Erwachsenen, welche mit den Kindern in enge Berührung kamen, 
an der unbehaarten Haut des Körpers trichophytieähnliche, aber 
immer bläschenfreie, mit flachem Rand versehene Herde zu bilden. 
Die Haarbefunde waren charakteristisch: eine aus kleinen Sporen 
zusammengesetzte Scheide um die Haare (diese Sporenscheide war 
umgeben von einer » Haarscheide«, die Sabouraud nicht beschrieben 
hat). Die genauere bakteriologische Untersuchung soll später ver- 
öffentlicht werden; es zeigte sich, dass die Pilze von den verschiedenen 
Fällen unter sich und von den beschriebenen Mikrosporonarten noch 
verschieden waren, ‚dass »also die Mikrosporie eine klinisch-histo- 
logisch-mykologisch wohl charakterisirte Erkrankung des Kinderkopfs 
ist, deren Varietäten durch verschiedene, sich sehr nahe stehende und 
vermuthlich zu einer Gattung’ gehörende Pilzarten erzeugt werden «. 

Jadassohn (Bern). 


16) J. Neumann. Über Keratoma hereditarium. 
(Archiv für Dermatologie u. Syphilis Bd. XLIL Hit. 2.) 

Verf. hat die von Hovorka auf der Insel Meleda beobachtete, 
fälschlich als Lepra aufgefasste Krankheit (deren nichtlepröse Natur 
schon Ehlers erkannt hatte) an Ort und Stelle untersucht und be- 
schreibt 3 Fälle, deren Photographien und Stammbäume er publicirt. 
Was schon a priori klar war, das geht aus der Arbeit N's mit Be- 
stimmtheit hervor, nämlich dass es sich hier um eine Analogie des 
Keratoma palmare et plantare hereditarium handelte. Die Thatsache, 
dass diese exquisite Familienkrankheit, welche durch starke Hyper- 
keratose in unregelmäßig höckeriger Form charakterisirt ist, nicht 
auf die Palmae und Plantae beschränkt zu sein braucht, sondern 
sich auch speciell an den Streckseiten einzelner Gelenke findet, war 
auch schon bei einzelnen in der Litteratur beschriebenen Fällen kon- 
statirt worden (cf. z. B. eine Beobachtung, die aus dem Breslauer 
Material des Ref. im Stereoskopisch-medicinischen Atlas 1896 von 
Raff publicirt worden ist). Auf Grund dieser Abweichung schlägt 
N. vor, das »plantare et palmare« aus dem Namen der Krankheit 
fortzulassen; doch bleibt diese Lokalisation die hervorstechendste 
Eigenschaft der Erkrankung. Verf. hält diese Keratose auf Grund 


656 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


einer Beschreibung der Haut der Buschmänner und der Bewohner 
des Feuerlandes (von G. Fritsch) für »eine im Laufe einer unbe- 
stimmt langen Zeit allmählich auf einzelne Hautstellen eingeschränkte, 
in einzelnen Familien mit großer Konstanz sich vererbende ata- 
vistische Hautbildung«. Jadassohn (Bern). 


17) Roux de Brignoles (Marseille). Fractures de la colonne 
vertébrale. 
Paris, 1898. 

R. behandelt die Wirbelsäulenbrüche ausschließlich auf Grund 
von Litteraturstudien. Dabei finden aber die englischen und deut- 
schen Arbeiten so gut wie gar keine Berücksichtigung; insbesondere 
ist Kocher’s hochbedeutende Arbeit mit ihren auf reicher Eigen- 
erfahrung beruhenden neuen Gesichtspunkten dem Verf. nicht be- 
kannt. Er hält sich bezüglich der pathologisch-anatomischen Ver- 
hältnisse im Wesentlichen an die Experimentalstudien von Ménard, 
bezüglich der Therapie an die Lehren von Chipault. 

Ursache und Sitz der Fraktur stehen nach den Erfahrungen 
der Franzosen, die bezüglich dieses Gegenstandes am meisten experi- 
mentirt haben, in einem Wechselverhältnis. Sie unterscheiden 
1) Frakturen der unteren Halswirbelsäule — durch Beugung des 
Kopfes (Bonnet); 2) Frakturen des Dorsalabschnittes — bei Sturz 
auf den Nacken, den geneigten Kopf (Ménard), seltener bei Sturz 
auf das Gesäß (Chipault); 3) der Dorsolumbalgrenze (12. Brust-, 
1. Lendenwirbel) bei totaler Zusammenknickung (Chedevergne, 
Mollitre); 4) der Dorsolumbalgegend und Lumbalgegend — bei 
Sturz auf das Gesäß mit gegen den Thorax gebeugten Beinen. 

Der Form nach unterscheidet R. am Wirbelkörper Abriss- 
frakturen (par l’arrachement), welche theils Horizontal-, theils 
Schrägfrakturen seien, und Kompressionsfrakturen (dans l’&crase- 
ment). Beide seien oft von Brüchen der Bogen und der Dornfort- 
sätze, so wie von Verrenkungen und Brüchen der Gelenkfortsätze 
begleitet. Diese seien für die Art der Deformation von ausschlag- 
gebender Bedeutung. Reine Verrenkungen des Dorsal- und Lumbal- 
abschnitts der Wirbelsäule halten alle neueren Autoren für un- 
möglich. Man habe jede Luxation nur als Komplikation einer 
Fraktur aufzufassen. 

Was die Schädigung des Rückenmarks betrifft, so lässt R. 
auch den Begriff der Commotio medullae gelten. Die Kontusions- 
folgen theilt er dem Grade nach in totale Durchtrennung, in totale 
direkte Zertrümmerungsnekrose und in partielle Verletzungen. Be- 
züglich des Zustandekommens der Markschädigung stehen sich 2 An- 
sichten gegenüber. Chedevergne stellt sich vor, dass das Mark in 
der Regel, wie eine Violinsaite über den Steg, so über die hintere 
obere Kante des gebrochenen Wirbelkörpers gespannt und dem 
gemäß gequetscht werde. Félizet, Ménard und Chipault nehmen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 657 


an, dass das Rückenmark wie in einen Schraubstock gefasst und 
gepresst wird zwischen dem gebrochenen Wirbelkörper und dem 
sich vorwärts schiebenden Bogen des nächsthöheren Wirbels. 

Für die Art der Behandlung, die historisch und ausführlich 
besprochen wird, ist diese Streitfrage von principieller Bedeutung. 
Als Anhänger von Chipault ist R. folgerichtig ein warmer Für- 
sprecher der blutigen Behandlung, der Laminektomie. Er lässt die 
Reduktion nur gelten für Wirbelsäulenbrüche mit geringer Defor- 
mation ohne Kompressionserscheinungen seitens des Rückenmarks. 
Er empfiehlt dann als Methode die manuelle Extension und Kontra- 
extension mit vorsichtigem Druck der flachen Hand auf den Buckel. 
Die Gefährlichkeit des Verfahrens sei durch nichts erwiesen. Für 
die Immobilisirung wird ein neues, vollkommenes Verfahren nicht 
angegeben. 

Der Reduktion weit überlegen aber ist nach Bis Ansicht 
die Laminektomie, die er für alle Fälle von Wirbelbruch mit be- 
deutender Deformität und vollkommener Paralyse, so wie auch mit 
geringer Deformität und partieller Markschädigung angezeigt hält. 
Jene tappe im Dunklen, diese lasse das Rückenmark bloßlegen, 
Splitter entfernen, gefährliche Vorsprünge abtragen, und sei nicht 
eingreifender als die Reduktion. Bei perimedullären Blutergüssen 
überdies leiste letztere nichts. Die bisherigen Misserfolge erklärt 
R. damit, dass nicht früh genug operirt wurde, und dass man 
all zu verzagt vorging, indem man meist den Zugang zum Rücken- 
mark nicht hinreichend groß angelegt habe. Er empfiehlt die sub- 
periostale Methode der Laminektomie in Anlehnung an Chipault. 
Sie liefere, wie ihn ein 1895 operirter Fall von Bogenbruch gelehrt 
habe, eine osteofibröse Bedeckung, die das Mark vollständig schütze. 
Auch die Spättrepanation sei nicht zu verwerfen, doch dürfe man 
nicht allzu viel von ihr erwarten. [Es ist zu bedauern, dass auch 
diese Arbeit eben so wie diejenige von Chipault und Anderen die 
experimentell gewonnenen Erfahrungen über die Grenzen der Rücken- 
marksregeneration so gar nicht in Betracht zieht. Ref.) 

P. Stolper (Breslau). 


18) Laehr (Berlin). Über Nervenkrankheiten nach Rücken- 
verletzungen unter besonderer Berücksichtigung der orga- 
nischen Rückenmarksaffektionen. 

(Charit&-Annalen Jahrg. XXII. p. 689—776.) 

L. hat sich der verdienstvollen Arbeit unterzogen, aus dem 
Material der Nervenklinik in der Charité diejenigen Fälle von Nerven- 
krankheiten aller Art herauszusuchen, bei welchen ein schweres 
direktes oder indirektes Rückentrauma der Erkrankung voraus- 
gegangen war. Unter den 800 in den Jahren 1893—97 behandelten 
Kranken befanden sich 127 oder fast 16%, bei denen dies zutraf; 
und zwar litten 55 an einer organischen, 72 an einer funktionellen 


658 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


Nervenkrankheit. Auf die theilweise sehr eingehend besprochenen 
Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden. Doch mag nicht 
unerwähnt gelassen werden, dass es sich oft um ein sehr weit, meist 
jahrelang zurückliegendes Trauma handelt, dessen ursächlicher Zu- 
sammenhang mit dem später auftretenden Nervenleiden durchaus 
nicht immer fraglos erscheint. Für Beurtheilung von Unfällen ist 
der Aufsatz höchst bedeutsam. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


19) Ménard (Berck-sur-Mer). Du redressement brusque de 
la gibbosité dans le mal de Pott. Étude anatomique et 
experimentale. 

(Presse med. 1897. No. 57.) 

Dieselben Bedenken, welche sich wohl Allen, die mit der patho- 
logischen Anatomie der tuberkulösen Wirbelsäulenerkrankung ver- 
traut sind, gleich nach der Veröffentlichung Calot’s aufdrängten, 
fasst Verf. in dankenswerth rücksichtsloser Weise zusammen, indem 
er auf die großen Lücken, die nach dem Redressement entstehen, 
auf das Fehlen jeglicher Knochenneubildung bei tuberkulösen Knochen- 
processen und auf das Entstehen von Abscessen hinweist. Er hat 
an mit Gibbus behafteten Leichen Versuche angestellt, welche seine 
theoretischen Bedenken vollauf bestätigten; die Diastasen in der ge- 
streckten Wirbelsäule sind ganz kolossal, die übrig bleibenden Bögen 
und Dornfortsätze nicht im Stande, der Wirbelsäule den nöthigen 
Halt zu gewähren; die Lücken waren ausgefüllt mit käsigen, fungösen 
Massen und Knochensplittern. Mehrere Abbildungen solcher Präpa- 
rate illustriren seine Ausführungen. — Für beginnende Fälle hält 
M. ein so brüskes Vorgehen für ganz unnöthig; man kommt dann 
mit Sayre’schem Stützapparat oder mit horizontaler Lagerung und 
Fixirung, wie er sie ebenfalls abbildet, aus. Verf. äußert sich zum 
Schluss seiner interessanten Ausführungen sehr zurückhaltend über 
die Zukunft des Verfahrens und warnt dringend davor, dasselbe für 
einen leichten Eingriff zu halten, wie es Calot darzustellen schien. 
Es verdient besonderer Erwähnung, dass schon früh auch in Frank- 
reich Stimmen laut geworden sind, welche vor zu großem Enthusias- 
mus warnten. Tschmarke (Magdeburg). 


20) J. Steiner. Klinische Studien über die Totalskoliose 
und die dabei beobachtete konkavseitige Torsion. (Aus dem 
orthopädischen Institut von Dr. A. Lüning und Dr. W. 
Schulthess in Zürich.) 
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.) 

Bei der Durchsicht des ihm von Schulthess zur Verfügung ge- 
stellten klinischen Untersuchungsmaterials fand Verf. 34 Totalskoliosen 
(3%). Als reine (von den atypischen und scheinbaren Formen zu 
trennende) Totalskoliosen haben nur solche Skoliosen zu gelten, bei 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 659 


denen die Torsion nach der konkaven Seite der Krümmung gerichtet ist. 
Die Torsionserscheinungen sind bei der Totalskoliose nie erheblich, 
verringern sich aber auch nicht mit der Zunahme der physiologischen 
Krümmungen. Der konkavseitigen Torsion ist am Schluss der 
Arbeit eine kurze historische Betrachtung gewidmet. 

J. Biedinger (Würzburg). 


21) S. Erben. Ischias scoliotica (Scoliosis neuralgica). 
(Beiträge zur klin. Medicin u. Chirurgie Hft. 16. Wien, W. Braumäller, 1897.) 

E. zählt aus der Litteratur neun verschiedene Gesichtspunkte 
auf, nach denen die Deviation der Wirbelsäule bei Ischiaskranken 
bisher beurtheilt wurde, und knüpft daran verschiedene kritische 
Bemerkungen. 

Auf Grund seiner eigenen Studien über die Muskelfunktionen 
stellt Verf. den Satz auf, dass bei der Anteflexion des Rumpfes 
hauptsächlich die Strecker, bei der Dextroflexion die linksseitig ge- 
legenen, bei der Sinistroflexion die rechtsseitig gelegenen Muskeln 
in Aktion treten. Die flektirte Haltung wird demnach von den 
Antagonisten besorgt. Damit wendet sich E. gegen die Auffassung, 
nach welcher bei Ischiaskranken die Vorwärtsneigung des Rumpfes 
auf Schwäche, Lähmung oder Kontraktur des Erector trunci auf der 
kranken Seite zurückzuführen ist. Auch die Ansicht lässt er nicht 
gelten, dass die Skoliose einzig die Kompensation der schiefen Becken- 
stellung oder der unveränderten Längenverhältnisse der Beine darstellt. 

Das Moment der Entlastung (Albert,' Charcot) erkennt E. an 
mit der Einschränkung, dass auch andere Momente die eigenthümliche 
Haltung hervorrufen können, wie das Bestreben, die Bauchdecken 
zu erschlaffen (Fischer und Schönwald) und durch Seitwärts- 
biegung der Lendenwirbel den gequollenen Nervenstämmen der 
kranken Seite mehr Platz zu gewähren (Nicoladoni). Die An- 
sicht Remak’s, dass die Kranken die mechanischen Bedingungen 
ausfindig machen, unter welchen das schmerzhafte Glied von dem 
Körpergewicht einigermaßen entlastet wird, findet Verf. ebenfalls 
nicht für ausreichend genug. Die Verschiedenheit der Skoliose hängt 
vielmehr mit der verschiedenen Lokalisation der Nervenerkrankung 
(der Schmerzhaftigkeit) zusammen. 

Als Paradigma führt E. 5 Fälle an, und zwar 2 Fälle von ge- 
kreuzter, 2 von homologer und 1 Fall von alternirender Skoliose. 

J. Biedinger (Würsburg). 


22) M. Dolega. Über die grundlegenden Gesichtspunkte 
und Methoden der modernen Skoliosentherapie. 
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.) 

Die Skoliosen sind Belastungsdifformitäten, hervorgerufen durch 
Abänderung der Wachsthumsbedingungen der Wirbelsäule. Die Form 
entsteht durch Anpassung. Anfangs ist jede Skoliose eine Ermüdungs- 


660 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


haltung. Die Methoden der Behandlung theilen sich in 4 Gruppen: 
Gymnastik, Suspension, Redressement, Stützapparate. 10 Abbildungen 
erläutern die D.’schen Modifikationen verschiedener Apparate. 

J. Biedinger (Würzburg). 


Kleinere Mittheilungen. 


Zur Korsetttechnik. 
Von 
W. Mintz in Moskau. 


Der Versuch, an den sehr haltbaren Walltuch’schen Holzleimkorsetts die 
Holzspäne durch solche aus Kork zu ersetzen, ergiebt Korsetts von sehr ge- 
ringem Gewicht und großer Festigkeit. Auf dem mit Rohleinwand überzogenen 
Gipsmodell folgen sich 3 Schichten von Korkspänen, deren jede durch eine 
Marlybinde den Formen des Modells adaptirt wird. Über das Ganze wird ein 
“Rohleinwandmantel gezogen. Die Korkspäne (z. B. 1/ mm stark, 5cm breit und 
25 cm lang) liefert in jeder Dimension die Firma Haag in Karlsruhe. Als Binde- 
mittel wird in bekannter Weise mit Kali bichromieum und Glycerin präparirter 
Leim benutzt. Zwischen den einzelnen Schichten lassen sich Schienen bequem 
einfügen. 


23) O. Vulpius (Heidelberg). Zur Sicherung der Asepsis bei Ope- 
rationen. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 19.) 

V. hält die Benutzung permeabler Handschuhe bei orthopädischen Operationen, 
die größtentheils auf die Extremitäten beschränkt und unter Blutleere ausgeführt 
werden können, für vortheilbaft, weil dabei die Wirksamkeit der Handschuhe 
durch Durchtränkung mit Blut nicht beeinträchtigt werde. 60 derartige, im 
letzten halben Jahre von ihm gemachte Operationen waren von durchaus reaktions- 
loser Heilung gefolgt. Er verwendet außerdem leinene Kopfkapusen und empfiehlt, 
um eine Infektion der das Operationsgebiet abgrenzenden Kompressen von der 
Haut aus zu verhüten, eine sterilisirte Unterlage aus impermeablem Stoff. 

Kramer (Glogau). 


24) Reinhardt. Mittheilungen über die in den Jahren 1880—1895 
in der Göttinger chirurgischen Klinik beobachteten Sarkome der 
langen Röhrenknochen. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 523.) 

R. hat über seine Bearbeitung des genannten Materials auf dem 1897er 
Chirurgenkongress bereits Bericht erstattet, doch bedarf das diesbezügliche Referat 
in diesem Blatt (1897, Kongressbericht p. 13), da es äußerst kurz gehalten, der 
Vervollständigung. Unter den gesammelten 54 Fällen war am häufigsten die Tibia 
ergriffen, nämlich 19mal == 35%. Es folgt das Femur mit 18, der Humerus mit 
13, Fibula und Radius mit je 2 Fällen. An der Tibia ist das obere, am Femur 
das untere Ende die Sarkomlieblingsstelle, was wohl damit zusammenhängen wird, 
dass hier die knorpeligen Epiphysenlinien sich am längsten erhalten und die be- 
treffenden Knochenenden zu einem Locus minoris resistentiae machen. R. (bel 
das Material nicht nach histologischem Princip, sondern topographisch ein: in rein 
periostale Geschwülste, in solche, bei denen sowohl Periost als Knochen ergriffen, 
und endlich in rein centrale Sarkome. Die rein periostalen Geschwülste sind die 
seltensten, nur durch 5 Fälle vertreten, am häufigsten die mit gleichzeitiger 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 661 


Knochen- und Periosterkrankung, unter denen wieder die Fälle prävaliren, die 
ihren Ursprung im Knochen selbst haben. In annährend 75% der Fälle saß die 
Geschwulst in den Epiphysengegenden, doch nicht in den Epiphysen selbst, son- 
dern im Schaft hart unter der Knorpelepiphysenlinie, die dem Wachsthum der 
Geschwulst lange Zeit kräftigen Widerstand zu leisten fähig ist. Die Knochen- 
rinde wird früher von der wachsenden Geschwulst durchbrochen. Betroffen war 
das Kindesalter nur selten, am häufigsten die mittleren Jahre bis in die hohen 
Alter hinein, Männer ungleich häufiger (40mal) als Weiber (14mal). Ein Trauma 
wurde als mögliche Entstehungsursache 9mal angegeben, ohne dass Wahrschein- 
lichkeit vorlag, dass es diese wirklich war; in einem Falle scheint erbliche Be- 
lastung vorzuliegen. Etwa 1/2 Jahr lang nach Bemerkung der Krankheit gingen 
durchschnittlich die Pat. der Klinik zu. Schwierigkeiten in der Diagnose waren 
häufig, namentlich die Entscheidung, ob Tuberkulose’oder Geschwulst, oft schwan- 
kend. In 6 Fällen wurde fälschlich zunächst ein Knochenabscess angenommen, 
9malwar der sarkomatös entartete Knochen gebrochen. Zur Sicherung der Dia- 
gnose ist häufig ein explorativer Eingriff erforderlich, und fanden 34mal darum 
auch Probeincisionen statt. Was die Resultate der stets radikal mit Amputationen 
oder Exartikulationen vorgenommenen operativen Therapie betrifft, so starben 
4 Kranke im unmittelbaren Anschluss an die Operation (2 Hüftexartikulationen, 
1 Schulterexartikulation, 1 Ausräumung eines verjauchten Femursarkoms). Als 
radikal geheilt werden die wenigstens 4 Jahre gesund gebliebenen Operirten ge- 
zählt; es sind deren 7 oder 18% (von den vor dem Herbst 1891 operirten 39 Fällen). 
Reeidive spielen beim Sarkom eine viel unwichtigere Rolle als die Metastasen. 
Letztere sind 19mal (= 33%) verzeichnet, darunter 12mal Lungenmetastasen. Viel- 
leicht sind einige Kranke, die angeblich an Lungenschwindsucht starben, that- 
sächlich auch hieran zu Grunde gegangen. Recidive sind bei Fällen, die in der 
Beziehung aufgeklärt sind, nur 6mal sicher konstatirt. Ein Unterschied in der 
Bösartigkeit der Sarkome entsprechend ihrer histologischen Bauart aus Spindel-, 
Rund-, ete. Zellen konnte nicht gefunden werden. 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


25) A. Scheuber. Über die therapeutische Verwendung des Tuber- 
kulin R. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLIL Hft.2 u. 3.) 

Auf Grund von 31 in der Pick’schen Klinik in Prag behandelten Fällen von 
Hauttuberkulose verschiedener Form, deren Krankengeschichten eingehend wieder- 
gegeben werden, berichtet Verf. über die Erfolge dieser Methode. Aus den 
Schlussfolgerungen hebe ich hier das Folgende hervor: Die Injektionen haben 
meist Reaktion an den Injektionsstellen und an den Erkrankungsherden im Ge- 
folge; eventuell recht beträchtliche Temperatursteigerungen sind auch bei vor- 
sichtigster Dosirung nicht mit Sicherheit zu vermeiden. — Im Beginn der Therapie 
kommt es zu Besserung, nie zu Heilung der lokalen Herde — dazu genügte auch 
die volle Dosis von 20 mg nicht; doch erscheint auch eine weitere Steigerung der Dosen 
nicht aussichtsvoll, da der Process gegen Ende der Behandlung meist stationär 
blieb. Auch nach den Injektionen folgenden Operationen stellten sich in einzelnen 
Fällen Recidive ein, von einer Immunisirung war also keine Rede. Das neue 
Tuberkulin hat mit dem alten bei gleichen Dosen alle Nachtheile gemein. Nur 
die genaueste klinische Beobachtung kann vor unangenehmen Überraschungen be- 
wahren. Unter den Fällen des Verf. traten 2mal bedrohliche Erscheinungen von 
Seiten der Lungen auf; häufig wurden Herpeseruptionen und allgemeine Exan- 
theme beobachtet; manchmal nach jeder neuen Injektion Röthung der früheren 
Injektionsstellen, was Ref. gelegentlich auch beim alten Tuberkulin gesehen hat. 
Die lokalen Reaktionen betrafen in der Regel nur die erkrankten Herde selbst, 
selten waren erythematöse Höfe vorhanden. 

(Auch Ref, hat Heilung durch Tuberkulin R bisher noch nicht beobachtet; 
die unregelmäßigen Reaktionen sind auch in seinen Fällen zu konstatiren ge- 
wesen. Ref.) Jadassohn (Bern). 


662 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


26) G. Krönig. Ein Beitrag zur Infusions- und Punktionstherapie. 
(Ärztliche Polytechnik 1898. April.) 

K. hat einen Hohlnadeltrokar, bestehend aus einer Hohlnadel, einem genau 
hineinpassenden vorn stumpfen Trokar mit 2 Seitenfensterchen und einem Mandrin 
konstruirt, der das Eindringen von Luft bei der Infusion ins subkutane Gewebe 
verhütet. Die Hohlnadel macht den Einstich durch die Haut, der Trokar ist mit 
Hahn und Ansatz für Gummischlauch versehen, er führt die Flüssigkeit ins sub- 
kutane Gewebe ein und ist um ein weniges länger als die Hohlnadel. Etwaige 
verstopfende Pfröpfe im Innern der letsteren werden beim Vorstoßen des Trokars 
herausbefördert, so dass die Infusion kein Hemmnis erfäbrt. Abbildung im Ori- 
ginal. Das Instrument dient auch zur einfachen Punktion. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 


27) H. Strauss. Zur Technik des Aderlasses, der intravenösen und 
subkutanen Infusion. 
(Ärstliche Polytechnik 1898. April.) 

Statt des Aderlasses im gewöhnlichen Sinn führt S. eine Venaepunktion aus 
mit einem kleinen Trokar von 2mm Lichtung. Es fließt genügend Blut ab, selbst 
wenn der Einstich in centripetaler Richtung gemacht ist. Den Trokar kann man 
ohne Weiteres mit dem Gummischlauch des Infusionsinstruments verbinden. 
Letsteres stellt 8. so her, dass er auch der Flasche, in welcher sich die zu in- 
fundirende Flüssigkeit befindet, einen doppelt durchbohrten Pfropfen aufsetzt. Eine 
Glasröhre taucht in die Flüssigkeit ein und ist mit dem Gummischlauch verbunden. 
Durch ein gewöhnliches Gebläse wird nun Luft eingepumpt, welche die Flüssigkeit 
in die Vene hineinpresst. Die Luft kann durch Watte filtrirt werden. 2 Abbil- 
dungen im Original. E. Fischer (Straßburg i/E.). 


28) Fouquet (Kairo). Le tatouage medical en Egypte. 
(Arch. d’anthropol. criminelle Bd. XIII. p. 270.) 


An dem Körper einer zu Theben in Egypten in einem Grabe der 11. Dynastie 
(ca. 3000 v. Chr.) aufgefundenen Mumie (Hathor-Priesterin) entdeckte Verf. ober- 
halb und unterhalb des Nabels lineare Zeichnungen (erhabene weiße und blaue 
Striche, in der unteren Bauchgegend annähernd horizontal in parallelen Reihen 
verlaufend, in der Magengegend vertikal stehend), die er für Narben, herrührend 
von einer ziemlich lange vor dem Tode vorgenommenen Skarifikation, ansprach; 
die blauen Striche wären dadurch entstanden, dass in die frischen Stichelungen 
eine farbige Masse eingerieben und diese bei dem Vernarbungsprocess mit ein- 
geheilt wäre. Es lag für ihn der Gedanke nahe, dass es sich hier nicht etwa um 
Dekorationsswecke handeln könne, sondern um die Überreste eines chirurgischen 
Eingriffs, der wegen einer Erkrankung des kleinen Beckens, vielleicht wegen chro- 
nischer Pelveoperitonitis, an der betreffenden Dame vorgenommen worden sei. — Be- 
stärkt wurde er in dieser Vermuthung durch die Thatsache, dass noch heutigen Tags 
in Egypten Tätowirung zu medicinischen Zwecken geübt wird. Die daraufhin von 
ihm angestellten Nachforschungen ermöglichten ihm, 97 derartige Fälle zusammen- 
zustellen. Dieselben vertheilen sich wie folgt: 60mal waren die Schläfen, 24mal 
die Hände, 4mal die Füße, imal das Knie, imal die Schulter, 5mal der Rumpf, 
imal der Nacken und imal die Gegend unterhalb des Schwertfortsatses in diesem 
Sinn tätowirt; 60mal war das Verfahren bei Migräne und Neuralgien, 29mal bei 
Läsionen der Knochen und Gelenke, 4mal bei Erkrankungen des Magens (Gastral- 
gie), 2mal bei Affektionen der Haut und 2mal bei Tumoren in Anwendung ge- 
kommen. Verf. theilt eine Reihe interessanter Fälle mit und erläutert sie an 
Abbildungen. Aus denselben ist gleichzeitig zu ersehen, dass heutigen Tags noch 
ganz dieselben Stellen, wie bei der obengedachten Mumie, therapeutisch in An- 
griff genommen werden. — Auch mit dem Verfahren im Einzelnen macht uns der 
Verf. bekannt. Es wird von eigens diesem Berufe nachgehenden herumziehenden 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 663 


Frauen, die Ghagariät oder Halab heißen, mittels 3—7, nach Art einer Panflöte 
mit einander verbundenen Nadeln geübt. Diese werden schräg in die Haut ge- 
stoßen; wenn das Blut zu fließen beginnt, wird zunächst eine aus Milch und Ruß 
bestehende Masse, sodann ein aus grünen Pflanzen gewonnener Saft (das letztere 
angeblich, um einer Entzündung vorzubeugen) in die Stichwunden verrieben. 

6. Buschan (Stettin). 


29) E. Schiff. Über die Einführung und Verwendung der Röntgen- 
strahlen in der Dermatotherapie. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 1.) 

Verf. fügt den bisher in der Litteratur vorhandenen Mittheilungen über die 
Behandlung von Lupus mittels Röntgen’scher Strahlen 2 Fälle eigener Beob- 
achtung hinzu. In dem ersten wurde noch sehr energisch vorgegangen; sehr kräf- 
tige Strahlen, 15—20 cm Distanz, 2 Stunden tägliche Expositionsdauer; im zweiten 
Falle Distanz 20—25 cm, tägliche Expositionsdauer 1/,—1 Stunde (im Ganzen 
10 Stunden in 10 Tagen). Verf. ist mit den Resultaten sehr zufrieden. Er kon- 
statirt, dass die allgemeine entsündliche Reaktion nach ca. 10tägiger Exposition 
auftrat und auffallend lange anhielt; die specifische Reaktion lupösen Gewebes 
auf Röntgenstrahlen zeigt sich darin, »dass nicht manifeste Lupusknoten durch 
längere Beleuchtung sichtbar werden«; dass Lupusknötchen »gelockert werden und 
ausfallen«, dass die Drüsen im Gebiet des Lupusherdes abschwellen; »durch die 
längere Einwirkung von X-Strahlen scheint die Umwandlung von torpiden Ge- 
schwüren in lebhafte Granulationswunden veranlasst worden zu sein« (das letztere 
stimmt mit den Erfahrungen des Ref. nicht überein). Jadassohn (Bern). 


30) Crespin. Deux cas de lèpre incomplète. 
(Ann. de dermat. et de syph. 1897. No. 7.) 

An der Hand der beiden mitgetheilten Beobachtungen, deren Detail? im Ori- 
ginal einzusehen sind (der Fall I wurde in einem früheren Stadium der Beobach- 
tung bereits früher von G&my publieirt) sucht Verf. zu beweisen, dans es eine 
Form der Lepra giebt, welche sich klinisch durch das Auftreten schmerzhafter 
mutilirender Panaritien, so wie durch Malum perforans der unteren Extremitäten 
äußert, während wenigstens längere Zeit hindurch andere als charakteristisch an- 
gesehene Symptome wenig ausgeprägt sind. Im Falle II war allerdings der sichere 
Nachweis der Lepranatur der Erkrankung nicht erbracht, doch deckte sich das 
klinische Bild so sehr mit demjenigen des Falles I (sweifellos Lepra), dass Autor 
es für richtig hält, auf das Vorkommen derartiger entstellter unvollkommener 
Lepraformen hinzuweisen, um so mehr, als man zu Unrecht die Lepra in gewissen 
Ländern als vollkommen erloschen erklärt, und durch diese Überzeugung nicht 
selten Fehlliagnosen geschaffen werden. Kopp (München). 


31) Long et Valenig. Un cas de löpre. 
(Ann. de dermat. et de syph. 1897. No. 6.) 

Der von den Verff. mitgetheilte Fall bietet manches Interessante. Die durch 
den bakteriologischen Befund als Lepra sichergestellte Erkrankung begann 1892 
und nahm einen sehr raschen und schweren Verlauf; es sind jetzt die Haut, die 
Schleimhäute und die peripheren Nerven befallen. Die Ursache der Infektion 
konnte nicht festgestellt werden. Pat. hat niemals Frankreich verlassen, und 
konnte auch nicht eruirt werden, dass er jemals mit Leprakranken in Berührung 
gekommen sei. Er wurde wahrscheinlich in seiner Heimat (Bretagne) infieirt. 
Die Autoren sind der Meinung, den Fall als eine Stütze für jene Theorie ver- 
werthen zu können, welche annimmt, dass die Lepra endemisch in einigen Gegen- 
den Frankreichs fortbesteht; in dieser Hinsicht ist es wohl von Interesse, fest- 
zustellen, dass im vorliegenden Falle durchaus keine abgeschwächte Infektionsforn 
vorliegt. Kopp (München). 


664 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


32) O. Naegeli. Über hämatogene Hauttuberkulose. (Aus dem path.- 
anatomischen Institut in Zürich.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 15.) 

Der mitgetheilte Fall, in welchem bei einer mit einer Lungenspitsenaffektion 
behafteten 35jährigen Frau im Verlauf von fast einem Jahre in verschiedenen 
Körpergegenden schubweises und symmetrisches Auftreten von tuberkulösen Knöt- 
chen in der Tiefe der Cutis bei völlig unversehrtem Epithel beobachtet wurde, 
beweist, dass sich auch außer bei akuter Miliartuberkulose bei chronischen tuber- 
kulösen Leiden innerer Organe tuberkulöse Neubildungen hämatogenen Ursprungs 
in der Haut entwickeln können. Kramer (Glogau). 


33) Asselbergs. De l’action des injections de calomel dans le lupus 
et les affections non syphilitiques. 
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 1.) 

Verf. hat in 14 Fällen von echtem tuberkulösem Lupus vulgaris durch die 
Behandlung mit subkutanen Kalomelinjektionen theils wesentliche Besserung, 
theils Heilung erreicht. Er glaubt zum mindesten dieses Verfahren als ein treff- 
liches Unterstützungsmittel anderer Methoden empfehlen zu dürfen. Auch andere 
niebtsyphilitische Erkrankungen wurden gelegentlich günstig beeinflusst (Gelenk- 
und Knochentuberkulose, Epitheliome, Elephanthiasis). Auf Grund dieser Beob- 
achtungen dürfte in Zukunft in Fällen schwieriger Diagnose zwischen Lepra vulg. 
und Syphilis ulcerosa der Erfolg einer Kalomelinjektionstherapie nicht mehr im 
Sinne der Syphilisdiagnose zu verwerthen sein. Kopp (München). 


34) Malherbe (Nantes). Cas curieux de parasitisme chez l'homme. 
(Progrès med. 1898. No. 4.) 

Bericht über einen höchst interessanten Befund von Distoma hepaticum in 
der Haut. Die Ansiedlung des Parasiten hatte bei 23jährigem Mädchen zur Bildung 
eines Infiltrats an der Schulter geführt. Bei der mit Verdacht auf Tuberkulose 
vorgenommenen Incision fand sich der Parasit auf dem Skalpell. Es gelang M., 
nur 4 ähnliche Fälle in der Litteratur zu finden. Die Heilung erfolgte nach der 
Eröffnung stets rasch. Boesing (Hamburg). 


35) S. Cannarsa. Über eine seltene, wahrscheinlich parasitäre Der- 
matose. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 5.) 

Eine Anzahl von Personen, die alle mit dem Transport einer gewissen Rohr- 
sorte (Arundo donax, Schalmeienrohr) beschäftigt gewesen waren, erkrankte 12 bis 
24 Stunden danach mit Schwere in den Augenlidern, Schwellungen, Schmerzen, 
Papeln, Blasen und Pusteln an Lippen, Genitalien, Händen, Conjunctivitis, Nasen- 
bluten, Fieber bis 40,4 und wiederholten Schüttelfrösten, hartnäckiger Verstopfung, 
Schlaflosigkeit, größerem Kräfteverfall, Schmerzen beim Uriniren; leichtere Fälle 
dauerten 6, schwerere 18 Tage. 

An dem Rohr fand sich ein schmutzigweißes Pulver, auf das der Verf. die 
Krankheit zurückführt, über dessen Natur aber die Akten noch nicht geschlossen 
sind. Jadassohn (Bern). 


36) Kossel (Berlin). Über einen Fall von Anthrax. (Aus dem In- 
stitut für Infektionskrankheiten.) 
(Charit6-Annalen 1897. p. 793.) 


Der hier mitgetheilte Fall von Anthrax hat eine chirurgische Bedeutung da- 
durch, dass er seigt, wie ein solcher trots schwerster örtlicher und allgemeiner 
Störungen doch ohne jeden Eingriff mit dem Messer zu heilen vermag. Ein Ein- 
griff erscheint auch desswegen nicht ganz gefahrlos, da ja dadurch eine Anzahl 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 665 


von Gefäßen eröffnet und somit unmittelbarer Eintritt der Krankheitserreger in 
die Blutbahnen ermöglicht wird. In dem Inhalt der Pustel und einer Epidermis- 
blase ließen sich theils frei, theils in Leukocyten eingeschlossen, spärliche Mils- 
brandbaeillen nachweisen, deren schlechte Färbbarkeit und zögerndes Wachsthum 
auf eine geringe Lebenskraft schließen ließ. Während nun Mäuse, mit dem In- 
halt der Pustel geimpft, an Milzbrand zu Grunde gingen, blieben die mit dem 
Blut des Kranken geimpften Thiere gesund. Dies zeigte, dass Allgemeininfektion 
des Körpers mit Milzbrandbacillen trotz des bestehenden hohen Fiebers nicht 
vorlag, und bestätigt dieser Umstand die schon hinlänglich bekannte Thatsache, 
dass der Mensch für Milzbrand nicht hoch empfindlich ist. 

Eine weitere bedeutungsvolle Thatsache war es, dass das Blutserum des Milz- 
brandkranken, welches 2 Wochen nach Entfieberung durch Schröpfköpfe gewonnen 
war, eine immunisirende Wirkung auf mit Milzbrandkulturen geimpfte Mäuse 
nicht ausübte, dass vielmehr dieselben gleichzeitig mit Kontrollthieren erlagen. 
Eben so wurde auch baktericide Wirkung des Serums im Reagensglase vermisst. 
Es zeigt sich somit, dass im vorliegenden Falle der menschliche Körper nicht wie 
bei anderen Infektionen auf die Milzbrandinfektion mit der Erzeugung specifischer 
Schutzstoffe geantwortet hat, wenigstens nicht solcher Schutzstoffe, welche mit dem 
Blutserum auf andere Thiere übertragbar sind oder im Reagensglas baktericide 
Kräfte entfalten. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


37) @. Pini. Granuloma trichophyticum Majocchi. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 1). 


Unter dem Namen Granuloma trichophyticum hat Majocchi schon im Jahre 
1883 eine Abart ‚der Trichophytie beschrieben, welche sowohl von der Sykosis 
parasitaria als von dem Kerion Celsi verschieden ist. »Dieselbe charakterisirt 
sich durch runde flache Anschwellungen der Haut« — spontan nicht, auf Druck 
etwas empfindlich, von normaler oder leicht gerötheter, nicht schuppender Haut 
bedeckt, von einem farblosen Hof umgeben, baselnuss- bis bohnengroß, Anfangs 
elastisch, später weich, fast fluktuirend, mit Neigung zu symmetrischer Lokalisation, 
mit einem Vorstadium von »Herpes tonsurans«, histologisch ein subkutanes Gra- 
nulom, gefäßreich, mit Riesenzellen und jungen Granulationszellen. 

Von dieser seltenen, bisher seit Majocchi kaum gewürdigten, morphologisch 
ziemlich scharf charakterisirten Affektion hat der Verf. (an der Klinik Majocchi’s 
in Bologna) 3 Fälle beobachtet (2 am Kopf, einen am Arm), auf Grund deren er 
das Krankheitsbild näher ausarbeitet. Er betont die Differenzen gegenüber der 
Sykosis und dem Kerion {kurze Zeit bestehende follikuläre Papel im Gegensatz zu 
der sehr chronischen derben flachen Erhebung des Granuloms, im ersten Falle schnelle 
Vereiterung, im letzteren langsame Erweichung und Entleerung nicht von Eiter, 
sondern von Blut und weichem graurothem Detritus). Das Granulom lokalisirt 
sich meist am „Kopf. Die histologische Untersuchung ergab die Anwesenheit des 
Trichophyton in einem typischen Granulationsgewebe mit Übergang in eitrige 
Schmelzung. Mit den aus dem Granulom erhaltenen Kulturen hat P. sicher ober- 
flächliche Trichophytie, nicht sicher aber tiefe Knoten erzeugen können. 

Jadassohn (Bern). 


38) T. Spietschka. Beitrag zur Histologie des Cornu cutaneum. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 1.) 


Verf. hat die Gelegenheit, 7 Fälle von Cornu cutaneum und 2 von verhornten 
Papillomen am Penis zu untersuchen, dazu benutzt, zu der wiederholt erörterten 
Frage, ob Hauthörner stets papillären Ursprungs seien und auch papillären Bau 
besitsen, einen Beitrag zu liefern. Es handelte sich um typische Hauthörner am 
Olekranon, an der Nasenspitze, am oberen Augenlid, am Augenwinkel, am Helix 
des Ohres, am Zeigefinger, an den Augenlidern. Die Untersuchung, auf deren 
Details wir hier nicht eingehen können, ergab, dass alle Cornua cutanea einen 


666 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


papillären Bau haben, und auch ein von Baas untersuchtes Horn auf der Cornea 
eines Kuhauges sieht S., im Gegensatz zu Baas selbst, als papillär an. 
Jadassohn (Bern). 


39) Kreibisch. Zur Histologie des Ulcus rodens. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 3.) 

Über die als Ulcera rodentia zu bezeichnenden Hautcarcinome ist weder 
klinisch noch histologisch bisher vollständige Einigung erzielt. Verf. hat 4 Fälle 
aus dem Material Kaposi’s untersucht. 3 davon waren oberflächlich ulcerirt, 
theils mit Krusten bedeckt, theils von braunrother, glatter Oberfläche. In einem 
Falle war eine centrale Abheilung eingetreten; in der Narbe fanden sich »hanf- 
korngroße, gelblich glänzende eingesprengte Knötchen« — die lange Dauer, die 
konstante Oberflächlichkeit, das Fehlen der Drüsenschwellung sprachen für die 
Diagnose des »flachen Hautkrebses«, i. e. Ulcus rodeng im weitesten Sinne. Dem 
klinisch einheitlichen Bild entsprach auch ein einheitlicher histologischer Befund. 
Die Wucherung beginnt am Oberflächen- resp. Follikelepithel mit einer scharfen 
Grenze, an der die Epithelien spindelig ausgezogen werden; das Protoplasma tritt 
zurück, der Kern wird stark färbbar. Die Zellen lagern sich »zu streifigen oder 
wirbelartig koncentrischen Zügen, zum Theil mit Cylinderzellen an der Peripherie. 
Die Veränderungen im Bindegewebe sind verschieden ausgesprochen, immer aber 
ist eine scharfe Sonderung vom Epithel vorhanden. Innerhalb der Epithelnester 
fand sich in 3 Fällen ein nekrotischer Zerfall, dagegen keine Hornperlen, keine 
hyaline Degeneration (die letztere hat der Verf. in einem anderen Falle gefunden). 
Das beschriebene Bild hält K. für charakteristisch für eine bestimmte Art des 
Ulcus rodens. Er polemisirt in Bezug auf Abgrenzung und Bezeichnung mit 
Unna und glaubt, dass dessen »grobwalzige« Carcinome, die Unna vom Ulcus 
rodens abgrenzt, dem von K. gesehenen Typus entsprechen. 

Jadassohn (Bern). 


40) E. Ginestons. Acide arsenieus et orthoforme dans le traitement 
du cancer £pithelial. 
(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 15.) 

Nach dem Vorgange von Czerny und Trunecek hat G. in der Klinik von 
Badal ein Epitheliom des oberen Augenlides mit Arsenikkauterisation behandelt. 

Den Lösungen wurde Orthoform zugefügt und damit erzielt, dass fast jeder 
Schmerz, der sonst ziemlich beträchtlich ist, unterdrückt wurde. 

Verf. meint, dass diese Behandlung namentlich auch bei inoperablen Epithe- 
lialeareinomen Beachtung verdienen dürfte. A. Henry (Breslau). 


41) M. Freudweiler. Lymphangioma circumscriptum s. cystoides cutis. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 5.) 


Unter vollständiger Anerkennung der von Wegner gegebenen Eintheilung 
der Lymphangiome in L. simplex, cavernosum und cystoides berichtet Verf. über 
einen zu der 3. Gruppe gehörenden Fall von gruppirten bläschenähnlichen Ge- 
bilden an der Haut der Schulter eines 16jährigen Knaben. Es waren Andeutungen 
augenscheinlich schon bei der Geburt vorhanden gewesen. Später bildeten sich 
wasserhelle Bläschen, die dann weiterhin eine gelbliche und röthliche Färbung 
annahmen; beim Aufstechen entleerte sich eine geringe Menge einer serösen 
Flüssigkeit; eine Lymphorrhoe trat nie ein. Es konnte beobachtet werden, wie 
unter den Bläschen eine Teleangiektasie auftrat, die durch das Bläschen durch- 
schien und sich gelegentlich — durch Atrophie der Scheidewand oder durch ein 
Trauma — in die Lympheyste entleerte, so dass deren Inhalt sich blutig tingirte. 
Erysipele oder hochgradigere Entzündungen waren nie vorhanden. Die Cysten 
wurden höchstens bis erbsengroß; die kleineren waren einer vollständigen Rück- 
bildung fähig. Beschwerden wurden nur durch die Reibung bedingt. Die mikro- 
skopische Untersuchung führte F. zu der Anschauung, dass es sich bei diesen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 667 


Lympbangiomen um eine chronische, sich durch Sprossung aus der Gefäßwand der 
Lymphgefäße entwickelnde Neubildung handelte; die Kommunikation der Cysten, 
welche unter der Epidermis auftreten, mit den Lymphgefäßen kann durch Oblite- 
ration aufgehoben werden oder sie ist so fein, dass ein Zurückpressen des Cysten- 
inhalts in die Lymphgefäße fast unmöglich ist. Die Entwicklungsgeschichte dieser 
Gebilde weist darauf hin, dass sie den Blutgefäßmälern analoge Neubildungen aus 
‚embryonaler Anlage heraus darstellen. Bei einer Übersicht über die Litteratur 
kommt F. zu dem Schluss, dass eine geringe Anzahl analoger Beobachtungen 
publieirt ist, dass aber Vieles, was mit dem Namen » Lymphangiom« bezeichnet ist, 
nicht hierher gehört, speciell nicht das sogenannte »Lymphangioma tuberosum 
multiplexe. Jadassohn (Bern). 


42) A. Gassmann. Kasuistische Beiträge zur Psoriasis. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 3.) 

An erster Stelle berichtet;Verf. über eine sehr seltene Form der Psoriasis vul- 
garis, welche als Psoriasis rupioides bezeichnet worden ist, weil sie sich durch die 
Auflagerung sehr dicker, oft kegelartiger, geschichteter Borkenmassen auszeichnet. 
Der beschriebene Fall stellt in so fern ein Unicum dar, als es neben diesen dicken 
Borkenhügeln auf der Körperhaut am Kopf zu förmlichen »Hauthörnern« ge- 
kommen war, 18 mm hohen, 11/,—21/s cm breiten Gebilden, durch welche die Haare 
als dichtes Büschel hindurchgingen und welche sich im Niveau der Haut ohne 
jeden Schmerz abschneiden ließen. Auch die histologische Untersuchung erwies, 
dass es sich hier um excessive Ausbildungen psoriatischer Schuppen handelte. 

Im 2. Falle G.’s hatte sich Pat., wie das gegen die alte Lehrbuchregel öfter 
zu geschehen pflegt, seine hochgradig ausgebreitete Psoriasis sehr stark auf- 
gekratzt. Es traten dann, nachdem die Psoriasis durch Chrysarobin geheilt war, 
recht plötzlich in kolossaler Disseminirung typische Verrucae vulgares an den 
psoriatisch gewesenen Hautstellen auf, die sich, nachdem sie eine recht hoch- 
gradige Entwicklung genommen hatten, spontan wieder involvirten. In Analogie 
mit den vom Ref. berichteten Fällen von Aussäung von Warzen durch Auto- 
inokulation vermittels des kratzenden Fingers bei juckenden Dermatosen nimmt 
auch der Verf. an, dass diese Warzeneruption direkt mit der Psoriasis nichts zu 
thun gehabt habe, sondern nur eine Folge des Kratzens gewesen sei. 

Jadassohn (Bern). 


43) J. T. Bowen. Un cas de keratose folliculaire. 
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 1.) 

Der Fall ist dadurch interessant, dass die durch Darier, White u. A. ge- 
nauer erforschte seltene Dermatose sich ausschließlich an den Händen und im 
Gesicht lokalisirte. Durch keratolytische Medikationen (Salieylsäure, Resorein, 
Schwefel) wurde wesentliche Besserung erzielt. Verf. erklärt, die Conidiennatur 
der sogenannten Zelleinschlüsse auf Grund seiner histologischen Untersuchungen 
nicht acceptiren zu können; er erblickt das Wesen des Processes in einer Störung 
der Verhornung der Retezellen im Sinne einer Hyper- und Parakeratose. 

Kopp (München). 
44) Andry. De la lésion de l’erytheme indure (de Bazin). 
(Ann. de dermat. et de sypb. 1898. No. 3.) 

Verf. war in der Lage, in einem Falle von sogenanntem indirektem Erythem 
(Bazin), einer Erkrankung, welche nach Ansicht vieler Autoren durchaus nicht 
mit Erythema nodosum zu verwechseln sein soll, histologische und bakteriologische 
Untersuchungen vorzunehmen. Er bestreitet jeden Zusammenhang mit Tuberkulose 
oder Skrofulose. Das Resultat der histologischen Prüfung waren heftige Ent- 
artungsvorgänge auf der Basis eines chronischen, beträchtlichen, anscheinend spon- 
tanen Ödems. Periphere Cirkulationsstörungen in Blut- und Lymphbahnen auf 
ererbter Basis scheinen sur Erkrankung su disponiren. Von diesem Gesichts- 
punkt aus wäre vielleicht die Meinung Hardy’s, dass das Erythema induratum 


668 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


serophulosorum (Bazin) nur eine chronische und zuweilen ulceröse Variation des 
Erythema nodosum sei, doch nicht ganz von der Hand zu weisen. 
Kopp (München). 


45) H. Meyer. Ein Fall von Lichen ruber in der inneren Voigt- 
schen Grenzlinie der unteren Extremität. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 1.) 

Die Linien, welche die Gebiete der einzelnen Hautnerven von einander trennen 
und welche von Voigt entdeckt worden sind, haben jetzt angefangen, in der Der- 
matologie eine sehr interessante Rolle zu spielen. Zuerst hat man gefunden, dass 
sich Naevi in ihnen lokalisiren; und da von diesen Naevi, die vielfach auch als 
Ichthyosis linearis bezeichnet worden sind, bekannt war, dass sie sich auch ent- 
zünden, dass sie »ekzematisirt« werden können, so lag es nahe, juckende Erkran- 
kungen, die in diesen Linien lokalisirt waren, auf Naevi zurückzuführen, zumal 
da auf der anderen Seite das Vorkommen von »Naevi tardifs« d. h. später im Leben 
auftretenden, sonst aber ganz naevusartigen Neubildungen nicht mehr geleugnet 
werden konnte. So hat der Ref. einen von Touton als Neurodermia chronica linearis 
in einer Voigt’schen Grenzlinie bezeichneten Fall in dem eben angedeuteten Sinn 
erklären zu dürfen geglaubt. Dass diese Auffassung möglich ist, meint Ref. auch 
jetst noch behaupten zu können. Sie trifft aber sicher nicht zu für einige andere 
Fälle, in denen verschiedene und zwar typische Hautkrankheiten gerade in sol- 
chen Linien auftreten. Zu diesen gehört der von M. berichtete Lichen ruber planus. 
Die Erkrankung begann unter lebhaftem Jucken mit der Ausbildung disseminirter 
Lichen-planus-Knötchen am Rumpf, zu denen sich ein schmaler Streifen aus den 
gleichen Efflorescenzen gesellte, der sich von der Glutäalgegend bis zur Achilles- 
sehne erstreckte. Heilung unter Arsen. Ich verzichte hier darauf, in eine theo- 
retische Erörterung über die interessante Frage der Begründung dieser Lokali- 
sation einzutreten. Ich habe aber selbst in diesem Jahre 2 Fälle beobachtet, welche 
mich zu der vom Verf. ausgesprochenen Anschauung bekehrt haben, dass »auch 
rein entzündliche Affektionen sich in den Voigt’schen Grenzlinien lokalisiren 
können, und dass daher die alte Anschauung von der Naevusnatur aller da- selbst 
lokalisirten Hautgebilde fallen muss«. Jadassohn (Bern). 


46) V. Mibelli. Über einen in Parma beobachteten Fall von Tinea 
Gruby (Sabouraud). 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 5.) 

Die von Sabouraud als eine eigenartige Erkrankung erkannte, bisher der 
Trichophytie zugerechnete »Tinea Gruby«, welche durch klinische, histologische 
und bakteriologische Momente charakterisirt ist, ist bisher in Italien nicht beob- 
achtet worden; der erste Fall ist der von M. publieirte, der ein aus Brasilien zu- 
gereistes Kind betraf. Das Krankheitsbild war charakteristisch; histologisch aber 
waren Unterschiede gegenüber den Pariser Fällen vorhanden und der rein ge- 
züchtete Pilz entsprach bakteriologisch nicht dem von Sabouraud beim Menschen 
gefundenen, ‚sondern dem von Bodin und Almy entdeckten Mikrosporon canis. 

Jadassohn (Bern). 


47) Reinbach. Zur Pathologie und Therapie der durch amniotische 
Schnürfurchen hervorgerufenen Elephantiasis congenita. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 

Verf. giebt zunächst auf Grund sorgfältiger Litteraturstudien eine Übersicht 
über die heutige Lehre von der Ätiologie der kongenitalen Schnürfurchen, um 
sodann über einen in der Mikulicz’schen Klinik beobachteten Fall zu berichten, 
welcher dadurch interessant ist, dass er eine außerordentliche Multiplicität typi- 
scher amniotischer Schnürfurchen aufweist, so wie die verschiedensten Folgen 
solcher intra-uteriner Umschnürungen su verfolgen gestattet. Unter den letzteren 


Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 669 


steht im Vordergrund eine hochgradige Elephantiasis des einen Fußes, welche 
Gegenstand chirurgischer Behandlung wurde, da sie die Gehfähigkeit in hohem 
Grad beeinträchtigte. Die Therapie bestand in Excision der eirkulären Schnür- 
furche am Unterschenkel und eines länglichen Ovals aus dem elephantiastischen 
Fußrücken, mit exakter Vernähung der Defekte. Das mikroskopische Verhalten 
des excidirten Stücks entsprach durchaus dem Bild der Elephantiasis acquisita. 
Das Resultat der Behandlung war zufriedenstellend. 6 photographische Text- 
abbildungen illustriren den interessanten Fall so wie den Frfolg der Therapie. 
Hofmeister (Tübingen). 


48) A. Kirchner. Kälteeinwirkung als Ursache des Pemphigus der 
Neugeborenen. 
(Centralblatt für Kinderheilkunde 1898. No. 5.) 

Bei einem sonst gesunden, keine Zeichen von Lues darbietenden Kinde ge- 
sunder Eltern entwickelte sich am 9. Tage Pemphigus, der nach.und nach ver- 
schiedene Theile des Körpers befiel und erst nach etwa 3 Wochen verschwand. 
Als K. das Kind zum 1. Male sah, waren dessen Hände und Füße kühl und blau, 
die Füße sogar tiefcyanotisch verfärbt; es lag in einem kühlen, nicht geheizten 
Zimmer, viel zu leicht bekleidet. Diese Kälteeinwirkung sieht K. als Ursache des 
Pemphigus an, zumal eine andere nicht vorlag (die Hebamme hatte keinen anderen 
Fall!). Die Blasen traten symmetrisch an begrenzten Bezirken der Körperober- 
fläche im Verbreitungsgebiet bestimmter Nerven unter vollständiger Freilassung 
angrenzender Nervengebiete auf, so dass es sehr nahe lag, an eine neuritische 
Hautentzündung, eine Trophoneurose, zu denken, die unter dem Einfluss der 
Kälteeinwirkung sich entwickelt hatte. Schon 1892 hat K. einen ähnlichen, aber 
einen Erwachsenen betreffenden Fall publieirt, wo sich in Folge einer längere 
Zeit hindurch wiederkehrenden, ziemlich starken Kälteeinwirkung auf die sehr 
warme, stark schwitzende Haut Pemphigus entwickelt hatte, der ebenfalls sym- 
metrisch in Schüben in bestimmten Nervengebieten auftrat. Außer der Symmetrie 
zeigte sich aber auch darin eine gewisse Ordnung in der Eruption, dass in beiden 
Fällen die am stärksten abgekühlten Gliedmaßen zuerst befallen wurden, zu- 
vörderst die Beine bei dem gerade hier sehr eyanotischen Kind, bei dem Erwach- 
senen zuerst die Arme, an denen er zuerst und am stärksten das Kältegefühl 
hatte; in beiden Fällen zeigten sich die Eruptionen erst später am Kopf und zu- 
letzt am Rumpf (beim Kinde waren auch die Fußsohlen betheiligt, beim nicht 
syphilitischen Pemphigus ein seltenes Ereignis!). Welche Schädlichkeit sich im 
Körper unter dem Einfluss der Abkühlung bildete und, im Blut kreisend, auf das 
centrale oder periphere Nervensystem in bestimmten Bezirken einwirkte, lässt K. 
unentschieden. Der Umstand, dass, wie hier, bei einigen sporadischen Fällen 
Henoch’s der Ausschlag gerade am 9. Lebenstage einsetzte, könnte an eine in- 
fektiöse Ursache immerhin denken lassen, die, mit der Geburt ihre Einwirkung 
auf den Körper beginnend, nach 9 Tagen sich in dem, Auftreten von Blasen 
äußert; die Entwicklung dieser infektiösen Ursache würde dann eben durch äußere 
Einflüsse, hier die starke Abkühlung, begünstigt werden. 

6raetzer (Sprottau). 


49) Goldberg. Ein Fall von traumatischer amyotropher Lateral- 
sklerose am untersten Theil des Rückenmarkes. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No, 12.) 

Es handelte sich um einen 43jährigen Maurer, welcher von einem Gerüst 3 m 
tief herabstürzte und hierbei mit dem Gesäß in sitsender Stellung auffiel. Er 
klagte über Schmerzen im rechten Fuß beim Gehen, welche bis sum Knie aus- 
strahlten, und über Schwächegefühl in der Kniegelenksgegend. Objektiv war 
nichts wahrzunehmen. Eine elektro-mechanische Behandlung erzielte nicht nur 
keinen Erfolg, sondern der Kranke klagte eher noch über Zunahme seiner Be- 
schwerden, so dass der Verdacht auftauchte, dass es sich um Simulation handle. 


670 Centralblatt für Chirurgie. "No. 25. 


Nach 5 Monaten hatte sich das Symptomenbild geändert. Der Gang des Pat. war 
spastisch-paralytisch, die Patellarreflexe waren enorm gesteigert, dessgleichen das 
Fußphänomen, während die Gefühlssphäre durch das Leiden gar nicht alterirt er- 
schien. Zu diesen Beschwerden gesellte sich noch Atrophie der Wadenmuskulatur. 
Der Symptomenkomplex zeigte somit das Bild einer amyotrophen Lateralsklerose, 
welche sich an ein Trauma angeschlossen hat, dessen Angriffspunkt der unterste 
Theil der Wirbelsäule war. 

Nach einem Rückblick auf die einschlägige Litteratur mahnt G. zur Vorsicht 
in der Beurtheilung von Unfällen, selbst wenn der objektive Befund nicht gleich 
im Anfang die Klagen des Verunglückten erklärt, sobald auch nur der leiseste 
Verdacht besteht, dass das Rückenmark in Mitleidenschaft gezogen sein kann. 

Gold (Bielitz). 


50) M. Wilms. Echinococcus multilocularis der Wirbelsäule und 
das Verhältnis des multilokulären Echinococcus zum Echinococcus 
hydatidosus. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.) 

W. schildert einen Fall von Echinococcus der Wirbelsäule mit sekundärem 
Übergreifen auf die Lendenmuskulatur, das linke Darmbein, das Schambein, die 
Blase und das prävesikale Gewebe. Das Eigenthümliche des Falles bestand darin, 
dass der Blasenwurm innerhalb der Knochen den Wachsthumstypus des Multi- 
locularis, in den Weichtheilen den des Hydatidosus erkennen ließ. Ausgehend 
von diesem Befund verwirft Verf. die vielfach aufgestellte, aber nicht bewiesene 
Behauptung, dass die beiden Echinococcusformen von verschiedenen Tänien her- 
rühren. 

Nach Verf. giebt es nur eine Taenia echinococceus, welche in ihrem Blasen- 
stadium bald den einen, bald den anderen Wachsthumstypus zeigt, je nachdem 
das umgebende Gewebe ihr größeren oder geringeren Widerstand entgegensetzt. 
Hieraus erklärt sich ohne Weiteres das relativ häufige Vorkommen der multi- 
lokulären Form in den Knochen. Dass in gewissen Gegenden auch der Leber- 
echinococcus vorzugsweise multilokulär ist, bezieht Verf. darauf, dass der Blasen- 
wurm unter gewissen, vielleicht vom Klima abhängigen Verhältnissen die Eigen: 
schaft besitzt, das Gewebe zu produktiverer Gegenwehr anzureizen. 

Die exogene Sprossung des Blasenwurms innerhalb des Knochengewebes wird 
an mikroskopischen Präparaten sehr anschaulich demonstrirt. 

Honsell (Tübingen). 


D 
51) H. Maass. Zur operativen Behandlung der Spina bifida occulta. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 47.) 

Es handelte sich um ein 3jähriges Mädchen, bei welchem am Rücken eine 
die Lendenwirbelsäule überdeckende flache rundliche Geschwulst von 8 eem Durch- 
messer bestand, oberhalb welcher eine umschriebene Hypertrichosis vorhanden war. 
Vom 1. Brustwirbel abwärts bis zur Geschwulst war eine Spalte in der Wirbel- 
säule zu fühlen. Die Motilität der unteren Extremitäten war beträchtlich gestört. 

M. stellte die Wahrscheinlichkeitsdiagnose auf Bestehen einer Kompressions- 
myelitis und legte operativ die Lücke in der Wirbelsäule frei. Die Geschwulst, 
ein subkutanes Lipom, konnte leicht exstirpirt werden. Der Wirbelspalt ließ sich 
alsdann vollkommen abtasten. Durch eine fibrös-muskulöse Platte war er nach 
hinten zu vollkommen geschlossen; diese Platte wurde nun an ihrer linksseitigen 
Insertion an der Wirbelsäule abgetrennt, so weit, dass jede Möglichkeit eines 
Druckes auf das Rückenmark ausgeschlossen erschien. Die nach der Spaltung 
des Bandes sichtbaren Meningen blieben unverletzt. Es trat vollständige primäre. 
Heilung ein. Die spastischen Erscheinungen der unteren Extremitäten schwanden 
allmählich, und 4 Wochen nach der Operation machte das Kind die ersten selb- 
ständigen Gehversuche. Die spastischen Widerstände schwanden schließlich voll- 


Centralblatt für Chirurgie. No, 25. 671 


kommen. Die tropbischen Störungen wurden im Gegensatz zu denen der Motili- 
tät durch den Eingriff nicht günstig beeinflusst. 
R. Wagner (Mülheim a d. R.). 


52) Stadelmann. Klinische Erfahrungen mit der Lumbalpunktion. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft.3 u 4. 


Ein innerer Kliniker giebt seine auf ca. 70 Fällen beruhenden Erfahrungen 
bei den verschiedensten Krankheitsfällen, die fast alle auch für die Diagnostik 
des Chirurgen von großer Wichtigkeit sind. 

Bei der tuberkulösen Meningitis gelang ihm der Nachweis von Tuberkel- 
bacillen nur in 22% der Fälle; andere Autoren hatten einen positiven Befund bis 
zu 100% der Fälle. Dieser auffallende Unterschied ist darauf zurückzuführen, 
dass in einem Theil der Fälle die Tuberkel noch nicht zerfallen, also keine Ba- 
eillen frei geworden sind, in einem anderen Theil dringt man bei der Punktion 
in den Subduralraum, während in den Maschen der Arachnoidea zwar Tuberkel 
und eine sulsige Masse, aber keine freie Flüssigkeit sich befindet. Therapeutisch 
hat bei tuberkulöser Meningitis die Lumbalpunktion gar keinen Werth. 

Bei eitriger Meningitis kann die Lumbalpunktion sehr aufklärend wirken; so 
in einem mitgetheilten Falle von kryptogenetischer Sepsis. Chirurgisch besonders 
interessant ist ein Fall von Basisfraktur. Der Kranke hatte im 9. Lebensjahr die 
Basis gebrochen, ein Theil des Risses war nicht knöchern, sondern bindegewebig 
verheilt. Dureh ein leichtes Trauma war dieser bindegewebige Schluss zerrissen 
und eine tödliche Infektion der Gehirnhäute mit Diplokokken von der Nase her 
erfolgt. 

Da man bei bestehender Meningitis schwerlich einen Hirnabscess operiren 
wird, so hat hier die Differentialdiagnose eine bedeutende praktische Wichtigkeit. 
Allein eine sichere Diagnose ist nur bei positivem Bacillenbefund in der Punk- 
tionsflüssigkeit möglich. Es kann nun aber sehr gut bei Hirnmeningitis Spinal- 
meningitis fehlen, wenn die Kommunikation zwischen cerebralem und spinalem Theil 
des Subarachnoidealraums verlegt ist. 

Bei Hirngeschwülsten sind die diagnostischen Aufschlüsse der Lumbalpunktion 
sehr unsicher, die Erfahrungen in Bezug auf ihre therapeutischen Leistungen 
direkt ungünstig. 

In einem Falle von chronischem Hydrocephalus war die Lumbalpunktion ohne 
therapeutisches Resultat. 

Es folgen noch eine Reihe von Lumbalpunktionen bei Urämie, Hirnblutungen, 
bei denen sich so auf diese Weise der Durchbruch des Blutes in die Ventrikel 
diagnostieiren lässt, bei Epilepsie u. A. Haeckel (Stettin). 


53) Kader. Langjährige Neuralgie des rechten Plexus cervicalis 
und brachialis in Folge von narbiger Verkürzung des linken Kopf- 
nickers. Vollständige Heilung nach Tenotomie dieses Muskele, 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Mediein und Chirurgie Bd. II. Hft. 5.) 


K. berichtet einen von Mikulicz beobachteten Fall, in welchem bei einer 
42jährigen Kranken mit angeborenem linksseitigem Schiefhals in den letzten 
6—7 Jahren heftigste Neuralgien an der rechten Halsseite, rechten Hinterhaupts- 
gegend und im rechten Arm bestanden. Arm geschwollen, Sensibilität herab- 
gesetst. Die Muskeln der rechten Halsseite stark hypertrophisch. Nach Teno- 
tomie des linken Sternocleidomastoideus sofortiges Schwinden der Neuralgie und 
bleibende [Heilung. Die Neuralgie erklärt sich aus einer Kompression der aus 
den Intervertebrallöchern austretenden Nerven durch die mächtig entwickelten 
Muskeln; letztere sind durch die fortwährende aktive Anspannung, welche Pat. 
Zwecks Verbesserung der Kopfstellung seit Jahren mit großer Energie herbei- 
führte, funktionell hypertrophirt. 


672 Centralblatt für Chirurgie. No. 25. 


In einer Nachschrift setzt Mikulicz aus einander, warum hysterische Natur 
der Neuralgie auszuschließen sei; auch die kompensirende Halsskoliose könne 
nicht Schuld daran haben, da bei Skoliosen die Neuralgien auf der konkaven Seite 
sitzen. Haeckel (Stettin). 


54) P. v. Bruns. Resektion der Trachea bei primärem Tracheal- 
krebs. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.) 


Der vom Verf. mitgetheilte Fall bietet in 2facher Hinsicht ein besonderes 
Interesse, einmal in so fern, als er die 1. Beobachtung über eine intratracheale 
Struma carcinomatosa darstellt, dann, weil hier zum 1. Male die Resektion der 
Luftröhre wegen primärem Trachealkrebs vorgenommen worden ist. 

Bei einem 31jährigen, an Athemnoth und Erstickungsanfällen leidenden Manne 
fand sich im Innern der Luftröhre eine höckerige Geschwulst, welche mit breiter 
Basis in der hinteren und linksseitigen Wand vom 1.—10. Trachealring festsaß. 
Nachdem durch ausgiebige Tracheofissur die Grenzen der Geschwulst zugänglich 
gemacht waren, gelang es, dieselbe unter, Mitentfernung eines entsprechenden 
Stückes der Trachea zu exstirpiren. Der Wundverlauf war ungestört; erst 6 Jahre 
später erlag Pat. den allmählich wieder aufgetretenen Stenoseerscheinungen. 

Mikroskopisch bot die Geschwulst die Charakteristica eines von der Schild- 
drüse ausgegangenen Careinoms; da die Neubildung völlig auf die Luftröhre be- 
schränkt war, kann es sich demnach kaum um etwas Anderes als die krebsige 
Umwandlung eines intratrachealen Kropfes gehandelt haben. 

Trotz des prekären Sitzes der primären Trachealcareinome hält Verf. ihre Be- 
seitigung durch rechtzeitige Exstirpation für nicht aussichtslos, da diese Neubil- 
dungen meist von den oberen Trachealringen ihren Ausgang nehmen, erst spät auf 
die Nachbarorgane übergreifen und wenig Neigung zu Metastasirung zeigen. 

Honsell (Tübingen). 


55) Moingeard. Contribution à l’etude des plaies par ep&e-bayonette 
Lebel. : 
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. No. 12.) 

Unter den bisher aufgeführten, durch das Haubajonett des jetzigen Gewehrs 
bewirkten Wunden findet sich eine Stichwunde der Brust im 4. rechten Zwischen- 
zippenraum mitten zwischen Brustbeinrand und Papillarlinie.e Es entwickelt sich 
rasch hochgradiges Hautemphysem und Pneumothorax, Extravasat nicht nach- 
zuweisen, Dyspno&, Pulsbeschleunigung, anfänglich keine Temperaturerhöhung, 
welche aber am Ende des 2. Tages eintritt. Durch eine Punktion mit Ansaugen 
der Luft im Pleurasack mittels des Potain wird vorübergehend eine geringe Besse- 
rung erzielt, bei einer Wiederholung aber nicht mehr. Die Perkussion weist über 
dem Brustbein in der Gegend des Herzens lauten sonoren Schall nach, so dass 
man an das Vorhandensein eines Emphysema mediastini denken muss, und weist 
nach dem am 3. Tage eingetretenen Tod auch in der That die Obduktion ein sol- 
ches in hohem Grad nach. Dagegen ist die Lunge keineswegs ganz kollabirt, und 
wird angenommen, dass der Tod durch das Emphysem des Mediastinums berbei- 
geführt worden sei, welches die Bewegungen des Herzens behindert habe. Eine 
andere Todesursache konnte wenigstens nicht aufgefunden werden. Ein Mittel, 
dieses Emphysem zu bekämpfen, dürften wir nicht besitzen. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 


—- 
` 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
Le Bam, LL är 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 26. Sonnabend, den 2. Juli. 1898. 


Inhalt: 1) Albert, Chirargie. — 2) Müller, Nachbehandlung von Verletzungen. — 
3) Ledderhose, Unfallfolgen. — 4) Thiem und Cramer, Unfallerkrankungen. — 5) Helfe- 
rich, 6) Lossen, Knochenbrüche und Verrenkungen. — 7) und 8) Kapsammer, Verhalten 
der Knochen nach Ischiadicusdurchschneidung. — 9) König, Cystische Knochengeschwülste. 
— 10) Hofbauer, Zur Pathogenese der Gelenkerkrankungen. — 11) Kader, Primäre 
Muskelentzündungen. — 12) Hutchinson jun., Daumenverrenkung. — 13) Henggeler, 
Beckenstellung. — a) Rieder, Synchondrosencaries. — 15) Lorenz, Hüftkontrakturen. 
— 16) Schanz, 17) @hlllini, 18) Lange, Angeborene Hüftverrenkung. — 19) Abrashanow, 
Amp. fem. intercondylic. — 0) Volibrecht, Binnenverletzungen des Kniegelenks. — 
21) Koch, Knieankylose. — 22) Gross, Geng valgum und Kniekontrakturen. — 23) Wen- 
del, Fußverrenkung. — 24) Bakradz6, Paralytischer Plattfuß. — 25) Steudel, Statischer 
Plattfaß. — 26) Merkel, 27) Lange, Tarsalgie. — 28) Kirchner, Fußgeschwulst. — 
29) Duplay, Mal perforant. — 30) Gerdeck Sohweißfuß. 

J. Riedinger, Bemerkungen zum Knochenbefund in der Plantarfascie. — Borst, Be- 
merkung zu dem vorstehenden Aufsatz des Herrn Dr. J. Riedinger. (Orig.-Mitthg.) 

31) Nicolal, Trage für Verletzte. — 92) Hunter, Knochenbrüchigkeit. — 33) Hins- 
berg, Struktur von geheilten Knochenbrüchen. — 34) Herzog und Krentwig, Osteomye- 
litis. — 35) Hübener, Knochenmetastasen nach Typhus. — 36) Sternberg, Schlüssel- 
beinverrenkung. — 37) Wegner, Schleimbeutel am Schlüsselbein. — 38) Vaughan, 
Schlüsselbeinexstirpation. — 39) Mathes, Verrenkung des Radiusköpfchens. — 40) Cu- 
horst, Ellbogenverrenkungen. — 41) Gedeon, Sehnennaht. — 42) Cholmogorow, Sym- 
physenlähmung. — 43) Braun, Hüftexartikulation. — 44) Ménard, Hüftgelenkstuber- 
kulose. — 45) Kaposi, Gelenkkörper. — 46) Annequin, Kniescheibenbruch. — 47) Lejars, 
Kniescheibenstarre. — 48) Kirmisson, Wadenbeinmangel. — 49) Tichomirofl, Ankylose 
der Fußwurzelknochen. — 50) Bouvart, Lux. sub talo. 

Friedrich, Notiz. 


1) E. Albert. Lehrbuch der speciellen Chirurgie. Fünfte 
umgearbeitete Auflage des Lehrbuchs der Chirurgie und 
Operationslehre. II. Band. 

Wien, Urban & Schwarzenberg, 1898. 704 S. mit 389 Holsschnitten. 

Was Ref. von dem 1. Band der neuen Auflage gesagt, hat er 
bei dem 2. zu wiederholen: das Buch hat durch die Ausmerzung 
des halben Textes nicht gewonnen, die historischen wie die anato- 
misch-physiologischen Einleitungen in die einzelnen Kapitel, die 

26 


674 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


nebst so.manchem Anderen fortgefallen sind, waren eine Zierde des 
originalen Werks. Die Zusätze, die A. vielfach eingefügt hat, ent- 
stammen mit Bevorzugung den Arbeiten seiner Schüler. Was ge- 
geben ist, ist gut, aber so Manches fehlt, was man auch in einer 
Chirurgie von dem vorliegendem Umfang ungern vermisst. 

Richter (Breslau). 


2) @. Müller. Kurzgefasstes Lehrbuch der Nachbehandlung 
von Verletzungen nebst einer Anleitung zur Begutachtung 
von Unfallfolgen. 

Berlin, ©. Enslin, 1898. 264 S. 

Der größte Theil des Buches stellt eine knappe Repetition der 
Verletzungschirurgie dar unter Ausschluss von Kopf- und Brust- 
verletzungen, der knappere Theil bringt jeweils anschließend Be- 
merkungen über die Nachbehandlung. Besonders hervorgehoben 
werden die vom Verf. hergestellten heilgymnastischen Apparate, 
deren Nachahmung sich allenthalben improvisiren lässt. Ein Anhang 
beschäftigt sich mit dem Unfallversicherungsgesetz, dem Gutachten 
und der Schätzung der Erwerbseinbuße. 

Ich lasse es dahingestellt, ob das Buch in der vorliegenden Form 
gerade ein Bedürfnis war. Bähr (Hannover). 


3) G. Ledderhose. Die ärztliche Untersuchung und Be- 
urtheilung der Unfallfolgen. 
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 46 8. 
L. giebt aus seiner reichen Erfahrung eine Anleitung zu metho- 
dischen Untersuchung Unfallverletzter. Die Schrift sei besonders 
dem Praktiker empfohlen. Bähr (Hannover). 


4) C. Thiem und E. Cramer. Handbuch der Unfall- 
erkrankungen etc. 
(Deutsche Chirurgie Lfg. 67. Stuttgart, F. Enke, 1898.) 

Von dem umfangreichen Buche (924 Seiten) hat C. in 46 Seiten 
die Augenerkrankungen abgehandelt, wovon ich nur sagen kann, 
dass die sachliche Darstellung auf der Höhe des Ganzen steht. T. 
hat uns eine zusammenfassende Abhandlung der Unfallerkrankungen 
aus sämmtlichen sonstigen Disciplinen, welche in Betracht kommen, 
geliefert, aus der Chirurgie, inneren Medicin, Gynäkologie, Ohren- 
heilkunde, eine Arbeit, weit angelegt, wesentlich aufbauend auf den 
Grundlagen ärztlicher Wissenschaft, aber doch unter der erforder- 
lichen Berücksichtigung der Entscheidungen des Reichsversicherungs- 
amtes, eine Arbeit, welche in großem Stile das gesammte Material 
der Litteratur aus früheren und jüngsten Zeiten eingehend verwerthet 
und vielfach durch eigene Beobachtung in fruchtbringender Weise 
vermehrt hat. Hervorzuheben ist die selbständige, geradedenkende 
kritische Verarbeitung des Materials, die große Gewandtheit in der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 675 


Beherrschung des Stoffes, die allseitig hervortretende einschlägige 
Erfahrung. Einzelne Kapitel, wie die Unfallsfolgen in der Gynä- 
kologie, sind in ihrer Bearbeitung dem Verf. völlig eigen und 
werden wohl vorläufig den Ausgangspunkt für weitere Arbeiten 
abgeben müssen, zumal die Gynäkologen hierin vor T. eine be- 
wundernswerthe Abstinenz beobachtet haben. Ich würde es für 
kleinlich halten, wenn ich Angesichts der großen Vorzüge des Buches 
Ausstellungen machen wollte, wie etwa die einer gewissen Ungleich- 
heit einzelner Kapitel gemäß ihrer praktischen Bedeutung. Das 
Werk ist durchaus modern, steht weit über ähnlichen Erscheinungen 
auf diesem Gebiete, zeigt ursprünglichste Originalität verbunden mit 
lebendiger Anschauung in glatter Sprache und stellt im Rahmen 
der deutschen Chirurgie eine hervorragende Leistung dar. Es legt 
beredtes Zeugnis ab von der einschneidenden Bedeutung der » Un- 
fallheilkunde« und wird die Lust zur Mitarbeit in weiteren Kreisen 
fördern. Bähr (Hannover). 


5) H. Helferich. Atlas und Grundriss der traumatischen 
Frakturen und Luxationen. Mit 68 Tafeln und 137 Figuren 
im Text von Maler B. Keilitz. 4. verbesserte und ver- 
mehrte Auflage. 
München, Lehmann, 1898. 293 8. 

Wenn ein Buch in 4 Jahren 4mal aufgelegt, dazu in der 
3. Auflage gründlich umgearbeitet wird, kann man in der 4. kaum 
viel Neues erwarten. Und doch begegnet man in ihr nicht nur aller 
Orten kleinen Änderungen, die eine schärfere Fassung und genauere 
Präcisirung des Textes darstellen oder neueste Erfahrungen aus der 
Kasuistik wiedergeben, sondern sieht einzelne Kapitel — wie die 
über die Frakturen des unteren Radiusendes oder die Behandlung 
von Ober- und Unterschenkelbrüchen mit Gehverbänden — in 
größerem Umfang neu bearbeitet. So bleibt das beliebte Werk auf 
der Höhe der Zeit und kann nur, wie bisher, auf das beste empfohlen 
werden. Richter (Breslau). 


6) H. Lossen. Grundriss der Frakturen und Luxationen. 
Für Studirende und Arzte. 
Stuttgart, F. Enke, 1897. 318 8. 70 Abbildungen. 

Ob das Buch bei der Verbreitung sehr beliebter Werke über 
dasselbe Thema in. Deutschland ein Bedürfnis war, wird die Zukunft 
erweisen. Jedenfalls ist die Konkurrenz keine leichte. Die Knochen- 
brüche nehmen die erste, größere, die Verrenkungen die kleinere 
Schlusshälfte des Buches ein. Beide werden mit Kapiteln über die 
allgemeine Lehre — der Frakturen bezw. Luxationen — eingeleitet, 
denen dann, abweichend von der gewöhnlichen Regel, zuerst die 
Specialerkrankungen des Schultergürtels und der oberen Extremität, 
dann die des Beckens und der unteren Extremität, zuletzt die am 
Kopf und Stamm folgen. 

26* 


676 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


Die Darstellung ist klar, die — selten originalen, verhältnismäßig 
reichlich dem Anger’schen Werke entnommenen — Abbildungen 
sind deutlich, so dass in dieser Beziehung mit Lob nicht zurück- 
gehalten werden soll. Aber im Einzelnen wäre in einer 2. Auflage 
doch wohl manches Veraltete auszumerzen, Modernes einzufügen, vor 
Allem auch die Untersuchung mit X-Strahlen, von der wir gar 
nichts zu hören bekommen, zu berücksichtigen. 

Dass bei Diaphysenschüssen die weitgehenden Splitterungen auf 
der hydraulischen Pressung des Knochenmarks beruhen, ist doch 
nicht mehr die allgemeine Ansicht, und dass die Ausschusswunden 
bei Knochenschüssen meist 3—15 cm große trichterförmige Riss- 
wunden darstellen, aus welehen Muskel- und Sehnenfetzen heraus- 
hängen, das entspricht auch nicht dem Bild der Verletzungen durch 
die modernen Panzergeschosse. Eben so wird die typische Radius- 
fraktur ätiolegiseh nicht mehr allein als Rissfraktur angesehen. Die 
Kompressionsfrakturen des oberen Tibiaendes finden gar keine Er- 
wähnung, von den Frakturen des Capit. fib. kennt Verf. nur eine 
Beobachtung und erwähnt nicht die begleitenden Störungen von 
Seiten des N. peron. Der Entstehung von Schädelbasisbrüchen durch 
hydrostatischen Druck — bei Schussverletzungen — wird eben so 
wenig Erwähnung gethan wie der Lehren der Dorpater Schule über 
das ätiologische Moment bei dem Zustandekommen der bestimmten 
Bruchrichtungen bei Schädelbrüchen. Auch in der Behandlung der 
Hirnschüsse ist Verf. anderer Meinung als die meisten Chirurgen 
unserer Tage. 

Füge ich hinzu, dass Verf. auch auf die Frage von den dauernden 
Folgen von Knochenbrüchen und Verrenkungen, wie sie dem Arzt 
bei Unfallsachen so sehr häufig zur Beurtheilung entgegentreten, nur 
selten eingeht, so bleibt für eine weitere Bearbeitung des Themas 
in einer 2. Auflage noch so Manches zu thun. 

Die Ausstattung entspricht der bekannten der Stuttgarter Firma. 

Richter (Breslau). 


7) G. Kapsammer. Das Verhalten der Knochen nach 
Ischiadicusdurchschneidung. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.) 

Nach Durchschneidung der Nn. ischiadici bei Thieren wurden 
einige sehr auffallende Befunde erhoben. So fanden Nasse und 
Kassowitz danach Verlängerung der Knochen, M. Schiff und Nasse 
Verdickung und Gewichtszunahme. Für diese Erscheinung wurden 
die Vasomotoren verantwortlich gemacht. Nach Ischiadicusdurch- 
sehneidung entsteht eine fluxionäre Hyperämie, und durch diese 
wird Zellenproliferation angeregt, so dass nach Kassowitz hier 
analoge Befunde zu der Rachitis vorliegen, wo ebenfalls vom Periost 
und der Knorpelfuge aus gesteigertes Wachsthum auftritt. Gleich- 
zeitig werde durch die stärkere Durchströmung die Kalkablagerung 
verzögert und Rarefikation durch raschere Einschmelzung bedingt. 


Centralblatt für Chirurgie. No, 26. 677 


So würden Verlängerung, Verdickung, größere Biegsamkeit und Ver- 
ringerung des specifischen Gewichtes zu erklären sein. Verf. machte 
nun selbst an 12 im Wachsthum befindlichen Thieren analoge Ver- 
suche und fand Folgendes: Periost und Markgewebe waren unver- 
ändert. Bezüglich der sonstigen Veränderungen an der Knorpelfuge 
und den Knochen kommt K. zu dem Schlusse, dass die spärlichen 
und zum Theil recht verschiedenen Befunde theils in das Gebiet der 
normalen physiologischen Breite fallen, theils aber nur indirekt durch 
die Ischiadicusdurchschneidung bedingt sind, in so fern der Ausfall 
der motorischen und sensiblen Innervation dabei im Spiel ist, z. B. 
bei traumatischen Anlässen. Veränderungen auf rein angioneurotischer 
Grundlage sind demgemäß nach des Verf. Ansicht nach Ischiadieus- 
resektion auszuschließen. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


8) G. Kapsamer. Das Verhalten verletzter Knochen nach 
Ischiadicusdurchschneidung. Mit 2 Figuren. 
(v. Lapgenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LVI. Hft. 3.) _ 

Es lag Verf. daran, die spärlichen, bisher bekannten analogen 
Versuche zu kontrolliren, welche zum Theil unter einander sehr 
widersprechend waren. Er ging nun in der Weise vor, dass er den 
Versuchsthieren den Nervus ischiadicus und cruralis einseitig durch- 
„schnitt oder resecirte, dann den Knochen — in diesem Falle die 
Tibien — mit Eiterkulturen inficirte oder frakturirte. Die Resultate 
waren im Ganzen negativ, d. h. sie zeigten, dass die Ischiadicus- 
durchschneidung auf die Callusbildung keinen Einfluss hat, der auf 
direkter angioneurotischer Basis fußen würde. Bei mangelhafter 
Feststellung der Bruchenden können natürlich Unterschiede auftreten. 
Diese sind aber die selbstverständlichen Folgen des Ausfalls der 
motorischen und sensiblen Innervation. Aus solchen Gründen er- 
klärt sich die Verschiedenheit der Befunde, die Verf. in seiner 
früheren Mittheilung publicirte.e Das damals angenommene größere 
Volumen der Callusbildung und die größere Beweglichkeit der 


neurotomischen Seite waren also nur scheinbar. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


9) Fritz König. Über das cystische Enchondrofibrom und die 
solitären Cysten der langen Röhrenknochen. Mit 6 Figuren. 
(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LVI. Hft. 3.) 

Von 41 Pat. der kgl. Universitätsklinik in Berlin {v. Berg- 
mann), welche an Knochensarkomen litten, erlagen trotz aus- 
gedehntster und rücksichtslosester Operation 30. Die Prognose dieser 
Geschwülste ist also eine sehr ungünstige. Darum ist es wesentlich, 
von ihnen eine Reihe von Geschwülsten zu unterscheiden, die gut- 
artiger sind und lokal exstirpirtt werden können, aber manche 
klinische Ähnlichkeit mit den Sarkomen haben, nämlich die cysti- 
schen Enchondrofibrome und reinen Cystengeschwülste der langen 


678 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


Schaftknochen. Verf. schildert in sehr anschaulicher Weise das 
verschiedenartige Krankheitsbild des Leidens. Meist spukt die Krank- 
heit 1—2 Jahre unerkannt in dem Pat., bis ein auf leichte Ver- 
anlassung hin entstehender Knochenbruch auf dasselbe aufmerksam 
macht. Der Befund ist dann meist verschieden, je nachdem es sich 
um reine Cysten oder um Überwiegen der Geschwulstmassen handelt. 
Nach Virchow entstehen diese Cysten immer aus produktiven Ge- 
schwülsten durch degenerative Metamorphose. 

Ein derartiger Fall wurde von v. Bergmann operirt. Die 
Krankengeschichte des 15jährigen Mädchens entsprach im Ganzen 
dem oben theilweise geschilderten Verlauf. Der operative Eingriff 
bestand in Aufmeißelung des Oberschenkelschaftes, Resektion eines 
kleinen cirkulären Stücks und Auskratzung der Geschwulst- 
massen nach oben und unten. Die große Wundhöhle wurde 
tamponirt und die natürlich sehr bewegliche Extremität in einen 
Gipsverband gelegt. Das Resultat war ein gutes: die Extremität 
wurde, natürlich verkürzt, bis heute erhalten. Es handelte sich bei 
dem Präparat um eine Cyste mit mehrfachen Kammern, die theil- 
weise noch von der Knochenschale umgeben ist, welche jedoch auch 
stellenweise fehlt. Die glattwandigen Höhlen enthielten eine bräun- 
liche, durch Hämorrhagien und schleimige Degeneration entstandene 
Flüssigkeit. Weiter fand K. Inseln von Knorpelgewebe von der 
durchscheinend blaugrauen Farbe des hyalinen Knorpels der Epi- 
physen isolirt im Geschwulstgewebe liegen. An einzelnen Stellen 
der Geschwulst könnte man übrigens leicht die Diagnose auf Sarkom 
stellen, welche jedoch nicht zutreffend wäre. Die Knorpelinseln 
sieht K. mit Virchow als die Grundlage für die Geschwulstbildung 
an. Sie sind jedenfalls im Innern des Knochens durch irgend 
welche Verhältnisse liegen gebliebene Keime von Knorpelsubstanz, 
welche später zur Geschwulstbildung führen. Warum solche Knorpel- 
partien das eine Mal unschuldig liegen bleiben, ein anderes Mal zu 
Geschwülsten und Cystenbildung führen, lässt sich nicht bestimmen. 
Als Mutterboden der Geschwulst sieht Verf. die centralen Partien 
an, an deren Entfernung ihm darum am meisten gelegen ist. 

Das operative Verfahren, Exstirpation und Auskratzung, führt 
zur Heilung, allerdings mit Verkürzung der Extremität. Die Kon- 
solidation ist nicht verlangsamt. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


10) Hofbauer. Zur Pathogenese der Gelenkerkrankungen. 
(Mittheilungen a. d. Grensgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 1.) 
Seit der bekannten Hueter’schen Arbeit beschränkt sich die 
Histologie der Gelenke wesentlich auf die Frage, ob die obere, 
zellige Schicht der Gelenkmembran aus Endothelien oder aus Binde- 
gewebszellen besteht. H. unterzieht die ganze Morphologie der 
Synovialis einer neueren Untersuchung; das Material entnahm er 
Knie-, Schulter- und Sprunggelenken jugendlicher Individuen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 679 


Die Synovialis besteht aus einer zellarmen tiefen und einer 
zellreichen oberflächlichen Schicht. Die Zellen der letzteren sind in 
einer keineswegs konstanten Zahl von Lagen vorhanden; die Lage 
ist bald einfach, bald mehrfach; ohne merkliche Grenzen gehen oft 
dicht neben einander diese verschiedenen Höhen der Lagen in ein- 
ander über. Die Achsen der Zellen laufen bald der Oberfläche 
parallel, bald stehen sie im Winkel dazu. Eine Basalmembran 
fehlt. Der Übergang in die zellarme, tiefe Schicht ist ein ganz all- 
mählicher. 

Die Gefäßverhältnisse wurden an injicirten Präparaten unter- 
sucht. Die Gefäßentwicklung ist im Allgemeinen sehr reichlich; am 
stärksten ist sie da, wo die Synovialis über lockeres Gewebe hinzieht. 
Aus dem parasynovialen Gewebe steigen die Gefäße senkrecht zur 
Oberfläche, biegen rechtwinklig um und verlaufen stark geschlängelt 
eine Strecke parallel derselben. Den Angaben Buday’s entgegen 
fand H. das Endothel der Kapillaren nicht höher und stärker in die 
Lichtung hineinragend als sonst. Die sehr reichliche Vaskularisation 
erklärt es, wesshalb chemische und bakterielle Noxen gerade so häufig 
in die Gelenke ausgeschieden werden; der Übergang von Mikro- 
organismen, welche in die Blutbahn eingespritzt wurden, geschieht 
nach Chvostek durch die unverletzten Blutgefäße schon in 16 Stun- 
den. Die Schlängelung der Gefäße bedingt, dass Bakterien in den 
Schlingen wie in todten Buchten leicht liegen bleiben. 

Haeckel (Stettin). 


11) Kader. Klinische Beiträge zur Ätiologie und Patho- 
logie der sogenannten primären Muskelentzündungen. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 5.; 

K. weist nach, dass die mannigfachen Formen der sogenannten 
primären Muskelentzündung, welche als Dermatomyositis, Polymyo- 
sitis primaria, Myositis idiopathica suppurativa, Myositis chronica, 
Myositis interstitialis beschrieben worden sind, nichts Specifisches 
haben, keine Erkrankungen sui generis, sondern verschiedenartige 
Formen bakteriell bedingter Sepsis sind. 

Am meisten Schwierigkeiten macht diejenige Form von Myositis, 
bei der es nur zu ödematöser Durchtränkung der Muskeln ohne 
Eiterung kommt. Eine dahin gehörende Beobachtung wird mit- 
getheilt. In den entzündeten Muskeln ließen sich keine Mikroorga- 
nismen nachweisen, wohl aber in anderen Organen. Es hat der 
Muskel, wie eingehend nachgewiesen wird, eine hohe baktericide 
Kraft. Es wird ferner nachgewiesen, dass zwischen den Myositiden 
ohne Eiterung und solchen mit Eiterung kein principieller Unter- 
schied besteht. Es ist die Myositis auch nur eine Theilerscheinung, 
eine allerdings seltene Lokalisation allgemeiner Sepsis. Übrigens sind 
von anderen Beobachtern auch bei der nicht eitrigen Myositis Strepto- 
kokken in den Muskeln gefunden worden. 


680 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


Durchsichtiger ist in ihrer Natur als bakterielle septiko-pyämische 
Infektion die sogenannte idiopathische, eitrige Myositis, für welche 
gleichfalls ein Beispiel beigebracht wird. 

Auch die chronische interstitielle Myositis, die rheumatische 
Schwiele, welche am besten als Myositis fibrosa bezeichnet wird und 
am Sternocleidomastoideus am häufigsten vorkommt, wird als gleichen, 
bakteriellen, infektiösen Ursprungs aufgefasst, wenngleich es bisher 
noch nie gelungen ist, in diesen Muskeln Mikroorganismen nachzu- 
weisen. Es ist eine abgeschwächte Form derselben Infektion, genau 
so wie die akute Osteomyelitis ja auch in verschiedenster Intensität 
am Knochen auftreten kann. Zwischen allen Formen der Osteo- 
myelitis und Myositis lassen sich Parallelen ziehen. Eben so bietet 
zur Myositis fibrosa die »fibrinöse Phlegmone« Stromeyer’s, welche 
nicht zu Eiterung führt, eine Analogie dar. 3 Krankengeschichten 
(Myositis fibrosa am Oberarm; am Semitendinosus und Semimembra- 
nosus; am Rectus abdominis) werden als Beispiele dieser Form aus- 
führlich mitgetheilt. 

Wie es bei der akuten Osteomyelitis nur zur Bildung eines 
centralen Abscesses kommen kann, so können sich auch bei der 
Myositis fibrosa Abscesse im Centrum des Muskels finden: 2 Fälle 
dieser Form am Masseter belegen das. 

Einige Beispiele erläutern, dass auch Quetschungen von Muskeln 
zu fibröser Myositis führen können; einer der angeführten Fälle 
dieser Art ist desshalb besonders bemerkenswerth, weil sich dabei 
im Muskel Staphylokokken nachweisen ließen, ohne dass die Haut 
verletzt war. Haeckel (Stettin). 


12) Hutchinson jun. Remarks on the treatement of back- 
ward dislocation of the thumb (first phalanx). 
(Brit. med. journ. 1898. Januar 15.) 

Auf Grund anatomischer Betrachtung und klinischer Erfahrung 
verwirft H. bei dorsaler Verrenkung der 1. Phalanx des Daumens 
alle Einschnitte auf der Palmarseite des Gelenke. Wenn der Ver- 
such, die Verrenkung auf unblutigem Wege nach den gewöhnlichen 
Methoden in Narkose zu beseitigen, fehlgeschlagen, empfiehlt er mit 
einem Tenotom dorsal hinter der vorspringenden Basis der 1. Phalanx 
einzugehen und das Ligamentum glenoidale zu durchtrennen und - 
dadurch ein seitliches Vorbeigleiten der dislocirten Sesambeine am 
Metacarpusköpfchen zu ermöglichen. Die Methode ist ungefährlich 
bei aseptischem Vorgehen, Nebenverletzungen sind nicht möglich. 
Die Beweglichkeit des Gelenks wird nicht beeinträchtigt. In 3 Fällen, 
in denen die Einrichtung der Verrenkung auf keine andere Weise 
gelang, hat H. das schon von anderer Seite empfohlene Verfahren 
angewandt und glänzende Resultate erhalten. 

F. Kramm (Karlsruhe). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 681 


13) A. Henggeler. Beiträge zur Kenntnis der Beckenstellung. 
(Aus dem orthopädischen Institut von Dr. A. Lüning und 
Dr. W. Schulthess in Zürich.) 

(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.) 

H. berichtet über die Resultate von Beckenmessungen, welche 
mit Hilfe des Schulthess’schen Nivellirzirkels an 710 meist jugend- 
lichen Individuen, Pat. des Lüning-Schulthess’schen Instituts, 
vorgenommen wurden. Es wurden bestimmt die Neigungsgrade 
der Verbindungslinien der Spinae posteriores superiores mit den 
Spinae anteriores superiores ossis ilei, so wie der Neigungsgrad der 
beiden Spinae anteriores superiores zu einander. Durch Vergleichung 
mit einer an Leichen von Erwachsenen gefundenen » Konstanten «, 
welche die Verhältnisziffer zwischen Cristaneigung und Neigung der 
Conjugata vera ausdrückt, wurde sodann die Neigung der Conjugata 
vera berechnet. Die Rechnung ergiebt bei der Verschiedenheit des 
Materials 41,1° für das männliche, 44° für das weibliche Becken. 

J. Riedinger (Würzburg). 


14) Rieder. Über operative Behandlung der Synchondrosen- 
caries. (Aus der chirurgischen Universitätsklinik in Bonn 
[Direktor: Prof. Dr. Schede].) 

(Deutsche med. Wochenschriftt 1898. No. 6.) 

R. weist auf die Wichtigkeit des Traumas für die Entstehung 
der Synchondrosencaries hin und betont, dass häufig eine nach einer 
Kontusion entstehende derartige Erkrankung am Anfang verkannt 
werde oder zu dem Verdacht der Simulation Veranlassung gebe. 

Er theilt die Krankengeschichte eines jungen Menschen mit, 
bei dem in wiederholten Operationen schließlich alle Weichtheile 
der untersten Glutäalgegend parasacral resp. rectal durchschnitten, 
also der Beckenboden nach unten zu durchtrennt wurde, so dass die 
Sekrete der vorderen Darmbeingegend durch die weggemeißelte 
Beckenschaufel hindurch nach hinten abfließen konnten. Es trat 
Heilung schließlich ein, nachdem vorher kaum mehr auf eine solche 
gerechnet werden konnte. 

R. ist daher Anhänger eines energischen operativen Vorgehens. 
In dem meisten Fällen hält er einen hinteren bogenförmigen Schnitt 
vom hinteren Umfang der Crista ilei abwärts schräg zum Kreuzbein 
herab von 8—10 cm Länge für ausreichend, um nach der Weg- 
meißelung der bedeckenden Knochenplatte des Darmbeins die Arti- 
kulation genügend frei zu machen. 

In vorgeschrittenen Fällen umkreise der Schnitt die ganze 
Beckenschaufel auf der Höhe der Crista, von dem Ligamentum 
Pouparti aufwärts bis hinten herunter zur Steißbeinspitze und lege 
alle Räume genügend frei, in die Senkungen statthaben können. 
Bei Abscessen an der Innenseite des Beckens ist die Beckenschaufel 
mit dem Meißel breit zu durchschlagen. 

26+* 


682 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


Schwierig ist in allen schweren Fällen die Nachbehandlung, für 
welche R. die Lagerung der Kranken im permanenten Wasserbett 
empfiehlt. 

Das Endresultat ist, wenn Heilung eintritt, stets ein vorzügliches. 

R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


15) A. Lorenz. Das instrumentelle, kombinirte Redressement 
der Hüftgelenkskontrakturen. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 206. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 

In einer von Kirmisson inspirirten Arbeit Sainton’s war kürz- 
lich eine Statistik von 27 Hüftredressements mit 5 Todesfällen an 
Meningitis tuberculosa mitgetheilt worden. Dies hat L. veranlasst, 
sein eigenes Beobachtungsmaterial von 450 Coxitiden mit 18 durch 
tuberkulöse Hirnhautentzündung bedingten tödlichen Ausgängen auf 
die Frage zu prüfen, ob dem Redressement der Hüftkontrakturen die 
Meningitis tuberculosa thatsächlich in auffallender Häufigkeit folge. 
Das Ergebnis war, dass unter 144 Fällen von Redressements nur ein 
einziger, 6 Wochen nach der Operation an Meningitis tödlich ver- 
laufener möglicherweise in seinem Ausgang mit dem vorgenommenen 
Eingriff in Zusammenhang gestanden hatte. Als Grund für diesen 
auffallenden Gegensatz der Statistik Lis: und der Sainton’s sieht 
Verf. die von Kirmisson geübte, in Mobilisirung des tuberkulösen 
Gelenks bestehende Operationsmethode an, die naturgemäß verderb- 
lich wirken kann, während das von L. ausgeführte Redressement 
lediglich ein modellirendes, langsames und schonendes, deformitäts- 
konträres ist, durch welches das Auftreten von Eiterung und von 
Meningitis möglichst verhütet werden kann. Der von L. hierzu be- 
nutzte sehr sinnreiche Apparat, dessen Wirkungsweise und Kon- 
struktion sorgfältig beschrieben wird, gestattet, indem das kurze Bein 
heruntergezogen, das lange gleichzeitig hinaufgeschoben wird, die 
gleichzeitige und gleichmäßige Vornahme des Becken- und des 
Schenkelredressements, also ein kombinirtes Hüftredressement, wie 
es manuell nicht ausführbar ist, und ermöglicht dadurch nicht bloß 
die Korrektur der Adduktions- oder Abduktionskontrakturen, sondern 
auch die der Beugekontraktur in sicherer, gefahrloser und bequemer 
Weise. Wo nöthig, kommen noch subkutane Teno- und Myotomien 
ausgiebig zur Anwendung. Einige Abbildungen veranschaulichen die 
Handhabung des »Hüftredresseurs« an dem zu narkotisirenden Pat.; 
die Drehung der Zug- und Triebspindeln beansprucht keinerlei 
physische Anstrengung, die Wirkung erfolgt mit leicht dosirbarer 
und regulirbarer Gewalt. Um die erreichte Korrekturstellung genau 
festzuhalten, wird schließlich noch an dem eingespannt liegenden 
Pat. ein fester Verband angelegt. — Der Apparat eignet sich aber 
außerdem noch zum Etappenredressement ohne Narkose, ohne dass 
der Kranke dabei wesentlich leidet; L. verwendet es zuweilen bei 
Kontrakturen mit noch secernirenden Fisteln, bei welchen das Re- 


Centralblatt für Chirurgie. No, 26. 683 


dressement in einer Sitzung leicht zur Verlegung der letzteren und 
zu Retention des Eiters führen würde, besonders aber zur gymnasti- 
schen Nachbehandlung operativ reponirter Verrenkungen, um vor- 
handene Adduktionen zu korrigiren oder dieselben zu verhüten, Eine 
kleine Modifikation des Apparats ermöglicht weiterhin seine Ver- 
wendung als beiderseits wirkende Extensionsvorrichtung zur Ein- 
richtung von Schenkelhalsbrüchen, zur Streckung stumpfwinkliger 
Kniegelenkskontrakturen und Reposition von Beinbrüchen, 
Kramer (Glogau). 


16) A. Schanz, Die Ätiologie der angeborenen Hüftver- 
renkung. 
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. V. Hft. 4.) 

Als Anhänger der mechanischen Theorie führt Verf. das Zu- 
standekommen der Verrenkung zurück auf Fruchtwassermangel, 
intra-uterine Raumbeschränkung und Druck der Uteruswand. Maß- 
gebend für die Richtung der Verrenkung ist die Lage des Fötus. 
Durch den rückwärts von der Kapsel her auf den Schenkelkopf 
ausgeübten Druck kommt die typische Schenkelhalsverbiegung zu 
Stande (Coxa vara), welche bei der angeborenen Hüftverrenkung 
angetroffen wird und nur mit Hilfe der mechanischen Theorie zu 
erklären ist. J. Riedinger (Würzburg). 


17) C. Ghillini. Unblutige Behandlung der angeborenen Hüft- 
gelenksverrenkung. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 2.) 

G. spricht sich dahin aus, dass er die Methode von Lorenz 
gegenüber der von Paci darum vorziehe, weil Ersterer die Kinder 
herum gehen lasse und dadurch leichter eine Nearthrose erziele, 
während Paci die Pat. liegen lasse. Das Hinken bei der ange- 
borenen Hüftgelenksverrenkung rührt seiner Ansicht nach nicht nur 
von der Verschiebung des Oberschenkels nach oben her, sondern auch 
von Ursachen, die unabhängig vom Hüftgelenk sind, d. h. von den 
Theilen, welche die Wirbelsäule stützen. Er ist der Ansicht, dass 
man darum bei der heutigen Therapie nur befriedigende Resultate, 
keine Heilungen erziele. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


18) F. Lange (München). Die Behandlung der angeborenen 
Hüftverrenkung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 15 u. 16.) 

In der Abhandlung, welche die wichtigsten Ergebnisse seiner in 
einer späteren größeren Arbeit zu veröffentlichenden Untersuchungen 
zusammenfasst, weist L. nach, dass die Voraussetzung Lorenz’, 
dass die angeborene Hüftverrenkung fast ausnahmslos in der Form 
der Luxatio iliaca auftrete, nicht zutreffe, und dass dem entsprechend 
auch die Methoden der Reposition und Retention je nach der Form 

* 


684 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


der Verrenkung verschieden sein müssen, um eine Wiederausrenkung 
des reponirten Kopfes zu verhüten. Bei der ersten, bei Kindern 
bis zum 3. Lebensjahre zu beobachtenden Form steht der Kopf fast 
stets vorn in der Subinguinalgegend, unmittelbar oberhalb der Pfanne 
(Luxatio supracotyloidee Kölliker’s), bei der zweiten, besonders 
Kinder im Alter von 3—6 Jahren betreffenden, in Streckstellung an 
derselben Stelle, bei Beugestellung aber hinten auf der Darmbein- 
schaufel (Luxatio supracotyloidea et iliaca), und erst bei der dritten 
dauernd auf letzterer (Luxatio iliaca), vornehmlich in Folge des 
Übergewichts des Glutaeus maximus, der hinteren Hälfte des Glutaeus 
medius und maximus, des Pyriformis, des Obturator internus und 
externus und der Mehrzahl der Adduktorenbündel über die Antago- 
nisten. Der Stellung des Kopfes passen sich die Muskeln und be- 
sonders die einzelnen Theile der Gelenkkapsel mit der Zeit an, so 
dass bei den Verfahren der Reposition und Retention der Zustand 
der letzteren zu berücksichtigen ist. Da bei der Luxatio supra- 
cotyloidea das untere und hintere Kapselband von normaler Länge, 
oder im Vergleich zum oberen und vorderen nur wenig gedehnt ist, 
muss es vor Allem bei der Reposition und Retention ausgenutzt 
werden; erstere hat desshalb bei leichter Beugung des Beins in einer 
Mittelstellung zwischen Innen- und Außenrotation und bei einer Adduk- 
tion von 150° in Streckung, Abduktion und Innenrotation, die Re- 
tention in abducirter Stellung des gestreckten und innenrotirten 
Beins zu erfolgen. Bei der 2. Form ist die vordere und obere 
Kapsel noch stärker gedehnt, als bei der ersten, aber auch die untere 
und hintere verlängert; das Repositionsmanöver lehnt sich an das 
von Paci und Lorenz empfohlene an (Streckung in stärkster Ab- 
duktion und Innenrotation), während die Retention durch Innen- 
rotation, verbunden mit Abduktion des gestreckten Beins zu erreichen 
ist. Bei der vielleicht auch primär auftretenden, meist aber aus der 
2. Form enstandenen Luxatio iliaca ist es fraglich, ob sie sich über- 
haupt noch zur Reposition eignet; letztere ist am ehesten noch bei 
der primären möglich und dann nach Paci’s oder Lorenz’ Me- 
thode vorzunehmen; in leichten Fällen kann auch Mikulicz's 
Lagerungsapparat zweckmäßig sein. Bei der sekundären ist die Ver- 
engerung der Kapsel dagegen gewöhnlich zu starr, als dass sie auf 
unblutigem Wege erweitert werden könnte; es kann sich höchstens 
um die Erreichung einer Stellungsverbesserung handeln, sonst nur 
bei einseitigem Bestehen die blutige Operation, bei doppelseitigem 
die Behandlung mit Bandagen, Gymnastik und Massage in Frage 
kommen. 

Für die Bildung eines festen Gelenks nach gelungener Reposition 
und zweckmäßiger Retention hält L. den Zeitraum von 1: Jahr 
für viel zu kurz bemessen. Um aber die Fixirung im Gipsverband 
nicht länger als höchstens '/, Jahr auszudehnen, sucht er durch 
»Weichtheilhemmung« den Kopf am Pfannenort festzuhalten, d. h. 
dadurch, dass er die verlängerten Weichtheile (obere Kapsel, Mus- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 685 


culus pyriformis, obturator etc.) durch Chlorzinkinjektionen, welche, 
abgesehen von bald wieder schwindenden. mäßigen Schmerzen, 
reaktionslos ertragen werden, zur Schrumpfung bringt. Gelingt dies 
durch Jahre hindurch, so ist auch zu erwarten, dass sich allmählich 
eine knöcherne Pfanne, sei es durch Vertiefung des Pfannenbodens, 
sei es durch Herumwachsen eines Knochenwalls um den Kopf, bildet. 
Bis dies erfolgt ist, muss das Kind vor jeder Überanstrengung be- 
wahrt werden; L. lässt während dessen eine abnehmbare Bandage 
unter gleichzeitiger gymnastischer Behandlung tragen. 

Über die Endresultate kann erst nach Jahren ein Urtheil ab- 
gegeben werden. Die über die Stellung des Kopfes und die Dehn- 
barkeit der Gelenkkapsel unterrichtenden Röntgenbilder müssen dann 
aber bei Belastung des Hüftgelenks aufgenommen werden. Demon- 
strationen der Kinder auf Kongressen etc. sind nicht beweisend, da 
auch bei nicht geheilten Fällen der Gang der Pat., so lange sie nicht 
ermüdet sind, ein guter, andererseits bei denen, wo bereits ein festes 
Gelenk erzielt worden, in Folge von Insufficienz der Glutalmus- 
kulatur ein watschelnder sein kann. Kramer (Glogau). 


19) A. A. Abrashanow. Osteoplastische Methode der Am- 
putatio femoris intercondylica. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 2.) 
Für Fälle, wo aus der Vorderfläche des Unterschenkels ein 
Lappen nicht zu bilden ist, empfiehlt A. einen hinteren Lappen, 
der den oberen Theil der Hinterfläche der Tibia enthält. Das 


A 


Tibiastück wird nach vorn oben geklappt, mit der vorderen Säge- 
fläche an das Femurende angenäht und am unteren Ende von der 
durchsägten Patella bedeckt (Erhaltung der Sehne der Streckmuskeln!). 
Obige Figuren erläutern den Hautschnitt, die Knochentrennung und 
das Schlussresultat. Die hintere Tibiafläche hat keinen Schleimbeutel 
und das ist es eben, was ihr einen Vorzug vor der Vorderfläche des 
Knochens als Stützfläche giebt. Gtickel (B. Karabulak, Saratow). 


686 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


20) Vollbrecht. Über umschriebene Binnenverletzungen des 
Kniegelenks. Ein Beitrag zur Lehre von den Gelenkmäusen 
und den Verletzungen der Zwischenknorpel. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft.1.) 

Gestützt auf ein großes kasuistisches Material kommt Verf. be- 
züglich der Entstehungsursache der Gelenkmäuse gegenüber König, 
Kragelund u. A. zu folgenden Schlüssen: 

1) Eine durch Verletzung herbeigeführte sofortige Ablösung von 
Theilen der Gelenkoberfläche, welche als freie Körper in der Folge 
auftreten, ist nicht selten und kommt in vorher gesunden Gelenken 
auch als Folge geringfügiger Gewalteinwirkung vor. 

2) Es können in Folge schwerer und geringfügiger Gewaltein- 
wirkungen flache Stücke aus der Oberfläche der Gelenkenden heraus- 
gebrochen werden, ohne dass das Gelenk im Übrigen schwer ge- 
schädigt wird. 

3) Die Gewalteinwirkungen lösen derartige Stücke meist sofort 
aus allen Verbindungen, so dass es sich um wirklich freie Körper 
handelt, welche aber weiterhin fast regelmäßig an irgend einer Stelle 
Verwachsungen eingehen. Eine nachträgliche dissecirende Ent- 
zündung, welche die Ablösung eines nur heftig kontundirten Stückes 
bewirkt, braucht zur Erklärung nicht herbeigeholt zu werden. 

4) Die Existenz einer Osteochondritis dissecans (König) ist zur 
Zeit durch nichts bewiesen. 

Verf. theilt die Gewalteinwirkungen ein in direkte, äußere (Schlag, 
Stoß, Fall, Quetschung) und indirekte, innere (Verstauchung, Stauchung, 
heftige Torsion und plötzliche Anspannung des Muskel- und Band- 
apparates). Hinsichtlich der Symptome werden die primären All- 
gemeinerscheinungen, als Schwellung, Erguss und Beweglichkeitsbe- 
hinderung, unterschieden von den Einklemmungserscheinungen, den 
Maussymptomen im engeren Sinne. Die Intensität der ersteren steht 
in geradem Verhältnis zur Heftigkeit des Traumas, die letzteren sind 
vor Allem von Größe, Form und Beweglichkeit der Gelenkmaus, der 
Dauer ihres Verweilens im Gelenk und von Ort und Ausdehnung 
der Verletzung an den artikulirenden Flächen abhängig. Ort und 
Umfang der Verletzung bestimmen zugleich in der Hauptsache den 
Ausgang des Leidens. 

Die 11 vom Verf. zusammengestellten Fälle von Verrenkung des 
äußeren oder inneren Meniscus waren sämmtlich traumatischen Ur- 
sprungs und bald nach größeren, bald nach geringfügigen Gewalt- 
einwirkungen entstanden. Bezüglich der Auffassung ihres Ent- 
stehungsmechanismus wie des klinischen Bildes befindet sich Verf. 
in voller Übereinstimmung mit von Bruns (vgl. diese Beiträge 
Bd. IX p. 435), dessen Arbeit ausführlich citirt wird. Dessgleichen 
gelten für die Behandlung der Meniscusverrenkungen in der Miku- 
licz’schen Klinik im Wesentlichen dieselben Grundsätze, wie sie 
v. Bruns aufgestellt hat; neben dem von Letzterem empfohlenen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 687 


Längsschnitt wird als Operationsmethode auch der Querschnitt (vom 
Rand der Kniescheibe 7—8 cm in der Gelenkspalte nach hinten) 
mit gleich gutem Erfolg geübt. Honsell (Tübingen). 


21) W. Koch. Verfahren gegen winklige Ankylosen und 
Kontrakturen des Kniegelenks. 
(Deutsohe Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 380.) 

K. hat in seiner Klinik zu Dorpat die blutige Korrektur winklig 
ankylosirter Kniegelenke nach Anlage der Arthrotomiewunde weniger 
durch Knochenresektionen als durch geeignete Resektion der schwie- 
ligen und geschrumpften Band- und Kapselgewebe ausgebildet. Auf 
diese soll das Hauptgewicht gelegt werden. Mit vorderem Bogen- 
schnitt unter der Kniescheibe wird das Gelenk eröffnet, von den 
Femurepikondylen, an denen der Schnitt endigt, werden flache 
Scheiben sammt den Seitenbändern à la Tiling abgemeißelt. Be- 
steht stärkere Verschiebung der Tibia gegen das Femur, insbesondere 
schwerere Valgusstellung, so »gehe man an der äußeren Seite nur 
bis zum Gelenkspalt hinauf und durchtrenne das äußere Seitenband 
in seiner Mitte. Denn man soll von hier aus zwischen dem Kopf 
der Tibia und dem Capitulum fibulae nach vorn unten bis auf den 
Knochen schneiden, einen hinteren kleinen Lappen bilden, von 
welchem aus die Hinteraußenseite des Caput tibiae bequem sich er- 
reichen lässte. Dann Zustutzung bezw. Exstirpation der Kniescheibe, 
Excision der Kreuzbänder nebst den intragenualen Pannusmassen und 
starke Beugung des Gelenks, wie gewöhnlich. An der nun bloß- 
gelegten hinteren und seitlichen Partie der Gelenkkapsel schält 
nun K., spritzende Gefäße unterbindend, so lange, bis eine dünne, 
theilweise gelochte Platte übrig bleibt. Es folgt bei starker Dis- 
traktion von Femur und Tibia die Abhobelung bezw. Abschneidung 
der Kapselreste und des Periosts sammt Muskulatur oberhalb {und 
unterhalb des Kapselansatzes von den Knochen hinten und seitlich 
bis über die Ligg. lateralia hinaus. An der Hinterseite von Tibia 
und Fibula wird dieser Akt durch die oben erwähnte Schnittführung 
erleichtert. Die jetzt weit von den Knochen abgeschälte Weichtheil- 
brücke zwischen Ober- und Unterschenkel setzt nach Zufügung nur 
kleiner Knochenscheibenabtragungen der Kniestreckung keinen 
wesentlichen Widerstand mehr entgegen, da die Haupthemmnisse, 
die Narbe, die geschrumpften Bänder und die Kapsel, entfernt sind. 
Nöthigenfalls sind noch Tenotomien vorzunehmen. Die völlige 
Korrektion braucht dabei nicht auf einmal erzwungen zu werden; 
man kann sie vielmehr während der Nachbehandlung allmählich 
durchsetzen. 
` Zwei ältere derart geheilte Fälle sind bereits an anderem Orte 
publicirt. In vorliegender Arbeit werden die Berichte über 7 neue 
Fälle gegeben, zum Theil unter Beifügung von Photogrammen. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


688 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


22) Gross. Beitrag zum instrumentellen Redressement des 
Genu valgum und der schweren Flexionskontrakturen des 
Kniegelenks. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 

Zu dem genannten Zweck bedient Krause sich eines Apparates, 
der äußerlich dem bekannten Rizzoli’schen Osteoklasten gleicht, 
dessen Schraube aber nicht durch Druck, sondern durch Zug mittels 
zweier Bindenzügel auf ihren Angriffspunkt (den Scheitel des Kon- 
trakturwinkels) wirkt. Das Redressement wird in einer (bei schwe- 
reren Fällen von Genu valgum in 2—3) Sitzung bis zur leichten 
Überkorrektion getrieben und, während der Apparat das erreichte 
Resultat festhält, der Gipsverband angelegt. Die Resultate, welche 
im Altonaer Krankenhaus an 11 Fällen von Genu valgum, 3 Flexions- 
kontrakturen des Kniegelenks, 1 Kontraktur des Ellbogengelenks 
und 1 Knieankylose erzielt wurden, sind sehr zufriedenstellend. Nach 
den gemachten Erfahrungen empfiehlt G. die Anwendung des Ap- 
parates für alle Fälle von statischem Genu valgum, vorausgesetzt, 
dass es sich um jugendliche Individuen handelt, für Flexionskon- 
trakturen nur dann, wenn man sicher ist, keinen Schaden stiften zu 
können; zu verwerfen ist demnach das instrumentelle Redressement 
für diejenigen Kontrakturen, welche sich an Entzündung der Ge- 
lenke angeschlossen haben, und bei denen der ursächliche Process 
noch nicht ganz abgelaufen ist. Anhangsweise wird noch über einen 
Pat. berichtet, der mit schweren Kontrakturen beider Kniegelenke 
in Folge spinaler Kinderlähmung behaftet war und durch jährige 
Behandlung (allerdings ohne Benutzung des beschriebenen Apparats) 
Gehfähigkeit erlangte. Hofmeister (Tübingen). 


23) O. Wendel. Die traumatischen Luxationen des Fußes 
im Talocruralgelenk. 
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.) 

W. unterscheidet am Talocruralgelenk folgende Verrenkungs- 
formen: 1) in sagittaler Richtung Verrenkung nach vorn und nach 
hinten. 2) in seitlicher Richtung Pro- und Supinations-, so wie 
Eversions- und Inversionsverrenkungen, endlich Verrenkungen nach 
oben. Entgegen der bisher herrschenden Auffassung sind nicht die 
Pronations-, sondern die Supinationsverrenkungen als die häufigsten 
zu betrachten; am seltensten werden die in Lehrbüchern bisher noch 
nicht erwähnten Inversionsverrenkungen getroffen. An Hand eines kasu- 
istischen Materials von 108 Fällen, darunter 3 noch nicht publicirten, 
giebt Verf. eine eingehende Schilderung sämmtlicher Formen und 
kommt zu dem Schlussergebnis, dass die Fußgelenksverrenkungen 
nicht so sehr selten, als bisher angenommen wurde, sind, so wie 
dass dieselben als gesondertes Krankheitsbild von den mit Dislo- 
kation einhergehenden Knöchel- und Talusbrüchen abgetrennt werden 
müssen, Honsell (Tübingen). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 689 


24) M. Bakradz6. Contribution à l’&tude du traitement 
chirurgical du pied-bot paralytique. 
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1898. 

Verfasserin ist für ein schonendes operatives Vorgehen bei dem im 
Gefolge der Kinderlähmung auftretenden Spitz- und Klumpfuß. Die 
Aufgabe besteht darin, dem Fuß, der eine dieser Deformitäten zeigt, 
eine korrekte Stellung zu geben und ihn in dieser Stellung zu er- 
balten. Demnach erfolgt die »Reduktion« durch Beseitigung der 
Kontrakturen, die »Kontention« durch die Arthrodese. Die Opera- 
tionen, die in Betracht gezogen werden, sind einerseits die offene 
Durchschneidung der Achillessehne und die Tarsektomie, anderer- 
seits die Abtragung der Gelenkflächen entweder nur im Tibia-tarsal- 
Gelenk, wie beim Pes equinus, oder gleichzeitig auch in der Cho- 
part’schen Gelenklinie, wie beim Pes varus. Die Tarsektomie, die 
beim angeborenen Klumpfuß der gewaltsamen Gradrichtung vor- 
gezogen wird, soll beim paralytischen KlumpfuB möglichst ein- 
geschränkt werden, da die Entfernung der Gelenkknorpel in den 
meisten Fällen genügt, um dem Fuß eine gute Stellung zu geben, 
selbst wenn die Knochen schon einen gewissen Grad von Hemmung 
darbieten. Wenn aber die Tarsektomie ausgeführt wird, so soll ihr 
stets die Arthrodese folgen. Alle Operationen, die nicht den Zweck 
haben, das Fußgelenk zu versteifen, führen zu einem Recidiv. 
Durch die Ankylose des Fußgelenks soll die noch besserungsfähige 
Muskulatur in ihrem Ernährungszustand nicht beeinträchtigt werden. 

Die Arbeit bezieht sich auf ı2 Fälle, Kinder im Alter von 
2—13 Jahren, welche Broca seit dem Jahre 1894 operirt hat. 

J. Riedinger (Würzburg). 


25) H. Steudel. Zur Entstehung des statischen Plattfußes. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 443.) 

In den theoretisirenden Betrachtungen, die Verf. anstellt, be- 
spricht er zunächst die Frage der Fußgewölbe und entscheidet sich 
für die Annahme von 2 Längsgewölbebogen, einem inneren — Cal- 
caneus, Talus, Naviculare, die 3 Keilbeine und Metatarsus I—III — 
so wie einem äußeren — Calcaneus, Cuboideum und Metatarsus IV—V, 
— und einem Quergewölbebogen, einer queren Vereinigung beider 
Längsbogen: der Knochenzug Cuneiforme I, II, III und Cuboid. 
Die Entstehung des statischen Plattfußes möchte S. auf folgende 
3 Möglichkeiten zurückführen: 1) Die Belastung des Fußes wirkt 
senkrecht auf denselben bei Stellung auf eine horizontale Unter- 
stützungsfläche. 2) Die Last wirkt schräg von außen kommend auf 
den Fuß. 3) Die Last kommt schräg von innen. In Fall 1 ent- 
spricht der Mechanismus ziemlich dem von Lorenz angegebenen: 
primäres Flachlegen des äußeren Bogens, sekundäres des inneren. 
In Fall 2 wird eine Art Überpronationsstellung eintreten. Durch 
primäre Veränderungen am Unterschenkel, Knöchelbruch, Rachitis, 


690 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


mit Dislokation geheilte Unterschenkelbrüche, entsteht eine Valgität 
im Talocruralgelenk, »die Stromeyer als schwache Enkel bezeichnet, 
für die S. aber den Ausdruck Malleolaris valga (? Ref.) wählen 
möchte«. Fall 3 sieht S. in der »Attitude of rest, verwirklicht, in 
welcher der innere Fußrand stark belastet wird. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


26) Merkel. Über Tarsalgie. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 9. [Illustr.)) 


27) Lange (München). Zur Behandlung der Tarsalgie. 
(Ibid. No. 11.) 

Den Namen »Tarsalgie« wählt M. zur Bezeichnung des bei sich 
entwickelndem und permanentem Plattfuß jugendlicher Individuen 
auftretenden Bildes schmerzhafter Symptome im Tarsus. Er giebt 
an, dass »in den höchsten Graden Supinationseinlagen in die Fuß- 
bekleidung, Massage, Bäder oder Redressement — was nie genau zu 
dosiren ist — mit Gipsverband ganz und gar nichts nützen«, und 
empfiehlt gegen das Leiden die Trendelenburg’sche Osteotomie 
oberhalb der Malleolen mit nachfolgender Eingipsung des über- 
korrigirt gestellten Fußes. In 10 nach dieser Methode operirten 
Fällen wurde die betr. Pat. von ihren Beschwerden befreit und wie- 
der arbeitsfähig. 

L. wendet sich gegen den Namen »Tarsalgie«, da die Schmerz- 
haftigkeit des Tarsus für den Plattfuß nicht charakteristisch sei, und 
tritt gegenüber M.’s Empfehlung der Osteotomie für die von ihm in 
ca. 200 Fällen bewährt gefundene, auch bei den schwersten Platt- 
füßen erfolgreiche Behandlung mit Bettlage, Massage, Prießnitz’schen 
Umschlägen und nachfolgender Anwendung des Redressements, ev. 
mit subkutaner Tenotomie des Extensor digitor. ein. — Das Re- 
dressement übt L. mit dem Lorenz’schen Redresseur; der danach 
angelegte Gipsverband wird nach 3 Wochen durch einen Schuh mit 
einer Nickelineinlage ersetzt. Kramer (Glogau). 


28) A. Kirchner (Düsseldorf). Über das Wesen der sogen. 
Fußgeschwulst. 
Wiesbaden, Je F. Bergmann, 1898. 73 S. Mit einem Röntgenbild. 

Nachdem schon früher von französischen Ärzten (Pauzet, Poulet, 
Martin) und jüngst noch unter Zuhilfenahme der Röntgenstrahlen 
von Stechow nachgewiesen worden ist, dass zuweilen der Symptomen- 
komplex der bisher sogenannten Syndesmitis metatarsea durch Bruch 
eines Metatarsalknochens erzeugt werde, geht K. noch weiter, indem 
er für die in Rede stehende Krankheit, die Fußgeschwulst, eine 
andersartige Entstehungsweise überhaupt in Abrede stellt. Jedenfalls 
hat er aus seiner eigenen Erfahrung die stattliche Zahl von 55 Fällen 
zusammenstellen können, in welchen der Bruch von ihm entdeckt 
wurde. In der Hälfte der Fälle wurde eine bestimmte Gewalt- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 691 


einwirkung als Ausgangspunkt des Leidens angegeben, meist Fall 
des Körpers aus einer gewissen Höhe auf den Fuß, oder plötzliches 
Einwirken des Körpergewichts auf einen Fuß, z. B. Hineintreten in 
eine Bodenvertiefung. Die zweite Hälfte der Erkrankten hatte zu- 
meist plötzlich auf einem Marsch, beim Exercieren o. dgl. einen 
heftigen Schmerz in einem Fuß verspürt, ohne einen bestimmten An- 
lass nennen zu können. Meist melden sich die erkrankten Soldaten 
— denn die Krankheit ist in hervorragender Weise eine Soldaten- 
krankheit — erst einige Tage nach der Verletzung krank, je nach- 
dem sie durch die zeitweiligen Dienstverhältnisse dazu gezwungen 
werden. Anfänglich pflegt Bluterguss und örtlicher Druckschmerz 
nie zu fehlen, dagegen sind Krepitation und widernatürliche Beweg- 
lichkeit nur selten vorhanden. Später tritt dann eine ringförmige 
Knochenverdickung, der Callus, auf, welche das frühere Vorhanden- 
sein eines Bruches, oft wohl auch nur einer Infraktion, außer Zweifel 
stellt. Meist ist es der 2. oder 3., selten der 4., kaum je der 1. und 
5. Mittelfußknochen, welcher gebrochen ist. Die beiden Körperseiten 
sind etwa gleichmäßig betroffen. Die Bruchlinie ist meist mehr nach 
vorn gelegen, seltener jenseits der Mitte nach hinten. Ausnahmslos 
sollen nur gut gewölbte Füße befallen werden. Meist erkranken an 
Anstrengungen der Beine nicht gewöhnte Mannschaften des ersten 
Dienstjahrs, und zwar nicht gerade in den allerersten Monaten ihrer 
Dienstzeit, sondern im zweiten Halbjahr, wenn sie an Märschen, 
Felddienstübungen u. dgl. theilzunehmen beginnen. Ungeschicklich- 
keit und Ermüdung mit ihren Folgen, Muskelerschlaffung und nach- 
lässiger Gang wirken als begünstigende Momente, indem das Ab- 
wickeln des Fußes über eine Bodenerhöhung, namentlich einen Stein, 
Hineingleiten in eine Furche oder ein Loch eine plötzliche un- 
gewöhnliche Belastung eines Mittelfußes zur Folge hat, welcher der 
Knochen nicht gewachsen ist. Die häufige Geringfügigkeit der Ver- 
anlassung bewirkt es, dass die Verletzten sie oft nicht detailliren 
können, sondern nur von einem »Vertreten« sprechen. 

Die Behandlung hat grundsätzlich im Lazarett stattzufinden und 
in völliger Bettruhe zu bestehen, bis der Callus auf Druck unempfind- 
lich geworden ist, was meist 3—4 Wochen beansprucht. Die Wieder- 
aufnahme des Dienstes darf aber nicht eintreten, ehe der Kranke 
nicht mehrere Tage lang ohne Schmerz und Reizung in Stiefeln 
umhergegangen ist. Heilung tritt wohl stets ein. 

K. befürwortet Belehrung der militärischen Vorgesetzten, um 
die betroffenen Leute möglichst bald der ärztlichen Behandlung zu- 
zuführen, so wie als Prophylakticum allmähliches Training der Re- 
kruten. 

Da nun die Aufmerksamkeit der Militärärzte auf diese Sachlage 
gelenkt ist, wird es bald gelingen, eine genaue Begrenzung der Ver- 
letzung gegenüber andersartigen Fußkrankheiten festzusetzen. Eine 
Klärung dieser Verhältnisse und der verschiedenartigen Anschauungen 
über ihre anatomische Grundlage ist damit eingeleitet. Dass aber 


692 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


wirklich, wie K. will, jede »Fußgeschwulst«e auf Bruch eines Mittel- 
fußknochens beruhen sollte, dürfte wohl über das Ziel hinausschießen, 
wenn auch freilich die von ihm beobachtete Häufigkeit zu denken 
giebt. In dem beigegebenen Röntgenbild ist übrigens der Metatar- 
sus III der befallene. = Lühe (Königsberg i/Pr.). 
29) Duplay (Paris). Mal perforant plantaire. 

(Med. moderne 1898. No. 25.) 

D. will entgegen der in Deutschland jetzt gewöhnlich geltenden 
Erklärung wieder den nervösen Ursprung des Mal perforant betonen. 
Er findet das Leiden charakterisirt durch die Trias: Ulceration, Sen- 
sibilitäts- und trophische Störungen. Alle sind zurückzuführen auf 
eine Neuritis; dieselbe kann Ausdruck einer System- oder Allgemein- 
erkrankung oder eine lokale sein. Die Therapie muss also auch die 
Nerven betreffen, um eine kausale zu sein. Nach dem Vorgang von 
Chipault will er die Plantarnerven mit Dehnung des bloßgelegten 
Nerven, oder mit gleichzeitiger Quetschung (broiement) oder nach Dela- 
geniere mit Dissolution (hersage) behandeln. Er sucht den Tibialis 
posticus neben der Arterie auf und isolirt ihn zur Vornahme des 
Eingriffe auf einer Hohlsonde. Mittheilung über Resultate oder 
eigene Erfahrungen wird nicht gemacht. Boesing (Hamburg). 


30) Gerdeck (Saarbrücken). Über die Anwendung des For- 
malin bei der Fußpflege der Truppen. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. p. 165.) 

Pinselungen mit koncentrirtem Formalin je 1—1,5g für den 
Fuß, Morgens, Mittags, Abends und am Morgen des folgenden Tages 
bewirken sofort, meist schon nach der 3. Pinselung, Aufhören der 
Absonderung eines Schweißfußes. Nach 3 Wochen beginnt wieder 
etwas Absonderung, nach 3 Monaten tritt wieder der alte Zustand, 
wenn auch weniger hochgradig, ein. Wässrige Lösungen haben eine 
entsprechend schwächere Wirkung, die Beschränkung der Sekretion 
tritt bei geringeren Koncentrationsgraden immer mehr zurück, wäh- 
rend die desodorisirende Wirkung selbst bei 3%iger Lösung noch 
vollkommen ist. Die von den Leuten benutzten Stiefel können ohne 
Schaden für ihre Haltbarkeit durch Eintropfen von 4—6 Tropfen 
Formalin desinfieirt werden. 

Theoretisch begründet Verf. seine Empfehlung durch die von 
George Thin und namentlich von Bordoni-Uffreduzzi (Turin 
1896) im stinkenden Fußschweiß gefundenen und gezüchteten Bacillen, 
von Letzterem Bacterium graveolens genannt, deren Wachsthum und 
Wirkungskreis er in die Ausführungsgänge der Schweißdrüsen verlegt. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


Centrelblatt für Chirurgie. No. 26. 693 


Kleinere Mittheilungen. 


Bemerkungen zum Knochenbefund in der Plantarfascie. 
Von 
Dr. J. Biedinger in Würzburg. 


Im Centralblatt für Chirurgie 1898 No. 6 berichtet Hoffa über einen Fall 
von Erkrankung der Plantarfascie, welcher sich dadurch auszeichnet, dass bei der 
von Borst vorgenommenen mikroskopischen Untersuchung in der den Charakter 
der Entzündung tragenden Fascie sich massenhaft Knorpelinseln und an einzelnen 
Stellen auch mikroskopisch kleine Verknöcherungsherde vorfanden. Der histo- 
logische Befund, der mit allen Details in der Dissertation von Klein beschrieben 
ist, konnte dahin erboben werden, dass eine direkte Metaplasie des Sehnen- 
gewebes in Faserknorpel- und Knochengewebe anzunehmen war. — Wegen der - 
hochgradigen Schmerzhaftigkeit musste die erkrankte Fascie bei der 20 Jahre 
alten Pat. operativ entfernt werden. Die Erkrankung war eine symmetrische. Ein 
Trauma war nicht vorausgegangen. 

Ich zweifle nun nicht daran, dass im vorliegenden Falle die Verhältnisse, wie 
sie in dem mikroskopischen Bild anzutreffen sind!, als pathologisch angesprochen 
werden müssen. Den Beweis für die pathologische Natur derselben möchte ich 
nicht allein in dem unvermittelten Übergang des Knorpelgewebes in das um- 
gebende Bindegewebe suchen. Denn die Grenze zwischen dem Knorpelgewebe 
und dem umgebenden Bindegewebe ist auch dort nicht mehr zu erkennen, wo es 
sich nicht gewissermaßen um einen fortschreitenden pathologischen Vorgang han- 
delt, sondern um die Elimination eines knorpeligen oder knöchernen Elements in 
ontogenetischer und phylogenetischer Beziehung, um eine Einschmelzung von der 
Peripherie her, wie sie Thilenius für die accessorischen Elemente am mensch- 
lichen Carpus und Tarsus angenommen hat. Für den pathologischen Vorgang 
spricht vor Allem die Entsündung, dann aber die Multiplieität der Knorpelinseln, 
welche nämlich in solcher Häufigkeit auftreten, dass das ganse Gewebe der Plan- 
tarfascie in Mitleidenschaft gezogen ist. Schon äußerlich macht sich eine Ver- 
diekung der Fascie geltend. Für die Pathogenese könnte auch der Umstand an- 
geführt werden, dass die Metaplasie in fibrillärer Form vor sich gegangen ist, 
und dass die Struktur der Sehne gewahrt bleibt. 

Mit Einschluss dieser pathologischen Vorgänge fand also zuerst eine Ver- 
knorpelung, dann eine Verknöcherung der Plantarfascie statt. Wie kommt aber 
die Plantarfascie dasu, in so ausgedehnter Weise Knorpel und Knochen zu pro- 
dueiren? Sind die pathologischen Vorgänge die einzigen, die zur Schaffung des 
Krankheitsbildes beigetragen haben? Dieser Frage können wir nahe treten, auch 
wenn wir die metaplastischen Einlagerungen als solche gelten lassen, und sie ist 
gerechtfertigt, wenn sich Anhaltspunkte dafür gewinnen lassen, dass eine besondere 
örtliche Disposition in der Plantarfascie vorliegt, die ihre chondro- und osteo- 
plastischen Fähigkeiten erklärlich machen. Damit wäre der Fall nicht ausschließ- 
lich in das pathologische Gebiet verwiesen. 

Wenn wir von der Thatsache ausgehen, dass in der Plantarfascie Knochen- 
gewebe gefunden wurde, welches sich aus Knorpelgewebe differensirt hat, und 
wir eine Erklärung hierfür suchen, so kommt uns auch die Embryologie und ver- 
gleichende Anatomie mit einigen wichtigen Resultaten, welche die Forschung 
gerade in den letsten Jahren gezeitigt hat, zu Hilfe. Es ergiebt sich aus diesen 
Resultaten die Nothwendigkeit, jedes an scheinbar abnormer Stelle des Fußes ge- 
fundene Knochenstückchen auf seine Zugehörigkeit sum Skelett zu prüfen. 


1 Herrn Privatdocent Dr. Borst spreche ich für die private Demonstration 
der Präparate meinen verbindlichsten Dank aus. 


694 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


Als Kriterium eines echten Skelettstückes müssen gefordert werden: hyalin- 
knorpelige Anlage, typische Lagebeziehungen und die Verfolgung des Elements 
durch die Thierreihe. Alle accessorischen Elemente am Carpus und Tarsus, welche 
bisher gefunden wurden, genügen diesen Forderungen (Thilenius). Die acoes- 
sorischen Elemente des Metacarpus und des Metatarsus machen keine Ausnahme. 

Selbst die Sesambeine, von denen man bisher geglaubt hatte, dass sie in- 
dividuell erworbene Knochen sind, gehören zu den phylogenetisch vererbten, knor- 
pelig präformirten Knochen. Ein Zweifel daran ist nur möglich, wenn man die 
überzeugenden Untersuchungen von Thilenius außer Acht lässt, welcher nach- 
gewiesen hat, dass die Sesambeine als hyaline Knorpelkerne im embryonalen 
Leben bereits auftreten, ehe sie Beziehungen zu Muskeln, Sehnen und Bändern 
überhaupt einzugehen in der Lage sind. Es hätte also gar keinen Werth, von 
einem zufällig in der Plantarfascie entstandenen Sesambein zu sprechen, da auch 
die Sesambeine als selbständige, hyalin-knorpelig vorgebildete, vererbbare und nicht 
durch irgend eine Funktion hervorgezauberte Elemente aufsufassen sind, und 
diese Bezeichnung nur noch eine topographische Bedeutung hat für die peri- 
artikulären Knochen der Finger- und Zehengelenke, so wie des Kniegelenks. 

Wenn wir berechtigt sind, das in der Plantarfascie gefundene Knochengewebe 
von einem der accessorischen Elemente des Tarsus (oder deg Metatarsus) abzu- 
leiten, dann muss auch die gleiche hyalin-knorpelige Anlage angenommen werden. 

Für die Zugehörigkeit zu diesen Elementen sprechen verschiedene Erschei- 
nungen aus der Entwicklungsgeschichte derselben. Wenn sie auch echte Skelett- 
stücke sind, so sind die überzähligen Knochen an den Extremitäten doch nur 
variable und inkonstante Gebilde und tragen den Typus des Rudimentären. Ihre 
erste Anlage ist später sichtbar als die der konstanten Tarsalien und Carpalien 
(Metatarsalien und Metacarpalien), wodurch sie bereits ein Zurückbleiben in der 
Entwieklung dokumentiren. Sie halten auch im weiteren Verlauf der Entwicklung 
nicht gleichen Schritt mit den übrigen Skelettstücken und kommen weder quanti- 
tativ noch qualitativ zur vollen Ausbildung. Die Ossifikation tritt sehr spät ein, 
gewöhnlich wenn sie im übrigen Skelettsystem schon fast oder ganz beendet ist. 
Die typischen Begrenzungsflächen gehen verloren, indem zuerst das Perichondrium 
schwindet, und das Element eine neutrale Kugelform annimmt, wenn es nicht von 
einem benachbarten Knochen assimilirt wird. Wenn eine » Abwanderung« (Pfitzner), 
ein Fortrücken vom Platz stattfindet, so zeigen sich weitere Entartungserschei- 
nungen. Es tritt eine erhebliche Reduktion des Volumens ein. Das rudimentäre 
Gebilde wird formlos, konkrementartig und zerfällt in mehrere vollständig gestalt- 
lose Einzelstücke. Hierbei muss bemerkt werden, dass anscheinend nach der 
Ossifikation keine Rückbildung mehr stattfindet. Daraus kann man schließen, 
dass beim Eintritt der Ossifikation in diesen letzten Stadien des Abortivwerdens 
schon eine Zertheilung des Knorpels eingetreten ist. Aus den verschiedenen 
Abortivformen des Knorpels ist also die Variabilität des Knochens abzuleiten, 
oder anders ausgedrückt, die Hauptveränderungen des Zerfalls müssen im knorpe- 
ligen Zustand erfolgen. Der Knorpel kann sogar, ehe er zur Verknöcherung ge- 
langt, vollständig zu Grunde gehen, da mehr accessorische Elemente angelegt als 
ausgebildet werden. 

So stellen die überzähligen Knochen am Tarsus (und Carpus) palingenetisch 
auftretende, nicht mehr gleichwerthige, inkonstante und variable Gebilde dar, die 
vor ihrer Verknöcherung auf jeder Stufe rückläufig werden können. Sie deuten 
nur noch den Rest eines knorpelig präformirten Knochens an, und ihrem voll- 
ständigen Untergang gehen Erscheinungen voraus, wie sie jedenfalls nicht allein 
auf dem Wege der Maceration gefunden werden können. Es ist leicht möglich, 
dass sie später wieder durch pathologische Veränderungen der Beobachtung zu- 
gängig werden. 

Es fragt sich nun, mit welchen Knochenresten wir es eventuell zu thun 
haben. 

Nach Pfitzner und Thilenius ist die Lage der accessorischen Elemente 
eine feststehende, da sie sich nur an gans bestimmten Stellen finden. Die acces- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 695 


sorischen Carpalien und Tarsalien sind, wie die »kanonischen« Carpalien und 
Tarsalien, in Querreihen geordnet und gehören Längsstrahlen an. Sie sind dem- 
nach als rudimentäre Radien anzusehen. Es ist einleuchtend, dass es nur durch 
Zusammenstellung der verschiedenen beobachteten Kombinationen möglich war, 
die typischen Lagebeziehungen der Accessorien zu erkennen. An einem einzelnen 
abgewanderten Rudiment kann freilich a priori eine solche Beziehung zum Skelett 
ohne Vergleich mit der Lage der übrigen Accessorien nicht konstruirt werden. 

Seiner Lage nach gehört das Knochengewebe der Plantarfascie in phylogene- 
tischer Hinsicht dem tibialen Randstrehl an. Es ist, wie alle randständigen 
Elemente, plantarwärts gewandert. Im Bereich des tibialen Randstrahls liegen 
nun nach Pfitzner folgende accessorische Elemente: das eventuelle Ossiculum 
trochleae, das Tibiale externum, das Cuneiforme I plantare, die Pars peronea meta- 
tarsalis L Das Ossiculum trochleae der älteren Autoren muss wahrscheinlich als 
ein abgewandertes Tibiale externum gedeutet werden. Wir können dasselbe hier 
ausschließen, eben so wie die sehr charakteristische Zweitheilung des Cuneiforme I. 
Das bei Säugethieren gefundene Praecuneiforme liegt nach Pfitzner entweder 
rein tibial neben dem Keilbein oder ausgesprochen plantarwärts, enthält aber 
immerhin noch Beziehungen zum Cuneiforme. Über dessen Bedeutung ist nichts 
Sicheres bekannt. Beim Menschen wurde es noch nicht gefunden. Für uns 
kommt nur das Tibiale externum in Betracht. Dieses Gebilde stammt nach 
Pfitzner aus der centralen, intercarpalen Querreihe, in welche auch das Navi- 
eulare zu liegen kommt, wesshalb es als ein Accessorium des Naviculare auf- 
gefasst wird. Bei der äußerst sorgfältigen Untersuchung von 752 Füßen fand 
Pfitsner 8imal ein selbständiges Tibiale externum, also eine Häufigkeit von 
10%. Der größte Durchmesser des kleinsten Elements betrug 2,5 mm, der des 
größten Elements 19 mm. Bei der Abwanderung weicht es nach hinten und nach 
außen zurück, abgesehen von seiner plantarwärts gerichteten Tendens, und nimmt 
Entartungsformen an. mal wurde eine Zweitheilung angetroffen. Beim mensch- 
lichen Embryo wurde das Element zum 1. Mal von v. Bardeleben gefunden 
(1885), und zwar in Form eines 3eckigen Knorpels am inneren Rand des Navicu- 
lare tarsi. 

Eine Abwanderung des Tibiale externum über das Ligamentum calcaneo- 
naviculare und über die Sehne des M. tibialis posticus hinaus ist beim Menschen 
noch nicht beobachtet worden. Aber wir wissen aus dem Verhalten der übrigen 
Accessorien, dass, je weiter die Abwanderung stattgefunden hat, desto größer der 
Verfall ist. Viele accessorische Elemente gehen auf die gleiche Weise zu Grunde, 
indem sie Abwanderungserscheinungen zeigen und im benachbarten Bindegewebe 
aufgezehrt werden. 

Die aocessorischen Elemente kehren in der Thierreihe wieder, allerdings nicht 
in der gleichen Häufigkeit. Aber manche Skelettstücke, die beim Menschen nur 
gelegentlich vorkommen und in Formen, welche den Untergang andeuten, finden 
sich bei Thieren als konstante und invariable Bestandtheile der Extremitäten. Das 
Tibiale externum ist gerade ein passendes Beispiel hierfür. Dasselbe kommt als 
konstantes Element bei Raubthieren vor und bewahrt bei allen Vertretern der 
gleichen Art die gleichen Formen. 

Aber es giebt auch Beziehungen zu den Weichtheilen, denen wir? unsere 
Aufmerksamkeit zuwenden müssen, wenn sie auch sekundär entstehen. 

K. v. Bardeleben deutete 1885 die vorher wenig beachteten Skelettelemente 
an dem radialen Rand der Handwurzel und an dem tibialen Rand der Fußwurzel 
als Rudimente eines 6. Fingers resp. einer 6. Zehe und nannte sie Präpollex und 
Prähallux. Später stellte er auch deren Besiehungen zu den Weichtheilen fest. 
Er fand, dass sich bei einigen Thieren der Palmaris longus am Präpollex, der 
Plantaris am Prähallux inserirt. v. Bardeleben sagt: »Der Palmaris longus und 
der Plantaris sind die Reste eines bei niederen Säugethieren mächtiger entwickelten 
dritten, oberflächlichen Fingerbeugers, des Flexor digitorum superficialis. Die An- 
heftung des Plantaris am Calcaneus kommt erst sekundär zu Stande«, ferner an 
einer anderen Stelle: »Bei höheren Säugern verschmelzen die Sehnen des Pal- 


696 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


maris und Plantaris su der bekannten Aponeurose«. Weiterhin kommt v. Barde- 
leben auf Grund seiner umfangreichen, besonders bei Säugethieren angestellten 
Untersuchungen su dem Schluss, dass weder das Pisiforme noch der Calcaneus, 
noch auch Präpollex und Prähallux »echte« Carpalia und Tarsalia darstellen, son- 
dern dass sie als Metacarpalia und Metatarsalia su deuten sind. 

Wir haben also hinsichtlich der Deutung des Knochenrestes in der Plantar- 
fascie folgende 2 Möglichkeiten vor uns: entweder handelt es sich um das Tibiale 
externum, das Accessorium des Naviculare (Pfitzner), oder um den Prähallux 
(v. Bardeleben). Ich möchte mich für den letsteren entscheiden. Denn, welche 
Deutung wir auch den Knochenbefunden geben wollen, so viel darf als sicher 
angenommen werden, dass es sich principiell um den gleichen Knochen handelt, 
der in der Thierreihe noch Begiehungen zum Plantaris unterhält. 

Es darf nicht vergessen werden, dass Aocessorien stets symmetrisch vor- 
kommen, was Pfitzner ausdrücklich betont. Ferner giebt Pfitzner an, dass 
bestimmte osteologische Varietäten geradezu zu pathologischen Processen dis- 
poniren. Diese seien desshalb durchaus noch kein Beweis, dass die Abweichung 
selbst pathologischen und nicht palingenetischen Ursprungs ist. — Sowohl die 
Sesambeine, welche als Hemmungsvorrichtungen aufgefasst werden können, als 
die accessorischen Elemente zeigen unter Umständen eine für die Funktion höchst 
unzweckmäßige Anordnung. 

Aus dieser Betrachtung ergeben sich also folgende 2 Punkte: 

1) Es kommen in entwicklungsgeschichtlicher Hinsicht graduell die verschie- 
densten Stadien der Rückbildung von accessorischen Skelettstücken des Fußes 
vor. Sie kann, da ja knorpelige Anlagen selbst gänzlich verschwinden können, 
so weit gehen, dass nur noch minimale Reste von Knorpelgewebe übrig bleiben. 

2) Das Vorkommen von Knorpel- und Knochengewebe in der Plantarfascie 
findet in gleicher Hinsicht prineipiell seine Erklärung. 

Auch der pathologische Befund lässt sich erklären, und zwar so, dass die 
Konorpelreste zu Knorpelkeimen für die pathologisch-anatomisch aufzufassende 
Propaganda der Verknorpelung der Plantarfascie geworden sind. Bei dieser Auf- 
fassung brauchen wir nicht an »zufällig« in der Plantarfascie auftretende Knorpel- 
keime su denken. Pathogenetisch sind diese Keime eben so wichtig wie jene, 
aus denen Enchondrome und Dermoidcysten hervorgehen. 

Es finden sich nun an den Extremitäten auch Gebilde, welche nur eine An- 
häufung von strafffaserigem Bindegewebe, dessen Fasern koncentrisch angeordnet 
sind, darstellen, sogenannte Sesamoide. Retterer und Thilenius sind zwar 
der Meinung, dass dieselben bindegewebig angelegt sind, niemals verknorpeln und 
auch nicht aus Knorpel hervorgehen. Die Mittheilungen Pfitzner’s sprechen 
aber dafür, dass die Sesamoide ursprünglich auch einmal knorpelig gewesen sein 
können, indem der Knorpel zu Grunde gegangen ist und das Zwischengewebe 
sich zu Bindegewebe entwickelt hat. Es liegt hier der Gedanke nahe, dass die 
Konotenbildung bei der Dupuytren’schen Fingerkontraktur vielleicht mit ähn- 
lichen entwioklungsgeschichtlichen Vorgängen zusammenhängt. 


K. v. Bardeleben, Hand und Fuß. Verhandlungen der Anatomischen Ge- 
sellschaft VIII. 1894. 

W. Pfitzner, Beiträge zur Kenntnis des menschlichen Extremitätenskeletts. 
Morphologische Arbeiten (G. Schwalbe). Jena, G. Fischer. Bd. IV. 
Hft. 3. 1895. Bd. VI. Hft. 3. 1896. 

G. Thilenius, Zur Entwioklungsgesohichte der Sesambeine der menschlichen 
Hand. Morphologische Arbeiten Bd. V. Hft. 2. 1895. 

Derselbe, Untersuchungen über die morphologische Bedeutung acoes- 
sorischer Elemente am menschlichen Carpus (und Tarsus). Morpholo- 
gische Arbeiten Bd. V. Hft. 3. 1895. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 697 


Bemerkung zu dem vorstehenden Aufsatz des Herrn Dr. 
J. Riedinger. 
Von 
Privatdocent Dr. Borst in Würzburg. 


Das kurze Referat im Centralblatt für Chirurgie über die von mir vorgenommene 
mikroskopische Untersuchung des Hoffa’schen Falles von Kontraktur der Plantar- 
fascie hat vielleicht die durchaus nicht zutreffende Vorstellung hervorgerufen, als 
ob in der Fascie ein richtiges, central gelegenes Skelettstückohen aufgefunden 
worden wäre. Das war nun nicht der Fall, sondern in den Verlauf der stark ver- 
dickten und verkürzten Sehne waren unzählige Herde, die aus knorpeligem Ge- 
webe bestanden, eingelagert, und da und dort fanden sich zwischen den massen- 
haften Knorpelinseln auch mikroskopisch kleine Herde vom Bau des Knochen- 
gewebes. Es ließ sich zur Evidens erweisen, dass unter Vermehrung der Zellen 
und unter charakteristischer Veränderung der Zwischensubstanz sowohl das 
Knorpel- wie das Knochengewebe aus dem Bindegewebe der Fascie hervorging. 

Von der Anwesenheit eines isolirten, fertig gebildeten Skelettstückchens, wel- 
ches etwa als Ganzes einem Prähallux oder einem Tibiale externum entsprochen 
hätte, war also keineswegs die Rede, eben so wenig wie von einem Befund, der 
als eine Einschmelzung, ein Rückgängigwerden eines solchen acoessorischen 
Knochens hätte gedeutet werden dürfen. 

Nichtsdestoweniger erschienen mir die vorstehenden Ausführungen Rie- 
dinger’s von großem Interesse und geeignet, auch für den in Rede stehenden 
Fall klärend zu wirken. Was nämlich vor Allem auffällt, ist bei dem Mangel 
eines vorausgegangenen Traumas die Doppelseitigkeit der Störung und dann das 
Auftreten des Leidens zu einer Zeit, zu welcher das physiologische Knochenwachs- 
thum seinem Ende entgegen geht. 

Man könnte sich, anschließend an die Bemerkungen Riedinger's, vorstellen, 
dass im Hoffa’schen Falle swar nicht, ein ganzes accessorisches Knochenstück 
zur Ausbildung kam, sondern dass die Keime zu einem solchen im Bereich der 
Plantarfascie in großer Menge versprengt waren. Ein leichter Entzündungsreis, 
dessen Spuren ja nachweisbar waren, hätte dann genügt, zumal zu einer Zeit, 
während welcher die Verknöcherung des Skeletts erfolgte, diese Keime sur 
Wucherung zu bringen. Auf diese Weise könnte man durch eine nicht allzu 
schwach begründete Hypothese die in diesem Falle so merkwürdige Fähigkeit der 
Plantarfascie zur Produktion von Knochen und Knorpel wenigstens in etwas dem 
Verständnis näher bringen. Allgemeiner ausgedrückt, hätten wir in dieser Fähig- 
keit den Ausdruck einer örtlichen Disposition zu erblicken, für deren Erklärung 
hinwiederum phylogenetische Thatsachen zur Verfügung stehen. 


31) Nicolai (Fürstenwalde). Über die Konstruktion einer Trage, 
welche das Anlegen von Nothschienenverbänden erspart. 
(Deutsche militärärstliche Zeitschrift 1898. No. 4.) 

Von statischen Betrachtungen ausgehend ist N. zur Aufstellung des Satzes 
gelangt: »Nicht in der Streckung und nicht in der vollen Beugung, sondern in der 
Mitte swischen beiden liegt das passive Gleichgewicht der antagonistischen Muskeln 
und der Gelenkbändere. Indem er nun diesen Satz als Grundlage für die Kon- 
struktion einer Krankentrage betrachtete, kam N. zu seinem »Lagerstuhle, auf 
welchem der Körper des Kranken in möglichst vollständiger Ruhestellung ge- 
lagert werden sollte. Er veröffentlichte eine Beschreibung desselben in der 
Deutschen militärärztlichen Zeitschrift 1878 und 1881. 


698 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


Jetzt hat N. das Modell in einer vereinfachten und wesentlich leichteren Form 
wiederholt, so dass es leicht zu handhaben und für den Feldgebrauch tauglich 
geworden ist. Die neue Trage besteht nun aus 2 selbständigen Theilen, deren 
jeder aus einem in Form einer Haarnadel gebogenen Mannesmannrohr hergestellt 
ist. Der eine Theil ist so gebogen, dass der geschlossene Bogen des Rohrs, schräg 
nach aufwärts gerichtet, das Lager für den Rumpf bildet, während die beiden 
freien Enden, $-förmig gebogen, die auf dem Boden aufstehenden Tragstiele bilden. 
Am 2. Theil ist der geschlossene Bogen zu einem Fußtheil senkrecht geknickt, 
während der Rest eine doppelt geneigte sohiefe Ebene bildet für Unter- und 
Oberschenkel. Hier stoßen die beiden Theile verstellbar zusammen, das freie Ende 
des 2. Theils aber ist eben so wie das des ersten für die Handgriffe besw. Fuß- 
stücke bestimmt. In den Zahnlagern beim Zusammenstoßen der beiden Theile 
können ihnen 4 verschiedene Stellungen für eben so viele Größen gegeben werden, 
durch Höherstellen der hinteren Traggriffe kann der Rumpf eine steilere, mehr 
sitzende Stellung erhalten, durch Höherstellen der vorderen umgekehrt. Für den 
Transport auf den Wagen werden die beiden Theile aus einander genommen und 
dann von den Krankenträgern bei Empfang der Trage in einander gesteckt. Das 
Gange wiegt nur etwa 15 kg; leider aber wird der hohe Preis (100 Æ ohne, 125 .# 
mit einem Verdeck) immerhin der allgemeinen Einführung Hindernisse bereiten. 
Gewiss ist, dass die Lagerung auf dieser Trage recht vortheilhaft ist und Trans- 
portverbände erspart. Sie hat eine gewisse prineipielle Ähnlichkeit mit Mundy’s 
Trielinium mobile. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


32) J. Hunter. Fragilitas ossium. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 19.) 

Dass eine gewisse Knochenbrüchigkeit erbliche Anlage sein kann, beweist die 
interessante Familiengeschichte, welche H. veröffentlicht. Bei der sonst gesunden 
Familie rechnet H. auf 5 Familienglieder 16 Oberschenkelbrüche zusammen, von 
denen 5 auf den 17jährigen Pat. H.'s, 7 auf dessen Vater entfallen; die übrigen 
betrafen 2 Schwestern und 1 Bruder. 

Die Knochenbrüche traten gewöhnlich auf ein geringfügiges Trauma hin ein. 
Der Sits des Bruches schien stets an der Vereinigungsstelle von mittlerem und 
oberem Drittel zu sein. F. Krumm (Karlsruhe). 


33) V. Hinsberg. Zur Kenntnis der Knochenstruktur in geheilten 
Frakturen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 616.) 
H. beschreibt und bildet ab 2 mit Dislokation geheilte Oberschenkelfrakturen. 
Die Anordnung der Knochenbälkchen in den Callusmassen, so wie die Struktur- 
veränderungen in den alten Theilen entsprechen den Beschreibungen von Julius 


Wolff in seinem »Gesetz von der Transformation der Knochen«. 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


34) W. Herzog und P. Krentwig. Über Osteomyelitis im frühesten 
Kindesalter. (Aus der chirurgischen Univ.-Kinderklinik in München.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 14.) 

In dem mitgetheilten, ein 17 Monate altes Kind betreffenden Falle war eine 
wahrscheinlich scarlatinöse Diphtherie als Ursache der osteomyelitischen Knochen- 
und Gelenkeiterungen anzusehen, in dem Eiter fand sich Staphylococcus aureus, 
keine Pneumokokken, obwohl das Kind zuerst an Pneumonie erkrankt war. Die 
Knochenaffektion anlangend, bestanden multiple Abscesse an der Epiphysengrenze 
des rechten Humerus mit Eiterdurchbruch ins Schultergelenk, der 4. Rippe beider- 
seits, des rechten Femur an seinem unteren Ende etc., zum Theil erst bei der 
Sektion des unter Fortbestand der erwähnten Krankheiten und an akuter Nephritis 
zu Grunde gegangenen, hochgradig rachitischen Kindes nachgewiesen. 

Kramer (Glogau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 699 


35) Hübener. Beitrag zur Lehre von den Knochenmetastasen nach 
Typhus. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medien und Chirurgie Bd. II. Hft. 5.) 


2 Monate nach Heilung eines Typhus entstand Schwellung im Hüftgelenk, 
welche zu Spontanluxation und Epiphysenlösung führte. Als nach Entfernung der 
Epiphyse und Heilung der Wunde die Stellung des Beins zu wünschen übrig ließ, 
suchte man eine gewaltsame Korrektur vorzunehmen; dabei kam es zu einer 
starken Blutung, die in 3 Tagen zum Tod führte. Keine Sektion. 

Das Wichtige des Falles liegt in dem absolut sicheren Nachweis von Typhus- 
baeillen in Reinkultur im Gelenk. 

Ein 2. Fall wird mitgetheilt, in dem ein subperiostaler Typhusherd der Ulna 
innerhalb 4 Jahren nach Ablauf des Typhus 4mal zu heftigen Beschwerden führte. 
Der Herd wurde nun eröffnet, aber erst nach der 3. Operation trat Heilung ein, 
ein Beweis für die Zähigkeit der Typhusbaeillen. Haeckel (Stettin). 


36) J. Sternberg. Habituelle beiderseitige Luxation der Clavicula. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 47.) 

Die traumatischen Schlüsselbeinverrenkungen sind nicht sehr häufig. Krön- 
lein nimmt für das Sternoclavioulargelenk 1,5% und für das Akromioclavicular- 
gelenk 2,7% sämmtlicher Verrenkungen in Anspruch. Hamilton kennt unter 
50 Schlüsselbeinverrenkungen nur 9 des sternalen gegenüber 41 des akromialen 
Endes. Von den sehr seltenen Doppelverrenkungen konnte Kaufmann nur 
8 Fälle anführen. Noch weit seltener scheinen die Fälle zu sein, in denen in 
Folge von Traumen gleichzeitig oder nach einander beide Schlüsselbeine die Ver- 
bindungen mit dem Brustbein und der 1. Rippe gelöst haben. 

Einen solchen Fall theilt S. mit. 

Ein gesundes Mädchen von 16 Jahren erwirbt durch einen Fall eine inkomplete 
prästernale Schlüsselbeinverrenkung auf der rechten bei unversehrter linker Seite 
Nach der operativen Fixation (Gersuny, Kapselverengerung, Meniscusexeision, Naht) 
entsteht kurze Zeit darauf dieselbe Verrenkung durch gewaltsames Zerren am Arm 
linkerseits; operative Fixation (gleichartiger Eingriff) dieses Gelenks 5 Monate nach 
der des rechten, inzwischen geheilten. 1/5 Jahr später ist die gleiche Verrenkung 
links allmählich wieder eingetreten. 2. Operation links: Verkleinerung des Schlüssel- 
beinkopfes, Kapselnaht, Transplantation des Schlüsselbeinperiostes sammt dem 
Ansatz der Clavicularportion des Kopfnickers vor dem Sohlüsselbein vorüber an 
das Periost der 1. Rippe. Heilung. 1 Jahr später ist wieder das rechte Schlüssel- 
bein allmählich in leicht verrenkbare Verbindung mit dem Brustbein gekommen. 
Das linke Gelenk funktionirt tadellos und ist vollständig beweglich geblieben im 
Gegensats zu den von König und Wolff vorgeschlagenen Methoden, die auf 
eine feste Fixirung resp. Ankylosirung des Sternoelaviculargelenks hinsielen. 

Als prädisponirende Momente nennt S. in Übereinstimmung mit Monteggia 
Rachitis und wahrscheinlich auch Hydrarthrose im Sternoclavioulargelenk. Für 
das frühere Vorhandensein einer solchen letzteren sprach die abnorme Weite beider 
Kapseln in dem vorliegenden Falle; Zeichen von Rachitis waren gleichfalls wahr- 
zunehmen. Hübener (Breslau). 


37) Wegner (Düsseldorf). Ein Fall von neugebildetem Schleimbeutel 
am Schlüsselbein durch Gewehrgriff. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. Hft. 4.) 

Innerhalb dreier Monate bildete sich bei einem kräftigen Rekruten gerade auf 
der Mitte des linken Schlüsselbeins eine kleinwalnussgroße, rundliche, glatte, 
leicht druckempfindliche, nicht deutlich fluktuirende Geschwulst aus, welche sich 
bei der Exstirpation als eine Cyste mit synoviaähnlichem Inhalt erwies. Sie war 
in geringer Ausdehnung mit dem sehnigen Ansatz des Pector. maj. fest ver- 
wachsen, nicht dagegen mit dem Schlüsselbein. Der oft wiederholte Reis des auf 
die linke Schulter geschobenen Gewehrs beim Griff »das Gewehr über« wird als 


700 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


Veranlassung für die Geschwulstbildung angesehen, und fällt deren Beginn jeden- 
falls in den Anfang der Gewehrübungen; innerhalb des letsten Monats vor Krank- 
meldung bemerkte der Kranke sehr rasches Wachsthum. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


38) Vaughan. Excision of the right clavicle for osteosarcoma. 
(Med. news 1898. Januar 8.) 

28jähriger Mann bekam vor 7 Monaten Schmerzen in der Gegend des rechten 
Schlüsselbeins. Bald darauf wurde eine Anschwellung der inneren Hälfte des- 
selben bemerkt. Die rechte Jugularvene war ausgedehnt. Völlige Excision der 
Clavicula, am Akromialende beginnend. Sorgfältige Vernähung des Trapezius und 
Sternocleidomastoideus mit entsprechenden Partien des Deltoideus und Pectoralis. 
Pat. hat seit einem Jahr schwere Arbeit verrichtet, ohne eine Schädigung in der 
Leistungsfähigkeit des Armes durch den Verlust der Clavicula gu empfinden. Die 
Schulter steht nur 1 om tiefer. Strauch (Braunschweig). 


39) P. Mathes. Ein Fall von Luxation des Radiusköpfchens nach 
hinten durch Narbenzug, mit fast völliger Erhaltung der Funktion. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 393.) 

Die Beobachtung aus der Königsberger Klinik betrifft einen 11jährigen Knaben, 
geboren mit einem ausgedehnten Angiom (» Blutmal«), am linken Arm, das zu den 
ausgedehntesten Eiterungen Anlass gegeben hatte, Processe, die, mehrfach recidi- 
virend und zahlreiche Incisionen und Kauterisationen benöthigend, erst mit dem 
3. Lebensjahre abliefen. Nach der Vernarbung war die Gelenkigkeit des Gliedes 
kaum beeinträchtigt, doch führte die Mutter den Knaben der Klinik zu, weil sie 
einen knöchernen Vorsprung an der Außenseite des Ellbogens bemerkte. Hier 
wird konstatirt, dass dieser das verrenkte Radiusköpfchen ist; außerdem wird ein 
Alughautertiger Narbenstrang gefunden, welcher vom oberen Drittel des Oberarmes 
bis zur Radialseite des Handgelenkes geht, das Ellbogengelenk überbrückt und 
die Ellbogenstreokung etwas hindert. Dieser Strang wird durch Ineisionen am 
Ellbogen- und Handgelenk, gefolgt von Hauttransplantation, plastisch korrigirt. 
Gegen die Verrenkung wurde, da keine wesentlichen Funktionsstörungen vorhanden 
waren, nichts unternommen. Im Röntgenbild seigt sich, dass das Radiusende 
lediglich nach hinten ohne seitliche Verschiebung verrenkt ist, dass die Gelenk- 
fläche frei nach hinten heraussteht, während die vordere Fläche des Radiuskopfes 
dem Condylus ext. anliegt. Die Veranlassung zu dieser Verschiebung kann nur 
im Narbensug gelegen haben. Nachdem sie eingetreten, kam es zu der nachweis- 
baren Knochenwachsthumsverlängerung um fast 1 cm, deren Entstehung, da der 
normale Gegendruck vom Humerus auf das Radiusköpfchen fehlte, leicht erklär- 
lich ist. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


40) Cuhorst. Zur operativen Behandlung irreponibler Luxationen im 


Ellbogengelenk. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 
C. hat die Beobachtungen der Bruns’schen Klinik (2 blutige Repositionen, 
7 Resektionen) bearbeitet und aus der Litteratur 21 Fälle von Arthrotomie und 
53 Fälle von Resektion wegen Luxat. cubiti post. zusammengestellt. Auf Grund 
der an der Tübinger Klinik erzielten Resultate ergiebt sich für diejenigen Fälle, 
in welchen die blutige Reposition nicht gelingt, als Normalverfahren die Resek- 


tion des unteren Humerusendes mittels des Bilateralschnittes. 
Hofmeister (Tübingen). 


41) J. Gedeon. Ein Fall von schwerer Verletzung durch eine Kreis- 
säge; Sehnennaht. i 
(Ungarische med. Presse 1898. No. 14.) 
Es handelte sich um einen 16jährigen Arbeiter, welcher die Verletsung (quere 
Durchschneidung sämmtlicher Weichtheile des Unterarmes, 6cm oberhalb des 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 701 


rechten Handgelenkes bis auf den Knochen) vor 7 Monaten erlitt. Nach Ver- 
narbung der Wunde enorme Schmerzen im Arm bei den leisesten Bewegungs- 
versuchen, Arbeitsunfähigkeit. Die hakenartige Haltung der Finger, welche der 
Einwirkung der Strecker unterstehen, fällt neben Kälte und livider Verfärbung 
der Hand auf. Durchtrennung der Narbe, Aufsuchung der einselnen Sehnen- 
stümpfe, Naht derselben. Die Schmerzen sind vollkommen geschwunden, die 
Finger kräftig, ihre Kontraktur behoben, Arbeitsfähigkeit. G. sah den Pat. nach 
5 Jahren wieder und erfuhr von ihm, dass er, frei von Schmerzen und sonstigen 
Beschwerden, zur schwersten Arbeitsleistung fähig ist. Die Schmerzen des Kranken 
vor der Operation führt G. darauf zurück, dass die Sehnenstümpfe im Verlauf 
der Heilung der Verletzung mit der Narbe verwachsen waren, und so schmerz- 
hafte Zerrungen bei Armbewegung im Bereich der Verwachsung entstanden. 

` Gold (Bielitz). 


42) 8. 8. Cholmogorow. Eitrige Entzündung der Symphysis ossium 
pubis. 
(Wratsch 1898. No. 5.) 

Bei einer 23jährigen Ipara war ein Stück angewachsener Placenta mit der 
Hand entfernt worden, worauf Pat. bald eine leichte puerperale Endometritis über- 
stand. Darauf entwickelte sich eine eitrige Entzündung der Symphyse, deren 
Anfang wohl in die ersten Tage nach der Geburt zu verlegen ist, die aber symptom- 
los verlief und lange Zeit das Gehen nicht hinderte. Erst kurz vor dem Tode — 
über 5 Wochen nach der Geburt — fand sich Diastase der Schambeinfuge, Schwel- 
lung und Schmerzhaftigkeit, doch keine Fluktuation. Der Eiter hatte sich einen 
Weg zum rechten Oberschenkel gebahnt, wo er zwischen den Muskeln gefunden 
wurde, eben so wie unter der Aponeurose am Unterschenkel. 

6üokel (B. Karabulak, Saratow). 


43) H. Braun. Zur Exartikulation im Hüftgelenk. 

. (Deutsche Zeitsehrift für Chirurgie Bd. XLVIL p. 421.) 

Zur Verhütung stärkerer Blutung bei der Hüftexartikulation sind bleibende 
Ligaturen der Art. iliaca comm. mit oder ohne die der Vene bereits von Tren- 
delenburg, Bose, v. Esmarch empfohlen, eine temporäre Unterbindung aber 
von Schönborn ausgeführt. Dagegen lässt sich die Schwierigkeit der Operation 
und die Möglichkeit einer partiellen Lappengangrän anführen. In 2 Fällen hat 
B. statt der Vasa iliaca comm. die Vasa iliaca ext. unterbunden, von der Wunde 
aus aber während der Exartikulation die Vasa iliaca int. durch einen Assistenten 
digital komprimiren lassen. In beiden Fällen (das eine Mal bei einem Sarkom, 
das 2. Mal bei schwerer Femurnekrose) gelang die Exartikulation schnell und mit 
gans minimalem Blutverlust. B. empfiehlt das Verfahren bei Pat., die, bereits 
sehr geschwächt, wenig Blut mehr verlieren dürfen, und dort, wo wegen Erkran- 
kung der Weichtheile vorderseits vom Hüftgelenk die Durchstechung Zwecks Um- 
schnürung mit Gummischlauch nach Trendelenburg nicht möglich ist. Sollte 
die isolirte Unterbindung der Vena iliaca ext. wegen Verwachsung oder dgl. 
erschwert sein, so könnte sie zusammen mit der Arterie umstochen und unter- 
bunden werden. Infiltrirte Drüsen an den Gefäßstämmen kann man bei der Unter- 
bindung mit exstirpiren. 

Im Anschluss an seinen Vorschlag bringt B. sehr interessante litterarische 
Angaben zur Geschichte der Hüftexartikulation, bezüglich deren auf das Original 
zu verweisen ist. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


44) Mönard (Berck-sur-Mer). Arthrotomie de la hanche et curettage 
integral dans la coxalgie compliquée d'un abcès rebelle à la methode 
des injections. 

(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 274.) 


M. berichtet über seine geradezu erstaunlich guten Resultate in der Behand- 
lung der tuberkulösen Coxitis, die er zum wesentlichen wohl den ausgezeichneten 


702 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


hygienischen Verhältnissen verdankt, unter denen er zu arbeiten in der glücklichen 
Lage ist. Für gewöhnlich bedient er sich auch beim Vorhandensein von Abscessen 
der Injektionsbehandiung, und zwar zieht er Kamphernaphthol allen anderen In- 
jektionsflüssigkeiten vor. In 103 Fällen von Abscessen bei Coxitis beobachtete 
er nur 7mal eine Fistelbildung; von diesen heilten 4 spontan aus, in den letzten 
3 schritt er gur Operation. Er operirt nur, wenn die Abscesse dauernd der In- 
jektionsbehandlung trotzen oder immer nur vorübergehend heilen. Im Ganzen 
operirte er nur 8 Fälle; und zwar eröffnet er den oder die Absoesse, resecirt 
den Gelenkkopf, schabt die Gelenkhöhle energisch aus, wäscht sie mit heißem 
Sublimat aus und vernäht dann die gange Wunde vollständig. Ein von der Achsel 
bis sum Fuß reichender Verband immobilisirt das Gelenk. Nur imal kam es 
danach zur Fistelbildung. Alle 8 Fälle wurden definitiv geheilt. 
Beichel (Chemnits). 


45) Kaposi. Kasuistischer Beitrag zu der Lehre von den freien 
Gelenkkörpern. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 

Bei einem 22jährigen Studenten entwickelte sich im Anschluss an ein leichtes 
Trauma (Anstoßen des Knies an einen Koffer) in einem vorher völlig gesunden 
Gelenk im Verlauf von 6 Wochen ein großer Gelenkkörper, welcher mit der 
Kapsel durch einen Stiel zusammenhing, und dessen mikroskopische Untersuchung 
nur glattes derbes Bindegewebe mit centraler Nekrose und einzelnen Hämorrhagien 
ergab, während von Knorpel oder Knochen nichts nachzuweisen war. Entstanden 
denkt sich Verf. die Gelenkmaus durch eine traumatisch bedingte entzündliche 
Wucherung einer Gelenkzotte. In der Litteratur fand K. nur 2 ähnliche Beob- 
achtungen. Hofmeister (Tübingen). 


46) Annequin (Grenoble). Des résultats éloignés de quatre cas de 
fracture récente de la rotule traités par la suture métallique. — 
Radiographie des cals. 

(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1897. Hft. 12 u. 1898. Hft. 1.) 


A. sucht zu beweisen, dass die primäre Naht der Fragmente mit Arthrotomie 
beim Querbruch der Kniescheibe stets indicirt sei, da ein gutes funktionelles Er- 
gebnis der nicht operativen Behandlung in Streckverbänden mindestens sehr un- 
wahrscheinlich, eine knöcherne Vereinigung so gut wie unmöglich sei. Bei Quer- 
brüchen ohne jedes Klaffen der Bruchstücke und daher auch ohne Einschieben 
fibröser Gelenktheile, welche die knöcherne Vereinigung verhindern, könne man 
allenfalls darauf verzichten. 

Die 4 als Beispiele des operativen Verfahrens aufgeführten Fälle zeigen, dass 
damit gute funktionelle Erfolge erzielt worden sind: alle 4 blieben dem Dienst 
erhalten. Nichtsdestoweniger hat die Untersuchung mittels X-Strahlen in einem 
Falle gezeigt, dass die Verknöcherung des Callus nur im hinteren Theil ein- 
getreten war, während sich im vorderen Theil ein heller Zwischenraum zwischen 
den Bruchstücken befand. Einer der Silberfäden war gerissen, oder es hatte sich 
der Knoten gelöst, der andere hatte das Knochengewebe des unteren Bruchstücks 
zum Theil durchschnitten. Unter solchen Umständen kann freilich auf einen 
schönen Erfolg wohl nicht gerechnet werden! Vielmehr zeigt dieser Misserfolg, 
dass die Naht auf das sorgfältigste angelegt werden muss. 

Was die Nachbehandlung betrifft, so wird die Wichtigkeit der Massage und 
vorsichtiger passiver so wie aktiver Bewegungen hervorgehoben und auf die Noth- 
wendigkeit einer hinlänglich langen Schonung des Gelenks hingewiesen. 

In einer Nachsohrift erklärt die Redaktion der Zeitschrift, dass sie die primäre 
Naht nicht für gerechtfertigt halte, wenn die Bruchstücke fast genau an einander 
liegen, die Weichtheile nur wenig zerrissen sind, und der Bluterguss unerheblich 
ist. Wenn aber die Bruchstücke weit aus einander weichen, die Weichtheile stark 
zerrissen sind, namentlich auch die Haut eine Wunde zeigt, endlich der Blut- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 703 


erguss erheblich, oder gar die Kniescheibe in mehrere Bruchstücke zerfallen ist, 
erklärt auch die Redaktion sich mit der sofortigen Naht einverstanden. Auch 
Ref. schließt sich dieser Indikationsstellung an, glaubt aber, dass der erstere Fall 
selten in Frage kommt, da das Nichtklaffen der Bruchstücke nur da eintreten 
kann, wo die kaum beschädigten Weichtheile sie in der Lage erhalten. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


47) Lejars. Ost&ome volumineux du ligament rotulien. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 126.) 

L. exstirpirte einem 17jährigen Manne ein seit 4 Monaten beobachtetes und 
ziemlich schnell gewachsenes orangegroßes typisches Osteom aus dem linken 
Ligamentum patellae. Das Gehen war wegen Schmerzen fast unmöglich geworden, 
die Beweglichkeit des Kniegelenks sehr eingeschränkt. Das Lig. patellae fand 
sich bei der Operation auf eine dünne, die Knochengeschwulst umhüllende Scheide 
redueirt, wurde möglichst geschont. Heilung. Völlige Wiederherstellung der 
Funktion. Beichel (Chemnitz). 


48) E. Kirmisson. De l’absence congénitale du perone avec flexion 
angulaire du tibia (prétendues fractures intra-ut£rines). 
(Ball. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 366.) 

Bei einem 10jährigen Knaben mit doppelseitigem Fehlen der Fibula, winkliger 
Knickung der Tibia, Valgusstellung des Fußes, Fehlen mehrerer Zehen erzielte K. 
ein funktionell leidlich gutes Resultat durch Osteotomie der Tibia und Arthrodese 
des Fußgelenks des rechten Beines neben Beschaffung einer stelzfußartigen Pro- 
these für das für eine Operation viel zu schwer deformirte linke Bein. — Er 
huldigt der Theorie Dareste’s, dass es sich bei den fraglichen Missbildungen 
nicht um intra-uterine Knochenbrüche, sondern die Folgen von Einschnürung 
durch amniotische Stränge handelt. Reichel (Chemnitz). 


49) M. Tichomiroff (Kiew). Über einen seltenen Fall von kompli- 
eirter Ankylose der Fußwurzelknochen. 
(Sep.-Abdr. a. d. Nachrichten der kaiserl. Universität Kiew 1897.) 

Verf. beschreibt einen seltenen Fall von Verwachsung der Gelenkenden an 
einer großen Zahl von Knochen der rechten Fußwursel mit gleichzeitiger Ver- 
knöcherung des Bandapparates, ohne dass hierbei bezüglich der äußeren Form 
dieses Fußes irgend welche Unterschiede gegenüber der gesunden Extremität be- 
standen hätten. Verwachsen erschienen mit einander rechterseits der Calcaneus, 
das Cuboid, das Naviculare und sämmtliche 3 Cuneiformia; die Ossa metatar- 
salia II und III waren sowohl unter sich, als auch mit den entsprechenden Cunei- 
formia untrennbar vereinigt, die Metatarsalia IV und V nur mit einander durch 
Synostose, mit dem Cuboid nur durch Synchondrose verbunden, wie an den Ge- 
lenkflächen erkennbar, die ganz dasselbe Verhalten zeigen, wie die einander su- 
gewendeten Gelenkenden des Keil- und Hinterhauptbeins vor ihrer Verschmelzung. 
Die zwischen den erwähnten Knochen ausgespannten Bänder waren zudem voll 
ossifieirt. Alle Züge des Bandapparates können als Knochenbrücken mit größter 
Deutlichkeit verfolgt werden und entsprechen bezüglich ihres Verlaufs, ihrer Dicke 
und Länge ganz den fibrösen Bändern an normalen Präparaten. Längsschliffe 
durch das ossificirte Lig. plantare longum bezeugen, dass es sich hier um wahre 
Verknöcherung handelt: Haversische Kanäle, Knochenlamellen und Knochenhöhlen 
können ohne Mühe unterschielen werden; nur erscheinen die Lamellen an einigen 
Orten etwas unregelmäßig und die Knochenhöhlen stellenweise gehäuft, ja kon- 
fluirend und an Interglobularräume erinnernd. Die oberflächlichen Theile des 
ligaments machen den Eindruck jungen Knochengewebes mit zahlreichen, selten 
konfluirenden Knochenhöhlen ohne oder nur mit wenigen kurzen Fortsätsen. Wie 
ein Schnitt durch das Naviculare und Cuneiforme I erkennen lässt, ist die Syn- 
ostose eine vollständige, eine Spur der ursprünglichen Gelenkhöhle ist durch einen 
schmalen, etwas kompakteren Streifen angedeutet. Die ankylosirten Knochen 
selbst unterscheiden sich ihrem inneren Bau nach in nichts von normalen Knochen. 


704 Centralblatt für Chirurgie. No. 26. 


Angeborene Verwachsungen kommen am häufigsten an den kurzen Knochen 
der beiden Extremitäten vor und haben in der phylo- und ontogenetischen Ent- 
wicklung ihre Analoga (Os centrale carpi, Os trigonum tarsi und ihr normales 
Verhalten beim Embryo). So ist es auch mit dem Vorgang an den Bändern in 
diesem Falle (Verwandlung der Incisura supraorbitalis in einen Kanal, Verknöche- 
rung des Lig. transversum scapulae, Knochenbrücke quer durch das Foramen ju- 
gulare) Doch kann für die hier beschriebenen Erscheinungen weder eine ata- 
vistische Grundlage Geltung haben, noch finden sich pathologische Veränderungen 
an den Knochen, noch auch darf an eine Ankylose durch Inaktivität gedacht 
werden; vielmehr scheint eine Abhängigkeit von einer Erkrankung des Nerven- 
systems vorgelegen zu haben. 

Das übrige, von einem einige 30 Jahre alten weiblichen Individuum herstam- 
mende Skelett zeigte nichts Abnormes; an dem linken Fuß sind nur die beiden 
Endphalangen der kleinen Zehe — eine sehr häufige Erscheinung — mit einander 
verwachsen. R. Weinberg (Dorpat). 


50) C. Bouvart. Diagnostic et traitement des luxations sous-astra- 
galiennes récentes. 
Thèse de Paris, &. Steinheil, 189. 

B. theilt nach Quénu die Luxations sous-astragaliennes ein in Verrenkungen 
auf dem Fußrücken, und swar nach vorn, schräg nach vorn und außen, nach außen 
(und vorn), in Verrenkungen nach dem inneren Fußrand und in solche nach rück- 
wärts. Als verrenkt wird betrachtet der in Verbindung mit dem Unterschenkel 
verbliebene Talus. Diese nach dem Zeugnis B.'s in Frankreich noch übliche 
Klassifikation weicht also von derjenigen ab, welche in der deutschen Litteratur 
der Luxatio sub talo zukommt, da hier stets der periphere Theil als der verrenkte 
angesehen wird. Die französische Auffassung müsste konsequenterweise zu einer 
Änderung des Namens führen, wenn sie richtig wäre. Da aber die der Entstehung 
nach ja auch auf Frankreich zurückzuführende Bezeichnung Luxatio sub talo kaum 
durch eine bessere ersetzt werden kann, so liegt kein zwingender Grund vor, sich 
der oben erwähnten Klassifikation anzuschließen. 

Nach entsprechender Berücksichtigung der Litteratur führt B. 2 neue, von 
Nelaton operativ behandelte Fälle an. In dem 1. Falle handelt es sich um eine 
Verrenkung nach innen (Luxation marginale interne). Die Verletzung kam da- 
durch zu Stande, dass beim Sturz eines Pferdes der 35 Jahre alte Pat. mit dem 
linken Fuß unter das Pferd su liegen kam. Die Reposition gelang erst nach Re- 
sektion des Taluskopfes. Der 2. Fall betrifft eine rechtsseitige Verrenkung nach 
außen (Luxation dorsale externe), welche ein 45 Jahre alter Mann durch Sturz aus 
beträchtlicher Höhe sich zugog. Das vordere Stück des Talus war gebrochen und 
wurde, um die Reposition zu ermöglichen, entfernt. Das spätere Resultat war in 
beiden Fällen ein sehr gutes. B, glaubt, dass bei irreponiblen Verrenkungen die 
Totalexstirpation des Talus durch partielle Resektionen vermieden werden kann. 

J. Riedinger (Würzburg). 


Notiz. Zu meinem Bedauern sind den letzten Verpackungen der nahtlosen 
Gummihandschuhe seitens der fabricirenden Firma » Gebrauchsanweisungen« mit 
meinem Namen beigefügt worden. Es ist dies in wohlmeinender Absicht und auf 
mehrfache an die Firma ergangene Anfragen hin, aber ganz ohne mein Vorwissen 
geschehen, und daher sofort abgestellt worden. Gerade, um derartige leidige Manöver 
zu vermeiden, hatte ich mir erlaubt, in No. 17 dieses Centralblaties eine kurze Mit- 
theilung über die Verwendung der Handschuhe zu machen. 

Prof. Friedrich (Leipzig). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


e 
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Bericht über die Verhandlungen 


der 
Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, 


XXVII. Kongress, 
abgehalten vom 13.—16. April 1898 


im Langenbeck-Hause. 


Ee 


Beilage zum Centralblatt für Chirurgie 1898. No. 26. 


Inhalt. 


Allgemeine Pathologie und Therapie: 1) Friedrich, Aseptische Versorgung frischer 
Wunden. — 2) Noetzel, Bakterienresorption frischer Wunden. — 3) $chloffer, Heilung 
per ginn: — 4) Mikulicz, Aseptische Wundbehandlung. — 5) Landerer, Asepsis. 
— 6) Perthes, 7) Döderlein, Operationshandschuhe. — 8) v. Bruns, Inhumane Kriegs- 
geschosse. — 9) Salzwedel, Spiritusverbände. — 10) H. Braun, 11) Hackenbruch, 
12) Rubinsteln, Lokalanästhesie. — 18) v. Kryger, Knochen- und Knorpelgeschwülste. — 
14) Wilms, Lokale Wärmebehandlung. — 15) Vulpius, Sehnenüberpflanzung. — 
16) Kümmel, Röntgenstrahlen gegen Lupus. 

Kopf und Gesicht: 17) Tilmann, Hirnschüsse. — 18) v. Fedoroff, Kraniektomie. — 
19) Doyen, Zur Hirnchirurgie. — 20) Ludewig, Mittelohreiterung. — 21) u. 22) Loew, 
Plastik. — 23) Grosse, Gesichtscareinom. — 24) Barth, Stirnhöhlenempyem. — 
25) Partsch, Temporäre Gaumenresektion. 

Wirbelsäule, Hals und Brust: 26) Hoffa, 27) Landerer, 28) Lorenz, 29) Vulplus, 
30) Wullsteln, Behandlung der Spondylitis. — 31) Küttner, Struma syphilitica. — 
32) Kelling, Ösophagoskopie. — 33) Garrd, Speiseröhrenresektion. — 34) Rehn, Speise- 
röhrenoperationen. — 35) Krönleln, Diphtheriebehandlung mit Serum. — 36) Helferich, 
Verlust der Sternocleidomastoidei. — 37) Perthes, Empyem. — 38) Jordan, Thorako- 
plastik. — 39) Karewskl, Zur Chirurgie von Lunge und Pleura. — 40) Hadra, 
Pneumotomie. 

Bauchhöhle und Bauchorgane: 41) Noetzel, Peritoneale Resorption und Infektion. 
— 42) Riedel, Chronische nicht tuberkulöse Peritonitis. — 43) Poppert, Bauchschuss. 
— 44) Krönlein, 45) Schuchard, 46) Steudel, 47) Mikulicz, 48) Heidenhain, 49) Stern, 
50) Doyen, 51) Karg, Magenoperationen. — 52) Storp, Murphyknopf. — 53) Franke, 
Angeborener Dünndarmverschluss. — 54) Lauenstein, Nabelbruch. — 55) v. Bramann, 
Darmresektion bei brandigen Brüchen, — 56) Walzberg, Persistirender Ductus om- 
phalo-entericus. — 57) v. Stubenrauch, Meckel’sches Divertikel. — DÉI v. Bramann, 
Darmresektion wegen Krebs. — 59) Graser, Dickdarmdivertikel. — 60) Zoege von 
Manteuffel, Achsendrehung des Blinddarmes. — 61) Haeckel, Achsendrehung des 
8 romanum. — 62) v. Fedoroff, Rectoskopie. — 63) Prutz, Mastdarmkrebs.. — 
64) Müller, 65) Haeckel, Gekröscysten. — 66) Petersen, 67) Poppert, 68) Haasler, 
69) Heidenhain, 70) Holländer, Zur Chirurgie der Leber und Gallenwege. — 71) Hilde- 
brand, Pankrestitis und Fettnekrose. 

Harn- und Geschlechtsorgane: 72) Wilms, Hodengeschwülste. — 73) Dührssen, 
Gebärmutterblutungen. — 74) Grosse, Perforirtes Eierstocksdermoid. 

Gliedmaßen: 75) Kölliker, Hochstand des Schulterblattes. — 76) Müller, Habituelle 
Schulterverrenkung. — 77) Franke, Radislislihmung. — 78) Hoffa, Verrenkung im 
Radio-Ulnargelenk. — 79) Schütz, Verrenkung von Mittelhandknochen. — 80) Sprengel, 
Traumatische Lösung der Oberschenkelkopfepiphyse. — 81) Doyen, Angeborene Hüft- 
verrenkung. — 82) Rosenberger, Kniescheibenbruch. 

Apparate und Instrumente: 83) Levy, 84) Levy-Dorn, Zur Skiaskopie. — 85) Gra- 
ser, Nadelhalter, Nahtträger, Darmklemme. — 86) Senger, Irrigatorstäinder. — 
E Riedel, Galvanokaustisches Rachenringmesser. — 88) Casper, Ureterooystoskop. — 
89) Luedecke, Galvanokaustisches Prostatotom. 


Chirurgen-Kongress 1898. 1 


1) P. L. Friedrich. Die aseptische Versorgung frischer 
Wunden, unter Mittheilung von Thierversuchen über die 
Auskeimungszeit von Infektionserregern in frischen Wunden. 


Auf Grund der klinischen alltäglichen Erfahrung ist daran fest- 
zuhalten, dass jeder Wundinfektionsvorgang bei nicht operativen Ver- 
letzungen zunächst ein rein örtlicher Process ist. Die zwar höchst 
interessanten, aber in ihren praktischen Konsequenzen unhaltbaren 
Versuchsergebnisse Schimmelbusch’s, welche die enorm rasche 
Resorbirbarkeit der Infektionsstoffe von frischen Wunden aus dar- 
thaten, leiden mit Rücksicht auf die vorliegende Frage an dem 
Grundfehler, dass sie mit Reinkulturmaterial angestellt sind. Rein- 
kulturmaterial und aus der Außenwelt unmittelbar stammendes In- 
fektionsmaterial, wie es bei Traumen in eine Wunde gelangt, sind 
aber nicht bei Abschätzung ihres Infektionswerthes auf eine Höhe 
zu stellen. Das aus Staub oder Schmutz in einem Wundgebiet sich 
entwickelnde, eigentlich inficirende Bakterienmaterial bedarf erst einer 
gewissen Zeit der Auskeimung, bezw. Anpassung am neuen Ort 
der Wunde, ehe es in den Resorptions- und Infektionszustand gelangt 
und ehe es somit die eigentliche, eventuell fortschreitende, aktive 
Infektion einleitet. Betreffs der meisten und insbesondere aller sog. 
Wundinfektionsbakterien sind wir über die Zustandsform derselben 
außerhalb des Warmblüters und außerhalb der künstlichen Kultur- 
anlagen noch schlecht oder gar nicht unterrichtet. Das Experiment 
stößt beim Nachweis dieser Außenwelts-Lebensformen auf bisher 
noch nicht überwundene Schwierigkeiten. Auch bei den Verletzungen 
des Menschen pflegt zunächst ein Gemisch von Bakterien in dieser 
ersten Keimentwicklungszeit im Wundgebiet zu konkurriren; das 
Resultat dieser bakteriellen Konkurrenz ist dann für den Menschen 
zumeist das Überwiegen unserer sogenannten Wundinfektionskeime 
xar &oyrv, der »pyogenen« Staphylo- und Streptokokken. 

F. legte sich nunmehr die folgenden Fragen zu experimenteller 
Prüfung vor und kontrollirte das Ergebnis dieser Prüfung durch 
parallele Studien am verletzten Menschen: 

1) Wie lange zum mindesten ist mit Sicherheit jede Wund- 
infektion als ein örtlicher Vorgang aufzufassen ? 

2) Giebt es Mittel, während dieser Zeit mit Sicherheit dem 
eigentlichen Ausbruch der Infektion vorzubeugen? 

3) Welche Mittel tragen unseren Zielen zur Bekämpfung der 
einer Verletzung gefolgten Infektion am meisten Rechnung? 

Zur experimentellen Yeststellung bediente er sich der Staub- 
(oder Gartenerde-) Infektion des Meerschweinchens, weil dieses Ma- 


Gegen SE 


terial die Bedingungen eines aus der Außenwelt stammenden, 
ungekünstelten, nicht angepassten oder reingezüchteten Infektions- 
materials an sich trägt, weil der Infektionsprocess von einem Keim- 
gemisch eingeleitet ist und dann zu der rasch progredienten Allgemein- 
infektion und Intoxikation mit malignem Odem führt, welcher die 
Thiere ausnahmslos innerhalb kurzer Zeit (um 2 Tage) erliegen, so 
dass diese Infektion nicht nur die Charaktere einer sehr rasch ab- 
laufenden, sondern fast specifischen für diese Thiergattung an sich 
trägt, dass mithin der Versuchsausfall einen rechnerischen Vergleichs- 
werth liefern muss. Nach Einbringung gedachter Substanzen in 
die Muskelwunde eines Meerschweinchens gelingt es erst von der 
6. Stunde nach dieser Verletzung ab, in der Nachbarschaft des In- 
fektionsherdes Keime, kulturell (und im Schnitt), nachzuweisen. Dem 
entsprechend gelingt es auch ausnahmslos, durch Anfrischung und 
Abtragung des mit Erde oder Staub inficirten Verletzungsgebietes 
rings auf 2 mm im Gesunden innerhalb der ersten 6 Stunden die 
-Thiere frei von örtlicher und allgemeiner Infektion vollständig gesund 
zu erhalten. Bei Anfrischung in der 8. Stunde kommen sie kaum je 
ohne Kranksein oder örtliche Störungen davon; von Bis Stunden, 
regelmäßig von der 10. Stunde an, nützt eine entsprechende An- 
frischung nie mehr; sämmtliche Thiere erliegen dann der Infektion. 
Parallelversuche, in denen die Infektionsherde von Thieren während 
dieser Auskeimungszeiten entnommen und auf andere 'Thiere in 
Muskelwunden übertragen wurden, zeigten, dass bei diesen zweiten 
Thieren nunmehr schon innerhalb viel kürzerer Zeit als in den 
ersten Versuchsreihen /je nach der Dauer der ersten Auskeimungs- 
zeit verschieden früh, unter Umständen schon nach 30 Minuten) in 
gleichen Entfernungen des Nachbargebietes Keime nachweisbar 
wurden. Diese zweiten, mit »angepasstem« Infektionsmaterial in- 
ficirten Thiere erlagen durchschnittlich gerade noch einmal so rasch 
wie die ersteren der nunmehrigen Infektion. (Der Hinweis auf vor- 
gelegte Tabellen der Versuchsprotokolle begleitete die Ausführungen.) 
Hiermit ist die Brücke des Verständnisses zu den Resultaten Schim- 
melbusch’s zwanglos geschlagen: die Resorptions- und Infektions- 
bedingungen eines durch künstliche Kultur oder Infektion des 
Warmblüters vorbereiteten Infektionsmaterials liegen hinsichtlich 
des zeitlichen Eintritts der Infektion |weit günstiger als die eines 
unmittelbar der Außenwelt entstammenden Materials. 

Die rechtzeitige Anfrischung ist sonach als ein ideales Mittel 
zur Verhütung dieser \Wundinfektion zu bezeichnen. 

Experimentelle und praktische Erfahrungen schon während seiner 
Assistentenzeit bei Thiersch und Trendelenburg so wie später 
haben F. gezeigt, dass für den verletzten Menschen die Verhältnisse 
hinsichtlich zeitlichen Eintritts der Infektion eben so günstig, viel- 
fach viel günstiger liegen. Er hält sonach auch für die Behandlung 
des verletzten Menschen, je nach Lage der Umstände |Umfang 
der Verletzung, physiologische Bedeutung der betroffenen Gewebe, 

1* 


ES Nee 


Assistenz, aseptischer Apparat, Anästhesie) die möglichst exakt durch- 
geführte Anfrischung des Verletzungsgebietes für die zwar sehr 
radikale, aber ideale, weil jegliches Infektionsmaterial beseitigende 
Maßnahme. 

Wo dieses Ideal nicht durchführbar oder nicht angezeigt er- 
scheint, trägt eine partiell offenhaltende Behandlung dem Einblick 
in die Infektionsvorgänge und in die Lebensbedingungen der Bak- 
terien im Wundgebiet des Warmblüters am besten Rechnung: in 
dem Bestreben, rechtzeitig und je nach Umständen, im Umfang 
wechselnd, ein geschlossenes Infektionsgebiet in ein mehr 
oder weniger offenes überzuführen, gipfelt die Kunst der Be- 
handlung und Nachbehandlung inficirter Verletzungen; sei es, dass 
dieses Bestreben in nur theilweisem Schluss des Wundgebietes, in 
Drainage oder völlig offener Behandlung zum Ausdruck gelange. Ein 
Schema nach Zahl oder Buchstabe ist hierfür nicht zu entwerfen. 
Das Talent der Individualisirung, Übung und Erfahrung geben die 
Richtschnur. x 

Gegenüber der Behandlung mit chemischen Stoffen ist F. auf 
Grund der von ihm angestellten Versuche und klinischen Erfah- 
rungen sehr skeptisch. Viele der auf ihre Rechnung gesetzten Er- 
folge geben sich als Trugschlüsse zu erkennen in so fern, als mit 
der Anwendung dieser Substanzen partiell oder ausgedehnt offen 
behandelt wurde. 

Ein wenn überhaupt nachweisbarer Nutzen kann nur dann 
für sie in Anspruch genommen werden, wenn entweder das Wund- 
gebiet für eine allseitige Berührung mit dem Desinfektionsmittel 
hinreichend zugänglich ist, oder wenn seine Anwendung in dem 
oben erwiesenen Stadium der Auskeimungszeit als entwicklungs- 
hemmender Faktor sich geltend macht. Gegenüber der Entwicklung 
namentlich saprophytischer Keime (Colibakterien u. A.), in der Nach- 
barschaft von Schleimhäuten, auf ungleichmäßig entwickelten Granu- 
lationen ist die Wirkung solcher entwicklungshemmender Substanzen 
(Jodoform u. A.) nicht von der Hand zu weisen. 

Fortschreitenden Infektionen gebietet keines der bekannten che- 
mischen Mittel Halt. Weitgreifende Kontakt- oder Fernwirkungen 
sind für keines einwandsfrei erwiesen. 

Sicher steht der physikalische Theil unserer Behandlungs- 
maßnahmen weit über dem chemischen, so weit ein solcher bisher 
in Frage gekommen ist; in der geschickten Ausnutzung des ersteren, 
verbunden mit den in prophylaktischer Beziehung grundlegenden 
Ideen unserer aseptischen Technik gipfelt daher die Erziehung des 
angehenden Arztes zur Kunst einer einsichtsvollen Beurtheilung und 
Behandlung der ihm anvertrauten Verletzten. (Selbstbericht.) 


eeh a 


2) W. Noetzel (Königsberg). Über die Bakterienresorption 
frischer Wunden. 


Die Versuche wurden ausgeführt zur Nachprüfung der bekannten 
Untersuchungen Schimmelbusch’s und Ricker’s, deren Resul- 
tate von Halban angegriffen worden sind. Nach Halban werden 
von allen Infektionsherden aus die Bakterien auf dem Lymphwege 
in die regionären Lymphdrüsen resorbirt und gelangen erst nach 
Passage der letzteren in den Blutkreislauf. In der Lymphdrüse 
spielt sich ein Kampf zwischen Bakterien und Schutzkräften des 
Thierkörpers ab, welche letzteren nach Halban um so stärker in 
der Drüse zur Wirkung gelangen, je virulenter die betreffenden In- 
fektionserreger sind; daher erscheinen indifferente Bakterien viel 
früher im Kreislauf, als die für das Thier pathogenen. Halban 
findet die Resultate Schimmelbusch’s und Ricker’s mit den 
seinen übereinstimmend, da auch diese Autoren nur relativ harm- 
lose Mikroorganismen früh im Blut nachweisen konnten, während 
der Nachweis von Milzbrand ihnen beim Kaninchen erst mehrere 
Stunden, bei der Maus !/, Stunde p. inf. glückte, eine Frist, in der 
nach Halban dieselben auf dem Umwege durch die Lymphbahnen ins 
Blut gerathen sein müssen. Schimmelbusch und Ricker erklären 
den negativen Ausfall der Milzbrandexperimente als zufälligen und 
durch die Schwierigkeit und Unsicherheit dieser Versuche erklärlichen. 
Redner führte eine Anzahl Versuche mit Milzbrandbacillen aus und 
konnte diese bereits 10 Min. p. infectionem im Blute nachweisen. 
Bedingung für den positiven Ausfall dieser Experimente ist genaue 
Befolgung der bereits von Schimmelbusch dafür aufgestellten 
Forderungen: große Wunden, sehr reichliche Impfung und sehr ge- 
naue und ausgiebige Untersuchung der exakt zu verarbeitenden Organe 
durch die Kultur. Dazu empfiehlt Redner noch Anwendung eines für 
die Resorption gut geeigneten Infektionsmaterials: möglichst reichliche 
freie Sporen. Durch die in diesen Punkten wesentliche Abweichung 
in der Versuchsanordnung sind die negativen Resultate Halban’s 
zu erklären. Die Thatsache, dass Halban, wie auch vorher anderen 
Autoren, noch nach mehreren Stunden die Rettung der Thiere durch 
Amputation des mit Milzbrand inficirten Gliedes gelang, während 
sie Schimmelbusch bereits 10 Min. p. inf. nicht mehr gelang, 
ist aus dem verschiedenen Grad der Virulenz zu erklären. Die an 
Zahl immerhin nur relativ wenigen primär von der Wunde in den 
Kreislauf resorbirten Milzbrandbacillen, die zum Theil auch noch im 
Blut selbst zu Grunde gehen, zum Theil in den inneren Organen 
abgelagert werden, sind hier nur dann wachsthumsfähig, wenn sie 
einen sehr hohen Grad von Virulenz haben. Sonst fallen sie in den 
kleinen Mengen, in welchen sie in den Organen vertheilt sind, hier 
zunächst den Schutzstoffen der Gewebe zum Opfer. Die radikale 
Entfernung des Infektionsherdes muss also in diesem Falle in den 
ersten Stunden nach der Infektion das Thier noch retten, ehe der 


Sea. 2 


Körper bereits derart mit Bacillen überschwemmt ist, dass seine 
Schutzstoffe erschöpft sind, und ehe sich neue Lokalisationen gebildet 
haben. Dass auch virulente Milzbrandbacillen, unmittelbar ins Blut 
gebracht, vom Kaninchenkörper in relativ großen Mengen vernichtet 
werden, beweisen Versuche des Redners, in welchen die Kaninchen die 
intravenöse Infektion mit 1000 Milzbrandbacillen, bei sicherer Ver- 
meidung der Infektion des umgebenden Gewebes, ohne Reaktion 
vertrugen, während die Kontrollthiere der subkutanen Infektion mit 
50 Bacillen sicher erlagen unter meist etwas protrahirtem Verlauf 
der Erkrankung (Tod nach 5—6 Tagen). Es ist also die primäre 
Bakterienresorption durch die eröffneten Blutgefäße der Wunde in 
den meisten Fällen ohne Bedeutung für den Organismus, und da- 
durch ist auch der anscheinende Widerspruch mit anderen Versuchen 
aufgehoben, z. B. auch denjenigen von Friedrich, nach welchen 
die Infektion in den ersten 6 Stunden als lokale aufzufassen ist. 
Die Lymphdrüsen, sind 10 Minuten nach der Infektion ebenfalls, 
und zwar, je nach der Reichlichkeit der Impfung, mehr oder weniger 
reichlich inficirt, was sich durch Plattenprüfungen erweisen ließ. 
Dass aber die um dieselbe Zeit im Blut und den Organen vor- 
handenen Bacillen nicht auf dem Umwege durch die Lymphdrüsen 
hierhin gelangt sein können, ist einmal nach unseren bisherigen An- 
schauungen von den Lymphdrüsen anzunehmen und ist bewiesen 
durch mikroskopische Präparate von den inficirten Wunden, in 
welchen die Bacillen im Inneren der \'enenlumina und Kapillaren 
zu sehen sind. Die regionären Lymphdrüsen können also viel früher, 
als innere Organe, einen zweiten lokalen Infektionsherd bilden, der 
bei der Ausführung von Amputationsversuchen durch Entfernung der- 
selben zu berücksichtigen ist. (Selbstbericht.) 


3) Schloffer (Prag). Über Wundsekret und Bakterien bei 
der Heilung per primam. 


Den Untersuchungen des Vortr., die an der Wölfler’schen 
Klinik vorgenommen wurden, lagen folgende Fragen zu Grunde: 

1) Enthält das Wundsekret von per primam heilenden Wunden 
Bakterien, und kommen namentlich die gewöhnlichen Eitererreger 
in demselben vor? 

2) Hat nicht das Wundsekret solcher Wunden als eine dem 
Blute nahe verwandte Substanz baktericide Eigenschaften? 

3) Wie äußern sich diese baktericiden Eigenschaften gegenüber 
den im Sekrete bereits vorhandenen Keimen und gegenüber den ge- 
wöhnlichen Eiterkokken ? 

Die Untersuchungen über den Bakteriengehalt des Sekrets be- 
trafen ungefähr 30 Fälle, die über die baktericiden Eigenschaften 
derselben die Hälfte derselben. g 

Zur Untersuchung kamen lediglich Operationswunden. Die 

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Operationen St ZE aseptisch, unter Vermeidung yon Des: 


A Se 


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infektionsmitteln und zum Theil in einem allen modernen An- 
forderungen entspiechenden Operationssaale der Grazer Klinik aus- 
geführt. 

Was den Bakteriengehalt des Wundsekrets betrifft, so konnte in 
ziemlicher Übereinstimmung mit den bisher bekannt gewordenen 
Untersuchungen über diesen Gegenstand festgestellt werden, dass 
das Wundsekret fast stets, auch schon wenige Stunden nach der 
Operation, Bakterien enthielt. 

In Betracht kamen hierbei wechselnde Mengen von Saprophyten, 
und als ein fast ständiger Befund der Staphylococcus albus. Es 
wurde dieser Staphylococcus bei denjenigen Fällen, bei denen das 
Wundsekret mehrmals im Verlaufe der Wundheilung zur Unter- 
suchung kam, sogar durchwegs gefunden, allerdings nicht in jeder 
Sekretprobe, aber wenigstens in einer solchen. Staphylococcus aureus 
wurde nur ausnahmsweise, bei nicht tadelloser prima, gefunden, 
Streptococcus pyogenes gar nicht. 

Wundsekret, das während der ersten 2 Tage der Wundheilung 
entnommen wurde, zeigte im Eprouvettenversuche gegen die im 
Sekret bereits vorhandenen Keime, so wie gegen eingebrachte Eiter- 
staphylokokken kräftige entwicklungshemmende oder bakterientödtende 
Eigenschaften — in vermindertem Maße gegen Streptokokken. 

Diese baktericiden Eigenschaften waren während der ersten 
5—10 Stunden am wirksamsten, um später zu erlöschen und ge- 
gebenen Falls einem üppigen Bakterienwachsthum Raum zu geben. 

An der Wunde selbst fand die Baktericidität des Sekrets in der 
Regel darin ihren Ausdruck, dass sich durchschnittlich während der 
ersten 2 Tage der Wundheilung nur eine verhältnismäßig geringe 
Anzahl von Staphylokokken im Sekret nachweisen ließ, oder dass 
unter Umständen der Staphylokokkengehalt des Sekrets im Verlaufe 
‚der Wundheilung sich sogar verminderte oder ganz verschwand. 

Die Virulenz der weißen Wundsekretstaphylokokken ist nie eine 
beträchtliche gewesen; nur ein Theil der Versuchsthiere erkrankte 
an kleinen lokalen Abscessen, und zwar erst nach Verwendung relativ 
großer Kulturmengen. 

Diese geringe Virulenz der Wundsekretstaphylokokken muss im 
Verein mit den kräftigen baktericiden Eigenschaften des Wund- 
sekrets gegen dieselben als eine wesentliche Unterstützung für das 
Zustandekommen der prima intentio angesehen werden. 

Nur unter besonderen Umständen kann der weiße Wundsekret- 
staphylococcus zu Störungen in der Heilung Anlass geben. Es kann 
nach Stagnation des Sekrets in der Wundhöhle die baktericide 
Kraft desselben genau so wie im Eprouvettenversuch verloren gehen 
und unter Fiebersteigerungen eine üppige Vermehrung der Staphylo- 
kokken Platz greifen. Auch sind hier jene Fälle in Betracht zu 
ziehen, bei denen es unter Mitwirkung eines Staphylococcus albus 
zu Abscessen in der Umgebung von Seidenligaturen kommt, die mit 
geringen Erscheinungen akuter Entzündung vereint sind. 


En ug re 


Es sind also die Gefahren, die der Staphylococcus albus für 
unsere Üperationswunden mit sich bringt, meist nur geringe, und sie 
werden durch geeignete Behandlung solcher Wunden zum großen 
Theile vermieden werden können. (Selbstbericht.) 


Diskussion zu 1—3: Braatz (Königsberg) weist aufdieSchwierig- 
keit des Offenhaltens von Wunden hin, was durch Tamponade allein 
oft nicht gelingt, da die Poren der Tampons sich vollsaugen und ver- 
kleben. Er hat daher die schon an anderem Ort beschriebenen 
Haken zu diesem Zweck konstruirt, von welchen er einige Exemplare 
demonstrirt. 


Henle (Breslau) konstatirt, dass die Versuche, über welche 
Friedrich berichtet hat, in ihren Resultaten sehr gut überein- 
stimmen mit denen, über welche H. vor einigen Jahren an gleicher 
Stelle berichtet hat. Auch er war zu der Überzeugung gekommen, 
dass man die zufälligen Verunreinigungen von Wunden nicht mit 
der Infektion derselben mit großen Quantitäten von Reinkulturen 
höchst virulenter Mikroorganismen gleichstellen darf. Er hatte 
Kaninchenohren mit Streptokokkeneiter inficirt und dabei für das 
Lokalisirtbleiben der Infektion genau die gleichen Zeiten gefunden, 
wie sie Friedrich für das maligne Ödem festgestellt hat. Der 
Unterschied, welcher sich bezüglich der Wirksamkeit einer chemi- 
schen Desinfektion ergeben hat, welche bei H. erfolgreich, bei 
Friedrich vergeblich war, dürfte sich unschwer aus der Ver- 
schiedenheit des Infektionsmaterials erklären lassen. H. kommt zu 
dem Schluss, dass es mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer che- 
mischen Desinfektion angebracht erscheint, die mechanische Reini- 
gung der Wunden und die offene Wundbehandlung durch Anwen- 
dung eines Desinficiens zu unterstützen, mit welchem man hier und 
da nützen, voraussichtlich aber nie Schaden stiften wird. 


Petersen (Heidelberg) glaubt, dass sich die am Kaninchen mit 
malignem Ödem angestellten Versuche nicht ohne Weiteres auf den 
Menschen übertragen lassen. 


Storp (Königsberg) hat bei Gelegenheit von Saphena-Unterbin- 
dungen nach Trendelenburg die verschiedenen Schichten der 
Operationswunde, welche nur mit Instrumenten berührt wurden, 
bakteriologisch untersucht, indem er die Tiefe und die Hautränder 
derselben mit kleinen Bäuschen von steriler Gaze abrieb. Die 
Tupfer aus der Tiefe der Wunde blieben stets steril, die von den 
Rändern enthielten meist Bakterien: gewöhnlich den Staphylococcus 
albus oder aureus. Auch aus den Seidenfäden, welche zur Naht ge- 
dient hatten, wuchs regelmäßig Staphylococcus albus, in vereinzelten 
Fällen auch aureus, und zwar trotz vollkommener prima intentio der 
Wunden. Umgab S. aber die Fadenenden mit feinen Glastuben, 
welche eine Berührung der Fäden mit der Haut verhinderten, so 
blieben sie steril. Das Alles lässt darauf schließen, dass die meisten 


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Wundinfektionen von I, herrühren, welche in dee 
Haut enthalten sind. ee 


Friedrich (Leipzig) giebt zu, dass seine Versuche sich nicht 
voll auf den Menschen übertragen lassen, glaubt aber, dass sie die 
menschlichen Verhältnisse so gut nachahmen, wie das beim Thier- 
experiment überhaupt möglich ist. Den Versuchen Henle’s spricht 
er jede Beweiskraft ab, da sie mit einem ganz inkonstanten und für 
das Kaninchen nicht genügend gleichmäßig virulenten Material, 
nämlich dem Streptococcus angestellt seien. Henle (Breslau). 


p” J. Mikulicz (Breslau). Über die neuesten Bestrebungen, 
die aseptische Wundbehandlung zu vervollkommnen. 


‘Im Juni v. J. hat M. im Centralblatt für Chirurgie (1897 No. 26) 
und in der Deutschen med. Wochenschrift (1897 No. 26) einen kurzen 
vorläufigen Bericht über die Versuche erstattet, die in seiner Klinik 
zum Zwecke der weiteren Vervollkommnung der heute geübten 
aseptischen Wundbehandlung unternommen worden sind. Unter 
Bezugnahme auf diese Mittheilung berichtet M. über die weiteren 
Ergebnisse der inzwischen weiter geführten Arbeiten auf diesem Ge- 
biet. Die bakteriologischen Untersuchungen wurden theils im 
hygienischen Institut von Flügge, theils im Laboratorium der chi- 
rurgischen Klinik von den Herren Gottstein, Hübener, Miecz- 
kowski, Matthies, Sticher und Anschütz ausgeführt. 

Mit der Ausbildung der aseptischen Wundbehandlung, wie sie 
vor 6 Jahren durch das vortreffliche Büchlein von Schimmelbusch! 
dargestellt wurde, schien zunächst ein gewisser Abschluss erreicht 
worden zu sein. In den allerletzten Jahren regt es sich indessen 
wieder von den verschiedensten Seiten. Man gesteht kleinere oder 
größere Misserfolge zu, die zum Glück selten sind, aber doch ein 
unheimliches Gefühl der Unsicherheit erzeugen und jedenfalls dar- 
thun, dass die Methode nicht absolut verlässlich ist; denn sie giebt 
uns keine Gewähr dafür, dass unsere Operationswunden ausnahmslos 
keimfrei bleiben, dass sie immer so heilen wie subkutane Ver- 
letzungen. Und das zu erreichen, muss doch unser letztes Ziel 
bleiben. Dass die aseptische Wundbehandlung in der heute noch fast 
allgemein geübten Form noch weit von diesem Ziel entfernt ist, 
dafür spricht am besten der Umstand, dass die Drainirung aller 
größeren und komplicirten Wunden immer noch als das Normal- 
verfahren gilt, und dass viele Operateure es bei besonders gefähr- 
deten Wunden selbst vorziehen, auf die primäre Heilung zu ver- 
zichten und die Wunde zu tamponiren, um sie im besten Fall erst 
nach einigen Tagen zu vernähen. Während wir das in Folge einer 
subkutanen Verletzung, z. B. Fraktur, angesammelte Blut und sonstige 


1 Anleitung zur aseptischen Wundbehandlung. Von Dr. C.Schimmelbusch. 
Berlin 1892 (1. Aufl.). August Hirschwald. 2. Aufl. 1893. 


En 


Exsudat ruhig seinem Schicksal überlassen, wird es beim aseptischen 
Verfahren als günstiger Nährboden für Bakterien möglichst sorgfältig 
nach außen geleitet. In der citirten Anleitung zur aseptischen Wund- 
behandlung sagt Schimmelbusch p. 76 ausdrücklich: »So wie eine 
Wunde auch nur mäßig Flüssigkeit absondert, wird das Zukleben 
illusorisch, ja gefährlich«. Die selbst kleinen Fehler des sogenannten 
aseptischen Verfahrens sind heute um so störender, als sich die An- 
forderungen an die operative Technik immer mehr steigern, und 
selbst kleine, früher kaum beachtete Störungen, z. B. Fadeneiterungen, 
bei manchen Operationen fast Misserfolge bedeuten. 

So ist es verständlich, dass von den verschiedensten Seiten nach 
den Fehlerquellen der heute geübten Wundbehandlung eifrig ge- 
forscht und so das ganze Verfahren einer gründlichen Revision unter- 
zogen wird. Wir werden später noch sehen, dass wir uns bei diesen 
Bestrebungen von dem einseitigen Princip der Aseptik in so fern 
emancipiren, als wir die Sterilisirungsmethoden dort, wo sie über- 
haupt anwendbar sind, beibehalten, im Übrigen aber, namentlich bei 
der Desinfektion der Haut, die entwicklungshemmenden Desinfektions- 
mittel im Sinne der Antiseptik bis zu einem gewissen Grade wieder 
zur Geltung bringen. 

Als Endziel unserer Versuche müssen wir uns die Aufgabe 
stellen, die Methoden derart zu vervollkommnen, dass eine von 
Hause aus nicht inficirte Operationswunde so weit keimfrei erhalten 
bleibt, dass sie nach vollkommenem Verschluss eben so wie eine 
subkutane Verletzung reaktionslos heil. Wenn von diesem Gesichts- 
punkt aus die durch die Bergmann’sche Schule ausgebildete 
aseptische Wundbehandlung beurtheilt wird, so muss zunächst hervor- 
gehoben werden, dass dieselbe, so weit es sich um die Sterilisirung 
des Tupf- und Verbandmaterials, so wie der Instrumente handelt, 
ihre Aufgabe mit absoluter Sicherheit erfüllt. Die zu diesem Zweck 
von Schimmelbusch konstruirten oder modificirten Apparate werden 
auch heute als mustergültig beibehalten werden können. 

So sicher nun die Sterilisirung des todten Materials, sei es durch 
kochendes Wasser, sei es durch heißen Dampf, sei es durch ent- 
sprechende trockene Hitze, erfolgt, so fehlt es uns doch unter Um- 
ständen an einem sicheren Erkennungszeichen, dass das uns vor- 
gelegte Material: Tupfer, Kompressen, Verbandstücke, kurz alle die 
Dinge, die während der Operation mit der Wunde in innige Be- 
rührung koınmen, auch thatsächlich und in ausreichender Weise dem 
Desinfektionsverfahren unterworfen waren. Es ist desshalb sehr er- 
wünscht, brauchbare Kontrollvorrichtungen in dieser Richtung 
zu besitzen. In Bezug auf die Instrumente, die nach der Schimmel- 
busch’schen Vorschrift in kochender Sodalösung sterilisirt werden, 
ist ein Kontrollapparat nicht unbedingt erforderlich. Die Instrumente 
werden ja unmittelbar vor der Operation gewissermaßen vor unseren 
Augen gekocht; eine Nachlässigkeit und selbst ein Versehen in dieser 
Richtung ist bei selbst oberflächlicher Aufmerksamkeit des Personals 


Eee |, DEN 


kaum möglich. Um so nothwendiger ist eine Kontrollvorrichtung 
bei den im heißen Dampf sterilisirtten Gegenständen. Viele Opera- 
teure haben, um in dieser Richtung ein Verschen ganz auszuschließen, 
die Dampfapparate in den Operationssaal selbst verlegt oder wenigstens 
so angelegt, dass die Tupfer, Verbandstoffe etc. durch eine Öffnung 
in der Wand des Operationssaales dem Apparat vor den Augen des 
Arztes entnommen werden können. Die Dampfsterilisation muss, 
wenn diese Einrichtung ihren Zweck erfüllen soll, unmittelbar vor 
der Operation geschehen. Diese Einrichtung ist aber mit mannig- 
fachen Nachtheilen verbunden. Es ist jedenfalls viel bequemer, 
wenn das Tupf- und Verbandmaterial wenigstens mehrere Stunden 
vor der Operation sterilisitt und schon abgekühlt und möglichst 
trocken gereicht werden kann. 

Die Idee, Kontrollvorrichtungen nach dieser Richtung zu kon- 
struiren, ist nicht neu. Quenu in Paris benutzt schon seit Jahren 
Glasröhrchen, die mit einer Substanz gefüllt sind, die bei 100° oder 
darüber schmilzt (\Vismuthlegirungen) und erkennen lässt, dass der 
Verbandkorb thatsächlich einer bestimmten Temperatur ausgesetzt 
war. Über die Dauer der Erhitzung giebt ein derartiger Apparat 
keinen genügenden Aufschluss, noch weniger darüber, — und das 
ist bei der Dampfsterilisation außerordentlich wichtig — ob der heiße 
Dampf den Verbandkorb durchdrungen hat. Auch anderwärts wurden 
nach diesen oder anderen Principien konstruirte Vorrichtungen an- 
gewendet, von denen aber meines Wissens keine allgemeine Verbrei- 
tung gefunden hat. Dr. Matthias, welcher sich mit der Sache in 
der M.’schen Klinik beschäftigt hat, wird bei anderer Gelegenheit 
über seine Versuche ausführlich berichten. 

Als eine äußerst einfache und für den praktischen Gebrauch 
sehr empfehlenswerthe Vorrichtung hat sich auf Grund dieser Ver- 
suche folgende erwiesen: Ein Streifen nicht geleimten Papiers wird 
an passender Stelle mit der Aufschrift: »sterilisitt< bedruckt. Der 
bedruckte Theil oder auch der ganze Streifen wird mit 3%igem 
Stärkekleister dick bestrichen und halb trocken durch eine Jod-Jod- 
kalilösung (Jod. 1,0, Kal. jodat. 2,0, Aq. dest. 100) gezogen. Der 
Papierstreifen nimmt eine dunkelbläulich-schwarze Farbe an, die die 
Aufschrift vollständig verdeckt. Im strömenden Dampf entfärbt sich 
der Papierstreifen vollständig oder wenigstens so weit, dass die 
Schrift wieder sichtbar wird, und auch sichtbar bleibt, wenn der 
Streifen erkaltet. Trockene Hitze, selbst 180—190°, entfärbt den 
Streifen nicht. In dem bei M. verwandten Dampfsterilisirapparat 
von Lautenschläger, welcher eine Temperatur von 106—107° 
entwickelt, tritt die Entfärbung des frei hängenden Streifens inner- 
halb 10 Minuten ein; der im Innern eines Verbandkorbes liegende 
Streifen braucht zur Entfärbung 20 Minuten und darüber. Erreicht 
die Temperatur des Dampfes weniger als 100°, dann bedarf es einer 
mehr als 1stündigen Einwirkung desselben zur genügenden Ent- 
färbung. 


E EE 


Die Entfärbung des Jod-Kleisterstreifens zeigt uns somit an: 
1) dass heißer Dampf und nicht heiße Luft auf denselben gewirkt 
hat. Dem entsprechend kann er auch dazu benutzt werden, uns todte 
Räume im Sterilisirapparat, welche der heiße Dampf nicht zu er- 
reichen vermag, anzugeben; 2) dass der Dampf ein bestimmtes Mi- 
nimum von Temperatur erreicht hat, und 3) dass die Einwirkung ein 
gewisses Minimum an Zeit gedauert hat. M. ist überzeugt, dass die 
Entfärbung des Jod-Kleisterpapiers eine intensivere Einwirkung des 
Dampfes erfordert, als die Abtödtung der uns interessirenden Bak- 
terien. Die bisher im Flügge’schen Laboratorium angestellten 
Versuche haben ergeben, dass selbst die resistentesten Bakterien 
(Milzbrandsporen, Keime der Gartenerde) früher abgetödtet werden, 
als der Streifen vollkommen entfärbt ist. Weitere Untersuchungen 
darüber sind noch im Gange. Der Jod-Kleisterstreifen wird derart 
in dem Verbandkorb befestigt, dass ein Theil innerhalb desselben zu 
liegen kommt; ein Bindfaden befestigt sowohl den Streifen als auch 
den Deckel an der Wand des Korbes und wird durch eine kleine 
Plombe gesichert; die letztere wird erst unmittelbar vor dem Gebrauch 
abgeschnitten. 

Dr. Matthias hat noch einen zweiten, weit exakteren Apparat 
konstruirt, der ganz genau die Höhe der Temperatur und die Dauer 
der Einwirkung registrirt. Die Grundlage des Apparates bildet eine 
gewöhnliche Taschenuhr (Ankeruhr), deren Kompensationsunruhe be- 
kanntlich aus 2 verschiedenen Metallen (Eisen und Bronze) zusammen- 
gefügt ist, und desshalb bei verschiedenen Temperaturen ihre Gestalt 
ändert; bei höherer Temperatur wird ihr Krümmungsradius kleiner. 
Am Uhrdeckel wird nun ein feiner Zapfen angebracht, der bei ge- 
wöhnlicher Temperatur die an die Unruhe befestigten Ballast- 
schräubchen festhält und damit die Uhr arretirt. Erst bei einer be- 
stimmten, empirisch festzustellenden Temperatur entfernt sich die 
Unruhe in Folge der vermehrten Krümmung so weit vom Zäpfchen, 
dass die Uhr in Gang kommt. So wie die Temperatur sinkt, hört 
die Uhr wieder auf zu gehen. Durch einen mit dem Zapfen ver- 
bundenen langen Hebel kann die Uhr auf die gewünschte höhere 
oder niedere Temperatur eingestellt werden. Der Apparat ist selbst- 
verständlich nicht dazu zu verwenden, um zu erkennen, ob das be- 
treffende Objekt heißem Dampf oder nur heißer Luft ausgesetzt war. 
Er ist auch vorläufig zu kostspielig, um für gewöhnliche praktische 
Zwecke verwendet zu werden. M. glaubt aber, dass er sich sehr 
wohl als eine Art von Aichinstrument für Desinfektionsapparate 
eignen wird. 

Eine dritte Kontrollvorrichtung ist von Dr. Sticher im Bres- 
lauer Hygienischen Institut konstruirt worden. Derselbe verwendet 
auch Körper, die bei hoher Temperatur schmelzen, und zwar das 
Phenanthren (Schmelzpunkt 98°) und das Brenzkatechin {Schmelz- 
punkt 101—102°. Da diese Körper bei Hitzeeinwirkung, selbst 
wenn sie in ein Glasröhrchen gefüllt sind, rasch schmelzen, somit in 


erg: 2 


Bezug auf die Zeit der Hitzeeinwirkung keinen Aufschluss geben, 
wurde das betreffende Röhrchen von einem zweiten, größeren um- 
hüllt, derart, dass zwischen beiden Glaswänden eine isolirende Luft- 
schicht übrig bleibt, die die Einwirkung der Hitze auf den im Innern 
befindlichen Körper verzögert. Durch Vergrößerung dieser Luftschicht 
kann man die Verzögerung so weit treiben, dass die für einen be- 
stimmten Zweck gewünschte Zeit vergehen muss, bevor der im Innern 
befindliche Körper schmilzt. Jeder Apparat muss natürlich empirisch 
erst gewissermaßen geaicht werden. Praktische Versuche mit diesem 
Apparat sind bisher noch nicht gemacht worden. 

In Bezug auf die Sterilisirung des Naht- und Unterbindungs- 
materials sind heute die Akten im Wesentlichen als geschlossen 
anzusehen. Dabei soll zunächst die Frage unberührt bleiben, ob wir 
nicht gut thun, während der Sterilisirung die Seide und das Katgut 
mit einem entwicklungshemmenden Antisepticum, z. B. Jodoform, zu 
imprägniren. Im Übrigen kann es sich höchstens darum handeln, 
ob bei dem einen Verfahren das Katgut fester und haltbarer bleibt 
als bei dem anderen. M. verwendet in der letzten Zeit das Hof- 
meister’sche Formalinkatgut und ist mit demselben in jeder Rich- 
tung außerordentlich zufrieden. Dass das Katgut Ausgangspunkt 
von Eiterungen wäre, dafür hat M. keinen Anhaltspunkt gefunden. 
Bekanntlich hat Poppert in der letzten Zeit darauf aufmerksam 
gemacht, dass sowohl Katgut- als auch versenkte Seidensuturen 
ohne Hinzutreten von Bakterien Eiterung erzeugen können. Im 
ersteren Falle sollen es die dem Katgut anhaftenden, wahrscheinlich 
vom Rohkatgut herstammenden toxischen Substanzen sein, die eine 
echte chemische Eiterung erzeugen; im 2. Falle sollen die durch die 
versenkten Nähte gequetschten und mortificirten Gewebe es sein, die 
auch eine Art von chemischer Eiterung hervorrufen. Die Unter- 
suchungen von Poppert sind gewiss sehr bemerkenswerth, und der 
von ihm gegebene Rath, versenkte Nähte, z. B. bei der Radikal- 
operation der Hernien, nicht all zu fest zuzuschnüren, verdient gewiss 
Beachtung, und M. will die Möglichkeit einer derartigen Eiterung 
durchaus nicht ganz in Abrede stellen. Jedenfalls ist sie recht 
selten; sie hat für den Wundheilungsprocess wenig Bedeutung, und 
wir thun am besten, sie, da wir uns hier nur mit der bakteriellen 
Eiterung beschäftigen, zunächst ganz aus dem Spiele zu lassen. 


Während die bisher erwähnten todten Materialien leicht und 
sicher zu sterilisiren sind, bleiben uns 3 Infektionsquellen übrig, 
deren absolute Eliminirung außerordentliche Schwierigkeiten bereitet: 
die Luft, die Haut des Operationsfeldes und endlich die Haut 
unserer Hände. 

Die Bedeutung der Luftinfektion wurde bekanntlich anfäng- 
lich außerordentlich überschätzt. Der Spray des Lister’schen Ver- 
fahrens so wie andere antiseptische Maßregeln waren dagegen ge- 
richtet und sind mit Recht als überflüssig und unzureichend auf- 


BE EE 


gegeben worden. Man fiel dann aber in das andere Extrem, indem 
man die Möglichkeit einer Infektion der Wunde durch die Luft für 
so unwahrscheinlich erklärte, dass diese Infektionsquelle vollständig 
unberücksichtigt bleiben dürfte. In der That werden wir auch heute 
sagen müssen, dass die von Seiten der Luft einer Wunde drohende 
Gefahr sehr gering ist. Aber sie besteht doch und sie steigert sich 
mit der Dauer der Operation. Wollen wir uns bestreben, wirklich 
möglichst keimfrei zu operiren, so dürfen wir die Luftinfektion nicht 
ganz außer Acht lassen. 

Bei der Übertragung von Bakterien durch die Luft müssen wir 
zweierlei Arten von Luftkeimen unterscheiden: die trockenen, in 
Staubform suspendirten, und die in feinsten Flüssigkeitströpfchen, 
also in feuchtem Zustand in der Luft suspendirten und fort- 
bewegten Keime, durch welche nach den neuesten Untersuchungen 
von Flügge pathogene und voll virulente Bakterien verbreitet werden 
können. 

Bekanntlich sind die in Staubform in der Luft suspendirten 
Bakterien von sehr geringer Bedeutung. Die meisten Vegetations- 
formen, namentlich der uns interessirenden Wundbakterien, gehen 
durch Austrocknung allmählich zu Grunde. Unter gewöhnlichen 
Verhältnissen, d. h. bei den von der Straße eindringenden Staub- 
partikelchen in gewöhnlichen Wohnräumen wird man die Bedeutung 
dieser Art der Luftinfektion in der That gleich Null setzen können. 

Anders verhält sich die Sache, wo die örtlichen Verhältnisse eine 
starke Anhäufung von pathogenen Bakterien in der Luft verursachen 
können, wie in Krankenhäusern. Es kommt hier in Betracht, dass 
nach den neuesten Untersuchungen von Max Neisser und Ger- 
mano die uns interessirenden Wundbakterien, insbesondere Staphylo- 
coccus aureus und, wie es scheint, selbst Streptokokken das Aus- 
trocknen längere Zeit überdauern, also auch in Staubform noch über- 
tragbar sind. Der hierin liegenden Gefahr werden wir nur dadurch 
begegnen, dass wir die Gelegenheit zur Verstäubung derartiger Theile 
in unseren Operationssälen möglichst verringern, indem wir die 
aseptischen Operationsräume von den anderen Räumen einer Klinik 
streng trennen, die Zahl der anwesenden Personen möglichst be- 
schränken und dafür Sorge tragen, dass dieselben nur unter ent- 
sprechenden Kautelen den Operationssaal betreten. 

Die vergleichende Untersuchung der Luft in größeren Hörsälen 
einerseits und in kleineren geschlossenen Räumen andererseits hat 
das übereinstimmende Resultat ergeben, dass in den ersteren der 
Keimgehalt der Luft stets größer ist als in letzteren, und dass er 
sich in dem Maße steigert, als durch das Eintreten der Zuhörer die 
Aufwirblung von Staub im Raum begünstigt wird. Auch in der 
neuen Breslauer chirurgischen Klinik hat Dr. Gottstein eine Reihe 
von einschlägigen Untersuchungen vorgenommen, aus denen sich er- 
giebt, dass unter allen Umständen der Keimgehalt der Luft im großen 
Hörsaal erheblich größer ist als im aseptischen Operationssaal; in 


PURE KE 


beiden Räumen bestehen jedoch enorme Unterschiede, je nachdem 
der Raum vorher stundenlang von keiner Person betreten worden 
war oder ob er eine größere Zahl von Zuschauern oder die bei der 
Operation beschäftigten Personen beherbergt. Am höchsten steigt 
die Keimzahl vor Beginn der Operation; offenbar ist der Grund dafür 
im Hin- und Hergehen und den sonstigen Bewegungen der mit der 
Vorbereitung zur Operation beschäftigten Personen zu suchen. Das 
Durchschnittsverhältnis des Keimgehalts der Luft im großen Hör- 
saal und im aseptischen Operationssaal ist an vorlesungsfreien und 
operationsfreien Tagen 37 : 3, zur Zeit der Vorlesungen resp. Opera- 
tionen dagegen 155 : 602. Wir sehen also, dass auch im aseptischen 
Operationssaal trotz Verringerung der Zuschauerzahl der Gehalt der 
Luft an Trockenkeimen noch immer relativ hoch ist; ob es gelingt, 
ihn durch andere Maßnahmen, die den Betrieb nicht allzu sehr 
komplieiren, noch mehr herunterzudrücken, ist zweifelhaft. 

Wenn wir uns ein Urtheil darüber bilden wollen, welche Be- 
deutung die trotz aller Vorsichtsmaßregeln noch vorhandenen 
trockenen Luftkeime haben, so kann selbstverständlich nicht die 
absolute Zahl berücksichtigt werden, sondern die Zahl der etwa auf- 
gefundenen pathogenen Keime, speciell Eitererreger. Denn bekannter- 
maßen besteht auch in Operations- und Krankensälen die Haupt- 
masse der Luftkeime aus Saprophyten oder wenigstens Bakterienarten, 
die für unsere Wunden keine Bedeutung haben. Es haben sich aber 
zweifellos bei den verschiedenen Untersuchungen auch Bakterien 
gefunden, die wenigstens morphologisch den pathogenen Staphylo- 
coccusarten nahe stehen. Der Versuch, durch Virulenzprüfung die 
Bedeutung dieser Keime festzustellen, hat vorläufig wegen der tech- 
nischen Schwierigkeiten nicht vorgenommen werden können. 

Da wir doch nicht im Stande sind, den Übertritt von Luft- 
keimen in die Luft unserer Operationssäle vollständig zu verhindern, 
so müssen wir uns darauf beschränken, die Möglichkeit des Über- 
ganges von pathogenen, speciell für unsere Wunden gefährlichen 
Trockenkeimen möglichst einzuschränken. In dieser Richtung kämen 
die am Fußboden, den Wänden, den Tischen und anderen Geräthen 
haftenden Trockenkeime in erster Linie in Betracht. Durch die heute 
wohl allgemein eingeführten Einrichtungen in aseptischen Operations- 
sälen (Isolirung der Räume, gründliche Reinigung der Gegenstände 
etc.) ist diese Infektionsquelle bei genügender Sorgfalt wohl sicher 
auf Null zu reduciren. Nur schwer lässt sich dagegen die Schwänge- 
rung der Luft mit Keimen verhindern, die durch die anwesenden 
Personen eingeschleppt werden. Es sind desshalb alle Maßregeln 
gerechtfertigt, welche die Infektionsgefahr von dieser Seite möglichst 
verhindern. Neben der Einschränknng der Zuschauerzahl kann man 
zweifellos noch dadurch wirken, dass man den eintretenden Personen 


2 Die Zahlen bedeuten die während einer Stunde auf 10 cm im Durchmesser 
betragende Petri’sche Schalen (Agar) auffallenden Keime. 


er A 


eine Art Schutzkleidung vorschreibt. M. hat in seiner Klinik die 
Einrichtung, getroffen, dass die den aseptischen Operationssaal be- 
tretenden Arzte und Studirenden — dieselben werden nur in be- 
schränkter Zahl zugelassen — sterilisirte, bis über die Knie reichende 
Leinenröcke anziehen; außerdem muss jede den Operationssaal be- 
tretende Person Gummischuhe anziehen, die in größerer Zahl auf 
einer mit Sublimatlösung durchtränkten Filzplatte bereit stehen. Da- 
durch soll die Möglichkeit aufgehoben werden, dass die betreffenden 
Personen aus anderen, inficirten Räumen (z. B. Studirende aus dem 
pathologischen Institut) infektiöses Material mit den Füßen herein- 
schleppen und verstäuben. Welche enorme Mengen von Schmutz 
gerade mit den Füßen in den Operationssaal geschleppt werden 
können, davon kann man sich überzeugen, wenn man die deutlich 
sichtbaren Fußtapfen betrachtet, die ein von außen Eintretender 
auf den angefeuchteten weißen Fließen des Operationssaales zu- 
rücklässt. 

Eine ungleich größere Bedeutung hat die Verschleppung von 
Bakterien in Form feinster Tröpfchen durch die Luft. Wie schon 
erwähnt, hat Flügge auf diese Art der Übertragung von Krankheits- 
keimen vor Kurzem erst aufmerksam gemacht. Wenn wir die 
Flügge’schen Untersuchungen für unsere Verhältnisse verwerthen, 
so kommen beim aseptischen Operiren fast nur jene Bakterien in 
Betracht, die dem Mund und den Respirationsorganen des Operateurs, 
seiner Assistenten, des Kranken selbst und seiner weiteren Umgebung 
entstammen. Schon beim ruhigen, viel mehr aber bei lautem Sprechen, 
und in erhöhtem Maße beim Räuspern und Husten werden größere 
oder kleinere Flüssigkeitspartikelchen nach außen geworfen und 
können, wie Flügge nachgewiesen hat, auf große Distanzen ver- 
schleppt werden. Dass bein Niesen selbst größere Schleimmassen 
ausgeworfen werden, ist ja allgemein bekannt. Am meisten gefährdet 
ist selbstverständlich das unmittelbar vor dem Sprechenden oder 
Hustenden befindliche Terrain, also ungefähr in der Entfernung, in 
der das Operationsfeld vom Operateur und seinen Assistenten sich 
befindet. Spielt sich in der Mundhöhle des Betreffenden ein patho- 
logischer Process ab, bei dem Bakterien an die Oberfläche gelangen, 
so kann das Auswerfen derselben schon bei ruhigem Sprechen in 
ungeahnter Zahl vor sich gehen. Versuche an Leprakranken in der 
Neisser’schen Klinik in Breslau haben u. A. Folgendes ergeben: 
bei 10 Minuten langem Zählen wurden 88170 Leprabacillen auf die 
vorliegenden Objektträger ausgeschleudert. 

Es muss somit a priori zugegeben werden, dass von der Mund- 
Rachenhöhle des Operateurs und seiner Assistenten die Wunde in- 
ficirt werden kann. Wenn man bedenkt, dass manche, besonders 
lebhafte Operateure die Gewohnheit haben, während der Operation 
zu sprechen, dass Manche es nicht unterdrücken können, sich zu 
räuspern oder gelegentlich auch zu husten, so wird man diese Ge- 
fahr nicht unterschätzen dürfen. Die beste prophylaktische Maßregel 


GE V AE 


in dieser Richtung ist zweifellos, bei der Operation möglichst węnig 
zu sprechen. Dies war schon lange vor den Flügge’schen Unter- 
suchungen Gewohnheit von M. In der Breslauer Klinik ist man 
darauf eingerichtet, sich fast ausschließlich durch stumme Zeichen 
während der Operation zu verständigen. Aber schließlich muss doch 
gelegentlich ein Wort gesprochen werden. Bei kurz dauernden Ope- 
rationen wird die damit verbundene Infektionsgefahr allerdings außer- 
ordentlich gering sein; sie kann füglich vernachlässigt werden. Bei 
länger dauernden Operationen summiren sich aber die Schädlich- 
keiten und gewinnen dann zweifellos eine praktische Bedeutung. 
Durch die bekannten Untersuchungen von Miller: ist festgestellt, 
dass in der Mundhöhle des Gesunden neben zahlreichen Saprophyten 
sich auch eine Reihe von pathogenen Bakterien finden. Es ist aber 
die Virulenz dieser Bakterien nicht festgestellt worden, so dass für 
unsere Frage die Miller’schen Untersuchungen noch einer Ergänzung 
bedurften. In dieser Richtung hat im Flügge’schen Laboratorium 
Dr. Mieczkowski eine Reihe von Untersuchungen angestellt. Es 
wurden die Mundhöhlen von 48 gesunden Personen untersucht, und 
zwar nur auf die uns interessirenden Bakterien, Staphylococcus aureus, 
Streptococcus longus und brevis. 22mal wurde Staph. aur., 29mal 
Strept. long. und 4mal Strept brev. gefunden. Die Virulenzversuche 
ergaben beim Staph. aur. in 9 von 13 untersuchten Fällen ein posi- 
tives Resultat, d. h., auf die gesammte Zahl der Untersuchungen 
berechnet, ungefähr in !/; der gesunden Mundhöhlen virulenter Staph. 
pyog. aur. Viel geringere Bedeutung hat bei gesunden Personen 
offenbar der Streptococcus. Bei 17 Virulenzversuchen fiel nur 1 po- 
sitiv, 16 negativ aus. Von Bedeutung ist es aber, dass es bei 3 der 
avirulenten Streptokokken dieser Herkunft gelungen ist, bei be- 
stimmter Versuchsanordnung im Thierkörper eine Virulenz hervor- 
zurufen. Eine Ergänzung zu diesen Untersuchungen bildeten andere, 
bei denen die Mundbakterien bei gutartigen Anginen untersucht 
wurden. Es fanden sich hier bei 40 Untersuchungen 30mal Strept. 
long., imal Strept. brev., 17mal Staph. aur. Von 10 untersuchten 
Staphylokokken erwiesen sich 8 als virulent, von 11 untersuchten 
Streptokokken waren 4 hochgradig virulent, 3 mäßig virulent und 
nur 4 avirulent. Es geht daraus hervor, dass die Virulenz der Mund- 
bakterien sich bei lokalen Erkrankungen außerordentlich steigert, und 
dass unter diesen Umständen die Gefahr der Verbreitung von Wund- 
bakterien durch die Mundhöhle wesentlich erhöht wird. Es ist wahr- 
scheinlich, dass diese Virulenz auch längere Zeit nach Ablauf der 
lokalen Erkrankung anhält. 

Aus diesen Untersuchungen geht zur Genüge hervor, dass die 
Mundhöhle gesunder Menschen relativ häufig virulente Wundbakterien 
beherbergt, und dass diese schon beim einfachen Sprechen auf ihre 
Umgebung ausgeschleudert werden können. Eine Schutzmaßregel 


3 Die Mikroorganismen der Mundhöhle. Leipzig, 1889. 
Chirurgen-Kongress 1898. 2 


Ser A 


dagegen ist demnach geboten. Man könnte daran denken, die Mund- 
höhle vor der Operation durch Ausspülungen möglichst zu reinigen. 
Versuche in dieser Richtung wären noch anzustellen. Wer aber weiß, 
wie wenig erfolgreich Desinfektionsmittel bei der Reinigung von Schleim- 
häuten sind, wird sich von Mundspülungen von vorn herein wenig Erfolg 
versprechen. M. hat desshalb schon vor einem Jahre in seiner Klinik 
eine Art von Mundbinde eingeführt, welche Mund- und Nasenhöhle 
und eventuell gleichzeitig den Bart umschließt. Dr. Hübener hat 
dann eingehend die Frage studirt und sich bemüht, herauszufinden, 
in welcher Weise man in zweckmäßiger und doch nicht allzu lästiger 
Weise die aus dem Munde ausgeworfenen Bakterien aufhalten 
könne. Es hat sich dabei herausgestellt, dass eine einfache Mund- 
binde nicht genügt; erst eine doppelte Lage von sterilisirter Gaze 
ist im Stande, fast alle Tröpfchen, die beim Sprechen aus dem Munde 
geschleudert werden, aufzuhalten. Da eine doppelte Gazelage über 
das halbe Gesicht gebunden zu unbequem ist und zu warm macht, 
so hat Dr. Hübener eine Art Maske konstruirt, die die Nasen- und 
Mundöffnung so weit umschließt, dass beim gewöhnlichen Sprechen 
in der Regel alle ausgeworfenen Flüssigkeitstheilchen aufgefangen 
werden. 

Aus den Hübener’schen Versuchen ergiebt sich, dass diese 
Maske mit doppelter Mull-Lage bei der großen Mehrzahl der Per- 
sonen bei ruhigem Sprechen einen absoluten Schutz gewährt. Beim 
Husten und Räuspern ist der Schutz kein absoluter, aber gerade 
hier wird es von Werth sein, dass, wenn dem Operateur oder einem 
Assistenten unversehens eine derartige Bewegung passirt, doch nur 
ein kleiner Bruchtheil der ausgeworfenen Menge nach außen ge- 
langen kann. Beim Niesen schützt auch diese Maske relativ wenig. M. 
operirt mit dieser Maske schon seit 1/3 Jahr, eben so seine Assistenten, 
ohne davon eine Belästigung zu verspüren. 

Während auf diese Weise die Frage der Luftinfektion für die 
Wundbehandlung in annähernd befriedigender Weise für die Praxis 
gelöst ist, steht die Sache ungleich schwieriger bei dem Versuch, 
die Haut sowohl an unseren Händen als auch in der Umgebung 
des Operationsfeldes keimfrei zu machen. Neben den älteren 
Untersuchungen von Forster, Kümmell, Fürbringer interes- 
siren uns in dieser Richtung besonders die neuesten Arbeiten von 
Krönig, Lauenstein, Lockwood und Samter. In der A eschen 
Klinik hat sich mit der Frage der Desinfektion der Haut, sowohl 
des Operationsfeldes als auch der Hände des Operateurs und seiner 
Gehilfen, seit fast 2 Jahren Herr Dr. Gottstein sehr eingehend be- 
schäftigt. Von der Desinfektion der Hände wollen wir zunächst ab- 
sehen, und uns jetzt ausschließlich mit der Frage beschäftigen: Wie 
weit kann die Haut des Operationsfeldes keimfrei gemacht wer- 
den? Die Untersuchungen sind hier dadurch erleichtert, dass wir 
Stückchen der zur Operation regelrecht desinficirten Haut excidiren 
und nun nach den verschiedensten Methoden bis in die tiefsten 


e 19% SE 


Hautschichten bakteriologisch untersuchen können. Lauenstein 
hat seine Untersuchungen in der Weise angestellt, dass er kleine 
Hautstückchen excidirte und dieselben auf den Nährboden übertrug. 
Die Untersuchungsmethode Samter’s war mit kleinen Abänderungen 
ebenfalls so, dass erbsengroße Hautstückchen auf den Nährboden 
gebracht wurden. Nur in einigen Versuchen nahm er auch ein vor- 
sichtiges Zerkleinern der Hautstückchen in kleinste Partikelchen vor. 
Von Dr. Gottstein sind die Versuche in der Weise angestellt wor- 
den, dass die Haut durch sterile Messer in feinste Partikelchen zer- 
schabt wurde; es war dazu nothwendig, nicht nur erbsengroße Haut- 
stücke zu entnehmen, sondern Hautstückchen von mindestens 1 bis 
3 qcm Größe. Die Schabung wurde in 3 Schichten ausgeführt, und 
zwar mit 3 verschiedenen sterilen Messern; es wurde eine oberfläch- 
liche, eine mittlere und eine tiefe Schicht unterschieden. Zum Ver- 
gleich mit diesen Untersuchungen wurde die Untersuchungsmethode 
von Lauenstein und die zweite Methode von Samter bei einer 
großen Anzahl der Fälle ausgeführt. Nach der Schabungsmethode 
wurden 112 Fälle, mehr als die Hälfte der Fälle wurde auch nach 
der Lauenstein’schen und Samter’schen Methode untersucht. Zu 
bemerken wäre noch, dass, während diese Versuche im Gang waren, 
zur Desinfektion in der allerersten Zeit Karbolsäure und Sublimat, 
in der folgenden Alkohol (90%) und Sublimat angewandt wurden. 

Die Untersuchungen ergaben in Übereinstimmung mit jenen von 
Lauenstein und Samter, dass nur in der Minderzahl der Fälle 
die Haut wirklich steril war. Es fanden sich 78mal (unter 79 nicht 
sterilen Hautstückchen) Staphylococcus albus, 10mal Staphylococcus 
aureus, 5mal Streptococcus, 1mal Pyocyaneus etc. In einer Anzahl 
von Fällen (15) wurden die in den excidirten Hautstückchen gefun- 
denen Staphylococcus albi auf ihre Pyogenität im Breslauer hygie- 
nischen Institut durch Stabsarzt Dr. Bischoff untersucht, der darüber 
in einer demnächst in der Zeitschrift für Hygiene erscheinenden 
Arbeit berichten wird. Diese Untersuchungen haben ergeben, dass 
die in der Haut nistenden Staphylococcus albi in ca. 75% der Fälle 
pyogen waren (in 11 Fällen). 

Wenn wir die verschiedenen, bei den Gottstein’schen Unter- 
suchungen angewandten Methoden mit einander vergleichen, so 
finden wir, dass bei der Schabungsmethode Sterilität erreicht wurde 
in 16 Fällen, bei der Methode von Lauenstein in 34, bei der 
Samter’schen in 28 Fällen, dass also am öftesten Sterilität beob- 
achtet wurde nach der Lauenstein’schen Methode, in mehr als der 
doppelten Anzahl der Fälle als nach der Schabungsmethode. Es ist 
sehr wahrscheinlich, dass letztere uns den Keimgehalt der Haut viel 
genauer angiebt, als die Lauenstein’sche und auch die Samter’sche. 
Natürlich erfordert die Schabung mehr Zeit als das bloße Einbringen 
von größeren Partikelchen in Agarschalen. 

Während nun die früheren Untersuchungen sich darauf be- 
schränkten, festzustellen, dass überhaupt Keime in der Haut vor 

2* 


ch Be 


handen sind, kam es hier besonders auf die Feststellung derjenigen 
Partien der Haut an, in welchen sich die Bakterien fanden. Die 
eigentliche Cutis wurde in diesen Fällen nicht mit untersucht, nur 
die Epithelschichten. Es zeigte sich nun, dass nicht nur in den 
obersten oder mittleren, sondern auch in den tiefen Schichten sich 
Bakterien fanden, in einer großen Anzahl der Fälle gerade hier mehr 
als in den oberflächlichen. Dies würde den Schluss zulassen, dass 
unsere Desinfektionsmethoden resp. die Reinigungsmethode, der wir 
die Haut unterziehen, ausreicht, um die Oberfläche keimfrei resp. 
keimarm zu halten, dass aber eine Wirkung in die tieferen Partien 
der Haut durch unsere Desinfektionsmittel nicht zu erreichen ist. 
Ein durchgreifender Unterschied in den Desinfektionserfolgen zwischen 
der Karbol-Sublimat- und Alkohol-Sublimatdesinfektion war nicht zu 
finden. Wenn wir aber die geringen Unterschiede deuten wollen, 
so sprechen sie doch zu Gunsten der Alkohol-Sublimatdesinfektion. 
Während nämlich bei ersterer die tiefere Schicht in 59% infieirt 
blieb, erwies sie sich bei der Alkohol-Sublimatdesinfektion nur in 
47% als inficirt. 

Jedenfalls geht aus diesen Untersuchungen hervor, dass wir nur 
in einem kleineren Bruchtheil der Fälle darauf rechnen können, 
dass die Haut in der Umgebung der Wunde wirklich keimfrei ist. 
Bekanntlich ist die Haut an vielen Körperstellen, namentlich in der 
Damm- und Leistengegend, besonders reich an Bakterien. Glück- 
licherweise droht von Seiten der umgebenden Haut der Wunde 
während der Operation selbst relativ wenig Gefahr, wenn sie 
nur oberflächlich möglichst keimfrei ist. Voraussetzung ist natür- 
lich, dass die Haut mit den besten uns heute zur Verfügung stehen- 
den Mitteln desinfieirt ist; welches aber die beste und verlässlichste 
Methode ist, darüber sind die Akten noch immer nicht geschlossen. 
Die Alkoholdesinfektion nach vorausgehender Reinigung mit Seife 
und Wasser thut hier — das steht wohl heute fest — die Haupt- 
sache, während es zweifelhaft ist, ob noch eine weitere vorüber- 
gehende Desinfektion mit einem der bisher gebräuchlichen antisepti- 
schen Mittel die Keimarmuth steigert. 

Eine direkte Berührung der Haut des Operationsfeldes mit der 
Wundfläche selbst ist ja naturgemäß fast ausgeschlossen; es kann 
sich also nur um eine indirekte Übertragung handeln, deren Gefahr, 
wenn nur die Haut wenigstens oberflächlich steril ist, nicht hoch 
anzuschlagen ist. Immerhin wird man aber diese Gefahr nicht ganz 
außer Acht lassen dürfen. Versuchen, aus diesem Grund die Haut 
des Operationsfeldes mit einem undurchlässigen aseptischen Stoff zu 
bedecken, der während der ganzen Operation die Haut bekleidet, ist 
daher nicht alle Berechtigung abzustreiten. Kuhn hat vor Kurzem 
einen derartigen aus Seidenpapier hergestellten Stoff, Protektin ge- 
nannt, empfohlen. Die in der M.’schen Klinik damit gemachten 
Versuche haben jedoch nicht befriedigt. Das Protektin ist zu leicht 
zerreißlich und haftet doch nicht genügend fest auf der Haut. 


— 1 — 


Besonders wünschenswerth wäre ein derartiger Deckstoff in 
Fällen, in welchen die Haut im Operationsgebiet durch Acne, Ekzeme 
oder gar durch Pusteln verunreinigt und somit mit meist hoch- 
virulenten Bakterien besiedelt ist. Man wird in solchen Fällen eine 
aseptische Operation am besten aufschieben, bis die Haut wieder 
ihre normale Beschaffenheit angenommen hat. Ist man aber doch 
genöthigt, eine unaufschiebliche Operation auszuführen, so geht M. 
in solchen Fällen so vor, dass zunächst nur die Haut und das 
Unterhautfettgewebe durchtrennt wird; dann wird eine gelochte Kom- 
presse mit langen, scharf gezähnten Klemmzangen derart an die 
Wundränder (ohne dass jedoch die Haut gefasst wird) befestigt, dass 
durch das Loch der Kompresse nur die Wunde selbst zum Vor- 
schein kommt, die Haut jedoch vollständig bedeckt bleibt. Die 
Kompresse ist natürlich nicht undurchlässig; sie giebt nur einen 
relativen Schutz; es wäre desshalb zu wünschen, für solche Zwecke 
einen ganz undurchlässigen, aber doch schmiegsamen und leicht 
sterilisirbaren Stoff zu besitzen. 

Wenn nun auch eine nicht keimfreie, aber sonst doch normale 
Haut während der Operation selbst nur geringe Infektionsgefahr der 
Wunde bringt, so kann sie doch während der Wundheilung als 
Infektionsquelle wirken, und zwar überall da, wo eine offene Kom- 
munikation der Wunde mit der Haut besteht, vor Allem an den 
Stichkanälen. Viele der Stichkanaleiterungen sind so zu erklären, 
dass die in der Tiefe der Epidermis verborgenen Bakterien allmäh- 
lich in den Stichkanal eindringen und ihn inficiren. Bei tiefgreifen- 
den Nähten kann die Eiterung auf diesem Wege bis in die eigent- 
liche Wundhöhle fortschreiten. Je fester die Nähte zusammengezogen, 
je stärker das Gewebe gequetscht wird, je mehr davon zu Grunde 
geht, desto günstiger werden die Wachsthumsbedingungen für die 
betreffenden Bakterien sein. Es folgt daraus, dass die Gefahr der 
Stichkanaleiterungen um so geringer sein wird, je feiner die Stich- 
kanäle, je weniger gespannt die Nähte sind. M. legt desshalb schon 
seit längerer Zeit dort, wo eine stärkere Spannung zu überwinden 
ist, z. B. bei Bauchdeckennähten, versenkte Nähte bis ans Unter- 
hautfettgewebe an. Darüber kommt dann eine ganz feine, möglichst 
lose, aber doch sehr exakt schließende fortlaufende Seidennaht. 

Während des abgelaufenen Jahres wurden von Dr. Gottstein 
in einer größeren Zahl von Fällen die beim ersten Verbandwechsel 
entfeınten Hautnähte auf ihren Keimgehalt untersucht, eben so das 
im Stichkanal etwa vorhandene Sekret. Selbstverständlich handelte 
es sich nur um von Haus aus aseptische Operationswunden. Der 
Verbandwechsel wurde zwischen dem 4. und 11. Tage vorgenommen: 
nur in einzelnen Fällen (Osteotomien, Gelenkresektionen) blieb der 
Verband unberührt bis 3 Wochen liegen. Die bakteriologische Unter- 
suchung der Nähte hat nun ergeben, dass sich unter 93 untersuchten 
Fällen nur 13 vorfanden, in denen alle Nähte, die zur Untersuchung 
verimpft wurden, vollständig steril waren. In allen anderen 80 Fällen 


E pe 


fand sich stets Staphylococcus albus vor, bald nur an einem der unter- 
suchten Fäden, bald an mehreren, bald an allen. In 14 von den 
80 Fällen war Albus mit Aureus kombinirt. Stichkanaleiterung wurde 
dabei trotzdem nur 12mal konstatirt, helle klare Sekrettropfen in 
20 Fällen. Das Auffallende ist nun, dass sowohl die Eitertröpfchen, 
als auch das helle klare Sekret nicht immer durch Albus oder Aureus 
inficirt war; in einer Anzahl von Fällen erwies es sich als steril. 
Noch merkwürdiger ist, dass in 6 Fällen sich Aureus vorfand, ob- 
wohl die tadelloseste Prima intentio und weder Stichkanaleiterung 
noch Stichkanalröthung vorlag. Die Prüfung auf Pyogenität des 
Staphylococcus albus, die durch Dr. Bischoff im hygienischen In- 
stitut vorgenommen wurde, hat den Staphylococcus albus bis auf 
einen Fall unter 16 als pyogen erwiesen. 

Die Gefahr der Sekundärinfektion durch die Haut steigert sich 
zweifellos, wenn die Wundhöhle längere Zeit, mehrere Tage, drainitt 
ist; namentlich in bakterienreichen Gegenden, in der Nähe der 
Körperöffnungen, kann von hier aus die ursprünglich keimfreie 
Wunde inficirt werden. Gegen diese Art von Sekundärinfektion 
giebt es nur ein sicheres Mittel: von der Drainirung ganz abzusehen 
und die Wunde in toto möglichst exakt zu verschließen. Selbst- 
verständlich ist das nur zulässig, wenn man ganz sicher ist, dass in 
der Wunde keine keimfähigen virulenten Bakterien zurückgeblieben 
sind. M. unterlässt schon seit längerer Zeit principiell bei jeder 
aseptischen Wunde mit wenigen Ausnahmen jede Art von Drainage 
und Sekretableitung. 

Können wir nun nicht doch etwas unternehmen, um die trotz 
der genannten Vorsichtsmaßregeln bestehende geringe Infektions- 
gefahr noch weiter zu verringern oder ganz zu beseitigen? Es ist 
klar, dass wir hier mit dem Princip der sogenannten Aseptik, d. h. 
mit der Anwendung von sicher wirkenden Sterilisirungsmaßregeln, 
nicht weiter kommen; wir müssen auf entwicklungshemmende Mittel 
im Sinne der Antiseptik zurückgreifen. Vor Allem ist es wünschens- 
werth, dass der Stichkanal mit einer entwicklungshemmenden Sub- 
stanz versehen wird. M. imprägnirt zu diesem Zweck schon seit 
längerer Zeit die Nahtfäden mit Jodoform. Eine zweite Maßregel, 
die in der letzten Zeit konsequent durchgeführt wird, ist die, dass 
unmitelbar vor der Operation die Haut in der nächsten Umgebung 
des Schnittes ganz oberflächlich mit Jodtinktur bestrichen wird, eine 
Maßregel, die in ausgedehntem Maße außerdem zur Desinfektion der 
Fingerspitzen gebraucht wird. Es ist möglich, dass das angewendete 
Jod, das bekanntlich zu den kräftigsten Desinfektionsmitteln gehört, 
auch eine gewisse bakterientödtende Kraft bis in die tieferen Epidermis- 
schichten entfaltet; wahrscheinlich aber kommt hier mehr noch eine 
protrahirte Entwicklungshemmung zur Geltung. Eine dritte, nicht 
minder wirksame Maßregel ist ein fest anliegender, unverrückbarer 
Deckverband, der namentlich in so gefährlichen Gegenden, wie es 
die Inguinalgegend ist, das Eindringen von Bakterien aus der weiteren 


EC 


Umgebung verhindert. Bruns hat zu diesem Zweck vor Kurzem 
die Airolpaste empfohlen, mit der die ganze Nahtlinie bedeckt 
wird. M. hat zuerst auch die Bruns’sche Paste angewandt, später 
aber an ihre Stelle die ungleich billigere Zinkpaste gesetzt, die in 
ähnlicher Weise wie die Bruns’sche Airolpaste zusammengesetzt ist 
und genau denselben Dienst thut, wie die letztere. Es ist vielleicht 
übertrieben, diese 3 Maßregeln zu der schon vorausgegangenen Des- 
infektion der Haut hinzuzufügen; sie bringen aber auch sicher keinen 
Schaden und sichern ein so ideales Aussehen der Stichkanäle, wie 
M. es früher in dieser Regelmäßigkeit nicht erlebt hat. Selbst nach 
den größten Operationen resultirt eine feine lineare Narbe mit kaum 
sichtbaren Stichkanälen. 


Ungleich schwieriger ist das Problem der Desinfektion unserer 
Hände zu lösen. Dasselbe hat eine um so größere Bedeutung, als 
die Berührung unserer Finger mit der Operationswunde eine direkte, 
viel innigere ist, so dass selbst geringfügige Reste von pathogenen 
Keimen bei den energischen Manipulationen während der Operation 
in die Gewebe hinein gerieben werden. Dazu kommt, dass die 
Hand des Chirurgen naturgemäß allen möglichen Infektionen aus- 
gesetzt ist. Es handelt sich hier somit nicht nur um die zum Theil 
harmlosen Epiphyten der Haut, wie sie meist das Operationsfeld 
verunreinigen, sondern um oft hochvirulente Wundbakterien, die 
zweifellos an unseren Fingern, besonders in den Subungualräumen, 
einen günstigen Nährboden finden und hier trotz sorgfältiger Reini- 
gung in verborgenen Nestern fortvegetiren können. Es ist desshalb 
verständlich, dass gerade der Händedesinfektion in den letzten 
Jahren die größte Aufmerksamkeit geschenkt und dieses Thema von 
den verschiedensten Seiten bearbeitet wurde. Eine methodische Be- 
arbeitung der Frage der Händedesinfektion datirt eigentlich erst seit 
den Arbeiten von Kümmell und namentlich Fürbringer, welchem 
wir bekanntlich die Einführung der Alkoholdesinfektion in die 
chirurgische Praxis verdanken. Die Resultate dieser Forscher, so 
wie der späteren hier nicht erwähnten Arbeiten müssen als bekannt 
vorausgesetzt werden. 

Die von Gottstein ausgeführten Untersuchungen beziehen sich 
ausschließlich auf die vor den Operationen thatsächlich geübte Des- 
infektion. Es kam darauf an, nicht allein durch die bakteriologischen 
Untersuchungen, sondern eben so durch die Erfolge der Wundheilung 
zu kontrolliren, wie weit das geübte Verfahren dem praktischen Be- 
dürfnis entsprach. Der ganze Reinigungs- und Desinfektionsprocess 
der Hände nahm entsprechend der anderwärts geübten Praxis im 
Durchschnitt ca. 10—12 Minuten, selten mehr in Anspruch. Dies 
muss Denjenigen gegenüber hervorgehoben werden, die ad hoc das 
Desinfektionsverfahren noch viel intensiver gestalteten und bis auf 
1/, Stunde und darüber ausdehnten. Dass dadurch abweichende 
Resultate erzielt werden können, ist leicht möglich; es hat aber 


ERROS Wiese 


wenig Werth, ein Verfahren in einer Form zu prüfen, die sich in 
der Praxis kaum durchführen lässt. 

Im Wintersemester 1896/97 wurde die Desinfektion so ausgeführt, 
dass zunächst Waschung mit Wasser und Seife ca. 3—5 Minuten, 
Desinfektion mit Alkohol 1—2 Minuten und dann Waschung mit 
1%/yiger Sublimatlösung ca. 2—3 Minuten ausgeführt wurde. In der 
späteren Zeit wurde die Desinfektion in so fern verbessert, als die 
Waschung mit Wasser und Seife bedeutend verlängert und besonderer 
Werth auf eine häufige Wechselung des Holzfasertupfers mit Seife 
gelegt wurde, von dem Gedanken ausgehend, dass man ja sonst die 
von der Hand durch den Holzfasertupfer abzuwaschenden Bakterien 
immer wieder von Neuem durch denselben in die Hand hineinreibe, 
dass dies aber durch einen häufigen Wechsel des Tupfers vermieden 
werden kann. Auch wurde bei der Waschung mit Seife später neben 
dem Holzfasertupfer noch die sterile Bürste verwendet. Seit 1 Jahr 
stehen eine so große Zahl von in Dampf sterilisirten Bürsten zur 
Verfügung, dass für jede Person und zu jeder einzelnen Procedur 
der Waschung eine neue Bürste verwendet wird. 

Es wurden bei den ersten Untersuchungen im Wintersemester 
1896/97 im Ganzen 72 Untersuchungen angestellt, wobei sich fast 
?/; aller Hände infieirt erwiesen. (Eine Untersuchung bezieht sich 
immer auf beide Hände.) Von diesen infieirten Fällen war in der 
Hälfte die Zahl der gefundenen Keime eine außerordentlich große. 
In einem Theil, nämlich 28% der Fälle, wurde das Sublimat durch 
Schwefelammonium ausgefällt. Es zeigte sich aber, dass es ziemlich 
gleichgültig ist, ob man das Sublimat durch Schwefelammonium aus- 
fällt oder nicht, da die Zahl der auf die Schalen übertragenen Keime 
ungefähr dieselbe blieb, gleichgültig, ob man das Sublimat ausfällte 
oder nicht. 

Was nun die Desinfektionsfähigkeit der einzelnen Opera- 
teure und Assistenten betrifft, so zeigte sich bald, dass hierbei große 
Unterschiede vorhanden sind, dass es Hände giebt, die sich außer- 
ordentlich schwer desinficiren lassen, während wieder andere nach 
verhältnismäßig kurzer Zeit keimfrei resp. sehr keimarm gemacht 


4 Der Gang der mechanischen Reinigung ist somit folgender: Erstens: 
Waschung mit Seife und fließendem, heißem Wasser, mittels steriler Holzbüschel. 
Zweitens: Mechanische Reinigung der Subungualräume mit sterilisirtem und in 
5%iger Karbolsäure aufbewahrtem Nagelreiniger resp. Nagelschere. Drittens: 
Abermalige Reinigung mit fließendem, heißem Wasser und Seife mittels sterili- 
sirter Bürste. Viertens: Reinigung mit Alkohol (in der jüngsten Zeit 70%ig) mittels 
neuer sterilisirter Bürste. Fünftens: Reinigung mit einem Desinfektionsmittel 
(früher 10/iges Bublimat, in der letzten Zeit 1%iges Lysol; eine Zeit lang wurde 
auch 21/2%ige Solveollösung gebraucht). Sowohl der Alkohol als auch das Anti- 
septioum werden nach imaliger Benutzung ausgeleert, so dass die betreffende 
Flüssigkeit nie 2mal zur Benutzung kommt. Der benutzte Alkohol wird durch 
eine von Dr. Henle angegebene Vorrichtung gesammelt und vom Apotheker über- 
destillirt. Sechstens: Seit Ende Januar werden die Fingerspitzen in Jodtinktur 
getaucht und sofort in Lysol abgespült. 


et 


werden konnten. Es war auch von Interesse, die einzelnen Herren 
‚nach ihrer speciellen Beschäftigung in der Klinik zu scheiden. Es 
war nicht gleichgültig, ob ein Assistent oder Operateur ausschließ- 
lich mit aseptischen oder nur mit septischen Wunden oder mit asep- 
tischen und septischen durch einander zu thun hatte. Derjenige 
Operateur, der sowohl zahlreiche aseptische wie septische Operationen 
durch einander ausgeführt hatte, zeigte sich in 92% der Fälle in- 
fieirt. Interessant war hierbei, dass niemals eine leichte Infektion 
vorlag; vielmehr waren in ®/, der Fälle die Hände intensiv infieirt. 
Ganz besonders interessant ist, dass hiervon in fast der Hälfte der 
Untersuchungen die Hände mit Staphylococcus aureus infieirt waren. 
Den Gegensatz dazu bildet der Operationsdiener, der mit septischen 
Operationen nichts zu thun hat und überhaupt mit keinem Kranken 
in direkte Berührung kommen darf. Er ist nur beschäftigt beim 
Zureichen der Instrumente bei aseptischen Operationen und leicht 
infektiösen Fällen, z. B. Magen- und Darmoperationen. Er erwies 
sich nur in !/ der Fälle als inficirt und hiervon in !/, nur ganz 
leicht, niemals intensiv, niemals durch Staphylococcus aureus. Von 
großem Interesse ist auch einer der Assistenten, der Leiter einer 
septischen Station war, sich zwar in Folge der Beschaffenheit seiner 
Hände verhältnismäßig leicht seine Hände keimfrei resp. keimarm 
erhalten konnte; er war nur in !/; der Fälle inficirt. War es ihm 
aber nicht gelungen, seine Hände zu desinficiren, so fand sich stets 
Staphylococcus aureus. 

Eine wesentliche Ergänzung erfahren die angeführten Beobach- 
tungen durch systematische Untersuchungen, welche an behand- 
schuhten und unbehandschuhten Händen im Laufe des letzten 
Jahres vorgenommen wurden. Diese Untersuchungen geben gleich- 
zeitig Aufschluss darüber, wie weit die von M. empfohlenen Zwirn- 
handschuhe die Keimarmuth der Hand während der Operation 
steigern. 

Theoretische Vorversuche ergaben von vorn herein, dass die 
Handschuhe, so lange sie trocken sind, Keime nur durchlassen, 
wenn eine enorm starke Infektion der Hände vorher stattgefunden 
hatte, und auch dann nur in den seltensten Fällen. In dem Augen- 
blick aber, wo Flüssigkeit an die Handschuhe gebracht wurde, traten 
die Bakterien mit außerordentlicher Leichtigkeit durch dieselben 
hindurch. Quantitative Untersuchungen, ob die Zahl der Keime an 
den Handschuhen geringer ist als an den Fingern, sind nicht an- 
gestellt worden. Jedenfalls war auch an den Handschuhen die Zahl 
der Keime eine enorm große, so dass bei der groben Art der Unter- 
suchungsmethode ein nachweisbarer Unterschied nicht gesehen wer- 
den konnte. 

Die Untersuchungen wurden so angestellt, dass die Finger resp. 
die behandschuhten Finger in ca. 1 cm hohe Agarschalen so tief als 
möglich eingetaucht wurden, und zwar so, dass besonders der Unter- 
nagelraum und der Nagelfalz sich im Agar abdrückte; von genaueren 


E EE 


Untersuchungen jedes einzelnen Fingers in Bouillon und Aussäung 
in Platten wurde wegen der Umständlichkeit der Methode Abstand 
genommen. Zur Infektion der Finger wurden bei den theoretischen 
Versuchen Prodigiosuskulturen benutzt. Es zeigte sich aber bald, 
dass der Prodigiosus nicht das geeignete Bacterium für solche Unter- 
suchungen ist, weil es zu leicht gelingt, ihn von den Händen fort- 
zuschaffen resp. durch die Desinfektionsmittel abzutödten. Theore- 
tische Versuche mit anderen, resistenteren Bakterien, wie mit resi- 
stentem Staphylococcus aureus und Pyocyaneus konnten in der 
Klinik nicht vorgenommen werden, um nicht etwa bei den Operationen 
durch die vielleicht zurückbleibenden Keime die Hände dauernd zu 
verunreinigen. . 

Die praktischen Handschuhuntersuchungen wurden vor und nach 
der Operation, nicht minder aber auch bei dem häufigen Handschuh- 
wechsel während der Operation vorgenommen. Zunächst wurden die 
Hände undesinficirt, dann nach Waschung mit Wasser und Seife, 
nach der Waschung mit Alkohol, nach der Waschung mit Sublimat 
(resp. Lysol oder Solveol), nach der Einbringung der Hände mit 
Jodtinktur, in trockenen Handschuhen und wie schon oben gesagt, 
während und am Schluss der Operation sowohl mit als ohne Hand- 
schuhe gesondert untersucht. 

Was zunächst die Untersuchung der undesinficirten Hände be- 
trifft, so ergab sich, wie ja zu erwarten ist, dass die Hände stets 
inficirt gefunden wurden, und zwar waren sie in 80% der Fälle auf 
das allerintensivste infieirt mit allen möglichen Arten von Bakterien. 
Nach der Waschung mit Wasser und Seife hatte sich das Verhält- 
nis in Betreff der Keimfreiheit nicht verändert; es waren nach der 
Wasserwaschung in allen Fällen die Hände inficirt; allein der Grad 
der Infektion hatte sich vermindert; die Zahl der Keime war in 
einem Theil der Fälle ungefähr um die Hälfte geringer geworden. 
Nach der Waschung mit 96%igem Alkohol, welcher in einem Theil 
der Fälle angewandt wurde5, während in einem anderen Theil 
50%iger Alkohol verwendet wurde, fand sich 78% Keimfreiheit er- 
reicht. Bei 50%igem Alkohol dagegen nur in 59%; was die Schwere 
der Infektion betrifft, so ist dieselbe nach der Alkoholwaschung stets 
sehr gering, nie wurde unmittelbar nach der Alkoholdesinfektion 
eine sehr intensive Infektion gefunden. Nunmehr folgte die Unter- 
suchung der Hände nach der Sublimat- resp. Lysol- oder Solveol- 
desinfektion. Dabei ergab sich das außerordentlich merkwürdige 
Resultat, dass nach der Sublimatdesinfektion nur in 47% der Fälle 
Keimfreiheit erreicht wurde. Da nun aber stets die Alkoholdesinfektion, 
die, wie erwähnt, eine Keimfreiheit von 59—78% erzielte, voraus- 
gegangen war, so beweist dies, dass die Resultate, die wir nach der 
Alkoholdesinfektion erzielt haben, nicht die wahren Werthe angeben, 
da sonst die Zahl der Keime nach der Alkoholdesinfektion und nach 


5 Seit Us Jahr verwendet M. 70%igen Alkohol. 


E y 


der Sublimatdesinfektion sich mindestens gleich bleiben müssten; zu 
erwarten wäre es sogar, dass sie noch besser würden; derselbe 
Schluss lässt sich bei der Lysol- und Solveoldesinfektion ziehen. 
Es ergiebt sich daraus, dass die Alkoholdesinfektion, wie ja schon 
nach Untersuchungen anderer Forscher zu erwarten war, eine Art 
Gerbung der Haut erzielt, die Keime aber nicht vollständig abtödtet. 
Sobald nun aber der Alkohol wieder von den Fingern entfernt wird, 
ist auch die Möglichkeit vorhanden, dass die Bakterien aus den 
tiefen Epidermisschichten wieder an die Oberfläche kommen. Die 
Alkoholdesinfektion muss man daher bis zu einem gewissen Grad 
als eine Art Scheindesinfektion bezeichnen. Trotzdem ist M. weit 
entfernt davon, den Alkohol auf Grund dieser Untersuchungen etwa 
aus der Desinfektionsmethodik verbannen zu wollen, er hat als 
Reinigungs- und Desinfektionsmittel der Haut wohl ganz bedeuten- 
den Werth. 

Die Untersuchungen nach dem Eintauchen der Finger in Jod- 
tinktur haben in 80% Keimfreiheit ergeben, und in den 20%, wo 
überhaupt Keime gefunden wurden, war die Intensität der Infektion 
stets nur eine ganz geringe. 

In trockenen Handschuhen wurden in einigen Fällen, in 4%, 
ebenfalls Keime gefunden; woher diese Keime stammen, hat sich 
nicht feststellen lassen. Es zeigt sich bei unseren ersten Vorversuchen, 
die hier nicht mit in Betracht gezogen sind, dass, wenn wir die 
Handschuhe mit unseren Fingern anziehen, leicht von letzteren Keime 
an die äußere Fläche der Handschuhe herankommen. Dies ver- 
anlasste die Einführung von Handschuhzangen, so dass die aus dem 
sterilen Korbe genommenen Handschuhe von einer Wärterin ge- 
halten werden, und die Hände, ohne mit der Außenfläche der Hand- 
schuhe in Berührung zu kommen, in dieselben hineinfahren. 

Von außerordentlicher Wichtigkeit sind die Untersuchungen 
während und am Schluss der Operation mit und ohne Handschuhe. 
M. betont ausdrücklich, dass er die Handschuhe während einer Ope- 
ration des öftern wechselt. Die trockenen Handschuhe werden im 
Laufe der Operation in Folge der Berührung mit Blut durch Flüssig- 
keit imbibirt. In Folge dessen werden außerordentlich leicht Bak- 
terien, die von außen, z. B. der Haut des Operationsfeldes, an den 
Handschuh herankommen, festhaften resp. nach innen dringen kön- 
nen. Aber eben so leicht können die an der Fingerhaut befindlichen 
Bakterien durch den Handschuh nach außen gelangen. Welchen 
Weg nun die größere Anzahl der Bakterien nehmen, lässt sich durch 
diese Versuche nicht direkt feststellen. Die früher angeführten Unter- 
suchungen haben ergeben, dass nur in etwa der Hälfte der Fälle zu 
Beginn der Operation die Hände selbst (ohne Handschuhe) ober- 
flächlich keimfrei sind. Wenn wir aber die Art der Untersuchungs- 
methode (Eintauchen in Agar) berücksichtigen, welche nur einen 
Rückschluss auf die oberflächlichen Partien der Finger gestattet, so 
ist diese Schätzung sicher noch zu hoch gegriffen. Schon aus diesem 


ee Ren 


Grunde ist es sehr wahrscheinlich, dass die Hauptmasse der in den 
Handschuhen vorgefundenen Bakterien von der Haut der Finger 
stammt, natürlich unter der Voraussetzung, dass wir in absolut asep- 
tischen Geweben operiren®. 

Die Versuche haben weiterhin ergeben, dass im Allgemeinen an 
den Handschuhen .die Menge der Bakterien eine geringere war als 
nach Abziehen der Handschuhe von der Hand. Es ist somit anzu- 
nehmen, dass die Hauptsumme der Bakterien an den Fingern sitzt 
und von dort aus durch die Handschuhe durchdringt. Eine Be- 
stätigung dieser Ansicht ist wohl noch darin zu finden, dass die 
Hauptsumme der an der Hand gefundenen Bakterien im Allgemeinen 
immer wieder die Epiphyten dernormalen Hautsind. Die Ver- 
suche während und nach der Operation haben ergeben, dass der Procent- 
gehalt der inficirten Hände während der Operation mit Handschuhen 
69% beträgt; ohne Handschuhe ist die Procentzahl bedeutend höher, 
nämlich 89%. Am Schluss einer langdauernden Operation ohne 
häufigen Handschuhwechsel beträgt sie mit Handschuhen 841%, ohne 
Handschuhe 100%: je länger die Operation dauert, desto mehr sind 
die Hände infieirt. Der Keimreichthum der Hände und Handschuhe 
am Schluss der Operation ist zum Theil vielleicht darauf zurück- 
zuführen, dass beim Nähen der Wunde die operirende Hand in eine 
intensivere Berührung mit der Haut des Pat. kommt. Die Möglich- 
keit, dass bei dieser Gelegenheit eine große Menge von Hautbakterien 
des Pat. von den Handschuhen aufgenommen und festgehalten wird, 
muss gewiss zugegeben werden. Auffallend ist, dass am Schluss der 
Operation die Intensität der Infektion der Hände geringer ist, als 
während der Operation, sowohl mit als ohne Handschuhe Auch 
hieraus wird man schließen dürfen, dass wohl die größere Summe 
der Bakterien von der Hand in den Handschuh kommt, und nicht 
von außen; sonst müsste aus den früher angegebenen Gründen gerade 
am Schluss der Operation die Bakterienzahl größer sein als während 
derselben. 


Fassen wir das Resultat der angeführten Untersuchungen zu- 
sammen, so ergiebt sich zunächst in Bezug auf die Desinfektion der 
Hände, dass die zur Zeit empfohlenen und geübten Methoden nicht 
im Stande sind, die Hände mit Sicherheit keimfrei zu machen. 
Wenn es auch in einem großen Procentsatz der Fälle gelingt, vor 
Beginn der Operation die Hände oberflächlich von Keimen zu be- 
freien, so hält dies nicht lange vor; im Laufe der Operation kommen 
die in der Tiefe der Epidermislagen verborgenen Bakterien immer 


6 Nachträgliche Bemerkung: Wenn ich Döderlein richtig verstanden habe, 
so beziehen sich seine Versuche auch vielfach auf Operationen am Damm, in der 
Vagina, also in einem bakterienreichen Gebiet. Dass bei dieser Gelegenheit 
massenhaft Bakterien in die Handschuhe eindringen und von diesen festgehalten 
werden, ist selbstverständlich. Die hierbei gemachten Beobachtungen sind natür- 
lich für die hier ventilirte Frage absolut belanglos. 


end gg. 


reichlicher an die Oberfläche; daraus folgt, dass auch von Seiten der 
Hände die Infektionsgefahr für die Wunde um so größer 
wird, je länger die Operation dauert. 

Was die Zwirnhandschuhe betrifft, so war, wie M. schon in seiner 
ersten Mittheilung ausdrücklich betont hat, von vorn herein nicht 
zu erwarten, dass sie einen absoluten Schutz gewähren; denn sie sind 
in hohem Grade durchlässig. Ihr Schutz kann nur ein relativer 
sein. M. gesteht aber offen, dass er den Grad des Schutzes früher 
doch höher taxirt habe, als es durch die vorliegenden Untersuchungen 
und klinischen Beobachtungen sich herausgestellt hat. 

Dass die Gesammtresultate bei den aseptischen Operationen 
seit Benutzung der Handschuhe ungleich besser geworden sind, kann 
M. auch heute noch eben so behaupten, wie in seiner ersten Mit- 
theilung. Die Zahl der ganz reaktionslosen Heilungen hat sich von 
ca. 83% auf ca. 94% erhöht; in ähnlichem Verhältnis hat sich die 
Zahl der Stichkanaleiterungen resp. Röthungen vermindert. Aller- 
dings ist es schwer, zu beweisen, dass die Besserung der Resultate 
ausschließlich der Anwendung der Zwirnhandschuhe zuzuschreiben 
ist; denn wie aus den früheren Auseinandersetzungen hervorgeht, 
wurde im Laufe der Zeit eben auf Grund der Untersuchungen das 
ganze Verfahren, insbesondere auch die Händedesinfektion, erheblich 
vervollkommnet. 

M. ist weit davon entfernt, die Zwirnhandschuhe als ein ganz 
verlässliches Schutzmittel hinzustellen; so lange aber kein brauch- 
barer Ersatz dafür geschaffen ist, wird sie M. beibehalten. Es muss 
unser Streben sein, falls es doch nicht gelingt, unsere Hände sicher 
keimfrei zu machen, Operationshandschuhe ausfindig zu machen, die 
einen absolut sicheren Schutz gewähren. Das können natürlich nur 
undurchlässige Handschuhe sein. Was bisher in dieser Richtung 
empfohlen worden ist, scheint noch nicht den Anforderungen der 
Praxis zu entsprechen. Wölfler, der bekanntlich auch schon längere 
Zeit in Handschuhen operirt, hat bald nach der ersten Mittheilung 
von M. die Eigenschaften aufgezählt, die ein guter Operationshand- 
schuh haben muss: er muss undurchlässig, weich und geschmeidig 
und so dünn sein, dass er das Tastgefühl der Finger nicht wesent- 
lich beeinträchtigt; er soll sich leicht sterilisiren lassen und endlich 
— darf er auch nicht zu theuer sein. Ein Handschuh, der allen 
diesen Anforderungen entspricht, ist bisher noch nicht gefunden 
worden. M. will der Erste sein, der brauchbare Vorschläge mit Dank 
acceptirt?. 


? M. hat erst nachträglich erfahren, dass schon 1889 William S. Halstead 
Kautschukhandschuhe zu aseptischen Operationen gebraucht hat und sie auch 
heute noch verwendet. (John Hopkins Reports Vol. III. No. 5. 1891. März.) Er 
verwendet sie nur bei gewissen Gelegenheiten, z. B. Patellarnaht, Operationen der 
Gelenkmaus, Hernien oder kleinen einfachen Operationen, »die ohne feineres 
Gefühl oder Geschicklichkeit zu machen sind, und bei welchen Eiterungen von 
schweren Folgen begleitet wären. (Nach W. W. Keen, Ann. of surgery 1898. 
Februar. p. 224.) 


De i 


Vorläufig müssen wir uns, so gut es geht, mit den zur Ver- 
fügung stehenden Mitteln zu behelfen suchen. Welche Bedeutung 
die prophylaktische Reinhaltung, die Fernhaltung jeder schweren 
Infektion von den Händen desjenigen Arztes hat, der viel aseptische 
Operationen auszuführen berufen ist, ist selbstverständlich. Dass die 
sorgfältigste Desinfektion mit heißem Wasser und Seife, mit Alkohol 
und einem Desinfektionsmittel immer noch die erste Rolle bei der 
Aseptik spielt, geht aus den früheren Auseinandersetzungen auch 
hervor. Am meisten ist die Wunde zweifellos durch die Finger- 
spitzen und Nägel gefährdet. Um in dieser Richtung die Infektions- 
gefahr zu verringern, bedient sich M. seit Anfang Januar eines 
Mittels, das er bei Roux in Lausanne kennen gelernt hat. Dieser 
bestreicht vor der Operation den Nagelfalz und die Unternagelräume 
mit einer Jodtinktur. M. geht so vor, dass er, wie früher schon 
angeführt, die Fingerspitzen in Jodtinktur taucht, dann die Hände 
in Lysol abspült und nun erst die Zwirnhandschuhe anzieht. Die 
Jodtinktur wirkt hierbei wahrscheinlich hauptsächlich als kräftiges 
entwicklungshemmendes Mittel. Untersuchungen darüber sind im 
Gang. Wir haben damit abermals das Princip der reinen Aseptik 
durchbrochen; wenn das Mittel nur zum Ziel führt, ohne einen 
Schaden zu bringen, so wollen wir es ohne Rücksicht auf das Prin- 
cip acceptiren. Die Finger erleiden durch die Jodtinktur keinen 
Schaden. Die Braunfärbung der Fingerspitzen verliert sich am 
Schluss der Operation so weit, dass sie nachher kaum bemerkt wird. 
Die Heilung der Wunden ist in dem letzten Vierteljahr selbst nach 
den komplicirtesten und schwierigsten Eingriffen so tadellos gewesen, 
dass M. in dieser Richtung nichts mehr zu wünschen übrig hat®. 

Zum Schluss erwähnt M. noch einen Punkt; er ist immer mehr 
und mehr bestrebt, von der Drainage und Ableitung des Wund- 
sekretes abzusehen und die Wunde ganz zu verschließen. Damit 
wird aber in manchen Fällen trotz des absolut aseptischen Wund- 
verlaufs dem Kranken nicht der Nutzen gewährt, den wir anstreben. 
Bei gewissen Wunden — nach Ms Beobachtungen in etwa 10% 
der Fälle — bilden sich nämlich Hämatome, die nicht gerinnen und 


8 In Bezug auf die Resultate der Wundheilung dürfen wir nicht vergessen, 
dass durchaus nicht alle sogenannten aseptischen Operationswunden gleichwerthig 
sind. Insbesondere dürfen die einfachen Laparotomien der Gynäkologen nicht als 
Maßstab für die Leistungsfähigkeit einer Wundbehandlungsmethode angeführt 
werden. Denn das Peritoneum verträgt bekanntermaßen eine relativ beträchtliche 
Menge von pathogenen Bakterien, während große Weichtheil-, besonders aber 
Knochen- und Gelenkwunden oft durch die geringsten Bakterienmengen infieirt 
werden können. Von Laparotomien können nur diejenigen in Betracht kommen, 
bei welchen große Wundflächen im Peritoneum zurückbleiben, die zur Bildung der 
von M. so genannten »todten Räumes führen. Nach ausgedehnten Operationen 
am Magen und Darm bleiben solche todte Räume nicht selten in großer Aus- 
dehnung zurück; M. hatte sie früher immer mit Jodoformgaze tamponirt. Seit 
einem Jahre schließt er aber auch in diesen Fällen principiell die Bauchhöhle 
vollständig. 


erg ee 


somit nur ganz langsam resorbirt werden, wodurch die endgültige 
Heilung der Wunde, wenn auch nicht erheblich, verzögert wird. M. 
hat sich in diesen Fällen so geholfen, dass er die Hämatome mit 
einer feinen Spritze durch Aspiration entleerte. Sie haben sich immer 
als steril erwiesen. Die Hämatombildung ist nur dann störend, wenn 
das nachträglich ergossene Blut und sonstige Sekret nicht gerinnt, 
also nicht in einen organisationsfähigen Zustand gebracht wird. 
Worin der Grund dieses Mangels an Gerinnungsfähigkeit liegt, ist 
noch nicht festgestellt. Dr. Anschütz beschäftigt sich mit der 
Untersuchung dieser Hämatome. Es hat sich bisher herausgestellt, 
dass in den nach 6—8 Tagen entnommenen Hämatomen die fibrino- 
gene Substanz vollständig fehlt. Vielleicht gelingt es, ein Mittel zu 
finden, um die Gerinnung des bald nach der Operation nachsickern- 
den Blutes zu erzwingen. Dann würde ein wesentliches Hindernis 
fortfallen, alle Wunden ausnahmslos zu schließen®. (Selbstbericht.) 


5) Landerer. Über die Ursachen des Misslingens der 
Asepsis. 


L. führt die in letzter Zeit sich offenbarende Nervosität in der 
Wundbehandlung zurück auf die hohen Anforderuogen, die die 
Chirurgen heute in diesem Punkte an sich selbst stellen. Er ver- 
gleicht die häufigen und gefährlichen, oft tödlichen Wundstörungen 
in den Jugendstadien der Antisepsis mit den ungefährlichen und 
höchstens lästigen Störungen von heute. 

Er sucht nun auf Grund bakteriologischer Untersuchungen die 
Ursachen dieser von ihm -»Spätstörungen« genannten Erscheinungen 
festzustellen. Auf Grund von Beobachtungen in seinen Operations- 
räumen räumt er im Einklang mit neueren Autoren der Luft als 
Infektionsquelle eine größere Bedeutung ein, als meist z. Z. ge- 
schieht. Die Instrumente sind bei der v. Bergmann-Schimmel- 
busch’schen Sodasterilisation als einwandsfrei zu bezeichnen. Eine 
ausschlaggebende Bedeutung für das Zustandekommen der Infektionen 
weist L. der Haut des Operationsfeldes zu. Die Haut ist bisher 
nur in etwa 40% der Fälle trotz zum Theil komplieirter Methoden 
wirklich steril zu machen. Die bisherigen Hautdesinfektionen sind 
nur ÖOberflächendesinfektionen und lassen die in den Haarbälgen, 
Hautdrüsen etc. zurückgehaltenen Hautbakterien unberührt. Diese 
sind es, die Fadenabscesse, Absonderung aus Drainkanälen etc. her- 
beiführen. Durch Formalindesinfektion gelingt es, die Haut in etwa 
90% steril zu gestalten und einen großen Theil der Infektionen zu 


8 Die angeführten Hämatome haben je nach ihrem Alter (5—20 Tage) eine 
dunkelbraunrothe bis rothgelbe Farbe und sind von fadenziehender Konsistenz. 
Sie scheinen mit jenen Hämatomen identisch zu sein, die sich gelegentlich auch 
nach subkutanen Traumen entwickeln, zumal näch den »tangentialen Verletzungen« 
nach Gussenbauer. 


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verhüten. Wo Infektion eintrat, war fast immer die Haut nicht 
steril gewesen. Desshalb — weil er fast stets die Quelle der 
Infektion anderswo nachweisen konnte — hält L. es auch nicht für 
berechtigt, bei Infektionen stets die Hände des Operateurs zu be- 
schuldigen. Er hat bisher ohne Handschuhe operirt, hält die Heiß- 
wasserdesinfektion nach Kümmell-Fürbringer für genügend, be- 
tont aber die Nothwendigkeit ihrer gründlichen Durchführung und 
strengster persönlicher Prophylaxe gegen Infektion. — Die Seide, 
deren ungenügende Sterilisation er früher als Ursache der Störungen 
ansah, hält er für einwandsfrei und erklärt die Nahtabscesse bei 
Seide, Silber und Katgut als Folge der Hautbakterien. Dass die 
Seide Infektionsträger in die Nahtkanäle hereindrainire, ist unrichtig. 
Die Drainage ist für einen Theil der Fälle ein nothwendiges Übel, 
sie kann leicht die Quelle der Infektion werden. Trockene Verbände 
sind nicht steril, gleichviel ob sie mit sterilen oder antiseptisch im- 
prägnirten Verbandstoffen hergestellt sind.‘ Feuchte Verbände sind 
so gut wie immer asteril, sind daher stets sofort zu wechseln. Da 
die Infektion feuchter Verbände von innen — Operationsfeld oder 
Wunde — herkommt, ist das »Decken« feuchter Verbände unrichtig. 
Die übrigen Forderungen der Operationstechnik — Schonung 
der Gewebe, genaue Blutstillung, Vermeidung todter Winkel und 
von Sekretansammlungen etc., sind natürlich eben so pünktlich zu 
beachten. (Selbstbericht.) 


6) Perthes (Leipzig). Zur Frage der Operationshandschuhe. 


P. berichtet über bakteriologische Versuche, welche zur Fest- 
stellung des Werthes der gewebten Seidentrikot- und baumwollenen 
Operationshandschuhe für die Asepsis der Hände in der chirurgischen 
Klinik zu Leipzig angestellt sind. Das Ergebnis war, dass der Über- 
tritt der Bakterien von einer nicht desinfieirten Hand in die Operations- 
wunde niemals verhindert oder in nennenswerthem Maße beschränkt 
wird, so bald die Handschuhe nass oder feucht sind. Es wurde hieraus 
die Forderung wasserdichter Operationshandschuhe abgeleitet. Diese 
sollen nicht nur bei septischen Operationen und Verbänden die Haut 
des Operateurs schützen, sondern kommen auch als Ersatz der Hände- 
desinfektion bei aseptischen Operationen besonders dann in Betracht, 
wenn die Hände in kurzer Zeit sicher sterilisirt werden müssen — 
plötzlich nothwendige Operationen, Infektion der Hand während einer 
aseptischen Operation durch Überfließen von Darminhalt etc., zur 
Zeitersparnis bei Verbänden, vielleicht auch auf dem Hauptverband- 
platz im Felde, wo eine Händedesinfektion wegen Mangels größerer 
Wassermengen nicht möglich ist. Wasserdichte Handschuhe (Gummi- 
handschuhe, v. Zoege-Manteuffel; Seidentrikothandschuhe mit 
Gummiüberzug, Wölfler), existiren bie jetzt noch nicht in einer 
Form, dass es möglich wäre, damit ohne Schwierigkeit zu operiren. 
P. hat desshalb Operationshandschuhe von der Firma Philipp Penin, 


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Leipzig-Plagwitz, ebenfalls aus einer Kombination von Seidentrikot 
und Gummi, herstellen lassen, welche ihm dem vorliegenden Zweck 
in hohem Maße zu entsprechen scheinen. Sie sind undurchlässig, 
drücken die Hand des Operateurs nicht, liegen an den Fingerspitzen 
glatt an und sind hier so dünn, dass man die Berührung eines Haar- 
pinsels hindurchfühlt. Die Desinfektion geschieht durch Dampf oder 
durch Auskochen. Nachtheile sind die noch zu hohen Herstellungs- 
kosten und die noch etwas zu große Zerreißlichkeit. P. hält die 
Versuche in dieser Frage noch nicht für abgeschlossen, konstatirt 
aber, dass die Technik im Stande ist, Operationshandschuhe zu 
liefern, mit welchen sich ganz gut operiren lässt, und welche geeignet 
sind, für gewisse Fälle einen Ersatz der Händedesinfektion zu bieten. 
(Selbstbericht.) 


7) Döderlein (Tübingen). Bakteriologische Untersuchungen 
über die Operationshandschuhe. 


D. hat bei einer großen Zahl abdominaler und vaginaler Ope- 
rationen im Laufe des Winters bakteriologische Prüfungen der sich 
in den Trikothandschuhen während der Operation ansammelnden 
Flüssigkeiten ausgeführt und dabei das sich stets wiederholende Re- 
sultat gefunden, dass sich schon in kurzer Zeit nach Beginn der 
Operation und auch bei ganz aseptischen Operationen, wie z. B. 
Ovariotomien, eine große Menge der verschiedensten Bakterien in den 
Handschuhen ansammeln. Die Provenienz dieser Mikroorganismen 
wurde entsprechend der allgemein herrschenden Auffassung zunächst 
als aus der nicht vollkommen desinficirbaren Haut der Hände 
stammend angesehen. Die Folge davon war das Bestreben, imper- 
meable Handschuhe zu verwenden, die einen vollkommenen Schutz 
des Operationsgebiets gegen die Hautkeime der Hände gewähr- 
leisteten. Der von Menge empfohlene Paraffinüberzug der Hände, 
wie auch Paraffinirung der Trikothandschuhe ergab keine Änderung 
der Versuchshandschuhe. Am zweckdienlichsten erschien der von 
Wölfler empfohlene, besonders präparirte Gummihandschuh. Die 
damit angestellten Untersuchungen ergaben, dass auf der Oberfläche 
dieses sich nicht imbibirenden Handschuhs sich auch im Laufe der 
Operation Keime ansiedelten, wenn auch nicht in dem reichen Maße, 
wie in dem Maschenwerk der imbibitionsfähigen Trikothandschuhe. 
Als besonders wichtiges Ergebnis bezeichnet Redner die merkwürdige 
Thatsache, dass die unter dem Gummihandschuh stark macerirte 
Haut der Hände auch nach lange andauernden Operationen, trotzdem 
alle Bedingungen für das Emporkommen der tiefen Keime der Haut 
gegeben waren, als keimfrei befunden wurden. Dieses Ergebnis im 
Verein mit einer großen Reihe von Hautdesinfektionsversuchen bringt 
D. zu der Überzeugung, dass die Haut, so fern sie nicht künstlich 
inficirt ist, vollkommen keimfrei gemacht werden kann. Dass die 
keimfreie Haut so lange keimfrei bleibt, auch unter dem erweichen- 

Chirurgen-Kongress 1898. 3 


FEB. T se 


den Gummihandschuh, bis neuerdings Keime von außen zukommen 
konnten, beweist, dass die Keimfähigkeit der Hände nach gelungener 
Desinfektion nicht etwa nur eine oberflächliche, sondern vielmehr 
eine vollkommene ist. Die Nutzanwendung dieser Untersuchungen 
für die Asepsis der Operationen lehrt, dass die Trikothandschuhe 
keine Verbesserung, sondern eine Verschlechterung der Asepsis dar- 
stellen, dass wir vielmehr Vertrauen zu den wohl desinficirbaren 
Händen gewinnen müssen, und dass dieselben dann am wenigsten 
Gelegenheit zur Inhaftirung und Übertragung von Mikroorganismen 
in das Operationsgebiet setzen, wenn wir die unbekleideten Hände 
durch häufiges Abwaschen in sterilem Wasser während der Operation 
so rein wie möglich halten und dadurch verhindern, dass in den sich 
ansammelnden Blutresten die Keime sich niederlassen. Für die- 
jenigen Fälle, wie z. B. bei Placenta praevia-Blutungen, wo Gefahr 
im Verzug ist, so dass wir nicht die genügende Zeit haben, unsere 
Hände zuverlässig keimfrei zu präpariren, oder wenn wir unsere 
Hände durch septische Sekrete besonders schwer inficirt haben, em- 


pfiehlt es sich, in Gummihandschuhen zu operiren. 
(Selbstbericht.) 


Diskussion zu 4—7: Bunge (Königsberg) glaubt, dass bei den 
Experimenten über Hautdesinfektion die tieferen Schichten der Haut 
zu wenig untersucht sind. Er hat diese durch Abkratzen der Epidermis 
zugänglich gemacht und dort regelmäßig Keime gefunden, falls nach 
Ahlfeld desinficirt worden war. Er fand bei Vergleichung des 
50%igen und des 90%igen Alkohols ersteren entschieden wirksamer. 
Alkoholumschläge ergaben noch die besten Erfolge, ganz ausnahms- 
weise sogar einmal Keimfreiheit. Die Experimente wurden sowohl 
am Lebenden, als auch an frisch amputirten Gliedern ausgeführt. 

Henle (Breslau!. 

Prutz (Königsberg i/Pr.): Unter 575 blutigen Eingriffen in der 
Königsberger Poliklinik während der letzten 7 Monate waren 100 
aseptische Operationen. Sie gaben bei ausschließlicher Heißwasser- 
Alkohol-Desinfektion zweimal Eiterung der ganzen Wunde, zweimal 
einige Stichkanaleiterungen (außerdem ein Jodoform-, ein Schweiß- 
ekzem bei sonst glattem Verlauf). Berührungen der Wunden mit 
den Händen wurden vermieden und besonderer Werth darauf ge- 
legt, auch die Tupfer nur mit Instrumenten anzufassen, was 
principiell geschehen sollte. 

Der scheinbare Widerspruch der Resultate mit den Ergebnissen 
von Bunge’s Untersuchungen über Hautdesinfektion löst sich da- 
durch, dass zu aseptischem Verlauf Sterilität im bakteriologischen 
Sinne nicht nöthig ist. Es wurden bei den Hautuntersuchungen 
auch nur sehr selten Eitererreger, und zwar nur Staphylokokken, 
gefunden. (Selbstbericht.) 


Zoege v. Manteuffel (Dorpat): Die Steigerung der Asepsis 
durch permeable Handschuhe ist gemäß den Versuchen von Döder- 


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lein und Perthes als misslungen anzusehen. Es bleibt also nur 
übrig, durch Anwendung der von ihm empfohlenen Gummihand- 
schuhe bei septischen Operationen die Gelegenheit zur Infektion 
der Hände möglichst einzuschränken. Er bedient sich zu diesem 
Zweck der allerdings etwas unbequemen Handschuhe, wie sie Apo- 
theker, Chemiker etc. verwenden, und hat, seitdem er dies thut, viel 
bessere Resultate. Auch er betont, dass man die Wunde möglichst 
nur mit Instrumenten, nicht mit den Händen berühren solle. 


Lauenstein (Hamburg) meint, dass die Handschuhe nur von 
solchen Operateuren adoptirt sind, die mit ihren früheren Resultaten 
unzufrieden waren. Er sieht die Hauptgefahr in Nebenumständen 
und verlangt vor allen Dingen ein geschultes Personal, Vermeidung 
von Störungen durch die Narkose, einen aseptischen Operationssaal. 
Er hält Luftinfektion für sehr wohl möglich. Henle (Breslau). 


Wölfler (Prag) hebt zunächst hervor, dass es gerade mit Rück- 
sicht auf die prophylaktische Asepsis als nothwendig erscheine, wasser- 
dichte Handschuhe dann zu benutzen, wenn es sich um septische 
Operationen oder um Untersuchungen der Vagina, des Rectums etc. 
handle; außerdem erscheint es durchaus nicht gleichgültig, dass durch 
diese Maßnahmen in sicherer Weise die Hände des Operateurs und 
der Assistenten vor Autoinfektion geschützt werden. 

Der relativ hohe Preis wird sich wohl mit der zunehmenden 
Verbreitung derselben rasch verringern; auch ist zu erwarten, dass 
in dieser Hinsicht immer zweckmäßigere Handschuhe angefertigt 
werden werden. 

Wenn auf den wasserdichten Handschuhen Keime gefunden 
werden, so ist daran eben so wenig Schuld der Handschuh als die 
Hand selbst. 

W. empfiehlt aber auch bei aseptischen Operationen den Ge- 
brauch der Handschuhe. Derselbe gebraucht Lederhandschuhe. 
Da aber die Untersuchungen in seiner Klinik ergeben haben, 
dass Pyocyaneuskulturen durch den Zwirnhandschuh schon nach 
10 Minuten und den Lederhandschuh nach !/,; Stunde an die 
Oberfläche dringen, so erschien es ihm nothwendig, nur mit 
jenen Lederhandschuhen zu operiren, welche zuvor mindestens 
24 Stunden lang in einer 1%igen Lysollösung gelegen waren und 
besonders auch während der Operation öfters sammt der Hand in 
eine solche Lösung getaucht werden. Dass durch eine solche Maß- 
nahme von den Regeln der Asepsis abgewichen wird, erscheine ihm 
belanglos, da bei den aseptischen Operationen sowohl in seiner als 
euch in anderen Kliniken die Hände während der Operation in eine 
antiseptische Lösung getaucht werden, und auch die Wunde mit 
einer solchen abgespült wird. Jedenfalls erscheine ihm ein Hand- 
schuh, der 24 Stunden lang in einer 1%igen Lysollösung gelegen 
hatte, für die Wunde weniger gefährlich als ein Finger, der mit einer 
solchen nur abgespült wird. Gegen Döderlein wendet W. ein, 

; ae 


— 36 —— 


dass zur genaueren Beurtheilung: ein Vergleich zwischen dem 
Bakteriengehalt an der Oberfläche der Hände und der in Gebrauch 
stehenden Handschuhe gemacht werden müsste. (Selbstbericht.) 


Friedrich (Leipzig): Der Verlauf der Diskussion lehrt, dass 
nur undurchlässige Handschuhe zur Verwendung gezogen werden 
dürfen, auch zu dem Zweck, eine Asepsis zu garantiren, falls die 
Hände aus irgend einem Grunde nicht keimfrei gemacht werden 
können. Er demonstrirt Gummihandschuhe, welche zu diesem Zweck 
mehr geeignet sind als die von Wölfler und Zoege v. Manteuffel 
empfohlenen. Sie sind sehr dünn, so dass sie das Gefühl wenig 
beeinträchtigen, vertragen eine mehrmalige Sterilisation in strömen- 
dem Wasserdampf und haben den Vorzug der Billigkeit. 


Neuber (Kiel) sieht durch Alles, was er gehört hat, die Ansicht 
bestätigt, die er seit 1882 ausgesprochen hat. Er hält das Sterilisiren 
der Verbände für überflüssig, wenn man nur Trockenverbände ver- 
wendet und die Wunde selbst mit einer dünnen Lage sterilisirter 
Gaze oder Jodoformgaze bedeckt. Luftfiltration hält er für sehr 
wichtig, das beweist die kolossale Menge von Staub, welche sich in 
den Luttfiltern seines Operationssaales ansammelt. Er desinfieirt 
seine Hände gar nicht, sondern wäscht sich nur gründlich‘ mit 
warmem Wasser und Seife, dann mit sterilem Wasser. Ob nach 
diesem Vorgehen noch Keime in der Haut vorhanden sind, ist 
gleichgültig. Auf die erreichten Resultate kommt es an, und mit 
denen kann er durchaus zufrieden sein. 


Mikulicz (Breslau): Herrn Döderlein’s Resultate stehen im 
Widerspruch zu den Ergebnissen der meisten bisherigen Untersucher, 
nach denen ein dauerndes Sterilbleiben der Hände ausgeschlossen 
erschien. Ferner muss man sich die Frage vorlegen: Woher kommen 
die Bakterien, die Herr Döderlein in den Handschuhen nach- 
weisen konnte? Von außen? dann ist das Operationsfeld nicht steril 
gewesen und der ganze Versuch für unsere Frage belanglos; von 
innen? das ist nicht möglich, wenn nicht ein Widerspruch zu, den 
Ergebnissen der Versuche mit Kautschukhandschuhen entstehen soll. 
Dass aus der Luft allein so enorme Mengen aufgesaugt . werden 
sollen, ist gleichfalls auszuschließen. Übrigens besteht.M. gar nicht 
durchaus auf der Anwendung permeabler Handschuhe; er ist gern 
bereit, zu undurchlässigen überzugehen, sobald er geeignete gefunden 
hat. Bis dahin wird er bei den permeablen Handschuhen. bleiben, 
deren Gefahren er für weniger groß ansieht wie Herr Döderlein. 
Im Gegentheil sind die mit den Zwirnhandschuhen erzielten Re- 
sultate sehr zufriedenstellend, indem seit ihrer Einführung. die. Zahl 
der Wundinfektionen von 16% auf5% zurückging, wobei jede Stich- 
kanaleiterung als Infektion gerechnet wurde. Häufiger Handschuh- 
wechsel während blutiger Operationen ist selbstverständlich uner: 
lässlich. G SG 


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Garre& (Rostock) hält die von Den Mikulicz demonstrirten 
Kontrollapparate für sehr empfehlenswerth, die Maske dagegen hält 
er für entbehrlich in so fern, als die Versuche, welche zu ihrer An- 
wendung geführt haben, die Gefahr des Sprechens übertreiben. Das 
ruhige Sprechen während einer Operation kann nicht verglichen 
werden mit dem Sprechen, wie es bei den betreffenden Experimenten 
ausgeführt wurde. Auf der anderen Seite hat die Maske die Gefahr, 
dass sie aus den Barthaaren des Chirurgen durch Scheuern an den- 
selben Keime loslöst, die dann, wie G. schon vor Jahren nach- 
gewiesen hat, auf das Operationsfeld herabfallen können. 


Helferich (Greifswald) sieht den Grund der hier aufgetretenen 
Gegensätze in der Verschiedenheit der Anordnung des Betriebes an 
den verschiedenen Kliniken. Eine Infektion der Hände lässt sich 
nicht vollkommen vermeiden; es ist das auch nicht nöthig, wenn 
man sich so einrichtet, dass man zuerst die aseptischen, dann die 
septischen Fälle operirt und sich auch nach den septischen Opera- 
tionen gründlich desinficirt. Auch für möglichste Befreiung der 
Wunden von Blutgerinnseln ist zu sorgen, da diese für die Ansiede- 
lung von Bakterien geeignet sind. Beachtet man diese Kautelen, 
dann kann man auch im klinischen Hörsaal mit guten Resultaten 
operiren. Für manche Operationen mögen auch Gummi- oder des- 
inficirte Handschuhe am Platze sein. Im Ganzen aber kann man 
dieselben entbehren. 


Heidenhain (Worms) betont ebenfalls, dass man ein Berühren 
der Wunde mit den Fingern möglichst vermeiden soll, und wenn 
dieses nöthig ist, dann soll es nur unter Zwischenlagerung von sterili- 
sirten Tüchern geschehen. Er führt als Beispiel für die Möglich- 
keit einer Infektion mittels der Exspirationsluft eine septische Peri- 
tonitis an, welche nach einer einfachen Ovariotomie eintrat, und 
deren Entstehung sich schließlich erklärte aus einer schweren Grippe, 
an welcher ein Assistent zur Zeit der Operation gelitten hatte. 


. Riedel (Jena) erkundigt sich bei Herrn Döderlein nach den 
therapeutischen Resultaten, welche er bei den Operationen, von wel- 
chen die Handschuhversuche stammen, gehabt hat. 


Döderlein (Tübingen): Meine Resultate waren durchaus gute; 
unter 100 Laparotomien habe ich keine einzige septische Infektion 
gehabt. Leichte Temperatursteigerungen, die gewöhnlich unter dem 
Namen des aseptischen Fiebers gehen, mögen wohl auf leichte In- 
fektionen zurückzuführen sein; auch diese Zufälle sollte man wo- 
möglich vermeiden. Was meine bakteriologischen Versuche anlangt, 
so halte ich dieselben für durchaus einwandsfrei und sie können 
kontrollirt oder widerlegt werden nur an der Hand von Experimenten, 
die in analoger Weise angestellt sind. Die vorgefundenen Keime 
können nur von außen in die Handschuhe gekommen sein, sie 
dürften im Wesentlichen aus der Luft stammen. Ich halte die Hand- 


Se ag. 7 e 


schuhe desshalb direkt für gefährlich, weil sie sich geradezu als 
Sammelplätze für die Bakterien erweisen. 


v. Eiselsberg (Königsberg) hat seit der Mikulicz’schen Ver- 
öffentlichung mit permeablen Handschuhen operirt. Er bestreitet, 
dass dieselben unbequem sind. Die Resultate haben sich seither 
wesentlich gebessert, indem die Eiterungen von 10% auf 5% ge- 
sunken sind. Henle (Breslau). 


8) v. Bruns (Tübingen). Inhumane Kriegsgeschosse. 


Vor Kurzem ist von dem englischen Chirurgen Davis in der 
verbreiteten Wochenschrift British medical journal (17. December 1897) 
eine Mittheilung über die neuesten Gewehrprojektile erschienen, wie 
sie von den englischen Truppen in ihrem jüngsten indischen Grenz- 
kriege im Tschitral in Anwendung gezogen worden sind. Die 
englischen Soldaten führen das Lee-Metfordgewehr, das unserem 
deutschen Ordonnanzgewehr M. 88 im Ganzen ähnlich ist. Das Ge- 
schoss von 7,7 mm Kaliber hat Bleikern und Nickelmantel. Wie 
Davis berichtet, konnten die englischen Truppen mit diesen Ge- 
schossen die Feinde in ihrem wilden Ansturm nicht aufhalten, und 
so kamen die Soldaten auf das »praktische und ingeniöse« Verfahren, 
die Spitze des Nickelmantels durch Reiben mit scharfen Steinen 
abzufeilen, um den weichen Bleikern hervortreten zu lassen. Nun 
hatten diese Geschosse, welche sie »Weichnasen« nennen, den ge- 
wünschten Effekt; denn beim Durchdringen des Körpers staucht 
sich der Bleikern pilzförmig und sprengt den Mantel oder zerspritzt 
und bewirkt »wahrhaft grausame Verwundungen«. 

Nach diesem Vorgang wurden seither von Staatswegen derartige 
Geschosse hergestellt, welche den berüchtigten Namen Dum-Dum- 
kugeln erhalten haben. Sie haben einen dünneren Nickelmantel 
und kurze Bleispitze und erzeugen so schreckliche Wunden, dass sie, 
wie Davis meint, in einem europäischen Kriege verboten würden. 
Vorerst sind sie »im Truppenversuch gegen die Grenzstämme«. 

So weit der englische Berichterstatter. Bisher war nur bekannt, 
dass bei der Jagd auf Hochwild gelegentlich solche Mantelgeschosse 
mit Bleispitze (Halbmantelgeschosse) verwendet werden. An ihre 
Verwendung im Kriegsfalle hatte man bisher offenbar nicht gedacht. 

Die Wirkung dieser Geschosse kann ich Ihnen an einer Reihe 
von Schusspräparaten vor Augen führen. Sie stammen von Schieß- 
versuchen, die ich gemeinsam mit meinem Assistenzarzt Herrn 
Dr. Wendel angestellt habe. Wir verwendeten Mantelgeschosse 
mit kurzer Bleispitze (von 5 mm Länge). Mit diesen wurde auf 
25—50 m Entfernung aus dem Ordonnanzgewehr M. 88 mit voller 
Ladung geschossen. 

Diese Nahschüsse sind kaum mehr als Gewehrschusswunden 
zu erkennen, sondern gleichen denen durch grobes Geschütz. Haut, 
Weichtheile und Knochen sind in weiter Strecke zerrissen, zerfetzt 


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und zersplittert, dazu noch ganze Stücke herausgeschlagen, so dass 
die Glieder oft nur noch durch Hautstreifen und einzelne Sehnen 
zusammenhängen. 

Außerordentlich schwer sind schon die einfachen Weichtheil- 
schüsse. Erinnern wir uns, dass bei den Mantelgeschossen der 
Einschuss in die Haut .durchschnittlich 7—8, der Ausschuss 9—10, 
höchstens 15 mm beträgt, so wie dass der Schusskanal in den Muskeln 
eine cylindrische Röhre von etwas größerem Durchmesser als das 
Geschosskaliber bildet. 

Dagegen lässt hier ein Schuss quer durch die Muskulatur an der 
Innenseite des Oberarms gar keinen Ein- und Ausschuss erkennen; 
vielmehr ist die Haut in der ganzen Länge des Schusses quer ge- 
platzt und zugleich durch mehrere Längsrisse in schmale Streifen 
und Fetzen zertheilt, so dass ein handbreiter Defekt besteht. Die 
Muskulatur ist mehrere Finger breit zertrimmert, die Gefäß- und 
Nervenstämme zerrissen, die Wunde klafft 11 cm breit bis auf den 
unversehrten Knochen. 

Bei einem Schuss quer durch die Muskulatur an der Hinter- 
seite des Oberschenkels ist ein runder Hauteinschuss von 11 mm 
Durchmesser vorhanden, der Ausschuss bildet einen stark klaffenden 
Längs- und Querriss von 12 bis 13 cm Länge, wie nach einem 
Kreuzschnitt, und der Schusskanal in den Muskeln bildet eine 
gänseeigroße Zertrümmerungshöhle. 

Ein anderer Schuss traf den Oberschenkel bei knieender Stellung 
in der Längsachse. Der Schusskanal verläuft 46 cm in den Weich- 
theilen der Außenfläche: seine untere Hälfte bildet eine handbreit 
klaffende Platzwunde der Haut und Muskulatur, in deren Grund 
der Knochen entblößt, aber unversehrt daliegt; die obere Hälfte des 
Schusskanals ist für 3 Finger durchgängig. Das Geschoss ist ganz 
pilzförmig gestaucht 

So kommt also schon bei den einfachen Weichtheilschüssen 
eine kolossale Sprengwirkung zur Geltung, während die Mantel- 
geschosse aus demselben Gewehr in der Haut und den Muskeln 
fast gar keine Sprengwirkung enthalten. Die Haut platzt in mehreren 
parallelen Längsrissen und wird hiedurch in schmale Streifen ge- 
spalten, welche zum Theil noch quer zerrissen sind und dann als 
Fetzen in die Wunde hängen. In den Muskeln entstehen kleinfaust- 
große Zertrümmerungshöhlen und weite Kanäle, welche für 3 Finger 
durchgängig sind. 

Noch weit verheerender ist aber die Sprengwirkung bei den 
Knochenschüssen. Ein Schuss drang durch das obere Ende der 
Diaphyse beider Unterschenkelknochen von vorn nach hinten. An 
der Vorderseite neben der äußeren Tibiakante ist ein runder Ein- 
schuss, an der hinteren Seite ein mehr als mannsfaustgroßes Loch in 
der Haut und den Muskeln, mit Weichtheilfetzen, Knochensplittern 
und feinen Geschossfragmenten austapezirt. Die Haut ist in einer 
Strecke von 20 cm in Streifen gerissen und defekt, in derselben 


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Ausdehnung die Muskeln zerfetzt. Beide Knochen sind zerschmettert, 
die Tibia nur durch einen Streifschuss. 

Ein anderer Schuss durchdrang den Oberschenkelknochen von 
vorn nach hinten oberhalb der Kondylen. Am Einschuss zeigt die 
Haut einen 13 cm langen Riss, am Ausschuss mehrfache Risse bis 
22 cm Länge. Der Ausschuss bildet einen faustgroßen Defekt in 
Haut, Muskeln und Knochen, die Gefäßstämme sind zerrissen, nur 
der Nervenstamm in seiner Kontinuität erhalten, der Knochen in 
zahllose feine Splitter zerschmettert. 

Bei einem Schuss auf den Fußrücken ist von Ein- und Ausschuss 
nichts zu erkennen, sondern im Bereich der Fußwurzel ein enormer 
Defekt. Die Haut fehlt in der Länge von 10 cm bis auf einen 
Streifen auf der Innenseite, und nur einige Sehnen spannen sich 
über den Defekt hinüber. Die Fußwurzelknochen sind in kleinste 
Splitter zertrümmert und zum größten Theil nach außen geschleudert, 
die Ferse hängt lose nach abwärts. 

Bei einem Schuss durch das untere Ende des Oberarms ist an 
der Hinterseite ein runder Einschuss, an der Vorderseite ein enormer 
Defekt, so dass der untere Theil des Glieds nur durch eine 8 cm 
breite Brücke von Haut und einigen Muskeln zusammenhängt. Die 
Haut ist durch zahlreiche Längsrisse von 8—12 cm Länge gespalten 
und fehlt in Handbreite über dem ganzen Defekt. In den Muskeln 
ist ein Zertrümmerungsherd von 4 Finger Breite, und fast in der- 
selben Ausdehnung fehlt der Knochen. 

Bei einem Schuss quer durch den Vorderarm hängt der untere 
Theil des Glieds nur noch an einigen schmalen Hautstreifen, da in 
der Breite von 3 Fingern die übrigen Weichtheile und die Knochen 
vollständig zertrümmert und herausgeschlagen sind. In der Haut 
sind mehrere bis 15 cm lange Risse, die Wunde ist mit Haut-, 
Muskel- und Sehnenfetzen, so wie mit zahllosen Knochensplittern 
ausgekleidet. — 

Diese Ergebnisse unserer Schießversuche übertreffen noch die 
schlimmsten Befürchtungen und zeigen mit erschreckender Augen- 
fälligkeit, welch gewaltige Wirkung die einfache Entfernung der 
Mantelspitze erzeugt. In der That, die Verletzungen sind ohne 
jeden Vergleich schwerer, als alle bisherigen Gewehr- 
schusswunden. 

Die Ursache liegt auf der Hand: zu der enormen Anfangs- 
geschwindigkeit der kleinkalibrigen Geschosse gesellt sich 
die Weichheit derselben. Das Blei deformirt sich im höchsten 
Grade und zerspritzt — daher die furchtbare Sprengwirkung in 
den harten und ganz besonders in den weichen Körpergeweben. 
Sind doch schon die einfachen Fleischschüsse große Platzwunden 
der Haut mit Zertrümmerungshöhlen der Muskeln, weil sich schon 
beim Durchdringen der Muskeln das Blei staucht. Diese Defor- 
mirung des Geschosses erfolgt in ganz regelmäßiger Weise: die 
Bleispitze staucht sich und sprengt den Mantel von vorn her in 


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2—3 mm breite Streifen, welche an ihrem hinteren Ende im Zu- 
sammenhang bleiben und sich nach hinten umrollen. Beim Auf- 
treffen auf harte Knochen zerspritzt das Blei und zerschellt den 
Mantel in kleine und kleinste Fragmente, die im Röntgenbild über 
die ganze Wunde zerstreut sind. 

Diese Deformirung der Geschosse beeinträchtigt natürlich in 
hohem Grade die Durchschlagskraft; letztere ist bei Nahschüssen 
in Holz um das Vierfache geringer als bei den Mantelgeschossen. 
Bei den Fernschüssen nimmt daher die Wirkung erheblich ab und 
ist den Mantelgeschossen unterlegen. 

Die Ergebnisse unserer Schießversuche lehren aber auch zur 
Evidenz, welch hohe Bedeutung den Mantelgeschossen in humani- 
tärem Sinn zukommt. Dürfen wir uns auch nicht verhehlen, dass 
ihre Einführung mit dem Kleinkaliber nur aus rein technischen 
Gründen erfolgt ist, so hat doch die Härte und geringe Deformir- 
barkeit des Stahlmantels die Nachtheile der gesteigerten Geschwin- 
digkeit so weit auszugleichen vermocht, dass zwar nicht in den 
Knochen, wohl aber in den Weichtheilen die Zerstörung durch 
Sprengwirkung entschieden herabgemindert ist. In diesem Sinne 
habe ich die viel angefochtene Bezeichnung »humane Geschosse« 
gebraucht. — Sie ist heute mehr als je gerechtfertigt; denn den 
englischen Soldaten sind sie ja allzu human und diese haben wieder 
die alten Bleigeschosse verlangt, um den Feind sicher niederzustrecken. 
Vollauf gerechtfertigt aber ist die Bezeichnung >human« gegenüber 
den neuesten Geschossen, welche sogar entgegen den technischen 
Rücksichten und auf Kosten der Durchschlagskraft lediglich zu dem 
Zwecke konstruirt sind, um die Verletzungen schwerer zu gestalten. 
Das sind inhumane Geschosse, welche unmenschlich grausame 
Wunden erzeugen. 

Wir sind damit zu dem wichtigsten Punkte unseres Gegenstandes 
gekommen, nämlich zu der Frage des völkerrechtlichen Schutzes 
gegen die Verwendùng kleinkalibriger Geschosse mit: Bleispitze. 
Es liegt ja die Befürchtung nahe, dass in einem künftigen Kriege 
solche Geschosse mitgeführt oder von den Soldaten hergestellt werden, 
und gegen die Verwendung ‚von soliden Bleiprojektilen hat noch 
niemals ein Verdikt bestanden. 

Die einzige auf die Gewehrprojektile bezügliche internationale 
Vereinbarung ist die Konvention von St. Petersburg.aus dem Jahre 1868, 
welche. zwischen sämmtlichen europäischen Mächten abgeschlossen 
worden ist. Sie verbietet, in einem Kriege zwischen diesen Mächten 
Geschosse von weniger als 400 g Gewicht zu verwenden, welche 
explosibel oder mit entzündlichen und brennbaren Stoffen versehen 
sind!. Wie konnte man aber damals die Fortschritte in der Gewehr- 


. 1 Der Wortlaut ist: >Les parties. contractantes s'engagent à renoncer mu- 
tuellement, en cas de guerre entre elles, à l'emploi par leur troupes, de terre ou de 
mer, de tout projectile d’un pois inférieur à 400 grammes, qui serait ou explosible 
ou chargé de matières fulminantes ou inflammables«. 


BE VIREN 


——TonBhktion voraussehen, welche eine so enorme Vermehrung der 
——Änfangsgeschwindigkeit herbeigeführt haben, dass die soliden Blei- 
geschosse selbst zu Explosivgeschossen wurden. 
M. H. Ich bin Ihrer Zustimmung gewiss, wenn ich von dieser 
Stelle aus dem Wunsch Ausdruck gebe, es möchten von der deut- 
schen Heeresleitung die Schritte ausgehen, um durch internationale 
Vereinbarung eine Ergänzung der Petersburger Konvention in dem 
Sinne zu bewirken, dass nur solche kleinkalibrigen Blei- 
geschosse verwendet werden dürfen, welche entweder ganz 
oder mindestens an der Spitze mit einem Stahlmantel 
versehen sind. 
Allen civilisirten Staaten gilt es ja als ein Gebot der Mensch- 
lichkeit: Die Kugel soll den getroffenen Gegner kampfunfähig machen, 
aber nicht immer verstümmeln und tödten. (Original.) 


(Die Versammlung stimmt dem Wunsche des Redners, eine ent- 


sprechende Ergänzung der Petersburger Konvention zu bewirken, bei.) 
(Redaktion.) 


Diskussion. Lauenstein (Hamburg) glaubt, dass der Kon- 
gress mit den Ausführungen v. Bruns’ sich einverstanden erklären 
könne. 


Rud. Köhler (Berlin) empfiehlt den humanitären und ethischen 
Vereinen und Gesellschaften, sich der Sache zu bemächtigen. 
Jaffé (Hamburg). 


9) Salzwedel (Berlin) berichtet, dass ihm von vielen Seiten, 
zum Theil auch durch litterarische Veröffentlichungen (Loew- 
Bardenheuer) sehr günstige Urtheile über die von ihm angegebene 
und seit fast 12 Jahren ausgeübte Behandlung der Entzündungen 
— Phlegmonen, Panaritien etc. — mit dauernden Spiritus- 
verbänden zugegangen sind. In dankenswerthester Weise hat auch 
die Medicinalabtheilung des Kgl. preuß. Kriegsministeriums sein 
Verfahren in mehreren großen Lazaretten prüfen lassen und wird 
auf Grund der günstigen Erfolge die Versuche in erweitertem Maß- 
stabe fortsetzen lassen. — S. verwahrt sich eindringlichst gegen die 
Annahme, dass er rathe, die Incisionen bei der Behandlung der 
Phlegmonen und Panaritien zu unterlassen. Jeder solle genau nach 
denselben Indikationen wie bisher incidiren. Es sei jedoch That- 
sache, dass sich die Indikation für die Incision bei systematischer 
Anwendung seines Verfahrens erheblich seltener ergebe. 

Ferner stimmt S. der Beobachtung Loew’s zu, dass Anätzungen 
der Haut und dadurch hervorgerufene Schmerzhaftigkeit meist nur 
dort auftreten, wo das Epithel durch vorher angewandte feuchte Ver- 
bände anfgequellt ist. S. setzt hinzu, dass dies auch an solchen 
Stellen der Fall ist, wo, wie am Handteller, am Fuß, in der Achsel- 
höhle, bei Schweißfüßen, die Haut durch die eigene Schweißsekretion 


er a 


stark durchfeuchtet wird. Der Spiritus scheint hier durch @Bttrose 
in die tieferen Hautschichten zu gelangen, während er sonst "hur— 
gasförmig eindringen kann, weil die schnell erhärtete oberflächliche 
Epithelschicht dem flüssigen Spiritus den Weg verschließt. Dickes 
Bepudern der bedrohten Hautstellen mit Wismuth oder Bestreichen 
mit Vaseline gewährt einigen Schutz. An solchen Stellen soll man 
eventuell das durchlöcherte Gummizeug so lange fortlassen, bis die 
Haut ausgetrocknet ist. 

Da die Spiritusbehandlung noch bei so schweren Entzündungen 
wie Phlegmonen, Panaritien, nach Loew sogar bei den schwersten 
septischen Formen im Stande ist, die Entzündung durch die perkutane 
Wirkung des Alkohols zu beseitigen bezw. einzuschränken, so war 
von vorn herein anzunehmen, dass sie noch sicherer die beginnen- 
den Entzündungen bei frischen aber schon inficirten 
Wunden günstig beeinflussen werde, und dass sie infektions- 
verdächtige Wunden entzündungsfrei halten könne. Nach S.’s 
Beobachtungen scheint sich dies vollkommen zu bestätigen. Bei 
Wunden, welche seit mehreren Tagen heftig entzündet waren, be- 
seitigten die Verbände die Entzündung in 1 bis höchstens 3 Tagen so 
vollständig, dass alsdann, d. h. am 6.—8. Tage nach der Verletzung 
angelegte sekundäre Nähte regelmäßig der prima intentio entsprechende 
Heilungen zur Folge hatten. Eben so blieben Wunden, bei welchen 
aus äußeren Gründen eine exakte primäre Desinfektion nicht oder 
nur ungenügend hatte stattfinden können, unter den Verbänden stets 
entzündungsfrei. Man müsse annehmen, dass durch den in dieser 
Weise verwendeten Alkohol nicht nur die Haut der Wundumgebung, 
sondern auch die Gewebe in der Tiefe, in welchen sich sonst die 
Entzündung ausbreitet, desinficirt werden. Da die Wunde selbst 
nicht mit dem Spiritus in Berührung zu kommen braucht, dürfte sie 
vielfach unter Verhältnissen, die sich der Asepsis nähern, stehen. 
Diese für die Wundbehandlung so wichtigen Beobachtungen bittet 
S. in erster Linie nachzuprüfen, weil im Falle ihrer Bestätigung ein 
zweckmäßiger Nothverband gefunden wäre, wie er für die Massen- 
verletzungen im Kriege wie im Frieden Bedürfnis ist. Auch die 
schnelle Durchtränkung solcher Verbände mit Blut, welche die 
meisten Nothverbände illusorisch macht, dürfte bei den Spiritus- 
verbänden wegen ihrer koagulirenden Eigenschaften weniger zu 
fürchten sein. Alles zum Nothverbande Erforderliche hat S. in einem 
kompendiösen Verbandpäckchen zusammengestellt, welches die 
Verbandstoffhandlung von Pech in Berlin demnächst in den Handel 
bringen wird. (Selbstbericht.) 


10) H. Braun (Leipzig). Experimentelle Untersuchungen 
und Erfahrungen über Infiltrationsanästhesie. 
Die experimentelle Untersuchung der Wirkung der wässrigen 
Lösungen einer großen Anzahl chemischer Körper bei der Ein- 
spritzung in die Gewebe hat Folgendes ergeben: 


ET e 


1) Quellung und Wasserentziehung lähmen die sensiblen Nerven 
nach vorhergehendem heftigen Reiz und schädigen die Gewebe. Für 
Gewebsinjektionen, speciell für die Schleich’sche Infiltrations- 
anästhesie dürfen daher nur osmotisch indifferente Lösungen ver- 
wendet werden. Es sind das solche, welche annähernd den gleichen 
Gefrierpunkt — nämlich — 0,55° — haben, wie die normalen Körper 
flüssigkeiten, Blut, Lymphe etc. 

2) Das Eucain B ist in seiner lokalanästhetischen Potenz, 
wenigstens für die Infiltrationsanästhesie, absolut gleichwerthig dem 
Cocain, während es vor ihm den Vorzug weit geringerer Giftigkeit, 
aber größerer Haltbarkeit und beliebiger Auskochbarkeit seiner Lö- 
sungen besitzt. Kein anderer Körper, auch das Eucain A nicht, 
kann als Ersatzmittel für das Cocain in Frage kommen. 

B. empfiehlt daher, für die Schleich’ sche Infiltrationsanästhesie 
eine von ihm seit Monaten an einer großen Zahl poliklinischer und 
klinischer Operationen praktisch erprobte Lösung von 0,1 %igem Eu- 
cain B in einer 0,8%igen Kochsalzlösung zu verwenden. Sie 
ist osmotisch indifferent. Ihre Temperatur ist für das Zustande- 
kommen der allein durch den Eucainzusatz verursachten Anästhesie 
ganz gleichgültig; sie muss aber auf Körpertemperatur erwärmt 
werden, um hypersensible, entzündete Gewebe schmerzlos infiltriren 
zu können, da Temperaturdifferenzen als sensibler Reiz wirken. B. 
hat von dieser Lösung mehrfach bis zu 300 ccm bei einer Operation 
verwendet; das ist aber eine Quantität, welche man einem Kaninchen 
subkutan einverleiben kann, ohne dass Vergiftungserscheinungen ent- 
stehen. Dem Morphium kommt auch nicht die geringste lokal- 
anästhetische Wirkung zu, während es noch in enormer Verdünnung 
Ödeme der Gewebe verursacht. Es ist daher unzweckmäßig, diesen 
Körper den Infiltrationsflüssigkeiten hinzuzusetzen. Die Schleich’sche 
Infiltrationsanästhesie ist diejenige Methode, welcher innerhalb der 
der Lokalanästhesie gesteckten Grenzen das weiteste Feld offen steht. 
Sie ist nicht allein für die sogenannte kleine Chirurgie eine aus- 
gezeichnete Methode, schmerzlos zu operiren, sondern sie greift auch 
in das Gebiet der großen Chirurgie hinüber, so weit es sich um 
räumlich nicht zu ausgedehnte Operationen handelt, und so weit das 
psychische Verhalten der Kranken die Anwendung einer Lokal- 
anästhesie gestattet. Von besonderem Werth ist sie ferner bei Bauch- 
operationen an geschwächten Kranken. Nicht scharf umschriebene 
Tumoren und diffuse entzündliche Processe sind ihr unzugänglich. 
Der Technik der Methode, wie sie von ihrem Erfinder ausgearbeitet 
wurde, ist nur wenig hinzuzufügen; doch hält B. das primäre Er- 
frieren der Cutis, um angeblich den ersten Einstich schmerzlos zu 
machen, für zwecklos. — An den Fingern und Zehen ist die von - 
Oberst und Pernice in der Volkmann’schen Klinik ‘schon vor 
10 Jahren ausgebildete Methode, die Nervenstämme durch 1,—1%ige 
Cocainlösungen zu anästhesiren, der Infiltrationsanästhesie überlegen; 
B. schlägt vor, allein diese Methode als regionäre Anästhesie zu be- 


ER ee 


zeichnen. Vor der älteren Cocainanästhesie, welche in Reclus 
ihren modernen Hauptvertreter gefunden, und welche im Princip 
ebenfalls eine reine Infiltrationsanästhesie ist, besitzt die Schleich’sche 
Methode wesentliche Vorzüge, vor Allem den der absoluten Unge- 
fährlichkeit. (Selbstbericht.) 


11) Hackenbruch (Wiesbaden). Über lokale Analgesie bei 
Operationen. 


Nach einem Vorschlage, die örtliche Schmerzlosigkeit bei Ope- 
rationen lokale Analgesie statt Anästhesie zu bezeichnen, welch 
letzteres Wort »zu viel bedeute« (Szumann), so wie nach Würdigung 
der bis jetzt bekannten lokalanalgischen Operationsmethoden wird 
näher ein vom Vortr. unabhängig geübtes Verfahren der lokalen 
Analgesirung für gewisse Fälle empfohlen, das unter einiger Ver- 
änderung in einer Monographie des Vortr. (Örtliche Schmerzlosigkeit 
bei Operationen; Wiesbaden 1897) schon veröffentlicht worden ist. 

Von der Schilderung der ersten unter lokaler Analgesie aus- 
geführten, absolut schmerzlos verlaufenen Operation, welche einen 
Fremdkörperabscess betraf, ausgehend, legt Vortr. in logischer Schluss- 
folgerung dar, dass die dabei angewandte »cirkuläre Analgesirung e 
außer bei umschriebenen Abscessen auch bei der Exstirpation von 
Geschwülsten und besonders bei Operationen an Fingern und Zehen 
so wie am Penis vortheilhafte Verwendung finden kann. 

Im weiteren wird darauf aufmerksam gemacht, dass zur Er- 
zielung ausreichender Schmerzlosigkeit außer einer frischen Anal- 
gesirungsflüssigkeit D resp. 1/, % ige Cocain-Eucainlösung), welche recht 
warm (Tito Costa) injicirt wird, auch die Verwendung einer guten 
Subkutanspritze erforderlich ist; seit fast 2 Jahren gebraucht Vortr. 
eine Injektionsspritze, deren unterer Ausflusszapfen schräg abgebogen 
ist, während die Nadel durch einen Bajonnettverschluss fest ange- 
presst gehalten wird. Nöthig ist es, dass der Pat. vor der lokal- 
analgischen Operation genügende Nahrung zu sich genommen hat 
und bei der Operation eine liegende resp. bequem halbsitzende 
Stellung einnimmt. Nach Beschreibung der » cirkulären Analgesirung « 
am Beispiel einer Trendelenburg’schen Varicenoperation wird dann 
das gleiche 'Injektionsverfahren zur Exstirpation von Geschwülsten, 
zur Enukleation des Bulbus und ferner für Operationen an Fingern 
und Zehen resp. am Penis geschildert und auf einige Technicismen 
aufmerksam gemacht; in allen angängigen Fällen empfiehlt sich 
natürlich die Verwendung der Esmarch’schen Blutleere. 

Bei. seiner einfachen und leicht auszuführenden Methode der 
»cirkulären' Analgesirung« resp. bei der Verwendung der Reclus- 
schen : Infiltration .ist Vortr. in den beschriebenen Operationsfällen 
bis jetzt geblieben, 1) weil er bei annähernd 500 Operationen unter 
lokaler Analgesie niemals auch nur die geringsten Intoxikations- 
erscheinungen erlebt hat, 2) weil das Operationsgebiet durch die 


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Injektion in seiner anatomischen Fügung nicht verändert wird und 
ferner 3) weil nach der Aufstellung von Hofmeister z. B. bei der 
Varicenoperation nicht mehr an Cocain gebraucht wird als zu der 
gleichen Operation unter Anwendung der Schleich’schen Methode 
erforderlich ist. (Selbstbericht.) 


12) Fr. Rubinstein (Berlin) Über lokale Anästhesie, ins- 
besondere größerer Gelenke. 


R. hat von Anästheticis in den letzten 3 Jahren angewandt 
Chloräthyl, Anesin und die Schleich’schen Lösungen, das Chlor- 
äthyl besonders zur Anästhesie vor Extraktion von Zähnen, das 
Anesin (Roche) bisher erst in wenigen Fällen. Über die Wirk- 
samkeit des Anesins wird später im Zusammenhang berichtet werden. 

Anästhesien nach Schleich wurden im Ganzen etwa 200 aus- 
geführt, doch hat R. nur über 75 größere und kleinere Operationen 
genauere Notizen gemacht und beschränkt sich, daher auf den Bericht 
über die bei diesen Operationen gemachten Erfahrungen. 

Es handelte sich um: 

30 Dermoide, Ganglien und Atherome. (An Schädel, Wangen, 
Augenlidern, am Ohr etc.) 

1 Fall von Hämorrhoiden. (Paquelin.) 

6 Phimosenoperationen, Circumcision, Reposition bei Paraphimose, 
Alles bei Erwachsenen. 2mal dabei mit Paquelin. 

6 Fälle von Knochentuberkulose (Spina vent., Sequester im Stirn- 
bein, Erkrankung der unteren Radius-Epiphyse). 

1 Bubo inguinalis. 

3 große Cysten. 

2 Fremdkörper in der Hand (Nadeln). 

10 Angiome. 

1 Unguis incarnatus. 

1 Panaritium am Finger. 

1 Phlegmone der Vola manus. 

13 Operationen am Kniegelenk. (Punktion und Auswaschung 
wegen gonorrhoischer Gonitis, Injektionen wegen Synovitis hyper- 
plastica villosa (Schüller). 

1 breite Eröffnung des Kniegelenks nach Kocher wegen Ge- 
lenkmaus. 

Völlig missglückte die Anästhesie nach Schleich bei der 
Operation (Drüsenausräumung) des Bubo inguinalis. Die Schwellung 
um die vereiterten Drüsen ist hier zu groß, so dass man nicht sicher 
weiß, bis zu welcher Tiefe man infiltriren muss. Hier musste zur 
allgemeinen Narkose gegriffen werden. Auch bei Ausschälung von 
Dermoiden aus dem oberen Augenlid wurde keine volle Anästhesie 
mit Schleich’scher Methode erzielt. Operirt man mit dem Paquelin, 
so ist besonders pralle Infiltration nöthig. Die Hämorrhoidaloperation 
unter lokaler Anästhesie verlief vollkommen tadellos. Da es sich 


E e E 


hierbei häufig um sehr entblutete Individuen handelt, so ist die 
Kenntnis dieser Methode oft segensreich. Auch wo man Gewebe 
stark zerren muss, wie in dem Falle von seitlicher Eröffnung des 
Kniegelenks, wo R. den Gelenkspalt durch Abduktion stärker zum 
Klaffen bringen wollte, versagt die örtliche Anästhesie, und hier ist 
wohl eine Grenze ihrer Anwendung erreicht. Alle übrigen Ope- 
rationen verliefen tadellos. Für die Infiltration des Kniegelenks 
wählt man zum Einstich eine Stelle außen neben dem Lig. patellae, 
sucht die (starke, mindestens 5 cm lange) Nadel ins Lig. alare zu 
bringen und dringt unter dem Bande möglichst weit horizontal nach 
der Innenseite vor. Die seitlichen Kapselpartien müssen beiderseits 
besonders, mit senkrecht aufwärts gerichteter Nadel infiltrirt werden. 
Man muss das synoviale Gewebe für spätere Injektionen nicht zu 
prall infiltriren, weil sonst der Gewebsdruck zu groß wird, und ein 
großer Theil der Injektionsflüssigkeit wieder herausgepresst wird. 
Ist das Gelenk noch schmerzhaft, so steigert die Infiltration eher die 
Empfindlichkeit. 

Sämmtliche 13 Operationen am Kniegelenk verliefen reaktious- 
los, obwohl meistens beide Kniegelenke in einer Sitzung vorgenommen 
wurden, und es sich stets um recht dekrepide, durch jahrelanges 
Siechthum geschwächte Personen handelte. Einmal trat eine Tempe- 
ratursteigerung auf 38,5°C. für 24 Stunden ein. Der Puls wurde 
nicht im mindesten durch den Eingriff alterirt. 

R. glaubt, dass der Geltungsbereich der Schleich’schen 
Anästhesie noch nicht völlig feststeht, und dass ihre Grenzen ins 
Gebiet der großen Operationen noch weiter hinausgeschoben werden 
können. Jedenfalls stehe man hier erst am Anfang. Geeignet sei 
das Verfahren wesentlich nur für Erwachsene, da bei Kindern der 
psychische Eindruck der Instrumente, Vorbereitungen etc. ein un- 
gestörtes Arbeiten trotz örtlicher Anästhesie verhindere. Auch Er- 
wachsenen müsse man die Augen verbinden. R. sah starke Männer 
ohnmächtig werden, obwohl sie absolut nichts empfanden. 

(Selbstbericht.) 


Diskussion zu 10—12: Gottstein (Breslau) betont den Werth 
der Infiltrationsanästhesie auch bei größeren Operationen. In Folge der- 
selben sei die Zahl der Chloroformnarkosen in der Mikulicz’schen 
Klinik von 815 auf 324 und in der Poliklinik von 280 auf 153 herunter- 
gegangen. Mit Schleich’s Verfahren seien im letzten Jahre an der 
Breslauer Klinik 231 Operationen ausgeführt worden, gegenüber 152 im 
Jahre vorher und 81 im Jahr 1896/97. Unter Anderem sei das Verfahren 
bei 8 Pylorusresektionen, 18 Gastroenterostomien, 9 Darmresektionen, 
51 Gastrostomien, ferner auch bei einer Kropfresektion, bei Unter- 
bindung der Vena saphena und bei Empyemen benutzt worden. Leider 
sei durch dasselbe das Auftreten von Störungen am Respirations- 
apparat, Bronchitis, Pneumonien, nicht verhindert worden. In 139 
Fällen von Operationen an Magen und Darm waren diese Nachkrank- 


ER 


heiten 33 mal beobachtet worden, und wenn man auch davon 16 
abziehe, in denen die Möglichkeit einer Aspiration von Erbrochenem 
vorliege, so blieben noch 17 übrig, bei denen man doch den opera- 
tiven Eingriff als Ursache der Erkrankung ansehen müsse. Man 
komme zu der Annahme, dass der Mangel genügender Expektoration 
bei eröffneten und genähten Bauchdecken den Ausbruch der Stö- 
rungen am Respirationsapparat verschulde. 


Mankiewicz (Berlin betont die Nothwendigkeit der gleich- 
zeitigen Injektion von Morphium, weil sonst ein oft recht störender 
Nachschmerz eintritt. Er erkläre sich das daraus, dass durch die 
Incision eine große Menge Injektionsflüssigkeit entleert werde und 
dann nicht mehr die Gewebe anästhesire. Die folgenden Ödeme 
sind seiner Ansicht nach nicht durch Morphium bedingt. 

Gottstein (Breslau). 


Manz (Freiburg): Die von Oberst und seinen Schülern für 
Finger- und Zehenoperationen angegebene »regionäre Cocain- 
anästhesie« ist auch an größeren Abschnitten der Extremitäten an- 
wendbar; nur muss man hier länger warten. Frühere Versuche 
(siehe Centralblatt für Chirurgie 1898 No. 7) haben Redner gelehrt, 
dass Hand und Fuß durch ihren ganzen Querschnitt voll- 
kommen anästhetisch werden, sobald man eine Gummibinde un- 
mittelbar oberhalb des Handgelenks bezw. der Knöchel anlegt und 
sämmtliche Nervenstämme cocainisirt. Neuerdings hat er in einigen 
Fällen auch am Oberarm abgeschnürt und injieirt, um größere 
operative Eingriffe am Vorderarm vorzunehmen, ebenfalls mit positiven 
Resultaten. Störend wirkt hier nur der Druckschmerz der elastischen 
Binde, der sich bei den Fußoperationen gar nicht, bei denjenigen 
der Hand nur in einem Theil der Fälle, am Oberarm- jedoch stets 
nach einiger Zeit geltend machte. 

Mit Versuchen, die Blutleere in schonenderer Weise herzustellen, 
ist Redner gegenwärtig beschäftigt. (Einstweilen hilft er sich in der 
Weise, dass er, sobald der Kranke zu klagen beginnt, unmittelbar 
neben die erste Binde eine zweite legt, jene löst und dies Verfahren, 
so oft nöthig, wiederholt.) Statt der anfänglich stets verwendeten 
1%igen Cocainlösung wird wohl meist eine '/,%ige genügen, von 
der dann größere Quantitäten eingespritzt werden können; doch 
lassen sich hier, wie über manches andere Detail, vorläufig noch 
keine definitiven Vorschriften geben. (Selbstbericht.) 


Wohlgemuth (Berlin) kann dem Eucain keine Vorzüge zuer- 
kennen. Es anästhesire nicht so gut wie Cocain, und nach Reclus 
sei es eben so toxisch. Das Äthylchlorid sei auf entzündeten Ge- 
weben, wie er an sich selbst erfahren, gar nicht zu vertragen wegen 
der hohen Schmerzhaftigkeit. Gottstein (Breslau). 


TT, Ee 


13) v. Kryger (Erlangen). Über multiple Knochen- und 
Konorpelgeschwäülste. 


K. hatte Gelegenheit, etwa gleichzeitig 3 Fälle von multiplen 
Knochengeschwülsten zu beobachten. Ein Fall von Myositis ossificans 
betraf ein jetzt 4'/, jähriges Mädchen, bei dem die Knochenwucherungen 
zuerst unter entzündlichen Erscheinungen am Rücken aufgetreten 
waren und nun nahezu den ganzen Körper in eine starre Masse 
verwandelt haben. Die öfters schon beschriebene Mikrodaktylie an 
beiden großen Zehen war hier auch vorhanden. Der zweite Fall, ein 
15jähriges Mädchen mit multiplen kartilaginären Exostosen, die stets 
in der Nähe der Gelenke saßen, war bemerkenswerth durch die aus- 
gedehnten Wachsthumsstörungen der betroffenen Knochen, die sich 
besonders in Längendifferenzen äußerten. Verkrümmungen zeigten 
nur die beiden Knochen des rechten Vorderarms. Die aus diesen 
Störungen resultirenden Gelenkanomalien waren am rechten Ellbogen 
als Subluxation des Radiusköpfchens und am rechten Fuß als Des 
valgus zu beobachten. Weder Erblichkeit noch Rachitis war nach- 
zuweisen, wohl aber die Entstehung in den ersten Lebensjahren. 
Im dritten Falle waren bei einer jetzt 54jährigen Frau in den ersten 
Lebensjahren multiple Chondrome an den Fingern beider Hände 
und an den Zehen des rechten Fußes aufgetreten; dazu gesellten 
sich seit dem 20. Jahre, allmählich an Zahl zunehmend, weiche Ge- 
schwülste vorzüglich am Daumenballen der rechten Hand und am 
äußeren Rand des rechten Fußes. Diese erwiesen sich als aus der 
Wand von Venen hervorgegangene kavernöse Angiome; vielfach 
waren in Hohlräumen locker eingelagert gelbliche harte Körperchen, 
die nach der mikroskopischen Untersuchung als Venensteine anzu- 
sprechen sind. Es bot sich dasselbe Bild, wie es v. Recklinghausen 
und Steudel in dieser Kombination geschildert haben, jedoch muss 
man hier die Angiome als sekundäre Erscheinungen ansehen. Außer- 
dem fanden sich bei der Frau am Femur und an der Tibia des rechten 
Beins massige Exostosen, dazu starke Verkrümmungen dieser Knochen 
und des rechten Humerus mit wesentlichen Verkürzungen. An der 
Innenseite des rechten Fußes bestand noch schließlich eine faust- 
große Geschwulst, die sich als Chondrosarkom erwies. 

Ein Vergleich der 3 Fälle ergab bei den ausgebildeten Ge- 
schwülsten die schon bekannten Beziehungen zwischen Exostosen 
und Enchondromen: gleicher Sitz an den Epiphysengrenzen, Wachs- 
thumsstörungen der Knochen und Kombination beider Formen. 

In der Entstehungsgeschichte fanden sich jedoch Berührungs- 
punkte aller 3 Geschwulstarten. Das frühzeitige Auftreten der ersten 
Wucherungen deutet doch auf Störungen in den für das Knochen- 
wachsthum wichtigen Theilen hin, die wohl ihre Ursache in einer 
abnormen embryonalen Anlage haben. (Selbstbericht.) 


Diskussion: Zoege v. Manteuffel (Dorpat) ist der Ansicht, 
dass die Mikrodaktylie in solchen Fällen nicht als Beweis für den 
Chirargen-Kongress 1808. 4 


—50 — 


kongenitalen Ursprung der Affektion angesehen werden darf, da die- 
selbe, wie er seiner Zeit dargethan, keine Defektbildung sei, sondern 
durch Synostose entstehe. 


Bessel-Hagen (Charlottenburg) weist darauf hin, dass die Ver- 
krümmungen bei den kartilaginären Exostosen nach seinen Unter- 
suchungen nicht die Folge der Exostosen sind. Vielmehr sind beide 
die Folge einer gemeinsamen Ursache. E. Martin (Köln). 


14) M. Wilms (Leipzig). Forcirte Wärmebehandlung bei 
Arthritis gonorrhoica. 


Die Methode, nach der die forcirte Wärmebehandlung ein- 
geleitet wird, hat den Vorzug, dass sie eine ganz gleichmäßige, 
permanente und leicht zu regulirende Wärme mit den einfachsten 
und billigsten Mitteln erzeugt. Ausgehend von der Thatsache, dass 
eine einfache Gipskapsel in vorzüglicher Weise die Wärme leitet und 
vertheilt, wird um das erkrankte Gelenk eine dünne Gipskapsel 
gelegt, etwa in der Stärke einer vierfachen Mullschicht. Um diese 
Kapsel windet man dünne Röhren von gewalztem Blei ohne 
Zinnmantel, die sich der Kapsel eng anlegen. Die Cirkulation in 
den Bleiröhren wird durch ein einfaches Hebersystem hergestellt. 
Neben dem Bett befinden sich zwei Töpfe, welche durch kurze 
Gummischläuche mit dem Röhrensystem verbunden sind. Der eine, 
auf einem Dreifuß stehende Topf wird durch eine Spiritusflamme 
erwärmt. Von diesem fließt das erwärmte Wasser durch die Röhren 
um das Gelenk in den tiefer stehenden Topf. Natürlich muss die 
Luft aus den Röhren herausgesaugt sein, damit die Heberwirkung 
eintreten kann. Die Regulation der Durchflussgeschwindigkeit be- 
sorgt ein am abfließenden Rohr angebrachter Quetschhahn. 

Die Resultate dieser Wärmebehandlung, die es ermöglicht, mit 
leicht zu beschaffenden Mitteln jedes Gelenk permanent unter eine 
gleichmäßige Wärmewirkung von 46—50° C. zu setzen — mehr 
vertragen die Pat. nicht —, sind in der Leipziger chirurgischen 
Klinik sehr befriedigende gewesen, speciell bei gonorrhoischer Ar- 
thritis und bei chronischen Gelenkveränderungen. Die auffallendste 
Erscheinung ist bei dieser Behandlung das sofortige Nachlassen der 
Schmerzen. 

Anstatt der gewöhnlichen etwas unsauberen Kataplasmenbehand- 
lung hat sich ebenfalls diese Art der Wärmebehandlung sehr gut 
bewährt. Man legt zu diesem Zweck die Bleiröhren kreisförmig 
zwischen zwei dünne, durch Gips gehärtete Mullschichten und kann 
so jeder Körperform sich anschmiegende, permanent und gleichmäßig 
heizbare Gipsplatten sich jederzeit herstellen. (Selbstberioht.) 


Diskussion: F. Krause (Altona) verwendet die heiße Luft zur 
Behandlung chronischer Gelenkleiden seit einer Reihe von Monaten mit 


_— DI — 


gutem Erfolg. Er hat nicht den komplicirten Apparat von Tallerman, 
sondern sich für jedes Gelenk einen besonderen Apparat konstruiren 
lassen, der sich auf wenige Mark stellt. Er nimmt einen Quincke’schen 
Schornstein, um die heiße Luft mittels Spiritus- oder Gaslampe zu 
erzeugen und heranzuführen. Nur darf in der Nähe des betreffenden 
Körpertheils, der erhitzt werden soll, kein Metall liegen, weil sonst 
Verbrennungen entstehen. K. lässt die heiße Luft täglich 1—2 Stun- 
den einwirken und steigt bis 140° C. Freilich wird die Körper- 
oberfläche nicht annähernd so heiß, aber die zugeführte Luft hat 
diese hohe Temperatur. Damit die einströmende Luft nicht direkt 
die Haut treffe, wird ein Cylinder aus Asbestpappe darum gelegt, 
dann ein dichter Abschluss mit »Mosetig- Batiste gemacht. Für 
Hüft- und Schultergelenk ist der Apparat etwas komplicirter. Lässt 
man nun die heiße Luft einwirken, so wird die Haut intensiv roth, 
sie schwitzt sehr stark, zuweilen erfolgt auch über den ganzen Körper 
Schweißausbruch. Einzelne Leute vertrugen Temperaturen bis 140°C. 
Schon nach den ersten Sitzungen findet man bei gonorrhoischen Ge- 
lenkerkrankungen, ferner bei Achillodynie, bei Arthritis sicca u. dgl., 
dass die Behandlung um Vieles besser wirkt als Massage und ähn- 
liche Maßnahmen. K. hat mehrere Dutzend Fälle in dieser Weise 
behandelt. Die Methode wirkt nicht immer so günstig, ist aber 
bestens zu empfehlen, mit welchen Apparaten auch sie ausgeführt 
werden mag. Aber Vorsicht ist durchaus nothwendig; auch die 
Thermometerkugel darf die Haut nicht berühren, sonst entstehen 
sofort Verbrennungen 2. Grades. Ferner ist darauf zu achten, dass 
die zuströmende heiße Luft nicht direkt auf die Haut trifft. Die 
Resultate sind theilweise geradezu überraschend. Der Kranke mit 
doppelseitiger Achillodynie war mehrere Monate im Krankenhaus 
behandelt, und zwar nach allen möglichen Methoden — ohne Erfolg, 
bis er der Einwirkung heißer Luft unterworfen wurde; das hat ge- 
holfen, und noch jetzt nach °/, Jahr ist Pat. eben so arbeitsfähig 
wie bei seiner Entlassung, (Selbstbericht.) 


15) Vulpius (Heidelberg). Die Behandlung von Lähmungen 
mit Sehnenüberpflanzung. 


Die Heilung des angeborenen Klumpfußes ist leichter als die- 
jenige des erworbenen, paralytischen. In beiden Fällen können wir 
die Form wieder herstellen, doch bleibt die Paralyse resp. Parese 
bestehen und damit die Gefahr des Recidivs. 

Die Herstellung normaler Funktion wird durch die Sehnen- 
überpflanzung erstrebt, indem gesunde Muskeln mit den gelähmten 
Sehnen in Verbindung gebracht werden. 

Die Erfolge dieser einfachen Operation sind festgestellt für die 
paralytischen Deformitäten des Fußes; V. hat die Transplantation 
daselbst 28mal ausgeführt. Auch am Oberschenkel sind bereits Ver- 
suche gemacht worden von Goldthrait und V. 

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ERENTO 


Bedeutungsvoller erscheint die Sehnenüberpflanzung für partielle 
Lähmungen der Hand zu werden, da hier auf anderem Wege absolut 
nichts zu erzielen ist. 

Die bisher vorliegenden Mittheilungen hierüber sind spärlich, 
aber ermuthigend. V. hat an der oberen Extremität nur eine der- 
artige Operation ausgeführt mit unverkennbarem, wenn auch nicht 
vollkommenem Erfolg. 

Zur Operation geben eine Reihe von Affektionen Veranlassung, 
welche partiellen Muskelverlust bedingen. (Selbstbericht.) 


16) H. Kümmel (Hamburg). Die Behandlung des Lupus 
mit Röntgenstrahlen und mit koncentrirtem Licht. 


M. H. Als ich auf dem letzten Chirurgenkongress die Ehre hatte, 
vor Ihnen »Über die Bedeutung der Röntgenstrahlen für die Chirurgie« 
zu sprechen, erwähnte ich kurz, dass wir einen Fall von Lupus des 
Gesichts günstig durch die Einwirkung der X-Strahlen beeinflusst 
hatten, dass allerdings dieser Erfolg Anfangs von einer ausgedehnten 
Zerstörung der Haut begleitet war. Wir haben im Laufe des Jahres 
ungere Versuche fortgesetzt, die lästigen, nicht nothwendigen Neben- 
erscheinungen nach Möglichkeit beseitigt und bei ausgedehnter 
lupöser Erkrankung Erfolge erzielt, welche mir eine weitere Ver- 
wendung des neuen Verfahrens empfehlenswerth erscheinen lassen. 

Die Anregung, welche nach dieser Richtung hin eine Mittheilung 
von unserer Abtheilung durch Dr. Gocht Ȇber die therapeutische 
Verwendung der Röntgenstrahlen!« geben sollte, scheint nicht von 
weitem Erfolg begleitet gewesen zu sein; denn nur wenige Fälle von 
Lupus sind bisher mit Röntgenstrahlen geheilt oder behandelt. 
Schiff berichtete auf der Naturforscherversammlung zu Braunschweig 
über zwei nach dieser Methode erfolgreich behandelte Fälle, und 
Albers-Schönberg stellte im Ärztlichen Verein zu Hamburg 3 Pat. 
vor, bei denen der Lupus des Gesichts in 2 Fällen und imal der 
der Hand durch Einwirkung der Röntgenstrahlen geheilt waren 2. 
Weitere Bestätigungen der in unserem Krankenhause gewonnenen 
Resultate konnte ich in der Litteratur des letzten Jahres nicht auf- 
finden. 

Was die heilende Wirkung der Röntgenstrahlen auf den Lupus 
anbetrifft, so beruht dieselbe nicht auf einer Zerstörung oder Ver- 
brennung der Haut, wie wir sie durch Kauterisation mit heißer Luft 
oder dem Thermo- und Galvanokauter hervorrufen. Eine tiefergehende 
artificielle Dermatitis ist zur Erzielung eines günstigen Erfolges nicht 
nothwendig und lässt sich in den meisten Fällen bei genauer Be- 
obachtung und vorsichtiger Handhabung des Verfahrens vermeiden. 
Eine leichte Röthung der Haut, wie wir sie zuweilen bei Einwirkung 


1 Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Bd. I. Hft. 1. 
2 Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen. Bd. I. Hft. 2 u. 3. 


EN D GE 


der Sonne auf eine empfindliche Gesichtshaut sehen, ist nicht ganz 
auszuschließen und ist das Zeichen, dass die Behandlung kurze Zeit 
einzustellen ist. Bei einiger Übung bemerkt man schon vor dem 
Auftreten dieses Erythems nach mehr oder weniger langer Be- 
strahlung als erste Veränderung eine leichte gelbliche Verfärbung 
der Haut, etwa so, wie wir sie von längerem Aufenthalt an der See 
oder im Gebirge in Folge der Einwirkung der Sonne auf unsere 
Haut kennen. Ihr folgt dann sehr bald die in Röthung der Haut 
und leichtem Brennen bestehende erwähnte Dermatitis. Diese wird 
selten größere Dimensionen annehmen oder in die Tiefe gehen, wenn 
man sofort beim ersten Auftreten der Pigmentirung der Haut, der 
gelblichen Verfärbung, die Bestrahlung einstellt. Einfache Blei- 
wasserumschläge beseitigen am schnellsten die Dermatitis und ge- 
statten bald eine Fortsetzung der Behandlung. Anfangs glaubten 
wir durch eine möglichst energische Einwirkung der Strahlen auf 
die Haut am schnellsten und sichersten Heilung des Lupus zu er- 
zielen; es entstanden dann ausgedehnte, die erkrankte Partie weit 
überschreitende Zerstörungen der Haut, welche nur sehr langsam 
heilten, so dass oft der Lupus früher vernarbt war, als die großen 
granulirenden Flächen der früher gesunden Haut. Sehr bald haben 
wir dann gelernt, die gesunde Haut gegen die Einwirkung der Strahlen 
zu schützen und auch den oft erheblichen Ausfall der Haare, welche 
sehr langsam oder gar nicht wieder wuchsen, zu vermeiden. Wir 
bedeckten die zu bestrahlenden Körpertheile mit dünnem Bleiblech oder 
mit Masken aus dünnem Stanniol, welches sich den Formen des Kopfes 
and Gesichts leicht anschmiegt und schnitten aus diesen schützenden 
Bedeckungen so große Öffnungen heraus, als die erkrankte Partie 
erforderte. Bei ausgedehntem, das ganze Gesicht einnehmendem 
Lupus wurden nur die Haare event. die Augen geschützt. Diese 
Vorsichtsmaßregeln erwiesen sich als vollkommen ausreichend, um 
die gesunden Partien der Haut mit Sicherheit gegen die unerwünschte 
Einwirkung der Strahlen zu schützen. 

Früher näherten wir die zu bestrahlenden erkrankten Körper- 
partien der Röntgenröhre bis auf 10—6 cm, wodurch oft eine sehr 
heftige Reaktion nach relativ kurzer Zeit eintrat. Um diese zu ver- 
meiden, haben wir den Abstand der Röhre wesentlich vergrößert und 
wählen Anfangs die bei den röntgographischen Aufnahmen übliche 
Distanz von ca. 40 cm und verringern erst allmählich, wenn keine 
Reaktion eintritt, die Entfernung des Objekts von der Röhre auf 
ca. 20 cm. Auch hier ist ein Individualisiren nothwendig, und eine 
empfindlichere, leicht reagirende Haut muss selbstverständlich vor- 
sichtiger und mit größerem Röhrenabstand behandelt werden, als eine 
torpidere, auf die Strahlen wenig reagirende. 

Wichtig ist es ferner, die Intensität und Wirksamkeit der zu 
verwendenden Röhren zu kennen, um nicht bei etwa demselben Ab- 
stand und derselben Sitzungsdauer bei vorheriger Anwendung einer 
anderen Lichtquelle schwere Reaktionen und Verbrennungen der 


SS Ae 


Haut beobachten zu müssen. Bei einer Pat. mit schwerem ausge- 
dehnten Lupus des ganzen Gesichts und des Halses (Fall 6) war be- 
reits eine schöne, glatte Vernarbung der früher mit dicken Borken und 
tiefen Uleerationen bedeckten Haut bei sehr geringer Reaktion ein- 
getreten, als wir zur Fortsetzung der Behandlung und zur Beseitigung 
einer verdächtigen Stelle eine Voltohm-Röhre verwandten. Bei denselben 
Bedingungen der Anwendung trat nach wenigen Sitzungen eine 
ziemlich ausgedehnte Verbrennung am Kinn auf, welche zur Aussetzung 
der Behandlung nöthigte und so die Heilung wesentlich verzögerte. 

Was die Dauer der einzelnen Sitzungen anbetrifft, so haben wir 
die Pat. meist 2mal täglich 1/, Stunde, höchstens 1/, den Röntgen- 
strahlen ausgesetzt. Ist eine größere Anzahl Pat. vorhanden, welche 
täglich bestrahlt werden müssen, so sind die Anforderungen, welche 
an den Apparat gestellt werden, sehr große; derselbe ist bei uns zu- 
weilen fast den ganzen Tag in Thätigkeit. Um Ruhepausen eintreten 
zu lassen und die Leistungsfähigkeit nicht herabzusetzen, arbeiten 
wir gewöhnlich mit 2großen Induktionsapparaten, von denen der eine im 
Wesentlichen therapeutischen Zwecken: dient, der andere zu Auf- 
nahmen verwandt wird. Die Funkenlänge beträgt 40 resp. 50 cm, 
jedoch sind kleinere Apparate nicht weniger wirksam. 

Die Behandlung des Lupus mit Röntgenstrahlen, eine unblutige 
und schmerzlose Methode, verlangt zu ihrer Durchführung bis zur 
Heilung längere Zeit. Die Dauer der Behandlung schwankt zwischen 
ca. 4 Wochen und mehreren Monaten. Je mehr wir gelernt haben, 
die anfänglichen starken Reaktionen zu vermeiden und dadurch die 
zur Heilung einer tiefer gehenden akuten Dermatitis nothwendigen 
Pausen der Behandlung wesentlich abzukürzen, um so schneller sind 
wir zum Ziele gekommen. Wie ich bereits erwähnte, war in ein- 
zelnen Fällen der Lupus schon beseitigt, keine Knötchen mehr nach- 
zuweisen, und immer befanden sich die Pat. noch in Behandlung, 
um eine oft schlaffe, wenig gut granulirende Hautpartie zur Heilung 
bringen zu lassen. Bei der nöthigen Vorsicht sind diese, die Heilung 
verzögernden und den Pat. Unbequemlichkeit und womöglich Schmerzen 
bereitenden Erscheinungen mit wenigen Ausnahmen zu vermeiden oder 
auf ein Minimum zu reduciren. 

Um die oft langsam eintretende Wirkung der Bestrahlung zu 
beschleunigen, haben wir eine Zeit lang die Pat. durch unter die 
Stühle gestellte Glasschalen isolirt. Trotzdem der Organismus auf 
diese Weise in keiner direkten Berührung mit einem elektrischen 
Körper steht, ist er mit Elektricität geladen, so dass man überall 
aus dem isolirten Pat. Funken hervorspringen lassen kann, und zwar 
um so stärker, je näher er der Röhre sitzt. Durch diese Isolirungen 
wurden sehr starke und unberechenbare, nicht vorauszusehende 
Reaktionen hervorgerufen, so dass wir bald wieder von diesem Ver- 
fahren Abstand nehmen mussten. 

Als Beispiel der intensiven Wirkung auf die Haut möchte ich 
kurz den Fall eines mit einem angeborenen Naevus behafteten 


un Ben 


Knaben erwähnen. Das 21: Jahre alte Kind hatte auf der Streck- 
seite der linken Handgelenksgegend einen mit Haaren besetzten, über 
die Haut etwas prominirenden Naevus von 6!/, zu 5 cm Ausdehnung. 
Er war von braungelber Farbe, die Epidermis etwas verdickt; die 
Haare waren in letzter Zeit besonders lang geworden und von dunkler, 
fast schwarzer Farbe; in letzter Zeit deutliche Vergrößerung des 
Naevus. Da wir mehrfach bei Anwendung der Röntgenstrahlen 
Haarausfall beobachtet und dieselben auch zur Dekapillirung mit Er- 
folg ohne schädliche Nebenwirkungen verwandt hatten, so wurde die 
Hand des Knaben, um zunächst eine Beseitigung der Haare zu erreichen, 
täglich den Röntgenstrahlen !/, Stunde ausgesetzt. Der Knabe saß 
auf dem Isolirstuhl, die gesunde Haut war durch Bleiblech geschützt, 
Abstand von der Röhre 10— 6 cm. Trotz dieser intensiven Bestrahlung 
trat in den ersten 14 Tagen keine Reaktion ein; einzelne Haare 
ließen sich leicht entfernen. Dann trat eine leichte Röthung der 
Haut des Naevus und der ihn umgebenden Randpartie ein. Da die 
Haare noch nicht ausfielen, und eine starke Reaktion sich nicht 
zeigte, wurde die Bestrahlung noch etwa 10 Tage fortgesetzt und dann, 
als leichte Blasenbildung eintrat, unterbrochen. 


In den nächsten Tagen hatte der entzündliche Process bedeutend 
zugenonimen, die Oberhaut hatte sich im ganzen Gebiet des Naevus 
in einer derben Blase losgelöst, die Haare klebten zum größten Theil 
an dem aufgelegten Verband. Das Corium war ödematös geschwollen, 
mäßige Juckung und Schmerzhaftigkeit. Die Röthung umgriff den 
ganzen Vorderarm und führte zu einer ringförmigen Granulations- 
fläche. Haare und Pigment waren vollständig verschwunden. Die 
Heilung ging sehr langsam von statten, besonders die der den Strahlen 
am intensivsten ausgesetzte Stelle des Naevus. Dieselbe war dauernd 
mit einem fibrinösen, an Wundkrup erinnernden Belag bedeckt. Nur 
selten gelang es, die Membran mit der Pincette theilweise zu ent- 
fernen; stets fand sich am folgenden Tag derselbe Belag wieder vor. 
Erst nach Ablauf eines halben Jahres war die Wunde fest vernarbt. 
Die Narbe ist flach, leicht braun pigmentirt. Die beiden Bilder, vor 
und nach der Operation aufgenommen, mögen zur Illustration des 
Gesagten dienen. 


Was nun die mit Röntgenstrahlen behandelten Lupusfälle an- 
betrifft, so wurden im Ganzen 16 Pat. behandelt. Zwei sind erst zu 
kurze Zeit in Behandlung, um, obwohl deutliche Fortschritte bereits 
zu konstatiren sind, näher darauf einzugehen. 2 Pat. mit verhältnis- 
mäßig wenig ausgedehnter Erkrankung konnten nur kure Zeit mit 
Röntgenstrahlen behandelt werden. Ein an ausgedehntem Lupus des 
Fingers leidender junger Mann wurde längere Zeit den Strahlen aus- 
gesetzt, und vollständige Heilung des Lupus erzielt. Später wurde 
der Finger, da er wegen vorwiegend cariöser Zerstörung der Knochen, 
welche operativ zur Heilung gebracht war, absolut unbrauchbar 
war, von Herrn Dr. Sick entfernt. 


E an 


Bei einem Pat., bei dem Anfangs ein Lupus der Nase und der 
Mundschleimhaut angenommen wurde, blieb eine 4wöchentliche Be- 
strahlung ohne jeden Erfolg. Der einzige Fall, bei welchem wir 
keine Anderung zum Besseren konstatirten. Wie sich bei weiterer 
Untersuchung herausstellte, handelte es sich nicht um Lupus, sondern 
um eine luetische Affektion, welche unter antisyphilitischer Behand- 
lung rasch heilte. — Was die übrigen 10 Pat. anbetrifft, so bin 
ich in der Lage, Ihnen den zuerst Behandelten vorzustellen. Schr., 
19 Jahre alt, leidet seit 13 Jahren an Lupus der Wange, welcher mehr- 
fach mit Auskratzung und Kauterisation behandelt wurde. Wie Sie 
noch auf der Photographie sehen können, ist die ganze rechte Wange 
mit zahlreichen Knötchen bedeckt, in der Mitte mit ausgedehntem 
geschwürigem Zerfall, Wange und Nase stark geschwollen und ge- 
röthet, eben so die Gegend unterhalb der Nase und Oberlippe afficirt. 

Behandlung mit Röntgenstrahlen 24. Oktober 1896, Entfernung von 
der Röhre 10—6 cm, täglich !/, Stunde. Nach einer Woche deutliche 
Besserung, beginnende Ausheilung des Geschwürs, nach 16 Tagen 
starke Dermatitis und Haarausfall in der rechten Schläfengegend. 
Die Haut intensiv geröthet, löste sich in Bläschen ab, auch die rechten 
Cilien, Augenbrauen und Barthaare fielen aus. Die Heilung geht 
langsam von statten, der Lupus vollständig beseitigt. Da sich Anfang 
März noch eine verdächtige Stelle an der rechten Nasenseite zeigte, 
wurde nunmehr mit großer Vorsicht und unter dem Schutz einer 
Bleimaske weitere Bestrahlung vorgenommen und sofort aufgehört, 
wenn sich eine Reaktion zu zeigen begann. Die Knötchen schwanden 
bald, um Anfang Juli war auch die Dermatitis geheilt, und Pat. 
wurde mit zarter weißer Narbe entlassen. Wie Sie sehen, ist jetzt 
eine gleichmäßig schöne; nicht entstellende Narbe von weißlicher 
Farbe vorhanden. Spur von Knötchenbildung nirgends zu entdecken. 
Seit ®/, Jahr ist Pat. vollkommen geheilt, die Haare sind nur sehr 
spärlich wiedergewachsen. 

Otto M., 16 Jahre alt, tuberkulös belastet. Seit dem 4. Lebens- 
jahr an Lupus leitend. Beide Wangen, Nase, Ohren, Hals bis zum 
Sternum herabreichend, sind theils mit dicken Borken, theils mit 
deutlichen Knötchen und ausgebreiteten Ulcerationen bedeckt, welche 
üblen Geruch verbreiten. Linkes Knie fungös erkrankt. Nach ver- 
geblicher konservativer Behandlung von Herrn Dr. Sick resecirt und 
geheilt. Am 1. August 1897 wird bei Pat., nachdem Tuberkulininjektion 
starke Reaktion, jedoch keine Besserung hervorgebracht, die Behand- 
lung mit Röntgenstrahlen begonnen. Schon nach wenigen Sitzungen 
fallen die Borken ab, und einzelne Geschwürsstellen vernarben. Eine 
nennenswerthe Reaktion, welche zum Aussetzen der Behandlung 
nöthigte, ist nicht eingetreten, die Heilung macht rasche Fortschritte. 
Anfang Januar ist der Lupus des Gesichts, der Nase, Lippe und 
des Halses vollkommen geheilt. Am rechten Ohrläppchen noch eine 
kleine, mit Borken bedeckte Stelle, welche noch weiter bestrahlt wird 
und rasch ausheilt. Wie Sie jetzt sehen, ist die große lupöse Fläche 


REN N En 


vollkommen verheilt mit einer glatten, nicht entstellenden Narbe. Am 
Unterkiefer noch eine kleine Drüse vorhanden. Allgemeinbefinden 
sehr gut. 

Fall III. Martha Gr., 7 Jahre alt. Multiple Knochentuberkulose 
an Ellbogengelenk und Fuß. Lupus der rechten Wange, Kinn und 
rechten Nasenhälfte. Nach operativer Behandlung der Knochentuber- 
kulose, Einwirkung der Röntgenstrahlen auf den Lupus vom 1. Februar 
1898 ab. Trotz vorsichtiger Behandlung in der Mitte der Wange 
eine starke Reaktion. Lupus Ende März vollkommen geheilt bis auf 
eine 10Pfennigstück große gut granulirende Stelle, der Rest der akuten 
Dermatitis; Lupusknötchen oder kranke Stellen nirgends zu kon- 
statiren. 

Fall IV. Frieda S., 20 Jahre alt. Seit 5 Jahren Lupus des Ge- 
sichts und der Nase. Vor 2 Jahren von mir operirt. Jetzt Recidiv 
an Wange und Nase. Behandlung mit Röntgenstrahlen am 30. Sep- 
tember. Keine irgend wie störende Reaktion, die vorhandenen Borken 
und Schorfe abgefallen, keine Knötchen zu sehen. Pat. wird am 
25. Oktober entlassen und noch einige Zeit ambulant mit Röntgen- 
strahlen behandelt. Seit Anfang December geheilt. Dieser Fall 
zeigte keine große Ausdehnung der lupösen Erkrankung. 

Fall V. Bertha S., 16 Jahre alt, tuberkulös belastet. Seit 6 Jahren 
an Lupus des Gesichts leidend, vordere Partie der Nase zerstört, 
das ganze Gesicht gedunsen, mit dicken Borken und lupösen Ge- 
schwüren bedeckt. Beide Lippen ulcerirt, geschwollen, borkig belegt. 
Inframaxillardrüsen geschwollen. Das ganze Gesicht eine entstellte 
geschwürige Fläche, auf der nur wenig gesunde Hautpartien zu sehen 
sind. Pat. wird mit Tuberkulininjektion vom 1. April ab behandelt, 
während eine andere zu derselben Zeit aufgenommene Pat. (Fall 6), 
welche ungefähr die gleich schwere Zerstörung des ganzen Gesichts 
darbot, von vorn herein den Röntgenstrahlen ausgesetzt wird. Unter 
vorsichtiger Tuberkulinbehandlung stoßen sich die Borken ab und 
reinigen sich die Geschwürsflächen; da jedoch keine Neigung zur 
Vernarbung eintritt, und mehrere Wochen kein Fortschritt zu be- 
merken ist, wird mit Röntgenstrahlen begonnen Mitte Juli. Rasch 
fortschreitende Vernarbung, keine störende Reaktion. Am 21. Sep- 
tember noch eine kleine Geschwürsfläche an der Nase und eine 
linsengroße an der Oberlippe. Aus pekuniären Gründen wird Pat. 
zur ambulanten Behandlung entlassen. Die letzten Ulcera vernarben 
rasch. Pat. hat jetzt ein vollkommen glattes Gesicht mit blasser 
Narbe. Lippe von normaler Form. Nirgends Knötchen oder Ulceration 
zu entdecken. 

Fall VI. Alma Gr. 17 Jahre alt. Tuberkulös belastet. Seit 4 Jahren 
an Lupus leidend. Mehrfach mit Tuberkulin, Milchsäureätzung und 
Kauterisation behandelt. Der Lupus ulcerans hat jetzt die ganze Um- 
gebung des rechten Auges ergriffen, Nase, Lippe und Wange, den 
ganzen Hals bis zum Sternum; Spitze und Flügel der Nase voll- 
ständig zerstört, Cornea des rechten Auges getrübt. Auch an der 


E ae a 


Schulter ulcerirte Stellen. Gesicht an vielen Stellen {mit dicken 
Borken bedeckt. Beide Spitzen erkrankt, Stimme stark heiser. Am 
22. März 2mal täglich !/, Stunde bestrahlt. Bei Eintritt der ge- 
ringsten Reaktion Aussetzen der Bestrahlung. Gleichzeitig wird eine 
lupös erkrankte Zehe und Arm mit Röntgenstrahlen behandelt. Am 
14. August sind ohne wesentliche Reaktionen die Ulcerationen im 
Gesicht völlig verheilt und vernarbt. Einzelne Knötchen am Halse 
und hinter dem Ohr werden weiter bestrahlt. Anfang des Jahres 
ist das ganze Gesicht in eine glatte blasse Narbe verwandelt; eine 
verdächtige Stelle am Kinn wird mit einer Voltohm-Röhre bestrahlt, 
wodurch eine starke 3markstückgroße Wirkung eintritt, welche sehr 
langsam heilt. Außer dieser artificiellen Ulceration vollständige 
Heilung der ausgedehnten lupösen Zerstörung. Diese Pat. wurde 
etwa zu gleicher Zeit mit Fall 5 (Tuberkulininjektion) behandelt. 
Die Fortschritte in der Heilung bei der Bestrahlung waren viel 
rascher und führten zum Ziel, während die andere Pat. später erst 
nach Erfolglosigkeit der Tuberkulinbehandlung mit Röntgenstrahlen 
geheilt wurde. 

Fall VII. Frau K., 56 Jahre alt. Tuberkulös belastet. Seit 
15 Jahren Lupus der Nase. Spitze der Nase und linke Seite, so wie 
linke Gesichtsseite derb infiltrirt und mit zahlreichen Knötchen und 
Ulcerationen bedeckt. Typische Behandlung mit Röntgenstrahlen. Ge- 
ringe Reaktion, Pause von wenigen Tagen. 3monatliche Behandlung. 
Vollständige Heilung. Die Spuren der früheren Erkrankung kaum 
noch zu sehen. 

Fall VIII. Frau D., 28 Jahre alt. Seit 10 Jahren Lupus der 
Nase, seit 5 Jahren in ärztlicher Behandlung. Ganze Nase mit 
Knötchen, Ulcerationen und Borken bedeckt, Nasenflügel zum Theil 
zerstört. Typische Behandlung mit Röntgenstrahlen 2mal täglich 
1/4 Stunde. 28. November 1897. Am 13. Januar Ulceration vernarbt, 
Borken beseitigt, kein Knötchen mehr, Nase noch geröthet. Wird 
ambulant weiter behandelt. Beginn des Abblassens der rothen Haut- 
farbe. 

Fall IX. Elise M., 29 Jahre alt, wurde wegen ausgedehnten 
Lupus des Gesichts 1894 und 1895 mit Auskratzungen, Kauterisation 
und Tuberkulininjektion behandelt. Letztere wurde 5 Monate lang 
ohne örtliche Reaktion fortgesetzt, es wurden 60 g verbraucht. Pat. 
wurde gebessert entlassen. Ausgedehnter Lupus des ganzen Gesichts 
bis auf die Stirn übergreifend und bis zur rechten Schulter sich er- 
streckend. Zwischen den einzelnen Knötchen ausgedehnte Ulceration. 
Um die Wirkung einer anderen Methode mit der der Röntgenstrahlen 
vergleichen zu können, wurden bei der gleichen Ausdehnung der 
lupösen Zerstörung über beide Gesichtshälften die rechte Seite mit 
der Heißluftkauterisation behandelt. Herr Dr. Holländer nahm 
freundlicherweise die Operation vor und demonstrirte uns dabei 
seine Methode den 15. Februar. Die ganze rechte Gesichtsseite und 
ein Theil des Halses waren in einen derben lederartigen Schorf ver- 


_— 59 — 


wandelt; derselbe stieß sich bald ab, und frische Granulationen traten 
zu Tage. In überraschend schneller Zeit war die Vernarbung einge- 
treten. Außer einem durch Narbenzug hervorgerufenen Ektropium 
des rechten äußeren Augenwinkels eine glatte, mit Epidermis über- 
kleidete Fläche ohne narbige Schrumpfung. Sobald es der Zustand 
der Pat. gestattete, wurde die rechte Seite mit Röntgenstrahlen be- 
handelt. Den 1. März. Geringe Reaktion, Aussetzen während einiger 
Tage. Rasch fortschreitende Vernarbung. Heilung der Ulcera und Ver- 
schwinden der Knötchen. Anfang dieses Monats ist die linke Seite 
verheilt, eine glatte rothe Hautfläche. An einzelnen Stellen beginnt 
schon ein Blasserwerden der Haut. Auf der kauterisirten Seite 
werden einzelne Lupusknötchen sichtbar. 

Fall X. Emma E., 23 Jahre alt. Seit längeren Jahren Lupus 
des Gesichts vielfach behandelt, multiple Knochentuberkulose. Aus- 
gedehnter Lupus der Nase und beider Wangen. Nasenspitze zer- 
stört. Seit 4. August Anwendung der Röntgenstrahlen. 

Bei der zarten Haut stärkere Reaktion, welche zum Aussetzen 
nöthigt. Dieselbe tritt nicht wieder ein, nachdem Pat. weiter von 
der Röhre entfernt ist. Am 22. December wird Pat. für einige Zeit 
entlassen. An der Nasenspitze glatte, weiße Narbe, Heilung der 
Oberlippe, Knötchen flachen ab; jetzt noch einzelne auf der Wange 
zu sehen. 

Die vorgelegten Photographien illustriren nur sehr mangelhaft 
die erzielten Resultate. Sommersprossen und einzelne Pigmentflecke 
imponiren darauf leicht als Lupusknötchen. 

In allen behandelten Fällen ist stets ein Erfolg eingetreten und 
bei genügend langer Anwendung auch zeitweise Heilung, die bis 
jetzt wenigstens anhält. Es ist nicht zu leugnen, dass die Dauer der 
Behandlung oft eine recht lange ist und gewiss mehr Zeit erfordert, 
als bei anderen Methoden; dafür ist dieselbe auch bei richtiger 
Handhabung schmerzlos, ohne Narkose auszuführen. Was mir das 
Wesentlichste an der Methode zu sein scheint, ist das gute Endre- 
sultat. Es entstehen Narben so glatt, der normalen Haut wieder so 
nahe kommend, wie sie nach meinem Dafürhalten durch keine 
andere Methode der Behandlung erzielt werden. Die Heilung voll- 
zieht sich im Ganzen in derselben äußerlich sichtbaren Weise. Die 
Geschwüre reinigen sich und vernarben, die Borken trocknen ein 
und fallen ab, die Knötchen schrumpfen, die Haut schuppt ab, 
die Röthung der Haut schwindet allmählich und macht einer weißen 
Narbe Platz. Für kleinere circumscriptere lupöse Herde wird man 
gewiss der Excision mit nachfolgender Naht oder der Transplantation 
den Vorzug geben, weil dadurch im Großen und Ganzen der Heilungs- 
verlauf abgekürzt wird. Für die ausgedehnten Fälle von Lupus, 
welche das ganze Gesicht einnehmen, Nase, Augenlider, Lippe bereits 
in Mitleidenschaft gezogen haben und auf den Hals bis zum Sternum 
reichen, wie es in den meisten unserer Fälle war, kann ich mir 
keine schonendere Methode denken, welche alles Gewebe erhält, 


EE 


welches zu erhalten ist, die Geschwüre rasch zur Vernarbung bringt 
und mit einer glatten blassen Narbe abschließt; von tiefergehender 
Narbenschrumpfung ist nichts zu sehen, Ektropien der Augenlider, 
wie man sie bei chirurgischen Methoden so häufig entstehen sieht, 
haben wir nie gesehen. 

Nachdem wir jetzt gelernt haben, die schweren Zerstörungen der 
Haut zu vermeiden und mit minimaler Reaktion oder ohne eine 
solche zum Ziele zu kommen, behandeln wir die Pat. meist so lange, 
bis die Schorfe abgestoßen, die Geschwüre verheilt und die Knöt- 
chen zum größten Theil verschwunden sind. Alsdann können die 
Kranken, wenn es ihre Verhältnisse erlauben, oder es gewünscht 
wird, zur ambulanten Behandlung entlassen werden. Sie werden 
dann ohne Störung des Berufs täglich '/,—!/, Stunde der Bestrahlung 
ausgesetzt. 

Bei der geringsten Reaktion Aussetzen der Behandlung und, 
wenn nöthig, Bleiwasserumschläge, welche sich uns am besten zur 
Beseitigung der akuten Dermatitis bewährt haben. Dass es sich in 
unseren Fällen zunächst nur um zeitweilige Heilungen handelt, ist 
selbstverständlich. Die Zeit ist bis jetzt zu kurz, um von Dauer- 
resultaten sprechen zu können. 

Worauf beruht nun die günstige Wirkung der Röntgenstrahlen 
auf das lupöse Gewebe? Sind es specifische Wirkungen der noch 
nach ihrem Wesen unbekannten X-Strahlen oder die Wirkung des 
Lichts oder speciell die des elektrischen? Finsen in Kopenhagen hat 
in ausgedehntem Maße Versuche mit koncentrirtem Sonnen- und 
elektrischem Licht angestellt, die Wirkung desselben auf die ver- 
schiedensten Bakterienarten beobachtet und dasselbe zu therapeutischen 
Zwecken verwandt. Da man das Sonnenlicht nicht immer zur Ver- 
fügung hat, ist es für regelmäßige therapeutische Maßnahmen nicht 
zu gebrauchen. Finsen verwandte desshalb ein System von Sammel- 
linsen und eine Bogenlampe von 25 Ampere und erzielte damit sehr 
günstige Heilerfolge bei Lupus. Ca. 50 Pat. wurden behandelt, ein 
großer Theil ist noch in Behandlung, 20 wurden geheilt. Aus der 
interessanten Arbeit geht hervor, dass der Lupus auch durch kon- 
centrirtes Sonnenlicht, vor Allem durch koncentrirtes elektrisches 
Licht zu heilen ist. Eine specifische Wirkung der Röntgenstrahlen 
ist somit auszuschließen. Eben so ist die Wirkung der Wärme und 
die durch diese hervorgerufene Wirkung auszuschließen, da wir, 
wie ich mittheilte, ohne solche Wirkungen seit längerer Zeit 
gute Erfolge erzielten, und in dem Finsen’schen Apparat ebenfalls 
die Wärmestrahlen ausgeschaltet werden. Um die interessanten 
Finsen’schen Versuche nachprüfen und die Wirkung des koncentrirten 
Lichts auf den Lupus beobachten zu können, haben wir in unserem 
Krankenhause den Finsen’schen Apparat aufstellen lassen. Der Ein- 
fachheit halber möchte ich Ihnen den Haupttheil des Apparates, das 
Linsensystem vorführen; die Anordnung des Ganzen werden Sie aus 
dieser Photographie ersehen. Die Lichtquelle bildet eine von Sie- 


— ĝi — 


mens & Halske hergestellte Bogenlampe von 25 Ampere und 
65 Volt. Der Brennpunkt muss ein absolut fester sein, um eine 
richtige Einstellung des Linsensystems zu ermöglichen; auch das 
letztere muss feststehen und keinen Schwankungen unterworfen sein. 
Um dies zu erreichen ist Lampe und Linsensystem an einem festen 
Eisengestell angebracht, oben befindet sich die Bogenlampe mit festem 
Brennpunkt, in einem Abstand von 10 bis 12 cm von der Licht- 
quelle werden die Linsen eingestellt. Die fernrohrähnliche Messing- 
hülse, welche die Linse enthält, ist an einem seitlichen, in einem 
Winkel von genau 130° befestigten Eisenstab verschieblich angebracht. 
Das Linsensystem besteht aus 4 Bergkrystalllinsen in 2 getrennten 
Röhren, welche in einander verschieblich sind. In dem vorderen 
Theil befindet sich ein großer Behälter zur Aufnahme von Wasser 
zur Ausschaltung von Wärmestrahlen oder von Methylenblaulösung 
zur Erzielung der chemisch wirksamsten koncentrirten blauen Strahlen. 
Ohne Wasser wird durch das Linsensystem natürlich eine sehr starke 
Wärme erzeugt, welche die Haut sofort verbrennen würde und welche 
Papier sofort verkohlt. Nach Einschaltung des Wassers macht sich 
nur die Wirkung des centralen elektrischen Lichtes geltend, eine 
Wärmeentwicklung findet absolut nicht statt. Um das chemisch 
indifferente rothe Licht, welches durch das Blut der Hautgefüße ab- 
gegeben wird, auszuschalten, presst Finsen auf die zu bestrahlenden 
lupösen Partien etwa thalergroße Glasplatten auf, um dieselben anämisch 
zu machen. Diese Druckgläser bestehen aus zwei einen Hohlraum 
bildenden Gilasplatten, zwischen denen zur sicheren Ausschaltung 
aller Wärmestrahlen, wenn nöthig, noch kaltes Wasser cirkuliren 
kann. Durch das Aufpressen dieser Glasplatten treten die einzelnen 
Lupusknötchen mit größter Deutlichkeit zu Tage, wenn der Licht- 
kegel auf sie fällt. Die zur Zeit beleuchtete Fläche ist nur etwa 
10pfennigstückgroß, und muss eine Stelle nach der anderen der Be- 
leuchtung unterworfen werden. Die Behandlung zieht sich wie bei 
Anwendung der Röntgenstrahlen über Wochen und Monate hin. 
Einzelne Lupusknötchen können zuweilen in einer Sitzung von etwa 
20 Minuten beseitigt werden. Diese sehr wirksame Methode mit 
koncentrirtem elektrischen Licht hat, wie es mir scheint, den Röntgen- 
strahlen gegenüber den Nachtheil, dass zur Zeit nur kleine Tartien 
bestrahlt werden können, während bei den letzteren sofort die ge- 
sammte erkrankte Fläche in Behandlung genommen wird. Es erscheint 
mir nicht unpraktisch, eventuell eine Kombination beider Methoden 
eintreten zu lassen, indem die großen lupösen Flächen mit Röntgen- 
strahlen in Behandlung genommen und einzelne noch zurückbleibende 
Knötchen mit dem koncentrirten Licht des Finsen’schen Apparats 
beseitigt werden. 

Die weitere Frage, ob die heilende Wirkung der Röntgen- 
strahlen etwa auf einer Vernichtung der Bakterien beruhe, musste 
unsererseits im negativen Sinne beantwortet werden. Es war von 
vorn herein anzunehmen, dass die Kathodenstrahlen, welche nach den 


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Untersuchungen von Wiedemann und Ebert eine größere Energie 
der Schwingungen besitzen als die Strahlen des hellsten Sonnenlichts, 
auch gleich diesen die Eigenschaft haben würden, pathogene und 
sonstige Bakterien zu vernichten. 

Die Versuche von Mink, welcher Typhusbacillen 2—8 Stunden 
der Einwirkung von Röntgenstrahlen aussetzte, blieben negativ. 

Beck und Schultz hatten ebenfalls bei Einwirkung von 
20 Minuten bis 2!/, Stunden und bei 25 cm Röhrenabstand negative 
Resultate. 

Berton hatte bei 24stündiger Exposition, Sabrazes und Rivière 
bei 20stündiger bei Diphtheriebacillen resp. bei Bacillus prodigiosus 
nur negative Resultate; die Kulturen wuchsen eben so üppig wie die 
nicht behandelten. 

Lertet und Genoud befassten sich mit der Wirkung der 
Röntgenstrahlen auf Tuberkulose, indem sie in der Leistengegend 
Kaninchen mit tuberkulöser Milzaufschwemmung impften. Die Kontroll- 
thiere zeigten an der geimpften Stelle Geschwüre mit reichlicher 
eitriger Sekretion und Schwellung der Leistendrüsen, während die 
an der geimpften Stelle mit Röntgenstrahlen behandelten Thiere 
keine Absonderung zeigten und in gutem Ernährungszustand blieben. 
Eben so glaubte Fiorentini und Cinasoli bei Thierexperimenten 
durch Einwirkung der Röntgenstrahlen die Entwicklung von Tuber- 
kuloseinfektion zu verzögern. 

Rieder! ist der;Erste, welcher positive Resultate erzielte. Der 
Induktor hatte 30 cm Funkenlänge, Röhrenabstand 10cm, Expositions- 
zeit 1—3 Stunden. Bei Tuberkulosebacillen glaubt er eine Beein- 
trächtigung des Wachsthums der Kulturen annehmen zu müssen. 
In Agar-Blutserum oder Gelatineplatten suspendirte Bakterien gehen 
sicher zu Grunde schon bei ca. 1 Stunde dauernder Einwirkung der 
Röntgenstrahlen. Auch Bacillenkulturen, z. B. der Cholera, können 
durch länger dauernde Bestrahlung abgetödtet werden, dagegen ge- 
lang der Versuch, andere Kolonien in ihrer weiteren Entwicklung auf- 
zuhalten, z. B. in Gelatinekulturen, nach 24stündigem Wachsthum 
nur theilweise. 

Unsere Versuche lieferten ein absolut negatives Resultat. Zur 
Verwendung kamen Bacterium coli, Staphylococcus aureus, Strepto- 
coccus und Micrococcus prodigiosus. Selbst nach 12stündiger Ein- 
wirkung wuchsen die in Petri’schen Schälchen ausgesäten Kolonien 
eben so üppig, wie die Kontrollkulturen. Bei 3 mit Tuberkelbacillen 
angestellten Versuchsreihen, bei denen die Kulturen täglich !/; Stunde 
den Strahlen ausgesezt waren, wuchsen selbst nach Fortsetzung 
der Bestrahlung während 24 Tagen die behandelten Kulturen eben 
so üppig, wie die nicht bestrahlten. Worauf die Verschiedenheit der 
Resultate Rieder’s und der anderen Beobachter beruht, ist schwer 
zu sagen. 


1 Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 4. 


el E E 


Was die Einwirkung des koncentrirten Lichts auf Bacillen anbetrifft, 
so erzielte Finsen in relativ kurzer Zeit positive Resultate. Benutzt 
wurden Kulturen von Micrococcus prodigiosus, Bacterium fluorescens, 
Bacterium coli, Typhus und Milzbrand, in der Hauptsache Micro- 
coccus prodigiosus. Die Versuche wurden so angestellt, dass 2 Parallel- 
kulturen, die eine mit dem koncentrirten blauen Licht, die andere 
mit direktem Bogenlicht bei 75 cm Abstand beleuchtet wurden. 
Das unkoncentrirte Licht schwächte die Wachsthumsfähigkeit nach 
11/2 Stunde ab und tödtete nach 8—9 Stunden, während das kon- 
centrirte blaue Licht nach 4—5 Minuten abschwächte und nach 
15—20 Minuten tödtete. 

Wie wir sehen, ist auch die baktericide Wirkung der Röntgen- 
strahlen als wirksamer Faktor in der Heilung des Lupus wohl mit 
ziemlicher Sicherheit auszuschließen. 

Es handelt sich um bis jetzt noch nicht näher gekannte Ein- 
wirkungen auf das Gewebe, vielleicht trophoneurotischer Art. 

Fassen wir unsere Erfahrungen über die Wirkung der Röntgen- 
strahlen und des koncentrirten Lichts auf den Lupus kurz zusammen, 
so möchte ich folgende Punkte besonders hervorheben: 

1) Die Röntgenstrahlen bilden ein sehr werthvolles therapeutisches 
Mittel zur Behandlung resp. zur Heilung des Lupus. 

2) Die Heilung geht um so sicherer und schneller von statten, 
je mehr die eine längere Unterbrechung erfordernden schweren Ver- 
letzungen der Haut vermieden werden. 

3) Eine specifische Wirkung ist den Röntgenstrahlen bei der 
günstigen Wirkung auf den Lupus nicht zuzuschreiben. 

4) Die Heilung des Lupus durch die Röntgenstrahlen beruht 
nicht auf der durch zu starke Ströme oder zu geringe Entfernung 
des Objekts von der Röhre veranlasste akute Dermatitis, sondern auf 
einer in seiner Eigenart noch nicht näher bekannten Beeinflussung des 
lupösen Gewebes; vielleicht handelt es sich um ein elektro-chemischen 
Process (Jankau), oder um eine trophoneurotische Einwirkung 
(Barthélemy). 

5) Dasselbe gilt von der Wirkung des koncentrirten Lichts 
(Finsen), wodurch der Lupus ebenfalls günstig beeinflusst resp. ge- 
heilt wird. 

6) Die durch Anwendung der Röntgenstrahlen entstandenen 
Narben sind weit glatter und schöner als die durch andere Behand- 
lung entstandenen. Narbenkontraktionen mit ihren entstellenden 
Nebenwirkungen haben wir bis jetzt nicht beobachtet. 

7) Für Behandlung großer lupöser Flächen ist die Röntgen- 
bestrahlung der mit koncentrirtem Licht vorzuziehen. 

(Original.) 


a ET ec 


17) O. Tilmann. Über Hirnschüsse. 


Der Vortr. hat die Veränderungen und Zerstörungen studirt, 
die das Gehirn beim Beschuss erleidet. Er stellte zahlreiche 
Schießversuche mit einem 9 mm Revolver an und kommt zum 
Schluss, dass man am durchschossenen Gehirn 3 Grade der Zer- 
störung unterscheiden muss: 1) Die durch das Geschoss direkt zer- 
malmten Himtheile, 2) eine um den Schusskanal liegende Zone 
von aufgelockerter Hirnmasse, 3) die Zone der gezerrten Hirntheile, 
die sich durch Risse im Hirngewebe, durch kapilläre Blutergüsse 
markirt, in der Nähe des Schusskanals am stärksten ist und nach 
der Peripherie zu abnimmt. Der Schusskanal nimmt vom Einschuss 
bis etwa zu seiner Mitte an Durchmesser zu, dann bis zum Aus- 
schuss wieder ab, so dass der Ausschuss kleiner ist als der Einschuss. 
Die grauen Hirnknoten sind bei der Zerstörung stärker betheiligt 
als die weiße Hirnmasse, da sie gefäßreicher und weniger fest sind. 
Die Erklärung dieser Art der Zerstörung sieht T. in der hydrody- 
namischen Druckwirkung; dass dieselbe wirklich zu Recht besteht, 
beweist er durch kinematographische Aufnahmen zweier Schädel- 
schüsse, von denen der eine vorübergehende Aufblähung des ganzen 
Schädels, der andere eine Explosion zeigte, bei der die Hirntheil- 
chen nach dem Ausschuss, so wie radiär nach den Seiten geschleu- 
dert wurden, während die Einschusswand zunächst stehen blieb und 
erst später fiel. Das klinische Bild, das die Schussverletzungen 
des Gehirns geben, kann nur von der Gesammtheit dieser Läsionen 
des Organs abhängen, und ist es nicht möglich, die einzelnen Lä- 
sionen gesondert zu diagnosticiren. Für die Behandlung haben die 
Untersuchungen ergeben, dass die exspektative Behandlung nach 
v. Bergmann die richtige ist. (Selbstbericht.) 


Diskussion. Braatz (Königsberg) berichtet über einen Fall 
von Schussverletzung des Gehirns, den er in 2 Operationen heilte. 
Nach der ersten Operation beklebte B. die Narbe mit Bleidraht und 
nahm dann ein Röntgenbild des Schädels auf. Er empfiehlt, bei 


solchen Aufnahmen einen Bleidraht rings um den Kopf zu legen. 
Jaff6 (Hamburg). 


18) v. Fedoroff (Moskau). Über Kraniektomien nebst einigen 
Betrachtungen über den Heilungsprocess größerer Operations- 
defekte am Schädel. 


Die moderne Chirurgie muss jetzt zwei ganz verschiedene Ope- 
rationsverfahren an den Schädelknochen als zwei besondere Typen 
auffassen: 1) die ausgedehnten temporären Resektionen am Schädel 
(die Kraniotomien), welche uns einen breiten Weg ins Cavum cranii 
gestatten, und von denen ein Theil, als Probekraniotomien, analog 
den Probelaparotomien, aufgefasst werden kann, 2) alle Resektionen, 


NE en 


wo Theile von erkrankten Schädelknochen mit weggenommen werden 
müssen — die Kraniektomien. ; 

Bei 3 Fällen von Kraniektomien handelt es sich um zwei Kranke: 
einen 18jährigen jungen Mann, bei dem in etwa 6monatlicher Dauer 
2 Resektionen am Schädel gemacht wurden, und einen 25jährigen 
Priester. Im 1. Falle wurde bei der 1. Operation ein großes Sarkom 
des rechten Scheitelbeins mit der Dahlgren’schen Knochenzange 
und ein paar Meißelschlägen in etwa 10 Minuten entfernt. Der 
Defekt des Schädeldaches, der 10 zu 12 cm betrug, wurde nur mit 
Haut gedeckt. Prima intentio. Nach 3 Monaten gesund entlassen. 
Nach 6 Monaten ein Recidiv an derselben Stelle. Während dieser 
Zeit hatte sich der Kranke aber ganz wohl gefühlt und alle seine 
früheren Arbeiten gut verrichten können. 

Bei der 2. Operation mussten, da der Tumor viel größer als das 
1. Mal war, nicht nur Knochen, sondern auch die Dura nebst einem 
kleinen(10pfennigstückgroßen)Theile derHirnsubstanz fast in der ganzen 
Ausdehnung des Schädeldefekts mit excidirt werden. Die Größe 
der Defekts betrug 15 zu 14 cm. Während der ganzen Operation 
starke Blutung. Die Operation dauerte etwa 35 Minuten, obgleich 
hauptsächlich mit Kreissäge und weniger mit Meißeln gearbeitet 
wurde. Wegen zu großen Blutverlustes trat der Tod 3 Stunden 
nach der Operation ein. 

Bei dem 2. Pat. wurde mit der Kreissäge wegen Sarkoms der 
rechten Stirnhöhle ein Stück Knochen vom Stirnbein in einer Größe 
von 6 zu 6cm in etwa 6—8 Minuten herausgesägt. Während der 
Operation auch starke Blutung, die nach Entfernung des Knochens 
leicht mit Klemmpincetten gestillt wurde. Glatter Verlauf. Nach 
1 Monate etwa aus der Klinik ohne Prothese entlassen. Kann seinen 
Dienst gut wie früher verrichten. 

Bei allen solchen ausgedehnten Kraniektomien werfen sich haupt- 
sächlich folgende Fragen auf: wie groß die Resektionsdefekte am 
Schädeldach und, wenn nöthig, auch an der Dura sein können, wie 
dieselben heilen und ob sie später geschlossen werden müssen. 

Was in der Litteratur darüber bekannt ist und die Experimente 
des Verf. an Hunden, bei denen, ohne irgend welche Nachtheile 
fürs Leben, das ganze Schädeldach und die Dura mit entfernt wurden, 
beweisen, gestatte folgende Schlüsse: 


1) Die bösartigen Geschwülste des Schädeldaches müssen mög- 
lichst weit im noch völlig gesunden Knochen exstirpirt werden, wobei 
auch die Dura, wenn sie auch nur verdächtig erscheint, mit fort- 
genommen werden muss. 


2) Die Größe des dabei entstandenen Schädeldefektes und der 
Dura kann, wenn nöthig, die Hälfte und vielleicht noch mehr des 
Schädeldaches betragen. 

3) Solche große Defekte können lange Zeit nur mit Haut be- 
deckt bleiben, ohne dem Kranken große Gefahren für sein Leben 

Chirurgen-Kongress 1898. 5 


erben 


zu verursachen und ihn in seiner gewöhnlichen Arbeit zu beein- 
trächtigen. 

4) Muss bei der Operation dem Blutverluste die größte Auf- 
merksamkeit geschenkt werden und darum so schnell wie mög- 
lich und mit dazu geeigneten Instrumenten, am besten mit elek- 
trischen Kreissägen, operirt werden. (Selbstbericht.) 


19) Doyen (Paris). Mittheilungen über Hirnchirurgie. 


Redner zeigt sein Instrumentarium, wie er es zur Kraniektomie 
benutzt. Die Operation kann mit der Hand allein ausgeführt werden 
oder mit Zuhilfenahme eines Elektromotors von etwa einer Pferdekraft. 


Instrumentarium für manuelle Operation. 

Auf einen Collin’schen Trepan in Drillbohrerform setzt man einen 
Bohrer und macht damit 5—6 Löcher in das Schädelgewölbe. Dann 
ersetzt man den Bohrer durch einen besonders konstruirten kugel- 
förmigen Raspelbohrer, mit dessen Hilfe man mit ein wenig Geschick- 
lichkeit die Dura erreicht, ohne Gefahr zu laufen, dieselbe zu ver- 
letzen. Die Tabula externa durchschneidet D. von Loch zu Loch 
mit seiner kleinen Handsäge, wobei er nur die Basis eines Haut- 
Periostlappens stehen lässt; dann vollendet er die Durchtrennung 
mit seiner Kneifzange. Die Tabula interna spaltet er mit seinem 
gedeckten Meißel, zuerst zwischen den beiden obersten Öffnungen, 
dann entlang der Basis des Lappens, und schlägt zuletzt den Haut- 
Knochenlappen zurück. 


Elektrisches Instrumentarium. 

D. bevorzugt das elektrische Instrumentarium, weil es glattere 
Wundflächen schafft. Er setzt auf einen Instrumententräger, der 
durch eine biegsame, von ihm konstruirte Leitungsschnur mit dem 
Elektromotor in Verbindung steht, einen Raspelbohrer, wie er ihn 
auch bei der manuellen Methode anwendet, und bohrt 3 Löcher bis 
zur Dura mater. Die Dura selbst schiebt er ab und durchsägt die 
Schädelwölbung fast in der ganzen Ausdehnung des Hautschnitts. 
Die Säge durchtrennt mittels einer besonderen Vorrichtung zuerst 
die ganze Dicke des Knochens, ehe sie horizontal weitersägt. Die 
Säge, welche D. dazu benutzt, ist nach dem Gehirn zu gedeckt 
durch eine auf der Dura gleitende Metallrinne. Die letzte Brücke 
durchtrennt man nur bis zur Tabula interna: hierzu verwendet D. 
eine feine Säge, welche eine kleine Scheibe über den Zähnen trägt 
und in Folge dessen nur bis zu einer gewissen Tiefe eindringen 
kann. Die Tabula interna selbst und die Basis des Lappens werden 
mit dem schon beschriebenen gedeckten Meißel durchtrennt, und 
sodann der ganze Lappen zurückgeschlagen. Die Operation dauert 
bei der Anlegung einer großen Öffnung mit der Hand 10—15 Mi- 
muten, mit dem elektrischen Apparat nur 5—10 Minuten. 


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Für die Eröffnung des Processus mastoideus — Freilegung des 
Antrum und des Sinus — ist es besser, manuell vorzugehen mit 
längerem cylindrischen Raspelbohrer von 14 mm Durchmesser. 

Dis elektrischer Apparat in Verbindung mit größeren Sägen, 
einfachen und Raspelbohrern ermöglicht es, in wenigen Augenblicken 
die größten osteomyelitischen Herde an Diaphysen und Epiphysen 
bloßzulegen. 

Operative Resultate. 


Die Hemikraniektomie ist selbst kaum mit einer Gefahr ver- 
bunden; nur die Schwere der Gehirnläsion, die man aufsuchen will, 
kommt in Betracht. 

Falls es aus dem Knochen stark blutet, ist es am besten, die 
Haut darüber zu vernähen und die Dura erst 6—7 Tage später zu 
eröffnen. Wenn die Dura durch starken intrakraniellen Druck sehr 
gespannt ist, so bewirkt eine bloße Incision derselben sofortigen 
Nachlass der Symptome, und der Puls steigt z. B. manchmal rasch 
von 45 auf 80 Schläge in der Minute. — D. hat eine ganze Anzahl 
von Idioten und Mikrocephalen in Beobachtung, deren Besserung 
nach der Operation außer Zweifel steht. Bei der ersten Pat., einer 
Idiotin mit Morbus Basedowi, die er operirt hat, haben sich vier 
Tage nach einer doppelseitigen Kraniektomie Exophthalmus und Struma 
zurückgebildet. Vor der Operation konnte Pat. kaum sprechen und 
erkannte ihre nächsten Angehörigen nicht mehr. Jetzt ist sie wieder 
arbeitsfähig und vermag ordentlich zu sprechen und zu zählen. 
Auch einige Epileptiker mit deutlicher Besserung nach der Operation 
hat D. in Beobachtung. Ein Fall ist jetzt 5, ein anderer 6 Monate 
frei von Anfällen geblieben. In Fällen von Jackson’scher Epilepsie, 
bei denen D. keine Läsion der Hirnrinde sähe, sucht er das epilep- 
togene Centrum durch elektrische Reizung der Gehirnoberfläche auf 
und macht dann die Excision dieser Partie. Bei 2 Fällen hat er 
damit imal guten Erfolg gehabt. Der 2. Fall ist erst vor Kurzem 
operirt und noch in Beobachtung. 

Ganz hervorragende Erfolge hat D. erzielt bei der Exstirpation 
eines großen tuberkulösen subcortical gelegenen Tumors und bei 
der Eröffnung mehrerer tiefgelegener Abscesse, deren Auffindung 
überhaupt erst nach einer ausgedehnten Kraniektomie möglich war. 
Von weiteren Fällen erwähnt er noch eine Cyste an dem rechten 
motorischen Rindencentrum mit linksseitiger Parese und einen Fall 
von Meningitis occipitalis bei einer Erwachsenen. D. hat bei dieser 
die Kraniektomie fast in extremis gemacht; die Pat. ist genesen. 

Bei Versuchen, auch Tumoren der Basis cranii zugänglich zu 
machen, gelang es ihm verschiedenfach ohne Schwierigkeit, das 
Chiasma zu erreichen. Mehrere Kranke haben durch die Operation 
nur vorübergehende Besserung erlangt, die wohl auf die ausgiebige 
Druckverminderung zurückzuführen ist. Es handelte sich in diesen 
Fällen, wie wenige Monate später bei der Autopsie festgestellt wurde, 

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Se BEE 


um Geschwülste am dritten Ventrikel und der Vorderfläche des 
Kleinhirns, wohin D. nicht hatte gelangen können. 

Es ist aber zu hoffen, dass auch diese bisher ganz unzugäng- 
lichen Regionen in das Bereich der Gehirnchirurgie einbezogen 
werden. (Selbstbericht.) 


20) Ludewig (Hamburg). Zur chirurgischen Behandlung der 
chronischen Mittelohreiterung. 


Redner giebt zunächst eine Anzahl Präparate von durch Caries 
zerstörten Gehörknöchelchen und von durchsägten Schläfenbeinen, 
wie Photographien nach ähnlichen Präparaten herum. 

Der Chirurg bekommt eine Ohreiterung erst in die Hand — sei 
es vom Hausarzt oder von einem Ohrenarzt, dessen Thätigkeit sich 
auf Spritzen oder Pusten beschränkt —, wenn dieselbe den Raum 
der Paukenhöhle überschritten und Entzündungserscheinungen in 
den Nebenräumen hervorgerufen hat mit Fieber und Schmerzen. 
Und was thut er nun? Er meißelt den Knochen hinter dem Ohr 
auf. Ist er bis auf den Eiterherd im Knochen vorgedrungen, so ist 
seine Thätigkeit meist erschöpft, der Erfolg ein zufriedenstellender: 
das Fieber fällt ab und die Schmerzen hören auf. Ganz selbstver- 
ständlich giebt es eine Anzahl hervorragender Chirurgen, die sich 
mit solchem Eingriff nicht begnügen, sondern bestrebt sind, gründlicher 
vorzugehen. Diese Operateure, welche ein specielles Interesse für die 
chirurgischen Erkrankungen des Ohres an den Tag gelegt haben, 
sind sich darüber einig, dass es bei der Aufmeißelung der Mittelohr- 
räume wegen chronischer Eiterung allein darauf ankommen muss, 
aus Gehörgang, Paukenhöhle, Attic, Antrum mastoideum 
und den lufthaltigen Zellen des Warzenfortsatzes eine ein- 
zige große Höhle zu machen. 

Wie das erreicht wird, erscheint irrelevant. 

Redner wünscht die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die 
Extraktion von Hammer und Amboß mit der Ausräumung der Pauken- 
höhle vom Gehörgang aus zu lenken. 

Diese Operation ist für die Fälle nicht ausreichend, in welchen 
die Caries das Schläfenbein selbst schon in weiterem Umfang ergriffen 
hat, oder -in welchen ein Cholesteatom im Knochen sicher nach- 
gewiesen ist. Aber sie genügt für die Fälle chronischer Mittelohr- 
eiterung, bei denen die Caries auf die Gehörknöchelchen beschränkt 
ist, oder die Eiterung in abgekapselten Räumen meist der oberen 
Partie der Paukenhöhle sitzt, welche durch hintere Synechien, neu- 
gebildete, theils bindegewebige, theils verknöcherte oder verkalkte 
Stränge häufig gebildet werden. 

Ferner ist sie nothwendig bei Residuen einer abgelaufenen Mittel- 
ohreiterung, bei welchen das Trommelfell oder der Rest desselben 
und die Kette der Gehörknöchelchen stark retrahirt (letztere anky- 
losirt) und unbeweglich geworden sind. Denn hier wird die Stapes- 


e DÉI — 


platte in das ovale Fenster hineingedrückt, die Endigungen des 
Acusticus stehen unter erhöhtem Druck und verfallen allmählich der 
Atrophie. 

Die chronische Mittelohreiterung, welche mit Caries an den 
Gehörknöchelchen einhergeht oder ihren Sitz hauptsächlich im Attic 
‚hat, zeigt meist charakteristische Trommelfellbilder. Bei der Caries 
am Hammerkopf findet sich oft eine Fistel in der Membrana Shrap- 
nelli über dem Processus brevis, bei der Amboßcaries sieht man eine 
Ablösung des Trommelfells hinten oben, beide Beispiele bei sonst 
intaktem Trommelfell. Sehr häufig bietet sich aber auch das Bild 
eines Totalverlustes des 'Trommelfells mit Ausnahme eines Restes 
der Membrana Shrapnelli, welcher den Hammerrest enthält. 

Das Operationsverfahren ist kurz folgendes: Hat man ein Trommel- 
fell vor sich, das nur eine Fistel in der Membrana flaccida über dem 
Processus brevis oder eine Ablösung im hinteren oberen Quadranten 
aufweist, so schneidet man mit dem geknöpften Messer, nachdem 
man eine Paracentese gemacht hat, vor und hinter dem Hammer- 
griff in die Höhe bis zum Knochenrand, geht dann mit dem Tenotom 
in den hinteren Schnitt ein und durchschneidet die Sehne des Tensor 
tympani, welche ungefähr in der Höhe des von außen sichtbaren 
Processus brevis inserirt, und dreht dann das Tenotom um 180° 
nach hinten, um ev. das Amboß-Steigbügelgelenk zu lösen. Dann 
durchtrennt man die Brücke, welche das Hammergriffende mit dem 
unteren Knochenrand noch verbindet, fasst den Hammergriff mit der 
Wilde’schen Schlinge möglichst hoch, über dem Processus brevis, 
und extrahirt ihn, indem man den Kopf unter dem Knochenrand 
hervorhebelt. Darauf geht man mit dem Amboßhaken ein in deu 
Attic da, wo der Hammerkopf gesessen hat, und bringt den Amboß 
durch eine Drehung des Instruments um 90° nach hinten in das 
Gesichtsfeld resp. gleich an das Tageslicht. 

Ist die Caries auf die beiden ersten Gehörknöchelchen beschränkt, 
so ist damit genug geschehen; ist aber der Attic oder der hintere 
Theil der Pauke noch mit Granulationen oder Detritusmassen aus- 
gefüllt, so werden diese ausgelöffelt, ev. alle Rauhigkeiten am Knochen- 
rande ausgekratzt. 

Die Heilung erfolgt mit Neubildung eines Trommelfells, welches 
von der Peripherie aus nach der Mitte zu wächst und sich völlig 
wieder schließen kann; oder aber der Defekt bleibt bestehen. In 
diesem Falle epidermisirt sich allmählich die Paukenschleimhaut und 
wird mit der Zeit widerstandsfähig gegen die in das Ohr eindringen- 
den Schädlichkeiten. 

Bei 100 Fällen, die Redner operirt und bis in die letzte Zeit 
verfolgt hat, war: 

der Hammer gesund bei cariösem Amboß in 33% der Fälle, 
der Hammer cariös bei gesundem Amboß >» 8% > » 
beide Knöchelchen waren cariös » 48% > S 
beide gesund » Abo» > 


nang Des 


Hammer cariös, vom Amboß nichts gefunden in 4% der Fälle, 
Hammer gesund, vom Amboß nichts gefunden > 1% > > 
Die Operation wurde wegen zu starker Blutung 

abgebrochen und nicht ausgeführt > 2% > > 

Hammer-Amboßankylose fand sich 4mal. 

Redner hat hier die 5 Fälle, in welchen vom Amboß nichts auf- 
gefunden wurde, besonders angeführt, obgleich er die Überzeugung 
hat, dass in 4 derselben der Amboß durch Caries gänzlich zerstört 
war. Lässt man die 5 Fälle, in welchen vom Amboß nichts gefunden 
wurde, außer Betracht, so bleibt die Amboßcaries immer noch er- 
wiesen in 81% der Fälle. 

Was den Erfolg der Operation in Bezug auf die Eiterung an- 
belangt, so ist zu verzeichnen: Eiterung geheilt: 80mal, nicht ge- 
heilt: 8mal; Erfolg unbekannt: 9mal, zweifelhaft: 8mal. 

Rechnet man nun die weggebliebenen Fälle, deren Erfolg un- 
bekannt ist, und die zweifelhaften zu den ungeheilten, so haben wir 
immerhin 80% Heilung gegen 20% Nichtheilung. 

Das Hörvermögen wurde durch die Operation gebessert 75mal, 
blieb dasselbe 13mal, wurde verschlechtert 2mal, ist nach der Ope- 
ration unbekannt 9mal, die Hörprüfung war vor und nach der Ope- 
ration unmöglich imal. 

Die Hörverbesserung war in vielen Fällen eine ganz beträcht- 
liche. Von den 30 Pat. z. B., welche vor der Operation Flüster- 
zahlen nur direkt ins Ohr gesprochen, oder das nicht einmal mehr, 
hörten, wurden Flüsterzahlen nach der Operation gehört: 13mal bis 
2 m, 6mal bis 3 m, 3mal bis 4m, 4mal bis 5 m, Imal bis 6 m und 
3mal bis 8 m! 

Üble Folgen der Operation, wie Facialislähmung, beträchtlicher 
oder erwähnenswerth andauernder Schwindel oder Kopfschmerzen, 
kamen nicht zur Beobachtung. ` (Selbstbericht.) 


21) Loew (Köln). Operationsverfahren bei hochgradigem 
Ektropium der Lippen und Augen (mit Krankenvorstellung). 
Mundplastik bei Facialisparalyse. 


Der vorgestellte Pat. erlitt. vor (Ui: Jahre durch Explosion einer 
Petroleumlampe tiefgehende Zerstörungen im Gesicht. Frei blieb 
nur das linke Auge und die linke Stirnhälfte.e Nach Überwindung 
der Lebensgefahr wurden die Defekte in 2 Sitzungen durch 
Thiersch’sche Transplantationen gedeckt. Es bildete sich allmäh- 
lich starkes Ektropium des rechten unteren Augenlides und der 
Lippen heraus. Die Unterlippe war, in starres Narbengewebe einge- 
bettet, bis in das Kinn gezogen. Dabei war der Mund in Folge der 
koncentrischen Narbenschrumpfung bis auf ein Minimum verkleinert, 
so dass er nicht geöffnet, die Zahnreihen nicht mehr von einander 
gebracht werden konnten. Es wurde nun folgendermaßen von Ge- 


Eeer Ke 


heimrath Bardenheuer vorgegangen. Fast der ganze Mund wurde 
an der Grenze des Lippenroths umschnitten; nur der linke Mund- 
winkel blieb frei. Die Schnitte wurden bis fast auf die Schleimhaut 
durchgeführt, das Narbengewebe in der Umgebung des Mundes 
excidirt. Dadurch wurden die Lippen so mobilisirt, dass sie zu- 
sammen gebracht und nach innen umgeschlagen werden konnten 
(künstliches Entropium). In dieser Stellung wurden die Lippen durch 
Nähte, welche die Wundflächen vereinigten, Bart, Der linke Mund- 
winkel wurde nicht vernäht, sondern blieb offen zur Ernährung und 
zum Sprechen. Darauf wurde der Hautdefekt an der Oberlippe 
durch Thiersch’sche Transplantationen gedeckt. Zur Deckung des 
Defektes an der Unterlippe wurde ein zweibrückiger horizontaler 
Hautlappen von der Vorderseite des Halses benutzt. Die Mitte des 
Lappens wurde über das Kinn bis an die Unterlippe geschoben und 
dort fixirt. Der Defekt am Halse wurde durch Thiersch’sche 
Transplantationen gedeckt. Nach Anheilung des Hautlappens wurde 
die Mundnaht gelöst und die Wundränder der Lippen für sich ver- 
einigt; die Mundspalte wurde nach Dieffenbach erweitert. Der 
Erfolg ist ein sehr guter. Pat. hat einen ganz normalen Mund be- 
kommen, welchen er völlig schließen und weit öffnen kann. — Diese 
zeitweise Vernähung des Mundes zu drei Vierteln dürfte wohl nur bei 
so hochgradigen Lippenektropien anzuwenden sein, welche jeder 
anderen Behandlung keine Aussicht auf Erfolg geben, da doch immer- 
hin eine solche Mundnaht mit Unbequemlichkeiten für den Pat. ver- 
bunden ist, wenngleich dieselben nicht so groß sind, als sie auf den 
ersten Augenblick erscheinen. Dagegen hat Bardenheuer die 
dauernde Mundnaht bis zu einem Viertel der Mundspalte in mehreren 
Fällen bei der so außerordentlich entstellenden Schiefstellung des 
Mundes, dem Herabsinken des einen Mundwinkels in Folge Facialis- 
paralyse, ausgeführt. Der gelähmte Mundwinkel wiag, wie oben be- 
schrieben, umschnitten, die Lippen nach innen gekehrt und die 
Wunden der Ober- und Unterlippe flächenhaft vereinigt. Ist der 
Mund stark nach der gesunden Seite herüber gezogen, so wird aus 
der Wange der gelähmten Seite ein Hautkeil, dessen Spitze am 
Mundwinkel liegt, geschnitten, und der auf diese Weise entstandene 
Hautdefekt durch eine Vertikalnaht vereinigt. Hierdurch wird der 
Mund nach der gelähmten Seite herübergezogen. Der kosmetische 
Erfolg ist ein sehr guter. 

Die Blepharoplastik wurde in derselben Weise wie die Mund- 
plastik ausgeführt: Umschneidung der Augenlider, künstliches Entro- 
pium beider Lider, wobei der Cilienboden mit den Cilien erhalten 
werden kann. Die Cilien liegen dann im oberen bezw. unteren Con- 
junctivalsack, ohne zu reizen. Flächenhafte Vernähung der beiden 
Augenlider mit einander. Bildung der neuen Lider aus einem gestiel- 
ten Lappen der Stirn. — 

Nebenbei bemerkt der Vortr., dass Pat. vor 2 Jahren dem 
Chirurgenkongress wegen einer Osteoplastik, welche Bardenheuer 


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an seinem Fuß ausführte, vorgestellt wurde. Dem Pat. war in Folge 
Osteomyelitis der 2. Metatarsus völlig, der 1. Metatarsus bis auf das 
Capitulum verloren gegangen. Letzteren wichtigen Stützpunkt für 
das Fußgewölbe suchte Bardenheuer dadurch zu erhalten, dass er 
das Capitulum mit dem Schaft des angefrischten Metatarsus III ver- 
einigte. Vortr. zeigt Röntgenphotographien, aus denen ersichtlich 
ist, dass sich eine starke Knochenverbindung zwischen Metatarsus III 
und Capitulum metatarsi I gebildet habe. Das Gehvermögen ist ein 
gutes. (Selbstbericht.) 

22) Loew (Köln). Über einen neuen Ersatz der beweglichen 
Nase (Rhinoplastik mit Verwendung der knöchernen Nasen- 

beine). 


Bardenheuer hat bisher in 5 Fällen die durch Lupus zerstörte 
knorplige Nase auf folgende Weise ersetzt: Es wird zunächst ein 
horizontaler Schnitt über die Nasenwurzel geführt; von den Enden 
dieses Schnittes läuft je ein Schnitt nach außen und unten. Die 
beiden letzteren Schnitte enden seitlich von der Apertura pyriformis. 
Alle drei Schnitte werden direkt bis auf den Knochen durchgeführt. 
Vermittels eines Meißels werden nunmehr die beiden Nasenbeine 
oben von ihrer Verbindung mit dem Stirmbein, seitlich von ihrer 
Verbindung mit dem Oberkieferbein gelöst. Darauf werden die 
Nasenbeine von ihrer Unterlage, der Nasenschleimhaut, abpräparirt. 
Der auf diese Weise gebildete Hautknochenlappen, welcher mit dem 
Gesicht nur noch durch 2 schmale Hautbrücken seitlich der Apertura 
pyriformis in Verbindung steht, wird nun um 180° so herunter ge- 
klappt, dass die Haut des Lappens nunmehr in das Innere der Nase 
hineinsieht. Der Lappen wird in dieser Stellung durch Nähte fixirt, 
und der Hautdefekt, welcher also jetzt von der Nasenwurzel bis zu 
der neugebildeten Nasenspitze reicht, wird in der gewöhnlichen Weise 
durch einen gestielten Stirmhautlappen gedeckt. Die neugebildete 
Nase ist also in ihrem Innern völlig von Haut ausgekleidet, nämlich 
der Haut des knöchernen Nasenrücken. Darauf folgt ein knöchernes 
Gerüst, bestehend aus den beiden Nasenbeinen, während die äußere 
Bedeckung- aus der Haut der Stirn gebildet wird. Es sind somit 
alle Bedingungen erfüllt, welche einen dauerhaften Nasenersatz ge- 
währleisten. Die beiden Nasenbeine, welche in normaler Lage mit 
einander einen nach unten und hinten offenen Winkel bilden, kehren 
bei der Drehung um 180° diesen Winkel natürlich nach oben und 
vorn. Sie lassen sich jedoch leicht so um ihre Vereinigungslinie 
drehen, dass sie wieder einen nach unten und hinten offenen Winkel 
bilden. Auf diese Weise kommen die Nasenbeine bei der Gestellung 
des neuen Nasenrückens in hervorragender Weise zur. Verwendung. 

Bezüglich der Septumbildung ist zu bemerken, dass Bardenheuer 
in den ersten Fällen, die er auf diese Weise operirte, ein knöchernes 
Septum aus den oberen Theilen der Nasenbeine bildete. Da die 


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Durchgängigkeit der Nase dadurch jedoch erheblich beeinträchtigt 
wurde, so unterblieb in den späteren Fällen die Septumbildung. Die 
Nasen wurden dadurch sehr gut durchgängig, ohne dass der kos- 
metische Erfolg dadurch erheblich beeinträchtigt wurde. 
(Selbatbericht.) 


23) Grosse (Halle). Über die Resultate der operativen Ent- 
fernung ausgedehnter Gesichtscareinome. 


G. berichtet über 24 Fälle von ausgedehntem Gesichtscarcinom, 
die im Laufe der letzten 5 Jahre in der Klinik Prof. v. Bramann’s 
operirt worden sind. Es handelt sich in allen Fällen um sehr aus- 
gedehnte Tumoren, die mehr oder weniger in die Tiefe griffen, in 
benachbarte Höhlen hinein gewachsen waren oder den Knochen 
stark zerstört hatten. Bei allen diesen Fällen, zu denen Carcinome 
der Nase oder der Lippe nicht gerechnet sind, wurden sehr weit- 
greifende Operationen vorgenommen, und zwar so, dass stets die be- 
nachbarten knöchernen Theile des Schädels ebenfalls ausgiebig ent- 
fernt wurden. Ein ganz besonderes Gewicht aber wurde darauf 
gelegt, dass in jedem Falle die regionären Lymphdrüsen, auch wenn 
sie keine Veränderungen aufwiesen, sorgfältigst entferut wurden. Bei 
6 von diesen 24 Fällen war eine Mitbetheiligung des Auges vor- 
handen, so dass eine Enucleatio bulbi vorgenommen werden musste. 

Die erzielten Resultate waren zufriedenstellende, wenn man be- 
sonders noch das Alter der Pat. berücksichtigt. Bis auf 1 Pat. waren 
alle zwischen 45 und 75 Jahren, nur einer war 27 Jahre alt; bei 
ihm musste eine ganz besonders ausgedehnte Operation und Ent- 
fernung auch der knöchernen Theile des Schädels vorgenommen 
werden, wie dies an Photographien gezeigt wurde. Von diesen 
24 Pat. starben im Anschluss an die Operation, d. h. innerhalb der 
ersten 8 Tage, 2, beide über 60 Jahre. Die übrigen wurden ge- 
heilt entlassen und sind bis auf 4 noch heute gesund und recidiv- 
frei. 1 starb 4 Jahre post operationem an lokalem Recidiv, 2 an 
interkurrenten Krankheiten; von einem war keine Nachricht zu er- 
halten. Es bleiben also noch 18, die bis zu 5 Jahre nach der 
Operation noch völlig gesund und ohne Recidiv sind. Von diesen 
waren 6 ganz besonders ausgedehnte Tumoren, wie herumgegebene 
Photographien zeigen. Zum Schluss stellt G. dann noch eine Pat. vor, 
bei der das ausgedehnteste Carcinom entfernt ist, d. h. es fehlt unge- 
fähr die ganze rechte Gesichtshälfte. (Selbstbericht.! 


24) Barth (Danzig). Zur Operation des Stirnhöhlenempyems. 


Die operative Behandlung des Empyems der Stirnhöhle hat fast 
eben so viele Methoden als Autoren, welche über den Gegenstand 
geschrieben haben. Zur Heilung sind diese Empyeme, wie es scheint, 
nach allen Methoden gebracht worden, aber das Klagelied von einer 


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langen Heilungsdauer mit einer die Geduld erschöpfenden Nach- 
behandlung, von Fistelbildung und Nachoperationen und von entstel- 
lenden Narben klingt durch viele dieser Veröffentlichungen hindurch. 

Die osteoplastischen Trepanationen der Stirnhöhle nach Czerny 
und nach Küster mit nachfolgender Drainage nach der Nasenhöhle 
haben wohl die wesentlichsten Nachtheile, welche früheren Methoden 
anhafteten, beseitigt, und sie dürften wohl heute von den meisten 
Chirurgen geübt werden. So ganz schnell erfolgt aber auch hier die 
Heilung nicht, nach Erfahrungen des Vortr. desswegen, weil die 
Drainage nach der Nasenhöhle nicht immer gut funktionirt. Der 
dünne Drain, welchen man durch die künstlich angelegte Perfora- 
tionsöffnung nach der Nasenhöhle hindurchzieht, verstopft sich gar 
zu leicht, und man ist dann für längere Zeit auf Drainage durch die 
Operationswunde und Ausspülungen angewiesen. Das dürfte wohl 
auch der innere Grund sein, dass eine Reihe von Operateuren, wie 
Kuhnt, Herzfeld u. A., auf die Drainage nach der Nasenhöhle 
überhaupt keinen Werth legen und das Empyem durch adstringirende 
Behandlung der Schleimhaut resp. Entfernung derselben und breite 
Tamponade der Empyemhöhle zur Ausheilung zu bringen suchten, 
was natürlich erst recht seine geraume Zeit erfordert. 

Nach Ansicht des Vortr. sollte das Küster’sche Princip, bei 
Eiterungen in starrwandigen Höhlen den Abfluss am tiefsten Punkt 
der Höhle zu sichern, für das Empyem der Stirnhöhle um so weniger 
vernachlässigt werden, als ja dasselbe in einer Verlegung des natür- 
lichen Abzugskanals nach unten seine eigentliche Ursache hat. Vortr. 
ist desshalb in 2 Füllen so vorgegangen, dass er die Gegend dieses 
Ausführungsganges osteoplastisch freilegte, indem er von einem etwa 
21/3 cm langen, nahe dem Seitenrand des Nasenwurzeldaches geführten 
Längsschnitt aus das Nasenbein und den Proc. nasal. des Stirnbeins 
durchmeißelte und seitlich aufklappte. Ist das geschehen, so wölbt 
sich die Schleimhaut der Stirnhöhle in den oberen Theil der Wunde 
vor und wird eröffnet, und nach Entleerung des Eiters und proviso- 
rischer Tamponade der Stirnhöhle wird mit Meißel, Schere und 
Curette der obere Theil der Nasenhöhle völlig freigemacht, so dass 
eine breite Kommunikation zwischen Stirnhöhle und Nasenhöhle her- 
gestellt ist. Die Methode hat den Vortheil, dass eine Erkrankung 
der Siebbeinzellen, welche eine nicht gar seltene Komplikation des 
Stirnhöhlenempyenss darstellt, der Untersuchung nicht entgehen kann, 
da dieselben in der Wunde zu Tage liegen. Man kann von ihnen 
dann so viel fortnehmen, dass eine Eiterverhaltung unmöglich ist. 
Ein weiterer Vortheil ist der, dass man in der Eröffnung der Stirn- 
höhle, deren seitliche Ausdehnung bekanntlich individuell sehr 
schwankt, nicht fehlgehen kann, und auch eine Eröffnung der be- 
nachbarten Stirnhöhle, falls sie erforderlich ist, hat von der Wunde 
aus keine Schwierigkeit. 

In B.’s I. Falle wurde auf die hergebrachte Drainage durch die 
Wunde nach Rücklagerung und theilweiser Vernähung des Lappens 


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nicht verzichtet, und die Heilung dauerte hier immer noch 4 Wochen. 
Im nächsten Falle — es handelte sich um ein 1 Jahr zurückdatirendes 
Influenzaempyem, in dessen Eiter Influenzabacillen nachgewiesen 
wurden — schloss B. die Wunde ganz und drainirte die Stirnhöhle 
für wenige Tage nach der Nase. Die völlige Heilung erfolgte hier 
in 14 Tagen, so dass Pat. seine Arbeit am 15. Tage in vollem Um- 
fang wieder aufnehmen konnte. Bei beiden Pat. konnte nach 9 resp. 
4 Monaten die völlige Heilung auch bei rhinoskopischer Untersuchung 
festgestellt werden. 

Kosmetisch lässt die Operation nichts zu wünschen übrig, wie 
durch Photogramme veranschaulicht wird, und kann die Methode 
auch in dieser Beziehung empfohlen werden. Das Wesentliche aber 
ist, dass sie eine rationelle Methode ist, weil sie das Übel gewisser- 
maßen an der Wurzel angreift, dass sie sehr schnell zur Heilung 
führt und auch am besten vor Recidiven schützen dürfte. 

(Selbstbericht.) 


Diskussion. Braun (Göttingen) findet Barth’s Methode etwas 
komplicirt. Er empfiehlt das Verfahren von Kuhnt, das kosmetisch 
nicht so gute Resultate giebt, aber eben so wirksam ist. 

Jaffé (Hamburg). 


25) Partsch (Breslau). Über temporäre Gaumenresektion. 


Um die basilaren Rachengeschwülste ‚besser frei zu legen, sind 
seit dem Vorgange Gussenbauer’s im Wesentlichen die oralen 
Methoden verwendet und weiter ausgebildet worden. Gegenüber der 
medianen Spaltung und umschriebenen Ausmeißelung des harten 
Gaumens hat Lanz die von Kocher geübte Aufklappung des 
Gaumens durch mediane Durchmeißelung und Abtrennung der seit- 
lichen Wände des Oberkiefers empfohlen, und Habs ganz kürzlich 
eine temporäre Resektion des Mittelstücks des Alveolarfortsatzes und 
harten Gaumens beschrieben. Aber alle diese Methoden sind noch 
so umständlich und mit beträchtlichem Blutverlust verbunden, dass 
eine Vereinfachung des Eingriffs am Platze erscheint. 

Die Beobachtung, dass ein horizontal abgesprengter Gaumen im 
Zusammenhang mit den Alveolarfortsätzen ohne jede Schädigung der 
Dentur in kurzer Zeit fest und brauchbar zu verheilen vermag, 
brachte P. auf den Gedanken, den Zugang zum Schädelgrunde durch 
fallthürartige Abklappung des ganzen oralen Abschnitts des Gesichts- 
schädels zu versuchen. In einem Falle von sehr umfangreichem, 
schnell recidivirendem Nasenrachenfibroid, welches bei einem 
17jährigen jungen Manne den linken Oberkiefer gebläht, die linke 
Kieferhöhle eröffnet und die linke Nase durchwachsen hatte, legte er 
durch einen hoch oben im Vestibulum oris geführten Schnitt vom Munde 
her die Alveolarfortsätze des Kiefers vom 2. Molaren rechts bis 
2. Molaren links frei. Es gelingt leicht die Backenweichtheile mit 
breitem Elevatorium so weit aufwärts zu schieben, dass die Apertura 


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pyriform. narium frei und von unten her die Nase eröffnet wird; 
ferner werden die Alveolarfortsätze oberhalb der Zahnwurzeln frei 
gelegt. Ein breiter Meißel trennt, vorn, in der Richtung der hori- 
zontalen Gaumenplatte eingesetzt, mit einem Schlage die Gaumen- 
platte sammt den Zahnreihen von der oberen Partie des Gesichts- 
schädels ab; es gelingt leicht, diese Platte nach abwärts zu schlagen, 
um die Achse beider Hamuli pterygoidei. Die Weichtheile, welche 
diese umgeben, bilden den Drehungspunkt und die Ernährungsbahn 
für diesen Lappen, indem die Artt. pterygipalatini dabei vollkommen 
erhalten bleiben. Die Nasenhöhle, beide Kieferhöhlen, die Gegend 
des Schädelgrundes vom Siebbein bis zur Keilbeinhöhle sind voll- 
kommen frei zugängig und übersichtlich. Der Tumor ließ sich mit 
Schere und Pincette sorgfältig exstirpiren, da er dem Löffel durch- 
aus nicht folgen wollte. Nach Tamponade der Ursprungsstelle, wo- 
bei der Tampon durch die Nasenöffnung nach außen geführt wurde, 
wurde der Gaumen wieder aufwärts geschlagen und mit einer im 
Vestibulum oris angelegten Schleimhautnaht an seiner Stelle befestigt. 
Die Heilung erfolgte ohne jede Komplikation. Der Kiefer steht 
jetzt in richtiger Stellung rechts vollkommen fest; links macht sich 
noch eine gewisse Beweglichkeit geltend, weil durch die Blähung 
des Kiefers und Verlust der medianen Wand der linken Kieferhöhle 
durch frühere Operation die knöchernen Bindemittel außerordentlich 
geschwächt sind. Der Kranke ist aber in keiner Weise in seiner 
Ernährung gehindert. Die Zähne im linken Oberkiefer klingen gut; 
die Lokalisation in der ganzen Dentur ist ungestört. 
(Selbstbericht.) 


26) Hoffa (Würzburg). Die Calot’sche Behandlung der 
tuberkulösen Spondylitis. 


H. entwickelt auf Grund von 23 Fällen, in denen er das 
Calot’sche Verfahren ausgeübt hat, den Standpunkt, den er zur 
Zeit in der Frage des gewaltsamen Redressements des Gibbus ein- 
nimmt. Er hält das Verfahren für keineswegs ungefährlich; eine 
Reihe von Todesfällen, theils durch die Narkose, theils durch Shock, 
theils durch Pneumonien und Meningitiden bedingt, sind im Anschluss 
an das Verfahren publicirt worden. H. warnt dringend vor der 
gewaltsamen Redression älterer und hochgradiger Fälle. Eben so 
warnt er vor einer gewaltsamen Redression auch geringgradiger 
Buckel bei jüngeren Individuen; in letzterem Falle hält er es jedoch 
für erlaubt, einen Ausgleich nicht zu lange, d. h. nicht länger als 
2—3 Jahre bestehender Buckel zu versuchen. In solchen Fällen 
empfiehlt er, eine vorsichtige Extension an Kopf und Füßen des 
Pat. vorzunehmen, einen Druck auf den Gibbus möglichst ganz zu 
vermeiden und die Korrektion der Deformität der Eigenschwere des 
Körpers vor der Eingipsung zu überlassen. Die Eigenschwere macht 
sich in der Weise geltend, dass bei horizontaler Haltung des frei an 


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Kopf und Füßen extendirten Pat. die Wirbelsäule sich lordotisch 
ausbiegt und dadurch die erkrankten Wirbelpartien entlastet. In 
dieser Position wird dann die Wirbelsäule immobilisitt. Während 
der Anlegung der Gipsbinden kann man die Lordose noch durch 
sanften Händedruck verstärken. Eine Narkose ist überflüssig. Eine 
weitere Kontraindikation gegen das Verfahren bilden Abscesse, da, 
wie Sektionsfälle beweisen, sich leicht die lokale Tuberkulose gene- 
ralisirt. Lähmungen kontraindiciren das Verfahren im Allgemeinen 
nicht; im Gegentheil sind dieselben unter der Calot’schen Behand- 
lung zurückgegangen. 

Was die Technik der Methode anbetrifft, so verwirft H. jede 
Modifikation; die besten Resultate lassen sich nur dann erreichen, 
wenn man sich streng an die Calot’schen Vorschriften hält. 

Deutschländer (Würzburg). 


27) Landerer. Operative Behandlung der Spondylitis. 


L. will nur von den vorgeschrittenen Fällen sprechen, die nicht 
mehr Gegenstand von orthopädischer oder Injektionsbehandlung 
sein können, wo man aber eingreifen muss wegen Fieber, Sekret- 
verhaltung, oder um langwierige fistulöse Processe wenn möglich zu 
Ende zu bringen. 

Er beschränkt sich auf Spondylitis dorsalis und lumbalis und 
will kurz anatomische Wege angeben, auf denen man in wenig ver- 
letzender Weise dem spondylitischen Herde beikommen kann. Bei 
Spondylitis dorsalis geht er hart neben der Wirbelsäule ein, resecirt 
Querfortsätze, Rippenhals, Tuberculum und die benachbarten Rippen- 
partien; so erhält man einen bequemen Zugang. 

Bei Spondylitis lumbalis geht er durch den M. sacrolumbalis, 
dessen unterer Ansatz ganz oder theilweise abgelöst wird, ein, rese- 
cirt die Querfortsätze unter Zurücklassung der Spitzen, an denen 
die breiten Bauchmuskeln ansetzen, und dringt dann stumpf vor. 
Man kann so bis an die Vorderfläche der Wirbel vordringen. Doch 
hat L. in einem Falle, trotzdem eine stark eiternde Psoasfistel auf der- 
selben Seite bestand, den Abscess nicht gefunden. 

Bei gleichzeitigem Psoasabscess und hinteren Fisteln hat er die 
ganzen Weichtheile (breite Bauchmuskeln) vom Beckenkamm ab- 
getrennt und sich so breiten Zugang verschafft. Hier empfiehlt es 
sich, vom Beckenkamm kreisförmige Ausschnitte auszumeißeln, um 
sich den Abfluss zu sichern. ` 

Bei vorderen Psoasfisteln kann man durch einen langen, nach 
außen von den Schenkelgefäßen beginnenden Schnitt und Zurück- 
schiebung des Peritoneums sich nicht nur die ganze Fossa iliaca frei 
machen, sondern auch Abscesse aus der Kreuzbeinhöhle eröffnen. 

Mancher Fall heilt so schließlich noch aus, den man verloren 
gegeben hat. (Selbstbericht.) 


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28) A. Lorenz (Wien). Über das Redressement der spondy- 
litischen Wirbelsäule durch totale Lordosirung in horizontaler 
Suspension. 


L. kann das gewaltsame Brisement des spondylitischen Gibbus 
nach Calot nicht gutheißen und hält auch die Technik Calot’s 
für sehr verbesserungsbedürftig. Indess anerkennt L. vollkommen 
das große Verdienst Calot’s, zuerst gezeigt zu haben, dass die 
spondylitische Wirbelsäule gegenüber forcirten mechanischen Ein- 
griffen von einer bisher für kaum möglich gehaltenen Toleranz sei. 
Dadurch habe Calot die bisher so zaghafte, orthopädische Behand- 
lung des Gibbus in ein frischeres Fahrwasser geleitet. Auf welche 
specielle Art und Weise der einzelne Orthopäd den Gibbus in Zu- 
kunft redressiren möge, bleibe ziemlich gleichgültig; denn Jeder sehe 
sich gezwungen, bei Calot eine Anleihe in Kourage zu machen; 
jedwedes Redressement, welches das bisher für erlaubt gehaltene 
Maß der Kraftanwendung überschreitet, wird daher den Namen 
Calot’s zu tragen haben. L. war bemüht, die Mängel der Calot- 
schen Technik zu verbessern, und glaubt in dieser Beziehung reussirt 
zu haben; ferner will L. an Stelle des forcirten Brisements des 
Gibbus ein dosirbares, schonendes, instrumentelles Redressement 
setzen, welches den orthopädischen Effekt selbst ohne 
Diastase der Wirbelkörper oder doch bei geringstmöglicher 
Bildung einer solchen erreicht. Das von Calot empfohlene 
Brisement der spondylitischen Wirbelsäule ist ein allzu gewaltthätiges 
Verfahren, und das unkontrollirbare und ungleichmäßige Zusammen- 
wirken von 6 Assistenten schließt die Möglichkeit eines schonenden 
Redressements geradezu aus. Schwerwiegende Nachtheile der Calot- 
schen Technik seien die absolute Unmöglichkeit der so nothwendigen 
Hautpflege in dem inamoviblen Verbande und die Sicherheit der 
Entstehung tiefer Decubituswunden auf der Spitze des Gibbus. Aus 
diesem Grunde dürften die Wenigsten überhaupt dazu gelangen, das 
Verfahren genügend lange fortzuführen, um sich ein Urtheil über 
dasselbe zu bilden. Was das Redressement anbelangt, so empfiehlt 
L. die Suspension des Pat. im horizontalen Schwebehang, durch 
welchen die Wirbelsäule einer Lordosirung unterworfen werde. Diese 
Lordosirung erfolge zunächst an den nachgiebigsten Partien der 
Wirbelsäule, also in den gesunden Gelenkskomplexen. Durch 
Reklinirung der beiden Schenkel des Gibbus flacht sich die Spitze 
desselben sehr stark ab und wird durch eine aufgesetzte Pelotte voll- 
kommen zum Verschwinden gebracht. Möglicherweise handelt es 
sich hierbei, namentlich wenn der Gibbus älter und widerstands- 
fähiger ist, bloß um ein Scheinredressement, wie dies zuerst von 
Anders, später von Lange u. A. betont wurde; der orthopädische 
Effekt ist ein vollkommen entsprechender, und die Entlastung der 
erkrankten Wirbelkörper wird durch die Reklination der Wirbelsäule 
garantirt. Aus diesem Grunde brauchen die Pat. nach dem Re- 


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dressement keineswegs monatelang zu liegen, sondern können bald 
wieder die aufrechte Körperhaltung einnehmen. Der von L. empfohlene 
Apparat besteht aus 2 starken, eisernen Ständern, deren obere Enden 
durch eine lange, starke Stange verbunden sind. Zwischen den 
beiden Ständern schwebt der Pat. in horizontaler Suspension, welche 
durch je eine Extensionsschraube am Kopf- und Fußende regulirt 
wird. Die oberhalb der Rückenfläche des horizontal suspendirten 
Rumpfes verlaufende Längs- oder Rückenstange trägt eine in einem 
Längsschlitz verschiebbare Druckpelotte, welche von oben herab 
mittels einer Triebspindel gegen den Gibbus angepresst wird. An 
dem redressirten und durch den Apparat unverrückt redressirt er- 
haltenen, frei schwebenden Rumpfe wird der Verband exakt ange- 
legt. Nach dem Erhärten desselben kann die eigens so konstruirte 
Pelotte aus dem Verbande herausgedreht werden und hinterläßt eine 
genau der ehemaligen Gibbusspitze entsprechende kreisrunde Öffnung, 
welche mit Wattepolsterung verschlossen wird. Auf diese Weise ist 
dem Decubitus mit Sicherheit vorgebeugt. Um die Hautpflege in 
dem inamoviblen Verbande zu ermöglichen, ist L. nach vielfach fehl- 
geschlagenen Versuchen anderer Art auf das praktisch erprobte Aus- 
kunftsmittel verfallen, die Bauch- und Rückenfläche des Rumpfes 
zuerst mit je einer nahtlosen Fahne aus glatter Seide zu bedecken 
und darüber erst das Wolltrikot zu ziehen, über welchem nach 
Polsterung der Spinae und Dornfortsatzlinie der Verband angelegt 
wird. Dieses Bauch- und Brustskapulier, dessen Breite dem halben 
Rumpfumfange entspricht, kann mit Leichtigkeit durch Nachschleifen 
eines Reserveskapuliers gewechselt werden. Auf diese Weise können 
die Epidermisschuppen und die vielen, zufällig unter den Verband 
gerathenden Gegenstände (Brotkrümchen etc.) leicht entfernt werden, 
und außerdem würde sich die kleinste Druckwunde in ihrem ersten 
Entstehen durch einen Fleck im Seidenskapulier verrathen. Ohne 
die Sicherheit Decubitus zu vermeiden ist die Calot’sche Behand- 
lung überhaupt nicht durchführbar. L. perhorrescirt das Brisement 
ankylosirter Gibbositäten und beschränkt das schonende, instrumentelle 
Redressement lediglich auf den recenten, nachgiebigen Gibbus. 
Abscesse bilden nur dann eine Kontraindikation, wenn dieselben 
groß und prall sind. Vorhandene Lähmungen betrachtet L. als eine 
direkte Indikation des Redressements. In 3 Fällen hat L. nach dem 
schonenden, instrumentellen Redressement vorhandene Lähmungen 
rasch zurückgehen gesehen; in einem Falle wurde mit dem ursprüng- 
lichen Calot’schen Redressement eine Paraplegie erzeugt, welche in- 
dess nach mehrmonatlichem Bestande langsam wieder zurück ge- 
gangen ist. imal trat 8 Wochen nach dem Redressement letal ver- 
leufende Meningitis ein. L. hat so wenig wie irgend jemand Anderer 
Dauerresultate aufzuweisen und kann vorläufig nur die Harmlosigkeit 
und den überraschenden, orthopädischen Effekt des Redressements 
bestätigen. L. bezweifelt die Möglichkeit, dass sich größere Diastasen 
der Wirbelkörperreihen durch Neubildung stützfähigen Knochen- 


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gewebes ausfüllen werden und wäre schon zufrieden, wenn der 
Gibbus durch die schonende Lordosirung dauernd verkleinert und in 
seiner Form dauernd günstiger gestaltet werden könnte, ohne dass 
an die Reproduktionskraft tuberkulös erkrankter Knochen allzu große 
Anforderungen gestellt zu werden brauchten. (Selbstbericht.) 


29) Vulpius (Heidelberg). Zur Technik des Redressement 
und des Verbandes an der gibbösen Wirbelsäule. 


Redner weist darauf hin, dass wir praktische Erfahrungen über 
das Calot’sche Verfahren sammeln müssten, ehe wir urtheilen. Die 
Methode Calot’s aber ist sowohl hinsichtlich des Redressement als 
bezüglich der Verbandanlegung verbesserungsbedürftig. Es ist un- 
zweckmäßig, ein halbes Dutzend Assistenten zur Extension zu ver- 
wenden, weit sicherer, weil gleichmäßiger und besser dosirbar, ist 
der Zug einer Schraube an den Beinen des Pat. Letzterer hängt, 
am Becken unterstützt, über dem Tisch, so dass Narkose und An- 
legung des Verbandes erleichtert wird. 

Noch besser zugänglich ist indessen der vertikal suspendirte 
Körper. Die Suspension an den Füßen, so gewaltsam sie aussieht, 
hat unbedingt technische Vortheile, die bei 20 derartigen Verbänden 
sich deutlich zeigten. Die Position wird merkwürdig gut ertragen 
und gestattet exakte Anlegung des Verbandes, von dessen voll- 
kommener Technik Alles abhängt. Unbedingt muss der extendirte 
Kopf in den Verband eingeschlossen werden. 

2 Fälle sollen die Erfolge dieser Technik illustriren, ohne über- 
triebene Hoffnungen zu unterstützen. 

1) 9jähriger Knabe, Spondylitis seit 5 Jahren. Seitdem zu- 
nehmender Gibbus. Seit '/, Jahre Schwellung am rechten Ober- 
schenkel. 

Status: Anämischer Junge, der kaum stehen und sitzen kann. 
Beide Darmbeinschaufeln von großen Abscessen ausgefüllt, Senkung 
unter das rechte Poupart’sche Band. Mächtiger Gibbus vom 
7. Brustwirbel bis zu den untersten Lendenwirbeln, Scheitelhöhe 
13—14 cm. 

Therapie: Incision der Abscesse, Jodoformfüllung, Naht. Glatte 
Heilung. Nach 14 Tagen Redressement, das unter wiederholtem 
Krachen vor sich geht. Resektion einiger Dornfortsätze. Der erste 
Verband liegt 3 Monate, der zweite 5 Monate. Inzwischen ist der 
Junge dick und blühend geworden. Es erscheint die Wirbelsäule in 
Form eines leicht runden Rückens konsolidirt, sie hält Druck und 
Belastung aus. Der Junge geht ohne Verband, erhält aber ein Stütz- 
korsett. 

Es kam aber trotz des schweren Zustandes Besserung der 
Spondylitis, Verschwinden des Gibbus und Hebung des Allgemein- 
befindens zu Stande. 


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Günstiger liegen die Verhältnisse vielleicht bei rachitischen 
Kyphosen, da die Knochen sich eher der neuen Belastung anpassen 
können. 

2) 5jähriges Mädchen, seit 3 Jahren zunehmende Deformirung 
ohne Beschwerden. 

Status: Mächtige Kyphose der ganzen Brustwirbelsäule, 
Scheitelhöhe 11 cm. 

Therapie: Redressement mit der Schraube, Verband tete en bas, 
Fixation während 7 Monaten in 3 Verbänden. 

Jetzt besteht leicht runder Rücken, die gute Stellung der Wirbel- 
säule scheint zunächst gesichert. 

Solche Erfolge fordern zur Fortsetzung vorsichtiger Versuche auf. 

(Selbstbericht.) 


30) Wullstein (Halle) spricht über die anatomischen Verände- 
zungen nach Calot’schem Redressement mit Demonstration experi- 
mentell gewonnener Präparate und Angabe eines schonenden Ver- 
fahrens. Auf Grund von eigenen Untersuchungen, die Redner an 
den Leichen zweier mit tuberkulöser Wirbelentzündung behafteter 
Personen angestellt hat und an der Hand der Mittheilungen anderer 
Chirurgen weist er auf die schweren Gefahren hin, welche unter 
Umständen das Calot’sche Verfahren mit sich bringen kann. Durch 
die gewaltsame Ausgleichung des Buckels kann es zu schwerwiegen- 
den Verletzungen der Wirbelsäule, zur Abreißung abgestorbener 
Knochensplitter, zu Blutungen in die Mittelfellräume, zu Einrissen 
in das Brustfell und die Rückenmarkshäute und schließlich zu ver- 
hängnisvollen Zerrungen und Quetschungen des Rückenmarks kommen. 
Dazu gesellen sich noch die Gefahren der Narkose und die Unbe- 
quemlichkeiten und Übelstände des nothwendigen Gipsverbandes. 
Redner glaubt daher von der Calot’schen Operation im Allgemeinen 
abrathen zu sollen. Zur Behandlung des fraglichen Leidens empfiehlt 
er einen von ihm erfundenen Lagerungsapparat, den er der Gesell- 
schaft demonstrirt. Richter (Breslau). 


Diskussion zu 26—30. Schede (Bonn) steht im Wesentlichen 
auf dem Standpunkt Hoffa’s und konstatirt mit Genugthuung 
die aus der gesammten Behandlung hervorgehende Überzeugung der 
deutschen Chirurgen, dass die Indikationsstellung für das Calot- 
sche Verfahren gegenüber den Vorschriften des Erfinders wesentlich 
eingeschränkt und seine Handhabung eine sehr viel vorsichtigere 
werden müsse. Auf der anderen Seite acceptirt er dankbar die 
aus Calot’s und seiner Nachfolger Erfahrungen hervorgehende Lehre, 
dass man den Gibbus doch etwas derber anfassen kann, als wir bis- 
her geglaubt haben, und dass wir mit etwas größerer Energie dem 
zustreben dürfen, was ja auch bisher das nächste Ziel aller unserer 
therapeutischen Bestrebungen war, der Beseitigung des Drucks der 
kranken Wirbel auf einander. 

Chirurgen-Kongress 1898. 6 


E E E 


S. hat weder jemals das ursprüngliche rohe Calot’sche Ver- 
fahren mit Verwendung der unkontrollirbaren Kraft von 6 Menschen 
anzuwenden gewagt, noch es überhaupt für erlaubt gehalten, die 
völlige Beseitigung hochgradiger Gibbositäten auch nur anzustreben. 
Man muss sich doch klar machen, dass die Streckung von solchen 
auf der vorderen Seite der Wirbelsäule, zwischen den Wirbelkörpern, 
weit klaffende Lücken schaffen muss, über deren Ausfüllung man 
sich kaum eine Vorstellung machen kann. Im besten Falle kann 
sich diese doch nur durch Granulationen vollziehen, die bei ihrer 
Umwandlung in Narbengewebe schrumpfen und den Gibbus wieder 
herstellen müssen. Versuche, diese Schrumpfung zu hindern, werden 
entweder die Heilung hindern oder zu Decubitus an den Stützpunkten 
des Verbands führen müssen. Bestehende Eiterung betrachtet S. als 
eine weitere absolute Kontraindikation gegen jede gewaltsame Streckung. 

Erlaubt und vielleicht geboten erscheint es S. dagegen, die 
Streckung eines eben beginnenden — die mäßige Abflachung eines 
schon stärker ausgebildeten Gibbus unter Vermeidung jeder rohen 
` Gewalt anzustreben und nach Calot’schen Principien, wenn auch 
mit gewissen Modifikationen, aufrecht zu erhalten. S. hat sich be- 
müht, die primitiven Zugkräfte Calot’s durch solche zu ersetzen, 
welche in ihrer Wirkung jeden Augenblick die genaueste Überwachung 
erlauben, und zu diesem Zweck einen Apparat konstruirt, der sich 
zum Theil als eine dem veränderten Zweck angepasste Modifikation 
seines Extensionstisches für die Reposition der angeborenen Hüft- 
luxation darstellt. Der Pat. liegt horizontal ausgestreckt, das Gesicht 
nach unten, auf einem Gestell etwa von der Gestalt eines verkürzten 
Operationstisches. Nachdem Kopf und Arme in der gleich zu be- 
schreibenden Weise fixirt sind, wird die Extension an den Füßen 
durch die Umdrehung der Kurbeln ausgeführt, welche an Knöchel- 
gurten befestigte Stricke anspannen. Eingeschaltete Dynamometer 
lassen jeden Augenblick die Zugstärke ablesen und genau überwachen. 

An einem über das Kopfende hinaus vorspringenden horizon- 
tal gestellten Rahmen wird die Befestigung der völlig elevirten 
Arme und des Kopfes bewerkstelligt. Eng anschließende Leder- 
manschetten umgeben die Handgelenke und bilden die Angriffs- 
punkte für die fixirenden Riemen oder Stricke. 

Von besonderer Wichtigkeit aber ist die Art, wie S. die Exten- 
sion am Kopf ausübt. Die Anfügung des Gipsverbands für Hals 
und Kopf an den Rumpftheil des Verbands bildet bekanntlich durch 
seine Schwierigkeit und Zeitdauer einen besonders schwachen Theil 
der Calot’schen Technik, und das Produkt aller Mühen, der plumpe, 
starre Gipsverband, bringt zudem dem Pat. in ganz hervorragender 
Weise die Gefahr eines ausgedehnten Decubitus am Hinterkopfe, 
der um so leichter eintritt, als der starke, auf den ganzen Hinterkopf 
wirkende Druck offenbar sehr bald eine ausgedehnte Anästhesie der 
Haut herbeiführt, welche bewirkt, dass auch sehr empfindliche 
Kinder trotz des Decubitus nicht über Schmerzen klagen. 


N r Sea 


S: stellte sich also zur Aufgabe: 1) die Technik zu modificiren, 
dass das Kopfstück des Verbands ohne jeden Stellungswechsel, also 
ohne Übergang aus der horizontalen Lage zur senkrechten Suspension 
angefügt werden konnte, und 2) das Kopfstück mit dem übrigen 
Verband so zu verbinden, dass es jeden Augenblick entfernt und 
wieder in Benutzung gezogen werden konnte, ohne doch an Trag- 
kraft zu verlieren. Beides erreicht er dadurch, dass er das ganze 
Kopfstück sehr sorgfältig über einem Gipsabguss des Kopfes in 
festem Leder nachbilden ließ (der Gipsabguss lässt sich leicht über 
einer Gummikappe oder einem doppelten Trikotschlauch, in welchen 
für Mund, Nase und Augen Löcher geschnitten werden, herstellen). 
Der Haupttheil dieser Lederhülle, welcher der Hinterhauptsschuppe 
entspricht, geht nach vorn in den Stirntheil über, welcher in der 
Mitte getheilt ist und durch Schnallen oder Knöpfe geschlossen 
wird. Der ganze Apparat ist sehr sorgfältig mit dickem Filz in 
doppelter Lage gepolstert. Der Kinntheil kann für sich entfernt 
werden. Eine verstärkende Stahlspange umgreift in einem nach dem 
Hals absteigenden Bogen den Hinterhauptstheil und endet hier in 
einem dem Zahn des Epistropheus entsprechenden kurzen cylindri- 
schen Zapfen. An der Hinterhauptsspange und an der Spange, 
welche dem Kinntheil seine Festigkeit verleiht, sind je zwei kleine 
Ösen eingeschraubt. An diese werden feste Schnüre befestigt, und 
mit deren Hilfe kann nun, nachdem das Kopfstück angelegt ist, 
an diesem selbst die Kopfexstension angebracht werden. Das 
Kopfstück des Verbands ist also schon fertig, ehe die ganze Procedur 
beginnt. 

Es muss noch bemerkt werden, dass die Theile des Apparats, 
auf welchen der Körper ruht, so eingerichtet sind, dass sie in be- 
liebiger Ausdehnung entfernt werden können, so dass Brust und 
Becken völlig frei liegen. Es bleibt dann nur noch die Unterlage 
für die Oberschenkel und die Stirn, welche letztere auf einem zwei 
Finger breiten Lederstreifen ruht. 

Die Kurbeln werden nun in Bewegung gesetzt, und schon bei 
einem relativ geringen Zuge flacht sich in frischeren Fällen, die 
nicht über 1—2 Jahre bestehen, der Gibbus ganz wesentlich ab oder 
verschwindet in leichteren Fällen völlig. Ein Zug von 15—20 kg 
an jeder Seite war in Bis Fällen völlig genügend zu einer so be- 
trächtlichen Wirkung, als‘ sie als erlaubt angesehen werden kann, 
und dieser Zug wurde vortrefflich, ohne nennenswerthe Beschwerden 
der Kinder, ohne jede Narkose ertragen. Dass es möglich ist, 
die Narkose zu entbehren unter Umständen, in welchen eine 
Asphyxie außerordentlich unbequem und leicht verhängnisvoll werden 
könnte, ist jedenfalls schon an sich von Wichtigkeit. 

Die Stützen für Brust, Bauch und Becken werden nun entfernt 
Thorax und Becken in dicken weichen Filz glatt eingenäht und der 
Gipsverband von den Trochanteren bis zur Achselhöhle an dem frei 
schwebenden Körper mit größter Bequemlichkeit angelegt. Die Filz- 

6* 


er ET 


polsterung hat vor der mit Watte die großen Vorzüge der größeren 
Gleichmäßigkeit, Glätte und Unveränderlichkeit. Dabei schmiegt sich 
der Filz bei entsprechender Dehnung jeder Körperform faltenlos an. 
Zwei weitere Filzstreifen, die im Bereich des Gibbus zu beiden 
Seiten des Proc. spinosi aufgenäht werden, sichern vor Decubitus 
über den Dornfortsätzen. 

Die Verbindung zwischen dem Thoraxgipsverband und dem 
ledernen Kopfstück wird schließlich in sehr einfacher Weise durch 
eine hufeisenförmige, in ihrem oberen Theil gehärtete, im unteren 
weich gelassene Eisenspange, ähnlich der bei dem Sayre’schen Jury- 
mast verwendeten, hergestellt. Dieselbe trägt an ihrem oberen Ende 
eine Hülse, welche den nach abwärts gerichteten cylindrischen Zapfen 
der Hinterhauptsspange aufnimmt. Man hat also nichts weiter zu 
thun, als diese Hülse über den Zapfen zu schieben und den unteren 
Theil der Spange mit zwei Gipsbinden am Thorax zu befestigen. 

Damit ist der ganze Verband fertig, die Erhaltung der Extension 
ist eben so sicher, wie im Calot’schen Gipsverband, aber nicht nur das 
Anlegen des Verbands unendlich viel weniger mühsam und gefahr- 
voll, sondern auch das Befinden der Pat. in demselben eine sehr 
wesentlich angenehmeres. Bei voller Exstensionswirkung gestattet der 
Apparat nicht nur Drehbewegungen des Kopfs, sondern es bedarf 
auch nur einer geringen Modifikation, um in geeigneten Fällen auch 
die Nichtbewegung zu ermöglichen. Will man dagegen — etwa bei 
Erkrankung der Halswirbelsäule — auch die Drehbewegung verhindern, 
so lässt sich auch das auf die einfachste Weise durch einen fixiren- 
den Stift oder eine Schraube erreichen. Die Entfernung des Kopf- 
stücks geschieht leicht nach Öffnung des Stirnverschlusses und Ab- 
nahme des Unterkiefertheils bei gebeugtem Kopf; ein kräftiger 
hebender Druck gegen den Unterkiefer fügt dann den Kopf in das 
wieder aufgesetzte Kopfstück von Neuem ein. 

S. würde die Pat. nur dann im Bett halten, falls sie trotz des 
Verbands noch Schmerzen hätten oder gelähmt wären. Die bisher so 
Behandelten konnten sofort umhergehen. Er betrachtet die mög- 
lichst freie Bewegung als einen ganz wesentlichen Heilfaktor, auf 
den man nicht ohne die äußerste Noth verzichten soll, und jeden 
Versuch, ohne zwingende Gründe zur alten Behandlung im Liegen 
zurückzukehren, als einen argen Rückschritt. (Selbstbericht.) 


Drehmann (Breslau) hat 47 Knochenpräparate von Spondylitis 
aus der Breslauer Sammlung durchmustert, unter denen sich 37 aus- 
geheilte befanden. Dieselben betrafen 3mal die Hals-, 14mal die 
Brust- und 20mal die Lendenwirbelsäule. Unter den Halswirbel- 
präparaten fand sich keine Spur einer Knochenneubildung. Unter 
den Brustwirbelfällen fand sich Smal keine Callusbildung, 3mal eine 
mäßige und 3mal eine kräftige Knochenneubildung. Bei den Lenden- 
wirbelpräparaten fand sich 6mal Callus, 7mal nicht. Diese Befunde 
sprechen eigentlich gegen die Berechtigung des Calot’schen Ver- 


Feen ge 


fahrens. In Breslau wurden 10 Fälle nach dieser Methode in der 
Klinik behandelt, davon starb 1 an Meningitis. 2 Kranke hatten 
vorher Lähmungen, die nach dem Redressement verschwanden. — 
D. hält das Verfahren eigentlich nur bei Lähmungen für indicirt. 
Die anderen Fälle werden besser im Nebel’schen Schrägrahmen be- 
handelt, an dem D. eine kleine Modifikation angebracht hat. 


König (Berlin) erblickt hauptsächlich 2 Gefahren in dem 
Calot’schen Verfahren, imal in der Veränderung des Wirbelkanals, 
2) in der Entstehung einer akuten Tuberkulose. Abgesehen hiervon 
hält K. die Methode auch für ein Vergehen gegen die Lehren der 
pathologischen Anatomie. In den Defekt zwischen den Wirbeln 
wachsen jedenfalls nur tuberkulöse Granulationen, aber kein Callus. 
K. glaubt, dass von der durch Calot jetzt hervorgerufenen Be- 
wegung nur das Eine übrig bleiben wird, dass man zukünftig in 
frühen Fällen und im Beginn der Spondylitis etwas aggressiver 
gegen den Gibbus vorgehen wird als bisher. Die von Schede 
empfohlene Methode hält K. nur für eine Modifikation des alten 
Sayre’schen Verfahrens. 


Kümmell (Hamburg) hat die Schede’sche Methode mit Erfolg 
angewendet. K. demonstrirt die Wirbelsäule eines Sjährigen Knabens, 
der 24 Stunden nach dem Calot’schen Redressement gestorben war. 
Die Sektion ergab Durchbruch eines Abscesses und Meningitis. Es 
waren nur leichte Redressementsversuche gemacht worden. Solche 
Fälle warnen zur Vorsicht. 


Braun (Göttingen) erlebte ebenfalls einen Todesfall nach dem 
Redressement des Gibbus, der leicht ausgeglichen wurde. Hier fand 
sich zwischen den Wirbelkörpern eine Distanz von 7—8 cm, die mit 
Granulationen ausgefüllt war; daneben noch 2 Abscesse. Nach dieser 
Erfahrung hat B. das Calot’sche Verfahren nicht wieder versucht. 


Müller (Aachen) hat nach tuberkulöser Spondylitis ebenfalls 
niemals Knochenneubildung beobachtet, wohl aber nach akuter 
Osteomyelitis der Wirbelkörper, wo sie sogar ganz stark auftritt. 
Für solche Fälle mit Gibbus könne das Calot’sche Verfahren von 
Nutzen sein. Jaft6 (Hamburg). 


F. Krause (Altona) weist auf ein Präparat hin, das in seiner 
Arbeit über Tuberkulose der Knochen und Gelenke abgebildet ist. 
Es handelt sich um einen großen Herd im unteren Theil der Brust- 
wirbelsäule, und trotz Zerstörung fast des ganzen Wirbelkörpers 
ist kein Gibbus entstanden, weil vorn sich außerordentlich starke 
knöcherne Spangen gebildet hatten. Das Präparat stammt noch von 
Volkmann her; sein tuberkulöser Charakter ist sicher auch histolo- 
gisch festgestellt worden. Allerdings stellen diese Fälle außerordent- 
liche Seltenheiten dar. 

Ferner erwähnt K. einen Todesfall. Es handelte sich um ein 
sjähriges Kind, das im Altonaer Kinderhospital im December 1897 


Geet nee 


und Januar 1898 nach Calot in 3 Etappen ohne Narkose und sehr 
vorsichtig redressirt worden war, am 15. Februar wegen Diph- 
therie ins Städtische Krankenhaus verlegt wurde und am 26. Februar 
an Pneumonie starb. Die Photographie des gewonnenen anatomischen 
Präparats zeigt, dass 6 cm von den Wirbelkörpern am Hals- und 
Brusttheil fehlen, und sich eine Kloake gebildet hatte, die herab 
zum rechten Pleuraraum führte. Oben an der Lungenspitze fand 
sich ein Sequester von Fingergliedlänge, der offenbar durch das 
Calot’sche Redressement dahin gebracht worden war; ferner war 
eine tuberkulöse Dissemination in den Lungenspitzen vorhanden. 
Das Präparat sichert die Überzeugung, dass ein derartig schwerer 
Process nicht ausheilen kann. (Selbstbericht.) 


31) H. Küttner (Tübingen). Über Struma syphilitica. 

Unter der übergroßen Zahl von Strumen, welche im Laufe der 
Jahre an der Bruns’schen Klinik beobachtet worden sind, verdienen 
besondere Beachtung 2 Fälle, bei denen es sich um das außerordent- 
lich seltene Vorkommnis einer Struma syphilitica gehandelt hat. In 
dem 1. Falle handelte es sich um eine 39jährige Frau, die im 
18. Lebensjahr ein Exanthem gehabt und 2 Jahre später ein faul- 
todtes Kind geboren hatte. Die seit der Jugend bestehende, jetzt 
kleinfaustgroße Struma war in der letzten Zeit vor der Operation 
schneller gewachsen und hatte Schmerzen, Athembeschwerden und 
eine Parese des Rekurrens verursacht. Es wurde, da Schwellung der 
benachbarten Lymphdrüsen nachweisbar war, die Diagnose auf 
Struma maligna gestellt, und die Exstirpation der erkrankten Schild- 
drüsenhälfte vorgenommen. Bei der Operation fiel die Derbheit und 
ödematöse Durchtränkung des die Struma umgebenden Zellgewebes 
auf; im Übrigen war die Exstirpation einfach. Die geschwollenen, 
zum Theil kirschgroßen Lymphdrüsen wurden mit entfernt. Die 
makroskopische und mikroskopische Untersuchung der exstirpirten 
Schilddrüsenhälfte ergab nun, dass es sich nicht um eine maligne 
Neubildung, sondern um eine fibröse Entartung des Parenchyms 
handelte, welche mit Riesenzellenbildung und ausgedehnter trockener 
Verkäsung verbunden war. Es konnte nur Tuberkulose und Syphilis 
in Frage kommen. Tuberkelbacillen wurden trotz eifrigsten Suchens 
nicht gefunden, die Frau wies keinerlei Erscheinungen anderweitiger 
Tuberkulose auf, dagegen sprach die Anamnese enschieden für Lues. 
Die auf Gumma glandularis thyreoidea gestellte Diagnose fand bald 
ihre vollständige Bestätigung; denn Pat. zeigte sich 5 Monate später 
mit ausgedehnten Geschwüren des weichen Gaumens und der hinteren 
Rachenwand, welche das charakteristische Aussehen syphilitischer 
Ulcerationen darboten und auf Darreichung von Jodkali prompt zur 
Ausheilung kamen. Seitdem sind 5 Jahre verflossen, und Pat. ist 
vollständig gesund. Über die syphilitische Natur der Struma kann 
wohl kein Zweifel bestehen. 


Br a 


In dem 2. Falle handelte es sich um einen 27jährigen Herrn, 
welcher längere Zeit in Afrika gelebt und sich vor mehreren Jahren 
luetisch inficirt hatte. Eine Anfangs unbedeutende Struma hatte ihm 
in letzter Zeit mäßige Athembeschwerden verursacht, welche 2 Wochen 
vor der Aufnahme ganz schnell in so bedrohlichem Maße zunahmen, 
dass Pat. schleunige Hilfe in der Klinik nachsuchen musste. Es 
fand sich bei dem cyanotischen, schwer athmenden Manne auf der 
rechten Seite des Halses eine faustgroße, sehr harte, scheinbar 
maligne Struma, welche zum Theil retrosternal saß, die Luftröhre 
stark nach links dislocirt und eine Rekurrenslämung verursacht 
hatte. Die Operation war sehr schwierig, der Tumor bildete mit der 
bedeckenden Muskulatur eine einzige, derbe Masse, deren Entfernung 
sich als unmöglich herausstellte. Auch in diesem Falle fand sich 
das eigenthümlich speckige Aussehen des die Struma umgebenden 
Zellgewebes. Wegen der schweren Athemnoth wurde die Tracheotomie 
gemacht; das Aufsuchen der Trachea und das Einführen der Kanüle 
gelang nur mit großer Mühe. Die mikroskopische Untersuchung 
eines kleinen exeidirten Stückchens ergab keine Anhaltspunkte für 
eine maligne Degeneration; es fand sich nur sklerotisches Binde- 
gewebe mit theilweise herdförmiger Rundzellinfiltration und charak- 
teristischen Wucherungsvorgängen an den Gefäßen. Dadurch wurde 
der Verdacht auf Lues noch bestärkt, der schon durch die Anamnese 
und namentlich durch das Aussehen des Zellgewebes bei der Operation 
wachgerufen worden war. Es wurde Jodkali in großen Dosen ge- 
geben, und der Effekt war der, dass schon 3 Wochen nach der Ope- 
ration von der vorher faustgroßen Struma nichts mehr zu sehen oder 
zu fühlen war. 1!/ Woche später konnte die Kanüle weggelassen 
werden, und jetzt, !/, Jahr nach der Operation, ist Pat. völlig gesund 
und arbeitsfähig, von einer Struma hat sich nichts wieder gezeigt. 

Gegen diesen 2. Fall könnte eingewandt werden, einmal, dass eine 
gewöhnliche Struma auch auf Jodkali zurückgehen kann, und zweitens, 
dass die von Riedel beschriebenen, eisenharten entzündlichen 
Tumoren der Schilddrüse nach partieller Entfernung ebenfalls in 
ihrem Wachsthum stehen geblieben sind. Diese Einwände sind nicht 
stichhaltig; denn unter Jodbehandlung verkleinern sich nur die 
weichen hyperplastischen Strumen, nicht aber derartig derbe fibröse 
Kropfgeschwülste; und was den zweiten Einwurf anbelangt, so ist 
bei unserem Pat. eine faustgroße, durch die Operation nicht ver- 
kleinexte, harte Struma in ihrem Wachsthum nicht stehen geblieben, 
sondern vielmehr unter unseren Augen auf Jodkalidarreichung rapid 
verschwunden. Nehmen wir dazu die bei der mikroskopischen Unter- 
suchung gefundenen Gefäßveränderungen, so kann auch in diesem 
Falle an der Diagnose »Struma syphilitica« ein Zweifel nicht be- 
stehen. Bei Riedel’s chronischer Strumitis aber handelt es sich 
offenbar um etwas Anderes, wie aus der histologischen Untersuchung 
und besonders aus der Thatsache hervorgeht, dass 2 von Riedel’s 
Pat. ohne jeden Erfolg mit Jodkali behandelt worden sind. 


Am gg nern 


Die Syphilis der Schilddrüse ist noch sehr wenig bekannt, eine 
zusammenfassende Beschreibung derselben giebt es bisher nicht, und 
selbst in den neuesten Werken finden sich nur ganz kurze Notizen 
über diese Lokalisation der Lues, welche allgemein als größte Rarität 
bezeichnet wird. Besonders die syphilitische Struma ist bisher nur 
ganz selten beobachtet worden, und unsere beiden Fälle sind die 
ersten, welche Gegenstand einer chirurgischen Behandlung geworden 
sind. Was bisher über Schilddrüsensyphilis bekannt ist, wäre mit 
wenigen Worten Folgendes: 

Die Schilddrüse wird bei frischer und bei vorgeschrittener 
Syphilis resp. bei hereditärer Lues betheiligt gefunden. Während 
vorübergehende Anschwellungen des Organs in der Frühperiode der 
Lues nichts Seltenes sind — Engel-Reimers u. A. haben dies an 
einem großen Material nachgewiesen —, gehört die eigentliche 
Syphilis der Schilddrüse, wie sie in den späteren Stadien und bei 
hereditärer Lues beobachtet wird, zu den größten Seltenheiten. 

Relativ am häufigsten wird die gummöse Form der syphi- 
litischen Erkrankung beobachtet. Sie kommt etwa gleich häufig bei 
angeborener und erworbener Lues vor und ist bei ersterer regel- 
mäßig, seltener bei letzterer mit visceraler Syphilis vergesellschaftet. 
Die Gummabildung ist nicht an strumöse Schilddrüsen gebunden, 
sie führt nicht immer zu einer nachweisbaren Vergrößerung der 
Thyreoidea.. Die Gummiknoten unterscheiden sich nicht von denen 
anderer Organe, sie sind entweder scharf begrenzt oder gehen diffus 
in die Umgebung über. 

Die Struma syphilitica beruht meist auf einer gummösen Ent- 
artung der Schilddrüse, hierher gehört unser Fall 1.. Unser 2. Fall 
spricht für das Vorkommen auch der interstitiellen fibrösen Form 
der syphilitischen Entzündung; und somit würde die Syphilis an der 
Schilddrüse in denselben beiden Formen auftreten können, die man 
auch an anderen Organen, wie Leber und Hoden, zu unterscheiden 
pflegt. Übrigens vermag auch die vorübergehende Anschwellung der 
Schilddrüse bei Frühsyphilitischen in vereinzelten Ausnahmefällen 
große Kropfgeschwülste zu erzeugen. 

Die Syphilis der Schilddrüse kann eine hohe klinische Be- 
deutung erlangen. Einmal kann durch den syphilitischen Process 
sämmtliches funktionirende Schilddrüsenparenchym zerstört resp. 
funktionsunfähig gemacht werden, so dass es zu Ausfallserscheinungen, 
zu Myxödem kommt; Köhler hat einen derartigen Fall beschrieben. 
Zweitens kann, wie in unseren beiden Fällen, die syphilitische Er- 
krankung der Schilddrüse eine Struma maligna vortäuschen, ein 
Irrthum, der für die Pat. große Gefahren mit sich bringen kann. 

Die Diagnose »Struma syphilitica« ist vor der Operation wohl 
nur dann zu stellen, wenn gröbere Veränderungen anderer Organe 
auf Lues hinweisen. Bei der Operation kann das eigenthümlich 
speckige Aussehen des die Kropfgeschwulst umgebenden Zellgewebes 
den Verdacht auf Syphilis nahelegen. (Selbstbericht.) 


SET RG en 


32) Kelling (Dresden). Über Ösophagoskopie mit biegsamen 
Instrumenten. 


Alle Versuche, mit Hilfe eines Spiegels nach Art der Laryngo- 
skopie in die Speiseröhre zu sehen, sind verfehlt, weil durch den 
gebogenen Weg die Einführung von Instrumenten z. B. zum Ab- 
wischen von Schleim sehr erschwert wird. Für die Ösophagoskopie 
muss deren Grundlage von Mikulicz, gerade hineinzusehen, festge- 
halten werden. Rationellerweise muss das Instrument biegsam ein- 
geführt und hinterher in gerade starre Form gebracht werden. Ra 
Instrument ist analog gebaut, wie ein Finger, den man sich nur 
hohl zu denken braucht. Die Glieder sind mit Charniergelenken 
seitlich an einander befestigt, sie lassen sich nach vorn biegen und 
schlagen hinten in gestreckter Stellung an einander. Analog der 
Strecksehne dient ein Draht, der an den einzelnen Gliedern durch 
Osen geführt ist. Anspannung des Drahtes durch einen Hebel- 
mechanismus macht das Instrument gerade und starr. Die Glieder 
(15—30) sind mit einem Gummischlauch überzogen. Beleuchtung 
erfolgt durch reflektirende Glühlampe. Mittels des Instrumentes 
wird an einem Pat. die Besichtigung der Speiseröhre vorgenommen. 

(Selbstbericht.) 


33) Garrö (Rostock). Über Ösophagusresektion und Öso- 
phagoplastik. 

G. hat 3 Ösophagusresektionen wegen Carcinom ausgeführt. Im 
ersten Falle blieb der Kehlkopf erhalten, in den zwei anderen musste 
er erst exstirpirt werden. Wie aus den Arbeiten von Marwedel und 
Narath hervorgeht, sind nur 10 Fälle von Ösophagusresektionen 
publicirt. Jedes Mal erwuchsen dem Operateur erhebliche Schwierig- 
keiten bei der Neubildung eines Schlundrohrs. G. hat im ersten 
Falle einen gestielten Hautlappen der Halshaut implantirt (Miku- 
liczi, im zweiten Falle wandte er ein Verfahren an, das sich dem 
von Hochenegg angegebenen eng anschließt, bestehend in Bildung 
zweier seitlicher Thürflügellappen. 

Von besonderem Interesse ist der letzte Fall, wo das Carcinom 
röhrenförmig auf 5 cm Länge den Ösophagus strikturirt hatte, mit der 
hinteren Trachealwand verwachsen und in die rechte Schilddrüse 
hineingewuchert war. Es mussten resecirt werden der Ösophagus in 
fast seinem ganzen Halstheil, 5 Trachealringe mitsammt dem Kehl- 
kopf. Da die Kehlkopfschleimhaut gesund war, hatte G. dieselbe 
zum Ersatz des resecirten Schlundrohrs benutzt, und zwar in der 
Weise, dass er die Kehlkopfschleimhaut sorgfältig aus dem Knorpel- 
gerüst ausschälte und diese röhrenförmige Schleimhautbrücke oben 
mit dem Schlund und unten mit dem Ösophagusstumpf durch die 
Naht vereinigte. Diese Plastik ist vollkommen gelungen, und die 
Pat. schluckt durch die neue Speiseröhre, die für eine fingerdicke 


Gass 400: > 


Sonde durchgängig ist, ganz gut. Trotz erhaltener Innervation durch 
den N. laryngeus sup. tritt beim Schlucken kein Hustenreiz auf. 

G. empfiehlt, in entsprechenden Fällen die ‚Kehlkopfschleimhaut 
zur Ösophagusplastik zu benutzen; sie bildet, wie der Erfolg beweist, 
ein sehr schätzenswerthes Material zur Plastik. (Selbstbericht.; 


Diskussion zu 32 und 33: v. Hacker (Innsbruck) empfiehlt, 
die Ösophagoskopie mehr bei der Entfernung von Fremdkörpern zu 
verwenden, als bisher geschehen. Er hat mit ihrer Hilfe seit 1887 
mehr als 25 Extraktionen von Fremdkörpern gemacht und die Öso- 
phagotomie nie mehr nöthig gehabt. (Demonstration solcher Fremd- 
körper.) 

W. Levy (Berlin) ist es an der Leiche gelungen, auch nach aus- 
gedehnten Resektionen von Ösophagusstücken die Enden wieder 
eirkulär zu vereinen. Am Lebenden ließe sich dies also noch in weit 
höherem Maßstabe bewerkstelligen. 


Müller (Erfurt) empfiehlt an der Hand zweier Fälle dringend, 
bei Fremdkörpern im Ösophagus die Röntgen’sche Durchleuchtung - 
vorzunehmen. Jaffé (Hamburg). 


34) Rehn (Frankfurt a/M.). Operationen an dem Brust- 
abschnitt der Speiseröhre. 


Der Vortr. berichtet über 2 Fälle, in denen er sich veranlasst 
sah, den Ösophagus in seinem Brusttheil von hinten her aufzusuchen 
und eine Strecke weit freizulegen. Einmal handelte es sich um 
einen Pat. mit einem in jauchigem Zerfall begriffenen Osophagus- 
carcinom, bei welchem versucht wurde, den die Magenverdauung in 
hohem Maße beeinträchtigenden Zufluss der Zerfallsprodukte nach 
eventueller Unterbindung des unteren Ösophagusabschnitts nach 
außen zu drainiren, der zweite wichtigere Fall betraf einen jungen 
22jährigen Mann, bei dem sich nach einem Conamen suicidii ver- 
mittels Trinken von Schwefelsäure 32 cm hinter der oberen Zahn- 
reihe eine durch keinerlei Mittel zu überwindende Striktur der 
Speiseröhre gebildet hatte. Beide Operationen wurden in verhält- 
nismäßig kurzem Zwischenraum vorgenommen, nachdem eingehende 
anatomische Studien und zahlreiche Leichenversuche die technische 
Durchführbarkeit erwiesen hatten. An der Hand einiger Abbildungen 
(Quer- und Längsdurchschnitte durch den Thorax) so wie Demon- 
stration einer stereoskopischen photographischen Aufnahme des von 
binten her wie bei der Operation an der Leiche freigelegten Öso- 
phagus zeigt der Vortr., dass man im Gegensatz zu Qu&nu und 
Hartmann, die von der linken Seite operiren wollen, nach Bildung 
eines großen Weichtheillappens und Resektion einer Anzahl Rippen 
bequemer von rechts her direkt auf den Ösophagus ohne Verletzung 
lebenswichtiger Organe vorzudringen im Stande ist. Der Ösophagus, 
der in seinem Anfangstheil und wiederum abwärts vom 10. Brust- 


er S er 


wirbel der linken Körperhälfte angehört, liegt in seinem Brusttheil 
an der für etwaige Eingriffe hauptsächlich in Betracht kommenden 
Strecke zwischen 4.—9. Brustwirbel mehr oder weniger rechts von 
der Mittellinie, die beiden Vagi verlaufen an der Vorder- und Hinter- 
wand und sind ohne Weiteres zu schonen, eben so die Vena azygos 
und der N. sympathicus, der noch mehr nach rechts und gleichzeitig 
nach hinten zur Seite der Wirbelkörper gelegen ist. Die Haupt- 
sch wierigkeit der Freilegung des Ösophagus beruht darin, die Rippen- 
resektion und Ablösung der Pleura von der Fascia endothoracica, die 
im Übrigen leicht gelingt, ohne Pneumothorax auszuführen, ein Er- 
eignis, welches in beiden operirten Fällen nicht vermieden werden 
konnte und durch spätere Infektion für die Pat. verhängnisvoll 
wurde. Neben den genannten anatomischen Verhältnissen sind noch 
die Beziehungen des Ösophagus zu den Bronchien, den großen Ge- 
fäßen, dem Ductus thoracicus und vor Allem zum Herzbeutel wichtig, 
dem die Speiseröhre in einer Ausdehnung von mehreren Centimetern 
direkt anliegt. 

Außer diesen anatomischen Daten, die bei der Ausführung der 
Operation berücksichtigt werden müssen, sind auch die physiologi- 
schen Verhältnisse nicht außer Acht zu lassen, vor Allem der im 
Inneren beim Brechakt herrschende positive Druck, welcher unter 
Umständen besonders bei hochgelegenen Stenosen des Ösophagus eine 
ungeahnte Höhe erreichen und nach maximaler Aufblähung zur 
Ruptur des Organs führen kann. 

Nach diesen einleitenden Bemerkungen über Anatomie und Phy- 
siologie des Ösophagus geht der Vortr. zur Mittheilung der Kranken- 
geschichten über. 

Fall I. 22jähriger Pat.,. der in einem Anfall von Schwermuth 
Schwefelsäure getrunken hat, kommt etwa 2 Monate später mit einer 
32 cm hinter der oberen Zahnreihe belegenen Striktur des Öso- 
phagus in Behandlung. Trotz fortgesetzter Sondirung der Anfangs 
noch für mittelstarke Sonden durchgängigen Striktur verengerte sich 
dieselbe mehr und mehr, so dass einige Monate später, nachdem in- 
zwischen eine Magenfistel nach Witzel angelegt war, die Durch- 
führung selbst dünnster Bougies unmöglich wurde, bald auch Wasser 
nicht mehr durchging und keinerlei Abfluss des Speichels, Mund- 
und Rachensekrets in den Magen mehr stattfand, sondern von Zeit 
zu Zeit unter würgartigen Bewegungen herausbefördert wurde. Es 
wurde eine tiefe Ösophagotomie gemacht in der Hoffnung, von dieser 
aus das Hindernis eventuell mit der Sonde passiren zu können, ein 
Versuch, der ebenfalls nicht zum Ziel führte. Das Verlangen des 
Pat. nach einer Operation wurde immer dringender, trotz aller Vor- 
stellungen von der Gefahr und Unsicherheit eines derartigen Eingriffs 
von hinten her, so dass schließlich nachgegeben und die Operation 
unternommen wurde. In schlechter, unruhiger Narkose Bogenschnitt 
auf der rechten Rückenhälfte mit der Basis nach der Wirbelsäule zu, 
Durchtrennung der 4.—8. Rippe unter vorsichtigem Abdrängen der 


ne A a 


Pleura und Resektion von ca. 6 cm der hinteren Rippensegmente. 
Schrittweise wird die Pleura stumpf nach hinten hin gegen das Me- 
diastinum abgelöst, was ohne Mühe gelingt, wo man deutlich das in 
den Ösophagus eingeführte Schlundrohr zu fühlen vermag. Bei 
einem Hustenstoß in der Narkose wird die Pleura plötzlich stark 
aus der Wunde hervorgedrängt, fängt sich an einem der vorderen 
Rippenstümpfe und reißt ein unter Zusammenfallen der Lunge. 
Tamponade und Naht der Pleurawunde führen zu keinem Ziel, 
Athmung und Puls werden schlechter, so dass die Operation nach 
Tamponade der Wundhöhle abgebrochen werden muss. Pat. er- 
holte sich rasch aus seinem Collaps, die Wunde begann zu granu- 
liren und verkleinerte sich immer mehr und mehr. Nach un- 
gefähr 5 Wochen hatte sich Pat. genügend erholt, und es wurde 
von Neuem zur Operation geschritten. Nachdem die Wund- 
höhle mit einiger Mühe wiederum freigelegt war, zeigten sich die 
Wände und Pleura rings herum mit dicken Schwarten und reich- 
lichen fibrinösen Auflagerungen besetzt, von den Gebilden des hin- 
teren Mediastinums war nichts zu fühlen. Nachdem die dicken 
Schwarten von der Fascia endothoracica gelöst waren, gelang es 
ohne Schwierigkeit, den Ösophagus aufzufinden, in welchem eine 
Sonde bis zur Striktur eingeführt war. Die Stelle der Striktur war 
durch derbe fibröse Verwachsungen mit der Umgebung fixirt, durch 
diese Adhäsionen der Ösophagus selbst von rechts nach links torquirt. 
Nach Lösung der Verwachsungen und Dehnung des Ösophagus- 
lumens mittels einer durch eine kleine Längsineision eingeführten 
Kornzange gelang es ohne Schwierigkeit, ein Schlundrohr bis in den 
Magen durchzuführen ; über dasselbe wurde die Ösophaguswunde ver- 
näht, die Wundhöhle“ tamponirt. Pat. erholte sich relativ rasch, 
doch” wurde in der Nacht der Puls frequenter und frequenter, und 
trat am Mittag des folgenden Tages unter zunehmender Herzschwäche 
der Tod ein. 

Bei der Operation des 2. Falles wurde eben so vorgegangen wie 
im 1., es ließ sich eine Verletzung der Pleura auch hier nicht ver- 
meiden, besonders da in der Umgebung des Carcinoms breite, un- 
lösliche Verwachsungen der Pleura mit der Fascie bestanden. Der 
Pat. lebte noch 6 Tage nach der Operation und ging schließlich 
unter Herzschwäche zu Grunde. Bei der Sektion ergab sich eine alte 
Perikarditis und Myokarditis. 

Durch die beiden mitgetheilten Fälle ist die Möglichkeit er- 
wiesen, dem Ösophagus ohne Verletzung lebenswichtiger Organe in 
seinem Brusttheil beizukommen, und damit Aussicht vorhanden, ge- 
wisse Erkrankungen der Speiseröhre, die allen sonstigen therapeu- 
tischen Eingriffen und Maßnahmen trotzten, vielleicht erfolgreich auf 
operativem Wege nach Freilegung des Ösophagus von hinten her 
anzugreifen. Bode (Frankfurt a/M.). 


N T a 


35) Krönlein (Zürich). Über die Resultate der Diphtherie- 

behandlung mit besonderer Berücksichtigung der Serum- 

therapie. (Nach Erfahrungen an der chirurgischen Klinik 
in Zürich.) 


K. hat in seiner Klinik die Behring’sche Heilserumbehand- 
lung der Halsdiphtherie im November 1894 eingeführt und bis zur 
Stunde fortgesetzt. Auf Ris Anregung hin ist das in dieser Zeit 
gewonnene Beobachtungsmaterial von Herrn Dr. C. Blattner, 
1. Assistenzarzt der Klinik, klinisch und statistisch eingehend be- 
arbeitet worden, und wird die Arbeit demnächst in extenso im Druck 
erscheinen; K. begnügt sich daher, nur die wesentlichen Ergebnisse 
dieser Untersuchung dem Kongress mitzutheilen und verweist im 
Übrigen auf die Blattner’sche Arbeit. 

Was die lokalen Verhältnisse betrifft, unter welchen das Diph- 
theriekrankenmaterial der Klinik zuging, so sei bemerkt, dass das- 
selbe fast ausschließlich der Stadt Zürich mit ihren 160000 Ein- 
wohnern und den umliegenden Bezirken des Kantons Zürich mit 
seinen ca. 390000 Einwohnern entstammt. Für die Aufnahme der 
Kranken besteht seit dem Jahre 1889 ein eigenes » Diphtheriehaus« 
mit Glaspavillon, zahlreichen Krankenräumen, Isolirzimmern, Ope- 
rationsraum, Badeeinrichtung, Arztwohnung ete., so dass selbst weit- 
gehende Anforderungen, welche an eine solche Diphtheriestation ge- 
stellt werden können, erfüllt sind. S 

Abgesehen von der Serumbehandlung galten im Übrigen die- 
selben therapeutischen Grundsätze bezüglich der Lokalbehandlung, 
der Vornahme der Tracheotomie und der Intubation wie früher und 
wie sie in früheren Arbeiten aus der RK schen Klinik niedergelegt sind, 
(Vgl. Krönlein, Diphtherie und Tracheotomie, v. Langenbeck’s 
Archiv Bd. XXI. 1877. — M. Neukomm, Die epidemische Diphtherie 
im Kanton Zürich. Leipzig 1886. — C. Billeter, Über operative 
Chirurgie des Larynx und der Trachea. Inaug.-Diss., Zürich, 1888. 
— E. Köhl, Über die Ursachen der Erschwerung des Decanulement 
nach Tracheotomie im Kindesalter wegen Diphtherie, v. Langenbeck’s 
Archiv Bd.XXXV. 1888.—C. Schlatter, Tracheotomie und Intubation 
bei der Behandlung der diphtheritischen Larynxstenose. Korrespon- 
denzblatt für schweizer Ärzte Jahrg. XXII. 1892.) — In der Blatt- 
ner’schen Arbeit findet sich nun das ganze Diphtheriematerial der 
K.'schen Klinik aus den Jahren 1881—1897 verwerthet, und zwar 
so, dass der Autor das Material der Vorserumperiode (1881—1894) 
dem Material der Serumperiode (1894— 1897) gegenüberstellt 
und einer eingehenden Analyse unterwirft. Die erstere Periode um- 
fasst 1336 Fälle; die letztere 437 Fälle. — Es braucht kaum be- 
merkt zu werden, dass alle Fälle der Serumperiode genau bakterio- 
logisch untersucht und für sie der Nachweis des Löffler’schen 
Diphtheriebacillus geleistet worden ist. 


PIE. E 


Eine Gesammtübersicht über die Mortalitätsverhältnisse bei 
diesem Material von im Ganzen 1773 Diphtheriefällen der Jahre 
1881—1897 giebt folgende kleine Tabelle: 


Vor-Serumperiode Serumperiode 
1 - iph-| iph- 
TL EC) Summe | WAS 
| 1881—89 | 1339—94 | 1881—94 1894—97 
Sämmtliche behandelten Diphtherie- | 

galleries E AT, 485 851 1336 |: 437 
Davon: Ee, 230 304 534 55 
Gesammtmortalität aller Diphtherie- 

RER ON ER 47,4% | 35,17% | 39,9% 12,5% 
Operirte Diphtheriefälle ... . . . 354 308 662. 101 
BU EES 211 227 438 36 
Mortalitätderoperirten Diphtheriefälle | 59,6% | 73,7% | 66,1% 35,6% 
Nicht operirte Diphtheriefälle. . . . 131 543 674 336 
Davon:+: 4. u... See ande aa ne 19 717 96 19 
Mortalität der nicht operirten Diph- | 

Eet | 145% | 141% | 14,2% 3,6% 


K. analysirt nun dieses statistische Material nach verschiedenen 
Richtungen und fügt dem statistischen Theil noch die Resultate 
der klinischen Einzelbeobachtungen hinzu, unter stetigem Hinweis 
auf die umfänglicheren Ausführungen in der Blattner’schen Arbeit. 
Eine Reihe graphischer Tafeln veranschaulicht die statistischen 
Zahlenergebnisse. 

Die Folgerungen, welche K. aus diesen statistischen Unter- 
suchungen und den klinischen Einzelbeobachtungen zieht, sind: 

Aus der Statistik ergiebt sich: 

1) In dem Zeitraum der Serumbehandlung ist die Mortalität 
der Rachendiphtherie im ganzen Kanton Zürich bedeutend ge- 
sunken, während die Morbidität, d. h. die Zahl der Diphtherie- 
erkrankungställe, eine nennenswerthe Abnahme nicht erfahren hat. 

2) In demselben Zeitraum ist auch die Mortalität der Diph- 
theriefälle in der chirurgischen Klinik in Zürich bedeutend 
zurückgegangen. 

3) Insbesondere ist bei den klinischen Diphtheriefällen die Mor- 
talität der Operirten (Tracheotomirten und Intubirten) 
während der Periode der Serumbehandlung so weit gesunken, wie 
niemals während der ganzen früheren Beobachtungszeit. 

4) Dieses bedeutende Sinken der Mortalität der klinischen Diph- 
theriekranken, sowohl der operirten als auch der nicht operirten, ist 
für alle Lebensalter, ganz besonders auch für die ersten Leb ens- 
jahre, zu konstatiren. 

5) Das numerische Verhältnis der operirten Diphtherie- 
kranken zu den Nichtoperirten ist seit Einführung der Serum- 
behandlung gegenüber der früheren Periode ein wesentlich anderes 
geworden, in so fern als früher ziemlich genau die Hälfte aller in die 


SEN 


Klinik gebrachten Kranken wegen gefahrdrohender Laryngostenose 
operirt werden mussten, in der Periode der Serumbehandlung da- 
gegen nicht ganz !/; (genau 23,1%). 

6) Die Besserung in allen den erwähnten Richtungen fällt zeit- 
lich mit dem Termin der Einführung der Serumbehandlung zusammen. 
Eine Erklärung für diese auffallenden Resultate statistischer Forschung 
kann in den klinischen Beobachtungen, in dem durch die 
Serumbehandlung veränderten Krankheitsbilde der Diph- 
therie gefunden werden. 

In dieser Beziehung wurde Folgendes konstatirt: 

1)Gewöhnlich rasche Besserung des Allgemeinbefindens 
nach der Seruminjektion. 

2) Rascher Abfall des Fiebers. 

3) Rasche Lösung derBeläge undMembranen im Rachen 
und in den groben Luftwegen und rasche Verminderung 
der Sekretion bei Nasendiphtherie. 

4) Auffallend schnelles Zurückgehen der lymphade- 
nitischen Schwellungen am Halse. 

5) Keine Propagation des diphtherischen Processes 
vom Nasen-Rachenraume nach dem Larynx und der Trachea 
nach erfolgter Seruminjektion. 

6) Keine Steigerung leichter laryngostenotischer Er- 
scheinungen zu schweren nach erfolgter Seruminjektion. 

7) Keine Wunddiphtherie bei den Tracheotomirten, 
während früher ca. 1/3 der Tracheotomirten solche zeigte. 

8) Ein früheres Decanulement bei den Tracheotomirten, 
meist schon am 3., 4. und 5. Tage nach der Tracheotomie. 

Von Komplikationen im klinischen Verlaufe der Diphtherie 
während der Serumperiode wurden beobachtet: 

1) Albuminurie in 36,6% der Fälle. 

2) Ausgesprochene Nephritis in 4,6% der Fälle. 

3) Postdiphtherische Lähmungen in 12,5% der Fälle. 

Verglichen mit den früheren Erfahrungen in der Vor-Serum- 
periode kann nicht behauptet werden, dass diese Kompli- 
kationen häufiger, aber auch nicht, dass sie seltener ge- 
worden wären. 

4) Exantheme von großer Polymorphie in 8% der Fälle. 

Diese Beobachtungen sind, verglichen mit unseren früheren Er- 
fahrungen, neu, und durch Kontrollversuche, bei Seruminjektionen 
zum Zwecke der Immunisirung gesunder Individuen, ist konstatirt 
worden, dass die Exantheme auf die Seruminjektionen zurückzuführen 
sind. Abgesehen von einer vorübergehenden Störung des Allgemein- 
befindens haben diese Erscheinungen keinerlei Nachtheile mit sich 
geführt. 

Aus diesen Erfahrungen, den Resultaten sowohl einer sorgfältigen 
vergleichenden Statistik als auch einer mehrjährigen klini- 


ar green 


schen Beobachtung glaubt K. mit Dr. Blattner den Schluss 
ziehen zu dürfen: 

Dass die bedeutende Besserung, welche seit November 1894 
in dem Verlaufe von Hunderten von Fällen von Diphtherie auf der 
chirurgischen Klinik in Zürich konstatirt worden ist, wenn auch nicht 
ausschließlich, so doch in der Hauptsache in kausalem Zusammen- 
hange steht mit der in diesem Zeitpunkt ein- und konsequent durch- 
geführten Behring’schen Serumtherapie, und dass wir in dieser 
Therapie einen Heilfaktor zu erblicken berechtigt sind, mächtiger 
als irgend eines der bisher bei Diphtherie versuchten Heilverfahren. 

Erschüttert könnte diese Schlussfolgerung nur werden, wenn 
von anderer Seite der Nachweis geliefert würde, dass die Diphtherie- 
krankheit zur selben Zeit und bei möglichst gleichen Verhältnissen 
dieselbe Wandlung zum besseren durchgemacht habe — ohne An- 
wendung der Serumtherapie; oder aber, wenn andere Beobach- 
tungen, den hier referirten gleichwerthig, die Nutzlosigkeit der 
Serumtherapie darthun würden. In diesem Falle müssten wir in 
unsere Gleichung ein neues X einführen, dessen Werth durch weitere 
Analysen erst noch festzustellen wäre. 

An der Thatsache aber, dass die Diphtherie im Kanton 
Zürich in dem Zeitraume von 1894—1897 unvergleichlich 
viel weniger Opfer gefordert hat, als früher, kann in keinem 
Falle gerüttelt werden. (Selbstbericht.) 


36) Helferich (Greifswald). Demonstration eines Mädchens 
mit doppelseitigem Verlust des M. sternocleidomastoideus. 


H. demonstrirt ein 26jähriges Mädchen, bei welchem er vor 
etwa (iis Jahre ausgedehnte Lymphome an beiden Seiten des Halses 
exstirpirt hatte. Durch die intensive Verwachsung der massenhaft 
entwickelten Lymphdrüsen, welche ein großes zusammenhängendes 
Packet von dem Schlüsselbein bis zum Warzenfortsatz und Kiefer- 
winkel bildeten, sah er sich genöthigt, sowohl bei der ersten rechter- 
seits, als auch bei der zweiten linkerseits ausgeführten Exstirpation 
den M. sternocleidomastoideus in seiner ganzen Länge mit zu exstir- 
piren. Die Wundheilung war eine vollkommene, und das Mädchen 
st nachher frei von Recidiv geblieben und auch jetzt in dieser 
Hinsicht völlig gesund, von blühendem Aussehen. Das wesentliche 
Interesse des Falles bezieht sich also auf die beiderseits erfolgte 
operative Entfernung des M. sternocleidomastoideus in seiner ganzen 
Ausdehnung. Im Anfang war eine gewisse Bewegungseinschränkung 
nachweisbar; das Mädchen konnte zwar sofort den Kopf nach vorn, 
nach hinten und nach beiden Seiten hin neigen, es konnte auch 
eine Drehung des Kopfes nach links und rechts vornehmen, allein 
es konnte nicht aus liegender Stellung sich erheben, ohne instinktiv 
mit der einen Hand an den Hinterkopf zu fassen und den Kopf 
durch die Hand empor zu heben. In gleicher Weise fasste das 


See? AR en 


Mädchen mit der Hand nach dem Kopf, wenn es sich aus sitzender 
Stellung auf den Rücken legen wollte. Allein schon etwa 2 Monate 
später war das Mädchen im Stande und ist es auch jetzt noch 
(Demonstration), sich aus sitzender Stellung, rückwärts neigend, 
hinzulegen, als auch aus liegender Stellung sich gerade nach vorn 
zu erheben und hinzusetzen ohne eine Mithilfe der Hände. Der 
durch den Wegfall beider Mm. sternocleidomastoidei erzeugte Defekt 
ist thatsächlich auch in dem erwähnten wesentlichen Punkt aus- 
geglichen, und zwar durch das Eintreten der vorderen Halsmuskulatur. 
Man sieht namentlich, wenn das Mädchen aus liegender Stellung 
sich aufsetzen will, die sehr starke Anspannung verschiedener mus- 
kulöser Stränge an der Vorderseite des Halses, unter denen Platysma- 
fasern und besonders der beiderseits hypertrophische M. omohyoideus 
in die Augen fallen. Es kann somit behauptet werden, dass der 
Ausfall beider M. sternocleidomastoidei keine besonders schädigende 
Wirkung ausübt. 

Etwas Anderes ist es mit dem Ausfall des in Folge der er- 
wähnten Operation gleichfalls geschädigten M. cucullaris. Derselbe 
ist beiderseits in Folge der bei der Exstirpation bewirkten Durch- 
schneidung des N. accessorius im Zustand voller Lähmung. Die 
nach Angabe der Anatomen aus dem Cervicalis III stammenden 
Nerven dieses Muskels sind offenbar nicht im Stande, den vollen 
Schwund und den vollen Ausfall der Funktion zu hemmen. In Folge 
dieser beiderseitigen Cucullarislähmung ist der Schultergürtel (Achsel- 
gegend) etwas nach vorn gezogen, ist ferner die Bewegung der 
Scapula beeinträchtigt und dadurch auch die seitliche Erhebung der 
Arme, welche bekanntlich in dem eigentlichen Schultergelenk nur 
bis zur Horizontalen und sodann durch Drehung der Schulterblätter 
um eine sagittal-horizontale Achse zu Stande kommt. Die seitliche 
Erhebung der Arme ist ungenügend: das Mädchen kann nur mit 
Schwierigkeit nach dem eigenen Kopf fassen und ist bei der Vor- 
nahme mancher Hantirungen wesentlich behindert. Die Cucullaris- 
lähmung ist also eine schwerere Läsion als der vollkommene Mangel 
der Sternocleidomastoidei. Interessant ist die bei der Inspektion 
leicht bemerkliche (Demonstration) Atrophie der Mm. cucullares und 
daneben das starke Hervortreten des hypertrophirenden M. levator 
scapulae. (Selbstbericht.) 


37) Perthes (Leipzig). Zur Empyembehandlung. 


P. demonstrirt das an anderer Stelle (vgl. Centralblatt 1898 
No. 13 p. 353) veröffentlichte Verfahren zur Nachbehandlung der 
Empyemoperation und berichtet über die damit an 12 Fällen der 
chirurgischen Universitätsklinik zu Leipzig gemachten Erfahrungen. 
Als Zweck des Verfahrens wird nochmals hervorgehoben die Her- 
stellung eines negativen Druckes in der Empyemhöhle, welche im 
Sinne der Verkleinerung dieses Hohlraumes und der Wiederentfaltung 

Chirargen-Kongress 1898. i 7 


E SE 


der Lunge wirksam ist. Es wird betont, dass es besonders auch in 
solchen Fällen, in welchen die Wiederausdehnungsfähigkeit der 
Lunge gelitten hat, durch Anwendung eines konstanten starken 
negativen Druckes (100—120 mm Quecksilber) oft noch möglich ist, 
die Empyemböhle zur allmählichen Verkleinerung und zum Ver- 
schluss zu bringen. P. vergleicht diese Wirkung der Aspiration mit 
der eines Extensionsverbandes bei Gelenkkontraktur. — Eine Ver- 
einfachung hat das Verfahren in so fern erfahren, als die ursprünglich 
angewandte, die Thorakotomiewunde deckende Kappe durch eine 
einfache dünne Gummimembran ersetzt ist, welche durch Flanell- 
binden in glatt ausgespanntem Zustande gehalten wird. 

4 unter der Aspirationsbehandlung geheilte Fälle werden de- 
monstrirt: 

1) Ein Fall von subphrenischem Abscess mit Empyem, bei 
welchem der durch die transpleurale Operation geschaffene Pneumo- 
thorax sofort nach der Operation durch Aspiration beseitigt werden 
konnte. 

2) Ein Fall von Pfählungsverletzung des Unterleibs. Der durch 
das Scrotum, unter die Bauchhaut, durch die Bauchmuskulatur, 
durch die Abdominalhöhle und das Zwerchfell in die rechte Pleura- 
höhle eingedrungene Stiel einer Mistgabel hatte ein Stück der Unter- 
hose des Pat. in die Pleurahöhle verlagert und einen jauchigen Pyo- 
pneumothorax verursacht. Nach iimonatelangem Bestehen der 
davon herrührenden Empyemfistel Heilung mittels Thorakotomie, 
Extraktion des Fremdkörpers und Aspiration in 38 Tagen. 

3) Ein Fall von 7 Monate alter Empyemfistel nach metapneu- 
monischem Empyem, welches mit Bülau’scher Drainage ohne Erfolg 
behandelt war. Heilung in 55 Tagen. 

4) Eih Fall von 2'/, Jahre alter Empyemfistel mit amyloider 
Degeneration der inneren Organe. Die Symptome der amyloiden 
Degeneration sind nach Obliteration der Empyemhöhle zum größten 
Theile verschwunden. 

Im Fall 3 und 4 war eine rasche Rückbildung der bereits ent- 
standenen beträchtlichen Thoraxdifformität zu konstatiren. 

{Selbstbericht.) 


38) Jordan (Heidelberg). Erfahrungen über die Schede’sche 
Thorakoplastik. 

Die Schede’sche Thorakoplastik wurde in der Czerny’schen 
Klinik in den letzten 7 Jahren an 20 Kranken ausgeführt, die an 
chronischen Empyemfisteln litten. Die Erfolge waren sehr günstige; 
denn 9mal wurde vollständige Heilung und 6mal weitgehende Besse- 
rung erzielt, 1 Fall blieb ungeheilt, und 4mal erfolgte der Exitus 
letalis. 5 der geheilten Pat. sind arbeitsfähig, eben so 3 der gebesserten. 
Von den 4 Todesfällen war der eine durch Collaps unmittelbar nach 
der Operation, die 3 übrigen durch Miliartuberkulose, einige Wochen 
nach dem Eingriff, verursacht. 


D, SE 


Der Schede’sche Weichtheillappen mit oberer Basis ist zweck- 
mäßiger als die seitlichen Schnittführungen, weil sich häufig 
Recessus und Fistelgänge im hinteren Brustfellraum finden, 
die nur durch Emporklappen der Scapula freigelegt werden 
können. 

Für die Nachbehandlung empfiehlt sich die vollständig offene 
Wundbehandlung, da die Vernähung des Lappens die Gefahr der 
Wiederentstehung unerwünschter Hohlräume in sich schließt. Die 
Resektion der Thoraxwand muss eine so ausgiebige sein, dass die 
Empyemböhle von jeglicher Knochenüberdachung befreit 
wird. Bei heruntergekommenen Pat. wird dieser gefahrvolle Ein- 
griff eventuell auf mehrere, in kurzen Intervallen folgende 
Sitzungen vertheilt. 

Bei Kindern ist die Indikation zur Thorakoplastik nur selten 
vorliegend, die Aussichten auf Erfolg aber sehr günstige, da, wie ein 
vorgestellter, vor 7 Jahren operirter Fall illustrirt, die Skoliose 
ganz verschwinden, die geschrumpfte Lunge zu fast völliger 
Wiederausdehnung gelangen, und außerdem eine voll- 
ständige Regeneration der entfernten Rippen erfolgen 
kann. 

Das von Delorme vorgeschlagene Verfahren der De&cortication 
pulmonaire ist physiologischer als die Thoraxresektion, wird aber 
nur in einzelnen günstigen Fällen zur erfolgreichen Anwendung ge- 
langen können. 

Vortr. hat in einem Falle an die Schede’sche Thorakoplastik 
die Spaltung der Lungenpleura angeschlossen und durch den imaligen 
Eingriff rasche Heilung erzielt und empfiehlt daher die Kom- 
bination der Schede’schen und Delorme’schen Methode zu 
weiteren Versuchen. 

Ein zweiter, der Versammlung vorgestellter Pat. erweckt be- 
sonderes Interesse durch einen Folgezustand der wohlgelungenen 
Thorakoplastik, nämlich das Freiliegen des Herzens unter dem tief 
eingezogenen Hautlappen. (Selbstbericht.) 


Diskussion zu 37 und 38: Lauenstein (Hamburg) hat es bei 
der Simon-Esthlander’schen Operation nie für nöthig gefunden, 
außer den knöchernen Partien auch noch die Weichtheile des Thorax zu 
entfernen. In alten Pyothoraxfällen bei Erwachsenen hat L. durch 
successive Entfernung der Rippen in großer Ausdehnung schließlich 
Heilung erzielt. (Demonstration von über 200 nach und nach ent- 
fernten Rippenspangen bei einem Pat.) In einem Falle sah L. nach 
der Operation eine Skoliose mit der Konvexität nach der erkrankten 
Seite auftreten, ein Hinweis darauf, dass der Vorschlag, eine Skoliose 
durch Rippenresektion zu heilen, verkehrt ist. Der Jordan’sche 
Fall mit dem freiliegenden Herzen spricht gegen die ausgedehnte 
Thorakoplastik. Der Fortschritt liegt heute in der Beschränkung 
der Rippenresektion. 

1° 


—— 100 — 


König jr. (Berlin) demonstrirt aus der v. Bergmann’schen 
Klinik einen Mann, bei dem am 9. Februar d. J. eine Thorakoplastik 
gemacht wurde, die vorzüglich geheilt ist. Nach Delorme’s Vor- 
schlag hat K. 2mal zu operiren versucht, ist aber nicht weiter damit 
gekommen. 


Garrè (Rostock) fand in der Methode von Delorme viel Be- 
stechendes; er hat dieselbe in 3 Fällen ausgeführt. Die auf die 
Operation gesetzten Hoffnungen haben sich leider nicht erfüllt. 
Nach Einschnitt in die Lungenschwarte wird die Öffnung durch die 
Federkraft der Lungen zuerst allerdings zum Klaffen gebracht, später 
schrumpft sie jedoch wieder zusammen. So bleibt auch bei der 
Delorme’schen Operation die Hauptsache doch die Rippenresektion. 


Hadra (Berlin) demonstrirt einen Fall von Pneumotomie, der 
durch Herzverlagerung komplicirt ist. Das Herz ist durch Adhäsionen 
ganz nach hinten links dislocirt. 


Schuchard (Stettin) macht auf die Gefahren der Blutung bei 
Thorakotomie aufmerksam. Dieselben lassen sich durch Massen- 
ligaturen der Muskeln vor der Durchschneidung umgehen. Die 
Blutung aus der Tiefe vermeidet man durch Umstechung und Um- 
schnürung der Interkostalräume. 


Höftman (Königsberg) hält bei der primären Empyemoperation 
die Drainage für verfehlt. Der Schnitt soll an der tiefsten Stelle 
angelegt werden. Die Nachbehandlung sei möglichst ambulant; H. 
lässt seine Kranken, wenn angängig, schon am 2. Tage post op. auf- 
stehen. Die Oberfläche der Pleura befreit er mit dem scharfen Löffel 
vorsichtig von möglichst allen Schwarten. 


Friedrich (Leipzig) empfiehlt beim Empyem, die spätere 
Kontrolle möglichst den internen Arzten zu überlassen. Von der 
Schede’schen Thorakoplastik hat F. nichts Günstiges gesehen. F. 
hat 5 große Plastiken bei Leuten gemacht, die alle wieder arbeits- 
fähig geworden sind. Er wich aber von Schede’s Vorschriften ab, 
indem er die Pleura costalis erhielt. Wozu soll dieselbe geopfert 
werden? Dieselbe legt sich nach der Anfrischung etc. an die Pleura 
pulmonalis an und verwächst mit ihr. Princip ist im Gegentheil, 
möglichst viel Pleura costalis zu erhalten. 


Gerulanos (Greifswald) berichtet über einen 15jährigen Knaben 
mit einem Tumor der Brustwand und Lunge, an dem Helferich 
nach Unterbindung der Bronchen und Lungengefäße ein großes 
Stück der Lunge resecirt hatte. Pat. starb zwar nach 24 Stunden, 
doch lehrt der Fall die technische Möglichkeit ausgedehnter Lungen- 
resektionen. 


Jordan (Heidelberg) vertheidigt die Thorakoplastik gegen die 
Angriffe von Lauenstein. Jaffé (Hamburg). 


— 11 — 


Schede (Bonn) erklärt es für selbstverständlich, dass Jeder es 
mit größter Freude begrüßen würde, wenn die großen verstümmeln- 
den Eingriffe am Thorax durch andere Verfahren überflüssig gemacht 
würden. Ob das sehr hübsche Perthes’sche Verfahren diese Auf- 
gabe erfüllen könne, sei aber bisher durch nichts erwiesen. Denn 
wie ihm Herr Perthes soeben selbst erklärt habe, habe es sich in 
seinen Fällen lediglich um Partialempyeme gehandelt. Redner habe 
aber die Thoraxresektion niemals für Partialempyeme empfohlen, 
sondern sie ausdrücklich nur für veraltete totale Empyeme vor- 
behalten, bei welchen wenigstens nach den früheren Erfahrungen 
und mit den früheren Hilfsmitteln jede Wiederausdehnung der 
Lunge überhaupt ausgeschlossen war. 


Herrn Lauenstein erwiedere er, dass gerade der Umstand, dass 
selbst die ausgedehntesten einfachen Rippenresektionen und selbst 
die mehrfach wiederholte Herausnahme der neugebildeten Knochen- 
spangen völlig erfolglos blieben, es gewesen sei, welche ihn seiner Zeit 
dazu geführt habe, die Pleuraschwarten und die Zwischenrippen- 
muskulatur mitzunehmen. Mit dem von Lauenstein empfohlenen 
Verfahren werde man sicher nur in Ausnahmefällen Erfolge erzielen, 
über den Versuchen aber viele Kranke verlieren. Redner betont 
schließlich, dass es absolut feststehe, dass nach der Thoraxresek- 
tion die völlig geschrumpfte und jahrelang völlig außer Funktion 
gesetzte Lunge wieder anfange zu athmen und sich allmählich immer 
mehr ausdehne, sobald die Wunde geheilt sei, und damit die Be- 
wegungen der Rumpf- und Armmuskulatur, namentlich der des 
Zwerchfells, wieder auf die Ausdehnung der Lunge wirken können. 

(Selbstbericht.) 

König sen. (Berlin) vertheidigt die von ihm empfohlene Schnitt- 
führung in der Axillarlinie bei Empyem gegen die Angriffe, welche 
dieselbe in dem Handbuch der Therapie innerer Krankheiten von 
Penzoldt-Stintzing durch Schede erfahren hat. Schede stütze 
seinen Widerspruch auf Grund einer- Statistik aus Militärlazaretten. 
Diese könne K. als beweiskräftig nicht anerkennen; er empfehle auf 
Grund seiner Erfahrungen seine Methode nach wie vor. 


Perthes (Leipzig) und Trendelenburg (Leipzig) erwiedern 
Schede, dass es sich in ihren Fällen nicht um circumscripte, sondern 
um recht ausgedehnte Fälle von Empyem gehandelt hatte. 


Schede (Bonn) erwiedert, seine statistischen Untersuchungen 
hätten ergeben, dass die in den Militärlazaretten operirten Empyeme 
sehr wesentlich langsamer ausheilten, als die von ihm oder die in 
der Gesammtheit der Universitätskliniken und großen Civilkranken- 
häuser behandelten, und das genaue Studium der Krankenberichte 
ließe erkennen, dass in den Militärlazaretten mit verschwindenden 
Ausnahmen die Operation des Empyems nach den König’schen 
Vorschriften ausgeführt wurde. Er habe darin allerdings einen ur- 
sächlichen Zusammenhang erkennen zu müssen geglaubt und darauf 


— 102 —— 


hingewiesen, dass die König’sche Methode eine außerordentlich 
große Sorgfalt in der Nachbehandlung verlange und, wo diese fehle, 
naturgemäß schlechtere Resultate ergeben müsse. Er habe ferner 
darauf hingewiesen und glaube das durch recht große Erfahrungs- 
zahlen hinreichend bewiesen zu haben, dass die früher wohl be- 
gründete Anschauung, dass man wegen der zu erwartenden Schrum- 
pfung der Empyemhöhle die Eröffnung derselben nicht an der tief- 
sten Stelle anlegen dürfe, weil diese später durch das heraufrückende 
Zwerchfell verletzt werde, ihre Berechtigung völlig verloren habe, 
seit wir die Empyeme zu einer Zeit operiren, in welcher die Lunge 
noch ausdehnungsfähig ist. Fülle aber die Lunge den Empyemraum 
wieder aus, so fällt jeder Grund für die gefürchtete hochgradige 
Schrumpfung des Thorax und Verschiebung der umgebenden Weich- 
theile weg und wir sind voll berechtigt, auch für die Eröffnung der 
Empyemhöhlen dem überall sonst in der Chirurgie geltenden Grund- 
satz zu folgen, die Incision in Eiterhöhlen an der tiefsten Stelle 
anzulegen. (Selbstbericht.) 


Lenhartz (Hamburg) ist, obgleich Interner, gegen die Bülau- 
sche Methode und gleich für die Rippenresektion. L. hat das 
Perthes’sche Verfahren geprüft und sehr bewährt gefunden. Be- 
sonders bei tuberkulösem Empyem hält er es für empfehlenswerth. 
In einem Falle hat es L. nach Resektion von 4 Rippen noch gute 
Dienste erwiesen. Jaffé (Hamburg). 


39) Karewski (Berlin). Kasuistische Beiträge zur Chirurgie 
der Lunge und der Pleura. 


K. hat im Ganzen 18mal große Resektionen am Thorax 
ausgeführt, 5mal davon wegen Lungenaffektionen. Von diesen 
18 Fällen hat er nur einen Fall verloren, und zwar an akuter 
Nephritis, wahrscheinlich in Folge Gebrauchs von Jodoformgaze. 

Was nun seine Lungenfälle betrifft, derentwegen er hauptsäch- 
lich das Wort ergreift, so ist es ja erwiesen, dass die Hauptgefahr 
derartiger Operationen in der Verletzung des Brustfells liegt, dass 
nur nichtinfektiöse Erkrankungen der Lunge ohne vorherige Ad- 
häsionen der Pleura operirt werden können, bei allen infektiösen 
aber entweder die Pleurahöhle verlöthet gewesen sein oder aber durch 
geeignete Maßnahmen vorher zum Verwachsen gebracht werden 
muss. Im Vergleich zur Gefahr der Pleuritis ist die der Blutung 
aus der Lunge und die, dass man den Lungenherd verfehlt, gering 
zu schätzen. Nun scheint aber bei den eitrigen Lungenprocessen 
die adhäsive Pleuritis außerordentlich häufig zu sein und sogar eine 
gewisse diagnostische Bedeutung zu haben. So hat denn auch K. in 
allen seinen Fällen mit solchen zu thun gehabt, bei welchen das 
Brustfell mit der Lunge verlöthet war. Zwei davon betreffen sekun- 
däre Lungenaffektionen, bei welchen intrathorakale Eiterungen in die 
Lunge durchgebrochen waren. 


— 103 — 


Der erste vorgestellte Fall ist bereits früher von K. bei Gelegen- 
heit seiner Arbeit über Thoraxresektionen (Deutsche med. Wochen- 
schrift 1896) veröffentlicht worden, war damals als ein in die Lunge 
durchgebrochener spondylitischer Kongestionsabscess aufgefasst worden. 
Der Kranke ist seit 3 Jahren voll erwerbsfähig und zu schwerer 
körperlicher Arbeit geeignet; es besteht aber eine feine Fistel, welche 
sich als Bronchialfistel erwiesen hat. Mit Rücksicht auf den gün- 
stigen Verlauf glaubt K. jetzt, dass die zu jener Zeit festgestellte 
Wirbelsäulenaffektion sekundär gewesen ist, also ein Empyem sowohl 
die Lungen wie die Wirbelsäule arrodirt hat. Der Fall ist zugleich 
ein Beweis dafür, wie man großen, an der Rückwand des Thorax 
und vor der Wirbelsäule gelegenen Eiterungen mit Glück beikom- 
men kann. 

Der zweite Fall bietet das verschiedenste Interesse. Seine 
Krankengeschichte kurz zusammengefasst heißt: 8jähriger Knabe, 
stets dyspnoisch, erkrankt an Influenza Februar 1897, bekommt 
Lungenherd in der Lungenspitze, dessen Operation von innerer 
Autorität widerrathen wird, dann chronische, über 10 Monate sich 
hinziehende Pyämie. Im August eröffnet K. den Lungenherd an 
der Spitze, 4 Wochen später eine mit diesem kommunicirende Eite- 
zung an der Herzspitze, Mitte December Exitus an Hirnabscess. 
Sektion zeigt, dass eine eitrige Strumitis substernalis bestanden hat, 
welche Verlöthungen mit Lunge und Herz gemacht hat, Durchbruch 
in die Vena cava, Mediastinitis anterior et posterior und multiple 
Metastasen. K. ist der Meinung, dass das Kind durch rechtzeitige 
Operation im März hätte gerettet werden können. 

Die dritte Beobachtung betrifft eine tuberkulöse Peripleuritis, 
welche von K. in der Julisitzung der freien Vereinigung der Chirurgen 
Berlins 1897 vorgestellt worden ist. Die Kranke ist dauernd gesund 
geblieben. Es hatte sich um eine unter heftigen Neuralgien ver- 
laufende Erkrankung der unteren Thoraxhälfte gehandelt, die auch 
eine seröse Pleuritis verursacht hatte. Nach Heilung der letzteren 
entstanden die Symptome eines Empyema necessitatis. Die Opera- 
tion, bei welcher 5 Rippen in ganzer Länge weggenommen wurden, 
zeigte, dass die peripleuritische Tuberkulose von einem walnuss- 
großen Lungenherd ausging. Dieser Fall beweist, dass unter gün- 
stigen Verhältnissen auch tuberkulöse Lungenherde, die im All- 
gemeinen heute als inoperabel gelten, mit Erfolg angegriffen werden 
können. 

Alsdann berichtet K. über einen Lungenabscess, der als dunkle 
pleuritische Erkrankung monatelang behandelt worden war und sich 
bei der Operation als apfelgroße, von pleuritischen Schwarten über- 
lagerte Lungeneiterung erwies. Auch dieser Fall ist dauernd geheilt. 

Ferner spricht K. über einen durch große Resektion des Thorax 
und der Lungen geheilten Fall von Lungenaktinomykose (cf. Berliner 
klin. Wochenschrift 1898 10. April u. f.). Schließlich stellt K. 
3 jugendliche Individuen vor, deren jüngstes vor 3 Jahren durch 


— 104 — 


große Thoraxresektion von einem alten Empyem befreit worden ist, 

deren zweites durch Incision und Kontraincision unter jahrelanger 

Eiterung, und deren ältestes ohne jede Operation zur Heilung kam. 
(Selbstbericht.) 


40) Hadra (Berlin). Fall von Pneumotomie, komplicirt durch 
Herzverlagerung (Krankendemonstration). 

38jährige Frau, mehrfache schwere Pleuropneumonien vor 6 und 
8 Jahren, seitdem dauerndes Siechthum, Husten und Auswurf; seit 
1896 ganze Speigläser auf einmal, namentlich nach Vornüberneigen 
entleert, excessiv stinkend, sie social unmöglich machend. Seit 1897 
häufig Hämopto&. 

Röntgenphotographie (Demonstration) ergab Verdichtung der 
ganzen linken Lunge, sehr deutlich stark nach außen verlagerten 
Herzschatten. Anamnestisch kein Fremdkörper, Sputum ohne Tu- 
berkelbacillen, aber elastische Fasern. 

Objektiv bestand Februar 1898, als H. die Pat. sah, starke Re- 
traktion der linken Thoraxhälfte, Herzverlagerung derartig, dass 
Spitzenstoß in der linken hinteren Achsellinie, Herz selbst nicht 
vergrößert, Töne rein. 

Hinten unten rechts unterhalb des Angul. scapul. absolute, aber 
inkonstante, namentlich nach reichlicher Expektoration durch tym- 
panitischen Schall ersetzte Dämpfung. Zeitweilig abgeschwächtes, 
zeitweise amphorisches Athmen. Probepunktion am Rücken negativ, 
imal folgte unter starker Pulsation der Spritze Blut. 

Diagnose: Jauchiger Lungenabscess des linken Unterlappens. 

25. Februar 1898 unter lokaler Anästhesie (allgemeine war wegen 
Aspirationsgefahr bei der erforderlichen Seitenlagerung zu gefährlich) 
Resektion der 6., 7. und 8. Rippe in 6—8 cm Ausdehnung neben 
der Wirbelsäule. Pleura nicht eröffnet, verwachsen. 

Hochgradige Pulsation im ganzen Operationsgebiet, so dass man 
am Rücken fast das Herz vor sich zu haben glaubte. Thatsächlich 
war der Spitzenstoß in der Ebene des Angul. scapul., Herz lag in 
der linken Seitenwand. 

Jodoform- resp. Chlorzinktamponade der medialen Partie der 
Wunde, einerseits Behufs Temporisirung, da H. die Eröffnung der 
excessiv pulsirenden Lunge nicht sogleich wagte, andererseits Behufs 
Erzielung festerer Verklebungen, endlich, da nach Rippenresektion 
und der ev. Verkleinerung des Thoraxraums die spontane Schrum- 
pfung der Kaverne nicht ausgeschlossen war. 

Thatsächlich kollabirte die Lunge, und es entstand eine faust- 
große peripleurale Höhle, aber Expektoration gleich früher. 

Nach 10 Tagen wurde in den pulsirenden Lungenlappen nach 
innen oben wegen der Nähe des Herzens eingedrungen, wohl bewusst, 
hier dem Hilus nahe zu kommen. Sehr heftige, hellrothe Blutung 
beim Herausziehen des Paquelins, welche jedoch auf Jodoformgaze- 
tamponade des Kanals stand. Mäßige Hämoptoe. Eis. Ergotin. 


— 10 —— 


Aseptischer Verlauf, Entfernung des Tampons nach 5 Tagen, 
Entleerung mehrerer Hundert Kubikcentimeter jauchig fötiden, zähen 
Sputums aus der Wunde. Ein Drain ließ sich wegen der starken 
Pulsation in der Lungenhöhle nicht fixiren. 

Seit Eröffnung des Abscesses sofortiges Aufhören der reich- 
lichen, stinkenden Expektoration per os und namentlich des Foetor 
ex ore. 

Nachbehandlung der Höhle mit Jodoform und Argent. nitr. 

Die Lungenfistel war bis vor wenigen Wochen so groß, dass 
Pat. bei geschlossenem Mund und Nase dadurch athmen konnte. 
Eine in die Lungenhöhle eingeführte Federpose (Demonstration) zeigt 
am langen Hebelarm deutlich die Pulsation der Höhle isochron mit 
dem Puls. Anfangs bestand auch synchrones Plätschern bei der 
Auskultation. Der Spitzenstoß (Demonstration am 14. April) ist deut- 
lich am Rücken am Angul. scapul., der Herzstoß in der Seitenwand. 

In der ihm zugänglichen Litteratur fand H. weder eine der- 
artige Herzverzerrung, wobei das Herz hinten in der Wunde lag, 
noch derartige Pulsation der Lungenhöhle bei Pneumotomie an- 
gegeben, wesshalb er den Fall vorgestellt habe. (Selbstbericht.) 


41) W. Noetzel (Königsberg). Über peritoneale Resorption 
und Infektion. 


Die Versuche sollten im Wesentlichen 2 Fragen beantworten. 

1) Was ist die Ursache der relativ großen Resistenz des Peri- 
toneums gegen Bakterieninfektion. Besteht dieselbe, wie bisher fast 
allgemein angenommen wird, in der raschen Resorption des in die 
Bauchhöhle gerathenen Infektionsmaterials ins Blut, oder findet in 
der Bauchhöhle selbst eine reichlichere Abtödtung der Bakterien statt 
als in anderen Geweben? 

2) Kann überhaupt durch Bakterien allein eine Erkrankung des 
vorher intakten Bauchfells herbeigeführt werden, oder bedarf es hier- 
für außerdem nothwendigerweise, wie die meisten bisherigen Unter- 
sucher annehmen (Wegner, Grawitz, Orth, Reichel, Kraft, 
Waterhouse, Walthard), gleichzeitig vorhandener Ernährungs- 
störungen, Verletzungen etc. des Bauchfells bezw. anderer die Re- 
sorption behindernder Momente? Die Versuche wurden ausgeführt 
mit Streptokokken, Bacterium Friedländer, Bacterium coli, Bac- 
terium pyocyaneus, Proteus vulgaris und Milzbrand; als Versuchs- 
thiere dienten fast nur Kaninchen. 

Die relativ große Resistenz des Peritoneums ist nicht nur durch 
die Untersuchungen der genannten Autoren über die Ätiologie der 
Peritonitis bekannt, sondern erhellt besonders deutlich aus den für 
septhämische Erkrankungen der Versuchsthiere gefundenen That- 
sachen, dass intraperitoneal eben so wie intravenös das Mehrfache 
der bei subkutaner Infektion tödlichen Bakterienmenge vertragen 


— 106 —— 


wurde (Kruse). Versuche des Redners mit virulentem Milzbrand er- 
gaben, dass 1000 Bacillen (durch Zählplatten kontrollirte 
Verdünnungen) intraperitoneal und intravenös vertragen 
werden (unter bestimmten technischen Kautelen, die eine lokale 
Infektion der Impfstelle verhindern) von Thieren, welche durch 
subkutane bezw. intramuskuläre Impfung von 50 Bacillen 
innerhalb 5—6 Tagen zu Grunde gehen. 

Versuche über die Schnelligkeit der peritonealen Bakterienresor- 
ption ergaben, dass in die Bauchhöhle eingebrachte Milz- 
brandbacillen 10 Min. p. inf. im Blut nacbzuweisen sind. 
Dass aber trotzdem nicht in der raschen Resorption ins Blut die 
alleinige und auch nicht die hauptsächlichste Ursache der Resistenz 
des Peritoneums zu suchen ist, ergiebt die Prüfung der zweiten Frage, 
die Redner auf Grund zahlreicher Versuche übereinstimmend mit 
Baumgarten, A. Fraenkel und Parlowsky dahin beantwortet, 
dass auch das intakte, mit normalem Resorptionsvermögen 
begabte Bauchfell durch Bakterien allein erkranken kann. 
Und zwar hängt die Erkrankung nicht nur von der Menge, sondern, 
was entscheidend ist, eben so von der Virulenz der Infektions- 
erreger ab. Das ist ein sicherer Beweis, dass die Abtödtung in 
loco in der Bauchhöhle die wichtigste Schutzvorrichtung ist; denn 
dieser erliegen die weniger virulenten Erreger, während die viru- 
lenteren widerstehen; der Resorption aber werden beide gleichmäßig 
unterworfen, wenn die betreffenden Impfdosen nur gleich gut resor- 
birbar sind, was im Experiment leicht zu erzielen ist. Wenn die 
Resorption die Hauptursache des Schutzes wäre, müssten die viru- 
lenteren Kulturen ebenfalls resorbirt werden und könnten dann ev. 
Septhämie ohne peritoneale Lokalisation hervorrufen, aber keine 
Peritonitis. Das Experiment beweist, dass das Gegentheil der Fall ist. 

Eine weitere große Zahl von Experimenten prüfte den Einfluss 
der verschiedenen, die Resorption verzögernden oder erschwerenden 
Momente auf die Infektion und ergiebt, dass diese Momente, eben 
so wie Wunden und Läsionen im weitesten Sinne des Wortes, die 
Infektion begünstigen, aber nicht durch die Resorptionsbehinderung 
selbst, sondern hauptsächlich dadurch, dass dieselben Ursachen auch 
den nahen und ausgiebigen Kontakt der Infektionserreger mit dem 
Bauchfell aufheben und so die Einwirkung baktericider Kräfte des- 
selben behindern. Wurde die Peristaltik durch Opium gelähmt, was 
nach Schnitzler und Ewald die Resorption erheblich verzögert, 
so erfolgte regelmäßig auch mit sonst vertragenen kleinen Impfdosen 
Peritonitis. Die Hauptursache hierfür findet Redner in dem Umstand, 
dass durch die Aufhebung der Peristaltik die Vertheilung der Bak- 
terien auf die ganze Oberfläche des Peritoneums verhindert wird, 
welche zur ausgiebigen Entfaltung der baktericiden Kräfte noth- 
wendig ist. Wahrscheinlich wird auch die Sekretion der die bak- 
tericiden Körper enthaltenden serösen Flüssigkeit durch den Stillstand 
der Peristaltik ungünstig beeinflusst. 


— 107 — 


Beweisend dafür, dass die Resorption für den Infektionsschutz 
des Bauchfells sogar entbehrlich ist, sind die Experimente mit Aus- 
schaltung des Ductus thoracicus durch Ligatur desselben und 
der die Einmündung tragenden Venen. Der größere Theil dieser 
Thiere überstand die peritoneale Impfung eben so wie die 
Kontrollthiere. Für die verminderte Resistenz der an Peritonitis 
zu Grunde gegangenen ist neben der Aufhebung der raschen Re- 
sorption auch die allgemeine durch den Eingriff gesetzte Ernährungs- 
störung des Bauchfells, vor Allem die sicher zu erwartende Störung 
der Absonderung der serösen Flüssigkeit verantwortlich zu machen. 

Bei den verendeten Thieren fand sich eine schwere Vereiterung 
des ganzen Gebietes der Ligaturen, durch die hier aufgehaltene Be- 
sorption aus der Bauchhöhle hervorgerufen. Einige Versuchsthiere 
waren nur hierdurch zu Grunde gegangen in Folge chronisch ver- 
laufender Perikarditis und Pleuritis, während das Peritoneum gesund 
war, — ein besonders prägnanter Beweis für die große lokale Resistenz 
des letzteren. Durch die Ausschaltung des Ductus thoracicus wird 
zwer nicht die ganze Resorption aus der Bauchhöhle aufgehoben, 
daher die Thiere auch den Eingriff überstehen, wohl aber derjenige 
Theil derselben, der durch die von v. Recklinghausen gefundenen 
ohne Lymphdrüsenpassage in den Ductus thoracicus einmündenden 
Lymphwege des Zwerchfells als eine Art offener Kommunikation der 
Bauchhöhle mit dem Blutkreislauf anzusehen und für den gefundenen 
raschen Übergang korpuskulärer Elemente aus der Bauchhöhle ins 
Blut verantwortlich zu machen ist. Der Umstand, dass diese Re- 
sorption auf die relativ beschränkte Fläche der Stomata des Centrum 
tendineum begrenzt ist, spricht auch dagegen, dass sie ausgiebig 
genug ist, um alles infektiöse Material rasch genug aus der Bauch- 
höhle fortzuschaffen, wie es der Fall sein müsste, wenn hierin die 
Resistenz der letzteren begründet wäre. Vielmehr wird die Resistenz 
des Bauchfells bedingt 


1) Durch die baktericiden Eigenschaften der peri- 
tonealen serösen Flüssigkeit, die nach diesbezüglichen 
Experimenten höher zu sein scheint als die des Blutser ums. 


2) Durch die außerordentlich große Oberfläche des- 
selben, auf der unter normalen Verhältnissen die Bak- 
terien in ähnlicher Weise zu kleinsten Mengen vertheilt 
und der Einwirkung der Schutzkräfte des Körpers zugäng- 
lich gemacht werden, wie nach der Resorption durch das 
Blut in den Organen. 


3) Ist wohl gegenüber Gewebswunden hier als allgemeine Regel 
zu betonen, dass ein intaktes Gewebe — und das ist doch das Peri- 
toneum zum größten Theil auch selbst nach einer Laparotomiewunde 
— auch von der Zartheit einer serösen Haut den Bakterien einen 
ungünstigeren Angriffs- und Ansiedelungspunkt bietet, als irgend wie 
traumatisch veränderte Gewebe. 


E 


Dass gegenüber einer reichlicheren Impfung so wie einer 
einmal eingetretenen Vermehrung von Infektionserregern diese Resi- 
stenz des Peritoneums aber so rasch vollkommen erlischt, ist aus der 
durch die Toxinwirkung bedingten Veränderung des letzteren zu 
erklären, wie Versuche mit Impfungen toxinfreier und toxinreicher 
Kulturen, bezw. mit Zusatz sterilisirter Toxine zeigen. Das Peri- 
toneum reagirt offenbar trotz seiner hohen Schutzkraft gegen die 
Bakterien selbst auf die Stoffwechselprodukte derselben eben so 
empfindlich, wie bekanntermaßen auf alle anderen Reize chemischer, 
mechanischer und thermischer Natur. Wahrscheinlich ist auch ein 
Theil der verminderten Resistenz nach Ausschaltung des Ductus 
thoracicus auf die mangelnde Toxinresorption zurückzuführen. 

Die auch in der chirurgischen Praxis zu beobachtende Thatsache, 
dass auch kleine Mengen von Keimen, wenn sie nur virulent 
genug sind, die Resistenz des Peritoneums besiegen, beweist, dass 
auch bei aller Nothwendigkeit, bei Laparotomien durch die Technik 
die Bedingungen für eine Bakterienansiedelung möglichst ungünstig 
zu gestalten (Walthard), das Bestreben einer möglichst vollkom- 
menen Asepsis auch bei Laparotomien trotzdem die wichtigste 
Forderung bleibt. Die durch die Experimente bewiesene Gefähr- 
lichkeit des Stillstands der Peristaltik bei gleichzeitigem Vorhanden- 
sein sonst unschädlicher Mengen von Keimen in der Bauchhöhle 
ist für die Praxis bereits von Reichel betont worden. Versuche, 
durch Anregung der Peristaltik die Vertheilung der Keime zu be- 
schleunigen und die Resistenz des Bauchfells zu erhöhen, scheiterten 
an der zu großen allgemeinen Schwächung der Thiere durch die 
betreffenden Mittel. Zum Schluss erwähnt Redner, dass es in einer 
Anzahl von Versuchen glückte, Kaninchen, die nach Streptokokken- 
infektion an bei den Kontrollthieren tödlicher Peritonitis bereits 
erkrankt waren, durch Laparotomie und Abspülen des Peritoneums 
mit steriler Kochsalzlösung mit nachfolgender Naht der Bauchdecken 
zu retten, wenn nur die Manipulationen am Bauchfell auf das noth- 
wendigste eingeschränkt wurden. Wenn auch die Praxis am Men- 
schen diesen Versuchen längst mit Erfolg vorausgeeilt ist, so ist es 
doch eine bedeutsame Thatsache, dass auch die Thiere, welche auf 
derartige Infektionen in viel rapiderer Weise septhämisch re- 
agiren als der Mensch, durch einen Eingriff zu retten sind, der nur 
eine Verminderung der Infektionserreger erzielen kann, so 
dass der Thierkörper der übrig bleibenden Herr wird. Für das 
Peritoneum speciell kommt hierbei wahrscheinlich noch die Entfernung 
großer Mengen Toxine in Betracht. (Selbstbericht. 


— 109 —— 


42) Riedel (Jena). Über Peritonitis chronica non tuber- 
culosa und ihre Folgen: Verengerung des Darmes und Dis- 
lokation der rechten Niere. 


Im Peritoneum der Mesenterien wie der hinteren Bauchwand 
treten weiß glänzende Narben auf; sie bestehen aus jungem Binde- 
Seeche, Für gewöhnlich sind diese Narben zart und in flacher 
Schicht ausgebreitet; ausnahmsweise entwickelt sich aber auch ein 
dicker Rasen von jungem Bindegewebe, den man in 2 mm dicker 
Schicht abstreifen kann. Am häufigsten kommt das Leiden im 
Mesenterium des S romanum vor; dort führt es zu Annäherung der 
Fußpunkte der Darmschlinge, was seit langer Zeit bekannt und ge- 
würdigt ist. Die beiden Schenkel des S romanum können fast wie 
die Rohre einer Doppelflinte dicht neben einander liegen, wodurch 
die Neigung zu Achsendrehung entsteht. Bevor es aber zu letzterer 
kommt, verursacht die Annäherung der Schlingenschenkel als solche 
schon gelegentlich ileusartige Zustände, zuweilen sogar ausgesprochenen 
Deus. Dabei werden die Schenkel des S romanum erheblich dicker, 
man sieht große, in peristaltischer Bewegung befindliche Wulste, so 
dass man an Achsendrehung denkt; bei letzterer ist aber die Auf- 
treibung der Darmschlinge viel stärker, als bei der Narbenbildung 
im Mesenterium des S romanum, was für die Differentialdiagnose 
verwerthet werden kann. 

Durch den analogen Process können auch die Flexura lienalis, 
dessgleichen das Col. transv. und asc. stark geschlängelt werden; 
dadurch kommen einzelne Abschnitte der genannten Därme un- 
mittelbar an einander zu liegen, worauf sie verwachsen; dadurch 
kann erhebliche Koprostase hervorgerufen werden. Wenn am unte- 
ren Ende des Ileum Narben im Mesenterium entstehen, so schnurrt 
der Darm zusammen; da sich Koth dort anhäuft, so entsteht ein 
wurstförmiger Tumor, der als Intussusceptum gedeutet werden kann. 

Im Mesenterium des übrigen Dünndarms sind narbige Verände- 
zungen seltener; sie kommen aber auch dort vor und schaffen die 
Prädisposition zu Achsendrehungen an atypischer Stelle. 

Entwickelt sich der chronisch entzündliche Process im Peri- 
toneum der hinteren Bauchwand rechterseits, so kann er zu erheb- 
licher Dislokation der rechten Niere führen; sie wird nach der 
Mittellinie zu verzogen, erscheint als stark fixirter Tumor in der 
Gegend der Gallenblase, während gleichzeitig das Duodenum nach 
links verzerrt wird. Es treten meist genau die gleichen Erscheinungen 
auf, wie bei der akuten Gallenblasenentzündung (Auftreibung des 
Leibes, Erbrechen, heftige Schmerzen). In 2 Fällen bestand sogar 
Ikterus bedingt durch Zug am Duodenum mit nachfolgender Ver- 
legung des Ductus choledochus; einer dieser Kranken hatte Icterus 
gravis, aber keine Schmerzen; alle übrigen (5) hatten Beschwerden, 
die mit Gallensteinkoliken übereinstimmten. 


— 110 — 


Kranke mit dislocirter Niere bedürfen unbedingt operativer Be- 
handlung (Lösung der Verwachsungen, Festlegung der Niere unter- 
halb des Zwerchfells. Individuen mit ausgedehnten Narben in den 
Mesenterien resp. mit Verwachsungen der Darmschlingen wird man, 
so lange ileusartige Erscheinungen bestehen, besser nicht operiren, 
sondern mit hohen Eingießungen behandeln, weil es misslich ist, 
bei prall gespannten, durch Kothstauung mehr oder weniger ent- 
zündlich gereizten Darmschlingen die Narben zu lösen, zumal aus- 
gesprochene Neigung zu Wiederverwachsung existirt. Erst wenn die 
Koprostase beseitigt ist, kommt die Operation in Frage, doch ist 
auch dann die Prognose derselben keine günstige, weil es sich 
meistens um flächenhafte Verwachsungen mit erheblicher Neigung 
zu Recidiven handelt. (Selbstbericht.) 


43) Poppert (Gießen) berichtet über einen Fall von Pistolen- 
schussverletzung des Darmes, bei dem er genöthigt war, 5 Darm- 
resektionen vorzunehmen. Bei dem Verletzten, der 4 Stunden 
nach der Verwundung zur Operation kam, fanden sich 12 Perfora- 
tionen im Dünndarm, außerdem bestand eine hochgradige Anämie, 
die, wie sich später ergab, auf eine Verletzung zahlreicher mittel- 
starker Mesenterialgefäße zurückzuführen war. Da die Perforationen 
entsprechend dem Geschosskaliber von 10!/, mm einen sehr großen 
Durchmesser hatten, konnte von einem einfachen Verschluss der 
Löcher durch eine Lembert’sche Nahtreihe keine Rede sein, und 
blieb nur die Darmresektion übrig. Ungünstigerweise aber lagen 
die von der Kugel getroffenen Stellen so weit von einander entfernt, 
dass man genöthigt gewesen wäre, nahezu den ganzen Dünndarm zu 
zeseciren, wenn man etwa versucht hätte, mit nur einer oder zwei 
Resektionen auszukommen. Unter diesen Umständen blieb keine 
andere Wahl, als 5 mehr oder weniger lange Darmstücke heraus- 
zuschneiden. 

Um die Operation möglichst abzukürzen, wurde die fortlaufende 
Naht benutzt; die beiden ersten Resektionen wurden 2reihig, die 
3 übrigen nur lreihig genäht. Zur Bekämpfung der Anämie war 
gleichzeitig die Ausführung einer intravenösen Transfusion von 
1 Liter Kochsalzlösung erforderlich. Der Eingriff am Darm war 
ohne Narkose vorgenommen worden, was auch möglich war, ohne 
dass der Verwundete lebhaftere Schmerzen empfunden hätte. Die 
Ausführung der Darmresektionen hatte nur wenig über 1 Stunde 
gedauert. 


Trotz der ungünstigen Prognose trat völlige Genesung ein. 
(Selbstbericht.) 


Diskussion: Karg (Zwickau): Zwei Fälle von perforiren- 
den Bauchschüssen. 

Der Vortr. stellt 2 Fälle von perforirenden Bauchschüssen schwer- 
ster Art vor, die durch Laparotomie geheilt wurden. 


— 11 — 


Fall I. 16jähriger Schlosserlehrling wird beim Spielen mit einem 
Revolver von seinem Kameraden aus unmittelbarer Nähe in den 
Bauch geschossen. Sofort Transport in das Krankenhaus. Rechts 
und etwas unterhalb des Nabels Einschussöffnung. Laparotomie 
4 Stunden nach der Verletzung. Eine Darmschlinge musste wegen 
hochgradiger Zerreißung resecirt werden. Bei sorgsamem Absuchen 
des Darmes fanden sich 14 Löcher an den verschiedensten Stellen 
des Dünndarms, die mit Lembert’schen Nähten geschlossen wurden. 
In der Bauchhöhle reichlich ausgetretener Darminhalt. Die Bauch- 
höhle wird mit steriler Kochsalzlösung gereinigt. Reposition der 
Därme, Naht der Bauchdecken bis auf den unteren Winkel, durch 
den ein Jodoformgazestreifen in die Bauchhöhle geleitet wird. Re- 
aktionslose Heilung. 


Fall II. 28jähriger Mann, der von einem Monomanen, dem er 
den Revolver entreißen will, in den Bauch geschossen wird. 3 Stun- 
den nach der Verletzung Laparotomie. Einschussöffnung in der 
Mittellinie, handbreit unter dem Nabel. 9 Löcher im Dünn- und 
Dickdarm. In der Bauchhöhle flüssige und geformte Kothmassen. 
Naht der verletzten Darmschlingen, Reinigung der Bauchhöhle wie 
oben. Drainage. 

Heilung mit länger dauernder Eiterung aus dem unteren Wund- 
winkel. . 

Beide Fälle kamen in verhältnismäßig kurzer Zeit nach der er- 
littenen Verletzung zur Operation. Antiseptische Flüssigkeiten wur- 
den zur Reinigung der Bauchhöhle streng vermieden. Die Fälle 
lehren, dass auch bei den Bauchschüssen schwerster Art durch 
aktives Vorgehen Erfolg erzielt werden kann. (Selbstbericht.) 


Zeller (Berlin) berichtet über 2 Fälle von mehrfachen Darm- 
verletzungen durch Bauchschuss, die er als Assistent des Herrn 
Prof. Sonnenburg operirt und geheilt hat!. 

Der erste Pat., ein ca. 45jähriger Mann, wurde im Oktober 
1894 operirt. Er hatte sich mit einem 7 mm-Revolver unterhalb 
des linken Rippenbogens in den Bauch geschossen. Er bot nach 
seiner Aufnahme, die ca. 1 Stunde nach dem Schuss erfolgte, an- 
fänglich nur geringe Symptome einer Darmverletzung. Nach einiger 
Zeit erst stellte sich Erbrechen galliger Massen und Meteorismus 
ein. Der Puls wurde schlechter, kleiner und frequenter. 

Nunmehr, ca. 41, Stunden nach der Verletzung, wurde der 
Bauchschnitt gemacht. Die Bauchhöhle war mit kothig riechenden: 
Blut gefüllt, die Serosa fast sämmtlicher Darmschlingen stark in- 
jieirt, stellenweise fibrinös belegt. Es fanden sich mehrere Löcher 
im Netz und Mesenterium, aus denen es stark blutete, und von denen 
eins unmittelbar am Darm saß. Hier lag ein Kontourschuss ohne 


1) Beide Pat. sind früher durch Herrn Prof. Sonnenburg der freien Vereini- 
gung der Chirurgen Berlins vorgestellt. 


er A Ze 


Eröffnung des Darmes vor. Außerdem fanden sich 2 Löcher im 
Quercolon und 2 Löcher im Dünndarm, unter letzteren eins stark 
zerrissen mit Schleimhautvorfall. Sämmtliche Löcher wurden quer 
zur Längsachse des Darmes sorgfältig vernäht, die Bauchhöhle steril 
ausgetupft und geschlossen. 

Die Heilung war durch heftiges Delirium — Pat. war Potator 
— und starke Bronchitis gestört. Aus diesem Grunde wohl platzte 
nach 12 Tagen die Bauchwunde wieder auf, hielt dann aber unter 
Matratzennähten ganz gut. Pat. hat keine Beschwerden, aber einen 
Bauchbruch. 

Derartige Verletzungen durch Geschosse von ziemlich kleinem 
Kaliber gelten als verhältnismäßig ungefährlich, doch zeigte der 
Operationsbefund, namentlich die Erscheinungen der schon begin- 
nenden Peritonitis, dass die Operation durchaus indicirt und ver- 
muthlich lebensrettend gewesen ist. 

Ungleich schwerer lag der 2. Fall: ein Student hatte am 7. Juli 
1895 früh 5 Uhr im Duell mit Dreyse’scher Hinterladerpistole von 
10 mm Kaliber einen Schuss quer durch die untere Bauchhälfte 
bekommen. — Schwerer Collaps, jedoch ohne Verlust des Bewusst- 
seins, furchtbarer innerer Schmerz im Leibe, Emphysem in der Nähe 
der Einschussöffnung, leichte Dämpfung in den abhängigen Partien 
des Leibes. Geringer Meteorismus, starke Druckempfindlichkeit. 
Urin frei von Blut. Erbrechen galliger Massen. 

Laparotomie unter leichter Äthernarkose 1%, Stunde nach 
dem Schuss: in der Bauchhöhle sehr viel Blut mit Koth gemischt. 
Serosa stark injieirt, in der Nähe der Verletzungen fibrinös belegt, 
stark blutende Löcher im Mesenterium, 11 Löcher im Dünndarm, 
fast sämmtlich mit stark zerrissenen Rändern und Schleimhautvor- 
fell. Sie alle wurden quer zur Längsachse des Darmes sorgfältig 
durch Lembert’sche Nähte verschlossen. Die Bauchhöhle wurde 
trocken mit sterilen Tupfern ausgetupft und durch Naht geschlossen. 

Nach 3 Wochen war Pat. völlig geheilt. Er hat keine Be- 
schwerden. — 

Bauchschüsse, namentlich solche durch Geschosse von größerem 
Kaliber oder von erheblicher Durchschlagskraft, soll man möglichst 
früh operiren, allerdings erst, nachdem der unmittelbare Collaps 
nach der Verletzung (Pulslosigkeit im 2. Falle) vorüber ist. 

In Anbetracht dieses schweren Collapses, den solche Ver- 
letzungen hervorrufen, ist ein ganz systematisches, möglichst scho- 
nendes Vorgehen beim Aufsuchen der Löcher äußerst wichtig. 

Stücke zu reseciren, hat Redner nicht für nöthig gehalten, ob- 
wohl 4 besonders zerrissene Verletzungen so dicht zusammensaßen, 
dass nach der Naht nur eine kaum 3/, cm breite Brücke normalen 
Darmes zwischen den Nahtlinien blieb. Da aber diese Brücke gut 
xosig gefärbt blieb, hat er auch dieses Stück unbedenklich reponirt. 

Drainirt hat er gar nicht. (Selbstbericht.) 


— 113} -— 


Bessel-Hagen (Charlottenburg) hat einen Fall, in dem auf ein 
Dünndarmstück von 30 cm Länge 11 Perforationen kamen, mit Re- 
sektion der zerschossenen Schlinge behandelt. Tod später an Lungen- 
gangrän. S Hofmeister (Tübingen). 


44) Krönlein (Zürich). Über die bisherigen Erfahrungen 

bei der radikalen Operation des Magencarcinoms (Magen- 

resektion und Magenexstirpation) an der chirurgischen Klinik 
in Zürich. 


K. macht zunächst Mittheilung über den weiteren Verlauf jenes 
Falles von Magencarcinom, bei welchem Dr. med. C. Schlatter, 
Sekundärarzt der chirurgischen Klinik, im vergangenen Jahre die 
totale Magenexstirpation mit nachfolgender Ösophago-En- 
terostomie ausgeführt hat. (Ref. s. d. Bl. 1898 p. 204.) 

Dr. Schlatter hat seine Beobachtung und Operation, die als 
durchaus neu bezeichnet werden muss, im Korrespondenzblatt für 
schweizer Ärzte (1897) und ferner in den Beiträgen zur klinischen 
Chirurgie Bd. XIX 1897 beschrieben, und es darf daher das Detail 
der Operationstechnik und des Heilungsverlaufs als bekannt voraus- 
gesetzt werden. 

Hier sei nur erwähnt, dass die Pat. 56 Jahre alt war, als sie 
von Dr. Schlatter am 6. September 1897 operirt wurde, und dass 
sie sich laut Schlatter’s Originalberichten im November 1897 noch 
vollständig wohl befand. 

Seither ist der Verlauf folgender gewesen: 

Die völlig »magenlose« Pat. befindet sich gegenwärtig, d. h. 
7 Monate nach der Operation, vollständig gesund und bietet das 
Bild eines gut konservirten Menschen von 57 Jahren, wie aus der 
letzte Woche noch aufgenommenen Photographie zu entnehmen ist. 
Sie weilt zwar noch in der Klinik, aber so zu sagen nur als Ehren- 
gast, weil sie die Freundlichkeit hatte, den Wunsch des Operateurs, 
ihr Leben durch eine neue Operation zu retten, zu erfüllen. Sie 
fühlt sich durchaus wohl und ist ohne jede Erinnerung an ihr früheres 
Leiden. Sie isst und trinkt wie ein Gesunder. Beispielsweise sei 
ihr Speisezettel vom 2. April 1898, den sie vollständig erschöpfte, 
hier angeführt: 

7 Uhr: Frühstück: Milch-Kaffe 340,0 g und 1—2 Semmeln. 

10 Uhr: Vormittags: Milch 320,0 g mit 1 Ei und 1 Semmel. 

12 Uhr: Mittagsessen: Suppe 260,0 g, Fleisch 120,0 g, Kar- 
toffeln 220,0 g, Apfelmus 400,0 g. 

3 Uhr: Nachmittags: Milch-Kaffe 420,0 g und 1 Semmel. 

6 Uhr: Abends: Milch 320,0 g. 

Außerdem trinkt Pat. täglich 1 Glas Bordeaux-Wein. 

Was ihr Körpergewicht betrifft, so hatte Pat. seit der Opera- 
tion bis Anfang Oktober 1897 um 2 kg zugenommen. Von da ab 
bis heute ist eine weitere Zunahme des Körpergewichts um 4,5 kg 

Chirargen-Kongress 1898. 8 


— 114 — 


erfolgt, so dass also die Operirte von Anfang September 1897 
bis Anfang April 1898 im Ganzen um 6,5 kg oder 13 Pfund 
zugenommen hat. 

Das Interesse an diesem gewiss ungewöhnlichen Falle ist damit 
natürlich noch nicht erschöpft. Denn es ist wissenschaftlich vom 
höchsten Werthe, zu untersuchen, wie bei einem Menschen ohne 
Magen das Verdauungsgeschäft auf die Dauer sich vollzieht. — 
Gerade diese physiologische Frage ist nun in der Klinik eingehender 
untersucht worden, und verweist Redner auf 2 Arbeiten, welche 
demnächst darüber erscheinen werden. Hier giebt er nur ein kurzes - 
Résumé aus einer dieser Arbeiten, welches er dem Autor direkt ver- 
dankt; es lautet: 

»Die Ergebnisse der Untersuchungen, die ausführlicher und mit 
Zahlenbelegen voraussichtlich noch im Laufe des April in der 
»Münchener med. Wochenschrift« veröffentlicht werden, lassen sich 
in kurzen Worten dahin zusammenfassen: 


»Der Koth zeigte stets normale Beschaffenheit und passirte in 
11/—2 Tagen den Darmkanal. Der Ausfall der Magenverdauung, 
von dem nur bezüglich der Ausnutzung der Eiweißkörper der 
Nahrung eine erheblichere Schädigung erwartet werden konnte, war 
ohne Belang. In einer 6tägigen Versuchsreihe mit ausschließlicher 
Milch- und Semmelkost, und einer späteren 9tägigen mit gemischter 
Kost (Suppe, Milch, Wurst, Griesbrei, Semmel) war die Ausnutzung 
der Albuminstoffe eine vorzügliche und entsprach voll- 
kommen normalen Verhältnissen. — Auch die Fettresorption 
in der 2. Versuchsreihe war die normale. In der 1. Versuchsreihe 
kam es noch nicht zum Stickstoffgleichgewicht, sondern täglich wurden 
kleine Mengen N zurückgehalten, ohne dass es zu einer dauernden 
Gewichtszunahme kam. Das Körpergewicht hielt sich nach anfäng- 
licher rascher Steigerung um ca. 9 Pfund in letzter Zeit aufannähernd 
derselben Höhe. Die Stickstoffretention deutet daher auf eine Re- 
generation des Bluts und ist als eine Vermehrung des cirkulirenden 
Eiweißes im Blutplasma zu betrachten, worauf auch die tägliche 
NaClI-Retention im Organismus hinweist. 

Eine 15tägige Versuchsreihe zeigte, dass eine Beeinflussung der 
Darmfäulnis durch den HCl-haltigen Magensaft nicht stattfand, 
da die gefundenen Werthe der Äther-Schwefelsäuren meist noch unter 
der Norm lagen. 

Die physiologischen Aciditätsschwankungen des normalen Harns 
zu verschiedenen Tageszeiten fehlten. 

Pepsinferment fehlte im Harn. —« 

Nach Mittheilung über diesen Schlatter’schen Fall von totaler 
Magenexstirpation giebt K. noch einen kurzen Überblick über die 
bis jetzt in seiner Klinik gemachten Erfahrungen über Magenresektion 
wegen Carcinom. 

Aus der mitgetheilten Tabelle ergiebt sich: 


— 115 — 


Von den 21 Fällen von Magenresektion resp. Magen- 
exstirpation, wegen Carcinom ausgeführt, starben 5 Fälle 
an den Folgen der Operation (1—14 Tage p. op.). 

Die 5 Todesfälle vertheilen sich aber sehr ungleich auf die 
Anfangs- und späteren Operationen, so zwar, dass von den ersten 
4 Magenresecirten 3 starben (1881—1888), von den folgenden 
17 dagegen nur 2 (1888—1898). 

Das weitere Schicksal der 16 geheilten Operationsfälle ist 
folgendes: 

2 Fälle starben an interkurrenten Krankheiten (Herz- 
paralyse, Pneumonie) innerhalb des 1. bis 4. Monats p. op. ohne 
Recidiv. 

8 Fälle starben an Carcinomrecidiv, und zwar: 

2 im 3. Jahre p. o. 
4im2 > po. 
2imi. » po. N 

Das Mittel der Lebensdauer bei allen 8 an Recidiv Ge- 
storbenen betrug von der Operation bis zum Tode: 

507 Tage oder ca. 1 Jahr 5 Monate. 

6 Fälle leben zur Zeit (April 1898) ohne Recidiv. 

2 >» starben im 4. Jahre p. op. 

4 > > im 1. Jahre p. op. 

Was die totale Magenexstirpation von Dr. Schlatter be- 
trifft, so erfreut sich, wie die obigen Mittheilungen ergeben, Pat. bis 
jetzt einer ungetrübten Gesundheit. — 

Mit kurzen Worten geht K. dann noch über auf die Technik 
der Operation, wobei er gegenüber der von Mikulicz empfohlenen 
Mundbinde und Handschuhen eine ablehnende Stellung einnimmt. 

(Selbstbericht.) 


45) Schuchard (Stettin). Über die Regeneration des Magens 
nach fast totaler Magenexstirpation. 


In der Mehrzahl der Fälle von Magenkrebs, die zur operativen 
Badikalbehandlung kommen, handelt es sich um diejenige Form des 
Schleimhautkrebses, wo die Ulceration und der Zerfall überwiegt, 
und an der freien inneren Fläche verhältnismäßig keine erhebliche 
Geschwulst entsteht, wohl aber eine krebsige Infiltration der Magen- 
wand, die sich weit über die Grenzen des Geschwürs und in die 
Nachbarschaft erstrecken kann. Diese Form des Magenkrebses führt 
frühzeitig zu Drüsenschwellungen und krebsigen Verwachsungen der 
Umgebung und lässt sich daher nur im Anfangsstadium, etwa bis 
zu einem halben Jahre nach dem Beginn des Leidens, noch radikal 
operiren. Hat das Krebsgeschwür bereits einen solchen Umfang er- 
reicht, dass man genöthigt sein würde, mehr als die Hälfte, aber 
höchstens zwei Drittel des Magens zu entfernen, so sind gewöhnlich 

8r 


— 116 —— 


die übrigen technischen Bedingungen so ungünstig, dass die Operation 
nicht mehr ausführbar ist. Dagegen giebt es eine mehr infiltrirende 
diffuse Form des Magenkrebses, die mit verhältnismäßig ge- 
ringer innerer Ulceration der Schleimhaut, jedoch mit ausgebreiteter 
starrer, oft knotiger Verdickung der ganzen Magenwand und ge- 
wöhnlich mit beträchtlicher Schrumpfung des Magens einhergeht. 
Solche Fälle zeichnen sich nicht selten dadurch aus, dass selbst 
nach längerem Bestande des Leidens zwar Ascites, aber nur geringe 
Drüsenschwellungen eintreten, und die Beweglichkeit des stark ver- 
kleinerten Magens nicht leidet, im Gegentheil durch den mechani- 
schen Zug des verdickten und schwerer gewordenen Organs oft 
erheblich größer wird als normal. Ähnliche Verhältnisse bieten 
auch diejenigen Formen des Magenkrebses dar, bei denen es sich 
um umfangreiche Geschwulstbildungen handelt, die, an schmalem 
Stiele oder breitbasig von der Schleimhaut entspringend, als blumen- 
kohlähnliche oder kuglige Gewächse in das Innere des Magens 
hineinreichen. Klinisch zeichnen sich diese Formen oft durch eine 
sehr große Beweglichkeit der fühlbaren Geschwulst aus, die sich von 
einer Seite des Bauches leicht auf die andere schieben lässt. Während 
die Exstirpation selbst kleinerer Krebsgeschwüre der ersten Kategorie, 
namentlich wenn sie an der hinteren Magenwand sitzen, oft die 
größten technischen Schwierigkeiten darbieten, lässt sich bei den 
zuletzt geschilderten Formen des Magenkrebses der größte Theil des 
Magens, ja selbst das ganze Organ zuweilen mit großer Leichtigkeit 
entfernen. Unter etwa 60 Operationen, die S. in den letzten Jahren 
an krebsigen Magen: auszuführen Gelegenheit hatte, hat er so 
günstige Verhältnisse freilich nur etwa 5mal angetroffen, am aus- 
gebildetsten in einem Falle, dessen Präparate vorgelegt werden. 
58jähriger, sehr kachektischer Mann mit Ascites und Ödemen. Bei 
der am 8. Februar 1895 ausgeführten Operation wird ein Theil des 
Duodenum, das krebsig infiltrirte Netz und der ganze Magen bis 
auf einen 2—3 querfingerbreiten Stumpf an der Cardia entfernt. Der 
Stumpf lässt sich bequem mit dem Duodenum vereinigen. Glatter 
Verlauf. Pat. erholt sich und verrichtet 2 Jahre lang in voller 
Gesundheit seinen Dienst als Steuerbeamter. Anfangs konnte er nur 
ganz kleine Portionen auf einmal genießen, allmählich jedoch 
an allen Mahlzeiten in seiner Familie wie ein Gesunder theilneh- 
men. Nach 21/, Jahren fing Pat. unter Lungenerscheinungen und 
Pleuritis an zu kränkeln und starb im September 1897. Sektion: 
Kleine Lungenmetastasen. Aus dem zurückgelassenen Cardiastumpf 
und dem Duodenum hat sich ein neuer magenähnlicher Blindsack 
von 500 g Kapacität gebildet. Ein örtliches Recidiv war nicht 
eingetreten. (Selbstbericht.) 


— 17 — 


46) Steudel (Heidelberg). Die neueren Magenoperationen in 
der Czerny’schen Klinik und die bisherigen Dauererfolge. 


Eine Tabelle von sämmtlichen Magenoperationen (ausgenommen 
Gastrostomie), welche an der Czerny’schen Klinik bis Ende 1897 
ausgeführt wurden, umfasst 192 Operationen mit 55 Todesfällen oder 
29% Mortalität, bei welcher alle in den ersten 30 Tagen nach der 
Operation Gestorbenen mit gerechnet sind. Anfangs betrug die 
Mortalität 45%, im Jahre 1897 noch 16%. Relativ am meisten hat 
die Zahl der Gastroenterostomien zugenommen, besonders seit die 
Einführung des Murphyknopfes eine weitere Ausdehnung dieser 
Operation zur Folge gehabt hat. 

In den letzten Jahren versuchte Geheimrath Czerny bei Magen- 
operationen, bei welchen der Allgemeinzustand eine Pylorusresektion 
nicht gestattete, zweizeitig zu operiren, zuerst die Gastroenterostomie 
und nach einigen Wochen die Pylorektomie zu machen. Die Aus- 
führung scheiterte daran, dass die Kranken in der Regel sich zu der 
2. Operation nicht oder zu spät bereit erklärten. 

Der älteste Carcinomfall lebt 7 Jahre nach der Pylorektomie, ein 
anderer 21 Jahre, ein Fall von Pylorektomie bei gutartiger Stenose 
lebt 15 Jahre und eine Keilresektion des Magens bei Sarkom 8 Jahre 
nach der Operation. 

Die Pyloroplastik wurde wegen schlechter |Dauerresultate seit 
Anfang des Jahres 1896 nicht mehr ausgeführt. 

Bei der Gastroenterostomie hat sich der Murphyknopf gut be- 
währt; seit Juni 1896 fand er ausschließliche Verwendung. 53 Gastro- 
enterostomien mit Murphyknopf gaben eine Mortalität von 24,5, die 
57 mit Naht ausgeführten 36,8%. Nennenswerthe Störungen durch 
den Knopf wurden nie beobachtet. . 

Auffallend ist, dass eine wenn auch kleine Zahl von Fällen, bei 
denen die klinische Diagnose Carcinom bei der Operation anscheinend 
Bestätigung fand, nach der Gastroenterostomie noch sehr lange leben. 
Aus der Czerny’schen Klinik sind 4 solche Fälle 2!/,, 4, 5 und 
5!/3 Jahre nach der Operation noch bei gutem Befinden. 

In einem Falle von Spornbildung nach Gastroenterostomie hat 
Geheimrath Czerny eine Enteroplastik analog der Pyloroplastik aus- 
geführt, und als diese kein gutes Dauerresultat ergab, wurde noch in 
dem Winkel, welchen der abführende Jejunumschenkel mit dem 
Magen bildet, eine Plastik zur Erweiterung dieses Darmtheils aus- 
geführt, die Gastroenteroplastik. Diese Operation hat in 2 Fällen 
einen guten Erfolg gehabt. (Selbstbericht.) 


E TC 


47) Mikulicz (Breslau). Beiträge zur Technik der Operation 
des Magencarcinoms. 


Die Enderfolge der Operation des Magencarcinoms lassen, wenn 
auch eine stattliche Zahl von dauernd geheilten Fällen bekannt ist, 
doch noch viel zu wünschen übrig, namentlich wenn man sie mit 
den stetig besser werdenden Resultaten bei anderer Lokalisation des 
Carcinoms, besonders bei Brust- und Gebärmutterkrebs vergleicht. 
Gleich wie bei diesen Carcinomformen durch Verbesserung der 
Technik und eingehendes Studium der Verbreitungswege des 
Carcinoms die anfänglich auch mäßigen Erfolge sich stetig ver- 
bessert haben, so ist nach M.’s Überzeugung auch bei Magencarcinom 
ein Fortschritt auf diesem Wege zu erwarten. Man beschuldigt in 
der Regel den innern Arzt, dass er die Fälle zu spät dem Chirurgen 
zur Operation überweise; das ist zum Theil wenigstens nicht richtig. 
In den meisten Fällen kommt der Kranke selbst zu spät zum Arzt, 
weil sehr häufig das Magencarcinom erst spät schwerere Störungen 
verursacht. Wenn wir somit dem Magencarcinom radikaler beikom- 
men wollen, so müssen wir nicht allein bestrebt sein, in den günstig 
gelegenen Fällen die Operation technisch zu verbessern, sondern auch 
in den vorgeschrittenen an Stelle der Gastroenterostomie eine aus- 
gedehnte Resektion und selbst die Totalexstirpation des Magens zu 
setzen. Wie weit wir hier werden gehen können, kann erst durch 
ausgedehnte Erfahrungen festgestellt werden. M.’s eigene Erfahrungen, 
so wie die anderer Operateure, namentlich von Schuchard und 
Schlatter, lassen es jedenfalls als berechtigt erscheinen, hier weiter 
zu gehen, als bisher fast allgemein gethan wurde. 

Für die ganze Frage ist es von größter Wichtigkeit, die Ver- 
breitungswege desMagencarcinoms genau zu studiren. Nach 
M. verbreitet sich das Magencarcinom im Wesentlichen auf 4 Wegen: 
1) Kontinuirlich in der Magenwand selbst. 2) Durch die größeren 
Lymphbahnen undLymphdrüsen außerhalb derMagenwand. 3) Trans- 
peritoneal, das ist durch Vermittlung des vom Carcinom ergriffenen 
Peritoneums auf benachbarte und entferntere Abschnitte desselben und 
die von ihm eingeschlossenen Organe. 4) Auf dem Wege der Blut- 
bahn durch Bildung von Metastasen in entfernteren Organen. 

Die Verbreitungswege 3 und 4 haben für den Chirurgen nur 
in so fern eine Bedeutung, als sie in den meisten Fällen eine Kontra- 
indikation gegen die Radikaloperation abgeben werden. Bei ausge- 
sprochener Carcinose des Peritoneums mit Ascites, bei nachgewiesenen 
Metastasen in der Leber oder anderen Organen werden wir uns beim 
Magencarcinom — falls eine Stenose des Pylorus vorliegt — nach 
wie vor auf die Gastroenterostomie zu beschränken haben. 

Von ungleich größerer praktischer Bedeutung sind die Verbrei- 
tungswege 1 und 2. Was die Verbreitung in der Kontinuität 
der Magenwand betrifft, so ist M. überzeugt, dass wir dieselbe bis- 
her zu wenig berücksichtigt haben, d. i., dass in der Regel zu wenig von 


— 119 — 


der Magenwand resecirt worden ist. Das geht schon daraus hervor, 
dass ein großer Theil der Recidive nach der Magenresektion in der 
Magenwand selbst auftritt. Bei der Verbreitung des Carcinoms in 
der Kontinuität verhalten sich die Mucosa und die Submucosa sammt 
Muscularis wesentlich verschieden. In der Mucosa schreitet das 
Carcinom langsam gleichmäßig weiter, ohne in den makroskopisch 
unverändert erscheinenden Partien Veränderungen zu setzen. An- 
ders dagegen in der Muscularis und Submucosa. Hier werden Car- 
cinomkeime weithin über die makroskopisch sichtbaren Grenzen des 
Tumors verschleppt; hier kommt es auch in beträchtlicher Entfer- 
nung, selbst viele Centimenter vom Haupttumor entfernt zur sprung- 
weisen Entwicklung von kleinen Carcinomherden, die zunächst 
lateral in der Submucosa liegen und später erst von der Tiefe her 
die Schleimhaut in Form von linsen- bis erbsengroßen Knötchen 
vorwölben. Von größter Bedeutung ist dabei der Umstand, dass sich 
das Magencarcinom fast ausnahmslos nur in der Richtung gegen die 
Cardia zu ausbreitet, während es gegen das Duodenum zu am Py- 
lorusring Halt macht. Man findet wohl häufig eine transperitoneale 
Infektion des Duodenum, dagegen kaum je eine Ausbreitung in 
der Kontinuität der Duodenalwand. 

Die praktische Schlussfolgerung daraus ist, dass wir bei der Re- 
sektion des Magencarcinoms uns damit begnügen können, vom Duo- 
denom einen 5—10 mm breiten Saum gesund aussehender Wand 
fortzunehmen, während wir beim Magen eben so viel Centimeter 
gesund aussehender Magenwand reseciren sollen. Bei Carcinomen 
der kleinen Curvatur, die bis in die Nähe der Cardia reichen, wird 
meist, wenn überhaupt radikal operirt werden soll, die totale Resek- 
tion des Magens in Frage kommen. 

M. weist übrigens darauf hin, dass man in Bezug auf die Ver- 
breitung in der Kontinuität verschiedene Carcinomformen unter- 
scheiden muss. Die günstigste, offenbar überaus seltene Form ist 
das breitbasig aufsitzende, scharf begrenzte, nur von der Mucosa 
ausgehende Carcinom, das in das Lumen des Magens vorspringt, 
ohne jedoch eine Schrumpfung der Magenwand selbst herbeizuführen. 
(Ein typischer Fall dieser Art ist der von Schuchard. In der 
Sammlung des Breslauer Pathologischen Instituts konnte M. nur 
einen Fall dieser Art finden.) Bei dieser seltenen Form des Carci- 
noms wird es meist genügen, auch gegen die Cardia zu einen 1 bis 
2 cm breiten Saum gesunder Magenschleimhaut mit zu entfernen. 
Diese Fälle sind prognostisch ungleich günstiger als die anderen. 
Denselben steht als Extrem jene Form gegenüber, bei welcher von 
vorn herein die Magenwand, namentlich die Submucosa und Muscu- 
laris, diffus infiltrirt ist. Liegt der Tumor im Bereich des Pylorus 
und setzt er eine schwere Stenose, die die Erkrankung alsbald ver- 
räth, so wird der Chirurg durch eine ausgiebige Resektion vielleicht 
noch einen radikalen Erfolg erzielen können. Wird der Pylorus 
dagegen erst spät und sekundär in Mitleidenschaft gezogen, so kommt 


— 12 — 


der Chirurg wohl meist zu spät. Diese Fälle geben somit von vorn 
herein eine äußerst böse Prognose. Zwischen diesen beiden Ex- 
tremen liegen die Übergangsformen, denen die große Mehrzahl der 
Magencarcinome anzugehören scheint. 

Von eben so großer Bedeutung ist für den Chirurgen selbst- 
verständlich auch die Ausbreitung des Magencarcinoms durch 
die Lymphbahnen. M. unterscheidet unter Bezugnahme auf den 
Sappey’schen Atlas 4 Hauptzüge von Lymphgefäßen und Lymph- 
drüsen, die vom Magen ausgehen. 

a. Die Drüsen der kleinen Curvatur; diese bilden eine dichte 
Gruppe, die vom Pylorus bis zur Cardia heraufzieht; man findet sie 
fast in jedem Falle von Magencarcinom schon infiltrirt. Ohne 
Zweifel spielen sie bei der Weiterverbreitung des Magencarcinoms 
eine Hauptrolle. M. exstirpirt desshalb principiell alle an der 
kleinen Curvatur bis ans Zwerchfell herauf palpirbaren Lymphdrüsen. 

b. Die Drüsen der großen Curvatur. Sie sind nur in spärlicher 
Zahl vorhanden, am reichlichsten in der Pylorusgegend; gegen den 
Fundus zu findet man sie nur ganz vereinzelt. 

c. Die Drüsen des Ligamentum gastro-colicum. Diese sind eben 
so wenig zu übersehen wie die sub b. genannten; sie bieten auch 
der Exstirpation keine Schwierigkeit, wenn sie nicht bis dicht an 
das Colon heranreichen und zu Verwachsungen mit dem Mesocolon 
führen. Dann kann es leicht geschehen, dass die Arteria colica 
media unterbunden wird, was bekanntlich zur Gangrän des Quer- 
colons führt und die Resektion dieses Darmabschnittes nothwendig 
macht. 

d. Die größten technischen Schwierigkeiten bieten dem Chirurgen 
zweifellos die pankreatischen Lymphdrüsen, die, hinter dem Pylorus 
gelegen, dem Pankreas dicht anliegen, zum Theil auch in dasselbe 
eingebettet sind und sich in manchen Fällen bis an die Porta hepatis 
hin erstrecken. Die gründliche Ausrottung dieser Drüsen kann häufig 
nur so geschehen, dass man Theile des Pankreas mit resecirt, wobei 
die durch das Pankreas verlaufenden Gefäße und anderweitigen Ge- 
bilde leicht Verletzungen ausgesetzt sind. So hat M. einmal die 
Arteria lienalis unterbunden, ohne nachtheilige Folgen zu beobachten. 
In einem anderen Falle wurde der einer Lymphdrüse adhärente und 
stark verzogene Ductus choledochus für ein Blutgefäß gehalten und 
unterbunden. M. demonstrirt an einer nach der Natur gezeichneten 
halb schematischen Abbildung die hier in Betracht kommenden topo- 
graphischen Verhältnisse. 

Die Forderung, bei Magencarcinomen radikaler als bisher vor- 
zugehen, bringt es mit sich, dass die Operationen sich nach jeder 
Richtung hin eingreifender gestalten, und dass die Technik, nament- 
lich für die vorgeschritteneren Fälle, eine Änderung erfährt. Zur 
Verringerung der dadurch gesteigerten Gefahren tragen heute wesent- 
lich 2 Punkte bei: 


— 121 —— 


1) Die Schleich’sche Anästhesie, welche es gestattet, selbst bei 
heruntergekommenen Individuen noch eine langdauernde Operation 
auszuführen; es kommt hier eben nicht darauf an, ob die Operation 
etwas länger oder kürzer dauert. 

2) Sind die Chancen dieser eingreifenden Operationen erheblich 
besser geworden mit der Vervollkommnung unserer Wundbehand- 
lung. So war früher z. B. ein Resektionsstumpf des Pankreas außer- 
ordentlich leicht Ausgangspunkt einer Peritonitis, während M., seit 
er mit verbesserter Antiseptik operirt, von dieser Seite nie eine 
Störung des Wundverlaufs beobachtet hat. Trotzdem haften den 
Operationen immer noch genügend Gefahren an. Unter diesen hebt 
M. besonders die Pneumonien hervor, welche auch bei solchen Pat. 
beobachtet werden, die gar nicht erbrochen haben. M. hat mehrere 
sonst außerordentlich glatt verlaufende Fälle an Pneumonie verloren. 
Die Obduktionsbefunde machen es sehr wahrscheinlich, dass es sich 
um embolische Processe handelt, die, wie es scheint, gerade bei 
Magenoperationen häufiger sich entwickeln als nach anderen Bauch- 
operationen. Die Sache bedarf aber erst einer weiteren Aufklärung. 

In Bezug auf die Operationstechnik hebt M. hervor, dass es 
vor Allem nothwendig ist, bei der Resektion des Magencarcinoms 
einen ausgiebigen Bauchschnitt bis an den Processus xyphoideus zu 
machen, um sicher die Verhältnisse zu übersehen und bis an die 
Cardia hin die Lymphdrüsen verfolgen zu können. Was die Ver- 
sorgung des übrig gebliebenen Magenstumpfs betrifft, so ist bei aus- 
gedehnter Resektion die erste Billroth’sche Methode, das ist die 
Vereinigung von Magenstumpf und Duodenum, meist unmöglich. 
M. geht daher in den meisten Fällen nach dem Princip der zweiten 
Billroth’schen Methode vor, die bekanntlich darin besteht, dass 
Duodenum und Magenlumen vollständig verschlossen, der letztere 
aber durch eine typische Gastroenterostomie mit dem Jejunum ver- 
bunden wird. M. verschließt das Duodenum auch vollständig — in 
der letzten Zeit mit einer doppelten Schnürnaht, da die einfache 
fortlaufende Naht nicht sicher genug ist —; das Lumen des Magen- 
stumpfs wird aber nicht vollständig verschlossen: der unterste Winkel 
bleibt offen und wird nun direkt in eine Jejunumschlinge implantirt. 
Die Gastro-Jejunostomie in der von M. geübten Weise vereinfacht 
das Verfahren ohne Zweifel. Es ist auch rationeller mit Rücksicht 
auf die Stellung und Verlaufsrichtung des Magenstumpfs. M. hat 
sich in der letzten Zeit zu diesem Zweck mit Vorliebe des Murphy- 
Knopfs bedient. Dadurch wird die Operation auch noch vereinfacht; 
ob sie aber dadurch an Sicherheit gewinnt, möchte M. vorläufig noch 
bezweifeln. Nach einer Reihe günstig verlaufener Fälle hat er es 
einmal erlebt, dass nach 9 Tagen eines absolut reaktionslosen Ver- 
laufs, ohne eine Spur von vorangegangener Peritonitis, die durch 
den Murphyknopf gebildete Verbindung plötzlich nachgab, und eine 
rasch tödliche Perforationsperitonitis eintrat. (Selbstbericht.) 


— 12 — 


48) L. Heidenhain (Worms) zeigt den Magen eines 55jährigen 
Mannes, welcher einen absoluten narbigen Verschluss des Pylorus 
durch die Narbe eines Geschwürs aufweist. Das Magenleiden hatte 
angeblich erst vor 3 Jahren begonnen. Seit 1 Jahre hatte sich 
eine enorme Magenerweiterung ausgebildet. Die von dem Haus- 
arzt wiederholt vorgeschlagene Operation war immer abgelehnt worden. 
Seit Monaten wurde der Kranke von seinem Arzt nur durch Magen- 
auswaschungen über Wasser gehalten, bis er sich endlich zur Operation 
entschloss. Trotz sorgfältiger Vorbereitung des Kranken mit subku- 
taner und rektaler Wasserzufuhr ging derselbe einige Tage nach der 
Gastroenterostomie an Inanition zu Grunde. Es ist räthselhaft, wie 
der Kranke so lange leben konnte. (Selbstbericht.) 


49) Stern (Düsseldorf). Demonstration zur Frage Pylorus- 
stenose beim Säugling. 


S. demonstrirt den Magen eines 6 Wochen alten Kindes mit 
Pylorusstenose durch ringförmige Hypertrophie. Die Diagnose auf 
Verengerung am Pylorus war im Leben gestellt, und auf Grund der 
Diagnose bei dem aufs äußerste abgemagerten und durch beständiges 
Erbrechen geschwächten Kinde der Versuch gemacht, durch Gastro- 
enterostomie das Leben zu erhalten. In Folge von Chloroformasphyxie 
war der Verlauf der Operation ein komplicirter, das Kind starb in 
der Nacht nach der Operation. Die Photographien und das Prä- 
parat zeigen am Pylorus einen 3 cm langen Tumor; das Lumen des 
Pylorus war nur für feinste Sonde durchgängig. S. glaubt nach 
dem Studium der sonst mitgetheilen Fälle und nach seinem Fall 
sagen zu können, dass für die nicht so selten vorkommenden abso- 
luten Stenosen des Pylorus beim Säugling öfter als es bisher ge- 
schehen, die Diagnose gestellt werden und die chirurgische Behand- 
lung eingeleitet werden müsse. (Selbstbericht.) 


50) Doyen (Paris. Eine neue Methode der Pylorus- und 
Darmresektion. 


Dis neue Methode der Darmresektioa, der Pylorusresektion 
und der Gastroenterostomie hat vor den bisherigen Methoden einen 
doppelten Vorzug: 

1) vollkommenste Asepsis des Operationsfeldes ohne die geringste 
Gefahr der Infektion durch Darminhalt, 

2) bedeutende Abkürzung der Operationsdauer. 

Das Verfahren selbst gestaltet sich folgendermaßen: 


I. Pylorektomie. 
Die typische Pylorusresektion führt D. seit 1892 nicht mehr 
aus, sondern zieht in allen Fällen, in denen die Pylorusresektion 


— 13 — 


indieirt ist, den gesonderten Verschluss des Duodenums und des 
Magens mit nachfolgender Gastroenterostomie vor. — Dieses Ver- 
fahren, welches Billroth ausnahmsweise nur für Fälle von weit vor- 
geschrittenem Pyloruscarcinom angewandt hat, scheint ihm außer- 
ordentlich werthvoll in den Fällen von begrenztem Carcinom, weil es 
dessen Exstirpation in denkbar weitester Ausdehnung gestattet. 

Allerdings hat man diesem Verfahren mit Recht den Vorwurf 
einer sehr langdauernden eingreifenden Operation gemacht. 

Diesen Übelstand hat D. durch seine Modifikation beseitigt; 
jetzt stellt die ganze Pylorusresektion nur eine kleine Erweiterung 
der Gastroenterostomie dar. 

Das Verfahren beruht auf der Anwendung der D.’schen Hebel- 
pincette, die er in Moskau zuerst demonstrirt hat. 

Ursprünglich konstruirt zur Kompression der Gefäße des Liga- 
mentum latum, hat es sich als ein ausgezeichnetes Hilfsmittel in 
der gastrointestinalen Chirurgie bewährt. 

Zunächst wird der Tumor mit den Fingern stumpf vom Netz 
losgelöst und, wenn nöthig, die Blutung aus kleinen Arterien gestillt; 
dann legt man die Hebelpincette in möglichst weiter Entfernung von 
den Tumorgrenzen am Duodenum an und zerquetscht die Darmwand 
langsam und vorsichtig, ohne sie vollständig zu durchtrennen; die 
Darmserosa bleibt dabei intakt. In der entstandenen Kompressions- 
furche legt man dann um das ganze Darmrohr eine starke Seiden- 
ligatur. — Eine gewöhnliche Klemme liegt auf der Seite des Tumors 
etwa 15 mm von der Ligatur entfernt am Pylorus. Dann wird das 
Duodenum auf einer Kompresse völlig durchtrennt. 

Kleinere Schleimhautreste werden mit der Schere abgetragen 
und der Stumpf mit dem Paquelin kauterisirt. Eine Tabaksbeutel- 
naht mit Seide überkleidet die Ligatur und verschließt gleichzeitig 
das Duodenum. Zur besseren Sicherheit legt D. über dieser ersten 
noch eine zweite Tabaksbeutelnaht an. 

Das Magenende ist, in eine sterilisirte Kompresse gehüllt, nach 
links gelegt. Jetzt werden 2 starke Klemmzangen unmittelbar hinter 
dem Tumor und 2 elastische Magenklemmen in einer Entfernung 
von 25—30 mm an die intakte Magenwand angelegt. Dann wird 
mit der Hebelpincette die Magenwand zwischen den Pincetten von oben 
und von unten her zerquetscht, indem man darauf Bedacht nimmt, 
bei sehr stark hypertrophischer Muscularis die Pincette nicht vollständig 
zu schließen, um nicht die an der Muscularis adhärente Serosa zu 
zerreißen. Ein starker Seidenfaden wird als Massenligatur in die 
entstandene Druckfurche gelegt und allmählich zusammengezogen, 
indem gleichzeitig die angelegten 4 Klemmen wieder abgenommen 
werden, um einen sicheren Schluss der Ligaturen zu ermöglichen. 
Eine solche Ligatur ist selbst möglich bei einer Breite des Magens 
von 12—15 cm. Dann werden wieder 2 starke Klemmzangen neben 
dem Tumor angelegt, um Austritt von Mageninhalt zu vermeiden, 
und der Magen 10 mm von der Ligatur entfernt durchschnitten. 


— 114 —— 


Der Stumpf wird kauterisirt, und der Magen durch 2 Serosa-Tabaks- 
beutelnähte geschlossen. 

Die Blutstillung der Coronargefäße ist gesichert durch die 
Massenligatur. 

Nunmehr bleibt nur noch eine hintere Gastroenterostomie übrig, 
die absolut aseptisch ausgeführt werden kann, Dank Dis elastischen 
Pincetten. 

Die Gastroenterostomie gestaltet sich folgendermaßen: 

1) Hintere Nähte erste Etage. 

2) Hintere Nähte zweite Etage. 

3) Anlegen der Pincetten an Magen und Darm. 

4) Incision des Magens und des Darmes, entweder nach Zerquet- 
schung oder mit Thermokauter. 

5) Ringnaht um die Magen-Darmöffnung. 

6) Anlegen der vorderen Naht. 

Der obere Schlitz im Mesocolon wird an die Magenwand genäht; 
dann macht D. noch eine Enteroanastomose für den direkten Abfluss 
der Galle. 

Die ganze Dee Isolation und Resektion des Pylorus, 
Verschluss des Duodenums und des Magens, Gastroenterostomie und 
Entoroanastomose dauert 55 Minuten bis 111. Stunde. 

Fällt die Enteroanastomose fort, so wird natürlich die Opera- 
tionsdauer abgekürzt. Die eigentliche Gastroenterostomie dauert 
12—15 Minuten. 


IL Gastroenterostomie ohne Pylorusresektion. 

Die hintere Y-förmige Gastroenterostomie, wobei das obere Ende 
des Jejunums die Verlängerung des Ductus choledochus bildet, ist 
von allen Verfahren dasjenige, welches in Bezug auf Funktion des 
neuen Pylorus die besten Resultate giebt. 

D. hatte indessen Bedenken, die doppelte Anastomose nach Roux 
auszuführen, welche mit Rücksicht auf die Infektion der tiefen Nähte 
dieselben Gefahren bietet, wie die typische Pylorektomie. 

Diesem Übelstand hilft nun Dis Hebelpincette ab. 

D. führt 25—30 cm unterhalb des Ligam. Treitz eine hintere 
Gastroenterostomie in der Längsrichtung aus; dann legt er zwischen 
den zwei Jejunalschlingen eine Enteroanastomose an, so dass keine 
nachträgliche Verzerrung stattfinden kann. 

Dann zerquetscht er die aufsteigende Jejunalschlinge zwischen 
den beiden Anastomosen mit seiner Hebelpincette, legt eine Massen- 
ligatur an, zerquetscht nochmals etwas weiter oben, legt eine zweite 
Massenligatur an und durchtrennt den Darm zwischen den beiden 
Seidenligaturen. Mittels 2 Seiden-Tabaksbeutelnähten werden die 
beiden Stümpfe überkleidet. 

Dieses Operationsverfahren giebt sehr befriedigende Resultate 
und sichert die Heilung auch veralteter Fälle von Magengeschwür 
und Gastritis mit Hyperaecidität. 


— 135 — 


D. hat im Ganzen 148 Laparotomien wegen Magenaffektionen 
gemacht, davon sind 32 Pat. gestorben. 66 Fälle betrafen Carcinome, 
wovon einige vollkommen inoperabel waren; im Ganzen sind von 
den Carcinomfällen 20 gestorben. 82mal hat D. wegen nicht 
krebsiger Erkrankung operirt (wegen Ulcus, schwerer Dyspepsie 
und gutartiger Stenose) und 12 Kranke verloren. Von den letzten 
57 Operationen hat er nur noch 5 Todesfälle zu verzeichnen. 


II. Darmresektionen. 


Zunächst geht D. mit dem Finger oberhalb und unterhalb des 
Tumors durch das Mesenterium; dann wird der Darm an beiden 
Stellen zerquetscht und abgebunden. Oberhalb und unterhalb des 
Neoplasmas verschließt er den Darm mit einer Pincette und durch- 
trennt ihn auf beiden Seiten zwischen Ligatur und Klemme. Das 
Mesenterium wird ebenfalls, wenn nöthig, in der Hebelpincette kom- 
primirt und partienweise oder en masse abgebunden. Es bleibt 
dann noch die Vereinigung der beiden Darmenden übrig. 

Man kann diese Vereinigung nach 3 Methoden vornehmen: 

1) Seitliche Anastomose nach Verschluss der beiden Darmenden 
mit Tabaksbeutelnaht. 

2) Verschluss des abführenden Endes und Implantation des zu- 
führenden Endes nach Art des Coecums. 

3) Cirkulärnaht. Dabei vernäht D., von hinten anfangend, die 
beiden verschlossenen Darmenden in 3/, der Circumferenz mit 
2 Nahtreihen, einer durchgreifenden und einer sero-serösen. Das 
Darmlumen wird hinter den Ligaturen abgeklemmt; die Massenliga- 
turen werden herausgezogen und aufgeschnitten, so dass die freie 
Kommunikation wieder hergestellt ist. Dann wird die Naht beendigt. — 
Bei der Coecumnaht hat D. nur eine Massenligatur aufzuschneiden, 
den unteren Darmtheil zu incidiren und die vordere Naht zu beendigen. 

4) Dasselbe Verfahren mittels Zerquetschung und Ligatur ge- 
stattet auch, die Exstirpation und Resektion des Rectums nach Kraske 
aseptisch auszuführen. 

5) Die Resektion des Processus vermiforis lässt sich nach der- 
selben Methode ausführen. Es genügt eine starke gewöhnliche 
Klemmzange zur Zerquetschung der Mucosa des Processus vermiforis. 
Dann wird eine Massenligatur um den Processus vermiformis gelegt, 
derselbe resecirt und kauterisirt und der Stumpf mit Tabaksbeutel- 
naht überkleidet. 

6) Der Ductus cysticus wird vortheilhaft ebenfalls nach dieser 
Methode behandelt, wenn man die Exstirpation der Gallenblase 
gemacht hat. ` 

Selbst der Osophagus könnte auf diese Weise resecirt und die 
Enden wieder vereinigt werden, wenn die Striktur keine ausgedehnte ist. 

(Selbstbericht.) 


— 12 —— 


51) Karg (Zwickau). Demonstration von 4 Präparaten durch 
Resektion entfernter Magencarcinome. 


Der Vortr. berichtet über die von ihm ausgeführten Operationen 
am Magen und demonstrirt die Präparate von 4 bemerkenswerthen 
Fällen von Pylorektomie wegen Carcinom. Im Ganzen ist in 4 Jahren 
40mal am Magen operirt worden. Die Resektion des carcinomatösen 
Magens wurde 18mal ausgeführt. Von diesen 18 Fällen sind 6 län- 
gere Zeit, resp. bis jetzt geheilt geblieben, 2 nach erfolgter Heilung 
an interkurrenten Krankheiten gestorben, den Folgen der Operation 
10 erlegen, und zwar 4 an Nahtinsufficienz, 4 an Pneumonie, 2 an 
Erschöpfung. Die an Nahtinsufficienz gestorbenen Fälle gehören zu 
den ersten Operirten. Mit der Verbesserung der Technik gelang es, 
diese Todesfälle zu vermeiden. Dafür erwies sich später als der ge- 
fährlichste Feind der Magenoperirten die Pneumonie, zu deren Aus- 
bildung es auch in solchen Fällen kam, in denen von Äther zur 
Narkose ganz abgesehen und die Narkose nur eine sehr oberfläch- 
liche war, und Nahrung per os überhaupt nicht gereicht worden war. 
Erschöpfung und Collaps wurden mit Erfolg durch Transfusion 
größerer Mengen physiologischer Kochsalzlösungen bekämpft. Die 
Gastroenterostomie wurde 17mal ausgeführt. Geheilt sind 13, ge- 
storben 4 Fälle, 3 an Erschöpfung, 1 an Pneumonie. Ein Fall, in 
dem es sich nicht um carcinomatöse Striktur handelte, ist dauernd 
geheilt geblieben. Die übrigen sind dem krebsigen Grundleiden 
erlegen. Die längste Lebensdauer nach der Operation betrug 1 Jahr 
3 Monate. In 4 Fällen war der Erfolg der Operation unbefriedigend, 
da die Beschwerden der Kranken trotz geglückter Operation nicht 
wichen. Die Magenfistel wurde 3mal angelegt. Die Kranken sind 
bald nach der Operation gestorben. Der Zustand nach der Operation 
befriedigte weder den Arzt noch die Kranken. Nach Loretta wurde 
ein Fall ohne Erfolg operirt, später Gastroenterostomie. Bei Magen- 
blutung und perforirtem Ulcus ventriculi wurde je einmal operirt, 
beide Male mit tödlichem Ausgang. 

Die demonstrirten Präparate betreffen folgende 4 Fälle: 

I. Carcinoma pylori nach Ulcus ventriculi von einer 54jährigen 
Frau. Operirt am 27. Mai 1895 nach der 2. Billroth’schen Me- 
thode. Bis jetzt dauernde Heilung. Zunahme des Körpergewichts 
über 50 Pfund. 

II. Carcinoma pylori bei 56jährigem Mann. Operirt am 21. No- 
vember 1895 nach 2. Billroth’scher Methode. Das Carcinom ist 
mit dem Pankreas so verwachsen, dass ein am Präparat noch kennt- 
licher, nicht unerheblicher Theil des Pankreas mit entfernt werden 

‚musste. Die Resektion des Pankreastheiles hatte keinen nachweis- 
baren Einfluss auf die Heilung und das Befinden des Kranken. Zu- 
nahme des Körpergewichts nach der Operation gegen 50 Pfund. 

III. Magencarcinom bei 42jähriger Frau. Operirt am 7. Sep- 
tember 1895. In diesem Falle musste fast der ganze Magen entfernt 


— 17 — 


werden. Es blieb nur ein kleiner Rest übrig, in welchen das Duo- 
denum nach Kocher eingenäht wurde. Bemerkenswerth ist, dass 
die Pat. nach Heilung der Operation bald größere Mengen von Nah- 
rung zu sich zu nehmen im Stande war, als man der Kleinheit des 
zurückgelassenen Magenrestes nach hätte erwarten müssen. 

IV. Carcinoma pylori bei 32jährigem Dienstmädchen. 

Operation nach 2. Billroth’scher Methode am 23. März 1895. 
Ein Jahr nach geglückter Pylorusresektion wird eine doppelseitige 
Ovariotomie wegen — nicht carcinomatöser — Ovarialgeschwülste 
nöthig. Dabei konnte festgestellt werden, dass es zu Carcinomreci- 
diven nicht gekommen war. Die Bauchhöhle war durch Verklebungen 
in einen oberen und einen unteren Theil getrennt. Die Grenze 
bildete das Colon transversum. Die Pat. ist später, im Jahre 1897, 
an unbekannter Krankheit — Recidiv nicht ausgeschlossen — ge- 
storben. a 

Als Operationsmethode der Pylorektomie wurde der 2. Billroth- 
schen der Vorzug gegeben. (Selbstbericht.) 


Diskussion zu 43—50: Breitung (Plauen i/V.) stellt eine Pat. 
vor, der er am 23. December 1897 den Magen entfernt hat. 

Es handelt sich um eine 50jährige Frau, die schon seit Jahren 
magenleidend war und sich vor 3 Jahren wegen eines Magen- 
geschwürs in Behandlung befand. ®/, Jahr vor der Operation stellte 
sich allmählich zunehmende Kachexie ein, im September 1897 be- 
merkte Pat. in der Magengegend links neben dem Nabel einen 
festen, beweglichen Tumor, der zusehends wuchs. Der Tumor nahm, 
wie sich bei der Operation herausstellte, die ganze hintere Wand 
des Magens ein. Eine Partialoperation war desshalb unmöglich. 
Nach Versorgung des großen und kleinen Netzes wurde der Magen 
an Pylorus und Cardia zwischen doppelten Gummiligaturen ab- 
geschnitten, am Pylorus blieb ein Rest von 1 cm, an der Cardia von 
11⁄2 cm übrig, durch die Naht wurde noch !/, cm eingestülpt, so 
dass ein Magenrest von 2 cm resultirte. Die beiden Lumina ließen 
sich ohne starken Zug vereinigen. Genäht wurde mit Seide in 
2 Etagen. Heilung erfolgte glatt, Pat. wurde nach 3 Wochen ent- 
lassen. Ernährung fand erst durch Nährklystiere statt, vom 5. Tage 
ab nahm Pat. feste Speisen zu sich. Es wurde Alles vollkommen 
verdaut, im Stuhl niemals unverdaute Rückstände. 

Makroskopisch war der Tumor ein zellreiches Carcinom. 

(Selbstbericht.! 


Löbker (Bochum) operirt ausgedehnte Magencarcinome stets 
nach der 2. Billroth’schen Methode (Verschluss der Magenwunde 
und Gastroenterostomie). 

Bei vermeintlichen Totalresektionen müssen wir uns oft wundern 
über die Größe des zurückgelassenen Stückes. Auch sind Täuschungen 
durch Sanduhrmagen möglich in der Art, dass eine pathologische 
Einschnürung für die Cardia gehalten wird. Wie Mikulicz nimmt 


— 18 — 


L. keine Rücksicht auf das Pankreas, von dem er gegebenen Falls 
große Stücke entfernt, behandelt aber dann stets mit Tamponade 
nach. In einem Falle passirte bei einer Resektion wegen gutartiger 
Stenose eine Durchtrennung des Ductus choledochus; derselbe wurde 
dann abgebunden und die Cholecystenterostomie ausgeführt. 

Hinsichlich der Dauererfolge erwähnt L. einen Fall von Recidiv 
im 6. Jahre p. op. und einen zweiten, der, 1891 operirt, heute noch 
recidivfrei ist. 

v. Hacker (Innsbruck) bemerkt zu der Frage nach den Dauer- 
resultaten, dass ein von ihm früher publicirter Fall, in dem 1890 
von Salzer die Resektion ausgeführt wurde, heute noch recidivfrei 
ist. Ferner verfügt er über 9 eigene Resektionsfälle (darunter 
2 Sarkome) mit 1 operativen Todesfalle (Nahtinsufficienz). Ein Pat., 
der 1892 operirt wurde, ist noch recidivfrei (Drüsen waren nicht vor- 
handen), die anderen sind gestorben. * 


Rehn (Frankfurt); Der vor 1!/, Jahre auf der Naturforscher- 
versammlung zu Frankfurt a/M. demonstrirte Pat., dem fast der 
ganze Magen wegen Carcinom entfernt wurde, lebt noch ohne 
Recidiv. 

Kausch (Breslau) rechtfertigt die Pyloroplastik gegenüber den 
Ausführungen Steudel’s. Seit (is Jahre hat er die Fälle der 
Mikulicz’schen Klinik (16 mit Pyloroplastik behandelte gutartige 
Stenosen) genau verfolgt. Die Resultate sind namentlich auch hin- 
sichtlich der chemischen Funktion (Acidität) sehr gut; nach Gastro- 
enterostomien findet man beim Aushebern regelmäßig Galle. 


Hahn (Berlin) hat 28 Fälle von Magenresektion genau verfolgt; 

10 starben in den ersten 14 Tagen, 6 leben, davon einer 4, ein 

anderer 7 Jahre p. op. Die Zahl der Gastroenterostomien wegen 

Carcinom beträgt 106. Bei Pat. über 60 Jahre soll man nicht 

reseciren; bei sehr heruntergekommenen Individuen zunächst die 
Gastroenterostomie und erst sekundär die Resektion ausführen. 
Hofmeister (Tübingen). 


Wölfler (Prag) hebt bezüglich des Falles von Schuchard 
hervor, dass es sich dabei nicht um einen aktiven Vorgang der Re- 
generation handelt, sondern um einen passiven der Dilatation. 

Was die von Mikulicz und Doyen angegebenen Methoden der 
Magenresektionen anbelangt, so stellen dieselben eine Modifikation 
der II. Billroth’schen Magenresektionsmethode dar, während die 
von Doyen geschilderte Darmresektion jene ist, welche man nach 
den Angaben Braun’s als seitliche Anastomose zu bezeichnen pflegt 
und welche nach den Anschauungen W.’s sicherlich als das zweck- 
mäßigste Verfahren der Darmvereinigung anzusehen ist. 

BEE (Selbstbericht.) 

Krönlein (Zürich) präcisirt den Begriff der totalen Magen- 

exstirpation. Der einzige Fall, der diesen Namen streng genommen 


— 129) —— 


verdient, ist bislang der von Schlatter publicirte. — In der von 
Mikulicz vorgeschlagenen Art hat er schon vor 10 Jahren bei einem 
Falle von gutartiger Pylorusstenose operirt. 


Jordan (Heidelberg) weist auf schwere nervöse Magenstörungen 
hin, welche als Geschwüre oder Stenose imponiren können. Er hat 
einen solchen Fall operirt, ohne eine anatomische Abnormität finden 
zu können; die Beschwerden hörten für 3—4 Monate auf. 

Bei der von Mikulicz vorgeschlagenen Art der Vereinigung von 
Magen und Darm scheint ihm der Murphyknopf gefährlich, weil er 
in die Nahtlinie zu liegen kommt. 

Schließlich rechtfertigt J. die Gastroenterostomie gegenüber der 
Pyloroplastik auf Grund der Erfahrungen an Czerny’s Klinik. 


Gussenbauer (Wien) berichtet über 13 seit 3!/, Jahren aus- 
geführte Pylorusresektionen mit 7 Heilungen, darunter 1 Fall von 
Lymphosarkom bei einem 21jährigen Pat. 

Die Mortalität nach der Gastroenterostomie ist in seiner Klinik 
größer als nach den Resektionen, wohl hauptsächlich, weil auch sehr 
herabgekommene Pat. noch operirt werden. 

Hinsichtlich der Verbreitungswege des Magencarcinoms bestätigt 
G. die Ausführungen Mikulicz’s. Hofmeister (Tübingen). 


52) Storp (Königsberg). Beitrag zur Anwendung des Murphy- 
knopfes. 


Die Erfahrungen, welche man mit der Anwendung des Murphy- 
knopfes in der Magen-Darmchirurgie gemacht hat, sind wohl im 
Allgemeinen günstiger Natur, wenngleich es ja nicht zu leugnen ist, 
dass das Einbringen eines nicht resorbirbaren metallischen Fremd- 
körpers von derartiger Größe in den Darmtractus immerhin eine 
gewisse Gefahr bedingt. Daraus erklären sich ja auch die in der 
letzten Zeit verschiedentlich gemachten Versuche, einen brauchbaren 
resorbirbaren Ersatz für den Murphyknopf zu finden. 

Vortr. berichtet über einen Fall, welcher für die Anwendung 
des Murphyknopfes eine gewisse principielle Bedeutung hat. 

Er betrifft einen 54jährigen Mann, welcher schon seit längerer 
Zeit an Darmbeschwerden litt und im Januar d. J. unter den aus- 
gesprochenen Symptomen eines seit 3 Tagen bestehenden akuten 
Ileus in die Behandlung des Vortr. kam. 

Es wurde die Diagnose auf Darmtumor im Colon ascendens oder 
transversum gestellt; die vorgenommene Laparotomie bestätigte dies. 
Es fand sich ein faustgroßer, den Darm cirkulär umgreifender Tumor 
der Flexura coli hepatica, welcher an der unteren Fläche der Leber 
in der Gegend der Porta hepatis gelegen war. 

Da keine Metastasen, noch ausgedehnte Verwachsungen mit den 
Nachbarorganen nachzuweisen waren, so erschien eine Exstirpation 

Chirurgen-Kongress 1898. 9 


— 139 — 


des Tumors noch ausführbar; doch war bei dem damaligen, höchst 
desolaten Zustand des Pat. zunächst nicht daran zu denken, und es 
wurde desshalb eine laterale Anastomose zwischen Colon transversum 
und unterem Ileum ca. 25 cm über der Valvula Bauhini angelegt, 
und zwar mit Rücksicht auf die möglichst schnelle Beendigung der 
Operation mittels eines Murphyknopfes größten Kalibers. 

Der Erfolg war zunächst ein guter. In den nächsten Tagen 
besserte sich das Allgemeinbefinden bei dauernder reichlicher Stuhl- 
entleerung rasch. 

Nach ca. 12 Tagen begann indessen der Pat. über unbestimmte 
Schmerzen von kolikartigem Charakter in der rechten Unterbauch- 
gegend, entsprechend dem Colon ascendens, zu klagen. 

Als 3 Wochen nach der Operation der Knopf noch nicht ab- 
gegangen war, wurde eine Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen vor- 
genommen, welche ergab, dass der Knopf im Colon ascendens un- 
mittelbar vor der Stenose lag. Derselbe war also, anstatt dem Koth- 
strom folgend in den Dickdarm zu fallen, in diesem Falle im distalen 
Deum weiter abwärts geglitten, hatte die Valvula Bauhini passirt 
und saß nun zwischen dieser und dem stenosirenden Tumor im 
Colon ascendens gefangen. Eine Entleerung desselben per vias natu- 
tales war somit völlig ausgeschlossen. 

4 Wochen nach der 1. Operation wurde die Exstirpation des 
Tumors, eines den Darm völlig verschließenden Cylinderzellencarci- 
noms, und zugleich des auffallend kurzen, nur 15 cm langen Colon 
ascendens mit Coecum gemacht. Der Knopf saß frei beweglich in 
dem kurzen, geblähten, nicht mit Koth gefüllten Colon ascendens. 

Pat. starb 3 Tage post operat. in Folge von Peritonitis. Die 
Sektion ergab eine normale, fast für 3 Finger durchgängige Anasto- 
mose mit völlig vernarbten, mit Schleimhaut bekleideten, glatten 
Rändern zwischen Dünn- und Dickdarm. 

Wenn auch in diesem Falle der unglückliche Endausgang nicht 
dem Knopf zur Last zu legen ist, und wenn auch ein derartig ein- 
geschlossener Murphyknopf zunächst keine erheblichen Beschwerden 
und Gefahren bedingt, so ist doch die Möglichkeit immer vor- 
handen, dass derselbe im Laufe der Zeit seine glatte Oberfläche ver- 
bert und, mit Kothmassen inkrustirt, zu erheblichen Beschwerden 
und Ulcerationen mit allen weiteren Konsequenzen Veranlassung 
geben kann. 

Aus diesem Grunde erscheint es dem Vortr. im Hinblick auf 
die vorliegende Beobachtung zweckmäßiger, bei derartiger Anasto- 
mosenbildung zwischen Dünn- und Dickdarm von der Anwendung 
des Murphyknopfes abzusehen und die einfache laterale Anastomose 
durch die Naht in der zuerst von H. Braun angegebenen Weise zu 
machen. (Selbstbericht.) 


Diskussion: König jr. (Berlin) hat mit dem von Frank (Chicago) 
angegebenen resorbirbaren Knopf Versuche an Hunden angestellt. 


— 131 —— 


Unter 5 cirkulären Darmvereinigungen hatte er einen Misserfolg 
durch zu großen Knopf. Die Präparate erweisen die exakte Ver- 
einigung. Das von Frank angerathene Herüberziehen des Netzes 
kann K. nicht empfehlen. 

Die seitliche Anastomose bietet nicht so einfache Verhältnisse, 
weil die Lichtung durch den Knopf zu sehr ausgefüllt wird; durch 
Verwendung eines niedrigeren Knopfes wurden die Resultate besser. 

Eine Gastroenterostomie führte nach 24 Stunden zum Tode an 
Perforationsperitonitis in Folge rascher Verdauung der im Magen ge- 
legenen Knopfhälfte. Hofmeister (Tübingen). 


Wölfler (Prag) berichtet in Kürze über seine Erfahrungen, 
welche in seiner Klinik bei der Anwendung von Darmknöpfen in 
40 Fällen gemacht wurden. 

Dabei soll nur die cirkuläre Naht mit der Anwendung der 
Darmknöpfe verglichen werden, weil bei der seitlichen Anastomose 
das Princip an und für sich so gut sei, dass es bei demselben auf 
ein besonderes technisches Verfahren nicht ankomme. 

Dies ist der Grund, warum auch bei der Gastroenterostomie der 
Murphyknopf gute Resultate aufweist, da bei dieser Operation nur 
die Vortheile desselben (rasche Vollendung der Operation) in den 
Vordergrund treten, aber nicht die Nachtheile, da der Mageninhalt 
dünnflüssig ist, und es kein Unglück ist, wenn der Knopf im Magen 
liegen bleibt. 

Bei der cirkulären Vereinigung zeigte der Knopf 


den Nachtheil, dass er mitunter im Darm stecken blieb, be- 
sonders wenn derselbe mit dem Peritoneum parietale verwachsen 
war (in 2 Fällen). 

Ferner ist das Rohr des Murphyknopfes entschieden zu eng; 
bei einem der operirten Fälle blieb im Rohr des Knopfes ein Kirsch- 
kern stecken und verursachte den Tod des Individuums. W. ging 
desshalb gern zur Anwendung der resorbirbaren Knöpfe über und 
wandte den Frankknopf an bei 6 Darmresektionen und 3 Gastro- 
enterostomien; in 7 Fällen hatte sich die Vereinigungsstelle als 
sufficient erwiesen. In 2 Fällen gingen die vereinigten Darmflächen 
vollständig aus einander, und zwar am 3. und 8. Tage, ohne dass 
Gangrän der Darmwand vorhanden gewesen wäre. 


Als Gründe, welche an diesem Vorkommnis Schuld tragen, giebt 
W. an: 


1) ist der Frankknopf kein Darmschließer wie der Murphy- 
knopf. Er nähert höchstens die Knopfhälften. Beim geringsten 
Zug am Drainrohr klaffen die Knopfhälften dauernd. 

2) ist die Gefahr vorhanden, dass der Frankknopf zu früh 
resorbirt wird. (Demonstration von Frankknöpfen, welche schon 
nach 5 Tagen zum Theil resorbirt waren.) 

D 


-—— 132 —— 


Bezüglich der Herstellung von langsam resorbirbaren Knöpfen, 
welche in den ersten 6 Tagen ihren Mechanismus unverändert bei- 
behalten, sind weitere Versuche dringend nothwendig. 

3) hat der Frankknopf entschieden den Nachtheil, dass die 
Därme über einem Drainrohr geknüpft werden müssen, und Gefahr 
vorhanden ist, dass dieses zu stark zugeschnürt wird. W. hat 
Frankknöpfe anfertigen lassen, bei welchen über das Drainrohr ein 
decaleinirtes Knochenrohr gelegt ist. 

4) Die Schwierigkeit der Einführung lässt sich dadurch beseitigen, 
dass die Darmenden am äußersten Rande mittels v. Bergmann’scher 
Pincetten aus einander gehalten werden. 

W. empfiehlt weiterhin, um die Intensität der Verklebung der 
Darmserosen zu erhöhen, die Serosa bei jeder Art der Darmnaht 
vorher mit einem scharfen Skalpell abzuschaben. Die Lembert- 
schen Nähte sind bei den Darmknöpfen bisher leider nicht zu ent- 
behren, da die Sicherheit der Darmknöpfe noch Manches zu wünschen 
übrig lässt. Desshalb empfiehlt W., dieselben nur bei den akuten 
und lebensgefährlichen Darmstenosen anzuwenden, wo die Gefahr 
des Lebens größer ist als die Gefahr, die der Darmknopf bringt. 
Für die chronischen Fälle empfiehlt W. neuerdings zur Vereinigung 
der Därme die schon vor 2 Jahren empfohlene seitliche Anastomose 
(die Vereinigung from side to side). 

Zum Schluss demonstrirt W. noch einen Darmknopf, der die 
Vortheile hat, dass er resorbirhar ist, dass er ein Darmschließer ist 
und ein weites Lumen hat. Welche Nachtheile er hat, muss erst 
experimentell geprüft werden. (Selbstbericht.) 

Jordan (Heidelberg): Die Czerny’sche Klinik verfügt über 
80 Fälle von Anwendung des Murphyknopfes; mit steigender Übung 


sind die Resultate immer besser geworden. 
Für Coecum und Colon hält J. die Anwendung des Knopfes 


nicht für gerathen. 

Storp (Königsberg; will die Resistenz der Frankknöpfe durch 
Formalinhärtung erhöhen. 

Franke (Braunschweig) beobachtete einen Fall von Darmwand- 
einklemmung durch den Murphyknopf. 

. Kümmell (Hamburg) empfiehlt den Murphyknopf auch für 

den Dickdarm. Bei der Gastroenterostomie ist das Zurückfallen in 
den Magen nicht sicher vermeidbar. Hofmeister (Tübingen). 


53) F. Franke (Braunschweig). Über den angeborenen 
Verschluss des Dünndarmes und seine Behandlung. 


Während Verengerung und Atresie des Dickdarmes beim Neu- 
geborenen ziemlich häufig, besonders am After beobachtet und operirt 


— 13 — 


wird, kommen die genannten Veränderungen am Dünndarm ziem- 
lich selten vor, noch seltener werden sie operirt. Die Atresie im 
Besonderen besitzt ihre Lieblingsstellen, den Pylorus, die Einmün- 
dungsstelle des Ductus choledochus und die Ursprungsstelle des 
Meckel’schen Divertikels. Die Ursachen der Atresie sind nur für 
wenig Fälle festgestellt. In einem Falle handelte es sich um Ab- 
schnürungen durch nach ahgelaufener fötaler Peritonitis zurückge- 
bliebene Bänder. Dass auch das Meckel’sche Divertikel Abschnü- 
rungen und Atresie verursachen kann, ist wohl nicht zweifelhaft. 
Operirt sind bisher 3 Fälle von angeborener Dünndarmatresie 
(v. Tischendorf, Bland Sutton, Hecker) mittels Enterostomie. 
Sie haben unglücklich geendet. F. hat in einem Falle, dessen 
Präparat er vorlegt, und in welchem die Atresie an der Stelle des 
Meckel’schen Divertikels saß, die Enteroanastomose gemacht. Da auch 
dieser Fall nach anfänglich gutem Verlaufe am 3. Tage mit Tod endigte, 
in Folge von Perforation der Nahtlinie, die auf der einen Seite nur 
einfach angelegt werden konnte wegen zu geringer Entwicklung des 
absteigenden Darmtheils, giebt F. den Rath, die Anastomosenöffnung 
am absteigenden Darmtheil so weit entfernt anzulegen, dass man den 
oberhalb dieser Stelle befindlichen Theil herumschlagen und zur 
Sicherung der Nahtlinie annähen kann, außerdem aber die Stelle 
von der Bauchwunde aus für die ersten Tage durch einen Jodoform- 
gazetampon zu sichern. Außerdem räth er, dem Kind in den ersten 
Tagen nicht reine Milch zu geben, sondern schleimige, eventuell mit 
etwas Milch versetzte Suppen, weil in Folge der nach der Operation 
wie in seinem Falle leicht eintretenden heftigen Peristaltik noch 
ungelöste Käseflocken bis an die Anastomose gelangen, das Lumen 
verstopfen und zur Perforation der Nahtlinie Veranlassung geben 
können. F. giebt der Enteroanastomose den Vorzug vor der En- 
terostomie, weil bei letzterer der benutzbare Verdauungsschlauch für 
die endgültige Ernährung zu kurz sein dürfte. Er lässt sie zu als 
Nothbehelf für ganz schwache Kinder. (Selbstbericht.) 


54) C. Lauenstein (Hamburg). Ein Vorschlag zur Radikal- 
operation alter fixirter Nabelbrüche. 


Eine Hauptgefahr bei der Operation alter Nabelhernien besteht 
darin, dass nach der Lösung aller der die Reposition von Darm und 
Netz verhindernden Verwachsungen zwischen diesen einerseits und 
der Innenfläche des Bruchsacks andererseits Stränge zwischen Darm- 
schlingen bestehen bleiben, die nach der Reposition des Bruchsack- 
inhalt, wenn derselbe aus der engeren Höhle des Bruchsacks in 
die weitere Höhle des Abdomens übergetreten ist, zu Abknickungen 
oder Abschnürungen und in Folge davon zu lleus Veranlassung geben. 

Daher empfiehlt L., den Bruchsack nach cirkulärer Durchtren- 
nung im Bereiche des Halses umzustülpen. Dann hat der Operateur 


-—— 134 — 


sämmtliche Verwachsungen innerhalb des Bruchsacks übersichtlich 
vor sich und kann sie ohne die Gefahr, eine derselben ungetrennt 
zu lassen, versorgen. 

Ist der Hals des Bruchsackes eng, so empfiehlt es sich, an einer 
Stelle, wo der eingeführte Finger keine Verwachsungen fühlt, noch 
einen Längsschnitt durch die Wand des Bruchsackes zu führen. 
Dieser erleichtert resp. ermöglicht dann die Umstülpung. 

Alle übrigen Fragen, insbesondere die Naht der Bruchpforte 
werden durch diesen Vorschlag nicht berührt. (Selbstbericht.) 


55) v. Bramann (Halle a/S.). Über primäre und sekundäre 
Darmresektion bei gangränösen Hernien. 


Auf Grund seiner klinischen Erfahrungen, die er an 248 incar- 
cerirten Hernien in den Jahren von 1890 bis April 1898 in der 
Hallenser Klinik gesammelt hat, und gestützt auf Thierexperimente 
spricht v. B. sich für die Anlegung eines Anus praeternaturalis und 
gegen die primäre Resektion und Anastomosenbildung in allen jenen 
Fällen aus, in welchen eine langdauernde Incarceration (3—4 und 
mehr Tage) zu schwereren anatomischen Veränderungen des zuführen- 
den Darmrohrs geführt hat, die einmal in einer schweren Cirkula- 
tionsstörung der stark gedehnten Darmwand (Infarcirung), sodann 
aber in mehr oder weniger hochgradigen Störungen der motorischen 
Funktion des Darmes bestehen, so dass auch nach Beseitigung der 
Incarceration die Fortschaffung des angestauten Darminhaltes überaus 
erschwert ist. Da aber eine möglichst schnelle Entleerung der stark 
zersetzten infektiösen Darmcontenta dringend wünschenswerth ist, 
um der durch die Resorption septischer Stoffe seitens der Darmwand 
drohenden Intoxikation vorzubeugen, so verdient der Anlegung des 
Anus praetern. der Vorzug vor der primären Resektion, weil durch 
die letztere dem zuführenden Darmabschnitt eine größere Arbeits- 
leistung zugemuthet und die Entleerung des Inhalts verlangsamt 
wird. Dadurch wird aber nicht nur die septische Intoxikation, son- 
dern auch das Auftreten jener lobulären Pneumonien begünstigt, an 
welchen ein nicht geringer Procentsatz dieser Pat. zu Grunde geht, 
und deren Entstehung keineswegs immer auf Aspiration erbrochener 
Massen, sondern wohl in der Mehrzahl der Fälle auf kapilläre Em- 
bolien von den Chylusgefäßen aus zu erklären sind. Endlich ist eine 
möglichst schnelle Entleerung des zuführenden Darmrohrs aber auch 
desshalb schon geboten, als nach den v. Mering’schen Unter- 
suchungen die motorische Funktion des Magens von dem Füllungs- 
grad des Dünndarms abhängig ist. 

Von den 248 incarcerirten Hernien wurde wegen Darmgangrän 
in 66 Fällen Anus praetern. angelegt. Davon starben 25, und zwar 
21 in den ersten 2—3 Tagen an der bei der Operation bereits vor- 
gefundenen Peritonitis oder an allgemeiner Sepsis, und 4 innerhalb 


— 135 — 


der nächsten 7 Tage. Sekundär resecirt wurden 41 Fälle und ge- 
heilt 36 = 87,8%. 5 Fälle endigten letal, und zwar 2 im Collaps 
innerhalb 24 Stunden, 2 Fälle an Herzschwäche am 5. und 6. Tage 
nach der Operation und 1 Fall von doppelseitiger Parotitis am 
10. Tage nach vollständiger Heilung der Resektion. Primär resecirt 
sind nur 2 Fälle, davon 1 Fall geheilt, 1 gestorben an Perforation, 
die durch den Murphyknopf hervorgerufen war. Dieses ist der ein- 
zige Fall, bei welchem nach Resektion Peritonitis eingetreten ist. 
Endlich konnte in 14 Fällen der zunächst der Gangrän ver- 
dächtige und vorgelagerte Darm nach einigen Tagen wieder reponirt 
werden. (Selbstbericht.) 


56) T. Walzberg (Minden). Der persistirende Ductus 
omphalo-entericus als Ursache von Darmnekrose und Peri- 
tonitis. 

Der Dottergang (Ductus omphalo-entericus oder vitello-intestinali«) 
verbindet in den ersten Wochen des fötalen Lebens die außerhalb 
des Fötus gelegene Dotterblase mit der ersten Darmanlage. Sobald 
die Allantois an das Chorion herangewachsen und der Placentar- 
kreislauf hergestellt ist, verfällt der Dottergang der Rückbildung. 
Die vordere Bauchwand des Embryo schließt sich, und dadurch zer- 
fällt der Dottergang in einen außerfötalen Theil, der in den Nabel- 
strang aufgeht, und einen innerfötalen, der normalerweise resorbirt 
wird. In vereinzelten Fällen findet diese Resorption gar nicht oder 
unvollständig statt, es handelt sich also um einen Hemmungsvorgang 
in der fötalen Entwicklung. 

Schon lange vor der Entwicklung der Bauchhöhlenchirurgie war 
den Anatomen das Vorkommen von Divertikeln des Darmes be- 
kannt, von wahren Ausstülpungen, die in dem anatomischen Bau 
ihrer Wandung ganz dem des Darmes glichen. Meckel fand, dass 
diese Divertikel, wenn nicht sämmtlich, doch fast ausschließlich an 
dem Endtheil des Dünndarmes ihren Sitz hatten, dass sie sich alle 
etwa 30—40 cm oberhalb der Valvula Bauhini vorfanden, und er stellte 
fest, dass diese Divertikel Reste des unvollständig zurückgebildeten 
Ductus omphalo-entericus seien. 

Im Laufe der Zeit mehrten sich nun die Beobachtungen. Die 
Mehrzahl der Divertikel stellte handschuhfingerförmige, kegel- 
förmige Ausstülpungen dar mit abgerundetem Gipfel. Ein 
solches Divertikel von 6 cm Länge fand W. gelegentlich einer 
Ovariotomie, die wegen akuter Stieldrehung bei kopfgroßer Cyste 
und drohender Peritonitis mit günstigem Verlauf ausgeführt wurde. 
W. zeigt ein Aquarell dieser Missbildung, das er nach einer Skizze 
seines Operationsjournals ausführte. Bisweilen fand sich an diesem 
Divertikel, das auch hin und wieder ein, wenn auch meist ver- 
kümmertes, Gekröse führte, vom Gipfel ausgehend ein kürzerer 
oder längerer Strang, dessen Ende frei zwischen den Därmen 


EC EN 


lag oder mit seinem Ende bald hier, bald dort verwachsen war. In 
anderen Fällen stellte ein solcher Strang (der theilweise obliterirte 
Dottergang) noch die Verbindung zwischen Nabel und Gipfel des 
Divertikels her, während sich endlich vereinzelt auch ein völlig 
durchgängiger Dottergang zwischen Nabel und Darm erhalten hatte, 
bald mit offener Mündung im Nabel (Kothfistel), bald nach außen 
geschlossen. 

Ein persistirender Dottergang bildet für das Leben seines Trägers 
eine dauernde, schwere Gefahr. W. behandelte im Laufe des letzten 
Jahres 2 solcher Fälle, die leider beide mit bereits allgemeiner 
Peritonitis zur Aufnahme in die Klinik kamen, und von denen der 
eine wenige Tage nach der Operation, der andere am Schluss der 
Operation starben. 

Im 1. Falle (12jähriger Knabe) handelte es sich um ein finger- 
förmiges Divertikel des Darmes, von dessen Kuppe ein solider Strang 
zum Nabel führte. Im 2. Falle (23jähriger, bisher stets gesunder 
Arbeiter) war nur ein ca. 2 cm langes Stück des Ganges hinter dem 
Nabel obliterirt, eben so ein gleich langes Stück vom Darmansatz. 
Zwischen beiden war ein 6 cm langes Stück offen und ampullen- 
förmig erweitert, größter Durchmesser 3 cm. Während nun die frei 
von der Kuppe des Divertikels ausgehenden strangförmigen Reste 
des Dotterganges in mehreren anderweitig mitgetheilten Fällen durch 
Umschlingung und Abschnürung von Darmtheilen zu wirklichem 
Dleus geführt hatten, stellte W. fest, dass in den beiden von ihm 
und seinem Kollegen, Dr. Happel, beobachteten und vermuthlich 
in allen gleichen Fällen der Vorgang ein wesentlich abweichender 
war. Durch den persistirenden Ductus einerseits, durch den mehr 
quer verlaufenden Dünndarm und endlich das aufsteigende Colon 
andererseits wird eine 3seitige Pforte gebildet, in die sich Dünn- 
darmschlingen von vorn (vielleicht auch von hinten) hineinschieben 
können. Bei der Weite der Pforte ist anzunehmen, dass dieser Vor- 
gang sich öfters vollzieht und ohne Nachtheil bleibt, weil die 
Schlingen sich leicht wieder herausziehen können, ähnlich wie bei 
jedem Bruchsack mit weiter Pforte. Unter ungünstigen Bedingungen 
aber (katarrhalische Darmstörungen, Anhäufung schwer verdaulicher, 
kompakter Massen) bleibt der Darm hinter der Pforte liegen, zieht 
nun auch weitere Theile des Dünndarmes nach sich und ist nun über 
der durch Dottergang und Dünndarm gebildeten Brücke auf- 
gehängt, er lastet auf dieser Brücke. Dadurch entsteht an der 
Stelle, wo der wenig elastische Dottergang sich am Darm inserirt, 
eine starke Zerrung, und rasch entwickelt sich hier eine um- 
schriebene Nekrose des Dünndarmes (W. demonstrirt an Ab- 
bildungen den typischen Sitz und die in seinen Fällen etwa zehn- 
pfennigstückgroße Nekrose). Rasch kommt es nun von hier aus 
zur tödlichen Peritonitis. 

Der klinische Verlauf spricht beweisend für diese Art des Vor- 
ganges, besonders in dem 1. Falle. Der Knabe erkrankte mit Er- 


—— 137 —— 


brechen, heftigen Schmerzen in der rechten Seite etc., Erscheinungen, 
wie wir sie bei jeder Appendicitis beobachten. Kotherbrechen 
trat erst am 5. Tage der Erkrankung auf; die jetzt sofort gemachte 
Laporotomie vermochte nicht mehr zu retten. Im 2. Falle, der 
äußerst akut verlief (der Kranke starb 48 Stunden nach Eintritt der 
ersten Erscheinungen) wurde Kotherbrechen überhaupt nicht be- 
obachtet. 

Es handelt sich also in diesen Fällen primär um eine um- 
schriebene Darmnekrose, die zu allgemeiner Peritonitis und dem 
tödlichen Ausgang führt. Eigentliche Stenosesymptome fehlen An- 
fangs oder überhaupt. Treten sie endlich ein, so gehen sie nicht 
von den in die beschriebene Pforte eingelagerten Darmschlingen aus, 
sondern von dem beschwerten Stück des Dünndarmes, der durch den 
Dottergang unnachgiebig aufgehängt ist und nun durch die sich 
mehr und mehr blähenden aufgelagerten Darmschlingen komprimirt 
wird. Dies sind die Momente, die im Anfang eine genaue Diagnose 
so sehr erschweren, während sonst eine entsprechende Behandlung 
(Übernähung resp. Excision des nekrotisehen Stückchens, selbst- 
verständlich mit Entfernung des Ductus) begründete Aussicht auf 
einen guten Erfolg böte. (Selbstbericht.) 


57) v. Stubenrauch (München). Demonstration eines Prä- 
parats von Invaginatio ilei in Folge Umstülpung eines 
Meckel’schen Divertikels. 


Redner legt ein Präparat von Invagination des Ileum vor. Das- 
selbe stammt von einem 5t/,jährigen Mädchen, welches er vor 
3 Jahren operirt hat. Das betreffende Kind war akut mit heftigen 
Koliken und Stuhldrang erkrankt und konnte vom Beginne seiner 
Erkrankung bis zu seinem am 5. Krankheitstage erfolgten Tode 
selbst auf wiederholte Einläufe nur blutigen, leicht kothig gefärbten 
Schleim entleeren. Am zweiten Krankheitstage trat nach reichlicher 
Aufnahme von Flüssigkeit Erbrechen auf, welches alsbald wieder 
sistirte; eben so am 4. Tage. Am Abend des 5. Krankheitstages wurde 
das Kind in collabirtem Zustande auf die chirurgische Station der 
kgl. Universitätspoliklinik gebracht. Zu dieser Zeit war das Ab- 
domen mäßig aufgetrieben, druckempfindlich, ein in der Mittellinie 
unterhalb des Nabels gelegener Bezirk desselben von etwa Hand- 
tellergröße deutlich hervorgewölbt; daselbst ließ sich auch im Bauch- 
raume ein hartes unverschiebliches wurstförmiges Gebilde fühlen, 
dessen längerer Durchmesser in der Vereinigungslinie beider Spinae 
iliac. ant. sup. zu liegen schien. Die Rectalexploration ergab keinen 
nennenswerthen Befund. Bei der sofort ausgeführten Laparotomie 
fand sich eine Intussusception des Ileum. Der Invaginationshals, 
welcher 10 cm vor der Ileocoecalklappe gelegen und gangränös 
war, riss bei dem Versuche der Desinvagination ein. Die sofort an- 


— 133 —— 


geschlossene cirkuläre Resektion und Naht des Darmes musste rasch 
ausgeführt werden, da der Collaps trotz reichlicher subkutaner Gaben 
von Äther und Kampher immer bedrohlicher wurde. Das Kind starb 
2 Stunden post operationem im Collaps. 

Das excidirte Darmstück, welches Redner vorlegt, zeigt eine’ 
einfache (aufsteigende) Invagination des Ileum. Das Intussuscipiens 
ist auf der konvexen (dem Mesenterialansatz gegenüberliegenden) 
Seite aufgeschnitten und zurückgeklappt. Das Intussusceptum, völlig 
gangränös, erscheint in Folge enormer Spannung des Mesenteriums 
hochgradig verdreht. Das centrale Lumen des Intussusceptum be- 
findet sich etwas seitlich von der Spitze desselben. Klappt man die 
Ränder des der Länge nach eröffneten Intussusceptum derart aus 
einander, dass die serösen Wände desselben sichtbar werden, so sieht 
man nahe am Invaginationshalse auf der dem Zwerchfell zugekehrten 
serösen Wand des eintretenden Darmrohrs einen muttermundähn- 
lichen Wulst, welcher die Basis eines ca. Dis cm langen ins Darm- 
lumen umgestülpten Meckel’schen Divertikels darstellt. Dieses 
Divertikel, welches am vorliegenden Präparate eröffnet ist, zeigt eine 
besondere Eigenthümlichkeit, nämlich eine seinem freien Endtheil 
aufsitzende Appendix, die, wie die mikroskopische Untersuchung er- 
giebt, aus Fettgewebe und Peritoneum besteht. Die Wand des 
Divertikels, histologisch untersucht, bietet alle Charaktere der Darm- 
wandstruktur. 

Allem Anschein nach stellt im vorliegenden Falle die Ein- 
stülpung des Divertikels ins Darmlumen das Primäre des Invagi- 
nationsprocesses dar, und sind Fälle, in welchen Umstülpungen des 
Darmanhanges zu Darmverschluss führten, bereits beobachtet worden. 
Herr Küttner hat im Vorjahre im Langenbeckhause ein derartiges 
Präparat demonstrirt. Aber nur in einem Falle ist von Studs- 
gaard beobachtet, dass die Invagination des Meckel’schen Diver- 
tikels, von Invagination eines ganzen Darmstücks gefolgt, zu Darm- 
verschluss führte. (Selbstbericht.) 


Diskussion: Sprengel (Braunschweig) operirte einen Sjährigen 
Knaben mit Symptomen einer Perityphlitie. Bei der Operation fand 
er ein ausgedehntes Meckel’sches Divertikel, das von einer Dick- 
darmschlinge gefangen war. Der Processus vermiformis war ganz 
gesund. Es bestand partielle Gangrän an der Basis des Divertikels. 
Pat. starb am Tage der Operation. Jaff6 (Hamburg). 


Riedinger (Würzburg): Redner legt das Präparat einer seltenen 
Form des Meckel’schen Divertikels vor, das bekanntlich eine Hem- 
mungsbildung des Ductus omphalo-mesentericus darstellt und ver- 
schiedene Grade aufweisen kann. In der Regel stellt es eine klei- 
nere, mehr oder weniger weite Ausstülpung des Darmes dar. Im 
vorgelegten Präparat geht das Divertikel aber bis zum Nabel, ist 
ziemlich weit und mündet 6 cm oberhalb des Blinddarmes. 


-— 139 — 


T. N. Kelynack! hat gefunden, dass die Anomalie unter 1446 
Leichen 18mal vorhanden war. Beim männlichen Geschlecht ist 
sie häufiger als beim weiblichen (11 : 7). Die größte Länge betrug 
6'/, Zoll, der Durchmesser 11/, Zoll. Der Inhalt war meist Luft 
oder etwas Koth. In keinem Falle setzte sich das Lumen wie im 
vorgelegten bis zum Nabel fort. Die Entfernung von der Ileocoecal- 
klappe betrug im Allgemeinen 15—501/, Zoll. 

Kelynack hält das Divertikel für ganz ungefährlich. 

So unschuldig ist nun aber die Sache doch nicht. Abgesehen 
von den Unannehmlichkeiten des Darmprolapses, auf den Körte, 
Barth, Karewski u. A. aufmerksam gemacht haben, so wie der 
Entzündung, die eine Appendicitis vortäuschen kann — Picqué 
und Guillemont — besteht noch die Gefahr der Abschnürung von 
Darmtheilen. Das vorliegende Präparat stammt von einem jungen 
Manne, der unter den Erscheinungen des Darmverschlusses zu 
Grunde gegangen ist. Bei der Obduktion fand sich, dass durch das 
straff angespannte Divertikel ein großes Stück Dünndarm und eine 
kleinere Portion Dickdarm zwischen ihm und der Bauchwand ab- 
geschnürt war. (Selbstbericht.) 
58) v. Bramann (Halle a/S.) Prognose der Darmresektion 

wegen Carcinom. 


Von insgesammt 32 Fällen von Carcinom des Colon, welche 
v. B. in der Hallenser chirurgischen Klinik seit 1890 zu beobachten 
Gelegenheit hatte, wurden 14 operirt. Außer einem Falle, in 
welchem ein Scirrhus des Colon descendens vorlag, handelte es sich 
ausnahmslos um sehr große, weit ausgebreitete Tumoren, in 5 Fällen 
bestand Ileus. 6 Fälle starben in den ersten Tagen nach der Ope- 
ration theils an Collaps, theils an den Folgen des Ileus; in keinem 
Falle ist Peritonitis beobachtet. 8 Fälle wurden geheilt. Von 
diesen ist eine Pat. ein Jahr nach der Operation an Metastasen ge- 
storben, die übrigen 7 Fälle aber leben und sind recidivfrei. In 
einem Falle sind seit der Operation bereits über 6 Jahre verflossen, 
bei 2 Fällen 4 Jahre, in einem Falle 3, in zwei 2 und in einem 
Falle 1 Jahr. Von den vorgestellten Operirten beansprucht ein be- 
sonderes Interesse der Pat., bei welchem es sich um einen sehr 
leicht beweglichen Tumor von Faustgröße handelte, der entweder 
dem Netz oder einer sehr beweglichen Darmschlinge anzugehören 
schien und sich durch excessive Schmerzhaftigkeit und Temperatur- 
steigerung auszeichnete. Der weichelastische Tumor präsentirte sich 
nach der Operation als ein Darmsarkom, das in seinem Inneren 
erweicht war, und in welches vom Darm aus ein ca. 6 cm langer 
Zweig von Majorankraut hineinragte.e Der Fremdkörper war wohl 


1 Centralblatt für Chirurgie 1898. No. 14. (Resp. Brit. med. journ. 1897. 
August 21.) 


— 140 — 


die Ursache des rapiden Wachsthums der Geschwulst und der Schmerz- 
haftigkeit. (Selbstbericht.) 


59) Graser (Erlangen). Entzündliche Stenose des Dickdarmes, 
bedingt durch Perforation multipler falscher Divertikel. 


Das Gebiet der entzündlichen Stenosen des Darmes ist noch 
in vieler Hinsicht einer weiteren Ausarbeitung bedürftig. Verhältnis- 
mäßig einfach ist die Sachlage in denjenigen Fällen, bei welchen aus- 
gedehnte Geschwüre vorhanden sind. Es giebt aber auch Fälle, bei 
welchen hochgradige Verengerungen hauptsächlich durch derbe In- 
filtration der Submucosa und Muscularis entstehen, während 
die Schleimhaut nur ganz geringfügige Veränderungen aufweist. Die 
Mehrzahl dieser Fälle gehört ja in das Gebiet der specifischen Ent- 
zündungen (Syphilis, Tuberkulose, Gonorrhoe, Dysenterie), über deren 
Antheil aber auch die Meinungen noch weit aus einander gehen. 

Der Vortr. demonstrirt ein Präparat, welches ein reines Beispiel 
einer durch entzündliche Infiltration und Schrumpfung entstandenen 
Stenose an dem Übergang der Flexura sigmoidea in den Mastdarm 
ist, also an einer Stelle, die mit unseren heutigen Operationsmethoden 
der Exstirpation wohl zugänglich gewesen wäre. Die Flexura sigm. 
ist enorm ausgedehnt. Die Erweiterung erstreckt sich aber bis in 
den unteren Theil des Ileums. An dem Übergang in das Rectum 
ist eine hochgradige Verengerung, an welcher der Umfang nur 31/, cm 
beträgt, darunter das Rectum von normaler Weite. An der ver- 
engten Stelle, welche einen 5 cm langen Theil des Darmes einnimmt, 
befindet sich eine kolossale Verdickung der Darmwand bis zu 4 cm. 
An den vorderen Theil der Verengerung ist der Fundus der Harn- 
blase durch dicke Adhäsionen festgeheftet, aber nur an umschriebener 
Stelle. Unter dieser senkt sich die offene Excavatio recto-vesicalis 
noch 7 cm weiter herab. 

Der nächstliegende Gedanke war natürlich, dass diese kolossale 
Verdickung der Darmwand durch ein Carcinom bedingt sei. Aber 
die Schleimhaut erschien an dem aufgeschnittenen Darm vollkommen 
normal. Beim näheren Untersuchen fand sich auf der Schnittfläche 
eine kleine Zerfallshöhle, von der aus man mit der Sonde in das 
Darmlumen gelangen konnte; aber die Einmündung in das Darm- 
rohr zeigte ebenfalls eine intakte Schleimhautumkleidung. Die Ein- 
mündung geschah in einer tief eingesenkten, trichterförmigen Bucht. 
Diese Bucht lag hinter den auffallend hohen, dicht an einander ge- 
drängten Schleimhautfalten vollständig verborgen. Die hoch auf- 
gerichteten Schleimhautfalten sind zweifellos durch Zusammendrängen 
der Plicae sigmoideae entstanden. Als man nun diese Schleimhaut- 
falten weiter aus einander zog, fand sich zur nicht geringen Über- 
raschung eine ganze Menge weiterer Einsenkungen, die zum Theil 
2 cm tief nach der verdickten Darmwand in die Tiefe vordrangen. 
Im Bereich der 5 cm langen Stenose zählten wir 35 derartige Ein- 


— 141 — 


senkungen der Schleimhaut (Diverticula spuria). Bei den meisten 
derselben reichte ein intakter Schleimhautüberzug bis auf den Grund 
der Einsenkungen und enthielt einen zähen, glasigen Schleim. Ein- 
zelne dieser Buchten aber waren am Grund perforirt und standen 
im Zusammenhang mit der oben beschriebenen Zerfallshöhle, welche 
aus mehreren kleinen Hohlräumen sich zusammensetzte. Die mikro- 
skopische Untersuchung ergab, dass die Divertikel die Ringschicht 
der Muscularis durchbrachen, indem sie die Fasern aus einander 
drängten, während von der Längsmuskulatur ein verdünnter Überzug 
noch über das Divertikel hinwegzog. 


An der Stelle der Perforation fand sich eine hochgradige klein- 
zellige Infiltration, in der auch einige Partikel von Darminhalt nach- 
gewiesen werden konnten. 


Zur Erklärung dieses eigenthümlichen Befundes konnte man ja 
annehmen, dass es sich um Traktionsdivertikel handle, welche durch 
eine auf andere Weise entstandene Entzündung und narbige Schrum- 
pfung der Darmwand entstanden wären. Es fanden sich aber auch 
zahlreiche Divertikel im Bereich des erweiterten Darmtheils. Diese 
mochten nun durch Pulsion in Folge der hochgradigen Stauung des 
Darminhalts erklärt werden. Beides wurde aber hinfällig, als man 
bei genauer Musterung auch unterhalb der Darmstenose in dem nor- 
malen Tbeil des Rectums noch eine ganze Anzahl solcher Divertikel 
nachweisen konnte. Diese konnten weder durch narbige Schrumpfung, 
noch auch durch den Druck des gestauten Darminhalts erklärt wer- 
den. So bleibt denn nur übrig, anzunehmen, dass es sich entweder 
um eine angeborene Missbildung oder aber um eine schon vor Ent- 
stehung der Darmstenose zu Stande gekommene Ausbildung viel- 
facher Darmdivertikel handelte. 

Der Pat., von welchem das interessante Präparat stammt, hatte 
etwa 1'/, Jahr vorher eine schwere, länger dauernde, mit Fieber und 
Schmerzen im Abdomen verbundene Krankheit durchgemacht, die 
nicht aufgeklärt wurde. Seit jener Zeit litt er immer an aufgetrie- 
benem Leib und diarrhoischen Stühlen, mit denen niemals Abgang 
von Gasen verbunden war. Die oberhalb der Stenose angestauten 
Massen betrugen etwa 15 Liter. Trotzdem war es niemals zum Er- 
brechen gekommen (ein interessanter Beleg dafür, welch kolossale 
Ansammlungen in den unteren Theilen des Darmes vertragen werden, 
wenn es sich um einen einfachen »glatten« Darmverschluss handelt.) 


Ein glücklicher Zufall gab dem Vortr. Gelegenheit, seine Unter- 
suchungen über die multiplen falschen Divertikel des Dickdarmes 
noch zu erweitern, indem ziemlich gleichzeitig in der Erlauger Irren- 
anstalt bei einer älteren Pat., die seit langer Zeit bettlägerig war 
und immer mit hartnäckiger Verstopfung zu kämpfen hatte, eine 
große Anzahl von falschen Divertikeln des Dickdarmes gefunden 
wurde. Über diese ist ja eine ziemlich reiche Litteratur vorhanden. 
Man fasst sie übereinstimmend als Pulsionsdivertikel auf; sie bestehen 


— 1412 — 


nur aus einer Ausstülpung der Schleimhaut durch Lücken der Mus- 
cularis. 

Die noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen zeigten, dass 
in der Umgebung der Schleimhautdivertikel immer größere Gefäße 
lagen, und es scheint, dass der Durchtritt von größeren Gefäßen 
durch die Ringsmuskulatur, welcher an manchen Stellen eine voll- 
ständige Lücke in der Muskulatur entstehen lässt, eine größere Nach- 
giebigkeit der Darmwand zur Folge hat. Wenn nun eine stär- 
kere Kothstauung und Gasauftreibung des Darmes entsteht, so 
bildet sich an diesen schwächeren Stellen zunächst eine mulden- 
förmige Vertiefung der Darmwand aus, in welcher dann Koth ab- 
gelagert wird. Das langdauernde Verweilen von verhärtetem Koth 
in diesen Stellen wird dann die Erweiterung allmählich noch ver- 
größern. 

Auffallend bleibt für diese Auffassung nur, dass die Schleim- 
haut in diesen Ausbuchtungen durchaus nicht atrophisch ist, wie 
man sie sonst bei langdauernder Kompression am Darminnern beob- 
achtet. Der Druck muss also sehr allmählich wirken, so dass es 
nicht zu einer Pressung der Schleimhaut kommt. 

In wie weit nun die die Muskulatur durchsetzenden Gefäßkanäle 
eine normale anatomische Einrichtung sind, oder bei diesen Personen 
eigenartige abnorme Verhältnisse vorliegen, muss erst durch weitere 
Untersuchungen festgestellt werden. (Selbstbericht.) 


60) W. Zoege von Manteuffel (Dorpat). Über die Achsen- 
drehungen des Coecum. 


Eine Achsendrehung des Coecum kann nur zu Stande kommen 
bei bedeutendem Mesenterium commune ileo-coeci. Dieses prä- 
disponirende Moment ist nicht so selten, als man nach der Zahl (20) 
der bisher beschriebenen Achsendrehungen vermuthen sollte, da auch 
ein Theil der Invaginationen nur bei freiem Mesenterium zu Stande 
kommen kann. Wir unterscheiden 2 Formen von Achsendrehungen. 
1) Drehung um die Darmachse, 2) Drehung um die Mesenterialachse. 
Zwischen diesen Formen kann es Übergänge geben. — Die Drehung 
um die Darmachse kommt da zu Stande, wo der freie Darm in den 
befestigten übergeht, überschreitet meist 90° nicht erheblich, erreicht 
höchstens 180° und kann bei häufigen Recidiven an der Drehungs- 
stelle zu narbiger Stenose führen. Die Drehung um die Mesenterial- 
achse kann schon bei 180° zu Stande kommen. Redner fand einmal 
270°, Andere noch mehr. — Die Richtung der Drehung ist aus den 
bisher beschriebenen Fällen nicht zu ersehen; in den vom Redner 
beobachteten 4 Fällen fand sich stets Volvulus in rechts gewundener 
Spirale. Die Drehung entstand in 2 dieser Fälle durch gewaltsames 
(passives oder aktives) Überstrecken des Rumpfes und nachfolgende 
Anspannung der Bauchmuskulatur. Diese traumatische Enstehungs- 


— 143 — 


weise wird verständlich, wenn man bedenkt, dass der abnorm beweg- 
liche Blinddarm, der durch stauende Ingesta beschwert ist, die er ja 
auch normaliter enthält, bei jener Bewegung leichter als die übrigen 
Därme vermöge seiner Schwere hinaufgeschleudert werden kann, wie 
z. B. auch das Netz durch Traumen über die Leber verlagert werden 
kann. Das Coecum kann an seinen Platz nicht zurückkehren, weil 
es sich unter dem Rippenbogen oder an anderer Stelle durch Blähung 
festkeilt, und weil sein Platz durch Dünndarm eingenommen wird. 
Einmal war der Dünndarm über die Wurzel der Ileocoecalschlinge 
hinweggefallen. Die Symptome sind die allgemeinen des Ileus. 
Lokal hat man auf das Wahl’sche Symptom zu achten. Die 
Diagnose ist bisher nie gestellt worden, weil das Coecum für S-Flexur, 
für Colon transversum gehalten wurde. Gegen den ersten Irrthum 
muss die Möglichkeit, Klysmata zu appliciren, schützen; gegen den 
zweiten — die Verwechslung mit dem Colon transversum, die Rich- 
tung der Peristaltik, wo sie vorhanden ist und in Folge dünner 
Bauchdecken gesehen werden kann, jedenfalls also nur bei 
Drehung um die Darmachse. 

Die topographische Diagnose der Coecaldrehung ist, wie an 
einem Beispiel demonstrirt wird, sehr schwer und wurde stets ver- 
fehlt. Wohl aber wird es nach v. Wahl möglich sein, die Diagnose 
der pathologischen Veränderung der Darmwand zu stellen, d. h. zu 
sagen, ob es sich um Obturationsileus (Drehung um die Darm- 
achse) oder Strangulationsileus (Drehung um die Mesenterial- 
achse) handelt, je nach dem Vorhandensein oder Fehlen der Peri- 
staltik in der geblähten Schlinge. 

Dieses Symptom (v. Wahl, Zoege, Kader) kann fehlen, wenn 
viel Dünndarm oder der ganze Dünndarm betheiligt ist (Samson). 

Die nicht operirten (13) Fälle sind alle gestorben. 1 Kranker 
wurde enterostomirt und starb. 5 wurden laparotomirt, davon starben 
2, genasen 3. 

Redner operirte 4 Fälle, von denen 3 genasen. Er führte (mal 
Laparotomie und nachfolgende Enterostomie aus; Pat. starb. 

In 2 Fällen wurde der gangränöse Darm resecirt; beide genasen. 
Im letzten Falle wurde reponirt, und genas Pat. ebenfalls. Es kommen 
also nur noch in Frage Reposition, wenn der Darm bei offener 
Bauchhöhle wieder gut funktionirt, und Resektion bei Gangrän, 
und wenn der Darm nicht mehr die Stenose zu überwinden, seine 
Funktion zu übernehmen im Stande ist, auch wenn er nicht gan- 
gränös ist, weil von dem mit septischen Stoffen gefüllten Sack im 
Leibe sonst üble Folgen zu erwarten sind. 

Redner bespricht zum Schluss die Technik und die aus dem 


Vorhergehenden sich ergebende Indikationsstellung. 
(Selbstbericht.) 


— 14 —— 


61) H. Haeckel (Stettin). Über Volvulus des S romanum. 


Eine 45jährige Dame, welche schon vor einigen Jahren fast 
1 Woche an schwerer Stuhlverhaltung gelitten hatte, kam in Dis 
Behandlung, weil seit 5 Tagen kein Stuhl und keine Flatus abge- 
gangen waren; der Leib war stark aufgetrieben, aber ohne jede Peri- 
staltik der Därme. Da Erbrechen völlig fehlte, das Allgemeinbefinden 
ungestört war, so wartete H. um so mehr ab, als er eine bestimmte 
Diagnose nicht stellen konnte. Erst als nach 2 Tagen, also 7 Tage 
nach Beginn der Erkrankung, Temperatur und Puls in die Höhe 
gingen, schritt er zur Operation. Als wahrscheinlich nahm er Vol- 
vulus der Flexura sigmoidea an und machte desshalb einen Schnitt 
oberhalb des linken Poupart’schen Bandes zum künstlichen After, 
legte aber den Schnitt gleich so groß an, dass er mit der ganzen 
Hand eingehen konnte, um sich über die Verhältnisse des S roma- 
num zu orientiren. Fand sich da nichts, so wollte H. sich mit dem 
künstlichen After begnügen. Nach Eröffnung des Bauches flossen 
große Mengen stinkender, trüber Flüssigkeit ab. Mühsam drang die 
Hand bei den prall gespannten Därmen vor, fühlte der vorderen 
Bauchwand anliegend zwei enorm gedehnte, senkrecht von oben nach 
unten verlaufende Darmschlingen, die plötzlich am Promontorium in 
einen nabelschnurartig gedrehten Strang endigten. Es handelte sich 
in der That also um Volvulus der Flexur. Desshalb Schluss der 
Bauchwunde und breite Eröffnung des Leibes in der Mitte. Die 
Flexur war enorm gebläht, reichte bis zur Leber; da die Serosa 
mehrfache Einrisse aufwies, und weite Strecken der Schlinge gangrä- 
nöse Verfärbung zeigten, so schien jede Manipulation bedenklich; 
die Schlinge hätte platzen können. Desshalb entleerte H. erst den 
Inhalt durch einen Schnitt und führte nun die Detorsion aus. Die 
Fußpunkte waren 2mal um 360° gedreht und in ausgedehntester 
Weise gangränös. H. resecirte die Schlinge und nähte den gesunden 
Querschnitt des Colon descendens in die Bauchwunde ein, nachdem 
er sie verkleinert hatte. Nach unten zu aber konnte er gesunden 
Darm nicht bekommen, da die Gangrän weit in das Becken hinab- 
reichte. Redner ließ so viel gangränösen Darm am Rectum stehen, 
dass er ihn zur Wunde herausleiten konnte und schob Jodoformgaze- 
platten rings herum bis auf den Beckenboden in die Tiefe, so dass 
ein Gazetrichter den gangränösen Darm vollständig von der übrigen 
Bauchhöhle ausschaltete.e Nach 12 Tagen hatte sich der Darm de- 
markirt und konnte herausgezogen werden. Nach 2 Monaten Heilung. 
Das Colon mündet in der Bauchnarbe; vom Anus aus dringt der 
Finger 10 cm weit in die Höhe und findet hier das Rectum blind 
endigend. 

Wichtig ist die Beobachtung wegen der weitgehenden Gangrän 
des Darmes, die zu Stande kam durch extremes Heraufzerren des 
Rectums in Folge der starken Torsion der Schlinge. Eine cirkuläre 
Darmnaht ist unmöglich; Einstülpen des unteren Endes und Ver- 


— Jä —— 


nähen ist auch nicht angängig, weil man in der Tiefe des Beckens 
nicht exakt Trennung des Gangränösen vom Gesunden vornehmen 
kann; aus demselben Grunde, und weil der restirende gesunde Darm- 
theil nicht lang genug, kann man das untere Ende auch nicht in 
die Bauchwunde einnähen. Es bleibt also nichts übrig, als die De- 
markation des Gangränösen der Natur zu überlassen. Zugleich be- 
weist der Fall auf das glänzendste die Leistungsfähigkeit der Tam- 
ponade. 

Die operative Behandlung hat die Prognose des Volvulus der 
Flexur in ungeahnter Weise gebessert. Noch 1882 konnte Liebault 
in seiner These de Paris keinen einzigen geheilten Fall aufführen. 
1892 konstatirte Braun, dass von 31 operirten Fällen 7, d. h. 22,6%, 
geheilt wurden. Redner fand, dass seit dem ‚Abschluss der Braun- 
schen Statistik 54 neue operativ behandelte Fälle publicirt wurden, 
und von diesen heilten 33, d. h. 61,1%. Es scheint danach, dass 
von allen Formen der inneren Einklemmung der Volvulus des S ro- 
manum wohl die besten Aussichten für unser operatives Einschreiten 
darbietet. (Selbstbericht.) 


Diskussion zu 60 und 61: Kader (Breslau) weist darauf hin, dass 
die Symptomatologie der inneren Einklemmung große Ähnlichkeit 
aufweise mit derjenigen der Embolie der Mesenterialarterien. 

Auf die Behandlung des Volvulus übergehend, bemerkt er, dass 
die Fixation der detorquirten Schlinge in richtiger Lage durch Naht 
die besten Resultate gebe. 


Zoege v. Manteuffel kommt out die Bemerkung Riedel’s zu- 
rück, nach welcher die spontane Detorsion eines Volvulus eine sehr 
seltene Erscheinung wäre, während es sich in der Regel in den so 
gedeuteten Fällen einfach um Knickung des unteren Schenkels des 
S romanum handle, ohne Volvulus und demnach auch ohne spontane 
Detorsion. v. M. bemerkt hierzu, dass er in einem seiner Fälle die 
Detorsion durch die Bauchdecken hindurch habe beobachten können, 
und dass das Phänomen so deutlich gewesen sei, dass an eine Ver- 
wechslung mit einer einfachen Entleerung einer einfachen Darm- 
schlinge durch Peristaltik nicht gedacht werden konnte. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


62) v. Fedoroff (Moskau). Über die Rectoskopie und einige 
kleinere Operationen im Rectum. 


Die Rectoskopie, welche vom Verf. im Jahre 1896 als eine 
specielle Methode für die Rectaluntersuchung selbständig ausge- 
bildet wurde, beruht auf der Möglichkeit, die höchsten Partien der 
Rectalschleimhaut und eines Theiles der Flexura sigmoidea mittels 
ins Rectum eingeschobener, bis 40 cm langer Tuben dem Auge zu- 
gänglich zu machen. Die Rectoskope nach dem Verf. bestehen 
aus Metallröhren verschiedener Länge und Breite mit Obturator. Die 

Chirurgen-Kongress 189. 10 


— 16 -—— 


Beleuchtung wird mit dem Casper’schen Panelektroskop vorge- 
nommen. Die Zwischenstücke zu den Rectoskopen sind derart 
konstruirt, dass sie ein bequemes Austupfen und Ausspülen des 
Cavum recti, ohne die Besichtigung oder die Operation zu unter- 
brechen, gestatten. Zu kleineren Operationen im Rectum werden 
lange galvanokaustische Schlingen und besonders konstruirte Zangen 
benutzt, die zerlegbar sind und dadurch auch als scharfe Löffel 
dienen können. 

Verf. berichtet über Fälle, wo er Polypen bis Pflaumengröße aus 
dem Rectum, in verschiedener Entfernung vom Orificium ani und klei- 
nere aus der Flexur mittels dieser Instrumente entfernen konnte. Auch 
wurden Partikelchen von Geschwüren und Geschwülsten von der 
Schleimhaut, 25—30 cm über dem After, mit Hilfe der Rectoskope 
Behufs mikroskopischer Diagnose entfernt. 

In einem Falle konnte ein tuberkulöses (?) Geschwür auf einer 
Höhe von 15 cm mittels des Rectoskops nachgewiesen, ausgelöffelt, 
und mehrere Male mit Jodoformpulver bezw. Argent, nitric. in Sub- 
stanz geätzt werden. 

Verf. empfiehlt die Rectoskopie als eine sehr bequeme Unter- 
suchungsmethode nicht nur für die oberen, sondern auch für die 
unteren Partien des unteren Theiles des Mastdarmes, weil die Be- 
sichtigung dabei vollkommener und für den Kranken weniger 
unangenehm geschehen kann als bei Benutzung andersartiger Specula. 

Das Operiren in den höheren Partien des Rectums und der 
Flexur, wenn es nicht zu eingreifende Operationen sein müssen, ist 
bis jetzt nur mit Hilfe der Rectoskope möglich. (Selbstbericht.) 


63) Prutz (Königsberg i/Pr.). Zur Operation des Mast- 
darmkrebses. 


Bei einem Theil der Fälle von Drehung des Mastdarm- 
stumpfes nach Gersuny zum Ersatz des Sphincter ani, über die im 
vorigen Jahr berichtet wurde, hat die Wirkung des Eingriffs nur 
einige Monate angehalten. Bei einem Falle von Drehung und In- 
vagination fiel bei einer Recidivoperation der Sphincter ani fort, 
ohne dass die vollkommene Kontinenz litt. Auch bei nicht dauernder 
Wirkung ist das Verfahren beizubehalten, da es relative Kontinenz 
schafft, bis die Kranken durch Regelung der Lebensweise sich ihrem 
neuen Zustand anpassen. 

Die neuerdings wieder von Gussenbauer empfohlene tem- 
poräre Kreuzbeinresektion, die von Gussenbauer nur in Ver- 
bindung mit der Amputation oder totalen Exstirpation geübt wird, hatsich 
auch für die Resektion mit Cirkulärnaht bewährt. Vielleicht be- 
günstigtsie gerade das Halten der Naht, da ein Widerstand gegen den an- 
dringenden Darminhalt geschaffen und die Möglichkeit gegeben wird, 


— 17 — 


dass auch hinten das Rectum mit einer Wundfläche verklebt. In 
3 Fällen von Rücklagerung der Kreuzbeinflügel über eine Cirkulär- 
naht heilte diese 2mal primär, imal entstand hinten eine Fistel, 
die sich spontan schloss, wobei die Kreuzbeinstücke an ihre alte Stelle 
rückten. 

Die Frage des Herrn König, ob unter Kontinenz auch solche 
für flüssigen Koth verstanden werde, wird dahin beantwortet, dass 
das nicht der Fall und auch stets zugegeben worden sei. 

(Selbstbericht.) 


Diskussion: Hochenegg (Wien) bemerkt, dass er bei seinen 
104 Mastdarmresektionen nie die temporäre Kreuzbeinresektion ge- 
macht, sondern stets das resecirte Stück entfernt habe, ohne je von 
diesem Vorgehen Nachtheile zu sehen. Insbesondere sei ihm nie die 
Bildung einer Sacralhernie vorgekommen. Was die Torsion des Mast- 
darmes nach Gersuny betreffe, so habe er sie verlassen, seitdem er 
eine, allerdings auf übertriebene Drehung zurückzuführende Gangrän 
des Mastdarmendes erlebt habe. Er begnügt sich jetzt damit, das 
Mastdarmende mit winkliger Knickung in den oberen Wundwinkel 
einzunähen. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


64) W. Müller (Aachen) demonstrirt ein Präparat — makro- 
und mikroskopisch —, das durch Operation bei einer ca. 40jährigen 
Pat. gewonnen wurde. Es stellt eine zwischen beiden Blättern 
des Mesenterium coeci und des Mesenteriolum des Processus 
vermiformis gewachsene, frisch 2mannsfaustgroße Cyste 
dar, die sich unschwer enukleiren ließ. Das Besondere des Falles 
liegt einmal in dem ungewöhnlichen Sitz — fast alle beobachteten 
Mesenterialcysten gehörten dem Gebiete des Dünndarms an —, sodann 
in einer, vielleicht durch die Cyste bedingten, gleichzeitigen Appen- 
dieitis mit beginnender Konkrementbildung. 

Ferner erwies sich die Cyste im Gegensatz der bei Weitem 
größten Zahl der beobachteten Mesenterialeysten (die epithellos ge- 
funden wurden) ausgekleidet mit einem deutlichen einschichtigen 
Cylinderepithel, das streckenweise auch mehr den Charakter des ab- 
geplatteten kubischen Epithels trägt. Da auch die ungleich dicke 
Wandung der Cyste eine Schichtung und Andeutung von Muscularis 
zeigt, so muss es sich wohl um eine kongenital angelegte, ab- 
geschnürte Darmpartie handeln. Der Fall verlief glatt. 

(Selbstbericht.) 


65) H. Haeckel (Stettin). Über Mesenterialeysten; mit 
Demonstration. 

Ein 4jähriger Knabe wurde H. zugeschickt mit der Diagnose 
tuberkulöse Peritonitis. Der Bauch enorm gedehnt; Punktion ergab 
dünnen Eiter. Bei der Laparotomie zeigte es sich, dass es sich nicht 

10* 


— 148 — 


um einen freien Erguss in die Bauchhöhle handelte, sondern um 
mehrere dicht an einander liegende Cysten im Mesenterium des 
Dünndarmes, deren größte 3250 ccm genannter Flüssigkeit enthielt. 
Eine Ausschälung der Cysten aus den Blättern des Mesenteriums 
ohne Resektion einer ausgedehnten Darmstrecke war unmöglich, da 
der Darm innigst den Cysten ausgebreitet auflag, der elende Zu- 
stand des Kranken momentan aber eine so ausgedehnte Operation 
nicht zuließ. H. nähte also die zwei größten Cysten in die Bauch- 
wunde ein und drainirte sie. In den nächsten Wochen wurde der 
Knabe immer schwächer, so dass die radikale Operation nicht aus- 
geführt werden konnte; 5 Wochen nach Eröffnung der Cysten erfolgte 
der Tod. Bei der Autopsie, welche sich nur auf die Bauchhöhle 
erstrecken durfte, fand sich keine Peritonitis, kein Zeichen von 
Tuberkulose. Die beiden eröffneten Cysten eingerechnet fanden sich 
5 Gesten im Mesenterium; je kleiner, desto eingedickter der Inhalt, 
so dass die kleinste, haselnussgroße, einen dermoidähnlichen Kitt 
enthielt. Prof. Grawitz in Greifswald, welcher die Cysten freund- 
lichst untersuchte, fand weder Schleimhaut noch Endothel in der 
Wand der Cysten und hält dieselben für abgekapselte und mehr oder 
minder eingedickte Eiterherde. 

Der Fall verdient Interesse, weil in der chirurgischen Litteratur 
sonst nur noch ein einziger Fall von multiplen Cysten im Mesen- 
terium, von Tuffier, bekannt ist. (Selbstbericht.) 


66) W. Petersen (Heidelberg). Zur Chirurgie der Leber- 
und Gallenwege. 


P. giebt zunächst eine kurze Übersicht der wegen Erkrankung 
der Gallenwege an der Heidelberger chirurgischen Klinik aus- 
geführten 162 Operationen. Dieselben betrafen in der großen Mehr- 
zahl Gallensteine. Bezüglich deren Diagnose hebt P. hervor, dass 
dieselbe mit zunehmender Erfahrung immer häufiger auch ohne die 
alten klassischen Symptome gestellt wurde. Er macht dann noch 
besonders auf ein Symptom aufmerksam, das ihm eine weitere 
Prüfung zu verdienen scheint, nämlich den Gehalt des Harns an 
reducirender Substanz; dasselbe wurde in 24 Fällen 23mal gefunden. 
Über die Beziehungen dieser Substanz zum Traubenzucker sind die 
Untersuchungen noch nicht abgeschlossen. Ziemlich häufig wurden 
statt der angenommenen Gallensteine eine reine Cholecystitis oder 
ausgedehnte Adhäsionen gefunden; im Ganzen 10mal. Lösung der 
Adhäsionen event. Drainage der Gallenblase führte meist zur Heilung; 
imal musste Pyloroplastik, imal Gastroenterostomie gemacht werden. 

An verschiedenen Operationen wurden ausgeführt: 

Einzeitige Cholecystostomie 65mal (in direktem Anschluss an 
Operation 2 Todesfälle, aber beide Male Komplikation mit Carcinom). 

Zweizeitige Cholecystostomie 1mal. 


— 149 — 


Cholecystendyse 6mal, kein Todesfall. 

Cholecystopexie 3mal, kein Todesfall. 

Cholecystektomie 10mal (2 Todesfälle, (mal Nachblutung, imal 
Peritonitis). 

Cystikotomie 7mal (1 Todesfall an Peritonitis). 

Choledochotomie 20mal (4 Todesfälle, (mal Cholämie, imal Nach- 
blutung, 2mal Peritonitis). 

Die Resultate der Choledochotomie wurden mit der Zeit immer 
besser. Von den ersten 16 Operirten bis 1895 starben 3, von den 
letzten 10 nur 1; vor Allem scheint die gleichzeitige Cholecystostomie 
die Prognose günstiger zu gestalten. 

Anastomosen zwischen Gallenwegen und Darm wurden Limal 
ausgeführt, 6mal bei Stein (1 Todesfall an Kachexie und Cholan- 
gitis), 5mal bei Carcinom (3 Todesfälle innerhalb von 14 Tagen an 
zunehmender Kachexie, 1 nach 3 Monaten, 1 nach !/, Jahr). Die 
Anastomose war stets sufficient; sie war 4mal mit Murphyknopf an- 
gelegt, der sich stets bewährte. 

Also in Summa, wenn wir die Carcinome anschließen, 116 Opera- 
tionen mit 6 Todesfällen. 

Die Normaloperation war in der letzten Zeit die einzeitige 
Cholecystostomie. Die Endyse war ganz verlassen; die Ektomie 
wurde nur ausgeführt bei starker pathologischer Veränderung der 
Gallenblasenwand, vor Allem bei Verdacht auf maligne Degeneration. 

Zur Beurtheilung der Recidive lagen 80 verwerthbare Fälle 
vor. 2mal mussten nach früherer Cholecystostomie durch Chole- 
dochotomie weitere Steine entfernt werden; diese waren allerdings 
imal bewusst zurückgelassen worden. Bei 2 weiteren Pat. erfolgte 
nach der Operation nochmals Abgang von Steinen und dann erst 
Heilung. Alle anderen blieben recidivfrei. 

Hernien traten in ca. 20% der Fälle auf, machten allerdings 
nur in der Minderzahl erhebliche Beschwerden. 

Eine Gallenfistel blieb in 8 Fällen bestehen und wurde 5mal 
durch eine Nachoperation beseitigt. 

Die Dauerfistel scheint ganz auszubleiben, seitdem eine kleine 
Abänderung der Cholecystostomie eingeführt wurde: Einnähung eines 
Drainrohres in die Gallenblase; Suspension der Nahtstelle am Peri- 
toneum parietale. 25 so operirte Fälle heilten glatt. 50 Fälle wurden 
genauer bakteriologisch untersucht. Die Galle erwies sich 46mal 
bakterienhaltig. Es fand sich 36mal Bacterium coli allein, 6mal 
Bacterium coli und Staphylococcus aureus, 4mal Bacterium coli und 
Streptokokken. Nach 2—4 Wochen dauernder Drainage war die 
Galle fast stets steril. In 1 Falle von Gallenblasenruptur hatte die 
Galle 5 Wochen lang das Peritoneum ohne Schaden überschwemmt; 
Pat. kam durch Naht der Gallenblase wieder zur Heilung. 

Sehr häufig fand sich Komplikation mit Carcinom, nämlich 
30mal. Nur 4mal konnte die Radikaloperation versucht werden. 
Ein Fall starb an Peritonitis, ein zweiter nach '/ Jahr an Recidiv. 


— 150 — 


Eine Pat. lebt nach 2, eine nach 5 Monaten ohne nachweisbares 
Recidiv. 2mal wurden Stücke der Leber mit entfernt. 

Reine Leberoperationen wurden nur 6mal ausgeführt. Ein 
Echinococcus, ein Syphilom der Leber und eine große Gallengangs- 
cyste wurden mit gutem Erfolg exstirpirt. 

Von 3 Sarkomoperationen endeten 2 tödlich; der 3. Fall war 
7 Monate nach der Operation in leidlichem Befinden. 

Die Leberblutung konnte mit elastischer Ligatur, tiefen Nähten 
und Tamponade stets gestillt werden. Experimentell wurde noch 
die Blutstillung mit Dampf und mit heißer Luft geprüft. Die letz- 
tere hat sich dabei gut bewährt. (Selbstbericht.) 


67) Poppert (Gießen) empfiehlt eine Modifikation der Chole- 
cystostomie, die sich durch ihre technische Einfachheit auszeichnet. 
Das Verfahren ist folgendes: Nachdem die Gallenblase an ihrem 
Fundus incidirt und von ihrem Inhalt entleert ist, wird ein langes 
Drainrohr — in der Regel benutzt Vortr. einen dicken Nelaton- 
Katheter — in die Blase geführt und im unteren Wundwinkel an 
die Gallenblase angenäht. Alsdann wird der Schnitt in der Gallen- 
blase durch Nähte vollkommen geschlossen, wobei mit besonderer 
Sorgfalt darauf geachtet wird, dass um den Drain ein völlig wasser- 
dichter Abschluss erzielt wird, so dass keine Spur Gallenblasen- 
sekret vorbeifließen kann. Die Gallenblase wird jetzt versenkt und 
die Bauchwunde bis auf eine kleine Lücke geschlossen, durch die 
ein Streifen Jodoformgaze eingeführt wird, der die Nahtstelle und 
die Kuppe der Gallenblase rings um den Drain bedekt. Um vor 
Zwischenfällen geschützt zu sein, wird letzteres durch eine zweite 
Naht an der äußeren Haut befestigt; endlich kann man den Drain 
auch noch mit Hilfe einer Sicherheitsnadel und eines Heftpflaster- 
streifens in seiner Lage sichern, so dass man also ein zufälliges 
Herauszerren nicht zu fürchten hat. Die Galle fließt jetzt sämmt- 
lich durch den Drain, welcher durch den Verband hindurchgeleitet 
wird, ab und wird in ein neben dem Kranken stehendes Gefäß ge- 
leitet, so dass der Kranke völlig trocken liegt. Der wasserdichte 
Abschluss der Gallenblasenwunde um den Drain hält in der Regel 
10 bis 14 Tage Stand; alsdann beobachtet man in dem einen oder 
anderen Falle, dass neben dem Gummirohr etwas Galle in den Ver- 
band dringt. Um diese Zeit ist aber in Folge der Tamponade 
ein ausreichend sicherer Abschluss der Gallenblasenwunde gegen die 
Bauchhöhle erzielt, so dass also ein Einfließen von Galle in letztere 
nicht mehr möglich ist. Die Jodoformgaze wird nach ungefähr 
14 Tagen, der Drain nach 3 bis 4 Wochen entfernt; die zurück- 
bleibende Gallenfistel schließt sich alsdann sehr rasch von selbst. 
Diese Cholecystostomie mit »wasserdichter Drainage« 
welche Vortr. seit Herbst 1896 übt, hat sich in allen Fällen, wo sie 
zur Anwendung kam (es sind dies bisher 47 einfache Cystostomien, 


— 151 — 


3 Cystostomien mit Cystikotomie und 7 Fälle mit Choledochotomie), 
durchaus bewährt; niemals ist ein Zufall eingetreten, der auf einen 
Mangel dieser Methode zurückzuführen gewesen wäre. 

Die Vorzüge des Verfahrens bestehen in Folgendem: 

1) Es zeichnet sich durch große Einfachheit aus und ist sowohl 
für die vergrößerten Gallenblasen als auch für die kleinen, ge- 
schrumpften, tief hinter der Leber stehenden anwendbar. 
Eben so ist das Verfahren auch geeignet für die morschen 
brüchigen Blasen, bei denen früher oft genug kein anderer Aus- 
weg als die Exstirpation möglich war, die aber gerade in diesen 
Fällen schwierig und nicht ungefährlich ist. 

2) Eine abnorme, straffe Befestigung der Gallenblase an der 
Bauchwand wird bei dieser Methode vermieden; denn die frischen, 
durch die Tamponade veranlassten Verwachsungen können dem Zug 
der allmählich abschwellenden Leber und Gallenblase nachgeben, 
letztere vermag also ihre normale Lage wieder einzunehmen, so 
dass Zerrungen der Blase und der großen Gallengänge 
ausgeschlossen sind. 

3) Das Verfahren bietet einen hohen Grad von Sicherheit in 
Bezug auf Vermeidung von Peritonitis; denn jeder Tropfen 
Sekret aus der Gallenblase wird von der Wunde ferngehalten, und 
daneben hat man die Möglichkeit, die Bauchhöhle nach Bedürfnis 
zu tamponiren und zu drainiren. Dies ist von besonderer Bedeutung 
für die Fälle, wo ausgedehnte Adhäsionen gelöst oder wo außerhalb 


der Gallenblase gelegene Eiterherde eröffnet werden müssen. 
(Selbstbericht.) 


68) Haasler (Halle). Über Choledochotomie. 


H. berichtet über die Behandlung der Erkrankungen der Gallen- 
wege in der Hallenser chirurgischen Klinik während der Jahre 
1890—1898; er bespricht im Besonderen die Fälle, in welchen sich 
Steine im Ductus choledochus fanden. Während in den ersten 
Berichtsjahren nur wenige, dann zumeist sehr schwere oder aus- 
sichtslose Fälle der Klinik überwiesen wurden, wurden in letzter 
Zeit die Pat. zahlreicher und für gewöhnlich frühzeitiger zur Auf- 
nahme geschickt. Immerhin kommen noch häufig schwere Fälle 
zur Behandlung, wofür wohl auch der Umstand spricht, dass unter 
70 Fällen von Erkrankungen der Gallenwege sich 18mal Steine im 
Ductus choledochus vorfanden. Hierbei fand sich neben äußerst 
mannigfachen Besonderheiten der einzelnen Fälle doch eine gewisse 
Gesetzmäßigkeit im Sitz der Steine, die H. veranlasste, anatomische 
und pathologisch-anatomische Untersuchungen darüber anzustellen, 
welche Momente die Einkeilung oder Festsetzung der Choledochus- 
steine an bestimmten Prüdilektionsstellen bedingen. Zunächst kommen 
hierbei die anatomischen Verhältnisse des Ductus selbst in Betracht: 
die auch in der Norm vorhandene Verengerung seines Lumens an 


— 15 — 


der Papille und dicht oberhalb der Ampulle, ferner die Änderung 
der Verlaufsrichtung im Endtheil des Ganges. Wesentlich ist dann 
besonders das Verhalten des Pankreas. Dieses kann in sehr ver- 
schiedenartiger Weise dem Ductus choledochus anliegen oder ihn 
umgreifen. Nicht nur Entzündung und Geschwulstbildung im Pan- 
kreas können eine Verengerung des Ganges bewirken; weit häufiger 
geschieht dies durch die gewöhnlichen Altersveränderungen der 
Bauchspeicheldrüse, die an der Eintrittsstelle des Choledochus die 
Ausdehnungsfähigkeit des Ganges erheblich behindern können. 

Diesen Momenten gegenüber haben die Lymphdrüsen nur unter- 
geordnete Bedeutung. Gelegentlich können sie den Ductus ver- 
engern, sogar völlig verschließen, doch ist dies eine große Seltenheit 
im Vergleich zu der Häufigkeit der Erkrankung dieser Lymphdrüsen. 

Wie oft außerdem flächenhafte Verwachsungen oder derbe 
strangförmige Adhäsionen durch Knickung oder Kompression den 
Gang verlegen können, ist ja bekannt; außerdem sind gelegentlich 
noch andere seltenere Hindernisse gefunden worden. 

Die erst genannten Hindernisse sitzen alle im retroduodenalen 
Abschnitt des Choledochus; hier ist auch zumeist die durch Alters- 
veränderungen, Entzündungen oder Neubildungen des Pankreas 
bedingte Verengerung gelegen. Hiernach müsste der Sitz der reti- 
nirten Steine am häufigsten ein retroduodenaler sein; in Folge der 
bei Steinverschluss rasch eintretenden Erweiterung der oberen 
Wege sind die Konkremente jedoch zumeist weiter oberhalb, im frei 
verlaufenden Theil des Ganges der Operation zugänglich. An dieser 
am bequemsten erreichbaren Stelle wurde in 12 Fällen die Chole- 
dochotomie ausgeführt. 

Wenn jedoch durch Ausbuchtung der Choledochuswandung, 
geschwürige Usur oder andere Hemmnisse der Stein retroduodenal 
fixirt ist, so wird es nöthig, ihn hier bei der Operation aufzusuchen. 
Die topographischen Verhältnisse dieser Region bieten nach Lage 
der Gefäße und gewisser Lymphdrüsen, so wie nach dem Verhalten 
des Pankreas immerhin so viel Konstantes, dass man dieser Operation 
eben so wie der weiter unten zu besprechenden intraduodenalen eine 
besondere Stellung einräumen darf. 

Bei der retroduodenalen Clioledochotomie, die in 3 Fällen aus- 
geführt werden musste, durchtrennt man das vordere Blatt des Lig. 
hepatoduodenale durch einen Längsschnitt neben und parallel dem 
Duodenum unter Vermeidung eines in dieser Richtung verlaufenden 
Astes der A. pancreatico-duodenalis. Es gelingt dann, das Duodenum 
2—3 cm weit stumpf loszupräpariren und nach links zu verziehen, 
so dass der retroduodenale Theil des Choledochus, mehr oder weniger 
überlagert von Pankreasgewebe, zum Vorschein kommt. Dem Vor- 
schlag Vautrin’s, das Drüsengewebe mit dem Thermokauter zu 
durchtrennen, wurde nie gefolgt; in einem Falle wurde die dünne 
Schicht des deckenden Gewebes scharf durchtrennt, in den bei- 
den anderen gelang es, die Drüsenläppchen, dort wo sie sich an 


— 15 — 


der Vorderseite des Ganges zum einschließenden Ring vereinigen, 
stumpf aus einander zu drängen; stärkere sich zwischen den Drüsen- 
läppchen anspannende Gefäße wurden gefasst und durchschnitten, 
und so der Choledochus dem Messer zugänglich gemacht. 

Eine ganz besondere Stellung nehmen jene Fälle ein, in welchen 
der Stein im papillären Endstück des Ganges seinen Sitz hat; 
und die Operation an dieser Stelle ist ja auch bisher als ganz be- 
sonderer Eingriff aufgefasst worden. 

3mal in 18 Fällen hatte sich der Stein an dieser Stelle 
festgesetzt; 2mal wurde er während der Operation gelockert und 
ins Duodenum verdrängt, nur imal war die intraduodenale Operation 
nothwendig: ein solitärer, reichlich pflaumenkerngroßer Stein saß 
fest vor der Papille, die er weit ins Duodenum vorgetrieben hatte, 
so dass man bei uneröffnetem Darm einen Darmpolypen zu fühlen 
meinte. Der Darm wurde breit incidirt, auf das Papillarstück von 
vorn her eingeschnitten, der Stein entfernt; Naht der Darmwunde, 
glatter Heilungsverlauf. 

Von den sämmtlichen Fällen sind 2 ad exitum gekommen: ein 
Fall, in welchem sich bereits bei der Operation schwere eitrige 
Cholangitis und Pericholangitis mit multiplen Leberabscessen fanden, 
der zweite an cholämischer Nachblutung. Infektion des Peritoneums 
wurde hier, wie bei den sonstigen Operationen an den Gallenwegen, 
nie beobachtet. 

H. theilt nicht die Ansicht, dass in jedem Falle von Chole- 
dochotomie gleichzeitig eine Cystostomie anzulegen sei. Er will 
dieses Verfahren auf jene Fälle einschränken, in welchen durch den 
Operationsbefund oder den klinischen Verlauf Zeichen einer frischeren 
Entzündung nachzuweisen sind. Fehlen solche, so kann man ruhig 
auf Anlegung einer Gallenfistel verzichten und in 3 Wochen Heilung 
erzielen. In zweifelhaften Fällen, die nicht selten sind, wird man 
sich durch sorgfältige Drainage und 'Tamponade der Bauchwunde 
hinreichend sichern können. In den besprochenen Fällen ist nach 
diesen Grundsätzen verfahren worden. Für die übersichtliche Frei- 
legung des Operationsfeldes ist die Schnittführung parallel dem 
Rippenrande zu empfehlen; zuweilen wird ein Hilfsschnitt in der 
Längsrichtung nothwendig. (Selbstberioht.) 


69) L. Heidenhain (Worms) zeigt das in der deutschen Zeit- 
schrift für Chirurgie Bd. XLVII p. 408 beschriebene kirschsteingroße 
Carcinom am Gallenblasenhals, welches bei Operation einer eiternden 
Steinblase fast zufällig gefunden wurde. Trotzdem die Leber bei 
der Exstirpation der Gallenblase durchaus normal erschien, ging die 
Kranke schon nach 3 Monaten an Leberkrebs zu Grunde. Die unge- 
heure Malignität des Gallenblasenkrebses lässt es räthlich erscheinen, 
bei Gallensteinoperationen an Personen im Carcinomalter« die 
Gallenblase jedes Mal so weit zu erröffnen, dass man ihr Inneres 
ganz übersehen kann, und bei Vorhandensein irgend welcher Ge- 


ee er 


schwürsbildungen die Gallenblase stets zu entfernen, da man mit 
bloßem Auge keinem Geschwür ansehen kann, ob es nicht der Aus- 
druck eines eben beginnenden Krebses ist. Es wäre in dieser 
Beziehung interessant zu hören, ob Todesfälle an Leberkrebs nach 
wohl gelungener Gallensteinoperation öfters beobachtet sind. Bei 
der ungeheuren Erfahrung über. Gallensteinoperationen, über welche 
die Gesellschaft verfügt, muss sich binnen Kurzem feststellen lassen, 
ob der obige Vorschlag berechtigt ist. (Selbstbericht.) 


70) Holländer (Berlin). Exstirpation der Gallenblase und 
des Ductus cysticus und quere Leberresektion wegen Carcinom. 
Blutstillung durch Luftkauterisation. 


Isolirter harter höckriger Tumor im distalen Theile der Gallen- 
blase. Per continuitatem ist der Krebs so in die Leber hinein- 
gewachsen, dass derselbe als Knoten ca. 4 cm vom oberen freien 
Leberrande aus der Leber herauswächst. Auch an der Unterfläche 
des Lobus quadratus in nächster Umgebung der Gallenblase Krebs- 
knoten. Ein weiterer ca. linsengroßer Knoten in der Wand des 
Ductus cysticus dicht vor seinem Übergang in den Ductus chole- 
dochus. Sonst nirgends Metastasen; keine suspekte Drüsenschwel- 
lungen. Exstirpation der Gallenblase und des Ductus cysticus in 
continuo mit einer Resektion des erkrankten Lobus quadratus der 
Leber; glatter reaktionsloser Heilverlauf. 

Bei der Leberresektion wurde mit promptem Erfolg die vom 
Operateur namentlich für Lupusbehandlung angegebene Luftkauteri- 
sation zum Zwecke der Blutstillung angewendet. Auf Grund seiner 
Erfahrungen empfiehlt derselbe folgendes Vorgehen bei Leberresektion. 
Absteckung des zu resecirenden Stückes durch federnde Klemmen, 
welche nur die Aufgabe haben, die Lebervenen zu komprimiren. 
Resektion mit dem Messer. HeißBluftkauterisation der Schnittfläche 
bis zur vollkommenen Trockenheit, Abnahme der Klemmen. Ver- 
schluss der Bauchhöhle bis auf einen Jodoformgazestreifen. 

Vorzüge der Methode: exakte Blutstillung ohne vorhergegangenen 
Blutverlust und größere Sicherheit gegen Nachblutungen. Genauere 
Orientirung, ob man im Gesunden operirt, gegenüber dem blinden 
Operiren mit dem Paquelin; geringere Malträtirung des Organs 
gegenüber der Schlauchabschnürung, Massenumstechung und Unter- 
bindung; Hinterlassung eines aseptischen Schorfes, welcher sich 
nicht abstößt, gegenüber der Katgutinfektionsgefahr. Zerstörung event. 
Keime in der Schnittfläche durch die thermische Tiefenwirkung. 

Demonstration des Präparates, des Heißluftapparates und der 
Leberklemmen. (Selbstbericht.) 


Diskussion zu 66—70: Hochenegg (Wien) berichtet über 
folgende Fälle: 2 


— 155 —— 


1) Ein 57jähriger Mann mit Lebertumor kam zur Operation. 
Bei der Laparotomie fand H. die untere Hälfte des Tumors mit dem 
Lebergewebe verwachsen. Nach der Lösung heftige Blutung aus 
einer Lebervene, die nach Jodoformgazetamponade stand. Tod 
21/3 Stunden post op. Als Todesursache ergab die Sektion Luft- 
embolien, die aus der Lebervene stammen mussten, und als deren 
Ursache H. die Jodoformgaze beschuldigt. 

2) Bericht über ein Carcinom der Gallenblase, das vor 3 Jahren 
operirt wurde. Erst jetzt ist Pat. einem Recidiv erlegen. 

3) Bericht über einen Fall von Einklemmung eines Gallensteins 
im Ductus choled., der durch Laparotomie entfernt wurde. Die 
Ineisionswunde im Ductus choled. ließ sich nicht vereinigen, so dass 
H. tamponiren musste. Trotzdem schloss sich die Anfangs gebildete 
Gallenfistel sehr bald. 7 Jahre später musste Pat. wegen einer 
Bauchhernie operirt werden und starb im Anschluss hieran an Fett- 
herz. Bei der Sektion ließ sich die ehemalige Wunde im Chole- 
dochus nur noch mikroskopisch nachweisen. 


Riedel (Jena) weist als Ursache von Misserfolgen bei der Chole- 
dochotomie auf die schon inficirte Galle hin. Es lässt sich weder 
vor noch bei der Operation feststellen, ob die Galle schon infieirt 
ist oder nicht. Aseptische Galle kann ohne Schaden in die Bauch- 
höhle gelangen. So erklären sich manche Misserfolge desselben 
Operateurs bei gleicher Technik. R. hat schon 14 Tage nach der 
Einklemmung eines Steins inficirte Galle gesehen. Diese Galle ist 
mit Bakterien und Kokken aller Art durchsetzt. Die Operation ist 
hierbei unschuldig am letalen Ausgang; solchen Kranken ist nicht 
mehr zu helfen. Dieselben sehen übrigens oft auffallend elend und 
kachektisch aus. Jaffé (Hamburg). 


Krause (Altona) hat 3mal größere Keilresektionen der Leber 
vorgenommen, 2mal wegen Carcinoms der Gallenblase, imal wegen 
multilokulärem Echinococcus bei einem 6jährigen Kinde. Es ist 
nöthig, dass man bei allen diesen Fällen sich das Operations- 
feld bequem zugänglich macht. Während die Hände eines oder 
zweier Assistenten den betreffenden Abschnitt der möglichst vor- 
gewälzten Leber komprimiren, kann man mit dem Messer oder der 
Schere den Tumor bequem fast blutlos exstirpiren. Danach ver- 
einigt man die Schnittflächen, ehe die Kompression aufhört, mittels 
stark gebogener, langer Nadeln durch tiefgreifende Katgutnähte. 
Danach bluten auch die langgeschlitzten Venen nicht mehr. Dann 
erst lässt man die Kompression aufhören. Man darf aber beim Zu- 
schnüren der Fäden nicht zu fest anziehen, sonst schneidet man in 
das weiche Lebergewebe ein. Zuletzt näht man oberflächlich die 
Serosa und macht nun die Tamponade. Bei den beiden Carcinom- 
fällen ist die Operation ganz glatt verlaufen ohne Nachblutung. Der 
3. Fall, das Kind, ging am 2. Tage an Collaps zu Grunde; es han- 
delte sich um sehr ausgedehnte Echinokokken. Wie die Sektion 


— 156 — 


zeigte, war der Verband kaum blutig durchtränkt. Heißluftkauteri- 
sation ist unnöthig, und ein großer Vortheil, wenn man frische 
Wundflächen an einander legen kann und nicht verbrannte Gewebe 
zurücklassen muss. (Selbstbericht.) 


Kümmell (Hamburg) empfiehlt zur Abkürzung des Heilungs- 
verlaufs nochmals seine »ideale« Cholecystotomie. Er hat dieselbe 
bis jetzt in 30 Fällen geübt. K. näht Alles mit Katgut. 

Jaffé (Hamburg). 

F. Franke (Braunschweig) zeigt einen Gallenstein, den er aus 
dem Ductus cysticus herausgezogen hat bei einem Manne, dessen 
leberwärts gelegene Gallenblasenwand in einen 200g Eiter fassenden 
Leberabscess aufgegangen war. Der Stein besteht aus glashellen, 
durchsichtigen, schaligen Trümmern eines reinen Cholestearinsteins, 
die die Grundlage für einen neuen Stein abgegeben haben, indem 
sich neue Gallensteinmassen brauner Färbung mit der bekannten 
kleinwarzigen Oberfläche um sie herumgelagert haben. Der Kranke 
war ®/, Jahr vor der Operation mittels Leber- bezw. Gallenblasen- 
massage behandelt worden. Mit Rücksicht auf den schädlichen Ein- 
fluss dieser Art »Chirurgie« widerräth F. dringend die manuelle 
Expression der Gallenblase. (Selbstbericht.) 


Löbker (Bochum) bestätigt die Angaben Riedel’s über die 
Infektion der Galle. Es könne aber auch nachträglich noch eine 
Infektion der Galle stattfinden, wofür L. eine Beobachtung mittheilt. 
Er schließt die Bauchhöhle nicht, gleichviel wie die Gallenblase be- 
handelt wurde, sondern tamponirt stets. Je verdächtiger auf Infektion 
der Fall ist, um so mehr drainirt L. die Gallenblase und legt den 
Tampon um das Drainrohr herum. L. sah 9 Fälle primären Gallen- 
blasencarcinoms nach Gallensteinen. Die Leber ist hierbei fast 
immer am Carcinom betheiligt. Man kann große Keile aus der Leber 
mit der Gallenblase excidiren und den Substanzverlust hernach ver- 
nähen. L. hat nur geringe Blutung gesehen. Die heiße Luft zur 
Blutstillung hat er nicht nöthig gehabt. 

Gersuny (Wien) empfiehlt nach Entfernung der Gallensteine 
die Anlegung einer Schrägfistel nach Witzel. Ist die Asepsis ge- 
sichert, so heilt später nach Excision der Fistel die Wunde in einem 
Tage. Jaffé (Hamburg). 


71) Hildebrand (Berlin. Experimente am Pankreas zur 
Erzeugung von Pankreatitis haemorrhagica und Fettnekrosen. 


H. macht, nach kurzer Erwähnung seiner eigenen früheren Ver- 
suche und der Versuche Hlava’s mit Magensaft, Mittheilung über 
neue Experimente, die er zur Erzeugung von Pankreatitis haemor- 
rhagica und von Fettnekrosen anstellte. Er injicirte Salzsäure, Pep- 
sin in die Substanz des Pankreas, in das Fettgewebe des Netzes, in 
den Ductus pancreaticus. Erfolge hatte er erst, wenn er 1%ige Salz- 


— 157° — 


säure in den Ductus einspritzte und diesen abband. Dann trat eine 
ausgesprochene, sogenannte hämorrhagische Pankreatitis, starke 
Schwellung und Derbheit des Organs mit ausgedehnten Blutungen 
in der Substanz auf. Fettnekrose war nur in geringer Anzahl vor- 
handen und namentlich dicht am Pankreas, da wo an letzterem 
manipulirt worden war. Versuche mit Pepsin führten bis jetzt zu 
keinem Resultate. H. wirft nun die Frage auf, ob es sehr wahr- 
scheinlich ist, dass Magensaft in den Ausführungsgang des Pankreas 
austräte und ferner dass er, wenn auch hyperacid, trotz Galle und 
alkalischem Pankreassekret so stark säurehaltig bliebe, dass er noch 
wirken könne. Er kommt vorläufig zu dem Schluss, dass er dies 
nicht für wahrscheinlich hält und bleibt bei seiner früheren Meinung, 
dass jene Processe die Folge der Einwirkung des gestauten Pankreas- 
sekrets selbst seien. (Selbatbericht.) 


72) M. Wilms (Leipzig). Dermoide und Mischgeschwülste 
des Hoden (embryoide Tumoren). 


Entsprechend den Dermoiden, Teratomen und soliden Teratomen 
des Ovarium, welche unter der Bezeichnung der Embryome und 
embryoiden Tumoren durch W. eine Erklärung ihres Baues und 
ihrer Entstehung gefunden haben, kommen auch im Hoden zwei 
Arten von embryoiden Geschwülsten vor, die bis dahin, unrichtig 
aufgefasst, unter den Namen Dermoide, Teratome, Mischgeschwülste, 
Cystoide, Enchondrome, Cysto-Sarkome und Carcinome rubrieirt 
waren. 

Die Dermoidcysten des Hodens sind niemals reine Haut- 
cysten, sondern Rudimente eines Fötus. In der innerhalb der 
Dermoideyste der Wand aufsitzenden zottenförmigen Bildung findet 
sich regelmäßig unter der dicken, die Zotte bedeckenden Kopfhaut 
eine Gehirnanlage und an deren ventraler Seite das rudimentär 
entwickelte innere Keimblatt in Form von Flimmerepithelkanälen 
mit Schleimdrüsen und Knorpel (Trachealanlage), event. auch 
Darmrudimente. Es entstehen also die zottenartigen, in genannter 
Weise aufgebauten Produkte ohne Ausnahme aus einer drei- 
blättrigen Keimanlage, demnach in letzter Instanz aus einer 
Geschlechtszelle. Jede dreiblättrige Keimanlage, unter abnormen 
Wachsthumsbedingungen in einem engen Raum einer kleinen Cyste 
sich entwickelnd, würde die frühzeitig sich differencirenden Gewebe 
zur Ausbildung bringen, also speciell die Kopfregion und hier wieder 
prävalirend das äußere Keimblatt, Kopfhaut und Gehirn; wie wir 
sehen dieselben Gewebe und Organanlagen, welche wir in den 
Hodendermoiden, eben so wie in den Ovarialdermoiden in der That 
vorfinden. Damit ist die Form dieser Tumoren als eine selbstver- 
ständliche Erscheinung, bedingt durch die Entwicklungsstörung in 
Folge der Wachsthumsbeschränkung erklärt. Eben so ist es unter 
Berücksichtigung dieser Raumbeengung, die im einzelnen Falle sehr 


— 158 —— 


variiren kann, leicht verständlich, warum einmal sich nur eine ganz 
rudimentäre fötale Bildung in Form einer plumpen Zotte mit Kopf- 
haut, Gehirn und Trachealrudiment, das andere Mal sich die Kopf- 
anlage mit Augen, Kiefer, Zähnen etc. ausbildet. 

Neben dieser Form der Embryome, die den Namen Dermoid 
unmöglich beibehalten kann, kommt eine weitere Art von embryoiden 
Tumoren vor, die ebenfalls aus einer dreiblättrigen Keimanlage 
entsteht. Die Keimanlage wächst aber hierbei nicht zu einem Rudi- 
ment eines Fötus aus, sondern die einzelnen Keimblätter gerathen 
schon sehr früh, wahrscheinlich auch in Folge mechanischer Wachs- 
thumstörungen, in Unordnung und wuchern grenzenlos durch einander, 
nachdem sie die normale Gewebsspannung verloren haben. Das 
äußere Keimblatt, welches in dieser Geschwulstgruppe am meisten 
zurücktritt, entwickelt in der Regel nur Kanäle oder Cysten, welche 
mit Epidermis ausgekleidet sind. Ausbildung von vollkommener 
Haut ist sehr selten zu beobachten. Das mittlere Keimblatt bildet 
alle Formen des Bindegewebes, glatte und quergestreifte Muskulatur, 
Knorpel, das innere Keimblatt Kanäle und Cysten mit Cylinder- 
und Schleimepithel und Flimmerzellen. Dabei zeigt sich überall, 
nicht nur an den einzelnen Zellformationen, sondern auch an der 
Gruppirung der einzelnen Gewebe, dass fötale Gewebe und Organe 
sich zu entwickeln bestrebt sind. So gruppiren sich die Flimmer- 
epithelkanäle mit Schleimdrüsen, hyalinen Knorpelinseln und glatter 
Muskulatur zu Rudimenten der Trachea, Schleimeysten mit doppelter 
Schicht glatter Muskulatur und Lymphfollikel zu Darmrudimenten etc. 

Die Flimmerepithelien in diesen Hodentumoren entstehen also 
nicht, wie man allgemein annahm, aus versprengten Keimen des 
Hunter’schen Bandes, die Schleimepithelien sind nicht modificirte 
Hodenepithelien, sondern alle diese Gewebe sind die Produkte der 
Keimblätter einer dreiblättrigen Fötalanlage. 

Diese eigenartige neue Gruppe der Hodentumoren umfasst nun 
nicht nur einzelne komplicirte Mischgeschwülste, sondern, so weit sich 
nach der bis jetzt vorliegenden Litteratur urtheilen lässt, fasst alle jene 
Geschwülste, die bis jetzt unter dem Namen der Cystoide, Enchondrome, 
Rhabdomyome, Cystosarkome und Cystocarcinome beschrieben worden 
sind. Mögen diese Tumoren solid oder cystisch erscheinen, 
maligne sein wie die Cystosarkome oder gutartig wie die Cystoide, 
ihr Ursprung ist immer eine dreiblättrige Keimanlage. Die äußeren 
Differenzen sind nur durch ein qualitativ und quantitativ verschie- 
denes Wachsthum der einzelnen Gewebe bedingt. Tritt die sekre- 
torische Thätigkeit der Schleimzellen frühzeitig in Aktion, so ent- 
steht ein cystischer Tumor, fehlt diese, so resultirt als Produkt der 
Wucherung eine solide Geschwulst. 

Diese beiden genannten Tumorarten, die durch die Unter- 
suchungen Wie als selbständige Geschwulstgruppen sowohl für 
das Ovarium wie für den Testikel sicher gestellt sind, kommen nur 
in den Keimdrüsen vor und sind für diese Organe charakteristisch. 


— 159 — 


Dass speciell Parotistumoren den Hodengeschwülsten ähneln sollen, 
ist absolut unrichtig. Der passende Name für diese Geschwulst- 
gruppen ist der der Embryome oder embryoiden Tumoren. 
Zum Schluss sei noch erwähnt, dass die Bildungen mit fötalen 
Inklusionen nichts zu thun haben. (Selbstbericht.) 


73) Dührssen (Berlin). Über lokale Anwendung des Dampfes 
zur Beseitigung von Gebärmutterblütungen (Vaporisation 
nach Sneguireff). 


D. hat die Anwendung des Dampfes auch bei chirurgischen 
Eingriffen geprüft. Es ist ihm, eben so wie Sneguireff, gelungen, 
an Thieren die Blutung nach Leberresektion bezw. nach Durch- 
schneidung der Art. fermoralis durch die Vaporisation zu beseitigen. 
Er benutzte hierzu den Originalapparat von Sneguireff, doch scheint 
ihm auch der von Pincus angegebene und im medicinischen Waaren- 
haus erhältliche Apparat recht brauchbar. In mehreren ganz ver- 
zweifelten Fällen, die D. zur Vornahme der Totalexstirpation über- 
wiesen waren, gelang es D., die abnormen Blutungen dadurch dauernd 
zu beseitigen, dass nach einer Vaporisation von 2 Minuten Dauer 
eine vollständige Exfoliation der nekrotischen Uterusschleimhaut mit 
Obliteration der Uterushöhle und Atrophie des Uterus eintrat. Kon- 
traindieirt ist diese energische Vaporisation natürlich bei malignen 
Neubildungen, bei Retention von Eiresten, bei jugendlichen Indivi- 
duen. — Indicirt also bei den pathologischen Blutungen der 40iger 
Lebensjahre, die bedingt sind durch chronische Metritis mit oder ohne 
gleichzeitige Wucherung des Endometriums, durch abnorme Brüchig- 
keit der Uterusgefäße, durch kleinere interstitielle Myome. Bei letzteren 
scheint die Methode durch Herbeiführung der Amenorrhoe auch zu 
einer Schrumpfung der Myome zu führen. Bei jugendlichen Indi- 
viduen ist die Vaporisation zur Beseitigung abnormer Blutungen zu- 
nächst nur !/, Minute durchzuführen und mit einer Wiederholung 
bis nach Ablauf der nächsten Menstruation zu warten. Stenosen 
des Cervicalkanals, welche durch die Einwirkung des erhitzten Katheter- 
rohrs auf die es fest umschließenden Cervicalwände entstehen können, 
vermeidet man durch vorherige Laminariadilatation und durch Um- 
kleidung der cervicalen Katheterpartie mit einem Drainrohr. Die 
Vaporisation scheint auch bei der Behandlung der frischen Uterus- 
gonorrhoe und bei lokalisirter puerperaler Endometritis rationell. Sie 
ist entschieden berufen, die Häufigkeit operativer Eingriffe bei den 
genannten, oft lebensgefährlichen Blutungen bedeutend einzuschränken 
und stellt in Folge dessen eine entschiedene Bereicherung der gynä- 
kologischen Therapie dar. (Selbstbericht.) 


— 160 —— 


74) Grosse (Halle). Ein nach dem Rectum perforirtes 
Dermoid des rechten Ovariums. (Entfernung — Heilung.) 


` G. zeigt ein durch Resectio recti gewonnenes Präparat, das von 
einer 36jährigen Frau stammt, die während ihrer 10. Gravidität an 
heftigen Schmerzen im Leibe erkrankte. Bisher war die Frau stets 
gesund und hatte 9mal normal geboren. Seit dem 6. Monat der 
10. Gravidität Beschwerden und Obstipation.e Nach dem Blasen- 
sprung heftige Wehen; doch nicht der Kopf stellt sich ein, sondern 
aus der Analöffnung tritt eine Geschwulst von Apfelgröße, die 
von dem herbeigeholten Arzt incidirt wird. Es entleeren sich reich- 
lich Eiter und reisähnliche Massen. Dann erfolgt normaler Partus. 
Keine weiteren Störungen. Später fortdauernd Obstipation. Es 
kommt jedes Mal nach dem Stuhlgang ein Büschel Haare zur Anal- 
öffnung heraus. 

Die Frau suchte die Hallenser Klinik auf, woselbst ein mit 
Haaren dicht besetztes etwa hühnereigroßes Dermoid, das nach dem 
Rectum perforirt war, operativ entfernt wurde. Heil: 

(Selbstbericht.) 


75) Kölliker (Leipzig). Erworbener Hochstand der Scapula. 


K. hat einen Fall von erworbenem Hochstand des Schulter- 
blattes beobachtet und bespricht an der Hand eines Präparates diese 
Deformität. 

Der erworbene Hochstand des Schulterblattes ist eine rachitische 
Deformität und besteht in einer Umkrümmung des Schulterblattes 
nach vorn verbunden mit Verlängerung und Verbreiterung des 
Rabenschnabelfortsatzes und Änderung der Stellung der Gelenkpfanne, 
die mehr nach vorn hin gerichtet ist. Klinisch giebt sich die Defor- 
mität folgendermaßen kund: Die Scapulae stehen abnorm hoch, die 
unteren Schulterblattwinkel stehen stark ab, die Schultern sind nach 
vorn, innen und besonders nach unten gesunken, der laterale 
Cucullarisrand springt stark vor, die untere Halsgegend ist ver- 
breitert, die Supraclaviculargruben sind vertieft, wie überhaupt die 
ganze Brust tief eingesunken erscheint, während die sternalen Enden 
der Schlüsselbeine stark vorspringen; der Rabenschnabelfortsatz lässt 
sich als breiter, langer Knochen leicht abtasten, die oberen inneren 
Schulterblattwinkel stehen hart oberhalb der Claviculae. Störung 
der Funktion besteht in so fern, als der Arm im Schultergelenk nur 
knapp bis zur Horizontalen erhoben werden kann. 

Was die Therapie anbelangt, so ist für leichtere Fälle ein 
Apparat zu empfehlen, der die Schulterblätter durch elastische Züge 
nach hinten und unten zieht. Bei schwereren Fällen ist der Apparat- 


behandlung die Resektion des Processus coracoideus vorauszuschicken. 
(Selbstbericht.) 


saniel ae 


16) W. Müller (Aachen) zeigt einen wegen habitueller 
Schulterluxation resecirten Humeruskopf von einem jungen 
Manne. . Das Präparat weist einen als typisch zu bezeichnenden 
Defekt auf an der hinteren lateralen Partie. Solche Defekte wurden 
in einem namhaften Theile der untersuchten Fälle beschrieben. 
Über die Genese derselben herrschen 2 Ansichten. Die Einen 
(Löbker, Riedinger) fassen sie als Folge allmählicher Ausschleifung 
auf, die Anderen (Volkmann, Cramer) führen sie auf Frakturen 
zurück. Freie Gelenkkörper fanden sich dabei, sie fehlten aber auch 
öfters. Das vorliegende Präparat beseitigt jeden Zweifel, dass es sich 
hier um traumatische Entstehung des Defektes handelt, da sich 
gleichzeitig ein freier Gelenkkörper im Schultergelenk fand, welcher 
genau das Positiv zu dem erwähnten Defekt darstellt. Ob es sich 
um Fraktur oder aber vielleicht um nachträgliche Lösung eines 
kontundirten Abschnittes des Kopfes handelt, wagt Vortr. nicht zu 
entscheiden, giebt aber beide Möglichkeiten zu. 
(Selbatbericht.) 


77) Felix Franke (Braunschweig). Über die operative Be- 
handlung der Radialislähmung (mit Demonstration). 


F. hat mit Befriedigung bemerkt, dass die von ihm auf dem 
vorjährigen Kongresse durch Demonstration eines mittels Sehnen- 
überpflanzung geheilten Falles von Pes varo equinus paralyticus ge- 
gebene Anregung zur Vornahme von Sehnenüberpflanzung auf frucht- 
baren Boden gefallen ist. Er hat die Methode, wie er schon damals 
andeutete, jetzt auch in 2 Fällen von Radialislähmung bei spinaler 
bezw. cerebraler Kinderlähmung angewandt, aber sie kombiniren 
müssen mit Sehnenverkürzung. Das Resultat ist den Verhältnissen 
entsprechend ausgezeichnet, wie die vorgestellten Kinder beweisen. 
Die Operation bestand in Verkürzung der Sehne des Extensor carpi 
radialis und Verbindung des centralen Theils der durchschnittenen 
Sehne des Flexor carpi ulnaris mit der des Extensor digitorum 
communis longus. Der Extensor pollicis war nicht ganz gelähmt, 
brauchte daher nicht ersetzt zu werden. Die Lähmung des Supinator 
wurde ausgeglichen durch eine Spiralschiene. F. weist weiter darauf 
hin, dass nach seiner Erfahrung an einem Falle von spastischer 
Lähmung die Verbindung der Sehnenüberpflanzung mit Sehnen- 
verlängerung gute Erfolge giebt. (Selbstbericht.) 


78) Hoffa (Würzburg). Über habituelle Luxationen im 
unteren Radio-Ulnargelenk. 
H. lenkt die Aufmerksamkeit auf die habituellen Luxationen 
im unteren Radio-Ulnargelenk und auf die Behandlung derselben und 
theilt kurz 3 in den letzten Jahren beobachtete Fälle mit, da die 
Chirurgen-Kongress 1899. 41 


— 162 — 


Funktionsstörung in allen 3 Fällen eine sehr beträchtliche, und der 
Grund für diese Funktionsstörungen von den behandelnden Ärzten 
nicht erkannt war. 

Im ersten Falle handelte es sich um eine Luxation im unteren 
Radio-Ulnargelenk, die sich eine 17 Jahre alte Pat. durch Heben 
eines vollen Wasserkübels zugezogen hatte. Die Verletzung wurde 
für eine Sehnenscheidenentzündung gehalten. Wegen bleibender 
Schwäche im Arm kam Pat. in die Klinik, wo der Befund folgender- 
maßen fixirt: das Capitulum ulnae sprang nach der dorsalen Seite des 
Handgelenks vor. Bei Druck auf das Ulnaköpfchen ging dasselbe 
deutlich in seine richtige Stelle zurück, und konnte man es zwischen 
2 Fingern fassend bequem am unteren Radiusende vorbei auf- und 
abschieben. 

Der zweite Fall betrifft einen 15 Jahre alten Knaben, der sich 
vor ca. 1 Jahr durch Fall auf die dorsalflektirte linke Hand eine 
Fraktur im mittleren Drittel des Radius zuzog. Trotzdem diese glatt 
heilte, blieb eine dauernde Störung in der Funktion des Armes zu- 
rück. Alle Versuche, wie Massage, Duschen, Schienenverband, trotzten 
der Behandlung. Nach dem in der Klinik am 11. Februar 1898 vor- 
genommenen Befund lag zweifellos eine Luxation im unteren Radio- 
Ulnargelenk vor, die ohne Zweifel seit dem Radiusbruch bestand und 
durch Röntgenbild bestätigt wurde. 

Der dritte Fall betrifft eine Krankenschwester, die sich durch 
Fall auf die Hand eine Luxation im Radio-Ulnargelenk zuzog, welche 
genau das Bild der bei Supination der Hand recidiverender Luxation 
wie im zweiten Falle giebt. 

Die Behandlung in allen 3 Fällen geschah nun in der Weise, 
um die Funktionsstörung zu beseitigen und dem Ulnaköpfchen wieder 
einen festen Halt zu geben, dass ein Doppelschnitt gemacht, das Ge- 
lenk eröffnet und die beiden Knochen mit 3 tiefen, das Periost 
beider Knochen fassenden Nähten an einander geheftet wurden. Der 
Erfolg war in allen 3 Fällen ein ausgezeichneter, denn schon nach 
kurzer. Zeit, 14 Tage bis 3 Wochen, konnten sämmtliche Kranke 
ihren Arm wieder völlig gebrauchen. 

Daher empfiehlt H. auf Grund der erreichten schnellen Dauer- 
erfolge, bei vorhandener Funktionsstörung die oben angegebene Therapie 
einzuschlagen, weil seiner Ansicht nach der Erfolg ein sicherer und 
einfacherer ist als, wie Meyer es vorschlägt, eine besondere Retentions- 
bandage anfertigen zu lassen. (Selbstbericht.) 


79) G. Schütz (Berlin). Demonstration zweier Fälle von 
Verrenkung mehrerer Mittelhandknochen. 

Die gleichzeitige Luxation mehrerer Carpometacarpalgelenke ist 

eine außerordentlich seltene Verletzung, während die isolirte gleiche 


Luxation am Daumen verhältnismäßig häufig vorkommt. In den 
älteren Handbüchern der Chirurgie (Richter 1833, Rust 1834) wird 


— 163 —— 


diese Form der Luxation für unmöglich erklärt wegen der Festigkeit 
der Bänder. und der Straffheit der Gelenke (Amphiarthrosis). Erst 
1856 ist durch Vigouroux eine dorsale Luxation der 4 Mittelhand- 
knochen beschrieben, später je 1 ähnlicher Fall von Erichsen, 
Rivington und Gillette (1875); die Fälle von Tillaux (1875) 
und Poulet (1884) zeigten nur eine Subluxation derselben Gelenke. 
Die vollständigste Beschreibung dieser Verletzungen giebt Orillard 
in der Gaz. des höpitaux (1893 Oktober 7). Gemeinsam ist allen 
diesen Fällen die Entstehung durch eine starke mechanische Gewalt 
(Maschinen, Geschosse etc.); häufiger ist die dorsale als die volare 
Form der Luxation wegen der konischen Form und der gewölbe- 
artigen Zusammenfügung der Mittelhandknochen, deren Basis eine 
breitere Fläche dem Handrücken und eine schmalere Fläche der 
Hohlhand zuwendet. y 

Fall I bietet das typische Bild der Luxatio dorsalis articulationis 
carpometacarpeae II, III et IV und Luxatio volaris articulationis 
carpometacarpeae V. : 

Der 25jährige, kräftigeMann, Maschinenmeister in einer Druckerei, 
kam vor 10 Monaten mit seiner linken Hand zwischen Fundament und 
Stahleylinder einer im Gang befindlichen Steindruckschnellpresse. Die 
Hand wurde, auf der ulnaren Kante stehend, so fest zusammengepresst, 
dass die starke Haut der Palma platzte, die basalen Bänder der 
Mittelhandknochen rissen und die letzteren mit ihrer Basis auf den 
Rücken der vorderen Reihe der Handwurzelknochen zu liegen kamen; 
die Basis des Kleinfinger-Metacarpus verlagerte sich nach der Volar- 
seite des Carpus. Die Hand ist um 2 em verkürzt, stark verdickt 
und erscheint zusammengestaucht. In der Mitte des Carpus auf dem 
Handrücken bilden die Basen der Metacarpalknochen des Zeige-, des 
Mittel- und des Ringfingers einen starken Vorsprung, während die 
Basis des V. Metacarpus volarseits schräg nach dem Ring- und dem 
Mittelfinger zu dislocirt ist. Die luxirten Mittelhandknochen sind 
in der Längsrichtung verschieblich, und es lässt sich durch starken 
Zug am vorderen Ende der Mittelhand bezw. an den Fingern die 
Verkürzung der Hand um 1—1,5 cm ausgleichen. Die Reposition, 
welche in frischen Fällen leicht gelingen soll, fand in der starken 
Narbenspannung der Volarhaut ein unüberwindliches Hindernis; 
jeder operative Eingriff wird verweigert. Die verbliebenen Funktions- 
störungen bestehen in aufgehobener Beugefähigkeit der Fingergrund- 
gelenke und in Beugekontraktur der Fingerendgelenke; die Hand 
kann nicht, zur Faust geschlossen werden, vielmehr beträgt bei größt- 
möglicher aktiver Fingerbeugung die Distanz der Fingerspitze von 
der Vola beim Zeigefinger 2 cm, beim Mittelfinger 3 cm, beim Ring- 
finger 6 cm, und beim Kleinfinger 4 cm. Der Daumen ist frei, eben 
so das Handgelenk. 

Fall II zeigt Luxatio articulationis carpometacarpeae I (pollicis) 
et II, Subluxatio articulationis carpometacarpeae III et IV und ist 
in nahezu gleicher Weise entstanden wie der I. Fall. 

11* 


— 164 — 


Der 19jährige Maschinenmeister gerieth vor 7 Monaten mit seiner 
rechten Hand gleichfalls in eine Buchdruckschnellpresse, in der die 
Hand stark zusammengedrückt, die Volarhaut gesprengt und sämmtliche 
Mittelhandknochen mit Ausnahme des letzten aus ihren normalen 
Gelenkverbindungen mit dem Carpus gelöst wurden. Der Daumen ist 
dabei seitlich, radialwärts dislocirt und an der radialen Seitenfläche des 
Os multangulum maj. ca. 1 cm hinaufgeschoben. Der Metacarpus II 
ist dorsal luxirt und ruht mit seiner Basis auf der dorsalen Fläche 
des Multangulum min. auf. Die Metacarpi III et IV sind dorsal sub- 
luxirt. Die stark deformirte Hand steht ulnarflektirt, die Finger- 
grundgelenke leicht überstreckt; die aktive Beugung dieser Grund- 
gelenke ist aufgehoben. Der Daumen kann nicht genügend gestreckt 
und abducirt werden. Die Dorsalflexion im Handgelenk ist bis auf 
20° herabgesetzt, während die Volarflexion frei ist. Die Hand ist kraft- 
los, vermag nur zwischen Daumen und Zeigefinger leichte Gegen- 
stände zu fassen; die Muskulatur des Unterarmes ist abgemagert. 
Die Reposition, unmittelbar nach der Verletzung unterlassen, ist jetzt 
nur noch auf operativem Wege möglich, wozu sich der Pat. noch 
nicht entschließen kann. (Selbstbericht.) 


80) Sprengel (Braunschweig). Über die traumatische Lösung 
der Kopfepiphyse des Femur und ihr Verhältnis zur Coxa vara. 


Vortr. hatte in letzter Zeit Gelegenheit, 2 veraltete Fälle von 
traumatischer Lösung der Kopfepiphyse des Femur zu behandeln und 
durch Resektion oberhalb des großen Trochanters die Präparate zu 
gewinnen. i 

Die Fälle erhalten dadurch ein besonderes Interesse, dass sie 
die typischen Symptome der Coxa vara darboten. Beide Male fand 
sich Hochstand des Trochanter, Außenrotation, Bewegungshemmung. 
In beiden Fällen wurde zunächst jedes Trauma geleugnet. Erst 
nachdem durch die Operation die Präparate gewonnen und an ihnen, 
namentlich mit Hilfe von Röntgen-Photogrammen, die von ausge- 
sägten frontalen Knochenscheiben genommen wurden, die Epiphysen- 
lösung mit Sicherheit festgesellt war, konnte durch nochmaliges ge- 
naues Nachforschen ein leichtes Trauma nachgewiesen werden. 

S. ist der Ansicht, dass nach diesen Erfahrungen eine sichere 
Unterscheidung zwischen alter traumatischer Epiphysenlösung und 
Coxa vara (speciell der von Kocher so bezeichneten Form) auf Grund 
der bisher angenommenen Kennzeichen nicht möglich ist. Man wird 
gut thun, die Möglichkeit einer Epiphysentrennung mehr, als anschei- 
nend bisher geschehen ist, im Auge zu behalten. Will man die be- 
schriebenen Fälle unter den Begriff der Coxa vara einreihen, was nach 
dem klinischen Bilde erlaubt ist, so müsste man sie als Coxa vara 
traumatica bezeichnen. 

Therapeutisch empfiehlt Vortr., sich nicht principiell für die 
eine oder andere der vorgeschlagenen Operationsmethoden, Resektion 


— 165 —— 


oder Östeotomie im Schenkelbals, zu entscheiden, sondern je nach 
Umständen zu verfahren. Ist ein operatives Verfahren angezeigt, so 
thut man gut, von einem von Vortr. als Beckenrandschnitt bezeich- 
neten großen Winkelschnitt aus die Hüftgelenksgegend freizulegen 
und nach dem Befund die Osteotomie im Schenkelhals oder Resektion 
auszuführen. (Selbstbericht.) 


Diskussion: Hofmeister (Tübingen) weist darauf hin, dass 
nicht nur unter solchen komplicirten Verhältnissen das Röntgenbild 
keinen Aufschluss giebt, sondern dass auch bei gewöhnlichen Fällen 
von Coxa vara sehr leicht Irrthümer unterlaufen können. H. zeigt 
an einer Reihe von Röntgenaufnahmen, wie verschiedene Bilder bei 
ein und derselben Hüftaffektion zu Stande kommen, je nach der 
Lage des Beines und der Stellung der Lampe. Es ist daher prak- 
tisch wichtig, die Aufnahme stets bei der gleichen Stellung der 
Lampe und des Beines, am besten Mittelstellung oder Innendrehung, 
zu machen. ` E. Martin (Köln). 


Joachimsthal (Berlin) weist an der Hand einiger Röntgen- 
bilder darauf hin, dass man bei Kranken mit Coxa vara, um einen 
guten Überblick über die Verhältnisse des Schenkelhalses zu ge 
winnen, eben so wie dies König für gewisse Fälle von angeborener 
Hüftverrenkung empfohlen hat, Aufnahmen bei möglichst einwärts 
rotirtem Oberschenkel zu machen habe. J. berichtet fernerhin über 
eine Form von Coxa adducta, die er an Präparaten von schlecht 
geheilten Brüchen der Diaphyse des Femur gefunden hat. Nimmt 
hier das untere Fragment eine Adduktionsstellung zum oberen an, so 
verkleinert sich auch der Winkel, den Schaft und Hals des Ober- 
schenkels mit einander bilden, ev. bis zu einem Winkel von 100°. 
Es ergiebt sich hiermit ein neues Beispiel für die von J. Wolff an 
einer großen Zahl von Präparaten erwiesene Thatsache, dass bei 
schief geheilten Frakturen und anderen Deformitäten Veränderungen 
zweckentsprechender Natur, beispielsweise der Markhöhlenform, an 
weit von der Bruchstelle entfernten Knochenpartien sich abspielen. 

(Selbstbericht.) 


81) Doyen (Paris). Neue Methode zur blutigen Einrichtung 
der angeborenen Hüftgelenksluxation. 

D. bespricht eine neue Methode der blutigen Reduktion der 
angeborenen Hüftgelenksluxation, welche bei Fällen bis zum 18. oder 
20. Lebensjahre und darüber anwendbar ist. 

Die Operation umfasst drei Akte: 

1) Die Loslösung des Femurkopfes. 
2) Die Wiederherstellung der Pfanne. 
3) Die Einrenkung. 


— 166 — 


1). Die Loslösung des Schenkelkopfes. 


Die Pseudarthrose wird freigelegt durch einen senkrecht auf 
den inneren Rand des Musculus tensor fasciae latae geführten Schnitt, 
welcher, im Bogen nach hinten verlaufend, unter der Spina anterior 
superior bis in die Nähe des Schenkelkopfes geht. — Nach Durch- 
trennung des Muskels und seiner Aponeurose wird die Kapsel er- 
öffnet, reseeirt-und der Schenkelkopf im ganzen Umfange des Halses 
freigelegt. i 

Die wahre Gelenkpfarine wird jetzt mit Hilfe eines Wundhakens 
unter der Sehne des Musculus rectus femoris sichtbar gemacht. 


_ 2) Wiederherstellung der Pfanne. 


D. -setzt jetzt auf die Stelle der Pfanne einen schneidenden 
Hohlcylinder, an dessen unterem Ende sich 4 gekrümmte Zähne 
befinden, die so arbeiten, dass sie das die Gelenkpfanne ausfüllende 
Gewebe in schmalen Spänen heraushobeln. Wird jetzt. die Röhre 
in der gegebenen Richtung gedreht, so wird der Knochen ent- 
sprechend ausgehöhlt, und die Späne steigen aufwärts in das Rohr, 
Man fühlt bald einen Widerstand: die Schabfläche des Instruments 
hat die harte Knochenlamelle erreicht, welche die Wand der Becken- 
höhle bildet. — Die Oberfläche der Pfanne wird jetzt polirt, indem 
man den Tubus in umgekehrter Richtung dreht. — 


3) Einrenkung des Femurkopfes. 


Die Einrichtung ist sehr leicht bei kleinen Kindern. — D. macht 
sie in der folgenden Weise: der Assistent zieht an der unteren 
Extremität, der Operateur drückt mit seinen beiden Daumen zu- 
gleich auf den großen Trochanter und den Schenkelkopf und be- 
fördert den letzteren in die Pfanne. 3 

Wenn die Reposition nicht beim ersten Versuch gelingt, führt 
man sie mit dem vorgezeigten Apparat aus; — eben so immer bei 
älteren Pat. 

Dieser Apparat, der direkt auf das obere Femurende wirkt, und 
welcher den Maximaleffekt der angewendeten Kraft zu erzielen 
gestattet, besteht aus einer nur um die senkrechte Achse drehbaren 
Hauptstütze, an deren oberem Ende ein horizontal gestellter Arm 
gleitet. Dieser Arm, der sich nicht drehen kann, endet in einer 
quergestellten cylindrischen Manschette. Durch diese hindurch geht 
ein starkes Schraubengewinde, dessen eines Ende den senkrecht 
verschiebbaren Repositionsstab aufnimmt, welcher unten löffelförmig 
endigt. 

e Air diesem Löffel wirkt man auf den Schenkelkopf oder den 
großen Trochanter. 

An dem oberen Ende des Repositionstabs setzt sich ein Hebel 
an, am hinteren Ende des Schraubengewindes ein kräftiges Schrau- 
benrad. 


— 167 — 


Der Pat. wird horizontal gelagert, die Symphysis oss. pub. mit 
der Haupistütze des Apparats in Kontakt gebracht. 

Das Becken wird auf einem mit zahlreichen, symmetrisch an- 
geordneten Löchern durchbohrten Brette fixirt mit Hilfe von 6 bis 
8 Holzstäbchen, welche die Beckenschaufeln umrahmen. — Der Arm 
des Apparats, welcher das Schraubengewinde trägt, wird auf die 
gewünschte Länge ausgezogen und der Löffel an den großen Trochanter 
oder den Femurkopf angelegt. Man dreht jetzt den ganzen Apparat 
15—25° um seine Achse und stellt das Schraubengewinde so, dass 
es den Femurkopf nach der Pfanne dirigirt. 

Dann dreht man langsam das Rad, welches das Schrauben- 
gewinde anzieht. — Wenn der Schenkelkopf hierdurch genügend 
herabgedrückt ist, führt man am Hebel des Repositionsstabes eine 
Rotationsbewegung nach innen aus, der Kopf gleitet leicht in die 
Pfanne, und der Repositionsapparat wird in toto herausgehoben. 
Das Operationsfeld wird mit schwacher Karbollösung gewaschen, 
ausgetupft, und die Wunde genäht. Ein Glasdrain wird in den 
unteren hinteren Wundwinkel eingelegt und die Naht mit sterili- 
sirten Kompressen bedeckt. f 

Für die Anlegung der Binden und die Anfertigung des Gips- 
verbandes wird der Pat. auf einen allseitig zugänglichen Metall- 
rahmen aus beweglichen Stäben gehoben. Bis der Verband trocken 
ist, bleibt der Pat. auf der Bahre, nur mit Stützen unter Schultern 
und Füßen. — Der Gipsverband muss vom Thorax bis unter das 
Kniegelenk. gehen. — Das operirte Glied wird in leichte Abduktions- 
stellung gebracht. 

Dieser Verband wird am nächsten Tage vorn mittels zweier 
eingegipster Metallstäbe verstärkt, und für den Verbandwechsel 
wird ein Fenster eingeschnitten. Passive Bewegungen werden um 
die 3. oder 4. Woche begonnen. 

Dieser Einrichtungsmodus der angeborenen Hüftgelenksluxation 
ist den bisher angewandten Methoden weit überlegen: 1) durch die 
Art der, Wiederherstellung der Gelenkpfanne, welche bisher die An- 
wendung von Meißeln, scharfen Löffeln und anderen schwer und 
mühsam hantirbaren Instrumenten erforderte. 2) Mit dem mechani- 
schen Repositionsapparat können schwere Fälle, selbst bei Erwach- 
senen, operirt werden. 

Außerdem kann die Wunde primär vernäht werden, da die 
Operation von kurzer Dauer ist und glatte Wundverhältnisse schafft. 
Die primäre Vernähung ist für die Erreichung einer guten Beweg- 
lichkeit im Gelenk bedeutend günstiger als die Tamponade. 

Die bei Dis Operationen entfernten Kapselreste waren 5—6 mm 
dick, die Knochenmasse, die er zur Bildung der neuen Pfanne ent- 
fernen musste, war fast so groß als der Femurkopf. Er kann dess- 
halb nicht verstehen, wie man auf unblutigem Wege die Reposition 
ausführen will. Selbst wenn es möglich wäre, den Schenkelkopf 


— 168 —— 


genügend herabzuziehen, kann man ihn doch nicht in eine Pfanne 
bringen, die gar nicht existirt, sondern vollständig obliterirt ist. 
Die blutige Einrichtung ist desshalb das einzige wirksame Ver- 
fahren bei der angeborenen Hüftgelenksluxation. 
Die neue Methode ermöglicht, diese Operation mit einer bis- 
her nicht erreichten Sicherheit und Vollkommenheit auszuführen. 
(Selbatbericht.) 


82) Rosenberger (Würzburg). Über operative Behandlung 
der Refrakturen der Patella. 


R. stellt einen Mann vor, bei dem er am 30. Juli 1896 wegen 
Refraktur der Patella eine knöcherne sehnige Plastik ausgeführt 
hatte. Der Mann hatte im Januar 1895 zum ersten Male die rechte 
Patella gebrochen und im Oktober desselben Jahres die bindegewebige 
Vereinigung wieder aus einander gerissen. 8 Monate später kam er, 
von der Berufsgenossenschaft als vollständig erwerbsbeschränkt erklärt, 
in die Behandlung Bis 

Das Bein war hochgradig abgemagert. Pat. ging mit einem 
Stocke. Das Kniegelenk konnte gar nicht gebraucht werden, beim 
Gehen wurde das Bein als Ganzes durch eine Drehung am Becken 
nach vorn gestellt. Die Diastase der Bruchenden betrug 7 cm, das 
Ligamentum patellae war auf eine Länge von 1,5 cm zusammen- 
geschrumpft, während das der anderen Seite eine Länge von 5 cm 
aufwies. 

Zunächst wurde versucht, durch Massage die atrophische Mus- 
kulatur des ganzen Beines, speciell aber die des Quadriceps zu 
kräftigen, was nur sehr allmählich und in sehr geringem Grade gelang. 

Von der Ansicht ausgehend, dass ein geschrumpfter Muskel 
sich von selbst wieder regelt, wenn es gelingt, eine sehnige Verbindung 
mit dem Ansatzpunkt herzustellen, verfuhr R. folgendermaßen: Mit 
einem Längsschnitt, der im unteren Drittel des Oberschenkels begann, 
über die Mitte der gebrochenen Patella nach unten führte und bis 
unter die Tuberositas tibiae reichte, wurden die beiden Bruchenden 
mit der bindegewebigen Zwischensubstanz bloßgelegt. Alsdann 
wurde ein Skalpell ungefähr 1 cm oberhalb des oberen Randes der 
Patella quer auf die Sehne des Quadriceps angesetzt und gegen 
den Rand der Patella geschnitten, aber nicht durch die ganze 
Dicke der Sehne, sondern in schräger Richtung von oben nach 
unten, so dass das Skalpell etwa in der Mitte der Sehne am Patel- 
larrand ankam. Dadurch wurde ungefähr ein 1 cm langes Sehnen- 
stück abgetrennt. In diesem Schnitt wurde nun eine Stichsäge 
angesetzt und das obere Bruchende in der Mitte quer von oben 
nach unten durchsägt. Sobald die Säge am unteren Rand, be- 
ziehungsweise am Beginn der bindegewebigen Zwischensubstanz 
ıngekommen war, wurde mit dem Sägen ausgesetzt und die abgesägte 
Knochenplatte nach unten umgeschlagen. Auf diese Weise blieb die 


— 169 — 


abgesägte Knochenplatte mit der bindegewebigen Zwischensubstanz 
in Verbindung und dadurch ernährt. 

In derselben Weise wurde dann am unteren Bruchstück vor- 
gegangen. Es wurde dort zuerst wieder ein Stück vom Ligamentum 
patellae gegen den unteren Rand des unteren Bruchstücks ab- 
geschnitten, dann in diesem Schnitt das Bruchstück von unten nach 
oben quer durchsägt und in derselben Weise nach oben umgeklappt, 
wie es beim oberen nach unten geschah. Nachdem beide Knochen- 
platten gegen einander umgeschlagen waren, berührte der Rand des 
abgeschnittenen Theils der Quadricepssehne den Rand des abge- 
trennten Theils des Ligamentum patellae. Mit aseptischer Seide 
wurden diese beiden sehnigen Ränder quer herüber zusammengenäht, 
und auf diese Weise war eine theils knöcherne, theils sehnige Ver- 
bindung zwischen Musculus quadriceps und seinem Ansatzpunkt, 
der Tuberositas tibiae, hergestellt, während die darunter liegende 
bindegewebige Zwischensubstanz erhalten blieb. Man könnte den 
Eingriff eine osteotendinöse Verlängerung des Musculus quadriceps 
nennen. 

Zum Schluss wurde der Hautschnitt vernäht, ein aseptischer 
Verband angelegt, das Bein in einen Blechstiefel gebracht und 
hoch gelagert. i 

Die ganze Operation wurde unter Esmarch’scher Blutleere 
ausgeführt, der Schlauch erst nach Anlegen des aseptischen Ver- 
bandes entfernt. 

Pat. blieb über 5 Wochen im ersten aseptischen Verband und 
im Ganzen 6 Wochen rubig liegen. 

Das Gelenk kann um einen Winkel von 70° gebeugt werden, 
und vermag Rubrikat mit erhobenem Bein 4—5mal freie Beugungen 
und Streckungen hinter einander auszuführen. Er ist zu 50% erwerbs- 
fähig erklärt und dient seit einem Jahre wieder bei einem Bauern. 

Bei einem anderen Pat. mit Refraktur der Patella, der am 
7. Nov. 1897 operirt wurde, war die Diastase geringer, und genügte 
es desshalb, nur das obere Bruchstück quer zu durchsägen und nach 
unten zu schlagen. Das Sehnenstück vom Quadriceps wurde in 
diesem Falle an das Periost des unteren Bruchstücks angenäht. 
Auch dieser Pat. geht jetzt seiner Beschäftigung als Viehhändler 
wieder nach. 

In einem 3. Falle gelang es, die Bruchenden an einander 
zu bringen, und wurde desshalb in diesem Falle von einer Plastik 
abgesehen. (Selbstbericht.) 


83) Ingenieur M. Levy (Berlin) demonstrirt eine von ihm kon- 
struirte einfache Röntgeneinrichtung, welche insbesondere den Bedürf- 
nissen des praktischen und Specialarztes so wie der Kriegschirurgie 
angepasst ist. Sämmtliche zur Diaskopie und Diagraphie erforder- 
lichen Einzelapparate sind in einem auf Rollen fahrbaren kasten- 


= 10 eee 


artigen, hübsch ausgestatteten Schrank untergebracht. Die An- 
ordnung bietet folgende Vortheile: 

Der Apparat wird fix und fertig montirt versandt, ist jederzeit 
betriebsbereit, nimmt wenig Raum ein, kann in jedem Sprechzimmer 
untergebracht oder ans Krankenbett transportirt werden, ist in seinen 
einzelnen Apparaten gegen Beschmutzung und Beschädigung geschützt, 
kann an allen Stellen äußerlich berührt werden; die Ein- und Aus- 
schaltung der Röhre geschieht mittels eines einfachen, von außen 
zu handhabenden Handgriffes. Die Handhabung ist daher eben so 
einfach, wie die der bekannten Instrumentarien für Galvanisation, 
Faradisation etc. (Selbstbericht.) 


84) Levy-Dorn (Berlin). Eine Vorrichtung zum Schutz des 
Untersuchers gegen X-Strahlen und zur Erzielung scharfer 
Bilder‘. 


Angesichts der Thatsache, dass die Röntgenstrahlen unter Um- 
ständen schädlich wirken können, entsteht für Alle, welche sich 
häufig und lange mit ihnen beschäftigen müssen, die Aufgabe, an 
Schutz dagegen zu denken. Ganz besonders trifft dies für Unter- 
suchung mit Fluorescenzschirm zu. 

Bei der gewöhnlichen Art der Einrichtung befindet sich das 
Röntgenrohr frei in einer Holzklemme des Stative. Die Strahlen 
treffen nirgends auf ein Hindernis außer dort, wo sie durch den 
Untersuchungsgegenstand schreiten, welcher sie aber auch nur un- 
vollständig zurückhält. Der Beobachter ist also fast schutzlos den 
Strahlen preisgegeben. 

Es liegt der Gedanke nahe, das Bild durch geeignet aufgestellte 
Spiegel aus dem Bereich der X-Strahlen herauszuwerfen, um durch 
sie unbehelligt zu bleiben. Aber solche Einrichtungen fallen zu 
umständlich aus, als dass sie sich bei Untersuchung großer Objekte 
bewähren können. 

Der Apparat, welchen L.-D. konstruirt hat, und der von jedem 
Drechsler leicht nachgemacht werden kann, beruht auf dem Princip, 
die Strahlen nach Möglichkeit vom Beobachter abzublenden. 

Das Rohr befindet sich in einem besonderen Kasten an einer 
verstellbaren Klemme befestigt. Die der Antikathode gegenüber- 
liegende Wand ist mit einer 4 mm dicken Bleiplatte belegt, aus 
deren Mitte eine Scheibe von 12 cm Durchmesser ausgeschnitten 
ist. Die Öffnung kann durch eine einfache Blende (2 leichte über 
einander verschiebbare Rechtecke) nach Belieben verengt werden. 
Auf dem parallel zur Blendöffnung gehaltenen Fluorescenzschirm 
wird beim Betrieb des Rohres eine aufleuchtende Scheibe entstehen, 
die den Gang der unbehinderten Strahlen verräth., Um nun den 


1 Vgl. Zeitschrift für Krankenpflege 1898. April. p. 95. 


— 11 — 


Beobachter auch gegen diese zu schützen, ist am Schirm über der 
Fluorescenzschicht eine 9 mm dicke Spiegelglasscheibe befestigt, welche 
die Fluorescenzstrahlen leicht hindurchlässt, aber den X-Strahlen 
erheblichen Widerstand bietet. 

Die auf dem Holzrahmen des Schirms lastende Scheibe bringt 
noch nebenbei 2. Vortheile. Sie wirkt dem sogenannten Werfen des 
Rahmens, einer Folge des Austrocknens des Holzes, entgegen und 
sie stellt eine stets bereite Fläche für das Aufzeichnen der Schatten- 
kontouren mittels Fettstift dar. 

Am Rahmen des Schirms lässt man vortheilhaft noch 2 seitliche 
Handhaben anbringen, damit die Finger, welche ihn halten, immer 
möglichst weit vom Rande abstehen und sich im Schatten, von der 
Blendöffnung entfernt, befinden. Die Grundfigur des Kastens bildet 
ein Würfel von 26,5 cm Länge. 

Damit ohne Unbequemlickeit von der Durchstrahlung (mit Hilfe 
des Schirms) zur Photographie übergegangen werden kann, sind am 
Kasten 2 Paar Holzhaken angebracht. Er kann dadurch, ohne dass das 
Rohr herausgenommen und aus seinen Verbindungen gelöst zu 
werden braucht, hinter einander so aufgehängt werden, dass das eine 
Mal die Strahlen horizontal, das andere Mal von oben nach unten 
gerichtet sind. 

Die beschriebene Vorrichtung ist auch zu benutzen, wenn es gilt, 
schärfere Bilder zu erzielen. Bekanntlich erzeugen die X-Strahlen 
überall, wo sie hintreffen, sei es auf das Glas der Röhre, die Luft- 
molekel, die Fleischtheile des Körpers oder die Unterlage, auf welcher 
der Pat. liegt, neue Ausstrahlungsherde. Könnten wir die X-Strahlen 
sehen, so würden sie uns, um ein Bild Röntgen’s zu gebrauchen, 
wie das Licht in einem mit Tabakrauch erfüllten Zimmer erscheinen. 
Diese diffuse Strahlung bildet nun einen Grund, wesswegen die 
Röntgenbilder nicht scharf ausfallen. Es muss daher unser Be- 
streben sein, die Strahlen nach Möglichkeit abzublenden, sie nicht 
weiter zum Objekt zuzulassen, als für die Aufnahme dringend nöthig 
ist. Walter empfiehlt in Heft 2 und 3 der »Fortschritte auf dem 
Gebiete der Röntgenstrahlen « erstens die diffusen Strahlungen aus 
dem Rohr durch möglichst enge und dem Rohr möglichst nahe 
Blenden zu beschränken, zweitens die zu untersuchende Person auf 
eine Bleifläche zu lagern und endlich zwischen Person und Rohr 
noch ein zweites Diaphragma aus Blei mit Blendvorrichtung zu 
bringen, um die Strahlung aus der Luft möglichst unschädlich zu 
machen. 

Es ist einleuchtend, dass der oben beschriebene Rohrkasten den 
einen Theil der Aufgabe bequem erfüllt; es gelingt mit ihm, die 
diffuse Strahlung des Rohrs in einfacher Weise abzublenden. 

Das zweite Diaphragma zwischen Pat. und Rohr wird bei 
Walter durch eine Bleikiste gebildet. Redner fand es zweckmäßiger 
auf die Bleidecken der Seitenwände zu verzichten und für die Kiste 
einen einfachen Deckel mit verstellbaren Füßen von 40 cm Länge 


— 172 — 


zu verwenden. Das Diaphragma ist hierdurch für Kinder, wie 
Erwachsene, für dicke, wie dünne Personen gleich anwendbar. 
i É (Selbstbericht.) 


85) Graser (Erlangen). Demonstration von Instrumenten. 


a. Nadelhalter, besonders für fortlaufende Darmnaht. Bequeme 
Form der Knotenbildung. 

Wer gewöhnt ist, mit dem Nadelhalter zu nähen, hat gewiss 
schon oft den Wunsch empfunden, einen Nadelhalter zu besitzen, 
der die Hand so weit frei lässt, dass man mit den Fingern, be- 
sonders Daumen und Zeigefinger, Einiges vornehmen kann, z. B. 
einen Knoten schlingen, die Wundränder zurecht richten u. dgl., 
ohne dass man genöthigt ist, den Nadelhalter aus der Hand 
zu legen. Besonders bei der fortlaufenden Darmnaht macht sich 


Fig. 1. 


Nadelhalter. 


dieser Wunsch oft geltend. Desswegen haben Viele in der Neuzeit 
ganz auf die Benutzung des Nadelhalters verzichtet und sich ein- 
geübt, auch kleine, stielrunde Nadeln mit den Fingern zu führen. 


Nach mancherlei Bemühungen glaubt der Vortr. ein Modell ge- 
funden zu haben, das im Princip diesen Anforderungen entspricht, 
wenn es auch noch mancher Verbesserung fähig ist. Die eine längere 
Branche des zangenförmigen Nadelhalters ist mit einem Ring ver- 
sehen, in welchen der kleine Finger gesteckt wird. Der Schluss 
wird durch den Druck des Daumens auf die andere Branche ge- 
leistet. Durch die Fixirung am kleinen Finger kann man, wenn 
der Daumen von der zweiten kürzeren Branche entfernt ist, die 


— 173 — 


Finger ganz frei bewegen, ohne den Nadelhalter aus der Hand zu 
legen. Um den nöthigen Spielraum besonders für die Supinations- 
bewegung der Hand zu erzielen, muss das Maul des Nadelhalters 
schräg gestellt sein. In der Regel geht es wohl, ohne dass der 
Nadelhalter durch eine einschnappende Feder arretirt wird. Der 


Fig. 2. 


Nadelhalter. 


Fig. 3. 


Konotenbildung nach Photographie. 


Vortr. hat auch solche mit einschnappendem Schloss konstruiren 
lassen, die aber weniger handlich sind. Einige Kollegen haben nach 
dem Gebrauch ein günstiges Urtheil gefällt. — Der Nadelhalter ist 
zum Preis von 7.4 bei Instrumentenmacher Kleinknecht in Er- 
langen zu beziehen. 


— 14 — 


Gleichzeitig demonstrirt der Vortr. eine sehr bequeme Art, den 
Knoten zu schlingen, wobei die Fingerspitzen der rechten Hand 
nicht mitzuwirken brauchen, besonders bequem für den Anfang einer 
fortlaufenden Naht oder für das Anfügen eines längeren Fadens an 
ein kurzes, herausstehendes Ende. Das lange, gegen die rechte Hand 
gerichtete Ende des Fadens wird um den Daumen und Zeigefinger 
der linken Hand in Form einer offenen Schlinge herumgeführt, dann 
ergreift Daumen und Zeigefinger der linken Hand mit den aus der 
Schleife vorstehenden Spitzen das andere Ende des Fadens und zieht 
es durch die noch weite Schlinge heraus. Durch Anziehen an beiden 
Enden wird dann der einfache Knoten geschlossen und in gleicher 
Weise ein zweiter hinzugefügt. 

Zunächst erscheint diese Art nicht als eine besondere Ver- 
einfachung. Wer sich aber etwas darauf einübt, wird die wesent- 
liche Vereinfachung und Erleichterung für viele Fälle wohlthuend 
empfinden. 


b. Nahtträger, nach Angabe von Prof. v. Heineke. 

Diese einfache Vorrichtung besteht aus einem durchlöcherten 
Nickelblech mit aufgebogen durchlochten Rändern. Die eingefädelten 
Nähte werden durch Knoten auf dem Nahtträger befestigt, alle 


Nahtträger nach v. Heineke. 


Knoten auf derselben Seite. Nun kann man die zum Nähen be- 
reiten Nähte mit den Instrumenten in gewöhnlicher Sodalösung 
durch Auskochen sterilisiren und in großer Anzahl gebrauchsfertig 
bereit halten. Durch Abschneiden des Knotens werden die einzelnen 
Nähte der Reihe nach von dem Nahtträger entfernt, mit Pincette 
und Nadelhalter, ohne Benutzung der Finger. 

Namentlich für einzelne Seidennähte bei der Darmnaht oder 
beim Operiren ohne geschultes Hilfspersonal, besonders beim Ope- 
riren in der Privatpraxis ist der Apparat eine große Erleichterung, 
bietet auch gegen Stichkanaleiterung, besonders unter den angezoge- 
nen Verhältnissen, eine große Garantie. Die Zahl der auf den Träger 
befestigten Einzelnähte, so wie die Länge der Fäden kann nach Be- 
lieben verändert werden. Der Nahtträger hat sich bei mehrjähriger 
Verwendung sehr gut bewährt. 

Zu beziehen von Instrumentenmacher Kleinknecht in Erlangen 
zum Preis von 4 Æ. 


— 1735 —— 


c. Darmklemme mit Obturator, besonders für Exstirpatio 
recti. 

Die meisten Operateure verwenden zum Fig. 5. 
Festhalten und MHerunterziehen des von 
dem After losgelösten Rectums mehrere 
Balkenzangen. Wenn möglich, wird dann 
über diese eine Ligatur zum Abschluss des 
Darmlumens gelegt. Dass die an dem 


ri Ba 


schlaffen Darm eintretende Faltung und SZ 
Zusammenpressung unangenehm ist, hat =: 
Jeder schon oft empfunden. Das Bestreben, un 


das Halten und den Abschluss des 
Darmes in zweckmäßiger Weise zu ver- 
einigen, hat zur Verwendung einer Zange 
geführt, welche aus einem in das Darm- 
lumen einzuführenden gestielten Pfropf 
und einer Zange mit zwei halbkreisförmi- 
gen Fass-Enden und Arretirvorrichtung 
besteht. Der Pfropf wird zuerst in den 
Darm eingeführt, dann darüber die Zange 
fest geschlossen; nun kann der Stiel des 
Pfropfes noch an einem vorstehenden 
Zapfen der Zange befestigt werden. Eine 
besondere Annehmlichkeit ist auch, dass es 
jeden Augenblick leicht möglich ist, das 
Darmlumen wieder frei zu machen, wenn 
es im Verlauf der Operation wünschens- 
werth ist, sich durch den eingeführten 
Finger von der Dicke der Darmwand und 
deren Fixation zu überzeugen. 

Zu beziehen von Instrumentenmacher 
Kleinknecht in Erlangen zum Preise von 
TA. 


=) 


SR 


(Selbstbericht.) 
Darmklemme mit Obturator. 


86) E. Senger (Krefeld). Vorstellung eines Irrigatorständers 
mit beliebig verstellbarer Druckhöhe des automatisch sich 
fest klemmenden Aufhängehakens. 

Der Irrigatorständer, vorzüglich geeignet für gynäkologische und 
urologische Zwecke, besteht aus einem eisernen Stativ st, an dem 


eine leicht verschiebbare Hülse 4 auf und nieder gleitet oder auch im 
Kreise herum sich bewegen kann. Die Hülse ist an einer Stelle 


— 116 — 


durch einen Schlitz durchbrochen; in diesen Schlitz geht das eine 
Ende des Aufhängehakens hinein und stemmt sich gegen das eiserne 
Stativ an, und zwar um so fester, je schwerer die aufgehängte Last 
ist. Der Aufhängehaken 
stellt demnach einen Hebel 
dar, der seinen Drehpunkt 
vor dem Schlitz im Punkt d 
hat, dessen eines Ende zum 
Tragen des Irrigators dient, 
dessen anderes Ende ver- 
möge seiner schrägen Stel- 
lung von unten nach oben 
bei der geringsten Belastung 
des Hakenendes sich gegen 
das Stativ stemmt und so 
eine automatische Feststel- 
lung bewirkt. Will man den 
Irrigator höher stellen, so 
schiebt man einfach die 
Hülse von unten nach oben 
in die gewünschte Höhe; 
soll der Irrigator tiefer ste- 
hen, so drückt man den 
Hebel im Schlitz etwas her- 
ab, und der Irrigator gleitet 
vermöge seiner Schwere fast 
selbst hinab. Das Loslassen 
- des Hebels bewirkt sofort 
eine Feststellung des Irriga- 
tors. Das Princip des Hebels 
kann natürlich auch für andere Zwecke, z. B. Extensionszwecke etc., 
eben so bequem verwendet werden. Zu beziehen ist der Irrigator- 
ständer durch Herren Lentz & Comp., Berlin, Ziegelstraße 3. 
(Selbstbericht.) 


87) Riedel (Jena). Demonstration eines galvanokaustischen 
Apparates zur Entfernung von Granulationen aus dem Nasen- 
Rachenraum. 

Am Gottstein’schen Ringmesser ist der Ring zum größten 
Theil aus Platin hergestellt; die Leitung verläuft in dem mit Asbest 
umwickelten Stiele des Instruments; die Schließungsvorrichtung be- 
findet sich an der Accumulatorenbatterie; letztere muss sehr stark 
sein, weil der Platinhalbring einen erheblichen Durchmesser hat. 
Nachdem der Pat. narkotisirt ist, wird die Uvula mit scharfen 
Häkchen vorgezogen, das Instrument an die hintere Rachenwand 
geführt, und der Strom eine Minute lang geschlossen; der Ring 
pflegt sodann voll von abgetrennten Granulationen zu sitzen. 


— 17 — 


Der Apparat ähnelt dem von Capart angegebenen; er ist hier 
vom Instrumentenmacher Füllenbach konstruirt worden. 
(Selbstbericht.) 


88) L. Casper (Berlin) demonstrirt sein verändertes Ureter- 
cystoskop, dessen Vorzüge gegenüber dem alten im Wesentlichen 
folgende sind: 

1) Das Instrument ist leichter und handlicher. 

2) Das Gesichtsfeld ist heller. Es ist, wenn auch natür- 
lich kleiner als das der gewöhnlichen Cystoskope, so hell, dass man 
dieses Instrument, dessen Rinne mit dem massiven Mandrin an- 
gefüllt wird, als gewöhnliches Untersuchungscystoskop 
brauchen kann. Eine Ausnahme bilden diejenigen Fälle, in denen 
die Urethra für das immerhin starke Kaliber von No. 24 Charridre 
nicht durchgängig ist. 

3) Die Krümmungen, die der Ureterkatheter ein- 
schlagen kann, sind ausgiebiger. 

Es bedarf für den Kundigen nur des Hinweises, dass dieses 
Instrument auch als Irrigationscystoskop gebraucht werden kann. 
Für diesen Zweck führt man einen Ureterkatheter so weit durch 
den Kanal, dass das Auge desselben in der Blase liegt, dann kann 
man durch diesen Katheter die Blasenflüssigkeit ablassen oder er- 
neuern, wie es nöthig erscheint. 

C. demonstrirt dann sein Operationscystoskop, das ausführlich 
beschrieben ist in den Monatsberichten über die Gesammtleistungen 
auf dem Gebiete des Harn- und Sexual-Apparates Bd. III. No. 3 1898. 

(Selbstbericht.) 


89) Luedecke (Berlin). Demonstration des Freudenberg- 
schen modificirten Instrumentariums für die galvanokausti- 
sche Behandlung der Prostatahypertrophie nach Bottini. 


Die Modifikationen, die Freudenberg an dem galvanokausti- 
schen Incisor angebracht hat, beziehen sich auf Verbesserung in 
der Form, elektrotechnische Konstruktion und Handlichkeit des 
Instruments, so wie vor Allem darauf, dass das neue Instrument 
nicht nur mit den gewöhnlichen Antisepticis desinfieirt, sondern auch 
wie jedes andere chirurgische Instrument ohne Weiteres und in toto 
durch Kochen sterilisirt werden kann. Der von Freudenberg an- 
gegebene Accumulator zeigt als besondere Eigenthümlichkeit die Aus- 
rüstung mit einem Ampörometer, welches ermöglicht, die Glühstärke 
des in der Blase befindlichen Messers mit dem Auge genau zu kontrol- 
liren. Über seine weiteren Erfahrungen, die sich auf 32 Operationen 
bei 27 Pat. belaufen, gedenkt Herr Freudenberg auf dem nächsten 
Kongress zu berichten. (Selbstbericht.) 


m 


Chirurgen-Kongress 1998. 12 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


E 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 27. Sonnabend, den 9. Juli. 1898. 


Inhalt: L. Wulistein, Die anatomischen Veränderungen nach Calot’schem Redresse- 
ment; schonendere Behandlung der Wirbeltuberkulose. (Original-Mittheilung.) 

1) Meyer, 2) Floderus, Prostatahypertrophie. — 3) Brunner, Harnblasenbrüche. — 
4) Gerhardt, Hämaturie. — 5) Pinner, Zur Nierenchirurgie. — 6) Wagner, Hydronephrose. 

U. Grosse, Ein Lagerungsapparat zum Anlegen von fixirenden Beckenverbänden. 
(Original-Mittheilung.) 

7) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 8) Moty, Harnfistel. — 9) Bazy, 
10) Baumgarten, Harnröhrenstriktur. — 11) Ljunggren, Harnröhrenplastik. — 12) Sacchi, 
13) Witte, 14) Derinschinski, 16) Korlowski, Prostatahypertrophie. — 16) Bazy, Urethro- 
eystoplastik. — 17) Berger, Blasen-Scheidenfistel. — 18) Ljunggren, Doppelharnblase. 
— 19) Heidenhain, Hydronephrose. — 20) Houzel, Nierenechinokokken. — 21) Tuffier, 
Nierentuberkulose. 

Vergleich. 


Die anatomischen Veränderungen nach Calot'schem 
Redressement; 


schonendere Behandlung der Wirbeltuberkulose. 


Von 


Dr. L. Wullstein, 
Assistenzarzt an der kgl. chirurg. Universitätsklinik zu Halle a/S. 


Die anatomischen Veränderungen, welche sich für Menard, 
Brun und uns bei der allerdings bisher kleinen Zahl experimenteller 
Redressements ergeben haben, bestanden, abgesehen von den bis 
9 cm großen Diastasen, in Zerreißungen der Pleura, subpleuralen 
und mediastinalen Hämorrhagien, geplatzten Abscessen, vollständiger 
Lösung tuberkulöser Knochenstücke aus dem Zusammenhang, 
Zerreißungen der Dura und Dehnung und Zerrung des Rücken- 
marks; ferner werden die veränderten Druckverhältnisse im Thorax 
vor Allem, so wie die Zerrung und Dehnung, denen die Brust- und 
Bauchorgane bei dem plötzlichen, forcirten Redressement ausgesetzt 
sind, sicherlich nicht immer gleichgültig für dieselben sein; es werden 
Hämorrhagien im Wirbelkanal und im Mark nicht fehlen. Dazu 

27 


706 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


kommen die Gefahren, welche die Narkose in Bauchlage oder in 
Suspension so wie der einschnürende Verband mit sich bringen. 


Bei den 12 bisher veröffentlichten Todesfällen war 3mal die 
Narkose, 3mal Bronchopneumonie, (mal Meningitis und (mal 
Lungenzerreißung die Ursache, während in den übrigen 4 Fällen 
die Todesursache sich nicht batte feststellen lassen; wiederholt traten 
üble Zufälle, wie Benommenheit, cerebrale Reizung und Lähmungen 
auf, welche tage- und wochenlang das Leben gefährdeten. 


Auf die Hauptfrage aber »Was wird aus der Diastase« lässt 
sich eine bestimmte Antwort noch nicht geben. Bei sonst gesunden 
Knochen und sonst gesunden Menschen wäre die Ausfüllung einer 
so großen Lücke in der Wirbelsäule innerhalb von vielen Monaten 
wohl möglich, bei einem so destruirenden Process wie der Tuber- 
kulose aber, welche durch den gewaltsamen Akt eher noch in ein 
florideres Stadium versetzt wird, ist sie nicht wahrscheinlich. Von 
wo auch sollte eine derartige, ungeheure Knochenneubildung aus- 
gehen? Das Periost fehlt in der ganzen Ausdehnung der nur von 
tuberkulös erkrankten Knochen umgebenen Diastase. 


Daher wollen denn auch jetzt die Einen schon nur noch eine 
paragibbäre Korrektion erzielen, die Anderen etappenweise vorgehen 
und die Dritten wollen unter scharfer Indikationsstellung schon nur 
noch die leichteren Fälle nach der Calot’schen Art behandeln und 
sich da ev. sogar mit einem nur theilweisen Resultat begnügen. 
Die paragibbäre Korrektion ist nach unserer Ansicht nur auf die 
ganz alten, mit großer Deformität und knöchener Ankylose geheilten 
Fälle zu beschränken; bei allen anderen Fällen aber soll das von 
Calot gesetzte Ziel erreicht werden, die vollständige Beseitigung der 
Deformität und der tuberkulösen Entzündung unter möglichst günstigen 
hygienischen Bedingungen und Ernährungsverhältnissen, aber im 
Gegensatz zu Calot bei vollständiger Kontinuitätserhaltung 
der erkrankten Wirbelsäule Soll aber diese letzte Bedingung 
erfüllt werden, so ist jedes Redressement ausgeschlossen, 
ob vollständig oder partiell, durch welches in einem 
einzigen kurzen Akt eine sichtbare Korrektion der 
Deformität bezweckt und erreicht wird, da jede derartige 
Korrektion Diastasen und damit auch alle oben geschilderten 
Gefahren mit sich bringt. Bei vollständig freien Funktionsverhält- 
nissen der Bauch- und Brustorgane muss unter ständiger Immo- 
bilisirung und Entlastung ganz allmählich durch eine ständig kon- 
trollirbare und dosirbare Dehnung der kontrahirten Weichtheile 
und der Wirbelsäule eine Transformation der Wirbel und ev. des 
Thorax .erreicht werden. Falls Komplikationen auftreten, muss bei 
dem betreffenden Individuum die Behandlung jederzeit unterbrochen 
und die jeweilige Korrektion durch ein Korsett fixirt werden 
können. Diesen Forderungen kann aber nur gerecht werden ein 
Lagerungsapparat. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 707 


Der von mir konstruirte Lagerungsapparat! stellt sowohl ein 
Redressionsbett als auch eine Redressionsschwebe dar; die letztere 
wird nur ausnahmsweise benutzt, während in dem ersteren, welches 
nach einem genauen Abdruck von dem Körper des betreffenden 
Individuums — in dem vorliegenden Falle (s. Fig. 1) aus Holz — 
gearbeitet ist, der Pat. sonst immer liegen soll. 

Bei der Herstellung des Abdrucks liegt das Kind auf dem 
Bauch und ist, damit das spätere Bett genügenden Raum für eine 
sorgfältige Polsterung gewährt, mit einer bis zur Kniegegend herab- 
reichenden, dicken Tafel Watte, über der ein Nesseltuch ausgebreitet 
ist, bedeckt. Über der Hinterhauptsschuppe muss die Watte in 
doppelter Lage liegen, denn hier muss, da auf ihr zumeist allein 
der Zug der Kontraextension lastet, die Polsterung eine besonders 
gute sein. Eine Korrektion des Gibbus wird bei der Anfertigung 
des Abdrucks absolut nicht bezweckt, das Kind hat bei vollständig 
unkorrigirter Wirbelsäule den Kopf leicht reklinirt und die Ober- 


Fig. 1. 


Redressionsbett. Am Boden liegt der bei dem Redressionsbett nicht 
nothwendige, vordere Theil der Sayre’schen Schlinge. 


schenkel bei eben angedeuteter Hyperextension gespreizt im Winkel 
von ungefähr 30—40°. Das Bett reicht fast bis zur Kniegelenks- 
gegend herunter und umfasst den Rumpf bis zur vorderen Axillarlinie, 
so dass eine vollständige seitliche Fixation des Rumpfes ausgeübt 
wird. In der Analgegend hat das Bett einen an Scharnieren herab- 
klappbaren Ausschnitt, durch welchen die Defäkation stattfindet. 
Das Bett ruht mit 2 an jeder Seite befindlichen, in das Bett mittels 
Schraubengewinde eingelassenen, eisernen Zapfen, welche auf Fig. 2 
vor" dem herabgenommenen Bett liegend sichtbar sind, auf einem 


1 Der Lagerungsapparat ist zum Preise von 70 .# von dem Bandagisten 
Friedrich Baumgartel, Halle a/S., angefertigt; davon entfallen 12.4 auf das 
Bett, den einzigen Theil, welcher für jeden Pat. neu hergestellt werden muss, 
während der Rahmen etc. für alle Individuen innerhalb einer gewissen Alters- 
grense — 5 bis 8 Jahre — passt. 

27* 


708 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


auf Füßen stehenden, eisernen Rahmen; die Länge der Zapfen muss 
mindestens 10 cm betragen, damit nachher, wenn das Bett entfernt 
und aus dem Redressionsbett eine Redressionsschwebe is. Fig. 2) 
gemacht ist, zwischen Rahmen und Körper so viel Spielraum ist, 
dass z. B. Gipsbinden bequem hindurchgeführt oder Abwaschungen 
bequem vorgenommen werden können. Das Bett muss so dem Rahmen 
aufliegen, dass die Tubera parietalia, die Trochanteren und die vor- 
deren Ränder der Malleolen ungefähr in eine horizontale Ebene fallen. 

Die Extension wird bewirkt durch eine am Fußende des Rahmens 
befindliche Flügelschraube, welche nach dem Pat. hin in einen 
Haken endigt. An diesem Haken eingehängt ist ein Dynamometer, 
welches auf seiner anderen Seite mit einem eisernen Bügel verbunden 
ist; an dem letzteren sind entweder die Spreizbretter der an die 
unteren Extremitäten angelegten Heftpflaster-Streckverbände befestigt, 


Redressionsschwebe. Am Boden liegt das bei der Redressionsschwebe nicht 

nothwendige Stirnband, ferner das herabgenommene Bett und vor diesem die 

eisernen Zapfen und der zu dem Eindrehen der Zapfen in die Schraubengewinde 
nöthige Schlüssel. 


oder es werden an ihn mit Riemen die Gamaschen eingeschnallt, 
mit welchen an den unteren Extremitäten extendirt wird. Die 
Gamaschen sind äußerst exakt nach Abdrücken von den Extremitäten 
gearbeitet, und speciell an den Malleolen und an den Kondylen des 
Femur sind Polsterungen eingelegt, so dass sie sich hier an den 
Hauptangriffspunkten für die Zugkraft den Formen besonders gut 
adaptiren. Die Unterschenkel ruhen auf einem in dem betreffenden 
Theil des Rahmens ausgespannten Segeltuch, auf dem die Fersen 
jedoch nicht mehr aufliegen. Die Füße werden durch seitlich ` am 
Rahmen befestigte Steigbügel in rechtwinkliger Stellung zu den 
Unterschenkeln gehalten und so vor den schädlichen Einwirkungen 
der drückenden Decke bewahrt. 

Zur Entlastung der Hinterhauptsschuppe kann die Kontraextension, 
falls der Gibbus nicht in der Halswirbelsäule oder oberen Hälfte 


Centralblatt für Chirurgie. No, 27. 709 


der Brustwirbelsäule ist, auch noch an den Schultern ausgeübt werden. 
Von 2 an dem Rahmen befestigten Haken verlaufen dann von der 
hinteren oberen Schultergegend durch die Achselhöhlen hindurch 
über die vordere Schulterpartie nach dem oberen Querbalken des 
Rahmens 2 mit runder Polsterung versehene Riemen; die Arme selbst 
ruhen auf 2 an dem Rahmen befestigten Brettchen, welche zur 
Vermeidung von Decubitus auch am besten gepolstert sind. Die 
Kontraextension am Kopfe wird nicht, wie sonst gewöhnlich, durch 
eine Sayre’sche Schlinge bewirkt, sondern der Kopf wird durch ein 
an beiden Seiten des Bettes angeknöpftes Stirnband in der ihm 
schon bei der Anfertigung des Abdrucks gegebenen, leicht reklinirten 
Lage fixirt und so ein Hinübergleiten der Hinterhauptsschuppe über 
den besonders gut ausgearbeiteten und gepolsterten Hals- und Hinter- 
hauptstheil des Bettes verhindert. Bei dieser Art der Fixirung des 
Kopfes bleibt der Unterkiefer und das Kinn für die Nahrungsauf- 
nahme vollständig frei, und es fallen alle die Belästigungen, welche 
gerade der vordere Theil der Sayre’schen Schlinge verursacht, voll- 
ständig fort; es braucht nicht während der Nahrungsaufnahme die 
Extension am Kopfe abgenommen zu werden, sondern sie kann 
unter allen Verhältnissen bei Tag und bei Nacht eine stetige bleiben. 

Neben der Extension und Kontraextension wird eine Reklination 
der Wirbelsäule und damit auch gleichzeitig ein Druck gegen die 
Spitze des Gibbus ausgeübt durch einen elastischen Zug, welcher 
gerade unter dem Buckel liegt und von hier durch zwei der Aus- 
dehnung des Buckels entsprechende Ausschnitte der Seitenwände 
des Bettes zu seiner Befestigungsstelle an dem eisernen Rahmen 
resp. zu zwei an diesen Stellen dem Rahmen aufgenieteten Galgen 
verläuft. Diese aufgesetzten Galgen müssen so hoch sein, dass der 
elastische Zug in seinem Verlauf von diesen seinen beiderseitigen 
Befestigungsstellen nach dem Buckel an den Stellen der bis zur 
hinteren Axillarlinie reichenden Ausschnitte dem Bett nicht aufliegt, 
sondern dasselbe kaum streift, da sonst bei Wegnahme des Bettes 
an dem elastischen Zug eine Anderung des Dehnungskoefficienten ' 
eintreten würde. 

Erscheint es nun aber wünschenswerth, dass im Laufe der Be- 
handlung Reinigungen und Abwaschungen zur besseren Hautpflege 
vorgenommen werden, so kann das Bett entfernt werden (s. Fig. 2) 
ohne Unterbrechung der Extension und ohne eine Bewegung und 
Erschütterung des Pat. Zu diesem Zweck liegt etwas unterhalb 
der Trochanterengegend, wo die Seitentbeile des Bettes wiederum 
fehlen, ein sonst nicht angezogener, unelastischer Gurt, welchem 
dann durch Anknöpfen an den Rahmen eine gewisse Spannung 
gegeben wird. Unter der Hinterhauptsschuppe liegt fernerhin die 
hintere Hälfte einer aus weichem Flanell gearbeiteten Sayre’schen 
Schlinge, welche für gewöhnlich zur weiteren Polsterung dieses 
Theiles des Bettes beiträgt, bei der Entfernung des Bettes aber nach 
Hinzufügung des Kinntheils der Sayre’schen Schlinge den Kopf 


710 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


in seiner Lage erhält. Die Schlinge wird an dem oberen Bügel des 
Rahmens befestigt und das Stirnband zuvor entfernt. Das Bett fällt, 
nachdem die eisernen Zapfen, mit welchen es auf dem Rahmen ruht, 
ausgeschraubt sind, nach hinten herunter, ohne dass die Extension, 
die Reklination der Wirbelsäule und der Druck auf den Gibbus sich 
irgend wie ändern, oder eine Bewegung oder Erschütterung des Pat. 
veranlasst wird. Alle Manipulationen, wie Abwaschen etc. können 
jetzt ohne Weiteres vorgenommen werden; eben so kann das erreichte 
Resultat jederzeit, ohne dass eine Lagerungsänderung vorgenommen 
wird, durch einen cirkulären Gipsverband oder durch ein Korsett 
fixirt werden. Es würde dabei dann der elastische Zug und bei 
einem Gibbus, welcher oberhalb des 6. Brustwirbels sitzt, auch die 
Sayre’sche Schlinge mit eingegipst und nachträglich seitlich ab- 
geschnitten. Es braucht wohl nicht weiter hervorgehoben zu werden, 
dass, falls der Gibbus und damit auch der elastische Zug sehr hoch, 
vielleicht in der Höhe der obersten Brustwirbel ist, unter der Lenden- 
wirbelsäule noch ein zweiter unelastischer Zug liegen muss, welcher 
durch zwei entsprechende Ausschnitte im Bett nach dem Rahmen hin 
verläuft und vor Wegnahme des Bettes ebenfalls gespannt werden muss. 

An Röntgenaufnahmen, welche vor der Behandlung und im 
Redressionsbett resp. in der Redressionsschwebe bei einer Exstensions- 
kraft von 10 kg angefertigt wurden, lässt sich die aus den ver- 
schiedenen redressirenden Faktoren resultirende Wirkung aufs deut- 
lichste erkennen. 

Ein anderes, allerdings nur bis zu einem gewissen Grade ver- 
werthbares Maß für die Dehnung und Zerrung, welche an der Stelle 
der Erkrankung stattfindet, ist das Verhalten des Pat.; derselbe 
reagirt nämlich, nachdem nach Ausschaltung des Muskelspasmus eine 
gewisse Stetigkeit in die Kraft der Extension gekommen ist, schon 
auf eine halbe, ja schon eine Viertel-Umdrehung der Flügelschraube 
resp. die damit verbundene Extensionszunahme eines Bruchtheils 
eines Kilogramms mit lauten Schmerzensäußerungen. 

Wie stark aber der Muskelspasmus ist, und wie lange es währt, 
bis er vollständig überwunden ist, veranschaulicht das Dynamometer; 
denn langsam sinkend, schwankt dasselbe stundenlang, und erst dann, 
nachdem eine Erschlaffung der Muskeln eingetreten, und die Rigi- 
dität auch der übrigen Weichtheile überwunden ist, kommt eine ge- 
wisse Stetigkeit in die Extension. 

Ist aber die Muskelkontraktion beseitigt, dann wird durch die 
weitere, ständig kontrollirbare und dosirbare Extension im Re- 
dressionsbett das Lageverhältnis der erkrankten Knochen beeinflusst, 
dann wird im Gegensatz zu allen anderen Verfahren bei voller 
Garantie der Kontinuitätserhaltung der Wirbelsäule eine ständige 
Immobilisirung und Entlastung der erkrankten Knochen und eine 
geringe Dehnung der Spongiosabälkchen stattfinden und dadurch 
eine lebhaftere Entwicklung und Transformation der letzteren an- 
geregt werden. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 711 


1) W. Meyer. Bottini’s galvano-caustic radical treatment 


for hypertrophy of the prostate. 
{New York med. record 1898. Märs 5.) 

Wer sich über die Litteratur, die Indikationen und die Technik 
der Bottini’schen Prostata-Operation orientiren will, findet in der 
ausführlichen Abhandlung von M. einen übersichtlichen und sach- 
gemäßen Artikel, nebst genauer Beschreibung und Abbildung des 
Bottini’schen Incisors und der Modifikation von Freudenberg. 

Die persönliche Erfahrung des Verf. erstreckt sich auf 4 Ope- 
rationen an 3 Pat, imal mit Bottini’s und 3mal mit Freuden- 
berg’s Instrument. 2 Fälle werden zunächst genauer besprochen; 
beide Pat. konnten vor der Operation noch Wasser lassen, aber mit 
großen Schmerzen, jede 20 und 30 Minuten Tag und Nacht; beide 
hatten Pyelitis und eitrigen Blasenkatarrh. Die Drüsen waren sehr 
weich; vorher war eine Anzahl Ärzte mit der Behandlung beschäftigt 
gewesen. 

Bei einem 3. Pat., einem 64jährigen Manne, trat 30 Stunden 
nach der Operation unter sehr hoher Temperatur und Herzschwäche 
der Tod ein (akute Sepsis ?) trotz der möglichst sorgfältigen Aseptik 
vor, während und nach der Operation. Eine genaue Überlegung 
stellt Verf. über die Möglichkeit an, auf welchem Wege der Eintritt 
der Streptokokken in den Kreislauf herzuleiten sei, und kommt zu 
folgenden Schlüssen. Eine vollständige Desinfektion der erkrankten 
Blase ist nicht möglich; durch die Kauterisation wird in den prosta- 
tischen Venen ein Thrombus hergestellt. Prostatiker mit Pyelitis 
befinden sich oft in einem Zustand chronischer Sepsis, d. h. die 
Streptokokken kreisen im Blute, sind aber nicht virulent genug, um 
akute Allgemeininfektion hervorzurufen; aber wenn ein Trauma Platz 
greift, ist der Locus minoris resistentiae hergestellt. In dem ko- 
agulirten Blut, dem besten Kulturmedium, vermehren sich die Strepto- 
kokken oder das Bacterium coli cummune rapid und werden virulent. 
Der proximale Pol des Thrombus ist der Platz, wo die Infektion 
durch Absorption einsetzt. Noch wahrscheinlicher ist der Weg durch 
die Nieren (Experimente von Lewin und Goldschmidt, Medi- 
einische Wochenschrift 1897 No. 31). Die plötzliche allgemeine In- 
fektion nach intravesikalen Eingriffen auf retrogradem Wege kann 
dadurch begünstigt werden, dass bei der Bottini’schen Operation 
ein Infektionsherd der Prostata mobilisirt wird. Die Gefahr wird bei 
der Bottini’schen Operation dadurch noch vergrößert, dass nach 
dem Eingriff keine Irrigation vorgenommen wurde, und der infektiöse 
Pyelitisurin wirken konnte. M. schlägt desshalb vor, nach einigen 
Stunden die Blase zu irrigiren. 

Der Fall ist sicher ein exceptioneller; denn weder Bottini noch 
Freudenberg, noch Czerny, noch Kümmell hatten einen Todes- 
fall in Folge von Sepsis. Es zeigt sich aber, dass eben auch die 
Bottini’sche Operation nicht ganz ungefährlich ist, und weitere Er- 


712 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


fahrungen erst genauere Leitsätze ermöglichen werden. Die Todes- 
ursache durch Lungenembolie kam in Ms Falle nicht in Betracht, 
Freudenberg verlor einen Pat. in Folge dessen. M. fragt, ob es 
nicht principiell richtiger sei, die Vasa deferentia vorher zu reseciren, 
das Resultat abzuwarten und dann erst Bottini's Operation nöthigen- 
falls hinzuzufügen. Einerseits wird vorher eine Depletion der venösen 
Plexus erzielt und die Gefahr der Lungenembolie verringert, anderer- 
seits sicherere Dauerresultate erzielt. Immerhin ist bisher ein un- 
glücklicher Ausgang sehr selten gewesen. Bottini verlor von 
80 Fällen nur 2. 

Die Litteratur ergiebt im Allgemeinen zweifellose Erfolge nach 
dem Eingriff und ermuntert zur Nachahmung. Natürlich ist Haupt- 
bedingung eine sorgsame Technik. Die Anwendung eines Dauer- 
katheters ist diskutabel, Bottini verwirft ihn wie M. Es ist übrigens 
gewiss Pflicht, hier auch des Middeldorpf’schen galvanokaustischen 
Strikturenbrenners zu denken, dem man eine gewisse Ähnlichkeit 
mit dem alten Bottini'schen Kauterisator von 1875 nicht absprechen 
können wird. Löwenhardt (Breslau). 


2) B. Floderus. De anatomiska förändringarna hos genital- 
organen efter sexuela operationer mot prostatahypertrofi. 
(Nord. med. Arkiv. N. F. Bd. VII. No. 24.) 


Verf. hat aus der Litteratur 32 Fälle von Operationen an den 
Genitalorganen wegen Prostatahypertrophie, in welchen die Vor- 
steherdrüse post mortem anatomisch untersucht worden ist, zusammen- 
gestellt. In der einen Hälfte war die Untersuchung nur makro- 
skopisch, während in den übrigen 16 auch das Mikroskop benutzt 
wurde. Diesen fügt Verf. noch 4 in der Klinik Lennander’s be- 
obachtete Fälle hinzu, deren Krankengeschichten ausführlich mit- 
getheilt werden. 

Von den 20 erwähnten Fällen wurde in 13 doppelseitige und 
in | einseitige Kastration, in ! einseitige Kastration mit Vasektomie 
der anderen Seite und in 5 Fällen bilaterale Vasektomie ausgeführt. 
Als Resultat der Untersuchung ergab sich, dass die übrigens sehr 
interessante Verkleinerung der Prostata nicht einer Beschränkung 
der festen, zelligen Elemente des Organs, sondern einer Verminde- 
rung des Blutes und der Lymphe zuzuschreiben sei. Diese Abnahme 
der Kongestion ist von geringer Bedeutung für die Substanz der 
Prostata selbst; die funktionellen Erfolge sind vielmehr bedingt 
durch die Entleerung der Flüssigkeit aus der Pars prostatica urethrae 
und dem Blasenhalse. Eine Menge klinische Beobachtungen, welche 
Verf. anführt, sprechen zu Gunsten dieser Auffassung. Die krank- 
haften Veränderungen, die von Griffiths, White und Haynes ent- 
deckt und beschrieben und als Folgen der Operation angesehen 
worden sind, lassen sich viel leichter als Zeichen einer vorher be- 
stehenden Entzündung des Organs erklären. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 713 


Vert. ist der Ansicht, dass die sexuellen Eingriffe nicht ‘ohne 
Einfluss auf das normale, organisirte Prostatagewebe, wohl aber. dass 
sie bei der senilen Hypertrophie ohne histologisch konstatirbare 
Wirkung seien, wenigstens nicht in solcher Ausdehnung, dass sie als 
therapeutische Faktoren mit in die Rechnung kommen müssen. 
Dieser negative Befund schließe jedoch an und für sich die Berechti- 
gung der fraglichen Operation nicht aus. 

Die Arbeit enthält 3 lithographische Tafeln mit 14 sorgfältig 
ausgeführten Abbildungen mikroskopischer Schnitte. 

A. Hansson (Cimbrishamn). 


3) F. Brunner. Über Harnblasenbrüche. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 121.) 

B. hat eben so wie Hermes (vgl. Referat über dessen Arbeit 
im laufenden Jahrgang dieses Blattes p. 189), die kasuistischen 
Mittheilungen über Blasenhernien gesammelt, um auf dieses Material 
eine klinische Erörterung dieser Bruchart zu gründen. Da es ihm 
gelungen, fast die doppelte Zahl von Fällen zu finden, wie Hermes, 
bietet seine Arbeit, die der Autor als eine Art Fortsetzung der Stati- 
stiken von Aue und Hermes bezeichnet, eine gediegene und will- 
kommene weitere Vervollständigung unserer einschlägigen Kennt- 
nisse, wenngleich das Ergebnis seiner klinischen Besprechungen über 
die Eigenthümlichkeiten des Blasenbruchs im Wesentlichen auf Be- 
stätigungen der von Hermes gefundenen Ergebnisse hinauskommt. 

Aus dem Abschnitt über pathologische Anatomie sei es erwähnt, 
dass B. je nach dem Verhalten des Bauchfells bei der herniösen 
Blase die Blasenbrüche eintheilt in a. intraperitoneale, wo der 
vorgefallene Blasentheil ganz mit Serosa gedeckt ist, b. extraperito- 
neale, wo er gar keine Serosadeckung zeigt, und c. nach der von 
Jaboulay und Villard zuerst gebrauchten Terminologie in para- 
peritoneale, wo neben der Blase noch ein größerer oder kleinerer 
peritonealer Bruchsack sich findet, der theilweise der herniösen Blase 
anliegt. Die letzte Art ist die bei Weitem häufigste. In dem von 
B. bearbeiteten Material von ca. 180 Blasenbrüchen fand er 5 intra- 
peritoneale, 18 extraperitoneale und 100 paraperitoneale, so weit die 
Berichte das feststellen ließen. Die bekannte Fettablagerung um die 
Cystocele fand B. 54mal erwähnt. In 12 Fällen fanden sich Steine 
im Blasenbruch, 5mal war die Cystocele doppelseitig. Wie Hermes 
sieht B. einen erheblichen Theil der beschriebenen Blasenbrüche als 
Kunstprodukt an, entstanden durch Hervorziehen des Bruchsacks 
bei Radikaloperationen. Diese Fälle sind als »operative« Blasen- 
hernien (Cystocele opératoire) zu bezeichnen, im Gegensatz zu den 
»präformirten<. Unter den operativen Brüchen finden sich verhält- 
nismäßig viel Schenkelbrüche. 

Die Häufigkeit des Blasenbruchs bei Radikaloperationen kann 
nach neueren Statistiken (1841 Fälle von 7 Autoren) auf etwa 1% 
geschätzt werden. Da die Blasenbrüche fast nur ältere Personen be- 

Zisg 


714 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


treffen, sind sie ziemlich ausnahmslos erworben. Sie können ent- 
stehen: primär 1) indem die Blase durch starke Anfüllung und durch 
den Druck der Bauchpresse durch die Bruchpforte getrieben wird. 
2) Durch Vermittlung der prüvesikalen Lipome; 

sekundär 1) durch Zug eines präexistirenden gewöhnlichen 
Bruchsacks. 

2) durch Einsenken der ausgedehnten, schlaffen, mit Bauchfell 
bedeckten Blase in einem vorgebildeten gewöhnlichen Bruch. 

Die Schwierigkeit der Diagnose, auch noch während der Ope- 
ration, erhellt aus der Häufigkeit der unbeabsichtigten operativen 
Blasenverletzung, die auch in den letzten Jahren noch öfter vorkam. 
Bei 126 Operationen wurde 81mal, also fast in ?/; der Fälle, die Blase 
eröffnet, und ihre Verletzung nur 45mal vermieden. Von den letzten 
Fällen endeten nur 3 tödlich, und zwar ohne Mitbetheiligung der 
Cystocele an der Todesursache, von den 81 Kranken mit Blasenver- 
letzung dagegen 21, bei welchen 13mal der Tod auf Rechnung der 
Blasenverletzung zu setzen ist. Auch hinterließ die letztere 26mal 
oder in !/; der Fälle Urinfisteln, die verschieden lange, bis 41/3 Monate 
bestanden. Therapeutisch ist natürlich bei der Herniotomie wo- 
möglich die Reposition der unverletzten Blase zu erstreben, ihre 
Resektion zu verwerfen, prävesikale Lipome aber zu exstirpiren. 
Eine rechtzeitig noch erkannte Blasenverletzung ist zu nähen, die 
genähte Blase zu versenken, die äußere Wunde aber wenigstens 
theilweise offen zu lassen. Ergiebt sich die versehentliche Blasen- 
verletzung erst nachträglich, so ist die Wunde wieder zu eröffnen, 
die Blase zu revidiren, nach Bedarf zu versorgen, eventuell sekundär 
zu nähen. (Auf diese Weise behandelte B. mit Glück selbst einen 
Fall.) Kleine Urinfistelbildungen, die auf eine offenbar geringfügige 
Blasenverletzung hinweisen, können exspektativ der Spontanheilung 
überlassen werden. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


4) D. Gerhardt. Zur Lehre von der Hämaturie. 
(Mittheilungen a. d. Grensgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II.) 

G. fand ein neues Zeichen, das neben den bekannten morpho- 
logischen Veränderungen der rothen Blutkörperchen geeignet sein 
dürfte, die Unterscheidung, ob Nierenblutung oder Blutung aus den 
tieferen Harnwegen, zu erleichtern. Bei renaler Hämaturie nämlich 
zeigen die rothen Blutkörperchen und die übrigen organisirten Theile 
des Sediments eine bräunlichgelbe, lederartige Farbe. Diese rührt, 
wie das Spektroskop zeigt, vom Hämatin her. Die Verwandlung des 
Hämoglobins in Hämatin geht vorwiegend in der Niere vor sich, 
während diese Verwandlung in den tieferen Harnwegen nur in sehr 
engen Grenzen sich hält. Haeckel (Stettin). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 715 


5) F. Pinner. Beitrag zur Nierenchirurgie. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 3.) 

Verf. schildert zuerst 2 Fälle, bei denen bemerkenswerth ist, 
dass die stark vergrößerte und auch durch andere Symptome sich 
als krank erweisende Niere die relativ gesunde war, während die nicht 
vergrößerte andere total zu Grunde gegangen war. Die Erkrankung 
gerade der noch einigermaßen funktionirenden Niere war eklatant 
in Erscheinung getreten und imponirte als der wesentlichste Theil 
des Leidens. Solche Verhältnisse machen die Entscheidung schwierig, 
ob man bei derartigen Fällen, bei denen die üblichen diagnostischen 
Hilfsmittel, insbesondere die Cystoskopie, versagen, die Nephrektomie 
oder Nephrotomie vornehmen soll. P. empfiehlt die einseitige An- 
legung einer Nierenfistel mit eigener Modifikation, welche darin be- 
steht, dass in das eröffnete Nierenbecken ein Drainrohr mit steifer 
Spitze eingelegt wird. Dasselbe wird mit dem isolirten Harnleiter 
durch einen Katgutfaden umschnürt mit Vermeidung zu starker, 
Gangrän hervorrufender Konstriktion. In dem eingeführten Rohr 
sind seitliche Fenster angebracht. Bis zur Umschnürungsstelle 
wird ein Gazestreifen eingeführt, um den Zugang zur Ligatur 
namentlich bei eventueller Gangrän frei zu halten. Das äußere Ende 
des Rohres wird an die Haut befestigt. Auf diese Art erhält man 
von der Blase her nur den Urin der anderen Seite und kann den 
Zustand der anderen Niere durch den Urinbefund feststellen. Danach 
wird man weitere Maßnahmen, eventuell sekundäre Nephrektomie 
vornehmen oder sich mit dem ersten Eingriffe begnügen. Von der 
Fistel aus kann man auch lokale Behandlung (Jodoform) einleiten. 
Die Harnleiterfreilegung wurde an der Leiche durch Erhöhung der 
kranken Seite in ganzer Länge erleichtert. 

Des weiteren enthält die Arbeit noch einige interessante und 
für die Nierenpathologie recht wichtige Krankengeschichten, von 
denen ich einen Fall von doppelseitiger Nephrolithotomie, einen 
Fall von ausgedehnter Blutung bei chronischer Nephritis und eine 
traumatischeHydronephrose bei wahrscheinlich bestehender Solitärniere 
hervorheben möchte. Wichtig erscheint ferner, dass selbst große 
Geschwülste schwer für die Tastung zugängig sein können, wie ein 
Fall von Hydronephrose bewies. Am Schluss gedenkt P. noch 
einer bösartigen Nierengeschwulst, die er als Peritheliom im Sinne 
Hildebrand’s nach dem mikroskopischen Befund auffasst. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


6) P. Wagner (Leipzig). Grundzüge der operativen Hydro- 
nephrosenbehandlung. 
(Centralblatt für die Krankheiten d. Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 4.) 
In übersichtlicher Weise bespricht W. in diesem lesenswerthen 
Aufsatz die Grundzüge der operativen Hydronephrosenbehandlung, 
die durchaus konseivativer Art sind. Wegen der Häufigkeit einer 
doppelseitigen Erkrankung und der Schwierigkeit, die Menge des 


716 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


noch vorhandenen funktionstüchtigen Nierenparenchyms zu bestimmen, 
soll die primäre Nephrektomie höchstens als »Ausnahmeoperation« 
Geltung haben. Die Grundfrage, ob jede Hydronephrose operativ 
anzugreifen ist, bejaht W. bei offenen Hydronephrosen wegen 
der Gefahr des raschen Wachsthums und daraus entstehender schwerer 
Störungen, bei geschlossenen Hydronephrosen wegen der Gefahr 
der Verödung des Nierenparenchyms, ganz allgemein aber wegen der 
Gefahr der Blutung und Infektion durch den Unterleib treffende 
Traumen. Nur bei der intermittirenden Hydronephrose aus 
unbekannter Ursache kann von einem operativen Eingriff zunächst 
abgesehen werden. 

Für eine kausale Therapie eignen sich vor Allem die Hydro- 
nephrosen bei Wandernieren, die gewöhnlich intermittirend sind 
und durch operative Festlegung der Niere zur Heilung gebracht 
werden können. Auch die bei Steinniere vorkommenden Hydro- 
nephrosen lassen eine kausale Therapie zu — Entfernung des ver- 
stopfenden Steins — vom Sektionsschnitt der Niere aus oder durch 
Uretero-Lithotomie je nach dem Sitz desselben. 

Auch bei echter traumatischer Hydronephrose kann man 
durch. Entfernung perirenaler oder periurethraler Blutextravasate 
manchmal die Ursache des Leidens direkt angreifen und die Hinder- 
nisse zu beseitigen suchen. Von den symptomatischen Behand- 
lungsmitteln erwähnt W. die Massage des hydronephrotischen 
Sackes als unsicher und gefährlich, die Punktion ebenfalls als im 
Erfolg unzuverlässig und wegen der Gefahr einer Bauchfellverletzung 
als gefährlich. 

Die einfachste und sicherste Methode ist die Incision und 
nachfolgende Drainage des Sackes, die Nephrotomie. In ca. 
30—35% wird dadurch völlige Heilung erzielt, namentlich bei offenen 
Hydronephrosen durch Freiwerden des Abflussweges in Folge der 
plötzlichen Druckentlastung, aber auch bei jahrelang bestehenden ge- 
schlossenen, durch Verödung und Schrumpfung des Sackes und 
Nierenrestes. 

Tritt nach der Nephrotomie eine völlige Heilung nicht ein, so 
ergeben sich folgende Möglichkeiten: 

Entlassung des Pat. mit Fistel. Dieselbe kommt nur in Be- 
tracht bei rein urinöser und spärlicher Absonderung der Fistel, 
günstigen socialen Verhältnissen des Pat. und Möglichkeit der ärzt- 
lichen Überwachung. 

Behebung des Abflusshindernisses auf operativem Wege 
durch Freilegung der Harnleitereinmündung im Nierenbecken, Re- 
sektion von Strikturen im Anfangstheil des Harnleiters, Bougierung 
und kleine plastische Operationen, Neueinpflanzung des Harnleiters 
an günstigerer Stelle, Faltung und Verkürzung der Nierenbecken- 
wandung ({Pyeloplicatio); 12 einschlägige Fälle werden aus der Litte- 
ratur zusammengestellt. Die Schwierigkeiten derartiger Operationen 
sind oft sehr groß. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 717 


Bei Fehlschlagen dieser Versuche bleibt die sekundäre Ne- 
phrektomie übrig. Dieselbe ist unbedingt nothwendig bei eitriger 
Infektion des Hydronephrosensackes und reichlicher Sekretion, be- 
rechtigt bei urinöser Absonderung in solcher Menge, dass die 
Kranken schwer belästigt oder in ihrer Erwerbsfähigkeit beeinträchtigt 
werden. F. Krumm (Karlsruhe). 


Kleinere Mittheilungen. 


Ein Lagerungsapparat zum Anlegen von fixirenden Becken- 
verbänden. 


Von 


Dr. med. Ulrich Grosse, 
Assistent der chirurgischen Klinik zu Halle a/S. 


Den durch beistehende Abbildungen wiedergegebenen Apparat habe ich im 
Jahre 1896 konstruiren lassen, und ist derselbe seitdem in der hiesigen Klinik zur 
Anwendung gebracht bei allen Verbänden, die zur Fixation des Beckens und der 
unteren Extremität im Hüftgelenk angelegt wurden. Da derselbe sich in vieler 
Hinsicht vor anderen Apparaten auszeichnet und als in jeder Hinsicht zweck- 
mäßig erprobt ist, gebe ich im Folgenden eine kurze Beschreibung desselben. 

Ausgehend von der Forderung, eine bequeme, aber sichere Lagerung auf 
einem leicht transportablen und stets gebrauchsfertigen Apparat zu haben, ließ ich 
unter Benutzung des von v. Bruns angegebenen Sattels diese Kopf-Schulter- 
Beckenstütze anfertigen. 


Fig. 1. Fig. 2. 


Dieselbe besteht aus einem nach Art der Volkmann’schen Bänkchen gear- 
beiteten, in seinen Dimensionen nur etwas größeren Holskasten, an dem nach der 
einen Seite, auf wagerechter Stange verschieblich, eine Kopfstütze, nach der an- 
deren Seite, ebenfalls auf wagerechter Stange verschieblich, eine Beckenstütze in 
Gestalt des v. Brung'schen Sattels angebracht sind. Der Holzkasten hat eine 
Höhe von 30 cm, eine Breite von 40 cm und eine Tiefe von 20 cm; derselbe dient 
zur Stütze für den Oberkörper, während eine schon vorhin erwähnte gepolsterte 
Kopfstütze, verschieblich auf einem wagerechten Stab, zur Aufnahme des Hinter- 
hauptes dient. 

Nach der anderen Seite befindet sich am Fußende jenes Holzkastens eine wage- 
rechte eiserne Stange von 50 cm Länge, auf der verschieblich und mit Schraube 
feststellbar, eine senkrechte, den v. Bruns’schen Sattel tragende Stange läuft. 


718 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


Der v. Bruns’sche Sattel ist ebenfalls verstellbar und in 2 verschiedenen 
Größen angefertigt — für Kinder und für Erwachsene. 

Die angegebenen Dimensionen haben sich als die zweckmäßigsten erwiesen 
und ermöglichen es, Pat. von jugendlichstem Alter mit derselben Bequemlichkeit 
und sicheren Lagerung, wie Erwachsene auf dem Apparat Behufs Anlegung von 
Verbänden zu lagern. 


Fig. 3. 


Ein großer Vorzug des Apparates ist seine Leichtigkeit (6 kg), wodurch es 
möglich ist, in jedem beliebigen Raum, auf jedem gewöhnlichen Tisch ihn aufzu- 
stellen und dann den Verband den Kranken anzulegen. Als ganz besonders 
praktisch hat sich der Apparat uns erwiesen beim Eingipsen von Kindern mit kon- 
genitalen Hüftluxationen und Coxitiden. Eine einzige geschulte Assistenz genügt 
bei verständigen Kindern, um die gewünschte Stellung mit Verband zu fixiren. 

Der Apparat ist von der Firma Baumgartel in Halle angefertigt und wird 
zum Preis von 30 A geliefert. 


7) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 
94. Sitzung am Montag, den 9. Mai, im kgl. Klinikum. 
Vorsitzender: Herr Rose. 


Vor der Tagesordnung weist 1) Herr Rose auf eine kleine, interessante, eben 
erschienene Schrift hin: »Ein römisches Militärspital«, die von der Verwaltung 
der Bäder von Baden bei Zürich herausgegeben wurde. Es finden sich in ihr die 
Abbildungen von zahlreichen daselbst ausgegrabenen ärztlichen Instrumenten, so 
u. A.: gut erhaltene Katheter, Sonden, Löffelchen aus Bein, Messer, Brennkölb- 
chen, ein Beinstylus, eine Spatelsonde, Etuifragmente aus Bronze, Salbe, Medi- 
einalwagen etc. 

Darauf berichtet er über einen Fall von Starrkrampf ohne nachweis- 
bare Pforte, der anderweit ausführlich beschrieben ist. — Pat. ist nicht er- 
schienen. 


2) Herr Rose: Fall von Verstopfung des Ductus choledochus. 

Eine Pat. mit Ikterus der Conjunctivae, so wie des übrigen Körpers leidet 
außerdem seit 1/2 Jahr an Magenschmerzen, so wie Schmerzen in der rechten 
Bauchgegend. Pat. kam zur Laparotomie, nachdem 4 Gallensteine unter heftigen 
Koliken abgegangen. Die Operation gestaltete sich in so fern komplicirt, als das 
Ligamentum hepato-colicum mitsammt dem Nets den Weg versperrte. R. erwähnt 
dabei, dass er immer einen Querschnitt mache, den er für außerordentlich bequem 
halte; denn wenn auch die Wunde eine große ist, werden die Nachtheile doch 
hinlänglich aufgewogen durch die leichte Zugänglichkeit der Organe. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 719 


Nach Eröffnung der sehr atrophischen Gallenblase und Entleerung zahlreicher 
(21) Steine nähte R. eine Lippe der Blase an das Peritoneum an und führte einen 
Drain ein. Glatte Heilung. 

Er erinnerte dabei an seine frühere Aufforderung, dass man in allen Fällen 
die Blase und Gallenwege digital und mit der Sonde untersuchen solle, dass der 
Einwand, es sei dies nicht möglich oder nicht nöthig, hinfällig sei. Die Aus- 
räumung der Gallenblase sei dann leicht vorzunehmen — eine Exstirpation der 
Gallenblase möglichst zu unterlassen. 

Die Anatomie des Gallengangsystems sei durchaus noch nicht geklärt; das be- 
wiesen die zahlreichen Widersprüche, die sich in anatomischen Lehrbüchern dar- 
über finden. Die Verhältnisse an der Leiche sind durchaus andere und abweichend 
von denen während des Lebens. 

Man kann die Choledochotomie wohl in vielen Fällen ersetzen durch eine 
Incision der Gallenblase und Ausräumung von Steinen von dieser aus. 

Um der Forderung Langenbuch’s gerecht zu werden, dass man nicht nur 
»das Produkt der Erkrankung« (die Steine), »sondern auch die Ursache« (den 
Katarrh) »resp. den Sitz der Krankheit (die Blase)« beseitigen solle — hat R. die 
Blasenwand mit einer 1/,%igen Chlorzinklösung ausgestrudelt. 

Entschieden wendet er sich jedenfalls gegen die Vorschrift Langenbuch’s, 
dass man auch bei Hydrops eine Exstirpation der Blase vornehmen solle. 

Dass die Choledochotomie in manchen Fällen thatsächlich durch eine » Aus- 
räumung« ersetzt werden kann, beweist noch ein anderer Fall: Eine 53 Jahre alte 
Frau litt seit Jahren an »Gallensteinen« und eitriger Mandelentzündung; später 
entwickelte sich ein Kropf, der einen operativen Eingriff in einer Privatklinik 
anderswo nöthig machte. Bei der Aufnahme ins Krankenhaus Bethanien zeigte 
sich Fieber, Pulsbeschleunigung, Cyanose, Dyspno&, Erbrechen und ein schmerz- 
hafter Nabelbruch. Da die Annahme einer Incarceration nahe lag, legte R. den 
Nabelbruch frei, fand aber nur adhärentes Netz (keinen Darm) als Bruchsackinhalt. 
Nunmehr überzeugt, dass es sich um eine Gallensteinkolik handle, erweiterte R. 
den Schnitt. Das Netz war mit der Leber verwachsen. Ferner bestanden breite 
Verwachsungen der Gallenblase mit dem Dünndarm. Nach Freilegung der Gallen- 
blase, was mit großer Schwierigkeit verknüpft war, und Eröffnung derselben, aus 
der sich reichlich grüngelber Eiter entleert, fand sich der Gallenblasenhals mit 
zahlreichen Steinen erfüllt (im Ductus cysticus und choledochus waren im Ganzen 
72 Steine). Der größte lag wieder im Choledochus, wie im 1. Falle. 

Dieser Stein zeigte eine Rinne, durch die hindurch ein Gallenabfluss ermöglicht 
wurde; dadurch erklärt sich das auffällige Fehlen einer ikterischen Färbung der 
Frau. R. machte die Choleeystendyse. Nach der Operation fiel die Temperatur 
zwar vorübergehend auf 36,5 herab; die Krankheitserscheinungen auf der Lunge 
blieben aber bestehen, und Pat. starb 5 Tage nach der Operation. 

Die Krankheitserscheinungen hatten die Möglichkeit des Bestehens einer 
Darmperforation zugelassen; Bauchhöhle und Darm waren aber normal; dagegen 
fanden sich zahlreiche, mit Eiter erfüllte sackförmige Bronchiektasien in Folge 
der säbelscheidenförmigen Kropfstenose. Beim Aufschneiden der Leber nun fand 
sich hinter der Ampulla Vateri lose ein neuer Stein, ein gleicher in dem stark 
ausgedehnten Ductus choledochus, im Ductus hepaticus sinister noch 7 Steine, 
alle ganz anderer Art als bei der Operation vor. Diese Lebersteine hatten jetzt 
Platz, schmerzlos hinabzurücken, wogegen keine Operationsmethode schützen kann. 
Das Präparat beweist, dass man selbst mit der Choledochotomie solche Nachkömm- 
linge nicht vermeiden kann, da sie im linken Lebergang steckten. Auch 8 von 
Kehr operirte Fälle bewiesen, dass die Choledochotomie nicht immer zum Ziel 
führt, sondern hat wiederholt werden müssen. 

Wenn die Gallenwege erweitert sind, bilden sich sehr leicht Steine in der 
Leber, die ihren Weg verändern. 

Nur die »Wandersteine«, die den Gang erweitern und verstopfen, machen 
hauptsächlich Beschwerden und lassen sich also selbst aus dem Choledochus aus- 


720 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


räumen, ohne Incision, wie an der Leiche das Maß des bei Lebzeiten ein- 
geführten Instruments zeigte. 

Sehr viele gallensteinkranke Pat. haben ja gar keine Symptome, wenn die 
Steine festsitzen. 

3) Herr Heubach: Über Hallux valgus. 

An der Hand zahlreicher, zum Theil durch Operation (Resektion) gewonnener 
Präparate giebt H. eine ausführliche Beschreibung der komplieirten Verhältnisse 
dieser Abnormität. 

Es herrscht über die Pathologie und Pathogenese des Hallux valgus noch 
nicht völlige Klarheit und Übereinstimmung. 

Cruveilhier hält den Hallux valgus für eine durch Stiefeldruck herbei- 
geführte Luxation, Gurlt für eine Subluxation, Wernher handelt den Hallux 
valgus unter den Kontrakturen der Zehen ab und beschreibt ihn als eine Ver- 
drängung der großen Zehe, durch Stiefeldruck und Kontraktur des Abductor 
hallucis erseugt und von Auftreibung des Gelenkkopfes und Subluxation der 
1. Phalanx bedingt. 

Volkmann hält eine deformirende Erkrankung des Metatarsophalangeal- 
gelenks für das Primäre. 

Froriep nimmt in seiner Beschreibung des Hallux valgus auf die Abweichung 
der großen Zehe gar keine Rücksicht, sondern beschreibt nur die am inneren 
Fußrand so häufig vorkommende starke Hervorragung, als deren anatomisches 
Substrat er eine Exostose an der inneren Seite des ersten Metatarsalknochens, 
unmittelbar hinter dem Rand der Gelenkfläche ansieht. 

Fast allgemein wird seither die Volkmann’sche Auffassung von der primären 
Arthritis deformans als die richtige angenommen. 

H. nun hält den Hallux valgus für eine statische Deformität im Sinne von 
J. Wolff. 

Meist durch den Druck zu spitzer und häufig auch zu kurzer Stiefel wird 
die große Zehe in Abduktionsstellung gebracht; dadurch wird beim Gehen die 
laterale Seite des Capitulum ossis metatarsi stärker belastet (und nimmt an Vo- 
lumen zu), während die vom Druck entlastete mediale Seite kleiner wird. 

Direkt im Widerspruch zu dem Befund bei echter Arthritis deformans steht 
das Verhalten des Gelenkknorpels bei Hallux valgus. Während dort regelmäßig 
an allen Stellen, wo die Gelenkenden an einander reiben, Knorpelschwund ein- 
tritt, und sich später auch Schliffflächen ausbilden, ist bei allen Präparaten H.'s 
der Knorpel vollkommen erhalten, wo die Artikulation der verschobenen Gelenk- 
theile noch stattfindet; was Volkmann als intrakapsuläre Exostosen angesehen 
hat, sind die Reste der vom Druck entlasteten atrophirten medialen Theile des 
Capitulum. Auch das Fehlen intrasertikulärer Knochenwucherung lässt die An- 
nahme einer Arthritis deformans bei Hallux valgus irrig erscheinen. 

Die Operation des Hallux valgus — nach der Methode von Edmund Rose 
— besteht in der totalen Resektion der Articulatio metacarpophalangealis I; d. h. 
es werden dabei sämmtliche Gelenktheile, das Capitulum metatarsi I, die Basis 
phalangis I und die Ossa sesamoidea entfernt. 


4) Herr Rose: Eine Art von freien Knochen in den Gelenken. 

Im Anschluss daran wollte R. einen geheilten Fall von Resektion des Ballen- 
gelenks vorstellen, um zu zeigen, wie vorzüglich der Gang nach dieser Operation 
sich gestaltet. Leider hatte der Kranke aber schon abreisen müssen. Der Kranke 
war operirt worden wegen eines freien Knochens im entzündeten Gelenk, welches 
bereits aufgebrochen war. Wie das Präparat zeigt, bestand der Knochen in einer 
Nekrose der basalen Epiphyse der 1. Phalanx der großen Zehe. Eine solche 
»spontane entzündliche Epiphysenlösung« spielt sonst eine viel größere Rolle bei 
der Hüftgelenksentzündung. 

Den alten Streit über die Entstehung der Gelenkmäuse hat man früher dabin 
entschieden, dass sie aurschließlich in der bekannten Weise Gebilde der Arthritis 
deformans seien. R. legte ein Prachtexemplar vor aus seiner Privatseammlung von 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 721 


Malum coxae senile mit einem halben Dutzend theils freier, theils noch fest- 
sitzender walnussgroßer Gelenkknochen. 

Das sind aber nicht die beiden einzigen Gründe für die Bildung freier Knochen 
im Gelenk. Dass drittens wirklich durch Gelenkverletzungen Stücke abgelöst 
werden können, konnte R. schön mit einem ferneren alten Präparat aus seiner 
Sammlung beweisen. Der Kranke (ein Trinker) hatte sich Nachts den Fuß ver- 
treten und war damit noch 5 Wochen herumgereist. Bei der Operation seiner 
Gelenkmäuse zeigten sich dieselben als abgesprungene Stücke der vorderen Tibia- 
kante des Fußgelenks. Da bald darauf wegen Komplikationen eine Resektion 
nothwendig wurde, fand sich außerdem eine frisch geheilte Fraktur des äußeren 
Knöchels, wie deutlich das vorgelegte, subperiostal entfernte Periost zeigte. 

Nun giebt es aber wohl noch eine vierte Ursache ganz seltener Art für die 
Entstehung freier Knochen in sonst nicht zerstörten Gelenken, ganz abgesehen 
von der Caries necrotica. Als Grund einer Coxitis, die noch schleichender war 
als man es sonst bei freiwilligem Hinken sieht, fand R. bei fast intaktem Gelenk 
die Eiterung ausgehend von einem runden, außerordentlich festen, in einer Höhle 
gekapselten Knochenstück unter dem Knorpel der Pfanne, welches bei einem 
zweiten Falle schon in der Gelenkkapsel lag. Die Verbindung mit den angebo- 
renen Defekten beider Schlüsselbeine und dem besonders schleichenden Verlauf 
veranlasste R. zu der Annahme, dass es sich hier um Enostosen im Virchow- 
schen Sinne handelt, welche, angeboren, mit dem Wachsthum der Kinder frei 
werden. Diese Enostosen sind weder mit den äußeren noch inneren Exostosen 
zu verwechseln. Sarfert (Berlin). 


8) Moty. Observation d’urethre perinéal supplémentaire chez l'homme. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 160.) 

M. beobachtete die Missbildung bei einem Soldaten. Die Fistel war so eng, 
dass ihre Offnung erst bei genauer Untersuchung gefunden werden konnte; doch 
entleerten sich bei jedem Uriniren aus ihr einige Tropfen hinter dem Hodensack, 
3 cm vor der Afteröffnung, etwas links von der Rhaphe. Heilung durch Exstirpa- 
tion des Fistelganges bis auf eine Länge von 3 em. Mit der Sonde ließ sich die 
Kommunikation mit der normalen Harnröhre nicht nachweisen. — 10 Tage nach 
der Entlassung aus dem Krankenhaus kehrte Pat. mit Blasenneuralgie zurück, die 
M. als hysterische auffasste — wegen erheblicher Einschränkung des Gesichts- 
feldes —, und die nach Gebrauch von Bädern in einigen Wochen schwand. 

Reichel (Chemnitz). 


9) Bazy. Des re6tr&cissements traumatiques tardifs de la portion 
j membraneuse. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 64.) 

B. wurde zu einem 75jährigen Pat. gerufen, der seit mehreren Tagen Mühe 
hatte, zu uriniren; 40 Jahre vorher hatte derselbe einen Beckenbruch mit starker 
Verschiebung der Bruchstücke erlitten, doch angeblich ohne folgende Harn- 
beschwerden. B. vermuthete zunächst eine Prostatahypertrophie, konstatirte indess 
bei der Untersuchung eine Striktur der Pars membranacea, die er durch inneren 
Harnröhrenschnitt erweiterte. Er erblickt in diesem Falle einen Beweis einer 
späten Entwicklung einer traumatischen Harnröhrenverengerung. (Beweisend ist 
der Fall gewiss nicht; warum soll die Striktur nicht seit 40 Jahren bestanden 
und erst spät in Folge Altersveränderungen der Blase und Prostata, eventuell in 
Folge einer Komplikation mit Cystitis, augenfällige Beschwerden gemacht haben? 
Ref.) Reichel (Chemnitz). 


10) 8. Baumgarten (Budapest). Partielle Resektion der Harnröhre 
bei Striktur, Kombination mit Cystotomia perinealis. 
(Centralblatt f. d. Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 3.) 


Auf Grund einer eigenen Beobachtung, bei der B. die Cystotomia perinealis 
wegen eines Blasensteins mit der Resektion einer hartnäckigen Striktur der Harn- 


17122 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


rsöhre kombinirte und rasche völlige Heilung erzielte, empfiehlt B. die Excision 
von Strikturen, wenn gleichzeitig die Indikation zur Urethrotomia externa besteht- 
Selbst dann, wenn die Striktur so lang ist, dass eine direkte Vereinigung der 
Harnröhrenenden nicht möglich ist, werden bei der Heilung durch Granulation 
die Verhältnisse vortheilhafter, als ohne Excision der Narbe. Die Kombination 
mit der Cystotomie vergrößert die Gefahr der partiellen Harnröhrenresektion nicht 
erheblich. F. Krumm (Karlsruhe‘. 


11) C. A. Ljunggren. Über die Wiederherstellung der hinteren 


Harnröhre aus den Weichtheilen des Dammes. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 397.) 

Bei Defekten der hinteren Harnröhre, sei es, dass es sich um Fälle frischer 
traumatischer Zerreißung handelt, oder dass Resektionen kallöser Strikturen vor- 
genommen sind, oder dass geschwürige Processe in Folge von alten Strikturen 
vorhanden sind, soll in erster Linie die Naht der Harnröhrenstümpfe ver- 
sucht werden; ist diese aber unmöglich, so empfiehlt sich nach den Vorschlägen 
von Guyon, einen weichen Dauerkatheter vom Penis aus in die Blase zu legen 
und über diesem die Dammweichtheile zu nähen. L. theilt 2 Fälle mit, in denen 
er auf diesem Wege schöne Resultate erzielte. Fall 1 betrifft eine alte trauma- 
tische Striktur mit Skrotalabscess und vielen Fisteln. Nachdem diese genügend 
vorbehandelt, Ineision des Dammes, Eröffnung einer unregelmäßigen Höhle mit 
geschwürigen schwieligen Wänden, der Schleimhaut entbehrend, in welcher beide 
Harnröhrenstümpfe, beinahe 6 cm aus einander stehend, endigen. Resektion der 
Schwielen, Fisteln und Harnröhrenstümpfe, Nachbehandlung wie angegeben unter 
Offenlassen einer Stelle am Damm, durch die mit Gaze drainirt wurde. Katheter- 
entfernung nach einem Monat, normale Miktion. Zwecks Schließung der hinter- 
bliebenen Drainagedammfistel nochmalige Dammspaltung. Die Harnröhrenstümpfe 
stehen jetzt nur 41/2 cm aus einander, zwischen ihnen ein neu gebildeter, allseitig 
mukös ausgekleideter Kanal. Excision der Fistel, neue Dammnaht über Verweil- 
katheter. Heilung in 14 Tagen. Bei Nachuntersuchung nach 41/2 Jahren keine 
Striktur, obwohl nie bougiert worden war. Fall 2 betrifft eine frische Zerreißung 
der perinealen Harnröhre.e Nach Dammspaltung war das obere Harnröhrende nur 
mittels Sectio alta und retrogradem Katheterismus auffindbar. Naht der Blase 
und Naht des Dammes wie in Fall 1, doch wurde dies Mal der Damm mittels 
feinen Rohres, und zwar nur 2 Tage lang, drainirt. Katheterentfernung nach 
24 Tagen. Völlige Heilung ohne Striktur, noch 2 Jahre lang nach der Operation 
festgestellt. 

L. erklärt den Heilungsprocess bei dieser Therapie so, dass das Schleimhaut- 
epithel der Harnröhre über die granulirenden Wundflächen wächst, die den durch 
die Harnröhre in die Blase eingeführten Katheter umgeben. {Es dürfte in solchen 
Fällen sicherer sein, die Dammwunde, statt zu schließen, im Wesentlichen offen 
nachzubehandeln. Denn die Aseptik bei diesen Operationen ist keineswegs, wie 
Verf. meint, »ganz dieselbe wie sonst«, sondern durch die Urinberieselung der 
Wunde, die auch durch Dauerkatheter nicht zu beseitigen ist, überhaupt in Frage 
gestellt.) Meinhard Schmidt (Cuxhaven'. 


12) Sacchi. Moderno trattamento dell’ ipertrofia prostatica. 
(Policlinico 1897. No. 19. Ref. nach Morgagni 1898. No. 19.) 

Verf. hat bei 19 Kranken mit Prostatahypertrophie die Resektion der Vasa 
deferentia ausgeführt und folgende Beobachtungen gemacht: 

1) Fast immer verschwinden die Symptome gleich oder in einem von verschie- 
denen Umständen abhängenden und nicht bestimmbaren Zeitraum nach der Ope- 
ration oder nehmen wenigstens an Intensität ab. 

2) Der Katheterismus wird erleichtert und besser vertragen. 

3) Bei Paralyse des Schließmuskels kann man auf Wiederherstellung der 
Muskelfunktion nicht hoffen, aber auch in diesen Fällen wird der Katheterismus 
erleichtert. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 723 


4) Atrophie der Hoden und der Prostata tritt nicht immer nach der Operation 
ein. Letztere scheint von ersterer abzuhängen. 

5) Wenn Nieren- oder Blasenaffektionen vorhanden sind, so müssen diese be- 
handelt werden. Sonst geht die nach der Operation gewonnene Besserung des 
Prostataleidens wieder verloren. 

6) Die nach der Operation eintretende Besserung kann vorübergehend sein 
und ist alsdann wahrscheinlich von nervösen Einflüssen abhängig. Tritt Atrophie 
der Prostata ein, so hält auch die Besserung länger an und ist eine größere. 

7) Epididymitiden, die in Folge des Katheterismus auftreten, bleiben gewöhn- 
lich nach der Operation aus. Dreyer (Köln). 


13) J. @. Witte. Zur Statistik der Behandlung der Prostatahyer- 
trophie mittels doppelseitiger Kastration. (Aus dem Sserpuatowisten 


Semstwokrankenhaus.) 
(Chirurgie 1897. p. 474. [Russisch.)) 

W. berichtet über 2 einschlägige Fälle. 

1) Die Beschwerden des 72jährigen Kranken waren hochgradige Harnverhal- 
tung, Blut im Urin, Fieber von 39°, stark eitriger Blasenkatarrh. Die Prostata 
war sehr groß. 2 Wochen nach seiner Entlassung stellte sich der Kranke, befreit 
von seinen Beschwerden, vor. 

2) 88jähriger Greis, leidet an doppelseitiger Hydrocele seit mehr als 20 Jahren. 
Der Hodensack hat die Größe des Kopfes eines Erwachsenen. Die Harnbeschwer- 
den steigern sich in letzter Zeit immer mehr, die Prostata hat die Größe einer 
übermittelgroßen Apfelsine. 

Doppelseitige Kastration. Auch hier ein fast unglaublich guter Heilerfolg 
(vom 3. Tage nach der Operation ungehinderte Harnentleerung, nach etwa 
6 Wochen hat die Prostata die Größe einer Walnuss). 

E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


14) S. P. Derinschinski. Ausschneidung des Samenstranges als Heil- 
mittel bei Vergrößerung der Vorsteherdrüse. 
(Chirurgie 1897. p. 464. [Russisch.)) 

D. theilt 4 Fälle mit, die alle durch die Operation günstig beeinflusst wurden. 
Die 3 ersten hat er selbst im Golitzin’schen Krankenhaus operirt, der 4. wurde 
von Dr. Lanin behandelt und von Prof. Diakonow operirt. 

I. 58jähriger Arzt trat Februar 1897 mit Harnverhaltung ins Krankenhaus. 
Die ersten schwächeren Anfälle hatte er zuerst vor 4 Jahren. Sein Vater ist an 
demselben Leiden gestorben. Seit September 1896 Blasenkatarrh. Die Anfälle 
von Harnverhaltung mehrten sich so und wurden so quälend, dass P. schon bereit 
war, an sich die Kastration vornehmen zu lassen. Auf Rath Prof. Diakonow’s 
wurde ihm aber in Chloroformnarkose auf beiden Seiten je ein Als em langes 
Stück .Samenstrang ausgeschnitten. Heilung der Wunde mit Ausnahme einer 
Stichkanaleiterung ohne weitere Störung. Das letzte Mal sah D. seinen Pat. im 
Oktober; Dieser hatte seit Monaten keine Harnverhaltung, war vom Gebrauch des 
früher unentbehrlichen Katheters befreit und urinirt jetzt alle 3—4 Stunden, wäh- 
rend dies vor der Operation jede Stunde geschehen musste. Das Gefühl von 
Schwere in der Dammgegend ist vollständig verschwunden. 

D. Der 77jährige Kranke trat ebenfalls mit vollständiger Harnverhaltung ins 
Krankenhaus ein. Die Prostata ist apfelsinengroß, weich. Operation am 8. April 
unter Lokalanästhesie. Ebenfalls günstiges Resultat, nur hatte er 3 Monate später 
abermals eine Harnverhaltung. Jetst wurden nur 300 eem Urin mit dem Katheter 
entleert. 

III. Vor 3 Jahren hatte der 69jährige Kranke zum 1. Mal eine Harnverhal- 
tung, seit 1 Jahre kann er den Urin nur mit dem Katheter entleeren; er trat mit 
Harnverhaltung ins Krankenhaus. Die Besserung nach der Operation zeigte sich 
zunächst darin, dass er den Katheter jetzt nur alle 3—4 Tage anzuwenden brauchte 


724 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


seit einem Monat hatte er den Katheter ganz weggelegt. Der Urin wurde klar, 
die Vorsteherdrüse kleiner. 

IV. 64jähriger Pat. (s. ol. Er musste sich 3—4mal in 24 Stunden den Urin 
mit dem Katheter ablassen, seit 6 Monaten konnte er von selbst keinen Urin 
mehr lassen. Harndrang hat er schon seit 10 Jahren. Die beiderseitige Aus- 
schneidung eines Stückes von 5cm aus dem Samenstrang (Prof. Diakonow! 
hatte zunächst den Erfolg, dass sich die Erscheinungen von Schmerz und Urin- 
drang besserten und die Prostata sich verkleinerte, bis plötzlich nach einigen 
Monaten eine Verschlechterung eintrat, wenn auch der Zustand des Kranken 
gegen früher besser geworden war. 

D. giebt dann noch eine Übersicht über den Stand dieser Frage und schließt 
sich nach seinen Erfahrungen den Empfehlungen der doppelseitigen Vasekto- 
mie an. 

Zum Schluss wendet sich D. der von Lennander und verschiedenen anderen 
Autoren betonten Nothwendigkeit zu, die Nerven um den Samenstrang nicht zu 
schonen, und möglichst mit zu entfernen. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


15) Korlowski. Hypertrophie der Vorsteherdrüse, geheilt durch Ka- 
stration. (Aus dem Sophienkrankenhause des Grafen Bobrinski in 
Shmela.) 

(Chirurgie 1897. p. 477. [Russisch.)) 


K. giebt die Krankengeschichte eines 68jährigen Greises, der ihm mit einer 
4 Tage andauernden Harnverhaltung nach einer beschwerlichen Reise zugeführt 
wurde. Die enorme Prostata konnte bimanuell gut abgetastet werden. Es wird 
mit einem Metallkatheter ein Liter Harn abgelassen. Leider schlüpfte der liegen- 
gelassene Katheter bei der Überführung zum Krankenhaus wieder heraus, und es 
konnte jetzt weder ein harter noch ein weicher Katheter wieder eingeführt werden. 
Da die Blase wieder überfüllt war, wurde mit einer feinen Hohlnadel oberhalb 
der Symphyse punktirt und ohne Aspiration 600 com abgelassen. Am folgenden 
Tage konnte dann der Metallkatheter wieder in die Blase gebracht werden. Von 
selbst konnte der Kranke aber nicht uriniren, und den eingelegten Gummikatheter 
vertrug er auch nicht. So wurde die doppelseitige Kastration gemacht. Am 
11. Tage nach der Operation konnte der Operirte frei Urin lassen, es entwickelte 
sich aber, wohl in Folge der Katheterisirungen, eine eitrige Blasenentzündung 
mit Fieber, starken Beschwerden, schließlich mit Auftreten von Pyelitis. Alle die 
üblen Erscheinungen schwanden bei sorgfältiger Behandlung, und 4 Monate nach 
der Operation findet sich die Vorsteherdrüse auf doppelte Kastaniengröße ver- 
kleinert. Die Cystitis ist geschwunden, der Harn wird ungehindert von selbst 
entleert. Nach weiterem ca. 11/2 Jahre ist die Prostata nur so groß wie eine 
Kastanie. Der Operirte zeigt neben starkem Fettansats auch noch andere Erschei- 
nungen der Kastration; so ist z. B. das Wachsthum des Bartes vollständig ver- 
schwunden. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


16) Bazy. De l’urethro-cystoplastie. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 155.) 

In einem Falle sehr ausgedehnter Zerstörung der Scheide durch Gangrän nach 
sehr langdauernder Geburt mit enormer Blasen-Scheidenfistel und Zerstörung der 
Harnröhre stellte B. eine neue Blase mittels Sectio alta durch Ablösung der 
Blasenschleimhaut und Vernähung der Fistelränder und eine neue Harnröhre durch 
Lappen her, die er von den beiden Schambeinästen loslöste und theils den Resten 
der Vulva entnahm. Durch einen besonderen Apparat, durch welchen die Wände 
des neugebildeten Kanals gegen die Symphyse angedrückt wurden, gelang es, Kon- 
tinens für ca. 3 Stunden zu erzielen. — Die Kolpokleisis verwirft B. vollständig. 

Reichel (Chemnitz). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 725 


17) P. Berger. Fistule vesico-vaginale compliquée d’oblitration ci- 
catricielle de l’orifice vésical de l’urethre. Gu6rison. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 142.) 


Die Beobachtung B.’s ist in mehrfacher Hinsicht interessant, nicht zum wenig- 
sten, weil sie zeigt, dass man auch unter anscheinend verzweifelten Umständen 
zuweilen doch noch ein recht gutes funktionelles Resultat erreichen kann. — Bei 
der 34jährigen Pat. handelte es sich um eine im vertikalen Durchmesser 6, im 
transversalen 4 cm messende Blasen-Scheidenfistel mit narbigen Rändern und 
gleichzeitig narbigem Verschluss der Blasenmündung der Harnröhre. Diese Kom- 
munikation zwischen Harnröhre und Blase stellte B. zunächst in der Weise wieder 
her, dass er auf die durch einen in die Harnröhre eingeführten Katheter vor- 
gedrängte Blasenschleimhaut einschnitt, vor und hinter dem noch von Harnröhren- 
schleimhaut bedeckten Katheterende durch die ganze Dieke der Harnröhrenwand 
je eine Fadenschlinge durchzog, zwischen ihnen die Harnröhre eröffnete, die 
Schlinge aus ihr mit einem Häkchen vorzog, durchschnitt und mit den so er- 
haltenen 4 Faden Harnröhren- und Blasenschleimhaut vernähte. Durch Einlegung 
Bozeman’scher Kugeln aus Aluminium erweiterte er in den folgenden 3 Monaten 
die Scheide und schritt nun zum Schluss der Blasen-Scheidenfistel. Anstatt die 
bei Anfrischung der Fistelränder losgelöste Schleimhaut ihrer Umgebung zu ex- 
eidiren, stülpte er sie nach der Blase um, zog die Umrandung dieses Ringes durch 
eine Tabaksbeutelnaht aus Katgut zusammen und vernähte die Scheidenwund- 
ränder mit einander erst über der so gewonnenen ersten Schicht. Am 12. Tage 
zeigte der Abfluss von Urin zur Scheide einen theilweisen Misserfolg an; doch war 
die Fistel suf die Größe eines 50-Centimesstückes verkleinert. Durch eine 3. Ope- 
ration gelang es, sie ganz zu schließen. Als Ursache einer nachher auftretenden 
Blasenblutung ergab die cystoskopische Untersuchung einen Granulationsknopf, 
entsprechend der bei der 1. Fisteloperation umgestülpten Schleimhaut. B. warnt 
daher für zukünftige Fälle vor dieser Modifikation. Der Zwischenfall war übrigens 
ohne große Bedeutung. Pat. war schließlich so weit hergestellt, dass sie keine 
Beschwerden hatte und nur bei schwerer Arbeit einige Tropfen Urin unwillkür- 
lich verlor. B. betont die Wichtigkelt der genauen Befolgung der heute von 
Manchen unterschätzten Vorschriften Bozeman’s zur Vorbereitung der Pat. vor 
der Fisteloperation. Reichel (Chemnitz). 


18) C. A. Ljunggren. Öfvertalig urinbläsa med urinretention. 
(Nord. med. Arkiv N. F. Bd. VII. No. 9.) 

Verf. beschreibt einen in der Litteratur früher kaum erwähnten Fall von Du- 
plieität der Harnblase, welchen er mittels Anastomosenbildung zwischen den beiden 
Blasen zur Heilung und völlig befriedigendem funktionellen Resultat gebracht hat. 
Der außerordentlichen Seltenheit des Falles wegen verdient die Krankengeschichte 
hier etwas ausführlicher mitgetheilt zu werden. 

Vor 3 Jahren bekam ein 12jähriger Knabe plötzlich und ohne bestimmte Ver- 
anlassung Schmerzensanfälle im unteren Theil des Bauches etwas links von der 
Mittellinie. Die Schmerzen dauerten ein paar Stunden und steigerten sich zu 
solcher Intensität, dass Pat. laut schrie. Auf einmal hörten sie auf, und Pat. 
fühlte sich völlig gesund. Solche Anfälle wiederholten sich während des 1. Jahres 
der Krankheit in Intervallen von 2 Wochen bis einem Monat, nahmen dabei an 
Stärke zu, wurden von Erbrechen gefolgt und fingen öfters des Abends an. Pat. 
konnte sich nicht erinnern, bei den Anfällen jemals Harndrang gefühlt zu haben, 
noch auch dass er nach Aufhören derselben ein größeres Quantum Harn gelassen 
hätte. Niemals Inkontinenz, nie Enuresis nocturna, keine Phimose. Als Verf. 
den Knaben zum 1. Male (zu Hause) untersuchte, fand er im unteren Theil des 
Bauches eine elastische, fast kindskopfgroße, bei Palpation schmerzhafte Ge- 
schwulst. Der naheliegenden Vermuthung, dass dies die ausgedehnte Blase sei, 
wurde durch die Angabe des Pat., er habe vor (kb Stunde Harn gelassen, wider- 
eprochen. Nach Verabreichung eines Opiats schwanden die Schmerzen dies Mal. 


726 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


2 Wochen später stellte sich Pat. im Krankenhause ein. Die Schmerzen 
waren fast jeden Tag wiedergekehrt. Bei der Untersuchung zeigte sich nicht die 
geringste Spur von der Geschwulst, noch konnte Verf. etwas anderes Abnormes 
finden. Schon am anderen Tag war aber Alles verändert: die elastische Gesch wulst 
fand sich nun wie bei der ersten Untersuchung. Beim Einführen eines Katheters 
wurde zwar eine gerimge Menge Harn entleert; die Geschwulst wurde aber nicht 
verändert. 

Bei der sofort gemachten Laparotomie fand man eine fast kindskopfgroße, 
kugelrunde, fluktuirende, vom Bauchfell bedeckte Geschwulst genau in der Mittel- 
linie gelegen, mit der Basis im kleinen Becken befestigt, während der Scheitel 
fast bis zum Nabel hinaufreichte. Der Eindruck war derjenige einer enorm aus- 
gedehnten Harnblase. Als bei der Einführung eines Katheters wieder kein Harn 
erschien, spritzte Verf. eine schwache Borsäurelösung ein; und nun trat eine neue 
Geschwulst hervor, die normale Harnblase, von gewöhnlicher Form und Größe. 
Darauf wurde die hintere Geschwulst geöffnet, wobei eine größere Menge von 
klarem Harn herausfloss, und die Wände zusammenfielen, indem sie sich etwas 
zusammengogen. Die Wand war bedeutend dünner als die einer gewöhnlichen 
Blase, bestand aber aus den normalen 3 Schichten Serosa, Muscularis und Schleim- 
haut. Eine Kommunikation mit der normalen Blase war nirgends zu finden. Diese 
2. Blase reichte tief in das kleine Becken herab und endete mit einer trichter- 
förmigen Verlängerung unterhalb der vorliegenden normalen Blase. Die Operation 
wurde mit Anlegung einer Blasenfistel in der Bauchwunde abgeschlossen. 

Nach glatter Heilung der Bauchwunde entleerte Pat. Harn sowohl auf dem 
natürlichen Weg als durch die Bauchfistel, und zwar, wie vorgenommene Messung 
der entleerten Harnmengen zeigte, auf jedem Weg gleich viel, was Verf. zur An- 
nahme führte, dass jede Blase mit ihrem Harnleiter in Verbindung stehe. Die 
Versuche Verf.'s, durch Füllung der normalen Blase mit farbigen Flüssigkeiten, 
eine Kommunikation zwischen den beiden Blasen zu konstatiren, gelangen dabei nie. 

Während eines ganzen Jahres trug Pat. eine Blasenfistelbandage. Die früheren 
Schmerzen waren völlig verschwunden; verschiedene Male kam es aber in der 
hinteren Blase zu einer Cystitis, die mit Lapis und Spülungen behandelt wurde. 

Auf den Wunsch der Eltern, die Blasenfistel zu beseitigen, entschloss sich 
Verf., eine Kommunikation zwischen den beiden Blasen herzustellen. Diese wurde 
in 2 Sitzungen gemacht. In der ersten öffnete Verf. die alte Wunde und vereinigte 
mit 2 Reihen Katgutnähten die hintere Wand der normalen Blase mit der vor- 
deren der accessorischen so tief nach unten wie möglich. Nach vorübergehender 
Tamponade der Wunde, und nachdem der Harn in der hinteren Blase völlig 
normal geworden, spaltete er die zusammengewachsenen Wände so tief nach unten 
wie die Nahtreihe es gestattete. Durch Einführen eines Fingers in jede Blase 
konnte Verf. die Wände völlig abtasten und fand auch dabei nicht die geringste 
Spur einer Kommunikation zwischen den 2 Blasen; sie waren überall gegen ein- 
ander verschieblich. Zuletzt aber fand Verf. in der hinteren Blase eine spalten- 
förmige Öffnung; eine in sie eingeführte feine Sonde drang in der Richtung zur 
linken Niere etwa 8cm empor. Der Kanal hatte die gewöhnliche Weite eines 
Harnleiters. 

Nun wurde die Operation durch Mobilisirung eines halbmondförmigen Stückes 
Schleimhaut jeder Blase geschlossen. Diese wurden in der Mittellinie durch ein 
paar feine Katgutnähte vereinigt. Der obere Theil des Schnittes in den beiden 
Blasen wurde mit einer doppelten Reihe Katgutnähte jeder für sich geschlossen. 
Heilung ohne Zwischenfälle nach einem Monat. 

Ein Jahr später wurde Pat. untersucht. Sein voriges Leiden war verschwun- 
den; der Harn war klar, die Entleerung normal. 

Im Anschluss an seinen Fall diskutirt Verf. ausführlich, unter kritischer Be- 
leuchtung der wenigen in der Litteratur mitgetheilten analogen Fälle, die ent- 
wioklungsgeschichtlichen und klinischen Möglichkeiten. Er hat nur einen mit 
den seinigen übereinstimmenden Fall gefunden, den P&an in Gas. des hôpitaux 
1895 No. 63 veröffentlicht hat. Nur eine Erklärungsweise bleibt für seinen Fall 


Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 7127 


übrig: die Annahme einer angeborenen. doppelten Harnblase, durch Erweiterung 
der unteren Theile der Ducti Mülleri entstanden. A. Hansson (Cimbrisbamn). 


19) L. Heidenhain. Transperitoneale Exstirpation einer Hydro- 
nephrose von ungewöhnlicher Größe. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 405.) 


Die große eystische Geschwulst der 22jährigen Pat., von den linken Rücken- 
streckmuskeln bis zur vorderen rechten Axillarlinie und vom linken Hypochon- 
drium bis an den Beckeneingang reichend, war durch bimanuelle Palpation von 
der linken Lende zur Mittellinie und durch den Nachweis, dass das Colon über 
die Vorderfläche der Geschwulst verlief (Luftaufblasung), als Hydronephrose be- 
stimmt. Zur Operation wurde, um über den Zustand der rechten Niere Auskunft 
zu erhalten, ein transperitonealer Schnitt in der Linea alba gewählt. Nach Er- 
öffnung des Leibes Spaltung des Bauchfellüberzugs der Hydronephrose, Annähung 
desselben an das Peritoneum parietale, so dass die freie Bauchhöhle abgeschlossen 
war, Punktion der Geschwulst, Aushülsung der medianen Theile des erweiterten 
Nierenbeckens. Nachdem ein Griff festgestellt, dass eine normale 2. Niere vor- 
handen war, Nephrektomie, die leicht ausführbar war. Aus Scheu vor Nach- 
blutungen lockere Tamponade der Wunde; Heilung per secundam. Da nach 
Vollendung der letzteren im Leibe der Pat. eine mediane lange Scheidewand 
hinterblieb, und H. von dieser Gefahren durch eventuelle Herbeiführung innerer 
Einklemmung besorgte, nahm er noch eine Nachoperation vor, bestehend in 
abermaliger Laparotomie, Abtrennung des Septums von der Vorderbauchwand, 
Übernähung seiner Schnittfläche mit Serosa und Verseukung, so wie separater 
Bauchdeckennaht. Die Besorgnis war nicht unbegründet; denn über den oberen 
Rand des Septums hingen Darmschlingen aus der rechten in die linke Seite des 
Bauches hinein, und eine dieser Schlingen war mit der Scheidewand leicht ver- 
wachsen, so dass sie gelöst werden musste. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


20) o. Houzel (Boulogne-sur-Mer). Deux observations de kystes hy- 
datiques du rein opérés. 
(Bull et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 421.) 

H. vermehrt die noch sehr geringe Zahl operirter Nierenechinokokken um 
2 eigene Beobachtungen. Im 1. Falle handelte es sich um eine 26 Jahre alte 
Frau, die seit 2 Jahren eine sich langsam entwickelnde Geschwulst in der linken 
Bauchseite bemerkte. Zur Zeit der Beobachtung durch H. füllte die Geschwulst die 
ganze linke Lendengegend aus, überschritt die Mittellinie noch um 2 Querfinger 
Breite, hatte fibröse Konsistenz. Im Glauben, eine solide Geschwulst vor sich zu 
haben, schritt H. zur transperitonealen Nierenexstirpation. Unglücklicherweise fehlte 
die 2. Niere, und Pat. starb am 5. Tage nach der Operation an Urämie. — Der 
2. Fall betraf einen 43jährigen Mann, bei welchem der Anfang der Erkrankung 
schon um 20—30 Jahre zurücklag. Als einzige mögliche Ursache wusste Pat. an- 
zugeben, dass er als Junge die Gewohnheit hatte, Fliegen zu essen; H. hält es 
nicht für unwahrscheinlich, dass auf diesem Weg die Infektion statthatte. Die 
Cyste war sehr groß, enthielt ca. 3 Liter Echinokokkenblasen. Durch breite Er- 
öffnung und Annähung der Cyste an die Wundränder wurde binnen 51 Tagen 
vollständige Heilung erzielt. — H. erklärt die einzeitige primäre Nephrotomie mit 
folgender Drainage für das einzig empfehlenswerthe Verfahren, das zwar lang- 
wieriger, aber doch erheblich weniger gefährlich sei, als die Nephrektomie. 

Reichel (Chemnitz). 


21) Tuffer. Contribution à l'étude de l'intervention chirurgicale dans 
la tuberculose du rein (15 opérations personnelles). — Discussion. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 51.) 


Von 152 Nierenoperationen T.’s handelte es sich nicht weniger als 15mal um 
Eingriffe wegen Nierentuberkulose, obwohl T. eine Operation bei dieser nur nach 


7128 Centralblatt für Chirurgie. No. 27. 


erfolgloser innerer Medikation und nur.dann für gerechtfertigt hält, wenn die 
örtliche Erkrankung das Allgemeinbefinden und die physiologische Widerstands- 
fähigkeit stark beeinträchtigt. Zu den direkten Veranlassungen zur Operation 
rechnet er 1) Blutungen, 2) excessive Schmerzen, 3) Infektion oder Intoxikation. 

Wegen Gefahr drobender Blutung operirte er in 2 Fällen; eine Pat. genas nach 
Nephrektomie vollständig; eine zweite wurde durch Nephrotomie für 2 Jahre 
von allen Beschwerden befreit, bekam aber dann nochmals eine mehrwöchent- 
liche, wenn auch nicht starke Blutung. T. hält daher in solchen Fällen die pri- 
märe Nephrektomie für die Operation der Wahl; dessgleichen in den Fällen, in 
denen heftige, andauernde Schmerzen zur Operation zwingen. Er war 2mal ge- 
nöthigt, auf Grund dieser Indikation die Niere zu exstirpiren, beide Male mit 
bestem Erfolg. Verursacht sind die Schmerzanfälle durch Erkrankungen des 
Harnleiters oder sekundäre Steinbildung, können aber auch unabhängig von beiden 
auftreten. — Am häufigsten swingen Zeichen akuter Infektion, gleich denen einer 
gewöhnlichen Pyonephrose, oder chronischer Intoxikation zu einer Operation. Die 
Prognose dieser«Fälle ist weit ungünstiger. Ob man Nephrotomie oder Nephrek- 
tomie machen soll, hängt namentlich von dem Verhalten der 2. Niere und dem 
Allgemeinbefinden ab, muss nach allgemein chirurgischen Grundsätzen entschieden 
werden. Von 5 Nephrotomirten verlor T. 1 an den Folgen der Operation, 2 nach 
weiteren 3 Monaten an allgemeiner Tuberkulose, bei zweien musste er sekundär 
noch die Nephrektomie machen. 2 primär Nephrektomirte genasen; doch ist der 
seit der Operation verstrichene Zeitraum noch zu kurz, um über das Endresultat 
ein sicheres Urtheil abzugeben. 

Die zum Theil recht interessanten Krankengeschichten sind theils nur auszugs- 
weise, theils ausführlich wiedergegeben, müssen im Original nachgelesen werden. 

Routier empfiehlt warm den chirurgischen Eingriff bei Nierentuberkulose; 
und zwar hat er namentlich von der Nephrektomie recht günstige Erfolge ge- 
sehen. In einem Falle von bedrohlicher Nierenblutung bei Tuberkulose erzielte 
er durch Nephrotomie ein bemerkenswerthes Resultat; in 2 anderen Fällen von 
Nierenblutung war er schon zum gleichen Eingriff entschlossen, als die Blutung 
von selbst stand und auch — bei fortgesetzter innerer Behandlung — während 
dem folgenden 11/2 Jahre nicht wiederkehrte. Hingegen führt die wegen tuberku- 
löser Eiterung unternommene Nephrotomie seiner Ansicht nach stets zu unver- 
sieglicher Fistelbildung und ist nur dann angezeigt, wenn das Allgemeinbefinden 
oder der Zustand der anderen Niere die Exstirpation der kranken Niere nicht ge- 
stattet; im ersteren Falle kann sie zur Besserung des allgemeinen Kräftesustandes 
beitragen und dann die sekundäre Nephrektomie ermöglichen. 4 primär wegen 
Nierentuberkulose nephrektomirte Frauen genasen sämmtlich. 

Reichel (Chemnitz). 


Die Streitsache der Herren Nitze und Casper ist am3. Juni in der Berufungs- 
instanz auf Anregung des Gerichts und der Vertheidiger, so wie unter Mitwirkung 
des Geheimraths v. Bergmann durch folgenden Vergleich beigelegt worden: 

Herr Dr. Nitze erklärte: Ich habe Herrn Dr. Casper den Harmnleiterkatheter 
zusammen mit dem Operationskystoskop vorgelegt, ich will aber nicht lünger behaupten, 
dass er den Harnleiterkatheter gesehen haben muss und mala fide gehandelt hat. 

Im Anschluss an diese Erklärung erklärte Herr Dr. Casper: Ich nehme alle 
gegen Herrn Dr. Nitze erhobenen Beschuldigungen zurück. 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
nie (mm Lis 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


m en 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 28. Sonnabend, den 16. Juli. 1898. 


Inhalt: A. Codivilla, Zur Radikaloperation der Schenkelhernien. (Original-Mittheil.) 

4) Reitzenstein, Speiseröhrendivertikel. — 2) v. Eiselsberg, Sondirang ohne Ende. 
— 3) Cange, Bauchbrüche. — 4) Nassauer, Bauchfelltuberkulose. — 5) Sonnenburg, 
6) Deaver, 7) Bernays, Appendicitis. — 8) Lindner und Kuttner, Chirurgie des Magens. 
— 9) Halsted, Cirkuläre Darmnaht. — 10) Savarlaud, Magengeschwür. — 11) Ehret, 
Sareine und Magengärung. — 12) Morison, Pylorektomie. — 13) v. Kundrat und Schle- 
singer, Verwachsungen zwischen Pylorusgeschwülsten und Leber. — 14) Turazza, Gastro- 
enteroplegie. — 15) Conrath, Blinddarmtuberkulose. — 16) Quénu, Mastdarmamputation. 

Th. Kölliker, Schutzhebel bei Operationen am Knochen. dese 

17) Garrd, Kehlkopf- und Speiseröhrenexstirpation. — 18) Meusser, 19) Schwarz, 
Appendicitis. — 20) Deaver, Perforation bei Typhus. — 21) Fischer, Hernien während 
Schwangerschaft und Wochenbett. — 22) Gallant, Leistenbruch. — 23) Neumann, Retro- 
` peritonealbruch. — 24) Delagénière, Magenprobeschnitt. — 25) Selenkoft, Pylorusenge. 
— 26) Hofmann, Magenezstirpation. — 27) Körte, Persistirender Ductus omphalo-mesen- 
terieus. — 28) Schulz, Darmenge nach Brucheinklemmung. — 29) Koch, Spiraldrehung 
des S romanum. — 30) Heidenhain, Dickdarmresektion. 

Berichtigung. 


Zur Radikaloperation der Schenkelhernien, 
Von 
Dr. A. Codivilla, 
Chirurg am Krankenhaus von Imola. 

Die in No. 21 d. Bl. erschienene Mittheilung von Lotheissen 
über die Radikaloperation der Schenkelhernien veranlasst mich, das 
Operationsverfahren bekannt zu machen, welches ich zur Radikal- 
behandlung der Schenkelhernien seit 1895 anwandte, wie ich es 
schon in meiner letzten Statistik! beschrieben habe. 

Dasselbe unterscheidet sich von dem Lotheissen’schen Verfahren 
wesentlich nur in einigen Punkten der Technik, wodurch es aber 
weit leichter auszuführen ist, bei gleich gutem Erfolg. 

Lotheissen, von dem Satz ausgehend, dass der fibröse Ver- 
schluss, welcher bei den zur Radikalheilung der Schenkelhernien 


1 Rendiconto statistico della sezione chirurgica dell ospitale d’Imola durante 
Fanno 1897. Tipi Galeati. März 1898. p. 23 u. 24. 


23 


730 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


gewöhnlich angegebenen Operationsverfahren erzielt wird, keinen ge- 
nügenden Widerstand gegen den Druck der Eingeweide leisten kann, 
hat ein Operationsverfahren erdacht, bei welchem die Gegend des 
Schenkelkanals durch eine dicke Muskelschicht verstärkt wird, ähnlich 
der Schicht, welche bei der Radikaloperation der Leistenbrüche nach 
Bassini die hintere Wand des Leistenkanals bildet. 

Bei dem Lotheissen’schen Operationsverfahren wird der Haut- 
schnitt direkt über dem Poupart’schen Bande gemacht, dann die 
Fascia des Musc. obl. ext. etwa 1—2 mm oberhalb dieses Ligaments 
gespalten, wobei man selbstverständlich in den äußeren Leistenring 
kommt. Das Isoliren und Abbinden des Bruchsacks geschieht von 
oben her, und nach derselben Technik wie sie Prof. Ruggi übt. Nun 
schreitet Lotheissen zum Annähen der wie beim Bassini’schen 
Verfahren vorbereiteten Muskelschicht an das Periost des horizontalen 
Schambeinastes, das Ligamentum Couperi. Aber die Tiefe der Gegend, 
in welcher er arbeiten muss, und die Nähe der Vena femoralis, die 
er mit einem stumpfen Haken lateralwärts zu ziehen sucht, machen, 
wie er selbst erklärt, diesen Akt des Operationsverfahrens sehr schwierig. 
In der That kann er in Folge der anatomischen Verhältnisse der 
Operationsgegend die Fadenschlingen, welche zum Anheften der 
Muskelschicht an das Schambeinperiost dienen sollen, nicht mit einer 
einzigen Nadel für jeden Faden anlegen, sondern er legt zuerst die 
Muskelnähte (etwa 4—5) mit einer halbkreisförmigen Trokarnadel an 
und dann mit einer stark gekrümmten gestielten Nadel am Liga- 
mentum Couperi Fadenschlingen, die dazu bestimmt sind, die Fäden 
der Muskelnaht hier durchzuziehen, wie es bei der Fergusson’schen 
Gaumennaht gemacht wird. 

Bei meinem Operationsverfahren ist dieser Akt viel leichter aus- 
zuführen. 

Die Verschiedenheit zwischen den beiden Operationsverfahren 
besteht darin, dass ich den Leistenkanal nicht oberhalb des Schenkel- 
bogens eröffne und nicht durch diese Öffnung die Nähte anlege, 
sondern durch eine, die ich mir mittels Trennung der Ansatzstellen 
des Ligamentum Pouparti am Schambein schaffe. 

Ich mache den Hautschnitt längs der Richtung des Schenkel- 
bogens, und nachdem der Bruchsack in der gewöhnlichen Weise bis 
an den Ring isolirt worden ist, lege ich den inneren Theil des 
Poupart’schen Bandes, insbesondere dessen Insertionsstellen am Scham- 
bein, frei. Dann löse ich vom Schambein die Ansatzstellen des 
Schenkelbogens, d. h. den unteren Pfeiler des äußeren Leistenrings 
und das Gimbernatische Band ab. Der Schenkelring wird damit 
weit geöffnet, so dass es möglich wird, den Bruchsack ganz bequem 
bis nach oben zu isoliren. Nach seiner Abbindung an der höchsten 
Stelle und Abtragung des Bruchsacks schreite ich zum Verschluss 
der Schenkelbruchpforte durch eine solide und dicke Barrière. 
Dazu trenne ich zuvor die Ansatzstellen der Fascia transversa 
vom hinteren Rande des Poupart'schen Bandes ab und komme so 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 731 


in den Leistenkanal hinein. Durch den damit an dessen hinterer 
Wand geöffneten Weg bereite ich, wie bei der Radikaloperation der 
Leistenhernien nach Bassini, die vordere Wand der dreifachen, aus 
den Mm. obliq. abdominis, Musc. transversus abdominis und Fascia 
transversa gebildeten Schicht vor; dann trenne ich mittels eines dem 
oberen Rande des Schambeins parallel laufenden Einschnittes das 
Ligamentum Couperi von der Fascia pectinea und vom Musc. pecti- 
neus ab und entferne auf eine gewisse Strecke die Einschnitt- 
ränder von einander, indem ich beiderseits das Periost vom Knochen 
losmache. Nun wird die muskulär-aponeurotische Schicht nach dem 
inneren Rand des oberhalb des Schambeins gemachten Einschnittes 
heruntergezogen und mittels einiger Stiche an das Ligamentum 
Couperi und an das Schambeinperiost angenäht. Das Poupart’sche 
Band wird vor dieser Nahtlinie an den äußeren Rand des oben ge- 
nannten Einschnittes genäht, welcher von der Fascia pectinea, dem 
Musc. pectineus und dem Schambeinperiost gebildet wird. Beim 
Anlegen der Nähte wird außen in der Nähe der Vena femoralis 
angefangen. Das beschriebene Operationsverfahren ist leicht und rasch 
auszuführen. Die Wunde ist weit, das Isoliren und Abbinden des 
Bruchsacks und die weiteren Handgriffe geschehen ohne Schwierig- 
keit am weit offenen Operationsfeld. 

Die 2 Nahtreihen, welche die Schenkelbruchpforte verschließen, 
werden mit gekrümmten Nadeln einfach und rasch wie bei der ge- 
wöhnlichen Laparotomie ausgeführt; die Schenkelgefäße stören nicht, 
weil sie nach Trennung des Ligamentum Pouparti vom Schambein 
gut zur Seite gezogen werden können. 

Seit 1895 habe ich die Operation 10mal mit gutem Erfolg aus- 
geführt. 


1) A. Reitzenstein. Zur Kenntnis und Diagnose der tiefen 


Ösophagusdivertikel. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 12.) 

Unter Mittheilung eines von R. in Boas’ Privatklinik be- 
obachteten Falles von tiefsitzendem großem Divertikel und Erweite- 
rung der Speiseröhre bespricht R. die Diagnose des ersteren und 
hält folgende Momente hierfür für nothwendig: 1) den Sondirungs- 
befund: Vorhandensein eines selbst bei längerem Liegenlassen der 
Sonde nicht weichenden Widerstands, ab und zu glatte Sondirung; 
2) die Beschaffenheit des aus der Speiseröhre Ausgeheberten in makro-, 
mikroskopischer und chemischer Beziehung, vor allen Dingen der 
Mangel an Fermenten und freier Salzsäure, die Anwesenheit 
organischer Säuren, der Nachweis von Speiseresten, die von früheren 
Mahlzeiten herrühren, während vom zuletzt Genossenen nichts mehr 
zu eruiren ist. 3) Zur Stellung der Differentialdiagnose: idiopathische 
Dilatation oder tiefsitzendes Divertikel, ist der Versuch mit 2 Sonden. 
von denen die in den Magen eingeführte von der Spitze bis hoch 

28* 


7132 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


in die Speiseröhre hinauf gefenstert ist, beweisend. Bei tiefsitzendem 
Divertikel kommt die in den Divertikelschlauch eingegossene Flüssig- 
keit genau wieder aus letzterem zurück, bei diffuser Dilatation kein 
Tropfen. 4) Zu gleicher Zeit Ausspülung durch einen in den Magen 
und einen ins Divertikel eingeführten Schlauch mit verschieden ge- 
färbten Flüssigkeiten — es tritt keine Änderung der Farbennuance 
ein. 5) Durchleuchtung mit der Einhorn’schen Glühlampe. 6) Die 
Skiaskopie nach Einführung von Wismuthaufschwemmung oder einer 
mit Bleischrot oder Bleimandrin versehenen Sonde. 7) In manchen 
Fällen ist auch das Verhalten des Durchgießgeräusches zu verwerthen. 
8) Ein solider, mit Heftpflaster am unteren Ende beklebter, dünner 
Morcier’scher Katheter wird in den Magen, ein anderer hohler in 
die erweiterte Speiseröhre eingeführt. Beim Eingießen von Farb- 
lösungen in die Hohlsonde wird das Heftpflaster bei spindelförmiger 
Erweiterung mitgefärbt, bei Divertikel nicht. Kramer (Glogau). 


2) v. Eiselsberg. Über Sondirung ohne Ende zur Er- 
weiterung schwerer Narbenstrikturen, insbesondere derer des 
Ösophagus. 

(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 15 u. 16.) 

v. E. hat bei schweren Fällen von Speiseröhrenstrikturen die 
v. Hacker’sche Methode der Sondirung ohne Ende mittels Gummi- 
drains angewandt. 

Er empfiehlt als normale Methode für diejenigen Fälle, in denen 
wegen Unpassirbarkeit der Striktur von oben ein operativer Eingriff 
überhaupt nöthig ist, die temporäre Gastrostomie mit nachfolgender 
gewöhnlicher und retrograder Bougierung. Gelingt es dann nur imal, 
die Striktur mit der feinsten Sonde zu passiren, so wird ein dünner 
Seidenfaden eingelegt, und es lässt sich dann die Sondirung ohne 
Ende anwenden, deren Werth in der dilatirenden Wirkung des durch 
die Striktur gezogenen gewöhnlichen Gummidrains beruht. 

Nach der Gastrostomie schluckt Pat. ein an einem Seidenfaden 
befestigtes Schrotkorn, das fast stets auch bei ganz feinem Lumen 
seinen Weg in den Magen findet. An den Seidenfaden wird ein 
Drain dünnsten Kalibers angebunden; ist dieser hindurchgezogen, so 
wird später in den dünnsten Drain hinein ein dickerer gesteckt. Es 
wird dann jeden Tag auf etwa !,—1 Stunde ein immer dicker wer- 
dender Drain eingeführt. Später kann auf den Seidenfaden als 
Itinerarium verzichtet werden. 

Das Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis man vom Munde 
aus mit dem dicksten Magenschlauche leicht passiren kann. 

Hat der Pat. das Bougieren erlernt, so wird die Fistel geschlossen. 

Die ersten so behandelten Fälle in der Billroth’schen Klinik 
gingen an putrider Bronchitis zu Grunde. 

Desshalb hat Billroth in einem früher noch nicht veröffent- 
lichten Falle, dessen Krankengeschichte v. E. mittheilt, die Gastro- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 133 


stomie mit der Ösophagostomie vereinigt, nachdem vorher vergeblich 
das Bougieren mit den feinsten Sonden versucht worden war. 

v. E. hat in Königsberg 4 Fälle von Narbenverengerung der 
Speiseröhre gesehen, von welchen 2 mittels Sondirung ohne Ende 
von Anfang an und 2 in anderer Weise behandelt wurden. Die 
beiden letzteren endeten tödlich. Von den beiden Anderen wurde 
Einer geheilt, der Andere befindet sich noch in Behandlung. Die 
Krankengeschichten theilt v. E. ausführlich mit. In dem letzten der 
Fälle gelang es erst 4 Monate nach der Gastrostomie, einen 10 mm 
dicken Drain mit Hilfe des Seidenfadens durch die Stenose zu ziehen. 

Der Verf. kommt auf Grund seiner Erfahrungen zu dem Schluss, 
dass bei frischen Verbrennungen der Speiseröhre, so bald bedrohliche 
Strikturerscheinungen eintreten, die Pat. nicht durch vieles Sondiren 
gefährdet werden sollen. Eine vorsichtig ausgeführte Gastrostomie 
mit Ernährung von der Fistel aus macht den Pat. für die nachträgliche 
Sondirung ohne Ende geeignet und widerstandsfähig. Die Gastro- 
stomiefistel ist später leicht zu beseitigen. 

Bei leichteren Strikturen, bei denen aber doch die Bougierung 
mit Sonden nicht gelingt, hält v. E die Darmsaiten noch für am 
geeignetsten, die zu mehreren in eine kurze bis an die Striktur 
herangeführte Hohlbougie eingeführt werden; auch excentrisch ge- 
legene Strikturen lassen sich so noch bougieren. 

Auch für Strikturen des Respirationsschlauchs, von denen ein 
interessanter Fall, den Billroth 1893 beobachtete, mitgetheilt wird, 
ist die Sondirung ohne Ende anwendbar, dessgleichen bei Strikturen 
der Harnröhre und inoperablen Narbenstrikturen des Mastdarms, bei 
welchen von einer Kolostomiefistel aus ein armirtes Schrotkorn durch 
die Striktur geführt wird. v. E. hat das Verfahren 2mal angewandt. 

Sogar bei einem durch Lues bedingten Verschluss des Nasen- 
raums vom Mundraum her hat sich die Methode vortrefflich be- 
währt. R. Wagner (Mülheim a. d. Bi. 


3) G. E. H. Cange. Des &ventrations spontanées et de leur 
traitement chirurgical. 
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1898. 95 S. 

Verf. bespricht in dieser Arbeit die Pathologie und die chirur- 
gische Behandlung der spontanen Eventrationen im engeren Sinne, 
d. h. der sog. Hernien der Linea alba ohne Kontinuitätstrennung 
der Aponeurose. Ausgeschlossen sind also erstlich die postoperativen 
Bauchhernien, sodann die Hernien der Linea alba mit mehr oder 
weniger ausgedehnter Defektbildung der Aponeurose und mit Ent- 
wicklung eines eigentlichen Bruchsacks. Diese letzteren Fülle be- 
zeichnet Verf. als Pseudoeventrationen (während sie die wahren 
Hernien der Linea alba darstellen). 

Die Ursache der Eventrationen im angegebenen Sinne ist die 
Erschlaffung der Bauchwand in Folge von Schwangerschaft (besonders 


7134 Gentralblatt für Chirurgie. No. 28. 


bei kleinem Becken, gleichzeitigem Bestehen von Geschwülsten, nach- 
theiligem Einfluss des Korsetts, mangelnder Schonung nach der Ge- 
burt erte). Dabei spielt vielleicht eine angeborene Schwäche der 
Gewebe mit. 

Als Folge dieser Erschlaffung der Bauchwand fasst Verf. die sie 
oft begleitenden Erscheinungen von Ptosis der Eingeweide auf. 

Als Palliativbehandlung wird angeführt: Hydrotherapie, Massage, 
Elektricität, Gymnastik — Alles ohne sicheren Heilerfolg. Die ope- 
rative Behandlung ist desshalb in manchen Fällen gerechtfertigt und 
angezeigt. Als Methode wird, nach Besprechung der bisher in An- 
wendung gebrachten Verfahren, dasjenige von Qu&nu beschrieben 
und empfohlen. Dasselbe lässt sich kurz folgendermaßen zusammen- 
fassen: 

Schnitt durch Haut und Unterhautzellgewebe. Bildung von zwei 
(seitlichen) Hautlappen. Aufsuchen des Innenrandes der beiden 
Rectusscheiden und Längseröffnung derselben. Sodann — ohne 
Eröffnung des Bauchfells — fortlaufende Naht zur Vereinigung der 
beiderseitigen hinteren Blätter der Rectusscheide, wobei das Gewebe 
der Linea alba mit in die Naht gefasst wird. Darauf werden die 
beiden Recti an einander genäht, mit vorzugsweiser Benutzung der 
Inscriptiones tendineae. Eine dritte Naht, ebenfalls fortlaufend, 
vereinigt die vorderen Blätter der Rectusscheide.e Zum Schluss 
Hautnaht. 

Für postoperative Bauchbrüche wird das Verfahren von Maydl 
mit Eröffnung der Bauchhöhle und vierschichtiger Naht empfohlen. 
Immerhin bemerkt Verf., dass die Methode von Qu&nu auch für 
diese Fälle verwendet werden könne, mit der Modifikation, dass die 
Bauchhöhle so weit eröffnet werde, dass ein Finger zur Orientirung 
eingeführt werden könne: 

Zum Schluss bespricht Verf. noch die besonders bei schwäch- 
lichen Kindern beobachtete Vorwölbung der Gegend der Linea alba. 
Dieselbe beruht auf einer angeborenen Anomalie und soll die Ur- 
sache von Verdauungsstörungen sein. Was die Behandlung betrifft, 
so genügt nach Verf. der von Büdinger vorgeschlagene Heftpflaster- 
verband in der Regel, und die Anzeige zu chirurgischem Eingreifen 
(Naht der Recti) wäre nur bei sehr hartnäckigen Fällen gegeben. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


4) M. Nassauer. Zur Frage der Heilung der tuberkulösen 
Peritonitis durch die Laparotomie. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 16 u. 17.) 

Unter kritischer Betrachtung der bisher gegebenen Zusammen- 
stellungen durch den Bauchschnitt geheilter Fälle tuberkulöser Peri- 
tonitis hebt N. besonders diejenigen hervor, bei welchen die Heilung 
auch anatomisch — nicht bloß klinisch, wie in der Mehrzahl der 
Beobachtungen — nachgewiesen werden konnte und fügt einen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 7135 


neuen, von Gottschalk-Berlin operirten Fall an, dessen Ausheilung 
2'/, Jahre später gelegentlich der Exstirpation einer intraligamentären 
Ovarialeyste festgestellt worden ist und noch heute nach abermals 
2 Jahren fortbesteht. Der Fall giebt N. im weiteren Veranlassung, 
die Frage nach dem Zustandekommen der Heilung durch die Laparo- 
tomie zu erörtern und auf Grund des bei der pathologisch-anatomischen 
Untersuchung erhobenen Befundes an einem bei der 1. Operation 
ausgeschnittenen Stück tuberkulösen Bauchfells die nach Eröffnung 
des Bauches zu beobachtende mächtige Hyperämie des an sich schon 
sehr blutreichen tuberkulösen Bauchfells als wesentlichsten Heil- 
faktor zu bezeichnen. Dieser Reaktion, tage- und wochenlang an- 
haltend, verbunden mit den bei Narbenbildung herrschenden Vor- 
gängen, erliegt der Tuberkelbacillus. Wo sie keine hochgradige ist, 
bleibt das Bauchfell außer Stande, der Erkrankung Herr zu werden. 
Mit dieser Hypothese schließt sich N. somit der von Hildebrandt 
(Kieler Klinik) auf Grund von Thierversuchen gegebenen Auffassung 
an, dass die Heilung in ähnlicher Weise, wie durch die von Bier 
künstlich herbeigeführte Stauungshyperämie bei Gelenktuberkulose, 
Lupus etc. zu Stande komme. (S. auch die Arbeit von D’Urso, 
ref. dieses Blatt 1897 p. 655. Ref.) Kramer (Glogau;. 


D Sonnenburg. Neuere Erfahrungen über Appendicitis. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie. Bd. III. Hft. 1.) 

S. betont, dass schon im ersten Anfall von Appendicitis sehr 
ausgedehnte Veränderungen am Wurmfortsatz vorkommen können, 
so dass man sich nicht durch den Umstand, dass man den ersten 
Anfall vor sich hat, von der Operation abhalten lassen soll. Zum 
Beweis führt er an, dass er unter 210 Fällen von Appendicitis per- 
forativa und gangraenosa 150mal, also in 71,4% im ersten Anfall 
operirt habe. Er bespricht sodann ausführlich die Diagnostik der 
latenten Appendicitis in der anfallfreien Zeit. Im Anfall selbst 
könne man sehr gut eine anatomische Diagnose der Verhältnisse an 
der Appendix aus klinischen Symptomen stellen. Er betont seinen 
bekannten Standpunkt der Forderung, bei Eröffnung des Abscesses, 
wenn es irgend geht, gleich den Wurmfortsatz mit wegzunehmen, 
und zeigt, wie weit man jetzt schon die verschiedenen Formen der 
durch Appendicitis gesetzten Peritonitis: 1) peritoneale Sepsis, 2) die 
diffus jauchig-eitrige Form, 3) die progredient fibrinös-eitrige Peritonitis 
klinisch unterscheiden könne. Er empfiehlt dringend dabei den 
Flankenschnitt in der Coecalgegend im Gegensatz zum Schnitt in 
der Mittellinie. Von 64 Fällen diffuser Peritonitis hat er 27, d. h. 
42% geheilt. 

In demselben Heft der » Mittheilungen aus den Grenzgebieten « 
bespricht Mikulicz die 3. Auflage von S.’s Pathologie und Therapie 
der Perityphlitis und präcisirt seinen Standpunkt gegenüber S. dahin, 
dass er beim akuten Anfall nur den Abscess zu eröffnen räth ohne 


736 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


Entfernen der Appendix, und zwar am besten unter Schleich’scher 
Lokalanästhesie. Je einfacher der Eingriff sei, desto eher würden 
ihn die Ärzte ausführen lernen, desto eher würde der Arzt sich ent- 
schließen, eine chirurgische Therapie des akuten Anfalls dem Kranken 
vorzuschlagen. Haeckel (Stettin). 


6) J. B. Deaver. Remarks upon the differential diagnosis, 
the pathology, and the treatment of appendicitis. 
(Annals of surgery 1898. März.) 

Verf. bespricht in einem sehr lesenswerthen Aufsatz, der sich 
allerdings zum Referat weniger eignet, zunächst die Differential- 
diagnose der Appendicitis gegenüber Wanderniere, Nierensteinen, 
Magengeschwür, Gallensteinen etc. In 200 Fällen wurden die exstir- 
pirten Wurmfortsätze mikroskopisch und bakteriologisch untersucht. 
In allen ergab sich die Wand durchsetzt mit Mikroorganismen, meist 
Kolibacillen. In reinen Fällen von Infektion mit Bacterium coli 
zeigt das Blut eine der Widal’schen gleiche Reaktion. Die einzige 
rationelle Behandlung ist nach Verf. die chirurgische, die allerdings 
gewissermaßen einen »Specialchirurgen« verlange. So weit die Appen- 
dieitis mit inneren Mitteln behandelt würde, so empfehle sich eine 
Behandlung mit milden Laxantien mehr als diejenige mit Opium. 

Tietze (Breslau). 


7) A. C. Bernays. My recent work in appendicectomy. 
(New York med. record 1398. April 2.) 

Vorliegende Publikation Bis muss man trotz ihrer Kürze für 
einen der bedeutendsten Beiträge zum Kapitel der vielbesprochenen 
Appendicitis erklären. Kaum ein Operateur dürfte über eine derartig 
erfolgreiche Thätigkeit auf diesem Gebiete zurückblicken, es scheint 
fast, als ob die Lebensaufgabe des Verf. sich um dieses Kapitel der 
Chirurgie dreht. 

Bis 1896 hatte W. 270 derartige Operationen ausgeführt und 
185mal zur Entfernung von Abscessen. In 20 Jahren kam er schließ- 
lich zu einer Behandlungsmethode, welche er nun publicirt und für 
die beste hält. 

Seit 15. Mai 1896 wurden 81 Fälle unter Assistenz des Dr. 
Wilson, der speciell für diese Operationen vom Verf. ausgebildet 
war, ausgeführt, und die Appendix oder deren Stumpf bis auf eine 
einzige Ausnahme stets entfernt. Unter dieser Serie finden sich 71 
hinter einander folgende völlig erfolgreiche und in gänzliche Ge- 
nesung ausgehende Operationen. Diese waren alle, mit einer Aus- 
nahme, akute, eitrige oder gangränöse Fälle, einige komplieirt mit 
allgemeiner Peritonitis. 

Verf. zieht vor, in jedem Falle während des akuten Stadiums 
zu operiren, sobald die Diagnose gestellt ist; er operirt aber nicht 
ohne Weiteres, wenn ein Pat. einen Anfall von akuter Erkrankung 

nter exspektativer Behandlung überstanden hat, bis ein zweiter 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 737 


Anfall eingetreten ist; dann aber besteht er strikte auf dem sofortigen 
Eingriff. 

Der Einfluss Dis auf die Ärzteschaft in St. Louis scheint das 
Gebiet der Appendicitis dem Chirurgen fast gänzlich erobert zu 
haben. Die Durchschnittszeit, in der B. in vorliegenden 81 Fällen 
konsultirt wurde, betrug ungefähr 60 Stunden nach dem Anfall. 
Die kürzeste Zeit 3 Stunden, die längste 8 Monate. B. freut sich 
festzustellen, dass diejenigen Fälle, in denen die sichere Diagnose 
durch vorherige Opium- und Morphiumgaben maskirt wurde, immer 
geringer wird. Eines der Ziele vorliegender Arbeit soll sein, die 
Opiumbehandlung noch mehr in Vergessenheit zu bringen, welche 
B. für die schlechteste und nicht genug zu verurtheilende Behand- 
lung hält. »Wenn es dem praktischen Arzte klar wird,« fährt B. 
fort, »dass die moderne Chirurgie in der Hand eines erfahrenen 
Operateurs 70 Fälle von akuter eitriger Appendicitis hinter einander 
ohne Auswahl der Fälle heilte, müssen alle anderen Heilungsmethoden 
verlassen werden, und wenn weiter festgestellt wird, dass die Durch- 
schnittszeit des Aufenthalts im Bette 3 Wochen beträgt, ist kein 
Raum mehr für eine Diskussion. « 


Außer dem einen Todesfall, der in einem Falle von bereits 
7 Monate bestehender Bettlägrigkeit vom Lande in hoffnungs- 
losem Zustande in das Hospital gebracht wurde, und von dem B. 
glaubt, dass er auch durch eine frühe Operation zu retten gewesen 
wäre, verliefen die nachfolgenden 8 Fälle wieder glücklich, also ein 
Todesfall auf 81 Operationen! Der fehlende Fall 71 war der einzige, 
in dem sich kein Eiter fand, sondern lange bestehende unheilbare 
Schmerzen (durch Einbettung der Appendix in dichtes Narbengewebe) 
schließlich den Entschluss zur Operation rechtfertigte, wie der Er- 
folg zeigte. 

Verf. fordert, dass vor der Ankunft des Chirurgen vom be- 
handelnden Arzte schon jede Nahrung verboten wird, reichliche 
Eingießungen von warmem Wasser zur Entleerung des Darmes aus- 
geführt sind, und Pat. im Bett in einer feuchten antiseptischen Ein- 
packung liegt, nachdem er vorher geseift und rasirt wurde. 


Im Allgemeinen sollen möglichst kleine Incisionen gemacht 
werden. Die Linea semilunaris ist (nach Senn) die beste Stelle zum 
Eingriff, weil keine Muskeln durchschnitten zu werden brauchen, 
wenig Blutung erfolgt, und auch die nachfolgende Hernie nicht so 
vom Einschnitt als von der Drainage und der Methode der Naht 
abhängt. Der beste Führer für den Einschnitt ist der laterale Rand 
des Rectus, die Mitte des Einschnitts entspricht ungefähr dem 
McBurney’schen Punkte in gewöhnlichen Fällen, in anderen 
natürlich geht der Schnitt über die Höhe der etwaigen Prominenz. 
In der Hälfte der Fälle muss der Blinddarm aus seiner Lage gehoben 
werden, um vollständige Exstirpation der Appendix zu ermöglichen. 
Nach der Ligatur am Stumpfe wird das Bauchfell mit einigen Stichen 

28+* 


738 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


darüber zusammengezogen. Die Schleimhaut konnte bezüglich der 
Naht meistens unberücksichtigt bleiben. 

Durchaus nothwendig ist es, einen Gazestreifen auf und um den 
Stumpf der Appendix zu legen und ein Stück Gaze in Berührung 
mit jedem Theile des Darmes zu bringen, auf dem eine Auflagerung 
oder Missfärbung oder sonst wie ein infektiöser Herd sich bemerk- 
lich macht. Im Durchschnitt braucht Verf. 3 Gazestreifen, 1—2 Zoll 
breit und 18 Zoll lang. In 4 Fällen, in denen allgemeine eitrige 
Peritonitis bestand, wurde noch das Becken drainirt. Allgemeine 
Irrigation der Bauchhöhle ist zu verwerfen, dagegen wurden Ab- 
scesse öfters ausgespült. 

Die Nachbehandlung bestand unter Anderem stets in milder 
Anwendung von Abführmitteln; wenn nicht reichliche Entleerung 
vor der Operation stattfand, wird jede Stunde 6 mg Kalomel verab- 
reicht und zwar schon 12 Stunden nach der Operation, auch Seid- 
litz-Pulver und Magnesiumcitrat hinterher gegeben. Am 10. Tage 
dürfen die Pat. aufsitzen, wenige Tage darauf gehen. 

70 Fälle von eitriger oder gangränöser Appendicitis wurden 
hinter einander mit Gazedrainage behandelt, in einigen Fällen außer- 
dem mit Glas- und Kautschukdrains: bis auf einen war in allen 
diesen Fällen die Appendix perforirt, 4 Fälle waren mit allgemeiner 
Peritonitis komplicirt und 6 können als fulminante bezeichnet werden. 
Nach diesen Erfahrungen hält B. es für das richtigste, alle Fälle 
von Appendicitis sofort mit Exstirpation des Wurmfortsatzes und 
Drainage zu behandeln, dann sind 98% Heilung zu erwarten. Aus 
den Sektionsprotokollen von Heidelberg und Hamburg ersah B. eine 
sehr große Anzahl von Fällen, die man in vita als Typhlitis, Peri- 
typhlitis oder »idiopathische Peritonitis« diagnosticirt hatte, die in 
Wirklichkeit aber ihren unglücklichen Ausgang der Erkrankung des 
Processus vermiformis verdanken. Loewenhardt (Breslau). 


8) Lindner und Kuttner. Die Chirurgie des Magens. 
Berlin, Otto Enslin, 1898. 

Die Vereinigung verschiedener Specialisten für ein gemeinsames 
Werk ist jetzt sit venia verbo modern. Es ist der Anfang der 
richtigen Erkenntnis, dass, so werthvoll die Specialisirung auch zur 
wissenschaftlichen Arbeit ist, so wichtig und nöthig die Wieder- 
vereinigung für das gedeihliche Arbeiten in der Praxis und am 
Krankenbett. 

Die Verff. haben die äußere Form der Vorlesungen gewählt. 
Ein greifbarer Grund ist allerdings weder aus der Art des Stoffes 
noch seiner Bearbeitung für den Ref. zu erkennen gewesen; es sei 
denn, dass die Autoren sich dadurch stets an den Werth einer an- 
regenden und flüssigen Darstellung erinnern wollten. Diese ist ihnen 
allerdings trefflich gelungen. Freilich will es Ref. bedünken, als ob 
der Chirurg dabei der Glücklichere gewesen; doch hatte er wohl in 
dieser Hinsicht auch die leichtere Aufgabe. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 739 


Einige kleine Ausstellungen seien vorweg gestattet. Im »inneren 
Theile« wie bei der Darstellung des Chemismus der Magenverdauung 
und der Statistik wäre eine noch etwas reichlichere Verwendung des 
kleinen Drucks und bei der Methodik sogar einige Kürzung — die 
detaillirten Beschreibungen der Reaktionen könnten z. B. ganz aus- 
fallen — wohl im Interesse des Werkes. Der Praktiker will bei 
der Lektüre zuerst immer greifbare Leitsätze, viele Hypothesen er- 
müden und lassen auch das interessanteste Kalkül bei der ja leider 
noch so unvollkommenen Diagnostik der Magenkrankheiten leicht 
in Misskredit gerathen. Erleichternd würde für die Lektüre die 
Hervorhebung der Autorennamen durch Kursivdruck und die 
principielle Herausstellung von Litteraturangaben unter dem Text 
sein. Erwähnt seien noch einige Eigenthümlichkeiten wie »an- 
dauen«, Indenkaufnehmen, Zwergfell statt Zwerchfell. 


In dem, wie von den bekannten Verff. nicht anders zu erwarten, 
erschöpfenden Text werden der Reihe nach abgehandelt: Gastro- 
tomie mit historischer kurzer Einleitung, die Verletzungen, Fremd- 
körper, Lageveränderungen, Erschlaffungszustände, das Geschwür, 
Carcinom und andere Geschwülste des Magens. 


Mit Recht wird überall die große Verbesserung der Operations- 
technik und ihrer Resultate betont, die zu aktivem Vorgehen be- 
sonders bei Verletzungen auffordert. Sie ward zuerst geübt bei den 
Speiseröhrenstrikturen in der Gastrotomie, deren verschiedene Metho- 
den besprochen werden. Die Verf. bevorzugen die Methode von 
Witzel. Nicht erwähnt wird das Verfahren von Fritz Fischer, 
das nach des Ref. Erfahrung für Kinder recht werthvoll sein kann. 
Bei den Verletzungen werden auch die Verlagerungen des Magens 
durch abnorme Zwerchfellverhältnisse besprochen. Hier hätte viel- 
leicht noch die angeborene, allerdings ja recht seltene Magenhernie 
des Zwerchfells Erwähnung finden können. Sehr eingehende und 
klare Würdigung erfahren die Erschlaffungszustände des Magens, die 
Differentialdiagnose zwischen motorischer Insufficienz und Dilatation 
mit und ohne Stenose, so wie die Bedeutung der elektrischen Durch- 
leuchtung und des Röntgenverfahrens für dieselbe. Bei der oft so 
äußerst schwierigen Diagnose von Ulcus und Carcinom wird mit 
Recht betont, dass bei Ulcus die Zunge gewöhnlich roth und feucht, 
bei Carciiom meist belegt ist. Nachdrücklich wird hervorgehoben, 
warum so häufig die Salzsäurebefunde für die Diagnose unwichtig 
sein können. Wie die Motilität kann auch die HCl-Produktion 
beim Carcinom oft ganz ungestört sein. (Narbencarcinome!) Das 
Trauma ist auch nach der Verff. Ansicht ohne ätiologische Bedeu- 
tung für das Carcinom, bei dem aber die Erblichkeit eine Rolle 
spielt. Eingehend werden die günstigen Folgen auch der nicht 
radikalen operativen Eingriffe besprochen, die Hebung der Motilität, 
der Sekretbildung und das vikariirende Eintreten der Darmfunktion 
für den Magen. Die Indikationsstellung ist eine strenge und dürfte 


740 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


Angesichts der stets steigenden Verbesserung der Operationsresultate 
Manchem zu strenge erscheinen. 

Für die Magenresektion bevorzugt Lindner die sogenannte 
atypische Resektion Billroth’s, bei welcher Magenstumpf und Duo- 
denum isolirt verschlossen, dann der erstere und Darm sekundär 
durch Anastomose in Verbindung gebracht werden. Gelegentlich 
lässt auch das Carcinom, wie das Ulcus, die »segmentäre Resektion « 
zu. Leider sind die Radikaloperationen ja immer noch selten, da 
Kraske’s Forderung, frühzeitig zu operiren, an der Schwierigkeit 
der Diagnostik und dem Widerstande der Pat. scheitert. 

Die oft so segensreiche Palliativoperation der Gastroenterostomie 
will L. jetzt in der Norm als G. antecolica posterior ausführen, da 
sie sicherer den Abfluss garantirt, als die G. anterior und sicherer 
ausführbar ist als die G. retrocolica. Die Verwendung von lediglich 
Lokalanästhesie und des Murphyknopfes wird zurückgewiesen. L. 
bedient sich nur der Chloroformnarkose, von der er keinen Schaden 
sah und erwartet. Er legt stets Seidenknopfnähte in die Serosa und 
keine fortlaufenden Nähte. Er beginnt bereits am Abend des Opera- 
tionstages principiell mit Magenausheberung. Eine gewiss sehr 
wichtige Neuerung, der L. mit Recht großen Werth beilegt, die 
aber bisher wohl meistens nicht gewagt wurde. 

Die Fülle des von den ungemein belesenen Verf. gebotenen 
Stoffes ist eine zu große, um nur annähernd hier durchgesprochen 
werden zu können. Die durch die große Erfahrung (66 eigene 
Operationen allein bei Krebs) sichere Kritik in seiner Behandlung 
machen das Buch zu einem sehr werthvollen und lesenswerthen. 

Roesing (Hamburg). 


9) Halsted (Baltimore). Inflated rubber cylinders for cir- 
cular suture of the intestine. 
(Bull. of the Johns Hopkins Hospital 1898. Februar.) 

Die sicherste Art der Darmvereinigung ist in geübten Händen 
die cirkuläre Naht ohne Anwendung mechanischer Hilfsmittel. Die- 
selbe hat nur eine Reihe von Nachtheilen: 

1) Sie verlangt zu ihrer Ausführung etwa 20 Minuten. 

2) Ein bis zwei Assistenten an der Wunde sind nicht zu ent- 
behren. 

3) Klemmen oder die Finger eines weiteren Assistenten sind 
nothwendig, um ein Austreten von Darminhalt zu verhüten. 

4) Die peristaltischen Bewegungen des Darmes sind sehr störend, 
denn sie verhindern eine exakte Anlegung der Naht. Nähte, welche 
bei kontrahirtem Darm ausreichend eng angelegt erscheinen, können 
bei erschlafftem Darm zu weitläufig sein. 

5) Sind die zu vereinigenden Darmtheile -von verschiedener 
Weite, so ist ihre Adaptirung sehr schwierig. 

6) Das Auswärtsrollen der Schnitiflächen lässt schwer erkennen 
wie weit vom Rande die Naht angelegt wird. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 741 


7) Die angelegten Klemmen oder die Finger des Assistenten 
schädigen die Oberfläche des Darmes und prädisponiren zur Infektion. 
Um diese Nachtheile zu verhüten, bedient sich H. eines auf- 
geblähten Gummicylinders, welcher während der Anlegung der Nähte 
in die zu vereinigenden Darmenden eingeführt wird. Die Operation 
beginnt mit der Anlegung von je 3 Halteschlingen an der Stelle, 
wo der Darm durchschnitten werden soll. Nachdem hierauf die 
sichtbaren Gekrösgefäße durch Umstechung unterbunden sind, wird 
der Darm entlang den Halteschlingen mit einer Schere abgetrennt. 
Nun werden die 3 Halteschlingen geknüpft. In die Darmenden 
wird hierauf der leere Gummicylinder eingeführt und letzterer mit 
Hilfe eines in seiner Mitte befindlichen dünnen Ansatzschlauchs 
aufgebläht. An dem ausgedehnten Darm lassen sich nun die Nähte 
leicht anlegen. Die erste Naht durchsticht 2mal den Gekrösansatz 
(Mitchell-Hunner’sche Naht). 10—12 weitere Matratzennähte ge- 
nügen zur Vereinigung des Darmes. Bevor die Nähte geknüpft werden, 
wird der Gummicylinder entleert und aus dem Darm herausgezogen. 

Die Vortheile, welche diese Methode bietet, sind folgende: 

1) Die Darmperistaltik wird über dem Cylinder aufgehoben, und 
die Nähte können desshalb in genauen Zwischenräumen angelegt 
werden. 

2) Der ausgedehnte Cylinder besorgt die Ausrollung und Aus- 
dehnung der Schnittränder. 

3) Wenn kollabirter Darm an ausgedehntem befestigt werden 
muss, so kann ersterer leicht zu der Weite des letzteren ausgedehnt 
werden. 

4) Der Darm braucht bei der Anlegung der Naht kaum be- 
rührt zu werden, da man eine gute Handhabe an dem Ansatz- 
schlauch hat. 

5) Der eingelegte Cylinder ersetzt mindesten 2 Assistenten. 
Die Operation kann ohne jegliche Assistenz ausgeführt werden. 

6) Er verhütet das Austreten von Darminhalt und macht dess- 
halb Klemmen oder die Finger der Assistenten entbehrlich. 

7) Die ganze Operation, außer der Bauchnaht, lässt sich an 
Hunden in höchstens 5—6 Minuten ausführen. 

Strauch (Braunschweig). 


10) M. Savariaud. De lulcere hemorrhagique de l'estomac 
et de son traitement chirurgical. 
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1898. 132 8. 

Die unter dem Einfluss von Terrier geschriebene Dissertation 
enthält in ihrem ersten Theil eine ausführliche Darstellung der ver- 
schiedenen Formen von Magengeschwürblutungen. Es möge aus 
demselben nur der eine Punkt hervorgehoben werden, dass Verf. der 
von Dieulafoy neuerdings als besonderen Typus aufgestellten Ex- 
ulceratio simplex zwar einen eigenen Abschnitt einräumt, aber doch 
in ihr wohl mit Recht nichts Anderes sieht, als das Initialstadium 


742 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


des gewöhnlichen Ulcus simplex. Der zweite Theil bespricht die 
chirurgische Behandlung der akuten und chronischen Magenblutungen. 
Verf. stützt sich dabei auf die bisher gemachten Erfahrungen und 
auf seine Versuche an der Leiche, ohne einen eigenen klinischen 
Beitrag zu der Frage zu bringen. 

Bei akuten Blutungen, wo die Indikation stets etwas schwankend 
ist, hält er den Eingriff für angezeigt, sobald es sich um schwere 
Blutungen handelt, die sich trotz absoluter Diät wiederholen, voraus- 
gesetzt, dass der Allgemeinzustand nicht zu schlecht ist, um einen 
Eingriff zu erlauben. Die unerlässliche Besichtigung aller Theile 
der Mageninnenfläche ist zu erleichtern durch eine weit angelegte 
Gastrotomie, durch den Gebrauch von großen, stumpfen, in den 
Magen eingeführten Wundhaken (in der Art von Scheidenspecula) 
und durch systematische Umstülpung der Magenwand durch die 
hinter den Magen eingeführte Hand. Für die Besichtigung des 
Duodenum wird empfohlen, mittels Arterienklemmen eine etwa 
2 em weit im Duodenum sitzende Schleimhautfalte zu fassen und 
hervorzuziehen und so den oberen Theil der Duodenumschleimhaut 
dem Auge zugänglich zu machen. Dieses gestützt auf Leichenver- 
suche beschriebene Verfahren dürfte wohl am Lebenden in Anbe- 
tracht der Schleimhautquetschung nicht ganz gleichgültig sein. Für 
Fälle, wo sich trotz dieser Vorkehrungen das Geschwür nicht finden 
lässt, empfiehlt Verf., die Bauchaorta unterhalb des Abgangs der 
A. coeliaca, und die V. portae am Eintritt in die Leber zu kompri- 
miren, um durch Blutdrucksteigerung das Geschwür wieder zum 
Bluten zu bringen. 

Was die einzelnen Eingriffe betrifft, so empfiehlt Verf. für kleine 
Geschwüre die direkte Naht ohne Anfrischung. Für tiefe Geschwüre 
mit wulstigem, derbem Rand wird zur Resektion und Naht nach 
Unterbindung der Arterie gerathen. Die Geschwüre mit Arrosion 
der A. pancreatico-duodenalis sind mit Kontinuitätsunterbindung der 
A. gastroduodenalis und gastroepiploica dextra zu behandeln. Die 
bisherigen Resultate (66% Mortalität) werden sich durch Verbesse- 
rung der Technik bis zu einem gewissen Grade günstiger gestalten. 

Bei chronischen Blutungen ist die chirurgische Behandlung an- 
gezeigt, sobald die interne Therapie im Stich lässt. Bei Geschwüren 
am Pylorustheil oder im Anfang des Duodenum wird die Gastro- 
enterostomie empfohlen, welche freilich die Blutung nicht ausnahmslos 
sofort verschwinden lässt, welche aber günstige Bedingungen für die 
Heilung des Geschwürs schafft. Bei an anderen Stellen des Magens 
sitzendem Geschwür hält Verf. an der Excision desselben fest, im 
Gegensatz zu den Chirurgen, welche auch für diese Fälle die Gastro- 
enterostomie vorziehen. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 743 


11) Ehret. Über das Verhältnis der Sarcinen zu den Magen- 
gärungen. 

(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie. Bd. II. Hft. 5.) 
Der Sarcine im Magen wird allgemein jede Pathogenität und 
jede Wirkung abgesprochen. Selten sind die Fälle, in denen Sarcinen 
allein als ständige Bewohner des Magens gefunden werden, mögen 
sie nun primär allein sein oder Anfangs mit Hefen vergesellschaftet, 
die aber nach einigen Auswaschungen des Magens sofort schwinden. 
E. weist nun an der Hand einiger Fälle nach, dass die Sarcine 
eine lebhafte Gasgärung verursachen kann. Als Hauptimporteur 
der Sarcine in den Magen wird das Bier bezeichnet. Anwesenheit 
der Sarcine deutet auf Mageninsufficienz und motorische Schwäche. 

Haeckel (Stettin). 


12) R. Morison. Remarks on Pylorectomy etc. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 19.) 

Dem Bericht über 2 Pylorektomien schickt M. Bemerkungen 
voraus über eine von ihm angewandte neue Methode der Vereinigung 
von Magen- und Duodenumwunde. Die Modifikation besteht darin, dass 
er nach querer Abtrennung des Duodenums einen Längsschnitt (von 
1 cm) in der Mitte seiner vorderen Wand hinzufügt, durch dessen queres 
Auseinanderziehen er dann eine annähernde Gleichheit der Magen- 
und Darmlichtung erhält. Wegen der Art der Gefäßvertheilung am 
Darm siebt M. noch einen weiteren Vorzug seiner Schnittführung 
darin, dass die Naht dann angelegt wird ohne Abbindung von er- 
nährenden Gefäßen, dass in Folge dessen die Gefahr einer Gangrän 
und Insufficienz der Naht eine viel geringere ist, wie bei der ein- 
fachen queren Vereinigung des Duodenums mit dem Magen. Die 
Vereinigung geschieht nach vorheriger Anlegung von temporären 
Situationsnahtschlingen durch eine alle Schichten fassende fortlaufende 
Katgutnaht, über welche eine Serosa und Muscularis fassende fort- 
laufende Seidennaht gelegt wird. F. Krumm (Karlsruhe). 


13) v. Kundrat und Schlesinger. Zur Diagnose der Ver- 
wachsung zwischen Pylorustumoren und Leber. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 5.) 

Die für die Indikationsstellung eines chirurgischen. Eingriffs 
wichtige Frage, ob eine Pylorusgeschwulst mit der Leber verwachsen 
ist oder nicht, ist bisher nach Rosenheim und Minkowski dahin 
beantwortet worden, dass eine Verwachsung auszuschließen sei, wenn 
bei der Exspiration der palpirende Finger die Pylorusgeschwulst so 
fixiren kann, dass die Geschwulst die Bewegung der Leber nicht 
mitmacht. Verf. fanden in einem Falle dieses Symptom, sahen 
aber bei der Laparotomie, dass doch Pförtner und kleine Curvatur 
weit rückwärts und oben mit der unteren Leberfläche verwachsen 


744 Gentralblatt für Chirurgie. No. 28. 


waren, während der vordere Rand der Leber frei war. Letzterer konnte 
also bei der Exspiration nach oben steigen, während die Leber an 
der Verwachsungsstelle durch Festhalten der Geschwulst mit dem 
Finger sich um eine frontale Achse drehte. Es ist also der Rosen- 
heim’sche Satz dahin einzuschränken, dass beim Sitz der Ver- 
wachsungen weit hinten ein ähnliches Verhalten der Geschwulst bei 
den Respirationsbewegungen zu bemerken ist, wie beim Fehlen von 
Verlöthungen. Haeckel (Stettin). 


14) Turazza. Gastroenteroplegia postoperativa. 
(Rivista Veneta di scienza med. Fasc. VII. — Ref. nach Gazz. degli ospedali 
e delle clin. 1898. No. 52.) 

Das wenig bekannte Symptomenbild beginnt kürzere oder längere 
Zeit nach glücklich beendigter Laparotomie mit Erbrechen. Der Puls 
wird frequent, eben so die Athmung. Die Temperatur ist meist er- 
niedrigt, auch Dysurie oder Anurie sind häufig. 

Da der Zustand am ehesten bei nervösen Individuen eintritt, so 
sollen diese prophylaktisch beruhigend behandelt werden. Bei einge- 
tretener Gastroenteroplegie gebraucht man Massage, elektrischen Strom, 
Glycerinklystiere, Nährklystiere, Magenspülungen und Excitantien. 

Dreyer (Köln). 


15) V. Conrath. Über die lokale chronische Coecumtuber- 
kulose und ihre chirurgische Behandlung. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.) 

Nach Verf. tritt die lokale Blinddarmtuberkulose im Gegensatz 
zu der disseminirten Tuberkulose des Darmes bei solchen Phthisikern 
auf, bei denen der Process in den Lungen wenig ausgebreitet ist 
und nicht fortschreite. Er unterscheidet eine muköse und eine 
subseröse Form; erstere entsteht durch Verschlucken von Sputum, 
letztere ist auf eine Infektion seitens tuberkulöser Mesenterialdrüsen 
zurückzuführen. In beiden Fällen kommt es zu geschwulstartigen 
Bildungen, welche durch Hypertrophie der bindegewebigen und mus- 
kulären Elemente der Darmwand so wie durch Infiltration mit Tuberkel- 
knötchen bedingt ist; die Neigung zu regressiven Processen ist dem 
entsprechend gering. 

Weitere eingehende Ausführungen beziehen sich auf Symptome, 
Verlauf und Diagnose der Blinddarmtuberkulose. Was die Therapie 
anlangt, so wurde unter 87 von Verf. zusammengestellten Fällen 
58mal die Exstirpation vorgenommen (11 Todesfälle), 6mal Wand- 
resektion, 10mal Enteroanastomose, 8mal komplete Ausschaltung 
(2 Todesfälle), Amal Probelaparotomie (1 Todesfall). 

In den meisten Fällen war es gelungen, die schweren Symptome 
der Darmerkrankung durch die Operation zu verringern oder ganz 
zu beseitigen. Die günstigsten Erfahrungen sind bisher mit der 
Enteroanastomose gemacht worden; da hierbei indessen der Krank- 
heitsherd bestehen bleibt, möchte Verf. die Exstirpation für alle 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 745 


jene Fälle vorziehen, in denen die Pat. noch bei guten Kräften, und 
die technischen Schwierigkeiten nicht zu große sind. Komplete Darm- 
ausschaltung und Wandresektion bieten im Vergleich zur Entero- 
anastomose resp. Exstirpation keine wesentlichen Vortheile; wo kein 
operativer Eingriff ausführbar ist, gewährt schließlich auch noch die 
Probelaparotomie die Aussicht einer gewissen Besserung. 

Honsell (Tübingen). 


16) Quénu. Technique opératoire pour l’amputation du 
rectum cancereux. 
(Bull. et mém de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 163.) 


Den wesentlichsten Erfordernissen einer guten Methode der 
Amputation des Mastdarms: bequemer Zugang zum Sitz der Er- 
krankung, um alles Kranke entfernen zu können, und sichere Ver- 
hütung einer Beschmutzung der Wunde durch ausfließenden Darm- 
inhalt, glaubt Q. in folgender Weise am besten genügen zu können: 
Vorgängige Anlegung eines künstlichen Afters in der Iliacalgegend 
mit folgenden Ausspülungen des Mastdarms. Steinschnittlage; 
medianer Längsschnitt in der Rhaphe von einem Punkt vor dem After 
bis zur Steißbeinspitze mit cirkulärer Umschneidung des Afters: Um- 
schnürung der Sphinkterpartie mit einem festen Faden; Auslösung 
des Mastdarms zunächst an seiner vorderen Seite, woselbst man sich 
den vorderen Rand des Levator ani beiderseits aufsucht, den man 
beim Anziehen des Mastdarms am Faden deutlich fühlt. Ist dies 
geschehen, so ist es leicht, den Daumen und Zeigefinger der linken 
Hand über die Rhaphe ano-bulbaris zu führen und diese ohne jede 
Gefahr der Mastdarmverletzung zu durchschneiden. Nun Freilegung 
und Durchschneidung der Levatores zu beiden Seiten; Ablösung 
des Mastdarms von der Prostata bis zum Bauchfell; Discision der 
beiderseitigen sacrorectalen Aponeurosen und des mittleren Hämor- 
rhoidalstiels zwischen 2 Klemmen. Ohne Verletzung des Bauchfells 
und ohne Resektion von Knochen kann man so Stücke von 8 bis 
10 bis 12 cm vom Mastdarm entfernen, mit Eröffnung der Peritoneal- 
höhle und Incision der seitlichen Befestigungen der Serosa am Darm 
noch einige Centimeter mehr. Ist die Prostata selbst noch nicht 
vom Careinom ergriffen, wohl aber das Bindegewebe zwischen ihr 
und Mastdarm, so räth Q. ein scheibenartiges Stück der Hinterfläche 
der Prostata mit fortzunehmen, was sich bei Anwendung der nöthigen 
Vorsicht, wie ihn Leichenversuche lehrten, ohne Eröffnung der 
Harnröhre ausführen lässt. Resektion des Steiß- oder Kreuzbeins hält 
er nur bei höherem Sitz der Carcinome für erforderlich. Oberhalb 
der Neubildung durchtrennt er den Darm zwischen 2 Ligaturen, 
nachdem er die Umgebung durch Jodoformgaze geschützt hat. Um 
nachträgliche Infektion zu verhüten, empfiehlt er das von Paul in 
Liverpool angegebene Verfahren, das mit der Haut nicht vernähte 
Mastdarmende über einem dicken Rohre zu ligiren, um dadurch 


746 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


allen Darminhalt weit von der Wunde abzuleiten. Allerdings schützt 
das nur ca. 4 Tage lang bis zum Durchschneiden des Fadens; doch 
ist nachher die Gefahr der Infektion gering. 

Lässt sich bei der Kraske’schen Mastdarmresektion wegen zu 
hohen Sitzes der Neubildung das obere Darmende nicht sicher an 
das untere Sphinkterenende heranbringen, und ist Pat. zu schwach, 
um den Mastdarm bis hinauf zum künstlichen After durch Laparo- 
tomie zu entfernen, so räth Q., da er einen sacralen After für ganz 
schlecht hält, das Darmstück wie einen Handschuhfinger umzustülpen 
und von unten nach oben durch den künstlichen After zu invaginiren. 
Eine derart ausgeführte Operation war erfolgreich. 

Reichel (Chemnitz). 


Kleinere Mittheilungen. 


Schutzhebel bei Operationen am Knochen. 
Von 
Th. Kölliker in Leipzig. 
Bei Osteotomien, Nekrotomien und Resektionen an Gelenken pflegt man bei 
der Anwendung des Meißels zum Schutz der Weichtheile zu beiden Seiten des 
zu durchmeißelnden Knochens Elevatorien einzusetzen. Dieses Instrument hat 


aber den Nachtheil, dass die Fläche, gegen die hin man die Meißelschläge richtet, 
nicht hinreichend breit ist, so dass man Gefahr läuft, mit dem Meißel in die 


Fig. 1. 


N 


Weichtheile eingudringen. Eine weitere Unbequemlichkeit sehe ich in dem Um- 
stand, dass das Elevatorium während des Meißelns nur mit Schwierigkeiten sicher 
und ruhig gegen den Knochen angedrängt werden kann; das Instrument gleitet 
leicht in die Tiefe und bohrt sich in die Muskulatur ein. 


Fig. 2. 


a T IX 


Um diese Nachtheile zu beseitigen, habe ich ein Instrument anfertigen lassen, 
das breiter ist als das übliche Elevatorium und das dem Knochen beim Meißeln 
fest anliegt (Fig. 1). Dieses Instrument, dem ich den Namen Schutzhebel gegeben 
habe, zeichnet sich außer durch seine größere Breite auch noch dadurch aus, dass 
an seinem unteren Ende 2 kurze, starke Haken angebracht sind (Fig. 2 bei aj, 
die in den zu durchmeißelnden Knochen sich bohren und dem Instrument den 
nöthigen Halt verleihen 1. 


1 Zu beziehen zum Preis von .# 3,50 durch Instrumentenmacher O. Möcke, 
Firma Oswald Hornn, Leipzig, Universitätsstraße 13. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 747 


17) Gerr&. Über Larynx- und Ösophagusexstirpation. (Aus der 
Rostocker chirurgischen Klinik.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 18.) 

G. berichtet, im Anschluss an die im Rostocker Ärzteverein erfolgte Vor- 
stellung der betreffenden Kranken, über 1 Fall von totaler Kehlkopf- und 2 Fälle 
von Kehlkopf- und Speiseröhrenexstirpation. Der erstgenannte ward vor 2 Jahren 
operirt und ist, nachdem 23 Tage nach der Totalexstirpation ein Careinomreeidiv 
auf der Vorderfläche der Speiseröhre entfernt worden, seither vollständig gesund; 
Pat. trägt eine Trachealkanüle und hat deutliche Flüstersprache. Die Operation 
des 2. und 3. Falles ist erst vor Kurzem ausgeführt worden und bestand in Aus- 
schneidung des Kehlkopfs nebst eines großen Stückes der Speiseröhre, von der 
aus das Carcinom entstanden und in den Ringknorpel bezw. in die Luftröhre 
hineingewachsen war; in dem 3. Falle wurde eine 5cm lange Partie der Speise- 
röhre nebst den 5 obersten Kehlkopfringen resecirt, vom Kehlkopf nur das 
Knorpelgerüst entfernt, die gesunde Schleimhaut zurückgelassen und mit ihr die 
große Speiseröhrenlücke plastisch ersetzt, in der Weise, dass die Schleimhaut der 
Aryknorpel mit dem anderen Rand des resecirten Rachens und die subglottische 
Schleimhaut mit dem oberen Speiseröhrenende vereinigt wurde. Das Schlucken 
geht bei dem Pat. ohne Hustenreis normal vor sich. Bei dem 2. Falle war von 
der hinteren Schlundwand ein schmaler Streifen erhalten worden, und wurde später 
unter Benutzung der seitlichen Halshaut die zurückgebliebene Halbrinne plastisch 
geschlossen; leider ist ein Recidiv in der Entwicklung begriffen, das in die Wand 
der Carotis einwuchert. 

Indem G. die Maßnahmen bespricht, welche bei der Kehlkopfexstirpation 
heut zu Tage zur Verhütung der früher danach beobachteten Komplikationen in 
Anwendung gezogen werden (Tampon- oder Schwammkanüle, Verschluss des 
Rachens, Lagerung des Pat. mit rückwärts geneigtem Kopf p. op. etc.), stellt er 
fest, dass sich die Resultate der Operation wesentlich verbessert haben. Von 60 
aus den letzten 7 Jahren herrührenden Fällen sind nur 20% in Folge des Eingriffs 
gestorben und von den übrigbleibenden 10% seit über 3 Jahren »definitiv« geheilt. 
Die frühzeitige Diagnose, die nur durch die Laryngofissur möglich ist, da die 
Untersuchung exeidirter Stückchen leicht negativ ausfällt — wie z. B. im obigen 
Falle 1 —, wird hoffentlich in Zukunft zu noch häufigeren Dauerheilungen führen. 

Kramer (Glogau). 


18) Meusser. Über Appendicitis und Typhlitis mit kachirtem und 
ungewöbnlichem Verlauf. 

(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. II. Hft. 3 u. 4. 

M. giebt eine Reihe interessanter Fälle aus den Erfahrungen Riedel’s auf 
diesem Gebiet. Zuerst einige diagnostisch wichtige Beobachtungen. So legten 
in einem Falle die klinischen Erscheinungen, im Verein mit der ‘Angabe, dass 
Darmtheile mit dem Stuhl abgegangen sein sollten, den Gedanken an eine Intus- 
susception nahe; die Operation ergab eine alte Appendicitis. Weitere Fälle zeigen, 
dass trotz negativen Palpationsbefundes und geringer pathologischer Veränderungen, 
welche bei der Operation an der Appendix gefunden werden, doch ein schweres 
Krankheitsbild bestehen kann. So wurde in einem Falle ein putrider Abscess er- 
öffnet, und trotzdem fand man später bei Exstirpation der Appendix diese nicht 
verwachsen, völlig durchgängig und ohne Kothsteine. Oft werden Kranke für 
hysterisch gehalten, bei denen die Operation hinreichende Gründe für die Schmerzen 
an der Appendix aufdeckt. Liegt die Appendix mit ihrem Exsudat abnorm weit 
nach oben, so kann die Differentialdiagnose gegen Gallensteine sehr schwierig 
sein, wie an einigen Beispielen dargethan wird. Sehr schwer zu deuten ist das 
Bild, wenn wirklich Appendicitis und Gallensteine zu gleicher Zeit bestehen, wofür 
eın Belegfall gegeben wird. Nicht minder schwer zu deuten war ein mit Pyle- 
phlebitis und Lebereiterung komplicirter Fall, in dem erst die Operation erwies, 
dass der Ausgangspunkt in einer Appendicitis zu suchen war. Sehr lehrreich ist 


748 j Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


ein Fall anscheinend spontan entstandener Pyämie, bei dem die Sektion aus- 
gedehnteste alte perforative Appendicitis nachwies; es fanden sich zahlreiche 
Granulationsgänge in der Coecalgegend, der Wurmfortsatz war völlig zerstört; von 
hier ausgehende eitrige Thrombose der Vena hypogastrica hatte den Tod herbei- 
geführt — und trotzdem hatte nie im Leben irgend ein Symptom auf eine Appen- 
dieitis hingedeutet. 

Im 2. Abschnitt werden besprochen Komplikationen von perityphlitischen 
Eiterungen mit Hernien; 2mal wurde in einem linksseitigen Bruchsack Eiter ge- 
funden, der von einer Perforation des rechts liegenden Wurmfortsatzes hinüber 
gewandert war. Ferner Mittheilung einer Einklemmung der Appendix im rechts- 
seitigen Schenkelbruch. 

Der 3. Abschnitt schildert ungewöhnlich ausgedehnte appendicitische Abscesse 
und Durchbrüche in verschiedene Organe, der 4. Abschnitt endlich 2 der seltenen 
Fälle reiner, echter Typhlitis, deren einer nur zu Verwachsungen, der andere zur 


Perforation nach der vorderen Bauchwand führte. Haeckel (Stettin). 
19) D. Schwarz (Agram). Perforative Appendicitis in einer Scrotal- 
hernie. 


(Lieönicki viestnik 1898. No. 3. [Kroatisch.)) 

Der 45jährige Pat. erhielt vor 28 Jahren mit einer Eisenstange einen Schlag 
in die rechte Inguinalgegend, worauf sich dort eine Hernie entwickelte. Vor 
3 Jahren trat auch links eine Hernie auf, welche sich incarcerirte und bis zu 
Kindskopfgröße anwuchs. Pat. erbrach einmal, hatte 3 Tage keinen Stuhl und 
keine Winde; am 4. Tage stellte sich jedoch etwas Stuhl und Winde ein, um 
denn wieder auszubleiben. Bei der am 6. Tage vorgenommenen Herniotomie 
wurde als Inhalt der linksseitigen Hernie ein Theil des Ileum und Colon asc., so 
wie das Coecum und die perforirte Appendix gefunden. Resektion der Appendix; 
der Darm wurde außerhalb der Bauchhöhle gelassen; nach 16 Tagen Reposition 
und radikale Operation. 

Verf. nimmt an, dass es sich in diesem Falle um eine primäre Appendicitis 
gehandelt hat, und dass erst sekundär durch entzündliche Schwellung die Incar- 
ceration eintrat. v. Cackorie (Agram). 


20) J. B. Deaver. The necessity for prompt surgical interference in 
typhoid perforation; also in typhoid fever complicated by appendicitis. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Februar.) 

Verf. beweist die Nothwendigkeit des sofortigen Eingriffs an 3 Fällen, von 
denen 2 Typhusfälle mit Perforation tödlich verliefen, ein 3. mit Appendicitis 
komplieirter Typhusfall durch Operation gerettet wurde. Im letzteren Falle 
sprachen für Typhus die Milsschwellung und Roseolaflecke. Die Operation bot 
nichts Bemerkenswerthes. Nachher wurde der Typhus mit kalten Bädern behandelt. 

W. Sachs (Mülbausen i/E.). 


21) Fischer. Hernien und Herniotomien während der Gravidität 
und im Wochenbett. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 9.) 

F. hat 2mal bei Wöchnerinnen und 6mal bei Schwangeren Gelegenheit gebabt, 
die Herniotomie resp. Taxis zu verrichten. 4 betrafen Nabel-, 3 Schenkelbrūche, 
imal handelte es sich um einen Leistenbruch. Es starben davon 2 in der vor- 
antiseptischen Zeit an Peritonitis septica, die 3. an Shock kurz nach der Ope- 
ration. 

F. lässt während der Schwangerschaft statt des deutschen ein englisches 
Bruchband tragen, weil es sich bei Bewegungen nicht verschiebt. Bei kleinen 
Nabelhernien Schwangerer hat sich ihm die Anlage von Heftpflasterstreifen gut 
bewährt, wenn darüber noch eine Leibbinde getragen wird. 

F. empfiehlt für Schwangere die Anwendung der Schleich’schen Infiltrations- 
anästhesie, um durch Abwendung des Erbrechens die Gefahr des Abortus zu ver- 
meiden. E. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 749 


22) Gallant. A case of inguinal hernie of large size; cure following 
an unusual method of operation. 
(Med. news 1898. Februar 26.) 

62jährige Frau litt seit 26 Jahren an einem Leistenbruch. 3mal Einklem- 
mungserscheinungen. Der Bruch reichte schließlich bis auf die Mitte der Ober- 
schenkel. Operation. Im Bruchsack der ganze Dünndarm, der größte Theil des 
Quer- und absteigenden Colons. Reposition mit großer Mühe. Die Naht wird in 
der Weise angelegt, dass die 1. Nahtreihe die Schichten des oberen Wundrandes 
außer der Haut an das Peritoneum unterhalb des Poupart'schen Bandes, die 
2. Nahtreihe den Musc. obliquus externus sammt der Fascie an das Poupart'sche 
Band befestigt. 2 Tage nach der Operation Erscheinungen von Darmverschluss, 
die durch kräftige Massage des Bauches beseitigt werden. Heilung. 

Strauch (Braunschweig). 


23) A. Neumann. Ein Fall von operativ geheilter Hernia retroperi- 
tonealis mesenterico-parietalis. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 476.) 

N. hat den Fall im Friedrichshain-Krankenhaus (Berlin) operirt. Sein ka- 
suistisches Interesse ist ein ungewöhnliches, der erzielte Erfolg glänzend. Die 
55jährige Pat., welche bereits vor 13 Jahren in der rechten Unterbauchgegend eine 
3 Wochen lang andauernde »Verhärtung« mit äußerst hartnäckiger Verstopfung 
bekommen hatte, war seit 5 Tagen akut von heftigsten Leibschmerzen, verbunden 
mit absoluter Verstopfung und zeitweise kothigem Erbrechen, befallen worden. 
Da ein mechanischer Ileus unzweideutig vorhanden, Laparotomie. Nach genügen- 
der Schnittvergrößerung und Eventration uneingeklemmter Darmtheile zeigt sich, 
dass eine Masse Dünndärme in einen rechts von der Wirbelsäule in der oberen 
Bauchhälfte gelegenen Bruchsack gerathen ist. Die Bruchpforte dieses Retro- 
peritonealbruches, etwa 10 cm lang‘, wird gebildet durch einen Schlitz in der Radix 
mesenterii, der oben bis an den unteren horizontalen Theil des Duodenum reicht 
(Höhe des 2. Lendenwirbels) und nach unten bis zum rechten Rand des Körpers 
des 4. Lendenwirbels. Der allseitig serös ausgekleidete retroperitoneale Bruch- 
sack, in den der Schlitz führt, und welcher durch die Füllung mit Darm eine 
über kindskopfgroße Geschwulst bildet, wird rechts und oben vom Colon umkreist. 
Ihre Vorderwand bildet die Platte des Gekröses, ihre hintere das die Niere, Pan- 
kreas etc. bedeckende Bauchfell. Die eingeschlüpften Därme können nur zum 
Theil durch einfachen Zug an dem ein- und austretenden Schlingenschenkel ent- 
wickelt werden. Der verbleibende Rest ist, wie sich zeigt, innerhalb des Bruch- 
sackes um einen in der Nähe des oberen Bruchpfortenpoles gelegenen Stiel ver- 
dreht, und gelingt die Aufdrehung dieses Volvulus nur dadurch, dass der ganze 
außerhalb des Bruchsackes gelegene Dünndarm in einer der Drehrichtung des 
Volvulus selbst entgegengesetzten Richtung gedreht wird. Der entwickelte Darm 
zeigte stellenweise die Spuren nicht geringer Cirkulationsstörungen. Bei der 
schließlich vorgenommenen partiellen Ocelusionsnaht der Bruchpforte fand sich im 
vorderen freien Rand derselben eine starke Arterie abwärts laufend, jedenfalls die 
Mesenterica superior. Erbrechen und Verstopfung hielten bei zunächst noch ziem- 
lich elendem Befinden noch einige Tage an, doch trat völlige Genesung ein. 
2 wohlgelungene Zeichnungen verdeutlichen die Situsverhältnisse des Bruches 
recht gut. 

N. bezeichnet seinen Bruch nach Brösicke als eine Hernia mesenterico- 
parietalis, die einzige Species der Duodenalhernien, deren Bruchsack nach rechts 
führt. Sie wird nicht oft angetroffen, N. kennt, seinen Fall mitgesählt, nur 
12 hergehörige Beobachtungen. Darunter ist ein von Clarke erfolglos operirter 
Fall dadurch bemerkenswerth, dass auch bei ihm der in den Sack gerathene Darm 
einen Volvulus an dem Stiel rechts neben dem oberen Pol der Bruchpforte auf- 
wies. Betreffs kurzer Erörterungen hinsichtlich der entwicklungsgeschichtlichen 
Genese des Bruchsacks wird auf das Original verwiesen. 


750 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


(Ref. möchte kurz bemerken, dass für die Hernienart, die N. beobachtete, der 
von Jonnesco gebrauchte Name »Hernie duodenale droite, [cf. d. Centralblatt 
1890 p. 924] ihm einfacher und bezeichnender dünkt als der von N. acceptirte 
Brösicke’sche. Auch möchte er hervorheben, dass, worauf Jonnesco aufmerk- 
sam gemacht hat, bei diesen Brüchen der Darm, um in den Sack zu gelangen, 
sich immer um seine Gekrögwurzel umschlagen [»renverser«] muss, und dass diese 
nothwendige Drehung von links nach hinten herum und rechts vielleicht nicht 
ohne Bedeutung für den 2mal beobachteten Volvulus des Bruchdarmes ist.) 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


24) Delagöniöre (Le Mans). De l'exploration intrastomacale. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 200.) 

Bei einem 31/,jährigen Kinde machte Verf. wegen Narbenstriktur des Öso- 
phagus und des Magens folgende Operation: Laparotomie; Aufsuchung des 
Magens. Dieser ist ganz deformirt, an seiner kleinen Curvatur derart geschrumpft, 
dass der Pylorus dicht an die Cardia gelagert erscheint. D. ineidirte nun die 
vordere Magenwand in 6—7 cm Länge. Nach mehrfachen Versuchen glückte es 
ihm nun, von unten nach oben eine Bougie No. 8 in die Speiseröhre einzuführen. 
Darauf exstirpirte er die narbig veränderte, auf Nussgröße zusammengeschrumpfte 
Magenschleimhaut zwischen Pylorus und Cardia an der kleinen Curvatur und 
konnte sogleich die beiden Öffnungen bis 10 cm von einander entfernen. Rasche 
Vereinigung der Schleimhautwundränder durch fortlaufende feine Seidennaht; Naht 
der Incisionswunde der vorderen Magenwand bis auf eine kleine Stelle zur An- 
legung einer Magenfistel. Guter Verlauf. Allmähliche Erweiterung der Speise- 
röhre, bis sich 1 Jahr nachher leicht Bougie No. 27 einführen ließ. 

Das Hauptinteresse der Mittheilung liegt in der breiten Eröffnung des Magens 
zur Bloßlegung seines Inneren für das Auge und relativ leichten Auffindung 
seiner beiden Mündungen. D. vergleicht das Verfahren der Probelaparotomie. 
Den Schnitt im Magen soll man dahin legen, wo man den Sitz der Krankheit 
vermuthet, und zwar quer, wenn man eine Erkrankung des Pylorus und folgende 
Resektion für wahrscheinlich hält, längs an der Vorderwand, wenn man über Art 
und Sitz des Leidens ganz ungewiss ist. Beichel (Chemnitz). 


25) Selenkoff. Zur operativen Behandlung der Pylorusstenose. 
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1898. No. 12 u. 13.) 

Bericht über Bis Erfahrungen auf diesem Gebiet: 4 Gastroenterostomien; 
3 geheilt, 1 + am 3. Tage an Inanition. — imal Loreta’sche Dilatation, ohne 
Dauererfolg, so dass später Pyloroplastik gemacht werden musste. — 7 Pyloro- 
plastiken; 5 geheilt, 2 + in den ersten Tagen nach der Operation an Erschöpfung. 
— Unter den Indikationen sei hervorgehoben, dass Imal bei motorischer Insuf- 
ficienz ohne Pylorusstenose operirt wurde. Als Methode der Gastroenterostomie 
wird die Gastroenterostomia retrocolica posterior am meisten empfohlen. 

Haeckel (Stettin). 


26) Hofmann. Stoffwechseluntersuchungen nach totaler Magen- 
resektion. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 19.) 

Die Untersuchungen beziehen sich auf den bekannten Fall Schlatter’s von 
totaler Magenresektion und ergeben, dass trotz der ausfallenden Magenverdauung 
die Ausnützung sowohl von eingeführtem Eiweiß, als auch von Fett und von ge- 
mischter Kost eine ganz normale ist. Auch lässt sich ein Einfluss auf die Größe 
der Darmfäulnis trotz des Fortfalls des salzsäurehaltigen Magensaftes nicht er- 
kennen. Einzig die noch jetzt andauernde NaCl-Retention, wohl zur Deckung des 
während der vorhergehenden langdauernden Unterermährung aufgebrauchten Sals- 
vorrathes, ist auffallend, indess als ein günstiges Symptom, weil als Beweis, dass 
der Organismus bestrebt ist, seinen Stoffwechsel wieder in frühere gesunde Ver- 
hältnisse zu bringen, zu betrachten. Kramer (Glogau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 751 


27) Körte. Ein Fall von Exstirpation des persistirenden Ductus 
omphalo-mesentericus. (Aus der chirurgischen Abtheilung des städti- 
i schen Krankenhauses am Urban in Berlin.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 7.) 

Nach Auseinandersetzung der bei dem seltenen Leiden in Betracht kommenden 
anatomischen Verhältnisse beschreibt K. einen von ihm selbst mit Erfolg operirten 
Fall, bei welchem er die Barth’sche Methode, den Nabel zu umschneiden, die 
Bauchböhle zu eröffnen, dadurch den persistirenden Dottergang freizulegen, an 
seiner Insertion am Dünndarm abzubinden, darüber abzutragen und den Stumpf 
durch Übernähung zu sichern, in Anwendung brachte. 

Der Eingriff ist meist nicht mit erheblichen Gefahren verknüpft, die Blutung 
gering, die Bauchhöhle kann nach dem Vorziehen des intraperitonealen Fortsatzes 
des Ductus sammt der dazugehörigen Dünndarmschlinge durch Gaze abgeschlossen 
werden, so dass die weitere Operation außerhalb der Bauchhöhle verläuft. 

R. Wagner (Mülheim a. d R.). 


28) J. Schulz. Über Darmstenose in Folge von Gangrän der Schleim- 
haut nach Incarceration von Hernien und Heilung derselben durch 
Enteroanastomose ohne Resektion des Darmes. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 561.) 

Ein von Borchard im Diakonissenhaus zu Posen behandelter Fall, der kli- 
nisch ein völliges Analogon zu 2 von Garr& und Maas beschriebenen bildet. 
Herniotomie der rechtsseitigen Leistenhernie eines 35jährigen Mannes nach 5 Tage 
langer Einklemmung. Befund: wenig Bruchwasser, Netz und damit leicht ver- 
wachsen 20 cm Dünndarm. Netz, theilweise brandig, wird reseeirt, der Darm re- 
ponirt. Wundheilung glatt, am 3. Tage breiiger Stuhlgang. Nach 8 Tagen aber 
traten ganz plötzlich Diarrhöen typhösen Charakters ein, hielten mehrere Tage an 
und wurden gefolgt von Kothpassagestörungen, als Obstipation, Übelkeit, Er- 
brechen, Tympanitis, ‚vermehrter Peristaltik in der Coecalgegend, Vorwölbung 
daselbst, Kothbrechen. Desshalb einen Monat nach dem Bauchschnitt Laparotomie 
an der Bauchvorwölbung über dem Poupart’schen Band. Befund: ca. 10 cm lange 
Darmstenose der incarcerirt gewesenen Darmschlinge, an der die weißlich erschei- 
nenden Schnürfurchen noch erkennbar, mit dem inneren Bauchring durch einen 
kurzen Strang verwachsen, der eine Knickung des Darmes verursacht. Diese 
Schlinge sticht nach Umfang gegen den zu- und abführenden Darmtheil bedeutend 
ab und fühlt sich bei unveränderter Serosa derb, verdickt und unelastisch an. 
Trennung des Stranges; des schlechten Kräftezustandes wegen wird auf Darm- 
resektion verzichtet und nur die Darmanastomose gemacht. Temporäre Tamponade, 
glatte Heilung. 

Die Fälle von Maas und Garr& waren sehr ähnlich, auch Leistenbrüche 
mit wenig Bruchwasser, mit gleichzeitigem Netzvorfall, welcher letztere vielleicht 
auf die Eigenart der Cirkulationsstörungen im Darm nicht ohne Bedeutung ist. 
Auch bei ihnen nach%der Herniotomie zunächst guter Verlauf und ordentlicher 
Stuhl. Dann aber profuse Diarrhöen, gefolgt von dauernden Kothpassagestörungen 
mit Stenosenzeichen binnen 14—20 Tagen. Auch Maas und Garr& fanden bei 
der Laparotomie die eingeklemmt gewesene Schlinge, in der Nähe des Leisten- 
ringes am Lig. Poupart. verdickt und derb. Beide haben mit gutem Resultat re- 
secirt, und zeigten die Präparate Schwellung, Infiltration von Muscularis und 
Submucosa, an der Schleimhaut aber theils starke Atrophie, theils tiefgreifende 
geschwürige Defekte mit Narbenbildung. In Bis Fall sind ähnliche Veränderungen 
vorauszusetgen. 

S. glaubt, dass man eine bereits vorhandene beginnende Schleimhautgangrän 
an eingeklemmten Schlingen bei Vorhandensein von wenig Bruchwasser und starker 
Füllung des Darmes mit flüssigem Inhalt wohl vermuthen könne, und empfiehlt 
in solchen Fällen entweder eine Probeineision in den Darm Zwecks Revision der 
Schleimhaut oder nach dem Vorschlag von Helferich eine so’artige Anastomosen- 


7152 Centralblatt für Chirurgie. No. 28. 


anlage. Auch möge durch diese stets die Resektion der stenosirten Schlinge »der 
Einfachheit und Sicherheit wegen« ersetzt werden. (Der letzte Vorschlag erscheint 
bedenklich; denn von der erhalten bleibenden, an der Schleimhaut schwer ge- 
schädigten, verengerten Schlinge dürften wie von einem chronisch entzündeten 
Wurmfortsatz öftere entsündliche Erkrankungen zu gewärtigen sein.) 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


29) W. Koch. Weiteres über spiralige Drehung des S romanum. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 435.) 

K. berichtet aus seiner Dorpater Klinik einen glücklich mittels Resektion und 
Darmnaht operirten Volvulus der Flexur, der sich mehrfach wesentlich von den 
früher von ihm beschriebenen Fällen (cf. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 
Bd. XLV p. 340, Centralblatt 1896 p. 532) unterscheidet. Während in den älteren 
Fällen die gedrehte Flexur im Wesentlichen lothrecht und mehr in der linken 
Bauchhälfte stand, war dieselbe hier quer und schräg zur Leber hinauf gerichtet, 
und während ferner in den älteren Fällen die gedrehte Darmpartie schwer anato- 
misch verändert war, war dies Mal ihre anatomische Beschaffenheit nicht von der 
der Nachbarschaft verschieden. Die Spiraldrehung war so wenig fest, dass sich 
zwischen ihre Schenkel der kleine Finger einschieben ließ, dass auch die Blut- 
cirkulation durch sie unbehindert war, und dem entsprechend gewebliche Änderungen 
fehlten. Der betreffende Pat. war 75 Jahre alt und litt von Jugend auf an Ver- 
stopfung, welche sich periodisch bis zur Verhaltung steigerte. Seit 15 Jahren 
kamen hierzu zeitweise Koliken, die, mehrere Tage anhaltend, erst nach Eintritt 
dünnen Stuhles zu verschwinden pflegten. Neuerdings wegen 17 Tage bestehender 
Verstopfung mit unerträglichen Schmerzen, aber ohne Erbrechen, Zugang in die 
Klinik. Die richtige Diagnose wurde theils auf Grund der Anamnese, theils 
daraus gestellt, dass auf dem Bauch die stark geblähten Flexurschlingen sich 
markirten. Nach der Laparotomie mittels Schnitt vom Schwertfortsatz bis zur 
Symphyse wird die Länge der Flexur = 110—120 cm gemessen. Die Schenkel 
derselben haben sich »Colon en avant, spiral zusammengedreht, so dass, vom 
Operateur gerechnet, das Rectum hinter dem Colon liegt und von der Mittellinie 
nach rechts das vorn befindliche Colon von rechts nach links über das Rectum 
sich hinweg begiebt, wobei die Drehung nicht volle 360° ausmacht. Die Flexur 
wurde ohne vorgängige Punktion eventrirt, dann die Resektion etc. angeschlossen. 
In den ersten Tagen ziemlicher Schwächezustand, dann guter Verlauf und Er- 
langung eines früher nie gekannten Wohlbefindens. K. nimmt an, dass nicht 
nur die abnorme Länge der Flexur, sondernauch deren Spiralverdrehung angeboren war. 

In einem anderen nur kurz berichteten Falle, dessen klinischer Befund ähnlich 
war, bestätigte sich die auf schräg gestellten Flexurvolvulus angenommene Dia- 
gnose nicht, sondern fanden sich 2 verwachsene und geknickte aufgetriebene . 
lleumschlingen in Verbindung mit einem Nierenabscess. Eine lothrecht stehende 
gedrehte Flexur dürfte zu solchen Verwechslungen weniger Anlass geben. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


30) L. Heidenhain. Zur Technik der direkten Vereinigung des 
Darmes nach Dickdarmresektion im Coecalabschnitt. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 622.) 

Eine ganz kurze Mittheilung, dass H. nach einer Resektion des Colon ascen- 
dens den entstandenen Spalt im Gekröse durch Auflegen und Annähen des Netzes 
schloss. (Der Titel der Mittheilung entspricht also nicht ganz ihrem Inhalt.) 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Berichtigung: Im Kongressbericht (Beilage su No. 26) p. 115, Zeile 21 u. 22 
von oben, ließ leben statt sterben. 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 145), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


— 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


Lui F, iig, Lin 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


eng 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu besiehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 29. Sonnabend, den 23. Juli. 1898. 


Inhalt: I. A. Henle, Ein Fall von Gastrodnodenostomie. — II. M. W. af Schultön, 
Über die Blutstillung bei Operationen durch Angiotripsie. (Original-Mittheilungen.) 

4) Eulenburg, Resl-Encyklopädie. — 2) Landerer, Allgemeine Chirurgie. — 3) König, 
Specielle Chirurgie. — 4) Brunner, Wundinfektion. — 56) Brewer, Zur chirurgischen 
Technik. — 6) Binaghl, Hautdesinfektion. — 7) Saul, Alkoholdesinfektion. — 8) Bloch, 
9) Larrabec, Katgut. — 10) Calmann, Hautnaht. — 11) Graf, Trepanation. — 12) Jor- 
dan, 13) Hopmann, Schädelgrundgeschwulst. — 44) Schlesinger, Rückenmarks- und 
Wirbelgeschwulst. — 15) Menard, Pott’scher Buckel. — 16) Wentworth, Lumbarpunktion. 

17) Henschen, Lennander und Stenbeck, Röntgenstrahlen bei ‚Birmchirurgle. _ 
18) Thoele, Hyperthermie bei Hirnoperationen. — 19) Baudet, Kraniektomie. — Ko- 


sinski, Hirngeschwulst. — 21) Müller, Hirnabscess. — 22) Bonaln, 23) R. Müller, 
24) Brühl, Obrleiden. — 25) Tauber, Stirnhöhlenosteom. — 26) Kumberg, Orbitalangiome. 
— 27) Roux, Rankenaneurysma. — 28) Aue, Pott’scher Buckel. — 29) Clutton, Zur 


Chirurgie der Kreuzbeingegend. 


(Aus der chirurgischen Klinik zu Breslau.) 


Ein Fall von Gastroduodenostomie, 
Von 


Dr. A. Henle, 
Privatdocent und Oberarzt der Klinik. 


Die Frage, ob zur Beseitigung gutartiger Pylorusstenosen die 
Pyloroplastik oder die Gastroenteroanastomose das bessere Verfahren 
sei, ist, wie sich auch auf dem letzten Chirurgenkongress gezeigt hat, 
noch eine strittige. Die Erfahrungen, die in der Breslauer Klinik 
gesammelt sind, sprechen in so fern für das erstere Verfahren, als 
seine funktionellen Resultate sicher nicht den mit der Gastroentero- 
stomie gewonnenen nachstehen, auf der anderen Seite aber die 
Chirurgie es stets als ihre Pflicht angesehen hat, die Heilung unter 
möglichster Beibehaltung der natürlichen Verhältnisse zu erreichen. 
Diese letzteren werden bei der Pyloroplastik vollkommen gewahrt, 
während sie bei der Gastroenterostomie erheblich verschoben werden. 
Worin die anderwärts berichteten Misserfolge der Pyloroplastik ihren 
Grund haben, wäre erst festzustellen. Es ist möglich, dass eine 

29 


754 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


von der unsrigen abweichende Technik oder eine unzweckmäßige 
Auswahl der Fälle daran Schuld ist. 

Als ein Mittelding zwischen beiden Operationen ist ein Eingriff 
anzusehen, welchen Herr Geheimrath Mikulicz vor Kurzem aus- 
geführt hat, die Gastroduodenostomie, d. h. die Anastomosen- 
bildung zwischen dem Magen und dem oberen horizontalen Duodenal- 
abschnitt mit Ausschaltung des Pylorus. Ich lasse die bezügliche 
Krankengeschichte im Auszug hier folgen: 


Robert W., 25 Jahre, Schlosser, war bis Sommer 1897 stets gesund (hat 
2 Jahre bei der Artillerie gedient). Dann trat unregelmäßiges Erbrechen auf, 
meist ca. 1 Stunde nach der Nahrungsaufnahme. Das Erbrochene enthielt unver- 
daute Speisen, nie Blut. Schmerzen bestanden damals nicht. 

Gegen Ende des Jahres Verschlimmerung. Pat. erbricht fast jede Nacht, 
obwohl er Abends wenig zu sich nimmt. Es treten jetzt auch von der rechten 
Seite nach dem Rücken ausstrahlende Schmerzen auf, die jedes Mal erst nach dem 
Erbrechen nachlassen. Von Ende November bis Ende Januar war Pat. arbeits- 
unfähig. Allmählicher Nachlass sämmtlicher Erscheinungen, so dass Pat. bis Ende 
März beschwerdefrei war. Dann wieder die alten Erscheinungen. 

Anfang April wurde in der hiesigen medieinischen Klinik eine Magenerwei- 
terung konstatirt und mit Magenausspülungen behandelt. Erfolg Anfangs gut, 
dann erneute Verschlimmerung. 

Der Status bei der Aufnahme in die chi- 
rurgische Klinik war kurz folgender: Kräftig 
gebauter Mann; Herz und Lungen gesund. 
An Leber und Mils nichts Pathologisches 


N nachweisbar; eben so wenig am Urin. 

Lob.Sping. er Epigastrium stark druckempfindlich. Bei 
Se dt der Aufblähung des Magens steht die große 
N d Curvatur 2 Finger breit oberhalb des Nabels; 
sS I das Luftquantum, welches hineingepumpt wer- 

E Ñi den kann, spricht für eine mäßige Ektasie. 
s% Die Prüfung der Magenfunktion ergiebt 
fi eine starke Retention. Auch Morgens ist stets 
d j stark saurer Inhalt im Magen; selbst nach 


abendlicher Leerspülung bis 150 ccm sauren 
Inhalts. Bei der chemischen Untersuchung 
findet sich eine Gesammtacidität von bis 140% 
(auf freie Salzsäure berechnet 0,51% HCI), freie 
Salzsäure bis 46% (= 0,168% HOl). Keine 
Milchsäure; keine Gärung. 

Bei der am 24. Mai 1898 von Herrn Geheimrath Mikulicz vorgenommenen 
Operation fand sich Folgendes: Der Magen ist mäßig ektatisch, hat eine sehr 
stark entwickelte Muskulatur. Er steht im Ganzen hoch, der Pylorus lässt sich 
erst, nachdem der Bauchschnitt bis zum Processus xiphoid. hinaufgeführt ist, mit 
dem Finger erreichen. Es zeigt sich, dass der Pylorus nebst den benachbarten 
Magen- resp. Duodenalpartien hoch oben durch derbe schwielige Adhäsionen fixirt 
ist. Leichter zu lösende Verwachsungen bestehen auch mit dem Colon. Ein 
derbes glattes Bindegewebsband inserirt sich einerseits am Lobulus Spigelii, 
andererseits am Duodenum etwa 1 cm unterhalb des Pylorus. Durch die starke 
Verserrung des Pylorus (p) nach oben ist dem Pylorustheil des Magens eine stark 
aufsteigende Richtung gegeben; der Anfang des Pars horis. sup. des Duodenums 
ist in eine fast senkrechte Lage gebracht. 


Für die Beseitigung des offenbar in der Pylorusgegend gelegenen 
Hindernisses konnte die Pyloroplastik nicht in Frage kommen, da 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 755 


es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich gewesen wäre, den Pylorus 
zugänglich zu machen. Es konnte also nur eine Gastroenterostomie 
in Frage kommen. In diesem Falle legten aber die gegebenen Ver- 
hältnisse den Gedanken nahe, zur Anastomose nicht in der gewöhn- 
lichen Weise eine Jejunumschlinge zu verwenden, sondern direkt 
eine Kommunikation zwischen den durch die Verzerrung schon fest 
an einander gelagerten Partien des Magens und des Duodenums her- 
zustellen. Diese Operation wurde denn auch ausgeführt, indem etwa 
die Linie a—b an a'—b' herangelegt wurde. 

Der nach Eröffnung des Magens in diesen eingeführte Finger 
konstatirte ein offenes, in das Pankreas hineingreifendes Ulcus (u) 
an der kleinen Curvatur; außerdem ergab die Palpation des Pylorus 
von innen her, dass der Ring desselben an sich nicht merklich ste- 
nosirt war, sondern dass nur die Verlagerung desselben zu einem 
erheblichen Passagehindernis geführt hatte. 

Die Anastomose wurde nicht mit dem Murphyknopf, sondern 
mit der Naht ausgeführt, wie Herr Geheimrath Mikulicz das bei 
gutartigen Stenosen gewöhnlich macht, wenn der Kräftezustand des 
Pat. die nicht erhebliche Verlängerung der Operationsdauer zulässt, 
da ein Zurückfallen des Knopfes in den Magen, wie es ohne Zweifel 
öfters vorkommt, zumal bei vorhandenem offenem Geschwür, gewiss 
nicht als gleichgültig anzusehen ist. 

Die Bauchwunde wurde durch Naht in 3 Etagen geschlossen. 

Von dem weiteren Verlauf ist nur zu erwähnen, dass derselbe 
ein durchaus glatter war. Pat. bekam vom 14. Tage an volle Kost, 
war kaum zu sättigen und gewann, nachdem er in den ersten Tagen 
6 Pfund abgenommen hatte, innerhalb 3 Wochen wieder 7 Pfund 
hinzu. Er fühlt sich durchaus wohl. Druckempfindlichkeit im 
Epigastrium fast geschwunden. Eine erneute Funktionsprüfung des 
Magens wird erst in einigen Wochen vorgenommen und an anderer 
Stelle von Herrn Dr. Kausch veröffentlicht werden. 

Vorläufig aber muss der Erfolg des Eingriffe als ein durchaus 
befriedigender angesehen werden, und es liegt kein Grund vor zu 
der Annahme, dass er nicht auch ein dauernder sein sollte. 

Die Gelegenheit zur Ausführung der hier beschriebenen Ope- 
ration wird sich gewiss nicht oft bieten. Die meisten Fälle, welche 
für die Vornahme der Pyloroplastik nicht geeignet sind, werden auch 
die Gastroduodenostomie nicht zulassen. Ähnliche anatomische Ver- 
hältnisse, wie sie in dem geschilderten Falle vorlagen, speciell die 
Verlagerung des Pylorus nach oben und die Verwandlung des oberen 
horizontalen Duodenalabschnitts in einen vertikalen oder wenigstens 
eine hochgradige Beweglichkeit des genannten Duodenalschenkels 
werden auch für künftige Fälle als Voraussetzung dienen müssen. 

Immerhin glaube ich, dass der Gastroduodenostomie in der be- 
schriebenen Art der Ausführung der Vorrang gebührt vor der ge- 
wöhnlichen Gastroenterostomie bezüglich der Wahrung natürlicher 

29* 


756 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


Verhältnisse. Aus diesem Grunde darf sie zur Nachahmung für ge- 
eignete Fälle empfohlen werden. 


Nachschrift. 


Wenn auch die Verhältnisse im vorliegenden Falle den Plan 
zur beschriebenen Operation sehr nahe legten, so muss ich doch 
ausdrücklich hervorheben, dass die erste Anregung zu derselben von 
Herrn Dr. Henle ausging, so dass er als der geistige Urheber des 
Verfahrens anzusehen ist. Mikulicz. 


Il. Uber die Blutstillung bei Operationen durch 
Angiotripsie. 
Vorläufige Mittheilung. 
Von 
Dr. M. W. af Schult6n, 
Professor der Chirurgie in Helsingfors. 


Jeder Chirurg hat wohl die Beobachtung gemacht, dass bei Ope- 
rationen die kleinen mit Pinces hömostatiques gefassten blutenden 
Gefäße nach dem Entfernen der Pincen zu bluten aufgehört haben. 
Etwas größere Gefäße lassen sich nicht in dieser Weise schließen, 
und überhaupt ist es räthlich, an die meisten Gefäße Ligaturen zu 
legen, um einen guten Heilungsverlauf zu erzielen. Die Zahl der 
Katgut- oder seidenen Knoten in der Wunde wird in vielen Fällen 
beträchtlich — was jedenfalls als ein nicht gerade günstiger Umstand 
für die Heilung angesehen werden muss. Die Verminderung der 
Zahl der Ligaturen oder ihre totale Eliminirung wäre darum ein be- 
deutender Fortschritt für die chirurgische Technik. 

Der erfindungsreiche Chirurg Doyen hat in seiner Arbeit: 
»Technique chirurgicale« eine von Collin konstruirte Zange ab- 
gebildet, welche er, um bei vaginalen Hysterektomien die Ligamenta 
lata kräftig abzuklemmen, benutzt, bevor er die Ligaturen an den 
gezerrten Stellen anlegt; in der Weise werden die Fäden die Gefäße 
viel sicherer schließen als beim gewöhnlichen Verfahren. 

Tuffier ist einen Schritt weiter gegangen. In der Sitzung der 
Société de chirurgie de Paris 1897, 22. December, hat er ein von Collin 
konstruirtes Instrument, Angiotribe genannt, vorgezeigt, womit er bei 
Thieren Versuche, Gefäße verschiedener Größe zu schließen, gemacht 
habe, was vollständig gelang. Er hat dann in 2 Fällen von vaginaler 
Hysterektomie durch kräftige Kompression der Ligamenta lata mit 
der Zange vollständige Blutstillung erreicht, ohne Ligaturen oder 
Zangen (Pinces) anzulegen. Die Fälle sind glücklich abgelaufen. 
Tuffier glaubt, dass die Angiotripsie auch bei der Hämostase ge- 
wisser anderer Arterien, welche schwer zu unterbinden sind, ver- 
wendbar sei. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 757 


In einer weiteren Mittheilung in der Sitzung der Société de 
chirurgie de Paris 1898, 18. Mai, berichtet Tuffier über 23 Fälle 
von vaginaler Hysterektomie, die er ohne Pincen oder Ligaturen 
glücklich operirt habe. 

Da ich aus den »Bulletins et m&moires de la societ& de chirur- 
gie de Paris« Kenntnis der Mittheilungen von Tuffier bekam, fiel 
mir der Gedanke ein, dass diese Methode vielleicht bei einer großen 
Menge chirurgischer Operationen, wo kleinere und mittelgroße Ge- 
fäße verletzt werden, angewandt werden könnte. Dazu gehören Ge- 
schwulst- und Drüsenexstirpationen, Amputationen, Resektionen, 
Herniotomien und Radikaloperationen der Hernien etc. Auch bei 
frischen Verletzungen der Weichtheile mit fortdauernder Blutung 
könnte die Methode in Frage kommen. 

Ich hatte dann Gelegenheit, 
die Angiotripsie bei 3 Radikalope- 
rationen von Inguinalbrüchen und 
der Excision eines Angioms am 
Rücken eines 4monatlichen Kindes 
anzuwenden. Die Tuffier'sche An- 
giotribe stand mir nicht zur Ver- 
fügung, aber ich begnügte mich mit 
einer starken Zange von der Form 
der von Shewer, Wells, Doyen 
u. A. konstruirten Pinces, welche 
einen kurzen Biss, aber 5mal längere 
Handgriffe besitzt. (Siehe das bei- 
gefügte Bild, verkleinert.) 

Die recht zahlreichen und leb- 
haft blutenden, bei der Radikal- 
operation der Brüche durchge- 
schnittenen Gefäße wurden mit ge- 
wöhnlichen Pinces h&mostatiques gefasst und etwas vorgezogen. Es 
wurde nun die komprimirende Zange am Gefäß und dem umgeben- . 
den Gewebe quer angelegt und einige Male kräftig zusammen- 
gepresst. Die Blutung stand sofort vollständig und erschien auch 
nicht im weiteren Verlaufe der Operation. Keine Gefäßligatur 
wurde also angelegt. Nach Vollendung der Plastik (nach einer 
speciellen Methode, die ich später publiciren werde) wurde die 
Wunde vollständig geschlossen. Keine Spur einer späteren Blutung 
wurde beobachtet. 

Eine der Operationswunden heilte absolut per primam. Von 
einer anderen musste eine kleine Menge serösen Exsudats am 5. Tage 
vom oberen Wundwinkel herausgelassen werden. Der 3. Fall, in 
welchem ein straußeneigroßer Bruch unter Schleich’scher An- 
ästhesie (wie auch die übrigen Brüche) operirt wurde, bekam der 
Operirte am 2. Tage nach der Operation eine Pneumonie mit heftigem 
Husten. Es wurde dadurch die Heilung der Wunde gestört und die- 


758 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


selbe theilweise geöffnet. Die Pneumonie dauerte nur einige Tage: 
das Fieber fiel ab am 2. Tage, und die Heilung der Wunde erfolgte 
theilweise durch Granulation. Diese recht schwierige Operation war 
auch von keiner Spur einer sekundären Blutung gefolgt. 

Bei der Operation des Angioms wurden nur die kleineren Ge- 
fäße mit der Zange komprimirt. Die größeren Arterien dagegen mit 
Katgut unterbunden. Ich wollte kein Experiment an einem 4monat- 
lichen Kinde machen, die Operation wurde in Chloroformnarkose 
(nur einige Tropfen waren nöthig) ausgeführt. Heilung per primam 
intentionem erfolgte; keine Blutung, kein Fieber. 

Die angeführten Fälle erweisen, dass die Methode, mittel- 
große blutende Gefäße durch den Druck einer kräftigen 
Zange zu schließen, vortreffliche Resultate ergiebt. Ob 
auch die großen Gefäße durch dieselbe Methode behandelt werden 
können, ist noch unentschieden, aber doch wahrscheinlich nach den 
Erfahrungen von Tuffier. In jedem Falle sind die Vortheile der 
Methode offenbar: die Zeit der Operation wird verkürzt, und keine 
Katgut- oder seidene Knoten bleiben in der geschlossenen Wunde. 
Ich glaube, dass diese Methode der Blutstillung als ein wichtiger 
Fortschritt in der chirurgischen Technik betrachtet werden muss. 
Ich behalte mir vor, bald wieder zu dieser wichtigen Frage zurück- 
zukommen. 


1) A. Eulenburg. Real-Encyklopädie der gesammten Heil- 
kunde. Dritte gänzlich umgearbeitete Auflage. XVI. Band. 
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1898. 

Aus diesem Band des Riesenwerkes hebe ich unter den den 
Chirurgen wesentlich interessirenden als besonders neu bearbeitet die 
Artikel Myxödem, Naevus, Naht, Narkose hervor. Über die durch- 
schnittliche Güte der Leistungen noch ein Wort zu verlieren, ist 
unnöthig. Richter (Breslau). 


2) Landerer. Handbuch der allgemeinen chirurgischen 
Pathologie und Therapie. 2. Auflage. 
Wien, Urban & Sehwarzenberg, 1898. 

Die Vorzüge der »Allgemeinen Chirurgie« von L. sind zu be- 
kannt, als dass das Buch einer besonderen Empfehlung bedürfte; im 
Übrigen verweise ich auf die Besprechungen im Centralblatt für 
Chirurgie 1888 p. 60 und 1890 p. 236. Das Werk trägt allerorten 
den Stempel reicher persönlicher Erfahrung und eigener wissenschaft- 
licher Forschung. Gegenüber der ersten Auflage ist die zweite in 
so fern verändert, als in der Darstellung die Vorlesungsform auf- 
gegeben ist. Verf. giebt an, dadurch so viel an Raum gewonnen zu 
haben, dass namentlich das Gebiet der chirurgischen Praxis etwas 
erweitert werden konnte. So sind die Operations- und Verbandslehre 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 759 


eingehend behandelt und durch zahlreiche Abbildungen erläutert. 
Letztere sind auch an anderen Orten erheblich vermehrt. In seiner 
Darstellungsweise hat sich Verf. einer möglichsten Kürze befleißigt; 
es ist dem gegenüber aber doch vielleicht der Einwand gestattet, dass 
damit stellenweise für das Verständnis eine Vorkenntnis vorausgesetzt 
wird, welche von dem studentischen Leser nicht immer verlangt 
werden kann. rer Tietze (Breslau). 

3) F. König. Lehrbuch der speciellen Chirurgie. 7. Auf- 

lage. Bd. I. 
Berlin, A. Hirschwald, 1898. 

Wiederum ist nach nur 4 Jahren eine neue Auflage des R schen 
Lehrbuchs nothwendig geworden, in ihrem zunächst vollendeten, um 
60 Seiten vermehrten 1. Bande durch zahlreiche, die Forschungen 
und Arbeiten anderer Autoren berücksichtigende Ergänzungen und 
Änderungen vervollkommnet und durch die neugewonnenen Erfahrungen 
des Verf. bereichert. Die Zusätze betreffen, um nur die wichtigeren 
zu nennen, die Arbeiten über den Werth der Lumbalpunktion zur 
Diagnose der Meningitis, der Röntgographie für den Nachweis von 
Fremdkörpern im Schädel, die Behandlung der Schussverletzungen 
desselben, die Ohreiterung und ihre Folgekrankheiten, die neueren 
Methoden der Schädelresektion etc., die endokranielle Excision des 
Ganglion Gasseri, die Pathologie und Therapie der kongenitalen Hals- 
fisteln, das Caput obstipum, die Physiologie der Schilddrüse, die 
Behandlung des Kropfes, den Morbus Basedowi, den Krebs des 
Rachens und der Speiseröhre, die Divertikel der letzteren etc. — 
So wird das K.’sche Lehrbuch seinen seit ca. 24 Jahren ruhmvoll 
behaupteten Platz an der Spitze aller ähnlichen Werke auch weiter- 
hin einnehmen können. Kramer (Glogau). 


4) K. Brunner. Erfahrungen und Studien über Wund- 
infektion und Wundbehandlung. 1. Theil: Über den Keim- 
gehalt und Heilverlauf aseptisch angelegter Wunden. Das 
initiale postoperative Wundfieber. 
Frauenfeld, J. Huber, 1898. 194 S. 

Verschiedene der Fragen, welche diesen vor mehreren Jahren be- 
gonnenen Studien zu Grunde liegen, sind unterdessen auch von 
anderer Seite bearbeitet worden, und die Resultate, zu denen B. ge- 
langt, sind also nicht immer neu, sondern stellen zum Theil eine 
Nachprüfung schon bekannter Ergebnisse dar. Sie sind aber nicht 
nur als solche werthvoll, sondern auch durch die Sorgfalt, mit der 
die Untersuchungen ausgeführt und mit der die verschiedenen Irrthums- 
quellen entweder umgangen oder bei der Beurtheilung der Ergeb- 
nisse in Rücksicht gezogen wurden. 

Bezüglich der Technik sei nur bemerkt, dass B. bei einem Theil 
der Untersuchungen des Wundsekrets gläserne Kolbendrains ver- 


760 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


wendete, wie sie seither unabhängig von Ikawitz beschrieben worden 
sind. Als Nährboden für die erste Impfung wurde ausschließlich 
Agar verwendet, und Gelatine, da sie nicht bei 37° gehalten werden 
kann, grundsätzlich ausgeschlossen. Die Impfungen wurden während 
und am Ende der Operation, so wie beim ersten Verbandwechsel 
vorgenommen und erstreckten sich auf 50 Operationen in aseptischem 
Terrain (Strumektomien, Mammaamputationen, Exstirpation ver- 
schiedener Geschwülste, Bassini-Operationen), von denen 25 rein 
aseptisch, 25 unter Sublimat-, Actol- oder Itrolantisepsis ausgeführt 
wurden. 

Bei den Impfungen während und am Ende der Eingriffe fanden 
sich Mikroorganismen in je 14 Fällen jeder Gruppe. 14mal war der 
Staphylococcus pyogenes albus allein vorhanden, in anderen Fällen 
gemeinschaftlich mit anderen Mikroorganismen, 9mal endlich gingen 
andere Keime allein auf, ohne den albus (in keinem Falle Strepto- 
kokken). 

Der sekundäre Keimgehalt — bei dem ersten Verbandwechsel 
untersucht — gab in 33 auf 48 Fälle ein positives Resultat. Der 
Bakterienbefund war ähnlich, wie oben. Eine Differenz zwischen 
der aseptischen und antiseptischen Reihe war nur bei den Strum- 
ektomien zu bemerken, wo allerdings bei aseptischer Behandlung 
der Keimgehalt größer war, als bei der antiseptischen. Bemerkt sei 
noch, dass nach antiseptischen Spülungen die Wundflüssigkeit zwar 
meist keine Mikroorganismen mehr enthielt, dass sich solche aber 
in den der Wundoberfläche entnommenen Gewebstheilen fanden. 
Operationshandschuhe, Mütze und Mundbinde verhinderten den Ein- 
tritt von Keimen in die Wunde keineswegs. 

Bei der Untersuchung der Infektionsquellen bespricht B. die 
Luft, die Verbandstoffe, die Hände der Chirurgen, die Haut des Pat. 
Der Raum verbietet uns, auf die Besprechung dieser Punkte und 
die interessanten Untersuchungen über den Keimgehalt der Ope- 
rationssaalluft näher einzugehen. Nur so viel sei bemerkt, dass B. 
zwar, gestützt auf seine Versuche, den Keimgehalt der Luft mit 
Hägler als einen nicht zu vernachlässigenden Faktor ansieht, dass 
er aber, wie die Mehrzahl der Chirurgen, die Hauptgefahr in der 
Kontaktinfektion sieht. 

Bezüglich des ersteren verminderte vorgängige Anwendung des 
Dampfspray die Zahl der Luftkeime im septischen Operationssaal. 
Im aseptischen Saal war der Keimgehalt der Luft schon normal so 
gering, dass ein Einfluss des Spray nicht beobachtet werden konnte. 
Bezüglich der Desinfektion des Nagelfalzes mit Jodtinktur kommt B. 
zu einem negativen Resultat. In vitro wirkt am besten desinfieirend 
eine gesättigte Jodlösung in 50%igem Alkohol, während die offi- 
cielle Jodtinktur sich als viel schwächer erweist. Wir übergehen 
hier die Untersuchungen über die Virulenz der in den Wunden 
primär und sekundär gefundenen Mikroorganismen, um noch zu be- 
merken, dass in 4 von den oben genannten 50 Fällen geringfügige 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 761 


lokale Zeichen von Infektion auftraten, während die übrigen 46 ohne 
Eiterung heilten. Von den 4 eiternden Fällen gehörten 3 der anti- 
septischen, einer der aseptischen Reihe an. ` Zu beachten ist, dass 
in 4 Fällen trotz mehr oder weniger reichlichem Vorhandensein des 
aureus glatte Wundheilung eintrat, wie schon Büdinger im Gegen- 
satz zu Lanz und Flach gefunden hatte. 

Im weiteren beschäftigt sich B. mit dem Schicksal der in die 
Wunde eingedrungenen Mikroorganismen und findet, dass die keim- 
schädigende Wirkung, den neueren Anschauungen entsprechend, so- 
wohl dem Serum, als den Zellen zukommt. Was die sogenannte 
Katgutinfektion betrifft, so steht Verf. der chemischen Katguteiterung 
Poppert’s sehr skeptisch gegenüber und betont wohl mit Recht, 
dass der Fehler überhaupt bei den dem Ligaturmaterial zugeschobenen 
Eiterungen nicht sowohl an diesem, als anders wo zu suchen ist. 

Auf eine historische Studie des sogenannten »aseptischen Wund- 
fiebers« folgtsodann die Mittheilung der am eigenen Material gewonnenen 
Temperaturkurven, unter Beigabe derjenigen einer Anzahl von Laparo- 
tomien aus der Wyder’schen Klinik. Verf. kommt zum Schluss, 
dass bei dem »aseptischen Fieber« sowohl die Resorption von »orga- 
nischene — dem Organismus entstammenden — als von bakteriellen 
Toxinen in Betracht kommt, wobei es sich aber schwer abmessen 
lässt, wie groß im einzelnen Fall der Antheil der einen und anderen 
ist. Beide werden begünstigt durch Hämatome und Gewebsnekrosen. 
Wie allgemein beobachtet, fieberten demnach auch bei B. die Strum- 
ektomirten besonders stark, und zwar bestand kein Unterschied zwischen 
den Fällen mit bakteriologisch aseptischer und denjenigen mit 
klinisch reaktionsloser, aber weiße Staphylokokken aufweisender 
Wundheilung. Verf. schlägt desshalb vor, den Ausdruck des »asep- 
tischen« Fiebers durch denjenigen des »initialen postoperativen Wund- 
fiebers« zu ersetzen, der nichts präjudicirt. In analoger Weise will 
er das ohne Infektionserscheinungen verlaufende Wochenbettfieber 
als »initiales Wochenbettfieber« bezeichnet wissen. 

Anhangsweise werden dieser lesenswerthen Arbeit noch »Er- 
fahrungen mit der Formalindesinfektion derHaut« und »Untersuchungen 
über den Keimgehalt der Handschuhe während des Operirens« bei- 
gegeben. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


5) G. E. Brower. Some observations upon modern surgical 
technics, from an analysis of four hundred and twenty-one 
operative cases at the City-hospital. 

(Med. record 1898. März 26.) 

B.'s Arbeit enthält systematische Studien über Wundinfektionen 

im City-Hospital zu New York, der größten öffentlichen städtischen 

Anstalt dieser Art. Meistens weder ganz akute noch ganz chronische 

Fälle, nach Angabe kein günstiges Material für operative Eingriffe, 

da beinahe 80% aller während des Jahres 1895 Operirten konstitutionell 
29+% 


762 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


geschädigt waren (Alkohol, Syphilis, Tuberkulose, Diabetes, Morbus 
Brighti). 

Sim 1. Monat der Thätigkeit des Verf., Mai 1895, blieb von 
43 Operirten nicht ein einziger Fall aseptisch, und nur 7 infieirte 
Fälle wurden durch operative Maßnahmen koupirt; in der That ein 
wunderbares Resultat. 

Während der nächsten 5 Monate wurden nun eifrige Bestrebungen 
zur Verbesserung der Resultate durch Einführung moderner Wund- 
behandlung gemacht, welche auch zur Einführung von Gazekappen etc. 
führten; trotzdem fuhren 30% reiner Operationswunden fort zu eitern. 
Die Beschränkung der Assistentenzahl bis auf einen reducirte die 
Infektionen auf 20%, war aber nicht dauernd durchführbar. Die 
erbärmlichen Verhältnisse im Operationssaal und in der Ausstattung 
des Krankenhauses wurden im nächsten Jahre geändert, Druck- 
dampfsterilisatoren etc. eingeführt; dennoch kamen, nach 10wöchent- 
licher völlig aseptischer Zeit, wieder unbefriedigende Fälle zur 
Beobachtung, Stichkanaleiterungen mehrfach, auch 1 Fall von Me- 
ningitis nach osteoplastischer Resektion des Schädels.. Mit Hilfe 
eines geschulten Bakteriologen, Dr, Philipp H. Hiss, fanden nun 
sorgfältige Nachforschungen nach den Infektionsquellen statt. Ver- 
bandstoffe, Hände und Luft wurden untersucht, man kam zu folgen- 
der Methode, Handschuhe zu präpariren: dünne Gummihandschuhe 
werden 2 Minuten gekocht, in einem großen sterilisirten Handtuch 
abgetrocknet; bis zum Gebrauch werden sie in sterile Gaze ein- 
gepackt und steril aufbewahrt. Vor dem Gebrauch bestreut man 
das Innere mit in trockner Hitze sterilisirter Stärke; namentlich soll 
letzteres Verfahren die Feinheit der Tastempfindung unterstützen. 
Man erreichte so in 91% perfekte Aseptik. In einer Anzahl von 
Fällen irrigirte man vor Anlegung der Naht mit Wasserstoffsuper- 
oxydwasser und fand nur ein einziges Mal eine Stichkanaleiterung. 
(Es bestand die Absicht, durch dieses Verfahren nicht nur die während 
der Operation hineingefallenen Mikroorganismen der Luft unschäd- 
lich zu machen, sondern auch den »Staphylococcus epidermidis albus«.) 

Nun ging man zum Formaldehyd über. Die Versuche, den Ope- 
rationsraum auf diesem Wege zu sterilisiren, gelangen schon nach 
4 Stunden angeblich zufriedenstellend; Desinfektion der Hände be- 
stand in 5 Minuten langer Behandlung mit heißem Wasser und 
Seife und 3 Minuten Bürsten mit einer Formalinlösung 1:50. Diese 
Methode wurde bis zur schließlichen Einführung der Gummihand- 
schuhe in der Klinik und Privatpraxis dauernd eingeführt. 

Die nächsten Versuche betrafen die Desinficirung septischer 
Fälle. Formalinirrigationen und Verbände hatten das Resultat, von 
22 Fällen 18 zu koupiren. Eine Analyse dieser Fälle ergiebt mit 
Sicherheit, dass Formaldehydlösungen im Kontakt mit septischen 
Wunden einen ausgesprochenen keimtödtenden Effekt haben, aber 
dass deren Gebrauch andererseits erhebliche Schmerzen hervorruft. 
Man begnügte sich daher, nur in den narkotisirten Fällen während 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 763 


der Narkose das Mittel 1:50 anzuwenden. In den ersten 5 Monaten 
des Jahres 1897 traten wieder 6 Wundinfektionen auf, von denen 
sich einige allerdings leicht erklären ließen. Verf. beschloss, in jedem 
aseptischen Falle vor Schließung die Wunde mit Formalin 1:50 aus- 
zuwischen, dünne Gazedrainage an einen oder mehrere Wundwinkel 
einzulegen und mehrere Lagen feuchter Formalingaze vor dem ge- 
wöhnlichen trocknen Verbande unterzulegen; dann aber kam man 
zur Einführung der Gummihandschuhe, und kein einziger Fall von 
Wundinfektion trat in den letzten 4 Monaten ein. Eine genaue 
Statistik illustrirt schlagend den Erfolg der Bestrebungen, die Technik 
zu verbessern. Die systematische Einführung von Formalin. und 
Gummihandschuhen krönt die 3jährige Arbeit; schließlich 43 Ope- 
rationen in 4 Monaten, keine Infektion. — Diese Abhandlung zeigt 
wieder, dass Jeder, der bestrebt ist, seine Resultate möglichst zu ver- 
bessern, dahin kommen muss, die Fehlerquellen möglichst auszu- 
schalten und einen aseptischen Handschuh einer nur relativ asep- 
tischen Handfläche vorzuziehen. Die Berechtigung solcher technischer 
Neuerungen kann nur auf dem Wege der Statistik entschieden werden, 
und diese Statistik beweist aus B.’s Abhandlung wiederum, dass der- 
artige Bestrebungen Erfolg erzielen und nicht als reiner »Sport«, wie 
es neuerdings geschah, lächerlich gemacht zu werden verdienen. 
Loewenhardt (Breslau). 


6) R. Binaghi (Cagliari). Über die Desinfektion und die 
desinficirende Kraft der menschlichen Haut. 
(Policlinico 1897. November—December.) 

Nach einem historischen Rückblick auf die bisherigen Unter- 
suchungen über den Bakteriengehalt der menschlichen Haut theilt 
Verf. seine eigenen Experimente mit. Dieselben wurden an 20 Ge- 
sunden und 10 Kranken ausgeführt; es wurden jeweils 15 Regionen 
des Körpers der Prüfung unterworfen. Die Versuchsordnung. war 
derart, dass die betreffende, mit etwas Bouillon bestrichene Haut- 
partie mit einer sterilisirten Messerklinge abgeschabt, und der dadurch 
erhaltene Detritus zur Anlegung von Kulturen so wie zu Thierver- 
suchen benutzt wurde. Hierbei wurde u. A. gefunden: Bact. coli, 
Sarcine, Pyocyaneus, Proteus, Streptokokken und Staphylokokken, 
Spross- und Schimmelpilze. Die gefundenen Pilze waren zum Theil 
pathogen, nur die Sprosspilze erwiesen sich als harmlos. 

Was die verschiedenen Maßnahmen zur Reinigung und Des- 
infektion der Haut anbetrifft, so fand Verf. folgendes: Ein gewöhn- 
liches warmes Bad so wie ein Dampfbad (von einem einfachen Ab- 
trocknen der Haut gefolgt) hat eine Vermehrung des Bakteriengehalts 
der Haut zur Folge (was zweifellos auf die Erweichung der oberen 
Epidermislagen und damit reichlichere Ausstoßung von Mikroorganis- 
men zu beziehen ist). Dagegen tritt eine Verminderung der Bakterien- 
zahl ein, wenn ein Bad in Sodalösung genommen wird, und die 
betreffende Hautpartie danach mit. einem rauhen sterilen Tuch 


764 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


wiederholt abgerieben wird. Eben so hat Waschen mit Seife und 
kräftiges Abbürsten eine wesentliche Minderung der Keimzahl zur 
Folge; dasselbe ist der Fall bei Waschen mit Alkohol oder Äther. 
Vergleichende Versuche mit den verschiedenen Desinfektionsmitteln 
ergaben die besten Resultate bei Sublimat (1%/,0), Karbolwasser (5%) 
und Kal. permangan. (1%). Jedoch bewirkte eine einfache, auch 
lange fortgesetzte Abwaschung mit einem dieser Mittel (ohne vor- 
hergehende Proceduren) nie eine völlige Keimfreiheit. Zur Desinfektion 
der Hände wird somit folgendes Verfahren empfohlen: Waschen und 
Bürsten in warmem Seifenwasser, Waschen in warmer alkalischer 
(Natr. oder Kali carbon. 5%) Lösung, sterilisirtes Wasser, Abreiben 
mit sterilem Handtuch, Alkohol oder Äther, warme Sublimatlösung 
(1%). Ein derartiges Verfahren ergab stets Sterilität der Hände. 

Weiterhin machte Verf. Untersuchungen über die desinficirende 
Kraft der Haut, indem er bestimmte Partien derselben nach voran- 
gegangener Desinfektion theils mit Reinkulturen, theils pathologischem, 
vom Menschen stammendem Material (Fäces, eitriger Urin, Spu- 
tum ete.) beschickte, dasselbe antrocknen ließ, mit einer Glasplatte 
bedeckte und nach einer Reihe von (6) Tagen einer abermaligen 
(bakteriologischen, bezw. thierexperimentellen) Untersuchung unter- 
warf. Es ergab sich hier, dass nicht nur die Zahl der Keime be- 
trächtlich abnahm, sondern dass auch ihre Virulenz wesentlich 
herabgesetzt war. Die gesunde Haut besitzt demnach eine direkt 
bakterientödtende Kraft (also eine Art »Selbstreinigung«). 

H. Bartsch (Heidelberg). 


7) E. Saul. Die Desinfektionsenergie siedender Alkohole. 
Die Desinfektion der Schwämme. 
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hft. 3.) 

Aus den im Original nachzulesenden Experimenten zieht der 
Verf. folgende Schlüsse: 

1) Der Desinfektionswerth siedender absoluter Alkohole, wie 
hoch auch immer ihr Siedepunkt sei, ist gleich Null. 

2) Für den Desintektionswerth mit Wasser kombinirter siedender 
Alkohole ist die Höhe des Siedepunkts gleichgültig. Darauf kommt 
es an, dass die einwirkende Temperatur ein relatives Maximum be- 
trage, das durch den jeweiligen Stand des Siedepunkts bedingt wird. 

3) Bei fortgesetzter Steigerung der Alkoholkoncentration sinkt 
der Desinfektionswerth mit Wasser gemischter siedender Alkohole 
plötzlich auf Null. Der kritische Punkt ist dabei für die einzelnen 
Alkohole variabel. 

Eine umfassende Erklärung für den Desinfektionsvorgang kann 
man zur Zeit nicht geben. 

Die Schwämme desinfieirt S. in einem von Lautenschläger 
konstruirten Apparat nach genauer beschriebener Methode. Neue 
Schwämme werden dem siedenden 30 %igen Propylalkohol 2 Stunden, 
gebrauchte !/3 Stunde ausgesetzt. Dieselbe Lösung kann öfters ge- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 765 


braucht werden. Karbol- und Sublimatlösungen sind zu vermeiden, 


weil sie Schrumpfung und Schwärzung der Schwämme bedingen. 
E, Siegel (Frankfurt a/M.). 


8) O. Bloch (Kopenhagen). Sur le catgut pheniqu& alcoolisé, 
(Revue de chir. 1898. No. 5.) 

B. hat sich seit 10. Jahren das nach gründlicher Reinigung in 
heißem Seifenwasser etc. in 5%igem Karbolwasser desinficirte und 
in 5%igem Karbolalkohol aufbewahrte Katgut (bezüglich. der Einzel- 
heiten der Präparation s. Original) aufs beste bewährt. Die bei Ge- ` 
brauch keimfreien Katguts nicht selten auftretenden Eiterungen führt 
er auf Infektion der Katgutfäden durch die Finger des Operateurs 
oder Assistenten beim Einfädeln in die Nadeln, beim Knoten der 
Fäden etc. zurück und hält sie durch Anwendung besonderer Vor- 
sichtsmaßregeln für vermeidbar. Seitdem er darauf achtet, hat er 


vom Katgut ausgehende Wundinfektionen nicht mehr beobachtet. 
Kramer (Glogau). 


9) Larrabec. The sterilization of catgut by boiling alcohol. 
(Boston med. and surg. journ. 1897. Januar.) 

Nach seinen im bakteriologischen Laboratorium der Harward 
medical school gemachten experimentellen Untersuchungen empfiehlt 
L. zur Sterilisation des Katguts das Saul’sche Verfahren. Das auf 
Stücke von dicken Glasröhren in einfachen Lagen aufgewickelte 
Katgut wird in sorgfältig verkorkter und mit einer wenigstens 5 Fuß 
langen, den Kork durchbohrenden Glasröhre, dem Kondensor, ver- 
sehener Flasche im Wasserbade gekocht. Die Flüssigkeit besteht 
aus 850 Theilen Alcohol. absolut., 50 Theilen Acid. carbol. und 
100 Theilen Wasser. Um absolut sichere Sterilisation zu erreichen, 
müssen geringere Stärken 30 Minuten, dickere Fäden 45 Minuten, 
ganz dicke 1 Stunde lang gekocht werden. Die Aufbewahrung 
nach der Sterilisation kann entweder in der genannten Flüssigkeit, 
oder nach Abgießen derselben in der Kochflasche trocken erfolgen. 
Der Kondensor wird herausgenommen und durch einen sterilisirten 
Wattebausch ersetzt. Da die durch das Kochen nur wenig — Be- 
lastungsresultate sind angegeben — verminderte Haltbarkeit sich 
durch längere Aufbewahrung, einerlei ob feucht oder trocken, immer 
mehr verringert, und der Apparat leicht zu handhaben ist, räth L. 
immer nur für den Bedarf kleinere Mengen von Katgut zu sterilisiren. 

Willemer (Ludwigslust). 


10) Calmann. Beiträge zur Asepsis und Kosmetik der Haut- 
naht. (Aus dem Allerheiligenhospital — gymäkologische 
Abtheilung — zu Breslau.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 21.) 

- Aus der Mittheilung ist nur zu erwähnen, dass sich in der ge- 
nannten Krankenkausabtheilung die Methode der perkutanen Naht, 


766 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


bei welcher die Nadel, unter Vermeidung der obersten Hautschichten, 
parallel zur Oberfläche durch die Cutis geführt wird, um die 
bakterienhaltigen Drüsenmündungen der Epidermis zu umgehen, gut 
bewährt hat, indem niemals mehr Vereiterung der Nähte auftrat, 
und auch das kosmetische Resultat ein günstiges war. Die Naht 
wird nach Art einer Tabaksbeutelnaht angelegt und die an dem einen 
und dem anderen Wundwinkel mündenden Fadenenden, fest an- 
gezogen, über je einem Gazeröllchen geknüpft; die Entfernung des 
Fadens macht keine Schwierigkeiten. Kramer (Glogau). 


11) Graf. Die Trepanation bei der traumatischen Jackson'- 
schen Epilepsie. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 3.) 

Verf. giebt zuerst eine historische Entwicklung der- Anschau- 
ungen über das Wesen der Epilepsie, von der Annahme an, dass es 
sich bei ihr um eine Reizung durch akute Gehirnanämie handle 
(Kussmaul, Tenner) bis zu der durch H. Jackson begründeten 
Lehre des corticalen Ursprungs mancher Formen des Leidens. Es 
ist natürlich, dass diese Anschauungen mit der Zeit zu neuen Ver- 
suchen operativer Beseitigung der Krankheit führten, und zwar mit 
anscheinend mehr Berechtigung wie früher. Am günstigsten sind 
die Verhältnisse bei traumatischer Epilepsie. Besondere Bedeutung 
erhielt übrigens der operative Eingriff, als Horsley vorschlug, nicht 
eine einfache Trepanation vorzunehmen, sondern das den Anfall 
einleitende motorische Centrum zu excidiren. Dauernde Ausfalls- 
symptome werden durch das eingreifende Verfahren nicht bedingt. 
Die auf dasselbe folgenden partiellen Lähmungen gehen meist nach 
ganz kurzer Zeit wieder vorüber. Das Wesentlichste der Arbeit ist 
der Ausdruck der Anschauungen, die man auf Grund reichlicher 
Erfahrungen in der v. Bergmann’schen Klinik mit operativen 
Eingriffen bei dem Leiden gemacht hat. Zu früheren ungünstigen 
Resultaten kann G. eine Reihe weiterer unbefriedigender Fälle hin- 
zufügen, deren interessante und lehrreiche Krankengeschichten bei- 
gefügt sind. 

Verf. weist mit Recht besonders scharf darauf hin, wie viel 
Kritik gerade bei der Beurtheilung angeblich durch die Operation 
geheilter Epileptiker nothwendig, und wie ein genügsamer Beobachter 
leicht Täuschungen ausgesetzt ist. G. zeigt, wie Erfolge, die mit 
Wahrscheinlichkeit der Brombehandlung zuzuschreiben sind, dem 
operativen Eingriff zugeschoben werden, er zeigt, wie man selbst 
Operationen an der Nase, wie Abbrennen cavernöser Schwellungen, 
Erfolge zuschieben könnte, da auch nach diesem Verfahren einmal 
die Anfälle ausblieben. v. Bergmann steht auf dem Standpunkt, 
dass die Operation auch bei der traumatischen Epilepsie einzuschränken 
sei, und dass man einen Erfolg nur erwarten könne, wo eine Ge- 
schwulst, z. B. eine Cyste, in oder über einem motorischen Rinden- 
centrum liege. ; 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 767 


G. stellt 146 Fälle aus der Litteratur zusammen, in denen bei 
traumatischer Epilepsie operirt wurde. Diese Fälle sind so weit wie 
möglich kritisch zu einer allgemeinen Beurtheilung des operativen 
Eingriffs verwerthet. Nur 6,5 % Heilungen können citirt werden, 
bei denen die Beobachtungszeit länger als 3 Jahre dauerte. Trotzdem 
ist gerade eine längere Dauer der Beobachtung für eine wahre Kritik 
erforderlich. G. erörtert noch die Anschauungen, welche darüber 
existiren, warum in den einzelnen Fällen Misserfolge auftreten, An- 
schauungen, die noch sehr variabel sind. Er kann nicht mit Doyen 
den Eingriff für ungefährlich erklären und darum auch nicht befür- 
worten, dass man leichthin, ohne versuchte Lokalisation des krampf- 
auslösenden Herdes, eine explorative Hemikraniotomie vornimmt. 
Bei den genannten 146 Fällen haben sich in der Hälfte die Ope- 
rateure auf Eingriffe am Knochen und der Dura mater beschränkt, 
in der zweiten Hälfte wurden Operationen an der Hirmrinde vor- 
genommen, bestehend in Excision von Narben, Incision und Exstir- 
pation von Cysten, Entfernung eingedrungener Knochensplitter und 
Fremdkörper. Die Horsley’sche Operation wurde in 29 Fällen 
ausgeführt. = E. Siegel (Frankfurt a/M.). 
12) Jordan. Die operative Entfernung der Fibrome der 
Schädelbasis (nebst Mittheilung zweier nach neuer Methode 
operirter Fälle). (Aus der chirurgischen Universitätsklinik 

zu Heidelberg.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 21.) 

13) Hopmann. Zur Operation der harten Schädelgrund- 
polypen (Basisfibrome, bezw. Fibrosarkome), nebst Bemer- 
kungen über Nasenpolypen. 

(Ibid.) 

Wenn auch mit Aufhören des Schädelwachsthums Schädelbasis- 
fibrome zuweilen von selbst sich zurückbilden, so können doch sehr 
heftige Blutungen und durch rasche Vergrößerung der Geschwulst 
veranlasste Beschwerden eine Operation dringend indiciren. J. hat 
für dieselbe in 2 Fällen zur Freilegung der Geschwulst ein Verfahren 
benutzt, welches, in einer Modifikation des typischen v. Langen- 
beck’schen bestehend, zwar früher schon imal von Czerny ange- 
wandt, von Verf. aber, ohne dass er davon wusste, selbständig er- 
sonnen und mit Erfolg ausgeführt worden ist. In dem einen Falle 
bestand es darin, dass J. den linken Oberkiefer nach links hin, die 
Nase nach rechts hin aufklappte, während er bei dem 2. Pat. den 
linken Oberkiefer und die Nase in einem Stück temporär regecirte 
und nach rechts herüberlegte. Dadurch wurde das Geschwulsterrain 
in ganzer Ausdehnung bequem zugänglich und die Totalexstirpation 
gut ausführbar. Die zurückgebliebenen Narben waren, besonders im 
letzteren Falle, wenig auffallend; Nase und Oberkiefer sind knöchern 
fest eingeheilt, eben so das Septum konsolidirt. J. glaubt diesen 


768 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


Methoden vor dem Verfahren der modernen temporären Gaumen- 
resektion wegen besserer Freilegung des Operationsfeldes den Vorzug 
geben zu dürfen und empfiehlt sie desshalb für die Fälle, bei welchen 
die schonende Behandlung erfolglos geblieben, und Veranlassung zu 
radikalem Vorgehen besteht. 

H. ist in einfacherer Weise zum Ziele gekommen, nachdem er 
früher die seitliche Aufklappung der Nase als Präliminaroperation 
geübt, freilich unter Verzicht auf die Mitwirkung des Auges bei der 
Entfernung der Geschwulst. Er operirt in Narkose bei hängendem 
Kopfe, lässt das Gaumensegel durch einen durch die Nase geführten 
Gummischlauch, dessen zum Munde herausgeführte Enden auf einer 
zwischen Oberlippe und Nase gelegten Metallplatte befestigt werden, 
möglichst stark nach vorn ziehen und exstirpirt nun mittels Eleva- 
torium, Raspatorium und scharfem Löffel unter Leitung des Fingers 
die Geschwulst dicht am Knochen. Das Resultat war in 5 Fällen 
ein gutes. H. hält das Verfahren, obwohl die Beseitigung der Neu- 
bildung mit sehr erheblicher Blutung einherging, für besser, als das 
der Voroperationen. Kramer (Glogau). 


14) H. Schlesinger (Wien). Beiträge zur Klinik der Rücken- 
marks- und Wirbeltumoren. 
Jena, Fischer, 1898. 

Verf. hat das einschlägige Material des pathologisch-anatomischen 
Instituts in Wien aus 18 Jahren, umfassend 35000 Obduktionen mit 
151 Geschwülsten des Rückenmarks und seiner Hüllen, einschließlich 
der Wirbelsäule, im Zusammenhalt mit der umfänglichen Litteratur 
(589 Nummern) behandelt. Nur die extraduralen fungösen Neu- 
bildungen lässt er unberücksichtigt. 56 Fälle sind mit interessanten, 
meist ausführlichen Krankengeschichten, einige mit Abbildungen 
anatomischer Präparate belegt. 

Von den 151 Geschwülsten saßen 107 in den Wirbeln, 4 drangen 
von außen in den Wirbelkanal, 11 gingen von der Dura, 4 von den 
zarten Meningen, 5 von den Nervenwurzeln einschließlich der Cauda 
aus, 20 saßen intramedullär. 

Wenn man die multiplen Geschwülste der Rückenmarkshüllen, 
ferner die intramedullären und die bösartigen intravertebralen als 
inoperabel ansieht, so lehren diese Zahlen und die in der Litteratur 
niedergelegten Erfahrungen, dass nur ein Drittel der Gesammt- 
summe aller Rückgratgeschwülste für einen chirurgischen Eingriff in 
Frage kommt. Dem Ref. erscheint in der Berechnung S. jenes 
Ergebnis nicht ohne Bedeutung, dass die intramedullären Neu- 
bildungen sich am häufigsten im Bereich der Hals- und der Lenden- 
anschwellung, selten im Brustmark finden. Die Erfahrungen des 
Ref. gehen nämlich dahin, dass gerade im Hals- und Lendentheil 
der Wirbelsäule Distorsionen am ehesten vorkommen, bei denen 
offenbar durch Zerrung intramedulläre Schädigungen leichterer Art, 
insbesondere centrale Blutungen, zu Stande kommen. Der Gedanke 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 769 


liegt also nahe, dass für die Bildung centraler Geschwülste durch 
solche leichte Traumen des Rückgrats der Anreiz gegeben wird. 

Bezüglich der einzelnen Geschwulstformen lässt sich aus den 
ausführlichen Schilderungen hier nur das chirurgisch Interessante 
hervorheben. Miliare und Konglomerattuberkel sind nicht selten neben 
Hirntuberkeln anzutreffen. Gummata, die viel seltener sind, lassen 
eigenthümlicherweise häufiger als andere Geschwülste die sekun- 
däre Degeneration vermissen. Wichtiger ist, dass bei den centralen 
Geschwülsten, Gliomen, Gliosarkomen, jede wesentliche Dicken- 
zunahme des Rückenmarks fehlen kann. Sie gehen eben so wie 
das seltene primäre Sarkom (13 Fälle in der Litteratur) mit Höhlen- 
bildung einher und machen, oft auch ohne solche, gleich jenen 
ähnliche Symptome wie die der Syringomyelie. 

Operativer Behandlung am ehesten zugänglich ist das isolirte 
Sarkom der Meningen und Nervenwurzeln, dem das Psammom und 
Endotheliom verwandt ist. Es ist klinisch wichtig, dass diese Ge- 
schwülste trotz längeren Bestandes zumeist nicht auf das Rückenmark 
direkt übergreifen und keine Neigung zur Generalisation erkennen 
lassen. Sie unterscheiden sich von dem häufigeren multiplen Sarkom 
der Meningen, welches trotz des Vermögens, in den entfernteren Or- 
ganen Metastasen zu machen, auch nur selten das Rückenmark in 
Mitleidenschaft zieht, klinisch dadurch, dass diese Geschwulstform 
fast stets die Gebilde der hinteren Schädelgrube, in zwei Dritteln der 
Fälle das Kleinhirn mit ergreift. Bezüglich der cystischen Neu- 
bildungen parasitärer Natur ergiebt sich, dass der Ecchinococcus 
(44mal beobachtet) meist extradural, nämlich 7mal öfters als intra- 
dural, der Cysticercus (nur 7mal beobachtet) vorwiegend intradural sitzt. 

Bei Besprechung der Wirbelgeschwülste bildet SI in Fig. 27 
und 28 ein ossificirendes Enchondrom des 10. Brustwirbels ab. Stellt 
dieses Präparat nicht vielleicht eine ausgeheilte Kompressionsfraktur 
dieses Wirbels dar mit starkem corticalen Callus und Eburneation 
der Spongiosa? 

Von den primären Geschwülsten der Wirbelsäule sind 22 Fälle 
als Sarkom, 17 als multiples Myelom bezeichnet. Diese Geschwülste, 
so wie die metastatischen Sarkome und Carcinome werden entweder 
durch langsame Kompression oder öfters durch plötzlichen Zusammen- 
bruch eines Wirbelkörpers dem Rückenmark gefährlich. Auffallend 
häufig machen die an sich seltenen Bronchialcarceinome Wirbel- 
metastasen. Ref. hat ebenfalls einen Fall von Totalquerläsion des 
Marks durch Zusammenbruch eines carcinomatösen Brustwirbels bei 
Bronchialkrebs obducirt. 

Die neoplastische Infiltration eines Wirbelknochens als solche 
kann gelegentlich ganz ohne Schmerzen verlaufen; dann kann, selbst 
wenn Druck auf die Dornfortsätze und plötzliche Belastung der 
Wirbelsäule ganz schmerzlos ist, doch eine Empfindlichkeit.des Pat. 
bei Druck neben der Wirbelsäule auf eine Neubildung hinweisen; 
sie ist offenbar bedingt durch Hyperästhesie eines komprimirten 


770 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


Interkostalnerven. Nicht selten ist auch Ischias, seltener Occipital- 
neuralgie lange Zeit das einzige Symptom von Geschwulsterkrankung 
eines Wirbels, insbesondere bei Mammacarcinom (Terrier, Minor), 
bis es in Folge fortschreitender Querschnittserkrankung verschwindet 
(Edes). S. hält die intradurale Durchschneidung hinterer Nerven- 
wurzeln in manchen Fällen für angezeigt. 

Bezüglich der Höhenlokalisation der Geschwülste, der Segment- 
diagnose, kommt er zu dem Resultat, dass man die Geschwulst manch- 
mal eben so wohl zu hoch wie zu tief diagnostieirt, zu hoch, wenn 
über die Kompressionsstelle hinaus, also cerebralwärts, sich eine 
sekundäre Erweichung anschließt, zu tief, wenn mehr als 3 Seg- 
menten der Medulla die Versorgung der betroffenen Körperoberfläche 
oder eines Muskels obliegt. S. räth daher, zuerst stets das obere 
Ende der Geschwulst entsprechend den Lokalisationsregeln aufzu- 
suchen. Den alleinigen Nachweis einer partiellen Empfindungs- 
lähmung hält er nicht für ausreichend für die Annahme des intra- 
medullären Sitzes einer Geschwulst. 

Stellt man die Diagnose auf Rückenmarksgeschwulst, so sprechen 
folgende Symptome gegen die Vornahme eines chirurgischen Ein- 
griffs: »Bilaterale, partielle, segmental angeordnete, durch längere 
Zeit dauernde Empfindungslähmung (besonders des Temperatursinns) 
bei rapid fortschreitender, bilateraler ausgedehnter Muskelatrophie 
und Entartungsreaktion, gleich ausgebildeter Parese beider Beine bei 
Affektion der oberen Extremitäten«. P. Stolper (Breslau). 


15) Menard (Berck-sur-Mer). Du redressement brusque de 
la gibbosité dans le mal de Pott. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris. T. XXII. p. 363.) 

An der Hand einer Anzahl anatomischer Präparate von tuber- 
kulöser Spondylitis und solchen, die durch das Calot’sche Redresse- 
ment des Pott’schen Buckels an der Leiche gewonnen wurden, 
warnt Verf. davor, auf diese Operation übertriebene Hoffnungen zu 
setzen. Charakteristisch für die Wirbelsäulentuberkulose sei das 
konstante Fehlen einer subperiostalen Hyperostose und das konstante 
Fehlen von Knochenneubildung im Inneren der tuberkulösen Höhle. 
Es erscheine daher fraglich, ob nach der Calot’schen Operation sich 
ein hinreichend fester tragfähiger Callus bilden werde, um das 


rasch gewonnene Resultat auch dauernd zu sichern. 
Beichel (Chemnits). 


16) Wentworth. Lumbar puncture. 
(Boston med. and surg. journ. 1897. Februar.) 

W. giebt einige praktische Rathschläge für die Ausführung der 
Lumbalpunktion. Der Pat. soll mit heraufgezogenen Knien auf der 
Seite liegen und die freie Schulter herunterdrücken. Da in keinem 
Falle die bakteriologische Prüfung wo möglich auch durch Verimpfung 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 771 


zu versäumen ist, so muss auf die Sterilisation der Instrumente, 
mit welchen die Flüssigkeit in Berührung kommt, großes Gewicht 
gelegt werden. Für die Kulturen im Reagensglase räth W. ein 
etwas größeres Quantum der Flüssigkeit, nicht nur eine Platinaöse 
voll zu nehmen. Willemer (Ludwigslust). 


Kleinere Mittheilungen. 


17) Henschen, Lennander und Stenbeck. Om Röntgens strålar 
i hjärnkirurgienstjänst. 
(Nord. med. Arkiv N. F. Bd. VIII. No. 30. Festband für Axel Key.) 

Ein 33jähriger, vorher völlig gesunder Mann wurde Anfang August 1895 in der 
Entfernung einiger Meter von einem Revolvergeschoss getroffen, das in die linke 
Orbita eindrang, unter Zerreißung des oberen Augenlids entlang dem Orbitaldach 
verlief und im Gehirn stecken blieb. Pat. stürzte bewusstlos nieder, und es folgte 
eine linksseitige Hemiplegie. Als er nach etwa 3 Wochen erwachte, fühlte er 
sich »wie ein neugeborenes Kinde: er konnte zwar sehen, kannte aber die Leute 
nicht wieder, verstand nicht Gesprochenes und konnte selbst nicht sprechen. 
4 Monate danach wurde er entlassen, Gedächtnis und Sprechvermögen waren wieder- 
gekehrt, aber vollständige Lähmung und partielle Aphasie bestanden noch immer. 

Als Pat. ein Jahr später untersucht wurde, waren die höheren psychischen 
Funktionen völlig normal und das Gedächtnis gut; er litt aber noch an einer 
partiellen motorischen Aphasie mit partieller Agraphie und Worttaubheit; auch 
war Alexie theilweise bemerkbar. Der Geruchsinn war völlig erlöscht; das linke 
Auge entfernt, die Sehschärfe im unteren nasalen Quadranten des erhaltenen 
rechten Auges herabgesetzt. Die linksseitige Hemiplegie war in der oberen 
Extremität am meisten, in der linken Gesichtshälfte und in der Zunge am wenig- 
sten ausgesprochen. 

Im Januar 1897 wurde Pat. zum 3. Mal in der Klinik aufgenommen. Die 
Aphasie hatte sich in allen ihren Formen verbessert; die Lähmung dagegen nur 
wenig mehr, die Anästhe sie inhöherem Grade. Der Geruchsinn war verschwunden, 
und jetst konnte auch eine linksseitige Geschmacksstörung nachgewiesen werden; 
auch war der linke untere Quadrant nicht so perceptionsfähig wie der obere. 

Sorgfältig detaillirte epikritische Auseinandersetsungen führten sur Annahme, 
dass die Lokalisation des Fremdkörpers am Grenzgebiet zwischen den Parietal- und 
Oceipitalwindungen zu suchen sei, und swar ziemlich nahe an der Rinde und dorsal- 
wärts vor der Sehbahn, welche das Corpus geniculatum externum mit der Fissura 
calcarina verbindet. Die Aphasie wurde zwar durch diese Annahme nicht genügend 
erklärt, aber die von 8. genommenen Skiagramme zeigten sehr deutlich die Lage 
des Geschosses, obschon die doppelte, dicke Cranialwand Schwierigkeiten dar- 
bieten konnte. Man berechnete, dass das Geschoss ca. 4 cm von der Mittellinie, 
oberhalb dem Tentorium cerebelli und ca. 1—2 cm von der Cranialwand sich 
befand. 

Bei der Operation fand man es auch fast genau an dieser Stelle. Ein Wagner- 
scher Haut-Periostknochen-Lappen, 5 cm hoch, 6 cm breit, die Basis 1 cm oberhalb 
der berechneten Lage des Sinus transversus, wurde mit dem von Dahlgren (cf. 
Centralblatt für Chir. 1896, No. 10) beschriebenen Kraniotomen binnen 9 Minuten 
fertig gestellt, Nach dem Aufschneiden der Dura fand man die Pia von dunkler 
Farbe und die Gehirnsubstanz wenig elastisch. Beim Einführen einer feinen 
Nadel fühlte man in einer Tiefe von etwa 1 cm Metall. Die Trennung der Rinde, 
die Einführung einer amerikanischen Kugelsange und die Extraktion des resp. 7 
und 11 mm messenden Geschosses boten keine Schwierigkeiten. Katgutnaht der 
Dura, Silkwormgutnaht des wiedereingefügten Wagner’schen Lappens. — Pat. 
wurde durch die Extraktion des Geschosses völlig von den seit dem Unfall vor- 
handenen Schmerzen im Hinterhaupt befreit. 


772 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


Die über die Lage des Geschosses nach der Operation angestellten Messungen 
und Berechnungen gaben folgende Zahlen: 4,6 cm rechts von der Mittellinie, 6 cm 
rechts und aufwärts von der Protuberantia ocoipitalis externa, 10 cm schief rück- 
wärts und aufwärts von der oberen Befestigung des äußeren Ohres, 5,5 cm vom 
Torcular Herophili und 4—4,5 om oberhalb des Tentorium cerebelli. 

Sowohl in physiologischer als in chirurgischer Beziehung ist der Fall von 
großer Bedeutung. Wilbrand’s und His Ansichten über die Innervation des 
Macularfeldes von der Rinde der beiden Oeccipitallappen in der Fissura calcarina 
gewinnen eine entschiedene Stütze. Kölliker’s Behauptung, dass eine vollständige 
Kreuzung im Chiasma stattfinde, zeigt sich als unrichtig. Munk’s Theorie über 
die Projektion der Retina auf der Rinde des Occipitallappens ist unrichtig oder 
wenigstens nicht auf den Menschen anwendbar. Ferrier’s und Charcot’s Hypo- 
thesen von einem bilateralen Sehcentrum im Gyrus angularis werden durch die 
Hemianopsie widerlegt; und schließlich wird die Theorie v. Monakow’s über die 
supplirende Wirksamkeit der Rinde des Oceipitallappens zurückgewiesen. 

Übrigens ist dieser Fall der erste, wo ein Geschoss unter Leitung von Röntgen- 
aufnahmen aus dem Gehirn herausgenommen worden ist. 

A. Hansson (Cimbrishamn). 


18) Thoele. Hyperthermie bei Operationen am Gehirn. 
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. IIL Hft. 1.) 
Nach Erörterung der verschiedenen Ursachen der Hyperthermie, d. b. der 
Temperatursteigerung ohne die sonstigen Erscheinungen des Fiebere, und Mit- 
theilung eines reinen Falles von Hyperthermie bei Hämothorax giebt T. die 
Krankengeschichte eines 31jäbrigen Mannes, der wegen Epilepsie nach einem alten 
Schädelbruch trepanirt wurde. Man fand direkt unter der Dura eine große Cyste, 
die nichts Anderes als der stark erweiterte Seitenventrikel war. Tamponade. Nach 
Entfernung des Tampons bestand bis zum 35. Tage eine Fistel, die große Mengen 
Cerebrospinalflüssigkeit secernirte. Bis zum 45. Tage bestand Temperatursteige- 
rung bis 40°, die bei gutem Puls und Fehlen von eigentlichen Fiebererscheinungen 
als reine Hyperthermie aufzufassen war. Zu deuten ist dieselbe als Folge direkter 
Reisung des Corpus striatum durch die Operation und die durch dieselbe herbei- 
geführten Druck- und Cirkulationsveränderungen des Gehirns. Das Corpus stri- 
atum scheint nach neuerer Untersuchung das Hauptwärmecentrum zu sein. 
Haeckel (Stettin). 


19) Baudet. Remarques sur la craniectomie explorative. 
(Revue internat. de thérapeut. et depharmacol. 1898. No. 3.) 

Verf. beobachtete im Hospital Cochin eine explorative Trepanation, die Qu énu 
wegen vermeintlicher linksseitiger Hirngeschwulst machte. Die Operation ergab 
keine Anhaltspunkte für die Vermuthung. Trotz des also negativen Ausfalls 
hörten jedoch die epileptiformen Anfälle, die Aphasie auf; die Paralyse der Beine 
besserte sich so, dass Pat. wieder gehen konnte. Der Kranke, der eigentlich zur 
Zeit der Operation im komatösen Zustande war, blieb längere Zeit nach der Ope- 
ration völlig gesund. B. stellt noch 4 andere Fälle aus der Litteratur susammen, 
bei denen ebenfalls nach einer rein explorativen Trepanation mit Spaltung der 
Dura auffallende, sogar hochgradige Besserung für längere Zeit eintrat, obwohl 
3 der Pat. im komatösen Zustand operirt waren. Borchard (Posen). 


20) J. Kosinski. Geschwulst in der Nähe der linken Rolando’schen 
Furche, Jackson’sche Epilepsie, rechtsseitige Lähmung des Ge- 
sichts, der oberen und unteren Extremität, Trepanation. Exstirpa- 
tion der Geschwulst. Heilung. 
(Medycyna 1898. No. 1—5.) 


Die Krankheitsgeschichte des äußerst genau beobachteten und sehr präcis 
beschriebenen Falles ist kurz in der Aufschrift enthalten. Es handelte sich um 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 773 


einen 26jährigen bis nun stets gesunden Mann, bei welchem oerebrale Symptome 
plötzlich, ohne Prodrome vor 18 Monaten aufgetreten waren. Das dominirende 
Symptom bildeten anfallsweise Krämpfe, und zwar zum Theil in der Form von 
Jackson’scher Epilepsie, sum Theil als circumscript lokalisirte Krämpfe ver- 
schiedener Muskelgruppen, mit geringen Ausnahmen bei vollständig erhaltenem 
Bewusstsein. Im weiteren Verlauf der Krankheit stellten sich Kopfschmerzen, 
Lähmung der Gesichtsmuskeln und zum Theil jener der rechten Extremitäten, 
namentlich der oberen, Behinderung der Sprache und des Schlingens, so wie rechts- 
seitige Neuritis optica bei stets normaler Temperatur ein. 

Verf. gelangte auf Grund sehr genauer differentialdiagnostischer Überlegungen 
zu der Diagnose einer Geschwulst in der allernächsten Umgebung der linken Ro- 
lando’schen Furche, und zwar mit allergrößter Wahrscheinlichkeit eines Glioms oder 
Sarkoms, und führte die Operation in folgender Weise aus. Großer Lappenschnitt 
über dem linken Ohr mit unterer Basis und Trepanation eines kreisförmigen, 
2 om im Durchmesser betragenden Knochenstücks. Die Dura an der Stelle fast 
normal, stark gespannt. Pulsation des Gehirns etwas abgeschwächt. Da die 
Tastung vermehrten Widerstand des Gehirns im oberen vorderen Quadrant der 
Trepanationsöffnung ergab, wurde in der Richtung eine 2. Trepankrone angelegt, 
und beide Öffnungen mittels Kneipsange verbunden. Nach Spaltung der harten 
und weichen Hirnhaut präsentirte sich dem Auge eine höckerige, lappenförmige, 
harte Geschwulst, welche mit dem übrigen Gehirn in ziemlich loser Verbindung 
stand, so dass sie mittels stumpfer Elevatorien in 2 Partien herausgehebelt werden 
konnte. Die ganse Geschwulst wog 20,4 g. Vorfallende Gehirntheilchen wurden 
abgetragen, die Lappen der harten Hirnhaut vernäht und die Knochenscheiben 
wieder eingelegt. Aus dem postoperativen Verlauf möge hier bloß hervorgehoben 
werden, dass die Knochenscheiben nicht einheilten und entfernt werden mussten. 
Die cerebralen Symptome besserten sich vom Tage der Operation an zusehends 
und schwanden sum Theil vollständig. Die mikroskopische Diagnose der ex- 
stirpirten Geschwulst lautete auf plexiformes Angiosarkom. 

Trzebicky (Krakau). 


21) Müller. Über otitische Schläfenlappenabscesse. (Aus der Ohren- 
klinik des Charit6krankenhauses in Berlin. Dirig. Arzt Geh. Med.- 
Rath Prof. Dr. Trautmann.) 

(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 53.) 


Es handelte sich um 3 sehr ausführlich mitgetheilte Fälle, von denen der 
erste tödlich endigte, der andere seinen Ausgang in Heilung nahm, der dritte, viel 
zu spät diagnostieirt, nicht sur Operation kam. Sämmtliche Fälle betrafen Frauen 
in jüngeren Jahren. In allen hatte die Mittelohreiterung ihren Weg nach dem 
Gehirn durch das defekte Tegmen tympani genommen. 

Der Abscess war stets solitär und befand sich jedes Mal in unmittelbarer 
Nähe des erkrankten Ohres, wesshalb auch eine weit ausgedehnte temporäre Re- 
sektion des Schädeldaches unnöthig war. Der Abscess ließ sich vielmehr nach 
Freilegung der Dura von der oberen Wand der vorher angelegten Radikalopera- 
tionshöhle eröffnen. 

Die Diagnose war mit großen Schwierigkeiten verbunden. 

M. stellt die Forderung auf, dass der Eröffnung eines otitischen Hirnabscesses 
principiell die operative Behandlung der zu Grunde liegenden Ohreneiterung voran- 
zugehen habe. Wird der Hirnabscess einmal zuerst in Angriff genommen, so 
darf die nachträgliche operative Inangriffnahme auch dann keinesfalls unterbleiben. 
Das einzuschlagende Verfahren bei Schläfenlappenabscessen soll stets die Radikal- 
operation sein. Für besonders schwierig hält M. die genaue Diagnose eines Hirn- 
abscesses bei anämischen Kranken. 

In dem einen der M.’schen Fälle war auffallend die lange Dauer des Sta- 
diums der absoluten Lateng und dann das Zusammenfallen des Stadiums evidenter 
Erscheinungen mit dem Terminalstadium. R. Wagner (Mülheim a. d. R.) 


774 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


22) A. Bonsin. Ost&o-periostite mastoidienne consécutive à une otite 
moyenne aiguë avec lésions des corticales interne et externe et vaste 


collection purulente de la region cervicale. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 16.) 

Der Titel enthält schon die Besonderheiten des Falles. Verf. betont, dass 
solche Fälle nicht selten seien, wo die Eiterung des Warsenfortsatzes hauptsäch- 
lich in der Corticalis Platz greift. Man findet dann zuweilen im Centrum des- 
selben gar keine oder nur geringe Zerstörungen, wohl aber Nekrosen und sub- 
periostale Eiterherde an der äußeren Corticalis, Extraduralabscesse, Sinuserkran- 
kungen, Abscesse im Großhirn und Kleinhirn. Es ist desshalb nothwendig, auch 
die innere Corticalis genau nach nekrotischen Stellen absusuchen, wenn die Ver- 
hältnisse der äußeren Corticalis und der Warzenzellen keine genügende Erklärung 
für die vorhandenen Symptome geben. Teichmann (Berlin). 


23) R. Müller. Bericht über die Ohrenklinik des Geh. Med.-Rath 
Prof. Dr. Trautmann für das Jahr vom 1. April 1896 bis 31. März 1897. 
(Charite-Annalen 1897. p. 369—416.) 

Bei den akuten Mittelohreiterungen wurde stets der Trokarbehandlung vor 
den Ausspritzungen der Vorzug gegeben, während umgekehrt bei der chronischen 
Mittelohreiterung nur mit Ausspritsungen Erfolge zu erzielen sind; und zwar 
wurde dazu Jodtrichlorid in Lösung 10:100 fast ausschließlich angewendet. Nur 
wo eine große Trommelfelldurchlöcherung bei gleichzeitiger leichter Durchgängig- 
keit der Tuba Eustachii besteht, erregt diese Lösung Kratsen und Brennen im 
Rachen, oft mit Brechreiz, und wird dann durch Kalkwasser mit Wasser zu gleichen 
Theilen ersetst. Einblasungen von medikamentösen Pulvern wurden versuchsweise 
gemacht: Xeroform reizte die Weichtheile, Natrium tetraboricum (Kafemann) 
bewährte sich nicht, Schering’s Parajodoform in der neuesten Herstellungsweise 
wirkte wenigstens desodorirend, eben so auch Itrol (Argentum eitricum), über 
welches ein abschließendes Urtheil jedoch noch nicht abgegeben werden kann. 

Antrumaufmeißelungen wurden 33 (7 doppelseitig) vorgenommen und 
eiuschließlich der vom Vorjahr noch im Bestand verbliebenen 42 behandelt, von 
denen 32 = 76,2% geheilt wurden. 3 Kranke mit 4 Operationen starben, eben so 
starb später noch ein Kind, welches auf die Kinderstation verlegt wurde; ein 
Kranker musste noch radikal operirt werden, 1 Kranker blieb aus der Behandlung 
fort und ist wahrscheinlich geheilt, die übrigen 3 blieben noch in Behandlung. 

Eben so günstig sind die Erfolge der Radikaloperation, welche unter 
50 Fällen 35 Heilungen, d. h. 70% ersielte; von den 15 ungeheilten starben 2, 
Diese Operation ist im Allgemeinen auf die chronischen, die Antrumaufmeißelung 
auf die akuten Fälle beschränkt, und zwar hat letstere überall einzutreten, wo 
10—14 Tage lang die Behandlung keine Erfolge ersielt. Unbedingt angeseigt ist 
sie bei andauerndem Fieber und bei Eiterretention, welche sich durch Hautödem 
und Druckempfindlichkeit ankündigt. Endlich ist die Aufmeißelung auch an- 
gezeigt bei Neuralgien des Warzenfortsatses ohne anatomische Grundlage. Da- 
gegen ist die Radikaloperation indieirt: 1) bei chronischen Mittelohreiterungen auch 
ohne Komplikation, wenn eine mindestens 2monatliche sachgemäße Behandlung 
keinen wesentlichen Erfolg erzielt hat; 2) bei Caries des Schläfenbeins; 3) bei 
Cholesteatom des Mittelohrs; 4) bei lebensgefährlichen Komplikationen, epiduralem 
Abscess, Sinusthrombose, Hirnabscess; 5) bei anderweitig nicht entfernbarem 
Fremdkörper; 6) bei sklerotischen Vorgängen im Mittelohr mit hochgradiger 
Schwerhörigkeit und lästigen subjektiven Geräuschen als Versuch. 

Beide Operationen susammen wurden ausgeführt in 59,7% aller Mittelohr- 
eiterungen, ein sehr hoher Prooentsats. Der Grund für denselben wird in der 
ungenügenden Beachtung gesucht, welche die Mittelohreiterung bei Laien und 
Ärsten immer noch findet, so dass nur vorgesohrittene und ernstere Fälle klinische 
Behandlung aufsuchen. Im Durchsohnitt beanspruchte die Antrumoperation 4 Mo- 
nate und 6 Tage, die Radikaloperation 6 Monate 171/3 Tage. Letstere ist ent- 
schieden als eine verstümmelnde Operation anzusehen, da sie einen dauernden 


Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 775 


Defekt setst. Nur wenn die ganze Wundhöhle fest epidermisirt ist, kann von 
wirklicher Heilung gesprochen werden. 

Was das funktionelle Ergebnis der Radikaloperation betrifft, so war in 48,7% 
eine Besserung, in 26% ein Gleichbleiben und in 25,3% eine Verschlechterung 
des Hörvermögens für Flüstersprache erreicht worden. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


24) @. Brühl. Ein Todesfall nach Fremdkörperextraktion aus dem 
Ohre. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 2.) 

Bei einem 4!/sjährigen Knaben, der sich einen Stein ins linke Ohr gesteckt 
hatte, waren von einem Barbier erfolglose Versuche zur Entfernung des Fremd- 
körpers gemacht worden. Erst nach Ablösung der Ohrmuschel und theilweiser 
Abmeißelung der hinteren und oberen Gehörgangswand gelang es, den etwa 8 mm 
langen, mit seinen zugespitzten Enden im Reoessus epi- und hypotympanicus fest- 
gekeilten Stein zu entfernen. Die Operation war dringlich geworden, weil sich 
eine stinkende Eiterung mit Temperaturerhöhung eingestellt hatte. Diese hielt 
aber auch nach der Entfernung des Fremdkörpers an, und Erscheinungen der 
Pyämie nöthigten sur Aufmeißelung des Warzenfortsatzes und Freilegung des 
Sinus transversus. Letzterer erwies sich, so weit er freigelegt wurde, normal; 
unter Fortdauer der pyämischen Erscheinungen verschlechterte sich aber der Zu- 
stand des Kindes und führte am 4. Tage nach der 2. Operation zum tödlichen 
Ausgang. Bei der Sektion fand sich vor Allem eine zerfallene eitrige Thrombose 
des Sinus (es cm unter dem unteren Rande der Trepanationsöffnung. Verf. glaubt, 
dass die durch ungeschickte Extraktionsversuche herbeigeführte ungünstige Lage 
des Steines in der Paukenhöhle eine Eiterretention in dem wahrscheinlich schon 
vorher erkrankten Mittelohr und seinen Nebenhöhlen erzeugt habe, und findet 
durch den Ausgang seines Falles die Vorschrift bestätigt, dass man bei dem Ver- 
dacht einer Sinusthrombose den ganzen Sinus bis zum Bulbus ven. jugul. ver- 
folgen soll, wenn man den Thrombus nicht früher findet. 

Teichmann (Berlin). 
25) A. 8. Tauber. Über Stirnhöhlenosteome. 
(Chirurgie 1898. p. 41. [Russisch.]) 

Die Veranlassung su dieser Abhandlung war ein von T. operirter Fall. Der 
32jährige Pat. hatte im 16. Lebensjahre eine Verletzung über dem linken Auge 
erlitten, nach welcher eine kleine schmerzlose Geschwulst bemerkbar wurde. Im 
21. Jahre fing Pat. an zu schielen und es wurde bemerkt, dass er linkerseits ein 
Glotzauge hatte. Nachdem vorher schon (unter der Diagnose Sarkom der Augen- 
höhle) vergeblich versucht worden war, durch Auskratzen die Geschwulst zu be- 
seitigen, entfernte T. 2 Osteome, um dann in einer späteren Sitzung das 3,, letzte, 
nachträglich herauszunehmen, da es so breit aufsaß, dass man zunächst fürchten 
musste, die Schädelwand zu durchbrechen. Heilung ohne Zwischenfall mit bedeu- 
tend verbesserter Beweglichkeit des Auges. Als bemerkenswerth hebt T. hervor, 
dass er in seinem Falle mehrere polypöse Schleimhautwucherungen, 2 todte und 
ein im Wachsthum befindliches Osteom der Stirnhöhle gefunden hat. 

Aus der umfangreichen litterarischen Übersicht T.’s heben wir noch hervor, 
dass er aus der deutschen, französischen, russischen und englischen Litteratur im 
Ganzen 20 Fälle der operativen Entfernung von Stirnhöhlenosteomen mit 9 Todes- 
fällen gefunden hat. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


26) J. J. Kumberg. Zur Kasuistik der Orbitalangiome. 
(Wojenno-med. Journ. 1898. [Russisch.)) 

K. entfernte mit dem Messer ein taubeneigroßes Rhabdomyoangiom von ka- 
vernösem Bau, das in der oberen medialen Ecke der linken Orbita saß, und dessen 
Stiel sich in einem Defekt des Orbitaltheiles des Stirnbeins verlor. Die Auslösung 
gelang ziemlich leicht, der Stiel wurde unterbunden. Heilung. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


776 Centralblatt für Chirurgie. No. 29. 


27) Roux (Brignolles). Cas d’anevrysme cirsoide de la region tem- 
porale, traité par l’extirpation unie à la ligature de la carotide ex- 
terne. Rapport par M. Nelaton. 

(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 36.) 

22jähriger Mann, leidet seit seinem 6. Lebensjahre, angeblich in Folge eines 
Falles auf den Kopf, an einer cirsoiden Geschwulst der rechten Schläfengegend 
von ziemlicher Größe. Außer ihr bemerkte man noch eine aneurysmatische Er- 
weiterung des Stammes der rechten Temporalis superficialis von Nussgröße und 
serpentine Gefäßerweiterungen auf der rechten Stirn und der Regio suborbitalis; 
über der linken Augenbraue und in der linken Schläfengegend fand man kleine 
arterielle Verzweigungen; die Auskultation des rechten Auges ließ ein kontinuir- 
liches Geräusch hören. R. exstirpirte die cirsoide Geschwulst der rechten Schläfe 
nach vorgängiger Unterbindung der rechten Carotis externa. Heilung rechts; doch 
binnen sehr kurzer Zeit kam es zu einer enormen Erweiterung der Versweigungen 
der linken Schläfenarterien, und hörte man auf dem linken Auge ein gleiches 
Geräusch wie rechts. Die linke Seite war jetzt in gleicher Weise erkrankt, wie 
früher die rechte. 

R. sieht in seiner Beobachtung einen Beweis für die Unrichtigkeit der Terrier- 
schen Theorie, dass es sich bei cirsoiden Geschwülsten um ein Aneurysma arterio- 
venosum handle. Denn nirgends konnte er bei der anatomischen Untersuchung 
des Präparate eine Kommunikation zwischen Arterie und Vene finden. Er glaubt 
die Ursache des Leidens in einer entzündlichen Erkrankung des Kapillarnetzes 
suchen zu müssen. — N&laton glaubt sich auf Grund dieses einen Falles zu 
keinen weitgehenden Schlussfolgerungen über die Pathogenese berechtigt. 

Reichel (Chemnitz). 


28) G. C. Aue. Die Anwendung der Methode Calot bei Erwachsenen. 
{Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.) 

Der Fall betrifft eine 47jährige Pat. mit Gibbüs der Brustwirbel und Para- 
plegia inferior. Extensionsbehandlung, Besserung; Calot, Gipskorsett; das Re- 
dressement gelang leicht. Da Pat. das Korsett schlecht verträgt, wird Skliffe- 
sowsky’s Kravatte und ein leichter abnehmbares Korsett aus Quarkmasse an- 
gelegt (das mit Kravatte nur 3 Pfund wog). Gutes Resultat. — Verf. berichtet 
noch über einen anderen Pat., auch mit Gibbus der Brustwirbel, wo ein 3 Jahre 
lang getragenes Lederkorsett mit Kravatte ebenfalls der Wirbelsäule genügende 
Ruhe sicherte und darauf abgelegt werden konnte. So ist also Calot’s schweres 
Korsett gar nicht unbedingt nothwendig. @tlickel (B. Karabulak, Saratow). 


29) Clutton. Contribution to the surgery of the sacral region. 
(Annals of surgery 1898. März.) 

Die Mittheilung enthält den Bericht über 2 glücklich verlaufene Operationen 
der Spina bifida bei erwachsenen weiblichen Individuen. Bei beiden handelte es 
sich um typische Meningocelen, welche nur durch einen feinen Stiel mit dem 
Inneren des Rückenmarkkanals in Zusammenhang standen. Die einzigen Beschwer- 
den hatten in heftigen Kopfschmerzen bestanden, welche beim Liegen auf dem 
Rücken und bei Druck auf die Geschwulst auftraten. Heilung in beiden Fällen, 
nachdem bei dem zweiten am 11. Tage die Wunde geplatzt war und längere Zeit 
Cerebrospinalflüssigkeit in reichlicher Menge hatte austreten lassen. 

Außerdem berichtet Verf. kurs über die Operation einer angeborenen, zwischen 
Mastdarm und Steißbein entwickelten Sacralgeschwulst bei einem 3jährigen Kinde. 
Leider ist der mikroskopische Befund an der exstirpirten Geschwulst nicht sehr 
genau mitgetheilt; es wurden in der Wand derselben Haare gefunden; andere 
specifische Elemente sind anscheinend vermisst worden. Tietze (Breslau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 30. Sonnabend, den 30. Juli. 1898. 


Inhalt: H. Wagner, Eine neue Methode zur operativen Behandlung von ausgedehnten 
Harnröhrendefekten durch suprasymphysäre Implantation der Harnröhre und des Penis 
in die Blase. (Original-Mittheilung.) er 

1) Maflucci und Sirleo, 2) Coley, Zur Ätiologie der Geschwülste. — 3) Unna, Be- 
handinng des weichen Geschwürs. — 4) Rieder, 5) Kuttner, 6) Sprecher, 7) Unna, 
8) Grouven, Syphilis und ihre Behandlung. — 9) Jonnesco, Splenektomie. — 10) Quénu, 
11) Steinthal, 12) Baudouin, Zur Chirurgie der Leber und Gallenwege. — 13) Alexinski, 
Echinokokken der Bauchhöhle. 

S. B. Ranneft, Multiples, spontanes Keloid der Zehen. (Original-Mittheilung.) 

14) Socin, Heusler, Suter und Hägler, Klinischer Bericht. — 15) Maffei, Jahres- 
bericht. — 16) Sklifossowsky, Dissemination der Neubildungen. — 17) Eichhoff, Heil- 
anstalten für Hantkrankheiten und Syphilis. — 18) Picard, Gonorrhoische Prostatitis. — 
19) Mühsam, Gonorrhoische Gelenkentzündungen. — 20) Strauss, 21) Krzystalowicz, 
22) Neuhaus, Tripperbehandlung. — 23) Balley, Speiseröhrenschanker. — 24) Bevan, 
25) Sterling, 26) Pellizzari, 27) Legraln, 28) Martel, Syphilis. — 29) Levin, Stomatitis 
mercurialis. — 30) Franke, Wandermilz. — 31) Mihallovski, 32) Ballance, Splenektomie. 
— 33) Ciechomski, 34) Bobrow, 35) Wolynzew, 36) Delagöniäre, 37) Broca, 38) Ward, 
39) Wegele, 40) Lejars, Zur Chirurgie der Leber und Gallengänge. 

Notiz. 


(Aus der Breslauer chirurgischen Klinik.) 


Eine neue Methode zur operativen Behandlung von aus- 
gedehnten Harnröhrendefekten durch suprasymphysäre 
Implantation der Harnröhre und des Penis in die Blase, 


Von 
Dr. Hans Wagner. 


Die bisher angegebenen Methoden zur operativen Behandlung 
der Harnröhrendefekte sind vorwiegend für die nicht sehr aus- 
gedehnten und dem Messer bequem zugänglichen Strikturen, wie sie 
zumeist in der Pars membranacea urethrae vorkommen, berechnet 
und hierfür auch vollständig ausreichend. 

Herr Geheimrath Mikulicz übt schon seit 10 Jahren in diesen 
Fällen von Harnröhrenstriktur, die einer Bougiebehandlung nicht 

30 


778 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


mehr zugänglich sind, die vollständige Resektion der kallös degene- 
rirten Harnröhrenpartie mit primärer Naht der beiden Harnröhren- 
stümpfe. Es lassen sich so Defekte von 2—4 cm Länge ohne 
Schwierigkeit ausgleichen und in wenigen Wochen eine normal 
funktionirende Harnröhre wieder herstellen. 

Schwieriger gestalten sich schon die Verhältnisse, wenn die 
Strikturen länger sind oder wenn sie nicht der Pars membranacea 
allein angehören, sondern sich auf die Pars prostatica oder auch 
noch auf die Pars bulbosa erstrecken. Es handelt sich in diesen 
Fällen seltener um gonorrhoische Strikturen, sondern meist um 
traumatische Zerstörungen oder Defekte, die nach Exstirpation von 
Neubildungen zurückgeblieben sind. Die Pat. sind dann genöthigt, 
ihr ganzes Leben durch eine Perinealfistel den Harn zu entleeren. 
In einem derartigen traumatischen Falle schlug Herr Geheimrath 
Mikulicz einen neuen Operationsweg ein, durch den ein außer- 
ordentlich gutes funktionelles Resultat erreicht wurde. 

Ich folge dem Auftrage des Herrn Geheimrath Mikulicz, indem 
ich über die Operationsmethode in dem betreffenden Falle berichte: 


Paul O. aus Rybnik, Aufnahme am 20. März 1896. Bis zu seiner Verletzung 
will der 16 Jahre alte Pat. stets gesund gewesen sein. Am 3. Oktober 1895 war 
er als Treiber bei einer Jagd beschäftigt und erhielt, während er in etwas ge- 
bückter Stellung durch einen Busch ging, von einem Jäger, der mit seiner Leistung 
unzufrieden war, einen Stoß von hinten, so dass er in eine Lage fiel, die etwa 
der Knie-Ellbogenlage entspricht. Darauf erhielt er in dieser Stellung einen zweiten 
Stoß mit dem Gewehrlauf, dem sofort ein Schuss folgte. Der Schuss ging von 
hinten etwas oberhalb des Afters in die Weichtheile, zerriss den ganzen After und 
Damm, so wie den Ansatz des Serotums bis an die Schambeine. Starker Blut- 
verlust; Pat wurde sofort in das Krankenhaus zu R. gebracht. 

An die Verletzung schloss sich eine schwere septische Phlegmone; während 
des Wundverlaufs wurden 52 Schrotkörner und 2 Papierpfropfen zu Tage gefördert, 
außerdem stießen sich 3 Knochenstückchen von 2—3 cm Länge und Bleistiftdicke 
ab. In den ersten 2 Tagen nach der Verletzung ging durch die Harnröhre neben 
Blut noch Urin ab. Am 3. Tage erfolgte der erste Stuhlgang. Derselbe entleerte 
sich zum Theil durch den zerrissenen After, zum Theil durch die Wunde oberhalb. 
Von diesem Tage an entleerte sich auch Urin durch die Wunde und per rectum. 
Dieser Zustand blieb bis heute bestehen, zudem bildete sich trotz täglichen Bou- 
gierens eine Rectumstriktur aus, so dass Pat. unter huchgradigen Beschwerden nur 
dünnen Stuhl entleeren konnte. 

Status praesens: Gut gebauter, in elendem Ernährungszustand befindlicher 
Knabe. An den inneren Organen nichts Krankhaftes nachzuweisen. 

Die ganze Gegend des Dammes ist von zahlreichen, unregelmäßigen, mehr- 
fachen Narbenzügen durchsetzt, die sich zum Theil auch noch auf den Ansatz des 
Serotums und bis an die Schambeine erstrecken. Links neben dem Scrotum, dicht 
an der Schenkelbeuge, sieht man eine von reichlichem Narbengewebe umgebene 
zerrissene, zerklüftete Fistelöffnung, welche scheinbar nach vorn und innen in die 
Blase, nach hinten und innen in das Rectum führt. Aus dieser Fistel entleeren 
sich Urin und Stuhl. Die Analöffnung ist narbig verengt bis zu einem Durch- 
messer von etwa Bleistiftdicke. Die Fäces entleeren sich mit Urin vermischt zum 
Theil aus der strikturirten Analöffnung, zum Theil aus der oben erwähnten Fistel. 

Durch die Harnröhre werden nur einige Tropfen Urin entleert; beim Ver- 
such der Sondirung der Urethra gelingt es auf keine Weise, mit einem Katheter 
oder Bougie vorwärts zu kommen; man stößt noch vor dem Ende der Pars bul- 
bosa auf ein unüberwindliches Hindernis. Von dieser Stelle aus bis zum Blasen- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 779 


hals ist die Urethra anscheinend ganz zerstört. Die Hoden scheinen annähernd 
normal zu sein, wenngleich der rechte kleiner ist als der linke. Erektionen des 
Penis hat Pat. während seines Krankenlagers noch gehabt; Samenfluss ist bei ihm 
angeblich überhaupt nie eingetreten. 

So weit der Status am 20. Märg 1896. 

Um nun zunächst dem Urin einen besseren Abfluss zu gewähren, wurde am 
4. April die Fistel und das umliegende Narbengewebe bis nahe an den Blasenhals 
gespalten, wodurch es gelang, einen mittelstarken Nelatonkatheter in die Blase 
einzuführen; es wurde aber dadurch nicht eine Sonderung zwischen Urin und Stuhl 
erreicht, der Urin entleerte sich sum größten Theil neben dem Katheter. Offen- 
bar bestand noch höher oben eine Harnröhren- resp. Blasen-Mastdarmfistel. Es 
wurde desshalb am 10. Mai 1896 von Herrn Geheimrath Mikulicz ein zweiter 
Eingriff vorgenommen: 

Zunächst wird der Anus umschnitten, darauf präparando das Rectum und 
die strikturirenden Narbenmassen losgelöst und eine typische Amputation des ca. 
6 cm langen Stücks des narbig verengten Rectums vorgenommen. Der mobil ge- 
machte obere, normale Theil des Mastdarms wird wie bei einer typischen Mastdarm- 
resektion heruntergezogen und außen an die Haut angenäht. Sodann erfolgt die 
Exzstirpation der gesammten Narbenmasse im Bereich des zerstörten Urethral- 
abschnitts bis zum Blasenhals. Es zeigt sich in der That, dass die ganze Urethra 
von dem Bulbus an bis auf einen kleinen Rest am Blasenhals zerstört ist. Von 
der Prostata ist scheinbar auch nicht mehr viel übrig geblieben. Es wird nun 
ein Katheter in die Blase eingeführt. Derselbe wird außen mit einer Silbernaht 
befestigt, ein zweiter Katheter wird durch die Pars pendula und die Wunde nach 
außen geführt. 

Der Wundverlauf war ein völlig normaler, das Rectum heilte glatt ein. 7 Tage 
nach der Operation erfolgte der erste Stuhl. In den ersten Tagen floss noch Urin 
neben dem Katheter vorbei, mit der Zunahme der Granulationen lief er nur 
durch denselben ab. Am 23. Mai, also 13 Tage nach der Operation, wurde ein 
Katheter nach Einführung in die Pars pendula durch die Fistel in die Blase ge- 
schoben. Der weitere Verlauf bietet nichts besonders Bemerkenswerthes. Der 
Urin entleerte sich durch den Katheter, zum Theil floss er auch neben demselben 
vorbei. Die Heilung wurde mehrfach dadurch komplieirt, dass Abscesse auftraten, 
bei deren Entleerung stets Schrotkörner zu Tage befördert wurden. So entstand 
u. A. ein Abscess in der rechten Epididymis; auch hier entleerten sich 2 Schrot- 
körner. Die bisher bestehende leichte Cystitis ging unter Behandlung mit Bor- 
ausspülung und Jodoformemulsion, in Kombination mit innerer Darreichung von 
Salol, zurück. Von Seiten des Rectums traten keinerlei Komplikationen auf. Die 
Defäkation ging ganz normal von statten. 

So ging es bis zum Juni 1897. Man musste sich nun entschließen, in irgend 
einer Weise die Urinentleerung auf normalem Wege zu sichern. Der Pat. konnte 
auch nicht wenige Minuten ohne Katheter sein, wenn dessen Wiedereinführung 
nicht die größten Schwierigkeiten machen sollte; die die Urethra in weiter Aus- 
dehnung substituirende Narbenmasse verengerte sich in kürzester Zeit wieder. Ein 
Theil des Urins floss dabei noch immer durch die Fistel ab. Die bisher geübten 
Methoden, den Urethraldefekt zu ersetzen, konnten gar nicht in Betracht kommen. 
An eine Vereinigung der Urethralenden war wegen der Ausdehnung des Defekts 
(8—9 cm) und der narbig veränderten Umgebung nicht zu denken; Material, um 
aus der äußeren Haut einen Ersatz zu erhalten, war nicht vorhanden, da Alles 
ringsum narbig verändert war. Eine Transplantation von Schleimhaut, etwa der 
Mundhöhle, in die Urethralwunde, erschien auch als erfolglos. So entschloss sich 
Herr Geheimrath Mikulicz, auf einem anderen Wege vorzugehen. 

Operation am 3. Juni 1897. In ruhiger Chloroformnarkose wird in der Mittel- 
linie der Regio pubica, 4—5 cm oberhalb der Symphyse beginnend, ein Schnitt 
geführt, der ca. 3 cm auf das Dorsum penis reicht. Der Schnitt wird bis auf den 
Knochen geführt, wird dann so weit vertieft, dass der Schambogen freiliegt. Nun 
werden nach Durchtrennung des T,igamentum suspensorium die Wurzeln der 


30* 


780 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


Corpora cavernosa des Penis durchschnitten, während das Corp. cavern. urethrae 
unverletzt herausgehebelt wird. Die Art. und Ven. dorsal. müssen unterbunden wer- 
den. Oberhalb der Symphyse wird nun die Blase freigelegt, wobei das Peritoneum 
eröffnet wird; dasselbe wird mittels Jodoformgazebeutel tamponirt. In den oberen 
Rand der Symphyse wird nun mit breitem Hohlmeißel eine ca. 1 cm tiefe Mulde 
gemeißelt, so dass das Corp. cavern. urethrae bequem darin Platz hat. Nachdem 
dies geschehen, wird der Blasenscheitel hervorgezogen, geöffnet, und nun die 
Urethra im Bereich der Pars bulbosa in die Blase mit Silbernähten eingenäht. 
Durch die Harnröhre wird ein mittelstarker Katheter in die Blase eingeführt. Die 
Wunde wird tamponirt. 

Der Penis sitzt nun oberhalb der Symphyse, die Harnröhre steht oberhalb 
der Symphyse mit dem Blasenscheitel in Verbindung. 

Conf. die Photographie. 

4. Juni. Pat. hat den Eingriff gut überstanden, Penis etwas geschwollen, 
jedoch nicht verfärbt. Der Urin entleert sich durch den Katheter, zum Theil auch 
durch die Fistel am Damm. Im weiteren Verlauf heilte die Wunde an der Sym- 


physe innerhalb von 6 Wochen zu. Die Urinentleerung ging per Katheter, nur 
wenig floss durch die Fistel ab. Vom Oktober 1897 an wurde nun systematisch 
angefangen, immer dickere Katheter einzuführen, bis die stärksten Nummern an- 
standslos hindurchgingen. Der Pat. lernte sehr bald das Katheterisiren selbst 
und spülte sich 2mal am Tage die Blase mit Borlösung aus. Der Urin wurde 
völlig normal. Seit einem halben Jahre wurde der Katheter zeitweise heraus- 
genommen; sehr bald konnte man den Katheter ganz entfernen und sich darauf 
beschränken, ihn nur 1—2mal täglich in die Blase einzuführen, um einer Ver- 
engerung der Vereinigungsstelle zwischen Blase und Harnröhre vorzubeugen. Jetst 
ist Pat. bei seiner Entlassung (27. Juni 1898) so weit, dass die Einführung des 
dicksten N&laton ohne jede Schwierigkeit von statten geht, wenn auch der Katheter 
einen ganzen Tag nicht eingeführt worden war. Er kann ca. 2 Stunden lang 
den Urin halten, dann entleert er denselben durch den Penis im Strahl; wartet 
er länger als 2 Stunden, so kommt der Urin tropfenweise zu der Fistel am Damm 
heraus, die noch immer nicht ganz geschlossen ist. Wahrscheinlich liegt in der 
Nähe des Blasenhalses noch ein kleiner Sequester (von der ursprünglichen Ver- 
letsung her) der den Verschluss der Blasenfistel verhindert. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 781 


Das Resultat dieser neuen Operationsmethode ist gewiss ein außer- 
ordentlich befriedigendes und dürfte zur Nachahmung in ähnlichen 
Fällen auffordern. In Betracht käme die Operation vor Allem bei 
ausgedehnten traumatischen Zerstörungen und bei Neubildungen der 
Pars prostatica und membranacea der Harnröhre. Ob sie auch in 
anderen Fällen von Undurchgängigkeit der genannten Abschnitte 
der Harnröhre Anwendung finden kann, werden erst weitere Erfah- 
rungen lehren müssen. 


1) A. Maffucci und L. Sirleo (Pisa). Über die infektiöse, 
blastomykotische Ursache der bösartigen Geschwülste. 
(Policlinico 1897. November—December.) 

Die Verf. untersuchten 39 Fälle von bösartigen Geschwülsten 
bakteriologisch, indem sie aus kleinen Stücken eine Emulsion her- 
stellten und von diesen Plattenkulturen auf verschiedenen Nähr- 
böden anlegten. Das Resultat war, dass sich in 7 Fällen Blastomyces- 
formen fanden, in 8 Fällen Kokken (meist Streptokokken) und in 
4 Fällen Bacillen. In den gleichzeitig aufgestellten Kontrollplatten, 
die der atmosphärischen Luft ausgesetzt waren, wuchsen ebenfalls 
Blastomyceten. Die mit den Blastomyceskulturen bei 226 Thieren 
unternommenen Impfungen ergaben mit Ausnahme von 2 Fällen 
ein negatives Resultat (hinsichtlich der pathogenen Wirkung). Die 
Thiere wiesen nur Marasmus auf, aber keine Organveränderungen; 
auch in jenen 2 Fällen konnte nur Eiterung und Exsudate erzeugt 
werden, aber nichts einem Carcinom Ähnliches. 

Verff. theilen weiterhin einen Fall von spontaner Blastomyces- 
infektion bei einem Meerschweinchen mit; es fand sich hier eine 
beträchtliche Vergrößerung des Wurmfortsatzes mit Lymphdrüsen- 
schwellung, beides bedingt durch reichliche Pilzwucherune. Impfungen 
mit diesem Pilz ergaben zellige Neubildungen in Lunge, Leber, 
Niere, Hoden, jedoch kein Carcinom. Auch über die morphologischen 
Verhältnisse dieser Hefeart haben Verff. genaue Untersuchungen an- 
gestellt; insbesondere wird das stete Vorhandensein eines Kerns 
festgestellt und dessen Rolle bei der Sprossung erörtert (wie auch 
durch Abbildungen erläutert). Die histologischen Untersuchungen 
der Geschwülste ergaben folgende Resultate: In 8 Fällen wurden 
Gebilde angetroffen, die als Blastomyceten angesehen wurden; diese 
Fälle waren aber nur zum Theil identisch mit jenen, bei denen das 
Kulturverfahren diese Pilze nachwies. Diese Blastomyceten wurden 
besonders in den ulcerirten Geschwülsten nachgewiesen. 

Verff. halten es hiernach für erwiesen, dass es pathogene Blasto- 
mycesformen giebt, die unter Umständen Septhämie, Eiterung oder 
chronisch-entzündliche Neubildungen (naclı dem Typus der Granu- 
lationsgeschwülste) erzeugen können; ein Beweis dafür, dass sie auch 
Carcinom hervorbringen können, ist bis jetzt nicht erbracht. Bei 
bösartigen Geschwülsten ist der bakteriologische und histologische 


182 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


Nachweis von Sprosspilzen sehr inkonstant, so dass der Verdacht 
nahe liegt, dass es sich um sekundäre Infektionen handelt. 
H. Bartsch (Heidelberg). 


2) W. B. Coley. The influence of injury upon the develop- 
ment of sarcoma. 
[Annals of surgery 1898. März.) 

Unter 170 Fällen von Sarkomen, welche Verf. in den letzten 
Jahren beobachtet hat, waren 44, in deren Anamnese ein Trauma 
eine, wie Verf. glaubt, wichtige ätiologische Rolle spielte. Von 
diesen waren 18 Knochensarkome (Schienbein 3, Oberschenkel 4, 
Becken 4, Schlüsselbein, Kiefer, Mittelfuß, Mittelhand, Rippen, 
Oberarm, Warzenfortsatz, Wirbelsäule je 1) und 26 Sarkome der 
Weichtheile, die sich auf alle Körperabschnitte vertheilen; am meisten 
betheiligt war dabei die Brust. Mikroskopisch waren alle Arten von 
Sarkomen vertreten. Das Auftreten der Geschwülste wurde beobachtet 
nach dem Unfall in 8 Fällen innerhalb einer Woche, in 10 Fällen 
innerhalb des ersten, in 30 Fällen innerhalb des zweiten Monats, in 
7 Fällen bis zum ersten Halbjahr, in 4 Fällen innerhalb des zweiten 
Halbjahrs, in 10 Fällen nach einem Jahr. Die Verletzungen be- 
standen in Schlag (14), Fall (12), Quetschung (4), in Kratzeffekten "3. 
in Knochenbrüchen (2); die übrigen in Verstauchungen, Verrenkungen, 
Verbrennungen. Verf. neigt sich der Annahme zu, dass die Ge- 
schwülste auf infektiöser Basis entstanden; damit würde die Bedeutung 
des Traumas am ehesten verständlich. Ein kurzer Auszug aus seinen 
Krankengeschichten beschließt die Arbeit, zu deren Resultaten im 
einzelnen mancher Leser sich doch kritisch verhalten dürfte. 

Tietze (Breslau). 


3) P. G. Unna. Die flache Abtragung des weichen Ge- 


schwürs als Behandlungsmethode. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 6.) 

Da die Bacillen des Ulcus molle meist nur in den oberfläch- 
lichsten Schichten des Gewebes sitzen, empfiehlt U. zur Behandlung 
folgende Methode: Desinfektion »mit Seife oder Sublimatlösung «, 
Gefrierenlassen des Geschwürs mit Chloräthyl, Abtragung einer 
2!/,—3 mm dicken Scheibe mit dem Rasiermesser, Bestreichung der 
Schnittfläche mit dem Höllensteinstift zur Blutstillung, Jodoform- 
einpuderung, Zinkoxydpflastermull (nach 1—2 Tagen zu erneuern, 
oder Jodoform-Gitterpflastermull, Zinkpflastermull, odorisirte Watte 
(für die Privatpraxis); handelt es sich um unregelmäßig zerklüftete 
Geschwüre mit Granulationen oder um »serpiginöse Schanker«, so ver- 
eist man tiefer und trägt eine 3—4 mm dicke Schicht ab. Die Er- 
folge sind sehr gut: nur ringförmige oder ungünstig lokalisirte 


Geschwüre sind für diese Methode ungeeignet. 
Jadassohn Bern: 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 7183 


4) Rieder. Histologische Untersuchungen im Primärstadium 

der Syphilis. Aus der chirurgischen Universitätsklinik in 

Bonn. (Direktor: Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Schede.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 9.) 

R. konnte mit Hilfe der Weigert’schen Färbemethode für 
elastisches Gewebe nachweisen, dass in mikroskopischen Präparaten 
von Ulcus durum die meisten der hochgradig erkrankten Gefäße 
Venen und Lymphgefäße, nicht aber Arterien waren. Als patho- 
logischen Befund zeigten schon kleine und mittlere Venen ganz 
dicke und breite streifige Bindegewebslagen, wie dies sonst nur bei 
größeren Venen vorkommt. In der Mitte der Schnitte befinden sich 
in den Lichtungen hochgradigst erkrankter Venen Lagen exquisit 
koncentrisch augeordneter runder, meist aber epithelioider Kerne. Die 
endovaskuläre Neubildung hatte denselben histologischen Charakter 
wie die frei in der Cutis liegenden Infiltrate. Während die Venen 
durch 2—3 koncentrisch angeordnete Kränze resp. Ringe elastischer 
Fasern als solche erkennbar waren, fand R. mit der Weigert’schen 
Methode auch von einem einzigen zarten Ring elastischer Fasern 
eingefasste Zellanhäufungen, welche unzweifelhaft Lymphgefäße der 
Cutis darstellten. 

Im Gegensatz zu den Venen und Lymphgefäßen waren viele der 
Arterien in ihrer Wandung vollkommen unverändert. Bei den er- 
krankten ging der Process von der Adventitia und Muscularis, nicht 
von innen aus. Auch die größeren Gefäße des subkutanen Gewebes 
der Umgebung sind in ähnlicher Weise wie die des Ulcus erkrankt; 
in den Bahnen der erkrankten Venen und größeren Lymphgefäße 
verläuft der Process alsdann weiter. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung des dorsalen Lymph- 
stranges mittels der Weigert’schen Methode fand R. in erster 
Linie die Lymphgefüße, dann die Venen betroffen. Das periadven- 
titielle Gewebe zeigte häufig eine massige Bindegewebsneubildung 
in Gestalt von dicht gelagerten breiten Fasern um die verstopften 
Lymphgefäße herum. 

Bei den indolenten Bubonen zeigten sich die Venenlichtungen 
durch neugebildetes Gewebe völlig oder nahezu völlig geschlossen. 
Es bestand eine Endophlebitis fibrosa obliterans. 

Auch in dem die Drüsen umgebenden subkutanen Fettgewebe 
herrschte eine ausgedehnte Venensklerose. 

R. fasst also als das Wesentliche des Primäraffektes die Bildung 
eines chronisch entzündlichen Zellinfiltrats auf, dem sich alsbald 
eine Peri-meso-endolymphangitis und Phlebitis anschließt. Eine 
Endarteriitis dagegen tritt erst als Folge des lokal lange genug be- 
stehenden Processes auf. 

R. sieht das Wesentliche seiner interessanten Untersuchungen darin, 
dass es ihm durch dieselben möglich gewesen sei, das, was bisher mehr 
makroskopisch und klinisch erschlossen wurde, durch exakte mikro- 
skopische Feststellung zu erhärten. R. Wagner (Mülheim a. d. RI 


784 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


5) A. Kuttner. Die syphilitischen Granulome (Syphilome) 
der Nase. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.) 

Unter Mittheilung von vier eigenen Beobachtungen schildert 
Verf. das durch die syphilitischen Granulationsgeschwülste der Nase 
hervorgerufene Krankheitsbild nach seinen lokalen Symptomen und 
allgemeinen Begleiterscheinungen. Das hervortretende Symptom ist 
die Verlegung der Nasenathmung und abnorme Sekretion der Nasen- 
schleimhaut, verbunden mit Schmerzen in Kopf und Gesicht, Arm 
und Schulter, Temperatursteigerungen und lähmungsartiger Schwäche 
der oberen Extremitäten. Im Innern der Nase finden sich Ge- 
schwülste von mannigfacher Größe, der Schleimhaut breit oder 
gestielt aufsitzend, einzeln oder mehrfach, mit Vorliebe am vorderen 
unteren Theile der Scheidewand, doch auch an den Muscheln und 
am Nasenboden. Ihre Oberfläche ist nicht ganz glatt, ihre Farbe 
roth bis röthlich-grau; häufig tragen sie Erosionen, selten ulceriren 
sie. Das Gewebe der Geschwülste ist meist auffallend morsch und 
brüchig, doch besteht im Gegensatz zur gummösen Neubildung keine 
Neigung zum Zerfall. Mikroskopisch betrachtet, bestehen die Syphi- 
lome fast rein aus Rundzellen, mit eingestreuten Riesenzellen, stellen- 
weise regressiven Metamorphosen und Verdickungen der Gefäß- 
wandung. Nach alledem bleibt die Differentialdiagnose besonders 
gegenüber der Tuberkulose zuweilen schwierig; Verf. schlägt dann 
eine Probeinjektion von Tuberkulin oder eine antisyphilitische Probe- 
kur vor. Unter antiluetischer Behandlung bilden sich die Syphilome 
rasch zurück und erfordern keine lokalen Maßnahmen. 

Teichmann (Berlin). 


6) Sprecher. Experimenti di medicazione all’ itrol in 
affezioni veneree. 
(Gazz. med. di Torino 1898. No. 18.) 

S. hat in einer großen Zahl venerischer Affektionen Itrol an- 
gewandt. Beim Ulcus molle, in Verbindung mit vorheriger Ätzung 
desselben, regt es, als Pulver aufgetragen, rasch Granulationsbildung 
an. Ohne dieselbe zeigte es sich dem Jodoform weit unterlegen und 
vermochte Drüsenvereiterung nicht zu verhüten. 

Frische Gonorrhoe konnte durch Itrolspülung nicht verhütet, 
subakute chronische nur für die Dauer der Spülungen gebessert, 
nicht geheilt werden. 

Zerfallene luetische Primäraffekte heilten bei gleichzeitiger speci- 
fischer Kur unter Itrolspülungen rascher als bei Jodoformbehandlung. 
Vorhandene Schmerzhaftigkeit wurde aber eher gesteigert. 

Als unangenehme Eigenschaften erwiesen sich Reizerscheinungen 


auf der Haut, besonders in der Nähe der Orificien. 
E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 185 


7) P. G. Unna. Die beste Form der Quecksilberschmierkur. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 2.) 

Unter den verschiedenen Methoden der Schmierkur hat die mit 
Seifeneinreibungen bisher weite Verbreitung nicht gefunden. U. aber 
findet, dass seine » Quecksilber-Schmalz-Kaliseife« (> Sapo cinereus «) 
alle grauen Salben übertrifft. Sie wirkt stärker als die graue Salbe 
(4 g Seife ungefähr gleich 6 g Salbe); sie wird mit der nackten oder 
behandschuhten Hand zunächst auf den betreffenden Körpertheil 
aufgetragen und dann mit der 4—5mal in heißes Wasser ein- 
getauchten Hand verrieben; nach 10 bis höchstens 15 Minuten ist 
die Haut trocken und nur ganz leicht grau; die Wäsche wird nicht 
beschmutzt; der Pat. hat nicht das Gefühl des Fettseins; die Seife 
ist schneller wirksam als die Salbe, sie lässt sich im Gegensatz zu 
der letzteren auch bei fetter Haut gut einreiben, sie wirkt energischer 
und sicherer auf tiefliegende syphilitische Processe (Drüsen- und 
Knochenaffektionen), sie kann durch Zusatz von gewöhnlicher Salben- 
seife (Sapo unguinosus) abgeschwächt und zu anderen Präparaten 
(z. B. Pasta Zinci oder Ungu. Zinci) Behufs Behandlung verschiedener 
Hautkrankheiten (Acne, Lichen planus etc.) zugesetzt werden. 
Jadassohn (Bern). 


8) C. Grouven. Über Nebenwirkungen bei intramuskulären 
Injektionen von Hydrargyrum salicylicum. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 3.) 

Verf. berichtet ausführlich über die in der Doutrelepont’schen 
Klinik in Bonn beobachteten unangenehmen Nebenwirkungen bei 
der dort seit langer Zeit in sehr großem Umfang geübten Methode 
der Salicyl-Hg-Injektionen (in der Dosis von 0,06—0,1 in 3—Ttägigen 
Intervallen). Stomatitiden höheren Grades, Enteritiden, starke In- 
filtrate, allgemeines Mattigkeitsgefühl traten nur selten auf und wären 
jedenfalls keine Kontraindikationen gegen die Methode Ein Fall 
von Polyneuritis, der schon von Brauer (Berliner klin. Wochen- 
schrift 1897 No. 13 u. 14) publicirt worden ist, wird wohl mit Recht 
weder dem Hg im Allgemeinen noch dem Hg salicylicum im 
Speciellen zugeschrieben. Auch in einem anderen Falle von schwerer 
Komplikation der Syphilis (kolossale Hyperidrosis, unbestimmte 
Nervenerscheinungen, schwere Prostration) war das Hg nicht mit 
Bestimmtheit anzuschuldigen. Besondere Beachtung verdienen die 
Bemerkungen des Verf. über die Lungenembolien nach den In- 
jektionen. Bei 9000 Einspritzungen ist nur 2mal eine unzweifelhafte 
Lungenembolie beobachtet worden, 3mal Anklänge an die Er- 
scheinungen ohne charakteristischen Lungenbefund. Das ist ein 
auffallend günstiges Resultat. Die Injektionen wurden intramuskulär 
und immer nach der Lesser’schen Vorschrift gemacht (nach Ein- 
stoßen der Kanüle Nachsehen, ob Blut aus derselben herausströmt). 
Entgegen dem Bedenken Hartung’s ist der Verf. der Überzeugung, 
dass dadurch Embolien vermieden werden können und hat sich auch 

Ee 


786 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


an Kaninchen überzeugt, dass aus einer in eine Vene eingestochenen 
Kanüle Blut ausfließen kann. Luftembolien fürchtet G. (mit Recht!) 
nicht. Als geeignetste Stellen für die Injektionen haben sich auch 
in Bonn die äußeren Quadranten der Glutäalgegenden erwiesen. 
Verf. spricht sich auf Grund der Bonner Erfahrungen für die intra- 
muskulären gegen die subkutanen Injektionen aus (geringere Infil- 
trate!); alle unangenehmen Nebenwirkungen vermögen bei geeigneter 
Vorsicht die großen Vortheile dieser Methode der Hg-Einverleibung 
nicht zu verdunkeln. Jadassohn (Bern). 


9) Jonnesco. La splenectomie. 
(Arch. des sciences med. 1897. No. 5 u. 6.) 

Verf. verfügt über 19 Fälle von Milzexstirpationen mit 13 resp. 
14 Heilungen. Er nimmt die Operation vor, wenn die interne Be- 
handlung der Malariamilz resultatlos ist, und der Schmerz, die Be- 
schwerden oder die Kachexie beginnt. Eben so ist die Operation 
indicirt bei Echinococcus der Milz. Die Prognose hat sich seit der 
Asepsis und besseren Auswahl der operablen Fälle sehr gebessert. 
Es ist keine größere Gefahr als bei anderen abdominellen Eingriffen 
vorhanden. Die einzigen Kontraindikationen sind ausgedehnte Ver- 
wachsungen, hochgradige Kachexie, Ascites, zu hohes Alter und 
Leukocytose. Man muss mit Rücksicht auf die Prognose der Opera- 
tion und die Schwierigkeit der Technik unterscheiden zwischen ad- 
härenter, fixirter, mobiler und ektopirter Milz. Die Operation wird 
wesentlich erleichtert durch die Stellung des Operateurs zur Rechten 
der Pat., durch den Schnitt in der Linea alba, vollständige Zugängig- 
machung der Zwergfellkuppe durch starkes Auseinanderziehen der 
Wundränder, Zerreißen der Verwachsungen an den entprechenden 
Organen, um Zerrungen oder Zerreißungen der Milz zu vermeiden, 
Durchtrennung jedes einzelnen Gefäßes im Stiel zwischen zwei 
Ligaturen. 

Nach der Splenektomie kann Fieber auftreten in Folge von Malaria 
und den nicht seltenen Lungenkomplikationen. Außerdem be- 
obachtet man eine vorübergehende Leukocytose, Die Toxicität des 
Urins wird vermindert. Bei der günstigen Prognose der Opera- 
tion und dem Verschwinden der Kachexie schlägt J. die Exstirpation 
selbst bei einem vergrößerten Organ, aber bei drohender Kachexie 
vor, weil nach Laveran in der Milz das Malariagift abgelagert ist. 

Borchard Posen). 


10) Quönu. Angiocholite; traitement chirurgical. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII, p. 241.) 

Unter Mittheilung eines einschlägigen, erfolgreich operirten 
Falles spricht sich Q. für die Anlegung einer Gallenblasenfistel bei 
den Fällen von Angiocholitis aus, bei denen die medikamentöse Be- 
handlung im Stich gelassen hat. Als charakteristische Zeichen der 
Erkrankung führt er an: erst anfallsweise auftretende, kolikartige, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 787 


später andauernde Leibschmerzen, ein mehr oder minder ausgesprochener 
Ikterus, Entfärbung der Stühle, Fieber, Vergrößerung der Leber, 
schlechtes Allgemeinbefinden, trockene Zunge, Subdelirien. 

Handelt es sich um ein Hindernis im Choledochus, das man 
nicht beseitigen kann, z. B. um eine Pankreasgeschwulst, so müsse 
man eine Fistel zwischen Gallenblase und Magen oder Duodenum 
anlegen; sonst sei stets die gewöhnliche Cholecystostomie vorzuziehen. 
Freilich giebt es Fälle, in denen eine fast völlige Atrophie der 
Gallenblase dies unmöglich mache. In einem solchen Falle sah sich 
Q. genöthigt, den Bauch unverrichteter Sache wieder zu schließen. 
Gleichwohl besserte sich das Befinden des Pat. und erfolgte Genesung. 
Q. glaubt die dunkle Ursache dieses glücklichen Ausgangs darin 
sehen zu müssen, dass bei dem Aufsuchen des Ductus choledochus 
der dicke Inhalt desselben weggedrückt und dadurch der Gallen- 
abfluss frei geworden sei. Reichel (Chemnits). 


H 


11) Steinthal. Zur chirurgischen Behandlung der Gallen- 
steinkrankheit.. (Aus der chirurgischen Abtheilung der 
evangelischen Diakonissenanstalt in Stuttgart.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 13.) 

S. theilt die Krankengeschichten dreier Fälle von Gallensteinen 
mit, die einige Eigenthümlichkeiten hatten. 

Es handelte sich stets um einen einzigen Stein. Nach den 
Kolikanfällen war niemals ein Stein im Stuhlgang gefunden worden. 

Der bei der Operation erhobene Befund ergab einen wesentlichen 
graduellen Unterschied. Im 1. Falle war ein großer Stein da, aber 
der Inhalt der Gallenblase war nur wenig verändert, es bestanden 
nur leichte entzündliche Verwachsungen um die Gallenblase; der 
2. Fall hatte eine Eiteransammlung in der Gallenblase und der letzte 
Fall zeigte einen Eiterherd vor der Gallenblase, dessen Ursprung 
nicht zweifelhaft sein dürfte; der große Stein in diesem Falle ist 
nicht auf natürlichem Wege abgegangen, sondern hat auf dem Wege 
der »Naturheilung«e den Darm gefunden zum Glück für seine 
Trägerin; er hinterließ dabei einen Eiterherd, welcher 3 schwere, 
jedoch eircumscripte Bauchfellentzündungen setzte, bis’er durch die 
Operation beseitigt wurde. 

Bezüglich einer eventuellen Specialdiagnostik resumirt sich S. 
folgendermaßen. 

1) Kolikanfälle mit oder ohne Ikterus, wenn nach einem 
früheren Anfall Steine abgegangen sind, lassen auf eine Gallenblase 
mit vielen Steinen schließen. 

2) Kolikanfälle mit oder ohne Ikterus, wenn früher mit Be- 
stimmtheit niemals Steine abgegangen sind, lassen auf einen solitären 
Stein oder einen großen obturirenden und mehrere kleinere Steine 
schließen. 


7188 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


3) Kolikanfälle ohne Ikterus, wenn früher mit Sicherheit niemals 
Steine abgegangen sind, machen einen Solitärstein in einem Diver- 
tikel der Blase wahrscheinlich. 

4) Ein Kolikanfall ohne Ikterus und das Abgehen eines großen 
Steins spricht für eine abnorme Verbindung zwischen dem Gallen- 
system und dem Darm. 

5) Besteht außerhalb der Kolikanfälle Temperatursteigerung, so 
deutet dies auf eine eitrige Komplikation hin. 

Unter allen diesen Indikationen hat eine chirurgische Behand- 
lung einzugreifen. BR. Wagner (Mülheim a. d. BIL 


12) M. Baudouin. La chirurgie de l’hepatique; nouveaux 
cas d’hepaticotomie (nouveau procédé de taille biliaire). 
(Gaz. méd. de Paris 1898. No. 18.) 

Verf. stellt 3 Fälle von Hepatikotomie wegen Steinverschlusses 
zusammen von Cabot, Kehr und Elliot. Der letzte wird ein- 
gehender besprochen, besonders wegen der dabei verwandten Naht- 
technik. Nach Spaltung des Ductus über dem Stein, der zwischen 
Daumen und Zeigefinger in situ erhalten ist, werden einige Nähte 
durch die Schnittränder geführt und dann erst der Stein entfernt. 
So wird vermieden, dass nach Beseitigung des Verschlusses austretende 
Galle die Hepaticuswunde überfluthet und die Nahtanlegung erschwert. 

Beachtenswerth sei auch die von Elliot benutzte Lage, im um- 
gekehrten Sinn der Trendelenburg’schen — d. h. den Kopf- 
Brusttheil erhöht etwa im Winkel von 45°, 

(Unverständlich ist die Bemerkung des schriftgelehrten Verf., 
der fast die ganze Gaz. med. allein schreibt, dass »les chirurgiens 
allemands continuent à confondre« die trans(intra)hepatische Hepati- 
kostomie und die subhepatische Hepatikotomie — vgl. Riedel in 
Pentzold und Stintzing.) Christel (Mets). 


13) J. P. Alexinski. Untersuchung der Frage von der Ent- 

stehung der mehrfachen Echinokokken der Bauchhöhle. 

(Vorläufige Mittheilungen aus der Klinik Prof. Bobrow’s.) 
(Chirurgie 1898. p. 17.) 

Auf Grund von fremden und eigenen Beobachtungen, wo Echino- 
kokken bloß außerhalb der Bauchhöhle gefunden waren, hatten 
Ratimow und Skliffossowski mit Entschiedenheit in Abrede ge- 
stellt, dass durch eine Aussäung von Echinococcuskeimen bei einer 
Punktion oder Operation die Gefahr einer Vervielfältigung von 
Blasen im Bauchfell möglich sei. Andere russische Autoren, wie 
Verf. und Bobrow, waren der entgegengesetzten Ansicht. Auf An- 
regung des Letzteren hat nun A. unternommen, durch eine sorgfältige 
experimentelle Arbeit (unterstützt von Prof. Nikiforow) diese Frage 
wieder zu untersuchen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 1789 


A. giebt eine ausführliche Darstellung der einschlägigen Litte- 
ratur und eine genaue Darstellung seiner interessanten Versuche 
unter Beifügung einer Anzahl meist mikrophotographischer Abbil- 
dungen. Er gelangt dabei zu folgenden Schlüssen, indem er sich 
dabei zugleich besonders noch auf die Untersuchung Naunyn's 
stützt: 

1) Die Lehre von der Entwicklung des mehrfachen Echinococcus 
der Bauchhöhle durch Ausleerung des Inhalts der Mutterblase muss 
als bewiesen angesehen werden. 

2) Die Blasen des mehrfachen Echinococcus entwickeln sich nicht 
nur aus den verstreuten Tochterblasen, sondern auch aus den 
Skolices. 

3) Die Lagerung der Blasen des mehrfachen Echinococcus 
außerhalb des Bauchfells konnte nicht als Gegenbeweis gegen die 
Aussäungstheorie dienen. Solche Einwände sind auf unrichtige 
Auslegung klinischer Beobachtungen zurückzuführen. 

4) Die Probepunktion muss als unerlaubt angesehen werden, in 
Anbetracht der Gefahr, dass durch die Punktionsöffnung solche Keime 
in die Bauchhöhle gerathen können. 

5) Bei der Echinokokkotomie muss die Bauchhöhle sorgfältig 
vor dem Hineingerathen von Echinococcuskeimen geschützt werden. 

E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


Kleinere Mittheilungen. 


Multiples, spontanes Keloid der Zehen. 
Von 
Dr. 8. B. Banneft, 
Privatdocent für Chirurgie an der Reichs-Universität zu Groningen. 

Im Mai 1897 konsultirten mich die Eltern eines 1jährigen Mädchens wegen 
2 Neubildungen an der Dorsalseite sweier Zehen des linken Fußes. Im 1. Lebens- 
monat hatten sie die damals noch gans kleinen Tumoren bemerkt. Allmählich 
hatten diese an Größe zugenommen bis zu ihrer augenblicklichen Ausdehnung. Seit 
einiger Zeit sind sie angeblich nicht mehr gewachsen. Das Kind ist im Übrigen 
ganz gesund. Die Neubildungen machen ihm offenbar nicht die geringsten Be- 
schwerden. 

An der 3. Zehe des linken Fußes befand sich an der Dorsalseite des 2. Zehen- 
gliedes eine quergestellte, 12 mm lange, 9 mm breite, etwa 4 mm das Niveau der 
Haut überragende Neubildung; sie war gegen die Umgebung scharf abgegrenst 
und an der Basis etwas eingeschnürt, mit den tiefer liegenden Schichten aber 
innig verwachsen. Die Oberfläche war intakt, glatt, glänzend, von blassrosiger 
Fan) die Konsistenz derb, elastisch. Die bedeckende Epidermis war nicht 
altbar. 

An der Dorsalseite des 2. Gliedes der 4. Zehe befand sich ein ähnlicher Tumor, 
dessen Maße in derselben Reihenfolge 7 mm, 12 mm und 4 mm betrugen. Er war 
im Übrigen dem ersten vollkommen ähnlich. 

Die Tumoren waren ganz schmerslos. Ein Trauma irgend welcher Art wurde 
bestimmt verneint. 

k a Grund dieses Befundes stellte ich die Diagnose: Multiples, spontanes 
eloid. 


790 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


Die eigenthümliche eircumscripte Bindegewebshyperplasie der Haut, von Ali- 
bert (1817) zuerst Keloid genannt, ist, wie bekannt, eine sehr seltene, in ihrer 
Ätiologie noch ganz unaufgeklärte Neubildung, welche sich in dem einen Falle 
nach einem bisweilen ganz unbedeutenden Trauma (Narbenkeloid), in dem anderen 
Falle ohne jedes wahrnehmbare Trauma (spontanes Keloid) entwickelt. 

Nach einer Statistik der Hebra’schen Klinik kommt etwa ein Fall auf 
2000 Fälle von Hauterkrankungen. Die multiplen Keloide sind noch seltener als 
die solitären. Die spontanen sowohl wie die Narbenkeloide entwickeln sich nach 
Angabe der Autoren mit Vorliebe an der vorderen Fläche des Stammes, nament- 
lich über dem Sternum, und an der vorderen Fläche der Schultern, sehr viel sel- 
tener an den Extremitäten. 

Meine Erfahrung in einer 19jährigen, ausgedehnten chirurgischen Praxis be- 
weist, dass auch in diesen Gegenden das Keloid zu den größten Seltenheiten ge- 
hört. Ich sah bloß einzelne Keloide und, so weit ich mich erinnere, bloß einmal 
ein spontanes Keloid über dem Sternum eines etwa 40jährigen Mannes. 

Als ich nun auf Veranlassung des oben beschriebenen Falles die Litteratur 
durchsuchte, fand ich nur 3 Fälle von spontanen Keloiden der Zehen erwähnt, 
nämlich 1 Fall von v. Volkmann, 1 Fall von Nasse (multiple Keloide an den 
Fingern und Zehen), und 1 Fall von Thorn (Archiv für klin. Chirurgie Bd. LI 
Hit. 3). 

In der Arbeit von Prof. Nasse: Chirurgische Krankheiten der unteren Ex- 
tremitäten, Deutsche Chirurgie 1897 Lief. 66, werden auch bloß diese 3 Fälle er- 
wähnt. Die hiermit bestätigte große Seltenheit dieser Neubildungen rechtfertigt 
meines Erachtens diese Bereicherung der Kasuistik. 

Der Fall von Thorn zeigt eine ganz merkwürdige Übereinstimmung mit dem 
meinigen. In beiden Fällen sitzen die Neubildungen genau an denselben Stellen, 
den Dorsalseiten der Mittelphalangen der 3. und 4. Zehe des linken Fußes. Die 
seichte Einschnürung, welche Thorn an der Basis der Neubildung an der 3. Zehe 
bemerkte, war auch an den Tumoren meiner Pat. deutlich ausgesprochen. 

Außer der Seltenheit der spontanen Keloide an den Zehen veranlasste mich 
das Resultat der von mir vorgenommenen Behandlung zur Publikation. »Die 
Therapie ist nach dem Ausspruch aller Chirurgen, welche eigene Erfahrungen über 
das Keloid besitsen, ziemlich ohnmächtig«, sagt v. Winiwarter (Deutsche Chi- 
rurgie Lief. 23). fi 

Die Exstirpation, das Zerstören mittels Ätzmitteln oder Thermokauter hilft 
nicht, stets folgt nach diesen Eingriffen ein Recidiv von demselben oder noch 
größerem Umfang als das primäre Keloid, sowohl bei Narben- wie bei spontanen 
Keloiden. Nasse und Thorn sahen sich daher veranlasst, in ihren Fällen die 
Zehen zu exartikuliren. 

Nasse sagt (l. ei: »Eine Heilung scheint nur durch frühzeitige Amputation 
oder Exartikulation der Zehen möglich zu seine. Ravogli (Monatshefte für prak- 
tische Dermatologie Bd. XXII No. 12) empfiehlt aber die Elektrolyse, und v. Wi- 
niwarter (l. c.) meint, dass es vielleicht möglich wäre, durch die Elektrolyse die 
Keloidmasse zum Verschwinden zu bringen, obwohl er selbst keine Erfahrungen 
über diese Art der Behandlung hat und auch nicht weiß, ob sie von Anderen an- 
gewendet worden ist und mit welchem Resultat. 

Weil nun meire kleine Pat. bis jetzt gar keine Beschwerden hatte, und die 
Eltern bloß im Nothfalle zu einer verstümmeluden Operation ihre Zustimmung 
geben möchten, entschloss ich mich, nachdem eine Behandlung mit Resoreinsalbe 
nach v. Nussbaum kein Resultat gegeben hatte, die elektrolytische Behandlung 
zu versuchen, In 3 Sitzungen, am 19., 22. und 30. Juni, wurde die mit dem ne- 
gativen Pol verbundene Nadel an verschiedenen Stellen an der Basis der Neu- 
bildungen durchgestochen, der positive Pol auf das Knie gesetst und ein Strom 
von 3—4 Milliampöres während 2 Minuten durchgeführt. Die behandelten Partien 
der Keloide verschorften und fielen ohne Eiterung ab. Am 16. Juli waren die 
Neubildungen gans verschwunden, und die Haut zeigte an ihrer früheren Stelle 
eine glatte Narbe. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 791 


Bis jetzt, also nach 12 Monaten, ist von Recidiv gar nichts zu spüren. Ich 
glaube also, dass wir in diesem Falle von einer Heilung dieses hartnäckigen Übels 
durch die Elektrolyse sprechen dürfen und möchte rathen, in gegebenen Fällen 
dieses einfache Mittel zu versuchen, ehe man zur Amputation resp. Exartikulation 
greift. 

Ravogli rieth Ströme von 10—12 Milliamperes an, was mir viel zu energisch 
erscheint. Jedenfalls kommt man, wie aus meinem Falle hervorgeht, mit viel 
schwächeren Strömen aus, eng bei der immerhin schmerzhaften Methode nicht zu 
unterschätzen ist. 


14) Socin, Heusler, Suter und Hägler. Jahresbericht über die chirur- 
gische Abtheilung und die chirurgische Poliklinik des Spitals zu Basel. 
1896. 

Basel, Werner-Riehm, 1897. 

Aus dem schönen, lehrreichen Jahresbericht heben wir hervor: 

Ein Fall von Konglomerattuberkel des Gehirns mit Perforation der Schädel- 
decke. Der 26jährige, mit Tuberkulose behaftete Pat. wird am 5. Juni 1895 von 
einer Kuh mit dem Horn an die Stirn getroffen. Entstehung einer Geschwulst 
daselbst, Incision, zurückbleibende Fistel. Alsbald epileptische Anfälle mit Pro- 
dromalsymptomen. 9. Juli 1896 Spaltung der Fistel, Freilegung einer bohnen- 

oßen Schädellücke, Erweiterung derselben bis zu einer 5frankstückgroßen 

finung; unter der Dura erweichte Stirnlappenpartie. Exstirpation einer baum- 
nussgroßen Geschwulst. Heilung. Später sollen sich ausgedehnte Lähmungs- 
erscheinungen eingestellt haben. — Ein Fall von traumatischer Epilepsie kommt 
2mal zur Operation, wobei zuletzt ein bohnengroßes Rindenstück excidirt wird. 
Erst Besserung, dann Rückkehr der Erscheinungen. 

Bei einem 14 Jahre alten Pat. wurde der linke Naseneingang vor Jahren an- 
geblich durch den Arzt öfters mit Höllenstein geätzt. Das linke Nasenloch ist 
vollkommen zugewachsen, der linke Nasenflügel nach innen eingezogen, Nasen- 
spitze und linke Oberlippe durch eine derbe Narbe nach der Stelle des linken 
Nasenloches gezogen. Durch Plastik erfolgreich behandelt. 

Ein Fall von Strumitis abscedens hat sich während eines Bronchialkatarrhs 
aus einem vorher bestehenden medianen Kropfknoten entwickelt. Im Eiter der 
Fränkel-Weichselbaum’sche Diplocooous. — Von 21 Kröpfen wurden 16 von 
9—53 Jahren mit Erfolg operirt, 8mal intraglanduläre Enukleation, 8mal Resektion ; 
nur 6 Pat. wurden narkotisirt, sonst der Hautschnitt mit Cocainanästhesie gemacht. 
Von 3 mit Thyreoidtabletten behandelten Pat. ist nur in einem Falle ein Erfolg 
zu verzeichnen. 

Ein 33 Jahre alter Pat. erlitt durch Fall auf die linke Seite eine Milzserreißung 
nebst Fraktur der 9. und 10. Rippe. Exstirpation der zwischen oberem und mitt- 
lerem Drittel durchtrennten, 3cm klaffenden Milz. Tod in Folge erneuter Blu- 
tung aus den durchtrennten Netzpartien. — Ein Fall von tödlich verlaufender 
Peritonitis, wahrscheinlich in Folge von Perforation einer 2 cm langen Fisch- 
gräte aus einer Dünndarmschlinge. — 9 Fälle von Perityphlitis. 2mal wurde 
während des Anfalls operirt, 1 Fall nach Ablauf desselben (Imal Tod an schon 
vorher bestehender Peritonitis); 2mal während eines späteren Anfalls, 3mal nach 
Ablauf eines späteren. — Von 8 operativ behandelten Magencarcinomen (4mal Re- 
sektion, 2mal Gastroenterostomie, 2mal Probelaparotomie) ist nur 1mal (Resektion) 
ein Erfolg vorhanden gewesen; die 7 übrigen endeten sofort oder später tödlich. 
— Ein Fall von Carcinom der Gallenblase, bei dem ein 20 cm langes Stück des in 
die Neubildung aufgegangenen Colons mitreseeirt wurde, wurde durch Operation 
geheilt. Starke Verwachsungen mit Magen und Leber erschwerten die Operation. 
— 2mal wurde wegen narbiger Pylorusstenose die Gastroenterostomie gemacht. 
1 Pat. genas, der andere endete durch in Folge von Diarrhöen entstandener Ina- 
nition tödlich. — Ein Fall von totalem Darmverschluss (Ileum) durch eine Birne 
endete tödlich, da zur rechten Zeit ein operativer Eingriff nicht vorgenommen 


7192 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


werden konnte. — Bei den Herniotomien wurde die Radikaloperation entweder 
nach Czerny oder nach Kocher, letstere mit der Modifikation gemacht, dass 
nach Fixation des Bruchsackstiels in der Öffnung der Vorderwand des Leisten- 
kanals der Bruchsack abgetragen wurde. 

Der Erfolg der operativen Eingriffe bei Prostatahypertrophie mittels Kastra- 
tion oder Resektion der Vasa deferentia war ein höchst zweifelhafter. (Das Ma- 
terial war hier allerdings sehr gering. Ref.) 

Unter den 13 zur Beobachtung gekommenen Mammacarcinomen befanden sich 
5 Recidive, von denen 4 in den letsten 1—4 Jahren in der Baseler Klinik selbst 
operirt waren. 

In 3 Fällen von Osteomyelitis acuta der unteren Extremität wurde leider nur 
in einem Falle ein Bakterienbefund verzeichnet (Staphylococcus aureus). (Nach 
dem jetzigen Standpunkt ist der Bakterienbefund von Wichtigkeit. Ref.) 

Zur Narkose wurde Äther und Chloroform, in seltenen Fällen Bromäthyl, zur 
lokalen Anästhesie Chloräthyl genommen. — Zwei Todesfälle mit Äther, der 
eine in Folge von Aspiration von Mageninhalt bei einer Brucheinklemmung. In 
Folge dessen wurde in solchen Fällen vor der Operation der Magen ausgehebert. 
Der andere Fall betraf ein sehr heruntergekommenes Individuum nach Laparo- 
tomie und Blinddarmresektion. Der Tod erfolgte nach einer Operationsdauer von 
140 Minuten bei einem Atherverbrauch von 150 ccm. 

Wegen der geringen Erfolge der Schilddrüsentabletten (englisches Präparat) 
bei Kröpfen wurden häufiger Jodoformölinjektionen gemacht, die weniger eklatant, 
doch andauernder wirkten. 

27 Fälle von Sehnendurchtrennung mit nachfolgender Naht an 45 Sehnen. 
19mal gute Funktion, 5mal mittelmäßige, 3mal kein Erfolg. 3mal wurde gleich- 
zeitig der Ulnaris mit Erfolg nach 6—11 Monaten genäht. 

Kronacher (München). 


15) A. Maffei. Relevé du mouvement des malades pendant l’annee 
1897. (Hospice des enfants assistés, service de chirurgie infantile 
du Dr. Gevaert.) 

(Clinique française 1898. No. 4.) 

Aus dem Jahresbericht sei Folgendes hervorgehoben : 

1) Von 33 an Pott’schem Gibbus leidenden Kindern wurde nur bei 8 das 
Redressement forcé versucht. Veraltete Fälle und leichtere — besonders solche 
mit kleinem Gibbus in der Lendengegend — wurden von dieser Behandlung aus- 
geschlossen. 

Das Redressement erfolgte in einer Sitzung stets unter deutlichem Krachen. 
6mal wurden die Dornfortsätze resecirt. In den 1. Verband wurde auch der Kopf 
mit einbezogen. Es trat kein Unglücksfall während oder kurz nach der Operation 
ein. Ein Kind starb 4 Monate später an Meningitis, ein zweites 6 Monate später 
an Bronchopneumonie. Bei 2 Kindern ging in Folge von Decubitus, der zur Ab- 
nahme des Verbandes nöthigte, der Effekt der Operation verloren. 

Bei den 4 übrigen ist der Erfolg bis jetzt ein befriedigender, doch hat — 
nach 6 bezw. 4 Monaten — noch keins zu gehen angefangen. 

2) Ein 2centimesstückgroßer Lupus der Nase bei einem 4jährigen Knaben 
wurde nach Amonatlicher Behandlung mit dem Tuberkulin R. völlig geheilt. Es 
wurde alle 3 Tage injieirt, und zwar stieg man von 0,001 mg bis zu 0,125 mg. 
Fieber trat nie auf. 

3) Zwei große angiomatöse Geschwülste der Regio deltoidea, die wegen ihrer 
Größe nicht exstirpirt werden konnten, wurden durch 2—3malige Anwendung der 
Elektrolyse in 14 Tagen geheilt. 

Die Sitzung dauerte 10 Minuten, Stromstärke 30 Milliamperes. Es wurde nur 
der positive Pol benutzt mit Stromwechsel in der letsten Minute. 

4) Eine sehr eigenthümliche angiomatöse Geschwulst bei einem Tmonatlichen 
Kinde, die die Ohrmuschel in Fetsen zur Nekrose brachte, ist nicht genügend 
klar beschrieben. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 793 


5) Ein Angiosarkom von Männerfaustgröße am Hals eines 2monatlichen Kindes. 
Dasselbe war als kleine Geschwulst schon bei der Geburt vorhanden. 
Göppert (Breslau). 


16) N. W. Sklifosbowsky. Zur Frage von der Dissemination der 
Neubildungen. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.) 

S. giebt 2 Krankengeschichten: ein Cylinderzellenadenom und ein Endotheliom 
deg Nase. In beiden Fällen füllte die Geschwulst alle Nebenhöhlen der Nase 
aus, verdrängte ein Auge nach auswärts (im 2. Falle Erblindung) und rief (im 
1. Falle) in Folge Zersetzung des abgeschuppten Epithels in den verlegten Neben- 
räumen eine Ozaena hervor. S. machte die temporäre Oberkieferresektion, worauf 
alle Nebenhöhlen gründlich ausgeschabt wurden. Im 1. Falle musste wegen eines 
zurückgebliebenen Restes eine kleinere Nachoperation ausgeführt werden. Heilung. 
Verf. erinnert sich eines 3., ähnlichen Falles, der auch so behandelt und geheilt 
wurde. Er empfiehlt gründliche Entfernung aller Theile der Geschwulst, da der 
kleinste Rest ein Recidiv hervorrufen kann. Wie die Dissemination entsteht, ob 
durch abgerissene Geschwulstpartikel, oder auf andere Art, lässt S. unentschieden. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


17) Eichhoff. Die neue Abtheilung für Hautkrankheiten und Syphilis 
in den städtischen Krankenanstalten zu Elberfeld. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 5.) : 

Ich erwähne diese kurze Beschreibung der Elberfelder Abtheilung hier, weil 
ich den Eindruck gewonnen habe, dass dieselbe sehr praktisch eingerichtet ist und 
weil, wenn erst erkannt ist, dass alle größeren städtischen Krankenhäuser Special- 
ebtheilungen für Hautkrankheiten und Syphilis einrichten müssen, die Elberfelder 
Erfahrungen mit Vortheil benutzt werden können. Die Station ist für 150 Betten 
bestimmt. Über alle Details muss das Original nachgesehen werden. 

Jadassohn "Bern! 


18) H. Picard. Prostatite glandulaire probable urethrite à gono- 


coques tenace. 
(Ann. des malad. des org. génito-urin. 1898. No. 4.) 


Verf. bekam einen 23jahrigen kräftigen Mann in Behandlung, der schon seit 
2 Jahren an Tripper litt. 3mal täglich Ausspūlungen der Harnröhre mit hyper- 
mangansaurem Kali 0,025 : 1000. Nach 1 Monat noch kein Erfolg. Die Unter- 
suchung durch den Mastdarm ergab eine außerordentlich vergrößerte, auf Druck 
nirgends schmerzhafte Prostata, aus der sich weder Prostatasaft noch Eiter aus- 
drücken ließ. Katheterismus leicht und schmerzlos. Strenge diätetische Behand- 
lung; Seeaufenthalt; Fortsetzung der Harnröhrenausspülungen. 3 Monate später 
Tripper geheilt; Prostata in gleichem Zustand. Auch 2 Jahre später hatte die 
Tripperheilung noch Stand gehalten; die Prostata konnte nicht untersucht werden. 

Verf. glaubt, dass es sich in diesem Falle um die seltene Form der Prosta- 
titis glandularis (Guyon) handelt. Der Fall ist außerdem dadurch bemerkens- 
werth, dass er beweist, dass ausgedehnte Auswaschungen der Harnröhre mit 
schwachen Permangatlösungen lange Zeit hindurch gut ertragen werden. 

P. Wagner (Leipzig). 


19) Mühsam. Beiträge zur Kenntnis der gonorrhoischen Gelenk- 
entzündungen. 
\Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. II. Hft. 5.) 
Bericht über 41 Fälle aus dem Moabiter Krankenhaus zu Berlin; bei 30 Pat. 
war nur 1 Gelenk erkrankt, bei den übrigen mehrere, Imal sogar 8. Es heilten 
15 mit erhaltener Beweglichkeit; 12 gebessert entlassen, d. h. mit leicht wieder- 
kehrendem Erguss; in 7 Fällen trat Ankylose ein; 3mal musste das betreffende 
Gelenk resecirt werden; imal wurde der Oberschenkel amputirt wegen Vereiterung 


794 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


des Kniegelenks; endlich ist besonders hervorzuheben einer der höchst seltenen 
Todesfälle in Folge von Tripperrheumatismus; bei diesem Kranken waren beide 
Handgelenke und ein Fußgelenk ergriffen. Er starb 6 Wochen nach Beginn der 
Gonorrhoe unter septischen Erscheinungen. Die Sektion ergab an den ergriflenen 
Gelenken einen minimalen Befund. — Nur 4mal gelang Gonokokkennachweis in 
den Gelenken. imal fand sich bei der Resektion eines Trippergelenks, das 
aller Therapie hartnäckig trotzte, Tuberkulose; entweder ist eine alte, latente 
Tuberkulose durch die gonorrhoische Arthritis zum Aufflackern gebracht worden, 
oder in dem gonorrhoisch infieirten Gelenk fand der Tuberkelbaeillus einen guten 
Boden. Absolute Immobilisirung am meisten zu empfehlen, bei Ergüssen Punk- 
tion und Auswaschen. Haeckel (Stettin). 


20) A. Strauss. Über das Protargol als Antiblennorrhoicum und 
Antisepticum. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 3.) 


S. hat mit dem von Neisser empfohlenen Protargol bei der akuten Gonorrhoe 
sehr günstige Erfahrungen gemacht. Injektionen, Instillationen und Spülungen 
sind reizlos; bei Urethritis posterior werden die letzteren bevorzugt. Man darf 
nicht zu früh aussetzen, sonst können Recidive eintreten. Nur nach wiederholten 
negativen Resultaten der Gonokokkenuntersuchungen soll man zu leichten Ad- 
stringentien übergehen. Auch manche chronische Formen scheinen gut zu reagiren. 

Ferner hat der Verf. das Proturgol als Streupulver benutzt und besonders bei 
Unterschenkelgeschwüren sehr gute Resultate erzielt. Jadassohn (Bern). 


21) F. Kraystalowiez. Janet’s Irrigationen in der Therapie der 
Gonorrhoe. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLII. Hft. 2.) 

Die Veröffentlichungen über »Janet’s Methode« nehmen kein Ende; ob die 
Resultate wegen der verschiedenen und gewiss oft mangelhaften Technik so ver- 
schieden sind, mag dahingestellt bleiben. Die Erfahrungen, die der Verf. im 
Hospital zu Krakau gemacht hat, sind im Allgemeinen günstig; speciell in den 
allerersten Tagen hat K. gute Erfolge erzielt; auf der Höhe des akuten Stadiums 
sind die Resultate weniger ermuthigend; starke Reizungen können dann eintreten. 
Bei Komplikationen, in manchen Fällen auch ohne solche, verschwinden die Gono- 
kokken nicht definitiv. Jadassohn (Bern). 


22) Neuhaus. Behandlung des Trippers mit Spülungen. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 3.) 

Aus dem Bericht des Verf. ergiebt sich, dass Janet’sche Spülungen bei 
wenigen ganz frischen Fällen definitive Heilung in 7—8 Tagen, bei eigentlich 
akuten Fällen Heilung in 25% der Fälle in 12—16 Tagen, bei subakuten Fällen 
Heilung in 55% der Fälle in 10—45 Tagen erzielt haben; bei chronischen Gonor- 
rhoen kein Erfolg. Ichthyolspülungen waren in 3 Fällen sehr vortheilhaft; Sublimat 
(0,1—0,25:1000) wirkte in Spülungen auf postgonorrhoische Entzündungen sehr 
günstig (ähnlich auch Pyoktanin); Spülungen mit den Silbersalzen können bei 
ganz frischen Urethritiden abortive Erfolge erzielen. Für die eigentliche akute 
Gonorrhoe sind Injektionen mit Argentamin und Protargol am empfehlenswerthesten. 

Jadassohn (Bern). 


23) Bailey. Chancre of the oesophagus, acquired through tobacco. 
(Med. news 1898. März 19.) 

Verf. beobachtete einen seltenen Sitz des syphilitischen Primäraffekts so wie 
einen äußerst eigenartigen Modus der Infektion. 30jähriger Mann klagte über 
heftige Schluckbeschwerden. Im Anfangstheil der Speiseröhre fand sich ein hooh- 
rothes Geschwür. Geringe Schwellung der Cerviealdrüsen, des weichen Gaumens 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 795 


und der Tonsillen. Nach einigen Monaten Sekundärerkrankungen. Als Quelle 
der Infektion ergab sich, dass Pat. von einem erkrankten Freund ein Stückehen 
Kautabak, welches mit den Zähnen abgebissen war, erhalten hatte. 

Strauch (Braunschweig). 


24) C. F. Bevan. Extragenital lesions of syphilis. 
(Med. record 1898. März 12.) 


B. publicirt 17 Fälle von extragenitaler Syphilisinfektion. Lokalisation: After 1, 
Wange 1, Finger 2, Oberlippe 5, Unterlippe 2, harter Gaumen 1, Brust 2, Zunge 2, 
Schenkel 1. Der Verlauf war im Allgemeinen günstig und ohne Unterschied von 
der gewöhnlichen Infektion. Bemerkenswerth ist nur die Fingerinfektion eines 
47jährigen Arztes, welcher einen luetischen Abort behandelt hatte. Trotz Behand- 
lung nach 18 Monaten Perforation des harten Gaumens und nach 4 Jahren Tod 
an visceraler Syphilis. Der Pat. führte einen durchaus unhygienischen Lebens- 
wandel, welcher die Ursache der Bösartigkeit geworden ist. Die Ansicht, als ob 
die extragenitalen Infektionen besonders schwer verliefen, wie dies mehrfach be- 
hauptet wurde, ist nicht haltbar; auch Ref. behandelte häufiger Fingerinfek- 
tionen bei Kollegen, deren Verlauf durchaus günstig war. 

Loewenhardt (Breslau). 


25) W. Sterling. Zur Kasuistik der Spätsyphilis. 
(Archiv für Dermatologie und Syphilis Bd. XLI. Hft. 3.) 

Aus der am Material des israelitischen Krankenhauses zu Warschau auf- 
gestellten Statistik ist zunächst hervorzuheben, dass unter den Syphilisfällen die 
erstaunlich hohe Anzahl von 45% der Tertiärperiode angehörte (sonst der Durch- 
schnitt zwischen 5 und 15%). Verf. ist geneigt, die elenden Lebensverhältnisse 
und die geringe physische Widerstandsfähigkeit der Bevölkerungsklasse, aus der 
sich das Material rekrutirt, hierfür anzuschuldigen. Noch wichtiger wird wohl 
sein, dass die Pat. sich dort eben vorwiegend wegen tertiärer Syphiliserscheinungen 
ins Hospital aufnehmen lassen. Unter den Erkrankungen nehmen nach denen der 
Haut und Schleimhaut die der Knochen eine ganz hervorragende Stellung ein, 
während im Allgemeinen auch nach dem Urtheil Mauriac’s gerade die Knochen- 
syphilis entschieden seltener geworden ist. S. giebt einige sehr interessante 
Krankengeschichten von außerordentlich hochgradiger und ausgebreiteter Knochen- 
syphilis ausführlich wieder und publieirt ferner noch 2 Fälle von den im Ganzen 
recht seltenen Muskelgummata (l) im Pectoralis major und Triceps, 2) in den 
Vorderarmmuskeln). Jadassohn (Bern). 


26) Pellizzari. Gomme linguali da sifilide ignorata. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 37.) 

Ein 60 Jahre alter Mann ohne luetische Anamnese leidet an drei sich teigig 
anfühlenden, in der Mitte erweichten Geschwülsten an der Basis (2) und am vor- 
deren Theil der Zunge. Die muskatnussgroßen Geschwülste, welche bisher nicht 
zu Drüsenschwellungen geführt haben, bestehen seit 2 Monaten. Sie haben das 
Epithel verschont und liegen nur submukös. Nach 2 Dosen von Hydrargyrum 
salicylicum (0,05 -+ 0,07 g) haben sie sich zurückgebildet. Die Zahl, der sub- 
epitheliale Sitz, die centrale Erweichung, die Konsistenz, das Alter und die Größe 
der Knoten so wie der Mangel der Drüsen ließen die Diagnose stellen. 

Dreyer (Köln). 


27) E. Legrain. Contribution à l’ötude de la syphilis de l’uterus. 
(Ann. des malad. des org. genito-urin. 1898. No. 4.) 

Während syphilitische Affektionen des Collum uteri häufiger beobachtet werden, 
sind solche des Corpus uteri anscheinend sehr selten. Verf. theilt aus der Litte- 
ratur 2 Fälle von wirklicher Syphilis des Gebärmutterkörpers mit (Montanier 
und Velpeau; Gelli) und berichtet dann eingehend über eine eigene Beobachtung. 
Neben einer syphilitischen Psoriasis bestand eine parenchymatöse Metritis syphi- 


796 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


litischer Natur, die zu einer gleichmäßigen, harten Vergrößerung des Uteruskörpers 
geführt hatte. Täglich subkutane Einspritzungen von 0,02 Kalomelöl, später Proto- 
joduratpillen und Jodkalium. Rasches Verschwinden der Psoriasis, Verkleinerung 
und Weicherwerden des Uterus, regelmäßige Menstruation etc. 

P. Wagner (Leipzig). 


28) Martel. Contribution à l'étude du pseudoneoplasmes syphilitiques. 
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 3.) 

Die Tertiärsyphilis ist ungemein polymorph; sie lässt sich zuweilen nur schwer 
diagnostieiren und kann den erfahrensten Fachmann in Verlegenheit bringen; eine 
probeweise eingeleitete sogen. gemischte antiluetische Behandlung (Jod und Hg) 
ist dann oft von ausschlaggebender Bedeutung. Die beiden vom Verf. mitgetheilten 
Beobachtungen illustriren diese Thatsache in prägnanter Weise: In einem Falle 
war die Amputation einer unteren Extremität in Frage, und es handelte sich um 
die Differentialdiagnose zwischen Krebs und gummöser Syphilis; im 2. Falle hatte 
man auf Grund der klinischen Verhältnisse allen Grund, an ein ulcerirtes Sarkom 
zu denken. In beiden Fällen bewahrte die versuchsweise eingeleitete antiluetische 
Behandlung die Pat. vor der Operation und ihren eventuellen Folgen. 

Kopp (München). 


29) E. Levin. Zur Symptomatologie der Stomatitis mercurialis. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 4.) 

Der Verf. berichtet über 2 Fälle merkurieller Stomatitis, welche durch ihre 
Lokalisation am weichen resp. harten Gaumen auffielen. Es handelte sich um 
typisch belegte Geschwüre bei gleichzeitiger diffuser Schleimhautschwellung. 

Diese Lokalisation ist im Allgemeinen wenig beobachtet; sie kommt nach den 
Erfahrungen des Ref. nicht übermäßig selten zur Beobachtung, wird aber oft 
gerade wegen der außergewöhnlichen Stelle nicht richtig gedeutet (eben so wie die 
merkuriellen Pharyngitiden). Jadassohn (Bern). 


30) F. Franke. Über die Annähung der Wandermilz. (Nebst Mit- 
theilung eines Falles von spastischem Darmverschluss.) 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 580.) 

F. hat sich zur Annähung einer Wandermilz (Pat. 40 Jahre, früher malaria- 
krank, an sehr lästigen Leibschmerzen leidend) einer Kombination der Schnitt- 
führungen von Rydygier und Bardenheuer bedient. Zuerst Laparotomieschnitt 
am äußeren Rectusrand, Bestätigung der Diagnose Wandermilz durch Tastung mit 
eingeführter Hand und gleichzeitige Feststellung auch einer linksseitigen Wander- 
niere, worauf provisorischer Schluss dieser Wunde. Dann hinterer Lendenschnitt, 
doch nicht wie bei Bardenheuer in Thürflügelform, sondern in einfacher Linie 
von der hinteren Axillarlinie an der 12. Rippe beginnend, schräg nach vorn unten 
in die vordere Axillarlinie. Dann, wie von Bardenheuer beschrieben, Ablösung 
des Bauchfells von der Bauchwand, Incision desselben, Einlegung der Milz durch 
diese Wunde in die gemachte Retroperitonealtasche. Verkleinerung der Perito- 
nealwunde. 2 Nähte durch den Milzstiel und das Bauchfell, eine durch das Milz- 
parenchym am oberen Milzpol und durch das Zwerchfell. Zum Schluss noch mit 
Benutzung derselben Lendenwunde Naht der Wanderniere. Die ersten 2 Tage 
leichte Ileuserscheinungen, dann gute Genesung, völlige Beseitigung der vorher 
bestehenden Beschwerden, Herstellung der Arbeitsfähigkeit. Den erzielten guten 
Erfolg verwerthet F., gegenüber der von Stierlin seiner Ansicht nach zu gene- 
rell befürworteten Splenektomie, zu einer Empfehlung der Milznaht, insbesondere 
nach dem von ihm eingeschlagenen Verfahren. Die erwähnten Ileuserscheinungen 
bei seiner Pat. fasst F. als durch reflektorischen spastischen Darmverschluss, wie 
ihn Heidenhain beschrieb, entstanden auf und erwähnt kurz noch einen anderen 
Fall, wo er solchen, und zwar an der linken Flexur des Colons, beobachtet hat. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 797 


31) J. Mihsilovski. Neun Fälle von Splenektomie wegen Hyper- 
trophia lienis, auch genannt »Hypertrophie simple malarienne«. 
(Medicinski sbornik 1898. No. 1 u. 2. [Bulgarisch.)) 


Alle Pat. M.’s haben durch längere Zeit an Malaria gelitten und entschlossen 
sich zur Operation wegen Schmerzen und Schwäche. Er operirte 3 Männer (26, 
30 und 40 Jahre alt), die Milzen wogen 3100, 1800, 2000 g, und 6 Weiber (21, 26, 
30, 34, 36 und 40 Jahre alt), Gewicht der Milzen 3400, 3900, 3700, 2500, 2400 und 
2800 g. In allen Fällen Operation und Verlauf der Heilung ohne Komplikationen. 

v. Cackorie (Agram). 


32) Ballance. On splenectomy for rupture without external wound. 
(Practitioner 1898. April.) 
B. konnte aus der Litteratur nur 4 mit Erfolg operirte Fälle von subkutaner 
7erreißung der Mils auffinden. Einen 5. Fall beobachtete Verf. neuerdings. 
14jähriger Knabe fiel 10 Fuß hoch von einem Baum auf Steinblöcke. Hef- 
tiger Schmerz in der linken Regio hypochondrica. Allmählich tritt hier und in 
den abhängigen Bauchpartien Dämpfung auf. Fraktur beider Radien. Operation 
am 2. Tage wegen Blutung in den Leib. Es fanden sich große Blutmengen in 
der Bauchhöhle. Die Milz zeigte sich stark hyperämisch und durch mehrere 
große Risse zertrennt. Hämorrhagien an der Milzflexur des Colons. Fortnahme 
der Milz. Heilung. Die Zahl der rothen Blutkörperchen hob sich in dem nächsten 
11/2 Monat von 3280000 auf 4630000, die der weißen fiel von 22000 auf 12000. 
Strauch (Braunschweig). 


33) A. Ciechomski. Beitrag zur Kasuistik traumatischer Leber- 
abscesse. 
(Gaz. lekarska 1898. No. 15 u. 16.) 

1) Ein 6jähriges Mädchen war vom 1. Stock herabgefallen und hatte sich eine 
beiderseitige Vorderarmfraktur zugezogen, deren eine komplieirt war. Es stellten 
sich bedrohliche septische Symptome in Folge Phlegmone des Vorderarms ein. 
Ausgiebige Spaltung des infiltrirten Gewebes und Resektion der Bruchenden hatten 
zwar eine Besserung der lokalen Symptome, aber kein Sinken des Fiebers zur 
Folge. Es entwickelte sich eine rechtsseitige Pleuritis mit serosanguinolentem 
Exsudat, welches aber in relativ kurzer Zeit zur Resorption gelangte. Nach 1 Monat 
konstatirte man eine Hervorwölbung unter dem Schwertfortsatz, welche mit jedem 
Tage deutlicher wurde. Eine Probepunktion förderte daselbst aus bedeutender 
Tiefe eine trübe, röthliche Flüssigkeit, welche zahlreiche Eiterkörperchen, Detritus, 
so wie Gallenfarbstoffe enthielt. Es wurde am folgenden Tage laparotomirt und 
die Leber mittels eines Bauchschnittes bloßgelegt. Da keine Verwachsungen vor- 
handen waren, wurde die am stärksten sich vorwölbende Partie derselben mit 
parietalem Peritoneum umsäumt und die Leber incidirt, worauf über 1 Liter einer 
ähnlichen Flüssigkeit, wie solche bei der Probepunktion herausbefördert worden 
war, herausfloss. Die Abscesswandungen waren weich und morsch. Tamponade 
der Wundhöhle mit Gaze. Leider hat das bereits sehr herabgekommene Kind 
den Eingriff bloß 3 Tage überlebt. Verf. deutet den Fall als Vereiterung eines 
traumatischen Blutergusses in die Leber. 

2) Ein 28jähriger Mann erhielt zahlreiche Stiche in Bauch und Kopf. Es 
stellte sich galliges Erbrechen ein, und die nach einigen Stunden vorgenommene 
Untersuchung ergab im rechten Hypochondrium eine harte, empfindliche Geschwulst. 
Dieselbe nahm am folgenden Tage an Ausdehnung und Empfindlichkeit zu. Die 
Temperatur war nur sehr mäßig erhöht. In der 3. Woche stellten sich hohes 
Fieber, so wie starke Bauchschmerzen ein, und die Geschwulst begann sich vor- 
zuwölben. Die Probepunktion ergab eine trübe, röthliche Flüssigkeit. Laparo- 
tomie, Fixirung der Leber in der Wunde, in einer Tiefe von 11/2 em Eröffnung 
des Abscesses, aus welchem sich über 1 Liter Flüssigkeit ergoss. Die Abscess- 
wandungen uneben, wie ausgefranst, buchtig. Tamponade der Wundhöhle. Trotz 


798 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


sehr stürmischen postoperativen Verlaufs in den ersten Wochen vollständige 
Heilung. Trzebicky (Krakau). 


34) Bobrow. Neues Verfahren der Echinokokkotomie in der Leber 
und in den anderen parenchymatösen Organen der Bauchhöhle. 
(Chirurgie 1898. p. 1. [Russisch.]) 

Ende des Jahres 1895 erlebte B. an einem Falle von Leberechinococeus bei einem 
24jährigen Mädchen ziemlich schwere Erscheinungen. Es waren nach Entfernung 
des Sackes 150,0 6%ige Jodoformglycerinlösung eingespritst und der Sack dann 
vernäht worden. Nach 24 Stunden zeigte sich blutiger Harn, der 2 Tage anhielt, 
im Urin wurde Jod nachgewiesen, und die auf 38,5 gestiegene Körpertemperatur 
hielt sich 2 Monate hindurch auf dieser Höhe. Nachdem sich Anfangs noch 
Flüssigkeit angesammelt hatte, trat Heilung ein. Die Kranke fühlt sich gesund 
und die Geschwulst ist verschwunden. Unter dem Eindruck dieses Falles ent- 
schloss sich aber B., die Eingießung der Jodoformglycerinlösung zu verlassen und 
eine indifferente Flüssigkeit, physiologische Kochsalzlösung, in derselben Weise 
anzuwenden. So operirte B. in 3 Fällen mit gutem Erfolg. Die Temperatur war 
nur in einem Falle für die Dauer von 2 Tagen auf 38,5 gestiegen. 

Im 1. Falle handelte es sich um einen Echinococcus im Pankreas. Hier 
wurden etwa 350—400 cem Flüssigkeit aus der Höhle entleert, und die Höhle 
wurde ohne Füllung vernäht. 

Im 2. Falle, der ein Leberechinocoecus war, wollte B., da der Erfolg im 
1. Falle sehr gut gewesen, ähnlich verfahren. Das Bemerkenswerthe des 2. Falles 
war, dass, nachdem die Echinococcusblase aus dem rechten Leberlappen entfernt, 
ein anderer Echinococcus, der sicher schon zur Zeit der 1. Operation in der Tiefe 
des linken Leberlappens vorhanden gewesen war, schnell zu wachsen anfing und 
eine 2. gleiche Operation auch der linken Bauchseite nöthig machte. Auch diese 
verlief günstig. 

Im 3. Falle lagen 3 Echinococeusblasen vor, 2 hatten Faustgröße, die 3. die 
Größe eines Kindskopfes. Die eine Höhle stand mit einem Gallengang in Ver- 
bindung. Bei der Kleinheit der Blase wurde von einer Eingießung von Flüssig- 
keit abgesehen. Die Temperatur stieg am 2. Tage bis auf 39° und blieb andert- 
halb Monat auf dieser Höhe. Die Gallenabsonderung aus der einen Höhle wurde 
aber immer geringer, und nach 5 Monaten schloss sich die Fistel ganz. 

IV. Bei einem 18jährigen Mädchen nahm der Echinococcus die ganze linke 
Seite der Leber ein. Nach Entfernung der Echinococcusstelle wird auch hier die 
Leberwunde mit der Bauchdecke vernäht, von der Eingießung einer Kochsalz- 
lösung war Abstand genommen. Die Heilung verlief glatt, nach 14 Tagen stand 
die Operirte auf und befindet sich, wie spätere Nachrichten zeigten, wohl und 
gesund. 

V. Auch im 5. Falle, bei einem 20jährigen Landmann, wo der Inhalt der 
Cyste sogar etwas eitriger Beschaffenheit war, unterließ B. die Ausfüllung mit 
irgend einer Flüssigkeit und vernähte Alles wieder, nicht ohne einige Sorge um 
den späteren Verlauf. Dieser gestaltete sich jedoch auch hier vollständig zufrieden- 
stellend. Es trat keine irgend wie Besorgnis erregende Erscheinung auf, und der 
Pat. verließ nach 2 Wochen gesund die Klinik. 

B. konnte die vielfach vertretene und vor Is Jahr auch von ihm selbst noch 
vertretene Lehre, dass man eine Echinokokkenhöhle in der Leber nach der Operation 
nothwendigerweise mit Flüssigkeit ausfüllen müsse, um keinen todten Raum zu 
hinterlassen, in den Blut oder Galle austreten könnte, in 5 Fällen nicht bestätigt 
finden. Er hat diese Anschauung also als unzutreffend aufgegeben und befür- 
wortet als bestes Verfahren, die Cyste auszuschälen, die Leberwunde hierauf zu 
schließen und die Bauchwunde zu vernähen. Nur muss man bei der Operation 
strenge Asepsis einhalten. Die Absonderungen, welche man sonst beobachtete, 
kommen nach seiner Ansicht nur dann vor, wenn man die Blase nicht entfernt, 
sondern in die Bauchwunde eingenäht und die Höhle mit Marly austamponirt hat. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 799 


Bei seinem Verfahren entstehen auch, wie er sich in einem 2. Falle überzeugen 
konnte, keine Verwachsungen der Leber mit den Bauchdecken. 
E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 
35) @. J. Wolynzew. Fall von Leberechinococcus mit nachfolgendem 
subdiaphragmatischen Abscess. 
(Chirurgie 1898. p. 10. [Russisch.)) 

Die ausführliche Krankengeschichte beschreibt den Verlauf der Heilung einer 
großen Leberechinococcusgeschwulst bei einer 29jährigen Pat. Die Operation 
(Prof. Diakonow), bei welcher sich 2 Liter Flüssigkeit entleert hatten, wurde 
nach Prof. Bobrow’s Vorgehen ausgeführt, die Blase mit einiger Schwierigkeit 
ausgelöst und die Leberwunde für sich vernäht. Der Verlauf war durch eine 
Eiterung gestört, die nach ca. 2 Monaten eine 2. Operation veranlasste. Es erwies 
sich, dass sich ein subdiaphragmatischer Abscess gebildet hatte, und es wurden 
ca. 3 Liter Eiter entleert. Die Kranke hat sich erholt und ist arbeitsfähig, nur 
besteht noch eine geringe Eiterabsonderung aus einer kleinen Fistel. 

E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 
36) H. Delagsniöre (Le Mans). Cirrhose du foie et he&patoptose. 
Hepatopexie et cholecystostomie. Guerison. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 232.) 

Die 30jährige Pat., starke Alkoholistin, litt seit 11/2 Jahr an zunehmender all- 
gemeiner Schwäche, Appetitlosigkeit, Erbrechen nach Genuss fester Speisen, 
Schmerzen in der rechten Seite, Volumenzunahme des Bauches. Man fühlte in 
der rechten Seite des Bauches eine große, bis in die rechte Fossa iliaca hinab- 
reichende, die Medianlinie um 2 Querfingerbreite überragende Geschwulst, die 
nichts Anderes als die stark vergrößerte und herabgesunkene Leber war. D. legte 
die Geschwulst durch Laparotomie am Außenrand des rechten M. rectus abdom. 
bloß, lagerte die Leber leicht an normale Stelle zurück und fixirte sie hier in 
Ausdehnung einer rechtwinkligen Fläche von 7!/, cm Länge und 4 cm Breite 
gegen den Rippenbogen; zur Naht bediente er sich starker Katgutfäden, die er 
nach der Guyon’schen Methode der Nephropexie anlegte. Dann fügte er die 
Cholecystostomie hinzu. In den ersten Tagen entleerte sich aus der Fistel viel 
glasige, schleimige, etwas trübe Flüssigkeit, die einen ana&roben, dem Bacterium 
coli gleichenden Bacillus enthielt. Erst vom 13. Tage an wurde die Flüssigkeit 
gefärbt, bekam Aussehen und Beschaffenheit der Galle; auch nahm ihr Bakterien- 
gehalt ab. Nach einer weiteren Woche war die Galle steril; das Drainrohr wurde 
fortgelassen; die Fistel schloss sich innerhalb 8 Tagen. Entlassung bei voller 
Gesundheit. Im folgenden Jahre wurde der Pat. strenge Milchdiät und täglich 
0,01 Kalomel verordnet. Sie blieb gesund, wurde schwanger und machte eine 
normale Entbindung und Wochenbett durch. Die Leber behielt die normale Lage. 
— Verf. sieht in der Beobachtung einen Beweis für den Heilwerth der Chole- 
cystostomie bei beginnender Lebercirrhose, deren Ätiologie ja noch nicht klar sei, 
vielleicht auf bakterieller Invasion beruhe. Reichel (Chemnitz). 


37) Broca. Dilatation enorme du canal choledoque. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 209.) 

B. beobachtete bei der Obduktion eines 10jährigen Mädchens eine bis zur Größe 
eines Kindskopfes gehende cystenartige Erweiterung des Ductus choledochus, der 
selbst noch bei der Autopsie zunächst als Leberechinokokkencyste imponirt hatte. 
Als vermuthliche Ursache der Erweiterung fand sich zwischen Cyste und Duo- 
denum eine Knickung des Ganges; verschlossen war er an keiner Stelle. 

Reichel (Chemnitz). 


38) F. Ward. Gall stones in the common bile duct resembling car- 
cinoma of the stomach. 
(New York med. record 1898. Januar 22.) 
Zwei sehr instruktive Fälle, deren einer ein Carcinom vortäuschte, während 
es sich nur um Gallensteine im Ductus choledochus handelte, deren zweiter, ein 


800 Centralblatt für Chirurgie. No. 30. 


wirkliches Careinom, mit Gastroenterostomie behandelt wurde, werden von W. zur 
Erörterung der feineren Differentialdiagnostik verwerthet. Schmerzen, die bei 
Nahrungszuführung sich verstärkten, Stagnation der Nahrungsmittel im Magen, 
Erbrechen, Abwesenheit freier Salzsäure fanden sich in beiden Fällen und eben 
so eine tastbare Geschwulst; dagegen war bei der CArcinomkranken unter den 
nöthigen Kautelen freie Milchsäure nachweisbar. Kachexie und gelbliches Aus- 
sehen waren bei beiden Pat. festzustellen. Loewenhardt (Breslau). 


39) C. Wegele (Königsborn). Zur Diagnose der durch Cholelithiasis 
bedingten Duodenalstenose. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 16.) 

In dem mitgetheilten Falle, in dem erst die durch Schede ausgeführte Ope- 
ration Aufschluss über die Ursache der bestehenden Stenoseerscheinungen (Er- 
brechen, zuweilen von etwas Galle, Magenerweiterung mit motorischer Insufficiens 
und bedeutender Herabsetzung der Säftesekretion des Magens; Milchsäurenachweie) 
und zunehmenden Kachexie brachte, hatte ein fast kastaniengroßer Gallen- 
stein die Gallenblase durchbohrt und ragte in das Duodenum hinein; die ganse 
Partie lag dicht in schwieliges Bindegewebe eingebettet, welches von außen das 
Duodenum so stark einschnürte, dass dessen Lichtung bis auf Federkieldicke ver- 
engt wurde. Fxstirpation der steinhaltigen Gallenblase sammt Resektion des per- 
forirten Stücks des Duodenum und des Pylorus etc.; Tod nach 2 Tagen. 

Kramer (Glogau). 


40) F. Lejars. Cholecystite et angiocholite infectieuses à coli-bacille. 
Cholecystostomie. Guerison. 
(Bull. et mem. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 217.) 

Der 25jährige Pat. litt seit 2 Jahren an sehr heftigen Leibschmerzen, die an- 
fallsweise auftraten, wesentlich die Lebergegend betrafen, nicht nach der Schulter 
ausstrahlten, von Frostanfällen, Fieber, Übelkeit, Erbrechen, Ikterus begleitet 
waren, seit einigen Monaten sich gehäuft und bis 8 Tage angehalten hatten. Der 
Kranke war stark abgemagert, fieberte hoch, war stark ikterisch; die vergrößerte 
Leber überdeckte mit einem zungenförmigen Lappen die ausgedehnte Gallenblase. 
L. schritt zur Laparotomie. Ein Stein war in den Gallenwegen nicht zu fühlen. 
Anlegung einer Gallenblasenfistel. Schon am Abend war die Temperatur zur 
Norm abgefallen. In den ersten 48 Stunden war der Gallenausfluss gering, die 
Gallensekretion also, da auch die Stühle noch ungefärbt blieben, herabgesetzt. In der 
Galle fand sich das Bacterium coli fast in Reinkultur in enormer Menge, Vom 
3. Tage ab fortschreitende Besserung. Völlige Genesung. — L. sieht in seiner 
Beobachtung einen weiteren Beweis für den großen Werth der Cholecystostomie 
bei infektiöser Cholecystitis, auch wenn keine Gallensteine vorhanden sind. 

Reichel (Chemnitz). 


Notiz. 

Herr Dr. C. Ghillini in ‚Bologna macht in einem Schreiben an uns darauf 
aufmerksam, dass er — wie später Jagarink und dann Doyen — schon im Fe- 
bruar 1894 in der medicinisch-chirurgischen Gesellschaft zu Bologna ein von ihm 
konstruirtes Instrument zur Vertiefung der Pfanne bei angeborener Hüftgelenks- 
verrenkung vorgezeigt und darauf in dem Bulletino scienze mediche Anno LXV, 
Serie VII, Vol. VI, p. 195 veröffentlicht habe. „Das Instrument, der Fraise oder 
dem Vorbohrer der Mechaniker entsprechend, besteht aus einem Stahlstiel, an dessen 
Ende sich ein Stahlkeil befindet, dessen schneidender Theil in schneckenförmigen 
Linien besteht, die von der Basis nach der Spitze zu laufen. An der Basis des Keils 
befindet sich eine Scheibe, welche die Grenze der Tiefe bildet, bis zu der das Instru- 
ment einzudringen hat. Die Redaktion. 


Originslmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel ia Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


d 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Ee 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 31. Sonnabend, den 6. August. 1898. 


Inhalt: 1) Nason, Bösartige Geschwülste. — 2) Weber, Wundheilung. — 3) Du- 
play und Lamy, Arterienvernarbung. — 4) Asmus, Sideroskop. — DI Froehlich, Heil- 
serum, Immunität und Disposition. — 6) Crede, Lösliches Silber als Heilmittel. — 
7) Zabludowskl, Massagetherapie. — 8) Gould und Pyle, Anomalien und Absonderlich- 
keiten in der Medicin. — 9) Noguès, Orthoform bei Blasenleiden. — 10) Imbert, Harn- 


leiterkatheterismus. — 11) Tuffier und Dujarler, Blasenexstirpation. — 12) Nov6-Josse- 
rand, Hypospadie. — 13) Demons und Bögouin, Pachyvaginalitis. — 14) Bloch, Hydro- 
cele. — 15) Lambret, Clitorisgeschwülste. — 16) Ruggl, Vorfall der weiblichen Ge- 


schlechtsorgane. — 47) Guinard, Geschwulst des runden Mutterbandes. 

P. Videbech, Ein Fall von inoperativem Angiosarkom durch Elektrolyse geheilt. 
(Original-Mittheilung.) 

18) Funke, Gefäßvarietäten. — 19) Bartoszewicz, Typhusabscesse. — 20) Hubert, 
Antistreptokokkenserum. — 21) Sudeck, Lokalanästhesie. — 22) Kossobudzkl, Chelidonium 
gegen Krebs. — 23) Fratkin, Blasenruptur. — 24) Poroschin, Verletzungen der Harnwege. 
— 25) Delbet, Doppelter Harnleiter. — 26) Fowler, Einpflanzung der Harnleiter in den Mast- 
darm. — 27) Albertin, Steinanurie. — 28) Schwartz, Hydronephrose. — 29) Michallow, 
Paranephritis. — 30) Twynom, Nephrektomie. — 31) Esprit, Hodensackgeschwulst durch 
Guineswurm. — 32) Ponne, Epitheliom des Hodensacks. — 33) Felckl, Hydrocele com- 


municans faniculi spermatici. — 34) Maximow, Phlebolithen des Samenstranges. — 
35) Koenig, Hodentuberkulose. — 36) Vögler, Gebärmuttersarkom. — 37) Schwarz, 
Gebärmutterexstirpation. — 38) Fabriclus, Peritonitis. 


1) E. N. Nason. The influence of locality on the preva- 


lence of malignant disease. 
(Brit. med. journ. 1898. März 12.) 


Die Untersuchungen über die Sterblichkeit an bösartigen Ge- 
schwülsten in verschiedenen Distrikten Englands, die Verf. in den 
letzten 3 Jahren auf statistischem Wege anstellte, hatten das inter- 
essante Ergebnis, dass ein deutliches und starkes Anwachsen der 
Sterblichkeit an bösartigen Geschwülsten in jenen Distrikten statt- 
fand, in denen langsam fließende oder schlecht gereinigte Wasser- 
läufe und aufgeweichter, häufigen Überschwemmungen ausgesetzter 
und verunreinigter Boden vorhanden waren. Eine Erklärung für 
solche lokalen Einflüsse auf das häufige Vorkommen der Geschwulst 
würde gegeben durch Annahme von Mikroparasiten als Krankheits- 

31 


802 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


erreger, deren Wirkung analog wäre der durch die Protozoen bei 
den verschiedenen Malariaformen hervorgebrachten. Ausdünstungen 
von stagnirendem Wasser oder durchweichtem Boden würden, wie 
bei der Malaria, die Infektion vermitteln. Chronisch entzündete 
oder durch Trauma, Krankheit, Alter irgend wie alterirte Gewebe 
würden günstige Entwicklungsbedingungen für die Infektion dar- 
bieten; auch individuelle oder ererbte Disposition und fötale Zell- 


reste fänden bei der Hypothese des Verf. ihr Recht. 
F. Krumm (Karlsruhe). 


2) E. Weber. Die Bedeutung der Leukocyten für die 
Wundheilung und Narbenbildung. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.) 

W. brachte Thieren (hauptsächlich Kaninchen) Wunden im Unter- 
hautzellgewebe bei, führte in dieselben Ziegler’sche Deckglaskammern 
ein und untersuchte den Inhalt nach verschieden langen Zeiträumen 
(1—12 Tage). Er fand so, dass Bindegewebswunden hauptsächlich 
auf Kosten des präexistirenden Zellgewebes heilen und nicht auf 
Kosten der weißen Blutkörperchen, die bloß in den ersten Tagen in 
der Wunde gefunden werden und entweder zerfallen und von den 
Granulationszellen aufgenommen oder vom Lymphstrom fortgeschleppt 
werden. Im 2. Theil der Arbeit will W. den Heilungsprocess bei 
Hypo- und Hyperleukocytose untersuchen; doch gelang es ihm nicht, 
Hypoleukocytose zu erzielen. Vermehrte Ansammlung der weißen 
Blutkörperchen rief er durch Injektion der Pyocyaneustoxine hervor 
und fand darauf Verzögerung der Wundheilung: eine 6tägige Wunde 
zeigte nur zum Theil die Vorgänge, die in einer 4tägigen normalen 
Wunde sich abspielen. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


3) S. Duplay et H. Lamy. Cicatrisation des artères à la 
suite de la ligature dans la continuité. 
(Arch. génér. de méd. 1897. November.) 

Verff. experimentirten an möglichst gleich starken Hunden in 
der Weise, dass sie je 2 Versuchsthieren in einem Falle mit einem in- 
ficirten, im anderen mit einem aseptischen Faden die Carotis unter- 
halb des Kehlkopfs oder die Femoralis am tiefsten Punkte des 
Scarpa’schen Dreiecks unterbanden. Die septischen Ligaturen wurden 
mit frischen Staphylokokkenkulturen inficirt. Die Schlussfolgerungen, 
die Verff. aus ihren Experimenten ziehen, sind folgende: 

Bei der aseptischen Ligatur vollzieht sich die Vernarbung unter 
ganz anderen Bedingungen als in der vorantiseptischen Zeit. Die 
Produktion eines Thrombus und die AusstoBung des Fadens waren 
früher die fundamentalen Phasen der Heilung. Heute proklamiren 
wir die Nutzlosigkeit dieses Thrombus und wissen, dass der asepti- 
sche Faden nicht ausgestoßen wird. 

Wir können daher Abstand nehmen von der Vorschrift, eine 
Arterie möglichst weit von abgehenden Seitenästen zu unterbinden. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 803 


Die Heilung der zerrissenen Intima erfolgt bei der aseptischen 
Ligatur gewissermaßen per primam intentionem, und nur selten 
finden sich im Innern des Arterienrohrs nur unbedeutende Gerin- 
nungen, die jedoch ein wesentlich anderes Aussehen haben als der 
septische Thrombus. Longard (Aachen). 


4) E. Asmus. Das Sideroskop und seine Anwendung. Mit 
4 Tafeln und 6 Abbildungen im Text. 
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 88 8. 

Das von dem Verf. konstruirte Sideroskop und die Erfahrungen, 
die er mit demselben gemacht hat, sind bereits in mehreren Publi- 
kationen, namentlich in Gräfe’s und Knapp-Schweigger’s Archiv 
mitgetheilt worden. Das vorliegende Buch stellt eine Wiederholung 
und Erweiterung dieser Publikationen dar. 

Das auf dem Principe der Ablenkung einer Magnetnadel bezw. 
astatischen Nadel und der Spiegelskalenablesung beruhende Instru- 
ment dient auch zum Nachweis und zur Lokalisation subkutaner 
magnetisirbarer Fremdkörper. Mit Hilfe einer Dämpfungsnadel kann 
auch die Lage der Fremdkörper genau bestimmt werden. Hier tritt 
das Verfahren in Wettstreit mit der Radiographie, und die von dem 
Verf. angeführten Fälle geben einige Anhaltspunkte für die event. 
Wahl des einzelnen Verfahrens. Mit dem Sideroskop konnte (mal 
die Lage eines Fremdkörpers bestimmt werden, bevor die Röntgen- 
photographie fertig gestellt war, und die Durchleuchtung mit dem 
Röntgenapparat hatte denselben auf dem fluorescirenden Schirm 
nicht erkennen lassen: das Verfahren hat also den Vortheil der 
Schnelligkeit und Sicherheit vor dem Röntgenverfahren voraus, wenn 
man aus einem Falle einen Schluss ziehen will. In einem anderen 
Falle konnte erst durch das Röntgenverfahren gezeigt werden, dass 
es sich um mehrere Nadelstücke handelte, die durch das Sideroskop 
einzeln nicht nachgewiesen werden konnten, da nur eine schmale 
Lücke zwischen ihnen vorhanden war. Die größere Exaktheit 
kommt demnach dem radiographischen Verfahren zu. 

Dreyer (Köln). 


5) J. Froehlich (Brösen). Heilserum, Immunität und Dis- 
position. 
München, Seitz & Schauer, 1898. 8. 56 8. 

F., welcher bereits in mehreren Schriften der Antitoxintherapie 
entgegengetreten ist, versucht in dem vorliegenden Schriftchen nicht 
nur die von anderen Seiten als günstig angesehenen bisherigen Er- 
fahrungen und Statistiken in ungünstigem Sinn umzudeuten, sondern 
auch die theoretischen Grundlagen der ganzen Antitoxinlehre zu er- 
schüttern. Er geht bei seiner Beweisführung von der giftbindenden’ 
Substanz Ehrlich’s in den Geweben aus und von der auch von 
Behring angenommenen Anschauung desselben Forschers, dass diese 
giftbindende Substanz nach ihrem Übertritt in das Blut zum Antitoxin 

31* 


804 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


werde, dass mithin giftbindende Substanz und Antitoxin ihrem Wesen 
nach identisch seien. Da aber das Vorhandensein der giftbindenden 
Substanz in den Geweben die Disposition, der Übertritt derselben in 
das Blut aber, der doch bei dem beständigen Austausch zwischen 
Geweben und Blut unausgesetzt vorhanden sein müsse, die Immuni- 
tät bedinge, so müsse Disposition und Immunität auch stets bei dem- 
selben Individuum vereint sein. Auch die Modifikation der Lehre 
durch Fischer enthält ähnliche logische Unmöglichkeiten. Daher 
gelangt schließlich F. zu dem Schluss, dass 1) eine Identität der 
giftbindenden Substanz in den Zellen, des »Dispositionsstoffes« mit 
den reaktiv erzeugten Antitoxinen nicht bestehe und dass 2) eine 
solche giftbindende Substanz als normaler Zellbestandtheil überhaupt 
unmöglich angenommen werden könne. 


Vielmehr müsse im normalen Organismus eine beständige Toxin- 
und Antitoxinbildung vor sich gehen, welche aber sich vollkommen 
das Gleichgewicht halte. Sobald die Toxin- oder Antitoxinbildung 
überwiege, so dass das bisherige Gleichgewicht gestört werde, sei die 
Krankheit da, in Folge einer Selbstvergiftung. Daher bestehe in diesem 
Sinne ein Unterschied von Toxinen und Antitoxinen überhaupt nicht, 
die Disposition sei also in gewissem Sinne schon Krankheit, und die 
normale Zelle müsse überhaupt als immun gegen bakterielle Schädi- 
gungen gelten. Es seien >Verstöße gegen eine normale individuelle 
Lebensführung«, welche das Gleichgewicht zwischen Gift- und Gegen- 
giftbildung im Organismus stören und damit die Disposition schaffen, 
indem »die Erzeugung der Selbstgifte, dieser Produkte des unauf- 
hörlichen Verwesungsprocesses in der Zelle steige, während die 
prompte Ausscheidung leide«. So kommt es zu einer Überladung der 
Zelle mit Zerfallsprodukten und damit zu einer »Lockerung der 
molekularen Kohärenz der Zelle, zu einer Beeinträchtigung der 
Zelleneinheit«, durch welche allein die Gärungs- und Fäulnisvorgänge 
schon im Entstehen beständig ausgeglichen werden können. Der so 
immer mehr steigenden Überschwemmung mit Toxinen antwortet nun 
der Organismus mit einer Erhöhung des Stoffwechsels, dem Fieber, 
durch welches auch die Antitoxinbildung vermehrt wird. Die Anti- 
toxine binden die Toxine und machen sie zur Ausscheidung geeignet. 
Ob die Toxine oder die Antitoxine schließlich die Oberhand ge- 
winnen, entscheidet den Ausgang der Krankheit und hängt einerseits 
von dem Grad der Infektion, bezw. der Virulenz der Mikroorganis- 
men, andererseits aber von der Widerstandsfähigkeit des Organismus 
selbst ab. 


In diesem Kampf wird auch den weißen Blutkörperchen eine 
Rolle zugewiesen, sie sollen auf den Ort des Kampfes, in die er- 
krankten Organe, eilen, dort durch die in ihnen enthaltenen Schutz- 
stoffe, die Alexine, die Mikroben schwächen und tödten, schließlich 
verdauen und wegschaffen, um die Zerfallsprodukte anderweit aus- 
zuscheiden. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 805 


Der gesteigerte Stoffwechsel aber wirkt nun dispositionstilgend 
auf die Zellen ein, das erschütterte Gleichgewicht in ihnen wird 
wiederhergestellt, und damit die normale Widerstandsfähigkeit der 
zurückbleibenden Zellen, so dass die natürliche Immunität wieder 
hervortritt. 

Nach der Ansicht des Ref. ist nun nicht einzusehen, warum nicht 
die Einführung eines Antitoxins von außen unter der Voraussetzung, 
dass es auch sicher ein solches ist, dem Organismus in diesem 
Kampf zwischen den in ihm selbst entstandenen Toxinen und Anti- 
toxinen zu Hilfe kommen kann. Gerade bei Pie Darstellung sollte 
man doch glauben, dass eine solche Einführung von hoher Bedeutung 
sein muss, falls die Bildung der Antitoxine hinter dem Bedürfnis 
zurückbleibt. 

Eben so scheint die Schutzkraft einer Impfung Gesunder mit 
Antitoxin durchaus erklärlich, indem die Einverleibung des Anti- 
toxins der Bildung reichlicher Toxine zuvorkommt, mithin die Krank- 
heit gar nicht erst entstehen kann. Recht muss freilich dem Verf. 
wieder darin gegeben werden, dass das Antitoxin selbst schädlich 
sein und als Toxin wirken kann. Warum aber das stets der Fall, 
oder wenigstens die Einführung des Antitoxins überflüssig sein soll, 
dafür bleibt uns der Verf. den Beweis schuldig, und seine theore- 
tischen Erwägungen weisen hier eine entschiedene Lücke auf. Auch 
gegen die Darstellung der Antitoxine durch Impfung andersartiger 
Thiere werden hinreichende Beweise nicht beigebracht. 

Die von F. gegen die bisherige Statistik der Heilserumeinspritzun- 
gen bei Diphtherie erhobenen Einwendungen entsprechen durchaus 
denjenigen anderer Autoren, insbesondere auch Kassowitz’s. 

Als Facit des Ganzen aber können wir den Aufruf zum innig- 
sten Anschluss an die Natur und ihre Lebensgesetze ansehen, wel- 
cher die einzige Art wirklicher Immunität und die allmähliche 
Tilgung der inneren Disposition in Aussicht stelle. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


6) Crede. Lösliches metallisches Silber als Heilmittel. 
(Klinisch-therapeutische Wochenschrift 1898. No. 14—15.) 

C. hat aus seinen vielfachen Versuchen mit Silberpräparaten 
folgern zu müssen geglaubt, dass es gelingen müsse, durch Zuführung 
von gelöstem metallischen Silber septische Allgemeininfektionen des 
Körpers zu bekämpfen. Der Chemie gelang es darauf hin, ein metal- 
lisches Silber herzustellen, welches sich fast vollkommen in Wasser 
und in eiweißhaltigen Flüssigkeiten löst: Argentum colloidale Cred& 
von Heyden-Radebeul. Eine Heilung damit gelingt nur, wenn 
die septische Infektion nicht zu weit vorgeschritten ist. 

Die Anwendung des löslichen Silbers geschieht sehr zweckmäßig 
in Form des Unguentum C.’s (Marienapotheke Dresden), das nach 
Art der grauen Salbe dargestellt wird und 15% Silber enthält. Die 
einmalige Dosis ist für Erwachsene 3,0, Halberwachsene 2,0, Kinder 1,0. 


806 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


Eine derartige Menge wird bei der Einreibung in etwa 25 Minuten 
von der Haut aufgenommen. Die Einreibung geschieht am besten 
am Rücken. 

Die Dosis von 3,0 genügt bei akuten leichten bis mittelschweren 
Processen. In schwereren Fällen sind 2—3 Einreibungen, in älteren 
5—20 nothwendig. 

Die Darreichung in Pillen empfiehlt sich, wenn eine Einreibung 
unmöglich ist oder sehr lange fortgesetzt werden müsste. Die Pillen 
enthalten 0,01 Argent. colloid. mit 0,1 Milchzucker und Glycerin und 
Wasser 0,5. Es sind je 2 Stück in den leeren Magen zu nehmen 
unter Nachtrinken von 100—200 g abgekochtem Wasser. Zum 
chirurgischen Gebrauch werden Pillen mit 0,05 Argent. colloid. an- 
gefertigt, die nur 3 mm Durchmesser haben. Dieselben sind für 
Wundhöhlen und Fisteln bestimmt. Vielleicht eignen sich dieselben 
zum Einlegen in die von eitriger Entzündung befallene Bauchhöhle. 
Sehr zweckmäßig erscheinen auch die 0,2 Argent. enthaltenden 
Stäbchen. 

Zur subkutanen Injektion wird das Präparat in 0,5%iger Lösung 
bei fungösen und tuberkulösen Processen benutzt. 

Will man das Argent. colloid. gelöst durch den Mund geben, 
so muss man der Lösung 1—2% Eiweiß zusetzen, da sonst das Silber 
durch die Säuren des Magens in einer unlöslichen Form ausgefällt 
wird. Von einer 1—4 % igen Lösung giebt man 3mal täglich 1 Kaffee- 
löffel oder Esslöffel auf leeren Magen. 

Unangenehme Nebenwirkungen, speciell Argyrose, hat C. von 
der lange fortgesetzten Silberdarreichung nie gesehen. 

Krecke (München). 


7) J. Zabludowski. Bemerkungen zur Massagetherapie in 
der Chirurgie. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 209, Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 
Die von Z. auf dem letzten medicinischen Kongress zu Moskau 
vorgetragene Abhandlung stützt sich vornehmlich auf die von ihm 
in der Berliner chirurgischen Universitätsklinik gesammelten Er- 
fahrungen, welche die Vorzüge der stationären und ambulatorischen 
mechanischen Nachbehandlung unfallverletzter Arbeiter im Kranken- 
hause vor der Behandlung in speciellen medicomechanischen Anstalten 
in überzeugender 'Weise darthun und außerdem zeigen, mit wie 
einfachen und wenig zeitraubenden Mitteln Z., unter Verzicht auf 
kostspielige Apparate und besonders eingerichtete Räumlichkeiten, 
ganz außerordentliche Resultate erreicht. Wir heben in letzterer 
Hinsicht nur den großen Nutzen methodischer und zielbewusster 
Massage bei lange an das Bett gefesselten chirurgischen Kranken zur 
Verhütung von hypostatischen Pneumonien, bedrohlichen Erscheinungen 
seitens des Herzens, von Thrombose und Decubitus hervor. Erfolge 
wurden außerdem erzielt bei Cirkulationsstörungen in der Peripherie 
(bei Varicen, venösen Lymphstasen, lokaler Synkope der Arterio- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 807 


sklerotiker) und bei zahlreichen anderen dem Grenzgebiet der inneren 
Medicin und Chirurgie angehörenden Leiden (narbigen Pylorus- 
stenosen, Adhäsionen, Spasmen im Bauch, Residuen perityphlitischer 
Exsudate etc., hämorrhoidalen und prostatischen Erkrankungen); Ge- 
schwüre wurden, eben so wie große granulirende Brandwunden, durch 
Massage der Ränder und Umgebung zur Überhäutung angeregt, 
Schlottergelenke und schnellender Finger zur Heilung gebracht. 
Dagegen kam bei frischen Distorsionen und bei Knochenbrüchen die 
Frühmassage nicht zur Anwendung; die Schädlichkeiten der Dauer- 
verbände, welche hierbei zunächst angelegt wurden, ließen sich in 
kürzester Zeit durch Massage beseitigen, Steifigkeiten in Gelenken 
durch forcirte, in die Massagesitzungen eingeschaltete Bewegungen 
lösen etc. 

Wir begnügen uns mit diesen wenigen Angaben, um die lebr- 
reiche Abhandlung, welche in eindringlichen Worten die Ausübung 
der Massage durch die Ärzte empfiehlt und Letzteren hierzu werth- 
volle Fingerzeige giebt, zum Studium wärmstens zu empfehlen. 

Kramer (Glogau). 


8) G. M. Gould and W. L. Pyle. Anomalies and curio- 
sities 'of medicine. With 295 illustrations in the text and 
12 half-tone and coloured plates. 

London, Rebman Publishing Co., 1897. 968 8. 


Das vorliegende Werk der bekannten amerikanischen Autoren, 
um das man die Amerikaner beneiden könnte, dürfte in der Litteratur 
aller Zeiten und Völker einzig dastehen. Es enthält, wie der Titel 
besagt, eine Zusammenstellung von merkwürdigen Anomalien und 
Absonderlichkeiten auf dem Gesammtgebiete der Medicin, bietet aber 
viel mehr, als man zunächst erwartet. Die Verff. haben unter Auf- 
wendung eines geradezu fabelhaften Fleißes mit Benutzung der 
großen Bibliotheken von London, Paris, Washington und Philadelphia 
aus der alten und neuen medicinischen Litteratur Alles zusammen- 
getragen, was an Abnormitäten beim gesunden und kranken Menschen 
beobachtet worden ist, und unter sorgfältiger Angabe der Quelle 
verarbeitet. Eine große Anzahl zum Theil farbiger Illustrationen 
verleiht dem Werke einen hervorragend demonstrativen Werth. Das 
Litteraturverzeichnis am Ende des Buches umfasst allein 847 Num- 
mern. Um einen Begriff von der Reichhaltigkeit des Werks zu 
geben, wollen wir in Kurzem den Inhalt einiger Kapitel skizziren. 
So handeln die ersten Kapitel von Anomalien im Geschlechtsleben, 
der Schwangerschaft und Geburt; dann folgen Missgeburten und 
Missbildungen, Riesen und Zwerge, Langlebigkeit, Anomalien physio- 
logischer Funktionen, chirurgische Anomalien der verschiedensten 
Körpertheile, abnorme Hauterkrankungen und Störungen des Nerven- 
systems, endlich eine Geschichte der bekanntesten Epidemien. Ein 
vorzüglich gearbeitetes Namen- und Sachregister erleichtert das Auf- 


808 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


finden der einzelnen Fälle in vortrefflichster Weise. Die Ausstattung 
muss als künstlerich schön bezeichnet werden; Holzschnitte, Druck 
und Papier stehen auf der Höhe der Leistungsfähigkeit. Hiernach 
darf der Preis von 34 S. (34 Al als niedrig bezeichnet werden. Wir 
wünschen dem Werke im Interesse aller Ärzte und Studirenden 
eine ausgedehnte Verbreitung und glauben, dass eine Übersetzung 
ins Deutsche in jeder Beziehung die Arbeit belohnen würde. 
Jaffé (Hamburg). 


9) P. Noguès. L’orthoforme, son rôle dans la thérapeutique 
des affections douloureuses de la vessie. 

(Ann. des malad. des org. gen.-urin. 1898. No. 4.) 
. Die von verschiedenen Autoren außerordentlich gerühmten 
schmerzstillenden Wirkungen des Orthoforms bei Applikation auf 
äußere Wunden etc., so wie der Umstand, dass die Erfinder des 
Orthoforms, Heinz und Einhorn, dasselbe auch in 2 Fällen von 
Blennorrhagie mit gutem Erfolge angewendet haben wollen, veran- 
lasste Verf., das Orthoform auch bei schmerzhaften Blasenerkrankungen 
zu versuchen. Das Orthoform wurde, in Glycerin suspendirt, mehr- 
mals täglich in die Blase eingeträufelt. N. hat im Ganzen 12 Kranke 
auf diese Weise behandelt. Die schmerzhaften Blasenaffektionen 
waren durch Konkremente, Tuberkulose, Prostatahypertrophie u. A. 
hervorgerufen. Einen wesentlichen und namentlich längere Zeit an- 
haltenden schmerzstillenden Einfluss des Orthoforms konnte Verf. in 
keinem Falle konstatiren; mehrere Kranke vertrugen das Orthoform 
überhaupt nicht und bekamen Reizzustände der Blase. 

P. Wagner (Leipzig). 


10) L. Imbert. Le catheterisme des ureteres par les voies 
naturelles. 
Paris, J. B. Baillidre et fils, 1898. 164 S. Mit 14 Fig. im Text. 

Verf. giebt zunächst einen geschichtlichen Überblick über die 
Entwicklung des Harnleiterkatheterismus, wobei er die Verdienste 
von Nitze und Casper voll anerkennt. Nach einer genauen Be- 
schreibung des von diesen beiden Autoren angegebenen Instrumen- 
tariums hebt er die Vorzüge des von Albarran neuerdings ange- 
gebenen Harnleiterkatheters hervor und bespricht den großen 
diagnostischen Werth dieser Untersuchungsmethode. Die therapeu- 
tische Anwendung des Harnleiterkatheters ist namentlich bei den 
durch Strikturen im Harnleiter entstandenen Pyonephrosen und 
Hydronephrosen angezeigt, wo man mit dem Instrumente den Sitz 
und die Beschaffenheit des Hindernisses bestimmen, event. auch 
dasselbe überwinden und so eine Entleerung des Sackes auf natür- 
lichem Wege herbeiführen kann. Dass die von Casper empfohlene 
Behandlung der Pyelonephritis mittels antiseptischer Einspritzungen 
und Auswaschungen durch den Harnleiterkatheter öfters zu dauern- 
den Heilungen führen wird, bezweifelt Verf. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 809 


Der diagnostische und therapeutische Werth des Harnleiter- 
katheterismus wird durch 60 beigegebene Krankengeschichten belegt, 
von denen einige bisher noch nicht veröffentlicht waren. Besonders 
bemerkenswerth ist die an erster Stelle mitgetheilte eigene Be- 
obachtung einer großen Hydronephrose bei einem 35jährigen Kranken, 
die durch wiederholtes Einlegen von Harnleiterkathetern vollkommen 

` entleert und durch Auswaschungen mit Höllensteinlösungen angeblich 
zu dauernder Heilung geführt wurde. P. Wagner (Leipsig). 


11) Tuffier et Dujarier. De lexstirpation totale de la 
vessie pour n&oplasmes. 
(Revue de chir. 1898. No. 4.) 

In der kurzen Abhandlung beschreiben die Verf., unter An- 
lehnung an die bisher in der Litteratur bekannt gewordenen Fälle 
von Exstirpation der Blase, an die hierüber von verschiedenen 
Chirurgen angestellten experimentellen Untersuchungen und unter 
Mittheilung eines von ihnen selbst mit Erfolg operirten Falles, die 
Methode der Operation, wie sie ihnen auf Grund ihrer Studien und 
eigenen Erfahrung am zweckmäßigsten erscheint. Die Totalexstirpation 
ist nach ihnen angezeigt, wenn es sich um eine weit ausgedehnte, 
auf die Blasenwand beschränkte, die Umgebung freilassende bösartige 
Neubildung bei einem in gutem Kräftezustand befindlichen Kranken 
handelt; auch gewisse seltene Formen von tuberkulöser Erkrankung 
der Blase können die Indikation abgeben. Die Operation muss 
möglichst rasch und unter thunlichster Schonung des Bauchfells 
ausgeführt werden; sie ist schwieriger und gefahrvoller, wenn bereits 
eine von der früher angelegten Cystostomie zurückgebliebene Blasen- 
fistel besteht, die zu ausgedehnten Verwachsungen der Blase geführt 
hat; indess hat der Exstirpation ein Probeschnitt in das Organ vor- 
auszugehen, wenn die cystoskopische Untersuchung nicht volle 
Klarheit gebracht hatte. Für die Exstirpation empfiehlt sich ein 
1-Schnitt der Bauchwand, in den nach Ablösung des Bauchfells, event. 
nach Resektion desselben, die Blase, ringsum freigelegt und genügend 
mobilisirt, so weit als möglich hervorgezogen wird. Sodann werden 
die Harnleiter mit Klemmen gefasst, unterhalb derselben durch- 
schnitten, in gleicher Weise der Blasenhals abgetrennt, die Harn- 
röhrenschleimhaut mit dem Thermokauter verschorft, alle Gefäße 
unterbunden, event. gleichfalls mit dem letzteren behandelt, nach 
Entfernung der Blase die Harnleiter katheterisirt und, falls die rasche 
Beendigung der Operation nothwendig, zur Bauchwunde heraus- 
geleitet; im anderen Falle werden sie bei Frauen in die Scheide — 
event. nach Excision der Ovarien — oder, wie bei Männern, am 
zweckmäßigsten in die Flexura coli descend. eingepflanzt und hier 
mittels Chalot’schem oder Boari’schem'Anastomosenknopf oder nach 
der Methode von Krynski durch Nähte fixirt. Die Operationswunde 
wird mit Gaze ausgestopft. 

317+ 


810 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


In der geschilderten Weise, nur mit dem Unterschied, dass die 
Einpflanzung der Harnleiter in den Mastdarm erfolgte, sind Verff. 
in ihrem einen 40jährigen Pat. betreffenden Falle verfahren, nach- 
dem sie 14 Tage vorher eine Cystostomie ausgeführt hatten; die 
Eröffnung des Bauchfells konnte in dem Falle vermieden werden. 
Der Operirte überstand, trotzdem vorübergehend Urin und etwas 
Koth in die Wunde gelangte, nach anfänglich ernsten Störungen 
den Eingriff, behielt aber eine Fistel an der Stelle der Operations- 
wunde, während der Urin durch den Mastdarm entleert wurde. 
Tod ca. 7 Monate später, Ursache nicht bekannt. 

Kramer (Glogau). 


12) @. Nov6-Josserand. Sur une nouvelle methode de 


restauration urethrale dans l’hypospadias. 
(Revue de chir. 1898. No. 4.) 

Die vom Verf. bisher allerdings nur in 2 Fällen angewandte 
Methode bestand darin, dass von einem unmittelbar vor der Harn- 
zöhrenöffnung am Hodensack angelegten 2 cm langen Querschnitt 
aus die Haut nach vorn bis zur Eichel vom subkutanen Gewebe 
abgelöst und der hergestellte weite tunnelförmige Gang mit einem 
vom Schenkel entommenen Hautstück (» Greffe autoplastique d’Ollier«) 
ausgekleidet wurde. Dies geschah in folgender Weise: Das Stück 
(> comprenant une partie du derme et non pas l’&piderme seul «), welches 
etwas länger als der damit zu bedeckende Kanal mit dem Rasier- 
messer ausgeschnitten wurde, legte Verf. um eine (No. 21) dicke 
Bougie, mit der Epidermisseite dieser zugewandt, fixirte es an ihr 
an den Enden mit je 1 Ligatur, und schob sodann die Bougie vor- 
sichtig in den Gang, auf dessen Wände die wunde Seite der » Greffe « 
zu liegen kam, ein, das Instrument an seinem vorderen Ende durch 
eine Sutur befestigend, während durch die Harnröhrenmündung ein 
Verweilkatheter in die Blase gelegt ward. Am 10. Tage wurde die 
Bougie mit größter Vorsicht entfernt, nach weiteren 4—5 Tagen der 
mit Epidermis ausgekleidete Gang täglich (No. 19) und durch mehrere 
Wochen hindurch sondirt. Das Resultat war, nach anfänglichen, 
durch nicht genügend vorsichtigen Katheterismus und Verwendung 
zu dünner Instrumente bedingten Misserfolgen, eine ausgezeichnetes. 
Bei Anlegung eines weiten Ganges ist eine Retraktion des trans- 
plantirten Hautstücks nicht zu befürchten. Verf. empfiehlt desshalb 
die einfache Methode, der die Mängel der bekannten übrigen Ver- 
fahren nicht anhaften, zur weiteren Prüfung. Kramer (Glogau). 


13) Demons etBögouin. De lapachyvaginalite multiloculaire. 
(Revue de chir. 1898. No. 2.) 

Die Verff. berichten ausführlich über 5 Fälle von chronischer 

multilokulärer Pachyvaginalitis des Hodens, in deren einem ein seröser 

Erguss bestand (Hydrocele multilocularis), während er in den übrigen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 8ii 


von blutiger Beschaffenheit (Haematocele multilocularis) war. Die 
Pathogenese der Affektion wird auf Grund sorgfältiger Unter- 
suchungen der durch Kastration (mal Tuberkulose des Hodens und 
Samenstrangs) gewonnenen Präparate, in denen es sich entweder um 
vollständig abgeschlossene (1mal intraparietale) oder um mit einander 
und mit dem Hauptsack kommunicirende Taschenbildungen handelte, 
zu erklären gesucht. Nur in 2 Fällen wurden letztere schon vor 
der Operation erkannt; sie hatten sich nach langem Bestehen der 
Geschwulst erst in letzter Zeit gebildet, wobei wahrscheinlich leichte 
Traumen von Einfluss gewesen waren. Die langsame Entwicklung 
der Geschwulst, die zuerst glatt erscheint und erst spät bucklige 
Vorwölbungen zeigt, lässt sie, neben den Zeichen von Fluktuation etc., 
leicht von Carcinom oder Sarkom unterscheiden. 

Kramer (Glogau). 


14) O. Bloch (Kopenhagen). Quelques remarques sur le 
traitement radical de la tunique vaginale du testicule. 
(Revue de chir. 1898. No. 2.) 

B. hat nach folgender Methode 44 Fälle von Hydrocele testis 
operirt: Nach einem langen Schnitt, der die Tunica vaginalis nebst 
Hoden vollständig freilegt und umzustülpen ermöglicht, entfernt B. 
etwaige Wucherungen an der Innenseite der ersteren, reibt letztere 
mit in 3%ige Karbollösung getauchter Gaze energisch bis in die 
engsten Taschen hinein ab und stopft die Höhle der Tunica vaginalis 
mit Jodoformgaze aus, die nach 3—4 Tagen entfernt wird. Zeigt 
sich dann die Höhle vollständig trocken, so wird sie durch 3 bis 
5 Katgutnähte der Haut geschlossen. Unter 18%/, bis 5 Jahre nach 
der Operation untersuchten Fällen war nur in einem ein Recidiv 
aufgetreten, das einen 64jährigen Mann mit sehr großer Hydrocele 
betraf. Kramer (Glogau). 


15) Lambret. Les tumeurs bénignes du clitoris. 
(Revue de chir. 1898. No. 5.) 

Ein in Folet’s Klinik zur Beobachtung gelangter Fall von 
Dermoidcyste der Clitoris hat den Verf. veranlasst, die in der Litteratur 
mitgetheilten Fälle von gutartigen Geschwülsten der Clitoris zu 
sammeln und, so weit dies, da es sich zumeist um sehr alte, größten- 
theils mikroskopisch nicht untersuchte handelte, möglich war, ein 
Bild dieser seltenen Geschwülste zu entwerfen. Bei dem geringeren 
Interesse derselben für den Chirurgen begnügen wir uns nur zu 
erwähnen, dass L. zunächst die cystischen Geschwülste — Cysten 
mit blutigem Inhalt, Dermoideysten und Retentionseysten (Atherom) —, 
von denen er außer dem selbst beobachteten nur 5 Fälle auf- 
finden konnte — und sodann die soliden Geschwülste bespricht; bei 
diesen unterscheidet er zwischen den als pathologische Kuriositäten 
dastehenden Geschwülsten mit knöcherner oder knorpliger Struktur 
und den fibrösen Hypertrophien der Clitoris, welche nicht ganz selten 


812 Gentralblatt für Chirurgie. No. 31. 


bei syphilitischen Frauen beobachtet wurden. In Bezug auf Einzel- 
heiten sei auf das Original verwiesen. Kramer (Glogau). 


16) G. Ruggi (Modena). Eine Methode der Radikalbehand- 
lung des Vorfalls der weiblichen Genitalorgane. 
(Policlinico 1898. Januar 15.) 

Von der Ansicht ausgehend, dass keine der bisherigen Opera- 
tionsmethoden den ätiologischen und pathologisch-anatomischen 
Verhältnissen der vorgefallenen Genitalorgane völlig entspreche, hat 
Verf. ein neues Verfahren ersonnen, das seinen Angriffspunkt vor- 
zugsweise im Parametrium so wie in den Peritonealtaschen des vor- 
deren und hinteren Douglas sucht. Die Operation wird folgender- 
maßen ausgeführt: Vorbereitung wie zur vaginalen Totalexstirpation, 
Curettement, Desinfektion. Cirkuläre Umschneidung der Cervix; 
durch daraufgesetzte vertikale Schnitte wird ein rechtwinkliger 
Lappen auf der vorderen Scheidenwand (nach Bedürfnis auch auf 
der hinteren) gebildet; nach außen von diesem entstehen durch kleine 
Querschnitte 2 Seitenlappen. Von diesen Incisionen aus wird das 
parametrane Gewebe eröffnet; die Schleimhautlappen werden abgelöst, 
und Blase wie Mastdarm von der Gebärmutter lospräparirt. Schließlich 
wird das Bauchfell vorn und hinten eröffnet und möglichst hoch 
nach oben von Blase resp. Mastdarm abgelöst. Nunmehr wird der 
Uterus durch die enstandene Öffnung vorgewälzt und die vordere 
Fläche desselben mit einem eigens konstruirten Schabeinstrument 
bearbeitet, derart, dass nahezu sein ganzer Bauchfellüberzug entfernt, 
nur der den Fundus uteri bedeckende Theil desselben zurückgelassen 
wird. An diesen Rest des Bauchfells wird der die Blase überziehende 
Bauchfelllappen mit 4—6 Katgutnähten angehefte. Genau das 
Gleiche geschieht auf der Hinterfläche des Uterus, indem der den 
Mastdarm bedeckende Bauchfelllappen an den Fundus uteri angenäht 
wird. Nachdem auf diese Weise das Bauchfell verkürzt ist, wird 
die Cervix amputirt und die Scheidenwunde in der Art verschlossen, 
dass zuerst der mittlere Lappen fixirt und angefrischt und darüber 
die beiden Seitenlappen vereinigt, resp. mit der Schleimhaut des 
Halses vernäht werden. Schließlich wird der Uterus in die Höhe 
gedrängt und die Scheide tamponirt. Auf diese Weise sollen die 
Umschlagsfalten des Bauchfells höher nach oben verlegt werden. 
Heilung nach 14 Tagen. Ge: H. Bartsch (Heidelberg). 


17) N. Guinard. Tumeurs extra-abdominales du ligament 
rond. 
(Revue de chir. 1898. Hft. 1—3.) 

Nachdem vor Kurzem (s. Ref. in diesem Centralbl. 1896 p. 1245) 
Delbet und Heresco die Fibromyome des abdominalen Abschnitts 
des runden Mutterbandes eingehend abgehandelt hatten, bietet G. 
jetzt eine sorgfältige Studie über die zwischen äußerem Leistenring 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 813 


und dem Labium majus sich entwickelnden Geschwülste des Ligament. 
rotund., die intraparietalen (intra- und extrakanalikulären) von der Be- 
sprechung ausschließend. Es liegen ihr, außer den in der Litteratur 
beschriebenen 16 Fällen, 2 neue Beobachtungen, die eine von G. 
selbst und eine andere von Berger-Mouchet, zu Grunde, die 
sämmtlich genau mitgetheilt werden. Diese extraabdominalen Ge- 
schwülste sitzen am häufigsten an der äußeren Öffnung des Leisten- 
kanals, seltener im oberen Theil des Labium majus oder in dessen 
mittleren und unteren Abschnitten, haben verschiedene Gestalt und 
Größe, meist die eines Eies, zuweilen den Umfang eines Kinds- 
kopfes, und waren nur in Ge Falle multipel. Sie haben stets einen 
meist vom Lig. selbst ausgehenden bindegewebigen Stiel und eine 
zarte Kapsel, in der sie sich verschieben lassen. Meist handelt es 
sich um Fibrome oder Fibromyxome, zuweilen auch um Lipome, 
Sarkome, Myxome; auch ein wahrscheinlich von abgesprengten 
Theilen des Wolff’schen Körpers aus entstandenes Carcinom ist 
beobachtet worden. Die Geschwülste betrafen stets Frauen nach 
dem 20. Lebensjahre, etwas häufiger die rechte als die linke Seite; 
auf ihre Entwicklung scheint die Schwangerschaft nicht ganz ohne 
Einfluss gewesen zu sein. G. bespricht eingehend die Symptome 
und Diagnose der bisher meist erst durch die Operation richtig 
erkannten Geschwülste, die leicht mit Hernien verwechselt werden 
können. É 

Recidive sind bisher nach der Exstirpation, bei welcher sich 
empfiehlt, das Ligament. rotund. an der Leistenkanalwand durch einige 
Nähte zu fixiren, nicht beobachtet worden. Kramer (Glogau). 


Kleinere Mittheilungen. 


(Aus dem kgl. Friedrichs-Hospital. Abtheilung D, Oberchirurg Herr Docent 
Dr. med. Wanscher.) 


Ein Fall von inoperativem Angiosarkom durch Elektrolyse 
geheilt. 
Mitgetheilt von 


Paul Videbech, 
Assistenzarzt am St. Johannes-Hospital in Kopenhagen. 


Man findet in der Litteratur kaum ein Beispiel, dass man mit der Elektrolyse 
eine sicher diagnostieirte bösartige Geschwulst geheilt hat, welche nicht eben so 
gut mit dem Messer entfernt werden konnte. Folgender Fall vom Frederiks- 
Hospital, Abtheilung D, dürfte desshalb von besonderem Interesse sein, als ein 
Beispiel, dass auch die Theile einer malignen Geschwulst, welche nicht direkt von 
der kaustischen Wirkung destruirt werden, zum Nekrotisiren gebracht und durch 
Elektrolyse ausgestoßen werden können. 

Anna Kristine H., 16 Jahre, wurde am 9. September 1894 ins Hospital auf- 
genommen mit einem Tumor in der Regio nuchae. Die Geschwulst, welche bei 
der Aufnahme die Größe eines Kinderkopfes hatte, hatte sie erst vor 2 Monaten 
bemerkt. Sie war schnell zu ihrer damaligen Größe gewachsen, war nicht empfind- 


814 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


lich und verursachte keine spontanen Schmerzen. Aufwärts reichte die Geschwulst 
bis an die Haargrenze. Die Haut darüber war natürlich und die Geschwulst, 
welche etwas gelappt und im Ganzen einem Lipom in Konsistenz ähnlich war, war 
verschiebbar von Seite zu Seite, weniger von oben nach unten, und schien zwischen 
den Nackenmuskeln infiltrirt zu sein. Sie wurde für ein arboreseirendes Lipom 
angesehen. 

13. September 1894. Exstirpation in Äthernarkose. Die Geschwulst lag unter 
Mm. splenius und cucullaris, welche durchschnitten werden mussten. Sie ließ sich 
nur schwierig von der Umgebung losschälen und nur mit Morcellement einiger- 
maßen entfernen. Es kam dabei zu einer heftigen, besonders parenchymatösen 
Blutung, welche eine andauernde Kompression und die Anbringung vieler Péan- 
Pincetten erforderte, um weiter dringen zu können. Als man schließlich sich bis 
zur Wirbelsäule und den Processus transversi vorgearbeitet hatte, fand man, dass 
die Geschwulst sich zwischen diesen hinein fortsetzte und stand von ihrer Weiter- 
verfolgung ab. Die Wunde wurde mit Chlorzink geätzt und mit steriler Gase 
tamponirt-. Darüber steriler Verband und Schienen von der Schulter bis zum Kopf, 
um über ihnen genügend fest einwickeln zu können, ohne die großen Gefäße und 
Trachea zu komprimiren. 

Nach der recht blutigen Operation war die Pat. kollabirt, hatte filiformen 
Puls und war kalt und cyanotisch trotz vollständig freier Respiration, schien im 
Ganzen in beunruhigendem Grad anämisch zu sein. Eine Wassereingießung in 
das Rectum bei elevirter Beckenlage belebte sie etwas. Da aber der" Zustand 
weiter beunruhigend erschien, infundirte man steriles 6°/wiges Salzwasser in dje 
V. mediana, worauf Pat. sich dauernd erholte. Der Wundverlauf war normal, und 
die Anämie verlor sich schnell. 

Die exstirpirte Geschwulst war nach der mikroskopischen Untersuchung ein 
Angiosarkom. 

Als der Verband am 5. Tage nach der Operation gewechselt wurde, und dabei 
eine recht reichliche Blutung eintrat, tamponirte man mit Jodoformgaze und be- 
gann sofort am folgenden Tage unter Assistenz von Dr. med. Joh. Kaarsberg 
die Reste der Geschwulst mit Elektrolyse anzugreifen. 4 Nadeln (angebracht so- 
wohl am positiven wie am negativen Pol) wurden mehrere Male auf mehrere Stellen, 
so tief wie man es wagen durfte, ohne Art. vertebralis oder andere große Gefäße 
zu verletzen, eingestochen. Die angewandte Stromstärke betrug 500 Milliamperes. 
Danach begannen sich nekrotische Massen auszuscheiden, und nachdem eigroße 
Klumpen eich abgestoßen hatten, reinigte sich die Wunde. 

Pat. befand sich wohl und war vom 6.—10. Tage außer Bett. 


Den 13. Oktober fingen die Granulationen aber an, ein verdächtiges Aussehen 
anzunehmen, und ein Stück, das entfernt wurde, ergab sich mikroskopisch als 
Recidiv des Sarkoms. Desshalb wurde am 14., 15., 16. und 17. Oktober die Elek- 
trolyse wiederholt — ohne Narkose. Sie verursachte keine Schmerzen. Der an- 
gewendete Strom war mehrere Hundert Milliampöres stark, und die chemische 
Wirkung um die Nadel herum lebhaft. Während der Sitsung empfand Pat. einen 
eigenartigen Geschmack. 

Nach Ausstoßung einiger nekrotischer Massen granulirte die Wunde wieder 
frisch und zog sich zusammen. Am 1. November konnte Pat. als geheilt entlassen 
werden, und bis zum April 1898, also über 3 Jahre nach der Operation, ist kein 
Recidiv eingetreten. Pat. erfreut sich einer ausgezeichneten Gesundheit und be- 
sitzt ein blühendes Aussehen. 

Eine kritische Beurtheilung der bisher referirten Krankenfälle ähnlicher Art 
ergiebt, dass der vorstehende als der 1. Fall einer bösartigen Geschwulst anzu- 
sehen ist, bei der die Diagnose durch mikroskopische Untersuchung gesichert war, 
die Exstirpation auf gewöhnliche Weise sich als unmöglich zeigte, die Elektrolyse 
aber zu dauernder Heilung führte. 

Dagegen findet man viele Beispiele, dass nicht inoperative bösartige Ge- 
schwülste durch elektrolytische Behandlung zerstört worden sind. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 815 


So lange es nicht bewiesen ist, dass diese Methode mehr als jede andere gegen 
Recidiv sichert, haben diese Fälle kein besonderes Interesse, außer allenfalls 
dahin, dass sie die klinischen Beweise dafür gegeben haben, dass bösartiges Ge- 
schwulstgewebe leichter als gesundes Gewebe durch Elektrolyse zerstört wird: eine 
Beobachtung, welche durch Versuche unter mikroskopischer Kontrolle (Nephtel) 
sichergestellt ist. Andererseits giebt es nicht wenige Beispiele dafür, dass die 
Elektrolyse sich wirksam gegenüber Geschwülsten gezeigt hat, die zwar inoperabel 
waren, deren Malignität aber nicht genügend bewiesen ist. So hat Nephtel in 
Virchow’s Archiv 1869 einen Fall mitgetheilt, welcher historisches Interesse hat 
als der 1. Versuch einer Anwendung der Methode bei einem Tumor, welcher für 
malign und inoperabel angesehen wurde. Sein Pat. hatte ein Carcinom in der 
linken Mamma mit Drüsengeschwulst in der Achsel und am Halse gehabt. Ma- 
rion Sims exstirpirte die Mamma und die Achseldrüsen (über das Schicksal der 
Halsdrüsen wird nichts erwähnt). Ein Jahr nach der Operation entwickelte sich 
ein Recidiv in der Achselhöhle, wesshalb eine 2. Operation vorgenommen wurde. 
Kurze Zeit darauf entwickelte sich eine schnell wachsende »scirrhöse« Geschwulst 
in der rechten Mamma, die man bei dem herabgekommenen Zustand des Pat. nicht 
exstirpiren durfte. i 

Diese — apfelsinegroße — Geschwulst schwand nun bei Elektrolyse, und Pat. 
war 3 Jahre später ohne Recidiv, starb jedoch bald danach an einer »inter- 
kurrenten« Krankheit (keine Sektion). Diese Geschwulst kann eigentlich nicht als 
inoperabel angesehen werden, da sie entweder als ein primärer Krebs (ohne Meta- 
stasen) oder als einzigste Metastase der ursprünglichen Geschwulst auf der linken 
Seite aufgefasst werden muss. »Inoperabel« war sie nur auf Grund der Schwäche 
des Pat. Dass, wie in Nephtel’s 2. Mittheilung (in Virchow's Archiv 1873 
Bd. LVII) zu lesen, 3 Jahre nach der Operation an Stelle des Tumors reichliches 
Fettgewebe und verschiebbare Haut gefunden wurde, spricht bestimmt dagegen; 
denn als Regel ruft die Elektrolyse maligner Geschwülste eine sehr starke Binde- 
gewebsbildung hervor. 

Nicht einer von Nephtel’s anderen Versuchen ist für den Werth der Elektro- 
lyse bei inoperablen malignen Geschwülsten — anderen Methoden gegenüber — 
beweisend. 

Das größte Interesse knüpfte sich an einen Fall von Recidiv einer bösartigen 
Handrückengeschwulst, wo die Amputation vorgeschlagen war, die Elektrolyse 
aber zu dauernder Heilung führte. 

Esmarch hat im Archiv für klin. Chirurgie 1878 folgenden Fall veröffent- 
licht, den er als »eklatantes Resultat« der Elektrolyse bezeichnet: Ein 36jähriger 
Mann hatte ein Cystosarcoma femoris von der Größe zweier Fäuste, das sich im 
Laufe eines Jahres entwickelt hatte. Die Natur desselben war durch wiederholte 
Untersuchungen mit Hilfe von Punktur festgestellt worden. An eine Entfernung 
mit dem Messer war nicht zu denken, da die Geschwulst tief zwischen die Muskeln 
und großen Gefäße in der Regio inguinalis vordrang und wahrscheinlich vom Pe- 
riost im obersten Dritttheil des Femur ihren Ausgang nahm. 

Die Umfangszunahme des Oberschenkels betrug 11cm. Mitte Februar 1874 
begann die Behandlung mit Elektrolyse, die 6 Wochen lang täglich auf Esmarcoh’s 
Klinik in Form von Elektropunktur, dann ein Jahr lang zu Hause in der Form 
von konstantem Strom durch Plattenelektroden angewandt wurde. 

Die Geschwulst schwand dabei langsam; nach Verlauf eines Jahres ließ sich 
nur noch eine geringe Härte in der Tiefe unter den Muskeln nachweisen. 

Dieser Verlauf ist so merkwürdig, dass ein Zweifel an der Korrektheit der 
Diagnose um so mehr als berechtigt angesehen werden muss, als es überhaupt 
kaum möglich ist, die Natur einer Geschwulst durch Untersuchung des Gewebes, 
welches man durch die Punktur bekommen kann, sicherzustellen. 

Esmarch fügt übrigens selbst hinzu, dass er sonst niemals Resultate von der 
Elektrolyse bei bösartigen Geschwülsten gesehen habe. 


1 Virchow’s Archiv 1881. Bd. LXXXVI. Hft. 8. 


816 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


Zu demselben Resultat sind die meisten anderen Autoren gekommen und 
rathen entweder — wie Billroth? und Winiwarter3 — von der Anwendung 
der Methode ab, oder haben höchstens eine Verkleinerung des Tumors und eine 
Besserung des Allgemeinbefindens erzielt, was man wohl mit einer gewissen Wahr- 
scheinlichkeit dem Umstand zuschreiben kann, dass die Pat. merken, dass etwas 
mit ihnen geschieht, eben so wie die Elektrotherapie für die meisten eine kräftige 
Suggestion ist. 

V. Bruns“, der übrigens die Elektrolyse, namentlich bei Behandlung von 
Strietura urethrae und Struma, anempfiehlt, ist nicht zufrieden mit seinen eigenen 
Versuchen bei malignen Tumoren und hat beim Studium der verschiedenen Ver- 
fasser auch bei diesen keine zufriedenstellenden Fälle gefunden. 

Althaus, der eifrige Vorkämpfer der Elektrolyse, hat nur ein sehr zweifel- 
haftes Resultat bei einem Mammacareinom erzielt; dasselbe kann man von späteren 
Verfassern (Parson®, Newman’, White®) sagen. Dagegen hat Kaarsberg® 
einen Fall beschrieben, wo die Elektrolyse aller Wahrscheinlichkeit nach die de- 
finitive Heilung eines Mammacarcinoms bewirkt hat. Es handelte sich um eine 
63jährige Frau, bei welcher ein melanotisches Carcinoma mammae durch die ge- 
wöhnliche Operation entfernt war, und wo sich danach Metastasen in den Achsel- 
drüsen zeigten. Da diese nicht gans mit dem Messer entfernt werden konnten, 
weil die Infiltration sich bis über die Clavicula erstreckte, wurde Elektrolyse an- 
gewendet, indem sowohl die Anode wie die Kathode in das Geschwulstgewebe 
eingeführt wurden und ein Strom von 280 Milliamperes, dann ein solcher von 
540 Milliamperes je 5 Minuten durchgeleitet wurde. 

In der Infiltration der Wunde wie in !der Achselhöhle wurde an einzelnen 
Stellen melanotischer Krebs gefunden; da das eigentliche Infiltrat, das durch die 
Elektrolyse entfernt wurde, nicht mikroskopisch untersucht wurde, ist Kaars- 
berg so vorsichtig, die Heilung nur als eine »höchst wahrscheinliche« Folge der 
Elektrolyse zu betrachten, indem er meint, die Möglichkeit nicht ausschließen zu 
können, dass das Infiltrat unter der Clavicula nicht maligner Natur gewesen sei. 

Der Grund zu den guten Resultaten, welche in Wanscher’s und — mit dem 
gegebenen Vorbehalt — in Kaarsberg’s Fällen erreicht sind, muss gewiss darin 
gesucht werden, dass die Elektrolyse auf eine Weise angewendet worden ist, 
welche ich nur bei Kaarsberg gefunden habe, und die wahrscheinlich bisher im 
Ausland nicht angewendet worden ist. 

Nephtel, Althaus, Bruns, Esmaroh u. A. haben nur Elektropunktur 
des Tumors, ohne denselben bloß zu legen, angewendet, und durchschnittlich sind 
— wo man eine Angabe findet — schwache Ströme zur Anwendung gekommen. 

Diese haben den Vortheil, keine Schmerzen zu verursachen und machen also 
keine Narkose nothwendig; auf der anderen Seite aber muss die Behandlung sehr 
lange fortgesetst werden. 

Für inoperable maligne Neoplasmen eignet dieses sachgemäße Vorgehen sich 
desshalb in der Regel nicht. Hier wird eine schnelle und radikale Destruktion 
des Geschwulstgewebes das Richtigste sein. 

Nephtel suchte dieses damit zu erreichen, dass er 4—5 Nadeln vom posi- 
tiven Pol horizontal unter die Basis des Tumors und eben so viele Nadeln vom 
negativen Pol vertikal in den Tumor einführte. 

Conditio sine qua non für einen guten Ausfall ist für Nephtel — wie für 
Esmarch — die Nachbehandlung mit einem konstanten Strom, welcher durch 


2 Wiener med. Wochenschrift 1875. p. 225 u. 245. 
3 Archiv für klin. Chirurgie 1875. 

4 Die Galvanochirurgie, Tübingen 1870. 

5 Berliner klin. Wochenschrift 1875. 

$ Brit. med. journ. 1890. p. 860. 

1 Electricity in carcinoma 1891. 

8 Brit. med. journ. 1896. Oktober 24. 

3 Ueber Galvanokirurgi, Hosp. tid 1894. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 817 


eine Kathodennadel wirkt, die an der Mündung der Stichkanäle oder durch die 
Plattenelektrode angebracht ist. 

Parson wendet recht starke alternirende Ströme an. Er sucht das Gewebe 
durch Stoß zu destruiren und wechselt den Strom mit einem Stromwender so 
schnell wie möglich, so dass die Wirkung um die Pole herum nur gering bleibt. 

Kaarsberg verwendet die, wie es scheint, einzig rationelle Methode: 1) nur 
die Elektrolyse zu gebrauchen, nicht als einen Ersatz des Messers, wie von 
Nephtel vorgeschlagen, sondern als eine Hilfe da, wo das Messer zur Seite ge- 
legt werden muss. 2) Stärkere Ströme anzuwenden, welche eine schnelle und 
gründliche Destruktion des kranken Gewebes möglich machen. Desshalb muss 
die Geschwulst bloßgelegt werden, so dass man sehen kann, wo man arbeitet und 
Verletzung wichtiger Organe vermeidet und so, dass man reichlichen Abfluss für 
die nekrotisirten Gewebselemente hat. 

Über die Gefährlichkeit der starken Ströme haben verschiedene Meinungen 
geherrscht; die neuesten Erfahrungen sprechen aber dafür, dass die Furcht vor 
gefährlichen Folgen starker Ströme ziemlich unbegründet ist. Erfahrungen von 
der Abtheilung D des Friedrichs-Hospitals sprechen für dasselbe. 

Die starken Ströme sind aber in der Regel sehr schmerzhaft, und die Operation 
erfordert schon aus diesem Grunde die Narkose. 

Es folgt aus diesen verschiedenen Forderungen, welche man an die Ausführung 
einer wirksamen Elektrolyse stellen muss, dass der Eingriff immer ernstlich ist, 
desto ernster, je schwieriger es ist, Einblick in das Operationsfeld zu bekommen. 

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Elektrolyse — mit den oben an- 
gegebenen eingeschränkten Indikationen — vorzugsweise angewendet werden wird 
in Regionen, die die Nadeln leicht erreichen können, ohne wichtige Gefäße und 
Nerven zu verletzen; denn die Gefahren der starken Ströme liegen nicht — wie 
früher angenommen — im Shock des Centralnervensystems, sondern in den ziem- 
lich unberechenbaren lokalen Wirkungen. 

Die Elektrolyse hat ja theils eine chemische Wirkäng, die man am besten 
mit der Wirkung von starken Säuren oder Basen vergleichen kann (was eine Dis- 
kussion darüber, ob sie antiseptisch ist oder nicht, ziemlich überflüssig zu machen 
scheint), theils hat sie eine mechanische oder, wie Erb es nennt, kataphorische 
Wirkung, welche sich darin zeigt, dass die Gewebsflüssigkeit sich von positiven 
zu negativen Polen bewegt, desto mehr, je stärker der Strom ist, während die 
festen kleineren Theile in entgegengesetzter Richtung bewegt werden. 

Kuttner (Galvanolyse, Eulenburg’s Realencyklopädie) spricht nur von 
einem »Transport von Gewebselementen«s vom positiven nach dem negativen Pol, 
womit auch fernere Gewebstheile am negativen Pol destruirt werden können. Be- 
dingung für diese kataphorische Wirkung ist eine gewisse Porosität, welche man 
durch Sprengung der Gewebselemente durch die entwickelten Luftblasen erreicht. 

Als ein drittes und wichtiges Moment ist sicher der Umstand zu berücksich- 
tigen, dass Gewebsflüssigkeit den Zellen entzogen und an beiden Polen so in ihrer 
chemischen Zusammensetzung verändert wird, dass sie zur Ernährung der Zellen 
untauglich bleibt. Dieser Process macht sich um so stärker geltend, je mehr die 
Vitalität der Zellen im Voraus durch die chemische und mechanische Wirkung 
geschwächt ist. 

Neben der Nekrotisirung des kranken Gewebes ruft die Elektrolyse zugleich 
eine kräftige Reaktion des umgebenden gesunden Gewebes hervor, die zu leb- 
hafter Narbenbildung führt, welche wohl sicher zur endlichen Destruktion des 
Geschwulstgewebes wesentlich beiträgt. Interessant ist in dieser Hinsicht der 
Sektionsbefund bei Kaarsberg’s 1. Pat. mit Cancer mammae. »Das Gewebe in 
der Achselhöhle bestand aus festem, weißlichen Gewebe, welches makroskopisch 
wie ein Scirrhus aussah, aber bei zahlreichen mikroskopischen Schnitten sich 
als Bindegewebe ergab; nur ganz im Innern, in der Umgebung der Nerven, sah 
man eine Anhäufung von Krebszellen.« 

Diese verschiedenen Wirkungen der Elektrolyse sind — wie schon Nephtel 
gesehen hat — am stärksten ausgesprochen, wenn man sowohl den positiven als 
den negativen Pol beim Einstich verwendet. 


818 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


Diese Methode ist von Kaarsberg und Wanscher benutzt und hat nicht 
nur die klinische Erfahrung für sich, sondern auch — wie sich aus dem Vorher- 
gehenden ergiebt — seine theoretische Begründung. 


18) E. Funke. Chirurgisch wichtige Varietäten der Gefäße. 
(v. Langenbeok’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

F. beschreibt eine Reihe bisher schon bekannter Gefäßanomalien, welche be- 
sonders wichtig für operative Eingriffe sind. Außer den bekannteren, z. B. der 
Art. obturatoria, ischiadica ete., werden auch weniger häufigere aus der Litteratur 
aufgezählt und einige neue eigene Beobachtungen hinzugefügt, von denen ich nur 
den besonders oft variirenden Verlauf des Truncus thyreo-cervicalis am Hals her- 
vorheben will. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


19) S. Bartoszewicz. Ein Fall von Abdominaltyphus mit ungewöhn- 
lich zahlreichen Abscessen. 
(Medycyna 1898. No. 4.) 

Bei einem 32jährigen Pat. haben sich im Laufe eines relativ mäßig schweren 
Abdominaltyphus und in der Rekonvalesceng 19 Abscesse des Unterhautzellgewebes 
etablirt. Interessant ist der Umstand, dass in dem ersten Typhusbaeillen prāva- 
lirten und nur hier und da Staphylokokken gefunden wurden. In jedem weiteren 
Abscess änderte sich das relative Verhältnis beider Arten von Mikroorganismen 
derart zu Ungunsten der Typhusbacillen, dass der 19. Abscess fast eine Rein- 
kultur von Staphylokokken ohne jede Beimischung von Typhusbacillen darstellte. 

Trzebicky (Krakau). 


20) Hubert. Traitement des septic&mies puerpérales par le sérum 
antistreptococcique. Quatre cas de guérison. 
(Bull. de l’acad. royale de méd. de Belgique 1898. No, 2.) 

Fall 1, Frau von 23 Jahren, wird 2 Tage nach der Geburt von puerperaler 
Septhämie befallen; Auswaschungen des Uterus sind ohne Erfolg. Am 3. Tage 
nach der Geburt werden 100 g Serum antistr. polyvalent von Denys, unter die 
Haut des Vorderarms, Oberarms und Schenkels vertheilt, auf einmal injieirt. 
Lokal keine Reaktion. Innerhalb 4 Tagen ging darauf die Temperatur von 40,4° 
auf 37,4°, der Puls von 124 auf 90 zurück. Heilung. In den der Injektion folgen- 
den Tagen traten heftige Delirien mit Gesichts- und Gehörshallueinationen auf. 

Die Fälle 2—4 sind von Dr. Pouillon beobachtet. In Fall 2, Septhämie 
nach Abortus, wurden 200 g Serum polyvalent eingespritzt, worauf das Fieber in 
2 Tagen schwand. In Fall 3 spritzte man am 3. Tage nach dem Auftreten der 
Infektionserscheinungen 100 g Serum monovalent, am 4. 100 g Serum bivalent, 
am 7. 100 g Serum polyvalent ein. Heilung. — Im 4. Falle, Septhämie nach 
Abortus, trat nach 1 Injektion von 100 g Serum polyvalent Heilung in wenigen 
Tagen ein. — Unter Serum monovalent ist solches zu verstehen, welches dem 
Versuchsthier, z. B. dem Pferd, entnommen wird, nachdem dasselbe mit einer 
Streptokokkenart geimpft ist. Hat man demselben Thier gleichzeitig 2 Strepto- 
kokkenarten eingeimpft, so ist sein Serum gegen diese beiden Arten wirksam; es 
ist bivalent. Das Serum polyvalent wirkt gegen 3, 4 und mehr, bis zu 15, Strepto- 
kokkenarten, wenn solche, jede für sich reinkultivirt, dem Thier eingeimpft wor- 
den ist. E. Fischer (Straßburg i/E.). 


21) Sudeck. Über Lokalanästhesie. (Aus der chirurgischen Ab- 
theilung des alten allgemeinen Krankenhauses in Hamburg.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 8.) 

Auf der betreffenden Abtheilung wurden unter Anwendung des Schleich- 
schen Verfahrens 3 brandige Darmstücke resecirt und fast 30 Fälle eingeklemmter 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 819 


Brüche überhaupt operirt, in der Regel ohne zu lebhafte Schmersäußerungen 
der Pat. 

Die Methode leistete mehr bei eingeklemmten Brüchen als bei mobilen und 
bei Frauen mehr als bei Männern. Das Zerren am Bauchfell bedingt indess stets 
Schmerzen, eben so die Isolirung des Samenstrangs. 

Bei größeren Bauchoperationen ist die Narkose entschieden vorzuziehen. Bei 
zahlreichen kleineren Operationen, abgesehen von entzündlichen Affektionen, sind 
mit Schleich durchaus gute Resultate zu erzielen. 

Bei Panaritien ist die Oberst’sche Methode der von Schleich vorzusiehen. 

R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


22) 8. Kossobudski. Ein mit Chelidonium majus behandelter Fall 
von Lippenkrebs. 
(Medycyna 1898. No. 4.) 


Ein mit operablem Lippenkrebs behafteter Mann erhielt Chelidonium majus in 
großen Dosen innerlich. Das Krebsgeschwür wurde mit demselben bestrichen und 
die Neubildung selbst mit parenohymatösen Einspritzungen maltraitirt. Außer 
heftigen Schmerzen und einer interkurrenten Phlegmone des Gesichts gar kein 
Erfolg. Trzebicky (Krakau). 


23) B. A. Fratkin. Rupturen der weiblichen Harnblase Ein Fall 
von Harnblasenruptur bei einer Schwangeren. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.) 

Die 36jährige Pat., 6 Monate schwanger, stürzte von einem Schemel, auf dem 
sie stand, und gegen dessen Fuß mit ihren Genitalien. Sofort starke Schmerzen. 
Während der letzten 5 Schwangerschaften hatte sie jedes Mal ein Hämatom der 
linken großen Schamlippe, dasselbe findet sich auch jetzt. Oben im vorderen 
Scheidengewölbe trifft man eine rundliche Anschwellung; Uterus sehr hoch hinauf- 
gerückt. Collaps. Durch den eingeführten Katheter floss kein Urin, nur etwas 
Blut ab; beim Drücken auf die Geschwulst im Fornix entleerte sich viel blut- 
haltiger Urin. Laparotomie. Blase intakt, zwischen derselben und dem Uterus 
eine orangegroße Geschwulst. Im Peritonealraum kein Blut. Bauchwunde ge- 
schlossen; Schnitt im vorderen Scheidengewölbe quer, worauf der Finger in eine 
mit Urin und Blut gefüllte Höhle gelangt, — extraperitonealer Harnblasenriss. 
Tamponade. Über den weiteren Verlauf wird bloß bis zum 6. Tage berichtet; bis 
dahin fühlte sich Pat. wohl. Güekel (B. Karabulak, Saratow). 


24) M. N. Poroschin. Uber intraperitoneale Verletzungen der Harn- 
wege bei Laparotomien. 
(Wratsch 1897. No. 19. [Russisch.]) 

1) Beim Entfernen einer intraligamentären Cyste wurde in Prof. Slawjansky’s 
-Klinik zufällig der rechte Harnleiter durchschnitten. Das Unglück wurde sofort 
am tropfenweise abfließenden Urin bemerkt; da die Wände des Harnleiters dick 
genug waren, wurden die Enden durch 4 dünne Seidennähte vereinigt, die nur 
Berosa und Muscularis fassten; dann schlug man ein Stück Peritoneum um den 
Harnleiter und befestigte es mit einigen Fäden. Vor dieser Cyste wurde noch 
eine gestielte Ovavialeyste abgebunden und entfernt. Operationsdauer 2 Stunden. 
Bis zum 5. Tage häufig Harndrängen; Urinmenge 100—300 ccm, geringe Beimengung 
von rothen Blutkörperchen. Am 12. Tage Urin normal; nach 5 Wochen Pat. ent- 
lassen. — Die Verletzung kommt selten vor: auf 500 Bauohschnitte bei Slawjansky 
imal. In der russischen Litteratur fand P. noch 2 Fälle: Ott: die Harnleiter 
wurden beim Entfernen eines Eitersackes in die Ligaturen gefasst; eine neue 
Laparotomie und Entfernen der Fäden konnte die Kranke nicht retten. Warneck 
entfernte mit einer Eierstocksgeschwulst ein 9 cm langes Stück; die betreffende 
Niere erwies sich atrophisch und gab keinen Harn; doch wurde das centrale Ende 


820 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


in die Bauchwunde genäht und drainirt; als nach 2 Tagen kein Harn ausfloss, 
wurde das Drainrohr entfernt, worauf der Harnleiter obliterirte. 

Im 2. Falle wurde beim Durchtrennen der Verwachsungen eines subserösen 
Uterusfibroms die Blase angerissen; da die Blutung sehr stark war, entfernte man 
die Geschwulst rasch mit einem Stück Blase. Naht der Mucosa fortlaufend nach 
Multanowsky, dann Knopfnähte auf Serosa-Muscularis; oben wurde die Blase 
mit Bauchfell bedeckt. Verweilkatheter für 4 Tage. Heilung. 

@üickel (B. Karabulak, Saratow). 


25) P. Delbet. Un cas d’urethre double avec quelques considérations 
pathogéniques et cliniques. 
(Ann. des malad. des org. génito-urin. 1898. No. 3.) 

Bei einem 20jährigen Mann, der den Verf. wegen eines linksseitigen Leisten- 
bruches und Varicocele konsultirte, fand sich eine Doppelbildung der männlichen 
Harnröhre. 6 mm oberhalb der normalen Harnröhrenöffnung befindet sich eine 
zweite mit derselben Schleimhaut ausgekleidete Mündung, in die eine feinste 
Bougie 14cm weit bis unterhalb der Symphyse eindringt. Urin und Sperma 
kommen niemals durch diese Öffnung. Auch durch Injektion von Farbflüssig- 
keiten ist eine Komunikation zwischen normaler und anormaler Harnröhre nicht 
nachzuweisen. Einen operativen Eingriff hält Verf. in diesem Falle nicht für an- 
gezeigt. P. Wagner (Leipzig). 


26) G. R. Fowler (New York). Implantation of the ureters into the 
rectum in exstrophy of the bladder, with a description of a new 
method of operation. 

(Amer. journ. of the med. sciences 1898. März.) 

In einem Falle, der einen 6jährigen Jungen betraf, verfuhr F. folgendermaßen: 

Nach Eröffnung des Bauches in Trendelenburg’scher Lage wurden die 
Harnleiter von der Blase abgelöst und schräg abgeschnitten. In die vordere 
Wand des Mastdarms wurde durch Serosa und Muscularis ein 7 cm langer Schnitt 
geführt. Aus der Schleimhaut wird ein zungenförmiger Lappen mit oberer Basis 
ausgeschnitten, nach oben umgeklappt und in dieser Lage mit einigen Katgut- 
nähten befestigt, so dass an dieser Stelle außen und innen Mastdarmschleimhaut 
sich findet. Die Harnleiter werden darauf in den Einschnitt der Mastdarmwand 
derart eingefügt, dass ihre abgeschrägten Querschnitte auf das nach außen ge- 
richtete Stück Schleimhaut zu liegen kommen. Ihre Befestigung geschieht mit 
Katgut. Darauf werden sie sammt dem Schleimhautlappen in die Mastdarmhöhle 
eingestülpt und die Darmwand sorgfältig darüber vernäht. 

F. rühmt dieser Methode folgende Vortheile nach: 

1) Es ist eine permanent wirkende Klappe hergestellt, bei der Schleimhaut die 
Harnleitermündung deckt. Die Klappe tritt besonders in Thätigkeit, wenn der 
Mastdarm mit Urin oder Kothmassen gefüllt ist. 

2) Dadurch, dass die Harnleiter in der Submucosa eine Strecke weit verlaufen, 
komprimirt die Cirkularmuskulatur des Darms dieselben und sichert den Ver- 
schluss gegen die Nieren während der Defäkation. 

Ob diese Methode der von Maydl u. A. angegebenen Art der Harnleiter- 
einpflanzung überlegen ist, müssen noch weitere Erfahrungen lehren. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


27) Albertin. Anurie calculeuse et rein unique. 
(Ann. der malad. des org. genito-urin. 1898. No. 4.) 

Verf. theilt folgende interessante Beobachtung mit: Der 63jährige Kranke 
leidet seit 22 Jahren an Nierensteinkoliken. Nach einer starken linksseitigen 
Nierensteinkolik plötzliche vollkommene Anurie. Am 6. Tage wird der Kranke 
ins Hospital aufgenommen; urämischer Kopfschmers; linksseitige Nierenschwellung; 
in der Blase kein Tropfen Urin. Am 7. Tage nach Eintritt der Anurie: links- 


Oentralblatt für Chirurgie. No. 31. 821 


seitige Nephrotomie. Incision der Niere bis ins Nierenbecken, Abfluss von etwas 
stinkendem, mit Blut gemischtem Urin. Ein Stein kann nicht gefunden werden. 
Die Untersuchung war bei dem sebr fetten Kranken außerordentlich erschwert, da 
die Exploration in einer Tiefe von ca. 12 cm stattfinden musste. Drainage, Offen- 
lassen der Wunde. Abgang von Urin auf natürlichem Wege und durch die Wunde. 
Urämische Delirien. Tod 2 Tage nach der Operation. Sektion: Linke Niere stark 
vergrößert; Erweiterung der Nierenkelche und des Beckens. In dem mit eitrigem 
Urin angefüllten Nierenbecken sitzt ein verästeltes, bis weit in den Harnleiter 
hineinreichendes Konkrement von 5cm Länge und 3 om Breite. Rechte Niere bis 
auf Mandelgröße atrophirt, bestand nur noch aus einer bindegewebigen Hülle, die 
3 haselnussgroße Steine umhüllte. Der dazu gehörige Harnleiter war stark ver- 
dünnt und kaum für eine feine Sonde durchgängig. 

Verf. steht auf dem Standpunkt von Legueu, dass die kalkulöse Anurie 
stets mechanischen und nicht reflektorischen Ursprungs ist. Bei dem Kranken 
des Verf. war die reohte Niere jedenfalls schon lange atrophirt und vollkommen 
funktionsunfähig. Die Nephrolithiasis hatte hier su einer aseptischen Atrophie 
geführt. In der linken Niere war die Steinerkrankung mit einer infektiösen 
Pyelonephritis komplieirt und hatte zu einer beträchtlichen Vergrößerung des 
Organs geführt. Die erst am 7. Tage der Anurie ausgeführte Nephrotomie kam 
zu spät; der Kranke erlag der urämische Intoxikation. Bei der kalkulösen Anurie 
soll die Nephrotomie so bald als möglich vorgenommen werden, jedenfalls aber, 
so wie die Diagnose feststeht. P. Wagner (Leipzig). 


28) Schwartz. Malade atteint d’hydron&phrose. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 429.) 

8. heilte einen Pat. von seiner enormen Hydronephrose mittels des von Al- 
barran angegebenen Verfahrens der Entleerung des Sackes durch Katheterismus 
des Ureters und folgende Ausspülungen mit Höllensteinlösung. 

Beichel (Breslau). 


29) P. P. Michailow. Eitrige Paranephritis mit Durchbruch nach 
dem Zwölffingerdarm. (Aus dem Kinderkrankenhaus der h. Olga.) 
(Kinderheilkunde 1897. p. 348. [Russisch.)) 

Ein 7jähriger Knabe trat ins Krankenhaus mit der Diagnose eines seit 
3 Wochen bestehenden subdiaphragmatischen Abscesses. Die Erscheinungen hatten 
mit unbestimmten Leibschmerzen begonnen. Auf Druck ist namentlich die rechte 
Bauchhälfte schmerzhaft, die Haut ist teigig geschwollen. In der Lin. mammillar. 
geht die Dämpfung von der 4. Rippe bis unter den Rippenrand, in der Axillar- 
linie reicht sie bis an die 9. Rippe. Morgentemperatur 37,5, Abends 38,5. Unter 
Chloroformnarkose eröffnete ein Schnitt von der Spina ant. sup. aufwärts einen 
Abscess mit kothähnlich riechendem Eiter. Der Kranke wurde trotsdem immer 
schwächer und schwächer, starb, und bei der Sektion zeigte sich, dass die rechte 
sonst gesunde Niere von Eiter umspült war, und die Eiterhöhle mit dem Zwölf- 
fingerdarm kommunicirte. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


30) G. E. Twynom. Nephrectomy and its relation to pregnancy. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 12.) 

Von 3 Pat., bei denen T. wegen lävulöser Pyelitis oder Pyonephrose die Ne- 
phrektomie ausgeführt hatte, wurde eine Pat. nach 7, die zweite nach 14 Monaten 
schwanger. Im 1. Falle musste wegen drohender Entstehung eines Bauchbruches 
die Geburt durch Anlegung der Zange rasch zu Ende geführt werden, die 2. Pat. 
machte eine normale Schwangerschaft durch, die nur mit häufigerem Erbrechen, 
wie sonst, einherging. Auch eine 2. Schwangerschaft verlief bei dieser Pat. normal. 
In einem 3. Falle wurde die Nephrektomie im 3. Monat der Schwangerschaft aus- 
geführt. Da ein Abort danach nicht eintrat, sonstige Erfahrungen über den Ver- 
lauf der Schwangerschaft in solchen Fällen nicht bekannt waren, wurde der Abort 
künstlich eingeleitet. Pat. überstand dann einen leichten urämischen Anfall und genas. 


822 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


~ T. bemerkt noch, dass in keinem Fall Vermehrung des Fruchtwassers oder 
Ödeme ;bemerkt wurden, dass die Kinder gesund waren und von der Mutter ge- 
nährt wurden. F. Krumm (Karlsruhe). 


31) Esprit. Tumeur du scrotum déterminée par des embryons de 
ver de Guinee. 
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1898. Mai.) 


Ein Spahi, der sich jahrelang am Senegal aufgehalten hatte, zeigte im Zell- 
gewebe des Hodensacks eine Geschwulst, welche sich innerhalb einiger Wochen 
entwickelt hatte und eine knotige und lappige Gestalt besaß. Einschnitte ent- 
leerten nur eine dünne, wässrig-blutige Flüssigkeit; danach verkleinerte sich die 
Geschwulst, ohne jedoch ganz zu verschwinden. Man schritt daher zur Aus- 
schälung des Ganzen und bestand die Geschwulst aus einem maschigen, fibrösen 
Gewebe, in welchem sich zahlreiche weiße Körperchen von der Größe eines Steck- 
nadelkopfes bis zu der eines Getreidekorns eingebettet vorfanden. Alle diese 
Körperchen konnten mit dem Mikroskop als die Embryonen von Filaria medi- 
nensis erkannt werden, welche sich in verschiedenen Entwicklungsstadien befanden 
und an einem Ende theils eine Geißel trugen, theils aber auch nicht, theilweise 
auch schon deutliche Gliederung zeigten und meist spiralig oder korkzieherartig 
susammengedreht, theilweise aber auch regellos in Klumpen geballt waren. 

4 Jahre vorher hatte der Mann eine ähnliche Geschwulst an derselben Stelle 
gehabt, und waren etwa 6 Wochen nach seiner scheinbaren Heilung damals 
2 Medinawürmer, der eine am Unterschenkel, der andere aber in der Leisten- 
gegend durch die Haut hervorgetreten. Dies Mal aber hatte der Kranke den 
Durchbruch eines reifen Wurms durch die Haut nicht beobachtet. 

Jedenfalls ist es ungewöhnlich, dass sich Embryonen des Medinawurms so 
zahlreich an einer Stelle des Unterhautzellgewebes beim Menschen ansiedeln, da 
sich gewöhnlich nur ausgewachsene Thiere in solcher Weise daselbst vorfinden. 
Nimmt man doch an, dass die Embryonen in das Wasser und dann in einen 
Zwischenwirth, ein kleines Krustenthier, gelangen, in diesem ihren langen Schwanz 
verlieren und in den Larvenzustand eintreten, ohne sich einzukapseln. Man weiß 
nicht, ob diese Larven durch das Getränk in den Menschen gelangen oder un- 
mittelbar unter die Haut eindringen. Hier aber entwickeln sie sich zu den ge- 
schlechtsreifen Thieren, und erlangen die Weibchen, an welche die kleineren 
Männchen sich anhängen, eine Größe von 1 m und mehr. 

Im vorliegenden Falle erscheint es ausgeschlossen, dass die Embryonen mit 
dem Getränk in den Kreislauf gerathen und alle an ein und derselben Stelle 
deponirt sein sollten. Verf. glaubt, dass nur 2 Möglichkeiten vorliegen: entweder 
habe der Wurm selbst nach Ablegen seiner Embryonen seinen Wirth unbemerkt 
verlassen, oder er sei abgestorben und resorbirt worden. Angesichts der früheren 
Vorgänge hält Verf. die erstere Möglichkeit für die wahrscheinlichere, eben so Ref. 


Lühe (Königsberg i/Pr.). 


32) Ponne. Epitheliome calcifi& du scrotum. 
(Ann. de dermat. et de syph. 1897. No. 6.) 


Im vorliegenden Falle, der für die Diagnose manche Schwierigkeiten bot und 
vom klinischen Gesichtspunkt leicht für eine aktinomykotische Wucherung angesehen 
werden konnte, handelte es sich um ein Hautepitheliom von sehr gutartigem Ver- 
lauf; durch kalkige Entartung des neugebildeten Gewebes kam es zu einem spon- 
tanen Stillstand. Der unter der Neubildung entstandene Abscess war sekundärer 
Natur. Die operative Entfernung brachte zunächst Heilung, d. h. bis jetst ist 
ein Recidiv nicht aufgetreten. Die histologische Untersuchung ließ über den ur- 
sprünglichen Charakter der Neubildung keinen Zweifel (charakteristische mit typi- 
schen Epithelien und Degenerationsformen gefüllte Alveolen). 

Kopp (München). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 823 


33) H. Felcki. Geheilter Fall von Hydrocele communicans funiculi 
spermatici. 

(Centralblatt f. d. Krankheiten der Harn- u. Sexuslorgane Bd. IX. Hft. 4.) 

Bei einem 17jährigen Pat. bestand eine ovoide, fluktuirende, durchscheinende, 
vom Hoden abgegrenzte, auch gegen den Leistenring scheinbar abgeschlossene 
Geschwulst, die einen tagsüber mehrfach wechselnden Inhalt und Umfang zeigte. 
Bei zufällig glücklicher Lagerung nahezu völlige Entleerung der Geschwulst in 
die Bauchhöhle möglich, langsame Wiederanfüllung des entleerten Sackes, ein 
2. Sack im Bauch nicht nachweisbar. Heilung wurde erzielt durch einfache 
Druckverbände des entleerten Sackes und Tragen eines Bruchbandes 6 Wochen 
lang. Pat. ist seit 1 Jahr ohne Recidiv. F. Krumm (Karlsruhe). 


34) A. A. Maximow. Uber Phlebolithen des Samenstrangs. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 3.) 

Bei der Sektion eines an akuter Lungentuberkulose verstorbenen Tabikers 
mit Syphilis in der Anamnese fand Prof. Winogradow in einer varikösen Vene 
des rechten Samenstrangs, 3 cm vom oberen Pol des Hodens entfernt, einen 
Pblebolithen, 2 cm im Durchmesser. Die mikroskopische Untersuchung ergab 
homogene (hyaline) Substanz mit Erweichung und Verkalkung im Centrum. Der 
Ausgangspunkt war also Thrombose. In der Litteratur fand M. nur einen ähn- 
lichen Fall, 1884 von Dubreuilh beschrieben. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


35) R. Koenig. Beitrag zum Studium der Hodentuberkulose. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 502.) 

K. verwerthet in dieser Arbeit 45 Beobachtungen von Kocher aus dem letzten 
Jahrzehnt. Die Daten der Krankengeschichten liefern neue Belege für die von 
Kocher über die Hodentuberkulose aufgestellten Lehren. Die Hodentuberkulose 
entsteht danach gewöhnlich durch Eindringen der Bacillen auf dem Schleimhaut- 
weg, und zwar von oben her aus primären Herden der Niere, Blase und ganz be- 
sonders der Prostata. Infektion auf dem Blutweg durch Metastasen ist die Aus- 
nahme. Dem entsprechend finden sich die ersten Erkrankungsspuren im Hoden 
meist intrakanalikulär (Langhans), wofür ein Untersuchungsbefund von Lang- 
hans als neuer Beleg beigebracht wird. Über die Häufigkeit gleichzeitig vor- 
handener Tuberkulose des Harnapparats liegen folgende Zahlen vor: 2mal bestand 
leichter Blasenkatarrh ohne deutlich tuberkulösen Befund, 14mal Blasentuberkulose, 
wovon nur 3 von deutlicher Nierentuberkulose begleitet. In 9 von diesen 14 Fällen 
war die Urogenitalerkrankung die einzige tuberkulöse Lokalisation im Körper, 
5mal waren daneben Lungen- oder Knochenherde nachzuweisen. In 2 Fällen 
waren der Hodentuberkulose mehr oder weniger Urinbeschwerden voraufgegangen, 
die wieder geschwunden waren. Prostata und Samenblasen wurden nur 14mal 
gesund befunden. Von den 31 Fällen mit Prostataaffektion waren 5 bereits früher 
einseitig kastrirt, 11 zeigten auch Blasen- resp. Nierentuberkulose, 5 Herde in 
Lungen, Knochen oder Drüsen, imal waren der Erkrankung vorübergehende Urin- 
beschwerden vorangegangen. 9mal fanden sich neben der Genitalienerkrankung 
einzig Herde in Prostata und Samenblasen vor. Aus den Zahlen erhellt die große 
Bedeutung der Prostatatuberkulose für die gleiche Hodenerkrankung. Dem Alter 
nach fallen von den Kocher’schen 45 Fällen 3 auf Kranke unter 4 Jahren, 24 
auf Kranke von 20—30 Jahren, der Rest auf die späteren Decennien. Vorauf- 
gegangenes direktes oder indirektes Trauma wurde »oft« angegeben. Unmittelbar 
im Anschluss an Tripper trat die Erkrankung nur imal auf, 5mal nach früherem 
Tripper, wovon 2mal mit Epididymitis. 5mal ist Inversio testis notirt. Der 
Haupthoden allein (ohne Nebenhoden) war nie affieirt, dagegen bestand imal Tuber- 
kulose des Vas deferens bei gesundem Hoden und Nebenhoden. Haupthoden und 
Samenleiter scheinen klinisch ab und zu gesund, erwiesen sich aber bei anato- 
mischer Untersuchung doch erkrankt. Der Samenstrang war meist in seinem Vas 
deferens-Antheil hauptsächlich betroffen, nur 9mal bestand stärkere Affektion des 


824 Centralblatt für Chirurgie. No. 31. 


Gefäßbündels, woraus Kocher bekanntlich auf die größere Häufigkeit der In- 
fektion auf dem Schleimhautwege schließt. 

Die Therapie betreffend wurde 37mal die Kastration ausgeführt, vmehrfach.« 
nebst gleichzeitiger Exstirpation des größten Theiles des Samenstranges. 3mal 
Resectio caudae, Imal einfache Incision (Vas deferens), imal Auskratzung und Jodo- 
formirung. Bei ausgedehnter Blasen- und Nierentuberkulose ist die Kastration 
nicht indicirt, es sei denn als Palliativoperation. Bei leichterer Affektion von 
Blase und Prostata dagegen übt die Kastration auf diese Erkrankungen einen ent- 
sohieden günstigen Einfluss aus und bessert auch das Allgemeinbefinden, was auch 
einige der Kocher’schen Fälle wieder beweisen. Wirkliche Heilungen sind nur 
bei gesunden Harnorganen zu erwarten, bilden dann aber die Regel — von den 
Kocher’schen Kranken sind 12 dauernd geheilt. Der psychische Einfluss doppel- 
seitiger Kastrationen war auffallend gering, mehrfach gaben die Pat. bestimmt an, 
noch potent zu sein. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


36) M. Vögler. Über einen Fall von Uterussarkom. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.) 

Das vom Verf. beschriebene Myxosarcoma uteri war aus einem primären Fibro- 
myom hervorgegangen. Nach dem mikroskopischen Befund hat die Bildung von 
Sarkomsellen theilweise im interstitiellen Gewebe stattgefunden, theilweise handelte 
es sich um eine sarkomatöse Metaplasie der glatten Muskelfasern, wie sie von 
Williams und Pick beobachtet worden ist. 

Die myxomatöse Proliferation innerhalb der Geschwulst ist nach Verf. unter 
der Einwirkung eines Stauungsödems entstanden. Honsell (Tübingen). 


37) D. Schwarz (Agram). Vaginale Totalexstirpation des Uterus 
wegen Carcinom mit vehementer Nachblutung. 
(Lieöniöki viestnik 1898. No. 3. [Kroatisch.)) 

Schon bei der Operation blutete es stärker als gewöhnlich, doch 3 Stunden 
p. op. trat eine starke Blutung auf, es wurden jedoch keine spritzenden Arterien 
gefunden; einige verdächtige Stellen wurden in Klemmen gefasst, worauf die Blu- 
tung stand. Hypodermoklysis. Nach 2 Stunden wieder starke Blutung. Lapa- 
zotomie, wobei am linken Lig. lat. ein blutender Riss gefunden und genäht wurde. 
Die Blutung stand, die Pat. erholte sich. Nach 17 Tagen wurden die vaginalen 
Nähte entfernt, Abends nach geringer Anstrengung wieder profuse Blutung. In 
der Scheide ein granulirender Streifen, aus dem es parenchymatös blutet. Tam- 
ponade mit klebender Jodoformgaze erfolglos. Darauf Tamponade mit Penghawar 
Djambi; die Blutung steht. Pat. giebt zu, bei jeder Verletzung, bei den Geburten 
und bei jeder Menstruation stark geblutet zu haben, jedoch konnte man in der 
Familie keine Anomalien finden, welche für Hämophilie sprechen würden. Trotz- 
dem nimmt S. eine hämorrhagische Diathese als Ursache dieser Blutungen an. 

ve Cačkovió (Agram). 


38) J. Fabricius. Ruptur einer Pyosalpinx und folgende eitrige 
Peritonitis bei einer Schwangeren. Laparotomie. Heilung. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 48.) 

Zu dem in der Überschrift Gesagten wäre noch hinzuzufügen, dass der Eingriff 
bei einer 26jährigen Pat. etwa im 4.—5. Graviditätsmonat vorgenommen wurde. 
Bei der Operation wurde (bh Liter Eiter aus einem offenbar nach oben hin ab- 
gekapselten Raum entleert. Anfangs Besserung. Eiterretention. Starker Verfall 
der Kräfte. Desshalb künstlicher Abort mit Erfolg. Von nun an glatte Rekon- 
valescenz. Im Eiter weder Gonokokken, noch Strepto- oder Staphylokokken, 
sondern »kurze Bacillen« unbekannter Provenienz. Den Schluss der Mittheilung 
bilden eine Reihe ähnlicher, hierher gehöriger Fälle. Hübener (Breslau). 
ee iat aa Eaa eoma A a 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


rt 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


E. vun Bergman, P, Kinig, E. ps 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


mme 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumerstion. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No, 32. Sonnabend, den 13. August. 1898. 
Inhalt: 3 Sajous, Encyklopädie der Medicin. — 2) v. Mosetig-Moorhof, Chirurgische 
Technik. — 3) de Paoli und Mori, Perkussion bei Gehirnkrankheiten. — 4) Moure, 


5) Leitzbach, Mittelohreiterung. — 6) Spiess, Nasale Reflexneurosen. — 7) Lindt, Neben- 
höhleneiterung. — 8) Wróblewski, Rhinitis caseosa. — 9) Okada, Nasenpolypen. — 
40) Brindei, Nasenhöhlencysten. — 11) Dowd, Lippenepitheliome. — 12) Ducrey und 
Respighi, Hyperkeratose der Mundschleimhaut. — 13) $eeihorst, Unterkieferbrüche. — 
44) Morton, Kataphorese in der Zahnheilkunde. — 15) Butlin, Zungenkrebs. — 

Bottini-Arkel, Chirurgie des Halses. — 17) Reinbach, Retroviscerale Kröpfe. — 

Teilhefer, Chronische Entzündung der Schilddrüse. — 19) Hertoghe, Adenoide 
Wucherungen und Myxödem. — 20) Joflroy, Akromegalie mit Demenz. — 21) Wormser, 
22) Wölfler, Kropfoperationen. 

F. de Quervain, Dünndarminvagination durch Einstülpung eines Meckel" schen Diver- 
tikels. (Original-Mittheilung.) 

23) Macewen-Rudioff, Die infektiös-eitrigen Erkrankungen des Gehirn- und Rücken- 
marks. — 24) Brauneck, Hirngeschwülste. — 25) Traka, 26) Jonnesco, 27) Moullin, 
Schädeloperationen. — 28) Martynow, Neuralgie des N. lacrymalis. — 29) Osler, Ver- 
größerung der Thränen- und Speicheldrüsen. — 30) Kredel, Nasenspalten. — 31) Eichler, 
Adenom der Nasenscheidewand. — 32) Fein, Nasenschere. — 33) Abbe, Doppelseitige 
Hasenscharten. — 84) Harris, Xerostomie. — 35) Kasparki, Fremdkörper in der Backe. 
— 36) Kirsteln, Nageltrokar. — 37) Moty, 38) Li Siss, 39) Reboul, Osteomyelitis der 
Kiefer. — 40) Braun, 41) Alexander, Kieferklemme. — 42) Lichtwitz, Zungensarkom. 

Deutsche Naturforscherversammlung. 


1) C. E. de M. Sajous and one hundred associate editors: 
Annual and analytical cyclopaedia of practical medicine. 
Ilustrated with chromolithographs, engravings: and maps. 
Vol. I. 
Philadelphia, New York, Chicago, 1898. X u. 601 S. 

Des bekannten Herausgebers Absicht ist, unter Mithilfe einer 
großen Anzahl von Mitarbeitern in alphabetisch geordneten Artikeln 
den Gesammtinhalt der praktischen Medicin kurz wiederzugeben und 
dabei in besonderen Zusätzen die Fortschritte niederzulegen, die 
während der letzten 10 Jahre in den betreffenden Fächern gemacht 

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826 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


sind — wesentlich wohl unter Benutzung der Jahrbücher der Me- 
diein, die er seit 10 Jahren herausgiebt. So besteht denn jeder 
Artikel aus einzelnen Abschnitten in Corpusdruck, zwischen die 
andere Abschnitte in Petitdruck eingeschaltet sind, welche z. Th. 
Kasuistik, z. Th. die Ansichten verschiedener Autoren über das be- 
treffende Thema in kurzem Auszug wiedergeben unter Anführung 
des Publikationsortes des Originals. Ganz besonders ist hierbei stets 
noch die Litteratur der Jahre 1896 und 1897 hervorgehoben, zum 
Beweis, dass das Modernste gegeben wird unter Benutzung der Welt- 
litteratur. 

Das Buch berücksichtigt vor Allem den praktischen Arzt, der 
mit den allgemeinen Thatsachen vertraut ist — sonst würde wohl 
Etwas über Asepsis und Antisepsis gesagt sein —; es bietet indess 
in dieser 1. Auflage noch einige Lücken, wie denn beispielshalber 
nichts über Antifebrin zu lesen ist, während wir andererseits unter 
dem Stichwort Alkoholismus noch einem Artikel über Selbstverbren- 
nung begegnen, von der in den deutschen Encyklopädien seit Jahr- 
zehnten nicht mehr die Rede ist. Im Ganzen aber erscheint das auf 
6 Bände berechnete Werk, dessen erster mit Bright’s disease endet, 
für den Praktiker, der sich schnell einen Überblick über ein Krank- 
heitsgebiet verschaffen will, hierzu recht geeignet. Die Ausstattung 
lässt nichts zu wünschen übrig. Richter (Breslau). 


2) v.Mosetig-Moorhof. Handbuch der chirurgischen Technik 
bei Operationen und Verbänden. 4. völlig umgearbeitete 
Auflage. I. Lieferung. 

Wien, Deutike, 1898. Mit vielen Abbildungen. 

Das bekannte Werk, das, 1886 zuerst erschienen, in wenig Jahren 
3 Auflagen erlebt hat, wird nach Sjähriger Pause wiederum publi- 
cirt. Bei den gewaltigen Änderungen und Fortschritten, die in 
dieser verhältnismäßig kurzen Zeit die operative Chirurgie durch- 
gemacht hat, sind bedeutende Umarbeitungen und Erweiterungen 
gegenüber der 3. Auflage nothwendig geworden, denen wir denn 
auch bei dem Bestreben des Verf., seine Arbeit auf den Höhestand 
unseres jetzigen Wissens und Könnens zu erheben, auf jeder Seite 
begegnen. Auch neue Abbildungen sind hinzugekommen. Die Ab- 
sicht des Verf. geht dahin, ein thunlichst vollständiges Bild der ope- 
rativen Chirurgie der Gegenwart — mit Ausnahme der gynäkologi- 
schen Operationen — zu geben. Da das Buch in rasch auf einander 
folgenden Lieferungen erscheinen und noch in diesem Jahre vollendet 
sein soll, wird es bald möglich sein, ein definitives Urtheil abzugeben, 
das für die vorliegende 1. Lieferung nur günstig ausfallen kann. 
Die buchhändlerische Ausstattung ist gut. Richter (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 827 


3) E. de Paoli und A. Mori. Beitrag zur Kenntnis des 
Werthes der Perkussion bei der Diagnose der chirurgischen 


Erkrankungen des Gehirns. 
(Policlinico 1898. Februar 15.) 

Verff. untersuchten die Verhältnisse der Schädelperkussion bei 
einer großen Zahl von Individuen. Sie fanden hierbei, dass schon 
unter physiologischen Verhältnissen ein absolut leerer und dumpfer 
Ton sich nur an beschränkten Stellen findet, während an den meisten 
Partien ein tympanitischer Beiklang auftritt; besonderen Einfluss hat 
hierauf das Öffnen des Mundes. Bei der Perkussion des Schädels 
hat man deutliches Resistenzgefühl, das im Allgemeinen um so größer 
ist, je dumpfer der Schall. Bei den Kindern wurde der Perkussions- 
schall heller gefunden; eben so auch bei Frauen. Die Schläfen- 
gegend giebt einen etwas helleren Schall als die Stirngegend; die 
Scheitelgegend hat ebenfalls einen geringen tympanitischen Beiklang. 
Die Hinterhauptgegend gab meistens ganz leeren Schall. — Weiter- 
hin wurden Versuche an Leichen angestellt, indem verschiedenartige 
Stoffe (Fett, Gips, Eidotter, Blut) unter den Schädel eingespritzt 
wurden. Es ergab sich hier, dass deutliche Schallunterschiede (Zu- 
nahme der Dämpfung) auftraten. Die klinischen Erfahrungen der 
Verff. stellen sich folgendermaßen dar: 1) traumatische Epilepsie 
(Fraktur des Stirnbeins); vermehrte Dämpfung an der Stelle der Ver- 
letzung; bei der Trepanation fand sich Verdickung der Dura und 
hämorrhagische Infiltration der darunterliegenden Windungen. 2) Fall 
auf das Hinterhaupt; Hemiparese, Amnesie; unter Jod und Elektri- 
cität trat rasche Besserung ein. Während der Erkrankung ließen 
sich beträchtliche Schalldifferenzen nachweisen, die mit zunehmender 
Besserung verschwanden (intrakranielles Hämatom?). 3) tuberkulöse 
Meningitis bei einem Kind; die Perkussion ergab hier eine inten- 
sivere Dämpfung auf der rechten Seite (im Bereich der Schläfen- 
und Scheitelgegend); die Sektion wies in der That auf der rechten 
Hirnwölbung ein reichliches Infiltrat nach, links fast gar nichts. 
4) Gehirnabscess, durch Perkussion an der Leiche (Schalldifferenz 
nachgewiesen. — Zu diesen Beobachtungen kommen noch einige 
Fälle von Prof. Caselli (Genua), darunter ebenfalls 2 Fälle von 
Hirnabscess, bei welchen die Perkussion beträchtliche Schalldiffe- 
renzen aufwies. H. Bartsch (Heidelberg). 


4) E. J. Moure. Traitement chirurgical de lotite moyenne 
chronique, formes sèche, adhésive et scléreuse. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 22.) 

Die Ansichten, welche sich M. nach seinen persönlichen Er- 
fahrungen über die Indikationen und Aussichten einer chirurgischen 
Behandlung bei den trockenen chronischen Mittelohrentzündungen 
(Sklerose, Adhäsivprocesse ohne vorherige Eiterung) gebildet hat, 

32* 


828 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


fasst er in folgenden Sätzen zusammen, welche wohl von der Mehr- 
zahl der Ohrenärzte gegenwärtig angenommen werden: Wenn die 
gewöhnliche Behandlung mit Lufteinblasungen, Massage ete. frucht- 
los ist, dann ist eine chirurgischer Eingriff am Schallleitungsapparat 
gerechtfertigt, vorausgesetzt, dass der nervöse Apparat noch 
unversehrt ist. Eine explorative Eröffnung des Trommelfells giebt 
prognostische Anhaltspunkte für die Aussichten der weiteren Operation; 
führt sie eine Besserung im Gehör oder den subjektiven Geräuschen 
herbei, so ist von weitergehenden chirurgischen Eingriffen etwas 
zu erwarten. Diese erfolgen am besten durch den Gehörgang und 
bestehen in der Abtragung des Trommelfells und der Gehörknöchel 
mit Ausnahme des Steigbügels. Wo die Entfernung des Ambosses 
und Freilegung des Steigbügels Schwierigkeiten macht, kann die 
äußere Wand des Kuppelraums vom Gehörgang aus abgemeißelt 
werden. Die Operation bringt eine Mobilisirung des Steigbügels 
mit sich, so dass ein besonderer Eingriff zu diesem Zweck unter- 
bleiben kann. Gegenüber dem Vorgehen vom Gehörgang aus hat 
die Bloßlegung der Gehörknöchelkette durch Eröffnung des Warzen- 
fortsatzes und Abmeißelung der hinteren Gehörgangswand manche 
Nachtheile, ohne bessere Resultate zu liefern. Wenn die Operation 
an sich keine bemerkenswerthe Besserung des Gehörs bringt, so 
kann die Applikation eines künstlichen Trommelfells noch von 
Nutzen sein. Dieses wirkt nicht bloß bei Kontakt mit dem Steig- 
bügel, sondern auch, wenn es auf die Gegend des runden Fensters 
angebracht wird. Es hat aber den Nachtheil, dass es Sekretion hervor- 


ruft, welche bei ungenügender Reinlichkeit leicht zur Eiterung wird. 
Teichmann (Berlin). 


5) Leitzbach (Königsberg i./Pr.) Beitrag zur Behandlung 
der chronischen Mittelohreiterungen. 
Inaug.-Diss., Königsberg i/Pr., 1898. 26 8. 

Im Ambulatorium Stetter’s sind Versuche mit der Formalin- 
behandlung nach Lucae gemacht worden, welche sehr befriedigend 
ausgefallen sind. Selbst bei einzelnen veralteten Fällen von Mittel- 
ohreiterungen wurden vorzügliche Erfolge erzielt, welche die sonst 
unvermeidlich erscheinende Radikaloperation schließlich noch ent- 
behrlich machten. Fast stets tritt bald Desodorirung und Beschrän- 
kung der Sekretion ein, während das gänzliche Versiegen der Eite- 
rung und Austrocknen des Ganges nicht ausnahmslos gelingt. 
Bestehende Granulationen müssen noch mit Trichloressigsäure fort- 
geätzt werden. Zuweilen nöthigen auftretende Reizungserscheinungen 
zum zeitweiligen Aussetzen des Formalins; es werden dann andere 
Antiseptica angewendet. In den 20 mitgetheilten Fällen wurde gänz- 
liches Austrocknen erreicht in 16,7%, erhebliche Besserung in 20,8%, 
so dass noch weitere Besserung, vielleicht Heilung auch dieser Fälle 
‚u erwarten steht. Freilich ist die zum Erreichen dieser Erfolge 
‚öthige Zeit recht erheblich, 2—3 Monate. In den übrigen über 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 829 


60% aller Fälle freilich wurde operative Behandlung nicht entbehr- 


lich gemacht, in 4,2% trat sogar Verschlechterung ein. 
Lühe (Königsberg i/Pr.) 


6) G. Spiess. Beitrag zur Ätiologie einiger nasalen Reflex- 
neurosen. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.) 

Nach S. sind Niesen, anfallsweiser Schnupfen, Heufieber, nasales 
Asthma nur verschiedene Grade einer und derselben Grundaffektion. 
Bei Vorhandensein einer nervösen Disposition kann die gegenseitige 
mechanische Reizung zweier gegenüberliegender Schleimhautpunkte 
diese Reflexe auslösen, wenn nur eine leichte reibende Bewegung 
dazukommt, wie sie durch den durchströmenden Luftstrom erzeugt 
wird. Die einzig wirksame Therapie ist desshalb die lokal-chirurgische, 
welche darauf gerichtet ist, die beiden gegenüber liegenden Punkte 
so weit von einander zu entfernen, dass eine reibende Berührung 
unmöglich wird. Insbesondere lenkt S. in dieser Beziehung die Auf- 
merksamkeit auf das als Tuberculum septi bezeichnete Drüsenpolster, 
welches sehr häufig durch Berührung mit dem gegenüber liegenden 
vorderen Ende der mittleren Muschel zu Reflexerscheinungen Anlass 


giebt. Er entfernte es mit Messer und Meißel. 
Teichmann (Berlin). 


7) Lindt jun. (Bern). Zur Diagnose und Therapie der 
chronischen Eiterungen der Nebenhöhlen der Nase. 
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1898. No. 5 u. 6.) 

Aus der die verschiedenen diagnostischen und therapeutischen 
Methoden kritisch sichtenden Arbeit seien nur die am eigenen 
Material des Verf. gewonnenen Anschauungen hervorgehoben. High- 
morshöhlenempyeme sah derselbe oft erstaunlich lange, mehrere 
über 20 Jahre, 1 sogar 30 Jahre lang bestehen, ohne dass der Träger 
andere Beschwerden hatte, als übelriechenden Eiterausfluss und ein- 
oder beiderseitige Nasenverstopfung; dahingegen wirken in der Regel 
die Stirnhöhlen- und Siebbeineiterungen sehr auf das Allgemein- 
befinden des Menschen ein. Dem Druckschmerz, der bei chronischer 
Sinus frontaliseiterung bei Druck auf den Boden der Höhle vom 
inneren oberen Rande der Orbita aus auftritt, misst er entgegen der 
Ansicht von Kuhn, Jansen und Schech keine große diagnostische 
Bedeutung bei. Er sei vorhanden, aber er beweise absolut nicht, 
dass die Stirnhöhle eitrig erkrankt sei, da man beim Palpiren den 
Nervus supraorbitalis und frontalis nicht immer aus dem Spiel lassen 
könne. Die Pat. können den physiologischen Schmerz nicht immer 
von einem durch eine entzündliche Affektion des Knochens oder 
des Periosts hervorgerufenen unterscheiden. 


L. warnt davor, den Sondenbefund rauher Knochen am Siebbein 
wie am Ductus nasofrontalis, an den Wandungen der Stirn- und 


830 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


Kieferhöhle immer auf Nekrose, Sequester oder Caries zu beziehen, 
die einen radikalen chirurgischen Eingriff erforderten. Es handle 
sich oft nur um eine rareficirende Ostitis, die nach Heilung der 
chronischen Eiterung der Stirn- oder Nasenhöhlen wieder verschwinden 
könne. Was die Sondirung der Stirnhöhle betrifft, so gelang sie ihm 
relativ selten bei Gesunden, dagegen unter 14 Fällen von Stirn- 
höhleneiterung jedes Mal. 

Die ausführliche Krankengeschichte einer Frau, die seit 7 Jahren 
von verschiedenen Operateuren, zuletzt wiederholt von L. operirt 
wurde, veranschaulicht die schlechte Prognose besonders ausgedehnter 
Nebenhöhleneiterungen, deren Behandlung leider noch immer nicht 
eben so sicher im Erfolg sei, wie die der chronischen Otorrhoe. 

P. Stolper (Breslau). 


8) L. Wróblewski. Rhinitis caseosa. 
{Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.) 

Den Verlauf der Rhinitis caseosa schildert W. an der Hand 
dreier eigener Beobachtungen folgendermaßen: Im ersten Stadium 
besteht ein akuter Nasenkatarrh: die Kranken kommen aber gewöhnlich 
erst dann zum Arzt, wenn Nasenverstopfung auftritt; ferner — und 
zwar immer einseitig — subjektiver übler Geruch, Riechmangel, 
Schmerzen im Kopf und Gesicht, Schwellung der Backen und Augen- 
lider, besonders der unteren. Das Sekret enthält dann gewöhnlich 
eine Beimischung von Blut und besitzt einen fauligen Geruch, ist 
gewöhnlich eitrig und enthält käsige Bröckel. Nach Entfernung 
der stinkenden Massen tritt rasche Genesung ein, selbst in den 
Fällen, wo der Knochen angegriffen war. Die Behandlung besteht 
in reichlichen Ausspülungen und Beseitigung aller den Eiterabfluss 
störenden Momente, wie z. B. Fremdkörper, hypertrophische Muscheln, 
Polypen, Granulationsmassen. Liegt eine Eiterung der Nebenhöhlen 
zu Grunde, so muss auch hier für freien Sekretabfluss gesorgt werden. 
Im Ganzen erscheint die Rhinitis caseosa als selbständige Erkrankung 
noch nicht recht gesichert. Teichmann (Berlin). 


9) W. Okada. Beiträge zur Pathologie der sogenannten 
Schleimpolypen der Nase nebst einigen Bemerkungen über 
Schleimfärbungen. 

(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.) 

In der noch immer nicht ganz geklärten Frage vom histologischen 
Aufbau der Nasenpolypen und ihrer pathologisch-anatomischen Klassi- 
fikation ist Verf. zu folgenden Untersuchungsergebnissen gelangt: 
Die Schleimhautpolypen der Nase sind entzündliche Neubildungen; 
Epithel, Bindegewebe, Drüsen und Gefäße sind durch den Entzün- 
dungsprocess in Mitleidenschaft gezogen. Das Oberflächenepithel 
befindet sich im Zustand der schleimigen Metamorphose, welche 
bald das gesammte Cylinderepithel betrifft, so dass Zelle für Zelle 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 831 


zur schleimerfüllten Becherzelle wird, bald sich auf einzelne Stellen 
beschränkt, so dass die Zahl der Becherzellen zwischen den Cylinder- 
epithelien einfach vermehrt ist, oder die oberflächlichen Epithelbuchten 
mit Becherzellen ausgekleidet sind, oder Gruppen von radiär ange- 
ordneten Schleimzellen inmitten des sonst normalen Cylinderepithels 
auftreten. Außerdem kommt noch eine Umwandlung des Cylinder- 
epithels in Plattenepithel vor, und zwar an Stellen, die der Athmungs- 
luft ausgesetzt sind. Die Drüsen der Polypen sind meist vermehrt 
und haben gewöhnlich den Charakter der Schleimdrüsen. Daneben 
kommen seröse Drüsen vor, selten letztere allein. Schleimdrüsen 
und seröge Drüsen hält Verf. für das Sekretions- resp. Ruhestadium 
einer Drüsenart. Die Acini der Drüsen sind oft cystös erweitert, 
bisweilen so stark, dass eine derartige Cyste die Hauptmasse des 
Polypen darstellt. Der Inhalt solcher Cysten ist Schleim, doch 
finden sich in ihm oft runde oder hufeisenförmige Colloid- resp. 
Hyalingebilde, welche sich mit sauren Anilinfarben leuchtend roth 
färben. Wo sich neben den Drüsencysten cystös erweiterte schleim- 
erfüllte Bindegewebsspalträume finden, muss eine Kommunikation 
zwischen ihnen und der Drüsencyste vorhanden sein. Das Stroma 
der Polypen besteht aus alveolärem Bindegewebe, dessen Maschen 
Rundzellen und Serum, niemals aber Schleim enthalten, außer wenn 
eine Drüsencyste in sie hinein durchgebrochen ist. Teichmann (Berlin). 


10) Brindel. Des kystes et pseudo-kystes des fosses nasales. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 18,u. 19.) 

Unter den cystischen Bildungen, welche in den Nasenhöhlen 
zur Beobachtung kommen, unterscheidet B. zwei große Gruppen: 
die äußeren, welche in der Nachbarschaft der Nasenhöhlen entstehen 
(Haut, Oberkieferknochen, Highmorshöhle, Nasen-Rachenraum) und 
erst im Verlauf ihres Wachsthums in die Nasenhöhle hinein sich 
vorwölben, und die inneren, welche von den Wandungen der Nasen- 
höhle selbst ausgehen. Zu ersteren gehören vor Allem die paradentären 
Cysten und die Dermoidceysten des Nasenrückens, zu letzteren die 
Knochencysten der Muscheln, die serösen Cysten der Nasenscheide- 
wand und die im Inneren von Schleimpolypen auftretenden Cysten und 
Pseudocysten. Die Symptomatologie aller dieser Bildungen ist, was 
die Nase betrifft, ziemlich einheitlich, die Behandlung eine chirur- 
gische, welche je nach dem Sitz der Affektion auf eine vollständige 
Entfernung oder eine möglichst weitgehende Eröffnung und Abtragung 
der Cystenwand gerichtet sein muss. Teichmann (Berlin). 


11) C. N. Dowd. The method of operating for small 
epitheliomata of the lip. 
(New York med. record 1898. März 26.) 
Mit Berücksichtigung der Statistiken von Wörner und v. Wini- 
warter kommt D. auf die große Häufigkeit der Lippencarcinome 


832 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


und die verhältnismäßig immer noch unbefriedigenden Endresultate 
ihrer Exstirpation zu sprechen. (Im New Yorker Cancer-Hospital soll 
in den letzten 5 Jahren ungefähr monatlich ein derartiger Pat. auf- 
genommen worden sein.) 

Mit Gussenbauer (Zeitschrift für Heilkunde 1881 Bd. XI p. 17) 
bespricht Verf. die Verhältnisse der regionären Lymphdrüsen, empfiehlt 
bimanuelle Untersuchung vom Mundboden aus und empfiehlt die 
jedesmalige Entfernung mindestens der submaxillaren Drüsen, eben 
so wie beim Brustcarcinom die zugehörigen Lymphbahnen unbestritten 
mit herausgenommen werden. Die beigefügten Illustrationen sollen 
die guten kosmetischen Resultate demonstriren. 

Die bimanuelle Untersuchung wird nur eine verschwindende An- 
zahl von Pat. ohne Drüsen ergeben, besonders wenn man es sich 
zur Regel macht, durch zwei kleine Incisionen unterhalb des Unter- 
kiefers namentlich den vorderen Rand der submaxillaren Speichel- 
drüse freizulegen und dann zu tasten. Loewenhardt (Breslau). 


12) A. Duorey et E. Respighi. Les localisations sur la 
muqueuse buccale de l'affection improprement appelée poro- 
kératose. 

(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 1.) 

Nach den Beobachtungen der Verf. kommt die zuerst von 
Mihelli unter dem Namen Porokeratosis beschriebene Hyperkera- 
tose nicht selten gleichzeitig auch auf der Mundschleimhaut zur Ent- 
wicklung. Die ganz eigenthümliche und charakteristische Physiognomie 
der Efflorescenzen, welche konstant bei allen Kranken dieser Art wieder- 
kehrt, berechtigt zur Aufstellung eines neuen eigenartigen Krankheits- 
typus, trotz gewisser Ähnlichkeiten mit dem Lichen Wilson’s. Mit 
der Gruppe der Ichthyosisformen kann die Affektion nicht ver- 
wechselt werden. Obwohl die Affektion einer specielleren Bezeich- 
nung bedarf, erscheint den Verf. doch der bisher vorgeschlagene 
Krankheitsname »Porokeratosis« nicht gerechtfertigt. 

Kopp (München). 


13) Seelhorst. Behandlung der Unterkieferbrüche durch 
Gewichtsextension. (Aus dem Lazarett Völklingen [Saar- 
brücker Knappschaftsverein].) 

(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 17.) 

Bei der von Hansmann angegebenen Behandlungsmethode 
wird der Extensionszug dadurch ausgeübt, dass um die Schneide- 
zähne des Unterkiefers ein starker Faden geknüpft wird, dessen 
mit einem (1/,—1 Pfund) Gewicht beschwertes Ende an der unteren 
Bettkante über eine Rolle läuft; auf die Unterlippe kommt zum 
Schutz gegen den Fadendruck ein Wattebäuschchen, in die Wunde 
‚wischen die Fragmente ein Gazestreifen. Der Druck des ziehenden 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 833 


Fadens wurde von den 8 in dieser Weise behandelten Pat. mit Unter- 
kieferfraktur eenig unangenehm« empfunden; sie wurden alle ohne 
Abscessbildung und mit voller Wiederherstellung der Funktion ge- 
heilt, nachdem der Zug bereits nach 8—10 Tagen fortgelassen werden 


konnte. — Bei Fehlen aller Vorderzähne soll ein besonders kon- 
struirter Apparat in Anwendung gezogen werden (beziehbar von 
Bandagist Kaiser in St. Johann a/Saar). Kramer (Glogau). 


14) W.J. Morton. Die Kataphorese (Einführung von Arzneien 
mit Hilfe des elektrischen Stromes) in ihrer Anwendung auf 
die Zahnheilkunde!. 

(Chirurgie 1897. p. 333. [Russisch].) 

M. spricht dem obigen Verfahren für das schmerzlose Operiren 
an Zähnen eine große Bedeutung zu. Die dazu benutzten Cocain- 
lösungen sind koncentrirt, 4—10% für die Schleimhaut, 10—30% 
für den Zahn selbst. In sehr ausführlicher Weise behandelt M. 
sein Thema, unter genauer Beschreibung der Technik des Verfahrens, 
und verwendet die Elektricität noch zur Verstärkung der Desinfektion 
etc. Der Übersetzer des Vortrags, Gosewor, weist, unter Bezug- 
nahme auf einen anderen Vortrag Schatzki’s, darauf hin, dass die 
mangelhafte Begriffsbestimmung der Kataphorese zu falschen An- 
schauungen derselben Anlass gebe, worauf hier aber nicht näher ein- 
gegangen werden kann. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


15) H. T. Butlin. The hunterian lecture on »What ope- 
ration can do for cancer of the tongue?«. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 26.) 

In der sehr lesenswerthen Arbeit hat B. seine ausgedehnten 
Erfahrungen über die Operationserfolge bei Zungenkrebs nieder- 
elegt. 
$ S hat im Ganzen 102 Pat. operirt, 53 im Hospital, 49 in der 
Privatpraxis; 

geheilt ohne Recidiv 1—2 Jahre sind 6 Pat., 
2—3 > 4 >» 
über 3—12 >» 20 > 
im Ganzen also 20% Heilungen. 

Die Resultate aus Hospital und Privatpraxis zeigen dabei be- 
merkenswerthe Unterschiede. In der Privatpraxis erreichen die Hei- 
lungen 26%. B. erklärt dies damit, dass die Privatpatienten früher 
zur Operation kommen und sich in besserem Kräftezustand befinden. 
In der großen Mehrzahl der als geheilt zu bezeichnenden Fälle war 
der Sitz des Carcinoms in den vorderen 2 Dritteln der Zunge. Unter 


1 Bestimmt für den XII. internat. med. Kongress zu Moskau, aber nicht 
vorgetragen, da M. verhindert war. 


Ee 


834 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


den geheilten Privatfällen war in keinem Falle zugleich mit der 
Zungenoperation oder später die Entfernung von Drüsen nothwendig. 
Dass aber trotzdem Heilungen auch bei vorhandener Drüseninfektion 
möglich sind, beweisen die 7 geheilten Hospitalfälle, unter denen 
5mal primär oder sekundär vergrößerte Lymphdrüsen entfernt werden 
mussten. 4mal erwies die mikroskopische Untersuchung, dass schon 
carcinomatöse Metastasen in denselben vorhanden waren. 

Die Frage, ob es principiell bei Zungenkrebs nöthig ist, die 
ganze Zunge zu entfernen, verneint B. Unter den 102 Fällen hat 
er 16mal die totale Exstirpation vorgenommen; 4 Pat. starben un- 
mittelbar nach der Operation, 2 Pat. bald darauf aus anderer Ur- 
sache, 5 bekamen ein lokales Recidiv, nur 1 blieb mehr als 3 Jahre 
geheilt. 

Die Operation an sich ist viel gefährlicher, außerdem ist sie 
eine verstümmelnde Operation; da zudem die Erfahrung lehrt, dass 
Heilungen auch bei partieller Resektion häufig sind, so verwirft B. 
die principielle totale Exstirpation. 

Auffallend verschlechtert wird der Procentsatz der Heilungen 
durch sekundäre Drüsencarcinome, ohne dass lokal ein Recidiv auf- 
tritt — 28mal unter den 102 Fällen. Häufig sind dabei die Drüsen- 
metastasen — auch wenn die Pat. unmittelbar nachdem sie eine 
Vergrößerung der Drüsen bemerkt haben den Arzt aufsuchen — 
nicht mehr zu exstirpiren. Die Schwierigkeit liegt darin, leicht ver- 
größerte Drüsen, die unbedingt sofort exstirpirt werden müssten, 
nachzuweisen. Bei der Sektion wurden in mehr als einem Falle 
schon carcinomatöse Drüsen gefunden, welche bei der Operation auch 
in der Narkose nicht hatten gefühlt werden können. B. wurde dess- 
halb dazu gedrängt, wie beim Mammacarcinom die Achselhöhle, so 
bei seinen Zungencarcinomen die entsprechenden Drüsen des oberen 
Halsdreiecks in typischer Weise auszuräumen. In Betracht kommen 
dabei in erster Linie die submaxillaren und jugularen, dann die sub- 
mentalen und parotischen Drüsen. B. legt dieselben frei durch einen 
7 Zoll langen Schnitt am vorderen Rand des Sternocleidomastoideus 
vom Processus mastoideus abwärts und einen zweiten Schnitt vom 
Kinnwinkel bis zum ersten Schnitt etwa in der Höhe der Cartilago 
thyreoidea. 

Die Ausräumung des Halsdreiecks beginnt er von unten nach 
oben fortschreitend; die Theile werden im Zusammenhang exstirpirt; 
die für ein Recidiv wichtigeren submaxillaren und jugularen Drüsen 
können dabei leicht und gründlich entfernt werden; die beiden an- 
deren Gruppen machen eher Schwierigkeiten; die Submaxillarspeichel- 
drüse wird mit fortgenommen. Die Operation dauert 1—1!/, Stunde. 
Die Erfahrung lehrte B., zuerst nur die lokale Zungenexstirpation 
vorzunehmen — er bleibt dabei 3/; Zoll von dem Erkrankungsherd 
entfernt; bei Randerkrankungen pflegt er die betreffende Zungen- 
hälfte, und zwar 1 Zoll hinter der erkrankten Stelle, zu exstirpiren. 
3—4 Wochen später, wenn sich Pat. von der ersten Operation erholt 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 835 


hat, folgt die zweite, die Ausräumung der Drüsen. B. erwartet von 
diesem Vorgehen eine Besserung der Heilerfolge, deren Veröffent- 
lichung ex sich für später vorbehält. F. Krumm (Karlsruhe). 


16) Bottini. Die Chirurgie des Halses. Deutsche Über- 
setzung von Dr. S. Arkel in Mailand. 
Leipzig, Hirzel, 1898. 281 8. 52 Abbildg. 

Da das italienische Originalwerk in diesem Blatt (1897 p. 937) 
bereits besprochen ist, haben wir hier nur dafür zu danken, dass das 
interessante Buch des vielerfahrenen Chirurgen für deutsche Leser 
übersetzt worden, wenn wir auch gestehen müssen, dass die Über- 
tragung von nicht deutschen und zum Theil fast "unverständlichen 
Worten wimmelt: Plasmirung, synnotisch, läsiv, Recision, das treu- 
lose Pelagus der Halsregion, Insistenz, ideiren, Konnektivalkapseln, 
das ist eine kleine Auswahl solcher Ausdrücke, die unsere Mutter- 
sprache nicht kennt. Leider sind auch so manche Autornamen recht 
entstellt. Von den sonst sehr schönen Abbildungen — meist Kranke 
vor und nach der Operation darstellend — müssen wir bedauern, 
dass sie niemals eine Operationsnarbe sehen lassen; die muss auf 
den photographischen Originalen wegretouchirt worden sein, gehört 
aber doch zur Sache. Sonst ist die Ausstattung des originellen Werkes 
vorzüglich. Richter (Breslau), 


17) Œ. Reinbach. Über accessorische retroviscerale Strumen. 
Zugleich ein Beitrag zur Lehre von der ee in 
Kröpfen. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2. gei 

R. giebt ausführlich 3 Beobachtungen accessorischer, retrovis- 
ceraler Kröpfe wieder. Es handelte sich übereinstimmend in sämmt- 
lichen Fällen nicht um solitäre Geschwülste, sondern um Gesch wulst- 
konglomerate, welche sich völlig unabhängig von der jeweils nor- 
malen Schilddrüse entwickelt hatten und gegen den prävisceralen 
Raum vordrängten, ohne indessen hinter Ösophagus und Pharynx 
hereinzuwuchern; die subjektiven Symptome waren auffallend gering- 
fügig, nur einmal wurden Schlingbeschwerden, niemals Athemnoth 
geklagt. Aus einem Vergleich mit ähnlichen Fällen der Litteratur 
kommt Verf. zur Aufstellung folgender Typen des retrovisceralen 
Kropfes: 1) Die Struma retropharyngo-oesophagealis, entstanden aus 
dem Hinterhorn eines Seitenlappens (Kaufmann’s Fälle), 2) die bis 
jetzt erst einmal beobachtete Struma accessoria posterior (Braun), 
3) die Struma retrovisceralis accessoria vera (R.’s Fälle). 

Nach der mikroskopischen Untersuchung im Fall 3 stellen die 
Kröpfe R.’s echte Geschwülste, Cystadenome, einer accessorischen Schild- 
drüse dar. Innerhalb der cystischen Hohlräume derselben ließ sich 
ein ausgedehnter Zelluntergang und Umwandlung des Protoplasma 


836 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


in feinkörnigen Detritus, endlich ein Übergang dieses in colloide 
Massen nachweisen. Nach Verf. ist das Colloid hier wie im Colloid- 
kropf nicht Sekretionsprodukt, sondern das Endstadium einer Zell- 
degeneration. Honsell (Tübingen). 


18) Teilhefer. Inflammation chronique primitive »canceri- 
forme« de la glande thyreoide. 
(Revue de chir. 1898. No. 3.) 

Die Mittheilung bezieht sich auf die von Riedel beschriebenen 
Fälle eigenthümlicher, chronisch entzündlicher Processe, bei welchen 
es zur Bildung von eisenharten, mit den Muskeln, der Gefäß- 
scheide, dem Nervus recurrens etc. fest verwachsenen, bis cirka 
apfelgroßen Geschwülsten in einem oder beiden Schilddrüsenlappen 
kommt. T. fügt den von Riedel bereits bekannt gegebenen und 
einigen weiteren Fällen desselben einen eigenen an, um auf Grund 
dieser 8, Individuen von 4—42 Jahren betreffenden Beobachtungen 
die Diagnose der seltenen Affektion kurz zu besprechen, für welche er 
einen infektiösen Ursprung, ähnlich dem der chronischen sklerosiren- 
den Osteomyelitis, annimmt. Es kann diese Thyreoiditis chron. vor 
Allem mit dem primären Carcinom der Schilddrüse verwechselt werden; 
doch verläuft sie immer ohne Schmerzen, entwickelt sich in verhältnis- 
mäßig sehr kurzer Zeit und führt nie zu Kachexie, Verwachsungen 
mit der Haut und Erkrankung der regionären Lymphdrüsen, während 
lokale Störungen — Aphonie, Dyspno&, Schlingbeschwerden, Herz- 
klopfen — sich bald mehr, bald weniger geltend machen. Die Be- 
handlung braucht nur eine symptomatische zu sein; die Radikal- 
exstirpation ist unausführbar, die partielle hat hingegen einige Male 
zur Rückbildung der Geschwulst geführt, die in 1 Falle auch nach 
der Tracheotomie beobachtet wurde. Kramer (Glogau). 


19) E. Hertoghe. Vegetations adenoides et myxoedeme. 
(Ann. de la soc. m&d.-chir. d'Anvers 1897. März.) 

Bekanntlich hat H. in früheren Arbeiten die Ansicht aufgestellt, 
dass jeder Zwergwuchs auf einen Mangel an Schilddrüsenfunktion 
zurückzuführen sei, und dass die gewöhnlich als Ursache angeführten 
Erkrankungen, wie Tuberkulose (?), Rachitis, hereditäre Lues, Alko- 
holismus etc., nur dadurch wirken, dass sie die Schilddrüsenthätigkeit 
herabsetzen. In ähnlicher Weise sucht er nun in vorliegender Ar- 
beit auch die adenoiden Vegetationen des Nasen-Rachenraumes dem 
Bilde des Myxödems unterzuordnen. 

In erster Linie stellt er fest, dass seiner Beobachtung nach alle 
Myxödematösen, Kinder und Erwachsene, mit adenoiden Vegetationen ` 
behaftet seien. Bei ausgesprochenem Myxödem komme dazu noch 
eine allgemeine Schwellung der Mund- und Nasenschleimhaut. 
Sämmtliche davon herrührende Symptome sah H. auf Schilddrüsen- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 837 


fütterung hin verschwinden, aber nur so lange, als die Behandlung 
dauerte. 

Im Weiteren sucht H. den komplementären Satz zu beweisen, 
dass alle — oder wie er in den Schlussfolgerungen vorsichtiger sagt 
— ein großer Theil der mit Tonsilla tertia Behafteten von Myxödem 
befallen sind oder wenigstens hereditäre Belastung mit Myxödem 
aufweisen. 

Als Hauptbeweis wird die Thatsache angeführt, dass die ade- 
noiden Vegetationen in der Mehrzahl der Fälle in jugendlichem Alter 
auftreten, zu einer Zeit, wo die größten Ansprüche an die Schild- 
drüsenfunktion gestellt werden, und dass nach dem Pubertätsalter 
häufiger Mädchen befallen werden, deren Schilddrüse durch die ge- 
schlechtliche Entwicklung mehr in Anspruch genommen werde, als 
in der gleichen Periode beim männlichen Geschlecht. Als kasu- 
istische Beweise werden sodann einige Fälle angeführt, in denen 
junge Leute Hypertrophie der Gaumentonsillen oder Entwicklung 
einer Pharynxtonsille boten, während sich in der Ascendenz mehr 
oder weniger ausgesprochene Erscheinungen von Hypothyreosis fanden. 

Es liegt auf der Hand, dass, wie es Verf. selbst andeutet, weder 
die oben angeführten theoretischen Überlegungen, noch die mit- 
getheilten Fälle genügen, um die Ansicht H.'s in ihrem ganzen Um- 
fang zu beweisen. Dazu wären genaue Untersuchungen an einem 
großen, ohne Wahl zusammengestellten Material von Tonsilla tertia- 
Fällen erforderlich. Es wäre ferner zu untersuchen, ob in Kropf- 
gegenden die adenoiden Vegetationen erheblich häufiger vorkommen, 
als in kropfarmen Distrikten. Der Beobachtung des Ref. nach 
dürfte dies wohl kaum der Fall sein. Jedenfalls verdient die Theorie 
Dis, wenn sie sich auch nicht in ganzer Ausdehnung sollte auf- 
recht erhalten lassen, doch Berücksichtigung und Nachprüfung. 
Der Arbeit ist die Abbildung eines ausgesprochenen Kretinen mit 
adenoiden Vegetationen beigegeben, nebst einem Radiogramm von 
der Hand desselben. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


20) Joffroy. Sur un cas d’acromegalie avec demence. 
(Progrès méd. 1898. No. 9.) 

Gelegentlich einer klinischen Demonstration spricht J. sich da- 
hin aus, dass wir über die Pathogenie des Leidens noch völlig im 
Dunkeln sind. Er ist aber der Ansicht, dass der Hypophyse eine 
gleiche Bedeutung für das Entstehen der Akromegalie, wie der Thy- 
reoidea für das des Basedow zukommt. Erkrankt dies Gebilde in 
der Jugend, entsteht Riesenwuchs, während bei Erwachsenen sich 
das Bild der Akromegalie entwickelt. 

Atiologisch kommen schlechte Wohnung, Ernährung etc. in Be- 
tracht. Die Diagnostik ist leicht, nur die Osteitis deformans (Paget) 
kann zu Verwechslung Anlass geben; doch fällt bei dieser bald die 
Asymmetrie der Veränderung auf. Es fehlt der Kopfschmerz, die 


838 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


Schlaflosigkeit, die Demenz, während die Knochenveränderungen 
rasch fortschreiten. . 

Die Therapie ist machtlos. Hypophysenextrakt ist noch nicht 
versucht. Die Anwendung von Thyreoidea schlug fehl. Medika- 
mente können nur symptomatisch verwandt werden. 

Boesing (Hamburg). 


21) E. Wormser. Les operationes du goitre à la clinique 
chirurgicale de Berne. 
(Revue de chir. 1898. No. 4.) 

Die Mittheilung bezweckt, gegenüber der Empfehlung der Enu- 
kleationsmethode seitens Bérard (Lyon) die Vorzüge der partiellen 
extrakapsulären Thyreoidektomie an der Hand der großen Erfahrungen 
der Berner Klinik von Neuem zu beleuchten und die Indikationen 
für die übrigen Verfahren der Kropfoperationen festzustellen. W. be- 
nutzt hierzu nur die letzten 204 Fälle, welche 159 Thyreoidektomien, 
12 Enukleationen, 19 Resektionen, 16 Enukleationen und Resektionen, 
2 Ligaturen der großen Kropfgefäße betrafen, und giebt zunächst 
eine Schilderung der bekannten Operationsmethode Kocher’s und 
der bei genauester Befolgung derselben zu erwartenden Vorzüge, 
unter denen hier nur die der vollständigen Blutstillung, der Ver- 
meidung einer Nervenverletzung, der Erhaltung eines Theils gesunden 
Schilddrüsengewebes und die der größeren Aussichten primärer Wund- 
heilung, neben denen möglichst günstiger kosmetischer Resultate 
und der Verhütung von Recidiven genannt zu werden brauchen. 
In der That verliefen nach allen diesen Beziehungen die Operationen 
Kocher’s so gut, wie nur gewünscht werden konnte, so fern es sich 
nicht um bösartige Kröpfe handelte; sie ergaben keinen einzigen 
Todesfall, führten niemals zu Nachblutungen, beunruhigenden 
Störungen der Athmung, dauernden Stimmbandlähmungen und nur 
einige wenige Male zu leichten Infektionen. Im Gegensatz hierzu 
hat die Enukleationsmethode vielfache Nachtheile — starke Blutung, 
Möglichkeit der Infektion der unregelmäßigen Wunde event. durch 
die im Schilddrüsengewebe vorkommenden Mikroben, besonders bei 
multiplen Enukleationen, die zur Nekrose dazwischen gelegenen 
Schilddrüsengewebes führen können, häufige Recidive etc. — Aus 
diesen Gründen wendet Kocher diese letztere Methode nur bei 
unilokulären Kropfcysten, bei leicht ausschälbaren isolirten Kropf- 
knoten und bei großen Knoten in unbeweglichen Kröpfen an, während 
er die Thyreoidektomie in allen übrigen Fällen (inkl. akuten und 
chronischen Strumitiden) bevorzugt und die Exothyropexie höchstens 
dann für berechtigt hält, wenn die Operation ohne das nöthige In- 
strumentarium vorgenommen werden muss. Bei Morbus Basedowi 
hat K. mit der Unterbindung von 3 Art. thyreoideae, die der 4. 
event. später vornehmend, gute Resultate erhalten. 

Kramer (Glogau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 839 


22) A. Wölfler. Über die operative Dislokation des Kropfes. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2.) 

Die von W. vorgeschlagene Operation soll den Kropfkranken 
in Fällen, in welchen eine Entfernung des Kropfes aus irgend einem 
Grunde unthunlich ist, von den Gefahren seines Leidens befreien. 
Der Eingriff besteht darin, dass der Kropf unter Erhaltung der 
wichtigsten Gefäßverbindungen aus seinem Bett ausgelöst und an 
einer Stelle, an welcher er keine Funktionsstörungen verursachen 
kann, meist höher oben am Hals unter der Haut und dem Kopfnicker 
befestigt wird. Dieses Verfahren hält W. für indieirt bei Kropf- 
recidiven, beiderseitiger Kompression der Luftröhre durch die Kropf- 
hälften, einseitiger Kompression der Luftröhre, wenn der Kropf der 
anderen Seite bereits entfernt worden ist, bei substernaler Verlagerung 
des gleichmäßig hypertrophirten Kropfes eines jugendlichen Indi- 
viduums. Um eine Verkleinerung des verlagerten Kropfes zu er- 
zielen, hat sich W. in einem Falle der thermokaustischen Stichelung 
bedient, er vermuthet aber, dass auch ohne solche eine Volumensabnahme 
mit der Zeit eintreten werde. Zum Schluss wird hervorgehoben, 
dass die geschilderte Methode mit der Jaboulay’schen Exothy- 
reopexie nicht verwechselt werden darf. Honsell (Tübingen). 


Kleinere Mittheilungen. 


Dünndarminvagination durch Einstülpung eines Meckel- 
schen Divertikels. 
Von 
Dr. F. de Querrain in Chaux-de-Fonds. 


Obwohl die Einstülpung des Meckel’schen Divertikels in das Darmlumen als 
Ursache von Ileus und Intussusception nicht unbekannt ist — König! erwähnt 
z. B. dieses Vorkommnis mit Berufung auf die Fälle von Heller —, so handelt 
es sich doch um ein recht seltenes Ereignis, und Küttner? konnte mit einem in 
der Bruns’schen Klinik vorgekommenen Fall nur 8 derartige Beobachtungen aus 
der Litteratur zusammenstellen. Zu denselben kommt noch ein von Küttner 
übersehener Fall, der von Studsgaard3 operirt wurde. Es handelte sich um 
einen 37jährigen Mann mit Invaginatio ilei und Peritonitis. Laparotomie. Re- 
sektion. Tod an demselben Tage. Die Invagination zeigte sich durch ein ein- 
gestülptes Divertikel veranlasst. Als 10. Fall wäre dievon v.Stubenrauch auf dem 
letzten Chirurgenkongress in Berlin mitgetheilte Beobachtung zu erwähnen. Da, 
wie aus dem Gesagten hervorgeht, die Zahl der bisher bekannten Fälle immerhin 
noch recht klein ist, so dürfte die Mittheilung eines weiteren, selbst beobachteten 
Falles von Divertikeleinstülpung nicht ganz ohne Interesse sein. (Derselbe wurde 
am 19. März 1898 in der »Bociété médicale Neuchäteloise« kurz mitgetheilt.) 

Der 16jährige, bisher gesunde Pat. 8. wurde am 23. November 1896 Vor- 
mittags plötzlich ohne nachweisbaren Grund von sehr heftigen Unterleibssohmerzen 
befallen, die von Erbrechen begleitet waren. Der folgenden Tages gerufene Arzt 


1 Lehrbuch der spec. Chirurgie 6. Aufl. Bd. II. p. 307. 
2 Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. p. 289. 
3 Cit. nach Centralblatt für Chirurgie 1894. p. 934. 


840 Centralblatt für Chirurgie. No. 32, 


verordnete zuerst ein leichtes, salinisches Abführmittel, als die Beschwerden sich 
jedoch eher steigerten, Opium. Objektiv konnte er bei wiederholter Untersuchung 
eine Resistenz in der Heocoecalgegend nachweisen. Stuhlgang ging mehrfach ab, 
nicht aber Winde. Am Abend des 2. Tages war die Temperatur 38,2°. Am fol- 
genden Morgen, also 2mal 24 Stunden nach Beginn der Erscheinungen, sah ich den 
Pat. zum 1. Male, in Konsultation mit dem behandelnden Arzt. Der Junge bot 
folgenden Status: Sensorium frei. Temperatur 36,9, Puls 120, schwach, doch noch 
deutlich. Gesichtsfarbe blass-eyanotisch. Abdomen nur mäßig aufgetrieben, aber 
diffus druckempfindlich. Im linken Mesogastrium Metallklang. Über dem linken 
Lig. Pouparti, nach der Mittellinie hin, leichte Dämpfung, ohne deutliche Resi- 
stenz. In der Ileocoecalgegend weder Dämpfung noch Resistenz. Nirgends ein 
Tumor zu fühlen. Pat. hat eben noch einen schwärzlichen Stuhl gehabt, ohne 
irgend welche Blutbeimengung. Auch an den beiden vorhergehenden Tagen war 
nie der für Invagination mehr oder weniger charakteristische blutige Durchfall 
beobachtet worden. 

Die Diagnose war unter diesen Umständen nicht klar. Trotz des akuten Be- 
ginns konnte nicht ohne Weiteres an Invagination gedacht werden, weil jedes 
charakteristische Symptom — besonders der Tumor — fehlte. Die Annahme einer 
Perityphlitis schien uns näher zu liegen, wobei das Verschwinden der vom Kol- 
legen beobachteten Resistenz in der Ileocoecalgegend als Platzen eines perityphli- 
tischen Exsudats in die freie Bauchhöhle gedeutet werden musste. Jedenfalls war 
ein Eingriff dringend nothwendig, wenn schon von schlechter Prognose. 

Der Pat. wurde in das Spital gebracht, da die Verhältnisse einen operativen 
Eingriff im Hause des Kranken nicht zuließen. 

2 Stunden nach der 1. Untersuchung fand ich den Zustand des Pat. merklich 
schlimmer. Die Cyanose hatte bedeutend zugenommen und der Puls war auf 140 
gestiegen, mit Abnahme der Spannung. Gesichtszüge verfallen. 


Es wurde sofort zur Operation geschritten, die in leichter Äthernarkose aus- 
geführt wurde. Medianer Bauchschnitt zwischen Nabel und Symphyse. Sofort 
präsentirt sich geblähter, injieirter Dünndarm, an dem keine peristaltischen Be- 
wegungen zu sehen sind. In der Ileocoeoalgegend nichts Besonderes. Dagegen 
findet sich im kleinen Becken ein Dünndarmkonvolut, das hervorgeholt wird. Das- 
selbe zeigt eine Invagination des Ileums von ca. 10 cm Länge. Im kleinen Beoken 
findet sich außerdem eine übelriechende, blutig-seröse, leicht getrübte Flüssigkeit. 
Die Untersuchung der invaginirten Partie zeigt, dass das Intussusceptum von der 
sehr engen Einschnürungsstelle weg gangränds ist. Das Intussuseipiens dagegen 
ist hochgradig venös hyperämisch. Es wird rasch die Resektion der ganzen In- 
vagination vorgenommen. Da aber der Zustand des Pat. sehr ungünstig, und da 
bei der zum Theil schon bestehenden Darmlähmung rasche und gründliche Ent- 
leerung des Darmes wünschenswerth ist, so wird von einer cirkulären Vereinigung 
der beiden Darmenden abgesehen, und es werden dieselben einfach in der Wunde 
fixirt, in Voraussicht einer allfälligen späteren sekundären Darmnaht. Dass es 
aber zu einer solchen kommen würde, das war freilich völlig unwahrscheinlich bei 
dem Bestehen einer peritonitischen Darmlähmung. Der Exitus erfolgte denn auch, 
wie zu erwarten stand, im Verlauf desselben Abends. 


Beim Aufschneiden des Präparats zeigte sich, dass aus der muttermund- 
ähnlichen Öffnung des Invaginatum ein ca. 5 cm langes, polypenartiges Gebilde 
herausschaute, das an seinem Ende leicht kolbig verdickt war. Es wurde zuerst 
an einen Polypen gedacht. Bei genauerem Nachsehen und bei Desinvagination 
zeigte es sich jedoch, dass sich das Gebilde zurückstülpen ließ und an seiner 
Außenfläche von Serosa bekleidet war. Es mündete an der dem Mesenterialansatz 
gegenüberliegenden Seite in den Darm. Die Deutung war demnach nicht schwer: 
es musste sich um ein Meckel’sches Divertikel handeln. Die invaginirte Partie 
erwies sich als zum Theil schon gangränös, während die äußerste der 3 Darm- 
schichten, von der venösen Stase abgesehen, noch gut aussah. Schematisch würde 
sich die Invagination folgendermaßen darstellen (s. folgende Seite). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 841 


Bemerkenswerth ist der Fall einmal durch das rasche Auftreten der Gangrän, 
die schon naoh 2mal 24 Stunden zu Peritonitis geführt hatte. Auf diesem raschen 
Brandigwerden, ohne länger vorhergehende venöse Stase im Intussusceptum, dürfte 
wohl das Fehlen von blutigem Stuhl beruhen. 

Dass durch Einstülpung des Divertikels auch der Darm nachgezogen und mit 
eingestülpt wurde, das ist völlig begreiflich. Weniger leicht erklärbar ist aber 
die primäre Einstülpung des Divertikels. Küttner verlegt, für seinen Fall 
wenigstens, den Beginn der Invagination des Divertikels an die Basis desselben 
und lässt die peristaltischen Bewegungen desselben eine gewisse Rolle spielen. Nicht 
unmöglich wäre es aber auch, dass durch rasche Weiterbeförderung des Darm- 
inhalts im Divertikel so zu sagen ein negativer Druck hergestellt wurde, und dass 
die Einstülpung demnach auf passivem Weg zu Stande käme. 


Si) AAA AAN H 


Schematische Darstellung der in unserem Falle vorliegenden Verhältnisse. 
a. Umgestülptes Divertikel. b. Intnssusceptum. c. Intussuscipiens. d. Mesenterium. 


Was die Diagnose betrifft, so lässt sich die Einstülpung des Mecokel’schen 
Divertikels natürlich nur bei der Operation oder der Autopsie erkennen. 

Es sei bei diesem Anlass noch darauf hingewiesen, wie unzuverlässig der Ab- 
gang von blutig gefärbtem Stuhl als diagnostisches Zeichen für Invagination ist. 
Während er in unserem Falle fehlte, sah ich kürzlich einen Jungen mit allen 
Zeichen eines akuten Darmverschlusses und mit Abgang von blutiger Flüssigkeit 
per rectum. Es handelte sich aber nicht um Invagination, sondern, wie die Ope- 
ration bewies, um Perityphlitis mit relativer Einklemmung eines Dünndarmkonvoluts 
in dem kleinen Becken. 

Bezüglich der Prognose fügen die 3 neuen Fälle dem von Küttner Gesagten 
nichts Weiteres bei. Alle bisher zur Operation gekommenen Fälle sind gestorben. 
Eine Verbesserung der Prognose ist nur von möglichst frühzeitigem Operiren zu 
erwarten. 


23) W. Macewen. Die infektiös-eitrigen Erkrankungen des Gehirns 
und Rückenmarks. Meningitis, Hirnabscess, infektiöse Sinusthrombose. 
(Übersetzt von Dr. Paul Rudloff.) 

Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 345 8. 

Die Schlussfolgerungen, welche der Verf. in dem vortrefflich übersetzten Werk 
niederlegt, gründen sich ausschließlich auf Fälle eigener Beobachtung. Ein Kapitel 
über einschlägige Litteratur anzufügen, hat M. aus anderen Gründen unterlassen. 
Das Werk beginnt mit einer recht genauen Anatomie des Gehörorgans und seiner 
benachbarten Theile, bespricht dann die Pathologie des Hirnabscesses und der 
Meningitis und deren Fortpflanzung. In der Symptomatologie des Hirnabscesses 
wird wesentlich Neues nicht angegeben, dagegen enthält die Beschreibung der 
Thrombose der intrakraniellen Blutleiter sehr interessante und durch instruktive 
Krankengeschichten erläuterte Einzelheiten. Es folgt dann die Besprechung der 
Behandlung und die durch dieselbe erzielten Resultate. 

So interessant das Werk durch die Fülle der Einzelheiten und der gebotenen 
Krankengeschichten ist, so wenig ist es geeignet, ein abgerundetes Bild aller an- 
geführten Erkrankungen von vorn herein zu geben. Der Specialist wird aber in 


842 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


den einzelnen Beobachtungen eine Menge von Anregungen finden, wenn er auch 
mit den einzelnen Schlussfolgerungen und Beobachtungen nicht einverstanden ist 
und selbst einzelnen Punkten in der Anatomie widersprechen würde. 

Jedenfalls kann die Übersetzung dieses auf so zahlreichen interessanten Beob- 
achtungen seines Verf. beruhenden Werkes, besonders wenn sie so wohl gelungen 
ist, nur mit Freuden begrüßt werden. Es eignet sich aber dasselbe mehr zum 
Nachschlagen über Einzelheiten, als dass es uns ein abgerundetes Bild giebt. 
Nicht zum kleinsten Theil dürfte hieran die Einstreuung und Besprechung der 
Krankengeschichten im Text und das Fehlen der einschlägigen Litteratur Schuld 
sein. Borchard (Posen). 

24) Brauneck. Zur Kasuistik der Gehirntumoren traumatischen Ur- 
sprungs. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 4.) 

Ein 33jähriger, kräftig und gesund aussehender Bergmann erleidet durch ein 
fallendes Steinstück eine 31/2 cm lange Wunde der Kopfschwarte 11 cm hinter der 
linken Ohrmuschel. Heilung glatt. Nach etwa 4 Wochen stellen sich heftige 
Schmerzen im Hinterkopf ein, die allmählich dauernd werden. Es folgen Gehim- 
erscheinungen, völlige Appetitlosigkeit, häufiges Erbrechen. Auf beiden Lungen 
bei der Aufnahme ins Krankenhaus pleuritisches Reiben. Dann folgen Stauungs- 
papille, Zuckungen der Extremitäten, endlich unter andauerndem Erbrechen Fieber, 
Bewusstlosigkeit, Tod. Der Sektionsbefund ist: Ausgedehnte tuberkulöse Gehirn- 
hautentzündung und walnussgroße Geschwulst im Kleinhirn, die als typischer 
Solitärtuberkel erkannt wird. Verf. nimmt an, dass bei dem tuberkulös beanlagten 
Mann (Pleuritis!) die Entwicklung des tuberkulösen Processes im Kleinhirn durch 
das Trauma veranlasst worden ist. Teubner (Hannover). 


25) Trnka (Prag). Beitrag zur Technik der Trepanation des Schädels. 
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 9 u. 11.) 

Im Eingang seiner Mittheilung erwähnt T., dass er den vorliegenden Artikel 
am 18. Februar c. dem Centralblatt für Chirurgie eingeschickt, die Redaktion 
denselben jedoch mit dem Bemerken zurückgesendet, dass eine Arbeit Lauen- 
stein’s mit ähnlichem Inhalt im Druck sei. Es handelt sich thatsächlich um 
denselben Vorschlag, nämlich bei der Durchführung des Fadens, bezw. der Säge, 
von einem Trepanloch zum anderen eine Uhrfeder zu benutzen (of. Lauen- 
stein in diesem Bl. 1898 No. 8). T. kam zu seinem Vorschlag bei Versuchen mit 
der Gigli’schen Säge an Leichen. 

Als Bohrinstrument empfiehlt T. einen patentirten Drillbohrer, den er im 
Arsenal der Metalldrechsler vorfand, und den er zur Schädeltrepanation nach 
Obalinski mit einer scharfen Fraise montiren ließ, welche die Form eines flachen 
Kegels zeigt, jedoch scharfe Risse aufweist, die in eine scharfe, stumpfwinklige 
Spitze auslaufen. Abbildung siehe im Original, No. 11 p. 125. 

Jaffé (Hamburg). 


26) Jonnesco. L’h&micraniectomie temporaire. 
(Arch. des sciences méd. 1898. No. 1 u. 2.) 

Bericht über 6 nach der Methode von Doyen operirte Fälle: 1 Mikrocephalie, 
1 Imbecillität, 2 Epilepsien, 2 Idiotien. Wie die erzielten Besserungen gewesen 
sind, kann man bei der Kürze der angeführten Krankengeschichten nicht sehen. 
Besonders wirkt die Operation bei Epilepsie und Mikrocephalie durch die Ent- 
lastung des Gebirns. In den 3 Fällen von Epilepsie fand J. ein Odem des Gehirns 
und Vermehrung des Liquor cerebrospinalis. In dem Falle von Mikrocephalie 
wird eine Lücke von fast 1 cm Breite gelassen, um eine dauernde Entlastung des 
Gehirns herbeizuführen. Borchard (Posen). 


27) C. M. Moullin. The fate of bone reimplanted after trephining. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 12.) 


Bei einem 47jährigen Seemann, der im März 1894 eine schwere Verletzung 
der linken Regio parietalis durch Sturz von einer Segelstange erlitten hatte, war 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 843 


anderwärts im April 1896 wegen epileptischer Anfälle, die hauptsächlich die 
rechte Gesichts- und Körperseite betrafen, in der Folge zu Lähmungserscheinungen 
und Aphasie führten, die Trepanation ausgeführt worden; es war, wie sich durch 
die Untersuchung feststellen ließ, der Knochen in der linken Scheitelbeingegend 
ungefähr im Umfang einer Handfläche entfernt und dann nach Zerstückelung re- 
implantirt worden. Wegen häufiger auftretender epileptischer Anfälle, die stets 
mit Krämpfen in der rechten Hand begannen, sich dann auf Arm und Bein und 
schließlich auch auf die linke Rumpfseite ausdehnten, wurde die durch die frühere 
Trepanation gesetzte Wundfläche wieder frei gelegt. M. fand die Dura mater be- 
deckt mit einer Mosaik von kleinen Knochenstückchen, die zum Theil unter ein- 
ander mit schmalen Brücken verwachsen waren, auf der Oberfläche glatt, auf der 
Duraseite mit kleinen Grübchen bedeckt waren, denen Knöspchen von Granulations- 
gewebe entsprachen, das sich aus den Weichtheilen darunter gebildet hatte. Die 
Ränder der Knochenstückchen waren glatt und dünn. Die größte Dicke war die 
eines dünnen Pappdeckels; und zwar schienen Tabula externa und interna in gleicher 
Weise von der Resorption betroffen. Vielleicht als Ursache der Jackson’schen 
Epilepsie fand sich an einer Stelle, wo sich 2 Knochenstückchen unter einander 
geschoben hatten, eine unregelmäßige Knochenwucherung von der Größe einer 
Erbse, welche eine kleine Grube in der Dura verursacht hatte. Die Dura war hier 
verdickt. Das betreffende Knochenstückchen wurde entfernt, der übrige Theil der 
Mosaik nicht weiter berührt, der Weichtheillappen wieder angelegt. In den näch- 
sten 6 Wochen, die Pat. noch in Beobachtung stand, traten Anfälle, die sonst 
täglich mehrfach eingetreten waren, nicht mehr auf. M. warnt auf Grund seiner 
Beobachtung vor der Reimplantation kleiner Knochenstückchen bei größeren 
Schädeldefekten, weil dieselben der Resorption verfallen und so wenig mehr für 
die Deckung von Nutzen sind, außerdem aber auch zu ernsten Störungen Anlass 
geben können. F. Krumm (Karlsruhe). 


28) A. W. Martynow. Fall einer hartnäckigen Neuralgie des N. la- 
erymalis, Heilung auf operativem Wege. 
(Chirurgia 1897. p. 401. [Russisch.]) 

Die bei einer 75jährigen Frau seit 9 Jahren bestehende heftige Neuralgie war 
mit allen möglichen neueren Mitteln vergebens behandelt worden. Am Tage kamen 
die Anfälle 3—4, in der Nacht 7—8mal. Eine genaue Untersuchung ließ erkennen, 
dass in diesem Falle der N. lacrymalis der betroffene Nerv war. Da für dessen 
operative Freilegung keine Verfahren vorlagen, so übte M. im Institut Prof. Dia- 
konow’s 2 Operationsweisen ein, eine ohne und eine mit Resektion des Orbital- 
randes. Das letztere Verfahren erleichtert sehr die Freilegung des Neryen. Bei 
der Kranken wurde ohne Knochenresektion operirt. M. beschränkte sich aus 
Rücksicht auf die Thränendrüse nur auf die Dehnung des Nerven. Trotzdem war 
der Erfolg ein guter, die Schmerzen verschwanden nach der Operation vollständig 
und waren nach 2 Monaten noch nicht wiedergekehrt. 

E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


29) W. Osler. On chronic symmetrical enlargement of the salivary 
and lachrymal glands. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Januar.) 

In dem Falle O.'s handelte es sich um ein 11jähriges Mädchen, bei dem sich 
im Laufe eines Jahres eine allmähliche Vergrößerung der Thränendrüsen, Speichel- 
drüsen und der Schleimdrüsen des Mundes ausbildete. Außerdem wurde eine 
Vergrößerung der Milz und syphilitische Rhinitis festgestellt. Unter Jodkalium- 
gebrauch gingen die Schwellungen zurück; auch die Rhinitis heilte, und die Milz 
verkleinerte sich. 2 Jahre nach dieser Affektion starb das Mädchen an Lungen- 
tuberkulose. Bei der Autopsie fand man die Thränendrüsen durch fibröses Ge- 
webe ersetst; an den Speicheldrüsen fand man keine Spur von der früheren Ver- 
größerung. Im Hinblick auf die syphilitische Nasenaffektion, so wie den prompten 


844 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


Effekt der Jodkaliumkur hält O. einen Zusammenhang mit angeborener Syphilis 
für sehr wahrscheinlich. Die Tuberkulose des Mädchens hat im vorliegenden 
Falle wohl nichts mit der Thränen- und Speicheldrüsenaffektion zu thun. (Nach 
Mikulios [Billroth’s Festschrift] und Kümmel [Mittheilungen a. d. Grenz- 
gebieten der Mediein u. Chirurgie 1897 Bd. II) ist die Hyperplasie der Speichel- 
drüsen als chronische Infektion bis jetzt noch unbekannten Ursprungs anzusehen. 
(Ref.) W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


30) L. Kredel. Die angeborenen Nasenspalten und ihre Operation. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 237.) 

Der wesentlichste Inhalt von K.’s Mittheilung ist auf der vorjährigen Natur- 
forscherversammlung in Braunschweig vorgetragen, und verweisen wir hierüber auf 
den Selbstbericht p. 1136 im vorigen Jahrgang unseres Blattes. Die vorliegende 
Arbeit bringt außer ausführlicher Berichterstattung und Besprechung des von K. 
operirten Falles medianer Nasenspalte die Photogramme des Pat. vor und nach 
der Operation, so wie ferner einen Bericht über die Operation einer — diagno- 
stisch allerdings nicht ganz einwandsfreien — seitlichen Nasenspalte. Bei dem 
4monatlichen Kind, dessen Vater syphilitisch gewesen war, bestand eine tiefe 
Einschneidung des linken Nasenflügels genau in seiner Mitte am freien Rand. 
Die Operation ist beiläufig dadurch interessant, dass in die Wunde zum Ersatz 
des fehlenden Nasenflügelknorpels ein keilförmiges aus dem Ohrknorpel exeidirtes 
Konorpelstückchen mit gutem Erfolg implantirt, gewissermaßen »okulirt« wurde. 
Verf. eitirt die spärlichen bis jetzt bekannten Fälle seitlicher Nasenspalte, die 


— wie ebenfalls die medianen Spalten — wahrscheinlich auf von außen ein- 
wirkende Schädigungen, insbesondere Verwachsung und Druck von Amnionfalten, 
zurückzuführen sind. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


31) H. Eichler. Adenom, einen von der Nasenscheidewand aus- 
gehenden Polypen vortäuschend. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.) 

Die bohnengroße Geschwulst saß breitbasig der linken Seite der Nasenscheide- 
wand in der Gegend des Tuberculum septi auf und hatte eine rosarothe Farbe; 
mit der kalten Schlinge entfernt und mikroskopisch untersucht, erwies sie sich als 
reines Adenom. Die Heilung ging glatt vor sich, ein Recidiv ist nicht eingetreten. 

Teichmann (Berlin). 


32) J. Fein. Eine neue Nasenschere. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VIL Hft. 2 u. 3.) 

Das zur Abtragung der hinteren Muschelenden und ev. auch hypertrophischer 
Mandeln bestimmte Instrument stellt eine knieförmig gebogene Doppelschere dar, 
deren vier in Scharniergelenken gegen einander bewegliche Schneiden die abzu- 
tragenden Theile umfassen sollen. Die Operation soll damit viel leichter und 
schneller von statten gehen als mit der Schlinge. Teichmann (Berlin). 


33) R. Abbe. A new plastic operation for the relief of deformity 
due to double harelip. 
(Med. record 1898. April 2.) 

Die Folgen einer doppelseitigen Hasenschartenoperation in der Kindheit, 
welche in einer außerordentlichen Abflachung und Kürzung der Oberlippe und 
einer enormen Wulstung und Vorstehen der herabhängenden Unterlippe bestanden, 
wurden mit ausgezeichnetem kosmetischen Resultat von A. operirt. Der Eingriff 
bestand in zweizeitiger Transplantation des mittleren Theils der Unterlippe in die 
Oberlippe, wie Fig. 1—3 zeigen. 

Ein mittlerer vertikaler Schnitt spaltete die alte Narbe der Oberlippe, die 
Ränder wurden durch Excision des Narbengewebes angefrischt. Es entstand ein 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 845 


ungefähr 2/, Zoll breiter Defekt. Aus der Mitte der Unterlippe wird ein Lappen, 
dessen Brücke den unteren Ast der linken Coronararterie enthält, gebildet und 
exakt in den oberen Defekt befestigt. Besonders genau muss auf das Lippenroth 
geachtet werden. Die Unterlippe wird ebenfalls bis auf den Rand zusammen- 
gezogen. Auf der rechten Seite des Mundes bleibt also oben und unten der Wund- 
rand des rothen Lippensaums unversorgt, bis der invertirte Lappen in seiner neuen 


Fig. 1. Fig. 2. Fig. 3. 


Lage angewachsen ist. Es wurden noch einige Entspannungsnähte (auf der Figur 
nicht verzeichnet) zur Sicherung des Lappens theils durch beide Theile der Ober- 
lippe, theils quer über den Mund von links unten nach rechts oben angelegt. Am 
12. Tage erfolgt durch Trennung der Brücke der Schlussakt der Operation. Die 
Ernährung des transplantirten Lappens war so vollständig, dass nicht einmal ein 
Unterschied der Farbe erkennbar blieb. Während der ersten 12 Tage wurde der 
Pat. durch die Nase vermittels eines Schlauches gefüttert. 
Loewenhardt (Breslau). 


34) T. Harris (Manchester). On »Dry Mouth« or Xerostomia. 
(Amer. journ. of the med. seiences 1898. März.) 

H. beschreibt einen Fall der seltenen Affektion, bei welcher die Sekretion 
aller Speicheldrüsen und aller Drüsen der Mundschleimhaut versiegt ist. Der Fall 
betrifft eine 30jährige Frau, bei welcher die Krankheit zur Zeit der Untersuchung 
schon 3 Jahre bestand, und ist ausgezeichnet durch eine zugleich bestehende 
doppelseitige Anschwellung der Parotis. Auch ist die eine Nasenhälfte voll- 
kommen trocken. Alle therapeutischen Maßnahmen waren erfolglos; Massage der 
beiden Parotiden brachte eine kurz dauernde Besserung. H. ist der Meinung, dass 
eine Nervenstörung in seinem Falle der Xerostomie und der doppelseitigen Parotis- 
schwellung zu Grunde lag. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


35) L. Kasparki. Fremdkörper (Metallring mit einer in ihn ge- 
steckten Militärpatronenhülse), der über 3 Monate in derBacke gelegen 
hatte. 

(Chirurgia 1897. p. 398. [Russisch.)) 

Ein Bauer des Pskow’schen Gouvernements hatte es übernommen, am Oster- 
sonntag vor dem Gottesdienst einen Kanonenschuss abzufeuern. Da aber am 
Orte keine Kanone aufzutreiben war, improvisirte er sich eine solche, indem er 
eine Radnabe an ihrem Ende mit einem Metallring einer Militärpatrone verschloss 
Die Ladung bestand aus einer reichlichen Menge Schießpulver und einem fest 
angetriebenen Papierpfropf. Nach dem bedeutenden Knall fand man den Ver- 
letzten blutüberströmt und bewusstlos am Boden liegend. Von dem improvisirten 
Geschüts fand man keine Spur, es war in kleine Stücke zerrissen. Nachdem der 
Kranke ca. 2 Monate in einem Kreiskrankenhaus gelegen, wurde er zu K. ins 
Gouvernementskrankenhaus gebracht, um wegen einer angeblichen Kiefernekrose 
operirt zu werden. Er hatte in der linken Wange eine starke harte Anschwellung 
mit einer kleinen Fistelöffnung. Schon die Betastung ließ den Verdacht eines 


846 Centrajblatt für Chirurgie. No. 32. 


Fremdkörpers aufkommen, um so mehr, als sich mit der trübserösen Flüssigkeit 
aus der Fistel kleine schwärzliche Bröckelchen entleerten. Nachdem die Sonde 
jene Annahme bestätigt, wurde nach einem ausgiebigen Einschnitt mit einem 
Haken ein Metallring von 3 em Durchmesser und 1 cm Höhe und eine Militär- 
patronenhülse hervorgezogen, die unerkannt über 3 Monate in der Backe gesteckt 
hatten. Die Fremdkörper lagen theils dicht am Unterkieferknochen, theils waren 
sie noch in denselben eingedrungen. E. Braatz (Königsberg i/Pr.) 


36) A. Kirstein. Nageltrokar für die Oberkieferhöhle. 
(Ärstliche Polytechnik 1898. April.) 

Obiger Trokar hat 2,4 mm Durchmesser, 0,3 mm Wandstärke, er wird von der 
Umschlagsstelle der Schleimhaut mittels Hammerschlägen eingetrieben, mit oder 
ohne Cocain. Alsdann folgt die Reinigung der Höhle. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 


37) Moty. Osteo-myelite du maxillaire inférieur. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 376.) 

M. weist an der Hand eines einschlägigen, von ihm ausführlich mitgetheilten 
Falles auf die Gefahr der Fortpflanzung einer Infektion von einem cariösen Zahn 
aus entlang dem Kieferkanal und dadurch bedingter Osteomyelitis des Kiefers 
hin. In seinem Falle war es hierdurch zur Nekrose des ganzen aufsteigenden 
Astes des rechten Unterkiefers gekommen. Beichel (Chemnitz). 


38) Lichtwitz. Akute Osteomyelitis des Oberkiefers, ein sogenanntes 
»klassischese Empyem in der Highmorshöhle simulirend. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.) 

Bei einem 29jährigen Mann war in Folge eines heftigen Traumas ein osteo- 
myelitischer Herd des Oberkiefers entstanden, der zur Bildung eines großen, aus 
dem ganzen Alveolarfortsatz des linken Oberkiefers bestehenden Sequesters Anlass 
gab. Mit Rücksicht auf die bestehende übelriechende Naseneiterung der linken 
Seite, die äußere Schwellung der Wange und die Allgemeinerscheinungen wurde 
zuerst an ein sogenanntes klassisches Empyem der Kieferhöhle gedacht. Nach 
Entfernung des großen Sequesters fand sich aber der Schleimhautüberzug des 
Bodens der Kieferhöhle, welcher bloßgelegt war, vollkommen unversehrt, und bei 
einer Probepunktion durch denselben die Kieferhöhle frei von Eiter. Dagegen 
führten von der hinteren Wand der nach Entfernung des Alveolarfortsatzes blei- 
benden Höhle 2 Fistelgänge, der eine in den Nasen-Rachenraum, der andere in den 
unteren Nasengang. Die Heilung erfolgte nach Entfernung des Sequesters rasch. 
Verf. ist der Ansicht, dass alle als »klassische« Kieferhöhlenempyeme beschriebenen 
Fälle, d. h. Empyeme mit äußerlichen Erscheinungen, auf osteomyelitische oder 
specifische Erkrankungen des Oberkieferknochens oder auf vereiterte Zahn- und 
Knochencysten zurückgeführt werden müssen. Teichmann (Berlin). 


39) J. Reboul. Deux cas d’ost6omyelite avec n&croses étendues du 
maxillaire inférieur consécutive à la carie dentaire chez des enfants. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 390.) 

Ohne schwere Allgemeinerscheinungen führte eine ziemlich schleichend sich 
entwickelnde Osteomyelitis in dem 1. Falle des Verf. bei einem 6jährigen Kinde 
zu einer Nekrose fast der ganzen rechten Unterkieferhälfte mit Bildung einer 
ziemlich vollständigen knöchernen Todtenlade. Die Nekrotomie führte zur völligen 
Genesung; der neue Knochen trug 2 Schneidezähne, den Eckzahn, den 1. Prä- 
molaris, theils entwickelt, theils noch in Entwicklung begriffen. Im 2. Falle hatte 
die von einer Zahncaries ausgehende Osteomyelitis zu einer ziemlich weitgehenden 
Nekrose der linken Unterkieferhälfte geführt; doch war hier der untere innere 
Rand des horizontalen Kieferastes erhalten geblieben. Nekrotomie brachte auch 
hier Heilung. Reichel (Chemnitz). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 847 


40) H. Braun. Über myogene Kieferklemme. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 187.) 

Bis Mittheilung ist die Ausarbeitung eines auf der vorjährigen Naturforscher- 
versammlung in Braunschweig gehaltenen Vortrags, beziehentlich dessen wesent- 
lichsten Inhalts auf das Referat in diesem Blatt p. 1136 vorigen Jahrgangs zu 
verweisen ist. Hier wäre noch nachzutragen, dass die Grundkrankheit der von B. 
operirten Pat. in einer Myositis ossificans progressiva bestand, und dass B. im 
Anschluss an den eigenen Fall die vor ihm publieirten Beobachtungen von Mit- 
betheiligung der Kaumuskeln an dieser Krankheit (meist sind die Kieferheber 
afficirt) gesammelt hat und hier citirt. Der Operationsmodus, der in Bis Falle 
schließlich einen leidlichen Erfolg — Offenstehen der Zahnreihen 1 cm weit, doch 
ohne Kieferbeweglichkeit — herbeiführte, die »Desinsertion«e, d. h. die Zurück- 
lagerung der Insertion der Kaumuskeln, stammt von Le Dentu und Kocher, und 
rekapitulirt B. die von diesen Autoren gelieferten Berichte ihrer Operationen. 
Die Technik des Eingriffs wird von B. näher beschrieben, und das Verfahren zu 
weiterer praktischer Erprobung empfohlen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


41) Alexander. Beitrag zur wahren Ankylose des Kiefergelenks. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3.) 

A. bespricht auf Grund von 3 Beobachtungen aus der Mikulicz’schen Klinik 
und unter sorgfältiger Berücksichtigung der einschlägigen Litteratur die Atiologie, 
Pathologie, Prognose und Therapie der arthrogenen Kieferklemme. Von den 
3 Fällen wurde einer mit Resektion beider Kiefergelenke behandelt, ein anderer 
genau nach der Vorschrift Helferich’s, und im 3. Falle wurde ein Muskellappen 
aus dem Masseter (mit oberer Basis) interponirt. Der unmittelbare Erfolg war in 
allen 3 Fällen gut, das Dauerresultat ist nicht erwähnt. Den Hautschnitt führt 
Mikulicz nach eigener Methode (kleiner Lappen mit oberer Basis), welche im 
Original nachzusehen ist. Hofmeister (Tübingen). 


42) Lichtwitz. Un cas de sarcome pedicul& de la langue. 
(Gaz. méd. de Bordeaux 1898. No. 17.) 

Bei der großen Seltenheit primärer Zungensarkome verdient der veröffentlichte 
Fall, da eine genaue mikroskopische Untersuchung gemacht wurde, unbedingt Er- 
wähnung. 

Es handelte sich um eine 2öjährige Pat., bei welcher die Geschwulst sich 
wenige Monate nach einer Entbindung schnell entwickelt hatte. Sie hatte Nuss- 
größe, war gestielt und konnte leicht galvanokaustisch abgetragen werden. Ver- 
lauf gut. Kein Recidiv nach jetzt 2 Jahren. A. Henry (Breslau). 


70.Versammlung der deutschen Naturforscher und Ärste 
zu Düsseldorf 


vom 19. bis 24. September 1898. 
21. Abtheilung: Chirurgie. 


Einführende: Dr. Straeter, Dr. Schultze. Schriftführer: Dr. Becker, 
Dr. Paltzow. 


Sitzungszimmer: Königl. Gymnasium (Aula). 
Angemeldete Vorträge: 


Bardenheuer, Geh. Sanitätsrath Dr. (Köln), Primäre Resektion des Hüft- 
gelenks mit Einschluss der Pfanne. Vorführung eines Operirten. 


848 Centralblatt für Chirurgie. No. 32. 


Dresmann, Dr. (Köln), Über die Resektion eines 2 m langen Darmstückes. 

Derselbe, Sarkom der rechten Hand. 

Erasmus, Dr. (Crefeld), Zur Prognose der operativen Behandlung der Nieren- 
tuberkulose. 

Goldberg, Dr. (Wildungen), Beitrag zur Behandlung der Urogenitaltuber- 
kulose. 

Heusner, Geh. Sanitätsrath Dr. (Barmen), Über Klumpfuß. 

Kaufmann, Docent Dr. (Zürich), Beitrag zur Kenntnis des Kropftodes. 

Kirchner, Oberstabsarzt Dr. (Düsseldorf), Zur Ätiologie der akuten Osteomye- 
litis mit Demonstrationen. 

Löbker, Prof. Dr. (Bochum), Meine Erfahrung auf dem Gebiete der Patho- 
logie und chirurgischen Therapie der Cholelithiasis. 

Lossen, Prof. Dr. (Heidelberg), Über Rhinoplastik. 

Morian, Dr. (Essen), Demonstration eines Knaben mit Myositis ossificans. 

Derselbe, Ein Fall von Pankreasenterose. 

Müller, Dr. (Aachen), Demonstration von Prüparaten. 

Petersen, Privatdocent Dr. (Heidelberg), Über die Beeinflussung von Infek- 
tionskrankheiten durch künstliches Fieber. 

Plücker, Dr. (Köln), Über Behandlung komplieirter Verletzungen mit Demon- 
stration. 

Derselbe, Ein Fal von Missbildung beider oberen Extremitäten bei völliger 
Erwerbsfähigkeit. 

Riedel, Hofrath Prof. Dr. (Jena), Über Cholelithiasis. 

Derselbe, Über orthopädische Operationen an den unteren Extremitäten. 

Derselbe, Zur Behandlung der Appendicitis. 

Schede, Geh. Med.-Rath, Prof. Dr. (Bonn), Zur operativen Behandlung der 
Jackson’schen Epilepsie. 

Schultze, Ferd., Dr. (Duisburg), Zur chirurgischen Behandlung des Gesichts- 
lupus mit Krankenvorstellung. 

Derselbe, Neues auf dem Gebiete der Medicomechanik und Orthopädie mit 
Demonstration neu konstrutrter Apparate. 

Derselbe, Demonstration eines Apparate für passive Bewegungen des Ell- 
bogengelenks. 

Straeter, Dr. (Düsseldorf), Pylorusresektion mit Vorstellung. 

Thiel, Dr. (Köln), Über die Behandlung alter Empyeme. 

Vulpius, Privatdocent Dr. (Heidelberg), Die Behandlung der Wirbelentzün- 
dung im Gipsbett. 

Witzel, Prof. Dr. (Bonn), Über die chirurgische Behandlung der eitrigen Me- 
ningitis. 

Wolf, Oskar, Dr. (Köln), Ausgedehnte Beckenresektionen mit Demonstrationen. 
d Derselbe, Die Behandlung der Knochenbrüche mit Extension nach Barden- 

euer. 

Bemerkungen. Eine gemeinsame Sitzung ist in Aussicht genommen mit der 
Abtheilung für innere Medicin Dienstag Vormittag. Thema: Über Cholelithiasis. 
Referent Geh. Medicinalrath Prof. Dr. Naunyn, Korreferent Hofrath Prof. Dr. 
Riedel. Dazu der Vortrag von Prof. Loebker (Bochum), Meine Erfahrungen 
auf dem Gebiete der Pathologie und chirurgischen Therapie der Cholelithiasis. Auch 
sollen die Vorträge Goldberg und Petersen gehalten werden. 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 116), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Ee m ana m m om more m en soon 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 33. Sonnabend, den 20. August. 1898. 


Inhalt: 1) Heim, Bakteriologie. — 2) Bledi und Kraus, Ausscheidung von Mikro- 
organismen. — 3) Keen, Chirurgische Komplikationen des Typhus. — 4) Brunner, 
Strychninvergiftung und Starrkrampf. — 5) Tonta, Verwerthung der Röntgenstrahlen. 
— 6) Tschernow, Polyarthritis deformans. — 7) Barth, Gelenkkörper. — 8) Robineau, 
Phlebitis. — 9) Spassokukozkij, Osteoplastische Amputationen. — 10) Struthers, Das 
Epi-Akromion. — 11) Soupart, Unterbindung der Art. axillaris. — 12) Rubez, Tendo- 
vaginitis. — 13) Endlich, Hüftverrenkung. — 14) Hofmeister, Coxa vara, — 15) Fiske, 
Flüssigkeit im Knie. — 16) Sell, Unterschenkelbrüche. — 17) Holtzmann, Varicen der 
Unterextremitäten. 

18) Takaki und Werner, Posttyphöse Eiterungen. — 19) Martinottl, Polymyositis. — 
20) Seelhorst, Schussverletzungen. — 21) Leo, Osteosarkom. — 22) Eichel, 23) Haus- 
mann, Extensionsapparate. — 24) Bergmann, 25) Scudder, Schulterverrenkung. — 
26) De Megalheles, Wachsthumshinderung des Armes, — 27) Delamare, Handver- 
letzung. — 28) Lauenstein, Fingerversteifung. — 29) Sprengel, Hüftresektion. — 
30) Kern, Pirogoff’sche Amputation. — 31) Wiener, Klumpfuß. — 32) v. Dembowski, 
Plattfuß. — 33) Quönu, 34) Steffen, Verrenkungen im Fuß. — 35) Venot, Myelom der 
Sehnenscheiden. — 36) Most, Echinokokken an den Gefäßen. — 37) Zahn, Aneurysmen. 
— 38) Ruinl, Beingeschwüre. 


1) Heim. Lehrbuch der Bakteriologie mit besonderer Be- 
rücksichtigung der bakteriologischen Untersuchung und Dia- 


gnostik. 2. Auflage. 
Stuttgart, Ferd. Enke, 1898. Mit 166 vielfach nach Originalphotogrammen her- 

gestellten Abbildungen im Text und mit 8 Taf. in Lichtdruck. 604 S. 

Die vorliegende 2. Auflage des vor 4 Jahren zum ersten Mal 
erschienenen und rasch zu allgemeiner Beliebtheit gelangten - Lebr- 
buches der bakteriologischen Untersuchung und Diagnostik«, die 
unter dem obengenannten veränderten Titel erschienen ist, ist den 
neueren Errungenschaften und Erfahrungen zufolge ergänzt und 
außerdem, ohne dankenswertherweise den Umfang zu erhöhen, um 
einen neuen systematischen Abschnitt bereichert. 

Der erste, allgemeine Theil befasst sich mit den bakteriologischen 
Untersuchungen im Allgemeinen, so wie mit den Untersuchungen 
über die morphologischen und biologischen Eigenschaften der Bak- 
terien. Derselbe ist durch eine überaus reichliche Anzahl vortreff- 

33 


850 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


licher Abbildungen ausgezeichnet, die die wichtigsten Apparate und 
Gebrauchsgegenstände, so wie Handgriffe bei den Untersuchungen 
wiedergeben, zum Theil nach Originalphotogrammen des Verf. 

Ich glaube, dass die Absicht des Verf., durch sein Buch allen 
Denen, die nicht in einem praktischen Kurs sich die Handgriffe und 
Methoden aneignen konnten, eine Hilfe zu gewähren, durchaus als 
gelungen bezeichnet werden muss, so fern ein solches Ziel überhaupt 
zu erreichen ist. 

Der 2. Theil bringt in seinem ersten Abschnitt die Zusammen- 
stellung und Beschreibung der medicinisch wichtigen Lebewesen. 
Durch einen originellen Schlüssel ist es H. geglückt, eine bisher 
fehlende Übersicht über die uns interessirenden Arten von Klein- 
wesen und speciell von Bakterien zu geben, die es, so lange eine 
den Anforderungen entsprechende wissenschaftliche botanische Syste- 
matik aussteht, ermöglicht, die einstweilen bekannten, so wie neu 
entdeckte Arten an bestimmten Plätzen unterzubringen und dort 
wieder aufzusuchen. 

Die Anschaffung des Werkes kann Jedem, der mit bakteriologi- 
schen Arbeiten sich beschäftigt, auf das \Wärmste empfohlen werden. 
Auch der Geübte wird eine Fülle von interessanten und wissens- 
werthen Thatsachen darin finden. Hübener (Breslau). 


2) Biedl und Kraus, Über die Ausscheidung von Mikro- 
organismen durch drüsige Organe. 

(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten Bd. XXVI. p. 353.) 

Nach den experimentellen Untersuchungen der Verff., die mit 
den verschiedensten Bakterien, zumeist mit Staphylococcus pyogenes 
aureus, Bacterium coli und Milzbrand angestellt wurden, muss von 
den beiden bei dem Ausscheidungsprocess betheiligten Faktoren dem 
eliminirenden Organismus die Hauptrolle zugeschrieben werden. Die 
früheren Anschauungen, wonach Art, Form, Größe und Beweglich- 
keit der Bakterien, ferner deren Pathogenität und Virulenz vor Allem 
entscheidend wären, und der Organismus selbst sich nahezu passiv 
verhalte, können nicht mehr aufrecht erhalten werden. Vielmehr 
ist es sehr wahrscheinlich, dass die Mikroorganismen sich in dieser 
Richtung eben so verhalten, wie leblose, geformte Körperchen, dass 
sie in Bezug auf die erste Zeit der Ausscheidung nur als sonstige im 
Blut kreisende korpuskuläre Elemente betrachtet werden können. 

Die Annahme Brunner’s und anderer Autoren, dass die Gefäß- 
wände und Epithelbarrieren der verschiedenen drüsigen Organe, bevor 
sie von den pathogenen oder nicht pathogenen Mikroorganismen 
durchdrungen werden können, vorher durchlässiger werden sollen in 
Folge einer Alteration des betreffenden Gewebes durch die Bakterien- 
gifte bei pathogenen, in Folge von Cirkulationsstörungen, Kapillar- 
stauungen u. dgl. bei nicht pathogenen Mikroorganismen, ist nicht 
richtig. Es bedarf durchaus nicht erst einer pathologischen Verände- 
rung des Gewebes, vielmehr kann die normale, unveränderte Gefäß- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 851 


wand von im Blut kreisenden Mikroorganismen auf dem Wege der 
Diapedese passirt werden. Dessgleichen stellt auch das intakte Ge- 
webe der Passage kein Hindernis entgegen. Bei Hunden konnten 
die Verff. das Auftreten von in die Blutbahn eingeführten Bakterien 
schon nach 12 Minuten, bei Kaninchen bereits nach 5 Minuten im 
Urin, der durch Harnleitersondirung aufgefangen war, nachweisen. 
Es ist klar, dass hierbei irgend eine schädigende Einwirkung von 
Toxinen auf die Gefäßwand nicht in Frage kommen kann. Dass 
die Mikroorganismen späterhin bei lange bestehender Blutinfektion 
vermöge ihrer specifisch schädigenden Wirkung auf den Organismus 
sich besondere \Vege zu bahnen im Stande sind, ist natürlich nicht 
außer Acht zu lassen. 

Diese Ausscheidung der Bakterien ist indessen im Wesentlichen 
an den Bau und die specifische Leistung der betreffenden Drüsen 
geknüpft. In diesem Sinn ist das Erscheinen der Mikroorganismen 
in den Drüsensekreten als wirkliche physiologische Ausscheidung zu 
betrachten. Drüsige Organe, bei welchen das Vorkommen einer sol- 
chen Ausscheidung nachgewiesen wurde, sind Niere und Leber. 
Dahingegen scheiden die Speichel- (Schleim-) Drüsen und Pan- 
kreas de norma keine Mikroorganismen aus. 

Die Autoren weisen ausdrücklich darauf hin, dass ceteris pari- 
bus eine solche Ausscheidung z. B. durch die Nieren zu Stande 
kommen kann, nicht muss. Ihre negativen Harnbefunde nach In- 
jektionen großer Bakterienmassen zusammen mit den positiven Er- 
gebnissen v. Klecki’s bei Verwendung sehr geringer Quantitäten 
sind die besten Beläge dafür, dass die Anzahl der jeweiligen Blut- 
keime für die Anregung der Sekretionsorgane zu Bakterienausschei- 
dung von ausschlaggebender Bedeutung nicht sein kann. Diese Be- 
dingungen sind uns zur Zeit noch gänzlich unbekannt. 

Hübener (Breslau). 


3) W. Keen. The surgical complications and sequels of 
typhoid fever. 
Philadelphia 1898. 3818. Mit 5 Taf. u. 9 Abbildgn. 

An der Hand von 1700 Fällen, die mehr oder weniger ausführ- 
lich beschrieben sind, kommt Verf. zu dem Schluss, dass der Typhus 
mehr Anlass zu chirurgischen Eingriffen gäbe als im Allgemeinen 
angenommen würde. 

Zuerst bespricht er die Gangrän, welche durch 3 Ursachen her- 
vorgerufen werden kann: 1) das Blut, welches durch die Typhus- 
bacillen verändert sei; 2) durch das geschwächte Herz, welches da- 
durch seine Funktion nicht mehr vollständig ausführte, dass die Typhus- 
bacillen in dem Endocardium sich aufhielten; 3)durch die mechanischen 
Schwierigkeiten, welche sich dem Blutstrom entgegenstellen dadurch, 
dass die Typhusbacillen sich in die Häute der Arterien und Venen, 
so wie in das perivaskuläre Gewebe festsetzten und außerdem durch 
die Thrombenbildung den Durchfluss verhinderten. 

33* 


852 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


Dann geht Verf. auf die Gelenkerkrankungen über. Meisten- 
theils sind die Gelenke der Hüfte und der unteren Extremitäten 
befallen. Die oberen Extremitäten bleiben im Allgemeinen verschont. 

Bei den Knochenerkrankungen giebt Verf. an, dass die Nekrose 
der Knochen meistentheils auf Thrombose oder Embolie zurück- 
zuführen sei, oder auf großen Mangel an allgemeiner Ernährung, 
Es werden Fälle von Nekroge des Stirnknochens, Schläfenbeins, Keil- 
beins mitgetheilt, mit welcher Nekrose dann gewöhnlich eine gleiche 
der Weichtheile einhergehe. Die Knochenerkrankungen stellen sich 
gewöhnlich erst Wochen oder Monate nach der eigentlichen Typhus- 
erkrankung ein. Als Grund wird angegeben, dass die Typhusbacillen 
eine große Widerstandsfähigkeit besitzen und speciell im Knochen 
einen guten Nährboden finden. 

Nachdem dann die Abscesse und Hämatome besprochen sind, 
geht K. auf die Erscheinungen ein, welche sich nach dem Typhus 
von Seiten des Gehirns zeigen (Meningitis und Abscesse). Weiter 
werden die Otitis, Parotitis, die Kehlkopferkrankungen beschrieben. 
Dann geht Verf. über auf die Strikturen desÖsophagus und des Magens. 

Speciell bei letzteren erinnert er daran, dass durch die Ulcera- 
tionen des Magens und hauptsächlich des Darmes leicht Perforationen 
entstehen könnten, welche zu den schwersten Erscheinungen Ver- 
anlassung gäben. Gleiche Gefahr für das Leben der Pat. geben 
Perforationen der Gallenblase. Seltener sind Fälle von Orchitis und 
Epididymitis nach Erkrankung an Typhus. Nach Besprechung der 
Mischformen der Intektion mit Tetanus, Erysipelas, Anthrax schließt 
K. mit den Augenerkrankungen: Nekrosis der Cornea, Thrombose der 
Augenvene, Embolie der Art. centralis, Neuritis und Accommodations- 
anomalien. 

Therapeutisch legt Verf. hauptsächlich Werth darauf, dass der 
Chirurg einzugreifen hat, wenn eine Perforation des Darmes oder 
der Gallenblase eingetreten ist, und er glaubt zu der Behauptung 
berechtigt zu sein, dass, wenn jeder Fall von Darmperforation inner- 
halb 24 Stunden zur Operation komme, wenigstens !/, der Kranken, 
womöglich noch mehr, gerettet würden. Benecke (Hamburg). 


4) G. Brunner. Strychninvergiftung und Wundstarrkrampf. 
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 10.) 

Im Hinblick auf die Gleichheit der Symptome bei Strychnin- 
vergiftung und Wundstarrkrampf hat Verf. die von Ehrlich auf- 
gestellte und von Wassermann für den Tetanus bestätigte Anti- 
toxintheorie der »Seitenketten« auf ihre Gültigkeit für Strychnin- 
vergiftung untersucht. Er fand im Nervensystem normaler Thiere 
keine Elemente, die den Organismus gegen Strychninwirkung schützen 
könnten. Da das Vorhandensein solcher Elemente (»Seitenketten«), 
welche das Gift binden, die Voraussetzung zur Bildung von Anti- 
toxin ist, so ist die Existenz eines specifischen Strychninantitoxins 
logisch unmöglich. Zwischen Tetanus- und Strychninvergiftung 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 853 


besteht kein innerer Zusammenhang, sondern nur eine äußerliche 
Ähnlichkeit des Symptomenbildes. Teichmann (Berlin). 


5) I. Tonta. Raggi di Röntgen e loro pratiche appli- 
cazione. 
Milano, Ulrico Hoepli, 1898. Mit 65 Illustrationen und 14 Tafeln. 

Die Publikationen über die Verwerthung der Röntgenstrahlen 
in der Medicin sind in allen Ländern bereits in Buchform nieder- 
gelegt. Auch Italien besaß bereits ein solches Buch von Prof. Murani. 
Im gleichen Verlag, in der bekannten Sammlung der Manuali Hoepli, 
ist der vorliegende, 160 Seiten umfassende Band erschienen. Die 
technischen Einzelheiten des Röntgenverfahrens werden ziemlich 
ausführlich besprochen, auch der diagnostische Werth wird an vielen 
Beispielen erläutert und selbst auf den therapeutischen Werth des- 
selben Rücksicht genommen. Der Zweck und Umfang des Buchs 
bringen es mit sich, dass das große vorliegende Material nur zum 
Theil verwerthet werden konnte. Verf., der seine Erfahrungen in 
der Radiographie, wie es scheint, namentlich der Klinik von 
Angerer in München verdankt, berücksichtigt hauptsächlich die 
deutsche Litteratur. Die Wiedergabe der Bilder ist meist mangelhaft. 

Dreyer (Köln). 


6) W. E. Tschernow. Polyarthritis deformans bei Kindern. 
(Wratsch 1898. No. 7, 8 u. 10. [Russisch.]) 

2 ausführliche Krankengeschichten, Mädchen von 12 und Knabe 
von 11 Jahren. T. nennt die Krankheit chronischen Knochenrheuma- 
tiemus. Sie entsteht hauptsächlich bei Personen mit hereditärer 
Dyskrasie, nach allgemeinen oder lokal wirkenden Ursachen, welche, 
die Gelenke reizend, oft Anfälle von akutem oder subakutem Rheu- 
matismus hervorrufen. Unter der Einwirkung dieses Reizes und 
leicht auftretender Affektionen des Nervensystems entsteht ein 
charakteristisches Krankheitsbild: Hypertrophie der Epi- und Atro- 
phie der Diaphysen; Zerstörung und Zerfaserung des Knorpels, 
so wie dessen Ersetzung durch Knochenplättchen; Veränderungen 
der Synovialis, frühe Muskelkontrakturen, stark ausgeprägte Hypo- 
plasie der Haut, des Zellgewebes und der Haare; beständiges Fort- 
schreiten des Processes und dessen Unheilharkeit. Die wichtigsten 
Veränderungen betreffen die Knochen; zuerst werden die kleinen Ge- 
lenke befallen. Von 49 Fällen begannen 18 akut resp. subakut. Herz- 
leiden nur bei 9 von 49 beobachtet; sie sind die Folge von hinzu- 
getretenem Gelenkrheumatismus, der eben so wie Rheum. nodosus 
(Meynet) streng von der Pol. deformans (und den Heberden’schen 
Knoten) zu unterscheiden ist. In der Litteratur sind etwa 400 Fälle 
der Krankheit beschrieben, davon kommen 49 (von ihnen 8 russische 
— Kissel, Lasarew, Verf.) auf das Alter von 1 Jahr 4 Monaten bis 
25 Jahre. T. wandte den konstanten Strom an, doch ohne merk- 
lichen Erfolg. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


854 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


7) A. Barth. Die Entstehung und das Wachsthum der 
freien Gelenkkörper. Eine histologisch-klinische Studie. 
Mit 2 Tafeln und Figuren im Text. 

(v. Langenbeck’s Archiv für klin. Chirurgie Bd. LVI. Hft. 3.) 

Es kam B. vornehmlich darauf an, zu entscheiden, ob die freien 
Gelenkkörper durch ein Trauma abgesprengt seien oder ob sie durch 
nekrotisirende Processe, besonders durch die Ostitis dissecans König’s, 
losgelöst würden. Zur Beurtheilung dieser Frage schien es vor Allem 
nöthig, das Schicksal abgesprengter Gelenkstücke im Thierversuche 
zu verfolgen. 

Dabei fand B. Folgendes: die künstlich erzeugten Gelenkkörper 
gingen bis auf einen Fall Verwachsungen mit Kapsel und Gelenk- 
flächen ein und wurden von gefäßhaltigem Bindegewebe ein- 
geschlossen. Der Knorpel des abgesprengten Stücks behält anfäng- 
lich seine Vitalität, der knöcherne Theil dagegen stirbt ab und wird 
allmählich durch junges Knochengewebe ersetzt, welches von dem 
proliferirenden Bindegewebe abstammt. Ferner erhält die Knorpel- 
und Knochenbruchfläche meist einen Überzug aus Knorpelgewebe, 
das von demselben Bindegewebe abstammt. Dasselbe ist in seiner 
Struktur vom Gelenkknorpel gut zu unterscheiden. Später kann 
man regelmäßig am Gelenkknorpel Rückbildungserscheinungen und 
Resorptionsvorgänge beobachten, welch letzteren der Gelenkkörper 
schließlich ganz anheimfällt. 

Was die gleichen Verhältnisse beim Menschen anlangt, so 
schließt Verf. aus einigen Krankengeschichten und Befunden, dass 
die ersten klinischen Erscheinungen nach Aussprengung eines Ge- 
lenktheils durchaus keine stürmischen zu sein brauchen, ja er zeigt, 
dass erst die anatomische Untersuchung des Gelenkkörpers den 
wahren Sachverhalt nachträglich aufdecken kann. Auch für den 
Menschen gilt, dass der abgesprengte Gelenkknorpel am Leben bleibt, 
der knöcherne Antheil dagegen abstirbt. Die Bruchfläche des ab- 
gesprengten Stücks zeigt analoge Veränderungen wie bei dem Thier- 
experiment. Sie wird durch osteoides Gewebes oder Knorpelgewebe 
abgeschlossen und von einem Bindegewebsmantel bedeckt. Ein 
Unterschied gegenüber dem Thierversuch beruht darin, dass beim 
Menschen die traumatischen Gelenkkörper zur Verkalkung und Ver- 
steinerung neigen, und dadurch die Bedingungen für eine spontane 
Resorption wesentlich verschlechtert sind. Das die Krankheit aus- 
lösende Trauma kann ein geringfügiges sein. 

B. stellt 45 Fälle von Gelenkmäusen zusammen. In 39 Fällen 
sind schwere Symptome von Gelenkerkrankung vorhanden. In der 
Mehrzahl der Fälle traten sofort Erscheinungen des Leidens auf. 
In anderen lagen größere Zeiträume dazwischen, und zwar bis zu 
38 Jahren, in denen die Pat. beschwerdefrei waren. 

Für das Kniegelenk sind die Kondylen des Femur die häufigste 
Ursprungsstätte der traumatischen Gelenkkörper. Bezüglich des Ent- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 855 


stehungsmechanismus der Gelenkmäuse äußert sich B. dahin, dass 
alle Gewalteinwirkungen, welche die großen Verstärkungs- und 
Hemmungsbänder des Kniegelenks oder auch nur Theile derselben 
in plötzliche, über das Normale hinausgehende Zerrung versetzen, im 
Stande sind, traumatische Gelenkkörper zu erzeugen. Dahin gehören 
nach seiner Ausführung die Ad- und Abduktionsbewegungen des 
Kniegelenks und vor Allem die Torsionsbewegungen. Die Arbeit Bis 
ist als ein willkommener Fortschritt in unseren Anschauungen über 
das zum Theil noch dunkle Gebiet der Gelenkmäuse zu begrüßen. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


8) M. Robineau. Traitement chirurgical des phlebites. 
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1898. 96 S. 

Verf. bespricht, auf Veranlassung von Qu&nu, die chirurgische 
Behandlung der Phlebitis. In der Einleitung der Arbeit dürfte viel- 
leicht der Satz beanstandet werden, das jede Phlebitis infektiöser 
Natur sei. Ist dies auch für viele nicht eiternde Fälle zutreffend, so 
giebt es doch andererseits manche Formen von Venenthrombose, für 
welche der bakterielle Ursprung keineswegs erwiesen oder auch nur 
wahrscheinlich ist. 

Auffallend berührt auch der häufig wiederkehrende Hinweis auf 
die Nothwendigkeit, bei Operationen an Venen aseptisch vorzugehen. 
Dies ist, für jeden operativen Eingriff überhaupt, ja so selbstverständ- 
lich, dass heut zu Tage eine solche Mahnung eigentlich überflüssig 
sein sollte. 

Als Hauptergebnis aus der durch viele klinische Belege illu- 
strirten Besprechung des Gegenstandes zieht Verf. den Schluss, dass, 
von kachektischen und moribunden Pat. abgesehen, principiell jede 
Phlebitis operativ behandelt werden sollte. Neben der Behandlung 
der Venenerkrankung ist natürlich stets der primäre Herd (Ostitis 
mastoidea etc.) in Angriff zu nehmen. 

Bezüglich der Behandlung der Phlebitis ist ins Auge zu fassen: 

1) Die Absperrung des erkrankten Venengebiets von der Cirku- 
lation durch doppelte Ligatur der hauptsächlichen abführenden Venen, 
jenseits des centralen Endes des Entzündungsgebiets, mit Resektion 
des zwischen den Ligaturen liegenden Stückes. 

2) Die Desinfektion der entzündeten Venen selbst, und zwar 
durch Excision an den Extremitäten, bei entzündeten Hämorrhoiden 
und anderen lokalisirten Phlebitiden, durch Incision und Drainage 
bei Sinusphlebitis, Varicocelenentzündung und bei schwerer eitriger 
Phlebitis überhaupt, unter Umständen unter Beihilfe des Thermo- 
kauters. 

Für Fälle von Phlegmasia alba dolens mit drohendem tödlichem 
Ausgang wird ein Versuch empfohlen, die transperitoneale Unter- 
bindung der V. iliaca externa oder communis, oder gar der V. cava 
inferior in Anwendung zu bringen, was leider meist von zweifel- 
haftem Erfolg sein dürfte. Auch die vom Verf. bei Phlebitis des 


856 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


Sinus cavernosus empfohlene Ausräumung dieses Sinus von der 
Schläfengegend her mit temporärer Jochbeinresektion dürfte sich auf 
dem Papier besser ausnehmen, als in praxi. 

Was die Indikationsstellung bei der gewöhnlichen nicht aus- 
gesprochen infektiösen Extremitätenphlebitis betrifft, so scheint uns 
der Verf. etwas zu schematisch vorzugehen; denn es giebt gewiss 
manche Fälle, auch bei weder kachektischen, noch moribunden Pat., 
wo die exspektative Behandlung entschieden vorzuziehen ist. Verf. 
dürfte die Gefahr einer von der Ligatur her aufsteigenden Throm- 
bose doch etwas zu gering anschlagen. Kommt solche schon, wie 
mehrfach mitgetheilt wurde, und wie auch Ref. einmal gesehen, bei 
der Trendelenburg’schen Operation trotz völlig reaktionslosen 
Wundverlaufs und tadelloser Prima vor, so dürfte dies noch mehr 
der Fall sein, wenn durch die bestehende Phlebitis schon der Be- 
weis des Vorhandenseins einer besondern — infektiösen oder ander- 
weitigen — Disposition zu Thrombose gegeben ist. Etwas Vorsicht 
in der Wahl der Fälle dürfte also wohl geboten sein, besonders bei 
Individuen eines gewissen Alters und beim Bestehen von Diabetes 
oder Nephritis. (Nebenbei sei bemerkt, dass sich dem Ref. in den 
nicht zu operirenden Fällen die Anwendung mehr oder weniger 
häufig gewechselter, mit Sorgfalt angelegter Prießnitzumschläge viel 
besser bewährt hat, als die vielfach geübte Bepinselung mit Jod- 
tinktur, welche ungeduldige Pat. nur zum Kratzen und damit zum 
Ablösen der Thromben treibt.) 

In Bezug auf Einzelheiten sei noch bemerkt, dass Verf. die 
Freund’schen operativen Versuche bei puerperaler Metrophlebitis 
nicht erwähnt und dass er bei otitischer Sinusphlebitis natürlich 
principieller Anhänger der Jugularisunterbindung ist, ohne die be- 
stehende gegentheilige Richtung zu berücksichtigen. 

Trotz dieser Ausstellungen ist die Arbeit sehr lesenswerth und 
in so fern zu begrüßen, als sie die gewiss in manchen Fällen, wenn 
auch nicht immer, berechtigte und nachahmenswerthe aktive Phlebitis- 
therapie einiger französischer Chirurgen zum Ausdruck bringt. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


9) S. Spassokukozkij. Osteoplastik bei Extremitätenampu- 
tationen. 
Diss., Moskau, 1898. 157 S. 

S. behandelt in den ersten Kapiteln den unbrauchbaren Stumpf 
und dessen Ursachen. Um den Einfluss der Form des Knochens zu 
ergründen, untersuchte er (mit Röntgenaufnahme) 36 alte Ampu- 
tationsstümpfe und fand dabei Atrophie des Stumpfes in 21,4% der 
Fälle (oder, nach Ausschluss einiger zweifelhafter Fälle — richtiger 
in 14%), Hypertrophie 18%, unbedeutende Abrundung 53,6% und 
ringförmige Stümpfe 2mal — 7%. Davon waren 6 Stümpfe nach 
Exartikulationen, — alle unverändert. Verf. bestätigt somit Güter- 
bock’s Angabe, dass die nachfolgende Atrophie keineswegs die Norm 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 857 


sei. Ferner untersuchte er 4 Stümpfe mikroskopisch und zeigt zum 
Schluss die wichtige Rolle des Periosts für die Tragfähigkeit des 
Stumpfes. Im 2. Theil werden die Exartikulationen, subperiostalen 
und osteoplatischen Amputationen besprochen. Die subperiostalen 
verwirft S. Darauf werden die einzelnen Arten der osteoplastischen 
Amputationen beschrieben. Unter Anderem bemerkt S., dass die 
1895 von Samphirescou vorgeschlagene Elllogenexartikulation mit 
Osteoplastik (siehe Centralblatt 1896 p. 105) schon 1859 von Schima- 
nowski beschrieben und von Krassnopolski und Sawadski aus- 
geführt worden ist. Im letzten Kapitel wird die neueste osteo- 
plastische Unterschenkelamputation von Lewschin (siehe Central- 
blatt 1897 No. 31 und 1898 No. 11) genau beschrieben und ab- 
gebildet. Diese Operation wurde von S. in einem Falle von 
Caries des Talocruralgelenks, des Talus, Calcaneus, Cuboideum und 
wahrscheinlich Naviculare so modificirt, dass die genannten Knochen 


Fig. I. Fig. Il 


(Naviculare zur Hälfte) entfernt, das Cuneiforme I aber zurück- 
gelassen und auch die Zehen erhalten wurden. Fig. I zeigt die 
Schnittrichtung im Knochen nach Lewschin (abc) und S. (abd), 
Fig. II den Fußquerschnitt, Sägefläche nach Lewschin ab, und nach 
S. cd. Die Modifikation ergab 4 cm Verkürzung und eine neue Sohle 
von 16cm Länge. Der Pat. kann gut stehen und gehen. — Die 
Operation ist in bestimmten Fällen der Wladimirow-Mikulicz- 
schen und Gutsch’schen vorzuziehen. — Sie wurde in Moskau von 
Bereskin an einer 2. Pat. ausgeführt; zuerst Prima, doch bald 
musste wegen Recidivs der Tuberkulose der Unterschenkel amputirt 
werden. — Angefügt sind 14 Krankengeschichten: verschiedene 
osteoplastische Operationen, nämlich 2 Unterschenkelamputationen 
nach Bier, 1 Gritti, 1 Sabanejew, 2 Wladimirow, 1 osteo- 
plastische Amputation Femoris, 6 Pirogow und 1 Ellbogen nach 
Schimanowski. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


EA 


858 Centralblatt für Chirurgie. No, 33. 


10) J. Struthers. On separate acromion process simulating 
fracture. 
(Edinb. med. journ. 1895. Oktober; 1896. April, Juni, August.) 

In einer Reihenfolge von Artikeln, welche sich über fast t Jahr 
erstrecken und schon aus (diesem Grunde, aber auch sonst nicht 
leicht zu verfolgen sind, bespricht Verf. sehr eingehend und sehr 
ausführlich die Frage, ob es sich bei den auf dem Secirsaale häufig 
zu findenden Ablösungen des mit dem Schlüsselbein verbundenen 
Theiles des Akromions, des Epiakromion, um ausgebliebene resp. un- 
vollendete Vereinigung der Theile in der Epiphysenlinie, oder um 
die Folgen einer nicht verheilten Fraktur handelt. 

Verf. geht bei dieser Untersuchung mit größter Gründlichkeit 
vor, bespricht zuerst die anatomischen Verhältnisse, die verschiedenen 
Formen des Akromions und die Art seiner Verbindungen mit dem 
Schlüsselbein, um dann die entwicklungsgeschichtlichen Verhältnisse 
des Akromions, das Auftreten von Knochenkernen im Epiphysen- 
knorpel und die Linie, in welcher die schließliche definitive knöcherne 
Verbindung etwa im 25. Lebensjahre erfolgt, zu untersuchen. Dann 
folgen Beschreibungen einer ganzen Anzahl von Präparaten, in 
welchen eine meistens einseitige, zuweilen aber auch doppelseitige 
Abtrennung des Akromions vorlag, so wie Besprechungen über die 
Anhaltspunkte für die Unterscheidung, ob diese Zusammenhangs- 
trennungen durch eine Fraktur, durch chronische deformirende Ge- 
lenkentzündung (»rheumatoid arthritis«), oder aber durch Nichtver- 
einigung in der Epiphysenlinie zu Stande gekommen sind. 

Durch seine Untersuchungen kommt Verf. schließlich dahin, 
seine früheren Anschauungen wesentlich zu modificiren und der An- 
nahme beizutreten, dass es sich in den meisten beobachteten Fällen 
um die Folgen einer nicht knöchern verheilten Fraktur handeln 
müsse. Nach Lane’s Untersuchungen ist eine solche Fraktur ex- 
perimentell außerordentlich leicht hervorzurufen. Sie bedingt ferner 
meistens keine größere Deformität, da die Dislokation der Fragmente 
gewöhnlich nicht erheblich ist, und wird in Folge davon leicht über- 
sehen werden können. Die Fraktur trifft das Akromion meistens 
dicht hinter der Gelenkfläche für die Verbindung mit dem Schlüssel- 
bein, weil hier die schwächste Stelle des Knochens ist; dies ist auch 
ungefähr die Gegend, in welcher die Verbindung des Epiphysen- 
knorpels mit dem Knochen erfolgt, doch ist nicht das die Veran- 
lassung für die Häufigkeit der Brüche an dieser Stelle. Vor der- 
selben wird das Akromion durch das Schlüsselbein gekräftigt und 
gehalten, hinter derselben ist der Knochen wesentlich dicker, und 
aus diesem Grunde erfolgt gewöhnlich der Einbruch an dieser 
schwächsten Stelle. Für einzelne Fälle wird nicht zu Stande ge- 
kommene Vereinigung in der Epiphysenlinie die Trennung des 
Akromions erklären können. 

Als Anhang zu der vorstehend in kurzen Zügen wiedergegebenen 
Arbeit bespricht dann S. nach genauer Beschreibung eines ein- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 859 


schlägigen Falles noch die Möglichkeit, wie Formveränderungen und 
Frakturen im Collum humeri durch Einwirkung des scharfen Randes 
der Gelenkpfanne bei Verrenkungen hervorgerufen werden können. 
Vielleicht spielen solche, unter Umständen leicht zu übersehende 
Knochenverletzungen eine Rolle bei der nicht selten im Gefolge von 
Verrenkungen und ähnlichen Verletzungen auftretenden chronischen 
deformirenden Gelenkentzündung. Willemer (Ludwigslust). 


11) Soupart. Danger de la ligature de l'artère axillaire. 
(Bull. de l’acad. royale de med. de Belgique 1898. No. 1.) 

S. weist an der Hand eines selbst beobachteten Falles und ferner 
aus der Litteratur nach: 

1) Dass die Unterbindung der Art. axillaris zwischen Art. subscap. 
inf. und profunda brachii zu verwerfen ist, indem sie jegliche kolla- 
terale Blutzufuhr zum Arm abschneidet und Gangrän des Arms 
bedingt. 

2) Dass die Unterbindung centralwärts von der Subsc. inf. zwar 
kollateralen Blutzufluss gestattet, aber wegen zu kurzen Arterien- 
thrombus zu Nachblutungen führt, daher zu verwerfen ist. 

3) Dass die Unterbindung der Subclavia oberhalb des Schlüssel- 
beins desshalb die einzig zulässige Unterbindung in dem betreffenden 
Terrain ist. 

4) Dass die nach 1) unterbundenen glücklich, d. h. ohne Gan- 
grän verlaufenen Fälle auf Arterienanomalien, hohe Theilung der 
Axillaris in Radialis und Ulnaris, zurückzuführen sind. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 


12) N. Rubez. Tendovaginitis des Extensor communis dextra 
und Reiskörper. 
(Wojenno-medicynski Journal 1897. Oktober. [Russisch.]) 

Auf Grund eines operirten und genau untersuchten Falles 
(22jähriger Schmied, nach verstärkter Arbeit) schließt R.: nicht 
jeder Hydrops der Sehnenscheiden ist tuberkulöser Natur; solche 
entstehen auch nach Trauma und starker Arbeit. Die Reiskörper- 
chen sind das Produkt verdichteter Eiweißmassen des Hydrops; die 
Entstehung aus Scheidenzotten ist unwahrscheinlich. Die Behand- 
lung muss eine operative sein, mit radikaler Entfernung der Flüssig- 
keit, der Auflagerungen und des degenerirten Sackes. Nach der 
Operation Ruhelagerung mit Lageveränderungen der Extremität beim 
Verbandwechsel. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


13) K. Endlich. Über die blutige Reposition der Luxatio 
iliaca et obturatoria. 
(v. Langenbecks Archiv Bd. LVI. Hp. 3.) 
Bei veralteten Hüftgelenksverrenkungen ist nach fehlgeschlagenen 
unblutigen Repositionsversuchen meist die Resektion des Kopfes ge- 


860 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


macht worden. In einzelnen Fällen hat man dagegen auf blutigem 
Wege die ideale Reposition versucht, und E. kann auf Grund mehr- 
facher Beobachtung in der Riedel’schen Klinik das Verfahren als 
das zweckmäßige empfehlen. Es ist aber durchaus nothwendig, für 
eine ausgedehnte Freilegung des Oberschenkelkopfs zu sorgen und 
die Muskeln weit abzulösen, auch hemmende Stränge zu durch- 
schneiden. Ferner ist es empfehlenswerth, die Wunde offen zu lassen 
und in alle Winkel hinein zu drainiren, um eine Heilung ohne 
Eiterung zu erzielen. Denn nur diese garantirt einen vollkommenen 
Erfolg, der allerdings in idealer Weise fast nur bei jugendlichen Indi- 
viduen erzielt wird. Das beste Resultat wurde bei einer Luxatio iliaca 
erzielt. Der betroffene Knabe war wieder vollkommen fähig, seine 
verrenkte Extremität wie die gesunde zu gebrauchen. Bei der Luxatio 
obturatoria muss man noch ausgiebiger für Drainirung sorgen, da 
bei ihr eine große Höhle nach Reposition des Kopfes zurückbleibt, 
in die sich keine Muskulatur zur Ausfüllung retrahirt. Durch einen 
Schnitt längs des M. gracilis und einen zweiten Langen beck’schen 
Schnitt über den Trochanter wurde einmal ein befriedigender Er- 
folg gewonnen. Die Krankengeschichten und die Details der Fälle 
sind interessant genug, um im Original nachgelesen zu werden. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


14) F.Hofmeister. ZurPathologie und’Therapie der Coxa vara. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2.) 

Der erste Abschnitt der Arbeit erläutert die Bedeutung der 
Untersuchung mit Röntgenstrahlen für die Erkenntnis der Coxa vara. 
Von den 3 bei Coxa vara auftretenden Verkrümmungen des Schen- 
kelhalses, nach abwärts, rückwärts und im Sinn einer Torsion, kommt 
im Skiagramm in Folge der sagittalen Projektion des Bildes nur die 
erstere zur Geltung. Statt eines flachen Bogens bildet die untere 
Begrenzungslinie des Halses eine stark konvexe Kurve, die ganze 
untere und hintere Halspartie ist hochgradig verkürzt. Weniger 
konstant wurde eine entsprechende Verlängerung der oberen Schenkel- 
halskante beobachtet. Die Form der Krümmung und die Lage des 
Krümmungsscheitels war je nach der Intensität und Dauer des patho- 
logischen Processes nach dem Zeitraum zwischen Beginn der Er- 
krankung und Datum der Untersuchung so wie nach dem Alter der 
Pat. während des ersten Auftretens der Krankheit eine wechselnde. 
Von weiteren im Röntgenbild erkennbaren Veränderungen wird das 
pilzförmige Überstehen des unteren Kopfrandes, die Atrophie von 
Kopf und Hals so wie Asymmetrien des Beckens besprochen. An 
einer Reihe von Kontourzeichnungen wird ferner gezeigt, welchen 
Einfluss Stellungsveränderungen auf die Projektionsfigur ausüben. 
Bezüglich des klinischen Bildes weist Verf. nochmals auf die Kom- 
bination von Coxa vara mit anderen Belastungsdeformitäten so wie 
auf das Symptom der Überkreuzung beider Beine bei Flexion in 
Hüfte und Knie hin. Kocher gegenüber wird hervorgehoben, dass 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 861 


Flexionsbehinderung keineswegs nothwendig zum Bilde der Coxa 
vara gehört; in einer ganzen Reihe von Fällen ist dieselbe in so 
fern nur eine scheinbare, als das Bein sofort mehr oder minder frei ge- 
beugt werden kann, sobald es stark auswärts rotirt ist. 

Von den bisher geübten Operationsmethoden verwirft H. die 
Kraske’sche Keilosteotomie als gefährlich und vielfach unzureichend; 
soll überhaupt operirt werden, so schlägt er die lineäre Osteotomie 
vor, aber nicht im Schenkelhals, sondern zwischen beiden Trochanteren, 
weil dabei die Möglichkeit einer Gelenkverletzung weit geringer ist, und 
ein Hinaufgleiten des peripheren Knochenstücks am centralen mit 
Sicherheit vermieden wird. Auch für die Berechnung des Erfolges 
einer etwaigen Operation ist das Röntgenbild von großem Werth, 
da man sich, wie Verf. zeigt, an demselben die zu erzielende Stellungs- 
änderung leicht im Voraus konstruiren kann. 

Im zweiten Theil der Arbeit werden die Erfolge der operativen 
und konservativen Therapie in Vergleich gesetzt. Nach dem Resultat 
der Nachforschungen über die späteren Schicksale der nicht operirten 
Pat. verschwinden unter dem Einfluss methodischer Behandlung und 
selbst ohne solche, wenn nur die veranlassenden Momente fortfallen, 
die subjektiven Beschwerden völlig, die objektiven sind zum min- 
desten einer erheblichen Besserung fähig, und zwar desto mehr, je 
mehr die subjektiven Erscheinungen früher das Krankheitsbild be- 
herrscht hatten. Sämmtliche zeitweilig mit Ankylose behafteten 
Kranken sind wieder in ihrem Berufe arbeitsfähig geworden. Da 
im Gegensatz hierzu die Resultate der operirten Fälle keineswegs 
glänzende sind, so tritt Verf. mit Entschiedenheit für die konservative 
Behandlung ein, deren Schwerpunkt in Verhütung schwerer Kontrak- 
turstellungen beruhen sollte; operirt soll nur dann werden, wenn 
bei doppelseitiger Erkrankung eine bleibende Versteifung mit schweren 
Funktionsstörungen eingetreten ist. Honsell (Tübingen). 


15) J. P. Fiske. A method to determine the presence of 
small effusions into the knee-joint. 
(Med. record 1898. März 12.) 

Auch die geringsten Flüssigkeitsmengen kann man nach F. auf 
folgende Weise erkennen. Pat. steht mit gestrecktem Knie aufrecht, 
beugt sich vorwärts im Hüftgelenk und legt beide Hände auf die 
Mitte der entsprechenden Oberschenkel. In dieser Position tritt 
völlige Erschlaffung der vorderen Weichtheile ein, der Rectus 
femoris wird durch die aufliegenden Hände noch etwas nach unten 
gedrückt, und etwaige Flüssigkeit aus dem oberen Recessus des 
Gelenks sinkt herunter. Der Versuch des Patellartanzens wird in 
sonst zweifelhaften Fällen in dieser Stellung noch positive Resultate 
ergeben. Loewenhardt (Breslau). 


862 .Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


16) K. Sell. Über die Anwendung des Hausmann’schen 
Extensionsapparats bei Behandlung von Unterschenkelbrüchen. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

Der schon früher hier beschriebene Apparat besteht im Groben 
aus einer flachen hölzernen Schiene, die einen Ausschnitt für die 
Ferse hat, von 80 cm Länge und 18 cm Breite. An dem Fußende 
ist eine Querplatte von derselben Breite und Höhe angebracht. In 
der Mitte der Schiene sind 2 senkrechte Leisten aufgestellt. Die 
Fußplatte hat eine Reihe von Löchern zur Aufnahme der Schrauben, 
die an dem einen Ende mit Haken versehen sind: auf der der Schiene 
abgewendeten Seite dieser Fußplatte werden die zugehörigen Muttern 
nach Einschaltung einer Spiralfeder aufgeschraubt. Am oberen 
Schienenende kann an 2 gleichfalls senkrechten Leisten die Kontra- 
extension angebracht werden. Die Extension selbst greift an einem 
Brettchen an, das mit Heftpflaster an die Fußsohle befestigt wird. 
Der Tag, von welchem an die Extension ausgeübt wird, richtet sich 
ganz nach den Besonderheiten des Falles. Die Durchschnittsdauer 
der Streckbehandlung beträgt 24 Tage. Frühzeitig wird mit Massage 
begonnen und nach Entfernung des Hausmann’schen Verbandes 
ein Gipsverband oder abnehmbarer Pappschienenverband angelegt, 
Ein Hauptvortheil scheint dem Verf. zu sein, dass er niemals 
Steifigkeit im Fußgelenk beobachtete, ferner dass auch bei komplicirten 
Frakturen des Unterschenkels die Extensionsbehandlung eingeleitet 
werden kann, welche meist die Knochennaht erspart. Mit der Er- 
werbsfähigkeit und dem kosmetischen Effekt, den man mit dem 
Hausmann’schen Apparat erzielt, ist S. sehr zufrieden. Als Geh- 
schiene lobt er auch die Liermann’sche, mit welcher er Pat. mit 
einfachen Verschiebungen der Knochen behandelt hat, die damit 
direkt nach der Verletzung des Unterschenkels aufstehen konnten. 
Bei Traumen schwerer Art verwendet er nur den Hausmann’schen 
Apparat. Zum Schluss sind die Krankengeschichten angefügt. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


17) A. Holtzmann. Über die Varicen der unteren Extre- 

mitäten und ihre operative Behandlung nebst Mittheilung 

einer neuen Modifikation der bisherigen Behandlungsmethoden. 
Inaug.-Diss., Straßburg i/E., 1898. 8 8. 

Außer den mechanischen und anatomischen Verhältnissen, welche 
Stauung des Blutes in der Vena saphena magna und ihrem Gebiet 
begünstigen, so wie Rückfluss des Blutes vom rechten Herzen herab 
in sie ermöglichen, sind es noch unbekannte, z. Th. auf Erblichkeit 
beruhende Ursachen, welche die Entstehung einer der Arteriosklerose 
entsprechenden Veränderung in den Venen, einer Phlebosklerose be- 
dingen. Als Folge dieser Erkrankung der Venenwandungen ent- 
stehen die Varikositäten. Eine Operation kann diese Grundursache 
niemals beseitigen, sie kann sich nur gegen ihre Folgen richten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 883 


und daher niemals mehr als symptomatische Erfolge erzielen. Diese 
aber werden mittels der Trendelenburg’schen Unterbindung der 
Saphena magna in sehr hohem Grade erreicht. Besonders günstig 
werden die Geschwüre beeinflusst, indem sie ihre Torpidität verlieren 
und der gewöhnlichen Behandlung geschwüriger Flächen zugängig 
gemacht werden. Weniger auffallend ist die Wirkung der Operation 
auf die chronischen Ödeme und Ekzeme, welche auch später noch 
bei Anstrengung und Witterungswechsel Beschwerden zu veranlassen 
pflegen. Es werden eben durch die Operation die Varicen starker 
Spannung im Sinne Delbet’s nur in solche geringer Spannung um- 
gewandelt, und nur die in Folge der Insufficienz der Vena saphena 
auftretenden Komplikationen mit ihren subjektiven Beschwerden 
im Sinne Trendelenburg’s beseitigt. 

Der Erfolg wird aber zuweilen dadurch in Frage gestellt, dass 
oberhalb der Unterbindungsstelle noch Nebenäste vom Stamme der 
Saphena magna nach den tiefen Venen des Beines, bezw. auch nach 
der Saphena parva hin Anastomosen bilden, und somit der Zweck 
der Unterbindung ganz vereitelt wird. Diesen üblen Umstand hat 
Ledderhose, dessen Erfahrungen im Rekonvalescentenheim für Un- 
fallverletzte zu Straßburg die Dissertation wiedergiebt, dadurch zu 
umgehen versucht, dass er die Vene nicht, wie Trendelenburg, an 
der Grenze zwischen unterem und mittlerem Drittel des Oberschenkels, 
sondern weiter oben, näher ihrer Mündung unterband, weil man hier- 
mit sich mit größerer Sicherheit central von den obersten Neben- 
tsten hält. Allein auch dies genügt noch nicht. Vielmehr muss 
man sich vorher genau über die anatomischen Verhältnisse und 
etwaige Abweichungen im Verlauf der Saphena unterrichten und, 
falls solche vorhanden sind, sie bei der Ausführung der Operation 
berücksichtigen. Eine der wichtigsten und häufigsten Abweichungen 
dieser Art ist das Vorhandensein einer doppelten Saphena magna; 
unterbindet man nur eine derselben, so ist natürlich der Erfolg 
gleich Null. Ferner münden zuweilen die Vena pudenda ext. oder 
die Vena epigastrica in die Saphena. Diese Venen müssen also 
mit unterbunden werden, falls diese abnormen Verhältnisse vorliegen. 

Aber auch bei Berücksichtigung aller dieser Umstände war 
Ledderhose dennoch nicht mit den Enderfolgen zufrieden. Namentlich 
blieb doch immer noch ein derbes und immerhin recht lästiges Ödem 
in Folge der Ausbildung von Lymphcysten (Ledderhose) auf lange 
Zeit, ja dauernd zurück. Die natürlichen Abflusswege, die Lymph- 
bahnen, blieben verschlossen und das gallertige, fibrinöse Sekret blieb 
in Hohlräumen abgekapselt. Um diese Lympheysten zu entleeren 
und zugleich noch die Varicen am Unterschenkel selbst als solche 
unmittelbar anzugreifen und zu veröden, hat Ledderhose daher der 
Trendelenburg’schen Unterbindung der Saphena noch einige 
Längsschnitte am Unterschenkel vom Fußgelenk bis zum Knie hin- 
zugefügt, welche seitlich und hinten geführt werden und die Haut 
sowie das Unterhautzellgewebe bis auf die Muskelfascie durchdringen. 


864 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


Während durch die Unterbindung die Saphena vor ihrer Mündung 
geschlossen wird, veröden diese Längsschnitte ihre Zufuhrvenen, das 
Blut muss also seinen Weg durch die tiefen Venen des Beines 
suchen, und zugleich ist der Rückfluss aus der Femoralis in die 
Saphena unmöglich gemacht. Die Schnitte werden wegen der auch 
selbst nach der Unterbindung der Saphena doch nicht ganz aus- 
geschlossenen Gefahr einer starken Blutung bei senkrechter Er- 
hebung des Beines gemacht und durch eine fortlaufende Hautnaht 
wieder geschlossen, darauf legt man einen Kompressivverband an. 

Durch dies kombinirte Verfahren wird ein besseres Resultat 
erreicht, als durch das Trendelenburg’sche allein oder durch 
den Zirkelschnitt nach Schede-Petersen erzielt werden kann, 
Die angeführten Beispiele bestätigen dies: das chronische Ödem wird 
ganz beseitigt und bleibt es auch; freilich ist nur in einem Fall 
schon eine längere Zeit, fast 23/, Jahre seit der Operation verflossen, 
und sind überhaupt erst 4 Fälle so operirt, so dass das Weitere noch 
abzuwarten bleibt. Immerhin muss zugestanden werden, dass die 
theoretischen Grundlagen überzeugend sind, und die bisher erzielten 
Erfolge zu Versuchen berechtigen und ermuntern, falls wegen weiter 
Verbreitung der Krampfadern, erheblicher Ausdehnung der Geschwüre, 
langer Dauer der Erkrankung und hochgradigen chronischen Ödems 
die Unterbindung der Saphena allein in Verbindung mit der örtlichen 
Behandlung der Geschwüre einen dauerhaften und hinreichenden 
Erfolg nach den bisherigen Erfahrungen nicht mehr verspricht. Zur 
örtlichen Behandlung der Geschwüre zieht Ledderhose feuchte 
Verbände mit leicht antiseptischen Lösungen vor. Langt diese nicht 
aus, so kann man zuweilen noch durch die Heftpflasterbedeckung 
nach Baynton Heilung erzielen, muss aber doch auch nicht selten 
zu Excision und Naht, bei ganz großen Geschwüren auch zu 
Thiersch’schen Transplantationen, nöthigenfalls sogar zu Deckung 
der Defekte durch Hautlappentransplantation seine Zuflucht nehmen. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


Kleinere Mittheilungen. 


18) Takaki und Werner. Kasuistischer Beitrag zur Lokalisation der 
posttyphösen Eiterung. 
(Zeitschrift für Hygiene und Infektionskrankheiten Bd. XXVII. Hft. 1.) 

In einem Falle von Typhus abdominalis, sichergestellt durch Nachweis von 
Typhusbacillen im Roseolenblut und in den Fäces, trat in der 8. Krankheitswoche, 
25 Tage nach Eintritt der völligen Fieberfreiheit, gang akut im Verlauf von 
24 Stunden eine Bartholinitis als Komplikation ein. Die äußerst sorgfältige, unter 
allen Vorsichtsmaßregeln mittels der verschiedensten Methoden angestellte bakte- 
riologische Untersuchung ergab als einzige anwesende Mikrobenart Typhusbacillen, 
welche mit Hilfe des Pfeiffer’schen Verfahrens mit absoluter Sicherheit als 
solche identificirt wurden. Das Agglutinirungsvermögen des Blutes der Pat. be- 
trug 1:70 in der 5. Krankheitswoche; nach dem Abfall des Fiebers trat eine Ab- 
nahme, schließlich völliger Verlust desselben ein. Die Virulensprüfung ergab, dass 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 865 


Au Öse einer Agarkultur eine Maus von ca. 30 g Gewicht innerhalb 12 Stunden 
tödtete. Der Weg, auf welchem die Typhusbacillen in die Bartholini’sche 
Drüse gelangten, kann entweder in einer äußeren Überwanderung in den Aus- 
führungsgang bestanden haben, es ist aber auch eine Metastasenbildung vom Blut 
aus denkbar. Hübener (Breslau). 


19) Martinotti. Über Polymyositis acuta, verursacht durch einen 
Staphylococcus. 
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. No. 20.) 

Aus dem Eiter einiger in Nieren, Milz und Leber gefundenen hirsekorngroßen 
Abscesse eines von Dementia senilis befallenen, unter Koma und Herzlähmung 
verstorbenen Individuums konnte M. einen Staphylococcus isoliren, der dem Sta- 
phylococcus pyogenes aureus sehr eng verwandt ist. Derselbe bot die Eigenthüm- 
lichkeit dar, dass er, Kaninchen intravenös injieirt, in den Muskeln des Bauches 
und der unteren Extremitäten, besonders des Psoas, zahlreiche Abscesse ver- 
ursachte. Dieselben traten indess auch im Herzmuskel, Nieren und Leber auf. 
Interessant waren die Präparate der in Alkohol gehärteten Muskeln. Man sah das 
Bild einer wahren Myositis, die einzelnen von Leukooyten umgebenen Muskelfasern 
sind angeschwollen, fettig degenerirt und erleiden eine Art Coagulationsnekrose 
mit darauffolgender Absorbirung der kontraktilen Substans. Der Mikrococcus 
verlor auch nach einem Jahr nicht diese specifische Fähigkeit, sich im Muskel- 
system zu lokalisiren. 

M. schlägt für seinen gefundenen Erreger den Namen Staphylococcus poly- 
nyositidis vor. Hübener (Breslau). 


20) Seelhorst. Zwei Fälle von Schussverletzung mit kleinkalibrigem 
Gewehr, Modell 88. Waffe der Gendarmerie. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 7.) 

1. Fall. Komplieirte Oberschenkelfraktur bei einem 20jährigen Manne. Die 
Einschussöffnung zeigt die Größe eines 5-Pfennigstückes, die Aussohussöffnung 
hat 4,5—5 cm Durchmesser. Bei völliger Vermeidung eines operativen Eingriffs 
wird die Wunde mit Itrol und feuchtem Verband behandelt. In den ersten Tagen 
starke Sekretion mit mäßigem Eieber (38,4%. Extensionsverband. Heilung mit 
2,5 om Verkürzung, gutem funktionellem Resultat. 

2. Fall. Einschussöffnung zwischen 7. und 8. Rippe unter dem linken, unteren 
Schulterblattwinkel, Ausschussöffnung am unteren Rande der 3. linken Rippe, 
2 em medianwärts von der Mammillarlinie. Umstechung der verletzten Art. inter. 
costalis. Dämpfung bis zum unteren Schulterblattwinkel, blutiger Auswurf wäh- 
rend 8 Tagen, kein Fieber. Nach 2 Wochen Verlassen des Bettes, Heilung der 
Wunden nach 3 Wochen. Ein Jahr nach der Verletzung sind Erscheinungen an 
den Brustorganen nicht nachzuweisen. Bähr (Hannover). 


'21) Leo. Nachweis eines Osteosarkoms durch Röntgenstrahlen. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 16.) 

Es handelte sich um einen 10jährigen Knaben, dem das rechte Bein wegen 
Sarkoms oberhalb des Knies abgesetzt wurde. Ungefähr 2 Monate darauf trat 
Husten auf, de Z Knabe klagte über Schmerzen in der linken Seite und im Rücken, 
zu welchen sich später Athemnoth, anfallsweise Dyspnoë und beschleunigte Herz- 
tbätigkeit gesellte. Die Diagnose wurde auf Sarkommetastasen gestellt, und das 
Verhalten der erkrankten Lungen gegenüber den X-Strahlen durch L. festgestellt. 
Die gedämpften Partien der Lunge erschienen verdunkelt, und zwar in einem 
größeren Umfang, als es nach den Ergebnissen der physikalischen Untersuchung 
vorausgesetzt werden konnte. Die Durchleuchtung zeigte mit Sicherheit, dass der 
überwiegende Theil beider Lungen der sarkomatösen Wucherung anheimgefallen 
war, welohen Befund die bald darauf vorgenommene Sektion bestätigte, während 
die klinische Untersuchung diese hochgradige Ausdehnung der Neubildung nicht 
sicherstellen ließ. 


866 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


L. sieht in den Röntgenstrahlen eine Errungenschaft, welche in den Stand 
setzt, die Diagnose einer Lungengeschwulst zu einer Zeit zu stellen, wo die Per- 
kussion noch keine Anomalie erkennen lässt. Gold (Bielitz). 


22) Eichel (Straßburg i/E.). Ein einfacher Extensionsapparat. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. Hft. 5.) 

Statt des in den Garnisonlazaretten gebräuchlichen, an den Bettstellen nur 
schwer wirklich fest anzubringenden Extensionsspparats hat Verf. eine einfache, 
leicht und billig herzustellende Vorrichtung ersonnen, welche sich an jeder Bett- 
stelle befestigen lässt. Sie hat namentlich den sehr großen Vorzug, dass man 
mittels derselben in Mittelstellung, Ab- oder Adduktion extendiren kann, und dass 
ein Verlust an Kraft durch Vermeiden eines winkligen Verlaufs der Extensions- 
schnur umgangen wird. Der kleine Apparat wird durch Abbildungen erläutert, 
kann leicht zusammengelegt werden, wiegt nur 2 kg und kostet etwa 3 A 

Liühe (Königsberg i/Pr.). 


23) C. Hausmann. Universal-Vorderarmextensions- und Lagerungs- 
schiene. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 6.) 

Die Schiene zerfällt in 4 Theile. 1. Lagerung für den Oberarm, 2. Lagerung 
für den Unterarm, 3. Bügel, in welchem die Hand durch von vorn wirkenden Zug 
zu liegen kommt, 4. um seine Mitte drehbarer Stab, welcher vorn am Bügel an- 
gebracht ist, und von dessen Enden aus mittels Gummibändern ein regulirbarer 
Zug auf ein in der Vola manus befestigtes Brettchen ausgeübt wird. Durch Ge- 
lenke zwischen den Theilen 1—3 erhält man für Arm und Hand die gewünschte 
Beuge- oder Streckstellung, durch Drehung des Extensionsstabes Pro- und Supina- 
tion, gleichzeitiges Heben und Senken der Bügel giebt Ab- und Adduktion. Vor- 
züge der Schiene: Erleichterung der Kontrolle der Bruchstelle, des Verband- 
wechsels, der Frühmassage und Verhütung der Gelenksteifigkeit durch Wechseln 
der Einstellung. Für rechts und links besondere Schiene. Preis 12 4. 

Teubner (Hannover). 


24) W. Bergmann. Beiderseitige Humerusluxation durch Sturz vom 
Zweirad. 
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 8.) 

Ein 38jähriger Herr stürzte vom Zweirad nach vorn und etwas rechts, während 
das Rad nach links auswich. B. fand eine doppelseitige Luxatio humeri subcora- 
coidea, die er ohne Schwierigkeit reponiren konnte. 

Pat. gab an, auf die Hände gestürzt zu sein. B. nimmt an, dass die Luxa- 
tion dadurch zu Stande kam, dass die ganze Körperlast — Pat. wog 93 kg — 
auf die Hände einwirkte. In der ihm zugängigen Litteratur fand er keine Er- 
wähnung dafür, dass durch ein Trauma eine gleichzeitige Verrenkung beider 
Oberarme zu Stande gekommen war. Jaffe (Hamburg). 


25) C. L. Scudder. Congenital dislocation of the shoulder-joint. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Februar.) 

Von den 2 Fällen, welche S. mittheilt, betrifft der 1. ein Mädchen von 1 Jahr 
3 Monaten. Die Geburt war in Schädellage und ohne künstlichen Eingriff erfolgt. 

In der 1. Lebenswoche war eine Anschwellung des rechten Arms und der 
rechten Hand aufgefallen. Bei näherer Untersuchung findet sich der rechte Arm 
einwärts rotirt, der Condylus int. sieht nach hinten. Der Kopf des Humerus wird 
in der Fossa infraspinata gefühlt. Sämmtliche Knochen der oberen Extremität 
sind von normaler Größe; keine Muskelatrophie, keine Veränderung der elektri- 
schen Reaktion. Die Bewegungen des Schultergelenks sind nur in Abduktion 
und Auswärtsrotation etwas beschränkt. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 867 


Der 2. Fall betrifft ein 3jähriges Mädchen, bei dem der rechte Arm die ana- 
loge Stellung zeigt wie im 1. Falle. Störungen in einer früheren Lebensperiode 
sind nicht vorausgegangen. 

Während der 1. Fall in Bezug auf seinen kongenitalen Ursprung zweifelhaft 
sein kann, hält S. den 2. sicher für angeboren. Seine Ansicht erfährt eine wesent- 
liche Stütze einmal darin, dass im 2. Falle nie eine Funktionsstörung voraus- 
gegangen ist, ferner, dass sämmtliche Knochen des verrenkten Arms in der Ent- 
wicklung zurückgeblieben sind, 3) in dem Röntgenbild, welches deutliche Unter- 
schiede gegenüber der gesunden Seite aufweist, Unterschiede, die im Sinne einer 
mangelhaften Ausbildung von Pfanne und Gelenkkopf gedeutet werden können. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


26) de Megalheies (Rio de Janeiro). Um cas de raccourcissement 
considérable du bras du coté gauche du à un arrêt de croissance 
de lhumérus correspondant. 

(Revue de chir. 1898. No. 5.) 

Dem im Titel Angegebenen ist nur hinzuzufügen, dass die Verkürzung des 
Humerus bei dem 16jährigen Knaben bereits 11 cm betrug, und dass sie durch 
eine hinsichtlich des Zeitpunktes ihrer Entstehung unklar gebliebene Verrenkung 


des Oberarmknochens mit Decollement der Epiphyse veranlasst war. 
Kramer (Glogau). 


27) Delamare. Plaie transversale de la region dorsale du poignet; 
section des tendons de l’extenseur commun des doigts; suture des 
tendons coupes au tendon de l’extenseur propre de l’indicateur; 
guérison. 
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1898. No. 5.) 

Durch einen Glassplitter waren einem Soldaten die 3 Sehnen des Extensor 
digitorum communis, welche zum Mittel-, Ring- und kleinen Finger gehen, durch- 
schnitten worden, und zwar dicht unterhalb des Handgelenks. Erst nach einigen 
Tagen, also sekundär, wird die Sehnennaht unter Blutleere auszuführen versucht, 
allein nur das periphere, nicht das oentrale Ende der Sehnen aufgefunden. Es 
muss also von der unmittelbaren Sehnennaht abgesehen werden. Statt derselben 
werden die 3 peripheren Sehnen zuerst mit einander verbunden, dann aber an die 
unverletzte der zum Zeigefinger gehenden Sehne desselben Muskels angenäht. Da 
dieser Sehne aber kaum hinreichende Kraft und Festigkeit zugetraut werden kann, 
so entschließt man sich dazu, das vereinigte Sehnenbündel des Extensor digitorum 
communis noch an die Sehne des Extensor indicis proprius anzunähen; Naht des 
Einschnittes und Jodoformgazererband, Heilung p. pr. Das schließliche funktio- 
nelle Resultat war vorzüglich, der Verletzte konnte die Finger vollkommen gut 
bewegen. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


28) Lauenstein. Zur Frage der Funktion der Hand bei Versteifung 
resp. Kontraktur einzelner Finger. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 4.) 

Verf. betont besonders, dass ein steifer oder kontrahirter Finger nicht nur 
ein mechanisches Hindernis beim Zugreifen bildet, sondern dass er die anderen 
Finger in ganz bestimmter Weise in ihrer Bewegungsfähigkeit beeinträchtigt und 
durch seine Erhaltung mehr schadet, als wenn er entfernt wäre. 

Er schätst z. B. eine Hand mit fehlendem Mittelfinger auf 35%, mit ver- 
steiftem Mittelfinger auf etwa 10%. Er fordert desshalb mit mehr Recht als Aus- 
sicht auf Erfolg Entfernung des der Versteifung oder der Kontraktur verfallenen 
Fingers; ferner verwirft er bei solchen Zuständen die medico-mechanische Behand- 
lung, da der Erfolg, so lange der versteifte Finger die anderen hemme, niemals 
in Einklang mit den Kosten stehe. Teubner (Hannover). 


868 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


29) Sprengel. Zur operativen Nachbehandlung alter Hüftresektionen. 
(Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Naturforscher 
und Arzte 1897.) 

Braunschweig, Harald Bruhn, 1898. 


So gute Resultate die konservative Behandlung der Coxitis auch immer auf- 
zuweisen hat, so giebt es doch stets noch zahlreiche Fälle, wo man einen blutigen 
Eingriff nicht unterlassen darf und eine Resektion vornehmen muss. Nach ein- 
gehender Würdigung der verschiedensten Verfahren, welche zur Freilegung und 
zum Angriff der Pfanne und des Beckens von Bardenheuer, Ridder, Schmidt 
u. A. ausgeführt worden sind, bespricht Verf. die Resultate verschiedener Autoren. 
Von seinen eigenen 56 Resektionsfällen endeten an den Folgen der Operation töd- 
lich 4 = 7%; geheilt wurden 27 = 48%; in weiterer Folge starben an Amyloid, 
allgemeiner Tuberkulose 15 = 27%. 

Der Haupttheil der Arbeit ist jedoch den sogenannten veralteten Fällen ge- 
widmet, wo die tuberkulöse Erkrankung nicht nur den Kopf, sondern auch die 
Pfanne und die Beckenknochen ergriffen hat, und welche oft durch ihre Hart- 
näckigkeit und Fistelbildung die Geduld des Arztes und des Kranken auf eine 
harte Probe stellen. In solchen Fällen ist Verf. erst zu befriedigenden Resultaten 
gekommen, »als er durch breite Schnitte das Becken freilegte und die tuberku- 
lösen Herde in demselben rücksichtslos angriff«. 

Sein Operationsverfahren ist von den bisher gebräuchlichen wesentlich ver- 
schieden und besteht vor Allem in einem sehr ausgiebigen Schnitt entlang dem 
oberen Beckenrand — Beckenrandschnitt —, etwa von der Spina post. sup., dem 
äußeren Rand der Crista ossis ilei folgend, bis zur Spina ant. sup. Der Schnitt 
durchtrennt Haut, Fascie, Muskeln und Periost; an der Grenze von Glutaeus me- 
dius und Tensor fasciae latae wendet sich derselbe nach unten bis zum Trochanter. 
So kann man einen großen, dreieckigen Muskel-Periostlappen subperiostal ab- 
lösen und in beliebiger Ausdehnung die Außenfläche des Darmbeins und die 
Pfanne freilegen. Die Blutung ist gering, wenn man sich an die Muskelinter- 
stitien hält. 

Dieser Schnitt ist jedoch nicht für alle Fälle ausreichend, einmal weil sich 
der tuberkulöse Process auch nach vorn von der Pfanne ausbreitet, und dann, 
weil häufig die Funktion des Beins durch die später eintretende Flexions- und 
Adduktionskontraktur erheblich gestört wird. Aus diesem Grunde wurde der 
Beckenrandschnitt nach vorn und unten verlängert bis zum lateralen Rand des 
Nervus cruralis; s0 wurde er dem von Kocher angegebenen Schnitt zur Resek- 
tion einer Beckenhälfte ähnlich. Es empfiehlt sich hierbei, die Operation mit der 
Freilegung des Nerven zu beginnen und dann erst den großen Muskelschnitt aus- 
zuführen, der von außen nach innen den Tensor fasciae, Rectus cruris, Sartorius 
und ev. Ileo-Psoas quer durchtrennt. Genügt auch dieser Schnitt zur bequemen 
Freilegung der Pfannengegend nicht, so wird ein Querschnitt aufgesetzt von der 
Spina ant. sup. zum Trochanter. (Die Schnittführungen sind durch Abbildungen 
im Text, wie auch durch sehr klare bunte, nach Präparaten an der Leiche auf- 
genommene Bilder ersichtlich.) 

In 4 Fällen hartnäckiger Fistelbildung und Beckencaries hat Verf. diese 
Schnittführung mit vorzüglichem Erfolg angewandt. Es ist Dank der queren 
Durehtrennung der Muskeln nie zu einer Kontraktur gekommen; auch wurde 
stets Schließung sämmtlicher Fisteln erreicht. — Eine halbseitige Beckenresektion 
bei einem Sjährigen Knaben endete 3 Stunden p. op. tödlich. — Auch solche 
Fälle, wo die Caries nach Perforation der Pfanne die Innenfläche des Beckens 
ergriffen hat, können durch Resektion der erkrankten Knochen relativ schonend 
angegriffen werden. In einem Falle wurde die Innenfläche des Os ilei nach Zu- 
rückdrängung des Bauchfells freigelegt und ein keilförmiges Stück aus der ganzen 
Dicke des erkrankten Knochens reseeirt; Heilung; vorzügliches funktionelles Re- 
sultat. In einem anderen Falle wurde ein Herd im Schambein, etwa dem Tuber- 
culum ileo-pubicum entsprechend, freigelegt, die Pfannengegend auch von innen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 869 


fortgemeißelt, sämmtliche tuberkulös erkrankten Lymphdrüsen bis zur Theilungs- 
stelle der Iliaca communis hinauf exstirpirt; Heilung. — Die Nachbehandlung ist 
einfach: Einreibung mit Jodoform-Kalomel, theilweise Naht, auch versenkte Muskel- 
nähte; der größte Theil aber wird offen mit Jodoformgaze tamponirt; zunächst 
Extension, dann lange T-Schiene. Da die Neigung zur Kontraktur nach dieser 
Operation nie bestand, so konnte von der Verwendung portativer Apparate ab- 
gesehen werden, was ein großer Vortheil der Methode ist. Die Kinder lernten 
schnell am Gehbänkchen gehen. 

Zum Schluss betont Verf. nochmals, dass »man sich nicht vor der queren 
Durchtrennung der vom Becken zum Oberschenkel ziehenden Muskeln scheuen 
solle. »Liberal in der Schnittführung, konservativ den Knochen gegenüber!« Die 
quere Durchschneidung der Muskeln ist schon von Riedel zur Beseitigung der 
fehlerhaften Stellung angewandt worden. 

(Ich habe geglaubt, etwas näher auf die Arbeit eingehen zu sollen; dieselbe 
enthält aber noch so viele interessante Einzelheiten, dass ich die Lektüre des 
Originals nur Jedem empfehlen kann. Die Ausstattung ist, wie überhaupt in der 
ganzen Festschrift, eine vorzügliche. Ref.) Tschmarke (Magdeburg). 


30) Kern. Anatomische Untersuchungen Pirogoff’scher Amputa- 
tionsstümpfe. Ein Beitrag zur Lehre von der funktionellen Anpas- 
sung der Knochen. 

(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 1.) 

K. beschäftigt sich mit der Frage, in wie weit sich an Pirogoff’schen Am- 
putationsstümpfen Strukturveränderungen im Sinne der Wolff’schen Transfor- 
mationslehre nachweisen lassen. Wurden Sagittalschnitte von Calcaneus und Tibia 
normaler unterer Extremitäten derart zusammengelegt, wie sie bei der Pirogoff- 
schen Operation (Modifikation Günther’s) an einander treffen, so stießen die 
Löngsbälkchen der Tibia meist in einem stumpfen Winkel auf die entsprechenden 
Balkensysteme des Calcaneus auf; von 3 Pirogoff’schen Stümpfen, welche Verf. 
untersucht hat, war beim ersten keine feste knöcherne Vereinigung und demgemäß 
auch keine Alteration der Knochenstruktur vorhanden; bei den beiden anderen 
dagegen war aus Tibia und Calcaneus ein einheitlicher Knochen mit gemeinsamem, 
der veränderten Zug- und Druckkraft angepasstem Lamellensystem geworden. Ob 
freilich die Belastung allein diese Veränderung hervorgebracht hat, wagt Verf. 
nicht zu entscheiden, da Beobachtungen über Pirogoff’sche Stümpfe, deren 
Träger nicht herumgegangen sind, bezüglich der Strukturverhältnisse nicht vor- 
liegen. Honsell (Tübingen). 


31) A. C. Wiener. A contribution to the treatment of clubfoot. 
(Medieine 1898. April.) 

Verf. hat durch folgendes Verfahren ein ausgezeichnetes Resultat bei einem 
angeborenen Klumpfuß erzielt: 

Nach subkutaner Durchschneidung der Achillessehne wurde der Fuß in über- 
gestreckter Stellung mit Pflasterstreifen festgehalten. Der mittlere Fuß und die 
Hacke bleiben frei, so dass beim Gehen durch das Gewicht des Körpers die Plantar- 
fascie sich dehnen konnte. 

Es wurde ein Gummisug an die Insertionsstelle der Peronei als Gegenzug 
gegen den Tibialis anticus angebracht; und zwar geht derselbe von dem ersten 
Metatarsophalangealgelenk unter der Sohle nach der Außenseite des Fußes bis 
sur Mitte des Unterschenkels. Um Druck an der Außenseite des Fußes zu ver- 
meiden, wurden Wattetampons eingelegt. Mit diesem Verband musste der Pat. 
möglichst viel gehen. 

Nachdem die Stichwunde verheilt war, wurde der Verband durch einen Schuh 
mit Plattfußsohle ersetzt, und diese Sohle wurde durch einen elastischen Zug an 
einem Ring über dem Knie befestigt. Dieser Zug ging durch einen Schlitz durch 
das Oberleder des Schuhes durch. 


870 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


Bei jedem Schritt wurde durch den Gummizug die Metatarsalgegend auf- 
gehoben und wieder niedergesetzt. Dadurch wird zuerst eine starke Dehnung der 
Plantarfascie hervorgerufen und zweitens durch die Bewegung eine stärkere Er- 
nährung der Peroneusmuskeln hervorgerufen, dadurch wieder dem Übergewicht des 
Tibialis anticus entgegengearbeitet. 

Bei dem angegebenen Pat. hatte sich die Plantarfascie nach 8 Wochen um 
11/3 Zoll gestreckt und die Wadenmuskulatur um 1 Zoll an Umfang zugenommen. 

Derselbe Apparat wurde auch bei einem Pes equinovarus paralyticus mit 
gutem Erfolg angewandt und ebenfalls bei einer Pat., bei welcher wegen Tuber- 
kulose der Talus resecirt war. Benecke (Hamburg). 


32) T. v. Dembowski. Ein Fall von Pes planus traumaticus dauernd 
geheilt nach der Methode von Gleich. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hit. 2.) 

Verf. beschreibt den in der Überschrift geschilderten Fall hauptsächlich, um 
su betonen, dass bei der Gleich’schen Methode es auf knöcherne Verwachsung 
der Durchsägungsstelle am Calcaneus ankommt. Das Resultat wurde durch Skia- 
gramm kontrollirt. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


33) Quenu. Luxation incomplète sous-scaphoidienne en dedans. 
(Bull. et mem. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 356.) 

In dem von Q. beschriebenen Falle war die seltene Verletzung dadurch zu 
Stande gekommen, dass Pat. durch eine herabstürzende schwere Kiste zu Fall ge- 
bracht wurde; dabei stieß der getroffene rechte Unterschenkel gegen den linken 
und drängte das linke Knie gewaltsam nach außen, während der linke Fuß in 
normaler Stellung auf dem Boden festgehalten wurde. Als Q. den Verletzten 
6 Wochen nachher sah, hinkte er stark, der Fuß war nach außen abgewichen, die 
verlängerte Achse des Unterschenkels traf nach innen von der großen Zehe, das 
Kahnbein sprang mit seiner normal dem 1. Keilbein zugewendeten Gelenkfläche 
nach innen vor. Exstirpation des Kahnbeins. Der Talus zeigte sich dabei gegen- 
über dem Calcaneus verschoben, etwas um die vertikale Achse gedreht; seine Re- 
position misslang. Heilung mit leidlich guter Funktion. — Im Anschluss an die 
Nomenklatur Malgaigne’s bezeichnet Q. die Verletzung als »Luxation sous- 
astragalo-pr&-scaphoidienne«. — Zur Aufklärung des Mechanismus der Fußwurzel- 
verrenkungen machte er Leichenexperimente: Bei Feststellung des Calcaneus resp- 
des ganzen Fußes erzeugte er durch starke Abduktion des Kniees nur Frakturen 
des inneren Fußknöchels. Fixirte er nur den Metatarsus, so gelang es ihm, durch 
gewaltsame Abduktion des Kniees, Rotation des Unterschenkels nach außen und 
sehr starke Flexion 1) eine Verschiebung der 2 ersten Keilbeine nach innen, 
2) eine Verrenkung des ersten Keilbeins nach innen zu erzeugen. Er kommt zu 
dem Schluss, dass die Verrenkungen und Bandzerreißungen um so weiter nach 
vorn sich finden, je weiter die Beugung des Fußes gegenüber dem Unterschenkel 
getrieben wird. Reichel (Chemnitz). 


34) L. Steffen. Über einen Fall von Luxation im Lisfranc-Gelenk 
mit Interposition der Sehne des M. tibialis anticus. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 619.) 

Ein Fall aus dem Braunschweiger Krankenhaus (Sprengel). 29jähriger Dat, 
dem ein Fass auf den linken Vorfuß rollt, während er selbst nach rückwärts und 
links fällt. An dem stark geschwollenen Fuße der Vordertheil nach außen ab- 
gewichen, mit dem Hintertheil einen nach außen offenen stumpfen Winkel bildend, 
Fußwölbung aufgehoben. Das Röntgenbild bestätigt die auf Verrenkung im Lis- 
frane’schen Gelenk gestellte Diagnose: Der Metatars. I, lateralwärts gewichen, 
erreicht fast das Cuneif. III. Bei den in Narkose vorgenommenen Repositions- 
versuchen geben nur die lateralen Metatarsalknochen nach, desshalb Incision über 
dem medialen Fußrand, etwa entlang dem Verlauf des Extens. hallucis. »Die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 871 


Metatarsalknochen sind lateralwärts und um ein Geringes dorsalwärts abgewichen. 
Gelenkverbindungen auf der dorsalen Seite sämmtlich gesprengt, bis auf die Ge- 
lenkkapsel zwischen Cuneiform. I und Metatars. I, die fast ganz intakt und nur 
an dem nach dem Metatars. II zu liegenden Theil eröffnet ist; in diesen Spalt ist 
der laterale Schenkel der Sehne des M. tibialis antic. interponirt, nach deren 
Lösung die Reposition leicht gelingt.«a Gipsverband ete. Günstiger Verlauf. 

Bislang scheint diese Sehneninterposition noch nicht beobachtet zu sein. Die 
Entstehungsart der Verletzung war wahrscheinlich so, dass durch Hyperplantar- 
flexion im Fuß primär eine dorsale Verschiebung der Mittelfußknochen eintrat. 
Dann erst erfolgte die laterale Luxation. Hierfür spricht auch das Freibleiben 
des 2. Metatarsalköpfchens von Fraktur. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


35) A. Venot. Myelome des gaines tendineuses & point de depart 
osseux. 
(Revue de chir. 1898. No. 3.) 

Die von Robin undNélaton unter dem Namen der Tumeurs à myéloplaxes 
ou myélomes à tendance fibreuse beschriebenen Geschwülste, welche durch die 
Anwesenheit der Riesenzellen und das Bestehen eines vollständig entwickelten 
Bindegewebes mit ausgebildeten Gefäßen und — gleichfalls im Gegensatz zu den 
Myelomes embryonnaires — durch Gutartigkeit charakterisirt sind, wurden bisher 
entweder am Skelett oder an den Sehnenscheiden und Aponeurosen beobachtet. 
V. berichtet nun über einen Fall eines solchen Myeloms einer Zehe, welches von 
dem Mark der 2. Phalanx, ohne ihre Form und Konsistenz zu verändern, aus- 
gegangen war, mit dem Knochen nur durch einen dünnen Stiel zusammenhängend, 
gleichzeitig auch sich in der Sehnenscheide als eine nussgroße Geschwulst ent- 
wickelt hatte; Periost und Sehne selbst blieben unversehrt. Die Beziehungen des 
Myeloms zum Knochen einer und zur Sebnenscheide andererseits konnten an dem 
durch Exartikulation der Zehe gewonnenen Präparat nachgewiesen werden; bei 
einfacher Exstirpation der Sehnenscheidenneubildung wäre wahrscheinlich der 
gleichzeitige Ausgang vom Knochen übersehen worden. Kramer (Glogau). 


36) Most. Ein Beitrag zur Lehre von den Echinokokkengeschwülsten 
an den großen Schenkelgefäßen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chrirurgie Bd. XLVII. p. 590.) 

Ein 48jähriger Pat. des St. Josef-Krankenhauses in Breslau hatte eine seit 
ca. 10 Monaten langsam wachsende Geschwulst der rechten Leistenbeuge, die nur 
mechanische Beschwerden verursachte. Umfang der halbkugeligen Geschwulst an 
der Basis 32 cm, Höhe derselben 7cm. Sie ist unverschieblich, von elastisch- 
derber Konsistenz, Probepunktion negativ. Diagnose Lipom. Bei der Operation 
legt ein Schnitt durch Haut und Faseie einen glatten Balg bloß, der eingeschnitten 
eine Masse trockener, kollabirter, dicht an einander gelagerter Echinococcusblasen, 
keine Flüssigkeit entleert. Der Sack setst sich mit gleicher Füllung an der Innen- 
seite der großen Gefäße, in deren Scheide röhrenförmig bis zur Mitte des Ober- 
schenkels fort und eben so nach oben in unbestimmbarer Ausdehnung in die 
Bauchhöhle hinein. Da Radikaloperation anscheinend unmöglich, möglichste Spal- 
tung und Ausräumung. Drainage, Naht. Täglicher Verbandwechsel wegen starker 
Sekretion mit Blasenabgang aus der Bauchhöhle. 2 Tage nach der Operation 
Dyspno&, Herzschwäche. Am 4. Tage Tod unter den Zeichen einer » Pulmonal- 
Thrombose«. Sektion nicht gestattet. 

Zur Beurtheilung der Frequenz des Echinococcus an der in diesem Falle yon 
ihm eingenommenen Stelle hat M. die Statistiken der subfascialen bezw. musku- 
lären Echinokokken, über welche gute Sammlungen existiren, durchgesehen, auch 
solche noch vervollständigt. Es ergab sich, dass unter 200 Fällen 32 in dieser 
Gegend saßen, und zwar 5 in der Ileopsoas-, 27 in der oberen Adduktorengegend. 
In den einschlägigen Krankenberichten ist unter 15 Angaben nur Imal die richtige 
Diagnose gestellt, während sie 2mal swischen Sarkom besw. Fibrom und Echino- 


872 Centralblatt für Chirurgie. No. 33. 


coccus schwankte. 5mal war ein Abscess angenommen, 3mal eine cystische Ge- 
schwulst, 2mal Sarkom und 2mal Lipom. M. giebt im Anschluss daran eine 
diagnostische Betrachtung. Therapeutisch wird die vollständige Exstirpation in 
erster Linie ins Auge zu fassen, bisweilen aber, beim Heraufreichen der Erkran- 
kung unter dem Poupart’schen Band hoch hinauf, nicht ausführbar sein. Unter 
8 Exstirpationen ist ein tödlicher Ausgang berichtet. Auf 20 Berichte über In- 
eisionen dagegen kommen 3 Todesfälle. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


37) G. Zahn (Nürnberg). Zwei Fälle von operativ geheilten Aneurys- 
men der unteren Extremität. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 7.) 

Der Aufsatz bringt außer den Operationsgeschichten zweier von Heinlein 
erfolgreich behandelter Fälle von Aneurysma der Art. poplitea mit accidentellen 
Entzündungserscheinungen und von Aneurysma der Art. femoralis im unteren 
Drittel eine eingehende Besprechung der Operationsmethoden und ihrer Indika- 
tionen bei Aneurysmen. Wir geben kurz die Schlusssätze Z.’s wieder. Das gute 
Resultat in den mitgetheilten 2 Fällen beweist aufs Neue die Thatsache, dass man 
zur Zeit die Indikation zur Radikaloperation mit gutem Recht viel weiter aus- 
dehnen darf, als dieses früher geschah, wo nur drohende Perforation des Sackes 
die Berechtigung dazu abgab. Die im 2. Falle deutlich zu Tage getretene Wir- 
kung der präparatorischen Kompression des zuführenden Arterienrohres — zur 
Feststellung der Funktionstüchtigkeit der Kollateralen und Anbahnung eines 
Kollateralkreislaufs — lässt den Rath Derer vollkommen gerechtfertigt erscheinen, 
welche sich dieses Weges in jedem Falle — außer bei diffuser Arterienerkrankung, 
entzündlichen Vorgängen am aneurysmatischen Tumor und bei versteckter Lage 
des Aneurysmas — zuerst bedienen zu müssen glauben. Die Wahl zwischen In- 
cision und radikaler Exstirpation ist von den jeweiligen Verhältnissen abhängig 
zu machen. So verkehrt es wäre, in jedem Falle die völlige Exstirpation durch- 
setzen zu wollen, so selbstverständlich ist es, sich nicht mit der Incision zu be- 
gnügen, wo die Exstirpation auf keine Hindernisse stößt. Man kann aber noch 
weiter gehen und sagen, dass die bloße Incision des Sackes wohl immer zum Vor- 
theil des Pat. durch eine theilweise Exstirpation zu ersetzen ist, da sie bei un- 
gestörtem Wundverlauf die Chancen der radikalen Exstirpation wohl in vollem 
Maße theilt. 

Auch in dem zweiten der von Heinlein radikal operirten Fälle ist die Ex- 
stirpation nicht eine ganz vollständige gewesen, um eine Verletzung der Vena fem. 
zu vermeiden; die Wundhöhle wurde in beiden nicht vernäht, sondern mit Gaze 
ausgestopft. Die Heilung erfolgte, ohne dass es zu ernsteren Cirkulationsstörungen 
kam; ‘in dem Falle von Kniekehlenaneurysma forderte die bestehende Knie- 
kontraktur lange Zeit zu ihrer Besserung. Kramer (Glogau). 


38) @. Ruini. Trattamento chirurgico delle ulceri alle gambe. 
(Rivista Veneta di scienze med. 1898. p. 315. Ref. nach Gazz. degli ospedali e 
delle clin. 1898. No. 52.) 

R. berichtet über 57 Fälle von Varicen und varikösen Geschwüren des Unter- 
schenkels, die durch Unterbindung der Saphena nach Trendelenburg oder bei 
vorhandenen Ulcerationen durch doppelten Cirkulärschnitt nach Moreschi be- 
handelt wurden, und über 14 Fälle von Ulcus perforans, bei denen die Nerven- 
dehnung nach Giordano-Chipault am Ischiadious zur Ausführung kam. Sämmt- 
liche Fälle heilten, und nur 4 Recidive traten im Gansen auf. 

Dreyer (Köln). 


Originalmittheilungen, Monographieen und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf $ Hürtel, einsenden. 
gees 

Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No, 34. Sonnabend, den 27. August. 1898. 


Inhalt: 1) van de Velde, Baktericides Serum. — 2) Czaplewskl, Neuer Bacillus aus 
der Tuberkelbacillengruppe. — 3) Thorn, Verkalktes Epitheliom. — 4) Sehrwald, Lage- 
bestimmung von Fremdkörpern. — 5) Calliano, Brandwunden. — 6) Adamkiewicz, Hirn- 
druck und Druck im Gehirn. — 7) Siv6n, Traumatische Epilepsie. — 8) Sworykin, Tre- 
panationslücken. — 9) Salog, 10) Scheuer, Lokalanästhesirung bei Zahnextraktionen. — 
11) Anders, Spondylitis. — 12) Levy, Resektion der Speiseröhre. — 13) Ebstein, Ösophago- 
skopie. — 14) Martin, Diphtherie. — 15) Costan, Empyem. — 16) de Renzi, Lungen- 
brustfellkrebs. 

47) Bouvet, Hirnerschütterung. — 18) Lasarew, Pulsirender Exophthalmus. — 
19) Crouzillac, Phlegmone der Zungentonsille. — 20) Hartmann, 21) Lauffs, Adenoide 
Wucherungen. — 22) Schanz, 23) Jonnesco, 24) Huhn, Pott'scher Buckel. — 25) Ca- 
vicchia, Eröffnung des Wirbelkanals. — 26) Völcker, Halslipome. — 27) Lanz und 
Lüscher, Strumitis. — 28) Lauin, 29) Hofmeister, 30) Cerkez und Juvara, 31) Durand, 
Kropf. — 32) Wolfstein, 33) Weber, Thyreoidinbehandlung. — 34) Grekow, Unter- 
bindung der Vena jugularis communis. — 35) Gorski, Ösophagotomie. — 36) MeCol- 
jom, 37) Hibbard, 33) Thomas, 39) Pearce, 40) Suttle, Diphtherie. — 41) Winkler, 
Kehldeckelgeschwulst. — 42) v. Stein und Juschzenkoff, 43) Railton, 44) Barth, Kehl- 
kopfgeschwülste. — 45) Vogler, Traumatische Lungenhernien. — 46) Karewskl, Lungen- 
aktinomykose. — 47) Briese, Lungenendotheliom. — 48) Arnozan, Lungensafttherapie. 
— 49) Henssen, Ohylothorax. — 50) Hill, 51) Parrozzani, 52) Podres, Herzwunden. — 
53) Bergmann, Mediastinalcyste. — 54) Giordano, Verrenkung des Schwertfortsatzes. — 
55) Tallhofer, Osteomyelitis der Rippe. — DÉI Quénu und Longuet, Geschwülste des 
Brustkorbes. — 57) Dowd, Brustkrebs. 


1) van de Velde. Über den gegenwärtigen Stand der 
Frage nach den Beziehungen zwischen den baktericiden 
Eigenschaften des Serums und der Leukocyten. 
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 16.) 

Durch den Nachweis, dass der flüssige Theil der lebende Leuko- 
cyten enthaltenden Exsudate, welche künstlich bei Kaninchen her- 
vorgerufen sind, eine viel höhere baktericide Kraft besitzt als das 
Blutserum desselben Thieres oder normaler Kaninchen, hat v.d. V. 
zuerst dargethan, dass diese Kraft aus einer während des Lebens 
der Leukocyten erfolgten Sekretion im Innern des Organismus ent- 
sprungen war. Die Experimente von Buchner, Hahn, Schatten- 
froh, Bail (s. No. 7 dieses Jahrganges des Centralblattes) beweisen 

34 


874 Centralblatt für Chirurgie. No, 34. 


bloß, dass die den Exsudaten entnommenen Leukocyten noch eine 
große Menge baktericider Substanzen enthalten, welche man durch 
Zerstörung dieser Leukocyten durch Leukocidin zur Erscheinung 
bringt. Denys und Leclef haben die Bedingungen studirt, unter 
denen die weißen Köperchen in lebendem Zustand ihre baktericide 
Kraft an das Serum abgeben und diese in der Pleurahöhle begonnene 
Sekretion in vitro hervorzubringen gesucht, ohne befriedigende 
Resultate zu erzielen. 

Es ist merkwürdig, dass die Leukocyten, wenn sie dem Körper 
entnommen und in Serum gebracht werden, selbst unter dem Einfluss 
eines Reizes durch Produkte von Mikrobien, ihre Sekretion unter- 
brechen. Dieses Aufhören spricht dafür, dass diese Sekretion uns 
noch ganz unbekannten Gesetzen unterworfen ist. Es ist möglich, 
dass der Leukocyt in dem Serum Verhältnisse antrifft, die seine 
Sekretion hindern. In Folge dieser besonderen Verhältnisse würde 
der Leukocyt die baktericide Substanz in seinem Innern behalten, 
und diese würde nur dann austreten, wenn der Leukocyt auf den 
Schauplatz der Infektion, in das Exsudat, eingetreten ist. 

Hübener (Breslau). 


2) Czaplewski. Über einen aus einem Leprafall gezüch- 
teten alkohol- und säurefesten Bacillus aus der Tuber- 
kelbacillengruppe. 

(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 3—6.) 

Bei Versuchen, aus dem Nasensekret eines Leprösen der medi- 
einischen Klinik zu Königsberg Leprabacillen zu kultiviren, gelang 
es Cz., einen Bacillus zu isoliren, der sich in keinem anderen Falle 
nachweisen ließ, und den Cz. als einer besonderen Art zugehörig 
auffasst. 

Seine Säure- und Alkoholfestigkeit, seine Wolkenbildung in 
flüssigen Nährmedien und seine Verzweigungen verweisen ihn in 
die Sklerothrixgruppe, zu welcher die Bacillen der Säugethier- und 
Vogeltuberkulose, so wie die von Petri und Lydia Rabinowitsch 
gefundenen Butterbacillen gehören. Auch von den Diphtheriebacillen 
unterscheidet er sich schon durch seine Färbbarkeit nach Tuberkel- 
bacillenmethoden. Er bildet nach Cz. ein verbindendes Mittelglied 
zwischen den Diphtheriebacillen und der Sklerothrixgruppe, welches 
den schroffen Gegensatz, in welchem der Tuberkalbacillus hinsichtlich 
seiner Färbbarkeit gegenüber den übrigen Bakterien bis jetzt stand, 
mildert und ausgleicht. 

Der fragliche Bacillus wächst nach einigen Übertragungen 
ziemlich schnell auf allen gebräuchlichen Nährböden, am besten auf 
Hammelblutserum und menschlicher Ascitesflüssigkeit. Nur auf der 
Kartoffel konnte kein Wachsthum beobachtet werden. Morphologisch 
betrachtet stellt der fragliche Bacillus ein gerades oder leicht ge- 
krümmtes Stäbchen dar. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 875 


(Diese Mittheilung Cz.’s ist desshalb von besonderem Interesse, 
weil sie zu den bislang bekannten Lepra-, Smegma- und den Petri- 
Rabinowitsch’schen Butterbacillen eine neue Art hinzufügt, die alle 
das Gemeinsame haben, dass sie sich nach der bis vor nicht gar so 
langer Zeit als für Tuberkelbacillen specifisch geltenden Methode färben. 

Dass hiernach die Diagnosestellung der Tuberkulose allein aus 
der specifischen Färbung der Bacillen eine gewisse Vorsicht gegen 
früher erfordert, möchte Ref. kurz betonen.) Hübener (Breslau). 


3) Thorn. Über das verkalkte Epitheliom. Mit 1 Tafel. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

Den zahlreichen interessanten pathologisch-anatomischen Arbeiten 
aus der v. Bergmann’schen Klinik schließt sich der lehrreiche 
Aufsatz T.’s über das verkalkte Epitheliom an. Die histologische 
Stellung desselben schwankte bisher. Während Dennecke und 
Stieda diese Geschwulst unter die Epitheliome zählten, rechnete sie 
Perthes unter die Endotheliome. Diese Widersprüche kamen daher, 
dass man bisher in keinem Falle die Herkunft dieser Geschwülste 
bis auf ihre epithelführende Matrix verfolgen konnte. T. ist es nun 
in einem von 3 Fällen vollkommen gelungen, den Zusammenhang 
der Geschwulstmassen mit dem Deckepithel sicherzustellen und an 
beigefügter Zeichnung zu demonstriren. Verf. sieht nicht nur in 
der Kapselbildung und den degenerativen Veränderungen der Epi- 
thelien die wesentlichsten Unterschiede gegenüber dem Platten- 
epithelcancroid, sondern vornehmlich in dem Proliferationsmodus der 
Epithelien, welche nicht die Metaplasie der Zellen erleiden, welche 
den Charakter des Carcinoms bestimmt. Hervorzuheben sei nament- 
lich der Unterschied der Perlen in Epitheliomen und Cancroiden. 
Bei den ersteren ist der Fundort ein anderer, mehr beschränkter, 
ferner ist an ihnen eine zellige Zusammensetzung beinahe nicht mehr 
zu erkennen. Nach T.’s Ansicht sind diese Epitheliomperlen nichts 
Anderes als Produkte der Zusammendrängung der degenerirten Epi- 
thelien. Als Ausgangsort der verkalkten Epitheliome sieht er das 
Deckepithel an und hält die Einkapselung für einen sekundären 
Vorgang, dessen besondere Art er näher beschreibt. Übrigens wird 
diese Kapsel stellenweise vermisst, wo sie nämlich noch nicht ge- 
bildet ist. Durch die Abkapselung hat man nach des Verf. An- 
schauung auch bisher den Zusammenhang mit dem Mutterboden der 
beschriebenen Geschwülste nicht finden können. Als ätiologisches 
Moment hält er eine traumatische Verlagerung von Theilen des 
Deckepithels in die Tiefe der Cutis nicht für unwahrscheinlich, 
analog der Entstehung der Epitheleysten. Des weiteren entsteht 
dann eine typische geschwulstbildende Epithelwucherung mit con- 
secutiver Degeneration und Abkapselung, aber ohne specifisch 
krebsigen Charakter. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


EM 


876 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


4) Sehrwald. Die Lagebestimmung von Fremdkörpern in 
der Tiefe bei der Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 19.) 

S. bestimmt in sehr einfacher Weise mathematisch genau den 
Sitz eines Fremdkörpers nach dem Princip, wonach die Lage eines 
Punktes in einer Ebene durch 2 sich schneidende gerade Linien 
bestimmt wird. 

Betrachtet man durch den Fluorescenzschirm z. B. den Brustkorb 
mit einer darin sitzenden kleinen Bleikugel, etwa einem Schrotkorn, 
so braucht man nur bei ruhig gehaltenem Kopf auf der Vorderseite 
der Brust eine Marke anzubringen, die sich mit dem Centrum des 
Schrotkornschattens deckt, und eben so eine zweite auf der Rück- 
seite des Brustkorbs. Dadurch ist eine gerade Linie durch den 
Fremdkörper festgelegt. Lässt man jetzt den Kranken halb oder 
ganz rechts- oder linksum machen und markirt von Neuem das 
Schattenbild auf der Vorder- und Rückenseite, so hat man in be- 
kannter Weise die 2 nöthigen Linien bestimmt, die beide in der 
Horizontalebene liegen und zur Ermittelung der Tiefe des Schrot- 
korns ausreichen. 

Zum Markiren der Endpunkte der Linien benutzt S. eine feine 
Metallsonde, die am freien Ende leicht mit Anilinfarbe gefärbt ist. 

Zur sicheren Markirung ist nöthig, dass zwischen dem Körper 
des Kranken und dem Fluorescenzschirm mindestens ein hand- 
breiter Abstand gelassen werde, zwischen der Vacuumröhre und dem 
Körper ein nach größerer. 

Sehr leicht lässt sich dann der Sitz des Fremdkörpers in der 
Tiefe auffinden, indem man die beiden Linienenden, denen der 
Fremdkörper am nächsten liegt, durch eine Grade verbindet und vom 
Schnittpunkt der Linien im Fremdkörper aus eine Senkrechte auf 
diese Grade fällt. Im Verlauf dieser Senkrechten kann man ge- 
gebenen Falls einschneiden, um mit Sicherheit den Fremdkörper 
zu finden. 

Wenn auch wohl nur selten eine praktisch chirurgische Ver- 
werthung der einfachen Methode möglich sein wird, da es sich in 
erster Linie um operative Entfernung von Fremdkörpern aus den 
großen Körperhöhlen durch dieselbe handeln würde, so hält Ref. in 
Anbetracht der immerhin vorhandenen Möglichkeit und der Schwierig- 
keit solcher Aufgabe die S.’sche Methode doch für sehr beachtenswerth. 

Levi-Dorn in Berlin nimmt bekanntlich die Priorität des Prin- 
cips der Methode für sich in Anspruch und räth ab, die Markirungen 


stets in derselben Weise vorzunehmen. 
EB. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 877 


5) Calliano. La medicazione ad un pucco assorbente nelle 
ustioni. 
(Morgagni 1898. No. 4). 

Verf. wünscht die Durchführung einer strengen Antisepsis bei 
Behandlung der Brandwunden. Die Reinigung soll mit kaltem, aber 
gekochtem Wasser erfolgen, dem wenn möglich 1—3% Karbol oder 
0,50%% Sublimat oder 3—4% Borsäure zugesetzt sind. Nekrotische 
Theile müssen chirurgisch entfernt werden. Kompressen, die in 
kaltes wie oben hergestelltes Wasser getaucht und alle 10 Minuten 
gewechselt werden, sind am besten geeignet, die Schmerzen zu lindern. 
Nach 12—15 Stunden geht man zu feuchtwarmen Verbänden über, 
die mit Guttapercha abgeschlossen und je nach dem Grade der 
Verbrennung 1- bis 2mal täglich gewechselt werden. 

Von den übrigen Maßnahmen, die Verf. hervorhebt, sind Atropin- 
injektionen bemerkenswerth, die alle 2 bis 3 Stunden unter Beobach- 
tung der Pupillen wiederholt werden sollen. Kianicine hat nach- 
gewiesen, dass die bei der Verbrennung gebildeten Gifte eine dem 
Muskarin ähnliche Wirkung ausüben, wodurch der Einfluss des 
Atropins erklärt wird. Dreyer (Köln.) 


6) A. Adamkiewicz. »Hirndruck« und Druck im Gehirn. 
Ein Beitrag zur Lehre von der Strömung der physiologischen 


und der Stase der pathologischen Flüssigkeiten im Schädel. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 29—31.) 

Es giebt keinen Hirndruck, d. h. eine erhöhte Spannung des 
Liquors, aber es giebt einen Druck im Gehirn. Bohrt man bei 
Kranken, welche an »Gehirndruck« leiden, den Duralsack an, so spritzt 
unter einem Druck von mehreren Hunderten von Quecksilbermilli- 
metern ein Flüssigkeit heraus. Diese Flüssigkeit ist aber nicht der 
physiologische »gespannte« Liquor, sondern ein Exsudat, und diesem 
Exsudat wohnt wie allen entzündlichen Exsudaten oder nach Art 
eines »flüssigen Tumors« die Eigenschaft bei, expandirend zu wirken. 
Es bricht also ein Exsudat hervor, welches in sich unter hoher 
Spannung steht, aber keineswegs die Venen oder Kapillaren in der 
Schädelhöhle erst komprimiren muss, um die Erscheinungen des 
Hirndrucks hervorzurufen. Mit der Entleerung der flüssigen Tumoren 
aus dem Schädel verschwinden natürlich auch die von ihnen er- 
zeugten Kompressionsphänomene. Dieser flüssige Tumor im Gehirn 
verhält sich also genau, wie die Geschwülste in anderen Körper- 
gegenden, in der Leber, am Pylorus etc., welche auch »drücken«, 
aber keinen »Leberdruck« etc. hervorbringen. Der Liquor in der 
Schädelhöhle steht normal unter einer Spannung gleich Null, ist aber 
natürlich fortdauernd in Bewegung, welche nur von der Venen- 
strömung unterhalten wird. Es müssen offene Kommunikationen 
zwischen Liquor und Venen vorhanden sein. Das Experiment zeigt, 
dass bei künstlicher Infusion von Flüssigkeit in den Schädel der 


878 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


Druck in den Halsvenen steigt, und dies ist nur dann möglich, wenn 
die offenen Kommunikationen zwischen Arachnoidealraum und Venen 
starrwandig sind. Wären sie nachgiebig wie eine gewöhnliche Venen- 
wand, müssten sie unter dem steigenden Arachnoidealdruck zuge- 
drückt werden, und der Halsvenendruck also sinken, statt steigen. 
Starrwandige Venenwandungen können nur im Knochen liegen; also 
liegen die Kommunikationen im Schädelknocheninnern, in der Diploe, 
wo, nach der weiteren Hypothese des Autors, die Liquorkanälchen 
so angeordnet sind, dass sie nach dem physikalischen Princip seit- 
licher Ansätze starrer Röhren aspirirend wirken bei negativem Druck 
der Flüssigkeitssäule des Hauptrohrs. So saugt der gesammte Diploe- 
raum den Liquor aus dem Arachnoidealbassin in sich hinein, wenn 
der Brustkorb für die Inspiration sich erweitert, und so kommt die 
normale Strömung des Liquors nicht nur, sondern auch aller physi- 
kalisch gleichwerthigen Flüssigkeiten, welche in den Schädel ein- 
gespritzt werden, zu Stande. Dagegen müssen sich dichtere Flüssig- 
keiten, wie das entzündliche Exsudat oder das experimentell eingespritzte 
öl, welche das feine Porennetz des Diploösiebs nicht passiren können, 
stauen, und diese gerathen dann unter höhere Spannung. Das sind 
Vorgänge, welche nicht dem Schädelgefüge eigenthümlich sind, sondern 
überall im Organismus in gleicher Weise zu Stande kommen. — Das 
entzündliche Exsudat kapselt sich ab, indem es die abführenden 
Lymphbahnen versperrt. Dadurch wird der Organismus vor der 
Überschwemmung mit den eingeschlossenen Giften bewahrt, der 
»Tumor« selbst aber geräth unter höheren »Druck«. 
Herm. Frank (Berlin). 


7) O. O. Siven. Fyra operativt behandlade fall af trau- 
matisk epilepsi jämte statistisk sammanställning af operations- 
resultaten vid 97 fall af samma affektion. 

(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 427.) 

Verf. beschreibt zuerst ausführlich 4 in der chirurgischen Klinik 
zu Helsingfors operirte Fälle von traumatischer Epilepsie. Das wenig 
befriedigende Resultat der Eingriffe veranlasst Verf., eine kritische 
Durchmusterung der in der Litteratur veröffentlichten Statistiken 
auszuführen. Er will einen Beitrag liefern zur Beantwortung der Frage, 
ob das von Horsley empfohlene radikale Operationsverfahren, Excision 
des auch scheinbar gesunden psychomotorischen Centrums, von dem 
der Krampf ausgeht, einen therapeutischen Fortschritt bedeutet. 
Gestützt auf 97 kritisch gesichtete Fälle aus der Litteratur gelangt 
Verf. zu nachstehenden Schlussfolgerungen. 

Eine relativ günstige Prognose ist unter folgenden Bedingungen 
zu stellen: 

1) Der Pat. darf nicht zu alt sein, am besten nicht über 30 Jahre. 

2) Die Epilepsie darf nicht all zu lange gedauert haben, am 
ehesten nur einige Jahre; dagegen scheint die Länge zwischen den 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 879 


Zeitintervallen, zwischen Trauma und Operation, von keiner Bedeutung 
zu sein. 
3) Die Krampfanfälle dürfen nicht allgemeine, höchstens halb- 
seitige sein. 
4) Die Operation ist nach Horsley auszuführen, mit der Aus- 
nahme, dass das scheinbar gesunde Rindencentrum geschont wird. 
A. Hansson (Cimbrishamn). 


8) P. N. Sworykin. Über den Ersatz von Trepanations- 
defekten des Schädels durch künstlichen und Knochen- 
knorpel. (Vorläufige Mittheilung.) 

(Wratsch 1898. No. 25.) 

S. bildete künstliche Knochenplatten aus phosphor-, kohlen- 
und schwefelsaurem Calcium mit Eiweiß, etwas Leim und Gelatine 
und füllte damit bei Kaninchen die Trepanationslücken aus. In 
anderen Fällen gebrauchte er Knorpelstücke, todte und lebende. — 
Nach verschiedenen Zeiträumen wurden die Knochen entkalkt und 
untersucht. Dabei erwies es sich, dass die Lücken vom Rande her 
mit Granulationsgewebe ausgefüllt werden, welches sich in Binde- 
gewebe verwandelt und endlich verknöchert; die künstliche Knochen- 
masse wird resorbirt. Der ganze Restitutionsprocess dauert etwa 
11/2 Jahr. Beim Ersatz durch Knorpel spielt sich derselbe Vorgang 
ab, nur viel schneller. — Die Arbeit wurde unter Prof. Wino- 
gradow’s Leitung ausgeführt. Gtickel (B. Karabulak, Saratow). 


9) A. Salog. Eukaïn in der Zahnheilkunde. (Aus der chir. 
Fakultätsklinik Prof. Bobrow’s.) 
(Chirurgia 1898. p. 111.) 

In dem zahnärztlichen Kabinett, das mit dem Ambulatorium der 
Klinik verbunden ist, wurden in 6 Monaten (November 1896 bis 
Oktober 1897) 745 Zähne gezogen: ohne Anästhesirung 205, unter 
Cocain 220 (eine Pravaz’sche Spritze 2%iger Lösung) und unter 
Eukain 320 (eine Spritze 5%iger Lösung). Allgemeine Nerven- 
erscheinungen, wie Kopfschwindel, traten bei der ersten Gruppe (nur 
imal Ohnmacht) in 7,3% der Fälle, bei Cocainanwendung in 46,8% 
auf. Hierbei handelte es sich manchmal um das Bild voller Cocain- 
vergiftung. Bei Eukain sind nur leichte Erscheinungen und nur in 
2,5% der Fälle notirt. S. empfiehlt daher in näherer Ausführung 
das Eukain für die Zahnchirurgie. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


10) A. Scheuer. Dolor post extractionem dentis. 
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 21.) 
Es ist bekannt, dass nach Extraktion von Zähnen bei gleich- 
zeitiger eitriger Alveolarperitonitis die Schmerzen oft noch Stunden 


880 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


lang anhalten und allen gewöhnlichen Mitteln zu trotzen pflegen. 
Gegen diese Schmerzen, die nach de Terra auf einer Alveolar- 
neuritis beruhen, behauptet S. ein nie versagendes Mittel zu besitzen. 
Er umwickelt eine Pincette mit Watte, taucht dieselbe in koncen- 
trirte flüssige Karbolsäure und wischt damit das Wurzelfach tief aus. 
Die Schmerzen sollen sofort aufhören und nicht wiederkehren. S. 
übt das Verfahren seit 5 Jahren, ohne Misserfolge zu erleben. Ein 
amerikanischer Zahnarzt, Oscar Allis in Philadelphia, berichtet 
über ähnliche günstige Erfahrungen. Jaffé (Hamburg). 


11) E. Anders. Statische und pathologische Verhältnisse 
der redressirten spondylitischen Wirbelsäule. 
iv. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

In dem 1. Theile der Arbeit behandelt Verf. die statische Frage 
und giebt eine Schilderung der Veränderungen, welche die Wirbel- 
siule besonders in den nicht von Spondylitis befallenen Theilen 
während des redressirenden Verfahrens annimmt. An beigegebenen 
Figuren sind diese Gestaltsveränderungen erläutert, welche bei Sus- 
pension oder Distraktion und Reklination auftreten. Die dazu noth- 
wendigen Messungen sind mittels eines schon bekannten Apparats 
nach des Verf. eigener Angabe angestellt. 

In dem 2. Theil schildert A. die pathologischen Verhältnisse, 
welche der Gibbus in der neuen Calot’schen Ära durchzumachen 
hat. Durch eine in dem Hospital auftretende Masernepidemie ver- 
lor er 4 nach Calot behandelte Kinder und giebt an der Hand der 
beigefügten Präparate ein anschauliches Bild dessen, was er bis zu 
3 Monaten nach dem Redressement vorfand. Er sah keinen Befund, 
den er als eine Heilungstendenz aufzufassen im Stande wäre. Un- 
günstig dagegen ist der Umstand, dass der Eiter der Spondylitis in 
die durch das Redressement entstehende klaffende Lücke eintreten 
kann. Verf. ist darum im Zweifel, ob überhaupt die ganz frischen 
Fälle für das Calot’sche Verfahren besonders geeignet wären. Er 
empfiehlt eher einen mittleren Zeitpunkt, bei dem der Process schon 
im Rückgang begriffen ist, fixirende Ankylosen dagegen noch nicht auf- 
getreten sind. Verf., der im Allgemeinen die zu enthusiastischen und 
nicht einwandsfreien Veröffentlichungen Calot’s skeptisch beurtheilt, 
sieht doch in seinem Verfahren eine bedeutende Vervollständigung der 
früher geübten Horizontallagerung durch gleichmäßig fortgesetzte Im- 
mobilisation, Reklination und Extension. Den Nachweis eines knöcher- 
nen Ersatzes für die durch das Redressement entstandene Diastase 
der Wirbelkörper sieht er nicht als erbracht an. Einen nachweis- 
baren Kongestionsabscess an der Wirbelsäule hält A. für eine Kontra- 
indikation gegen das Verfahren. Alte und ankylosirte Buckel sind 
nur dem paragibbären Redressement zugänglich, dieses soll energisch, 
aber langsam und mit vorsichtiger Dosirung von Zug und Druck ge- 
schehen. E. Siegel (Frankfurt a/M.) 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 881 


12) W. Levy. Versuche über die Resektion der Speiseröhre. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

Bei 91,5% von Kranken mit Carcinoma oesophagi konnte bisher 
wegen des tiefen Sitzes der Neubildung eine radikale Operation nicht 
in Frage kommen. Ein solcher Eingriff kann nur von Erfolg sein, 
wenn nach Querresektion des Rohres die Naht möglich ist. Da nach 
des Verf. Versuchen hierzu eine ausgedehnte Loslösung desselben 
nothwendig ist, scheint ihm die Nahtanlegung in schlecht er- 
nährtem Gewebe sehr gefährlich zu sein. Bezüglich der Pars ab- 
dominalis des Ösophagus versuchte L. nach Resektion oberhalb der 
Cardia die Wiedervereinigung der durchschnittenen Enden mittels 
Murphyknopfes, und es blieben 3 Versuchsthiere von 6 am Leben, so 
dass er den Beweis efbracht sieht, dass ein Hund am Leben bleiben 
kann, wenn seine Cardia resecirt und die Schnittfläche der Speise- 
röhre mit der Magenwunde vereinigt worden ist. Am Leben blieben 
allerdings nur die Thiere, bei denen am exstirpirten Präparat ein 
nur ganz geringer Streifen der Speiseröhre saß, so dass die Resektion 
der Cardia nur erlaubt erscheint, wenn die Grenze der Speiseröhre 
nur !/, cm ergriffen ist, wodurch der Nutzen resp. die Anwendbarkeit 
dieser Methode für den Menschen völlig illusorisch wird. L. glaubt 
daher, dass die Entfernung bösartiger Neubildungen der Speiseröhre 
in Brust- und Bauchtheil nur erfolgreich sein kann, wenn man die 
ganze Speiseröhre von der Mitte des Halstheiles bis zur Cardia 
exstirpirt, die Ernährung durch eine Magenfistel vornimmt und den 
oberen Resttheil in die Haut des Halses einnäht. 

Diese Versuche unternahm nun Verf. in der Art, dass er bei 
den Thieren nach Gastrostomie die Speiseröhre im Halstheile durch- 
schnitt und das obere Ende derselben in die Halshaut einnähte; 
das untere Speiseröhrenschnittende wurde durch einen Faden zu- 
sammengeschnürt, der zuvor mittels Schlundsonde in die Speiseröhre 
eingeführt und zur Magenfistel herausgeleitet wurde. Nun zog L. 
langsam am unteren Fadenende und konnte die umgestülpte Speise- 
röhre bis zur Cardia zur Magenfistel herausziehen. Dann ward die 
Cardia umschnürt und die Speiseröhre oberhalb der Umschnürung 
durchschnitten. Der Stumpf glitt danach wieder zurück. Leicht 
tritt durch Anreißen beider Pleuraseiten ein doppelseitiger Pneumo- 
thorax ein, den L. aber durch Verschluss der Halswunde vermeiden 
konnte. Mediastinitis postica war fast jedes Mal zu vermeiden bis 
auf einen Fall; Abgleiten der Umschnürungsschlingen am Speise- 
röhrenstumpf kam 2mal mit tödlichem Ausgang vor. Eines der 
Versuchsthiere blieb 6 Monate lang am Leben. 

L. machte nun auch Versuche an menschlichen Leichen in 
gleicher Weise; dabei gelang es ihm aber nicht, die ganze Speise- 
röhre hervorzuziehen, sondern die äußere Lüngsmuskelschicht blieb 
immer zurück. Dieser Unterschied ist in den anatomischen Ver- 
hältnissen zu suchen, welche beim Menschen anders liegen als 
beim Hunde. 


Aen 


882 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


Die Art und Weise, wie Verf. es für möglich hält, auch am 
Menschen die ganze Speiseröhre zu entfernen, scheint keine große 
Zukunft zu haben und für bösartige Neubildungen an sich ziemlich 
illusorisch zu sein. Die Operationsmethode hierfür wäre an sich 
schon eine sehr mannigfaltige: Ösophagotomie, Magenfistelbildung 
und Resektion von mindestens 6—7 Rippen. Sobald man eben doch 
von hinten her den Ösophagus frei zu legen hat, wird man ver- 
suchen müssen, einfachere Methoden durchzuführen. Die Versuche 
des Verf. sind immerhin. interessant zu nennen und recht lesens- 
werth, obschon gegenwärtig noch kein praktischer Erfolg von ihnen 
in Aussicht steht. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


13) L. Ebstein. Über Ösophagoskopie und ihre therapeutische 
Verwendbarkeit. (Laryngologische Klinik von Störk.) 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 6 u. 7.) 

Verf. beschreibt noch einmal die seit Jahren in der Störk’schen 
Klinik in Gebrauch befindlichen Instrumente und betont, dass zur 
Einführung derselben die Cocainisirung des Sinus pyriformis mit 
einer 10—20 %igen Lösung nothwendig, die Narkose zu verwerfen sei. 
Die eigentliche Speiseröhre bedarf keiner Cocainisirung. Nachdem 
die Speiseröhre bougiert worden ist, wird das Ösophagoskop bei dem 
auf einem niedrigen Schemel sitzenden Pat. eingeführt. Da das 
Einführungsende bewegliche Glieder besitzt, so ist seine Einführung 
bedeutend erleichtert, vor allen Dingen ist keine extreme Rückwärts- 
beugung nothwendig. 

Ihre ausgedehnteste praktische Verwendung findet die Ösophago- 
skopie bei der Extraktion von Fremdkörpern. Auch Fremd- 
körper, deren Umfang größer als die Lichtung des Rohres ist, lassen 
sich auf diese Weise entfernen. Die besten Erfolge erzielt die Fremd- 
körperextraktion bei Strikturen der Speiseröhre. Sehr bemerkens- 
werth war der Fall einer alten Frau, welcher ein Fleischbrocken in 
einer ziemlich tief gelegenen Striktur stecken geblieben war. Ein 
Theil des Fleischklumpens wurde mit einer schraubenartigen Metall- 
sonde entfernt, der Rest wurde durch Papayotinbepinselung erweichıt, 

Die Untersuchung von Strikturen ist jedenfalls unter Leitung des 
Ösophagoskops sicherer auszuführen, als mit der einfachen Sonden- 
untersuchung. Zur Einführung durch das Ösophagoskop muss man 
etwas steifere Instrumente gebrauchen, die durch einen eingeschlossenen 
Neusilberdraht eine größere Festigkeit erlangt haben. Zur Erweite- 
zung der Strikturen nimmt E. Laminariastifte, die mit einem be- 
sonderen Instrument ins Ösophagoskop eingeführt werden. Die näheren 
Einzelheiten des Verfahrens müssen im Original nachgelesen werden. 
Die Methode eignet sich nur für kurze Strikturen, da die längsten 
Stifte höchstens 8 cm lang sind. Bei Carcinom wurde sie niemals 
benutzt. 

Für längere Strikturen benutzt E. gespannte Drains, die auf 
besonders konstruirten Stahlstäben eingeführt werden. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 883 


Fünf Krankengeschichten erläutern die guten Wirkungen der 
genannten Verfahren. Krecke (München). 


14) Martin (Institut Pasteur, Paris). Conference practique 
sur la diphtherie. 
(Med. moderne 1898. No. 10.) 

M. hält das Serum für ganz ungefährlich. Er will in allen 
irgend wie zweifelhaften Fällen von Angina dasselbe sofort anwenden. 
Gleichzeitig soll die bakteriologische Untersuchung des Belages vor- 
genommen werden. Ist diese — was in 24 Stunden möglich — 
positiv ausgefallen, so soll auch in größerem Umfang die Wohnung 
desinficirt werden. Besonders gilt das für Spitäler. Die gesunden 
Kinder sollen durch 4%ige Borwasserwaschungen des Mundes etc. 
geschützt werden. M. glaubt, dass gerade die Komplikationen durch 
frühzeitige Serumtherapie abgewendet werden. Nicht gilt das von 
der ungemein häufig, gewöhnlich 6—7 Tage später auftretenden 
sekundären Streptokokkeninfektion. Auch hier soll lokal mit Bor- 
säure behandelt und der Darm mit Kalomel etc. fleißig entleert 
werden. M. konstatirt in beigefügten Tabellen bedeutende Besserung 
der Diphtheriemortalität in Paris durch die Serumanwendung. 

Boeing (Hamburg). 


15) Cestan. La thérapeutique des empyemes. 
Paris, &. Steinheil, 1898. 

In dem Buche von C. liegt eine außerordentlich sorgsame und 
eingehende Darstellung der im Titel bezeichneten Materie vor; außer- 
dem hat Verf. sein Thema nicht einseitig gefasst, sondern bietet, 
namentlich in der Einleitung, auch eine Schilderung der pathologisch- 
anatomischen und der hierbei in Betracht kommenden physiologischen 
und mechanischen Verhältnisse. Er macht den Versuch, die Empyeme 
nach den sie verursachenden Bakterien zu sondern und danach ihre 
klinischen Verschiedenheiten zu erklären und ihre Prognose zu be- 
sprechen. Akute und chronische Empyeme werden in ihrer Bedeutung 
und in der Art ihrer Behandlung scharf von einander getrennt. Im 
Allgemeinen empfiehlt Verf. ein rein chirurgisches Verfahren, d. h., 
wenn er auch, so z. B. bei tuberkulösen Empyemen, die Methoden der 
wiederholten Punktion eventuell verbunden mit Injektion verschiedener 
Flüssigkeit nicht ganz verwirft, oder aber, wenn er auch die Punktions- 
drainage, die er übrigens sum Theil Potain und Playfair zuschreibt, 
für manche Fälle als zulässig erachtet, so erscheint ihm doch als 
Normalverfahren die Incision mit Rippenresektion. Eine gewisse 
Schwäche des Buches liegt in dem Umstand, dass Verf. zu seinen 
Resultaten häufig scheinbar nicht durch die lebendige Fülle eigener 
Beobachtungen, sondern mehr durch das Ergebnis theoretischer 
Raisonnements gelangt. Dadurch verliert die Darstellung an Frische 
und an überzeugender Kraft; an Vollständigkeit lässt dieselbe nichts 
zu wünschen übrig. Tietze (Breslau). 


884 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


16) de Renzi. Carcinoma pleuro-polmonare. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 46.) 

Verf. hat die Diagnose eines Lungen-Brustfellcareinoms in 
12 Jahren 10mal gestellt. 8mal konnte dieselbe anatomisch bestätigt 
werden. Einen Krebs der Pleura und der Lunge kann man nicht 
unterscheiden. Da das Sarkom denselben Verlauf wie das Carcinom 
hat, so rechnet R. ersteres mit unter den klinischen Begriff des 
Lungenkrebses, Die Supraclaviculardrüsen pflegen zuerst anzu- 
schwellen beim Lungencareinom, Husten, Auswurf eines gelatinösen, 
röthlichen Sputums und pleuritische Schmerzen treten auf. Kom- 
pression des Rekurrens führt Stimmstörungen, Athembeschwerden 
und spastischen Husten herbei. Ungleichheit der Pupillen wird 
durch Sympathicuskompression bedingt. Bronchialathmen neben ab- 
geschwächtem Stimmfremitus hält Verf. für charakteristisch für eine 
Lungengeschwulst. Dreyer (Köln). 


Kleinere Mittheilungen. 


17) L. M. Bouvet. Un cas de commotion cérébrale mortelle. 
(Province méd. 1898. No. 26.) 
44jähriger Mann, Sturz von der Höhe des ersten Stocks. Unmittelbar ein- 
setzendes Koma, in welchem nach 24 Stunden der Tod eintritt. Keine Läsionen, 
weder am Schädel noch Gehirn, bei der Trepanation und auch bei der Autopsie 
nachweisbar. Herm. Frank (Berlin). 


18) E. G. Lasarew. Zur Kasuistik des pulsirenden Exophthalmus. 
(Varico-aneurysma art. carot. in sin. cavern.) 
(Chirurgia 1898. p. 103. (Russisch.)) 

Nach der Darstellung L.'s wäre sein Fall von pulsirendem Exophthalmus der 
sechste in der russischen Litteratur (bei 150 bekannten). 

Die 17jährige Pat. hatte vor 3 Jahren eines Morgens nach dem Aufstehen 
bemerkt, dass ihr rechtes Auge vorgetrieben war, pulsirte und am inneren Winkel 
einen bläulichen Hof zeigte. Das Alles war plötzlich aufgetreten, ein Stoß oder 
eine Verletsung während des Schlafes schien ausgeschlossen. Die Asymmetrie 
des Gesichts war eine sehr auffallende, der Augapfel ist nach vorn unten und 
außen gedrängt, stark erweiterte Venen liegen außen auf dem Gesicht und in der 
Übergangsfalte der Conjunctiva. So liegt es nahe, auch anzunehmen, dass auch 
die Geschwulst hinter dem Auge aus solchen geschwollenen Venen bestehen 
könnte. Nur blieb dann die Frage offen, wesswegen der Augapfel puleirte. 

In ausführlicher Weise wird die genauere Diagnose besprochen, welche eine 
Zerreißung der Carotis int. im Sinus cavernosus annehmen ließ, ein Vorgang, der 
bei ähnlichen Fällen etwa swanzigmal durch die Sektion nachgewiesen worden ist. 
Da die Kranke dringend wünschte, von ihrem Leiden befreit zu sein, wurde am 
22. August 1897 die Unterbindung der Carotis communis gemacht. In dem Augen- 
blick der Unterbindung wurde die rechte Gesichtshälfte blass, und das Augen- 
pulsiren hörte auf, aber der Exophthalmus und die erweiterten Venen blieben 
bestehen. Am Abend des Operationstages klagte die Pat. über Schmerzen in 
allen Unterkieferzähnen, und eine geringe Pulsation des Auges trat wiederum auf. 
Nach 5 Tagen wurde die Kranke mit geheilter Wunde entlassen. Eine weitere 
Besserung trat jetst nicht ein, so dass sich L. nach weiterer Überlegung ent- 
schloss, noch die stark ausgedehnte Vena ophthalmica sup. zu unterbinden. L. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 885 


glaubt der Erste gewesen zu sein, der diese Operation ausgeführt hat, wenn sie 
auch schon früher vorgeschlagen worden war. Zunächst erfolgten siemlich stür- 
misohe Zufälle, die als Gehirnerscheinungen imponirten, und erst nach etwa 14 Tagen 
trat Nachlass der bedrohlichen Symptome ein. Durch die zweite Operation 
schwanden aber Pulsation, Exophthalmus, und die erweiterten Gesichtsvenen fielen 
zusammen, so dass Pat. vollständig geheilt wurde. Zwei Bilder veranschaulichen 
den großen Unterschied in dem Aussehen der Kranken vor und nach der Operation. 
E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


19) Crouzillac. Amygdalite linguale phlegmoneuse. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 13.) 

Der Fall betraf einen 77jährigen Mann und verlief zuerst unter dem Bild einer 
einfachen katarrhalischen Entzündung der Zungentonsille; im weiteren Verlauf 
traten dann die schweren Erscheinungen der phlegmonösen Erkrankung auf, unter 
welchen sich besonders die Dysarthrie bemerklich machte. Nach Eröffnung des 
Abscesses trat rasche Heilung ein. Teichmann (Berlin). 


20) A. Hartmann. Die Operation adenoider Wucherungen unter 
direkter Besichtigung mit gerader Zange. 
(Ärstliche Polytechnik 1898. April.) 
Obige Zange ist gefenstert und schneidet nur im oberen und oberen hinteren 


Theil. Das Operationsfeld wird unter Cooain durch Heben des Gaumensegels 
vollkommen sichtbar gemacht. N E. Fischer (Straßburg i/E.). 


21) F. Lauffs. Prolapsus ani, geschwunden sofort nach operativer 
Entfernung von adenoiden Vegetationen des Nasen-Rachenraums. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.) 

Der im Titel bezeichnete Erfolg der Operation war um so erwünschter, je 
unerwarteter er eintrat. Für die Möglichkeit eines Zusammenhangs von Störungen 
der Darmthätigkeit mit nasalen Athemhindernissen führt Verf. noch 2 andere Bei- 
spiele an. Teichmann (Berlin). 


22) Schanz. Bemerkungen zur Calot’schen Buckeloperation. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 24.) 

S. hatte Gelegenheit, einige Mal das Calot’sche Verfahren auszuführen. 

In dem 1. Falle, welcher einen 5jährigen Knaben betraf, wendete 8. keinen 
Brust und Bauch umfassenden Gipsverband an, sondern er verfertigte ein Gipsbett 
und wickelte den Pat. fest in dieses hinein; diese Abweichung schadet bei Rücken- 
lage des Pat. nichts. 

In der Folge besserte sich eine vorher vorhandene Kontrakturstellung der 
linken Hüfte auffallend, und eben so wurde der Psoasabscess, der bestand, 
zusehends kleiner. Als in der 2. Woche eine leichte Temperatursteigerung ent- 
stand und der Verband gewechselt wurde, fand sich auf dem Rücken ein großer, 
nahesu in Perforation begriffener Abscess. Auf der Höhe des Buckels war ein 
kleiner Decubitus. Nach Entleerung der Abscesse heilten die Wunden bis auf 
kleine Reste, das Fieber ließ nach, und der Psoasabscess stellte sich allmählich 
wieder her. 

Der Erfolg war schließlich der, dass der Buckel sich zu einem siemlich 
großen Theil wieder herstellte. 

Auch in einem 2. Falle (2jähriges Kind) war der Erfolg nur gering. 

Bei einem 3. 6jährigen, mit sehr starkem Buckel behafteten Pat. hofft 8. 
ein günstigeres Endresultat der noch nicht abgeschlossenen Behandlung zu erzielen. 

BR. Wagner (Mülheim. a, d R.). 


886 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


23) Jonnesco. La reduction brusque des gibbosités pottiques. 
(Arch. des sciences méd. 1898. No. 1 u. 2.) 

Die Priorität gebührt Chipault. Es sind 13 Fälle in Behandlung gekommen 
mit 3 (!) Todesfällen: 1 an Chloroform, 1 nach 48 Stunden an unbekannter Ur- 
sache, 1 nach 8 Tagen an Bronchopneumonie. Dies hält, eben so wie der Umstand, 
dass als Resultat nur die Beobachtungen bei 3 ersten Verbandwechseln angeführt 
werden können, J. nicht ab, für diese ausgezeichnete (!) Operation sehr warm ein- 
zutreten. Dieselbe ist in einer Sitsung mit Eindrücken des Buckels su machen. 
Der Zug mit den Händen ist durch maschinellen an dem Kopf und am Becken 
angreifenden zu ersetsen, der 45—50 kg betragen soll und nur bei alten Buckeln 
bis 80 kg steigt. 

J. hat einen Tisch konstruirt mit 2 Unterstützungspunkten, von denen der am 
Becken anliegende je nach der Größe der Kranken verstellbar ist. Die Art der 
Technik wird durch mehrere Photographien veranschaulicht. Chloroform wird nur 
im Anfang gegeben. J. legt nur eine einfache Lage Flanell unter, die er am 
Magen und am Kopf mit einer Schicht Watte bedeckt. Borchard (Posen). 


24) N. Huhn. Ein Apparat zur Streckung und Ausgleich des 
Buckels. 
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

H. beschreibt einen Apparat, der ihm bei der Anwendung des modificirten 
Calot’schen Verfahrens eine Anzahl Assistenten erspart. Es wird vor An- 
wendung des Apparates schon ein Gipsverband um den Kopf angelegt. Die ganze 
übrige Verbandanlegung vollsieht sich an dem Apparat, dessen Beschreibung hier 
su weit führen würde. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


25) Cavicchia. La chirurgia spinale nelle lesioni traumatiche. 
(Giorn. med. del R. esercito 1898. Mai.) 

Verf. hat folgendes Verfahren gur Eröffnung des Wirbelkanals auf experimen- 
tellem Wege ausgearbeitet: 14—16 cm langer Schnitt längs der Dornfortsätze 
durch die Haut, darauf 1—11/, om seitlich auf beiden Seiten Schnitt durch die Mus- 
kulatur. Die Dornfortsätze werden mitsammt der Muskulatur durch eine Knochen- 
zange gefasst und entfernt. Der so gebildete Muskel-Knochenlappen wird sur 
Seite gezogen und der Wirbelkanal nach Chipault mit dem Hohlmeißel eröffnet. 
Am leichtesten gelingt die Operation in der Sacral-, Dorsolumbal- und Dorsal- 
gegend. Die Thiere vertrugen die Operation meist gut. Die Blutung wurde durch 
Tamponade gestillt. — Auch ein Kranker ist auf der Abtheilung von Prof. Du- 
rante in der angegebenen Weise operirt. Dreyer (Köln). 


26) F. Völcker. Beitrag zur Kenntnis der tiefen Lipome des Halses. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft 1.) 

V. erörtert einen Fall von subfascialem, ossifieirendem Lipom der vorderen 
Halsseite bei einem 14jäbrigen Mädchen. Dasselbe war über kindskopfgroß und 
hing mittels eines derben, knöchernen Stiels mit dem rechten Processus transversus 
des 5. Halswirbels zusammen. Von diesem Stiel strahlten knochenhaltige Binde- 
gewebszüge fächerförmig in die Geschwulst aus. Die Neubildung ist nach Verf.s 
Ansieht von einer rudimentären Halsrippe (dem Stiel der Geschwulst) ausgegangen. 
Trots der tiefen Lage der Geschwulst gelang die völlige Exstirpation derselben. 

Honsell (Tübingen). 


27) Lenz und Lüscher (Bern). Eine Beobachtung von Pyocyaneus- 
Strumitis. _ 
(Korrespondensblatt für schweizer Arste 1898. No. 5.) 
Bei einer 38jährigen Frau stellte sioh 2 Tage nach Ablauf einer rechtsseitigen 
Pneumonie remittirendes Fieber, nach 2 Wochen Schmers und noch später Schwel- 
lung in ihrem kleinen rschtsseitigen Kropf ein. Da trotz Eisapplikation die Ge- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34e 887 


sehwulst später Fluktuation zeigte, so wurde der Abscess mit dem Paquelin er- 
öffnet. Der grünliche Eiter enthielt einen Bacillus pyocyaneus, der in morpho- 
logischer und biologischer Hinsicht kleine Differenzen gegenüber den 4 bekannten 
Pyoeyaneusvarietäten zeigte. Die Verfl. nehmen eine hämatogene Infektion an 
und suchen den Grund für das Vorkommen der an sich seltenen Entsündung der 
Schilddrüse in Kropfgegenden in einer lokalen Disposition, in anatomischen 
Gewebsveränderungen, speeiell in regressiven Metamorphosen. 
P. Stelper (Breslau). 


28) Lauin. Fall von Cyste einer Nebenschilddrüse. 
(Chirurgie 1898. p. 60. [Russisch.)) 

L. berichtet über die Ausschälung einer Cyste, die am Zungenbein festsaß. 
Die Geschwulst hatte sich seit 6 Jahren entwickelt und musste nach der mikro- 
skopischen Untersuchung (Dr. Lunz) als eine adenomatöse Entartung einer Neben- 
schilddrüse aufgefasst werden. E. Braats (Königsberg i/Pr.). 


29) F. Hofmeister. Aberrirte Struma unter der Brusthaut. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XX. Hft. 3. Mit 2 Abbildungen.) 

Verf. beschreibt einen seiner Lokalisation nach wohl atleinstehenden Fall von 
subkutanem, eystischem Nebenkropf unter der Brusthaut. Derselbe war mit dem 
linksseitigen Hauptkropf durch einen schmalen Strang verbunden, gehörte also in 
die Kategorie der »falschen Nebenkröpfe« nach Wölfler. Es handelte sich wohl 
um einen Fortsatz des Hauptkropfes, der die Halsmuskulatur durchbrach und dann 
subkutan nach der Brust hin wuchs, um später cystisch zu degeneriren. Die mehr 
als 1 Liter Flüsafgkeit haltende Cyste wurde 2mal punktirt und mit Jodoformöl 
injieirt. Diese Behandlung brachte sie fast völlig zur Rückbildung, während der 
in gleicher Weise behandelte, ebenfalls cystische Hauptkropf, dessen Wand aber 
schon theilweise verkalkt war, sich rasch wieder füllte. 

de Querrain (Chaux-de-Fonds). 


30) Cerkez et Juvara. Nouvel exemple d’extirpation double du sym- 


pathique cervical. 
(Atoh. des sciences méd. 1898. No. 1 u. 2.) 

21jährige Pat. mit großem Kropf und stark ausgeprägten nervösen Erschei- 
utmgen. Exophthalmus und Tachykardie fehlten. Es wurde der Sympathicus 
beiderseits in seiner ganzen Länge resecirt und eine bedeutende Besserung da- 
durch erzielt. Der Kropf wurde um mehr als ein Drittel kleiner, die nervösen 
Symptome schwanden. 

Welches der Operationsverfahren, ob eine einfache Durchschneidung, ob Re- 
sektion des Sympathious von 3—10 cm das richtige ist, muss erst die Zukunft 
entscheiden, da Recidive sowohl nach der einfachen Durchschneidung, wie nach 
der vollständigen Resektion beobachtet sind. Borehard (Posen). 


31) M. Durand. Re£section partielle du sympathique cervical dans 
un cas de goitre exophthalmique. ` Disparition de l’agitation, des 
tremblements et de la tachycardie. 

(Province méd. 1898. No. 23.) 

69jähriger Konditor, Kropf seit 23 Jahren. Beit 2 Jahren unerträgliche Un- 
ruhe, welche jeden Schlaf und jede Arbeit stört. Hände zittern, 100—130 Puls- 
sehläge, Herstöne und -Umfang normal. Im Gegensats sum Titel wird in der 
Beschreibung des Pat. vor der Operation merkwürdigerweise angegeben: »Kein 
deutlicher Exophthalmus, vielleicht sind die Augen ein wenig dick, man kann 
nicht sagen, dass dies Aussehen wirklieh pathologisch ist. Seitens der Augen 
keine merkliche Störung, kein subjektives Phänomen, leichtes Lidsittern bei 
Schluss der Lider, kein Strabismus, kein Nystagmus, keine Lähmung; Pupillen 
reagirem normal auf Licht und Aceomodation. Mit einem Wort, der Augsaapparat 
ist intakte. Die Operation besteht in der Resektion der unteren Hälfte der 


888 » Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


oberen Ganglien und des Verbindungsstranges des Sympathicus mit dem mittleren 
auf beiden Seiten mit unmittelbarer Reaktion des Pulses, welcher von 120 auf 
86 und 78 Schläge zurückgeht. Nach einigen Tagen steigt die Pulsfrequenz 
wieder auf die alte Höhe, die Unruhe und Schlaflosigkeit kehren wieder 
zurück, und Pat. machte den Eindruck, als ob der alte Zustand fortbestände. 
Erst nach einigen Monaten trat volles subjektives Wohlbefinden ein, volle Arbeits- 
fähigkeit und Beruhigung, welche nach 9 Monaten konstatirt wird. Zu dieser 
Zeit Augenphänomene im Allgemeinen normal, geringe Myosis, leichte Retraktion 
des rechten Auges, sympathische Ptosis, leichte vasomotorische Erregbarkeit 
der Haut und vielleicht der Schleimhäute. Keine deutliche Tachykardie (Puls 
nicht angegeben!). Herm. Frank (Berlin). 


32) D. J. Wolfstein (Cincinnati). Infantile myxoedema. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. März.) 

H. theilt ein klassisches Beispiel der Heilung eines Myxödems des Kindes- 
alters mit. Es handelt sich um ein Kind von Ais Jahren, das als ausgesprochener 
Kretin in seine Behandlung kam. Thyreoidin wurde in Form von Tabletten ver- 
abreicht. Bei einer anfänglichen Dosis von 3 Tabletten pro die waren geradezu 
alarmirende Veränderungen zu verzeichnen; das Gewicht fiel von 191/; auf 
131/2 Pfund innerhalb von 2 Wochen; die fest infiltrirte Haut verlor zusehends 
ihre Konsistenz, das Ödem wurde buchstäblich eingeschmolzen; seit Jahren be- 
deckte sich der Körper zum ersten Mal mit Schweiß. Die Dosis wurde vermindert 
und damit ein glänzender Erfolg erzielt, der in folgenden Angaben zum Ausdruck 
kommt: 

Alter: Ais Jahr 51/4 Jahr 53/4 Jahr 
Körpergewicht 191/, Pfund 26t/2 Pfund 341/2 Pfund 
Körperlänge 271/2 Zoll 301/2 Zoll 341/3 Zoll 
Durchschnittskörperlänge 40 Zoll _ 43 Zoll 
Rothe Blutkörperchen 2000 000 2 800 000 3 100 000 
Hämoglobin 55% 70% 80%. 
Hand in Hand mit der körperlichen Entwicklung ging die geistige. 
3 Abbildungen bestätigen den Fortschritt der Heilung in markanter Weise. 
W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


33) L. Weber. Ein Fall von Sklerodermie erfolgreich behandelt mit 
Extractum thyreoideae. 
(New Yorker med. Monatsschrift 1897. Oktober.) 

Der vorliegende Fall betraf eine 33jährige Frau, welche vor 3 Jahren be- 
merkte, dass einige Hautstellen an der rechten Seite des Halses, Nackens und 
Armes hart und steif, und dass diese Partien allmählich größer und bretthart 
wurden. Später traten bandartige, weiße Streifen an der Beugeseite des Vorder- 
arms hinzu, welche narbenartig waren und den Gebrauch des Armes etwas be- 
hinderten. Die Erkrankung war über den größten Theil des Arms, der Schulter, 
des Nackens und der oberen Hälfte der Brust ausgebreitet, ohne die Mittellinie 
zu überschreiten. Auch im Gesicht waren einige Stellen rechts vorhanden. Die 
Hautfarbe war erhalten, die Funktion etwas behindert, die Muskeln nicht atro- 
phisch, das Empfindungsvermögen unverändert. Verf. zählt seinen Fall zu der 
Selerodermie en plaques. Daneben bestand eine leichte Intermittens, rheumatische 
Kniegelenksschwellung und Gliederschmerzen. Beide Krankheiten gingen auf 
Chinin bezw. Salol zurück, während die Hautaffektion unverändert blieb. Dies 
spricht gegen die Ansicht Philippson’s (Deutsche med. Wochenschrift 1897 
No. 33), dass akuter oder subakuter Gelenkrheumatismus eine ätiologische Rolle 
bei der Sklerodermie spiele. — Eine Arsenikkur hatte gar keinen Einfluss auf 
die Hauterkrankung. Erst die Darreichung der Thyreoidintabletten su 0,3 von 
Bourroughs and Welcome, 3—4 pro die, brachte die Krankheit sur schein- 
baren Heilung. Die Kranke hatte im Ganzen 500 Tabletten genommen. Ein 
halbes Jahr später traten Recidive an einzelnen kleinen Stellen auf, welche nach 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 889 


einer neuen Thyreoidinkur auch schwanden. Seitdem nimut die Kranke täglich 
eine Tablette und ist von allen Beschwerden dauernd befreit. 
Tschmarke (Magdeburg). 


34) J. J. Grekow. Zur Unterbindung der Vena jugularis communis. 
(Bolnitschn. Gaseta Botkina 1897. [Russisch.]) 

In 2 Fällen wurde die genannte Vene unterbunden: bei einer Kropfkranken 
(Cystoadenoma papillare) und bei Lymphosarcoma colli. In beiden Fällen stellte 
sich Schwindel ein, der nach 1—2 Tagen wich, eben so Cyanose des Gesichts und 
Ödem des Gesichts und Halses; letzteres schwand erst 7—10 Tage nach der Ope- 
ration. — Beide Pat. standen im mittleren Alter. 

@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


35) Gorski. Seltener Fall von Ösophagotomie zur Extraktion eines 
Fremdkörpers. (Aus dem städtischen Hospital in Odessa.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 25.) 

Ein 6 Jahre altes Mädchen hatte, mit seinem Bruder spielend, einen Angel- 
haken spaßeshalber verschluckt. Der Haken hing an einem Draht, der mit einer 
Schnur vereinigt war. Es trat starke Schwellung, besonders an der linken Halsseite 
auf mit Röthung der Haut und Symptomen von Kehlkopfstenose, welche die Tra- 
eheotomie nothwendig machten. Alsdann wurde zur linksseitigen Ösophagotomie 
am inneren Rande des Kopfnickers geschritten, wobei unter dem unteren Bande 
des Sohildknorpels die scharfe Spitse des Hakens gefunden wurde, welcher die 
Wand der Speiseröhre durchbohrt hatte und in der Bindesubstanz neben den 
großen Gefäßen herausragte. Die Extraktion war, weil der Haken doppelt war, 
schwierig und erst nach beträchtlicher Verlängerung der Speiseröhrenwunde mög- 
lich. Wegen der bestehenden Infektion nähte G. die Wunde nicht, sondern tam- 
ponirte. Die Heilung verlief ausgeseichnet. R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


36) J. H. McCollom. A clinical study of eight hundred cases of 
diphtheria at the South Department of the Boston City Hospital. 
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital. Ninth series. Boston 1898.) 

In vorliegender Arbeit giebt Verf. eine Statistik von 800 Diphtheriefällen. 

16% von den Kranken waren über 15 Jahre alt. Die größte Sterblichkeit bestand 

bei den Kindern unter 1 Jahr (45%); insgesammt betrug sie 15,1%. 373 Kranke 

waren männlichen, 427 weiblichen Geschlechts mit 19,67 bezw. 11,24% Mortalität. 

Für die Fälle von Kehlkopfstenose wurde die Intubation bevorzugt (79 Fälle mit 

46,8% Heilung). Die Überlegenheit der Intubation über die Tracheotomie folgert 

MoC. aus Vergleichung mit einer Tracheotomiestatistik bis zum Jahre 1887 (!) 

(327 Fälle mit nur 29,05% Heilung). Der Einfluss der Serumtherapie wird dabei 

außer Acht gelassen. Seine 800 Fälle sind sämmtlich mit Antitoxin behandelt 

worden. In der Regel wurden 1000 Einheiten eingespritzt, die Einspritsungen 
gelegentlich bis zu 4mal wiederholt. Verf. weist auf die Unschädlichkeit des 

Serums hin, in 2772 Fällen sei keine weitere Störung (gelegentlich Urticaria oder 

Gelenkschmerzen) aufgetreten. Bei diesen 2772 mit Heilserum behandelten Fällen 

betrug die Mortalität 13,9 oder nach Ausschluss der moribunden Fälle nur 10,8%. 

In den Schlusssätzen betont Verf. die in der Regel bei Diphtherie bestehende 

Pulsbeschleunigung, das Fehlen einer besonders hohen Temperatur, die Überlegen- 

heit der Intubation, die häufige Albuminurie, die sehr wesentliche Herabsetzung 

der Sterblichkeit durch das Heilserum. Einzelheiten mögen in der mit vielen 

"Tabellen und Kurven versehenen Arbeit nachgesehen werden. 

Martens (Berlin). 


37) C. M. Hibbard. Heart complications in diphtheria. 
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 1898.) 
An den 800 Diphtheriefällen im South Department of the Boston City 
Hospital studirte H. die Komplikationen von Seiten des Hersens. Er kommt zu 
folgenden Schlüssen : 


890 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


Eine plötzliche Pulsbeschleunigung bei Diphtherie ist bedenklich, eine solche 
über 150 deutet in der Regel auf einen tödlichen Ausgang hin. Langsamer Puls 
— 60 bei jungen Kindern — ist oft ein Zeichen von schwerer Herzstörung. Un- 
regelmäßiger Puls findet sich ungefähr bei 10% der Diphtheriefälle und weist ge- 
wöhnlich auf Herzkomplikationen hin. Eben so oft hört man ein systolisches 
Geräusch an der Herzspitze. Galopprhythmus ist von sehr übler Bedeutung. 
Nach 4 Wochen sind Herzaffektionen kaum noch zu befürchten. Allen Diph- 
theriekranken mit Pulsbeschleunigung oder -Verlangsamung, unregelmäßigem oder 
kleinem Puls, Neigung zum Erbrechen oder Lähmungen ist absolute Bettruhe zu 
verordnen. Bei den tödlichen Fällen zeigte der Vagus stets Degenerations- 
erscheinungen; das Gewicht des Hersens war vermehrt. Der Tod erfolgte in der 
Regel durch Herzthromben, Erweiterung oder Lähmung höchst wahrscheinlich in 
Folge von Toxinwirkung. Martens (Berlin). 


38) J. J. Thomas. Acute degenerations of the nervous system in 
diphtheria. 
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 1898.) 

Verf. hat das große Diphtheriematerial benutzt, um eine Reihe von Fällen 
auf Degenerationserscheinungen des Nervensystems und Herzens zu untersuchen. 
Er fand eine deutliche parenchymatöse Degeneration der peripherischen Nerven 
zuweilen mit interstitiellen Processen, Hyperämie und Blutungen, ferner akute diffuse 
parenchymatöse Degenerationen von Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark, 
keine oder nur geringe Veränderungen in den Nervenzellen, akute parenchymatöse 
und interstitielle Veränderungen in den Muskeln, speciell im Herzen, dann ge- 
legentlich Hyperämie, Infiltration oder Blutung im Gehirn oder Rückenmark. Die 
plötzlichen Todesfälle bei Diphtherie durch Herzinsufficiensg beruhten wahrschein- 
lich auf toxischer Einwirkung auf die Hersnerven. Martens (Berlin). 


39) R. M. Pearce. The general infections and complications of 
diphtheria and scarlet fever. A bacteriological study of one hundred 
and fifty-seven cases. 

(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 1898.) 

Verf. theilt die 157 bakteriologisch untersuchten Fälle nach ihrer klinischen 
Diagnose in 3 Gruppen: 1) Diphtherie (94 Fälle), 2) Diphtherie, komplieirt mit 
anderen Infektionskrankheiten, und zwar mit Scharlach (29), mit Masern (11) und 
mit Masern und Scharlach (5 Fälle), schließlich 3) Scharlach (17 Fälle, wovon 
3 mit Masern komplicirt). Die einzelnen bakteriologischen Befunde, die sich 
auf Vorhandensein von Diphtheriebacillen, Strepto-, Staphylo- und Pneumokokken 
bezogen, mitzutheilen, würde zu weit führen. Erwähnt sei nur, dass Diphtherie- 
bacillen u. A. in den Auflagerungen bei ulceröser Endokarditis, bei Mittelohr- 
und Highmorshöhlenentzündungen, in Sinusthromben, Drüsen- und Lungenabscessen 
gefunden wurden. Martens (Berlin). 


40) G. Suttle (Detroit). The possibilities of antitoxin in diphtheria. 
(St. Louis med. and surg. journ. 1598. Mai.) 

In der Stadt Detroit wurde den Armen das Diphtherieheilserum kostenlos 
verabfolgt, gleichgültig, ob die Kranken in den städtischen Krankenhäusern oder 
in ihren Wohnungen behandelt wurden. Dies geschah erst, nachdem im Harper- 
Hospital bei den mit Serum behandelten Diphtheriekranken die Sterblichkeit zu- 
nächst 1894 auf 9,1%, dann 1895 auf 4,1% herabgesetzt worden war; die Tracheo- 
tomirten genasen sämmtlich. Ja 1896 wurden im Hospital 112 Diphtheriekranke 
mit 1,8% Sterblichkeit behandelt, wenn man die 3 Kranken abzieht, welche schon 
sterbend in das Krankenhaus gebracht worden waren. 

Dem gegenüber sind die Verhältnisse in den Behausungen namentlich der 
ärmeren Bevölkerung doch entschieden sehr viel weniger günstig. In der Stadt 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 891 


{einschließlich der Krankenhäuser) wurden vom 1. Mai 1896 bis 28. Februar 1697 
behandelt mit Antitoxin 374 Fälle, Sterblichkeit 12,56%, ohne Antitoxin 467 Fälle, 
Sterblichkeit 34,90%; vom 1. März bis zum December 1897 mit Antitoxin 305, 
Sterblichkeit 10,49%, ohne Antitoxin 632, Sterblichkeit 30,39%. Durch Ver- 
besserung der Wohnungshygiene und ausgedehntere Hospitalbehandlung dürfte 
sich hiernach noch eine erhebliche Herabsetzung der Sterblichkeit an Diphtherie 
erreichen lassen. 

Hinzugefügt sei noch, dass nach Verf. sich das in Amerika dargestellte Heil- 
serum der Firma Parke, Davis & Co. sich dem Originalpräparat Behring’s 
völlig gleichwerthig gezeigt hat. Ja, S. glaubt sogar, dass es örtlich noch weniger 
unangenehme Folgen und eine noch bessere Wirkung auf den Process selbst ge- 
habt habe, als das Behring’sche. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


41) Winkler. Über eine seltene Kehldeckelgeschwulst und die durch 
sie verursachten Störungen. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1897. No. 48.) 

Es handelte sich um eine als Lymphangiom angesprochene bedeutende Ge- 
schwulst der Epiglottis, welche sich bei einem 25jährigen Matrosen entwickelt 
hatte. Dieselbe wurde unter Leitung des Kehlkopfspiegels in mehreren Sitzungen 
entfernt. Es trat kein Recidiv ein. 

Charakteristisch waren bei dem Pat. Störungen der Sprache und Schling- 
beschwerden gewesen, was W. auf eine Lahmlegung der Thätigkeit der Levatores 
pharyngis und auch das Hineinhängen der Geschwulst in die Sinus piriformes 
zurückführt. R. Wagner (Mülheim a. d R.). 


42) 8. v. Stein und A. Juschzenkoff. Ein Fall von cystenförmig 
degenerirten Neubildungen, welche die beiden wahren Stimmbänder 
umschlossen. 
ı(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 2.) 

Bei einer 58jährigen Frau, welche seit 8 Jahren an Heiserkeit, nach dem Ohr 
ausstrahlenden Schmerzen und Anfällen von Athemnoth litt, zeigten sich an Stelle 
der Stimmbänder 2 länglich-ovale Körper von bläulich-sohmutziger Farbe und 
weicher, elastischer Konsistenz. Nach Entfernung einiger Stückchen aus diesem 
Gewebe traten die Stimmbänder frei hervor, und die Stimme wurde laut. Nach 
2 Tagen zeigte sich deutlich, dass an jedem Stimmband 2 läppchenförmige Reste 
der Blasen hingen, je einer auf der Ober- und Unterfläche. Nach Entfernung 
dieser Reste blieb zwar die Stimme rauh, die Neubildungen waren aber nach 
2Jahren noch nicht wiedergekehrt. Mikroskopisch zeigten die entfernten Gewebs-" 
stückehen einen myzomatösen Bau. Teichmann (Berlin). 


43) T. C. Railton. Multiple papillomata of the larynx in young 
children treated by tracheotomy only. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 19.) 

Wegen der schlechten Erfolge, die durch Thyreotomie und endolaryngeale 
Eingriffe bei Kindern erzielt werden, hat R. in 2 Fällen von multiplen Papillomen 
des Kehlkopfs (Diagnose mit Kehlkopfspiegel) die einfache Tracheotomie versucht 
und bei den 3- bezw. 4jährigen Kindern nach Tragen der Kanüle 45 bezw. 25 Mo- 
nate hindurch spontanen Schwund der Papillome und völlige Heilung erreicht. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


44) E. Barth. Zur Kasuistik des Übergangs gutartiger Kehlkopf- 
geschwülste in bösartige. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VII. Hft. 2 u. 3.) 


Mittheilung eines Falles von Kehlkopfneubildung mit einer nachweislich 
23jährigen Krankheitsdauer, in welchem die Krankheit mit polypösen Neubildungen 


892 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


begann, die pathologisch-anatomische Untersuchung nach 23 Jahren neben papil- 
lären Fibromen ein Carcinoma simplex ergab. Im Anfang endolaryngeale Behand- 
lung, dann Jahre hindurch trotz ununterbrochener Heiserkeit und zunehmender 
Athemnoth keine Behandlung, sum Schluss Tracheotomie. Am Präparat zeigte 
sich keine scharfe Grense zwischen der gutartigen und bösartigen Neubildung. 
Teichmann (Berlin). 


45) M. Vogler. Beitrag zur Kenntnis der traumatischen Lungen- 
hernien. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 6.) 

Nachdem Verf. in Anlehnung an die Arbeit von Morel-Lavall&e das Wesen 
und die Eintheilung der Lungenhernien, ihre Atiologie eto. besprochen hat, kommt 
er zu seinem Fall: S., Müller, 48 Jahre, bisher gesund, erleidet am 29. Mai 1893 
eine schwere Quetschung der Brust durch eine Steinplatte, ein darin befindlicher 
Sehraubenkopf trifft ihn besonders. Fract. cost. III mit folgender Pneumonie und 
Pleuritis. Am 12. Juli 1893 Wiederaufnahme der Arbeit. Die an der Ansatzstelle 
des Rippenknorpels befindliche Bruchstelle konsolidirt sich unter dem Einfluss des 
andauernden Hustens nicht. Bald bemerkt Pat. beim Husten oder bei schwerer 
Arbeit Hervortreten einer Geschwulst, die bei ruhigem Verhalten wieder zurück- 
tritt. Es stellen sich allmählich chronischer Katarrh, zeitweilig blutiger Auswurf, 
Schmerzen ein. Befund am 5. Märs 1898. Nirgends Dämpfung. Zahlreiche groß- 
und mittelblasige Rasselgeräusche über der ganzen Lunge, verlängertes Exspirium. 
Rippenbruch nicht konsolidirt. "Außeres Bruchstück nach unten verlagert, Lücke 
in der Interkostalmuskulatur. Pleura wahrscheinlich intakt. Über dieser Stelle 
bei Anhalten des Athems in Exspirationsstellung leichte ovale Erhebung, die bei 
kräftigem Pressen unter starkem Hustenreis sum Volumen einer großen Manns- 
faust anschwillt. Reposition erfolgt bei normaler Athmung spontan. Zeitweilig 
auch Einklemmung der geblähten Lunge, dann manuelle Reposition bei erhobenem 
Arm. Manchmal über der Hernie bei Exspiration vesikuläres Knistern zu hören 
und zu fühlen. Therapie bisher Bruchband, ohne jeden Erfolg, Pat. legt es selbst 
ab. Pat. bekommt jetzt ein völliges Stoffkorsett sur Fixirung der federnden Pe- 
lotte. Verf. denkt auch an operativen Verschluss durch Periost-Knochenlappen, 
vielleicht vom Brustbein. Erwerbseinbuße zur Zeit abgeschätzt auf 40%. 

Teubner (Hannover). 


46) Karewski. Beitrag zur Lehre von der Aktinomykose der Lunge 
und des Thorax. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15—17.) 

K. unterscheidet bezüglich der Aktinomykose der Lunge ein latentes Stadium, 
in welchem der Strahlenpilz ausschließlich innerhalb der Lunge sein Zerstörungs- 
werk verrichtet, ein florides, mit Durchbruch auf die Oberfläche der Lunge und 
Übergreifen auf die Brustwand, und ein chronisches, in welchem der Durchbruch 
nach außen, in die Bauchhöhle stattfindet, und es zur Entwicklung von Metastasen 
kommt. Von einem therapeutischen Eingriff kann nur in den beiden ersten Stadien 
die Rede sein, vorausgesetzt, dass zu dieser Zeit die richtige Diagnose gestellt wurde. 
K. theilt nun die Krankengeschichte eines Pat., der seit 4 Monaten lungenleidend 
ist, bei dem sich unter Erscheinungen einer chronischen Lungenentzündung eine 
auffallend starke Retraktion der rechten Thoraxwand und zugleich eine aus harten 
und weichen Partien bestehende Geschwulst in der Achselhöhle entwickelt hatte, 
deren Probepunktion die Diagnose » Aktinomykose« feststellte. K. resecirte die 
3., 4, 5., 6. und 7. Rippe in großer Ausdehnung und entfernte das erkrankte 
Lungengewebe mit dem Paquelin, so dass ein faustgroßer Substanzverlust in der 
Lunge resultirte. 

Aus dem Befund bei der Entlassung des Pat. sei eine starke Abflachung der 
rechten Schulter- und Halsgegend hervorgehoben, so wie Beschränkung der Be- 
weglichkeit des rechten Armes und das Bestehen einer Lungenfistel. Pat. verließ 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 893 


das Hospital bei bestem Wohlbefinden, in gutem Ernährungssustand mit einer 
Körpergewichtszunahme von 5 kg. Aktinomyceskörnchen wurden im Fistelsekret 
nicht mehr nachgewiesen. K. sieht in der radikalen Entfernung des kranken Ge- 
webes im Gesunden die einsige Methode, welche Aussicht auf dauernden Erfolg 
giebt. Gold (Bielitz). 


47) Briese. Ein Fall von metastasirendem Lungenendotheliom. 
(Festschrift der Braunschweiger Ärste zur 69. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Ärzte 1897.) 

Braunschweig, Harald Bruhn, 1897. 

Ein 46jähriger Mann bekam im Anschluss an Influensa dauernd viel Husten, 
Auswurf und Seitenstechen; dabei magerte er schnell ab. Einige Wochen vor 
seinem Tode entstanden in der Haut des Bauches und der unteren Extremitäten 
verschiedene haselnuss- bis hühnereigroße, flache, fluktuirende Anschwellungen, 
welche nach Incision eine fadenziehende, helle Flüssigkeit entleerten. Abgesehen 
von Abschwächung des Athemgeräuschs über der linken Lunge, Aufhebung des 
Stimmfremitus und Dämpfung über der linken Lungenspitze, keine Abnormitäten 
an den Brustorganen; Auswurf zähe, geballt, enthält neben verschiedenen Bacillen 
und Eiterkörperchen Alveolarepithelien und elastische Fasern. — Die Sektion 
ergab Schrumpfung der linken Lungenspitse und faustgroße, mit käsigen Massen 
gefüllte Höhlen im Oberlappen, deren Wandung unregelmäßig zackig vorspringend 
und hart ist; Lunge, mit den Rippen verwachsen, in eine graue bröcklige Masse 
verwandelt; Unterlappen bläulich verfärbt, hart. Die fluktuirenden Knoten sind 
eystische Gebilde mit fester, weißlicher Wand. In der Leber, der rechten Niere 
und im linken Psoas ebenfalls Metastasen; der letzte Lendenwirbel und die beiden 
untersten Brustwirbel sind völlig morsch und serstört. Die mikroskopische Unter- 
suchung ergab, dass es sich um ein Endotheliom handelte, das von den Saftspalten 
des Bindegewebes ausgegangen war. Typisch dafür war die Anordnung der 
plumpen dicken Zellen su strangartigen Gebilden. Tsohmarke (Magdeburg). 


48) Arnozan (Bordeaux). Des indications et des effets thérapeutiques 
du suc pulmonaire. 
(Revue internat. de th&rapeut. et pharmacol. 1898. No. 5.) 

Verf. empfiehlt den Lungensaft (10 ccm pro die, Glycerinextrakt hergestellt 
von Prof. Ferré) bei chronischer Eiterung in der Umgebung der Lunge, die mit 
der Außenwelt, sei es durch den Bronchus, sei es durch eine Fistel, kommunieirt, 
die nicht tuberkulös ist und bei Gelenkveränderungen, die von Marie unter dem 
Namen »Osteo-arthropathies hypertrophicales pneumiques« beschrieben sind. 

Borchard (Posen). 


49) O. Henssen. Ein doppelseitiger traumatischer Chylothorax. (Aus 
dem Knappschaftselazarett Sulzbach, Kr. Saarbrücken.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 20.) 

Der chylöse Erguss war suergt rechterseits aufgetreten und wurde hier am 
5. Tage nach der sehr schweren Gewalteinwirkung auf Brust und Rücken durch 
Punktion festgestellt. 2 Tage später war auch ein linksseitiger Chylothorax 
nachzuweisen. Rasche Aufsaugung der Ergüsse und Heilung. 
Kramer (Glogau). 


50) J. C. Hill. Punctured wound of the thorax, involving the peri- 
cardium and heart. Death six days after injury. Necropsy. 
(Med. record 1898. März 19.) 

Ein 23jähriger Arbeiter erhielt mehrere Stichwunden, darunter 3 in der Axzillar- 
linie, deren eine penetrirte. Trotzdem er sich die Nacht vorher noch leidlich gut 
befand, starb er plötzlich am Morgen des 6. Tages. Die Sektion ergab eine pene- 
trirende Wunde deg linken Ventrikels ohne Verletzung der Klappen. Der Puls 
war stets regelmäßig (90). Loewenhardt (Breslau). 


894 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


51) A. Parrosseni. Die beiden ersten Fälle von Naht des linken 
Ventrikels. 
(Bull. della R. Acad. med. di Roma 1896/97. Fasc. IV/V.) 


Verf. bringt zunächst statistische Zusammenstellungen über den Ausgang der 
penetrirenden Herzwunden, um sodann 4 Fälle von Herznaht zu besprechen. Die 
beiden ersten Fälle sind von Farina (3 Nähte, tödlicher Ausgang) und Rehn- 
Frankfurt (1 Naht, guter Erfolg). berichtet und betreffen beide den rechten Ven- 
trikel. Dagegen handelt es sich in den 2 eigenen Fällen des Verf. um Naht des 
linken Ventrikels. Der erste dieser beiden Fälle betraf einen 32jährigen Last- 
träger, der einen Dolchstich in der Gegend des 7. Interkostalraums linkerseits 
erhalten hatte und bewusstlos, im Zustand höchster Anämie in das Hospital ge- 
bracht wurde. Dreieckiger Haut-Muskel-Knochenlappen, der 6.—8. Rippe ent- 
sprechend (Basis am Rippenbogen). Eröffnung der linken Pleurahöhle und Er- 
weiterung der Perikardialwunde. Die an der Herzspitze gelegene Wunde des 
Myokards ließ den kleinen Finger bequem in den linken Ventrikel eindringen. 2 tiefe 
Seidennähte wurden durch das Myokard gelegt (ohne das Endokard mitsufassen); 
daneben 2 oberflächliche Nähte. Das Perikard wurde mit 6 Knopfnähten versorgt. 
Operationsdauer: 11/4 Stunde; keine Narkose. Äthereinspritzungen, subkutane 
Kochsalzinfusion, Autotransfusion. Es trat völlige Heilung und Arbeitsfähigkeit 
ein. — In dem 2. Falle handelte es sich ebenfalls um einen Dolchstich (im 3. Inter- 
kostalraum links) bei einer jungen Frau. Operationsverfahren ähnlich wie im 
1. Falle. Die Herzwunde lag dies Mal auf der Vorderwand des linken Ventrikels. 
2 tiefe, das ganze Myokard fassende Nähte. Operationszeit: 45 Minuten (keine 
Narkose). Exeitantien, Kochsalzinfusion ete. Die Kranke starb am übernächsten 
Tage. Die Autopsie ergab außer beträchtlicher Anämie eine linksseitige Pleuritis 
die schon vor der Verletzung bestand); die Nähte hatten ihren Dienst gut gethan, 
es hatte keine Nachblutung stattgefunden. H. Bartsch (Heidelberg). 


52) A. G. Podres. Über Chirurgie des Herzens. 
(Wratsch 1898. No. 26.) 


Dem klinischen Vortrag lag folgender Fall zu Grunde. Ein 16jähriges Mädchen 
schoss sich am 15. December 1897 unversehens mit einem Revolver in die Brust. 
2 Stunden darauf Eintritt in die Klinik. Herzthätigkeit beinahe erloschen. Die 
Wunde liegt an der Verbindungsstelle von Brustbein und 5. Rippe links. Bei 
vorsichtiger ;Sondirung entleerten sich 1!/, Esslöffel blutiger Flüssigkeit, worauf 
die Herzthätigkeit besser wurde. Am 17. December wieder Verschlimmerung, 
Herzdämpfung breitet sich weiter aus. Sonde geht 5 cm tief ein; es entleert sich 
gelblich-blutige Flüssigkeit (300,0). Die Wunde wird erweitert und drainirt. Die 
Besserung hielt aber nur bis zum 19. December an. Daher Operation. Bildung 
eines Haut-Knochenlappens, der die linke Hälfte des unteren Theiles vom Brust- 
bein, so wie den Knorpel der 3.—6. Rippe enthält und eine laterale Basis hat. 
Eröffnung des Perikards.. Am rechten Ventrikel eine schon verklebte longitudinale 
Wunde, 3cm von der Spitse und 2 cm vom Septum entfernt, 1 cm lang. Durch 
die Ventrikelwand werden über 10 Einstiche mit einer Nadel gemacht, um das 
Geschoss zu finden; da das nicht zum Ziele führt, wird das Herz etwas empor- 
gehoben und sorgfältig zwischen beiden Händen abgetastet, was etwas brüsk aus- 
geführt wird. Auch jetzt wird nichts gefunden. — Da die Wunde schon verklebt 
ist — keine Naht. Tamponade. — Während der Operation (unter leichter Ather- 
narkose) keine Zwischenfälle; das Herz gab keine typischen Kontraktionen, son- 
dern undeutliche peristaltische Zusammenziehungen (wie sie Bode im Thierversuch 
sah). Dasselbe dauerte auch noch (us Monat später. Weiterer Verlauf zeigt 
Odeme in Folge Herzschwäche, die mit Digitalis etc. bekämpft wurden und erst 
Ende Februar wichen. Die Wunde sonderte erst viel eitrige Flüssigkeit ab, am 
Ende der 3. Woche nur noch schleimiges Sekret. 18. Februar wird der letzte 
Defekt plastisch geschlossen. Ende März: Hersdämpfung bis fingerbreit nach 
außen von der vorderen Axillarlinie. Herztöne rein, Puls normal. Letzte Nach- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 895 


richt vom 12. Mai meldet fortdauerndes Wohlbefinden. — Eine Röntgenaufnahme 
am 50. März zeigt Geschoss deutlich in der Gegend der unteren Hälfte des rechten 
Ventrikels, mit welchem es sich gleichzeitig bewegt. Es sitzt also entweder im 
Ventrikel oder in dessen hinterer Wand. Güekel (B. Karabulak, Saratow). 


53) W. Bergmann. Über einen Fall von Dermoideyste des vorderen 
Mediastinums. 
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 10.) 

Es handelte sich um einen 38jährigen Arbeiter, welcher im Anschluss an In- 
fluenza und Typhus eine Anschwellung des Brustbeins bekam. B. fand daselbst 
eine teigige Geschwulst mit bläulich verfärbter Haut und einer erbsengroßen Fistel. 
Er nahm Caries sterni an und machte die Operation. Hierbei stellte sich nun 
heraus, dass es sich um eine gänseeigroße Dermoidcyste des Mediast. antic. han- 
delte, als deren Inhalt sich ein weicher Brei, lanugoähnliche Härchen und 4 Zähne 
vorfanden. In den ersten Tagen nach der Operation hustete Pat. blutigen Aus- 
wurf, untermengt mit demselben käsigen Brei, wie in der Cyste sich vorgefunden, 
aus, so dass eine Kommunikation zwischen der Cyste und dem Ast eines Bronchus 
angenommen werden musste. Später erfolgte ungestörte Heilung. 

In der Litteratur fand Pflanz (cf. d. Centralblatt 1897 No. 10 p. 292) bis zum 
Jahre 1896 24 Fälle. Als Ausgangspunkt wird allgemein die Thymusdrüse an- 
genommen. Als Inhalt der Cystensäcke fanden sich meist Haare, Knorpel oder 
Knochen. Durchbruch in die Lunge und den Herzbeutel, zuweilen auch durchs 
Brustbein nach außen, wie im vorliegenden Falle, sind wiederholt beobachtet. 

Jaffé (Hamburg). 


54) Giordano. Un caso di lussazione della apofisi xifoide. 
(Arch. di ortoped. 1898. No. 1.) 

Eine Wäscherin fällt rückwärts von einer Fensterbrüstung, auf die sie ge- 
stiegen war, und verspürt einen heftigen Schmerz im Epigastrium. Seitdem Er- 
scheinüngen, wie bei einer Hernia epigastrica. Nach 3 Jahren findet man den 
Processus xiphoideus verkrüämmt und verdickt, nach hinten und unten ausgehöhlt, 
beweglich von vorn nach hinten. Exstirpation desselben vom Längsschnitt aus 
ohne Verletzung des Peritoneums. Verschwinden der Beschwerden. 

E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


55) Tailhefer (Toulouse). Osteomyelite chronique d'emblée d'une côte. 
(Arch. prov. de chir. 1897. No. 10.) 

T. beschreibt ale Osteomyelitis chron. eine subakut verlaufende Erkrankung 
der 9. linken Rippe eines 17jährigen Kiesladers, als deren Ursache wiederholtes 
Trauma mit dem Schaufelstiel angenommen werden konnte. Die Untersuchung 
des resecirten Rippenstückes ergab bakteriologisch Staphylococcus albus und ana- 
tomisch eine hyperplasirende Periostitis, ohne die Kriterien einer chronischen In- 
fektionsgeschwulst, wie Tuberkulose oder Syphilis. T. stellt in einer Tabelle die 
verhältnismäßig seltenen Fälle von Osteomyelitis der Rippen zusammen. Es sind 
14 Fälle, 9 bei männlichen, 5 bei weiblichen Individuen, 6 bei Kindern, 5 bei 
Halberwachsenen ; 5mal war Staphylococcus aureus, 2mal Bacillus Eberth der Er- 
reger. Ein Fall von Osteomye£lite chronique ist nicht darunter; Verf. versteht 
darunter eine Form, die nicht so stürmisch verläuft wie die akute, entweder weil 
ein schwach virulenter Mikrobe sie hervorrief, oder weil das Terrain der Entwick- 
lung derselben keinen günstigen Boden abgiebt. T. hebt hervor, dass bei einer 
an der Innenseite der Rippen sich entwickelnden Osteomyelitis die ersten Sym- 
ptome diejenigen einer Pleuritis sein können. Stolper (Breslau). 


56) Quénu et Longuet. Des tumeurs du squelette thoracique. 
(Revue de chir. 1898. No. 5.) 
In der werthvollen Abbandlung wird nach kurzer Besprechung der anato- 
mischen und klinischen Besonderheiten der primären und sekundären Bindegewebs- 


896 Centralblatt für Chirurgie. No. 34. 


und Epithelialgeschwülste des Brustbeins und der Rippen hauptsächlich die Frage 
ihrer operativen Behandlung nebst deren Indikationen auf Grund des sorgfältig 
gesammelten litterarischen Materials und eigener Beobachtungen (Li erörtert; es 
seien die wichtigeren Ergebnisse kurz hervorgehoben: 

A. I. Primäre Geschwülste des Brustbeins (reine Sarkome, sarkoma- 
töse Mischgeschwülste eto.; Epithelialgeschwülste aus verirrten Schilddrüsenkeimen 
im Brustbein): 11 Operationen, 4 bald nach der Exstirpation gestorben, bei den 
übrigen war der sofortige operative Erfolg ziemlich günstig; die späteren Resul- 
tate sind fraglich geblieben. 

Im Allgemeinen empfehlen die Verf., diese Geschwülste wegen der Schwie- 
rigkeit des Nachweises, ob sie auf das Brustbein beschränkt sind, nicht zu 
operiren. 

D Sekundäre Geschwülste des Brustbeins (Mediastinalsarkome, Epi- 
theliome aus verirrten Brustdrüsenpartikeln oder durch Übergreifen von Mamma- 
earcinomen aufs Brustbein etc. entstanden) kontraindieiren die Operation. 

B. I. Sekundäre Geschwülste der Rippen (in Folge von Lungen- 
sarkomen oder von Carcinomen der Brustdrüse oder metastatisch entwickelt) eignen 
sich zumeist nicht zur Operation, wenn auch in 2 Fällen gute Resultate erreicht 
worden sind. 

U. Primäre Neubildungen der Rippen (Enchondrome, Sarkome, Misch- 
geschwülste). Ihre Operation ist nicht angezeigt, wenn sie sehr ausgedehnt, wenig 
beweglich, nicht deutlich abgrenzbar sind, auf die Muskulatur, die Lungen eto. 
übergegriffen haben oder zu Metastasen geführt haben. 

1) Thoracotomies extrapleurales et non p&n&trantes: 

12mal wegen Enchondromen: 4 +, 
$ 12mal wegen Osteosarkomen: 2 +. 
2) Thoracotomies intrapleurales et pénét rantes. 
15mal wegen Enchondromen: 5 +, DN 
19mal wegen Osteosarkomen: 4 +. 

Von den ad 1) erwähnten Operationen gehörten 14 jedoch der vorantiseptischen 
Zeit an, während in diese nur 3 der penetrirenden fielen. 

Die späteren Resultate konnten nur in 9 Fällen der Gruppe 1) — Tmal Reci- 
div nach 2—8 Monaten und 6 Jahren, resp. nach unbestimmter Zeit, 2mal kein 
Rückfall nach 34—1 Jahr — und in 15 Fällen der Gruppe 2) — 7mal Recidiv 
nach 2 Monaten bis 3 Jahren, 8mal kein Recidiv nach 1 Monat bis 5 Jahren — 
ermittelt werden; die günstigeren der letzteren Gruppe erklären sich dadurch, 
dass die Operationen — mit Ausnahme von 3 Fällen — in der antiseptischen Ara 
und radikaler ausgeführt, hierbei selbst Pleura, Perikard, Lunge und Zwerchfell 
nicht geschont wurden. 

Zum Schluss sind 2 von den Verff. operirte Fälle der 1. Gruppe mitgeheilt. 

Kramer (Glogau). 


57) Dowd. A study of twenty-nine cases of cancer of the breast 
submitted to operation. 
(Annals of surgery 1898. März.) 

Verf. befürwortet eine möglichst radikale Operation, d. h. Wegnahme des M. 
pectoralis major auch bei Carcinomen noch im Anfangsstadium. Die Prognose 
der Operation hängt wesentlich von der Art der Struktur und der Verbreitung der 
primären Geschwulst ab. — Von den eigenen Fällen des Verf. sind nur 6 länger 
als 3 Jahre nach der Operation. Von diesen sind 3 am Leben und ohne Recidiv. 
Eine aus der Litteratur der letzten Jahre gesammelte Statistik über 199 Fälle er- 
giebt eine Heilung von 39,6%. Tietze (Breslau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden. 


Drack und Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig. 


| Centralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E vo Bam, F, Kinie, E Rit 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


a 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 35. Sonnabend, den 3. September. 1898. 


Inhat: 1) Herzog, Wiederbelebungsmethoden. — 2) Bomsteln, Antitoxische Eigen- 
schaften des Centralnervensystems. — 3) Tarnawski, Actol und Itrol. — 4) Unna, Cocain. 
— 5) Unna, Formalin und Paraform. — 6) Le Dentu, Formol und Parachlorophenol. — 
7) Goodale, Zur Therapie tuberkulöser Lymphdrüsen. — 8) Austerlitz und Landsteiner, 
Bakteriendichtigkeit der Darmwand. — 9) Tavel, Pseudotetanusbacillus. — 10) Siegel, 
Bauchwunden. — 11) Czerny und Heddaeus, Appendicitis. — 12) Albertin, 13) Schnitz- 
ter, 14) Edebohis, 15) Siajmer, Zur Herniologie. — 16) Zez, Blutuntersuchungen bei 
Magenleiden. — 17) Welr, Gastroenterostomie. — 18) v. Alexinsky, 19) Bobrow, Echino- 
kokken. — 20) Kilppel, 34) Page, Pankreaskrankheiten. 

22) Boucht, Narkosenlähmung. — 23) Lindner, Gefäßnaht. — 24) Heath, Aneurysmen. 
— 25) Burwell und Bottomley, Spitalbericht. — 36) Langer, Traumatische Lympheysten. 
— 27) Freund, Schussverletzung. — 28) Parlavecchlo, Intraabdominelle Verletzungen. 
— 29) v. Bonsdorff, 30) af Schult6n, 31) Kroglus, Appendicitis. — 32) Firchau, Tuber- 
kulöse Bauchfellentzündung. — 33) $sawitzki, 34) Meieschko, 35) Merlin, 36) Schnitz- 
der, 37) Bart, 38) Nélaton und Ombrödanne, 39) Mintz, Zur Herniologie. — 40) Berg, 
Achsendrehung des Magens. — 41) Schnitzler, Krampfgeschwulst des Magens. — 
42) Shaw, 43) Hemmeter, 44) Krumm, 45) Oliva, Magenoperationen. — 46) Anderson, 
Magen- und Darmeysten. — 47) Gildersieeve, 48) Küttner, Meckel’sches Divertikel. — 
49) v. Bonsdorff, 50) Garski, Ileus. — 51) Mathews, Mastdarmcysten. — 52) Parona, 
Malariamilz. — 53) Franke, Zur Gallenblasenchirurgie. — 54) Anufrljew, Gekröscyste. 


1) S. W. Herzog. Über den Werth einiger Wiederbelebungs- 
methoden beim Scheintod während der allgemeinen Narkose. 
I. Über das Verfahren nach Laborde. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 492.) 

Das Laborde’sche Verfahren zur Behebung der Asphyxie be~ 
steht bekanntlich in rhythmischen Traktionen der Zunge, und ist 
über dasselbe im Centralblatt in den letzten Jahren wiederholt be- 
richtet. Zur Beurtheilung seiner Verwerthbarkeit für Narkosen- 
asphyxien hat H. in dem Kabinett der chirurgischen Pathologie des 
Herrn Prof. L. W. Orlow in Charkow eine Anzahl Thierexperi- 
mente gemacht, und zwar mit ungünstigem Resultat. Als Versuchs- 
thiere dienten 19 Hunde verschiedener Größe, theils mit Äther, theils 
mit Chloroform bis zur Athmungssistirung narkotisirt, In 6 Fällen, 

35 


898 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


wo es aber noch nicht zu Herzstockung gekommen war, kehrte die 
Athmung bald spontan wieder. In den übrigen 13 Fällen wurden 
die Zungentraktionen angewendet, doch gelang die Wiederbelebung 
nur 2mal. 

H. hält das Laborde’sche Verfahren für unzuverlässig und nur 
als Hilfsmittel wirksamerer Wiederbelebungsmethoden in frühen 
Stadien der Narkose für brauchbar. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


2) Bomstein. Über die antitoxischen Eigenschaften des 
Centralnervensystems. 

(Centralblatt für Bakteriolegie u. Paresitenkunde Bd. XXIII. Hft. 14.) 

B. versuchte den Nachweis, ob die Ehrlich’sche chemische Theorie 
der Immunität, wie sie von Wassermann und Takaki (p. 478 d. 
Centralblattes) für den Tetanus auf experimentellem Wege bestätigt 
wurde, auch bei der Diphtherie durch den Thierversuch demonstrirt 
werden könnte. 

Er gelangte indessen zu dem Resultat, dass im Centralnerven- 
system von Kaninchen und Meerschweinchen gegenüber dem Diph- 
theriegift keine specifisch neutralisirenden Substanzen vorhanden 
sind. Der Unterschied zwischen Tetanus- und Diphtheriegift in ihren 
Beziehungen zum Centralnervensystem nicht immunisirter Thiere 
lässt sich gewissermaßen mit dem Umstand in Einklang bringen, 
dass bei der Diphtherie die Störungen des Centralnervensystems viel 
weniger ausgeprägt sind als bei Tetanus. Vielleicht könne man die 
Abwesenheit antitoxischer Eigenschaften im Centralnervensystem 
gegenüber dem Diphtheriegift auf eine geringere Verwandtschaft der- 
selben zu der Nervensubstanz zurückführen. 

Unabhängig von B. ist übrigens auch Aronson (Berlin) zu den- 
selben Resultaten gelangt. Hübener (Breslau). 


3) Tarnawski. Die desinficirenden Eigenschaften des Actols 
und Itrols. 
Diss., St. Petersburg, 1897. (Russisch.) 
(Nach einem Referat von Ucke im Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde 
Bd. XXIII. Hp 14.) 

Die nach dem Vorgang von Geppert in Aufschwemmungen vor- 
genommenen Versuche, bei welchen durch Schwefelammon eine 
chemische Fällung des 'Desinficiens in der bekannten Weise erzielt 
wurde, lassen den Verf. folgende Schlüsse aufstellen: 

1) Die chemische Neutralisation der Spuren des Desinficiens ist 
bei Versuchen über die Desinfektionswirkung der Silbersalze unum- 
gänglich. Die Nichtbeachtung dieses Umstandes ist der Grund für 
eine Übersehätzung des Desinfektionswerthes der Silbersalze gewesen. 

2) Actol steht in seinem Desinfektionswerth im Blutserum dem 
Höllenstein nach; in Bouillon ist die Differenz geringer. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 899 


3) Die Desinfektionskraft der gesättigten Itrollösung in Bouillon 
und Serum entspricht Koncentrationen von Actol und Höllenstein, 
die bei Weitem die Löslichkeit des citronensauren Silbers übersteigen. 

4) Das Sublimat übertrifft im Serum das Silber bei Weitem als 
Desinfektionskraft (entgegen Behring). 

5) Thierversuche mit Milzbrandsporen und nachfolgender Neu- 
tralisation bewiesen einen völligen Parallelismus mit den Resultaten 
der Kulturen in künstlichen Nährböden. 

6) Infektionen von Kaninchen mit Milzbrandsporen, die nicht 
mit NH,S nachbehandelt waren, führten oft noch spät (nach einem 
Monat und später) zum Ausbruch der Krankheit. 

Hübener (Breslau). 


4) P. G. Unna. Cocainsalz und Cocainbase. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 5.) 

Da das Cocain bei erhaltener Hornschicht zu schwach wirkt, 
war seine Anwendung in der Behandlung der trocknen, speciell 
der juckenden Hautkrankheiten bisher nur sehr beschränkt. U. hat 
wesentlich für exkoriirte und erodirte Flächen (aus Sparsamkeits- 
rücksichten) Cocain. hydrochlor. 0,5—1,0 und Magnesiae carbonic. 
10,0 benutzt; nach der Einpuderung Bedeckung mit angefeuchteter 
Watte, die sanft angedrückt wird; nach 10—15 Minuten können dann 
schmerzhafte Proceduren vorgenommen werden. Erst in jüngster 
Zeit hat U. statt des Cocainsalzes die Cocainbase (Cocain. purum 
Merck) bei Pruritus, speciell alter Leute, verwendet, und zwar in 1 bis 
2%iger ätherischer oder spirituös-ätherischer Lösung (mit dem 
Sprayglas versprüht oder mit 1:50 Kollodium versetzt und auf- 
gepinselt) und damit günstige Erfolge erzielt; man kann dieses Prä- 
parat auch in Öl (Ol. amygdal.) oder in Sapo unguinos. Mielck 
(1:50) bei Lichen planus, pruriginösen Ekzemen etc. verwenden. 

(In einem Falle von Mycosis fungoides hat sich leider die Hoff- 
nung auf einen antipruriginösen Effekt der Cocainbase nicht erfüllt.) 

Jadassohn (Bern). 


5) P. G. Unna. Formalin und Paraform. 

(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 4.) 
Formalinlösung als Ätzmittel ist zur Behandlung solcher Affek- 
tionen, bei denen wiederholt geätzt werden muss, nicht zu empfehlen, 
weil trotz der Vorzüge dieser Metlfode (»saubere Abtödtung, Trocken- 
heit und Geruchlosigkeit des Schorfes«) die Demarkation sich zu 
lange hinzieht; desswegen benutzt U. diese Lösung nur, wenn eine 
einmalige Ätzung genügt, oder wenn der Schorf liegen bleiben soll 
(bei imoperablen Carcinomen). Zur Verätzung kleiner gutartiger Haut- 
geschwülste empfiehlt der Verf. 5%iges Paraformkollodium; das sich 
aus demselben allmählich abscheidende Formaldehyd ätzt genügend, gut 
umgrenzt und mild (bei spitzen Kondylomen, weichen Naevi); speciell 
bei den spitzen Kondylomen hält diese Methode zugleich, was sehr 

35* 


900 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


wichtig ist, gut trocken. Bei Hyper- und Osmidrosis benutzt U. Adip. 
lanae 20,0, Sol. Formal. 10,0—20,0, Vaselin 10,0, was palliativ gut, aber 
nicht oder selten radikal wirkte; zu ständigem Gebrauch ist eine 
5%ige überfettete Formalinseife (Th. Douglas) sehr vortheilhaft 
(auch zum Reinigen der Hände nach Sektionen etc... U. erwähnt 
schließlich, dass man den unangenehmen Geruch des denaturirten 
Spiritus durch Zusatz von 2—20% Formalin verdecken kann. 
Jadassohn (Bern). 


6) Le Dentu. Recherches expérimentales et cliniques sur 
le formol et le parachlorophenol. 
(Revue internat. de th&rapeut. et de pharmacol.) 

Verf. empfiehlt das Formol in Lösungen von 1,0—2,5—5,0 der 
käuflichen Lösung 40:100 auf 1 Liter gekochtes Wasser zum Ab- 
spülen der Instrumente und Hände, zur schnellen Desinfektion in- 
ficirter Wunden, zum Abspülen frischer Wunden während der Ope- 
ration, zur Desodoration und zu feuchten Umschlägen bei Phleg- 
mone etc. Im letzteren Falle 1:400 oder 1: 200. 

Das Parachlorophenol kann auch guter Ersatz der Karbolsäure 
werden. Es riecht weniger, reizt weniger, ist weniger giftig und hat 
eine viel stärkere antiseptische Wirkung. Nur greift es die Instru- 
mente mehr wie Karbol an. 

Die Lösungen sind 10:1000, 4:1000 oder 2: 1000. 

Borchard (Posen). 


7) J. L. Goodale. On the utilization of the normal ton- 
sillar absorption in the treatment of tuberculosis of the an- 
gular lymphatic glands. 

(Boston med. and surg. journ. 1898. Februar.) 

Von der Thatsache ausgehend, dass eine Infektion — speciell 
mit Tuberkelbacillen — durch die Mandeln geschehen könne, hat 
Verf. versucht, Medikamente zur Bekämpfung der eingedrungenen 
Bacillen auf demselben Weg einzuführen. Durch Applikation von 
Jodlösungen auf die Mandeln bei tuberkulösen Halslymphdrüsen hat 
er eine »bemerkenswerthe Verkleinerung der geschwollenen Drüsen « 


erzielt. Eine ausführlichere Publikation stellt G. in Aussicht. 
Martens (Berlin). 


8) Austerlitz und Landsteiner. Über die Bakteriendichtigkeit 
i der Darmwand. 
(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 7.) 

Als Ursachen, die genügen, um die Bakteriendichtigkeit der 
Darmwand aufzuheben, werden im Sinne der Experimente hyperämische 
Zustände angesehen, die bei agonisirenden, an Erfrierung oder Er- 
stickung sterbenden Thieren eintraten, oder entzündliche Vorgänge, 
die durch Intoxikationen, namentlich durch die Arsenvergiftung 
herbeigeführt werden. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 901 


Nach den Ergebnissen ihrer Versuche können die Verf. die 
Annahme, dass unter Bedingungen, die wenig von den normalen 
verschieden sind, der Darm für Bakterien leicht durchgängig wird, 
nicht für bewiesen oder auch nur wahrscheinlich ansehen. 

Aus Versuchen, bei welchen eine eingreifendere Schädigung 
kleinerer Darmabschnitte (Darmabklemmung, Gefäßunterbindung) ge- 
setzt wurde, so wie aus den in der Litteratur vorliegenden Angaben 
ergiebt sich, dass es gelingt, die Darmwandung in starker Weise zu 
schädigen, ohne dass es zu einer Durchwanderung von Mikrobien 
aus dem Darm in die Bauchhöhle käme. Hübener (Breslau). 


9) Tavel. Über den Pseudotetanusbacillus des Darms. 

(Centralblatt für Bakteriologie u. Parasitenkunde Bd. XXIII. Hft. 13.) 

T. beschreibt in der vorliegenden kurzen Mittheilung einen 
Bacillus nebst dessen Kulturverfahren, den er in zahlreichen Fällen 
von Abscessen, die vom Darm ausgingen, beobachtet hatte, ohne ihn 
bislang haben züchten zu können. 

In der gemeinschaftlich mit Lanz gemachten Arbeit über Peri- 
tonitis ist dieser Bacillus bald als tetanusähnlicher, bald als akti- 
nomycesähnlicher Bacillus mehrfach erwähnt, beschrieben und photo- 
graphisch abgebildet. 

Im Sommer 1897 gelang es nun T., aus dem zähen gelblich-grünen 
schleimigen Inhalt eines excidirten Processus vermiformis den be- 
schriebenen Bacillus zu züchten. 

Das Verfahren war analog dem Kitasato’s zur Reingewinnung 
der echten Tetanuserreger, doch wurden zur anaörobiotischen Züchtung 
zugeschmolzene Röhrchen verwendet, in denen das Vacuum her- 
gestellt war. 

Der fragliche Bacillus ist etwas schlanker als der echte Tetanus- 
bacillus, die Form der Sporen unterscheidet ihn sicher und leicht 
von letzterem. Während die Spore des echten Tetanuserregers, wenn 
sie reif ist, ganz kugelig aussieht, ist die Spore des Pseudotetanus- 
bacillus oval, manchmal sogar scheinbar etwas zugespitzt. Die Sporen- 
bildung ist ebenfalls endständig, der Bacillus beweglich in Folge von 
Geißeln; doch ist die Zahl derselben geringer als beim echten 
Tetanusbacillus. Züchtung in Gegenwart von Sauerstoff gelang nie. 
Der Bacillus war für Mäuse, Meerschweinchen und Kaninchen nicht 


pathogen. 
Der Arbeit ist eine Tafel mit ausgezeichnet schönen Photo- 
grammen beigegeben. Hübener (Breslau). 


10) E. Siegel. Zur Diagnose und Therapie der penetrirenden 
Bauchverletzungen. 
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2.) 
EN theilt 7 Fälle penetrirender Bauchverletzungen mit, von denen 
5 mit Verletzungen der Unterleibsorgane, der Leber, des Magens, 


902 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


des Mastdarms komplicirt waren. In 5 dieser Fälle wurde innerhalb 
der ersten 9 Stunden, je (mal nach 24 Stunden bezw. nach 27 Tagen 
die Laparotomie ausgeführt; die erzielten Resultate waren sehr 
ermuthigend: obwohl es sich theilweise um relativ sehr schwere 
Verletzungen handelte, sind 6 der Pat. geheilt, nur einer (Stich- 
verletzung des Magens) konnte nicht mehr gerettet werden. An- 
schließend bespricht Verf. die anderweitigen Operationsresultate, 
die Symptome und Diagnose der Bauchverletzungen, ferner Indi- 
kation, Prognose und Technik der Laparotomie in sehr eingehender 
Weise und tritt warm für die operative Behandlung der penetrirenden 
Bauchverletzungen ein. Handelt es sich um eine Verwundung der 
Baucheingeweide, so treten im Allgemeinen sehr rasch schwere, 
shockartige Erscheinungen auf, die verletzten Organe sind druck- 
empfindlich, theilweise ist auch schon bald eine Dämpfung nach- 
weisbar; indessen können diese schweren Symptome, wie einer der 
mitgetheilten Fälle beweist, auch trots Organverletzung fehlen; es 
ist daher jede penetrirende Bauchwunde von vorn herein als eine 
komplicirte zu betrachten und danach zu behandeln. 

532 aus der Litteratur gesammelte, exspektativ behandelte Fälle 
zeigten eine Sterblichkeit von 55,2%, 376 operativ behandelte eine 
solche von 51,6%; für die in den ersten 4 Stunden laparotomirten 
betrug indessen die Sterblichkeit bloß 15,2%, während die Sterblich- 
keitsziffer für die in 5—8 Stunden nach dem Trauma Operirten 
bereits 44,4%, für die noch später Behandelten 63,6 und 70% betrug. 
Stichverletzungen gaben eine bessere Prognose als Schussverletzungen. 

Honsell (Tübingen). 


11) Czerny und Heddaeus. Beitrag zur Pathologie und 
Therapie der Wurmfortsatzentzündung. 
(Beitrag sur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2.) 

Vert unterscheiden 3 Formen von Appendicitis: 1) die akute 
Perforation des Wurmfortsatzes, 2) die subakuten, perityphlitischen, 
theils durch Eitererreger, theils durch den Aktinomycespilz hervor- 
gerufenen Abscesse, 3) die Appendicitis simplex chronica, bei der 
es sich um Tuberkulose, uleeröse und obliterirende oder auch um 
katarrhalische Entzündungen handeln kann. Sie geben alsdann aus- 
führlich die Krankengeschichten von 56, die verschiedenen Arten 
und Unterarten illustrirenden Fällen wieder. Nur in 8 derselben 
ist im Anschluss an die Operation der Tod erfolgt, von 36 Kranken, 
über welche spätere Erkundigungen eingezogen werden konnten, 
sind 20 völlig geheilt, 10 sind zwar wieder arbeitsfähig geworden, 
haben aber noch geringe Störungen zurückbehalten, -3mal beseitigte 
die Operation nur die. intensivsten Schmerzanfälle. Schwere und 
leichte Fälle müssen bezüglich der Prognose aus einander gehalten 
werden; sämmtliche Todesfälle betrafen Pat., die meist schon von 
vorn herein aufgegeben waren, an diffuser septischer Peritonitis litten; 


.Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 903 


von den chronisch Kranken ist dagegen kein einziger gestorben; es 
darf daher die im freien Intervall der intermittirenden, chronischen 
Appendicitis vorgenommene Operation fast als ungefährlich bezeichnet 
werden. Im weiteren werden die Beziehungen der Appendicitis 
zur Colitis membranacea so wie zu Reflexneurosen des Genitalapparates, 
dann die Fragen nach Lage und Beschaffenheit des Wurmfortsatzes 
so wie nach dem Zeitpunkt der Operation eingehend besprochen. 
Das Schlussergebnis ihrer Ausführungen fassen die Autoren 
dahin zusammen, dass der erste akute Anfall von Appendicitis dem 
internen Mediciner gehört; kommt es im Gefolge desselben zur 
Perforation des Wurmfortsatzes, so hat der Chirurg einzugreifen, sei 
es dass die Entzündung zu einem diffusen Fortschreiten auf das 
Bauchfell neigt, sei es dass ein abgekapselter Abscess entsteht. Ferner 
hat in jedem Fall von chronisch recidivirender Appendicitis der 
Chirurg die Behandlung zu übernehmen, weil es sich hier um eine 
beständige Gefahr für das Leben und eine Existenzbeeinträchtigung 
des Besitzers handelt (Operation im freien Intervall). 
Honsell (Tübingen). 


12) Albertin. De la thérapeutique chirurgicale de la gan- 
grene herniaire. 
(Province med. 1898. No. 24.) 5 

Unter 63 Brucheinklemmungen fand A. 16mal Gangrän (Mit- 
theilung der Fälle). Seine Erfahrungen führen zu dem Schluss, dass 
iman, wenn nicht eine specielle Indikation vorliegt, auf die Bildung 
eines widernatürlichen Afters verzichten und statt dessen lieber die 
Resektion und Naht des Darmes machen solle. Er zieht die An- 
wendung eines Darmknopfes (Murphy-Villard) der Enterorrhaphie 
vor. Herm. Frank (Berlin). 


13) Schnitzler. Zur Frage nach dem Zustandekommen von 
Darmblutungen nach Operationen an Hernien. 
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 34.) 

Unter Beibringung von 2 neuen hierher gehörigen Fällen und 
Citation eines Falles der Albert’schen Klinik präcisirt der Autor 
gegenüber der Ullmann’schen Deutung solcher Blutungen (Referat 
s. Centralblatt 1897 No. 30) von Neuem seinen Standpunkt, dass die 
Darmblutungen, die nach Reposition größerer, relativ kurze Zeit 
hindurch eingeklemmt gewesener Darmbrüche eintreten, einen patho- 
genetisch und klinisch scharf charakterisirten besonderen Typus 
vorstellen, der von anderen nach Bauchoperationen — auch Bruch- 
operationen — in vereinzelten Fällen eintretenden Darmblutungen zu 
scheiden ist. Herm. Frank (Berlin) 


904 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


14) @. M. Edebohls. The inguinal operation for femoral 


hernia. 
(Read before the section on obstetrics and gynecology. New York acad. of med. 
1896. December 24. [Separat-Abdruck.)) 

Nach Besprechung der üblichen Methoden von Radikaloperationen 
der Schenkelbrüche empfiehlt E. für Fälle, bei denen gleichzeitig ein 
Leistenbruch besteht, oder wenn eine Retroflexio uteri durch Ver- 
kürzung der Ligamenta rotunda gleichzeitig geheilt werden soll, die 
»Inguinal operation«. Als Vorzüge rühmt er die leichte und hohe 
Abbindung des Bruchsacks, die hohe und wirksame Verschließung 
des Schenkelrings (durch Vernähung des Poupart’schen Bandes mit 
dem Periost des horizontalen Schambeinastes, bei weiter Bruchpforte 
unter Einnähen eines Periostlappens); den Verschluss des Foramen 
ovale hält er für weniger wichtig. Der Leistenkanal wird nach 
Bassini vernäht. 4 einschlägige Fälle werden mitgetheilt: 3 blieben 
geheilt, bei einem trat eine Wiederkehr des Bruchs nach !/, Jahr 
ein, was E. darauf zurückführt, dass die unzurechnungsfähige Pat. 
sich den Verband abgerissen hatte, Eiterung eintrat, und die ver- 
senkten Nähte entfernt werden mussten. Martens (Berlin). 


Re E. Siajmer. Bericht über 150 Radikaloperationen des 
freien Leistenbruches nach Wölfler. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 


Die Arbeit berichtet über die in der Überschrift genannte Zahl 
von freien Hernien, welche der Verf. nach der Methode von Wölfler 
operirt hat. Dieselbe legt den hauptsächlichsten Werth auf eine 
schichtweise Vernähung des freipräparirten Leistenkanales und wird 
genau an der Hand einer leicht orientirenden Zeichnung beschrieben. 
Das Verfahren kann vollkommen mit der Methode von Bassini 
concurriren, so dass S. bedauert, dass man ihm so wenig Beachtung 
geschenkt hat. Eine Verlagerung des Samenstranges nimmt der Verf. 
nicht vor und legt auch darauf besonderes Gewicht. Todesfälle erlebte 
er weder unter diesen noch unter 62 späteren Fällen. Die Heilungs- 
dauer ist eine kurze; bei glatt verlaufenden Fällen werden die 
Operirten am 10. Tage entlassen, vielfach sofort zur Arbeit. Bruch- 
bänder werden nicht zur Nachbehandlung angelegt. Über 76 Hernien 
konnte S. nach genügend langer Zeit Bericht erhalten. Unter diesen 
waren Recidive in 9,2% eingetreten, welche zum großen Theil nicht 
der Methode, sondern mancherlei Zufälligkeiten zuzuschreiben sind. 
Eine größere Zahl der Operationen wurde unter lokaler Cocainan- 
ästhesie ausgeführt. Verf entschließt sich im jugendlichen Alter leicht 
zur Radikaloperation der Hernien, räth dagegen jenseits von 45 Jahren 
den Trägern eines Leistenbruches nicht sehr eindringlich zur Operation. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 905 


16) V. Zez. Über die Blutuntersuchungen bei Magenerkran- 
kungen, besonders bei Ulcus rotundum und Carcinoma ven- 
triculi. 

(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 14 u. 15.) 

Die Blutuntersuchungen des Autors bei verschiedenen Magen- 
erkrankungen, besonders bei bös- und gutartigen Geschwülsten, haben 
in differentialdiagnostischer Hinsicht zu keinen sicheren und prak- 
tisch verwerthbaren Ergebnissen geführt. Die Prüfung der Ver- 
dauungsleukocytose, ev. ihr Auftreten wird mehr für eine gutartige 
Erkrankung des Magens sprechen, andererseits könnte man aus dem 
Erscheinen der kernhaltigen rothen Blutkörperchen auf ein Carcinom 
schließen. Der Blutbefund allein giebt aber keinen sicheren Anhalt 
für die Diagnose. Herm. Frank (Berlin). 


17) R. F. Weir. Original articles on the operation of gastro- 
enterostomy conjoined with entero-anastomosis. 
(New York med. record 1898. April 16.) 

Die sehr übersichtliche Arbeit von W. enthält zahlreiche sche- 
matische Skizzen über die verschiedenen Methoden der Gastroentero- 
stomien. W. theilt schließlich einen Fall von Carcinom des Pylorus 
mit, bei dem die Gastroenterostomie mit einem besonders modi- 


ficirten Murphyknopf ausgeführt wurde, und im Anschluss eine Entero- 
anastomose nach Braun. Pat. starb am 3. Tage an Lungenödem. 
Der Murphyknopf zeigt eine ovale Verlängerung derjenigen Hälfte, 
welche auf der intestinalen Seite liegt, wie Figur zeigt, um zu ver- 
hindern, dass jener in den Magen stürzt. W. schließt mit Empfehlung 
der Hacker’schen Methode, der Anwendung des Murphyknopfes 
und der Kombination mit der Enteroanastomose. 
Loewenhardt (Breslau). 


18) I. P. v. Alexinsky. Experimentelle Untersuchungen über 
die Verimpfung des multiplen Echinococcus in der Bauchhöhle. 
(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

Es kam bei den Versuchen vornehmlich darauf an, die Richtig- 
keit der Theorie der Keimzerstreuung, welche bisher gültig war, zu 
prüfen und des weiteren Aufschluss zu geben, aus was für Keim- 
elementen der Muttereyste des Echinococcus sich die Echinococcus- 
blasen entwickeln können. Für die Experimente wurde fast nur die 

35** 


906 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


Echinokokkenflüssigkeit benutzt derart, dass sie nach Incision der 
Bauchdecken in die Bauchhöhle eingeflößt wurde. In 4 Versuchen 
von im Ganzen 7 erzielte A. positive Resultate. Er zieht aus den- 
selben folgende Schlüsse: 

Die bisher gültige Lehre der Entwicklung des multiplen Echi- 
nococcus der Bauchhöhle durch den Ausfluss einer platzenden pri- 
mären Cyste irgend eines Organes ist als richtig anzusehen. Die 
Blasen entwickeln sich nicht nur aus den herausgefallenen Tochter- 
blasen der primären Echinokokkencyste, sondern auch aus ihren 
Brutkapseln und Skolices. Die extraperitoneale Lage der Blasen 
des multiplen Echinococcus der Bauchhöhle kann nicht gegen die 
Keimzerstreuungstheorie sprechen. Ferner ist die Probepunktion 
der Echinococcuscyste als eine gefährliche und mithin unerlaubte 
Operation anzusehen, weil durch sie leicht Keimelemente zu sekun- 
därer Infektion in die Bauchhöhle geimpft werden können. Aus 
diesen Ursachen ist auch während einer Echinokokkenoperation die 
Bauchhöhle sorgfältig vor Einfließen von Cysteninhalt zu bewahren. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


19) A. A. Bobrow. Über ein neues Operationsverfahren zur 
Entfernung von Echinococcus in der Leber und anderen 
parenchymatösen Bauchorganen. 

(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

Nach dem Verfahren des Verf. hat sich die Anschauung, dass 
der Echinococcussack in parenchymatösen Organen nach Eröffnung 
nicht zusammenfallen würde, als irrig erwiesen. Auch die übrigen 
Gründe, welche man früher einer primären Vernähung des Sackes 
als entgegenstehend annahm, wie Strömung der Flüssigkeit z. B. in 
der Leber nach dem Sacke hin, sind nicht zutreffend. 

Verf. incidirt den Echinococcussack unter allen septischen 
Vorsichtsmaßregeln, lässt die Flüssigkeit ab und exstirpirt womöglich 
die ganze Chitinhüllee Darauf wird ohne Einlauf irgend einer 
Flüssigkeit wie Jodoformglycerin oder physiologische Kochsalzlösung 
der Sack fest vernäht. Die Heilung erfolgt in 2—3 Wochen. Von 
der Vornahme dieser einfachen Operation lässt sich B. auch nicht 
durch Galleneinfluss in den Sack während der Operation und durch 
gutartig aussehenden Eiter in demselben abhalten. Die zugehörigen 


Krankengeschichten sind der Arbeit beigefügt. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


20) M. Klippel. Le pancréas infectieux. 
(Arch. génér. de méd. 1897. November.) 

Verf. unterscheidet 1) sklerosirende Infektionen des Pankreas, 
die er in perilobuläre, intralobuläre und acinöse eintheilt; 2) paren- 
chymatöse Infektionen ohne Sklerose. 

Unter den specifischen Infektionen bespricht er eingehend die 
Tuberkulose des Pankreas und bezeichnet die Lymphbahnen als den 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 907 


Weg, den die Erkrankung nimmt. Verf. glaubt, dass innige Be- 
ziehungen zwischen den Erkrankungen der Leber und des Pankreas 
bestehen, derart, dass die Pathogenie der Leberinfektion direkt auch 
auf das Pankreas anwendbar sei. Unsere geringe Kenntnis von den Er- 
krankungen dieser Drüse glaubt er darauf zurückführen zu müssen, 
dass das Organ, abgesehen von Abscessen. Cysten und stärkeren 
Blutungen, sich unserer direkten Beobachtung durch physikalische 
und chemische Untersuchungen entzieht. Da das Pankreas bei dem 
Chemismus der Verdauung eine große Rolle spielt, so muss seine 
Erkrankung sich in dieser Richtung bemerkbar machen. Das Re- 
sultat dieser Störung sieht Verf. in einer Vermehrung der febrilen 
Autointoxikation, — in einer infektiösen Urämie(?. Die Hämor- 
rhagien des Pankreas verdanken ihre Entstehung meistens einer 
infektiösen Endarteritis. Selbst die mit Diabetes gepaarte Sklerose 
des Pankreas glaubt K. einer Infektion zuschreiben zu müssen, die 
unter gewissen Voraussetzungen ihren Ausgang von der Darm- 
schleimhaut nehmen. Jede entzündliche Veränderung der Ausführungs- 
gänge des Pankreas kann in Folge Behinderung des Sekretabflusses 
die Bildung von Steinen begünstigen. Longard (Aachen). 


21) A. Page. Traitement chirurgical des pancreatites sup- 
purdes et gangreneuses. 
These de Paris, &. Steinheil, 1898. 


Der Autor giebt eine gute und ausführliche Zusammenstellung 
über eitrige und gangränöse Pankreatitis, welche Affektionen nach 
seinen Ausführungen in Frankreich noch zu wenig beobachtet seien. 
Unter 89 Fällen, welche er mittheilt, sind 45 aus den letzten 8 Jahren, 
unter ihnen 3 von französischen Autoren veröffentlicht (2 vom Autor, 
ı von Nicolas aus Lyon). 

Die Kapitel über Ätiologie und Pathogenie, pathologische Anatomie, 
Fettnekrose, Symptome klinischen Verlauf, Behandlung bieten nichts 
wesentlich Neues, geben aber eine gute Übersicht der jetzigen Kennt- 
nisse über den Gegenstand. Bei der Besprechuug der Ätiologie der 
Gangrän erwähnt P. die Blutungen in das Pankreas nicht, obwohl 
diese (nach Ansicht des Ref.) die häufigste Ursache für die Ent- 
stehung der Pankreasnekrose darstellen. 

Er führt dann 2 neue Beobachtungen an: 


Fall I (Dreyfus-Brisac). 54jähriger Kutscher, 14 Tage vor der Aufnahme 
erkrankt mit allgemeiner Mattigkeit, Magenbeschwerden. Nach einem Abführ- 
mittel Verschlimmerung. Gelbsucht. Leber vergrößert, Gallenblase nicht fühlbar. 
Dyspepsie. Diagnose: Icterus” catarrhalis, möglicherweise Careinom. — Nachdem 
Pat. eine Pneumonie durchgemacht hat, tritt ca. 1 Monat nach der Aufnahme eine 
akute Verschlimmerung ein; epigastrische Schmerzen, Erbrechen, Abmagerung, 
Kräfteverfall. Bei der Sektion fand sich Eiter in der Gallenblase. Das Pankreas 
ist vergrößert und von einer sehr großen Zahl kleiner Abscesse durchsetzt; 
Sklerose des dazwischen liegenden Drüsengewebes. In dem Fiter Bacterium coli 
und Staphylococous albus. 


908 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


Fall II (Philippeau und Guinard). 5ljährige Frau, erkrankte nach Genuss 
von Wildpret mit heftigen epigastrischen Schmerzen, die in’geringerem Maße in 
den folgenden Tagen anhielten, bei leichtem Fieber. 5 Tage später reichlicher 
Eiterabgang per vaginam, 10 Tage anhaltend. Von da an linksseitige Pleuritis 
mit geringem Exsudat. Langwieriger Verlauf, ab und zu Fieber. Guinard ent- 
deckte einen linksseitigen subphrenischen Abscess, den er peripleural nach Resek- 
tion eines Stückes der 9. Rippe eröffnete. Entleerung eines krümeligen, weißlichen 
Eiters mit nekrotischen Feten, die mikroskopisch keine Struktur erkennen lassen. 
Pat. auf dem Wege der Heilung. 


Es ist wohl sehr zweifelhaft, ob man diesen Fall als eine peri- 
pankreatische Eiterung auffassen kann; mindestens liegen keine 
sicheren Beweise dafür vor. 

Zum Schluss giebt der Autor 87 Beobachtungen aus der Litte- 
ratur im Auszug. Die Einreihung derselben in Pancrtatites sup- 
purées et gangreneuses ist eine etwas willkürliche. 

W. Körte (Berlin). 


Kleinere Mittheilungen. 


22) K. Boucht. Två fall af s. k. narkosförlamning. 
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1095.) 


In der viel diskutirten Frage der schädlichen Nebenwirkungen der Narkose 
nehmen auch die postnarkotischen Lähmungen einen nicht zu unterschätzenden 
Raum ein. Die relative Seltenheit dieser Komplikation ist die Ursache des lange 
noch nicht aufgeklärten Dunkels, in welches sie gehüllt ist. Zwar sind in der 
Litteratur seit den Achtzigen eine nicht unerhebliche Menge Veröffentlichungen 
diesbezüglich gemacht, aber ein jeder Beitrag zur Kasuistik der Narkosen- 
lähmung muss noch immer willkommen sein. Nach einer übersichtlichen Dar- 
stellung des in der Litteratur Beachtungswerthen, theilt Verf. 2 Fälle von Nar- 
kosenlähmung aus der gynäkologischen Klinik des Prof. Dr. O. Engström in 
Helsingfors mit. Der eine betrifft eine vorübergehende Parese des linken Vorder- 
arms nach einer 45 Minuten dauernden Chloroformnarkose wegen Salpingotomie 
und Ventrofixation des retroponirt fixirten Uterus; die andere eine Lähmung der 
vom linken N. peroneus versorgten Muskeln nach einer ca. 45 Minuten dauernden 
Chloroformnarkose wegen Nephropexie der rechten Niere. Auch diese Lähmung 
war vorübergehend. Ein relativ unbedeutender Druck auf die resp. Nervenstämme 
war das einzige in der Ätiologie vorhandene Moment. Weder im allgemeinen 
Ernährungszustand der Pat. noch in der Qualität des Chloroforms oder in der 
Dauer der Narkose konnte Verf. in diesen beiden Fällen ein hinreichend plau- 
sibles Erklärungsmoment für den Eintritt der Lähmung finden. »Oder wirken 
vielleicht andere noch unbekannte Faktoren mit in der Entstehung der Narkosen- 
lähmungP« fragt Verf. zuletzt. A. Hansson (Cimbrishamn). 


23) H. Lindner. Über Gefäßnaht. 
(Berliner Klinik Hft. 118. Berlin, Fischer, 1898.) 


Bei der Operation einer Kothfistel oberhalb des Lig. Pouparti ereignete sich 
eine Verletsung sowohl der Vena wie Arteria femoralis. Die Vene wurde etwa 
2 cm lang resecirt und unterbunden, das Loch in der Arterie wurde durch Seiden- 
nähte verschlossen: 2 Nahtreihen, eine sämmtliche Schichten der Arterienwand 
fassend, eine zweite nach Art der sero-serösen Naht, Glatte Heilung. 

L. bespricht die für den Verschluss von Gefäßwunden bestehenden Regeln. 

Kreoke (München). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 909 


24) C. Heath. Remarks on the distal ligature in the treatement of 
aneurysm. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 19.) 


H. giebt zunächst einen kurzen Überblick über die historische Entwicklung 
der Behandlungsmethode der Aneurysmen durch eine periphere (distale) Unter- 
bindung. Dieselbe stammt aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts von Brasdor 
und wurde von Deschamps, Astley Cooper, James Wardrop aufgenommen. 
Dem Vorschlag des Letsteren, bei Aneurysma der Art. anonyma eine Unterbindung 
der Carotis communis und dann der Art. subclavia vorzunehmen, ist H. in 2 Fällen 
gefolgt (1865 und 1887). Beide Male war ein günstiger Erfolg — Verschwinden 
von Schluck- und Athembeschwerden ete. — zu verzeichnen. Im Jahre 1869 hatte 
Cockle dann den Vorschlag gemacht, bei Aneurysma im Arcus aortae die linke 
Carotis communis su unterbinden. H. hat diese Operation 6mal ausgeführt; er 
empfiehlt, nur unter Cocainanästhesie zu operiren, die allgemeine Narkose zu ver- 
meiden. Seine Resultate nennt H. selbst nicht sehr ermuthigend; in 3 Fällen 
war eine deutliche Besserung erzielt worden — im ersten Falle lebte der Pat. sogar 
noch Aus Jahre, von seinen Beschwerden wesentlich befreit. 2 Pat. starben im 
Anschluss an die Operation. Wenn man bedenkt, dass es sich um eine unheilbare 
Erkrankung handelt, so muss immerhin die Verlängerung der Lebensdauer auch 
nur auf einige Monate durch die Operation beachtenswerth erscheinen. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


25) Burwell and Bottomley. Surgical abstract. 
(Med. and surg. reports of the Boston City Hospital 1898.) 

Die Verff. geben einen statistischen Überblick über die Thätigkeit in der 
chirurgischen Abtheilung des Hospitals und berichten genauer über die wichtigeren 
Fälle. Ein Aneurysma spurium der Bauchaorta, welches zunächst Ischias vor- 
getäuscht hatte, wurde erst nach seiner operativen Eröffnung als solches erkannt 
und führte sum baldigen Tode. 

Eine andere große Geschwulst im Bauch erwies sich als retroperitoneale 
Lipome, die zum Theil (1070 g) exstirpirt wurden. Der übrige Theil der Geschwulst 
(2400 g) wurde zurückgelassen. Tod durch Peritonitis. — Von 2 Kranken mit per- 
forirten Typhusgeschwüren des Darmes wurde einer durch die Operation gerettet. 

Bei einem Falle von tuberkulöser Meningitis wurde beiderseits die Trepanation 
und Punktion der Seitenventrikel ausgeführt, ohne dass Flüssigkeit entleert wurde. 
Das Kind bekam Krämpfe und starb nach 4 Stunden. Noch eine Reihe von 
anderen Fällen (so von Milsbrand, Strahlenpilzerkrankungen, von Ileus und Vol- 
vulus, von Fremdkörpern im Verdauungskanal) werden ausführlich mitgetheilt. 

Martens (Berlin). 


26) A. Langer. Zur Kasuistik der traumatischen Lymphcysten. 
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 16.) 

Bei der vom Autor beobachteten, 5—6 cm im Durchmesser messenden Cyste 
unterhalb des Rippenbogens, welche einem Fußtritt ihre Entstehung verdankte, 
war der histologische Vorgang so zu deuten, dass das Gefüge des Bindegewebes 
lockerer wurde, dass Zwischenräume zwischen den Bindegewebsfibrillen sich bildeten, 
die eben so wohl durch Ansammlung des flüssigen Inhalts als auch durch Schwund 
der trennenden Bindegewebsfibrillen und Lamellen an Größe zunahmen. Es 
handelte sich demnach — abweichend von dem König’schen Schema (Ersetsung 
des Blutextravasats durch seröses Transsudat) — um einen mehr selbständigen 
Process in traumatisch affieirtem Gewebe. Dasselbe dokumentirte sich auch 
klinisch durch ein allmähliches Wachsthum der Geschwulst, welche erst 14 Tage 
nach dem Trauma erkennbar wurde, bezw. sich zu bilden begann. 

Herm, Frank (Berlin). 


910 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


27) Freund. Ein forensisch und chirurgisch interessanter Fall von 
Schussverletzung. 
(Wiener med. Wochenschrift 1897. No. 31 u. 32.) 

Der Schusskanal durchsetzte den in liegender Haltung getroffenen Körper 
von der Stirn zum Brustbein; über demselben bestand in der Haut ein 5 cm langer, 
3 cm breiter Substanzverlust; das Geschoss war ein (österreichisches) 8 mm Armee- 
projektil. Wodurch kam diese in Form und Größe höchst seltsame Ausschuss- 
öffnung zu Stande? Nach der ganzen Sachlage und experimentellen Schuss- 
prüfungen hing die überwiegende Sprengwirkung des Geschosses von dem schiefen 
Einfallwinkel beim Auftreffen auf das Brustbein ab. Bei den bisherigen experi- 
mentellen Prüfungen der Geschosswirkung ist auf diesen Einfallwinkel nicht ge- 
nügend geachtet worden, und doch vermag die Steigerung des Auftreffwinkels die 
Knochendestruktion in erheblichem Grade zu beeinflussen. Übersteigt der Winkel 
40°, so schlagen die Geschosse meist um und dringen mit ihren Längsachsen durch 
den Knochen. Ist dicht darüber die Haut gespannt, so giebt es dem entsprechend 
größere Ausschussdefekte, so am Schädeldach, Brustbein, Kreusbein, Darmbein, 
Schienbein etc. Unter Kriegsverhältnissen wird dieser Einfallwinkel eine beson- 
dere Rolle spielen bei Niveaudifferenzen der feindlichen Positionen, im Gebirgskrieg, 
im hügeligen Terrain, bei Beschießung flach auf dem Boden liegender Soldaten. 

Herm. Frank (Berlin). 


28) Parlavecchio. La laparotomia esplorativa nei gravi traumi addo- 
minali dal punto di vista clinico e medico legale. 
(Bull. della soc. lancisiana degli ospedali di Roma Bd. XVIII. Hft. 1.) 

P. weist nach, dass die klinischen Untersuchungsmethoden nur selten uns 
befähigen, eine sichere Diagnose einer intraabdominellen Verletzung zu stellen. 
Trotzdem verlangt er für den Explorativschnitt einen geeigneten Operateur, das 
Vorhandensein aller nöthigen Utensilien, das Einverständnis des Kranken bezw. 
seiner Familie und einen noch nicht moribunden Pat. Man soll den Eingriff nur 
dann aufschieben, wenn der Kranke absolut seine Zustimmung nicht giebt, oder 
wenn die Operationsmittel vor der Hand nicht vorhanden sind. Man kann auch 
abwarten, wenn mit Sicherheit keine innere Verletzung vorhanden ist, z. B. wenn 
der Verwundete einen Tag nach dem Trauma in Behandlung kommt, und dann, 
wenn der Verletzte noch später zum Arzt kommt und dieser einen abgesackten 
peritonitischen Herd findet, der zweckmäßig auch später in Angriff genommen 
werden kann. Alle anderen Fälle erfordern den sofortigen Explorativschnitt. Eine 
Kasuistik von 8 Fällen des erfahrenen Chirurgen illustrirt seine klaren Ausein- 
andersetzungen. Dreyer (Köln). 


29) H. v. Bonsdorff. Bidrag till frågan om operativ behandling vid 
recidiverande appendicit. 
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1.) 


30) M. W. af Schultén. Till kännedomen om exstirpation af pro- 
cessus vermiformis i ett icke akut stadium och dess indikationer. 
(Ibid. p. 799.) 


31) A. Krogius. Bidrag till frågan om de akuta och kroniska appen- 
diciternas kirurgiska behandling. 
(Ibid. p. 1036.) 

In der Diskussion über die operative Behandlung der Appendicitiden gehen 
die finnländischen und die schwedischen Chirurgen fast den gleichen Weg. Nach 
den, auch in deutscher Sprache veröffentlichten Arbeiten von Lennander, seinen 
Schülern u. A. über Appendieitisbehandlung sind in dicht auf einander folgender 
Reihe die oben eitirten Arbeiten in den Verhandlungen der Gesellschaft der finn- 
ländischen Ärzte veröffentlicht. Die Frage der operativen Behandlung von reci- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 911 


divirenden Appendieitiden und die Indikationen für die chirurgische Behandlung 
der akuten, vom Wurmfortsatz ausgehenden Peritonitiden wird von den genannten 
Autoren aus theilweise verschiedenen Gesichtspunkten erörtert. Ein reichhaltiges 
und sorgfältig beobachtetes kasuistisches Material von detaillirten und epikritisch 
beleuchteten Krankenbeobachtungen liegt den einzelnen Arbeiten zu Grunde. Fast 
alle klinisch und pathologisch-anatomisch bisher beobachtete Formen sind vertreten. 
Die Indikationen der Exstirpation des Wurmfortsatzes sind von af S. dahin er- 
weitert, dass er auch bei temporären Schmerzen in der anfallsfreien Zeit operirt, 
obschon Resistenz und Druckempfindlichkeit nicht vorhanden sind. Die von K. 
operirten perforativen Appendieitiden mit diffuser, jauchig-eitriger Peritonitis sind 
sehr instruktiv und verdienten wohl sämmtlich eine genauere Erwähnung, als der 
Rahmen eines Referats gewährt. In der Indikationsstellung zur Operation dieser 
Formen räth K. »die Sonne eben so wenig über eine akute Perforationsperitonitis 
als über einen Darmverschluss oder eingeklemmten Bruch untergehen zu lassen «. 
— Die in der chirurgischen Klinik zu Helsingfors befolgte Operationstechnik wird 
von v. B. ausführlich beschrieben. Sie weicht im Wesentlichen nicht von der auch 
in Deutschland allgemein befolgten ab. Besondere Aufmerksamkeit wird der Naht 
der Bauchdecken gewidmet. A. Hansson (Cimbrishamn). 


32) R. Firchau. Über die tuberkulöse Bauchfellentzändung und 
ihre Behandlung. 
Inaug.-Diss., Breslau, Genossenschafts-Buchdruckerei, 1898. 578. 

Im 1., größeren Theil seiner Arbeit giebt Verf. eine übersichtliche Darstellung 
des gegenwärtigen Standes der chirurgischen Behandlung der Bauchfelltuberkulose. 
Die Heilung schreibt er, zwischen den verschiedenen neueren "Ansichten ver- 
mittelnd, der Hervorrufung einer entzündlichen Reaktion zu, an welche sich Binde- 
gewebswucherung und gewissermaßen Unterdrückung der Tuberkelelemente an- 
schlösse. Die von Gatti in den Vordergrund gestellte Wirkung des nach der 
Laparotomie sich in die Bauchhöhle ergießenden Serums hält Verf. für eine Theil- 
erscheinung der entzündlichen Reaktion, der er weniger Bedeutung zumisst als 
genannter Untersucher. 

Im 2. Theil werden 18 von Mikulicz operirte Fälle mitgetheilt. Bei 9 der- 
selben ist die Diagnose theils histologisch, theils bakteriologisch festgestellt worden. 
Aus den Krankengeschiohten geht hervor, dass es sich in 2 Fällen dieser Gruppe 
um umschriebene Processe gehandelt, ohne Nachweis einer ausgedehnten Betheili- 
gung des Bauchfells, und dass sich bei dem einen dieser Pat. das Leiden 9 Tage 
nach einem Trauma zu äußern begann. Heilung wurde in 2/3 der Fälle dieser 
1. Gruppe erzielt. Die 2. Gruppe wird von 6 Pat. gebildet, bei denen die Tuberku- 
lose nur nach dem klinischen Bilde diagnostieirt wurde, ohne histologischen oder 
bakteriologischen Nachweis. Heilung bei 3 Pat. Die 3. Gruppe besteht aus 3 Fällen, 
bei denen die Diagnose weder klinisch noch histologisch sichergestellt ist. Bei 
dem einen wurde eine Laparotomie angefangen, der Verwachsungen wegen aber 
wieder abgebrochen. Ein zweiter wurde medikamentös, der dritte mit Punktion 
behandelt. Alle drei genasen. 

Was die bei den laparotomirten Fällen in Anwendung gebrachte Methode 
betrifft, so bestand dieselbe in Incision, Jodoformgazedrainage, resp. Tamponade, 
Haltenähten und Verband. Die konsequente Anwendung der Tamponade wird 
trotz der vermehrten Herniengefahr bevorzugt, da sioh Verf. von derselben ein 
günstigeres Dauerresultat verspricht. Dass bei umschriebenen Processen mit Eite- 
rung, massiger Granulationsbildung oder drobendem Darmdurchbruch principiell 
tamponirt werden muss, das dürfte wohl allgemein anerkannt werden. Ob aber 
bei diffuser, miliarer Bauchfelltuberkulose mit Ascites ein doch nur mit einem 
kleinen Theil der erkrankten Serosa in Berührung stehender Tampon eine nennens- 
werthe Garantie für dauerndere Heilung giebt, das müsste durch zahlreichere Be- 
obachtungen entschieden werden. Vorläufig wird bei der genannten Form der 
sofortige Schluss der Bauchhöhle in Anbetracht der Kürse der Heilungsdauer und 
der sichereren Vermeidung von Bauchbrüchen doch den Vorrang behalten. 


912 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


Die Wichtigkeit der Untersuchung der Bauchhöbhle, bei Anlass der Laparo- 
tomie, auf einen allfälligen primären Herd und der Nothwendigkeit der Beseitigung 
desselben (Darmresektion, Darmausschaltung, Abtragung tuberkulöser Tuben) wird 
vom Verf. nicht berührt, sollte aber doch bei der Frage von der Behandlung der 
tuberkulösen Peritonitis nicht unbetont bleiben. So operirte Ref. kürzlich eine 
tuberkulöse Peritonitis mit Ascites, welche in kurzer Zeit in völlig diffuser Weise 
aufgetreten war, ohne irgend welche Symptome von Seiten der Genitalien und 
ohne palpable Veränderungen an denselben. Bei der Operation fand sich eine 
verhältnismäßig geringgradige tuberkulöse Salpingitis, die, obgleich als primärer 
Herd anzusprechen, ohne besondere Untersuchung der inneren Genitalien über- 
sehen worden wäre. Derartige Erfahrungen machen es wünschenswerth, dass die 
Incision bei unbekanntem Primärherd nicht allzu klein angelegt werde. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


33) S. L. Ssawitzki. Über die Häufigkeit der Unterleibsbrüche bei 
der männlichen Bevölkerung Russlands. 
(Wojenno-med. Journ. 1898. Januar. [Russisch.)) 

1886—1892 wurden bei der Rekrutenaushebung 2 858 127 Mann untersucht und 
dabei 35 372 mit Brüchen behaftet gefunden; weiter wurden von den ins Militär 
Aufgenommenen 3237 wegen Brüchen beurlaubt, im Ganzen also 38 609, d. i. 1,35%. 
— Um über die Häufigkeit der Brüche im Greisenalter Aufschluss zu erhalten, 
benutzte 8. das Resultat der Untersuchung von 9479 Invaliden, die um Pension 
nachsuchten; davon hatten 1829 Brüche, 19,3% ; 1769mal waren es Leistenbrüche, 
je 14 Schenkel- und Nabelbrüche und 32 Brüche der Linea alba. — Von den 
Leistenbrüchen befanden sich 687 rechts und 417 links. — Diese Invaliden standen 
im Alter von 50—95 Jahren. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


34) R. Meleschko. Zur Frage der Behandlung brandiger Brüche. 
(Aus dem Perm’schen Semstwo-Krankenkaus.) 
(Chirurgia 1898. p. 226. [Russisch.)) 

Nach eingehender Betrachtung über den Stand der Frage in der Litteratur 
berichtet M. über die betreffenden im Perm’schen Krankenhaus seit 1889 aus- 
geführten Operationen. 

Es wurden im Ganzen 44 eingeklemmte Brūche mit einer Sterblichkeit von 
25% operirt. Unter diesen handelte es sich 14mal um brandige Brūche, die alle, 
mit Ausnahme eines einigen, mit Anlegung eines künstlichen Afters behandelt 
wurden. 

Der eine Fall mit Darmresektion genas. 5 Operirte erlebten die nachträgliche 
Resektion und wurden durch dieselbe geheilt, Gesammtmortalität 61%. 

Auch M. spricht sich auf Grund seiner Erfahrungen gegen die Anlegung eines 
Anus praeternaturalis aus. Dieser soll nur für besonders geschwächte Kranke 
bleiben. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


35) J. Merlin. Notiz über die Heilerfolge der Radikaloperation nach 
Bassini in Militärheilanstalten. 
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 18.) 

Referat über 24 Fälle Bassini’scher Operation mit voller Heilung und dem 
Erfolg erhaltener Dienstfähigkeit, so weit die Operation nicht zu jungen Datums 
war. Die 1. Operation stammt aus dem Jahre 1894, die 14 letzten allerdings aus 
dem Jahre 1897. Herm. Frank (Berlin). 


36) J. Schnitzler. Über die bis zum März 1895 an der Klinik Hof- 
rath Albert’s ausgeführten (178) Radikaloperationen nach Bassini. 
(Wiener klin. Rundschau 1898. No. 1—3.) 

Die 178 Radikaloperationen wurden an 108 Pat. ausgeführt; es wurde also 
69mal die doppelseitige Operation gemacht. Es entfielen darauf 2 Todesfälle, von 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 913 


denen einer der Operation zur Last fällt, nämlich akute Sepsis durch Vereiterung 
der tiefen Nähte. Nur 2 von den operirten Hernien waren incarcerirt. Die große 
Zahl der doppelseitigen Operationen erklärt sich daraus, dass bei Bestehen einer 
Hernie schon das Vorhandensein eines offenen Leistenkanals auf der anderen 
Seite mit deutlichem Anprall als Indikation zur doppelseitigen Operation betrachtet 
wurde, Der kürseste Spitalaufenthalt der Operirten betrug 12, der längste 
60 Tage. 

Zur Nachprüfung gelangten nur 45 Männer mit 77 Operationen; sie ergaben 
2 (2,6%) Recidive. 

Die weiteren Ausführungen enthalten eine warme Empfehlung des Bassini- 
schen Verfahrens, das ein thatsächlich radikales ist, auch in dem Sinne, dass die 
von einem Recidiv befallenen Operirten besser daran sind als vor der Operation, 
in so fern, als die Recidivhernie keine Neigung habe, in den Leistenkanal einzu- 
treten. Das Kocher'sche Verfahren verwirft S. in sehr entschiedener Weise, und 
zwar auf Grund theoretischer Erwägungen. Er nimmt ausdrücklich das Recht 
dazu gegenüber Kocher in Anspruch, welch Letzterer nur Demjenigen ein Urtheil 
über sein Verfahren zubillige, der es praktisch erprobt habe. 

Eine tabellarische Übersicht über alle Operationen ist der Arbeit beigegeben. 

Grisson (Hamburg). 


37) W. K. Bart. Zur Kasuistik der Radikaloperation der Hemien. 
(Med. Obosrenje 1898. Hft. 6. [Russisch.)) 

Der 11jährige Knabe trägt seit seinem 2. Jahre einen rechtsseitigen Ing.- 
serot.-Bruch, der jetzt kopfgroß ist und nicht ganz reponirt werden kann: es bleibt 
ein orangegroßer Rest zurück. Die Operation ergab als Inhalt 2 reponible Dünn- 
darmschlingen, das Coecum, das (einen vollständigen Bauchfellüberzug und ein 
Mesenterium aufweisend) bis zum Leistenring zu bringen, und ein 12 cm langes 
Stück des Col. ascendens, welches vorn von Bauchfell bedeckt ist und sich völlig 
unbeweglich erweist. Die Gefäße ziehen von der medialen Seite sum Dickdarm 
in einer niedrigen, dicken Bauchfellfalte, die in das Mesocoecum übergeht; ein 
ebensolcher Übergang findet sich auch lateral; die Hinterwand des Darmes liegt 
der unteren Wand des Leistenkanals und den Gebilden des Scrotums auf; diese 
Befestigung reicht bis 1 cm vor der Valv. Bauhini. B. zog den Darm so weit als 
möglich vor und führte beiderseits parallel dem Übergang des Bauchfells vom 
Darm auf den Bruchsack, Gil: cm von dieser Linie entfernt, je einen Schnitt durch 
die Gewebe des Bruchsacks; diese Lappen wurden abpräparirt (bis zum inneren 
Leistenring) und unter dem Dickdarm mit Lembert’schen Nähten zusammen- 
genäht. Beim Ablösen des medialen Lappens stieß B. auf den Samenstrang, der 
isolirt wurde. Nun konnte der Dickdarm reponirt werden, und es entstand keine 
Knickung (was bei Reposition mit dem ganzen Bruchsack — nach Czerny- 
Collier — geschehen kann); auch wurde beim Vorziehen des Sackrestes der re- 
ponirte Darm nicht mitgezogen. Ligatur des Bruchsackhalses, Abtragen des Sackes, 
Kanalnaht; die erste Naht durch den Sackstumpf wurde zuletzt zugezogen, so dass 
der Stumpf der Bauchwand genähert wurde, um die Lücke im Bauchfell zu ver- 
kleinern. Der Samenstrang blieb im inneren Winkel. — Im späteren Verlauf 
bildete sich ein Hodensackhämatom. Der Pat. stand in einem unbewachten Augen- 
blick schon am nächsten Tage auf und lief in ein Nebenzimmer. — Verf. bedauert, 
damals noch nicht Duplay-Cazin’s Methode des Schlusses des Bruchsacks ohne 
Ligaturen gekannt zu haben; sie wäre hier sehr am Plats. 

6tickel (B. Karabulak, Saratow). 


38) Nélaton et Ombrédanne. Du passage transpubien du cordon 
dans la cure radicale des hernies inguinales et l’orchidopexie. 
(Presse méd. 1897. No. 62.) 

Die üblen Erfahrungen, welche Verf. mit der Methode Bassini’s gemacht 
haben, dass nämlich bei gewissen Individuen die hintere Wand des neugebildeten 
Kanals sehr schwach und dünn ist, was zu Recidiven Veranlassung gegeben hat, 


914 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


haben sie dahin geführt, eine Modifikation für die Verlagerung des Samenstrangs 
zu ersinnen und auszuführen, deren genauere Wiedergabe mir mehr als theore- 
tisches Interesse su haben scheint. 

Nach Ineision der vorderen Wand des Inguinalkanals und Resektion des 
Bruchsackes befreit man den Samenstrang mit möglichster Schonung von allen 
seinen Verbindungen mit den Fasern des Kremasters. Darauf wird eine Hohlsonde 
dicht am oberen Rand des Os pubis eingestoochen und bis zur peritonealen Off- 
nung des Inguinalkanals hindurchgeführt, die auf ihr liegenden Gewebe, also die 
hintere Wand des alten Kanals, werden durchschnitten, die beiden entstehenden 
Lappen durch Kocher’sche Pincetten fixirt. Die Vasa epigastrica werden dabei 
geschont oder können sehr leicht gefasst und unterbunden werden. Mit einer be- 
sonders hiersu konstruirten Pince emporte-piece von Collin wird nunmehr aus 
dem Schambein, etwa 8 mm unterhalb des oberen Randes, ein Loch gemacht, die 
nach innen gelegene Knochenspange mit der Kettensäge durchtrennt und die 
äußere Knochenspange nach außen wie ein Scharnier umgebrochen. Der Samen- 
strang wird durch das Cavum Retzii in die Rinne des Os pubis hindurchgeleitet, 
die Knochenbrücke über ihm zurückgeklappt und das Periost genäht. Hierauf 
folgt fortlaufende Naht der hinteren Wand von oben nach unten und mit demselben 
Faden in umgekehrter Richtung Naht der Aponeurose des Obliquus, so dass gar 
keine Öffnung nach der Bauchhöhle zurückbleibt; zuletzt Hautnaht. 

Die Vortheile dieser Operation sind besonders auch bei Ektopie des Hodens 
einleuohtend; derselbe kann, aufgehalten durch den knöchernen Ring um den 
Samenstrang, nicht wieder in den Inguinalkanal oder die Bauchhöhle zurück- 
schlüpfen. 

Auch wird der Samenstrang durch den neuen, etwas geraderen Verlauf um 
etwa 1 cm scheinbar länger. 

Gefahren sind nach Ansicht der Verf. nicht vorhanden. Die Blase kann nicht 
verletzt werden, da der freie Raum hinter dem Sobambein ziemlich groß ist. Die 
Blutung auch aus dem Knochen ist minimal. Der Knochen wird kaum Neigung 
zeigen, zu proliferiren und dadurch eine Kompression auf den Samenstrang aus- 
zuüben, da der letztere ein sehr gefäßreiches Organ, das Knochenstück aber sammt 
dem Periost auf beiden Seiten entfernt ist. Die Verf. haben diese Methode bis- 
her "mal ausgeübt und sind mit den Resultaten, auch in Bezug auf Reoidive, 
sehr zufrieden. 

(Der Vortheil vor der Methode Bassini’s, dessen Principien — Verlagerung 
des Bamenstranges und Schluss des Inguimalkanals — ja beibehalten sind, nur 
dass jede Öffnung nach der Bauchhöhle aufgehoben wird, ist so in die. Augen 
springend, dass es wohl lohnt, die Modifikation gelegentlich, namentlich bei Fällen 
mit verlagertem Hoden, zu versuehen. Ref.) Tsehmarke (Magdeburg). 


39) 8. Mintz. Ein durch Operation geheilter Fall von Hernia lineae 
albae. 
(Medycyna 1898. No. 6.) 

Ein 36jähriger Mann litt seit 11/2 Jahre an heftigen, namentlich nach dem 
Essen auftretenden kardialgischen Beschwerden, und war bedeutend an Kräften 
verfallen, da er aus Angst vor den Schmerzen jede feste Nahrung mied. Die 
Untersuchung des Magens ergab ganz normale Verhältnisse. Dagegen fand Verf. 
in der Linea alba in der Mitte zwischen Schwertfortsatz und Nabel eine weiche, 
pflaumengroße, auf Druck empfindliche, unbewegliche Geschwulst, über deren 
Genese Pat. keine näheren Auskünfte zu ertheilen in der Lage war. Dieselbe 
entpuppte sich bei der Operation als ein Netzbruch, der mittels eines für den 
Finger pessirbaren Kanals mit der Bauchhöhle kommunieirte. Nach Abtragung 
des vorliegenden Netzes und des Bruchsacks vollständiger Schwund der Magen- 
beschwerden. Traebicky (Krakau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 915 


40) J. Berg. Zwei Fälle von Achsendrehung des Magens. Opera- 
tion. Heilung. 
(Nord. med. Arkiv N. F. Bd. VIII. No. 19. Festband für Axel Key.) 

Von einer bisher nicht beschriebenen, kaum beobachteten Krankheitsform sind 
dem Verf. binnen eines Jahres 2 Fälle begegnet, welohe sowohl im klinischen Ver- 
lauf als nach erfolgter Heilung nur als Volvulus des Magens zu deuten waren. 
In ausführlichen Krankengeschichten, deren nähere Details im Original nach- 
gesehen werden müssen, liefert Verf. zuerst eine Beschreibung des klinischen Ver- 
laufs und der therapeutisch vorgenommenen Maßregeln. Dann werden die wenigen 
bisher bekannt gewordenen analogen Fälle in der Litteratur einer kritischen Be- 
leuchtung unterworfen, wie die Forderungen, welche man in Bezug auf das Ent- 
stehen der Drehung des Magens aufzustellen berechtigt sei. Die beiden Fälle 
Verf.s sind von großem Interesse nicht nur ihrer außerordentlichen Seltenheit wegen, 
sondern auch weil sie die ersten derartigen Fälle, die sur Operation gekommen 
(und geheilt) sind. Auch verdienen sie desshalb Aufmerksamkeit, weil sie nicht 
nur den wenigen bisher bekannten Fällen, sondern auch einander sehr unähnlich 
und dadurch sehr geeignet sind, sowohl das Wesen und die Pathogenese dieses 
lebensgefährlichen Zustands als auch die Lehre der spontanen Gastrorrhexis zu 
beleuchten. A. Hansson (Cimbrishamn). 


41) J. Schnitzler. Über einen Krampftumor des Magens, nebst Be- 
merkungen zum sog. Spasmus pylori. 
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 15.) 

Bei einer schwer hysterischen, 35jährigen Köchin mit Selbstbeschädigungen, 
heftigen Magenbeschwerden, Angaben über Magen-Darmblutungen etc. findet sich 
im Epigastrium, der Regio pylorica entsprechend, mehrmals, aber nicht bei jeder 
Untersuchung, eine kleinapfelgroße, harte, druckempfindliche, verschiebliche, re- 
epiratorisch wenig bewegliche Geschwulst. Bei der Laparotomie zeigt sich der 
Magen von außen zunächst normal, der Pylorus mit etwas verdickter Ringmusku- 
latur und dadurch etwas verengt. Plötzlich seigt sich folgende Veränderung: Am 
Pylorustheil tritt durch eine wehenähnlich ablaufende Kontraktion eine Geschwulst 
von ca. 6—8 cm Länge und mindestens 4 em Dicke auf; die betreffende Partie 
wird sehr hart und rückt förmlich erektionsähnlich an dem vorgezogenen Magen 
vor die Bauohwunde. Nach 2/ Minute verschwindet das Phänomen wieder unter 
Ersehlaffung des Pylorus, wiederholt sich aber innerhalb mehrerer Minuten noch 
3mal. Wegen eines vermutheten, aber nicht verificirten Geschwürs wird die 
Heineke-Mikulios’sche Pyloroplastik zur temporären Ausschaltung des offenbar 
reisbaren Pylorus gemacht, analog der Therapie des Sphinkterspasmus bei Fissura 
ani. — In seine weiteren Ausführungen bezüglich des Spasmus pylori schließt 
sich der Autor der Mikulicz’schen Ansehauung über den Symptomenkomplex 
Spasmus pylori, Ulcus und Hyperaeidität an. Dieser fasst bekanntlich den Spasmus 
als das Primäre auf, Hyperacidität und Gesehwär als sekundäre Erscheinungen, 
welcha ausheilen, wenn durch Pyloroplastik jener Spasmua beseitigt ist. Auch er 
hat in einer Anzahl von Fällen mit Geschwür, bezw. Dyspepsie mit Salzsäure- 
überschuss deutlichen spastischen Verschluss gefunden, während ein sohlafer 
Pylorus den normalen Befund bei nüchternen, zur Operation vorbereiteten Pat. 
darstellt. Eine Operationsindikation kann daraus aber erst bedingungsweise, nach 
konsequent, aber nutslos durchgeführter interner Therapie entnommen werden. 

Herm. Frank (Berlin). 


42) R. Shaw. Notes of a case of perforating gastric ulcer: operation 
and recovery. 
(Brit. med. journ. 1898. März 26.) 
20jähriges Mädchen, seit 10 Monaten Symptome von Magengeschwür. Abends 
9 Uhr,-4 Stunden nach dem Thee, Symptome einer Perforation, Leberdämpfung 
nicht völlig verschwunden. Am anderen Morgen Laparotomie, Übernähung des 


916 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


Geschwürs und der Perforationsöffnung, die an der vorderen Wand nahe dem 
Pylorus ihren Sitz hatte, Drainage der Bauchhöhle nach Auswaschung, da Magen- 
inhalt hineingerathen war. Heilung. F. Krumm (Karlsruhe). 


43) J. C. Hemmeter. The first complete removal of the human 
stomach in America; being also the first total gastrectomy in the 
world. A contribution to the history of this subject. 

(New York med. record 1898. Mär 10.) 

Die Hauptsache der Mittheilung His ist nach seiner eigenen Angabe die Ab- 
sicht, die Aufmerksamkeit darauf hinzulenken, dass die erste totale Exstir- 
pation des menschlichen Magens in Amerika ausgeführt wurde, lange 
vor Schlatter. Bekanntlich versuchte Connor (d. Centralblatt 1885 p. 549 und 
1886 p. 566) den Ösophagus mit dem Duodenum zu vereinigen, aber ohne Erfolg 
und ohne eine Ösophago-Enterostomie in der Weise, wie sie etwas später durch 
Schlatter so glänzend ausgeführt wurde, zu versuchen. Die 50jährige Frau 
Connor’s starb unmittelbar nach der Operation (dies ist auch nie be- 
stritten und auch von Haberkant [Archiv für klin. Chirurgie Bd. II Hft. 3] re- 
ferirt worden). 

Ein Fall von Bernay lebte 36 Stunden (Journ. of the Amer. med. assoc. 
1889 Februar 12 p.341) und wird ebenfalls erwähnt. 

Eingehend bespricht Verf. die Fortschritte, welche die Physiologie durch 
Schlatter’s Operationen bezüglich der mechanischen, chemischen, resorbirenden 
und desinfieirenden Funktionen des Magens erfahren hätte und bestreitet im All- 
gemeinen eine erhebliche Bereicherung unserer Kenntnisse; dagegen kann er nicht 
bestreiten, dass die chirurgische Technik einen einfachen Weg einer Vereinigung 
zwischen Ösophagus und Jejunum gewonnen habe. Loewenhardt (Breslau). 


44) F. Krumm, Über Magenresektion nach der Methode Kocher ’s 
(Gastroduodenostomie). 
(v. Langenbeok’s Archiv Bd. LVI. Hft. 4.) 

Die Methode Kocher’s, d. i. Verschluss der Magenwunde und Gastroduo- 
denostomie, scheint dem Verf. berufen su sein, die Erfolge der Pylorusresektion 
zu sichern. Er hat sie selbst in 2 Fällen mit gutem Erfolg angewendet, indem er 
sich in den Details genau an’ die Vorschriften Kocher's hielt. Ihre Vorzüge 
sind namentlich die Möglichkeit rascher Ausführung bei exakter Nahtvereinigung 
und die günstige Lage der Fistel. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 

D 


45) Oliva. Ricerche sugli effetti della gastroplicatio. 
(Riforma med. — Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 67.) 


Verf. hält selbst eine Beobachtungszeit bis su 15 Monaten für nothwendig, 
um die Frage nach den Folgen der Gastroplicatio zu beantworten. Seine Unter- 
suchungen müssen desshalb als nicht ausreichend betrachtet werden. Indess ist 
es wahrscheinlich, dass die Magenfunktion durch die Operation nicht verändert 
wird. Die Motilität des Magens stellt sich nach der Gastroplicatio bald und 
dauernd wieder her, grobe Veränderungen an der Schleimhaut treten nicht ein. 
Das Endothel der Seross, die an einander gelegt ist, verschwindet. Dagegen 
entwickelt sich hier ein festes Bindegewebe. Die übrigen Schichten der Magen- 
wand gehen keine Veränderung ein. Die Operation muss desshalb in Über- 
einstimmung mit den klinischen Erfahrungen bei idiopathischen Dilatationen 
und bei jenen Magenerweiterungen in Folge gutartiger Stenosen, die auch nach 
Entfernung der engen Stelle nicht verschwinden, empfohlen werden. 

Dreyer (Köln). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 917 


46) H. B. Anderson. Multiple cysts of stomach and small intestines. 
(Brit. med. journ. 1898. Februar 12.) 

Eine 59jährige Pat. war seit 10 Jahren erkrankt an chronischer Diarshöe und 
Magenbeschwerden. Die Beschwerden nahmen in den letzten Jahren zu, es trat 
Erbrechen ein, die Nahrungsaufnahme wurde immer mehr gestört; eine Geschwulst 
links vom Nabel im linken Hypochondrium, die nach aufwärts und links verschieb- 
lich, von glatter Oberfläche und nicht druckempfindlich war, gab Veranlassung zur 
Probelaparotomie: Dabei wurde eine mit der vorderen Magenwand in Verbindung 
stehende, mit Colon’ transversum und einigen Dünndarmschlingen verwachsene 
kindskopfgroße Geschwulst freigelegt. Dieselbe wurde in die Bauchwunde ein- 
genäht und eröffnet, ungefähr 1 Liter röthlich brauner Flüssigkeit aus ihr ent- 
leert. Das Erbrechen hörte auf. Pat. starb 24 Stunden später im Collaps. 

Die Sektion ergab außer der bei der Operation eröffneten Cyste noch weitere 
theils unilokuläre, theils multilokuläre verschieden große Cysten in der hinteren 
Magenwand, hinter dem Netz und im Jejunum (60—150 eem Inhalt). Die Cysten 
lagen in Magen- und Darmwand zwischen Bauchfell und Muscularis, waren ab- 
geschlossen, hatten eine meist glatte Innenwand, die nur an einzelnen Stellen 
papillomatöse Exkrescenzen zeigte. 

Der Inhalt zeigte bei der mikroskopischen Untersuchung: Degenerirte rothe 
Blutkörperchen, Fettzellen, körnigen Detritus, cholestearin- und farblose Nadel- 
krystalle, gelbes Pigment und säulenförmige epitheliale Zellen in Gruppen von 
3—4 neben einander gereiht. Die Magenlichtung war durch die sie verengenden 
Cysten sehr verkleinert, die Schleimhaut dick, nicht entzündet. Die Cystenwand 
war geschichtet, stellenweise sehr gefäßreich, mit Einlagerung von schwarzem 
Pigment. An der inneren Wand fanden sich da und dort epitheliale Zellen, ver- 
einzelt wirkliche papillomatöse Einwucherungen, die die Struktur von Adenomen 
mit beginnender bösartiger Umwandlung zeigten. 
` A. meint, dass es sich, wie bei den Dermoiden, um Einschließung oder fötale 
Überreste bei der embryonalen Anlage und Entwicklung des Magen-Darmrohrs 
handelt. F. Krumm (Karlsruhe). 


47) Gildersleeve. A case of intestinal obstruction due to Meckel’s 


diverticulum. 
(Med. news 1898. März 26.) 

21jähriger Mann erkrankte unter kolikartigen Schmerzen und Stuhlverhaltung. 
In den nächsten Tagen wurden durch Abführmittel mehrfach Entleerungen erzielt. 
Erbrechen, am 3. Tage völlige Darmverlegung. Am 4. Tage schneller Collaps und 
Tod. Es fand sigh eine Abschnürung des Dünndarms durch ein Meckel’sches Di- 
vertikel. Letzteres endete in einen fibrösen Strang, welcher mit dem Divertikel 
einen vollkommenen Ring bildete, durch den eine Schlinge des Dünndarms hin- 
-durchgeschlüpft war. Strauch (Braunschweig). 


48) H. Küttner. Ileus durch Intussusception eines Meckel’schen 
Divertikels. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2.) 

Eine 49jährige Frau war unter den Erscheinungen eines akuten Darmver- 
-schlusses erkrankt. Bei der Laparotomie findet sich bereits eine allgemeine, 
«itrige Peritonitis, ein Theil der Dünndarmschlingen ist gebläht, ein anderer Theil 
kollabirt, das Hindernis für die Kothbewegung lässt sich aber nicht entdecken. 
Enteroanastomose zwischen einer geblähten und einer kollabirten Darmschlinge, 
Drainage des Bauchfelle. 3 Tage später erfolgte der Tod. Bei der Sektion zeigt 
sich 90 cm unterhalb des Übergangs von Duodenum in Jejuneum in der Darm- 
lichtung ein umgestülptes, schneckenartig aufgerolltes Meekel’sches Divertikel, 
welches die Lichtung verlegt hatte, und an dessen Basis eine Gangrän der Darm- 
wand mit 3 stecknadelkopfgroßen Perforationsöffnungen entstanden war. — Außer 
-diesem Falle konnte Verf. aus der Litteratur noch 7 weitere Mittheilungen von 


918 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


Umstülpung eines Meckel’schen Divertikels aufünden; in 3 derselben handelte 
es sich um einen zufälligen Sektionsbefund, in den übrigen Fällen hatte die Um- 
stülpung theils durch mechanische Verlegung der Darmlichtung, theils durch Her- 
beiführung schwerer Ernährungsstörungen in der Darmwand den Tod zur Folge 
gehabt, (8. dieses Blatt p. 839.) Honsell (Tübingen). 


49) H. v. Bonsdorff. Till frågan om adherenser i bukhålan och 
deras operativa behandling. 
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1107.) 

Die von Credé zur Prophylaxe des Ileus vorgeschlagene chirurgische Be- 
handlung schwerer chronischer Unterleibskoliken erörtert Verf. in einer Mitthei- 
lung eines sehr typischen Krankbeitsfalles, dessen Hauptmomente ein deutliches 
Bild des chronischen Darmverschlusses (resp. Darmenge) geben. Eine vorher völlig 
gesunde Frau bekommt schwere Kolikanfälle, von Diarrhõen gefolgt und mit voll- 
ständiger Verstopfung abwechselnd. Zuerst traten die Schmerzen nur des Nachts 
auf, nachher nahmen sie einen völlig intermittirenden Typus an. Verstopfung, bis 
an 9 Tage dauernd, wechselte mit profusen Darmausleerungen unter heftigen Kolik- 
schmerzen und üblem Geruch während 3—4 Tagen ab. Dieser Zustand dauerte, 
trotz interner Behandlung allerlei Art, mehrere Jahre fort. Dabei blieb der Er- 
nährungszustand der Pat. leidlich gut, und sie konnte in den anfallsfreien Tagen 
ihre gewöhnliche Arbeit ausführen. Bei der Leparotomie erwies sich der Dünn- 
darm eben so wie der größte Theil des Diekdarms normal. An der Stelle aber, 
wo das Colon descendens in die Flexur übergeht, ging seine Bauchfellbekleidung 
und sein Mesocolon unmittelbar in denjenigen Theil des Bauchfells, welcher die 
linke Tube und das Ovarium bekleidet, über, und der Diokdarm wurde dadurch 
ins kleine Becken verlagert. Das Bauchfell war an dieser Stelle vernarbt, und 
von hier aus ging das abführende Ende der Flexur unter spitzem Winkel in die 
Bauchhöhle hinauf. Die Flexura sigmoidea war eine halbe Tour um ihren Fuß- 
punkt gedreht. Das Bauchfell war hinter dem ganzen Verlauf des Colon des- 
cendens verdickt, narbig geschrumpft und zeigte Spuren einer überstandenen 
Peritonitis. — Nach Exstirpation der Tube und des Ovariums der linken Seite 
und Ahlösung einiger spannender Stränge nahm die dislooirte Darmpartie ihre 
normale Stelle ein. Die Nachbehandlung wurde vorübergehend von einer Phlebitis 
in der Vena saphena magna sin. gestört, der unmittelbare Effekt der Operation 
war aber sehr gut. Alle Sohmerzanfälle verschwanden, und der Stuhl hatte sich 
noch 4 Monate nach dem Eingriff täglich spontan eingestellt. 

In der Epikrise des Falles führt Verf. noch einen Fall an, wo ein Pat. wegen 
einer narbigen Verwachsung. zwischen Dünndarm und Colon transversum einen 
Volvulus bekam, wodureh zuerst Laparotomie und nachher Typhlostomie mit se- 
kundärem Versehluss der Kothfistel indieirt wurde. 

A. Hansson (Cimbrishamn). 


50) Garski. Seltener Fall einer inneren Darmeinklemmung. (Aus 
der chirurgischen Abtheilung des städtischen Spitals in Odessa.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 15.) 

Es handelte sich um eine 82jährige sypbilitische Frau, bei welcher die Lapa- 
rotomie einen an dem freien Rand des Netzes befestigten Ring von 4 om Durch- 
messer ergab, durch welchen Theile des Colon transversum und descendens durch- 
gezogen waren. Der Ring hatte knorpelharte Ränder. Er wurde durchtrennt und 
herausgeschnitten, wonach anstandslose Heilung eintrat. G. vermuthet, dass der 
Ring aus alten peritonischen Verwachsungen zwischen dem freien Rand des Netzes 
und dem Bauchfell entstanden sei. E. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


51) Mathews. Cyst of the rectum. 
(Med. neen 1898. März 19.) 
Fall auf das Gesäß. Seit der Zeit blieben erhebliche Sohmersen bestehen. 
Die. Stublentleerung war nicht behindert. Bei der Digitaluntersuchung fand sich 
in der Hinterwand des Mastdarms in der Höhe von 31/; Zoll eine orangegroße 


Centralblatt für Chirurgie. No, 35. 919 


Geschwulst, welche als Sarkom angesprochen wurde. Bei der Operation erwies 
sich dieselbe jedoch als eine von der Mastdurmwand ausgehende, klare Flüssigkeit 
enthaltende Cyste offenbar entzündlichen Ursprungs. Strauch (Braunschweig). 


52) F. Parone (Novara). Über die Exstirpation der Malariamilz und 
besonders über die Wirksamkeit der subkutanen Jod-Jodkaliinjek- 
tionen bei Behandlung derselben. 

(Policlinico 1898. Januar 15.) 

Verf. giebt einen Beitrag zur konservativen Therapie der chronischen Milz- 
hypertrophie bei Malaria, indem er einige Krankengeschichten mittheilt. I. 32- 
jähriger Mann mit enormer Milzschwellung, seit etwa 3 Jahren bestehend; Jod- 
injektionen (nach Durante); schon bei der 3. Injektion trat Besserung ein. 
Allmähliche Volumensabnahme der Mils bis kaum zur Hälfte der ursprünglichen 
Größe. IL 30jährige Frau mit beträchtlicher Milzschwellung, die gans allmählich 
entstanden war. Die Jodinjektionen hatten auch hier sehr guten Erfolg, indem 
die Milz fast bis zur normalen Größe herabging. III. 45jährige Frau; vergrößerte 
und verlagerte Milz. Nach 8 Jodinjektionen trat beträchtliche Verkleinerung der 
Milz ein. Wegen der Beschwerden, die durch die abnorme Beweglichkeit des 
Organs hervorgerufen wurden, wurde dasselbe exstirpirt. Tod am 4. Tage (geringe 
Hämorrhagie). IV. 25jährige Frau mit bedeutender Milsschwellung. Jodinjek- 
tionen brachten eine erhebliche (um 2/3) Verkleinerung des Organs zu Stande, 
gleichzeitig mit wesentlicher Besserung des Allgemeinbefindens. — Die Jodein- 
spritsungen wurden jeweils 1mal in 24 Stunden vorgenommen; die angewandte 
Flüssigkeit war bereitet aus: Jod. pur. 0,25, Kal. jodat., Guajakol e 2,50. Glycerin. 
puriss. 25,0. Während dieser Kur muss der Kranke zunächst 8—10 Tage zu Bett 
liegen; danach elastische Leibbinde. Stets ging eine erhebliche Besserung des 
Allgemeinbefindens Hand in Hand mit der Verkleinerung der Milz. 

Verf. berichtet noch über 2 weitere Fälle von Milzhypertrophie, in deren einem 
die Milz exstirpirt wurde (Pat. überstand die Operation gut und war wesentlich 
gebessert, starb aber doch 2 Jahre danach). In dem anderen Falle, wo es sich 
um einen hämorrhagischen Infarkt handelte, wurde die Mils an die Bauchwunde 
angenäht, ineidirt und tamponirt; glücklicher Verlauf. — Im Ganzen warnt Verf. 
vor allsu eifrigem Operiren, namentlich bei vorgeschrittener Kachexie, und 
empfiehlt dringend die subkutanen Jodeinspritzungen. 

H. Bartsch (Heidelberg). 


53) Franke, Beiträge zur Chirurgie der Gallenwege (nebst Mitthei- 
lung eines Falles von Gallensteinileus). 
(Festschrift der Braunschweiger Ärste zur 69. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Arste 1897.) 
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897. 

Verf. theilt seine Erfahrungen auf dem Gebiet der Chirurgie der Gallenwege 
an der Hand von 20 Fällen mit. Er steht im Allgemeinen auf dem Standpunkt 
Kehr's und Riedel’s, bevorzugt für alle Fälle die einzeitige Operation und die 
Drainage der eröffneten Gallenblase; er legt die Öffnung der Gallenblase sp groß 
an, dass er sie mit dem Finger abtasten kann. Für den primären Verschluss der 
Blase eignen sich höchstens die Fälle von Solitärsteinen, bei denen die Galten- 
blasenwand völlig gesund zu sein scheint, was wohl sehr selten sein wird. Eine 
Probepunktion durch die Bauchdecken verwirft Verf. gänzlich, punktirt aber vor 
Eröffnung der freigelegten und möglichst weit hervorgesogenen Gallenblase die- 
selbe, um ein Bild su gewinnen von ihrem flüssigen Inhalt und ev. noch besondere 
Vorsichtsmaßregeln zum Schutz der Bauchhöhle zu treffen. Die Gallenblase wird 
erst nach völliger Entleerung und Abtastung aller Gänge an das Peritoneum und 
die Fascie angenäht. 

Die Mittheilungen des Verf. bieten eine Menge interessanter Einzelheiten, 
deren genauere Wiedergabe hier zu weit führen würde. Bämmtliche Fälle bis auf 


920 Centralblatt für Chirurgie. No. 35. 


einen betrafen Frauen. 3mal waren Steine im Cysticus, 2mal solche im Chole- 
dochus su bekämpfen. In den meisten Fällen war kein Ikterus vorhanden gewesen. 
Auch Verf. hat die Erfahrung gemacht, dass bei eingeklemmten Steinen im Cysticus 
die bekannten Cholagoga, auch Karlsbader Salz, durch Vermehrung des Katarrhs 
und der Schwellung der Schleimhäute eher schädlich wirken als nützen. 

Interessant ist seine Erfahrung mit einer Cysticotripsie; einige Bröckel spießten 
sich in die Cysticuswand und gaben Veranlassung zu neuen Kolikanfällen, bei 
denen sich jedes Mal solche Bröckel mit dem Stuhl entleerten. Verf. verwirft 
daher diese Methode gänzlich, schon um den Kranken neue Sorge und Angst zu 
ersparen. — Einmal handelte es sich um eine Peritonitis mit Ileuserscheinungen, 
ohne dass eine Perforation eingetreten war. Solche Bauchfellentgündungen geben 
im Allgemeinen eine gute Prognose. Die Kranke wurde denn auch durch die 
Operation, bei der 30 bis haselnussgroße Steine entfernt wurden, gerettet. In 
2 anderen Fällen wurde wegen Bestehens einer Fistel nachträglich die Cholecyst- 
ektomie nothwendig. Bemerkenswerth ist auch ein Fall, bei dem Verwachsungen 
der Blase mit dem Blinddarm und Duodenum vorhanden waren, in denen je ein 
Stein eingekeilt saß. Man konnte hier gewissermaßen die Steine auf ihrer Wan- 
derung nach dem Darm beobachten und eine Erklärung für die häufige Verwechs- 
lung der Gallensteinerkrankung mit Perityphlitis finden. — Verf. hat einen Todes- 
fall an Peritonitis zu beklagen bei einem Choledochusstein, wo die Operation sich 
äußerst schwierig gestaltete. Die Sektion ergab völliges Geschrumpftsein der Blase 
und narbigen Verschluss des Choledochus; diese Frau war hochgradig ikterisch 
gewesen. In einem anderen Falle von Choledochusstein war nur zeitweise Ikterus 
Se der Stein schwamm in dem erweiterten Gang und wirkte als Kugel- 
ventil. 

3mal war die Erkrankung komplieirt mit Carcinom, das, wie Verf. ahnimmt, 
in Folge des durch die Steine ausgeübten Reizes auf das Epithel entstanden ist. 

Als Kuriosum fügt Verf. noch eine Beobachtung hinzu, wo ein Mann mit 
einer Leistenbernie Dleuserscheinungen darbot, welche nach hohen Eingießungen 
verschwanden, und wo schließlich als Ursache aus dem Mastdarm ein sehr großer 
Kothstein entfernt werden konnte, der sich um mehrere Gallensteine herum gebildet 
hatte; er war 6 cm lang und 5 om dick. 

Zum Schluss seiner interessanten Ausführungen empfiehlt F. dringend die 
rechtzeitige Operation, selbst auf die Gefahr hin, welche heute keine Gefahr mehr 
ist, dass es sich nur um eine Probelaparotomie handeln könnte. Natürlich sei 
eine genaue Diagnose wünschenswerth. Die Differentialdiagnose zwischen Neu- 
bildung und Steinen ist oft recht schwierig. Bei plötzlich eintretendem Ikterus 
ohne Koliken ist der Verdacht auf Neubildung gerechtfertigt. Die Thatsache, 
dase das weibliche Geschlecht so sehr überwiegt, führt Verf. auf das Schnüren 
der Taille und das Tragen unzweckmäßiger Korsetts zurück. 

Tschmarke (Magdeburg). 


54) A. A, Anufrijew. Zur Kasuistik der mesenterialen Chyluscysten. 
(Chirurgia 1898. p. 244. [Russisch.]) 

Die fluktuirende Geschwulst, welche die 26jährige Kranke seit 4 Jahren im 
Leibe bemerkt hatte, machte bei der Untersuchung den Eindruck, als ob sie mit 
dem linken Parametrium im Zusammenhang stehe. Es zeigte sich aber bei der 
Operation, dass eine Chylusoyste des Dünndarmgekröses vorlag. Die Geschwulst 
nach außen zu ziehen, war unmöglich. Sie wurde punktirt, wobei sich oa. 400 ccm 
Flüssigkeit entleerten, der schlaffe Sack, so viel als anging, abgebunden und vor 
der Ligatur abgetragen. Zunächst füllte sich der zurückgebliebene Sack der Cyste 
noch einmal, ob mit Eiter oder einer anderen Flüssigkeit, blieb unbekannt. Dann 
verschwand allmählich die Geschwulst, und die Kranke war vollständig geheilt. 

E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. S 


Druck und Verlag von Breitkopf und Härtel in Leipzig. 


—— 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


Laien Lu E Rite 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Em nn see 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 36. Sonnabend, den 10. September. 1898. 


Inhalt: 1) Erben, Muskelrheumatismus, — 2) Minor, Lnmbalschmerz und Ischias. 
— 8) Niebergall, 4) Werler, Gonorrhoe. — 5) Rockwell, 6) Oudin, 7) Brocq, Elektrische 
Behandlung von Haut- und Schleimhautleiden. — 8) Morris, Nierenchirurgie. — 9) Hof- 
meler, Myomotomie. — 10) Destot, Vorderarmbrüche. — 11) Destot, Sprungbeinbruch. 
— 12) Tallqvist, Beingeschwüre. 

13) Mrha, Harnröhrenplastik. — 14) Molteni, Singultus bei Cystitis. — 15) Ssergejew, 
Steinschnitt. — 16) Betcke, Nierenverschiebung. — 17) Thümmel, Tuberkulöse Wander- 
niere. — 18) Link, Nierenzerquetschung. — 19) Denecke, Nierenblutung nach Nephro- 
lithotomie. — 20) Schwyzer, Morbus Addisonii. — 241) Berger, Beckenmyxome. — 
22) Martin, 23) Gottschalk, 24) Hartmann und Fredet, Gefäßunterbindung bei Uterus- 
myomen. — 25) Klippel, Gesammte Entwicklung der oberen Extremität. — 26) Herdt- 
mann, Absprengung des Processus coronoides ulnae. — 27) Legueu, Synovitis tuberculosa. 
— 2%) Pont, Knöchelbruch. — 29) Jacoby, Zur Gewohnheitslähmung. 


1) 8. Erben. Klinische Untersuchungen über Muskelrheu- 


matismus (Nackenschmerz, Kreuzschmerz). 
(Beiträge zur klin. Mediein und Chirurgie.) 
Wien, Wilhelm Braumüller, 1898. 

Verf. berichtet auf Grund sehr eingehender klinischer Unter- 
suchungen unter besonderer Berücksichtigung der Anatomie und 
Physiologie über seine Erfahrungen, die dem bis jetzt Angenommenen 
widersprechen. 

In 12 Fällen von rheumatischem Schiefhals, die E. untersucht 
hat, bestand kein Muskelrheumatismus, die Kopfhaltung war nicht 
durch krankhafte Verkürzung eines Sternocleidomastoideus bedingt. 
Die schiefe Kopfhaltung war das Primäre, wurde wegen Verhütung 
von Schmerz eingehalten; die vorgefundene Muskelkontraktion war 
das Sekundäre. Die Muskeln zogen den Kopf nicht in seine schiefe 
Stellung, sondern hatten die Aufgabe, ihn in seiner Neigung zu er- 
halten. Die Schmerzhaftigkeit wurde stets an der konvexen Seite 
gefunden und hatte eine Lokalisation und Ausbreitung, die keinem 
Muskel entsprach. Bei der Halswirbelsäule wurden meist druck- 

36 


922 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


empfindliche Partien ermittelt, die den Dornfortsätzen der 4 oberen 
Halswirbel entsprachen. In 3 Fällen war der Nerv. occipit. major, 
in 1 Falle der kleine Hinterhauptnerv am Proc. mastoideus schmerz- 
haft. Man konnte in allen Fällen die seitliche Neigung des steif- 
gehaltenen Kopfes ohne Schmerz vermehren, stets war Rotation nach 
beiden Seiten möglich, dagegen war die Neigung nach der konvexen 
Seite behindert. Keiner der Muskeln der konkaven Seite zeigte ver- 
mehrten Tonus; Spasmus als Urheber des Torticollis rheum. ist also 
ausgeschlossen, und der Schmerz trat auch nicht auf durch schein- 
bare Dehnung dieser Muskeln. Es ließ dies darauf schließen, dass 
die Gelenke an der konvexen Seite erkrankt, oder dass die zwischen 
ihnen austretenden Halsnervenwurzeln dieser Seite afficirt sind. Die 
ungestörte Rotationsfähigkeit steht hiermit nicht in Widerspruch, da 
die Rotation des Kopfes fast ausschließlich im Atlanto-epistropheus- 
Gelenk vor sich geht. Im Falle 2 musste eine Gelenkaffektion aus- 
geschlossen werden. Es waren hier die Muskeln »neuralgisch in- 
sufficient«, indem bei Bewegungen durch Druck auf die Nerven 
innerhalb des Muskels Schmerz erzeugt wurde. Ähnlich war es im 
12. Falle. 

Die Erfahrungen über Lumbago stützen sich auf200 Beobachtungen. 
Auch hier konnte E. feststellen, dass bei keinem eine Muskelerkran- 
kung vorlag. Durch verschiedene genaue und oft wiederholte 
schonende Untersuchungen suchte E. den Schmerzpunkt festzustellen, 
und es gelang ihm, diese 200 Fälle auf Grund seiner Untersuchungen 
in 3 resp. in 4 Kategorien einzutheilen. Die erste, 119 Fälle um- 
fassend, beruht auf einer Affektion der Lendenwirbelgelenke und ist 
charakterisirt durch eine Druckempfindlichkeit an den Gelenken, 
Behinderung der gleichseitigen Lateralflexion und konkave Krümmung 
der Lendenwirbelsäule nach der gesunden Seite. In der 2. Gruppe 
— 21 Fälle — handelt es sich um eine Neuralgie des Hautnerven, 
die vom 3. hinteren Lumbalast ausgeht. Die Gegend der Wirbel- 
gelenke ist nicht schmerzhaft, dagegen der Clunialpunkt. Die Seit- 
wärtsneigung nach der der Schmerzseite gegenüberliegenden Richtung 
weckt den bestehenden Schmerz, indess die dem Schmerz gleich- 
seitige Lateralflexion gewöhnlich vollkommen schmerzfrei oder weit 
weniger empfindlich ist. Gruppe 3 stellt eine Kombination von Ge- 
lenkerkrankung und Clunialneuralgie dar. 

In den restirenden 24 Fällen war in 9 Fällen die Diagnose nicht 
zu stellen. Die übrigen waren theils auf chronischen Alkoholismus (3), 
beginnende Tabes (2), Osteomalakie (1) zurückzuführen. Wenn auch 
die Untersuchungen noch weiterer Nachprüfungen bedürfen, so ist 
es doch sehr verdienstvoll, unsere Aufmerksamkeit auf das dunkle 
Gebiet des Muskelrheumatismus wieder gelenkt zu haben, und es dürfte 
desshalb die Lektüre dieser Abhandlung zu empfehlen sein. 

Borchard (Posen). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 923 


2) Minor. Über eine Bewegungsprobe und Bewegungsstörung 
bei Lumbalschmerz und bei Ischias. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 23 u. 24.) 

Auf Grund einer ganzen Reihe eigener Beobachtungen — von 
einigen beweisenden Beispielen werden die Krankengeschichten ge- 
geben — weist M. auf Eigenthümlichkeiten hin, die bei Kranken mit 
traumatischem Lumbalschmerz, echter Lumbago und Ischias hinsicht- 
lich der Art beobachtet wurden, wie solche Pat., auf dem Boden 
sitzend, sich aufzurichten suchten. Er glaubt für sie die einzelnen 
Affektionen charakteristischen Unterscheidungsmomente entdeckt zu 
haben, die, wenn sie sich bewähren, entschieden Beachtung verdienen. 

Bei traumatischem Lumbalschmerz erhebt sich der Kranke, 
indem er die ganze Reihe der bekannten für die Pseudohypertrophie 
der Muskeln charakteristischen Positionen durchmacht. 

Auch bei der klassischen Lumbago pflegt dies gewöhnlich der 
Fall zu sein. Es schien besonders auf eine Ausschaltung der Thätig- 
keit der Musculi erectores trunci anzukommen. 

Anders war es bei Ischias, auch dann, wenn diese abwechselnd 
mit Lumbago bei demselben Individuum auftrat. Der Ischiaskranke 
führt nämlich, wenn er sich erheben will, seine Hände nach hinten, hebt, 
sich auf dieselben stützend, das Becken und beginnt dann langsam das 
Becken nach hinten zu verschieben, indem er zu diesem Zweck die 
Kniee beugt und die Fußsohlen unter das Gesäß bringt; er beginnt 
dann langsam seinen Rumpf nach oben zu erheben, wobei er die Kniee 
gerade streckt und sich mit der einen Hand vom Boden abstößt, mit 
der anderen aber in der Luft balancirt. 

Verf. unterscheidet demgemäß: 

1) Hinterpose — Balanciren (Ischiadische Dyskinese). 

2) Vorderpose — Balanciren (Lumbale Dyskinese). 

War im Moment der Untersuchung gerade das Übergangs- 
stadium vom Lumbago zur Ischias vorhanden, so trat, je nachdem, 
ob im Moment der Untersuchung der Schmerz im Kreuz oder im 
Bein überwiegend war, beim Erheben des Körpers aus der sitzenden 
Lage bald die vordere, bald die hintere Pose in die Erscheinung. 

Bei gleichzeitigem Vorhandensein von Ischias und doppelseitigem 
Lumbal- und Sacralschmerz treten Kombinationen beider oben be- 
schriebener Erhebungsweisen ein, wobei gewöhnlich die Ischias ton- 
angebend ist: erst Hinterpose-, dann Vorderposemodus. 

M. glaubt sich überzeugt zu haben, dass, ganz seltene Fälle ab- 
gerechnet, die Art der Aufrichtung des Rumpfes für ausgesprochene 
Ischias eben so charakteristisch ist, wie die vordere Pose und das 
Klettern für die Pseudohypertrophie der Muskeln. Bei Coxitis wurde 
nur ein einziges Mal die für Ischias charakteristische Dyskinese 
gleichfalls beobachtet. 

Wenn der Schmerz auch nur in der einen Hälfte der Lenden- 
muskeln lokalisirt ist, auch dann kommt beim Aufstehen schon die 
hintere Pose und das Balanciren zu Stande. 

36* 


924 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


Die Erhebungsweise bei doppelseitiger Ischias hat M. zu be- 
obachten noch nicht Gelegenheit gehabt. 

Mit dem Hinweis der Wichtigkeit seiner Feststellungen für die 
Entscheidung der Simulation und der Aufforderung, zur Nachprüfung 
nur schwere klare Fälle zu benutzen, schließt M. seine Arbeit. 

E. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


3) Niebergall (Halberstadt). Zur Behandlung der Gonorrhoe, 
insbesondere mit Argonin und Protargol. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. No. 6.) 

Verf. hat auf Grund mehrfacher Empfehlungen in letzter Zeit 
bei Gonorrhoe Versuche mit Argonin und Protargol, Eiweißverbin- 
dungen des Silbers, angestellt, welche im Allgemeinen einige Vor- 
züge derselben dargethan haben. Indess wurde die Dauer der Be- 
handlung nicht wesentlich abgekürzt; denn zur Abtödtung der Gono- 
kokken in der vorderen Harnröhre bedurfte man etwa 10 Tage, zur 
Sicherung des Erfolgs und zur Beseitigung der Entzündungs- 
erscheinungen abermals 10 Tage. War aber auch der hintere Theil der 
Harnröhre befallen, so wird die Behandlungsdauer noch erheblich 
verlängert, und die bekannten Schwierigkeiten, auch. diesen Theil 
mit der antiseptischen Flüssigkeit zu bespülen, bestehen selbstver- 
ständlich für diese Mittel eben so wie für jedes andere. Dazu kommt 
nun noch der hohe Preis der neuen Mittel. N. berechnet die Kosten 
der 20tägigen Behandlung einer einfachen Urethritis anterior schon 
auf 4,20.4. Da nun in der Armee etwa 7000 Tripperkranke zu be- 
handeln seien, so glaubt N. von der Anwendung der theuren Silber- 
mittel bis zur Herabsetzung des Preises abrathen zu sollen. Als 
vollkommen ausreichenden Ersatz derselben sieht N. die systema- 
tischen Spülungen der Harnröhre mit Lösungen des hypermangan- 
sauren Kali nach Janet an. Diese können allenfalls mit einer etwas 
voluminöseren Spritze, besser mit einem Irrigator gemacht werden. 
Muss auch der hintere Harnröhrentheil bespült werden, so gilt es, 
den Widerstand des Sphinkters zu überwinden, was bei stetigem 
hohem Druck und bei gespreizten Beinen im Liegen leicht dadurch 
gelingt, dass man den Kranken auffordert, Harn zu lassen, nöthigen- 
falls unter Gebrauch von Cocain. Von den Vorrichtungen zur In- 
stillation ist N. kein großer Freund. Lühe (Königsberg ifPr.). 


4) Werler (Berlin). Über praktisch wichtige Verbesserungen 
der Injektionstechnik bei der Heilung des akuten Harn- 
röhrentrippers mit Lösungen von Silbereitrat (Itrol). 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 16.) 

W., welcher bereits in einem früheren Aufsatz (Berliner klin. 
Wochenschrift 1896 No. 37) den Beweis für die Eigenschaft des 


Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 925 


Silbercitrats als eines zuverlässigen und brauchbaren Trippermittels im 
ausgedehnten Maße erbracht hat, betont neuerdings die kräftige 
baktericide Energie des Mittels, dessen Einspritzung von milder, 
schmerzloser, keine Reizungszustände erzeugender Wirkung ist, wobei 
das Mittel eine ergiebige Tiefenwirkung auf die von Gonokokken 
durchdrungenen submukösen Gewebsschichten ohne Schädigung der 
normalen Organbestandtheile verursacht. 

W. bringt nun auf Grund seiner reichen Erfahrungen auf dem 
Gebiet der Itroltherapie des Trippers erprobte, wesentliche Ver- 
besserungen der Injektionstechnik für die Zwecke der allgemeinen 
Praxis zur Kenntnis, welche sich in Folgendem zusammenfassen lassen. 

Die Itroleinspritzungen, welche so frühzeitig wie möglich in An- 
wendung zu bringen sind, sind 4—5mal lauwarm in 24 Stunden zu 
machen, mit einer Spritze von 6—8 ccm Inhalt, und verbleiben 
10 Minuten in der Harnröhre nach vorausgegangener Reinigung der- 
selben mit einer halben Spritze der Injektionsflüssigkeit. Sie müssen 
anfänglich sehr schwach (0,02:200,0), sodann beim Nachlassen der Ent- 
zündung allmählich stärker verschrieben werden, bis zur höchsten 
Koncentration (1:3800). Gold (Bielitz). 


5) A. D. Rockwell. On the value and imitations of the 
electrolytic method of treatment, with special reference to 


subcutaneous naevi and urethral stricture. 
(New York med. record 1898. April 16.) 

Die Elektrolyse hat die großen Erwartungen auf Heilwirkung 
bei chirurgischen Leiden, welche immer von Neuem erregt wurden, 
nicht erfüllt. Verf. glaubt auch, trotz der Berichte über Serien von 
100 Fällen von Harnröhrenstrikturen, welche, wie bekannt, auf die 
Anwendungen von wenigen Milliampère hinwegschmelzen sollen, dass 
diese Mittheilungen nicht ernst zu nehmen und darauf zurückzuführen 
sind, dass es sich um die Verwechslung mit spastischen Verengungen 
-einerseits, andererseits auch um mechanische graduelle Dilatationen 
gehandelt habe; denn wir können nicht einen Strom, der stark genug 
wäre, ohne Schaden für das gesunde Gewebe auf die Striktur selbst 
koncentriren. Eben so ist eine Narbe auf der Körperoberfläche 
nicht in ausgiebiger Weise durch einen schwachen Strom zu beein- 
flussen, und es ist ein Mysterium, warum in der dunklen Urethral- 
lichtung die chemische Wirkung der Elektrolyse substantiell so ver- 
schieden sein soll. Auch die großen Hoffnungen der Gynäkologen 
auf die Behandlung der intra-uterinen Geschwülste sind auf geringe 
Ansprüche herabgesunken; kein Wunder, denn jeder weiß, dass z. B. 
ein Fibrom an der Außenseite des Körpers nicht durch Elektrolyse 
zum Verschwinden gebracht werden kann. 

Nicht genug kann dagegen R. die vorzügliche Wirkung der 
Elektrolyse auf die vaskulären Geschwülste bei Kindern rühmen. 
Diese teleangiektatischen resp. kavernösen blutreichen Geschwülste 


926 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


können ohne jede Gefahr bei richtiger Technik mit Erfolg behandelt 
werden. Das wichtigste ist dabei, feste Coagula zu erzielen, welche 
dann, sich selbst überlassen, allmählich absorbirt werden. Gewöhn- 
lich nimmt der Tumor rapide während der ersten 5 Wochen ab, 
dann schwindet er langsamer, und in manchen Fällen dauert die 
Heilung Monate lang. Die negative Elektrode von 3 Zoll Durch- 
messer aus Modellirthon wird z. B. auf die Schulter aufgesetzt, 3 Platin- 
nadeln in eine walnussgroße Geschwulst der Wange in gleichen 
Abständen hineingestoßen (bis auf 1 cm von der Spitze mit einer 
Isolirschicht umgeben). Der Strom wird allmählich auf 60 Mili- 
ampère gebracht; nach 10 Minuten ist feste Gerinnung eingetreten, 
und die Operation, übrigens in der Narkose, beendet. Weder 
Schmerzen noch Entzündung folgen, nach 3 Monaten findet sich 
kaum eine Spur von der weichen und kompressiblen Geschwulst. 
Bedingung zum Gelingen ist, dass der Strom genügend stark ist, 
weil sich bei unvollständigen Gerinnungen die Cirkulation wieder 
herstellt; auch muss in der Zeitdauer die richtige Mitte innegehalten 
werden. Die Kinder dürfen nur bei völliger Gesundheit der Maß- 
nahme unterworfen werden. 

Ref. hatte Gelegenheit, auf dem Moskauer Kongress gelegentlich 
der Mittheilungen Apostoli’s diese Behauptungen ebenfalls mit 
günstig geheilten Fällen illustrirt zu sehen. Die Behandlung der 
Strikturen dürfte bei Durchsicht der Statistiken Newman’s doch 
nicht gänzlich auf Täuschung zurückgeführt werden können. Auch 
die lineare Elektrolyse Le Fort’s, welche Ref. selbst ausführte, 
bietet zweifellos Aussichten. Loewenhardt (Breslau). 


6) Oudin. Über die Wirkungsweise des Wechselstroms und 
der hochgespannten Ströme bei den Erkrankungen der Haut 
und Schleimhäute. 

(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 4.) 

Noch besser als die in letzter Zeit mehrfach empfohlene Fran- 
klinisation sollen Ströme von raschem Wechsel auf manche Erkran- 
kungen wirken. Es kann nicht meine Aufgabe sein, die ausführlich 
gegebene Beschreibung des von O. verwendeten Instrumentariums 
hier zu wiederholen. Wer solche Versuche machen will, muss das 
Original nachlesen. Die »hohen Wechselströme« wirken einmal sehr 
günstig auf das Allgemeinbefinden; lokal beeinflussen sie die trophi- 
schen und vasomotorischen Nerven und die Infektionserreger. 

Verf. berichtet über eine größere Anzahl von Fällen — trophische 
Störungen, Psoriasis, Ekzem, Impetigo, Zoster, Furunkulose, Acne, 
Rosacea, Mollusca contagiosa, Hauttuberkulose, adenoide Vegeta- 
tionen, blennorrhoische Ulcerationen am Collum uteri, syphilitische 
Tonsillitis. Die Erfolge sind sehr günstige gewesen, speciell Jucken 
wurde sehr energisch beeinflusst; eine keimtödtende Kraft ist den 


Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 927 


Strömen jedenfalls eigen. Die Methode »darf einen ebenbürtigen 
Platz neben den anderen physikalischen Heilmethoden beanspruchen«. 
Jadassohn (Bern). 


7) Brocq. Traitement des sclerodermies en pläques et en 
bandes par l’electrolyse. 
(Ann. de dermat. et de syph. 1898. No. 2.) 

Auf der Basis von 9 persönlichen Beobachtungen, deren Details 
im Original nachzulesen sind, kommt Verf. zu dem Schluss, dass eine 
günstige Wirkung der Elektrolyse auf den Verlauf umschriebener 
Sklerodermieformen nicht zu leugnen ist. Dieses Verfahren ist ab- 
solut gefahrlos, artificielle Narbenbildung lässt sich vermeiden; 
gelegentlich kann es auch vorkommen, dass ein günstiger Einfluss 
vermisst wird. Die Elektrolyse ist zu kombiniren mit der Anwen- 
dung des grauen Pflasters in den zwischen den einzelnen Sitzungen 
liegenden Intervallen. Hinsichtlich der exakten Dosirung der Elek- 
tricität und der Häufigkeit der Wiederholung des kleinen Eingriffs 
innerhalb bestimmter Zeitperioden bedarf es noch weiterer Prüfung. 

Kopp (München). 


8) H. Morris. The Hunterian lectures on the surgery of 
the kidney. 
(Brit. med. journ. 1898. März 26; April 2., 9., 16. u. 23.) 

M. bespricht in diesen Vorlesungen in zusammenfassender 
Weise Ursprung, Entwicklung und den heutigen Stand der Nieren- 
chirurgie. 

Nephrektomie, Nephrotomie, Nephrolithotomie, die M. selbst 
mit Entfernung des Steines 34mal (gestorben nur 1 Pat.) ausgeführt 
hat, dann die Nephropexie, für die M. selbst eine eigene Methode 
angegeben hat, werden nach der Reihe mehr oder weniger ausführlich 
besprochen. Unter dem Kapitel Resektion der Niere giebt M. 
ebenfalls eigene Erfahrungen. Er hat nicht nur bei Nierenabscessen, 
die ihren Sitz in der Rinde hatten, sondern auch mehrmals bei 
Tuberkulose der Niere von der konservativen Resektion der erkrankten 
Nierentheile mit Erfolg Gebrauch gemacht. Nur in einem unter 
6 Fällen wurde wegen Recidivs später die Exstirpation der Niere 
nothwendig. Ausführlich werden an der Hand eigener Fälle, deren 
Illustrationen beigegeben sind, die Operationen an den Harnleitern 
besprochen. Von besonderem Interesse sind dabei die plastischen 
Operationen, die M. selbst wegen Hydronephrose gemacht hat. Auch 
die Wunden der Harnleiter und ihre Behandlung, so wie die ver- 
schiedenen Methoden der Harnleitervereinigung und Anastomosen- 
bildung werden ausführlicher behandelt. Den Hauptfortschritt der 
Nierenchirurgie sieht M. in ihrer konservativen Richtung. 

In einer 2. Vorlesung geht M. dann speciell auf das Nieren- 
steinleiden ein, um die Schwierigkeiten bei seiner Diagnose, die Irr- 
thümer derselben, schließlich die verschiedenen Krankheitsbilder bei 


928 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


»symptomlosen«, bei ruhenden und bei wandernden Nierensteinen zu 
besprechen. Für die Behandlung der Nierensteine will er die Aus- 
übung der Nephrolithotomie ausgedehnt, die Nephrotomie und Ne- 
phrektomie eingeschränkt wissen. Es würde zu weit führen, die 
12 Schlusssätze des Verf. hier auch nur im Auszug wiederzugeben, 
nur das Eine möchte ich noch anführen, dass M. die Principien der 
Blasensteinbehandlung auf die Nierensteine übertragen will: wenn 
die Steine vermuthet werden, soll nach ihnen gesucht werden 
(Explorativoperation), wenn sie erkannt sind, sollen sie entfernt 
werden, und zwar ohne Zuwarten in der Hoffnung auf Einkapselung 
oder sogenannten Abgang. 

In einer 3. Vorlesung bespricht M. endlich ausführlich die 
Nierenfisteln, welche durch Nierensteine verursacht sind, und die 
kalkulöse Anurie. Auch hier steht M. auf durchaus modernem 
Standpunkt, indem er, sobald die Anurie eingetreten ist, und die 
Diagnose feststeht, die Operation empfiehlt — in den schweren Fällen 
die Nephrotomie — allein schon zur Verhütung der Urämie, in den 
leichteren Fällen gleichzeitig auch zur Beseitigung von Steinen im 
Nierenbecken und Anfangstheil des Harnleiters. Direktes Eingehen 
auf den Harnleiter empfiehlt sich nur bei ganz sicherer Lokalisirung 
des Steines in diesem. Beim Mann zieht M. stets den iliakalen Weg 
vor, beim Weib kommen eventuell der vaginale und sacrale Weg 
(Steine im Lig. latum) in Betracht. 

M. stellt 49 operirte und 48 nicht operirte Fälle von Anuria 
caleulosa zusammen. Durch Operation wurden 51% Heilungen 
erzielt, von den nicht operirten genasen nur 20,8%. 

Den Beschluss der lesenswerthen Vorlesungen bildet die Er- 
läuterung der Technik der Nephrotomie und operativen Freilegung 
des Harnleiters. F. Krumm (Karlsruhe). 


9) Hofmeier (Würzburg). De la myomotomie abdominale. 
(Ann. de gynécol. 1898. Februar.) 

Die vorliegende Arbeit wendet sich gegen die jetzt in Frank- 
reich gültige Anschauung, dass die beste Operationsmethode bei 
Myomen die Totalexstirpation des Uterus sei. H. verweist auf die 
Gründe, welche zum Verlassen der supravaginalen Amputation ge- 
führt haben, unter denen die Blutung und Infektionsgefahr in erster 
Reihe standen. Diese Gefahren lassen sich beseitigen, wenn man 
für Prophylaxe der Blutung durch isolirte Unterbindung der 4 Uterin- 
gefäße sorgt, jede Naht des cervicalen Stumpfes vermeidet und letz- 
teren durch Bauchfelllappen vom übrigen Bauchfell völlig isolirt. Alle 
die verschiedenen Methoden, welche unter den Namen Chrobak’s, 
Bassini’s, Baer’s, Kelly’s und der sogenannten »amerikanischen 
Methode« gehen, sind nur Modifikationen desselben Verfahrens, d. h. 
supravaginale Amputation des Uterus und retroperitoneale Behand- 
lung des Stumpfes. H. beschreibt das von ihm geübte Verfahren 


Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 929 


der Myomotomie, das wir bei deutschen Lesern als bekannt voraus- 
setzen dürfen. Von 45 hiernach operirten Kranken ist nur 1 ge- 
storben. Eine von Noble aus amerikanischen Autoren zusammen- 
gestellte Statistik ergab bei 345 Fällen 4,3% Sterblichkeit, während 
H. aus deutschen Veröffentlichungen unter 338 Fällen eine solche 
von 3,5% berechnet. Die Gesammtsterblichkeit aller 673 Fälle stellt 
sich auf 4,2%. 

H. schließt aus diesen Resultaten, dass man berechtigt ist, die 
Totalexstirpation zu Gunsten der supravaginalen Amputation mit 
retroperitonealer Stumpfbehandlung wieder aufzugeben und empfiehlt 
seinen französischen Kollegen, danach zu handeln. 

Jafté (Hamburg). 


10) Destot, Les fractures de l'extrémité inférieure de l’avant- 
bras et les rayons X. 
(Province méd. 1897. No. 25.) 

Bei der methodischen Durchleuchtung aller Knochenbrüche und 
Verstauchungen am Handgelenk hat der Autor 6 Brüche des Os 
naviculare ausfindig gemacht, imal einen isolirten Bruch, 2mal in 
Verbindung mit eingekeiltem Radiusbruch, 2mal mit dem klassischen 
Radiusbruch, und imal einen isolirten Bruch durch Flexion des Hand- 
gelenks entstanden. (Aus dem Röntgenbild der Fraktur des Os navi- 
culare wird man für viele Fälle sogenannter klassischer Radiusfraktur 
den Beweis entnehmen können, dass die »klassische« Erklärung der 
Fraktur nicht zutrifft, worauf auch Bähr aufmerksam macht. Ref.) 

Herm. Frank (Berlin). 


11) Destot. Les fractures de l’astragale et les rayons X. 
(Province med. 1897. No. 22.) 

Im Lauf von 4 Monaten hat der Autor. mit Hilfe der Aktino- 
graphie 14 Fälle von Talusbrüchen konstatirt, und zwar war die Dia- 
gnose nur auf diesem Wege zu stellen, während die übrige klinische 
Diagnostik vollkommen versagte. Davon waren 3 Kompressionsbrüche 
kombinirt mit Bruch des Calcaneus, 3 Brüche nach dem Typus der 
Knöchelbrüche mit Bruch eines oder beider Knöchel, 3 einfache 
Brüche, 2mal nach Sturz auf die Füße, imal ohne diese Atiologie, 
und 1 Shepherd’scher Bruch. In allen diesen Fällen versteckte 
sich der Bruch entweder hinter den Komplikationen, oder man 
dachte nur, wie bei dem Shepherd’schen Bruch, an eine »Talalgie« 
oder an eine einfache Verstauchung. ‘Die Brüche kommen entweder 
durch Sturz aus der Höhe — zuweilen aber nur durch Auffallen 
aus sehr geringer (30 cm) — auf den flach gestellten oder flektirten 
Fuß zu Stande, oder, in einem zweiten Typus, indem der Fuß 
nach innen rotirt ist. Aus dieser Stellung gleitet der Talus nach 
außen ab, sprengt das äußere Kapselband (Talo-calcaneum), bricht 
aber selbst durch, da er nun allein das wuchtende Körpergewicht — 
ohne Unterstützung durch den Calcaneus — zu übernehmen hat, 


930 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


während der Hals in der Innenrotationsstellung vorn festgehalten 
wird. Jedenfalls kommt der Talusbruch sehr viel häufiger vor, als 
man bisher klinisch diagnostieirt hat, und dieses entspricht durchaus 
experimentellen Erfahrungen und allen mechanischen Überlegungen. 
Herm. Frank (Berlin). 


12) T. W. Tallqvist. Hudtransplantationer vid ulcus cruris. 
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1140.) 

Nach einer geschichtlichen Übersicht der plastischen Operations- 
methoden zur Deckung von Unterschenkelgeschwüren, welche von 
Zeit zu Zeit veröffentlicht worden sind, liefert Verf. eine vergleichende 
Zusammenstellung der drei in der chirurgischen Klinik zu Helsing- 
fors üblichen Operationsverfahren, des italienischen, des Thiersch- 
schen und des Krause’schen. Gestützt auf ein bedeutendes klinisches 
Material folgert Verf., dass die Krause’sche Methode erhebliche Vor- 
theile bietet. Vor der Methode mit gestielten Lappen hat sie den 
Vortheil bequemer zu sein und die Deckung auch ausgedehnter 
Ulcerationen zu gestatten, und zwar mit Austrennung der frischen 
Haut aus einer Gegend, wo die Wunde sogleich geschlossen werden 
kann. Vor der Thiersch’schen bietet sie den Vortheil dauerhafterer 
Heilung. 

Die bei der Transplantation nach Krause öfters als bei den 
anderen Methoden vorkommende partielle Nekrose ist durch erneutes 
Operiren leicht zu bessern. Schließlich lenkt Verf. die Aufmerk- 
samkeit auf die radikal zu entfernende Ursache der Unterschenkel- 
geschwüre. Bei vorhandener Varikosität der Hautvenen darf die 
Trendelenburg’sche Resesektion der Venen nicht unterlassen 
werden. Aber auch andere ätiologische Momente, die leider nicht 
immer so deutlich zu erkennen sind, kommen vor. In Fällen, wo 
diese sich nicht entfernen lassen, scheitert auch die bisher als zu- 
verlässigst erfundene Methode. A. Hansson (Cimbrishamn). 


Kleinere Mittheilungen. 


13) E. Mrha. Plastischer Ersatz der Harnröhre im perinealen Ab- 
schnitt. 
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 17.) 

Mittheilung zweier Fälle, bei welchen Gersuny mit vollem Erfolg 4 cm bezw. 
3!/g em lange Defekte der Harnröhre mit Epidermis ausfüllte. Im 1. Falle, wo 
überhaupt jede Kommunikation zwischen den Antheilen der Harnröhre fehlte, 
wurden 2 rechteckige Lappen aus der haarlosen Haut ausgeschnitten, welche nur 
mit dem subkutanen Gewebe zusammenhingen, in den Defekt hinabgeschoben und, 
zur Röhre vereinigt, zwischen die Harnröhrenstümpfe eingenäht. Die Lichtung 
bleibt für Sonde 22 durchgängig; späterhin braucht wöchentlich nur 1mal dieselbe 
eingeführt zu werden. Im 2. Falle Deckung der incidirten Striktur mit 3—5 mm 
breit erhaltener Schleimhaut durch 2 Epidermisläppchen von Oberschenkelhaut, 
4cm lang, 2cm breit. Auch hier volle Heilung. Der Autor hält es principiell 
für wichtig, das kallöse Narbengewebe nicht zu entfernen, um vom Granulations- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 931 


gewebe der neuen großen Wunde keine Schrumpfung zu erhalten, welche ein- 
treten muss, so weit die Epidermis sich nicht dazwischen legt. 
Herm. Frank (Berlin). 


14) Molteni. Un caso di singhiozzo d’origine vescicale. 
(Gazs. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 61.) 

Verf. berichtet über einen Singultus bei einem Prostatiker, der nach einem 
unreinen Katheterismus unter hohem Fieber, Unruhe, belegter Zunge, Diarrhöe, 
Tympanie und Schmerzen im Unterleib an einer Cystitis erkrankte. Nach einer 
Guyon’schen Argentum nitricum-Instillation verschwand mit den Symptomen des 
Blasenkatarrbs auch der Singultus. Dreyer (Köln). 


15) D. Ssergejew. Bericht über 64 Fälle von medianem Steinschnitt 
und einigen anderen zur Entfernung von Steinen oder Fremdkörpern 
an den Harnwegen unternommenen Operationen. 

(Chirurgia 1898. p. 295. [Russisch.]) 

S. giebt diesen Bericht, der die Zeit von 1892—1896 umfasst, als Fortsetzung 
eines früheren über ebenfalls 64 gleiche Operationen aus den Jahren 1886—1892. 

Der größte Theil der Operirten waren Kinder. Wie aus den in Tabellen 
kurz gegebenen Krankengeschichten hervorgeht, sind 62 Kranke genesen, 2 ge- 
storben. 

Der hohe Steinschnitt wurde 3mal ausgeführt. Von diesen sind ebenfalls 2 
gestorben. 8. hat letztere Operation nur bei großen Steinen gemacht und hat sie 
vermieden, weil sie »erstens technisch schwieriger ist als der Medianschnitt und 
zweitens sorgfältigere Beobachtung der Reinlichkeit verlangt«. 

Außerdem hat 8. auf unblutigem Weg unter Erweiterung der Harnröhre bei 
einem kleinen Mädchen eine Stecknadel und bei vieren kleinere Steine entfernt. 

E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


16) Beteke. Ein Fall von Dislokation beider Nieren nach Unfall: 
Nephroptosis traumatica. 
(Monatsschrift für Unfallbeilkunde 1898. No. 7.) 

Ein 55jähriger Kutscher schlägt beim Fall von einem hochbeladenen Wagen 
mit dem Rücken gegen die Nabe des Hinterrades. Über dem 11. und 12. Brust- 
und dem 1. Lendenwirbel fand sich eine Anschwellung, daneben Druckempfind- 
lichkeit in der rechten Nierengegend. 3 Wochen nach dem Unfall wird rechts- 
seitige Wanderniere konstatirt. Nach fast 2 Jahren ist auch die linke Niere 
disloeirt. In letzterer wird die Entwicklung einer höckerigen Geschwulst beob- 
achtet (Carcinom?), und stirbt Pat. nach 23/4 Jahren an Marasmus. 

Des Verf. Begründung der Wanderniere als traumatischen Ursprungs ist aus 
der Abhandlung zu ersehen. Wie fast immer, gehen auch hier die Meinungen der 
Gutachter aus einander. Bähr (Hannover). 


17) Thümmel. Exstirpation einer tuberkulösen Wanderniere. 
(Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Ärzte 1897.) 

Braunschweig, Harald Bruhn, 1897. 

Die Kombination zweier so wichtiger Nierenerkrankungen ist selten beobachtet 
worden. Es handelte sich um eine 25jährige Kranke, welche seit 2 Jahren an 
Blasenbeschwerden litt; im Urin wurden Tuberkelbacillen nachgewiesen; cysto- 
ekopisch wurde die rechte Harnleitermündung wallartig von Granulationen um- 
geben gesehen, aus der eine trübe, flockige Masse floss, welche Tuberkelbacillen 
enthielt. Die Nierengegend war schmerzhaft, die Nieren selbst beweglich. Trans- 
peritoneale Exstirpation der Niere; Einnähung des Harnleiterstumpfes in die 
Bauchdecken; Heilung. — 3/4 Jahr später Schmerzen in der Narbe, Urin wieder 
trübe, enthält aber keine Bacillen. Die exstirpirte Niere ist von zahlreichen gelben, 


932 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


käsigen Herden und Tuberkeln durchsetzt, das Nierenbecken mit zerfallenen, ` 
käsigen Massen ausgekleidet; Schleimhaut geschwürig; Harnleiter zeigt starke 
muskulöse Verdickung und ulcerirte Schleimhaut. Tsehmarke (Magdeburg). 


18) J. Link. Subkutane Zerquetschung der rechten Niere durch 
einen Pferdehufschlag. Sekundäre Nephrektomie. — Genesung. 
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 11.) 

30jähriger Soldat erleidet einen Hufschlag in die rechte Lendengegend. Däm- 
pfung der rechten Bauchgegend bis zum Poupart’schen Band, Schmerzen im rechten 
Hoden, Lendenschmerz, Erbrechen, Collaps, leichte Somnolenz, in der Blase 100,0 
stark blutigen Urins ermöglichen die Diagnose. In den folgenden Tagen besseres 
Befinden, Erholung; der in ziemlich reichlicher Menge spontan entleerte Urin 
zeitweise rein, meist aber geringe Mengen dunklen Blutes enthaltend. Nach 
3 Wochen fieberhafte Pleuritis mit 1 Liter blutig-serösen Exsudats rechterseite. 
In den folgenden Wochen kontinuirliches Fieber, Abmagerung, Verfall. Urin 
schmutzig trübe, meist blutig verfärbt. Die bis dahin feste Geschwulst in der 
rechten Unterleibshälfte erweicht sich, wird tympanitisch. Gasphlegmone. Ope- 
ration am 41. Tage bei ziemlichem Verfall des Pat.: Niere zeigt sich durch einen 
queren Riss halbirt, beide Hälften am Nierenbecken hängend, die untere Hälfte 
durch einen senkrechten Riss wieder in 2 Theile getrennt. Die obere Hälfte »von 
normalem Aussehen« wird erhalten, die nekrotische untere Hälfte resecirt. In 
der folgenden Zeit nimmt die Urinsekretion durch die Wunde zu, Abends treten 
Fiebersteigerungen auf, der Appetit verliert sich, der Pat. verfällt wieder stark 
nach vorübergehender Besserung. 11 Tage nach der Nierenresektion wird der 
Rest herausgenommen, worauf volle Heilung anstandslos erfolgt. Die Urinmenge 
steigt in kurzer Zeit auf die normale Höhe. 

Aus der Litteratur rechnet der Autor 306 subkutane Nierenverletzungen zu- 
sammen; von 299 Fällen betrafen 281 = 93,98% Männer, nur 18 = 6,02% Frauen. 

Herm. Frank (Berlin). 


19) Denecke. Ein Fall von schwerer Nierenblutung nach Nephro- 
lithotomie. 
(Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Ärzte 1897.) 
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897. 

Bei einem sonst gesunden 26jährigen Bergmann war die rechte Niere zur Ent- 
fernung von Steinen freigelegt worden. Weder mit den Fingern, noch mit einer 
Punktionsnadel ließ sich ein Stein fühlen; erst nach einem Sektionsschnitt von 
4 cm Länge wird ein solcher, bohnengroß, aus dem Nierenbecken entfernt. Naht 
der Nierenwunde durch tiefgreifende und oberflächliche Nähte. Vom Tage der 
Operation an sieht der Urin wie Blut aus, so dass wegen sunehmender Anämie 
8 Tage p. op. zur Nephrektomie geschritten werden musste. Eine andere Kom- 
plikation trat dadurch ein, dass eine stark stinkende fieberhafte Cystitis entstand 
und schließlich Sectio alta erforderte, wobei sich große, in Zersetzung befindliche 
Blutgerinnsel entleerten; Drainage, Ausspülungen der Blase. Von dieser Zeit an 
fieberfreier Verlauf und Erholung. 

Verf. knüpft an diesen Fall Betrachtungen, wodurch die Blutung entstanden 
sein könnte und hält es für möglich, dass durch die Punktionsnadel ein größeres 
Nierengefäß angestochen worden sei. Es ist wohl der 1. Fall, wo eine post- 
operative Nierenblutung die Indikation zur Nephrektomie hergab; nur die enorme 
Größe der Blutung und der schnelle Kräftezerfall des Kranken können in diesem 
Falle ein so radikales Vorgehen rechtfertigen. Zu bemerken ist noch, dass der 
Kranke niemals vor Beginn der Cystitis katheterisirt worden ist. Auch hier ist 
sehr radikal vorgegangen worden, um so schnell als möglich die zersetzten, fau- 
ligen Massen aus der Blase zu entfernen und die gesunde Niere vor aufsteigender 
Pyelonephritis gu bewahren, wohl eine Indikation, welche den Eingriff durchaus 
rechtfertigt. Tschmarke (Magdeburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 933 


20) Schwyzer. Zur Ätiologie des Morbus Addisonii. 
(New Yorker med. Monatsschrift 1898. Januar.) 

Die häufigste Ursache der Nebennierenerkrankung bei Morbus Addisonii ist 
die Tuberkulose; daneben werden noch Geschwülste und genuine Atrophie der 
Glandula suprarenalis, niemals aber Lues in den Lehrbüchern aufgeführt. Die 
meisten veröffentlichten Fälle von syphilitischer Erkrankung der Nebennieren 
waren angeborene. Doch haben schon mehrere Autoren Symptome von Addison- 
scher Krankheit bei Leuten beschrieben, deren Nebennieren bei der Sektion sy- 
philitische Veränderungen aufwiesen. Verf. ist in der Lage, diesen Fällen 3 weitere 
hinzuzufügen, bei denen erworbene Syphilis das ätiologische Moment darstellte. 

Der 1. Fall betraf einen 27jährigen Mann, der 8 Jahre vorher Lues erworben 
hatte und unter den Zeichen hochgradiger Kachexie, ohne Bronzirung, starb. Die 
Autopsie ergab starke pathologische Veränderungen beider Nebennieren, die als 
luetisch gedeutet werden müssen: Vergrößerung, derbe bindegewebige Kapsel, 
Schnittfläche weißlichgelb, theilweise opak glasig, völlige Zerstörung des eigent- 
lichen Parenchyms. Mikroskopisch konnte Tuberkulose ausgeschlossen und die 
syphilitische Natur des Leidens erst recht bestätigt werden. 

Bei einer Frau mit Ascites und schwerer Kachexie wurden ebenfalls durch 
die Sektion schwere syphilitische Veränderungen in Leber und Nieren, luetische 
Narben und Pseudoligamente in der Gegend der rechten Nebenniere bei bestehen- 
der Atrophie und Infiltration derselben gefunden. Bronzefärbung der Haut. Auch 
hier ließ die Anamnese keinen Zweifel an der Diagnose Lues aufkommen. 

Ein 38jähriger Mann endlich, mit hochgradiger Bronzefärbung, Ascites und 
Leberschwellung, ohne anamnestische Anhaltspunkte für Lues, wurde nach großen 
Gaben Jodkali bedeutend gebessert; die Bronzefärbung und Leberschwellung 
verschwanden fast ganz. Nach einigen Monaten jedoch erkrankte er wieder unter 
Magenstörungen, schweren Diarrhöen und Brechen, so dass er unter zunehmender 
Kachexie ebenfalls starb. Die Sektion ergab Gummata in Leber und Milz, lue- 
tische Verwachsungen in der Pleura, Schwielen in der Gegend der Porta hepatis, 
beider Nebennieren und des Plexus solaris. f 

Die interessanten Mittheilungen lehren, dass Lues in der That die Atiologie 
zum Morbus Addisoni abgeben kann; sie geben aber auch einen Fingerzeig für 
die Therapie, welche bei luetischem Ursprung nicht so trostlos zu sein braucht 
wie bei dem tuberkulösen, falls die Natur der Krankheit frühzeitig genug erkannt 
wird. »In allen zweifelhaften Fällen aber«, so schließt Verf., »wäre antiluetische 
Behandlung zu versuchen !« Tschmarke (Magdeburg). 


21) P. Berger. Des myxomes du bassin. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 330.) 

Das von B. erfolgreich bei einem sehr heruntergekommenen, 49jährigen Mann 
operirte Chondromyxom des Beckens hatte eine ungewöhnliche Größe, füllte die 
linke Fossa iliaca, die Lendengegend und einen Theil des Hypochondrium aus, 
reichte von der Crista ilei bis unter die unteren Rippen, von der Wirbelsäule bis 
2Querfingerbreite nach rechts von der Mittellinie, ging mit breitem Stiel von der 
Gegend der linken Articulatio sacro-iliaca aus, hatte die Vasa iliaca und den Nerv. 
eruralis nach vorn gedrängt und durch Druck auf letzteren unerträgliche Schmersen 
und eine völlige Lähmung des Quadriceps erzeugt. Die zunächst versuchsweise 
begonnene Operation gelang wider Erwarten. Trots langdauernder Eiterung genas 
Pat. vollständig. Beichel (Chemnitz). 


22) F. H. Martin (Chicago). De la ligature vaginale des ligaments 
larges contre les tumeurs fibreuses de l’uterus. 
(Ann. de gynécol. 1698. April.) 


M. empfiehlt die von ihm 1592 zuerst vorgeschlagene Unterbindung der Basis 
beider Ligamenta lata zur Heilung der Myome auf Grund seiner weiteren Erfah- 
rungen von Neuem. Er bezweckt damit, die Blutungen zu hemmen und die 


934 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


Myome zur Atrophie zu bringen. Der Operation selbst wird eine Ausschabung 
und Desinfektion der Uterushöhle vorangeschickt, dann letztere während der Ope- 
ration tamponirt. Dann wird das Scheidengewölbe durch einen bogenförmigen 
Schnittt gespalten, die Blase abpräparirt, und dann das Lig. latum mit dem Zeige- 
finger isolirt. Eine krumme Nadel mit Seidenfaden vollendet das Umlegen der Ligatur. 

M. empfiehlt seine Methode besonders bei interstitiellen Myomen, zumal wenn 
sie klein sind. Direkt indieirt hält er die Ligatur bei hochgradig erschöpften 
Kranken mit profusen Blutungen, die eine Radikaloperation nicht mehr zu er- 
tragen vermögen. 

M. gebietet jetzt über eine Erfahrung von 13 Fällen. Die längste Beobach- 
tung erstreckt sich auf einen Zeitraum von 3 Jahren. Ein günstiger Einfluss auf 
die Blutungen war immer, auf die Verkleinerung der Myome meistens zu kon- 
statiren. Jaffé (Hamburg). 


23) 8. Gottschalk. De la valeur therapeutique et des indications de 


la ligature des artères uterines dans les cas de myomes de l'utérus. 
(Ann. de gyn£col. 1898. Mai.) 

Gi Erfahrungen erstrecken sich über 20 Fälle, von denen 16 jahrelang beob- 
achtet und kontrollirt sind. Es handelte sich meist um intramurale Myome des 
Corpus von Apfel- bis Apfelsinengröße. Die Operationstechnik ist ähnlich der 
von Franklin Martin; nur legt G. 3 Ligaturen etagenförmig an, welche stets 
höhere Partien des »Ligamentum cardinales und die Basis des Ligamentum latum 
umfassen. Das bemerkenswertheste Resultat war in allen Fällen das sofortige 
Aufhören der Blutungen. Nur in 1 Fall, wo die Menorrhagie 14 Monate nach 
der Operation wiederkehrte, war G. genöthigt, eine Ausschabung des Uterus vor- 
zunehmen. In den anderen Fällen kehrten die Blutungen nicht wieder. Der 
atrophisirende Einfluss der Ligatur auf das Myom konnte in 14 Fällen nachgewiesen 
werden; in 7 Fällen waren sie für die klinische Untersuchung sogar vollständig 
verschwunden. 

Der Erfolg der Operation hängt zum großen Theil vom Sitz des Myoms ab. 
Am günstigsten verhalten sich die interstitiellen Myome, welche im unteren und 
mittleren Drittel des Uterus liegen, weniger die im Fundus entwickelten, und 
ganz ungeeignet zur Ligaturbehandlung sind die intraligamentären Geschwülste. 

G. fasst seine Erfahrungen in folgende Schlusssätze zusammen: 

Die Ligaturbehandlung ist besonders geeignet bei kleinen, intramuralen 
Myomen des unteren und mittleren Theils des Uterus, so weit sie nicht größer 
sind als ein Kindskopf, besonders bei Frauen, welche nahe der Menopause sich 
befinden. Jaff6 (Hamburg). 


24) H. Hartmann et P. Fredet. Les ligatures atrophiantes dans le 
traitement des tumeurs uterines. 
(Ann. de gyn&col. 1898. Februar u. April.) 

Verff. berichten über einige Erfahrungen, die sie mit der bei uns siemlich 
wieder verlassenen atrophisirenden Arterienunterbindung in der Behandlung inope- 
rabler Uteruscarceinome und Uterusmyome gemacht haben. Wegen inoperabler 
Carcinome haben sie in 3 Fällen operirt. Der Erfolg in Bezug auf die Blutungen 
und die Sekretion war günstig; das Fortschreiten der Neubildung konnte jedoch 
nicht aufgehalten werden. 

Verff. ziehen die Unterbindung der Aa. uterinae der Ligatur der Hypogastrica 
vor und empfehlen als Operationsverfahren eine von Altucheff und Sneguireff 
(Monatsschrift für Geburtshilfe u. Gynäkologie p. 453, Berlin, 1896) beschriebene 
Methode, die im Original nachgesehen werden muss. Die Unterbindung der 
Arteriae uterinae bei Uteruscarcinom ist als Ergänzung der sonstigen Palliativ- 
operationen aufzufassen, die in Frage kommt, wenn die Blutungen im Vorder- 
grund der Symptome stehen. 

Wegen Myom haben Verf. 5mal die Vasa uterina unterbunden. Während die 
Operation wegen Careinom vom Bauch aus geschehen muss, wird sie bei Myomen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 935 


vaginal ausgeführt. Man umschneidet das Scheidengewölbe, trennt die Blase vom 
Uterus ab und unterbindet nach Freilegung der Uteringefäße dieselben mit 1 oder 
2 starken Seidenfäden. Die von Goelet empfohlene Durchschneidung der Ge- 
fäße ist überflüssig. Die Erfolge in den bisher operirten Fällen, zu denen noch 
40 aus der Litteratur kommen, waren günstig. Die Blutungen hörten meist bald 
auf; die Geschwülste blieben im Wachsthum stehen oder verkleinerten sich. Ge- 
storben ist von den bisher operirten Frauen keine in Folge der Operation. Die 
Ausschabung des Uterus kann als ergänzender Eingriff zweokmäßig hinzugefügt 
werden. 

Als interessante Thatsache berichten die Verff. noch, dass in ihren 5 Fällen 
stets eine auffallende Acetonurie nach der Operation zu konstatiren war, die in 
1 Falle sicher vor derselben noch nicht vorhanden war. Weitere Schlüsse werden 
aus diesem Befund nicht gezogen. Jaffé (Hamburg). 


25) Klippel. Arrêt de développement du membre supérieur consé- 
cutif à un traumatisme datant de l'enfance. Atrophie musculaire 
numérique. 

(Presse méd. 1897. No. 62.) 

Der ausführlichen Überschrift ist nur so viel hinzuzufügen, dass es sich um 
einen jener interessanten Fälle handelt, wo nach einer Verletzung in der frūhesten ` 
Jugend die Entwicklung des betreffenden Gliedes zurückbleibt in der Art, dass 
die Verschiedenheit gegenüber der gesunden Seite sich nur durch eine geringere 
Anzahl von Muskel-, Knochen- und Nervenelementen charakterisirt, während diese 
Elemente in Bezug auf Dimension und Struktur keine Unterschiede zeigen. Im 
vorliegenden Falle konnte diese »numerische Atrophie« des linken Armes bei 
einem 54jährigen Manne auch mikroskopisch festgestellt werden, da derselbe an 
Lungentuberkulose starb. Es fanden sich auch in dem entsprechenden Abschnitt 
des Rückenmarks wesentliche Verschiedenheiten, indem rechts 35 Nervenzellen im 
Vorderhorn, links dagegen nur 18 solche Zellen gezählt werden konnten, die im 
Übrigen dieselbe Struktur und Volumen hatten. Die Ursache war eine Quetschung 
des linken Ellbogens, die der Kranke als 3jähriges Kind erlitten, und die zur 
Ankylose geführt hatte. Tsehmarke (Magdeburg). 


26) Herdtmann. Ein Fall von Absprengung des Kronenfortsatzes 
der Elle. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 6.) 

Durch kräftiges Einstoßen eines Spatens in die Erde ohne Zuhilfenahme der 
Füße entstanden. Befund 5 Monate nach dem Unfall: Gelenk gering geschwollen. 
Der abgebrochene Kronenfortsatz haselnussgroß unter dem inneren Armbeuger zu 
tasten. Leicht verschieblich. Streckung nicht ganz ausgiebig. Operative Ent- 
fernung abgelehnt. Am anderen Arm ebenfalls behinderte Streckung. Dort Spitze 
des Condyl. extern. abgebrochen und unter der Haut verschieblich liegend. Klemmt 
sich bei Bewegungen zwischen Radiusköpfehen und Hakenfortsatz der Elle ein. 
Durch Fall auf den Arm in der Jugend entstanden. Teubner (Hannover). 


27) Legueu. Synovite tuberculeuse à forme vegetante et hyper- 
plastique. 
(Presse méd. 1897. No. 60.) 

Es handelte sich um einen 24jährigen Mann, der seit mehreren Jahren an einer 
chronischen Krankheit des Kniegelenks litt. Als Verf. ihn sah, war die Syno- 
vialis stark verdickt, und eine große Anzahl freier Körper im Gelenk nachzu- 
weisen; besonders konnte man 3 etwa nussgroße, aber abgeplattete, frei bewegliche 
Körper fühlen; außerdem bestand Schneeballknistern und Atrophie der Muskulatur. 
Die Arthrotomie bestätigte die Vermuthung, dass es sich um einen jener seltenen 
Fälle von Lipoma arborescens handelte, welches die ganze Synovialis betraf; Ex- 
stirpation desselben, prima intentio, geradlinige Ankylose. 


936 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


Impfversuche in die vordere Augenkammer und die Bauchhöhle eines Ka- 
ninchens blieben erfolglos. Histologisch konnte aber in einigen der Zotten eine 
große Anzahl tuberkulöser Herde, einzeln und konfluirend, im Centrum verkäst 
und 1—2 Riesensellen enthaltend, nachgewiesen werden. Die Untersuchung auf 
Bacillen blieb negativ. — Dieser Fall reiht sich also den von Stieda zusammen- 
gestellten und als tuberkulösen Ursprungs erkannten Fällen an. 

Verf. ist der Ansicht, dass nicht immer die Tuberkulose die Grundursache 
dieser eigenartigen Synovitis ist; es sind auch schon Staphylokokken gefunden 
worden. Er hält die Krankheit für eine chronische, hyperplastische Form der 
Synovitis, angeregt durch eine Infektion, entweder tuberkulöser oder anderer Art. 
Die abgeschwächte Virulenz bedingt sodann einen weniger destruktiven Process, 
sondern die fibröse oder lipomatöse Form. Tschmarke (Magdeburg). 


28) Pont. Fracture de la mall&ole interne par flexion forcée du pied. 
(Prov. med. 1897. No. 25.) 

Der Bruch entstand durch gerade Flexion des Fußes gegen den Unterschenkel 
ohne seitliche Abweichung, indem beim Beladen eines Karrens dieser umschlug, 
und das Bein so zu liegen kam, dass der Oberschenkel auf den Unterschenkel 
und der Fuß gegen den Unterschenkel angedrückt wurde, wobei die Stiefelspitze 
vorn an der Tibia noch eine Wunde hineinschlug. Die Fraktur ist, wie experi- 

` mentelle Prüfungen ergaben, eine Rissfraktur und kommt bei Flexion bis zum 
Winkel von 30—40° zu Stande, nicht, wie Albert annimmt, durch das Anstoßen 
des Talus am Malleolus. Es bricht dabei auch regelmäßig nur der innere, nie 
der äußere Malleolus. Herm. Frank (Berlin). 


29) Jacoby. Kasuistischer Beitrag zu der Lehre von der Gewohn- 
heitslähmung. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 6.) 

Im Anschluss an eine Quetschung des Fußrückens und eine Wunde unter der 
großen Zehe entwickelt sich bei dem Verletzten in Zeit von 6 Monaten folgendes 
Krankheitsbild: Nach geringer Bewegung unförmlich geschwollener Unterschenkel, 
Geschwür unter der großen Zehe, nach seinem Verhalten vom Verf. als Mal per- 
forant du pied angesprochen, gelockerter Bandapparat am Fuß, Varusstellung, 
Peroneuslähmung und daneben ziemlich vorgeschrittene Tabes mit ausgeprägten 
Symptomen. 13/ Jahr nach dem Unfall muss der Unterschenkel amputirt werden. 
Fuß unförmlich verdickt, enorm sohmerzhaft und ganz hochgradig supinirt. Verf. 
erklärt nun die Peroneuslähmung und ihre Folgen unter Hinweis auf die aus- 
führliche diesbezügliche Arbeit Ehret’s als Gewohnheitslähmung. Um das schmerz- 
hafte Geschwür an der Zehe vor Druck zu schützen, sei Pat. auf dem äußeren 
Fußrand gegangen. Dadurch andauernde Kontraktion der Supinatoren und Außer- 
dienststellung der Pronatoren (peronei). In Folge der langen Dauer hat Pat. all- 
mählich den Willenseinfluss auf letztere verloren, auch in der Ruhe blieb die 
Varusstellung bestehen, und schließlich entstand der hochgradige Klumpfuß. Als 
verschlimmerndes Moment kam die unter dem Einfluss der Tabes auftretende de- 
formirende Gelenksentzündung hinzu. Trotz der Verschleierung durch die Tabes 
ist das Krankheitsbild der Gewohnheitslähmung deutlich. Verf. streift dann die 
Frage der traumatischen Tabes, verneint für den vorliegenden Fall das Trauma 
als Ursache der Tabes und bespricht die praktisch wichtige Frage, ob das Geschwür 
an der Zehe erst durch den Unfall entstanden, oder schon vorhanden gewesen und 
tabischen Ursprungs sei, in welch letzterem Falle keine Entschädigung beansprucht 
werden kann. Da aus den Akten über diesen Punkt keine Klarheit zu erlangen 
ist, und Pat. natürlich das erstere behauptet, so wird ihm eine Rente zugesprochen 
werden müssen. Teubner (Hannover). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


Laien F Xine E Rawe 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


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Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 37. Sonnabend, den 17. September. 1898. 


Inhalt: 1) Wwedensky, Arterlitis obliterans. — 2) Aleksinski, Zwirnfäden zur Naht. 
— 3) Moore, Ligaturen und Suturen. — 4) Hölscher, Erkrankung der Luftwege nach 
Athernarkose. — 5) Liobet, Klinischer Bericht. — 6) Fasano, Sozojodol. — 7) Lyssen- 
kow, Chirurgie des Nervensystems. — 8) Winkler, Epilepsie. — 9) Terrier, Gulllemaln 
und Malherbe, Halschirurgie. — 10) v. Stockum, Intnbation. — 11) Lanz, Schilddrüsen- 
präparate. — 12) Bähr, Schenkelbruch. — 13) Heidenhain, 14) Bayer, Darmverschluss. 
— 15) Quénu, Mastdarmkrebs. — 16) de Quervaln, Dermoide des Beckenbindegewebes. 

17) Dubujadoux, Hirnkompression. — 18) Braquehaye und Sabrazös, Speicheldrüsen- 


hypertrophie. — 19) Berger, Melanom der Halsdrüsen. — 20) Walther, Kropf. — 
21) Pousson, Mastopexie. — 22) Halliday, Appendicitis. — 23) Lejars, Suhphrenischer 
Abscess. — 24) Villemin, Enteropexie. — 25) Broussin, 26) Deibet, Fremdkörper im 
Mastdarm. 


1) A. A. Wwedensky. Über Arteriitis obliterans und ihre 
Folgen. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hit. 1.) 

An der Hand einiger eigenen Beobachtungen entwirft Verf. das 
Krankheitsbild des oft langwierigen Leidens. Die Arteriitis obliterans 
der unteren Extremitäten ist hauptsächlich eine Russland eigene 
Erkrankung, bei Männern von 15—60 Jahren vorkommend. Als 
Vorläufer treten vorübergehende Schmerzen in den Beinen auf. 
Diese Schmerzen kommen periodisch und sind neuralgischen sehr 
ähnlich. Sie sind verbunden mit Blaufärbung, Krämpfen und Frost- 
gefühl. Die Pulsation der Arterien des erkrankten Glieds wird 
undeutlich und schwindet oft ganz. Ein weiteres diagnostisch sehr 
wichtiges Symptom ist das periodische Lahmen, auf dessen Bedeu- 
tung schon Charcot aufmerksam gemacht hat. Dieses Hinken wird 
bei Beginn der Bewegungen nicht wahrgenommen, und steigert sich 
mit der Dauer des Herumgehens. In der Ruhe, schon nach 2 bis 
3 Minuten, verschwinden die das Lahmen begleitenden Schmerzen, 
die Muskelkontrakturen und die Herabsetzung der Sensibilität. Der 
periodische Zustand tritt oft schon sehr lange vor der Gangrän der 
Extremitäten auf. 

37 


938 Centralblatt für Chirurgie. No. 36. 


Als ätiologischer Faktor wird häufig die Lues angeführt, nach 
des Verf. Ansicht mit Unrecht. Er glaubt, dass in der Mehrzahl 
der Fälle die Gangrän durch verschiedene Einflüsse zu Stande kommt. 
Es kommen hierbei in Betracht Mischinfektion, Erkältung der Ex- 
tremitäten, häufige Abkühlung, Durchnässung namentlich nach vor- 
ausgegangener Veränderung der Gefäße durch Infektionskrankheiten 
wie Malaria, Typhus, Rheumatismus. Zugleich ist W. der Meinung, 
dass zum Entstehen der Gangrän nicht nur eine Affektion der Ge- 
fäße, sondern auch eine solche des nervösen Apparats der Extremi- 
täten zugestanden werden muss. Nur so lässt sich die wechselvolle 
Symptomatologie des Leidens begreifen. Ob allerdings die Nerven 
oder die Gefäße das zuerst ergriffene System sind, das lässt sich 
heute noch nicht entscheiden. 

Therapeutisch wird mit Charcot Ruhe empfohlen. Durch 
elektrische Behandlung ist in einzelnen Fällen nicht nur Stillstand 
der Krankheit, sondern Genesung erreicht worden, natürlich nur in 
den Anfangsstadien. Bei schon ausgesprochener Gangrän kommen 


nur verstümmelnde Operationen in Frage. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


2) A. S. Aleksinski. Gewölinliche Zwirnfäden anstatt der 
Seide zur chirurgischen Naht. 
(Chirurgia 1898. p. 289. [Russisch.]) 

sde einfacher, erreichbarer und billiger ein Heilmittel bei sonst 
gleichen Bedingungen ist, desto mehr verdient es beim Gebrauch 
den Vorzug. In dieser Vorstellung habe ich Veranlassung gefunden, 
zu jederlei Art chirurgischer Naht ganz gewöhnlichen Zwirn (aus 
Flachs) zu prüfen (wie das schon öfters geschehen ist, Ref.), der in 
jedem Dorfe gesponnen wird, an Stelle der Seide, welche 3mal so 
theuer ist und aus den Magazinen der Residenz zu beziehen ist. « 

Damit leitet A. seine Mittheilung über die Anwendung von 
Zwirnfäden in 50 Operationen ein, die er im Jaroslaw’schen Semstwo- 
Krankenhause ausgeführt hat. Das Resultat war mit wenigen 
Ausnahmen ein günstiges. Unter den per primam geheilten Opera- 
tionswunden befinden sich z. B. 3 Bassini’sche Radikaloperationen 
an Leistenbrüchen, ein eingeklemmter Bruch, 4 Unterlippenkrebse, 
eine ausgedehnte Oberkieferresektion bei Krebs, 3 Fälle von Brust- 
amputationen, Hämorrhoidenoperationen, Etagennähte bei durch- 
dringenden Bauchverletzungen etc. A. bekam den Eindruck, dass 
die Resultate mit der Zwirnnaht in keiner Weise denen mit Seide 
erhaltbaren zurückstanden. 

Anfangs (in 14 Fällen) verwandte A. gebleichten Zwirn, später 
ungebleichten, der viel fester ist als jener. Zuerst wurde der Zwirn 
1 Stunde mit heißer Soda behandelt, um das Fett zu entfernen, 
ohne dass stark gekocht wurde, um die Haltbarkeit der Fäden nicht 


zu schädigen, und dann '/, Stunde in siedendem Dampf sterilisirt. 
E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 939 


3) J. E. Moore. Ligatures et sutures. 
(Philadelphia med. journ.) 

Verf. verwirft alle Ligaturen und Suturen mit unresorbirbarem 
Material (Seide und Draht). Er präparirt für seine Operationen den 
Katgutso, dasser denselben in Stücke schneidet von ungefähr 50 cm— 1m 
Länge. Diese schlägt er dann in Paraffinpapier ein und dieses 
Packetchen wird noch einmal in Papier eingewickelt. Hierauf wird 
dieses dann einer trocknen Hitze von 100° für 3 Stunden ausgesetzt 
und dann noch für 4 Stunden in einem Sterilisirapparat bei 120° 
Hitze aufbewahrt. 

Bei den Operationen werden die Packetchen in der Weise ver- 
wandt, dass die äußere Papierhülle abgenommen wird und die Paraffin- 
hülsen dem Operateur in die Hände gegeben werden. Dieser 
entnimmt die Katgutfäden, taucht sie in sterilisirtes Wasser und 
wendet sie zu Ligaturen oder Suturen an. Benecke (Hamburg). 


4) R. Hölscher. Experimentelle Untersuchungen über die 


Entstehung der Erkrankungen der Luftwegenach Athernarkose. 
(v.Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1.) 

Verf. suchte auf experimentellem Wege die strittige Frage zu 
entscheiden, ob die Schädigungen durch die Äthernarkose durch das 
Inhalationsmittel an sich oder, wie Nauwerck und Grossmann 
betonen, durch fehlerhafte Technik der Äthernarkose bedingt sind. 
Er narkotisirte zu diesem Zweck meist Hunde und Kaninchen und 
brachte in die Mundhöhle derselben Gentianaviolett in Klümpchen 
oder geringen Mengen der Lösung ein. Bei horizontaler Lagerung 
der Versuchsthiere fand er nun, dass während der Narkose die Kraft 
des inspiratorischen Luftdrucks genügte, um in dem Rachen befind- 
liche Flüssigkeit mit sich fort und in die Luftwege hinein zu reißen. 
Schleim und Speichel wurde in den Äthernarkosen immer abgesondert 
und diese abgesonderte Flüssigkeitsmenge sammelte sich vor dem 
Kehlkopfeingang bei Tieflagerung des Kopfes an. Ob dann noch 
diese Massen in die tieferen Luftwege hineinbefördert werden, das 
hängt von der Kraft des inspiratorischen Luftstroms und von der 
Schwere der angesammelten Flüssigkeitsmenge ab. Die Aspiration dieser 
Speichelmassen ist nur zu verhindern, wenn man ihre Ansammlung 
verhütet. 

Beim Menschen kann eine Aspiration von Mundinhalt nur noch 
leichter eintreten, so dass Verf. die schon bekannten, namentlich 
von Grossmann empfohlenen Details der Technik der Äthernarkose 
sehr befürwortet. Die Kopfplatte des Operationstisches ist möglichst 
tief zu stellen; Kopf und Hals müssen abwärts geneigt liegen. Der 
Kopf wird seitlich gedreht und durch Abwärtsdrängen des Mund- 
winkels dem Speichel Abfluss geschaffen. Der Unterkiefer darf nicht 
zurücksinken. 

37* 


940 Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 


Trotz der hochgradigen Salivation bei Hunden wird durch den 
geathmeten Äther die Schleimhaut der Luftwege an sich nicht zu 
erhöhter Sekretion angeregt, jedenfalls ist aber eine etwaige Sekretion 
geringfügig und das gebildete Sekret wird durch die Flimmerung 
des Epithels mit Leichtigkeit nach außen geschafft. Der Speichel- 
fluss beruht nach Da Ansicht bei der Athernarkose, wenn auch zum 
größten Theil, so doch nicht allein auf lokaler Reizwirkung durch 
die Ätherdämpfe, vielmehr spielen hierbei auch centrale Einflüsse 
eine Rolle. Im Ganzen also führt der Verf. die bekannten Schäden 
der Äthernarkose wesentlich auf Fehler in der Technik zurück und 
in dieser Hinsicht ist seine experimentelle Bestätigung höchst will- 
kommen. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


5) Llobet (Buenos Aires). Onze années de pratique chirur- 
gicale, mit Vorwort von Ollier. 2 Bde. 1507 S. 


Verf. berichtet in selbstgefälliger Breite über die Erfahrungen 
seiner 11jährigen Thätigkeit in Buenos Aires, denen etwa 5000 Beob- 
achtungen zu Grunde liegen. Ollier sagt in der Vorrede, das 
Buch charakterisire die Entwicklung der Chirurgie Argentiniens, für 
welche eine neue Ära begonnen habe. Es ist wohl auch 'der Haupt- 
zweck des Buches, zu zeigen, dass es L. gelungen ist, den europäischen 
Verhältnissen ähnliche zn schaffen und etwa das Gleiche zu leisten, 
was diesseits des Oceans von einem Spitalarzt verlangt wird. Ob- 
gleich das Buch nach Aussage des Verf. kein Lehrbuch sein sollte, 
ist es doch im Stil eines solchen geschrieben und gleicht ihm in der 
oft eingehenden Behandlung der Kapitel auch aus der kleinen 
Chirurgie. Der Text besteht zum größeren Theil aus Kranken- 
geschichten, von wechselnder Ausführlichkeit, oft ohne Angabe der 
Jahreszahl, des Datums vom Beginn der Behandlung etc. Keine 
Statistik gestattet uns Einblick, was dem Verf. irgend ein Verfahren 
geleistet hat. Der wissenschaftliche Werth beschränkt sich eben auf 
einige technische und kasuistische Bemerkungen. 

L. ist im Wesentlichen Anhänger der Antiseptik und verwendet 
die Agenten zum Theil in starken Koncentrationen. Nach einer 
allgemeinen Einleitung, welche dem Instrumentarium und mehreren 
dem Verf. eigenen Einrichtungen gewidmet ist, bespricht L. zuerst 
die Erkrankungen, welche bestimmten Geweben eigen sind, um dann 
der Reihe nach auf die einzelnen Organe einzugehen. Aus der 
großen Fülle des Stoffes braucht nur Weniges hervorgehoben zu 
werden. L. behandelt Milzbrand mit starken Sublimatumschlägen 
und verabreicht gleichzeitig Jodtinktur innerlich (3><4—20 Tropfen 
täglich); die Erfolge seien vorzüglich. Bei Gelenktuberkulose bekennt 
er sich im Allgemeinen zu frühzeitigem Eingreifen (Arthrektomie etc.) 
vor Allem nach Ollier’s Methoden. Eigenthümlich sind dem Verf. 
1) die sogenannte Coprotripsie abdominale (Laparotomie Behufs 
Zertrimmerung verstopfender Kothballen), welche er 7mal ausgeführt 


Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 941 


hat! 2) Eine Thorakotomie mittels Haut-Knochenlappens in Form eines 
Hufeisens; die Operation wurde ausgeführt zur Heilung einer Hernia 
diaphragm. traumatica. 3) Der Vorschlag, bei Hysterectomia abdo- 
minalis, anstatt die Scheideninsertion abzutrennen, einen Saum festen 
Collumgewebes stehen zu lassen (wird wohl kaum Nachahmer finden!). 

Interessant sind mehrere Beobachtungen von Echinokokken der 
Gebirnhemisphären und der Harnblase, so wie ein Fall von nahezu 
symmetrischen Lipomen am Perineum, der als Polyorchritis gedeutet 
wurde. Beachtung verdienen auch seine Hysterektomieklemmen mit 
abnehmbaren Branchen, so dass nur die Mäuler liegen bleiben. 

Der Gesammteindruck des Buches leidet noch durch die unzu- 
sammenhängende Darstellung, sehr zahlreiche Druckfehler und Schreib- 
weisen wie Wolkmann, Nushbaüm, Conheim, die zu vermeiden 
waren. Christel (Metz). 


6) A. Fasano (Neapel). I sali di sozojodolo nelle specialitä 
medico-chirurgiche. 
(Arch. intern. di med. e chir. 1897. p. 418.) 

F. verwendete die Sozojodolpräparate in etwa 200 Fällen, haupt- 
sächlich von Nasen- und Kehlkopferkrankungen, Gonorrhoe, venerischen 
Geschwüren, ferner bei Scheiden- und Cervixkatarrhen, endlich bei 
zahlreichen Wunden anderen Ursprungs. Er ist von den Resultaten 
überaus befriedigt und fasst seine Erfahrungen dahin zusammen, 
dass diese Präparate mit Rücksicht auf die vortrefllichen Erfolge in 
den entsprechenden Fällen unbedingt Anwendung finden sollten. 
Die Versuche wurden mit Streupulvern, Salben, Lösungen, Inhala- 
tionen, Spülungen etc. angestellt und die einzelnen Salze der Reihe 
nach verwendet. Die Recepte decken sich zum größten Theil mit 
den Vorschlägen von Schwarz, Schwimmer u. A. 

F. hat auch durch: bakteriologische Versuche seine klinischen 
Erfolge kontrolliren können und befindet sich auch in dieser Beziehung 
in Übereinstimmung mit den Berichten von Langgaard, Dräer, 
Gruening etc. J. Sternberg (Wien). 


7) N. K. Lyssenkow. Kurzer historischer Abriss der Ent- 
wicklung der Chirurgie des Nervensystems. Antrittsvorlesung. 
(Chirurgia 1898. p. 205. [Russisch.]) 

In lebendiger Darstellung giebt L. einen Überblick über die 
Geschichte der Gehirn- und Rückenmarkschirurgie. Bei der Schilde- 
rung der neueren Fortschritte auf diesem Gebiete unterlässt L. es 
nicht, auf die besonders hervorragende Wechselwirkung hinzuweisen, 
die gerade dieser Theil der Chirurgie mit der Anatomie und Physio- 
logie hat. E. Braatz (Königsberg i/Pr.). 


942 Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 


8) C. Winkler. L'intervention chirurgicale dans les epi- 
lepsies. 
(Rapport lu au premier congrès international de psychiatrie, de neurologie et 
d’hypnologie, tenue à Bruxelles du 14.—19. September 1897.) 

In dieser Arbeit hat W. in der trotz vielen klinischen und 
experimentellen Arbeiten der letzten Jahre noch immer der Lösung 
harrenden Frage zur Pathogenese der Epilepsie Stellung genommen 

Es ist bekannt, wie, seitdem H. Jackson 1861 seine für die 
Lehre der Epilepsie so äußerst fruchttragende Hypothese aufgestellt 
hat, dass in einer Reihe von Fällen der Ausgangspunkt in der Hirn- 
rinde zu suchen sei, von gewisser Seite in einseitiger Übertreibung 
jeder Epilepsie ein corticaler Ursprung zugeschrieben ist. Neuere 
Untersuchungen haben hier die Bedeutung der schon seit den 
‚Arbeiten von Kussmaul u. Tenner und besonders von Noth- 
nagel bekannten infracorticalen Centren wiederum ans Licht ge- 
bracht. 5 

Dagegen hat sich besonders in der letzten Zeit in entgegen- 
gesetzter Richtung die Meinung breit gemacht, die gemeine Epilepsie 
sei von der symptomatischen unilateralen, sogenannten Jackson- 
schen scharf zu trennen und habe mit letzterer nichts anderes als 
den Namen gemein. Mit fortschreitender Erkenntnis ist aber mehr 
und mehr das Gebiet der idiopathischen Epilepsie eingeschränkt, 
während das der symptomatischen sich ausbreitete. Für Verf. giebt 
es gar keine idiopathische Epilepsie; er spricht es als seine Über- 
zeugung aus, dass jede Epilepsie eine symptomatische ist, und keine 
absoluten Grenzen ‚bestehen zwischen partiellen, halbseitigen und 
allgemeinen Konvulsionen; die toxische sowohl als besonders die 
reflektorische Epilepsie, die abwechselnd von Zuckungen in der ver- 
schiedensten Ausdehnung begleitet sind, beweisen dies. 

Damit ist auch gesagt, dass den partiellen Kontraktionen nicht 
der Werth beizumessen sei, den man ganz allgemein ihnen zu geben 
geneigt ist. Die Spasmen sind nur ein Symptom, deuten auf Ent- 
ladung eines Centrums, weiter nichts. Die pathologische Abweichung, 
die, wenn die epileptogene Prädisposition da ist, eine derartige Ent- 
ladung veranlasst, kann wohl in dem betreffenden Centrum selbst 
lokalisirt sein, kann aber auch in den peripheren Körpertheilen sich 
vorfinden, wo die mannigfachsten Krankheiten erst reflektorisch 
das Centrum in Wirkung bringen; eine allgemeine Intoxikation 
(Diabetes, Nephritis, Saturnismus, Pneumonie) oder Autointoxikation 
kann eben so dasselbe bewirken. 

Das ist wichtig für die Therapie; denn es ist einleuchtend, dass 
für eine rationelle Behandlung nicht allein das entladende Centrum 
berücksichtigt werden muss, sondern in erster Linie auch die Ent- 
ladungsstörung selbst. Die Möglichkeit des peripheren Sitzes dieser 
ist immer ins Auge zu fassen. Bequem ist die Differentialdiagnose, 
wenigstens in traumatischen Fällen, oft nicht: es sind besonders die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 943 


unilateralen Krämpfe auf der Seite des Traumas, und nach W. 
wahrscheinlich auch der überwiegend tonische Charakter, die für 
eine periphere Entladungsstörung sprechen. Erst wenn eine toxi- 
sche Wirkung oder irgend welche periphere Ursache, wozu auch 
schließlich jede nicht in der Hirnrinde gelagerte Hirnaffektion ge- 
rechnet werden muss, ausgeschlossen ist, kann an eine Entladungs- 
störung in der Hirnrinde gedacht werden. 

Hier ist die Möglichkeit einer operativen Entfernung des Krank- 
heitsherdes gegeben, wenn dieser lokalisirt und leicht zugänglich 
ist. Übrigens können die verschiedensten pathologischen Ab- 
weichungen zu Grunde liegen, sowohl eine subdurale Blutung als 
eine Geschwulst, eine Narbe oder Cyste mit und ohne Knochen- 
One, und schließlich auch einfache Kongestion oder akutes 

dem. 

Hervorzuheben ist hier die Erfahrung des Autors betreffend die 
Verschiedenheit in prognostischer Beziehung zwischen den trauma- 
tischen subduralen Blutungen und denen anderer Ursachen, z. B. 
bei der allgemeinen Paralyse. Während die ersteren sich günstig 
unterscheiden, ist nach allen 4 von ihm beobachteten Fällen, die im 
Verlauf der allgemeinen Paralyse aufgetreten waren, nach Entfernung 
der Coagula der Tod gefolgt. 

Auf den Sitz eines Krankheitsherdes in der Hirnrinde deutet 
ein Komplex von Erscheinungen, die der Verf. unter dem Namen 
von »Etat de mal Epileptique unilaterale zusammenfasst. Diese sind 
gekennzeichnet durch Konvulsionen, die, immer in demselben 
Muskelgebiete anfangend, mit oder ohne eine vorübergehende 
tonische Phase, mit oder ohne Verlust des Bewusstseins, sich auf 
einer Seite des Körpers derartig ausbreiten, dass die Reihenfolge der 
topographischen Ordnung genau den motorischen Hirnfeldern ent- 
sprechend innegehalten wird. 

Eine derartige Entladungsstörung kann aber eben so gut als in 
den motorischen Feldern, wie bei dem »Etat de mal unilateral«, 
auch in den übrigen Theilen der Hirnrinde lokalisirt sein und wird 
dann, je nach der betroffenen Stelle, mit verschiedenen Reizerschei- 
nungen, besonders in der psychischen und sensorischen Sphäre, den 
Anfall einleiten. So ist die Aura von überwiegender Bedeutung, und 
wird in der Zukunft mit vertiefter Erkenntnis der physiologischen 
Funktionen der Hirnoberfläche auch die topographische Diagnostik 
am meisten gefördert sein. In traumatischen Fällen wird man sich 
immer durch die Aura leiten lassen. Oft genug besteht keine Über- 
einstimmung zwischen der äußerlich sichtbaren Kopfnarbe und dem 
entladenden erkrankten Centrum. 

Übrigens darf ohne makroskopische Veränderungen ein Hirn- 
rindentheil nicht ausgeschnitten werden, wenn nicht mit Hilfe des 
faradischen Stroms gerade auf jenem Punkte künstlich ein dem 
spontanen ganz analoger Anfall ausgelöst werden kann. Die Hervor- 
rufung einzelner Zuckungen in den Muskeln der während eines 


944 Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 


Anfalls bewegten Extremitäten genügen dazu nicht. Zur Illustration 
giebt Verf. einen in dieser Beziehung sehr lehrreichen Fall. 

Bei einem 20jährigen Epileptiker, dessen Anfälle eingeleitet werden durch 
eine sensitive Aura in den linken Fingern, wo auch die Konvulsionen ihren An- 
fang nehmen, wird oberhalb des Unterarmcentrums kontralateral ein Stück ver- 
diekten Schädelknochens ohne Erfolg entfernt. Zum zweiten Mal wird die Hirn- 
rinde bloßgelegt und jetzt das Centrum der linken Hand mit dem faradischen 
Strom aufgesucht und mit Thermokauter excidirt. Auch dies Mal war das Resultat 
noch gering, wesshalb zum dritten Mal eingegriffen werden musste. Jetzt aber 
gelang es, die sensitive Aura berücksichtigend, mit dem schwächsten faradischen 
Strom in dem Lobus parietalis inf. einen Punkt zu finden, bei dessen Reisung 
ein vollkommener, dem natürlichen ganz analoger Anfall aussgelöst wurde. Nach 
Entfernung dieses Theiles sind die großen Anfälle nicht mehr beobachtet, und 
ist, wenn auch keine vollkommene Heilung eingetreten ist, der Erfolg doch sehr 
zufriedenstellend. 

Im Allgemeinen sind die Resultate der operativen Behandlung 
bei der Epilepsie genügend, wenn eine tastbare Veränderung ent- 
fernt worden ist, weniger erfolgreich, wenn keine makroskopische 
Veränderung vorlag. In diesen letzten Fällen ist bis jetzt die Be- 
deutung der Aura nicht genug gewürdigt. 

Am Schluss seiner sehr lesenswerthen Abhandlung giebt Verf. 
die Protokolle von 22 von ihm selbst beobachteten Fällen, wo chirur- 
gisch eingegriffen ist. Sie sind des fleißigen Studiums überwerth. 

GT, Walter De Gravenhage). 


9) Terrier, Guillemain et Malherbe. Chirurgie du col. 
Paris, Alcan, 1898. 

Das kurzgefasste Lehrbuch enthält außer der eigentlichen 
Chirurgie des Halses auch einen von M. verfassten Abschnitt über 
Laryngoskopie und intralaryngeale Behandlung. Die Darstellung 
ist im Allgemeinen klar und übersichtlich und durch 101 Ab- 
bildungen erläutert; die rein anatomischen Abbildungen ermangeln 
der heut zu Tage verlangten Deutlichkeit. 

Der deutsche Leser ist angenehm überrascht, in manchen 
Kapiteln die fremde Litteratur ausgiebig berücksichtigt zu finden. 
In anderen Kapiteln weichen die Anschauungen der Autoren wesent- 
lich von den unsrigen ab. Im Kapitel Tracheotomie werden eine 
Menge Methoden aufgezählt, ohne dass ein einziges Mal auf die 
Nothwendigkeit der exakten Blutstillung und das dazu nothwendige 
Verfahren hingewiesen wird. Bei starker Blutung rathen die Verf. 
nur möglichst bald die Trachea zu eröffnen DL Die Operation unter 
Lokalanästhesie wird nicht berücksichtigt. Bei dem Abschnitt 
»Struma« sind 4 Seiten und 3 Abbildungen der Exothyreopexie 
gewidmet. Krecke (München). 


10) W. J. v. Stockum. Tamponeerende Intubatie. 
(Nederl. Tijdschr. v. Geneeskunde 1897. II. No. 5.) 
Um in Fällen, wo in Rachen- oder Mundhöhle operirt werden 
muss, die Gefahr der Blutaspiration in die Lunge zu umgehen, hat 


Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 945 


Trendelenburg seine Tamponkanüle angegeben. Damals war man 
der Meinung, dass auch kleine Mengen Blut in den Lungen gefähr- 
lich seien, weil sie durch Zersetzung eine Pneumonie veranlassten. 
Gegenwärtig hat man aber die Überzeugung, dass nicht das Blut, 
sondern infektiösse Wund- und Mundsekrete, daneben Speisetheile 
es sind, die die Lungen mit einer septischen Entzündung bedrohen. 

Diese fern zu halten »vermag Trendelenburg’s Kanüle 
nicht«. Somit war sie nur im Stande, während der Operation der 
Einführung von größeren Mengen Blut vorzubeugen. Bei den Kehl- 
kopfoperationen wird sie wohl immer unentbehrlich und die einzig 
rationelle Methode bleiben. Für Operationen in der Mundhöhle 
dagegen hat man sich in den meisten Fällen durch geeignete Vor- 
kehrungen ohne Tamponkanüle, die eine nicht gleichgültige Neben- 
verletzung fordert, aushelfen gelernt. Doch wäre auch in diesen 
Fällen das Trendelenburg’sche Princip nützlich und bequem 
und ohne Nothwendigkeit einer Voroperation gewiss sehr willkommen. 
Diese Forderungen erfüllt nun nach Verf. die von ihm angedeutete 
tamponirende Intubation. 

Dazu hat er die O. Dwyer’sche Kanüle am trachealen Ende 
mit einem aufblasbaren Gummiballon, vollkommen nach dem Princip 
der Trendelenburg’schen, armirt, während ein Tampon von ge- 
presstem Schwamm am pharyngealen Ende mit einem Faden fest 
befestigt ist. Mittels eines elastischen Rohres, das durch die Nase 
geführt wird, kann dann, wenn der Tampon die Lichtung des Kehl- 
‚kopfs abschließt, die Außenluft frei in die Lungen ein- und aus- 
treten, und auch mit Chloroform geschwängert werden. 

Mit diesem Instrument wäre es möglich, jede blutreiche Opera- 
tion in der Mundhöhle ohne Gefahr für Aspiration in horizontaler 
Rückenlage auszuführen. Es ist in 2 Fällen mit gutem Erfolg ver- 
sucht worden: bei der Exstirpation eines Sarcoma tonsillae mit 
Wangenschnitt und bei einer Aufmeißlung des Antrum Highmori, 
der einige Tage später eine partielle Oberkieferresektion folgte. 

Auch zur Nachbehandlung der Operationen in der Umgebung 
des Kehlkopfeingangs, wo Schluckpneumonien öfters als irgend wo 
sonst auftreten, möchte Verf. die tamponirende Intubation empfehlen: 
hier darf aber nur das am Oberende befestigte Schwammstück fun- 
giren, während der luftgefüllte Ballon wegen Druckusur gefähr- 
lich werden würde. Eigenthümlicherweise hegt Verf. für solche 
Fälle Erwartungen von einer Vorrichtung, die er bei Gelegenheit 
der tracheslen Tamponade als »nichts leistend« qualificirt. Doch 
gilt in dieser Beziehung, was er in der trachealen Tamponade miss- 
billigt, mutatis mutandis auch von seiner Methode. Nur den gewiss 
nicht geringen Vortheil hat diese letztere voraus, keinen Eingriff, 
wie die Tracheotomie, nöthig zu machen. Im Allgemeinen aber 
wird der Werth der trachealen Tamponade vom Verf. zu niedrig 
angeschlagen, wenn er sagt, dass sie auch in der Modifikation von 
Hahn weder während, noch nach der Operation das Eindringen von 


946 Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 


infektiösem Material verhindern kann und die Tracheotomiewunde 
durch ihr Sekret einer Pneumonie hier förderlich ist. 
Auch Madelung und Doyen haben einen derartigen Vor- 
schlag wie S. gemacht, aber noch nicht praktisch verwerthet. 
6. Th. Walter ('s Gravenhage). 


11) O. Lanz. Über Schilddrüsenpräparate, speciell das Aiodin. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 17.) 

L. ist durch seine Untersuchungen schon lange der Ansicht 
gewesen, dass in dem Schilddrüsensekret mehr als eine physiologisch 
wirksame Substanz enthalten sei. Er veranlasste daher den Chemiker 
Dr. Schaerges in Bern, durch Fällung mit Tannin ein vollwerthiges 
Extrakt zu erzielen, welches ein von der Firma F. Hoffmann- 
La Roche & Cie in Basel in den. Handel gebrachtes, mit dem 
Namen Aiodin getauftes Präparat liefert. Dasselbe enthält die Jod- 
eiweißkörper, die Basen und das Pseudomucin der Thyreoidea. 
100 g Thyreoideae recent. — 20,0 g Thyreoideae sicc. (Thyreoidin) 
= 10 g Aiodin. Der Jodgehalt des Aiodins beträgt 0,4%, es ent- 
spricht somit dem Jodgehalt nach 1 g Aiodin 10 g frischer Schilddrüse. 

Lis Erfahrungen mit Aiodin am Menschen beziehen sich wesent- 
lich auf Kröpfe; bei einem sehr großen hypertrophischen Kropf war 
die Abnahme schon am 4. Tage nach Beginn der Aiodinanwendung 
deutlich, am 6. Tage war der Kropf um die Hälfte kleiner geworden. 
Ein athyreotisches, in seinem Wachsthum bedeutend zurückgebliebenes 
Mädchen war bei Aiodingebrauch in 7 Monaten um 7!/, cm gewachsen. 
Das Präparat wird in Form komprimirter Pastillen & 0,1, 0,3 und 
0,5 in den Handel gebracht. L. stellt es als rationelles und wirk- 
sames Produkt hin, welches gegenüber dem Thyreoidinum siccatum 
keiner Zersetzung unterliegt. Gold (Bielits). 


12) F. Bähr. Der äußere Schenkelbruch. (Mit 4 Figuren.) 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 1.) 

Verf. schildert 3 selbst beobachtete Fälle dieser in der Über- 
schrift genannten Hernienart. Im Großen und Ganzen hält sich B. 
an die klassische Darstellung der Hernia cruralis externa, wie sie 
Hesselbach gegeben hat, und versteht gegenüber der mehr oder weniger 
laxen Bestimmung anderer Autoren darunter einen Bruch, der neben 
den großen Schenkelgefäßen nach außen, zwischen Drüsen und 
dem Darmbeinkamm entspringt. Er entsteht, wenn der obere 
schwächere Theil der Fascia iliaca posterior mit dem darauf liegenden 
Bauchfell durch die Gewalt der Eingeweide unter die halbmond- 
förmige Brücke hinuntergeschoben wird. Man unterscheidet zwischen 
vollkommenem und unvollkommenem äußeren Schenkelbruch je nach 
der Ausdehnung desselben. Nach B.’s Anschauung sind wohl öfters 
Verwechslungen des Leidens mit Entzündungen der Bursa subiliaca 
vorgekommen. Einklemmungserscheinungen bei dieser Bruchform 
sind bis jetzt nicht bekannt. Für die differentielle Diagnose kommen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 947 


in Betracht Geschwülste der Leistenbeuge, Fractura colli femoris 
und Beckenbrüche, Bursitis, Psoasabscesse und Coxitis. 

Die Therapie besteht im Tragen eines Bruchbandes. Ob viel 
damit zu erreichen ist, steht dahin. Operative Erfahrungen sind bei 
dem Leiden noch nicht gesammelt. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


13) L. Heidenhain. Beiträge zur Pathologie und Therapie 
des Darmverschlusses, enthaltend Krankengeschichten mit 
Bemerkungen. (Mit 12 Figuren.) 

(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hit. 1.) 

Das Wesentlichste dieser Arbeit sind die Krankengeschichten, auf 
Grund welcher H. zu seinen früher schon referirten Anschauungen 
über die einzelnen Arten des Deus gekommen ist. Das reichliche 
einschlägige Material bietet für Jeden ein großes Interesse, der sich 
gern ausführlicher mit dem oft noch dunklen Gebiet der Dleusfrage 
beschäftigt. Eine wesentliche Rolle spielt natürlich auch hier die 
Entstehung eines Darmverschlusses durch Störungen der Peristaltik 
allein. Wie Verf. vermuthet, wird gerade dieser Theil der Arbeit 
die Fachgenossen besonders zur Kritik, nicht immer zur zustimmen- 
den, herausfordern, und gerade erst recht nach Kenntnisnahme der 
Krankheitsjournale. H. fügt zur Bestätigung der Möglichkeit einer 
derartigen Form des Ileus auf Basis einfacher Kontraktion des Darmes 
eine Beobachtung von J. B. Murphy bei. Doch erweckt auch ge- 
rade diese Krankengeschichte gewisse nicht wenig schwerwiegende 
Bedenken, in so fern Pat. wiederholt an Bleikoliken erkrankt war. 
Hervorheben möchte ich besonders, dass bei den einzelnen Opera- 
tionen, welche zum Theil recht große Schwierigkeiten boten, das 
Verfahren von G. Smith, den im Bauch verbleibenden Theil der 
austretenden Schlinge zu verfolgen, oder das von Kümmell, rasche 
‚Eventration und Orientirung, sehr rasch zum Ziele führten. Jeden- 
falls ist die Lektüre des Originals in seinen Einzelheiten und mit 
seinen epikritischen Bemerkungen lehrreich und empfehlenswerth, 
auch wo die Kritik sich nicht immer den Anschauungen des Autors 
anzuschließen vermag. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


14) C. Bayer. Charakteristischer Meteorismus bei Volvulus 
des S romanum. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVI. Hft. 1. [Mit 4 Figuren.)) 

B. macht darauf aufmerksam, dass regelmäßig dort, wo erst tief 
im Mastdarm eine Stenose sitzt, die größte Spannung und Wölbung 
des Bauches bei sonst deutlichem Dickdarmmeteorismus in der Blind- 
darmgegend sichtbar wird. Die Erklärung dieser Erscheinung er- 
giebt sich seiner Ansicht nach aus der Rückstauung des Darminhalts 
durch den gleichmäßig erweiterten Dickdarm bis zur nächsten Über- 
gangsstelle in engere Lichtung, d. i. die Einmündung des Dünndarms 
in den Blinddarm. 


948 Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 


Eine eigenthümliche Form des Meteorismus fand B. nun bei 
einem Falle von Volvulus des S romanum. Der Bauch der Kranken 
schien in seiner oberen Hälfte nach links, in der unteren nach rechts 
verschoben. Der Gesammteindruck war der eines S-förmigen Wulstes. 
Diese Asymmetrie und schräge Gesammtform des Meteorismus glaubt 
Verf. charakteristisch für Drehung des S Romanum halten zu dürfen. 
An beigegebenen Skizzen der Form des Bauchinhalts wird der äußer- 
lich sichtbare Befund klarer als ihn die Beschreibung zu schildern 
vermag. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


15) Quenu. Du choix des procédés opératoires dans l’extir- 
pation des cancers du rectum. 
(Bull et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 458.) 

Von dem entschieden richtigen Gedanken ausgehend, dass für 
die Exstirpation der verschiedenen Fälle von Mastdarmcarcinomen 
nicht stets die gleiche Methode passe, entwickelt Q. im vorliegenden 
Aufsatz seine Ansichten, welche Methode er in jedem Falle als die 
geeignetste ansieht. Er theilt desswegen die Geschwülste nach ihrem 
Sitz im Verhältnis zur Höhe des 3. Kreuzbeinwirbels ein, d. h. der 
Stelle, wo der mit einem Mesenterium versehene Theil des Dick- 
darms endigt und der eigentliche Mastdarm beginnt. Als eigent- 
liche Mastdarmkrebse bezeichnet er die, welche völlig unterhalb, als 
Krebse der Flexura sigmoidea die, deren untere Grenze oberhalb des 
genannten Wirbels liegt, als Carcinoma recto-sigmoideum die, welche 
diese Grenze nach oben und unten hin überschreiten; die eigentlichen 
Mastdarmkrebse unterscheidet er wieder in totale und circumscripte, 
letztere in infraperitoneale, ampulläre und supraampulläre Formen. 
Seine Ansichten über die im Einzelfalle zu wählenden Operations- 
methoden fasst er in folgenden Sätzen zusammen: 

1) Wir üben die sacrale oder perineo-abdominale Exstirpation 
bei dem Carcinom der Flexur oder dem Carcinoma recto-sigmoideum. 

2) Wir rathen den perinealen Weg nach unserer Methode der 
prärectalen Ausschälung an für alle analen oder anoampullären 
Krebse, die die untere Ausbuchtung des Bauchfellsacks nicht über- 
steigen, mit Bildung eines perinealen oder coccygealen Afters. 

3) Bei den Krebsen der Ampulle unterscheiden wir die sehr 
eircumscripten Geschwülste, für welche die Kraske’sche Operations- 
methode mit Offenlassen der Hautwunde sich eignet, von den sich 
über die ganze Ampulle ausbreitenden Epitheliomen; für diese letzte- 
ren Fälle eignet sich der sacrale Weg zur Exstirpation, die Um- 
stülpung (cf. früheres Referat) zur Behandlung des oberen Endes. 

4) Bei den Carcinomen, die den ganzen Mastdarm einnehmen, 
schreiten wir zur Umstülpung, nachdem wir den Krankheitsherd 
nach einander erst vom Damm, dann, wenn es nöthig ist, vom Steiß- 
oder Kreuzbein aus angegriffen haben. 

5) Die vorgängige Anlegung eines künstlichen Anus iliacus ist 
für die meisten, wenn nicht für alle Fälle rathsam; man bedient sich 


Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 949 


des Tliacalschnitts nicht nur, um mit dem Finger den Zustand der 
Nachbartheile zu erforschen, sondern auch, um die ganze Hand in 
das Becken einzuführen und auf die genaueste Weise die Höhe des 
Krebses im Verhältnis zum Cavum recto-uterinum bezw. recto-vesicale 
vorn, zum Mesorectum hinten, die Beschaffenheit der sacralen, lum- 
balen und seitlichen Beckendrüsen zu erkennen. 

6) Lassen der hohe Sitz eines eigentlichen Mastdarmkrebses und 
seine Ausdehnung voraussehen, dass man das Ganze unterhalb des 
künstlichen Afters gelegene Ende opfern muss, so bedarf es Behufs 
Erleichterung der Umstülpung der Vorsicht, dass man den künstlichen 
After dem Carcinom so nahe als möglich anlegt. 

Reichel (Chemnitz). 


16) F. de Quervain. Über die Dermoide des Beckenbinde- 
gewebes. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 1.) 

Q. berichtet über einen sehr interessanten Fall von Dermoid- 
cyste des Beckenbindegewebes bei einem 58jährigen Mann. Es be- 
standen schon jahrelang Symptome von Harnretention. Die Ope- 
ration wurde aus äußeren Umständen in drei Zeiten vollzogen, der 
Cystenbalg durch einen vorderen und einen weiteren parasacralen 
Schnitt mit ausgezeichnetem Erfolg exstirpirt. 

Verf. bringt 20 einschlägige Beobachtungen aus der Litteratur. 
Er beschränkt sich ausschließlich auf die Dermoide des kleinen 
Beckens, dessen Bindegewebe er genauer schildert. Besonders geht 
er auf die anatomische Lage dieser Geschwülste ein, deren weitaus 
größere Mehrzahl hinter dem Mastdarm sich entwickelte und hier 
wieder vornehmlich in dem linken retrorectalen Bindegewebe. Außer- 
dem sitzen sie noch im subserösen Bindegewebe zwischen dem Binde- 
gewebe des Douglas und dem Levator ani oder im Ligamentum latum. 
Man kann sie zweckmäßig in 2 Gruppen eintheilen, je nach ihrem 
Sitz oberhalb oder unterhalb des Levator ani. Ihre Größe ist ver- 
schieden, und danach sind die Verdrängungserscheinungen der Becken- 
organe, Mastdarm, Scheide, Uterus und Blase, sehr variabel. In ihrer 
Umgebung vermehrt sich das Bindegewebe, so dass bei langer Dauer 
eine dicke Bindegewebskapsel bestehen kann. Sie gehören meist den 
einfachen Formen der Dermoide an und zeigen nur selten einen 
komplicirteren Bau. 

Mikroskopisch ahmt die Cystenwand meist den Bau der äußeren 
Haut nach, und das Stratum corneum mit Stratum Malpighi sind 
deutlich von einander zu unterscheiden. 

Bezüglich der Ätiologie dieser Geschwülste wissen wir nicht 
viel mehr Sicheres, als dass sie von den Eierstöcken nicht ausgehen. 

Die Symptome des Leidens beruhen zum Theil auf der Ent- 
wieklung der Geschwulst nach der Gesäßgegend hin, wo sie dann 
Schmerzen verursacht, theils auf Kompression und Verdrängung der 
Organe des kleinen Beckens durch dieselbe, theils auf Verlegung der 


950 Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 


Geburtswege beim Weib, theils endlich auf Cirkulationsstörungen im 
Gebiet des kleinen Beckens. Die Diagnose des Leidens ist bei seiner 
Seltenheit an sich sehr schwer und nur durch bimanuelle Unter- 
suchung möglich. Es ist nicht angängig, hier alle differentiell in 
Betracht kommenden pathologischen Processe anzuführen. 

Incision und Drainage sind als ungenügende und unsichere 
Heilmittel anzusehen. Eine Radikalheilung ist nur durch die Exstir- 
pation des Balges zu erzielen. Welche Methode der Operation im 
einzelnen Falle zu wählen ist, hängt von dem Sitz und der Ent- 
wicklung der Geschwülste ab. Die Prognose ist namentlich bei 


zweckentsprechendem operativen Verfahren eine durchaus günstige. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


Kleinere Mittheilungen. 


17) Dubujadoux (Blida). Compression cérébrale par h&morrhagie 
extra dure-merienne d'origine traumatique sans fracture du crâne. 
Tr&panation. Gu£rison. 

(Bull. et mem. de la soo. de chir. de Paris T. XXIII. p. 613.) 

Das Interesse des von D. mitgetheilten, von ihm mit Erfolg operirten Falles 
liegt namentlich darin, dass die ausgedehnte, starken allgemeinen und lokalen 
Hirndruck verursachende extradurale Blutung traumatisch in Folge eines Schlages 
aber ohne jede Schädigung des Schädels selbst entstanden war. Auf den Sitz’ 
der Verletzung wies die linksseitige Hemiplegie und ein Bluterguss im rechten 
Schläfenmuskel hin. Rechts bestand ein starker Exophthalmus mit Erweiterung 
und Unempfindlichkeit der Pupille gegen Licht. ` 

Verf. entfernte das Blut von einer mit 4 Trepankronen geschaffenen Öffnung 
aus mit einer Curette und legte einen Jodoformgasestreifen zwischen Knochen und 
Hirnhaut. Schon während der Operation kehrte die Sensibilität zurück. Langsame, 
doch schließlich völlige Genesung. Beichel (Chemnits). 


18) Braquehaye et J. Sabrasös (Bordeaux). Hypertrophie cong£eni- 
tale et progressive des deux glandes sublinguales chez un enfant 
nouveau-né. 

(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 567.) 

Die Geschwulst behinderte die Ernährung des zur Zeit der Operation 6 Mo- 


nate alten Kindes. Sonst enthält die Überschrift alles Wesentliche. 
Reichel (Chemnits). 


19) P. Berger. Sarcome mölanique primitif des ganglions cervicaux; 
extirpation; guérison durable. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 526.) 

Die außerordentliche Seltenheit primärer melanotischer Lymphdrüsengeschwülste 
ist bekannt, eben so ihre Recidivfähigkeit. B. theilt desshalb einen Fall mit, in 
welchem er bei einem 50jährigen Manne eine subfaseiale, bewegliche, aus 3 Drüsen 
bestehende, über eigroße Geschwulst entfernte, die sich auch bei sorgfältigster 
histologischer Untersuchung — als melanotisches Lymphosarkom erwies. Nirgends 
ließ die genaueste Prüfung einen primären Erkrankungsherd entdecken. — Die 
Heilung wurde noch (bh Jahr nach der Operation konstatirt. 

B. untersieht die bisher beschriebenenen analogen Fälle einer genauen Durch- 
sicht und kommt zu dem Schluss, dass selbst die scheinbar am sichersten fest- 
gestellten Fälle doch nicht die Behauptung zulassen, dass ein unbedeutender 
Pigmentfleck, als Ausgangspunkt der Melanose, bei ihnen nicht übersehen worder. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 951 


sei. — Eine statistische Zusammenstellung zeigt, dass nur der 10. Theil der ope- 
rirten Fälle gesund blieb, dass aber durch die Operation auch in den anderen 
Fällen eine durchschnittlich etwa 1 Jahr betragende Verlängerung des Lebens er- 
zielt wurde. Reichel (Chemnits). 


20) C. Walther. Tumeur volumineuse du lobe gauche du corps 
thyroïde ayant provoqué, chez une malade nerveuse, des accidents 
Basedowiens. Thyroïdectomie partielle. Guérison. 

(Bull, et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 660.) 

Die von jeher nervöse, 43jährige Kranke bemerkte eine Vergrößerung der 
Schilddrüse seit ihrem 15. Lebensjahre, freilich erst in den letsten Monaten ein 
rascheres Wachsthum. Seit 2 Jahren waren Herzpalpitationen und nervöse Stö- 
rungen aufgetreten. Die Kranke war nach Aussage ihrer Umgebung manchmal 
kaum zurechnungsfähig; es bestand beständiges Zittern der Hände und Arme, 
weniger der Beine, Unmöglichkeit, die Unterextremitäten koordinirt zu bewegen, 
daher zu gehen; keine sensiblen Störungen. Die Geschwulst der Schilddrüse war 
15 cm lang, 9cm breit. — Nach ihrer Exstirpation trat bis auf Rückbleiben ge- 
ringer Nervosität völlige Heilung binnen ca. 6 Wochen ein. 

Reichel (Chemnitz). 
21) Pousson. De la mastopexie. 
(Bull. et m&m. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 507.) 

In einem Falle enormer doppelseitiger Hypertrophie der Brüste erzielte P. 
dadurch eine wesentliche Erleichterung der Beschwerden, dass er oberhalb der 
Mammille beiderseits je einen handbreiten Streifen aus Haut und Fettgewebe bis 
zur Aponeurose des Pectoralis major hin resecirte, dann die Mamma am höchsten 
Punkt dieser Aponeurose durch 3 Nähte fixirte und die Hautwunde schloss. 

Reichel (Chemnitz). 


22) J. C. Halliday. Record of one hundred consecutive cases of 
appendicitis treated at Prince Alfred Hospital, Sydney. 
(Brit. med. journ. 1898. Mai 7.) 

Die 100 Appendiecitisfälle, von denen 55 operirt wurden (Gesammtsterblichkeit 
20%) vertheilen sich wie folgt: Einfache Appendicitis ohne Eiterung 64 Fälle, 
1,6% Mortalität, 25 Intervalloperationen. Appendicitis mit Eiterung 22 Fälle — 
5 gest., 23% Mortalität (2mal'Entfernung der Appendix nach Recidiv). Akute 
perforative Appendicitis mit allgemeiner Peritonitis 14 Fälle, sämmtlich gestorben 
(10 operirt). F. Krumm (Karlsruhe). 


23) Lejars. Abcès gazeux sous-phrenique. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 643.) 

Der 40jährige Pat. litt schon seit 10 Jahren an dumpfen Schmerzen im rechten 
Hypochondrium und den Zeichen einer »Gastritis«. Trots dieser langen Leidens- 
zeit traten die Zufälle, die zur Operation führten, ziemlich plötzlich mit heftigen 
Schmerzen, Erbrechen und Auftreibung des Leibes auf. Die Zeichen ließen zuerst 
an einen Darmverschluss denken, doch ließ dann das Erbrechen nach, der Meteo- 
rismus wurde unterhalb des Nabels geringer, blieb oberhalb desselben aber be- 
trächtlich. Im Epigastrium zeigten die Hautvenen eine starke Ausweitung, die 
Haut ein geringes Ödem. Die Temperatur schwankte um 38° herum. Ein in der 
3. Krankheitswoche in die Medianlinie gemachter 25 om langer Schnitt entleerte 
nebst vielem stinkenden Eiter eine große Menge Gase, als wäre eine Darmschlinge 
eröffnet worden. Die große Abscesshöhle lag zwischen Zwerchfell und Leber. 
Drainage. — Binnen 2 Monaten erfolgte Heilung. Beichel (Chemnits). 


24) Villemin. Sur un cas d’enteropexie. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 501.) 
Bei einer 24jährigen Pat., welche seit Kindheit an den Zeichen tuberkulöser 
Peritonitis, seit 8 Tagen an denen eines akuten Ileus litt, schritt V. zur Laparo- 


952 Centralblatt für Chirurgie. No. 37. 


tomie, fand zunächst nur ein Konvolut unter einander fest verlötheter, aber nicht 
stark gerötheter Dünndarmschlingen, dann aber in der Blinddarmgegend eine stark 
ausgedehnte, leicht blauroth verfärbte, um ihre Gekrösachse gedrehte Schlinge, 
unterhalb deren der Darm eng war. Die Schlinge ließ sich leicht aufdrehen, war 
dann für Darminhalt durchgängig, fiel aber, sich selbst überlassen, sogleich in die 
fehlerhafte Stellung zurück. V. fixirte desshalb beide Schenkel der Schlinge nach 
ihrer Entfaltung durch einige Nähte an der Bauchwand und erzielte damit eine 
völlige Heilung. Reichel (Chemnitz). 


25) Broussin (Versailles). Corps étranger (saucisson) du rectum. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 659.) 

Eine Bratwurst als Fremdkörper im Mastdarm beobachtete B. Da Drastica 
erfolglos blieben, und der Fremdkörper heftige Schmerzen machte, entfernte ihn 
Verf. mit einer Zange, allerdings in mehreren Stücken. 

In der Diskussion bemerkt Monod, dass in 34 Fällen von Fremdkörpern im 
Mastdarm die Entfernung auf natürlichem Weg 27mal gelang, mit 5 Todesfällen; 
2 der letsteren waren durch Verletzung des Darmes vor jedem Extraktionsversuch 
veranlasst, die 3 anderen Folge der Operation. In 7 Fällen war ein blutiger Ein- 
griff erforderlich: einfache Durchschneidung des Sphinkters, die lineäre hintere 
Rectotomie, die Resektion des Steißbeins, die Gastrotomie. M. stellt die Fälle 
tabellarisch zusammen. Er räth, stets zunächst die Extraktion auf unblutigem 
Weg zu versuchen, im Fall des Misslingens die hintere Rectotomie zu machen 
und erst, wenn auch dann der Erfolg ausbleibt, zur Resektion des Steißbeins zu 
schreiten. Beichel (Chemnits). 
26) P. Delbet. Des corps étrangers du rectum. A propos’ d'une 

bouteille. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 652.) 

Beim Versuch der Entfernung einer 24cm langen, 57 mm im Durchmesser, 
18 cm im Umfang messenden Flasche aus dem Mastdarm eines 31jährigen Mannes 
stieß D. zunächst auf unüberwindliche Schwierigkeiten, indem der Boden der 
schräg von vorn oben nach hinten unten liegenden Flasche stark gegen das Steiß- 
bein drängte und sich nicht nach vorn ziehen ließ. Vergebliche Extraktions- 
versuche von Seiten der Assistenten waren vorausgegangen. D. durchschnitt den 
Sphinkter nach hinten, verlängerte den Schnitt bis zum Kreusbein, resecirte das 
Steißbein und konnte nun leicht die Flasche entfernen. Naht. Völlige Heilung. 

D. machte auf Grund dieser Beobachtung Leichenexperimente, um die ana- 
tomischen Ursachen der Schwierigkeiten der Entfernung der Fremdkörper durch 
den normalen Weg festzustellen. Er fand stets die gleichen Verhältnisse mit ge- 
ringen gradweisen Abweichungen. Die Einführung der Flasche in den Mastdarm 
verlangte einen erheblichen Kraftaufwand. Zunächst drängt der Hals der Flasche 
gegen das Promontorium; die Prostata und die starke Perinealfascoie werden dabei 
in die Höhe geschoben und gespannt; sie pressen den Fremdkörper nach hinten 
und fixiren ihn, so wie er einmal den Schließmuskel resp. das Steißbein über- 
schritten hat, indem der Flaschenhals jetzt plötzlich nach vorn abweicht, der Boden 
in die Kreuzbeinhöhlung gleitet. Beim Versuch der Extraktion hindert die straffe 
Spannung der Perinealfascie, den Boden der Flasche über das Steißbein weg nach 
vorn zu ziehen. — D. empfiehlt daher stets die Resektion des Steißbeins, so wie 
die Entfernung auf normalem Weg wesentliche Schwierigkeiten findet. 

Basy macht in der Diskussion darauf aufmerksam, dass häufig auch bei 
gleich großen Fremdkörpern dennoch die Extraktion auf unblutigem Weg in 
Narkose mit Hilfe kleiner Geburtssangen gelingt und theilt einen einschlägigen 
Fall mit. Reichel (Chemnitz). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


SE tit 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


en a 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 38. Sonnabend, den 24. September. 1898. 

Inhalt; 4) Kudriaschow, Osteomyelitis. — 2) Braun, Epilepsie. — 3) Lavrand, 
Intranasale Synechien. — 4) Cholewa und Cordes, Ozaena. — 5) Browne, Zungen- 
mandeln. — 6) Baumgarten, Kehikopfpapillome. — 7) Cohn, Prostatitis. — 8) Zlebert, 


Kryptorchismus. — Y) Lexer, Urachustistel. — 10) Richelot, Hysterektomie. 

11) Blecher, Osteomyelitis. — 12) Piörringer, Hirncysticereus. — 13) Möller, Hydr- 
encephalocele. — 14) Gerber, Empyem der Stirnhöhle. — 15) Delle, Nekrose der Nasen- 
mnschel. — 16) Raoult und Thiry, Tonsillitis. — 17) Tilmann, Vagusverletzung. — 
18) Avellis, Thymustod. — 19) Chiari, Kehlkopfkrebs. — 20) Hildebrand, Penisresektion. 
— 21) Wodarz, 22) Böhm, Prostatabypertrophie. — 23) Dessy und Fatichi, Cystitis und 
Epididymitis. — 24) Payr, Nierenschuss. — 25) Braatz, Nierenexstirpation. — 26) af For- 
selles, Achsendrehung der Tube. — 27) Rochard, Extra-uterin-Schwangerschaft. — 
28) Ruggi, 1000 Laparotomien. — 29) Döbbelin, Knochenechinokokken des Beckens. 


1) A. J. Kudriaschow. Eine kurze Übersicht des gegen- 
wärtigen Zustandes der Frage über die Osteomyeliten. 
(Militär-med. Zeitschrift 1898. April. [Russisch.)) 

K. analysirt die Geschichte des gegebenen Leidens; er versucht 
dasselbe parallel zur Tuberkulose zu betrachten; alle Erkrankungen 
der Knochen bezieht er auf die primäre Affektion des Knochenmarks, 
die Osteomyelitis; am Schluss seiner Arbeit kommt er zu folgenden 
Schlüssen:: 

1) Die Osteomyelitis ist eine Entzündung des Knochenmarks, 
die der Entzündung anderer Gewebe analog ist. 

2) Da der eigentliche Knochen nur passiv leidet, hauptsächlich 
das Knochenmark des Kanals, der Gowers’schen Kanälchen und 
die osteogenetische Schicht des Periosts aktiven Antheil an der Ent- 
zündung haben, müssen wir bei den Affektionen der Knochen beinahe 
immer von der primären Entzündung des Knochenmarks, d. h. von 
der (infektiösen) Osteomyelitis reden. 

3) So handelt es sich auch bei den tuberkulösen Leiden der 
Knochen um denselben osteomyelitischen Process (die tuberkulöse 
Osteomyelitis}. 

38 


954 Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 


4) Die Entzündung des Kuochenmarks geht oft, aber nicht immer 
in Eiterung über; das Gleiche wird auch bei der Tuberkulose beob- 
achtet. 

5) Die sogenannte infektiöse Osteomyelitis kann als akute, sub- 
akute oder chronische verlaufen, je nach den verschiedenen allge- 
meinen und lokalen Verhältnissen, denen der Organismus des 
Menschen unterliegt, je nach der Quantität und nach der Kraft der 
infieirenden Ursache, je nach dieser oder jener Art derselben, 
endlich je nach der Wirkung der Mischinfektion. 

6) Die Mikroben ‘des Eiters rufen die sogenannte infektiöse 
Osteomyelitis hervor; bei gewissen Verhältnissen thun auch die un- 
pyogenen Mikroben dasselbe. 

7) Die Erhöhung der Temperatur bei der Tuberkulose wird da- 
durch bedingt, dass die eitrige Infektion sich mit ihr vereinigt, was 
wir in der manchmal größten Zahl der Fälle der akuten Formen der 
Osteomyelitis beobachten, auch bei den chronischen; die letzteren 
aber verlaufen öfters ohne Fieber. 

8) Die Osteomyelitis trifft nicht nur die >» juxta-epiphysären « 
Gebiete und die Epiphysen selbst, sondern auch die Diaphysen, und 
nicht nur die langen Knochen, sondern auch die kurzen und die 
flachen, die keine typische Epiphyse haben, was auch bei der Tuber- 
kulose beobachtet wird. 

9) Heftige Schmerzen, die als charakteristische Merkmale der 
Osteomyelitis dienen sollen, sind nur bedingt durch den Widerstand 
der Wände, die den Entzündungsherd umgeben, eben so wie den 
der Wände der Zahnkrone bei den Erkrankungen der Pulpe oder 
der groben, schwieligen Haut der Endphalangen der Finger bei dem 
Panaritium. 

10) Auch die raschen septischen Erscheinungen stehen in der- 
selben Beziehung zur Abgeschlossenheit des Herdes und dem Reich- 
thum an Gefäßen. 

11) Ein unerwarteter plötzlicher Tod wird durch Fettembolie be- 
dingt. 

12) Die Osteomyelitis wird öfters in der Jugend beobachtet, wenn 
das Wachsthum der Knochen noch nicht abgeschlossen ist, aber sie 
verschont auch das reife Alter nicht. Fast das Gleiche beobachten 
wir bei der Tuberkulose. 

13) Da Männer häufiger als Frauen Traumen und der Erkältung 
unterworfen sind, leiden sie auch öfters an Osteomyelitis. Dieselben 
Momente, besonders die Traumen, begünstigen auch die Entwicklung 
der Knochentuberkulose, d. h. sie befördern das Entstehen der 
Metastase an der Stelle der Verletzung (xönig). 

14) Wie bei der Osteomyelitis, so sind auch bei der Entwicklung 
der Kuochentuberkulose die Eingangspforten der Infektion oft unbe- 
kannt. 

15) Einige Autoren betrachten die Osteomyelitis als eine Pyämie, 
d. h. als ein Leiden, welches durch das Einbringen der infieirenden 


Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 955 


Ursachen aus dem Blut bedingt wird, Einige (z. B. König) sehen 
auch die Tuberkulose der Knochen als eine metastatische Affektion 
an. Es genügt, sagt König, ein kleiner käsiger Herd in der Lunge 
oder in irgend einer Drüse, um bei gewissen Verhältnissen eine 
Metastase oder eine Reihe von Metastasen hervorzurufen. Nach 
König wurden auf 67 Autopsien 53mal (79%) neben den Affektionen 
der Knochen und der Gelenke alte tuberkulöse Herde in anderen 
Gebieten gefunden. Eben so genügt die Anwesenheit eines Ge- 
schwürs zum Entstehen eines osteomyelitischen Processes. 


16) Wie der Staphylococcus in verschiedenen Gebieten unseres 
Körpers, von der Haut an bis zum Knochenmark, Abscesse hervor- 
ruft, so kann auch der Tuberkelbacillus, der im Blut cirkulirt, indem 
er sich ansiedelt, tuberkulöse Leiden in verschiedenen Geweben und 
Gebieten hervorrufen (Lupus, Lymphadenitis, Phthisis pulmonum etc.) 

17) Praktisch wäre es am zweckmäßigsten, 3 Hauptformen der 
sogenannten infektiösen Osteomyelitis zu unterscheiden: a. die akute, 
b. die primäre chronische, c. die recidive; dabei kann die letztere in 
akuter oder chronischer Form auftreten. 

18) Die Möglichkeit einer Reinfektion kann man nicht durchaus 
verneinen. 

19) Wie die recidivirende Osteomyelitis kann der tuberkulöse 
Process auf einige Zeit latent werden, um, bisweilen nach einem 
langen Zeitraum, von Neuem auszubrechen. 

20) Wenn König es für fehlerhaft hält, solche Arten der Re- 
sektion der tuberkulösen Knochen zu erdenken, bei denen nur der 
Bequemlichkeit wegen ganze Knochen geopfert werden, so soll man 
auch bei der Osteomyelitis mit radikalen Operationen, wie Ampu- 
tationen und Exartikulationen des kranken Gliedes, nicht rasch bei 
der Hand sein. 

21) Frühe Trepanation des Knochens mit sorgfältigem Ausschaben 
des erkrankten Marks ist die rationellste Operation bei der eitrigen 
Osteomyelitis. Das Ausziehen des kranken Zahns bei der Osteo- 
myelitis des Kiefers ist ein Aquivalent der Trepanation (siehe aus- 
führlicher: A. Kudriaschow, »Die Osteomyeliten der Kiefer«, Chi- 
rurgisches Archiv 1895 [Russisch)). 

22) Wie bei der Tuberkulose nach der Einführung des Jodo- 
forms die Art der Pflege der Operationswunde eine große Rolle ge- 
spielt hat (die Besserung des Processes der Wundheilung, Abnahme 
der Anzahl der Recidive und der Komplikationen durch miliare 
Tuberkulose), so dürfte auch bei der Behandlung der Knochenwunde 
des Osteomyelitikers noch mehr Rücksicht auf die Verbandanlegung 
zu nehmen sein. 

23) Die Anwendung der antiseptischen Mittel, selbst kaustischer 
Chlorzinklösungen, ist gestattet, wenn auch die aseptische Wund- 
behandlung mit Hilfe gut einsaugender Verbandgewebe (physische 
Antiseptik) die Regel bildet. 

38* 


956 Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 


24) Die Einführung lockerer Gaze, nicht eines festen Tampons, 
ist zur Nachbehandlung anzurathen. (Die Mehrzahl der Autoren 
füllte die Aushöhlung nach der Trepanation fest mit Tampons aus 
und legte dann einen Druckverband über.) 

25) Häufiger Verbandwechsel ist dem Dauerverband vorzuziehen. 

26) Angefeuchtetes und leicht ausgepresstes Verbandmaterial 
ist dem trockenen vorzuziehen, doch nicht in der Form einer erwär- 
menden Kompresse, die die Ausdünstung und damit die Aufsaugung 
aus der Wunde verhindert. (Siehe ausführlicher: A. Kudriaschow, 
» Die abkühlende Kompresse«. Militär-med. Zeitschrift 1896. Juli.) 

27) Wir haben kein specifisches Mittel, das durch seine Wir- 
kung auf den Organismus durch das Blut die Tuberkulose vernichten 
kann; der Versuch von Koch misslang; dasselbe gilt bis jetzt auch 
für jede Kur der Osteomyelitis. (Selbstbericht.) 


2) H. Braun. Über die Erfolge der operativen Behandlung 
der traumatischen Jackson’schen Epilepsie. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 223.) 

Dis hoch werthvolles, 84 Seiten starkes Werk bringt den ge- 
nauen Bericht über einen eigenen wichtigen Fall und im Anschluss 
daran eine Zusammenstellung der sonstigen bekannten einschlägigen 
Kasuistik, gefolgt schließlich von einer kritischen Beurtheilung des 
bisher auf diesem bedeutsamen Feld der Chirurgie praktisch Ge- 
leisteten, woraus dann die gegenwärtig als maßgebend zu erachtenden 
praktisch-therapeutischen Grundsätze abgeleitet werden. Sowohl be- 
züglich des von B. selbst behandelten Falles, als Betreffs des von 
ihm in der operativen Therapie der traumatischen Epilepsie ver- 
tretenen Standpunktes kann auf den Bericht über den das Thema 
ebenfalls behandelnden, vom Autor auf der 1896er Naturforscher- 
Versammlung gehaltenen Vortrag auf p. 1044 Jahrg. 1896 unseres 
Blattes im Wesentlichen verwiesen werden. Eine sehr dankens- 
werthe Beigabe zu der Arbeit bildet die sorgfältige Kompilation der 
bislang publicirten Kasuistik. Sie bietet, so weit bei den Opera- 
tionen motorische Rindencentren entfernt wurden, eine genaue Re- 
kapitulation der Originalkrankengeschichten (30 Fälle); dagegen 
werden 57 Fälle, in denen es sich nur um Trepanation, eventuell 
mit Entfernung von Knochensplittern, Cystenöffnung, Narbenexci- 
sionen u. dgl. handelte, tabellarisch zusammengestellt. 

Im Ganzen ist Dis Standpunkt gegenüber der chirurgischen 
Therapie des Leidens kein ungünstiger. Die besten Erfolge hat sie 
in Fällen, wo die Epilepsie noch nicht längere Zeit besteht. Dochl 
sind Resultate auch dann noch zu erzielen, wenn bereits mehrere 
Jahre seit Beginn der Krankheit verflossen sind, und ist darum auch 
unter solchen Umständen die Operation zu empfehlen. Zunächst sol 
nach B. immer erst die Heilung ohne Excision der psychomotorischen 
Rindencentra versucht werden. Erst wenn dieser Eingriff erfolglos 


Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 957 


bleibt, sind diese Centra in Behandlung zu nehmen. Die Statistik 
zeigt, dass die Anfälle der Jackson- Epilepsie meist mit Bewegungen 
der oberen Extremitäten, insbesondere der Hand oder des Daumens 
beginnen, und dass demgemäß die diesen Bewegungen entsprechen- 
den Rindenfelder am häufigsten operativ anzugehen sein werden. 
Um das richtige Rindenfeld zu treffen, bedarf es stets einer elek- 
trischen Untersuchung, und zwar auf der von der Dura entblößten 
Rinde. B. bediente sich zu dem Zwecke zweier etwa 4mm von 
einander abstehender, 1 mm dicker Platinelektroden, die in einer 
Glasröhre isolirt neben einander befestigt waren und dieselbe unten 
etwas überragten, so dass sie gleichzeitig auf das Gehirn aufgesetzt 
werden konnten. Die Stromstärke nahm B. so, dass dieselbe an den 
angefeuchteten Fingern eine deutliche Empfindung, an der Zungen- 
spitze eine leicht schmerzhafte Empfindung hervorrief. Ist das er- 
krankte Centrum hiernach exakt lokalisirt, so soll es in einer Tiefe 
von etwa 5 mm exstirpirt werden. Eine dauernde Muskellähmung 
braucht danach erfahrungsgemäß nicht einzutreten. In den meisten 
Fällen vielmehr besserte sich die unmittelbar nach der Operation 
eingetretene Lähmung meist rasch sehr erheblich oder verschwand 
sogar völlig binnen wenigen Wochen. 

(Vgl. zu gleichem Gegenstand die Arbeit von Graf. Langen- 
beck’s Archiv Bd. LVI p. 591, Referat dieses Blatt laufender Jahr- 
gang p. 766.) Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


3) Lavrand. Acide chromique et synechies intra-nasales. 
{Revue de laryngol. 1898. No. 27.) 

Nach Durchtrennung intranasaler Verwachsungen bereitet es be- 
kanntlich oft große Schwierigkeiten, eine Wiederverwachsung der 
getrennten Wundflächen zu verhüten. Verf. empfiehlt nun zu 
diesem Zweck die Ätzung der Wundflächen mit Chromsäure. Der 
Atzschorf soll die Wiedervereinigung verhindern. Es werden einige 
Krankengeschichten angeführt, die das beweisen sollen. Thatsächlich 
erlebt man nach Chromsäureätzungen weit seltener Verwachsungen, 
als nach der Galvanokaustik, weil die reaktive Schwellung der ge- 
ätzten Schleimhaut nicht so stark ist. Immerhin aber hat man es 
nach Abstoßung des Chromsäureätzschorfs auch nicht mit bereits 
vernarbter oder epithelisirter Schleimhaut, sondern mit einer granu- 
lirenden Wundfläche zu thun. Man wird also auch bei dem Ver- 
fahren L.’s auf Misserfolge gefasst sein müssen. Teichmann (Berlin). 


4) Cholewa und H. Cordes. Zur Ozaenafrage. 
(Archiv für Laryngol. Bd. VIII. Hft. 1.) 
Auf Grund der pathologisch-histologischen Untersuchungen von 
Cordes in Verbindung mit den klinischen Erfahrungen erblickt 
Cholewa das Wesentliche und Primäre des Ozaenaprocesses in einer 


958 Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 


Ernährungsstörung des knöchernen Gerüstes der Nase, besonders 
der unteren Nasenmuschel. Er stellt sich damit auf den Standpunkt 
Derjenigen, welche das Leiden oder wenigstens die Anlage dazu für 
angeboren halten. Von seiner Auffassung des Processes als eines 
der Osteomalakie verwandten gelangte er zu der Vorstellung, dass 
traumatische Einflüsse durch die entzündliche Reaktion günstig auf 
die darniederliegende Knochenneubildung in den Nasenmuscheln 
wirken müssten. Seine daraufhin vorgenommenen therapeutischen 
Versuche, durch Brechen der Nasenmuscheln diesen nutritiven Reiz 
zu appliciren, haben ihn bisher in ihren Ergebnissen befriedigt; er 
hat aber noch kein abschließendes Urtheil darüber gewonnen. 
Teichmaun (Berlin). 

5) L. Browne. Sur quelques particularités anatomiques 
ayant trait à la pathologie de l’amygdale linguale. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 23.) 

Die anatomisch-histologischen Besonderheiten, welche die Zungen- 
mandel gegenüber der Gaumen- und Rachenmandel auszeichnen, 
haben nach Verf. auch Besonderheiten in der Pathologie der Zungen- 
mandel im Gefolge. Er bebt die Seltenheit der Lokalisation gewisser 
Krankheiten an dieser Stelle hervor, z. B. der Diphtherie und der 
Scharlachdiphtherie, während andere Affektionen, besonders chronische 
Hypertrophien im späteren Alter, Venektasien und Geschwulst- 
bildungen, im Gegensatz zu den anderen Mandeln, relativ häufig die 
Zungentonsille befallen. Zum Schluss berichtet er kurz über eine 
Anzahl von Geschwülsten der Zungentonsille, die er selbst beobachtet 
hat, darunter zwei Lymphosarkome, ein Epitheliom, eine lupöse und 
eine lepröse Erkrankung. Teichmann (Berlin). 


6) E. Baumgarten. Über die Kehlkopfpapillome der Kinder 
und deren Behandlung. 
(Archiv für Laryngol. Bd. VIII. Hft. 1.) 

Bei der Behandlung der recidivirenden Kehlkopfpapillome der 
Kinder hat Verf. von der Laryngofissur keine dauernden Erfolge ge- 
sehen. Er spricht sich dahin aus, dass in jedem Falle ein Zeitpunkt 
eintritt, wo die Neigung zum Recidiv aufhört. So lange muss man 
entweder palliativ operiren oder nach Tracheotomie ruhig abwarten. 
Zur leichten und ungefährlichen Entfernung der Wucherungen hat 
sich ihm das Lövi’sche Verfahren aufs beste bewährt; hierbei wer- 
den Metallkatheter in den Kehlkopf eingeführt, welche in der Nähe 
des Schnabelendes einen scharfrandigen Ausschnitt haben. In diesen 
Ausschnitt stellen sich die Wucherungen sehr leicht ein und werden 
beim Herausziehen des Katheters abgeschnitten und mit heraus be- 
fördert. Wenn in der Umgebung der Tracheotomieöffnung Papillome 
auftreten, welche den Kanülenwechsel erschweren, so empfiehlt Verf., 
sie mit Chromsäure zu ätzen. B. hat damit bessere Erfolge gehabt, 
als mit der Abtragung. Teichmann (Berlin). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 959 


7) J. Cohn. Über bakteriologische Untersuchungen bei 
chronischer Urethritis posterior und Prostatitis. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- und Sexualorgane Bd. IX. Hft. 5.) 

Durch Einführung eines sterilen Endoskoptubus und Expression 
des Sekrets der hinteren Harnröhre durch den Mastdarm von der 
Prostata her ist es dem Verf. gelungen, dieses Sekret bei gesunden 
Männern zu untersuchen. Dasselbe war in 3 Fällen stets bakterien- 
frei, so dass Verf. den Schluss für nahe liegend hält (er wünscht 
Nachprüfung), dass die hintere Harnröhre gesunder Menschen über- 
haupt steril ist. 

Die praktische Wichtigkeit dieses Schlusses fur die Ausführung 
der Katheterisation liegt auf der Hand. Die weiteren bakteriologi- 
schen Untersuchungen des Verf. bestätigen, dass im Anschluss an 
Gonorrhoe jahrelang Affektionen der hinteren Harnröhre und der 
Prostata bestehen können, die auf Misch- bezw. Sekundärinfektionen 
beruhen. Unter 12 untersuchten Fällen hat C. 11mal den Staphylo- 
coccus albus (mal allein) gefunden, 3mal Streptokokken, (mal Bact. 
coli, 2mal nach Gram färbbare Diplokokken. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


S) K. A. Siebert, Über Kryptorchismus und seine Behandlung. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 2. p. 445.) 

Z. erläutert die Entstehungsweise der Kryptorchidie, so wie die 
Beziehungen derselben zu bösartigen Geschwülsten und Einklem- 
mungen des Hodens, zu Drehung des Samenstrangs, Hydrocelen 
und Hernien und kommt dabei zu dem Schluss, dass der Kryptor- 
chismus als ein eigentliches Übel angesehen und danach behandelt 
werden müsse. Des weiteren werden die Methoden der Behandlung, 
Retention durch eine bruchbandartige Bandage, Beförderung des 
Descensus durch Massage, Reposition des Hodens in die Bauchhöhle, 
Kastration, endlich ausführlich die Orchidopexie, d. h. die blutige 
Transplantation des Hodens in den Hodensack so wie die Operation 
des mit Hernie verbundenen Kryptorchismus besprochen. Ange- 
schlossen sind die Krankengeschichten und Endergebnisse von 
15 Fällen, von denen 11 mittels Orchidopexie behandelt worden waren. 

Honsell (Tübingen). 


9) E. Lexer. Über die Behandlung der Urachusfistel. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 1.) 

Die angeborenen und erworbenen Urachusfisteln sind bezüglich 
der Schwierigkeiten eines Heilungserfolges wesentlich verschieden. 
Die Hauptursache für die angeborenen Fisteln ist vornehmlich in 
manchmal recht geringen Hindernissen für den Urinabfluss auf nor- 
malem Weg zu suchen, so in Verengerungen der Harnröhre, Phimosen, 
Schleimhautfalten der Blase. Solche Fälle heilen oft, wenn der Urin 
sich normal entleert, und die Fistelnarbe zum Verschluss kommt, 


960 Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 


was man durch einfache Mittel, wie Ätzen, Kauterisiren schon oft 
erreicht. Delagenitre, Stierlin erzielten durch Resektion des 
Urachus und Naht der angefrischten Schleimhaut rasch und sicher 
Erfolge. 

Für die Beurtheilung der im späteren Alter erworbenen oder 
wieder aufgebrochenen Fisteln sind die Untersuchungen von Luschka, 
Suchannek und Wutz sehr von Interesse. Diese fanden nämlich, 
dass sehr häufig der unterste Theil des Urachus nicht verödet, son- 
dern dass im Ligamentum vesicae medium ein sondirbarer Epithel- 
schlauch bestehen bleibt. Bei diesem Verhalten tritt eine Fistel aber 
wohl erst dann ein, wenn die ventilartige Schleimhautfalte des 
Urachus an der Blasenmündung insufficient wird. v. Bramann ver- 
suchte zuerst durch Ausrottung des Epithelbelages und Spaltung der 
Fistel vom Nabel bis zum Blasenscheitel einen Verschluss herbei- 
zuführen. Der Versuch misslang jedoch, und im weiteren Verlauf 
starb die Pat. an Vereiterung beider Nieren unter urämischen Er- 
scheinungen. 

L. dagegen hat mit sehr günstigem Erfolg einen einschlägigen 
Fall operirt, indem er den Fistelgang bis zum Blasenscheitel ver- 
folgte, wegschnitt und die Blasenöffnung vernähte. Das Bauchfell 

- wurde dabei eröffnet. Die Blase zeigte in diesem Falle, wie in dem 
v. Bramann’schen, eine eigenartige Gestalt; sie stellte nämlich einen 
langen, dickwandigen Schlauch dar. 

Wichtig ist natürlich die Frage, ob man es in derartigen Fällen 
überhaupt mit einer Urachusfistel zu thun hat oder mit einem durch- 
gebrochenen Blasenwandabscess. L. zeigt, wie schwer diese Unter- 
scheidung selbst an der Hand der durch Sektion gewonnenen Prä- 
parate sein kann. Eine bestimmte Antwort ist demnach nur durch 
die mikroskopische Untersuchung möglich. 

Therapeutisch soll man bei der angeborenen Fistel nach der 
Geburt direkt die einfachsten Methoden versuchen, wie Anfrischung 
und Naht. Misslingen diese, so sind größere Operationen auf ein 
späteres Lebensalter zu verschieben wegen der Unmöglichkeit, das 
Bauchfell bei der Operation zu schonen. Die Operation muss radi- 
kal sein. 

Bei der erworbenen Urachusfistel ist für den Anfangstheil des 
Ganges das v. Bramann’sche Verfahren ohne Bauchfellverletzung 
vorzuziehen. Erst bei dem epitheltragenden Theil, der sich in den 
abnorm geformten Blasenscheitel fortsetzt, ist der ganze Schlauch 
mit einer genügenden Schicht der fibrösen verdickten Wandung frei 
zu präpariren, am Blasenscheitel quer zu durchtrennen, und zum 
Schluss die exakte Blasennaht anzuschließen. 

Im Nachtrag giebt Verf. noch die interessante Krankengeschichte 
eines Falles, bei dem man ebenfalls eine angeborene Urachusfistel 
annahm, während durch den mikroskopischen Befund erwiesen wurde, 
dass es sich um einen persistirenden Dottergang handelte, der wahr- 
scheinlich gegen den Darm hin abgeschlossen war. Die Exstirpation 


Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 961 


erfolgte nur partiell, so dass bei dem Kind die Möglichkeit der Ent- 


wicklung eines Enterokystoms eine sehr große ist. 
E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


10) L. G. Richelot. Sur l’hysterectomie abdominale. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 474.) 

R. glaubt jetzt bezüglich der Technik der abdominalen Uterus- 
exstirpation zu einem gewissen Abschluss gelangt zu sein. Die von 
ihm bevorzugte Methode der Operation bei Myomen setzt sich aus 
folgenden Akten zusammen: Beckenhochlagerung; Bauchschnitt; Vor- 
wälzen des Uterus; Offenhalten der Wunde durch ein im unteren 
Wundwinkel eingelegtes großes Speculum; Ablösung eines vorde- 
ren peritonealen Lappens und damit Zurücklagerung der Blase ins 
kleine Becken; Bloßlegung der in dem hierdurch freigelegten Para- 
metrium sichtbaren Art. uterina; Befreiung des Uterus auf beiden 
Seiten durch Durchschneidung der breiten Bänder dicht neben dem 
Uterus, nachdem sie vorher mit je 3 Klammern gefasst waren — die 
oberste Klemme fasst die Spermatikalgefäße, die unterste die Art. 
uterina —; cirkuläre Umschneidung der Scheide unmittelbar am 
Ansatz an den Uterus; Fortnahme der Gebärmutter; Vernähung der 
Scheide; Ersatz der Klemmen durch Katgutligaturen; Zurückschlagen 
des abgelösten vorderen Bauchfelllappens über den Scheidenstumpf 
und Befestigung durch einige Nähte; Bauchnaht. — Handelt es sich 
um Adnexerkrankungen, insbesondere Pyosalpingitiden, so geht R. 
zunächst in gleicher Weise vor, wie bei Myomen. Nach Bloßlegen 
der Art. uterina fasst er sie sogleich beiderseits mit einer langen 
Klemme, eröffnet jetzt das vordere Scheidengewölbe, fasst die Portio 
vaginalis mit Hakenzangen, zieht sie durch die Peritonealwunde, 
umschneidet nun den Rest des Scheidenansatzes und löst den Uterus- 
hals völlig aus. Jetzt durchreißt er das vordere Blatt des Ligamen- 
tum latum, durchschneidet das Ligamentum rotundum, dringt in das 
Parametrium ein, zerreißt oder durchschneidet einige Bindegewebs- 
züge ganz nahe dem Eitersack und dringt zwischen ihm und Becken- 
wand vor, um schließlich den oberen Rand des Ligaments nach 
außen von den Anhängen zu durchtrennen. Als principiell wichtig 
betont R., diese Auslösung von unten nach oben auszuführen, damit 
etwa ausfließender Eiter nach unten in die Beckenhöhle, nicht nach 
oben in die eigentliche Peritonealhöhle sich entleere. Nach Aus- 
lösung der Anhänge einer Seite verführt er in gleicher Weise auf 
der anderen. Eine Anzahl sehr instruktiver Abbildungen erleichtern 
sehr das Verständnis der Beschreibung. Reichel (Chemnitz). 


962 Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 


Kleinere Mittheilungen. 


11) Blecher. Zur Kasuistik der Pneumokokken-Osteomyelitis. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 413.) 


Der von B. beschriebene, aus der Greifswalder Klinik stammende Fall betrifft 
einen 12jährigen Knaben, der im Anschluss an eine akute linksseitige Mittelohr- 
eiterung Abscesse im rechten Kniegelenk und am rechten unteren Oberschenkel- 
ende bekam. Eiterentleerung durch Schnitte ins Gelenk und in den Oberschenkel, 
der vom Periost entblößt ist. Die Wunden heilten mit geringer Bewegungs- 
einschränkung im Knie, ohne Sequesterbildung, aber mit leichter Knochen- 
verdickung. Im Ohreiter eben so wie in demjenigen der Oberschenkel- und Knie- 
abscesse wurden die Fränkel-Weichselbaum’schen gekapselten Pneumo- 
Diplokokken exakt nachgewiesen. 

Epikritisch wird ausgeführt, dass es sich hier wahrscheinlich um einen von 
der Otitis abzuleitenden sekundären Knochenherd in der Oberschenkelepiphyse 
bezw. dem der Epiphyse benachbarten Theil der Diaphyse gehandelt haben wird. 
2 ganz analoge Fälle sind von Fischer und Levy, so wie von Lexer beschrieben. 
Eigenthümlich aber ist der beschriebene Fall durch das Lebensalter, in dem die 
Affektion noch nicht gesehen wurde — 3 bislang bekannte Fälle betrafen Er- 
wachsene von über 30 Jahren, 6 andere Kinder in den ersten 2 Jahren. Auch 
die Sicherheit, dass eine Pneumokokkenotitis die Primäraffektion der Ostitis abgab, 
ist neu. In den früheren Fällen waren bei den 3 Erwachsenen Pneumonien der 
Erkrankung voraufgegangen, bei den 6 Kindern 1mal Katarrhalpneumonie; 5mal 
war die Infektionsquelle unbekannt geblieben. Es ist also zumal bei Kindern auf 
eine primäre, bekanntlich leicht übersehbare Otitis zu achten. Die bakteriologische 
frühe Diagnose bei Osteomyelitis ist übrigens praktisch werthvoll, da die von 
Pneumokokken inducirten Fälle bekanntlich eine relativ ziemlich günstige Pro- 
gnose geben. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


12) 8. Pförringer. Plötzlicher Tod durch einen freien Hirncysticercus. 
(Fortschritte der Medicin 1898. No. 11.) 


Der Fall betraf einen 17jährigen Barbierlehrling, der seit langer Zeit durch 
seinen großen Kopf aufgefallen, auch zuweilen für kurze Zeit wie geistesabwesend 
gewesen war. Am Abend vor dem Tode klagte er plötzlich über Kopfschmerzen, 
Nachts traten heftige epileptiforme Anfälle auf, kurz nach der sofort bewerk- 
stelligten Überführung in die Nervenklinik trat der Tod ein. Die Sektion ergab 
starke Erweiterung der Gehirnseitenventrikel, auch des III. und IV. Ventrikels, 
das Ependym uneben, mit kleinen grauweißen Granulationen besetzt. Vor dem 
Aquaeductus Sylvii, denselben völlig verlegend, eine kirschgroße gelbe pralle 
Blase, die einen in ihrem Inneren befindlichen gelblichweißen Körper durchscheinen 
ließ. Sie war nach hinten in einen Stiel ausgezogen, der den Aquaeductus völlig 
ausfüllte und noch 1/2 cm weit in den IV. Ventrikel hineinragte. Erst nach Er- 
öffnung des Aquaeductus ließ sich die Blase entfernen und stellte nun ein Ak cm 
langes schlaffes Gebilde dar. Beim Eröffnen derselben entleerte sich klare farb- 
lose Flüssigkeit. Ein Bandwurmkopf ließ sich nicht auffinden. 

Teichmann (Berlin). 


13) P. Möller. Über Hydrencephalocelen und über die Frage ihrer 
operativen Behandlung. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 23.) 


M. publieirt einen von Barth in Danzig mit tadellosem Erfolg operirten Fall, 
Der an seinem 19. Lebenstage operirte Knabe trug an seinem Hinterkopf eine 
gut gestielte, herabhängende Cephalocele, welche, dem Kopf an Größe fast gleich, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 963 


bei der Geburt zuerst erschienen war. Dieselbe war schlaff, fuktuirte und ließ 
in ihrem Stiel eine cylindrische festere Masse durchfühlen. Allgemeinzustand 
war etwas schwächlich, sonst gut, keine Hydrocephalus, keine Hirnerscheinungen 
bei Druck auf die Geschwulst, keine Volumenszunahme derselben beim Schreien. 
Die Dank den günstigen anatomischen Verhältnissen am Stiel sehr einfache Ope- 
ration bestand in Abpräparirung von 2 seitlichen Hautlappen von diesem, dann 
Ligatur desselben möglichst dicht am Schädel und Abtragung. Der Versuch, den 
abgebundenen Rest des Stiels durch eine im Hinterhaupt bemerkbar gewordene 
kreisrunde Knochenlücke von Erbsengröße zu reponiren, misslang. Naht, Verband, 
glatte Heilung. Das Kind entwickelte sich gut, blieb frei von Hydrocephalus 
und zeigte sich bei einer Untersuchung 1 Jahr nach der Operation ganz normal. 
Das Operationspräparat ist gründlich untersucht, auch histologisch. Es ent- 
hält in den großen fluktuirenden Sack eingeschachtelt einen 2. etwa walnussgroßen, 
der ebenfalls dem Stiel der Geschwulst aufsitzt. Die Wand des großen Sackes 
besteht aus Cutis, Dura mater und Pia, in der Wand des kleinen Sackes aber 
finden sich Ganglienzellen und Hirnmark, in dem Stiel der Geschwulst ferner auch 
gefäßhaltige Zotten, die für Plexus chorioidei zu halten sind. Demgemäß ist die 
Geschwulst als Hydrencephalocele zu diagnostieiren, und ist zu vermuthen, dass 
der Bruch, dessen Entstehen in einem ziemlich frühen Stadium des Fötallebens 
anzunehmen ist, das Hinterhorn eines Seitenventrikels enthalten hat, und zwar 
des rechten; denn die Hinterhauptslücke saß etwas rechts von der Mitte. Ab- 
schnürung der vorgefallenen Theile führte zur Obliteration des Stiels und hob die 
Kommunikation zwischen Ventrikel und Sackinnerem auf. Da die Geschwulst auf 
ihrem Scheitel eine nabelartige Einziehung aufwies, und das Kind auch an beiden 
Ellbogen narbige Stellen hatte, nimmt M. an, dass amniotische Verwachsungen 
der Geschwulstbildung zu Grunde gelegen haben. Mehrere gute Abbildungen er- 
läutern die Beschreibung; auch giebt Verf. vor Beschreibung des eigenen Falles 
eine Zusammenstellung der bisherigen Leistungen in der Chirurgie der Cephalo- 
celen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


14) Gerber. Empyem der Sinus frontales mit Usur der ganzen vor- 
deren Wand. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VIII. Hft. 1.) 

Die Genese des ausführlich beschriebenen Falles stellt sich Verf. etwa folgen- 
dermaßen vor: Die Pat., welche von Jugend auf an Ozaena gelitten, erwarb in ihrer 
Ehe Lues (3 Aborte im 3. und 4. Monat), in Folge deren es zu einem tertiären 
Syphilid der Nase kam (Defekt im Vomer). An dieses schloss sich eine speeifische 
Periostitis und Nekrose der vorderen Wand des Sinus frontalis mit sekundärem 
Empyem an. Bei absoluter Resistenz der hinteren und unteren Wand kam es zur 
völligen Einschmelzung der vorderen Wand (umschriebene Schwellung an der 
Nasenwurzel) und nach einem gelegentlichen Trauma (Fall gegen eine Tischkante) 
zum Durchbruch des Eiters und Ausbreitung desselben unter der Haut über die 
ganze Stirn. Heilung der Operationswunde nicht ohne Erysipel, aber mit gutem 
kosmetischen Resultat. Teichmann (Berlin). 


15) Dette, Phlegmon du cornet inférieur avec n&crose de la lamelle 
osseuse. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 26.) 

Die Affektion, ausgezeichnet durch Eiterausfluss aus dem Nasenloch und 
eine Oberkieferfistel über dem Eckzahn, wurde zuerst für einen Zahnabscess, dann 
für eine Kieferhöhleneiterung gehalten. Heilung trat erst ein nach Erweiterung 
des Fistelganges und Entfernung des beweglichen Sequesters, welcher sich als 
das knöcherne Gerüst der unteren Nasenmuschel erwies. 

Teichmann (Berlin). 


964 Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 


16) A. Raoult et G. Thiry. Des amygdalites uleero-membraneuses 
chancriformes avec spirilles et bacilles fusiformes de Vincent. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 30.) 

Von der eigenartigen Mandelaffektion, auf welche neuerdings Moure auf- 
merksam gemacht hat, und welche in der Bildung eines nur langsam heilenden, 
geringe Beschwerden verursachenden Geschwürs besteht, haben Verf. 4 Fälle be- 
obachtet, davon 3 wiederum bei Studenten der Medicin, wie auch Moure u. A. 
Die größte Ähnlichkeit weist die Erkrankung mit einem tertiär-syphilitischen 
Mandelgeschwür oder mit einem Mandelschanker auf. In allen 4 Fällen fanden 
sich im Geschwürssekret sehr reichliche Mengen von Spirillen und einem spindel- 
förmigen Bacillus, einmal auch der Colibacillus. Klinisch-ätiologisch stellen Verff. 
die Affektion der Stomatitis ulcerosa an die Seite; therapeutisch haben sie von 
Pinselungen mit Formolglycerin einigen Erfolg gesehen. In einem etwas schwerer 
verlaufenden Falle wurde die erkrankte Mandel entfernt. 

Teichmann (Berlin). 


17) Tilmann. Ein Fall von ‘operativer Vagusverletzung. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 313.) 

Bei der Operation einer bösartigen linksseitigen Halsgeschwulst eines 58jährigen 
Pat. der Greifswalder Klinik wurde bei Fassung eines Gefäßes der Vagus mit ein- 
geklemmt. Sofortige schwerste Zeichen der Vagusreizung: Stillstand von Athmung 
und Herz. Nach Abnahme der Klemme und 10 Minuten lang ausgeführter 
kräftiger Massage des Herzens gelang es, den Pat. wieder zu beleben. Der Vagus, 
mit dem übrigens Theile der Geschwulst untrennbar verwachsen waren, wurde 
genäht. Die Wunde heilte, doch erfolgte bald Weiterwucherung der nicht ent- 
fernten Geschwulstreste und nach 5 Monaten der Tod. Bei der Obduktion stak 
der Vagus völlig in der Geschwulst und konnte nicht herauspräparirt werden. 

Auch in einem Falle von Michaux verursachte die versehentliche Umschnürung 
des Vagus mit einer Ligatur akute, sehr bedrohliche Erscheinungen. Dagegen 
pflegt bekanntlich die einseitige, glatte Durchschneidung bezw. Resektion des 
Vagus weder momentan noch nachträglich gefährliche Folgen zu haben. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


18) G. Avellis. Epikrise eines Falles von nicht ganz plötzlichem 
Thymustod, verursacht durch (vikariirende) Thymusvergrößerung bei 
rudimentär kleiner Milzanlage. 

(Archiv für Laryngologie Bd. VIII. Hft. 1.) 

Der Fall betraf einen 4jährigen, sehr gut genährten und für sein Alter über- 
großen Knaben, der aus vollem Wohlbefinden heraus hochgradige Athemnoth 
bekam, welche in ungefähr 2 Stunden ohne Krämpfe zum Tode führte. Bei der 
Sektion fand sich nichts Anderes, als eine Vergrößerung der Thymus und eine 
ganz rudimentäre Milz von der Größe eines Daumennagels und 3—4 mm Dicke. 

Teichmann (Berlin). 


19) O. Chiari. Beiträge zur Diagnose und Therapie des Larynx- 
i krebses. 
(Archiv für Laryngologie Bd. VIII. Hft. 1.) 

In den 66 Fällen von Kehlkopfkrebs, welche Verf. in den Jahren 1887—1897 
beobachtet hat, konnte er mit der endolaryngealen Behandlung keinen dauernden 
Erfolg erzielen. In 5 Fällen wurde die einfache Thyreotomie zur Entfernung der 
Geschwulst ausgeführt, 3mal vom Verf. selbst. In dem einen noch von Billroth 
thyreotomirten Falle trat nach 6 Jahren ein Recidiv ein; ein Fall ist seit 3 Jahren, 
einer seit 2 Jahren recidivfrei, im 4. Falle trat 1 Jahr nach der Operation eine 
Krebsgeschwulst auf dem früher gesunden Stimmbande auf; ein Pat. starb nach 
der Operation. Einmal hat Verf. die Pharyngotomis subhyoides ausgeführt, im 


Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 965 


3. Monat nach der Operation Recidiv. In einem anderen Falle machte Gussen- 
bauer die Pharyngotomia lateralis bei einem Diabetiker; Tod an Wunddiphtherie. 
In 12 Fällen wurde die partielle Kehlkopfresektion gemacht, davon 8mal durch 
Verf. selbst, mit folgendem Resultat: 3 Todesfälle an den Folgen der Operation, 
einer 1 Monat nach der Operation an jauchiger Pleuropneumonie, einer 1 Jahr 
nach der Operation (recidivfrei) an Pneumonie. 1 Fall seit 2 Jahren recidivfrei, 
1 Fall unkontrollirt; 5 Recidive, meist schon in den ersten 2 Monaten. In einem 
Falle endlich wurde die Totalexstirpation ausgeführt; völlige Heilung mit künst- 
lichem Kehlkopf, aber nach 11/, Monat Drüsenrecidiv. Der lesenswerthen Arbeit 
sind 17 zum Theil sehr lehrreiche Krankengeschichten beigefügt. 
Teichmann (Berlin). 


20) Hildebrand. Über Resektion des Penis wegen eines Endothe- 
lioma intravasculare. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 209.) 

Ein 68jähriger Herr besaß eine taubeneigroße, knorpelharte Geschwulst im 
Penis in der Mitte zwischen Eichel und Hodensack, welche vor 1 Jahr zuerst in 
der Größe eines Kirschkerns bemerkt war und jetzt Nachträufeln des Urins ver- 
anlasste. Da eine Amputation verweigert wurde, »Resektion«. Unter Blutleere 
mittels Gummischlauchs unterer Längsschnitt, von welchem aus 4—4l/g cm der 
beiden Corpora cavernosa und 31/2 cm von der Harnröhre quer resecirt wurden bei 
Erhaltung der Vasa dorsalia. Naht der Stümpfe, glatte Heilung ohne Störung der 
Miktion, Reeidivfreiheit 1/2 Jahr lang nach der Operation. 

Die Operation ist die erste ihrer Art, dagegen ist eine Resektion der Harn- 
röhre wegen Geschwulst bekannt von Rupprecht und eine Resektion der 
Schwellkörper von Alexander. 

Betreffs der sehr eingehend gegebenen histologischen Besprechung der Ge- 
schwulst ist auf das Original zu verweisen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


21) Wodarz. Behandlung der Prostatahypertrophie. 
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1898. No. 9.) 

W. berichtet über 7 im Breslauer Allerheiligen-Hospital operirte Fälle von 
Prostatahypertrophie, bei denen die Resektion der Vasa deferentia vorgenommen 
wurde. Hiervon wurden 6 Fälle geheilt; d. h. die Zeit, nach der ein Katheterismus 
post operat. nicht mehr nöthig war, schwankte zwischen 17 Tagen bis 3 Monaten. 
Die bestehen'!e Cystitis wurde in allen Fällen günstig beeinflusst. Einer der 
klinisch geheilten Fälle ist in so fern interessant, als die 4 Monate nach der Ope- 
ration nach einer tödlichen Pneumonie vorgenommene Autopsie sowohl makro- 
skopisch, wie mikroskopisch eine Veränderung am Hoden oder der Prostata weder 
im Sinne der Sackur’schen Erklärung der Prostataschrumpfung, noch eine fettige 
Degeneration des Drüsenepithels, wie sie Griffiths beobachtet haben will, ergab. 

K. Hufschmid (Gleiwits O/S.). 


22) M. Böhm. Beitrag zur Behandlung der UÜberwucherung der 
Vorsteherdrüse (Prostatahypertrophie). 
(Physiatrische Rundschau 1897. No. 5.) 

Verf. hat bei einem 54jährigen Manne Beschwerden bei der Urinentleerung, 
welche er auf eine »Überwucherung der Vorsteherdrüse« bezieht, durch die »Natur- 
heilfaktoren« zum Verschwinden gebracht. Der Pat. hatte »seit Jahrzehnten An- 
fälle von Zucken im ganzen Körper, ausgehend vom Gebiet der Supraorbital- 
nerven«; ferner bestand seit einem Jahre Morgens Unvermögen, den Harn spontan 
zu entleeren; Tags über gelang es nur absatzweise oder tröpfelnd unter starkem 
Pressen. Die »Überwucherung der Vorsteherdrüse war noch von mäßiger Aus- 
dehnung«, Blasenkatarrh trotz regelmäßigem Katheterismus »ausgeschlossens. Also 
das klarste Bild einer Ischuria paradoxa bei einem Epileptiker, wie solche Fälle 
von Ultzmann u. A. in klassischer Weise dargestellt worden sind. Gegen diese 


966 Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 


„begleitenden Momente der Vorsteherdrüsengeschwulst« wurde mit dem schwersten 
Rüstzeug der »Naturheilmethode« zu Felde gezogen: T-Binde von 18° R., wöchent- 
lich 3 Gesäßdampfbäder mit nachfolgenden Rumpfbädern, wöchentlich 6 »wechsel- 
warme Sitsbädere. Nach 5 Wochen schon war der Feind besiegt, der Katheter 
konnte für die 6. Woche entbehrt werden. — Es ist der bekannte Vorgang der 
»Naturärste«: der Kampf gegen die Windmühlen. Kein Einsichtiger hätte anders 
gehandelt. Dazu kommen die gewöhnlichen Nebenbemerkungen über die Schul- 
medicin, die noch immer nichts von den »Naturheilfaktoren« wissen will. Es ist 
nieht ohne Interesse, manchmal einen Blick in jene Litteratur zu werfen, welche 
für die große Zahl der »Naturärzte« und die noch größere ihrer Anhänger be- 
stimmt ist und ihnen wahrscheinlich auch genügt. J. Sternberg (Wien!. 


23) Dessy e Fatichi. Cistiti ed epididimite colibacillari. 
(Clin. med. ital. 1898. No.4. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. 
No. 64.) 


In der angeführten Krankengeschichte sind die zuweilen sehr schweren Fieber- 
attacken, welche viele Jahre hindurch mehrfach nach einer gonorrhoischen Infek- 
tion auftraten, bemerkenswerth. Eine bakteriologische Untersuchung des Blutes 
fand nicht statt. Doch weisen die Verff. darauf hin, dass zuweilen nicht bloß bei 
wirklicher Cystitis, sondern auch bei Bakteriurie ohne klinische Erscheinungen 
von Seiten der Blase oder Nieren beträchtliche Fiebersteigerungen mit dem Ein- 
dringen von Keimen in das Blut in Verbindung gebracht werden müssen. Im 
Falle der Verf. verschwanden diese Fieberanfälle mit den übrigen Erscheinungen 
nach Beseitigung der vorhandenen Strikturen. Gleichzeitig verschwand aber auch 
das Bacterium coli aus dem Urin. Dreyer (Köln). 


24) E. Payr. Beitrag zur Kenntnis der Nierenschüsse. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIIL p. 92.) 


Der von P. behandelte 22jährige Verletzte ging der Klinik in Graz zu, nach- 
dem er soeben gelegentlich eines Straßentumults einen Schuss aus dem klein- 
kalibrigen Mannlichergewehr erhalten hatte. Zeichen bedrohlichster Anämie mit 
Collaps und noch andauernde Blutung aus der vorhandenen großen Wunde in der 
linken Lendengegend nöthigten zu sofortiger genauer Revision der letzteren in 
Narkose. Nach Vornahme der nöthigen Spaltungen und Durchtastung fanden sich 
Fragmente des Geschosses, Zertrümmerungen und gequetschte Hohlgänge in den 
Muskeln, ein abgeschossenes Rippenfragment und schließlich als Quelle der Blu- 
tung die zertrümmerte und in einen kleineren unteren und einen größeren oberen 
Theil zerrissene Niere. Nephrektomie derselben. Wundtamponade. Obwohl Pat. 
zeitweise pulslos gewesen, hielt er sich 3 Tage lang, wurde aber febril und starb 
an doppelseitiger Lobulärpneumonie. 

Die eigenthümliche Art der Wunde, namentlich an der Niere, ist nach P. nur 
durch die Annahme erklärbar, dass das Geschoss, bevor es den Mann verwundete, 
bereits durch Aufschlagen an einen Stein oder eine Wand zertrümmert war. Die 
Nierenwunde selbst (vgl. die interessante Abbildung) zeigte die Eigenthümlich- 
keiten einer durch Sprengwirkung erzeugten Verletzung. Ein Schusskanal oder 
ein auf direktes Aufschlagen des Geschosses deutender Substansverlust fehlte an 
der Niere, und erscheint desshalb der Fall bemerkenswerth als eine »Kombination zwi- 
schen offener Nierenschussverletsung und Sprengwirkung bei kontundirender Ver- 
letzung«, wie sie noch nicht beschrieben ist. P. hebt noch hervor, dass in dem 
Falle therapeutisch die von Küster empfohlene Wundtamponade mit Konservirung 
der Niere ganz aussichtslos gewesen wäre. Die tödlich gewordene Pneumonie ist 
wahrscheinlich nicht auf Infektion der reizlos gebliebenen Wunde zurückzuführen, 
sondern auf eine schon vorhanden gewesene Bronchitis, oder auf Infektion mit 
Darmbakterien, da das Colon in großer Ausdehnung gequetscht und blutunter- 
laufen war. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 967 


25) E. Braats. Zur Nierenexstirpation. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIIL p. 56.) 

B. berichtet über 7 Nephrektomien, die er in den beiden letzten Jahren ge- 
macht. Er ging stets extraperitoneal von einem Lendenschnitt vor, der die Ex- 
stirpation leicht gestattete, vermied jegliches Antisepticum und behandelte mittels 
Tamponade mit steriler Gaze nach, wodurch stets glatte Wundheilung erzielt 
wurde. Jeder der Fälle hat sein besonderes kasuistisches Interesse, dem durch 
erschöpfende Beschreibung Rechnung getragen ist, worauf hier aber nicht weiter 
einzugehen ist. Falli und 2 sind Grawitz’sche Strumae malignae suprarenales 
in rene, beide betreffen Frauen, von 49 bezw. 44 Jahren, von denen die erste 1 Jahr 
nach der Operation an Recidiv starb. Fall 3 ist ein Adenomyosarkom bei einem 
13/jährigen Knaben, der 3 Monate nach der Operation aber schon ein Recidiv auf- 
wies. Fall 4 betrifft eine Steinniere bei einer 32jährigen Frau. Vor der Exstir- 
pation war die Niere als gewöhnliche Wanderniere angenäht. Da dies erfolglos 
blieb, Ektomie. Als die exstirpirte Niere mit dem Sektionsschnitt halbirt wurde, 
erwies sich ihr Gewebe als sehr derb und enthielt eine zahllose Menge von linsen- 
bis kleinerbsengroßen Phosphatsteinchen. Es war aber vor der Operation niemals 
Steinabgang bemerkt. Fall 5 betrifft eine Pyonephrose, Fall 6 eine Nierenfistel, 
die nach einer wegen »Nierenneuralgie« vorgenommenen exploratorischen Bloß- 
legung und Ineision der Niere hinterblieben war, Fall 7 eine hydronephrotische 
Wanderniere. 

Erwähnt sei noch, dass B. empfiehlt, Behufs Aufsuchung der Umschlagsstelle 
des Bauchfells eine kleine, nach geschehener Orientirung alsbald wieder zu ver- 
nähende Incision in dieses zu machen, — ferner folgendes hübsche Ver- 
fahren zur Erleichterung der Sekundärnaht. Es wird ein Faden doppelt 
genommen, mit seinen offenen Enden in eine Nadel gefädelt und diese von der 
Wunde aus nach außen geführt. Eben so gegenüber am anderen Wundrand. Die 
Fäden werden um den Wundrand einfach zu einer Schleife geknüpft, wonach ohne 
Verwirrung der Fäden tamponirt werden kann. Zur Sekundärnaht wird ein neuer 
Faden mit der Schlinge der Leitfäden beiderseits durch den Stichkanal gezogen. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


26) A. af Forselles (Helsingfors). Über Achsendrehung der Tube. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 198.) 

Ein vom Verf. operirter Fall betrifft eine 21jährige Pat., seit Monaten geit- 
weise an Leibschmerzen, und zwar besonders links, leidend, neuerdings aber akut 
mit sehr heftigen Schmerzen und Brechen erkrankt. Starke Empfindlichkeit der 
linken Fossa iliaca, mäßiges Fieber, Verdacht auf Appendicitis. Am 7. Tage 
Laparotomie, welche in der linken unteren Bauchgegend eine straußeneigroße Ge- 
schwulst ergab, sehr ähnlich einer hochgradig ausgespannten Flexur. Dieselbe 
erwies sich schließlich als die ausgespannte Tube und der Eierstock, welche bei- 
nahe imal um das uterine Ende des Eileiters gedreht waren. Der Tubensack ist 
hochgradig injieirt, dunkelblauroth, der Eierstock morsch und zerfallend. Exstir- 
pation, Heilung. 

Das Operationspräparat ist in einer kolorirten Tafel abgebildet, in welcher 
aber die angegebene Torsion nicht ordentlich zu sehen ist. Auch fehlt jede 
weitere makro- und mikroskopisch-anatomische Beschreibung; nur der Tafel- 
erklärung ist zu entnehmen, dass der Eileiter im Zustand einer Hydrosalpinx war. 
Verf. hat in der Litteratur 14 Parallelfälle gesammelt, aus denen erhellt, dass die 
Erkrankung sehr akute und incarcerationsähnliche Erscheinungen zu bewirken 
pflegt. 12mal lagen Tubengeschwäülste vor. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


27) Rochard. Grossesse extra-utérine peritoneale. Laparotomie. 
Guérison. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 628.) 
Der von R. mitgetheilte Fall ist ein Beispiel rein peritonealer, nicht tubarer 
Extra-uterin-Schwangerschaft. Wenigstens ließ sich der orangegroße, einen 


968 Centralblatt für Chirurgie. No. 38. 


Zb Monate alten Embryo bergende Fruchtsack aus den Adhäsionen völlig ohne 
Stielbildung ausschälen; Uterus und Anhänge blieben nahezu intakt zurück. 
Beichel (Chemnitz). 


28) oO Ruggi. Rendiconto statistico relativo a 1000 laparotomie 
eseguite di preferanza per la cura di interne lesione muliebre. 
Bologna 1898. 

In einer größeren Tabelle stellt R. die 1000 Laparotomien zusammen, welche 
er innerhalb 27 Jahren ausgeführt hat. Bis auf etwa 30 betreffen sie gynäkologi- 
sches Material. Die Tabelle bietet nur die Zahlen, und die Vorbemerkungen be- 
siehen sich nur auf die äußeren Verhältnisse der Thätigkeit (Assistenz, antisep- 
tische und aseptische Periode). Bezüglich der klinischen und technischen Einzel- 
heiten ist auf die zahlreichen Publikationen R.'s über die verschiedenen Partien 
seines reichhaltigen Materials verwiesen. 

Immerhin sind es ganz stattliche Zahlen: 129 Ovariotomien, 111 Salping- 
ektomien, 103 Myomoperationen auf abdominalem Weg, 360 vaginale Hysterektomien 
— unter diesen fielen ung 9 wegen »Isteralgia« und 198 wegen »Metrite cronica« 
auf — u. V. A. 

Unter den 1000 Operationen sind, nach den einzelnen Hundert gesondert, 
52 Todesfälle verzeichnet; 13 hiervon entfallen auf 58 supravaginale Amputationen 
innerhalb der ersten 400 Operationen; die anderen vertheilen sich ziemlich gleich- 
mäßig auf die übrigen Eingriffe. J. Sternberg (Wien). 


29) Döbbelin. Über Knochenechinokokken des Beckens. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 38.) 


D. bringt folgenden neuen von König in der Charit& behandelten Fall bei. 
35jähriger Arbeiter, der 4 Monate vor der Aufnahme Schmerzen in der rechten 
Leistenbeuge, dann im Oberschenkel verspürte. Nach 2 Monaten Beule innen von 
der Spina ant. sup., welche bei einer Punktion Eiter entleerte und zu einer ent- 
zündlichen Anschwellung der Umgegend führte. Bei der erforderlichen gründlichen 
Operation Entleerung des vorhandenen oberflächlichen Abscesses durch einen von 
der Spina nach unten geführten schrägen Schnitt. In der Tiefe zerstörter Knochen 
sondirbar. Bei Angehen des arrodirten Knochens mit dem Löffel etwa in der 
Tiefe der Spina ant. inf. kommen einige, ungefähr erbsengroße Sequester und mit 
ihnen eine ungefähr kirschkerngroße, wasserhelle Echinokokkenblase. Die Bequester 
sind ebenfalls mit winzigen, wie kleine Perlen aussehenden Bläschen förmlich 
gespickt. Wegmeißelung eines großen Stückes der vorderen Darmbeinkante. Die 
Spongiosa ist in großer Ausdehnung mit kleinen perlgrauen Bläschen infiltrirt und 
mürbe. Ausschabung und Weitermeißeln, bis gesundes Gewebe getroffen wird. 
Tamponade, Heilung ohne Fistelbildung in 11/2 Monat. 

Wie die Knochenechinokokken überhaupt, sind die Beckenechinokokken selten. 
D. stellt mit Benutzung der vorhandenen Vorarbeiten 23 Fälle zusammen. Die 
Erkrankung pflegt wie in dem berichteten Falle als E. »multilocularis« aufzutreten 
und kann zu den ausgedehntesten Zerstörungen, wie bei bösartigen Geschwülsten 
führen. Die sehr schleichend verlaufende Krankheit ist mehrfach auf Trauma 
zurückgeführt, und kann allerdings angenommen werden, dass Quetschung und 
Gewebszertrümmerungen die Festhaltung im Blut eirkulirender Echinokokkenkeime 
erleichtern könnten. Die nicht leichte Diagnose von Anschwellungen am Becken 
als Echinokokken kann hier und da durch Probepunktion gelingen. Die Prognose 
ist schlecht, nur 3 Fälle geheilt, Mortalität gleich 82,6%. Heilung selbstverständ- 
lich nur durch radikale Operation möglich. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


ae 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


Laien F Kii, E, Retes 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


d 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 39, Sonnabend, den 3. Oktober. 1898. 


Inhalt: J. Grekoft, Über die Deckung von Schädeldefekten mit ausgeglühtem Knochen. 
(Original-Mittheilung.) 

4) Miichner, Bindung von Tetanusgift. — 2) Hirschberg, Einheilung von Fremd- 
körpern in der Bauchhöhle. — 3) Kimmel, Recidivirende Perityphlitis. — 4) Dowd, 
Brucheinklemmung. — 5) Thiele, Radikalbehandlung von Brüchen. — 6) Banti, Pylorus- 
enge und Magensaftfluss. — 7) Lennander, Magen- und Duodenalgeschwür. — 8) Gul- 
nard, Magenkrebs. — 9) Podres, Gastro- und Enteroanastomosen. — 10) Obrastzow, 
Blinddarmkrebs und Blinddarmtuberkulose. — 11) Jeannel, Operationen bei Ileus. — 
12) v. Mayer, Künstlicher After. — 13) Riedel, Gallensteinkolikanfall. — 14) Takayasu, 
Zur Pankreaschirurgie. 

15) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 16) Lebrun, Eitrige Peritonitis. — 
47) Perman, Peritoneale Verwachsungen. — 18) Kopfsteln, Retrograde Incarceration. — 
49) Kummer, Darmperforation. — 20) Jakowlew, Milzechinococcus. — 2i) Toeplitz, 
Zur Gallenblasenchirurgie. — 22) Most, Echinokokken der Bauchhöhle, 


(Aus dem weiblichen Obuchow-Hospital zu St. Petersburg.) 


Über die Deckung von Schädeldefekten mit ausgeglühtem 


Knochen’, 
Von 
Dr. J. Grekoff. 


Bei Betrachtung der verschiedenen Verfahren von Deckung alter 
Schädelknochendefekte sehen wir, dass einige von diesen Verfahren, 
welche ideal erdacht sind und beim Gelingen ein glänzendes Resul- 
tat geben, schwer ausführbar und in einigen Fällen sogar unmöglich 
‚anzuwenden sind (Verfahren nach Müller-König, Seydel-Czerny), 
dagegen andere, die sich durch ihre Einfachheit auszeichnen, den 
Nachtheil haben, dass sie keine vollständige Herstellung der normalen 


1 Auszug aus einer am 6. März 1898 in der Versammlung der Ärste des 
Obuchow-Hospitals und am 15. April 1898 in der russischen chirurgischen Gesell- 
schaft gemachten Mittheilung. In extenso wird dieselbe bald in der Zeitschrift 
für russische Chirurgie erscheinen. 


39 


970 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


Verhältnisse, d. h. keine knöcherne Ausfüllung des Defekts herbei- 
zuführen im Stande sind (A. Fränkel’sche Methode). 

Daher ist es wünschenswerth, neue Verfahren auszuarbeiten, die 
mit der leichten Anwendbarkeit auch die Eigenschaft, einen Knochen- 
defekt zu ersetzen und der Norm mehr entsprechende Verhältnisse 
zu schaffen, in sich vereinigen. Zu den Mitteln, die in dieser Be- 
ziehung den sichersten Erfolg versprechen, gehört der im Jahre 1895 
(Ziegler’s Beiträge 1895 Bd. XVII Hft. 1 und Berliner klin. Wochen- 
schrift 1896 No. 1) von Prof. A. Barth vorgeschlagene ausgeglühte 
Knochen, den er an Thieren und in einem Falle von Pseudarthrose 
der Tibia auch am Menschen versucht hat. Auf Grund seiner Beob- 
achtungen kam Barth bekanntlich zu dem Schluss, dass, unabhängig 
von dem zur Deckung eines Schädeldefekts gebrauchten Material, 
der Erfolg, d. h. die knöcherne Deckung des Defekts, ausschließlich 
von der Anwesenheit der Kalksalze in dem betreffenden Material 
abhängig sei. Wenn dem so ist, so dürfte das beste und einfachste 
Material zu diesem Zweck der ausgeglühte Knochen sein. Außer- 
dem ist er auch in vielen Beziehungen bequem — er ist leicht vor- 
zubereiten und zu sterilisiren, und der Process der Knochenbildung 
schreitet dabei sogar rascher fort, als bei Anwendung eines anderen 
Materials. 

Die von Barth gemachten Versuche sind so überzeugend, die 
Gefahr aber bei der Operation so unbedeutend, dass eine klinische 
Prüfung dieses Verfahrens am Menschenschädel wünschenswerth und 
erlaubt erschien. 

Daher ging ich mit großem Vergnügen auf den Vorschlag des 
hochgeehrten Dr. Zeidler ein, die Anwendung des ausgeglühten 
Knochens an 2 in meiner Behandlung gewesenen Kranken zu prüfen. 

Bevor ich aber die erhaltenen Resultate mittheile, muss ich noch 
Einiges bemerken. So weit es aus der genauen Übersicht der in den 
letzten 3 Jahren erschienenen Litteratur ersichtlich ist, ist das 
Barth’sche Verfahren an Menschen noch nicht geübt worden, wenn 
man nicht den von Barth kurz erwähnten Fall von Pseudarthrosis 
tibiae in Betracht zieht, in dem er mit ausgeglühtem Knochen 
Heilung erzielte. In Anbetracht der Besonderheiten der Schädel- 
knochendefekte sind die an Röhrenknochen erhaltenen Resultate nicht 
ohne Weiteres auf erstere übertragbar. Außerdem hatte es Barth 
in seinen Experimenten mit frischen Defekten zu thun, ich aber 
hatte in dem einen Falle einen 3 Wochen, in dem anderen einen 
sogar 15 Wochen alten Defekt vor mir; daher waren auch die Ver- 
suchsbedingungen andere. Wenn wir den Process der Heilung von 
Schädelknochenwunden in Betracht ziehen, so müssen wir annehmen, 
dass die Aufgabe der Knochenbildung in diesen alten Fällen aus- 
schließlich der Diplo& der Ränder des Schädeldefekts zukommt. Aus 
dem Grunde ist auch besondere Vorsicht bei Beurtheilung der von mir 
erhaltenen Resultate erforderlich, und eine experimentelle Kontrolle 
derselben an alten Defekten wünschenswerth. Diese Untersuchungen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 971 


habe ich bereits angefangen und hoffe nächstens in der Lage zu 
sein, die erhaltenen Resultate zu veröffentlichen. 

Nun trete ich an die Beschreibung der von mir beobachteten 
Fälle. 


Fall I. Marie P., 10 a. n. Komplicirte Depressionsfrektur des rechten 
Scheitelbeins in der Gegend der Rolando’schen Furche (krampfartige Zuckungen 
der linken oberen Extremität). Trepanation mit einem Meißel. Defekt 5!/3 cm 
lang, 5 cm breit. ‚Dura war unverletst. Rasche Heilung per primam. 

Am 20. August 1897, 20 Tage nach der Fraktur, Deckung des Defekts mit 
Platten von ausgeglühtem Knochen. Ein zungenförmiger Haut-Periostlappen wurde 
mit Leichtigkeit abpräparirt. Die Ränder des Defekts sind von einer Schicht 
Narbengewebe bedeckt, welches zur Anfrischung der Knochenwunde mit einem 
scharfen Löffel abgekratzt wurde. Der Defekt wurde mit Platten von ausgeglühtem 
Knochen ausgefüllt; 2 von diesen Platten waren schlecht ausgeglüht und wurden 
in dem vorderen oberen Segment placirt; 2 andere Platten aus Spongiosa wurden 
ins hintere untere Segment gelegt. Die Wunde wurde fest vernäht; die Nähte 
griffen auch das Periost mit. Der Verlauf war fieberfrei, aber beim Verband- 
wechsel am 5. Tage ergab sich eine Eiterung an 2 Nähten (im vorderen oberen 
Theil); der übrige Theil der Wunde heilte per primam. Die Eiterung in den 
2 Stichkanälen dauerte 3 Monate fort. Am Schluss dieses Zeitraumes waren 2/3 
des Defekts mit sehr fester Masse angefüllt, die Knochenschall gab. Dagegen 
«fühlte man im vorderen oberen Theil des Defekts die Gehirmpulsation. 

Am 16. November 1897, 87 Tage nach der Plastik, beschlossen wir, die nicht 
eingeheilten Platten zu entfernen. Nach Erweiterung der Fisteln erwies sich, dass 
die Platten in einer kleinen mit Granulationen ausgefüllten Höhle lagen. Die 
Dura war hier verdickt. Auf derselben war keine Knochenbildung zu sehen, das 
Gehirn pulsirte deutlich. Nach Durchtrennung der Höhlenwand mit der Schere 
stießen wir auf eine dünne Knochenplatte, deren obere Fläche rauh und mit 
schwarzen Pünktchen (Kohlenpartikelchen) bedeckt war; die Platte war von allen 
Seiten von weicherem Gewebe umgeben. Die Wunden heilten per granulationem. 
Am 15. December wurde die Pat. aus der Behandlung entlassen; dabei und auch 
1 Monat darauf konnten wir konstatiren, dass die Masse, welche ?/; des Defekts 
ausfüllte, die Konsistens eines Knochens hatte, bei Perkussion einen hellen 
Schall gab und im vorderen Theil des Defekts mit einem sehr harten und scharfen 
Rand endete, welcher an eine trichterförmige 50 -große Vertiefung grenzte, in 
der die Gehirmpulsation zu fühlen war. Die Pat. fuhr aufs Land und ließ uns 
keine weiteren Nachrichten zukommen. 


I. Fall Marie N., 9 a. n. Komplieirter Splitterbruch des linken Stirn- 
beins. Fissuren an der Schädelbasis; Riss der Dura mater; Knochensplitter in die 
Hirnsubstanz eingedrungen; dieselben wurden nach Debridement entfernt (Dr. Ro- 
storzeff). In den nächsten 10 Tagen schwerer Allgemeinzustand. Darauf voll- 
ständige Heilung per primam. 

Am 18. December 1897, 15 Wochen nach der Fraktur, plastische Operation. 
Zungenförmiger Lappen mit nach unten gerichteter Basis. Die narbige Verwach- 
sung der Dura mit dem Periost wurde mit dem Messer durchtrennt. Der Defekt 
hat eine 3eckige Gestalt, seine Dimensionen sind bedeutend größer, seine Ränder 
schärfer geworden. Keine Spur von Knochenneubildung. Nach Anfrischung der 
Ränder hatte der Defekt folgende Dimensionen: Die Basis (fast der ganze Supra- 
orbitalrand) 5 cm, die Höhe ebenfalls 5 cm, die Breite in der Mitte 21/2 cm. Zur 
Deckung des Defekts wurden 4 Platten von bis zur Weißgluth erhitstem Knochen 
(Schulterblatt von einem Kalb, wie auch im I. Falle) verbraucht. Bei der Durch- 
trennung der Verwachsungen der Dura mater mit den Defekträndern kam ein Ein- 
sinken des Gehirns zu Stande; durch seine Pulsation geriethen die Platten aus ihrer 
Lage und schoben sich theilweise unter die Knochenränder, so dass kein hermetischer 
Verschluss zu erreichen war. Die Wunde heilte per primam. 7 Monate nach der 


39* 


972 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


Plastik war das Resultat folgendes: Die Gegend des Defekts hat sich mit fester 
knochenähnlicher Masse ausgefüllt, nur im Centrum besteht noch ein unbedeuten- 
der, kurzer, etwa 5 mm breiter Spalt. Dieser Spalt hat sich augenscheinlich in 
Folge von Verschiebung der Platten gebildet, von denen die eine am inneren 
Augenwinkel in Form eines Knochenvorsprungs palpabel war. Es ist bemerkens- 
werth, dass der orbitale Rand, der in toto frakturirt war, vollständig hergestellt 
wurde und sich durch nichts von dem entsprechenden Rand auf der anderen Seite 
unterschied. Früher konnte man in Folge von Fraktur der Orbitalkuppel den 
Finger in die Orbitalhöhle einführen, jetzt gelingt das nicht mehr. Die ganze 
Gegend des Defekts hat eine etwas konkave Oberfläche, was übrigens von außen 
her nicht auffällt, so dass auch das kosmetische Resultat ein vortreffliches ist. 
Zum letzten Mal sah ich die Pat. am 6. August d. J. 


Ich resumire: Beide Pat. gehören dem kindlichen Alter an; im 
1. Falle sind seit der Operation 5, im 2. 71/3 Monate verflossen. Die 
Perkussion ergiebt in beiden Fällen Knochenschall, der Druck ruft 
weder Nachgiebigkeit noch Beweglichkeit der den Defekt ausfüllen- 
den harten Masse hervor. Im 1. Falle hatten wir auch Gelegenheit, 
bei Erweiterung der Fisteln eine Knochenplatte zu sehen, die von 
einem weicheren Gewebe umgeben war; das Erscheinen der Platte 
an dieser Stelle kann durch nichts Anderes, als durch den Process 
der Knochenneubildung erklärt werden. 

Die angeführten Fälle rechtfertigen den Wunsch, Experimente 
in dieser Richtung fortzusetzen; die zu geringe Zahl der Beobach- 
tungen und die verhältnismäßig kurze seit der Operation verflossene 
Frist gestatten es mir nicht, mich endgültig dahin auszusprechen, 
dass der ausgeglühte Knochen ein Material sei, welches in allen 
Fällen zum Erfolg führe. 

Auf Grund der Barth’schen Versuche und meiner Fälle halte 
ich mich berechtigt, aus dieser kurzen Mittheilung folgende Schlüsse 
zu ziehen. 

Meine Fälle (namentlich der erste) beweisen die Möglichkeit 
einer Knochenneubildung auf dem Boden eines ausgeglühten Knochens 
auch bei älteren Defekten. Da die Konsistenz der einen Defekt aus- 
füllenden Masse nicht weicher, sondern im Gegentheil immer härter 
wird, so ist anzunehmen, dass keine Resorption der implantirten 
Platten erfolgen wird, und dass der Process der Knochenneubildung 
fortschreitet. í 

Um bei Experimenten Erfolg zu erzielen, sind folgende Bedin- 
gungen nothwendig: ein gut ausgeglühter Knochen, vollständige 
Asepsis der Wunde, obligatorische Anfrischung der Ränder des 
Knochendefekts, ein möglichst sorgfältiges Ausfüllen des Defekts mit 
ausgeglühtem Knochen, das jugendliche Alter der Kranken (wir 
haben ja keine Erfahrung, um über die Anwendbarkeit dieses Ver- 
fahrens auch bei Erwachsenen zu urtheilen). 

Was das Alter des Defekts anbetrifft, so ist schon a priori klar, 
dass, je frischer der Defekt, desto günstiger die Bedingungen für 
den Erfolg des Experiments sind (Dank den unbedeutenden Ver- 
änderungen des Periosts und der Dura mater). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 973 


Die Species des Thieres, dessen Knochen angewandt wird, spielt 
kaum eine Rolle, dagegen ist die Spongiosa vorzuziehen, weil sie 
poröser ist und von Granulationen leichter durchwachsen werden 
kann. 

Neben den vielen Vorzügen des von mir erprobten Verfahrens 
möchte ich auch besonders auf die Ungefährlichkeit und Einfachheit 
dieses operativen Eingriffs hinweisen, was entschieden zu seiner all- 
gemeinen Verbreitung beitragen dürfte. 

Die Barth’schen Untersuchungen wurden durch meinen Kollegen 
Dr. P. Zworykin bestätigt, der die Schädeldefekte bei Kaninchen 
mit einem künstlichen Gemisch von Kalksalzen ausfüllte; in allen 
Fällen erhielt er, obgleich bedeutend langsamer, eine knöcherne 
Deckung des Defekts (Wratsch 1898). 

Zum Schluss erfülle ich die angenehme Pflicht, dem hoch- 
verehrten Chef der chirurgischen Abtheilung, Herrn Dr. H. Zeidler, 
für die liebenswürdige Anregung zu dieser Arbeit, so wie für die 
Überlassung der Fälle meinen besten Dank auszusprechen. 

St. Petersburg, im August 1898. 


1) R. Milchner. Nachweis der chemischen Bindung von 
Tetanusgift durch Nervensubstanz. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 17.) 

M. injieirte Mäusen ein Gemisch von Gehirnemulsion und Tetanus- 
gift und konnte in allen diesbezüglichen Versuchen eine Ab- 
schwächung des Giftes durch die Hirnsubstanz sicherstellen. Aus 
seinen Versuchen ging weiter hervor, dass der Zusammentritt von 
Gehirn und Tetanusvirus ein rein chemischer ist und unabhängig 
erscheint von vitalen Vorgängen. Der bindende Körper ist in den 
Gehirnzellen in unlöslicher Form enthalten, reißt das Gift an sich 
und macht, wenn nur wenig Gift zugefügt worden war, die zwischen- 
liegende Flüssigkeit giftfrei. War ein Giftüberschuss vorhanden, so 
zeigte sich ein Unterschied in der Wirkung der geklärten Flüssig- 
keit und der Emulsion, indem diese in kürzerer Zeit tödlichen Tetanus 
hervorrief als jene. Gold (Bielitz). 


2) Hirschberg. Über die Betheiligung des Peritoneal- 
epithels bei der Einheilung von Fremdkörpern. 
(Virchow’s Archiv Bd. CLU. p. 403.) 

H. legt sich die Frage vor, ob bei der Bildung von Adhäsionen 
das Peritonealepithel eine Bindegewebe liefernde Rolle spielt. Zu 
diesem Zweck wurden mittels stumpfer Kanüle Meerschweinchen 
Aufschwemmungen von Lykopodiumsamen in die Bauchhöhle ge- 
bracht. Es stießen sich dann zunächst die Epithelien unter den 
Körnchen ab, sodann wurden letztere in ein fibrinöses Exsudat ein- 
geschlossen. Nunmehr verschwinden auch die Epithelien in der Nachbar- 


974 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


schaft, und das Exsudat wird von den fixen Bindegewebszellen aus 
organisirt. Erst jetzt beginnt die Wucherung der Epithelien in der 
weiteren Nachbarschaft, von denen aus dann das organisirte Knötchen 
wieder mit Epithel bedeckt wird. Eine Betheiligung des Epithels 
bei der Organisation, in so fern als sich daraus Bindegewebe oder 
auch aus letzterem Epithel bildete, konnte nicht konstatirt werden. 
Es ist demnach ein principieller Unterschied zwischen Epi-(Endo-)thel 
und Bindegewebe zu machen, eine Ansicht, die hauptsächlich von 
His, Waldeyer und Hertwig vertreten wird. 
Pels Leusden (Göttingen). 


3) H. Kümmell. Über recidivirende Perityphlitis. Rückblick 
auf 104 geheilte Resektionen des Processus vermiformis. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15.) 

K. hat im anfallfreien Stadium 104 Resektionen des Wurmfort- 
satzes ohne einen Todesfall ausgeführt. Am wichtigsten für die Er- 
kenntnis des pathologischen Processes erscheinen dem Verf. die im 
Stadium der Ruhe gewonnenen Präparate, welche zeigen, dass nach 
Überstehen des Anfalls und Heilung eine Rückbildung des Organs 
zur Norm in keinem Falle eingetreten war, wenn auch oft nach 
typischen perityphlitischen Anfällen das entfernte Organ eine so 
günstige Rückbildung erfahren hat, dass der minder Geübte ein ge- 
sundes Organ vor sich zu haben glaubt. Charakteristisch ist das 
Stadium der Kontraktion, in welchem sich die Appendix befindet; 
sie ist straff und derb, befindet sich in einem »erigirten« Zustand 
und birgt oft kothigen Inhalt, während der normale Wurmforsatz 
weich und schlaff dem Blinddarm aufliegt und frei von Darminhalt 
ist. Im Gegensatz zu den akuten Fällen von Typhlitis giebt es auch 
solche von chronischer Form, welche nicht immer zu den Erschei- 
nungen der Periappendicitis führen, und deren Beurtheilung oft nicht 
leicht ist. Solche Fälle zeigen nicht die auf den ersten Blick sich 
als Perityphlitis charakterisirenden Erscheinungen, sondern sie haben 
einen schleichenden, für den Träger sehr lästigen Verlauf. So fühlt 
man öfters in der Gegend des Mac Burnay’schen Punktes einen 
runden, walzenförmigen, druckempfindlichen Körper, die Appendix. 
Die Anschwellung geht nach einigen Tagen Bettruhe wieder zurück, 
das Fieber schwindet, aber die Schmerzen verlassen den Kranken nie 
vollständig. Nach Besprechung der Diagnose der chronischen Form 
der Appendicitis wendet sich K. der Frage der Recidive zu. Er ist 
in der Lage mitzutheilen, dass die größte Anzahl derselben im 1. Jahre 
aufgetreten ist (107mal unter 145 Fällen), im 10. Jahre bei einem 
Pat. und noch später bei 4 Anderen. — Die Therapie der Erkrankung, 
speciell die operative und ihre Technik, bilden den Abschluss der 
interessanten Abhandlung. Gold (Bielite). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 975 


4) C. N. Dowd. Strangulated hernia in infants under one 
year of age, with the report of a second case successfully 
treated by operation. 

(Archives of pediatrios 1898.) 

Mit dem vom Verf. berichteten Falle einer Operation eines ein- 
geklemmten Leistenbruchs bei einem 12jährigen Kinde steigt die 
Zahl der berichteten Operationen bei Kindern unter einem Jahre 
auf 100 mit 20% Mortalität. Häufig wird die Diagnose verfehlt. 
Folgende Symptome sind wichtig: 1) Starkes andauerndes Erbrechen, 
zuweilen mit vorangehendem Singultus, 2) Verstopfung, 3) Reflek- 
torische Anurie. Die Operation wird mit Unrecht gefürchtet, da 
Kinder sie leichter als Erwachsene überstehen. Der Weichheit der 
Gewebe wegen soll der Schnitt durch die Aponeurose des M. obliquus 
externus oberhalb der Einschnürung an einer möglichst normalen 
Stelle gemacht werden. Von hier aus erfolgt die Eröffnung des 
äußeren Ringes. Dreyer (Köln). 


5) W. A. Thiele. Der gegenwärtige Stand der Frage von 
der Radikalbehandlung der Leistenbrüche. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 4.) 

Die 1894 vorgeschlagene Methode T.’s ist eine Modifikation der 
ersten Kocher’schen Verlagerungsmethode. Hautschnitt in der 
Richtung des Samenstrangs, 2—3 Querfinger weit über den äußeren 
Leistenring. Ablösung des Bruchsacks vom Samenstrang; nun wird 
die vordere Wand des Leistenkanals (Aponeurosis obl. ext.) auf- 
geschnitten, der Bruchsackhals sauber bis über die innere Öffnung 
abpräparirt, in der Aponeurose nach oben und außen vom Annulus 
internus ein Loch gemacht und der leere, —5mal um seine Achse 
gedrehte Bruchsack durch- und fest angezogen. Vernähung des 
Schnittes der Aponeurose, Anheftung des Sackes (oberflächlich, zur 
Vermeidung der Nekrose), sorgfältige Blutstillung und Hautnaht. T. 
sieht die wichtigste Ursache der Bruchbildung in der Lockerung der 
Verbindung zwischen Bauchfell und Bauchwand in der Leistengegend. 
Nach der Operation verwächst das straff angezogene Bauchfell mit 


der Bauchwand. — Seine Methode hat T. 42mal angewendet, mit 
gutem Resultat. — 6 Bilder veranschaulichen die Methode; leider 
ist Fig. 3 misslungen, — der Aponeuroseschnitt zu hoch gezeichnet. 


@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


6) Banti. Pilorostenosi e intervento chirurgico nella malattia 
del Reichmann. 
(Sperimentale 1898. No. 2.) 

Die von Reichmann beschriebene Krankheitsform des Magen- 
saftflusses, an deren pathologischer Selbständigkeit B. festhält, hat 
nach Verf. 4 Perioden: 1) Mäßige Beschwerden, Hyperacidität, noch 
keine ausgesprochene Hypersekretion. 2) Die charakteristischen 


976 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


Zeichen sind vorhanden: Magenektasie, Verzögerung der Magenent- 
leerung, die aber Morgens früh stets beendet ist. 3) Die Beschwerden, 
die Ektasie sind größer. Der Magen enthält auch Morgens Speise- 
reste. Es besteht ein mechanisches Hindernis am Pylorus. Hier 
finden sich peritoneale Verdickungen, der Pylorus ist weniger dehn- 
bar durch chronische fibröse Hyperplasie des Bindegewebes, welche 
jedoch nie so stark sind wie bei Narbenstenose nach Geschwür. 
Diese 3. Periode, auf welche man bisher zu wenig aufmerksam ge- 
worden sei, führe endlich zur 4., die durch Atrophie der Mucosa 
charakterisirt ist. Die gewöhnlichen internen Methoden der Behand- 
lung reichen nur für die 1. und 2. Periode aus, in der 3. sei die 
Pyloroplastik oder die Gastroenterostomie indicirt. Letztere zieht B. 
vor. Sie wurde in 6 Fällen seiner Klientel durch Colzi mit dem 
Erfolge ausgeführt, dass alle Kranken von ihren Beschwerden ge- 
heilt wurden. Die Funktionen des Magens kehren im Allgemeinen 
zur Norm zurück. In einem Falle fand sich auch im leeren Magen 
noch fortdauernde Salzsäuresekretion: Beschwerden fehlten jedoch auch 
bier. E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


7) K. G. Lennander. Om behandlingen af det perfore- 
rande mag- och duodenalsäret. 
(Upsala Läkarefören. Förhandl. N. F. Bd. III. p. 69.) 

Seit die ersten operativen Erfolge Billroth’s den Magen dem 
Messer der Chirurgen zugänglich gemacht haben, eröffneten sich 
immer neue Gebiete der chirurgischen Behandlung der Magenleiden. 
Unter den letztgewonnenen Territorien dieser Art nimmt die chirur- 
gische Behandlung des perforirenden Magen- und Duodenalgeschwürs 
einen hervorragenden Raum ein. In den französischen, englischen und 
deutschen Gesellschaften der Chirurgie ist diese Frage verschiedene 
Male zur Diskussion gekommen; zuletzt hat auch die nordische Ge- 
sellschaft für Chirurgie das Thema diskutirt. Die Erfahrungen Verf.s 
auf diesem Gebiet wurden der letztgenannten Gesellschaft in deren 
3. Versammlung zu Helsingfors im vorigen Jahre vorgelegt. Seitdem 
hat Verf. seine’ schon reiche Kasuistik durch 3 neue Fälle vergrößert. 
Er verfügt im Ganzen über 15 Fälle, deren genau detaillirte Be- 
schreibungen der Arbeit zu Grunde liegen. Eine kurze Übersicht 
der Geschichte, der Statistik und der Prognose der Operation ist 
einleitungsweise mitgetheilt. Die reiche Fülle der Krankengeschichten 
entzieht sich natürlich einem Referat; wir können nur auf Verf.s 
schon bekannte allgemeine Grundsätze verweisen (cf. Bericht über 
die Verhandlungen des XXVI. Kongresses der deutschen Gesellschaft 
für Chirurgie p. 63). Ref. muss sich beschränken, nur die weit- 
tragenden Schlussfolgerungen Verf.s wiederzugeben. 

1) Die bisher veröffentlichten Statistiken (Michaux, Pearce 
Gould, Pariser, Comte, Ackermann, Weir und Foote u. A. 
m.) zeigen, dass 1/,—!/, aller bekannten Fälle, die wegen perforiren- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 977 


der Magen- oder Duodenalgeschwüre operirt waren, gerettet worden 
sind. Nach Weir und Foote, welche 79 Fälle mit einer Mortalität 
von 71% zusammengestellt haben, starben von den binnen 12 Stunden 
nach dem Auftreten der Symptome Operirten 39%, von den binnen 
12—24 Stunden Operirten 76%, von den später Operirten 87%. 

2) Erste Bedingung für die Rettung einer größeren Anzahl solcher 
Pat. ist die, dass wir Ärzte mit unserer scheinbar ersten Aufgabe — 
der Linderung der Schmerzen — inne halten. Wir sollen vielmehr 
die Schmerzen als Anleitung zum Stellen einer Diagnose benutzen, 
mit der Folgerung: hier muss sogleich operirt werden oder hier muss 
nicht, wenigstens nicht sogleich, operirt werden. Fangen wir aber 
mit einer großen Morphiumgabe und einem heißen Kataplasma an, 
so erregen wir Hoffnungen, welche in der Mehrzahl der Fälle schnell 
vernichtet werden, sobald die Spannung des Bauches die diffuse 
Peritonitis verkündigt. 

3) Auch wenn man sich zur Operation entschlossen hat, darf 
man nicht oder nur ganz wenig Morphium geben, um nicht eine 
postoperatorische Lähmung des Darms hervorzurufen. 

4) Die Diagnose des perforirten Magen- oder Duodenalgeschwürs 
beruht in früh beobachteten Fällen auf einer Anamnese mit Sym- 
ptomen von Ulcus, auf dem Auftreten mit gewaltigen Schmerzen im 
Epigastrium mit oder ohne Shock, mit oder ohne Erbrechen, auf der 
Rigidität der Bauchmuskeln und lokaler Druckempfindlichkeit. In 
später beobachteten Fällen gesellt sich auch die Art hinzu, in welcher 
die Bauchfellentzündung sich ausgebreitet hat. 

5) Vorhandener Shock wird am leichtesten durch sofortige Ope- 
ration gehoben. 

6) Der Bauchschnitt muss gleich von Anfang an hinlänglich 
groB gemacht werden. 

7) Das Loch oder die Löcher (sowohl die vordere als die hintere 
Seite des Magens und alle zugänglichen Partien des Duodenums 
werden abgesucht) werden durch Annähen der anliegenden Serosa- 
flächen in großer Ausdehnung und ohne Spannung am besten mit 
2 Reihen Lembert’scher Nähte geschlossen. Ist eine solche Ver- 
einigung nicht ausführbar, so wird das Geschwür mit Netz übernäht 
und die ganze Umgebung von den übrigen Theilen der Bauchhöhle 
durch Tamponade abgeschlossen. In besonders günstigen Fällen 
kommt die völlige Excision des Geschwürs in Betracht. 

8) In der Nähe der Ostia ventriculi muss man sich vor Ver- 
engerung und Knickung durch das Vernähen des Geschwürs hüten. 
Der Verengerung entgeht man in der Pylorusgegend am besten durch 
das Nähen in einer Richtung, die senkrecht gegen den Längsdurch- 
messer des Magens oder des horizontalen Theils des Duodenums 
verläuft. 

9) Mit Austupfen oder Ausspülung wird dann, je nach dem ein- 
zelnen Falle, eine äußerst sorgfältige und systematische Reinigung 
der inficirten Theile vorgenommen. Hierbei muss man in allen 

ër 


978 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


Fällen dem linken subphrenischen Raum eine ganz besondere Auf- 
merksamkeit widmen. 

10) Wo ein höherer Grad von Meteorismus die genaue Reinigung 
des Bauchtellraums unmöglich macht, ist eine frühzeitige Operation 
vorzuziehen. 

11) Mit Gaze oder Röhren, vielleicht am besten mit beiden 
muss an allen Stellen, wo man Sekretverhaltung vermuthen kann, 
drainirt werden. 

12) Die Prognose hängt von der Zeit, wann die Operation ge- 
macht wird, und von der Qualität und Menge des in die Bauchhöhle 
ausgetretenen Mageninhalts ab, mit anderen Worten, die Prognose 
hängt von der Bösartigkeit und Ausdehnung der bei der Operation 
bestehenden Entzündung, von der Reinigung und Drainage der Bauch- 
höhle ab. 

13) Die meisten Todesfälle sind durch eine diffuse Bauchfell- 
entzündung, danach’ durch subphrenische Eiteransammlungen und 
in einigen Fällen durch Eiterungen, die sich im Becken beschränkt 
haben, verursacht. 

14) Letztere, die Beckeneiterungen, scheinen diagnosticirt und 
entleert werden zu können. $ 

15) Schwieriger zu behandeln sind die Eiterungen in den sub- 
phrenischen Räumen, da diese theils schon frühzeitig die Pleura- 
räume, das Perikard oder die Lungen inficiren, theils die Entstehung 
von Septicopyämien begünstigen können, auch in Fällen, wo man 
frühzeitig entleert zu haben glaubt. 

16) Die subphrenischen Eiterungen können nur in den Fällen, 
wo ein Empyem oder eine Obliteration der Pleurahöhle vorliegt, durch 
transpleurale Eingriffe entleert werden. 

17) In allen übrigen Fällen wird die Operation durch Schnitt 
an der Vorderseite dem Rippenrand entlang gemacht; in anderen 
Fällen ist die Lendengegend vorzuziehen. Auch kann man in vielen 
Fällen durch Resektion der Brustwand unterhalb der Befestigung der 
Pleura, wie Lannelongue vorgeschlagen und neuerdings Monod 
und Vanverts wieder empfohlen haben, die subphrenische Eiter- 
höhle entleeren. Vortheilhaft ist die Drainage von dem niedrigsten, 
hintersten Punkt der Höhle aus. 

18) Hat eine Perforation des Magen- oder Duodenalgeschwürs 
stattgefunden, oder ist die Operation aus irgend einer Ursache nicht 
ausführbar, so wird während der ersten Woche nichts per os gegeben. 
Von dieser Regel darf man nicht abweichen, auch wenn der Zustand 
des Pat. so viel gebessert erschiene, dass man an der Richtigkeit der 
Diagnose zu zweifeln anfängt. A. Hansson (Cimbrishamn). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 979 


8) Guinard. La cure chirurgicale du cancer de l'estomac. 
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1898. 324 8. 

Sehr fleißige und außerordentlich sorgfältige Arbeit, die sich 
weit über das Niveau der Dissertation erhebt. Die Litteratur, auch 
besonders die deutsche, ist in weitestem Umfang und mit eingehend- 
stem Verständnis verwerthet. — Verf. geht aus von dem Satz, dass 
einmal eine Zeit kommen müsse, wo die Behandlung des Magen- 
krebses eine rein chirurgische wird, und die Chirurgie die Sterblich- 
keit der seinetwegen unternommenen Operationen auf Null herab- 
drückt. Rechtzeitige Erkennung und rechtzeitige Forderung ` der 
chirurgischen Hilfe von Seiten der internen Medicin ist natürlich 
Bedingung. Vorläufig sind wir freilich von diesem Ideal noch weit 
entfernt, aber die Resultate unserer Eingriffe haben sich doch we- 
sentlich gehoben, nachdem eine Zeit des allzu heroischen Vorgehens 
glücklich überwunden ist. G. setzt sich die Aufgabe, zu untersuchen: 
1) Welche unmittelbaren und Dauerresultate können wir heute mittels 
Resektion bei Magenkrebs erreichen? 2) Welches sind die Bedin- 
gungen für den möglichst günstigen Erfolg? Um dieser Aufgabe 
gerecht zu werden, stellt er 302 Fälle von Magenresektion zusammen, 
darunter 15 mehr oder weniger unbekannte französischer Chirurgen, 
die ihm zur Veröffentlichung überlassen worden. In der Hauptsache 
berücksichtigt er nur Operationen, die von Anfang 1891 bis Anfang 
1898 ausgeführt wurden, weil er meint, dass diese Zeit am sichersten 
den Durchschnitt unseres jetzigen Könnens aufweist, nachdem die 
Operation das Stadium der Versuche überschritten hat. Er bespricht 
die Berechtigung derselben, indem er an der Hand der veröffent- 
lichten Fälle den Zustand der Operirten nach der Operation prüft, 
die Dauerresultate, die Operationssterblichkeit (35,39% nach seiner 
Zusammenstellung), das Verhältnis der Pylorektomie zur Gastro- 
enterostomie (wenn Verf. dabei angiebt, dass man bei Pat., welche 
wegen Carcinom gastroenterostomirt sind, niemals beobachtet, dass 
sie Voracit& zeigen, so befindet er sich sehr im Irrthum. Ref.). Ein 
Kapitel ist der Erkennung des Magenkrebses vor und während der 
Laparotomie gewidmet. Weiter werden besprochen: die Indikationen 
für die Operation, der Einfluss des Allgemeinbefindens, des Alters, 
Geschlechts (Männer 83, + 44,5%, Frauen 131, + 27,6%), des ört- 
lichen Befunds (Verwachsungen, Ausdehnung, Größe, Sitz der Neu- 
bildung, Drüsenschwellungen, viscerale Metastasen), ferner der Pro- 
centsatz der operablen Fälle, die Diagnose der örtlichen Verhältnisse 
vor der Operation. Es folgt eine ausführliche Besprechung der 
Vorbereitung des Kranken, der Anästhesie und Asepsis, des Opera- 
tionsverfahrens, der Beurtheilung der bei der Operation erhobenen 
Befunde, des Doyen’schen Ecrasements und des Murphyknopfs, der 
Versorgung der Bauchhöhle etc. Alle diese Kapitel sind auf das 
sorgfältigste ausgearbeitet, beweisen vorzügliche Belesenheit und lesen 
sich sehr gut. Bei der Besprechung der Resultate der Magenresek- 
tion geht Verf. ein auf die verschiedenen Methoden der Anfügung 


980 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


des distalen Endes an das proximale. Was die Bezeichnung der ver- 
schiedenen Grade der Fortnahme von Magensubstanz betrifft, so 
unterscheidet er mit Tuffier: Resection pyloro-gastrique, Resection 
cardio-gastrique und Rösection annulaire. Die Bedeutung dieser 
Namen ist klar, die Anfügung des Darmes an den Magenrest resp. 
Speiseröhre kann geschehen durch Anastomose termino-terminale, 
Anastomose termino-laterale und Anastomose laterale; auch für diese 
Bezeichnungen bedarf es keiner besonderen Erklärung. Die Resultate 
der betreffenden Anfügungsmethoden und ihrer Unterarten werden 
im Einzelnen gewürdigt (Verf. hält für die zur Zeit beste Methode 
die Kocher’sche), dann noch die Kardiektomie, die totale Magen- 
resektion und die besonders ausgedehnten Resektionen besprochen. 
Das folgende Kapitel ist der Nachbehandlung und den während der- 
selben sich eventuell ereignenden Zufällen, das letzte Kapitel der 
Dauer des Lebens nach der Operation und den Recidiven gewidmet. 
Am Schluss folgt eine Zusammenstellung der der Arbeit zu Grunde 
liegenden Krankengeschichten, geordnet nach Operationsmethoden. 
— Verf. bringt für die Kenner der einschlägigen Verhältnisse nichts 
Neues, aber das in der Litteratur vorhandene Material ist vorzüglich 
zusammengestellt. Einzelheiten müssen im Original nachgelesen 
werden. 

(Wir haben es, wie schon gesagt, mit einem hervorragend”feißig 
gearbeiteten, höchst interessanten Werk zu thun, dessen Lektüre wir 
dringend empfehlen; es ist uns aber dieses, wie wir gern anerkennen, 
mit größter Nüchternheit und allen Kautelen bei Benutzung des 
statistischen Materials geschriebene Buch aufs Neue ein Beweis dafür 
gewesen, dass die Zeit für eine einigermaßen befriedigende größere 
Statistik der Magenoperationen noch nicht gekommen ist. Bei allen 
Fällen von Operationen wegen Magenaffektionen, und besonders 
Magencareinom, gilt es: nicht zählen, sondern wägen! und bevor wir 
nicht dahin gekommen sind, eine einigermaßen gleichmäßige Indi- 
kationsstellung zu erreichen, ist alles Vergleichen und alles Zusam- 
menzählen ein müssiges Unternehmen ohne irgend welche Bedeutung 
für die ganze Frage. Wir haben bei unseren recht zahlreichen 
Magenresektionen der letzten 2 Jahre bei Carcinom 60%, bei Ge- 
schwür 20% Mortalität gehabt, obwohl die Operationen bei Ge- 
schwür zum Theil ausgedehnter und technisch schwieriger waren; 
es kommen eben beim Carcinom [abgesehen davon, dass trotz aller 
Erfahrung man doch immer wieder einmal durch den Wunsch, dem 
armen Pat. radikal zu helfen, weiter geführt wird als gut ist] eine 
Reihe von Bedingungen ins Spiel, die sich der Einwirkung des Ope- 
rateurs ganz entziehen, Zufälligkeiten, die gar nicht zu berechnen 
sind, die aber das Resultat oft in fatalster Weise trüben. Gilt dies 
schon für die kleine Statistik eines einzelnen Beobachters, wie viel 
mehr für eine große; wir werden daher dazu geführt, den Zusammen- 
stellungen großer Reihen von Magenoperationen, die aus der Litteratur 
zusammengesucht werden, um so mehr jeden Worth abzusprechen, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 981 


als sie im besten Falle nur ein ganz einseitiges Bild abgeben können. 
G. spricht sich an einer Stelle seines Buches spöttisch darüber aus, 
dass Ewald trotz der verhältnismäßig großen Mortalität der von ihm 
beobachteten Fälle von Magenresektion diese doch als eine gute 
Operation erklärt; er könnte daraus ersehen, wie die erfahrensten 
Beobachter auf Seite der Internen denken, und dass man auch dort 


unserer Ansicht beipflichtet: Nicht zählen, sondern wägen! Ref.) 
H. Lindner (Berlin). 


9) A. G. Podres. Eine neue einfache Methode der Ana- 
stomosenbildung im Magen-Darmkanal (Gastro-enterostomia 
et enteroanastomosis.) 

(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 4.) 

Der Methode ist die allen Chirurgen bekannte Beobachtung zu 
Grunde gelegt, dass eine durch alle Schichten des Magens oder 
Darms dringende Naht immer durchschneidet und zur Fistel wird. 
P. legt die zu vereinigenden Theile an einander und macht 2 sich 
kreuzende Nähte mit dickem Seidenfaden durch alle Schichten; Ein- 
und Ausstich sind etwa 2 cm weit von einander entfernt; die Nähte 
werden stark geknüpft. Zur besseren Fixation werden zwischen den 
Enden der Nähte 4 Lembertnähte angelegt. Nach 2—4 Tagen er- 
folgt regelmäßig die Fistelbildung, erst kreuzförmig, später oval. Die 
Methode wurde an Hunden und einmal am Menschen erfolgreich 
erprobt. (4 Photogramme beweisen das.) 

@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


10) W. P. Obrastzow. Zur Diagnose des Blinddarmkrebses 
und der Blinddarmtuberkulose, der Perityphlitis tuberculosa 
und der Tuberkulose des Ileums. 

(Wratsch 1898. No. 27 u. 28. [Russisch.)) 

O. beschreibt 2 Fälle von Krebs und 5 von Tuberkulose des 
Blinddarms. Dabei fanden sich folgende differentialdiagnostische 
Merkmale. 1) Beim Krebs fühlt man nicht den Darm selbst, sondern 
nur die Geschwulst, gewöhnlich mit einem 4—8 cm langen Stück 
Dünndarm (als verdiekten Cylinder) und einem Stück des Colon 
ascendens. Bei Tuberkulose fühlt man den Blinddarm selbst als 
birnförmiges Gebilde mit seinen charakteristischen Eigenheiten, nur 
fühlt man die Darmwände verdickt, infiltrirt. In allen 5 Fällen 
von Tuberkulose war die Geschwulst beweglich, ein Zeichen, dass 
nur die Schleimhaut afficirt war. 2) Beim Krebs zeigt die Ge- 
schwulst deutliche, wie abgeschnittene Ränder, bei der Tuberkulose 
schwindet die Infiltration mehr oder weniger unmerklich. 3) Beim 
Krebs entsteht bald Stenose des Darms. — Bei Tuberkulose fand 
O. jedes Mal Bacillen im Koth. In einem Falle von Perityphlitis 
tuberculosa war eine Lungenspitze afficirt; an Stelle des Blinddarms 
eine unbewegliche Geschwulst, faustgroß, höckerig, mit dumpftympani- 


982 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


tischem Schall; keine Bacillen im Koth. Die Diagnose wurde durch 
Laparotomie bestätigt. — Im Falle von Dünndarmtuberkulose end- 
lich handelte es sich um einen 20jährigen Pat. mit Spitzenaffektion, 
Durchfällen. Rechts über dem Lig. Pouparti, demselben parallel, 
ein fingerdickes Gebilde, uneben, schmerzhaft, das seine Konsistenz 
ändert; es wird weicher und härter, wobei die Härte von ihm auf 
den Blinddarm übergeht. Bacillen im Koth. Bestätigung der Dia- 
gnose durch die Sektion. Schon früher hatte O. gezeigt, dass das 
Endstück des Dünndarms bei Abdominaltyphus oft zu fühlen ist, 
wenn es geschwürig wird. Dasselbe findet auch bei Tuberkulose statt. 
Gäekel (B. Karabulak, Saratow). 


11) P. Jeannel (Toulouse). Les opérations pour obstruction 
intestinale. 
(Gas. méd. de Paris No. 21—23.) 

Die lebhaft geschriebene Arbeit bringt in gedrängter Kürze einen 
kritischen Überblick des angegebenen Gebietes. Nach kurzer ge- 
schichtlicher Einleitung bespricht J. die Probelaparotomie, zuerst die 
intraperitoneale Absuchung der Bauchhöhle mittels systematischer 
Handgriffe, dann mit Auspackung der Därme (Serviettenmethode 
nach Küm mell). 

Verf. will die letztere nur in den Fällen verwendet wissen, wo 
die intraabdominelle Absuchung kein Resultat ergiebt. Von der 
extraperitonealen Laparotomie nach Bardenheuer verspricht er sich 
weder diagnostischen noch therapeutischen Vortheil. 

Dann geht Verf. auf die Ursachen des Darmverschlusses näher 
ein, eben so auf dessen Beseitigung. Die innere Einklemmung durch 
Stränge, retroperitoneale Taschen (als Hernien), die Hernia diaphrag- 
matica, Hernia for. Winslowii werden der Reihe nach besprochen, 
mit dem Hinweis, dass die Behandlung des Bruchsacks zur Ver- 
hütung des Recidivs oft große Schwierigkeiten mache. Es folgt der 
Volvulus und seine Behandlungsweisen, welche J. kurz präcisirt: 
Lässt sich der Volvulus leicht lösen, ohne sich wieder herzustellen, 
so ist die Darmschlinge zu behandeln wie jede andere eingeklemmt 
gewesene; bildet er sich nach der Auflösung wieder, so ist Entero- 
anastomose oder Resektion angezeigt; ist er nicht zu entwickeln, 
wird resecirt. Folgt die Abknickung. Um ihr Wiedereintreten zu 
verhindern, hat Villemin die Enteropexie empfohlen. Sodann die 
Stenose bezw. Striktur. Ist sie kurz, Enteroplastik; ist sie lang, 
Resektion; oder inoperabel, Enteroanastomose. Für die Behandlung 
der Invagination endlich wird die Senn’sche Insufflationsmethode 
verworfen, eben so die Enterostomie. Die Behandlung könne nur 
bestehen in Laparotomie, Desinvagination bezw. Anastomose oder 
Resektion. Mannsell’s Methode wird genauer mitgetheilt. So 
bietet die Arbeit neben mancherlei praktischem Fingerzeig Jedem 
kurze und doch recht vollständige Auskunft, der sich schnell einmal 
orientiren will. Christel (Mets). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 983 


12) Mile v. Mayer. Nouveau procédé d’anus artificiel à la 
Clinique chirurgicale de Lausanne. 
(Revue med. de la Suisse rom. 1898. No. 1.) 

Seit einer Reihe von Jahren macht Roux den künstlichen After 
über der Symphyse, der sich durch Einfachheit und Sicherheit im 
Erfolg wesentlich von anderen unterscheidet; hierbei wird der tempo- 
räre und definitive in Betracht gezogen, letzterer bei inoperabeln 
Neubildungen. 

Bei Anlegung des Afters allein schneidet man, ohne die Insertion 
der geraden Bauchmuskeln zu zerstören, von der Mitte der Symphyse 
ein U-förmiges Knochenstück aus. Nach Eröffnung des Bauchfells 
zieht man eine Schlinge des S romanum in die Wunde, welche man 
vertikal in das U legt, so dass die 4 oberen Fünftel der Einkerbung 
von dem zuführenden Stück des Darmes eingenommen werden, für 
den eigentlichen After bestimmt. Das abführende Stück nimmt das 
letzte Fünftel ein; durch die Stellung, die man ihm giebt, wird es 
abgeplattet und so definitiv außer Funktion gesetzt. Das herausge- 
zogene Darmstück wird durch 2 Reihen Seidennähte unten am 
Knochen, oben an den geraden Bauchmuskeln fixirt; cirkuläre Kat- 
gut- oder Fil de Florence-Nähte befestigen die Haut an den künftigen 
After. Bei der Kombination des Anus symphysicus mit der Excision 
einer Neubildung werden nach Durchtrennung der Bauchwand und 
des Bauchfells Lage und Verhältnisse der Geschwulst im kleinen 
Becken studirt, alsdann wird der oben beschriebene U-förmige Knochen- 
schnitt angelegt, das zuführende Stück, mit Gaze bedeckt, bei Seite 
gelegt, das abführende Stück nach Invagination mit sero-seröser Naht 
geschlossen und ins kleine Becken versenkt. Nach Reinigung der 
Kreuzbeingegend — Entfernung etwaiger Drüsen daselbst — wird 
das zuführende Stück in den Bauch gebracht und mittels einer cir- 
kulären, Darm und Periost der Symphyse fassenden Naht fixirt. 
Funktionirt, wie dies gewöhnlich der Fall ist, der künstliche After 
gut, so wird einige Tage nachher die Geschwulst exstirpirt. Hier- 
bei wird nach Kraske verfahren; die Schonung der Sphinkteren, 
die Schaffung einer rectalen Öffnung kommen durch die Voroperation 
weniger in Betracht, die an sich so prekäre Operation wird unge- 
fährlicher, in bemerkenswerther Weise abgekürzt etc. 

Die knöcherne Einkerbung hat gegenüber dem künstlichen After 
der Bauchdecken große Vorzüge: die Bandage kann nicht so leicht 
ausgleiten, der Koth wird, gewöhnlich in nach vorn gebeugter 
Stellung, leichter entleert, der Kranke kann sein Leiden besser ver- 
heimlichen. Kronacher (München). 


13) Riedel. Zur Pathogenese und Diagnose des Gallenstein- 
kolikanfalls. 

(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. III. Hit. 2.) 

Auf der Basis seiner überaus reichen Erfahrungen auf dem Ge- 

biet der Gallensteinchirurgie schildert R. das Wesen der Gallenstein- 


984 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


koliken. Der Kardinalpunkt der umfangreichen Abhandlung, welche 
viel mehr bringt, als der Titel vermuthen lässt, ist das Bestreben, 
mit allen Vorurtheilen aufzuräumen und nachzuweisen, dass die 
Kolikanfälle nicht auf dem Wandern und Einklemmen der Steine, 
sondern auf einer Entzündung der hydropischen Gallenblase beruhen. 
Es werden mannigfaltige Analogien von Entzündungen um Fremdkörper 
in anderen Körpertheilen herbeigezogen und das Bild dieses Vorgangs 
gezeichnet, den R. in Ermangelung eines besseren Namens Peri- 
alienitis nennt. Diese Perialienitis kann eine seröse, ohne Kokken, 
sein oder eine eitrige, mit Kokken. Unter Einstreuung zahlreicher 
instruktiver Krankengeschichten wird zuerst der »erfolglose Kolik- 
anfall< geschildert, d. h. derjenige, bei dem kein Stein fortbewegt 
wird; die von R. schon früher aufgestellte Unterscheidung von dem 
entzündlichen und dem reell-lithogenen Ikterus wird nochmals scharf 
präcisirt; es wird betont, dass kolikartige Anfälle, auch ohne dass 
noch Steine vorhanden sind, durch die zurückbleibenden Adhäsionen 
allein bedingt sein können; die Carcinome der Gallenblase werden 
kurz gestreift. — Sodann wird der »erfolgreiche« Kolikanfall dar- 
gestellt, d. h. derjenige, bei dem ein Stein in den Cysticus, Chole- 
dochus oder bis in den Darm getrieben wird. Auch in diesen Fällen 
ist nicht die Thatsache des Wanderns oder Einklemmens des Steines, 
sondern die Entzündung um den gewanderten Stein die Ursache des 
Anfalls. Gelangt der Stein in den Choledochus, so wird die Gefahr 
dadurch für den Kranken eine so viel größere, dass aus der Peri- 
alienitis serosa eine Perialienitis infectiosa werden kann. Die Wichtig- 
keit der so häufigen Schrumpfung der Gallenblase wird hervorgehoben, 
die Schwierigkeit der Diagnose, da man dann keine Geschwulst 
fühlen kann, drastisch geschildert. 

Um die Differenzen zwischen inneren Medicinern und Chirurgen 
zu beseitigen, führt R. zum Schluss das Kapitel » Gallensteine« aus 
Strümpell’s bekanntem Lehrbuch wörtlich an und setzt hinter 
jeden Satz Strümpell’s in außerordentlich lehrreicher Weise seine, 
des Chirurgen, Meinung. Haeckel (Stettin). 


14) M. Takayasu. Beitrag zur Chirurgie des Pankreas. 
Inaug.-Diss., Breslau, 1898; auch: Mittheilungen aus den Grensgebieten der Me- 
diein und Chirurgie Bd. III. Hft. 1.) 

Die 74 Seiten starke Arbeit des Verf. ist als ein sehr fleißiger 
Beitrag zur Pankreaschirurgie anzusehen. Aus der Breslauer chirur- 
gischen Klinik werden 3 weitere Fälle von operirten Pankreascysten 
mitgetheilt. 

I. 44jähriger Mann. Seit 4 Monaten krank; plötslicher Beginn des Leidens 
unter Übelkeit und Ohnmacht. Häufige Wiederholung krampfhafter Sohmerzanfälle. 
4 Wochen vor der Aufnahme wurde eine Geschwulst bemerkt. Fluktuirende, elasti- 
sche Geschwulst im Epigastrium; fortgeleitete Pulsation. Diagnose: Pankreascyste. 

Operation: 1. November 1895 (Mikulics) einseitige Einnähung der das 
Omentum minus verdrängenden Cystenwand. 4 Liter kafleebraune Flüssigkeit 
entleert. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 985 


Drainage. Heilung. Februar 1897 mit geheilter Wunde vorgestellt. 

II. 33jähriger Mann. 5 Tage vor der Aufnahme Schmerzen in Kreuz, Weiche, 
Bauchhöhle. Geschwulst im Leibe entdeckt. 

Halbkuglige, ziemlich harte Geschwulst, hauptsächlich in der linken Bauch- 
hälfte gelagert; nach links bis zum Rippenrand und bis zum Darmbeinkamm 
reichend; nach abwärts bis 3fingerbreit unterhalb des Nabels, denselben nach auf- 
wärts um lfingerbreit überragend; von Därmen überlagert. Perkussionsschall auf 
der Geschwulst ändert sich bei Lageveränderung des Kranken. Das aufgeblähte 
Colon überlagert ihn oben und links seitlich. 

Operation: 20. Oktober 1896 (Mikulicz) retroperitoneale Geschwulst. Aus- 
schälung gelingt nicht, da sie in der Tiefe an den großen Gefäßen festhaftet. 
Cystenwand partiell reseeirt, dann eingenäht. Heilung mit Fistel, die August 
1897 noch 3—4 cm lang war. Cystenwand besteht aus hyalin entartetem Binde- 
gewebe; in demselben hier und da Cystchen, so wie normales Pankreasgewebe. 

Über etwaigen Fermentgehalt der entleerten Flüssigkeit wird in 
beiden Fällen nichts angegeben, jedoch ist die pankreatische Abstam- 
mung durch Nachweis von Pankreasgewebe in der Cystenwand 
sicher gestellt. — Unsicher in der Deutung ist der Fall III. 

II. 42jähriger Mann. In Folge eines Sturzes Fraktur der 7., 11., 12. Rippe 
rechts, so wie mehrfache andere Verletsungen. 35 Tage nach dem Trauma wird 
in der rechten Lendengegend eine fluktuirende Anschwellung entdeckt, bis zur 
Mammillarlinie reichend. Punktion ergiebt grünlich gefärbte Flüssigkeit, ohne 
Harnsäure, mit Fettdetritus und viel Eiweiß. 2 Monate p. tr. Lendenschnitt 
(Henle). Unterhalb der rechten Niere eine kindskopfgroße Geschwulst mit 1 Liter 
bräunlich-rothem Inhalt. Einnähung der Cystenwand. Heilung. 

Die Cyste hing mit Niere und Leber nicht zusammen; Bezie- 
hungen zum Pankreas konnte man nicht mit Gewissheit konstatiren. 
Untersuchung der Cystenwand und Prüfung des Inhalts auf Fermente 
haben nicht stattgefunden. Man wird den Fall also als zweifelhaft 
bezeichnen müssen. 

In einem Nachtrage theilt Verf. noch einen neuen von Miku- 
licz operirten Fall von Pankreascyste (No. 6!) mit und führt noch 
einige Fälle aus der Litteratur an. 

Fall IV. 39jährige Frau, leidet seit lange an Anfällen von Bauchkoliken. 
Anfang 1898 wurde eine Geschwulst im Bauche entdeckt; dieselbe ist kindskopf- 
groß, prall; die Dämpfung geht in die der Leber über; der aufgeblähte Magen 
legt sich über die Geschwulst. Diagnose: Pankreascyste. 

15. Februar 1898 (Mikulicz) einseitige Incision durch das Omentum minus. 
Cystenwand mit dem Magen verwachsen; letzterer wurde eingerissen, die Öffnung 
im Magen schnell vernäht. — Reichliche Absonderung pankreatischer Flüssigkeit 
mit allen drei Fermenten. Guter Verlauf bis zum 6. Tage. 

Es folgt dann eine Besprechung der Pankreascysten auf 
Grund von 104 operirten, 26 nicht operirten Fällen; die ersteren 
sind tabellarisch zusammengestellt. — Neu sind 2 japanische Fälle 
von Ogata. 

Im 2. Kapitel »Carcinom« werden aus der Breslauer Klinik 
2 Fälle von Cholecystenterostomie wegen Choledochusverschluss 
durch Pankreascarcinom — beide mit vorübergehender Erleichterung 
— so wie 2 Probelaparotomien bei nicht exstirpirbaren Geschwülsten 
aufgeführt. Daran schließt sich eine Besprechung der Litteratur. 

Das 3. Kapitel enthält die Besprechung der akuten und chro- 
nischen Pankreatitis. Im Anschluss daran wird ein in der 


986 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


Breslauer Klinik beobachteter und von Mikulicz operirter Fall von 
peripankreatischer Eiterung ausführlich beschrieben. Wahrscheinlich 
handelte es sich um einen von Ulcus ventriculi ausgegangenen Ab- 
scess, welcher das Pankreas arrodirt hatte. Die Incision erfolgte 
durch das kleine Netz hindurch. Es kam zur Absonderung reich- 
licher Mengen pankreatischer Flüssigkeit, alle 3 Fermente enthaltend; 
nach wechselndem Verlauf erfolgte Heilung. (Cf. die interessante 
Krankengeschichte im Original.) 
Die Arbeit bringt neue interessante Beiträge zur Pankreas- 
chirurgie und zeugt von fleißiger Durchforschung der Litteratur. 
W. Körte (Berlin). 


Kleinere Mittheilungen. 


15) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 
95. Sitzung am Montag, den 13. Juni 1898, im kgl. Klinikum. 
Vorsitzender: Herr Rotter. 


1) Herr Grewe: Ein geheilter Fall von Darmruptur. Vorstellung. 

Ein Mann von 3Ì Jahren bekam einen Hufschlag gegen den Bauch. Es traten 
bald Stuhlbeschwerden und permanente Tenesmen ein, Abdomen flach, bretthart, 
gespannt, rein kostale Athmung, Puls 80. 

5 Stunden nach der Verletzung Laparotomie. Bei Eröffnung des Peritoneums 
fließt kothig gefärbter Inhalt aus, die Darmperforation von Pfennigstückgröße saß 
40 cm von der Valvula Bauhivi entfernt im Ileum. Reichliche Massen dünnflüssigen, 
kothig-blutigen Inhalts fanden sich in der unteren Bauchhälfte. Auffalllend war, 
dass trotz der kurzen Zeit seit der Verletzung die Darmschlingen in der Umgebung 
der Perforationsstelle schon eitrig-fibrinöse Beläge zeigten und stark entzündlich 
afficirt waren. 

Das perforirte Darmstück wurde reseeirt in Ausdehnung von 5 cm, die Darm- 
lumina mit dem Murphyknopf geschlossen. Die Bauchhöhle, besonders die ab- 
hängigen Theile des kleinen Beckens und die Lumbalgegend, werden mit trockener 
steriler Gaze gereinigt. Schluss der Bauchhöhle bis auf den unteren Wundwinkel 
zur Herausleitung eines Jodoformgazetampons. Glatter Verlauf und Arbeitsfähig- 
keit bereits nach 6 Wochen. 

Redner hebt hervor, dass unter den Symptomen des Kothaustritts sehr früh- 
zeitig sich das wichtigste bemerkbar mache: der flache, brettharte Leib, der in 
diesem Falle auch die Indikation zu operativem Eingreifen abgegeben habe. 

2) Darauf stellt Herr v. Bergmann einen jungen Mann vor, dessen Körper- 
bau weiblichen Typus zeigt: Mammae stark entwickelt, hängend, Penis und Scrotum 
rudimentär, Hoden indess deutlich durchfühlbar. 

3) Herr Weinreich: Ein geheilter Fall von Achsendrehung des 
Coecums. Vorstellung. fi 

Eine 42jährige Frau erkrankte plötzlich unter den Erscheinungen eines Deus: 
Stuhlverstopfung, keine Flatus, 4mal täglich heftige Schmersanfälle und lautes 
Kollern und Poltern im Leib, schleimig-grünliches Erbrechen, Aufstoßen, stark 
gespanntes und aufgetriebenes Abdomen. 

Am 11. Tage Operation: In der Bauchhöhle geringer Ascites von sanguinolent- 
serösem Aussehen. Dünndarmschlingen injieirt. Die eingeführte Hand findet 
Coecum und Colon ascendens nicht an normaler Stelle, jedoch beim Weitergleiten 
von der Flexura hepatica nach der Wirbelsäule zu einen gespannten, dicken Strang, 
offenbar die Stelle des Hindernisses. Erst nach Eventration sämmtlicher Dünn- 
därme zeigt sich, dass das Coecum mit dem Colon ascendens und sogar noch die 
Flexura hepatica des Colons ein sehr langes Mesenterium haben und sich 11/, Mal 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 987 


in linksspiraliger Drehung um das gesammte Dünndarmmesenterium geschlungen 
haben, so dass das Coecum aufgebläht wie der Magen in der linken Bauchgegend 
lag. Dasselbe wurde durch die Um- bezw. Überlagerung der verdrängten Dünn- 
därme verhindert, an seine normale Stelle zurückzukehren. 

Der Fall weicht wesentlich von den 24 bisher beobachteten Fällen ab dadurch, 
dass die Torsion des Coeoums gleichzeitig um die Wurzel des gesammten Mesen- 
teriums des Dünndarms stattgefunden hatte. Diese Umschlingung des Colon 
ascendens und Coecums um die Dünndarmmesenterialwurzel muss gleichzeitig auch 
eine Drehung um die Achse des eigenen Mesenteriums sein — als deren Vor- 
bedingung ein sogenanntes Mesenterium commune ileo-ooeci vorhanden sein muss 
resp. war. Zu einer Kompression der Mesenterialgefäße mit nachfolgender Gangrän 
war es aus dem Grunde nicht gekommen, weil die umschlungene Dünndarm- 
Mesenterialwurzel als breiter, dioker Keil eine völlige Abknickung der Gefäße des 
torquirten Coecum- und Colonmesenteriums verhinderte. 

4) Herr Rotter: Zur Topographie des Mammaoarcinoms. 

R. konnte im Jahre 1895 eine Statistik von operirten Mammacareinomen ver- 
öffentlichen, die gegen andere wesentlich günstigere Resultate zeigte, weil R. der 
Exstirpation der erkrankten Mamma eine Resektion des Musoulus pectoralis hin- 
zufügte. Es ließ sich in diesen Fällen das Ausbleiben eines lokalen Recidivs fest- 
stellen. 

Gefolgt sind seiner Operationsmethode später Halstead, Whatson 
Cheyne u. A.; seither haben sich die Dauerheilungen um 10% vermehrt. 

Untersuchungen von Heidenhain haben gelehrt, dass Carcinomkeime, den 
Lymphbahnen folgend, durch die Fascie hindurch in das Muskelgewebe hinein- 
wuchern; dies hatte zu dem Vorschlag geführt, bei der Operation eine Schicht des 
Muskels mit zu entfernen. R. hält dies indess für ungenügend; um ein günstiges 
Resultat zu erzielen, sei es erforderlich, den ganzen Muskel zu entfernen. 

Um sich nun über die hierbei in Betracht kommenden anatomischen Verhältnisse, 
die übrigens noch nicht genügend klar gestellt seien, ein genaues Bild zu ver- 
schaffen, nahm R. eine sorgfältige Präparation der entfernten Geschwülste vor. 

` Die Gefäße, welche das retromammäre Gewebe und die Mamma versorgen 
(Arteriae perforantes, A. thoracica suprema, mammaria externa resp. zum Theil 
nicht konstante Zweigchen derselben), werden sämmtlich von Lymphbahnen be- 
gleitet; ferner finden sich, in der Hälfte aller Fälle, auf der Rückseite des M. 
pectoralis Lymphdrüsen — ein Umstand, der nicht bekannt resp. in seiner Be- 
deutung nicht genügend gewürdigt ist. 

Bei 33 systematisch von ihm präparirten Mammacaroinomen fand R. in 
16 Fällen auf der Rückseite des M. pectoralis major Drüsenmetastasen. Gans 
besonders verdient dabei noch hervorgehoben zu werden, dass diese Metastasen 
sich nicht etwa nur in den vorgeschrittenen Fällen, sondern schon in frühen 
Stadien vorfanden — wo der primäre Tumor mit der Muskulatur noch gar nicht 
verwachsen war. 

5) Hierauf demonstrirt Herr Kunkel eine Anzahl Präparate (Gefäßverzweigungen 
— injieirt — der Mamma und der retrosternalen Gebiete) aus dem Waldeyer- 
schen anatomischen Institut. 


6) Herr Scheuer: Pseudarthrosis humeri durch Rippenimplantation 
geheilt. Vorstellung. 

Bei einem 4jährigen Knaben hatte sich im Anschluss an eine Humerusfraktur, 
durch Überfahrung, eine schwere Pseudarthrose entwickelt; dieselbe wurde zunächst 
durch Freilegung der Knochenenden, Anfrischung und Silbernaht zu heilen ver- 
sucht, jedoch blieb die Operation auch nach einer 2maligen Wiederholung völlig 
resultatlos., Zur Ausfüllung der 5 cm langen Knochenlücke und zum Ersatz des 
verloren gegangenen Knochenstücks wurde nun ein gestielter Hautknochen-Periost- 
lappen aus der Thoraxwand in die Knochenspalte implantirt. 

er der rechten 5. Rippe wurde vorn in der Gegend des Knorpels ein Haut- 
schnitt nach hinten geführt, der sich dann spitzwinklig so theilte, dass ein zungen- 
förmiger Hautlappen auf dem hinteren Theil der Rippe stehen blieb. Hierauf 


988 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


wurde die Rippe so ausgeschält, dass die bedeckenden Weichtheile, das Periost 
und die Arteria intercostalis an ihr belassen wurden, dieselbe sehr vorsichtig auf 
der Hinterfläche gelöst. Nun wurde die Rippe mit der Gigli’schen Säge vorn 
und dann hinten unter Schonung der Art. intercostalis durchsägt, nach vorheriger 
subperiostaler Freilegung der Rippe an dieser Stelle. Damit hatte man ein etwa 
8 em langes Rippenstück, das an einem Stiel beweglich gemacht war, der aus 
Haut, Muskulatur und der Art. intercostalis bestand. 

Am Arm wurde dann im Sulcus bieipitalis ein Längsschnitt im Bereich der 
Pseudarthrose gemacht und die Frakturenden angefrischt. Die Fragmente, ins- 
besondere das obere, erwiesen sich als stark konisch zugespitzt. In die Knochen- 
lücke wurde nunmehr der Rippenlappen so eingefügt, dass das sternale Ende des 
mobilisirten Rippenstücks mit der Bruchfläche des unteren Fragments und die 
breite Seite des lateralen Rippentheils mit der Seitenfläche des oberen Fragments 
in Verbindung trat. 

Die Fixirung geschah durch eine reichliche Anzahl von Weichtheilnähten; am 
Schluss wurde der Hautschnitt am Arm über der Rippe vernäht, eben so die 
Wunde an der Rippe bis zur Hautbrücke geschlossen. 

Der Wundverlauf war reaktionslos; nach 14 Tagen wurde der Hautstiel durch- 
getrennt und die vom Thorax entnommene Haut an die Stelle der Entnahme, also 
an die Rippe angenäht, am Arm aber die Haut an der Stelle der Stieldurchschnei- 
dung genäht und damit der obere Theil der Rippe versenkt. 

Das Resultat ist ein befriedigendes: das Rippenstück ist knöchern eingeheilt, 
es besteht keine Verkürzung, der Knabe hat wieder einen völlig gebrauchsfähigen 
Arm. 

7) Herr Rotter: Polyposis recti und Adenoma malignum. 

Die Litteratur über die Polyposis reoti ist spärlich — es sind nur 19 Fälle 
beschrieben —, darunter 3 von R. Die Prognose ist ungünstig, obwohl es sich 
meist nur um jugendliche Individuen handelte; von diesen 19 Fällen starben 12 
an Marasmus, Verblutung, Invagination, Übergehen der Polyposis in Carcinom. 

Bei dem ersten Pat. (32jähriger Mann), der an starker Abmagerung, schleimig- 
eitrigem Ausfluss, Tenesmen litt, konnte R. bei der Probelaparotomie den gangen 
Dickdarm bis zum Coecum hinauf mit einem Konvolut von Polypen erfüllt durch- 
fühlen. R. machte eine Enteroanastomose, Pat. ging aber trotz dieser allmählich 
an Marasmus zu Grunde. 

Die Polyposis spielt sich zunächst in der Schleimhaut ab; späterhin greift 
der Process in die Darmwand über und bildet Metastasen (Adenoma malignum 
destrueng nach Ziegler). 

Auffälligen Verlauf zeigte ein weiterer von R. beobachteter Fall: 

Eine Frau von 31 Jahren litt seit der letzten Entbindung an einem »Mast- 
darmvorfalla mit schleimig-eitrigem Ausfluss. R. fand jedoch polypöse Wuche- 
rungen, ferner eine ulcerirte Neubildung, die über Fingerlänge in das Rectum 
hinaufreichte. R. exstirpirte das Rectum (ein 17 cm langes Stück), anfänglich mit 
gutem Resultat. 3 Monate später entwickelte sich ein Recidiv, ausgehend von 
der Vaginalwand. R. musste nunmehr eine mehrmalige Auskratsung vornehmen; 
zu seiner Verwunderung ist danach eine völlige Ausheilung erfolgt, die seither 
noch 2 Jahre lang andauert. 

Zu dieser Frage bemerkt Herr Lindner: Die Diagnose »Caroinom« ist ja 
eine ganz unsichere, und leicht laufen Täuschungen unter — es stellt sich oft 
späterhin heraus, dass makroskopisch für unzweifelhaft gehaltene Carcinome nur 
Uloerationen waren. Er machte u. A. bei einem vorgeschrittenen Adenom eine 
sacrale Operation, resecirte das Colon bis zu einer freien Stelle und ersielte eine 
bisher 4 Jahre andauernde Heilung. 


8) Herr Rotter: Sigmoideo-Rectostomie. 

R. hat bei 3 Fällen von Mastdarmstriktur ein neues operatives Verfahren an- 
gewandt, welches darin besteht, dass er das 8 romanum in den unteren Theil des 
Rectams unterhalb der Striktur eingepflanzt hat. Er führt die Operation in folgen- 
der Weise aus: 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 989 


In Beokenhochlagerung wird nach Laparotomie das B romanum dicht über 
dem Rectum zwischen 2 Ligaturen quer durchtrennt. Das untere Darmende 
(Rectum) wird durch die Naht verschlossen, endet also blind. Das 8 romanum 
wird durch Einkerben des Mesenteriums mobilisirt. Die Schnittwunde der Flexur 
wird mit Jodoformgaze umwickelt und der Bauchschnitt mit sterilen Tüchern 
verstopft. 

Nunmehr wird die Pat. aus der Beckenhochlagerung in Steinschnittlage ge- 
bracht und von einem queren Schnitt über den Damm aus das Septum rectovaginale 
bis zum Douglas gespalten und letzterer eröffnet. Hierauf schiebt ein Assistent 
von der Bauchhöhle her das freie, mit Jodoformgaze umwickelte Ende des 8 romanum 
durch den Douglasschlitz in das Spatium recto-vaginale hinab. Der Bauchschnitt 
wird durch die Naht geschlossen. Schließlich wird das freie Ende des S romanum 
durch einen Längsschnitt in die vordere Wand des Rectums zwischen Sphinkter 
und Striktur in das Rectum hinein geschoben und durch Schleimhaut- und Binde- 
gewebenähte fixirt. Das Spatium recto-vaginale wird mit Jodoformgaze tamponirt. 
Durch diese Enteroanastomose vermag der Darminhalt unter Umgehung der Striktur 
aus dem S romanum in den unteren Theil des Rectums zu gelangen. 

2 seiner Fälle sind geheilt, der 3. starb an Peritonitis, weil das Ende des 
8 romanum ohne Jodoformgareumwicklung durchgesogen worden war. Bei den 
beiden anderen Fällen gestaltete sich der Verlauf einfacher und leicht. 

Das Dauerresultat war folgendes: Die Defäkation erfolgt leicht mit voller 
Erhaltung der Kontinens. Die Sekretion und Eiterung aus der zurückgelassenen 
Striktur dauert noch fort, wie es nach den Erfahrungen mit dem Anus praeter- 
naturalis iliacus zu erwarten war. Der Gesammtzustand der beiden Operirten ist 
ein recht befriedigender. R. betont, dass als Normaloperationsverfahren für die 
Mastdarmstrikturen die Exstirpation des Rectums bestehen bleiben soll; wo diese 
nicht anwendbar ist, wird oft in geeigneten Fällen die Sigmoideo-Rectostomie 
mit großem Vortheil angewendet werden können. Die letztere ist anwendbar, 
wenn die Striktur 2—3 cm oberhalb des Sphinkters beginnt. 


In der Diskussion bemerkt Herr Hahn, dass für die vorgeschlagene Methode 
sich nur sehr wenige Fälle eignen dürften, und Herr Körte, dass er in den von 
ihm operirten Fällen nicht im Stande gewesen sein würde, das 8 romanum unter- 
halb des Sphinkters einzupflanzen, weil eben die Striktur bis sum Sphinkter 
herunterreichte. 


Herr Rose macht aufmerksam auf die schon häufig von ihm gerügte gang 
unzweckmäßige Benennung der besprochenen Mastdarmerkrankung, die richtig als 
Elephantiasis spuria (recti) zu bezeichnen sei, und auf die Ätiologie derselben: 
Dysenterie mit absteigendem, Lues mit aufsteigendem Ergriffenwerden des Mast- 
darms. Sarfert (Berlin). 


16) Lebrun. Peritonite purulente généralisée résultant de la dechi- 
rure d'un abcès appendiculaire dans la grande cavité péritonéale. 
Laparotomie. Guérison. 

(Revue mensuelle des maladies de l'enfance 1898. Juli.) 

Die Operation wurde bei dem 7jährigen Knaben 12—24 Stunden nach der 
Perforation des Abscesses vorgenommen. Große Incision längs dem Außenrande 
des rechten Rectus abdominis, Austupfen der Bauchhöhle mit sterilisirten Kom- 
pressen, Tamponade des eingerissenen pericoecalen Abscesses mit Jodoformgaze. 
Der Wurmfortsatz wurde nicht gefunden. Heilung in 12 Tagen. 

Verf. hebt hervor, dass die seltenen Fälle wirklich diffuser Peritonitis, die 
durch Laparotomie gerettet wurden, stets große Mengen Eiter und erheblichere 
Fiebersteigerungen aufwiesen, @öppert (Breslau). 


990 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


17) E. S. Perman. Fall af periodiskt återkommande kolikplägor, 
beroende på en — sannolikt medfödd — strängformig adherens i 
buken jemte några ord om adherensbildningar i buken. 
(Hygiea Bd. LX. Hft. 1.) 


Die immer zahlreicher werdenden Fälle von Verwachsungen im Bauche, welche 
jahrelang unter den verschiedensten Diagnosen von den Internisten vergebens be- 
handelt werden, haben durch Verf.s Publikation eine neue Beleuchtung erhalten. 
Bie betrifft einen 21jährigen Komptoristen, welcher niemals an Magenkrankheit sensu 
strictiori (Katarrhen, Ulcus Appendicitis, Gallensteine u. dgl), erkrankt war; er 
hatte nur seit seinem 8. Jahre kleine »Kolikspannungen« gefühlt. Im 13. Jahre fing 
er an heftige Schmerzen in der Nabelgegend zu fühlen, die er als Krampfanfälle 
beschrieb. Diese Schmerzen stellten sich besonders nach den Mahlzeiten, bisweilen 
aber auch nach Körperanstrengungen, wie Heben schwerer Gegenstände etc., ein. 
Sie waren nicht mit Unregelmäßigkeiten der Defäkation verbunden; weder Stuhl- 
verbaltung noch Diarrhöen lagen vor. Dieser Zustand verschlechterte sich im 
Laufe der Jahre; Pat. nahm viel Medicin und berieth sich mit mehreren Ärsten. 
Eine Nabelhernie wurde diagnostieirt und operirt. Bo lange Pat. in der Nach- 
behandlung Ruhe hielt, fühlte er nichts, 1% Monat nach der Operation traten aber 
die Anfälle wieder auf, nahmen an Intensität zu und stellten sich unabhängig von 
Mahlzeiten und Körperanstrengungen ein. Die schmerzlosen Zwischenseiten 
dauerten nur 2—3 Tage, höchstens 1—2 Wochen. Pat. verlegte die Schmerzen in 
die Nabelgegend, welche empfindlich war; der Bauch war nicht aufgetrieben. Am 
Ende des Schmerzanfalls, welcher 12—14 Stunden dauerte und auf seiner Höhe 
Pat. zu aller Arbeit unfähig machte, »ließ sich ein Kurren im Magen fühlen e 
Winde gingen ab, und die Schmersen hörten bald danach auf. Auch die genaueste 
Untersuchung Verf.s konnte keine Abnormität nachweisen. — Bei der Laparotomie 
fand sich ein schreibfederdicker, runder Strang, der als direkte Verlängerung des 
Lig. teres vom Nabel bis an den unteren Theil der Flexura sigmoidea, wo eine 
fächerförmige Ausbreitung wahrgenommen wurde, verlief. Die Flexur war ver- 
längert, ihr Mesocolon (durch Dehnung) höher als normal; sonst nirgends wahr- 
nehmbare Verwachsungen oder andere Spuren etwaiger durchgemachter Entzün- 
dung. Nach Spaltung und Excision des Stranges trat völlige Heilung ein. Pat. 
hatal Jahr nachher 8 kg an Körpergewicht zugenommen. 

Der Strang zeigte »nichts Anderes als Bündel von festem Bindegewebe mit 
bedeutenden Gefäßverdickungen«. 

In der Epikrise liefert Verf. eine Übersicht über den jetsigen Stand der Frage 
von den peritonealen Verwachsungen und vertheidigt seine Annahme, dass es sich 
im vorliegenden Falle um eine kongenitale Bildung gehandelt habe. 

A. Hansson (Cimbrishamn). 


18) Kopfstein (Jungbunzlau). Über einen Fall von retrograder In- 
carceration eines bindegewebigen Stranges. 
(Wiener klin. Rundschau 1898. No. 14.) 

Die Litteratur über die von Maydl zuerst beobachtete und benannte retro- 
grade Incarceration ist noch klein; außer den ersten 2 Fällen Maydl’s liegen 
Beobachtungen von Kukula und J. Schnitzler vor. K. hat nun eine solche 
bei einem 5jährigen Knaben mit angeborenem Leistenbruch beobachtet. Der Fall 
hatte das Besondere, dass der Leistenkanal weit offen und für einen Finger durch- 
gängig war, so wie dass beim Pressen durch den Leistenkanal Darmschlingen aus- 
traten; trotzdem bestand fäkulentes Erbrechen und alle Erscheinungen der Incar- 
eeration. Über dem Hoden fühlte man eine eirunde Geschwulst, die sich vom 
Hoden abgrenzen ließ, aber mit den austretenden Darmschlingen zusammenhing. 
Bei der Operation ergab sich, wie vermuthet war, dass die Incarceration nicht am 
Leistenring, sondern an einer eirkulären, in die Lichtung des Bruchsacks vor- 
epringenden Narbe stattfand. An diesem Ring war eine Darmschlinge in gewöhn- 
licher Weise, zugleich aber ein bindegewebiger Strang retrograd eingeklemmt, in- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 991 


dem derselbe an der einschnürenden Narbe entsprang und in der Richtung nach 
dem Bauche zu verlaufend incarcerirt war. (Abbildung.) Bassini’sche Operation. 
Heilung. 6risson (Hamburg). 


19) Kummer. Pincement lateral de l'intestin, perforation spontanée, 
suture de lintestin. Gu£rison. 
(Revue méd. de la Suisse rom. 1898. No. 1.) 


Bei der 66jährigen Kranken hatte sich seit Jahresfrist in der rechten Leisten- 
gegend durch mechanische Einwirkung eine Geschwulst entwickelt. 3 Wochen 
vor Beginn der Behandlung traten ernste Symptome auf: Erbrechen, kolikartige 
Schmerzen; die bisber reponible Geschwulst wurde irreponibel; Stuhlgang war 
vorhanden, wenn auch behindert. 

Bei der Aufnahme wurde die Diagnose auf rechtsseitigen Schenkel(Netz)bruch 
gestellt. 

Bei der Operation zeigte sich nach Loslösung des Bruchsackhalses eine mit 
dem Sacke durch alte Verwachsungen innig zusammenhängende Dünndarmschlinge 
mit deutlicher Einklemmungsfurche. Nach Trennung der Verwachsungen fand 
sich eine Perforationsöffnung mit einem Durchmesser von 3—4 mm; Kothmassen 
traten nicht durch; in der Umgebung dieser Öffnung war der Darm bläulich ver- 
färbt, nicht nekrotisch; desshalb nur einfache Naht. Nach Vornahme der letsteren 
wird der Darm versenkt. 

Es handelte sich also im vorliegenden Falle um eine seitliche Darmeinklem- 
mung; die Diagnose war durch das Fehlen der charakteristischen Symptome er- 
schwert; durch die starken Verwachsungen entwickelte sich die Perforation, ohne 
schwere Symptome zu machen. Der eingeklemmte Darm im Grunde des Brach- 
sackes hätte leicht übersehen werden können, wenn der Buchsackhals, wie Verf. 
stets zu thun pflegt, nicht bis sum parietalen Bauchfell isolirt worden wäre. 

Kronacher (München). 


20) M. P. Jakowlew. Ein Fall von Milzechinococous. 
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hr. 4.) 


Die Geschwulst füllte den ganzen Unterleib aus und wurde für eine Ovarial- 
cyste gehalten. Erst die Operation klärte den Zustand auf. Splenektomie. Hei- 
lung. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


21) Toeplitz. Beiträge zur Geschichte und Statistik der Gallen- 
blasenchirurgie. (Aus der kgl. chir. Universitätsklinik zu Breslau.) 
Inaug.-Diss., Breslau, 1898. 66 8. 


Nach einem kurzen Abriss der Geschichte der Gallenblasenchirurgie bespricht 
Verf. die einzelnen, bis jetzt am Gallensystem zur Ausführung gekommenen Ope- 
rationen mit ihren Indikationen und geht dann zum Bericht über die Erfahrungen 
der Breslauer Klinik über, dem 35, an 30 Pat. mit kaum nennenswerthen Aus- 
nahmen von Mikulicz persönlich ausgeführte Operationen zu Grunde liegen. 
Dem anderwärts gebrauchten Instrumentarium fügte Mikulicz noch eine Zange, 
die nach Art des Forceps der Geburtshelfer konstruirt ist, einen Steinbohrer und 
einen Steinzertrümmerer hinzu (letztere beiden Instrumente werden stets kombinirt 
gebraucht). Wo es die Verhältnisse erlauben, d. h. keine infektiösen Erkrankungen, ` 
keine wesentlichen Veränderungen der Wand etc. bestehen, bevorzugt M. die 
Cholecystendyse (14 Fälle, 2 Recidive, 1 Todesfall in Folge von Nachblutung aus 
der Epigastrica). Auf die Nahtlinie der Blase wird mit Katgut ein Jodoformmull- 
beutel aufgenäht, dessen Zipfel aus der im Übrigen geschlossenen Bauchwunde 
herausgeführt werden. Einzeitige Choleeystostomien wurden ebenfalls 14 gemacht: 
3mal Annähung der Blasenwunde an die Wundränder der Decken (1 Todesfall, 
1 Recidiv, 1 Darmfistel), 4mal Einlegen eines Drains und Tamponade (2 Heilungen, 
1 Todesfall an innerer Verblutung, 1 Recidiv), 7mal Tamponade der Blase und 
Umgebung mit Jodoformmull (4 Heilungen, 1 Besserung, 1 Recidiv, 1 +). 

2zeitige Choleoystostomien 2 (1 +, 1 Dauerheilung). 


992 Centralblatt für Chirurgie. No. 39. 


Cholecystektomien 4 (3 Heilungen, 1 +). 

Choleeystenterostomien 2 bei Pankreaskrebs. 

Choledochotomie 1 (1 Heilung). 

Einselheiten müssen im Original nachgesehen werden. Es folgen Schluss- 
folgerungen aus den Erfahrungen an dem referirten Material und eine tabellarische 
Übersicht sämmtlicher behandelter Fälle. 

(Auch nach dieser erneuten Empfehlung der Cholecystendyse von Seiten eines 
so hervorragenden Chirurgen wie Mikulicz müssen wir an der Empfehlung der 
einseitigen Choleeystostomie als Normalverfahren festhalten. Dass Fisteln danach 
vorkommen, soll nicht geleugnet werden, aber wo sie vorkommen, ist nach unseren 
Erfahrungen nahezu ausnahmslos eine Ursache dafür in dem noch anomalen Zu- 
stand der Gallenblase oder ihres Inhalts gegeben; in solchen Fällen würde daher 
eine Cholecystendyse kontraindieirt gewesen sein. In glatten, unkomplieirten 
Fallen haben wir nie Fisteln zurückbleiben, sondern stets rasche und vollständige 
Heilung eintreten sehen. Ref.) H. Lindner (Berlin). 


22) Most. Ein Beitrag zur Lehre von den Echinokokkengeschwülsten 
der Abdominalhöhle. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 156.) 


M. bringt unter Beigabe von stellenweise weitläufiger Besprechung die Kranken- 
und ÖOperationsgeschichten von 7 von Kolaczek in Breslau behandelten Fällen 
von Leberechinokokken, die durch Eigenthümlichkeiten und zum Theil ungewöhn- 
liche Erscheinungen kasuistisches Interesse haben. So wies in Fall 1 der ver- 
jauchte Cysteninhalt, welcher zu bedenklichen septisch-fieberhaften Erscheinungen 
geführt hatte, Zeichen dafür auf, dass der Parasit abgestorben und seine Cysten- 
bildung regressive Veränderungen eingegangen war. Die Oystenflüssigkeit war 
diekgallertig, nur mit Mühe die 2—3 mm weite Punktionskanüle passirend, 
stinkend wie Schwefelwasserstoffl, zeigte mikroskopisch Detritus, Fettkörnchen, 
Cholestearintafeln, Fettsäurenadeln, Hämatoidinkrystalle, massenhaft Bakterien 
verschiedenster Form, relativ spärliche Eiterkörperchen und vereinzelte, gut er- 
haltene Echinokokkenhaken. Die Infektion der Cyste erfolgte wohl erst nach 
Absterben des Wurms. Demnächst sei hervorgehoben Fall 6 und 7, welche sich 
durch Wachsthumsriohtung der Cyste nach dem Brustraum ausseichnen. In Fall 6 
fand sich unter dem rechten Rippenbogen eine handtellergroße fluktuirende Ge- 
echwulst, über derselben absolute Dämpfung bis zur 4. Rippe, rechts bis sur 
Mammillarlinie, links in die Hersdämpfung übergehend. Der parallel und unter 
dem Rippenrand gemachte Schnitt führt in den mit den Bauchdecken verwachsenen 
Echinococcus, der etwas eitrige Flüssigkeit mit Blasen enthält und, wie die 
Sondirung ergiebt, bis in die Höhe des 3. Rippenknorpels reicht. In Fall 7 trat 
zu einer vergeblich antiluetisch behandelten Leberanschwellung Auftreibung der 
rechten Brusthälfte mit Husten und Auswurf vereinzelter kollabirter Echinococcus- 
blasen. Auf dem ausgebreitete Dämpfung zeigenden Rücken ergab eine Punktion 
im 7. Interkostalraum Eiter. Incision in denselben und Gegenincision im 10. 
entleerte 2 Liter Eiter mit vielen Blasen und vermittelte die Heilung. In Fall 3 
fand sich eine Echinocoocuseyste dicht über dem rechten Lig. Pouparti, welche 
wahrscheinlich (ähnlich wie in einem Falle von König) von ihrem ursprünglichen 
Standort in der Leber durch Platzen ihrer Kapsel dorthin gerathen war. Fall 4 
und 5 zeichnen sich durch Wachsthum der Cyste nach der Bauchhöhle zu aus, 
wobei in Fall 5 die tastbare kindsfaustgroße Geschwulst ihrer Lage und Form nach 
einer Gallenblasengeschwulst recht ähnlich war. Fall 2, auswärts operirt und nach- 
behandelt und nicht gang aufgeklärt, ging an den Folgen dauernden Gallen- 
abflusses zu Grunde. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 


men an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


— 
Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


E. vn Began, F Kine E Miate 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 40. Sonnabend, den 8. Oktober. 1898. 


Inhalt: $. Kofmann,. Blutleere als Lokalanästhesie. (Original-Mittheilung.) 

1) Heller, Mayer, v. Schrötter, Arterielle Luftembolie. — 2) Haga, Spontane Gan- 
grän. — 3) Fabris, Wunddesinfektion. — 4) Cohn, Natr. sozojodolicum gegen Blutung. 
— DI Feindel und Oppenheim, Neurofibrome. — 6) Ribbert, Angiome, Cystenbildung. 
— Weinrich, 8) Noguès, 9) Desnos, Gonorrhoe. — 10) Schede, Erkrankungen des 
Brustfells und Mittelfellraums. — 11) Beck, Pyothorax. — 12) Graeve, Brustdrüsen- 
tuberkulose. — 13) Kroglus, Chirurgie der Harnwege. — 14) Ruprecht, Kathetersterili- 
sation. — 15) Walther, Harnröhrenzerreißungen. — 16) Sandelin, Harnröhrenkrebs. — 
17) af Schultön, 18) Floderus, 19) Noguès, Prostatahypertrophie. — 20) Bloch, Abnorme 
Lage der Harnblase. — 21) Marc, Blasensteine. — 22) Albarran, Hëmaturie. — 
23) Tuffier, Nierentuberkulose. — 24) Sottocasa, Nephropexie. — 25) Schneider, Heiße 
Luft gegen Nieren- und Leberblutungen. 

26) Majewski, Eiterbecken. — 27) Helferich, Krankenwagen. — 28) Cesaris-Demel, 
Bildung putrider Gase. — 29) Koch, Tetanus. — 30) Lovett und Concliman, Doppeltes 
Teratom. — 31) Bozzolo, Pneumotomie. — 32) Lotheissen, Brustdrüsentuberkulose. — 
33) Duplay, Urethrocele. — 34) Hand, Prostatahypertrophie. — 85) Boisseau du Rocher, 
Oystoskopie. — 36) Goldenhorn, Perinephritische Abscesse. — 37) Franz, Varicenoperation. 


Blutleere als Lokalanästhesie, 


Von 
Dr. S. Kofmann in Odessa. 


Die im Centralblatt für Chirurgie erschienene Mittheilung 
Braun’s! über die Oberst’sche Lokalanästhesie gab mir Veranlassung 
dieselbe zu erproben. 

Die oftmaligen Versuche sowohl am ambulatorischen Spitals- 
material als an meinen privaten Pat. trugen alle in vollkommenster 
Weise zur Bestätigung aller Erwartungen, die an diese Methode ge- 
knüpft waren, bei, d. h. die Operationen verliefen schmerzlos, und 
dabei wurde Cocain in minimalsten Quantitäten verbraucht. Indem 
ich aber allen Vorschriften Oberst’s genau folgte, fiel mir besonders 
Eins auf, dass nämlich zum Erhalten einer vollständigen Schmerz- 


1 Über Infiltrationsanästhesie ete. Centralblatt für Chirurgie 1897. No. 17. 
40 


994 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


losigkeit ein Abwarten von wenigstens 10 Minuten nöthig, d. h. 
dass die Anästhesie eng an die Blutleere gebunden ist. 

Davon ausgehend beschloss ich dies betreffende Versuche an- 
zustellen. 


Im ersten Falle, den ich auf diese Weise am 23. Mai operirte?, handelte es 
sich um ein 16jähriges Mädchen, N. D., die sich über ein Ganglion am Dorsum 
der rechten Handgelenksgegend beschwerte. 

Der Esmarch’sche Schlauch wurde dem Mädchen in der Mitte des Ober- 
arms angelegt. Danach wurde die Reinigung vorgenommen: Abseifen, Abrasiren, 
Abreiben mit Ol. Tereb. und Ather und zum Schluss Abspülen mit Sublimat. 

Die Pat. klagte zuerst über Absterbegefühl im Arm, dann über Schmerzen 
an der Konstriktionsstelle. Inzwischen wurde die Reinigung vollführt, die Hand 
sah leichenblass aus. Die Operation: Abpräpariren der Geschwulst bis zur Ur- 
sprungsstelle an der Sehne des Ext. carpi radial, Resektion derselben (wie bei 
Volkmann’scher Hydrocelenoperation) und Nahtanlegung wurde dann ohne 
Störung aus- und zu Ende geführt und kam der Pat., die sich während der 
Operationsdauer über Schmerzen an der Einschnürungsstelle beschwerte, gar 
nicht zum Bewusstsein. Am 7. Tage entfernte ich die Nähte; die Wunde heilte 
unter prima, und ich entließ die Pat. aus der Behandlung. 


Dieser so ermuthigende Erfolg des ersten Versuches bewog mich, 
auch weiter der Sache nachzugehen, und schon in den nächsten 
Tagen war ich veranlasst, dieselbe Methode in meiner privaten Am- 
bulanz zu prüfen. 


S. R., 45 Jahre alt, erschien bei mir mit der Klage, dass ihr vor einigen 
Stunden eine Nadel in die Hohlhand eingedrungen sei. Die Einstichstelle, die 
sich in der Interossealgegend zwischen dem 5.—4. Finger befand, war kaum zu 
sehen. Zu palpiren war nichts. Ich legte den Schlauch am Oberarm an, reinigte, 
wie im vorigen Falle, und nachdem die Blutleere vollständig war, entschloss ich 
mich, in der entsprechenden Gegend vom Dorsum aus einzugreifen. Der Schnitt 
fiel reichlich 3 cm aus, es musste langsam und präparatorisch vorgegangen werden, 
eine ziemlich große Vene musste durchschnitten und abgeklemmt werden, auch 
musste ich in der Muskulatur ein wenig wühlen, da die Nadel sich im M. inteross. 
des Kleinfingers eng am Knochen eingebettet erwies. Danach Abdrehen der Vene. 
Die Pat. verhielt sich vollkommen ruhig. Ich arbeitete ohne Assistenz. Die Pat. 
gab an, von der Operation gar nichts gespürt zu baben, nur habe sie Schmerzen 
an der Unterbindungsstelle gefühlt. Die Wunde wurde fest verbunden. Nach 
dem 3. Verband am 23. Mai wurde die Pat. aus der Behandlung entlassen. 


Diese so erfolgreich ausgefallenen Versuche gaben mir das Recht, 
die Methode auch weiter auszuüben, und seitdem führte ich dieselbe, 
so oft es nur ging, an einer großen Reihe von Fällen, wie Abscessen 
der Extremitäten, Onychieen, Sehnen- und Knochenpanaritien etc. 
aus, deren ausführliches Referiren sich erübrigt. Im Allgemeinen 
hielt ich mich bei der Ausführung der Methode an die Vorschriften 
von Oberst. Um die betreffende hoch emporgehobene Extremität 
wurde der Konstriktionschlauch 'angelegt, und nun die Reinigung 
begonnen, die mit aller Sorgfalt ausgeführt wurde. Während dessen 
wurde die Extremität immer blasser, und schon nach einigen Minuten 


2 Ambulangjournal No. 544. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 995 


konnte man schmerzlos operiren. Die Pat. verhielten sich ruhig, und 
nur die unbändigen und für Schmerz sehr empfindlichen schrieen und 
klagten über Schmerz an der Konstriktionsstellee Da das Gesicht 
ibnen meistens zugedeckt war, so wussten sie gar nicht, was an 
ihnen gemacht wurde und erkundigten sich, ob die Operation schon 
im Gange sei; manchmal dauerte die Operation sogar längere Zeit 
und wurde trotzdem vertragen, so im folgenden Falle (Ambulanzjourn. 
No. 786): 

B. T., 10 Jahre alt. Es handelte sich hier um einen sehr seltenen Fall von 
Ganglion der Poplitealgegend. In der linken Fossa poplitea in der Höhe der Linea 
poplites, nahe am inneren Rande, fühlte man eine prallelastische nussgroße, kaum 
verschiebbare Geschwulst. Ich unternahm, wie beschrieben, die Operation und lang- 
sam präparirend, um den beiwohnenden Herren Studenten in die Lokalisation der 
Geschwulst bequeme Einsicht zu geben, alles Fett und Bindegewebe langsam ent- 
fernend; ich eröffnete die Ursprungsstelle der Geschwulst an der Sehne des M. 
semimembranosus, präparirte alle Nachbarsehnen, trug die Geschwulst ab und legte 
die Naht an. Die Operation dauerte etwa 15 Minuten; das sehr verständige Kind 
erkundigte sich, ob die Operation noch im Gange sei und freute sich ungemein, 
dieselbe schmerzlos überstanden zu haben. Sie wusste nur über Schmerzen an der 
Schnürstelle zu klagen. Am 8. Tage der 3. und letzte Verbandwechsel. 

Die Vollständigkeit der Konstriktion ist eine Conditio sine qua 
non, auch ist die Dauer derselben von entscheidender Bedeutung: 
war die Konstriktion nicht lange genug ausgeübt, so war auch der 
Effekt der Anästhesie nicht vollkommen. So in einem Falle (Am- 
bulanzjourn. No. 861) von eingewachsenem Nagel, dessen Vorbereitung 
zur Operation ich den in meiner Ambulanz arbeitenden Studenten 
überließ. Dieselben meldeten, es sei Alles fertig, und ich fing irrthüm- 
licherweise die Operation ein bischen früher an. Der Pat. sträubte sich 
und schrie. Später aber, nachdem die Blutleere ihre anästhesirende 
Wirkung in vollem Maße entwickelt hatte, verhielt sich der Pat. 
ganz ruhig, und ich konnte ungestört die radikale Entfernung des 
Nagels sammt dem Nagelbett ausführen. x 

Diese Methode bietet also in ausgedehntestem Maße Über- 
einstimmung mit derselben von Oberst. Auch bei dieser muss die 
Ischämie vollständig eintreten, und man ist manchmal genöthigt (wie 
bei jener) längere Zeit zu warten (Manz? wartet unter Umständen 
15—20 und sogar 30 Minuten). In der Art der Anlegung des Gummi- 
schlauchs weiche ich etwas von den Vorschriften Honigmann’s4 
ab. Nachdem ich nämlich in einem Falle von Amputation einer 
cariösen Endphalange Druckgangrän einer großen Zehe an der Kon- 
striktionsstelle um die Basalphalange erlebt habe, lege ich den Schlauch 
nicht gern um Finger und Zehen, sondern über das nächste Ge- 
lenk (Fuß oder Hand); die kleine Zeitversäumnis nehme ich gern 
in Kauf und habe bisher keine Ursache gehabt, diese Abänderung 
zu bereuen; die Anästhesie trat immer auf, wenn der zu operirende 
Köpertheil leichenblass wurde. 


3 Über regionäre Cocainanästhesie. Centralblatt für Chirurgie 1898. No. 7. 
* Zur Lokalanästhesie. Centralblatt für Chirurgie 1897. No. 51., 


40* 


996 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


Somit habe ich mir eine Methode angeeignet, die in sich alle 
Vorzüge der Oberst’schen in sich vereinigt ohne deren Nachtheile, i. e. 
ohne die Nöthigung eine noch so kleine Menge Cocain dem kranken 
Körper einzuverleiben. Kann doch nach Reclus5 schon eine Cocaindosis 
von etwas über 0,0075 manchmal sehr deletär wirken. Dazu befreit 
die neue Anästhesirungsmethode die Pat. von dem Schmerz, mit dem 
die Injektion verbunden, und der doch nicht ganz unbedeutend ist. 
Paul Arendt® versuchte ja, ihn mittels verschiedener Mittel zu lin- 
dern. Wie die Oberst’sche findet meine Methode ihre Haupt- 
indikation an den Extremitäten, aber nicht bloß an den Fingern 
und Zehen, sondern, wie aus den oben angeführten Kranken- 
berichten zu sehen ist, auch am Fuß und Unterarm. Vor einigen 
Tagen hatte ich Gelegenheit, eine im Hause des Kranken vor- 
genommene Operation von Fibularosteomyelitis, die ich unter Blut- 
leere nach Schleich angefangen hatte, ohne Cocain zu Ende zu 
führen. Zuerst wurde die Schleich’sche Lösung in die Umgebung 
des affieirten Malleolus extern. injieirt, ein Weichtheilschnitt von 
etwa 8 cm gemacht, der erkrankte Knochen ausgelöffelt und einige 
Sequesterstücke entfernt; dann aber zeigte sich die Fibula ganz von 
Eiter umspült. Ich verlängerte den Schnitt bis nahe an das Capitul. 
fibulae. Der Pat. bekundete nicht den geringsten Schmerz, und ich 
hatte die zufriedenstellende Überzeugung von der Brauchbarkeit der 
neuen Anästhesirungsmethode nochmals gewonnen. Übrigens er- 
weitern die neuesten Mittheilungen auch das Anwendungsgebiet der 
Oberst’schen Methode (Paul Arendt). 

Seitdem ich meine Methode anwende, mache ich von der 
Schleich’schen Gebrauch nur bei Operationen am Rumpf und Kopf; 
Chloroformnarkose findet bei mir aber nur in vereinzelten Fällen 
Anwendung. 

Ich erlaube mir, meine Methode den geehrten Kollegen zur 
Nachprüfung im Interesse der kranken Menschheit zu empfehlen. 
Ich entsage von vorn herein jedem Prioritätsanspruch, falls dieselbe 
schon von anderer Seite angewandt wurde; mögen dann die obigen 
Zeilen zur Verbreitung der jedenfalls sehr brauchbaren und durch- 
aus unschädlichen Methode dienen. 


1) Heller, Mayer, v. Schrötter. Über arterielle Luft- 
embolie. (Aus den Untersuchungen über Luftdruckerkran- 
kungen.) 

(Zeitschrift für klin. Medicin Bd. XXXII. Suppl.-Hft.) 

Verff. haben 12 Versuche an Hunden angestellt. Das wichtigste 
Ergebnis derselben ist der endgültig erbrachte Beweis, dass die 


$ La Cocain en chirurgie 1895. 
6 Weitere Beiträge über regionäre Cocainanästhesie. Centralblatt für Chirurgie 
1898. No. 15. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 997 


Passage von Luft durch das Kapillarsystem möglich ist, und ein 
Kreisen von Luft im Gefäßsystem stattfinden kann. Durch Injektion 
in das System des linken Herzens gelingt es, den ganzen Kreislauf 
mit Luft zu füllen; und diese Füllung wird bewirkt durch das 
Passiren der Gasblasen durch das Kapillarsystem des großen Kreis- 
laufs und des Lungenkreislaufs. Bei Luftinjektion in das Arterien- 
system wird wenigstens im Beginn das linke Herz bei normaler 
Füllung der Coronararterien nicht geschädigt, und die Luftblasen 
können durch die Kapillaren getrieben werden. Bei Luftinjektion 
in die Venen wird vorerst der rechte Ventrikel geschädigt; dadurch 
wird der linke in Mitleidenschaft gezogen; es fehlen dann also die 
günstigen Bedingungen für die Passage der Luftblasen durch die 
Kapillaren. Die ins Gefäßsystem eingebrachte Luft kann rasch resor- 
birt und eliminirt und die Abgabe derselben durch Respiration eines 


stickstoffarmen Gemisches bedeutend erleichtert werden. 
Borchard (Posen). 


2) Haga. Über spontane Gangrän. 
(Virchow’s Arehiv Bd. CLII. p. 26.) 

Verf. theilt die Krankengeschichten von 14 selbst beobachteten 
und das Ergebnis der mikroskopischen Untersuchung von 13 solchen 
Fällen mit. Die Arbeit ist schon 1889 in japanischer Sprache ver- 
öffentlicht worden und wird jetzt nur etwas erweitert und ohne ge- 
nauere Berücksichtigung der seitdem erschienenen Litteratur über 
den fraglichen Gegenstand zur Kenntnis gebracht. In Japan tritt 
die spontane Gangrän ziemlich häufig auf und befällt fast nur Männer 
in mittlerem Alter. Der Verlauf ist sehr chronisch. In keinem der 
Fälle lag eine Herzerkrankung, eine solche des Nervensystems, 
Diabetes oder Vergiftung mit Secale cornutum vor. .Der Krankheit 
liegt eine obliterirende Arteriitis zu Grunde. In vielen Fällen des 
Verf. fanden sich in den obliterirenden Processen noch Rundzellen- 
infektionen in Intima, Media und perivaskulärem Bindegewebe, welche 
häufig die Grundsubstanz zum Schwund gebracht hatten. Diese In- 
filtrationen sind nicht tuberkulöser, sondern wahrscheinlich gummöser 
Natur undderBaumgarten’schen Arteriitis gummosa der Hirnarterien 
zur Seite zu stellen. Auch klinisch konnte H. das Vorhandensein 
von Syphilis sehr häufig nachweisen. Die Diagnose der spontanen 
Gangrän mache in der Regel keine Schwierigkeiten. Zu beachten 
sei dabei das spontane Auftreten von Geschwüren an den Zehen- 
spitzen, der chronische Verlauf, die bisweilen sehr intensiven Schmerz- 
empfindungen, das Fehlen des Arterienpulses.. Von der Annahme 
ausgehend, dass die Syphilis die Ursache der spontanen Gangrän 
sei, wurde neben lokaler antiseptischer allgemeine antisyphilitische 
Behandlung eingeleitet, welch letztere einige Male Erfolg gehabt 
haben soll. In einem Falle wurde dabei der fehlende Arterienpuls 
an der Femoralis allmählich wieder fühlbar. Die erkrankten Theile 
wurden operativ erst entfernt, wenn eine deutliche Demarkation sich 
ausgebildet hatte. Pels Leusden (Göttingen). 


998 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


3) Fabris. Contributo allo studio sperimentale della dis- 
infezione delle ferite. 
(Giorn. della R. accad. di med. di Torino 1898. No. 5—7.) 

F. brachte Kaninchen Schnittwunden auf dem Rücken bei und 
inficirte sie mit Staphylococcus pyogenes aureus. Durch noch so 
rasch darauf folgende Desinfektion ließ sich das Auftreten von Eite- 
rung nie verhüten, wohl aber trat letztere später und unter geringeren 
Entzündungserscheinungen auf. Wurden die inficirten Wunden breit 
gespalten und mit antiseptischer Tamponade behandelt, so war ihr 
Verlauf eher schlechter als bei aseptischer Behandlung. Die Ver- 
suchszahlen sind hier aber klein. E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


4) Cohn. Natrium sozojodolicum als Mittel zur Stillung 
kapillärer Blutungen. 
(Bayrisches ärstliches Korrespondenzblatt 1898. No. 15.) 

Verf. hat sich der Tamponade mit Natrium sozojodolicum auf 
Wundwatte — das Kaliumsalz der Jod-Carbol-Sulfosäure wirkte ge- 
rade so, aber reizend — mit Vortheil zur Stillung von Blutungen 
aus Nasenscheidewand, Zahnfleisch und Operationswunden bedient. 
Dabei fiel die hellrothe Farbe des Blutes auf. Wenn Blutwasser mit 
Natrium sozojodolicum versetzt wurde, so bildete sich ein deutlicher 
Eiweißniederschlag. Verf. glaubt desshalb, dass das Salz Blut ge- 
rinnend und antiseptisch wirkt. Eine Abspaltung des Jods findet 
nicht statt. Dreyer (Köln). 


5) Feindel et R. Oppenheim. Sur les formes incom- 
pletes de la neurofibromatose. La maladie de Reckling- 
hausen. 

(Arch. gener. de med. 1898. Juli.) 

Der Inhalt der vorliegenden Arbeit ist in folgenden Schluss- 
folgerungen zusammengefasst: 

Die fundamentalen Zeichen der Recklinghausen’schen Krank- 
heit sind Fibrome der Nerven, Fibrome der Haut, Pigmentation in 
großer Ausdehnung und fleckweise Pigmentation. Eines dieser Zeichen 
kann fehlen, ohne dass dadurch das Krankheitsbild wesentlich ver- 
ändert wird; auch wenn zwei der Symptome fehlen, so spricht man 
noch von der Recklinghausen’schen Krankheit. Die Symptome 
können sich verschieden kombiniren. Diese 4 charakteristischen 
Symptome haben einen gemeinsamen, kongenitalen Ursprung, sie sind 
die Folge einer mangelhaften Anlage des Ektoderms, die Zeichen 
einer Entartung. Longard (Aachen). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 999 


6) Ribbert. Über Bau, Wachsthum und Genese der An- 
giome, nebst Bemerkungen über Cystenbildung. 
(Virchow’s Archiv Bd. CLI. p. 381.) 

R. hält auf Grund eingehender Untersuchungen die kavernösen 
Angiome der Haut und der Leber für in sich abgeschlossene und 
nur aus sich heraus wachsende Geschwülste, welche sich also nicht 
durch Hineinziehung des benachbarten Kapillarnetzes vergrößern. 
Außer zahlreichen anderen Gründen führt er die Resultate von Injektions- 
versuchen an. Die Injektionsmasse drang dabei nur in die Gefäß- 
räume der Geschwulst und einige wenige größere arterielle und 
venöse (zu- und abführende) Gefäße, nicht aber in die der binde- 
gewebigen Kapsel derartiger Geschwülste von außen dicht anliegenden 
Kapillaren ein. R. fasst die Kavernome daher als einen kleinen, 
selbständigen Gefäßbezirk auf, der diese Selbständigkeit während 
des embryonalen, vielleicht auch noch des extra-uterinen Lebens er- 
langt hat. Ähnlich verhalte es sich auch mit den Teleangiektasien, 
nur besäßen die Gefäße derselben offenbar eine noch größere Selb- 
ständigkeit, welche sie befähige, ihre Sprossen in die Umgebung in 
mannigfacher Weise hinein zu schicken. 

Die Bemerkungen R.’s über Cystenbildung gipfeln in dem Satz, 
dass beim Zustandekommen der Lymphangiektasien Bindegewebs- 
wucherung und Lymphgefäßerweiterung von vorn herein Hand in 
Hand gehe, und dass bei der Bildung epithelialer Cysten das Wachs- 
thum des Bindegewebes sammt dem Epithel und die Dilatation der 
Hohlräume neben einander hergehe. 

Den Unterschied zwischen Lymphangiektasie und Lymphangiom 
fasst Verf. wie folgt zusammen: 

»Die Lymphangiektasie geht hervor aus Lymphgefäßen, welche 
normal in ein Gewebe eingefügt sind. Ihre Ektasie erfolgt unter 
gleichzeitigem Wachsthum ihrer Wandung. Die erweiterten Lymph- 
räume sind zwar jeder für sich gut gegen die Umgebung abgegrenzt, 
der angiektatische Bezirk als Ganzes hat dagegen keine selbständige 
abgeschlossene Stellung. 

Das Lymphangiom entsteht aus einem während des intra- 
oder extra-uterinen Lebens selbständig gewordenen, aus Bindegewebe 
und Lymphgefäßen aufgebauten Gewebskeim, an dessen Vergrößerung 
alle Bestandtheile gleichmäßig betheiligt sind. Es bildet einen in 
sich abgeschlossenen, als Ganzes gegen die Umgebung gut begrenzten 
Bezirk.« Pels Leusden (Göttingen). 


7) Weinrich. Recherches sur la coloration du gonocoque. 
(Annal. des malad. des organes génito-urin. 1898. No. 5.) 

Die Gram’sche Methode der Gonokokkenfärbung hat verschie- 
denen Autoren nicht die gewünschten Resultate ergeben. Verf. hat 
desshalb im Laboratorium des Hospital Necker die einzelnen Me- 
thoden der Gonokokkenfärbung durchprobirt und ist dabei zu fol- 
genden Ergebnissen gelangt: 


1000 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


1) Die nach genauer Vorschrift ihres Erfinders angewendete 
Gram’sche Methode hat in differentialdiagnostischer Hinsicht einen 
absoluten Werth und ist allen anderen Methoden vorzuziehen, unter 
der Bedingung, dass nur absoluter Alkohol zur Entfärbung gebraucht 
und Wasser streng vermieden wird. 

2) Der Koncentrationsgrad und die Anwesenheit von Anilin in 
der Ehrlich’schen Gentianaviolettlösung haben mit den unsicheren 
Resultaten bei der Entfärbung nichts zu thun; die einzige Ursache 
des Misserfolgs liegt in dem Gebrauch von Wasser zur Entfärbung. 

3) Die Fränkel’sche Karbol-Gentianaviolettlösung hat dieselbe 
Wirkung wie die Ehrlich’sche Lösung; außerdem hält sie sich auch 
besser. e 
4) Zur Nachfärbung eignet sich am besten Bismarckbraun von 
bestimmter Koncentration (70 warmes destillirtes Wasser, 3 Bismarck- 
braun, 30 Alkohol). Zu koncentrirte oder zu heiße Lösungen führen 
zu einer Farbenübersättigung derjenigen Mikroben, die nach Gram- 
scher Lösung violett geblieben sind. Hierdurch können leicht Irr- 
thümer entstehen. P. Wagner (Leipzig). 


8) P. Noguès. Traitement de l’urethrite a gonocoques par 
le protargol. 
(Annal. des malad. des organes g£nito-urin. 1898. No. 6.) 

Das von Neisser in die Trippertherapie eingeführte Protargol 
hat sich dem Verf. bisher glänzend bewährt. Hält man sich genau 
an die Vorschriften von Neisser, so erzielt man mit dieser Therapie 
ausgezeichnete Erfolge, und zwar in jedem Stadium der Gonorrhoe. 
Das Werthvollste an diesem neuen Medikament ist, dass es, nament- 
lich im Gegensatz zum Höllenstein, auf die Schleimhaut keinerlei 
entzündlichen Reiz ausübt. P. Wagner (Leipzig). 


9) E. Desnos. Des instillations de protargol dans les uré- 
thrites chroniques. 
(Annal. des malad. des organes genito-urin. 1898. No. 7.) 

Während Verf. in akuten Fällen von Tripper mit dem hyper- 
mangansauren Kali fast bessere Erfolge wie mit dem Protargol er- 
zielt hat, war letzteres dagegen in den chronischen Fällen von außer- 
ordentlich günstiger Wirkung. Am besten eignen sich für die Ein- 
träuflungen 5—10%ige Lösungen; es werden jedes Mal 20 bis 60 
Tropfen genommen. Die Reizerscheinungen waren außerordentlich 
gering. 

Bei der tuberkulösen Urethritis wirkte das Protargol namentlich 
auf die Schmerzen sehr günstig ein. P. Wagner (Leipzig). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1001 


10) Schede. Chirurgische Behandlung der Erkrankungen 
des Brustfells und Mittelfellraums. 
(Handbuch der Therapie innerer Krankheiten herausgegeben von Pentzoldt und 
Stintzing. 2. Aufl. Bd. III. p. 506 ff.) 

In eingehendster Weise wird, gestützt auf die großen eigenen 
Erfahrungen des Verf., die Berichte der Garnisonlazarette (aus- 
genommen der bayrischen und sächsischen) und Mittheilungen einzelner 
größerer Krankenhäuser und Kliniken, die Behandlung des Empyems 
in erster Linie besprochen. In der Technik der Operation (Rippen- 
resektion) legt S. vor Allem darauf Gewicht, ein mindestens 6 cm 
langes Stück der 9. oder 10. Rippe in der Scapularlinie, als dem 
tiefsten und den Eiterabfluss am besten sichernden Orte, zu ent- 
fernen, die Pleura selbst durch Auswischen mit Stieltupfern, event. 
mit dem scharfen Löffel und einmaliger vorsichtiger Ausspülung von 
allen Gerinnseln möglichst zu befreien, und dann dicke Drains, am 
besten T-förmige, einzuführen, die nicht zu lang sein dürfen, sondern 
gerade in den Pleuraraum hineinragen. Die Reinigung der Pleura- 
höhle soll im direkten Anschluss an die Operation so gründlich ge- 
macht werden, dass spätere Ausspülungen nicht nothwendig sind. 
Letztere sind nur bei putriden Empyemen gestattet und sonst zu 
vermeiden, da sie das Zustandekommen von Pleuraverwachsungen 
stören und außerdem unter dem Einfluss der Pleurareflexe unter 
Umständen, wenn auch sehr selten, den Tod zur Folge haben können. 
Um derartige unangenehme Zufälle zu vermeiden, ist die Spülflüssig- 
keit auf Körpertemperatur zu bringen, einem zu gewaltsamen Ein- 
fließen vorzubeugen — ein Flüssigkeitsdruck darf nicht wieder her- 
gestellt werden —, und eben so ist durch entsprechende Lagerung 
das Einfließen in etwa offene Bronchien zu verhüten. - 

Es ist zweckmäßig, dem gewöhnlichen Längsschnitt in der Pleura 
noch in der Mitte dieses Schnittes einen Querschnitt hinzuzufügen, 
um möglichst freie Öffnung zu schaffen. Kann sich die Lunge noch 
ausdehnen, so sorgt man für diese Ausdehnung am besten und ver- 
hindert das Hinaufsteigen des Zwerchfells am sichersten durch die 
Eröffnung des Brustkorbes an der am tiefsten und am weitesten 
nach hinten gelegenen Stelle. S. glaubt, dass der Unterschied in 
der Wahl der Incisionsstelle in den Heilerfolgen zu einem sehr 
prägnanten Ausdruck kommt. In den Garnisonlazaretten, in denen 
gewöhnlich nach König die 6. Rippe in der Axillarlinie resecirt 
wird, ist die Heilungsdauer eine beträchtlich längere, obgleich es sich 
hier doch meist um junge kräftige Menschen handle. Für den Zeit- 
punkt der Operation kann eine allgemein bestimmte Regel nicht 
angegeben werden, sondern es ist streng nach dem Grundsatz »ubi 
pus ibi evacua« zu verfahren und durch Probepunktionen der Ein- 
tritt der Eiterung zu bestimmen. 

Bei der Eröffnung der Pleura verschwindet ausschließlich der 
negative Druck, der sie ausgedehnt hält. Ein positiver Atmosphären- 
druck, der sie an der Ausdehnung hindern würde, exzistirt nicht, 

40% 


1002 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


Die spätere Ausdehnung befördert ein gut abschließender Verband 
am besten, da er wie ein Ventil wirkt, das sich bei von innen her 
wirkendem Exspirationsdruck öffnet, während es dem geringeren von 
außen her wirkenden Inspirationsdruck einen genügenden Wider- 
stand entgegensetzt. 

Die Mortalität ist in den ersten 20 Tagen vom Beginn der ur- 
sächlichen Krankheit an gerechnet 19%, fällt in der 2. Periode auf 
12,4%, in der 3. auf 6% und steigt bei Spätoperationen wieder auf 
13%. Die Sterblichkeit beim idiopathischen Empyem ist geringer, 
eben so wie die Heilungsdauer kürzer ist; erstere zeigt aber auch 
je nach den verschiedenen Zeitabschnitten der Operation die obigen 
Schwankungen. Bei traumatischen Empyemen soll man, besonders 
wo von vorn herein starke Lungenblutungen vorhanden waren, mit 
der Operation nicht zu schnell bei der Hand sein. 

Mit hinreichend großen Zahlen weist S. ferner an einem ein- 
wandsfreien Material nach, dass die Resektion der Aspirationsdrainage 
sowohl hinsichtlich Mortalität als auch definitiver Heilung weit 
überlegen ist. Er will die Aspirationsdrainage nur angewandt wissen 
bei sehr heruntergekommenen Kranken, bei sehr schwacher Cirku- 
lation, bei sehr großer Athemnoth, wo also die Narkose sichtliche 
Gefahren bringen würde, und bei doppelseitigem Empyem. Beim 
Durchbruch des Empyems in die Lunge ist auch so bald wie mög- 
lich die Resektion zu machen. 

Es folgt dann noch in Kürze die Beschreibung der Behandlung 
veralteter Empyeme, der Geschwülste, der Pleura und der Krank- 
heiten des Mediastinums. Borchard (Posen). 


11) C. Beck (New York). Zur Behandlung des Pyothorax. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 15—17.) 

B. analysirt in ausführlicher Weise die Methoden, welche bei 
der Behandlung des Pleuraempyems in Betracht kommen. Das 
exspektative Verfahren wird mit Recht von ihm verworfen. Die 
Aspirationsmethode führt wohl in seltenen Fällen zur vollständigen 
Heilung, wird aber in allen Fällen illusorisch, wo es sich um das 
Vorhandensein fester Massen im Exsudat handelt. Die einfache 
Aspiration empfiehlt sich daher als unentbehrlich nur für explorative 
Zwecke, ferner für die Entleerung sogenannter seröser Exsudate und 
für die temporäre Erleichterung solcher Fälle, in denen wegen großer 
Athemnoth und Hinfälligkeit die Radikaloperation verschoben werden 
muss. Bezüglich der permanenten Aspiration nach der Bülau’schen 
Methode, deren Werth darin besteht, dass sie die Wiederanfüllung 
des Pleuraraums mit Eiter durch beständiges Ansaugen zu ver- 
hindern trachtet, hebt B. mehrere Nachtheile hervor, die darin be- 
stehen, dass sie fibrinöse Massen zu aspiriren außer Stande ist, und 
dass sich bei ihr die Verstopfung der Kanüle mit Fibringerinnseln 
und das häufige Lockerwerden des Drainrohrs im Wundkanal be- 
merkbar macht. B. giebt zu, dass in den meisten Fällen mit rein 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1003 


flüssigem Exsudat durch die Bülau’sche Methode Heilung erzielt 
werden kann, doch hält er sie im Allgemeinen so lange nicht für 
empfehlenswerth, als man von vorn herein keine Anhaltspunkte hat, 
ob es sich um rein flüssiges oder mit festen Massen kombinirtes 
Exsudat handelt. 

Die Incisionsmethode wieder gestattet es nicht, die Pleurahöhle 
genügend mit Auge und Finger zu untersuchen. Eben so wenig 
können mit Hilfe derselben große Fibrinklumpen entfernt werden, 
welche, ihrem Schicksal überlassen, bei fauliger Zersetzung und 
unter beständigen Fieberexacerbationen sich verflüssigen, um dann 
nach Wochen vollständig entleert zu werden, vorausgesetzt, dass der 
Pat. es aushält. B. sieht daher nur in der Rippenresektion die 
einzige indicirte Operationsmethode, welche den Anforderungen an 
eine rationelle Behandlung des Empyems genügt. 

Verf. hat während seiner 15jährigen chirurgischen Thätigkeit 
die Rippenresektion wegen Pyothorax 231mal ausgeführt und sich 
von dem segensreichen Einfluss der radikalen Frühoperation über- 
zeugt. Unter den nichtkomplicirten Fällen konnte die Frühdiagnose 
110mal gemacht werden. Sie genasen sämmtlich. Von 56 nicht- 
komplicirten Fällen, bei denen die Operation spät zur Ausführung 
kam, endeten 3 an Amyloiddegeneration tödlich. .Bei der 3. Serie, 
welche nur ungünstige Fälle umfasst, wurden in 25 Fällen Heilung 
erzielt, an deren Behandlung B. »ohne einen Schimmer von Hoff- 
nung« herangetreten war. Wo stinkender Eiter vorhanden war, 
trat ausnahmslos der Tod ein. In den übrigen tödlich endenden 
Fällen ließ sich die Infektion auf voraufgegangene septische Enteritis, 
auf multiple pyämische Herde nach Diphtherie und auf Tuberkulose 
zurückführen. Die ausführliche Beschreibung der Technik der 
Rippenresektion, welche manche beherzigenswerthe Momente aufweist 
und durch vom Verf. angegebene Instrumente bereichert wird, sei im 
Originale nachgesehen. 

Bezüglich der Behandlung veralteter Empyeme sieht B. nur in 
höchst radikalen und ausgedehnten Eingriffen (modificirte Schede- 
sche Methode) Aussicht auf günstige Erfolge. 

Eine Reihe von dem Aufsatz beigefügten Skiagrammen, welche 
durch Röntgendurchleuchtung gewonnen wurden, zeigen, wie rasch 
und völlig sich die resecirten Rippenstücke wieder regeneriren. 

j Gold (Bielitz). 


12) H. Graeve. Ett förslag att täcka operationssåret efter 
amputatio mammae. 
(Upsala Läkareforen. Förhandl. N. F. Bd. III. p. 410.) 

In den Fällen, wo man wegen Carcinoma mammae oder anderer, 
besonders bösartiger Neubildungen der Brüste zu einer so ausgedehn- 
ten Exstirpation genöthigt wird, dass die gesunde Haut zur Deckung 
der großen Wunde nicht hinreicht, haben wohl die meisten Opera- 
teure die Krause’schen oder die Thiersch’schen Transplantationen ` 


1004 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


benutzt. Die Nachtheile dieser an sich sehr guten Methoden sind 
indess unleugbar. Bei den Krause’schen Lappen misslingt nicht 
selten die vollständige Anheilung, die Thiersch’schen lassen oft sehr 
viel an der Dauerhaftigkeit zu wünschen übrig. Dies hat beim Verf. 
den Gedanken erweckt, in solchen Fällen eine Art Autoplastik aus- 
zuführen, indem er in Zusammenhang mit der Exstirpation die 
andere Brust hinlänglich mobilisirt und in die theilweise vernähte 
Operationswunde je nach Bedarf einpflanzt. Betreffs der Einzelheiten 
der Technik muss man in jedem einzelnen Falle nach den Umständen 
verfahren. Die Resultate Verf. werden durch 2 beigefügte Photo- 
graphien anschaulich gemacht und sind sehr befriedigend. Abgesehen 
von kosmetischen Rücksichten, die Verlagerung der gesunden Mamma 
nach der Mittellinie des Körpers betreffend, scheint der Vorschlag 
Verf. wegen Einfachheit der Ausführung und Sicherstellung der 
Wundheilung in den eben genannten Fällen sehr empfehlenswerth 
zu sein, A. Hansson (Cimbrishamn). 


13) A. Krogius. Föreläsningar öfver urinvägarnas kirur- 
giska sjukdomar. 
Helsingfors, Hagelstam, 1898. 

Verf. giebt in seiner sehr verdienstvollen Arbeit in möglichst 
gedrängter Form eine klare Darstellung alles Wissenswerthen in der 
Chirurgie der Harnwege. Er sagt freilich, sein Buch sei nur für den 
Studirenden und den praktischen Arzt bestimmt, aber auch der 
Specialist wird in dem 376 Seiten starken Werke manches von an- 
deren Autoren auf diesem Gebiet zuvor nicht. Beobachtete oder 
Hervorgehobene finden. Verf. stellt die französische Schule in den 
Vordergrund, ohne sich indess der Einseitigkeit schuldig zu machen; 
überall findet man, dass er gehörige Rücksicht auch auf die deutsche, 
englische und skandinavische Litteratur genommen hat. Das klar 
und übersichtlich geschriebene Werk ist leider nur Lesern, welche 
mit den skandinavischen Sprachen vertraut sind, zugänglich. Diesen 
aber ist es eine werthvolle Bereicherung der modernen Litteratur 
über die chirurgischen Krankheiten der Harnwege. 

A. Hansson (Cimbrishamn). 


14) M. Ruprecht. Ein neuer Apparat zur Sterilisation 
elastischer Katheter. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.) 

Der Rache Apparat besteht aus einer 19 cm langen, 13 cm 
breiten, 3'/; cm hohen, hufeisenförmigen Metallkapsel. Dieselbe 
wird im Innern durch einen Siebboden in 2 Hälften getheilt, von 
denen die untere zur Aufnahme von Wasser, die obere für die Ka- 
theter bestimmt ist, und trägt an der geraden Wand 2 als Dampf- 
auspuff dienende Metallpflöcke. Beim Gebrauch werden, falls der 
Dampf die Katheter durchströmen soll, diese an die Metallpflöcke an- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1005 


geheftet, eine abgemessene Wassermenge eingefüllt und unter der 
Kapsel eine Spirituslamme angezündet. Das Wasser soll in 3—4 Mi- 
nuten sieden, der Spiritus in 8—9 Minuten verbraucht sein. Stativ, 
Lampe, Messgefäß und Spiritusbrenner können im Innern des Appa- 
rates aufbewahrt werden. 

Auf Grund ausgedehnter bakteriologischer Untersuchungen (mit 
Milzbrandsporen) folgert Verf., dass die Sterilisationsdauer elastischer 
Katheter im Wasserdampf höchstens 3—4 Minuten zu betragen brauche; 
sie kann um so kürzer sein, je dünnwandiger und feinkalibriger die 
verwandten Katheter sind; dagegen ist es ziemlich gleichgültig, ob 
eine Durchströmung des Katheterinnern stattfindet oder nicht, und òb 
das Infektionsmaterial in feuchtem oder in trockenem Zustand den 
Katheterwandungen anhaftet. Honsell (Tübingen). 


15) G. A. Walther. Des ruptures de l’uretre chez l'homme 
par bicyclette. 
Thèse de Paris, @. Steinheil, 1898. j 

Verletzungen der männlichen Harnröhre in Folge von Radfahren 
sind verhältnismäßig sehr selten. Verf. theilt 11, zum Theil früher 
schon veröffentlichte Fälle von Harnröhrenruptur in Folge Radfahrens 
mit; darunter befinden sich 5 schwerere Fälle, wo die Urinretention, 
später entstehende Verengerungen u. A. m. zu operativen Eingriffen 
nöthigten. Die Rupturen entstehen durch einen heftigen Rückstoß 
auf den Sattel; begünstigende Momente bilden hierbei sehr holpriges 
Terrain, starkes Vornüberbeugen des Radfahrers, schlechte Sattel- 
konstruktion. = P. Wagner (Leipzig). 
16) E. Sandelin, Ett fall af primäres urethrakarcinom hos 
en kvinna jämtesammanställning af förut kända fall af denna 

åkomma. 
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XL. p. 365.) 

Veranlasst durch die Operation eines Harnröhrencareinoms bei 
einer 48jährigen Frau, deren Kranken- und Operationsgeschichte 
genau detaillirt wird, liefert Verf. eine genaue Darstellung der ge- 
nannten, in der Litteratur nur sehr spärlich erwähnten Krankheit. 
Zu den primären Harnröhrencarcinomen rechnet er, nach einer kri- 
tischen Durchmusterung der fraglichen Krankengeschichten, 10 bisher 
bekannt gewordene Fälle, zu den periurethralen 17 Fälle Er ge- 
steht indess, dass die Zahlen vielleicht etwas anders zwischen den 
beiden Formen vertheilt sein könnten; mangelnde Genauigkeit der 
Beschreibungen macht aber "eine strengere Scheidung unmöglich. 
Verf. glaubt die Grenzen der Operabilität dieser Neubildungen etwas 
weiter stecken zu dürfen, als v. Winckel und Andere nach ihm 
gethan haben. Das Operationsresultat Verf. erregt die Hoffnung, 
dass der gewöhnlich sehr elende Zustand derartiger Pat. künftig auf 
längere Zeit wenigstens leidlich gemacht werden kann, Die Arbeit 


1006 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


endigt mit einer in Tabellenform abgefassten litterarischen Zusam- 
menstellung aller bisher bekannten Fälle. 
A. Hansson (Cimbrishamn). 


17) M. W. afSchultön. Kliniska bidrag till frågan om be- 
handlingen af prostatahypertrofi med dubbelsidig kastration. 
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XXXIX. p. 1700.) 

Die in der letzten Zeit von den Chirurgen viel diskutirte Frage 
von der Kastration gegen Prostatahypertrophie ist auch von der 
3. Versammlung der skandinavischen Chirurgen besprochen worden. 
Verf., dem die Einleitung in die Frage übertragen war, giebt in 
seinem a. a. O. veröffentlichten Vortrag zuerst eine ausführliche Zu- 
sammenstellung der Resultate, welche die Kastration und die 
Vasektomie bis dahin geliefert haben. Danach erörtert er seine 
eigene klinische Erfahrung, 13 Fälle doppelseitiger Kastration, 2 bi- 
lateraler Vasektomie und 1 Kastration nach vorheriger Vasektomie. 
— Von diesen Fällen muss einer, wo Pat. bald nach der Operation 
an Cancer pylori starb, ausgeschlossen werden; aber dem ungeachtet 
sind die Resultate, welche Verf. gewonnen hat, sehr erfreulich. Mit 
nüchterner Kritik die Frage behandelnd, glaubt er, dass die doppel- 
seitige Kastration wie die doppelseitige Vasektomie eine gute Be- 
reicherung der therapeutischen Eingriffe gegen die vorgeschrittene 
Prostatahypertrophie seien. Besonders wäre dies der Fall bei sehr 
alten und schwachen Pat. und in der Armenpraxis, wo die Pat. eine 
regelrechte Katheterkur, der Kostspieligkeit wegen, nicht durchsetzen 
können. Eine Verminderung der Drüsensubstanz hat er eben so 
wenig wie andere Forscher auf diesem Gebiet nachweisen können. 
Dessen ungeachtet findet in Folge des Eingriffs eine Verminderung 
des Volumens der Drüse statt. Diese ist aber auf angioneurotischem 
Wege zu erklären. — Verf. findet die Kastration, resp. die Vasektomie 
idieirt: 

1) In den Fällen, wo die Katheterbehandlung keine Verbesserung 
herbeigeführt, oder der Zustand des Kranken sich verschlechtert hat, 
eben so wenn die Katheterisirung schwierig ist und Fieber, Schmerzen 
oder Blutungen herbeiführt. 

2) In den Fällen, wo eine regelrechte Katheterisirung wohl die 
gewünschte Wirkung gehabt hat, die konsequente Durchführung der- 
selben aber wegen der socialen Stellung des Kranken unmöglich sei 
(bei den Armen und bei solchen Pat., welche genöthigt sind, sich 
selbst zu katheterisiren). 

In Fällen von hochgradiger Infektion des Harns muss vor Allem 
eine suprapubische Fistel angelegt werden; die genitalen Eingriffe 
können später folgen. 

Sollte die Kastration nicht den gewünschten guten Effekt haben, 
und die Kräfte des Pat. sich verschlechtern, ist eine suprapubische 
Fistel sofort anzulegen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1007 


Die Wirkung der Kastration scheint Verf. ‚überhaupt sicherer 


und kräftiger als diejenige der Vasektomie zu sein. 
A. Hansson (Cimbrishamn). 


18) B. Floderus. Prostatahypertrofiens behandling. 
Diss., Upsala, 1897. 

Diese monographische Bearbeitung der verschiedenen wegen 
Prostatahypertrophie im Laufe der Zeiten empfohlenen Behandlungs- 
methoden kann sowohl wegen des großen Fleißes, mit der sie abge- 
fasst ist, als auch wegen der erschöpfenden Genauigkeit, mit welcher 
Verf. sein Thema behandelt hat, den bisher über den fraglichen Stoff 
veröffentlichten Arbeiten von Iversen 1874, Socin 1875, Thomp- 
son 1886, Guyon und Watson 1888, Vignard 1890, Mansell- 
Moullins 1894 und Picard 1896 würdig zur Seite gestellt werden. 

Die 312 Seiten starke Arbeit in Groß-Oktav behandelt in 15 
ausführlichen Kapiteln zuerst die Ätiologie und pathologische Ana- 
tomie (1), allgemeine Symptomatologie und Therapie (2), specielle 
Symptomatologie und Therapie (3), die Katheterbehandlung (4) und 
die Punktion (5). Dann folgen die blutigen Eingriffe, urethrale und 
rectale Operationen (6), die perinealen Methoden (7), der hohe 
Blasenschnitt (8) und die Prostatektomien (9 und 10). — Die in- 
direkten vaskulären Operationen (Wyman’s und Bier’s) unterwirft 
Verf. auch einer ausführlichen Kritik (11) und geht endlich in den 
4 letzten Kapiteln des Werkes zu den modernen sexuellen Opera- 
tionen über. Hier zeigt sich der eigentliche Werth des Buches; 
denn fast alle vorhergehenden Monographien sind entweder zu einer 
Zeit, da die sexuellen Operationen noch nicht bekannt waren, ver- 
öffentlicht oder sie nehmen in Bezug auf die Ramm-White’schen 
Operationen einen weniger modernen Standpunkt ein. 

Wohl tragen die Versuche Verf., allgemein gültige Regeln für 
die Behandlung zu liefern, in mancher Hinsicht das Gepräge der 
Subjektivität, er hat sich aber bemüht, durch eine Fülle von genauen 
kasuistischen Beobachtungen und Berücksichtigung der ganzen Welt- 
litteratur der letzten Decennien sich in den Stand zu setzen, mög- 
lichst objektiv über die heute so sehr divergirenden Ansichten der 
betreffenden Fragen zu urtheilen. — Der Arbeit ist in tabellarischen 
Anordnungen eine 192 Seiten starke Kasuistik nebst 6 lithographirten 
Tafeln anatomischer Präparate beigefügt. Ein Versuch, auch nur die 
Hauptmomente der Arbeit zu besprechen, würde weit über die 
Grenzen eines Referats hinausgehen. A. Hansson (Cimbrisbamn). 


19) P. Noguès. Recherches sur les effets thérapeutiques de 
la méthode décongestionnante dans le traitement de I’hyper- 
trophie prostatique. 

(Annal. des malad. des organes génito-urin. 1898. No. 7.) 

Nach den Anschauungen der Guyon’schen Schule spielt unter 
den funktionellen Symptomen der Prostatahypertrophie die Kon- 


1008 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


gestion eine große Rolle. Diese Kongestivzustände werden nament- 
lich durch Retention des Urins in der Blase hervorgerufen; sie wirken 
nicht nur auf die Blase, die Harnleiter und die Nieren ein, sondern 
ganz besonders auch, wie durch experimentelle Untersuchungen sicher- 
gestellt ist, auf die Prostata. Diese Kongestionszustände verhindern 
ihrerseits wieder die Entleerung der Blase. Die erste Indikation bei 
der Behandlung der Prostatahypertrophie bildet desshalb die Beseiti- 
gung dieser Kongestivzustände, die »decongestion«. Diese wird am 
sichersten durch die Einlegung eines Dauerkatheters oder durch 
regelmäßigen Katheterismus bewirkt. Wie hierdurch eine Verkleine- 
rung des Prostatavolumens und ganz besonders auch des mittleren 
Prostatalappens erzielt werden kann, zeigt Verf. an zwei sehr prä- 
gnanten Beispielen. 

Da alle die gegen die Prostatahypertrophie gerichteten blutigen 
Operationen entweder nur sehr beschränkte Indikationen haben oder 
aber in ihren Erfolgen unsicher sind, so dürfen sie erst dann in 
Frage kommen, wenn die anderen therapeutischen Hilfsmittel er- 
schöpft sind. Zu den letzteren gehört auch die Massage. Von der 
lokalen, isolirten Massage der Prostata mittels in den Mastdarm ein- 
geführten Fingers sind keine Erfolge zu erzielen. Dagegen wirkt 
eine rationelle Unterleibsmassage ganz entschieden dekongestiv auf 
die Unterleibsorgane und nicht zum wenigsten auf eine vergrößerte 
kongestionirte Prostata. Die bisherigen sehr aufmunternden Resultate 
ergeben namentlich für die im 1. Stadium der Krankheit stehenden 
Prostatiker sehr günstige Besserungen bezüglich der Schmerzen und 
der Schwierigkeiten in der Harnentleerung. P. Wagner (Leipzig). 


20) O. Bloch. Om Leje- og Formforandringer af vesiea ved 
större Abdominalsvulster samt om Läsion af vesica ved 
Operation for disse Svulster. 

(Nord. med. Arkiv 1898. N. F. Bd. IX. No. 6.) 

Unter 110 Laparotomien wegen verschiedener größeren Ge- 
schwülste hat Verf. 5mal eine abnorme Lage der Harnblase ge- 
troffen. Aus der Litteratur ist es ihm gelungen, 33 Fälle dieser 
Anomalie zusammenzustellen. Von dieser Kasuistik ausgehend liefert 
Verf. eine eingehende monographische Darstellung dieser für Chirurgen 
überaus wichtigen Frage. Er setzt zuerst die einzelnen bisher be- 
obachteten anatomischen Formen aus einander und unterscheidet 
Formen, die er » Foliette«, »Sanduhr«, gerades und schiefes » Dreieck « 
und >Wurst« benennt. Danach beschäftigt er sich mit der Frage 
von den Verwachsungen zwischen Harnblase und Bauchwand resp. 
Geschwulst. In der Ätiologie hebt er die Bedeutung des Druckes 
von Seiten der Geschwulst und des Zuges. von Seiten der Verwach- 
sungen, die Anomalien der Blase (persistirender Urachus, Urachus- 
cysten, doppelte Harnblase, Blasendivertikel u. A.). hervor. — Da 
aus der Kasuistik hervorgeht, dass unter den 38 Fällen, wovon 27 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1009 


bei Ovarialgeschwülsten und 11 bei Fibromyomen angetroffen wurden, 
die Blase in 36 lädirt wurde, ist es von ganz besonderem Interesse, 
im folgenden Kapitel die Art und Weise, in welcher die Verletzung 
stattgefunden hat, zu erfahren. — Die Diagnose der Blasenverlagerung 
bietet dem Operateur nicht nur vor, sondern auch während der Ope- 
ration, ja selbst nach erfolgter Verletzung ganz besondere Schwierig- 
keiten dar. Da es bisher nicht gelungen ist, ein für alle Fälle gül- 
tiges diagnostisches Merkmal zu finden, glaubt Verf. als Ergebnis 
seiner Auseinandersetzungen über die Diagnose den Satz aufstellen 
zu dürfen: »es kann unmöglich sein, ein klares Bild über diese 
Verhältnisse zu erhalten, und es ist darum die Pflicht eines jeden 
Operateurs, sich zu erinnern, dass eine Abnormität vorliegen kann «. 
Die Behandlung kann ja in den Fällen, wo die Verletzung diagnosti- 
eirt wird, allein in sorgfältiger Naht bestehen. Die Prognose ist 
nicht leicht zu stellen, weil die Fälle, wo die vorhandene Dislokation 
angetroffen wird, auch an sich eine schlechte Prognose haben. Um 
die Verletzung der Blase bei abdominellen Operationen zu vermeiden, 
genügt es nicht, sich zu erinnern, dass eine solche auch unter den 
Händen der geübtesten Chirurgen vorgekommen ist, sondern die sorg- 
fältigste vorhergehende Untersuchung muss mit einem wachen Auge 
während derOperation verbunden sein. Findet man im Augenblick, wo 
man im Begriff steht, das Bauchfell zu incidiren, dieses nicht normal, 
so thut man wohl, diese Stelle zu verlassen und entweder von der 
Seite oder von oben her in die Bauchhöhle einzudringen zu ver- 
suchen. 
Die Arbeit ist mit 13 erläuternden Figuren versehen. 
A. Hansson (Cimbrishamn). 


21) W. Maro (Wildungen). Praktische Erfahrungen auf dem 
Gebiete der Blasensteinoperationen. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane 1898. Hit. 6.) 

M., der wohl die reichste Erfahrung auf dem Gebiete der Litho- 
tripsie — er hat über 900 derartige Operationen ausgeführt — auf- 
zuweisen hat, bespricht in diesem kurzen Aufsatz seine letzten 103 
Lithotripsien aus dem Jahre 1897. Es handelte sich in allen Fällen 
um Litholapaxien, durch die 67mal Urat-, 35mal Phosphat-, 1mal 
Cystinsteine entfernt wurden. Die größten Konkremente besaßen 
einen Durchmesser von 5—6 cm, im Durchschnitt betrug derselbe 
nur 2—3 cm. 77mal wurden Solitärsteine entfernt, 26mal mehrere, 
bis zu 100 Konkremente. Kleinere Steine wurden in toto aspirirt, 
nur die größeren zertrümmert. In 27 Fällen handelte es sich um 
Recidive (auch nach Lithotomien). } 

Als Idealoperation betrachtet M. die Entfernung des Steines in 
einer Sitzung. Sie war unter den 103 Fällen 75mal möglich, in 
22 Fällen wurden 2, in den übrigen bis zu 8 Sitzungen nothwendig. 

Die Dauer der Sitzungen betrug 5 Minuten bis 1 Stunde, die 
große Mehrzahl der Sitzungen dauerte aber nur 10—30 Minuten. 


1010 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


7mal wurde in Narkose operirt, sonst nur mit Cocain (und manch- 
mal Morphium subkutan). M. vermeidet die Narkose, die eine tiefe 
sein muss, bei den meist alten und arteriosklerotischen Pat. thun- 
lichst. Abnorme Empfindlichkeit und Größe und Härte des Steines 
können sie indiciren. 

Geheilt wurden 96 Pat., unvollendet blieben 3 Fälle, ein schlech- 
tes Resultat (dauernde Benutzung des Katheters nöthig) gab es in 
2 Fällen, gestorben sind 2 Pat. (Verletzung der Blase und sekundäre 
Peritonitis; Entkräftung bei marantischem Pat. mit schwerer Pyelo- 
nephritis). 

Was den Standpunkt Ms zur Frage der Lithotripsie anlangt, 
so ist er mit wachsender Ubung zur Überzeugung gekommen, dass 
dieselbe, verbunden mit der sofortigen Evakuation der zertrümmerten 
Steinreste, die beste und schonendste Art für die Beseitigung fast 
aller Blasensteine darstellt. Der Hauptvorwurf, dass man mit ihr 
nicht alle Steinreste sicher zu beseitigen im Stande sei, ist gegenüber 
einer modern ausgeführten Litholapaxie nicht mehr stichhaltig. Mit 
der Vereinfachung der Evakuatoren ist auch möglichste Asepsis ge- 
währleistet; Infektionskatarrhe gehören zur Seltenheit. Auch große 
und harte Konkremente können recht gut zertrüämmert werden, und 
die engste Harnröhre ist passirbar, wenn sie vorher »genügend« prä- 
parirt ist. Traumatische oder gonorrhoische Strikturen der Harn- 
röhre müssen allerdings zuvor gedehnt werden, beim Vorhandensein 
falscher Wege ist zuvor ein Verweilkatheter einzulegen, eine Cystitis 
mit Ausspülungen zu behandeln. Für den weniger Geübten bildet 
die Prostatahypertrophie einige Schwierigkeit. Die größten Hinder- 
nisse für Zertrümmerung und Aspiration bilden die postprostatischen 
Taschen. »Angewachsene Steine« hat M. nie gefunden, es handelte 
sich meist um Anfangs schwer bewegliche, in Trabekeln festgekeilte 
oder aus Divertikeln hervorragende Steine. 

Die Ausführung der Operation gestaltete sich folgendermaßen: 
Nach genügender Vorbereitung der Harnröhre (Bougirung bei instru- 
mentell intakter oder bei strikturirter Harnröhre) und der Blase — 
Injektion einer 21/,%igen Cocainlösung in Harnröhre und Blasenhals, 
Füllung der Blase mit 50—100 eem Borlösung, Einführung des Litho- 
triptors, Zertrümmerung und sofortige Aspiration, die so lange fort- 
gesetzt wird, bis kein Fragment mehr an die Evakuationssonde an- 
schlägt. Bei großen Steinen und faltiger Blase sind oft mehrere 
Sitzungen nöthig. Bei harten Konkrementen und gesunder Blase ist 
es besser, in einer Sitzung zu operiren, bei insufficienter Blase und 
Phosphatsteinen kann man getrost in mehreren Sitzungen arbeiten. 

Sehr wichtig ist nach beendeter Operation die Injektion einer 
1%/wigen Argentumlösung, sie ist wirksamer wie die skrupulöseste 
Asepsis. Nach der Operation 1—2 Tage Bettruhe, lokale Nach- 
behandlung nur bei bestehendem Katarrh oder Harnretention. Ein 
Verweilkatheter wird nur bei falschem Weg oder Blutung aus der 
Harnröhre angelegt. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1011 


M. arbeitet mit den von Weiss-London nach Thompson’s 
Angabe gefertigten Lithotriptoren und wenig veränderten Aspirations- 
sonden, sein Evakuator ähnelt dem Cloves’schen, ist aber einfacher. 
Er besteht aus einem nicht zu starkwandigen Patentgummiballon, 
einem cylinderförmigen Glasrecipienten an dessen unterem Ende, 
einem großkalibrigen starkwandigen Verbindungsrohr zwischen Ballon 
und Olive der Thompson’schen Sonde. 

M. legt gerade auf die Aspiration und Alles was damit zusammen- 
hängt, ganz besonderes Gewicht. Versagen des Aspirators oder üble 
Zufälle bei der Evakuation liegen nahezu stets an unrichtiger Hand- 
habung oder unpraktischer Beschaffenheit des Instruments. Bei 
schlaffer, katarrhalischer Blase und alten Leuten ist die Evakuation 
besonders vorsichtig vorzunehmen. 

M. unterlässt die Aspiration stets bei Blutungen aus der Blase, 
fängt erst an zu evakuiren, wenn die Spülflüssigkeit klar abfließt. 
Schließlich führt M. noch Fälle an, in denen er ein abgebrochenes 
Katheterstück und den abgebrochenen Schnabel eines Lithotriptors 
erfolgreich durch Lithotripsie entfernte. F. Krumm (Karlsruhe). 


22) J. Albarran. Diagnostic des hematuries rénales. 
(Annal. des malad. des organes génito-urin. 1898. No. 5.) 

Im Anschluss an einen prägnanten Fall bespricht Verf. die ver- 
schiedenen Formen der Nierenblutungen und hebt zunächst die kli- 
nischen Unterschiede hervor, die in sehr vielen Fällen zwischen 
diesen und Blasenblutungen bestehen. An mehreren Beispielen zeigt 
er aber auch gleichzeitig, wie sehr man sich täuschen kann, wenn 
man sich nur auf die klinischen Symptome verlässt. Sicherheit giebt 
nur die cystoskopische Untersuchung. 

Nierenblutungen kommen hauptsächlich vor bei der Lithiasis, 
den bösartigen Neubildungen und der Tuberkulose der Niere. Ein 
sehr wichtiges Moment in der Pathogenese der Nierenblutungen spielt 
die »Kongestion«. Bei den oben genannten drei Affektionen kann es 
außerordentlich leicht zu einem Kongestivzustand der Niere und in 
Folge dessen zu beträchtlichen Blutungen kommen, ohne dass »ma- 
terielle Läsionen« irgend welcher Art vorzuliegen brauchen. Renale 
Hämaturien können ferner hervorgerufen werden durch 2 Arten von 
Parasiten, die Filaria und die Bilharzia haematobia. Auch das Sumpf- 
fieber kann namentlich zu Beginn des Anfalls Hämaturie bewirken. 
Dass auch die Hämophilie schwere, anhaltende Hämaturien erzeugen 
kann, ist zweifellos und durch einige, wenn auch nur wenige sichere 
Beobachtungen gestützt. Doch glaubt Verf., dass man in Deutsch- 
land mit dieser Diagnose zu rasch vorgeht: »mais on est trop porté 
en Allemagne à faire dépendre de cette maladie la plupart des hé- 
maturies à diagnostic difficile«. Etwas Wahres ist schon an dieser 
Behauptung, wenn sie auch sehr übertrieben ist. 

Noch viel schärfer geht Verf. mit der sog. N&phralgie hémat- 
urique und mit den essentiellen oder angioneurotischen Nierenblu- 


1012 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


tungen ins Gericht. Nur wenige Fälle halten hier einer strengeren 
Kritik Stand. Das gilt namentlich von jenen Beobachtungen, in 
denen man sich begnügt hat, die Niere makroskopisch normal zu 
finden, dagegen eine genaue histologische Untersuchung unterlassen 
hat. In anderen Fällen ist dieselbe wohl vorgenommen worden, 
man hat aber auf die nachgewiesenen entzündlichen Veränderun- 
gen des Nierenepithels und Bindegewebes kein besonderes Gewicht 
gelegt. Verf. vertritt die Meinung, dass fast in allen diesen Fällen 
die chronischen entzündlichen Veränderungen der Nierensubstanz, 
die auch einseitig vorkommen können, die Ursachen der Hämaturie 
sind, und zwar dadurch, dass sie zu Kongestionszuständen führen. 

Bemerkenswerth ist ferner, dass manche Fälle von infektiöser 
Nephritis zu abundanten Nierenblutungen führen können. 

Wenig bekannt endlich sind die Hämaturien bei beweglicher 
Niere, bei Hydronephrose, während der Schwangerschaft und Lakta- 
tion. Verf. führt auch hierfür eine Reihe von interessanten Beob- 
achtungen an. P. Wagner (Leipzig). 


23) Tuffier. Tuberculose rénale. 
Paris, Masson & Co., 1898. 288. 

Pathologisch-anatomisch theilt T. die Nierentuberkulose ein in 
die miliare Tuberkulose und in die tuberkulöse Infiltration. Bei 
letzterer unterscheidet er die knotige Infiltration mit oder ohne kalte 
Abscesse; die tuberkulöse Pyelonephritis; die massige Degeneration 
der Niere; die tuberkulöse Hydronephrose. Diese verschiedenen 
Formen können allein oder kombinirt vorkommen. Sehr häufig sind 
das perirenale Gewebe und der obere Theil des Harnleiters mit von 
der tuberkulösen Erkrankung ergriffen. 

Dass die tuberkulöse Erkrankung der Niere in einer ganzen An- 
zahl von Füllen primär sein muss, ergiebt sich aus den Beobachtun- 
gen, wo die Entfernung der tuberkulösen Herde der Niere bezw. der 
ganzen Niere über viele Jahre hin konstatirte vollkommene Heilung 
gebracht hat. 

Von den operativen Eingriffen bei Nierentuberkulose ist die 
Nephrotomie in den Fällen von septischer Retention indieirt. Die 
primäre Nephrektomie ist nur dann berechtigt, wenn man sich über 
die Gesundheit der anderen Niere vollkommene Klarheit verschaffen 
kann. Ist dies nicht möglich, so begnügt man sich auch hier lieber 
zunächst nur mit der palliativen Nephrotomie, der man aber dann 
gegebenenfalls so bald als möglich die sekundäre Nephrektomie — 
Nephrectomie secondaire précoce — folgen lässt. Bei der Entfernung 
der Niere sucht man auch vom Harnleiter ein möglichst großes 
Stück mit zu entfernen. 

Von 7 wegen Nierentuberkulose Nephrotomirten verlor T. 2 an 
der Operation, 3 wurden gebessert, behielten aber eine Fistel, 2 wur- 
den geheilt, und zwar konnte die Heilung über 5 resp. 2 Jahre ver- 
folgt werden. Die Nephrektomie wegen Tuberkulose führte T. 9mal 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1013 


aus: 7mal primär, 2mal sekundär. Alle Operirten genasen. Die 
Heilung konnte bei 2 Kranken über 6!/, resp. 5'/, Jahre verfolgt 
werden. P. Wagner (Leipzig). 


24) Sottocasa. Nuovo processo di fissazione del rene. 
(Clinica chir. 1898. No. 6. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. No. 85.) 

Die Niere wird durch den Simon’schen Vertikalschnitt oder 
durch den Rose’schen Fensterschnitt freigelegt. Am oberen Drittel 
des konvexen Randes derselben wird ein 2 cm langer und 1 cm tiefer 
Einschnitt gemacht. Während die Nierenwunde mit aseptischer 
Gaze tamponirt wird, wird auf der Höhe derselben ein 1 cm dicker 
Lappen aus dem M. quadratus lumborum herausgeschnitten. Dieser 
Lappen wird mit 2 Seidenfäden in die Nierenwunde genäht. Um 
den Lappen haltbarer zu machen, werden einige Nähte durch die 
Nierenkapsel noch hinzugefügt. Muskel und Aponeurose werden 
durch Katgut, die Haut durch Seide vereinigt. 

Mehrere so operirte Hunde zeigten bei der Sektion (40 Tage 
nach der Operation), dass der Lappen in ein weißliches, fibröses 
Gewebe verwandelt war und sich auch durch starken Zug nicht von 
der Niere entfernen ließ. Dreyer (Köln). 


25) H. Schneider. Über Stillung von Leber- und Nieren- 


blutungen mit Dampf und heißer Luft. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.) 

Die von Sneguirew empfohlene Anwendung des Dampfes zur 
Stillung heftiger Blutungen erwies sich nach den Thierversuchen Bis 
für Leber- und Nierenoperationen als unzureichend; dazu kommt, 
dass der Operateur durch den Dampf wesentlich behindert wird, auch 
die Dampfwirkung nicht genau lokalisirt werden kann. Als vor- 
züglich geeignet zur Stillung von Leber- und Nierenblutungen er- 
wies sich dagegen der von Holländer für die Lupusbehandlung 
angegebene Heißluftapparat. Mittels dieses ist eine exakte Be- 
schränkung der Hitzewirkung möglich; eine Gewebsschädigung 
braucht nicht gefürchtet zu werden, und es können selbst stärkere 
arterielle Blutungen mit größerer Sicherheit in wenigen Sekunden 
gestillt werden. Vor dem Thermokauter und der Gazekompression 
hat die Heißluft nach S. den Vorzug der Vermeidung eines Kontaktes 
von Fremdkörper und Gewebe so wie größerer Zuverlässigkeit in der 
Wirkung voraus. Honsell (Tübingen). 


Kleinere Mittheilungen. 


26) K. Majewski. Uber verbrennbare Eiterbecken. 
(Wiener med. Presse 1898. No. 27.) 

Verf. hat aus Pappe, die mit koncentrirter essigsaurer Thonerdelösung be- 
pingelt wird, wasserdichte Eiterbecken konstruirt, die nach jedesmaligem Gebrauch 
mit den infieirten Verbandstoffen zusammen verbrannt werden. 

P. Wagner (Leipzig). 


1014 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


27) Helferich. Ein Krankenwagen, welcher mittels der Arme in 
Bewegung zu setzen und zu steuern ist, für Personen, deren Beine 
gelähmt sind. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 89.) 


H. hat einen Wagen der bezeichneten Art in der Werkstatt der Greifswalder 
Klinik von dem Mechaniker derselben, Pohl, bauen lassen, der sich bestens be- 
währte, nur ca. 300 .4 kostet und daher weiter zu empfehlen ist. Beschreibung 
und Abbildung s. Original. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


28) Cesaris-Demel. Sulle cosi dette infezioni gazogene nell’ uomo. 
(Giorn. della R. accad. di med. di Torino 1898. No. 5—7.) 


Es giebt verschiedene Mikroorganismen, welche in den Körpergeweben Gas 
bilden, aber keines ist specifisch ; vielmehr handelt es sich um die Komplikation in 
der letzten Lebenszeit von älteren Organismen mit einer Art putrider Veränderung. 
In einem Falle von gasbildender Infektion fand sich reichliche Blasenbildung in 
Leber und Niere. Sie war zu schweren parenchymatösen Veränderungen hinzu- 
getreten, die ihrerseits durch die Resorption von toxischen Elementen aus einem 
großen Abscess des Beins entstanden waren. Als Ursache der Gasbildung ließ 
sich ein langer dicker Bacillus nachweisen, anaörob, nach Gram färbbar. Er ist 
pathogen bei Meerschweinchen und Kaninchen, wenn er mit Staphylokokken oder 
deren Toxinen sich associirt. E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


29) E. Koch. Zur Aufklärung der Fälle von Tetanus nach Bauch- 
operationen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIIL p. 417.) 


Eine Pat. von Müller (Aachen) erkrankte am 6. Tage nach einer supra- 
vaginalen Uterusamputation mit extraperitonealer Stielversorgung wegen Myomen 
an Trismus und Tetanus, woran sie am folgenden Tage zu Grunde ging. Bei der 
Sektion fand sich nichts als ein haselnussgroßer Abscess am Stumpf, in dessen 
Centrum sich ein dicker, eben in Lösung befindlicher Katgutknoten befand. Aus- 
saat des Eiters ergab auf den Nährböden keine Tetanusbacillen, dagegen fiel das 
Thierexperiment, Einführung stecknadelgroßer Theilchen des Katgutknotens unter 
die Rückenhaut am Schwanz von 2 weißen Mäusen, positiv aus, indem die Thiere 
an Tetanus eingingen. Die Infektion ist also wahrscheinlich auf das Katgut 
zurückzuführen. Das benutzte Katgut war besonders dick (No. 6), Proben desselben 
ergaben aber bei Impf- und Kulturversuchen kein positives Resultat. 

3 Fälle von Tetanus nach Laparotomie von Meinert und einer von Johnson 
werden als Parallelfälle citirt. Besonders große Ähnlichkeit mit dem K.’schen 
Falle hatte ein solcher von Olshausen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


30) R. W. Lovett und W. T. Concilman. A case of double teratoma. 
(Journ. of experim. med. 1897. No. 4.) 


3 Wochen nach der Geburt wurde bei einem Kinde eine Schwellung des 
Hodensacks bemerkt, die, Anfangs als Hydrocele aufgefasst, sich später als eine 
solide Geschwulst erwies und entfernt wurde. Sie bestand aus Bindegewebe, 
Muskeln, Knorpeln, Knochen und von Epithel umkleideten Cysten. Etwa 6 Mo- 
nate später entwickelte sich eine Geschwulst in der rechten Scheitelbeingegend. 
Dieselbe wurde entfernt, jedoch entwickelte sich bald darauf an derselben Stelle 
eine nach dem Gehirn zu greifende, das Schädeldach durchsetzende Geschwulst zu 
großer Ausdehnung, ohne dass Zeichen seitens der motorischen Centren auftraten ; 
Pat. erlag nach 3 Monaten. Die zweite Geschwulst wog 1320 g, war ebenfalls ein 
Teratom, zeigte aber einen wesentlich anderen Aufbau und kann desshalb nicht 
als eine Metastase der Hodengeschwulst aufgefasst werden, von der das Kind duroh 
die Operation völlig geheilt war. Borchard (Posen). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 1015 


31) Bozzolo. Sopra due casi di caverna polmonare guariti con la 
pneumotomia. 
(R. accad. di med. di Torino. — Gasz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 85.) 


Ein 11 Jahre alter Knabe und ein 36 Jahre alter Tischler litten an Kavernen 
im rechten Unterlappen. Beide wurden durch die Pneumotomie geheilt. Es war 
in beiden Fällen schwierig, den Sitz der Kavernen zu bestimmen, die beide Male 
höher und mehr in der Tiefe saßen, als man nach der Untersuchung vermuthet 
hatte. Im zweiten Falle fanden sich keine Pleuraadhäsionen, und der Kranke 
wäre fast einem Pneumothorax erlegen. Bei einer Wiederholung der Operation 
nach 2 Monaten gelang dieselbe, nachdem sich Adhäsionen gebildet hatten. 

Dreyer (Köln). 


32) Lotheissen. Ein Beitrag zur Tuberkulose der Mamma. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1897. No. 34.) 

. Gegenüber der »sekundären Tuberkulose der Mamma«, bedingt durch das 
Übergreifen tuberkulöser Processe von der Nachbarschaft (Brustbein, Rippen, 
Pleura) auf die Brustdrüsen, stehen die weitaus selteneren Fälle der »primären 
Mammatuberkulose«, die einerseits als umschriebene kalte Abscesse innerhalb des 
Mammagewebes, andererseits in der Form von disgeminirten kleineren oder größeren 
Knoten auftritt. Atiologisch sind nach Reerink folgende Möglichkeiten denk- 
bar: 1) Direkte Infektion von außen durch die Ausführungsgänge. 2) Direktes 
Übergreifen von der Nachbarschaft. 3) Infektion auf dem Weg der Blutbahn, 
Es existiren von der eigentlichen, primären Form der Mammatuberkulose nur 
45 Fälle, die L. um einen, in der Hacker’schen Klinik beobachteten Fall einer 
20jährigen Nonne, vermehrt. Es wurde die Amputatio mammae ausgeführt ohne 
Ausräumung der Achseldrüsen, welche nicht fühlbar waren. Es bestanden mehrere 
hasel- bis walnussgroße Höhlen, zum Theil durch Fistelgänge mit einander ver- 
bunden. Bei dem Fehlen jeder disponirenden Momente (keine Gravidität, keine 
Säugung, keine Mastitis) ist L. geneigt, äußere Schädlichkeiten heranzuziehen 
(Korsett bei den Ordensschwestern, das wie ein Brett die beiden Mammae nieder- 
drückt), dadurch Reizung und Infektion auf dem Blutweg, da ein großer Theil der 
Schwestern, die sich mit Krankenpflege befassen, tuberkulös sei. Die Prognose 
der in Rede stehenden Erkrankung ist zumal nach Amputatio mammae keine un- 
günstige. Hübener (Breslau). 


33) Duplay. Un cas d’urethrocele. 
(Arch. gener. de méd. 1898. Juni.) 

Es bandelt sich um eine Frau von 29 Jahren, die 8 Tage vor ihrem Eintritt 
in das Spital, aufmerksam gemacht durch ein Gefühl des Druckes und der Schwere, 
im Eingang der Scheide eine schmerzhafte Schwellung bemerkt. Die Untersuchung 
ergiebt, dass es sich um eine fluktuirende Geschwulst der vorderen Scheidenwand 
handelt, die unmittelbar hinter der Harnröhrenmündung gelegen ist, ungefähr die 
Größe einer Nuss hat, ca. 3 cm lang ist und nicht bis an die Portio reicht. Die 
darüber liegende Schleimhaut ist normal. Bei Anstrengung schwillt die Ge- 
schwulst an und erscheint bald mehr, bald weniger prall gefüllt. Am Schluss 
der Urinentleerung wird immer noch ein kleines Quantum Flüssigkeit abgesondert. 

Das Fehlen eines Descensus uteri, die Lage der Geschwulst, der Wechsel des 
Volumens und der Konsistenz, die fortbestehende Spannung der Geschwulst nach 
dem Uriniren ließen eine Cystocele ausschließen und gestatteten nur die Diagnose 
einer Urethrocele. Die Operation bestand in Spaltung der Geschwulst, Exstir- 
pation des Sackes und Naht der Schleimhaut. Heilung. Longard (Aachen). 


34) A. Hand. Über galvanokaustische Radikalbehandlung der Prostata- 
hypertrophie nach Bottini. 
(Wiener med. Presse 1898. No. 31 u. 32.) 


Verf. hat 5 Kranke mit Prostatahypertrophie galvanokaustisch nach Bottini 
behandelt. Er hält die Operation für ungefährlich und für den auch mit schwie- 


1016 Centralblatt für Chirurgie. No. 40. 


rigem Katheterismus vollkommen Vertrauten leicht durchführbar. Ob Recidive 
niemals auftreten, wie Bottini behauptet, vermag Verf. nach seinem Kranken- 
material nicht zu entscheiden. P. Wagner (Leipzig). 


35) Boisseau du Rocher. Cystoscopie et cathétèrisme des uretöres; 
cystoscopes pour opérations. 
(Ann. des malad. des org. g&nito-urin. 1898. No. 5.) 

In der vorliegenden, mit vielen Abbildungen versehenen Arbeit giebt Verf. 
eine genaue Beschreibung seines Cystoskops, bezw. Irrigations-, Harnleiter- und 
Operationscystoskops. Er vergleicht sein Instrumentarium mit dem von Nitze, 
Casper, Lohnstein, Brenner u. A. Der vielen technischen Einzelheiten wegen 
eignet sich die Arbeit nicht zu einem kürzeren Referat. 

P. Wagner (Leipzig). 


36) Goldenhorn. Sur lévacuation spontanée des abcès perinephri- 
tiques. 
(Ann. des malad. des org. g£nito-urin. 1898. No. 6.) 


Unter 230 Fällen von perinephritischem Abscess finden sich nur 34, bei denen 
es zu einer spontanen Entleerung gekommen ist, und zwar 17mal in die Pleura 
oder die Bronchien, Limal in den Darm, 2mal in Blase und Scheide, 2mal in die 
Bauchhöhle, imal in die Blase. 

Verf. berichtet über einen 45jährigen Kranken mit ausgedehntem perinephri- 
tischem Abscess der rechten Seite. Da wiederholte Probepunktionen kein Resultat 
ergaben, wurde mit einer operativen Behandlung zunächst gewartet. 3 Wochen 
nach dem Spitalseintritt brach der Abscess plötzlich spontan in das Coecum oder 
Colon ascendens durch. Die Eiterentleerung mit dem Stuhl dauerte mehrere 
Wochen lang; Pat. wurde vollkommen geheilt. P. Wagner (Leipzig). 


37) Franz. Über Komplikationen nach Trendelenburg’scher Va- 
ricenoperation bei aseptischem Wundverlauf. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 295.) 

Bisher galt Trendelenburg’s Saphena-Unterbindung wegen Varicen für völlig 
gefahrlos. F. berichtet einen Fall aus der Königsberger Klinik, wo nach Aus- 
führung der Operation bei einem ä5jährigen gesunden Mann trotz aseptischem 
Wundverlauf eine ausgedehnte Thrombosirung der Saphena eintrat. Weiterhin 
kam es im Anschluss daran zu einer Lungenembolie mit Infarkt und Exaudat- 
bildung, welche allerdings mit Genesung endigte. Außerdem bringt F. einen von 
Schneider beobachteten Fall bei, in welchem nach doppelseitiger Saphena- 
Unterbindung bei einer 64jährigen, sehr fettreichen Frau nach 10tägigem, tadel- 
losem Wundverlauf plötzlicher Tod erfolgte, und zwar, wie die Sektion lehrte, 
durch embolische Verstopfung beider Lungenarterien mit Thromben, welche aus 
der rechten Saphena stammten. Die letztere zeigte von der proximalen Unter- 
bindungsstelle aus noch einen fast fingerlangen Thrombus. 

Größere Thrombosenbildung beobachteten ferner Faisst und Perthes, 
Lungenembolien Studsgaard und ebenfalls Perthes, doch mit günstigem Aus- 
gang. Es scheint, dass anatomische Wandveränderungen an der erweiterten und 
verdicken Vene für die Thrombenbildung verantwortlich zu machen sind. Jeden- 
falls kann die Trendelenburg’sche Operation nicht mehr als gefahrlos angesehen 
werden und soll für solche Fälle reservirt bleiben, wo die Beschwerden sehr große 
sind und den gewöhnlichen Behandlungsmethoden nicht weichen wollen. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separastabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


Laien P, Kin Lin 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


m 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No, 41. Sonnabend, den 15. Oktober. 1898, 


Inhalt: A. Brenner, Zur Radikaloperation der Leistenhernien. (Original-Mittheilung.) 

1) v. Bruns, Bleispitzengeschosse. — 2) Kapsammer, Callusbildung. — 3) Thilo, 
Kraftbestimmungen. — 4) Gilbert und Carnot, Organotherapie. — 5) Petruschky, Seram- 
therapie. — 6) Chlumsky, Tuberkulosebehandlung nach Bier. — 7) Wolfrom, Silber 
und Silbersalze. — 8) Unna, Essigsäure. — 9) Bumm, Antiseptik und Technik. — 
10) Behrend, Hautveränderungen durch Röntgenstrahlen. — 11) Dohi, Prurigo. — 
BI Szadek, Psoriasis. — 13) v. Bergmann, Hirnschuss. — 14) Rachford, Migräne und 
Epilepsie. — 15) McCosh, Epilepsie. — 16) Lannois, Periaurikulärer Abscess. — 
17) Terrier, Gulllemain und Maiherbe, Chirurgie des Gesichts. — 18) Howard und 
Ingersoll, Eiterung der Nasennebenhöhlen. — 19) Prota und Martuscelli, Sarkome der 
Zungentonsille. — 20) Hellat, 21) Hertoghe, Adenoide Wucherungen. — 22) Reinbach, 
Organotherapie des Kropfes. — 23) Fraenkel, Tracheotomie. — 24) Bouyer, Lungen- 
tuberkulose und Echinokokken. 

25) Delcourt, Chronische Osteomyelitis der Kinder. — 26) Matwejew, Echinokokken. 
_ E Sternthal, Extragenitale syphilitische Infektionen. — 28) Strauss, Psorlasis und 
Gelenkleiden. — 29) Habermann, Maligne Neurome. — 30) Gavello und de Simoni, 
31) Lang, Lupus. — 32) Lesné, Staphylokokkhümie. — 33) Friedländer und Schlesin- 
ger, Hirnsyphilis, — 34) Masse, Folgen einer Kopfverletzung. — 35) Henschen, Skia- 
skopie bei Hirnschuss. — 36) Depage, 37) Maximow, Schädelgeschwülste. — 38) Depage, 
Resektion des Gangl. Gasseri. — 39) Friedrich, Gesichtsneuralgie. — 40) Schenke, 
Erkrankung der Stirnhöhlen. — 41) Schech, Keilbeincaries. — 42) Wöhrlin, Verletzung 
der A. max. int, — 43) Ullmann, Caries des Zungenbeins. — 44) Hopmann, Veliretraktor. 
— 45) Oppel, Verletzungen der V. jug. int. — 46) Kusnetzow, Halsphlegmone. — 
47) Barblöre und Ulmann, Thyreoiditis. — 48) Meinert, Tetanie. — 49) Wolff, Basedow. 


Zur Radikaloperation der Leistenhernien. 
Von 
Dr. Alexander Brenner, Primararzt, Linz a/D. 


Die von Bassini angegebene Methode der Radikaloperation von 
Leistenhernien hat sich durch ihre Vorzüge und die Sicherheit der 
Erfolge eine solche Verbreitung verschafft, dass sie derzeit vielleicht 
am häufigsten geübt wird. Auffallend ist bei der Schilderung des 
Bassini’schen Verfahrens, dass der Musculus cremaster, diese Aus- 
breitung des M. obliquus int., welche sich am Poupartischen Bande 
bis zum Annulus inguin. hinunterzieht, nach seiner Spaltung keine 


41 


1018 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


Verwendung mehr findet und sammt dem Samenstrang und Bruch- 
sack vom Poupartischen Bande abgedrängt oder gar weggeschnitten 
wird; es muss also danach die Schicht des Obliquus internus, deren 
Rand häufig sehr hoch steht, bis an das Poupartische Band herab- 
gezogen werden, wodurch recht bedeutende Ansprüche an die Naht- 
fäden und die Lebenskraft der gefassten Gewebe gestellt werden, 
mit anderen Worten, man braucht dazu starke Fäden, und es tritt 
leicht Gewebsnekrose ein, wenn die Spannung zu groß und die 
Fäden zu eng an einander gelegt sind. Den Cremaster nun als 
Ergänzung der Muskelplatte des Obliquus internus zu ver- 
wenden und durch ihn die hintere Wand des Leistenkanals 
zu bilden, ist die Grundidee der nachfolgenden Abänderung von 
Bassini’s Verfahren; es wird auf diese Art Muskel an Muskel 
und nicht die Muskelmasse des Internus und Transversus an die 
gefäßarme Schicht des angefrischten Poupartischen Bandes vernäht, 
was manchen Chirurgen beunruhigt. 

Die Operation gestaltet sich folgendermaßen: 

Hautschnitt wie bei Bassini 15—30 cm lang, so dass die Apo- 
neurose des Obliquus externus weit über den Leistenring und den 
Bruchsackhals hinauf freigelegt ist, und der Übergang des Bruches 
oder Samenstrangs in den Hodensack sichtbar wird. Hierbei zeigt 
sich sehr häufig die Aponeurose nach außen von den Fibrae inter- 
columnares verdünnt und durch die unterliegende Muskelschicht 
dunkel gefärbt. 

Spaltung der Aponeurose in der Richtung des Leistenkanals von 
der Gegend des Annulus inguin. bis hoch hinauf, so dass der Durch- 
tritt des Bruches und Samenstrangs unter dem Rande des Obliquus 
internus sichtbar wird. 

Spaltung der darunter liegenden Schicht, die aus Bindegewebe 
und bogenförmig verlaufenden Fasern des Cremaster besteht, — diese 
Schicht ist bei größeren Brüchen häufig in der Gegend des Annulus 
inguin. sehr fest mit der Aponeurose des Obliquus ext. verwachsen. 

Nach Trennung dieser Schicht und der Ausstülpung der Fascia 
transversa wird der seröse Bruchsack von außen her von den ge- 
nannten Schichten stumpf mit dem Finger abgeschoben, zusammen mit 
dem Samenstrang von hinten unten her umgriffen, herausgehoben, der 
Samenstrang vom Bruchsack nach oben und unten hin isolirt, der 
Bruchsack entleert, eröffnet, um keine Netzadhäsionen zu übersehen, 
weit vorgezogen und möglichst hoch oben am Halse unterbunden, 
1 cm davon mit dem Thermokauter oder der Schere durchtrennt 
und versenkt. (Die Durchtrennung mit dem Thermokauter hat viel- 
leicht den Vortheil, dass dabei die Serosa des Bruchsackstumpfes 
besser verödet und zur breiten Verwachsung gebracht wird.) 

Bis hierher ist der Vorgang Bassini’s eingehalten. Während 
Bassini nun mit Vernachlässigung des Cremaster den hinteren Rand 
des Poupartischen Bandes aufsucht und den Obliquus und Transversus 
damit vernäht, bin ich in meinen Fällen folgendermaßen verfahren: 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1019 


Es wird zunächst der Samenstrang mit einem stumpfen Haken 
aus der Wunde herausgehoben und nun der obere Schnittrand der 
Aponeurose des M. obliquus ext. mit einer Hakenpincette gefasst 
und nach unten und oben vollständig sichtbar gemacht, dann etwas 
aufgehoben und der darunter gelegene M. obliquus internus durch 
einige flache Messerzüge abgelöst; — man sieht nun den unteren 
Rand der Muskelplatte des Internus vom Durchtritte des Samen- 
strangs bis zu seinen Insertionen an der Rectusscheide frei liegen 
(Fig. 1). Dann fasst man eben so den unteren freien Schnittrand der 
Aponeurose des Obliquus extern. in einen scharfen Haken 
und löst das mit einer Hakenpincette gefasste Gewebe von 
der Innenseite der Aponeurose ab — dieses Gewebe wird immer 
mächtiger, je mehr man sich dem Poupartischen Band nähert, und 
es zeigt sich, dass in diesem Gewebe eine große Menge von Muskel- 
fasern, der ganze Cremaster, liegt, welcher über dem Samenstrang 
in den unteren Rand des Obliquus int. übergeht, nach unten zu 
sich in die Cremastertheile des Hodensacks fortsetzt. Zieht man nun 
die Schnittränder der Aponeurose des Externus mit scharfen Haken 
empor, so erscheinen die Cremasterschicht und unterer 
Obliquusrand in einer Ebene als zwei zu einander gehörige 
Muskelpfeiler, zwischen denen Fascia transversa und Peritoneum 
zu Tage liegen, als Auskleidung einer tiefen Kluft, in welcher der 
Samenstrang und Bruchsack lagen (Fig. 2). Natürlich unterliegt 
die Mächtigkeit der Cremasterschicht eben so wie des unteren Obli- 
quus internus-Randes großen Schwankungen; aber je größer und älter 
der Bruch ist!, desto mächtiger ist speciell der Cremaster, und nur 
bei ganz kleinen Brüchen, oder wenn gar kein Bruchsack vorhanden 
ist, ist die Cremasterschicht sehr dünn und fast nur Bindegewebe, 
immer aber ist sie vorhanden und gestattet die nachfolgende Ver- 
nähung. Man muss nur beachten, dass man die Schicht nicht zu 
weit gegen die Ansätze am Poupartischen Band ablöst und so die 
Insertionen derselben durchtrennt. 

Hat man sich die Schichtung der hinteren Wand des Leisten- 
kanals in der angegebenen Weise sichtbar gemacht, so erfolgt die 
Vernähung der beiden Muskelpfeiler; hierbei erweist sich gewöhnlich 
die Cremasterschicht, wenn man sie entfaltet, breiter als die Kluft 
zwischen Cremaster und Obliquus int.-Rand. Es wird der überschüssige 
Rand nach hinten zu eingeschlagen und der untere Rand des Obli- 
quus int. in der \Veise mit einem Bündel der Cremasterschicht vernäht, 
dass keinerlei Spannung, aber auch keinerlei Flottiren der Cremaster- 
schicht eintritt (Fig. 2. Am zweckmäßigsten habe ich es gefunden, 
zuerst in der Mitte der Kluft eine Naht anzulegen und von dieser 
nach aufwärts zu bis zum Durchtritt des Samenstrangs (häufig auch 


1 Gerade dieser Umstand macht die Methode bei größeren Brüchen sehr 
vortheilhaft, da man ja bei Bassini’s Methode hier die größten Spannungen zu 
überwinden hat, um die Internus-Transversusschicht an das Poupartische Band 
herabzubringen. 


al* 


1020 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


noch eine Naht über der Durchtrittsstelle) und von der Mitte nach 
abwärts gegen die Symphyse eine Anzahl von Knopfnähten. An der 
Symphyse liegt die schwächste Stelle der Nahtmethode, und 
an dieser Stelle habe ich bei einem Operirten, der sehr bald nach 
der Operation zu schwerer Arbeit überging, eine Hernia directa 
durchtreten sehen und durch die Sektion festgestellt (der Kranke 
war 1 Jahr nach der Operation an Pneumonie im Spital verstorben). 
Ich verwende daher besondere Sorgfalt darauf, eine Naht durch die 
tiefsten Partien des Obliquus internus, der gerade hier am schwächsten 
entwickelt ist, durch das Gewebe des Cremaster so wie das Binde- 
gewebe über der Symphyse durchzuführen, so dass es unmöglich ist, 
mit der Fingerkuppe unter der letzten Naht einzudringen. 


Abgebundener 


Funicul. spermatica ~~ 


Aponeurose des M. 
obliqu. ext. 

Vas deferens 

Fascia transversa. 

Cremaster. 


Mos, obliquus int. 


Hat man die Naht vollendet, so sieht man den Samenstrang 
(Fig. 2) durch eine breite Muskelplatte durchtreten, und auch in jenen 
Fällen, wo die Cremasterschicht sehr schwach ist, ist diese Platte 
stark genug, dem Druck bei einem Brechakt Widerstand zu leisten, 
ja auch in Fällen, wo eine Ausbuchtung des Bauchfells zu einer 
Hernia directa vorlag, oder ein derartiger Bruchsack abgetragen wor- 
den war, erwies sich diese Platte vollkommen genügend. 

Nach Abschluss der Naht des Internus-Cremaster wird der Samen- 
strang eingelagert und die Aponeurose des Obliquus externus darüber 
vereinigt; auch hier wird nichts vom Gewebe entfernt, sondern die 
überflüssigen Theile, welche namentlich bei großen Hernien vor- 
handen sind, gegen den Samenstrang zu eingeschlagen und derbere 
Theile der Aponeurose mit einander vernäht, so dass die Aponeurose 
nach ihrer Vernähung als eine leicht gespannte Platte den Leisten- 
kanal deckt — ohne jede Spannung der nur mit feiner Seide 
vernähten Wunde. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1021 


Die Naht des Obliquus ext. reicht nach unten bis zum Durch- 
tritt des Samenstrangs, der nach Belieben eingeengt werden kann, 
nach oben noch über das Schnittende in der Aponeurose, um durch 
Aneinandernähen derberer Stränge dieselben zu verstärken. Bei dem 
oben erwähnten Operirten ergab die Sektion, dass der Erfolg dieser 
Naht nicht ausgeblieben war, in so fern im Bereiche der Naht der 
Aponeurose diese eine einheitliche derbe Platte geblieben war. 

Mit einer Hautnaht schließt die Operation, die im Durchschnitt 
1/,—3/; Stunden in Anspruch nimmt. (Unter die Haut wurde in den 
meisten Fällen ein Drain gelegt, der nach 24 Stunden entfernt 
wurde; ich habe damit vollkommen befriedigende Resultate erzielt 
und keinen Grund gefunden, von dieser Drainage, welche das in 


Aponeurose des 
M. obliqu. ext. 


Fonic. spermat. Knopfnāhte. 


M. obliqu. int. 
und Cremaster. 


Naht. 


den ersten Stunden nach der Operation nachsickernde Blut in den 
Verband leitet, abzugehen. Um das Ödem und die Stauungen im 
Plexus pampiniformis, welche im Hodensack leicht auftreten, mög- 
lichst hintanzuhalten, bekommt der Kranke ein Suspensorium, welches 
er auch nach der Entlassung längere Zeit zu tragen hat. Häufig 
bleiben nämlich fingerdicke Infiltrate im Samenstrang zurück, welche 
erst nach !/,—!/, Jahr verschwinden, ohne die Funktion des Hodens 
zu beeinträchtigen. Diese Infiltrate habe ich auch nach anderwärts 
ausgeführten Radikaloperationen nach Bassini gesehen.) 

Nach dieser Methode wurden vom Jahre 1892 bis August 1898 operirt: 

348 Brüche von Fingerhut- bis Mannskopfgröße bei 251 
Personen (233 Männern und 18 Frauen). 

Die Heilungsdauer betrug zwischen 10 und 30 Tagen; ge- 
wöhnlich wurden die Kranken am 14. Tage (ohne Bruchband) 
entlassen. 


1022 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


2 Kranke starben. — Ein 64jähriger Mann kam mit Hernia 
incarc. spät Abends zur Operation und starb an Wundinfektion, die 
sich aus der mangelhaften Vorbereitung erklären lässt. 

Eine Frau starb an krupöser Pneumonie 2 Tage nach der 
Operation, bei welcher solche Verwachsungen im fibrinös-eitrigen 
Bruchbett vorlagen, dass ein großes Stück Dünndarm resecirt werden 
musste. Peritonealwunde bei der Sektion intakt. 

Über die Endresultate konnte ich Folgendes in Erfahrung 
bringen: 

116 Personen (107 Männer, 9 Frauen) sind aus der Betrachtung 
auszuschließen, da entweder keine Nachricht zu erlangen, oder noch 
nicht 1 Jahr seit der Operation verstrichen war. 

169 Hernien (126 Männer mit 155 Hernien und 9 Frauen mit 
14 Hernien) sandten Nachricht oder kamen zur Untersuchung — 
sie ergaben in 10 Fällen das Wiederauftreten einer herniösen Aus- 
buchtung der Narbe oder in einigen Fällen Hinabtreten des Bruches 
bis in den Hodensack (bei Frauen gar kein Recidiv); es entspricht 
dies einem Misserfolg von 10 auf 169 = 5,9%. 

Damit ist wohl die Berechtigung dieser Abänderung gegeben, 
um so mehr als die Ausführung eine so einfache und sichere ist, 
dass ich nicht Anstand genommen habe, bei jugend- 
lichen Individuen, wo das Auftreten eines Bruches auf 
der scheinbar gesunden Seite wegen Weite des Leisten- 
rings auch nur möglich erschien, auch dort den Leisten- 
kanal zu spalten, den Samenstrang vorzuziehen, auf das 
Vorhandensein eines Bruchsacks zu untersuchen und die 
WändedesLeistenkanalsdurch dieVernähung desCremaster 
an den Obliquus internus und die straffere Vereinigung der 
Aponeurose des Obliquus externus zu verstärken; ich habe 
von dieser kleinen Operation in keinem Falle eine Schädigung des 
Kranken gesehen. Die Wunde heilte stets per primam; ein Auf- 
treten eines Bruches oder einer Vorwölbung der Narbe blieb stets 
aus, auch in einigen Fällen, wo die Narbe auf der}Seite des eigent- 
lichen Bruches nachgegeben hatte, und ich habe so in einer Reihe 
von Fällen die Kranken von der bereits vorhandenen Anlage eines 
Bruchsacks der anderen Seite befreit. 

Bei den 157 Männern, welche;beiderseits operirt wurden, 
fand sich 81mal beiderseits ein Bruchsack — derselbe war 
allerdings in 24 Fällen nur fingerhutgroß. 

In 74 Füllen war beiderseits eine Hernia obliqua 
> 4 >» > > > » directa, 
a GR > > > > » incipiens, 
» 1 Falle rechts Hernia directa, links obliqua. 

66mal war nur auf einer;Seiteein Bruchsack zu finden, 
auf der anderen Seite kein Bruchsack, aberein Lipom des Samenstrangs 
(3mal), Leistenhoden (mal, Bindegewebsstrang, einem obliterirten 
Bruchsack entsprechend (mal), Hydrocele funiculi (imal), Hernia 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1023 


directa incipiens (7mal). 6mal war weder rechts noch links ein Bruch- 
sack, nur weiter Leistenring mit Anprall. 4mal nur rechts (3) be- 
ziehungsweise links (1) Hernia directa. 

Bei den 13 Frauen, die beiderseits operirt wurden, 
fand sich 9mal beiderseits ein Bruchsack (mal Hernia directa). 


1) P. v. Bruns. Über die Wirkung der Bleispitzengeschosse 
bDum-Dum-Geschosse.«). 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.) 

Der Selbstbericht des Verf. über seine Schießversuche mit dem 
Dum-Dum-Geschoss ist in diesem Blatte (Beilage zu No. 26 p. 38) 
erschienen, die Arbeit hier aber durch treffliche Abbildungen er- 
läutert. Honsell (Tübingen). 


2) Kapsammer. Zur Frage der knorpeligen Callusbildung. 
{Virchow’s Archiv Bd. CLII. p. 157.) 

Das Material zu der vorliegenden Arbeit wurde durch experimentell 
an Kaninchen und Hunden erzeugte einfache Frakturen der langen 
Röhrenknochen gewonnen. In fast der Hälfte aller Fälle fehlt eine 
knorpelige Callusbildung; und zwar handelte es sich dabei um ideale 
Stellung der Bruchenden. Waren letztere dislocirt oder schlecht 
durch den Verband fixirt, so fanden sich entsprechend dem Grade 
der Dislokation oder schlechten Fixation mehr oder weniger große 
Koorpelinseln, welche stets in der Nähe der Bruchenden lagen. Das 
Auftreten von knorpeligem Callus bedeutet nach Ansicht des Verf. 
eine Verzögerung der Konsolidation. 

Die Arbeit ist etwas sehr aphoristisch gehalten. Von den Unter- 


suchungsmethoden erfährt man eigentlich gar nichts. 
Pels Leusden (Göttingen). 


3) O.Thilo (Riga). Kraftbestimmungen zu ärztlichen Zwecken. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 30.) 

T. betont die Wichtigkeit genauerer Bestimmung der Kraft der 
einzelnen Muskelgruppen, weil sich nur dadurch die Grundursache 
eines Leidens erforschen und seine Heilbarkeit feststellen lasse. Nach 
Mittheilung einiger charakteristischer Fälle giebt er mehrere all- 
gemeine Regeln für die Kraftmessung, bezüglich der Details auf 
seinen klinischen Vortrag über »Übungen« (Sammlung klin. Vorträge 
N. F. No. 176) verweisend. Als Ergänzung des letzteren (s. Referat 
d. Bl. 1897 p. 675) in einzelnen Punkten möge vorliegender Aufsatz 
Beachtung finden. Kramer (Glogau). 


1024 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


4) A. Gilbert et P. Carnot. L’opotherapie. Traitement 
de certaines maladies par extraits d’organes d’animaux. 
(L’oeuvre medico-chirurgical No. 10. Paris, Masson et Cie., 1898. 36 S.) 

Die Verff. geben in vorliegender Arbeit eine übersichtliche, ge- 
drängte Darstellung der wichtigsten, auf dem Gebiet der Opotherapie 
(wir zögen die Bezeichnung: »Organotherapie« vor. Der Ref.) ge- 
machten Erfahrungen. Im 1. Abschnitt wird die Herstellung der 
Organpräparate eingehend besprochen, während der 2. Theil der 
Besprechung der therapeutischen Anwendung derselben gewidmet ist. 
In dem die Schilddrüsentherapie betreffenden Abschnitt werden bei 
der Besprechung der Schilddrüsenfunktion die grundlegenden Arbeiten 
Kocher’s über die Cachexia thyreopriva merkwürdigerweise nicht 
erwähnt. Außer der Schilddrüsentherapie werden verhältnismäßig 
etwas eingehender besprochen: die aus den Geschlechtsdrüsen, dem 
Nervensystem, dem Knochenmark, den Nebennieren, dem Pankreas 
und der Leber gewonnenen Präparate. Lungen, Milz, Niere und 
Prostata sind kürzer behandelt, und Mamma-, Muskel-, Ciliarkörper-, 
Herz-, Gelenkknorpel- und andere bedeutungslose Extrakte werden 
mit Recht nur im Vorbeigehen erwähnt. 

Auf eigene Untersuchungen stützt sich besonders das Kapitel 
des Leberextrakts, welch letzterem die Verfl. Verminderung der 
Zuckerausscheidung, Vermehrung der Harnstoffbildung und überhaupt 
Hebung der Leberfunktion bei geringgradigeren Erkrankungen dieses 
Organs zuschreiben. 

Wenn schon in einzelnen Abschnitten gewisse Lücken auffallen 
mögen, so bietet doch die Arbeit der Hauptsache nach Alles, was 
auf 36 Seiten über das ausgedehnte Gebiet gesagt werden kann. Die 
Darstellung ist objektiv und hält sich im Ganzen fern von dem 
Optimismus, der sich wohl ab und zu in der Beurtheilung der Heil- 
erfolge der Organotherapie kundgegeben hat. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


5) J. Petruschky. Die wissenschaftlichen Grundlagen und 
die bisherigen Ergebnisse der Serumtherapie. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 212. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 
` Der Vortrag giebt, ohne neue Gesichtspunkte zu bringen, einen 
Überblick über die Entwicklung der Lehre von der natürlichen und 
künstlichen Immunität und der auf ihr sich aufbauenden Serum- 
therapie bei Diphtherie und der serotherapeutischen Versuche bei 
anderen Infektionskrankheiten, mit kurzem Bericht über die als 
günstig bezeichneten statistischen Ergebnisse der Heilserumbehand- 
lung bei Diphtherie, über die Methodik und die Nebenwirkungen 

derselben. Kramer (Glogau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1025 


6) Chlumsky. Die Therapie der Knochen- und Gelenk- 
tuberkulose nach Bier. 
(Wiener klin. Rundschau 1898. No. 14.) 

Die Arbeit enthält die Beschreibung der Principien, nach denen 
in der Breslauer chirurgischen Klinik zur Zeit die Behandlung der 
Gelenktuberkulose geleitet wird. Resektionen wurden fast nur im 
Kniegelenk ausgeführt, und zwar weniger zum Zweck der Ausheilung 
der Krankheit als zur Verbesserung der Funktion. Das Ellbogen- 
gelenk hat Mikulicz seit 16 Jahren nicht mehr resecirt. Es ist 
also eine sehr konservative Therapie, bei der im Wesentlichen Hebung 
des Ernährungszustandes, Fixation der Extremität durch Kontentiv- 
verbände, venöse Hyperämie nach Bier, Jodoformglycerineinspritzun- 
gen gebraucht werden. Die Resultate waren gut, nahezu 2/, der 
Fälle wurden geheilt, 10% gebessert. Die Arbeit schließt mit einer 
warmen Empfehlung des Bier'schen Verfahrens. 

Grisson (Hamburg). 


7) Wolfrom. Einiges über Silber und Silbersalze. 
(Allgemeine med. Centralseitung 1898. No. 42.) 

Verf. referirt größtentheils über die Cred&’schen Silberpräparate, 
berichtet aber auch über eigene Erfahrungen. Itrol hat er mit Vor- 
theil bei Operationswunden, Verbrennungen und auch zu Inhalationen 
verwandt. Die Silbersalze (Ung. Cred£) hat W. selbst gegen eine 
äußerst hartnäckige Furunkulose angewandt. 7 Einreibungen von 
je 3 g genügten, um ihn vollkommen von der Furunkulose zu be- 
freien. Auch in 2 anderen Fällen von Furunkulose und von Phleg- 
mone des Unterschenkels will er gute Erfolge von der Allgemein- 
wirkung der Salbe gesehen haben. Dreyer (Köln. 


8) P. G. Unna. Zur Verschreibung der Essigsäure. 
(Monatshefte für praktische Dermatologie 1898. No. 3.) 

Auf Grund von Versuchen über die mehr oder weniger schnelle 
Abgabe von Essigsäure an die Luft stellt U. für die Verschreibung 
der Essigsalben und -Pasten gewisse Regeln auf, um eine mäßig 
schnelle Abgabe zu erzielen. 

Er empfiehlt als Essigkühlsalbe: Adipis lanae, Acid. acet. dilut. 
Adipis benz. & 7,0; als Fettpaste: Adip. lanae 6,0, Acid. acet. dilut. 7,0, 
Adipis benz. 2,0, Kaolin. 6,0; als Glycerinpaste: Glycerin 5,0, Acid. 
acet. dil. 7,0, Kaolin. 9,0. 

Besonders vortheilhaft bei Acne ist die folgende Kombination: 
Adipis lanae 6,0, Acid. acet. dil. 7,0, Adipis benz. 6,0; Sulf. praec. 2,0 
(alle diese Salben und Pasten enthalten 10% wasserfreie Essigsäure, 
sind also stark; wünscht man sie schwach, so ersetzt man das Acid. 
acet. dil. durch gleich viel Acetum; dann enthalten sie nur 2% 
wasserfreie Essigsäure). Jadassohn (Bern). 


Ai 


1026 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


9) Bumm. Antiseptik und Technik. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 27.) 

Unter Hinweis auf die Thatsache, dass Anti- und Aseptik die 
Keimfreiheit der Wunden nicht völlig sicher stellen, wenn auch der 
Infektion mit virulenten Keimen vorzubeugen vermögen, betont B. 
die Nothwendigkeit, durch rein technische Maßnahmen die Unvoll- 
kommenheit unserer anti- und aseptischen Bestrebungen auszugleichen, 
d. h. Wundverhältnisse zu schaffen, die einen aseptischen Verlauf 
und ungestörte Heilung gestatten. . B. bespricht hierfür einige be- 
sonders wichtige Punkte der Technik, so die Wichtigkeit raschen 
und sicheren Operirens, sorgfältiger Blutstillung und der Wahl des 
Operationsweges bei gynäkologischen Fällen etc., um schließlich zu 
empfehlen, auch »beim Unterricht wieder mehr Gewicht auf die 
technische Ausbildung zu legen, die durch die Antiseptik allzu sehr 
in Schatten gestellt und vernachlässigt worden ist«. 

Kramer (Glogau). 


10) Behrend. Über die unter dem Einfluss der Röntgen- 


strahlen entstehende Hautveränderung. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 23.) 

Die krankhaften Veränderungen der Haut, welche unter dem 
Einfluss der X-Strahlen stehen, verlaufen meistens in günstigster Weise 
und bilden sich in kurzer Zeit, ohne nachtheilige Folgen zu hinter- 
lassen, zurück, wenn die Röntgenstrahlen nur kurze Zeit oder bei 
häufigerer Anwendung in größeren Intervallen auf die Haut ein- 
wirken. War die Haut hingegen längere Zeit der Strahleneinwirkung 
ausgesetzt, oder hatte die Exposition in häufiger Wiederholung und 
schneller Aufeinanderfolge stattgefunden, so treten schwere, selbst 
dauernd sichtbare Veränderungen auf. Der Process an und für sich 
charakterisirt sich als akute, mit Schwellung, Röthung und Abschup- 
pung einhergehende diffuse Entzündung der Haut; es kommt zur 
Durchtränkung der Gewebe mit seröser Exsudatflüssigkeit in analoger 
Weise, wie bei Verbrennungen, bei Ekzemen, akuten Exanthemen 
etc., im weiteren Verlauf zur Desquamation. Auch am Nagelblatt 
beobachtet man unter dem Einfluss der Röntgenstrahlen ` einen 
ähnlichen Entzündungsprocess, welcher zur Auflockerung und Zer- 
blätterung der Nagelmasse führt. Ganz analog gestalten sich die 
Verhältnisse an .behaarten Körperstellen. Der. Haarausfall ist nur 
ein temporärer, wenn unter dem Einfluss der Röntgenstrahlen die 
Matrix regenerationsfähig bleibt und wieder normalen Haarwuchs 
liefert; dagegen ist ein dauernder Haarverlust immer auch mit einer 
dauernden Veränderung des Gewebes verbunden. 

B. macht von einer Beobachtung an einem Herrn, welcher viel 
mit Röntgenstrahlen photographirte, Erwähnung, bei dem intensive 
und irreparable Gewebsveränderungen an den Händen aufgetreten 
waren. Die Haut zeigte die glatte, glänzend atrophische Beschaffen- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1027 


heit wie im Greisenalter; hierzu kam noch der. vollkommene Ver- 
lust sämmtlicher Lanugohaare. Die Haut der Fingerkuppen und der 
Endglieder der Finger an der Volarfläche boten das Aussehen, wie 
es die Sklerodaktylie zeigt. Die Nagelfalze waren atrophisch ver- 
dünnt, die Nägel an der Wurzel emporgehoben und vogelkrallenartig 
gekrümmt. Gold (Bielits). 


11) Dohi (Japan). Über Prurigo. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 22.) 

Die Beobachtungen und Erfahrungen, welche Verf. an Joseph’s 
Poliklinik in Berlin bezüglich dieser Erkrankungsform gemacht hat, 
giebt er in vorliegendem Aufsatz wieder. Er weist namentlich auf 
ein Symptom hin, welches der allgemeinen Aufmerksamkeit bisher 
entgangen zu sein scheint, nämlich auf das frühzeitige Auftreten 
von Drüsenschwellungen, ganz besonders in der Leistengegend, 
welche weder als sogenannte Prurigobubonen, noch als der Ausdruck 
der allgemeinen Skrofulose anzusehen, sondern als eines der ersten 
Zeichen der Allgemeinerkrankung aufzufassen sind. Im fortgeschrit- 
tenen Stadium der Prurigo kann das einzelne Knötchen durch 
Hypertrophie der Epidermis, Vermehrung der Retezellen und die zellige 
Infiltration der Papillen vollkommen das Aussehen eines soliden 
Knötchens bieten. Bei der mikroskopischen Untersuchung des vom 
Oberschenkel eines 2ijährigen Pat. stammenden anatomischen 
Materials fiel dem Verf. vor Allem eine bedeutende Akanthose im 
Bereiche des Prurigoknötchens auf. Überdies beobachtete er In- 
filtration in der subpapillären Schicht der Cutis, starke Erweiterung 
der Lymphgefäße in den tieferen Cutisschichten, starke Entwicklung 
der Musculi arrectores pilorum; hingegen wurden Talgdrüsen voll- 
ständig vermisst. 

Zur Unterstützung der Ansicht der erblichen Anlage der Prurigo 
führt Verf. an, dass in Joseph’s Klinik unter 140 Fällen 4mal 
Geschwister, imal sogar Vater, Mutter und Geschwister das Krank- 
heitsbild der Prurigo boten. Das männliche Geschlecht war häufiger 
betroffen als das weibliche; der Sommer begünstigte das Erscheinen 
der Knötcheneruption und die Schwere des Leidens. 

Gold (Bielitz). 


12) K. Szadek. Zur Pathogenese der Psoriasis. 
(Gas. lekarska 1898. No. 6.) 

Auf Grund einer sehr fleißigen Ausbeute der einschlägigen 
Litteratur und seiner eigenen reichlichen Erfahrung vertritt Verf. 
den Standpunkt der parasitären Natur der Psoriasis. Bezüglich der 
Begründung dieser Ansicht müssen wir jedoch den Leser auf das 
Original verweisen, da sich dieselbe keineswegs in einem Referat 
ohne wesentliche Schädigung wiedergeben lässt. 

Trsebicky (Krakau). 


1028 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


13) v. Bergmann. Durch Röntgenstrahlen im Hirn nach- 
gewiesene Kugeln. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 18.) 

v. B. weist auf die Wichtigkeit und den Werth des Röntgen- 
verfahrens für den Nachweis von Geschossen innerhalb der Schädel- 
höhle hin. Die beigefügten gelungenen Reproduktionen von Photo- 
graphien lassen aus den Schattenbildern der Geschosse den Sitz 
derselben deutlich erkennen. Im Übrigen giebt v. B. den dringenden 
Rath, Untersuchungen und Extraktionsversuche bei Schüssen in den 
Schädel zu unterlassen und sich auf die Reinigung der Wundum- 
gebung und die Bedeckung der Einschussöffnung mit einem Occlusiv- 
verband aus steriler Gaze zu beschränken. Gold (Bielitz). 


14) B. K. Rachford (Cincinnati). Relationship of migraine 
to epilepsy. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. April.) 

Aus dem massenhaften Auftreten von Paraxanthin im Urin nach 
heftigen Migräneanfällen schließt R., dass dieser Körper im Zu- 
sammenhang steht mit der Entstehung der Migräne. Es gelang R. 
ferner in gewissen Fällen von Epilepsie, im Urin, der nach dem 
Anfall entleert wurde, Paraxanthin aufzufinden (Paraxanthinepilepsie). 
Ferner gelang es ihm, mit dem so gewonnenen Paraxanthin bei 
Mäusen und Meerschweinchen epilepsieähnliche Zustände zu erzeugen. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


15) A. J. MoCosh. The surgical treatment of epilepsy. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Mai.) 

Der amerikanische Autor beschränkt die Indikation zur Operation 
nach folgenden Momenten. 

1) Die Konvulsionen müssen auf eine bestimmte Muskelgruppe 
beschränkt sein; oder 

2) die Epilepsie ist durch eine Depression oder Lokalerkrankung 
am Schädel bedingt; oder 

3) sie ist auch ohne äußerlich wahrnehmbare Veränderungen 
bedingt durch eine schwere Schädelverletzung und deutet”auf einen 
umschriebenen Herd im Gehirn. 

Von 14 nach diesen Gesichtspunkten operirten Fällen wurden 
3 geheilt, 5 gebessert, 4 ungebessert; von 2 ist das Schicksal un- 
bekannt; Mortalität 0. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


16) M. Lannois. Abces periauriculaires consécutifs aux otites 
externes circonscrites. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 24.) 
Die Bildung periaurikulärer Abscesse im Gefolge von Furunkulosis 
des Gehörgangs wird von 'L. mit Recht als eine nicht so seltene 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1029 


und leicht zu diagnostischen und therapeutischen Missgriffen ver- 
leitende Affektion bezeichnet. Er selbst hat in einem solchen Falle, 
wo die Lage des retroaurikulären Abscesses in Verbindung mit einer 
vorausgegangenen Mittelohreiterung für eine Erkrankung der Warzen- 
fortsatzzellen zu sprechen schien, die Aufmeißelung vorgenommen 
und dabei die Zellen des Warzenfortsatzes ganz gesund gefunden. 
Diese periaurikulären Abscesse kommunieiren mit den sie verur- 
sachenden Furunkeln des Gehörgangs durch feine Fistelgänge, sie 
erfordern aber wegen ihrer Größe meist eine besondere Eröffnung. 
Teichmann (Berlin). 


17) Terrier, Guillemain et Malherbe. Chirurgie de la face. 
Paris, Félix Alcan, 1897. 

Den Inhalt dieses Bandes bilden Vorlesungen des Pariser Chirurgen 
Terrier, die von seinen Schülern Guillemain und Malherbe 
redigirt sind. In 3 Theilen werden folgende Operationen beschrieben: 
im ersten Theil die Resektionen des Ober- und Unterkiefers, die 
unmittelbare Prothese nach der Resektion der Kiefer und Kiefer- 
brüche, im zweiten Theil Hasenscharten, Lippenplastik, Chirurgie 
der Speicheldrüsen, der Zunge, der Mandeln, des Rachens, des Gau- 
mens und Gaumensegels, im dritten Theil die Resektion der Nasen- 
knochen, die Rhinoplastik, die Chirurgie der Nasengruben, der Stirn- 
höhle, Kieferhöhle, Keilbeinhöhle und Siebbeinzellen. Es fehlt also 
die Chirurgie der Gesichtsnerven, die Terrier später noch heraus- 
zugeben gedenkt, Wie in einem ÖOperationskurs werden nur die 
Ausführung der Operationen und ihre Indikationen besprochen. Es 
handelt sich also nicht um ein klinisches Lehrbuch. Der Entstehung 
aus Vorlesungen entsprechend ist das Buch auf den Studirenden zu- 
geschnitten, fasslich und klar. Die schematischen Bilder erhöhen 
in gleichem Sinne seinen didaktischen Werth. Dreyer (Köln). 


18) W. T. Howard und J. M. Ingersoll. A contribution 
to our knowledge of the etiology of inflammations of the 
accessory sinuses of the nose. 

(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Mai.) 

Die Verff. untersuchten ia 18 Fällen von Eiterungen der High- 
morshöhle, der Frontal- und Ethmoidalsinus den eitrigen Inhalt auf 
Bakteriengehalt und stellten fest: 

1) Die Entzündungen der Nebenhöhlen sind meist nicht durch 
einen einzelnen Mikroorganismus bedingt; oft sind sogar mehrere 
Arten betheiligt; auch Aspergillus und Würmer wurden gefunden. 

2) Die gefundenen Bakterien sind die auch sonst in Mund und 
Nase vorkommenden, sei es in gesunden oder pathologischen Ver- 
hältnissen. 

3) Nicht nur lokale Infektionen, sondern auch entfernte Infek- 
tionsherde oder Allgemeinerkrankungen führen zu Eiterungen der 


1030 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


Nebenhöhlen der Nase. Von lokalen Erkrankungen kommen in Be- 

tracht: akute und chronische Rhinitis, Coryza, Influenza, Diphtherie, 

Pharyngitis, Tonsillitis, Tuberkulose, Syphilis, Nasengeschwülste, 

Erysipel, Verletzungen. Als entferntere Infektionsherde spielen eine 

Rolle: Erysipel, Gelenkrheumatismus, Pneumonie, Phthise, Meningitis, 

Eiterungen oder Allgemeinerkrankungen wie Masern und Scharlach. 
W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


19) Prota e Martuscelli. Sul sarcoma della tonsilla linguale. 
(Arch. ital. di laringologia 1898 No. 3. Ref. nach Gazz. degli ospedali e delle clin. 
1898. No. 86.) 

Die Zungensarkome gehen fast immer von der Zungentonsille 
aus und gleichen den Lymphdrüsengeschwülsten. Nur die eine Beob- 
achtung von Godlee spricht für den Ursprung aus Schleimdrüsen. 
Die histologische Untersuchung genügt meist zur Diagnose nicht. In 
vorgerückten Stadien müssen Tracheotomie und künstliche Ernährung 
ausgeführt werden. Dreyer (Köln). 


20) Hellat. Über adenoide Wucherungen bei Erwachsenen. 
(St. Petersburger med. Wochenschrift 1898. No. 25 u. 26.) 

H. macht in dankenswerther Weise darauf aufmerksam, dass, 
entgegengesetzt der herrschenden Ansicht, die adenoiden Wuche- 
rungen nicht bloß bei Kindern, sondern auch bei Erwachsenen vor- 
kommen und bei diesen zu eben so schweren Störungen führen, wie 
bei Kindern. Er führt 5 beweisende Krankengeschichten an, in 
denen Exstirpation der Wucherungen Heilung brachte. Zur Opera- 
tion empfiehlt er ein modifieirtes Gottstein’sches Messer. 

Haeckel (Stettin). 


21) E. Hertoghe. Vegetations adenoides et myxoedeme. 
(Bull. de l’'acad. royale de med. de Belgique 1898. No. 3. — Soc. med. chir. d’Anvers 
Annales 1898. März.) 

Im Anschluss an seine Arbeit im obigen Bulletin 1897 p. 750, 
so wie gestützt auf neuere Publikationen von Gerard, Thèse de 
Paris 1894; Follet, Thöse de Paris 1898; W. Meyer in Med. surg. 
Transact. Vol. LIII p. 191; Fr. H. Bosworth, A treatise on disease 
of the nose and throat, New York 1889 Vol. I p. 541; El. Kam- 
bouroff, Echo med. de Lyon 1898 Februar 15; Cheval De l'hyper- 
trophie de la tourille rétro-pharyngienne et Ae ses complications, 
Brüssel 1894, hat H. neuerdings ausgedehnte Untersuchungen über. 
den Zusammenhang von adenoiden Vegetationen im Nasen-Rachen- 
raum mit Schilddrüsenabnormitäten bezw. Myxödem angestellt. Nach 
ihm sind Tuberkulose, Rachitis, Chondrodystrophie, Syphilis héredi- 
taria, Stenosis mitralis, angeborene Verengerung der Aorta, infantile 
Albuminurie, Tabak- und Alkoholintoxikationen nur indirekte Ur- 
sachen von Wachsthumshemmungen, indem sie alle die Schilddrüse 
beeinflussen, von wo aus dann die allgemeinen Hemmungen des 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1031 


Wachsthums ausgehen. Auch die adenoiden Vegetationen beeinflussen 
die Schilddrüse, bedingen desshalb indirekt Myxödem, Skelett- 
krankheiten, Rachitis etc., überhaupt >Infantilismus«. Mandelhyper- 
trophien, angeborene Verengerungen der Nasengänge gehören eben- 
falls hierher. H. erläutert seine Anschauungen durch Kranken- 
geschichten. Seine Schlusssätze sind: 1) Myxödem ist stets von 
Störungen des Nasen-Rachenraumes begleitet, welche in dem Maße 
heilbar sind, wie das Myxödem selbst. 2) Adenoide Vegetationen 
und Schilddrüsenschwund gehen meist Hand in Hand. Die Kranken- 
geschichte der Familie liefert meist den klarsten Beweis. 

H. hält die Aufstellung des Krankheitstypus »Adenoidier« für 
eben so berechtigt, wie z. B. den des »Rachitiker«. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 
22) Reinbach. Weitere Beiträge zur Gewebssaft-, speciell 
zur I'hymustherapie der Kröpfe. 

(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. IH. Hft. 2.) 

R. bringt weitere Erfahrungen über die Thymustherapie bei 
Kröpfen aus der Klinik von Mikulicz. 15 Kröpfe wurden mit 
Thymus, 8 mit Thyreoidea und 2 mit Thyrojodin behandelt. Auch 
diese Erfahrungen bestätigen, dass Thymus zweifellos eine kropf- 
verkleinernde Wirkung ausüben kann; allerdings durchaus nicht in 
allen Fällen; denn es blieb die kleinere Hälfte der Fälle unbeein- 
flusst. Knoten- und Cystenkröpfe reagiren gar nicht darauf, aber 
auch von den diffusen, parenchymatösen Kröpfen ein Theil nicht. 
Eine vollständige Heilung wurde nie erzielt. In den allermeisten 
Fällen wurde nachher doch noch operirt. — Es scheint, dass die 
Thymus wirksamer ist als Schilddrüsen- als Thyrojodinbehandlung; 
denn wenn diese versagte, war bisweilen jene noch wirksam. Die 
Thymus hat außerdem den Vorzug vor jenen, dass sie keine Neben- 
wirkungen macht und absolut unschädlich ist. — Das physiologisch 
Interessante der Sache ist, dass dadurch bewiesen ist, dass das 
Baumann’sche Thyrojodin — abgesehen von vielen anderen Gründen 
— nicht die allein wirksame Substanz der Schilddrüse sein kann. 
Haeckel (Stettin). 


23) B. Fraenkel. Über Tracheotomie ohne allgemeine Nar- 
kose mit Lokalanästhesie. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 23.) 

Die Beobachtung von häufigen Asphyxien in der Narkose bei 
chronischen Stenosen des Kehlkopfs und der Luftröhre veranlasste 
F., die Tracheotomie mit der Lokalanästhesie durch Cocain aus- 
zuführen. Er verwendet bei Erwachsenen eine 20 %ige, bei Kindern 
eine 10%ige Lösung und injicirt davon zu jeder Seite des zu machen- 
den Schnittes einen Theilstrich der Lösung. F. ist mit der Anästhesie 
außerordentlich zufrieden und empfiehlt sie auf das wärmste. (Die 
Dosis von 0,04 für den Erwachsenen, die der Maximaldosis [0,05] 


1032 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


nahe kommt, erscheint dem Ref. einigermaßen hoch gegriffen, da es 
sich doch nur darum handelt, den Pat. gegen den Hautschnitt un- 
empfindlich zu machen, wozu eine weniger starke Lösung den Zweck 
erfüllen würde. Im Übrigen wurden Tracheotomien unter Cocain- 
anästhesie schon früher von v. Schrötter in Wien ausgeführt. Auch 
Referent hat in 2 Fällen von Kehlkopftuberkulose die Tracheotomie 
mit Hilfe einer 2!/,%igen Cocainlösung mit bestem Erfolg vor- 
genommen.) Gold (Bielitz). 


24) C. Bouyer. De la tuberculose pulmonaire dans les 


kystes hydatiques. 
Thèse de Paris, &. Steinheil, 1898. 118 8. 

Verf. bespricht in der weitschweifig geschriebenen Dissertation, 
veranlasst durch 2 von ihm bei Duplay beobachtete Fälle, die Be- 
ziehungen zwischen Tuberkulose, speciell Lungentuberkulose, und 
Echinococcus. Er kommt dabei zu dem — nicht unerwarteten — Er- 
gebnis, dass Träger von Echinokokken auch tuberkulös sein können, 
dass die Tuberkulose bei ihnen nicht weniger häufig ist, als bei 
anderen Individuen, und dass sie ihren gewöhnlichen Verlauf nimmt, 
unbekümmert um den Echinococcus. Bezüglich der Symptomatologie 
hebt er hervor, dass Lungenblutungen auch bei Lungenechinokokken 
vorkommen. Er legt ferner Gewicht darauf, dass bei Echinokokken 
tuberkulöse Pleuritiden vorkommen. (Dies ist selbstverständlich nicht 
zu bezweifeln; immerhin ist zu bemerken, dass dem Verf. offenbar 
die schon seit der Arbeit von Guillebeau beschriebene makrosko- 
pische und mikroskopische Ähnlichkeit der durch Echinokokken 
hervorgerufenen Fremdkörpertuberkulose mit der bacillären Tuber- 
kulose nicht bekannt ist. Der Ref.) 

In therapeutischer Beziehung empfiehlt Vert, den Echinococcus 
zu behandeln, wie wenn keine Tuberkulose vorhanden wäre — 
immerhin unter Bevorzugung schonender Operationsverfahren in 
Fällen, wo die Wahl offen steht. de Querrain (Chaux-de-Fonds). 


Kleinere Mittheilungen. 


25) A. Delcourt. Rhumatisme articulaire noueux chez les enfants. 
(Revue mensuelle des maladies de l'enfance 1898. Juli.) 

Ein 3!/,jähriges Kind erkrankte an Anfangs wieder vorübergehender schmerz- 
loser Anschwellung einzelner Gelenke. Allmählich blieben die Gelenkschwellungen 
stabil. Innerhalb eines Jahres waren sämmtliche große und kleine Gelenke, auch 
die Gelenke der Halswirbelsäule, verdickt, aktiv und passiv nur noch unvoll- 
kommen beweglich. Die Affektion verlief fieberlos. Im Alter von 5 Jahren starb 
das Kind nach 9tägigem hohem Fieber. 

Die Todesursache ist eine fast über sämmtliche Extremitätenknochen aus- 
gebreitete akute Streptokokkenosteomyelitis. 

An chronischen Veränderungen fanden sich: Verdickung des periartikulären 
Gewebes und der Gelenkkapsel. Nur vereinzelt Spuren von Knorpelusur. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1033 


Die Verdiekung der Epiphysen war nur gering, sie war im Leben durch die 
Verdickung der Weichtheile vorgetäuscht gewesen. 

Außerdem fand sich Synechia pericardii, die augenscheinlich schleichend ent- 
standen ist. Verf. giebt eine ausführliche Beschreibung der Symptomatologie des 
chronischen Gelenkrheumatismus im Kindesalter und wendet sich auf Grund seines 
— bisher einzig vorliegenden — Obduktionsbefundes gegen Bérard und Destot, 
die der Beschreibung nach sehr ähnliche Erkrankungen als tuberkulös auffassen. 

Göppert (Breslau). 


26) A. F. Matwejew. Zur Kasuistik der Echinococcuskrankheit. 
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 4.) 
1) Milsechinococeus, Pat. im 4. Schwangerschaftsmonat. Cyste kindskopfgroß. 
Zweigeitige Operation. Heilung. 
2) Echinococcus im Rachen (rechts), Parese des linken Facialis, Ptosis links. 
Entfernung der Blase. Nervenbefund unverändert (also Echinococcus der Schädel- 
höhle). 


3) Leberechinoooceus. Operation zweizeitig. Im Verlauf krupöse Pneumonie. 


Beheilt. @ückel (B. Karabulak, Saratow). 
27) Sternthal. Mittheilungen über extragenitale syphilitische In- 
fektionen. 


(Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Arzte 1897.) 
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897. 

Verf. hat aus seiner Praxis 14 Fälle extragenital erworbener Syphilis zu- 
sammengestellt, welche in mehrfacher Beziehung interessant sind. 7 Fälle betrafen 
Primäraffekte an den Lippen, durch Küssen erworben; 3 Primäraffekte an den 
Fingern. imal handelte es sich um einen Zahnarzt, der sich an dem Zahn eines 
syphilitischen Kellners gerissen hatte; die Affektion wurde erst verkannt und 
wiederholt von einem Chirurgen ineidirt. Eben so wichtig in Bezug auf die even- 
tuelle Weiterverbreitung der Syphilis war die Erkrankung einer Hebamme ge- 
legentlich einer Geburt; in der That sind von ihr eine Anzahl Infektionen aus- 
gegangen, von denen ein Fall tödlich endete. 

Ein Primäraffekt an der Mammilla, wobei die Infektionsquelle das eigene, 
vom Vater her hereditär syphilitische Kind der gesunden Mutter war, bildet eine 
Ausnahme vom Colles’schen Gesets. Von 2 Initialsklerosen in der Mundhöhle 
scheint die eine durch zahnärztliche Instrumente hervorgerufen worden zu sein. 
Im 14. Falle war der Sitz der Affektion am Schamberg und auf dem Oberschenkel. 
— Das männliche und weibliche Geschlecht ist zu gleichen Theilen betroffen. 
Verf. bespricht die Ätiologie und Diagnose der extragenitalen Primäraffekte und 
hält letztere für leicht. Die Erkennung der wahren Natur des Leidens begegnet 
aber doch zuweilen Schwierigkeiten, zumal an den Fingern, wo es oft mit be- 
ginnendem Panaritium verwechselt wird. Das kann, wie im angeführten Falle bei 
einem Zahnarzt, sehr verhängnisvoll werden! Besonders wichtig sind solche In- 
fektionen bei Ärzten, Zahnärzten und Hebammen, wenngleich letzteren die Aus- 
übung ihrer Thätigkeit gesetzlich entzogen werden kann und muss. 

Aber auch die zahnärztlichen Instrumente erscheinen dem Verf. mit Recht als 
höchst bedenklich, vor Allem die Spiegel; er schlägt desshalb vor, dass jeder Pat. 
sich seinen eigenen Spiegel halten und mitbringen soll. (Es giebt wohl so manchen 
Zahnarzt oder Dentisten, der keine ausgiebige Reinigung, geschweige denn Steri- 
lisation seiner Instrumente vornimmt. Ref.) — Verf. schließt die hoch interessanten 
Mittheilungen mit einem Appell an die Behörden, »die Minderung der Infektions- 
gefahr und die Behandlung der Syphilitischen zu erleichtern durch Hinwegräumung 
der nutzlosen Bestimmung, dass an Syphilis leidende Kassenkranke kein Kranken- 
geld erhalten, durch Errichtung besonderer Syphilisabtheilungen in den Hospi- 
tälern und Besetzung derselben mit der Syphilis kundigen Ärzten, endlich durch 
sorgfältigere Überwachung und Regelung der Prostitution.« 

Tschmarke (Magdeburg). 


1034 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


28) Strauss. Psoriasis und Arthropathien. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 18.) 


Verf. theilt einen Fall von Psoriasis universalis mit, welcher mit hochgradigen 
Arthropathien und Nageldeformitäten einherging. Die Gelenkaffektionen glichen 
einer Arthritis deformans. Im Anschluss an einen Hitzschlag traten allmählich 
Schmerzen, Schwellungen und Steifigkeiten in den Finger-, Hand- und Zehen- 
gelenken auf. Im weiteren Verlauf machten sich die Erscheinungen in geringerem 
Grade auch in den Schultergelenken, so wie in denen der Halswirbelsäule geltend. 
Die Haut über den befallenen Gelenken wurde welk und dünn, Störungen von 
Seiten des Hersens und des Nervensystems, die eine Rückenmarkserkrankung 
hätten diagnosticiren lassen, fehlten. 

An den Nägeln der Finger und Zehen waren hochgradige Veränderungen zu 
konstatiren, welche den Eindruck schwerer trophischer Störungen machten, wie sie 
die Onychogryphosen darstellen. Dafür sprach auch das Verhältnis, in welchem 
die Schwere der Nagelerkrankungen zu der der Gelenkdeformitäten in den ein- 
zelnen Fingern und Zehen stand. Je größer die letzteren waren, um so hoch- 
gradiger machte sich die Verunstaltung an den Nägeln geltend. 

Wenn auch bei dem Pat. eine hereditäre Belastung nicht nachzuweisen und 
derselbe bis zum Auftreten der Psoriasis immer gesund war, so hält es S. für 
wahrscheinlich, dass auch in seinem Falle eine gemeinsame Ursache sowohl für 
die Psoriasis, als auch für die mit allgemeiner Onychogryphose einhergehenden 
Veränderungen an den Gelenken bestand, für deren Ätiologie der Hitzschlag ein 
begünstigendes Moment gewesen sein mag, indem er schwere nervöse Depressions- 
erscheinungen und Folgen hinterlassen hat. Gold (Bielitz). 


29) Habermann (Wismar). Beitrag zur Kenntnis der malignen 
Neurome. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 23 u. 24.) 


Die Arbeit bringt die ausführliche Krankheitsgeschichte eines sehr sorgfältig 
klinisch beobachteten und — im Rostocker Institut — pathologisch-anatomisch 
untersuchten Falles von Elephantiasis neuromatodes congenita einer 28jährigen Pat. 
mit zahlreichen Pigmentirungen, Naevis, oft Fibroma molluscum-artigen Haut- 
fibromen, mit zunächst einer solitären Geschwulst des N. ischiadicus und folgender 
Ausbreitung der Neurofibromatose über das ganze Nervensystem, selbst den Vagus 
und Splanchnicus. Während zwischen dem Auftreten der 1. Geschwulst (Nerven- 
resektion mit nachfolgender Plastik bei sehr gutem funktionellen Resultat) und 
dem der 2. am Ulnaris 1 Jahr lag, entwickelten sich die weiteren nach Exstirpation 
der letzteren, zunächst solche am Kopf, schon in 9 Monaten und danach in immer 
kürzeren Zwischenräumen und stellten im Gegensatz zu den ersten, sekundär sar- 
komatös degenerirten Neuromen reine Neurofibrome dar. Den Exstirpationen 
folgten niemals lokale Recidive. Der Fall bietet mancherlei Interessantes, so 
dass das Studium der Abhandlung empfohlen werden kann. 

Kramer (Glogau). 


30) G. Gavello e A. de Simoni. La tubercolina TR nella cura del 
lupus. 
7 (Gazz. med. di Torino 1898. No. 25.) 

Die Autoren haben in 2 Fällen von Lupus faciei mit bereits starker Zer- 
störung an Wange und Nase das neue Koch’sche Tuberkulin verwandt. Im 
ersten Falle wurden im Ganzen 3, im zweiten 5 mg verwandt. Es bildeten sich 
gute Grenulationen, und im ersten Falle trat Heilung durch Vernarbung ein, im 
zweiten wesentliche Besserung; dann musste die Kur abgebrochen werden wegen 
nicht näher angegebener übler Nebenerscheinungen. 

E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1035 


31) E. Lang. Die Resultate der operativen Lupusbebandlung. 
(Wiener klin Rundschau 1898. No. 13.) 

L. hat 49 Fälle von Lupus mit Totalexstirpation behandelt mit nachfolgender 
plastischer Deckung der Defekte durch einfache Naht, gestielte oder ungestielte 
Hautlappen oder Transplantation nach Thiersch. 

Von den 49 Kranken blieben 35 in Beobachtung, und von diesen wurden 27 
durch die Operation definitiv geheilt. Die reeidivfreie Zeit betsägt bei denselbe 
1/2— 5/4 Jahre. 

Von den Kranken waren die meisten vorher anderweitig behandelt, viele Jahre 
ibis zu 40) lang ohne Erfolg. Grisson (Hamburg). 


32) M. Lesné. Un cas d'infection staphylococcique du sang et du 
liquide cephalo-rachidien. 
(Revue mensuelle des maladies de l’enfance 1898. Juni.) 

Das 7 Monate alte, augenscheinlich schon öfters magen-darmkrank gewesene 
Kind zeigte außer einer ausgebreiteten, zum Theil phlegmonösen Furunkulose 
Nackensteifigkeit und gespannte Fontanelle. Es wurde in einwandsfreier Weise 
der Nachweis von Staphylococcus albus in den Abscessen, im Blut des Sinus 
longitudinalis und im meningealen Exsudat geführt. 

Letzteres wurde theils durch Punktion der Fontanelle, theils durch Lumbal- 
punktion gewonnen. Die Punktionsflüssigkeit war übrigens stets klar. (Über den 
Eiweißgehalt ist nichts berichtet.) Mindestens 50 Tage lang war in ihr der 
Staphylococcus albus nachweisbar, im Blut dagegen etwa 4 Wochen lang. Trotz 
einer schweren akuten Magen-Darmerkrankung und Nachschüben der Furunkulose 
fast völlige Heilung in 3 Monaten. Schneller Tod an Masern-Lungenentzündung. 

Bei der Sektion fand sich der Staphylococcus albus nur in dem Eiter des wie 
gewöhnlich erkrankten Mittelohrs. Verf. glaubt, dass die Staphylokokkhämie 
häufiger in Heilung übergehe. Göppert (Breslau). 


33) Friedländer und Schlesinger. Über die chirurgische Behandlung 
der Hirnsyphilis. 
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 2.) 

Zur Frage des Nutzens der Operation bei Hirnsyphilis, gegen die sich be- 
kanntlich einige namhafte Autoren sehr ablehnend verhalten, bringen F. und 8. 
einen werthvollen Beitrag. Bei einem 43jährigen Mann, der früher Lues gehabt, 
bestanden seit 2 Jahren heftige linksseitige Kopfschmerzen, Rindenepilepsie; 
dazu trat rechtsseitige Hypoglossuslähmung, rechtsseitige Facialisparese, Lähmung 
des rechten Arms, Störung des Lokalisationsvermögens, des Temperatur-, Schmerg- 
und stereognostischen Sinnes bei Erhaltensein der Berührungsempfindung; doppel- 
seitige Stauungspapille. Ein Gumma der Dura in der Gegend des unteren Theils 
der linken Centralwindungen wird entfernt. Heilung. Die Hypoglossuslähmung 
bleibt, die Stauungspapille geht zurück; während der Rekonvalescenz besteht aus- 
gesprochene Verspätung der Schmerzempfindung auf der rechten Körperhälfte. 
Lähmung der Vasomotoren derselben Seite. 

Es kann also keinem Zweifel unterliegen, dass die operative Entfernung von 
Syphilomen gerechtfertigt ist, wenn die antiluetische Behandlung versagt. 

In den angeknüpften Erörterungen werden für die Hirnpathologie einige 
Punkte hervorgehoben. Der Fall spricht für das Vorhandensein eines räumlich 
nicht mit anderen motorischen Centren zusammenfallenden Rindencentrums für 
den Hypoglossus beim Menschen; ferner spricht er für die mehrfach angezweifelte 
corticale Vertretung der Vasomotoren beim Menschen, so wie dafür, dass die 
Verspätung der Schmerzempfindung, die als spinales und peripheres Symptom be- 
kannt ist, auch rein corticaler Natur sein kann. Endlich zeigt der Fall, dass 
der Temperatursinn ein Rindenfeld besitzt, das sich nicht vollkommen mit den 
Rindenfeldern für die anderen Sensibilitätsqualitäten deckt. 

Haeckel (Stettin). 


1036 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


34) Masse. Piaulement intracranien consécutif à un traumatisme. 
(Gaz. hebdom. des sciences med. de Bordeaux 1898. No. 28 u. 29.) 

In ausführlicher, interessanter Darstellung berichtet M. über einen Fall hef- 
tigen Aufschlagens des Kopfes auf den Fußboden bei einem 71/3 Monate alten 
Kinde, bei dem anfänglich keine schwere Verletzung vorzuliegen schien, bei dem 
nachträglich aber als Wahrscheinlichkeitsverletzung ein Schädelbruch und 
arterio-venöses Aneurysma der Carotis interna im Sinus caver- 
nosus angenommen werden musste. 

Der Fall war ein indirekter, die Mutter stürzte mit dem Kind im Arm. Zu- 
erst wurde nichts beobachtet, nach 47 Tagen cerebrale Erscheinungen mit Eiterung 
aus dem Ohr und Abscess hinter demselben. Nach Incision und Behandlung 
Heilung. 

Nach 6 Jahren Hören eigenthümlicher Geräusche im Kopf, die auch von 
Anderen auskultirt werden konnten. Dieselben waren isochron mit dem Puls- 
schlag, auf der rechten Kopfseite, und konnten durch Kompression der Carotis 
am Hals unterdrückt werden. 

Allmählich hat sich das Kind an die Geräusche so gewöhnt, dass es nicht 
mehr davon gestört wird, und da bei der nunmehr 11jährigen, von M. beobachteten 
Pat. keine weitere Störung vorliegt, sie sich vielmehr bester Gesundheit nach 
jeder Richtung hin erfreut, wurde nichts gemacht. 

In ausführlicher Weise zergliedert M. die einzelnen Punkte der Wahrschein- 
lichkeitsdiagnose und geht genau auf die Litteratur, namentlich die französische, 
der einschlägigen seltenen Fälle ein, so dass um desswillen auch die Publikation 
für Jeden, der sich mit der Frage beschäftigt, wichtig ist. 

A. Henry (Breslau). 


35) Henschen. Die Röntgenstrahlen im Dienste der Hirnchirurgie. 
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 2.; 
Schuss in das linke Auge. Die klinische Lokaldiagnose wird durch die 
Photographie bestätigt. Trepanation, Extraktion des Geschosses aus dem rechten 
parieto-oceipitalen Lappen, Heilung. Der Fall liefert zugleich den bündigsten 
Beweis für His Theorie, dass das dorsale Bündel im occipitalen Abschnitt der 
Sehbahn (vom äußeren Kniehöcker bis zur Fissura calvarina) den dorsalen Retinal- 
quadranten innervire. Haeckel (Stettin). 


36) Depage. Sarcome de la base du cräne; trach&otomie préventive; 
ligature provisoire des deux carotides externes; résection ost&oplastique 
de la mächoire supérieure par le proc&d& de Kocher; Gufrison. 
Presentation de l’opere. 
(Bull. de l'acad. royale de med. de Belgique 1898. No. 5.) 

Die osteoplastische Resektion der Oberkiefer nach Kocher 1892 erleichterte 
in obigem Falle bei einem 39 Jahre alten Manne die Entfernung der Geschwulst 
sehr, deren Abschälung von der Basis cranii und den oberen Halswirbeln an sich 
nur das eine Bemerkenswerthe bot, dass die Blutung trotz der temporären Unter- 
bindung beider äußeren Karotiden sehr reichlich war. Beim Zusammennähen der 
Oberkiefer nach der Operation ließ man die Spalte des Zäpfchens der leichteren 
Tamponade wegen offen. Heilung in 3 Wochen. Staphylorrhaphie 6 Wochen später. 

E. Fischer {Straßburg i/E.). 


37) A. A. Maximow. Zur Frage der Geschwülste, die sich an der 
gewöhnlichen Stelle der vorderen Hirnbrüche entwickeln. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 4.) 

Bei einem 2jährigen Mädchen wurde eine Geschwulst an der Nasenwursel 
entfernt, die man für einen vorderen Hirnbruch hielt. Sie war angeboren, 21/2 cm 
hoch, an der Basis 3—3!/; Querfinger breit, weich-elastischh etwas durch- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1037 


scheinend, der Knochen unter ihr usurirt. Die Wunde wurde osteoplastisch ge- 
sohlussen und tamponirt; beim Verbandwechsel entleerte sich seröse Flüssigkeit. 
Erst die mikroskopische Untersuchung zeigte Bindegewebe mit großen Lymph- 
spalten und quergestreiften Muskelfasern in den Septen; es handelte sich also um 
ein angeborenes kavernöges Lymphangiom der Haut. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


38) Depage. Un deuxième cas de resection du ganglion de Gasser. 
(Bull. de l’acad. royale de méd. de Belgique 1898. No. 3.) 


Während die 1. Operation, ausgefūhrt 1896 an einer Dolichocephalen, leicht 
von statten ging, machte die 2. bei einer 51 Jahre alten Brachycephalen große 
Schwierigkeiten. Die Pat. hatte ihre Neuralgie rechts schon seit etwa 20 Jahren; 
sie wurde nach Krause am 25. November 1897 operirt. Nachdem die Dura frei 
gelegt, machte die Unterbindung der Meningea media große Schwierigkeiten, weil 
der Knochenvorsprung außen am Foramen spinosum sehr stark entwickelt war. 
Die Lösung der Dura bis zum 3. und 2. Ast war leicht. Als sie jedoch von 
der Oberfläche des Ganglion zurückgeschoben wurde, riss sie sammt Arachnoidea 
und Pia ein, es floss Liquor cerebri ab, starke Blutung stellte sich ein, Tamponade 
war nöthig, Respiration und Puls setzten zeitweise aus, auch Hirnmasse floss ab. 
Trotzdem gelang es, die Operation zu vollenden, welche jedoch 2 Stunden dauerte. 
Die Depression nach der Operation ging nach etwa 4 Stunden in Exaltation 
über, welche 2 Tage dauerte und mit großen Dosen Morphium bekämpft wurde. 
Dann setzten die Neuralgien wieder ein, das rechte Bein gelähmt, der Urin zu- 
rückgehalten, die rechte Pupille und rechte Augenlider sind gelähmt. Vom 
3. Tage an trat langsam Besserung ein und Heilung. Diplopie bestand noch 
längere Zeit, heilte aber ebenfalls. E. Fischer (Straßburg i/E.). 


39) Friedrich. Zur chirurgischen Behandlung der Gesichtsneuralgie, 
einschließlich der Resektion und Exstirpation des Ganglion Gasseri. 
(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft, 2.) 

F. stellte die Enderfolge der Nervenextraktion nach Thiersch fest durch Nach- 
untersuchung der in den Jahren 1883—1893 an der Thiersch’schen Klinik Operirten 
Von 26 Fällen ließen sich bei 17 Nachrichten erhalten; bei den meisten waren 
6 Jahre und mehr seit der Operation verstrichen. Recidivfrei sind 6, es zeigen 
Recidive 6, beträchtlich gebessert 2, im Heilerfolg zweifelhaft 3. Stets hatte es 
sich um sehr schwere, oft Decennien alte Neuralgien gehandelt. F. empfiehlt 
desshalb die Extraktion und betont, dass man auch die Nachbargebiete mit in den 
Extraktionsbereich ziehen soll, sobald auch nur kleinste Gebiete eines Nachbar- 
astes neuralgisch mit afficirt sind. 

F. hat 2mal die Theilresektion und imal die vollständige Exstirpation des 
Ganglion Gasseri ausgeführt. An den Augen erfolgte nie irgend welche Schädigung; 
vorübergehende Wirkung auf das Gehirn durch Quetschung bei der Operation 
machte sich nur in einem Falle durch Störungen des Wortgedächtnisses und der 
Vorstellungen, die aber schon nach wenigen Tagen schwanden, bemerklich. 

Besonders hervorzuheben ist 1 Fall, in welchem keine Schädigung des Auges 
nach der Ganglionexstirpation folgte, trotzdem die Bedingungen dazu in hohem 
Maße gegeben waren; denn die Kranke litt an gleichseitiger Facialisparalyse (su- 
folge früher anderwärts ausgeführter experimenteller Trigeminusoperationen) mit 
mangelndem Lidschluss, so wie an leichter chronischer Conjunctivitis. 

Haeckel (Stettin). 
40) Schenke. Über die Stirnhöhlen und ihre Erkrankungen. 
Diss. inaug., Jena, 1898. 

S. bringt aus der Riedel’schen Klinik 12 Fälle von Stirnhöhleneiterungen, 

darunter eine Tuberkulose. Nur einmal führte Eröffnung und Drainage von vorn 


zur Heilung. Da in den übrigen Fällen dies Verfahren im Stich ließ, so ging 
Riedel bald zur Radikalbehandlung über: Wegmeißeln der vorderen und 


1038 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


unteren Wand, Auskratzen der Schleimhaut, Drainage nach der Nase hin. Nach 
des Verf. Annahme hat Riedel am 8. September 1835 die Radikaloperation über- 
haupt zum ersten Mal ausgeführt. Um die entstellende Narbe auf der Stirn zu 
vermeiden, machte Riedel in seinem letzten Falle nur einen Bogenschnitt, auf 
dem medialen Theil der Augenbraue beginnend nach abwärts, die Haut der Nasen- 
wurzel 1 cm von der Mittellinie spaltend, in der Höhe des unteren Augenlids 
endigend. Von hier aus ließ sich mit Hohlmeißelzange und Meißeln die Radikal- 
operation, freilich mühsam, ausführen. Bei Schluss des Berichts: »fast geheilt; 
Entstellung geringe. Haeckel (Stettin). 


41) Schech. Zur Pathologie der Keilbeincaries. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 27.) 

Ausgedehntere Caries der Keilbeinhöhlenwände verdankt meist dyskrasischen 
Processen, so namentlich der Syphilis und bösartigen Neubildungen, ihre Ent- 
stehung und hat häufig sehr ernste und lebensbedrohliche Erscheinungen zur 
Folge. Das beweist zunächst ein von S. mitgetheilter Fall von bösartiger Ge- 
schwulst des Keilbeins mit sekundärer Erkrankung des Gehirns, schweren Läh- 
mungen der Augenmuskeln etc. und schließlichem tödlichen Ausgang. Günstiger 
verliefen 2 weitere Fälle von syphilitischer Keilbeincaries, die nach langdauernder 
Eiterung und schweren cerebralen Erscheinungen durch eine antiluetische Kur zur 
Heilung gelangten. 

Die Beobachtungen mahnen außerdem zu größter Vorsicht bei der lokalen 
Behandlung der Krankheit, da durch Sondirungen oder Einspritzung von Flüssig- 
keiten leicht ernste Folgezustände seitens des Gehirns herbeigeführt werden können. 

Kramer (Glogau). 


42) A. Wöhrlin. Über Verletzungen und traumatische Aneurysmen 
der Arteria maxillaris interna. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.) 

W. erörtert einen Fall von Stichverletzung der A. maxillaris interna, welcher 
in der Madelung’schen Klinik beobachtet wurde. Das Messer war von der Pa- 
rotisgegend aus schräg nach unten hinter das Kiefergelenk eingedrungen. Der 
sofortigen starken arteriellen Blutung konnte in Anbetracht des kollabirten Zu- 
standes des Pat. zunächst nur durch Tamponade entgegen getreten werden; später 
wurde zur definitiven Blutstillung die Carotis externa, und als das nicht zum Ziele 
führte, die Maxillaris selbst resp. deren Aste nach Resektion des Processus arti- 
cularis mandibulae unterbunden. Anschließend stellt Verf. die bisherige Kasuistik 
der Stich- und Schussverletzungen, so wie der traumatischen Aneurysmen der 
Maxillaris interna zusammen und kommt hierbei zu dem Schluss, dass Verletzun- 
gen der Maxillaris int., wenn auch nicht als tödlich, so doch namentlich mit Rück- 
sicht auf sekundäre Blutungen als gefährlich anzusehen sind. 

Wo möglich soll stets die Arterie in loco unterbunden werden; geht das nicht, 
so habe die Unterbindung der Carotis externa, im äußersten Nothfalle auch die 
der Carotis communis stattzufinden. 

Aneurysmen sollen ebenfalls, wofern sich lange Zeit hindurch geübte Kom- 
pression als erfolglos herausstellt, mittels Unterbindung der Carotis ext. behandelt 
werden. Honsell (Tübiogen). 


43) E. Ullmann. Exstirpation des Zungenbeins wegen Caries. 
(Wiener med. Presse 1898. No. 23.) 

Erkrankungen des Zungenbeins sind außerordentlich selten und dann meist 
traumatischer Natur. Caries des Zungenbeins wurde bisher noch nicht beobachtet. 

Verf. theilt einen Fall mit, in dem er wegen Caries die Totalexstirpation des 
Os hyoideum ausgeführt hat. 

Es handelte sich um einen 28jährigen, phthisisch belasteten Kranken, bei dem 
es oberhalb des Schildkuorpels zur Abscedirung und Fistelbildung kam. Spaltung 
der Fistel. Zungenbeinkörper nach allen Richtungen hin vom Periost gänzlich 
entblößt, rauh. Entfernung des Körpers sammt der in tuberkulöses Granulations- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 1039 


gewebe eingebetteten Hörner. Fixationsnaht durch die Zunge. Drainage, Naht. 
Heilung mit normaler Zungenbeweglichkeit. P. Wagner (Leipzig). 


44) Hopmaun. Veliretraktor. 
(Ärztliche Polytechnik 1898. Juni.) 

Diese neue Vorrichtung dient dazu, das Gaumensegel nach vorn zu ziehen, 
wenn man hinter demselben operiren will. Ein 50 cm langer, 3—4 mm dicker 
Gummischlauch, dessen Enden durch Metallknöpfe abgerundet sind, wird mit dem 
einen Ende von vorn nach hinten durch das rechte, mit dem anderen durch das 
linke Nasenloch nach hinten geschoben, bis man die Enden hinter dem Gaumen- 
segel fassen und zum Mund herausführen kann. Vorn an das Septum narium 
legt man eine kleine schmale Metallplatte, welche zur Aufnahme des mittleren 
Schlauchtheils dient und dort den Decubitus verhütet. Die Schlauchenden kann 
man nun auf dieser Platte, beliebig stark angespannt, an Klemmen befestigen. 
Das Gaumensegel wird bierdurch vollständig nach vorn gezogen, so dass Spal- 
tungen desselben als Vorakte von Operationen im Rachen vollständig wegfallen. 
Dieser Veliretraktor hat sich aus dem Türk’schen Zäpfchenschnürer und dem 
Störk’schen Seidenbande zum Abziehen des Zäpfchens herausgebildet. 

E. Fischer (Straßburg i/E.). 


45) W. A. Oppel. Zur Frage der zufälligen Verletzungen der inneren 
Jugularvene. 
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 3 u. 4.) 

O. machte in 2 Fällen die doppelte Unterbindung der Vene. Im 1. Falle han- 
delte es sich um eine vereiterte Schusswunde (kleiner Revolver) bei einem 4jähr. 
Knaben; der Heilungsverlauf wurde durch Ohreiterung komplieirt; im 2. Falle 
30jähriger Mann) lag eine Schnittwunde — 3/ des Umfangs der Vene — vor. 
Beide geheilt. Verf. bringt darauf 35 Fälle aus der Litteratur mit 16 Heilungen. 
Für die Behandlung empfiehlt er vor Allem die Unterbindung (gewöhnlich doppelt), 
in einigen Fällen — bei kleinen Wunden — die Venennaht oder seitliche Unter- 
bindung; an letzter Stelle kommen Digitalkompression und Tamponade. Bei jeder 
irgend wie verdächtigen Halswunde ist breite Eröffnung zur Untersuchung angezeigt. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


46) M. M. Kusnetzow. Uber die Holzphlegmone des Halses (Reclus). 
(Annalen der russ. Chirurgie 1898. Hft. 4.) 

K. bringt einen Fall dieser zuerst von Reclus (s. Centralblatt 1896 p. 1038) 
beschriebenen Krankheit. Der 69jährige, recht heruntergekommene Pat., mit 
Byphilis und Rheumatismus in der Anamnese, erkrankte vor 2 Monaten an An- 
gina, die aber bald verging. Darauf entwickelte sich eine Verhärtung vom 
Unterkiefer bis zum Schildknorpel, die vom Arzt für ein Careinom gehalten wurde. 
Haut etwas geröthet, kein Fieber. Kompressen riefen bald Erweichung im Cen- 
trum hervor, und nach 9 Tagen wurde ein kleiner Abscess mit brandigen Gewebs- 
fetzen entleert. Nun ging die Verhärtung längs dem linken Sternocleidomastoideus 
nach unten, und hier wurde nach 6 Tagen ein neuer Abscess eröffnet; endlich 
musste nach 1 Monat eine vereiterte Drüse im rechten Subelavicularraum auf- 
geschnitten werden. Heilung nach 4monatlicher Krankheit. Im Eiter fand man 
abgeschwächte Streptokokken und eine Proteusart (im Drüseneiter nur letztere). 

6ückel (B. Karabulak, Saratow). 


47) M. Barbiöre et G. Ulmann. ` Observations d'un cas de thyroidite 
aigue et d’un cas de spasme de la glotte d’origine intestinale, ayant 
simule le croup. 

(Revue mens. des malad. de l’enfance 1898. Juni.) 

Ein 10jähriges Mädchen erkrankte plötzlich an Entzündung des linken Schild- 
drüsenlappens. Es traten schon im Laufe der ersten 24 Stunden mehrfach heftige 
Erstickungsanfälle nicht durch Kompression der Trachea, sondern durch Spasmus 


1040 Centralblatt für Chirurgie. No. 41. 


glottidis in Folge Reizung des Nervus recurrens auf. Heilung ohne Eiterung in 
5 Tagen. Der andere Fall bietet nichts Bemerkenswerthes. 


Göppert (Breslau). 


48) E. Meinert (Dresden). Fall von Tetanie in der Schwangerschaft, 
entstanden nach Kropfoperation. 
(Archiv für Gynäkologie Bd. LV. Hft. 2.) 

Eine 35jährige Frau musste sich im Verlauf ihrer 10. Schwangerschaft 
(4. Monat) wegen Athembeschwerden einer Kropfoperation unterziehen, welche in 
der Entfernung der rechten mannsfaustgroßen Hälfte der Struma bestand. 3 Tage 
nach der Operation traten schmerzhafte Streckkrämpfe in Händen und Füßen auf, 
welehe unter Chloral innerhalb 14 Tagen verschwanden. Die Schwangerschaft ver- 
lief dann normal und endete auch mit einer normalen Entbindung. 

Etwa 11/4 Jahr nach dieser letzteren traten — im 8. Monat der 11. Schwanger- 
schaft — von Neuem Krämpfe in Händen und Füßen auf, welche den Hausarzt 
veranlassten, die Frau zur Einleitung der künstlichen Frühgeburt wegen »Eklam- 
psie« in die Anstalt zu schicken. Hier wurde die Identität dieser Krämpfe mit 
den früheren »tetanischen« festgestellt. Die Absicht, die Schwangerschaft bis sum 
normalen Ende gehen zu lassen, gelang indessen nicht, da sich die Anfälle trotz 
Verabreichung von Chloral-Morphium immer wiederholten. Besonders während 
Einleitung der Frühgeburt und während des Geburtsaktes selbst (Extraktion des 
Kindes an beiden Füßen) verharrten die Hände der Pat. permanent in tetanischer 
Starre. Nach der Entbindung machte Pat. eine typische Influenza durch, während 
welcher kein Anfall auftrat. Nachher ließ sich ein Anfall nur durch Druck auf 
die Nerven und Gefäße der Ellbeuge auslösen (Trousseau’s Phänomen). Nach 
ihrer Rückkehr. nach Hause traten jedoch wieder erneute Anfälle auf, die sich 
zwar durch Morphium koupiren ließen, aber immer wiederkehrten. Im Jahre 1895, 
5 Jahre nach Beginn des Leidens, trat bei Verabreichung von Schilddrüsentabletten 
ein Stillstand der Krämpfe für 1/ Jahr ein. 

Der Fall ist besonders interessant durch die Komplikation von Schwanger- 
schaft mit Kropfoperation. Dass die Schwangerschaft allein nicht genügend war, 
die tetanischen Krämpfe auszulösen, bewiesen die 9 ersten normalen Schwanger- 
schaften; dass die »Entkropfung« allein nicht Schuld war, beweist das freie Inter- 


vall zwischen 10. und 11. Schwangerschaft. W. Sachs (Mülhausen (E. 
49) Wolff. Über die halbseitige Kropfexstirpation bei Basedow’scher 
Krankheit. 


(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. III. Hft. 1.) 
Die weitgehenden Meinungsverschiedenheiten zwischen innern Medieinern und 
Chirurgen über den Werth der Kropfexstirpationen bei der Basedow’schen Krank- 
heit zu schlichten, bedarf es genauer Kontrolle vor und nach der Operation durch 
Neurologen. Wenigstens nach der Operation kontrollirt durch Mendel ist ein von 
W. operirter Fall. 51/, Jahre nach der halbseitigen Kropfexstirpation waren alle 
wesentlichen störenden Symptome völlig geschwunden; nur mäßiger Exophthalmus, 
Graefe’sches Symptom, leichter Tremor und geringe Abnormität im elektrischen 
Leitungswiderstand der Haut waren geblieben. Als absolute Heilung ist der Fall 
eben so wenig als irgend einer der von Anderen operirten zu bezeichnen, trotzdem 
ein glänzendes Resultat. S 
Im Anschluss daran giebt W. eine Übersicht seiner Erfolge bei Basedow. Von 
9 Fällen wurden 6 sehr günstig durch die Operation beeinflusst, in einem trat 
schweres Recidiv auf, 2 starben unmittelbar im Anschluss an die Operation. 
Haeckel (Stettin). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 


EE 


Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


d 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


gd 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumerstion. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 42. Sonnabend, den 22. Oktober. 1898. 


Inhalt: Th. Kölliker, Über die Behandlung der kongenitalen Hüftluxation mit der 
unblutigen Reposition. (Original-Mittheilung.) 

1) Park, Krebs. — a Enderlen, Anheilung getrockneter und feucht aufbewahrter 
Hautläppchen. — 3) Harrington, Katgut. — 4) Reverdin, Wundnaht. — 5) Broese und 
Schiller, Gonorrhoe. — 6) Bier, Chronischer Gelenkrheumatismus. — 7) Meuciäre, 
Knochenbrüche und Verrenkungen. — 8) Bledinger, Orthopädisch-ambulatorische Be- 
handlung. — 9) Berger, Schulterblattexstirpation. — 10) Duval und Guillain, Schulter- 
verrenkung. — 11) Joachimsthal, Brachydaktylie und Hyperphalangie. — 12) Hofmeister, 
Skiaskopie des Hüftgelenks. — 13) Joachimsthal, Coxa vara. — 14) Morton, Genu 
valgum. — 15) Storp, Unterschenkelamputation. — 16) Roth, Resectio tiblo-calcanea. 

17) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. — 18) Fiatau, Traumatische Neurosen. 
— 19) Briese, Symmetrische Gangrän. — 20) v. Elselsberg, Dystrophia musculorum 
progrediens. — 21) Olller, Bildung einer Gelenkverbindung. — 22) Julié, Drucklähmung 
des N. uln. — 23) Franke, Radialisläihmung. — 24) Seldowitsch, Gelenke überzähliger 
Finger. — 25) Demons und Bö6gouln, Hüftverrenkung. — 26) Brauer, Coxa vara. — 
2T) Birch-Hirschfeld, 28) Hahn, Osteomyelitis. — 29) Prutz, Lufteintritt in das Knie. 
— 30) Graff, Verrenkung des Fuß- und Kniegelenks. — 31) Payr, Fettembolie nach 
Kontrakturstreckung. — 32) Muiert, Zerreißung der Art. poplitea. 


Über die Behandlung der kongenitalen Hüftluxation 


mit der unblutigen Reposition. 
Von 
Prof. Tb. Kölliker in Leipzig. 


Nachdem ich im Juni 1896 begonnen habe, die angeborene Hüft- 
luxation mit der unblutigen Reposition nach Lorenz zu behandeln, 
ist nunmehr in einer Reihe der auf diese Weise behandelten Kinder 
die Behandlung so weit zum Abschluss gelangt, dass es gestattet ist, 
über die vorläufigen Ergebnisse zu berichten. 

Im Ganzen wurde die unblutige Reposition 64mal vorgenommen 
bei 50 Kindern. Doppelseitige Luxation lag vor in 14 Fällen, dar- 
unter weiblich 11, männlich 3. Einseitig war die Luxation 36mal 
bei 30 Mädchen und 6 Knaben. Das linke Bein war luxirt 26mal 


42 


1042 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


bei 23 Mädchen und 3 Knaben, das rechte Bein 10mal bei 7 Mädchen 
und 3 Knaben. 

Bis 4 Jahre alt waren 39 Kinder, 3 standen im 1., 18 im 2, 
13 im 3., 5 im 4. Jahre. Über 4 Jahre waren 11 Kinder, das älteste 
der Kinder zählte 11 Jahre. 

Die Reposition wurde nach den von Lorenz gegebenen Vor- 
schriften ausgeführt. Einseitige Luxationen bedurften durchschnitt- 
lich 7—8 Gipsverbände, doppelseitige 9—10 Verbände. Die einzelnen 
Gipsverbände wurden nach 4—8 Wochen und darüber gewechselt. 
Zur Nachbehandlung benutzte ich zu Anfang die Schede’sche Ab- 
duktionsschiene, später ein Stützkorsett mit Schienenhülse und Ab- 
duktionsvorrichtung entweder für das ganze Bein oder nur für den 
Oberschenkel. 

In 38 der Fälle lässt sich das vorläufige Ergebnis feststellen: 
Bei 13 doppelseitigen Luxationen wurde in 7 Fällen kein wesent- 
licher Erfolg erzielt, in 6 Fällen kam es zu Transposition des Kopfes 
in die Pfannengegend. Bei 25 einseitigen Luxationen wurde in 
4 Fällen nichts erreicht, in 19 Fällen wurde Transposition des Kopfes 
in die Pfannengegend erzielt, 2 Fälle sind vollständig und mit normal 
beweglichem Gelenk geheilt. Zusammen demnach 2 Heilungen, 
25 Transpositionen, 11 Misserfolge. 

Die Transposition des Schenkelkopfes in die Pfannengegend ent- 
spricht der ursprünglichen Stellung des Schenkelkopfes, der von mir 
beschriebenen Luxatio femoris congenita supracondyloidea! und stellt 
immerhin noch ein leidliches Resultat der Behandlung dar, in vielen 
Fällen ein besseres, als es durch die blutige Operation zu erzielen 
ist. Durch die Transposition wird erreicht: Verlängerung der Ex- 
tremität, damit besserer Gang und Verminderung der statischen 
Skoliose; Vermeidung der Beckenneigung und damit Wegfall der 
kompensirenden Lendenlordose. Als Nachtheil der Transposition ist 
zu erwähnen, dass die Beweglichkeit des Hüftgelenks in vielen Fällen 
leidet, insbesondere die Abduktion und Innenrotation. 

Ein abschließendes Urtheil und weitergehende Schlüsse erlaube 
ich mir bei der Kürze der Zeit, die seit Beginn der Behandlung 
verstrichen ist, noch nicht. 


1) R. Park. An inquiry into the etiology of cancer. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Mai.) 

Im ersten Theil seiner Arbeit bespricht P. die klinischen Ge- 
sichtspunkte der Krebsätiologie wie den Einfluss des Geschlechts, 
des Alters, der Rasse, der Heredität, der Konstitution, der zunehmen- 
den Frequenz der Krebserkrankungen. Der zweite Theil ist der 
perssitären Seite der Frage gewidmet. In Übereinstimmung mit 


1 Centralblatt für Chirurgie 1895. No. 45. p. 1017. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1043 


Roncali findet P., dass sich bei den Bestrebungen, den Krebs auf 
parasitären Ursprung zurückzuführen, 4 Perioden unterscheiden lassen: 

1) Die Periode der ungenauen Beobachtungen und irrthümlichen 
Schlussfolgerungen. Beginnt mit Nepveau (1872, Mikroben in Fpi- 
theliomen) und umfasst die Untersuchungen von Rappin, Scheurlen, 
Fränkel u. A. 

2) Periode der exakten Beobachtung und unexakten Schluss- 
folgerungen, die eigentliche »Koccidialperiode«. Sie ist ausgezeichnet 
durch Forscher wie Virchow, Gubler, D’Arcy Power, Cornil, 
Sawtschenko und viele Andere. 

3) Periode, in welcher die Richtigkeit aller früheren Unter- 
suchungen angezweifelt wird. Vertreter: Russel, Banti, Nisser. 

4) Periode der erfolgreichen Überimpfung, besonders ausgeführt 
durch italienische Pathologen (Sanfelice, Roncali). ` 

Den Schluss der Arbeit bildet eine erschöpfende Übersicht über 
die Litteratur der Krebsätiologie. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


2) Enderlen. Über die Anheilung getrockneter und feucht 
aufbewahrter Hautläppchen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 1.) 

E. hat die Mittheilungen von Wentscher über Anheilbarkeit 
von längere Zeit konservirten Hautläppchen auf Wunden (cf. dieses 
Blatt, laufender Jahrgang p. 7) in einer größeren Anzahl auf der 
Marburger Klinik angestellter Versuche gründlich nachgeprüft. Das 
Resultat dieser Untersuchungen ist im Allgemeinen ungünstig aus- 
gefallen. Indem wir Betreff der Einzelheiten der Versuchsberichte 
auf das Original verweisen, begnügen wir uns mit Mittheilung der 
von E. selbst verfassten Schlusssätze: 

1) In 2 Fällen fand die Anheilung konservirter Läppchen statt. 

a. Bei einer 24 Stunden alten Haut (noch feucht, Spender 33, 
Empfängerin 70 Jahre alt). 

b. bei einem Hautstückchen, welches am 4. Tage noch feucht 
war. (Spender 45, Empfängerin 55 Jahre alt.) 

2) Vollkommen trockene Hautstückchen gelangten überhaupt 
nicht zur Anheilung. > 

3) Die Wucherungsvorgänge in der basalen Epithelschicht gingen 
in den positiven Fällen bedeutend langsamer vor sich, als bei dem 
Verfahren nach Thiersch. Letzteres giebt sich schon makrosko- 
pisch durch den schmalen neugebildeten Epithelsaum kund. 

4) Das Epithel besitzt eine größere Widerstandsfähigkeit gegen 
schädliche Einflüsse als die Cutis. Es kann 4 Tage lang in feuchtem 
Zustande aufbewahrt noch zur Wucherung kommen. 

5) Die Cutis geht in dieser Zeit vollkommen zu Grunde. 

6) Färbung und Haften der Läppchen werden bedingt durch das 
von unten eindringende Granulationsgewebe (mit Kapillaren). 

EEN 


1044 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


7) Hautstreifen nach Thiersch und Krause heilten da an, 
wo trocken oder feucht aufbewahrte Läppchen versagten. 

8) Epithelneubildung, welche von Schweißdrüsen ihren Ausgang 
nimmt, kann zu Täuschungen Veranlassung geben. 

9) Am raschesten heilen Pfropfungen nach Thiersch an, dann 
die von Krause empfohlenen Lappen, sehr unsicher und langsam 
konservirte (in unseren Fällen noch feuchte) Hautstreifen. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


3) C. Harrington. A simple method for the sterilization 
of catgut. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Mai.) 

H. sterilisirte Katgut mit Formalindämpfen und prüfte dabei das 
Verhalten der Festigkeit des Materials. Es stellte sich heraus, dass 
sowohl das feuchte wie das trockene Formalingas eine wirksame 
Sterilisirung herbeiführt, dass dagegen das feuchte Gas die Haltbarkeit 
bedeutend beeinträchtigt, während das trockne Gas sie unversehrt 
lässt. Die Versuche sind sehr exakt ausgeführt. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


4) A. Reverdin. Nouvelle suture. 
(Revue méd. de la Suisse rom. 1898. No. 4.) 

Es handelt sich hier um eine fortlaufende Naht mit Schlingen- 
bildung parallel und unterhalb der Schnittlinie. Die Schlingen werden 
zu beiden Seiten an den Wundrändern in einer gewissen Entfernung 
(ca. 3 cm oder mehr) mit Überspringung der Schnittlinie gebildet. 
Am besten lässt man 2 armirte Nadeln, auch gegen einander, laufen. 

Vortheile sind leichte Entfernung, Schonung der Schnittlinie. 

Kronacher (München). 


5) Broese und Schiller. Zur Diagnose der weiblichen 
Gonorrhoe. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 26—29.) 

Die Autoren kommen aus ihren an einem reichen Material 
sorgfältig angestellten Beobachtungen zu folgenden Schlüssen: Zur 
Stellung der Diagnose auf akute Gonorrhoe ist der Gonokokken- 
nachweis in der Regel nicht nöthig; denn das Hauptsymptom, die 
Urethritis, ist fast immer gonorrhoisch. Die Kombination der akuten 
Erkrankungen verschiedener Abschnitte des weiblichen Sexualorgans 
ermöglicht, die Diagnose auf Gonorrhoe zu stellen. Nur in jenen 
allerdings seltenen Fällen, in denen die Cervix allein erkrankt ist, 
kann ein mikroskopisches Präparat allerdings allein die Diagnose 
sichern. 

Die Anschauung Neisser's, dass in allen chronisch verlaufen- 
den Fällen von weiblicher Gonorrhoe nur der Gonokokkennachweis 
zur Diagnose führen kann, stellen die Verff. als unrichtig hin. Sie 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1045 


basirt vor Allem auf der Berücksichtigung der gleichzeitigen Er- 
krankung verschiedener Partien des weiblichen Genitalkanals. 

Die chronische Urethritis ist das sicherste Zeichen der chro- 
nischen Gonorrhoe; unsichere Zeichen sind die eitrigen Affektionen 
des Scheideneingangs und der Scheide; sie werden aber pathogno- 
monisch für chronische Gonorrhoe, sobald sie kombinirt sind mit Er- 
krankungen des Uterus und der Adnexe. 

Schwierig, ja unmöglich ist es zu unterscheiden, ob der chro- 
nische Uteruskatarrh, wenn keine gonorrhoischen Erkrankungen 
anderer Partien des Sexualorgans ihn begleiten, auf Gonorrhoe beruht 
oder nicht. Das kombinirte Auftreten von Uteruskatarrh und ent- 
zündlicher Adnexerkrankung spricht in der Regel für Gonorrhoe. 

So sicher der positive Befund von Gonokokken für Gonorrhoe 
spricht, eben so sicher spricht der negative nicht dagegen. 

Gold (Bielitz). 


6) Bier. Die Behandlung des chronischen Gelenkrheuma- 

tismus mit heißer Luft (aktiver Hyperämie) und mit Stau- 

ungshyperämie. (Aus der kgl. chirurgischen Klinik zu Kiel.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 31.) 

In neuerer Zeit ist stark erhitzte Luft von verschiedenen Seiten 
zur Behandlung von chronischem Gelenkrheumatismus empfohlen 
worden (Clado, Krause-Quincke, Wilms etc.); den hierzu noth- 
wendigen Wärmespendern, für welche eine Reihe von Apparaten an- 
gegeben sind, wird von Salaghi in obiger Nummer der Münchener 
Wochenschrift der in Wärmeenergie umgesetzte elektrische Strom 
angereiht. B. hat das Quincke’sche Schwitzbett benutzt und damit 
gute Resultate erzielt, in so fern er eine Besserung der Schmerzen und 
Gelenkversteifung beobachten konnte. In der Annahme, dass bei 
dieser Heißluftbehandlung vornehmlich die erzeugte mächtige Hyper- 
ämie die günstige Wirkung hervorrufe, hat Verf. weiterhin sich 
seines bekannten Verfahrens, Stauungshyperämie zu erzeugen, bedient, 
und mit demselben noch weit bessere Erfolge erhalten, wenn auch 
ihm Fälle vorkamen, in denen auch diese Methode wirkungslos blieb. 
Selbstverständlich waren die Resultate bei schweren Formen des 
chronischen Gelenkrheumatismus mit bereits bestehenden unheilbaren 
anatomischen Veränderungen nur bescheidener Art. Da die guten 
Erfolge von der richtigen Anwendung des Verfahrens abhängen, 
letzteres nicht stärkere Schmerzen verursachen darf, ist die genaue 
Beachtung der von B. gegebenen Vorschriften von großer Wichtig- 
keit; sie müssen desshalb in der Arbeit selbst studirt werden. Hier 
sei nur kurz erwähnt, dass die Gummibinde, mit mehreren Gängen 
einer weichen Mullbinde unterfüttert, erst nach vollständiger Ein- 
wicklung des Gliedes unterhalb des kranken Gelenke, oberhalb des 
letzteren angelegt wird; sie bleibt bis zum Nachlass der von der 
Krankheit gesetzten Schmerzen dauernd liegen, wird nur alle 12 
Stunden an eine andere Stelle gewickelt, nachher nur zeitweise 


1046 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


applieirt. Bei Erkrankung des Hand- oder Fußgelenks kommt die 
vorherige Einwicklung der Hand bezw. des Fußes in Wegfall. 

Die von B. erzielten Resultate sind so überraschend günstiger 
Art, ihre Dauer auch bereits seit Längerem festgestellt, dass das ein- 
fache Verfahren zur Nachahmung wohl empfohlen werden kann. 

Kramer (Glogau). 


7) L. Meuciere (Reims). Considerations sur le traitement 
rationel des fractures et luxations à l’aide d’appareils entière- 
ment perme&ables aux rayons Roentgen. 

(Gaz. hebdom. de Bordeaux 1898. No. 31. 

M. kommt zu folgenden Schlüssen: 

Das Guttapercha, Celluloid (dringend abzurathen aber wegen 
seiner gefährlichen Entzündlichkeit und Entwicklung giftiger Gase) 
und der poroplastische Filz, letzterer selbst sehr dick genommen, 
sind vollständig durchgängig für die Röntgenstrahlen. Sie erlauben 
Bilder von bemerkenswerther Genauigkeit, ohne Marmorirung und 
ohne Irrthümer erregende Flecken zu erhalten. 

Besonders der poroplastische Filz in 6 mm Dicke wird von M. 
bevorzugt, wenn man die einzelnen Skelettstücke erhalten und ihre 
Konsolidation durch die Radiographie verfolgen will. 

Man kann leicht die vollständige Reduktion der Fragmente be- 
stätigen, unter den Augen des Chirurgen den Stoff erhärten lassen. 
Eine in Intervallen vorgenommene Radiographie lässt die Koaptation 
überwachen und ohne den Apparat abzunehmen der Entwicklung des 
Callus folgen. Die Radiographien wurden von M. in 12 Sekunden 
gemacht. d A. Henry (Breslau). 


8) J. Riedinger. Zur Methodik und Technik der ortho- 


pädisch-ambulatorischen Behandlung. 
(Deutsche Zeitachrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 321.) 

R. bespricht im Allgemeinen die Behandlung der Gelenkent- 
zündungen und Knochenbrüche der Unterextremität mit festen 
Verbänden, zumal solchen, die, als Hülsenschienen zum Schnüren 
eingerichtet, abnehmbar sind und zu ambulatorischer Behandlung ge- 
braucht werden, um — und das ist vom praktischen Gesichtspunkt 
hier zunächst hervorzuheben —, 2 für diese Zwecke von R. selbst 
und seinem Bruder Professor Riedinger in Würzburg häufig als zweck- 
mäßig erprobte Materialien zu empfehlen, nämlich »Gipsleimbinden« 
und »Hornhautleder«, beide von dem Fabrikanten Bingler in Lud- 
wigshafen in den Handel gebracht. Die Schienen bezw. festen Korsetts, 
die mit diesen Stoffen hergestellt werden, müssen an Gipsmodellen 
angefertigt werden. Die Gipsleimbinden bestehen aus fabrikmäßig 
mit Leim imprägnirten Binden, in welche Gips eingestreut ist. Sie 
werden in Wasser getaucht und ausgedrückt um das Modell ge- 
wickelt; der Verband braucht zum Trocknen an der Luft oder im 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1047 


Ofen 1 Tag. Die Verbände können durch Einlegen ebenfalls von 
Bingler gelieferter, leichter, biegsamer Aluminiumblechschienen 
verstärkt werden. R. bespricht des näheren die Anfertigung von 
Schienen zur ambulatorischen Behandlung der Coxitis und zu der 
von Frakturen. Das Hornhautleder eignet sich besonders zur Her- 
stellung von Korsetts, und stehen solche Korsetts denen aus Cellu- 
loid und Cellulose nicht nach. Das Bingler’sche Leder ist außer- 
ordentlich hart und eben so transparent und elastisch wie Celluloid. 
Für den Gebrauch werden die Lederstücke 12 Stunden lang in Wasser 
gelegt bezw. aufgeweicht und dann unter kräftiger Anziehung auf 
dem Modell »aufgewalkt« und mittels Annagelung an den Rändern 
befestigt. Das Modell mit seinem Lederüberzug kommt auf 8 bis 
10 Tage zum Trocknen in einen Ofen. 

Zu erwähnen ist ferner ein aus Eisenstangen hergestellter Sus- 
pensionsrahmen, den R. zur Anlegung von Beckenhüftgipsverbänden 
mit Einschluss des Rumpfes bei stehender Stellung der Pat. gebraucht, 
und der recht vortheilhaft zu sein scheint. Der Pat. hängt sich mit 
den Händen oben an die Stangen des Gerüstes oder wird mit Binden- 
zügeln, die um seinen Rumpf gehen, an diesen suspendirt. Auch 
die Korrektur von Hüftkontrakturen (Flexion etc.) kann in diesem 
Gestelle sehr gut vorgenommen werden. Vgl. die Abbildungen in 
dem viele praktisch brauchbare Bemerkungen bietenden, wenn auch 


etwas weitläufig abgefassten Original. 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


9) P. Berger. Re£section totale (extirpation) de l’omoplate 
et de l'extrémité externe de la clavicule pour un sarcome 
recidive de l'épaule droite. 

(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 571.) 

B. entfernte das rechte Schulterblatt sammt dem äußeren Theil 
des rechten Schlüsselbeins einem 21jährigen Mädchen wegen mehr- 
fach recidivirenden Sarkoms. Pat. konnte sich 2 Monate nach der 
Operation gut der Hand und des Vorderarms bedienen; auch waren 
die Bewegungen zwischen oberem Ende des Oberarms und Rumpf 
sehr frei; natürlich fehlten Abduktion und Elevation. 

Wie für die Exstirpation des Schultergürtels inkl. Arm empfiehlt 
B. auch für die Exstirpation des Schulterblatts allein die Operation 
mit der Resektion des mittleren Theils des Schlüsselbeins zu be- 
ginnen, um die Gefäß- und Nervenstämme bloßzulegen, ihr Verhalten 
zur Geschwulst festzustellen und danach zu entscheiden, ob die ge- 
sammte Extremität oder nur das Schulterblatt entfernt werden muss. 
Er räth folgendes Verfahren an? 

1) Bloßlegen der hinteren oberen Partie der Geschwulst durch 
hinreichend große Schnitte. 

2) Durchtrennung der Mitte des Schlüsselbeins, Entfernung der 
Fragmente, Aufsuchen der Gefäße und Nerven. 


1048 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


3) Sind diese Organe nicht mit erkrankt, dann Abtrennung der 
Ansätze des Deltoideus am Schlüsselbein und Schulterblatt, Ablösung 
der Schultergelenkskapsel von der Umrandung der Gelenkpfanne, 
Durchschneidung der Muskeln, welche vom Schulterblatt zum Ober- 
arm ziehen, so wie der Muskelansätze am Processus coracoideus. 

4) Befreiung des oberen und axillaren Randes des Schulterblatts, 
Zurückklappen unter Entfernung der Fossa subscapularis vom Rumpf 
und Ablösung der vom medialen Rand entspringenden Muskulatur. 
Beichel (Chemnitz). 


10) P. Duval und G. Guillain. Pathogénie des accidents 
nerveuses consécutifs aux luxations et traumatismes de l’&paule. 
(Arch. génér. de méd. 1898. August.) 

Verff. richteten ihr Hauptaugenmerk auf das Verhalten der 
intravertebral liegenden Nervenwurzeln des Plexus brachialis bei 
normalen Bewegungen des Armes, bei übertriebenen Bewegungen 
und bei Verrenkung der Schulter nach vorn. Hierbei zeigte sich, 
dass alle Armbewegungen mit Ausnahme der Adduktion den Plexus 
brachialis in seiner Wurzel in größerem oder geringerem Maße in 
Mitleidenschaft ziehen. Sowohl bei der normalen wie übertriebenen 
Schultersenkung sind die Wurzeln des 5. und 6. Paares sehr ge- 
spannt, der 1. Dorsalnerv plattet sie auf der 1. Rippe ab, der 5. und 
6. auf dem Rand des Querfortsatzes. Bei der reinen Elevation oder 
der mit Abduktion kombinirten ist in Folge des Abweichens des 
Plexus am Humeruskopf nach unten das Resultat dasselbe. Bei 
genügender Kraft gelingt die Zerreißung der oberen Wurzeln, wäh- 
rend der 1. Dorsalnerv auf der 1. Rippe platt gedrückt wird. 

Bei der Verrenkung ist zweierlei zu beachten: Die Art der 
Entstehung des Traumas und die Verrenkung als solche. Die letz- 
tere entsteht 

1) durch ein Trauma der Schulter: vertikaler Fall auf diese 
Gegend durch eine von unten nach oben und von außen nach innen 
auf den Oberarmkopf wirkende Gewalt, wobei die Schulter gewalt- 
sam gesenkt wird; { 

2) durch eine gewaltsame Überstreckung, einen Sturz auf den 
ausgestreckten Arm oder durch Zug am erhobenen Arm. S 

Diese beiden Bewegungen, Senkung der Schulter und Über- 
streckung des Armes, können Wurzelverletzungen der Armnerven 
bedingen. Sie können also gleichzeitig Wurzelverletzungen und Ver- 
renkungen erzeugen; beide sind also das Resultat desselben Mecha- 
nismus. Gleichzeitig kann allerdings auch die Verrenkung dadurch, 
dass der nach vorn rückende Kopf den über ihn ziehenden Plexus 
dehnt, Wurzelverletzungen bedingen. Diese Art der Lähmung ist 
die seltenere. 

Bezüglich der Narkosenlähmung ist zu bemerken, dass Verff. 
eine Kompression des Plexus brachialis zwischen Schlüsselbein und 
1. Rippe für ein Ding der Unmöglichkeit halten, da der Plexus hier 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1049 


die nachgiebigen Scaleni als Unterlage habe; außerdem hat sich 
diese Kompression in der Leiche nicht nachweisen lassen. Es wäre 
auch nicht zu verstehen, warum die Lähmung nicht alle Muskel- 
gruppen des Armes ergreife. Auch hier liegt die Ursache in einer 
Zerrung der Wurzeläste. 

Wenn es eine individuelle Disposition für die Wurzellähmungen 
giebt, so ist diese nicht in einer nervösen, sondern anatomischen 
Anlage zu suchen. Longard (Aachen). 


11) Joachimsthal. Über Brachydaktylie und Hyperphalangie. 
(Virchow’s Archiv Bd. CLI. p. 429.) 

Die Röntgenbilder derartiger Fälle sind schon auf dem 
Chirurgenkongress 1897 demonstrirt und sowohl in diesem Central- 
blatt (p. 39 des Berichts), als auch in den Verhandlungen der deut- 
schen Gesellschaft für Chirurgie (1897 p. 37) besprochen worden. 
Verf. hat die Beobachtungen noch durch 3 Fälle erweitert. Die 
Erklärung des Zustandekommens solch überzähliger Bildungen steht 
noch aus. Die Neigung dazu scheint eine exquisit erbliche zu sein. 

Pels Leusden (Göttingen). 


12) F. Hofmeister. Über diagnostische Irrthümer bei der 
Röntgenuntersuchung des Hüftgelenks. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.) 

H. liefert an der Hand systematischer Röntgenaufnahmen des 
normalen Beckens (mit Femur) den Nachweis, dass durch jede Lage- 
veränderung des Objekts selbst oder der Lampe das Röntgenbild des 
Beckens sowohl als des oberen Femurendes ganz charakteristische 
Veränderungen erfährt, deren Kenntnis desshalb von besonderer 
Wichtigkeit ist, als ähnliche Abweichungen von der normalen Form 
auch unter pathologischen Bedingungen thatsächlich so — z. B. beim 
coxalgischen Becken — vorkommen. 

Für die Skiagraphie zieht Verf. aus diesen Untersuchungen den 
Schluss, dass bei jeder Beckenaufnahme die Lageverhältnisse von 
Lampe, Platte und Objekt bekannt sein müssen; womöglich ist die 
Aufnahme in Rückenlage des Pat. und Einstellung der Lampe nach 
abwärts von der Linea intertrochanterica vorzunehmen. Wo es auf 
die Form des Beckens ankommt, soll dieses absolut gerade liegen, 
und jede Kompensation einer etwaigen Hüftkontraktur, speciell jede 
Rotation vermieden werden. Um verwerthbare Projektionsfiguren 
der Schenkelhalspartien zu erhalten, muss man für gerade oder leicht 
einwärts rotirte Stellung des Femurs Sorge tragen. Honsell (Tübingen). 


13) G. Joachimsthal. Über Wesen und Behandlung der 
Coxa vara. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No 215. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 
Dem Vortrage sind die in der Litteratur bekannt gewordenen Beob- 
achtungen und einige eigene Fälle J.'s zu Grunde gelegt. Von einigen 
424+ 


1050 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


dieser letzteren werden Skiagramme geboten, die in werthvoller Weise 
die übrigen Befunde ergänzen. Für die Feststellung des 'Trochanter- 
standes hat Verf. das Bryant-Ogston’sche Maßverfahren nütz- 
licher, als die Bestimmung der Roser-Nelaton’schen Linie be- 
funden. In ätiologischer Hinsicht interessirt in der Abhandlung eine 
eine Hofmeister’sche bestätigende, durch sorgfältige mikroskopische 
Untersuchungen gestützte Beobachtung J.’s, in welcher die Schenkel- 
halsverbiegung in Folge von Osteomalakie entstanden war. Außer 
auf dem Boden dieser und vor Allem der Rachitis kann nach Verf. 
jedoch auch aus rein funktionellen Gründen bei ganz normalen 
Knochen sich eine Biegung am Schenkelhals entwickeln, wie er 
solche z. B. an einer Reihe von Präparaten schiefgeheilter Brüche 
des Oberschenkels feststellen konnte. Im Übrigen ist aus dem Vor- 
trag, der das aus der Verbiegung des Schenkelhalses resultirende 
Krankheitsbild in klarer und die zahlreichen einschlägigen Arbeiten 
der Litteratur erschöpfender Weise zeichnet, nur noch zu erwähnen, 
dass J. die operative Behandlung der Deformität nur in den 
dringendsten Fällen für berechtigt hält und in solchen, wenn der 
Kranke in der Arbeitsfähigkeit wesentlich behindert ist, entweder 
die lineäre Osteotomie am Collum femoris oder, falls diese ohne Ge- 
lenkverletzung nicht möglich, die Hüftgelenksresektion ausgeführt 
wissen will. Kramer (Glogau). 


14) C. A. Morton. The pathology and treatment of genu 
valgum. 
(Brit. med. journ. 1898. April 16.) 

M. hat von 6 verschiedenen Fällen von Genu valgum Skiagramme 
aufnehmen lassen, auf denen »deutlich« zu ersehen ist, dass nicht 
das untere Ende des Femur verkrümmt und eine Verlängerung des 
Schaftes innen und am Condylus internus vorhanden ist, sondern 
dass die Deformität verursacht wird durch eine Verkrümmung der 
Tibia dicht unterhalb des Kopfes, verbunden mit einer entsprechen- 
den Curvatur der Fibula. Die Annahme, dass die Deformität durch 
Flexion im Kniegelenk ausgeglichen werden kann dadurch, dass die 
Tibia sich hinter den verlängerten Condylus internus verschiebt, be- 
zeichnet M. seiner Auffassung vom Wesen des Genu valgum ent- 
eprechend als unrichtig. Die Deformität wird bei Flexion im Knie- 
gelenk nur durch eine Rotation des Femur auswärts maskirt. Wird 
diese verhindert, so bleibt die Deformität auch nach Beugung im 
Kniegelenk bestehen. Als Operationsmethode wendet M. quere oder 
keilförmige Durchtrennung der Tibia unterhalb des Kopfes verbunden 
mit einer solchen der Fibula im unteren Drittel an. Aus den bei- 
gegebenen Skiagrammen ist wenig zu ersehen. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1051 


15) Storp. Über osteoplastische Unterschenkelamputationen 
und deren Technik. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 356.) 

S. empfiehlt auf Grund von Erfahrungen in der Königsberger 
Klinik die osteoplastische Unterschenkelamputation nach dem Princip 
von Bier, wobei bekanntlich der Diaphysenquerschnitt der Tibia 
durch einen Periost-Knochenlappen gedeckt wird (cf. Centralbl. 1897 
No. 31). Die Operation wurde in Königsberg 8mal ausgeführt, doch 
wurde nur imal die von Bier selbst empfohlene Schnittführung ge- 
wählt, bei welcher die Extremität 2mal hinter einander amputirt und 
der Periost-Knochenlappen separat von dem Hautlappen gebildet wird; 
es wurde vielmehr der Bildung eines einzigen, Haut, Periost und 
Knochen im Zusammenhang enthaltenden Lappens der Vorzug ge- 
geben. Und zwar wurde 3mal nach dem Verfahren von Gleich 
operirt, 2mal nach einer von S. selbst erdachten und im Operations- 
kursus erprobten Methode. Dieselbe, im Original genau beschrieben 
und durch Abbildungen erläutert, ist kurz folgende. Ein großer 
Hautlappen, etwa dem 1'/yfachen Durchmesser des Gliedes ent- 
sprechend, wird von der inneren Vorderseite des Unterschenkels der- 
art umschnitten, dass die vordere Tibiafläche etwa der Mitte des 
Lappens entspricht. Derselbe wird an der Spitze 2—3 cm weit, an 
den Seiten bis an die beiden Seitenkanten der Tibia von der Unter- 
lage abpräparirt, die mobilisirten Lappenränder nach oben um- 
geschlagen und in dieser Lage durch provisorische Nähte fixir. Dann 
wird von der vorderen Tibiafliche der Periost-Knochenlappen mit 
oberer Basis umschnitten und ihm entsprechend eine etwa 1 cm dicke 
Knochenplatte von unten nach oben abgesägt. Zur Einführung der 
Säge, um nach oben zu sägen, wird zweckmäßig in die Tibia unten 
erst eine quere Rinne hineingemacht, dann folgt der Sägeschnitt 
nach oben, zu welchem eine Stichsäge oder die Drahtsäge benutzt 
werden kann. Ist der Schnitt lang genug geworden, so zieht man 
die Säge zurück und bricht mit 2 seitlich in den Sägespalt ein- 
gesetzten Elevatorien die Knochenplatte nach oben um, wobei sich 
das Periost ganz von selbst von dem stehengebliebenen Knochen 
etwas nach oben abschiebt und so gewissermaßen ein bewegliches 
Scharnier für die Knochenplatte bildet. Dann Amputation, Lappen- 
vernähung etc. Die Rekonvalescenten werden angehalten, mit dem 
Stumpf möglichst früh, manchmal schon nach 2 Wochen aufzutreten, 
wozu sie eine einfache Stelze, aus Gipshülse und einem darin ein- 
gegipsten Holzstab bestehend, erhalten. Hierbei heilt die Knochenplatte 
stets fest an, der Stumpf erweist sich als völlig tragfähig und bekommt 
eine derbe, widerstandsfähige, sohlenartige Haut. Das Aussehen der 
plastisch gedeckten Tibia im Röntgenbild zeigt ein Holzschnitt. Die 
Bildung des Periost-Knochenlappens mit dem Hautlappen aus einem 
Stück hält S. für sehr vortheilhaft, namentlich bei Störungen der 
Asepsis; denn sie giebt für den Knochenlappen bessere Blutversorgungs- 
gewähr als die Bildung zweier getrennter Lappen. Der funktionelle 


1052 Oentralblatt für Chirurgie. No. 42. 


Enderfolg war in allen Fällen ein so trefflicher, dass die osteo- 
plastische Unterschenkelamputationsmethode künftighin der Regel 
nach (nur die Fälle von Gangrän vielleicht ausgenommen) der alten 
Methode vorzuziehen sein wird. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


16) W. Roth. Über die Resectio tibio-calcanea nach Bruns. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.) 

R. bespricht eingehend die Indikationen und die Technik der 
Resectio tibio-calcanea so wie ihre Vorzüge gegenüber anderen Fuß- 
resektionen. In der v. Bruns’schen Klinik wurde dieselbe 14mal 
wegen ausgedehnter Caries des Fußgelenks und der Fußwurzelknochen, 
namentlich des Talus, ferner 2mal wegen schlecht geheilter und durch 
Osteotomie nicht korrigirbarer Knöchelbrüche ausgeführt. Einer der 
Kranken starb an Hämoptoë innerhalb der ersten 3 Wochen nach 
der Operation, zwei mussten wegen Recidivs nachamputirt werden, 
über die Schicksale eines weiteren Pat. ist nichts zu erfahren ge- 
wesen, alle übrigen Fälle sind nach den angestellten Nachunter- 
suchungen geheilt, und zwar mit geradezu glänzendem Endresultat. 
Stets war die Verkürzung des Beines nur eine ganz geringe und die 
Fußform, wie die beigegebenen Photographien zeigen, so gut wie 
gar nicht entstellt; die Pat. tragen gewöhnliches Schuhwerk, gehen 
ungehindert ihrem Berufe nach und vermögen fast alle Wege von 
2—3 Stunden täglich ohne Mühe zurückzulegen. Mit Rücksicht auf 
diese Heilerfolge wie darauf, dass die Resectio tibio-calcanea relativ 
häufig angewendet werden kann, möchte R. diese Methode mit 
Recht den typischen Fußresektionsverfahren anreihen. 

Honsell (Tübingen). 


Kleinere Mittheilungen. 


17) Freie Vereinigung der Chirurgen Berlins. 
96. Sitzung am Montag, den 11. Juli 1898, im Krankenhaus Moabit. 
Vorsitzender: Herr Sonnenburg. 


1) Herr Sonnenburg: Endresultate operativer Verfahren bei Ektopia 
vesicae. 

Im Anschluss an die Vorstellung einer Anzahl von 8. nach seiner Methode: 
Exstirpation der Harnblase, l:iinnähen der Ureteren in die Penis- 
rinne operirter Pat. bespricht S. vorwiegend die Endresultate der verschiedenen, 
bei dieser Bildungsanomalie üblichen Operationsmethoden. 

I. Gruppe: Methoden, durch die die Ableitung des Urins be- 
zweckt wird. 

1) Exstirpation der Blase, Einpflanzung der Ureteren in die Penisrinne (S.). 
7 Fälle, keine Todesfälle, keine Komplikationen (keine Nierenerkrankungen), In- 
kontinens, Tragen eines Urinoirs. Längste Beobachtung 16 Jahre ($.). 

2) Einpflansung der Ureteren in das Rectum ohne Exstirpation der Blase 
(Roux, Simon, Holmes, Lloyd). 

3) Einpflanzung der Ureteren in das Rectum mit Exstirpation der Blase 
Maydl (14 Fälle, 2 Todesfälle. Längste Beobachtung 15 Monate. Kontinens 
allmählich abnehmend. Gefahr der Pyelonephritis. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1053 


II. Gruppe: Methode der direkten Vereinigung der Blaseuränder. 

1) Direkte Vereinigung (Rigaud, Wymann u. A.) Misserfolge. 

2) Ablösung der Recti (Schlange, Mikulicz) 4 Fälle, 1 Fistelbildung, 3 Miss- 
erfolge. Alle Inkontinenz. 

3) Ablösung der Beckenschaufeln (Trendelenburg) 6 Fälle, 3 Todesfälle 
(1 Infektion), 2mal Fistelbildungen, 1 Heilung, keine Kontinenz). 

II. Gruppe: Plastische Operationen. 

1) Einfache Überlagerung von Hautlappen (Fort, Wood, Thiersch) Blasen- 
raum ungenügend, Inkrustationen, Inkontinenz. 

2) Ablösung der Blasenschleimhaut, darüber Lappenbildung (Segond, Czerny) 
2 Fälle, 1 Fistelbildung, keine Kontinenz. 

Thesen. 

a. Blasenraumbildung hat wenig Zweck, wenn nicht zu gleicher Zeit Kontinenz 
erzielt wird. Diese wird nicht erreicht. 

b. Blasenraumbildung ist stets mangelhaft, oft wegen Vordrängens der hinteren 
Blasenwand beim Stehen nur im Liegen ist Kapacität vorhanden. 

c. Demnach erreichen die plastischen Methoden, so wie die Vereinigung der 
Blasenränder im Grunde nichts Anderes, als die Möglichkeit, ein passendes Urinoir 
tragen zu lassen. 

d. Das erreichen leichter und bequemer diejenigen Operationsmethoden, die 
nur eine passende Ableitung des Urins bezwecken. Unter diesen ist die Exstirpa- 
tion der Blase und Einnähung der Ureteren in die Penisrinne ($.) die ungefähr- 
lichste. Die Ableitung in den Darm bringt die Gefahr der Pyelonephritis 
mit sich. 


2) Herr Sonnenburg: Bemerkungen über Urethrotomien. 

S. beabsichtigt mit seinem Vortrag, eine Anregung zu geben, dass das Ma- 
terial über die Endresultate der verschiedenen Operationsmethoden gesammelt 
werde, da Urethrotomien doch nicht allsu häufig vorgenommen, und die Indika- 
tionen zur blutigen Erweiterung verschieden angegeben werden. 

Unter 31 Fällen von Strikturen (24 gonorrhoische, 4 traumatische, 3 entzünd- 
liche) wurde 20mal die Urethrotomia externa, 5mal die Urethrotomia interna, 3mal 
die Urethrotomia externa und interna, 3mal der Katheterismus posterior ausgeführt. 
Bei kurzen, kallösen Strikturen ist die Urethrotomia externa am Plats. S. findet 
bei sehr langen und bei multiplen Strikturen, so wie bei Klappenbildung die Ure- 
throtomia interna angezeigt. Nach S. ist hierbei eine völlige Durchtrennung der 
Gewebsmassen am besten zu erzielen. Die Gefahren sind gering, Blutungen stehen 
nach Einführung eines dicken Katheters. Infektionen sah 8. nie. 8. bedient sich 
mit Vorliebe des Urethrotoms von Voillemier. 

Unter den 31 operirten Pat. konnte von 22 Nachricht erhalten werden: 12 sind 
dauernd geheilt (während 1—6 Jahren). Dieses Resultat ist in so fern ein äußerst 
günstiges, als die den Pat. anempfohlene Nachbehandlung mit Bougies meist nicht 
ausgeführt wurde resp. wird. 

Unter den 4 Todesfällen (Urämie, Collaps, Miliartuberkulose, Sepsis) fällt nur 
der letztere der Operation direkt zur Last. 

In der Diskussion bemerkt Herr Körte, dass er dem Dilatement forcé nach 
Le Fort vor der Urethrotomia interna den Vorzug gebe, weil die von Bakterien 
wimmelnde Harnröhre nicht zu desinficiren sei, kleine, hierbei nicht zu vermei- 
dende Einrisse vielleicht weniger als Schnitte Infektionsgefahr böten. 

Bei der Urethrotomia interna übrigens, glaubt er behaupten zu können, seien 
Recidive häufiger. In einem Falle von Harnröhrenzerreißung, wo er den Callus 
später entfernte und nähte, entstand eine Striktur. 

Herr Mankiewitsch macht aufmerksam auf die immerhin bedeutende Mor- 
talität (2—3%) bei Urethrotomie in der Guyon’schen Klinik. Auch die Zahl der 
Recidive sei dort eine große. 

M. wendet bei impermeablen Strikturen ein »kombinirtes« Verfahren an: er 
legt eine am peripheren Ende mit einem Gewinde versehene Bougie (etwa 3 bis 


1054 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


8 fil. Charr.) für 2mal 24 Stunden in die Harnröhre, schraubt nach 48 Stunden 
einen in das Gewinde passenden Metallstab von derselben Stärke und ca. 30 cm 
Länge an die Bougie und schiebt dann über Metallstab und Bougie einen Ka- 
theter a bout coupé No. 18 mit Leichtigkeit bis in die Blase; dann wird Bougie 
und Metallstab entfernt, der Katheter bleibt 24 Stunden liegen, und es gelingt 
dann immer, mit No. 22 fil. Charr. zu passiren. Die Methode bedarf einer nur 
4tägigen Bettruhe. — Es ist diese Methode eine Kombination des ursprünglichen 
Le Fort’schen Verfahrens mit der Einführung des Dauerkatheters nach der Ure- 
throtomia interna Maisonneuve’s. 


Herr Sonnenburg: Jede Operation an oder in der Harnröhre (gleichviel ob 
Urethrotomia externa oder interna, oder Dilatation) bietet die Gefahr der Infek- 
tion, immerhin aber ist eine Infektion verhältnismäßig äußerst selten. 


3) Herr Krüger (Moabiter Krankenhaus): Ureterenverletzungen. 

In dem 1. Falle wurde wegen einer linksseitigen, intraligamentär entwickelten 
Ovarialeyste die Laparotomie gemacht. Bei der Lösung der Verwachsungen ge- 
langte man tief ins Beckenbindegewebe; wegen der gefährlichen Nähe des Ureters 
wird derselbe aufgesucht und der Versuch gemacht, ihn zu isoliren. Es gelingt, 
ihn auf eine kurze Strecke von seiner innigen Verbindung mit der Sackwand zu 
trennen, weiter unten aber liegt er so innig an, dass er trotz aller Vorsicht bei 
der Loslösung verletzt wird, resp. ein ca. 8 cm langes Stück abreißt. Wegen der 
Größe des fehlenden Stücks ist eine Vereinigung unmöglich; die Einpfanzung 
des centralen Stücks in den Darm schien bedenklich wegen der Gefahr einer auf- 
steigenden Pyelitis, bei Anlegung einer Ureter-Bauchfistel hätte später auch nur 
durch Nephrektomie Heilung erzielt werden können — also wird die letztere so- 
fort vorgenommen. Heilung ohne Zwischenfall. 

Im 2. Falle wurde wegen langdauernder doppelseitiger Adnexerkrankung die 
Laparotomie gemacht. Beide Adnextumoren waren in feste Schwarten eingebettet 
und fest mit den umliegenden Geweben verwachsen. Nur mit großer Mühe gelang 
es, die Verwachsungen überall stumpf zu lösen. Naht der Bauchhöhle über Tampon. 

Nach 8 Tagen, beim 4. Verbandwechsel, zeigte sich die in der Bauchhöble 
befindliche Jodoformgaze mit Urin durchtränkt, nach 4 Wochen war die Wunde 
geschlossen bis auf eine kleine Fistel, aus der sich Urin entleerte; per vias natu- 
rales gingen 400—700 eem Harn ab. Nach anfünglichem Wohlbefinden traten 
später urämische Erscheinungen auf, die zur Nierenexstirpation drängten. Obwohl 
alle Erscheinungen auf eine linksseitige Nierenerkrankung hindeuteten, wurde 
doch eine Katheterisation der Ureteren vorgenommen. Der rechte Ureter war glatt 
durchgängig, bei dem linken fand sich 13 cm von der Einmündungsstelle in die 
Blase ein fester, nicht zu überwindender Widerstand; Urin entleert sich nicht aus 
dem Katheter. 

Die durch Nephrektomie gewonnene Niere war ca. doppelt so groß als normal, 
von grauweißer Farbe, die Oberfläche mit linsen- bis bohnengroßen Höckern 
Cysten) besetzt, deren einige eitrigen Inhalt hatten. Nierenkelche und Nieren- 
becken, ferner Ureter in seinem Anfangstheil stark erweitert, ein deutlicher Unter- 
schied zwischen Mark- und Rindensubstanz nicht vorhanden. 

In den ersten 4 Tagen ist die entleerte Urinmenge sehr gering, 250—580 oem; 
der Urin enthält (äi Eiweiß, mikroskopisch sind granulirte und hyaline Cylinder, 
Nierenbecken- und Blasenepithelien nachweisbar. 


Diskussion: Herr Israël musste 2mal eine Niere wegen Verletzung des 
Ureters entfernen, nachdem derselbe bei Adnexoperationen (Imal Laparotomie, Imal 
vaginale Köliotomie) verletzt worden war. Beide Male fanden sich übrigens die 
Nieren krankhaft verändert: »surgical kidney«. Bei einem 3. Falle konnte I. 
spontane Heilung der Fistel beobachten. Nach Exstirpation eines Uterus (durch 
Abklemmung) stellte sich Urinträufeln aus der Scheide ein, das eine Zeit lang be- 
stand, schließlich versiegte. Dafür traten Nierenkoliken auf mit Ausscheidung 
von klarem, später eiterhaltigem Urin. J. beabsichtigte nun doch, die Niere zu 
exstirpiren, zumal da er eine Striktur in dem betreffenden Ureter konstatirte, er 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1055 


stand aber davon ab, da nach einiger Zeit alle Beschwerden aufhörten — nach 
Massage der Niere! 

I. glaubt annehmen zu können, dass der Ureter bei der Operation seitlich ge- 
fasst worden sei, daraus eine Nekrose eines Stücks der Wand und Urinträufeln 
entstanden, später Heilung unter Strikturbildung, schließlich aber die Stenose 
durch den andrängenden Urin wieder ausgeweitet worden sei. 


Herr Riune hat ebenfalls die spontane Heilung einer Ureteren-Bauchfistel 
beobachtet. Bei dem Versuch, dieselbe durch eine plastische Vereinigung der 
Ureterenenden zu schließen — er stieß dabei auf derbe Narbenmasse und konnte 
nur das centrale Ende auffinden — kollabirte die Pat. (eine Hebamme), und die 
Operation musste unterbrochen werden. In ganz unerklärlicher Weise sistirte 
jedoch nach einiger Zeit das Urinträufeln. 


Dazu bemerkt Herr Israël, dass sich dieser Fall auch so deuten lasse, dass 
nach Obliteration des centralen Endes eine Hydronephrose entstanden sein könne. 


Hierauf erwiedert Herr Rinne: dass dagegen der Umstand spteche, dass die 
eine Hälfte des Urins durch die Fistel, die andere durch die Blase abfloss, außer- 
dem kein Tumor resp. Resistenz auf eine Hydronephrose habe deuten lassen. Er 
will jedoch versuchen, zur Aufklärung des Falles den betreffenden Ureter zu 
katheterisiren. 


4) Herr Schwalbach (Krankenhaus Moabit): Innere Einklemmungen. 


Vortr. berichtet über die in den letzten 3 Jahren im Krankenhaus Moabit 
beobachteten Ileusfälle. 

Es handelt sich um 6 Fälle, von denen 4 geheilt sind, 1 Pat. 3 Tage nach der 
Operation an Pneumonie, 1 unoperirt starb. Letztere Pat. gab bei ihrer Ein- 
lieferung in das Krankenhaus an, sie hätte 24 Stunden vorher auf dem Weg von 
der Arbeit nach Hause plötzlich heftige Leibschmerzen und Erbrechen bekommen; 
auch könne sie seither weder Winde noch Stuhl lassen. Ihr Zustand war sehr 
elend. Eine vorgeschlagene Operation verweigerte sie leider und starb 11 Stunden 
darauf (35 Stunden nach Beginn des Leidens). 

Die Sektion ergab gesunde Brustorgane; keine frische Peritonitis. Der Darm- 
verschluss war folgendermaßen zu Stande gekommen: vom Coecum aus gehen 
2 kaum 1 mm starke adhäsive Stränge nach links zur Mittellinie und vereinigen 
sich dort mit einem etwas breiteren Strang, der in vertikaler Richtung läuft, vom 
Omentum kommt und im Bogen nach unten hinten und schließlich wieder auf- 
wärts verläuft und mit einer Dünndarmschlinge und dem Mesenterium breitfaserig 
verwachsen ist. Die Stränge umgreifen einen ca. 20 cm langen Abschnitt des 
unteren Ileums, das fest kontrahirt ist, sammt dem dazugehörigen Mesenterium. 

2 andere Pat. waren früher wegen Genitalleiden laparotomirt worden. In 
dem einen Falle hatte sich um einen breiten, fingerdicken Strang, der von der 
Uteruskante nach der vorderen Bauchwand ging, eine Dünndarmschlinge in 8-Form 
herumgelegt und war vollkommen gangränös geworden, so dass dies 183 cm lange 
Darmstück resecirt werden musste. Vereinigung der Darmlumina mit Murphy- 
knopf. Genesung. 

Bei der anderen Pat. war der Dünndarm durch eine vom Darm nach dem 
Mesenterium gehende Adhäsion durchgeschlüpft und so abgeknickt. Das Darm- 
stück erholte sich. Heilung. 

Bei einem 48Sjährigen, früher stets gesunden Kaufmann, der 24 Stunden vor 
Eintritt ins Krankenhaus unter akuten Hleuserscheinungen erkrankte, fand man 
als Ursache des Darmverschlusses einen federkieldicken Strang, der vom Colon, 
bei nach links geschlagenem Dickdarm, in die Tiefe ging. Durch das entstandene 
Loch waren Dünndärme durchgetreten und hatten sich eingeklemmt. Weitere 
Hindernisse wurden nicht gefunden. 

Keine Zeichen frischer oder alter Peritonitis; wohl aber — wie auch bei den 
vorher aufgeführten Fällen — viel blutig-seröse Flüssigkeit im Abdomen. Be- 
merkenswerth war noch, dass vom Augenblick der Einklemmung an Urinverhaltung 


1056 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


bestand. Kurz vor der Operation wurden dem Pat. nur 200 com per Katheter 
entleert, obwohl er seit 24 Stunden keinen Urin gelassen hatte. 

Vortr. lässt es unentschieden, ob es sich um ein obliterirtes Divertikel oder 
eine adhärent gewordene Plica epiploica handelte. 

Eine 50jährige Frau hatte seit 2 Tagen keinen Stuhl noch Winde; sie hatte 
nicht Erbrechen gehabt. Mäßiger Meteorismus; keine Schmerzen im Abdomen. 
Puls leidlich; Einläufe ete. ohne Erfolg. Bei der Laparotomie sehr stark geblähte 
Darmschlingen. Ursache der Verstopfung ist Volvulus der Flexura sigmoidea. 
Nach anfänglicher Besserung starb Pat. 3 Tage später an Pneumonie. Bei der 
Sektion fand sich keine Peritonitis; der Volvulus hatte sich nicht wieder ein- 
gestellt. 

Bei der zuletzt vorgestellten Pat. war die Diagnose, ob Appendicitis, die den 
Ileus bedingte, oder Ileus aus anderen Ursachen, zweifelhaft. Die Erkrankung be- 
gann ganz plötzlich mit Leibschmerzen, Erbrechen, Stuhlverhaltung. Sehr heftige 
Schmerzen in der rechten Unterbauchgegend und bhierselbst eine Resistenz nach- 
weisbar. Bei der Laparotomie ergab sich folgender Befund: keine Peritonitis, keine 
Adhäsionen. Hervorquellung mäßig stark geblähter Dünndarmschlingen. Colon 
ascendens liegt mehr nach der Mittellinie als gewöhnlich. Die Dünndarmschlingen 
lassen sich mehr vom Colon ascendens hin verfolgen, und hier lassen sich ca. 20 cm 
fest kontrahirter Dünndarmschlingen leicht aus einer Tasche hervorziehen, die vom 
Coecum resp. Colon ascendens von der hinteren Bauchwand und einem vom Coecum 
und Anfang des Colon ascendens schräg nach hinten und rechts nach der Bauch- 
wand gehenden, handbreiten, festen Band gebildet wird. Durchtrennung des 
Bandes, Aufsuchen des Processus vermiformis; dieser liegt mäßig stark entzünd- 
lich verdickt dem Coecum an. Keine Adhäsionen. Resektion des Processus vermi- 
formis. Naht der Bauchdecken. Glatter Heilungsverlauf. Pat. hat keinen Bauch- 
bruch, sie ist zur Zeit im 6. Monat gravid. 

Von der leichten Entzündung des Wurmfortsatzes konnten die plötzlichen 
Ileuserscheinungen nicht herrühren. Solche Einklemmungserscheinungen pflegen 
bei Appendieitis nicht zu Anfang, sondern erst nach Bildung eines größeren Ex- 
sudats, das auf die Darmtheile drückt, aufzutreten. Ursache erwähnter Ein- 
klemmungserscheinungen konnte nur die erwähnte Tasche sein. 

Zeichen alter Peritonitis (i. e. weitere Adhäsionen) waren nicht da, um die 
Entstehung der Membran zwischen Colon resp. Coecum und der Bauchwand zu 
erklären. Es muss sich desshalb wohl um ein in der Nähe des Blinddarms und 
aufsteigenden Colons in Folge der Variabilität der Anheftung dieser Därme öfters 
beobachtetes Ligament gehandelt haben, das dann als Lig. parieto-coecale resp. 
parieto-colicum bezeichnet wird und das so zur Bildung der Tasche beigetragen hat 


5) Herr Mühsam (Krankenhaus Moabit): Seltene Hodentumoren. 

Die Präparate und Abbildungen derselben, die demonstrirt werden, stammen 
von einem Tumor der Tunica vaginalis propria, der gelegentlich der Ra- 
dikaloperation einer Hydrocele gewonnen wurde. Statt der erwarteten fibrom- 
artigen Struktur zeigte der Tumor einen adenomartigen Bau. In der Nähe 
des Tumors zeigt sich ein mehr oder minder dichtes, ziemlich derbes Bindegewebe. 
Unter diesem Bindegewebe zeigen sich zahlreiche Hohlräume, deren Wand gebildet 
wird. aus theils einer, theils mehreren Schichten großer, meist viereckiger, theils 
kubischer, theils cylindrischer Zellen mit ziemlich großem Kern. Diese Zell- 
schichten sind ihrerseits wieder umschlossen von einem ziemlich zellarmen, derben 
Bindegewebe, welches das ganze Präparat in größere oder kleinere Abschnitte ein- 
theilt. Die größeren Hohlräume sind häufig theilweise angefüllt mit einer ziem- 
lich hellen, gelblichen Masse. Im Tumor selbst sind nicht sehr viel Gefäße vor- 
handen, die Mehrzahl findet sich in den tieferen Schichten, wo auf den Tumor 
wieder das gewöhnliche, lockere, unter der Scheidenhaut befindliche Bindegewebe 
folgt. Nach diesem Befund konnte es nicht sweifelhaft sein, dass es sich um 
einen epithelialen Tumor von adenomartigem Bau handelte, und diese Diagnose 
ist dem Vortr. von den Herren Waldeyer und Weigert bestätigt worden, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1057 


Der 2. Tumor betraf den rechten Hoden eines 13 Monate alten Knaben, wel- 
cher im Oktober 1897 wegen Phimose operirt worden war. Im November 1897 
wurde von der Mutter, einige Tage nachdem das Kind aus dem Kinderwagen ge- 
fallen war, eine offenbar schmerzhafte Röthung und Schwellung der rechten Hoden- 
hälfte bemerkt. Die Geschwulst vergrößerte sich. Ende Januar Operation. Der 
Tumor war nicht mit der Umgebung verwachsen, er beschränkte sich auf den 
Hoden. Die Operationswunde wurde genäht und heilte per primam. Bis jetst ist 
kein Recidiv nachzuweisen. Auf dem Durchschnitt war die Geschwulst von roth- 
brauner Farbe und ziemlich weich. Sie weist mikroskopisch theilweise eine ade- 
nomatöse, theilweise eine sarkomatöse Struktur auf. In welchem Maß die ver- 
schiedenen Gewebe des Hodens an ihr betheiligt sind, lässt sich schwer sagen. 
Unzweifelhaft besteht aber ein Theil des Tumors aus veränderten, an vielen Stellen 
erweiterten Blutgefäßen; ob die sarkomähnlichen Theile auch mit den Samen- 
kanälchen in irgend einem Zusammenhang stehen, lässt sich nicht mit Sicherheit 
feststellen. Es scheint aber jedenfalls, dass eine Proliferation derselben statt- 
gefunden hat. 

Klinisch treffen auf ihn die meisten der vor Kurzem von Krompecher an- 
gegebenen Merkmale für Hodensarkome und -Endotheliome zu. Glatte Oberfläche, 
Auftreten in frühem Alter, rasches Wachsthum, Widerstand der Albuginea, Frei- 
bleiben des Samenstrangs und bisweilen primärer Sitz am Nebenhoden. 


6) Herr Sonnenburg: Fälle von Leberechinoooccus. 

Unter den in den letzten Jahren von S. operirten Fällen von Leberechino- 
coccus konnte in zweien die Diagnose auf Leberechinoooccus nicht gestellt werden, 
weil die betreffenden Tumoren Mangels jeder Fluktuation Neubildungen vor- 
täuschten, und die Probepunktion erfolglos war. 

In dem einen Falle zeigte sich erst nach Freilegung des Tumors an einer 
Stelle wegen vorhandener starker Spannung umschriebene undeutliche Fluktuation; 
nach leichtem Ritzen hierselbst mit dem Messer flogen mit einem Mal unzählige 
kleine Blasen, die offenbar unter bedeutender Spannung in dem Sack eingeschlossen 
waren, mit großer Gewalt bis an die Decke des Operationssaales; viele derselben 
trafen den Operateur ins Auge, dort sofort Bluterguss erzeugend. Der mächtige, 
von dickem Schwielengewebe umgebene Sack wurde vorgewälst, zum Theil ab- 
getragen, der Rest innen und in der Umgebung tamponirt. Langsame, aber dauernd 
gebliebene Heilung ohne Fistelbildung. 

In dem 2. Falle lag ein anscheinend ganz fester Tumor unter der Leber in 
der Pankreasgegend, eine nicht fluktuirende Vorbuchtung unter dem Proc. ensi- 
formis und unterhalb des Leberrandes zeigend. Auch hier ergab die Operation 
einen ungemein derben, besonders mit dem Pfortadersystem und der Leber fest 
verlötheten Echinococcussack mit vielen Blasen. Einnähung der unteren Kuppe. 
Tamponade der freien Bauchhöhle, Eröffnung der eingenähten Kuppe, aus der 
zahlreiche Blasen sich entleeren, Tamponade des Sackes, langsame Heilung ohne 
Zwischenfall. 

Im Anschluss hieran erwähnt Herr Israël, dass er bei der Operation eines 
Leberechinoooceus dadurch zu Schaden gekommen sei, dass er sich eine von einer 
früheren Probepunktion herrührende abgebrochene Spitze einer Pravaz’schen 
Nadel tief in den Arm einspießte. 


7) Herr Sonnenburg: Krankenvorstellungen. 
a. Technisch schwierige Operation von Appendicitisperforation. 
Bei dem Pat., seit 5 Wochen mit eitrigem Exsudat in der Ileocoecalgegend 
behaftet, zeigte sich bei der Operation — wohl in Folge des äußerst elenden Zu- 
standes des Kranken — der Darm in der Umgebung des Abscesses so brüchig, 
dass beim Abtasten der Höhle derselbe an mehreren Stellen einries. S. sah sich 
daher genöthigt, ein großes Stück Dünndarm dabei zu reseciren und die Enden 
mittels Murphyknopfes zu vereinigen. Bei der Entleerung eines nach dem inneren 
Leistenriog sich erstreckenden Recessus des Absoesses entstand ferner noch eine 
ffnung in einer hier befindlichen und verlötheten Darmschlinge. Hier konnte 


1058 Centralblatt für Chirurgie. No. 12. 


wegen der zahlreichen Verwachsungen eine Resektion des Darmes nicht gemacht, 
musste vielmehr durch Tamponade der Austritt von Koth möglichst angehalten 
werden. Trotsdem in Folge dieser Komplikationen weite Strecken der freien 
Bauchhöhle in der Umgebung des Abscesses eröffnet werden mussten, und die 
Gefahr der Infektion durch die in der Nähe befindliche Darmfistel eine große war, 
konnte dieselbe doch verhütet werden, und zwar speciell mittels ausgedehnter 
Tamponade. Pat. ist völlig ausgeheilt. Der Knopf ging bereits in der 1. Woche 
per anum ab. 

b. Künstliches Gebiss im Ösophagus. Ösophagotomie. 

Pat. (Wärter) glaubte ein Stück seines Gebisses verschluckt zu haben. S. 
untersuchte mit der Schlundsonde und gelangte glatt in den Magen, ohne auf 
Widerstand zu stoßen. Da aber am anderen Tage intensive Schmersen auftraten, 
nahm S. eine nochmalige Sondirung vor und war im Stande, einen Fremdkörper 
zu füblen; auch durch die Autoskopie (Dr. Kirstein) ließ er sich feststellen. 
S. entfernte nunmehr den Fremdkörper (Theil des Gebisses) durch Ösophagotomie. 
Die Operationswunde heilte ohne Naht!. 

c. Abgebrochene Messerklinge in der Fossa poplitea. 

S. entfernte aus der Poplitealgegend eine abgebrochene Messerklinge, die dem 
Pat. nur ganz wenig Beschwerden gemacht hatte unmittelbar neben den Gefäßen 
sich befand, und deren Sitz vor der Operation durch Röntgenstrahlen festgestellt 
worden war. 

8) Herr Merkens (Krankenhaus Moabit): Gehirnabscesse. 

Der von dem Vortr. beobachtete Fall resp. Pat. war vor einigen Wochen von 
anderer Seite wegen chronischer Mittelohreiterung operirt worden und hatte nach 
der Angabe der Angehörigen seit der Operation über Kopfschmerzen geklagt; seit 
einigen Tagen bestand völlige Somnolens. Die Diagnose eines Temporallappen- 
abscesses, welche namentlich durch die Parese der gekreuzten Extremitäten ge- 
stützt wurde, konnte durch die sofort — nach Einlieferung ins Krankenhaus 
Moabit — vorgenommene Operation bestätigt werden. Jedoch gelang es nicht, 
das Leben zu erhalten. 

In dem Eiter fanden sich in Reinkultur Stäbchen, die mit den Typhusbacillen 
die größte Ähnlichkeit hatten. 

9) Herr Israël (Krankenhaus Moabit): Multiple Gehirnabscesse. 

Das Gehirn stammt von einem 28jährigen Mann, der wegen einer Erysipel- 
phlegmone auf der linken Kopfbälfte operirt worden war. Trots glatten Heil- 
verlaufs zeigte Pat. Abnormitäten, wollte nicht aufstehen, war meist mürrisch und 
verdrießlich. Bisweilen Kopfschmerz und Schwindelgefühl, Temperatur vom 5. Tage 
nach der Operation stets normal. 5 Wochen post operationem eines Morgens sehr 
heftige Kopfschmerzen in der linken Regio parietalis, Benommenheit, beiderseits 
Papillitis, Reflexe erhalten, Temperatur und Puls normal. Diagnose: Hirnabscess 
ohne bestimmte Lokalisation, da Herdsymptome fehlten. Am nächsten Morgen 
Krampfanfall, tonische Zuckungen der ganzen Körpermuskulatur. Völlige Be- 
wusstlosigkeit. Temperatur 38,4, Puls beschleunigt, Athmung angestrengt. Einige 
Zeit nach Aufhören des Krampfes plötzliches Aussetzen der Athmung; Tod. 

Autopsie: In der rechten Hemisphäre 4 Abscesse; 1 walnussgroßer im Tem- 
porallappen, 1 hirsekorngroßer im Frontallappen, 2 kleinere im Parietallappen. 
Also im Anschluss an Phlegmone des Kopfes 4 Abscesse im Gehirn, die sich in 
1 Monat entwickelten, ohne Temperatursteigerung zu bewirken und ohne Herd- 
symptome zu machen. Schließlich ist noch zu beachten, obwohl es sich wohl 
offenbar um eine centrale Athmungslähmung gehandelt hatte, dass kein Durch- 
bruch in den 4. Ventrikel bestand. 

10) Herr Merkens (Krankenhaus Moabit): Struma cystica mit Amöben. 

Brauer, 36 Jahre alt, wurde Anfang December aufgenommen. Pat. litt an an- 
geborener Struma, welche in den letzten Wochen stark an Umfang zugenommen 


1 Der Fall heilte übrigens nicht geng glatt. Wohl in Folge der entzündlichen 
Nekrose der Ösophaguswand trat noch Eiterung und nachträglich Senkung ein. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1059 


hatte und auf der linken Seite deutliche Fluktuation zeigte. Am 13. December 
1897 wurde die Geschwulst operirt; nach der Eröffnung der Geschwulst entleerte 
sich sofort eine beträchtliche Menge weißer Flüssigkeit, welche zum Theil frisch 
untersucht, zum Theil gehärtet wurde. Die mikroskopische Untersuchung ergab, 
dass es sich nicht um Eiter handelte. Leukocyten waren nur spärlich vorhanden, 
Eiterkörperchen gar nicht. Im Gegentheil fanden sich: 1) Stäbchenbakterien, 
welche sich mit Fuchsin und Methylenblau sehr leicht färbten und auf unseren 
gewöhnlichen Nährböden einen grauen, schmierigen Belag bildeten. 2) Eine er- 
hebliche Menge große Zellen von ovalärer und von kugeliger Gestalt und körniger 
Beschaffenheit. Im frisch untersuchten Material war kein Kern nachweisbar. Der- 
selbe trat erst nach Behandlung mit Essigsäure und in fixirten Präparaten als 
schwach tingirter, unregelmäßiger und in vielen Fällen ganz zerfressener Körper 
hervor. In diesen Präparaten konnte man auch bestätigen, dass sich zwischen den 
braunen Granula, welche die gange Zelle ausfüllten, auch einige fanden, welche 
sich mit Osmiumsäure schwarz färbten. Die betreffenden Zellen hielten sich bei 
Bruttemperatur sehr lange, bei Zimmertemperatur starben sie sehr schnell ab. 
Untersuchte man sie unmittelbar nachdem sie aus dem Brutschrank genommen 
waren, so konnte man während einiger Minuten amöboide Bewegungen beobachten 
und sich vom Vorhandensein einer pulsirenden Vacuole überzeugen. Auf Eiweiß- 
nährböden vermehrten sich diese Organismen; auf Agarnährböden konnte keine 
Vermehrung beobachtet werden; so bald die Kultur eintrocknete, fand eine Ein- 
kapselung der Amöben statt. Sarfert (Berlin). 


18) Flatau. Traumatische Neurosen ohne Entschädigungsansprüche. 
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1898. No. 8.) 


Verf. berichtet über 3 Fälle von »traumatischer Neurose« aus der Oppen- 
heim’schen Poliklinik. Da die betreffenden Pat., wie der Titel bereits sagt, keine 
Rentenansprüche machten, seigen die Fälle, wie Verf. meint, dass Verletzungen 
mit psychischen Traumen die mit der Bezeichnung traumatische Neurose belegte 
Erkrankung des Oentralnervensystems hervorrufen können, auch da wo Begehrungs- 
vorstellungen nicht in Frage kommen. (Die fast allgemein anerkannte Ansicht, 
dass es eine »traumatische Neurose« als Krankheit sui generis nicht giebt, wird 
hierdurch nicht widerlegt. Ref.) K. Hufschmid (Gleiwitz O/S.). 


19) Briese. Ein Fall von symmetrischer Gangrän der oberen und 
unteren Extremitäten. 
(Festschrift der Braunschweiger Ärzte zur 69. Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Ärzte 1897.) 
Braunschweig, Harald Bruhn, 1897. 


Ein 16jähriger Schlosserlehrling, der bisher stets gesund gewesen, erkrankte 
ohne besondere Ursache an symmetrischem Brand sämmtlicher Endglieder beider 
Hände und Füße mit Ausnahme des rechten Zeigefingers, stellenweiser Mumi- 
fieirung der Haut am Fußrücken und Sohle; verbreiterter Herzspitzenstoß, systo- 
lisches Geräusch an der Spitze; II. Pulmonalton etwas verstärkt, Puls 120, regel- 
mäßig, klein und weich. — Der Kranke starb unter zunehmenden Schmersen etwa 
5 Wochen nach Beginn der Krankheit. Sektion verweigert. 

Interessant ist die Behandlung des Kranken mit 1%igem Nitroglycerin, stünd- 
lich 2 Tropfen in Kognak, das wegen seiner gefäßerweiternden Eigenschaft ge- 
geben wurde, nach Ansicht des Verf. mit Erfolg: die Gangrän schritt nicht weiter 
vor. In dieser Therapie liegt auch die Erklärung, welche zur Entstehung der 
Gangrän gegeben wird: Krampf der Vasokonstriktoren bis zum völligen Verschluss. 
Die eigentliche Ursache zu diesem Gefäßkrampf konnte nicht nachgewiesen werden. 
Woran der Kranke gestorben ist, ist weder aus der Krankengeschichte, noch aus 
den epikritischen Bemerkungen ersichtlich. Tsohmarke (Magdeburg). 


1060 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


20) A. v. Eiselsberg. Über operative Versuche, die pathologische 
Schulterstellung bei Dystrophia musculorum progrediens zu ver- 
bessern. 

(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 1.) 

Bei der Dystrophia musculorum ist besonders die pathologische Stellung der 
Schulter lästig, namentlich wenn in Folge von Lähmung des Muse. cucullaris die 
beiden Schulterblätter flügelartig vom Brustkorb abstehen. Da Apparate und 
Bandagen nur vorübergehend und unzuverlässig helfen, so lag für den Autor der 
Gedanke nahe, auf operatirem Weg eine Fixation des Schulterblatts in richtiger 
Stellung zu versuchen. e, E hat nun in 2 Fällen auf verschiedene Weise dies 
Ziel zu erreichen versucht. Bei dem 1. Pat. waren zuerst, aber ohne Erfolg, die 
unteren Partien der Schulterblätter an einander geheftet worden. Durch eine 
2. Operation wurden auch die oberen Theile der Schulterblätter durch Silberdraht- 
nähte mit einander vereinigt, derart, dass dabei die Knochen völlig aufgerichtet 
waren und an einander fest fixirt wurden. Allein da das ganz sagittal gestellte 
Schlüsselbein auf der einen Seite schwere Drucksymptome auf den Plexus brachialis 
und die Gefäße hervorrief, war ein neuer Eingriff nöthig, der darin bestand, dass 
das Schlüsselbein durch einen Bajonettschnitt durchsägt, aus einander gezogen und 
auf diese Weise durch fixirende Nähte verlängert erhalten wurde. In dem 2. Falle 
war versucht worden, den Rand des rechten Schulterblatts mittels Silberdraht an 
die 6. und 7. Rippe anzuheften. Wegen heftiger Schmerzen musste diese Ver- 
einigung gelöst werden. Trotzdem bestand eine gute Fixation durch Narben- 
gewebe, und diese bewirkte es, dass ein weiterer Versuch, die medialen Schulter- 
blattränder zu nähen, wegen Unmöglichkeit genauer Aneinanderpassung fehlschlug. 
Doch erscheint v. E. die Befestigung jedes Schulterblatts an die Rippen als die 
physiologisch richtigere. 

Die Operation ist bei langsam verlaufenden Fällen anzuwenden und wäre in 
einem progressiven Stadium zwecklos. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


21) Ollier. De la creation de nouvelles articulations entre des os 
normalement indépendants. 
(Compt. rend. de l’acad. 1898. No. 22.) 

Seit lange hat O. an zahlreichen Thierexperimenten und ebenfalls häufigen, 
sehr glücklichen Operationen an Menschen gezeigt, wie durch pathologische oder 
traumatische Ursachen zerstörte Gelenke durch Nearthrosen zu ersetzen sind. 

Heute zeigt der geniale Chirurg die Frage der Neubildung von Gelenken in 
noch weiterem Gesichtspunkt. Er beweist, dass man in der Wiederherstellung 
beweglicher Verbindungen noch viel weiter gehen kann, dass es möglich ist, be- 
wegliche und solide Gelenke zwischen Knochen herzustellen, welche in normalem 
Zustand gar nicht zusammenhängen, wenigstens nicht unter einander artikulirt sind. 

In dem betreffenden, hochinteressanten Fall, auf den etwas näher einzugehen 
sich der Mühe verlohnt, wurden die Funktionen der oberen Extremität wieder- 
hergestellt durch Fixation der Diaphyse des Oberarms an das Schlüsselbein. Nicht 
nur der Oberarmkopf existirte nicht mehr, auch das Schulterblatt war in seiner 
Totalität entfernt, so dass es unmöglich war, eine soapulo-humerale Artikulation 
zu machen. Die obere Extremität hing am Rumpf nur durch Weichtheile. Das 
Schlüsselbein war in die Höhe gezogen und hatte jede Verbindung mit dem Arm 
verloren. Die Distanz betrug 7 cm. An Stelle des Gelenks war eine große Ver- 
tiefung, die der atrophische Deltoideus bedeckte. 

Pat., der die schwere Verletzung des Schulterblattes vor 22 Jahren bei Metz 
erlitten hatte, und bei dem im Krankheitsverlauf der Oberarm wegen Eiterung 
resecirt war, konnte nach seiner Ausheilung trots Prothese das Glied so gut wie 
nicht gebrauchen. Der Unterarm war atrophirt. 

Im Jahre 1893 beschloss O. eine Verbindung zwischen Schlüsgelbein und Ober- 
arm zu versuchen, die ausgezeichnet gelang. Mühsam wurde das Ende des Ober- 
armes von dem narbigen Gewebe befreit, dann ein wenig regecirt mit Erhaltung 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1061 


des Periosts; eben so wurde am Schlüsselbein vorgegangen, und beide Knochen- 
flächen so wie das Periost durch Nähte vereint. Der Oberarm wurde durch 
2 Platinnähte an das Schlüsselbein fixirt, die noch heute liegen. Wäre eine 
knöcherne Vereinigung erfolgt, die O. erwartete, so hätten die Bewegungen in 
dem Sterno-Clavioulargelenk sich abgespielt. Aber die Verbindung blieb fibrös, 
und der Oberarm, obgleich in exakter Berührung mit dem Schlüsselbein, macht 
ausgedehnte Bewegungen in allen Richtungen, besonders in der anterior-posterioren. 

Mit besonderer Sorgfalt beschäftigte sich der Operateur mit der Wieder- 
herstellung von Muskelansätzen. Besonders wurde der Deltoideus von seinen 
narbigen Verwachsungen befreit und an geeigneten Punkten an benachbarte Mus- 
keln, Periost und an die fibrösen parostalen Züge angenäht, welche die vom 
Sohlüsselbein herabhängende Extremität bedeokten. Bo weit als möglich wurde 
auch das Verhältnis der anderen scapularen Muskeln wiederhergestellt. 

Der Erfolg der Operation, die jetzt 4 Jahre zurückdatirt, war sehr gut. Der 
Verlauf zunächst tadellos; am 10. Tage 1. Verbandwechsel; 4 Monate wurde das 
Glied immobilisirt gehalten, dann frei gelassen. Zuerst schien eine Synostose zu 
bestehen, bald aber entwickelte sich eine gewisse Beweglichkeit, welche sich in 
dem Maße vermehrte, wie der Kranke sein Glied gebrauchte. Jetst hat er eine 
wirkliche solide und aktiv bewegliche Gelenkverbindung. Selbst Gewichte kann 
er wie mit dem anderen Arm heben. 

Der Unterarm ist wieder kräftig, und durch die Reinsertion des Deltoideus 
am Schlüsselbein können energische Abduktionsbewegungen ausgeführt werden. 
Durch anfänglich ziehende Gewichte ist das Schlüsselbein wieder in normaler Lage. 
Die Depression ist geringer. Die schwachen Schulterblattmuskeln unterstützen die 
Bewegungen, die gemacht werden können. Jedenfalls hat sich die Lage des Pat. 
in orthopädischem und funktionellem Sinne so gebessert, dass er sein Glied ohne 
Apparat gebraucht. (Legen der Hand auf den Kopf, zur anderen Schulter, zum 
Gesäß, Bewegungen, die er vor der Operation nicht ausführen konnte.) 

Verf. meint, wenn er im Schlüsselbein keinen Stützpunkt gefunden hätte, 
hätte er versucht, die Rippen dagu zu benutzen. Freilich wäre der Zustand dann 
viel ungünstiger gewesen. A. Henry (Breslau). 


22) Julié. Paralysie du nerf cubital par compression cicatricielle. 
Libération du nerf. Gu£rison. 
(Bull. et mém. de la soc. de chir. de Paris T. XXIII. p. 565.) 

Das Interesse der J.’schen Beobachtung liegt namentlich in dem späten Auf- 
treten der Lähmungserscheinungen. Der zur Zeit der Operation 22jährige Pat. 
hatte 4 Jahre vorher durch eine Sichel eine Schnittwunde an der Innenrückseite 
des linken Oberarms 4 Querfinger oberhalb des Epicondylus internus erlitten. Die 
Wunde heilte mit Eiterung. Motilitätsstörungen bestanden gar nicht. Die An- 
fangs im Gebiet des Ulnaris gestörte Sensibilität kehrte bald völlig zurück, so dass 
Pat. 2 Jahre nach dem Unfall ohne Bedenken als Dragoner zum Militär eingestellt 
werden konnte. Im Lauf des folgenden Jahres magerte die linke Hand ab, das 
Gefühl stumpfte sich ab, Pat. konnte die Zügel nicht mehr halten, es kam zu 
einer fast völligen Lähmung und sehr vorgeschrittenen Atrophie der Zwischen- 
knochenmuskeln, des Adductor pollicis und des Kleinfingerballens. An der Stelle 
der früheren Verletzung fühlte man im Verlauf des N. ulnaris eine nussgroße Ge- 
schwulst von fibröser Konsistenz. Exstirpation dieser Narbenmasse unter Cocain- 
anästhesie brachte binnen 3 Monaten vollständige Heilung. 

Reichel (Chemnitz). 


23) Franke. Funktionelle Heilung der Radialislähmung durch 
Sehnenplastik. 
(Mittheilungen aus den Grensgebieten der Medicin und Chirurgie Bd. III. Hft. 1.) 


F. ersetzte bei Radialislähmung durch spinale Kinderlähmung die ausgefallenen 
Funktionen der Fingerstrecker durch Verlagerung des Flexor carpi ulnaris und 


1062 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


Annähen an die Sehnen der Fingerextensoren; die Hand wurde durch Verkürzung 
des Extensor carpi radialis in Streckstellung gebracht; desshalb war aktive Beu- 
gung der Hand natürlich ausgeschlossen. Das funktionelle Resultat war recht 
befriedigend. 

Ein zweiter, ähnlicher Fall ist nicht ganz rein, da unerwartet von selbst die 
Lähmung zum großen Theil zurückging. Haeckel (Stettin). 


24) J. B. Seldowitsch. Über die Gelenke der überzähligen Finger. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 4.) 

S. untersuchte aktinographisch 5 Fälle von Hyperdaktylie. Dabei fand er, 
dass das Gelenk bei der häufigsten Form — zwischen Metacarpus und den beiden 
1. Phalangen — meist beiden Fingern gemein ist. Daher ist bei der Exartikulation 
streng auf Asepsis zu achten. 8. bemerkt, dass der Zustand der Gelenke bei 
dieser Missbildung noch wenig untersucht ist. 3 Aktinogramme sind abgedruckt. 

6ückel (B. Karabulak, Saratow). 


25) Demons et Bégouin. Examen clinique et anatomo-pathologique 
d'une luxation traumatique sus-pubienne de la hanche chez un sujet 
mort cing heures après l'accident. 

(Bull. et mém. de la soe. de chir. de Paris T. XXIII. p. 635.) 

Verff. hatten die seltene Gelegenheit, einen Fall frischer Luxatio femoris 
suprapubica anatomisch zu untersuchen. Leichte, ohne Narkose vorgenommene 
Repositionsversuche waren ohne Erfolg geblieben: starke Flexion wandelte die 
Lux. suprapubica nur in eine intrapelvica, und Extension, Abduktion, Innen- 
rotation in eine Lux. obturatoria um. Von weiteren Versuchen war Abstand ge- 
nommen worden. Pat. starb 3 Stunden nachher, 5 Stunden nach dem Unfall. — 
Bei der Autopsie fand man die unversehrte Art. femoralis genau vor, die V. fem. 
nach innen vom verrenkten Gelenkkopf; dieser war beinahe zwischen den beiden 
Gefäßen hindurchgetreten; die V. circumflexa war durchrissen. Der Obersohenkel- 
kopf lag hinten dem Os ilei zwischen Spina anter. inf. und Eminentia ileopectinea 
auf; der Musc. psoas war mit dem Nerv. cruralis nach außen gedrängt; der 
Musc. pectineus war quer durchrissen, dessgleichen das Ligamentum rotundum an 
seiner Ansatzstelle am Kopf. An der Leiche bewirkte folgendes Verfahren die 
Reposition: Das Glied wurde unter der Kniekehle gepackt und der Oberschenkel 
zur gleichen Zeit gebeugt, während er stark nach außen und in die Höhe gezogen 
wurde. Der Gelenkkopf wurde dadurch aus seiner abnormen Lage befreit. Es 
genügte nun eine leichte Rotation nach innen, während man das Bein in Streckung 
und Adduktion überführte, um den luxirten Kopf in die Pfanne eintreten zu lassen. 

Reichel (Chemnitz). 


26) Brauer. Über Coxa vara und die sie begleitende Muskelatrophie. 

(Mittheilungen aus den Grenzgebieten der Mediein und Chirurgie Bd. III. Hft. 2.) 

B. konstatirte bei einem 5jährigen Knaben, der bisher unter der Diagnose 

Muskelatrophie von verschiedenen Ärzten behandelt worden war, Coxa vara und 

betont im Anschluss daran die Wichtigkeit der lokalen Atrophie der Muskeln um 
die kranke Hüfte zur sonst oft recht schweren Frühdiagnose der Coxa vara. 
Haeckel (Stettin). 


27) A. Birch-Hirschfeld. Über einen eigenartigen Fall von akuter 
Osteomyelitis. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 611.) 

Der Fall, in der Leipziger Klinik beobachtet, betrifft einen 10jährigen Kna- 
ben, am rechten Oberschenkel erkrankt. Die Erkrankung begann mit den typi- 
schen Allgemeinerscheinungen 3'/3 Monate vor der Spitalaufnahme und hatte, ohne 
Abscesse zu veranlassen, zu einer Verdickung und starken Verbiegung nach vorn 
konvex am unteren Schenkelende geführt (cf. 2 Photogramme.) Das Röntgenbild 


Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 1063 


(ef. seine interessante Reproduktion im Original) zeigte hochgradige spindelförmige 
Auftreibung des Knochens, welcher handbreit über dem Kniegelenk rechtwinklig 
nach hinten umgeknickt ist, ferner aber unterhalb des Knickungswinkels deutlich 
den dunklen Schatten eines großen Sequesters. Der Knochen wird desshalb von 
einem doppelseitigen Seitenlängsschnitt aus aufgemeißelt. Kloaken fanden sich 
nicht, wohl aber der diagnosticirte Sequester, in den Granulationen der Höhle 
ferner — trotz Fehlens der Eiterung! — keimfähige Staphylokokken. Die Ver- 
biegung des Knochens, welche sehr ähnlich Oberst in dem analogen Falle eines 
12jährigen Mädchens fand, ist wahrscheinlich durch Muskelzug und Körper- 
belastung zu erklären, da der Pat. vor seiner Spitalaufnahme zeitweise außer Bett 
herumgegangen war. Auch Mosetig hat 3 ähnliche Fälle beobachtet. Häufiger 
sind unter analogen Umständen Verbiegungen des oberen Femurendes (Fälle von 
v. Volkmann, Schede, Diesterweg, Küster). Der Verbiegungsprocess be- 
ruht wohl auf einer Erweichung bezw. Entkalkung des Knochens (»Ostitis fibrosa« 
nach v. Recklinghausen). Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


28) F. Hahn. Röntgenaufnahme bei Osteomyelitis mit Sequester- 
bildung. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 27.) 

Durch Röntgenphotographie vermochte H. in 2 Fällen von fistulöser Osteo- 
myelitis, bei denen die Sonde Sequester nicht nachweisen konnte, solche sowohl 
ihrer Zahl nach, als auch hinsichtlich ihrer Größe und Lage festzustellen. Die 
Abbildungen der Photographien lassen dies freilich nicht erkennen. 

Kramer (Glogau). 


29) W. Prutz. Über traumatischen Lufteintritt ins Kniegelenk. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 591.) 

Den bislang nur bekannten 2 Fällen von traumatischem Lufteintritt ins Knie- 
gelenk von Lossen und König fügt P. 2 neue von ihm in der Königsberger 
Klinik beobachtete hinzu. Beide betreffen Männer, welche durch schwere stumpfe 
Gewalteinwirkung ausgedehnte Quetschwunden am Bein erlitten hatten, und ergab 
sich die fragliche Veränderung am Knie symptomatisch ohne Weiteres durch eine 
leichte Anschwellung desselben mit undeutlicheren Kontouren an der Kniescheibe 
und der Strecksehne, verbunden mit hellem, tympanitischem Perkussionston. 

Während in dem einen Falle bei günstigem Wundverlauf der Luftschall 
binnen 3 Tagen schwand, und Genesung erfolgte, ging der 2. Pat. septisch zu 
Grunde. Im Knie, über welchem der tympanitische Schall bis zum 4. Tage nach- 
weisbar geblieben, fand sich bei der Sektion ein eitriger Erguss. 

Der Kapselriss, durch den die Luft ins Gelenk drang, erfolgte in beiden 
Fällen wahrscheinlich durch Einriss in Folge von Überdehnung, der Lufteintritt 
selbst durch eine Aspiration in die durch die Hyperextension zum Klaffen ge- 
brachte Gelenkspalte. Die Perforationsöffnung saß in beiden Fällen versteckt und 
war bei der Wundversorgung nicht auffindbar gewesen. Diese versteckte Lage 
derselben bildet für das Gelenk den besten Schutz vor Infektion. Wenn solche 
im 2. Falle doch eintrat, bestand der Grund dafür vielleicht darin, dass im Gelenk 
auch ein Bluterguss vorlag, und in der nahen Nachbarschaft der vereiterten 
äußeren Weichtheilwunden. Therapeutisch giebt der Luftgehalt des Knies keine 
besondere Indikation. Vielleicht aber findet er sich bei Wunden der Kniegegend, 
wenn man das Knie perkutirt, häufiger, als man bislang beobachtete. Es wird 
von Interesse sein, künftighin darauf zu achten. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


30) H. Graff. Seltene Luxationen des Fußes und Kniegelenks. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXI. Hft. 3.) 


G. berichtet zunächst über 4 Fälle von Rotationsluxationen des Fußes nach 
außen, von denen 2 durch schematische Zeichnungen illustrirt werden. In sämmt- 


1064 Centralblatt für Chirurgie. No. 42. 


lichen Fällen war die Luxation verbunden mit einer Fraktur der Fibula, 3mal 
auch mit Abriss des inneren Malleolus. Nach den bis jetzt von verschiedenen 
Seiten angestellten Leichenversuchen hält G. eine reine Außenrotationsluxation 
(ohne Fraktur) nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen für möglich. 

Im weiteren wird eine kombinirte Luxation des Fußes nach unten, innen und 
hinten (Luxatio pedis sub talo nach innen und hinten), die nach Angabe des Pat. 
durch Auffallen mit dem Gesäß auf den nach innen umgekippten Fuß zu Stande 
gekommen war, so wie eine seitliche Luxation im Kniegelenk beschrieben; auch 
diesen beiden Mittheilungen sind schematische Zeichnungen beigegeben. 

Honsell (Tübingen). 


31) E. Payr. Über tödliche Fettembolie nach Streckung von Kon- 
trakturen. (Aus der Grazer chirurg. Klinik.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 28.) 

Den 4 in der Litteratur bekannt gewordenen Fällen von tödlicher Fettembolie 
nach unblutigen orthopädischen Eingriffen reiht P. einen weiteren an, in welchem 
bei einem einen ausgesprochenen Status thymicus darbietenden 16jährigen Mädchen 
eine nach Osteomyelitis ac. tibiae zurückgebliebene Kniekontraktur in Äthernarkose 
ohne Gewaltanwendung gestreckt worden und bald danach Erscheinungen von 
großer Unruhe und tiefem Collaps mit raschem tödliohem Ausgang aufgetreten 
waren. Bei der Sektion fanden sich in dem Blut der V. poplitea bis hinauf in 
die V. cava inf. reichliche Fetttröpfehen mit freiem Auge leicht erkennbar, eben 
so in den Lungenkapillaren, außerdem, neben einer großen Thymusdrüse und Ver- 

rößerung der Mandeln, Lymphfollikel des Rachens eto. und der Mils, Hers-, 
eber- und Nierenverfettung. 

Im Anschluss an den Fall bespricht P. die verschiedenen Anschauungen über 
das Wesen des fettembolischen Todes und erwähnt einiger von ihm gemachter 
Beobachtungen von starker Lipurie nach Kniegelenkaresektion, in welchen Fällen 
bei den betreffenden Kranken — bei aseptischem Wundverlauf — am 1.—2. Tage 
p. op. beunruhigende Erscheinungen seitens des Herzens, abnorme Pulsbeschleu- 
nigung, heftige Anfälle von Herzklopfen und Schmerzen in der Herzgegend auf- 
getreten waren. Auch den in obigem Falle gemachten Befund von Status thymicus 
s. lymphaticus, der nur noch in einem Falle von Colley erwähnt ist, berücksichtigt 
P. und hält einen Zusammenhang zwischen Tod durch Fettembolie und Status 
tbymicus für nicht unmöglich, in so fern vielleicht der letztere günstigere Re- 
sorptionsbedingungen für das Fett auf dem Wege der Lymphbahnen setze, bezw. 
die Gefahr für das Hers erhöhe. Kramer (Glogau). 


32) Mulert. Ein Fall von Ruptur der Arteria poplitea durch Über- 
streckung. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 423.) 

Der im Stralsunder Stadtkrankenhaus behandelte Fall betrifft einen 51jährigen 
Ackerknecht, welcher beim Eggen von den Pferden an einen Graben gedrängt und 
rücklings in denselben gefallen war, wobei sein rechtes Bein quer über den Graben 
zu liegen kam. Durch die nachstürzende schwere Egge wurde ihm das Kniegelenk 
nach hinten durohgedrückt, so dass die Zehen gang nahe an seinem Gesicht standen. 
Nach 9 Tagen deutliche Unterschenkelgangrän; Heilung durch Oberschenkelampu- 
tation. Der Befund war außer Suffusionen quere Durchreißung der A. poplitea 
in der Höhe der Gelenklinie bis auf einige Adventitisfasern. Diastase der Stümpfe 
um 3 em. V. poplitea thrombosirt, aber nicht zerrissen. (Das Verhalten der 
Nerven ist nicht beschrieben!) Außerdem Querriss der Hinterseite der Gelenk- 
kapsel, Abreißung der Kreuzbänder etc. Das Arterienpräparat ist abgebildet. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


e 

Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


— 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Ën 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 43, Sonnabend, den 29. Oktober. 1898. 


Inhalt: I. H. Braun, Regionäre Anästhesie und Blutleere. (Bemerkungen zu dem 
Artikel von S. Kofmann »Blutleere als Lokalanästheste« in No. 40 d. BL.) — II. C. 
A. Elsberg, Über Herzwunden und Herznaht. (Original-Mittheilungen.) 

1) Buschke, Hefemykosen. — 2) Brunner, Keimgehalt und Heilungsverlauf acciden- 
teller Wunden. — 3) und 4) Mayer, Therapeutische Anwendung chemischer Eiterung. 
— DI Cohn, Wundschutz, — Si Monin, Die Gerüche des menschlichen Körpers. — 
7) Schwalbe, $iebenmann, Anatomie des Ohres. — 8) Kayser, 9) Miot, Durchlöcherung 
des Trommelfells. — 10) Malherbe, Eröffnung der Warzenfortsatzzellen. — 11) Grant, 
Sklerose des Ohres. — 12) Uchermann, Taubstummheit in Norwegen. — 13) Guder, 
Reizung der Nasenschleimhaut. — 14) Tissier, 15) Martuscelli, Nasengeschwülste. — 
16) v. Friedländer, Ektomie des 2. Trigeminusastes. — 17) Berger, Zungentuberkulose. 
— 18) Sultan, Halscysten und -Fisteln. — 19) Wendel, Verletzung des Ductus thoracicus. 

20) Garulanos, Muskelechinokokken. — 21) Kiär, Meißelsonde. — 22) Szenes, Ohr- 
verletzungen. — 23) Miot, Rhinolith. 

Berichtigung. 


I. Regionäre Anästhesie und Blutleere. 


(Bemerkungen zu dem Artikel von S. Kofmann »Blutleere 
als Lokalanästhesie« in No. 40 dieses Blattes.) 


Von 
Privatdocent Dr. H. Braun in Leipzig. 


Mein in diesem Blatte (1897 No. 17) veröffentlichter Artikel, in 
welchem ich darauf hinwies, dass die durch Injektion von Cocain- 
lösungen hervorzurufende regionäre Anästhesie an den Fingern und 
Zehen ein ideales Verfahren und an diesen Theilen der Infiltrations- 
anästhesie überlegen sei, hat erfreulicherweise den Zweck erfüllt, 
dessentwegen ich ihn geschrieben hatte: dieser Methode diejenige 
Verbreitung zu verschaffen, die ihr gebührt. Sie scheint sich jetzt, 
wie zahlreiche im vorigen und in diesem Jahre publieirte Arbeiten 
beweisen, überall neue Freunde erworben zu haben. 

43 


1066 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


Ich empfahl, die Methode zunächst auf das enge Gebiet, auf 
dem sie Oberst zuerst verwendete, und das ihr widerspruchslos zu- 
fallen muss, zu beschränken, und zwar aus folgenden Gründen: 

1) Weil ich die Nothwendigkeit einer Abschnürung höher ge- 
legener Abschnitte der Extremitäten für eine höchst unbequeme, oft 
ganz unerträgliche Beigabe eines lokalanästhetischen Verfahrens 
hielt und noch halte. 

2) Weil ohne eine solche Abschnürung nur mit Hilfe von mehr 
wie 1% Cocain oder Eucain-B enthaltenden Lösungen eine für 
operative Zwecke ausreichende regionäre Anästhesie erzeugt werden 
kann, wesentlich stärkere Lösungen aber, nicht bloß des Cocains, 
sondern überhaupt eines jeden ähnlich intensiv lähmenden Stoffs 
niemals ohne Gefahr zu Gewebsinjektionen benutzt werden können, 
auch bei noch so geringer Dosis. 

Zu meinem größten Erstaunen empfiehlt nun in No. 40 ds. Bl. 
S. Kofmann die Abschnürung der Extremitäten als eine brauch- 
bare und — mit einer allerdings sehr nöthigen Reserve — neue 
Methode der Lokalanästhesie, ja er identificirt sie gleichsam mit 
Oberst’s regionärer Anästhesie, bei der er im Grunde genommen 
die Einspritzung lähmender Flüssigkeiten eigentlich für völlig über- 
flüssig hält. Da Kofmann seinen Artikel mit meinem Namen be- 
ginnt, so mag er von mir auch die Antwort haben. 

Kofmann sagt ja wohl Niemandem etwas Neues, wenn er findet, 
dass durch Abschnürung einer Extremität periphere Anästhesie ent- 
stehen kann. Es existirt hierüber eine sehr umfangreiche und, wie 
ich betonen muss, sehr leicht zugängliche Litteratur, die Kofmann 
sehr wohl hätte einsehen können, ehe er sich für den Entdecker 
einer neuen Methode halten durfte. 

Besonders nach Einführung des Esmarch’schen Verfahrens ist 
diese Frage von den Chirurgen aller Länder klinisch und experi- 
mentell, an kranken und gesunden Menschen und an Thieren sorg- 
fältig studirt worden, während schon in den ersten Jahrzehnten dieses 
Jahrhunderts Juvet, Theden und Liegard! praktisch die Ab- 
schnürung der Extremitäten zur Anästhesie bei Operationen benutzt 
hatten. Diese alten Chirurgen sind der richtigen Meinung gewesen, 
dass die Abschnürung die gedachte Wirkung hat in Folge der mit 
ihr verbundenen Kompression der Nervenstämme. 

Später aber ist meines Erachtens der Gegenstand in eine schiefe 
Beleuchtung gekommen dadurch, dass fast allgemein der Anämie der 
Gewebe eine zu große Bedeutung bei dem Zustandekommen der 
Umschnürungsanästhesie beigelegt wurde. 

Kofmann hat denselben Fehler begangen; der Titel seiner Ar- 
beit hätte lauten müssen »Kompression als Lokalanästheticum«, 
nicht aber » Blutleere als Lokalanästhesie«. 


1 Kappeler, Anästhetica p. 112. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1067 


Die Gründe, welche uns veranlassen müssen, der Anämie hierbei 
nur eine sehr geringe Bedeutung beizumessen, sind kurz folgende: 

1) Periphere Umschnürungsanästhesie entsteht, wie bereits von 
Krieshaber?, Verneuil? u. A. betont worden ist, überhaupt nur 
dann, wenn der Druck des das Glied umschnürenden Gummischlauchs 
dasjenige Maß weit überschreitet, welches genügt, um den Blutstrom 
zu unterbrechen. Man bedarf sehr starker Abschnürung, wenn man 
in absehbarer Zeit eine erkennbare Herabsetzung der Schmerz- 
empfindung beobachten will. Nun, wie Kofmann umschnürt, das 
ergiebt sich ja aus der Thatsache, dass er bei einer Operation an der 
großen Zehe, also wohl einem kurzdauernden Eingriff, Gangrän an 
der Schnürstelle erlebte. Ich glaube nicht, dass ihm in dieser Hin- 
sicht Jemand die Priorität streitig machen wird. 

2) Die Schnelligkeit des Eintritts und die Intensität der Kom- 
pressionsanästhesie ist direkt abhängig von der Festigkeit der Um- 
schnürung, immer vorausgesetzt, dass der Blutstrom völlig unter- 
brochen ist; sie ist ferner abhängig von dem Ort der Kompression, 
auch von dem Material, das zur Umschnürung benutzt wird: bei 
Verwendung eines an umschriebener Stelle drückenden Gummi- 
schlauchs stellt sie sich eben so wie postoperative motorische Läh- 
mungen viel leichter ein, als bei Umschnürung mit einer breiteren 
Gummibinde. Beiläufig sei bemerkt, dass es ohne Belang ist, ob 
man das Glied einfach umschnürt oder vorher durch elastische Ein- 
wicklung blutleer macht. 

3) Die Umschnürungsanästhesie beginnt stets am peripheren Ende 
der Extremitäten, gewöhnlich bleibt sie auf diese beschränkt, wenn 
sie überhaupt eintritt; in der Nähe der Schnürstelle ist fast niemals 
auch nur eine Herabsetzung der Sensibilität zu bemerken, obwohl 
doch diese Theile eben so anämisch sind wie die peripheren. Dies 
Faktum ist leicht verständlich, wenn man Nervenkompression, schwer 
oder gar nicht zu erklären, wenn man Anämie als wirksames Agens 
annimmt. 

Die genannten 3 Punkte lassen sich durch Versuche am eigenen 
Körper, von denen ein einziger — angestellt von einem zu objektiver 
Selbstbeobachtung fähigen Menschen — mehr werth ist als 100 Ex- 
perimente an einem psychisch unkontrollirbaren Krankenmaterial, 
leicht beweisen. 

An den größeren Gliedabschnitten, am Arm oder am Bein, ist 
die Intensität des Umschnürungsdrucks außerordentlich schwer do- 
sirbar; es ist daher sehr verständlich, dass einzelne Beobachter, wie 
Neuberi, Iversen5, Le Fortë und Stokes” u. A., gelegentlich 


2 Gaz. méd. de Paris 1874. p. 293 u. 307. 

3 Gaz. des höpitaux 1874. No. 103. 

4 Untersuchungen und Erfahrungen über künstl. Blutleere. Diss., Kiel, 1878. 
5 Künstliche Ischämie bei Operationen. Kiel 1873. 

6 Gaz. des hôpitaux 1874. No. 103. 

1 Dublin Press and Circular 1874. p. 248. 


43* 


1068 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


eine mehr oder weniger ausgebreitete Umschnürungsanästhesie hervor- 
zurufen vermochten, während die große Mehrzahl derselben, Nicaise$, 
Verneuil’, Billroth!% Fischer!!, Bruns!?, Chauvel!3, Kap- 
peler! Karewski!5 u. A., stets nur eine sehr geringe oder gar 
keine Herabsetzung der Sensibilität erzielen konnten. 

Gelegentlich experimenteller Untersuchungen über regionäre 
Anästhesie, zu deren Veröffentlichung ich noch nicht gekommen bin, 
habe ich die Umschnürungsanästhesie betreffende Selbstversuche 
ebenfalls angestellt. 

Ich habe es wegen der äußerst heftigen Schmerzen, welche 
die Umschnürung veranlasst, niemals ertragen können, einen Gummi- 
schlauch um mein Bein oder meinen Arm so fest anzulegen und so 
lange liegen zu lassen, bis auch nur eine nennenswerthe Herab- 
setzung der Schmerzempfindlichkeit eingetreten war; jedenfalls tritt 
dieselbe bei möglichst schonender Abschnürung mit einer breiten 
Gummibinde trotz Unterbrechung des Blutstroms überhaupt in ab- 
sehbarer Zeit niemals ein. Ich bezweifle aber keinen Augenblick, 
dass bei noch viel festerer Abschnürung an einem recht geduldigen 
Kranken nach Ablauf einer sehr beträchtlichen Zeit — Kofmann 
sagt in keinem Falle, wie lange er warten musste — periphere An- 
ästhesie entstehen kann. 

Ein weit geeigneteres Versuchsobjekt aber, wie die großen Glied- 
abschnitte, sind die Finger, an deren Basis man leicht unter sonst 
annähernd gleichen Versuchsbedingungen den fraglichen Faktor, die 
Intensität des Umschnürungsdrucks, dosiren, ohne zu große Belästi- 
gung selbst eine sehr feste Umschnürung längere Zeit ertragen kann, 
und wo ein sehr geringer Druck genügt, um die Blutzufuhr zu 
unterbrechen. Man schneide sich von einer Reihe von Gummi- 
schläuchen verschiedener Dicke und verschiedener Wandstärke Ringe 
ab und streife dieselben über die Finger bis an deren Basis. Man 
erzielt auf diese Weise völlige Blutleere und findet nun leicht den- 
jenigen Ring, der — was leicht kontrollirbar ist — den Blutstrom 
unterbricht, bei möglichst geringem Umschnürungsdruck. Man findet 
ferner solche Ringe, welche einen mittelstarken und solche, welche 
einen sehr starken Druck ausüben, die intensivste Druckwirkung aber 
erhält man durch vielfache Umschnürung der Fingerbasis mit einem 
dünnen elastischen Gummischlauch. 

Das Resultat dieser Versuche ist mit wenigen Worten geschil- 
dert. Die schwächsten und mittelstarken Ringe habe ich 2 Stunden 


8 Gas. méd. de Paris 1874. p. 209 u. 307. 

lc. 

10 Wiener med. Wochenschrift 1873. No. 29. 

11 Verhandlungen des III. deutschen Chirurgenkongresses 1874. 
12 Langenbeck’s Archiv Bd. XIX. p. 680. 

13 Arch. génér. de med. 1875. Juni—August. 

“Le. 

15 Therapeutische Monatshefte 1888. p. 168. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1069 


liegen lassen. Außer Parästhesien und taubem Gefühl habe ich in 
dieser Zeit in dem 1. Falle nur eine Herabsetzung der Tastempfin- 
dung am Endglied des Fingers, im 2. Falle eine Aufhebung des- 
selben, die, am Endglied beginnend, sich allmählich auch auf das 
Mittelglied erstreckte, beobachtet. Die Empfindlichkeit aber gegen 
Nadelstiche war auch nach 2 Stunden eher gesteigert, jedenfalls nicht 
herabgesetzt. 


Spritzt man sich an einem, auf diese Weise mild abgeschnürten Finger in 
die Nachbarschaft eines seiner Nervenstämme einige Tropfen !/,%iger Cocainlösung 
oder einer — für praktische Zwecke wegen ihrer Haltbarkeit und Sterilisirbarkeit 
vorzuziehenden — 1%igen Eucain-B-Lösung, so empfindet man augenblicklich im 
Gebiet des betreffenden Nerven, und nur in diesem, eine vom Centrum nach 
der Peripherie rasch fortschreitende Herabsetzung der Sensibilität, welche nach 
wenigen Minuten einer völligen Empfindungslosigkeit in einem bestimmten Bezirk 
Platz macht. 


Stark schnürende Ringe veranlassen nach !/,—1 Stunde neben 
den früher geschilderten Erscheinungen eine deutliche Herabsetzung 
auch der Schmerzempfindung am Endglied, bisweilen auch fort- 
schreitend auf das Mittelglied des Fingers. Sind intensivere Sensi- 
bilitätsstörungen während der Umschnürung vorhanden, so treten nach 
Lösung derselben für kurze Zeit heftige, in den Finger schießende 
Schmerzen auf, während der Druck der Ringe selbst wenig Be- 
schwerden macht. Stets beginnen die Sensibilitätsstörungen an der 
Spitze des Fingers und schreiten nach seiner Basis vor, stets steht 
ihre Ausbreitung und Intensität im direkten Verhältnis zum Schnü- 
rungsdruck, während die Anämie der Gewebe immer die gleiche ist. 

Eine völlige Anästhesie des Fingers, welche für operative Zwecke 
ausgereicht hätte, habe ich nur einmal beobachtet, als ich mir mit 
einem dünnen Gummischlauch die Basis des Mittelfingers sehr fest 
mehrfach umschnürt hatte. Bereits nach 15 Minuten war der Finger 
fast völlig empfindungslos. Ich nahm, nichts Gutes abnend, den 
Schlauch sofort ab und behielt — wochenlang anhaltende schwere 
Sensibilitätsstörungen in dem Finger, Verlust der Tastempfindung, 
die erst ganz allmählich normal wurde, heftige Parästhesien und 
Schmerzen. Irgend welche Cirkulationsstörungen waren weder an 
der Schnürstelle, noch sonst an dem Finger vorhanden, es handelt 
sich also um eine reine Nervenläsion. 

Ich hatte genug von diesem Versuch, bei dem ich, da es sich 
ja um meinen eigenen Körper handelte, nicht einmal besonders roh 
verfahren bin. 

Die Ergebnisse dieser Versuche beweisen also: 

1) dass die Anämie der Gewebe an sich in absehbarer Zeit einen 
wesentlichen Einfluss auf die Organe der Schmerzempfindung nicht 
ausübt, was ich bereits an anderer Stelle! erörtert habe; 


18 Experimentelle Untersuchungen über Infiltrationsanästhesie. v. Langen- 
beck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 2. 


1070 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


2) dass specifisch lähmend wirkende Stoffe bei gleichzeitiger 
Unterbrechung des Blutstroms nur desshalb intensiver auf die Nerven- 
stämme und sensiblen Nervenendigungen wirken, weil ihre Resorp- 
tion gehindert wird; 

3) dass die an umschnürten Gliedern zu beobachtenden Sensi- 
bilitätsstörungen lediglich eine Folge der Nervenkompression sind; 

4) dass nicht dringend genug davor gewarnt werden kann, ein 
Glied so fest zu umschnüren, dass periphere Anästhesie eintritt. 

In der Praxis ist man über die Umschnürungsanästhesie mit 
Recht längst zur Tagesordnung übergegangen. Ein Verfahren, welches 
an sich den Kranken heftigste Schmerzen verursachen muss, wenn 
es seine auch dann noch höchst unsichere und unvollkommene Wir- 
kung entfalten soll, ein Verfahren, welches außerdem die Gefahren 
lokaler Druckgangrän an der Schnürstelle und anhaltender, nicht nur 
sensibler, sondern auch motorischer Lähmungen in sich birgt, ist über- 
haupt keine lokalanästhetische Methode und kann am allerwenigsten 
in Parallele gestellt werden mit der modernen Infiltrationsanästhesie 
und der regionären Anästhesie an den Fingern und Zehen. 

Bezüglich letzterer sagt Kofmann, die Injektionen seien schmerz- 
haft. Gut, sie sind schmerzhaft! Aber dieser Schmerz lässt sich 
nicht durch den Äthylchloridspray, wohl aber durch Verwendung 
sehr feiner Nadeln auf ein kaum noch fühlbares Minimum reduciren. 
Wie ihn Kofmann mit der Qual vergleichen kann, die ein sehr 
fest um eine Extremität gelegter Gummischlauch verursacht, ist un- 
verständlich. Weiter erklärt Kofmann, dass schon eine Cocaindosis 
von etwas über 0,0075 manchmal sehr deletär wirken könne, er bleibt 
uns aber den Nachweis schuldig, wo eine solche Dosis in 1%iger 
Lösung deletär gewirkt hat. Reclus, der seit Jahren für die An- 
sicht kämpft, dass sich schwere Cocainvergiftungen auch bei weit 
höherer Dosis unter allen Umständen vermeiden lassen, ist wohl der 
ungeeignetste Zeuge, den Kofmann für seine Behauptung finden 
konnte. 

Für dieKompression der Nervenstämme aber als Lokalanästheticum 
bei chirurgischen Operationen gilt noch heute das, was Kappeler 1880 
(L c.) sagte: »sie hat sich niemals in der Chirurgie einbürgern 
können und gehört jetzt nur noch der Geschichte an«. 


(Aus dem Laboratorium der königl. chirurg. Universitätsklinik in 
Breslau.) 


II. Über Herzwunden und Herznaht, 
Von 
Dr. C. A. Elsberg in New York. 
Während der letzten Jahre wurden mehrere Fälle veröffentlicht, 
in denen Herzwunden beim Menschen mit Erfolg durch die Naht ge- 
schlossen worden sind. Dadurch ist das Interesse der Chirurgen für 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1071 


dieses Thema von Neuem wachgerufen worden; zahlreiche Thierver- 
suche wurden ausgeführt, die die rein technischen Fragen bei der 
Herznaht zur Aufgabe hatten. Von den Experimentatoren seien hier 
nur Del Vecchio, v. Salomoni und besonders F. Bode hervor- 
gehoben, welch Letzterer kleine Stich- und Schnittwunden an Kanin- 
chenherzen machte und durch die Naht verschloss. 

Um einen Maßstab für die Leistungsfähigkeit der Chirurgie auf 
diesem Gebiet zu gewinnen, hielt ich es vor Allem für nothwendig, 
festzustellen, wie große Schädigungen das Herz überhaupt vertragen 
kann. Und so stellte ich mir bei meinen Versuchen die Frage: wie 
große Wunden dürfen wir dem Herzen beibringen und wie lange 
Nähte dürfen wir durch die Herzwand legen, ohne dass unsere Thiere 
dem Eingriff erliegen? 

Ich legte bei Kaninchen und Hunden Herzwunden und Herz- 
nähte in allen Richtungen zur Herzachse und in allen Größen an. 
Über diese Versuche sei im Folgenden kurz berichtet. 

Zunächst durchstach ich die Herzen mit einer gewöhnlichen 
Präparirnadel. Solche Stichwunden waren an den Ventrikeln 
ungefährlich, da die Blutung stets in wenigen Minuten von selbst 
stand; aus dem rechten Ventrikel blutete es durchschnittlich stärker 
und länger als aus dem linken, doch niemals in bedrohlichem Grade. 
Das war jedoch öfters der Fall bei Wunden der Vorhöfe, die sogar 
zur Verblutung führen können, wenn sie nicht rechtzeitig vernäht 
werden. An den Ventrikeln aber ist die Blutung aus diesen feinen 
Stichkanälen so geringfügig, dass beide Ventrikel sogar in ver- 
schiedenen Richtungen mehrmals durchstochen werden können, ohne 
dass der Blutverlust bedrohlich oder die Herzthätigkeit auf längere 
Zeit geschädigt wird. Diese Beobachtung konnte ich auch bei den 
weiter unten beschriebenen Herznähten machen, denen penetrirende 
Wunden mit der Nadel vorangegangen waren. 

Der Unterschied im Verhalten des linken und rechten Ventrikels 
tritt besonders prägnant hervor, wenn man Stiche mit einem kleinen 
Lanzenmesser von 2 mm Breite macht, wodurch also kleine Schnitt- 
wunden gesetzt werden. Hierbei schließt sich der linke Ventrikel 
gewöhnlich rasch von selbst ohne starke Blutung, beinahe wie bei 
einer reinen Stichwunde; aus dem rechten Ventrikel dagegen (eben 
so natürlich aus den Vorhöfen) verblutete sich das Thier bei dieser 
Verwundung in wenigen Minuten. Bei noch größeren Wunden 
tritt auch am linken Ventrikel Verblutung ein, wenn nicht genäht wird. 

Bei den meisten Stich- und Schnittwunden konnten wir die 
folgende charakteristische Veränderung der Herzaktion beobachten: 
zuerst tritt eine kleine Verspätung der nächsten Systole ein, dann 
eine mehrere Minuten dauernde Arhythmie; durchsticht man mit 
der Nadel oder dem Messer ganz langsam und schichtweise die Herz- 
wand, so kann man beobachten, dass diese Arythmie nur während 
der Verletzung des Perikards so wie des Endokards eintritt. So 


1072 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


lange die Nadel durch den Herzmuskel dringt, schlägt das Herz mit 
voller Regelmäßigkeit. 

Sofortigen Stillstand des Herzens habe ich in 52 Versuchen nie 
beobachtet; ich habe nämlich in keinem Falle absichtlich das 
Septum auriculorum durchstochen, also auch das Koordinationscentrum 
von Kronecker und Schmey nicht verletzen können. Diese Ver- 
letzung habe ich desshalb vermieden, weil sie beim Menschen sehr 
selten ist und praktisch für uns kaum Bedeutung hat, da sie, so 
weit wir wissen, stets so rasch zum Tode führt, dass eine Hilfe stets 
zu spät kommt. 

Durch das Anlegen von Nähten durch die Herzwand, selbst in 
großer Zahl, wurde die Herzthätigkeit in keiner Weise auf längere 
Zeit geschädigt. So machte ich bei mehreren Thieren eine fort- 
laufende Naht, die am Sulcus atrio-ventricularis auf der rechten 
Seite anfing und über die Herzspitze bis zum Sulcus atrio-ventricularis 
auf der linken Seite lief. Bei einem Thiere wurde die Naht sogar 
um einen noch größeren Theil des Herzens gelegt, nämlich an der 
Mitte des linken Vorhofs beginnend, über den linken Ventrikel, die 
Spitze und den rechten Ventrikel bis zur Mitte des rechten Vorhofs. 
Die Thiere blieben am Leben und sind allem Anschein nach dauernd 
ganz wohl. Die oben erwähnte vorübergehende Arhythmie aber war 
bei diesen Versuchen regelmäßig zu beobachten. 

Bei der Anlegung der Naht hat es sich als zweckmäßig heraus- 
gestellt, nur das Perikard und die obersten Muskelschichten zu fassen ; 
denn das Perikard reißt nicht so leicht ein wie andere Theile der 
Herzwand, auch ist die Blutung dabei am geringsten. Ferner erwies 
es sich als zweckmäßig, die Nähte, wenn möglich, nur während der 
Diastole des betreffenden Herztheils zu knoten; wenn ich sie während 
der Systole festzog, schnitten sie oft während der nächsten Diastole 
wieder durch. 

Das Unerwartetste bei der ganzen Versuchsreihe war für mich, 
dass sehr große Wunden vom Herzen vertragen wurden und zur 
Heilung kamen. So habe ich in mehreren Versuchen ein Viertel, 
ein Drittel, ja fast die Hälfte der Ventrikel abtrennen können, nach- 
dem ich unmittelbar oberhalb der Schnittlinie durch eine Tabaks- 
beutelnaht das Herz zusammengeschnürt hatte. Fast eben so große 
Verletzungen setzte ich in folgender Weise. Ich legte eine tempo- 
zäre Ligatur um die Ventrikel, etwas unterhalb ihrer Mitte, stach 
dann ein kleines Skalpell gerade unter dieser Ligatur durch die 
ganze Dicke des Herzens, d. h. durch die Wand des linken Ventrikels, 
das Septum ventriculorum und die Wand des rechten Ventrikels, 
zog dann das Messser nach unten durch, und theilte so den unteren 
Abschnitt des Herzens in zwei Hälften, wobei beide Ventrikelhöhlen 
eröffnet wurden. Dann schloss ich die Wunde durch Knopfnähte 
und löste die temporäre Ligatur. Von den 6 Thieren, an denen ich 
diese Operation gemacht habe, starb nur eins während des Eingriffs 
in Folge Abgleitens der Ligatur; ein anderes nach einigen Tagen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1073 


an Sepsis. Die anderen 4 Thiere blieben am Leben (bisherige Be- 
obachtungsdauer 3—5 Wochen). 

Aus diesen Versuchen scheint mir hervorzugehen, dass das Herz 
der Säugethiere, wenigstens dasjenige der Kaninchen, große Wunden 
vertragen kann, so fern eine stärkere Blutung verhindert wird, und 
dass das Anlegen einer selbst ausgedehnten Naht an und für sich 
keine schwere Schädigung bedingt, wenn es gelingt, Nebenver- 
letzungen zu vermeiden. 

In einer späteren, ausführlichen Arbeit werde ich die Versuche 
selbst so wie die histologischen Verhältnisse bei der Wundheilung 
näher beschreiben. 


1) A. Buschke (Berlin). Über Hefenmykosen bei Menschen 
und Thieren. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 218. Leipsig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 


Die sich auf werthvolle Untersuchungen B.’s stützende Abhand- 
lung geht von einer von Busse und vom Verf. in der Greifswalder 
chirurgischen Klinik gemachten, von Ersterem bereits vor einigen 
Jahren beschriebenen Beobachtung eines Falles von Blastomykose 
aus, der zunächst erwähnt werden soll. 


Er betraf eine 31jährige Sohustersfrau, bei der sich im Gesicht und Nacken 
und im Anschluss an ein Wochenbett an der linken Tibia eine Geschwulst ent- 
wickelt hatte. Bei der Incision der letzteren wurde eine röthliche Flüssigkeit 
entleert, welche, eben so wie die ausgeschabten Massen, neben Rund- und Riesen- 
zellen glänzende Körperchen enthielt, die von B. auch in dem Sekret und in den 
Geweben jener Geschwüre entdeckt, von Busse als Hefenpilze erkannt und auf 
Mäuse mit tödlichem Ausgang derselben an blastomykotischer Septhämie bezw. 
mit Erzeugung lokaler Krankheitsherde übertragen werden konnten. Im letzten 
Stadium der Krankheit gelang es B., auch im Blut der Pat. jene Hefen nachzu- 
weisen, die schließlich auch nach dem Tode in der Lunge, Niere, in verschiedenen 
Knochen etc. gefunden wurden. Eben so hatte Verf. mit Reinkulturen der auf 
gewöhnlichen Nährböden gezüchteten Pilze bei der Kranken acneähnliche Knötchen, 
die an der Oberfläche nekrotisirten und ein glasiges Sekret entleerten, hervorzu- 
bringen vermocht. 


Nach den Ergebnissen der Untersuchungen dieses Krankheits- 
falles ließ sich die Pathogenität der Hefenpilze für den Menschen 
nicht mehr bezweifeln, und war anzunehmen, dass die Haut die Ein- 
gangspforte des Giftes abgegeben habe. 

B. hat nun noch weitere Untersuchungen angestellt, wozu ihm 
von verschiedenen Seiten überlassenes Material von Hefenpilzen zur 
Verfügung stand, und außerdem die in der Litteratur enthaltenen 
Beobachtungen von auf Sprosspilze bezogenen, zum Theil aber noch 
nicht genügend geklärten Affektionen durchmustert. Auf Grund 
dessen theilt er die Hefen in folgende Gruppen ein: 

1) Nicht im eigentlichen Sinne pathogene Hefen, die zwar sapro- 
phytisch an der Oberfläche des Körpers in Sekreten und Auflage- 

438 


1074 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


rungen leben, aber durch die chemischen Vorgänge, die sie veran- 
lassen, pathologische Bedeutung erlangen können. 

2) Hefen, welche in den oberen Schichten des Epithels wachsen 
und hier theils zu Katarrhen, theils zu Erosionen und flachen Ge- 
schwüren führen (Cervicalkatarrh, Anginen, Ekzeme etc.). 

3) Sprosspilze, welche in das Innere des thierischen und mensch- 
lichen Körpers eindringen und durch ihr Wachsthum entweder eine 
Art von Septhämie oder lokale Veränderungen der Gewebe erzeugen. 

Während septische Infektionen mit Hefepilzen bisher indess 
bloß an Mäusen (experimentell) beobachtet worden, sind die in den 
Geweben in den verschiedensten Erscheinungsformen auftretenden 
Veränderungen von klinischer Bedeutung. Neben der Lokalisation in 
der Bauchhöhle resp. den serösen Häuten (Ascites chylosus), welche 
anscheinend die seltenere ist, steht sowohl in der Veterinärpathologie 
wie in der menschlichen die Hautblastomykose im Vordergrund. B. 
hat diese Formen durch Impfung von Hefekulturen in die Haut, 
Hornhaut, Hoden, Bauchhöhle etc. auch experimentell erzeugen 
können; die dabei erhaltenen Geschwülste, die aus ihrem Zerfall 
entstandenen Geschwüre, die in den inneren Organen entwickelten 
Knötchen bestanden zum größten Theil aus Hefen, zum geringeren 
aus Granulationsgewebe etc., bezw. an der Serosa aus endotheliom- 
artigen Verdickungen der Serosa mit zahlreichen Sprosspilzen. — 
Dass die letzteren keine Beziehung zu der Ätiologie der bösartigen 
Geschwülste haben, konnte Verf. durch vielfache Untersuchungen 
feststellen; niemals gelang es ihm, in Carcinomen und Sarkomen 
Sprosspilze nachzuweisen, in keinem Falle, auch nicht bei Anwen- 
dung abgeschwächter Hefen, jenen Neubildungen nahekommende 
hervorzurufen. Andererseits hält es B. nicht für unmöglich, dass die 
zukünftige Forschung manche dunkeln Affektionen, besonders im 
Gebiet der Hauterkrankungen und der Bauchgeschwülste, zumal der 
der serösen Häute, als Blastomykosen erweisen werde. — Die Ab- 
handlung sei zum Studium bestens empfohlen. Kramer (Glogau). 


2) K. Brunner. Erfahrungen und Studien über Wund- 
infektion und Wundbehandlung. II. Theil: Über den Keim- 
gehalt und Heilungsverlauf accidenteller Wunden. Aseptik 
oder Antiseptik? 
Frauenfeld, Je Huber, 1598. 162 S. 

Der vorliegende II. Theil der B.’schen Untersuchungen beschäftigt 
sich mit dem Studium der aceidentellen Wunden und bildet somit 
eine Parallelarbeit zu den an kleinerem Material kürzlich von Riggen- 
bach unter Hägler’s Leitung ausgeführten Untersuchungen. Im 
Gegensatz zu Riggenbach musste sich B. aus äußeren Gründen 
auf die Anlegung von aöroben Kulturen beschränken, so dass das 
wichtige Kapitel der Infektionen mit Tetanus und malignem Ödem 
nicht zur Sprache kommt. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1075 


Eine erste Reihe von Fällen enthält diejenigen Wunden, welche 
frisch, d. h. »unbefingert« zur Untersuchung kamen, wenige Minuten 
bis 24 Stunden nach dem Unfall. Unter 41 untersuchten Fällen 
fanden sich 4 mit negativem Kulturresultat. Bei den übrigen 37 
war fast ausnahmslos der Staphylococcus albus, 5mal der aureus, 
eben so oft der Streptococcus vorhanden. In 4 Fällen — stets bei 
Kopfwunden — fand sich ein diphtherieähnlicher Bacillus. Daneben 
kam einmal der Staphylococcus citreus vor. Außer diesen pathogenen 
Mikroorganismen wurden Hefen, Sarcinen, Bacill. subtilis und mesen- 
tericus und selten Schimmelpilze gefunden. Je längere Zeit zwischen 
Verletzung und Untersuchung verstrichen, desto mehr Keime fanden 
sich. Immerhin waren dieselben schon nach wenigen Minuten recht 
zahlreich. Bemerkt sei noch, dass sie sich in größter Zahl in den 
der Wundfläche anhaftenden Gerinnseln aufhielten. Besonders bak- 
terienreich waren stets die Kopfwunden. Die Virulenz der Mikro- 
organismen war wechselnd, im Ganzen gering, besonders beim 
Staphylococcus albus. Bezüglich der Herkunft weist letzterer Mikrobe 
natürlich auf die Haut der Verletzten hin. Daneben kommen je 
nach den Umständen die verschiedensten Infektionsquellen in Be- 
tracht. 

Die zweite Untersuchungsreihe betrifft 62 Wunden, welche mit 
Nothverband versehen dem Verf. zugeführt wurden, meist schon von 
Laien oder Ärzten desinficirt. In 13 Fällen blieben die Nährböden 
steril. Die übrigen Wunden wiesen eine ähnliche Flora auf, wie 
diejenigen der ersten Reihe, wozu sich noch das Bacterium coli 
commune gesellte. Die Menge der Keime war nicht erheblich ver- 
schieden von den in der ersten Reihe gefundenen Zahlen. Ein Unter- 
schied zwischen ‘den von hierzu instruirten Laien und den von 
Ärzten verbundenen Wunden ließ sich nicht nachweisen. 

Die dritte Reihe enthält 119 Wunden, welche schon bei der 
ersten Untersuchung die klinischen Zeichen der Infektion boten. 
Hier war die Menge der Keime durchweg eine sehr große. 69mal 
fand sich eine Monoinfektion, 28mal durch den Streptococcus pyogenes, 
27mal durch den Staphylococcus aureus, 10mal durch den albus, in 
einem Falle durch den citreus und bei 3 Pat. durch das Bacterium 
coli bedingt. 50 Pat. wiesen Polyinfektionen auf, bei denen sich die 
Kombination von Streptokokken und Staphylococcus aureus 28mal 
vorfand. 

Was den weiteren Wundverlauf betrifft, so stellten sich die 
klinischen Zeichen von Infektion in der ersten Reihe nur bei 3, in 
der zweiten bei 10 Pat. ein. 

Bezüglich der Therapie kam in einer größeren Zahl von Fällen 
reine Asepsis, in anderen Antisepsis zur Anwendung. Besonderes 
Gewicht legt Verf. auf die sofortige gründliche Spülung der Wunde 
mit einer a- oder antiseptischen Flüssigkeit, nicht sowohl zur Ab- 
tödtung der Keime, als vielmehr zur mechanischen Entfernung der 
besonders mikrobenreichen Blutgerinnsel. Kleinere Wunden sind 


1076 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


dann baldigst zu schließen, zur Verhinderung von Sekundärinfektion, 
während größere, buchtige, unregelmäßige Wunden zu tamponiren 
sind. Hier empfiehlt B. dringend die antiseptische Tamponade (mit 
Airol- oder Jodoformgaze. Dem Airol zieht er in letzter Zeit noch 
das Wismuthoxyjodid vor), obwohl er zugiebt und durch eigene 
Beobachtungen beweist, dass die aseptische Tamponade für die Mehr- 
zahl der Fälle ebenfalls genügt. Er stützt seine Ansicht auf seine 
vielfach mit der antiseptischen Tamponade gemachten günstigen 
Erfahrungen und warnt, gewiss mit Recht, vor dem in letzter Zeit 
mehrfach empfohlenen Fallenlassen einer vernünftigen Antisepsis bei 
der Behandlung accidenteller, meist inficirtter Wunden. Eine be- 
sonders schlechte, bei aseptischer Behandlung gemachte Erfahrung 
verhinderte ihn, weitere Parallelversuche mit Asepsis bei schweren 
Wunden zu machen. 

Was die Wunden mit klinisch ausgesprochener Infektion betrifft, 
so besitzt die antiseptische Spülung natürlich nur den Werth eines 
mechanischen Reinigungsmittel. Entwicklungshemmend wirkt an 
der Oberfläche die antiseptische Tamponade. Bei tiefer, phlegmo- 
nöser Infiltration der Gewebe kann nur Spaltung der inficirten Ge- 
webe in Betracht kommen. 

Einige Bemerkungen über den Fieberverlauf bei accidentellen 
Wunden schließen die inhaltreiche Arbeit, aus der wir im Vorstehen- 
den nur einige Hauptpunkte hervorgehoben haben. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


3) M. Mayer. Chemische Eiterung in der Bekämpfung in- 
fektiöser Eiterung und lokaler tuberkuläser Processe. 
(Sep.-Abdruck aus den Verhandlungen des XVI. Kongresses für innere Medicin.) 
Wiesbaden, J. F. Bergmann, 1898. 8 S. Mit 2 Abbildgn. 

Verf. empfiehlt in der etwas aphoristisch gehaltenen Mittheilung 
die Erregung chemischer Eiterung zur Behandlung infektiöser Pro- 
cesse und lokalisirter Tuberkulosen. Er benutzt mit Vorliebe 1 %ige 
Silbernitratlösung, Lugol’sche Lösung, Perubalsalm und Terpentinöl, 
um mit steigender Intensität die Gewebe zu reizen und die Leuko- 
cytose anzuregen. Was das Terpentinöl betrifft, so sollte es nach 
Verf. beim Menschen nicht subkutan angewandt werden, da es zu 
rasch in die Cirkulation übergeht. 

Wenn auch nicht geleugnet werden soll, dass die künstliche Ver- 
mehrung der Leukocytose bei den erwähnten Affektionen von Nutzen 
sein kann, so muss doch bemerkt werden, dass den vom Verf. mit- 
getheilten Beobachtungen jede Beweiskraft fehlt. So gestatten es z. B. 
die Angaben des Verf. in keiner Weise, die Wirkung der chemischen 
Eiterung bei den 56 von ihm behandelten Fällen tuberkulöser Affektionen 
zu beurtheilen. Was im Besonderen die Behandlung der tuberkulösen 
Gelenkaffektionen betrifft, so dürfte das vom Verf. in Anwendung 
gebrachte Verfahren: »Freilegung des Gelenks, vollkommene Bloß- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1077 


legung der Fungositäten, Vereiterung derselben durch pyogene Mittel«, 
in chirurgischen Kreisen keinen großen Beifall finden. Dass eine in 
einem offenen Gelenk erzeugte Eiterung nicht lange rein »chemisch« 
bleibt, braucht nicht besonders betont zu werden, und dass die auf 
diese Weise mit Sicherheit herbeigeführte Sekundärinfektion des 
tuberkulösen Herdes mit Eiterkokken für den Pat. nicht von Vor- 
theil ist, das hat die chirurgische Erfahrung zur Genüge bewiesen. 
Dass in schon inficirten Wunden und bei chronischen Eiterungs- 
processen mit mangelnder Reaktion des Organismus überhaupt die 
Balsamica vorzügliche Dienste leisten, das ist schon lange bekannt, 
wird aber von der jüngeren Generation ob der A- und Antisepsis wohl 
zu sehr vergessen. In diesem Sinne können wir uns denn auch 
damit einverstanden erklären, dass Verf. gewisse nicht zu leugnende 
Vortheile der alten Pflaster- und Salbentherapie auf einen wissen- 
schaftlichen Boden zu stellen und wieder zu Ehren zu bringen sucht. 
Bei geschlossenen, noch nicht sekundär inficirten chirurgischen Tuber- 
kulosen dagegen sollte, ob resecirt, arthrektomirt oder injieirt wird, 
die Vermeidung der Sekundärinfektion eine der wichtigsten Be- 
strebungen des Chirurgen darstellen. de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


4) M. Mayer (Simmern). Zur Anwendung eitererregender 
chemischer Mittel in der Chirurgie. 

(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 216. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 

M. bespricht auf Grund eigener Versuche in der Praxis den 
Werth der sog. Digestivmittel, wie Perubalsam, Terpentinöl etc., in 
der Behandlung solcher Wunden, »die erfahrungsgemäß und dem 
Befunde nach nicht ohne Eiterung heilen können«; er sieht ihre 
Bedeutung darin, dass sie durch die Erzeugung sterilen Eiters bak- 
tericid und auf die Produktionsfähigkeit der Bindegewebszellen an- 
regend einwirken. Um den von ihm beobachteten Eintritt schädigen- 
der Folgen für das Allgemeinbefinden — durch zu reichliche Eiterung 
und durch Resorption von Toxinen — und lokaler Imbibitions- und 
Resorptionserscheinungen zu hindern, hat Verf. elektrolytische oder 
Milchsäureätzungen oder schwächere hämotaktische Mittel der An- 
wendung der Digestion vorausgeschickt, um die über das Ziel hinaus- 
schießende Eiterung zu beschränken, mit den Mitteln gewechselt, 
wobei er einen antagonistischen Effekt der einzelnen erkannt zu 
haben glaubt; er zieht daraus den Schluss, dass eine specifische 
Wirkung auf die Gewebszellen jedem einzelnen Mittel zukomme. 
Auch bei lokaler Tuberkulose hat M. mit Digestivmitteln Versuche 
gemacht; die Fülle liefen am relativ günstigsten ab, in denen es 
nicht bloß zu Entzündung, sondern zu umschriebener Eiterung kam. 
Was er damit erreicht hat, darüber giebt der Aufsatz indess nicht 
genügenden Aufschluss, da er z. B. über die Anwendung der Digestiv- 
mitteltamponade bei verkästen und vereiterten Lymphdrüsen nach 
Spaltung nur 12 geheilte Fälle mittheilt, während er in Wirklichkeit 


1078 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


über »eine viel größere Reihe von Pëllen, verfügt, deren Schicksal 
nicht erwähnt wird. Kramer (Glogau). 


5) P. Cohn. In wie weit schützt der Brand- und Ätzschorf 
aseptische Wunden gegen eine Infektion mit Diphtherie- 


bacillen und pyogenen Streptokokken. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 29.) 


In einem früheren Aufsatz (Berliner klin. Wochenschrift 1897 
No. 52, referirt in diesem Blatte 1898 No. 6) hat C. die gleichen 
Versuche gegenüber den Erregern der Hühnercholera und des Milz- 
brandes angestellt und gefunden, dass der Ätzschorf die mit ihm in 
Berührung kommenden Bakterien sofort vernichtet, während der 
Brandschorf sich als weniger zuverlässiges Mittel erwies. 

C. hat nun seine Versuche mit den oben genannten Schorfen 
auch auf den Diphtheriebacillus und den pyogenen Streptococcus 
ausgedehnt und gefunden, dass der Brandschorf, so wie der Alaun- 
schorf nicht im Stande sind, gegen eine Infektion mit virulenten 
Bakterien sicher zu schützen, dass hingegen der schwefelsaure Kupfer- 
schorf und der Kupfer-Alaunschorf sich als sicheres Schutzmittel er- 
wiesen, wenn auch die Bakterien nicht sofort nach Beschickung der 
Schorfe zu Grunde gingen. Der Höllensteinschorf, in seiner Wirk- 
samkeit obenan stehend, tödtete die mit ihm in Berührung kommen- 
den Keime augenblicklich und zeigte auch noch seine ungeschwächte 
Kraft, wenn das überschüssige Silbernitrat durch nachträgliche Be- 
handlung mit Kochsalzlösung entfernt wurde. 

Bei der Anwendung der erprobten Ätzmittel in Lösungen zeigten 
die Schorfe ebenfalls Schutzwirkung, eben so wie der Schorf des 
Eisenchlorids. 

C. stellt über die Ergebnisse seiner Studien einen ausführlichen 
Bericht in Aussicht. Gold (Bielits). 

6) Monin. Ein neues Kapitel von den Krankheitszeichen. 
Die Gerüche des menschlichen Körpers in gesunden und 
kranken Tagen. Übersetzt von Dr. A. Dreyer-Köln. 
Köln, Rimbach & Licht, 1898. 72 S. 

Das Buch Mia ist vor 12 Jahren erschienen, ohne über die 
Grenzen Frankreichs wesentlich hinaus bekannt zu werden. Der 
Übersetzer hat das bisher Versäumte in dankenswerther Weise jetzt 
nachgeholt, mit der Absicht, die Ergebnisse langer und fleißiger 
Studien weiteren medicinischen Kreisen zugänglich zu machen. Wie 
Verf. in einem Vorwort sagt, will er der klinischen Beobachtung 
durch den Geruchssinn wieder zu ihrem Recht verhelfen, nachdem 
sie in der neueren Zeit durch die zahlreichen anderen physikalischen 
Hilfsmittel fast verdrängt worden ist und nur Nichtachtung erfahren 
hat. Er beruft sich auf das Zeugnis namhafter älterer Kliniker und 
bedauert, dass der moderne Arzt alle anderen Sinne ausbildet und 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1079 


nur die Nase vernachlässigt, obwohl ene gut gebildete Nase den 
Ärzten ungeheure Dienste leisten und oft die Bemühungen der Dia- 
gnostik auf die richtigen Wege leiten würde«. 

Verf. hat sodann die einzelnen Gerüche des menschlichen Körpers 
genau studirt und untersucht: Haut und ihre Anhänge, Athem der 
Nase und des Mundes, Geruch des Auswurfs, des Erbrochenen und 
der Ructus, der Fäkalmassen und Darmgase, des Urins, der weib- 
lichen Genitalorgane, des Eiters und der Gangrän. Die einzelnen 
Kapitel fassen Alles, was über die Gerüche, normalerweise und bei 
gewissen Krankheitsfällen, in der Litteratur bekannt geworden ist, 
zusammen. Es würde entschieden den Rahmen eines Referats über- 
schreiten, wenn ich auf die, mit wahrem Bienenfleiß zusammen- 
getragenen Litteraturangaben näher eingehen wollte. Die meisten 
Dinge sind ohnehin längst bekannt und ihrem diagnostischen Werth 
nach wohl gewürdigt, vom Verf. in ihrem Werth wohl überschätzt. 
Namentlich dürfte für recht viele der feineren Geruchsunterschiede, 
die der Verf. beschreibt, die individuelle Anlage des Arztes maß- 
gebend sein. In manchen Fällen, wie Lungengangrän, Ozaena, Noma, 
Cystitis etc. mag der Geruch zwar ein diagnostisches Hilfsmittel sein, 
niemals aber ein ausschlaggebendes Symptom darstellen. 

Tschmarke (Magdeburg). 


7) Handbuch der Anatomie des Menschen, herausgegeben 

von K. v. Bardeleben II. Abth. 1) Das äußere Ohr von 

G.Schwalbe. 2)Mittelohr und Labyrinth vonF.Siebenmann. 
Jena, Gustav Fischer, 1898. 


Entsprechend dem Plane des Gesammtwerkes sind die vorliegenden, 
das Ohr betreffenden Abtheilungen wesentlich im Sinne der deskrip- 
tiven Anatomie bearbeitet. Die Entwicklungsgeschichte, die anthro- 
pologischen Eigenthümlichkeiten, so wie die Histologie sind dabei 
sehr genau berücksichtigt, besonders in der Anatomie des äußeren 
Ohres. Bei dem besonderen Interesse, das Schwalbe diesen Dingen 
bekanntermaßen dargebracht hat, ist es fast selbstverständlich, dass 
man unter diesen Kapiteln viele interessante Bemerkungen findet. 
Mehr für den Ohrenarzt als für den Allgemeinchirurgen sind die 
Bemerkungen über die Topographie und die Variationen in der Gè- 
stalt des äußeren Ohres und Gehörgangs von großem Interesse. — 
Beim Mittelohr und Labyrinth ist die vom Verf. gegebene Methodik 
der Herstellung von Korrosionspräparaten interessant: ebenfalls bietet 
die Darstellung der Entwicklungsgeschichte ein gutes Bild, trotz, 
oder vielleicht wegen großer Kürze. 

Bei der Anatomie des Mittelohrs macht sich die Neigung des 
Verf. für seine Lieblingsuntersuchungen an Korrosionspräparaten 
vielleicht etwas zu sehr bemerklich, doch haben die sämmtlichen 
Gebilde des Mittelohrs eine durchaus vollständige Beschreibung ge- 
funden. Auffallenderweise ist allerdings über die Gestalt der Ge- 


1080 Centralblatt für Chirurgie. No. 43, 


hörknöchelchen kaum eine Bemerkung vorhanden, während ihre 
Verbindungen sehr eingehend beschrieben sind. Beim inneren Ohr 
sind von besonderem Interesse die Abbildungen und Textdarstellungen 
von der Gefäßversorgung des Labyrinth. 

Die Abbildungen des vorliegenden Heftes sind sehr reichlich 
und zum größten Theil ausgezeichnet, doch geben manche Abbil- 
dungen der Korrosionspräparate naturgemäß eine sehr unvollkommene 
Anschauung dieser überaus detailreichen Kunstwerke (z. B. Fig. 40, 
42, 50, 52). Kümmel (Breslau). 


8) R. Kayser. Über Durchlöcherungen des 'Trommelfells. 
(Sammlungen v. Abhandlungen aus dem Gebiete der Nasen-, Ohren- etc. Krank- 
heiten, Halle 1898. Bd. III. Hit. 3.) 

Die Durchlöcherungen des Trommelfells bezeichnet Verf. mit 
Recht als die bedeutungsvollste Veränderung, welche wir an diesem 
Organtheil zu sehen bekommen. Eine monographische Darstellung ihrer 
klinischen Bedeutung, so wie der Methoden zu ihrer Erkennung und 
Behandlung ist daher recht dankenswerth. Diese Leistung ist aus 
der gewandten Feder des Verf. in einer nach Inhalt und Form 
allen Anforderungen entsprechenden Beschaffenheit hervorgegangen. 
Sie wird gewiss dazu beitragen, die otologischen Kenntnisse in 
weiteren ärztlichen Kreisen zu verbreiten und zu vertiefen. - 

Teichmann (Berlin). 


9) C. Miot. De la guérison des perforations tympaniques 
par l'acide trichloracetique. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 34.) 

Die von Okuneff angegebene Methode, alte Trommelfell- 
perforationen durch Ätzung ihres Randes mit Trichloressigsäure zum 
narbigen Verschluss zu bringen, hat sich auch dem Verf. bewährt. 
Von 51 ausgewählten Fällen gelang der Verschluss 49mal. Wenn 
der Rand der Perforation oder Theile desselben der Wirkung der 
Säure widersteht, so empfiehlt M. ihn mehrfach radiär zu incidiren 
oder mit dem Galvanokauter anzufrischen. 2mal beobachtete er bei 
der Vernarbung die Bildung von Verwachsungen mit der Pauken- 


schleimhaut, ohne wesentliche Verschlechterung des Gehörs. 
Teichmann (Berlin). 


10) A. Malherbe. L’&videment petro-mastoidien, nouveau 
traitement chirurgical de l’otite moyenne chronique seche; 
de quelques considérations physiologiques de l’appareil 
tympano-mastoldien et indications de l'intervention. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 32.) 
Die Eröffnung der Warzenfortsatzzellen zur Hörverbesserung bei 
nicht-eitrigen chronischen Mittelohrentzündungen ist bekanntlich 
schon in den Anfängen einer wissenschaftlichen Ohrenheilkunde als 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1081 


Behandlungsmethode verworfen worden; das kann nicht hindern, 
dass sie jetzt wieder empfohlen wird. Verf. stellt folgende Indika- 
tionen und Kontraindikationen auf: bei alten Leuten ist die Opera- 
tion nicht zu versuchen; eben so wenig bei Kranken, welche Stimm- 
gabel und Hörmesser vom Scheitel aus (durch Knochenleitung) nicht 
mehr hören. Die Verkürzung der Wahrnehmungsdauer für hohe 
Töne durch die Luftleitung ist im Allgemeinen ein ungünstiges 
prognostisches Zeichen für den Erfolg der Operation. Die Operation 
soll zunächst nur auf einem Ohr ausgeführt werden, und zwar auf 
dem schlechteren; das bessere wird dann auch ohne Operation oft 
noch besser. Die Verbesserung des Gehörs erstreckt sich haupt- 
sächlich auf die hohen Töne, welche nach Verf.’s Ansicht für das 
Sprachverständnis am nothwendigsten sind. Die subjektiven Ge- 
räusche verschwinden oder vermindern sich wenigstens nach der 
Operation. (Wenn das Verfahren Verf.’s in Deutschland wenigstens 
kaum Nachahmer finden dürfte, so wird es doch nicht, wie ehemals, 
die bei Eiterungen oft so segensreiche Operation wieder in Miss- 
kredit bringen. Ref.) Teichmann (Berlin). 


11) D. Grant. La vibration mécanique appliquée au rhachis 
dorsal dans le traitement de la sclérose auriculaire. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 35.) 

Von der bekannten Thatsache ausgehend, dass Pat. mit Fixirung 
der Steigbügelplatte oft im Eisenbahnwagen oder in der Schmiede- 
werkstatt besser hören (Paracusis Willisii), und in der Annahme, 
dass dabei weniger der laute Schall als die Erschütterung des 
Körpers in Betracht komme, hat Verf. in einer Anzahl von typischen 
Sklerosefällen mechanische Erschütterungen entlang der Rücken- 
wirbelsäule angewendet und anscheinend sehr bemerkenswerthe 
Besserungen des Gehörs und der subjektiven Beschwerden erzielt. 
Die Beobachtung der einen Pat., dass sie während des Radfahrens 
besser höre, scheint die Annahme zu stützen, dass die mechanischen 
Erschütterungen vibratorischer Art einen Einfluss auf das Gehör 
in solchen Fällen ausüben. Teichmann (Berlin). 


12) V. Uchermann. De Dovstumme i Norge. 
Christiania, 1897. 2 Bde. 

Es ist ein Produkt bewundernswerthen Fleißes und zielbewusst 
durch 12 Jahre fortgesetzter Untersuchung, das hier vorliegt. Verf. 
hat mit Unterstützung der Behörden gearbeitet und dadurch außer- 
ordentlich gründlich und zuverlässig seine Aufgabe durchführen 
können. Das kleine Land Norwegen mit seiner in den verschiedenen 
Theilen unter den verschiedensten socialen Verhältnissen lebenden 
Bevölkerung bot für solche Untersuchungen besonders günstige Ver- 
hältnisse. Durch diese Arbeit hat U. es erreicht, dass jeder Taub- 
stumme Norwegens mit seinem Namen und sämmtlichen klinisch wich- 


1082 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


tigen Personalien, zu einem großen Theil auch dem objektiven 
Befund nach, bekannt ist. Die darüber aufgestellten Tabellen füllen 
allein schon einen stattlichen Band von 590 Seiten. — Eben so um- 
fangreich ist der eigentliche Text. Es ist nur zu bedauern, dass 
durch die wenig bekannte Sprache dessen außerordentlich detaillirte 
Angaben nur geringe allgemeine Verwerthung finden dürften. Aller- 
dings giebt ein kurzes französisches Résumé über die wichtigsten 
Ergebnisse der Statistik Auskunft. Doch ist eigentlich gerade die 
Lektüre der zusammenfassenden Tabellen das Allerinteressanteste, und 
gerade hier sind die Sprachschwierigkeiten am größten. — Von all- 
gemeinem Interesse dürften folgende Angaben sein: Ziemlich genau 
die Hälfte der Taubstummen ist taub geboren. Von den taub ge- 
wordenen sind es allein über !/, in Folge von Scharlach; sonst spielen 
Hirnleiden und genuine Mittelohreiterungen die größte Rolle. Noch 
ein größeres allgemein pathologisches Interesse haben U.s Mit- 
theilungen über die Vererbung angeborener Taubheit. Die Erblichkeit 
ist sehr ausgesprochen, doch wechselt bei der Vererbung Taub- 
stummheit häufig mit anderen Störungen: Retinitis pigmentosa, Idiotie, 
Epilepsie, Geisteskrankheit, Missbildungen. Ehen zwischen Bluts- 
verwandten bringen viel leichter taubstumme, wie auch sonst abnorme 
Kinder hervor, als gekreuzte Ehen. U. erklärt das so, dass bei 
blutsverwandten Eltern deren erbliche Eigenthümlichkeiten, auch 
Belastungen mit größerer Sicherheit auf die Nachkommenschaft 
übergehen, als bei gekreuzten Ehen. Eine Menge von Details über 
diese Fragen müssen in dem Werke selbst eingesehen werden, 
das überhaupt bei allen künftigen Untersuchungen über erbliche 
Erkrankungen die sorgsamste Berücksichtigung finden dürfte. Sehr 
lehrreiche Kartenbeilagen zu dem Werke illustriren die vergleichs- 
weise Häufigkeit von Geisteskrankheiten, Idiotie und Taubstummheit 
in Norwegen, deren Vergleich wiederum mit einer die relative Häufig- 
keit blutsverwandter Ehen darstellenden Karte von großem Interesse 
ist. Namentlich ist bemerkenswerth, dass einzelne Distrikte mit 
reichlichen blutsverwandten Ehen (z. B. Saetersdalen) in Bezug auf 
Häufigkeit der Taubstummheit sehr zurückstehen (wohl wegen der 
körperlichen Tüchtigkeit ihrer Bevölkerung), wogegen z. B. der Bezirk 
Hedemarken die wenigsten blutsverwandten Ehen, aber eine der 
höchsten Taubstummenfrequenzen hat. — Auch einige sehr instruk- 
tive Stammtafeln über Familien, unter deren Mitgliedern Taubstummbheit 
und andere Anomalien besonders häufig aufgetreten sind, finden sich. 

Die Lektüre des Werkes ist leider außer den Schwierigkeiten, 
die die Sprache und der Umfang naturgemäß bieten, noch dadurch 
außerordentlich erschwert, dass eine wohl zu sehr ins Detail gehende 
Procentberechnung der einzelnen Zahlen und zahllose zusammen- 
fassende Tabellen überall den Text unterbrechen. Ganz besonders 
gilt dies für das französische Résumé: dieser Fehler darf aber bei 


dem bedeutsamen Werke nicht hoch angerechnet werden! 
Kümmel (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1083 


13) E. Guder. Effet des irritations de la muqueuse nasale 
sur les mouvements du coeur et du pouls. 
(Ann. des malad. de l'oreille 1898. No. 1.) 

G.’s Arbeit ist für den Chirurgen von einigem Interesse wegen 
der Frage, ob die nasalen Reflexe, die durch Chloroformdämpfe er- 
zeugt werden sollen, einen störenden Einfluss auf eine Narkose aus- 
üben können. (Vgl. Ref. über P. Rosenberg’s Vorschlag, die Nase 
vor der Narkose zu cocainisiren, dieses Centralblatt 1895 p. 376.) 
G. hat, weil er Thierversuche für ungenügend hält, mit dem Sphyg- 
mographen die Pulskurve bei 13 Menschen mit gesunder und 30 mit 
kranker Nase während der Vornahme verschiedener Reizungen der 
Nasenschleimhaut (Kauterisationen u. dgl.) aufgezeichnet. Er kommt 
zu dem Schluss, dass beim Menschen keine besonderen Beziehungen 
zwischen der Nasenschleimhaut und der Herzinnervation bestehen, 
dass Reflexe von einer kranken Nasenschleimhaut aus auf das Herz 
nur bei besonders disponirten Individuen auftreten, und dass die 
Erregungen des Trigeminus dabei keine andere Rolle als die irgend 
eines anderen sensiblen Nerven spielen. Kümmel (Breslau). 


14) P. Tissier. Tumeurs du nez et des sinus. 
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. No. 1.) 

T. hat in dieser Arbeit eine sehr vollständige, namentlich auch 
durch sorgfältige Benutzung der fremdländischen Litteratur aus- 
gezeichnete Zusammenstellung der in der Nasenhöhle vorkommenden 
Geschwülste gegeben. Wesentlich Neues ist in dieser Zusammen- 
stellung allerdings nicht zu finden. Für den Chirurgen interessant 
sind besonders die bösartigen Geschwülste. Bei den Sarkomen betont 
T., dass häufig die sogenannten »blutenden Polypen« im vorderen 
Theil der Nase als Sarkome beschrieben sind. Allerdings glaubt 
T., dass diese Geschwülste den Sarkomen nahe verwandt sind, aber 
klinisch von den gewöhnlich bösartigen Sarkomformen wesentlich 
verschieden sich verhalten. Auch die Geschwülste der Nebenhöhlen 
bespricht T., doch ist hier wenigstens die deutsche Litteratur etwas 
unvollkommen berücksichtigt. Kümmel (Breslau). 


15) Martuscelli. Il significato pronostico di alcuni sarcome 
nasali. 

(Arch. ital. di otol. 1898. No.4. Ref. n. Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 103.) 

Diese Geschwülste sind fast nie bösartig wie an anderen Orten. 
Sie entstehen wahrscheinlich meist aus Myxomen, und zwar durch 
eine Wucherung des Endothels der Kapillaren und Lymphräume. 
Sie enthalten nur selten Kalkeinlagerungen. Es giebt aber auch 
bösartige Sarkome der Nase, die durch die mikroskopische Unter- 
suchung trennbar sind und schnell entfernt werden müssen. 

Dreyer (Köln). 


1084 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


16) F. v. Friedländer. Zur Technik der Neurektomie des 
zweiten Trigeminusastes. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 307.) 

Verf., Assistent der Albert’schen Klinik in Wien, hat folgende 
Schnittmethode an der Leiche probirt und 2mal am Lebenden mit 
Erfolg ausgeführt. Hautschnitt vom lateralen Ende des Augenbrauen- 
bogens längs des hinteren Randes des Jochbeinkörpers in einem 
flachen, nach oben offenen Bogen längs des oberen Randes des Joch- 
bogens bis zum vorderen Ende des Processus zygomaticus des Schläfen- 
beins. Spaltung der Fascia temporalis, Meißeldurchtrennung der Ver- 
bindung zwischen Jochbogen und Schläfenbein, Ablösung der Tempo- 
ralisfasern von der hinteren Jochbeinfläche und Freimachung des 
Processus frontalis des Jochbeins. Die Hautwunde wird nun nach 
vorn verzogen, und nach Spaltung der Fascia tarsoorbitalis die Periorbita 
mit dem Elevatorium bis zur Fissura orbitalis inf. abgehoben. In 
derselben Richtung trennt jetzt ein Meißel die Verbindung des Joch- 
beins mit dem Stirnbein, worauf sich ersteres durch Lockerung seiner 
Verbindung mit dem Oberkiefer nach außen und unten umlegen 
lässt. In der Tiefe der Wunde erscheint nach Verziehung des 
Temporalis nach rückwärts das buccale Fett, nach dessen Entfernung 
die Fossa pterygopalatina frei zu Tage liegt. Da auch die seitliche 
Orbitalwand entfernt ist, kann durch Emporheben des Orbitalinhalts 
der N. infraorbitalis vom Foramen rotundum bis zum unteren Orbital- 
rand sichtbar gemacht werden, zumal beim Umbrechen des Jochbeins 
gewöhnlich die laterale Begrenzung des Canalis infraorbitalis am 
Jochbein haften bleibt. Die Reposition des Knochenlappens nach 
vollbrachter Nervenresektion gelingt leicht; derselbe zeigt keine Ten- 
denz zur Verschiebung. 

v. F. glaubt, dass der Schnitt auch zur Bloßlegung des 3. Trige- 
minusastes und mit einigen Zuthaten zur Aufsuchung des Ganglion 
Gasseri brauchbar sein würde. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


17) Berger. Ulcerations tuberculeuses de la tongue. 
(Med. moderne 1897. No. 59.) 

B. bespricht bei der klinischen Vorstellung eines Falles die 
Differentialdiagnose. Schon Fournier hat gesagt, dass Lues und 
Tuberkulose an der Zunge oft nur durch die Einwirkung der 
Therapie zu unterscheiden wären. Auch jetzt gilt das noch für 
manche Fälle. Die klaren Fälle sind durch die von Trelat be- 
schriebenen »gelben Punkte, charakterisirt. Bei der sekundär auf- 
tretenden Tuberkulose hilft auch der Allgemeinbefund. Im All- 
gemeinen zeichnen sich die Geschwüre durch geringe Tiefe und 
schmierigen Belag neben ekchymotischen Pünktchen und polyceyklisch 
ausgefressenem Rand aus. Roesing (Hamburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1085 


18) Sultan. Zur Kenntnis der Halscysten und -Fisteln. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVII. p. 113.) 

S. berichtet über 19 von ihm unter Braun in den Kliniken 
von Königsberg und Marburg beobachtete und histologisch genau 
untersuchte Fälle, wobei er Gelegenheit nimmt, das Gebiet der Hals- 
cysten und -Fisteln unter Heranziehung der einschlägigen Litteratur 
eingehend zu durchsprechen. Das beobachtete Material theilt sich 
in 3 Gruppen: a. seitliche Cysten und Fisteln, auf Kiemengangsreste 
zurückzuführen — Fall I—IX, 8 Cysten und 1 Fistel; b. mediane 
Cysten und Fisteln, durch Bestehenbleiben des Tractus thyreoglossus 
zu erklären, Fall X—XV, 3 Fisteln und 3 Cysten, und e cystische 
Bildungen, die mehr in das Gebiet der sogenannten Ranula gehören, 
der Rest der Fälle. Seine wesentlichen und zum Theil neue That- 
sachen bringenden Befunde hat S. selbst in folgende Schlusssätze 
zusammengefasst: 

1) Es kommen in Kiemengangscysten in der Tiefe der unter 
dem Epithel gelegenen Iymphoiden Zellzone mit der Oberfläche 
nicht in Zusammenhang stehende, isolirte Epithelnester vor, die 
wahrscheinlich von flachen Einsenkungen der Oberfläche her durch 
dazwischen wachsendes Lymphdrüsengewebe abgetrennt und nach der 
Tiefe zu verlagert worden sind. Vielleicht können aus solchen 
Epithelversprengungen multilokuläre Cysten entstehen. (Befund in 
Fall 2, Illustrirung durch 2 mikroskopische Figuren. Ref.) 

2) Die unter dem Namen der Cystenhygrome bekannten Lymph- 
angiome des Halses können unter Umständen durch Störungen der 
Entwicklung der Kiemenbögen veranlasst werden. (cf. Fall VII und 
VIII. Ref.) 

3) Durch den Nachweis embryonaler, quer gestreifter Muskel- 
fasern in der Wand einer seitlichen Halsfistel müssen die hier ver- 
laufenden Muskelfasern als Keimversprengung gedeutet werden und 
können nicht durch einfaches Umwachsen des Fistelganges dahin 
gelangt sein. (Befund in Fall IX, illustrirt durch 2 Figuren. Ref.) 

4) Für die mittleren, auf den Tractus thyreoglossus zurück- 
zuführenden Halsfisteln ist bisher ein einheitlicher, von der äußeren 
Fistelöffnung bis zum Foramen coecum führender Gang anatomisch 
noch nicht nachgewiesen. Es scheint sich vielmehr in den meisten 
Fällen um 2 oder mehrere Gänge zu handeln, welche sowohl von 
der äußeren Haut, wie vom Foramen coecum her gegen das Zungen- 
bein verlaufen und dort blind endigen. 

5) Die unter Leitung des Kehlkopfspiegels ausgeführte Sondirung 
des Ductus lingualis kann bei einer von außen schwer sondirbaren 
Fistel von diagnostischer Bedeutung sein. (Diese Sondirung ist S. 
2mal gelungen, in Fall XI und XII. Ref.) 

6) Die aus Resten des Tractus thyreoglossus hervorgegangenen 
Ranulaformen (Neumann) sind häufiger, als bisher angenommen 
wurde, da auch ein Theil der bisher als Dermoide des Mundbodens 
bezeichneten Cysten in dieselbe Kategorie fallen. 


1086 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


7) Es kommt durch kongenitalen Verschluss des Ductus Wharto- 
nianus zu Cystenbildungen, die unter einem von der Ranula wesentlich 
verschiedenen Bilde verlaufen. (Abbildung eines solchen Falles bei 
einem 31/amonatlichen Kind. Ref.) 

8) Die Heilung der gewöhnlichen aus der Gl. sublingualis ent- 
standenen Ranula lässt sich durch die Excision eines vorderen Wand- 
stücks mit Umsäumung und nachfolgender Ausschabung und An- 
ätzung der Wand mit Karbollösung erzielen; in den meisten Fällen 
bedarf es der Totalexstirpation im Zusammenhang mit der Gl. sub- 
lingualis nicht. 

Ein Nachtrag enthält noch fernere 4 nach Abschluss der Arbeit 
beobachtete Fälle. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


19) W. Wendel. Über die Verletzung des Ductus thoracicus 
am Hals und ihre Heilungsmöglichkeit. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVILI. p. 437.) 

W. berichtet über 5 in der klinischen Thätigkeit von Küster 
vorgekommene Fälle von Verletzung des Ductus thoracicus am Hals 
bei Operationen in der Oberschlüsselbeingrube, wobei es sich 3mal 
um carcinöse Metastasen und je imal um tuberkulöse bezw. maligne 
Lymphome handelte. In einem Falle wurde (wie in einem Falle 
von Bögehold) der Chylusausfluss nur während der Operation be- 
merkt, es folgte bei Wundtamponade und sekundärer Naht glatte 
Heilung. In den übrigen Fällen bestand auch während der Nach- 
behandlung mehr oder weniger lange Zeit Chylorrhoe, welche zumal 
in Fall 2, einen Monat in sehr reichlicher Weise anhaltend, eine 
sehr erhebliche unliebsame Komplikation bildete. Therapeutisch 
kamen sowohl Unterbindungen, liegen bleibende Klemmen, Über- 
nähen des Ductusschlitzes wie Hämostyptica und Kaustica in An- 
wendung, Alles ohne prompten Erfolg. Das brauchbarste Mittel 
bildete immer noch die Tamponade. 

Die außerordentlich verschieden lange Dauer der Chylorrhoe bis 
zu ihrer Heilung kann, wie W. mit Recht hervorhebt, nicht sowohl 
auf die Art der Therapie bezogen werden, als auf innere anatomische 
Verhältnisse an dem Ductus. Er hat desshalb die Anatomie des 
Ductus sowohl an 17 Präparaten verschiedener anatomischer Museen, 
als durch etliche eigene neue Prüparationen und Injektionen studirt 
und fand Folgendes: 

1) Meist besteht nicht eine einzige Hauptmündung des Ductus in 
den Angulus venosus, sondern mehrere Mündungsarme, welche, wenn 
sie auch das Hauptgefäß an Stärke nicht immer erreichen, doch für 
den Abfluss völlig genügen (8mal unter 12 Fällen). Hier kann das 
vikariirende Eintreten einer Nebenmündung für die Hauptausflussader 
leicht von statten gehen. 

2) Es finden sich nicht selten schon weiter unten am Stamme 
Kommunikationen zwischen dem Ductus und venösen Gefäßen, ins- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 1087 


besondere mit der Vena azygos, aber auch mit der Vena renalis, 
wie dies zuerst Wutzer konstatirte.e Die Injektionen Wis haben 
dies von Neuem an einigen Objekten bestätigt, so dass W. im Ganzen 
unter 29 Beobachtungen 4mal diesen Befund gesichert fand. Offenbar 
kann durch diese tiefen Kollateralen zwischen Ductus und Venen- 
system sich ein Ersatzkreislauf ausbilden, wenn der Abfluss an der 
normalen Stelle gehindert wird. Begünstigend für diese Veränderung 
wird es sein, wenn eine Wunde des Ductus oben am Halse durch 
feste Tamponade gestopft wird und die Stauung des Lymphstromes 
zu Drucksteigerung im unteren Theile des Ductus nebst seinen 
feinen kommunicirenden Seitenästchen führt. (Ein Injektionspräparat 
des Verf., die Kollateralen des Ductus zeigend, ist abgebildet.) 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


Kleinere Mittheilungen. 


20) M. Garulanos. Das Vorkommen von multiplen Muskelechino- 
kokken, nebst Bemerkungen über die Verbreitung der letzteren im 
Organismus. 

(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 372.) 

G. beschreibt aus der Greifswalder Klinik 2 Fälle. Der 1. betrifft einen 
61jährigen Dachdecker, welcher vor 27 Jahren beim Exerciren sich die linke Hüfte 
»überdreht« hatte und seit der Zeit immer ab und zu Schmerzen in der linken 
Hüftgegend hatte. Vor ca. 5 Jahren erste Anschwellung zwischen Hüftknochen 
und Kreuzknochen, seit 115 Jahre beträchtlich gewachsen und in letzter Zeit 
sehr beschwerlich fallend. Die mannskopfgroßen, verschiedentliche knollige 
Hervorragungen zeigende Geschwulst reichte in der linken hinteren Hüftgegend 
bis zur Spina ant. sup., über den Trochanter herab und nach oben bis an den 
Rippenbogen. Prallelastische Konsistenz, stellenweise Fluktuation. Die Operation 
ergab eine große Anzahl im intermuskulären Gewebe liegender und entfernt von 
einander zerstreuter Echinococcusblasen. In der Glutäalgegend neben einem 
kindskopfgroßen und 2 doppeltfaustgroßen Geschwülsten noch ca. 40—50 weitere 
Blasen von Linsen- bis Hühnereigröße. Die große Wunde wurde tamponirt und 
späterhin sekundär genäht. Noch vor ihrer Heilung trat starke Schwellung des 
linken Oberschenkels auf, und ergab auch hier die Operation ähnliche Verhältnisse, 
nämlich eine große Anzahl (ca. 35—40) lingen- bie hühnereigroße Blasen im inter- 
muskulären Gewebe zwischen den Adduktoren, den Flexoren und entlang der Ge- 
fößscheide. Die Gesammtzahl der beseitigten Echinokokken ist auf ca. 100 zu 
taxiren. Auch die Wunden der 2. Operation wurden tamponirt. Endausgang in 
völlige Heilung. 

Der 2. Fall ist weniger interessant und passt in so fern nicht exakt unter den 
Titel der Arbeit, als es sich bei der 60jährigen Pat. um einen solitären Muskel- 
echinococeus im rechten Oberschenkel handelte, welcher, eine einzige über faust- 
große weißlichblaue und bindegewebig eingescheidete Blase darstellend, unschwer 
exstirpirbar war. Sie lag direkt den Vasa obturatoria an. 

Gegenstand weiterer Betrachtungen ist ausschließlich Fall 1, und zwar mit 
Bezug auf die Genese der massenhaft gefundenen Echinococcusexemplare. Die 
Erklärung, die G. hierfür giebt, ist die Annahme, dass eine massenhafte Aus- 
wanderung von Embryonen hier stattgefunden hat. Nach Beobachtungen von van 
Beneden machen die reifen Embryonen der Taenia dispar beständige Bewegungen 
mit ihren Hakenpaaren, welche wohl geeignet sind, Gewebe zu durchdringen. 
Haben die Echinokokkenembryonen erst die Darmwand durchsetzt, so können die- 


1088 Centralblatt für Chirurgie. No. 43. 


selben allerdings in den Strom der Chylus- oder Blutgefäße gelangen und darin 
weiter transportirt werden; sie können aber auch aktiv weiter wandernd den Platz 
wechseln. Die statistisch feststehenden bestimmten Lieblingsstellen für Ansied- 
lung der Echinokokken zeigen die Wege, auf denen die Wanderung stattfindet. 
Da das Bindegewebe um Gefäßstränge entschieden besonders häufig der Standort 
der Blasen ist, ist anzunehmen, dass die Embryonen vom subserösen Bindegewebe 
aus der Aorta und ihren Vergweigungen entlang weitergehen, um sich schließlich 
im Gefäßscheidenbindegewebe irgend wo anzusiedeln. 

Was den Einfluss des Trauma auf das Krankheitsbild betrifft, der bei Echino- 
kokkenkranken wie in G.'s Falle auch sonst öfter notirt ist, so hält G. dafür, dass 
in solchen Fällen der Echinococcus jedenfalls schon latent vorhanden war, aber 
durch das Trauma erst, sei es in Folge einer Verschiebung, sei es durch ge- 
steigertes Wachsthum, mehr zum Vortreten gebracht wurde. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


21) G. Eis, Eine Meißelsonde für das Ohr. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 8.) 


Das Instrument ist dazu bestimmt, die äußere Wand des Atticus tympanicus 
zu entfernen und dadurch den Kuppelraum mit den Körpern der Gehörknöchelchen 
bloßzulegen. Zu diesem Zweck wird ein Meißel auf einer Sonde entlang bewegt, 
welche letztere am Ende zum Schutz der Labyrinthwand senkrecht nach oben ab- 
gebogen ist und so ein Stoßkissen für den Meißel abgiebt. 

Teichmann (Berlin). 


22) 8. Szenes. Sur les lésions traumatiques de l’organe auditif. 
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. p. 34.) 


8. berichtet über 7 Fälle von Ohrtraumen. No. 7 davon ist eine Mittelohr- 
eiterung, bei der eine Ausspülung mit dem Paukenröhrchen schwere Labyrinth- 
erscheinungen mit beängstigenden Symptomen hervorrief, die nur bei Lagerung auf 
die Seite des gesunden Ohres zum Verschwinden gebracht werden konnten. 

8. deutet diese Erscheinungen als Labyrinthshock. Heilung nach Radikal- 
operation. In den Fällen 1—3 und 6 handelte es sich um Labyrinthverletsungen 
durch Schädelbasisfissuren, die zum Theil unter Zurückbleiben von Gehörstörungen 
heilten. Fall 4 betrifft eine Weichtheilverletzung des äußeren Gehörgangs, Fall 3 
eine Fraktur der oberen hinteren Gehörgangswand (nahe dem Trommelfell) und des 
Hammergriffs, neben Schädelbasisfissur (Sturz aus dem Tramway), keine wesent- 
lichen Labyrinthstörungen. Heilung mit ziemlich erheblicher Herabsetzung des 
Gehörs. Kümmel (Breslau). 


23) C. Miot. Un cas de rhinolithe. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 38.) 
20jährige Leidensgeschichte eines Militärarztes, der wegen reflektorischer 
Krampfzustände und trophoneurotischer Erscheinungen ein sohweres Rückenmarks- 
leiden bei sich vermuthete und auch psychische Abnormitäten darbot. Nach Ent- 
fernung des Nasensteins trat in wenigen Tagen vollkommene Genesung ein. 
Teichmann (Berlin). 


Berichtigung; Im Inhaltsverzeichnis von No. 40 d. Bl. unter No. 12 lies 
Brustdrüsenplastik statt Brustdrüsentuberkulose. 


Originelmittheilungen, Monographien und Separstabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 


Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergman, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EEE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 44. Sonnabend, den 5. November. 1898. 


Inhalt: I. Breuer, Eine neue Operation der Hypospadie der Eichel nach Barden- 
heuer. — II. Winkelmann, Neue Methode der Radikaloperation der Hydrocele. (Original- 
Mittheilungen.) 

1) Wentscher, Eigenleben menschlicher Epidermiszellen. — 2) Sacharjan, Tetanus- 
bacillen. — 3) Popow, Sublimatwirkung. — 4) Klemm, Nahtmaterial. — 5) Ebermann, 
Bromäthyl-Chloroformnarkose. — 6) Turner, Orthopädische Apparate. — 7) Exner, Zur 
Diagnose der Gallensteinkrankheit. — 8) Kehr, Gallensteine. — 9) de Voogt, Cholecyst- 
ektomie. — 10) Talma, Künstlicher Collaterallauf bei intraabdominellen Blutlaufsstörungen. 
— 11) v. Hacker, Hypospadie. — 12) v. Stockum, 13) Freudenberg, Prostatabypertrophie. 
— 14) Rasumowsky, Blasennaht. — 15) Wundel, Exstirpation und Resektion der Harn- 
blase. — 16) Marckwald, Harnleiter- und Harnblasencysten. — 17) Blumenfeld, Harn- 
leiterverletzungen. — 18) Becher und Lennhoff, Lage der Nieren. — 19) Ratynskl, 
Nephrektomie. — 20) Rolando, Exstirpation der Scheidenhaut. — 21) Doyen, Gynäko- 
logische Operationen. — 22) Hartmann, 23) Monod, Eitrige Annexitis, 

24) Bittner, Arrosionsblutungen. — 25) Schultze, Pneumonie nach Äther- und Chloro- 
formathmung. — 26) Wilmans, Lymphome nach Trauma. — 27) Palleroni, Leberechino- 
coccus. — 28) Richardson, Cholecystitis. — 29) Meyer, Fettgewebsnekrose. — 30) Spaeth, 
Gekröscyste. — 31) Froelich, Harnröhrenbildung bei der Frau. — 32) Lübbe, Harn- 
zöhrencyste. — 33) Sanesi, 34) Simon, Prostatahypertrophie. — 85) Schmidt, Knochen- 
fragmente in den Harnwegen. 


(Aus der chirurgischen Abtheilung des Bürgerhospitals zu Köln. 
[Geheimrath Prof. Dr. Bardenheuer.]) 


I. Eine neue Operation der Hypospadie der Eichel nach 


Bardenheuer. 
Von 
Dr. Breuer in Köln. 


Die Heilung der angeborenen Missbildungen gehört mit zu den 
technisch sehr schweren, desshalb häufig auch undankbaren Opera- 
tionen, besonders da sie meistens an kleinen, unruhigen Kindern 
ausgeführt werden und in Körpergegenden, welche die Asepsis der 
Operation und der Wundheilung nicht selten in Frage stellen. 

Bisher hat man zur Bildung des sogenannten Eichelkanals, 
sowohl bei Hypospadie des ganzen Penis, als auch nur der Eichel, 

44 


1090 Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 


meistens die bekannte Methode von Thiersch oder eine ähnliche 
benutzt. Häufig gaben sie schlechte Resultate, hauptsächlich in 
Folge der Unzulänglichkeit der Operationsmethode, so wie der oben 
erwähnten Umstände. Man war gezwungen, in mehreren Zeiten zu 
operiren, und zwar nicht nur nach missglückter Operation (Durch- 
schneiden der Nähte etc.), sondern weil der ganze Heilplan für 
mindestens 2 Sitzungen berechnet war. Ich sehe dabei ab von den 
später meistens noch nöthig werdenden kleineren. Nachoperationen 
— Kauterisiren, Bougieren etc. 

Die Thiersch’sche Operation bietet oft besonders große Schwierig- 
keit für den Verschluss der übrig bleibenden Fistel und für die Er- 
haltung einer weiten Urethralöffnung. Es entwickelte sich immer 
‘wiederum eine Verengerung des Eicheltheils. Ferner bestanden in 
der neugebildeten Harnröhre Taschen, welche nach vollendetem 
Uriniren erst langsam und träufelnd den stauenden Urin entleerten. 

Argento und in neuerer Zeit Beck haben desshalb Operations- 
methoden angegeben, welche sich von diesem Thiersch’schen 
Operationstypus im Princip weit entfernen. 

Argento stößt einen Trokar von geeigneter Dicke durch die 
Eichel und eventuell dann unter der Haut des Penis her bis zur 
kongenital abnormen Ausmündungsstelle der Harnröhre. 

In diesen Wundkanal wird ein Katheter eingelegt und nach 
Bedürfnis so lange — eventuell bis zu 12 Monaten — liegen gelassen 
resp. gewechselt, bis sich an Stelle des Wundkanals ein mit Epi- 
dermis ausgekleidetes Rohr — die neue artificielle Harnröhre — ge- 
bildet hat. Bardenheuer hat diese Operation nicht versucht. Es 
scheint ihm zweifelhaft, ob sich der durch den Trokar gesetzte 
Wundkanal selbst in absehbarer Zeit mit Epithel bekleidet, und so- 
mit Verengerungen sicher auszuschließen sind; außerdem dürfte ein 
Jahr langes Bougieren sehr viel Geduld erfordern. Er versuchte dess- 
halb zunächst die von Beck! angegebene Operationsweise. 

Diese besteht bekanntlich darin, dass zunächst die meist präfor- 
mirt: angedeutete Urethralrinne wundgemacht resp. in der Mitte des 
Penis die Eichel in der Länge nach eingeschnitten wird; alsdann 
wird nach Zurückpräpariren der Penishaut an der unteren Seite des 
Penis die Harnröhrenöffnung mit einigen Schnitten aus dem sie um- 
gebenden Gewebe ausgeschält, mobilisirt und in die Wunde — arti- 
ficielle Eichelrinne — bis zum Niveau der Eichelspitze hinein- 
gezogen. Hier wird die Harnröhrenöffnung durch Nähte befestigt, 
und über den Harnröhrentheil der Eichel werden die beiden durch 
die senkrechte Incision zur Bildung der Rinne formirten Läppchen 
unter einander durch Nähte verbunden. Zum Schluss folgt passende 
Vernähung der Penishaut. 

Diese Methode hat Bardenheuer einmal versucht mit ziemlich 
befriedigendem Resultat. Die Nähte hielten nicht alle, und die 


1 New York med. journ. 1898. Januar 29. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1091 


Blutung war ohne Abschnürung sehr bedeutend. Die Harnröhre ist 
jedoch an der unteren Seite der Eichel fixirt geblieben. Barden- 
heuer ging desshalb bei dem nächsten Falle in folgender Weise vor, 
wie aus untenstehenden, halbschematischen Zeichnungen ohne Weiteres 
ersichtlich ist. ` 

Fig. 1. Ablösung der Penishaut an der unteren Seite des Penis 
nach der Peniswurzel zu und Loslösung des vorderen und seitlichen 


Fig. 1. Fig. 3. 


Harnröhrentheils aus dem sie umgebenden Gewebe bis etwa zur 
Hälfte der Pars pendula, so dass die Urethra sich leicht bis zur 
Penisspitze vorziehen lässt. 

Fig. 2. Durchstechen eines recht dicken Trokars durch die 
Corpora cavernosa der Eichel von der Spitze aus und Durchführang 
in der Harnröhrenrichtung bis etwa in die Gegend, wo früher die 

44* 


1092 Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 


Urethralöffnung lag. Man sieht in der Zeichnung, dass die Harnröhre 
mobilisirt ist. 

Fig. 3. Die mobilisirte Harnröhre ist mit einer Pincette durch 
die durchstochene Eiche] hindurchgezogen und an der Peniskuppe 
mit 4 Seidennähten befestigt. Zur Entspannung und Entlastung der 
Nähte an der Eichelkuppe ist der hintere Harnröhrentheil an der 
Eichelbasis durch 4 seitliche Katgutnähte im benachbarten Gewebe 
fixirt. 

Fig. 4. Passende Längsnaht der Haut mit Seide, welche eben- 
falls wesentlich zur Entspannung der angenähten mobilisirten Harn- 
röhre beiträgt. 

Man sieht das Schlussresultat der Operation nach Bardenheuer, 
ein in kosmetischer und funktioneller Beziehung sehr schönes und 
vollkommenes Resultat. 

Die Nachbehandlung, von der ja eigentlich kaum die Rede sein 
kann, bestand in Auftragen von Borsalbe, die häufig erneuert wurde. 
Der Wundverlauf und der Schlusseffekt übertraf in jeder Beziehung 
Bardenheuer’s Erwartung. Die Nähte wurden nach 8—14 Tagen 
entfernt. Das so lästige, zeitraubende, häufig nicht so leicht aus- 
zuführende Bougieren fiel fast ganz weg. 4 Wochen nach der Opera- 
tion konnte man an dem Penis des 3 Jahre alten Kindes kaum 
noch die Folgen einer operirten angeborenen Missbildung wahr- 
nehmen, 


II. Neue Methode der-Radikaloperation der Hydrocele, 


Von 
Dr. med. Winkelmann, Chirurg in Barmen. 


In jetzt etwa einem Dutzend von Hydrocelenoperationen wandte 
ich folgende sehr einfache Methode an, die mir bis jetzt, seit im 
Ganzen etwa 11/, Jahre, die besten Erfolge gebracht hat: 

Spaltung bis auf den Hydrocelensack unter Schleich’scher In- 
filtrationsanästhesie. Dann etwa 3—4 cm lange Incision, von oben 
nach unten verlaufend, mehr am oberen als am unteren Pol gelegen. 
Durch diesen Schlitz wird nach Abfluss der Hydrocelenflüssigkeit 
der Hoden weit vorgezogen, so dass sich die ganze Tunica vaginalis 
propria nach außen umkrempelt. Der Schlitz kommt in die Nähe 
der Samenstranginsertion am Testikel zu liegen und kann hier, wenn 
nöthig, so weit durch eine Knopfnaht verkleinert werden, dass die 
Rückwärtskrempelung oder der Wiederdurchtritt des Hodens nicht 
mehr möglich ist. In diese Naht kann sicherheitshalber recht wohl 
etwas Samenstrangbindegewebe gefasst werden. Der umgekrempelte 
Sack mit Hoden wird reponirt, so dass die ganze Serosa der Tunica 
vaginalis propria nach außen gegen die weitmaschig-bindegewebige 
Tunica vaginalis communis sieht und mit dieser bald verwachsen 
kann. Etwaige Sekretion der Propria muss so Anfangs von der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1093 


Communis aufgenommen werden. Eine genaue Hautnaht schließt die 
völlig unblutige Operation ab. Die Heilung dauert nur so lange, 
bis die Hautwunde verklebt ist, also etwa 4 Tage; doch kann man 
getrost die Operation ambulant ausführen, da Gefahren von Nach- 
blutung etc. nicht eintreten können. In der ersten Zeit kann aller- 
dings eine ödematöse Schwellung im periorchitischen Gewebe auf- 
treten, wohl hervorgerufen durch die Tränkung der lockeren Gewebs- 
maschen mit der noch zeitweilig andauernden Serosasekretion. Der 
Hoden erscheint in der Mehrzahl der so operirten Fälle etwas nach 
oben dislocirt, macht aber nicht die geringsten Beschwerden von 
Anfang an. 

Ich empfehle die angeführte einfache Methode zur freundlichen 
Nachprüfung. Sie wird mindestens mehr leisten als alle Punktions- 
methoden und wohl trotz der Geringfügigkeit des kleinen ungefähr- 
lichen Eingriffs eben so viel, wie die durchaus rationellen, aber 
eingreifenderen Methoden von v. Volkmann und v. Bergmann. 


1) J. Wentscher. Experimentelle Studien über das Eigen- 
leben menschlicher Epidermiszellen außerhalb des Organismus. 
(Ziegler’s Beiträge zur pathologischen Anatomie Bd. XXIV.) 

W. hat über die hier niedergelegten Untersuchungen bereits 
auf der Braunschweiger Naturforscherversammlung berichtet (cf. 
Selbstbericht in diesem Centralblatt 1898 No. 1). Er hat 60 Fälle, 
vorwiegend Unterschenkelgeschwüre, die mit konservirten Läppchen 
bepflanzt waren, auf Mitosen, als die sichersten Zeichen des Zellen- 
lebens, durchsucht. Die Läppchen wurden theils in physiologischer 
Kochsalzlösung konservirt, theils trocken, das ist in einer mit Watte- 
pfropf verschlossenen Flasche auf einem Gazepolster aufgehoben 
und dann nach verschiedenen Fristen aufgepflanzt. Meist am 4. Tage 
nach der Transplantation excidirte W. Stücke zur histologischen Unter- 
suchung. In 7 Fällen konnte er mitotische Vermehrung der Epi- 
dermiszellen und somit ihre Wiederbelebung feststellen. Das jüngste 
wiederbelebte Hautläppchen war 7, das älteste 22 Tage alt. Für 
14 weitere Fälle entnimmt W. den positiven Erfolg nur aus dem 
makroskopischen Verhalten. 

Aus einigen wenigen Versuchen ergiebt sich die aus der Praxis 
schon bekannte Thatsache der großen Resistenz der Epidermiszellen 
gegen Kälte, ihrer Hinfälligkeit aber gegenüber Wärme und anti- 
septischen Flüssigkeiten. W. hat, wie er besonders hervorhebt, den 
Weg der histologischen Untersuchung nur beschritten, nicht um eine 
praktische bedeutsame Modifikation derThiersch’schen Transplantation 
zu finden, sondern um die biologisch so interessante Thatsache zu 
erweisen, dass menschliche Epidermiszellen außerhalb des Organis- 
mus noch überraschend lange fortleben können. P, Stolper (Breslau). 


1094 Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 


2) T. A. Sacharjan. Über die Verbreitung der Tetanus- 
bacillen im Boden. 
Dissertation, Petersburg, 1898. 

S. untersuchte Erdproben von verschiedenen Stellen Petersburgs, 
besonders von solchen Orten, wo viel Menschen zusammenkommen. 
Die Proben wurden weißen Mäusen und Meerschweinchen ein- 
geimpft, und nach deren Tode das Wundsekret nach einer eigenen 
Methode untersucht: es wurde mit Bouillon verdünnt in Agar 3 Tage 
kultivirt, wobei alle Luftmikroben Kolonien geben; die steril ge- 
bliebenen Theile des Agars wurden in Kölbchen mit Bouillon ge- 
bracht und die Luft darin durch H oder Leuchtgas ersetzt. Nach 
24 Stunden entwickeln sich die ana&roben Mikroben, darunter die 
Tetanusbacillen. Von 63 Proben gaben 43 ein positives Resultat; 
3 weitere Proben enthielten Tetanusbacillen, tödteten aber das Thier 
nicht. Das ziemlich seltene Vorkommen der Infektion von Wunden 
durch den Bacillus bei dessen Häufigkeit (67,6% der Proben!) erklärt 
S. dadurch, dass Licht und Luft ihn schwächen, Fibringerinnsel und 
Entzündung der Wunde die Resorption verhindern. Der Tetanus- 
bacillus gedeiht hauptsächlich in verunreinigten, nekrotischen, ge- 
quetschten Wunden, in reinen Wunden nur dann, wenn andere 
Mikroorganismen seine Entwicklung begünstigen. Werden diese 
anderen Mikroben mit antiseptischen Mitteln bekämpft, so wird dem 
Tetanusbacillus die Möglichkeit des Wachsthums genommen. Das 
erklärt auch, warum von Tetanus gewöhnlich unbedeutende Wunden 
befallen werden: größere Wunden richten eher die Aufmerksamkeit 
auf sich und werden antiseptisch behandelt, kleinere werden oft 
vernachlässigt. Jede Wunde, selbst die kleinste, muss also sofort 
desinficirt werden. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


3) S. P. Popow. Vergleichende Untersuchungen über die 
desinficirende Wirkung reiner Sublimatlösungen und Lösungen 
desselben mit anderen Mitteln. 

Diss., Petersburg, 1898. 

10/90 Sublimat wirkt schwach ; stärker: 1% Subl. + 1/2% NaCl; noch 
stärker: (äis Subl. + Uafiae HO) (oder 1/,—1/20/o0 Weinsteinsäure, oder 
1/1—t/2°/o Milchsäure); noch stärker: (äise Subl. + !/2°/% HCl (oder 
1/2—1°/% Weinstein- oder Milchsäure, oder 1/1% Phenol); stark: 
19/90 Subl. + 1%/% HCl oder 1% Phenol; sehr stark: 1%, Subl. + 2% 
Phenol. Letztere Lösung wirkt gleich stark, ob mit destillirtem 
Wasser oder mit gewöhnlichem Wasser bereitet, und bleibt lange 
ungeschwächt. Der Zusatz von 24—20% NaCl zu 1—2% Phenol- 
lösungen erhöht deren desinficirende Wirkung nicht. 

@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1095 


4) Klemm. Zur Asepsis des Nahtmaterials. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 37.) 

Nach Besprechung der für die Infektion durch Nahtmaterial in 
Frage kommenden Momente kommt K. zu dem Schluss, dass es 
vor Allem darauf ankomme, dass das zur Implantation in die Wunde 
bestimmte Material nie von mehr als einer Person berührt werde. 

Um dies zu erreichen, bedient er sich viereckiger vernickelter 
Rahmen von beliebiger Länge und Breite, die auf "kleinen Füßen 
ruhen. Über je 2 parallele Stäbe der Breitseite des Rahmens werden 
Ligaturen geknüpft, so dass ein Faden dicht neben dem anderen 
liegt. Das eine Ende des Knotens wird dicht abgeschnitten, das 
andere bleibt lang; 50—60 können auf einen Rahmen gehen. Kurz 
vor dem Gebrauch wird der (werden die) Rahmen ausgekocht und 
in eine mit 2%iger Borsäure gefüllte Schale gestellt, auf deren aus 
einer dunkelgefärbten Glasplatte bestehendem Boden die hellen Fäden 
sich gut abheben. Bei der Arbeit ergreift der Operateur mit einer 
Pincette bloß das lange Fadenende, schneidet mit der Schere den 
Knoten durch und unterbindet, ohne dass der Faden unnütz viel 
angefasst wird. Auch hat man größere Sicherheit, dass die isolirten 
Fäden durch die Hitze wirklich vollkommen sterilisirt worden sind. 

K. hält sich stets fertig eingefädelte Nadeln von verschiedener Größe 
vorräthig, die in besonderer Weise aufbewahrt werden. Zur Opera- 
tion lässt man Nähte von der gewünschten Länge und Stärke kochen. 
Man braucht dann bei der Nahtanlegung bloß mit dem Nadelhalter 
die Nadel zu ergreifen und zu nähen. Wenn so auch die Präparation 
des Materials mehr Zeit erfordert, so ist man doch von seinem 
Personal bei der Verwendung desselben unabhänger. 

Handschuhe verwirft K; dagegen benutzt er zum Reichen der 
Tupfer, Gaze, Watte langarmige Zangen. 

Zu bemerken ist, dass das von K. empfohlene Verfahren wohl 
für viele, aber nicht für alle Fälle chirurgischer 'Thätigkeit dem 
Ref. zweckmäßig und durchführbar erscheint. Zumal muss sehr 
ausgiebige Assistenz vorhanden sein, wenn der Vortheil des Selbst- 


reichens nicht oft durch anderen Schaden aufgewogen werden soll. 
R. Wagner (Mülheim a. d. Ri 


5) A. A. Ebermann. Über kombinirte Bromäthyl-Chloro- 
formnarkose. 
(Wratsch 1898. No. 30 u. 31. [Russisch.)) 

Seit 1890 wurden im chirurgischen Krankenhaus der Alexander- 
gesellschaft barmherziger Schwestern des rothen Kreuzes 795 solche 
Narkosen beobachtet. Die Menge des: verbrauchten Narkoticums 
und die mittlere Dauer der Narkose ist aus folgenden 2 Formeln 
ersichtlich. 

1) Die ersten 314 Fälle, schon beschrieben von W. W. Lesin: 
5,0 Bromäthyl ++ 14,5 Chloroform , 
1,5 Minuten + 20 Minuten. ’ 


1096 ‚Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 


4,59 + 15,15 
0,93 + 25 ` 

In einem Falle erfolgte der Tod in der Narkose. Es handelte 
sich um eine 29jährige etwas anämische und nervöse Frau (Hebamme), 
der 13 cariöse Wurzeln ausgezogen wurden. 20 Minuten nach Be- 
ginn der Narkose, nachdem 5,0 Bromäthyl und 12,0 Chloroform ver- 
braucht waren, stockte der Athem bei gutem Puls. Nach Druck auf 
die Brust begann Pat. wieder zu athmen. Bald aber hörte Athmung 
und Puls wieder auf; Silvester; ein paar spontane Inspirationen 
erfolgten wohl darauf, doch dann stand die Athmung vollständig, 
obwohl während 3 Stunden die verschiedensten Mittel angewandt 
wurden. Die Sektion ergab normalen Herzbefund, nur war der Herz- 
muskel etwas blass. In der Litteratur sind auf 2193 Narkosen 
4 Todesfälle während und 3 nach der Narkose beschrieben. Doch 
sprechen nach E. diese 7 Todesfälle nicht gegen kombinirte Narkose. 
Für dieselbe aber sprechen die rasche Anästhesie, die geringe Menge 
der Narkoticaa das Fehlen schwerer Erscheinungen während des 
Einschlafens und während der Narkose, die Leichtigkeit des Auf- 
weckens und der gute Zustand nach der Narkose. 

@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


2) Die letzten 481 Fälle von E. = 


6) G. J. Turner. Über die Anfertigung einiger einfacher 
orthopädischer Apparate. 
(Wratsch 1898. No. 30. [Russisch.]) 

T. empfiehlt dazu eine Mischung von dünnem Tischlerleim und 
Lignin; ersterer muss heiß und die Mischung so dick sein, dass sie 
schwer beweglich wird. Damit werden 4—5 Lagen von Cambric- 
binde auf dem Negativ (aus Gips) bestrichen oder besser eingerieben 
und das Ganze im Trockenschrank oder im Ofen getrocknet. So 
zubereitete Korsetts sehen wie aus Holz gemacht aus, sind porös, 
leicht zu schneiden und kosten für ein 9jähriges Kind etwa 6 Mark 
(davon 2 Mark dem Schuster für Übernähen der Ränder). 

Gilckel (B. Karabulak, Saratow). 


7) Exner. Über die Bedeutung des Harnzuckers für die 
Diagnose der Gallensteinkrankheit. (Aus der chirurgischen 
Universitätsklinik in Heidelberg [Direktor: Geheimrath Prof. 
Dr. Czerny).) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 31.) 

E. gelang es, im Harn Gallensteinkranker theils mit Hilfe der 
Vergärungsprobe, theils mit dem Polarisationsapparat Traubenzucker 
festzustellen. Derselbe fand sich in verschieden großer Menge bis 
zu 0,4% und darüber. Die Zuckermenge nahm nach der Operation 
der Gallensteine ab, so dass sich 3—4 Wochen später im Harn kein 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1097 


Zucker mehr vorfand. Stärkerer oder schwächerer Ikterus hatte 
keinen Einfluss auf die Quantität des ausgeschiedenen Zuckers. 

E. zieht aus seinen bei 40 Gallensteinkranken vorgenommenen 
Untersuchungen den Schluss, dass in zweifelhaften Fällen durch den 
Zuckerbefund die Diagnose etwas sicherer sich stellen lässt; doch 
sind noch weitere Prüfungen nöthig. R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


8) H. Kehr. Wie, wodurch und in welchen Fällen von 
Cholelithiasis wirkt eine Karlsbader Kur, und warum gehen 
die Ansichten des Chirurgen und des Karlsbader Arztes in 
Bezug auf Prognose und Therapie der Gallensteinkrankheit 
so weit aus einander? 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 38.) 

Obwohl der Aufsatz dem Chirurgen nicht gerade Neues bringt, 
so ist er doch in so fern von Interesse, als er die Beantwortung der 
im Titel gestellten Fragen auf Grund der von K. bei einem längeren 
Aufenthalt in Karlsbad gemachten Beobachtungen giebt. Ohne seine 
Ansichten über die Nothwendigkeit und Nützlichkeit der sogenannten 
Frühoperation bei der Cholelithiasis geändert zu haben, zollt Verf. 
doch der Wirkung der warmen Quellen Karlsbads für gewisse Formen 
der Krankheit volle Anerkennung. Er hält erstere, neben sonstiger 
interner Behandlung, für indieirt: 1) bei akutem Choledochusver- 
schluss, so weit er normal verläuft, 2) bei entzündlichen Processen 
in der Gallenblase, mit und ohne Ikterus, wenn sie selten und nicht 
allzu heftig auftreten; 3) bei häufigen Koliken und jedesmaligem 
Abgang von Steinen; 4) bei Gallensteinkranken, welche an Adipo- 
sitas, Gicht, Diabetes leiden, oder bei denen wegen Affektionen des 
Herzens, der Lungen, Nieren, der Leber die Gefahren der Narkose 
in Betracht kommen, und 5) bei bereits wegen Gallensteinen Ope- 
rirten. — In allen anderen Fällen, einschließlich des Gallenstein- 
morphinismus, bleibt die operative Behandlung die beste und muss 
so früh als möglich angewandt werden. Kramer (Glogau). 


9) @. N. de Voogt. De gevolgen van de wegneming der 


galblaas. 
(Nederl. Tijdschr. v. Geneeskunde 1898. No. 7.) 


Über die Folgen der Gallenblasenexstirpation besteht zur Zeit eine 
Meinungsverschiedenheit zwischen Oddi, dem älteren Untersucher 
auf diesem Gebiet, und Nasse. Während der Erstere bei jungen 
Hunden neben Allgemeinerscheinungen (Fresssucht — gallige Diarrhöe 
— Abmagerung) die in dem ersten Monat nach Entfernung der Gallen- 
blase auftreten, regelmäßig 2—3 Monate später eine kompensatorische 
Erweiterung des Cysticusstumpfes fand, konnte Nasse bei seinen 


44+ 


1098 Centralblait für Chirurgie. No. 44. 


Versuchsthieren nie eine Erweiterung der Gallengänge noch eine 
neue Gallenblase beobachten. 

Verf. hat es desshalb unternommen, der Frage aufs Neue eine 
Experimentaluntersuchung zu widmen und kommt nach den Ergeb- 
nissen bei 4 Hunden (ein 5. erlag am 3. Tage einer Bauchphlegmone) 
zu derselben Ansicht wie Oddi. Regelmäßig fand er eine neu- 
entwickelte birnenförmige Gallenblase (2 Abbldgn.\, an deren Boden 
als Zeichen, dass sie aus der Erweiterung des abgebundenen Cysticus- 
stumpfes entstanden sei, die seidenen Ligaturfäden zurückgeblieben 
waren. Diese neue Gallenblase hatte durchaus dieselben Struktur- 
verhältnisse wie die normale: Cylinderepithel, Submucosa und Tunica 
propria mit glatten Muskeln in lougitudinaler und querer Richtung. 
Nur die kleinen Drüsen, die man normal in dieser letzten Schicht 
antrifft, fehlten. Von allen Seiten war dieser ausgedehnte Cysticus- 
stumpf in ganz normales Lebergewebe (ohne erweiterte Gallengänge) 
eingebettet, so dass er förmlich aus einer Mulde von Lebergewebe 
herauspräparirt werden musste. 

Aus diesen Versuchen, deren Ergebnisse auch für den Menschen 
Gültigkeit haben dürften, schließt Verf., dass die Exstirpation der 
Gallenblase einestheils keine bleibenden Nachtheile mit sich bringt, 
anderentheils aber auch kein gerechtfertigter chirurgischer Eingriff 
ist zur Radikaloperation der Cholelithiasis und nur in den Fällen 
angezeigt sein kann, wo es gilt, Geschwülste oder andere tief ein- 
greifende Veränderungen in der Blasenwand zu entfernen. 

6. Th. Walter (s Gravenhage). 


10) S. Talma. Het openen van zijwegen voor het bloed 
der vena porta. 
(Nederl. Tijdschr. v. Geneeskunde 1898. No. 13.) 

In einem Falle von Lebercirrhose, die nach einer akuten, ätio- 
logisch nicht aufgeklärten Erkrankung mit Betheiligung von Leber 
und Niere sich entwickelt hatte, war schließlich eine Vergrößerung 
von Leber und Milz mit Ansammlung von Flüssigkeit im Bauch 
zurückgeblieben. Diese Erscheinungen waren sämmtlich als Folge 
einer Stauung des Blutes in der Vena portae aufzufassen. Das ge- 
tinge spec. Gewicht der Bauchflüssigkeit und der Umstand, dass sie 
zurückgeblieben war, während die akute hämorrhagische Nieren- 
entzündung abgeklungen und die anderweitigen Ödeme verschwunden 
waren, sprachen: für diese Auffassung. Bestätigt wurde diese Dia- 
gnose auch durch die therapeutischen Bestrebungen, welche durch 
Bildung von collateralen Bahnen die Passagebehinderung in der Vena 
portae zu umgehen beabsichtigten. In dieser Richtung hatte T. schon 
die Überzeugung gewonnen, dass durch Anheftung des großen Netzes 
an die Bauchwand ein künstliches Caput medusae zu Stande gebracht 
werden könnte. Auch in diesem Falle wurde, nachdem bei dem 
Pat., einem Jungen von 9 Jahren, schon 5mal die Paracentesis 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1099 


nothwendig geworden war, auf Anregung des Verf. von Prof. 
v. Eiselsberg am Unterrand des rechten Leberlappens ein Bauch- 
schnitt gemacht und das große Netz wie die Gallenblase in die 
Bauchwunde eingenäht. Bei der Laparotomie hatte es sich gezeigt, 
dass die Leberoberfläche feinkörnig und ihre Serosa weißfarbig war, 
während die Gallenblase überflüssig normale Galle enthielt. 

Das Resultat der Operation war, in so fern als die Flüssigkeits- 
ansammlung in der Bauchhöhle seitdem ausblieb, vollkommen be- 
friedigend. Inzwischen blieb aber die Leber vergrößert und hart, 
und nahm die Milz noch an Umfang zu, so sehr, dass sie 2 Monate 
nach dem Eingriff beinahe das Ligamentum Pouparti erreichte. Auch 
diese Milzvergrößerung wurde von T. als Folge einer Stauung ge- 
deutet, wesshalb auch hier dasselbe Princip in Anwendung kam. 
Prof. Narath nähte das Organ in eine Tasche zwischen Muskeln 
und Haut ein, mit dem Erfolg, dass 6 Wochen später der Pat. ge- 
heilt entlassen werden konnte mit schon verkleinerter Milz. Als er 
2 Jahre später sich zur Nachuntersuchung meldete, da war sein 
Zustand durchaus zufriedenstellend. Es war kein Ascites vorhanden, 
die Milz hatte sich verkleinert, die Leber funktionirte gut, collaterale 
Hautvenen stark entwickelt. 

Mit diesem Falle scheint dem Verf. die Berechtigung der Ope- 
ration zur Aufhebung des Cirkulationswiderstandes bewiesen. Die 
Schwierigkeit liegt allein in der Diagnose! Besonders vor Verwechs- 
lung mit einer serösen Peritonitis, die sekundär von einer Leber- 
affektion begleitet sein kann, hat man sich zu hüten. Einige diffe- 
rentialdiagnostische Kriterien werden dazu gegeben. 

Zum Gelingen des Eingriffs ist daneben noch eine ungestörte 
Funktion der Leberzellen conditio sine qua non. 

Die Operation hat auch ihre Schattenseite. Nachtheile, wie sie 
eine jede Adhäsion im Bauch mit sich bringt: Hervorrufung von 
nervösen Erscheinungen und innerer Einklemmung, bleiben möglich. 
Weniger groß ist die Gefahr, dass eine zu große Quantität des 
portalen Blutes mit Umgehung der Leber direkt in die kleine Cir- 
kulation eintritt. 

Trotzdem kann unter obengenannten Umständen der Eingriff 
als vollkommen gerechtfertigt gelten. &. Th. Walter (s Gravenhage). 


11) v. Hacker. Zur operativen Behandlung der Hypospadia 
glandis. . 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

In einem Falle von Eichelhypospadie hat v. H. folgendes neue 
Verfahren eingeschlagen: »Freipräparirung der unterhalb des Sulcus 
coronarius mündenden Harnröhre sammt ihrem Corpus cavernosum 
auf ein entsprechendes Stück`centralwärts, Bildung eines Wundkanals 
in der nicht perforirten Eichel, durch welchen die der Länge nach 
etwas ausgezogene Harnröhre vorgezogen und mit ihrem Ende bis 


1100 Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 


an die Spitze der Eichel vorgenäht wurde, Das Endresultat war 
ein glänzendes: Der Penis zeigte normale Form, und die Urinent- 
leerung erfolgte in vollem Strahl durch die normale Mündungsstelle 
an der Eichelspitze. Die Vortheile dieser, auf der leichten Verzieh- 
barkeit der mobilisirten Harnröhre basirenden Methode, sieht Verf. 
in einer Vereinfachung und Abkürzung der Operation selbst wie der 
Nachbehandlung, in einer größeren Sicherheit der Heilung und end- 
lich darin, dass die Harnröhre rings von ihrem Corpus cavernosum 
umgeben bleibt. Honsell (Tübingen). 


12) W.J. v. Stockum. De behandeling der Prostatahyper- 
trophie. 
(Geneeskundige Bladen 1898. No.4 u. 5.) 

Eine Übersicht der gegen die Prostatahypertrophie vorgenomme- 
nen therapeutischen Bestrebungen giebt Verf. als Einleitung zur 
Empfehlung der Bottini’schen Operation, dem Hauptzweck der ganzen 
Arbeit. Seine Ansicht in dieser wenigstens noch sehr diskutabeln 
Frage geht dahin, dass er von den 3 nach ihm überhaupt zulässigen 
Operationen: der Bottini’schen Methode, der doppelseitigen Vasektomie 
und der Prostato:omie nach Harrison, der ersten den Vorzug giebt 
als der besten Radikalmethode unter Umständen, wo sonst prophy- 
laktisch oder wegen vollkommener Retention katheterisirt werden 
muss. Auch in den Fällen, wo neben absoluter Harnverhaltung die 
Unmöglichkeit, ein Instrument einzuführen, besteht, giebt er der 
Galvanokaustik nach Bottini längs einer künstlichen perincalen 
Öffnung den Vorzug gegenüber der Vasektemie mit gleichzeitiger 
kapillärer Drainage der Blase. Die Prostatotomie nach Harrison 
dagegen kommt erst in Betracht, wenn die vorher genannten Methoden 
versagt haben, und die systematische Katheterisation mit sorgfältiger 
Behandlung der Blase nicht genügt, um einen erträglichen Zustand 
zu schaffen. 

Die entstellende Kastration ist durch die Vasektomie ziemlich 
überflüssig geworden. In der Litteratur ist nur ein. Fall (Helferich) 
bekannt, wo die Kastration geholfen hat, nachdem die Vasektomie 
nutzlos geblieben war. 

Die Sectio alta will Verf. nur für die sehr seltenen Fälle reser- 
virt wissen,.wo ein stark entwickelter Mittellappen als Ventil wirkt 
und dieser durch einen Dammschnitt nicht zu beseitigen ist. 

Verf. schlägt die Bottini’sche Operation hoch an und räumt 
ihr eine große Zukunft ein. Er stützt sich auf seine leider geringe 
Erfahrung, bei 3 von ihm nach dieser Methode behandelten Fällen, 
wovon 2 mit und 1 ohne Erfolg. In dem letzteren Falle blieb auch 
die später ausgeführte Vasektomie gänzlich erfolglos. — Immer wurde 
nur eine Incision median nach hinten gemacht, die cystoskopisch 
deutlich nachweisbar war. Dagegen hat eine Verkleinerung der 
Drüse nach der Operation nicht festgestellt werden können 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1101 


Wie die Operation wirkt, ist bisher nicht deutlich, wahrschein- 
lich aber nicht, wie die Kastration und Vasektomie, durch Verkleine- 
rung der Drüse. Verf. nimmt 2 Möglichkeiten an: die Bildung 
eines Schlitzes oder die Verringerung der Rigidität des Blasenhalses, 
wodurch der M. dilatator wieder funktioniren kann. — Eine Exkursion 
auf dem Gebiet der Physiologie der Blasenfunktionen veranlasst 
Verf. zu einer Kritik der Guyon’schen Lehre, die er, wie es 
Freudenberg schon auf dem Chirurgenkongress 1897 gethan hat 
(Ref.), in Anbetracht der in den letzten Jahren errungenen therapeu- 
tischen Erfolge verwirft. Die vom Verf. an ihre Stelle gesetzte An- 
sicht ist aber gewiss auch nicht unanfechtbar. 

6. Th. Walter Ce Gravenhage). 


13) Freudenberg (Berlin). Einige Bemerkungen zur galvano- 


kaustischen Radikalbehandlung der Prostatahypertrophie nach 
Bottini. 
(New Yorker med. Monatsschrift 1898. Juli.) 

Seitdem F. mit seinem modificirten Incisor arbeitet, der durch 
Auskochen sterilisirt wird, hat er niemals einen Katarrh eintreten sehen. 
Überhaupt empfiehlt er strengste Asepsis. Er hat bisher 34 Opera- 
tionen an 29 Kranken ausgeführt, stets unter lokaler Anästhesie mit 
Cocain oder Eukain, nachdem er jedes Mal die Cystoskopie voraus- 
geschickt hat. Durch diese ist er auch in der Lage, die Schnitt- 
richtung zu bestimmen, indem er in den Richtungen schneidet, in 
welchen er Wulstungen der Prostata sieht. Nur ausnahmsweise 
macht er jetzt noch Schnitte nach der Symphyse zu, da diese be- 
sonders zu Blutungen neigen. Er empfiehlt, das Instrument mit 
dem in den Mastdarm eingeführten Finger zu kontrolliren und damit 
gleich die Länge der Schnitte zu bestimmen. Dieselben sollen ferner 
langsam ausgeführt werden, jeder etwa in 1 bis 11/, Minute F. 
operirt nur noch bei voller Blase, nachdem es ihm einmal passirt ist, 
die Blase zu verletzen, welche sich in eine Querfalte zwischen In- 
eisor und Prostata geschoben hatte. Nur wenn ein häufigeres Ein- 
führen des Katheters in der ersten Zeit nach der Operation noth- 
wendig wird, legt er einen Verweilkatheter ein. Die Indikation zum 
Eingriff ist gegeben, wenn man ohne Operation gezwungen wäre, 
dem Pat. dauernd einen Katheter in die Hand zu geben. Gegen- 
indikation besteht nur bei ernster Erkrankung der Niere, Pyelo- 
nephritis oder Pyonephrose; doch hat F. auch hierbei einmal eine 
glänzende Besserung des Allgemeinbefindens konstatiren können. 
Der von W. Meyer! mitgetheilte Todesfall nach Bottini’s Ope- 
ration betraf einen Mann mit Pyelonephritis. 

Tschmarke "Magdeburg, 


1 Ref. Centralblatt für Chirurgie 1898. No. 27. 


1102 Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 


14) W. J. Rasumowsky. Ein neues Verfahren der Blasen- 
naht nach Sectio alta. 
(v. Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft.2. Mit 2 Figuren.) 

Verf. hält auf Grund seiner früheren Veröffentlichungen und 
neuer Beobachtungen seine Methode der Blasennaht nach Sectio alta, 
bestehend in einer Vernähung der Blase in 2 Etagen und Annähung 
der Blase an die vordere Bauchwand (Cysto- 
pexie), für die beste der gegenwärtig bekannten 
Behandlungsmethoden der Blasenwunde Sie 
ermöglicht an sich eine Nachbehandlung nach 
der Operation ohne Anwendung des Verweil- 
katheters und stört, was vielleicht befürchtet 
werden könnte, die Funktion der Harnblase 
in keiner Weise. R. suchte nun aber eine weitere 
Verbesserung durch eine Methode, welche gleich- 
zeitig die Blasennaht und Cystopexie durch die- 
selben Nähtebewerkstelligen ließe, und bei welcher 
sämmtliche Fäden entfernt werden könnten. 
Wie er dies durch Silberdrahtnähte erreicht, 
welche auf der einen Seite durch die Blasenwand, auf der anderen 
durch die Bauchdecken hindurchgelegt werden, ist als zu ausführ- 


Bruchsackhals Apongur. obl. ext. 


Mm. obl. internus et 
transversus 


Funiculus 


Lig. Pouparit 


Aponeurosis obl. ext. 


lich für ein Referat im Original nachzulesen, wo die Methode durch 
die beigegebenen Figuren leicht verständlich wird. Die Technik ist 
ziemlich schwer und die Anwendung des Verfahrens nach des Verf. 
eigener Ansicht nicht in allen Fällen möglich. Zum Schluss sind 
die Fälle beschrieben, bei denen die neue Methode des Verf. an- 
gewendet wurde. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1103 


Eine gleiche Naht — s. Abbildung — empfiehlt R. auch zur 
Radikalbehandlung des Leistenbruches (Ann. d. russ. Chirurgie 1848 
Hft. 5 [Russisch)). E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


15) O. Wundel. Über die Exstirpation und Resektion der 
Harnblase bei Krebs. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

W. stellt 10 Fälle von Exstirpation und 57 Fälle (darunter 2 
neue) von Resektion der Harnblase wegen bösartiger Geschwülste 
zusammen und erörtert an Hand derselben ausführlich die Technik 
und die Enderfolge der Operationen. Von den mit Blasenexstirpation 
behandelten Pat. starben nicht weniger als 60% im Anschluss an 
den Eingriff, und nur einer kann als dauernd geheilt betrachtet 
werden; bei den resecirten Fällen betrug die Sterblichkeit nur 24,5%; 
2mal erfolgte später der Tod wegen Metastasen, 14mal wegen Re- 
cidivs, bei 21 Operirten trat, so lange sie in Beobachtung waren, 
kein Recidiv ein. Die Ursache dieser immerhin nicht sehr günstigen 
Resultate sieht Verf. darin, dass die Operation noch relativ neu ist, und 
viele aussichtslose Fälle operirt worden sind; bessere Erfolge dürften bei 
frühzeitiger vorgenommenem radikalem Eingriff und engerer Begrenzung 
der Indikationsstellung erzielt werden. Honsell (Tübingen). 


16) Marckwald. Die multiple Cystenbildung in den Ureteren 
und der Harnblase, sogenannte Ureteritis cystica. (Aus dem 
Laboratorium des städtischen Krankenhauses in Barmen.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 33.) 

Der Arbeit liegen die Ergebnisse der Untersuchung der Harn- 
leiter von ca. 700 Leichen zu Grunde, von denen M. viele Tausende 
von Harnleiterquerschnitten durchmustert hat. Er fasst das Resultat 
seiner Beobachtungen in folgenden Sätzen zusammen: 

1) Die im Ureter vorkommenden Cysten entwickeln sich zum 
weitaus größten Theil aus den sogenannten v. Bumm’schen Epithel- 
nestern durch Zelldegeneration; sie sind also Zerfallscysten. 

2) Die »Nester« und Cysten finden sich angeboren, entstehen zum 
größten Theil im extra-uterinen Leben; ihre Zahl im einzelnen Falle 
ist in weiten Grenzen dem Alter ihrer Träger proportional. 

3) Pathologische Dignität erlangen die Cysten durch excessives 
Auftreten. 

4) Entzündliche Veränderung und Infektion spielen weder bei 
der Entstehung noch bei der Entwicklung der Cysten eine Rolle. 

Kramer (Glogau). 


17) F. Blumenfeld. Ureterenverletzungen bei Laparotomien. 
(Aus der Universitäts-Frauenklinik zu München.) 
{Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 31 u. 32.) 

Nach Erwähnung des in der Litteratur auffindbaren kasuisti- 
schen Materials theilt B. 2 Fälle von Harnleiterverletzung durch 


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Unterbindung bei der Exstirpation ausgedehnt verwachsener Eier- 
stockscysten mit, in denen beiden der Tod durch Peritoitins, bezw. 
bei dem letzten auch durch Pyelonephritis suppurativa erfolgte, und 
bespricht im Anschluss hieran die Lage der Eierstocksgeschwülste 
und Myome. Die Verletzung der Harnleiter ereignet sich während 
der Auslösung dieser Geschwülste besonders bei intraligamentärer 
Entwicklung derselben, wodurch eine Dislokation des Harnleiters auf 
verschiedene Weise vor sich gehen kann. Erstlich kann er durch 
Verlagerung der Blase, bezw. des Uterus und der Blase nach der 
dem Tumor nicht entsprechenden. Seite des Beckens verschoben wer- 
den, so dass er an eine Stelle zu liegen kommt, wo seine Gegen- 
wart nicht vermuthet wird. Ein anderer Modus der Verlagerung 
entsteht dadurch, dass der Uterus und mit ihm die Blase mit der 
Geschwulst verwachsen ist und diese Organe nach der Geschwulst- 
seite hin gezerrt werden; dadurch wird der der letzteren nicht ent- 
sprechende Harnleiter nach der Mitte hin verschoben, gefährdet. 
Drittens kann eine Verlagerung eines Harnleiters dadurch zu Stande 
kommen, dass die Geschwulst selbst mit ihm verwächst, ihn um- 
wuchert und bei ihrem Wachsthum mit sich, meist nach oben und 
vorn, zerrtt. Welcher Art die Verschiebungen der Harnleiter aber 
auch immer sein mögen, es giebt Fälle, in denen man zweifelhaft 
ist, mit was für einem Gebilde man es überhaupt zu thun hat. — 
Die meisten Ilarnleiterverletzungen passiren bei Unterbindung der 
A. uterina bezw. ihrer Äste und der von ihnen versorgten Ver- 
wachsungen, ferner bei Umstechung des den Harnleiter umgebenden 
Venengeflechts. — Es erhellt aus Vorstehendem, dass eine Harnleiter- 
verletzung auch bei größter Vorsicht manchmal nicht vermeidbar ist, 
weil die disponirenden Momente in einem Theil der Fälle in den 
anatomischen Verhältnissen gelegen sind. Kramer (Glogau). 


18) Becher und Lennhoff. Körperform und Lage der Nieren. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 32.) 

Die Untersuchungen wurden an 24 Samoanerinnen vorgenommen 
und haben, abgeschen von sonstigen interessanten Resultaten, folgendes 
für die Chirurgen wichtige Ergebnis gehabt. 

1) Das Vorkommen palpabler respiratorisch verschieblicher Nieren 
an sich ist vom Schnüren unabhängig. 

2) Ob unter physiologischen Verhältnissen eine Niere der Pal- 
pation zugänglich ist oder nicht, ist von der Körperform des Indi- 


viduums, in ihrer Gesammtheit betrachtet, abhüngig. 
RB. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


19) Ratynski. De la nephrectomie lombaire par morcellement. 
(Presse méd. 1897. No. 79.) 

Verf. besprieht die von 'Tuffier empfohlene und ausgeführte 

Operation und ihre Indikationsstellung: starke Vergrößerung der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1105 


Niere, Adhäsionen und skleröse Umbildung des Nierenparenchyms. 
Die Operation wird an der Hand von 6 sehr übersichtlichen Ab- 
bildungen klar beschrieben. Ein Bild zeigt eine wieder zusammen- 
gesetzte Cystenniere, welche 18 einzelne Stücke aufweist, die vom 
Verf. durch Morcellement gewonnen wurden. 

Tschmarke (Magdeburg). 


20) S. Rolando (Genua). Experimentelle Untersuchungen 
über die Wirkungen der Exstirpation der Scheidenhaut auf 
den Hoden. 

(Sep.-Abdr. aus den Atti del III. Congresso Medico Regionale Ligure 1898.) 

Verf. experimentirte an 10 Hunden derart, dass er zuerst die 
Tunica vaginalis exstirpirte uud nach verschieden langen Zwischen- 
räumen den betreffenden Hoden zum Zweck der Untersuchung ent- 
fernte. Es ergab sich dabei folgendes Resultat: der der Scheidenhaut 
beraubte Hoden ist kleiner und leichter als der normale; die Albu- 
ginea ist verdickt, das interstitielle Bindegewebe des Hodens zeigt eine 
kleinzellige Infiltration. Die Hodenepithelien selbst zeigen keinerlei 
Andeutung von Spermatogenese; sie sind zum Theil atrophisch. Die 
Lichtung des Kanälchens ist mit einer coagulirten Substanz oder mit 
Zellen angefüllt oder auch zum großen Theil leer; nirgends wurden 
Spermatozoen gefunden. In den später (2—3 Monate nach der 
Scheidenhautwegnahme) untersuchten Fällen traten die Erscheinungen 
der Spermabildung wieder auf, aber in unvollständiger Weise. 

Verf. zieht aus diesen Ergebnissen den Schluss, dass man die 
Scheidenhaut nur bei tiefergehenden Veränderungen derselben ex- 
stirpiren soll. H. Bartsch (Heidelberg). 


21) E. Doyen. Technique chirurgicale. Technique chirur- 


gicale générale. Opérations gynécologiques. 
Paris, Masson & Cie., 1897. 

Der hervorragende französische Chirurg liefert uns hier ein Werk 
voller Originalität, lebendig und klar geschrieben, mit zahlreichen 
trefflich gelungenen Abbildungen versehen, ein didaktisches Meister- 
stück. 

In der Einleitung bespricht D. die Aufgaben, Pflichten und 
Rechte des Chirurgen und betont die Nothwendigkeit schnell und 
sicher zu operiren. »Die Chirurgie ist eine Kunst und soll eine 
Kunst bleiben.e Die Geschicklichkeit der alten Chirurgen kann 
nicht durch die Antisepsis ersetzt werden, sondern soll nur ihre Er- 
gänzung finden in derselben zur Verbesserung der Erfolge. 

Der vorliegende Band handelt von der allgemeinen chirurgischen 
Technik und den gynäkologischen Operationen. 

Alles, von den Räumlichkeiten einer Klinik an bis zu den In- 
strumentarium und den diagnostischen Hilfsmitteln (Röntgen-Appa- 
rat etc.), wird ausführlich geschildert und abgebildet. Die Illustra- 


1106 Gentralblatt für Chirurgie. No. 44. 


tionen der Instrumente bieten zugleich vom historischen Standpunkt 
Interesse, in so fern sie die früheren Zeiten bis zurück zu Hippo- 
krates nicht unberücksichtigt lassen. 

Die gynäkologischen Operationen werden auf das genaueste be- 
schrieben, ohne dass die Darstellung ermüdend wirkt, da fast jeder 
Akt einer Operation illustrirt ist. Die Indikationen sind knapp und 
präcis. Jeder Abschnitt giebt Zeugnis von der großen Erfahrung Da 
Die Methoden weichen im Großen und Ganzen nicht allzu sehr von 
den in neuerer Zeit auch in Deutschland anerkannten und geübten 
ab, doch ist Verf. bekanntlich auf manchen Gebieten schöpferisch 
vorgegangen, und schon desshalb ist sein Werk für jeden Chirurgen 
und Gynäkologen von hohem Werth. 

Zu bedauern ist, dass nichts über die Erfolge berichtet wird. 
Bei den plastischen Operationen an Scheide und Uterus z. B. wäre 
dies von Wichtigkeit, wenn anders gewisse Methoden Dia bei uns 
Nachahmung finden sollen. Bei Retroflexionen des Uterus führt Verf. 
ein »Redressement vaginal de l’uterus« aus, d. h., er legt nach Ab- 
lösung der Blase vom Cervix und Eröffnung der Plica vesico-uterina 
frontale Nähte durch die vordere Uteruswand, welche einen ober- 
halb der Plica gelegenen Punkt mit einem solchen oberhalb des 
Scheidenansatzes verbinden und nach Schnürung eine Anteflexio be- 
dingen sollen. 

Dasselbe geschieht an der hinteren Uterusfläche, wenn eine 
Anteflexio bestand. Nicht leicht wird Verf. bei den Gynäkologen 
darin Beifall finden, zumal bei »Anteflexio uteri« eine solche Ope- 
ration klinisch kaum indicirt sein dürfte. 

Vielfach verbindet D. die verschiedenen plastischen Methoden mit 
einander in einer Sitzung, wie dies übrigens auch bei uns jetzt 
wohl allgemein üblich ist. 

Bezüglich der Kolpotomie im Gegensatz zur Laparotomie bei 
uterinen und periuterinen Leiden zieht D. im Allgemeinen den vagi- 
nalen Weg vor, so fern das Volumen der Geschwulst und die Aus- 
dehnung der Verwachsungen nicht zu groß erscheint. In zweifel- 
haften Fällen hat die Erfahrung des Operateurs bezüglich der Wahl 
des Operationsweges den Ausschlag zu geben. Bei vaginalem. Vor- 
gehen ist die Kolpotomia posterior nach I). das bessere Verfahren, die 
Methode der Zukunft. Führt sie nicht zum Ziel, so ist sie doch als 
Explorativincision von Werth und kann sofort durch die Laparoto- 
mie ergänzt werden. Zuweilen, besonders bei vollständiger eitriger 
Zerstörung der inneren Genitalien, schließt sich an die Explorativ- 
incision des Douglas sofort die vaginale Totalexstirpation an. Doch 
zieht Verf. in schweren Fällen die einfache Entleerung der Eiterherde 
vor und hat danach oft Heilung gesehen. 

Die vaginale Exstirpation der Genitalien führt D., abgesehen 
von der eben besprochenen Indikation und beim Careinom und Fibro- 
myom des Uterus, auch bei Prolaps der Genitalien und bei »schweren 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1107 


uterinen Neuralgien« aus, nach unseren klinischen Begriffen wiederum 
eine stark diskutable Indikationsstellung. 

Sehr interessant ist die Darstellung der vaginalen und abdomi- 
nalen Uterusexstirpation. Erstere beruht bei D. bekanntlich auf der 
Anwendung von Klemmen, auf den Verzicht einer jeden präventiven 
Blutstillung und auf der medianen Durchschneidung des Uterus. Bei 
der abdominalen Exstirpation wendet Verf. gleichfalls keine präven- 
tiven Ligaturen an, sondern löst den Uterus zunächst von dem 
Scheidengewölbe und der Blase ab und durchtrennt dann erst die 
Ligamente, um zum Schluss die Blutstillung zu besorgen. 

Von großem Interesse endlich ist für Jeden, der diese Methode 
nie gesehen, die Darstellung des Morcellements von submukösen 
Uterusmyomen und der Verkleinerung größerer myomatöser Uteri 
bei der vaginalen Exstirpation. 

Ref. hat nur einige ihm wichtig erscheinende Punkte aus der 
Fülle des großen Materials herausgehoben, im Übrigen aber empfiehlt 
er jedem Operateur die genaue Lektüre des ausführlichen, nament- 


lich in technischer Beziehung hoch bedeutsamen Werkes. 
Pfannenstiel (Breslau). 


22) H. Hartmann. La colpotomie postérieure dans le trai- 
tement des annexites suppurces. 
(Ann. de gynécol. 1898. August.) 

H. hat in 23 Fällen von Beckeneiterungen, wo es sich, wie 
bei eitriger Salpingitis, um einen präformirten Sack handelt, die 
hintere Kolpotomie gemacht. Der unmittelbare Erfolg war in allen 
Fällen günstig. 2mal musste die Incision wiederholt, 2mal später 
die Kastration ausgeführt werden. Der schließliche Ausgang war 
in allen Fällen Genesung. 

H. hält die Kolpotomie bei Beckeneiterungen für indieirt: 

1) wenn der Eitersack das Scheidengewölbe vorwölbt, 

2) wenn der Sack in direkter Berührung mit der Scheide sich 
befindet, 

3) in allen sonstigen Fällen, wenn der Sack ein frisches Leiden 
darstellt oder eine akute Verschlimmerung einer alten Affektion ist. 

Man muss allerdings darauf gefasst sein, dass die Operation 
wiederholt werden muss, oder dass später eine Radikaloperation noch 
nöthig sein wird. Bei der Ungefährlichkeit und leichten Ausführ- 
barkeit der Operation empfiehlt es sich trotzdem, sie nach den oben 
erwähnten Indikationen zu versuchen, weil man in der Majorität 
der Fälle damit zum Ziele kommen wird. Jaffe (Hamburg). 


23) C. Monod. Sur le traitement des salpingites suppurees 
par l’incision vaginale. 
(Ann. de gynecol. 1898. Juni.) 
Die Behandlung der Beckeneiterungen durch die vaginale In- 
cision ist in letzter Zeit wieder mehr in Aufnahme gekommen. M. 


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weist darauf hin, dass es sich bei diesen Eiterungen sehr häufig um 
2 verschiedene Eiterherde handelt, einen im Peritonealsack selbst, 
eine Art abgesackte Pelviperitonitis, die M. als »Perisalpingitis« be- 
zeichnet, und einen in den Adnexen (Tuben oder Ovarien), der als 
primärer Herd aufzufassen ist. Hierauf ist bei der Operation Rück- 
sicht zu nehmen, wenn man eine definitive Heilung erzielen will 
M. hat 25 derartige Fälle operirt, deren Krankengeschichten er 
wiedergibt. Er trennt seine Fälle in 2 Gruppen. Die erste Gruppe 
umfasst 4 Fälle eitriger Ovariosalpingitis mit seröser Perisalpingitis. 
17mal handelte es sich um einseitige Erkrankung mit 16 Heilungen 
und 1 Todesfall, 4mal um doppelseitige Erkrankung mit 2 Heilungen 
und 2 Todesfällen. M. schließt aus seinen Erfahrungen, dass die 
vaginale Incision hauptsächlich bei einseitigen Beckeneiterungen in- 
dieirt ist. Die erste Incision trifft nur den Inhalt des Peritonealsacks, 
der entleert wird. Hiermit ist aber die Operation nicht beendet; 
man hat vielmehr dann noch nach dem tiefer gelegenen primären 
Eiterherd zu suchen. 

Bei doppelseitiger Affektion ist die vaginale Incision in der 
Regel nicht ausreichend. Immerhin kann sie zuerst als Voroperation 
versucht werden, der sich erforderlichenfalls später die Exstirpation 
der Gebärmutter und der Adnexe auf vaginalem oder abdominalem 
Weg anzuschließen hat. Jaffé (Hamburg). 


Kleinere Mittheilungen. 


24) W. Bittner. Über Arrosionsblutungen aus großen Gefäßstämmen. 
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 32 fl.) 

3 Fälle tödlicher Arrosions- und Nachblutungen aus dem Bayer’schen Kinder- 
spital in Prag geben B. Veranlassung, diese heute recht selten beobachtete Kom- 
plikation näher zu besprechen. Bekanntlich sind es vor Allem die septischen und 
tuberkulösen Processe, welche durch Degenerationsvorgänge in den großen Ge- 
fen zu Nachblutungen disponiren. Als direkte Veranlassung zur Blutung muss 
dann noch ein anscheinend geringfügiges Moment hinzukommen, wie Steigerung 
(Husten, Niesen u. dgl.) oder Herabsetzung des Blutdrucks (Eröffnung eines Ab- 
scesses), ferner mechanische Einwirkungen, wie der Druck eines Drainrohrs, Se- 
questers oder einer Kanüle; letztere bewirkt z. B. die gefürchteten Arrosions- 
blutungen nach Tracheotomien. 

Die von B. beobachteten Fälle sind kurz folgende: 

1) Ajähriger Knabe mit tuberkulöser Brustwirbelcaries und Ileopsoasabscess. 
Letzterer wurde eröffnet und drainirt. Nach 14 Tagen heftige arterielle Blutung 
aus der Wunde, die sich noch 2mal wiederholte und den Tod herbeiführte. Bei 
der Sektion fand sich die Art. intercostalis infima dextra 2 cm nach außen von 
ihrem Ursprung durch Arrosion weit eröffnet. 

B. gesteht zu, dass es besser sei, diese Abscesse nicht breit zu eröffnen, son- 
dern die spontane Perforation abzuwarten. 

Der 2. Fall betraf ein 15 Wochen altes Kind mit einem Retropharyngeal- 
abscess. Da die Spaltung vom Mund aus nicht gelang, wurde der Abscess vom 
Hals aus eröffnet und drainirt. Am nächsten Tage Tod durch Verblutung aus der 
Wunde. Es fand sich an der Innenwand der Carotis communis, entsprechend der 
Berührungsfläche mit dem Drainrohr, eine linsengroße Perforationsöffnung. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1109 


B. zieht aus dieser Erfahrung den Schluss, dass es besser sei, falls man ge- 
nöthigt ist, einen Retropharyngealabscess von außen anzugehen, das Eh 
fortsulassen und dafür einen Jodoformdocht oder dgl. einzuführen. 

Im 3. Falle hatte ein 11jähriger. Knabe Caries der obersten Hals- und untersten 
Brustwirbel. Letztere hatte zu einem Senkungsabscess im Ileopsoas, erstere zu 
einem Abscess im Nacken und Rachen geführt. Pat. wurde nur mit Extension 
behandelt und erholte sich gut. Plötzlich erfolgte eine starke Blutung aus dem 
Mund, die einem Durchbruch des Retropharyngealabscesses entstammte, sich noch 
2mal wiederholte und den Pat. dahinrafite. Die Sektion ergab, dass die rechte 
Arteria vertebralis direkt in eine käsige Abscesshöhle mündete und in deren Gra- 
nulationen vollständig aufgegangen war. 

Wenn B. am Schluss seiner Arbeit räth, tuberkulöse Senkungsabscesse nicht 
breit zu spalten, sondern nur zu punktiren und mit Jodoformglycerin anzufüllen, 
bezw. erst die spontane Perforation abzuwarten, so spricht er damit nur die seit 
vielen Jahren bei uns herrschende Anschauung aus. Wer nach diesen Grund- 
sätzen verfährt, wird Arrosionsblutungen, wie im ersten der aufgeführten Fälle, 
nicht so leicht mehr zu Gesicht bekommen. ` Jaff6 (Hamburg). 


25) Schultze. A report of twenty-seven cases of pneumonia follow- 
ing the inhalation of ether and chloroform. 
(Med. and surg. reports of the Presbyterian Hospital in the city of New York 
1898. Januar.) 

In den letzten 10 Jahren sind im Presbyterian Hospital 5724 Kranke narko- 
tisirt worden, wovon 4914 mit Äther, 689 mit Chloroform, 116 mit Chloroform- 
Athermischung; von diesen haben 27 = 0,47% eine Lungenentzündung bekommen, 
und zwar war bei 20 keine Operation an Zunge, Luftröhre bezw. Brust gemacht 
worden, während dies bei 7 der Fall war, so dass eine »Schluckpneumonie« vor- 
liegen konnte. Die Lungenentzündung trat ein nach Anwendung von Äther 17mal 
mit 9 oder fast 53% Todesfällen, von Chloroform 8mal mit 87,5% Todesfällen, 
endlich von Chloroform und Äther 2mal mit 2 = 100% Todesfällen. Es ergiebt 
dies für Äther 0,35% Erkrankungs- und 0,19% Todesfälle, für Chloroform 1,17% 
Erkrankungs- und 1,02% Todesfälle; für die Mischung endlich 1 ‚1% Erkrankungs- 
und 1,71% Todesfälle; doch dürfte die kleinere Anzahl der Narkosen mit letzteren 
beiden die Verhältnisse zu ihren Ungunsten verrücken. 

Leider konnte nicht stets die Obduktion gemacht, und nur in einigen Fällen 
festgestellt werden, dass die Entwicklung der Pneumonie nicht etwa durch em- 
bolische Vorgänge von der Wunde aus bewirkt sein konnte. Es fehlt somit häufig 
ein anatomischer Anhalt für die Entstehung der Lungenentzündung als Folge der 
Narkose, während klinisch in den meisten Fällen Grund zur Annahme dieser Ätio- 
logie vorzuliegen schien. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


26) Wilmans. Tuberkulöse Lymphome der Mesenterialdrüsen mit 
Milzmetastasen nach einem Trauma. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 8.) 

Am 8. Mai 1898 kam ein 62jähriger Krahnführer T. zum Verf. in Behandlung. 
Pat. giebt an, in 3 Wochen 20 Pfund abgenommen zu haben, er leide an Schwäche, 
Kopfschmerz, Schwindel und Durchfällen. Es finden sich sehr große, palpable 
Milz, Temperatur 39°, aufgetriebener Leib, dikroter Puls von 80 Frequenz, und 
Roseolen. Bei gleichbleibendem Krankheitsbild am 1. Juni 1898 Tod. Der Fall 
wurde von 3 Arzten zweifellos als Typhus abdominalis angesprochen und dem 
entsprechend behandelt. Ein von dem Verstorbenen öfters erwähnter Unfall in 
Gestalt eines derben Schlages gegen den Unterleib am Anfang April wird bei dem 
scheinbar zweifellosen Typhusbild nicht beachtet. Die Sektion ergab nun aber 
keine Spur von Typhus, sondern tuberkulöse Lymphome der Gekrösdrüsen mit 
Metastasen in der 3fach vergrößerten Milz. Sonst war nichts Pathologisches auf- 
zufinden. Nunmehr angestellte genaue Erhebungen ergeben das Finsetzen der 


1110 Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 


krankhaften Erscheinungen vom Tage der Verletzung an. Auch sitzen die Lym- 
phome genau an der Stelle, wo der heftige Schlag des Krahnhebels getroffen hatte. 
Verf. nimmt an, dass die Tuberkelbacillen vom Darm aus in das Lymphsystem 
eingewandert seien. Die Berufsgenossenschaft bewilligte anstandslos die Hinter- 
bliebenenrente. Erwähnt sei noch, dass die am 10. Beobachtungstag angestellte 
Widal’sche Reaktion negativ ausgefallen ist. Teubner (Hannover). 


27) Palleroni. Sopra un caso di resezione di fegato per estirpazione 
totale di cisti da echinococco. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 94.) 

Die 55 Jahre alte Kranke empfand seit 13 Jahren Schmerzen in der rechten 
Seite. Seit einem Jahre war dort eine auf Druck schmerzhafte Geschwulst fühlbar. 
Dieselbe war rund, hühnereigroß, von glatter Oberfläche und gab dumpfen Schall 
bei der Perkussion. Bei lumbo-abdominaler Palpation erhielt man das Gefühl des 
Ballottements nur undeutlich. Nach unten war die Geschwulst wenig beweglich, 
sie war aber mit der Athmung verschieblich. Vor 25 Jahren hatte einmal 8 Tage 
lang ohne weitere Beschwerden Ikterus bestanden. Die Diagnose schwankte zwi- 
schen einer Wanderniere und einer Lebergeschwulst. Nach Eröffnung der Bauch- 
höhle wurde eine zu Zi in der Leber verborgene Gesohwulst gefunden. Verwach- 
sungen mit der Gallenblase wurden gelöst, alsdann wurde die Geschwulst aus der 
Leber ausgeschält unter Stillung der Blutung mittels Pincetten und Tamponade. 
17 Seidennähte schließen die Leberwunde. Nach 2Utägiger fieberloser Heilung 
verließ die Kranke das Bett. Die Geschwulst erwies sich als eine Echinokokken- 
cyste. Die Weichheit des Leberparenchyms und die Dünne der Glisson’schen 
Kapsel erschweren die Lebernaht, machen sie aber nicht unmöglich. Sehr er- 
leichtert wurde der Eingriff durch provisorische, durch die Leber gelegte Nähte, 
mit welchen dieselbe von einem Assistenten in die Höhe gezogen wurde. Nach 
der Operation wurden sie entfernt. Dreyer (Köln). 


28) M. H. Richardson (Boston). Acute inflammation of the gall- 
bladder. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.) 

R. veröffentlicht eine interessante Kasuistik von 10 Fällen akuter Cholecystitis, 
bei denen die Steine nur eine untergeordnete Rolle spielten. Als Krankheits- 
erreger wurden nachgewiesen der Colibacillus, Typhusbacillus, Kokken und Misch- 
infektionen. In einem Falle handelte es sich um völlige Nekrose der Gallenblase. 
R. hebt die Schwierigkeit der richtigen Diagnose hervor, da in manchen Fällen 
ein Abscess am Rippenrand, der Spitze der 10. Rippe entsprechend, vorgetäuscht 
werden kann; in anderen Fällen kommt eine akute Entzündung des Wurmfortsatzes 
oder akuter Darmverschluss, entzündlicher Process in der Niere, akute Pankreatitis, 
maligner Tumor, Stieldrehung einer Geschwulst differentialdiagnostisch in Betracht. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


29) Meyer, Uber disseminirte Fettgewebsnekrose. 
(Zeitschrift für praktische Ärzte 1898. No. 8.) 

Es wird über eine 26jährige Pat. aus dem Allerheiligen-Hospital su Breslau 
berichtet, welche unter den Erscheinungen des Ileus erkrankt war. In der linken 
Seite des Bauches lässt sich auch in Narkose eine diffuse Resistenz nachweisen. 
Bei der daraufhin vorgenommenen Laparotomie findet sich am Darm, abgesehen 
davon, dass er theils injicirt, geröthet, gebläht, theils kollabirt ist, nichts Patho- 
logisches. Beim Zurückschlagen des großen Netzes hingegen findet sich dasselbe 
besät von einer Reihe weißer, stecknadelkopf- bis linsengroßer, konsistenter Herde, 
welche sich leicht aus ihrer Umgebung herauslösen ließen. Die mikroskopische 
Untersuchung ergab, dass dieselben aus Detritus mit reichlichen eingelagerten Ôl- 
tröpfchen bestanden. 2 Tage nach der Operation Tod — wessbalb wird nicht 
mitgetheilt —; die Sektion bestätigte die Diagnose. 

K. Hufschmid (Gleiwitz O/S.). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 1111 


30) F. Spaeth (Hamburg). Mesenteriale Chyluscyste, ein Ovarial- 
kystom vortäuschend. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 34.) 

Die Cyste fand sich bei der 39jährigen fettleibigen Frau in der Mitte zwischen 
Nabel und Symphyse als 2faustgroße, sehr bewegliche, aber nur wenig in das 
kleine Becken verschiebliche Geschwulst und wurde bei der Operation aus der 
Radix mesenterii hervorgehend gefunden. Die Ausschälung gelang vollständig‘; 
das ziemlich tief in das Gekröse hineinreichende Geschwulstbett wurde durch 
Katgutnähte vollständig geschlossen. Heilung. 

Die Cyste, deren Inhalt eine chylöse Flüssigkeit von grünlichgelber Farbe dar- 
stellte, hatte eine mit glatten Muskel- und elastischen Fasern durchsetzte binde- 
gewebige Hülle, die von zelligen Elementen durchsät und innen mit gewucherten 
und verfetteten Endothelien bekleidet war. 

Im Anschluss an den Fall, der die 12. Beobachtung von Mesenterialeysten ist, 
wird die Differentialdiagnose der letzteren gegenüber Ovarialcysten, retroperito- 
nealen Cysten etc. besprochen. Kramer (Glogau). 


31) Froelich (Nancy). Deux cas de restauration de l’urötre chez la 
femme; procédé nouveau. 
(Presse méd. 1897. No. 92.) 

Bei beiden Fällen handelte es sich um völlige Obliteration der Harnröhre und 
große Blasen-Scheidenfistel in Folge Gangrän nach lang dauernder, schwieriger 
Geburt. Das Verfahren des Verf. besteht im Wesentlichen darin, dass mit einem 
Trokar ungefähr in der Richtung der alten Harnröhre unterhalb der Symphyse 
eine neue Harnröhre geschaffen wird; der Trokar bleibt einige Tage liegen. Daran 
schließt sich der Schluss der Blasen-Scheidenfistel; Verweilkatheter. — Beide 
Kranke erhielten ihre volle Kontinenz und spontane Miktion wieder. Der neue 
Kanal, welcher durch Narbengewebe hindurchführt, ist ähnlichen Verhältnissen 
unterworfen, wie die Harnröhre des Mannes nach Urethrotomia externa. Die in 
dem Narbengewebe eingeschlossenen leste von Muskeln übernehmen die Funktion 
eines Sphinkters. Natürlich müssen die Frauen regelmäßig katheterisirt oder 
bougirt werden, weil das Narbengewebe die Neigung hat, sich zusammenzuziehen. 

In beiden Fällen war übrigens die äußere Harnröhrenmündung noch in Form 
eines seichten, mit Schleimhaut überzogenen Grübchens erkennbar, von wo aus 
der Trokar auch eingestoßen wurde. Tschmarke (Magdeburg). 


32) M. Lübbe. Excisio strieturae urethrae. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie, Bd. XLVIIL p. 600.) 

Nach kurzer Umschau in der einschlägigen Litteratur wird über 5 von 
C. Lauenstein im Hamburger Seemannskrankenhaus operirte Fälle berichtet. 
4 Fälle betreffen gonorrhoische Strikturen bei Leuten in den 30er Jahren, 1 Fall 
einen 62jährigen Zimmermann, dessen Striktur vielleicht auf eine vor 15 Jahren 
erlittene Verletzung am Damm zurückzuführen ist. Die Länge der exeidirten 
Strikturen betrug 1—3 cm. In 4 Fällen wurden die Harnröhrenstümpfe durch das 
periurethrale Gewebe mitfassende Nähte einander thunlichst nahe gebracht, die 
Damm-Weichtheilwunde übrigens nie ganz geschlossen, stets aber ein weicher 
Verweilkatheter vom Penis aus eingeführt. Verlauf nie ganz aseptisch, Heilungs- 
dauer 6 Wochen bis 3 Monate. Bei der Entlassung konnten sich die Leute mit 
dicken Sonden selbst bougieren. Über ihr späteres Ergehen fehlen Nachrichten. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


33) Sanesi. Incisione termogalvanica nella cura dell’ ipertrofia della 
prostata. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 115.) 
Verf. hat die Bottini’sche Operation an 3 Kranken ausgeführt. Dieselbe 
hatte niemals schädliche Folgen. Die Kranken waren 62, 70 und 90 Jahre alt, 
und der Allgemeinzustand war Imal ein sehr schlechter. Auch bei Wiederholung 


1112 Centralblatt für Chirurgie. No. 44. 


der Operation traten keine Störungen auf. Ob nun die Ischurie erst kürzere Zeit 
oder schon länger bestand, war für den günstigen Einfluss des Eingriffe ohne Be- 
deutung. Nur excessive Dehnungen der Blase und starke Volumenverminderung 
derselben machen alle Versuche von vorn herein aussichtslos. Unter günstigen 
Umständen kann das Resultat der Operation schon sehr schnell, nach 1—2 Stunden, 
eintreten und dauernd bleiben oder nach einer Remission — 6 Tage lang bestand 
wieder Retention — zurückkehren. Es ist zweckmäßig, dass der Finger eines 
Assistenten während der Operation im Mastdarm liegt, um den hypertrophischen 
Lappen dem konkaven Ende des Incisors entgegenzudrücken und die Applikation 
des Instruments zu kontrolliren. Die Technik ist leicht, der Eingriff unschädlich. 
Da keine Narkose erforderlich ist — nicht einmal lokale Cocaininjektionen sind 
immer nöthig — so kann auch noch in Fällen operirt werden, die eine Narkose 
nicht mehr gestatten. Dreyer (Köln). 


34) O. Simon. Zur Behandlung der Prostatahypertrophie mit der 
Bottini’schen Operation. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hit. 8.) 

S. giebt die Resultate, die in der Czerny’schen Klinik in Heidelberg mit 
dem Bottini’schen galvanokaustischen Instrument bei Prostatahypertrophie erzielt 
worden sind. 

Die Operation wurde bei 8 Pat. Limal vorgenommen. 3mal versagte die Ope- 
ration, 4 Pat. wurden geheilt, einer bedeutend gebessert. Unter den geheilten Pat. 
befanden sich 2 mit chronisch kompleter, 1 mit chronisch inkompleter Retention. 

imal wurde in Chloroformnarkose, 5mal unter lokaler Cocainwirkung operirt. 

Zur Anwendung kam das Bottini’sche Instrumentarium; die Einschnitte 
wurden mit einer Stromstärke, die schwache Weißgluth des Platinbrenners hervor- 
rief, begonnen. Allmählich wurde der Strom dann verstärkt. Zuerst wurde nur 
eine Ineision direkt nach hinten, in späteren Fällen wurden mehrfache radiäre 
Einschnitte gemacht. 

Die Resultate ermuntern zu ausgedehnterer Anwendung, um so mehr, als 
die Operation leicht ausführbar ist, den Pat. nur geringe Schmersen verursacht 
und keine üblen Folgen mit sich bringt. F. Krumm (Karlsruhe). 


35) @. B. Schmidt (Heidelberg). Über den Abgang von Knochen- 
fragmenten durch die Harnwege. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 29.) 

Während Knochenfragmente nach Verletzungen des Beckens nicht ganz selten 
in die Blase oder Harnröhre gelangen, ist dies von Sequestern, welche das End- 
produkt akuter oder chronischer entzündlicher Processe des Beckenrings waren, 
nur in wenigen Fällen beobachtet worden. Verf. fügt diesen 11 zwei weitere hinzu, 
in deren erstem der Sequester in dieHarnröhre durchgebrochen, in ihr stecken ge- 
blieben war und, ohne dass es zu Urininfiltration kam, zu Harnverhaltung in der 
Blase geführt hatte; durch Urethrotomia externa wurde der 1,3 om lange Knochen 
entfernt. Während bei diesem Pat. der Sequester einem akut periostitischen, 
bezw. osteomyelitischen Process am Schambein entstammte, rührte er in dem 
2. Falle anscheinend von einer tuberkulösen Eiterung her, war in die Blase durch- 
gebrochen und aus dieser mit dem Urinstrahl spontan entleert worden. 

Die übrigen in der Litteratur auffindbaren Fälle werden von S. mitgetheilt. 

Kramer (Glogau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 
ya 

Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


=m I mmm 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 45. Sonnabend, den 12. November. 1898. 


Inhalt: 1) Kirsteln, Ösophagoskopie. — 2) Russel, Speiseröhrenstriktur. — 3) Jeannel, 
Darmchirurgie. — 4) Delagönidre, Bauchhöhlendrainage. — D) Eichel, 6) Schmitt, Unter- 
leibsverletzungen. — 7) und 8) Beck, 9) Brun, 10) Briddon, Appendicitis, — 11) Jaffé, 


Bauchfelltuberkulose. — 12) Kocher, Herniendisposition. — 13) Selcke, 14) Hiller, 
15) Phocas, Hernien. — 16) Starck, Magendurchleuchtung. — 17) Bettmann, Gestalt 
des Magens. — 18) Trofimow, Gastrostomie. — 19) Paul, 20) Monprofit, Pylorusenge. 


— 21) Parozzonl, Magenresektion. — 22) Peham, Gastroenterostomie. — 23) Borelius, 
Murpbyknopf. 

24) Abramowitsch, 25) Kanzel und Okladnych, Oesophagotomia ext. — 26) Brault 
und Rouger, Falsche Bauchgeschwülste. — 27) Stoops, Eitrige Peritonitis. — 25) Elliot, 
29) Rendu, 30) Glantenay, 31) Berthier und Milian, 32) af Schult6n, 33) Carlston, 
Appendicitis. — 34) Sternberg, 35) Tuffier, 36) Muchard, 37) Vincent, 38) Souligoux, 
39) Lebensohn, Hernien. — 40) Fick, Endotheliom und Careinom des Magens. — 
41) Schwarz, 42) Rommerskirch, 43) Meyer, 44) Monprofit, 45) Schlatter, 46) Kövesi, 
Zur Chirurgie des Magens. — 47) Frank, Gceheilte Carcinomfälle. — 48) Schmidt, In- 
vagination des Culons nach Pylorusresektion. 


i) Kirstein. Über Ösophagoskopie. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 27.) 

K. untersucht mit dem Ösophagoskop zumeist am sitzenden, statt 
am liegenden Pat., verzichtet gewöhnlich auf die Cocainisirung und 
führt den Tubus unter Leitung des Auges ein, nachdem er sich den 
Ösophaguseingang mit dem Zungenspatel freigelegt hat. K. hebt den 
Unterschied des während der Einführung zu überwindenden mecha- 
nischen Widerstandes bei den einzelnen vollständig normalen Indivi- 
duen hervor, welcher durch die individuell verschiedene Beschaffenheit 
und Anheftung der Zunge bedingt ist. Durch autoskopische Unter- 
suchung, d. h. durch Untersuchung mit dem Zungenspatel lässt sich 
nach K.’s Erfahrung bei jedem Menschen im Voraus feststellen, zu 
welcher Ösophagoskopirbarkeitsklasse er gehört. Soll die mediane 
Ösophagoskopie glatt von statten gehen, so muss wenigstens ein Stück- 

45 


1114 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


chen der Stimmbänder autoskopirbar sein. Nach Verf.s Schätzung 
fehlt einem Viertel der erwachsenen Menschen die anatomische Dis- 
position zur Ösophagoskopie. Gold (Bielitz). 


2) J. C. Russel. Diagnosis and treatment of spasmodic 
S stricture of the oesophagus. 
(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.) 

R. hat im Laufe von 11 Jahren mehrfach eine Strikturform 
der Speiseröhre zu Gesicht bekommen, welche durch einen Muskel- 
krampf am unteren Ende des Rohres entweder an der Cardia selbst 
oder dicht oberhalb derselben hervorgerufen wird. Die Haupt- 
symptome sind die einer gewöhnlichen Striktur — Regurgitiren der 
Nahrung, Undurchgängigkeit fester Speisen etc. Häufig wird eine 
Erkrankung des Magens angenommen. Bougiebehandlung ist bei 
dieser Strikturform erfolglos. R. hat durch Dehnung der Striktur 
mittels eines an einer Ösophagussonde befestigten Dilatators, der in 
kollabirtem Zustand eingeführt und ähnlich der Trendelenburg- 
schen Tamponkanüle in der Striktur aufgeblasen werden konnte, in 
4 Fällen Heilung, Imal Besserung erzielt; 2 Pat. entzogen sich der 
Behandlung. Bei Erfolglosigkeit dieser Behandlung küme die Deh- 
nung nach Gastrostomie dem Vorschlag Loreta’s entsprechend in 


Frage. F. Krumm (Karlsruhe). 


3) M. Jeannel. Chirurgie de l’intestin. 
Paris, Institut de bibliographie scientifique 1898. 409 S. 

Gut ausgestattetes Nachschlagebuch, enthaltend eine möglichst 
vollständige Übersicht der bisher bekannten »Proc&des« in der 
Chirurgie des Darmes, mit Ausschluss des jRectums. Zum Referat 
nicht geeignet. Kollegen, welche sich über diese oder jene Operation 
am Darmkanal informiren wollen, werden das Buch mit Vortheil 
gebrauchen. EEE H. Lindner (Berlin). 

4) Delagöniöre (Le Mans). Nouvelle technique de drainage 
de la cavité peritoneale. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 5.) 

Da die Entfernung der Tampons nach Mikulicz oft nicht ohne 
große Schmerzen für den Pat. vor sich geht, auch eine zu große 
Öffnung in den Bauchdecken gelassen werden muss, durch welche 
bei der Herausnahme manchmal Netz- oder Darmtheile vorfallen, so 
empfiehlt D. eine Drainage, die mit dem Docht einer Spirituslampe 
vergleichbar ist. Er lässt lange Streifen hydrophiler Gaze durch 
eine je nach der Dicke der Bauchdecken 8—12 cm lange, im Durch- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1115 


messer 15—20 mm haltende Metallhülse, deren untere Hälfte durch- 
löchert ist, in die Peritonealhöhle ziehen. Die Bauchdecken können 
eng um dieselbe herum geschlossen werden. Um einen besonders 
großen Theil der Bauchhöhle zu isoliren, ist gelegentlich ein zweiter 


derartiger Drain in eine Gegenöffnung zu legen. Die Metallhülsen 
sind solid, leicht sterilisirbar. Bezüglich der Zeit der Entfernung 
kommen dieselben Gesichtspunkte in Betracht wie für die Mikulicz- 
Drainage. P. Stolper (Breslau). 


5) Eichel. Klinischer und experimenteller Beitrag zur Lehre 
von den subkutanen Darm- und Mesenteriumverletzungen. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

Die Arbeit enthält einen genauen Bericht über 5 Fälle von sub- 
kutanen Darm- und Gekrösverletzungen, von denen 2 nicht operirt 
(beide gestorben), 3 operirt worden waren (1 gerettet, 2 gestorben). 
Aus zahlreichen Thierexperimenten schließt Verf., dass die Schwere 
der Verletzung anscheinend weniger von der Schwere der Gewalt- 
einwirkung, vielmehr wesentlich von der Richtung dieser (Pressung 
des Darmes gegen die Wirbelsäule), wie von dem Spannungszustand 
und der Dicke der Bauchdecken abhängig sei. In diagnostischer 
Hinsicht wird betont, dass eine sichere Diagnose auf eine einmalige 
Untersuchung hin kaum zu stellen sei; wichtig wäre vor Allem eine 
Änderung in Zahl und Qualität der Pulsschläge; wer aber auf »Zei- 
chen beginnender Peritonitis« warten wolle, der werde immer bei der 
Laparotomie bereits eine ausgebildete, schwerste allgemeine Peri- 
tonitis vor sich haben. Honsell Tübingen). 


6) A. Schmitt. Über Verletzungen des Unterleibs durch 
stumpfe Gewalt. (Aus der kgl. chirurgischen Klinik zu 
München.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 28 u. 29.) 

Verf. bespricht in der Arbeit zunächst nur die Darmverletzungen 
in Folge von Bauchkontusionen und giebt 8 in der Münchener Klinik 
beobachtete interessante Fälle wieder, von denen nur in einem ein ope- 

Abr 


1116 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


rativer Eingriff unterblieb, während er in den übrigen, je Imal 9, 
bezw. 11 Stunden nach der Gewalteinwirkung, sonst wesentlich später 
zur Ausführung gelangte. Von den 8 Pat., bei denen fast stets an 
umschriebener Stelle den Leib treffende Gewalten eingewirkt, konnte 
nur der eine, 9 Stunden nach der Verletzung Operirte, gerettet werden, 
die anderen gingen sämmtlich zu Grunde. Indem S. die Art der 
Verletzungen, ihren Sitz, ihre Zahl, ihre Entstehungsweise schildert, 
die Symptome derselben und ihrer Folgezustände auf Grund jenes 
selbst beobachteten Materials und 'anderer litterarischen Arbeiten 
sorgfältig hervorhebt, kommt auch er zu dem Schluss, dass die früh- 
zeitige Diagnose der Kontusionirungen der Darmwand nur durch 
eine eventuell unter Lokalanästhesie auszuführende Probelaparotomie 
gesichert werden könne, während' die übrigen diagnostischen Me- 
thoden höchstens eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose ermöglichen. Am 
werthvollsten für letztere erscheint ihm unter den Symptomen der 
Befund einer auffallend umschriebenen, scharf lokalisirten Schmerz- 
haftigkeit am Leibe und einer dieser Stelle entsprechenden, genau 
umschriebenen Zone hochtympanitischen Schalles. Die weiteren 
Darlegungen erläutern zugleich an der Hand der Statistik die Er- 
folge möglichst frühzeitiger Operation und die Art der operativen 
Technik. Kramer (Glogau). 


7) C. Beck (New York). Appendicitis. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 221. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 
In der Abhandlung, welche sich wesentlich auf eigene, an 
207 Appendicitisoperationen gewonnene Erfahrungen Bis stützt, schil- 
dert Verf. zunächst die Ätiologie der »auf bakterieller Infektion be- 
zuhenden Entzündung des Wurmfortsatzese. Indem er die Frage 
offen lässt, ob sie der Invasion einer specifischen Bakterienart oder 
dem Zusammenwirken zweier oder mehrerer Arten ihre Entstehung 
verdanke, bespricht er einige der Gelegenheitsursachen, welche zu 
Cirkulationsstörungen, zu Abrasion der Schleimhaut im Processus 
vermiformis Veranlassung geben können, und macht darauf aufmerk- 
sam, dass er in einigen Fällen für jene das Bestehen einer rechts- 
seitigen Wanderniere, welche den nach hinten gerichteten Wurm- 
fortsatz gegen das Darmbein andrückte, verantwortlich machen konnte, 
während er wirkliche Fremdkörper nur 2mal, Kothsteinchenkoukre- 
mente dagegen 42mal vorfand. Im Weiteren werden die verschiedenen 
anatomischen Formen und Folgezustände der akuten und chronischen 
Appendicitis, auch hinsichtlich ihrer Entwicklung, übersichtlich ge- 
schildert, einige Beobachtungen primärer oder als Theilerscheinung 
allgemeiner Tuberkulose auftretender tuberkulöser Appendicitis er- 
wähnt, und bei der Besprechung der Symptomatologie eindringlich 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1117 


die Beachtung der oft seit Jahren dauernden vagen Symptome als 
Wirkungen einer wirklich [bestehenden chronischen Appendicitis, 
deren akute Exacerbation erst auf die Erkrankung aufmerksam macht, 
empfohlen. Solcher Empfehlung ist gleichfalls werth die Erfahrung 
Bis, dass kaum in der Hälfte der Fälle das klinische Bild der Ap- 
pendicitis im Frühstadium so scharf ausgeprägt erscheint, dass daraus 
ein Schluss auf die Bedeutung der pathologischen Veränderung zu 
ziehen wäre; charakteristische Fälle illustriren diese Erfahrung, wie 
die. Schwierigkeit richtiger Diagnose und die verschiedenen Möglich- 
keiten diagnostischer Irrthümer. Kein Wunder, dass Angesichts 
dessen B. auch in dem vorliegenden Vortrag erneut die Frühopera- 
tion bei Appendicitis dringend befürwortet, wie er es erst vor Kurzem 
in einem auf p. 377 ff. d. Bl. Jahrg. 1897 referirten Aufsatz gethan 
hatte, und unter Hervorhebung der Thatsache, dass er die einfache 
Appendektomie 74mal ohne Todesfall ausgeführt, räth, ihre Vornahme 
nach dem ersten Anfall von Appendicitis dem Pat. ernstlich zu em- 
pfehlen. Die Technik dieser Operation, wie sie sich B. am besten 
bewährt hat, wird eingehend geschildert, im Anschluss daran auch 
die der »Appendikotomie< bei akuter Appendicitis, Pyappendix oder 
Gangrän des Wurmfortsatzes beschrieben. 

Der Vortrag möge namentlich von den internen Medicinern und 
praktischen Ärzten sorgfältig studirt werden! Kramer {Glogau). 


8) C. Beck. Ist die Appendicitis eine chirurgische Krankheit? 
{New Yorker med. Monatsschrift 1898. Juni.) 

Die in der Überschrift enthaltene Frage beantwortet Verf. mit 
einem ganz entschiedenen »Ja!« Derselbe hat schon wiederholt seinen 
Standpunkt in der Appendicitisfrage dargelegt. Die vorliegende Ar- 
beit gehört wohl zu dem Besten, was über diese viel umstrittene 
Krankheit geschrieben worden ist. In geistvoller Weise entwickelt 
Verf. seine Anschauung von den pathologischen Processen, welche 
sich in und am Wurmfortsatz abspielen; »die Appendicitis ist eine 
auf bakterieller Infektion beruhende Entzündung des Wurmfortsatzes, 
welche in_verschiedenen Formen auftritte. Er macht besonders darauf 
aufmerksam, wie die verschiedenen klinischen Formen nur der Aus- 
druck der mehr oder weniger weit vorgeschrittenen anatomischen 
Erkrankung oder ihrer Lokalisation sind; dass niemals eine Restitutio 
ad integrum eintritt bei den sogenannten glücklich verlaufenen Fällen. 
Vor Allem betont B. die Schwierigkeit der klinischen Beurtheilung, 
in welchem Stadium der Erkrankung sich ein Wurmfortsatz befindet. 
Er verwirft eine Eintheilung der Appendieitis in eine leichte, mittel- 
schwere und schwerste Form. In diagnostischer Beziehung hebt er 


1118 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


als konstantes (?) Symptom eine mehr oder weniger ausgesprochene 
Dämpfung hervor. 

Natürlich ist B. ausgesprochener Anhänger der Frühoperation; 
er sagt: »Im Frühstadium ist der Chirurg Herr der Situation; im 
Spätstadium ist er ein Glücksritter, der unter außerordentlichen Um- 
ständen da und dort auch noch Erfolg hat«. 

Es sei gestattet, hier einige seiner Schlusssätze wörtlich zu eitiren: 
»Die Appendicitis ist eine chirurgische Krankheit und sollte desshalb, 
sobald sie als solche erkannt ist, chirurgisch behandelt werden«. 

»So lange kein Arzt im Stande ist, im Frühstadium die Dignität 
bakterieller Virulenz zu bestimmen und daraus Schlüsse auf den 
milden oder schweren Verlauf der Appendicitis zu ziehen, besteht 
die sicherste Therapie derselben in der frühzeitig vorgenommenen 
Entfernung des Wurmfortsatzes.< »In Rücksicht darauf, dass die 
Mortalität der einfachen Appendektomie beinahe gleich Null ist, ist 
ihre Vornahme nach dem ersten Anfall schon dem Pat. auf das 
dringendste zu empfehlen!« 

Wenn man auch nicht in allen Punkten dem Verf., der einen 
ganz extremen chirurgischen Standpunkt einnimmt, beipflichten kann, 
so muss man seine scharfe Beweisführung und geistreiche Diktion 
anerkennen, mit der er seine Sache vertritt. 

Tschmarke (Magdeburg). 


9) Brun. Appendicite chronique. Resection à froid de 
lappendice. 
(Presse méd. 1898. No. 27.) 


Verf. hat seit seiner letzten Publikation über diesen Gegenstand 
(Presse méd. 1897 Mai 10) noch 32mal Gelegenheit gehabt zur 
Operation; er knüpft an diese nunmehr 53 Fälle einige Be- 
trachtungen, deren wesentlicher Inhalt folgender ist: Bei der Appen- 
dicitis ist das primäre Leiden eine chronische, follikuläre Hypertrophie, 
welche in einer Verdickung und Schwellung der Schleimhaut er- 
kennbar ist, klinisch sehr häufig unbemerkt verläuft oder nur ge- 
ringe Störungen verursacht, durch Hinzutritt von Infektion aber 
mehr oder weniger akute Entzündungserscheinungen darbieten kann. 
Dies gilt namentlich von der so häufig verkannten oder übersehenen 
Appendicitis im Kindesalter. Nach der Resektion hat B. niemals 
wieder ähnliche Anfälle bei Kindern erlebt. Am liebsten operirt er 
2—3 Wochen nach einem akuten Anfall, auch in Fällen einfacher 
chronischer Appendicitis ohne peritonitische Reizerscheinungen. Die 
Operation sei leichter und sicherer, die Reaktion hinterher weniger 
heftig bei Bettruhe und leichter Ernährung. Er bevorzugt den Schnitt 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1119 


von Roux, leicht konkav nach innen, einen Querfinger von der 
Spina anterior superior entfernt. Verf. führt jetzt der Vorsicht halber 


einen kleinen Drain ein, den er etwa am 3. Tage entfernt. 
Tschmarke (Magdeburg). 


10) Briddon. Intermuscular operations for appendicitis, with 
application of the method to cases in which pus was su- 


spected and found. 
(Med. and surg. report of the Presbyterian Hospital in the city of New York 
1898. Januar.) 

Im Jahre 1897 sind in dem Hospital 99 Fälle von Appendicitis 
operirt worden, etwa die Hälfte in Dis eigener Abtheilung. Hier- 
von hat er nun 14 ausgewählt, in welchen die intermuskuläre Ope- 
ration nach der Methode von McBurney ausgeführt worden war. 
Dieselbe wurde auch auf solche Fälle ausgedehnt, in denen aus- 
gedehnte Verwachsungen oder das Vorhandensein von Eiter zu Ein- 
griffen über ausgedehntere Strecken nöthigten. B. war erstaunt, wie 
weit man die Öffnung mittels Wundhaken nach verschiedenen Rich- 
tungen hin aus einander ziehen konnte und war niemals genöthigt, 
durch einen auf den ersten Schnitt aufgesetzten Kreuzschnitt die 
Muskelbündel selbst zu durchschneiden. Auch ließ sich eben so gut 
Drainage einleiten, als in den anders operirten Fällen. Daher hält 
B. McBurney’s Schnittführung "mn der Mehrzahl der Fälle für an- 
wendbar, und die Vortheile derselben sind einleuchtend, namentlich 
wegen der fortfallenden Gefahr eines späteren Bauchbruchs. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


11) M. Jaff6 (Posen). Über den Werth der Laparotomie 
als Heilmittel gegen Bauchfelltuberkulose. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 211. Leipzig, Breitkopf & Härtel 1898.) 

J. zeigt in der Abhandlung, vornehmlich an der Hand seiner 
eigenen Beobachtungen und Erfahrungen, dass auch durch die Lapa- 
rotomie die Bauchfelltuberkulose nicht immer leicht und sicher ge- 
heilt werde, und weist nach, in welchem beschränkten Sinn und 
warum die Operation günstig wirken könne. Da, wo sie indicirt ist 
— und das ist — selbst bei bereits heruntergekommenen Kranken — 
in erster Reihe bei den Formen mit gut entleerbaren, freien, serösen 
oder eitrigen Ergüssen der Fall, während die mit vielfachen ab- 
gesackten Ergüssen weniger sich eignen und die mit multiplen ab- 
‚gesackten sich an Käseherde anschließenden eitrigen Exsudate, so 
wie die mit ausgedehnten Verwachsungen einhergehenden durch die 
Laparotomie gar nicht zu beeinflussen sind —, beseitigt sie ein höchst 


1120 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


"störendes Krankheitssymptom, den Erguss; sie stärkt hierdurch den 
Organismus und hilft ihm, der Krankheit Herr zu werden. Sie hat 
in ihrem Gefolge Verwachsungen und lässt in günstigen Fällen den 
Ascites auch für die Zukunft nicht wiederkehren; in den günstigsten 
leitet sie hierdurch die wirkliche Ausheilung gewissermaßen ein. So 
betrachtet stellt die Operation im Allgemeinen also nur ein sympto- 
matisches, nöthigenfalls wiederholt anzuwendendes Mittel gegen die 
Krankheit dar, gegen die außerdem noch die in der inneren Medicin 
bewährt befundenen Mittel in Anwendung gezogen werden müssen. 

Wie aber die Resultate der Laparotomie nicht gleichmäßig in 
den einzelnen Fällen mit ihren oft in einander übergehenden Formen 
sind; so sind sie auch verschieden, je nachdem die Krankheit Kinder 
oder Erwachsene betrifft. Bei letzteren hat J. die Operation noch 
viel häufiger unwirksam gefunden, wohl desshalb, weil die Bauch- 
felltuberkulose nie die einzige, also auch nicht die erste Lokalisation 
des tuberkulösen Virus im Organismus war. Noch am relativ gün- 
stigsten erscheint ihm die mit weiblicher Genitaltuberkulose kombi- 
nirte Form, bei welcher die gleichzeitige Ausschneidung der kranken 
Genitalien möglich ist. 

Was die Ausführung der Operation betrifft, so hält Verf. be- 
sonders die vollständige Entleerung des Ascites für wichtig, die Ein- 
bringung von Jodoform jfür bedeutungslos, da es doch nicht in alle 


Nischen und Buchten des Cavum peritonei gelange. 
Kramer (Glogau). 


12) T. Kocher (Bern). Über Herniendisposition. 
(Korrespondenzblatt für Schweizer Ärzte 1898. No. 12.) 

Bei Gelegenheit der Radikaloperation des Bruches der einen 
Seite hat K. mehrfach auch die »Bruchanlage« der anderen unter- 
sucht und operirt. Er fand, dass hei dieser ein gestielter Bruchsack 
fehlt, dass das Bauchfell nur in Form einer konischen Geschwulst 
mit breiter Basis gegen die schwache Stelle der äußeren Fascie, aus- 
wärts von den Vasa epigastrica inferiora, vorgetrieben werde. Ein 
solcher Bruchsackkegel mit breiter Basis unterscheidet sich wesentlich 
von den kongenital angelegten Bruchsäcken durch mangelhaften 
Schluss des Processus vaginalis peritonei, bei denen entweder der 
Hode im Bruchsack liegt oder Kombination mit Hydrocele funiculi 
besteht; die letztere neigt zu stellenweiser Obliteration. Beide For- 
men der Bruchanlage, die langsam erworbene und die angeborene, 
können bei einer Anstrengung oder einem Unfall in Folge heftigen 
Andrängens der Eingeweide in einen kompleten Bruch übergehen, 
Der sogenannte interstitielle Bruch, bei dem nur der Bruchsack die 
Grenze des vorderen Leistenrings nicht überschreitet, ist ein aus- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1121 


gebildeter Bruch und von der Bruchanlage wohl zu trennen. K. 
räth auch die Bruchanlage operativ zu beseitigen, da ihretwegen die 
Träger manchmal nicht für voll dienstfähig angesehen werden. 

P. Stolper (Breslau). 


13) K. Selcke. Über die Hernia processus vaginalis encystica. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

Nach S. dürfen nur solche Fälle als encystirte Hernien im Sinne 
Cooper’s bezeichnet werden, in welchen ein deutliches Hereinhängen 
des Bruchsacks in die Tunica vaginalis communis, nicht nur eine 
einfache Vorbuchtung stattfindet. Die Tunica vaginalis communis 
ist meist durch Flüssigkeit mehr oder minder erweitert und stellt 
einen abgeschlossenen Blindsack von bald größerer, bald geringerer 
Ausdehnung dar. Meist ist die Hernia encystica kongenitalen Ur- 
sprungs; bei der erworbenen Form wird der Bruchsack nicht in toto 
von der Hydrocele umgeben, sondern buchtet nur die obere und 
hintere Wand derselben vor. Außer einem eigenen konnte Verf. nur 
10 hierher gehörige Fälle zusammenstellen, 12 andere in der Litte- 
ratur als Hernia encystica bezeichnete Fälle möchte er dagegen nicht 
als solche anerkennen. 3 Honsell (Tübingen). 


14) T. Hiller. Zur Operation der Nabelbrüche. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

Während Nabelbrüche kleiner Kinder erfolgreich mit Ban- 
dagen etc. behandelt werden können, empfiehlt Verf. für den Nabel- 
bruch Erwachsener mit Rücksicht darauf, dass er ein unaufhaltsam 
fortschreitendes Leiden bedeutet, in jedem Falle möglichst frühzeitige 
Radikaloperation. Bei kleinen und mittelgroßen Brüchen und bei 
Kranken, die eine allgemeine Narkose ertragen, hält er die Omphal- 
ektomie nach Condamin-Bruns für die rationellste Methode; wo 
Bedenken gegen eine allgemeine Narkose bestehen, giebt er dagegen 
der geschwulstmäßigen Behandlung der Nabelbrüche ohne Omphal- 
ektomie, wie sie von Steinthal geübt wird, unter Anwendung von 
Infiltrationsanästhesie den Vorzug. Dies letztere Verfahren wird ein- 
gehend geschildert und durch mehrere Operationsgeschichten illustrirt. 

Honsell (Tübingen). 
15) Phocas (Lille). Note sur l’omphalectomie dans la 
cure radicale des hernies ombilicales. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 7.) 

An der Hand zweier ziemlich einfacher Fälle von Radikaloperation 
eines Nahelbruches empfiehlt P. die folgende Modifikation des Con- 
damin’schen Verfahrens der Omphalektomie Er führt oberhalb 

Aëgg 


1122 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


der Nabelgeschwulst, also zwischen dieser und dem Processus xiphoi- 
deus, einen Einschnitt und eröffnet die Bauchhöhle gerade so weit, dass 
er mit dem linken Zeigefinger eindringen und so den Bruchsackhals 
tasten kann. So lässt sich meist schon fühlen, ob Darm oder Netz 
in den Bruchsack hineinzieht. Nun wird dieser, indem der Zeige- 
finger als Leitsonde dient, mit einer kräftigen Schere erst links, 
dann rechts ovalär (()) bis an seinen unteren Pol umschnitten, so 
dass die ganze Nabelgegend auf einem nur nach unten hin ge- 
stielten Lappen liegt. Dieser wird umgeklappt, so dass die Bauch- 
fellfläche desselben nach außen zu liegen kommt sammt dem in dem 
Bruchsack etwa angewachsenen Strang. Netz wird abgetragen, Darm 
vorsichtig ausgelöst. P. legt besonderen Werth darauf, dass die 
Excision des Nabels von innen, vom Bauchfell her, nach außen, gegen 
die Haut zu, ausgeführt wird, da sich dann bei der Wiedervereinigung 
der Bauchdecken auch die zusammengehörigen Lagen leichter zu- 
sammen finden lassen. Er näht zu letzterem Zweck in 3 Etagen: 
Bauchfell, Muskel, Haut. P. Stolper (Breslau). 


16) H. Starck. Über Magendurchleuchtung. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 217. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 
Bis Untersuchungen ergaben: 1) dass sich Grenzen des normalen 
oder pathologischen Magens in fast allen Fällen mit der Durch- 
leuchtung feststellen lassen, und Verlagerungen des Magens als Ganzes 
oder seiner Theile sicherer als mit anderen Methoden zu bestimmen 
sind; 2) dass eine Frühdiagnose des Pyloruscarcinoms, d. h. so lange 
es nicht tastbar ist, durch die »Gastrodiaphanie« nicht erreicht wird, 
und 3) dass bei diagnosticirten Magengeschwülsten oder schwierigen 
pathologischen topographischen Verhältnissen des Bauches die Me- 
thode von großem Nutzen — Feststellung des Sitzes der Geschwulst 
etc. — sein kann. Kramer (Glogau). 


17) H. W. Bettmann (Cincinnati). The shape of the stomach. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.) 

B. untersuchte die Form des Magens durch Aufblasen des aus 
dem Körper genommenen Organs, das er dann trocknen ließ; oder 
er konservirte erst das Organ in Formalin oder Chloralhydratlösung 
und blies es nachträglich auf. Besonderes Augenmerk richtete B. 
auf die Verhältnisse des menschlichen Fötalmagens, welchen er in 
9 Diagrammen abbildet, dem 3., 4., 5., 6. Monat und dem Ende der 
Fötalperiode entsprechend. Im Gegensatz zu der bisherigen An- 
schauung behauptet B., dass der fötale Magen einen Fundus besitzt. 
Er maß die Länge des Fundus und des Magens beim Fötus, im 
Kindesalter und beim Erwachsenen und fand die resp. Funduslängen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1123 


zu Dien hue: hoo von der Magenlänge. Ferner konnte B. durch 
die Inflationsmethode konstatiren, dass der Ösophagus nicht genau 
in der Längsachse am Magen inserirt, sondern der vorderen Wand 
ein wenig näher liegt als der hinteren. 
Auch der sanduhrförmige Magen findet genaue Besprechung. 
W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


18) M. M. Trofimow. Zur Technik der Anlegung der 
Magenfistel. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 5. [Russisch.)) 
T. bildet aus der Magenwand einen ovalen Lappen 5 cm lang, 
3 cm breit mit oberer Basis; der Lappen wird nach oben-außen um- 
geklappt und die untere Hälfte an die obere genäht; er ist nun 


Fig. 2. Fig. 3. 


überall von Schleimhaut bedeckt. Nun wird er in den Magen ge- 
drückt und die Öffnung unten durch 4 Nähte verkleinert (Fig. 1—2). 
In die dreieckige Fistel oben wird ein Drain eingeführt und nach 
Kader zu beiden Seiten eine Falte gebildet durch je 2 Nähte 
(Fig. 2—3), endlich der Magen an die Haut genäht. Die Klappe 
schließt absolut. 3mal machte T. die Operation am Lebenden mit 
Erfolg; in den 2 letzten Fällen sah er Eiterung in der Bauchwand- 
wunde. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


19) F. T. Paul. Remarks on the surgical treatment of pyloric 
obstruction, with an account of twenty cases, and of a new 
way of performing gastroenterostomy. 

(Brit. med. journ. 1898. Juni 4.) 

P. hat imal wegen eines reflektorischen Krampfes, 2mal wegen 
fibröser Striktur des Pylorus die stumpfe Dehnung des Pylorus — 
imal mit Eröffnung des Magens — ausgeführt. In einem Falle war 
dabei die Striktur von innen her eingerissen; der Pat. ging 7 Wochen 
nach der Operation an einer Magenblutung zu Grunde, als deren 
Ursache bei der Autopsie eine Arrosion der Arteria gastroduodenalis, 
die im Grunde der eingerissenen Strikturstelle freilag, gefunden 


1124 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


wurde. P. will desshalb die Dehnung des Pylorus auf spastische und 
nicht zu starke Strikturen beschränkt wissen, er zieht für günstige 
Fälle, in denen keine stärkere Verdickung der Wandung, Verwach- 
sungen und frische Ulcerationen vorhanden sind, die Pyloroplastik 
vor (5 Fälle, 14). In 3 Fällen hat er die Gastroenterostomie aus- 
geführt (1+). Die Pylorektomie beschränkt er auf bösartige Ver- 
engerungen (2 Fälle mit 1 Todesfall), und auch da nur bei kleinen, 
beweglichen Geschwülsten und gutem Kräftezustand. Unter 7 Gastro- 
enterostomien wegen Carcinoma pylori hat P. 4 verloren. 

Er hält desshalb die Technik der Gastroenterostomie noch sehr 
für besserungsbedürftig. Der Verbesserungsvorschlag P.’s, der aber 
bis jetzt nur an Hunden mit Erfolg erprobt wurde, geht dahin, 
nach Incision von Darm- und Magenwand bis auf die Schleimhaut — 
also ohne Eröffnung — eine Verätzung der Schleimhaut mit Chlor- 
zink vorzunehmen und dann die gewöhnliche Anastomosennaht durch 
Serosa und Muscularis anzulegen. In 48 Stunden ist dann die 
Anastomose nach Abstoßung der nekrotisch gewordenen Magen- und 
Darmmucosa fertig, während die Serosaflächen schon fest verklebt 
sind. (Die Gefahr einer sekundären Verengerung der Anastomose, 
einer ungenügenden Loslösung der verschorften Schleimhaut, die 
Unsicherheit in der Beurtheilung der Ätzwirkung ihrer Ausdehnung 
nach macht P. keine Bedenken. Der Ref.) F.Krumm (Karlsruhe). 


20) Monprofit (Angers). Gastrectomie partielle avec gastro- 
enterostomie en Y pour lésions bénignes du ‚pylore. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 8.) 

Nach Resektion narbiger Pylorusstenose in Folge eines alten Ge- 
schwüres hat M. (mal das Duodenum dicht neben die große Resek- 
tionsöffnung in den Magen einmünden lassen, ein anderes Mal mit 
besserem Erfolge die von Roux vorgeschlagene Y-Gastroenterustomie 
ausgeführt: Duodenum und Magen nach der Resektion zunächst 
jedes für sich vernäht, dann Jejunum in die hintere Magenwand und 
in das Jejunum das Duodenum eingepflanzt. Er räth das letztere 
Verfahren, obwohl es langwierig, für alle die Fälle, in denen die 
Annäherung des Duodenums an den Magen mit der Resektionsöffnung 
nicht ganz ohne Zug ausführbar ist. In einem seiner Fälle war die 
Naht in Folge dieses Zuges an einer Seite ausgerissen und hatte so 
eine tödliche Peritonitis zur Folge gehabt. P. Stolper (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1125 


21) Parrozzoni. Un caso di resezione dello stomaco. 
(Ann. di med. nav. 1898. Fasc. 3. Ref. nach Gast, degli ospedali e delle clin. 
1898. No. 109.) 

Im Anschluss an den Bericht über eine in Heilung ausgegangene 
Schusswunde des Magens spricht Verf. über diese Verletzungen. Sie 
haben eine bessere Prognose als die gleichen Darmverletzungen, weil 
die Schleimhaut sich nicht nach außen umkrempelt und so zur In- 
fektion des Bauchfells führt, und weil der Inhalt des Magens weniger 
septisch ist als der des Darmes. In dem berichteten Falle bildeten 
sich Verwachsungen zwischen der verletzten Serosa der hinteren 
Magenwand und dem parietalen Bauchfell, wahrscheinlich in Folge 
der ausgeführten Tamponade. Diese ist immer angezeigt. Sie ver- 
hindert nicht bloß die Infektion häufig, sondern hemmt auch die 
primäre Blutung und verhindert eine sekundäre. Der Erfolg der 
Operation hängt von dem Eintritt der Behandlung, von der Schnellig- 
keit der Ausführung, von der Genauigkeit der Blutstillung und der 
Naht, so wie von der Kritik bei der Ausführung von Excisionen ab. 

Dreyer (Köln). 


22) H. Peham. Ein Beitrag zur Gastroenterostomie. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd..XLVIII. p. 484.) 

P. berichtet über die in der Albert'schen Klinik in Wien in 
der Zeit von 1890—1897 mit der Gastroenterostomie bei 67 Fällen 
gemachten Erfahrungen. Die Gastroenterostomie ist daselbst eine 
sehr bevorzugte Operation sowohl gegenüber der Pylorusresektion 
als gegenüber der Pyloroplastik. Die letztere kam überhaupt nur 
imal zur Anwendung; über die Häufigkeit der Resektion wird nichts 
mitgetheilt; doch führt P. aus, dass Dauerheilungen nach Resektion 
wegen Carcinom nur äußerst selten zu erwarten seien, und ferner, 
dass die Differentialdiagnose zwischen gut- und bösartiger strik- 
tarirender Pylorusgeschwulst sowohl klinisch-chemisch als selbst 
nach operativer Baucheröffnung so gut wie unmöglich sei, falls nicht 
bereits Drüsen- und andere Metastasen vorlägen. Er stellt die An- 
sicht auf, lieber ein operables Carcinom unresecirt zu lassen als eine 
Narbenstriktur zu reseciren. 

Von den zahlreichen beachtenswerthen technischen Bemerkungen 
sei Folgendes hervorgehoben. Vorbereitende Magenausspülungen 
sind bei großen Geschwülsten und nach vorgängigen Blutungen zu 
meiden — 2mal hatten Magenausspülungen todbringend gewirkt. 
Schnitt stets in der Linea alba — bevorzugte Operationsmethode 
Hacker’s Gastroenterostomia retrocolica posterior. Weder am Darm 
noch am Magen werden Kompressorien angelegt, ihre geeignete 


1126 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


Haltung bleibt dem Geschick der Assistentenhände überlassen. Die 
Fistelöffnung wird etwa daumendick gemacht. Ihre Vereinigung 
geschieht durch Naht, der Murphyknopf spart nur wenig Zeit, kann 
sich dagegen leicht durch Fruchtkerne etc. verstopfen. Magen und 
Darm werden provisorisch durch 2 Serosaknopfnähte rechts und links 
zusammengeheftet, dann durch einen zunächst kleinen Schnitt durch 
sämmtliche Schichten eröffnet. Von hier aus Beginn der Naht, 
welche, mit Seide und als Knopfnaht ausgeführt, Magen- und Darm- 
wand in sämmtlichen Schichten, doch mehr von der Serosa als der 
Mucosa greifend, 1/3 cm tief fasst. Ist mit diesen Knopfnähten die 
ganze Fistel umgangen, so folgt mit feinerer Seide als 2. Etage eine 
fortlaufende Serosanaht im Niveau der Knoten der ersten Reihe. 
Zum Schluss eine Anheftung des linken zuführenden Darmschlingen- 
schenkels auf 2—3 cm an den Magen. Frühzeitig, schon Tags nach 
der Operation, Nahrungszufuhr auf normalem Wege. Wenn nöthig 
(bei Magenatonie, häufigem Brechen), Magenausspülungen. 

Was die Erfolge betrifft, so starben noch in der Klinik 34 Kranke; 
Operationssterblichkeit also = 50,7%. Die Erkundigung nach den 
Entlassenen blieb (mal unbeantwortet, 11 Kranke sind binnen 
2 Monaten bis 1°/, Jahr nach der Operation ihrem Leiden erlegen, 
13 Kranke befanden sich völlig wohl 2 Monate bis 3'/, Jahre lang 
nach dem Eingriff. (Bei Sichtung der Resultate wird ein Unter- 
schied zwischen gut- und bösartigen Stenosen gemacht, was Ref., 
ohne die Schwierigkeit der sicheren Entscheidung hierüber zu be- 
streiten, nicht für nachahmenswerth halten kann.) 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


23) J.Borelius. Egen erfarenhet om Murphis Knopp i 16 Fall. 
(Hygiea Bd. LXII. p. 305.) 


Verf. theilt in 16 ausführlichen Krankengeschichten nebst epi- 
kritischen Bemerkungen seine eigenen Erfahrungen über Anwendung 
des Murphyknopfs mit: Man findet unter diesen Anastomosen zwi- 
schen Magen und Dünndarm (1 Fall), zwischen 2 Dünndarmschlingen — 
und zwar laterale Anastomosen (3 Fälle) und Endanastomosen (6 Fälle)— 
zwischen Dünn- und Dickdarm — Ileokolostomie (1 Fall), Darm- 
implantation (2 Fälle) und zwischen 2 Dickdarmschlingen (3 End- 
anastomosen). Die operativen Erfolge scheinen, wie gewöhnlich, 
theils von dem mehr oder weniger schlechten Allgemeinzustand des 
Pat., theils von dem im einzelnen Falle in Frage kommenden Darm- 
abschnitt abzuhängen. Verf. urtheilt über den Werth von Murphy- 
knopf und Darmnaht folgendermaßen: . 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1127 


1) Die Naht ist in der Mehrzahl der chronischen Fälle, über- 
haupt in allen Fällen, wo es mit der Operation nicht besonders eilt, 
vorzuziehen. 

2) Die Naht ist bei der Gastroenterostomia anterior und bei 
Verbindungen am Dickdarm vorzuziehen. 

3) Murphy’s Knopf hat bei Verbindungen am Dünndarm, zwischen 
Dünndarm und Magen, Gallenbase oder Dickdarm und in allen 
Fällen, wo dringende Umstände die Operation beschleunigen, oder 
mehrere Verbindungen in einer Sitzung angelegt werden müssen, 


den Vorzug. 
4) Der Murphyknopf ist allen anderen bisher konstruirten ähn- 
lichen Apparaten vorzuziehen. A. Hansson (Cimbrishamn). 


Kleinere Mittheilungen. 


24) F. W. Abramowitsch. Ein Fall von Oesophagotomia externa. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 5.) 


25) E. 8. Kanzel und G. K. Okladnych. Über Entfernung von 
Fremdkörpern durch Oesophagotomia externa. 
‘Ibid.) 

Im Falle A. wurde ein 4,5><4,5 cm großes Stück Knorpel verschluckt, die 
Wunde blieb ungenäht. K. entfernte ein Gebiss mit 3 Zähnen, 4><3 cm; an der 
Platte saßen 6 ziemlich scharfe Spitzen; Speiseröhre genäht; nach 7 Tagen Blutung 
per os, 2 Liter, Wunde trocken. Im Falle O. handelte es sich um eine stern- 
förmige Fischgräte, die 26,5 cm tief hinter der Zahnreihe stak. Naht der Speise- 
röhre. Alle 3 Pat. ohne Sonde genährt, geheilt. K. u. O. bringen eine Fort- 
setzung der Tabelle Fedorow’s, 50 neue Fälle. Im Ganzen sind 212 bekannt, 
davon 29 aus Russland. Gestorben sind 47 (davon 2 an Tuberkulose). Zum 
Schluss kommt eine Tabelle von 6 Fällen, wo wegen tiefen Sitzes des Fremd- 
körpers die Gastrotomie gemacht wurde. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


26) Brault et Rouger. Fausses tumeurs de l'abdomen. 
(Presse méd. 1897. No. 105.) 

Nachdem Potain im Jahre 1896 die Aufmerksamkeit auf die sogenannten 
„falschen Bauchgeschwülste« gelenkt hat, haben sich die Mittheilungen derartiger 
Beobachtungen gemehrt. Verf. sind in der Lage, 3 Fälle zu veröffentlichen. Der 
eine betraf einen etwa 40jährigen Mann, der mit der Diagnose » Ascites« ins Spital 
geschickt war. Eine genaue Untersuchung ergab aber nur eine enorme Fett- 
ansammlung in der Haut des Bauches. Bei dem 2. Falle handelte es sich um eine 
50jährige Frau, welche von der Zeit der Menopause an mannigfache psychische 
Störungen aufwies und lange Zeit eine genaue gynäkologische Untersuchung ver- 
weigerte. Ihr Bauch hatte sehr schnell an Umfang zugenommen, so dass man ein 
Ovarialkystom annahm. Eine Untersuchung in Narkose stellte auch hier fest, dass 
es sich nur um eine kolossale »Fetthypertrophie« handelte; der Bauch wurde weich 
und nachgiebig, nichts von einer Geschwulst war zu fühlen; so bald die Wirkung 
des Chloroforms nachließ, kam wieder eine derartige Spannung in die Haut, dass 


1128 . Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


die “vermeintliche Geschwulst wieder wie vorher hergestellt erschien. Solche Fälle 
sind bei Hysterie wiederholt beschrieben worden. Im 3. Falle lag eine falsche 
Geschwulst muskulären Ursprungs vor: Ein 22jähriger Mann wurde wegen Enuresis 
nocturna aufgenommen. Die linke vordere Unterbauchgegend war vorgewölbt, wie 
bei einer Eventration. Die Ausdehnung der Schwellung entsprach dem Verlauf 
des M. transversus und obliquus externus. Diese Muskeln reagirten nur schwach 
auf faradischen Strom. Die Palpation ließ die scheinbare Geschwulst als eine 
Hypertrophie der gelähmten Muskulatur erkennen. Angehörige des stupiden 
Kranken gaben an, dass er diese Schwellung seit der Geburt oder der frühesten 
Kindheit habe. Hysterie war ausgeschlossen. Es handelte sich wohl um eine 
angeborene Missbildung und kindliche Lähmung. 

Verff. besprechen sodann die anderen Formen, welche eine Geschwulst im Bauch 
vortäuschen können und schon öfters zu diagnostischen Irrthümern Veranlassung 
gegeben haben. p Tschmarke (Magdeburg). 


27) Stoops. Péritonite aiguë purulente chez une fillette de 8 ans. 
Mode spécial de drainage. 
(Arch. méd. belgiques 1898. Juni.) 

In einem Falle von eitriger Peritonitis machte S. den Bauchschnitt in der 
Linea alba, entleerte etwa 2 Liter Eiter und legte dann rechts und links in der 
Regio hypogastrica so tief unten als möglich je eine Drainageöffnung an. Dann 
führte er 2 Gummiröhren durch, deren Enden einerseits an den Drainagelöchern, 
andererseits im untersten Laparotomiewinkel mit Sicherheitsnadeln befestigt 
wurden. Er spülte die Bauchhöhle mit sterilisirttem Wasser gründlich aus. Ver- 
band. 48 Stunden später Verbandwechsel und abermalige gründliche Ausspülung 
Heilung. Entfernung der Röhren am 22. Tage. — 8. meint, die Auswaschungen, 
wie oben beschrieben, welche Lambotte (Ann. de la soc. de méd. d'Anvers 1895) 
zuerst ausgeführt, seien desshalb so wichtig, weil sie den Absackungen des Eiters 
nach der Laparotomie am besten vorbeugen. E. Fischer (Straßburg i/E.). 


28) E. Elliot (New York). A report of three unusual cases of ap- 
pendieitis. 

(Med. and surg. report of the Presbyterian Hospital in the city of New York 
1898. Januar.) 

Bei Operation eines Mannes wegen anscheinender wiederholter Anfälle von 
Appendieitis stellte sich heraus, dass statt einer mit Lichtung oder wenigstens mit 
Muskelschicht versehenen Appendix nur ein einfaches Band aus Binde- und Fett- 
gewebe von 4cm Länge vorhanden war. Auch von der Anatomie der Universität 
erhielt E. 2 ähnliche Präparate, welche innerhalb der letzten 10 Jahre dort ge- 
wonnen worden waren und gänsliches Fehlen einer Appendix vermiformis zeigten. 
Auch innen an der Schleimhaut konnte keine Anleutung der Mündung einer Ap- 
pendix aufgefunden werden. 

In einem anderen Falle wurde bei der Operation der Anhang in narbige Massen 
eingehüllt gefunden, und sein distales Ende war mittels eines harten rundlichen 
Narbenstrangs an die Wand des Blinddarms angeheftet. Offenbar handelte es sich 
um eine jetst geschlossene Fistel, vermittels welcher der in einem der ersten An- 
fälle gebildete Abscess in den Blinddarm durchgebrochen war. Der Anhang selbst 
war bald nach seinem Abgang vom Blinddarm scharf umgeknickt, so dass seine 
Absonderung durch diese Stelle schwer in den Blinddarm Ausfluss finden konnte. 
Durchbruch von Absoessen aus dem Blin idarmanhang in den Blinddarm selbst 
ist gewiss selten, noch seltener aber ist die spontane Heilung der so gebildeten 
Fistel swischen beiden Organen. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1129 


29) Rendu (Paris). Peritonisme et appendicite. 
(Med. moderne 1898. No. 51.) 

R. schildert einen interessanten Fall, wo die schweren peritonitischen Er- 
scheinungen bei einer Hysterica lange eine Diagnose unmöglich machten, und von 
der Operation nur abgesehen wurde, weil die Pat. moribund schien. Kochsalz- 
infusionen behoben die Krankheit und sicherten die Diagnose. R. macht eingehend 
auf die Schwierigkeiten der Differentialdiagnose aufmerksam, bei der das Fehlen 
des Fiebers auch nicht immer zu verwerthen ist, und nur genaue Anamnese und 
der Allgemeinbefund Anhaltspunkte für die Diagnose der im Allgemeinen seltenen 
hysterischen Affektion geben können. Roesing (Hamburg). 


30) Glantenay. Appendicite obliterante atrophique et pseudo-appen- 
dicite nerveuse. 
(Presse méd. 1898. No. 32.) 

Ein 21jēhriger Epileptiker war vor mehreren Jahren im Spital mit Erschei- 
nungen aufgenommen, welche eine Appendicitis vermuthen ließen; dabei war die 
Temperatur stets normal, der Puls beträchtlich verlangsamt, 44 in der Minute. 
Nach einem epileptischen Anfall stieg die Pulszahl auf 80. Nélaton ent- 
schloss sich zur Laparotomie, fand aber einen normal aussehenden Wurmfort- 
satz, schloss die Bauchhöhle und entließ den Kranken. Dieser war darauf wieder- 
holt in Spitalsbehandlung, zeitweise wegen deutlicher perityphlitischer Anfälle. 
Im Februar d. J. machte daher N&laton zum 2. Male eine Laparotomie und ent- 
fernte den Proc. vermiformis; ungestörte Heilung. Der resecirte Wurmfortsats 
erwies sich scheinbar normal, auf Durchschnitten aber bemerkte man, dass er 
vollständig verödet war. Auch die mikroskopische Untersuchung ließ absolut 
keine Lichtung erkennen, dagegen eine narbige, bindegewebige Struktur, mit In- 
filtration der Submucosa und zahlreichen Lymphgefäßen, die mit weißen Zellen 
voll gestopft waren. Das Organ war 38 mm lang‘, sein Querdurchmesser kaum 
5 mm. Das Mesenteriolum war gesund. Es handelte sich also um eine chronische 
Appendieitis, die zur Obliteratiort und Atrophie geführt hatte. Verf. empfiehlt, in 
ähnlichen Fällen »nervöser Pseudo-Appendieitir« das scheinbar gesunde Organ 
doch fortzunehmen, wenn man sich einmal zur Laparotomie entschlossen hat, und 
lässt es zweifelhaft, ob man den Begriff einer »nervösen Pseudoappendicitis« nach 
solcher Erfahrung noch gelten lassen darf.! Tschmarke (Magdeburg). 


31) Berthier et Milian. Appendicite obliterante atrophique et pseudo- 
appendicite nerveuse. 
(Presse med. 1898. No. 47.) 

Anknüpfend an den von Glantenay in No. 32 veröffentlichten Fall berichten 
die Verff., dass derselbe Pat. wenige Wochen später wieder im Hötel-Dieu auf- 
genommen wurde wegen eines scheinbar typischen Anfalls von Appendicitis. »Da 
die Chirurgen ihm nicht zum 2. Male eine Appendix herausschneiden konnten«, 
wurde er auf die innere Abtheilung gelegt. Hier wurde die Erkrankung als eine 
hysterische erkannt: Hemianästhesie links, Hyperästhesie rechts; doppelseitige, 
beträchtliche Gesichtsfeldeinschränkung, Schmerzhaftigkeit des 12. Interkostalnerven, 
sowohl an seinem Ursprung, als auch peripher. Mittels Suggestion wurde er von 
seinen Beschwerden geheilt. 

Vert. bestreiten. dass der damals resecirte Wurmfortsatz die Ursache für die 
Anfälle gewegen sei; die Obliteration sei ja der Beweis, dass ein eventuell früher 
‚vorhandener entzündlicher Process ausgeheilt sei. — Unter Hinzufügung eines 
ähnlichen Falles aus ihrer Beobachtung, der eine hysterische Frau betraf, stellen 


1130 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


sie die Schlussfolgerung auf: dass es wohl eine Pseudoappendiecitis nervosa giebt, 
am häufigsten auf hysterischer Basis, und dass diese Krankheit in einer großen 
Anzahl der Fälle auf einer Neuralgie des 12. Interkostalnerven, bezw. auf einer 
Ovaralgie beruhe; durch Untersuchung in dieser Richtung sei die Diagnose ge- 
sichert; die Heilung erfolge durch Suggestion. Tschmarke (Magdeburg). 


32) M. W. af Schultön. Om subfrenisk abscess vid appendicit. 
(Finska Läkaresällskapets Handlingar Bd. XL. p. 89.) 

Verf. beschreibt einen sehr typischen Fall von Appendicitis, der zu einer sub- 
phrenischen Eiterung und nachher zu einem Empyem führte. Es handelt sich um 
einen 23jährigen Mann, der Anfang August an einer subakuten Appendicitis er- 
krankte. Als das Fieber nicht nachließ, und eine Anschwellung in der rechten 
Fossa iliaca sich ausbildete, wurde die Eiteransammlung Anfang September er- 
öffnet. Der Zustand besserte sieh aber nicht, und die Sonde konnte ziemlich tief 
in die Wunde eingeführt werden. 3 Wochen später wurde eine ausgedehnte Per- 
kussionsdämpfung in der rechten unteren Thoraxhälfte mit Verlagerung der Leber 
nach unten und Verschiebung der Lunge nach oben konstatirt. Die Probepunktion 
im 7. Interkostalraum zeigte jauchigen Eiter. Durch Resektion eines Stückes der 
8. Rippe wurde die subphrenische Eiteransammlung entleert. Unter Drainage der 
Abscesshöhle besserte sich zuerst der Zustand, aber Mitte November stieg die 
Temperatur wieder, und ein rechtsseitiges Empyem bildete sich aus. Eine neue 
Resektion, dies Mal der 7. Rippe, wurde nothwendig. Nun blieb die Besserung 
dauernd, und Pat. wurde 2 Monate später geheilt entlassen. 

In der Epikrise des Falles bespricht Verf. ausführlich die Pathogenese, Dia- 
gnose und Therapie der subphrenischen Eiterungen sowohl im Allgemeinen als 
besonders nach vorherigen Appendieitiden. Die in der Weltlitteratur bisher ver- 
öffentlichten Fälle werden kritisch besprochen und für die Schlussfolgerungen vom 
Verf. verwendet. Die Arbeit steht als eine werthvolle Bereicherung unserer Kennt- 
nisse dieser schwer diagnostieirbaren Krankheitsform den monographischen Bearbei- 


tungen Maydl’s und Sachs’ würdig zur Seite. 
A. Hansson (Cimbrishamn). 


33) B. Carlston. Ett fall af diffus peritonit efter gangränös appen- 
dicit med perforation — operation — helsa. 
(Hygiea Bd. LXI. p. 265.) 

Pat., 15jähriger Schüler, schien 7 Tage vor der Aufnahme eine diffuse appen- 
dieitische Perforationsperitonitis bekommen zu haben. Der Allgemeinzustand war 
sehr heruntergekommen, als die Operation unmittelbar nach der Aufnahme vor- 
genommen wurde. 3 Schnitte — dem rechten und linken Poupart’schen Band 
entlang und in der Mittellinie — entleerten jauchenden, grauen, dünnflüssigen 
Eiter. Ein bohnengroßer‘, kleinhöckriger Kothstein fand sich in der Jauche. Der 
fingerdicke, perforirte Wurmfortsatz wurde exstirpirt, die Bauchhöhle mit 10 Liter 
Kochsalslösung ausgespült und die 3 Wunden theils mit Gase und Gummiröhren, 
theila nach Mikulicz drainirt. 500 cem Koohsalzlösung hypodermatisch unmittel- 
bar nach der Operation; 2 Stunden später ausgiebige Klysmata; während der 
1. Nacht jede- 2. Stunde 5 cg Kalomel. An den folgenden Tagen wurden die großen 
Klysmata wiederholt. Die Ernährung geschah durch den Mastdarm, die Herz- 
thätigkeit wurde mit subkutanen Kampherinjektionen unterstützt. 

Nach einer intermittirendeu, wahrscheinlich von einer zufälligen metastatischen 
Eiterung hervorgerufenen Fiebersteigerung trat völlige Heilung ein. 

In der Epikrise des Falles hebt Verf. besonders die Nothwendigkeit der ener- 
gischen Nachbehandlung hervor. A. Hansson (Cimbrisbamn). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1131 


34) Sternberg. Beitrag zur Kenntnis der Bruchsacktuberkulose. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1698. No. 9.) 
28jähriges Mädchen hatte im 17. Lebensjahre eine linksseitige Pleuritis ex- 
sudativa mit verlangsamter Resorption, im 24. eine Einklemmung eines bis dahin 
unbeachteten linksseitigen Leistenbruchs mit spontaner Lösung überstanden. 4 Jahre 
später entwickelte sich ein Leistenbruch auf der rechten Seite. Bei der Radikal- 
operation beider zur Zeit freien Hernien (bei sonst ungestörter Gesundheit) findet 
sich beiderseits das Bruchsackbauchfell, links auch das des vorliegenden Dünn- 
darms mit miliaren Tuberkeln besetzt, das Peritoneum parietale frei; im größeren 
Bruchsack ist auch klares Serum. Die Wundheilung erfolgte fieberlos unter Eite- 
rung aus den Stichkanälen, welche zu fungösen Fisteln wurden. Gleichzeitig 
sammelte sich allmählich reichlicher Ascites an, welcher 9 Monate nach der Ope- 
ration, bald nach dem spontanen Verschluss der Fisteln, vollständig verschwand. 
Ein Jahr später bestes Wohlbefinden. 
Verf., der die überstandene Pleuritis als tuberkulöse anzusehen geneigt ist, 
will in dieser die Ursache für die tuberkulöse Infektion des Bruches gesucht wissen. 
Hübener (Breslau). 


35) Tuffer. Une aiguille dans une &piplocele. 
(Presse méd. 1897. No. 66.) 


Ein sonst gesunder Mann, seit 5 Jahren Träger einer linksseitigen reponiblen 
Hernie, fühlte 5 Monate vor seinem Eintritt ins Spital plötzlich einen lebhaften 
Schmerz in der Bruchpforte, welcher beim Aufrichten und Hinlegen auftrat, beim 
Liegen verschwand. Die Schmerzen ließen allmählich nach, kamen aber zuweilen 
wieder. Bei der Untersuchung fand man einen Fremdkörper in der Hernie, der 
einer Nadel ähnlich zu sein schien und bei Bewegungen Schmerzen verursachte. 
Eine Radiographie bestätigte das Vorhandensein einer Nadel von fast 4 cm Länge. 
Daher Radikaloperation der Hernie, die ein großes Stück Netz enthielt, in wel- 
chem die Nadel saß; Abtragen des Netzstückes, schichtweise Naht; Heilung ohne 
Zwischenfall. 

Der Fall ist interessant durch die wahrscheinliche Wanderung, welche die 
Nadel gemacht hat, nachdem sie unfreiwillig und unbemerkt verschluckt worden ist. 

Tschmarke (Magdeburg). 


36) A. Muchard. Hernie vesicale inguinale, suture de la vessie. 
(Revue med. de la Suisse rom. 1898. No. 5.) 

79 Jahre alter Pat., seit 2 Jahren linksseitiger, hühnereigroßer Leistenbruch. 
Dieser kann nur zum geringen Theil reponirt werden, der größere Theil bleibt im 
Hodensack, ist irreduktibel, obwohl die Bruchpforte für den untersuchenden Finger 
durchgängig ist. Diagnose: »Netzbruch«. 

Bei der Operation wird ein Blasenbruch mit prävesikaler Fettschicht kon- 
statirt. Seitlich von der Blasenwand findet sich ein peritonealer Sack ohne Inhalt, 
der resecirt wird. Erstere war incidirt worden; Schleimhaut und Muskelschicht 
werden gesondert mit Seide genäht; nach Reposition der Blase Vereinigung der 
Pfeiler mit Katgut. Reaktionsloser Verlauf. 

Im vorliegenden Falle handelte es sich um einen primären inguinalen 
Blasenbruch. Es war nicht leicht, das Organ vorher zu erkennen, erst die In- 
cision musste Aufklärung schaffen. Es fehlten sämmtliche, sonst meist vorhandene 
Symptome: Störungen von Seite der Harnentleerung, Tenesmus, Retention u. A. 

Die Beschaffenheit der Geschwulst an sich gestattete auch keinen sicheren 
Schluss — es waren im Gegentheil die Zeichen eines Netzbruchs vorhanden. 


1132 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


Das einzige verwerthbare Symptom war die Fettschicht, die übrigens nicht 
immer vorhanden ist. Kronacher (München). 


37) Vincent (Alger). A propos de deux cas de cystocèle crurale et 
d'un cas de cystocèle inguinale. 
(Arch, prov. de chir. 1898. No. 5.) 


Die beiden seltenen Fälle von Schenkelhernie mit Harnblase als Inhalt be- 
treffen Frauen; sie sind beide linksseitig und beide entstanden nach einer Adnex- 
erkrankung post abortum. In dem einen Falle ergab eine nach der Operation 
erhobene sorgfältige Anamnese gewisse Hinweise darauf, dass Blasentheile in den 
Bruch einbegriffen sein mussten. Die Frau hatte bei gelegentlichen Schmerz- 
anfällen in der linken Leistengegend Schwierigkeiten beim Urinlassen, Harndrang, 
und fühlte gegen Ende jeder Blasenentleerung in der Geschwulst ein glucksendes 
Geräusch. Die andere Pat. machte keine Angaben, welche die Vermuthung einer 
Cystocele zugelassen hätten, Beide Male fand sich ein Netzbruch neben dem 
Blasenvorfall. Im 1. Falle wurde die Blasenwand als solche nicht erkannt, da sie 
außerordentlich verdünnt war. Sie riss ein und konnte durch Naht nicht alsbald 
geschlossen werden. Der Sack wurde desshalb abgebunden, die Wunde tamponirt. 
Es erfolgte vollständige Heilung, eben so wie in dem 2. Falle, der noch dadurch 
interessant ist, dass der Abfluss von seröser Flüssigkeit aus einer peritonealen 
Absackung anfänglich eine Eröffnung der Harnblase vortäuschte. 

Bei dem Fall von linksseitigem Leistenbruch bei einem 43jährigen Mann fand 
man 2 äußerst dünnwandige leere Säcke, die sich wie Hoden und Nebenhoden in 
einander fügten und beide in gleicher Weise als Bruchsack imponirten. Die ver- 
sehentliche Resektion fast eines Drittels der Harnblase blieb ohne üble Folgen. 
Die nach ausgiebiger Eröffnung des Bauches angelegte Blasennaht mit nachfolgen- 
der Peritonealdrainage führte zu völliger Heilung. P. Stolper (Breslau). 


38) Souligoux. Hernie crurale double, avec cystoc&le double. 
(Arch. gener. de med. 1898. Juni.) 

Im Alter von 29 Jahren bekam die jetzt 31jährige Frau starke Schmerzen in 
der Regio epigastrica. 2 Monate später konstatirte man in der linken und rechten 
Weiche eine kleine Geschwulst, die beim Husten anschwoll. Von Seiten der Harn- 
wege lagen keine Störungen vor. 

Bei der Operation fand sich eine Hernia cruralis kombinirt mit einer Cystocele, 
‘die noch rechtzeitig von dem Operateur erkannt wurde. Auf der linken Seite 
waren die Verhältnisse genau dieselben wie auf der rechten. 

Longard (Aachen). 


'39) S. Lebensohn. Radikaloperation der Hernien. 
(Deutsche. Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 538.) 


Die Arbeit [bringt eine neue Statistik über die Bruchradikaloperationen in 
Kocher’s Klinik und schließt sich an die früheren, diesen Gegenstand betreffenden 
Berichte, insbesondere den letzten von [Beresowski (cf. d. Centralblatt 1895 
p. 663) an. Am interessantesten und wichtigsten ist dabei die Berichterstattung 
über die Erfolge der jüngsten Kocher’schen Operationsmethode des äußeren 
Leistenbruchs, der sogenannten »lateralen Verlagerungsmethode«, deren Technik 
bereits in der Beresowski’schen Arbeit beschrieben ist, so dass wir hierüber 
auf das damalige Referat verweisen können. L. berichtet jetzt über 97 Pat., an 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1133 


welchen 103 Hernien nach dieser Methode operirt wurden. Zu ihnen kommen noch 
die bereits von Beresowski operirten 29 Fälle, so dass 126 Operirte vorliegen, 
von denen keiner gestorben ist; Sterblichkeit also gleich Null. Bei den neuen 
Fällen konnte das Endresultat bei 83 Pat. mit 88 Hernien ermittelt werden, bei 
den älteren (Beresowski’schen) für 22 Kranke mit 23 Hernien, insgesammt also 
für 105 Kranke mit 111 Hernien. Recidive wurden 4 konstatirt, also 3,6%, wobei 
zu bemerken ist, dass diese Fälle nicht von Kocher selbst, sondern von Assi- 
stenten operirt waren, die nicht tadellos gearbeitet haben werden. 


In dem von L. bearbeiteten Material heilte die Operation in 91,3% primär, 
und zwar durchschnittlich in 10,7 Tagen, die mittlere Heilungsdauer bei secunda 
intentio betrug 32,6 Tage. Die Berichterstattung über die übrigen Brucharten hat 
geringeres Interesse. Es handelte sich um: 11 Herniae inguinales int. (operirt 
mittels »Kanalnaht«; 4 Recidive bei 7mal feststellbarem Endresultat; 18 Herniae 
erurales (bei 15 Pat., 3mal Verlagerungsmethode, sonst Kanalnaht, 11 definitive 
Heilungen festgestellt); 18 Herniae umbilicales bezw. ventrales oder epigastricae 
(3 Recidive bei 14mal festgestelltem Endresultat). 


Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


40) W. Fick. Ein Endotheliom und ein Carcinom des Magens. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIII. p. 457.) 


F. liefert die genaue histologische Beschreibung von 2 aus der Praxis von 
Zoege v. Manteuffel stammenden Pylorusresektionspräparaten, Betreff deren 
genauerer Befunde auf das Original zu verweisen ist. Erwähnt mag nur werden, 
dass das Magenendotheliom den 2. am Magen beobachteten Fall der Art bildet 
(der erste ist von Jungmann beschrieben). Die Geschwulst zeigte epitheloide 
Geschwulstzellen, hervorgegangen aus den die Bindegewebsbündel einscheidenden 
Saftspaltenzellen und eine Hypertrophie und Neubildung der faserigen Binde- 
gewebselemente. Von der letzteren nimmt F. an, dass sie großentheils älteren 
Datums sei als die Endothelwucherung. Äbnlich ist das Verhalten auch bei dem 
Careinompräparat, das eine bedeutende, entzündliche Bindegewebshypertrophie dar- 
bot bei nur sehr geringer Ausdehnung des krebsigen Processes, wesshalb anzu- 
nehmen ist, dass die Bindegewebshypertrophie jedenfalls früher bestanden hat als 
das Careinom. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


41) D. Schwarz (Agram). Mehrfache Magenstenose. 
(Liečnički viestnik 1898. No. 8. [Kroatisch.]) 

Der 58jährige Pat. leidet schon seit 20 Jahren an Magenbeschwerden, hat 
auch kaffeesatzartige Massen erbrochen; die Beschwerden kamen anfallsweise, in 
der Zwischenzeit fühlte sich Pat. vollkommen gesund. Seit 3/4 Jahr hat Pat. 
auch Schlingbeschwerden, kann in letzter Zeit nur mehr flüssige Nahrung schlucken. 
Bei der Krankenhausaufnahme konnte Pat. nicht einmal Wasser schlucken, die 
Cardia kann nicht mit der dünnsten Schlundbougie passirt werden. Am 28. De- 
cember 1897 Gastrostomie nach Hacker unter Schleich’scher Infiltrations- 
anästhesie; der kleine Magen wurde dabei an den linken Leberlappen angewachsen 
gefunden; am Magen strahlenförmige Narben. Nach 4 Tagen Bougirung mit Sonden 
ohne Ende, welche guten Erfolg hatte, so dass Pat. auch feste Nahrung schlucken 
konnte. Unterdessen wurde aber die Magenfistel insufficient, wurde daher am 
7. Februar 1898 durch radikale Operation geschlossen. Pat. muss täglich sondirt 
werden, da die Stenose Neigung hat, sich wieder zu verengern. Pat. fühlt sich 


1134 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


wohl, doch nach einigen Tagen wieder Erbrechen und Verfall, daher am 10. Fe- 
bruar 2. Laparotomie, wobei nach Lösung der Verwachsungen mit der Leber ein 
Sanduhrmagen gefunden wurde. In der Absicht, eine Gastroplastik zu machen, 
legte S. an der großen Curvatur einen Schnitt an, ging jedoch zuerst mit dem 
Finger ein, um den Pylorus zu untersuchen und fand denselben kaum für einen 
Gänsekiel durchgängig. Selbstverständlich Änderung des Operationsplanes und 
Anlegung einer Magen-Darmfistel (Gastroenterostomia retrocolica anterior). Den 
Tag nach der Operation begann Pat. gallige Massen zu erbrechen, was nicht zu 
stillen war, verfiel immer mehr und starb am 13. Februar. (In einem Falle von 
galligem Erbrechen nach Gastroenterostomie machte Ref. am 3. Tage post oper. 
eine Magenauswaschung, worauf das Erbrechen aufhörte und sich die schon sehr 
kollabirte Pat. schnell erholte. In einem zweiten Falle trat auf Magenausspülung 
nur eine Erleichterung ein, das gallige Erbrechen cessirte erst vollkommen, als der 
Pat. kompakte Nahrung, Fleisch und Brot, gegeben wurde) Bei der Sektion wur- 
den die Nähte der Gastroenterostomie in Ordnung gefunden. Cardia und Pylorus 
narbig verengt, die erstere für den Finger, der letztere nur für eine dünne Sonde 
durchgängig. Über den ganzen Magen ein Netz von Narbensträngen, in der Mitte 
die normale Magenwand ganz durch eine Narbe substituirt, welche stark einge- 
sunken ist und nur eine Brücke zwischen kugelförmigem kardialem und pylori- 
schem Magentheil bildet. Im zu- und abführenden Darmschenkel, so wie im Ma- 
gen galliger Inhalt. 

S. neigt der Ansicht zu, der Misserfolg der Operation sei eingetreten, weil 
die Anastomose zu nahe am Duodenum angelegt wurde; Chlumski’s Vorschrift 
war ihm damals noch nicht bekannt. (Ref. kann aus seiner Erfahrung auf 
Wikerhauser’s Abtheilung hinzufügen, dass die Erfolge unvergleichlich besser 
sind, seitdem wieder die Gastroenterostomia antecolica aufgenommen ist, die 
Anastomose ca. 50 cm vom Duodenum angelegt und der zuführende Schenkel mit 
2—3 Nähten hoch an der Magenwand fixirt wird. So wurde in einem Falle, wo 
sich, nachdem die Anastomose fertig war, ein scharfer Sporn zeigte, die zuführende 
Schlinge hoch fixirt, wodurch die Knickung behoben wurde, und der Verlauf ohne 
jeden Zwischenfall war.) 

Epikritisch bemerkt Verf., dass von Anfang an der ganze Umfang der Er- 
krankung schwer zu erkennen war, obwohl er zugiebt, dass ihn der Befund bei 
der 1. Operation (Gastrostomie) hätte auf den Gedanken einer multiplen Stenose 
bringen sollen. Ye Cačkovió (Agram). 


42) Rommerskirch. 101 Fälle von Gastrostomie. (Aus der kgl. 
chirurg. Klinik zu Breslau.) 
Inaug.-Diss., Breslau, 1898. 56 S. 


18 Gastrostomien wegen gutartiger Verengerung, S3 wegen Carcinom der Speise- 
röhre oder Cardia, davon 5 nach der alten, 1 nach der Frank schen, die übrigen 
nach der Witszel’schen Methode mit der Hacker’schen Sphinkterbildung (resp. 
nach deren Modifikation nach Kader und Henle) operirt. Die Kader’sche 
Modifikation ist bekannt, die Henle’sche besteht darin, dass nur der unterste 
Theil des Kanals aus Magenwand allein, der Rest aus Peritoneum und Magen- 
wand gebildet wird. Mikulicz’s Resultate sind vorzügliche, sowohl was die 
primäre Sterblichkeit, als was Funktion und Dauerresultate betrifft. Von den 
wegen Verätzung Operirten starb nur 1 kurz nach der Operation, von den wegen 
Careinom Operirten starben 17 = 20,5%, aber nur 2 an Infektion. Die Lebens- 
dauer von 66 entlassenen Carcinomkranken betrug im Mittel 5 Monate, 4 lebten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 1135 


noch über 1 Jahr. Die eigentliche Witzel’sche Methode mit Hacker’schem 
Sphinkter giebt weitaus die besten Resultate. (Die interessante Arbeit beweist, 
dass die Aussichten der Gastrostomie bei Carcinom durchaus nicht go schlecht 
sind, wie man heut zu Tage vielfach, besonders auf interner Seite, annimmt; diese 
Aussichten werden zweifellos noch viel bessere werden, wenn frühzeitig operirt 
wird. Wie Verf. dazu kommt, uns als Gegner der Operation bei Careinom zu 
bezeichnen, dürfte Jedem unerfindlich sein, der unsere Arbeiten gelesen hat. Ref.) 
H. Lindner (Berlin). 


43) W. Meyer (New York). A case of gastrostomy performed accord- 
ing to Kader’s method. 
Repr. from the New York med. journ. 1896. November 7. 14 8. 


54jähriger Mann, operirt wegen krebsiger Ösophagusstriktur am 21. Juli 1896 
genau nach Kader’s Methode. Gute Heilung. Vorzügliches funktionelles |Re- 
sultat 2 Monate nach der Operation. H. Lindner (Berlin). 


44) Monprofit (Angers). R&section du pylore pour stenose cicatricielle. 
Guérison. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 1.) 


M. berichtet über eine durch ihre Genese interessante, durch Resektion glück- 
lich geheilte Pylorusstenose. 

Eine 27jährige Frau hat im April 1895 Salzsäure verschluckt. Sie behielt 
nach Ablauf der ersten Verätsungssymptome eine nahezu totale Undurchgängigkeit 
des Pylorus und nahm in Folge dessen in 5 Monaten 44 Pfund ab. M. ließ durch 
eine Punktionsnadel zunächst die Gase aus dem stark aufgetriebenen Magen ab 
und versuchte dann durch eine Incisionsöffnung die Dilatation mit dem Finger: 
vergeblich; desshalb Excision des Pylorus, dessen Verengerung auf einer chroni- 
schen Entzündung des Sphinktermuskels beruhte. P. Stolper (Breslau). 


45) Schlatter. Weitere Mittheilungen über einen Fall von totaler 
Magenexstirpation beim Menschen. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medien u. Chirurgie Bd. III. Hft.3 u. 4.) 


Zu seinem bekannten 1. Fall von wirklich totaler Magenexstirpation bringt 8. 
nachträgliche Untersuchungen des Stoffwechsels dieser Frau ohne Magen und 
liefert den bündigsten Beweis dafür, dass man sehr gut ohne Magen leben kann. 
Die Frau nahm in den 9 Monaten nach der Operation 8,4 kg an Gewicht zu. Die 
Ausnutzung des eingeführten Eiweißes war eine völlig normale, der Wegfall des 
eiweißverdauenden Magensaftes blieb also obne Folgen für die Ausnutzung. Das 
Gleiche gilt für das Nahrungsfett. Der Ausfall des salzsäurehaltigen Magensaftes 
war ferner ohne jeden Einfluss auf die Größe der Darmfäulnis. Endlich ergab 
sich, dass der Ablauf der Stickstoffausgabe im Urin nach einer Mahlzeit von der 
Magenverdauung absolut unabhängig ist, da seine Kurve durch die Ausschaltung 
des Magens in keiner Weise gegenüber derjenigen bei normalen Verhältnissen 
alterirt ist. 

Das einzig Unangenehme im subjektiven Befinden der Pat. ist ein nach reich- 
licher Nahrungsaufnahme im Epigastrium und in beiden Hypochondrien auf- 
tretendes Druckgefühl. Haeckel (Stettin). 


1136 Centralblatt für Chirurgie. No. 45. 


46) G. Kövesi. Einfluss der Gastroenterostomie auf die Sekretions- 
vorgänge. (Aus der I. med. Klinik des Herrn Prof. Fr. v. Koränyi 


in Budapest. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 34.) 

Die Untersuchungen wurden nur in 1 Falle von Gastroenterostomie wegen 
Narbenstenose des Pylorus bei Ektasie des Magens und Hyperaeidität vorgenommen 
und ergaben, dass nach der Operation der Hyperaeiditätsgrad wesentlich kleiner 
und die Stärkeverdauung in Folge dessen vollkommener wurde, während sich die 
Pepsinsekretion wenig verändert und die motorische Thātigkeit des in seinen Di- 
mensionen nur geringe Zurückbildung aufweisenden Magens kaum gebessert zeigte. 

Kramer (Glogau). 


47) R. Frank. Demonstration zweier geheilter Carcinomfälle. 
(K. k. Gesellschaft der Ärzte in Wien.) 
(Wiener klin. Rundschau 1898. No. 19.) 

Im ersten Falle wurde ein umfangreiches Pyloruscarcinom vor 7 Jahren rese- 
cirt; Pat. ist gesund. Im zweiten Falle wurde vor 51/g Jahren wegen Blinddarm- 
earcinom ein 35 cm langes Darmstück so wie bedeutende Drüsentumoren exstirpirt. 
Pat. ist gesund und hat sein Körpergewicht verdoppelt. In beiden Fällen ist die 
Diagnose mikroskopisch sichergestellt. In den folgenden Sitzungen der Gesellschaft 
Le No. 20 und 21) wurden von verschiedenen Herren Fälle von ähnlich lange 
dauernden Heilungen demonstrirt und besprochen. Grisson (Hamburg). 


48) M. Schmidt. Invagination des Quercolons nach Pylorusresektion 
und Magen-Duodenalvereinigung mittels Murphyknopfes. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 83.) 

Wenige Tage nach Ausführung der genannten Operation (nach Kocher) er- 
krankte die 48jährige Pat. an heftigen Koliken, deren Grund erst am 24. Tage 
nach der Operation klar wurde, als ein großer Darmsequester abging, welcher sich 
durch die an ihm haftenden Seidenligaturen als der von der großen Magencurvatur 
abgelöste Theil des Colon transversum erwies. Tod 1 Monat später an Verdau- 
ungsstörungen, Inanition und fistulöser Eiterung in der Bauchnarbe von kothigem 
Charakter. Die Sektion ergab Spontanheilung der ubgelaufenen Coloninvagination 
mit einer schwieligen und engen Ringnarbe, in welcher mehrere Fisteln; der 
Murphykuopf im Blinddarm liegend. Von Interesse ist, dass gerade der durch 
die Abtrennung vom Magen mobilisirte Quercolontheil von der Invagination be- 
fallen wurde. Diese Mobilisirung einerseits und andererseits eine Fixirung des 
rechten Abschnitts dieses Darmtheils an die Magen-Duodenalvereinigung (bei der 
Sektion bewiesen durch hier vorhandene starke Verwachsungen nebst einer Magen- 
Colonfistel und wahrscheinlich veranlasst durch Mitfassen eines Colonzipfels zwi- 
schen die Murphyknopfhälften, werden den Eintritt der Invagination erklären 
können, während der Murphyknopf hierfür wahrscheinlich nicht verantwortlich zu 
machen ist. Von besonderem Interesse sind ferner die specielleren anatomischen 
Verhältnisse an dem abgestoßenen Darmsequester, Betreffs welcher aber auf die 
Beschreibung im Original zu verweisen ist. (Selbstbericht.) 


Orizinalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf $ Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. von Bergmann, F. König, E. Richter, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


—— n 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No, 46. Sonnabend, den 19. November. OCH 


Inhalt: v. Mosetig-Moorhof, Plastischer Verschluss von Kuochendefekten am Warzen- 
fortsatz durch einen falzartig unterponirten, umgelegten Hautlappen. (Original-Mittheilung.) 

1) Eulenburg, Realencyklopädie. — 2) Festschrift für Durante. — 3) Imbriaco, 
Kriegschirurgische Operationen. — 4) Stempel, Myositis ossificans. — 5) Schulthess, 
Spastische Gliederstarre. — 6) Snévé, Pseudarthrosenbildung. — 7) Anghel, Juvara, Be- 
handlung von Knochenbrüchen. — 8) Francke, Habituelle Schulterverrenkung. — 9) Vogel, 
Angeborene Hüftverrenkung. — 10) Alsberg, Coxa vara. — 11) Heusner, Klumpfuß. — 
12) Chipault, Mal perforant. 

13) 70. Naturforscher- und Ärzteversammlung: Morian, Myositis ossiflcans. — Wolff, 


Behandlung von Knochenbrüchen. — Plücker, Behandlung komplicirter peripherer Ver- 
letzungen. — Plücker, Missbildungen der oberen Extremitäten. — Bardenheuer, Totale 
Hüftgelenksresektion. — Wolff, Beckenresektionen. 


14) Preindisberger, Krankenhausbericht. — 15) Aus der Sitzung der Arztegesellschaft 
in Wien. — 16) Marx, Osteomyelitis. — 17) Boise, Geleukentzündung durch Pneumo- 
kokken. — 18) Bertelsmann, Muskelschwiele. — 19) Zagato, Fibromyom im Muskel. — 
20) Porges, Verletzungen durch Muskelzug. — 21) Gossner, Hysterie nach Trauma. — 
22) Pitsch, Hochstand der Scapula. — 23) Morestin, Schulterblattbruch. — 24) Ramm- 
städt, Oberarmbruch. — 25) Dehler, Osteomyelitis des Kreuybeins. — 26) Hinsberg, An- 
geborene Hüftverrenkung. — 27) Goldscheider, Hygromen des Knies. 


Plastischer Verschluss von Knochendefekten 
am Warzenfortsatz durch einen falzartig unterponirten, 
umgelegten Hautlappen. 
Von 
v. Mosetig-Moorhof in Wien. 


Die operative Entfernung von Cholesteatomen im Gehörorgan 
hinterlässt Knochendefekte, deren späterer organischer Verschluss, 
wenn die Periode der Recidivirungsgefahr vorüber ist, aus mehr- 
fachen, nicht näher zu erörternden Gründen geboten erscheint. 

Durch Herrn Prof. Gruber wurde mir der erste Pat. zugeführt, 
an dem ich den plastischen Verschluss ausführen sollte: er zeigte 
bei abgedrängter Ohrmuschel entsprechend der Außenwand des 
Processus mastoideus einen ovalen, von narbiger Haut umrandeten, 

46 


1138 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


über kaffeebohnengroßen Substanzverlust des Knochens, durch den 
man in das Innere der glatten, epithelbedeckten, tiefen Knochen- 
höhle Einsicht nehmen konnte. Diese Knochenhöhle kommuniecirte 
breit mit dem äußeren Gehörgang. 

Ich ging folgendermaßen zu Werke: Unter antiseptischen Kau- 
telen wurde zunächst an der unteren Fläche, als der bequemsten 
und am wenigsten behaarten Stelle der nächsten Defektumgebung, 
ein Hautlappen vorgezeichnet, etwas größer als der Defekt, an Ge- 
stalt zungenförmig. (Fig. 1.) Zwei ganz seicht geführte Kontour- 
schnitte, vollends parallel zu einander, begrenzten im Lappen einen 


Fig. 1. Fig. 3. 


l 


== 


Randstreifen, welcher sofort von seinem Epidermisüberzug befreit 
wurde, so dass nach beendeter Abschälung der künftige Lappen eine 
überall gleichmäßig angefrischte Randzone trug. Nun erst vertiefte 
ich den äußeren Kontourschnitt bis zur Fascie und präparirte den 
Lappen bis zum Defektrande hinauf ab, allwo er mit breitem Stiel 
sitzen blieb. Der Rest des Defektrandes wurde nicht in gewöhn- 
licher Weise angefrischt, sondern in toto erhalten und nur mit 
flach geführter Bistouriklinge so weit von seiner Knochenbasis los- 
getrennt, dass der solchermaßen unterminirte Rand sich mittels 
Hükchen leicht von der Unterlage abheben ließ. (Fig. 2.) Hierauf 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1139 


wurde der Hautlappen an seinem Stiel nach oben zu umgelegt, so 
dass die Epidermisfläche nach innen kehrte und dessen Rand unter- 
halb des abgehobenen Defektfalzes geschoben werden konnte. Vier 
Nähte aus dünnem Katgut fixirten den Lappen in seiner neuen 
Lage. (Fig. 3.) Schließlich vereinigte ich durch Knopfnähte die 
Ränder des durch die Entnahme des Lappens entstandenen Haut- 
defekts nach entsprechender Unterminirung linear. Es verblieb nur 
eine ovale, besser birnförmige Partie der Lappenwundfläche übrig, 
welche sich etwa wie ein Uhrglas zum Rahmen verhielt. (Fig. 4.) 
Diese restirende Wundfläche kann durch Implantation von Rever- 
din’schen Läppchen sofort gedeckt oder der spontanen Übernarbung 
überlassen werden; letzteres um so eher, je kleiner das zurück- 
bleibende Wundareal ausfällt. 

Nach der geschilderten Methode wurden bis nun 6 Fälle operirt; 
bei allen trat prima intentio ein und rasche Vernarbung der in 
5 Fällen ungedeckt gebliebenen Lappenwundfläche, so dass schon 
am Schluss der 2. Woche Alles vernarbt war. Diese Operations- 
methode ist eben so einfach in ihrer Ausführung als sicher im Er- 
folg. Das Unterschieben des Lappens hat vor der senkrechten An- 
frischung große Vortheile; einmal wird Alles erhalten, und weiter 
kommen dabei ausgedehntere Wundflächen in gegenseitige, ich möchte 
fast sagen hermetische Berührung. Technisch ist sie jedenfalls 
leichter als das Verfahren von Stacke mit zwei supraponirten 
Lappen. Die Reinigung der außen verschlossenen Knochenhöhle 
kann vom Gehörgang aus besorgt werden. Eine vorgängige Epi- 
lation der Lappenhaut ist sehr zu empfehlen. 


1) A. Eulenburg. Realencyklopädie der gesammten Heil- 
kunde. Bd. XVII und XVIII. 
Wien, Urban & Schwarzenberg, 1598. 

E.’s Realencyklopädie zählte in der 1. Auflage 15 Bände, die 
2. brachte es auf 22, die 3. wird, vollendet, mindestens aus 25 Bänden 
bestehen. Vermehrt ist sie also sicher; dafür sorgt schon der Fort- 
schritt unserer Wissenschaft, der ja eine Anzahl ganz neuer Artikel 
nothwendig gemacht hat. Es sei beispielshalber nur auf die Organ- 
safttherapie hingewiesen, von der die 2. Auflage noch nichts wusste, 
und die jetzt allein für sich 60 Seiten beansprucht. Aber auch die 
Abschnitte, die die alten Titel führen, sind den modernen An- 
sprüchen nach vervollständigt und umgearbeitet, so dass das Werk 
in der That ein durchaus zuverlässiger und allen Anforderungen 
genügender Führer durch die verschiedensten Gebiete der Medicin 
ist. Man kann ja wohl mit ziemlicher Sicherheit prophezeien, dass 
es im Jahre 1900 mit Band 25 seine Vollendung finden wird. 

Richter (Breslau). 


46* 


1140 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


2) Per il XXV Anno dell’ insegnamento chirurgico di Fran- 
ceso Durante nell università di Roma. 
Rom, Societa editrice Dante Alighieri, 1898. 

In sinniger Form haben die Schüler und Freunde des römischen 
Chirurgen Durante das Jubiläum seiner 25jährigen Lehrthätigkeit 
an der Universität Rom gefeiert, indem sie in 3 stattlichen Bänden 
Produkte eigener Arbeit dem Meister widmeten. Auf über 1900 Seiten 
sind 60 Arbeiten niedergelegt, und als Titelblatt steht ihnen das 
Bildnis des Mannes voran, dem sie zugeeignet sind. Aber so weit wir 
uns bisher überzeugt haben, ist es nicht nöthig, das Maß der Elle 
an die vereinigten Arbeiten zu legen. Die nach und nach folgenden 
Referate mögen den Fleiß und tüchtigen Geist wiederspiegeln, den 
sie bekunden. Ein Inhaltsverzeichnis der Arbeiten Durante’s ist 
dem letzten Band angehängt und erinnert wieder an den Zusammen- 
hang des Forschers mit der deutschen Wissenschaft. Sind doch gerade 
seine ersten Arbeiten über Entzündung der Gefäßwände und Or- 
ganisation des Thrombus (1871 und 1872) zuerst in den »Medi- 
einischen Jahrbüchern« erschienen. 5 Dreyer (Köln). 


3) P. Imbriaco. Le operazioni più frequenti nella chirurgia 


di guerra. 
Florenz, 1898. VIII, 477 8. 

Das vorliegende Buch ist als Lehrbuch für die militärärztliche 
Schule bestimmt. Als solches beschränkt es sich natürlich nicht 
auf die wirklich kriegschirurgischen Partien unserer Disciplin, sondern 
I. hat sich einen weiteren Rahmen gesteckt. Es ist ein Kompendium 
der Operationslehre. Die folgende Inhaltsangabe zeigt die Gebiete, 
welche I. seinen Vorträgen — in welche Form das Buch gekleidet 
ist — einverleibt hat. 

I. beginnt mit den Operationen an den Weichtheilen: Gefäß- 
unterbindungen im Allgemeinen und Besonderen in 4 Vorlesungen. 
Hier finden sich sehr instruktive Schemata, so wie eine große Zahl 
sehr klarer Originalzeichnungen, welche wohl jeden klinischen 
Lehrer interessiren werden. 

Die nächste Vorlesung ist der Frage gewidmet, ob im Felde 
schon in der ersten Linie aseptisch zu arbeiten ist. Für I. ist 
(p. 48) dies eine Frage der Opportunität und Aktualität, er 
glaubt — in Übereinstimmung mit den deutschen und französischen 
Kriegschirurgen — die antiseptische, eventuell gemischte Behand- 
lung in der ersten Linie durchführen zu sollen. Die Einzelheiten 
der Wundbehandlung so wie der umfangreicheren Wundversorgung 
sind in den nächsten Abschnitten abgehandelt: Blutleere, Gefäß-, 
Sehnen- und Nervennaht, primäre Hautplastik. Auffallenderweise 
sind auch Lippen- und Rhinoplastik ausführlich in diesem Kapitel 
besprochen. Auch wäre zu erwähnen, dass I. die sekundäre Naht 
bevorzugt. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1141 


Der zweite Theil des Buches enthält die Eingriffe an den 
Knochen und Gelenken (Vorlesung VIII bis XX). Auch hier vor- 
treffliche Illustrationen, eine große Zahl praktischer Winke, die den 
erfahrenen Chirurgen verrathen. Geschosse, Fremdkörper und Knochen- 
splitter sind nach I. unter den technischen Vorsichtsmaßregeln zu 
entfernen (Vorlesung XXI LL In den Anstalten zweiter Linie ver- 
langt I. daher sämmtliche Apparate, die diesem Zweck dienlich sein 
können (Röntgen etc.) 

Der letzte Theil endlich ist den speciellen Operationen gewid- 
met (Vorlesung XXIII—XXXII). I. arbeitet hier mit den Erfahrungen 
und Kenntnissen der neuesten Zeit. Das ungeheure Material ist 
streng gesichtet, nur die bewährten Methoden sind ausführlicher be- 
sprochen. Ein besonders großer Platz ist hier den Hernien und 
ihren Radikaloperationen eingeräumt (ein Moment, das mit Verhält- 
nissen in den Armeen anderer Staaten nicht im Einklang stehen 
dürfte. Ref.). 

Die technische Ausstattung des Buches ist — wie erwähnt — 
musterhaft. J. Sternberg (Wien). 

4) Stempel. Die sogenannte Myositis ossificans progressiva. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft.3 u. 4.) 

S. war in der glücklichen Lage, einen typischen Fall dieser 
Krankheit vom Beginn im 4. Lebensjahre an 3!/, Jahre lang zu ver- 
folgen und mikroskopische Studien an excidirten Gewebsstücken 
zu machen. Er kommt zu dem Resultat, dass der Process nicht von 
Muskeln oder Knochen, sondern vom Bindegewebe ausgeht und er- 
blickt das Wesen der Krankheit in einer Entwicklungsstörung der 
Gewebe noch in embryonaler Zeit, nämlich in einer mangelhaften 
Differenzirung des ursprünglichen, das Mesenchym darstellenden 
Gallertgewebes, das sich normalerweise in Bindegewebe einerseits, in 
Knorpel- und Knochengewebe andererseits verwandeln soll. Ist diese 
gesetzmäßige Differenzirung gestört, so findet an Stellen, die nor- 
malerweise nur von Bindegewebe ausgefüllt sind, eine Entwicklung 
von Knorpel- und Knochengewebe statt. Dass sich bei diesen Indi- 
viduen .meist noch andere Entwicklungsstörungen, Fehlen der End- 
phalangen, Verwachsensein derselben mit den Grundphalangen, Fehlen 
einzelner Muskeln, Verkümmerung der Ohrmuscheln etc. finden, dient 
dieser Annahme als Stütze. Haeckel (Stettin). 


5) W. Schulthess. Zur Pathologic und Therapie der spasti- 
schen Gliederstarre (cerebrale Diplegie, Freud). 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.) 

Während das normale Kniegelenk bei starker Beugung auf der 
Höhe der Krümmung zwischen den Kondylen nnd dem oberen Ab- 
schnitt der Kniescheibe eine Abflachung erkennen lässt, fand S., 
dass bei der spastischen Gliederstarre die Kniescheibe die Kuppe der 
Krümmung bildet, wodurch das flektirte Knie ein eigenthümlich 


1142 Gentralblatt für Chirurgie. No. 46. 


spitzes Aussehen bekommt. Die abnorme Lage der Kniescheibe ist 
die Folge der Verlängerung der Quadricepssehne und der Retraktion 
des Muskelbauches des Rectus femoris. Das Bild ist um so typischer, 
je mehr die Kraft der Muskulatur erhalten ist. Die Verlagerung der 
Kniescheibe wird geradezu als pathognomonisches Merkmal für die 
kongenitale cerebrale Diplegie bezeichnet. 


Auch an anderen Muskeln der Extremitäten fanden sich die 
Sehnen verlängert. Verf. erklärt diese Sehnenverlängerung als funk- 
tionelle Veränderung. Ein gewisser Einfluss der spastischen Musku- 
latur wird selbst auf die Knochenentwicklung ausgeübt. Bei einem 
i1jährigen Knaben waren die Vorsprünge der Gelenkflächen und der 
Sehnenansätze auffallend stark entwickelt, die Gelenkenden der 
Knochen dick und die Knochen selbst verhältnismäßig kurz. 

Durch Tenotomie der Achillessehne, Redressement, Gipsverbände, 
Massage, Gymnastik und die Anwendung eines Spreizapparats konnte 
in einem Falle, der zur Behandlung kam, ein günstiges Resultat in 
so fern erzielt werden, als der Knabe, um den es sich handelt, 
in der Lage war, auf die Sohlen aufzutreten. 

J. Riedinger (Würzburg). 


6) H. Snev6 (St. Paul). Verzögerte und nicht eintretende 
Vereinigung von Knochenbrüchen. 
(Lancet 1898. Juni 1.) 

S. wurde durch eine Beobachtung zu einem genaueren Studium 
der Bedingungen geführt, welche dem Auftreten von Pseudarthrosen 
bei Knochenbrüchen zu Grunde liegen. Bei einem Mann mit Ober- 
armbruch war nach etwa 11/, Jahr immer noch keine Heilung ein- 
getreten, obgleich schon 2mal die Knochennaht vorgenommen worden 
war. Eine genaue Untersuchung ergab, dass der Biceps und Bra- 
chialis internus gänzlich gelähmt waren, und dass zugleich eine 
anästhetische Zone an der Radialseite des Vorderarms bestand. 
Es musste also eine Lähmung des Nervus musculo-cutaneus bestehen, 
und vielleicht war diese die Veranlassung der Pseudarthrose. Ein 
Versuch, diesen Nerv oberhalb der Bruchstelle aufzufinden, misslang, 
und wurde hierauf abermals zur Knochennaht geschritten. Auch 
dies Mal hatte die Operation keinen Erfolg; allein etwa 1 Jahr später 
begann gleichzeitig mit Wiederkehr der Funktion der gelähmten 
Muskeln knöcherne Vereinigung der Bruchenden von selbst ein- 
zutreten. 

Es ist anzunehmen, dass in diesem Falle bei dem Zerbrechen 
des Knochens eine Verletzung des N. musculo-cutaneus eingetreten ist, 
und dass hierdurch auf tropho-neurotischem Wege die Bildung 
eines ausreichenden Callus verhindert wurde. Da nun eine Kritik 
der bisher als Ursachen der Pseudarthrosenbildung angesehenen 
allgemeinen und örtlichen Gründe diese nicht zureichend erscheinen 
lässt, so ist S. geneigt, jene Beobachtung zu verallgemeinern und 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1143 


anzunehmen, dass häufig eine Nervenzerreißung die Ursache sein 
möchte. Daher räth er, falls nach 6 Monaten keine knöcherne Ver- 
einigung eingetreten ist, nicht mit der Knochennaht zu eilen, sondern 
lieber auf denjenigen Nervenstamm einzuschneiden, welcher einen 
Ast zur Diaphyse des gebrochenen Knochens schickt und nach- 
zusehen, ob er etwa verletzt ist. Der Schaft des Oberschenkels wird 
vom N. ischiadicus, der des Unterschenkelknochens vom N. tibialis 
posticus, der des Oberarmknochens vom N. musculo-cutaneus, und 
endlich der der Ulna und des Radius vom N. medianus aus versorgt. 
Für die Epiphysen liegen die Verhältnisse anders, da zahlreiche 
Gefäße und Nervenäste in sie eintreten, mithin die Gefahr einer 
Schädigung der Ernährungsverhältnisse durch Zerreißung einzelner 
Aste weniger nahe liegt. 

Um diesen Fragen näher treten zu können, sind noch mancherlei 
Vorfragen zu erledigen. Zunächst ist es wünschenswerth, die Nerven- 
endigungen in den Knochen anatomisch weiter zu verfolgen, als 
bisher möglich war. Ferner ist durch Versuche festzustellen, wie 
weit Durchschneiden der Ernährungsnerven genügt, um Verände- 
rungen an den Knochen selbst herbeizuführen, oder ob etwa noch 
entzündliche Vorgänge hinzutreten müssen, um diesen Erfolg zu 
erreichen. Dann müssten solche vom Nerveneinfluss abgeschnittene 
Knochen gebrochen und der Heilungsverlauf unter den veränderten 
Umständen studirt werden. Endlich müssten die Chirurgen jeden 
zur Beobachtung gelangenden Fall von Pseudarthrose auf gleich- 
zeitiges Vorhandensein von Lähmungen untersuchen. 

Nach Ansicht des Ref. legt der späte spontane Eintritt der 
Callusbildung in dem von S. beobachteten Falle und der damit 
gleichzeitige Rückgang der Lähmung noch eine weitere Frage nahe, 
nämlich die, wie und wie lange Wiederherstellung der Funktion in 
verletzten Nerven noch möglich ist? Diese noch nicht völlig sicher 
beantwortete Frage hat ja wegen der Nervennaht für den Chirurgen 
überhaupt die allergrößeste Bedeutung. Lühe (Königsberg i/Pr.) 


7) Ein neues Verfahren der Knochenprothese. 
A. Mit Stahlspitzen (Balkenband), von Dr. Paul Anghel. 
(Revista de chirurgie 1898. No. 1. [Bukarest.)) 

Nach den an Leichen gemachten Versuchen hält Verf. diese 
Art von Prothese für vortheilhafter, als die mit Silberdrahtnaht; denn 
man kann die verschobenen Fragmente sehr gut zusammenhalten 
und danach gleich Massage anwenden oder den Kranken 
gehen lassen. Die Anwendung ist leicht, namentlich an PD | 
den Epiphysen. 

Der mittlere Theil der Stahlspitze ist nicht platt, sondern drei- 
eckig; die untere Kante des Dreiecks bildet sich in dem Knochen 
eine Rinne und wird dadurch unverschieblich. 


1144 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


B. Durch breite Metallbänder, von Dr. E. Juvara. 
(Ibid. No. 5.) 

Diese Metallbänder, welche Verf. nach Ablösun, 
der Muskelinsertionen um den Knochen legt, SE 
aus Silber gemacht. 

An dem einen Ende des Bandes werden mit einer speciellen 
Schere 2 oder 3 Ohren geschnitten; von der Basis der Ohren misst 
man den Umfang des Knochens ab, und schneidet an der betreffen- 
den Stelle mit einer anderen besonderen Schere eben so viele Ösen 
wie Ohren geschnitten sind, in welche die Ohren mit Leichtigkeit 
hineingeschoben werden können. Man legt dann das Band um den 
gebrochenen Knochen und befestigt die Ohren in den Ösen. 


Die Methode ist nur an der Leiche versucht worden. 
Gerota (Bukarest. 


8) C. Francke. Zur pathologischen Anatomie und Therapie 
der habituellen Schultergelenksluxationen. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 399.) 

F. theilt 4 einschlägige von Müller (Aachen) mit Erfolg operirte 
Fälle mit und stellt ferner 14 hergehörige Beobachtungen, theils auf 
Sektionspräparaten, theils auf operativen Gelenkautopsien fußend, 
zusammen, wonach die anatomischen Verhältnisse der habituellen 
Schulterverrenkung ung deren operative Behandlung allgemein be- 
sprochen werden. Das gesammelte Material ergiebt, dass der häufigste 
und wichtigste Befund in einer Kapselerweiterung mit Gelenkhydrops 
besteht; in 2. Linie folgen Knochenveränderungen der Gelenkenden, 
als Defekte, Knochenabsprengungen, freie oder gestielte Gelenkkörper. 
Es fanden sich nämlich in den 18 Fällen: 


Kapselerweiterung . .. 222220000. . 16mal, 
Kommunikation mit dem subscapulären Schleimbeutel ` (mal, 
Kapselriss am Pfannenansatz . . . . 2.22.20. 3mal, 
Abriss der Auswärtsroller . . . 2 22 2200. 4mal, 
Darunter mit Abriss des Tubere maj.. ....... imal, 
Defekte am Kopfe s. o- 2... 22222 n en 12mal, 
Defekte an der Pfanne . . . . . 2.2.2.2... 9mal, 
Freie, resp. gestielte Gelenkkörper ........ . 5mal, 
Darunter Komplikation mit Hydrops . . .. 2... 2mal. 


Die Defekte am Kopf, von welchen eine gute Abbildung gegeben 
ist, wiederholen sich oft in einer sehr typischen, schon von Löbker 
beschriebenen Art. Fast immer handelt es sich um einen scharf 
begrenzten, rinnenförmigen Defekt an der hinteren Seite des Kopfes 
medialwärts vom Tuberculum majus. Zur Erklärung der Genese 
dieser Defekte ist wahrscheinlich König’s »Osteochondritis disse- 
cans« heranzuzichen. 

Was die Behandlung betrifft, so wurden 15 der gesammelten 
Fälle operirt, und zwar wurde ausgeführt 9mal die Resektion des 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1145 


Humeruskopfes, 5mal die Eröffnung des Gelenkes mit nachfolgender 
Naht der Kapsel resp. Drainage oder Tamponade, imal wurde die 
Kapsel ohne Eröffnung unter Faltung verkleinert (Verfahren nach 
Ricard). Die Resektion des Humeruskopfes sichert zwar die Ver- 
hütung von Verrenkungsrecidiven, beeinträchtigt aber leicht die 
Gelenkbeweglichkeit, wesshalb sie, wie auch Bardenheuer hervor- 
hob, thunlichst zu vermeiden ist. Zu empfehlen ist vielmehr die 
Freilegung der Kapsel, eventuell Faltennähung derselben, ferner die 
Gelenkeröffnung, Entfernung von Gelenkkörpern, Resektion der 
Kapsel, Vernähung etwa abgerissener Rotatoren. Zur Nachbehand- 
lung: Ruhigstellung des Gelenkes für mindestens 14 Tage, Drainage 
oder Tamponade des Gelenkes, um auf diese Weise möglichste Re- 
traktion der Gelenkweichtheile zu erreichen. 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


9) K. Vogel. Ein Hilfsmittel zur Nachbehandlung der un- 
blutig reponirten Luxatio coxae congenita. 
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.) 

Um eine monatelange Fixation des Kniegelenks zu vermeiden, 
wenn die Außenrotation des Beins verhindert werden soll, hat Schede 
eine Schiene mit beweglichem Kniegelenk konstruiren lassen, welche 
oben in eine in den Gipsverband aufgenommene Längshülse ein- 
gelassen wird und unten an einem Schuh befestigt ist. Das Nähere 
muss im Original nachgelesen werden. Nachts kann die Schiene ` 
durch einen abnehmbaren Gipsverband mit einer Vorrichtung, welche 
die Innenrotation des Beins verstärkt, ersetzt werden. 

` J. Biedinger (Würzburg). 


10) A. Alsberg. Anatomische und klinische Betrachtungen 
über Coxa vara. 
(Zeitschrift für orthopädische Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.) 

Nach einer historischen Einleitung berichtet Verf. in dieser be- 
achtenswerthen Arbeit, wie sich ein Maß für die Varusstellung des 
Schenkelhalses gewinnen lässt. An einem Frontalschnitt durch den 
oberen Abschnitt des Oberschenkels verbindet er die beiden Punkte, 
an denen der Knorpelüberzug an der oberen und unteren Grenze 
des Schenkelhalses endet (»Knorpelendpunkte«), durch eine Linie. 
Die Verlängerung der Linie trifft oberhalb des Trochanter major auf 
die verlängerte Oberschenkelachse und bildet so einen Winkel, wel- 
cher »Richtungswinkel« genannt wird. Der Mittelwerth an 79 mace- 
rirten Oberschenkeln betrug 41,5° und schwankte zwischen 25 und 54°. 
Bei abnorm vergrößertem Winkel haben wir Valgusstellung, bei ab- 
norm verkleinertem oder negativ gewordenem Winkel dagegen Varus- 
stellung der Diaphyse des Oberschenkels anzunehmen, vorausgesetzt, 
dass die Gelenkflächen des Schenkelkopfes und der Pfanne in nor- 
maler Mittelstellung zu einander stehen. Daraus geht hervor, dass 
eine nach aufwärts gerichtete Gelenkfläche auch bei verkleinertem 

Age 


1146 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


Schenkelhalsneigungswinkel noch keine Varusstellung bedingt, was 
besonders wichtig ist für die Veränderungen bei der Arthritis defor- 
mans. Andererseits muss eine nach abwärts gerichtete Gelenkfläche 
die Varusstellung vergrößern. 

Wenn, was klinisch häufig beobachtet wird, von den betreffen- 
den Individuen die Varusstellung dadurch auszugleichen gesucht wird, 
dass der Schenkelkopf gegen die Pfanne eine Bewegung im Sinne 
der Abduktion macht, so wird der Trochanter major dem Becken 
genähert. Dadurch wird die abducirende Komponente der Musku- 
latur wie bei der angeborenen Hüftverrenkung verringert. Bei aus- 
gesprochener Coxa vara ist desshalb das Trendelenburg’sche Sym- 
ptom der Beckensenkung nachweisbar, was zur Verwechslung mit 
der Luxatio coxae congenita Veranlassung geben könnte. 

Coxa vara ist nun nicht eine Krankheit sui generis, sondern sie 
kann durch verschiedene Krankheitsprocesse hervorgerufen werden. 
Hierher zu rechnen sind alle Zustände, welche überhaupt zu einer 
Deformirung des Schenkelhalses oder des Schenkelkopfes führen 
können. Für die einzelnen Entstehungsursachen werden Beispiele 
aus der Litteratur, aus der Beobachtung von Hoffa und aus eigener 
Erfahrung angeführt. Was die Coxa vara adolescentium betrifft, für 
welche manche Autoren eine Spätrachitis anzunehmen geneigt sind, 
so lässt sich bis jetzt nur behaupten, dass es sich um eine statische 
Deformität handelt, der vielleicht eine noch nicht sicher zu be- 
stimmende Erkrankung des Wachsthumsalters zu Grunde liegt. 

Die Therapie hat sich zunächst gegen das Grundleiden zu richten. 
Die lokale Behandlung ist eine prophylaktische, eine konservativ- 
mechanische oder eine operative. Von den Operationen empfiehlt 
Verf. die subtrochantere schiefe Osteotomie, nach welcher das Bein 
in Abduktionsstellung versetzt und fixirt wird. 

J. Riedinger (Würzburg). 


11) Heusner. Über Ätiologie und Behandlung des an- 
geborenen Klumpfußes. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 33.) 

H. bestreitet auf Grund seiner Erfahrungen, dass Klumpfuß durch 
Druck seitens der Gebärmutter in den späteren Schwangerschafts- 
monaten entstehen könne, nimmt aber auch ein mechanisches Moment 
für die Entstehung an, nämlich eine Gewalteinwirkung vor Aus- 
bildung der Gelenke, also vor der 8. Lebenswoche. 

In der 6. bis 8. Woche findet nämlich beim menschlichen Em- 
bryo eine ziemlich rasche Streckung des aufgerollten hinteren Körper- 
endes statt, wobei die Füße des Embryos an der Nabelschnur, welche 
sie zwischen sich geklemmt haben, vorbeimarschiren müssen, bis sie 
hinter derselben angelangt sind, worauf die Fußsohlen gegen einander 
zu liegen kommen. 

Wenn nun die Nabelschnur nach hinten gerichtet und durch 
eingetretene Darmschlingen sehr verdickt ist, so werden die Füße 


Centratblatt für Chirurgie. No. 46. 1147 


stark aus einander gedrängt und können leicht zwischen Nabelschnur 
und Amnion, welches um diese Zeit den Körper des Embryos noch 
eng umschließt, eingeklemmt und festgehalten werden. 

Beim Weiterschleifen in dem engen Spaltraum können nun die 
Füße, die noch ganz weich sind, über die Vorderkante verbogen 
werden, besonders nach ihrem hinteren dünneren Ende zu. Indem 
ferner die Kniee ihre Drehung nach vorn vollziehen, die Endglieder 
aber in sagittaler Richtung festgehalten werden, müssen letztere in 
supinirte Lage gegen den Unterschenkel gerathen. Durch Behinderung 
der rechtwinkligen Aufbiegung der Füße endlich müssen dieselben 
nach H.’s Meinung in ihrer ursprünglichen Spitzfußstellung verharren. 
Während dieses Festhaltens der Füße in verbogener Stellung be- 
ginnt die Ausbildung der Gelenke erst, deren Anlage dann also 
von vorn herein eine fehlerhafte ist. 

Für das Vorwiegen des Klumpfußes beim weiblichen Geschlecht 
weiß H. indess keine Erklärung anzuführen. 

Gegen die nach erfolgreicher Behandlung oft zurückbleibende 
Einwärtsrotation der Füße verwendet H. eine von ihm in die Ortho- 
pädie eingeführte flache Spiralschiene aus Stahldraht, auf deren 
beiden Enden die Schuhe des Kindes mit den Spitzen nach außen 
aufgenäht werden. Beim Zubettgehen zieht man dem Kinde die 
Schuhe an, indem man die Schiene der Haltung der Füße ent- 
sprechend umbiegt; nach dem Loslassen schnellt die Schiene in ihre 
ursprüngliche Lage zurück und dreht die Füße nach auswärts; die 
Kinder können sich dabei ziemlich frei im Bett bewegen. Zur Be- 
seitigung der Supination kann man der Feder eine halbkreisförmige 
Biegung über die Fläche geben, so dass dieselbe wie ein Schaukel- 
pferd aussieht, auf dessen beiden Enden die Schuhe stehen. 

Damit die Wirkung stets eine vollendete ist, ist es nothwendig, dass 
der Fuß die Bewegungen des Schuhes genau mitmacht, was durch 
eine passend angebrachte Spannlasche erreicht wird. 

Der von H. angegebene Apparat hat ihm auch in den schwer- 
sten Fällen, wo immer wiederholte Redressements in Narkose und 
Gipsverbände nicht zum Ziel führten, bedeutende Dienste geleistet. 
Anfangs müssen die Kinder auch den größten Theil des Tages mit 
dem Apparat im Bett verbringen. 

Auch bei einseitigem Klumpfuß ist die Schiene verwendbar; 
damit jedoch der gesunde Fuß nicht überkorrigirt werde, wird er 
Nachts in einen festen Verband gelegt, oder statt des entsprechen- 
den Schuhes eine nach dem Fuß geformte feste Lederkapsel auf der 
Feder angebracht. RB. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


12) Chipault. De la cure radicale du mal perforant. 
(Durante's Festschrift.) 


Die Nervendehnung beim Malum perforans soll nicht zu weit 
von der erkrankten Stelle und nicht zu nahe an derselben erfolgen. 


1148 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


Verf. hat 9mal die Nervi plant. int. und ext., imal den Plant. int. 
allein, 1mal den Collateralis internus der großen Zehe und 3mal den 
Saphenus ext. am Rande der Achillessehne gedehnt. Die Dehnung 
geschieht mit dem Finger oder einer Zange hauptsächlich nach dem 
distalen Nervenende hin. In zweiter Reihe wird das Geschwür aus- 
gekratzt, die nekrotischen Knochen abgetragen und die verdickten, 
hornigen Ränder entfernt. Die so gereinigte und alsdann vernähte 
Wunde wird mit einem aseptischen Verband abgeschlossen. In 
sämmtlichen Fällen (14) wurde Heilung erzielt. Indess brachen die 
Geschwüre in 2 Fällen wieder auf. Die 12 definitiv geheilten Fälle 
liegen 4 Monate bis 3 Jahre zurück. Der Atiologie nach lagen 
Tabes, Diabetes, Syringomyelie und Alkoholismus vor. Die Reinigung 
der Geschwüre allein führt nicht zur Heilung derselben, wohl aber 
die Nervendehnung ohne die Reinigung, wenn auch etwas langsamer. 
In einem Falle Fuiel’s, in dem 2 Geschwüre, je eins unter dem 
Kopf des I. und V. Metatarsus, vorhanden waren, heilte nach der 
Dehnung des Plantaris externus nur das letztere; erst 6 Monate 
später heilte auch das erste nach vorausgegangener Dehnung des 
Plantaris internus. C. glaubt, dass die Nervendehnungen auch zur 
Heilung der Geschwüre an Amputationsstümpfen und der Zoster- 
eruptionen so wie anderer Hautkrankheiten auf nervöser Basis an- 
gebracht sind. Dreyer (Köln). 


13) Bericht über die chirurgische Abtheilung 
der 70. Naturforscher- und Arzte-Versammlung 
in Düsseldorf. 


I 


Morian (Essen, Rubr) stellt einen 4jährigen Knaben vor mit Myositis ossi- 
ficans progressiva. Die Krankheit begann vor 11/3 Jahr nach Trauma am Nacken 
und der Stirn, wanderte in Schüben mit 3—4wöchentlichen Pausen auf Schultern, 
Rücken und Oberarme, vom Gesicht auf Hals und Brust. Während der Hals er- 
griffen war, entstand bedrohliche Athemnoth, die Haut war intakt. Das Allgemein- 
befinden blieb wenig gestört, obne Fieber. Seit dem Beginn der Erkrankung bis 
heute litt Pat. an Durchfall. Ende 1897 begannen die Muskeln su verknöchern. 
Die Verknöcherungen sind verschieden geformt, sie sitsen meist am Knochen fest, 
einige sind beweglich. Nur das Gesicht (ausgenommen der Frontalis dext.), der 
Bauch, das Gesäß, beide Beine und die Arme vom Ellbogen abwärts sind frei ge- 
blieben. Eine korallenartig versweigte Knochenspange aus dem rechten Brust- 
muskel wurde vor 9 Wochen entfernt, sie zog vom Humerus bis zur 3. Rippe 
und hinderte jede Schulterbewegung. Mikroskopisch lag normales Muskelgewebe 
neben werdendem Knorpelknochen. Die Frage, ob Entzündung oder Neubildung, 
war daraus nicht zu beantwortien. Zugleich bestand bei dem Knaben Mikrodak- 
tylie an beiden Großzehen. 

Der Urin enthielt auffallend wenig Kalk (etwa je des normalen Gehalts), aber 
normal viel Phosphorsäure. (Selbstbericht.) 


O. Wolff (Köln): Die Extensionsbehandlung der Knochenbräche (nach 
Bardenheuer). 


Die Behandlung der Knochenbrüche mit Extension beschränkt sich vielfach 
noch auf den Diaphysenbruch und den Schenkelhalsbruch des Femur. Von der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1149 


Frakturstelle nach abwärts läuft an der einen Seite des Beines ein Heftpflaster- 
streifen zur Fußsohle, überbrückt die Fußsohle — eine Ansa für die Gewichte 
bildend — und läuft an der anderen Seite des Beines wieder hinauf bis zur 
Frakturstelle. 

Diese Art der Extensionsbehandlung hat durch 2 von Barden heuer angegebene 
Modifikationen eine wesentliche Verbesserung erfahren: 

1) Durch den Nachweis, dass die Wirkung der Extension nicht nur nicht ge- 
schwächt, sondern vielmehr verstärkt wird, wenn die Extensionsstreifen bis ober- 
halb der Frakturstelle hinaufreichen. Beim Knöchelbruch, beim Flötenschnabel- 
bruch des Unterschenkels reicht die Längsextension hinauf bis zur Mitte des 
Oberschenkels, beim Oberschenkelbruch bis zur Höhe der Trochanteren. Erst 
dadurch ist die Möglichkeit geschaffen, auch tiefsitsende Brüche der unteren und 
auch oberen Extremitäten durch Extensionsbebandlung in Angriff zu nehmen. 

2) Durch Einführung von Querzügen. 

Die Gewichtsmenge, welche sich am Längszug anbringen lässt, genügt, be- 
sonders bei starker Periostzerreißung, nicht, um die dislocirten Knochenstücke 
zu adaptiren. Durch Leichenversuche kann man sich überzeugen, dass beim Ober- 
schenkelbruch des Erwachsenen bei starker Periostzerreißung 50—70 Pfund nöthig 
sind, um die Dislokation auszugleichen. Eine derartig hohe Gewichtsmenge er- 
trägt kein Mensch auf die Dauer an einem Extensiongzug ; sie wird hingegen wohl 
vertragen, wenn man sie auf verschiedene Angriffspunkte vertheilt. Diese Angriffs- 
punkte werden durch Anbringen von Querzügen geschaffen. Das Prineip ist fol- 
gendes: Ist eine Fragmentspitze nach der einen Seite abgewichen, so leite man 
sie durch einen permanenten Querzug nach der anderen; ist eine Fragmentspitse 
nach unten gewichen, so ziehe man sie durch einen permanenten Vertikalzug nach 
oben; ist eine Fragmentspitze nach oben verschoben, so drücke man sie durch 
Querextension nach hinten; ist ein Fragment um seine Längsachse nach einer Seite 
rotirt, so rotire man es durch einen Heftpflasterstreifen nach der anderen Seite. 

Bei der ganzen Frakturenbehandlung sind 2 Gesichtspunkte maßgebend: 

1) Eine genaue Reposition der dislocirten Fragmente, 

2) Eine genaue Retention der adaptirten Fragmente. 

Beiden Anforderungen genügt die Extensionsbehandlung in weit höherem 
Maße als der Gipsverband. Wenn nun auch eine ideale Heilung der Knochen- 
brüche nicht erreichbar ist — wie die Durchleuchtung nach Röntgen so oft 
gezeigt hat — so lässt sich doch auf die obige Weise eine einigermaßen gute 
Stellung erzielen. So heilt bei Extension der Diaphysenbruch des Oberschenkels 
mit einer Verkürzung von höchstens 1—1!/a cm, der Flötenschnabelbruch des 
Unterschenkels stets ohne Verkürzung. 

Wenn die Fragmente gut stehen, wenn sich breite Knochenwundflächen be- 
rühren, so ist die Heilungsdauer eine kürzere, andererseits ist dann auch mit 
Sicherheit auf Konsolidation zu rechnen. Nach Bruns kommt auf 200—250 Brüche 
der Extremitäten 1 Pseudarthrose; unter 1837 Brüchen der Extremitäten, die in 
den letzten 5 Jahren auf der chirurgischen Abtheilung des Kölner Bürgerhospitals 
behandelt wurden, findet sich keine einzige Pseudarthrose. 

Der Callus ist bei der Extension ein geringer. Die Ausdehnung des Callus 
lässt direkt einen Rückschluss zu auf die Güte der Behandlung. Ein großer Callus 
bildet sich nur dann, wenn die Stellung der Fragmente zu einander eine schlechte 
ist. Liegen die Knochen gut an einander, so ist die Bildung von großem Callus 
absolut unnöthig. 

Durch frühzeitige aktive und passive Bewegungen der Gelenke, deren Aus- 
führung die Extensionsbehandlung von vorn herein zulässt, wird die Nachbehand- 
lung wesentlich erleichtert. Die Ankylose fällt fort, eben so eine größere Atrophie 
der Muskulatur. Komplicirte medico-mechanische Apparate sind für die Nach- 
Den sndlung derartig bebandelter Frakturen in den allermeisten Fällen zu ent- 

ehren. 

Was die Resultate der Extensionsbehandlung betrifft, so beruft sich W. auf 
eine statistische Studie von Dr. Loew, welcher in der Deutschen Zeitschrift für 


1150 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


Chirurgie 1897 Bd. XLIV über 167 Brüche der unteren Extremität berichtet. Die- 
selben wurden in der Zeit von 1890—95 im Kölner Bürgerhospital mit Extension 
behandelt. Die Zahlen sind den Akten der betreffenden Berufsgenossenschaften 
entnommen, 

Es wurden in dieser Zeit behandelt: 

a. 106 Knöchelbrüche. 

Davon wurden 105 vollkommen erwerbsfähig, und swar 

97 d.h. 75% vor Ablauf der 13. Woche. 

b. 61 Unterschenkelbrüche und zwar 

48 Diaphysenbrüche beider Knochen, 
5 Supramalleolarbrüche, 
5 Brüche der Fibula, 
e 3 Brüche der Tibia. 
Von diesen 61 Unterschenkelbrüchen wurden 
61 völlig erwerbsfähig, davon 
37 d.h. 60% vor Ablauf der 13. Woche. 

Zum Sehluss macht W. noch auf einige Fehler aufmerksam, die bei der Ex- 
tensionsbehandlung nicht selten gemacht werden. 

Dass die longitudinalen Streifen bis über die Bruchstelle hinaufreichen müssen, 
dass ferner ihre Wirkung durch Querzüge verstärkt werden muss, ist nothwendig. 
Häufig werden viel zu geringe Gewichte angehängt. Die Ansa der Längsstreifen 
muss belastet werden: 

bei Oberschenkelbrüchen mit 30 Pfund, 
» Flötenschnabelbrüchen » 15—20 >» 
» Knöchelbrüchen » 15 >» 


Die Belastung muss möglichst frühzeitig nach stattgehabter Fraktur eintreten, 
d. h. die Extension muss bald angelegt werden. Wartet man einige Tage, so sind 
viel höhere Gewichte nöthig, um die in elastischer Retraktion verharrenden Muskeln 
zu dehnen und die Verschiebung der Fragmente zu beheben. 

Speciell bei Knöchelbrüchen darf man in die Ansa der Längsstreifen kein 
Querbrett spannen. Das thun Viele, aus Furcht, es könnte Decubitus an den 
Malleolen entstehen. In Wirklichkeit ist das bei glatt angelegten Streifen auch 
dann nicht der Fall, wenn die Heftpflasterzüge den Malleolen direkt aufliegen. 
Die Ansa der longitudinalen Streifen wird in einer Art Hosenträgerschnalle su- 
sammengefasst. Diese Schnalle trägt die Belastung. Es gelingt so, auf die Stel- 
lung des Fußes einen viel größeren Einfluss auszuüben, der Plattfußstellung vor- 
zubeugen, die Resorption des Hämarthros durch direkten Druck auf das Gelenk 
zu befördern. (Selbstbericht.) 


Plücker (Köln): ‚Über die Behandlung komplicirter peripherer Ver- 
letzungen. 

I. P. berichtet über eine größere Versuchsreihe rein konservativ behandelter 
peripherer Verletzungen. — In Betracht kommen 25 Fälle stationär behandelter 
ausgedehnter Hand- und Fingerverletsungen und vereinzelte Fußabquetschungen ; 
sumeist Verletsungen, entstanden im maschinellen Betrieb (Holzschneidemaschinen, 
Kammräder etel Bis sum Frühjahr 1897 wurden derartige Wundverletzungen 
einer primären aseptischen Wundreinigung unterworfen; seitdem ist dieses aktive 
Vorgehen einer konservativen Behandlung gewichen. Das Fehlen großer Wund- 
Nächen und Wundtaschen, andererseits die Möglichkeit, durch Anwendung eines 
Antiseptiocums der gewöhnlichen Wundinfektion zu begegnen, ließen den Versuch 
berechtigt erscheinen. Wir verwandten nach vorhergegangenem Bad in 1/,O/wiger 
Sublimatlösung zur Wundbedeckung die 25%ige Hydrg. ox. flav.-Salbe, auf deren 
Vorzüge Majewski 1897 auf Grund längerer Erfahrung hingewiesen hatte. — 
Eine Nachprüfung an über 1500 poliklinischen Fällen von Quetsch- und Riss- 
wunden, die einfach mit diesem Salbenverband bedeokt wurden, ergab sehr günstige 
Resultate ohne Nachtheile, als in gans vereinzelten Fällen Ekseme. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1151 


Die Behandlung der im maschinellen Betrieb schwer verletsten, von Schmuts 
und Öl besudelten Hände vollzog sich in der Weise, dass nach Applikation eines 
halbstündigen 1/°/oigen Sublimatbades die Wundflächen mit einer dünnen Schicht 
der Hydr, ox. flav.-Salbe, auf aseptischer Gaze aufgestrichen, sorgfältig verbunden 
- wurden; besonderer Werth wurde auf ausgedehnte Ruhestellung und Suspension 
gelegt. 

Der Erfolg war bei 22 Maschinenverletsungen ein sehr befriedigender, zum 
Theil überraschender. In einer Reihe von Fällen traten theilweise trockene Ne- 
krosen ein, in 2 Fällen auch oiroumseripte echte Fäulnis ohne Phlegmone. — Der 
Wundverlauf war nach leichten Temperatursteigerungen und Schmerzen in den 
ersten Tagen durchweg reaktionslos. Die ersten Verbände blieben durchschnittlich 
10 Tage liegen; — unter Kontrolle der Photographie und Röntgenaufnahme, die 
von Herrn Dr. Wildt thunlichst in jedem Falle bei der Aufnahme und immer 
bei der Entlassung angefertigt wurden, wurde der Werth des konservativen Vor- 
gehens illustrirt. — Sekundäre Nachoperationen, die indessen nicht so häufig 
waren, als es von vorn herein den Anschein hatte, haben eine möglichste Funk- 
tionsfähigkeit der verletsten Theile anzustreben. — Bei schweren Verletzungen des 
Daumens, bezw. der sämmtliohen 4 anderen Finger hat auch die theilweise Er- 
haltung selbst versteifter Finger einen hohen Werth; andererseits ist aber auch 
bei schweren Verletzungen nur eines Fingers die Einleitung eines zunächst kon- 
servativen Vorgehens von Werth. 

Vortr. regt noch die Frage an, ob durch die rein konservative Behandlung, 
die sich unter den gewöhnlichen Wundverbältnissen bewährt hat, die Infektion 
mit Tetanus begünstigt wird. 


I. P. stellt einen 24jährigen Mann vor, der eine erhebliche Miss- 
bildung beider oberen Extremitäten aufweist bei voller Erwerbafähigkeit. 

Es fehlen: 4. und 5. Finger und Metacarpus beiderseits; das Os hamatum; 
die centrale Carpalreihe ist verkümmert; — der Radius ist stark konvex nach 
vorn verbogen, auf der rechten Seite im Ellbogengelenk ankylosirt im stumpfen 
Winkel; auf der linken Seite ist derselbe nach außen und oben luxirt; die Ulna 
ist rechterseits verkümmert, Defekt am peripheren Ende, das centrale Ende ist 
ankylotisch mit dem Humerus verbunden, linkerseits ist die Ulna nahezu normal. 
— Bei jeder stärkeren Flexion des linken Unterarms rutscht der luxirte Radius am 
Humerusschaft vorbei. 

Atrophie der Hand- und Unterarmmuskulatur; Schultermuskulatur kräftig 
entwickelt. — Die rechte Hand steht in Klumphandstellung fixirt; die linke Hand 
steht in normaler Pronation und kann um die Hälfte der Norm supinirt werden. 

P. ist Handlanger; er trägt den Kalktrog und das Steinbrett auf der rechten 
Schulter und der als Rahmen gebrauchten Extremität in der Weise, dass die Last 
auf Schulter, Arm und der supinirten Hand aufruht; der linken, gebrauchsfähigen 
Hand bedient er sich zum Fassen der Leiterstufen. — P. verdient den vollen 
Tageslohn wie seine Mitarbeiter. (Selbstbericht.) 


Bardenheuer (Köln) stellt einen Fall vor von totaler Hüftgelenkresektion 
(Resektion deg oberen Femurendes und der gengen Pfanne), den Pat., den er im 
Jahre 1896 auf dem Chirurgenkongress in Berlin vorgestellt hat. Das funktionelle 
Resultat ist ein sehr gutes geblieben, es hat sich keine Adduktion und Flexion 
des Obersohenkels eingestellt, wenngleich die Operation schon vor 8 Jahren aus- 
geführt ist. Pat. kann sich gut setzen trotz bestehender Ankylosis in gestreckter 
Stellung des abducirten Oberschenkels und kann Wegestrecken von 5—6 Stunden 
zurücklegen. Die gleich guten Resultate hat B. in allen anderen Fällen erreicht, 
in welchen er die totale Resektion der Pfanne wegen bestehender Tuberkulosis 
der gangen Pfanne ausgeführt hat. 

Zur Ersielung einer afistulösen Ausheilung, worauf der Hauptwerth su 
legen ist, hält B. neben der extrakapsulären Ausführung der Operation und 
neben der Fixation der Resektionsenden gegen einander und absoluten Ruhig- 
stellung in einer Gipshose für die Hauptsache die vollständige Entfernung von 


1152 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


allen tuberkulösen Knochen, und zwar besonders der Pfanne, weil sie weit häufiger 
tuberkulös affieirt ist als der Kopf. Die Pfanne wird nur dann in toto entfernt, 
wenn man vor und während der Operation nachweist, dass sie in der ganzen Tiefe 
und in der ganzen Ausdehnung befallen ist. Vor der Operation beweist die bi- 
manuelle Untersuchung durch die Prominenz der Fosse iliaca, durch die Ver- 
dickung der die Gelenkpfanne konstituirenden Knochen, durch das Abgeflacht- 
sein der Linea innomminata etc. das Befallensein der Pfanne; während der Ope- 
ration muss hierfür besonders die Beschaffenheit des Periosts, Blutreichthum, 
leichte Ablösbarkeit etc. die Anhaltspunkte geben. 

Wenn die Untersuchung festgestellt hat, dass die Pfanne in ihrer ganzen Tiefe 
und in ihrer gansen Ausdehnung befallen ist, so plaidirt B. sehr für die primäre 
Totalresektion, im Gegensatz zu Prof. Sprengel (Braunschweig), welcher die- 
selbe nur sekundär, bei sogenannten alten Hüften als Nachoperation ausführen 
will, und zwar aus dem Grunde, weil man vor der Operation nicht entscheiden 
könne, ob die Pfanne total befallen sei, und weil gemäß seiner Statistik in 50 bis 
60% trotz partieller typischer Resektion Heilung ohne Fistel erzielt werde. 

Hiergegen führt B. an, dass man wohl vor und während der Operation die 
Ausdehnung der Tuberkulose nachweisen könne, dass in seiner Statistik die Syn- 
ovialtuberkulose und Kopftuberkulose, welche überhaupt nie die Totalresektion 
der Hüfte indieiren, mit eingerechnet seien, und dass die Resultate bei der Total- 
resektion der Pfanne, in so weit sie total befallen sei, weit bessere seien. 

Er befürwortet noch besonders die primäre Totalresektion wegen der Gefahren, 
welche mit dem Verschieben verbunden seien: weitere regionäre und allgemeine 
Verbreitung der Tuberkulose, amyloide Entartung der Unterleibsorgane etc. eto. 

B. empfiehlt indess sehr den modifieirten Sprengel’schen Schnitt, weil er 
das Gelenk in großer Ausdehnung bloßlegt, und weil bei ihm der Blutverlust ein 
Behr geringer ist. 

Der Schnitt verläuft entlang der ganzen Crista iliaca nach vorn, von der Spina 
ant. sup. entlang dem Lig. Poup. weiter bis zum äußeren Rand des N. cruralis 
und vom vorderen Ende desselben senkrecht entlang dem letzteren bis in die Höhe 
des kleinen Trochanters. Vom hinteren Ende läuft ein zweiter, senkrechter Schnitt 
über die Synchondrosis sacro-iliaca bis zur Spina post. inf. und entlang dem Lig. 
sacroiliac. bis zur Tuberositas oss. ischii. 

Das Periost wird von der Außenfläche des Os. ilium abgelöst. Die einzelnen, 
die Pfanne konstituirenden Knochen werden möglichst nahe derselben mit der 
Gigli’sohen Säge quer durchsägt. Der Femurschaft wird mit der Sägefläche des 
Os ilium in abdueirter Stellung vernagelt. Die ganse Wunde wird vernäht, und 
über dem aseptischen Verband wird ein das Becken und beide Beine einschließen- 
der Gipsverband angelegt. 

Der Wundverlauf war stets ein guter. 

B. empfiehlt daher die Operation sehr in den Fällen, in welchen die Pfanne 
in der gangen Ausdehnung befallen ist und führt hierauf allein seine guten Re- 
sultate zurück. (Selbstbericht.) 


Diskussion: Sprengel (Braunschweig) nimmt der Auffassung des Vor- 
redners gegenüber seinen Standpunkt wahr. R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


O. Wolff (Köln): Über ausgedehnte Resektionen am Becken, 

In den letsten 5 Jahren wurden im Kölner Bürgerhospital von Bardenheuer 
19 größere Beckenresektionen wegen Caries tuberculosa ausgeführt, und zwar: 

1) Die Resektion der Synchondrosis sacro-iliaca in ihrer ganzen Ausdehnung, 
so dass im hinteren Abschnitt des knöchernen Beckenrings eine Kontinuitäts- 
trennung, eine Lücke geschaffen wird. 13 Fälle. 

2) Die Exartikulation einer ganzen Beckenhälfte — vorn in der Symphysis 
pubica, hinten in der Synchondrosis sacro-iliaca — mit gleichzeitiger Resektion 
des dazugehörigen Oberschenkelkopfes. 2 Fälle. 

3) Die Exartikulation des Oberschenkels im Hüftgelenk mit gleichzeitiger 
Entfernung der dazugehörenden Beckenhälfte. 4 Fälle. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1153 


Was die Diagnose der tuberkulösen Affektion der Synchondrose betrifft, so 
ist sie dann sehr erschwert, wenn es noch nicht zur Abscedirung gekommen ist. 
Derartige Leute werden leicht für Simulanten gehalten oder auf Nervenleiden, 
Ischias ete. behandelt. Einen Anhaltspunkt kann die Anamnese geben in so fern, 
als in der Mehrzahl der Fälle ein Trauma — wenn auch nur geringfügiger Art 
— Heben eines Sackes, Sprung auf die Füße angegeben wird. Das Leiden be- 
ginnt mit Anfangs geringen, später stärker werdenden Schmerzen im Kreus. Nicht 
selten geben die Kranken an, zuerst bemerkt zu haben, wie ihnen das Bücken 
schwer wurde, wie sie sich nur mit Mühe, dann gar nicht mehr die Strümpfe und 
Schuhe hätten anziehen können. 

Der Schmerz kann sich auf den Ort des befallenen Gelenks beschränken, er 
kann aber auch — durch Mitbetheiligung des Plexus sacralis — ausstrahlende 
Form annehmen; dann folgt er meist dem Nervus ischiadicus. Stärkere aus- 
strahlende Schmerzen sind von prognostisch ungünstiger Bedeutung, weil sie auf 
eine Erkrankung des Os sacrum hinweisen. Die Caries der Synchondrosis sacro- 
iliaca greift leider schon früh aufs Kreusbein über, sie befällt dieses mit mehr 
Neigung wie das benachbarte Os ilium. Dadurch ist aber die operative radikale 
Entfernung der Krankheitsherde unter Umständen sehr erschwert. Einmal ist der 
Eingriff ein schwerer, wenn sich eine umfangreiche Ausmeißelung des Os sacrum 
bei der Operation als nöthig erweist; dann aber kann eine Verletzung des Dural- 
kanals unter Umständen nicht umgangen werden. Die Gefahr der eitrigen spinalen 
Meningitis ist damit in die Nähe gerückt. 

Bei der objektiven Untersuchung geht man sweckmäßig so vor, dass man zu- 
nächst durch Kompression der beiden Darmbeinschaufeln versucht, Schmerz an 
der verdächtigen Stelle auszulösen. In einer Anzahl Fälle gelingt der Versuch. 
Danach palpirt man in Bauchlage des Pat. die Rückfläche der Synchondrose, sucht 
nach Verdickungen und schmerzbaften Stellen, um dann gleich die Untersuchung 
per rectum vorzunehmen. Diese ist am allerwesentlichsten und sollte nie versäumt 
werden. Der Druck, den der eingeführte Zeigefinger vom Rectum aus auf die 
kranke Synchondrose ausübt, wird ungemein prägnant als Schmerz empfunden. 
Auch wird beim Vergleich mit der gesunden Seite fast niemals ein Unterschied 
vermisst, wenn sich auch nur ein leichtes Ödem, eine Auflockerung des Gewebes 
nachweisen lässt. 

Senkungsabscesse fördern die Diagnose natürlich wesentlich. In 50% aller 
Fälle finden wir die Abscesse als sogenannte Glutäalabscesse, d. h. der Eiter liegt 
unterhalb der Glutäalmuskulatur. Diese Abscesse können ungeheure Dimensionen 
annehmen; ich beobachtete einen, dessen obere Grenze an der Crista iliaca, dessen 
untere oberhalb der Kniekehle lag. Alle anderen Formen — die Senkung ins 
Cavum ischio-rectale, der Iliacalabscess oder der Sacralabscess — sind viel seltener. 
Kombinationen kommen vor. Selten ist auch die trockene Form der Caries der 
Synchondrose; in 80% der Fälle handelte es sich um Abscedirungen. 

Was die Behandlung angeht, so kommt, wie die obigen Zahlen ergeben, in 
der Mehrzahl der Fälle natürlich nur eine operative Behandlung in Frage. Zu 
kleinen Eingriffen, Auskratzungen, Ausmeißelungen ete., von denen Einzelne gute 
Erfolge gesehen haben, rathe ich nicht, da durch dieselben eine gründliche Ent- 
fernung der erkrankten Knochen meist nicht ersielt werden kann. Derartig Be- 
handelte werden sich meistens langsam zu Tode fisteln, und in vielen Kranken- 
häusern hat man die Gelegenheit, derartige unglückliche Pat. an fortwährender 
Eiterung langsam aber sicher hinsterben zu sehen. 

Hier ist eine typische Radikaloperation am Platz, wie sie Bardenheuer in 
der letzten Zeit mit Erfolg ausführt. 

Der Schnitt beginnt in der Mitte des Lig. Pouparti, steigt sur Spina ant. 
sup. auf, läuft über den Darmbeinkamm nach hinten bis zur Spina post. inf., 
geht über die Mitte des Kreuzbeins nach abwärts und nimmt dann die Richtung 
nach dem Tuber ischii su. Mit einem Resektionsmesser wird das Labium ext. 
der Darmbeinkante abgeschnitten und das Periost sodann im Zusammenhang mit 
der äußeren Lippe des Darmbeinkamms von der Außentläche der Schaufel abge- 


1154 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


hebelt bis oberhalb des Hüftgelenks. Dadurch entsteht ein großer Periost-Muskel- 
Hautlappen mit unterer Brücke. Das Periost wird ebenfalls im Zusammenhang 
mit dem abgesohnittenen Labium internum cristae ossis ilei von der Innenfläche 
der Darmbeinschaufel abgehebelt, wiederum bis zur oberen Grenze der Pfanne. 
Durch das Foramen ischiadieum wird dann eine Gigli’sche Säge mit gebogener 
Kornzange um die Darmbeinschaufel herumgeführt und letztere in horizontaler 
Ebene oberhalb des Hüftgelenks durchgesägt. Es gelingt nun leicht, die von 
ihren Weichtheilen befreite Schaufel aus der Synchondrosis sacro-iliaca herauszu- 
brechen. Findet sich das Kreusbein affieirt, so wird der Knochen ausgemeißelt. 
Die austretenden Nervenstämme müssen geschont werden; man orientirt sich leicht, 
wenn man in die Foramina sacralia eine Sonde einführt. Zu ausgedehnte Resek- 
tionen am Kreusbein sind auch desshalb prognostisch ungünstig, weil durch Ver- 
letsung der Nerven eine dauernde Blasenlähmung resultiren kann, die dann zu 
Cystitis, Pyelitis und schließlich zum Tode führt. 

Diese subperiostale Art der Operation ist leicht und unblutig, darum einzeitig 
auszuführen. Ist die Knochenoperation beendet, so wird die große Wunde durch 
Nähte in 2 Etagen geschlossen. Das Labium ext. wird mit dem Labium int. ver- 
näht; darüber erfolgt die Hautnaht. So lässt sich eine primäre Heilung erreichen, 
der Wundverlauf ist glatt, die Heilungsdauer wesentlich abgekürzt. Der letzte 
so operirte Fall war in 5 Wochen ausgeheilt. 

Die Entfernung der Darmbeinschaufel ist ohne Nachtheil für die Funktion 
des Beins — das zeigt ein vorgestellter Kranker, bei dem die obige Operation 
vor 3 Jahren ausgeführt wurde. Der Gang ist normal, die Bewegungen im Hüft- 
gelenk sind frei, der 25jährige Mann ist Bäcker und vollkommen arbeitsfähig. 
Man sieht aber ferner, dass sich die Darmbeinschaufel gänzlich regenerirt hat, 
und mehrere Röntgenbilder, die nach großen Resektionen am knöchernen Becken 
gemacht sind, zeigen dieselbe Thatsache. Das eine Bild stammt von einem 6jäh- 
rigen Knaben, dem wegen Tuberkulose eine ganze Beckenhälfte fortgenommen 
wurde mitsammt dem Hüftgelenk; hier hat sich nicht nur die Schaufel des Darm- 
being regenerirt, sondern auch die Grenzen des Foramen obturatorium sind er- 
neuert durch neugebildete Knochen. 

Die Entfernung der Darmbeinschaufel bietet aber einen wesentlichen Vortheil 
für die Nachbehandlung. Die Beckenknochen nähern sich mit kolossaler Gewalt 
einander, wenn man nur die Synchondrose resecirt, also nur eine streifenförmige 
Lücke schafft, wie Bardenheuer das früher that. Durch die Annäherung der 
Knochen wird der Sekretabfluss gehindert; es werden dann Nachoperationen noth- 
wendig, um einen glatten Heilverlauf zu gestalten. Entfernt man aber die ganse 
Darmbeinschaufel, so fällt — ein wesentlicher Vorzug der neuen Methode — 
dieser Nachtheil fort. (Selbstbericht.) 


Kleinere Mittheilungen. 


14) Preindisberger. Mittheilungen aus der chirurgischen Abtheilung 
des Bosnisch-Hercegowinischen Landesspitals in Sarajewo. (1. Juli 
1894 bis 31. December 1896.) 

Wien, J. Safär, 1898. Mit 32 Abbild. und 1 Plan. 

Der vorliegende Bericht umfasst die erste Zeit des Wirkens einer neu ge- 
schaffenen Anstalt in einem Land, welches bisher der modernen Spitalseinrichtungen 
entbehrte. Er ist in der üblichen Weise hergestellt mit zahlreichen Kranken- und 
Operationstabellen. Im Ganzen sind 717 Operationen ausgeführt, die meisten davon 
in Chloroformnarkose oder unter Cocainanästhesie. 

Der größte Theil des 260 Seiten umfassenden Buches macht die Besprechung 
einzelner Krankheitsformen aus (190 Seiten). Es ist unmöglich, an dieser Stelle 
aus der Masse von einzelnen Fällen auch nur die interessanteren heraussugreifen 
und mitzutheilen. Aber ein Umstand fällt dabei am meisten auf, das ist die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1155 


große Anzahl von Verletzungen und mächtigen Geschwülsten. Besonders zahlreich 
sind ferner die Operationen von Hernien, vor Allem von freien Hernien, und 
Steinoperationen. Die meisten Abbildungen betreffen die Neubildungen, welche 
von solcher Größe sind, wie man sie bei uns kaum noch zu sehen bekommt. Es 
zeigt sich auch hierbei die mangelhafte Kultur der alten, türkischen Provinzen, 
welche seit der Occupation von Seiten Österreichs so schnelle und segensreiche 
Fortschritte gemacht hat und noch täglich macht. 

Die Resultate der Operationen sind im Allgemeinen sehr gute, mit einer Ge- 
sammtmortalität von 4,7%. 

Außer den chirurgischen wurden noch 150 Augenoperationen, vor Allem wegen 
Katarakt, mit nur einem Todesfall an interkurrenter Pneumonie ausgeführt. 

Mit dem Spital ist auch ein Ambulatorium für chirurgische und Augenkranke 
verbunden, das von Jahr zu Jahr mehr frequentirt wird, und in welchem die statt- 
liche Anzahl von 2186 kleineren Operationen ausgeführt wurden. 

Ein beigefügter Plan lässt die sehr zweckmäßige Anordnung des Spitala er- 
kennen; dasselbe besteht aus 3 Pavillons, die durch verdeckte Korridore unter 
einander verbunden sind, und ist mit allen, den modernsten Anforderungen ent- 
sprechenden Einrichtungen versehen. 

Diesem äußerst interessanten Bericht sind einige kleinere Arbeiten angereiht: 


1) Preindlsberger: Zur Therapie des Tetanus. 

Diese Arbeit bildet einen werthvollen Beitrag zur Behandlung des Tetanus. 
Verf. kann 4 Fälle mittheilen, von denen 2 tödlich endeten. Die Therapie besteht 
hauptsächlich in Darreichung großer Dosen Chloral und lokaler Behandlung. In 
einem sehr schweren Falle von traumatischem Tetanus, mit einer Inkubationszeit 
von 13 Tagen wurde die Antitoxinbehandlung, kombinirt mit der internen, erfolg- 
reich angewendet; der Kranke bekam 20 Tage hinter einander, mit einer Pause 
von 5 Tagen, Injektionen von Antitoxion von Merck: 0,25—0,75 g pro dosi. Das 
Antitoxin stellte das von Tizsoni und Cattani bereitete Präparat dar. — Nur 
in einem Falle konnten Tetanusbaeillen in der Wunde nachgewiesen werden. Ein 
Fall trat ohne äußere Veranlassung ein. 


2) Preindlsberger: Ein Fall von Fistula colli congenita mediana. 
Es handelte sich um einen I0jährigen Knaben, der fast in der Mittellinie des 
Halses, einen Querfinger unterhalb des Ringknorpels, einen bürzelförmigen Haut- 
wulst hatte. Dieser war an seiner unteren Fläche hellroth und von schleimhaut- 
ähnlicher Beschaffenheit; er setzte sich in einer 1 cm langen flachen Rinne in der 
Medianlinie fort, die auch mit Schleimhaut ausgekleidet war. An diese Rinne 
schließt sich eine 1 cm lange, nach abwärts gerichtete, ziemlich weite Fistel. Das 
Ganze fühlt sich mäßig hart an, ist leicht verschieblich, aber mit der umgebenden 
Haut verwachsen, so dass es herausgeschnitten werden musste. Eine Naht schloss 
die Wunde und stillte die reichliche parenchymatöse Blutung. — Die mikroskopi- 
sche Untersuchung stellte fest, dass die Auskleidung schleimhautähnlich war, mit 
flachen, zum Theil polygonalen Epithelzellen und Andeutung von Papillen. Der 
bürzelartige Hautwulst enthielt stärkere Papillen, Haarwurzeln und Talgdrüsen. Es 
handelt sich wohl um eine angeborene Halsfistel, welche nach der Erklärung von 
v. Kostanecki als seitliche Halsfistel aufzufassen ist, »deren äußere, untere 
Mündung der Medianlinie des Halses mehr oder weniger nahe gerückt ist«, 


3) Mader: Status thymicus und Chloroformnarkose. 

Ein 15jähriger Knabe mit Coxitis und Fistel war etwa 15 Minuten lang zur 
Auskratzung der Fistel oberflächlich chloroformirt: Chloroformverbrauch, Marke 
E. H., 15 ccm mittels Tropfmethode auf Esmarch’scher Maske. 

Als das Redressement des Hüftgelenks angeschlossen werden sollte, reagirte 
der Kranke heftig mit Abwehrbewegungen und lautem Schreien. Es wurden dess- 
halb auf einmal 20—25 Tropfen aufgegossen. Doch schon nach den ersten Streck- 
versuchen wurde der Puls unfühlbar, die Pupille erweiterte sich ad maximum, die 
Athmung bestand oberflächlich und aussetzend fort. Trots künstlicher Athmung, 
Ätherinjektion ete. Tod. Nach dem anatomischen Befund muss als Todesursache 


1156 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


wohl der Status lymphaticus angesehen werden, wie er zuerst von Paltauf cha- 
rakterisirt worden ist. Es fehlte eigentlich nur die Enge der Aorta; besonders 
hervortretend war eine große Thymusdrüse und die Schwellung sämmtlicher lym- 
phatischer Elemente. 

Verf. macht auf den Umstand aufmerksam, dass die Synkope im Augenblick 
eintrat, als neuerdings Chloroform aufgeträufelt wurde. Diese Beobachtung ist 
auch von Anderen in ähnlichen -Fällen gemacht worden. 

Eine Schlussfolgerung in praktischer Beziehung ist schwerlich aus solchen 
Fällen zu ziehen, da die Diagnose eines Status thymicus oder Iymphaticus am 
Lebenden kaum su stellen sein wird. Tschmarke (Magdeburg). 


15) Aus der k. k. Gesellschaft in Wien. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898.) 
Aus der Sitzung vom 11. März 1898 (Nr. 11). 

Frank berichtet über plastische Spitzfußoperation. Nach langem, die 
Achillessehne freilegendem Hautschnitt wird mittels eines Tenotoms die Achilles- 
sehne in 2 Lamellen (vordere und hintere) gespalten und darauf quere Durch- 
trennung der beiden Lamellen oben und unten vorgenommen. Naht in redressirter 
Stellung. Starrer, fixirender Verband mit Fenster entsprechend der Wade zur 
Massage und Elektrisirung der Wadenmuskulatur. Nach 14 Tagen Verband ent- 
fernt und Gymnastik. Erfolg sehr zufriedenstellend. 

Gussenbauer erinnert in der Diskussion, dass diese Methode von Bayer 
(Prag) seit Jahren geübt wird und jüngst pablieirt wurde. 


Aus der Sitzung vom 22. April 1898 (No. 17). 

R. Frank demonstrirt eine 44jährige Frau, bei welcher er vor 7 Jahren noch 
als Assistent der Klinik Albert die Resektion des carcinomatösen Pylorus nach 
Billroth vorgenommen hat. Die Pat., seit ihrer Entlassung Dienerin in der 
Albert’schen Klinik, befindet sich vorzüglich. 

Im Anschluss daran stellt er noch einen Fall von Blinddarmresektion wegen 
Carcinom vor, der nunmehr über 51/3 Jahr reeidivfrei ist. 

In der Diskussion weist Albert darauf hin, dass er schon im Jahre 1880 (e. 
Lehrbuch 1882, 2. Auflage, p. 379) die Idee einer totalen Magenexstirpation ver- 
folgt und in Innsbruck gelehrt habe und theilt eine von Nicoladoni Anfangs der 
80er Jahre ventilirte originelle Idee einer Magenplastik mit. 

Nach Nicoladoni sollte nach Resektion des Magens das Colon transversum, 
an seinem Mesocolon hängend und durch quere Durchschneidung so weit rechts 
als links aus dem Zusammenhang mit dem Colon ascendens und descendens ge- 
trennt, hinaufgehoben und in die gesetzte Lücke hineingepflanzt werden, derart, 
dass es, mit dem Pylorus einerseits, mit der Cardia andererseits cirkulär vernäht, 
den Magen ersetzen würde. Die 2 queren Schnitte des Diekdarms sollten auch 
durch ceirkuläre Naht vereinigt werden, so dass nun auch der Dickdarm und so- 
mit der ganze Magen-Darmtrakt wieder ein Continuum würde. 

Hübener (Breslau). 


16) Marx (Erwitte). Osteomyelitis, von eingeheilten Kleiderfetzen 
ausgehend, 27 Jahre nach einer Kriegsverwundung. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. Juli.) 

Der von M. beschriebene Fall ist dadurch besonders bemerkenswerth, dass 
die Kleiderfetzen, welche susammen übrigens nur eine geringe Größe besaßen, 
27 Jahre lang eingekapselt geruht hatten, ohne irgend welche Erscheinungen her- 
vorzurufen, nach einer starken Muskelanstrengung (Düngeraufladen) aber Veran- 
lassung einer heftigen akuten Osteomyelitis geworden waren. Diese ergriff inner- 
halb weniger Tage den ganzen Oberarmknochen, obgleich ärstlicherseits durch 
frühzeitiges Eröffnen der ersten Höhle im Knochen für den Abfluss des Eiters 
Sorge getragen war, und auch weitere Eiterherde bald eröffnet wurden. Es 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1157 


wurde daher die — Anfangs verweigerte — Auslösung des Armes nöthig, leider 
zu spät, um den tödlichen Ausgang verhindern zu können. 

Die Untersuchung des exartikulirten Oberarms ergab, dass der Knochen ganz 
von Knochenhaut entblößt war und in seinen oberen Theilen eitrige Schmelzung 
der Spongiosa und Eiteransammlung in der Markhöhle zeigte. 

Neben dem auffallenden Gegensatz zwischen der langen Ruhepause und der 
Vehemenz des plötzlich erregten Processes hat der Fall noch ein zweites Interesse, 
indem er Gelegenheit bot, ein nach Schussverletzung knöchern ankylosirtes Ell- 
bogengelenk zu untersuchen. Die beiden Vorderarmknochen sind unter sich und 
mit den Epikondylen des Oberarms knöchern verwachsen, das Olekranon fehlt, 
der untere Humerustheil ist verdickt, zeigt aber eine große muldenförmige Fovea 
olecrani, welche einen größeren, den Knochen ganz durchbohrenden Substanz- 
verlust aufweist, an der Beugeseite (Ausschuss) größer als an der Streckseite (Ein- 
schuss. Auch fanden sich noch Bleipartikel auf der Innenseite des Oberarms in 
den Fasern der Fascie, die den Sulcus bicipitalis einfasst, so fest eingesprengt, 
dass sie sich nur mit Mühe vom Knochen und aus den Bindegewebsfasern ent- 
fernen ließen. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


17) E. Boise. Arthrite purulente a pneumo-bacille de Friedländer 
au cours d’une pleuro-pneumonie grippale. 
(Arch. gener. de med. 1898. Mai.) 

Verf. theilt einen Fall von Gelenkerkrankung mit, hervorgerufen durch den 
Friedländer’schen Pneumococeus. Es handelte sich um einen Mann, der an 
Pneumenie erkrankt war und gleichzeitig an einer Schwellung des rechten Knie- 
gelenks litt. Die bakteriologische Untersuchung des aus dem Kniegelenk aspi- 
rirten Eiters ergab den Pneumococcus Friedländer. In Folge des schlechten 
Allgemeinzustandes des Pat. wurde von einer radikalen Operation des Gelenks 
abgesehen und dieses einfach punktirt. Tod an Pyosepthämie. 

Longard (Aachen). 


18) Bertelsmann. Ein Fall von interstitieller und parenchymatöser 
Myositis (sogenannte rheumatische Muskelschwiele). (Aus dem neuen 
allgemeinen Krankenhause Hamburg- Eppendorf.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 32.) 

Bei dem 18jährigen Pat. waren im Laufe der letzten Jahre bis in die letzte 
Zeit wiederholt schmerzhafte Knoten in den Muskeln der Waden und Vorderarme 
aufgetreten; die mikroskopische Untersuchung eines ausgeschnittenen Stücks der- 
selben ergab eine akute interstitielle und parenchymatöse Myositis und Rein- 
kulturen von Staphylococcus albus. Salicylsaures Natron und Massage vermin- 
derten die Schmerzen und führten zu Rückbildung der Knoten. 

Kramer (Glogau). 


19) Zagato. Estirpazione di un fihromioma incapsulato nello spessore 
del muscolo erector trunci. 
(Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 85.) 

Die Geschwulst, die die Größe einer Kirsche besaß und innerhalb 4 Wochen 
sich entwickelt hatte bei einem gesunden, 15jährigen Landarbeiter, saß in der 
Lendengegend und war auf Druck schmerzhaft. Eben so verursachte sie Schmerzen 
beim Bücken. Sie konnte ohne Schwierigkeiten entfernt werden, und die histo- 
logische Diagnose lautete Fibromyom. Dreyer (Köln). 


20) Porges. Beitrag zur Kenntnis der durch Muskelzug entstandenen 
Verletzungen. 
(Wiener kin. Wochenschrift 1898. No. 8.) 


1) Ruptur der langen Bicepssehne bei einem kräftigen muskulösen 
Mann, die nach 6wöchentlicher Behandlung (Entlastung und Ruhigstellung des 


1158 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


Biceps durch 14 Tage, von da an Massage und vorsichtige passive Bewegungen) 
in vollkommener Weise zur Heilung gelangte. Die fragliche Verletzung ist nach 
P. durch folgenden Symptomenkomplex in typischer Weise gekennseichnet: 

Die Schmerzhaftigkeit am Proc. supraglenoidalis, resp. an der Stelle des 
Sehnenrisses, die Einziehung in der oberen Hälfte an der Außenseite des Ober- 
arms, die dadurch bedingte Lageveränderung der Muskelmasse (anstatt parallel 
mit der Oberarmlängsachse verläuft dieselbe von oben innen nach außen unten), 
die Verkürzung der Distanz zwischen Fossa cubitalis und Muskelbauch, das 
Schlaff- und Verschieblichbleiben des Muskels bei der Kontraktion und endlich 
eventuell der Nachweis des Sehnenstumpfes. 

P. räth ab von operativen Eingriffen, wie sie Bazy empfiehlt (Entfernung der 
abgerissenen Sehne und Einnähen des Muskelstumpfes in das Caput breve. 

2) Rissfraktur des Calcaneus, die zu Stande kam, als der Pat. beim 
Absteigen von einer leiterartigen Stiege, den Rücken stiegenwärts gekehrt, über 
5 Stufen herunterrutschte und auf die Ferse des rechten Fußes auffiel. Die bei- 
gefügte Röntgenphotographie zeigt sehr schön eine Fraktur des Calcaneushöckers 
in horizontaler Ebene. Der Fersenbeinhöcker ist wie ein geöffneter Entenschnabel 
aufgeklappt. Hübener (Breslau). 


21) Gossner (Königsberg i/Pr.) Zwei Fälle monosymptomatischer 
Hysterie nach Trauma. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. Juli.) 


Jeder Beitrag zur Erweiterung unserer Kenntnisse über traumatische Hysterie 
muss willkommen geheißen werden, und beweist die vorliegende Mittheilung, dass 
auch im Heer Fälle dieser Art vorkommen, wie ja bei der Ähnlichkeit aller Ver- 
hältnisse mit denen der Arbeiterunfälle a priori angenommen werden muss und in 
militärärztlichen Kreisen schon längere Zeit bekannt ist. Hier handelt es sich 
um 2 genau beobachtete und mitgetheilte Fälle, welche sich bei Pionieren ereig- 
neten, d. h. bei Soldaten, deren Beschäftigung mit denen der civilen Arbeiter 
ganz besondere Ähnlichkeit hat, und deren Körperbeschaffenheit im Ganzen eine 
besonders kräftige ist. 

Durch 2maligen Sturz vom Querbaum auf den linken Arm im Zeitraum 
weniger Tage hatte sich der 1. Kranke einen nur bohnengroßen Erguss am linken 
Ellbogengelenk zugezogen, welcher durch Anlegen eines Gipsverbandes zu rascherer 
Aufsaugung gebracht werden sollte. Unter diesem Verband begann sich eine An- 
ästhesie der Finger auszubilden, welche nach Abnehmen des Verbandes immer 
weiter nach oben fortschritt, bis sie endlich handbreit unter dem Akromion Halt 
machte. Der sensiblen Lähmung entsprach auch eine motorische, und beschrieb 
die Grenze der Lähmungszone stets einen abgezirkelten Ring um das Glied, wel- 
cher sich immer weiter nach oben verschob. Die sensible Lähmung erstreckte 
sich auf alle Empfindungsqualitäten, einschließlich des tieferen Gelenk- und Muskel- 
sinnes. Sehnenreflexe am kranken Arm waren nicht auszulösen, elektrische Erreg- 
barkeit war unverändert, Entartungsreaktion nicht vorhanden, Atrophie trat nach 
monatelangem Bestand nicht ein. Es wurde eine mäßige Gesichtsfeldeinschränkung 
für alle Farben festgestellt. Im psychischen Wesen des Mannes zeigte sich nichts 
Auffälliges, nur eine gewisse Ängstlichkeit und Weichlichkeit trat hervor. 

Im Gegensats zu diesem Krankheitsbild handelt es sich bei dem 2. Mann, 
Unterofficier, um Krampfzustände, und zwar um klonische Krämpfe der Musculi 
sternocleidomastoidei und cucullares, also im Gebiet der Nervi accessorii beider- 
seits. Der motorische Effekt dieser krampfhaften Zusammenziehungen ist aber hier 
nicht der gewöhnliche, welcher sich in Nickbewegungen des Kopfes äußern würde, 
sondern es werden bei festgestelltem Kopf die Athembewegungen beeinflusst, der 
Brustkorb wird nach oben gezogen. Namentlich die sternalen und celavicularen 
Ansätze der Sternocleidomastoidei treten meist dabei scharf hervor, und wird die 
Erscheinung bei jeder zweiten, zuweilen sogar bei jeder einzelnen Inspiration be- 
obachtet. Wenn auch diese eigenthümliche Athmung dauernd zu sein scheint, so 
ist doch eine psychische Beeinflussung derselben nicht zu verkennen, da die Krämpfe 


Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 1159 


nach Zahl und Stärke bei fortgesetzter Beobachtung zunehmen und die Athem- 
beschwerden sich ersichtlich steigern, bis endlich ein vollkommenes Luftschnappen 
eintritt, jedoch ohne Cyanose, Athmungsbeschleunigung oder Dyspnoe. Während 
der Wirkung vom künstlichen Schlafmitteln normale Athmung. Gesichtsfeldein- 
schränkung bestand für alle Farben, die Kniereflexe waren unbeträchtlich ge- 
steigert, Entartungsreaktion fehlte auch hier in den befallenen Muskeln. Die Er- 
krankung folgte einem Sturz vom Querbaum auf den Kopf mit Quetschung von 
Nacken, Brust und Kreuz ohne Aufhebung des Bewusstseins, als deren Rest eine. 
oberflächliche und unempfindliche Hautnarbe auf der rechten Seite des Hinter- 
haupthöckers zurückblieb. Seit der Verletzung war der Mann niemals ganz frei 
von Beschwerden, war stets im Dienst geschont, bis er endlich nach etwa 1/3 Jahr 
im Lazarett Aufnahme fand, aus dem er als Ganzinvalid und größtentheils er- 
werbsunfähig entlassen wurde. 

Der 1. Kranke wurde für Ganzinvalid, zugleich aber für gänzlich erwerbs- 
unfähig und einfach verstümmelt angesehen. Vielleicht wird sich später etwas 
über den ferneren Verlauf der eigenthümlichen Fälle erfahren lassen. Simulation 
wird mit Recht ausgeschlossen. Auffallend ist, dass eine nervöse Disposition bei 
beiden Kranken nicht vorlag. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


22) R. Pitsch. Ein Fall von angeborenem Hochstand der Scapula 
(Sprengel’scher Deformität), 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.) 

31/2 Jahre alter Knabe ohne Zeichen von Rachitis. Skoliose der Halswirbel- 
säule nach links, der Brustwirbelsäule nach rechts, skoliotischer Thorax, Hochstand 
des linken Schulterblatts. Oberhalb des linken Schlüsselbeins ist ein Vorsprung 
zu fühlen, welcher dem oberen inneren Winkel des Schulterblatts entspricht und 
ein Bewegungshindernis für den linken Oberarm bildet. Der untere Winkel des 
Schulterblatts ist nach innen verschoben. Bei der von Hoffa vorgenommenen 
Operation wurden nach einem Längsschnitt auf der Schulterhöhe am vorderen 
Rand des Cuoullaris die Muskeln stumpf abgelöst und der obere innere Winkel 
des Schulterblatts theilweise abgetragen. Es ist angegeben, dass die Höhen- 
differenz der Schultern nach der Operation nur noch etwa !/; cm betrug, während 
sie vorher 3 Querfinger betragen hatte. 

Die Mittheilung des Falles ist einer allgemeinen litterarischen Besprechung 
der Affektion eingeflochten. J. Riedinger (Würzburg). 


23) Morestin. La fracture longitudinale incomplète de l’omoplate. 
(Presse med. 1897. No. 66.) 

Verf. bespricht den seltenen Knochenbruch an der Hand von 2 Befunden, 
welche er an der Leiche gemacht hat. Die Präparate, welche in 6 Bildern wieder- 
gegeben sind, befinden sich im Museum Dupuytren. Beide Male war der Bruch 
des Schulterblattes während des Lebens nicht diagnostieirt worden und auch erst 
nach Entfernung sämmtlicher bedeckender Weichtheile zu erkennen gewesen. Verf. 
hat aber jetzt bei einem 50jährigen Mann, der auf den Rücken gefallen war, die 
in der Überschrift angegebene Diagnose gestellt, auf Grund folgenden Befundes: 
Bluterguss und Hautabschürfung in der linken schmerzhaften Schultergegend;; der 
Kranke kann sich nicht auf den Rücken oder auf die linke Seite legen; dabei 
sind sämmtliche Bewegungen des Armes frei, keine Verletzung am Arm, Schlüssel- 
bein, Akromion, am Schultergelenk oder an den Rippen nachzuweisen; auch das 
Schulterblatt weist keine Abweichung auf. Sehr lebhafter Druckschmerz an einem 
Punkte der Spina scapulae. Ein transversal verlaufender Bruch ließ sich voll- 
ständig ausschließen. Wenn M. aber bei erhöhter und fixirter Schulter den oberen 
Winkel des Schulterblattes und mit der anderen Hand das Akromion und den 
Processus coracoideus umfasste, und nun Bewegungen von vorn nach hinten und 
umgekehrt ausführte, trat lebhafter Schmerz und deutliche Krepitation ein. Auf 
Grund dieser Beobachtung atellte er die Diagnose einer längs verlaufenden, aber 


1160 Centralblatt für Chirurgie. No. 46. 


unvollkommenen Fraktur. Nur in Gurlt’s Werk fand Verf. diese Art Brüche 
erwähnt und einen Fall von Middeldorf beschrieben. (Die Arbeit legt nahe, 
bei sonst völlig negativem Befund an eine derartige Bruchform zu denken, deren 
Feststellung sicher äußerst schwierig und vielleicht nur bei mageren Personen 
möglich ist, auch kaum durch Radiographie nach Röntgen erleichtert wird. Ref.) 
Tschmarke (Magdeburg). 


24) Rammstädt. Ein Fall von Fraktur der Diaphyse des Oberarms 
mit bisher noch nicht beobachteter Wirkung des Streckverbandes. 
fe, Langenbeck’s Archiv Bd. LVII. Hft. 3.) 

R. beobachtete einen Bruch des Oberarms unterhalb des Collum chirurgicum. 
Die Fragmente waren seitlich und in der Längsrichtung verschoben. Es wurde eine 
Heftpflasterextension mit 4 Pfund angelegt und der Arm mittels Desault’schen 
Verbandes fixirt. Merkwürdigerweise zeigte sich nun bei dem nach einigen Tagen 
aufgenommenen Skiagranım, dass die Fragmente zwar nicht mehr seitlich abwichen, 
aber dass die Verschiebung ad longitudinem vergrößert war. Das obere Fragment 
war tiefer gesunken. Da weitere unblutige Maßnahmen nichts verbesserten, nahm 
v. Bramann die Knochennaht vor, welche ein sehr günstiges Resultat erzielte. 
R. glaubt, dass durch die Extension eine Kapseldehnung eingetreten sei, und in 
Folge dessen der Arm fast in Subluxationsstellung getreten wäre, welche durch 
geeignete Therapie beseitigt wurde. Eine Rolle spielt bei dieser eigenartigen Ver- 
schiebung der Bruchenden vielleicht der Umstand, dass die Pat. sehr anämisch war. 

E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


25) A. Dehler. Beitrag zur Lehre von der akuten Osteomyelitis des 
Kreuzbeins. 
(Beiträge sur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

Verf. giebt die Beschreibung dreier tödlich verlaufener Fälle primärer Osteo- 
myelitis des Kreuzbeins; einer derselben ist bereits 1895 von Commichau ver- 
öffentlicht worden, ein 4. Fall, der ebenfalls tödlich endete (Milchner), wird im 
Auszug mitgetheilt. Anschließend werden die klinischen und pathologischen 
Merkmale der Kreugbeinosteomyelitis so wie die Therapie derselben, welche nach 
D. nicht in einfacher Incision, sondern Aufmeißelung und energischer Ausräumung 


des erkrankten Knochens bestehen soll, erörtert. Honsell (Tübingen). 
26) V. Hinsberg. Beiträge zur Anatomie der kongenitalen Hüft- 
gelenksluxation. 


(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.) 

Das von Schulthess bei einer Sektion gewonnene Präparat stammt von einer 
10 Jahre alten Frau, welche an doppelseitiger angeborener Hüftverrenkung gelitten 
hat. Die Präparation der Beckenmuskulatur wurde durch Felix am anatomischen 
Institut in Zürich vorgenommen. Verf. bringt eine detaillirte, frühere Mittheilungen 
zum Theil ergänzende Beschreibung der Muskulatur, ferner eine solche des Beckens 
und des Bandapparats, der Wirbelsäule und der Oberschenkelknochen. Auch die 
Abweichungen in der Architektur der Spongiosa des oberen Abschnitts der Ober- 
schenkelknochen werden näher beleuchtet. J. Riedinger (Würzburg). 


27) E. Goldscheider. Ein Beitrag zu den Hygromen des Knies. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

G. beschreibt einige Fälle von Schleimbeutelhygrom der Kniegelenksgegend, 
welche durch multilokulären Bau, schleimhautartige Falten und Leisten, endlich 
Bindegewebsbalken und divertikelartige Bildungen im Innern ausgezeichnet waren, 
und erörtert die Entstehungsweise derselben an der Hand eingehender anatomischer 
Untersuchungen. Honsell (Tübingen). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E. vmn Bergmann, F, Kinig (ms 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Ae E 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumerstion. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 47. Sonnabend, den 26. November. 1898. 


Inhalt: F. Franke, Temporäre Heteroplastik zur Behandlung des Hirnprolapses. (Orig.- 
Mittheilung.) 

4) Stintzing, Tetanus. — 2) Widal und Nob6court, Antitoxische Wirkung der Nerven- 
centren. — 3) Starzewski, Zur Verhütung der Puerperal- und Wundinfektion. — 4) Ber- 
ger, Rankenangiom. — 5) Krönieln, Cranio-cerebrale Topographie. — 6) Graf, Schädel- 
schüsse. — 7) Marfan, Meningitis tuberculosa. — 8) Lindfors, 9) Bolle, Hirnbrüche, — 
10) Eberson, Hirngeschwülste. — 11) David, Verschluss von Schädellücken. — 12) Keen 
und Spiller, Resektion des Ganglion Gasseri. — 13) Faure und Furet, Nervenanastomo- 
sirung. — 14) Redard, Torticollis. — 15) Vincent, 16) Maass, 17) Chipault, 18) Phocas, 
Spondylitis. 2 

19) 70. Naturforscher- und Ärzteversammlung: Schede, Epilepsie. — Vuiplus, Spon- 
dylitis. — Lossen, Rhinoplastik. — Schultze, Gesichtslupus. — Sprengel, Arnolds, 
Fremdkö:per in den Luftwegen. — Wiemer, Lungengangrän. — Thiel, Empyeme. 

20) Bandisch, Wundstarrkrampf. — 21) Allssow und Skwozzow, Aktinomykose. — 
22) Choux, 23) Choux, Phlegmone. — 24) Strubell, Periostitis nach Masern und Schar- 
lach. — 25) Michelis, Schädelwunde. — 26) Hitzig, Zur Hirnchirurgie. — 27) Schlofler, 
Traumatische Apuplexie. — 28) Adenot und Carrier, 29) McCosh, 30) Donath, Epilepsie. 
— 31) Berndt, Verschluss von Schädellücken. — 32) Sokolow, Retrobulbäre Geschwülste, 
— 33) v. Arx, Rückenmarkverletzung. — 34) Rochet und Hugot, Spina bifida. — 
35) Phocas, Spondylitis. 

v. Hacker, Zur Originalmittheilung des Herrn Dr. Breuer in Köln: »Eine neue Ope- 
ration der Hypospadie der Eichel nach Bardenheuer«e. 


Temporäre Heteroplastik zur Behandlung 
des Hirnprolapses. 
Von 
Dr. Felix Franke, 
Oberarzt des Diakonissenhauses Marienstift zu Braunschweig. 
.. Der Hirnprolaps ist, wie erst auf dem letzten internationalen 
Arztekongress in Moskau v. Bergmann von Neuem hervorhob, 
eine gar nicht selten der Schädeleröffnung folgende Störung, eine 
Störung, die sich mitunter recht schwer bekämpfen lässt, in ver- 
einzelten Fällen, wie in dem einen v. Bergmann’s, sogar zum Tode 
führt und namentlich dann vom Operateur recht unangenehm em- 
pfunden wird, wenn es sich um vergebliche, um einfache Probe- 
47 


1162 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


trepanationen handelt. v. Bergmann! betont, dass gerade nach 
diesem Eingriff der frische Hirnprolaps häufig beobachtet sei, auch 
hier selbst mit tödlichem Ausgang. Das Hirn drängt in solchen 
Fällen mit einer so gewaltigen Kraft nach außen, dass die Nähte, 
mittels deren der Defekt geschlossen wurde, durchschneiden, und 
dass das nach dem Wagner’schen Verfahren gebildete und wieder an 
seinen Ort zurückgelagerte Schädelsegment trotz des best angelegten 
Kompressionsverbandes weit in die Höhe gehoben wird. In einem 
Falle v. Bergmann’s überragt der doch noch angeheilte Lappen die 
Schädeloberfläche um mehr als 1 cm. 

Ich habe diese Schwierigkeiten im vergangenen Jahre an einem 
kleinen Hirnprolaps kennen gelernt. Da ich ihrer mit einem voll- 
kommenen und, wie ich mich kürzlich überzeugt habe, dauernden 
Erfolg Herr geworden bin vermittels der temporären Heteroplastik, 
dies Verfahren aber bisher in dieser Weise mit Absicht noch nicht 
angewandt zu sein scheint, erlaube ich mir die Krankengeschichte 
zu veröffentlichen. 


Das Dienstmädehen Anna Himstedt von hier, 15 Jahre alt, wurde von dem 
Ohrenarzt, Herrn Kollegen Koch hier am 20. August 1897 dem Marienstift 
zur Behandlung aus äußeren Gründen überwiesen. Das Mädchen, welches seit 
seiner Kindheit (nach Masern?) an Ohrenlaufen rechts und zeitweisen Schmerzen 
litt, erkrankte vor einigen Tagen an sehr heftigen Schmerzen hinter dem rechten 
Ohr, Fieber und Kopfschmerzen. 

Das schwächliche, anämische Mädchen fühlte sich elend, hatte eine Tempe- 
ratur von 40,1°, sehr belegte Zunge, beschleunigten Puls (120). Die Gegend hinter 
dem rechten Ohr war teigig-ödematös geschwollen und auf Druck sehr empfindlich. 
Äußerer Gehörgang ohne Besonderheiten, Trommelfell grau, glanzlos, etwas ein- 
gezogen, Lichtreflex schwach und verschoben, im unteren Segment eine steck- 
nadelkopfgroße Perforation. Hers und Lungen normal. 

Als trotz Eisbeutels und Ausspülungen des Ohrs in den nächsten Tagen keine 
Besserung eingetreten war, die Schwellung hinter dem Ohr sogar noch zugenom- 
men hatte und sich auch nach unten nach dem Halse zu weiter ausbreiten zu 
wollen schien, eröffnete ich am 23. August das Antrum mastoideum. Hirn- 
erscheinungen waren noch nicht aufgetreten, das Sensorium war frei, der Puls be- 
schleunigt, Temperatur am 22. August Abends 39,1°. Die jetzt bestehende Röthung 
der Haut über dem Proc. mastoideus rührte wahrscheinlich von der Eisblase her. 

Nach Durchtrennung der ödematösen Weichtheile kam ich zunächst auf nor- 
malen Knochen, von dem sich aber die Weichtheile leicht abheben ließen. Eiter 
quoll erst in Form eines mäßig großen Tropfens hervor, als ich den Proc. mastoi- 
deus tief und nach hinten zu aufgemeißelt hatte. Ich traf dann bald auf den 
Sinus transversus, bis auf den der Eitergang führte, und eröffnete ihn, da er bräun- 
lich aussah und sich fest anfühlte. Er zeigte sich von einem nur an der eröffneten 
Stelle in eitriger Schmelzung begriffenen, missfarbig aussehenden, sonst aber 
ziemlich festen Thrombus erfüllt. Nach Unterbindung der Jugularis im oberen 
Theil des Halses, wo sie kollabirt war, räumte ich deren peripheren Theil und 
den Sinus aus, nachdem ich noch den Knochen nach dem Ohr und nach hinten zu 
breit aufgemeißelt hatte, und tamponirte die ganze Höhle nach entsprechender 
Reinigung mit Jodoformgaze. 

Die Temperatur blieb, nachdem sie am Operationstag abgefallen war, in 
den nächsten Tagen noch hoch, bis zu 40°, das Befinden besserte sich etwas, be- 

1 v, Bergmann, Die chirurgische Behandlung der Hirngeschwäülste. Samm- 
lung klin. Vorträge N. F. No. 2v0. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1163 


denklich waren aber unregelmäßig auftretende Schüttelfröste.e Da nun die Wunde 
gut aussah, und der Verdacht eines sich entwickelnden Hirnabscesses bestand, machte 
ich am 10. September in der Mitte des freiliegenden, etwa markstückgroßen Hirn- 
theils einen etwa 11/2 cm tiefen Einstich mit dem Messer durch die sonst unverletzte 
Dura, die Messerspitze nach verschiedenen Richtungen langsam senkend und lüftend, 
aber ohne Erfolg. Absichtlich den Schnitt nicht vernähend, tamponirte ich die 
Wunde fest mit Jodoformgaze, war aber erstaunt, am 13. September beim Ver- 
bandwechsel einen Hirnprolaps von Kirschgröße zu sehen. Es traten noch bis 
zum 22. September hin und wieder Schüttelfröste auf, aber das Befinden besserte 
sich, die Wunde sah fast rein aus, Hirnerscheinungen fehlten. Die größte Sorge 
machte mir der kleine Hirnprolaps. Er hatte trotz Druckverbandes bis Anfang 
Oktober bis zu Haselnussgröße zugenommen, Granulationen hatten sich auf ihm 
entwiokelt, die Wunde machte keine Anstalt zum Verheilen. Die Ränder der 
durchtrennten Haut wurden von dem Prolaps, über dem ich sie zusammengelegt 
hatte, immer wieder aus einander gedrängt. Abtragung des Prolapses, Vernähung 
der Wundränder war umsonst, Ätzung mit Höllenstein dessgleichen. Am 26. Ok- 
tober trug ich nochmals den Prolaps ab, löste die Haut vom Knochen, um die 
angefrischten Wundränder möglichst ohne Spannung vernähen zu können, was 
auch gut gelang. Die Wunde heilte per primam; nur siokerte durch einen Stich- 
kanal immer dünnes Sekret heraus. Bald wurde auch die frische Narbe wieder 
breiter, verdünnte sich, und Mitte November hatte ein neuer Gehirnprolaps die 
Narbe durchbrochen. 


Was nun thun? Von dem anfänglichen Gedanken, einen 
Haut-Knochenlappen aus der Umgebung über dem Defekt zu ver- 
nähen, ging ich wieder ab, weil ich befürchten musste, dass auch er 
wieder abgehoben würde, zumal an dieser Stelle ein Kompressions- 
verband schwer seinem Zweck entsprechend anzubringen ist. Schließ- 
lich kam ich auf den in der Überschrift angedeuteten Gedanken. 
Von vorn herein glaubte ich nicht, dass eine etwa eingelegte Cellu- 
loidplatte glatt einheilen würde, weil die Wunde immer sehr stark 
secernirte, und zu befürchten war, dass eine Fistel bleiben würde. 
Das Auftreten einer solchen stellt aber die Einheilung der Platte 
nach den Mittheilungen von v. Eiselsberg auf dem 24. Chirurgen- 
kongress 1895 (Zur Behandlung von Schädelknochendefekten) gänz- 
lich in Frage. Die Celluloidplatte entsprach aber in so fern meinem 
Wunsch am besten, als ich glaubte sie am leichtesten so anbringen 
zu können, dass ich einer Kompression von außen entbehren könnte. 
Sie sollte als Kompressorium wirken. In zweiter Linie sollte sie 
auch für den Fall, dass sie nicht einheilen würde, dazu dienen, dass 
unter ihrer glatten Unterfläche der Defekt in der Dura im Laufe 
einiger Wochen verwüchse. Ich konnte dann mit Recht erwarten, 
dass eine spätere Plastik mittels Haut-Knochenlappens Erfolg haben 
würde. Dem entsprechend ging ich vor. 


Am 22. November meißelte ich nach Freilegung des ganzen Gebiets und 
Abtragung des wieder zu Kirschgröße angewachsenen wahren, mit Granulationen 
besetzten Prolapses auf der Duralseite des Knochenrandes an mehreren Stellen 
mit einem Falzmeißel einen Falz aus und brachte eine dünne Celluloidplatte, die 
die Form des Defekts, aber an den dem jeweiligen Falz des Knochens ent- 
sprechenden Stellen einen etwa 2—3 mm langen Vorsprung erhalten hatte, so 
an, dass diese Vorsprünge, die sich wie auch die ganze Platte etwas biegen ließen, 
unter den Knochenrand des Falzes geschoben wurden. Die Platte saß danach 


478 


1164 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


fest auf der Dura. Es folgte die Naht der Hautwundränder, die sich nur unter 
einer gewissen Spannung vereinigen ließen. d 

Wie ich fast mit Sicherheit erwartet hatte, blieb die Heilung per primam 
aus; auch eine zweite Naht am 28. November war erfolglos. Die Nähte schnitten 
zum Theil durch, und die Celluloidplatte wurde im unteren Wundwinkel sichtbar. 

Am 14. December öffnete ich die Wunde wieder und nahm die Platte heraus. 
Der Prolaps war verschwunden, zwischen Platte und Dura hatte sich eine kleine 
mit Serum (Liquor cerebri?) gefüllte Cyste gebildet. Nach Beseitigung derselben 
wurde der Defekt durch einen Haut-Knochenlappen, den ich der Regio supra- 
mastoidea entnahm, gedeckt. Die Vereinigung der Wundränder gelang ohne zu 
große Spannung, die gewünschte Heilung per primam trat ein, die Kranke wurde 
am 31. December entlassen. 

Vor Kurzem erst habe ich mich überzeugt, dass der Erfolg ein ausgezeich- 
neter ist. Der fest eingeheilte Knochen liegt in gleicher Ebene mit dem Knochen 
der Umgebung, die Narben sind schmal und blass, das Mädchen befindet sich 
sehr gut. 


Es ist hier nicht der Ort, auf verschiedene interessante Einzel- 
heiten des Falles und Fragen, die er erheben lässt, so nach der 
Ätiologie, Diagnose, Technik bei der Aufsuchung des Herdes, Ur- 
sache der späteren Schüttelfröste, Ursache und Art des Hirnprolapses 
u. A. einzugehen. Ich will nur noch einige Worte über das von 
mir eingeschlagene Verfahren sagen. Seine Berechtigung und seinen 
Nutzen beweist die Krankengeschichte. Aus ihr dürfte wohl auch 
seine Empfehlung für ähnliche Fälle abzuleiten sein. Ob bei großem 
Hirnprolaps sein Nutzen eben so groß sein wird, müssen Versuche 
entscheiden. Um in einem solchen Falle möglichst sicher zu gehen, 
wird es nöthig sein, die vorspringenden Zacken der Platte, die unter 
das Schädeldach geschoben werden sollen, etwas größer zu nehmen, 
den Falz am Knochen also tiefer auszugraben. Die Einführung der 
Platte gelingt natürlich nur dann nicht gar zu schwer, wenn man 
mindestens einen ihrer Seitenränder (Quadranten) oder noch besser 
zwei gegenüberliegende Ränder ohne Zacken lässt. Man wird die 
Platte mindestens 2—3 Wochen, unter Umständen noch länger liegen 
lassen und kann dann erwarten, keinen Prolaps mehr eintreten zu 
sehen. Auch für das Wagner’sche Verfahren der Schädeleröffnung 
wird sich die Methode eignen; man klappt einfach den Haut-Knochen- 
lappen auf einige Wochen über die Platte. Dann werden solche 
Ausgänge von Verunstaltung, wie in dem Falle von v. Bergmann, 
abgesehen von noch Schlimmerem, nicht so leicht eintreten. 

In den Fällen, in denen der Knochendefekt nicht durch einen 
Haut-Knochenlappen nach Müller-König gedeckt werden kann, 
wäre der Versuch zu machen, nach Herausnahme der Platte sie 
durch der Tibia entnommene Knochenscheiben (nach Czerny, 
24. Chirurgenkongress 1895) zu ersetzen. Diese von vorn herein 
anzuwenden, ist wenigstens beim Hirnprolaps nicht anzurathen, da 
man ihnen nicht, wie der Celluloidplatte, einen ganz festen Halt am 
Schädel schaffen kann. 

So viel geht wohl aus meinem Falle und meinen Ausführungen 
hervor, dass es sich verlohnen dürfte, die Heteroplastik mittels 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1165 


Celluloidplatten, öfters als es bisher geschehen ist, anzuwenden und 
die Abneigung, die gar nicht wenige Operateure gegen sie zu haben 
scheinen, fallen zu lassen. So eignet sie sich vorzüglich zum Ver- 
schluss von Schädeldefekten bei Meningocele und Encephalocele. 
Heilt die eingesetzte Platte nicht ein, so hat man doch die von mir 
hervorgehobenen Vortheile der temporären Heteroplastik erzielt und 
kann nun mit größerer Sicherheit die Osteoplastik anwenden. Ich 
denke hierbei an den von Neugebauer vor Jahresfrist in diesem 
Blatte (No. 46) berichteten Fall von osteoplastischem Verschluss bei 
einer Encephalocele sincipitalis bei einem 1jährigen Kind. Die 
Meningen waren bei der Operation eingerissen und ließen sich nicht 
abschnüren. Durch die Risse war offenbar das Gehirn vorgequollen 
und hatte allmählich den überpflanzten Haut-Knochenlappen weit 
vorgetrieben, so dass das Kind wieder eine Geschwulst an der Nasen- 
wurzel besaß. 


1) Stintzing (Jena). Wesen und Behandlung des traumati- 
schen Tetanus. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 40.) 

S. kommt auf Grund eigener und Anderer Untersuchungen zu 
folgenden Anschauungen über die Pathogenese des Tetanus. Der 
Tetanusbacillus erzeugt an dem Ort seiner Ansiedelung Toxine; 
diese gelangen theils in die Blutbahn (bei Thieren) und können von 
dieser aus wirksam werden. 

Im Wesentlichen aber werden sie längs der nahe gelegenen 
Nerven, vermuthlich in den Maschen des Perineuriums, deren Flüssig- 
keit eine besondere Anziehungskraft eigen zu sein scheint, zum 
Rückenmark fortgeleitet. In den Subarachnoidealraum oder un- 
mittelbar in das Rückenmark gelangt, entfalten sie — bei Thieren 
— ihre toxische Wirkung zunächst von der Einmündungsstelle aus 
und erzeugen somit zunächst den örtlichen Tetanus. Wird Gift in 
genügender Menge weiter produeirt und zugeleitet, so erzeugt es 
regionär (bis zum allgemeinen Tetanus) fortschreitende Krämpfe. 
Beim Menschen kann der Vorgang der gleiche sein. Meist jedoch 
breiten sich bei diesen die Krämpfe ohne Regel aus, vermuthlich 
weil die Toxine in den weiteren, mit Flüssigkeit angefüllten Räumen 
rascher diffundiren. Den Angriffspunkt für das Tetanusgift bilden 
jedenfalls die motorischen Ganglienzellen in den Vorderhörnern, die 
unter der Einwirkung desselben in einen Zustand erhöhter Erreg- 
barkeit gerathen. Dass die neuerdings gefundenen morphologischen 
Veränderungen dieser Zellen einen dem Tetanus eigenartigen Be- 
fund darstellen, ist noch fraglich. 

Bezüglich der Therapie des Tetanus äußert sich S. sehr zurück- 
haltend über den Nutzen des Heilserums.. 2 schwere Fälle von 
Tetanus wurden in seiner Klinik vom 12., bezw. 5. Tage an nach 
Beginn der Krämpfe, theils mit Tizzoni’s, theils mit Behring’s 


1166 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


Antitoxin behandelt und endeten, ohne auch nur vorübergehende 

Besserung zu zeigen, tödlich; ein dritter, sehr leichter Fall kam 

am 7. Tage in Behandlung und ging rasch in Heilung über. 
Kramer (Glogau). 


2) Widal et Noböcourt. Recherches sur l’action anti- 


toxique des centres nerveux pour la strychnine et la morphine. 
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. März.) 

W. und N. untersuchten, ob die Substanz des Centralnerven- 
systems gewisser Thiere antitoxische Wirkungen gegenüber den ge- 
nannten Alkaloiden ausübt, ähnlich wie dies Wassermann für das 
Tetanusgift nachgewiesen hatte. Die Versuche wurden in sehr ein- 
facher Weise vorgenommen, indem die Alkaloide mit der Nerven- 
substanz von Kaninchen, Meerschweinchen und anderen Thieren 
vermischt und in tödlicher Dosis Mäusen eingespritzt wurden. Die 
antitoxische Wirkung erwies sich nur gering, jedenfalls viel geringer 
als die dem Tetanusantitoxin gegenüber konstatirte. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


3) J. Starzewski. Zur Verhütung der Puerperal- und 
Wundinfektion. 
(Przegląd lekarski No. 25 u. 26.) 

Verf. hat in CzyZewicz’s geburtshilflicher Klinik in Lemberg 
Versuche angestellt, ob sich durch Injektion von Marmorek’s 
Antistreptokokkenserum die Gefahr einer Puerperalinfektion nicht 
etwa vermindern ließe. Die Versuche wurden in der Art angestellt, 
dass jede zweite Gebärende ohne Auswahl der Fälle 5—10 ccm des 
von Bujwid in Krakau gelieferten Serums unmittelbar nach der 
Geburt injieirt erhielt. Die Resultate waren folgende: Die Zahl der 
Fiebernden war unter den nicht Immunisirten 2mal so groß als 
unter denjenigen Wöchnerinnen, welche 5 g, und 3mal so groß wie 
unter jenen, welche 10 g Serum erhalten hatten. Auch trat bei den 
Kindern der immunisirten !Wöchnerinnen viel seltener Ikterus auf 
als bei denen nicht immunisirter Mütter. Ein schädlicher Einfluss 
der Injektionen wurde nicht beobachtet. Verf. empfiehlt auch einen 
Versuch mit ähnlichen Injektionen unmittelbar im Anschluss an 
operative Eingriffe zur Hintanhaltung einer event. Wundinfektion. 

Trzebicky (Krakau). 


4) H. Berger. Die Exstirpation des Angioma racemosum 
am Kopfe. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

B. empfiehlt in jedem Falle von Angioma racemosum, wenn 
irgend möglich, die Exstirpation der Geschwulst, einzeitig oder mehr- 
zeitig, vorzunehmen; nur im Nothfall habe eine andere Behandlungs- 
weise Platz zu greifen. Die Gefahren der Blutung sollen nicht durch 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1167 


präventive Carotisunterbindung, dagegen durch Kompression der 
Carotis, Aufsuchen und Unterbinden der hauptsächlichsten zuführen- 
den Gefäße zu Beginn der Operation, durch Kompression der bluten- 
den Theile während des Schneidens und endlich dadurch, dass die 
Geschwulst zunächst zusammen mit der bedeckenden Haut von der 
Unterlage abgelöst wird (Lappenschnitt) verringert werden. Wird 
dann zum Schluss die Geschwulst auch von der Haut abpräparirt, 
so lassen sich wenigstens größere Substanzverluste ebenfalls ver- 
meiden. Anschließend bringt Verf. eine Tabelle von 20 radikal 
operirten, einschlägigen Fällen, die sämmtlich geheilt worden sind. 
Honsell (Tübingen). 


5) Krönlein. Zur cranio-cerebralen Topographie. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2. p. 364.) 

Nach den bisherigen Schulregeln wird bekanntlich die Bestim- 
mung der chirurgisch wichtigen Punkte der Großhirnrinde mit Hilfe 
absoluter Zahlen (Längen- und Winkelmaße) vorgenommen. Da bei 
der Verschiedenheit in Form und Größe des menschlichen Schädels 
hieraus nothwendig Fehlerquellen entstehen müssen, hat sich K. die 
Aufgabe gestellt, jegliche Zahlenwerthe aus der Berechnung aus- 
zuschalten. Er konstruirte die Lage der Theilungsstelle und des 
oberen Endes der Fissura Sylvii, des oberen und unteren Endes des 
Sulcus centralis, die beiden K.’schen Trepanationsstellen und die 
v. Bergmann’sche Schädelresektionsstelle mittels eines Systems von 
7 Linien, deren Verlauf lediglich durch wohl markirte, natürliche 
Orientirungspunkte am Schädel bestimmt wird. Diese Konstruktion 
entspricht, wie an 2 Abbildungen ersichtlich ist, vorzüglich den wirk- 
lichen Lageverhältnissen beim frontipetalen Großhirntypus (nach 
Froriep), beim oceipitopetalen ergeben sich einige indessen prak- 
tisch nicht ins Gewicht fallende Abweichungen. 

Honsell (Tübingen). 


6) H. Graf. Über die Behandlung penetrirender Schädel- 
schussverletzungen. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.) 

G. berichtet eingehend über 25 Fälle penetrirender Schussver- 
letzungen des Schädels und erörtert an der Hand derselben die Erfolge 
der verschiedenen Behandlungsweisen. Hierbei kommt er zu dem 
Schluss, dass die primäre Trepanation bei penetrirenden Schädel- 
schüssen im Allgemeinen überflüssig und zwecklos ist, wofern nicht 
eine profuse Blutung aus der Einschussöffnung erfolgt, oder An- 
zeichen für einen ganz oberflächlichen Sitz des Geschosses vorhanden 
sind; in letzterem Falle hält Verf. eventuell »eine sehr vorsichtige 
Sondirung, die sonst zu verwerfen ist« für am Platze. Stellen sich 
in den ersten Tagen Symptome eines einfachen Hirndrucks ein, 
so soll ein Versuch mit der Lumbalpunktion, die Verf. gute Dienste 


geleistet hat, gemacht, aber ebenfalls nicht trepanirt werden. 
Honsell (Tübingen). 


1168 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


7) Marfan. La ponction lombaire dans la méningite tuber- 
culeuse. 
(Presse méd. 1897. No. 74.) 


Nach eingehender Schilderung des Verfahrens von Quincke, 
zum Theil mit dessen eigenen \Vorten, theilt Verf. einen Fall mit, 
der ein 6jähriges Kind betraf und klinisch unzweifelhaft als tuber- 
kulöse Meningitis angesprochen werden musste. Nach der ersten 
Punktion trat eine vorübergehende Besserung von 6 Stunden Dauer 
ein, eben so nach der zweiten; eine dritte konnte den Tod nicht 
aufhalten. Die Sektion bestätigte die Diagnose. Verf. hat dieselbe 
Erfahrung sodann an einer längeren Reihe von ähnlichen Fällen 
machen können. — Im Gegensatz zu Colrat fand er bei 4 an tuber- 
kulöser Meningitis Gestorbenen nur 2mal einen Zusammenhang 
zwischen einem Seitenventrikel und dem Subarachnoidalraum des 
Wirbelkanals, in 3 Fällen von chronischem Hydrocephalus niemals. 
Die Punktion ist ungefährlich, wenn man nicht zu viel Flüssigkeit 
auf einmal herausfließen lässt. Die Menge der Flüssigkeit ist ent- 
sprechend dem Druck, unter dem sie herausfließt oder tropft, bietet 
aber kein diagnostisches Merkmal, eher das Aussehen der Punktions- 
flüssigkeit: Der Befund von Bakterien erscheint dem Verf. ebenfalls 
unsicher; ein Thierexperiment dauert zu lange: Verf. erklärt daher 
zum Schluss seiner interessanten Ausführungen doch die klinische 
Diagnose der tuberkulösen Meningitis für unzweifelhaft sicherer als 
die bakteriologische mit Hilfe der Lumbalpunktion. 

Tschmarke (Magdeburg). 


8) A. O. Lindfors. Zur Lehre von den angeborenen Hirn- 
brüchen und deren chirurgischer Behandlung. 
(Sammlung klin. Vorträge N. F. No. 222/23. Leipzig, Breitkopf & Härtel, 1898.) 


Aus dem Vortrag, der eine monographische Bearbeitung der an- 
geborenen Hirnbrüche, einschließlich der Meningocelen, darstellt, sei 
hier nur Einiges aus dem sich mit der Behandlung der Affektion 
beschäftigenden Kapitel hervorgehoben. L. hat dem letzteren eine 
Zusammenstellung der operativ behandelten Fälle sowohl aus der 
vorantiseptischen Zeit, also auch aus den letzten ca. 17 Jahren zu 
Grunde gelegt, um den großen Umschwung hinsichtlich der Behand- 
lungsmethoden in dem letzteren Zeitraum zu illustriren. Während 
früher die mit Kompression (mit oder ohne Punktion bezw. Incision) 
behandelten Fälle beinahe 21: aller betrugen, sind nach Durchführung 
der Antiseptik die radikalen Exstirpationsmethoden am häufigsten — 
in %, aller Fälle — zur Anwendung, die übrigen (Ekraseur-, Ligatur-, 
Punktionsbehandlung) fast ganz in Wegfall gekommen. Indessen 
erscheint die Klammerkompression L. auch heute noch, besonders 
bei weiter Bruchpforte, zur Erzielung einer festeren Narbe empfehlens- 
werth, sofern nicht in solchen Fällen die osteoplastische Methode 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1169 


nach Wolkowitsch und Lyssenko den Vorzug verdient. Wenn 
nun aber auch die Resultate operativer Behandlung gegenüber früher 
sich verbessert haben, indem in 17 Jahren fast doppelt so viele Fälle 
gerettet worden sind wie vorher in 100 Jahren, so ist doch die Pro- 
gnose in Bezug auf vollständige Wiederherstellung der operirten Pat. 
noch eine recht unbefriedigende geblieben. Denn von den längere 
Zeit nach der Operation beobachteten »geheilten« Kindern bietet eine 
größere Zahl dauernde Schädigung der Sinnesorgane und Intelligenz 
dar, wenngleich die körperliche Gesundheit günstig geworden ist 
{von 11 Fällen 8!), und sind andere frühzeitig an Hydrocephalus oder 
interkurrenten Krankheiten zu Grunde gegangen. Strengere Aus- 
wahl der zum Operiren am meisten passenden Fälle ist desshalb auch 
hier geboten. Am geeignetsten erweisen sich nach der Statistik die 
kleinen soliden Encephalocelen und die kleinen Meningocelen, be- 
sonders bei lateralem oder sagittalem Sitz; am wenigsten gut ist die 
Prognose bei sehr großen, Gehirnsubstanz enthaltenden, occipitalen 
Brüchen. — (In Ergänzung der Lachen Tabelle sei hier noch ein 
vom Ref. vor 7 Jahren durch Excision nach Katgutsutur des Stiels 
behandelter, einen halbjährigen Knaben betreffender Fall von kinds- 
kopfgroßer Meningocele occipitalis erwähnt; das Kind ist geheilt und 
zeigt normale geistige und körperliche Entwicklung.) 
Kramer (Glogau). 


9) C. Bolle. Die Erfolge der Radikaloperation der Ence- 
phalocele. 
Inaug.-Diss., Berlin, 1898. 

B. hat nach den Resultaten der mit Abtragung von Hirntheilen 
verbundenen Radikaloperation von Encephalocelen zu forschen ge- 
sucht, um über die weitere Fortentwicklung der operirten Kinder 
sowohl in körperlicher als in geistiger Beziehung Aufklärung zu 
erhalten. Indess gelang ihm dies nur bei 5 Kindern, die von Schatz 
(2 Fälle, von Kehrer, Ludwig (Chrobak’sche Klinik) und in 
der Berliner Universitäts-Frauenklinik wegen occipitalen Hirnbruchs 
bald nach der Geburt, bezw. in den ersten Wochen nach dieser ope- 
rirt worden waren; die meisten übrigen Fälle waren nach der Opera- 
tion zu Grunde gegangen, das Schicksal der wenigen anderen ist 
unbekannt geblieben. Von jenen 5 ist 1 im 11. Lebensjahre ge- 
storben, 1 lebt 12 Jahre alt, bei den weiteren 3 liegt die Operation 
erst 1—2 Jahre zurück. Alle 5 Kinder sind in der körperlichen und 
seelischen Entwicklung sehr weit zurückgeblieben; die 11—12 Jahre 
alten lernten niemals selbständig gehen, niemals sprechen, die 3 
übrigen lassen gleichfalls nichts Besseres erhoffen. Hinsichtlich des 
aus der Berliner Klinik neu mitgetheilten Falles sei auf die Arbeit 
verwiesen. Kramer (Glogau). 


[Thad 


1170 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


10) J. H. Eberson (Amsterdam). Over hersentumoren en de 
resultaten hunner operatieve behandeling. 
Amsterdam, F. van Rosom, 1898. 428 8. 5 Taf. 

E hat sich der dankenswerthen Aufgabe unterzogen, 242 in der 
Litteratur zerstreute Fälle operirter Hirngeschwülste zu sammeln 

und statistisch zu verwerthen. 

Die Dissertation beginnt mit Besprechung von Diagnose und 
Differentialdiagnose, wobei sich Verf. wesentlich an den Bruns- 
schen Artikel in Eulenburg’s Encyklopädie hält, Einiges vervoll- 
ständigend zufügt, 

Es folgen 7 in Amsterdam operirte Fälle mit genauen Kranken- 
geschichten. 

1) Ein weiches Fibrom in der linken motorischen Gegend 
(Centrum für den rechten Arm); Tod im Shock. 2) Sarkom der 
Dura mater; Tod nach der Operation; war doppelseitig. 3) Glio- 
sarkom der rechten motorischen Zone; eineinhalbes Jahr danach 
wird das Recidiv entfernt, Pat. lebte noch 2'/, Monate. 4) Geschwulst 
der rechten motorischen Zone; Besserung. 5) Gliose der rechten 
Hemisphäre; Geschwulst bei der Operation nicht aufgefunden; Tod 
am folgenden Tage. 6) Geschwulst nahe der Basis, nicht entfernbar; 
Tod nach 2 Monaten. 7) Gliom der linken motorischen Zone; theil- 
weise Entfernung, Besserung. Die Technik ist im Allgemeinen die 
bisher übliche gewesen. 

Die Statistik der 242 theils aus den Originalen, theils in Refe- 
raten gesammelten Fälle ergiebt, dass unter 237 verwerthbaren An- 
gaben die Geschwulst 167mal gefunden und entfernt werden konnte. 
(Hiervon entfallen 109 auf die motorische Zone.) 14mal musste von 
der Entfernung Abstand genommen werden, 56mal (24%1) wurde 
die Geschwulst überhaupt nicht gefunden. Hierein entfallen je 38% 
der Stirn- bez. Kleinhirngeschwülste. (10 von 26, bezw. 11 von 29.) 
Ursache: diagnostische Irrthümer bez. Gliose. 

In Genesung gingen 72 aus (30, 4%) während 92 (38, 8%) 

unmittelbar im Shock, 99 (41,8%) im Ganzen der Operation als 
solcher erlagen. 
; Die Schlussfolgerungen dürften noch weiter ausgebaut sein, 
außerdem wäre für das Werk, das weiteren Sammlungen als gute 
Grundlage dienen wird, ein alphabetisches Litteraturverzeichnis recht 
am Platze. Christel (Metz). 


11) M. David. Über die histologischen Vorgänge nach der 
Implantation von Elfenbein und todtem Knochen in Schädel- 
defekte. 

(v. Langenbeck's Archiv Bd. LVII. Hft. 3. Mit 1 Taf.) 

D. suchte zu erforschen, wie todtes Gewebe, in Schädeldefekte 
implantirt, einheilt. Zu diesen Versuchen führte ihn der bekannte 
wissenschaftliche Wettstreit mit Barth. Er benutzte zu seinen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1171 


. Experimenten einestheils Elfenbein, andererseits ausgekochte Knochen- 

stücke. Bezüglich des implantirten Elfenbeins fand er, dass dessen 
Substanz in einen Schädeldefekt einheilen kann, und dass sie all- 
mählich, allerdings erst nach sehr langer Zeit, durch Knochen völlig 
ersetzt wird. Bei der Neubildung dieses Knochens kommen nach 
seinen mikroskopischen Befunden ausschließlich Pericranium, Dura 
und Bindegewebe der Narbe in Betracht. Der stehen gebliebene 
Knochen bietet zwar die Zeichen einer reaktiven Entzündung dar, 
hat aber mit der Knochenneubildung nichts zu thun. Wenn Bidder 
andere Befunde aufweist, so liegt dies daran, dass er bei seinen 
Experimenten Röhrenknochen benutzte. Das Endresultat bleibt das- 
selbe. Bei implantirten todten Knochen verläuft der Heilungsprocess 
in ähnlicher Weise. Durch die von gleichem Mutterboden entstehen- 
den Osteoklasten wird der todte Knochen usurirt, indem sie den vor- 
tretenden Gefäßschlingen den Weg bahnen. In der Adventitia dieser 
letzteren bildet sich neue Knochensubstanz, welche die alte ersetzt. 
Mit der 26. Woche war meist das Knochenfragment ersetzt. An 
dem Rand des Defekts tritt auch hier eine reaktive Entzündung auf. 
D. bleibt gegenüber Barth auf seinem alten Standpunkt stehen. Der 
Arbeit sind eine Reihe von Zeichnungen der mikroskopischen Präpa- 
rate beigegeben. E. Siegel (Frankfurt a/M.). 


12) Keen and Spiller. On resection of the Gasserian ganglion. 
With a pathological report on seven ganglia removed by 
Professor Keen. 

(Durante’s Festschrift.) 

Die Operation ist 11mal ausgeführt. Der histologische Befund 
ergab eine Anschwellung, Atrophie oder Schwund der Marksubstanz, 
je nach dem Krankheitsgrade. Eben so waren die Achsencylinder 
degenerirt oder gänzlich zerstört. Die Ganglienzellen konnten (mal 
wenigstens kaum noch erkannt werden. Die Gefäßwände waren 
stark sklerotisch, einmal war die Lichtung sogar geschwunden. Das 
Bindegewebe des Ganglions ist vermehrt. 

Die Sterblichkeit der Operation beträgt nach einer Tabelle von 
Tiffany (24 von 108) 22,2%. Die Rückkehr der Schmerzen ist bis- 
her trotz der Resektion des Ganglions in 4 Fällen erfolgt. Der 
Verlust des Auges kann durch eine gute Technik vermieden werden. 
Das ganze Ganglion muss entfernt werden, da eine Trennung des 
motorischen Astes selbst an der Leiche technisch nicht möglich ist, 
und da man Gefahr läuft, bei der Durchflechtung der einzelnen 
Theile die Neuralgie unbeeinflusst zu lassen. So lange peripherische 
Eingriffe nicht erfolgt sind, ist die Entfernung des Ganglions nicht 
erlaubt. Auf das Verfahren bei der Operation kommt es nicht so 
sehr an. Dieselbe soll in einer Sitzung vollendet werden. Die 
Unterbindung der Carotis externa ist zu unterlassen. Sie kann 
Nekrose des Temporallappens zur Folge haben. Blutungen aus der 


1172 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


Meningea media sind gewöhnlich und werden durch Kompression 
mit Instrument, Finger und Jodoformgaze beherrscht. Die Ent- 
fernung des Ganglions soll nach Krause’s Methode erfolgen. Um 
das Auge zu retten, werden die Lider nach vorausgegangener Des- 
infektion durch 2 oder 3 Nähte vereinigt, und zwar in der Mitte. 
Der Schleim kann seitlich durch Borwasser entfernt werden; eben 
so kann dort die Hornhaut kontrollirt werden. Nach 4—5 Tagen 
werden die Nähte entfernt und das Auge noch etwa mit einem Uhr- 


glas, das durch Pflaster befestigt ist, verschlossen gehalten. 
Dreyer (Köln). 


13) J. L. Faure und F. Furet. Sur le traitement chirurgi- 
cal de la paralysie faciale d’origine intra-rocheuse. L’anasto- 
mose du facial et de la branche trapezienne du spinal. 
(Gas. hebdom. de méd. et de chir. 1898. Februar.) 

Die Verff. beschreiben die Operationsmethode folgendermaßen: 
Schnitt von 12 cm am Vorderrand des Sternocleidomastoideus; 
Aufsuchen des Facialisstamms in der Nachbarschaft des Processus 
styloideus, Durchschneidung seines Stamms. Aufsuchen des Ramus 
externus des Accessorius Willisii; der zum M. trapezius führende 
Ast wird bei seinem Eintritt in den Sternocleidomastoideus durch- 
trennt mit Schonung des für letzteren Muskel bestimmten Astes. 
Anastomosenbildung der beiden entsprechenden Nervenstämme durch 
Katgut. Einmal haben die Verf. die Operation am Lebenden ge- 
macht, aber ohne funktionellen Erfolg. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


14) Redard. Traitement du torticollis chronique cong£nital. 
(Presse méd. 1897. No. 98.) 

Verf. giebt einen ausführlichen Überblick über die Behandlungs- 
methoden des angeborenen Schiefhalses. Er operirt erst vom dritten 
Jahre an und zieht die offene Durchschneidung der Muskelansätze 
und spannenden Stränge dem subkutanen Verfahren vor, und zwar 
mittels eines Querschnittes. Eine partielle oder totale Excision des 
Sternocleidomastoideus lässt er nur für die hartnäckigsten Fälle 
gelten. Einen großen Werth legt er auf die orthopädische Nach- 
behandlung. An der Hand von guten schematischen Abbildungen 
bespricht er das Verfahren von Sayre, Lorenz u. A. und beschreibt 
einen neuen, von ihm angegebenen Apparat zur Reklination der 
Halswirbelsäule mittels elastischen Zuges. Derselbe besteht im 
Wesentlichen in einem Stirnband und einem Brustgürtel. Von dem 
Stirnband laufen vor und hinter der Achselhöhle elastische Gummi- 
strippen zu dem Brustgürtel und halten so den Kopf in einer der 
pathologischen entgegengesetzten Lage. Die elastischen Bänder 
können je nachdem fester oder lockerer angeknüpft werden. Der 
Apperat ist bequem und billig. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1173 


Die späterhin noch folgende und lange Zeit fortzusetzende Be- 
handlung besteht in aktiven und passiven Bewegungen und Mani- 
pulationen, welche zum Theil mit der Hand nach Lorenz’ Angaben 
und mit Massage, zum Theil mit Hilfe einer schief aufgehängten 
Sayre’schen Schwebe ausgeführt werden. R.s Erfolge sind in zahl- 
reichen Fällen sehr gute. Er sah niemals trotz schneller Verwachsung 
der getrennten Muskeln ein Recidiv. Nur in einem einzigen Falle 
von 55 war die Narbe auffallend sichtbar, da sie sich nach oben 
verzogen hatte. Verwachsungen der Haut mit den darunter liegen- 
den Theilen sind nur ausnahmsweise beobachtet worden. Eine Ver- 
änderung der Asymmetrie und der Atrophie des Gesichts trat nur 
in sehr geringem Maße ein, selbst wenn die Operation im frühesten 
Kindesalter ausgeführt worden war, bei den im späteren Alter 
Operirten niemals. Tscohmarke (Magdeburg). 


15) E. Vincent. Chirurgie rachidienne et mal de Pott. 
(Revue de chir. 1898. No. 1 u. 8.) 

Seiner bei Veröffentlichung seiner ersten Arbeit über Operationen 
an tuberkulös erkrankten Wirbeln und nachfolgende methodische 
Drainage gegebenen Zusage, später über die damit erreichten Resul- 
tate berichten zu wollen, kommt V. in vorliegender Arbeit nach. 
Unter den 44 operativ behandelten Fällen, deren Krankengeschichten 
zum großen Theil recht kurz, zum kleineren ausführlich mitgetheilt 
werden, und bei denen ausgedehnte und langdauernde Eiterungs- 
processe mit oder ohne motorische Störungen die Indikationen für 
operative Behandlung ‚abgegeben hatten, finden sich größere Ein- 
griffe, wie Resektion von Rippen und Gelenkfortsätzen, Sequestro- 
tomien, Lamellektomien, Ausschabungen 28mal notirt; außerdem 
sind 4 » Drainages transversaux prevertebraux«, 1 » Drainage longi- 
tudinal paravertebral «<, 1 » Trepanation avec drainage transsomatique 
transversal« und 1 » Drainage transversal intra-canaliculaire et rétro- 
medullaire« angegeben. Wegen Lähmung bei bestehendem Abscess 
wurde nur 3mal operirt; 13 andere Fälle von Paralyse ohne Eiterung 
erfuhren immobilisirende Behandlung, die im Ganzen bei 94 Pat. in 
Anwendung gekommen ist. Über die erzielten Erfolge spricht sich 
V. mit folgenden Worten aus: » Chez tous les malades, l'intervention 
a donné des résultats favorables, une plus rapide cicatrisation, sauf 
dans quelques cas, qui ont exigé, par exemple, lun une tr&panation 
de la fosse iliaque et trois ans de pansements, lautre quinze mois 
de traitement et des curettages nombreux. Nous ne comptons qu'un 
décès par choc opératoire imputable à l’operation ... «. 

Sieht man sich die 44 Operationsfälle aber genauer an, so findet 
man, dass außer jenem (Fall 29) noch 2 andere (Fall 14, 39) Pat. 
bald nach der Operation im »Collaps« zu Grunde gegangen, dass 
außerdem 4 innerhalb der nächsten Wochen (Fall 21, 34, 37, 42) 
an » Adynamie« oder Meningitis und weitere 5 später an Tuber- 
kulose, Pneumonie, Diphtherie bezw. aus nicht bekannten Ursachen 


1174 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


(Fall 1, 6, 16, 25, 27) gestorben sind; bei 5 dieser letzteren 9 Fälle 
war das Wirbelleiden noch nicht geheilt, was auch bei 7 anderen 
der nicht tödlich verlaufenen bemerkt ist. Bei weiteren 8 fehlen 
bezüglich des Verlaufs nach der Operation und des Endresultats 
jegliche Angaben. So bleiben also von den 44 Fällen nur 17, die 
bei der Entlassung geheilt waren; das weitere Schicksal ist indess 
bei dem größeren Theil derselben unbekannt geblieben; die übrigen 
waren noch zur Zeit der Nachuntersuchung geheilt. 

Auf die von V. mit der immobilisirenden Behandlung erreichten 
Resultate hier näher einzugehen, hat keinen Zweck, da nur über 
wenige — darunter 7 Todesfälle — Genaueres von Verf. in Er- 
fahrung gebracht werden konnte. Zum Schluss sei noch besonders 
auf das Referat über die erste Arbeit Vis (s. d. Centralbl. 1893, 
p. 118) hingewiesen. Kramer (Glogau). 


16) H. Maass. Zur mechanischen Behandlung der Spondylitis. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 36.) 

M., welcher dem Calot’schen Verfahren bei der Behandlung 
des Buckels sehr misstrauisch gegenüber steht, hält es für kosmetisch 
wie funktionell sehr wichtig, das durch die Suspension aufgerichtete 
supragibbäre Rumpfsegment durch ein Sayre’sches Korsett, resp. einen 
Kopf-Rumpfverband festzustellen; der Vortheil liegt dann gerade dar- 
in, dass die kranken Wirbel selbst mechanisch nicht in nennens- 
werther Weise beeinflusst werden. 

Für die floride Spondylitis betrachtet M. zur möglichsten Ver- 
hütung der Kyphosenbildung die Horizontallage als einfachstes 
Mittel; besser aber würde ein Apparat sein, der freie Körperbewegung 
bei Erfüllung aller mechanischen Indikationen ermöglicht. 

Will man bei der besonders kleinere Kinder befallenden Spon- 
dylitis dem Verbande eine sichere Stütze geben, so muss man aber 
nach M. unbedingt die in den Hüftgelenken gestreckten Oberschenkel 
derart in den Verband miteinbeziehen, dass durch eine leichte Ab- 
duktionsstellung derselben ein Abwärtsgleiten der divergirenden Ober- 
schenkelhülsen unmöglich wird. In einem solchen Verbande ist das 
Sitzen freilich unmöglich; doch wird der Psoaskontraktur besser ent- 
gegengewirkt. Auch sind die Pat. im Stande, durch Rotation des 
Beckens sich schnell vorwärts zu bewegen. 

Knie- und Fußgelenke sollen nicht in den Verband mit ein- 
bezogen werden. 

Der 2. für die Therapie bedeutsame Punkt ist die Verhinderung 
des Vornübersinkens des supragibbären Rumpfsegments durch Ver- 
hütung der Heilung in jener fehlerhaften Winkelstellung der Frag- 
mente, gegen die man nach erfolgter Konsolidation des Buckels trotz 
Calot fast gänzlich ohnmächtig sei. Daher muss schon am Beginn 
der Krankheit die Wirbelsäule in Lordose fixirt werden, wobei zu 
gleicher Zeit die kranken Partien in ausgiebiger Weise von dem 
Druck des oberen Rumpfsegments entlastet werden. M. empfiehlt 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1175 


hierfür einen abnehmbaren portativen Apparat, welcher nach einem 
Gipsabdruck zu verfertigen ist, der in Reklinationslage des Pat. ge- 
wonnen wird. 

Die Art der Herstellung wird von M. eingehend beschrieben. 
Als Material empfiehlt M. mit Landerer und Kirsch Celluloidmull, 
der durch Zusatz weniger Tropfen Chlormagnesium zur Celluloid- 
gelatine gänzlich feuersicher wird. Anlage und Abnahme des Ver- 
bandes geschieht am besten in der Bauchlage des Pat., der ihn in 
Geh- wie Ruhelage tragen kann. 

Das Gewicht ist sehr gering, die Dauerhaftigkeit: vorzüglich; 
die Schweißabsonderung greift das Material nicht an; die Herstellungs- 
kosten sind niedrig. 

Bei Spondylitis cervicalis können die Oberschenkelhülsen in 
Wegfall kommen, während dagegen die Fixation des Schädels eine 
etwas ausgiebigere sein muss. R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


17) Chipault. De la thérapeutique des gibbosit&s Pottiques. 
(Durante’s Festschrift.) 

Es ist möglich, Pott’sche Buckel frischeren Datums und von 
geringerem Umfang ohne Anstrengung, lediglich durch leichten Zug 
an Kopf und Füßen und geringen Druck auf den Buckel, und ohne 
Gefahr — da nur 2 bis 3% Unglücksfälle durch Chloroform oder 
Miliartuberkulose auftreten — zurückzubringen. Um die neue Stellung 
zu behaupten, ist eine Naht der Dornfortsätze und mehrmals im 
Jahr eine Bettruhe von mehreren Monaten nothwendig. Bei vor- 
geschrittenen Fällen bleibt das Verfahren dasselbe, nur fällt die 
Reduktion des Buckels fort. Dreyer (Köln). 


15) Phocas (Lille). Le traitement du mal de Pott. 
(Med. moderne 1899. No. 52.) 

P. bespricht die von Chipault und Calot inaugurirte Behand- 
lung des tuberkulösen Buckels. Er sieht dieselbe als den endgültigen 
Ausbau der Vorarbeiten von Sayre, Lorenz und Lannelongue 
an. Der Hauptwerth liegt im Entspannen der Muskulatur durch 
die Narkose und der Resektion der Apophysen, die den Nutzen 
einer »ausgiebigen Tenotomie« gewähre. Hierdurch wird zugleich 
der Abscess entleert. Der entstandene Defekt muss langsam aus- 
granuliren, desshalb bedarf die Wirbelsäule der Entlastung, aber 
nicht durch Korsett, sondern durch horizontale Lagerung. Das Korsett 
fixirt und stützt so wenig, wie die Apophysenligatur von Chipault. 
Letztere wirke nur als Reiz. Immer ist die Gefahr des Recidivs 
und der Sprengung der Abscesshöhle zu bedenken, daher ist die 
Methode mit Vorsicht für frischere Fälle und bestimmte Alter zu 
reserviren. Eine breite Abscessöffnung und Drainage zieht P. der 
Jodoforminjektion nach Aspiration vor. Boesing (Hamburg). 


1176 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


19) Bericht über die chirurgische Abtheilung 
der 70. Naturforscher- und Ärzte-Versammlung 
in Düsseldorf. 

II. 


Schede (Bonn): Zur operativen Behandlung der Jackson’schen Epilepsie. 


Der Vortr. steht durchaus auf dem von v. Bergmann so scharf betonten 
Standpunkt, dass eine Epilepsie nicht schon desswegen günstige Aussichten für 
Heilung auf operativem Wege biete, weil sie zweifellos traumatischen Ursprungs 
sei, auch nicht, wenn das Trauma in einer mehr oder weniger schweren Schädel- 
verletsung, etwa in Depressionsfraktur bestanden habe. Relativ günstige Chancen 
bietet nur die ausgesprochene Jaokson’sche Epilepsie. Den von v. Bergmann 
publieirten Fällen resultatlos operirter traumatischer Epilepsie, welche die Charakte- 
ristica der Jackson’schen Epilepsie nicht hatten, kann er drei weitere hingu- 
fügen, die trotz sicheren traumatischen Ursprungs ebenfalls erfolglos operirt wurden. 

Die Statistik der Operationsresultate bei einer Krankheit, welche, wie die 
Epilepsie, auch spontan oder auf medikamentöse Einwirkungen verschwinden kann, 
muss außerordentlich vorsichtig beurtheilt werden. Horsley verlangt einen an- 
fallsfreien Zeitraum von 5 Jahren, ehe er eine definitive Heilung anerkennen wollte, 
Braun und Graf halten dafür, dass im Allgemeinen eine 3jährige Heilungsdauer 
eine genügende Gewähr für ihre Beständigkeit biete. 

Wird der letztere Maßstab acceptirt, so giebt es bisher nach Braun’s Zu- 
sammenstellung in der gesammten Litteratur nur 7, nach der von Graf nur 8 Fälle 
von definitiver Heilung einer Jackson’schen Epilepsie durch die Trepanation. 
8. ist in der Lage, diese kleine Zahl durch 3 eigene Beobachtungen zu vermehren. 

Der erste Fall betraf einen Menschen, der im Alter von 24 Jahren bei Mars 
la Tour einen Haarseilschuss durch die Galea bekommen hatte, zwischen linkem 
Tuber parietale und Mittellinie. Eine Knochenverletsung wurde damals nicht an- 
genommen. 6 Wochen nach der Verletzung erster epileptischer Anfall, schwer, 
mit Bewusstseinsverlust. Später kamen mehrere; besonders wurden sie hervor- 
gerufen durch körperliche Anstrengungen, namentlich auch dann, wenn Pat. in 
seinem Gewerbe als Schuhmacher arbeitete. 

1889 ließ sich Pat. in das Hamburger Krankenhaus aufnehmen. Ein- und 
Ausschussöffnung deutlich, kein Frakturzeichen. Klonische Zuckungen im rechten 
Facialisgebiet, Stottern, Kopfschmerzen an der Verletzungsstelle waren vielleicht 
als Jackson’sche Symptome zu deuten. Aber der typische Beginn der Krämpfe 
in einer bestimmten Muskelgruppe konnte nicht konstatirt werden. Die Operation 
zeigte glatten, sehr dichten Knochen; Aufmeißelung in Länge von 41/2, Breite von 
2i/,cm. Die Tabula vitrea zeigte eine alte Splitterung mit 1/3 cm hohem First, 
der quer über die Rolando’sche Furche eine tiefe Rinne in das Gehirn gedrückt 
hatte. Lösung und Exstirpation der verdickten, trüben, mit Pia und Gehirn- 
oberfläche verwachsenen Dura, Naht, keine Drainage. Während des Aufenthaltes 
im Krankenhaus noch zwei leichte Anfälle. Später wurden keine mehr zuverlässig 
beobachtet, vom Pat. aber behauptet, dass sie noch hin und wieder, wenn auch 
wesentlich leichter als früher und in abnehmender Häufigkeit aufträten. Wie weit 
vielleicht die Furcht des sehr neurasthenischen Kranken, die ihm erst nach der 
Operation gewährte höhere Invalidenrente wieder zu verlieren, diese Angaben ver- 
anlasste, steht dahin. Seit Anfang 1895 ist eingestandenermaßen kein Anfall 
mehr aufgetreten. Auch Kopfschmersen bestehen nicht mehr. Hände hart und 
schwielig. Das früher fast verlorene Gedächtnis befriedigend. 

2. Fall. Ein 19jähriger Schlachter war im 8. Lebensjahre beim Turnen am 
Reck auf den Kopf gefallen, anscheinend ohne Fraktur. 3 Monate danach Par- 
ästhesien im rechten Arm, weitere 3 Monate später erster epileptischer Anfall. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1177 


Weitere folgten in immer kürzeren Pausen. Zur Zeit der Aufnahme in das Ham- 
burger Krankenhaus (9. Mai 1889) erfolgten täglich 20—30 meist leichte Anfälle 
typischer Jackson’scher Epilepsie, stets beginnend mit Streckung und Abduktion 
des Daumens. In der Zwischenzeit Schwäche des rechten Beines. Operation 
6. Juni 1889. Ausmeißelung eines Knochenstücks von 7:8 cm über der linken 
motorischen Rindenregion. Kreusschnitt durch die verdickte und getrübte Dura, 
Lösung derselben. Das Centrum für den Daumenstrecker wird, vielleicht in Folge 
wiederholter Abspülung mit Sublimatwasser, nicht sicher gefunden (nur einmal 
schwache Zuokung), daher auf seine Exstirpation verzichtet. Jura reponirt und lose 
genäht. Ausgemeißeltes Knochenstück wieder eingesetst — Hautnaht, keine Drai- 
nage, Heilung unter dem Blutschorf. 

Auf kurze Zeit verschwanden die Anfälle, kehrten dann wieder und erreichten 
bei Entlassung des Pat. nach 3 Wochen schon wieder die frühere Zahl. Vom 
4. Monat an wurden sie aber seltener und verschwanden nach einem Jahr gans. 
Seit Mitte 1890 hat Pat. keinen Anfall wieder gehabt. Er ist ein enorm kräftiger, 
jeder Anstrengung gewachsener, blühend gesunder Mensch. 

3. Fall. 22jähriges Mädchen, wurde im 3. oder 4. Lebensjahr mit einer Garten- 
harke auf den Kopf geschlagen und hatte am anderen Morgen einen Krampfanfall. 
Dann gesund, bis im März 1894 plötslich ohne bekannte Veranlassung epileptische 
Krämpfe auftraten. Unter Bromkaligebrauch und bei Landaufenthalt 3 Monate 
Pause. Dann erneute Anfälle, mit Beugung der Finger der linken Hand be- 
ginnend, zuerst 4wöchentlich, dann immer häufiger, schließlich jeden 2.—3. Tag. 
In der Zwischenzeit Zuckungen und Schwäche im linken Arm. Nachlass des Ge- 
dächtnisses. Aufnahme 4. Juli 1895. 

Kräftig und gesund aussehendes Mädchen. Über dem rechten Scheitelbein 
3 linsengroße Narben der Galea, eine davon mit dem Knochen verwachsen. Chorea- 
tische Bewegungen mit dem linken Arm. Ein typischer Anfall am Tage der Auf- 
nahme ärztlich beobachtet, 

Die Operation (5. Juli 1895) ergiebt, dass, entsprechend der mit dem Knochen 
verwachsenen Narbe, auch die Dura mit der Hirnrinde verwachsen war. Narben- 
gewebe senkt sich gerade in die Rolando’sche Furche hinein. Die Dura wird kreus- 
weise eingeschnitten und gelöst und die Narbe excidirt. 

Beim Anlegen des Verbandes erfolgte noch ein kurzer epileptischer Anfall, 
dann ein zweiter in der Nacht. Seitdem nichts mehr. Eine Revision im Juli 1898 
findet das Mädchen blühend gesund, völlig im Stande, sich als Nähterin ihren 
Unterhalt zu erwerben. Nur ein leichteres Ermüden der linken Extremitäten 
erinnert noch an das alte Leiden. 

Die mitgetheilten Fälle zeichnen sich durch die langen Zeiträume aus, die 
theils zwischen beginnender Epilepsie und Operation, theils zwischen Trauma und 
Beginn der Epilepsie verflossen sind. Im 1. Falle bestand die Epilepsie 19, im 2. 
11 Jahre. Im 3. Falle entwickelte sich 17 Jahre nach dem Trauma eine völlig 
typische Jackson’sche Epilepsie. Gleichwohl hatten die Operationen Erfolg, ein 
weiterer Beweis für die auch sonst schon genügend bewiesene Thatsache, dass die 
Länge dieser Zeiträume prognostisch völlig bedeutungslos ist. 

In keinem von Bis Fällen wurde nach Horsley's Forderung das motorische 
Centrum exstirpirt. Im 1. war ein deutlich erkennbares primäres Krampfcentrum 
nicht oder nicht mehr vorhanden. Im 2. wurde es nicht sicher genug gefunden, 
im 3. gar nicht gesucht. Unter den 8 früheren Fällen mit 3- und mehrjähriger 
Heilungsdauer war die Exstirpation des Krampfcentrums 4mal gemacht, 4mal nicht. 
Bis Fälle senken also einstweilen die Wage zu Gunsten der weniger energischen 
Behandlung. 

8. erwähnt noch einen 4. Fall, der gerade jetzt in seiner Behandlung steht. 
Ein 18jähriger Bursche erlitt vor 2 Jahren einen komplieirten Schädelbruch über 
der rechten motorischen Region. Danach zunehmend häufige typische Anfälle 
Jackson’scher Epilepsie, suletst 20—30 am Tage. Trepanation, Spaltung und 
Lösung der verdiokten Dura. Seitdem täglich nur 1—2 Anfälle. Bei einer 2. Ope- 
ration wurde das betreffende Centrum (linker Vorderarm) durch eine Elektrode 


1178 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


aufgesucht, fand sich aber ganz außerhalb des pathologisch veränderten Gebiets, 
so dass S. sich nicht sur Exstirpation entschließen konnte. Nach der Erfahrung 
im 2. Fall glaubt S., einstweilen die Hoffnung auf vollen Erfolg noch nicht auf- 
geben zu müssen. Eventuell würde später doch noch das Krampfcentrum exstir- 
pirt werden müssen. (Selbstbericht.) 


Diskussion: Krabbel (Aachen): Ich bin in der Lage, den 3 von Herrn 
Geheimrath Schede mitgetheilten Fällen von Heilung Jackson’scher Epilepsie 
duroh Trepanation einen eigenen hinzufügen zu können. Er unterscheidet sich in 
2 Dingen von den Schede’schen Fällen. Einmal habe ich die Dura nicht ge- 
spaltet, kein Stück aus der Dura exstirpirt, und dann traten nach der Ope- 
ration überhaupt keine Anfälle mehr auf, wie das Schede von seinen 
Kranken berichtete. Die Heilung hat jetzt fast 7 Jahre bestanden, so dass man 
wohl auf ein dauerndes Resultat mit Sicherheit rechnen kann. Die Kranken- 
geschichte lautet kurs: 

Ein Rechtsanwalt von 40 Jahren ist seit 5 Jahren an Epilepsie erkrankt, 
hereditäre Belastung fehlt, auch sonst ist kein ätiologisches Moment vor der Hand 
auffindbar. Keine Lues, kein Potatorium, der Erinnerung nach keine voraufgegan- 
gene Kopfverletzung. Die Anfälle, Anfangs selten, aber mit Bewusstseinsverlust 
verbunden, wurden allmählich häufiger; ein epileptischer Anfall überfiel ihn ein- 
mal während eines Plaidoyers im Gerichtssaal. Seit der Zeit bestand bei ihm eine 
solche Furcht vor den Anfällen, dass er es nicht mehr wagte, allein auszugehen, 
und nur ungern das Barreau betrat. In den letsten Wochen hatten sich die An- 
fälle so gesteigert, dass der Pat. meist zu Bette lag, sich gar nicht mehr beschäf- 
tigte, und man schon von einem beginnenden Status epileptious sprechen konnte. 
Der behandelnde Arst und ein hinzugezogener Nervenarzt sahen nur mehr in der 
Operation den einzigen Versuch, eine Besserung herbeizuführen, und K. wurde von 
den Kollegen veranlasst, die Operation auszuführen. Es handelte sich um eine 
typische Jackson’sche Epilepsie: Die Anfälle begannen mit absoluter Regelmäßig- 
keit im rechten Unterschenkel — jetzt kommt es, sagte der Pat. fast jedes Mal bei 
Beginn der Attacke — die Zuckungen sogen vom Unterschenkel auf den Oberschenkel, 
von hier auf die rechte Oberextremität, von da auf die linke Ober- und von dort 
auf die untere Extremität über, dann erfolgten Zuckungen des ganzen Körpers mit 
Fascialiskrampf und Verlust des Bewusstseins. In Redners Gegenwart lösten sich 
mehrere Anfälle aus, die alle in der beschriebenen Weise verliefen. Da eine Ver- 
letzung angeblich nicht stattgehabt hatte, so musste man in den Centren für die 
Extremitäten der rechten Seite und den Facialis den Herd der Erkrankung an- 
nehmen, und die Operation wurde beschlossen, bei dem traurigen Zustand des Kranken, 
der im besten Mannesalter stand, und Familienvater von 8 unversorgten Kindern 
war. Am rasirten Kopf fand sich nun auf der linken Seite des Schädels genau 
an der Stelle, wohin wir das Centrum für die untere Extremität projieiren, eine 
dreischenklige Narbe. Nähere Nachforschungen bei den Eltern des Pat. — er 
selbst wusste nicht anzugeben, woher die Narbe stammte — ergaben, dass ihm in 
der Kindheit in der Elementarschule eine schwere Wandtafel auf den Kopf ge- 
fallen war. Ob dabei Bewusstlosigkeit eingetreten war, konnte nicht mehr eruirt 
werden. 

Am 13. December 1891 machte K. die Operation. Er meißelte einen Haut- 
Periost- Knochenlappen nach Wagner aus dem Schädeldach go aus, dass die Narbe 
vollständig in dem Lappen lag. Beim Eleviren des Knochens zeigte sich eine 
Verwachsung desselben mit der Dura, die aber beim Aufklappen des 
Lappens unschwer und ohne Einreißen der Dura gelöst werden konnte. Sonstige 
Veränderungen fanden sich an der Dura nicht, keine Narben, auch unterhalb der- 
selben [war nichts Abnormes durch Inspektion und Palpation festzustellen, nor- 
male Verhältnisse. Unter diesen Umständen konnte sich K. nicht entschließen, 
die Dura einzuschneiden oder gar die Centren für die rechte untere und obere 
Extremität aus der Hirnrinde su excidiren, sondern beschränkte sich darauf, die 
Dura von der Tabula vitrea abzulösen; an letzterer waren Zeichen einer früheren 
Fraktur oder vorspringenden Knochenkante, die einen Druck auf das Gehirn aus- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1179 


geübt hätten, nicht vorhanden. Der Lappen wurde eingepflanst und heilte reak- 
tionslos ein — der Wundverlauf war fieberfrei und ohne Störung. 

Seit der Operation ist überhaupt kein epileptischer Anfall mehr aufgetreten. 
Die vorher vorhandene Apathie hat einer geistigen Regsamkeit Platz gemacht. 
In voller körperlicher und geistiger Gesundheit und Frische versieht Pat. seine 
ausgedehnte Praxis und plaidirt Stunden lang mit Klarheit und Schärfe. 

(Selbstbericht.) 


O. Vulpius (Heidelberg): Die Behandlung der Spondylitis im 6ipsbett. 

Die Vorzüge des Gipsbettes bei Behandlung der Spondylitis beruhen auf der 
exakten Fixation der Wirbelsäule, auf der Reklination des kranken Segments, 
welche entlastend und zugleich gegen die Deformität wirkt, endlich auf der Mög- 
lichkeit, den Pat. ins Freie zu bringen, ohne auf Fixation, Entlastung und Ex- 
tension su verzichten. 

Die Technik, insbesondere die Kombination mit einem Stellrahmen, wird an 
einem Modell demonstrirt. Die Herstellung ist mit den einfachsten, überall zu- 
gänglichen, billigsten Hilfsmitteln möglich. 

Zur Feststellung der Erfolge wurde eine Umfrage bei etwa 100 Kranken ver- 
anstaltet. Vor Allem wurde die schmerzstillende Wirkung gelobt; namentlich 
werthvoll sind hierfür die Aussagen Erwachsener. 

Die aus den Antworten sich ergebenden statistischen Zahlen sind mit Vorsicht 
su verwerthen. 

Von 84 Pat. sind 16 an der Spondylitis oder an anderen tuberkulösen Affek- 
tionen gestorben, es kommen 6 Todeskandidaten hinzu. 

41 Heilungen stehen gegenüber, darunter 17 seit 2—3 Jahren, 9 seit mehr als 
3 Jahren. 

Daswischen steht eine Gruppe von 18 Unsicheren. 

Abscesse wurden 24mal beobachtet, traten während der Gipsbettlagerung nur 
2mal in Erscheinung. Andererseits wurde das Zurückgehen des Abscesses im Gips- 
bett beobachtet. 

Rückenmarkserscheinungen traten 15mal auf, 7mal schwanden dieselben im 
Gipsbett. 

Das Allgemeinbefinden wurde meist günstig beeinflusst. Die Lagerung wurde 
möglichst durchgeführt bis nach Abklingen aller akuten Entsündungserscheinungen; 
dann wurde ein festes Stütskorsett längere Zeit getragen. (Selbstbericht.) 


Diskussion: Joachimsthal (Berlin) giebt zunächst seiner Befriedigung 
darüber Ausdruck, dass gerade Herr Vulpius, der bisher als einer der begeistert- 
sten Anhänger des Calot’schen Verfahrens bei uns in Deutschland aufgetreten 
ist, durch Zurückgreifen auf eine seit Jahren bekannte und bewährte Behandlungs- 
methode der tuberkulösen Spondylitis offenbar zeigen will, dass das foreirte Vor- 
gehen nicht das Richtige war. Auch J. kann auf Grund von hundertfacher Er- 
fahrung die günstige und namentlich die sohmerzlindernde Wirkung der Gipsbett- 
behandlung bestätigen. Das Verfahren hat in der Berliner Universitäts-Poliklinik 
für orthopädische Chirurgie gewisse Modifikationen erfahren, die die Herstellung 
der Apparate vereinfachen. Statt der von Lorenz angegebenen Rollkissen wird 
ein von Samter in der Poliklinik konstruirter Lagerungsapparat verwendet, statt 
der Gipsbinden werden große Stücke appretirter Gaze dem Rücken des Kindes 
aufgelegt und mit Gipsbrei unter einander verbunden. Die Entscheidung darüber, 
welche Vorzüge dieser Behandlungsmethode gegenüber die Verwendung unabnehm- 
barer, die richtigen statischen Beziehungen des Skeletts herstellender Gipskorsetts 
besitst, bleibt weiteren Versuchen vorbehalten. (Selbstbericht.) 


Krukenberg (Halle) kann in der Behandlung im Gipsbett gegenüber der 
Korsettbehandlung keine Vortheile erblicken. Die Ziele des Gipsbetts, vollstän- 
dige Immobilisirung und Entlastung der Wirbelsäule, vermag man mit einem gut 
angelegten Korsett, wenn dasselbe mit einer zweckentsprechenden Kopfstütze 
(Jurymast) versehen ist, gleichfalls su erreichen. Der Mangel an Bewegung macht 
sioh bei Kindern, die dauernd in einem Lagerungsapparat fixirt sind, sehr bald 


1180 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


nachtheilig bemerkbar. K. erinnert daran, wie schnell z. B. Kinder mit Coxitis 
aufblühen, wenn man sie im Bügelstiefel umherlaufen lässt. Die Anregung des 
Stoffwechsels, wie sie durch freie Bewegung erreicht wird, lässt sich dadurch, dass 
man die Kinder im Bett ins Freie bringt, nicht ersetzen. 

Man muss stets berücksichtigen, dass wir es hier mit einem tuberkulösen 
Process gu thun haben, der nicht nur eine lokale, sondern auch eine allgemeine 
Behandlung fordert. Im Gipsbett aber leidet, wenn die Behandlung länger fortgesetzt 
wird, nicht nur das körperliche, sondern auch das geistige Allgemeinbefinden, die 
Kinder bleiben in ihrer körperlichen und geistigen Entwicklung zurück. 

K. ist daher der Ansicht, dass die Therapie der Spondylitis weitere Vervoll- 
kommnung der ambulatorischen Korsettbehandlung erstreben, aber von einer Be- 
handlung in Lagerungsapparaten möglichst absehen sollte. (Selbstbericht.) 


Schede (Bonn) giebt vollkommen zu, dass es Fälle von Spondylitis giebt, 
die zeitweise mit Bettlage behandelt werden müssen — nämlich die sehr schmers- 
haften Spondylitiden und die mit Lähmung einhergehenden. Aber wenn das 
Gipsbett dazu bestimmt sein soll, die Zeit der Behandlung im Liegen gegenüber 
der ambulanten wieder mehr auszudehnen, so würde S. darin nur einen argen 
Rückschritt sehen können. Gerade die Einführung der ambulanten Behandlung 
mit Hilfe des Sayre’schen Gipskorsetts und mit Hilfe seines Jurymastes hat sich 
als ein enormer Fortschritt und als eine wahre Erlösung erwiesen, und die Mit- 
theilungen Nebel’s aus dem Hamburger Krankenhaus haben auch schon vor 
langen Jahren schwer wiegende statistische Daten für die Vorzüge dieser Behand- 
lung gegeben. Einen so wichtigen Heilfaktor, wie ihn die ungehinderte eigene 
aktive Bewegung im Freien darstellt, ohne Noth unausgenutst zu lassen, kann S. 
nur als einen Fehler bezeichnen. Dass solche Neigungen auftauchen, liegt viel- 
leicht daran, dass so außerordentlich häufig das Gipskorsett ohne die so nothwen- 
dige Ergänzung durch eine Kopfstütze verwendet wird, nicht nur bei Spondylitis 
der Lendenwirbelsäule, sondern selbst bei höher gelegener. Das ist aber grund- 
falsch. Bei Kindern sichert nur sehr selten ein tiefer Tailleneinschnitt und eine 
ausgesprochene Keilform des Thorax mit oberer Basis die Erhaltung einer gewissen 
Distraktion der Wirbelsäule durch ein einfaches, im Hängen angelegtes Gips- 
korsett, selbst wo es eich um Spondylitis der Lendenwirbelsäule handelt. Die 
meist fassförmige Form des Thorax lässt eine Distraktion durch das Gipskorsett 
gar nicht zu Stande kommen; erst die Kopfstütze, sei es der Sayre'sche Mast, 
oder die Kopfstützen von Nebel, Heusner oder dem Redner, sichert sie. Auch 
die sogenannte »Lordosirung« nach Lorenz muss nothwendig hinsichtlich einer 
gleichmäßigen und allseitigen Entlastung der kranken Wirbel dem Korsett mit 
Kopfstütze nachstehen. 

Freilich hat das Korsett zunächst den Nachtheil, dass es eine gewisse Ver- 
nachlässigung der Hautpflege mit sich bringt. Aber das gilt doch nur von der 
relativ kurzen Zeit, während welcher das Korsett ein inamovibeles sein muss. Diese 
Periode braucht selten länger als 3—4 Monate zu dauern, und der ganze Übel- 
stand ist viel zu gering, als dass er binreichenden Anlass geben dürfte, auf die 
Vortheile einer ambulanten Behandlung zu versichten. (Selbstbericht.) 


Lossen (Heidelberg): Über Rhinoplastik. 

Nach einem Rückblick auf die verschiedenen Versuche und Verfahren, der 
neugebildeten Nase, insbesondere der Nasenspitze, eine dauernde Profilhöhe zu 
geben und die Nasenhöhle dauernd offen zu halten — späteres Einlegen von 
Metallröhren, Metall- oder Kautschukgestellen, Verwendung von Haut-Knochen- 
lappen, Einheilen von Knochenspangen etc. — bespricht L. ein Verfahren, welches 
bezweckt, gleich Anfangs über eine nach Gips- oder Wachsabdruck geformte 
Hartkautschukprothese die neue Nase mittels Stirnlappen zu bilden und die Pro- 
these dauernd als Stütze zu belassen. 

In einem Falle, der nach 2maliger, anderwärts mit Haut-Knochenlappen aus- 
geführter Rhinoplastik eine glatte, jeder Nasenhöhle entbehrende Nase geliefert 
hatte, ist durch verschiedene Nachoperationen und das dauernde Einfügen einer 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1181 


Kautschukprothese die Profilhöhe der Nasenspitze bis auf 21/3 om gebracht und 
die Nasenhöhle dauernd erhalten worden. Gipsmasken der früheren und der 
jetsigen Nase veranschaulichen den Erfolg. 

In einem frischen Falle von Rhinoplastik ist das operative Vorgehen das 
folgende: 

1) Nach Verstopfen der Nasengänge gegen den Rachen hin wird zunächst 
ein Gipsabguss der Nasenhöhle genommen, dem man nach außen die Form der 
Nase giebt. 

2) Dieses Gipsmodell wird um so viel verkleinert, als oben der »Nasen- 
wursellappen« mitsammt dem daraufliegenden Stirnhautlappen, an der Nasen- 
spitze aber der Stirnlappen allein an Dicke beträgt. 

3) Ausschneiden des Nasenwurzellappens, Umklappen und Annähen an die an- 
gefrischten Ränder des Defekts. 

4) Ausschneiden eines dreieokigen gestielten Stirnlappens, ohne Septum. Der 
Lappen soll sehr völlig genommen und an seinem freien, der Nasenspitze ent- 
sprechenden Rand leicht konvex geschnitten werden, damit man ihn hier um- 
säumen kann. Schluss der Stirnwunde durch Naht und Hautpfropfung. 

5) Der Stirnlappen wird umgeschlagen und entweder frisch oder, während er 
granulirt, mit Reverdin-Thiersch’schen Epidermisstücken, oder Wolff’schen 
Hautläppchen bedeckt, und zwar an seinem unteren Abschnitt, so weit er sich 
nicht mit seiner Wundfläche auf den umgeschlagenen Nasenwurzellappen auflegt. 

6) Nach vollständiger Überhäutung, etwa nach 14 Tagen, wird der Stirnlappen 
mit seiner Pfropffläche auf das Gipsmodell gelegt und seitlich an die angefrischten 
Ränder des Defekts angenäht. 

7) Nach weiteren 14 Tagen kann die nach dem Gipsmodell angefertigte, längere 
oder kürzere Prothese eingelegt werden, die nach hinten in ein, oder wenn 
größere Reste des Vomer vorhanden, 2 Röhrchen ausläuft. Das Hartkautschuk- 
gerüst stütst sich unten gegen den Rest des Vomer, oben gegen die Umsäumung 
der Nasenspitse und wird zudem durch die Röhrchen gehalten, die in den Choanen 
liegen. (Selbstbericht.) 


Sohultze (Duisburg): Behandlung des @esichtslupus vermittels der radi- 
kalen Exstirpation und Transplantation nach Thiersch, 

Nächst der radikalen Exstirpation in der typischen Weise ist die Methode 
der Transplantation von größter Bedeutung. Der Größe des Defekts entsprechend 
werden die Thiersch’schen Lappen geschnitten und eingenäht; letzteres ist sehr 
wichtig; es soll dadurch der Hautlappen im selben Spannungskoefficienten ver- 
lagert werden. Überspannung ist peinlichst zu vermeiden. Vorzüge bestehen in 
dem besseren kosmetischen Resultat, der glatteren Anheilung und der Verein- 
fachung der ganzen Nachbehandlung. 

Beim Nasenlupus unterscheiden wir: 

1) Lupus der äußeren Nase, 

2) Lupus der inneren Nase, 

3) Lupus der äußeren und inneren Nase, 

4) Stenose der Nasenlöcher. 

Beim Lupus der äußeren Nase ist mit der Exstirpation und Transplantation 
der Fall erledigt, 

Beim Lupus der inneren Nase ist mediane Spaltung der Nase mit Exstirpa- 
tion des Lupus und folgender Transplantation indieirt. Ein Nasenloch wird sofort 
durch die Naht rekonstruirt; das andere bleibt offen, und der Nasenflügel wird 
nach der von mir angegebenen Methode vermittels des Stirnbügels in Extension 
gehalten. Nach Abheilung erfolgt Naht. 

Bei äußerem und innerem Nasenlupus wird zuerst ausschließlich der äußere 
Lupus in der oben angegebenen Weise behandelt, und nach Heilung wird die me- 
diane Spaltung ete. in der eben erwähnten Weise angeschlossen. Bei totalen 
Zerstörungen ist Plastik indieirt. Sobald die Nasenpfeiler rückwärts verlagert 
sind und die Nasenspitse vollkommen fehlt, pflege ich die Nasenpfeiler möglichst 


1182 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


dick abzulösen und nach vorn vermittels der Extension su verlagern. Dadurch 
werden 1) die Nasenspitze und 2) die Nasenlöcher formirt. 

Bei absoluter Stenose der Nasenlöcher giebt die Extensionsmethode vorzüg- 
liche Resultate; Plastik ist nicht nothwendig. 

Bei Erkrankung der Oberlippe unterscheiden wir: 

1) Lupus der äußeren Haut, 

2) Lupus der Schleimhaut, 

3) Lupus der Schleimhaut und äußeren Haut, 

4) Lupus der ganzen Lippe. 

Lupus der äußeren Haut wird in der eben skissirten Weise beseitigt. 

Bei Erkrankung der Schleimhaut ist Spaltung der Lippe, Exstirpation der 
Schleimhaut mit eventueller Plastik nothwendig. Sobald innere und äußere Haut 
erkrankt sind, wird zuerst unbekümmert um den Schleimhautlupus der äußere 
Lupus beseitigt; nach Heilung wird in der eben erwähnten Weise der Schleimhaut- 
lupus operirt. Lupus der ganzen Lippe indicirt Plastik, je nach dem vorhandenen 
Material. Bei Ektropion der Lippen mache ich ohne Berücksichtigung des Lupus 
zunächst Korrektur durch die Plastik, und erst dann folgt die Beseitigung des 
Lupus. 

Analog verhalten sich die Eingriffe beim Lupus der Unterlippe; nur hier er- 
wähne ich die temporären Plastiken von der Brust, su deren Ausführung man 
wegen Mangel an Material geswungen wird. Plastiken aus dem Halsgebiet würde 
ich bei größerer Ausdehnung stets temporär ausführen. 

Die Prognose ist günstiger als bei allen anderen Methoden. Recidive werden 
auch hier nicht vermieden. Neben 2 ernstlichen Recidiven habe ich 8mal unter 
57 Fällen Randrecidive erlebt. Exstirpation mit Naht führt hier sur definitiven 
Genesung. 

Die hier vorgestellten Fälle sind im Laufe der letsten 8 Jahre operirt. 


(Selbstbericht.) 
Diskussion: Engel (Hamburg) beschreibt die von Kümmell mit Röntgen- 
strablen erhaltenen günstigen Resultate. Wagner (Mülheim a. d. BL 


Sprengel (Braunschweig): Zur Diagnostik und Therapie der Fremdkörper 
in den Bronchen. 

8. hatte vor Kurzem Gelegenheit, bei einem 21jährigen Mädchen, welches eine 
Tuchnadel »verschluckte hatte, die Schwierigkeiten zu erfahren, welche die genaue 
Feststellung des Bitze des Fremdkörpers bereiten kann. Auch die Deutung des 
Röntgenbildes war so unsicher, dass zunächst auf Grund der falschen Annahme, 
es handle sich um einen Fremdkörper der Speiseröhre, die Ösophagotomie aus- 
geführt wurde. 14 Tage später konnte aus den inzwischen aufgetretenen Symptomen 
von heftiger trachealer Reizung und an der Hand eines zweiten Röntgenbildes die 
veränderte Stellung der Nadel und ihr Sitz im linken Bronchus mit Sicherheit 
diagnostieirt werden. 

Die tiefe Tracheotomie ermöglichte schließlich, nach langen vergeblichen Ver- 
suchen unter Zuhilfenahme von Cocainanästhesie und direkter Beleuchtung, den 
Fremdkörper, der sich mit der Spitze in die Trachea verhakt hatte, zu befreien 
und aus dem Bronchus zu extrahiren. 

An der Hand dieses Falles bespricht S. die vorgelegten Röntgenbilder, die 
Vorzüge der Extraktion analoger Fremdkörper unter Leitung des Auges, endlich 
die Frege, was zu geschehen hat, wenn die Extraktion misslingt. 

(Selbstbericht.) 

Arnolds (Köln): Ein Fall von Pneumotomie wegen Fremdkörpers ehne 
Eiterung. : 

Eine 23jährige kräftige Köchin hatte einen künstlichen Gebisstheil, bestehend 
aus dem linken oberen Eeksahn mit daransitsendem Gaumenplattenstück, an dem 
mehrere Spitzen und Haken waren, aspirirt. Nach anfänglicher, 5 Tage andauern- 
der starker Athemnoth und häufig sich wiederholenden heftigen Hustenkrämpfen 
waren dann 2 Monate lang keine nennenswerthen subjektiven noeh objektiven 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1183 


Symptome vorhanden. Nur mit Röntgendurchleuchtung war der Fremdkörper 
nachzuweisen, und konnte sein Sitz mathematisch genau berechnet werden: 5 cm 
nach rechts von der Medianebene auf der die hintere VII. und vordere IV. Rippe 
verbindenden Sagittalen, 10 cm von der Rückenhaut entfernt. Da eine Spontan- 
aushustung des komplieirten Fremdkörpers unmöglich erschien, ohne dass er durch 
ausgedehntere, in ihren Folgen nicht zu übersehende Entzündungsprocesse gelockert 
worden wäre, da ferner der Sitz so genau zu bestimmen und zu berechnen war, 
wurde in Anbetracht der bisher gewonnenen günstigen Pneumotomieerfolge in frischen 
Fällen, gegenüber den ungünstigen bei chronischen Processen, bei der noch keine 
nennenswerthen Erscheinungen von der Lunge bietenden, kräftigen, jungen Person 
von Bardenheuer die Pneumotomie gewagt, um Pat. so vor den bei der Beschaffen- 
heit des Fremdkörpers als unausbleiblich zu betrachtenden bösen Folgen zu bewahren. 
Resektion der VI., VII., VIII. und IX. Rippe, Jodoformgazetamponade; später Chlor- 
sinkpaste. Nach 3 Wochen Eingehen mit dem Paquelin. Fast in der nöthigen 
Tiefe angelangt, musste man die Operation wegen Blutung abbrechen. Nach weite- 
ren 3 Wochen erneuter Versuch. Der Fremdkörper wird dabei mit der Sonde in 
einem quer eröffneten Bronchus von unten angestoßen. Wieder swingt kurs vor 
dem Ziel, in unmittelbarer Nähe des Fremdkörpers eine, wenn auch nicht starke 
Blutung sum Abbrechen der Operation. Jodoformgazetamponade. Nach 4 Stunden 
wird der durch das Anstoßen mit der Sonde gewiss gelockerte Gebisstheil plöts- 
lich expektorirt. Pat. wird vorgestellt als kräftige, blühende Person mit kleiner 
Fistel in der Mitte der Narbe; es sind 21/2 Monate seit der Operation verflossen. 
Seit 14 Tagen versieht Pat. wieder ihren vollen Dienst als Köchin. Demonstration 
verschiedener Röntgenbilder, so wie des Fremdkörper. Aus dem Verlauf dieser 
Pneumotomie und ihrer unmittelbaren Folge der Expektoration sieht Barden- 
heuer die Lehre, dass es in geeigneten Fällen möglich ist, den in tiefere Partien 
der Lungen aspirirten Fremdkörper von einem peripheriewärts eröffneten Bronchial- 
zweig aus von unten her mit der Sonde zu lockern und seine Expektoration zu 
veranlassen. 
Nachtrag: Seit dem 10. Oktober ist die Lungenfistel geschlossen. 
(Selbstbericht.) 


O. Wiemer (Apenrade): Beitrag zur operativen Behandlung der Lungen- 
gangrän. 

Unter den entzündlichen Affektionen des Lungenparenchyms sind seither vor 
Allem die mit Kavernenbildung einhergehenden Gegenstand operativer Behandlung 
gewesen. Zwar kommt hin und wieder eine spontane Ausheilung der Lungen- 
kavernen zu Stande, allein swei Momente gestalten die Heilungsbedingungen der- 
selben im Allgemeinen ungünstig. Im Oberlappen bildet die Starre des die obere 
Thoraxhälfte bildenden Knochenrings das wesentlichste Hindernis für die zur 
Spontanheilung erforderliche Narbenzusammenziehung; dazu kommt noch der 
elastische Zug, welcher in der Lunge namentlich bei den Inspirationsbewegungen 
sich in centrifugaler Richtung geltend macht und gleichfalls einer Narbenretrak- 
tion entgegen wirkt. Im Unterlappen zeigt zwar die untere Lungenapertur wegen 
größerer Beweglichkeit der Rippen und des Weichtheilverschlusses eine größere 
Nachgiebigkeit, dafür tritt aber einer Spontanheilung der Kavernen hier der Um- 
stand entgegen, dass die Abflussbedingungen durch den Bronchialbaum dem Gesetz 
der Schwere entsprechend sehr ungünstige sind (Quincke). 

Man hat desshalb auf ohirurgischem Wege diese der Spontanheilung sich ent- 
gegenstellenden Hindernisse su überwinden und so eine Obliteration der Kavernen 
zu erreichen versucht. Die Eingriffe bestehen in ausgiebiger Rippenresektion und 
Eröffnung der Kavernen. Durch erstere soll eine Mobilisirung des starren Knochen- 
rings und dadurch ein Einsinken der widerstrebenden Gewebe, durch letstere eine 
Ableitung der stagnirenden Sekrete auf dem nächsten Wege nach außen erreicht 
werden. 

Art und Erfolge des Eingriffs gestalten sich verschieden je nach der Natur 
des die Kavernen verursachenden Grundleidens. Es soll hier nicht im Einzelnen 
‘besprochen werden, wie man sich gegenüber den Lungenabscessen, den bronchi- 


1184 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


ektatischen Kavernen, den tuberkulösen Eiterhöhlen und der Lungengangrän zu 
verhalten hat. Das operative Verfahren möge hier vielmehr nur an einem mit 
Erfolg operirten Falle von ausgebreiteter Lungengangrän erläutert werden. 

Bei den gangränösen Lungenprocessen wird namentlich der hohe Ernst des 
bestehenden Krankheitsbildes gegenüber den Bedenken gegen eine immerhin nicht 
ungefährliche Operation ausschlaggebend sein. Namentlich wenn es sich um bereits 
entwickeltes septisches Resorptionsfieber handelt, wird man den chirurgischen Ein- 
griff als berechtigt anerkennen. 

Ein 33 Jahre alter Arbeiter machte im Sommer 1895 eine Pleuropneumonie 
durch, welche ihren Ausgang in Infiltration des linken Unterlappens mit gangrä- 
nösem Zerfall des Lungengewebes nahm. Im November 1896 bot der Kranke, 
welcher im Laufe der letzten 3 Monate eine Gewichtsabnahme von 25 Pfund er- 
fahren hatte, das Bild hochgradigen Kräfteverfalls dar. Entsprechend der Aus- 
dehnung des linken Unterlappens war der Perkussionston gedämpft; inmitten dieses 
gedämpften Bezirks hatte der Perkussionsschall namentlich in der Axillar- und 
Angularlinie deutlich tympanitischen Beiklang; mehrfach war auch das Geräusch 
des gesprungenen Topfes wahrnehmbar. Unterhalb dieser tympanitischen Zone 
war absolute Dämpfung vorhanden. Die untere Lungengrenze zeigte keine in- 
spiratorische Verschiebung nach unten, dagegen fand eine inspiratorische Einsiehung 
der Rippen statt: somit konnte das Bestehen von Pleure-Adhäsionen angenommen 
werden. Auskultatorisch ließ sich über dem tympanitisch gedämpften Bezirk lautes 
bronchiales, manchmal amphorisches, von zahlreichen klingenden Rasselgeräuschen 
begleitetes Athmen wahrnehmen. Der Auswurf war außerordentlich kopiös, manch- 
mal bis über 350 ccm in 24 Stunden. Die expektorirten Massen hatten einen 
fürchterlichen, ekelhaft stinkenden Geruch und schieden sich beim Stehen im 
Glase deutlich in die bekannten drei Schichten ab. In der untersten Schicht 
ließen sich mikroskopisch deutlich elastische Fasern und nekrotische Theile des 
Lungenparenchyms erkennen. 

Bei dem mitgetheilten Lungenbefund und dem charakteristischen Verhalten 
des Auswurfs konnte es keinem Zweifel unterliegen, dass es sich um einen gangrä- 
nösen Zerstörungsprocess im linken Unterlappen handelte, welcher bereits 
zu einer umfangreichen Kavernenbildung geführt hatte. Wegen anhalten- 
den Resorptionsfiebers (Abends gegen 40° C., Morgens über 38° C.) und des be- 
drohlichen Kräfteverfalls musste in der baldigen Ausführung der Pneumotomie 
das einzige Mittel erblickt werden, hier günstigere Verhältnisse zu schaffen. Es 
wurde bei der Operation am 15. November 1896 von vorn herein darauf Bedacht 
genommen, die Kaverne in möglichst großer Ausdehnung freisulegen, um sie für 
eine wirksame Nachbehandlung in ausgiebiger Weise zugänglich zu machen. 

Es wurde desshalb ein großer Haut-Muskellappen mit oberer 20 cm breiter Basis 
formirt, nach dessen Bildung im Grunde der Wunde in weiter Ausdehnung die 
8., 9. und 10. Rippe zu Tage lagen. Dieselben wurden in der gewöhnlichen Weise 
subperiostal in einer Länge von 12 cm resecirt, und zwar eo, dass der Hauptantheil 
der entfernten Rippenstücke zwischen der Axillar- und Skapularlinie lagen. Nach 
Entfernung des Interkostalgewebes lag die Rippenpleura über dem tympanitisch 
gedämpften Lungenbesirk in großem Umfang frei. Bei der Palpation bot das 
unterliegende Lungengewebe eine feste derbe Konsistenz dar. Auch ergab die 
vorsichtige Incision der Rippenpleura an mehreren Stellen, dass dieselbe durch 
feste Adhäsionen weithin mit der Lungenpleura verwachsen war. Die Verhältnisse 
lagen somit für den Fortgang der Operation außerordentlich günstig, so dass vor 
Eröffnung der Lungenkaverne weitere Vorbereitungen nicht erforderlich waren. Die 
Eröffnung wurde desshalb ungesäumt mit dem messerförmigen, bis zur Rothgluth 
erhitzten Thermokauter vorgenommen. Das Instrument drang erst in einer Tiefe 
von 4—5 cm, wie man an dem Gefühl geringeren Widerstandes merkte, in die 
Kaverne vor. Durch Weiterführen des Thermokauters in kreisförmiger Richtung 
wurde aus dem die Kaverne überdachenden Lungengewebe ein etwa Smarkstück- 
großes Stück herausgebrannt. Der so geschaffene Zugang zur Kaverne gestattete 
die Einführung zweier Finger. Die Höhle enthielt neben dünnflüssiger, schmutziger, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1185 


mit nekrotischen Bröckeln untermischter Jauche einen großen, allseitig gelösten, 
also frei in ihr liegenden Gewebssequester; dieser wurde während eines Husten- 
stoßes leicht extrahirt; er hatte eine Länge von 6t/z cm, eine Dicke von 4 cm und 
erwies sich durch seine noch erkennbaren Bronchialversweigungen ohne Weiteres 
als mortifieirtes Lungengewebe. Die Kaverne hatte die Größe einer Männerfaust. 
Ihre Innenfläche war mit graugrünen fetzigen Massen und schmutzigen, abge- 
storbenen Gewebsresten bedeckt, ließ daher nur geringe Einzelheiten erkennen. 
Am oberen Pol der Kaverne zeigte sich die Einmündungsstelle eines fast bleistift- 
dicken Bronchialastes, dessen Berührung mit der Sonde sofortigen heftigen Husten- 
reiz auslöste. 

Die große Lungenkaverne wurde nach Austrocknung ihrer Innenfläche mit 
Gazebäuschchen mit Jodoformpulver bepudert und mit langen Streifen einer 
10%igen Jodoformgase austamponirt; über das Ganze wurde ein großer Occlusiv- 
verband gelegt. Während der Operation, welche reichlich eine Stunde dauerte, 
entleerte sich etwas schmutzige, zum Theil blutige, sehr übelriechende Flüssigkeit 
aus Mund und Nase. 

Am 4. Tage nach der Operation wurde bei Besichtigung der Kaverne mit dem 
Reflektor an deren medialer Wand, also nach der Wirbelsäule zu, eine etwa 3 cm 
lange, senkrecht stehende schlitsartige Öffnung entdeckt, durch welche die Sonde 
in einen sweiten Hohlraum gelangte. Aus diesem wurde mit Hilfe einer langen 
Kormsange gleichfalls ein ansehnlicher Lungensequester extrahirt. Diese benach- 
barte Kaverne war etwas kleiner als die zuerst eröffnete, zeigte sonst bezüglich 
ihrer Wandung und ihres Inhalts dieselben Verhältnisse wie jene. Es handelte 
sich somit um zwei große, durch gangränödse Zerstörung des Lungen- 
gewebes entstandene Kavernen des linken Unterlappens, welche 
einander tangential berührten und durch eine gemeinsame Öffnung 
mit einander in Verbindung standen. Bei künstlicher Beleuchtung ließ sich 
feststellen, dass die Ränder der Verbindungsöffnung respiratorische Bewegungen 
ausführten, ähnlich den Oseillationen der Stimmbänder. 

Durch den gemeinsamen Schlitz hindurch wurde auch diese zweite Kaverne 
gut mit Jodoformgasestreifen austamponirt. Ein Verbandwechsel war im Anfang 
täglich erforderlich, da die Sekretion eine außerordentlich profuse war. Der Aus- 
wurf ließ jedoch-sofort nach der Operation gänslich nach. Das Anfangs 
noch fötide und dünnflüssige Höhlensekret wurde nach wenigen Tagen eitrig. Dem 
entsprechend veränderte sich auch die Beschaffenheit der Kavernenwandung in 
so fern, als dieselbe sich mit gesunden, frischen Granulationen auskleidete. In 
diesem Stadium der Nachbehandlung wurde der Pat. wiederholt den Fachgenossen 
am Orte und in der Nachbarschaft demonstrirt. Die vor der Operation bestehende 
Temperatursteigerung ließ schon am Tage nach derselben nach, um dauernder 
Fieberlosigkeit Platz zu machen. Die Verkleinerung der Kavernen ging auffallend 
rasch vor sich, so dass dieselben sich nach etwa 5 Wochen völlig ausgefüllt hatten. 
Nach reichlich 6 Wochen war die ganze Wunde gänzlich geheilt und durch eine 
solide eingesogene Narbe ohne Fistel geschlossen. 

Der Erfolg der Operation war ein andauernd guter: bei öfters, in längeren 
Zwischenräumen vorgenommenen Untersuchungen des Mannes hörte man in der 
Gegend des linken Unterlappens etwas abgeschwächtes, unbestimmtes Athmen, 
keine Rasselgeräusche etc. Husten war nur Morgens in geringem Grade vor- 
handen. Die Gewichtesunahme während der Krankenhausbehandlung betrug über 
30 Pfund. Eine Deformität des Thorax hat sich nicht eingestellt; die Rippen 
hatten sich vielmehr 6 Monate nach der Operation regenerirt. 

Es kann wohl nicht zweifelhaft sein, dass in dem vorgetragenen Falle eine 
Heilung ohne operativen Eingriff ausgeschlossen gewesen wäre: die extrahirten 
Lungensequester konnten wegen ihrer Größe nicht expektorirt werden; auf eine 
Einschmelsung und Resorption derselben war natürlich eben so wenig zu rechnen. 
Der günstige und schnelle Verlauf ist hier vor Allem der ausgiebigen Resektion 
dreier Rippen in einer Länge von je 12 cm zususchreiben. Nur so wurde eine 
Adaption der Höhlenwandungen und narbige Retraktion des Lungengewebes nach 


1186 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


Mobilisirung der starren Thoraxwandung möglich. Daneben wurde durch eine 
breite Eröffnung der Kavernen ein freier Einblick in dieselben und eine exakte 
örtliche Nachbehandlung durch konsequente Tamponade möglich gemacht. Beide 
Momente, die ausgiebige Resektion der Rippen und die breite Eröffnung der 
Kavernen erscheinen somit als die wesentlichsten Hilfsmittel bei der operativen 
Behandlung ausgebreiteter Lungengangrän. 

Von einer Verbesserung der Diagnostik, genaueren Präcisirung der Indikationen 
und Vervollkommnung der Technik können für die Lungenchirurgie weitere Er- 
folge erhofft werden. (Selbstbericht.) 


Thiel (Köln): Die Behandlung alter Empyeme. 

Die Heilung der Empyeme ist bei freiem Eiterabfluss und abgesehen von der 
primären, das Empyem veranlasst habenden Erkrankung, hauptsächlich von me- 
chanischen Momenten abhängig. Es ist dies die Elastieität des Thorax, die 
Ausdehnungsfähigkeit der Lunge, die Mithilfe des Zwerchfells und des Media- 
stinums durch ihr Heraufsteigen resp. Herüberrücken sur Empyemhöhle. 

Diese Hilfskräfte reichen jedoch oft nicht aus; man hat versucht, in diesen 
Fällen die Schließung der Empyemhöhle su begünstigen durch Mobilisiren der 
’Thoraxwand oder aber durch Entfernung des durch die Operation gesetzten Pneumo- 
thorax. In letster Hinsicht sind hauptsächlich die Ventilverbände nach Schede 
Mikulics, Thiersch zu erwähnen; ferner von Aspirationsvorrichtungen die 
Bülau’sche Heberdrainage und neuerdings die Perthes’sche Aspirationsvorrich- 
tung. Die Versuche mit dem Perthes’schen Apparat (3 Fälle) waren nicht von 
dem gewünschten Erfolg begleitet. Als Nachtheile traten besonders hervor der 
ungeheuere Säfteverlust des Körpers bei den heruntergekommenen Pat., ferner in 
einem Falle die starke Schmershaftigkeit durch den permanent saugenden Zug an 
der Lunge. Die Versuche sollen fortgesetst werden. 

Zur Mobilisirung der 'Ihoraxwand ist hauptsächlich su erwähnen: 

1) Die Esthlander’sche Operation. 

2) Die Thorakoplastik nach Sohede. 

3) Die Radikaloperation nach Bardenheuer. 

Auf der chirurgischen Abtheilung des Kölner Bürgerhospitals wurden in den 
letzten 18 Jahren 125 Fälle nicht tuberkulöser Empyeme operirt, und zwar mit 
einer Heilung mit Fistel von nur 3,2 resp. 2,4%. Den Grund für dieses sehr 
günstige Resultat findet man: 

1) In der principiell durchgeführten, möglichst frühzeitigen Operation. 

2) In der Nachbehandlung mit Tamponade ohne Spülung und mit elastischer 
Kompression des Thorax. 

3) In der Operationsmethode, wie sie Bardenheuer seit Anfang der 80er 
Jahre ausführt. 

Der Schnitt ist nicht typisch. Man informirt sich durch Einführen einer 
Uterussonde oder einer großen Kornzange zunächst über die Größe der Höhle 
so wie über die Richtung ihrer größten Ausdehnung. Über die Mitte derselben 
wird sodann ein langer Schnitt geführt. Sollte derselbe nicht ausreichen, so werden 
auf diesen Schnitt später noch Querschnitte gesetzt. Es werden nun sämmtliche 
Weichtheile von dem knöchernen Thorax abgelöst und hierauf die Rippen in der 
ganzen Ausdehnung, so weit sie die Höhle begrenzen, resecirt. Hierauf werden 
in der Weise, wie Schede dieses veröffentlicht hat, Periost, Interkostalmuskulatur 
und die Pleuraschwarten abgetragen. Sind die Schwarten auf der Lunge besonders 
dick, so werden dieselben mit entfernt. Fällt, wie dieses häufig der Fall ist, die 
Scapula mit in die Begrenzung der Höhle, so wird auch eine Resektion der Sca- 
pula nothwendig. In ca. 13% der Fälle wurde, je nach den Verhältnissen, ein 
größerer oder geringerer Theil der Scapula, erforderlicherweise die Scapula bis 
zum Collum, fortgenommen. Hierauf lassen sich die Weichtheilpartien in die 
flache Mulde leicht einlegen und werden durch einen etwas komprimirenden Ver- 
band in dieser Lage gehalten und verwachsen so. Auf diese Resektion der Sca- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1187 


pula so wie auf die Entfernung der Interkostalmuskulatur, des Periosts und der 

verdickten Pleuraschwarten legt Bardenheuer ein besonderes Gewicht, da sonst 

trotz ausgedehnter Rippenresektion eine fistellose Ausheilung ausbleiben kann. 
(Selbstbericht.) 


Kleinere Mittheilungen. 


20) Bandisch (Lasdehnen). Ein Fall von Wundstarrkrampf aus sel- 


tener Ursache. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 31.) 

Es handelte sich um einen Gärtner, welcher an cariösen Zähnen litt und die 
Gewohnheit hatte, sich mittels eines Holzaplitters Speisereste aus den hohlen 
Zähnen zu entfernen. Bei auftretenden Zahnschmerzen pflegte er so lange mit 
seinem Splitter im schmerzenden Zahn herum zu bohren, bis Blut floss, worauf 
der Schmerz nachgelassen haben soll. Eine Woche nach einer derartigen Mani- 
pulation erkrankte der Mann unter den typischen Erscheinungen des Tetanus. 
Pat. hielt es für wahrscheinlich, dass dem Splitter Theile von Gartenerde ange- 
haftet haben könnten. 

B. extrahirte den kranken Zahn in Chloroformnarkose; schon in den nächsten 
Tagen ließen die stürmischen Krankheitserscheinungen nach, und nach 3 Wochen 
trat vollständige Heilung ein. Gold (Bielitz). 


21) P. Alissow und M. Skwozzow. Zur Bakteriologie und patho- 
logischen Anatomie der Aktinomykose beim Menschen. 
(Med. Obosrenje 1898. Oktober. [Russisch.]) 

Im 1. Falle Aktinomykose der Unterleibsorgane und Pleura, wohl vom Darm 
ausgehend, im 2. der Weichtheile der Brust. Interessant ist der bakteriologische 
Befund: mit dem Aktinomycespils zusammen findet sich überall ein sehr feines 
Stäbchen, das mit Anilinfarben schwer färbbar ist und sich leicht entfärbt. Dieses 
Stäbchen ändert das Wachsthum des Aktinomycespilzes: letzterer allein gab nie 
Fäden, sondern nur Stäbchen, meist mit Kolben am Ende; mit dem Stäbchen 
zusammen hatte der Pilz immer die Form verschieden langer, verzweigter Fäden. 
Beim Impfen von Kaninchen mit Mischkulturen oder mit Reinkultur von den 
Stäbchen blieben alle 3 Thiere am Leben. — Die vielen interessanten Einzelheiten 
des Verhaltens der Mikroorganismen bei verschiedener Kultur müssen im Original 
nachgelesen werden. G@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


22) Choux. Phlegmon lymphangitique profond de nature strepto- 
coccique de la main et de l’avant-bras; tendance à l’envahissement 
du bras; traitement par le sérum de Marmorek; guérison. 
(Arcb. de méd. et de pharm. militaire 1898. Juni.) 

23) Derselbe. Phlegmon diffus, streptococcique, du membre supé- 
trieur droit; haut degré de septicémie immédiate; emploi intensif du 
sérum antistreptococcique sans résultat appréciable; mort. 

(Ibid. August.) 

In den oben angeführten Titeln sind alle wesentlichen Daten enthalten, welche 
die von demselben Beobachter mitgetheilten beiden Fälle auszeichnen. Dieselben 
sind einander unmittelbar entgegengesetzt, indem sowohl allgemeine als örtliche 
Erscheinungen der septischen Phlegmone durch die Verabfolgung größerer Dosen 
des im Institut Pasteur, also einwandsfrei, hergestellten Antistreptokokkenserums 
imal aufs günstigste, Imal dagegen gar nicht beeinflusst wurden. In dem günstig 
verlaufenen Falle trat erst nach Einspritzung von 20 ccm am Morgen und von 
10 com am Abend eine geringe Verminderung der Maximaltemperatur des Tages 
ein, während erst nach abermaliger Einspritzung von 20 com am 2. Tage, 48 Stunden 


1188 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


nach der ersten Einspritzung, Stillstand und nach abermaligen Einspritzungen von 
je 10com am 3. und 4. Tage nachher rasche Rückbildung der Phlegmone eintrat. 

Im 2. Falle dagegen blieben wiederholte Einspritzungen von je 20 com, im 
Gansen 4mal, also zusammen 80 ccm, an 2 hinter einander folgenden Tagen ganz 
unwirksam. 

Ob im 1. Falle doch vielleicht nur ein zufälliges Zusammentreffen von Ein- 
spritsung und Rückgang des Vorgangs vorliegt, bleibe dahingestellt. Dennoch er- 
innert man sich unwillkürlich daran, wie oft man Phlegmonen ohne Änderung der 
Behandlung gans plötzlich und anscheinend völlig unmotivirt ein günstigeres An- 
sehen gewinnen sieht. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


24) Strubell. Über eine seltene Komplikation bei Masern (und 
Scharlach). Periostitis orbitae. (Aus der med. Universitätsklinik 
zu Jena.) 

(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 42.) 

Bei einem 16jährigen Jungen traten im Abschuppungsstadium der Masern 
nach längst erfolgter Entfieberung plötzlich neues, allmählich bis auf 40° steigen- 
des Fieber und Schmerzen im rechten Auge auf, dessen Lider und Conjunctiva 
stark blauroth anschwollen; das sehr schmerzhafte Auge war vorgetrieben, der 
Augenhintergrund jedoch normal, eben so das Sehvermögen. Die Erscheinungen 
— Schmerzen, Exophthalmus, Chemosis, Fieber — gingen erst nach mehreren 
Tagen zurück; nun erst ließ sich am unteren äußeren Rande der Augenhöhle 
Schwellung und Druckempfindlichkeit nachweisen, und wurde die Diagnose einer 
Periostitis, mit der die einer Thrombose des Sinus cavernosus, bezw. der Orbital- 
venen oder die einer retrobulbären Phlegmone in Frage kam, sicher. Heilung, 

Ein ähnlicher Process wurde auf der Jenenser Augenpoliklinik nach Ablauf 
von Scharlach 1mal beobachtet. Kramer (Glogau). 


25) A. Michelis. Hiebwunde des Schädels, theilweiser Prolaps des 
Gehirns. Folgen der Verletzung. 
(Medycyna 1898. No. 27.) 

Ein 5ljähriger, rüstiger, bisher stets gesunder Mann erhielt 12 Stunden vor 
seiner Aufnahme ins Spital einen wuchtigen Axthieb über den Schädel. Die 
Untersuchung ergab eine 13 cm lange, senkrechte, stellenweise bis 3 cm breite, vom 
rechten Stirnhöcker beginnende und im oberen Augenlid endigende Hiebwunde. 
Der Knochen und die Meningen in derselben Ausdehnung gespalten, Hirn vor- 
gefallen und zahlreiche Knochensplitter in dasselbe eingespießt. Die Hornhaut 
ebenfalls gespalten. Keine Störung der Sensibilität und Motilität. Nach Ent- 
fernung der Knochensplitter und Reinigung der Wunde erfolgte glatte Heilung, 
allerdings mit Verlust des rechten Auges. 

3 Monate nach der Entlassung aus dem Spital und 4 Monate nach der Ver- 
letsung wurde Pat. neuerdings vom Verf. untersucht und hierbei folgender Befund 
konstatirt: Pat. ist hochgradig abgemagert und seit einigen Wochen bettlägerig; 
er kann weder Hände noch Füße bewegen. Die Extremitäten in allen Gelenken 
mäßig flektirt, alle Muskeln, selbst jene des Rumpfes, atrophisch, fibrilläre 
Zuckungen, keine Entartungsreaktion, Sensibilität erhalten, stellenweise sogar ge- 
steigert. Kniephänomen erhalten. Die Epiphysen der Knochen mäßig verdickt. 
Während des neuerlichen Aufenthalts des Kranken im Spital brach die alte Narbe 
unter mäßigen Fiebererscheinungen auf, und es entleerten sich einige kleine 
Knochensplitter mit Eiter, worauf sie sich wieder schloss und die Temperatur zur 
Norm fiel. Unter sunehmendem Marasmus und allmäblicher Abnahme der geistigen 
Fähigkeiten erfolgte der Tod fast 1 Jahr nach dem Unfall. Sektion wurde nicht 
gemacht, 

Verf. bringt den ganzen Symptomenkomplex mit der Hirnverletzung wohl mit 
vollstem Recht in Zusammenhang, bleibt aber leider eine genaue epikritische Be- 
gründung seiner Ansicht schuldig. Trzebicky (Krakau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1189 


26) Hitzig. Ein Beitrag zur Hirnchirurgie. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Mediein u. Chirurgie Bd. III. Hft. 3 u. 4.) 

1) Bei einem Potator begann die Erkrankung mit einem apoplektischen Insult; 
es blieb Parese des linken Armes mit zahlreichen Krampfanfällen in demselben, 
meist beginnend im Daumen. Bei der Trepanation fand sich eine subcorticale 
Cyste. Tod 15 Stunden nach der Operation im Shock. 

2) Ein 17jähriges Mädchen erkrankte mit Krämpfen im linken Facialis und 
linken Arm; allgemeine Krämpfe folgten diesen lokalen, traten aber auch ohne 
Vorangehen der letzteren auf. Bei der Trepanation, welche bei der enormen 
Häufigkeit der Anfälle als ultimum refugium indieirt war, fand sich keine palpable 
Erkrankung des Gehirns. Unter weiteren Anfällen erfolgte der Tod an Erschöpfung. 
Auch die Sektion ergab keine genügende Aufklärung der klinischen Erscheinungen; 
es fand sich nur an kleiner Stelle Verwachsung der Pia mit der Hirnrinde. 

, An diese beiden Fälle werden werthvolle Erörterungen über Bedeutung und 
diagnostische Verwerthung der Rindenkrämpfe geknüpft. Haeckel (Stettin). 


27) Schloffer. Ein Fall von traumatischer Apoplexie ohne nachweis- 


bare Schädelverletzung. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 16.) 

Bericht über einen im Jahre 1894 von Wölfler in Gras beobachteten Fall 
von Schädeltrauma bei einem 26jährigen Pat., ohne Verletzung des knöchernen 
Schädeldaches, bei welchem in der Annahme eines rechtsseitigen Hämatoms der 
Dura mater (2 Stunden nach dem Unfall Hemiplegie) trepanirt wurde, ohne dass 
es gelang, das angenommene Hämatom aufzufinden. 

Außerordentlich langsamer und unvollkommener Rückgang der Erscheinungen, 
die noch im Jahre 1897 (Prof. Müller) in nicht unwesentlichem Grade vorhanden 
waren, lassen S. zu dem Schluss kommen, der durch kritische Sichtung und Be- 
nutzung des einschlägigen in der Litteratur bekannten Materials gestützt wird, 
dass es sich in dem vorliegenden Falle um eine Blutung kleineren Umfangs inner- 
halb der Hirnmasse gehandelt habe. Hübener (Breslau). 


28) Adenot (Lyon) et Carrier (Lyon). Trepanation dans un cas d'épi- 
lepsie corticale reconnaissant pour cause un gliome de la region 
rolandique superieure. 

(Arch. prov. de chir. 1898. No. 3.) 

Bei dem 11 Jahre alten Töchterchen eines notorischen Absynthtrinkers und 
einer excentrischen Mutter bestanden seit dem 1. Lebensjahre Konvulsionen, die 
Anfangs in mehrmonatlichen Intervallen, vom 9. Jahre an auch mit Bewusstseins- 
störungen immer häufiger, zuletzt bis 12mal in der Woche vorkamen. Die Kon- 
traktionen begannen in der Regel im rechten Arm oder Bein und schritten von 
da auf den ganzen Körper fort; der rechte Arm war im Umfang und in der Kraft 
seiner Beuger, das Bein auch in der Längenentwicklung, im Umfang und eben- 
falle in der motorischen Kraft der Beuger zurückgeblieben. Es gelang den Autoren 
nach sorgfältiger Beobachtung, eine genaue Herddiagnose zu stellen, welche die 
Trepanation bestätigte. Es fand sich ein Gliom im Lobus paracentralis, aber es 
hatte eine solche Ausdehnung in die Tiefe, dass eine vollständige Entfernung un- 
möglich war. P. Stolper (Breslau). 


29) MoCosh (New York). The surgical treatment of epilepsy, with 
a report of fourteen cases. 
(Med. and surg. report of the presbyterian Hospital of the city of New York 1898. 
Januar.) 

Aus der großen Zahl von Epileptikern, welche Zwecks Operation in das 
Krankenhaus gesendet wurden, hat C. die verhältnismäßig sehr kleine Anzahl von 
14 Kranken herausgesucht, bei denen die Aussichten auf Erfolg nach mehrwöchent- 
licher Beobachtung vergleichsweise günstig zu sein schienen. Die Operationen 


1190 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


wurden im Hospital, und zwar in dem Zeitraum von Juni 1891 bis Februar 1897 
ausgeführt, und ist mindestens 1 Jahr seitdem vergangen, so dass der schließliche 
Enderfolg bereits übersehen werden kann. Dieser kann als günstig nicht be- 
zeichnet werden, indem geheilt wurden 3, gebessert 5, nicht gebessert 4, unbe- 
kannter Ausgang 2, gestorben 0. Ganz unbefriedigend war das Ergebnis bei den 
3 Kranken mit nicht traumatischer Epilepsie, indem nur 1, und zwar in sehr ge- 
ringem Grade gebessert wurde; auch waren bei dieser Kranken die Erscheinungen, 
welche auf einen Entzündungsvorgang an einer bestimmten Stelle des Gehirns und 
seiner Häute hindeuten, nicht gerade sehr ausgesprochen. Unter den beiden an- 
deren Fällen, welche unbeeinflusst blieben, war 1 von typischer chronischer Epi- 
lepsie, während in dem letzten Falle 5 Jahre vor der Operation eine ausgesprochene 
Entzündung der Hirnbäute voraufgegangen war. 

Weit besser sind die Erfolge bei den traumatischen Epilepsien, indem von den 
11 Operirten doch immerbin 3 geheilt wurden, d. h. also 27,2%. In jedem dieser 
3 Fälle wurde die Ursache der Rindenreizung aufgefunden. Letzteres war bei 4 
von den 5 = 45,5% gebesserten Kranken gleichfalls der Fall, während bei 2 von 
den 4 = 36,3% nicht gebesserten der Herd nicht gefunden wurde. Eine genauere 
Betrachtung der traumatischen Fälle ergiebt, dass bei 5 Kranken vor der Opera- 
tion eine ganz bestimmte Depression des Schädels festgestellt wurde, deren Vor- 
handensein zugleich mit Veränderungen an den Hirnhäuten die Operation bestä- 
tigte. Diese Reihe ergab die besten Erfolge, indem 2 dieser 5 Kranken = 40% 
geheilt und 2 gebessert wurden. 

Bei 4 anderen Kranken war zwar ebenfalls vor und während der Operation 
eine leichte Depression vorhanden, und fand sich auch derselben entsprechend eine 
leichte Verdiekung der Dura; allein die Veränderungen waren doch nicht aus- 
geprägt genug, um große Hoffnung auf Erfolg der Operation gewähren zu können. 
Dem entsprechen denn auch die Resultate, indem gar keine Heilung und nur 
2 = 50% Besserungen erzielt wurden, welchen ja in der vorigen Gruppe 80% 
günstige Beeinflussungen gegenüberstehen. 

Endlich wurde bei einem Kranken äußerlich nur eine Hautnarbe, aber keine 
Schädeldepression, an der Hirnoberfläche jedoch erhebliche Veränderungen in der 
Blutvertheilung festgestellt. Außerdem fand sich neben einer eingedrückten Narbe, 
herrührend von einer früheren Operation, eine große Masse von Bindegewebe, 
welche auf die Hirnrinde drückte und wohl mindestens zum Theil durch ein liegen 
gebliebenes Stück Gummi veranlasst war. 

Was die Technik angeht, so wurde mit dem Trepan operirt und, wenn nöthig, 
von dem entstandenen Knochendefekt aus erweitert. Nur in einem Falle wurde 
der Knochen wieder zurückgelagert und heilte vollkommen ein (Fall IX); im Übrigen 
Besserung. In mehreren Fällen wurden Stücke von Gummigewebe zwischen Hirn- 
masse und Verbandgaze, mehrmals auch eine dünne Celluloidplatte über den 
Konochendefekt gelegt, imal eine Platinfolie (Fall XIII). imal wurde ein dünner 
Trokar in den Seitenventrikel eingestoßen, wobei die Kanüle liegen blieb, und 
wurde auf diese Art eine Drainage des Ventrikels hergestellt. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


30) J. Donath. Der Werth der Resektion des Halssympathicus bei 
genuiner Epilepsie, nebst einigen Beobachtungen und Versuchen über 
Sympathicuslähmung. 

(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 16.) 

D. ließ in 3 Fällen von genuiner Epilepsie und in einem Falle von Hirn- 
geschwulst, welche genuine Epilepsie vortäuschte, auf der Navratil’schen Klinik 
die Resektion des oberen Halsganglions und des zwischen diesem und dem mitt- 
leren Ganglion gelegenen Stückes des Grenzstranges vornehmen. Die Operation 
wurde in den 3 Epilepsiefällen doppelseitig, bei der Geschwulst nur einseitig aus- 
geführt. (Letztere, die zur Sektion gelangte, erwies sich als Osteom.) Der Erfolg 
war in Bezug auf die epileptischen Anfälle vollkommen wirkungslos. Zwar waren 
unmittelbar nach der Operation deutlichste Erscheinungen von Gefäßlähmung vor- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 1191 


handen (lebhafte Röthe, Injektion der Conjunctiva, fühlbare Temperaturerhöhung 
und stärkere Schweißabsonderung), doch schwanden dieselben bereits nach 4 Tagen. 
Bei den beiderseitig Operirten fiel es auf, dass die leichte Ptosis, dessgleichen die 
Verengerung der Pupille, welche gleichzeitig nicht selten eine leichte Unregel- 
mäßigkeit des Kontours zeigte, auf beiden Seiten mitunter ungleich ausfielen. 
Lioht-, Accomodations- und Konvergenzbewegung der Pupille waren gut erhalten, 
dessgleichen das Verhalten gegen Myotica und Mydriatica. 

` Hübener (Breslau). 


31) F. Berndt. Über den Verschluss von Schädeldefekten durch Periost- 
Knochenlappen von der Tibia. 
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLVIII. p. 620.) 


B. hat 2mal eine ömarkstückgroße Schädellücke durch einen der Tibia ent- 
nommenen Periost-Knochenlappen mit Erfolg gedeckt, das 1. Mal 1892, ohne die 
ältere gleichartige Operation von Seydel zu kennen. Beide Male wurde der 
Tibialappen mit der Periostseite auf die Dura gelegt, die Kopfhaut darüber ge- 
näht. B. zieht das Verfahren der Müller-König’schen Schädelplastik vor, da 
es technisch einfacher und leichter, aber auch weniger blutig als diese ist. Noch 
überlegener ist es der Fränkel’schen Heteroplastik mit Celluloidplatte. Auch 
Czerny hat 2mal einen Tibiaknochenlappen, doch ohne Periost, zur Deckung be- 
nutzt, die Mitnahme des letzteren scheint aber vortheilhafter. Zur Ausschneidung 
des Lappens brauchte B. den Meißel, empfiehlt aber für künftig die Gigli-Säge 
mit welcher Splitterungen sicher vermeidbar sind. Der Lappen wird praktischer 
Weise etwas größer als die Lücke zu nehmen sein, um nachträglich mit der 
Knochenschere dieser genau passend zurechtgestutzt zu werden. (Wie dick die 


Knochenlappen genommen wurden, ist nicht mitgetheilt.) 
Meinhardt Schmidt (Cuxhaven). 


32) N. A. Sokolow. Die temporäre Resektion der äußeren Orbital- 
wand bei Entfernung retrobulbärer Tumoren. 
(Wratsch 1898. No. 33.) 

8. beschreibt einen Fall der Krönlein’schen Operation. Die 48jährige Pat. 
hatte seit 6 Jahren ein kavernöses Angiom in der linken Augenhöhle, das, fast 
hühnereigroß, die untere und äußere Wand bedeckte. Seit 10 Monaten völlige 
Blindheit des Auge, Ziemlich leichte Entfernung der in einer Kapsel liegenden 
Geschwulst. Wider Erwarten fing Pat. an zu sehen, und 6 Wochen nach der 
Operation war V = Lg, Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


33) v. Arx (Olten. Ein Fall von halbseitiger Verletzung des 
Rückenmarks. 
(Korrespondenzblatt für schweizer Ärzte 1898. No. 13.) 

Ein Messerstich links neben dem 7. Hals- bezw. 1. Brustwirbeldornfortsatz 
hatte eine rechtsseitige Hemiläsion mit den bekannten Symptomen zur Folge. Der 
Verlauf bestätigt die gute Prognose der meisten und auch so hochsitzenden Halb- 
seitenläsionen durch Stich. P. Stolper (Breslau). 


34) Rochet et Hugot (Lyon). Cure radicale du spina-bifida par ost&o- 
plastie. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 5.) 

R. hat 3 Fälle von Spina bifida erfolgreich durch osteoplastischen Verschluss 
der Wirbellücke operirt. Er empfiehlt, den Sack nicht zu nahe an dem Wirbel- 
kanal zu reseciren, sondern einen breiten Streifen jederseits stehen zu lassen und 
deren freie Ränder dann mit aller Sorgfalt zu vernähen, um den so gefährlichen 
Abfluss von Cerebrospinalflüssigkeit zu verhüten. Zur knöchernen Deckung be- 


1192 Centralblatt für Chirurgie. No. 47. 


nutzte er je einen von jeder Seite genommenen schmalen Periost-Knochenlappen, 
den die knöchernen Vorsprünge liefern, an welchen sich die Sehnen der Rumpf- 
streoker ansetzen. Obwohl in jedem Falle Heilung per primam erfolgte, haben 
die Pat. doch immer geflebert, ein Kind sogar stark delirirt. Der Verschluss der 
Wirbelspalte war in allen 3 Fällen, von denen einer 5, ein anderer 2 Jahre in Be- 
obachtung ist, ein vollständiger und offenbar knöcherner. 

P. Stolper (Breslau). 


35) Phooas (Lille). Du traitement du mal de Pott et en particulier 
de la reduction brusque de la gibbosit& sous le chloroforme. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 3.) 

P. berichtet über 16 zum Theil vor längerer Zeit, zum Theil erst jüngst be- 
handelte Fälle von Spondylitis tuberculosa. Seine Indikationen für ein operatives 
Vorgehen decken sich ungefähr mit denjenigen der deutschen Autoren, nur ist 
man bei uns bezüglich der Dornfortsatzresektion anderer Meinung. P. empfiehlt 
dieselbe bei vorhandenem Buckel ganz allgemein, sowohl um die Reduktion zu 
erleichtern, als auch besonders um eine Narbe an der hinteren Rückgratfläche su 
erhalten, die fester wie eine Chipault’sche Ligatur um die Processus spinosi die 
Wirbel zusammenspanne. Diese Narbe sei um so wirksamer, je weniger die Wunde 
per primam heile. P. hält für die meisten Fälle auch das einfache Sayre’sche 
Gipsjacket für genügend zur Fixirung, freilich setzt er als Bedingung voraus, dass 
die Kinder im Bett bleiben. 

Von seinen Behandlungsresultaten sei hervorgehoben, dass von 5 redressirten 
Kindern bei 2 der Buckel dauernd wegblieb; bei 2 trat eine deutliche Besserung 
bezüglich der Sensibilität ein. imal stellte sich der Buckel wieder ein, und zwar 
war dies bei Weitem nicht der ausgebildetste von allen. In einem Falle, bei einem 
2jährigen Kinde, führte Generalisation der Tuberkulose 3 Monate nach der Ope- 
ration zum Tode! Bei allen übrigen war der Eingriff auf den Allgemeinzustand 
von guter Wirkung. P. Stolper (Breslau). 


Zur Original- Mittheilung des Herrn Dr. Breuer in 
Köln: Eine neue Operation der Hypospadie der Eichel 


nach Bardenheuer. 
Von 
Prof. v. Hacker. 


In No.44 des Centralblattes für Chirurgie vom 5. November 1898 berichtet 
Herr Dr. Breuer an ersier Stelle über ein von Bardenheuer mit Erfolg aus- 
geführtes Operationsverfahren bei der Hypospadie der Eichel. Ich erlaube mir mit 
Bezug darauf festzustellen, dass genau dasselbe Operationsverfahren, fast 
mit den gleichen Zeichnungen sllustrirt, von mir nach seiner Erprobung 
am Lebenden bereits in dem im August 1898 erschienenen 1. Heft des 
XXII. Bandes von »Brun’s Beitrüge zur klinischen Chirurgie« p. 271 
publicirt wurde. 

Dieselbe Nummer des Centralblattes für Chirurgie, in welcher diese Operation 
als »neue« veröffentlicht wurde, bringt übrigens bereits (unter No. 11) ein klares Re- 
ferat meiner Mittheilung. 

Zusatz der Redaktion: Es haben eben, wie das häufiger vorkommt, zwei 
Chirurgen, unabhängig von einander, zur Heilung desselben Leidens fast gleichzeitig 
ein und dasselbe neue Verfahren angewandt. Um das klar zu legen, wurden die 
Original-Mittheilung und Referat in derselben Nummer publieirt. Richter. 


AE 

Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


mie F, Kinig, (ms 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Ee 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 48. Sonnabend, den 3. December. 1898. 


Inhalt: Wagner und Longard, Eine neue Äthermaske. (Original-Mittheilung. 

4) Ribbert, Neubildung und Trauma. — 2) Tschirikow, Desinfekion. — 3) Troller, 
Stichkanalinfektion. — 4) Monod und Vanverts, Appendicitis. — 2 Broca, Bruchsack- 
tuberkulose. — 6) Bögoin, Darmbrand. — 7) Drobnik, 8) Selmi, 9) Taillens, Radikal- 
operation von Brüchen. — 10) Graser, Darmverengung. — 11) Graser, Darmgeschwülste. 
— 12) Mardi, Jejunostomie. — 13) Longuet, Mastdarmgeschwülste. — 14) Jeannel, 
Scheidenafter. K 

15) 70. Naturforscher- und Ärzteversammlung: Krukenberg, Resektion der Cardia, — 
Gelsthövel, Frank’s Darmknopf. — Dreesmann, Darmresektion. — Liermann, Mastdarm- 
operationen. — Krabbel, Milzexstirpation. — Morlan, Pankreasnekrose, 

16) Brault, Peritonitis. — 17) Weber, Ectopia ventriculi. — 18) Wanach, Duodenal- 
geschwür. — 19) Ssokolow, 20) Galliy, 21) Wanitschek, 22) Libow, Darmenge. — 
23) Török, Achsendrehung. — 24) Schtschegolew, Gastroenterustomie. — 25) Scholz, 
Jejunostomie. — 26) Akerman, Darmimplentstion. — 27) Pantaloni, 28) Pantalonl, 
Darmtuberkulose. — 29) Mjassnikow, Dünndarm-Gebärmutterfistel. — Am Berndt, Mast- 
darmstriktur. — 31) Csesch, Mastdarmkrebs. — 32) Subbotié, Splenektomie. — 83) Houzel, 
Exosplenopexie. — 34) Madelung, Leberresektion. — 35) Chrobak, Lebercysten. 


Eine neue Äthermaske, 
Von 
Dr. Wagner und Dr. Longard in Aachen. 


Die zahlreichen Arbeiten amerikanischer und englischer Kollegen 
über die Athernarkose, speciell über die Art der Verabreichung, welche 
Anfangs des vorigen Jahrzehnts erschienen sind, sind in Deutsch- 
land und überhaupt auf dem Kontinent für die Praxis so gut wie 
unberücksichtigt geblieben. In Deutschland ist heute noch in der 
Hauptsache die Juillard’sche und die Wanscher’sche Maske am 
meisten im Gebrauch, obwohl von amerikanischer und englischer 
Seite eine Reihe wesentlich besserer, meist allerdings etwas kompli- 
eirter Masken konstruirt wurden. Allzuviel haben diese Masken 
allerdings zwar auch nicht geleistet, so dass beispielsweise in England 
heute die Narkosen vielfach mit Lachgas eingeleitet und dann mit 
Ather fortgesetzt werden; es war eben mit den verbesserten Ather- 

48 


1194 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


masken nicht gelungen, das Ätherexcitationsstadium wesentlich zu 
mildern noch auch die lange Zeit bis zum Eintritt der Toleranz er- 
heblich zu kürzen. 

Vor !/, Jahre nun bin ich der Frage der Ätherverabreichung 
auf Veranlassung des Dr. Longard näher getreten, und ist es uns 
in gegenseitiger Unterstützung gelungen, eine einfache, handliche und 
sicher funktionirende Athermaske zu konstruiren, welche in ihrer 
Wirkung uns selbst befriedigte und den Beifall der Kollegen finden 
dürfte. 

Nach über 170 in der Privatklinik der Kollegen Longard und 
Beaucamp, so wie einigen im Hospital des Herrn Sanitätsrath 
Krabbel vorgenommenen Betäubungen kann ich das Ergebnis kurz 
folgendermaßen zusammenfassen: 

Bei einem geringen Atherverbrauch gelingt es bei Frauen und 
jugendlichen männlichen Personen ohne jedes Excitationsstadium in 
2—3 Minuten, in nicht seltenen Fällen in 1!/, Minute, vollständige 
Toleranz herbeizuführen. Nur bei solchen Pat., die gewaltsam den 
Athem anhalten oder ganz ängstlich und oberflächlich athmen, dauert 
es manchmal 4 Minuten. Bei Männern tritt vollständige Toleranz 
in 4—6 Minuten ohne Excitation, manchmal unter kurzdauernder 
Anspannung der Muskulatur ein; bei einer großen Anzahl von Pota- 
toren hat es niemals länger als 6 Minuten zur Erreichung vollständiger 
Toleranz gedauert; in der Regel tritt auch hier in 4 Minuten voll- 
ständige Betäubung ein. Eine Excitation tritt auch hierbei häufig 
nicht ein, es kommt zu einigen Abwehrbewegungen, und der Pat. 
schläft; tritt in seltenen Fällen eine Excitation ein, so ist dieselbe 
nicht im entferntesten so heftig wie eine mäßige Chloroformexcitation. 
Ein einziges Mal gab Dr. Longard im Anfang unserer Versuche bei 
einem Potator vorher eine Spritze Morphium; es wurde davon jedoch 
Abstand genommen, da auch ohne Morphium bei Trinkern die Ex- 
citation fehlt oder mäßig ist. 

Auffallend ist, wie schnell bei ruhig athmenden Pat. das Be- 
wusstsein erlischt; es ist geradezu Regel, dass nach wenigen tiefen 
Athemzügen das Bewusstsein geschwunden ist. 

Die zur Erreichung der Toleranz nöthige Äthermenge ist gering; 
sie beträgt bei Kindern etwa 5—10, bei Frauen 15—25, bei Männern 
und Potatoren ca. 30—50 ccm Äther; gegen die frühere Verabreichung 
eine wesentliche Ersparnis: so betrug in den letzten Monaten die 
Gesammtmenge des verbrauchten Äthers in der Klinik von Dr. Lon- 
gard nur den dritten Theil gegen früher, obwohl früher die Narkosen 
mit Chloroform eingeleitet wurden. 

Diese schnelle und prompte Betäubung wird bedingt durch die 
Konstruktion der Maske. Dieselbe besteht, wie aus nebenstehendem 
Querschnitt ersichtlich, aus einem Metallmantel A, der durch einen 
trichterförmigen Deckel B geschlossen und an der anderen Seite zur 
bessern Adaptirung an die Gesichtsfläche mit einem Gummischlauch C 
versehen ist. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1195 


Der Trichterdeckel hat an seiner tiefsten Stelle einige Löcher, 
welche durch ein Spiralfederventil a nach innen so geschlossen sind, 
dass Luft einströmen, aber nicht aus dem Innern entweichen kann 
(Einathmungsventil). 

Ein Ausathmungsventil 5 liegt mehr gesichtswärts. 

Zwischen beiden Ventilen befinden sich quergespannt 2 feinste 
Metallsiebe c und d, das oberste abnehmbar, zwischen welche ein 
wenig Gaze eingelegt wird. Trichterdeckel und Einathmungsventil 
dienen in der Regel auch zur Zuführung des Äthers. Wird nun bei 
horizontaler Rückenlage des Pat. Äther auf den Trichterdeckel auf- 
gegossen, so läuft derselbe, da sich beim Einathmen das Ventil a 
öffnet, in das Innere der Maske, fällt auf das Metallsieb d, die ein- 
gelegte Gaze und bei der Leichtflüssigkeit des 
Äthers hauptsächlich auf das unterste Sieb c, des- 
sen Drähte er benetzt und dessen Maschen er aus- 
füllt; denselben Weg muss beim Einathmen die 
atmosphärische Luft zurücklegen, um zu den 
Athmungsorganen zu gelangen. Bei dieser Pas- 
sage der Luft durch die mit einer Ätherschicht 
überzogenen Metallsiebe tritt die Verdunstung 
des Äthers ungemein schnell ein: der Äther ver- 
fliegt geradezu mit dem durchströmenden Luft- 
zug; er verfliegt so schnell, dass im Anfang der 
Narkose nöthig ist, recht häufig kleine Quantitäten zuzugießen. 

Da die Pat. nicht reine Ätherdämpfe, sondern mit reichlicher 
Luft durch die Siebvorrichtungen feinst gemischtes Äthergas ein- 
athmen, so fehlt das Erstickungsgefühl vollständig, und die reichliche 
unbehinderte Luftzuführung ist neben der prompten Abführung der 
Ausathmungsluft offenbar der Grund, dass das Excitationsstadium 
fehlt oder in nur geringem Maß auftritt. 

Wie zu erwarten, wurde eine ungünstige Beeinflussung des 
Pulses durch den Ather nie beobachtet. 

Es ist nicht zu viel gesagt, wenn ich zum Schluss sage, die 
Äthernarkose mit unserer Maske ist c. p. prompter und angenehmer 
als die Chloroformnarkose; da sie ungefährlicher ist als die letztere, 
so ist der Gebrauch der Maske empfehlenswerth. 

Zu beziehen ist die Maske von einschlägigen Geschäften oder 
von der orthopädischen Werkstätte Dr. Wagner, Aachen, zum Preise 
von 25 M. 


1) Ribbert. In wie weit können Neubildungen auf trau- 
matische Einflüsse zurückgeführt werden? 
(Ärstliche Sachverständigen-Zeitung 1898. No. 19 u. 20.) 

In der umstrittenen Frage, in wie weit durch ein Trauma eine 
Neubildung entstehen kann, steht Verf. auf dem Standpunkt, dass 
ein absolut einwandsfreier Beweis für den kausalen Zusammenhang 

48* 


1196 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


noch nicht erbracht sei, dass aber die Möglichkeit eines solchen un- 
bedingt zugegeben werden müsse und sich auch mit den theoreti- 
schen Anschauungen über die Genese der Geschwulst vereinen 
lasse. Überzeugender als die bisher gebrachten Statistiken sei die 
genaue Beobachtung einzelner Fälle. Was die bisherigen Ansichten 
über die Art des Zustandekommens der Zellwucherung betrifft, so 
will Verf. von der »nothwendigen Disposition« der getroffenen Zellen 
nichts wissen, erklärt die Hansemann’sche »primäre Entdifferenzirung« 
der Zelle für sekundäre Rückbildungsvorgänge und weist auch die 
Lehre der rein parasitären Entstehung der Geschwulst von sich. 
Die Ansicht des Verf. ist folgende: Durch irgend einen traumatischen 
Insult werden größere oder kleinere Zellkomplexe aus ihrem Ge- 
webszusammenhang mehr oder weniger gelockert, dadurch gewisser- 
maßen der physiologischen Proliferationskontrolle entzogen, und ohne 
ihre Qualität verändert zu haben, kann nun die einzelne Zelle einen 
dauernden Theilungsprocess beginnen. Bedingung ist natürlich, dass 
die gelockerten oder gelösten Theile in genügender Ernährung bleiben. 
Und in dieser frei gewordenen Wachsthumsenergie und in der da- 
durch bewirkten Verdrängung der normalen Gewebszellen, welche 
durch ihre Einfügung in das normale Gewebe in ihrer Proliferation 
gebunden sind, besteht der Begriff der »Malignität«, nicht in der 
Erwerbung specifischer zerstörender Eigenschaften. Die angestellten 
Experimente haben positive Beweise bisher noch nicht erbracht. Als 
Beweis für seine Theorie führt Verf. auch die zahlreichen, aus ver- 
sprengten embryonalen Keimen entstehenden Neubildungen an. Eine 
bloß partielle und allmähliche Loslösung z. B. des Epithels durch 
entzündliche Wucherung des Bindegewebes beim Carcinom scheint 
für das Entstehen einer Neubildung günstiger zu sein, als eine totale 
Absprengung. In dieser entzündlichen Wucherung, als Vermittlerin 
zwischen Trauma und Neubildung, lässt Verf. auch parasitäre Ein- 
flüsse gelten, nicht als specifische Erreger der Neubildung, sondern 
als Ursache der chronischen Entzündung und damit indirekt der all- 
mählichen Zellab- und -Versprengung, aus welcher die Neubildung 
dann entsteht. Verf. kommt zu dem Resultat, dass immerhin die 
Entstehung einer Neubildung auf solche Art, mit Ausnahme der 
bösartigen, nicht allzuhäufig sein dürfte. Er verlangt den Nachweis 
einer einigermaßen deutlichen räumlichen Beziehung zwischen Trauma 
und Neubildung, ehe letztere als traumatische angesehen werden kann. 
Teubner (Hannover). 


2) A. W. Tschirikow. Über Desinfektion der Hände des 
Operateurs und seiner Gehilfen. (Vorläufige Mittheilung.) 
(Wratsch 1898. No. 35. [Russisch.)) 

Die mechanische Reinigung der Hände, die Desinfektion mit 
Formalin, Kalium hypermanganicum, Sublimat sind sehr ungenügend. 
Vollständige Reinigung erhält man durch 3 Minuten lange mechani- 
sche Bearbeitung mit weiterem 3 Minuten langem Abbürsten in 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1197 


95 %igem Alkohol. Die höchste Verdünnung, die noch gute Resultate 
giebt, ist 50 iger Spiritus. Auch 92 %iger Methylalkohol reinigt gut. 
Die von Mikulicz empfohlenen Zwirnhandschuhe sind unzweck- 
mäßig, da sie sehr durchlässig für Flüssigkeiten sind. 

@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


3) J. Troller. Über Stichkanalinfektionen bei Hautnähten 
und ihre Beziehungen zur Art des Nahtmaterials. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.) 

T. kommt auf Grund zahlreicher, sehr sorgfältig ausgeführter 
Untersuchungen zu dem Schluss, dass die Fäden bei der Hautnaht 
in der Wunde sehr häufig, und zwar vor Allem die extraperkutan 
gelegenen Halbschlingen inficirt werden. Die Infektion schien am 
wahrscheinlichsten von der Haut, nur ausnahmsweise von der Wunde 
auszugehen; dem entsprechend waren auch die Infektionserreger zum 
großen Theil bekannte Hautbewohner, als vor Allem Staphylococcus 
pyogenes albus, Mikrococcus tetragenus, dann auch Staphylococcus 
pyogenes aureus und Streptococcus pyogenes. Die günstigsten Er- 
folge werden bei gründlichster Desinfektion der Haut und Anwendung 
von Pulververbänden erzielt; als Nahtmaterial bewährte sich am 
meisten der an sich schon antiseptisch wirkende Aluminiumbronze- 
draht, nächst ihm andere imbibitionsfähige Stoffe. 

Honsell (Tübingen). 


4) C. Monod et J. Vanverts. Du traitement des abcès 
pelviens.d’origine appendiculaire. 
(Arch. génér. de méd. 1898. Mai.) 

Verff. lenken die Aufmerksamkeit auf die Mitbetheiligung der 
Beckenhöhle bei der Appendicitis, d. h. entfernter liegenden Eiterungen 
(abcès à distance). In letzterem Falle handle es sich meist um 
intra-, sehr selten um extraperitoneal gelegene Eiterherde. Um an 
die in Folge Appendicitis entstandenen Eiterherde zu gelangen, 
giebt es 3 Wege: den abdominellen, den rectalen und den vaginalen 
resp. ischio-rectalen. Wölbt sich der Abscess nach dem Mastdarm 
vor, so kann man die Eröffnung desselben unter Leitung der Finger 
versuchen; rathsam ist dieser Weg jedoch nicht, da die Operation 
nur ein Eingriff im Dunkeln, eine Drainage nicht ausführbar, und 
überdies eine Infektion der Wundhöhle vom Mastdarm aus zu be- 
fürchten ist. Für diese Fälle schlagen Verff. die vaginale resp. 
ischio-rectale Gegenöffnung vor. Die vaginale Eröffnung bietet den 
Vortheil der Bloßlegung des Eiterherdes an seiner tiefsten Stelle, 
ohne dass man dabei Gefahr läuft, das Bauchfell zu verletzen; außer- 
dem gestattet sie ausgiebige Drainage. Als Incisionsstelle empfehlen 
Verff. die hintere seitliche Vaginalwand. — Der Arbeit sind fünf 
Krankengeschichten beigegeben, in denen die vaginale Eröffnung 
mit glücklichem Ausgang vorgenommen wurde. Longard (Aachen). 


1198 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


5) Broca. Tuberculose du canal peritoneo-vaginal chez 
Tenfant. 
(Durante’s Festschrift.) 

Tuberkulose des Bruchsacks wurde bei Kindern 15mal unter 
1000 operirten Fällen gesehen, 13mal darunter bei Knaben. Dabei 
muss beachtet werden, dass gerade komplicirte Bruchfälle zur Operation 
Veranlassung gaben. 5mal bestand erbliche Anlage. 

Alter, Repositionsfähigkeit und Bruchband spielen keine Rolle 
in der Genese der Tuberkulose. Die Tuberkulose des Bruchsacks 
ist mit Tuberkulose des Hodens, Nebenhodens oder Bauchfells kom- 
binirt. Der Bruchsack ist verdickt und kann mit miliaren Knötchen 
allein oder gleichzeitig mit zottigen Auswüchsen bedeckt sein. Ein- 
mal bestanden eine Hydrocele und eine Cyste im Samenstrang neben 
der Tuberkulose. Ein geringer Erguss ist meist vorhanden. Die 
Tuberkulose wurde histologisch und experimentell sicher gestellt. 
Bacillen fanden sich nur in einem Schnitt. 

Symptome können gänzlich fehlen. Wenn nach Zurückdrängen 
der Flüssigkeit der Sack an der Hodenwurzel sich verdickt anfühlt, 
und Zeichen einer Hoden- oder Bauchfelltuberkulose sich auffinden 
lassen, so lässt sich die Diagnose stellen. Meist imponirt die längliche, 
weiche Geschwulst als Epiplocele. Der operative Eingriff ist von 
der Ausdehnung der Erkrankung abhängig; bei Hodentuberkulose 
wird die Kastration gemacht. Bei Bauchfelltuberkulose wird der 
Ascites entleert. Von 10 Kranken, die vor 1 bis 5 Jahren operirt 
wurden, sind jetzt 9 gesund und von ihrer Hernie sowohl wie der 
Bauchfelltuberkulose befreit. Ein Kind starb 10 Monate nach der 
Operation an Meningitis. 2 Kinder erlagen im Anschluss an den 
Eingriff einer Miliartuberkulose. Dreyer (Köln). 


6) oO Begoin. L/intestin de couleur verte est-il gangréné? 
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. Januar.) 

B. fand bei Gelegenheit einer Herniotomie die seit 8 Tagen 
eingeklemmte Darmschlinge grün verfärbt (belle couleur vert bronce 
florentin). Der Darm wurde nicht reponirt, und die 72jährige Pat. 
starb 4 Stunden später. Bei der Autopsie füllte B. die abgebundene 
Darmschlinge mit Wasser unter hohem Druck und beobachtete, 
dass nicht die verfärbte, sondern ein Theil der gesunden Darm- 
wand platzte. Trotzdem er nicht zweifelte, dass die bronzegrüne 
Partie abgestorben war, stellte er Versuche an, um die grüne Farbe 
zu erzeugen (durch Eintauchen des todten Darms in Galle) und um 
nachzuweisen, ob ein so gefärbter Darm immer abgestorben sein 
müsse. Aus Bis Schlussfolgerungen sei hervorgehoben: 

1) Die hellgrüne Farbe kann vorkommen ohne Alteration der 
Darmwand. 

2) Das Gelbgrün, Dunkelgrün, Flaschengrün, Schwarzgrün sind 
Farben von schlimmer Bedeutung; indessen zeigen sie nicht noth- 
wendig eine ernste Schädigung der Darmwand an. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1199 


(Der Praktiker wird gut thun, wenn er jede grün gefärbte 
Schlinge für nekrotisch ansieht, sich aber nicht nur nach der Farbe, 
sondern nach allen übrigen bekannten Zeichen der Vitalität richtet. 
Ref.) W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


7) T. Drobnik. Über Radikaloperation der Inguinalhernien 
bei Kindern. 
(Nowiny lekarskie 1898. No. 2.) 

Verf. ist ein warmer Fürsprecher der Radikaloperation von 
Brüchen bei Kindern, namentlich wenn die Pelottenbehandlung aus 
irgend einem Grunde undurchführbar ist oder versagt. Er verfügt 
über eine stattliche Zahl mit günstigem Erfolg operirter Fälle. 
In sehr anziehender Weise erzählt er, wie er im Laufe der Jahre 
die verschiedenen Operationsmethoden gewechselt bezw. modificirt 
hat, bis er zu der jetzt geübten gelangt ist. Er empfiehlt die Opera- 
tion nach Czerny und verwendet zur Naht des Leistenkanals aus- 
schließlich Silber. Der Bruchsack wird nicht exstirpirt, sondern am 
Halse unterbunden, durchschnitten und der centrale Stumpf in die 
Bauchhöhle versenkt, während der Rest an Ort und Stelle bleibt. 

Trzebicky (Krakau). 


8) M. Selmi. A proposito di un nuovo processo di cura 
radicale d’ernia inguinale senza fili perduti. 
(Clinica chirurgica 1897. No. 12.) 

S. hat, angeregt durch Ihle’s Bauchdeckennaht (vgl. Ref. in 
No. 49 vom Jahre 1896 d. Bl), die Möglichkeit einer ähnlichen 
Vereinigung der Wunde bei der Bassini’schen Radikaloperation des 
Leistenbruchs ohne versenkte Nähte erforscht. Ihle’s Naht 
besteht bekanntlich in 8-Schlingen, welche alle Schichten der Bauch- 
wand zusammenfassen. S. näht mit doppelt armirtem Faden; die 
eine Nadel wird von außen durch die Fascien-Muskelschicht geführt, 
nimmt dann Fasern des Poupart'schen Bandes auf, kreuzt die Wund- 
spalte nochmals in entgegengesetzter Richtung, dringt zwischen 
Aponeuroge und Fett in den Wundrand ein und erscheint 1 cm weit 
vom Schnitt in der Haut; die andere Nadel hat natürlich bloß den 
letzten Theil dieses Weges: Fascie und Haut, zurückzulegen. Es 
werden 4—6 solcher Knopfnähte angelegt, der Samenstrang durch 
mäßigen Zug am Hoden gespannt, und nun nach abwärts zu die 
Fäden geknotet. Einige Hautnähte adaptiren die Wundränder. Die 
tiefen Nähte können 10—12 Tage bleiben. 

Die wichtigsten Fragen für alle diese Operationen — ob der 
Samenstrang nicht das Resultat beeinträchtigt und ob er nicht selbst, 
bezw. der Hoden geschädigt wird — erscheinen glücklich gelöst. 
Der Samenstrang liegt über den Muskelplatten und unter der Apo- 
neurose des Obliquus, kann also keine Ursache für ein Recidiv bilden. 


1200 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


Andererseits ist weder die Richtung des Samenstrangs derart 
geändert, noch lagert er zwischen solchen Schichten, welche seine 
Elemente schädigen könnten, noch auch wird er direkt von den 
Nähten gequetscht, welche überdies sehr bald entfernt werden. 

J. Sternberg (Wien). 


9) Taillens. Sur le résultat éloigné de la cure radicale des 
hernies. 
(Revue méd. de la Suisse rom. 1897. No. 7.) 

Am Eingang dieser werthvollen statistischen Arbeit sagt Verf. 
sehr richtig: »Eine Statistik, die aus einem Material mit einer Heilungs- 
dauer von mehreren Wochen hervorgegangen ist, scheint uns werth- 
los. Und solche Statistiken, Herniotomien betreffend, besitzen wir 
leider sehr viele; die Zeit, eine definitive Heilung festzustellen, muss 
wenigstens 2 Jahre betragen, nach 3—5 Jahren finden sich Recidive. 

Des Verf. Statistik umfasst die Jahre 1890—1894, von letzterem 
Jahrgang die Hälfte; in dieser Zeit wurden 401 Kranke herniotomirt, 
davon 324 genauestens kontrollirt. Die Operationsmethoden anlangend, 
wurde bei Inguinalhernien bis Mitte 1893 die Naht der vorderen 
Pfeiler geübt, von Mitte 1893 an wurde nach Bassini operirt, doch 
auf Grund schlechter Erfahrungen zur alten Methode (Ferrari) 
zurückgekehrt. 

Als :Nahtmaterial wurde ausschließlich Katgut verwendet; die 
Seide ruft viel häufiger Eiterungen als dieses hervor, oft sehr lang- 
dauernde, die erst nach Eliminirung eines oder mehrerer Fäden auf- 
hört. !(Ein nach Bassini von mir operirter Pat. hat jetzt nach 
16 Monaten noch Fisteln, aus denen zeitweise Seidenfäden heraus- 
befördert werden. Ref.) Entgegen den Aussagen der Mehrheit der 
Chirurgen existirt nach der Radikaloperation der Leistenbrüche eine 
oft schwer zu erklärende Eiterung, Wie in den ungünstigen ana- 
tomischen Verhältnissen der Regio inguinalis, der hierdurch bedingten 
geringeren Resorptionskraft dieser Gewebe, den bei der Radikalkur 
nothwendigen vielen Fäden, dem Einführen von Mikroben mit diesen 
u. A. m. gelegen ist. Beim Katgut existirt die Infektionsgefahr 
wohl auch, doch wird dieselbe schon durch dessen Resorptions- 
fähigkeit verringert. (Aber gerade diese Resorptionsfähigkeit scheint 
beim Abbinden des Bruchsacks u. A. oft sehr bedenklich und drängt 
uns die Seide auf. Ref.) 

Von den 324 operirten Kranken (darunter 288 mit Leistenbrüchen) 
heilten 270 dauernd, 54 recidivirten. 

Wenn Verf. 100% Heilungen bei den operirten (14) Nabelbrüchen 
angiebt und dabei ausführt, dass hier meist eine ideale Etagennaht 
genügt, so ist dagegen einzuwenden, dass seine Pat. meistens Kinder 
bis zum 7. Lebensjahre waren, und dass von den wenigen operirten 
Erwachsenen ein einziger eine Hernie über ;jEigröße jhatte. Die 
geringsten Aussichten auf dauernde Heilung bieten die Schenkelbrüche, 
27,3% im Gegensatz zu 16,7% der Leistenbrüche. Bei den ersteren 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1201 


kommt der ungenügende Verschluss des Infundibulums in Betracht. 
Unter den den Hoden und Samenstrang bezw. dessen Gebilde treffenden 
üblen Zufällen nach der Radikaloperation ist die Hodenatrophie 
nach Bassini’s Operation häufiger als nach anderen Methoden. 

Auf das Verhalten des Hodens vor und nach der Operation 
wird im Allgemeinen wenig geachtet. Desshalb ist dies auch eine wohl 
oft diskutirte, aber wenig erforschte Sache. Über den funktionellen 
Werth des Hodens bei ein- und doppelseitigen Leistenbrüchen hat Verf. 
Versuche, ohne jegliches Resultat, angestellt. Er neigt sich trotzdem 
der Anschauung zu, dass der funktionelle Werth des bezw. der 
Hoden hier verringert ist. 

Nach der sehr ausführlich niedergeschriebenen Statistik der er- 
wähnten Jahrgänge fasst Verf. seine Schlussfolgerungen in 4 kurzen 
Sätzen zusammen: 

1) Von den 3 besprochenen Arten der Eingeweidebrüche heilt 
der Nabelbruch am besten, der Schenkelbruch am schlechtesten durch 
die Radikalkur. 

2) Je jünger ein Individuum, um so mehr Aussichten zur defini- 
tiven Heilung sind vorhanden. i 

3) Die Naht der vorderen Pfeiler giebt bessere Aussichten in 
Bezug auf das Recidiv als die Operation nach Bassini. 

4) Die prima intentio giebt im Allgemeinen die solideste Ver- 
narbungsart. Kronacher (München). 


10) E. Graser. Behandlung der Darmverengung und des 


Darmverschlusses. 2. Auflage. 
(Sep.-Abdr. aus dem Handbuch der Therapie, herausgegeben von Pentzoldt 
und Stintzing.) 
Jena, @ustav Fischer, 1898. 60 8. 


11) Derselbe. Behandlung der Geschwülste des Darmes. 
2. Auflage. 
Jena, Gustav Fischer, 1898. 118. 

Die G.’sche Bearbeitung der Darmchirurgie in dem Handbuch 
der "Therapie innerer Krankheiten ist seiner Zeit beim Erscheinen 
der ersten Auflage besprochen worden; es genügt daher, darauf hin- 
zuweisen, dass dieselbe jetzt in 2. Auflage vorliegt. 

i H. Lindner (Berlin). 


12) Maydl. Über Jejunostomie. 
(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 3 u. 4.) 
M. hat die Jejunostomie in 22 Fällen ausgeführt und empfiehlt 
sie auf Grund seiner Erfahrungen warm bei inoperabeln Carcinomen 
des Magens, welche so ausgedehnt sind, dass keine geeignete Stelle 
mehr für die Gastroenterostomie vorhanden ist, oder wenn zu er- 
warten steht, dass das Carcinom bald die Magen-Darmfistel erreichen 
würde. Ferner ist sie angezeigt in den seltenen Fällen von Magen- 
geschwüren, in denen die ulcerösen resp. narbigen Veränderungen 
48** 


1202 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


der Magenwand so umfangreich sind, dass kein Platz für Gastro- 
enterostomie mehr da ist; eben so bei sehr excessiver Schrumpfung 
des Magens nach Verätzungen, so wie bei frischen Atzungen des 
Magens, welche wegen drohender Ruptur desselben eine Operation 
an ihm selbst verbieten. Aber auch bei solchen Magencarcinomen, 
die eine Gastroenterostomie noch gestatten würden, habe gegenüber 
letzterer die Jejunostomie ihre Vorzüge; denn sie sei weniger ein- 
greifend, könne ohne Narkose gemacht werden, gebe geringere Sterb- 
lichkeit (18%, also die Hälfte der Mortalität der Gastroenterostomie), 
vermeide sicher das Regurgitiren der Speise in den Magen; nach 
ihr bleibe vor Allem der Magen absolut in Ruhe, wodurch das 
Wachsen des Carcinoms sehr verlangsamt werde; man könne ferner 
nach der Jejunostomie sofort mit der Fütterung beginnen. Ein Nach- 
theil sei die an der Körperoberfläche mündende Fistel, allein sie soll 
nicht nennenswerth lästig sein. Die ausgebildete Methode ist: Schnitt in 
der Medianlinie unterhalb des Nabels; Aufsuchen der ersten Jejunum- 
schlinge, Durchschneidung derselben 20 cm von der Plica duodeno- 
jejunalis entfernt und seitliche Implantation des centralen Endes in 
das periphere, 20—30 cm unterhalb der Durchschneidungsstelle. Das 
freie periphere Ende wird nach Analogie der Frank’schen Magenfistel 
unter einer 2 cm breiten Hautbrücke hindurchgezogen, wodurch ein 
tadelloser Verschluss der Fistel ermöglicht wird. — Da bei vielen der 
so operirten Kranken das Körpergewicht zunahm (in einem Falle um 
12 kg), so ist ein neuer Beweis dafür erbracht, dass man den Magen 
zur Verdauung entbehren kann. Haeckel (Stettin). 


13) Longuet (Paris). Des tumeurs conjonctives bénignes du 
rectum. 
(Progrès méd. 1898. No. 34 u. 36.) 

Die gutartigen Geschwülste des Mastdarms gelten, von den Po- 
lypen abgesehen, im Allgemeinen als selten. Nach den vom Verf. 
an Quenu’s Material gemachten Erfahrungen und seinen Litteratur- 
studien aber mit Unrecht. L. kommt in seiner kasuistischen Arbeit 
zum Schlusse, dass Enchondrome, Myxome und Fibrome noch nicht 
zweifellos beschrieben sind, Lipome und Myome aber gar nicht so 
selten vorkommen. Letztere beide sind gewöhnlich schon bei der 
Untersuchung zu unterscheiden. Sie sind meist gestielt und in der 
Darmlichtung gelegen. Myome entwickeln sich aber auch nach der 
Peritonealhöhle zu. Während die gestielten einfach nach Unter- 
bindung des Stiels zu entfernen sind, machen diese letzteren oft un- 
überwindliche Schwierigkeiten in der Differentialdiagnose von bös- 
artigen Geschwülsten und erfordern große Eingriffe, gewöhnlich den 
Sacralschnitt. Oft sitzen sie an der vorderen Mastdarmwand, wo 
Darmverletzungen schwer zu schließen sind, auch bei der dann 
nöthigen Laparotomie. Sie können bis 12 Pfund schwer und sehr 
gefährlich werden, Roesing (Hamburg). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1203 


14) Jeannel (Toulouse). Traitement chirurgical de lanus 
vulvaire. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 5.) 

Unter Anus vulvaire versteht J. eine besondere Form der Atresia 
ani vaginalis, bei der der Mastdarm in der hinteren Kommissur der 
Vulva ausmündet. Verf. schlägt zur Beseitigung dieser Anomalie 
folgendes Operationsverfahren vor. Man erziele zunächst dieselben 
Verhältnisse wie sie bestehen bei einer Frau mit kompletem Damm riss. 
Das geschieht, indem man in der Medianlinie Haut und Weich- 
theile von der Afteröffnung nach hinten durchtrennt bis hinter die 
meist als Delle angedeutete Stelle, wo der After normalerweise 
sitzen sollte, und dann den etwa 1 cm weit frei gemachten Mastdarm 
mit dem halben Umfang in den hinteren Wundwinkel einnäht. Nun- 
mehr lasse man die bekannte Lawson Tait’sche Dammplastik folgen. 

P. Stolper (Breslau). 


15) Bericht über die chirurgische Abtheilung 
der 70. Naturforscher- und Arzte-Versammlung 


in Düsseldorf, 
HI. 


Krukenberg (Halle): Über Resektion der Cardia. 

K. berichtet über Versuche, welche er an Hunden gur Resektion der Cardia 
vorgenommen hat. Indem K. von einem Längsschnitt auf die Cardia aus in dem 
lockeren, die Muscularis umgebenden Bindegewebe durch das Zwerchfell hin- 
durch stumpf vordrang, gelang es ihm, erhebliche Stücke der Cardia zu reseciren 
und den Ösophagusstumpf mit dem Magen wieder zu vereinigen. Die beiden Vagi 
konnten dabei geschont werden. Übrigens scheint eine Verletzung wenigstens 
eines Vagus ohne bedeutende Nachtheile ertragen zu werden. Misslicher ist die 
Verletzung der Pleura. K. warnt vor zu starkem Hervorziehen des Zwerchfells, 
wobei gleichzeitig ein Zipfel der Pieura hervorgezogen wird, und räth, sich streng 
an das den Ösophagus umgebende lockere Bindegewebe zu halten. Die Hunde 
zeigten nach der Operation Erscheinungen, welche auf einen mangelnden Zwerch- 
fellschluss hindeuteten. Flüssige Nahrung wurde sofort erbrochen, feste Brocken 
erst nach einigen Minuten mit Beginn der Peristaltik hervorgewürgt. Die Thiere 
zeigten einen unstillbaren Heißhunger, verschlangen das Erbrochene 5—6mal hinter 
einander, um es immer wieder auszuwürgen. Durch starkes Erheben am Kopf 
und den Vorderfüßen ließ sich das Erbrechen koupiren. Nach 10—14 Tagen hörte 
das Brechen spontan vollständig auf und die zum Skelett abgemagerten Thiere 
erholten sich vollständig wieder. Bei einer nach 3/4 Jahr vorgenommenen Sektion 
fand K. normale Verhältnisse. Am Magen hat sich ein der Cardia entsprechender 
Wulst nicht wieder gebildet. Beide Vagi zeigten sich intakt. 

K. bespricht an der Hand von Zeichnungen die in mancher Besiehung noch 
unbekannte Anatomie der Cardia beim Menschen. Er weist bei dieser Gelegenheit 
auf die rechts neben dem Ösophagus gelegene Ausstülpung des Peritoneums hin, 
in welcher der Spigel’sche Lappen liegt. Durch einen Schlitz im kleinen Netz 
kann man leicht in diese fingerförmige Tasche eindringen und so den Ösophagus 
abtasten und dabei so weit nach oben vordringen, dass man die Grenze einer zu 
exstirpirenden Geschwulst nach oben und gegen ihre Umgebung feststellen kann. 
Die Operation ist in Folge der verschiedenen Form des Thorax bei Männern leichter 
als bei Frauen, bei Emphysematikern leichter als bei hochstehendem Zwerchfell 


1204 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


auszuführen. Vermeidung von Quetschungen an den Wundrändern ist von be- 
sonderer Wichtigkeit. Der Ösophagusstumpf darf daher erst resecirt werden, 
nachdem die Naht an der hinteren Peripherie der neuen Cardia schon gelegt ist. 
Wucherungen des Tumors bis in das Peritoneum würden die Operation unaus- 
führbar machen. Eine Ausführung derselben beim Menschen dürfte daher nur bei 
frühzeitiger Diagnose in Frage kommen. (Selbstbericht.) 


Geisthövel (Bielefeld): Über den resorbirbaren Darmknopf nach Frank. 

Vortr. bedauert, dass der Frank’sche Knopf in Deutschland gar nicht zur 
Anwendung kommt und wendet sich gegen die von König jun. auf dem letzten 
Chirurgenkongress aufgestellte Behauptung, dass der Frank’sche Knopf nach Ver- 
suchen an Hunden für die Gastroenterostomie an Menschen gefährlich sei wegen 
seiner allzu schnellen Resorbirbarkeit. Er habe 3 Fälle von Gastroenterostomie 
mit dem Frank ’schen Knopf ausgeführt, die sämmtlich geheilt seien. Das Gummi- 
rohr ist am 8. und 9. Tage abgegangen. (Selbstbericht.) 


Dreesmann (Köln) berichtet über einen Fall von Resektion von 2,15 m 
Deum bei einer 37jährigen Pat., ausgeführt am 7. Mai 1898. Die Ursache war 
Gangrän in Folge Volvulus bei einer rechtsseitigen Schenkelhernie. Nach Resek- 
tion des gangränösen Darmes, der bis an das Coecum reichte, und seitlicher Im- 
plantation des centralen Endes ins Coecum trat glatte Heilung ein. Doch litt 
Pat. in der Folgezeit sehr leicht an stärkeren Durchfällen, die zwar bis jetzt 
wenigstens keinen besonders schwächenden Einfluss ausgeübt haben. Eine Zu- 
sammenstellung aus der Litteratur ergab, dass von 24 Fällen von Darmresektionen 
über 1m 9 direkt im Anschluss an die Operation gestorben sind. Bei 5 traten 
später sehr leicht Diarrhöen ein, die Resektion betrug 2,08, 2,15 bei einer 37jäh- 
rigen Pat., 2,34 bei einer 28jährigen, 3,10 bei einem 60jährigen Pat. und 1,37 bei 
einer 40jährigen Pat. (letztere starb 4 Monate später in Folge hochgradiger Ab- 
magerung; die Sektion ergab außerdem mäßige Nierenschrumpfung). Bei den 
übrigen 10 Fällen betrug die Resektion stets unter 2,00 m, nur 2mal über 2m 
und zwar 2,05 bei einer 22jährigen Pat. und 3,08 bei einem 8jährigen Knaben. 
Hieraus scheint hervorzugehen, dass größere Resektionen, etwa über 2m, nur 
dann ohne Störung ertragen werden, wenn noch eine kompensatorische Hyper- 
trophie des zurückgebliebenen Darmes eintreten kann, also besonders von jugend- 
lichen Personen, — eine Annahme, die durch die Befunde, welche Monari bei 
seinen Experimenten erheben konnte, gestützt wird. (Selbstbericht.) 


W. Liermann (Frankfurt a/M.): Zur vaginalen Methode bei Mastdarm- 
operationen. 

Im Centralblatt für Chirurgie wurde von Herm Prof. Rehn im Jahre 1895 
zuerst auf die Vortheile hingewiesen, die bei eingreifenderen Mastdarmoperationen 
beim Weib das Vorgehen auf vaginalem Weg bietet. 

Die günstigen Resultate, die seitdem durch diese Operstionsmethode sowohl 
im Städtischen Krankenhaus in Frankfurt a/M., wie in der Privatklinik des Herrn 
Prof. Rehn in einer Reihe von Fällen erzielt wurden, veranlassten mich, die 
vaginale Meihode im vergangenen Jahr in den Beiträgen zur klin. Chirurgie 
(Bd. XIX Hft. 3) eingehend zu schildern. 

Wir sind auch weiterhin in der Lage gewesen, die Methode in Anwendung 
zu ziehen, sie zu vereinfachen und zu vervollkommnen. 

Ich möchte an der Hand des von Herrn Prof. Rehn zuletzt operirten Falles 
kurz schildern, in welcher Weise wir nunmehr die Operationen hochsitzender Mast- 
darmcarcinome beim Weib auf vaginalem Wege zur Ausführung bringen. 

Wie in früheren Fällen, so konnte auch in dem zu schildernden zunächst ein 
Zweifel darüber bestehen, ob die Operation noch angängig sei. Es handelte sich 
nämlich um eine 70jährige Frau mit sehr hoohsitzendem, ausgedehntem Carcinom, 
das sich allerdings hauptsächlich in der hinteren Rectalwand ausgebreitet hatte, 
eich jedoch durch feste Verwachsungen nach dem Promontorium hin gar nicht 
beweglich zeigte. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1205 


Allein wir hatten in 2 Fällen, in denen die Verhältnisse mindestens eben so 
ungünstig lagen, die Operation mit gutem Erfolg auf vaginalem Wege zu Ende 
führen können. 

Der eine Fall, der in den Beiträgen zur klin. Chirurgie von mir ausführlich 
geschildert ist, betraf eine 65jährige Frau, bei der im Juli 1897 eine Exstirpation 
des Rectums und des Uterus wegen eines ausgedehnten, nach allen Seiten hin 
verwachsenen Carcinoms, das bereits in die Scheide durchgebrochen war, auf vagi- 
nalem Wege vorgenommen wurde. Ich konnte diese Pat. fast in Jahresfrist nach 
der Operation nachuntersuchen. Ihr Allgemeinzustand war ein sehr guter. Sie 
war in der Lage, festen Stuhl stets zurückzuhalten. Der erhaltene Sphinkter war 
funktionsfähig. Nur bestand ein leichter Analprolaps. 

Noch besser gestalteten sich die Resultate bei einer 59jährigen, am 12. Januar 
1898 operirten Frau, bei der es sich ebenfalls um ein hochsitsendes verwachsenes 
Careinom des Reotums handelte, das eine Resektion des Darmes in einer Aus- 
dehnung von 17 em nothwendig machte. Auch diese Pat. ist zur Zeit recidivfrei. 
Der erhaltene Sphinkter funktionirt sehr gut. Der Stuhlgang erfolgt täglich ein- 
mal und kann, wie auch zur Zeit vor der Operation, zurückgehalten werden. 

Von Bedeutung für das sehr gute Resultat in diesem Falle mag auch sein, dass 
der nunmehr retrofixirte Uterus bei dem Vermögen, den Stuhl zurückzuhalten, als 
Ersatz für den Sphincter tertius eine nicht unbedeutende Rolle spielt. 

Ich bin in der Lage, Ihnen diese im Januar dieses Jahres operirte Pat. per- 
sönlich vorstellen zu können. Ihr Kräftezustand ist ein ganz guter. Auch hat sie 
die Reise von Frankfurt a/M. nach Düsseldorf ohne irgend welche Beschwerden 
zurückgelegt. Sie ist zur Zeit recidivfrei, ihr Sphinkter völlig funktionsfähig. 

Diese günstigen Erfahrungen veranlassten uns, auch in dem nun zu schildern- 
den Falle die Entfernung des hochsitsenden, verwachsenen Carcinoms bei der 
70jährigen Frau auf vaginalem Weg zu versuchen. 

Der Verlauf der im Juli d. J. von Herm Prof. Rehn vorgenommenen Opera- 
tion gestaltete sich folgendermaßen: 

Die Pat. wird in Steinschnittlage gebracht. Der unter dem Tumor gelegene 
Rectalabschnitt wird austamponirt. Nachdem durch lange, stumpfe Haken die 
seitlichen Vaginalwände maximal gespannt sind, durchtrennt das Messer die hintere 
Vaginalwand von der Portio bis zum Frenulum labiorum. Die Wundränder wer- 
den nunmehr mit scharfen Haken aus einander gezogen und der Schnitt bis zur 
vorderen Mastdarmwand vertieft, vor Allem auch nach beiden Seiten vom Frenulum 
labiorum nach den Tubera ischii hin. Die erste ringförmige Umgehung des 
Rectums wird dicht oberhalb des Sphinkters vorgenommen. 

Da sich einer weiteren Aushülsung des geschlossenen Rectums nach oben hin, 
in Folge der Verwachsungen, Schwierigkeiten entgegenstellen, wird das Rectum 
etwa 3cm oberhalb der Analöffnung quer durchtrennt. Der centrale, wie der 
periphere Rectalstumpf werden mit Gaze umhüllt und letzter durch einen stumpfen 
Haken nach unten gezogen, wodurch der Zugang zu der trichterförmigen Wund- 
höhle bedeutend erleichtert wird. 

Während die weitere Mobilisirung des Rectums an der vorderen Wand ver- 
hältnismäßig leicht gelingt — das Peritoneum wird dabei eröffnet — gestaltet sich 
die Mobilisirung nach den Seiten und vor Allem nach dem Promontorium hin etwas 
schwieriger. Hier muss meist scharf vorgegangen werden. Die hintere Peritoneal- 
falte kann durch Hinaufsiehen des Rectalstumpfs unter die Symphyse gut sichtbar 
gemacht werden. Sie wird ebenfalls eingeschnitten. Die im Mesorectum sicht- 
und fühlbaren Drüsen werden entfernt; darunter eine solche von Taubeneigröße 
im linken Mesorectum. Nach völliger Durchtrennung der hinteren und seitlichen 
Verwachsungen gelingt es, das Rectum beliebig weit heruntersuziehen und den 
in die hintere Rectalwand eingebetteten Tumor sichtbar zu machen. 2om über 
dem oberen Pol des etwa 5 cm langen Tumors zeigt sich der Darm nochmals durch 
caroinomatöse Infiltration strikturirt, so dass er erst über dieser Striktur durch- 
schnitten werden kann. Es wird auf diese Weise im Ganzen ein Darmstück von 
17 cm Länge exeidirt. Nach Herunterziehen des Rectalstumpfs wird das Perito- 


1206 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


neum vorn und seitlich durch Nähte verschlossen, während die hintere Peritoneal- 
falte, um die Operation abzukürzen, unverschlossen bleibt. 

Der Analring wird nunmehr durch Exeision der Schleimhaut ganz in der 
Weise, wie wir bei der Excision der Hämorrhoiden vorzugehen pflegen, angefrischt 
und der obere Rectalstumpf durch den Analring durchgezogen. 

4 tiefe Nähte fixiren den Darmstumpf im Analring. Die Schleimhaut des 
centralen Darmstumpfs wird sodann aus dem angefrischten Analring herausgesäumt. 
In den retroreetalen Raum ist vorher ein Tampon bis zum Promontorium ein- 
gelegt worden. Derselbe wird unter dem unteren Analpol durch die Haut durch- 
geführt. Ein Drain wird in den prärectalen Raum bis zur vorderen Peritoneal- 
falte eingeführt. Es erfolgt dann der Nahtverschluss der hinteren Vaginalwand 
und des Dammes. 

Aus dem weiteren Verlauf des Falles möchte ich vor Allem hervorheben, dass 
die 70jährige Pat. den Eingriff überraschend gut überstand. Wie in den früheren 
Fällen von ausgedehnter Mastdarmresektion, so war auch hier, trotz Offenlassen 
der hinteren Peritonealfalte, irgend welche peritonitische Reizung nicht zu kon- 
statiren. 

Bei den in den beiden letzten Fällen eingeschlagenen Operationen saben wir 
uns nicht veranlasst, den Darm bis zur völligen Mobilisirung und Herabholung 
geschlossen zu halten. Gerade bei Verwachsungen nach dem Promontorium hin 
können wir durch Durchschneidung des Darmes und Hinaufziehen des centralen 
Stumpfes unter der Symphyse die hintere Peritonealfalte Augen und Händen besser 
zugänglich machen. Wenn wir die Schnittflächen des Darmes durch Kompressen 
gehörig schütsten und für ausgiebige Drainage des retro- und prärectalen Raumes 
sorgten, haben wir selbst bei Offenlassen der Peritonealfalte, und selbst als in 
einem Falle Darminhalt aus dem centralen Stumpf über das Operationsfeld floss, 
einen reaktionslosen Verlauf zu verzeichnen gehabt. 

Wir haben in den letzten Fällen von Darmresektion von einer Cirkulärnaht 
des Darmes abgesehen, trotzdem die Möglichkeit vorlag. 

Das Verfahren, wie ich es an der Hand des letztoperirten Falles geschildert 
habe, dürfte das Einfachste und zugleich auch Sicherste darstellen. Wir konnten 
auch in den schwierigen Fällen den Darm nach oben beliebig weit mobilisiren 
und ihn, ohne dass er einer großen Spannung ausgesetst wurde, durch den an- 
gefrischten Analring durchziehen und ihn dort fixiren. Die Vortheile dieses Vor- 
gehens liegen auf der Hand. Sofort nach Beendigung der Operation ein ge- 
schlossenes Darmrohr, so dass sogleich ohne Gefahr Stuhlentleerung erfolgen kann. 
Weiterhin — Erhaltung des Sphinkters. Die Gefahr einer Gangrän, sei es des 
mobilisirten heruntergezogenen centralen Darmstücks, sei es des peripheren Anal- 
stücks, besteht unseren Erfahrungen nach nicht. 

Es sind von uns in den letsten 2 Jahren nunmehr 6 Fälle nach der geschil- 
derten Methode operirt worden. Der Wundverlauf war in allen diesen Fällen ein 
reaktionsloser. Insbesondere war es erstaunlich, wie auch hochbetagte, durch vorher- 
gegangene Blutungen heruntergekommene Pat. den Eingriff gut überstanden. 

Es dürfte hierdurch der Beweis erbracht sein, dass der einfache, mit geringen 
Nebenverletzungen verbundene Weg durch die hintere Vaginalwand, die Möglich- 
keit, den Mastdarm weit hinauf unter steter Kontrolle der Augen und unter Be- 
herrschung der Blutung zu mobilisiren, bedeutsame Vortheile der von uns ein- 
geschlagenen Operationsmethode für eingreifendere Mastdarmoperationen darstellen. 

Wenn ich mir auf Grund dieser allerdings nicht sehr zahlreichen, doch quali 
tativ umfangreichen Erfahrungen ein Urtheil über die vaginale Methode schon 
heute gestatten darf, so lautet das dahin, dass auch hochsitzende und verwachsene 
Careinome des Mastdarms noch mit Erfolg auf vaginalem Weg operirt werden 
können, 

Dass es ferner möglich ist, ohne Gangrän des Darmes befürchten zu müssen 
diesen weit nach oben zu mobilisiren, z1 regeciren, weit herabzuholen und unter 
Erhaltung des Spbinkters in dem durch Excision der Schleimhaut angefrischten 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1207 


Analring zu fixiren, wodurch sofort nach Beendigung der Operation ein geschlos- 
senes Darmrohr erhalten werden kann. 

Für uns wird die vaginale Methode in der geschilderten Form 
nunmehr das Normalverfahren für eingreifendere Mastdarmopera- 
tionen beim Weib darstellen. (Selbstbericht.) 


Krabbel (Aachen): Über Milzexstirpation bei subkutaner Zerreissung 
des Organs. 

Ein 91/, Jahre alter Knabe fiel beim Rutschen von einem Treppengeländer in 
halber Etagenhöhe herunter und schlug mit den Bauch auf eine Treppenstufe auf. 
Ob er auf die linke oder rechte Seite auffiel, konnte nicht, festgestellt werden. Er 
war nach dem Fall nicht bewusstlos, es trat jedoch Erbrechen auf, kein Blut. Die 
Schmerzen verlegte er in die rechte Seite, kein Schulterschmerz, weder rechts 
noch links. 2 Stunden nach dem Unfall wurde Pat. ins Hospital gebracht. Er 
war bei vollem Bewusstsein, klagte über Schmerzen in der rechten Seite und im 
Nacken. Die Gesichtsfarbe war äußerst blass, die Haut kühl, Temperatur 37°, 
Puls beschleunigt, noch von mäßiger Höhe; die Respiration schmerzhaft, an- 
gestrengt, der Gesichtsausdruck ein schwer leidender. An Hers und Lunge nichts 
Abnormes nachweisbar, das Abdomen etwas gespannt, überall druckempfindlich, 
besonders rechts in der Lebergegend. Die Leberdämpfung war vorhanden, in den 
unteren Partien des Abdomens mäßige Dämpfung beiderseits. Der mit dem Ka- 
theter entleerte Urin war klar, ziemlich reichlich, enthielt kein Blut. 

2 Stunden wurde der Verletzte genau beobachtet; als dann gegen 8 Uhr 
Abends der Puls kleiner, die Schwäche größer geworden, von der angenommen 
werden musste, dass das keine Shockerscheinungen mehr waren — dagegen sprach 
auch die Temperatur — wurde die Laparotomie gemacht, um die innere Blutung 
su sillen. (Eine Verletzung des Magen-Darmkanals war wegen der vorhandenen 
Leberdämpfung mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen.) 

In Chloroformnarkose, durch Äther fortgesetzt, wurde der Leib in der Linea 
alba eröffnet; sofort stürzte eine Menge dunkelflüssigen Blutes, anscheinend unter 
der Leber her, entgegen. In der Voraussetzung, dass es sich um einen Leberriss 
handle, wurde ein Schnitt der Thoraxwand entlang gelegt, um die Leber voll- 
ständig übersehen zu können. Die Leber erwies sich an ihrer oberen und unteren 
Fläche unverletzt. Auch die rechte Niere war intakt. Bei einem Griff nach der 
Mils fand dieselbe sich in mehrere Stücke zerrissen ; 2 konnten sofort, lose liegend, 
entfernt werden, das 3., noch am Hilus festsitzend, stark blutend, erst nach Even- 
tration einer großen Partie Darmschlingen und nach Abbinden des Stiels. Tam- 
ponade der Höhle, wohin noch immer etwas Blut sickerte. Schluss der Bauch- 
wunde. Der Puls war kleiner geworden, desshalb Koohsalsinfusion (1 Liter). Am 
folgenden Tag starkes Erbrechen, Entfernen des Tampons und Ersatz desselben 
durch einen ableitenden Jodoformgazestreifen, Magenausspülung, nochmals 
Kochsalzinfusion (600 g). Darauf bald günstiger Verlauf, höchste Abendtemperatur 
38,3. 5 Tage nach der Operation wurde der Hämoglobingehalt festgestellt, er 
betrug 60%, er stieg in den nächsten Tagen auf 65% und erreichte bei der Ent- 
lassung des Pat., 4 Wochen nach der Verletzung, 80%. Die Zahl der rothen Blut- 
körperchen betrug 2800000 rothe, 9000 weiße. Die Lymphdrüsen in der Cubital- 
gegend schwollen rogenkransförmig an, eben so in der Leistengegend. An der 
Glandula thyreoidea keine Veränderung. Das Befinden des Knaben war bei der 
Entlassung aus dem Hospital vorzüglich, sein Aussehen blühend und frisch, 
keinerlei Beschwerden. 

Im Anschluss an diesen Fall wir) die Statistik der Operationen bei sub- 
kutanen Milzverletzungen besprochen: sie stellt sich auf 13 Exstirpationen mit 
7 Heilungen, immerhin noch eine bemerkenswerthe Ziffer bei sonst absolut töd- 
lichem Verlauf bei ausgedehnten Zerreißungen. Kleine Risse können unzweifel- 
haft spontan heilen. Die Schwierigkeit in dieser Frage liegt in der Indikations- 
stellung zur Operation. Wenn nach der Einwirkung eines starken Traumas auf 
die Bauchdecke die Shockerscheinungen vorüber sind, dann noch Zeichen innerer 


1208 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


Blutung bestehen: kleiner Puls, ängstliche Athmung, Dämpfung in den unteren 
Partien des Abdomens, so soll man mit der Laparotomie nicht zögern, da durch 
sie allein die Blutung aufgedeckt und gestillt werden kann. (Selbatbericht.) 


Morian (Essen a. d R.): Ein Fall von Pankreasnekrose. 

Eine 44jährige Frau litt im vorigen Jahre an Gallensteinkolik mit Ikterus. 
Zu Ostern d.J. erkrankte sie plötzlich unter shockartigen Zeichen, Oppressions- 
gefühl, Erbrechen und heftigen Leibschmerzen. Der Stuhl blieb normal, der Urin 
war frei von Eiweiß und Zucker. Das Fieber war nicht hoch, der Puls aber 
dauernd klein, die Zunge trocken, die Haut leicht ikterisch, der Leib gebläht, am 
meisten druckempfindlich die Gallenblasengegend. Am 7. Tage nach Beginn der 
Erkrankung wurde in der Annahme einer Cholelithiasis der Gallenblasenschnitt 
ausgeführt, eitriger Schleim und viele kleine Steine entleert. Ein Konvolut unter 
sich und mit dem Netz verwachsener Därme, auf ersterem einige gelbe Knötchen, 
wurde für ein Residuum alter Tuberkulose angesprochen. Das Duodenum war um 
die Einmündung des Choledochus weißlich gefleckt. 

Zunächst ließen die subjektiven Beschwerden nach, allein der septische Zu- 
stand blieb derselbe, das Erbrechen eben so, Stuhl und Winde gingen. Am 4. Abend 
kam es zu bedrohlichem Collaps. Am Ende der 2. Woche nach der Operation 
schwoll die Gegend um den Schwertfortsats an, eine Punktion mit langer Hohl- 
nadel median und in der Mammillarlinie ergab nicht den subphrenisch vermutheten 
Eiter. Am selben Abend floss Mageninhalt aus der Gallenblasenfistel, zugleich 
kamen Blutgerinnsel und weißliche Bröckelchen. Die Kräfte sanken trotz aller 
Nährungsversuche rapid, und 8 Tage später, 4 Wochen nach Beginn der Erkran- 
kung, trat der Tod ein. 

Die Sektion deckte eine hämorrhagische Pankreasnekrose auf. Kopf und 
Schwanz des Organs lagen in einer bräunlich schmierigen Masse, der Magen, auch 
die Gallenblase waren perforirt in eine große Abscesshöhle, der Bursa omentalis 
entsprechend. Sie reichte von dem theilweise erhaltenen Pankreaskopf bis zur 
Milz, nach oben bis zum Zwerchfell, von ihm überall durch eine fingerdioke Leber- 
schicht getrennt. (Selbstbericht.) 


Kleinere Mittheilungen. 


16) J. Brault (Algier). La p£ritonite primitive à pneumocoques chez 
Vadulte. 
(Gas. hebdom. de med. et de chir. 1898. Februar.) 

B. veröffentlicht 3 Beobachtungen, 2 von ihm herrührend, 1 von Arnoszan 
und Cassa&t. In den beiden Fällen des Verf. trat die Erkrankung akut auf, 
mit mäßig hohem Fieber. Die Laparotomie ergab jedes Mal einen abgekapselten 
intraperitonealen Abscess, der einen Diplocoecus, ähnlich dem von Talamon- 
Fränkel, in Reinkultur enthielt. Die beiden Fälle wurden geheilt. Der Fall 
von Arnozan und Cassaöt, bei dem es sich nicht um eine umschriebene Ab- 
sackung handelte, endete tödlich. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


17) W. Weber. Zur Kasuistik der Ectopia ventriculi. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.) 

Bei einem 3jährigen Knaben fand sich unterhalb des Nabels intraperitoneal 
eine cystische Geschwulst, welche mit einem Fistelgang am Nabel ausmündete 
und vollkommen den Bau der Magenwand aufwies; die Cyste wurde durch La- 
parotomie entfernt, und der Knabe konnte nach wenigen Wochen geheilt ent- 
lassen werden. 

Bezüglich der Entstehungsweise der Cyste ist Verf. geneigt, sich am ehesten 
der Siegenbeek’schen Theorie anzuschließen, wonach es sioh um eine Persistens 
des Ductus omphalomesaraicus handelt, bei welcher die Absohnürung vor Eintritt 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1209 


der Gallenabsonderung erfolgte. 4 analoge Fälle aus der Litteratur werden im 
Auszug mitgetheilt. Honsell (Tübingen). 


18) B. Wanach. Zur Chirurgie des Ulcus duodeni. 
(Bolnjitschnaja Gaseta Botkina 1898. No. 5—7. [Russisch.)) 

Die Diagnose wurde beim 22jährigen Pat. auf Peritonitis gestellt; erst die 
Operation zeigte die wahre Natur der Krankheit. Wegen der tiefen Lage des 
Geschwürs konnte es nicht exeidirt werden; daher nähte W. die Serosa des Duo- 
denums am linken Rand des Infiltrats an das Peritoneum des medialen Blattes 
des Lig. hepato-duodenale, an dessen rechten Rand. Tamponade, Bauchwunde 
offen gelassen. Heilung nach 3 Monaten. — Verf. bringt noch 7 ähnliche Fälle 
und spricht sich für frühe Operation aus. Die ersten Tage nach der Operation 
dürfen die Kranken nichts essen; der Tampon bleibt 5—7 Tage liegen. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


19) N. A. Ssokolow. Traumatische Darmstriktur. Zur Frage der 
Verwendung von Knöpfen statt der Darmnaht. 
(Medieinskoje Obosrenje 1898. Oktober. [Russisch.]) 

Der 16jährige Pat. erhielt vor 4 Tagen einen Hufschlag in den Unterleib. 
Schmerzen und eine Geschwulst über dem rechten Lig. Pouparti. Rechter Hode 
fehlt. 8. glaubte einen Abscess in den Bauchdecken vor sich zu haben, machte 
einen Schnitt bis zum Bauchfell, fand aber keinen Eiter. Nach Eröffnung des 
Bauchfells entleerte sich kothige Flüssigkeit mit Gasen; an der Bauchwand lag 
ein Konvolut verklebter Darmschlingen. Naht des Loches im Darm, Tamponade. 
Nach 3 Tagen wieder Koth in der Wunde (Gangrän des vom Schlag getroffenen 
Darmes). Später öffneten sich noch 2 Fisteln, und nach 21/3 Monaten stellten sich 
Symptome der Darmstenose ein. Operation (4 Monate nach dem Trauma). Die 
verwachsene Darmschlinge wurde ausgeschaltet, das breite zuführende Ende zu- 
genäht und seitlich mit dem abführenden durch einen Frank’schen Knopf ver- 
bunden. Darauf Exstirpation der ausgeschalteten 20 cm langen Schlinge, die in 
der Mitte eine nur für die Sonde passirbare Striktur aufweist. Glatte Heilung; 
der Knopf ging am 24. Tage ab. — Auch in einem 2. Falle (Intussusception) er- 
sielte S. mit dem Frank’schen Knopf ein gutes Resultat. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


20) Gally (Toulouse). Occlusion intestinale par coudure et étrangle- 
ment d'une anse intestinale autour du diverticule de Meckel. La- 
parotomie. Résection de 40 cm de l'intestin grêle. 

(Arch. prov. de chir. 1898. No. 3.) 

Der von Jeannel operirte Ileusfall ist durch die Art des Zustandekommens 
bemerkenswerth. Ein Meckel’sches Divertikel gab die Veranlassung. Dessen 
Kanal war, wie die nach der Obduktion vorgenommene histologische Untersuchung 
ergab, zum Theil obliterirt. In einer so von dem Darmrohr abgeschnittenen 
Divertikeltasche hatte sich nun zunächst eine Entzündung, in Folge dessen ein 
Pseudoligament und weiterhin eine Wandnekrose entwickelt. Die peritoneale In- 
fektion war schon so weit vorgeschritten, dass Pat. die eingreifende Operation nur 
wenige Stunden überlebte. Ein bei dieser improvisirtes Darmkompressorium als 
Ersatz für die manchmal hinderlichen Hände eines Assistenten wird besonders 
erwähnt. Jeannel befestigte ein dünnes Drainrohr (N&latonkatheter) an einem 
der Griffringe einer P&an’schen Klemme und spannte es über den quer zum P&an 
sziehenden Darm zu den Branchen hin. So wird das Darmrohr durch eine ela- 
stische, weiche Kompression abgeschlossen. P. Stolper (Breslau). 


21) Wanitschek. Ein Fall von kongenitaler Dünndarmocclusion. 
(Prager med. Wochenschrift 1898. No. 34.) 
W. hat einen Fall angeborenen Dünndarmverschlusses mit Enteroanastomose 
behandelt. Es handelte sich um ein 4 Tage altes Kind mit Ileuserscheinungen. 


1210 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


Bei der Laparotomie fand sich, dass der Dünndarm in der linken Darmbeingrube 
blind endete, eben so in der rechten Coecum und Colon ascendens; ein Zusammen- 
hang zwischen Blind- und Dünndarm bestand nicht, wohl aber ein bindegewebiger 
Strang zwischen Blinddarm und Nabel. W. legte eine Enteroanastomose zwischen 
Flexur und dem untersten Dünndarmabschnitt an, doch starb das Kind noch am 
selben Tage. 

Der Fall erinnert an den von Franke auf dem diesjährigen Chirurgenkongress 
demonstrirten, der auch tödlich endete. Nicht besser erging es den von Franke 
eitirten Pat. von v. Tischendorf, Bland Sutton und Hecker (ref. in Beilage 
zu diesem Blatt 1898 No. 26 p. 133). Trotzdem empfiehlt W. bei jedem diagnosti- 
eirten angeborenen Verschluss die Operation wieder zu versuchen, da die Kinder 
sonst doch rettungslos verloren sind. Als Operation giebt Franke (l.c.) der 
Enteroanastomose vor der Enterostomie den Vorzug. Jaffé (Hamburg). 


22) B. A. Libow. Zur Lehre von den angeborenen Atresien und 
Stenosen des Darmkanals. 
(Wratsch 1898. No. 37. [Russisch.]) 

L. untersuchte 2 Fälle aus Prof. Lebedew’s Klinik. 

Im 1., wo der Knabe nach 7 Tagen starb, endete der untere Theil des Dünn- 
darms blind; weiter kam ein 10 cm langes undurchgängiges Stück. Dieser Theil 
hat, eben so wie der tiefer gelegene Darm, eine Lichtung, die der Lichtung eines 
4monatlichen Fötus entspricht. 

Im 2. Falle handelte es sich um ein Mädchen, das 4 Wochen vor dem nor- 
malen Ende der Schwangerschaft geboren wurde. Der obere Theil des Dünndarms 
endete blind; der untere Theil zeigt 3 undurchgängige Stellen, 2, 10, resp. 6 cm 
lang, die unter einander nicht verbunden sind. Statt des Dickdarms ein faden- 
förmiges Gebilde. Mikroskopisch zeigen die impermeablen Stellen Fehlen der 
Schleimhaut. — Da beide Fälle keine Zeichen einer intra-uterinen Entzündung 
darbieten, so müssen sie als Bildungsfehler im 3. Monat der Entwicklung an- 
gesehen werden. Dafür sprechen noch die Verkürzung der Nabelschnur in 
beiden Fällen und das Vorhandensein von Schleimpfropfen (ohne Galle) in den 
impermeablen Theilen. Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


23) Török. Ileus in Folge von doppelter Achsendrehung am S ro- 
(manum. Laparotomie. Heilung. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 7.) 


Der Inhaltsangabe in der Überschrift wäre noch hinzuzufügen, dass der Ileus 
bei der 43jährigen Pat. seit 4 Tagen bestand, dass vor der Entwicklung der um 
180° gedrehten, kolossal ausgedehnten Schlinge durch Punktion erst das Gas ent- 
leert wurde, und dass schließlich unter Verzichtleistung auf die Verkürzung des 
Mesocolons nach Senn und auf Fixation der Schlinge an die vordere Bauchwand 
die einfache Reposition ausgeführt wurde. Völliger Verschluss der Bauchwunde 
in 4 Etagen. Hübener (Breslau). 


24) M. A. Schtschegolew. Ein Fall von Verkürzung des Lig. hepato- 
duodenale. Gastroenterostomie. Heilung. 
(Wratsch 1898. No. 37. [Russisch.]) 

Der 48jährige Pat. musste sein ganzes Leben sehr viel reiten, oft gleich nach 
reichlicher Mahlzeit; sehr oft stürzte er vom Pferde, das ihm vor 30 Jahren mit 
dem Sattelknopf auf die Magengegend fiel. Nach und nach entwickelte sich die 
Krankheit. Etwa 2 Stunden nach jedem Essen unerträgliche Schmerzen. Nach 
erfolgloser interner Behandlung Gastroenterostomia postcolica (Operateur: Pensky). 
Im weiteren Verlauf Influenza, nach 1 Monat kamen Nierensteine zum Vorschein, 
darauf Urininfltrate, Pyämie, die durch Eiterung den Verlust des rechten Auges 
verursachte. Schließlich Heilung. — 8. glaubt, nicht sowohl der Schlag auf die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1211 


Magengegend, als das fortwährende Schütteln des Magens beim Reiten haben die 
Verdickung und Verkürzung des Ligaments hervorgerufen. 
@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


25) Scholz. Neun Fälle von Jejunostomie. (Aus der kgl. chirurg. 
Klinik zu Breslau.) 
Inaug.-Diss., Breslau, 1898. 34 S. 

Nach einigen Bemerkungen zur Geschichte der Operation geht Verf. zu den 
Indikationen über, die in der Breslauer Klinik gelten, und theilt die betreffenden 
Fälle in 2 Hauptgruppen: 

1) in solche, bei denen es sich um ein mechanisches Hindernis handelt, 

2) in solche, die die temporäre Ausschaltung des Magens bezwecken, um den- 
selben vor Reizungen zu schützen. 

Mischgruppen kommen natürlich immer vor. Die 1. Gruppe wird wieder in 
2 Unterabtheilungen zerfallen, je nachdem es sich um Magencareinom oder um 
Verätzungsstrikturen handelt. Mit Recht wird die Operation als eine bei Carei- 
nom nur dann allenfalls berechtigte bezeichnet, wenn erst nach Eröffnung der 
Bauchhöhle die Situation richtig erkannt wird. 

Bei Careinom wurden 4 Fälle operirt, davon 3 nach Witzel, 1 nach einer 
von Kader seiner Methode der Gastrostomie nachgebildeten Methode; 3 starben 
im Anschluss an die Operation, der nach Kader operirte an Peritonitis, 14 Mo- 
nate nach der Operation. Wegen Verätzungsstriktur im Ösophagus wurde 1 Pat. 
operirt; er erholte sich etwas; da aber jauchende Ulcerationen im Magen an- 
genommen werden mussten, wurde 1 Monat später eine Gastrostomie hinzugefügt, 
die zur Peritonitis führte. Nach der 2. Hauptindikation wurden 4 Fälle operirt, 
davon 1 wegen eines supponirten Magengeschwürs mit starken Blutungen ; er starb 
2 Tage p. op. (die Sektion ergab kein nachweisbares Geschwür). Die übrigen 
3 Pat. hatten vorher Magenoperationen durchgemacht (Resectio pylori, Gastro- 
enterostomie, Gastrostomie) und wurden, da die Nähte insufficient geworden waren, 
7, 14 und 11 Tage nach der 1. Operation jejunostomirt; 2 Pat. starben, die 3., 
bei der wegen Verätzungsstriktur die Gastrostomie und später die Jejunostomie 
gemacht worden war, konnte mit guter Funktion entlassen werden, lebte noch 
1 Jahr 10 Monate p. op. Die Resultate der Mikulicz’schen Klinik waren dem- 
nach nicht ganz so gut wie die von Maydl jüngst berichteten. 

H. Lindner (Berlin). 


o 
26) J. Akerman. Några fall af tarminplantation. 
(Hygiea Bd. LX. I. p. 223.) 

1) Ein Fall von Carcinoma ventriculi mit Darmresektion und Implantation be- 
handelt, nach versuchter aber unvollendeter Gastroenterostomie, Heilung. 

2) Ein Fall von Carcinoma ventriculi mit Exstirpation der Geschwulst und 
Gastroenterostomie behandelt. Strangulation des Colon transversum rief Ocelu- 
sionssymptome hervor; Theilung der Gastroenterostomieschlinge und Darmimplan- 
tation, Tod. 

3) Ein Fall von Schwellung der rechten Leiste; Geschwulst (Cancer?) des 
Blinddarms; Darminplantation, Heilung. 

Verf. hat in 3 Fällen, deren vollständiger Titel Dier wiedergegeben ist, aus 
verschiedenen Gründen Darmimplantation gemacht. Ausführliche Krankengeschich- 
ten und epikritische Bemerkungen beleuchten sehr vollständig jeden einzelnen 
Fall. Die Arbeit ist eine werthvolle Bereicherung der Kasuistik, der Indikationen 
und Kontraindikationen zu dieser Art der Intestinalanastomose. 

i A. Hansson (Cimbrishamn). 


27) Pantaloni (Marseille). Résection de l'intestin grêle pour tuber- 
culose intestinale chronique. 
E(Arch. prov. de chir. 1898. No. 6.) 
P. operirte eine 33jährige Frau wegen einer im Becken fixirten, vermeintlichen 
Dickdarmgeschwulst, die zu schweren Koliken und Verdauungsstörungen Anlass 


1212 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


gegeben hatte. Die Leparotomie ergab chronische Tuberkulose eines ca. 12 cm 
langen Stückes des Ileums und des zugehörigen Netzes, die beide knorpelhart an- 
zufühlen waren. Der diagnostische Irrthum war bedingt durch eine Verwachsung 
des erkrankten Darmes mit der hinteren Blasenwand. Der Darm ließ sich lösen, 
ohne dass man die Schleimhaut der Blase zu durchtrennen brauchte. Das krankhafte 
Darmstück und das zugehörige Netz wurden resecirt. Glatte Heilung, rasche 
Hebung des Allgemeinbefindens. Unter besonderer Berücksichtigung deutscher 
Autoren (König, Czerny, Troje u. A.) wird im Anschluss an diesen Fall die 
mit Geschwulstbildung einhergehende Dünndarmtuberkulose (Tuberculose chronique 
à type tumeur) besprochen. P. empfiehlt im Kapitel Therapie warm, dass auch die 
Pat. mit Darmresektion alsbald nach der Operation, jedenfalls am folgenden Tage, 
sobald die Nachwehen der Narkose vorüber sind, eine ordentliche Nahrung er- 
halten sollen. P. Stolper (Breslau). 


28) Pantaloni (Marseille). Un cas de résection partielle du coecum 
pour ulcerations tuberculeuses localisées. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 7.) 

Ein junger Mann, der sich wegen beginnender Lungentuberkulose Tuberkulin- 
injektionen hatte machen lassen, erkrankte an Appendicitis. P. entleerte den 
Abscess und resecirte den scheinbar isolirt erkrankten Wurmfortsatz. Die Wunde 
hatte sich nahezu geschlossen, als sich wider Erwarten eine Kothfistel ausbildete. 
Sie war entstanden durch Perforation von 3 tuberkulösen Geschwüren des Blind- 
darms. Das für den Chirurgen besonders interessante Moment liegt in dem Er- 
folg der konservativen Behandlung dieser Blinddarmtuberkulose. P. machte näm- 
lich nicht die totale, sondern nur eine theilweise Resektion des Blinddarms, da 
die beiden Geschwüre und die Fistel nahe bei einander saßen und eine isolirte 
Erkrankung bildeten. Der Fall ging dann rasch in Heilung aus. 

P. Stolper (Breslau). 


29) W. Mjassnikow. Zur Kasuistik der Dünndarm-Gebärmutter- 
fisteln. 
(Medicinskoje Obosrenje 1898. Oktober. [Russisch.]) 

Die Fistel entstand bei einer 23jährigen Pat. nach schwerer Geburt (Zange 
am 3. Tage, Entfernung der Nachgeburt durch Dorfweiber 1 Tag später). 8 Wochen 
darauf gingen dünnflüssiger Koth und Urin durch die Gebärmutter ab. Nach 
1 Monat hörte der Urinausfluss auf. Operation 4 Monate nach der Geburt. La- 
parotomie; Lösung vieler Verwachsungen zwischen Gebärmutter, Netz und Darm- 
schlingen. Nun wurden 3 Löcher im Dünndarm gefunden und eins im S romanum. 
3 Öffnungen wurden vernäht, bei der 4. 13cm Darm resecirt. Die Öffnung im 
Uterus wurde ausgeschabt und nach Paquelinverschorfung genäht. Operations- 
dauer 31/2 Stunden. Nach 3 Wochen geheilt. 

In der Litteratur fand M. nur einen ähnlichen Fall von L. H. Petit. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


30) W. Berndt. Über 18 Fälle von gonorrhoischer Rectalstriktur 
und ihre Behandlungen. 
Inaug.-Diss., Breslau, $enossenschafts-Buchdruckerei, 1898. 68 S. 

Verf. berichtet über 18 an der Mikulios’schen Klinik behandelte Fälle von 
gonorrhoischer Mastdarmverengerung (wovon 4 männlichen Geschlechts) und fasst 
bei diesem Anlass kurz die Pathologie und Therapie dieser Affektion zusammen, 
sich hauptsächlich auf die von Mikulicz vertretenen Anschauungen gründend. 

Bezüglich der Entstehung der genannten Strikturen wird angenommen, dass 
dieselben aus der bei der chronischen Mastdarmgonorrhoe vorhandenen entzünd- 
lichen Infiltration der ganzen Darmwand hervorgehen, unabhängig von dem Be- 
stehen oder Fehlen von Geschwüren. Bemerkenswerth ist der Umstand, dass in 
5 Fällen mit Wahrscheinlichkeit eine Bartholinitis vorangegangen war. Was die 
Kombination mit Lues betrifft, so konnte solche in etwa 6 Fällen nachgewiesen 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1213 


werden. Mikulicz ist jedoch geneigt, die meisten narbigen Verengerungen des 
Mastdarms als gonorrhoisch anzusehen, auch bei negativem Gonokokkenbefund. 
Bei 5 Pat. konnte eine auffallende Schlaffheit des Sphincter ani die Infektion des 
Mastdarms von der Scheide her begünstigen. Was die Lage der Striktur betrifft, 
so fand sich die Verengerung nicht tiefer als 3 em über dem After, in einem Falle 
erst 10 cm über demselben. Das Darmrohr zeigte an dieser Stelle eine derbe, 
schwielige Beschaffenheit, meist glatte Innenfläche und häufig feste Verwachsung 
mit der Umgebung. Die Ausdehnung des Krankheitsprocesses nach oben war 
verschieden. In einem Falle war sogar das S romanum ergriffen. Blutungen 
fanden sich in beinahe 8/4 der Fälle. Dieselben stammen nach Ansicht des Verf. 
von den oberhalb der Striktur gelegenen Geschwüren. 

Was die Behandlung betrifft, so bestand dieselbe in erster Linie in Regelung 
der Darmfunktion, Anwendung von Darmspülungen mit Desinfieientien und Ad- 
stringentien, sodann in Erweiterung der Striktur durch derbwandige Bougies, die 
möglichst lange liegen gelassen wurden. Das Bougieren wurde zum Theil den 
Pat. selbst überlassen. 

Bei 3 kurzen Strikturen wurde die einfache Incision der vernarbten Stelle 
ausgeführt, und dabei ein tiefer Schnitt nach hinten multiplen Einkerbungen vor- 
gezogen. Die Resultate dieser Behandlung ließen aber zu wünschen übrig, so dass 
in einer größeren Zahl der Fälle die Radikaloperation zur Anwendung kam. Die- 
selbe bestand in Resektion oder Amputation des Mastdarms mit vorgängiger An- 
legung eines künstlichen Afters. Letztere wurde nur in 2 Fällen unterlassen, 
von denen der eine 2 Tage nach der Operation an Peritonitis starb. Es ist dess- 
halb an der Mikulics’schen Klinik Regel geworden, den künstlichen After den 
Operationen für gonorrhoische Striktur voranzuschicken, während derselbe grund- 
sätzlich bei Exstirpation des Mastdarmcareinoms nicht in Anwendung kommt. 

Meist begnügte sich Mikulicz mit der Anlegung einer Darmfistel, und nur 
imal — bei definitivem Kunstafter — wurde der Darm völlig durchtrennt. In 
diesem letzteren Falle wurde der ganze abführende Darmtheil, den größten Theil 
des 8 romanum darstellend, theils von oben, theils von der Aftergegend her, ex- 
stirpirt und glatte Heilung erzielt. 

Die Beseitigung des Kunstafters bildete in den übrigen Fällen den Schluss 
der Behandlung. Bezüglich der Resultate sei bemerkt, dass in 3 Fällen die Pat. 
ungeheilt entlassen wurden. 5mal wurde durch Bougieren und Incision Besserung 
erzielt. Von 6 radikal Operirten starb 1 nach 2 Tagen. Die anderen wurden ge- 
heilt entlassen, mit verhältnismäßig guter Kontinenz; nur 1 Pat. behielt ihren 
Kunstafter. 2mal blieb es bei Anlegung des letzteren — mit unerklärtem töd- 
lichen Ausgang 5 Wochen p. op. 

Zu bedauern ist, dass die histologische Untersuchung der Präparate nicht 
ausgeführt, resp. die Resultate derselben nicht mitgetheilt wurden. Auf die inter- 
essanten Untersuchungen von Rieder über die Ätiologie der Mastdarmstrikturen 
wird demnach ebenfalls nicht Rücksicht genommen. 

de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


31) P. Csesch. Beitrag zur Statistik der Rectumcarcinome. 
Inaug.-Diss., Breslau, @enossenschafts-Buchdruckerel, 1897. 1098. Auch Bei- 
träge zur klin. Chirurgie p. 685. 

Verf. berichtet über 109 an der Mikulicz’schen Klinik behandelte Mastdarm- 
carcinome. Wir heben aus dem mit großem Fleiß ausgeführten statistischen Theil 
der Arbeit folgende Punkte hervor: 

Das Alter der Pat. schwankte zwischen 18 und 81 Jahren; 9 derselben gehörten 
dem 3. Decennium an, mehr als die Hälfte standen zwischen 41 und 60 Jahren 
und ein verschwindender Bruchtheil hatte das 70. Jahr überschritten. 73 Pat. ge- 
hörten dem männlichen, 36 dem weiblichen Geschlecht an. 

Von Bedeutung ist die in der Krankengeschichte von 18 Pat. sich findende 
Notiz, dass der behandelnde Arzt mit Übergehung der Mastdarmuntersuchung zum 
Schaden der Pat. eine falsche Diagnose stellte. 


1214 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


Was die Therapie betrifft, so wurde in 57 Fällen sacral operirt, und zwar 
25mal mit definitiver, 24mal mit temporärer Resektion des Steißbeins und unteren 
Kreuzbeinabschnitts, 6mal mit definitiver, 2mal mit temporärer Resektion des 
Steißbeins allein. Der parasacrale Schnitt wird nicht erwähnt. Dagegen wurde in 
9 Fällen nach Lisfranc vom Damm aus operirt. 

Es würde zu weit führen, auf die vom Verf. genau beschriebene Technik der 
Operation und Nachbehandlung im Einzelnen einzugehen. Bo viel sei nur bemerkt, 
dass Mikulicz in der Regel nach vorgängiger temporärer Steiß- und Kreusbein- 
resektion den Mastdarm oberhalb der Geschwulst zwischen 2 Seidenligaturen durch- 
trennt und dann die Geschwulst von oben nach unten auslöst. Sodann wird das 
obere, von der Ligatur befreite Darmende bei Resektion an das untere Ende, bei 
Amputation an den Sphinkter angenäht, wenigstens an seinem vorderen und seit- 
lichen Umfang, und dann die Wunde tsmponirt. In der Regel waren eine oder 
mehrere Nachoperstionen erforderlich, um das obere Ende zu guter Verheilung 
mit dem unteren — bezw. mit dem Sphinkter zu bringen. In einzelnen Fällen, 
bei hoch amputirtem Darm, wurde ein Anus sacralis angelegt — mit relativ gutem 
Erfolg. — Bei Stuhlentleerung vom 4.: oder 5. Tage an, so wie bei Temperatur- 
steigerungen wurden die Pat. für mehrere Stunden am Tage ins Wasserbad ge- 
bracht. 

Die Kolostomie wurde nur in 5 inoperabeln, mit Ileuserscheinungen zur Ope- 
ration gebrachten Fällen ausgeführt, nie dagegen als Voroperation der Exstirpation 
der Neubildung. Als palliative Maßregel wurde mehrfach die Auskratzung der 
Neubildung ausgeführt; da dieselbe aber bei geringem Nutzen für den Pat. 10% 
Sterblichkeit aufwies, so ist sie von Mikulioz zu Gunsten der Kolostomie ver- 
lassen worden. 

Was nun die Ergebnisse der operativen Behandlung betrifft (Exstirpation vom 
Damm aus und sacrale Methoden), so sind 3 Pat. von 66 über 3 Jahre reoidivfrei 
(1 über 7 Jahre). Die übrigen noch lebenden und recidivfreien 15 Pat. sind vor 
weniger als 3 Jahren operirt. 

Von den 47 gestorbenen Pat. erlagen 17 (25,75%) innerhalb des 1. Monats, 
freilich nicht immer im Zusammenhang mit der Operation. Auf das 1. Jahr p. op. 
fallen genau 50% der Todesfälle. 

Die ungünstigsten Resultate wurden erreicht bei Pat. ‘unter 31 und über 
61 Jahren. 

Von Komplikationen seien die in 12 Fällen nicht zu vermeidenden Verletzungen 
des männlichen Urogenitalapparats erwähnt, welche 10mal Urinfisteln zur Folge 
hatten. 2 dieser Pat. starben im Anschluss an die Operation. 

Stuhlentleerung in den ersten 24 Stunden erfolgte einmal und war von töd- 
licher Peritonitis gefolgt. Von den Pat. mit Eröffnung des Bauchfells starben 
8,8%, ohne dass man jedoch den tödlichen Ausgang einzig der Bauchfellwunde 
zuschieben kënnte) 

Was noch die Recidivoperationen betrifft, so sind die Resultate derselben 
recht ungünstig, indem nur 1 von 7 an Recidiv operirten Pat. ein dauernd gutes 
Resultat gab, de Quervain (Chaux-de-Fonds). 


32) V. Subboti6. Splenektomien. 
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1898. No. 6 u. 7. [Serbisch.)) 

1) 40jährige Pat., welcher S. wegen Schmerzen die bewegliche, hypertrophische 
Malariamilz exstirpirte. Der Stiel um 180° gedreht, an der verdickten Kapsel 
fibröse Auswüchse und dünnwandige, hämorrhagische Cysten bis su Bohnengröße. 
Verf. meint, dass dies Produkte des Perisplenismus sind, die hämorrhagischen 
Cysten von Blutungen in perisplenische Exsudate herrühren. Glatter Verlauf. 

2) Die 21jährige Pat. litt an Malaria und bekam nach einer Fahrt auf hol- 
perigem Weg Schmerzen im linken Hypochondrium. Bald danach zeigte sich 
unter dem linken Rippenbogen eine Geschwulst, welche sich unter Schmerzen ver- 
größerte; Abortus im 4. Monat. Bei der Laparotomie findet man eine mannskopf- 
große Cyste, welche mit dem parietalen Bauchfell verwachsen ist. In der Cyste 


Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 1215 


2 Liter blutiger Flüssigkeit und fibröse Coagula. Der Grund der Cyste wird von 
der vorderen Milsfläche gebildet. Gegendrainage zwischen den freien Rippen, 
Naht der vorderen Wundöffnung. Glatter Verlauf. S. meint, dass die Cyste durch 
Blutungen in die oberflächlichen Schichten (in die Kapsel, in peritonesle Exsudat- 
lamellen oder Adhäsionen) entstanden sei. 

3) Bei der Laparotomie wurde die Mils mit Nets, Blinddarm, Gebärmutter 
und den Adnexen verwachsen gefunden; der Stiel gedreht, seine Gefäße ganz 
obliterirt, in den Verwachsungen stark entwickelte Gefäße. Am Hilus eine faust- 
‚große multilokuläre Cyste. Verf. erklärt diesen Fall in folgender Weise: Senkung 
der Mils, Drehung des Stieles, Entwicklung des sekundären Blutkreislaufs durch 
die Verwachsungen. Indurstion der Milz und Perisplenitis. Die Cyste wahr- 
scheinlich aus den Lymphgefäßen des Perispleniums entstanden. 

ve Cačković (Agram). 


33) Houzel (Boulogne-sur-Mer). Enorme hypertrophie de la rate 
prise pour une tumeur solide de l'ovaire. Exosplenopexie. Guėrison. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 7.) 

Ein sehr merkwürdiger Fall! Bei einer 42jährigen Pächterin aus malaria- 
verdächtiger Gegend traten, nachdem bereits 4 Monate vorher eine heftige gastri- 
sche Krise vorgekommen war, die Erscheinungen einer akuten Peritonitis auf. Bei 
der Untersuchung des aufgetriebenen und schmerzhaften Leibes lässt sich nur un- 
bestimmt eine gewaltige, solide Geschwulst in der linken Seite des Bauches fest- 
stellen, die, wie die Untersuchung durch die Scheide ergiebt, auch in das kleine 
Becken hineinreicht. Da die Frau jede Malariainfektion leugnet, aber angiebt, 
dass mehrere andere Arste früher ein Ovarialkystom diagnosticirt haben, liegt die 
Vermuthung einer soliden Eierstocksgeschwulst am nächsten. Sobald die Bauch- 
fellentsündung einigermaßen gebessert, Laparotomie. Man findet eine riesige 
Milsgeschwulst. Die Splenektomie erweist sich indess als unausführbar, da sich 
außer den an der Vorderfläche angelötheten Diekdarmschlingen noch zahlreiche 
Verwachsungen mit dem Dünndarm an der hinteren Fläche der Riesengeschwulst 
finden. Desshalb entschließt sich H., eingedenk eines analogen Vorgehens von 
Jaboulay, das dieser dem Kropf gegenüber anwandte und als Exothyropexie 
beseichnete, zu einer Exosplenopexie.e Er nähte mit Katgut das Peritoneum pa- 
rietale jederseits an die Milzkapsel, so dass der größere Theil des Organs außer- 
halb der Bauchhöhle zu liegen kam, in der Erwartung, dass das so der Luft 
ausgesetzte Milzgewebe absterben und sich, ohne das Bauchfell zu inficiren, ab- 
stoßen würde. Das kühne Experiment gelang. Nach wochenlanger, etwas be- 
ängstigender Jauchung, die indess das Allgemeinbefinden der Pat. in keiner Weise 
beeinträchtigte, erfolgte am Ende der 4. Woche die Abstoßung eines mannskopf- 
großen Milssequesters, worauf sich nach weiteren 6 Wochen die Laparotomiewunde 
vollständig schloss. Jetzt, 20 Monate nach der Operation, geht die Frau wie 
früher ihrer Landarbeit nach. Ob noch ein Milzrest vorhanden, konnte Verf. nicht 
nachweisen. 

(Ref. glaubt nicht, dass ein solcher zurückgeblieben sei und möchte für die 
Nekrobiose der Milz eine andere Ursache annehmen wie Verf., der dieselbe allein 
in dem Kontakt mit der äußeren Luft sieht. Eine Unterbrechung der Cirkulation 
in den Milzgefäßen, sei es durch Zerrung, Kniokung oder Torsion, dürfte doch der 
Grund der plötzlichen Erkrankung sein, auch der anfänglichen akuten Peritonitis. 
Die so sequestrirte Milz wirkte nunmehr wie ein Fremdkörper in der Bauchhöhle. 
Es kommt solche Totalnekrose der Milz vor, und dass sie auch ohne Lebensgefahr 
für den Träger ablaufen kann, dafür hat Ref. ein unanfechtbares Beweisstück 
selbst durch Obduktion gewonnen. Bei einer an Hirnblutung verstorben alten 
Frau hatte man im Leben eine harte Geschwulst rechts vom Nabel durch die 
schlaffen Bauchdecken deutlich gefühlt, ohne dass man sagen konnte, womit man 
es zu thun habe. Bei der Autopsie zeigte es sich, dass es die in ein knorpel- 
hartes, todtes Gewebe umgewandelte und so weit gewanderte Mils war, die, in 
Form und Größe einer Hummerschere gleichend, von zahlreichen peritonealen 


1216 Centralblatt für Chirurgie. No. 48. 


Verwachsungen an die Bauchdecken rechts vom Nabel angelöthet war. An nor- 
maler Stelle fehlte die Mils, die Arteria lienalis verlor sich, allmählich enger 
werdend, in einer peritonealen Verwachsung der Milsgegend.) 

P. Stolper (Breslau). 


34) Madelung. Nachtrag zu Lücke’s Mittheilung: Entfernung des 
linken krebsigen Leberlappens. 

(Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. IH. Hft.3 u. 4.) 

Lücke publieirte in diesem Centralblatt 1891 p. 115 einen Fall von gelungener 
Exstirpation eines krebsigen Leberlappens, der seiner Zeit berechtigtes Aufsehen 
erregte. M. sah die Frau nach 5 Jahren und verfolgte sie 2 Jahre hindurch. Sie 
hatte an mehreren Stellen deutliche gummöse Ostitis, die auf antiluetische Kur 
heilte; die Leber ließ mehrere Knoten fühlen. Da nun die histologische Be- 
schreibung des angeblichen Krebses in der Lücke’schen Publikation sehr kurz 
gehalten ist, auch nicht festgestellt werden kann, wer die Untersuchung gemacht, 
das Präparat fernerhin fehlt, die Schilderung Lücke’s endlich nicht dem typischen 
Bild des Lebercareinoms entspricht, so kommt M. zu dem Schluss, dass es nicht 
mehr erlaubt ist, auf Grund der Beobachtung Lücke’s die Möglichkeit der Hei- 
lung eines primären Leberoareinoms durch Exstirpation ansunehmen, wie in den 
Veröffentlichungen über Leberkrankheiten seit 1891 allgemein geschieht. 

Haeckel (Stettin). 


35) R. Chrobak. Ein Fall von Lebercysten. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 14.) 

46 Jahre alte Frau, seit 5 Jahren Anschwellung in der Lebergegend. 2 Jahre 
später während Schwangerschaft Vergrößerung der Geschwulst bis gegen die Mitte 
des Bauches. Bisweilen Fieber, nie Schmerzen, kein Ikterus. Seit 1/, Jahr starker 
Kräfteverfall, Schmerzen, Kurzathmigkeit. 

Enorm ausgedehnter Leib, die unteren Rippen der rechten Seite sind durch 
mehrere unregelmäßig gestaltete, unter der dünnen Haut deutlich sichtbare Ge- 
schwülste so stark vorgedrängt, dass ihr unterer Rand zum vorderen wird. Auch 
unterhalb des linken Rippenbogens mehrfach kleine Geschwülste. Rechts vom 
Nabel, etwa handbreit unterhalb der Rippen, eine kindakopfgroße, fast halbkuglige 
Geschwulst sichtbar mit glatter Oberfläche. Fast die ganze Bauchhöhle ist durch 
eine große, derbe Geschwulst ausgefüllt, deren unterer Rand bis zur Crista ossis 
ilei, in der Mammillarlinie bis fast zum Ligamentum Pouparti und in der Mittel- 
linie bis handbreit unter den Nabel reicht. Auch diese Geschwulst weist mehrere 
Höcker, theilweise Fluktuation zeigend, auf. Kein Ascites nachweisbar. Diagnose 
Echinococous hepatis am wahrscheinlichsten. 

Die Operation zeigte, dass die Geschwulst die enorm vergrößerte Leber dar- 
stellte, die von einer ungemein großen Anzahl von haselnuss- bis faustgroßen, 
nicht mit einander kommunieirenden Cysten durchsetzt war. Da eine radikale 
Entfernung unmöglich war, wurde nur die sweizeitige Eröffnung der größten Cyste 
ausgeführt. Keine Echinokokkenflüssigkeit. Eiweißgehalt 30/%, keine Bernstein- 
säure oder Gallenbestandtheile. Pat. verließ wesentlich erleichtert das Kranken- 
haus. Nach 5 Monaten befand sich die Pat. so wohl, dass sie ihren häuslichen 
Obliegenheiten nachgehen konnte. 

Es handelte sich demgemäß um jene nicht parasitären Cysten der Leber, wie 
sie schon von Rokitansky beschrieben wurden, deren Ätiologie und genaueres 
Verhalten aber noch nicht hinreichend bekannt sind. Hübener (Breslau). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Härtel, einsenden. 
=, eo 

Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Gentralblatt 
CHIRURGIE 


Lima P. Kinig, E. Bn 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


EE 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgange 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No, 49. Sonnabend, den 10. December. 1898. 


Inhalt: Ringel, Beitrag zur Diagnose der Nephrolithiasis durch Röntgenbilder. (Ori- 
ginal-Mittheilung.) 

1) Monks, Nasenplastik. — 2) Hirsch, Symmetrische Erkrankung der Thränen- und 
Mundspeicheldrüsen. — 3) Dzierzawski, Zahnextraktionen. — d Bozzi, 5) Ortuanl, 
Zungenkrebs. — 6) Hellat, Adenoide Wucherungen. — 7) Fraenkel, Mandelkrebs. — 
8) Morelli, Carotisaneurysma. — 9) Cushing, Wirbelschuss. — 10) Sargnon, Kehlkopf- 
enge. — 11) Massei, Kehlkopfpapillome. — 12) Newman, Druck auf den Vagus und 
die Nn. recurrentes. — 13) Rolando, Zur Thyreoidektomie. — 14) Brentano, 15) Scha- 
poschnikoft, 16) Devoto, Perikarditis. — 17) Costan, Herzchirurgie. 

18) 70. Naturforscher- und Ärzteversammlung: Goldberg, Urogenitsltuberkulose. — 
Müller, Embryome. — Cramer, Osteoplastische Knochenspaltung. — Lorenz, Angeborene 
Hüftverrenkung. — Krukenberg, Schulze, Dreesmann, Zenker, Orthopädische Apparate. 
— Straeter, Künstliche Glieder. 

19) Stankowski, Trommelfellrupturen. — 20) Löhnberg, Vibrationsmassage, — 
21) Noquet, Parosmie. — 22) Bernard, Akute Entzündung der Nebenhöhlen. — 23) Frey- 
muth und Petruschky, Noma. — 24) Berkeley, Gaumengeschwulst. — 25) v. Fried- 
länder, Kieferklemme. — 26) Gundrum, Blutegel im Rachen. — 27) Boisson und Marcus, 
Geschoss in der Zungenbeingegend. — 28) Marie und Astié, Kyphose. — 29) Kofend, 
Spontanfraktur bei Syringomyelie. — 30) @rounauer, Halsrippe. — 31) Preyss, Hals- 
lipome. — 92) Harmer, Epiglottiscarcinom. — 33) Lermoyez, Recurrensläihmung. — 
3) Gaudier, Kehlkopfmyxom. — 35) Costinin, Bösartige Kehlkopf-, Zungen- und Nasen- 
geschwülste. — 36) Bonain, 37) Wolkowitsch, Intubation. — 38) Jessen, Perikarditis. 
— 39) Rothschild, Retrosternale Oste, 

Breuer, Nachtrag zur Original-Mittheilung: »Bine neue Operation der Hypospadie der 
Eichel nach Bardenheuer«. £ 


(Aus [dem Neuen Allgemeinen Krankenhause Hamburg-Eppendorf. 
Chirurgische Abtheilung [Oberarzt Dr. Kümmell],) 


Beitrag zur Diagnose der Nephrolithiasis durch Rönt- 
genbilder. 
Von 
Dr. Ringel, Assistenzarzt. 

Die großen Schwierigkeiten, welche sich der klinischen Diagnose 
der Nephrolithiasis so häufig bieten, sind jedem Kliniker genügend 
bekannt. Fast könnte man sagen, dass die sogenannten typischen 

49 


1218 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


Symptome: Koliken, Nierenblutungen etc. zu den Seltenheiten ge- 
hören, während die Mehrzahl der Fälle unter dem Bilde schwerer 
Blasenkatarrhe oder der eitrigen Pyelitis verläuft. 


Es ist wohl selbstverständlich, dass mit der Vervollkommnung 
des Röntgenverfahrens das Bestreben verbunden wurde, auch auf 
diesen dunklen, klinischen Gebieten mit der Röntgenphotographie 
ein wichtiges diagnostisches Hilfsmittel zu gewinnen. Bemühungen 
in dieser Richtung sind Anfangs gerade so wie bei den Gallensteinen 
und Blasensteinen resultatlos geblieben, und erstere können auch 
heute noch, da sie von den Röntgenstrahlen durchdrungen werden, 
durch Aktinogramme nicht zur Anschauung gebracht werden. 


Anders verhält es sich mit den Nieren- und Blasensteinen. 
Die ersten Aufnahmen dieser Konkremente sind von Leichen ge- 
wonnen, denen die Konkremente in die betreffenden Organe künst- 
lich hineingelegt waren, und stammen aus unserem Röntgenlabora- 
torium. Im Lauf der Zeit ist es dann Verschiedenen und auch uns 
gelungen, Bilder von Nierensteinen und Blasensteinen von Lebenden 
zu erhalten, aber nur in vereinzelten Fällen, während die Mehrzahl 
der Bilder von Pat., die zum Theil recht große Konkremente in 
ihrem Nierenbecken beherbergten, ein negatives Ergebnis lieferte. 
Der Unterschied dieser Resultate konnte nicht etwa durch eine Ver- 
schiedenheit der Güte der einzelnen Bilder erklärt werden, da auch 
bei den Bildern der letzten Gruppe die einzelnen Kontouren der 
` Wirbelkörper bis in die Details deutlich sichtbar waren. Wir haben 
desshalb versucht, die Ursache für die Verschiedenheit der Resultate 
auf experimentellem Wege zu finden und können die Frage heute 
dahin beantworten, dass sie auf der chemischen Verschiedenheit 
der Nierensteine beruht. Die Versuche wurden in folgender Weise 
zur Ausführung gebracht: 

Zunächst wurden die verschiedenen, mir zur Verfügung stehenden 
Nierensteine (Oxalatstein, Harnsäurestein, Phosphatstein) auf eine 
photographische Platte gelegt und den Röntgenstrahlen gleichmäßig 
ausgesetzt. Es fand sich, dass der harte Oxalatstein, fast vollkommen 
undurchlässig, einen scharfen Schatten producirt hatte. Etwas 
durchlässiger erschien der Harnsäurestein, während der Phosphat- 
stein starke Durchlässigkeit zeigte, ungefähr in. demselben Maße, 
wie es Gallensteine zu thun pflegen. 


Als Zweites wurde dann bei einer mäßig korpulenten Leiche die.eine 
Niere freigelegt, das Nierenbecken durch den anatomischen Schnitt 
eröffnet, und die Niere derartig in der Hautwunde fixirt, dass das 
Nierenbecken von außen zugänglich blieb. In dieses wurden dann 
die oben erwähnten Nierensteine nach einander hineingeschoben 
und bei gleicher Expositionsdauer Röntgenaufnahmen gemacht. Die 
Resultate entsprachen vollkommen der oben angeführten Durchlässig- 
keitsskala.. Mit derselben Schärfe, wie etwa ein Projektil in den 
menschlichen Weichtheilen, war der Oxalatstein sichtbar, weniger 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49, 1219 


scharf, aber doch immerhin noch deutlich der Harnsäurestein; der 
Phosphatstein dagegen war verschwunden. 

Es unterliegt wohl keinem Zweifel, dass die Verhältnisse für Rönt- 
genaufnahmen gerade von Konkrementen in der Niere bei Leichen 
außerordentlich viel günstiger liegen als bei Lebenden; denn einer- 
seits verharten durch den Ausfall der Athmung die Organe in ab- 
soluter Ruhelage, andererseits befindet sich bei der Leiche der Stein 
in einem leeren Nierenbecken, während Nierenkonkremente bei 
Lebenden wohl stets von Flüssigkeit, sei es Urin, Eiter oder Blut, 
umspült sind. Wenn wir demnach die Resultate unserer Versuchs- 
reihe auf den Lebenden übertragen wollen, müssen wir einen ge- 
wissen Abzug vom Positiven zu Gunsten des Negativen machen. 
Abgesehen von Pat., welche sich für Röntgenaufnahmen des Rumpfes, 
sei es wegen übermäßiger Korpulenz oder sonstiger störender Eigen- 
schaften überhaupt nicht eignen, wird man in Fällen, wo es sich 
um Oxalatsteine im Nierenbecken handelt, stets auf ein positives 
Resultat rechnen dürfen. Anders verhält es sich schon bei den 
Harnsäuresteinen. Hier wird man nur unter besonders günstigen 
Verhältnissen von Lebenden ein positives Bild bekommen, sei es, 
dass es sich um ein sehr mageres Individuum handelt, oder dass 
die Lokalverhältnisse im Nierenbecken, bedingt durch irgend welche 
Zufälligkeiten, gerade sehr günstig liegen. Die Phosphatsteine sind 
natürlich noch weniger wie bei der Leiche sichtbar. 

Nun ist eine bekannte Thatsache, dass die Häufigeit der er- 
wähnten 3 Arten von Nierensteinen im umgekehrten Verhältnis 
zu ihrer Undurchlässigkeit für Röntgenstrahlen steht; d.h. in den 
meisten Fällen von Nephrolithiasis handelt es sich um Phosphat- 
steine, seltener um Harnsäuresteine, ganz selten um Oxalatsteine. 
Wir haben hier somit eine vollständig genügende Erklärung dafür, 
dass es in so’ wenig Fällen glückt, Bilder von Nierensteinen bei 
Lebenden zu bekommen, während andererseits klinisch sichere Fälle 
von Nephrolithiasis aktinographisch nicht verwerthbar sind. Auch 
hier dürfen wir uns nur des positiven Resultats bedienen und 
müsgen davor warnen, eine klinisch gesicherte Diagnose durch das 
negative Röntgenresultat umzustoßen. 

‚Identisch mit den Nierensteinen, besonders in ihrer chemischen 
Zusammensetzung, sind die Blasensteine; wir können desshalb die 
geschilderten Versuche ohne Weiteres für letztere in Anwendung 
bringen. Das stimmt auch mit unseren bisherigen Erfahrungen. In 
unserer großen Sammlung von Röntgenbildern haben wir nur zwei 
Blasensteinbilder von Lebenden, während dem gegenüber große, sei 
es durch Operation, sei es post mortem entfernte Blasensteine auf 
dem Aktinogramm nicht sichtbar gewesen waren. 

Zum Schluss sei darauf hingewiesen, dass es zweckmäßig ist, 
bei derartigen Aufnahmen, um jeglichen störenden Nebenschatten 
zu vermeiden, den Pat. vorher gründlich ausleeren zu lassen, eben so, 
wie für eine Entleerung der Blase zu sorgen. Für Aufnahmen von 

EM 


1220 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


Nierensteinen empfiehlt es sich ferner, die Oberschenkel dem Körper 
etwas zu nähern; es wird dadurch die natürliche Lordose ausge- 
glichen und der etwaige Stein der photographischen Platte näher 
gerückt. 


1) Monks. Correction, by operation, of some nasal defor- 
mities and disfigurements. 
(Boston med. and surg. journ. 1898. September.) 

Von den besprochenen, auf die Beseitigung unangenehmer Ent- 
stellungen der Nase gerichteten operativen Maßnahmen sei hier nur 
die Methode erwähnt, mittels welcher Verf. durch Trauma oder 
sonst wie schief gewordene Nasenknochen gewissermaßen subkutan, 
ohne sichtbare, größere Hautnarben einbricht. Von einem kleinen 
Schnitte unterhalb der Nasenspitze bahnt er sich mit einer Schere 
den Weg zu dem deformirten Knochen unter der Haut. In diesen 
Kanal wird dann ein kleines Instrumentchen eingeführt, welches, 
nachdem es die vorspringende Stelle erreicht hat, in einer kleinen 
Vertiefung an seinem Rücken die Spitze eines bleistiftartigen, durch 
die Haut von außen eingestoßenen Instruments aufnimmt. Ein Schlag 
auf dieses letztere Instrument zerbricht dann den Knochen in der 
gewünschten Ausdehnung. 

Zur Beseitigung der Sattelnase wurden mehrfach Celluloid- 
platten verwandt, welche von der oben beschriebenen, kleinen Schnitt- 
wunde aus unter die Haut gebracht waren. 

Willemer (Ludwigslust.. 


2) Hirsch. Ein weiterer Beitrag zur Lehre von der sym- 
metrischen Erkrankung der Thränen- und Mundspeichel- 
drüsen (Mikulicz). 

Mittheilungen a. d. Grenzgebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft. 3 u, 4.) 

H. giebt aus der Curschmann’schen Klinik einen werthvollen 
Beitrag zur Kenntnis der genannten Erkrankung, der besonders ge- 
eignet ist, die pathologisch-anatomische Deutung des dunklen Pro- 
cesses zu fördern. Die Erkrankung betrifft einen 30jährigen Mann 
und hatte beide Thränendrüsen, Parotiden, Submaxillar- und Sub- 
lingualspeicheldrüsen ergriffen; daneben bestand geringfügige all- 
gemeine Lymphdrüsenschwellung. Unter Jodkaliverabreichung gingen 
die Geschwülste fast gänzlich zurück. Die mikroskopische Unter- 
suchung einer exstirpirten Submaxillardrüse ergab, dass es sich um 
eine ausgedehnte Rundzelleninfiltration zwischen den Acinis handle; 
es ließ sich der Übergang der Rundzellen in Zellen mit länglichem 
Kern, also Umbildung der Rundzelleninfiltration in neu sich bilden- 
des Bindegewebe feststellen. Nebenher geht ein selbständige De- 
generation der Drüsenepithelien; aus denselben entstehen Kongluti- 
nationsriesenzellen. H. weicht von den bisherigen Auffassungen der 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1221 


Krankheit in dem bedeutsamen Punkt ab, dass sie nach ihm nicht. 
in Wucherung eines Iymphadenoiden Gewebes besteht, bei welcher 
die Epithelveränderungen nur eine passive Rolle spielen, sondern in 
einem diffusen, chronischen, indurirenden Process, der Ähnlichkeit 
mit der hypertrophischen Lebercirrhose Charcot’s habe. Er möchte 
desshalb die Krankheit als Cirrhose der Thränen- und Mundspeichel- 
drüsen bezeichnen und erklärt die abweichende Deutung früherer 
Autoren daraus, dass diese ihre Präparate aus sehr frühen Stadien 
gewonnen haben, als das Granulationsgewebe noch das ganze Bild 
beherrschte, und der Übergang zur Bindegewebsneubildung noch nicht 
deutlich hervortzat. Haeckel (Stettin). 


3) B. Dzierzawski. Über Anästhesie bei Zahnextraktionen, 
namentlich über Anwendung des Eukains. 
(Przegląd denty stycsny 1898. No. u. 2.) 

Im vorliegenden Artikel wird die übrigens allgemein übliche, 
zum Zweck des Zahnziehens gemachte Technik der Injektion genau 
erläutert und hierzu namentlich Eukainlösung sehr warm empfohlen. 
Nach des Ref. Erfahrungen eignet sich Schleich’sche Lösung 
No. 2, kunstgerecht injieirt, hierzu vorzüglich. 

Trzebicky (Krakau). 


4) E. Bozzi, Beitrag zur Kenntnis der auf dem Boden der 
Psoriasis entstehenden Zungencarcinome. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.) 

B. berichtet über einen Fall von Carcinom der Zunge, das sich 
aus Psoriasisflecken entwickelt hatte. Mit Le Dentu und Besnet 
nimmt Verf. an, dass in solchen Fällen das Carcinom als die noth- 
wendige letzte Phase der Leukoplakia linguae anzusehen ist, und 
empfiehlt daher die Abtragung der psorissischen Partien, sobald 
jede andere Behandlung erfolglos geblieben ist, und Risse oder 
Ulcerationen in der kranken Stelle auftreten. Bezüglich der Histo- 
genese des Carcinoms hat B. Stützpunkte für die Ribbert’sche 
Theorie nicht gefunden, betont vielmehr, dass die Sequestration des 
Epithels keineswegs unerlässlich ist, und die kleinzellige Infiltration 
der Zapfenbildung nicht vorausgeht, sondern nachfolgt. Im vor- 
liegenden Falle hält Verf. eine primäre Entartung des Epithels im 
Sinne Hauser’s oder auch eine Anaplasie im Sinne Hansemann’s 
für das Zutreffende. Honsell (Tübingen). 


5) A. Ortuani. I diversi metodi di amputazione della 
lingua per epitelioma in confronto al metodo termo-galvanico. 
(Clinica chirurgica 1897. No. 10 u. 11.) 

O., Bottini’s Assistent, stellt in einer überaus fleißigen und 
sorgfältigen Arbeit die verschiedenen Operationsmethoden für den 


1222 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


Zungenkrebs zusammen, um schließlich ihren Werth gegenüber dem 
thermogalvanischen endoralen Verfahren seines Lehrers zu prüfen. 

Die vorausgeschickten allgemeinen und anatomischen Bemerkungen 
enthalten nichts wesentlich Neues; die letzteren dienen hauptsächlich 
dazu, die Zurückweisung der extraoralen Methoden durch die Wich- 
tigkeit der die Mundhöhle begrenzenden Weichtheile und ihrer 
Funktionen zu begründen. 

Die Operationsverfahren sind in folgender Weise geordnet: 
1) Abtragung mittels Schnittes: Louis, Lisfranc etc. 2) Abtragung 
nach Umstechung: Mayor (Lisfranc), Cloquet, Vidal de Cassis 
etc. 3) Abtragung mit dem Ecraseur: Chassaignac u. A. 4) Ab- 
tragung mit dem Thermokauter. 5) Kombinirte Methoden: Buchanan, 
Sedillot, Syme, Roux (Spaltung des Unterkiefers), Collis (Spaltung 
der Wange), Regnoli (suprahyoideale Incision), Billroth, Kocher 
etc. 6) Abtragung mit dem Galvanokauter. Dieser Methode ist 
natürlich der größte Raum gegönnt, sie wird in allen Einzelheiten 
und Modifikationen, wie sie sich bei mehr als 100 Fällen in der 
Hand eines Operateurs allmählich herausgebildet haben, beschrieben. 
(Vgl. auch das Referat in No. 51 1894 d. Bl. über Bottini’s 
Originalarbeit.) 

In den Schlussbemerkungen werden die Vorzüge und Nachtheile 
der angeführten Methoden ziemlich unparteiisch besprochen. [Für 
die einfachen, nicht weit vorgeschrittenen Fälle ist B.’s Verfahren 
als das rascheste, leichteste, unschädlichste entschieden zu bevor- 
zugen; es sichert vor Blutungen, Infektionen in hohem Grade. Bei 
irgend schwierigeren Fällen aber muss jede Rücksicht auf die 
übrigen Organe der Mundhöhle und der Wandungen zurücktreten; 
es gilt ja, der Erkrankung im denkbar weitesten Sinne Herr zu 
werden. Darum ist in den einfacheren Fällen derzeit die Ausräumung 
der Lymphwege zu beiden Seiten des Halses die weitaus größere 
Operation, der sich dann die Abtragung der Geschwulst und Plastik 
der Zunge verhältnismäßig leicht anschließt. Ref.] 

= i J. Sternberg (Wien). 


6) P. P. Hellat. Über adenoide Wucherungen bei Er- 
wachsenen. 
(Wratsch 1898. No. 34. [Russisch.)) 

Nach H. ist diese Erkrankung bei Erwachsenen gar nicht selten: 
innerhalb zweier Jahre sah er sie 65—70mal und operirte 46 Kranke 
(17—62 Jahre alt). Fast immer ist die Operation leicht, die Blutung 
gering und der Erfolg sehr gut. Verf. richtet daher die Aufmerk- 
samkeit seiner Kollegen auf diese Affektion, die, leicht heilbar, oft 
zu recht schweren Erscheinungen führt. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


Centraldlas, sur VnIrurgie. ug, #96 aa 


7) A. Fraenkel. Zur Technik der Operation des Mandel- 
krebses. 
(Wiener med. Wochenschrift 1898. No. 12.) 


` Um bei weniger ausgedehnten Mandel- und Rachencarcinomen 
die von den verschiedenen Autoren angegebenen Hilfsoperationen 
überflüssig zu machen, empfiehlt F. ein Verfahren, welches er zuerst 
vor 5 Jahren von Gersuny hat ausführen sehen. Dasselbe besteht 
darin, dass in Chloformnarkose unter Anwendung von Heister, Mund- 
winkelhalter und Zungenspatel die Neubildung vom Mund aus um- 
schnitten und dann durch Naht vereinigt wird. F. räth unter Bei- 
fügung der betreffenden ausführlichen Krankengeschichte, die Carotis 
externa bei Gelegenheit der Exstirpation der betreffenden Halsdrüsen 
präventiv zu unterbinden, da hierdurch ein »förmlich trockenes, 
blutleeres Operiren« ermöglicht wird. Die Grenzen der Neubildung 
bleiben dann stets klar erkennbar, der Operateur wird durch Tupfen 
nicht gestört, und die Gefahr der Blutaspiration erscheint vollkommen 
beseitigt. Bei großem Defekt lassen sich durch Unterminiren die 
Wundränder relativ bequem vereinigen; eine kleine Lücke zur Tam- 
ponade erscheint rationell. Auf diese Weise verliert auch der Ein- 
griff in den Augen des Pat. viel von seinem Schrecken, der Verlauf 
ist ein milder und kurzer, »eine Tonsillotomie heilt kaum beschwerde- 
loser«. 

Das Bedenken bezüglich der radikalen Entfernung der Neu- 
bildung bei diesem Vorgehen beseitigt F. durch den Hinweis auf 
Gersuny’s Pat., der heute noch nach 5 Jahren recidivfrei ist. 

Hübener (Breslau). 


8) Morelli. Il simpatico cervicale e gli aneurismi della 
carotide primitiva. 
(Rivista clin. e terapeut. 1898. No. 9.) 

Ein seltenes Symptom, welches M. 2mal beobachtete, scheint bei 
Aneurysmen der Carotis communis das Auftreten der sog. oculopupil- 
lären Erscheinungen zu sein; und zwar traten in den angegebenen 
Fällen auch die seltneren ein: Verkleinerung des Bulbus, Abflachung 
der Wange. Bei anderen Halsgeschwülsten hat M. sie noch nie 
beobachtet. Er weist darauf hin, dass die Aneurysmen auf ihre 
Umgebung viel gefährlicher einwirkten; das thut schon die Knochen- 
usur dar, welche sie verursachen können. In beiden Fällen betraf 
die Erweiterung nur die beiden peripheren Drittel der Carotis. Das 
centrale Drittel soll zum Sympathicus weniger enge Beziehungen 
eingehen, von ihm durch lockereres Gewebe getrennt und leichter 
isolirbar sein. E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


ae vonumsvsar zus vairurgie. NO. 49. 
9) H. W. Cushing. Haematomyelia from gunshot wounds 
of the spine. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juni.) 

C. veröffentlicht mit großer Ausführlichkeit einen Fall von 
Schussverletzung in den Nacken, welcher etwas seitlich getroffen 
wurde, und liefert in der exakten Untersuchung der nervösen Aus- 
falls- und Reizungserscheinungen einen werthvollen Beitrag zur 
Physiologie des Rückenmarks. 

2 Radiogramme zeigen den Sitz des Geschosses an, und 8 halb- 
schematische Zeichnungen illustriren die Verbreitungszonen der Un- 
empfindlichkeit für Berührung, Schmerz, Warm und Kalt, die 
Hyperästhesien, Parästhesien, Lähmungen und Paresen, und zwar 
sofort nach dem Unfall, dann 2 Monate, und zuletzt 6 Monate später. 

Ohne auf die von C. gegebenen Details einzugehen, sei aus 
seinen Beobachtungen hier Folgendes als Resume wiedergegeben: 

1) Lähmungssymptome, welche auf ein Trauma im Cervicaltheil 
der Wirbelsäule folgen, sind, wenn keine Deformirungen oder Zer- 
reißungen der letzteren vorliegen, in der Mehrzahl der Fälle bedingt 
durch Blutung in die Substanz des Rückenmarks. 

2) Für diese Blutungen scheint eine Prädilektionsstelle der 
untere Theil der Cervicalanschwellung zu sein, wodurch es zu dem 
von Krauss so genannten Symptomenkomplex des >»Typus inferior« 
kommt. 

3) Die Blutung, die für gewöhnlich zuerst nur auf einer Seite 
ihren Sitz hat, führt zu Lähmungssymptomen nach dem Typus von 
Brown-Séquard. 

4) Die tiefen Reflexe auf der Seite der Verletzung können für 
einige Zeit erhalten sein, verschwinden dann und kehren zurück, 
um gesteigert zu bleiben. 

5) Die Blutung findet primär in die graue Substanz statt und 
führt bei ihrer Resorption oft zu Cystenbildung. In manchen Fällen 
entstehen hierdurch Symptome, welche an Syringomyelie erinnern. 

6) Die unmittelbare Prognose dieser Art von Hämatomyelie ist 
gut, besonders bei nicht septischem Wundverlauf und ohne chirur- 
gischen Eingriff. 

Am Ende der Arbeit ist noch ein zweiter, ähnlicher Fall mit- 
getheilt, bei dem das Geschoss in der Höhe des rechten unteren 
Scapulawinkels rechts die Wirbelsäule traf. W. Sachs (Mülhausen UEL 


10) Sargnon (Lyon). Quelques observations de tubages 
dans les stenoses syphilitigques du larynx. Considerations 
sur les indications, les contre-indications et les avantages de 
cette methode. 
(Arch. prov. de chir. 1898. No. 8.) 
An der Hand von 3 geheilten Fällen empfiehlt S. die Tubage 
bei syphilitischer Kehlkopfstenose. Man müsse sie auch bei bedroh- 


Centralblatt für Chirurgie. No. A8. 1335 


lichen Asphyxien vor der Tracheotomie versuchen. Bei der chro- 
nischen sklerösen Stenose helfe sie über die besonders oft in der 
Nacht auftretenden Erstickungsanfälle hinweg und wirke durch 
Dehnung heilend. Im Anfang einer Jodkur endlich trete oft eine 
Verschlimmerung der Kehlkopfenge ein; auch für diesen Fall sei 
die Tubage angezeigt. P. Stolper (Breslau). 


11) Massei. Contributo alla cura dei papillomi laringei nei 
bambini. 
(Durante’s Festschrift.) 

Verf. hatte vergeblich versucht, das Papillom eines 8jährigen 
Kindes ohne und mit Narkose zu entfernen, als es ihm gelang, das- 
selbe mit der O’Dwyer’schen Intubationskanüle zu beseitigen. Die- 
selbe hat eine bohnenförmige Öffnung mit schneidenden . Rändern 
und endigt blind. Ein Holzgriff dient zum Einführen des Instruments. 
Eine Schraube verbindet Griff und Kanüle und ermöglicht es, die 
Schneide der Geschwulst zuzukehren. Die Kanüle wird für die- 
jenigen Operationen des Kehlkopfs empfohlen, welche auf intra- 
laryngealem Wege vorgenommen werden. Dreyer (Köln). 


12)D. Newman. Early symptoms of pressure upon the vagus 
and recurrent laryngeal nerves. 
(Glasgow med. journ. 1898. August.) 

Da es auch für den Chirurgen von großer Wichtigkeit ist, die 
Aneurysmen der Aorta so wie Mediastinalgeschwülste möglichst früh- 
zeitig zu erkennen, sei auf die vorstehende Veröffentlichung N.’s 
hier kurz hingewiesen. Als solche frühzeitig, manchmal lange vor- 
her, ehe eine intrathorakische Geschwulst physikalisch nachweisbar 
ist, auftretende charakteristische Erscheinungen werden angegeben. 

1) Plötzliche und paroxysmale Dyspno& mit laryngealem Stridor, 
wenn keine sonstigen Erkrankungen des Kehlkopfes, der Lungen 
oder des Herzens zur Erklärung der Symptome vorliegen. Sind 
Krampf oder Lähmung der Stimmbänder einseitig, so ist wahr- 
scheinlich nur der Rekurrens der einen Seite komprimirt, sind sie 
dagegen doppelseitig, so besteht entweder Druck auf beide Rekur- 
rentes oder auf den Stamm des einen Vagus. 

2) Der heisere, unvollkommene Husten mit mangelhafter exspira- 
torischer Wirkung, welcher manchmal einem langen, lauten Grunzen 
ähnelt. Dieser Husten ist häufig so charakteristisch, dass er sofort 
auf die Diagnose hinführt. 

3) Sprachstörungen, welche jedoch nicht so charakteristisch sind, 
wie die beiden eben beschriebenen Symptome. 

Willemer (Ludwigslust). 


49* 


1226 Centralblatt für Chirurgie. No. 49, 


13) S. Rolando. Sul rapporto delle arterie tiroidee inferiori 
col ricorrente e su di una pratica operativa per evitarne la 
lesione nella strumectomia. 

Genua, 1898, 

An 18 Leichen fand Autor den N. laryngeus inferior stets 
durch die von den beiden Zweigen der Art. thyr. inferior gebildete 
Gabel treten. Links war dieses Verhältnis 7mal anzutreffen; 1mal 
ging der Nerv vor, 6mal hinter und 3mal nach innen vom Gefäß 
her. Den Sympathicus fand er je 2mal rechts resp. links vor der 
Arterie verlaufen. Der Bogen, welchen die Arterie beschreibt, liegt 
durchschnittlich 2—21/,, selten 3 oder 4 cm vom Tuberc. carotid. 
entfernt; von da verläuft das Gefäß in einer Linie, welche vom 
Tuberculum nach der entgegengesetzten Artic. sternoclav. gezogen 
wird. R. empfiehlt als Stelle der Wahl diese Partie des Stamms der 
Arterie zur Unterbindung zu wählen, um Verletzungen des Nerv. 
laryngeus zu vermeiden. Ein Kropf soll danach nach Kocher so 
entfernt werden, dass die hintere Kapsel mit der Stelle, an welcher 
der Nerv die Gefäßgabel durchzieht, zurückbleiben. 

E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


14) Brentano. Zur chirurgischen Behandlung der Perikarditis. 

(Aus der chirurgischen Abtheilung des städtischen Kranken- 

hauses am Urban in Berlin. Direktor: Prof. Dr. Körte.) 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 32.) 

B. will die chirurgische Behandlung nur denjenigen Fällen an- 
gedeihen lassen, in denen die Herzbeutelentzündung eine exsudative 
ist, auch hier nur, wo das Leben bedroht oder eitrige Beschaffenheit 
anzunehmen ist. 

Oft erschweren diagnostische Schwierigkeiten den Eingriff, so 
die Differentialdiagnose zwischen Perikarditis mit Exsudat und ein- 
facher Herzhypertrophie. 

Als Methoden für die Entleerung .des Herzbeutels betrachtet B. 

1) Die Punktion. 

2) Die Incision durch einen Interkostalraum. 

3) Die Incision nach vorausgeschickter Rippenresektion. 

Die Punktion ist ohne Gefährdung des Herzens mit Sicherheit 
nirgends ausführbar. 

Was die Lage des Herzens im Exsudat betrifft, so haben die 
Erfahrungen im Urbankrankenhaus gelehrt, dass das Herz in einem 
mit Flüssigkeit erfüllten Perikard der vorderen Brustwand genähert 
bleibt, falls es nicht durch Verwachsungen anderswo fixirt gehalten 
wird. Bei der Punktion können dann leicht die Coronargefäße ver- 
letzt werden. 

Weit häufiger kommt aber die Pleura bei der Punktion in Ge- 
fahr; ja in der Mehrzahl der Fälle ist zweifellos die Paracentese des 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1227 


Perikards durch die gesunde Pleura gemacht worden, wodurch unter 
Umständen bald nach der Punktion ein Pleuraerguss auftreten kann. 
Ferner kann durch eine einmalige Punktion so gut wie nie eine 
vollständige Entleerung des Exsudats erzielt werden. 

B. verwirft desshalb die Punktion völlig; das Gleiche gilt nach 
ihm von der Incision ohne voraufgeschickte Rippenresektion, weil 
die Vasa mammaria interna und die Pleura gefährdet sind, und die 
Übersicht über die tieferen Theile sehr schwer ist. Auch Ver- 
wachsungen können nicht hinreichend übersehen werden. 

Dagegen ist die Eröffnung des Perikards durch Rippenresektion 
eine so einfache Operation, dass man dieselbe meist ohne allgemeine 
Narkose versuchen und unter Lokalanästhesie zu Ende führen kann. 

Der 5. linke Rippenknorpel ist der geeignetste für die Resektion. 
Derselbe muss nach Ablösung der Interkostalmuskeln dicht am Brust- 
bein wie an seinem Übergang in den knöchernen Theil abgetrennt 
werden. Die auf dem M. triangularis sterni verlaufenden Vasa 
mammaria sind vor der Eröffnung des Herzbeutels doppelt zu unter- 
binden. Nach stumpfer Durchtrennung der Fasern des Triangularis 
sterni und Zurückschiebung der Umschlagsfalte der Pleura nach der 
Seite eröffnet man den meist mehr weißlich glänzenden Perikardial- 
sack, aus dem das Exsudat brodelnd herausschießt, wobei das Herz 
oft die Neigung zeigt, die Wunde nach vorn zu verlagern. Bei 
eitrigem Exsudat empfiehlt sich eine Ausspülung mit sterilem Wasser. 
Die Schnittränder des Perikards werden am besten an die Haut 
fixirt und mit Jodoformgazestreifen dann drainirt. Bei eitrigem 
Exsudat wurden dann noch tägliche Spülungen mit sterilem Wasser 
gemacht. 

Wo in dieser Weise radikal operirt wird, sind nach B. auch 
weniger leicht Verwachsungen innerhalb des Herzbeutels zu erwarten. 

Unter 5 so operirten Fällen trat zwar nur imal Genesung ein, 
doch jedes Mal eine außerordentliche Erleichterung des Kranken. 
Der Tod erfolgte aber nicht an der Perikarditis, sondern der schweren 
Grundkrankheit. 

Wo schon längere Zeit schwere Störungen der Herzthätigkeit 
bestanden, oder alte Schwartenbildung vorliegt, sollte nicht operirt 
werden. 

Die Perikardiotomie des 5. Rippenknorpels 2mal wegen eitriger 
Perikarditis vorgenommen, vermochte beide Mal den Tod nicht zu 
verhindern; doch handelt es sich um Osteomyelitis als Ursache. 

R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


15) Schaposchnikoff. Zur chirurgischen Behandlung der 
Perikarditis. Einige Bemerkungen zum Artikel des Herrn 
Dr. Brentano in No. 32 dieser Wochenschrift. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 38.) 

S. nimmt für sich die Priorität in Anspruch in Bezug auf Fest- 
stellung der Thatsache, dass das Herz im perikardialen Exsudat 


1228 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


nicht, wie man früher glaubte, nach hinten, sondern stets nach vorn 

liegt. Er hat dies durch zahlreiche Leichenbefunde und Experimente 

festgestellt, deren Beweiskraft er gegen Bretano, welcher dieselbe, 

weil bei ihnen die vordere Brustwand entfernt wurde, angreift, 

energisch aufrecht erhält. Er erklärt die Neigung des Herzens, nach 

vorn und oben zu streben, durch die Elasticität der großen Gefäße. 
RB. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


16) Devoto. La paracentesi del pericardio. 
(Cronaca della clinica medica di Genova 1898. No. 3. Ref. nach Morgagni 1898. 
No. 40.) 

Man zieht eine etwa 9'/ cm lange Linie von der Herzspitze 
nach dem rechten Sternalrand auf der Höhe der Verbindung zwischen 
Körper und Schwertfortsatz desselben. Auf dieser Basis errichtet 
man ein gleichseitiges Dreieck. Alsdann bestimmt man, wie weit 
die Herzdämpfung über dieses (Baccelli’sche) Dreieck hinausgeht. 
Der Trokar wird an der Grenzlinie der Dämpfung zwischen dem 
mittleren und unteren Drittel eingestoßen. Der Kranke liegt schräg 
auf der linken Seite und hat Kopf und Schultern ein wenig gehoben. 
Der Darm muss leer sein. Die Nadel soll sehr klein sein und die 
Saugkraft der Spritze mäßig. Der Puls muss gut überwacht, event 
sofort zu Excitantien gegriffen werden. In dem Augenblick, in dem 
der Trokar eingestoßen wird, soll der Kranke ausathmen, damit die 
Lungenränder sich zurückziehen. Dreyer (Köln). 


17) É. Cestan. L'intervention chirurgicale dans les trauma- 


tismes du coeur et du pericarde. 
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. März.) 

C. giebt eine sorgfältige Übersicht über den gegenwärtigen 
Stand der Herzchirurgie bei Verletzungen des Organs. Zur Fest- 
stellung der Blutansammlungen im Perikard räth C. die Anwendung 
des Fluoroskops und des Phonendoskops. Voluminöse Fremdkörper 
(Degenspitze, Messer) sollen aus dem Herzen oder Perikard erst nach 
Freilegung der verletzten Stelle entfernt werden; auch sollen zuerst 
die zur Naht bestimmten Fäden gelegt und durch sofortiges Zu- 
schnüren ein stärkere Blutung vermieden werden. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1229 


ı8) Bericht über die chirurgische Abtheilung 
der 70. Naturforscher- und Ärzte-Versammlung 


in Düsseldorf. 
Referirt von Re Wagner in Mülheim a. d. R. 


IV. 


Dr. B. Goldberg (Wildungen, Köln): Beitrag zur Behandlung der Uro- 
genitaltuberkulose. 

Die Entscheidung über operative Therapie bei Urogenitaltuberkulose wird be- 
herrscht von der Frage: Beschränkt sich die Tuberkulose auf ein Organ des 
Urogenitaltractus? Nur für die Nieren und für die äußeren Genitalien kann diese 
Frage in einer Reihe von Fällen, für die übrigen Organe nur in einzelnen Fällen 
bejaht werden; isolirte Tuberkulose der Prostata oder der Harnleiter oder der 
Harnblase oder der Samenbläschen ist eine Seltenheit. — Also kann als Radikal- 
therapie die operative nur bei Nieren-, Hoden- und Nebenhodentuberkulose in 
Frage kommen. Die örtliche Behandlung der Blasentuberkulose kann aus dem- 
selben Grunde nur eine palliative sein. Blasenspülung, Blasenätsungen, Blasen- 
exstirpationen, bezw. Resektionen sind kontraindieirt. — Sowohl bei den noch 
nicht operationsfähigen Tuberkulosen, als auch bei den nicht mehr operabeln, 
endlich bei den Operationen als Unterstützung ist die interne, diätetische und 
medikamentöse Behandlung heranzuziehen. G. hat außer Guajakol und Kreosot 
Ichthyol. sulfoammoniac. in flüssiger Form zu 1,0—3,0 pro die bei 13 Urogenital- 
tuberkulosen verabreicht; die Wirkung des letzteren erstreckte sich nicht nur auf 
den Allgemeinzustand, sondern auch auf die örtlichen Erscheinungen: Blutung, 
Eiterung, Harndrang, Schmerzen. Die Besserung war so konstant, so progressiv 
und so auf alle Krankheitserscheinungen ausgedehnt, dass ein Zweifel an dem 
ersichtlichen Zusammenhang zwischen Besserung und Ichthyolmedikation trotz der 
bekannten Intermittens der Beschwerden nicht berechtigt erscheint. 

(Selbstbericht.) 


W. Müller (Aachen) demonstrirt, unter Hinweis auf die werthvollen Unter- 
suchungen von Wilms, 2 durch Operation gewonnene Präparate, die zur Gruppe 
jener susammengesetzten Geschwülste gehören, die heut zu Tage noch vielfach 
fälschlich als Ovarialdermoide bezeichnet werden, die aber, nach dem Vorschlag 
von Wilms, besser als embryoide Tumoren, als Embryome zu bezeichnen 
sind. Durch mikroskopischen Nachweis von Derivaten aller 3 Keimblätter hat 
Wilms das Verständnis der Genese nicht nur für eine große Zahl komplicirter 
Ovarien-, sondern auch Hodentumoren sehr wesentlich erleichtert. Die Auffassung 
namentlich jener seltenen Tumoren, in welchen ganze Organe enthalten sind, als 
rudimentär entwickelte Menschen, ist ja nicht neu. Das erste der beiden Prä- 
parate, von einer 20jährigen Virgo intacta stammend, stellt ein recht seltenes Vor- 
kommnis dar: In einer der Cysten der Eierstocksgeschwulst findet sich nämlich 
außer Knochen und Haaren ein wohl charakterisirter Dickdarm, mit Tänien und 
Mesenterium und einer Andeutung von Wurmfortsatz. 

Das 2. Präparat, dessen Bedeutung in vivo erst durch Zuhilfenahme einer von 
Komik nicht freien Krankengeschichte erkannt wurde, gehört ebenfalls zu der 
Gruppe der Embryonen (in ähnlicher Form auf dem letzten Chirurgenkongress aus 
der v. Bramann'schen Klinik demonstrirt),. Es wurde aus dem Rectum, ziemlich 
hoch sitzend, entfernt und präsentirte sich bei der Untersuchung als eine klein- 
apfelgroße, scheinbar mit knöchernem Stiel dem Kreusbein aufsitsende Geschwulst, 
An dem harten, polypenartigen, mit dicker (Kopf-) Haut überzogenen Körper des 
Tumors befinden sich 2 etwa 20 cm lange Haarschweife. 


1230 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


Der Fall war dem Vortr. als »Blasentuberkulose« zugeschickt worden. Der 
Befund von schwarsen Haaren (Pat. war blond) im Urin und eine erst wiederholt 
erhobene Anamnese führten zur richtigen Diagnose: Blasen-Ovarial-Mastdarmfistel 
nach Perforation eines Embryoms und Umstülpung einer Cyste mit dem demon- 
strirten Gebilde in den Mastdarm. Durch mehrfache operative Eingriffe schwerer 
Art gelang die Entfernung. Erst nach langem Zögern gestand Pat., dass sie seit 
etwa 20 Jahren heftige Beschwerden stillschweigend ertragen hatte: Sie hatte im 
12. Lebensjahre einer unsittlichen Attacke seitens eines halbwüchsigen Knaben 
nicht in dem Maße gewehrt, wie es schicklich gewesen wäre. Als ihr dann 2 Jahre 
später nach vorausgegangener »Unterleibsentzündung« ein »Zopf aus dem Mast- 
darm wuchs«, hielt sie dies für eine berechtigte Schicksalsstrafe. Sie schnitt alle 
4 Wochen den Zopf ab, der ihr »zur Strafe beschert« war. Erst als die Blasen- 
beschwerden unerträglich wurden, nahm sie ärztliche Hilfe in Anspruch. 

(Selbstbericht.) 


K. Cramer (Köln): Über osteoplastische Knochenspaltung nach Barden- 
heuer mit Demonstration. 

Zum Ersatz eines fehlenden kurzen Röhrenknochens kann man bekanntlich 
einen benachbarten ähnlichen Knochen ganz oder partiell spalten und die auf diese 
Weise erhaltene Knochenspange, welche central oder peripher im Zusammenhang 
mit dem gespaltenen Knochen oder auch nur mit den Weichtheilen bleiben muss, 
an die Stelle des entfernten Knochens transloeiren. Es ist dies die Barden- 
heuer’sche Methode, welche bereits vor 2 Jahren auf dem Chirurgenkongress in 
Berlin und voriges Jahr auf der Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte 
besprochen wurde. Ferner kann man zum Ersatz besonders eines fehlenden Meta- 
tarsus oder Metacarpus den benachbarten gleichnamigen Knochen an seinem cen- 
tralen oder peripheren Ende mobilisiren und dann transloeiren. Weiter kann man 
einen Metatarsus mit benachbartem Fußwurzelbein in toto translociren oder auch 
im gegebenen Falle einen Metatarsus oder Metacarpus sammt seiner Basalphalanz 
spalten und die eine Hälfte, Metacarpus bezw. Metatarsus plus Basalphalanzspange, 
translociren. 

Auch bei artificiellem partiellen Defekt der peripheren Radiushälfte wurde 
die Ulna partiell peripher gespalten und in die Knochengabel die Handwurzel 
eingeschoben. Diese Operationsmethoden wurden 53mal ausgeführt, mit sehr gutem 
Dauererfolg. Die translocirte Knochenspange wird nicht atrophisch, sondern dicker 
im Verlauf von Wochen. (Selbstbericht.) 


A. Lorenz (Wien): Bemerkungen tiber die Therapie der angeborenen 
Hüftgelenksverrenkung durch unblutige Reposition und Demonstration eines 
Präparstes. 

Mehrfache Meldungen über ungenügende Resultate, die auf dem Wege der 
unblutigen Einrenkung der angeborenen Hüftgelenksluxation erzielt wurden, sind 
nach L. wohl größtentheils auf eine mangelhafte Beherrschung der Technik der 
Retention und Reposition zurückzuführen. Der Vortr. verfügt über ein Material 
von über 300 Fällen und kann nur sagen, dass die Erfolge der unblutigen Ein- 
renkung seine anfänglichen Erwartungen weit übertroffen haben. IL. benutzt die 
Gelegenheit, aus seiner bisherigen Erfahrung einige wichtige Momente hervorzu- 
heben. Mit allem Nachdruck warnt L. vor der Forcirung der unblutigen Reposi- 
tion jenseits des 10. Lebensjahres bei einseitig luxirten Kindern und jenseits des 
7. und 8. Lebensjahres bei doppelseitigen Luxationen. Die Indikationsgrensen 
seien also etwas einzuengen. L. behält die Einrenkung über den hinteren Pfannen- 
rand bei, weil derselbe in Folge seiner besseren Entwicklung das Gelungensein 
der Reposition leichter erkennen lässt und weil er für die Retention bessere 
Chancen bietet. Vor der brüsken Anwendung der Extensionsschraube sei zu war- 
nen, da Zerrungslähmungen entstehen können. Die suprakotyloide Form der Luxa- 
tion schließt der Vortr. von der Reposition aus und begnügt sich damit, den 
Schenkelkopf durch mechanische Behelfe an der vorderen Beokenwand zu erhalten. 
Als untere Altersgrense für die Repositionsindikation nimmt L. jenes Alter an, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1231 


in welchem die Kinder im Allgemeinen verlässlich bettrein geworden sind. L. 
demonstrirt das Repositionsmanöver an einem anatomisch-pathologischen Präparat, 
welches von einem 7jährigen Kinde stammt, das wegen rechtsseitiger iliacaler 
Luxation der unblutigen Reposition unterzogen wurde und nach gelungener Ope- 
ration leider in der Narkose verstarb. Die Bewegungen des Schenkelkopfes durch 
die Einrenkungsmanöver können hier mit dem Auge verfolgt werden, und es zeigt 
sich, dass die Reposition in diesem Falle eine selten solide primäre Stabilität 
aufweist; außer einigen Einrissen der medialsten Adduktorenbündel zeigt das Prä- 
parat keine weitere Verletzung. 

Schwieriger noch als die Reposition gestaltet sich die Retention des Kopfes 
an seinem neuen Standplats. In dieser Beziehung müssen noch weitere Fort- 
schritte gemacht werden, welche indess im besten Zuge sind. Am schwierigsten 
ist die Wahl der zweckmäßigsten primären Stellung. Bestimmte Regeln lassen 
sich hierfür kaum aufstellen. In günstigen Fällen, bei gut erhaltener Pfanne und 
ausreichender primärer Stabilität hat L. wiederholt die Mittellage des Gelenks 
(leichte Beugung, Abduktion, Auswärtsrollung) als Primärstellung gewählt, weil bei 
dieser ein größtmöglicher Abschnitt des Kopfes in flächenhafter Berührung mit 
der Pfanne steht und plastisch gegen diese wirken kann. Vorgewiesene Röntgen- 
bilder zeigen in der That, dass die Pfanne des luxirten Hüftgelenks derart aus- 
gestaltet werden kann, dass sie auch bei normaler Beinstellung dem Kopf ein 
vollkommen sicheres Lager bietet und von der Pfanne der gesunden Seite kaum 
zu unterscheiden ist. Es sind also ideale Heilungen im strengsten Sinne des 
Wortes, und zwar in anatomischer, als auch in funktioneller Weise möglich, und 
der Vortr. hat eine ganze Reihe solcher Fälle aufzuweisen. Leider aber muss 
zugestanden werden, dass solche ideale Heilungen vor der Hand nicht die Regel, 
sondern die Ausnahme sind; aber der Vortr. hofft sicher, dass es noch gelingen 
wird, wenigstens die Durchschnittsresultate noch wesentlich zu bessern. In der 
Mehrzahl der Fälle ist die primäre Stabilität der Reposition so gering, dass man 
zu extremen primären Einstellungen des Schenkels greifen muss, um die Erhal- 
tung der Reposition zu sichern. Relativ am besten hat sich dem Vortr. als pri- 
märe Stellung eine Kombination von Abduktion, Überstreckung und Auswärts- 
rollung bewährt, deren Grad je nach Gunst oder Ungunst der anatomischen Ver- 
hältnisse wechselt. Von primärer Einwärtsrollung ist der Vortr. seit Langem 
zurückgekommen, da dieselbe ein Moment für Reluxation nach hinten in sich 
schließt. Die oben bezeichnete Primärstellung verhindert mit Sicherheit eine 
Reluxation nach hinten. Zweifellos hat sie aber das Missliche, dass der Schenkel- 
kopf von der knöchernen Pfanne abgewendet wird, so dass von dem innigen, 
flächenhaften Verkehr der Gelenkkörper, wie bei mittlerer Gelenkstellung, nicht 
die Rede sein kann. 

Die Stabilisirung .er Reposition bei nokhgedrungener Wahl extremer Primär- 
stellungen erfolgt snnächst nicht durch Pfannenvertiefung, sondern durch Schrum- 
pfungsverkürzung aller pelvitrochanteren Gebilde (Fascien, Sehnen, Muskeln, 
Hinterkapsel) während der ersten Fixationsperirde. Bei der nachträglichen, 
etappenweisen Korrektuf der Primärstellung liefert die Schrumpfungsverkürzung 
der pelvitrochanteren Gebilde ein mächtiges Retentionsmoment. Der Vortr. ist 
mit Versuchen beschäftigt, nach Vermehrung der Stabilität der Reposition durch 
die Schrumpfungsverkürzung der pelvitrochanteren Weichtheile während der ex- 
tremen Primärstellung die weitere Retentionsbehandlung in Mittellage des Ge- 
lenks fortzuführen. Vor der Hand lässt sich nach L. mit dem bisherigen Reten- 
tionsverfahren mit großer Sicherheit eine hintere Reluxation verhüten. Einige 
solche Fälle stammen aus der ersten Versuchszeit. Was sich aber sehr häufig 
nicht verhüten lässt, ist eine nachträgliche, während der Korrektionsetappen er- 
folgende Verschiebung des reponirten Schenkelkopfes nach oben. Es bildet sich 
ein festes Gelenk im Bereich der vorderen Fläche der Darmbeinschaufel, es ent- 
steht also sehr häufig eine vordere, obere Reluxation, also zweifellos kein anato- 
misoh ideales Resultat. Klinisch kann man die vordere, obere Reluxation vielfach 
gar nicht nachweisen. Dieselbe wird erst durch das Röntgogramm aufgedeckt. 


1232 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


Diese anatomisch anfechtbaren Resultate stehen jedoch in funktioneller Beziehung 
durchaus nicht gegenüber jenen Fällen zurück, bei welchen die Reposition eine 
tadellose geblieben war; man kann also auch in diesen Fällen von funktioneller 
Heilung der angeborenen Hüftgelenksverrenkung sprechen, und in der That ist 
auch bei vorderer, oberer Reluxation das therapeutische Problem der angeborenen 
Hüftgelenksverrenkung gelöst, welches lautet: Die muskulär-ligamentöse 
Suspension des Beckens an dem Schenkelkopfe ist ineine knöcherne 
Unterstützung des Beckens durch den Schenkelkopf zu verwandeln. 
Lediglich die hintere Reluxation bedeutet den Status quo ante, d. h. den vollen 
Misserfolg. Der Vortr. kann sich der Befürchtung nicht verschließen, dass die 
Klagen über hintere Reluxation vielfach darauf zurückzuführen sind, dass der 
Schenkelkopf von vorn herein nicht richtig reponirt war, und demonstrirt schließ- 
lich geheilte Fälle, (Selbstbericht.) 


Diskussion: Riedel (Jena) stellt ein 23jähriges, zur Zeit in Düsseldorf 
wohnendes Mädchen vor, das, am 25. Oktober 1882 wegen Luxatio spont. coxae 
operirt, ein gewisses historisches Interesse hat, weil bei ihm die erste blutige Re- 
position mit Erfolg durchgeführt wurde. 

Es lag eine ganz besondere Indikation zu einem Eingriff vor: bei dem damals 
5jährigen, an doppelseitiger sogenannter Spontanluxation leidenden Kinde hatte 
sich im Laufe der letzten beiden Jahre das linke Bein in die typische Stellung 
der Luzatio iliaca begeben; es stand in Flexion, Adduktion und Rotation nach 
innen, so dass der Fuß den Boden nicht mehr erreichte. Weil das Kind somit 
gar nicht mehr gehen konnte, wurde die Operation vorgeschlagen und am ge- 
nannten Tage im Mariahilfhospital zu Aachen ausgeführt. 

Nach Längsschnitt auf dem Trochanter wurden die Muskeln wie bei der Re- 
sectio coxae weit abgelöst, dann die Gelenkkapsel geöffnet; das Lig. teres fehlte, 
die Pfanne war nur als flache Grube angedeutet. 

Diese Grube wurde mittels Hohlmeißels und kurzen, scharfen Löffels zu einer 
großen glattwandigen Höhle vertieft; die Reposition des Kopfes gelang erst nach 
wiederholten Schnitten in die sich spannenden Muskeln. Der Verlauf war ein 
völlig ungestörter, so dass Pat. bereits am 9. December 1862 mit etwas beweg- 
lichem Hüftgelenk entlassen werden konnte. 

Bei Herstellung der Pfanne war keine Spur von Epiphysenknorpel gesehen 
worden. Der Gedanke lag nahe, dass die neugebildete Pfanne nicht weiter wachsen, 
der Kopf nach einiger Zeit wieder aus derselben herausrutschen würde. Trat 
dieses ein, so war der Zustand des operirten Beines sicherlich ein sehr ungünstiger. 
Da nun die meisten Kinder mit doppelseitiger Spontanluxation leidlich gehen 
können, so erschien es nicht indicirt, bei diesem die Operation zu wiederholen; 
man musste erst wissen, ob bei dem ersten unter einer dringenden Indikation ope- 
rirten Kinde die Pfanne weiter wachsen würde; man konnte also nur sehr lang- 
sam vorgehen, um nicht eventuell die Extremitäten weiterer Kinder schwer zu 
gefährden. 

Die Operation wurde also nicht wiederholt; das operirte Kind aber genau 
beobachtet. Es blieb unter der Kontrolle des behandelnden Arztes, des Herrn 
Sanitätsrath Dr. Dahmen (Jülich); später wurde es von Herrn Dr. Müller 
(Aachen), zuletst von Herrn Dr. Thomas (München-Gladbach), unter dessen As- 
sistens es im Jahre 1882 operirt war, untersucht. Das von Letzterem am 18. Sep- 
temper 1895 aufgenommene Protokoll lautet folgendermaßen: »Pat. ist gegen ihre 
Geschwister etwas im Wachsthum zurückgeblieben, hat sich aber sonst gut ent- 
wickelt. Sie kann ohne Ermüdung 3—4 Stunden gehen, sie kann laufen und sogar 
tansen. Die linke Hüftgegend bietet gegenüber der stark polsterartig vorgetrie- 
benen rechten ein fast normales Aussehen. Rechterseits ragt der Trochanter beim 
Stehen fast 5 cm über die Höhe der Spina hinüber, während links Spina und 
Trochanter in einer horizontalen Ebene stehen. 

Die aktive Flexion im linken Hüftgelenk ist von der gestreokten Stellung 
aus bis zu einem Winkel von 90° möglich. Weiterhin geht das Becken mit. Bei 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49. ` 1233 


den Bewegungen fühlt man leises Reiben im Gelenk. Doch ist nichts von Ar- 
thritis deformans nachweisbar.« 

Dieser Befund wird auch heute noch zutreffend sein; man sieht durch die 
Kleider hindurch die polsterartig vorgetriebene rechte Hüfte, während die linke 
Seite nichts Abnormes zeigt; eine genauere Untersuchung ist zur Zeit unmöglich. 
Jedenfalls ist die neugebildete Pfanne mitgewachsen und hält noch heute den 
Kopf eben so fest umschlossen als im Jahre 1882. 

Der Fall ist, obwohl in der Debatte über Hoffa’s ersten Vortrag »Zur ope- 
rativen Behandlung der angeborenen Hüftgelenksverrenkungen« erwähnt und genau 
in den Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie 1890 p. 51 be- 
schrieben, nicht in die Litteratur übergegangen. (Selbstbericht.) 


Krukenberg(Halle) : Demonstration eines neuen medico-mechan. Apparats. 

K. hat neuerdings einen auf dem Pendelprincip beruhenden Apparat kon- 
struirt, mit welchem durch Einschaltung verschiedener Handhaben fast alle Gelenke 
der Extremitäten behandelt werden können. Das Pendel lässt sich gegen die 
Handhaben in jeder beliebigen Stellung fixiren, so dass je nach Bedarf bei jedem 
einzelnen Glied eine stärkere Beuge- oder Streokstellung als Ausgangsstellung ge- 
wählt werden kann. Die Kraft der Pendelschwingungen lässt sich in so weiten 
Grengen variiren, dass beispielsweise der Apparat durch den kleinen Finger leicht 
in Schwingungen versetzt werden kann, während auf der anderen Seite auch 
kräftige Tret-(Bergsteige-)bewegunzen möglich sind. Bei Bewegungen im Schulter- 
gelenk weicht K. gegenüber früheren von ihm und Anderen konstruirten Appa- 
raten in so fern ab, als er den Pat. jetst so placirt, dass die Achse des Schulter- 
gelenks mit der des Apparats in einer Linie zusammenfällt und der Arm in 
Streckstellung angespannt gehalten wird. K. erzielte besonders bei der Nach- 
behandlung der Mammaamputation mit diesem Apparat überraschend schnelle 
Wiederherstellung der Beweglichkeit des Schultergelenks.. Auch an den Hand- 
haben für Pro- und Supination und für die Fingerbewegungen hat K. Neuerungen 
und Verbesserungen angebracht. Der Apparat gestattet auch reine Widerstands- 
bewegungen unter Anwendung des von K. angegebenen Widerstandsrades. (De- 
monstration des Apparate bei Einstellung für Hüft- und Kniebeugung, Schulter- 
hebung, Schulterrotation, Ellbogenbeugung und -streckung, Pro- und Supination, 
Handgelenksbewegung, Fingerbeugung und -streckung.) (Selbstbericht.) 


Schulze (Duisburg): Neues auf dem Gebiet der Orthopädie und Medico- 
Mechanik mit Demonstration neu konstruirter Apparate. 

Zur Behandlung von Funktionsstörungen der Gelenke sind diejenigen Apparate 
die besten, welche gleichmäßige und bestimmt dosirbare Bewegungen gestatten. 
3 Apparate, welche eine Lücke in der Zander’schen Kollektion ausfüllen sollen, 
hat S. konstruirt und mit bestem Erfolg seit längerer Zeit in Betrieb. 

I. Apparat zur Mobilisirung des Kniegelenks, 
I. D D » des Elibogengelenks, 
I. >» » > der Finger in den Grundgelenken. 

Um die unbedingt nothwendige gleichmäßige Bewegung zu erzielen, erfolgt 
der Antrieb durch Motor; aus jeder Winkelstellung kann jede beliebige große 
und kleine Exkursion gemacht werden. 

Als wesentlich zur Behandlung der Frakturen des Ober- und Unterschenkels, 
so wie der kongenitalen Luxation dienend, demonstrirt 8. einen orthopädischen 
Tisch. Das Princip besteht in der Sohraubenextension unter gleichzeitiger Fixa- 
tion des Beckens vermittels einer Beckenschraube. Ein am unteren Ende des 
Tisches angebrachtes Segment von Schmiedeeisen, auf dem die Extensionsschraube 
beliebig hin und her bewegt werden kann, ermöglicht eine Abduktion der Ex- 
tremität fast bis zum rechten Winkel. Bei der Behandlung der Frakturen wird 
stets zuerst vermittels einer Gipshose das ganze Becken mit beiden Hüftgelenken 
fixirt, und zwar in etwas abducirter Stellung. Nach Erstarren des Verbandes wird 
das Becken oberhalb der Trochanteren in die Beckenschraube gelegt. Vermittels 
des bereits vorher möglichst hoch hinauf reichenden Extensionsverbandes erfolgt 


1234 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


nun die Extension durch die am Segment angebrachte Schraube. Vermittels der 
Röntgenlampe kann man leicht das ganze Verhalten der einzelnen Fragmente zu 
einander beobachten. Nach genügender Extension wird der Gipsverband für die 
ganze Extremität vervollständigt. Erst nach Erstarren des Verbandes wird die 
Extension ausgeschaltet. Dieselbe findet ihre Wirkung einerseits durch das Tuber 
ischii, andererseits durch den rechtwinklig gestellten Fuß. 

Apparat zur Korrektur der Kyphose. 

Derselbe hat wesentlich den Zweck, die Wirbelsäule zu mobilisiren, was durch 
die horizontale und vertikale Extension erreicht wird. Zur Streckung wird am 
Kopf die Glisson’sche Schwinge, am Becken ein Gurt mit daran befestigten 
Schlingen benutzt; die Extremitäten sind also vollständig frei. Für die horison- 
tale Extension genügt ein gewöhnlicher Tisch, an dessen Kopf- und Fußende je 
eine Welle angebracht ist, welche die Extension besorgt. Die vertikale Extension 
wird bewirkt durch einen in Höhe des Buckels aufgestellten, ca. 70—80 cm hohen 
Galgen, der an seinem obersten Ende auch eine Welle trägt. An letzterer ist eine 
Schaukel befestigt, auf der der Buckel ruht. Durch Auf- und Niederdrehen der 
Schaukel erfolgt die vertikale Extension. Die durch erwähnte Manipulationen 
erreichte Korrektur kann sofort durch die Anlage eines Gipspanzers fixirt werden. 
Zu dem Zweck ersetzt man die Schaukel durch eine dünne, breite Gazebinde, 
welche an einem Querholz des Galgens festgebunden und mit eingegipst wird. 

Zum Schluss empfiehlt S. zur Nachbehandlung des Klumpfußes einen Apparat, 
welcher nur bei Nacht getragen werden soll, um die vielfach vorhandene Neigung 
zur Rotation zu beseitigen. Der Apparat ist nur dann indieirt, wenn die Kor- 
rektur völlig erreicht wurde. Er besteht aus einer Doppelschiene für den Unter- 
schenkel und aus einer Gamasche für den Hinterfuß und aus einer solchen für 
den Vorfuß. Die Fußsohle trägt in der Mitte zwischen beiden Gamaschen ein 
Scharnier, welches auf der Innenseite sich befindet. Eine an der Außenseite an- 
gebrachte Spiralfeder regulirt vermittels einer Schraubenvorrichtung die Abduk- 
tionsstellung des Vorfußes. (Selbstbericht.) 


Dreesmann (Köln) demonstrirt ein von ihm konstruirtes Redressionskorsett 
zur Behandlung der Skoliose. Dasselbe besteht aus einem Beckentheil und 
einem Brusttheil, die, beide aus festem Stoff verfertigt (Holz, Leim oder Leder), 
den betreffenden Körperabschnitt fest umschließen und in der Taillengegend einen 
etwa handbreiten freien Zwischenraum lassen. Bei der gewöhnlichen rechtsseitigen 
Dorsalskoliose geht dann ein fester Gummisug, der im Rücken oben links be- 
festigt ist, rechts um das Korsett herum und wird am Beokentheil links wieder 
befestigt. An der Stelle des hinteren und vorderen Rippenbuckels trägt dieser 
Gurt, der hier innerhalb des Korsetts verläuft, 2 Pelotten; im Übrigen, besonders 
an der rechten, Seite verläuft der Gurt, um den Thorax vor seitlichem Druck zu 
schützen, außerhalb des Korsetts. 2 Stahlstangen im Rücken rechts und links, 
die am Beckentheil durch Scharniergelenk befestigt sind, ermöglichen, die eine 
oder andere Seite des Brusttheils des Korsetts und damit die betreffende Thorax- 
hälfte zu heben. Die Vortheile dieses Korsetts bestehen in dem beständigen 
redressirenden Einfluss auf die Skoliose, bewirkt durch den Druck auf die Rippen- 
buckel und die Detorsion der Wirbelsäule. Außerdem gestattet das Korsett freie 
Beweglichkeit der Wirbelsäule. (Selbstbericht.) 

Zenker (Hamburg) demonstrirt einige Korsetts zur Hebung der Skoliose. 


Straeter stellt im Interesse des Erfinders Herm Schlüter in Düsseldorf 
3 am Unterschenkel Amputirte vor; 2 davon waren an einem Unterschenkel 
amputirt und haben Dank dem künstlichen, vom Redner konstruirten Unterschenkel 
ein vorzügliches Gehvermögen, fahren sogar Rad, das sie mit Leichtigkeit be- 
steigen. Der Dritte ist an beiden Unterschenkeln amputirt und geht eben so vor- 
züglich ohne Stock. Die Prothesen haben ihren Stütspunkt am resp. unterhalb 
des Kniegelenks. 

Das vorzügliche Gehen wurde von allen Tbeilnehmern der Versammlung kon- 
statirt. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1235 


Kleinere Mittheilungen. 


19) R. Stankowski. Über doppelseitige Trommelfellrupturen. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 8.) 


Mittheilung von 3 Beobachtungen doppelseitiger Trommelfelldurchlöcherung 
nach voraufgegangener Gewalteinwirkung. Das Verständnis für die Kranken- 
geschichten ist durch die an der Bloch’schen Poliklinik eingeführten, aber keines- 
wegs allgemein geläufigen Abbreviaturen recht erschwert. In Betreff der Prognose 
doppelseitiger Trommelfellrupturen meint Verf., dass eie im Allgemeinen besser 
sei, als die der einfachen, da die doppelseitigen fast ausschließlich durch indirekte 
Gewalteinwirkung entstehen und daher meistens ohne Eiterung heilen. Sind aber 
die doppelseitigen Rupturen komplieirt mit Labyrinthveränderungen oder Fissuren 
des Schläfenbeins, so ist ihre Prognose natürlich quoad vitam und quoad func- 
tionem ungünstiger, als diejenige der einseitigen komplieirten Ruptur. 

Teichmann (Berlin). 


20) Löhnberg. Über einen Apparat zur Vibrationsmassage des Trom- 
melfells und der Nasenschleimhaut für den Selbstgebrauch des Pat. 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1898. No. 8.) 

Da die Vibrationsmassage des Trommelfells und der Nasenschleimhaut zu den- 
jenigen Behandlungsmethoden gehört, welche lange Zeit hindurch angewendet 
werden müssen (richtiger: welche nur so lange wirksam sind, wie sie angewendet 
werden, Bet), so hat sich das Bedürfnis ergeben, die Behandlung dem Pat. selbst 
zu überlassen. Zu diesem Zweck hat Noebel einen Apparat konstruirt, welcher 
durch die Achse des Spulapparats einer Nähmaschine mit Tretvorrichtung in Be- 
wegung gesetzt wird. Wer die intensive Reizwirkung der Vibration auf die Nasen- 
schleimhaut und gar auf das Trommelfell öfters beobachtet hat, wird wohl nicht 
ohne Bedenken einen solchen Apparat dem Pat. in die Hand geben, der nur zu 
oft nach dem Grundsatz handelt: Viel hilft viele. Teichmann (Berlin). 


21) Noquet. Un cas de parosmie subjective. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 35.) 

Ein 52jähriger Mann litt im Anschluss an einen heftigen Sohnupfen seit 
11/3 Monat an einer beständigen üblen Geruchsempfindung, welche ihm besonders 
das Essen -verleidete. In der Nase fand sich nichts Pathologisches, als eine An- 
schwellung der Schleimhaut an beiden mittleren Muscheln, welche mit der gegen- 
überliegenden Septumfläche in ausgedehnte Berührung trat. Verf. nahm an, dass 
diese Berührung einen Druck auf die Endausbreitungen des Riechnerven in der 
Septumschleimhaut ausübe und dadurch die subjektive Geruchsempfindung hervor- 
rufe; hierin wurde er bestärkt durch das vorübergehende Verschwinden des Ge- 
ruchs, wenn durch Cocain die Muschelschleimhaut zur Abschwellung gebracht 
wurde. Eine galvanokaustische Behandlung der Muschelschleimhaut brachte denn 
auch vollkommene Heilung von den unangenehmen Sensationen. 

Teichmann (Berlin). 


22) R. Bernard. Sinusite aiguë non suppur&e à pneumocoques. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 33.) 

Mittheilung von 2 Fällen, in welchen sich im Anschluss an einen akuten 
Schnupfen unter fieberhaften und neuralgischen Erscheinungen eine Affektion der 
Nasennebenhöhlen entwickelte, die durch ein dem pneumonischen Auswurf sehr 
ähnliches Exsudat ausgezeichnet war. Beide Male fanden sich in dem untersuchten 
Sekret fast Reinkulturen von Pneumokokken. Auch der Thierversuch fiel im 
1. Falle positiv aus. Der Verlauf der Erkrankung war günstig und ausgezeichnet 


1236 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


durch einen kritischen Temperaturabfall ebenfalls der Pneumonie ähnlich. Be- 
merkenswerth ist, dass es nicht zur Eiterung kam; Verf. sucht die Erklärung 
hierfür in einer besonderen Widerstandskraft der Gewebe. 

Teichmann (Berlin). 


23) Freymuth und Petruschky. Zweiter Fall von Diphtherienoma 
— Noma faciei —; Behandlung mit Heilserum; Herstellung. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 38.) 

Bereits in einem Falle von Noma genitalium hatten die Vert. Diphtherie- 
bacillen gefunden und Heilung durch eine Diphtherieserumeinspritzung herbei- 
geführt. 

In einem Falle, welcher einen 8jährigen typhuskranken Knaben betraf, gelang 
es ihnen, in einem erbsengroßen, grauen Fleck auf der Innenseite der Wangen 
abermals den Löffler’schen Bacillus zu finden. Pat. erhielt in 9 Injektionen 
nach und nach 9500 Immunitätseinheiten. 

Nach anfänglicher Zunahme des Processes bis sum 5. Tage, der den Charakter 
der Noma evident erwies, begann am 6. Tage die Demarkation, die schließlich 
mit völliger Genesung endete; eine plastische Operation zur Beseitigung der Ent- 
stellung ist noch nöthig. 

Die bakteriologische Untersuchung ergab außer dem Bacillus Löffler noch 
Staphylococcus aureus und den Pseudodiphtheriebacillus. 

BR. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


24) Berkeley (New York). Angeborene Geschwulst des harten 
Gaumens. 
(Med. and surg. report of the presbyterian Hospital of the city of New York 1898. 
Januar.) 

Aus dem Munde eines rechtzeitig geborenen Kindes ragte eine Geschwulst 
von der Größe einer Mannesfaust heraus, welche leicht knotige Oberfläche hatte 
und wie Bauchfell glänste. Sie war durch einen Stiel von 2,5 em Durchmesser an 
den hinteren Theil des harten Gaumens dicht vor dem Beginn des weichen Gaumens 
angeheftet. Ohne Anästhesie wurde diese Geschwulst mittels der noch nicht roth- 
glühenden Schneideschlinge völlig blutlos abgetragen, ohne dass Shockerschei- 
nungen aufgetreten wären. Doch trat nach 5 Tagen der Tod an Schluckpneumonie 
in Folge der Eiterung ein. Die histologische Untersuchung zeigte, dass die 
Hauptmasse der Geschwulst aus sehr kleinen kapillaren Blut- und Lymphgefäßen 
von 10—20 u Weite bestanden; nur wenige Gefäße waren viel weiter, 100—300 p, 
eingebettet in Bindegewebe, das meist einen embryonalen Charakter trug. An ein- 
zelnen Stellen fanden sich auch Gruppen von Knorpelzellen. Es handelt sich 
mithin um ein angeborenes Hämo-Lymphangiom. ` Lëbe (Königsberg (Pri 


25) F. v. Friedländer, Beitrag zur Kenntnis der. myogenen Kiefer- 
klemme. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 19.) 

Der auf der Albert’schen Klinik beobachtete Fall betrifft ein 19jähriges 
Mädohen, dem 2 Jahr suvor auf derselben Klinik bereits ein Osteom des linken 
Proc. coronoideus entfernt wurde. Jetzt völliges Unvermögen, den Unterkiefer 
aktiv zu bewegen; die Zahnreihen sind fest auf einander gepresst. Masseteren 
sind weich, kontraktionsfähig. Dagegen sind beide Mm. temporales in eine feste, 
knochenharte Geschwulstmasse verwandelt. Exstirpation beider Temporales und 
Entfernung einer vom Proc. coronoideus gegen die temporale Fläche des Jochbeins 
(nach temporärer Resektion des letsteren) siehenden Knochenspange. Effekt der 
Operation günstig: aktive Öffnung bie zu 2 cm. Weiterer Verlauf unbekannt. 

Verf. rechnet den Fall vorläufig zur Gruppe multipler Exostosen im Sinne 
Virchow’s, ohne indessen einen atypischen Beginn der progressiven Myositis ossi- 
ficans ausschließen zu wollen. Hübener (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1237 


26) F. Gundrum. Ein Blutegel im Rachen. 
(Lieöniöki viestnik 1898. No. 7. [Kroatisch.)) 

Der Fall gewinnt dadurch an Interesse, dass der Kranke das Thier während 
14 Tagen im Rachen hatte, ohne von seinem Vorhandensein eine Ahnung zu haben, 
und dass er sogar wegen Blutspuckens von einem Arzt gegen Phthise behandelt 
wurde. Der Blutegel kam in den Rachen beim Trinken aus einer Quelle. Die 
Beschwerden waren Blutspucken, erschwertes Schlingen und Schmerzen dabei, 
manchmal schweres Athmen. G. entfernte den Blutegel mit einer langen Kornzange. 

v. Caökoviö (Agram). 


27) Boisson et Marcus (Paris). Diagnostic de la présence et de la 
topographie d'une balle de revolver dans la région sus-hyoidienne 
par la radioscopie et la radiographie; extraction; guérison. 
(Arch. de méd. et de pharm. militaire 1898. Juni.) 

Da die Überschrift das Wesentliche über den vorliegenden Fall enthält, ge- 
nügt es, hinzuzufügen, dass die auffallenden schweren, traumatisch-hysterischen 
Nervenerscheinungen, welche durch das Geschoss bewirkt wurden, sofort nach 
seiner Entfernung verschwanden. Um ein deutliches Bild von dem Sitz des Ge- 
schosses mittels der X-Strahlen erhalten zu können, bedurfte es vielfacher Ver- 
schiebungen des Schirmes. Es wurde aber durch die bestehenden Lähmungs- 
erscheinungen unmöglich gemacht, alle diese Bilder photographisch zu Biren, 
vielmehr konnte nur von einer Seite her eine photographische Aufnahme ge- 
nommen werden. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


28) P. Marie et C. Astié. Sur un cas de kyphose her&do-traumatique, 
(Presse méd. 1897. No. 82.) 

Ein 53jähriger Mann, in dessen Familie eine Neigung zu Kyphose erblich ist, 
wurde vor 12 Jahren ebenfalls krumm. 4 Jahre später erlitt er einen Fall, indem 
er mit dem Rücken auf einen harten Gegenstand fiel. Von dieser Zeit an empfand 
er heftige Schmerzen, ein Gefühl von außerordentlicher Schwere und einige Wochen 
darauf eine schnell zunehmende, bedeutende Abweichung der Wirbelsäule nach 
vorn. Wenn er auch vorher schon verkrümmt war, so war die nach dem Unfall 
entstandene Krümmung doch in keiner Weise mit jener zu vergleichen. Sowohl 
der Kranke selbst, als auch andere Zeugen bekunden den Zusammenhang der be- 
trächtlichen Zunahme der Kyphose mit dem Unfall. — Der Fall entspricht in 
Allem den von Kümmell! und Henle? mitgetheilten. Die Erklärungen für den 
auffallenden Symptomenkomplex beruhen nur auf Hypothesen. Verf. ist geneigt, 
seinen Fall mit einer Schädigung des Rückenmarks zu erklären, in deren Folge 
eine Ernährungsstörung der Wirbelkörper und eine Gestaltveränderung derselben 
auftritt. Eventuell käme auch eine hystero-traumatische Entstehungsweise in Be- 
tracht. Da solche Fälle einen ganz besonderen Symptomenkomplex zeigen, schlagen 
Verff. vor, diese Art von Kyphose mit dem Namen »heredo-traumatisch« zu be- 
legen. Tsohmarke (Magdeburg. 


29) Kofend. Über einen Fall von Syringomyelie mit Spontanfraktur 
beider Humerusköpfe und Resorption derselben. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 13.) 

Die ausführlich mitgetheilte Krankengeschichte der 54jährigen Pat., die durch 
2 sehr instruktive Abbildungen (darunter ein Röntgenbild) illustrirt wird, muss im 
Original gelesen werden. Es besteht ausgesprochene Syringomyelie; die beiden 
Oberarmköpfe sind bis zum Collum chirurgicum geschwunden, Beiderseits Schlotter- 
gelenk. Die 3 bislang veröffentlichten analogen Fälle der Litteratur, in denen 
aber nur die eine Seite betroffen war, werden ausführlich wiedergegeben. 

Hübener (Breslau). 


1 Deutsche med. Wochenschrift 1895. p. 180. 
2 Archiv für klin. Chirurgie 1896. Bd. XXII. 


1238 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


30) Grounauer. Côte supplémentaire cervicale. Observation de la 
clinique chirurgicale de Lausanne. 
(Revue med. de la Suisse rom. 1898. No. 1.) 
Überzählige Halsrippe beiderseits. Die linksseitige, nervöse Störungen be- 
dingende, auch von bedeutendem Umfang im Verhältnis zur rechten, wird durch 
Resektion entfernt. Kronacher (München). 


31) 8. Preyss. Über die Operation der diffusen Lipome des Halses. 

` (Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXIL Hft. 2.) 

P. bringt die Krankengeschichten von 4 Fällen diffuser Halslipome, von denen 
einer desshalb besonderes Interesse verdient, als hier sum 1. Mal eine totale Ex- 
stirpation sämmtlicher Geschwülste vorgenommen worden ist, und gliedert diesen 
20 weitere Fälle der Litteratur, die sämmtlich operativ behandelt wurden, an. 
Obwohl die Schwierigkeiten der Exstirpation keine geringen sind, tritt P. doch 
entschieden für operatives Eingreifen ein, da einerseits die Lipome bei zunehmen- 
dem Wachsthum zu bedrohlichen Erscheinungen (Kompression der Luftröhre) 
führen können, andererseits der Heilverlauf stets ein günstiger war, und nament- 
lich niemals Recidive beobachtet worden sind. Honsell (Tübingen). 


32) Harmer. Über ein primäres Carcinom der Epiglottis und dessen 
operative Entfernung. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 14.) 

Der auf der Albert’schen Klinik beobachtete und von Ewald operirte 
Fall bietet nicht sowohl wegen der relativen Seltenheit der primären Epiglottis- 
carcinome Interesse, als auch wegen der langen Dauer (5 Jahre) der Recidiv- 
freiheit. 

Es wurde ohne präventive Tracheotomie bei hängendem Kopf die Geschwulst 
mittels der Pharyngotomia subhyoidea entfernt und der Rachen nach außen völlig 
verschlossen (nach 8 Tagen Fistelbildung). Als am 3. Tage p. op. Erscheinungen 
von Bronchitis bei der 65jährigen Pat. auftraten, wurde Pat. schräg mit dem Kopfe 
abwärts gelagert, wie dies von Bardenheuer suergt empfohlen wurde, worauf ` 
bereits am nächsten Tag das Fieber schwand. Verf. schreibt dieser Art von Therapie 
einen nicht unbedeutenden Einfluss auf den weiteren günstigen Krankheitsverlauf 
zu, der sich auch in 2 anderen Fällen von umfänglicher Resektion des Kehlkopfs 
und der Luftröhre »glänsend« bewährte. Hübener (Breslau). 


33) M. Lermoyez. Paralysie recurrentielle incurable bénigne consé- 
d cutive à la rougeole. 
(Ann. des malad. de l’oreille 1898. p. 357.) 

L. beschreibt den Fall einer 30jährigen Frau mit typischer linksseitiger, im 
3. Lebensjahre nach Masern entstandener Reourrenslähmung. Im Anfang asthma- 
artige Athembeschwerden und Stimmlosigkeit, später keuchhustenartige Anfälle, 
weiterhin keine anderen Beschwerden, aber ein gewisser Grad von Heiserkeit. — 
Die meisten Recurrenslähmungen nach Rötheln — überhaupt eine große Selten- 
heit —, sind nur vorübergehend und wahrscheinlich die Folge des Druckes ge- 
schwollener Drüsen auf den Stamm der Nerven. Kümmel (Breslau). 


34) H. Gaudier. Un nouveau cas de myxome hyalin typique du 
larynx. 
(Ann. des malad. du larynx T. XXIV: p. 364.) 

34jähriger Mann, mit starker Heiserkeit, zeitweise Stimmlosigkeit, Fremd- 
körpergefühl im Kehlkopf, Hustenanfällen und Dyspno&, hat einen mandelgroßen, 
einem typischen Nasenpolypen absolut gleichsehenden (und auch mikroskopisch 
gleichartig gebauten), vom linken Stimmbande, nahe der vorderen Kommissur ge- 
stielt ausgehenden Polypen. Entfernung mit der Gottstein’schen Zange. Glatte 
Heilung. Kümmel (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 1239 


35) A. Costinin. Le traitement des tumeurs malignes du larynx, de 
la langue et du nez par l’acide arsenieux. 
(Revue de laryngol. 1898. No. 38.) 

3 Fälle werden mitgetheilt: der erste ein mikroskopisch festgestellter Krebs 
des Nasenflügels. Nach 18tägiger Anwendung der arsenigen Säure ist ein Theil 
der Geschwalst unter Hinterlassung eines kleinen Substanzverlustes mit schöner 
Narbenbildung geheilt. An dem Haupttheil der Geschwulst musste wegen lang- 
samer Besserung (!) doch mit dem Messer eingegriffen werden. Der 2. Fall betrifft 
angeblich einen Krebs des Kehlkopfes, doch fehlt die mikroskopische Diagnose: 
aus der Beschreibung kann man eben so gut eine Perichondritis annehmen, die 
vielleicht auf luetischer Erkrankung des früher syphilitisch infieirten Pat. beruht. 
Nach 7 Pinselungen mit arseniger Säure (1:150) fiel die Geschwulst zur Erleich- 
terung des Pat., welcher aber doch bald an Erschöpfung zu Grunde ging. — Der 
merkwürdigste Fall ist der dritte, der Beschreibung nach ein Epitheliom der rechten 
Tonsille und der Zungenbasis (mikroskopische Diagnose fehlt). Da die Operation 
nicht mehr ausführbar schien, wurden Pinselungen mit arseniger Säure (1: 150) 
vorgenommen. »Nach 7 Tagen konnte ich eine ausgedehnte Veränderung der Ge- 
schwulst feststellen, welche 11 Tage später im Ganzen ausgestoßen wurde, indem 
an ihrer Stelle eine granulirende gereinigte Fläche zurückblieb. Die ganze Zunge 
war ausgestoßen, weil sie krank war.« Danach ging die Ernährung des Pat. 
leichter vor sich, aber nach wenigen Tagen starb er plötzlich an einer starken 
Blutung (aus der Wundfläche? Ref.). Teichmann (Berlin). 


36) A. Bonsin. Intubation pour croup d'un enfant de sept mois avec 
sejour de 390 heures en neuf reprises dans l’espace de 22 jours du 
tube dans le larynx; gu£rison. 

(Revue de laryngol. 1898. No. 36.) 

Den in der Überschrift enthaltenen Angaben ist nur hinzuzufügen, dass die 
immer wiederkehrenden Atbemstörungen, welche eine 9malige Wiederholung der 
Intubation erforderten, mit jedes Mal größerem stenosenfreiem Zwischenraum, vom 
Verf. auf eine subglottische Schwellung der Kehlkopfschleimhaut bezogen wird, 
welche, zunächst von der Tube zurückgehalten, nach Entfernung der Tube immer 
wieder sich erneuerte. Unter Anwendung der leichten und sauberen Ebonittuben 
wurde trotz der langen Intubationsdauer eine Schädigung der Schleimhaut ver- 
mieden. Teichmann (Berlin). 


37) N. M. Wolkowitsch. Über Hindernisse zur Entfernung der 
Tracheotomiekanüle und deren Beseitigung durch Intubation. 
(Annalen der russischen Chirurgie 1898. Hft. 5.) 


mal sah W. Erfolg nach Intubation, wobei oft eine einmalige Einführung 
genügte. @ückel (B. Karabulak, Saratow). 


38) F. Jessen. Ein Fall von traumatischer Perikarditis. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 8.) ` 
Der Partikulier W. K. fällt am 14. Januar 1897 mit der linken Brust auf ein 
Stück Holz. Der erst am 16. Januar konsultirte Arst konstatirt eine »leichte 
traumatische Knochenhautentzündung der 6. Ripper. 5 oder 6 Tage nachher stellen 
sich auffallende Kursathmigkeit, Schwäche, Pulsbeschleunigung ein. Pat. wird am 
16. März wegen eingetretener Besserung entlassen. Doch schon am 20. März er- 
folgt ganz erhebliche Verschlimmerung, so dass Bettruhe und Eisumschläge nöthig 
werden. Der Zustand bessert sich nicht, und ein Gutachten vom 17. Januar 1898 
konstatirt verbreiterten Spitzenstoß, vergrößerte Hersdämpfung, unreine Töne an 
der Spitse, Puls 96, welcher nach einigen Rumpfbewegungen auf 132 steigt, kurz 
ein schweres Herzleiden, direkt hervorgerufen durch den Unfall. Ein anderes Gut- 
achten konstatirt normalen Hersbefund, Puls 108—116, und lehnt jeden Zusammen- 


1240 Centralblatt für Chirurgie. No. 49. 


hang mit dem Unfall ab. Der zum Obergutachter bestellte Verf. findet keinen 
verbreiterten Spitzenstoß, aber sehr starke epigastrische Pulsation, an der Hers- 
spitse bald reine Töne, bald systolisches Geräusch, und als neuen Befund, über 
dem ganzen Herzen ganz feines Schaben, welches von der Athmung unabhängig 
ist, und ferner andauernde Ungleichheit in der Füllung beider Radialpulse. Verf. 
diagnostieirt chronische Entzündung des Herzbeutels, die zu theilweiser Verwach- 
sung geführt hat. Verf. nimmt ferner an, dass durch das Trauma an der 6. Rippe 
eine entzündliche Affektion des Rippenfells eingetreten sei, welche sich auf den 
direkt gegenüber liegenden Herzbeutel ausgebreitet habe und erklärt das Herz- 
leiden als direkte Folge des Unfalls. Pat. bekommt daraufhin Rente. 
Teubner (Hannover). 


39) Rothschild (San Francisco). Ein Fall von retrosternaler Cyste. 
(New Yorker med. Monatsschrift 1898. Juli.) 


Ein 32jähriger Mann erkrankte unter Schluckbeschwerden, Luftmangel und 
Unbequemlichkeit beim Arbeiten; er habe eine Geschwulst im Halse, welche in 
letzter Zeit wachse und lästig werde. Es fand sich auch eine Geschwulst, die in 
der Größe einer halben Kastanie über dem Manubrium sterni hervorragte. Die- 
selbe pulsirte deutlich, war aber sehr gespannt, ließ sich etwas nach abwärts 
drängen. Trotzdem die Geschwulst während einer langen Beobachtungsseit nicht 
wuchs, wurden die Beschwerden doch stärker, so dass schließlich von Prof. Fehl- 
eisen eine Operation vorgenommen wurde. Dieselbe ergab eine glattwandige, 
kugelige Geschwulst, die sich von der Luftröhre und den Halsgefäßen leicht ab- 
lösen ließ. Beim Versuch, sie hinter dem Brustbein hervorzuziehen und von den 
großen Gefäßen, mit denen sie nur locker zusammenhing, zu lösen, platzte sie und ent- 
leerte eine klare, etwas schleimigeFlüssigkeit. Die Cystenwand war zart und zerreiß- 
lich, konnte daher nicht mehr exstirpirt werden und wurde in die Wunde ein- 
genäht. Vollständige Heilung. Ein Stück der Cystenwand zur mikroskopischen 
Untersuchung zu gewinnen, war unmöglich, so dass kein positiver Anhaltspunkt 
für die Art der Geschwulst gewonnen wurde. Es bestand keine Thymusdrüse 
mehr, aber auch kein Zusammenhang mit der Schilddrüse. Trotzdem handelte ès 
sich wohl um einen jener seltenen Fälle von Struma intrathoracica ohne Kropf- 
entwicklung, wie sie Wuhrmann im 43. Band der deutschen Zeitschrift für Chi- 
rurgie beschrieben hat, und welche meist als colloide Knoten oder Gesten auftreten. 

Tschmarke (Magdeburg). 


Nachtrag zur Originalmittheilung: Eine neue Operation 
der Hypospadie der Eichel nach Bardenheuer. 
Von 
Dr. Breuer in Köln. 


Der in No. 44 d Bl. von mir publictrte Fall von Hypospadie der Eichel wurde 
nach Kenntnisnahme der Beck'schen Publikation, deren Zeichnungen entsprechend 
den meinigen modificirt sind, bereits im Juni dieses Jahres operirt. 

Eine sofortige Publikation der neuen Operationsmethode, welche im Juli hätte er- 
'olgen können, wurde durch die Anmeldung eines Vortrags über dieses Thema, welcher 
auf der 70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Düsseldorf Mitte 
September 1898 gehalten wurde, hinausgeschoben. 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Centralblatt 
CHIRURGIE 


E. mn Bay, HK, RA, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


Ee 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 50. Sonnabend, den 17. December. 1898 


Inhalt: Küster, Appendicitis oder Epityphlitis? (Original-Mittheilung.) 

1) Diller, Traumatische Nervenleiden. — 2) Lejars, Subkutane Arterienzerreißungen. 
_ 3 Wiiliams, Einfluss anderer Krankheiten auf Krebs. — 4) Michailow, Operationen 
an Syphilitischen. — 5) Chassalgnac, 6) und 7) Pezzoli, Gonorrhoe. — 8) Küttner, 
Syphilitischer Kropf. — 9) Greene, Nierensyphilis. — 10) Ohmann-Dumesnil, Schanker 
und syphilitische Geschwüre. — 11) Clark, Bauchfelldrainage. — 12) de Pace, Chylöser 
Bauchfellerguss. — 13) Faure, Eventration. — 14) Lewaschow, Bösartige Neubildungen 
der Bauchhöhle. — 15) Steiner, Myome des Magen-Darmkanals, — 16) Menclère, Gastro- 
enterostomie. — 17) Terrier und Auvray, Lebergeschwülste. 

0. Lanz, Traumatische Fettnekrose. (Original-Mittheilung.) 

18) XIII. Italiänischer Chirurgenkongress. 

19) Peroni, Gonorrhoe. — 20) Gaucher und Barbe, 21) Spillmann und Etienne, 
Zosterähnliche Syphiliden. — 22) Jovanović, Splenektomie. 


Appendicitis oder Epityphlitis? 
Von 
Prof. Dr. Küster in Marburg. 


Es ist heutigen Tages kaum noch möglich, eine Nummer.irgend 
einer medicinischen Zeitschrift in die Hand zu nehmen, ohne sofort 
auf den Ausdruck »Appendicitis« zu stoßen. Dies Wortungeheuer, 
welches von Amerika aus in die Litteratur eingedrungen ist, hat 
langsam und allmählich die älteren Ausdrücke für die Krankheit, 
welche es bezeichnen soll, verdrängt; und wenn auch widerwillig, so 
lässt sich jetzt doch selbst der klassisch gebildete Arzt dazu herbei, 
ein Wort zu brauchen, welches er ursprünglich belächelt oder ver- 
abscheut hat. Es ist hohe Zeit, dagegen Stellung zu nehmen. 

Das Wort Appendicitis ist unglücklich gewählt und erbärmlich 
in der Form. Die deutsche Anatomie bezeichnet den Wurmfortsatz, 
um dessen Erkrankung es sich handelt, als Processus vermiformis, 
während das Wort Appendices mit dem Beiwort epiploicae für die 
kleinen, beutelförmigen, mit Fett gefüllten Ausstülpungen des Bauch- 
fells in der Umgebung des Dickdarms und Mastdarms gebraucht 

50 


1242 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


wird. Bei Engländern und Franzosen ist dies allerdings anders; 
letztere nennen den Wurmfortsatz Appendice coecal, vermiforme ou 
vermiculaire, erstere Vermicular appendage. Allein so sehr wir 
Deutsche stets bereit sind, Verbesserungen vom Ausland anzunehmen, 
so haben wir doch keine Ursache, diese Neigung auch auf Ver- 
schlechterungen auszudehnen. Und eine Verschlechterung wäre die 
anatomische Bezeichnung der Appendix kurzweg, da sie ohne er- 
klärendes Beiwort zu Verwechslungen Anlass geben müsste. Der 
Name »Appendicitis« ist also keineswegs schlagend und er schließt 
keineswegs jeden Irrthum mit Sicherheit aus. 

Das könnte freilich noch hingehen; allein schlimmer, weil allen 
Gesetzen der Sprachbildung Hohn sprechend, ist die Form. Wieder 
einmal ist hier ein lateinisches Wort mit einer dem Griechischen 
entlehnten Endigung versehen. 

Nun kann man sagen, das sei rein nebensächlich, im Wesent- 
lichen komme es doch nur darauf an, sich leicht und einfach zu 
verständigen; überdies seien unsere medicinisch-wissenschaftlichen 
Ausdrücke so voll von sprachlichen Ungeheuerlichkeiten, dass es sich 
gar nicht lohne, darin eine Änderung anzustreben. Diesen Stand- 
punkt vermag ich nicht zu theilen. Kleider machen Leute, ein 
guter Stil hebt eine gute Arbeit, eine schlechte Sprache kann sie 
ungenießbar machen. Viel zu sehr haben wir Deutsche die äußere 
Form unserer Arbeiten vernachlässigt und vernachlässigen sie heute 
noch. Der wohlthätige Einfluss, welchen R. v. Volkmann’s schöne 
und reine Schreibweise auf die Chirurgen Deutschlands ausgeübt hat, 
ist bereits im Verschwinden begriffen; dann wiederum lesen wir Auf- 
sätze, welche mit überflüssigen Fremdwörtern aus allen Sprachen 
durchsetzt sind, wie ein mit bunten Lappen geflickter Mantel. 
Schlechte und geradezu ungebildete Bezeichnungen mehren sich und 
bereiten dem banausischen Wesen in der Medicin den geeigneten 
Nährboden. 

Zu diesen ungebildeten Wortformen gehört auch die »Appen- 
dicitis«. Ein solches Wort würde man kaum ertragen können, wenn 
es unersetzlich wäre; wie viel weniger, da ein Ersatz ungemein 
leicht ist. 

Die in Rede stehende Krankheit wurde früher als Blinddarm- 
entzündung, Typhlitis bezeichnet. Als die Erfahrung gelehrt hatte, 
dass der Blinddarm nicht den Ausgangspunkt darstelle, da wählte 
man abwechselnd die Namen Perityphlitis und Paratyphlitis, je nach- 
dem die Eiterung mehr innerhalb oder außerhalb des Bauchfells ver- 
lief. Mit dem Anwachsen pathologisch-anatomischer Kenntnisse, wie 
sie durch Frühoperationen gewonnen wurden, konnten auch diese 
Ausdrücke nicht mehr als zutreffend erachtet werden, weil sie den 
Kern der Sache nicht berührten. Aus dem Bedürfnis nach einer 
den anatomischen Verhältnissen angepassten Bezeichnung ist das 
Wort Appendicitis entstanden, welches seiner Bequemlichkeit wegen 
im Begriff ist sich den Erdkreis zu erobern. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1243 


Nun haben wir freilich keinen griechischen Ausdruck für den 
Wurmfortsatz. Die griechischen Ärzte kannten ihn nicht, weil sie 
ihre anatomischen Kenntnisse hauptsächlich auf Untersuchung von 
Thieren gründeten; und die Säugethiere, mit Ausnahme einiger Affen 
und Nager, besitzen einen solchen Darmanhang nicht. Es dürfte 
aber dem Geist der griechischen Sprache nicht widerstreiten, wenn 
man den Processus vermiformis ’ErtrupAov nennt, d. h. etwas, was 
dem Blinddarm aufsitzt. Hieraus ergiebt sich ungezwungen und 
sprachgemäß die Bildung Epityphlitis; und dies ist die Bezeichnung, 
welche ich seit Jahren für die in Rede stehende Krankheit in meinen 
klinischen Vorträgen anwende. 

Kenner der griechischen Sprache werden vielleicht dieses Wort 
einem Ausdruck vorziehen, welcher das sprachliche Empfinden in 
rücksichtslosester Weise verletzt. 


Marburg, den 14. November 1898. 


1) T. Diller (Pittsburg). Traumatic nervous affections. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. September.) 

In diesem wichtigen und zur Zeit von den »Grenzgebieten« wohl 
am meisten kultivirten Gebiet sucht D. auf Grund der Analyse von 
10 Fällen seinen Standpunkt darzulegen. Von seinen Anschauungen 
seien folgende hervorgehoben: 

1) Nervöse Symptome nach schweren Anfällen werden zwar oft 
übertrieben, sind aber meist wirklich vorhanden. 

2) Simulation ist selten und wird von einem geschickten Nerven- 
arzt leicht entdeckt. 

3) Die nervösen Symptome sind in der Regel neurasthenische 
oder hysterische oder Beides. 

4) Eine Anzahl von Fällen bieten Symptome, welche zu keiner 
der beiden erwähnten Klassen gehören. 

5) Es kommt manchmal zu akuter Degeneration der Nerven- 
substanz, welche progressiv sein kann. 

6) In manchen Fällen ist die Prognose sehr ernst. 

7) Der Name »traumatische Neurose«, wenn damit nicht mehr gesagt 
werden soll, als dass auf ein Trauma nervöse Erscheinungen folgen, 
ist beizubehalten. W. Sachs (Mülhausen i/B.). 


2) F. Lejars. Des ruptures sous-cutandes des grosses artères 
et des gangrenes consécutives. 
(Revue de chir. 1898. No. 4 u. 6.) 

Wie schon der Titel besagt, beschäftigt sich die Abhandlung 
nur mit den Fällen von subkutaner Arterienverletzung, in denen 
ein Trauma direkt die Arterie betroffen, Haut, Knochen und Gelenk 
unversehrt gelassen hatte. L. legt der Studie, außer 2 selbst ge- 
machten Beobachtungen, 2 aus der Litteratur zusammengestellte zu 

50* 


1244 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


Grunde und bespricht zunächst eingehend die pathologisch-ana- 
tomischen Befunde, wobei er die Fälle von totaler Zerreißung von 
denen von Ruptur der Tunica interna und media und der isolirten 
vollständigen oder theilweisen (»Fissures«) Zerreißung der Intima 
unterscheidet. Die häufigsten Verletzungen betrafen die großen 
Arterien der unteren Gliedmaßen (11), 4 die Art. humeralis; doch 
sind auch Fälle von Ruptur der lliaca und Carotis etc. beobachtet 
worden. Immer handelte es sich um sehr schwere Gewalteinwirkungen 
(Hufschlag, Stoß einer Wagendeichsel, eines Eisenbahnpuffers, Über- 
fahrenwerden, etc.), und war für die Entstehung der Arterienver- 
letzung der Druck des Gefäßes gegen eine knöcherne Unterlage 
von wesentlichem Einfluss. In 8 Fällen ist auch die Zerreißung der 
begleitenden Vene, in den meisten anderen die Thrombose derselben 
in Folge von Einrissen in die Intima etc. festgestellt worden. Bei 
Besprechung der klinischen Erscheinungen werden die Fälle von 
unmittelbarer und die von langsam eintretender Gefäßverengerung, 
die von sich rasch entwickelnder, besonders bei Bestehen sehr um- 
fangreicher Blutergüsse an der Verletzungsstelle zu beobachtender, 
meist mit septischer Infektion einhergehender vollständiger Gangrän, 
die von aseptisch verlaufender, selır langsam zu Tage tretender um- 
schriebener Nekrose und die von Heilung ohne Gangrän, die frei- 
lich nur selten erfolgt war, aus einander gehalten. Sehr beachtens- 
werth sind die Schlüsse, die L. auf Grund seiner Studien für die 
Behandlung der Arterienverletzungen zieht, indem er, abgesehen von 
sorgfältigster Reinigung und Desinfektion, bei Bestehen großer Blut- 
ergüsse die breite Spaltung und Ausräumung derselben, so wie die 
Unterbindung der Arterien an der Verletzungsstelle empfiehlt. Be- 
züglich weiterer Einzelheiten, namentlich auch in Bezug auf die je 
nach der Zeit nach der Verletzung und den bereits eingetretenen 
Folgezuständen einzuschlagende Therapie siehe das Original. 
Kramer (Glogau). 


3) R. Williams. The influence of other diseases upon cancer. 
(Edinb. med. journ. 1898. Oktober.) 

Die mit Einführung der Serumtherapie erwachte Hoffnung, ein 
Mittel gegen den Krebs zu finden, veranlasst den Verf., seine Er- 
fahrungen mitzutheilen über den Einfluss, welchen andere Krank- 
heiten auf das in Frage stehende Leiden haben. Von einer günstigen 
Einwirkung des Erysipels und anderer entzündlicher Krankheiten 
hat er nie etwas bemerkt, fand auch in seinem ziemlich ausgedehnten 
statistischen Material keinen Beweis dafür, dass Krebskranke seltener 
an Erysipel etc. leiden, als andere Kranke. Aufgefallen ist ihm bei 
diesen Nachforschungen die äußerste Seltenheit des Vorkommens 
von Syphilis in der Anamnese von Krebskranken und die große 
Häufigkeit der Tuberkulose in den Familien der an Krebs leiden- 
den Menschen. »Die meisten Krebskranken sind thatsächlich die 
überlebenden Mitglieder tuberkulöser Familien. « : 

Willemer (Ludwigslust). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1245 


4) N. N. Michailow. Über Operationen an Syphilitischen. 
(Wojenno-medicynski Journal 1898. September. [Russisch.)) 


M. war Vorsteher der chirurgischen Abtheilung (17 Betten) im 
Kalinkinhospital für Syphilis- und Hautkranke in St. Petersburg 
und hatte hier Gelegenheit, über 100 der verschiedensten Opera- 
tionen an Syphilitischen auszuführen. Nach einer Übersicht der 
einschlägigen Litteratur bringt er eine ganze Reihe Kranken- 
geschichten und kommt endlich zu folgenden Schlüssen: 

Die Syphilis ruft eine gewisse Diathese hervor, übrigens nicht 
bei allen Kranken, und für verschieden lange Zeit, was besonders 
von der Therapie abhängt. Das Wesen dieser Diathese ist haupt- 
sächlich in den Gefäßveränderungen zu sehen (verminderte Elasti- 
eität), dann in Alterationen des Blutes (herabgesetzte Gerinnungs- 
fähigkeit), endlich auch in Hautveränderungen. Die Diathese be- 
ginnt mit der kondylomatösen Periode und ist besonders schwer 
im gummösen Stadium und bei schlecht behandelter Syphilis. Das 
Alles ruft folgende Eigenthümlichkeiten bei den Operationen hervor: 
die Wunden bluten sehr stark, besonders im Tertiärstadium. Die 
Wundränder weisen eine besondere, oft pigmentirte Infiltration auf; 
die Prima ist oft gestört; die Granulationen sind entweder sehr 
spärlich und verfallen der fettigen Degeneration, oder werden hyper- 
trophisch, aber bald ödematös und farblos. Die Wunden heilen da- 
her sehr langsam und geben sehr viel serös-fibrinöses oder serög-eitriges 
Sekret. Die Wundränder atrophiren leicht beim geringsten Druck. 
Überhaupt müssen bei solchen Wunden möglichst alle chemischen 
Antiseptica vermieden werden; sehr gut wirkt feuchte Wärme. Bei 
Kondylomatösen wird reichliche Bildung von Narbengewebe beobachtet, 
so dass oft echte Keloide entstehen; oder aber das Gewebe atrophirt 
und giebt strahlige Narben. M. sah nie, dass an der Wundstelle 
typische Efflorescenzen entstehen. Das Aufflackern der Hautsymptome 
nach Verwundungen ist zufällig oder aber eine Folge der Infektion 
der Wunde durch Eitererreger. Knochensequester müssen stets ent- 
fernt werden, was oft nicht leicht ist (feine, vielfache Sequester). 
Gummöse Geschwüre werden ausgeschabt, oder der sklerosirte Boden 
längs gespalten. Einmal schwanden schwere Knochenschmerzen 
nach Trepanation der Tibia. Plastische Operationen gelingen oft 
nicht, besonders bei ungenügender Therapie, müssen also erst dann 
ausgeführt werden, wenn die gummöse Narbe blass und dünn ge- 
worden ist. Eben so misslingen Transplantationen nach Thiersch. 
Übrigens merkt man zuweilen (aber sehr selten!) gar keinen Einfluss 
der Syphilis auf die Wundheilung. Zum Schluss seiner ausführlichen 
Arbeit (60 S.) drückt M. den Wunsch aus, die Syphilisdiathese möge 
von den Chirurgen recht genau studirt werden. 

Gückel (B. Karabulak, Saratow). 


1246 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


5) C. Chassaignac. Preliminary report on the use of 
chlorinated soda in gonorrhoea. 
(Journ. of cut. and genito-urin diseases 1898. No. 1.) 

Trotz aller neuen und allerneuesten Methoden der Tripper- 
behandlung scheinen die Fachmänner von den damit erzielten Resul- 
taten noch immer nicht sehr befriedigt zu sein. Man würde es sonst 
wohl kaum verstehen, dass jetzt wieder durch Verf. ein älteres, früher 
von Doyen empfohlenes Präparat gewissermaßen ausgegraben und zu 
Versuchen empfohlen wird. Es handelt sich hier um den Liquor 
sodae chloratae der U. S. P., dessen Zusammensetzung Verf. nicht 
eruiren konnte. (Vermuthlich dürfte er dem Liquor sodae chlorinatae 
der englischen Pharmacopoe entsprechen: Calcariae chlorat. 4,0, Natri 
carbon. 6,0, Aq. dest. 40,0; M. filtr.) Verf. empfiehlt Injektionen 
des officinellen Liquors in folgenden Verdünnungen: 1:98, 1:32, 
1:24 und wendet die schwächere Lösung an, wenn stärkere Reiz- 
erscheinungen vorhanden sind, und umgekehrt. Verf. war mit diesen 
Injektionen stets sehr zufrieden, will jedoch keineswegs behaupten, 
damit Wunderkuren zu erzielen. Bei einer so schwer zu behandeln- 
den Erkrankung dürften Versuche gewiss zu empfehlen sein, zumal 
da das Mittel seiner Zusammensetzung nach jedenfalls keine Gefahren 
involvirt. Kopp (München). 


6) Pezzoli. Über die desinficirende Kraft des Largin (einer 
neuen Silber-Eiweißverbindung) gegenüber dem Gonococcus. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 11.) 

Verf. glaubt, dass der Silbergehalt der neuen organischen Silber- 
präparate von Einfluss auf ihre Wirksamkeit sei. Während das Ar- 
gentum nitricum 63,5% Ag. enthält, besitzt das Argonin nur 4,2%, 
das Protargol 8,3% Ag. Das neue, von Lilienfeld in Wien dar- 
gestellte Mittel enthält 11,0% Silber; seine Eiweißkomponente stellt 
ein neues Spaltungsprodukt der Paranucleoproteide dar, dessen her- 
vorragendste Eigenschaft Löslichkeit in wässrigem Alkohol ist. 

Die mit diesem Präparat nach der üblichen Methode angestellten 
Desinfektionsversuche lassen den Schluss zu, dass es (in vitro) be- 
züglich der Fähigkeit, die Gonokokken abzutödten, die bisher be- 
kannten Silber-Eiweißverbindungen überragt. In todte organische 
Substanzen dringt es tiefer ein. i Hübener (Breslau). 


7) Pezzoli. Über das Largin, ein neues Antigonorrhoicum. 
(Wiener klin. Wochenschrift 1898. No. 12.) 

Die klinischen Erfolge sind in so fern dem Protargol überlegen, 
als bei letzterem 64% der Fälle frischer Urethritis anterior von dem 
Auftreten einer Urethritis posterior verschont blieben, gegen 77% 
bei Anwendung von Largin. Sonst vereinigt das Largin auch alle 
guten Eigenschaften des Protargols in sich. Hübener (Breslau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1247 


8) H. Küttner. Struma syphilitica. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.) 

Im Anschluss an 2 Fälle syphilitischen Kropfes eigener Be- 
obachtung, von denen der eine den Charakter einer gummösen, der 
andere den einer diffus interstitiellen Entzündung trug, giebt Verf. 
eine übersichtliche Darstellung des anatomischen und klinischen 
Bildes dieser bisher wenig beachteten Erkrankung. Während vor- 
übergehende Anschwellungen der Schilddrüse in den Frühstadien 
der Lues nicht ungewöhnlich sind, gehört die eigentliche Syphilis 
der Schilddrüse zu den seltensten Erscheinungen. Klinisches In- 
teresse erlangt dieselbe theils durch Zerstörung des Schilddrüsen- 
parenchyms und die hiermit im Zusammenhang stehenden Ausfalls- 
erscheinungen, theils dadurch, dass sie eine bösartige Neubildung 
der Schilddrüse vortäuschen kann; außerdem sind auch Basedow- 
sche Symptome so wie hochgradige Luftröhrenverengerung beobachtet 
worden. Eine sichere klinische Diagnose ist nur bei gleichzeitigen 
sonstigen Lokalisationen der Lues möglich; während der Operation 
kann das speckige Aussehen des peristrumösen Zellgewebes im Sinn 
einer Struma syphilitica verwerthet werden. Honsell (Tübingen). 


9) R. H. Greene. Syphilis of the kidneys. 
(Journ. of cut. and genito-urin diseases 1898. No. 1.) 

Mittheilung eines Falles von Nierensyphilis, dessen Details im 
Original einzusehen sind. Die Diagnose war, wie wohl zumeist in 
solchen Fällen, eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose. Der Erfolg der 
antiluetischen Therapie und die Krankengeschichte ließen auf ein 
gummöses Nierengeschwür schließen. Bei Nierensyphilis ist, wie 
auch sonst bei Nierenkranken, worauf schon Mauriac aufmerksam 
gemacht hat, die Quecksilberbehandlung stets mit großer Vorsicht 
zu kontrolliren, da die Ausscheidung durch die Nieren eine behinderte 
ist, und leichter Stomatitis und andere Quecksilberintoxikations- 
symptome zu Stande kommen. Unsere gegenwärtigen Kenntnisse 
über das Vorkommen von Nierensyphilis und deren Symptomatologie 
fasst der Verf. kurz in folgenden Sätzen zusammen: Die Syphilis 
kann in seltenen Fällen direkt oder indirekt die Nieren befallen, 
und zwar entweder in Form einer specifischen Entzündung des 
Parenchyms oder des interstitiellen Gewebes, oder als Gumma oder 
als Amyloid. Diese verschiedenen Erkrankungsformen treten häufig 
gemischt in Erscheinung. Häufig ist nur eine Niere erkrankt; ge- 
legentlich verursacht die Nierensyphilis Symptome, welche eine bös- 
artige Erkrankung oder Nierensteine vorzutäuschen im Stande sind. 

Kopp (München). 


1248 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


10) Ohmann-Dumesnil (St. Louis). A rapid treatment of 
chancroid and ulcerative syphilitic lesions. 
(St. Louis med. and surg. journ. 1898. Juni.) 

Verf. empfiehlt als ein sehr rasch heilendes Verfahren bei Schanker- 
so wie auch bei syphilitischen Geschwüren aller Art die Anwendung 
des Nosophens, nachdem durch Wasserstoffsuperoyd zunächst eine 
energische Desinfektion der Geschwürsfläche vorausgeschickt ist. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


11) Clark. A critical review of seventeen hundred cases 
of abdominal section from the standpoint of intraperitoneal 
drainage. 

(Johns Hopkins Hospital Reports 1898. No. 1 u. 2.) 

Verf. hat 1700 Laparotomien, die in den Jahren von 1889—1896 
in der gynäkologischen Abtheilung des Johns Hopkins Hospitals 
in Baltimore ausgeführt wurden, in Beziehung auf die Vortheile der 
Drainage einer Prüfung unterzogen und kommt zu dem Schluss, dass 
die Drainage in den bei Weitem meisten Fällen, in denen sie zur 
Zeit angewendet wird, nicht nur nutzlos, sondern häufig schädlich ist. 

Aus den Untersuchungen von Wegner, Grawitz, Pawlowsky 
und Muscatello wissen wir, dass das gesunde Bauchfell in kurzer Zeit 
erhebliche Mengen Flüssigkeit bewältigen und ziemlich große Massen 
infektiösen Materials unschädlich machen kann. Dem entzündeten 
und gereizten Bauchfell geht diese Fähigkeit verloren. Führen wir 
einen Drain irgend welcher Art in die Bauchhöhle ein, so entsteht 
durch den traumatischen und chemischen Reiz alsbald ein Exfoliation 
des Endothels, welche ein Austreten von Serum und Leukocyten 
hervorruft, so dass der Drain alsbald gegen die Bauchhöhle abge- 
schlossen wird. Es wird desshalb nur während der ersten 2 Stunden 
eine geringe Menge Flüssigkeit durch den Drain entleert werden, 
die Absorption von Flüssigkeit und Mikroorganismen durch das 
Bauchfell selbst wird dagegen durch die Einführung des Drains er- 
heblich beeinträchtigt. Bei 2 Autopsien von Fällen, welche an all- 
gemeiner Peritonitis gestorben waren, fanden sich in der drainirten 
Partie Myriaden von Keimen, während die benachbarten Partien 
der Bauchhöhle, die nicht in die entzündlichen Verklebungen, welche 
der Drain bewirkt hatte, hineinbezogen wurden, keine Spur von 
Keimen aufwiesen. Während also die Drainagewirkung außerordentlich 
gering ist, besteht auf der anderen Seite eine große Gefahr des Ein- 
dringens der Infektion durch den Drain. Unter 17 Fällen, in denen 
der Gazedrain untersucht wurde, fand sich in keinem Falle die 
Gaze frei von Keimen. Die oberen Partien des Drains waren 
immer weit reichlicher mit Keimen durchsetzt, als die tieferen. In 
der Regel sind die durch den Drain herbeigeführten Infektionen aller- 
dings milder Natur. Doch finden sich unter den 1700 Fällen auch 
eine ziemlich große Anzahl, in denen ausgedehnte örtliche Eiterung 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1249 


und einige wenige, in denen der Tod herbeigeführt wurde. Die 
Gefahr der Infektion durch den Drain ist am größten, nachdem der 
Drain zum ersten Mal gewechselt worden. In vielen Fällen, die bis 
zu diesem Zeitpunkt ohne Störung verlaufen waren, traten 2—3 Tage 
danach Zeichen stattgehabter Infektion auf. Durch das Lösen des 
Drains werden die abschließenden fibrinösen Verklebungen gelockert. 
Die Keime, welche jetzt bereits von außen her in die Gaze ein- 
gedrungen sind, werden beim Ausziehen der Gaze durch die enge 
Bauchdeckenwunde förmlich aus der Gaze herausgepresst in die neu 
eröffnete Peritonealhöhle hinein. In 8 Fällen wurden Darmschlingen 
und Netztheile mit aus der Wunde herausgezerrt. In einem Falle 
folgte tödliche Blutung- 

Die Untersuchung des Eiters in 44 Fällen von Operationen 
entzündlicher Processe ergab, dass im Eiter in 33 Fällen alle 
Keime fehlten, Mischinfektion von Staphylococcus albus und aureus 
und dem Streptococcus fand sich (mal, Gonokokken fanden sich 
in 6 Fällen. 

Verf. hat die Erfolge von je 100 Operationen bei entzündlichen 
Processen im Becken, drainirten und undrainirten Fällen verglichen 
und fand: 
es heilten ohne Komplikation drainirt 46 Fälle, undrainirt 80 Fälle 
Heilung unter erheblicher 

Temperatursteigerung, Er- 


brechen, Tympanie > 4 > > 14 > 
Eiterung der Bauchwunde g > 24 > H 1» 
postoperative entzündliche 

Beckenexsudate > 8 > > 1 > 
Todesfälle > 13 > > 6 > 


Als weitere Komplikation trat bei der Anwendung der Drainage 
1mal eine Kothfistel, in zahlreichen Fällen traten Zeichen von 
Reizung der Blase auf, und in 8% der Fälle bildeten sich später 
Bauchbrüche. 

Zur Verhütung einer Peritonitis giebt Verf. außer den allgemein 
anerkannten noch folgende Vorschriften: 

1) Nach jeder Operation, bei der Gerinnsel oder Flüssigkeiten in 
die Bauchhöhle gelangt sind, soll dieselbe ausgiebig mit Kochsalz- 
lösung ausgespült werden. 

2) Wenn die Operation längere Zeit gedauert hat, oder die An- 
wesenheit von septischem Material vermuthet wird, so sollen 
500—1000 eem Kochsalzlösung in der Bauchhöhle zurückgelassen 
und das Fußende des Bettes für die ersten 24 Stunden um 18 Zoll 
erhoben werden. 

3) Wenn nach der Operation sich Zeichen stattgehabter Infektion 
einstellen, so sollen ausgiebige Kochealzin fusionen unter die Brust 
gemacht. werden. 

Verf. legt besonders auf den zweiten Punkt großen Werth. Da 
körperliche Elemente nur durch den Zwerchfelltheil des Bauchfells 

50** 


1250 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


ausgeführt werden können, so wird die Reinigung der Bauchhöhle 
durch die Erhebung des Fußendes erheblich befördert, es wird die 
Ansammlung von Flüssigkeit in den todten Räumen des Beckens ver- 
hütet, und es werden die toxischen Substanzen rasch vertheilt und 
können keinen schädlichen Einfluss auf die Wundfläche ausüben. 

Verf. hält nur in folgenden Fällen die Drainage für vortheilhaft: 

1) Bei der Appendicitis, wenn das benachbarte Bauchfell der- 
maßen entzündlich infiltrirt ist, dass ein sicheres Verschließen des 
Appendixstumpfs nicht möglich ist, ferner wenn ein Abscess oder 
allgemeine Peritonitis besteht. S 

2) Bei Eiteransammlungen im Becken. 

3) Bei der Darmnaht, wenn man nicht von der Dichtigkeit der 
Naht überzeugt ist. 

4) Bei der Excision von Fistelgängen, die vom Darm zu den 
Bauchdecken führen. 

5) Bei eitriger Peritonitis. Strauch (Braunschweig). 


12) de Pace. Contributo alla casuistica dell’ ascite chiliforme 
ed alla diagnosi dei tumori maligni delle cavità sierose. 
(Rivista clia. e terapeut. 1898. No. 9.) 

Referat über Litteratur und Pathologie der chylösen und chylus- 
ähnlichen Ergüsse im Bauchfell, wobei besonders hervorgehoben wird, 
dass in letzteren der Fettgehalt nur eine Untėrrolle spielt. Mit- 
theilung zweier Fälle letzterer Gattung aus der medicinischen Klinik 
zu Neapel. Als Ursache fand sich im ersten Lymphosarkom der 
retroperitonealen Drüsen und des Mesenteriums, im zweiten ein das 
kleine Becken ausfüllendes, Uterus und Ovarien einschließendes Carci- 
nom. Die Flüssigkeit enthielt beide Male sehr wenig Fett, im zweiten 
noch Cholestearin, viel Eiweiß. Nach de Renzi kann man die 
Diagnose auf bösartige Geschwülste des Bauchfells stellen, wenn 
ein chylusähnlicher Erguss sich verbindet mit einer schweren Kachexie 
und Anämie mit Blutveränderungen. E. Pagenstecher (Wiesbaden). 


13) J. L. Faure. Sur un nouveau procédé pour la cure de 
l’eventration. 
(Gaz. hebdom. de med. et de chir. 1898. Februar.) 

Nach elliptischer Ausschneidung der verdünnten Haut werden 
die weit aus einander gewichenen Ränder der Mm. recti aufgesucht 
und von der Umgebung sehr sorgfältig isolirt. Dann wird in der 
auf Fig. 1 angegebenen Weise jederseits ein 1 cm breiter, 12—15 cm 
langer Streifen abpräparirt, der rechts mit seinem unteren Ende, 
links mit dem oberen Ende mit dem entsprechenden M. rectus in 
Verbindung bleibt. Darauf werden die beiden Streifen (s. Fig. 2) 
mittels Kocher’schen Schiebers durch Aponeurose und Muskulatur 
der Recti überwendlich durchgeführt, so dass der untere’ Teil dieser 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1251 


überwendlichen Naht vom rechten, der obere Theil vom linken 
Streifen der Rectusaponeurose gebildet wird. Die Streifen werden 


in der Mitte geknotet und der Knoten durch Katgutuaht gesichert. 
In einem Falle erzielte F. vollen Erfolg. 
W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


14) S. W. Lewaschow. Über einige bösartige Neubildungen 
der Bauchhöhle in klinischer Beziehung. 
(Wratsch 1898. Na. 35 u. 36. [Russisch.]) 

L. beschäftigt sich mit denjenigen Carcinomen der Bauchhöble, 
die schwer zu erkennen sind, und theilt seine Beobachtungen in 
2 Gruppen. Als Beispiele der ersten beschreibt er 2 Fälle von 
Magenkrebs, die beim Leben keine Magensymptome gaben; 1 Fall 
verlief unter dem Bilde der hypertrophischen Lebercirrhose (Carcinoma 
fundi ventriculi, hepatis et pancreatis); der andere — Carcinomatosis 
peritonei acutissima, vom Magen ausgehend — führte in 21 Wochen 
zum Tode; hier gab erst die Probepunktion Aufschluss. In die 
2. Gruppe verlegt L. die Fälle, wo bei alten Leuten Schmerzen an 
irgend einer Stelle des Unterleibs auftreten, und keine anderen Er- 
scheinungen zu finden sind. Erst spät treten Metastasen in ober- 
flächlichen Lymphdrüsen auf, oder es entwickelt sich immer mehr 
und mehr ein kachektischer Zustand. Hier handelt es sich sehr oft 
um Carcinom der retroperitonealen Lymphdrüsen, deren Druck auf 
die Rückennerven die starken, sonst unerklärlichen Schmerzen aus- 
löst. Bei solchen Schmerzen ist also stets an die Möglichkeit eines 
Krebses in der Bauchhöhle zu denken. 

@üickel (B. Karabulak, Saratow). 


15) R. Steiner. Über Myome des Magen-Darmkanals. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hit. 1 u. 2.) 
Nach S. rufen die inneren Myome des Magen-Darmkanals vor 
Allem die Symptome eines Darmverschlusses, und zwar zunächst 


1252 Centralblatt für Chirutgie. No. 50. 


eines unvollständigen, dann eines vollständigen hervor. Zugleich 
werden, so fern es sich um Lokalisation im Magen oder Mastdarm 
handelt, Blutungen schwerer Art beobachtet. Am häufigsten und 
gleichzeitig am gefährlichsten sind die inneren Myome des Dünn- 
darms. 

Die äußeren Myome erreichen einen weit größeren Umfang, sie 
stören den Weg zunächst gar nicht; erst spät treten durch Kom- 
pression auch hier Stenosenerscheinungen auf, die indessen im Ge- 
gensatz zu den Stenosen bei inneren Myomen keine freien Intervalle 
zeigen. Blutungen werden bei äußeren Myomen des Darmes gelegent- 
lich, bei solchen des Magens nie beobachtet; die geringsten Be- 
schwerden treten bei Lokalisation am Magen, die größten bei Lokali- 
sation am Mastdarm auf. 

Außere und innere Darmmyome führen beide bei zunehmendem 
Wachsthum der Geschwulst unfehlbar zum Tode. Über die patho- 
logisch-anatomischen Untersuchungen möge das Original eingesehen 
werden, da sich diese zu einem kurzen Referat nicht eignen. 

Honsell (Tübingen). 


16) L. Menciöre. Quelques recherches sur la gastro-entero- 
stomie par sphacele. 
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. Februar.) 
M. hat das von Postnikow schon 1892 publicirte Verfahren 
(s. Centralblatt für Chirurgie 1892 No. 49), die Gastroenterostomie 
durch Gangränescirung zweier umschnürter Schleimhautzipfel zu be- 
werkstelligen, am Hunde nachgeprüft. In einigen Fällen ereignete 
es sich, dass sich der brandig gewordene Schleimhautzipfel zwar 
abstieß, dass aber an seine Stelle Narbengewebe trat, so dass bei 
der Autopsie weder Magen noch Darm eröffnet gefunden wurden. 
Mit dieser Möglichkeit ist bei allen ähnlichen Methoden zu rechnen. 
W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


17) F. Terrier et M. Auvray. Les tumeurs du foie au 
point de vue chirurgical. Etude sur la résection du foie. 
(Revue de chir. 1898. No. 5, 8 u. 9.) 

Ihren früheren Arbeiten über die Leberverletzungen und die 
Wanderleber (s. Referat in diesem Centralblatt 1897 p. 73 u. 1291) 
lassen T. und A. jetzt eine Abhandlung über die Lebergeschwülste 
(mit Ausnahme der einer späteren Bearbeitung entgegensehenden 
Cysten), so weit sie von praktischem chirurgischem Interesse sind, 
folgen. Auch in der vorliegenden nehmen die Ausführungen über 
die Behandlung der in Rede stehenden Affektion den Hauptplatz 
ein, nachdem die Verff. gleich anderen Autoren dieses Themas die 
Schwierigkeit einer frühzeitigen Diagnose, zumal hinsichtlich der 
Natur der Geschwulst, betont und als letztes diagnostisches Hilfs- 
mittel den Probebauchschnitt empfohlen haben. Die Indikationen 
zur Exstirpation anlangend, so halten T. und A. nur die günstig ge- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1253 


legenen solitären Geschwülste, namentlich wenn sie gestielt und mit 
der Nachbarschaft nicht verwachsen sind, für geeignet, während die 
übrigen höchstens zu palliativen Eingriffen (Cholecystostomie etc.) bei 
starken Beschwerden berechtigen. Bei der Schilderung der Leber- 
resektion werden naturgemäß die Methoden der Blutstillung und 
Stielbehandlung mit besonderer Ausführlichkeit besprochen und hier- 
bei erneut dem von A. (s. dieses Centralblatt 1897 p. 914) nach dem 
Vorgang von Kousnetzoff und Pensky (s. ebenda p. 383) experi- 
mentell geprüften und außerordentlich bewährt befundenen Verfahren 
der Anlegung von sehr fest zu schnürenden kettenförmigen Massen- 
ligaturen durch das Lebergewebe mittels vorn stumpfer Nadel vor 
allen anderen der Vorzug gegeben. Auch in einem von T. operirten 
Falle von Ausschneidung eines 270 g schweren, faustgroßen Leber- 
krebses hat es sehr Gutes, wenngleich nicht Vollkommenes (Ab- 
gleitung einer Ligatur, starke Blutung) geleistet. Der Snegirew- 
schen Methode der Blutstillung mittels heißen strömenden Wasser- 
dampfes wird nur kurze Erwähnung in empfehlendem Sinne gethan, 
des kühnen, freilich mehr theoretisch werthvollen, als praktisch 
durchführbaren Vorschlagg von Langenbuch, dessen Arbeit über 
die Leberchirurgie überhaupt unberücksichtigt gelassen ist (s. Referat 
1897 p. 1105), gar nicht gedacht. Zum Schluss finden sich 38 Leber- 
geschwulstexstirpationen aus der Litteratur, einschließlich T.’s Fall, 
tabellarisch zusammengestellt; nur 2 derselben sind an Blutung, 4 an 
Sepsis, bezw. Shock nach der Operation zu Grunde gegangen, 
Recidive !/,—1 Jahr nach den meisten Operationen wegen bösartiger 
Geschwulst 18 erfolgt. Kramer (Glogau). 


Kleinere Mittheilungen. 


Traumatische Fettnekrose. 


Von 
Dr. Otto Lanz, Docent für Chirurgie in Bern. 


Fettgewebsnekrosen im Zusammenbang mit dem Pankreas sind bekannt, 
seit Balser 1882 auf dieselben aufmerksam gemacht hat. Sie finden sich namentlich 
im interacinösen Gewebe, seltener in dem die Drüse umgebenden Fettgewebe als 
stecknadelkopfgroße, linsengroße, seltener größere opake Herde und kommen meist 
als zufälliger Befund bei Autopsien zur Beobachtung. 

Dass aber eine subkutane Fettnekrose Anlass zu einem chirurgischen Eingriff 
geboten bätte, ist mir nicht bekannt, wesshalb ich die folgende Beobachtung 
bier wiedergebe: 

Am 22. Oktober 1897 wurde mir von Kollegen N. eine 38jährige Pat. zur 
Operation gebracht mit der Diagnose Carcinom ausgehend von einem aberrirten 
Brustdrüsenläppchen. — Die Untersuchung der im Übrigen durchaus gesunden, 
kräftig gebauten, aber nicht sehr fetten Pat. ergab einen kirschengroßen, auffällig 
weichen, pseudofluktuirenden, nicht im geringsten druckempfindlichen Tumor am 
linken Sternalrand auf der Höhe der Brustwarze. Die Haut darüber verwachsen, 
sonst nicht verändert; zu Rippen oder Sternum keinerlei Beziehungen, in der 
Nachbarschaft kein Brustdrüsengewebe mehr nachweisbar, beide Mammae voll- 
ständig normal. 


1254 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


Schon die Konsistenz schloss die Diagnose auf ein Careinom aus, wohl aber 
wäre an ein Sarkom zu denken gewesen; gegen einen Abscess sprach das Fehlen 
jeglicher Entsündungserscheinung, jedweden ätiologischen Momentes; denn bei 
der anfänglichen Aufnahme der Anamnese wurde nur die Angabe gemacht, dass 


Fig. 1. 


Fig. 2. 


Leitz Oc. I, Obj. 3. 


der Knoten vor 3 Wochen zufällig entdeckt worden sei, seither wenig an Größe 
zugenommen habe. Erst auf ganz specielles Befragen wird ein Trauma, Anstoßen 
an einer Tischkante vor etwas mehr wie 3 Wochen, angegeben, das aber zu 
keiner Hautverletzung, zu keinen weiteren Quetschungserscheinungen führte und 
desshalb unbeachtet blieb. 


‚Google 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1255 


Ich exeidirte den Knoten reichlich im Gesunden und überwies ihn zur Unter- 
suchung an Dr. Howald, Docenten f. patholog. Anatomie; der markige, grau- 
weiße Durchschnitt imponirte mir als Sarkom. Die bakteriologische Untersuchung 
ergab ein negatives Resultat. 

Der am 17. November 1897 eingetroffene Bericht von Dr. Howald lautete: 
»Die Untersuchung des am 22. Oktober überbrachten Hautstückes, in dem sich nach 
einem Trauma ein Knoten gebildet hatte, ergab ein unerwartetes Resultat. Es 
handelt sich nicht um einen Tumor, sondern um eine Entzündung mit Bildung 
von Granulationsgewebe, das zahlreiche multinuoleäre Leukocyten enthält. Da- 
neben kommt eine gleiche Zahl von Fremdkörperriesenzellen vor, die um nekro- 
tische, nieht mehr bestimmbare Massen herumgelagert sind«. 


Fig. 3. 


Leits Oc. I, Obj. 7. 


Fig. 1 giebt den Knoten bei Lupenvergrößerung wieder, Fig. 2 seigt die 
Riesensellen im Entzündungsherd bei schwacher Vergrößerung, Fig. 3 Fremd- 
körper und Riesenzellen bei stärkerer Vergrößerung. 

Diese mikroskopischen Befunde weichen in so fern von denen bei Pankreas- 
fettnekrose ab, als in unserem Falle die entzündlichen Erscheinungen viel mehr in 
den Vordergrund treten. Mikroskopisch sieht man bei letzteren nach Chiari 
sum Theil eine Umwandlung von Fettzellen in Körnchenkugeln; in anderen Herden 
zeigen sich in den peripheren Theilen neben Fettdetritus und Kalk dunklere Fett- 
zellen, die Fettsäurenadeln enthalten, in den centralen Theilen, welche keine 
Kernfärbung mehr erkennen lassen, Schollen und Klumpen von fettsaurem Kalk. 
Doch unterscheidet Fitz auch für die Pankreasfettnekrose eine nekrobiotische und 
eine entzündliche Form. 

Die Ätiologie der Fettgewebsnekrose am Pankreas ist trotz bakteriolo- 
gischer und experimenteller Studien noch nieht aufgeklärt. Balser erblickt sie in 
einer übermäßigen Fetigewebewucherung, Chiari sieht sie als Theilerscheinung 


1256 Gentralblatt für Chirurgie. No. 50. 


eines schweren Marasmus an, Langerhans vermuthet einen Zusammenhang mit 
fermentativen Wirkungen des Pankreasaftes. 

In unserer Beobachtung ist die Ätiologie eine traumatische, und zwar hatte 
das Trauma zu einer ganz lokalen Veränderung, einem umschriebenen Granulations- 
herd mit Leukocyten, Riesenzellen und Fremdkörpern in Form yon homogenen, 
gekräuselten Massen geführt, ohne dass die Umgebung des ganz circumseripten 
Herdes irgend welche Resktion darbot. Die nicht bestimmbaren Fremdkörper 
können aber nicht wohl etwas Anderes vorstellen als nekrotisches Fettgewebe, indem 
sich im Herd kein Blutfarbstoff mehr nachweisen ließ, und auch in der Nach- 
barschaft keine Zeichen einer stattgehabten Hämorrhagie vorlagen. 


18) XIII. Kongress der Italiänischen chirurgischen Gesellschaft, 
gehalten in Turin vom 4.—7. Oktober 1898. 
I 


Zuocaro (Turin): Ein neues Trepanationsinstrument. 

Das Instrument wurde bereits auf dem XI. internationalen Kongress in Rom 
1894 besprochen. Z. hat seitdem einige kleine Veränderungen angebracht. Der 
Stiel ist der eines gewöhnlichen Trepans, an dessen unterem Ende an Stelle der 
Trepankrone ein kleiner horizontaler Arm angebracht ist, welcher einen in Form 
eines,Sägesahns hergestellten kleinen Meißel trägt. Die Schädeldecke wird damit 
durchschabt. Den Meißel kann man längs des horisontalen Armes in beliebiger 
Entfernung vom centralen Stiel anschrauben und erzielt somit in wenigen Minuten 
die Entfernung von beliebig großen Theilen des Schädeldaches. Auch kann man 
den Meißel durch eine Messerklinge ersetzen, um vor der Trepanation die Weich- 
theile genau nach Bedarf mit einem Zug zu durchschneiden. 


Codevilla (Turin) demonstrirt ein von ihm konstruirtes Trepanations- 
instrument. Die Mittelachse ist ein einfacher Stift mit spitzem Ende, an wel- 
chem der um ihn rotirende stärkere horizontale Arm in beliebiger Höhe angebracht 
werden kann. An letzteren schraubt man einen Schabemeißel, ähnlich wie beim 
Zuccaro’schen Instrument, in gewünschter Entfernung von der Mittelachse an 
und giebt ihm zugleich eine größere oder kleinere Neigung, je nach der Höhe, 
auf welcher der horisontale Arm an der Mittelachse angebracht worden ist. Mit 
der einen Hand hält man den Kopf der Mittelachse fest, mit der anderen setst 
man den horizontalen Arm in Bewegung. 


Auf Anfrage von Bottini (Pavia) erklärt Redner, dass er sich seines In- 
struments besonders bei explorativen oder bei wegen erheblicher Schädelbrüche 
bedingten Kraniotomien mit Erfolg bedient hat; einmal hat er im Verlauf von nur 
einer halben Stunde eine wirkliche Hemikraniektomie ausführen können. Das 
Instrument eignet sich nicht zur Trepanation der sehr dünnen oder sehr dicken 
Schädeltheile, eben so nicht, wie Durante (Rom) richtig bemerkt, für kongenital 
oder pathologisch dünne Schädel. Doch hat Redner bei Kindern sein Instrument 
mehrmals ohne Schwierigkeiten anwenden können. 


Carle (Turin): Beitrag zur Behandlung der Geschwülste der Fron- 
tallappen. 

Redner hebt besonders einen Fall hervor, an welchem er die Exstirpation 
einer Geschwulst vornahm, die den ganzen linken Frontallappen zerstört hatte. 
Die vorhandenen erheblichen Geistesstörungen verloren sich nach und nach, und 
ist Pat. gegenwärtig psychisch normal 

Während der Operation entstand so heftige Blutung, dass die Wunde tam- 
ponirt werden musste. Bald nach der Operation war eine mehrere Tage anhaltende 
rechtsseitige Hemiparese bemerkbar. 


Durante (Rom) schreibt die postoperative, vorübergehende Hemiparese keines- 
wegs einer direkten Läsion der linksseitigen motorischen Centren, sondern nur 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1257 


einer durch die bedeutende Hämorrhagie entstandenen Blutinfiltration der Hirn- 
rinde zu. 

Zur Erklärung des Entstehens der Geistesstörungen beruft sich Redner auf 
die von ihm auf dem Kongress 1896 mitgetheilten ähnlichen Fälle (s. Cbl. f. Chir. 
1896 No. 50 p. 1201). 


Roncali (Rom): Über totale und partielle Kleinhirnexstirpation. 
(Vorläufige Mittheilung.) 

Die motorischen Störungen nach theilweiser oder totaler Entfernung des 
kleinen Gehirns werden heut zu Tage gedeutet, indem man sich an eine der fol- 
genden Theorien hält: entweder ist das Kleinhirn 1) das Centrum des Muskel- 
tonus und somit der Energie und der Verstärkung der Muskelkontraktionen, oder 
es ist 2) das Centrum der Koordination bestimmter Muskelgruppen, zur Erhaltung 
des körperlichen Gleichgewichts. 

Nach eingehender Erörterung seiner Experimente an Hunden, besonders in 
technischer Hinsicht, bestätigt Redner die allgemein bekannten Entdeckungen von 
Luciani, mit der Ausnahme, dass die Muskelatonie und Asthenie nicht immer 
vorwiegend im Hintertheil des Körpers, sondern, nach Exstirpation der einen 
Hälfte des Kleinhirns, auch oft vorwiegend im Vordertheil erscheinen. 

Der patellare und der Achillessehnenreflex sind meistens gleichseitig mit der 
entfernten Kleinhirnhälfte, manchmal aber auch beiderseits gesteigert. 

Wenn die operirten Hunde mit verbundenen Augen freigelassen werden, so 
erleiden die atonischen und asthenischen Störungen meistens keine Veränderungen, 
aber eine Beobachtung von Thomas, so wie eine eigene, beweisen, dass das Seh- 
vermögen doch eine wichtige Rolle zur Wiedererlangung des Gleichgewichts mit 
spielt. Redner behält sich in dieser Richtung noch eingehendere Versuche vor. 


de Gaetano (Neapel: Experimentelle Untersuchungen über die 
Entstehung der Gehirneiterungen. 

Nach Darlegung der Experimente stellt Redner folgende Schlussfolge- 
rungen auf: 

1) Der Widerstand der Gehirnsubstang den chemischen Eitererregern gegen- 
über ist ein bedeutender, da sich nur längs des Nadeleinstiches Veränderungen — 
und zwar sehr geringe — nachweisen lassen. Dagegen entstehen nach Einimpfung 
einer noch geringeren Quantität eitererregender Flüssigkeit in die Hirnhäute und 
die weichen perikraniellen Gewebe richtige Abscesse und diffuse Eiterungen. 

2) Dieselben chemischen Substanzen, welche im subkutanen Bindegewebe Ab- 
soesse erzeugen, bilden im Gehirn nur kleine, abgegrenzte eitrige Exaudate, nie- 
mals große Abscesshöhlen, wie solche nach bakteriellen Einimpfungen zu Stande 
kommen. Diese Exsudate resorbiren sich wieder vollständig, mit Verbleib einer 
aus Bindegewebsneubildung entstandenen Narbe. 

3) In den bakteriellen Abscessen bildet sich häufig eine dickwandige, den 
Eiterherd begrensende Bindegewebskapsel, welche bei den chemischen Eiterungen 
stets ausbleibt. 

4) Der chemische Eiterungsherd besitst eine ausgesprochene Neigung zur zei- 
tigen und raschen Organisation (insbesondere beim Meerschweinchen). 

5) Bei den chemischen Eiterungen fehlt beständig eine Dissemination der 
Herde, wie man sie bei bakteriellen Eiterungen wohl antreffen kann. 

6) Die hauptsächlichsten Veränderungen in der die bakteriellen wie die che- 
mischen Eiterungsherde begrenzenden Hirnsubstans bestehen (resp. mit kaum 
merklichen Unterschieden) zuerst in zerstörenden und degenerativen, dann in atro- 
phischen und nekrotischen (Coagulationsnekrose) Vorgängen. 

Auf Anfrage von Maffucei (Pisa) antwortet de Gaetano, dass die be- 
grenzten eitrigen Erscheinungen nach chemischen Reizen wahrscheinlich auf den 
geringeren Gefäßreichthum des Gehirns, oder auch auf die schon von Durante 
betonte schwache Reaktionsfähigkeit der nervösen Substanz des Gehirns, ins- 
besondere der Glis, den physikalischen und chemischen Einwirkungen gegenüber, 
zurückzuführen seien. 


1258 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


Isnardi (Turin): Über Cranium bifidum und Spina bifida. 

Bei operativer Behandlung von Spina bifida hat Redner nur ein Recidiv auf- 
zuweisen. Pat. erlag der 2. Operation an Meningitis. In einem Falle musste die 
Resektion des Kreugbeines nach Kraske unternommen werden mit darauffolgen- 
der Knochennaht. Pat. wurde geheilt entlassen. 

3 Fälle von Cranium bifidum. 

1) Eine kleine Hydromeningocele der vorderen Fontanelle heilte nach ein- 
facher Unterbindung.; 

2) Ein Hydromeningocele oceipitalis wurde mit Knochennaht behandelt. Pat. 
starb nach 1 Jahr an einem enormen Hydrocephalus mit Diastase sämmtlicher 
Schädelknochen; nur der vernähte Theil am Hinterbaupt hatte dem Druck Wider- 
stand geleistet. 

3) Pat. hat eine faustgroße, fluktuirende Geschwulst, welche sich durch die 
Sutura sagittalis Bahn bricht. Nach Öffnung des Backes fließen über 200 ccm 
einer durchsichtigen, serösen Flüssigkeit aus. 

Die Geschwulst besteht, makroskopisch zu urtheilen, aus einer ausschließlich 
aus Nervensubstanz gebildeten Masse in Form eines Uterus, welche mittels eines 
kurzen Stiels direkt aus dem Corpus callosum entspringt. Auf der inneren Fläche 
des Sackes waren noch einzelne graue Schollen zerstreut in Form von Him- 
windungen, aber unter einander, wie von der Hauptgeschwulst, vollständig ab- 
gegrenzt. 

Das Gehirn selbst war normal entwickelt, folglich handelt es sich nicht um 
einen eigentlichen Durchbruch der Hirnsubstanz, sondern eher, wie Berger in 
ähnlichen Fällen angenommen hat, um eine wirkliche Neubildung, Gliom oder 
Teratom. 

d’Antona (Neapel), Durante (Rom), Maffucci (Pisa) bemerken, dass man 
sich ohne eingehende mikroskopische Untersuchung wohl kaum vorher über die 
Natur der Geschwulst aussprechen könne. 


Ghillini (Bologna): Unblutige Reduktion der Rückgratsverkrüm- 
mungen. 

Redner hat bisher die Calot’sche Methode in 10 Fällen angewandt, wovon 
9 wegen Pott’scher und 1 wegen rachitischer Rückgratsverkrümmung, bei letz- 
terer mit negativem Erfolg. Die ersten 3 operirten Kinder weisen bis jetzt, nach 
6 Monaten, keine Reoidive auf. Bei einem ist der Gipsverband durch ein leichtes 
metallenes Korsett ersetzt worden, die anderen beiden tragen noch den Gips- 
verband, da die Krümmung eine sehr hochgradige war. Bei einem dieser letzten 
umfasste die Deformität den 7. Brust- bis 1. Lendenwirbel mit Bildung eines 
Winkels von 105°. Pat. war seit 11/2 Jahr krank, hatte ein Korsett getragen und 
blieb dann 3 Monate lang zu Bett, ohne die mindeste Besserung aufzuweisen. 
Bei dem dritten der erwähnten Kinder, einem 8jährigen Knaben, entwickelte sich 
4 Wochen nach der Operation an den Seiten der Rückgratskrümmung ein Abscess, 
der sich nach außen öffnete. Nach Resektion der Dornfortsätze des 1. und 2. Brust- 
wirbels und vollständiger Laminektomie an diesem letzteren, wobei man Caries 
einer Lamina entdeckte, wurde die Wunde per primam geschlossen; nach 3 Mo- 
naten verließ das Kind das Bett, heute läuft es frei umher. 

Nur einen Misserfolg hat Redner bis jetst aufzuweisen bei einem 21/,jährigen 
Kind mit bedeutender, 8 Wirbel umfassender Krümmung, und zwar wegen Ver- 
breitung des zur Zeit der Operation noch nicht gelöschten tuberkulösen Processes. 

Nach kurzen technischen Erörterungen des bekannten C alot'schen Verfahrens, 
welches Redner trotz der aus persönlichen Erfahrungen entstandenen pessimisti- 
schen Ansichten Tricomi’s (Padua) als erfolgreich und — selbst bei noch floridem 
tuberkulösem Process — gefahrlos darstellt, und nachdem er nur eine feste An- 
kylose ala Gegenindikation angiebt, erkundigt sich 

d'Antona (Neapel), ob die Laminektomie auf die Rückgratskrümmung als 
solche einen günstigen Einfluss auszuüben im Stande sei. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1259 


Ghillini: Die Laminektomie wurde nur zur Beseitigung einer unvorher- 
gesehenen Komplikation vorgenommen: sie ist für die Beseitigung der Deformation 
selbst nicht von Belang. 


Burci (Pisa): Beitrag zur Behandlung der Rückgratsdeformitäten 
nach Pott’scher Krankheit. 2 Fälle. 

Ein Fall ist nach der Calot’schen Behandlung, was die paralytischen Er- 
scheinungen betrifft, entschieden geheilt, doch weiß Redner nicht, ob man je eine 
definitive Solidität des Rückgrats erzielen wird. 

Bei einem 2. Fall mit ankylotischer Krümmung versagte das Calot’sche Ver- 
fahren, wesshalb die Laminektomie vorgenommen wurde, die zur Entdeckung einer 
chronischen Pachymeningitis nicht tuberkulöser Natur führte. Das darauffolgende 
Verschwinden der vorhandenen schweren paretischen Erscheinungen erklärt Redner 
durch eine Verminderung des durch den Krankheitsprocess gesteigerten Druckes 
auf das Rückenmark. 

Turretta (Trapani) referirt einen von ihm operirten Fall von Caries tuber- 
culosa des 12. Brust- und 1. Lendenwirbels nebst Abscessbildung in beiden Fossae 
iliacae und Parese der unteren Extremitäten. Die Heilung erfolgte nach trans- 
versaler Drainirung beider erkrankten Wirbelkörper. Pat. ist seit 7 Jahren voll- 
ständig gesund. 


Isnardi (Turin): Paraplegie bei Pott’scher Krankheit. 

Redner erklärt sich entschieden gegen die operative Behandlung der Pott- 
schen Krankheit: mit Anwendung des Gipskorsetts nach Sayre und Aspiration 
des Eiters bei eventuellen Kongestionsabscessen hat er immer befriedigende Heil- 
erfolge erzielt. Das gewaltthätige Calot’sche Verfahren ist eher schädlich als 
nütslich: 

1) weil, wenn Paraplegie vorhanden, diese nicht in nothwendigem Causalnexus 
mit der Kyphose steht; es giebt Paraplegie ohne Kyphose eben so wie letztere 
ohne die erstere. Außerdem kann man oft mit entsprechender Behandlung die 
Paraplegie beseitigen, ohne dass sich die Kyphose bessert. 

2) weil, wenn nach dem Vorhergesagten die Calot’sche Methode nur eine 
Besserung in ästhetischer Hinsicht erzielt, man nicht berechtigt ist, die Pat. einer 
mit schweren Gefahren verbundenen Operation zu unterwerfen. 


Mugnai (Arezzo): Laminektomie bei Wirbelbrüchen mit Para- 
plegie. 

Pat., 26 Jahre, erlitt in Folge eines Falles einen Bruch der Wirbelsäule in 
der Höhe des 11. Brustwirbels, worauf sich augenblicklich Paraplegie einstellte. 
Die Laminektomie ergab vollständigen Bruch des vorderen und hinteren Bogens 
des 11. Brustwirbels, während an dem entsprechenden Rückenmarkstheil, welcher 
in einer Länge von 8—9 cm bloßgelegt wurde, äußerlich keine Läsion zu ent- 
decken war. Der Operationsverlauf war normal, die Wunde heilte in 12 Tagen. 
Trotzdem war das Ergebnis kein günstiges: die Paraplegie nebst Koth- und Urin- 
retention bestand und besteht noch unverändert fort. 

Der Sachverhalt wird vielleicht durch einen anderen Fall klargelegt, welcher 
kurz nach dem vorhergehenden in Behandlung zuging. Pat., ein alter Mann, erlitt 
ebenfalls einen Wirbelsäulenbruch mit darauffolgender, von der Thoraxbasis aus 
nach unten gehender doppelseitiger Lähmung. Ein schon vorhandener Bronchial- 
katarrh verschlimmerte sich bedeutend; nach 15 Tagen Tod. Bei der Obduktion 
fand man einen Bruch des 7. Rückenwirbels mit starker Verschiebung der 
Fragmente, die entsprechende Rückenmarkssubstanz aber in eine feine, breiartige 
Masse verwandelt. Auch in diesem Falle sah die Rückenmarkshaut äußerlich 
normal aus, aber man hätte einen operativen Eingriff, falls dieser durch das all- 
gemeine Befinden zulässig erschienen wäre, ebenfalls nur zu den erfolglosen zählen 
müssen. 

M. glaubt diesen Thatsachen den häufig negativen Erfolg der Laminektomie 
zuschreiben zu dürfen. 


1260 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


Nota (Turin): Neurektomie und Neurorrhaphie. 

Pat. erlitt einen Bruch am unteren Ende des Oberschenkels mit vollständiger 
Lähmung des Unterschenkels. Heilung der letzteren nach Ausführung einer 
Neurektomie mit Neurorrhaphie an den Nn. poplit. ext. und int. 


Porta (Mailand): Praktischer Beitrag zur Gastroenterostomie. 

An der zu anastomosirenden Stelle werden zuerst Magen- und Darmserosa 
mit einer Naht von 9cm Länge vereinigt. Vorher wird ein geeignetes, feines, 
elastisches Gummiband vorbereitet, dessen Enden mit denen von zwei auf gewöhn- 
lichen Nadeln montirten Seidenfäden susammengeknüpft werden. 5 mm seitwärts 
durchsticht man nun mit der einen Nadel die Magen-, mit der anderen die Darm- 
wand nach innen, kommt beiderseits nach 3 cm, parallel mit der ersten sero-serösen 
Nahtfläche, wieder heraus, zieht das Gummiband durch und knüpft die beiden 
Enden fest zusammen. Da die Fäden mit der Mucosa in Berührung gekommen 
sind, muss man das Operationsfeld desinfieiren, ehe man die zweite, obere, sero- 
seröse Nahtfläche ausführt, die sich mit der unteren wieder vereinigen muss. 

Die Nekrose der elastisch unterbundenen Theile stellt die neue Verbindung 
zwischen Magen und Darm leicht her; jede Kommunikation mit der Bauchhöhle 
ist ausgeschlossen, wenn die sero-seröse Naht richtig ausgeführt ist. 


Diskussion. Nach d’Antona (Neapel; ist die Idee von Porta nicht neu, 
außerdem kann die Ausführung keine schnelle und die Asepsis keine strenge sein. 
Die meiste Sicherheit bietet immer noch der Murphy’sche Knopf. 

Porta: Die Idee der Verbindung zwischen Magen und Darm mittels eines 
Gummibandes ist vielleicht doch noch neuer, als die nicht alte, die Verbindung 
mit einem Seidenfaden herzustellen. Die Operation lässt sich sehr rasch aus- 
führen. Eine Inficirung der sero-serögen Nahtfläche von innen nach außen ist 
nicht zu befürchten, da das Gummi elasticum die Nadelstichwunden mindestens 
so lange hermetisch »zupfropft«, bis die Adhäsion der serösen Flächen statt- 
gefunden hat. Weitere Erfahrungen werden dies hoffentlich bestätigen. Im Übri- 
gen erkennt Redner dem Murphy’schen Knopf seinen vollen Werth zu. 


Martini (Siena): Über ein neues Verfahren bei Gastroenterostomie. 

Redner bedient sich einer glatten, ovalen, 1 om langen, 1 cm breiten, Ve cm 
dicken Knorpelscheibe, deren Rand mit einer Rinne versehen ist. Man schneidet 
an der zu anastomosirenden Stelle der Magenwand ein etwas größeres Oval von 
Serosa und Muscularis aus; auf die frei gewordene Submucosa wird die Knorpel- 
scheibe gelegt. Die Submucosa, die von selbst den Rand der Scheibe überragt, 
wird provisorisch auf deren Oberfläche mit kleinen Stecknadeln befestigt, dann 
um die Scheibe herum mit einem Faden die hervorragende Submucosa (und somit 
natürlich auch die Mucosa) in die Rinne eingeklemmt; dann werden die Steck- 
nadeln wieder entfernt. Eine eben solche Scheibe wird an der zu anastomosirenden 
Darmschlioge angebracht. Beide Scheiben werden dann an einander gelegt, so 
dass Magen- und Darmschleimhaut in Berührung kommen; zum Schluss wird 
ringsherum vernäht, indem man die Nadel durch Serosa und Muscularis führt. 
Weitere sero-seröse Nähte können noch zur Verstärkung angelegt werden. 

Redner hat dieses Verfahren bis jetst nur an Hunden ausgeführt. Nach 
24 Stunden war die über die Knorpelscheiben gespannte Mucosa bereits nekrotisch, 
nach 3 Tagen waren die Scheiben durch die neue Öffnung herausgefallen; nach 
4 Wochen fand man letstere ohne irgend eine Spur von Vernarbung oder Ver- 
engerung. 

Trieomi (Padua): Die Radikalkur des Ulcus rotundum ventriculi. 

T. hat die chirurgische Behandlung des einfachen Magengeschwürs in 21 Fällen 
vorgenommen mit 2 +; in der Litteratur hat er 29 Fälle mit 3 + sammeln können, 
das macht zusammen 50 Fälle mit 10% Mortalität. Dagegen weist die innere Be- 
handlung 31,8% Mortalität auf. Die Erfolge der chirurgischen Behandlung werden 
noch günstiger sein, wenn man sich entschließen wird, einzugreifen, ehe die Sym- 
ptome einer allgemeinen Kachexie vorhanden sind. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 1261 


Die Indikationen zur Operation wären folgende: 1) Recidive, die vor der 
Heilung anfangen, eine allgemeine Abmagerung hervorzurufen; 2) Geschwüre, die 
trotz einer strengen inneren Behandlung keiner Besserung entgegensehen und 
folglich anfangen, einen schlechteren allgemeinen Zustand des Pat. zu bedingen; 
3) starke Schmerzen mit oder ohne Erbrechen; anhaltendes Erbrechen mit oder 
ohne starke Schmerzen; 4) nicht starke aber häufige Hämatemese; 5) Abmagerung 
und Kachexie, ehe sie einen hohen Grad erreichen; 6) Magenerweiterung; 7) ver- 
breitete Perigastritis adhaesiva; 8) Symptome einer Magengeschwulst; 9) die so- 
cialen Verhältnisse des Pat., d. i. wenn es sich um Kranke handelt, die sich 
ihren Lebensunterhalt durch Arbeiten verdienen müssen. 

Redner zieht allen anderen Operationen die Gastroenterostomie vor. Dadurch 
werden die mechanischen und chemischen Reize der Schleimhaut auf ein Minimum 
herabgesetzt, in Folge dessen auch bösartigen Neubildungen an Stelle des Ge- 
schwürs oder dessen Narbe vorgebeugt werden kann. Die Gastroenterostomie 
nach Roux hat die bei Weitem günstigsten Resultate ergeben. 

Diskussion. Carle (Turin) hat die Roux’sche Y-Methode nur imal an- 
gewandt, und zwar mit Erfolg, doch kann er ihr nichts abgewinnen, da sie mit 
großen technischen Schwierigkeiten verbunden ist und eine große Übung bedingt. 
Jbrigens findet er, dass die Diagnose Ulcus ventriculi oft fehlschlägt. 

Codevilla (Turin) zieht der Pyloroplastik die Roux’sche Methode vor, 
ohne ihre Schwierigkeit zu verkennen. Gefährlich erscheint ihm die Anwendung 
der 2 Murphy’schen Knöpfe. 

Nigrisoli (Ravenna) verliest die Statistik seiner eigenen Magenoperationen: 
81 Fälle mit 21 +, worunter 52 Magenkrebse mit 15 +. Am besten hat ihm stets 
die Gastroenterostomia posterior nach v. Hacker gedient, und zwar dann, wenn 
er dabei den Murphy’schen Knopf nicht anwandte. Die Anastomose durch 
letzteren hat oft die Neigung, sich zu verengern oder Klappen zu bilden. imal 
fand er den Knopf erst nach langer Zeit bei der Obduktion im Colon. 

d’Antona (Neapel) bemerkt ebenfalls, dass die v. Hack er'sche der Roux- 
schen Methode vorzuziehen sei, besonders bei Carcinoma ventrieuli, wo es sich 
doch immer um eine palliative Operation handelt, und man folglich nicht berech- 
tigt ist, die schon herantergekommenen Pat. den Gefahren eines zu langen Ope- 
rationsverfahrens auszusetzen. 

Trieomi: Die Diagnose Ulcus yentriculi ist stets unter Kontrolle eines 
inneren Klinikers gestellt worden. Der.Meinung, dass die Schwierigkeiten der 
Roux’schen Methode nicht leicht zu bewältigen seien, kann er nicht beipflichten, 
auch hat er nie nach Anwendung des Murphy’schen Knopfes Kanalisations- 
störungen bemerkt. P 

Codevilla (Turin): Beitrag sur Chirurgie des Magens. 

36 eigene Fälle mit 25% Mortalität, und zwar 17 nicht krebsartige Erkran- 
kungen mit 2, 19 krebsartige mit 7 Todesfällen. 

Besonders hervorzuheben ist die Behandlung von: 

1) Uleus duodenale: Heilung mit Pylorusanschluss nach v. Eiselsberg. 

2) Carcinoma pylori: 50% Mortalität mit Gastroenterostomie und nur 14% 
mit Pylorusresektion. Die Resektionen wurden sämmtlich zu palliativem Zweck 
unternommen, imal nachdem die Gastroenterostomie versagte; 2mal ist auch ein 
guter Theil des Colon transversum, 3mal der Pankreaskopf in die Resektion mit 
einbegriffen worden. 

3) Bei ausgedehntem Carcinoma ventriculi ist Redner entschieden für die 
2. Billroth’sche Methode, die er 6mal in Anwendung gebracht hat mit nur 
1 Todesfall. Die v. Hacker’sche Methode hat er nur imal ausgeführt. 

Diskussion. Carle (Turin) verfolgt praktisch gang die Ideen des Vor- 
redners. 

Tricomi (Padua) zieht eine ausgedehnte Magenresektion der Pylorektomie 
vor, wenn es sich nicht eben um sehr kleine, begrenzte Krebsknoten handelt. 

d’Antona (Neapel) fragt, wie man bei Gastroenterostomie den Leerdarm 
durch eine Öffnung im Meaoeolon erkennen kann. 


1262 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


Codevilla: Im Mesocolon kann man eine bis zu 10 cm breite Öffnung 
machen, so dass es nicht schwer ist, sich zu orientiren. Redner betont aber noch- 
mals den Vorzug großer Resektionen, womit es möglich ist, große Metastasen und 
die mesogastrischen Drüsen herauszuschneiden. 


d’Antona (Neapel): Über einen seltenen Fall von Darmchirurgie. 

Pat. bot klinisch das Bild eines Darmverschlusses; nebenbei tastete man in 
der rechten Darmbeingrube eine hartelastische Masse mit unbestimmten Grenzen. 
Bei der Laparotomie fand man eine kindskopfgroße, gestielte Geschwulst, die vom 
Dünndarm ausging und diesen mehrmals um seine Achse gedreht hatte. Der 
kurze Stiel war hohl, so dass er nach Unterbindung und Entfernung der Ge- 
schwulst noch mit einer einstülpenden Naht geschlossen wurde. Äußerlich er- 
innerte die Geschwulst an eine hydronephrotische Sackniere, mikroskopisch war 
aber die Struktur des Darmes zu erkennen, und zwar mit enorm entwickelten 
Blutgefäßen. Höchst wahrscheinlich handelt es sich um ein Diverticulum Meckeli, 
auf welchem sich ein parietales Angiom entwickelt hatte. 


Jaia (Florenz): Über Hernien des Wurmfortsatzes. 

Unter 1586 von Prof. Colzi (Florens) operirten Brüchen sind bis jetzt 27 Her- 
nien des Wurmfortsatzes vorgekommen, wovon 6 inoarcerirte. 

Nach genauen klinischen, mikroskopischen’und bakteriologischen Beobachtungen 
kann man zu folgenden Schlüssen gelangen: 

1) In sämmtlichen im Bruch enthaltenen Wurmfortsätsen war eine chronische 
Follieulitis su erkennen. 2) Es ist klinisch nicht möglich, eine einfache Wurm- 
fortsatzhernie von einem anderen gewöhnlichen Bruch zu unterscheiden. 3) Die 
Schleimhaut des Wurmfortsatses beherbergt stets und ausschließlich eine Art 
Bacterium coli, die sich jedoch als nieht sehr virulent erweist. 4) Auf Grund des 
anatomisch-pathologischen und bakteriologischen Befundes ist es angezeigt, den 
einfach im Bruchsack gefundenen Wurmfortsats mittels Resektion zu entfernen. 
5) Der anatomisch-pathologische Befund bei incarcerirten Hernien weist auf eine 
richtige Einklemmung des vorliegenden Wurmfortsatzes, nicht auf eine akute 
Appendicitis im Bruchsack hin. 6) Besondere Umstände, wie Fremdkörper, Kniekung 
des Wurmfortsatzes etc. mit darauf folgender Ulceration können das Krankheits- 
bild wesentlich verschlimmern. 7) Bei eingeklemmten Brüchen findet man meist 
eine sehr virulente Art von Bacterium coli, welche bei Ulceration des Wurmfort- 
satzes auch im Bruchsack vorzufinden ist. 8) Bei eingeklemmten Brüchen besteht 
die Behandlung selbstverständlich in der Resektion des Wurmfortsatzes. Hinter- 
her unternimmt man die Radikaloperation, oder wenn das die lokalen Verhältnisse 
nicht erlauben, tamponirt man. Unter Umständen, bei schweren Intoxikations- 
erscheinungen, kann die Herstellung einer Blinddarmfistel, so weit es die perito- 
nealen Verwachsungen gestatten, von großem Nutzen sein. 


Ghedini (Ferrara): Laterale Rectopexie. 

Zur Behandlung des Mastdarmvorfalle bedient sich Redner einer eigenen 
Methode. Er zieht den Mastdarm nicht an seiner hinteren Seite empor und fixirt 
diese an das angrenzende subkutane Gewebe (Verneuil, Marchand), sondern 
reponirt ihn in toto und befestigt ihn seitlich an den unteren Rand der beiden 
Ligg. sacro-ischiadica. Die normalen Verhältnisse mit dem Steißbein und der 
Fascia pelvica werden wieder hergestellt, indem man aus letzterer 2 rechteokige 
Lappen herausschneidet und sie dann an die hintere Mastdarmwand fixirt. Der 
äußere Sphinkter wird bewahrt, indem man den Hautschnitt rechts und links von 
3 cm seitlich der Articulatio sacro-coceygea direkt bis zur Spitze_des Steißbeines 
führt. 


Carle (Turin): Zur Chirurgie der Gallenfwege. 

Da die Gallensteine oft in dem letzten Theil des Choledochus aufgehalten 
werden, erdachte Haasch (Halle) eine Choledochotomia retroduodenalis. Redner 
hält es für leichter und sweckmäßiger, eine Duodenotomie vorzunehmen, um von 
der Mündungspapille aus den Gallengang anzugreifen. Man ist so viel sicherer, 


Oentralblatt für Chirurgie. No. 50. 1263 


die Vernähung des Darmes bietet keine Schwierigkeiten, während bei der Chole- 
dochotomie die Vernähung des Gallengangs, besonders wenn dieser nicht ver- 
größert ist, eine schwer zu lösende Aufgabe ist. Oft ist zwar die Vernähung des 
Gallengangs nicht absolut nöthig. Redner hat dieses Verfahren angewandt, ohne 
zu wissen, dass Kocher und Poszi vor ihm denselben Weg eingeschlagen 
hatten; folglich steht ihm nicht die Priorität der Idee zu. 


Diskussion. Tricomi (Padua) zieht die Cholecystektomie vor. 
Carle ist derselben Meinung; nur ist sie mit großer Gefahr verbunden, 
wenn unbemerkt ein Stein im Ductus hepaticus eingekeilt bliebe. 


Rizzo (Neapel): Über Einfluss des Urins auf das Bauchfell. 

Den Versuchsthieren (Hunde und Kaninchen) wurde entweder frischer mensch- 
licher Urin direkt in die Bauchhöble in progressiv steigender Quantität eingespritzt 
oder die Harnleiter wurden so durchtrennt, dass durch den centralen Stumpf 
Urin in die Bauchhöhle gelangte. R. konnte danach folgende Beobachtungen an- 
stellen: 1) Kleine Quantitäten normalen Urins im Peritoneum bedingen weder 
lokale noch allgemeine Symptome. 2) Urinmengen, die 10% des Gewichts des 
Thieres entsprechen, bedingen urämische Symptome, 13% binnen kurzer Zeit den 
Tod mit Erscheinungen einer konvulsiven Urämie. 3) Die Gegenwart von Urin 
im Bauchfell macht dieses für Infektionen empfindlicher. 4) Die in die Bauch- 
höhle sich öffnenden Schnitte der Harnleiter verheilen in Folge einer organisiren- 
den Peritonitis. 5) Diese organisirende Peritonitis ist nicht dem Einfluss des 
Urins, sondern der Berührung einer wunden Bindegewebsfläche mit der normalen 
Peritonealserosa zuzuschreiben. 

Auf Anfrage von Maffucei (Pisa) erwiedert Redner, dass er frischen Urin 
auch subkutan eingespritzt hat, ohne zu wesentlich veränderten Schlüssen zu ge- 
langen. 


Isnardi (Turin): Experimentelle Heilversuche bei Peritonitis tu- 
berculosa. 

Meerschweinchen wurde die Substanz verkäster Drüsen mittels Pravas’scher 
Spritze in die Bauchhöhle eingeführt. Einige dieser Thiere ließ man zur Kon- 
trolle ohne Weiteres frei herumlaufen, anderen dagegen wurde entweder gleich 
nach der Inficirung oder 14 Tage später eine irritirende Substanz in die Bauch- 
höhle eingespritst, z. B. 1/% Tropfen Krotonöl in Mandelöl oder auch "ie bis 
1/g Tropfen Terpentinöl in Vaselinöl. Wenn man die meistens überlebenden Thiere 
nach 1—3 Monaten tödtete und secirte, waren zwar die Zeichen einer allgemeinen 
Tuberkulose mit käsigen Herden in den inneren Organen aufzufinden, aber die 
Peritoneslserosa und das Netz waren total frei von Tuberkeln. Als Folgeerschei- 
nungen der irritirenden Injektionen waren nur hier und da geringe Peritoneal- 
verwachsungen, in einem einzigen Falle ein Abscess zu entdecken. Die Kontroll- 
thiere zeigten das Peritoneum übersät mit Tuberkeln. 

Da bei den Thieren keine Laparotomie vorgenommen wurde, folglich weder 
Luft noch Licht mit dem Bauchfell in Berührung kamen, muss man die Heil- 
erfolge ausschließlich der Einwirkung der irritirenden Substansen zuschreiben. 
Schon früher hatte Redner übrigens bewiesen, dass man kalte Abscesse mittels 
Terpentinöleinspritzungen heilen kann. 


Seganti (Savignano di Romagna): Über Auswaschung des Peritoneums 
bei Peritonitis tuberculosa. 

Anstatt der Laparotomie hat Redner in 12 Fällen von Peritonitis tuberculosa 
mit Ascites die Auswaschung des Bauchfells vorgenommen, und zwar mit duroh- 
weg günstigen Erfolgen. In die Hypochondrien wird zu beiden Seiten ein Trokar 
eingestoßen: durch den einen wird in die Bauchhöhle ein unausgesetster Strom 
von 15—20 Liter auf 40—41° erwärmte 0,75%ige sterilisirte Chlornatrium- 
lösung eingeführt, durch den anderen Trokar fließt die Flüssigkeit wieder heraus. 
Meistens ist eine Auswaschung genügend; mehr wie zwei vorzunehmen, war nie 
nöthig. 


1264 Centralblatt für Chirurgie. No. 50. 


Um die Ursache der Heilung zu erörtern, erinnert Redner an die Phagocytose, 
welche die in den Organismus eingewanderten Bakterien bekämpft. Durch die 
warme Waschung erweitern sich die peritoneslen Blutgefäße in einem höheren 
Grad als durch eine einfache Laparotomie, es entsteht eine vermehrte Auswande- 
rung der Leukocyten und folglich eine aktivere Phagocytoge. 

Auf Phagocytose sind wohl auch die Heileffekte der Tamponaden, einiger ex- 
plorativer Laparotomien bei unoperirbaren Geschwülsten, der elektrischen Appli- 
kationen nach Apostoli, der Vesikatorien ete. zurückzuführen. 

Bretschneider (Rom). 


19) Peroni. Caso di blenorragia uretrale. 

(Soc. di med. pratica di Torino. Gazz. degli ospedali e delle clin. 1898. No. 76.) 
Während es ja allgemein bekannt ist, dass die Gonorrhoe bei mit hohen 

Temperaturen verbundenen Fieberkrankheiten scheinbar verschwindet, um nach 

dem Fieberabfall wieder hervorzutreten, theilt P. einen Fall von schwerer Go- 

norrhoe mit, der durch ein 26stündiges Fieber (39,5—40°) bei Angina tonsillaris 

vollkommen geheilt wurde. Dreyer (Köln). 


20) Gaucher et Barbe. Des syphilides zoniformes. 
(Presse méd. 1897. No. 66.) 


Mittheilung von 6 Fällen, in welchen die syphilitische Hautaffektion ganz ähnlich 
einem Herpes zoster lokalisirt war, stets am Rumpf, 4mal einseitig, 2mal doppelaeitig, 
aber in verschiedener Höhe; es bestanden nie neuralgische Zeichen. Die Syphilide 
hatten 2mal ein papulo-squamöses oder psoriasisähnliches Aussehen, 4mal dagegen 
ein mehr knötchenförmiges. Es scheint nach der Theorie von Brissaud vom 
Herpes zoster, dass es sich ebenfalls um eine Läsion der centralen Nerven handelt, 
entweder durch das Syphilisvirus direkt oder durch seine Toxine. 4 Abbildungen 
illustriren die interessante Mittheilung. Tschmarke (Magdeburg). 


21) Spillmann et Etienne. Syphilides zoniformes. 
(Presse méd. 1897. No. 104.) 

Verff. haben gleichfalls einen Fall von Syphilid beobachtet, welcher noch mehr 
den Einfluss des Nervensystems hervortreten zu lassen scheint; das Syphilid ent- 
wickelte sich auf einem flachen Naevus pigmentosus ia der rechten Brustseite. 
Dort waren entsprechend dem Verlauf des 8. Interkostalnerven 2 Naevi und in 
deren Bereich ein papulo-squamöses Syphilid. Außer diesem waren noch andere 
syphilitische Erkrankungen am Hals, hinter dem Ohr und an der Zunge vorhanden. 
Alle Erscheinungen schwanden sehr rasch unter dem Einfluss einer Injektionskur 
mit grauem Öl. In einem zweiten ähnlichen Fall entstand zuerst ein wirklicher 
Herpes zoster im 7. und 8. Interkostalraum: derselbe machte aber im weiteren 
Verlauf einem breiten papulösen Syphilid Platz, das nur einer specifischen Therapie 
wich. Tschmarke (Magdeburg). 


22) J. Jovanovió. Ein Fall von dislocirter und adhärenter Milz. 
Splenektomie. 
(Srpski arhiv za celokupno lekarstvo 1698. No. 8. [Serbisch.)) 
J. berichtet über einen Fall, wo keine Symptome einer Wandermilz bestanden. 
Pat. litt an häufigen und starken Metrorrhagien und großen Schmerzen im Unter- 
bauch und Kreus. Bei der Laparotomie wurde die Geschwulst im Douglas ein- 


gekeilt gefunden und als Milz erkannt. Pat. wurde geheilt. 
ve Cačković (Agram). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrūcke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 
geed 

Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


Centralblatt 
CHIRURGIE 


herausgegeben 
E vu pm, LI RA 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


D 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postanstalten. 


No. 51. Sonnabend, den 24. December. 1898. 


Inhalt: 1) Lilienthal, 2) Custer jr., Lokalanästhesie. — 3) Rodman, 4) Thomson 
und Kemp, Narkose. — 5) Herzog, Wiederbelebungsmethoden. — 6) Motz, Prostata- 
hypertrophie. — 7) Keyes, Blasensteine. — 8) Delore, Hoher Blasenschnitt. — 9) Eng- 
Iech, Harnleitererweiterung. — 10) Rosenfeld, Cystitis und Pyelitis. — 11) Nasse, 
Nierenzerreißung. — 12) Bloch, Nierenresektion. — 13) Hildebrand und Haga, Hydro- 
nephrose und Wanderniere. — 14) Houzel, Nierencysten. — 15) Nimler, 16) Krone, 
Varicocele. — 17) Delore, Orchidotomie. — 18) Pincus, Atmokausis. 

19) Italiänischer Chirurgenkongress. (Schluss.) 

20) Voss, Halsverletzungen. — 21) Osler, Schildädrüsensaft bei Skleroderma. — 
22) Booth, Thyroidektomie bei Basedow. — 23) Keyes, 24) Morton, Prostatahypertrophie. 
— 25) Rochet und Martel, 26) Spangaro, Blasengeschwülstee — 27) Zeller, Hydro- 
nephrose. — 28) Gnesda, Anurie. — 29) Israël, Nierentuberkulose. — 30) Litzenfrey, 
Samenstranglipome. — 31) Ruggl, Vaginale Hysterektomie. — 32) Wrzesnlowskl, Schuss- 
verletzung der schwangeren Gebärmutter. — 33) de Quervaln, Bauchgeschwülste. — 
34) Freund, Cholecystektomie und Ovariotomie. 


1) Lilienthal. Operation without ether or chloroform 
narcosis. General observations and report of illustrative cases. 
(Annals of surgery 1898. Mai.) 

Vert, welcher die Schleich’sche Methode anscheinend nur 
sehr wenig angewandt hat und die Oberst’sche gar nicht erwähnt, 
rühmt als bestes lokales Anästheticum das Eucain, das er in 
6—10 %iger Lösung in 50 Fällen mit bestem Erfolg angewandt hat. 
Namentlich sei an demselben bemerkenswerth und angenehm das 
Fehlen aller toxischen Erscheinungen. Tietze (Breslau). 


2) J. Custer jr. (Berneck). Die Verwendbarkeit des Tropa- 
cocains in der Infiltrationsanästhesie. 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 32.) 

Nach C.’s Versuchen ist das Tropacocainum hydrochloricum 
Merck dem Cocain. muriat. bei Infiltrationsanästhesie vorzuziehen, 
da es bei gleicher anästhesirender Kraft viel weniger giftig sei als 

51 


1266 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


letzteres. Die angewandten Koncentrationen waren dieselben wie 
beim Cocain. muriat., indess hat Verf. das Morphium aus den Lösungen 
fortgelassen und giebt es bei Nachschmerzen nach Operationen ev. 
subkutan. Kramer (Glogau). 


3) H. Rodman. Schleich’s general anaesthesia, not a success. 
{New York med. record 1898. Oktober 1.) 

Die Vorzüge der lokalen Anästhesie nach der Schleich’schen 
Infiltrationsmethode sind unbestritten, dagegen warnt R. auf Grund 
persönlicher Beobachtung von 700 Fällen dringend vor der Anwen- 
dung der Schleich’schen Allgemeinnarkose, wie sie nach Angabe 
von anderer Seite mit gutem Erfolg statt Äther und Chloroform 
gebraucht würde. Verf. konstatirt folgende Thatsachen: 1) die 
Schleich’sche Mischung besitzt im Allgemeinen für den Pat. eine 
gewisse Annehmlichkeit beim Inhaliren. 2) Die Zeit bis zum Ein- 
tritt der Narkose entspricht der des Äthers. 3) Die mechanische 
Einrichtung der Maske ist verbesserungsbedürftig. 4) Das Exci- 
tationsstadium ist weniger markirt, gelegentlich aber auch sehr aus- 
gesprochen. 5) Der Reiz auf die Schleimhäute ist geringer. 

Dagegen hören die Reflexe früher auf, besonders der Conjunctival- 
reflex. Der Narkotiseur wird dadurch eines der wichtigen Kontroll- 
mittel beraubt. In den meisten Fällen bleibt dann der Puls lang- 
sam, die Häufigkeit der Respiration vermindert sich, und die Pupillen 
sind etwas erweitert, der Pat. erscheint etwas cyanotisch. Passt man 
nun nicht sorgfältig auf, so nimmt die Cyanoge zu, die Athmung 
wird selten, der Puls schneller und schlechter, und plötzlich hört 
die Athmung auf, und dies ohne irgend eine Warnung. In all die- 
sen Fällen mussten energische Wiederbelebungsmittel angewandt 
werden. Verf. kennt mehrere Fälle von Aufhören der Respiration 
bei Äther und Chloroform, aber nicht derartige schwere Zustände, 
wie sie z. B. bei einem Falle von Enukleation trotz eines sehr er- 
fahrenen Narkotiseurs mit der Schleich’schen Mischung eintraten. 
Verf. glaubt, dass bei der Schleich’schen Mischung mehr als bei 
Äther und Chloroform der Eintritt der tiefen Narkose zu befürchten 
sei, dass die Gefahr schwerer Zustände zeitlich nur zu gering von 
dem Zeitpunkt der gewöhnlichen Anästhesie entfernt sei. 

Die Beschwerden nach der Operation sind sehr ausgeprägt im 
Gegensatz zu dem, was davon behauptet wurde. Auch tritt Würgen 
und Brechen eben so wie nach Äther und Chloroform auf. Die 
Periode des Erwachens ist nicht abgekürzt, wie behauptet wurde 
(bei Mischung No. 3, welche meist angewendet wurde). Die Wirkung 
auf Lungen und Nieren wird nicht eliminirt. Verf. hat Conjunctivitis, 
Rhinitis, Bronchitis und Pneumonie beobachtet. Schließlich konnte 
Verf. 3 Fälle beobachten, in denen nach der Narkose Eiweiß auf- 
trat. Kurz Chloroform allein kann bedeutend exakter angewendet 
werden, als in Mischung mit anderen Elementen, wie in der Schleich- 
schen Mixtur. Wenn schon bei einem Pat. mit absolut gesundem 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1267 


Herzen, wie R. feststellen konnte, schwere Zustände eintreten, ist 
der für das Mittel reklamirte Vortheil für die Anwendung besonders 
bei irgend welchen Herzzuständen pathologischer Art keinesfalls ge- 
rechtfertigt. Loewenhardt (Breslau). 


4) W. H. Thomson and R. C. Kemp. Experimental re- 
searches on the effects of different anaesthetics. 
(New York med. record 1898. September 3.) 

Mit Hilfe eines von Roy angegebenen Registrirapparats (Onko- 
meter) konnten die rhythmischen Variationen des Blutdrucks in den 
Nieren äußerst fein bei Hunden aufgezeichnet werden. Verf. prüften 
unter gleichzeitiger Kontrolle des Carotispulses und der Sekretion 
der Harnleiter die Einwirkung der verschiedenen Anästhetica. Die 
Äthernarkose (Tracheotomie, Inhalation durch Kanülen, genaue Do- 
sirung des Mittels) ergab im Wesentlichen, dass die Nierensekretion 
in ungünstiger Weise beeinflusst wird. Äther ruft eine Zusammen- 
ziehung der kleinen Nierenarterien hervor mit nachfolgender Ver- 
ringerung der Sekretion, Albuminurie, schließlich völliger Suppression. 
Dieser Zustand tritt ein ohne Veränderung des allgemeinen Blut- 
drucks im Körper. Der Einfluss auf die Sekretionszellen ist ein 
ähnlicher, wie der Folgezustand nach Abklemmen der Nierenarterie. 

Diese Thatsachen lassen die Äthernarkose bei Nierenerkrankung 
und besonders bei Albuminurie ungeeignet erscheinen. 

Dagegen hat das Chloroform keinerlei Einfluss auf die Nieren, 
aber auf das Herz; wie aus der Karotidenkurve zu sehen ist, wirkt 
es direkt Druck herabsetzend, während Äther in dieser Beziehung 
ein evidentes Stimulans ist. Die A.-C.-E.-Mischung verhält sich 
verschieden je nach der Zuführung von Luft. Ohne genügende 
Luftinhalationen bemerkt man eine Kombination der Herabsetzung 
des Herzdrucks, wie bei Chloroform allein, und Störungen in den 
Nieren, wie bei Ather; künstliche Athmung war dann jedes Mal 
erforderlich; dagegen ist bei reichlicher Luftzufuhr nur die Chloroform- 
wirkung bemerkbar. Verff. anerkennen desshalb keinen Vorzug für 
diese Mischung. Die Schleich’schen Mischungen aber treffen obige 
Einwürfe noch in höherem Maße. Auch theoretisch seien Schleich’s 
Folgerungen irrthümlich, weil man nicht annehmen könne, dass die 
Mischungen als gleichmäßiger chemischer Körper in den bestimmten 
Proportionen eingeathmet würden. Das Verhältnis, in welchem in 
den betreffenden Mischungen z. B. Äther oder Chloroform eingeathmet 
wird, hängt allein von der Art der Anwendung ab. Petroleumäther 
ist nach Meltzer überhaupt kein Narkoticum. Narkotisirt man reich- 
lich ohne viel Luft, wird so viel Chloroform absorbirt, dass es ge- 
fährlich ist, gestattet man freien Luftzutritt, wird die Atherabsorption 
so verringert, dass sie gar nicht in Betracht kommt. Inhalation von 
reinem Petroleumäther allein ruft Tetanus hervor, an der das Thier 
bei weiterem Gebrauch verendet; bei Unterbrechung bleibt aus- 

51* 


1268 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


gesprochene Parese der Extremitäten zurück. Giebt man Äther 
gleichzeitig, sind auch noch paralytische Wirkungen bemerkbar, wenn 
auch Tetanus nicht eintritt. 

Es giebt auch einen physikalischen Grund, an der Brauchbarkeit 
solcher Gemische zu zweifeln: werden 2 Mittel von verschiedenem 
Maximum der Evaporation gemischt, so vermehrt das flüchtigere die 
Verdunstung des anderen. Es wird also mehr von letzterem inhalirt, 
als wenn es allein gegeben wird. »Keine gemischten Anästhetica, « 
schließen die Verff., trotz der vielleicht sehr zahlreichen Anwen- 
dungen ohne Zufälle. Loewenhardt (Breslau). 


5) S. W. Herzog. Über den Werth einiger Wieder- 
belebungsmethoden beim Scheintod während der allgemeinen 
Narkose. 

.. (Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 255.) 

II. Über das Verfahren nach König-Maass. 

III. Künstliche Athmung nach Schüller. 

Über die zur Sache unternommenen Thierexperimente hat Verf. 
bereits in einer russischen Zeitschrift berichtet, worüber in unserem 
Blatt Jahrgang 1897 p. 866 auch ein Referat vorliegt. Auf letzteres 
wird verwiesen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


6) B. Motz. Klinische Untersuchungen von 130 Fällen von 
Prostatahypertrophie. 
(Przegląd lekarski 1898. No. 1 u. 2.) 

Verf. hat seine Untersuchungen an dem Material der Guyon- 
schen Klinik bezw. an den Leichen von in dieser Klinik verstorbenen 
Pat. angestellt und ist zu folgenden Resultaten gelangt. 

Die meisten Pat. mit Hypertrophie der Vorsteherdrüse waren 
65 bis 75 Jahre alt, kein einziger unter 50. In 1/, aller Fälle waren 
die Dimensionen der Prostata annähernd normal, die Hälfte aller 
Fälle dagegen zeigte sehr hochgradige Schwellung der Drüse. 

Es scheint daher der Schluss gerechtfertigt, dass die Beschwerden 
der Prostatiker keineswegs von der Vergrößerung der Drüse allein 
abhängen. Zwischen der Größe der Drüse und dem Alter der Pat. 
war kein konstantes Verhältnis nachweisbar, dagegen schien eine 
stärkere Schwellung mit ausgesprochener Arteriosklerose Hand in 
Hand zu gehen. Auch glaubt sich Verf. auf Grund seiner Befunde 
zu dem Schlusse berechtigt, dass die Größe der Vorsteherdrüse der 
Prostatiker in geradem Verhältnisse zu der Größe der Hoden steht, 
und folgert daraus so wie aus dem mikroskopischen Bilde ein- 
schlägiger Präparate, dass die wahre Hypertrophie der Prostata einer 
normalen, wenn auch etwas verspäteten Entwicklung derselben in 
Folge gesteigerter Energie des Genitalapparates ihr Entstehen verdankt. 

Trzebicky (Krakau). 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1269 


7) Keyes. Remarks of the treatment of stone in the bladder 
when associated with hypertrophy of the prostate. 
(Annals of surgery 1898. Mai.) 

Ob bei bestehender Prostatahypertrophie ein Theil zertrümmert 
werden darf oder durch Schnitt entfernt werden soll, kann nach des 
Verf. Ansicht nur von Fall zu Fall entschieden werden. Die Größe des 
Steines ist an und für sich kein Hinderungsgrund für die Lithotripsie, 
sie wird es nur bei einem solchen Durchmesser des Steines, dass 
derselbe überhaupt nicht mehr in das Instrument passt. Eben so 
sind ausgeschlossen von der Zertrimmerung Steine, die in Divertikeln 
liegen und solche, die sich um Fremdkörper gebildet haben. Auch 
die Größe der Prostata ist nicht an sich maßgebend für die Ent- 
scheidung der Frage, ob Zertrümmerung, ob Schnitt; viel wichtiger 
sind die Tiefe des hinter dem Mittellappen gelegenen Blasenraums 
und die Reizbarkeit des prostatischen Theils der Harnröhre. Es er- 
fordert daher jeder einzelne Fall ein eingehendes Studium. Unter 
den blutigen Methoden ist der hohe Steinschnitt bei Weitem allen 
anderen vorzuziehen. Tietze (Breslau). 


8) M. X. Delore. Über die Cystostomia suprapubica. (Deutsch 
von Dr. Dreysel.) 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 9.) 

D. bespricht in dieser Abhandlung eingehend die geschichtliche 
Entwicklung der Cystostomia suprapubica oder, wie sie in Frankreich 
genannt wird, Poncet’schen Operation. Die Hauptvortheile der 
Operation, deren wichtigstes Moment die Vernähung der Blasen- mit 
den Bauchdeckenwandungen darstellt, sieht D. in der Verhinderung 
des vorzeitigen Verschlusses in den zur Obliteration neigenden Fällen 
und in der Verhütung einer Urininfiltration des prävesikalen Fett- 
gewebes. In Bezug auf technische Fragen ist zu erwähnen, dass 
D. die Eröffnung der Blase nahe der Symphyse oder dem Blasen- 
hals bevorzugt wegen der leichteren Vermeidung einer Verletzung 
des Bauchfells, der besseren Aussichten für das Zustandekommen einer 
künstlichen Harnröhre und der besseren Entleerung der Blase bei 
tiefliegender Fistel. Für die Nachbehandlung ist der einfachste Ver- 
band der beste, da er den freiesten Abfluss des Urins und beste Rein- 
haltung gewährleistet. Irrigationen der Blase werden weiterhin 
nur bei stagnirendem oder sich zersetzendem Urin vorgenommen. 
Die Versuche, einen hypogastrischen Sphinkter zu bilden, hält D. für 
aussichtslos. — Die Indikationen scheiden sich bei Betrachtung der 
temporären und definitiven Cystostomie. Für die temporäre Cysto- 
stomie sind dieselben außerordentlich zahlreich: Wunden, Kontusionen, 
Rupturen, Fremdkörper, Blutungen, hartnäckige Entzündungen der 
Blase, Fisteln und Kallositäten der Harnröhre geben Veranlassung 
zur Operation. 

Die definitive Cystostomie wird ausgeführt bei bösartigen Neu- 
bildungen der Prostata, bei Geschwülsten der Blase einhergehend 


1270 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


mit Blutungen oder Zerfall, bei tuberkulöser Blasenentzündung, bei 
Zerstörungen der männlichen oder weiblichen Harnröhre (Carcinom). 
Die ausgedehnteste Indikation giebt aber die Prostatahypertrophie. 
Dieselbe wird besonders ausführlich besprochen. Bei den mecha- 
nischen Prostatikern hat die Cystostomie unter 34 Fällen nur 
16mal zu einer bleibenden künstlichen Harnröhre geführt, 18mal 
trat Obliteration ein. Nach D. hängt das Zustandekommen einer 
bleibenden Fistel nicht vom Operateur etc., sondern lediglich vom 
Zustand der Harnröhre ab. Die Obliteration der Fistel wird stets 
zu Stande kommen, wenn die Harnröhre durchgängig ist und bleibt. 
Den Verweilkatheter betrachtet D. nur als Nothbehelf. Sowohl bei 
der akuten Urinretention, wo die Einführung des Katheters un- 
möglich, als auch bei der chronischen Retention, wo tägliche mehr- 
malige Anlegung des Katheters in Frage kommt, erst recht aber beim 
Vorhandensein von Blutungen und falschen Wegen, toxischen Er- 
scheinungen, bevorzugt D. die Cystostomie vor Verweilkatheter oder 
Punktion der Blase. Anschließend an die anatomischen Unter- 
suchungen über Lage und Gestalt der bleibenden Fistel berichtet 
D. dann, dass von den 34 Pat. eigener Beobachtung 14 kontinent, 
7 partiell kontinent, der Rest nur inkontinent war. Auch bei be- 
stehender Inkontinenz wird den Pat. der Zustand durch das Tragen 
der Apparate von Collin oder besser von Lafay erträglich gemacht. 
Eine Prädisposition zu Blasensteinen hat D. nach der Poncet’schen 
Operation nicht beobachtet. F. Krumm (Karlsruhe). 


9) J. Englisch (Wien). Über cystenartige Erweiterung des 
Blasenendes des Harnleiters. 
(Centralblatt für die Krankheiten der Harn- u. Sexualorgane Bd. IX. Hft. 7.) 

Die cystenartigen Erweiterungen der Harnleiter am Blasenende 
sind selten. E. konnte im Ganzen 16 Fälle aus der Litteratur zu- 
sammenstellen, darunter eine eigene Beobachtung, 10mal waren 
weibliche, 6mal männliche Individuen von der Erkrankung betroffen. 
Bei den weiblichen Beobachtungen überwiegt das jugendliche Alter, 
bei den männlichen sind meist ältere Individuen betroffen. Eine 
gleichzeitige Obliteration des Harnleiters fand sich 6mal, in 9 Fällen 
war derselbe offen. An gleichzeitigen Abnormitäten fanden sich: 
Defekt der Harnröhre bei offenem, doppeltem Harnleiter; Hasenscharte, 
Verwachsung der Finger bei geschlossenem, einfachem Harnleiter, 
doppelter Harnleiter etc. Die Form des Cystensacks schwankt von 
der einer Warze bis zu der eines dünnwandigen Schlauches und 
Beutels, die Größe der Cyste von Haselnussgröße bis zur Ausfüllung 
der Blase mit einem Inhalt von 50 cem Flüssigkeit. Wichtig ist die 
Lagebeziehung der Cyste zur inneren Harnröhrenöffnung, durch deren 
Bedeckung Störungen bei der Harnentleerung entstehen können; 
auch kann die anderseitige Harnleitermündung durch die Cyste ver- 
legt werden. Die Störungen bestehen in vermehrtem Harndrang, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1271 


Schmerzen beim Harnlassen, Harnverhaltung, Enuresis oder vorüber- 
gehender Inkontinenz. Bezüglich der Ätiologie der sackartigen 
Harnleitererweiterung sind die Ansichten getheilt. Man hat primäre 
Missbildung angenommen; auch eine abnorme Durchbohrung der 
Blasenwand in gerader Richtung und Verlauf des Harnleiterendes 
nicht in der Muskulatur, sondern unter der Schleimhaut wurden 
beschuldigt. Jedenfalls ist eine Anomalie in der Insertion des Harn- 
leiters in die Blase von Einfluss auf die Bildung der Cyste (Ein- 
mündung des Harnleiters in die Samenblasen, Samenleiter, beim 
Weibe in die Harnröhre). E. ist geneigt, als weitere Ursache eine 
Neigung der Harnleitermündung zur epithelialen Verklebung anzu- 
nehmen, wie sie für verschiedene Stellen der Harnröhre etc. schon 
erwiesen ist. Die Diagnose wird dann am leichtesten sein, wenn 
die Cyste in der Harnröhre zum Vorschein kommt (beim Weibe). 
In allen Fällen, welche auf ein Divertikel oder eine Pyonephrose hin- 
weisen, sollte man an die Sackbildung der Harnleitermündung 
denken. Das Endoskop und die Digitaluntersuchung sind für die 
Diagnose werthvoll. 

Die Behandlung muss in Entleerung des Sackes durch endo- 
skopische Spaltung oder durch Abbinden nach Cystotomie bestehen. 

F. Krumm (Karlsruhe). 


10) G. Rosenfeld. Zur Differentialdiagnose zwischen Cystitis 
und Pyelitis. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 30.) 

Verf. stellt seine Erfahrungen bezüglich dieses Gegenstandes in 
folgenden Thesen zusammen: 

Alkalische Reaktion findet sich nicht bei unkomplicirter Pyelitie. 

Die Grenze des Eiweißgehalts bei auch maximaler Cystitis ist 
bei 0,1 (in maximo 0,15)% gelegen. 

Sind fast alle Eiterzellen vielzackig kontourirt, so spricht das 


für Pyelitis. 
Sind die vorhandenen rothen Blutkörper meistens chemisch oder 
morphotisch zerfallen, so spricht dies — bei nur mikroskopischer 


Blutung und bei Abwesenheit einer Blasengeschwulst — für Pyelitis. 
Nur Schollen der oben beschriebenen kleinen Epithelien der 
oberen Harnwege können als unterstützend für die Diagnose Pyelitis 
gelten. 
Das charakteristische Symptom für die Diagnose ist das Verhält- 
nis von Eiweißgehalt und Eiter gemäß dem vom Verf. aufgestellten, 
im Original nachzusehenden Schema. Gold (Bielitz). 


1272 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


11) Nasse. Über die operative Behandlung der Blutung bei 
subkutanen Nierenzerreißungen. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 34.) 


Es handelte sich um einen 8jährigen Knaben, welcher beim 
Turnen mit dem Rücken auf die Kante eines Sprungbretts gefallen 
war. Die Symptome deuteten auf eine Nierenverletzung, was N. 
zur sofortigen Nephrektomie veranlasste, die vom besten Erfolg 
begleitet war. Nach Erörterung der einschlägigen Kasuistik wirft N. 
die Frage auf, welche Art der Blutung aus der Niere zu einem 
operativen Eingriff auffordert, und wann derselbe ausgeführt werden 
muss. Tritt die Blutung sofort nach der Verletzung auf, so dass das 
Leben des Kranken direkt gefährdet erscheint, so muss selbstredend 
die Blutung durch die Operation gestillt werden. Es könnte hier 
nur eine Schwierigkeit in der Differentialdiagnose zwischen Shock und 
akuter Anämie zu einem Aufschieben des Eingriffs Veranlassung 
geben. Eben so wird der Nachweis eines intraperitonealen Ergusses 
von Harn und Blut zur sofortigen Operation nöthigen. Es ist noch 
kein derartiger Fall durch exspektative Behandlung geheilt worden, 
während durch Laparotomie und Nephrektomie erfahrungsgemäß 
‘Heilung erzielt werden kann. Aber auch bei heftigen Nachblutungen, 
welche in der Regel durch Zerreißung größerer Gefäße oder durch 
die Bildung traumatischer Aneurysmen bedingt sind, muss sofort 
operirt werden. Bezüglich der weniger heftigen Blutungen, welche 
die häufigsten sind und zum großen Theil spontan zur Heilung 
kommen, ist die Entscheidung über den Zeitpunkt der Operation 
schwieriger zu stellen. Die eine Regel sollte gelten, dass man den 
Kranken nicht zu lange bluten lässt, sondern lieber bei noch halb- 
wegs gutem Kräftezustand den Eingriff machen soll. 


Die Entscheidung, welcher Art die Operation an der verletzten 
Niere sein soll, hängt lediglich von dem Lokalbefund nach Frei- 
legung der Niere ab. Handelt es sich um einzelne blutende Risse, 
so kann man diese, ev. nach Unterbindung größerer spritzender Gefäße, 
nähen, vorausgesetzt natürlich, dass keine Symptome beginnender 
Vereiterung oder Verjauchung bestehen. Auch bei weit klaffenden 
Rissen oder bei Zerreißung der ganzen Niere bis auf das Nieren- 
becken kann man das Organ sofort oder nach mehrtägiger Tam- 
ponade zusammennähen. Nur in jenen Fällen, wo der Pat. aus- 
geblutet ist, wird man die sofortige Tamponade oder die Nephrektomie 
vorziehen. Finden sich an der freigelegten Niere keine äußerlich 
sichtbaren Verletzungen, so wird man durch Spaltung der Niere den 
Blutungsherd freilegen und alsdann tamponiren. Gänzlich losgerissene 
Stücke der Niere werden wohl am besten zu entfernen sein, wogegen 
der übrige Theil der Niere erhalten bleiben kann. Bei Zerreißungen 
der Gefäße vor ihrem Eintritt in die Niere wird man diese unter- 
binden. Ist der Stamm der Nierenarterie verletzt, so ist die Erhaltung 
des Organs werthlos und die Exstirpation desselben am Platze. Sind 


` Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1273 


dagegen nur einzelne Gefäßäste gerissen, so könnte man nach Unter- 
bindung derselben abwarten, wie viel vom Organ der Nekrose und 
Schrumpfung verfällt. Für die Mehrzahl schwerer Verletzungen wird 
nur die Nephrektomie indicirt sein, welche unter Umständen kürzer, 
einfacher und mit weniger Blutverlust verbunden ist, als die konser- 
vativen Behandlungsmethoden. 

N. hält den extraperitonealen Schnitt zur Freilegung der Niere 
für den besten, für viele Fälle wird der Simon’sche Lendenschnitt 
genügen, aber für schwierigere Fälle, zumal wenn es sich um eine 
große Geschwulst in der Nierengegend handelt, auch der Schräg- 
schnitt nach v. Bergmann am Platze sein, welcher mehr Raum und 
Übersicht giebt. Die Laparotomie und transperitoneale Freilegung 
und Exstirpation der Niere will N. nur dann ausgeführt wissen, wenn 
ein intraperitonealer Erguss besteht. Gold (Bielitz). 


12) O. Bloch (Kopenhagen). Sur la résection du tissu renal 
pratiquée dans un but de diagnostic. Etude relative à la 
chirurgie conservatrice du rein. 

(Revue de chir. 1898. No. 6.) 

B., welcher bereits im Jahre 1890 und 1891 in Hospitals Tidende 
über obiges Thema einige Abhandlungen veröffentlicht hatte, berichtet 
in der vorliegenden über seine weiteren Erfahrungen in Bezug auf 
die diagnostische Nierenresektion, um zu zeigen, dass oft nur durch 
diese und die angeschlossene mikroskopische Untersuchung des aus- 
geschnittenen Stücks von Nierengewebe eine richtige Diagnose 
möglich, die Resektion ungefährlich sei und, verbunden mit den 
übrigen Eingriffen (Freilegung der Niere, Beseitigung von peri- 
renalen Verwachsungen, Punktion, Nephrotomie) selbst eine Heil- 
wirkung ausüben könne (s. Referat 1892 p. 343 dieses Centralbl.), 
wenn die Niere nur leicht erkrankt sei. In einigen der mitgetheilten 
Beobachtungen gelang allein durch die in Rede stehende diagnosti- 
sche Operation der Nachweis, dass nicht eine bösartige Neubildung, 
sondern eine Nephritis vorliege; die 3 Fälle heilten ohne Fistelbildung. 

Kramer (Glogau). 


13) Hildebrand und Haga. Experimentelle Untersuchung 
über die Entstehung der Hydronephrose und den Zusammen- 
hang zwischen Hydronephrose und Wanderniere. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 26.) 

Über obigen Gegenstand liegen bereits Thierexperimente von 
Tuffier vor. Ver haben Versuche zur Kontrolle von den Resul- 
taten des letzteren angestellt. Bei 6 Versuchen an Kaninchen wurde 
an der linken (wegen ihres Tiefstandes leichter erreichbaren) Niere 
nach vorgängigem Bauchschnitt der Harnleiter in winklig geknickter 
Lage mit einer nicht schnürenden Fadenschlinge fixirt. Resultat 

Sigg 


1274 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


eben so wie bei Tuffier nach einiger Zeit stets positiv: Harnleiter 
über der Knickung dilatirt und Hydronephrose. In 6 weiteren 
Experimenten wurde die Niere durch Lospräparirung aus der Fett- 
kapsel beweglich, also künstlich zur Wanderniere gemacht. Obwohl 
die Beweglichkeit bestehen blieb, trat nie Hydronephrose ein. Wenn 
Tuffier hier andere Resultate hatte, liegt der Grund vielleicht darin, 
dass bei der Operation unbeabsichtigterweise auch eine Knickung 
des Harnleiters bewirkt wurde. Endlich wurde bei 2 Thieren die 
frei beweglich gemachte Niere 2mal um ihre Querachse herum- 
gedreht, so dass der Stiel und damit der Harnleiter 2mal um die 
Längsachse torquirt wurde. Auch hier folgte keine Spur von Hydro- 
nephrose! Dagegen wurde, wie allerdings nicht anders zu erwarten, 
eine solche erzielt bei 2 Thieren, denen der Ureter unterbunden war. 
Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


14) G. Houzel. Contribution à l’&tude des kystes hydatiques 
du rein. 
(Revue de chir. 1898. No. 8 u. 9.) 

Unter Mittheilung zweier von ihm selbst beobachteter Fälle von 
Nierenechinococcus, deren einer nach transperitonealer Nephrektomie 
am 5. Tage an Urämie — es war überhaupt nur eine Niere vor- 
handen — zu Grunde ging, deren anderer durch die lumbäre ein- 
zeitige Nephrotomie innerhalb ca. 7 Wochen zur Heilung gelangte, 
bespricht H. die Entwicklung, Symptome und Diagnose des Nieren- 
echinococcus und im weiteren dann seine Komplikationen durch 
schnelles und übermäßiges Wachsthum, durch Berstung und Ver- 
eiterung der Cyste. Im Wesentlichen bestätigt H. durch seine 
J. Boeckel’s Studie ergänzende Abhandlung und Statistik die von 
jenem Autor gezogenen Folgerungen, mit denen er auch Boeckel’s 
falsche Namengebung von P. Vogt anstatt P. Wagner in seine 
Arbeit hinübergenommen hat. Erwähnenswerth ist nur noch in 
therapeutischer Beziehung, dass nach H. unter 8 nach Récamier- 
Simon behandelten Fällen 5 geheilt, 3 gestorben, von 6 Nephrek- 
tomien 5 tödlich, dagegen alle 14 (8 lumbäre und 6 transperitoneale) 
Nephrotomien günstig verlaufen sind, so dass letzterer Operation 
vom Verf. der Vorzug gegeben wird. Kramer (Glogau). 


15) H. Nimier. Du traitement du varicocele par la ligature 
sous-cutanee en bourse du scrotum. 
(Revue de chir. 1898. No. 10.) 

In der kurzen Mittheilung beschreibt N. ein mehrfach bewährt 
gefundenes, durch Einfachheit und Gefahrlosigkeit ausgezeichnetes 
operatives Verfahren bei Varicocele. Es besteht darin, dass unter 
Zurückschiebung der Hoden nach oben gegen das Schambein der 
Hodensack durch eine einzige, das kutane Gewebe der vorderen und 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1275 


hinteren Wand des letzteren fassende, mittels Reverdin’scher langer 
Nadel angelegte Seidenligaturnaht stark verkürzt und dadurch die 
Hoden dauernd nach oben gedrängt bleiben. (»La ligature serrée, 
la partie inférieure du scrotum fronc&e pend au-dessous du suspen- 
soir naturel qui renferme les testicules.«) Der Schmerz nach der 
Operation ist gering, eben so die sich am 2.—3. Tage einstellende 
Reaktion »im Niveau des Fadens«, der nicht zu fest angezogen 
werden darf. Kramer (Glogau). 


16) Krone. Suprapubic Varicocele-ectomy. 
(Occidental med. times 1898. Juni.) 

K. hat mehrmals gelegentlich einer Herniotomie ein Bündel 
variköser Venen zwischen den Fasern des Kremasters hindurchscheinen 
sehen. In solchen Fällen hat er es unterbunden, freigelegt und 
dann abgeschnitten, indem er dabei die Enden einander näherte. 
Hieraus ist die vorgeschlagene Operationsmethode entstanden. Es 
wird ein Längsschnitt über den äußeren Leistenring gemacht, dessen 
Größe sich nach der Ausdehnung der Varicocele richtet, die ge- 
schlängelten Venenbündel werden stumpf isolirt und so oft um den 
Finger des Operateurs herumgewickelt, bis die übrigbleibenden Venen 
völlig gerade erscheinen. Darauf unterbindet man die distalen und 
proximalen Enden dieser Venen und schneidet das um den Finger 
gewickelte Stück aus. 

Die Operation ist leicht gemacht, das Operationsfeld ist besser 
zu sterilisiren als bei der Operation vom Hodensack aus, und die 
Narbe ist viel weniger lästig. Lühe (Königsberg i/Pr.). 


17) X. Delore (Lyon). De l’orchidotomie. 
(Gas. hebdom. de méd. et de ohir, 1898. Juni.) 

Verf. empfiehlt an Stelle der Kastration die Epididymektomie 
in Verbindung mit der Orchidotomie resp. partiellen Orchidektomie 
zu setzen. Erscheint der Hode gesund, so wird die Albuginea darüber 
wieder vernäht; ist ein Theil krank, so wird, wenn möglich, nur 
der kranke Theil resecirt. 

(Von vielen Einwendungen gegen ein solches Vorgehen sollen 
nur 2 erwähnt sein: 

1) Wenn auch der exploratorische Einschnitt in den Hoden eine 
gesunde Schnittfläche trifft, so können desshalb doch in der benach- 
barten Schnittfläche Tuberkel sitzen. 

2) Ist die Möglichkeit vorhanden, dass ein sonst gesunder Hode, 
wenn er bei Resektion eines tuberkulösen Nebenhodens angeschnitten 
wird, erst bei dieser Gelegenheit infieirt wird. Ref.) 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


1276 ‚Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


18) Pinous. Über Atmokausis(Vaporisation) und deren Modi- 
fikationen in der Gynäkologie. 
(Therapeutische Monatshefte 1898. Oktober.) 

Verf. beschreibt sein Verfahren zur Anwendung des heißen resp. 
überhitzten Wasserdampfes auf die Innenfläche des Uterus oder den 
Cervicalkanal allein, welches er so vereinfacht hat, dass auch der 
ohne Assistenz arbeitende Arzt es anwenden kann, besonders, »da bei 
richtigem Vorgehen auch die Narkose absolut entbehrlich ist«. Von 
der Atmokausis, bei welcher der Dampf durch Fenster des äußeren 
Katheterrohres mit der Schleimhaut in Berührung tritt, unterscheidet 
P. die Zestokausis, bei welcher das äußere Rohr geschlossen ist und 
nur von dem durchströmenden Dampf erhitzt wird. Die Zestokausis 
eignet sich besonders für isolirte Behandlung der Cervix. Unbeab- 
sichtigter Verbrühung weicher Theile wird durch Umwicklung mit 
steriler Gaze oder Einführung hölzerner Schutzplättchen vorgebeugt. 
Besonders ist darauf zu achten, dass der Dampf frei abströmen kann. 
Als Maximum der ÖOperationsdauer wird !/, Minute bezeichnet, 
meistens — besonders bei jüngeren Frauen — soll die Einwirkung 
nicht länger als 15—20 Sekunden dauern und lieber mit bis auf 
110° überhitztem Dampfe vorgenommen werden. In manchen Fällen 
soll dies Verfahren eine Totalexstirpation überflüssig machen, und 
während es sehr geeignet ist, eine beabsichtigte Obliteration herbei- 
zuführen, soll bei genügender Vorsicht eine unbeabsichtigte Oblitera- 
tion sicher vermieden werden können. Besteht Verdacht auf bös- 
artige Neubildung, so soll das Verfahren nicht angewandt werden, 
um keine Verschleierung der Bösartigkeit zu verursachen. Bei in- 
operablem Carcinom leistet es als palliatives Mittel gute Dienste. 
Tubenaffektionen und sehr rigide Portio vaginalis gelten als Kontra- 
indikation. Willemer (Ludwigslust). 


Kleinere Mittheilungen. 


19) XIII. Kongress der Italiänischen chirurgischen Gesellschaft, 
gehalten in Turin vom 4.—7. Oktober 1898. 
(Schluss.) 

Burci und Anzillotti (Pisa): Extraperitoneale Splenopexie. 

Im Allgemeinen wird die Splenektomie der Leichtigkeit des Verfahrens wegen 
der Splenopexie bei Wandermilz vorgezogen, obwohl die Mortalität dabei keine 
geringe zu nennen ist. 

Redner sind Anhänger des konservativeren Verfahrens, obwohl die Spleno- 
pexie bisher viel Recidive aufzuweisen hat und auch desshalb wenig begünstigt 
wird. Dies kann man aber hauptsächlich nur bei Anwendung des intraperitonealen 
Verfahrens bestätigen; die theilweise extraperitoneale Fixirung nach Rydigier 
und die gans extraperitonealen Spienopexien nach Giordano und Bardenheuer 
haben zum Theil sehr gute Resultate erzielt; nur bedingen sie manchmal recht 
große Bauchschnitte. Redner haben nach zahlreichen Versuchen an Leichen eine 
vereinfachte Operationsweise festgestellt. Sie führen den Hautschnitt 2—3 cm 
unter dem Rippenbogen, diesem parallel, von dem äußeren Rand des linken ge- 
raden Bauchmuskels bis fast an die Sacrolumbalmasse, lösen das noch undurch- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1277 


trennte Bauchfell etwas, öffnen es, ziehen die Milz vor und lassen sie so frei 
liegen, verengern die Peritonealöffnung mit einigen Nähten oben und unten und 
schließen endlich die Bauchdecken per primam. Experimente an Hunden be- 
wiesen, dass lange Zeit nach der Operation die Milz keine Lageveränderung er- 
litten hatte, auch waren histologisch keinerlei Alterationen nachzuweisen. 


d’Antona (Neapel): Untersuchungen und Beobachtungen über 
Nierengeschwülste. 

Im Verlauf von 8 Jahren hat Redner Gelegenheit gehabt, 18 Nephrekto- 
mien mit nur 1 Todesfall auszuführen. Es ist immer zu empfehlen, wenn eitrige 
Ansammlungen in der Niere vorhanden sind, zuerst zur einfachen Nephrotomie 
zu schreiten; denn 1) ist die Möglichkeit vorhanden, schon mit dieser allein Heilung 
zu erzielen; 2) wird das Volumen der Niere verringert, wodurch die Möglichkeit 
entsteht, die Nephrektomie mit dem Lendenschnitt auszuführen; 3) wird der All- 
gemeinzustand des Pat., welcher sich einem so schweren Eingriff wie die Nephrek- 
tomie aussetzen muss, wesentlich verbessert. Wenn es sich um diffuse eitrige 
oder tuberkulöse Krankheiten der Niere handelt, ist die Exstirpation meistens in- 
dieirt, weil der Pat. später mit einer einzigen gesunden Niere besser daran ist, als 
wenn er einen für den ganzen Organismus gefährlichen Infektionsherd mit sich 
herumträgt. Redner hat bisher bemerkt, dass die Gefahren und Schwierigkeiten 
der Operation in direktem Verhältnis zur Bösartigkeit der Geschwulst stehen. 
Die Gelehrten, die sich anatomisch-pathologisch mit den bösartigen Nierentumoren 
beschäftigt haben, kann man in 3 Gruppen theilen: 1) diejenigen, welche sämmt- 
liche festen Nierengeschwülste als Nebenniereninklusionen betrachten; 2) diejenigen, 
welche sie nur für Adenocareinome der Harnkanälchen halten; 3) diejenigen, welche 
nur Endotheliome in ihnen zu sehen glauben. Redner kritisirt diese Exklusivität 
und ist in der Lage, 3 Fälle vorzuweisen, wovon jeder einer der obengenannten 
3 Gruppen zugeschrieben werden kann. — Als einen besonderen Fall demonstrirt 
Redner noch ein Liposarkom der Niere, d. h. ein Sarkom, in dessen Stroma zahl- 
reiche größere und kleinere, vollständig inkapsulirte Lipome vorhanden sind, die 
aber nebenbei auch im gesunden Nierenparenchym existiren. 

Diskussion. Maffucei (Pisa): Nach eigenen Beobachtungen können die 
Nierengeschwülste entweder in dem Harnkanälchenepithel, dem Bindegewebe und 
den Lymphgefäßen der Niere oder auch aus Keimen der Nebenniere entstehen. 
Er demonstrirt die entsprechenden Präparate. 


Alessandri(Rom): Verhalten der Nieren nach Verschluss der Vena 
renalis. 

Redner erinnert an seine schon veröffentlichten Experimente bei Hunden, wo- 
nach nach Unterbindung der Vena renalis die schweren Cirkulationsstörungen nur 
kurze Zeit anhalten, und die Niere nach 3 Monaten histologisch und funktionell 
als normal zu betrachten ist. Nun wurde einem der Hunde die andere Niere ex- 
stirpirt, und obwohl er nur mit der einen früher unterbundenen Niere umherlief, 
war er zuerst gang gesund: der Urin war quantitativ und qualitativ normal, mit 
Ausnahme einer ganz geringen Albuminreaktion. Plötzlich starb das Thier nach 
2 Monaten mit Symptomen von Urämie; bei der Sektion fand man eine akute 
Nephritis des oberen Nierenpols. Die Niere selbst war stark hypertrophisch, die 
kollaterale venöse Gefäßbahn reich entwickelt. Dies beweist nun, dass, im Gegen- 
satz zu den Behauptungen verschiedener Autoren, eine Niere nicht nur der Unter- 
bindung der entsprechenden Vena renalis widersteht, sondern dass sie in der » Resti- 
tutio ad integrum« so weit gehen kann, dass es ihr möglich ist, nach plötzlicher 
Entfernung der anderen Niere den Bedürfnissen des Organismus zu genügen. 


Ingianni (Turin): Über Neubildung der resecirten männlichen 
Harnröhre. 

Die Experimente wurden an Hunden ausgeführt, inlem man kleine Theile 
der hinteren Wand oder auch vollständige cylindrische Harnröhrensegmente bis 
zu einer Länge von 16 mm ausschnitt. Hinterher führte man einen ständigen Ka- 
theter ein und konnte nun an sämmtlichen Thieren, die durchschnittlich 4 bis 


1278 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


134 Tage am Leben gelassen wurden, nicht die Entwicklung einer Bindegewebs- 
narbe, sondern die Neubildung einer richtigen Harnröhre wahrnehmen mit deren 
kavernöser und epithelialer Gewebsschicht; nur die Fortpflanzung der Tunica mus- 
cularis blieb aus. 

Auf diese Thatsache hin versuchte Redner, eine neue ektopische Harnröhre 
herzustellen, was ihm auch gelang, indem er einen ständigen Katheter nach voran- 
gegangenem Durchstich mittels eines Trokars von der vorderen unteren Bauch- 
wand aus durch das lose Zellgewebe in den centralen Stumpf der vorher isolirten 
und durchschnittenen perinealen Harnröhre einführte.e Auf diese Weise urinirten 
die Hunde gleichzeitig durch beide Kanäle einer sweispaltigen Harnröhre. 

Je geringer die entzündliche Reaktion nach der Operation, desto schneller 
und vollkommener ging die Neubildung der Harnröhre vor sich. 

Die Lakunen der neugebildeten Harnröhrenschwellkörper erreichen ein Maxi- 
mum ihrer Breite nach 15—30 Tagen; nachher verengern sie eich wieder in Folge 
der narbigen Retraktion der sie umgebenden Gewebe; einige reduciren sich bis 
zur vollständigen Obliteration. 


Turetta (Trapani): Totale Blasenexstirpation. 

Pat., 33 Jahre, wohlgenährt, mit Cancer villosum vesicae. Seit mehreren Mo- 
naten Blutharnen; Nieren gesund. Keine Anschwellung der I.ymphdrüsen in der 
Leistengegend. 

Ein Probeschnitt ergiebt ein Ergriffensein der ganzen Blase und der Mündung 
des rechten Harnleiters durch die Geschwulst. Man schreitet desshalb zur totalen 
Blasenexstirpation und beginnt mit temporärer Resektion des Sohambeines. Die 
Harnleiter werden mittels des Knopfes von Boari (s. d. Centralbl. 1896 No. 1 p. 18) 
in den Mastdarm eingepflanzt. 

Der Zustand des Pat. ist die ersten 2 Tage normal, am 3. Tage siokert Urin 
durch die Wunde. Symptome einer akuten Nephritis. Am 16. Tage Tod. Bei 
der Obduktion fand man, dass beide Hamleiter sich vom Mastdarm losgelöst 
hatten. 

Redner erörtert die in der Litteratur bereits bekannten Fälle von Blasen- 
exstirpation; findet, dass der Boari’sche Knopf allen anderen anastomotischen 
Mitteln vorzuziehen ist; nur liegt der Mastdarm zu tief und ist nicht leicht höher 
zu fixiren, um eine Zerrung der in ihn eingepflanzten Harnleiter zu vermeiden. 
Vielleicht würde Einpflansung in das 8 romanum oder das Colon descendens zu 
günstigeren Resultaten führen. 


Pasoale (Neapel): Die histologischen Veränderungen bei Vagina- 
litis testiculi chronica. 

Auf Grund der Virchow’schen Angaben hat man bisher 2 Hauptformen der 
Vaginalitis chronica angenommen. Redner hat nach 50 Fällen, die in der Klinik 
von Prof. d’Antona operirt wurden, so wie nach zahlreichen Experimenten an 
Hunden 4 anatomisch-pathologisch verschiedene Formen bestimmen können: 1) Das 
Epithel ist normal, das Bindegewebe feinfaserig und homogen, von fast »hydro- 
pischem« Aussehen und wenigen Fasersellen. Diese Form, die nur mechanischen 
oder einfach reizenden Ursachen zuzuschreiben ist, weist meistens eine spontane 
Restitutio ad integrum auf (Vaginalitis hydropica). 2) Das Epithel bleibt 
eine Zeit lang normal, dann degenerirt und zerfällt es. Die Haupterscheinung ist 
eine »Endoarteritis proliferans« besonders der mittelgroßen Arterien nebst Hyper- 
plasie der anderen Gewebe der Tunica vaginalis (Vaginalitis parenchymalis 
hyperplastica). 3) Es findet eine bedeutende Entwicklung der Kapillargefäße 
statt mit eventuellen Blutergüssen im hyperplastischen Parenchym oder in der 
Cavitas vaginalis. Diese Form, die als eine Varietät der vorher erwähnten zu be- 
trachten ist, entspricht der Pachyvaginalitis haemorrhagica von Virchow (Vagi- 
nelitis vascularis). A Das Epithel zerfällt sehr bald, das Bindegewebe wird 
zuerst hyperplastisch, verliert aber dann seine faserige Struktur, um sich in ein 
knorpelartiges, homogenes Gewebe umzuwandeln. Knorpelelemente sind nicht 
nachzuweisen, wohl bilden sich aber Lakunen, in welchen sich Kalklamellen in 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1279 


verschiedenen Formen, manchmal als wirkliche kleine Steine, schichtenartig nieder- 
schlagen (Vaginalitis degenerans). Wirkliche Verknöcherungen, wie Virchow 
einmal erwähnt, sind nie zur Beobachtung gelangt. 

Salomoni (Messina): Beitrag zur chirurgischen Behandlung der 
tuberkulösen Lungenaffektionen. 

Pat., 22 Jahre, seit 9 Monaten krank, leidet an Tuberkulose des linken unteren 
Lungenlappens nebst Empyem, welches sich durch 3 Fisteln spontan nach außen 
geöffnet hat. Resektion der 4.—9. Rippe, galvanokaustische Eröffnung eines pleu- 
ralen Eitersackes und zweier eitriger Lungenkavernen; Tamponirung. Pat., welcher 
nach 4 Monaten in befriedigendem Zustand entlassen wurde, präsentirte sich 
wieder nach 5 Vierteljahren mit einer linksseitigen reichlich eiternden Fistel. Da 
sich aber zugleich eine Osteomyelitis tuberculosa der rechten Tibia entwickelt 
hatte, wurde von jedem weiteren operativen Eingriff Abstand genommen. 

Redner berichtet weiter über den Endausgang zweier anderer Fälle von Pneumo- 
tomie bei Lungentuberkulose, die er früher veröffentlicht hat: einer starb nach 
4 Jahren an Peritonitis tuberculosa, der andere nach 2 Jahren an Miliartuberkulose. 

In der Litteratur sind nebst den eigenen 38 Fälle von Pneumotomie bei Lungen- 
tuberkulose aufzusählen, mit 52,6% Heilung auf durchschnittlich 2—5 Jahre. 
Daraufhin dürfte man sich zu diesem chirurgischen Eingriff öfters ermuthigt 
fühlen, besonders wenn es sich um einseitige und nicht zu große Kavernen 
handelt. 

Pascale (Neapel): Über Decorticatio pulmonis. 

Das in Frankreich durch Delorme populär gewordene Abschälen der Lunge 
bei chronischem Empyem hat Redner nach 2 Versuchen an der Leiche bisher an 
3 Pat. vorgenommen. Es handelte sich bei allen dreien um ein chronisches Em- 
pyem, welches trotz ausgedehnter Rippenresektion nicht zur Heilung gelangte, 
und zwar weil, wie ja bekannt, die surückgedrängte Lunge ihre frühere Elasti- 
eität und Ausdehnungsfähigkeit nicht erlangen konnte. Die Ursache besteht 
meistens nicht in einer endgültigen Atelektase, sondern in der stark verdickten 
und harten Pleura. Durch diese wird nun so weit hinten wie möglich ein Längs- 
schnitt geführt und von hier aus mit dem Messer nach und nach die verdickte 
Masse abgeschält. Man sieht dann, dass selbst nach langer Inaktivität die Lunge 
ihre Elastieität beibehält, und die definitive Heilung langjähriger Empyeme zu 
Stande kommen kann. Redner ist während und nach der Operation auf keinerlei 
Unannehmlichkeiten gestoßen und hofft, dass sie auf Grund seiner günstigen Er- 
folge sich auch in Italien mehr verbreiten wird. 

Turretta (Trapani): Behandlung der Retroversionen der Gebär- 
mutter. 

Seit 1896 bedient sich Redner einer eigenen Methode, welche wesentlich in 
der Verkürzung der runden und der breiten Mutterbänder besteht. Nach dem 
medianen Bauchschnitt wird der Uterus nach oben und vorn gezogen, dann seit- 
lich, um auf der hinteren Seite des Lig. latum das Lig. rotundum freizulegen. Un- 
gefähr 4 cm von dessen Ansatz am Uterus durchsticht man ihn mit einer mit 
starkem Katgut montirten krummen Nadel, schlingt einen Knoten, sticht die 
Nadel mit demselben Faden 1 om höher wieder durch, knüpft letzteren mit dem 
freien Ende des ersten Knotens zusammen, sticht noch ein drittes Mal durch und 
knüpft auf die gleiche Weise. Das Ligament wird auf diese Weise an sich selbst 
in die Höhe gezogen und verkürzt: ein Verfahren, welches dem von Gill Wylie 
sehr ähnlich ist. Eben so verfährt man mit dem anderen runden Mutterband. 
Nun schreitet man sum Lig. latum. Die Nadel durchsticht es von vorn nach 
hinten hart über dem oberen Rand des Lig. ovarii proprium, geht dann durch die 
hintere Uteruswand ziemlich tief durch, um 1 cm unterhalb des oberen Uterus- 
randes herauszukommen; jetzt wieder zurück durch das Lig. latum direkt an dem 
unteren Rand der Tube vorbei. Nach Knüpfung des Knotens bildet das breite 
Mutterband eine Falte, die an der hinteren Uteruswand befestigt ist. Das der 
anderen Seite wird eben so befestigt. Der Sicherheit wegen kann man beiderseits 
noch eine zweite gleiche Naht anlegen. Vernähung der Bauchdeoken per primam. 


1280 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


Der Uterus verbleibt mit diesem Verfahren in einer foreirten Anteflexio. Dazu 
verhilft nicht so sehr die Verkürzung des runden Mutterbandes, welches ja über- 
haupt auf die Lage des Uterus wenig Einfluss ausübt und leicht seine Spannung 
einbüßen kann, als die Verkürzung des breiten Mutterbandes, welches den Uterus 
nicht mehr von oben, sondern von hinten festhält und, schon durch die Hebung der 
Retroversion an und für sich keinen Zerrungen mehr ausgesetzt, seine frühere 
Spannkraft nach und nach wieder annimmt. Aus diesem Grunde ist in mehreren 
Fällen der erste Theil der Operation, die Verkürzung der runden Mutterbänder, 
ausgelassen worden. Durch die Falte des breiten Mutterbandes wird die Tube 
nach hinten und unten gebogen, aber diese veränderte Lage hat nie zu irgend 
welchen Störungen Veranlassung gegeben. Eventuell kranke Adnexe werden vor- 
her entfernt, Verwachsungen können die Operation erschweren, manchmal selbst 
verhindern. Dagegen ist die Verdickung der breiten Mutterbänder bei chronischen 
Entzündungsvorgängen wegen deren größerer Festigkeit ein begünstigendes Moment 
des Verfahrens. Auf die Blase wird durch den anteflektirten Uterus kein Druck 
ausgeübt, wie das öfters bei der Ventrofixation vorkommt. 

Redner hat seine Erfahrungen mit eben geschildertem Verfahren in 22 Fällen 
sammeln können, welobe bei günstigem Verlauf der Operation bisher weder unan- 
genehme Folgeerscheinungen noch Recidive aufgewiesen haben. 


Ruggi (Modena): Behandlung der Lageveränderungen der Gebär- 
mutter. 


Bei hochgradigen Anteflexionen, die ja nicht so häufig vorkommen, wird heut 
zu Tage meistens die Hysterektomie vorgenommen, ohne Rücksicht darauf, wie 
oft der physischen, moralischen und socialen Existenz der Frau dadurch geschadet 
wird. Zur Behandlung der hochgradigen Retroflexionen, mit denen man doch 
viel öfters zu thun hat, sind dagegen schon viele Wege eingeschlagen worden. 
Eine der neuesten Methoden ist die von Gill Wylie, die übrigens von der- 
jenigen, welche Redner bereits vor 1 Jahr dem chirurgischen Kongress in Genua 
mittheilte, nicht wesentlich abweicht. 

Redner hat neuerdings ein Verfahren erdacht, welches bei beiden eben ge- 
nannten Lageveränderungen des Uterus angewandt werden kann und darin besteht, 
dass der konvexe Theil des Knickungswinkels — welcher meistens hypertrophirt 
ist, im Gegensatz zu dem atrophischen konkaven Theil — keilförmig ausge- 
schnitten wird. Dadurch wird es möglich, die normale Richtung der Uterusachse 
wieder herzustellen. 

Man operirt durch die Scheide, und das Fortfallen einer Laparotomie ist nicht 
zum wenigsten zu den Vortheilen dieses Verfahrens zu rechnen. Cirkulärer Schnitt 
des Scheidengewölbes und des Bauchfells, Unterbindung der Uterinarterien, Ab- 
trennung und Senkung des Uterus, dessen Luxation durch die Vulva, Behandlung 
der freigelegten Adnexe, Reposition des Uterus, Vernähung des Bauchfells und 
der Scheide, Tamponirung letzterer, und zwar so, dass der Uterus in seine nor- 
male Lage zurückgeht und in ihr fixirt wird. 

Zur Behandlung der hochgradigen Anteflexionen ist die Technik dieselbe, nur 
muss erst der Uterus retroponirt werden, ehe man ihn in die Scheide senkt. Ist 
einmal der Uterus draußen, so schneidet man den hinteren konvexen Knickungs- 
winkel aus bis gegen die Schleimhaut hin, biegt den Uterus gerade, vernäht den 
Ausschnitt, schreitet dann ev. zur Amputation der Portio, zur Auskratzung der 
Uterushöhle und zur Behandlung der Adnexe, und reponirt endlich, wie oben 
angegeben. 

Zur Behandlung der hochgradigen Retroflexionen ist die Reihenfolge eine 
andere, nämlich: erst keilförmiger Ausschnitt des vorderen konvexen Knickungs- 
winkels, dann Abtrennung des Uterus, wobei Verwachsungen in der Douglasfalte 
genau zu beachten sind, Geradebiegung, Anteposition, Senkung und Vernähung 
der Ausschnittwunde; endlich Amputation, Auskratzung ete. wie oben. 

Diese Methode eignet sich besonders für Jungfrauen und Nulliparae mit 
langer, enger Scheide. Sollte diese nicht geräumig genug sein, so kann man sie 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1281 


durch einen seitlichen Längensehnitt erweitern. Richtig vernäht, hinterlässt dieser 
kaum merkliche Spuren. 

Redner hat bisher 2 Anteflexionen und 3 Retroflexionen, im Ganzen 5 Fälle 
mit dieser seiner neuen Methode operirt, mit dauerhaftem Erfolg. 


Cecceherelli (Parma): Neues Verfahren zur Anlegung der Haut- 
nähte. 

Die im Bereich einer Hautnaht entstehenden umschriebenen Eiterungen hängen 
nicht davon ab, dass der Faden in seinem Innern eitererregende Mikroben birgt; 
er nimmt diese erst auf, wenn er durch die Haut gezogen wird, die sich in den 
tieferen Epidermisschichten kaum ganz desinfieiren lässt. Die auf gewöhnliche 
Weise angelegten Hautnähte bieten auch in ästhetischer Hinsicht einen Nachtheil, 
da die von den Nadeleinstichen und von dem Verlauf des Fadens hinterlassenen 
Spuren die Narben, besonders des Gesichts und des Halses, wesentlich verun- 
schönern. 

Redner legt desshalb »subkutane« Hautnähte an, und zwar in folgender Weise: 
er sticht die Nadel 3—4 mm vom Rand der Wunde in das Unterhautzellgewebe 
ein, führt sie — so viel Gewebe wie möglich, die Fascia superficialis mit ein- 
begriffen, umfassend — im Bogen erst nach unten, dann nach oben herum, um 
aus dem Unterhautzellgewebe des anderen Randes, auch 3—4 mm von diesem ent- 
fernt, wieder herauszukommen. Der Faden wird so weit gezogen, bis die Ränder 
genau an einander stoßen, und dann geknotet; der Knoten verbleibt im subkutanen 
Gewebe und wird von der Haut vollständig bedeckt. Zu beachten ist, dass nicht 
durch zu starkes Ziehen Hautfalten entstehen, und dass die Knoten nicht zwischen 
die zu vereinigenden Wundränder zu liegen kommen. Auch fortlaufende Nähte 
können so ausgeführt werden. Eine Einstülpung der Ränder ist ausgeschlossen. 


Ghillini (Bologna): Blutige Behandlung der angeborenen Hüft- 
verrenkung. 

Redner erinnert an den von ihm 1894 konstruirten Meißel zur Herstellung 
einer neuen Pfanne, den er aber nicht mehr anwendet, da man nach den Arbeiten 
von Lorenz in der Behandlung der angeborenen Hüftverrenkungen eine neue 
Richtung verfolgt. Bei hochgradigen Luxationen aber zieht Redner immer noch 
ein blutiges Verfahren vor: er resecirt dabei nur einen kleinen Theil des Schenkel- 
kopfes, und zwar so weit, bis die blutige Knochenfläche, dem Pfannenort genähert, 
in permanente Berührung mit dem Darmbein kommt. In dieser Lage wird ein 
Gipsverband angelegt, und schon nach wenigen Tagen lässt man den Kranken 
fleißig stehen und gehen; man verhält sich also postoperativ zur Bildung einer 
neuen Pfanne im Großen und Ganzen nach den Angaben der »funktionellen Be- 
lastungsmethode« von Lorenz. 


di Vestea und Maffucei (Pisa): Experimentelle Untersuchungen 
über Serotherapie der Tuberkulose. 

Umfangreiche und gewissenhafte Untersuchungen mit Blutserum von künst- 
lich gegen Tuberkulose immunisirten Thieren (Schafe und Rinder) haben in der 
Hauptsache Folgendes ergeben: 

1) In physiologischer Hinsicht: die mit dem Serum geimpften Meerschwein- 
chen haben gegen dieses eine hochgradige Widerstandskraft. 

2) Das Serum erweist sich bei experimenteller Tuberkulose nicht als bakte- 
rientödtendes, antitoxisches, prophylaktisches oder heilendes Mittel. 

3) Die Tuberkulose wird nie durch ein sero-antitoxisches Mittel, sondern 
nur durch ein Virus vaccinicum zu heilen sein. 


Binaghi (Cagliari): Über das Verhalten von Fremdkörpern im thie- 
rischen Organismus. 

Redner hat sterile und nicht sterilisirte Fremdkörper unter die Haut, in die 
Muskeln, die natürlichen Körperhöhlen und die inneren Organe verschiedener 
-Thiere gebracht, um deren ferneres Verhalten im Organismus zu beobachten. 

Sterile Fremdkörper kapseln sich ein; auch nicht sterile, diese aber nur 
dann, wenn sie keine pathogenen Keime in sich tragen; in diesem Falle entstehen 


1282 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


meistens lebensgefährliche, wenn nicht tödliche, lokale und allgemeine Infektionen. 
Fremdkörper, deren Bau das Durchdringen von Leukocyten gestattet, haben die 
Neigung, sich an Ort und Stelle zu organisiren, solche, welche wegen ihrer 
Form die Eigenschaft zu wandern besitzen, haben die Neigung, aus dem Körper 
auszutreten. 

Fabriani (Neapel) berichtet über ein kavernöses Angiom der linken 
Thoraxwand bei einem 5 Monate alten Kind. Die Geschwulst wurde operirt, aber 
bald nachher entwickelte sich auf der Wunde eine Geschwulst, die sich mikro- 
skopisch als teleangiektatisches Sarkom herausstellte. Da das Kind auch erblich 
schwer belastet ist, dürfte man diesen Fall als einen Beitrag zur Theorie der 
embryonalen Einschlüsse zur Erklärung der Ätiologie der bösartigen Geschwülste 
betrachten. 

Sgambati (Rom): Histologische Untersuchungen über embolische 
Krebsmetastasen. 

Die genaue histologische Untersuchung der geschwollenen Achseldrüsen bei 
Brustkrebs (26 Fälle) hat Folgendes ergeben: 

1) Fast bei jedem Brustkrebs kann man Anschwellungen der Achseldrüsen 
beobachten, welche ihrem Charakter nach von denen bei akuter und chronischer 
Mastitis sehr verschieden sind. Unter dem Mikroskop entdeckt man: hochgradige 
Hyperplasie der Parenchymelemente nebst häufig vorkommender Protoplasma- 
schwellung; Hyperplasie des Endothels der Maschenräume — jedoch nicht immer; 
eingreifende Veränderungen in der Lage und dem gegenseitigen Verhältnis der 
Knoten und der Stränge der Follikulärsubstanz; Sklerose sämmtlicher Gefäße, 
hauptsächlich der Blutgefäße der Drüsenkapsel; Atrophie des Bindegewebsgerüsts. 
Diese Veränderungen sind nicht auf frühere entzündliche Vorgänge zurückzu- 
führen, da sie auch bei Frauen, welche weder genährt, noch an Mastitiden gelitten 
haben, vorkommen. 

2) Das erste Erscheinen des Krebses geht in den peripheren Lymphgefäßen, 
am häufigsten in den zuführenden, seltener und nur unter gewissen Be- 
dingungen in den abführenden vor sich. 

3) Die vollständige Verschließung eines zuführenden Lymphgefäßes seitens 
eines Krebsembolus ist eine sehr ungünstige Bedingung für die weitere Entwicklung 
der Geschwulst: es bildet sich entweder ein Iympbatischer Infarkt oder eine 
nekrotische Zone im Gebiet des verschlossenen Gefäßes. 

4) Die Krebsmetastase erscheint zuerst entweder als eine an irgend einer Stelle 
der Gefäßwand haftende Scholle ohne vollständige Verlegung der Lichtung, oder 
als eine cirkuläre, das Endothel ersetzende, mehrschichtige Zellenmasse, welche 
eine Zeit lang noch eine centrale Lichtung aufweist. 

5) Die Veränderungen, die die Lymphocyten, sei es in einer »per consensum« 
angeschwollenen Lymphdrüse, sei es an der Peripherie eines Iymphatischen In- 
farktes erleiden, können manchmal irre führen und eine Krebsinvasion diagnosti- 
ciren lassen, während solche nicht vorhanden ist. 

6) Alle diese charakteristischen und konstanten Alterationen können nicht 
immer auf eine Störung der Lympheirkulation zurückgeführt werden; wahrschein- 
lich liegt ein toxischer Einfluss seitens der Geschwulst oder der vermeintlichen 
Krebsparasiten vor. 

Redner kann nicht umhin, auf die Analogie dieser Krebsembolien mit den 
von ihm experimentell erhaltenen Embolien von epithelialen Geweben in der Lunge 
hingudeuten (s. d. Centralbl. 1896 No. 51 p. 1225). 

Janni (Neapel): Anatomische Untersuchungen über Venae vari- 
cosae. 

Sich der neuen Thoma’schen Doppelfärbung der elastischen Fasern und der 
Zellkerne bedienend, ist Redner zu folgenden Schlüssen gekommen: 

1) Bei Krampfadern sind in der Gefäßwand nicht nur dem passiven Dehnungs- 
druck zuzuschreibende Rückbildungen, sondern auch manchmal hoohgradige Binde- 
gewebsneubildungen in der Intima nachzuweisen, welche die Gestalt einer wirk- 
lichen Endophlebitis prolifera nodosa annehmen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1283 


2) Zuweilen gesellt sich zu diesen eine begrenste Bindegewebsneubildung in 
den inneren Schichten der Media. 

3) Diese Endophlebitis prolifera, deren Ursache noch nicht sichergestellt ist, 
kann man nicht mit Epstein als Kompensation für die Rückbildung der Media 
deuten. 

Betagh (Rom): Über Dermoidoysten des Ovariums. 

In einem Falle wurde an einer Stelle der Cystenwand ein Knoten vorgefun- 
den, in welchem alle Keimblätter des Blastoderms die typische Disposition eines 
fötalen Halses aufwiesen. In einem anderen Falle dagegen waren nur von dem 
äußeren Keimblatt herrührende Theile aufzufinden, und nur in der Mitte ein von 
reichlichem Bindegewebe umgebener Knorpelknoten. Von dem inneren Keimblatt 
abstammende Organe waren nicht vorhanden. 

Reäner erwähnt sämmtliche Theorien über die Entstehung der ovarialen Der- 
moideysten und kommt zu der Schlussfolgerung, dass nur der 1. Fall ein Dermoid 
ovularen Ursprungs ist. Damit wäre von Neuem der Beweis geliefert, dass es ver- 
schiedene Entstehungsarten der Ovarialdermoide giebt. 

Bretschneider (Rom). 


20) Voss (Straßburg i/E.). 2 seltene Halsverletzungen. 
(Deutsche militärärztliche Zeitschrift 1898. August.) 

1) Stichverletzung einer größeren Arterie dicht an ihrem Abgang von dem 
Truncus thyreocervicalis, wohl der Art. cervicalis superficialis dextra, wurde bei 
der operativen Erweiterung einer Halswunde gefunden, welche allerdings nicht nach 
außen geblutet, aber zu einer gleichmäßigen nicht pulsirenden oder schwirrenden 
Anschwellung der Gegend oberhalb des Schlüsselbeins geführt hatte. Die Ope- 
ration — Schnittführung nach Art der Unterbindung der Subelavia nach Zang — 
legte ein großes Hämatom um die nicht verletzten Art. und Vena subclavia frei, 
und fühlte der Finger nach Bloßlegen der Venenscheide ein starkes Schwirren. 
Schließlich doppelte Unterbindung und Durchschneidung der blutenden Arterie. 
Während der Heilung entleerte sich mehrmals beim Verbandwechsel aus der Tiefe 
der Wunde ein feiner Lymphstrehl, welcher auf Verletzung eines größeren Lymph- 
gefäßes hindeutete. Es wird auf das von Wahl zuerst gefundene Schwirren auf- 
merksam gemacht, das nur bei seitlicher Verletzung, nicht aber bei völliger Durch- 
schneidung einer Arterie auftritt, hier aber erst beim Eindringen in größere Tiefe 
zu fühlen war. Das erschwerte hier die Diagnose, eben so auch das unveränderte 
Fortbestehen des Radialpulses. Nur das immerhin recht ausgedehnte Hämatom 
hatte zur Annahme einer Gefäßverletzung geführt. 

2) Beim Abbrennen von Kanonenschlägen erhielt ein Fußartillerist an der 
linken Halsseite neben dem Schildknorpel eine kirschkerngroße rundliche Wunde 
mit zerrissenen Rändern und wurde danach völlig heiser. Nach Durchschneiden 
der Haut und des Platysma wurde ein kleines Stück eines eisernen Geschoss- 
mantels aufgefunden; die Fasern des Sternohyoideus und Thyreohyoideus sind 
zerträmmert, der Schildknorpel entblößt, aber unverletzt. Nach Entfernung des 
Fremdkörpers stellt sich sogleich wieder normaler Klang der Stimme ein, und die 
Wunde heilt, jedoch tritt ein heftiger Bronchialkatarrh mit Fieber auf, der jedoch 
auch allmählich aufhört. Offenbar hat der Fremdkörper durch seinen Druck eine 
Recurrenslähmung bewirkt, als deren Folge auch ein zur Zeit der Stimmband- 
lähmung auftretender Aspirationskatarrh anzusehen ist. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


21) W. Osler. On diffuse scleroderma, with special reference to 
diagnosis and to the use of the tyroid-gland extract. 
(Journ. of out. and genito-urin. diseases 1898. No. 2 u. 3.) 
Verf. hat 8 Fälle von diffuser Sklerodermie beobachtet. Er beschreibt su- 
nächst das allgemeine klinische Bild der Erkrankung und giebt die Kranken- 
geschichte von 4 einschlägigen typischen Fällen. In einem 5. gleichfalls ausführ- 


1284 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


lich mitgetheilten Falle entstand die Sklerodermie bei einem an Basedow leidenden 
Individuum. Die Differentialdiagnose kann zuweilen Schwierigkeiten bereiten, 
speciell die vasomotorischen und trophischen Störungen in den Anfangsstadien 
sind oft schwer zu deuten, und können in solchen Fällen Verwechslungen mit 
Raynaud’scher Krankheit, ja auch mit Lepra vorkommen. Zwei in dieser Hin- 
sicht bemerkenswerthe Beobachtungen werden mitgetheilt. Der Fall VIII wies 
derart ausgedehnte Pigmentationen auf, dass man an Addison denken konnte, doch 
glaubt Verf. die dunkle Hautfärbung ausschließlich auf die trophischen Störungen 
der Sklerodermie beziehen und wirkliche Addison’sche Erkrankung ausschließen 
zu dürfen, um so mehr als gastrische Störungen und Prostration fehlten. Die in 
6 der mitgetheilten Beobachtungen versuchsweise eingeleitete Behandlung mit 
Schilddrüsenextrakt erwies sich stets als nutzlos. In einem Falle war das Präparat 
19 Monate lang gegeben worden. Doch brachte die Medikation niemals, auch 
nicht in den mit Tachykardie einhergehenden Fällen, irgend einen Nachtheil. 
Kopp (München). 


22) J. A. Booth. The results obtained by the operation of partial 
thyroidectomy in eight cases of Graves’ disease. 
(New York med. record 1898. August 13.) 

Die Operationen der Entfernung eines Lappens der Schilddrüse wurden von 
B. F. Curtis ausgeführt: 5 Kranke wurden geheilt, 1 starb, 1 gebessert, 1 unge- 
heilt. Die Art der Besserung entspricht den Erfahrungen anderer Beobachter. 
Zuerst verschwand der Kropf, dann die nerrösen Symptome, dann besserten sich 
der Puls und die vasomotorischen Erscheinungen, schließlich der Exophthalmus. 
Verf. hält die Neurose für das Primäre, die glandulare Intoxikation für das Sekun- 
däre. Loewenhardt (Breslau). 


23) E. L. Keyes (New York). A consideration of the urinary distance 
as a diagnostic factor in prostatic hypertrophy. 
(Amer. journ. of the med. sciences 1898. August.) 


Zum Verf. wurde ein 62jähriger Herr mit der Angabe seines Arztes, eines 
very capable surgeon, geschickt, dass er an einer enormen Prostata leide, welche 
das ganze Becken ausfülle. K. fand merkwürdigerweise mit dem in den Mastdarm 
eingeführten Finger keinen Vorsprung der Prostata; [das Organ schien im Gegen- 
theil ungewöhnlich platt, jedoch konnte der Finger den oberen Rand der Drüse 
nicht erreichen. K. führte einen Katheter in die Blase und bestimmte die Länge 
der Harnröhre zu 8 Zoll; eine dicke solide Bougie der gewöhnlichen Krümmung 
glitt hinein wie in eine jugendliche Harnröhre. Mit dem Cystoskop stellte K. 
entzündliche Verdickungen im Bereich des Trigonum fest. Die bimanuelle Unter- 
suchung ergab nichts von einer großen Beckengeschwulst. 

Der Fall wurde an demselben Tage noch von einem der ersten Chirurgen 
New Yorks als »beträchtliche Prostatahypertrophie« erklärt und zur Kastration 
empfohlen. 

K. gab seine Verordnungen auf Grund seiner eigenen Diagnose, welche lautete: 
»sehr kleine Prostata mit mäßig großem Mittellappen und beträchtlicher entzünd- 
licher Verdiekung des Trigonum, wodurch es unmöglich wird, den oberen Rand 
der Prostata zu erreichen. « 

K. behielt Recht. Nach 10 Monaten kehrte der Pat. sehr gebessert zurück, 
der nächtliche Urindrang war vermindert, der Urin klar. Jetzt erreichte der Finger 
den oberen Rand der Prostata, welche ungewöhnlich »flat and small« war. 

Dieser Fall gab K. den Anlass, die Länge der Harnröhre im gesunden und 
kranken Zustand zu untersuchen, um ev. aus den Maßen derselben einen Anhalt 
für die Prostatahypertrophie in sonst zweifelhaften Fällen su gewinnen. Die 
Messungen wurden mit einem weichen Katheter aus rothem Gummi vorgenommen. 
Dabei stellte sich die interessante Thatsache heraus, dass K.’s Messungen, an 
62 zum Theil gesunden, zum Theil kranken (mit Ausschluss der Prostataerkran- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1285 


kungen) Menschen vorgenommen, eine Durchschnittslänge von 8 Zoll ergaben, dass 
der Durchschnitt der Maße, welche von 28 Anatomen, pathologischen Anatomen, 
Specialisten, Chirurgen an Lebenden und Todten gewonnen waren, Bil: Zoll und 
der Durchschnitt von 12 Prostatikern, von K. gemessen, 81/3 Zoll betrug. 

Im zweifelhaften Falle wird also die größere Länge der Harnröhre für Pro- 
statahypertrophie zu verwerthen sein. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


24) H. H. Morton. Bottini’s operation for enlarged prostate with 
report of five cases. 
(New York med. record 1898. September 17.) 

Die Erfahrungen, welche M. mit der Bottini’schen Operation gemacht hat, 
fallen sehr zu Gunsten dieses Eingriffs in die Wage. Er verfügt über 5 eigene 
Fälle. Bei allen war eine Besserung des Zustands festzustellen, eine komplete 
Verhaltung bestand in keinem Falle vor der Operation, doch der Vergleich der 
Häufigkeit des Urinirens, der Menge des Residualurins ete. bewies den Erfolg der 
Operation. 

Die Auswahl der Fälle war nach dem Princip durchgeführt, dass Pat. mit 
harter Drüse, bei denen die Verhinderung des Urinabflusses von einer Barriere am 
Blasenhals oder einer ringförmigen Verbreiterung der Prostata, welche die Harn- 
zöhre »gleich einer Halskrause« umgab, herrührte, nur für Bottini’s Eingriff reser- 
virt wurden, während für die geringen Fälle, in denen das Drüsenelement haupt- 
sächlich an der Vergrößerung betheiligt war, die Kastration oder die Prostatektomie 
indieirt erachtet wurde. - 

Die Arbeit setzt in sehr klarer Weise die Gefahren und Vorzūge genannter 
Eingriffe aus einander und schließt sich im Übrigen an die Publikationen von 
Bottini, Freudenberg und Willy Meyer an. 

Loewenhardt (Breslau). 


25) Rochet et Martel. L’adénome vésical. 
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. April.) 

Die Verff. stellen neben die Beobachtungen von Kaltenbach, Albarran, 
Cahen, Audry, die sie ausführlich veröffentlichen, eine eigene, einen 48jährigen 
Arbeiter betreffend. Das hervorsteohendste Symptom, das er bot, waren Blutungen 
bei jedem Harnlassen. Ohne exakte Diagnose wurde zur Sectio alta geschritten; 
in der Blase fanden sich enorme Geschwulstmassen in Form von kleinen papillo- 
matösen Bildungen; bei ihrer Entfernung blutete es beträchtlich, so dass die ganze 
Blase tamponirt werden musste. Der Fall endete nach kurzer Zeit tödlich. Die 
mikroskopische Untersuchung der Geschwulstmassen ergab ein reines Adenom der 
Blasensohleimhaut. Die Massen bestanden aus einem Agglomerat tubulöser, ver- 
sweigter Gebilde, eins an das andere gelagert, innen belegt mit einem ununter- 
brochenen Überzug großer eylindrischer Zellen. Die Tubuli erweiterten sich in 
den tieferen Schichten hier und da su wahren Cysten. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


26) S. Spangaro (Padua). Papillom der Blase und Harnröhre, mit 
nachfolgender Hydronephrose. 
(Poliolinico 1898. März 15.) 

Ein 3jähriger Knabe erkrankte mit Schmersen bei der Urinentleerung, Er- 
schwerung derselben und Hämaturie. Der Arzt vermuthete Blasenstein; der ein- 
geführte Katheter schien auf einen Fremdkörper zu stoßen und erzeugte abermals 
Hämaturie. Das Urinsediment enthielt weiße und rothe Blutkörperchen, so wie 
zahlreiche Blasenepithelien. Der vorgenommene perineale Blasenschnitt ergab 
keinen Stein, dagegen mehrere fleischige Knoten von knolliger Oberfläche, sum 
Theil leicht inkrustirt. Es wurde nunmehr von weiteren Eingriffen abgesehen. Nach 
anfänglicher Besserung, wobei aus der Dammwunde noch weitere Gewebsstücke 
sich entleerten, kam es zu wesentlicher Verschlimmerung: die Geschwulst wucherte 


1286 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


nach außen, es traten Ödeme, Diarrhöe, Erbrechen auf, und der Knabe ging unter 
urämischen Konvulsionen zu Grunde. Die Autopsie ergab beiderseitige Hydro- 
nephrose (mit sehr erheblicher Dilatation des Nierenbeckens und des Harnleiters), 
so wie zahlreiche weiche Geschwülste in der Blase; die letzteren nahmen nicht 
allein den ganzen unteren Blasengrund ein, sondern umgaben auch vollständig die 
beiden Harnleitermündungen und erstreokten sich außerdem weit in die Harnröhre 
hinein. Die histologische Untersuchung bestätigte die Diagnose Papillom: gefäß- 
haltige Bindegewebszapfen, die von einem geschichteten Epithel überkleidet sind; 
auch sekundäre und tertiäre Papillen wurden gefunden. 

Der vorliegende Fall ist bemerkenswerth einerseits durch das Auftreten eines 
Papilloms in so jugendlichem Alter und durch den raschen Verlauf (etwa 2 Monate), 
andererseits durch die Entwicklung der beiderseitigen Hydronephrose; die Ent- 
stehung der letzteren ist unschwer auf die Kompression der Harnleitermündungen 
zu beziehen. H. Bartsch (Heidelberg). 


27) Zeller. Ein Fall von traumatischer Hydronephrose. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 39.) 

Der hier beschriebene Fall ist in diesem Blatte 1898 p. 39 referirt. Die 
vorliegende Arbeit bringt noch eine kleine allgemeine Besprechung über die Ent- 
stehung traumatischer Hydronephrosen und eine kolorirte Tafel mit Abbildung 
des durch die Operation gewonnenen Präparats. 

Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


28) Gnesda. Ein Fall von neuntägiger Anurie. 
(Mittheilungen a. d. Grenggebieten der Medicin u. Chirurgie Bd. III. Hft.3 u. 4.) 

Eine nach Exstirpation des carcinomatösen Uterus zurückgebliebene Harnleiter- 
Scheidenfistel hatte die Exstirpation der rechten Niere nothwendig gemacht. Nach 
4 Jahren trat Anurie auf. Drainage des Nierenbeckens förderte keinen Urin. 
Nachdem die Anurie 9 Tage bestanden, erfolgte der Tod. Die Sektion ergab Em- 
bolie der Nierenarterie, herstammend von Endokarditis. Auffallend war, dass 
während der Anurie das Sensorium stets frei, Puls, Temperatur, Athmung normal 
war, nie Krämpfe auftraten, nur Erbrechen und Diarrhöen bestanden. 

Haeckel (Stettin). 


29) Israël. Erfahrungen über primäre Nierentuberkulose. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 28.) 

I. hat unter 21 operirten Fällen von Nierentuberkulose 16 ganz sichere Primär- 
erkrankungen der Niere gehabt. 10% aller seiner Nierenoperationen waren Tuber- 
kulosen. Bei Frauen ist das Leiden auffallend häufiger von ihm gefunden worden 
als bei Männern. Nur in 12,5% der ohronischen Form der Nierentuberkulose 
wurde Doppelseitigkeit konstatirt. Bei der käsig-kavernösen Form der Erkrankung 
waren die Resultate der Operation am besten. Bei ihr beobachtete L 4 Formen 
von Hüllenerkrankung, 1) lipomatös-sklerotische Verdickung der Fettkapsel, 
2) perinephritische Abscessbildung, 3) fungöse perinephritische Wucherung, 4) das 
Auftreten isolirter verkäster großer Tuberkelknoten in der Fettkapsel. 

Als 2. Form der Nierentuberkulose bezeichnet I. die sehr seltene primäre 
Form der frei in die Kelche ragenden Papillenspitzen (meist starke Hämaturien). 

Bei der 3. Form ist das ganze Organ von zahlreichen kleineren und größeren 
Knoten und Infiltraten ohne Erweichung durchsetzt. 

Unter den von I. operirten Nierentuberkulosen fand sich in 14,3% Tuberku- 
lose beider Nieren. 

Außer der Tuberkulose kommt in der 2. Niere Amyloiddegeneration und chro- 
nische Nephritis in Betracht. 

Die Diagnose der doppelseitigen Erkrankung hält I. für sehr schwierig und 
auch durch den Harnleiterkatheterismus nicht immer gesichert. 

Klinisch traten gewöhnlich zuerst irradiirte Miktionserscheinungen auf so wie 
4mal unter 16 Fällen Hämaturie als erstes allgemeines Krankheitssymptom. Ver- 
größerung der Niere fehlte nur in 2 Beobachtungen. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 1287 


Von komplieirenden Processen beobachtete I. perinephritische Abscesse, peri- 
nephritischen Fungus, Tuberkelknoten der Fettkapsel, tuberkulös-eitrige Pleuritis 
derselben Seite, 2mal Colonfisteln. 

Tuberkelbacillen wurden bei Nierentuberkulose ohne Blasenerkrankungen selten 
gefunden. Fieber fand sich bei primärer unkomplicirter Tuberkulose der Niere 
nur in 25% der Fälle, bei gleichzeitiger Blasentuberkulose dagegen in 80%. . 

Bei 21 operirten Nierentuberkulosen ward 20mal die Totalexstirpation, imal 
die Partialresektion gemacht. 3 starben im Anschluss an die Operation, 5 später 
(darunter 62% in Folge Tuberkulose entfernter Organe). 

Die Nephrotomie hält I. nur für erlaubt, wenn bei doppelseitiger Erkrankung 
beträchtliche Eiterretention auf einer Seite vorhanden ist. d 

Von den wegen reiner Nierentuberkulose Operirten 9 starben 3, die Übrigen 
sind alle dauernd geheilt geblieben. Die Blasentuberkulose, wenn vorhanden, 
besserte sich oft beträchtlich nach der Operation. 

R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


30) A. Litzenfrey. Beitrag zur Lehre von den Lipomen des Samen- 
strangs. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.) 

L. theilt 2 Fälle von Samenstranglipom mit, von denen der erstere desshalb 
besonderes Interesse verdient, weil die Geschwulst die Tunica vaginalis communis 
durchbrochen und sich subkutan nach dem linken Sulcus femoro-scrotalis und dem 
Damm zu weiterentwickelt hatte (Wanderlipom); bezüglich des 2. Falles ist be- 
sonders zu bemerken, dass der Beginn der Geschwulst hier ausnahmsweise in das 
jugendliche Alter fällt, dass sich dieselbe von 2 Centren aus entwickelt hatte und 
zuletzt so rasch an Größe zunahm, dass eine Verwechslung mit Barkom nahelag. 

Honsell (Tübingen). 


31) Buggi. Delle isterectomie vaginali eseguite col metodo proprio. 
(Festschrift für Durante.) 

Verf. hat mit seiner in dem »Bollettino delle scienze med. di Bologna« 1893 
veröffentlichten vaginalen Methode der Uterusexstirpation 343 Fälle operirt mit 
nur 5 Todesfällen. 3 Fälle mit tödlichem Ausgang gehören zu dem 1. Hundert, 
je 1 zu dem 2. und 3. Hundert. Die Naht des Becken-Bauchfells und des Scheiden- 
gewölbes ist nach Ansicht des Verf. Hauptbedingung für den sicheren Erfolg. Bei 
den 343 Operationen hat es sich 59mal um Carcinome, 18mal um schwere Hyster- 
algien, 67mal um Fibromyome, 3mal um vollständigen Vorfall, 38mal um chro- 
nische Metritis mit Adnexerkrankung, 133mal um chronische hypertrophische Me- 
tritis mit doppelseitiger Salpingitis und eystischer Ovariitis, 23mal um eitriges, 
parametritisches Exsudat, je Imal um Inversio uteri und Endometritis mit chro- 
nischen Blutungen gehandelt. Dreyer (Köln). 


32) W. Wrzesniowski. Ein Fall von Schussverletzung des schwan- 
geren Uterus und der Frucht. Kaiserschnitt. Heilung. 
(Medycyna 1898. No. 14.) 

Eine 34jährige, im 8. Monat schwangere Frau erhielt einen Pistolenschuss in 
den Bauch aus unmittelbarer Nähe. Es stellten sich Collapserscheinungen und 
mehrmaliges Erbrechen ein. Die 10 Stunden nach dem Unfall vorgenommene 
Untersuchung ergab 3 cm unterhalb des Nabels und 2 cm nach rechts von der 
Linea alba eine runde, etwa 1 cm im Durchmesser betragende Einschussöffnung, 
aus welcher ein Stück Nets hervorragte und sich reichlich mit Blut gemengtes 
Fruchtwasser ergoss. Pat. bot ausgesprochene Symptome einer beginnenden sep- 
tischen Peritonitis dar. Die Herztöne des Fötus waren nicht hörbar, seine Be- 
wegungen hatten unmittelbar nach der Verletzung aufgehört. Sofortige Laparo- 
tomie. An der Vorderwand des Uterus, 2fingerbreit unterhalb der die Eileiter- 
mündungen verbindenden Linie fand man eine an Größe der äußeren Hautwunde 


1288 Centralblatt für Chirurgie. No. 51. 


entsprechende Wunde mit gefransten Rändern, welche in die Gebärmutterhöhle 
führte. Die rückwärtige Uteruswand unverletst. Nach Eröffnung des Uterus fand 
man darin die todte Frucht in Schädellage, fast gar kein Fruchtwasser, aber 
mehrere ganz freie Schrotkörner. Nach Extraktion der Frucht und Placenta wurde 
die Schnittwunde im Uterus, so wie Einschussöffnung nach vorheriger Resektion 
der Wundränder vernäht, und die Bauchhöhle mit Jodoformgazebeuteln tamponirt. 
Es erfolgte Heilung nach Anfangs sehr stürmischen und fast jede Hoffnung auf 
Genesung raubenden Tagen. 

Die Sektion der Frucht ergab eine Schussverletzung des Herzens und der 
Leber. Im Herzen wurde der Papierpfropfen der Ladung, unterhalb der Leber 
noch ein Sohrotkorn gefunden. Trsebicky (Krakau). 


33) F. de Quervain. Zur Differentialdiagnose der Bauchgeschwülste. 
Über die Lostrennung und Wanderung der Ovarialeysten. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 67.) 

de Q. operirte eine 41jährige Fih an einer kindskopfgroßen prall-elastischen 
Bauchgeschwulst, welche im rechten Mesogastrium saß und durch von ihr ver- 
anlasste Stuhlträgheit mit Schmerzen und Koliken, so wie Störung der Ernährung 
beschwerlich fiel. Bei einem von anderer Seite bereits unternommenen unvollendeten 
Operationsversuch hatte sich die Gesohwulst total verwachsen gezeigt. Die Diagnose 
war unklar, da Zusammenhang mit den Genitalien fehlte. Gedacht war an Wander- 
niere, Gallenblase, Darm- oder Netzgeschwulst. Bei der Operation platzt die an- 
gezogene Geschwulst, entleert dicke feste Massen nebst Haaren, erweist sich also 
als Dermoid. Ihre Entfernung aus den allseitigen Verwachsungen mit Darm, Ge- 
kröse ete. gelingt, wenn auch stellenweise nur mit Ablösung der Darmserosa, eben so 
die von noch einigen vorhandenen kleineren Nebendermoiden. Rechte Adnexe 
gesund, links fehlt der Eierstock, der linke Eileiter ist nur 5 em lang, endigt 
blindsackförmig und ist mit der Flexur verwachsen — mithin stammte die Ge- 
schwulst aus dem linken Eierstock. Naht, Heilung. Da in der Geschwulst mikro- 
skopisch Blutpigment nachweisbar war, ist anzunehmen, dass die Lösung der Cyste 
wie gewöhnlich durch Stieldrehung mit Blutinfareirung "und Stielnekrose zu Stande 
gekommen ist. Ein kurzer Überblick über die analogen publicirten Fälle ergiebt, 
dass diese erratischen Ovarialeysten an allen möglichen Stellen der Bauchhöhle 
angetroffen werden können. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


34) Freund. Über Leber- und Gallenblasenadhäsionen bei Ge- 
schwülsten der weiblichen Geschlechtsorgane. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 18.) 

F. giebt die Krankengeschichte eines Falles, bei dem es zu dem einzig da- 
stehenden Faktum einer gleichzeitigen Cholecystektomie und Ovariotomie kam. 

Die Indikation zur Entfernung der Gallenblase war die hartnäckige venöse 
Blutung aus der adhärenten Partie und die totale Ausfüllung der Gallenblase mit 
Konkrementen. Die Operation selbst war im vorliegenden Falle relativ einfach 
und nach vorübergehenden Anfällen von Koliken, deren Veranlassung nicht sicher 
eruirbar war, von Heilung gefolgt. 

Im 2. Falle handelte es sich um eine 65jährige Hämophile, bei der ein ko- 
lossales Fibromyom des Uterus in eigenthümlicher Weise mit dem linken Leber- 
lappen zusammenhing, indem nämlich 8 parallel neben einander liegende, fast gans 
isolirte Venen kleinen Kalibers von dem Lappenrand in die Geschwulst hinein- 
zogen. Die Pat. ging, zunächst wiederhergestellt, später hydropisch zu Grunde. 

R. Wagner (Mülheim a. d R.). 


Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hüärtel, einsenden. 


Druck und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipsig. 


—— 


Gentralblatt Sé 
CHIRURGIE 


E. vn Bergmann, Ki, Re, 


Fünfundzwanzigster Jahrgang. 


eg 
Wöchentlich eine Nummer. Preis des Jahrgangs 20 Mark, bei halbjähriger 
Pränumeration. Zu bezieben durch alle Buchbandlungen und Postanstalten. 


No. 52. Sonnabend, den 31. December. 1898. 


Inhalt: 1)Levings, Nervenverletzungen. — 2) Coley, Sarkombehandlung mit Toxinen. 
— 3) Vegridres, Ceyssatite. — 4) Bardeen, Verbrennungen. — 5) Serenin, Elastische 
Einwicklung bei Hautkrankheiten. — 6) Kaczanowski, 7) Albers-Schönberg, Lupus. — 
8) Schanz, Orthopädische Apparate. — 9) Parkhill, Knochenklammern. — 10) Berger, 
Exstirpation der Oberextremität. — 11) Vitrac, Daumenverrenkangen. — 12) Kummer, 
Spontanverrenkungen in der Hüfte. — 13) Macdonald, Kniescheibenbruch. — 14) Jacob- 
son, Oberschenkelamputation. — 15) Reinhardt, Distorsionen im Fußgelenk. — 16) Krämer, 
Varicen. 

J. Marcuse, Zwei seltene traumatische Luxationen. (Original-Mittheilung.) 

17) Krompecher, Busse, Strube, Stahr, Limacher, Borrmann, Winkler, Tauffer, Zur 
Geschwulstlehre. — 18) Pupovac, Endotheliom. — 19) Thomas, Orthopädische Apparate. 
— 20) Roth, Myositis ossificans. — 21) F6r6, Intermittirender Hydarthros. — 22) Beck, 
Olekranonbrach. — 23) Tiimann, Verrenkung von Handwurzelknochen. — 24) Deiamare, 
Sehnennähte. — 25) Mouchet, Fingerverrenkungen. — 26) Tissot, 27) Guerrini und 
Martinelli, 23) Meucidre, Fingermissbildungen. — 29) Port, Tuberkulöse Hüftentzündung. 
— 30) Lotheisen, Tabische Hüfterkrankung. — 31) Gillette, Oberschenkelhalsbrüche. — 
32) Eymeri, Osteom des M. adductor med. — 33) Warbasse, Frakturen der Unterextre- 
mität. — 34) Meucidre, Angeborene Pseudarthrose. — 35) Karewski, Knochensarkom. 
— 36) Hahn, Unterschenkelamputation. — 37) v. Schiemann, Talusverrenkung. — 
38) Funke, Klumpfuß. — 39) Bötticher, Zerreißung der Art. poplitea. — 40) Brocq 
und Bernard, Umschriebene Lymphangiome. — 41) Scudder, Tuberkulose der Mamma. 
— 42) Cheyne, Brustdrüsenkrebs. 


1) Levings (Milwaukee). Injury to peripheral nerves and 
their surgical treatment. (49. annual meeting of the americain 
med. assoc., held at Denver, 1898 Juni 7—10.) 
(Journ. of the Amer. med. assoc. 1898. August 20.) 

Verf. hat zahlreiche (85) Resektionen des Nervus ischiadicus 
vorgenommen und die Heilung an 70 Präparaten makro- und mikro- 
skopisch studir. Er kommt zu folgenden Schlussfolgerungen: Die 
sofortige Naht oder Ausfüllung der Lücke nach Resektion verhindert 
wesentliche degenerative Veränderungen des Nerven. 

Bei Lücken von einem Zoll oder mehr ist es zweckmäßiger, 
eine Brücke herzustellen, als die Nervenenden durch Streckung zu- 
sammenzubringen. Die neuen Nervenfasern werden durch die Kerne 
des Neurilemms gebildet, und zwar betheiligen sich beide Nerven- 


52 


1290 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


enden daran. Die Operation muss aseptisch ausgeführt werden. Zur 
Ausfüllung einer Lücke eignen sich am besten Muskelfasern. (L. 
empfiehlt ein Muskelbündel nur an den Enden abzulösen, in der 
Mitte mit dem Muskel in Verbindung zu lassen.) 

Martens (Berlin). 


2) W. Coley (New York). The treatment of inoperable 
sarkoma with the mixed toxins of erysipelas and bacillus 
prodigiosus. 

(Journ. of the Amer. med. assoc. 1898. August 27.) 

C. berichtet über die Resultate bei 140 Fällen von inoperablen 
Sarkomen, welche von ihm und Anderen mit Toxinen behandelt 
worden sind. Er lässt jetzt Erysipelkokken und Bacillus prodigiosus 
in derselben Bouillon wachsen und sterilisirt diese durch Erhitzung 
auf 58,6%; nur bei Kindern und schwachen Pat. wendet er filtrirte 
Kulturen an, deren Giftigkeit sich zu unfiltrirten wie 1:10 bis 15 
verhält. Er beginnt mit Einspritzung von 0,32 ccm. Die Diagnose 
ist bis auf einige wenige Fälle mikroskopisch von erfahrener Seite 
bestätigt worden. 

Von 84 Rundzellensarkomen gelangten 3 zur Heilung (Beobach- 
tungsdauer 3, 11/2 und 1 Jahr), ein viertes verkleinerte sich so, dass 
es operativ entfernt werden konnte. 10 von 21 Spindelzellensarkomen 
verschwanden gänzlich, 7 Fälle davon waren noch nach 6 Jahren 
bis zu 9 Monaten ohne Recidiv; bei 3 stellte sich ein solches nach 
9 Monaten bis 1/2 Jahr ein. Melanotische Geschwülste wurden 
nicht geheilt. Der Einfluss der Toxine auf die Sarkome soll in 
rasch fortschreitender Coagulationsnekrose mit fettiger Degeneration 
bestehen. Gefahren können nur bei Anwendung zu großer Dosen 
oder bei mangelhafter Asepsis entstehen. C. hat von mehr als 
200 Fällen nur 2 in Folge der Behandlung verloren. 

Schließlich empfiehlt Verf. die obige Behandlung als eine prophy- 
laktische nach der operativen Entfernung von Sarkomen, doch be- 
sitzt er darüber noch zu wenig Erfahrung. Martens (Berlin). 


3) Vegriöres. La Ceyssatite. 
(Ann. de derm. et syph. 1898. No. 5.) 

In der Umgebung von Puy-de-Döme in der Nähe des Dörfchens 
Ceyssat finden sich mehrere Lager einer fossilen Erde, deren dermato- 
therapeutische Verwendung Verf. wegen der ungewöhnlichen Ab- 
sorptionsfähigkeit von Flüssigkeiten empfiehlt. Die » Ceyssatite« ist 
eine sehr leichte, weiße, sich fettig anfühlende und in Pulverform an 
der Haut leicht haftende Erde; zur Pulverisirung genügt die ge- 
ringste Reibung auf einem seidenen Haarsieb. Verf. glaubt, dass 
sich diese fossile Erde in Puderform vorzugsweise für Hyperidrosis 
und in Verbindung mit geringen Mengen von Kali hypermanganicum 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1291 


für die Behandlung der Bromidrosis eignen dürfte. Endlich macht 
er den Vorschlag, die durch Hitzeeinwirkung caleinirte » Ceyssatite « 
als Bakterienfilter zu versuchen. Kopp (München). 


4) C. R. Bardeen (Baltimore). A review of the pathology 

of superficial burns, with a contribution to our knowledge 

of the pathological changes in the organs in cases of rapidly 
fatal burns. 

(Johns Hopkins Hospital Reports Vol. VII. 3. Report in pathology. Baltimore, 1898.) 

B. hat seine Studie auf die genaue Untersuchung der Leichen 
von 5 an ausgedehnten Verbrennungen der Oberfläche innerhalb 
weniger Stunden gestorbenen Kindern gestützt, und zwar wurden 
sowohl frische als Gefrierschnitte aus Leber, Milz, Nieren und Herz- 
muskel gemacht. Das Blut wurde möglichst frisch mikroskopisch 
untersucht; es fand sich darin auffallender Zerfall der rothen Blut- 
körperchen. 

An den stark verbrannten Stellen fand sich in der Haut Ge- 
rinnung des Protoplasmas der oberen Zellschichten, das Unterhaut- 
zellgewebe und die tieferen Schichten des Coriums waren ödematös. 
Die kleineren Blutgefäße gerade unter der Epidermis waren mit 
zerstörtem Blut angefüllt und durch Thromben verschlossen. Die 
größeren tiefer gelegenen Gefäße der Haut und des Unterhautzell- 
gewebes enthielten dagegen nur wenige 'Thromben. In 2 Fällen 
zeigten die Schweißdrüsen Degeneration des Protoplasmas und 
der Kerne. 

Das Blut zeigte erhebliche Poikilocytose, zugleich auch eine 
Leukocytose mit vielgestaltigen Kernen; dagegen fanden sich selten 
Thromben, ausgenommen in der Haut. Die Zellen des Knochen- 
marks befanden sich theilweise im Zustand starker Zellvermehrung, 
eine große Zahl der Zellen enthielt Fragmente rother Blutkörper- 
chen. In der Lunge fanden sich einmal die Veränderungen des 
Anfangsstadiums einer Lungenentzündung. 

In der Leber herrschte trübe Schwellung der Epithelien vor mit 
Herden, in denen ausgesprochene Vacuolisation des Zellkerns und 
Kernzerfall überwog. Hyaline Degeneration fand sich nirgends, wohl 
aber zuweilen kapillare Thrombose und an einzelnen Stellen auch 
Karyokinese im Endothel der Kapillaren; dabei bestand mäßige 
Kongestion. 

Auch in dem Gewebe der Milz trat Kongestion mit Zerfall der 
rothen Körperchen hervor; die Fragmente der letzteren lagen theils 
frei da, theils waren sie in phagocytischen Zellen enthalten. In 
den Malpighi’schen Körperchen wurden Degenerationsherde ge- 
funden. Auch die Nieren zeigten ausgesprochene trübe Schwellung 
der Tubuli und Kernzerfall in den Zellen, so wie Blutungen aus 
den Kapillaren zwischen den Tubuli und in die Glomeruli, Blut- 


52* 


1292 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


pigment in den Henle’schen; Schleifen, weniger in anderen Gegenden. 
Auch fand sich ab und zu fin thrombosirtes Blutgefäß. 

In Hirn, Nebenniere, ter Thyreoidea und Thymus nichts 
Besonderes. Dagegen waren die Veränderungen in den Lymphdrüsen 
sehr hervortretend, so dass Verf. ihnen einen besonderen Abschnitt 
widmet, während ihnen anderweit noch wenig Beachtung geschenkt 
worden ist. Nur Ardakoff, Schjerning u. A. erwähnen, dass sie 
die Lymphfollikel geschwollen fanden. Das Genauere darüber ist 
im Original nachzulesen. 

Die Natur dieser Veränderungen hat eine gewisse Ähnlichkeit 
mit solcher durch Toxine (Diphtherie und verwandte organische 
Gifte. Daher ist B. geneigt, auch in diesen von ihm bei Hautver- 
brennung beobachteten Processen in den Lymphgefäßen und Drüsen 
die Wirkung von Toxinen zu sehen und daher auch das schnelle 
Eintreten des Todes hauptsächlich auf Rechnung der Toxine zu setzen. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


5) W. P. Serenin. Behandlung einiger chronischer Haut- 
krankheiten mit elastischer Einwicklung. 
(Verhandlungen der Gesellschaft russischer Ärzte in Moskau Bd. XXXVI. Nach 
einem Referat von Ditman in Wratsch 1898. No. 36.) 

S. erzielte glänzende Resultate bei Naevi, Lupus, Narben- 
geschwülsten und einigen Arten von Hautgeschwüren; übrigens 
dauerte die Behandlung gewöhnlich 1!/, und mehr Monate. Die 
erkrankte Fläche wird mit einer elastischen Binde umwickelt, die 
einen kaum merklichen Druck ausübt; darüber kommt eine weiche 
Marlybinde. Nach !/,—1 Tage wird die Binde abgenommen, ge- 
waschen und nach gründlicher Reinigung der Haut nach einiger 
Zeit wieder angelegt. Die Wirkung wird durch den leichten Druck, 
die Wärme und Feuchtigkeit, ferner durch die Ruhigstellung und 
den Schutz der kranken Stelle vor äußeren Reizen bedingt. 

@ückel (B. Karabulak, Saratow). 


6) P. Kaczanowski. Über die Behandlung des Lupus mit 
Kalium hypermanganicum. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 242.) 

Ris Arbeit bildet den Text eines von ihm auf dem Moskauer 
internationalen Kongress gehaltenen Vortrags, über den im Central- 
blatt 1897 p. 1046 eine ganz kurze Notiz gebracht ist. Das pulveri- 
sirte Kalium hypermanganicum wird in 2—5 mm dicker Schicht auf 
die lupöse Hautfläche, deren eventuell vorhandene Borken mit Ein- 
fettung und Seifenwaschungen abgelöst sind, gestreut, darüber ein 
aufsaugender Watteverband gelegt. (Auge und Nase erhalten eine 
Schutzdecke.) Das Mittel wirkt als Kausticum, greift aber im Wesent- 
lichen nur die kranken Partien an. Es verfließt auch nicht, so 
dass keine störenden Seitenwirkungen eintreten. Der lokale Schmerz, 


\ 
Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1293 
egen 


= 
in seinem Grade individuell verschieden, dauert ziemlich lange an. 
Erster Verbandwechsel, wenn das Wundsekret durchgedrungen ist, 
d. h. nach einigen Tagen. Nach Abstoßung des Ätzschorfes stellt 
sich gesunde Granulation ein, die unter einfacher Behandlung schön 
und dauernd vernarbt. Gewöhnlich genügt eine einmalige Appli- 
kation des Mittels. Außer typischem Lupus hat K. auf diese Weise 
auch sonstige tuberkulöse Geschwüre, so wie kalte Abscesse behandelt. 
Die letzteren bedürfen zur Vorbereitung der Spaltung und Aus- 
kratzung. 7 Krankengeschichten, aus denen die Wirksamkeit der 
Behandlung erhellt, dienen als Beleg der Mittheilung. Nachprüfung 
des K.’schen Verfahrens erscheint sehr empfehlenswerth. 
Meinbard Schmidt (Cuxhaven). 


7) Albers-Schönberg. Über die Behandlung des Lupus und 
des chronischen Ekzems mit Röntgenstrahlen. 
(Fortschritte auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen Bd. II. Hft. 1.) 

Angeregt durch die Versuche Kümmell’s, die Röntgenstrahlen 
therapeutisch bei Lupus zu verwenden, begann Verf. seinerseits Ver- 
suche, und zwar mit anscheinend gutem Erfolg. Bei allen 9 Pat., 
deren Krankengeschichten er tabellarisch beifügt, sind die augen- 
blicklichen Resultate gut zu nennen; von dauernden Heilungen 
spricht er, wie er mit Recht betont, noch nicht wegen der Kürze 
der Beobachtungszeiten. 

Die Pat. waren lange Zeit — meist Jahre — schon ohne Erfolg 
behandelt worden; A.-S. erzielte seine Heilungen resp. Besserungen in 
einer Zeit von 1—6 Monaten, Die Sitzungen fanden nicht täglich 
statt, da sonst zu leicht Dermatitis eintrat, die eine Weiterbehandlung 
oft auf längere Zeit unmöglich macht. Bei der Behandlung ist er 
sichtlich sehr vorsichtig vorgegangen; so wie sich die geringsten 
Zeichen von Röthung der Haut zeigten, wurden die Bestrahlungen 
für einige Tage ausgesetzt, bis die reaktiven Veränderungen der 
Haut verschwunden waren. A.-S. legt auf eine vorsichtige Dosirung 
der Bestrahlung bedeutenden Werth und verlangt, dass der Arzt 
selbst die Sitzungen überwache. Die Reaktionen der erkrankten 
Gebiete treten bald früher (mitunter schon nach 2 Sitzungen), bald 
später ein, bald lebhafter, bald schwächer, sie machen sich geltend 
in Röthung, Reinigung und Abheilung der Geschwüre, Prominiren 
der Knötchen, Abfallen der Borken und schließlich Eintrocknen und 
Verschwinden derselben. 

Die guten Erfolge bei der Lupusbehandlung bewogen A.-S. auch 
bei chronischem Ekzem therapeutisch mit Röntgenstrahlen vorzugehen; 
auch hier erzielte er gute Resultate; 2mal handelte es sich um ein 
chronisches Ekzem an den Unterschenkeln; die beiden Fälle sind 
von Hahn-Hamburg näher beschrieben; in zwei anderen Fällen 
brachte er eine außerordentlich hartnäckige Form von impetiginösem 
Kopfekzem zur Heilung. Seine Erfolge fordern jedenfalls zu weiteren 
Versuchen auf. H. Wagner (Breslau). 


1294 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


8) A. Schanz. Über orthopädische Apparate. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. V. Hft. 1.) 

Als Inhalt eines Vortrags bringt Verf. Notizen über Definition, 
Eintheilung, Wirkung, Herstellung und Bestandtheile der orthopädi- 
schen Apparate. Neues enthält die Arbeit nicht. Die Abbildungen 
können auf Originalität keinen Anspruch erheben. 

J. Biedinger (Würzburg). 


9) Parkhill. Further observations regarding the use of 

the bone-clamp in ununited fractures, fractures with mal- 

unian and recent fractures with a tendence to displacement. 
(Annals of surgery 1898. Mai.) 

Verf. beschreibt eine sehr sinnreiche Anwendungsweise einer 
Knochenklammer, mit welcher er eine Reihe von Pseudarthrosen, 
schief geheilten Knochenbrüchen etc. (im Ganzen 14 Fälle) erfolgreich 
behandelt hat. In den frei gelegten und passend gelagerten Knochen 
werden 4 Schrauben vermittels eines auf ihr vierkantiges Ende 
passenden Schlüssels eingebohrt, die so lang sind, dass ihre Enden 
über die durch Naht vereinigte Wunde hinausragen. Hier werden 
sie dann durch ein System von Klemmen verbunden und festgehalten. 
Die ganze Anordung garantirt eine große Festigkeit, hat aber vor 
allen Dingen den Vortheil, dass der ganze Apparat nach gewünschter 
Zeit entfernt werden kann, so dass störende Fistelbildung vermieden 
wird. Tietze (Breslau). 


10) O. Berger. De l’amputation interscapulo-thoracique dans 
le traitement des tumeurs malignes de l'extrémité supérieure 
de l'humérus. 

(Revue de chir. 1898. No. 10.) 

Nachdem B. selbst mit der im Titel angegebenen Operation 
in 2 Fällen — von denen der eine bereits im Jahre 1887 beschriebene 
seit mehr als 16 Jahren gesund (Fall von Chondrom des Humerus), 
während der andere, in vorliegender Abhandlung ausführlich ge- 
schildert (Fall von Myxom), seit 18 Monaten geheilt geblieben ist — 
ausgezeichnete Resultate erzielt hat, lag es ihm daran, auch an der 
Hand eines größeren Materials die Vorzüge der Exstirpation des 
Schultergürtels sammt Arm gegenüber der bloßen Exartikulation des 
letzteren im Schultergelenk bei bösartigen Geschwülsten zu erweisen 
und die seltenen Indikationen der Resektion des Oberarmkopfes 
genau zu fixiren. B. hat zu dem Zweck, indem er gleichzeitig noch 
einen von Kirmisson wegen ausgedehnten Sarkoms an einem 
10jährigen Kinde operirten, geheilten, aber nach 7 Monaten recidi- 
virten mitgetheilt, die in der Litteratur veröffentlichten Fälle von 
Amputation interscapulo-thoracique zusammengestellt und ist damit zu 
folgenden Ergebnissen gelangt. Von den 46 Fällen dieser Operation 
haben nur 2 — ein Kind von 2 Jahren und eine Frau, bei der die 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1295 


bereits allzuweit vorgeschrittene Neubildung auch noch die Resek- 
tion von Theilen des Brustbeins und der Rippen erheischt hatte — 
den Eingriff nicht überstanden; die übrigen 44, einige nach Collaps 
p. oper., 1 nach schwerer Nachblutung, andere nach längerer Eite- 
rung, sind geheilt worden. Bezüglich der späteren Resultate ergab 
die Statistik von 31 nähere Angaben hierüber enthaltenden Fällen 
bei 14 Recidive bezw. Generalisation der Krankheit einige Zeit nach 
der Operation, theilweise mit tödlichem Ausgang und bei 17 seit 
4 Monaten bis 15 Jahren dauernde Heilung, die bei 10 seit mehr 
als 1 Jahr nachgewiesen ist. Diese letzteren Fälle betrafen Indi- 
viduen, die wegen Chondrom, Myxom und auf die Muskulatur noch 
nicht übergreifenden periostalen Sarkomen operirt worden waren. 
Bei Vergleichung der vorstehenden Zahlen mit den sich aus einer 
Statistik der sekundär nach Schulterexartikulation wegen Recidiv 
ausgeführten Schulterblattresektionen (» Amputations pathologiques 
consécutives «) ergebenden treten die Vorzüge der erst besprochenen 
Operation noch stärker hervor. Von 23 Operirten starben 3—4 an 
dem durch größere Schwierigkeit der Blutstillung und operativen 
Technik wegen Ausdehnung des Recidivs auf die Muskulatur kom- 
plieirten Eingriff, und trat bei 10 in kürzester Zeit ein neues Reci- 
div, bezw. Generalisation der Geschwulst ein, während bei 6 das 
Resultat nicht bekannt und nur bei 4 Heilung seit 2—4 Monaten, 
6 und 20 Jahren besteht; indess ist der eine der letzteren Fälle be- 
züglich der Natur der Geschwulst nicht genügend geklärt. 

Auf Grund dieser statistischen Nachweise tritt B. warm für die 
frühzeitig vor Erkrankung der Muskeln auszuführende Amputation 
interscapulo-thoracique ein, deren Werth schon Nasse an der Hand 
der v. Bergmann’schen Operationsfälle festgestellt hatte. Sie er- 
möglicht durch Freilegung der Achselhöhle etc. erkrankte Drüsen 
zu finden und zu entfernen, ist sicherer in Bezug auf dauernde 
Heilungsaussichten, als die Exartikulation des Arms, nicht gefähr- 
licher als diese, erfordert dieselbe Art von Prothesen, wie letztere, 
und ist auch in kosmetischer Hinsicht nicht wesentlich ungünstiger. 
Andererseits findet B. bei ganz umschriebenen, abgekapselten, kleinen 
und relativ gutartigen Geschwülsten, wie bei Riesenzellensarkomen 
und Chondromen (vielleicht auch bei Myxomen?), so fern die sich an 
einen Explorativschnitt sofort anschließende mikroskopische Unter- 
suchung diese Diagnose bestätigt, die Resektion des Oberarmkopfes 
und damit die Erhaltung der Extremität für gerechtfertigt. 

Kramer (Glogau). 


11) J. Vitrac. Luxations dorsales externes du pouce. Etude 
clinique et expérimentale. 
(Revue de chir. 1898. No. 3 u. 7.) 
Die bis dahin fast einzig dastehende Beobachtung eines Falles 
von Daumenluxation nach hinten außen hat V. veranlasst, diese Art 
von Verrenkung experimentell zu studiren und seine durch mehrere 


1296 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


vorzügliche Skiagramme gestützten Untersuchungsergebnisse in vor- 
liegender Abhandlung niederzulegen. Verf. unterscheidet hiernach 
zwischen den am häufigsten zu beobachtenden dorsalen Verrenkungen 
des Daumens nach innen und den sehr seltenen nach außen, welch 
letztere entweder eine Luxatio dorsalis ext. completa oder, wie in V.’s, 
und anscheinend auch in einem Falle von Blandin eine Luxatio dor- 
salis ext. complexa sein könne. Beide übrigens auch schon Fara- 
beuf nicht unbekannt gebliebenen Varietäten dieser Verrenkungen 
nach hinten außen entstehen, wenn eine heftig einwirkende Gewalt 
den Daumen in Extension und Abduktion trifft. Bei der Luxatio 
completa findet sich die Achse der ersten Phalanx des Daumens 
senkrecht gestellt zu der des Metacarpus, die Basis der ersteren mit 
den Sesambeinen auf der hinteren äußeren Fläche des letzteren, das 
Capitulum metacarpi dem Zeigefinger näher stehend als der Daumen, 
verschoben, die Sehne des Flexor pollicis longus nach außen vom 
Capitulum metacarpi I, oft auch vom Spatium intersesamoideum 
verrenkt, das innere Lig. laterale, meist auch das äußere, eben so 
der M. adductor und die inneren Fasern des Flexor brevis zerrissen, 
so dass der Metacarpus wie durch ein Knopfloch durch diese Muskeln 
hindurchtritt. Bei der aus der Luxatio ext. completa entstehenden 
complexa reitet dagegen die dem Metacarpus parallel verlaufende 
erste Phalanx auf dessen äußerer und hinterer Fläche, das innere 
Sesambein findet sich allein in Verbindung mit dem Metacarpus, 
der Daumen weiter vom Zeigefinger abstehend als jener, die Sehne 
des Flexor longus nach außen und vor die 1. Phalanx und nach 
hinten außen vom Capitulum metacarpi verrenkt; im Übrigen be- 
stehen, oft noch in erheblichem Grade, dieselben Zerreißungen wie 
bei der Luxatio completa. 

Die klinischen Befunde ergeben sich aus den vorstehenden ana- 
tomischen; letztere erklären auch die Schwierigkeit, bezw. Unmög- 
lichkeit der Reduktion der äußeren Dorsalluxation, in Folge der 
Verlagerung der Sehne des Flexor longus nach außen. Gelingt 
unter Berücksichtigung dieser Sehnendislokation die Reduktion nicht 
nach der von Farabeuf für die inneren Dorsalverrenkungen an- 
gegebenen Methoden, so muss die Arthrotomie ausgeführt, die Sehne 
des langen Daumenbeugers freigelegt und zurückgeschoben oder pro- 
visorisch tenotomirt werden. 


Ein günstiger Zufall hat es gefügt, dass Ref. zur Zeit des Studiums vorliegen- 
der Abhandlung einen Fall von komplieirter Luxatio dorsalis externa complexa 
des linken Daumens zu Gesicht bekam und V.’s Angaben nachprüfen und bestätigen 
konnte. Pat, ein Tabiker, war nach hinten gestürzt und hatte sich im Fallen 
sunächst auf den ausgestreckten und abducirten Daumen zu stützen gesucht, wo- 
bei er sich diesen unter gleichzeitiger Durchbohrung der Haut des Thenar durch 
das Capitulum metacarpi I luxirte. Da dem zuerst zugezogenen Arzte die Repo- 
sition der Verrenkung nicht gelang, kam Pat. — 40 Stunden nach dem Unfall — 
zum Ref. Die Untersuchung ergab, abgesehen von jener in Höhe der Vorderseite 
des Metacarpophalangealgelenks nach dem Metacarpus indicis hin gelegenen 
knopflochartigen Wunde, aus welcher das durch den zerrissenen M. adductor hin- 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1297 


durchgetretene Köpfchen des 1. Metacarpus hervorragte, eine starke Verkürsung 
des Daumens, dessen 1. Phalanx in Hyperextension und mit ihrer Basis auf der 
Dorsal- und Radialfläche des Metacarpus, diesem fast parallel gerichtet, stand. 
Nach Spaltung der Wunde, so wie des Muskelschlitses im Adductor nach oben, 
unten und außen ließ sich die Sehne des Flexor pollicis longus auf der Vorder- 
seite der 1. Phalanx nach außen vom Capitulum metacarpi nachweisen. Die Re- 
position der Verrenkung ging nach Zurücklagerung der Sehne nach einwärts 
mittels Extension und direkten Drucks leicht von statten. (Pat. befindet sich 
noch in Behandlung; eine Reluxation ist nicht erfolgt.) Kramer (Glogau). 


12) E. Kummer. La luxation coxo-f&morale dite spontanée. 
(Revue de chir. 1898. No. 1, 2, 4 u. 7.) 

K. beschäftigt sich in der Arbeit nur mit denjenigen Spontan- 
verrenkungen, welche, ohne dass eine Zerstörung der Gelenkenden 
die Ursache abgiebt, bei gewissen Krankheiten, wie akutem Gelenk- 
rheumatismus, Typhus, Variola, Scharlach, Gonorrhoe etc., zu Stande 
kommen können; es werden somit die bei Tuberkulose oder epiphy- 
särer Osteomyelitis des Hüftgelenks vorkommenden Verrenkungen 
außer Betracht gelassen. Zu Grunde gelegt sind der Studie 51 zum 
Theil vom Verf. selbst beobachtete, zum größten aber aus der Litte- 
ratur gesammelte Fälle, an deren Hand besonders die Frage nach 
der Entstehungsweise der Spontanverrenkung zu entscheiden gesucht 
wird, nachdem in Kürze zunächst die physiologische Anatomie des 
Hüftgelenks und alsdann die Gelenkbefunde bei den in Rede stehen- 
den Verrenkungen geschildert worden. In 29 Fällen bestand eine 
Gelenkentzündung, 22mal seröser, bezw. serofibrinöser, 3mal eitriger 
Natur, zumeist (17mal} auf rheumatischer Basis beruhend; in 11 
scheint ein derartiger Process der Verrenkung nicht vorausgegangen 
zu sein (Smal bei Typhus etc.) Bei 9 ist die letztere im akuten 
Stadium der Krankheit, bei 26 in der Rekonvalescenz erfolgt; bei 
allen hat ein leichtes Trauma, eventuell in einer heftigen Muskel- 
kontraktion bei einem Krampfanfall bestehend, zur Verrenkung ge- 
führt, für welche ein Flüssigkeitserguss im Gelenk in der Mehrzahl 
der Fälle, die Ausfüllung der Pfanne mit entzündlichem Gewebe 
nur in seltenen und die Atrophie oder Lähmung der pelvi-trochan- 
teren Muskeln, verbunden mit Kontraktur der Antagonisten, oder 
eine längere Zeit bestehende fehlerhafte Beinhaltung im weiteren 
prädisponirend gewirkt hatten. Aus dem übrigen Theil der Arbeit 
sei nur noch einiges die Behandlung der Spontanluxation Betreffende 
erwähnt, deren Verhütung naturgemäß in erster Linie angestrebt 
werden muss. Die Reposition ist in 25 Fällen — einige Male mit 
günstigem Erfolg nach der Paci- oder Lorenz’schen Methode bei 
angeborener Hüftverrenkung — versucht worden, und hatte 7mal ein 
dauernd günstiges, 6mal ein ziemlich gutes funktionelles Resultat; 
12mal blieb sie ohne jeden Effekt, sei es dass sie ganz unmöglich, 
sei es dass sie — in 9 Fällen — von Recidiven bezw. von Ober- 
schenkelbruch gefolgt war. In 6 weiteren kam die langsame Re- 
duktion durch Extensionsbehandlung etc. — 2mal mit gutem, 3mal 

52* 


1298 Öentralblatt für Chirurgie. No. 52. 


mit mittelmäßigem, (mal ohne Resultat — zur Anwendung. Blutige 
Operationen — Reduktion, Dekapitation des Caput femoris, Osteo- 
tomie etc. — bei Irreduktibilität der Verrenkung — sind bisher 
erst in wenigen Fällen ausgeführt worden. Kramer (Glogau). 


13) Macdonald. The treatment of fracture of the patella 
by immediate suture. 
(Med. news 1898. Juli 30.) 

Verf. wandte nachstehende Methode der Vereinigung der ge- 
brochenen Kniescheibe mit außerordentlich günstigem Erfolg an: 
Möglichst frühzeitig nach der Verletzung wird bei hochgezogener 
Kniescheibe mit einem spitzen Skalpell ein Stich am untern Rand 
derselben in das Gelenk geführt und durch denselben das ergossene 
Blut herausgedrückt. Hierauf werden die Bruchenden möglichst 
genau adaptirt und nun mit einer gebogenen Stielnadel eine Faden- 
schlinge erst um die eine, dann um die andere Hälfte der Knie- 
scheibe geführt. Als Einstichspunkt wird die Gegend des Apex pa- 
tellae gewählt. Mit Hilfe dieser Fadenschlingen wird dann ein dicker 
Silberdraht durch die Stichkanäle geführt und mit ihm die Knie- 
scheibe fest umschnürt. Schließlich wird die Haut über den Stich- 
öffnungen vernäht und der Silberdraht zum Einheilen gebracht, was 
in allen Fällen ohne Störung gelang. Nach Ablauf von 14 Tagen 
wird dem Verletzten gestattet, an Krücken umherzugehen, nach 
12 Wochen wird freier Gebrauch des Beins erlaubt. Diese Behand- 


lungsmethode ergab in allen 17 Fällen vorzügliche Erfolge. 
Strauch (Braunschweig). 


14) A. Jacobson (St. Petersburg). Nouveau procédé d'am- 
putation ost&o-plastique intra-condylienne de la cuisse. 
(Revue de chir. 1898. No. 6.) 

Das von J. bisher nur an der Leiche geübte Verfahren stellt 
eine Modifikation der von Sabaneieff empfohlenen, später noch 
von W. Koch (s. Ref. in diesem Centralbl. 1891 p. 703), Delitzine 
und Pravdoluboff weiter ausgebildeten osteoplastischen Methode 
der Oberschenkelamputation in Höhe der Oberschenkelkondylen dar. 
Seine Besonderheiten bestehen darin, dass, um die Anlegung des 
Konstriktionsschlauchs auszuschließen, zunächst von einem medianen 
hinteren Längsschnitt aus die Art. und Vena poplitea oberhalb des 
Abgangs der Artt. articulares sup. aufgesucht und unterbunden, 
sodann die Insertionen aller Muskeln und Sehnen am Unter- 
schenkel erhalten und nach beendeter osteoplastischer Amputation, 
bei welcher, wie bei der Sabaneieff’schen Methode, aus der Vor- 
derfläche der Tibia ein Knochenstück in den vorderen Lappen zur 
Anlagerung an die Sägefläche der Oberschenkelkondylen mit hinein 
genommen wird (s. die Abbildung in dem Ref. über die Koch’sche 


Centralblatt für Chirurgie. No, 52. 1299 


Arbeit), die vorderen und hinteren Muskelinsertionen durch eine 
Etagennaht mit einander vereinigt werden. 

Die Einzelheiten des Verfahrens möge man im Original studiren; 
hier sei nur kurz erwähnt, dass die Schnitte von dem unteren Ende 
des medianen hinteren Längsschnitts schräg nach unten und vorn 
nach der Innen- und Außenseite des Unterschenkels geführt werden 
und hier auf einen ca. äquerfingerbreit unterhalb der Tuberositas 
tibiae angelegten queren Bogenschnitt treffen (» Incision en croupiere «). 
Die Vortheile der Methode, die die Neigung der hinteren Muskel- 
insertionen zur Retraktion berücksichtigt und letztere verhüten will, 
ergeben sich von selbst. Kramer (Glogau). 


15) Reinhardt (Natvig). Über Distorsionen im Fußgelenk. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 61.) 

Verf. hebt in seiner der medicinischen Gesellschaft zu Christi- 
ania als Vortrag gegebenen Mittheilung hervor, dass bei sehr vielen 
sogenannten Fußdistorsionen thatsächlich Knochenfissuren vorliegen. 
Bleiben diese undiagnosticirt, so kann die Heilung mit starker Platt- 
fußdeformität erfolgen. Röntgenbilder können wohl Auskunft geben, 
sind aber nicht immer zu beschaffen, und desshalb sind die Distor- 
sionen vor Allem genau palpatorisch auf Fissuren hin zu untersuchen. 
Verf. selbst hat solche unter 28 Fällen 20mal palpiren können, und 
zwar zum Theil noch lange Zeit nach dem Trauma, 2!/, und mehr 
Monate, 1'/ Jahr und 2mal sogar 12 Jahre nach der Verletzung. 
Stärkere zurückgebliebene »deforme« Kapselhyperplasien sind me- 
chanotherapeutisch zu behandeln. Kleinere ganz abgesprengte Stück- 
chen der Gelenkenden sind zu exceidiren, wofür 2 Belegfälle berichtet 
werden. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


:16) Krämer. Über die Ätiologie und die chirurgische 
Therapie (insbesondere die Radikaloperation) der Varicen 
an den unteren Extremitäten. (Aus der chirurgischen Ab- 
theilung des Karl-Olga-Krankenhauses in Stuttgart.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 38 u. 39.) 

In dem lesenswerthen Aufsatz sucht K. an der Hand eigener 
und Anderer Untersuchungen zunächst folgende Ansichten über die 
Entstehung der Varicen zu begründen: 

1) Mechanische Ursachen allein bringen keine Varicen zu Stande, 
sondern nur Odeme oder andersartige Ektasien kleinerer Venen. 

2) Die Varicenbildung beruht auf einer pathologischen Beschaffen- 
heit der Saphena, die aus verschiedenen Gründen als eine kongeni- 
tale zu betrachten ist. 

3) Diese Anlage wird meist vererbt und (oder) zeigt sich schon 
im äußeren Habitus (hoher Wuchs, lange Unterextremitäten etc.). 

4) Höchst wahrscheinlich besteht diese kongenitale Anlage in 
einer mangelhaften Klappenbildung (mit Ausfall des zugehörigen Ge- 
webes), wodurch sich die Varicenbildung einfach erklären lässt. 


1300 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


5) Vielleicht schützt sich eine solche Vene durch eine Ver- 
diekung der Intima mehr oder weniger lange dagegen. 

6) Auf Grund dieser Missbildung wird das Leiden meist schon 
durch die gewöhnlichen physiologischen Funktionen ausgelöst. 

Im Weiteren werden von dem in vorstehenden Sätzen sich wieder- 
spiegelnden pathogenetischen Standpunkte aus vom |Verf. die ver- 
schiedenen modernen chirurgischen Behandlungsmethoden der Varicen 
beurtheilt und ihre Resultate, wie sie bisher in der Litteratur be- 
kannt geworden, und auch aus Landerer’s Krankenhause mit- 
getheilt werden, gegenübergestellt. Hiernach hält K. die Tren- 
delenburg’sche Operation, mit der Landerer selbst keine besonders 
günstigen Erfahrungen gehabt, nur bei leichteren Fällen, wenn die 
Saphena am Oberschenkel nur eben sichtbar erweitert oder ganz 
leicht geschlängelt, und wenn am Unterschenkel auch nur die 
kleineren Venen in geringer Ausdehnung varikös sind, für genügend, 
und zwar um so mehr, je älter das Individuum ist, empfiehlt aber 
auch in solchen Fällen, wenn ein Gefäß für eine kurze Strecke stärker 
erweitert und geschlängelt ist, oder da und dort ein isolirter Varix- 
knoten besteht, die Exstirpation dieser Gebilde. Letztere, von 
Landerer in 18 Fällen — davon 8 seit längerer Zeit geheilt — 
angewandt, ist aber stets auszuführen, wenn die ganze Saphena von 
oben bis unten erweitert, geschlängelt und mit Varixknoten besetzt 
erscheint, zumal wenn es sich um jüngere Individuen handelt. 

Kramer (Glogau). 


Kleinere Mittheilungen. 


Zwei seltene traumatische Luxationen. 
Von 
Dr. Jullan Marcuse in Mannheim. 


Im Verlauf von verhältnismäßig kurzer Zeit sind mir neben vielen anderen 
2 Luxationen zu Gesicht gekommen, die ihres ätiologischen Zustandekommens wie 
ihrer Lokalisation wegen besonderes Interesse erwecken. Beide Fälle gehören zu 
den selten vorkommenden Luxationen, der erstere sogar zu den äußerst selten ge- 
sehenen und beschriebenen. 

Fall I. Luxation der großen und 2. Zehe des rechten Fußes. 

Der 38jährige Arbeiter N. fiel beim Abladen von Getreide von einer Schiffs- 
treppe, die an einen Kasten angelehnt war, in Folge Verlustes des Gleichgewichts 
herab und blieb im Fallen mit dem rechten Fuß zwischen 2 Sprossen hängen. In 
seine Wohnung überführt stand er in den ersten 6 Wochen in der Behandlung 
eines Kollegen und trat erst in der 8. Woche in meine Behandlung. Meine Dia- 
gnose lautete: Luxation der großen und der 2. Zehe des rechten Fußes nach oben. 
— Die Capitula des I. und IL Metatarsus waren deutlich an der Fußsohle zu 
fühlen und verursachten bei jedem Auftreten durch die nahe Berührung mit dem 
Boden intensiven Schmerz, während auf dem Dorsum die Basis der Phalangen zu 
palpiren waren. Aktive Bewegungen waren nicht möglich, passive in dorsaler und 
seitlicher Richtung in geringem Grade. Subjektiv klagte Pat. über Schmerzen 
am Vorderfuß bei jedem Versuch zu gehen oder zu stehen. 

Repositionsversuche, die ich bei dem Pat., der bisher mit Massage etc. be- 
handelt worden war, unternahm, misslangen vollständig, so dass ich ihm vorschlug, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1301 


H 

die Capitula des I. und II. Metatarsus reseciren zu lassen. Hierzu gab Pat. seine 
Einwilligung nicht; er blieb noch 8 Monate su Hause und begann dann wieder 
zu arbeiten. Ich beantragte für ihn in meinem berufsgenossenschaftlichen Gut- 
achten eine Rente von 50%, die er auch erhielt und heute noch bezieht. Das 
objektive Bild der Verletzung ist das gleiche geblieben, nur ist er durch Gewöh- 
nung an seinen pathologisch veränderten rechten Fuß weniger schmerzempfindlich 
geworden. 

Unzweifelhaft ist die Luxation durch eine foreirte Dorsalflexion, wie sie durch 
das Hängenbleiben des Fußes zwischen den Sprossen entstehen musste, zu Stande 
gekommen; der weitere Verlauf war der, dass das Capitulum des Metatarsus so 
stark gegen die untere Kapselwand gedrängt wurde, dass dieselbe serriss, der 
Metatarsus nach unten austrat und somit die Phalanx nach oben luxirt wurde. 

Die traumatischen Luxationen der Zehen sind bekanntlich äußerst selten, und 
mit Recht sagt schon Hüter, »mancher beschäftigte Chirurg wird wohl in seiner 
ganzen Praxis keinen Fall eu Gesicht bekommen«. 

Von der Luxation der 4 äußeren Zehen gegen die Metatarsalköpfchen hat 
seiner Zeit Malgaigne unter 22 Fällen, die die Metatarsophalangealgelenke be- 
trafen, nur 3 Fälle in der Litteratur auffinden können, die übrigen 19 betrafen 
den Hallux. Hoffa führt nach einer neueren Zusammenstellung von Bärmann 
29 bekannte Fälle an, die jedoch sämmtlich den Hallux betreffen, und schließlich 
erwähnt Sohuls! in einer jüngsten Veröffentlichung »Zur Kasuistik seltener trau- 
matischer Luxationen der unteren Extremität«’ unter 188 Luxationen, die er im 
Verlauf von 8 Jahren im Hamburger Krankenhaus zu beobachten Gelegenheit 
hatte, nur 2 Luxationen der Zehen. 

Also insgesammt eine außerordentlich geringe Anzahl derartiger Luxationen! 


Fall II. Isolirte Luxation des Radius nach vorn. 

Der 16jährige Bautechniker H. passirte auf seinem Weg zum Bureau einen 
Bauplatz, an dem soeben die Fundamentirungsarbeiten begonnen hatten. Im Be- 
griff über einen Lehmhaufen zu gehen rutschte er aus und fiel ca. 2m tief in 
das Fundament, und zwar auf die linke Seite. Er giebt an, sich noch erinnern zu 
können, dass er mit dem linken Arm einen Halt gesucht hätte, ohne jedoch einen 
solchen zu finden. Schmerzhaftigkeit und Schwellung der linken Ellbogengegend 
veranlassten ihn, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. 

Die Untersuchung ergab Folgendes: Der linke Arm stand in leichter Flexion 
und Abduktion, die Ellbogengegend war stark verbreitert; Beugungen oder Streokun- 
gen des Arms nicht ausführbar, jeder Versuch erregte lebhafte Sohmerzhaftigkeit. 
Das Capitulum radii ist deutlich am vorderen Rand des Condylus externus humeri 
su fühlen, letsterer, unterhalb dessen das Capitulum fehlt, tritt stark hervor. 

Die Reposition gelang ausnahmsweise außerordentlich leicht, indem der Arm 
in flektirter Stellung extendirt wurde mit gleichzeitiger Supination des Vorder- 
arms; ein Kontentivverband, der 3 Wochen liegen blieb, vollendete die Heilung. 

Das Zustandekommen dieser Luxation im konkreten Falle ist wohl so zu er- 
klären, dass Pat. auf den unwillkürlich einen Halt suchenden ausgestreckten Arm 
bei gleichzeitiger Pronationsstellung des Vorderarms fiel. Die Frage, ob foreirte 
Supination oder Pronation die Luxation nach vorn bedingt, ist ja strittig: Im 
obigen Falle jedoch ist eine Supinationsstellung nach der ganzen Sachlage und 
den begleitenden Nebenumständen wohl auszuschließen. 

Auch dieser Fall, der erst vor Kursem sich zugetragen, und dessen eventuelle 
weitere nachtheilige Folgen für die Arbeitsfähigkeit des Pat. noch nicht zu über- 
sehen sind, gelangt zur berufsgenossenschaftlichen Begutachtung. 


1 Monatsschrift für Unfallheilkunde 1898. No. 9. 


1302 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


17) Beiträge zur Geschwulstlehre. 
(Virchow’s Archiv Bd. OCLI. Suppl.-Hft.) 


I. Krompecher. Über dieGeschwülste, insbesondere die Endo- 
theliome des Hodens. 

Eine kritische Durohsicht der Litteratur, so wie eine genaue Untersuchung 
von 14 Hodengeschwülsten führte K. su Ergebnissen, welche er folgendermaßen 
kurz zusammenfasst: 

1) Die Hodengeschwülste von epithelialer Abkunft (Adenome, Adenocarcinome) 
sind weit seltener als die von nicht epithelialer Genese. 

2) Die Hodengeschwülste nicht epithelialer Genese stammen zum größeren 
Theil vom Lymphendothel (Endotheliom), zum geringeren Theil vom Bindegewebe 
(Sarkom) ab. 

3) Bei den von den weiteren Lymphspalten ausgehenden Lymphendotheliomen 
ist der Ausgang vom Endothel direkt nachweisbar. 

4) Bei den von den Saftspalten ausgehenden Lymphendotheliomen ist ihr Aus- 
gang vom Endothel zwar nicht direkt zu verfolgen, aber Alles spricht für ihre 
Endothelgenese. 

5) Ein Theil der von den Saftspalten ausgehenden Lymphendotheliome zeigt 
diffusen Bau und entspricht den »Lymphadenomen« der Franzosen, ein anderer 
lässt alveolaren Bau erkennen und stimmt mit den »Alveolarsarkomen« Ehren- 
dorfer’s überein. 

6) Die Endotheliome mit alveolarartigem Bau sind die häufigsten malignen 
Geschwülste des Hodens. 

7) Weder die Bezeichnung »Endothelioms, noch die Bezeichnung »Angio- 
sarkom« ist zu verwerfen; keine kann die andere vertreten; denn beide bezeichnen 
grundverschiedene Eigenthümlichkeiten: »Endotheliom« bezeichnet die Genese der 
Geschwulst und ist zur Bezeichnung von Geschwülsten geeignet, deren Endothel- 
abstammung festgestellt ist; »Angiosarkom« bringt morphologische Eigenthümlich- 
keiten, die Beziehung der Geschwulst zu den Gefäßen, sum Ausdruck und ist eine 
gute Bezeichnung für Geschwülste, wobei diese Beziehung erkannt ist. 

8) Die Sarkome und Endotheliome sind den Carcinomen gegenüber klinisch 
gekennzeichnet durch das häufige Auftreten im Kindesalter und im Mannesalter 
vor den 40er Jahren, durch das meist rasche Wachsthum, durch eine meist glatte 
Oberfläche, durch den häufigen Widerstand der Albuginea und Haut gegenüber der 
Geschwulst, durch das gewöhnliche Freibleiben des Samenstrangs und mitunter 
durch den primären Sitz im Nebenhoden. 

9) Auffallend ist das überaus langsame Wachsthum einiger von den weiteren 
Lymphspalten ausgehenden Endotheliome. 

10) Seltene und mikroskopisch interessante Fälle unter den von mir unter- 
suchten Geschwülsten sind das Spindelzellen-Riesenzellensarkom (I) und das Lymph- 
endotheliom (IV); klinisch interessant ist das von der Cauda epididymidis aus- 
gehende Endotheliom (VI) und das bilaterale Hodensarkom (II), welche eben so 
wie die Endotheliome (IV und V) auch vom ätiologischen Standpunkt aus unser 
Interesse erwecken, da sich das erstere aus einem bilateral, letzteres aus einseitig 
retinirten, verlagerten Hoden entwickelten. 


D Busse. Ein großes Neuroma ganglio-oellulare des Nervus 
sympathicus. 

Normal entwickelter Knabe von 4 Jahren mit gänseeigroßer, sehr derber, neben 
der Wirbelsäule, zwischen Haut und Rippen gelegener, fast unverschieblicher Ge- 
schwulst, die sich nach unten in die Lendengegend fortsetzt und fast das ganze 
große Becken ausfüllt und nach oben weit unter den Rippenbogen hinaufreicht. 
Die Oberfläche war glatt. Es bestanden Lähmungserscheinungen an den unteren 
Extremitäten, Blasen- und Mastdarmstörungen. Exstirpation (Dr. Kredel, Han- 
nover) auf Drängen des Vaters des Knaben mittels eines vom 8. Brustwirbel bis 
zum Lig. Pouparti reichenden Schrägschnittes. Geschwulst, im Ganzen 700 g, in 
einzelnen Stücken entfernt. Ein unter dem Rippenbogen unbeweglich festsitzendes 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1303 


Stüok musste surückgelassen werden. Primäre Heilung. Die nervösen Störungen 
blieben dieselben. 

Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass in allen Theilen der Geschwulst 
sehr viele marklose, vereinzelte markhaltige Nervenfasern und wirkliche Ganglien- 
sellen vorhanden waren, dass also einer jener seltenen Fälle von Neuroma verum 
myelinicum ganglio-cellulare vorlag. Da diese Mischung so verschiedener nervöser 
Elemente nur im Sympathious vorkommt, so ist dieser als Ausgangspunkt der 
Geschwulst anzusehen. 


UI. Strube. Über eine Kombination allgemeiner Neurofibro- 
matose mit Gliom des Rückenmarkes. 

45 Jahre alter Phthisiker mit unzähligen Fibromen am ganzen Körper, welche 
sich vom 20. Lebensjahre an entwickelt hatten. Von Seiten des centralen und 
peripheren Nervensystems waren während des Lebens keine Abnormitäten kon- 
statirt worden. An der Erkrankung waren fast sämmtliche Rückenmarksnerven, 
ferner auch Trigeminus, Vagus und Sympathicus bis in die feineren Verzweigungen 
betheiligt. Die Knötohen zeigten überall den Typus der Neurofibrome, wie er 
duroh v. Recklinghausen festgelegt worden ist. Am Rückenmark fand sich 
außer Verdiekung der hinteren Wurzeln von ihrer Austrittsstelle aus der Dura 
an und der Intervertebralganglien eine hinter dem oentralen Ependymfaden ge- 
legene und längs der Schließungsstelle des Markes angeordnete Gliawucherung, 
die sich auf das Hals- und den obersten Theil des Brustmarkes erstreckte. Es 
lag also offenbar eine Bildungsanomalie vor. Auch die Neurofibromatose ist als 
eine solche Bildungsanomalie aufzufassen. Die Koineidenz von Gliom des Rücken- 
markes und allgemeiner Neurofibromatose legt die Frage nahe, ob dies ein zu- 
fälliges Zusammentreffen ist, oder ob zwischen beiden ein innerer Zusammenhang 
besteht. Wahrscheinlich handelt es sich um zwei neben einander her verlaufende 
pathologische Processe. 

IV. Stahr. Über einen seltenen, kongenitalen Tumoram kleinen 
Finger eines Neugeborenen. 

B. beschreibt eine vom kleinen Finger eines Neugeborenen exstirpirte Ge- 
sehwulst, die sich bei der mikroskopischen Untersuchung als überzähliger 6. Finger 
herausstellte und vielleicht durch amniotische Verwachsungen vom 5. Finger ab- 
getrennt worden war. 


V. Limacher. Über Blutgefäßendotheliome der Struma mit einem 
Anhang über Knochenmetastasen bei Struma maligna. 

L. untersuchte 2 Geschwülste der Schilddrüse und konnte bei beiden mit 
Sicherheit als Ausgangspunkt das Endothel der Blutgefäße, und zwar in der 1. 
ausschließlich das der Kapillaren, in der 2. das der Venen und Kapillaren nach- 
weisen. In dem 1. Falle handelte es sich um eine 59 Jahre alte Frau, welche seit 
vielen Jahren einen weichen Knoten in der Schilddrüse hatte, der lange Jahre be- 
weglich war und keine Beschwerden machte, dann aber rascher zu wachsen anfing 
und innerhalb eines halben Jahres zum Tode führte. Die Sektion ergab eine bös- 
artige Geschwulst der Schilddrüse mit Metastasen im Stamm und in den Lungen. 
Die sehr genau durchgeführte und mitgetheilte mikroskopische Untersuchung konnte 
mit aller Sicherheit feststellen, dass als Ausgangspunkt der Geschwulst die Endothelien 
der Blutkapillaren anzusehen waren, dass dagegen die Epithelien der Drüsensubstans 
an der Bildung der Geschwulst keinen Antheil hatten. Bisher waren nur sehr 
wenige derartige Blutgefäßendotheliome beschrieben, und bei mehreren von diesen 
konnte die Genese nicht so sicher gestellt werden, wie im vorliegenden Falle. Die 
Entstehung der Geschwulst beschreibt I.. wie folgt: » Die Kapillaren erweitern sich 
allmählich, die Endothelien verdicken sich, wandeln sich in dicke Spindelsellen 
um, entwickeln sich dann zu großen Zellen von kompakter Form, welche weit in 
das Lumen vorspringen, aber immer noch zunächst einen kontinuirlichen, ein- 
schichtigen Wandbelag bilden, während das centrale Lumen als unregelmäßige 
Spalte noch lange persistirt. Dann lösen sie sich in Folge weiterer Vermehrung 
los, füllen schließlich das Lumen gans aus, und so entstehen Zellstränge und Zell- 


1304 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


nester und durch das Eindringen der Zellen in das Stroma eine gleichmäßige Zer- 
streuung derselben. « 

Die 2. Geschwulst stammte von einem 48 Jahre alten Mann; dieser besaß seit 
Jahren einen harten, nussgroßen Kropf, welcher von Zeit zu Zeit sich etwas ver- 
größerte und leichte Athembeschwerden machte, dann aber gewöhnlich wieder 
zurückging. In der letzten Zeit nahm die Geschwulst jedoch an Größe rasch zu, 
und der Tod erfolgte 10 Tage nach Entfernung derselben an. Bronchopneumonie. 
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass der Process folgendermaßen aufzu- 
fassen war: »Die Endothelien der Venen, vielleicht auch der Kapillaren, vergrößern 
sich, nehmen ovale, kompakte Formen an, sie vermehren sich, wuchern in die 
Venenwand hinein und drängen die einzelnen Bindegewebsbündel aus einander. 
Bo entstehen die mit diekem Endothel oder selbst mit kompakten Zellen aus- 
gekleideten Spalträume.« Die Lichtungen der Gefäße waren mit wenigen Aus- 
nahmen erhalten. Die Geschwulst ist also mehr zu den Angiomen wie zu den 
Sarkomen zu rechnen, unterscheidet sich aber durch das eigenthümliche Verhalten 
der Endotheliome sehr wesentlich von den beiden Formen der Angiome, der Tele- 
angiektasie und dem Tumor cavernosus. Langhans hat 1879 schon eine ähn- 
liche Geschwulst beschrieben. 

Am Schluss seiner Arbeit theilt L. noch die im Berner pathologischen Institut 
über Metastasen bösartiger Kröpfe gemachten Erfahrungen mit. Neben den Lungen 
war das Knochensystem der häufigste Sits der Metastasen, und zwar beim Carci- 
nom doppelt so häufig wie beim Sarkom. In dieser Beziehung kann nur das 
Carcinoma mammae mit der Struma carcinomatosa konkurriren. 

VI. Borrmann. Ein Blutgefäßendotheliom, mit besonderer Be- 
rücksichtigung seines Wachsth ums. 

Die Geschwulst stammte vom Hodensack eines 54 Jahre alten Mannes, bestand 
schon seit 40 Jahren, hatte die Haut arrodirt und einmal zu einer unbedeutenden 
Blutung Anlass gegeben. Die Exstirpation der breitbasig aufsitzenden Geschwulst 
war sehr leicht. Mikroskopisch kennzeichnet sie sich als echtes, tubuläres Ka- 
pillarendotheliom, welches offenbar nicht durch celluläre Kontaktinfektion, indem 
es benachbarte, ihm analoge Gewebe in Wucherung versetste, sondern durch 
Wachsthum aus sich selbst heraus, durch Vermehrung seiner eigenen Zellen in 
die Umgebung vorgedrungen war. B. ist geneigt, diese Wachsthumsweise für alle 
Geschwülste in Anspruch zu nehmen. 

VII. Winkler. Über die Betheiligung des Lymphgefäßsystems 
an der Verschleppung bösartiger Geschwülste. 

Im Breslauer pathologischen Institut war schon seit längerer Zeit das Augen- 
merk auf die Betheiligung des Lymphgefäßsystems, speciell des Ductus thoracicus, 
bei der Bildung von Metastasen bösartiger Geschwülste gerichtet worden. Diese 
Betheiligung des Ductus wurde während eines Zeitraums von 15 Jahren 13mal, 
und zwar 12mal bei Krebs, imal bei Sarkom, beobachtet. Diese 13 und 15 wei- 
tere, in der Litteratur aufgefundene, Fälle theilt Verf. genau mit. Der primäre 
Sitz der Geschwulst war durchweg die Bauchhöhle, meist Magen und Gebärmutter; 
bei dem einen Falle von Sarkom des Ductus handelte es sich primär um ein sol- 
ches des vorderen Mediastinum. Die Betheiligung des Ductus war in verschie- 
denen Fällen eine verschiedene. In einem Theil schwammen die Krebszellen, zu 
größeren und kleineren Ballen vereint, frei in der Lichtung, die Wandungen voll- 
kommen freilassend, in einem anderen waren letztere infiltrirt, und es fanden sich 
entweder einzelne Knoten im Verlauf des Brustgangs, oder letzterer war bis zu 
seiner Mündung hinauf mit Geschwulstmassen angefüllt; in einem dritten hatte 
die Ansiedlung von Geschwulstmassen auf der Intima des Ductus zu einer Throm- 
bose desselben geführt, und die gebildeten Thromben waren nachträglich mehr 
oder weniger mit Geschwulstmassen infiltrirt worden. Demgemäß hatte die Er- 
krankung des Ductus theils zu einer Weiterverbreitung der Geschwulst, theils zu 
einer Stauung im Chylusstrom oder dessen völliger Absperrung geführt. Die mikro- 
skopische Untersuchung lehrte, dass im letzteren Falle der Abfluss der Lymphe 
durch benachbarte kleine Lymphgefäße und selbst Saftspalten bewirkt, und so 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1305 


eine dauernde Cirkulationsstörung hintangehalten werden kann. Von größerer 
Wichtigkeit ist die Weiterverbreitung der primären Geschwülste auf dem Wege 
des Ductus. Durch Umkehr des Stroms können dabei die Geschwulstzellen auch 
in eine der ursprünglichen Stromrichtung entgegengesetzte verschleppt werden, und 
zwar nach beiden Seiten, sowohl nach den Hals-, wie nach den Becken- und 
Leistendrüsen hin. 

Auf die zahlreichen in der Arbeit enthaltenen interessanten Einzelheiten hier 
näher einzugehen, würde zu weit führen. Ref. begnügt sich daher mit den obigen 
kurzen Inhaltsangaben. 

VIII. Tauffer. Sarkom auf narbig lupösem Boden. 

Mann von 27 Jahren mit ausgedehntem Gesichtslupus, auf welchem sich nach 
einander mehrere Geschwülste entwickelten. Die zuerst exstirpirte wurde mikro- 
skopisch als beginnendes Epitheliom diagnostieirt, die folgende, vom Verf. selbst 
untersuchte war dagegen ein Spindelzellensarkom mit Riesenzellen. Die sich an 
die Mittheilung des Falles anschließenden Betrachtungen über die Entstehung von 
Geschwülsten auf chronisch entzündlich veränderten Hautpartien können nicht gut 
hier in Kürze wiedergegeben werden. Der Befund eines Sarkoms auf narbig- 
lupösem Boden ist ein in der Litteratur einzig dastehender. 

Pels Leusden (Göttingen). 


18) D. Pupovac. Ein Beitrag zur Kasuistik und Histologie der 
sogenannten Endotheliome. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 77.) 

P. berichtet über 5 hergehörige von Gussenbauer operirte Fälle. Die Ge- 
schwülste, sämmtlich gut eingekapselt, saßen submukös an verschiedenen Theilen 
der Mundhöhle (Lippen, Wangen, Gaumen), betrafen Personen beider Geschlechter 
und verschiedenen Alters, zeigten eine Größe von einem Kirschkern bis zu der 
eines Hühnereies und waren leicht entfernbar. Das Interessanteste an ihnen ist 
die histologische Untersuchung, die näher und unter Beifügung mikroskopischer 
Abbildungen beschrieben wird und die dieselben Resultate ergab, welche Eisen- 
menger bei den sogenannten plexiformen Sarkomen des harten und weichen Gau- 
mens, so wie Volkmann an Speicheldrüsen- und Gaumengeschwülsten, von ihm 
als Endotheliome bezeichnet, gefunden hat. P. schließt sich den Ansichten des 
letzteren Autors über diese Geschwülste im Wesentlichen an. Mit den drüsigen 
Bestandtheilen der Mundhöhle haben dieselben nichts zu thun. Sie enthalten 
Zellen mehr oder weniger spindeliger Gestalt, welche zu ein Flechtwerk bildenden 
Strängen angeordnet sind. Ferner finden sich Hohlräume, welche als dilatirte 
Lymphräume gedeutet werden können, so wie myxomatöse und hyaline Gewebs- 
partien, wahrscheinlich Produkte der Zellen. Auch alveolär gebaute Stellen sind 
vorhanden. Die Annahme Volkmann’s, dass die Geschwülste endothelialen Ur- 
sprungs seien, ist sehr wahrscheinlich. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


19) Thomas. Aus dem medico-mechanischen Zander-Institut in 
Köln a/Rh. 
(Monatsschrift für Unfallheilkunde 1899. No. 8.) 

Mit Hilfe von Abbildungen werden 2 im dortigen Institut angefertigte Ap- 
parate beschrieben. 1) Ein Spreizapparat für die Finger und 2) ein modificirter 
Hoffa’scher Stützapparat für den wegen nervöser Störung im Schultergelenk un- 
beweglichen Arm. Am besten ist es, wegen der anschaulichen Abbildungen, Ein- 
sicht in den Originalartikel zu nehmen. Teubner (Hannover). 


20) Roth. Über Myositis ossificans multiplex progressiva. (Aus der 
chirurgischen Klinik zu Erlangen.) 
(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 39 u. 40.) 
Nach einer ausführlichen Zusammenstellung der Litteratur über das im Titel 
angegebene Leiden theilt R. einen ein 43/,jähriges Mädchen betreffenden Fall mit, 


1306 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


bei dem sich ohne erbliche Belastung und nachweisbare äußere Einflüsse die 
Krankheit vom Ende des 2. Lebensjahres an entwickelt hatte. Da der Fall mit 
den bisher beschriebenen die größte Ähnlichkeit zeigt, verzichten wir auf seine 
Wiedergabe. Doch gei erwähnt, dass nach den histologischen Untersuchungen, die R. 
an einem ausgemeißelten Knochenstück vorgenommen, es sich bei dem Leiden nicht 
um eine primäre parenchymatöse Muskelerkrankung zu handeln scheint, sondern 
die in Ris Fall fast sämmtlich mit dem Skelett in Verbindung stehenden Knochen- 
neubildungen zum Theil als Produkt periostaler Thätigkeit, zum Theil als auf 
metaplastischem Wege aus Bindegewebe entstehend anzusehen sein dürften, wäh- 
rend die Muskeln wahrscheinlich nur in Folge des mechanischen Drucks und der 
Inaktivität sekundär degeneriren. Auch R. nimmt an, dass die bisher bei 30 
männlichen und 10 weiblichen Individuen beobachtete Krankheit auf einer an- 
geborenen Disposition beruhe. Bemerkenswerth ist noch in seinem Falle das 
Fehlen einer Phalanx an beiden Großzehen. Kramer (Glogau). 


21) C. Féré. Note sur quelques cas d’hydarthrose intermittente 
nevropathique. 
(Revue de chir. 1898. No. 7.) 


Die Anschauungen bezüglich der Ursachen der intermittirend auftretenden 
Gelenk- und Schleimbeutelhydropsie gehen noch weit aus einander. F. theilt 
desshalb einige von ihm beobachtete Fälle zur Stütze der neuropathischen Theorie 
mit. In einem derselben trat die Affektion nach Morphiumentsiehung, in 2 an- 
deren bei Hysterischen gleichzeitig mit angioneurotischen Ödemen und transito- 
rischen Paresen, bezw. mit Urticaria auf; bei einem 4., einem Epileptiker, waren 
die Hydropsien zunächst intermittirend, blieben dann mehr als 3 Jahre lang 
bestehen, um später von selbst zu verschwinden. Der letzte Fall betraf einen 
Paralytiker, bei dem schließlich Arthropathien an mehreren Gelenken nach Schwin- 


den der Hydropsie derselben zurückblieben. Kramer (Glogau). 
22) C. Beck (New York). Vier verschiedene Typen der Olekranon- 
fraktur. 


(Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen Bd.II. Hft. 1.) 

Die Frakturen des Olekranons standen nach der Häufigkeit ihres Vorkommens 
mit 1—1,25% auf der Frakturenliste. B. meint nun, diese Zahl werde bedeutend 
steigen, da die Untersuchung mit Röntgenstrahlen manche Diagnose von Contusio 
cubiti umstoßen würde. Er hat in 6 Monaten 4 Frakturen des Olekranons gesehen, 
ungefähr 15% seiner Frakturfälle überhaupt; ein Procentsats, dem er selbst nur 
relativen Werth beimisst. In allen 4 Fällen handelte es sich um Querbrüche; 
2mal war die Diagnose vor der Röntgenphotographie nicht gestellt worden. 5 gute 
Abbildungen, die außerordentlich schön reprodueirt sind, illustriren die kurs an- 
geführten Krankengeschichten. H. Wagner (Breslau). 


23) Tilmann. Beitrag zur Lehre der Luxation der Handwurzel- 
knochen. 
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 99.) 

Der Fall, in der Greifswalder Klinik beobachtet, betrifft ein 22jähriges Land- 
mädchen, das sich die Verrenkung rechterseits durch starke Dorsalflexion der Hand 
beim Ausgießen eines Eimers zuzog. Die Hand stand in leichter Pronations- und 
ulnarer Flexionsstellung, auf dem Handrücken war vor den Kanten der Vorder- 
armknochen eine quer vorspringende Leiste tastbar, in der Vola in der Gegend 
der Handfalte ein kugelförmiger Vorsprung. Fingerbewegungen frei. Röntgen- 
aufnahmen (cf. 2 Bilder) zeigen, dass die zweite Handwurzelreihe volarwärts, die 
erste dorsalwärts sich um die Querachse verschoben haben. Muthmaßliche Erklärung: 
Durch die Dorsalflexion bei gleichzeitiger Spannung der volaren Flexoren wird 
die 1. Carpalknochenreihe gegen die 2. gepresst, dabei drückt der Kopf des 
Kopfbeins und das Hakenbein sich volarwärts unter Bandzerreißung durch, 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1307 


die 1. Knochenreihe schlüpft dorsalwärts. Die Verrenkung wurde in Narkose 
redressirt und eingegipst, recidivirte aber nach Abnahme des Verbandes. Indess 
verlor sich die Schmershaftigkeit allmählich, und war Pat. 6 Monate nach der 
Verletzung trotz Weiterbestehens der Verrenkung ganz gut arbeitsfähig. Der 
Fall steht in der Litteratur vereinzelt da. Andere Verrenkungsformen am Carpus 
sind schon beschrieben, auch aber selten. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


24) P. M. Delamare. Plaie transversale de la région dorsale du 
poignet. Section des trois derniers tendons de l’extenseur commun 
des doigts. Suture des tendons coupés au tendon de l’extenseur 


propre de l'indicateur. Gu£rison. 
KM (Gas. hebdom. de méd. et de chir. 1898. März.) 

In der Überschrift ist das Wesentliche des Falles enthalten. D. konnte in 
der Litteratur keinen Fall finden, in dem 3 Sehnen mit einer anderen vereinigt 
wurden. Das funktionelle Resultat war ausgezeichnet. 

W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


25) A. Mouchet. Note sur deux observations de luxations rares: 


luxations metacarpo-phalangiennes en avant de l'index. 
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. No. 22.) 

In dem einen Falle war die Verrenkung zu Stande gekommen durch Fall auf 
die Hand. Die Reposition, welche 6 Tage nach der Verletzung erfolgte, ging 
leicht von statten. 

Im 2. Falle, der sich bei einem 18jährigen Menschen ereignete, als er einen 
Faustschlag geben wollte, gelang die Reposition selbst in Chloroformnarkose nicht, 
und es musste zur blutigen Einrichtung geschritten werden. Diese ließ sich erst 
nach Excision eines zwischen die Gelenkflächen eingekeilten Sesambeines bewerk- 
stelligen. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


26) Tissot (Chambéry). Une famille de sex digitaires. 
(Méd. moderne 1898. No. 13.) 

In einer Familie fanden sich bei 3 Kindern an allen Extremitäten 6 End- 
glieder. Die durch Skiagramme klargestellte Knochenbildung und Verbindung mit 
dem Metacarpus resp. Metatarsus war nicht überall die gleiche, da die Ausbildung 
des 5. Mittelknochens eine verschiedene war. Sie lassen sich aber in die ver- 
schiedenen von Kirmisson aufgestellten Kategorien einreihen. Die Fälle be- 
trafen 2 Mädchen und 1 Knaben. Roesing (Hamburg). 


27) G. Guerrini und A. Martinelli (Bologna). Über einen Fall von 
angeborenen Anomalien der Extremitäten. 
(Zeitschrift für orthopäd. Chirurgie Bd. VI. Hft. 1.) 

Bei dem jetzt 12 Jahre alten Mädchen, welches Gegenstand der Beschreibung 
ist, ist rechts der Ober- und Vorderarm in der Entwicklung zurückgeblieben. Die 
Hand besitzt nur 3 Finger, und zwar den Daumen, den Zeigefinger und den Mittel- 
finger. Die Handwurzel besteht aus 4 Knochen, nämlich aus dem Os multangulum 
majus, dem Os multangulum minus, wahrscheinlich dem Os scaphoideum und dem 
Os capitatum. Das linke Bein ist um 24,5 cm kürzer als das rechte, wohlgebildete 
Bein und entsprechend dünner. Die Diaphyse der Fibula fehlt auf der linken 
Seite. Es fehlen hier ferner die kleine Zehe und die Keilbeine. Die Diagnose 
wurde mit Hilfe von Radiogrammen gestellt. J. Riedinger (Würzburg). 


28) L. Meueiöre. Arrêts de développement au niveau de la main. 
Amputation spontanée et progressive du pouce et de l’auriculaire déjà 
atrophies. 

(Gas. hebdom. de méd. et de chir. 1898. März.) 

Auf der beigefügten Abbildung ist zu erkennen, dass der kleine Daumen- 
stumpf (es handelt sich um ein Mädchen von 5 Jahren) im Begriff ist, sich lang- 


1308 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


sam abzuschnüren. Dasselbe war 2 Jahre vorher mit dem kleinen Finger, d. h. 
mit dessen Rudiment, der Fall. Von Phalangen ist auf dem Radiogramm nichts 


zu sehen; von den Handwurzelknochen ist nur eine schwache Andeutung vorhanden. 
W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


29) K. Port (Nürnberg). Zur ambulanten Behandlung der .tuber- 

; kulösen Hüftgelenkentzündung. 

(Münchener med. Wochenschrift 1898. No. 40.) 

P. formt sich nach vorausgegangener Extensionsbehandlung unter Belassung . 
des Streckverbandes zunächst einen Gipsabguss von Becken und kranker Extre- 
mität und stellt sodann über dem Gipsmodell aus Cellulosestreifen und Bandeisen- 
stäben einen Hülsenapparat mit Steigbügel dar, an dem die Extensionsgummi- 
schläuche befestigt werden; der Sitzhalbring des Verbandes wird durch- einen mit 
Wasser oder Glycerin stark angefüllten und an den Enden abgeklemmten Gummi- 
schlauch gepolstert. Der Verband soll sehr dauerhaft, leicht herstellbar und 
wohlfeil sein. Kramer (Glogau). 


30) Œ. Lotheisen. Zur Behandlung der tabischen Hüftgelenks- 
erkrankung. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 2.) 

In dem von L. mitgetheilten Falle tabischen Hüftleidens bestand eine voll- 
kommene Zerstörung der Gelenkkapsel, am oberen Femurende waren Kopf und 
Hals vollkommen abgeschliffen, die periartikulären Weichtheile bildeten eine derbe, 
schwielige Masse. Das Leiden war hier relativ früh, schon im präataktischen 
Stadium, und zwar im Anschluss an ein geringfügiges Trauma, aufgetreten. Die 
Behandlung tabischer Coxitis hat nach L. in leichteren Fällen in Massage, Binden- 
einwicklung und fixirenden Verbänden resp. Apparaten zu bestehen; im Übrigen 
soll Resektion resp. Arthrotomie mit Drainage vorgenommen werden, je nachdem 
Knochenwucherung resp. Knochenabschleifung, wie in Verf.s eigenem Falle, vor- 
herrschend sind; ist das Grundleiden bereits weit vorgerückt, so muss natürlich 
auf jeden operativen Eingriff verzichtet werden. Honsell (Tübingen). 


31) Gillette (St. Paul). Mechanische und chirurgische Behandlung 
der Oberschenkelhalsbrüche. 
(Northwestern Lancet 1898. August 15.) 

Mit der Distraktionsmethode werden im Allgemeinen recht gute Resultate 
beim Bruch des Oberschenkelhalses erzielt. Dennoch kommt in einigen Fällen 
eine feste Vereinigung nicht zu Stande. Boeckmann (St. Paul) hat in 3 solchen 
Fällen in folgender Weise operirt: hufeisenförmiger Schnitt durch Haut, Unter- 
hautzellgewebe und Fascie von einem Punkt 2,5 cm unterhalb und 2,5 cm hinter 
der Spina sup. ant. il. bis 5 cm unterhalb des Troch. maj.; eine Kettensäge wird 
zwischen hinteren Rand des Tensor fasciae latae und vorderen Rand des Glutaeus 
medius eingeführt, um den Troohanter herumgebracht und zwischen hinterem Rand 
des Glutaeus medius und vorderem Rand des Glut. maxim. ausgestoßen; Absägen 
und Umklappen des Troch. maj. nebst Muskelansätzen und Freilegen der Gelenk- 
kapsel; Einschneiden dieser, so dass die Bruchlinie übersehen werden kann; An- 
frischen der Knochenenden und Nagelung derselben mit einem Knochenstift; Naht 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1309 


der Gelenkkapsel, Nagelung des Trochanters, Schluss der Wunde. Es wurde hier- 
mit gute Gebrauchsfähigkeit erzielt unter Verkürzung um 2,5—3 cm. 
Lühe (Königsberg i/Pr.). 


32) Eymeri (Limoges). Ostéome du moyen adducteur. Operation. 
(Arch. de med. et de pharm. militaire 1898. Oktober.) 

Nach einer plötzlichen Seitenbewegung im Galopp entwickelte sich im Adductor 
femoris brevis allmählich eine harte, seitlich nicht ganz scharf begrenzte Geschwulst, 
welche eiförmige Gestalt und mit dem langen Durchmesser eine etwas schiefe 
Richtung von oben innen nach unten außen entsprechend der Faserrichtung des 
Muskels hat. ‘Sie beginnt etwa 3 cm unterhalb der Spina pubis und endigt etwa 
an der Grenze zwischen den beiden oberen Dritteln des Oberschenkels. Äußerlich 
bildet sie einen sichtbaren Vorsprung, ob sie beweglich ist, ist nioht erwähnt. Bei 
der Operation findet sich, dass die Geschwulst von der Spina pubis durch eine 
sehnige Brücke getrennt ist, in welche das Osteom einige dünne Knochennadeln 
hineinschickt. Diese müssen scharf getrennt werden, im Übrigen gelingt die 
stumpfe Ausschälung mit dem Finger, obgleich sich auch nach unten hin eben solche 
knöcherne Ausstrahlungen vorfinden. Nach Heilung der Wunde p. pr. verursacht 
die Narbe keinerlei Störungen. 

Die histologische Untersuchung zeigt, dass es sich um ein spongiöses Knochen- 
gewebe handelt, welches rings von einer dünnen Bindegewebslage umgeben ist, 
wie von einer Art Periost. Von dieser Umhüllung gehen einzelne sehr feine 
Bindegewebsbündel aus, deren fortschreitende Verknöcherung man durch Einlagerung 
von Osteoblasten in ihr Gewebe erkennen kann. Nirgends dagegen finden sich 
Konorpelzellen. 

Verf. glaubt, dass wenigstens im vorliegenden Falle ein losgerissener Fetzen 
Periost zur Entwicklung des Osteoms den Ausgangspunkt gegeben habe. 

Lühe (Königsberg i/Pr.). 


33) Warbasse. The treatment of fractures of the lower extremity. 
Clinical report of 450 cases treated in the Methodist Episcopal Ho- 
spital in the city of Brooklyn. 

(Annals of surgery 1898. Mai.) 

Leider ist das große Frakturenmaterial der Krankenhäuser, das gewiss des 
Interessanten viel geboten hätte, in der vorliegenden Arbeit litterarisch nur sehr 
wenig ausgenutzt worden. Zu erwähnen ist aus derselben, dass die gewöhnliche 
Behandlungsweise der Oberschenkelbrüche in der Anwendung eines Hefipflaster- 
extensionsverbandes und einer Verstärkung der gewünschten korrigirenden Wir- 
kung durch Applikation seitlicher Schienen bestand. Kinder wurden mit vertikaler 
Suspension behandelt. Die ambulante Behandlung kam nur in seltenen Fällen 
zur Anwendung. Von 29 frischen Kniescheibenbrüchen wurden nur 3 ohne ope- 
rative Maßnahmen behandelt. In allen anderen Fällen wurde das Gelenk eröffnet 
und die Kniescheibe genäht. Die Erfolge waren bei diesem Verfahren sehr günstig: 
Bei den Unterschenkelbrüchen wurde etwas ausgiebiger von Gehverbänden Gebrauch 
gemacht. Dieselben bestanden in einem bis über das Knie reichenden Gipsverband 
mit Gipssohle wie bei dem Verband nach Dollinger. Der Verband findet seine 
Stütze an den Kondylen der Tibia. Die Behandlung der komplieirten Brüche bot 
nichts von den sonst üblichen Regeln Abweichendes. Tietze (Breslau). 


34) L. Meuciere. Pseudarthrose congénitale de l'extrémité inférieure 
de la jambe gauche. 
(Gaz. hebdom. de méd. et de chir. 1898. März.) 

Über die Ursache der Pseudarthrose, welche die Tibia und Fibula betrifft, 
konnte nichts eruirt werden. Nach dem Radiogramm, welches der Arbeit bei- 
gegeben ist, könnte man glauben, dass der mittlere Theil der Diaphysen beider 
Knochen überhaupt fehle. W. Sachs (Mülhausen i/E.). 


1310 Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 


35) Karewski. Über einen durch Resektion geheilten Fall von 
Knochensarkom der Tibia. 
(Berliner klin. Wochenschrift 1898. No. 34.) 


Eine 26jährige, hereditär mit Tuberkulose behaftete Frau bemerkte im An- 
schluss an ein an der Innenseite des rechten Knies erlittenes Trauma die Entwicklung 
einer Geschwulst, welche bei der Aufnahme in die Klinik Faustgröße erreicht 
hatte, deutlich fluktuirte, auf Druck schmerzhaft war, auf der Unterlage sich nicht 
verschieben und gegen die Umgebung nicht scharf abgrenzen ließ. Der Operation 
wurde eine Probepunktion vorausgeschiokt, welche die Geschwulst als solide, also 
pseudofluktuirende erkennen ließ. Mit scharfem Löffel und Meißel.wurde der ganze 
innere Condylus der Tibia und der größte Theil der oberen Gelenkfläche der Tibia 
entfernt. Die histologische Untersuchung der Geschwulst stellte sie als Riesen- 
zellensarkom hin. Seit der vor 1 Jahr und 4 Monaten stattgehabten Operation ist 
ein Recidiv nicht beobachtet worden. Der Fall K.'s beweist, dass Riesenzellen- 
sarkome, selbst bei größerer Ausdehnung, durch einfache Auslöffelung bezw. Aus- 
meißelung der Geschwulst aus ihrer gesunden Umgebung dauernd geheilt werden 
können, und dass die Entfernung der erkrankten Glieder, ja selbst die Kon- 
tinuitätsresektionen überflüssig sind. Die der Abhandlung beigefügte Röntgen- 
photographie zeigt, dass sich der Defekt nicht wieder ersetzt hat, und dass nur 
an einer Stelle, duroh einen Schatten angedeutet, vom Periost her Knochenneu- 
bildung stattgefunden hat. Gold (Bielitz). 


36) O. Hahn. Über die Resultate der nach dem v. Bruns’schen 
subperiostalen Verfahren ausgeführten Unterschenkelamputationen. 
(Beiträge zur klin. Chirurgie Bd. XXII. Hft. 1.) 

In der v. Bruns’schen Klinik sind 81 Fälle nach der subperiostalen Methode 
— Bildung eines vorderen und eines hinteren Lappens aus Haut, Muskel und 
Periost unter Erhaltung des natürlichen Zusammenhangs der Theile — operirt 
worden. 73mal trat Heilung per primam intentionem ein; Lappengangrän, die 
nach anderen Statistiken in 12—17% der Fälle beobachtet worden ist, kam nur 
3mal vor und war dann nicht der Methode, sondern dem Grundleiden zur Last 
zu legen; auch die Form der Stümpfe war durchweg eine sehr gute und dauernde, 
in einem Falle konnte der Pat. sogar ohne jede Prothese beschwerdelos stehen 
und gehen. Somit sind, wie Verf. betont, die Resultate des v. Bruns’schen sub- 
periostalen Verfahrens sowohl bezüglich der Wundheilung als auch des funktio- 
nellen Resultats äußerst befriedigend gewesen, und dürfte daher die viel kompli- 
eirtere osteoplastische Unterschenkelamputation nach Bier entbehrlich sein. 

Honsell (Tübingen). 


37) O. v. Schiemann. Zur Kenntnis der subkutanen isolirten Talus- 
luxation. Ein Fall auf blutigem Wege reponirt. 
(Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 105.) 


v.8. behandelte die Verletzung im Dorpater Stadthospital. Ein 60jähriger Mann 
war eine 12 Fuß hohe Leiter heruntergefallen. Der linke Fuß stand in Varus- 
stellung, Zehen plantar gebeugt. In Narkose findet sich bei nicht dislocirten 
Knöcheln vor dem Malleolus ext. der Taluskopf unter der Haut tastbar, Lücke unter 
der Tibie. Da unblutige Reposition misslang, Schnitt von 10 cm Länge an der 
äußeren Seite der Strecksehnen bis zur Hälfte des Fußrückens. Taluskopf bloß- 
gelegt, ca. 2 mm von seinem Vorderrande eine Fissur, 1/3 des Umfangs der Gelenk- 
fläche umkreisend. Die Reposition des sehr mobilen Knochens gelang hinsichtlich 
der Rolle, nachdem vordere Band- und Kapselreste der Länge nach eingekerbt 
waren, hinsichtlich des Kopfes, nachdem ein Elevatorium zwischen Talus und Os 
naviculare gehebelt worden. Doch zeigte der Kopf Neigung zu Reluxation, wess- 
halb der Fuß in Abduktion und Dorsalflexion fixirt werden musste. Die Wund- 
naht heilte unter Gipsverband per primam; das Endresultat war vortrefflich. 


Centralblatt für Chirurgie. No. 52. 1311 


Die Operation ist die 6. ihresgleichen, die 1. derart stammt bekanntlich von 
v. Bergmann. Sie ist berufen, die früher in solchen Fällen üblich gewesene Talus- 
exstirpation völlig zu verdrängen. Meinhard Schmidt (Cuxhaven). 


38) Funke. Beiträge zur Anatomie des Pes varo-equinus. 
(Deutsche med. Wochenschrift 1898. No. 17.) 

F. giebt eine Beschreibung der Muskulatur des Fußes, wie sie sich beim er- 
worbenen Klumpfuß findet; wobei er die veränderte Lage aller einzelnen Muskeln 
und Sehnen des Fußes gegenüber der Norm anatomisch sorgfältig beschreibt. Die 
Varusstellung des Fußes wird hauptsächlich durch die verkürzten Ligg. talo- 
tibiale und calcaneo-tibiale internum bewirkt, wie auch das Lig. laciniatum in- 
ternum stark verkürzt, nur 3cm lang gefunden wurde. Die obere Talusgelenk- 
fläche lag ca. 2!/,cm breit und 11/2 em in sagittaler Richtung frei. 

R. Wagner (Mülheim a. d. R.). 


39) C. Bötticher. Über den Mechanismus subkutaner Gefäßrupturen 
im Anschluss an einen Fall von Zerreißung der Arteria poplitea. 
{Deutsche Zeitschrift für Chirurgie Bd. XLIX. p. 267.) 

Bis Fall wurde an einem 49jährigen Bauer in der Gießener Klinik beobachtet. 
Derselbe sprang von einem Wagen, dessen Pferde durchgingen, die linke Hand 
an die Wagenleiter klammernd, herab, sich in der Luft um 180° drehend, so dass 
er vorerst mit den Füßen und zwar verkehrt zur Fahrrichtung die Erde erreichte. 
Die Zugleine hatte sich aber um sein rechtes Knie geschlungen, so dass das Bein 
mit einem vehementen Ruck gestreckt und nach der Fahrrichtung (für den Pat. 
nach hinten) gerissen, und dieser mit Händen und Knieen zu Boden geschleudert 
wurde. Sofort intensiver, stechender Schmerz in der rechten Kniekehle. Pat. 
konnte sich noch aufraffen und ein kurzes Stück gehen, fiel dann aber in Ohn- 
macht. Nach einer Stunde wurde ärztlich ziemlicher Collaps mit schlechtem Puls 
und mächtiger poplitealer Bluterguss konstatirt. Anlegung eines diekgepolsterten 
Gipsverbandes. 3 Tage später Kälte und Blässe des Fußes, Schmerzempfindungen, 
mithin drohender Brand. In der Klinik wurde das Bein bis zur Unterschenkel- 
mitte brandig. Da Amputation erst verweigert wurde, Eröffnung der Kniekehle. 
Große Gerinnsel ausgeräumt; N. tibialis ist unversehrt, eben so die allerdings 
thrombosirte Vene. Auch die Arteria poplitea selbst ist nicht lädirt, pulsirt so- 
gar, obgleich sie schwächer gefüllt ist. Der Riss findet sich bei weiterem Suchen 
erst weiter oben, und zwar am distalen Ende des Adduktorenschlitzes, wo das Ge- 
DD in querer Richtung glatt durchrissen ist. Die durch Thromben fest ver- 
schlossenen Stümpfe klaffen 3 cm weit. Vene auch hier gesund. Späterhin Gritti, 
Heilung. Das verletzte Gefäß erwies sich anatomisch von ganz gesunder Struktur. 
Auch fehlen Verletzungen der Knochen und des Kniegelenkapparats. 

B. knüpft an den Fall eine allgemeine Besprechung der Ätiologie solcher 
Gefäßrupturen, das darüber Bekannte gut zusammenstellend. Der eigene Fall 
wird durch eine Überdehnung der Arterie erklärt, die der sie treffenden plötzlichen 
ruckartigen Spannung nicht Stand halten konnte. Auch in mehreren anderen 
Fällen erfolgte die Ruptur der Schenkelader gerade im Adduktorenschlitz, und ist 
wohl anzunehmen, dass die Reibung des Gefäßes in dem scharfrandigen Schlitz 
auch zu dem Unfall beigetragen hat. Zwar hat bis jetst die Ruptur der Poplitea 
noch immer zu Amputationen geführt, doch kann es gar keinem Zweifel unter- 
liegen, dass eine rechtzeitige, d. h. binnen der ersten Stunden nach dem Unfall 
vorgenommene Unterbindung das Glied würde retten können. 

Meinhardt Schmidt (Cuxhaven). 


40) Brooq et Bernard. Sur le lymphangiome circonscrit de la peau 
et des muqueuses. 
(Ann. de dermat. et syph. 1898. No. 4.) 


Verff. hatten Gelegenheit, bei einem 17jährigen Manne eine Affektion der 
Zunge und des Gaumensegels zu beobachten, welche schon seit der Kindheit be- 


1312 Centraiblatt für Chirurgie. No. 52. 


stand und welche sie sofort klinisch als Lymphangioma eircumseriptum diagnosti- 
eirten. Umschriebene Lymphangiome der Haut sind schon vielfach beschrieben 
worden, syerst wohl von englischen Autoren; das Seltene und Ungewöhnliche des 
vorliegenden Falles ist die Lokalisation auf der Mundschleimhaut. Immerhin sind 
unter dem’ Namen »Lymphangiom« seitens vieler Autoren Dinge beschrieben worden, 
die sicher nicht ‘hierher gehören, und so benutzen Vert. die Gelegenheit dieser 
Beobachtung, um die Klinik, die Ätiologie und Histologie des .umschriebenen 
Lymphangioms im engeren Sinne zu umgrenzen und schärfer zu definiren. Sie 
kommen dabei auf Grund der in der Litteratur niedergelegten Kasuistik, so wie 
unter specieller Berücksichtigung der auf der Schleimhaut lokalisirten Lymph- 
angiome, endlich aber auch durch die genaue histologische Untersuchung des per- 
sönlich beobachteten Falles zu dem Schluss, dass das Lymphangioma eircumseriptum 
unter die Neubildungen zu rechnen ist, und dass bei der Entstehung desselben 
nicht nur das Lymph-, sondern auch das Blutgefäßsystem eine Rolle spielt. — 
Therapeutisch kam in dem beschriebenen Falle mit wenig befriedigendem Erfolg 
die negative Elektrolyse zur Anwendung; schließlich wurde mit besserem Resultate 
die stückweise vorgenommene chirurgische Behandlung versucht. 


Kopp (München). 


41) Ch. L. Scudder. A case of tuberculosis of the breast. With 
an analyais of all cases `of tuberculosis of the breast recorded in 
medical literature. 

(Amer. journ. of the med. sciences 1898. Juli.) 


Der von 8. mitgetheilte Fall ist dadurch ausgezeichnet, dass die Tuberkulose 
primär in der Brust aufgetreten und durch den mikroskopischen Nachweis erhärtet 
ist; sonst bietet er keine Besonderheiten. 

In der Litteratur fand 8. 83 einschlägige Beobachtungen; in 23 Fällen jedoch 
hält S. den Nachweis der Tuberkulose nicht für einwandsfrei erbracht. Bei der 
weiteren Besprechung berücksichtigt 8. die Wege der Infektion, den hereditären 
Einfluss, andere tuberkulöse Herde, den früheren Zustand der Brust (Laktation), 
die subjektiven Krankheitserscheinungen, den Verlauf der Erkrankung, Fistel- 
bildung, die Axillardrüsen, Todesursache, Nachweis des Tuberkelbacillus, Diagnose, 
Prognose, Therapie (Ausschaben, Kauterisation, Entfernung der Geschwulst 
aus der Brust, Entfernung von Geschwulst und Brust, Entfernung von Brust und 
Axillardrüsen). W. Sachs (Mülhausen UE) 


42) W. Cheyne. Two cases of oophorectomy for inoperable breast 
cancer. 
(Brit. med. journ. 1898. Mai 7.) 

C. hat nach dem Vorgang von Beatson (Brit. med. journ. 1897 Oktober 2) 
in 2 Fällen von inoperablem Mammacarcinom die Oophorektomie ausgeführt. In 
einem Falle war der Erfolg negativ, im zweiten trat vorübergehend eine Abschwel- 
lung der Drüsenmetastasen am Hals und in der Achselhöhle ein. Nach 6 Monaten 
fingen die Drüsen wieder an zu wachsen und waren bald wieder auf dem früheren 
Stand angelangt. C. erhofft bessere Resultate von einer gleichzeitigen Entfernung 
von Brustdrüse, Achseldrüsen und Ovarien. F. Krumm (Karlsruhe). 


g Originalmittheilungen, Monographien und Separatabdrücke wolle 
man an Prof. E. Richter in Breslau (Kaiser Wilhelmstraße 115), oder an die Verlags- 
handlung Breitkopf & Hürtel, einsenden. 
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Drack und Verlag von Breitkopf & Härtel in Leipzig. 


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